mmim': i:' i--: ; ^^ FAUNA UND FLOEA DES (JOFFES VON NEAPEL UND DER ANGKENZENDEN MEERES-ABSCIINITTE HERAUSGEGEBEN VON DER ZOOLOGISCHEN STATION ZU NEAPEL. XVI. MONOGRAPHIE: CAPITELLIDEN VON DR. HUGO EISIG. MIT :i7 TA^'l•;l;N in LlTlKMiUArillH INI) :ill 1101,Z8(:ilMTTKN. feä^ BERLIN VEREAG \'()N R. FRIEDLÄNDER & SOHN 1887. Subscriplionsprcis bei Enlnnhmo von 5 Jnlirgängon jährlich 50 M:irk. MONOGRAPHIE DER CAPITELLIDEN DES GOLFES VOK NEAPEL UND DER ANGRENZENDEN MEERES -AB SCHNITTE NEBST UNri'lRSUCIIUNGKN ZUR VERGLEICHENDEN ANATUMll': UND PHYSIOLOGIE VON D« HUGO EISIG. MIT H7 TAFELN IN LITUOiiliAPlIIE UND 20 HULZSCUNITTBN. HERAUSGEGEBEN VlIN OEU ZOOLOGISCHEN STATION ZU NEAPEL. BERLIN VERLAG VON R. FRIEDLÄNDER & SOHN 1887. Ladenpreis 120 Mark. ^u Drink von Breitkojif * Härlel in Leipzi] VORWORT. Xm Jiilire 1S74 begann ich eine Reihe von Annehden initer a orAviegender lk>rüe]m einen oder anderen Theile oder Kapitel berücksichtigt werden, und eben vnn dieser Mehrheit von Naelischlageuden gerecht werden zu können, trachtete ich zunäclist, danach, die vier Theile meiner Schrift möglichst voneinander unabhängig zu machen. Dies war natürlich nicht ohne gewisse Wiederholungen zu erreichen. So beginnt jedes Kapitel des anatomisch-histologischcn Theiles mit dem Abschnitte „Allgemeine K()rperform", worhi die in den folgenden Abschnitten ausführlich be- schriebenen Organsysteme des betreffenden Genus kurz charakterisirt Averden, um Denen, Avelchc nur den einen oder anderen Abschnitt zu consultiren haben, rasch ein Bild von der Gesammtorganisation der betreffenden Form zu verschaffen. Es beginnt ferner jedes Kapitel des vergleichend -anatomischen Theiles mit dem Ab- schnitte „Vergleichende Zusammenfassung der Capitelhden", und hierin ist (abge- Vorwort. VII sehen von dem Vergleiche zAvischen den betreffenden Organsystemen der verschie- denen Capitellidengattungen) auch ein Resume der im ersten Theile enthaltenen ausführlichen Beschreibungen gegeben, so dass, wer nur das Morphologische im vVuge hat, wohl in vielen Fällen genug vom anatomischen Verhalten erfahren oder wenigstens beciuem daraiif rccurriren kann. Weiter habe ich im physiologischen Theile alle hier besprochenen Organe auch anatomisch so weit charakterisirt, dass ein Zurück- greifen auf die vorhergehenden beiden Theile nicht unter allen Umständen noth- wendig ist. Endlich figuriren auch in den Beschreibungen des systematischen Theiles viele anatomische Data nochmals, um auch hier das Zusanmiensuchen derselben zu ersparen. Die Wenigen, welche dieses Buch wirklich durchlesen, mögen daher, insofern sie etwa durch diese Wiederholungen gestört werden sollten, den wohl- bedachten Zweck derselben im Auge behalten und dem Autor glauben, dass kein Theil seines Textes ihm mehr /ai schaffen machte, als eben diese Wiederholungen. So viel über das gegenseitige Verhältniss der Theile. Was nun die Anordnung und Behandlung des Stoffes innerhalb derselben betrifft, so sei Fol- gendes bemerkt. Im „Anatomiseh-Histologischen Theile" Averden die sämmtlichen Genera des Golfes der Reihe nach anatomisch geschildert. Ueber die etwaigen Feststel- lungen früherer Forscher berichtet ein Resume an der Sjjitze jedes Abschnittes, Avelcher ein Organsystem der ersten und grundlegenden Gattung (No/omas/H.s) be- handelt. In diesem Theile, auf dessen Inhalt sich eine Reihe von weitgelienden Folgerungen stützen, habe ich mich bemüht, so objectiv Avie es unsere heutigen Methoden überhaupt zulassen, die Thatsachen, Avelehe speciell die Familie der Capi- telliden betreffen, darzustellen. Vergleiche und Reflexionen sind, Avenn nicht etAva ein gegebenes problematisches Gebilde für die Analyse überhaupt erst zugänglich gemacht werden sollte, absichtlich vermieden Avorden. Welch grosse Eintönigkeit auch solche Trennung in den Schilderungen verursacht, so hat sie doch den Vor- theil, dass die Darstellung der Thatsachen übersichtlich bleibt, und dass auch die spätere EntAvickelung der Folgerungen, eben Aveil die ^'oraussetzungen schon be- gründet sind, nicht fortwährend durch Anführung der Beweisstücke unterbrochen zu Averden braucht. Im ,, Vergleichend- Anatomischen (Morphologischen) Theile" bil- den die Organsysteme das oberste Eintheilungsprincip ; jedes einem Systeme geA\id- mete Kapitel zerfällt wiederum in folgende Abschnitte: 1) ,, Vergleichende Zusam- menfassung der Capitelliden", 2) „Vergleich mit anderen Anneliden", 3) „Vergleich VIII Vorwort. mit aiulercn 'riiierclasscn ". Da wir es aber hier nicht mit einem Lchrbuche, sondern mit einer Arbeit zn tlum bal)en, Avelelie von Krfalnungen an einer be- stimmten Tliiergnippe ausgeht, so wird es nicht auffallend erscheinen, dass sich je nach den Organsystemen die Vergleiche bald in einem engeren, bald in einem weiteren Kreise bewegen. Die hier versuchten Verallgemeinerungen sind vor- wiegend morphologischen Inhaltes und stützen sich in der Regel anf meine IJefuiule an den ( 'a])itelliden, sowie auf die Ergebnisse der Litteratur. In ehizelnen Fällen aber (so im Ka])itel ,,IIaut") hatte ich auch noch eigene, hauptsächlich an anderen Anneliden gemachte anatomische Untersuchungen zum Vergleiche heran- zuziehen. Der „Systematisch-Faunis tische Theil" zerMlt in zwei Kapitel, deren erstes die sjKHäellen lieschreibungen nnd kritischen Uebersichten der Arten enthält, wiihrend das zweite der Frage nach den Verwandtschaftsl)eziehungen der Capitel- liden gewidmet ist. Eine sehr ungleichmässige Behandlung macht sich anch im ,, Physiologi- schen Theile" geltend, indem eben nur solche Organe oder Organtheile in's Auge gefasst wurden, deren Function noch unaufgeklärt, oder solche, deren Studium für die Anbahnung eines besseren Verständnisses gewisser allgemeiner physiologisclier Fragen besonders geeignet erschien. Dass in einem Werke, dessen Schwerpunkt in der Feststellung systematischer und anatomischer Thatsachen, sowie in der Enn-- terung morphologischer Beziehungen liegt, auch ein besonderer jibysiologi- scher Theil besteht, bedarf leider noch der Kechtfertigung. Die scharfe Sonderung in Morphologie und Physiologie hat sich Hand in Hand mit der consequcnten Definition der Begriffe ,, homolog" und „analog" voll- zogen, luid insofern die Erkenntniss und Feststellung dieser beiden Begriffe davon abhängig war, haben sich ohne Zweifel die Fürsprecher jener Sonderung ein hohes Verdienst um die Anbahnung der morphologischen Disciplin erworben. Mit Un- recht ist nun aber diese nothgedrungene, zeitweilige Trennung zum Principe er- hoben worden; denn, wenn auch die Thatsachen der vergleichenden Anatomie und Embryologie genügen, um Relationen zwischen scheinbar heterogenen Organen auf- zudecken, so kann doch auf (irund dieser Disciplinen allein niemals nachgewiesen werden, wie das Organ /l dazu kam, sich in B umzmvandeln, oder wie aus dem Organe ./ einerseits li und andererseits (' hervorging, und in Fällen, in denen die supponirte Relation oder (wie Avir diese Art von Beziehungen neinien) Homologie fraglich ist, da kommt auf diesen Nachweis als Kriterium sehr viel an. Ein Bei- Vorwort. IX spiel, das mir nahe liegt: Ein neuraler, mit dem Darmkanale in offener Verbindung stehender, schlauchförmiger Anhang gewisser Wirbelloser, der Nebendarm, wü'd mit der Chorda dorsalis der Vertebraten verglichen, Ausgangspunkte für diesen \qy- gleich sind die correspondirenden Lagerungsverhältnisse der beiderseitigen Organe, sowie der Nachweis, dass die Chorda embryonal sich in Form eines Rohres oder Stranges vom Darme abschnürt. Damit ist so ziemlich erschöpft, was die Morpho- logie vorläufig zur Begründung des Vergleiches zu leisten vermag. Die weitere Frage aber, von deren Beantwortung unsere Anerkennung des Vergleiches abhängen wird, ob und wie nämlich ein mit dem Darme communicirendes Rohr sich in ein solides Axenskelet umwandeln konnte, ist nicht mehr morphologischer, sondern physiologischer Natur. In unserem Falle führt daher das Problem zunächst zur Frage nach der Function des Nebendarmes, ferner zur Frage, ob sich an der Hand dieser ursprünghchen Function direct, oder aber auf Kosten derselben an der Hand einer Nebenfunction die allmähliche Umwandlung des Organes in eine Chorda voll- zogen haben, mit anderen Worten, ob und eventuell was für ein FunktionsAvechsel statt- gefunden haben könne. Es wurde in dieser Schrift zu zeigen versucht, dass der Nebendarm der Anneliden respiratorisch fungirt, und dass wirklich die respiratorische und stützende Function nel)eneinander thätig sein und die eine auf Kosten der anderen sich einseitig des Organes bemächtigen konnte. Ebenso wie nun aber die Morphologie, sobald sie in ihren phylogenetischen Ableitungen nach dem „ob" und „wie" zu fragen gezAvungen ist, der physiologischen Betrachtungsweise nicht entbehren kann, so reicht auch für manche Probleme der Physiologie ihre specielle Methodik , wie vollkommen auch diese dank der Heranziehung von Physik und Chemie sich ge- staltet hat, nicht aus, und zw ar deshalb nicht, weil die Relationen, auf Grund deren gewisse Thatsachen der Physiologie erst zur Verallgemeinerung befähigt Averden, selbst nicht im physiologischen, sondern im morphologischen Gebiete wurzeln. Auch hierfür Ein Beispiel aus dieser Schrift. Ich konnte nachweisen, dass die Nephridien aller Capitelliden-Gcnera gefärbte Concretionen enthalten; ähnliche Concretionen fanden sich bei denjenigen Gattungen, deren Nephridien rückgebildet sind, in seg- mentalen Wucherungen der Leibeshöhle; ähnliche ferner wiesen bei den meisten Gattungen die Blutscheiben auf, und mit denjenigen von Nephridien identische fanden sich endlich auch in der Haut gewisser Formen als sogenanntes Pigment vor. Die chemische Untersuchung dieser Concretionen hat den Nachweis eines be- kannten stickstoffhaltigen Zersetzungsproduktes zur Folge gehabt, und darauf gestützt Avird der Schluss des Physiologen lauten, dass bei diesen Thieren das fragliche Zer- Zuol. Station z. Neapel, Fauna und Flora, Golf von Neapel. CapitoUideu. 1) sotzungsprodukt in den Nieren, in der Leibeshöhle, im Blute und endlich auch in der Haut vorkommt. Wie anders wird nun aber dieser Schluss ^ertieft durch den gleichzeitisicn Nachweis des Morphologen , dass die drüsigen Abschnitte der Ne- ])hridien \ om Peritoneum abstammen, dass jene segmentalen, cölomatischen Wuche- rungen ebenfalls Abkömmlinge des Peritonemiis sind, dass die Elutzellen aus dem l*eritoncum hervorsprossen, und dass jene Concretionen der Haut vorwiegend durch die Nephridien als Pigment dahin deponirt werden! Ich kann hier die lange Reihe von Folgerungen, zu denen diese Doppeleinsicht in die morphologische und phy- siologische Natur der „Nierenorgane" geführt hat, aiicli nicht einmal andeuten und \ci-\veise daher auf die betreffenden Kapitel des physiologischen Theiles. Ein blosser Austausch der unabhängig von einander von Morphologen einer- luid Physiologen andererseits gewonnenen llesultate genügt also nicht. Erstere müssen sich selbst i'iu- das Physiologische intercssiren, vmi das für den Physiologen Interessante über- haupt herausfinden und, sei es auch nur als Ilohmaterial, mittheilen zu können. Und als solches Rohmaterial zur exacteren Verarbeitung möchte ich denn auch, dass meine speciell })hysiol()gischen Daten von Seiten der Physiologen betrachtet werden. Ich bilde mir nicht ein, in dem eben über das Verbal tniss von Morj)hologie und Physiologie Gesagten neue Gedanken entwickelt zu haben. Berufeneren haben wir die Initiative zu einem Umschwünge dieses Verhältnisses zu verdanken. Im Interesse baldiger Verwirklichung dürfte es aber eine gewisse Zeit hindurch nicht überflüssig sein, dass Jeder, der solchen Umschwung für nothwendig hält, dieser Nothwendig- keit speciell auf (irund seiner Erfahrungen Ausdruck verleiht. Wirksamer noch freilich Avird auch in dieser Hinsicht die Beth;itigung sein, und zu einer solchen bietet sich ja bald eine günstige Gelegenheit, indem, während ich dieses nieder- schreibe, dank den unausgesetzten Bemühungen des Schöi^fers der Zoologischen Stition, ein Neubau seiner Vollendung zustrebt, der die Einrichtung eines physio- logischen Laboratoriums an der Meeresküste mid so auch das ZusannnenAvirken mit Physiologen da erm()glichen wird, wo bisher schon zahlreiche Botaniker und Zoo- logen zu nicht geringem gegenseitigen Vortheile zusannnen gewirkt haben. Neapel, Zoologische Station, im November 1887. Der Verfasser. INHALTSVERZEICHNISS*. Seite Vorwort Inhaltsverzeichniss ^^ Einleitung A. Anatomisch-Histologisclier Theil. NOTOMASTUS •* 1. Allgemeine Körperform l ^ 2. Haut '*' a. Culieula b . Hypodermts Structur 22. Nacliwachsendes Schwanzende 24. Grenze Haut-Muskulatur 25. Innorvation 20. Ver- änderung bei ge.schleelitsreifen Thieren 27. 3. Muskulatur I.ückensystem :i(l, Mächtlf-keit und Anordnung :30. Seitenlinie 31. Paradoxes Verhalten des letzten Thoraxsegmentes 32. Transversale Muskulatur 33. Inanspruchnahme der Stannnesmuskulatnr zur Lieferung secundärer Muskeln 33. Histologisches Verhalten 34. 4. Darmkanal "^ a. Dei- Enssel "^ ' Bedeutung für Ortsbewegung und Respiration 37. Rüsselretractoren und ihre Ganglien 37. Bechei-- förmige Organe 38. Structur 38. b. Die Speiseröhre ^'^ Structur 40. Nervenendigungen 41. c. Der abdominale Darm [Hauptdarm und Nebendarm) ' ' Färbung 42. Nebendarm 43. Wasseraufnahme 44. Lymphatische Zelldivertikel 44. Dainizellen 45. Nervenendigungen 4(i. Epithelmuskelzellen 47. Stnictur Nebendarm 47. Veränderung bei gc- selilecht.'ireifen Thieren 48. 5. Centrales Nervensystem ^^ Historisches 51 — 53. a. Das GeJiirn ^'^ Obere Schlundganglien 53. Schlundring 57. Untere Schlundganglien 58. b. Der Bauchstram/ ''^ Form, Anordnung 5«. Neurilemma 61. Ganglien 02. Ganglienzellen 03. Nervenfibrillen 04. Zusammenhang von Zellen und Fibrillen 05. Neurochordc 07. Verhalten im Schwanzende 0>). Spinalnerven 09. » Anstatt eines Registers gebe ich ein ausführliches Inhaltsverzeichniss; denn meiner Erfahrung nach ist es bei Schriften wie die vorliegende leichter, sich an der Hand eines ihren Inhalt recapitulirenden Verzeichnisses, als mit Hilfe eines auf der Auswahl von Schlagwörtern beruhenden Registers zu orientiren. XIT Inhaltsverzeichniss. Seite 6. Sinnesorgane 'O a. Die Augen 7^» Ciiticuk und Ilyiiodiirmuli'mLMito 7(1. I,iehtbreeheiulc Zellen, .Structur-SeheiiKi 71. h . Die Wimperorganc 71 Habitus 71. Historisches 72. .Stnietur 7:i. NervenversorguiiK 75. c. Die Seitenorgane 7G Historisches 76. Seitenorgaiie d es Abdomens: Einstülpung 71 . Lage 78. Grösse 79. Form, Muskeln der Sinnes- hügel 80. Struetur: Sinneshaare 80. Cuticula, Stäbchen 82. Spindeln, Körner S3. Innervation S4. Haarfeld -lletractor 8(i. Structur-Schema 87. Seitenorgane des Thorax: Retractilität derselben 88. Lage 89. Seitenorgan-Höhle und -Spalte 90. Form der Sinneshügel, Retractilität des LLaarfeldes 91. Grösse und Struetur der Hügel 92. Muskeln der Hügel, Haarfeld-Retractor 93. Linervation, Ectodermale Natur der Seitenorgane 9L d. Die becherförmigen Organe 95 IJechcrorgane des Kopflappens: Retractilität, Form, Grösse 9(1. Struetur, Innervation 97. Bceherorgane des Thorax: Vorkommen, Zahl 97. Ueeherorgane des Rüssels: Vorkommen 97. Struetur 98. 7. Parapodien 98 Historisches und Allgemeines 98. Parapodien des Thorax; Form 99. Hauteinstülpung des l'arapodiums, Borstendrüse 100. Pfriemen- borsten 101. Parapodien des Abdomens: Lagcrungsverhältnisse, Anatomisches Verhalten 1U2. Parapodkiemen, Struetur 103. Haken 104. Hakenentwickelung 100. Chemische Beschaffenheit, Parapodmuskulatur 107. 8. Bespirationsorgane 108 Historisches, Vorkommen 108. Grosse, Zu.standekomnien der Parapodhöhle, Bluteirculation, Retractili- tät 109. Respiration von Haut, Darm und Rüssel 110. 9. Nephridien Segmentalorgane) 111 Historisches 111—113. a. Cliitomastua 11'^ Form 113. Färbung, Grösse 114. Abbildungen von Nephridien verschieden grosser Thiere 115. Innere und äussere Mündungen 110 Vorkommen der Nephridien bei Erwachsenen und Juvenes 117. Provisorische Nephridien 11>^. Polymetanieres Verhalten, Anordnung innerhalb der Segmente 119. Struetur: Gesammtbild 121. Peritoneale Hülle, Membrana ])ropria imd F'achwerk 122. Zellsub- stanz 123. Ausführungsgang 124. Exoretbläselu-n 125. b . Tremomastus 127 FiM-m, Färbung und Grösse 127. Innere und äussere Mündungen 128. Auftreten und Lagerungsver- hältniss 129. Struetur 130. 10. Geschlechtsorgane 132 Historisches 132. Diöcie, Genitalplatte 134. Steriler thoracaler Keimstock 1 30. Eientwickelung 130. Spermatogenese 140. Genitalschläuche: Vorkommen, Form, Grösse 143. Porophorc, Segmcntale Natur der Genital- schläuche und ihre Verbindung mit Nephridien 144. Struetur 145. Ihr Fehlen oder Rudimentär- sein bei N. liiieata.i 14(i. 11. Leibeshöhle 147 .Vuffallende Geräumigkeit, Schematischer Querschnitt 1 47. Bauchstrang-, Darm- und Nierenkammern 1 48. Wimperorgan- und Gehirnkammer 149. Linien und Spalten, Peritoneum 150. Dissepimente 151. Ihre degenerative Metamorphose 152. 12. Blut (Hämolymphe) 153 Historisches 153. Mangel der Blutgefässe 154. Bewegung der Blutflüssigkeit 155. a. C'listomastus 156 Rothe Blutkörper: Form, Grösse, Kerne 150 Excretbläsehen (Concretionen), Struetur 157. Re- action gegen Wasser 158. Salze 158. Alkalien 159. Säuren 100. Alcohol, Aetlier, Cliloroform 102. Farbstofle 103. Aufbau aus Oikoid und Zooid 103. Weisse Blutkörper: Blutmenge 104. Beimischungen 105. b. Tremmnastus 105 Form, Farbe luid Substanz der rothen lihitkörper 105. Concretionen, weisse Blutkürper 100. Ver- mehrung der Blutkörper 107. InhaltsverzelchnisS. XllI Seite IL DASYBRANCIIUS 168 1. Allgemeine Körperform 168 2. Haut 171 3. Muskulatur 171 4. Darmkanal 172 I,ymphatische Zelldivertikel 172. Färbung des Magendarmes, Epithel-Muskelzellen 17:i. Innervation der verschiedenen llarmtlioile 17J. Hinterdarmrinne 175. After, Nebendarm 170. 5. Centrales Nervensystem 176 Gehirn ITC. Neurijcliorde, liauclistrauf;-, Verlialten im naclnvacliMenden .Schwanzende 17S. 6. Sinnesorgane 170 a. Die Augen 17'J b. Die Wimperorgaiw 180 c. Die Seite.no rg am: 181 d. Die hecJicrfdrmigcn Organe 181 7. Parapodien 181 Thoracale Parapodien ISI. Abdominale Parapodien, Parapod-Kiemenhöhlen 1S2. Wachsthuuisverhalt- niss zwisclieii Haken und Leib 18.'{. Parapod-Spiraldrüsen 184. 8. Respirationsorgane 180 Bedeutung für den Habitus ISO. Ketraetilltät, Umfang, Auftreten 187. Lage 188. Structur, Ketrae- toren 189. Ausstülpung lilO. 9. Nephridien 190 l-'orm l'.H). Fiirbung, Umfang, Lage 1"J1. Metameres Auftreten, Innere und äussere Mündungen Uli. lieziehungen zu den Genitalschliiuclicn l'J3. Taliellen zur Feststellung dieser lieziuhungen IltO. Dimorplies Verhalten. C!aducus- und Gajolensis-Typiis, Variabilität, Structur 198. 10. Geschlechtsorgane 119 ]':i- und .Samenbihlung 199. Genitalschläuche 2(19. Zeit der Geschlechtsreife 201. 11. Leibeshöhle 202 12. Hämolympho 202 Blutcirculatiün 202 Blutkörper 2o:f. III. MASTOIJRANCIIUS 204 1. Allgemeine Körperform 204 2. Haut 207 3. Muskulatur 208 Neurale Längsmuskulatur, Seitenlinie, Transversale Muskeln 20S. Structur der abdominalen Mus- keln 208. Motorische Nervenendigungen 209. 4. Darmkanal 210 Topograpliie, frischer Zu.stand, Lymphatische Zelldivertikel 210. Darmsinns 211. Hinterdarmrinne, After, Nebendarm 212. 5. Centrales Nervensystem 212 Gehirn 212. Commissuren, Unteres Schlundganglion 213. Neurochorde; Frischer Zust.and 214. Degeneration der Neurochin-dncrven 215. Myelinkörper, Neu- rochordröhren , Dauernde und provisorische Nervenelemente 210. Riesige Ganglienzellen, Definition des Neurochord-Systenie.s 217. e. Sinnesorgane 218 o. Die Augen 218 h. Die Wimperorgane 218 c. Die Scitenorganc 218 d. Die hecherfiirmigen Organe 2 1 9 7. Parapodien 219 liorstenvertheilung 219. Lage und Structur der Paraijodien, Borsten 2211. 8. Respirationsorgane 221 Vorkommen, Lage, Grösse, Ketractilität 221. Structur 222. XIV Inhaltsverzeichniss. ♦ Seite 0. Nephridien 222 Auftreten 222. llückbildung, Grösse, Färbung 223. Mündungen, Lage, Structur, Beziehung zu Ge- nitalschläuchen 224. 10. Geschlechtsorgane 225 Gunital]ilatte, steriler thoracaler Keimstock 225. Ei- und .Samenbild unp-, Excretbläsohen in Eiern, Genitalschläuche 22(i. Zeit der Geschlechtsreife 227. 11. Loibeshöhle 227 Topographie 227. Exeretorisch thätige peritoneale Wucherungen 227. Peritoneale Entstellung von lUutkür])crn 228. 12. Hämolymphe 228 IV. IIETEROMASTUS 228 1. Allgemeine Köi-perform 228 2. Haut 232 3. Muskulatur 233 4. Darmkanal 234 5. Centrales Nervensystem 235 Gehirn 2.'i.5. Cerebroparietale Muskeln , acoioinatische Lage des Bauchstranges TMi. Neurochord- systcm 237. 6. Sinnesorgane 237 a. Die Augen 237 b. Die Wimperorgane 237 c. Die Scitenorgane 238 d. Die hecherfürmigpu Orgrinc 238 7. Parapodien 238 Cieringer Gegensatz thoracaler und abdominaler, sowie neuraler und liämaler ?arai)odien 239. Borsten 210. 8. Respirationsorgane 240 9. Nephridien 241 Vorkommen 241. Lage, Mündungen, Structur, exorctorische Wucherungen des l'eritoneums 242. Beziehungen zu Genitalsehläuehen 213. 10. Geschlechtsorgane 243 11. Leibeshöhle 244 12. Hämolymphe 245 V. CAFITELLA 247 1. Allgemeine Körperform 247 2. Haut 252 Drüsen- und Eadenzellen, Släbehen 2.".2. Hautpigment 253. Cuticula 254. 3. Muskulatur 254 4. Darmkanal 255 Topogra]diic, Rüssel 255. Oesophagus, Vorderdarmrinne, Magendarm 25(3. Lymphatische Zelldi- vertikel, Ilinterdarmrinne 257. Nebendarm, Respiratorische Bedeutung des Darmes 258. 5. Centrales Nervensystem 259 Gehirn, Bauchstrang 251). Nourilemma, Nenrochorde 200. 6. Sinnesorgane 2C1 n. Die Augen 201 lt. Die Wimperorgane 2ü 1 c. Die Seitenorgane 2(11 (I. Die hccherfiirmigin Organe 2(i2 7. Parapodien 2(12 Historisches 2C3. Listen über die Borstcnvcrtheilung 2()4 — 2G5. Gegensatz thoracaler und abdominaler Parapodien, Borsten 2GG. Genitalhaken 207. Liste über das Auftreten der Genitalhaken 208. Correctur der bisherigen Parapod-Auffassung 20'J. Inluiltsvorzeichniss. XV Seite 8. Respirationsorgano 2(39 9. Nephridien iTo llistorisclics , Vorkommen, Färbung, Form 270. Grösse, Vcrluilten zvim Peritoneum, Innere Mün- dungen 271. Aoussere Mündungen, Entleeren de.s Excretes in die Haut 272. Carminversuclie. La-^e in den Nierenkammen 273. Verbindung successiver Organe, Provisorische Nephridien 274. Ihr zeitweises Functionireti 275. Tabellen über die Keihen- und Zeitfolge, in der die Nephridien « auftreten und sieh rückbilden 27(1 — 277. Sehlüsse aus dieser Tabelle 278. Structur der Nephri- dien 279. 10. Geschlechtsorgane 280 Historisehes 280. Genitalplatte, Ovarien 281. Steriler und thoracaler Keimstock, Spermatozoen und Eier 282. Genitalschläuche 283. Spermatophorcnbildung, Copulationsapparat 284. Zeit der Ge- schlechtsreife, Kritik der früheren Interprctirungcn 286. 11. Leibeshöhle 2S7 12. Hämolympho 288 Gefärbte Blutkörper, Hämoglobin -Nachweis, E.xoretbläschen, Mclaiiämie 28S. Umwandlung in Haut- pigment, Leucücyten 28'J. VI. (;AP1T()]MASTIIS 290 Anhang zum Anatomisch-Histologischen Theil: Präparations-Methodon 292 a. Beobachtung des lebenden Thiercs 202 b. Herstellung topographischer Präparate 291 c. Herstellung von Schnittpruparaten 29.5 d. Herstellung von ßfacerationsjiräparatcn 297 B. Vergleichend- Anatomischer (Morphologischer) Theil. I. HAUT 299 1. Vergleichende Zusammenfassung der Capitelliden 299 rt. Hypodcrmls 299 Mächtigkeit 2!i!». Structur :i()0. Verbindung von INluskelfilirillen und FadenzuUeu 302. Ganglien- zellcnplexus der Haut nebst Schema 303. Störung der tyi)ischcn llautstructur 304. Hautpigmen- tirung 30.5. h. CiUinila 1^05 Fibrillen, Chemisches Verhalten 305. CuticiJa-F^ntstehung durch Stäbchen- oder F'aden- Aggh)nie- ration 300. 2. Vergleich der Capitelliden mit anderen Anneliden 307 a. Hi/podermis 307 Hypoderm-Structur 307. Ganglicnzellenplexus 311. Muditicationen der Hypodermis 314. Stäbchen 310. b. Cuticula 317 Structur 318. Fibrillärer Bau 323. Entstehung der Cuticula 324. Stab- und fadenförmige Secrete liefernde Drüsen, deren Absoiuleriiugsniudiis die vom Autor vertretene Cuticulagenese zu stützen geeignet ist : Die segmentalen Spinndrüsen von Polgodontes maxiUosus 3'2i. Habitus-Uebereinstimmung mit den Borstendrüsen 329. Structur der Borsten, Structur der Cuticula von Polyodontes 330. Hie Säckchen von Cherusca 331. Die Haare und der Haarfilz von Aphrodita acukata 331 — 334. Die Drüsentaschen von Polgdora 334. Die Drüsentaschen von Spio Bomhrjx 335. Die schlauchförmigen Drüsen von Otccnia ßtsiformis 336. Die ,,glandes repugnatoires" von Aricia foetida 337. Die gewundenen Schläuche der Nereiden, von Sjj/iaerodfiruin und l'/ii/f/cdoce 338—339. Die Drüsenkolben oder Schlauchdrüsen von Hi/drophancs und Tijidthi.scnlex 339—310. Die borsten- und reusenf örmigen Stab- oder Fadensccrete der Cirrcn von Ti/phlo- sculex 341—342. Stab- und Fadensccrete der Hy podermzcUen von rhijUuvhaetoptcrus uwi Raiizania 343. XVI Inhaltsvcrzeichniss. Sclnvierigkeitcu der Homologie zwischen den Sccieteii der IJorstciidräseu, Spii drüseii und Ilypodermis; Divergenz dos chemischen Verhaltens :il4— :350. Einwand, dass cctodermale und mcsodermale Trodukte vert^liehcn werden 350-;!58. 3. Vergleich mit anderen Thierclaasen a. Coelcnterata ])lc Gerüste der Hornsehwämme 359. ])lc Nesselorganc der Coelcnterata Cnidarla 300. Die Köhrenblldiing von Cereanihus 300. Die Ncsselurgane in er.ster Linie lliiftorpine 3(;:i. h. Kchinodermata Seite 350 3C4 Die Cuvier'schen Organe der Holothurien 304. c. Vermcs excl. Annelides •'"^ Sttihehen und Ncssclorgane der T ii rbell arlen 308-370. Stäbchen und Nesselorgane der Xemertlnen 371. FibrlllSrc Cutlculac der Cestoden und Nematoden 371. (/. Aiihrofoda '^ ^ ' ribrilläre Structur der Arthropoden-Cuticulae 372—373. Sind die Spinndrüsen der Arthropoden ebenfalls Hautdrüsen? Die Serictericn der Inscctenlarven 374. Die Spinndrüsen von Peripatus: Natur und Function ihres Sccretes 375. Ihre Homologie mit den Sericterien 377. Entstehung der Speicheldrüsen aus einem Nephridlenpaarc 378. Homologie der Spinn- und Schenkeldrüsen (Coxaldrüsen) 379. Vergleich der Schenkcldrüsen von Peripatus mit den Spinndrüsen von Anneliden 3S0. Die Speicheldrüsen der Arthropoden stammen von Nephridien und die Sericterien stammen von parapodialen Spinndrüsen ab 381. Die Drüsengebilde der Myriopoden: Sie gelten als Hautdrüsen und einzelne als Spinndrüsen 383. Natur ihrer Gespinnste 384. Mangelhafte Einsicht in ihre Herkunft 385. ürientirung über die verschiedenen Drüsen und Poren: A. Chilopoda 385. B. Chilognatha 380. Die Coxal-, Pleural- und Analdrüscn der Chilopoden sind Spinndrüsen 380. Die unpaarcn Drüsen der Geophiliden gehören zur Kategorie der Wehrdrüsen 387. Die durchbohrten Hüften und ausstülpbaren Wärz- chen der Chilognathen entsprechen den Spinndrüsen (Coxaldrüsen) 387. Die durch die foramina repugnatoria mündenden Wehrdrüsen haben nichts mit Spinndrüsen zu ihun 388. Die S])inndrüscn (Coxaldrüsen) der Myriopoden sind den Schenkel- und Spinndrüsen von Peripatus und den Spinn- drüsen von Anneliden homolog 389. Die Wehrdrüsen der Myriopoden stellen wahrscheinlich um- gewandelte Nephridien dar 389. Die morphologische Natur der Giftdrüse der Chilopoden frag- lich 390. Die Drüsen der Symphyla IScolopendrcUa) : Die terminalen Spinndrüsen von Scolopendrella den Pleuraldrüsen der Chilopoden homolog 390 Die metameren Drüsentäschchen an der. Basis der Beine als weniger entwickelte Spinndrüsen zu betrachten 390. Die ausstülpbaren drüsigen Täschchen der Thysanuren sind ähnlich den ausstülpbaren Wärzchen der Chilognathen als in Kückbildung befindliche Sjiinn- oder Coxaldrüsen zvi be- trachten 392. Die Spinndrüsen der Arachnoidea: Morphologische Natur der Spinnwarzen 393. Vergleich der Spinndrüsen der Arachnoidea mit den Spinn- oder Coxaldrüsen der Myriopoden und Syni- phylen 394. Haben die Arachnoidea ausser den terminalen Spinndrüsen auch noch solche in an- deren Körperregionen? 395. Für die Beantwortung der Frage Limulm entscheidend 395. Die Coxaldrüsen von Limulus 396. Die Coxaldrüsen der Aranciden 397. Vergleich der Coxaldrüsen der Arachnoiden mit denjenigen der Myriopoden 398. Die Coxaldrüsen haben nichts mit Nephri- dien zu thiin 400. Nachweis von Coxaldrüsen bei Hexapoden 401. Die Spinndrttscn der Crustaceen: Die Ccmcntdrü.sen der Cirripcdien möglicherweise Abkömm- linge von Spinndrüsen 402. Die morphologische Dignität der Antennen- und Schalendrüse noch fraglich 402. Die Kittdrüsen der Pycnogoniden möglicherweise Derivate von Spinn- oder Coxaldrüsen 402. Uebersicht der Organe, welche sich wahrscheinlich im Kreise der Arthropoden einerseits aus den Spinndrüsen und andererseits aus den Nephridien der Anne- liden entwickelt haben 403. Inhaltsverzeichniss. XVII Seite e. Mollusca 4 03 Integumentale Natur der Molluskengehäuse 403. Ihre fibrilläre Structur 404. Vorkommen von Stab- chen und Nesselorganen 405. Vorkommen von Spiundrüsen 400. Die Byssusdriisc der Lamellibranehiaten: Natur des Secretes 400. Function 407. Ecto- dermale Abstammung, Paarige Anlage 408. Rückbildung 409. Fäden spinnende Gastropoden ; Fuss- und Schwanzdrüse der Pulmonaten 410. Lippendrüse und Fusssohlendrüse der Prosobranchier 411. Ectodermale Natur dieser Drüsen und ihre Homo- logie mit denjenigen der Lamellibranehiaten 411. Eintheilung dieser Drüsen in Sehleim- und Spinndrüsen 413. Spinndrüse von Nenmema 413. Chemische Natur der Byssus 414. /. Vertehrata 114 Cuticularbildungen 414. Nessel- oder Fadenzellen in der Haut und in den Schleimsäcken von Myxinoid cn; Historisches 415. Epitheliale Natur der P'adenzellen 410. Stab- und Fadengebilde in Epidermis- zellen von F'roschlarven 417. Schleimabsonderung und Nest-Spinnen von Myxinu 417. Kritik des Leydig'scIicu Standpunktes in der Frage nach der Herkunft und Bedeutung der Cuticularsubstan- zen 418. Eintheilung der Stab- und Fadensecrete 419. Die Schleimsäcke von Myxhie sind Haut- drüsen, und zwar Spinndrüsen 420. Ihre speciellen Homologien noch fraglich 421. II. MUSKULATUR 422 Vergleichende Zusammenfassung der Capitelliden 422 Uinnmiiskulatur und Längsmuskulatur 422. Gegensatz von Thorax und Abdomen, Verhalten der Liin^fsstriingc dem Abdomen entlang 423. Seitenlinie, Mediane Furchen, Continuität der Längs- bündel, Transversale Muskeln 424. Structur 425. Nervenendigungen 420. III. DARMKANAL 427 1. Vergleichende Zusammenfassung der Capitelliden 427 a. Der Rüssel 427 Aus- und Einstülpung, Locomotürisoh-Kespiratorische Bedeutung 427. Structur 428. Rüsselretrae- toren und Schlundnervensystem 429. b. Die Speiseröhre 429 Erstreckung, Structur 429. Vorderdarmrinne 430. r. Der abdominale Darm {Hauptdarm und Nihemlarm) 4 30 Auftreten, Lage 430. Färbung, Ansehen, Structur 431. Epithelmuskelzellen 432. Lymphatische Zell- divcrtikcl 433. Sympathisches Nervensystem, Darmsiuus 434. Hiuterdarmrinne, Nebendarm 435. Üarm-Histolyse bei geschlechtsreifen Individuen von Clistomustus 437. 2. Vergleich der Capitelliden mit anderen Anneliden 137 Darm-Iiis toly se: bei Pohjophthalinus, Paedojjhylax, Nercis und (ilyeera 438. Blutsinus: Vorkommen und anatomisches Verhalten 439. Lymphatische Zelldivertikel; Sie haben nichts mit Chloragogenzellen zu thun 410. Excre- torische Natur des Chloragogens 441. Nebendarm: Vorkommen bei Euniciden 441. Erklärung seines sporadischen Auftretens 442. 3. Vergleich mit anderen Thierclassen H2 Nebendarm: Vergleich mit ähnlichen Darmadnexen bei Kchinodermen und Gephyreen 442. Vor- kommen eines vergleichbaren Gebildes bei Balanoylossus 443. Kritik der Ansichten von Ba- TESON 444. Vergleich mit dem subchordalen Strange und der Chorda dorsalis der Vertebraten 445. Wie man sich die Umwandlung von Nebendarm in Chorda vorstellen kann 440. Kritik der gel- tend gemachten Einwände 448. IN'. CENTRALES NERVENSYSTEM 450 1. Vergleichende Zusammenfassung der Capitelliden 450 a. Das Gehirn " 450 Obere Schlundganglien 450. Sehlundring-Commissuren 452. Unteres Schlundganglion, Zahl der vom Gehirne occupirten Zonite 453. b. Der Bauchstrang Lagerungsverhältnisse 454. Structur 455. Seitennerven 457. Neurochorde 458. Verschmelzen mit Hypodermis 4C0. Züol. 8t:ition ■/.. Np:iiiel, Fmin.a und Flov!i, linlf von Ni':ippl. Capitplliilen, 0 XVin Inhaltsverzeichniss. 2. Vergleich der Capitelliden mit anderen Anneliden sowie auch mit anderen Thierclassen 4(;i a. Das GeMrn 4(il Kinzig unter Anneliden dastehende Complicirtheit des Dimi/bra/ichus-Gehirnes 4(jl. Verschieden- gradige Entwickelung des Gehirnes durch Degeneration erklärbar 4G2. Uebereinstimmung mit Oli- gochaeten, Accessorische Schlundringconimissur, Lage des unteren Schlundganglions 4G.'i. b. Der Bauchstrang 4()4 T.ageveränderungen 4G4. Segmentale Anordnung 405. Structur des Nervenmarkes: Punktsubstanz 4ü7. Kritik der LEYDiG'schen Auffassung 408. Das Fibrillennetz nicht bindegewebig, sondern nervös 474. Ueber das Vorkommen der Körner, Ursprung der peripheren Nerven 475. Vergleich der Neurochorde im Kreise der Anneliden; Vervollständigung der Liste Spen- GEL's 476. Contrastirende Auffassungen der Anneliden-Neuroehorde 477. Ihre nervöse Natur durch SpenGEL entschieden 479. Degeneration der Neurochordnerven und Umwandlung ihres Neurilemmas in Neuroehordröhren bei ßlastobraiichus, Die Neurochorde dienen als Stützorgane, haben aber nichts mit der Chorda dor,salis zu thun, Verzweigung der Neurochordnerven 480. UnVollständigkeit un- serer Kenntnisse 482. Wir haben im Nervensysteme der Anneliden einen dauernden und einen provisorischen (degeuerlrenden) Bestandtheil zu unterscheiden 483. Neur ochord-Nerven und -Zellen von Arthropoden 483. Kiesige Ganglien und riesige Nervenfasern bei Vertebraten 485. Stützorgane des Anneliden -Bauchstranges, welche durch directe Hypertrophie seines Neurilemmas zu Stande kommen: Die Lemmatochorde von Nephthys und Glycera und der Bandapparat von Nephthys 486. Die Lemmatochorde der Arthropoden: Das sogenannte Bauchgefäss (Chorda supraspinalis) der Lepidopteren. Es hat nichts mit der Chorda dorsalis zu thun 488. Kritik der Nu.sBAUM- schen Mittheilungen über die Chorda der Arthropoden 489. Sempek's Chorda der Naiden eine neurilemmatische Bildung 493. V. SINNESORGANE 494 1. Die Augen 594 Vcrglfiehende Zusammenfassung der Capitelliden 494 Lage, Ausbildung 491. Structur und Structur-Schcma, Sie sind rückgebildetc Sehorgane 495. 2. Die Wimperorgane 4 90 a. Vergleichende Zusammenfassung der Capitellidin 490 Vorkommen, Lage 496. Innervation, Structur 497. Innervation verständlich, wenn man Gehirn als (iang- lien-Aggregat auffasst 498. b. Vergleich mit anderen Anneliden 498 Weite Verbreitung der Organe, Bei vielen sind sie rückgebildet, Ihre Uebereinstimmung mit denje- nigen der Euniciden 499. Sie haben nichts mit Gehörorganen zu thun 5U0. c. Vergltich mit anderni Thierclassen 5U0 Vergleich mit den Wimper-Spalten und -Gruben von Nemertinen und Turbellarien 5(10. Die Wim- pcrorgane der Ncmcrtinen haben nichts mit Nephridien zu thun 50 1. 3. Die Soitenorgane 501 , a. Verglcichinde Zusammenfassung der CapilclUden 501 Uetractilität, Ausbildung, Lage 502. Form, Grösse 5U3. Structur und Struetur-Schema, (i;inglion, Haarfeld-Ilctractor 505. Seitenorgannerv, Zusammenhang der Sinneszellen mit Muskel- und Ner- venfibrillen 507. Ectodermale Natur, Das Fehlen des Seitenorgansystemes bei Capitella 508. b, Vergleich mit anderen Anntliden 509 Seitenorgane der Polyophthalmiden 509. Seitenorgane der Amphicteniden, Der von Sempeu als Sei- tenlinie beschriebene Zellstrang der Naiden 510. Seitenorgane der Lumbriculiden 511. Homologie der Seitenorgane undCirren: Sensitive Natur der Cirren 513. Postulate der Um- wandlung von Cirren in Seitenorgane 514. Die Glyceridcn entsprechen diesen Postulaten 515. Sonstige Uebereinstimmungspunkte zwischen Glyceridcn und Capitelliden 516. Homologie zwi- schen Seitenorganganglien und Parapodganglien 517. c. Vergleich mit anderen Thierclassen 518 Vergleich mit den Vertebraten: Lediglich das schon zum speciHschen Sinne.sluigel consolidirte Seitenorgan kann beim Vergleiche zu Grunde gelegt werden 51 S. Keproduetion meiner früher Inhaltsverzeichniss. XIX Soitu publicirten Mittheilungen 519 — 524. Was seitdem für und wider die segmentale Natur der Sei- tenorgane vorgebracht worden ist 525 — 530. Vergleich der beiderseitigen Innervationsverhiiltnisse; Voraussetzung, dass der Seiten- nerv nach dem Principe eines Colleetors zu Stande kam 531. Schwierigkeit dieser Vorstellung durch auffallenden Modus seiner Entwickelung 532. Diese Entwickelung spricht dafür, dass sieh der N. lateralis nicht als Collector von Nerv zu Nerv, sondern als solcher von Hügel zu Hügel ausgebildet habe 533. So erklären sich die nervösen Verbindungen zwischen den Sinneshügeln, die Seitenorganketten 534. Bei solcher Phylogenese können, müssen aber nicht, zu den Spinal- nerven verlaufende Rami eommunicantes erhalten geblieben sein 535. Beauü's total abweichende Lehre von der Function, Morphologie und Phylogenie des Scitenorgansystemes : Resume seiner Ansichten 53(i. Protest gegen die Vercänderung des Namens Seitenorgan in "Kiemen-Sinnesorgan« 537. Kritik der Behauptung, dass die Anlage des Seitennerven ohne Betheiligung des Ectodermes nach hinten wachse 539. Beard's Erklärung der »Länge« der Seitenlinie unzulässig, ebenso sein Sohluss, dass sie ursprünglich auf den Vorder- leib beschränkt war 540. Beaud kommt durch den vermeintlichen Gegensatz zwischen dem Sei- tenorgansysteme des Kopfes und Rumpfes zur Aufhebung der principiellen Einheit von Verte- braten-Kopf und -Rumpf 541. Es entsprechen wahrscheinlich die Spinalganglien den Seitenorgan- oder Parapodial-Ganglicn 542. Beakd's Zweifel an der Homologie der Seitenorgane von Vertebra- ten und Anneliden 543 — 54li. Die Seitenkanäle oder Sehleimkanäle 546. 4. Die beeherförmigen Organe 517 a. Vcrglchhemh Zusammenfasstmg der Capitelliden 547 Vertheilung, Zahl, Form, Grösse, Structur 547. Körner, Innervation 54«. b. Vei-gkkh mit anderen Anneliden 548 Vergleich mit Oligochaeten 548, mit Polyehaeten 549. c. Vergleich mit anderen Thierclasscn 550 Vergleich mit Gephyreen 550, mit Mollusken 551, mit Vcrtebraten 551—555. 5. Vergleich der becherförmigen Organe mit den Seitenorganen 555 Reproduction des hierüber früher Publicirten 555—557. Statt der früher befürworteten strengen Scheidung vertrete ich nun, dass sich sowolil Becher-, als Seitenorgane aus indifferenteren Hü- geln entwickelt haben 557. Daher ist auch das Vorhandensein von Sinncshügeln anderer Function a priori anzunehmen 558. 6. Sinneshügel, welche sich vorläufig weder in die Kategorie der Seitenorgane, noch in diejenige der becherförmigen Organe einreihen lassen 558 Sinneshüj;el von Oligocliaeten 55s, von Hirudineen 559, von Tricladen 500, von Chactognathen 501, von liryozocn und von Mollusken 502, von Echinodermen 503. VI. PAKAPODIEN 564 1. Vergleichende Zusammenfassung der Capitelliden 564 Ausl)ildung, Erstreckinig, I,age 504. Ihr Beitrag zum Gegensatze von Thorax und Abdomen: Form, Grös.se, Borsten 505. Genitalborsten 560. Structur: Fussstummel, Borstendrüse 567. Entwicke- lung der Ersatzboi-sten, Parapod-Spiraldrüse 50S. Muskelversorgung 569. Borstenhabitus 570. 2. Vergleich der Capitelliden mit anderen Anneliden 570 Abstammung der Borstendrüsen von Hautdrüsen, welche stab- und fadenförmige Secrete abschieden (Spinndrüsen) 570. Im Parapodium liegt das Verschmelzungsprodukt dreiir hitcro'>ener Theilc vor 571. Konmien den Anneliden typisch in jedem Segmente Ein oder zwei l'ar,i|H)ilicni)aare zu? : Ableitung der monostiehen von der distichen Anordnung 572. Möglichkeit der Entstehung monostlcher biremaler Parapodien durch Thcilung uniremaler (statt durch Verschmelzung disticher: 573. Uebereinstimmung der Borstenvertheilung und Parapod-Configuration zwischen Capitelliden und Oligochaeten 574. Borstonentwickelung 575. Fibrilläre Zusammensetzung der Borsten 570. Parapod-Spiraldrüsen 577. VIT. RESPIRATIONSORGANE 578 1. Vergleichende Zusammenfassung der Capitelliden 578 Tendenz die Kiemen nach hinten zu verlegen, Ihr Auftreten in zweierlei Form und Anordnun,;;-, Ein- fache und verzweigte Parapodkiemen 578. Darstellung der Kiemen-Vertheilnng durch schema- tische Schnitte 57 9. Schwankungen des Ausbildungsgrades und der Lagcrungsvcrhältnisse je nach den Gattungen : Notomastus 580. Heteromastus und Dasgbranchus 581. Mastohranchus 582. Capitella 583. Die zweierlei Parapodkiemen lassen sich nicht aufeinander zurückführen 584. XX Inhaltsverzeichniss. Seit« 2. Vergleich der Capitolliden mit anderen Anneliden 581 l.ymphkiemen und Blutkiemen 584. Lymphkiomen der Glyccriden 585. Lymph- und Blutkiemeu nicht homolog, Grosse Schwankungen des Kespirationsystemes der Anneliden 586. Uift'use Haut- und Darmattimuns als der ursprüngliche Kespirationsmodus zu betrachten 587. VIII. NEIMIKIDIEN (SEGMENTALORGANE) 588 1. Vergleichende Zusammenfassung der Capitelliden 588 Provisorische und definitive Nei)hridien, Ihr von den Verwandtschaftsbeziehungen unabhängiges Verhalten 58s. Auftreten und Vcrtheiluug nach Ort und Zeit; Clistomastus polymetameres Ver- halten, Tremomasttis Beziehungen zu Gcnitalseliläuchcn 589 Dasyhranchus T-eziehungcn zu Geni- talschläuchen und dimorphes Verhalten 590. Mastobranehus und Hetcromastiis secundäre Reduc- tion, CapUella polymetameres Auftreten, Verbindung benachbarter Organe, Contrast provisorischer und definitiver Ncphridien 591. Form der Nephridien 592. Färbung, Grösse, Lage 593. Ab- hängigkeit von Leiboswandungen, Innere Mündungen 59-1. Schematische Darstellung der Nephri- dium-Mündungen sämmtlicher Capitelliden 595. Aeussere Mündungen 596. Structur, Excretorische Thätigkeit anderer Organsysteme 597. Die metamere Nephridium-Anordnung als die typische zu betrachten, Die polymetamere Anordnung sowie das Münden in die Haut secundäre Zustände 598. 2. Vergleich der Capitelliden mit anderen Anneliden 599 Provisorische Nepliridicn bei Oligochneten (idO. Das l'artieipiren der Nephridien an zwei Leibesseg- menten kein tyiiisches Verhalten (IUI. Polymetamere Nephridien und Mehrzahl von Trichtern bei Oligochaeten G02. Mehrzahl äusserer Mündungen bei Typhloscoleciden, Alciopiden und Poly- ophthalmiden 603. ^lündcn in die Haut bei Stertiaspis 604. lieber die Beziehungen zwischen Excretions- und Genitalorganen. Polychaeten: Alciopiden 605. Syllideen 607. Spioniden 6l)S. Ariciiden und Archianncliden 609. Histriobdella 610. Hesioniden 611. Tomopteriden 612. Oligochaeten: Ansichten von Williams, Gegexbaur und CLArARiiDE 614. Laxkesteu'.s Hypotliese 616. Ansichten von Pekrieu 617, von Vejdov.sky 618, von Balfour620, von Beduard 621, von Ben- HAM 622, Zusammenfassung des Standes der Frage 623. Es bleibt allein die durch Beddarü erwei- terte Hypothese Lankester's als Erklärungsversuch übrig 624. Lankester's Satz muss eine faculta- tive Fassung erhalten, Die Beziehungen zwischen Nephridien und Parapodien nicht constant 625. Die Voraussetzung, dass jedem Oligochaeten-Segmente typisch eine Vielzahl von Nephridien zu- komme, unhaltbar 626. Das poly- und dysmetamere Verhalten der Nephridien eine secundäre Erscheinung 627. Das Verhalten der Oligochaeten im Lichte der an den Capitelliden gewonnenen Erkenntnisse; Samenleiter 628. Eileiter 630. Samentaschen 631. Resume 633. 3. Vergleich der Capitelliden mit anderen Thierclassen 634 Vergleich mit Vertebraten: R e p r o d u c ti o n des schon f r ü li e r lii e r ü b e r P u b 1 i c i r t e n 6.54 — 638. Auseinandersetzung mit FÜRDRIXGER; Meinen Nachweis, dass auch bei Anneliden Nephridien dysmetamcr auftreten können, betreft'end 638 — 640. Meinen Nachw^eis, dass die Drüsentheile von Nephridien bei erwachsenen Anneliden unabhängig von ausführenden Abschnitten fungirend vorkommen können, betreffend 640 — 644. Meine für Nephridien von Anneliden und Urnierenkanälchen von Vertebraten geltend gemachten Uebereinstimmungspunkte betreffend 644 — 645. Ueber das Zustandekommen der Homologien 646. Die Entstehung des Vornierenganges: Balfour's Annelidenableitung, derzufolge der Vor- nierengang von einem vordersten Anneliden-Nephridium abzuleiten ist, Gegexbaur's und FÜR- bringer's Platodenableitung, derzufolge er aus dem Excretionsapparate der Plattwürmer hervor- gegangen sein soll 647. Fundamentale Verschiedenheit beider Auffassungen, Balfour's Bekehrung zur Platodenableitung 648. Ich nehme die ,, Annelidenableitung" in ihrem vollen Umfange wieder auf; Beispiele, die zeigen, dass sich Nepliridien durcli einen grossen Tlieil des Cöloms zu er- strecken vermögen 649. Beispiele, die zeigen, dass Nephridium- Ausmündungen ihre typischen Lagerungsverhältnisse zu verändern vermögen 050. Nephridien, die anstatt direct nach aussen, in einen im Cölom gelegenen Sammelkanal münden; Die von E. Meyer entdeckten Nephridialgängc der Terebelliden 651. Die Ableitung des Vornierensystems von der Kopfniere mit der von mir vertretenen unvereinbar 652. Ableitung der Vorniere von vorderen, provisorischen Nephridien, Auf Grund der Annelidenableitung wird die ectodermale Entstehung des Vornierenganges verständlich 653. Bedeutung der Nephridialgängc von Terebclla 654. Durch Ableitung der Vorniere von provi- sorischen, der Urniere von definitiven Nephridien, wird der Gegensatz von Vor- und Urnicre schon in die Anneliden zurückverlegt, Motive der Verlagerung ursprünglich metamerer Mündungen 655. Kritik der ,, Platodenableitung" 655. Gegenhaur's Standpunkt 656. FÜRBRINGER's Standpunkt 657. Schwierigkeit, die aus dem Vergleiche mit unsegmentirten Thieren erwächst, Bei der Platodenab- Inhaltsverzeichniss. XXI leitung bleibt uiit'ikläi-t, was dem Voruierengange bei Anneliden eutsprieht, Die Kopfniere hierfür ungeeignet 058. Bei der Platodenableitung bleibt ferner unerklärt die metamerc Anordnung der Vor- und Urnierenkan<älchen, ihre secundäre Verbindung mit dem Vornierengange und die ectoder- male Natur des letzteren 659. Kritik der FuAiroxT-LANo'scliLn Ableitung des Nephridialsy Sternes der Anneliden vom Kxcrctionssystenic der Plath elminthen; FltAiroNT geht von der Kopf niere, La.nc geht von Gunda aus 660. Gegensatz zwischen diesen Ausgangspunkten und denjenigen von Gegen- BAt'R-rüliBMNGEU, Uas Geschlosscnsein der Kopfnieren und ihre intcrcelluläre Natur von Lang in ihrer Bedeutung überschätzt 661. Die Längskanäle von Polygordius existiren nicht 662. Die Nephridialgänge der Terebelliden können nicht als llesidua von Plathelminthenniercn aufgufasst werden 66:1. Ebensowenig das Excretionssystem von PontohdcUa 664. Kritik der Ableitung des Excrptionssy st emes der Vertcbraten von dem der Gephyreen: Was sind die ,, ungegliederten" Excretionsorgane der Gepliyreen? 665. Fükbkingkii führt GegenbAUU's Hypothese als Factum auf 666. Problematische Natur der Anal.scliläuehe 667. IX. GESCHLECHTSORGANE 0(i!i 1. Vergleichende Zusammenfassung der Capitelliden Gült Getrenntes Geschlecht, Genitalplatte, Fungirende Keimstdckc (ili'.l. Sterile thurncale Keimstöcke, Peritoneum zur Zeit der Geschlechtsreife 670. Eibildung, Spermatogenese 671. Genitalschläuche 672. Liste über ihre Vertheilung nach Zahl und Segmenten , Beziehungen zwischen Genital- schläuchen und Nepliridien 673. Copulation 674. BrutpHege 675. 2. Vergleich der Capitelliden mit anderen Anneliden »175 Abstammung der Keimprodukte 675 Zellennatur des Eies 677. Verhältniss zwischen Eizelle und Eifollikel 678. X. LEIBESHÖHLE «79 1. Vergleichende Zusammenfassung der Capitelliden fi'O Unterabthcilungcn des Culoraes 671). Mit dem Cölom commuiiicirendu Spalten des liautmuskel- Schlauches, Communicationen von Segment zu Segment, Schema der Cölomkammcrn 680. Peri- toneum, Nierenplatten und Dissepimente 861. Dissepiment-Histolyse bei gcsclilechtsrcifen Clistomastus 682. XI. HÄMOLYMPHE ßS3 1. Vergleichende Zusammenfassung der Capitelliden 683 Mangel der Blutgefässe, Propulsatorisches Organ 683. Die Blutkörper 684—685. Excretorische Thätigkeit des Blutes, Neubildung von Blutkörpern, Melanämie 686. Pigmcntirung durch degene- rirte Blutscheiben 687. 2. Vergleich der Capitelliden mit anderen Anneliden, sowie auch mit anderen Thierclassen üS7 Mangel der Blutgefässe secundär und wahrscheinlich durch die locomotorische Inanspruchnahme der perivisceralen Flüssigkeit bedingt 687. Blutfarbstoff an Blutscheiben gebunden, Uebereinstiramung der hämoglobinhaltigen Blutscheiben bei gefässlosen Anneliden, Genese der Blutkörper 688. Excretorische Thätigkeit des Blutes: Die Stäbchen von Ophelia 6S9. Die Chloragogen- zellen als excretorisch wirksame Lymphzellen , Die Strange in den Rückengefässen von Tere- belliden etc. oder die intravasalen Chloragogendrüsen sind hämol5Tiii)hatische Excretions- organe 690. C. Physiologischer Theil. I. DARMKANAL 692 1. Ueber die in den Darmepithelzellen enthaltenen gefärbten Elemente 692 Die Pigmente des Magendarmepitheles von Capitella 692. Ihre Keactionen 693. Mangel von Gallen- farb'stotfen und Gallensäuren, Ein Theil der pigmentirten Körper dient bei der Verdauung, ein anderer ist das Produkt exeretorischer Thätigkeit 694. 2. Ueber Carmin-Verdauung und -Resorption 6'J J Das Carmin wird im Magendarme zu einer bläulichen F'lüssigkeit gelöst, Aufnahme desselben theils flüssig , theils fest in die Magendarmzellen , wo es wieder roth erscheint 695. Das Carmin nimmt erst in den Magendarmzellen feste Form an , keine intracelluläre Verdauung bei Anneliden 696. Rasche und copiöse Aufnahme des Carmines 697. AXII Inhaltsvcrzeichniss. Seit« 3. Uobcr die Function der lymphatischen Zelldivertikel 6'J7 Ihre beschafl'enheit G'J7. Ihre Aufgabe den Chylus in iliu niimolymphe üborzufülirun , Hierfür die Gefässlosigkcit der CLipitclli len bezeichnend O'JS. 4. Ueber die Function des Nebendarmes 608 Der Nebondarni steht im Dienste der Jlespiratiun. Das Verhiilten von Capitdla bestätigt diese Auf- fassung tül'.i. Pkkuiku definirte den Nebeiidarni der Eelüniden ebenfalls als Kespirationsorgan 700. II. CKNTRAl.ES NERVENSYSTEM 701 Vkjdovskv und BÜLow betracliten die Neurochurde als Stützorgane des Bauehstranges 701. Diese Auffassung durch das Verhalten der Ca])itellideu bestätigt 7o2. III. SINNESORGANE 703 1. Die Wimperorgane 703 ^\'im])erorgane der Anneliden als Käderorgane und Fidiler betraehtet "o:!. Als lliechorgane 704. M iinperorgane der Nemertinen für Sinnesorgane und Geliinirespirationsapparate gehalten 705. Ihre Malirseheinliclie Function als Geruchsorganc 705. 2. Die Seitenorgane 705 Kei)roduction des früher hierüber Publicirten 705—707. Merkel's Widerspruch gegen die ScHULZE- sche Auffassung 707. Kritik des MEUKEL'schen Widerspruches 708 — 7)1. Sehluss: Die Seiten- organe empfangen nur durch Vermittelung des Wassers ihren adäquaten Heiz 711. Die Seiten- organe als accesiorische Gehörorgane 712. 3. Die becherförmigen Organe 712 Keproduction des früher hierüber Publicirten 712—711. Die Function der Becherorgane als Ge- schmacksorgane durch Ex])erimente erwiesen , Verwechselung von Becherorganen mit Tast- papillen 714. IV. REUT (IIAMOLYMITIE) 71.5 1. Der Hämoglobin-Nachweis in den Blutscheiben der verschiedenen Capitelliden 715 Absorptionsstruifen 715. Iliimoglobii.-Krystalle 71(1, Häminkrystallo 717. 2. Ueber die chemische Beschaffenheit der Exeretbläsehen und Concretionen der Blutscheiben 7 1 7 F'rage, ob die den Kephridium-Concrctionen so ähnliclieu Blut-Concretioncn ebenfalls guaninhaltig 717. Verhaltjn gegen Reagenticn 718. Guaningehalt schwer nachweisbar; aber viele Concretionen ver- • halten sich wie Chitin, Auffassung des Chitines als eines stickstoffhaltigen Zersetzungsproduktes, Einfluss dieser Chitindefinition für unsere Herleitung der Stab- und Fadenseorete oder Cuticula- gebilde 719. Resistenz des die Blutconcretionen tingirenden Farbstoffes, Seine Abstammung vom Hämoglobine 720. Sehluss, dass auch der Farbstoff der Kephridium- Concretionen vom Hämo- globinc abstamme 721. 3. Ueber die bei Capitella auftretende Melanämie 721 Definition des Vorganges 721. Das melanämische Pigment ein Derivat des Blutscheiben-Ilämo- ghibincs, Anneliden mit normal grünem Blute 722. Unter welchen Bedingungen Melanämie ein- tritt, Achnlicher Entstelmngsmodus des pathologischen Pigmentes bei Malaria-Infection 723. V NEIMIRIDIEN 724 Die bislierigen Auffassungen ülier die Leistungen der Nephridien, Ihre Beziehungen zur Geschlechts- tliatigkeit ausser ]''rage 721. Ihre Natur als Ilarnorgane bedarf noch des Nachweises 725. 1." Ueber die chemische Beschaffenheit der in den Nephridien enthaltenen Exeretbläsehen und Concretionen 725 Sie stellen das spccifische Ausscheidungsprodukt der Nephridien dar 725. a. Die ExcrctUaschen und Concretionen der Untergattung Clistumastiis 726 Die Murexidprobe fiel negativ aus, Es sind organische und anorganische Bcstandtheile vorhanden 72«. Die mikrochemische Untersuchung der organischen weist auf Guanin hin 728. Von anorganischen Bestandtheilen sind kohlensaurer Kalk, ein Natronsalz und Magnesia (■/) vorhanden 728. Ein- zelne Concretionen verhalten sich wie Chitin, grosse chemische Resistenz des die Concretionen tingirenden Farbstoffes 729. />. üic Exeretbläsehen und Concretiontn der Untergattung TremmnuKtus 729 Schwierigkeit der Untersuchung 729. Guaningehalt fraglich, Farbstoff weniger resistent als bei Cli- stomastus 730. Blutconcretionen von Tremomastus mehr mit den Nephridium-Concretionen von Clistomastus, als mit denjenigen der eigenen Nephridien übereinstimmend 731. Inhaltsverzeichniss. XXIII Seite c. Dir mikrochemische Giiai:in-Nac/nreis durch die qualitative Analyse bestätigt 731 Analyse Weyl's 731. Verbreitung des Guanin's, Seine Substitution durch Harnsäure 7.'i2. 2. Ueber die durch die Nephridien sowie durch andere Organe bewirkte Ausscheidung des vom Magendarme resorbirten Carmines 730 Ueber die bei meinen l':xperimenten beobachtete Methodik 733—734. Listen über die Carminfütterun<;s- Versuehe 735—737. Ueber das Auftreten und Verschwinden d er Fä rbun g in d en einze Inen Organen ■ llesorption des Farbstoffes von Seiten der Magcndarmzellen, Ausscheidung durch die Nephridien 738. Ausscheidung durch die Borstendrüsen 739. Hautfarbung durch die Ausscheidungsvorgänge der Nephridien und Borstendrüsen bedingt 740. Die Färbung der Borsten beruht auf Imbibition 741. Die Färbung des Oesophagus und der Wimperorgane auf Zellenthätigkeit oder Imbibition beruhend? 742. Organe, welche von der Tinction ausgeschlossen bleiben 743. Wie der Farbstoff zur Ablagerung kommt und wie er von Organ zu Organ fortgeleitet wird 743—740. Langsam- keit dieser Aufsaugungs- und Abscheidungs-Prozcsse und Fähigkeit das Carmin lange zurüekzu- lialten 740. 3. Ueber die in anderen Organsystemen als den Nephridien vor sich gehende excretorische Thätigkeit 74(j o. Dil- excretorischen Leistungen des Darmes 747 Die Excretbläsehen im Darme von Capitella, Der Harndarm der Syllideen 747. Die Excretions- produkte im Darmkanale von Aphroditeen 748. Die entodermalen Wimpertrichter der Plathel- minthen und Siphonophoren , Der Harndarm der Eotatorien und Crustaceen , Die Excretionspro- dukte der Vertebratenleber , Die malpighischen Gefässe 74'.). Beziehungen zwischen Harndarni, Blutgefässsystem und Nephridien 7äU. b. Die excretorischen Li istiingen der Borstendrüsen 759 Allfüllung der Borstenscheiden mit Excretbläsehen, Antheilnahme der Borstendrüsen an der Uarmin- Ausscheidung 750. Die Borsten als ,,Excret" der Borstendrüsen zu betrachten 751. c. Die excretorischen Leistungen des Blutes [HSmolymphe] 75I Coucretionen der Capitelliden-Blutscheiben, Ihre Uebereinstimmung mit denjenigen der Nephridien 751. Zu Grunde gehen der excretorisch thätigen Blutseheiben, Einkapselung durch Phagocyten 752. V.u\- kapselung durch das Peritoneum 753. Ersatz durch neugebildete Blutscheiben 754. Vorkommen von Excretbläsehen oder Coneretionen in den hämoglobiuhaltigen Blutscheiben von Ghjccra und I'has- cnlosoma, in den Leucocyten von Ophelia 754. Coneretionen im Bereiche der Gefässwandungen von Hesioniden, FÄmiciden und Serpuliden, Chloragogenzellen , Intravasale Choragogendrüsen 755. Chemische Uebereinstimmung zwischen den Coneretionen der Chloragogendrüsen und denjenigen der Nephridien, Ausscheidung der Chloragogendrüsen-Coneretionen durch die Nephridien 750. d. Die excretorischen Leistungen des Peritoneums 757 F^xcretbläschen in Eiern, Peritoneale Wucherungen mit Excretbläsehen, wo Nephridien rückgebildut 757. Coneretionen in mesencliymatischen DrüsenzcUcn von Valiphijlla IJÜ. F^xcretorische Function des Peritoneums bei höheren Thieren 759. 4. Können die im vorigen Abschnitte hinsichtlich ihrer excretorischen Thätigkeit betrach- teten Organe als Nierenorgane gelten? 759 Relativität des Begriffes Excretionsorgan 759. Ob im Darme von Capitella ein Nierenorgan, oder ein solches, das nur Excrete retinirt, vorliegt, fraglich, dagegen der Harndarm der übrigen ge- nannten Anneliden ein Nierenorgan 700. Die Borstendrüsen sind Nieren- oder Excretions- organe im wahren Sinne des Wortes, Die rothen Blut Scheiben ebenfalls 701. Und auch das Peritoneum ist als Nierenorgan zu betrachten 702. 5. Ueber die Entstehung und über den Excretionsmodus der Nephridien, sowie über deren Verhältniss zu den anderen Nierenorganen 7G2 Ursprünglich waren nur »nicht nephridiale Nierenorgane" und Poren vorhanden 702. Entwickelung der Nephridien aus peritonealen Wucherungen 703. Function und Phylogenie der Trichter 704. l'.rklärung ihrer Rückbildung bei höheren Thieren 705. . -j e. Ueber die Beziehungen zwischen Excret und Pigment fij'j Frühere Erklärung der Pigmente 705. Unterscheidung der Frage nach dem Ursprünge der Pigmente und der nach der Bedeutung der Färbungen 700. Durch die chemische Untersuchung der Pig- mente allein kommen wir der Erkenntniss ihres Ursprunges und ihrer ursprünglichen Bedeutung nicht näher 707. lünsicht in den Pigment- Ursprung durch das Factum, dass bei Capitella ein XXIV Inhaltsverzeichniss. SeilB unzweifelhaftes Niereiiexcret als Pigment in der Haut deponirt wird, Pigment kein scharf definirter Begriff, Nicht nur die Nierenorgane im engeren Sinne, sondern aiich die relativen Nierenorgane liefern Pigmente (Exerete) 768. II Naclnciis, tlaas von Scili n i'nh r AuUiren grfärblc Exerete schlechtweg als Pigmente bezeichnet u-orden sind TGb Die Pigmente der ,\iim'li.li n Xcphridien, Der braungelbe Infarkt der Peiromyzow-Urniere 7(i9. Die Pigmentirung dtr Ihunkaiialehen niederer Wirbelthiere , Die Identificirung von Pigment und Chloragogen 770. Die Identificirung von Excret und Hautpigmeut, Die braunen Körper von Echiurus und das Pigment von Sipunculus 771. Die Pigmente der Hirudineen, Die Melanose von (lallus lunatus, Die TJebereinstimmung von Nierenexcret und Körperpigment 772. Resunie 773. b. T/iatsaihen, die mit der excrctnrischen Natur der Pigmente im Einklänge stehen 773 Wenn wir die Pigmente als Exerete auffassen, wird das Pigmentirtsein innerer Organe und das Ge- färbtsein der im Dunkeln lebenden Thiere verständlich 773. Wir verstehen ferner die ,, analogen" Färbungen und den Einfluss der Nalirung auf die Färbungen 774. Direoter Einfluss der Nahrung auf die Integumentfärbung durch Carminfütterungs-Versuche an Capitella erwiesen 775. Das Car- min des Handels als stickstoffhaltiger Nährstoff zu betrachten 776. c. Ueher die möglicherweise zwischen Extret-Pigment und Rassenfärbungen herrschenden Beziehungen . 111 Relation zwischen Färbung und Kranklieiten 777. Relation zwischen dunkler Haut und Immunität gegen Gifte 778. Relation zwischen Färbungen und Parasiten 779. Erklärung der sogenannten Warnfärbungen 780. 7. lieber die Beziehungen zwischen Exeret-Pigment, Hautskelet und Häutung 780 Auch hier bildet das Factum, dass bei Capitella ein Nierenexcret als Pigment in der Haut deponirt wird, den Ausgangspunkt 780. Die ursprüngliche Bedeutung der iutegumentalen Aufspeicherung ^ von Exeret-Pigmenten liegt in deren hoher mechanisch-chemischer Resistenz 781. Coincidenz des Vorhandenseins mächtiger Hautskelete mit dem Mangel nephridialer Nierenorgane 782. Auf- fassung der Häutung als Exeretabfuhr 783. Ableitung der Molluskengehäuse von ursprünglich in die Haut deponirten Excret-Pigmentcn, Guaninkalk im Integumente von Fischen, Amphibien und Rejitilien 7S4. Die Hornplatten, Haare, Stacheln und Federn als Weiterentwickelungen, re- spective als Träger ursprünglich diffus dem Integumente einverleibter Ablagerungen 785. 8. Die Exeret-Pigmente als Objeete der Zuchtwahl 785 J'.ntwickelung der compliciiten Färbungen aus scheinbar unmotivirten Regelmässigkeiten der Pigraent- vertheiluug Tso. lieeiuMussung der Pigmente durch das Lieht, Pelagische Thiere, Die Pigmente der Sinnesorgane vom Standjjunkte der Excrettheorie 787. VI. GESCHLECHTSORGANE 789 1. Ueber die Function der Genitalschläuche 789 (/. Die Genitalschliiuche vnn Trcmiimastus, Daxybranchiis, Mastobranchus und Heteromastus .... 7S9 Sie stellen bei den 5 Samenleiter und bei den Q Eileiter dar 789. Ferner dienen sie als Penes und Vulvae sowie als Vesiculae seminales und Receptacula seminis 790. b. Die Genitalschläuche von Capitella 790 Die Genitalschläuche aller Geschlechter und Altersstadien fast zu jeder Zeit mit Sperma gefüllt 791. Liste über Beobachtungen, welche behufs Erklärung dieses Factums angestellt wurden 792. Die rei- feren (^ copuliren nicht nur mit reifen und unreifen C, sondern auch mit unreifen rj und Juvenes 793. 2. Die sexuellen Modificationen bei Clistomastus und ihre Beziehungen zum Generations- wechsel 7'J4 Entleerung der Geschlechtsprodukte durch Abschnürung abdominaler Kürperpartien 794. Abstossung des histolytisch ergriffenen Körpertheiles für das betreffende Individuum von Vortheil, Uebergänge von ähnlicher Ablösung zu der als Generationswechsel bezeichneten Fortpflanzungsweise bei Sylli- deen 795. 3. Ueber die Zeitdauer der Geschlechtsreife bei verschiedenen Capitellidenarten 790 Die Höhe der Geschleclitsreife erfolgt bei den verschiedenen Arten nicht conform ihrer Verwandt- schaft, Dauer der Geschlechtsreife 796. Liste hierüber 797. VII. ANHANG; Ü15ER DIE GEWOHNUNG VON CAPITELLA CAPITATA AN DAS LEHEN IN SÜSSWASSER 798 ste über die angestellten Versuche 798. Verhalten der dem längeren Süsswasser-Einflusse ausgesetzt gewesenen Thiere 799. Der plüt/.liche Tod bei unvermittelter Uebertragung in Süsswasser durcli Zerstörung der hämoglobinhaltigcn Blutsoheibcn bedingt. Die Gewöhnung an Brackwasser von der Hämolymphe beherrscht 80(1. Diese Gewöhnung auf der Erwerbung einer grösseren Widerstands- fähigkeit der rothen Blutscheiben (gegen den Einfluss des Süsswassers) beruhend 801 . Inhaltsverzeichniss. XXV D. Systematisch-FaTinistischer Theil. Eiutheilung des Stoffes 802. Digiiität der verschiedenen Charaktere 803—804. I. .Sl'ECIELLE SYSTEMATIK UND FAUNLSTIK 80.5 1. Beschreibung der im neapolitanischen Golfe vorkommenden Arten &(i.% FamilicmUagiiosr SQ-, a. Genus Notomastus (Sajis 807 Kritik der Genus-Diagnosen von Sars und Levinsen 809. Untergattung CUstomastus 810. Notomastus Uneatus Clap. 811 — 813. N. Uneatus Clap. Var. Balanoglossi n. var. 813 — 814. Untergattung Tre- momastus 814. Notomastus Benedeni Claf. 81.5 — 817. N. profundus n. Sp. 817 — 819. N. fertilis n. Sp. 819. N. formianus n. Sp. 820. /). Genus Dasyhranclms Gkube 821 Kritik der Genus-Diagnose Grube's 823. Basxßranchus caducus GKUJiE 823—828. D. (rcijolae n. S]). 828—831. c. Genus Mastobranclms n. G 8H1 Mastohranchus Trinchesii 833 — S35. d. Genus Heteromastus n. G S35 Heteromastus ßUformis Clap. 839—841. e. Genus Capitella Blainv 846 Kritik der Genus-Diagnose von Levinsen 849. Capitel/a capitata Fabr. 849—857. /. Genus Capitomastus n. G 857 Capitomastus miminus Langerii. 857 — 859. Scliliissel zum Bestimmen dir im Golfe von Neapel vorkommmden Arten 860 2. Kritische Uebersicht der bisher beschriebenen, im Golfe von Neapel nicht vorkommen- den Arten 801 a. Formen, loelche sich in bekannte Gattungen einreihen lassen 861 Notomastus latericeus SARS 861 — 863. N. ruhicundus Kef. 803—865. N. cruentus QuATREF. 865. N. fragilis Qüatref., N. brasilienns Grube 866. N. sinuosus Grube 867. N. Atjassizii M'Intosh, N. Sp.? M'Into.sh 868. b. Formen, tvelche sich in bekannte Gattungen nicht linreihin lassen 868 Notomastus luridus Verbill 869. N. ßUformis Veurill , N. gracilis Vekeill 870. Aneistria acuta Verrill 871. Areniella ßUformis Verrill 872. Eunotomastus Grubei M'Intosh, Lumbricus pusiUus Delle Chi.we 873. ? Delle Chiaje 874. c. Formen, tvelche irrthümlicherweise als Capitellidcn oder mit solchen sj/noi.ym aufgeführt wurden . S74 Lumbricus, Clymene, Hyboscolex 874. Oncoscolex, Notomastus? 875. 3. Listen über die sämmtlichen bis heute beschriebenen. Capitelliden nebst ihren muth- maasslichen Synonymen S76 a. Formen, welche sich in bekannte Gattungen einreihen Hessen S76 b. Formen, welche sich in bekannte Gattungen nicht einreihen lassen 877 c. Formen, welche irrthümlichenveise als Cajntelliden oder mit solchen synonym aufgeführt wiirdcn . 87 7 4. Tabelle der geographischen Verbreitung 878 Die heutigen Kenntnisse lassen noch keine Verallgemeinerungen- zu, Weite Verbreitung einzelner Species 879. Bedeutung dieses Factums im Hinblicke auf die Verwandtschaft mit Oligochaeten SSO. IT. ALLGEMEINE SYSTEMATIK (PHYLOGENIE) SSI 1. Ueber die gegenseitige Verwandtschaft der Capitelliden 881 TabeUarisehe Darstellung der je zweien oder mehreren Gattungen gemeinsamen Charaktere 881 — 883. Wo wir Anfang, und wo Ende der Reihe zu suchen haben SS3. Bildliche Darstellung der zeit- lichen Aufeinanderfolge, sowie der gegenseitigen Verwandtscliaftsverhiiltnisse 885. 2. Ueber die Verwandtschaft zwischen Capitelliden und Oligochaeten 885 Fürsprecher und Gegner dieser Verwandtschaft 886. Facta zu Gunsten dieser Verwandtschaft 887. Facta, die gegen dieselbe sprechen 888—891. Die Eiutheilung der Anneliden in »Polyehaeta« und »üligochaetan fortan unthunlich 891. Zoi.l. Station z. Neaiiel. Fauna und Flora, Golf von Ncarol. Capitolliäen. d XXVI Inhaltsverzeichniss. Seito 3. lieber die Stellung der Capitelliden innerhalb der Oligochaeten-Gruppe 891 AVelche Anneliden die ursprünglicheren, lässt sich noch nicht entscheiden. Kritik der Aufstellung einer Arehi-Annelidengruppe 892. Nachtrag zum vergieiclieud-auatomischeii (morpliologisclieu) Tlieil. Zum Kapitel »Haut« S93 Zxi pag. 359—364 893 Greifzellen der Ctenophoren, Klebekörnchen der llydroiden 8!)3. Zu pag. 374—402 894 Haase vergleicht die Spinndrüseu der Myriopoden mit den correspondirenden Drüsen der Symphylen, Thysanuren und von Peripatus 894. Zu pag. 402 894 Die segmentalen Bauch- und Beindrüsen von Branchipus den Schenkel- oder Uoxaldrüsen der übrigen Arthropoden, respective den Spinndrüsen der Anneliden homolog 895. Zu pag. 414—421 S95 Die Genese der Schleimfäden, aus denen nach MöBlus die Seestiohlinge ihre Nester spinnen, der Regel vom ectodermalen Ursprünge der Fadenseerete scheinbar widersprechend 895. Zum Kapitel »Darmkanal« 89") Zu pag. 445 89.") Koehler's Nachweis, dass gewisse Seeigel zwei Nebendärrae besitzen 895. Sowohl die Chorda, als der subchoidale Strang auf Nebendärme beziehbar 896. Zum Kapitel »Centrales Nervensystem« 890 Zu pag. 450 — 4S5 89li Roude'.s Ansichten über die Structur des Nervensy Sternes der Polj-chaeteu 896. Zum Kapitel »Sinnesorgane« 897 Zu pag. 525 — 530 897 RvDEll'.s Angaben zu Gunsten der segmentalen Anordnung der Seitenorgane 897. Zu pag. 531 — 547 897 Nach Rydek werden die Seitenorgane der Larven von Gadiis direkt vom Rückenmarke aus innervirt 897. Die Angaben von Ransom und Thompson über die Versorgung des N. lateralis mit Spinal- nerven-Asten durch Jl'LIX bestätigt, Kritik der JvLIx'schen Auffassung des N. lateralis als Resi- duum der »Nervenleiste« 898. Zum Kapitel »Nephridien« 899 Zu pag. 025 S99 BoKELLi'.s Angaben sprechen gegen die Gesetzmässigkeit der L;igerungsbeziehungen zwischen Nephri- dien und Parapodien 899. Zu pag. 628-034 899 Das Verhalten der Samentaschen von Eiidrilus kann nach Beddard nicht zu Gunsten ihrer Herlei- tung von Genitalschläuchen verwerthet werden, ebensowenig nach Bergh die ectodermalen An- lagen dieser Taschen 9(1(1. Zu pag. 653—654 _ 9UÜ Kritik der HADDOX-BE.\KD'schen Hypothese, derzufolge der Vornierengang von Längsgruben, in welche die Nephridien mündeten, abstammen soll 9()ü— '.KJI. Zu pag. 661 — 664 und zu pag. 653—654 9U1 ^^'IIITMA^•'.'^ und WiL.sox's Verwerthung der Längskanüle von Polijgordius 901. Kritik des Ver- gleiches der »nephridial rows« mit Längskanälen und Nephrldialgängen von Anneliden 9U2. Die Nephridien nicht ectodermal, sondern »seeundäre Ectodermabkömmlinge» 903—9(14. Die neueren Ergebnisse der Vertebraten-Embryologie sprechen gegen Wilson's Vergleich 905 — 906. /(( pag. 603—604 9(J0 Beddaud's Nachweise über die Nephridien von Acantkodrilii.i multiportis 906. Berichtiffunaen. PafJ-. Zeile 2 v. unten C'itat :i :i:i Zeile 2 v. unten Ml Zeile Iß T. unten 5!) Zeile 15 V. unten d'J Zeile 15 v. unten 116 Tafelvenveisuug 135 Tafelverweisnng: 230 Zeile 7 V. oben 274 Zeile 3 v. üben 2!lll Zeile 5 und ti*v. 2!il Zeile 1 V. unten 2;ii Zeile 4 v. unten .•i07 Zeile 14 v. oben :il(i Zeile 17 v. unten S07 Citat ß) statt (1855) Nordiska Hafs-Annulater zwei neue Arten Gehirn-Wimperorgan-Höhle im Anfange dicht hinter vorhergehenden c Taf. 13. Fig. 13. .. a) Taf. 14. Fig. 5. Ov. 11 erste, längere als Mundsegment .1 Fig. 19. Taf. 27 » 4., respective 5. Heteromastus dreierlei Borsten wie im Physiologischen Thcil gezeigt werden soll im Physiologischen Theile dieser Monographie 1). 8t)3 a. ilS35;. Annulata polychaeta Spetsbergiae etc. haetenus cognita. drei neue Arten (nämlich aussei' den citirtun noch Cupitella intermedia I ) Gehirn-Wimi)erorgan-Kammer. am Ende, dicht vor. nachfolgenden. c) Taf. 13. Fig. 12. a) Taf. 15. Fig. 5. Ov. erste als Mundsegment. Fig. 10. Taf. 27. 5., respective 0. Capitoinasttis. dreierlei Haken. wie weiterhin gezeigt werden soll. weiterhin in dieser Monographie. p. SG3. Einleitung- Die erste Erwähnung einer unzweifelhaft zur Familie der Capitelliden gehörigen Form haben wir Olafsen') (1772) zu verdanken, der in seiner »Reise durch Island« die heutige Capitella capitata als Liimhricus littoralis minor beschrieb.*) Sechs Jahre später führte Fabricius^) (1780) in seiner »Fauna Groenlandica« dasselbe Thier als Ltimbrims capitatus auf, indem er zugleich die Synonymie desselben mit dem Lum- bricus littoralis minor Olafsen hervorhob. Savigny'') (1820) stellte in seinem »Systeme des Annelides« den Lumbricus capitatus des Fabricius in die Nähe der Gattung Cli/mene zu der von ihm errichteten Familie der Maldaniens. An den englischen Küsten wurde die Capitella von Johnston') (1827) aufgefunden und als Lumbricus littoralis beschrieben.**) Blainville ■■) (1828) errichtete für den Lumbricus capitatus Fabr., ohne das Thier ge- sehen zu haben, lediglich auf die Beschreibung des Fabricius gestützt, ein neues Genus unter dem Namen Capitella; den Speciesnamen capitatus veränderte er in Fahricii. Das neue Genus wurde mit den Serpuliden und SabelUden in dieselbe Ordnung gebracht, eine Einreihung, bei der sich Blainville irrthümlicherweise auf die angeblich gleiche systematische Stellung des Thieres bei Savigny beruft. Örsted^) (1842) theilte in seinem »Conspectus Naidum« die Oligochaeten in die 3 Grup- pen der Terricolae, Ijumbricillae und Naides. Die eine der beiden Unterabtheilungen der letzten Gruppe bildet allein Lumbriconais marina, welchen Namen er der heutigen Capitella capitata beilegt, ohne, wie es scheint, von der bereits früher von Seiten des Fabricius ge- schehenen Beschreibung und Benennung irgend welche Kenntniss gehabt zu haben. Die Gattung Lumbriconais bildet nach Orsted den Uebergang von den Naides zu den LumbriciUae. 1) Olafsen, Reise durch Island. Aus dem Dan. übersetzt. Kopenhagen und Leipzig 1774. I. p. 325. 2) FABKicnJS, O., Fauna Groenlandica. Hafniae et Lipsiae 1780. p. 279. 3) Savigny, J. C, Systfeme des Annelides etc. (Extr. de la description de l'Egypte.) Paris 1820. p. 94. 4) JoHNSTON, G., Zoological Journal. Vol. 3. 1827. p. 328. 5) Blainvuie, M. de, Dictionnaire des Sciences Naturelles. Tome 57. p. 443. 6) Orsted, A. S., Conspectus generum specierumque Naidum ad faunam Danicam pertinentium. Nat. Tids- skrift. 4. Bd. p. 132. *) Diese Notiz entnehme ich Lefckart, Zur Kenntniss der Fauna von Island ; Arch. Naturg. 15. Jahrg. p. 163. *'*) Ich ersehe dies aus einer Bemerkung Grube's in : )^Noch ein Wort über die Capitellen und ihre Stelle im Systeme der Anneliden«. Arch. Naturg. 28. Jahrg. p. 372. Zo,.l. Station z. Neapel, Fauna und Flora. Golf von Neapel. Capitelliden. 1 2 Einleifung. Eine zweite, durch den Besitz von bauchständigen Kiemen ausgezeichnete Capitellide wurde von Grube') (1846) nach einigen von Otto an der Küste des Mittelmeers gesammelten, wenig gut erhaltenen Exemplaren als Dasymalhis caducus beschrieben. Grube, der diese Form später als Dasj/branchus caducus aufführt und weiterhin auch ihre Zugehörigkeit zu den Capi- telliden erkennt, hebt an diesem Orte hervor, dass Dasj/mallns durchaus den Habitus der Are- nicolen an sich trage. Frey und Leuckart'^) (1847) begegnen der Capitella capitata in Helgoland, erkennen ihre Zwiegeschlechtigkeit und nennen sie, die Identität der Lumbricoimis marina Örsted's und des Lumbricns capitatus Fabricius hervorhebend, Lumbriconais capitata. Diese Identität wird von Leuckart') (1849) auch der Angabe Örsted's gegenüber, dass der Liimbricus capitatus des Fabricius wahrscheinlich zur Glycera capitata gehöre, aufrecht erhalten. Kurz vorher wurde die Capitella capitata auch an der adriatischen Küste durch Nardo') (1847) aufgefunden und als Lumbricus canalium beschrieben. Wenigstens sagt Grube*): »der Lumbricus canalium, dessen Nardo vorübergehend als eines Bewohners einiger weniger tiefen vmd weniger befahrenen Canäle Venedig's gedenkt, ist, wie ich mich durch die Unter- suchung der von ihm selbst empfangenen Weingeistexemplare überzeugt habe, ebenfalls keine andere Annelide als unsere CajntellaM Die dritte zur Familie der Capitelliden gehörige Gattung wurde von Sars') (1850) in der Nordsee entdeckt und Notomastus latericeus benannt. Es wird der Gegensatz von Vorder- und Hinterleib, die ausschliessliche Bekleidung des ersteren mit Pfriemen- und des letzteren mit Hakenborsten betont und der stark entwickelten, die Haken tragenden Höcker gedacht. Sars erkennt bald die, trotz des Mangels der Kiemen, zwischen seiner neuen Gattung und dem GRUßE'schen Dasybranchus bestehende Verwandtschaft und weist dem Notomastus, die Einreihung des Dasybranchus in die Familie der Telethusa von Seiten Grube's durchaus billigend, einen Platz in derselben Familie an. In seinem »System der Anneliden« adoptirt Grube'') (1851) den BuAiNViLLE'schen Namen Capitella und stellt dieses Genus in die Nähe von Nai-s zur Familie der Naidea, Gruppe der Oligochaeten. Dasi/branchus caducus wird bei Arenicola belassen. Johnston") (1855) beobachtet die Capitella von Neuem und führt sie jetzt unter dem Namen Lumbricus capitatus auf**). 1) Grube, E., Beschreibungen neuer oder wenig bekannter Anneliden. Arch. Naturg. 12. Jahrg. p. 166. 2) Frey und Leuckaut, Beiträge zur Kenntniss wirbelloser Thiere. Braunschweig 1847. p. 151. 3) Leuckart, R., Zur Kenntniss der Fauna von Island. Arch. Naturg. 15. Jahrg. p. 163. 4) Nardo, G., Prospetto della Fauna marina volgare del Veneto estuario. Venezia 1847. p. 11. 5) Sars, M., Rapport d'un voyage zoologique an Lofoten et en Finmark. Magasin de sciences nat. 1850. p. 79. Koren und Danielssen, Fauna littoralis Norvegiae. Andet Hefte. Bergen 1856. p. 9. 6) Grube, A., Die Familien der Anneliden. Berlin 1851. p. 104 u. 146. 7) JoHNSToN, E., London Mag. Nat. Hist. Vol. 8. p. 258. *) Vergl. Grube, E., »Noch ein Wort über die Capitellen etc.« Arch. Naturg. 28. Jahrg. p. 372. **) Ich citire dies nach Grube, E., »Noch ein Wort über die Capitellen etc.« Arch. Naturg. 28. Jahrg. p. 372. Einleitung. 3 Die erste anatomische Bearbeitung der Capitella hat Van Beneden') (1857) geliefert. Er constatirt die Gefässlosigkeit dieses Thieres, hebt die grosse Ähnlichkeit seiner rothen Blut- scheiben mit den gleichnamigen Bildungen der Vertebraten hervor und entdeckt den aus eigenthümlich geformten Borsten zusammengesetzten Begattungsapparat der Männchen. Er nahm auch wahr, dass die Weibchen ihre Eier in die Wohnröhre ablegen, und benutzte diesen Umstand, um die ersten Entwickelungsvorgänge beim werdenden Jungen zu studiren. Bezüglich der systematischen Stellung der Capitella, für die er, den Gattungsnamen des Blainvuxe mit dem Artnamen des Fabricius verbindend, die von da ab allein gebräuchliche Bezeichnung Capitella capitata in die Wissenschaft einführt, schliesst sich Van Beneden vollkom- men denjenigen seiner Vorgänger an, welche dieses Thier als zur Gruppe der Lumbriciden gehörig betrachteten. Seine von den Oligochaeten hauptsächlich abweichenden Charaktere wie : getrenntes Geschlecht, Mangel der Blutgefässe und der Besitz von Wimperreifen im Lar- venstadium werden der Reihe nach erörtert, um zu zeigen, dass weder ein einzelnes dieser Merkmale noch alle zusammengenommen die für die Oligochaeten und Capitella statuirte Ver- wandtschaft zu Gunsten der Polychaeten aufzuheben vermögen. »Pour nous — sagt Van Beneden — les Capitella sont encore des Lnmhricus, mais des Lumhncus inferieurs ä cause de la disparition des vaisseaux et du developpement indirect des embryons« und weiterhin: »Les Capitella servent de trait-dunion entre les deux groupes de Chetopodes«. In einer Anmer- kung endlich gedenkt Van Beneden noch einer zweiten von D'üdekem in Ostende entdeckten Species, welche sich von der C. capitata hauptsächlich durch den Besitz seitlicher Anhänge an den Segmenten des Hinterleibes unterscheidet und für welche er daher den Namen Capi- tella fimbriata vorschlägt. Diese neue Species wird bald darauf von D'Udekem^) (1859) ausführlicher beschrieben und mit der C. capitata zusammen in die Gruppe der »Annelides setigeres abranches Cuv.« verwiesen. Letztere CuviER'sche Gruppe theilt D'Udekem in zwei Unterabtheilungen: 1. directe Entwickelung, monöcisch, mit den Familien der Lumbriciden, Tubificiden, Enchytraeiden und Naiden. 2. indirecte Entwickelung, diöcisch mit der Familie der C'apitelliden. Von Neuem wird Capitella capitata eingehend beobachtet von Seiten Claparede-s^), wäh- rend seines Aufenthaltes auf den Hebriden (1861). Indem er aber seine PubHcation vorbereitet, wird er der Schrift Van Beneden's gewahr, welcher Umstand ihn des Eingehens auf viele Einzel- heiten enthebt, da seine eigenen Resultate vollkommen mit denjenigen des belgischen Ge- lehrten übereinstimmen. Diese Uebereinstimmung erstreckt sich aber nicht auf die Beurthei- lung der Thatsachen im Hinblick auf die systematische Stellung des Thieres. Denn Van Beneden 1) Van Beneden, P., Histoire Naturelle du Genre Capitella etc. Extr. Bull. Acad. Balg. (2) Tome 3. No. 9 et 10. 2) D'Udeicem, J., Nouvelle Classification des Annelides Setigeres abranches. Mem. Acad. Sc. Belg. Tome 31. p. 26. 3) CLA.PAKi;DE, E., Recherches Anatomiques sur les Annelides, Turbellaries etc. observes dans los Hebrides. Extr. Mem. Soc. Physiq. H. N. Geneve. Geneve et Paris 1861. 4 Einleitung. gegenüber hält Claparede die Oligochaetennatur der CopiteUa für sehr zweifelhaft, betont die mehr polychaetenähnlichen Borsten derselben, macht auf die ihrer Körpermitte eigenthüm- lichen, auffallend an die Maldaniden erinnernden Hakenwülste aufmerksam und meint schliesslich, man könnte vielleicht für die C'apitellen eine besondere Familie unter dem Namen »Abranches polychetes« errichten. Von hoher Bedeutung für das Verständniss der Capitclliden-Gruppe waren die von Grube') (1862) in seinem Aufsatze »Noch ein Wort über die Capitellen und ihre Stelle im Systeme der Anneliden« ausgesprochenen Ansichten. Sie enthalten nämlich nicht nur die Er- kenntniss der nahen, bereits von Sars hervorgehobenen, Zusammengehörigkeit des Notomastus und Dasyhranchus, sondern begründen auch die Verwandtschaft dieser beiden Formen mit der Gattung Capitella. Grube wird so zum Schöpfer der heutigen Familie der » Capitellidae « oder, wie er sie mit Vorliebe nannte: »Capitellacea«. Bezüglich der Stellung dieser Familie im System spricht sich Grube ziemlich scharf zu Gvmsten ihrer Einreihung in die Gruppe der Polychaeten aus: die Form der Borsten, die Hakenwülste, der Mangel der Gefässe, das getrennte Geschlecht und die Art der Entwicke- lung, Alles das lasse sich gut mit der Polychaeten-, schlecht mit der Oligochaeten-Natur in Einklang bringen. Unter den Polychaeten sind es die »Telethusa«, mit denen die Capitcllaceen die grösste Uebereinstimmung aufweisen; die letzteren sollen sich nämlich zu den Arenicolen etwa so verhalten, wie die Gephyreen ohne Gefässe mit höher entwickelter Flüssigkeit der Leibeshöhle zu den Gephyreen mit Gefässen. Eine zweite Species von Notomastus beschrieb Keferstein '^) (1863) aus dem Ebbestrande von St. Vaast la Hougue als CapiteUa ruhicimda. Bemerkenswerth ist seine Beobachtung der an der Basis des Kopflappens stehenden, retractilen, wimpernden Fühler, seine Beschreibung der Nephridien und die Erwähnung spaltförmiger , von zwei lippen begrenzter Oeffnungen, welche er für die Mündungen der Nephridien hält. Die grösste Verwandtschaft soll diese neue Art mit der Caj)itelki capitata haben; ihrer etwaigen Beziehungen zu Capitclla fimhriata und Notomastus laterkeiis wird zwar gedacht, aber in Anbetracht der dürftigen Angaben über die beiden letzteren Formen werden diese Beziehungen nicht des Weiteren erörtert. Die Entdeckung der CapiteUa ruhicunda wird, kurz nach dem Erscheinen von Kefer- stein's Aufsatz, von Claparede'') (1863) reclamirt. Von Ivctzterem wird auch diese Form noch- mals und ausführlicher beschrieben, insbesondere deren Nephridien, für welche er die Mündung nach aussen ebenfalls in die zwischen den Rücken- und Bauchborstenreihen befindlichen, von zwei Lippen eingefassten, sog. Querspalten verlegt. Zwischen den Tippen nahm er starre, lange — von Keferstein übersehene — Wimpern wahr. 1) Gkube, E., Noch ein Wort über die Capitellen und ihre Stelle im Systeme der Anneliden. Arch. Naturg. 28. Jahrg. p. 3G6. 2) Kefekstein, W., Untersuchungen über niedere Seethiere. Zeit. Wiss. Z. 15d. 12. p. 123. 3) CLAPAKiDE, E., Beobachtungen über Anat. und Entw. Gesch. wirbell. Thiere, an der Küste von Nor- mandie angestellt. Leipzig 1863. p. 26. Einleitung. 5 Claparede hält den Notomastus laterkeus und die Capitella rvhkuvda unbedingt für zwei in eine und dieselbe Gattung gehörige Arten, behält aber gleichwohl für die letztere Art den Gattungsnamen Capitella bei. In vollständigem Widerspruch zu den bisherigen Errungenschaften wurden die drei Cai)itelliden-Genera von Carus') (1863) in seinem Handbuche der Zoologie classificirt. Dasj/- bmiickus kommt in die Familie der Arenicolida, in die Gruppe der Appendiculata polychaeta, Errantia; Notomastus in die Eamilie der Maldania, in die Gruppe der Appendiculata poly- chaeta, Sedentaria und Capitella — als Familie der Halelminthea — bildet mit Polyophthalnms, Pleigophthahnus und Dero ■ — als Familie der Halonaidea — die den grossen Grupi^en (Ord- nungen) der Appendiculata j^olychaeta, Onychophora, Discophora und Oligochaeta gleich- gestellte Gruppe (Ordnung) der Haloscolecina, wogegen die offenbar dem Polyophthalmus nahe stehende Ophelia wiederum mit einigen anderen Gattungen zusammen als Familie der Ophe- liacea unter den Appendiculata polychaeta aufgeführt wird. So kommen die drei Capitelliden- Genera in drei verschiedene Familien und zwei verschiedene Ordnungen der Annulaten-Classe. Diese auf ihre Verwandtschaft durchaus keine Rücksicht nehmende Eintheilung, gegen welche sich später insbesondere Claparede (Annelides Chetopodes du Golfe de Naples p. 270) scharf aussprach, ist theilweise, nämlich insofern sie das Verhältniss der Capitella zu Notomastus und Dasyhranchus betrifft, begreiflich: Carus hatte eben ohne Zweifel noch keine Kenntniss von den erst kurz vor der Veröffentlichung seines Handbuches erschienenen Arbeiten Grube's und Claparede's, durch welche die nahen Beziehungen der drei Genera erst festgestellt worden waren; aber die Zusammengehörigkeit des Notomastus und Dasyhraiidms war bereits länger als ein Jahrzehnt vorher von Sars erkannt worden und die Einordnung dieser beiden Formen in zwei verschiedene Familien, ja in zwei verschiedene Unterordnungen, konnte daher auch schon zur Zeit der Abfassung des Handbuches nicht mehr zulässig erscheinen. Eine ansehnliche Bereicherung an neuen Arten erfuhr die Familie der Capitelliden durch einen Aufenthalt Claparede's^) (1864) in Port-Vendres. Er beschrieb von diesen Küsten zunächst eine neue Species ■von Capitella als Capitella ßliformis, welche Art sich von der C. capitata hauptsächlich durch den Besitz von dreierlei Borsten unterscheidet; ferner zwei neue Arten von Notomastus als Notomastus Sarsii und Notomastus Benedetii. Durch das Studium ^dieser Arten hat sich Claparede überzeugt, dass er die jedem hakentragenden Segmente zukommenden, von zwei läppen begrenzten, und mit starren Wimpern besetzten sog. Quer- spalten bei Capitella (Notomastus) ruhicunda irrthümlicherweise für die äusseren Mündungen der Nephridien gehalten habe, indem sich die wahren Mündungen der letzteren an einer ganz anderen Stelle des Segmentes vorfanden. Was nun aber die Function dieser, etwas ab- weichend von der früheren Schilderung, als auf elliptischen Protuberanzen befindliche Spalten beschriebenen Gebilde betrifft, so stellt Claparede zwei HyiJothesen auf: einmal meint er, die 1) Casus und Gekstäcker, Handbuch der Zoologie. Bd. 2. Leipzig 1863. p. 442- — 447. 2) CLAPARteDE, E., Glanures Zootomiques parmi les Annelides de Port-Vendres. Tire des Mem. Soc. Physiq. H. N. Geneve. Tome 17. Geneve et Paris 1864. 6 l'linleitung. angeblichen Oeffnungen könnten zur Ausfuhr der Geschlechtsproducte dienen, dann aber hält er es auch für möglich, dass wir in ihnen rudimentäre Homologa der Das^branchus-Kiemen vor uns hätten, oder gar die Oeffnungen, durch welche die eingestülpte Kieme wie bei Dasyhrcmdms wieder vorgestreckt werden könnte. Claparede begegnete nämlich in Port-Vendres auch dem Dasybranckus cachmts und machte die Entdeckung, dass dieses Thier seine Kiemen hand- schuhfingerförmig in das Innere seines Körpers zurückzuziehen vermöge, so dass dadurch die auffallende Vergänglichkeit der Kiemen, welche Grube den Speciesnamen »caducus^' eingegeben hatte, ihre Erklärung fand. Auch hier bemüht sich Claparede, die systematische Zusammen- gehörigkeit der verschiedenen Capitellidenformen zu erweisen, imd erklärt sich vollkommen mit der von Seiten Grube's geschehenen Aufstellung einer besonderen Familie für dieselben einverstanden. Nur bestreitet er die von Grübe vermuthete Einheit der beiden Genera Noto- mastus lind Dasi/hranckus : beide repräsentirten vielmehr wohl zu unterscheidende Gattungen; insbesondere seien für Notomastas die bis zum Rücken heraufreichenden ventralen Hakenwülste charakteristisch . In seinem »Catalogue of the British Non Parasitical Worms« führt Johnston') (1865) die Capitella capitata als Valla ciliata auf. Valla bildet das fünfte Genus seiner Familie der Lumbricidae. Lumbncus littoralis und Lumbriciis capitatus, die Namen, unter denen er die Capi- tella früher beschrieben hatte, werden als Synonyme angeführt. Wie Johnston dazu kam, die Capitella mit einem neuen Gattungs- und Artnamen zu bedenken, ist schwer zu verstehen; man müsste denn annehmen, und dies wird durch die Sy- nonymie, in der nur Müller, Johnston und Dalyell citirt werden, wahrscheinlich gemacht, dass ihm zur Zeit der Abfassung seines Kataloges fast die gesammte vorhergehende Capitelliden- Literatur unbekannt geblieben war. In der »Histoire Naturelle des Anneies« von Quatrefages^) (1865) finden wir die Capitella unter den »Genres et especes incertae sedis« der Familie der Clymeniens. Kurz beschrieben werden die Arten C. capitata, C. fimbriata und C. rubicunda. In einer der Charakteristik dieser Formen beigegebenen Erörterung sucht Quatrefages die Einreihung der Capitella in die Familie der Clymeniden zu rechtfertigen, hält übrigens die Charaktere des Genus noch für sehr mangel- haft bekannt, weshalb er dessen Stellung unter denen »incertae sedis« für am besten hält. Aus einer dieser Auseinandersetzung während des Druckes beigefügten Anmerkung geht hervor, das^ (Quatrefages durch die inzwischen erschienenen »Glanures etc.« Claparede's von der Zusammengehörigkeit der Genera Capitella, Notomastus und Dasj/bravchtis überzeugt wurde ; er acceptirt in Folge dessen Grube's Familie der Capitellaceen und führt den Notomastus late- riceus und den Dasybranchus caducus gleich nach Capitella auf, indem er auch für diese beiden Formen die Verwandtschaft mit den Clymeniden durch die Betonung gewisser Charaktere zu erweisen sucht. Indcss die Stellung dieser Gruppe, ihre Beziehung zu den Clymeniden, scheinen ihm noch nicht genugsam klar gelegt, und ■ — so fährt Quatrefages fort — »tout 1) Johnsion, G., A Catalogue of the British Non Parasitical Worms etc. London 1805. p. G7. 2) Quatrefages, M. de, Histoire Naturelle des Anneies. Paris 1S65. Vol. 2. p. 249 — 259 u. ü39. Einleitung. 7 en admettant provisoireinent la pcnsee qii'il pourra bien former uiie famille distincte, je le laisse aux iiicertae sedis.« Im Appendix endlich werden die von Claparede in den »Glanures etc.« neu beschrie- benen Capitelliden einfach aufgeführt. Aus alle dem geht hervor, dass Quatrefages die Capi- tellaceen für nächst Verwandte der Clymeniden hält und aus diesem Grunde auch nur mit Zögern die neue, von Grube geschaffene Familie für die nicht zu verkennende Einheit der drei Genera Capitel/a, Notomastus und Dasybranchits acceptirt. Dieses sein Verhalten aber wird vollkommen verständlich, wenn man erfahrt, dass Quatrefages zwei, unstreitig den Capitelliden zugehörige, von ihm in Brehat und La Rochelle aufgefundene und als neue Genera beschrie- bene Formen für wirkliche Clymeniden hielt. Es ist das unter den Clymeniens degrades aufgeführte Genus Arenia und das Genus Ancistria. Ci-aparede, der zuerst auf die Capi- telliden-Natur dieser neu benannten Genera aufmerksam machte (Annelides Chetopodes du Golfe de Naples. p. 270 und 278), hält die Ancistria für einen Notomastus und die Arenia für eine Capitella. So kam Quatrefages, eingenommen von dem Clymeniden-Charakter derjenigen Capitellen, welche er aus eigener Anschauung kannte, dazu, auch die typischen Arten der Gruppe, für welche ursprünglich die EamiHe geschaffen wurde — und die er nicht selber studirt zu haben scheint — für aufs innigste den Clymeniden verwandt zu halten. Capitella rubicunda Kef., welche wie alle Notomastus, ja wie alle Capitelliden, an der Basis ihres Kopflappens ein Paar retractiler, wimpernder Tentakel besitzt, wird dieses Um- standes halber von Kinberg') (1866) unter dem neuen Genus-Namen Sandanis in die F'amilie der Ammocharidea gestellt, ein Missgriff, der später von Claparede aufgedeckt wurde (Anne- lides Chetopodes du Golfe de Naples. p. 278). Haeckel^) (1866) acceptirt die von Carus errichtete Ordnung der Haloscolecina und vereinigt dieselbe mit der Ordnung der Oligochaeta zu seiner Klasse der Drilomorpha. Die Haloscolecina bilden nach Haeckel den unmittelbaren Uebergang von den Oligochaeten zu den Polychaeten. Gegenüber dieser Eintheilung behalten alle gegen Carus geltend gemachten Einwände ihre Kraft, und zwar in erhöhtem Maasse, so lange als die Ordnung der Halo- scolecina auf die beiden im CARus'schen Sinne unmöglichen Familien der Halonaidea und Halelminthea begriindet bleibt. Erst dann, wenn man diesen beiden F'amilien den Inhalt der entsprechenden Familien Grube's (nämlich der Capitellaceen und Opheliaceen) gibt, wird die HAECKEL'sche Gruppe der Drilomorpha überhaupt discutirbar. Auch Malmgren'*) (1867) bedient sich des CARUs'schen F'amiliennamens Halelminthea (Halelminthidae), indem er freilich zu dem die F^amilie ursprünglich allein bildenden Genus Capitella noch das Genus Notomastus herbeizieht. Dann ist aber gewiss Claparede im Rechte, wenn er darauf besteht, dass dem F'amiliennamen Grube's, der sich gleich von Anfang an auf die drei Genera stützte, die Priorität eingeräumt bleiben müsse. 1) KiNBEKG, J., Anmilata nova. üfv. Vet. Akad. Förh. Stockholm. Arg. 1866. p. 343. 2) Haeckel, E., Generelle Morphologie der Organismen. Bd. 2. Berlin 1866. p. 83 der Einleitung. 3) Malmgren, A., Nordiska Hafs-Annulater. üfv. Vet. Akad. Förh. Stockholm. Arg. 1867. No. 4. p. 20- 8 Einleitung. Unter den von der Novara-Expedition gesammelten Anneliden beschreibt Grube') (1868) znm ersten Male Capitelliden von aussereuropäischen Meeren. Es ist eine neue, in Rio Janeiro gefundene Species von Notomastus : der N. brasüiensis, und eine neue aus Vankauri stammende Species von Dasj/hranchus: der D. clrnitiis. Beide Arten unterscheiden sich nur in sehr un- wesentlichen Merkmalen von den europäischen. Durch diese Funde wird aber eine sehr weite Verbreitung der Familie constatirt. In seinen »Annelides Chetopodes du Golfe de Naples« schenkte Claparede^) (1868) neben den zahlreichen anderen Familien auch den C'apitelliden seine Aufmerksamkeit. Zuerst erwähnt er der Capitella capitata, und indem er hiermit deren Vorkommen für das mittellän- dische Meer bestätigt, macht er auf die weite Verbreitung des Thieres aufmerksam. Trotz der so abweichenden Angaben über Grösse und Borstenwechsel hält C'laparede alle bisher aus den verschiedenen Meeren beschriebenen Exemplare für Glieder ein und derselben Species. Er macht an der neapolitanischen Form die Entdeckung, dass die Larven zunächst nur an den drei vordersten Segmenten Pfriemenborsten tragen, dann an vier, fünf u. s. w. bis zur definitiven Form; er erkennt ferner das Vorhandensein eben solcher bewimperter Tentakel, wie sie bisher nur von Notomastus bekannt waren, und schildert ausführlicher den ( 'opulations- apparat der Männchen. Bei den Weibchen beschreibt er Sexualporen, deren Wandungen zur Zeit der Geschlechtsreife stark anschwellen. Im Hinblick auf den Copulationsapparat kann Clap AREDE nicht umhin, das Zugeständniss zu machen: »voilä une analogie indubitable avec certains OHgochetes, auxquels on a si souvent tente de reunir les CapiteUes«. Eine neue Species von Capitella, welche besonders durch die Verlängerung der Zeniten im mittleren Körpertheil auffällt, wird als Capitella Costana beschrieben; eine andere neue Art derselben Gattung, die leider nur einmal in zwei Fragmenten zur Beobachtung kam, als Ca- pitella major. Letztere besitzt an ihrem breiteren, von C'laparede als Thoraxtheil unterschie- denen Vorderleib jederseits eine runde Oeflfnung, welche weiterhin verschwindet, wogegen vom zehnten Segmente ab deutliche Nephridien auftreten. Von Notomastus wird unter dem Namen Notomastus Hneatus eine neue Species beschrieben, welche an den letzten drei Segmenten ihres Thorax (unter Thorax ist der Pfriemenborsten tra- gende Abschnitt im Gegensatze zum Haken tragenden Abdominalabschnitte verstanden) ähnliche seitliche Oeffnungen oder Poren besitzen soll wie die Capitella tnajor; ferner sind bei dieser Art die Fortsätze der ventralen Hakenwülste stärker als bei irgend einer anderen ent- wickelt und fungiren als Kiemen. Die zwischen den ventralen und dorsalen Hakenwülsten befindlichen Gebilde, welche Claparede zuerst bei Notomastus rubiamdus als von zwei Ijippen eingefasste und mit starren Wimpern besetzte Querspalten (Function: Mündungen der Ne- phiidien), sodann bei Notomastus Sarsü als elliptische, mit starren Wimpern besetzte Oeff- nungen tragende Protuberanzen (Function: Sexualporen oder Homologa der Dasj/branckus-Kieme) 1) Gkube, E., Reise der Österr. Fregatte Novara etc. Zoologischer Theil Bd. 2. Abtheilung 3. Annelide Wien 1S68. p. 27— .SO. 2) CLAi'Aid:!)!:, E., Les Annelidcs Chetopodes du Golfe de Naples. Genüve et Bäle 18(18. p. 270 — 282. Einleitung. 9 geschildert hatte, werden bei Notomastus Uneatus als comprimirte, mit einem Walde sehr zarter, jedoch steifer Borsten besetzte Knöpfe beschrieben. Ueber die Function dieser Organe wird bei dieser Gelegenheit nichts mitgetheilt. Endlich begegnete Claparede auch einem Basyhranchus in Neapel, dessen Identität mit dem D. caduats Grube festgestellt wurde. Das Vorkommen von Capitelliden an der nordamerikanisch-atlantischen Küste wurde zuerst durch Verrill') (1873) constatirt. Dieser Autor beschrieb nämlich von da zwei neue iVbfowm*?«5-Species : den N. luridus und N. filiformis. Aus den nordchinesischen Meerestheilen wurde, ebenfalls zum ersten Male, eine Capi- tellidenform von Grube ■^) (1876) als Notomastus sinuosus beschrieben. Durch denselben Autor") (1878) erfuhren wir auch, dass Vertreter unserer Familie an den Philippinischen Küsten existiren. Es fanden sich nämlich unter dem von Semper dort gesammelten Materiale zwei neue Species von Dasyhmndms , welche als D. umbrinus und D. lumhrkoides aufgeführt werden. Gegenbaur') theilte in der zweiten Auflage seines Grundrisses der vergl. Anatomie (1878) die Anneliden in Oligochaeten und Chaetopoden, und zu ersteren stellte er als Hali- scolecina die Familien der Polyophthalmiden und Capitelliden. Wir haben es also hier mit einer Modification der C-ARUs'schen Classificirung zu thun, dahin zielend, einen noch engeren Verband zwischen Capitelliden und Oligochaeten anzubahnen, als ersterer Autor ursprünglich beabsichtigt hatte. Aus Madeira erfuhr die Capitelliden-Gruppe eine Bereicherung durch Langerhans ^) (1880). Dieser Autor beschreibt einen neuen Notomastus als N. roseiis, und eine neue Capi- tella als Capitella minima. Letztere Form ist besonders dadurch ausgezeichnet, dass nicht nur die (^, sondern auch die § mit Copulationsborsten ausgerüstet sind. Dass Capitella capitata auch im neuen Welttheile verbreitet ist, haben Webster und Benedict") (1881) gezeigt, indem sie an der nordamerikanischen Ostküste das Vorkommen jener Art constatirten. Die CapitelUdenfauna des schwarzen Meeres wurde durch Czerniavsky ') (1881) er- schlossen. Ausser der Capitella capitata, deren pontischer Vertreter als Forma Suchumica unter- 1) Veerill, A., Report upon the Invertebrate Animals of Vine-Yard Sound etc. United States Commission of Fish and Fisheries. Part 1. No. 18. Washington 1873. p. 342 u. 610. 2) Grübe, E., Jahresber. der Schles. Ges. f. vaterl. Cultur. Breslau 187C. p. 51. 3) Annulata Semperiana. Beiträge zur Kenntniss der Annelidenfauna der Philippinen. Mem. Acad. Sc. Petersbourg (7) Tome 25. St. Petersbourg 1878. p. 189. 4) Gegenbauk, C, Grundriss der vergleichenden Anatomie. Zweite Auflage. Leipzig 1878. p. 135. 5) Langerhans, P., Die Wurmfauna von Madeira. IIL Zeit. Wiss. Z. Bd. 34. p. 99. 6) Webster, H., and J. Benedict, The Annelida Chaetopoda from Provincetown and Wellfleet, Mass. United States Commission of Fish and Fisheries. Part 9. No. 10. Washington 1884. p. 730. 7) CzERNiAVSKT, V., Materialia ad Zoographiam Comparatam. Fase. 3. Vermes. Bull. Sog. Natural. Moscou. Tome 56. p. 338—346. Zool. Station z. Xeapel, Fauna unil Flora, Golf von NeapeL Capitellitlpn. 2 10 Einleitung, schieden wird, beschreibt er zwei neue Arten dieses Genus, nämlich die C. protof^pa und die C. simiUs. Eine erneute anatomische Bearbeitung hat Cnpitrlla capitata durch Fischer') (1883) er- fahren. Die auf eine vorläufige Mittheilung beschränkt gebliebenen Ergebnisse dieses Autors können aber erst im anatomischen Theile dieser Monographie gebührend berücksichtigt werden. Im Prodromus Faunae Mediterraneae hat Carus'^) (1884) die früher von ihm, haupt- sächlich für die Capitelliden, geschaffenen neuen Gruppennamen (Haloscolecina, Halelminthea etc.) aufgegeben. Anstatt dessen finden wir die Anneliden in hergebrachter Weise zunächst in die zwei Ordnungen der Polychaeten und Oligochaeten gespalten, und erstere werden weiter in die drei ll^nterordnungen der Raiiacia, Gymnocopa und Limivora getheilt. Die Capitelliden figuriren sodann ganz im GRUBE-CLAPAREDE'schen Sinne als eine Familie der Limivora. Schliesslich habe ich noch der durch M'Intosh') (1885) von der Challenger-Ausbeute beschriebenen Formen zu gedenken. Nach einem im Bereiche der Bermudas-Inseln gedredgten Bruchstücke wird ein neues Genus: Eumtotnastus [E. Gruhei) aufgestellt. Notomastus Agassizü von den Gewässern der nordamerikanischen Küste bildet eine neue, ebenfalls auf ein Fragment des einzig erbeuteten Thieres sich stützende Species. Ein weiterer Notomastus von den Ker- guelen, sowie ein Dasyhranchus von Japan endlich konnten wegen der Unvollkommenheit der betreffenden Bruchstücke nicht näher bestimmt werden. In der vorliegenden Monographie konnten mit Ausnahme des Eunotomastus M'Intosh alle bisher aufgestellten Capitellidengenera, also Notomastus, Dasyhranchus und Capitella, theils in bekannten, theils in neuen, hier zum ersten Mal zur Beschreibung gelangenden Arten, berücksichtigt werden. Ausserdem wird durch sie die Familie um drei Gattungen vermehrt. Eine dieser letzteren, Mastohranchus , ist nach einer neuen, im Golfe von Neapel aufgefun- denen Form [M. Trinchesii) aufgestellt; die zweite, Heteromastus, umfasst eine von Ciaparede fälschlich zu Capitella gestellte Art, nämlich dessen Capitella filiformis; die dritte endlich, Ca- jntomastus, gründet sich auf eine mir nur in zwei Exemplaren zu Gesicht gekommene Capi- tellide, welche dadurch ausgezeichnet ist, dass sowohl bei den q< als bei den g Copulations- borsten entwickelt sind; wahrscheinlich ist diese Form identisch mit der von Langerhans aus Madeira beschriebenen Capitella minima, und aus diesem Grunde gab ich ihr den Namen: Capitomastus" mimmiis *. 1) Fischer, W., Ueber Capitella capitata etc. Vorläufige Mittheilung. Zoologischer Anzeiger. G. Jahrg. 18S3. p. 27 1 u. 487. 2) Caku.s, J. V., Prodromus Faunae Mediterraneae etc. Pars 1. Stuttgart 1884. p. 248. 3) M'Intosh, W., Report on the Annelida Polychaeta collected by H. M. S. Challenger. Report Voyage Challenger. Zoology. Vol. 12. Edinburgh 1885. p. 38S. ') AVer sich zuerst über die Classification oricntiren will, möge mit der Durchsicht des speciellen syste- matischen Theils beginnen. A. Anatomisch -Histologischer Theil. In diesem Theile sollen die sämmtlichen im Golfe vertretenen C!apitelliden-Gattungen unter möglicher Berücksichtigung ihrer verschiedenen Arten der Reihe nach anatomisch ge- schildert werden. Als erste und grundlegende figurirt Notomastus. Von ihr wurden alle Or- gansysteme möglich gieichmässig durchgearbeitet. Bei den nachfolgenden Gattungen hingegen erfuhren nur diejenigen Körpertheile eine ausführlichere Schilderung, welche von denjenigen der grundlegenden Form wesentliche Abweichungen darboten. Auf I. Notomastus folgen: II. Dasj/bmnckiis ; III. Mastohranckus ; IV. Heteromastus; V. Capitella und VI. Capitomastus. Als Organsysteme folgen je aufeinander: 1. Allgemeine Körperform; 2. Haut; 3. Muskulatur; 4. Darmkanal; 5. Centralnervensystem; 6. Sinnesorgane; 7. Para- podien; 8. Respirationsorgane; 9. Nephridien; 10. Geschlechtsorgane; 11. Leibes- höhle; 12. Hämolymphe. Für die Feststellung dieser Reihenfolge waren hauptsächlich in der Organisation unserer Thiere begründete Beziehungen entscheidend. In einem diesem Theile beigefügten Anhange endlich werden die Präparations-Methoden besprochen. I. Notomastus. 1. Allgemeine Körperform. Am Körper von Notomastus unterscheidet man leicht zwei .^ich scharf voneinander ab- hebende Regionen: nämlich erstens den walzenförmigen, ausschliesslich mit Pfriemenborsten ausgerüsteten, im Kopflappen endigenden Vorderleib oder Thorax, imd zweitens den mehr plattgedrückten, ausschliesslich Haken tragenden, mit dem After endenden Hinterleib oder das Abdomen •■') . Der Thorax besteht bei allen Arten der Gattung aus zwölf Segmenten, wovon aber nur elf borstentragend sind, da dem ersten, dem Kopfmundsegment, Parapodien abgehen. Der Hinterleib baut sich aus einer erheblich grösseren Segmentzahl auf, welche Zahl aber natürlich je nach Alter oder Grösse der Thiere, sowie je nach den Species, be- deutenden Schwankungen unterliegt. a) Taf. 1. Fig. l. Taf. 2. Fig. 2. 12 A. Anatomisch-Histologischcr Theil. Der ziemlich weit in das erste Körpersegment retrahirbare Kopflappen =>) ist bei allen Arten von stumpf kegelförmiger Gestalt; in seinem Hohlräume — einer continuirlichen Fort- setzung der Leibeshöhle — sind zahlreiche, nach den verschiedensten Richtungen hin ver- laufende Muskelfasern ausgespannt ^^j, welche dem Organe eine grosse Beweglichkeit verleihen. An der Basis des Kopflappens münden hämal*-seitlich die Wimperorgane <=) und daneben schimmern die dem Gehirne einverleibten Augen als sog. Pigmentflecke durch. Neural, jedoch schon mehr dem Kopfmundsegment angehörig, befindet sich die Mundspalte. Der Thorax erreicht seine grösste Breite in der Mitte; von da ab verschmälern sich die Zoniten wieder etwas, so dass also diesem Körpertheil eine Spindelform zukommt. Durch ein ziemlich tief einschneidendes, vieleckiges Furchensystem erscheint die Oberfläche seines vorderen Abschnittes mosaikartig gefeldert; in Folge dessen hebt sich dieser Theil scharf von den nachfolgenden Segmenten ab. Die hinteren Segmente des Thorax sind deutlich zwei- ringlig, wogegen bei den vorderen in Folge der erwähnten Hautfelderung diese Zweiringlig- keit zu keinem so scharfen Ausdrucke kommt ^). Die ersten Abdomen-Segmente '^) sind sehr kurz, nehmen aber rasch an Länge zu, bis sie in der Leibesmitte etwa auf das Doppelte herangewachsen sind; von da ab nehmen sie wieder, und zwar in diesem Falle allmählich, an Länge ab, bis ihre Grenzen im Bereiche des Afters kaum noch zu unterscheiden sind. Diese letzteren in der Nähe des Afters ge- legenen, undeutlich ausgebildeten Segmente werde ich fortan — im Gegensatze zur unmittel- bar vorhergehenden Abdomenendpartie — als Schwanz bezeichnen ; es wird sich zeigen, dass dem so benannten Theile nicht nur äusserlich die Ausbildung abgeht, sondern dass sich solche Unfertigkeit auch auf alle inneren Organe erstreckt und zwar in einem um so höheren Grade, je mehr man sich dem After nähert. Im Bereiche dieses Punktes flndet eben die Bildung neuer Zoniten statt, weshalb auch öfters der Name »nachwachsendes Schwanzende« gebraucht wird. Die Afterspalte ^; liegt bei allen Arten inmitten einer rundlichen, hämal gerichteten Scheibe, deren Aussehen je nach Contractionszuständen ziemlich variiren kann. Nach aussen hin wird der Leib unserer Thiere, ähnlich wie bei allen anderen Anne- liden, von einer scheinbar homogenen, farblosen Haut, der Cuticula?:), begTenzt; dieselbe zeigt je nach der Körperregion eine wechselnde Dicke und erfährt nur da, wo innere Organe a) Taf. 2. Fig. 8. 10. 12. 14. b) Tat'. 7. Fig. 9. c) Taf. 2. Fig. 9. lü. 17. Taf. .5. Fig. 5. d) Taf. 2. Fig. 1.2. e) Taf. 2. Fig. 2—4 und Fig. ü. 7. 11. f) Taf. 2. Fig. 11. 13. 15. g) Taf. 3. Fig. 1. *) Um bei etwaigen Vergleichungen zwischen Annulaten und Vertebraten den lästigen, durch die Um- drehung verursachten Gegensatz der Orientirung zu vermeiden, brauche ich in dieser Monographie anstatt der Aus- drücke : »dorsal« und »ventral« in der Kegel die morphologisch allein präcisen : »hämal« und »neural«. Einmal so orientirt, habe ich aber dann bei Beschreibung complicirter Lagerungsverhältnisse zur Feststellung secundärer Be- ziehungen gelegentlich auch die Begriffe dorsal und ventral mit herangezogen, damit nicht durch Häufung der zwei morphologischen Termini die Verständlichkeit erschwert werde. Es kann z. B. kein solches Missverständniss wie das zuerst betonte entstehen, wenn man vom dorsalen Theil eines neural gelegenen Organs spricht. I. Notomastus. 1. Allgemeine Körperform. 13 hervortreten (Mund, After, Parapodien, Nephridien, Genitalschläuche) , C'ontinuitäts - Unter- brechungen. Der Cuticula dicht an und ihrer Erstreckung folgend liegt der zellige Theil der Haut, die sog. Hypodermis'^). Ihre Elemente sind zum Theile stützender, zum Theile drüsiger Natur, und je nach der Vertheilung dieser beiden bietet sie in den verschiedenen Körper- regionen ein sehr wechselndes Verhalten dar. Die Muskulatur^), und zwar diejenige des Stammes, besteht aus einer mit der Haut innig verbundenen Riugfaser- sowie einer darunter gelegenen Längsfaserschicht. Ausser diesen wesentlichen Muskelschichten des Leibesschlauches (Hautmuskelschlauch) rechne ich noch zur Stammesmuskulatur die sog. transversalen, je von zwei peritonealen Zellplatten (Nieren- platten) des Peritoneums eingeschlossenen Muskelbänder, welche von dem Bereiche der neu- ralen Medianebene aus nach der Seitenlinie hin vom fünften Körperzoniten an bis zum Schwänze segmentweise, je nach den Arten, mehr oder weniger vollkommen ausgebildet verlaufen. Die besonders im Thorax mächtig entwickelte Ringmuskulatur erscheint in Folge zahlreicher, ziemlich regelmässig conform ihrem Faserverlaufe aufeinander folgender Spalten in reifförmiger Anordnung. Die Längsmuskulatur besteht im Thorax aus einer grossen Anzahl ziemlich gleich dicker und regelmässig um die Körperachse angeordneter Bündel, welche durch verschieden tief greifende Furchen voneinander getrennt sind. Tiefer gehende, bis zur Haut reichende Unterbrechungen erfährt diese Muskulatur im Bereiche der Parapodien, sowie stellenweise in der hämalen Medianlinie ; in der neuralen Medianlinie endlich wird sie durch einen ziemlich breiten und continuirlich verlaufenden Spalt unterbrochen. Im Bereiche des Abdomens verschmelzen diese thorakalen Längsbündel zu viel mächtigeren und in Folge dessen auch weniger zahlreichen Strängen; meistens zu vier neuralen und vier hämalen; die Verschmelzung kann aber auch so weit gehen, dass nur je zwei solche übrig bleiben. Beim Genus Notomastus erreichen von diesen Strängen die neuralen im Abdomen- anfange eine so kolossale Entwicklung, dass sie bis zu den Flanken des Rückens herauf- reichen; weiterhin kommt es aber zu einer mehr symmetrischen Vertheilung. Zu den schon für die Thorax-Längsmuskulatur hervorgehobenen medianen Spalten koumit im Abdomen noch ein Paar seitlicher, welches an Geräumigkeit meistens alle andern weit übertrifft. Diese die Grenze zwischen den neuralen und hämalen Längsstämmen bezeichnenden Unterbrechungen bilden die sog. Seitenlinien. Der Rüssel''), ein geräumiger mit Papillen besetzter Sack, kann vom Thiere kräftig aus- und eingestülpt werden. Neben seiner Bedeutung für die Nahrungsaufnahme spielt er auch eine wichtige locomotorische RoUe beim Bohren im Sande. a) Taf. 3. Fig. 4. 5. 6. b) Taf. 12. Fig. 2. Taf. 14. Fig. 3. 4. 11. Taf. 15. Fig. 1. c) Taf. 2. Fig. 1. 5; man vergl. auch Taf. 16. Fig. S. 14 A. Anatomisch-Histolop;ischor Theil. Der Oesophagus verläuft als ein schmales, überall gleich breites, überaus kräftig be- wimpertes Rohr. Der Magendarm Hauptdarm) ist etwas geräumiger und seine Wandungen haben gegen- über denjenigen des Oesophagus ein mehr drüsiges Ansehen; überdies erscheinen dieselben stellenweise lebhaft roth oder gelb gefärbt. Durch die Septa wird der Magendarm segment- weise leicht eingeschnürt. Vom Abdomenanfange bis zum letzten Drittel seiner Länge erstreckt sich als neurales Anhängsel des Magendarmes der sowohl vorn als hinten in denselben einmündende Neben- darm''); von der hinteren Einmündungsstelle des Nebendarms bis zum After verläuft eben- falls neural-median die Hinterdarmrinne''.) Am Centralnervensysteme unterscheiden wir, wie bei den meisten Anneliden, das Gehirn und den Bauclistrang. Zu dem ersteren rechne ich die den hämalen Theil der Kopf- lappenbasis und des Mundsegments einnehmenden oberen Schlundganglien "=) (es sind zwei durch einen centralen Faserkern zusammenhängende GangHenpaare), den längs der Flanken des Mundsegments und zweiten Körpersegments verlaufenden Schlundring, sowie das neural im zweiten Körjjersegment gelegene untere Schlundganglion ^}. Vom dritten Körpersegment ab bis zur Schwanzregion treffen wir sodann in jedem Segmente neural ein durch Connective mit dem vorhergehenden zusammenhängendes Ganglion, deren Gesammtheit eben den Bauchstrang ausmacht. Dieses ganze Nervensystem liegt bei Notomastus, abgesehen vom Kopfe und Schwänze, wo Ectoderm- Verschmelzungen stattfinden, frei in der Leibeshöhle. Das Gehirn innervirt vorzüglich den Kopflappen, die "Wimperorgane und die Augen. Gehirn und Schlund- ring geben Aeste an den Rüssel-Oesophagus ab, und jedes Ganglion des Bauchstranges ent- sendet mehrere Nerven (Spinalnerven), von denen ein Theil Haut und Muskulatur, und ein anderer Theil Sinnesorgane, Parapodien, Kiemen etc. versorgt. Auch die Connective des Bauch- stranges geben seitlichen Nerven Urspiamg. Der Bauchstrang des Notomastus ist durch sehr umfangreiche, sog. riesige Fasern oder — ■ wie diese Gebilde besser nach Vejdovsky genannt werden — Neurochorde ß) aus- gezeichnet, welche, meist hämal gelegen, sich in wechselnder Zahl durch das ganze Organ verfolgen lassen.*) Als Schlundnervensystem ^) betrachte ich einen überaus mächtigen, der Rüssel- Muskulatur aufliegenden Ganglienzellenplexus, dessen eventueller Zusammenhang mit dem Gehirne aber nicht festgestellt werden konnte. Eben so wenig konnte ein solcher Zusammen- hang für ein wahrscheinlich als sympathisches System") fungirendes Ganglienzellengeflecht des Magendarms constatirt werden. a) Tal'. 4. Fig. 12. 13; man vergl. auch Tai'. Ifl. Fig. 9. b) Taf. 5. Fig. (j. c) Tai'. 2. Fig. lli. 17. Taf. 6. Fig. IS— 20. d) Taf. 2. Fig. IS. Taf. 6. Fig. 24. e) Taf. 2. Fig. 20. Taf. ü. Fig. 10. f) Taf. 4. Fig. 10. g) Taf. !^. Fig. 9. *) Es wird in dieser Monographie der Nachweis geliefert werden, dass die Neurochorde als Scheiden dege- nerirter Nervenfaserbündel aufzufassen sind. I. Notomastus. 1. Allgemeine Körperform. 15 Als Sinnesorgane des Notomastus sind hervorzAiheben: die dem Gehirne einverleibten Augen, die an der Basis des Kopflappens gelegenen Wimperorgane, die Seitenorgane, und endlich die becherförmigen Organe. Die Augen i») erscheinen, oberflächlich betrachtet, als sog. Pigmentflecke, erweisen sich aber bei genauerer Untersuchung als aus eigenthümlichen lichtbrechenden, von Gehirnele- menten innervirten Zellen zusammengesetzt. Die Wimperorgane ^) sind hervorstülpbare, innen mit langen Cilien besetzte Säcke, deren Basen aufs Innigste mit den hinteren Gehirnlappen in Zusammenhang stehen ; sie fun- giren wahrscheinlich als Geruchsorgane. Die Se iten Organe •=) stellen rundliche, mit zahli'eichen Sinneshaaren besetzte Hügel dar, welche vom ersten Körpersegment bis zur Schwanzregion streng segmental in je einem Paare sich wiederholen. Im Thorax können sie in Hautfalten retrahirt werden, im Abdomen dagegen verharren sie frei in den Winkeln der Hakentaschen. Ihre Lage ist constant zwischen den neuralen und hämalen Parapodien; im Abdomen speciell rücken sie in die Spalten der Seitenlinien. Die Innervation geschieht ebenfalls segmental durch je einen Spinalnerven, resp. durch Zweige je eines solchen. Die becherförmigen Organe'^) endlich treten ebenfalls in Form rundlicher, aber sehr viel kleinerer, anstatt langer Haare kurze Stäbchen tragender Hügel auf, welche ins- besondere am Rüssel, Kopf läppen und Thorax zerstreut stehen. Ein Hauptunterscheidungs- punkt zwischen ihnen und den vorigen bildet daher ihre diffuse Vertheilung gegenüber der segmentalen jener. Sowohl die Seitenorgane als auch die becherförmigen halte ich morphologisch und physiologisch für den gleichnamigen Organen der Vertebraten verwandt. Als Respirationsorgane 6) fungiren bei Notomastus zipfelförmige , bis zu einem ge- wissen Grade retractile Ausbuchtungen der neuralen oder hämalen Parapodien des Abdomens (Hakentaschen). Je nach den Arten sind bald nur die einen, oder die anderen, und zwar in sehr verschiedenem Grade, entwickelt. Bei einer Art [Notomastus jjrofundus) erreichen diese Gebilde am Abdomenende hämal eine grosse Selbständigkeit; sie bilden nämlich lange cylin- drische, in die Ijoibeshöhle einstülpbare Schläuche. Die mit Pfriemenborsten ausgerüsteten keulenförmigen Parapodien^) des Thorax können, vermöge eines sehr ausgiebig entwickelten Muskelapparats, fast bis zum Verschwinden in das C'oelom retrahirt und wieder vorgestreckt werden. Je nach dem Grade ihrer Aus- streckung oder Einziehung erscheint daher der Notomastus-Thorax bald glatt, bald mit mehr oder weniger deutlichen Fussstummeln besetzt. Am Abdomen nehmen die Parapodien die Form flächenhaft ausgebreiteter Wülste an, in welchen eine grosse Anzahl von Haken reihenförmig eingepflanzt stehen. Auch diese a) Taf. 9. Fig. 19—21. b) Taf. 2. Fig. 16. 17. Taf. 7. u. 8. c) Taf. 2. Fig. 2. Taf. 10. u. 11. d) Taf. 11. Fig. 8—14. e) Taf. 2. Fig. 2. 3. 4. 6. 7. Taf. 13. Fig. 6. f) Taf. 2. Fig. 1. 2. Taf. 12. Fig. 1. 16 A. Anatomisch-Histologischer Theil. Hakenwülste "■) (Tori) sind mit einer sehr ausgebildeten Muskulatur versehen, vermöge welcher sowohl die einzelnen Haken, als auch Gruppen solcher sehr verschiedenartig bewegt werden können. Während die thorakalen Parapodien je die Segmentmitten einnehmen, stehen die abdominalen je an den Segmentenden, im Bereiche der hinteren Septa, eingepflanzt. Die Pfriemenborsten der einzelnen Arten sind einander sehr ähnlich und auch die Haken bieten nur geringfügige, systematisch schwer für sich allein verwerthbare Unter- schiede dar^'). Die Nephridien '=) ■ ) haben in diesem Genus die Form von in zwei Schenkeln aus- laufenden Keulen oder Kissen. Die eine dieser Keulen führt zur inneren, die andere zur äusseren Mündung. Bei ausgewachsenen Thieren sind die Nephridien auf das Abdomen be- schränkt; bei jungen Exemplaren finden sich aber auch im Thorax Rudimente solcher. In der Regel ist ein Paar in jedem Segmente vorhanden; am Abdomenende können aber bei einer der Arten [Notomastus Uiimtus) zuweilen auch mehrere Paare in je einem Segmente zu- gleich vorkommen "i) . "Wie alle CJapitelliden , so ist auch Notomastus getrennten Geschlechts. Bildungsstätte sowohl der männlichen als auch der weiblichen Keimprodukte ist das Peritoneum und zwar bei allen Arten ein bestimmter, als Genitalplatte ^) unterschiedener Abschnitt desselben. Die Sperma-Mutterzellen^) lösen sich in einem sehr frühen, die Eizellen") dagegen erst in einem späteren Studium der Entwicklung von ihrem Mutterboden ab, um in der Leibeshöhle flottirend ihre Reife zu erlangen. Die Bildung von beiderlei Keimprodukten ist auf das Ab- domen beschränkt, aber im letzten Thoraxsegment findet sich in beiden Geschlechtern con- stant eine durch Kernwucherung entstandene Verdickung der Genitalplatte, welche auf diesem (ersten) Stadium der Keimbildung verharrt, und welche Verdickung ich daher als sterilen tho- rakalen Keimstock '^) bezeichne. Dieser Stock pflegt von den ersten fungirenden abdomi- nalen Keimstätten durch mehrere ganz sterile Segmente getrennt zu sein. a) Taf. 2. Fig. 3. 6. Taf. 12. b) Tat'. 31. u. 32. c) Taf. 34. Fig. 1 — 17. Taf. 13. 14. d) Taf. 2. Fig. 23. e) Taf. 15. Fig. 5—7. 1) Taf. 15. Fig. 6 u. Fig. 17—27. g) Taf. 15. Fig. 5 u. Fig. 7—16. h) Taf. 15. Fig. 1—4. *) Ich habe mich schon in einer früheren Publication (H. Eisig, Die Segmentalorgane der Capitelliden, Auszug. Mitth. Z. Stat. Neapel 1. Bd. p. 108. Anmerkung.) darüber ausgesprochen, wie misslich es um den Namen »Segmentalorgane« stehe , da erstens diese Organe nicht die allein segmentalen im Thierkörper repräsentiren, und zweitens nun noch dazu kommt, dass dieselben in einzelnen Fällen, selbst bei Anneliden, nicht im strengen Sinne des Wortes sich segmental wiederholen. Gegen den damals schon von Lankestek (Notes on the Embryology and Classification of the Animal Kingdom etc., Q. Journ. Micr. Sc. (2) Vol. 17. p. 429.) für »Segmentalorgan« ge- brauchten Ausdruck »Nephridium« hatte ich das Bedenken geäussert, dass er besser durch einen rein morpholo- gischen, keine Function präjudicirenden, ersetzt würde. Da nun aber im Laufe der inzwischen verstrichenen Jahre von keiner Seite ein solchen Anforderungen genügender Terminus publicirt worden ist, und der LANKESTERSche überdies, besonders in England, schon vielfache Anwendung gefunden hat, so adoptire auch ich denselben und wünsche nur, dass die continentalen Morphologen recht bald zu einem ähnlichen Entschlüsse kommen möchten, da- mit wir nicht, früher oder später, Ausdrücke wie »segmentale« oder »nicht segmentale« Segmentalorgane zu lesen bekommen, überhaupt die sonst unvermeidliche Häufung von »Segment« und »Segmentalorgan« vermieden sehen. I. Notomastus. 1 . Allgemeine Körperform. 17 Abgesehen von dem (als Untergattung CKstomastus abgetrennten) Notomastus limatus haben alle anderen (als Untergattung Tremomastiis zusammengefassten) Arten des Genus, in einer je nach den Species verschieden grossen Anzahl von Segmenten des Abdomenanfangs, in beiden Geschlechtern glockenförmige, bewimperte Schläuche, welche durch weite Poren nach aussen münden. Diese als Genitalschläuche'*) bezeichneten, hervorstülpbaren Organe dienen bei den Männchen als Samenleiter und Penes und bei den Weibchen als Oviducte und Scheiden. Dass eine innere Befruchtung und daher auch eine Copulation statthabe, lässt sich bei reifen Weibchen öfters constatiren. Die Genitalschläuche liegen in den damit aus- gerüsteten Segmenten je vorn, wogegen die Nephridien je hinten liegen. Es hat sich nun aber ergeben, dass die beiderseitigen Organe nicht unabhängig voneinander sind, sondern dass das bezügliche Nephridium anstatt, wie es die Regel ist, in einen Trichter ausziüaufen, in den betreffenden Segmenten ganz continuirlich in den hinteren Zii)fel des Genitalschlauchs über- geht, so dass der letztere wie ein riesiger Trichter des Nephridiums erscheint^). Bei Notomastus lineatus {Clistomastus) sind Genitalschläuche gar nicht, oder doch nur rudimentär in den letzten drei Thoraxsegmenten vorhanden; von Copulation kann daher bei ihm keine Rede sein; wir werden sehen, dass hier in Folge dessen die Entleerung und Mischung der beidersei- seitigen Keimstoffe in ganz abweichende Bahnen gelenkt sind, sowie, dass hierbei die Körj^er der geschlechtsreifeu Thiere von sehr eigenthüm- lichen degenerativen Vorgän- gen ergriffen werden. Die Leibeshöhle von Notomastus ist wahrscheinlich in Folge des der ganzen Fa- milie mangelnden Blutgef äss- systems überaus reich geglie- dert«). Ein neuraler, über dem Bauchstrange gelegener Raum, den ich Bauchstrangkammer nenne, zieht continuir- lich durch den ganzen Leib*^); sein Dach wird durch die Genitalplatte des Peritoneums gebildet. Alle anderen Räume sind segmentweise durch die Dissepimente von einander abge- schlossen. In einem gegebenen Segmente finden sodann die über der Bauchstrangkammer gelegenen Coelomabschnitte wieder eine weitere Abtheilung in drei Kammern durch die NicrenßlalU liebst transversaler Muskulatur Bauchstrang median ticuraler Haut Längsmuskel durch den Äbdomenaufang eines Xotoinasti t'oelom - Abtheilungeu. Deiuoustratiou a) Taf. 2. Fig. G u. Fig. 27—29. Taf. 14. Fig. 1. 2 u. Fig. 11—21. b) Taf. nebenstehenden Holzschnitt, ferner Taf. 11. Fig. 3. 4. 11. Taf. 15. Fig. 1. 7. 30. 31. Zool. SUtion z. Neapel, Fauna und Flora, Gulf von Neapel. C'apitellidcn. Fig. 27. d) Taf. c) Vergl. 15. Fig. 5. 6. 18 A. Anatomisch-Histologischer Tlieil. transversalen Muskeln, resj). durch die sie überziehenden peritonealen Nierenplatten. Die mittlere und grösste dieser Kammern, welche den Uarmtrac-tus enthält, wird als Darm- kammer unterschieden; die beiden seitlichen, von letzterer durch die erwähnten Nieren- platten getrennten, die Nephridien einschliessenden, als Nierenkammern. Ausserdem sind noch die mit letzteren Kammern in Verbindung stehenden Höhlen der Parapodicn und Kiemen als Parapod-Kiemenhöhlen zu erwähnen. Bei der Untergattung CUatorndsttis ist die transversale Muskulatur nur stellenweise aus- gebildet, so dass die I.eibeshöhle desselben keine so weitgehende Gliederung aufweist wie diejenige des Trcmuma.sttis. Alle Theile der Leibeshöhle werden continuirlich von einer ejiithelialen Haut, dem sog. Peritoneum, überzogen, von derselben Membran, welche auch alle in der Leibeshöhle gelegenen und aufgehängten Organe überzieht. Aus diesem Peritoneum entstehen an gewissen Stellen die Geschlechtsproducte , sowie die zum Nachschub bestimmten Hämolymphelemente ; auch kann es sich sehr wirksam an der excretorischen Thätigkeit betheiligen. In Folge des für die ganze Familie der C'apitelliden charakteristischen Mangels der Blutgefässe bewegt sich das rothe, hämoglobinhaltige Blut^), mit der Lymphe und den anderen Contenta der Leibeshöhle wie Eier, Samen, Excrete gemischt, frei in den Räumen des C'oeloms. Aber trotz dieses Mangels specifischer Bahnen ist doch die Bewegung der Hä- molymphe keine ganz unregelmässige, indem durch rhythmische Körpercontractionen das Blut, bald köpf- bald schwanzwärts, durch die Bauchstrangkammer getrieben wird und zu gleicher Zeit von dieser Kammer aus je segmental ein Z^veigstrom desselben in die Kiemen und Darm- kanunern, resp. aus diesen wieder zurück in die Bauchstrangkammer tiiesst. Es musste schon im Vorhergehenden erwähnt werden, dass ich die Gattung Notomastus in zwei Untergattungen gespalten habe, nämlich in die Untergattungen Clistomastus und Tre- momastua. Hauptsächlich unterscheidende Merkmale sind: der Mangel oder das Rudimentär- sein der Genitalschläuche, sowie der transversalen Muskulatur bei CUstotnastiis-^ ferner die ver- schiedene Form und Farbe der Nephridien (sie sind dunkelbraune, längliche Keulen bei Clisto- iiHDitm und hellgelbe, kissenförmige Massen bei Tremomastiis); endlich noch die allein bei Clisto- iniistiis hervorragende Ausbildung der neuralen Hakentaschen oder Kiemen am Abdomenanfange. Clistomastus umfasst von den hiesigen Formen die einzige Species: Nutomastus Uneatus (^LAP. Ich Jiabe zwar eine bezüglich des Habitus, der Borsten und des Habitat vom N. Uneatus etwas abweichende Form aufgefunden, hielt aber doch die betreffenden Abweichungen für zu geringfügiger Natur, um daraufhin eine neue Species zu begründen; icli begnügte mich damit, sie als Varietät zu charakterisiren und zwar als Varietas Balanuylussi. Trciiiomdstiis umfasst dagegen mehrere der neapolitanischen Arten; erstens den Notu- inastus Bcht'deiii Clap., hauptsächlich charakterisirt durch die geringe Körpergrösse, durch die bedeutende Länge des Mundsegments, durch fünf Paare von Genitalschläuchen, sowie durch a) Taf. ;. lange Stücke derselben zu isoliren. Im frischen Zustande sind die einzelnen Fibrillen der zwei unter nahezu einem rechten Winkel sich kreuzenden Systeme innig durch eine Kittmasse verbunden und so kommt eben das Ansehen einer homogenen Haut zu Stande, welche nur an den Mündungsstellen der Hautdrüsen Durch- brechungen in Form 1 — 1 '/^ [x weiter, in einem Abstand von meist 4 [jl stehender Poren aufweist. Obwohl dieser C'uticula neben ihrer mechanischen auch eine grosse chemische Resistenz eigen ist, so hat sich doch herausgestellt, dass diese letztere Resistenz nicht jenen den cuti- culareu Bildungen so häufig zugeschriebenen Grad erreicht; sie wird nämlich schon durch kalte Kali- oder Natronlauge vollkommen gelöst. Schmiedeberg') hat nachgewiesen, dass der charakteristische organische Bestandtheil der federkielartigen Röhren der Onuphis tuhkola eben- falls nichts mit ("hitin zu thun habe, sondern eine eigenartige, von ihm Onuphin genannte Substanz darstelle; dieselbe Substanz konnte er auch in den Röhren der Spirographis nach- weisen und so ist vielleicht die Vermuthung gestattet, dass auch die Cuticula sich hauptsächlich aus ihr aufbaue. Leider bietet die jetzige Kenntniss des Onuphin noch nicht die Möglichkeit, sein Vorkommen ohne Weiteres durch mikrochemische Reactionen nachzuweisen'^). Gegenüber Carmin, Hämatoxylin und Pikrokarmin pflegt sich die Cuticula indiflerent zu verhalten, durch Anilinfarben dagegen wird sie auf's Eebhafteste tingirt. a) Taf. 2. Fig. 1. Taf. 10. Fig. 12. 13. bj Taf. Z. Fig. 1. a) Vergl. den Morphologischen Theil, Kapitel Haut. 1) SrUMrEDF.BEEC, O., Ucber die chemische Zusammensetzung der Wohnröliren von Oiiv/Jiis tubicola Müi.l,. Mitth. Z. Stat. Neapel. Bd. 3. p. 373. I. Notomastus. 2. Haut. b. Hypodermis. 21 b. Hypodermis. Betrachtet man die Haut eines frischen Notomastus unter starker Vergrösserung, so er- scheint dieselbe siebartig durchbrochen 'i). Verschieden grosse, wasserhelle, durchaus homogene Flecken von runder oder unregelmässiger Form werden, bald in geringerem, bald in grösserem gegenseitigen Abstände, von einer ebenfalls ziemlich homogenen, aber etwas dunkler erschei- nenden Substanz, wie eben so viele Löcher, umrahmt. Keinerlei Zellgrenze oder Kernbildung lässt sich entdecken, und vergebens sucht man das eigenthümlichc Bild in diesem Zustande histologisch aufzuklären. Setzt man dem Präparat etwas Essigsäure zu , so findet sofort eine radicale Ver- änderung desselben statt ^^). Die wasserhellen Flecken werden getrübt, und in der sie um- gebenden Zwischensubstanz treten zahlreiche, scharf umschriebene, rundliche bis ovale, kern- artige Gebilde verschiedener Grösse auf, welche durch ein System von Ausläufern verschie- densten Durchmessers mit einander zusammenhängen. Wir glauben ein Fadennetz vor uns zu haben, welches zahlreiche granulirte Kerne enthält und mit seinen Maschen je eben so viele Ballen eines homogenen und äusserst vergänglichen Plasmas umschliesst. Durch schärferes Zusehen, insbesondere durch Profilansichten, überzeugen wir uns aber davon, dass die vermeintlichen Kerne der Zwischensubstanz nichts Anderes sind als die ojatischen Quer- schnitte zahlreicher, mit ihren Basen der Hautoberfläche zu gerichteter und nach allen Seiten hin sich verzweigender stab-, kegel- oder spindelförmiger Körper. Um nun zu einem Verständnisse dieser von der traditionellen Auffassung des Haut- epithels so abweichenden Structur zu gelangen, bedurfte es eines eingehenden Studiums von Schnitten und Macerationspräparaten. Erstere '=) zeigen uns als auffallendsten Bestandtheil der Hypodermis zahlreiche, von der Cuticula zur Muscularis verlaufende, fadenartige Körper, welche ich Fadenzellen nennen werde; sie entsprechen der Zwischensubstanz im frischen Zustande und dem Protoplasmanetz mit Scheinkernen von Essigsäurepräparaten. Zwischen den Fadenzellen erkennen wir, wo die fraglichen Bildungen überhaupt er- halten blieben, meistens nur ein diffuses Plasma mit zahlreichen Kernen, in günstigen Fällen aber treffen wir auf — wenigstens an ihrer Basis — wohl abgegrenzte, flaschenförmige , mit je einem Kerne versehene Körper, welche derjenigen Zellform angehören, die ich im Gegen- satze zu den Fadenzellen als Plasma z eilen bezeichnen werde. Die Plasmazellen aber — rcsp. ihre in den meisten Präparaten allein wahrnehmbaren Zerfallproducte — entsprechen den homogenen, wasserhellen Flecken, welche der frischen Haut das siebartig diu'chbrochene Ansehen verleihen. Durch Maceration gelang es diese beiden, die Hypodermis zusammensetzenden Ele- mente zu isoliren, und nach solchen Präparaten will ich zunächst Faden- und Plasmazellen genauer beschi-eiben"^). a) Taf. 3. Fig. 7\ b) Taf. 3. Fig. 7''. c) Taf. :{. Fig. 2—4 u. 10—11. d) 5. 6. 12. 22 A. Anatomisch-Histologischer Tlipil. Die Tiänge der Fadenzcllen richtet sich nach dem Hautdurchmesser; wo der letztere bedeutend ist, wie in der mittleren Region des Thorax, da pflegen auch diese Zellen eine entsprechend bedeutende Länge zu erreichen; wo sich dagegen die Haut zu einer ganz dünnen Schicht verschmächtigt, wie auf der Rückenseite des Abdomens, da nehmen sie auch ent- sprechend an Länge ab. Ueberaus mannigfixltig ist die Form und Structur dieser Zellen: bald haben wir massive Cylinder vor uns, die distal in einen Stäbchenbüschel und basal in einen feinen Faden auslaufen, bald streifige Kegel, deren Spitzen in Fasern ausstrahlen, bald sind es überaus dünne Platten, welche ans i)allisadenförmig nebeneinander aufgereihten Fäden be- stehen, bald wieder saftigere Gebilde, welche mehr an gewöhnliche Zellen erinnern. Es fragt sich nun, mit welchem Rechte man überhaupt von diesen sonderbaren Körpern als von Zellen sprechen kann, insbesondere wie es sich mit den Kernen verhält. An jenen pallisadenförmigen Fadenzellen, welche besonders zahlreich im Thorax vorzukommen pflegen, habe ich meistens keine Spur von einem, auf einen Kern beziehbaren Dinge aufzuflnden vermocht; selbst von den zwischen einzelnen Fäden wahrnehmbaren Ansammlungen eines oft mit körnigen Ein- lagerungen versehenen Protoplasmas musste es zweifelhaft bleiben, ob es ursprünglich schon den Fadenzellen angehört hatte, oder aber nur zufällig, erst von den zerfallenen Plasmazellen aus, zu ihnen gelangt war. An den mehr spindelförmigen Fadenzellen dagegen liess sich stets Zellenleib und Zellenkern wohl unterscheiden, insbesondere am Abdomen, wo die Fadenzellen meistens saftige, protoplasmatische Köpfe haben, welche den mehr homogenen, kegelförmigen und mit ihrer Spitze in einen Faden auslaufenden Kernen aufsitzen. Wir haben hier also Zellen mit sog. geschwänzten Kernen vor uns. Nachdem ich aber erst einmal diese kennen gelernt, gelang es auch, bei wiederholter Untersuchung in einzelnen Pallisadenzellen eben solche geschwänzte Kerne nachzuweisen. Trotzdem bin ich aber der Ansicht, dass in den meisten Fadenzellen ein Kern, als solcher, nicht mehr existirt und daher dem Endstadium dieser Zellen ein Verschwinden des Kerns oder eine Auflösung desselben in Fasern ent- spricht. Die Grösse der Plasmazcllen -'') riclitet sich ebenfalls nach dem Ilautdurchmesser ; wir treften sie daher am längsten in der Mitte des Thorax, am kürzesten im Abdomen. Hin- sichtlich der Form bieten sie kaum eine geringere Mannigfaltigkeit als die Fadenzellen dar; meistens begegnen uns flaschenf()rmige, daneben aber auch spindelförmige oder cylindrische und zwar in den verschiedensten Durchmessern. Die cylindrischen erscheinen sodann entweder an beiden Enden abgerundet, oder am Fussende in feine Fasern auslaufend, wozu sich endlich auch noch am Kopfende eine flaschenförmige Einschnürung gesellen kann. Grössere Uebereinstimmung herrscht in der Structur: Die Plasmazellen entbehren vor Allem ausnahmslos einer Membran. Ihr Substrat ferner stellt sich in allen Präparaten als ein helles, vergängliches, oft an Schleim erinnerndes Plasma mit spärlichen körnigen Einlagerungen dar. Nur bei Nuto?nastus profundus befinden sich unter den so beschatfenen Zellen auch a) Taf. .3. Vi^. 5. (J I. Notomastus. 2. Haut. b. Hypoclcimis. 23 solche, deren gesammter Leib aus annäliernd gleich grossen, zuweilen orangegelb gefärbten Kügelchen besteht'^). Die Kerne der Plasmazellen unterscheiden sich von denjenigen der Fadenzellen scharf durch ihre rundliche Form, durch ihre grosse V^ergänglichkeit und durch deren viel geringere Verwandtschaft zu Farbstoffen. Im Leibe der ihnen zugehörigen Zellen pflegen sie bald mehr in der Mitte, bald mehr der Basis genähert zu liegen. Es ist theilweise sicher der Membran- losigkeit, sowie der gi-ossen Vergänglichkeit dieser Zellen zuzuschreiben, dass man, selbst in wohl erhaltenen Schnitten, so häufig vergebens nach ihnen sucht und an deren Stelle ent- weder nur Hohlräume (Wabenräume, Alveolen), oder aber Spuren von Plasma nebst unregel- mässig zerstreut liegenden Kernen findet. Die so beschaffenen beiden Zellenspecies sind nun im Aufbau der Haut folgender- maassen angeordnet: die Fadenzellen büden, durch Aneinanderlegen ihrer lländer oder durch Verbindung ihrer Fortsätze, ein continuirliches Gerüstwerk, dessen Fächer die Plasmazellen einschliessen. Von dem Vorhandensein förmlicher Alveolen kann man sich am besten an Flächenansichten ^') und Schnitten"^) überzeugen, aber auch unter den durch Zerzupfung ge- wonnenen ZellengrupiJen zeigen einige noch diese Art der Verbindung. Unter diesen sind besonders solche Plasmazellen instructiv, welche noch von einer grösseren Anzahl Fadenzellen umschlossen gehalten werden ); in der letzteren Region, wenigstens im Hauptbereiche, colossales Vorwiegen der neuralen Längsbündel über die hämalen und Zurücktreten der gesammten Ringschicht, daher der grosse Contrast zwischen Rücken- und Bauchseite^). Aber auch innerhalb jeder dieser beiden Körperregionen verändert sich Mäch- tigkeit und Anordnung der zwei Muskelschichten in dem Maasse, als man dieselben von dem einen Körperpole zum anderen hin verfolgt. Im Kopfe, sowie überhaupt im vorderen Thoraxbezirk e^) ist die I-ängs- und Ringmuskulatur hinsichtlich ihrer Masse am gieichmässigsten vertheilt; in der Mitte des Thorax'^) wächst der Durchmesser der letzteren gegenüber dem- a) Taf. 10. Fig. 10. b) Taf. 10. Fig. 1. 2. c) Taf. 7. Fig. 11. Iß. 21. 27. d) Taf. 10. Fig. 1 l . a) Vergl. p. 2.5. I. Notomastus. 3. Muskulatur. 3] jenigen der ersteren nicht unbedeutend, und gegen das Thoraxende'') hin nimmt wieder die Längsmuskulatur mehr an Masse zu, jedoch nur neural, wogegen sie sich hämal stark ver- schmächtigt. Mit Bezug auf das Mundsegment und den Kopflappen ist hervorzuheben, dass sich die beiden Muskellagen in dem Maasse, als sie dem vorderen Körperpole zustreben, gleicher Weise aus immer dünneren Bündeln zusammensetzen; immerhin können wir sie in continuirlichem Verlaufe bis zu diesem Pole hin verfolgen; Unterbrechungen finden nur da statt, wo Organe mit der Haut verschmelzen, also in der Gehirn-, Augen- sowie in der Wimper- organ-ßegion^). Im Abdomen verläuft die Ringmuskulatur von Anfang bis zu Ende in überaus dünner Schicht, so dass ihr Durchmesser nur einen Bruchtheil desjenigen der gleich- namigen Thoraxmuskulatur beträgt"); dagegen weist die Längsmuskulatiir, besonders in ihren neuralen Strängen, ausserordentliche Unterschiede auf. Im Anfange des Abdomens"^) überwiegt die Masse dieser Stränge, in einem gegebenen Querschnitte, um ein Vielfaches die Gesammtheit aller übrigen Körpertheile ; gegen die Mitte des Abdomens '^) tritt mehr Gleichgewicht ein, indem die neuralen Stränge an Umfang (Höhe) immer mehr ab-, die hämalen dagegen immer mehr zunehmen; und im Schwänze^) endlich kommt es zu einem dem im Abdomenanfange herrschenden geradezu entgegengesetzten Verhältnisse: die hämalen Bündel occupiren über zwei Drittel des Körperumfanges und die neuralen bleiben ebenso auf die Bauchebene beschränkt, wie im Abdomenanfange die hämalen auf die Rückenebene. Wenn man daher den Verlauf eines dieser neuralen Längsmuskeln projizirt, so erhält man eine Linie, welche im Anfange des Abdomens die Rücken- und am Ende des Abdomens die Bauchfiäche tangirt und zwischen beiden Punkten alle Grade des allmählichen Sinkens resp. Ansteigens aufweist. Weiterhin wird sich ergeben, dass diese linie mit der sog. Seitenlinie?) zusammenfallt, in welch' letzterer die Sinneshügel eingepflanzt stehen, die neuralen Parapodien nebst Kiemen enden, sowie die transversalen Muskeln sich ansetzen, welche Theile daher alle zugleich mit dem genannten Muskel resp. der Seitenlinie die Wanderung von der Rücken- nach der Bauchseite hin ausführen. Aber trotz dieses grossen Gegensatzes, welcher dem Vorher- gehenden zufolge in der Vertheilung der Längsmuskulatur der verschiedenen Körperregionen herrscht, lässt sich gleichwohl nachweisen, dass alle Theile dieser Muskulatur Glieder eines einzigen, continuirlich vom Kopfe bis zum Schwänze hinziehenden Systems ausmachen, dass trotz des grossen Contrastes, Avelchen z. B. ein Querschnitt aus dem Anfange des Thorax gegen- über einem solchen aus dem Anfange des Abdomens darbietet, dennoch Einfachheit in der Gesammt- Topographie herrscht. Schneiden wir einen Notomastus der Länge nach median- neural oder -hämal auf, so können wir in der Kopfregion etwa 30, in der Thoraxmitte etwa 24 und in der Endregion desselben Körpertheils ungefähr 12 Längsbündel unterscheiden. Ln Abdomenanfange beträgt ihre Zahl in der Regel 8, wovon 4 hämal und 4 neural, weiterhin a) Taf. 15. Fig. 1. b) Taf. 6. Fig. 18—20. Taf. 7. Fig. 1. 5. 9. c) Taf. 10. Fig. 1. 2. Taf. 13. Fig. 9. Taf. 15. Fig. 31. d) Taf. 10. Fig. 1. 2. Taf. 12. Fig. 2. Taf. 14. Fig. 3. 11. e) Taf. 13. Fig. 9. f) Taf. II. Fig. 4. Taf. 15. Fig. 7. 31. g) Fig. cit. S. L. 32 A. Anatomisch-Histologischer Theil. nur noch 4, d. h. 2 hämal und 2 neural; gegen das Abdomenende hin nimmt aber ihre Zahl umgekehrt wieder erheblich zu. In dem Maasse nun, wie die Bündel an Zahl abnehmen, wächst auch ihr Durchmesser und umgekehrt. Alle die auf Querschnitten aus verschiedenen Regionen so auffallenden Abweichungen kommen daher lediglich durch Verschmelzung resp. Wiederauflösung einer gegebenen Anzahl von Muskelbündeln zu Stande. Dass diese einzelnen Bündel in der That continuirlich vom Kopf bis zum Schwanzende hinziehen, kann man schon an topographischen Präparaten mit Hülfe einer Lupe nachweisen; aber noch eviden- teren Beweis dafür liefern entsprechende Serien verticaler Längsschnitte '') . Wir könnten nach alledem die Vertheilung der Längsmuskulatur bildlich am besten so darstellen, dass wir, vom Anfange des Abdomens ausgehend, vier die Körperhöhle begrenzende Stämme zeichnen: zwei neurale und zwei ihnen an Durchmesser bedeutend nachstehende hämale, welche vier Stämme sich, je mehr sie gegen den Schwanz, ganz besonders aber in dem Maasse als sie sich nach der entgegengesetzten Richtung hin fortsetzen, in immer zahlreichere und dem entsprechend auch dünnere Bündel auflösen. Eine besondere Erwähnung verdient noch das scheinbar ganz paradoxe Verhalten des letzten Thoraxsegments: ein Querschnitt^) durch dessen hinteren Abschnitt zeigt nicht zwei, sondern vier Muskelschichten; auf die normale Ring- und Längsfaserlage folgt nämlich noch eine andere, histologisch von der äusseren stark abweichende Ringfaser- sowie eine umgekehrt von der äusseren in nichts abweichende Ijängsfaserschicht. Eine Serie durch dieses Segment geführter Querschnitte belehrt uns, dass sich diese innere Ringfaserschicht immer mehr auf Kosten der inneren Längsfaserschicht ausdehnt, bis letztere schliesslich ganz ver- schwindet und erstere so nahezu die gesammte Leibeshöhle ausfüllt; im ersten Abdomenseg- ment") treffen wir sodann wieder allein die zwei äusseren, normalen Muskelschichten. Die Sache hat sich folgendermaassen aufgeklärt: das zwischen dem letzten Thorax- und ersten Abdomensegment, also an der Uebergangsstelle beider Körperabschnitte gelegene Septum ist ausserordentlich kräftig entwickelt; es erreicht durchschnittlich eine wenigstens zehnmal so bedeutende Dicke als die vorhergehenden und nachfolgenden; wäre die dieses Septum zusammensetzende MuskeUage — sie ist nichts Anderes als unsere innere Ringfaserschicht — allein vorhanden, so würde auch ihre wahre Natur, ihre Zugehörigkeit zu einem enorm verdickten Septum, sich ohne Weiteres ergeben; complicirt wird aber das Verhältniss dadurch, dass dieses Septum, in dem Grade als sich seine Fasern zwischen die zwei normalen Muskel- schichten eindrängen, eine Partie der Längsmuskulatur vor sich herschiebt, zur Abschnürung bringt und so das Vorhandensein von vier Muskelschichten des Stammes vorspiegelt. Das genannte Septum ist bei allen Capitelliden stärker entwickelt als irgend ein vorhergehendes oder nachfolgendes, bei keiner Form aber in dem Maasse wie bei Notomastus Uneatus, wo diese Entwicklung einen solchen Grad erreicht, dass nahezu die ganze Leibeshöhle im ent- sprechenden Segmente obliterirt und alle continuirlichen Organe überaus eingeengt ver- i) Taf. 13. Fig. 8. Taf. 14. Fig. 1. 2. 6. b) Taf. 15. Fig. 28. 29. c) Taf. 10. Fig. 1. I. Notomastus. 3. Muskulatur. 33 laufen-''). Bei ihm — also bei der Untergattung Clistomastus — allein kommt es auch zur be- schriebenen Abspaltung von Schichten der Stammeslängsmuskulatur. Ich bin nun zur Ansicht gelangt, dass diese für Clistomastus so charakteristische Anordnung mit der Eigenthümlichkeit dieser Untergattung zusammenhängt, sich ihrer Geschlechtsproducte diu'ch Abreissen der mit Eiern oder Samen angefüllten Portionen des Abdomens zu entledigen''). Die betreffenden Thiere werden nämlich durch die geschilderte Einrichtung wahrscheinlich in Stand gesetzt, den Thorax spontan vom Abdomen abzuschnüren und auf diese Weise den allein von jener (auf der Höhe der Geschlechtsreife auftretenden) Histolyse frei bleibenden, zum Fortleben befähigten Theil, den Thorax, von der gefährlichen Nachbarschaft solcher der Zersetzung an- heimfallender Abdomina zu befreien. Betrachten wir nun die transversale Muskulatur^). Sie besteht aus dorso-ventral gerichteten Bündeln, welche einerseits in der Nähe des Bauchstrangs aus der Eingmuskulatur entspringen und andererseits in der Seitenlinie, jene Muskulatur wieder durchbrechend, mit der Haut verschmelzen, oder welche umgekehrt ihren Ursprung aus der Ringmuskulatur im Bereiche der Seitenlinie nehmen, um in der Nähe des Bauchstranges sich am Hypoderm anzusetzen. Je nach der Körperregion verfolgen diese Bündel eine mehr verticale oder mehr horizontale Richtung, indem sie ja die Lageveränderungen der Seitenlinie mitmachen. In den ersten vier Thoraxsegmenten fehlen die transversalen Muskeln gänzlich; wie die Septa, so wurden auch sie durch die mächtige Entwickelung des Rüssels und seiner Muskulatur ver- drängt; vom fünften Segment ab sind sie dagegen in allen Zeniten vorhanden. Bei Noto- mastus Uneatus stehen die transversalen Muskeln in der vorderen Körperregion in weiten Zwischenräumen, in der hinteren dagegen rücken sie näher zusammen; bei der Untergattung Tremomastits finden wir sie ■ — abgesehen vom Thorax, wo sie sich ähnlich wie bei Clistomastus verhalten — überall näher aneinandergerückt und durch Ausläufer anastomosirend <=). Die erwähnten Lücken sind in allen Fällen durch das Peritoneum überbrückt und zwar durch den als »Nierenplatte« gekennzeichneten Theil, so dass die transversalen Muskeln wie das Balkenwerk jener Membran erscheinen; bei der Präparation reissen aber die peritonealen Brücken sehr leicht ein, weshalb so häufig nur die Muskeln als Gitter übrig bleiben. Wie diese transversalen Muskeln, resp. die Nierenplatten, die Leibeshöhle eines gegebenen Seg- ments in drei Kammern abtheilen, sowie das Verhältniss der letzteren zvi den verschiedenen Organen wird in einem anderen Kapitel ausführlich zur Sprache gebracht werden ß). Alle Glieder der Stammesmuskulatur sind irgendwie zur Lieferung secundärer, innere Organe versorgender, oder Abschnitte der Leibeshöhle begrenzender Muskeln herangezogen. So entspringt ein Theil der Scptamuskeln aus der Ringfaserschicht; die Längsmuskulatur gibt durch Auseinanderweichen gewisser Bündel zur Entstehung der Gehirn-Wimperorgan- Höhle Veranlassung; dieselbe Muskulatur liefert das Material für die Rüssel- und Para- a) Taf. t5. Fig. 29. b) Taf. 2. Fig. 23. 27. 28. Taf. 10. Fig. 1. 2. Taf. 12. Fig. 2. Taf. 14. Fig. 3. 4. 11. Taf. 15. Fig. 1. c) Taf. 4. Fig. 5. a) Veigl. Kap. Geschlechtsorgane. ß) Vergl. Kap. Leibeshöhle. Zool. Station z. Neapel, Fauua und Flora, Golf von Neapel. Capitelliden. 5 34 A. Anatomisch-Histologisclier Theil. podretractoren; Abschnitte transversaler Mviskulatiir endlich liefern die Retractoren der Sinncshügel. Bezüglich aller dieser und ähnlicher Fälle ist das entsprechende Organsystem zu vergleichen. Es bleibt uns noch übrig, die Muskulatur vom histologischen Standpunkte aus zu betrachten. Schon das frische Präparat, sei es der Längs-, Ring- oder Quermuskulatur ent- nommen, lässt die das Muskelbündel zusammensetzenden Elemente, die einzelnen Muskel- fasern, klar erkennen; sie stellen, je nach der Region, sehr verschieden breite Bänder oder Cylinder dar^^), deren jeder sich von einem deutlich doppelten, 1 — 2 jjl breiten Contour, dem Sarcolemma, begrenzt erweist. Zwischen diesen einzelnen Fäden treten ebenfalls schon am lebenden Gewebe erkennbare Körnchenconglomerate auf, Körnchen, die wohl unverbrauchte Reste der ursprünglichen Bildungszellen darstellen. Die contractile Substanz selbst stellt sich frisch als eine durchaus homogene, blasse, oder schwach rothgelb gefärbte Masse dar, welche beim Ausfliessen aus angeschnittenen Bündeln eine teigartige Beschaffenheit verräth; sie ist in diesem Zustande schwach doppelbrechend, welche Eigenschaft in der abgestorbenen Faser, besonders wenn sie als Canadabalsampräparat zur Untersuchung gelangt, noch bedeutend ge- steigert erscheint. Keine Spur von (^uerstreifung, Fibrillenbildung oder Differenzirung in Rinden- und Axensubstanz kann an der frischen Faser wahrgenommen werden; ebensowenig habe ich in diesem Zustande jemals Kerne zu entdecken vermocht^). Nach Behandlung mit geeigneten Reagentien kommen dagegen sofort zahlreiche Kerne zum Vorschein <=); dieselben sind in der Regel elliptisch, messen in der grossen Axe 10 — 14, in der kleinen 4 — ^6 [)., da- neben trifft man auch als seltenere Bildungen solche von Spindel-, Keulen- und Bisquitform. Sie haben eine deutliche Membran und ihr Inhalt besteht meist aus zahlreichen kleinen soliden Körperchen, von denen sich nur ausnahmsweise eines oder mehrere durch bedeutenderen Durchmesser als Kernkörperchen auszeichnen; die lange Axe dieser Kerne ist stets dem Faser- verlaufe parallel gerichtet, so dass man an der Schnittfläche der Kerne sehr wohl die Schnitt- richtung zu erkennen vermag. Auch im Sarcolemma treten nach entsprechender Behandlung- Kerne auf'^); letztere sind aber viel kleiner, haben ein homogenes Ansehen und zeigen über- dies viel grössere Verwandtschaft zu Farbstoffen. In der contractilen Substanz bewirkt der Zusatz von Essigsäure zunächst nur eine körnige Trübung, von der ich übrigens nicht einmal sicher bin, ob sie wirklich in der Faser oder nur auf deren Oberfläche ihren Sitz hat, also eventuell von der Kittsubstanz, oder den zwischen den Fasern angehäuften Resten der Bil- dungszellen hervorgerufen wird. Weiterhin tritt aber in der so behandelten Muskulatur eine allerdings nur sehr schwache Andeutung eines Zerfalles in Fibrillen auf. Auch in den in der üblichen Weise durch Alcohol gehärteten und tingirten Schnittpräparaten kommen die Kerne sehr deutlich zum Vorschein, und so behandelt, bietet die Muskelsubstanz ebenfalls das Ansehen fibrillärer Structur. Unterwirft man frische Muskeln dem macerirenden Ein- von Salpetersäure oder doppelchromsaurem Kali, so verhalten sich die Fasern ganz a) Taf. 4. Fig. 1—3. b) Taf. 4. Fig. 1. c) Taf. 4. Fig. 2. d) Tai'. 4. Fig. 4. I. Notomastus. 3. Muskulatur. 35 anders: sie zerfallen auf das Deutlichste*) in zahlreiche distincte, überaus feine, leicht wellig verlaufende Fibrillen, von deren selbständiger Natur, von deren Plasticität man sich an Rissstellen auf das Sicherste überzeugen kann. Muskelbündel, welche eine derartige Maceration erfahren haben, gestatten eine vollkommene Isolirung der einzelnen sie zusam- mensetzenden Fasern, und da zeigt es sich denn, dass letzteren eine ausgesprochene Spindel- form zukommt^). Von dem Punkte ihres grössten Durchmessers schwillt eine solche Faser nach beiden Polen hin ganz allmählich ab, um schliesslich in einen überaus feinen, soliden Faden auszulaufen, der wohl ausschliesslich aus Sarcolemmamasse besteht. Ich habe solche Fasern, welche in der Mitte einen rundlichen bis prismatischen, meist 10 ji messenden Quer- schnitt aufweisen, bis zu zwei Millimeter Länge isolirt, vermag aber nicht anzugeben, ob dieses Maass der Grenze ihres Längenwachsthums nahe kommt; genug, das Muskelbündel, welches nachweislich in voUer Continuität zahlreiche Segmente durchsetzt, ist selbst aus einer grossen Menge im Verhältnisse zu seiner eigenen Ausdehnung sehr kurzer Muskelzellen auf- gebaut. Den Modus dieses Aufbaues erkennt man am besten aus dünnen, rechtwinklig auf die Faserrichtung der Längs- oder Ringmuskulatur geführten Schnitten c). In solchen kommt es sehr häufig vor, dass einzelne, etwas contrahirte Muskelscheibchen aus ihrem zugehörigen Sarcolemma herausMlen, so dass ohne Weiteres die Beziehungen dieser beiden Componenten des Muskelbündels festgestellt werden können. Man erkennt nämlich, dass die genannten Scheiden ein durchaus geschlossenes Fachwerk bilden, welches auf dem Querschnitt grosse AehnHchkeit mit demjenigen eines Pflanzenparenchyms oder demjenigen einer caver- nösen Drüse darbietet; man überzeugt sich auch, dass hier von Primitivbündeln, als einer zwischen die Muskelfaser und das Muskelbündel sich einschiebenden Einheit, keine Rede sein kann; dass ferner die Begriffe Sarcolemma und Perimysium durchaus zusammenfallen, indem hier das Perimysium einfach durch die Sarcolemmawände der äussersten MuskelzeUen repräsentirt wird. Solche Schnitte haben auch über eine Frage Aufklärung verschafft, deren Beantwortung ich lange vergeblich versucht hatte: nämlich über die Frage nach der Lage der Muskelfaserkerne. In meinen Notizen und Skizzen hatten sich über diese Lagerung die widersprechendsten Angaben gesammelt: bald sollten die Kerne innerhalb der Muskelfaser, bald auf derselben, bald zwischen denselben gelegen sein. Es hat sich nun ergeben, dass alle diese Beobachtungen richtig waren: die Kerne der Muskelfasern können in der That central oder excentrisch, hart unter dem Sarcolemma oder auf dem letzteren, resp. zwischen den einzelnen Fasern, ihre Lage haben. Letzteres Vorkommen hat nichts Auffälliges, wenn man bedenkt, dass zwischen der zu Muskelzellen gruppirten Substanz ungeformte Reste solcher nachbleiben, vmd was die Lage im Centrum der Faser betrifft, so kann der Einwand, dass auf den Schnitten möglicherweise spiraUg gedrehte Fasern flächenhaft getroffen wurden, hier nicht gemacht werden, da in solchem Falle sich auch der Kern parallel seiner grossen Axe durch- schnitten zeigen müsste, was aber in den betreffenden Belegstücken durchaus nicht der Fall ist. Taf. 4. Fig. 2. b) Taf. 4. Fig. 2\ c) Taf. 4. Fig. 3' 36 A. Anatomisch-Histologisolier Theil. Die vorsteh(;nde Beschreibung gilt gleicherweise für die Structur der Längs- und Ring- schicht, sowie für diejenige der transversalen Muskulatur (insofei'n sie nicht gitterförmig ver- ästelt ist); bezüglich letzterer wäre nur hervorzuheben, dass bei ihr in allen Fällen die Kerne in viel grösserer Anzahl getroffen werden; gleiches gilt für die gesammte Stammes- muskulatur des Schwanzendes. An letzterem Orte wird dieses Vorwiegen der Kerne nicht auffällig erscheinen, wenn man bedenkt, dass sich dort alle Gewebe in einem jugendlichen oder embryonalen Zustande befinden. Als einer histologisch überaus merkwürdigen Thatsache muss noch der Art gedacht werden, wie die transversale Muskulatur sich ansetzt"). Die Fasern eines solchen, sich zum Ansätze anschickenden Bündels laufen überaus fein aus, durchsetzen sodann, radial divergirend, die Ringmuskulatur und verschmelzen schliesslich mit den Ausläufern der Haut- Fadenzeilen; diese Vereinigung von Muskelfaserenden mit Haut-Fadenzellen, resp. Derivaten solcher wurde aber in einem vorhergehenden Kajjitel schon ausführlich besprochen, weshalb ich auf letzteres verweise«). Ueber die Innervationsverhältnisse der Stammesmuskulatur habe ich nicht viel anzu- geben. In dem das Nervensystem behandelnden Kapitel werden wir sehen, wie ein grosser Theil der Spinalnerven sich innerhalb der Muskvilatur verzweigt; in Macerationspräparaten habe ich ebenfalls zahlreiche feine Nervenfasern zwischen den Muskelbändern wahrgenommen; gänzlich im Unklaren bin ich jedoch darüber geblieben, auf welche Weise die Verbindung von Nerv und Muskelfaser hergestellt wird. Jedenfalls gehört Notonuistiis nicht zu den für ein solches Studium geeigneten Objecten. 4. Darmkanal. Abgesehen von einigen, die Form dieses Organsystems betreffenden Bemerkungen, welche an geeigneter Stelle berücksichtigt werden sollen, bietet die Capitelliden- Literatur keinerlei Angaben darüber; ich kann daher ohne Weiteres zur Darstellung meiner eigenen, vorwiegend durch das Studium des Nutomastus lixcatus erlangten Resultate übergehen. Am Darmkanal dieser Art — und, wie ich vorgreifend hinzufügen kann, aller anderen Arten der Familie — lassen sich, der Gliederung des Gesammtkörpers entsprechend, drei Ab- schnitte unterscheiden, nämlich: erstens, der die vordersten drei Segmente ausfüllende Rüssel; zweitens, die sich durch den Thorax hinziehende Speiseröhre; und drittens der im Ab- domen gelegene Magendarm (Hauptdarm und Nebendarm). Diese Eintheilung erscheint um so natürlicher, als jeder der genannten Theile auch durch charakteristische Structurver- hältnisse ausgezeichnet ist. a) Taf. 4. Fig. 6. a) Vergl. p. 25. I. Notomastus. 4. Darmkanal, a. Der Rüssel. 37 a. Der Rüssel. Dieser auffallendste Theil=^) des ganzen Darmtractus füllt mit seiner, ungefähr ein Milli- meter breiten Masse die ersten drei Thoraxsegmente vollständig aus. Dementsprechend gehen auch den vordersten Zoniten die segmentalen Scheidewände entweder vollständig ab, oder sind doch in ihnen nur als äusserst rudimentäre Bildungen angedeutet. Erst auf der Grenze des V,i Segments, unmittelbar hinter der Uebergangsstelle des Rüssels in den Oesophagus, tritt ein Septum auf, welches, als das erste des Thorax, zugleich eines der am mächtigsten entwickelten von allen darstellt''). Dieses Septum, dessen muskulöse, innig mit dem Oesophagus verbun- dene Wandungen einer grösseren Anzahl von Eückziehmuskeln des Rüssels Ansatzpunkte gewähren, schliesst demnach den vordersten Theil der thoracalen Leibeshöhle als Rüsselhöhle von der hinteren ab. Von dem lebensfrischen Thiere wird der Rüssel abwechselnd in Form einer Keule aus- gestülpt und wieder in die licibeshöhle zurückgezogen; man wird leicht gewahr, dass der Rhythmus dieser Action mit demjenigen zusammenfällt, welcher die Bewegung der Hämo- lymphe regulirt. Es stellt denn auch, neben einigen Protrusor-Muskeln, die Hämolymphe in dem vom Schwänze zum Kopfe gerichteten Abschnitte ihres circulirenden Stromes haupt- sächlich die treibende Kraft dar, welche den eingezogenen Rüssel wieder nach aussen drängt. Die Spannung der Wandungen des letzteren durch die Leibesfiüssigkeit kann so weit gehen, dass derselbe die zum Graben im Sande nöthige Festigkeit erlangt, und so spielt das Organ eine bedeutende Rolle im Dienste der Ortsbewegung. Aber auch diejenige Bedeutung kann keine geringe sein, welche ein so andauernder Contact einer ziemlich reichlichen Blut- menge mit dem nur durch die dünnen Rüsselwand^^ngen von ihm geschiedenen Seewasser zugleich für die Respirationsthätigkeit unserer Thiere haben muss. Die Art der Aus- stülpung hat man sich als eine handschuhfingerförmige vorzustellen; die Wandung des aus- gestülpten Rüssels besteht daher auch aus zwei an seinem vorderen Rande ineinander über- gehenden Blättern, welche, je nach der Blutstauung, durch einen grösseren oder geringeren, mit der Leibeshöhle communicirenden und in Folge dessen mit Hämolymphe gefüllten Zwischenraum voneinander getrennt sind. Der die Ausstülpung des Rüssels bewirkenden Kraft entgegengesetzt wirken im äussersten Falle die Septa des Oesophagus, in erster Linie aber jene bereits erwähnten, an der hinteren Grenze des Rüssels und am Anfange des Oeso- phagus sich inserirenden Muskeln, welche theils aus dem ersten thoracalen Septum, theils aus der Muskulatur des Stammes entspringen. Durch die Contraction dieser letzteren Muskeln wird zugleich die Einstülpung des Rüssels bewirkt. Die Rüsselretractoren sind durch den Besitz ausserordentlich mächtig entwickelter Ganglien ausgezeichnet, welche plexusartig die contractilen Fasern umspinnen <=) . Da sich aber die Elemente dieser einem Schlundnerven- systeme vergleichbaren C'entren bei Dast/hranchus unvergleichlich viel besser zum Studium a) Taf. 2. Fig. 1. 5; vergl. auch Taf. 16. Fig. S. b) Vergl. Taf. 16. Fig. 8. c) Taf. 4. Fig. 10. 38 A. Anatomiscli-Histologisclier Theil. eignen, so werde ich erst bei der Beschreibung des Darmkanals dieser Gattung auf deren Schilderung eingehen ''). Am lebenden Thiere fällt der ausgestülpte Rüssel ungemein auf durch sein tiefrothes Aussehen; es ist das durch seine Wandungen hindurchschimmernde Blut, welches diese Erscheinung verursacht. Sobald man daher das Organ ansticht oder abschneidet, so erhält es auch sofort die ihm eigene blasse Färbung. Schon mit Hülfe einer schwachen Lupe erkennt man, dass die am ausgestülpten Rüssel äusserste, am eingestülpten Rüssel innerste Hautschicht von ganz ähnlichen Furchen du.rchzogen wird und in Folge dessen einer ganz ähnlichen Täfelung unterliegt, wie die äussere Wandung des Thorax"). Diese Ueberein- stimmung von Thorax und Rüssel ist aber nicht blos auf die äusserste Schicht ihrer Wan- dungen beschränkt; wir finden alle die von dem ersteren her bekannten Schichten, wie Cu- ticula, Hypodermis, Ring-, Längsmuskulatur und Peritoneum auch in dem letzteren wieder*, und zwar in derselben Reihenfolge wenn vorgestülpt, in der umgekehrten wenn zui'ückge- zogen; es muss daher der Rüssel als eine Einstülpung des Hautmuskelschlauches aufgefasst werden. Die Täfelung desselben kommt, wie diejenige des Thorax, durch tief in die Hypo- dermschicht einschneidende Falten der Cuticula zu Stande; während aber am Thorax durch diese Falten Hautpolygone abgegrenzt werden, deren innige Verbindung mit einer an diesem Orte mächtig entwickelten Muskulatur nur einen geringen Spiekaum zu Formveränderungen gcAvährt, furcht die Cuticula des Rüssels mehr kuglige oder kegelförmige Papillen ab, welchen, dank ihrer schmächtigen Muscularis, die ausgiebigste Veränderung ihrer verschiedenen Durch- messer gestattet ist. Wir haben gesehen, dass die Polygone des Thorax Träger sog. becherförmiger Or- gane sind; auch in diesem Punkte bekunden die Rüsselpapillen ihre Uebereinstimmung, in- dem sie ganz identische Organe aufweisen''); bloss der eine Unterschied ist hervorzuheben, dass, während am Thorax nur einzelne Polygone solche Organe besitzen, am Rüssel eine jede Papille mit einem solchen ausgerüstet zu sein pflegt. Indem ich bezüglich der Lagerungs- und Structurverhältnisse dieser becherförmigen Organe auf das Kapitel Sinnesorgane verweise, wo derselben ausführlich gedacht wird, wende ich mich zur Beschreibung der den Rüssel und seine Papillen aufbauenden Gewebsschichten. Die Cuticula des Rüssels steht mit derjenigen des Thorax in continuirlichem Zusam- menhange und unterscheidet sich von ihr nur durch das spärliche Vorkommen von Poren. Dieser Maügel wird dadurch bedingt, dass hier nur wenige Plasmazellen eine Drüsenfunction ausüben. Die Hyp o de rm Schicht lässt im frischen Zustande keinen solchen Wechsel hellerer mit dunkleren Stellen erkennen wie die übrige Haut, erscheint nicht siebförmig durchbrochen wie jene, hat vielmehr ein granulirtes Ansehen, hervorgerufen durch zahlreiche helle Körnchen. Nach Essigsäurezusatz lassen sich bei ganz oberflächlicher Einstellung die Grenzlinien poly- a) Taf. 2. Fig. 1.5. b) Taf. 11. Fig. 10—14. a) Veigl. DasybrancJms. Kapitel Daimkanal. I. Notomastus. 4. Darmkanal, b. Die Speiseröhre. 39 gonaler, zu einem Epithel angeordneter Zellen erkennen. Senkt man den Tubus, so kommen zunächst anscheinend rundliche Kerne zum Vorschein; bei noch tieferer Einstellung ver- schwinden die Plasma-Polygone und man überzeugt sich, dass die Kerne in Wahrheit birn- förmig sind und oft in einen Faden auslaufen; ebenso sieht man die Zellen selbst sich nach der Tiefe zu immer mehr verjüngen uud in zahlreiche Fortsätze auslaufen. Die durch eine solche Anordnung der Fadenzellen entstehenden Zwischenräume sind von einer anscheinend homo- genen Masse, den Plasmazellen, ausgefüllt. Die Hypodermis des Rüssels stimmt demnach mit derjenigen gewisser Abdomentheile überein, welche in einem früheren Capitel als Modification des gewöhnlichen Verhaltens der Haut beschrieben wurde"). Wie dort, so kommt auch hier bei Flächenansichten das Epithel dadurch zu Stande, dass die Fadenzellen mit ihren Köpfen näher als sonst aneinanderstossen, und in Folge dessen die Plasmazellen etwas tiefer rücken. Unsere Abbildungen ^) zeigen diese stark entwickelten FadenzeUen mit ihren sich gegenseitig berührenden Köpfen ; von den Plasmazellen sind nvir einige Kerne übrig geblieben ; Niemanden wird die grosse Uebereinstimmung dieser Bilder mit den von der Körperhaut her bekannten^) entgehen. Noch besser freilich wird diese Uebereinstimmung durch Macerationspräparate illustrirt. Die Fadenzellen '^) bieten auch hier die mannigfaltigsten Abstufungen von einem an normale Zellen erinnernden Habitus bis zu kernlosen Fadenaggregaten herab. Die Plasmazellen^) lassen sich zwar durch ihre granulirten, rundlichen Kerne und ein an körnigen Einlagerungen reicheres Plasma in den meisten Fällen wohl von den saftigen Fadenzellen unterscheiden, manchmal aber kann man doch im Zweifel sein, ob man es mit der einen oder anderen Zellenformation zu thun habe; besonders wenn auch noch Aehnlichkeiten in der Gestalt hinzukommen. Die meisten PlasmazeUen sind spindel- oder keulenförmig, einige vieleckig; nach den in der Kör- perhaut so stark vorherrschenden und dort als Drüsen fungirenden, flaschenförmigen Exem- plaren habe ich im Rüssel vergebens gesucht; daher auch das spärliche Vorkommen von Cuticulaporen. Besonders bemerkenswerth sind einige der unter Fig. S*" (Taf. 4) abgebildeten Zellen, zu deren Kernen variköse, oder zu Körnern anschwellende Fäden verlaufen. Es wird kaum zweifelhaft sein, dass hier Nervenendigungen vorliegen. Da aber auch diese Struc- turverhältnisse beim folgenden Genus viel besser zur Anschauung gebracht werden konnten, so verweise ich in dieser Hinsicht auf die betreffende Darstellung P) . Schliesslich sei noch der unter Fig. 8° (Taf. 4) abgebildeten Zellencomplexe gedacht: wir haben es da oflFenbar mit sprossenden Elementen zu thun; solche kommen, wie wir sehen werden, in allen Ab- schnitten des Darmcanals vor. b. Die Speiseröhre. Die Speiseröhre erstreckt sich als ein etwa ein halb Millimeter beites, blassröthlich gefärbtes Rohr in ziemlich gerader Richtung durch diq hinter der Rüsselhöhle gelegenen a) Taf. 4. Fig. 7. b) Taf. 3. Fig. 10. 11. c) Taf. 4. Fig. S. d) Taf. 4. Fig. 8. a) Vergl. p. 24. ß; Vergl. Dasyhranchus, Kapitel Darmkanal. 40 A. Anatomisch-Histologischer Theil. Thoraxsegmente. Sein Uebergang in den einen zweimal grösseren Durchmesser aufweisenden Rüssel ist ein so plötzlicher, dass an der betreffenden Stelle eine tiefe Einschnürung zu Staude kommt. Im frisch geöffneten Thiere sieht man die Oesophaguswandungen häufig spontan, jedenfalls aber auf Reize, in eine an peristaltische Bewegung erinnernde Action gerathen. Die Fähigkeit zu solcher Action behalten auch ausgeschnittene Stücke eine geraume Zeit hin- durch bei. Von der Innenfläche der Speiseröhre erheben sich nach Art einer gefalteten Schleimhaut zahlreiche, regelmässig verlaufende TiCisten, welche durch entsprechende Furchen voneinander getrennt sind *). I^eisten und Furchen sind dicht mit Wimperhaaren besetzt. An wenigen anderen bewimperten Körperstellen erreichen die Cilien eine solche Länge und eine so energische Thätigkeit wie hier. An carminfressenden Thieren habe ich beobachtet, dass die für alle Arten der Capitellidengruppe so bezeichnenden ovalen Speiseballen durch den Strudel dieser Oesophaguscilien zu Stande gebracht werden. Die den Rüssel aufbauenden Gewebsschichten finden wir in der Speiseröhre alle wieder. Bezüglich der Cuticula ist hervorzuheben, dass sie sich von der Grenzlinie zwischen Rüssel und Oesophagus ab bedeutend verdünnt und zugleich ihr gefeldertes Ansehen verliert. Das Verhalten des Peritoneums und der Muscularis dieses und des vorigen Darmabschnittes soll, da ein wesentlicher Unterschied im Verlaufe des gesammten Tractus nicht besteht, gemeinsam mit demjenigen der gleichnamigen Schichten des abdominalen Darmtheils besprochen werden. Es bleibt demnach allein dasjenige Gewebe des Oesophagus zur Betrachtung übrig, welches, unter der Form einer bewimperten Schleimhaut, die Stelle der mit becherförmigen Organen besäten Hypodermis des Rüssels einnimmt. Aehnlich wie der äussere Uebergang dieser beiden Darmabschnitte vollzieht sich auch derjenige ihrer Gewebe ziemlich plötzlich; eine scharfe Linie trennt die flache Zellenlage des Rüssels von der gefalteten Schleimhaut der Speiseröhre. Im frischen Zustande lässt diese letztere Haut keine Spur von Zellgrenzen erkennen; sie scheint aus einer körnigen Substanz zu bestehen, deren dem Lumen zugekehrte, von tiefen Furchen durchzogene Fläche ein dichter Flimmerpelz bedeckt; auch die Behandlung mit Essigsäure giebt keine Anhaltspunkte für ein Verständniss ihrer Structur; nur durch das Studium dünner, tief gefärbter Schnitte, vorzüglich aber durch dasjenige von Macerationspräparaten gelangt man zu einem solchen. Betrachten wir zunächst einen Querschnitt^): unter der — im Prä- parate abgerissenen — Cuticula liegt eine dicke Schicht körnigen Protoplasmas, hauptsächlich zu Stande gekommen durch die Verschmelzung der nackten Flimmerzellenkörper; die etwas tiefer stehenden, im Schnitte nur theilweise parallel ihrer Längsaxe getroffenen, länglichen, in feine Fäden auslaufenden Gebilde von homogenem Ansehen sind die Kerne (geschwänzten Kerne) dieser Zellen ; zum Theil zwischen letzteren, vorwiegend aber zAvischen ihren Ausläufern, liegen zahlreiche rundliche Kerne von granulärem Ansehen: sie gehören basalen Schaltzellen an, Avelche sich im Präparate nicht erhalten haben. Also, auch noch im Oesophagus haben wir die von der Haut her bekannten zwei Zellentypen, deren einer durch geschwänzte, deren a) Taf. 4. Fig. 9. b) Taf. 4. Fig. 10. I. Notomastus. 4. Daimkanal. c. Der abdominale Darm (Hauptdarm und Nebendarm). 41 anderer durch normale Kerne ausgezeichnet ist. Die dem ersten Typus zugehörigen Zellen^) sind durchaus membranlos und ihr Plasma enthält zahlreiche Körnchen eingelagert; die meisten haben die Form einer Kevile, einige sind trichter-, andere schaufei- oder sichelförmig; die Verbindung zwischen dem Zellenleibe und dem geschwänzten Kerne ist bald eine derartige, dass der Kopf der letzteren dem ersteren breit aufsitzt, bald eine derartige, dass ein dünner Faden von dem einen zum anderen hin verläuft; in seltenen Fällen wird der Kern au.ch im Zellenkörper selbst angetroffen, dann aber scheint der fadenartige Ausläufer Aveniger ein Fortsatz des Kernes als ein solcher der Zelle selbst zu sein. Niu- ein Theil dieser ZeUen trägt Cilien und zwar die keulen- und trichterförmigen; die cylindrischen und sichelförmigen dienen als Schalt- oder Ersatzzellen. An günstigen ()b- jecten habe ich die Cilien tief in das Zeüenplasma hinein bis in die Nähe des Kernes hin verfolgen können^'). Wie das Protoplasma der Hautfadenzellen so bietet auch dasjenige der ähnlich geformten Oesophaguszellen der Tinction einen grossen Widerstand, wogegen die geschwänzten Kerne begierig alle Farbstoffe aufsaugen. Auch an den Oesophaguszellen lassen sich Nervenendigungen «) nachweisen; da aber über diese Innervationsverhältnisse ebenfalls bei Dasyhranclms viel bessere Resultate erzielt werden konnten, so verweise ich wiederholt auf die letztere Gattung''). c. Der abdominale Darm (Hauptdarm und Nebendarm). Der Uebergang des Oesophagus in den eigentlichen Darm wird schon im vorletzten Thoraxsegmente durch eine starke Verminderung seines Breitendurchmessers eingeleitet. Ihren Höhepunkt erreicht diese Verengerung in der UebergangssteUe selbst, welche durch das in hervorragender Weise muskulös entwickelte Septum des letzten Thoraxsegments bezeichnet wird. Von da ab schwillt aber der Darm wieder rasch bis zur mittleren Breite des Oeso- phagus an, und diese Breite (von ungefähr einem halben Millimeter) beibehaltend, erstreckt er sich durch die ganze Länge des Abdomens bis gegen das Kör-perende hin, von wo ab sich sein Durchmesser wiederum stetig bis zum Uebergange in den After vermindert. In jugend- lichen Thieren durchsetzt der Darm das ganze Abdomen als ein nahezu gerade verlaufendes Eohr, in erwachsenen dagegen pflegt er, besonders in den im Bereiche der Körpennitte ge- legenen Segmenten, nicht selten Falten zu bilden, oder leicht gewunden zu verlaufen. In seiner Lage erhalten wird das Organ — der Längsrichtung nach — durch je ein hämales und neurales Mesenterium d), durch Häute, welche, aus dem den Darm überziehenden Peritoneum stammend, sich je an der hämalen und neuralen Medianlinie des Hautmuskelschlauchs be- festigen; sodann — der Querrichtung nach — durch die Dissepimente, deren viscerale An- heftung übrigens bei unseren Thieren auffallend geringe Einschnürungen zur Folge hat. a) Taf. 4. Fig. 11. b) Taf. 4. Fig. ll^ c) Taf. 4. Fig. 11\ d) Taf. 10. Fig. 2. Taf. 14. Fig. 3. 11. Mes. a] Vergl. Dasybranchus, Kapitel Darmkanal. Zool. Statiou z. Neapel, Fauna und Flora, Golf von Neapel. Oapitelliden. 6 AO A. Anatomisch-Hisfologischer Theil. Zu diesen Hauptsepten gesellt sich häufig noch eine Anzahl ebenfalls quer verlaufender, aber mehr sträng- als hautförmig gestalteter Bänder, welchen die Fixirung der im Bereiche der einzelnen Segmente liegenden Tractusportionen obliegt. In ausgewachsenen Zoniten trifft man meist nur eine sehr geringe Zahl solcher Hülfssepten, ja sie fehlen in denselben zuweilen gänzlich; in den unausgebildeten dagegen (sei es nun in jungen Thieren, oder im fortwachsenden Schwänzende reifer, oder endlich in den in Regeneration befindlichen) habe ich deren bis über ein Dutzend jederseits gezählt. Der Schwund dieser Hülfssepta erklärt sich leicht durch die Erwägung, dass, in dem Maasse als sich die in der Jjeibeshöhle o-elegenen Organe ausbilden resp. vergrössern, der für sie disponible Raum verbraucht Avird. Im frischen Zustande bietet der Magendarm bei allen Arten ein zwischen gelb- roth und gelbgrün schwankendes Ansehen dar, welches durch ähnlich gefärbte, theils dem Peritoneum, theils den DarmepithelzcUen einverleibte Elemente bedingt wird. Fehlen letztere, so tritt an Stelle jener Färbung ein weissgraues oder röthliches Ansehen. Bei Notomastus lineatiis sind es gelbliche bis bräimliche, 1 — 2 \>. grosse, in den Darmzellen zerstreute Partikel»), welche dem Gesammtorgane seine Färbung verleihen; nur im Bereiche der neuralen Median- linie trifft man Ansammlungen von grösseren, auffallend schwefelgelb gefärbten Tropfen und Bläschen^). Bei Notomastus Benedenü haben die kleinen in den Darmzellen zerstreuten Partikel bald ein gelbrothes, bald ein gelbgrünes Ansehen und die grösseren den Flanken der neural-medianen Darmfurche einverleibten Elemente sind lebhaft blaugrün gefärbt"). Ganz ähnlich verhält sich der Darm von Notomastus fertilis. Bei einzelnen Individuen dieser Species pflegt der hintere Theil des Abdomens anstatt röthlich oder bräunlich, tief grünblau zu er- scheinen; diese Farbenmodification wird durch den Magendarm bedingt und zwar durch eine ausserordentliche Vermehrung jener blaugrünen, in der Regel auf den Bereich der neuralen Medianlinie beschränkt bleibenden Tropfen. Der Magendarm von Notomastus profundus zeigt im Abdomenanfange eine ähnliche Doppelfärbung der äusseren und inneren Wandungen wie derjenige von Dasyhranchiis '^) , Avas auf dem Vorhandensein lymphatischer Zelldivertikel ?) beruht. Innen ist diese Strecke blass gelbgrün <1) gefärbt, aussen dagegen lebhaft gelb e) ; letztere Färbung wird allein durch die Excretbläschen des Peritoneums bedingt, wogegen die Zelldivertikel, ganz wie bei Dasyhran- chus, ausschliesslich aus ungefärbten Darmzellportionen bestehen. Weiterhin gegen die Ab- domenmitte^ pflegen keine Zelldivertikel mehr aufzutreten, die gefärbten Elemente der Darm- epithelzellen häufen sich und nehmen einen lebhaft gelben Ton an^). Auch hier sind es besonders die Flanken der neural-medianen Darmfurche, welche durch besonders lebhaft tingirte und eine bedeutende Grösse erreichende Bläschen und Tropfen sich auszeichnen. Das Gelb verwandelt sich in dieser Region in Orange und unmittelbar an der Darmfurche treffen wir blassrothe Bläschens), was mir bei keiner anderen Capitellide begegnet ist. a) Taf. :?3. Fig. I. b) Taf. 33. Fig. 2. c) Taf. 33. Fig. 4. d) Taf. 33. Fig. 5\ e) Taf. 33. Fig. 5\ f) Taf. 33. Fig. 6. g) Taf. 33. Fig. 6. OL) Vcrgl. Dasißnmchus, Kapitel Dannkanal. ß) Vergl. p. 44. I. Notomastus. 1. Dannkanal, c. Der abdominale Darm (Hauptdarm und Nebendarm). 43 Betrachtet man den Darm von der Bauchseite aus, so fällt ein durch sein viel helleres Ansehen ausgezeichneter Anhang in die Augen ^), welcher vom letzten Thoraxsegment (also noch vom Oesophagus) bis zur Schwanzregion (etwa bis zwei Centimeter vor dem Afterende) continuirlich unter demselben hinzieht. Dieser Anhang, welchen ich, im Einklänge mit der Benennung einer ähnlichen Bildung aus anderen Thiergruppen, mit dem Namen Neben- darm^) bezeichnen will, hat in erwachsenen Individuen, seiner ganzen Länge nach, einen Durchmesser von ungefähr ein Zehntel Millimeter, was etwa einem Fünftel des Darmdurch- messers entspricht; nur in der Nähe seiner beiden Endpunkte verschmächtigt er sich etwas, um schliesslich in je eine Spitze auszulaufen. Lückenlose Schnitt-Serien belehren uns darüber, dass dieser Darmanhang, welcher stets frei von Speisen*) getroffen wird und nur ganz vereinzelte gefärbte Partikel enthält, sowohl vorn, als auch hinten in den Hauptdarm, und zwar ziem- lich plötzlich, einmündet •=) . Unmittelbar hinter der, wie erinnerlich, etwa zwanzig Millimeter vom After entfernten (hinteren) Nebendarmmündung Hegt, ebenfalls neural-median, die bis zum After sich erstreckende Wimperrinne. Von dieser Wimperrinne, nennen wir sie Hinter- darmrinne !) und in ihrem Inneren an Stelle der Kugel (resp. des Plasmaklumpens) einen sowohl in Bezug auf Grösse als auf Form schon viel nor- maler aussehenden Kern erkennen Hessen*). Gleichzeitig mit dem Epithel werden auch die anderen Häute des Darmes von dem Degenerationsprozesse ergriffen. In der peritonealen Hülle äussert sich derselbe zunächst durch eine colossale Vermehrung der Kerne; in der jNluscularis aber durch den allmählichen Schwund der Fasern; schliesslich werden beide INlembrancn nahezu unkenntlich, indem sie mit den Blasenrudimenten zu einer einzigen dünnen Lamelle versclimelzen '). A'on den oben a) Tal. ü. Fig. 5. 7. S. b) Taf. (i. Fig. 9. c) Taf. C. Fig. 11. 1,^. IG''. d) Tal'. G. Fig. 10. 17. e) Taf. G. Fig. 7—9. '1 Die letzteren Blasen sclieinen — wie sich, nachdem Obiges schon niedergeschrieben war, ergeben hat — nichts mit der geschilderten degenerativen Metamorphose zu thun zu haben ; denn ganz ähnlich verdünnte, blasse Darmstrecken mit durch Fortsätze verbundenen grossen blasenartigen Körpern habe ich auch bei den anderen Arten des Genus Notoniastus . ja auch bei den übrigen Gattungen der Familie ohne Spuren irgend welcher Histolyse an- getroffen. Solche verdünnte Stellen können mitten im wohl ausgebildeten drüsigen Darmepithel auftreten. Leider vermag ich aber nicht zu sagen, ob diese Erscheinung in die Reihe periodischer, physiologischer Veränderungen ge- hört, oder mit llegenerationsprozessen etwa defect gewordener Stellen zusammenhängt. I. Notomastus. 5. Centrales Nervensystem. 51 beschriebenen Ganglienzellen und Nerven der normalen Tractnswand ist vom Beginne der Metamorphose ab nichts mehr wahrzunehmen. Der Nebendarm endlich bekundet auch darin seine grosse Uebereinstimmung mit dem Ilauptdarme, dass sich an ihm in geschlechtsreifen Thieren ein in seinem Verlaufe ganz ähn- licher Zerfallprozess abspielt''). Dieselbe Vermehrung der Kerne, dieselbe Umwandlung der Zellsubstanz in Detritus, dieselbe Vereinigung der Zellen zu Blasen. Nur das Eine ist zu bemerken, dass der Prozcss in beiden Kanälen nicht immer zeitlich zusammenfällt, so dass der Nebendarm oft noch ein normales Ansehen hat, wenn der Ilauptdarm schon auf dem Höhepunkt seiner ]\Ictanu)rpliose angelangt ist; der umgckelirte Fall, derjenige nämlich, dass am Nebendarme früher als am Tlau]itdarme der A'erfall eingeleitet wird, ist mir dagegen nie- mals vorgekommen. 5. Centrales Nervensystem. Der erste, der dieses Organsystem oder Theile desselben an einer Capitellide sah, war van Bkneden '). Er erkannte l)ei Capitella zwei über dem Munde gelegene, in je zwei Fortsätze, nämlich in einen vorderen und einen äusseren, auslaufende Knoten als Gehirn; auch gelang es ihm, an jugendlichen Individuen das Vorhandensein von Augen festzustellen, welche Organe sich im Laufe des Wachsthums zurückbilden sollen. Aehnliches hat Ökstkd gesehen. Wir erfahren nämlich durch GiurKE-'), dass ihn jener dänische Forscher bezüglich der Capitella capitata auf einen platten, ovalen, wie in zwei Zipfel auslaufenden, über der Mundhöhle dieses Thieres gelegenen Körper aufmerksam gemacht habe, und dass ()rsted in diesem Körper die obere Ganglienmasse eines Nervenmundringes zu sehen glaubte. Gkhhe hielt diese Deutung für um so weniger unwahrscheinlich, als sich auf jedem der beiden Zipfel ein scharf umschriebener, schwarzer Punkt l)efand, der ganz wie ein Augenpunkt aussah. Das Vorkommen solcher . Augenpunkte am Kopfende der Capitella war kurz vorher auch schon durch Clapakede^) constatirt worden. Nach ihm lägen dieselben zu beiden Seiten der Mundspalte und ent- behrten lichtbrechender Körper. Hierauf beschrieb Kei'eksteix ') von seiner Capitella rulidmda {Xofo?nasfi/s ruhicundiis] das Gehirn als zwei vor einander gelegene Ganglienpaare, von denen das vordere die grösseren enthalte und die Augen- flecke trage. Von diesen Augenflecken stehe eine grosse Menge am seitlichen und vorderen Bande des Gehirns und zwei etwas grossere weiter hinten näher der Medianlinie. Der Hauchstrang ferner habe in jedem Segment eine Anschwellung, gebe zahlreiche Nerven ab und besitze im Innern einen centralen ('anal, wie ihn C'laparjcde zuerst von Oligochaeten beschrieben habe. In der bald darauf erfolgenden Bearbeitung desselben Thieres durch Clapauede'') wird vom Nerven- system gesagt, dass es aus einer Ganglienkette bestehe, welche zwischen den Knoten zahlreiche Nervenäste abgebe; der 7ü [x breite Strang setze sich aus feinen Fasern zusammen, welche sogar durch die Ganglien hindurch zu verfolgen seien, und einem breiten Axencanal, über dessen Canalnatur kein Zweifel walten könne. Jeder Nervenknoten werde durch eine 10 |i breite Anlagerung von durch Pigment braun gefärbten Nervenzellen um den Nervenstrang gebildet. Das Gehirn (resp. die oberen Sclilundganglien) wird in einer a) Tat. G. Fig. 5\ G. Ij 1. p. 3. 0. p. 2(1. 2j 1. p. 1. c. p. 3G1). 3) 1. p. 3. c. p. 41. 4) 1. p. 4. c. p. 12;.. 5) 1. p. 4. c. p. 27. 52 A. Anatomisch-Histolop;iseher Theil. von der KEi'EKsTEiN'schen Darstellung ziemlich abweichenden Form abgebildet; ausser den von Kkfekstein auf der Oberseite desselben beschriebenen Augenflecken sollen sich deren auch noch zwei jenen ähnliche auf der Unterseite befinden. Auch bei der ]{eschreibung der aus Port-Vendres stammenden Capitelliden gedenkt ÜLAPARiiuE') des Nervensystems. Das obere Schluudganglion des Notomastus Sarsii habe auf der Rückenseite braune Flecken und das Bauchmark werde durch einen faserigen Strang gebildet, der in jedem Segmente den Ganglienzellenhaufen durchsetzt. Eine Verbindung von Ganglienzellen und Fasern konnte nicht nachgewiesen werden. Jedes Ganglion soll mehreren Nervenzweigen Ursprung geben und unter diesen wird besonders auf denjenigen hingewiesen, der, von der Vorderseite des Ganglion abgehend, eine zwischen den Muskelfasern der Körperwandungen befindliche Lücke durchsetzt, um bis zur Haut vorzudringen. Wie dieser Nerv endige, blieb unbekannt. In dem Faserstrange des Bauchmarks wurde ein ähnlicher Axencanal wie in demjenigen des Notomastus rubicundus wahrgenommen. Von Notomastus Benedenii wird hervorge- hoben, dass die Gehirnganglien erstens auf ihrer Rückenseite zwei grosse schwarze Augenflecken trügen, zweitens eine grosse Anzahl kleinerer Pigmentflecke auf ihrem ganzen vorderen Rand zerstreut ständen, und sich drittens zwei schwarze Punkte auf deren vorderer Fläche fänden. Das Bauchmark des Dasy- hrunchus cadnctts soll sich ganz wie dasjenige des Notomastus rubicundus verhalten, nämlich aus einem Faser- strange bestehen, dessen Axe eine röhrige Faser einnimmt und einer, wie es schien, zelligen Rindenschicht, welche sich zur Bildung der Ganglien in jedem Segment einfach anhäuft. Die Nerven entsprängen in grosser Anzahl jederseits nicht nur aus den Ganglien, sondern auch aus den Connectiven. Es ist weiter noch derjenigen Bemerkungen zu gedenken, welche CLAPARiiDE -) über das Nervensystem der von ihm in Neapel studirten Capitelliden gemacht hat. Am Nervensystem der Cupitolla capitata, von dem er eine Ab- bildung gibt, vermisste er die von ihm bei anderen Capitelliden aufgefundene riesige Röhrenfaser. Die Connective des Bauchstranges seien nahe aufeinander gerückt, und die Zellen rings um jedes Ganglion heriun vertheilt. Das hinten gespaltene und vorn halbkreisförmig abgerundete Gehirn (obere Schlund- ganglien) gebe mit seinen lateralen Abschnitten zwei starken, für den Kopflappen l)estimmten Nerven Ur- sprung. ])er stärkste Zweig eines jeden dieser Nerven begebe sich zu je einem in seinem Durchmesser weit hinter demjenigen des Nerven selbst zurückstehenden Auge. Das Nervensystem der Capitella major ferner eigne sich vorzüglich zum Studium der Ganglien des Bauchmarks, indem dieselben einen Durch- messer von 0,4 mm erreichten. Dem nackten Auge erschiene das Bauchmark in der vorderen Region dieses Thieres in Gestalt zweier Stränge, die erst in der mittleren Körperregion zur Verschmelzung gelangen. Dieses Ansehen sei aber nur ein scheinbares, hervorgerufen durch einen medianen Strang von mehr durch- scheinender Beschafl"enheit als die seitlichen. In jedem Ganglion bildeten die Nervenzellen drei Haufen: einen medianen, zwischen den zwei Nervensträngen gelegenen, und zwei laterale. Die Zellen seien theils grosse mit 12 [j. messenden Kernen, theils kleine mit Kernen von nur 5 |x Durchmesser. Die grossen Zellen ständen vorwiegend peripherisch und würden an Zahl von den kleinen bei weitem übertrorten. Die aus zwei Bündeln zusammengesetzten Nervenstränge seien wie bei so vielen Anneliden aus sehr dünnen, welligen Fasern aufgebaut; eigenthümlich sei hier nur die Einlagerung zahlreicher kleiner (auf Essigsäurezusatz her- vortretender) Kerne, deren grosse Axe im Sinne der Faser gerichtet liege und deren Ansehen mit dem- jenigen des Neurilemmas übereinstimme. Der mediane, durchsichtige Strang verhalte sich ganz wie die übrigen und könne daher nicht mit der bei anderen Capitelliden und bei Oligochaeten vorkommenden riesigen Röhrenfaser verglichen . werden. Im Inneren der Ganglien würden die Fasern der Nervenstränge undeut- lich, indem sie in einer fein granulirten, ohne Zweifel mit Leydig's fibrillärer Punktsubstanz identischen Masse eingebettet lägen; gleichwohl könne man sich auch in dieser Region, selbst im Herzen des Ganglion, vom Vorhandensein zahlreicher ovaler Kerne überzeugen, deren grosse Axe rechtwinklig auf die Richtung der Bauchkette stehe. Aehnliche Kerne kämen in den drei je von einem Ganglion entspringenden Nerven- paaren, wenigstens in der Region ihres Ursprungs, vor. Von. Notomastus lincatus endlich sagt Claparede, dass sich das Nervensystem wie dasjenige der anderen Arten dieser Gattung durch das Vorhandensein einer breiten, auf der Medianlinie des Bauchmarks ruhenden Röhrenfaser auszeichne, dass das Gehirn aus zwei grösseren vorderen und zwei kleineren hinteren Lappen bestehe, und dass die Nerven nicht nur aus den Ganglien, sondern auch aus den dieselben verbindenden Connectiven ihren Ursprung nähmen. 1) 1. p. 8. c. 1). 54. 55. 59. 2) 1. p. 13. c. p. 275. 277. 280. I. Notomastiis. 5. Centrales Nervensystem, a. Das Gehirn. 53 Schliesslich müssen noch die Angaben Semper's ') über das Nervensystem der Cupitella capitata er- wähnt werden. Der mediane Ganglienzellenbeleg soll hier ohne alle Unterbrechung durch den ganzen Wurm hindurchgehen. Die Bauchstrangcommissuren ferner sollen weit voneinander getrennt verlaufen und sich nur in den Ganglien vereinigen. Während im Kopfe der Schlundring, das dorsale Ganglion und das Kopfbauchmark ganz in der Leibeshöhle liegen (von der Epidermis durch eine deutlich erkennbare Ringmuskelschicht und zwei schräge Septalmuskeln getrennt), sollen im Rumpftheil des Thieres die beiden Nervenstränge (so lange sie nur C'onnective sind) ganz ausserhalb der Muskulatur, direct in der Epidermis verlaufen, im Ganglion dagegen wieder in die Leibeshöhle hereinrücken. C. capitata gehört nach Sempeu zu denjenigen Anneliden, bei welchen das Nervensystem, mehr oder weniger entschieden, auch bei geschlechts- reifen Thieren noch mit der Epidermis im Zusammenhange bleibt, und zwar scheinen es speciell die C'onnec- tive des Rumpfes zu sein, welche, zwischen Ringmuskulatur und Epidermis gelegen, mit ihren zelligen Ele- menten direct in diejenigen der Haut übergehen. Nach dieser fast wörtlichen Wiedergabe alles des über das Nervensystem unserer Thiere von Seiten anderer Autoren bekannt Gewordenen will ich zur Darlegung meiner eigenen Resultate übergehen. Ich werde zuerst das Gehirn und sodann den liauchstraug besprechen; bezüglich der peripherischen Nerven ver- weise ich auf die je von denselben versorgten Organsysteme. a. Das Gehirn. Dom Vorgange Leydig's folgend, fasse ich zwar unter diesem Namen das obere Schlund- ganglion, das untere Schlundganglion, sowie die dieselben verbindenden Commissuren oder den Schlundriug zusammen, werde aber doch in der nachfolgenden Darstellung, dem herr- schenden (licbrauche entsprechend, die oberen Schlundganglicn speciell als Gehirn (s. str.) bezeichnen. Das obere Schlundganglion, oder besser die oberen Schlundganglien ^) — da es mehrere sind — liegen in einer l)esonderen Höhle des Kopf-Mund-Segmcnts. Diese Höhle — nennen Avir sie Gehirnkammer'') — nimmt den basalen Abschnitt des Kopflappens, sowie den vorderen hämalen Theil des Mundsegments ein; sie kommt hauptsächlich dadurch zu Stande, dass sich von der Längsmuskulatur des Stammes, nahe an der hintereir Grenze des Mund- segments, eine Anzahl nahezu in einer Ebene verlaufender Muskelbündel abzweigen und von da diagonal nach der neuralen Basis des Kopflappens hinziehen. Die Gehirnkammer ist dem- nach nur als ein durch eine Muskelwand abgetrennter l'heil der allgemeinen Ijeibeshöhle auf- zufassen. Auch ist sie keineswegs der letzteren gegenüber als vollständig abgeschlossen zu betrachten: erstens sind weite OefFnungen für den Durchgang der Schlundring- ('ommissuren vorhanden, sodann ist die die Höhle begrenzende Muskulatur, ähnlicli wie die Stammesmus- kulatur, von zahlreichen Spalten für die Circulation des Hämolymphstroms durchsetzt. Hämal Avird von dieser Gehirnkammer ein Abschnitt theils durch die Haut, theils ebenfalls durch Muskelbänder für die Wimperorgane abgegrenzt; auch dieser Raum — die Wimperorgan- kammer •=) — communicirt sowohl mit der Gehirn- als mit der I;eibeshöhle. In seiner Lage er- a) Taf. 2. Fig. 16. 17. b) Taf. 0. Fig. 18. Taf. 7. Fig. 1. 5. 0. G. K. c) Tai'. 6. Fig. 18. Taf. 7. Fig. 1. a. 9. W. 0. K. 1) Sempek, f:., Die Verwandfschaftsbeziehungen der gegliederten Thiere. III. Strobilation und Segmentation. Arb. Z. Inst. Würzburg. Bd. 3. p. 141. 148. g^ A. Analomisch-Histologischer Theil. halten wird das (ichini doisoventval-nuulian durch besondere sa<^ittal oerichtete, sich an den l)eritoneakMi llüUen inserirende Muskeln -'), an seiner hinteren Fläche durch die selbst überaus reich mit Muskeln versorgten Winiperorgane und an seiner vorderen Grenze durch die mit der Epidermis verschmelzenden Sehlappen i') ; endlich tragen sell)stverständli(-h auch alle die von dem Organ abgehenden Nerven mit zu seiner Befestigung bei. Betrachtet man das Gehirn von der Rückenseite, so ersclieint es zunächst nur aus zwei symmetrisch gebauten Lappen zusammengesetzt '^j ; so haben es auch die ersten Be- schreiber aufgefasst. In Wahrheit besteht es aber — wie Keferstein und Ci.aparede richtig erkannt haben — aus vier Lappen; das hintere Lappenpaar pflegt eben bei der Rückenan- sicht von den darüber liegenden Wimperorganen bedeckt zu Averden. Von der Bauchseite aus betrachtet'! , können diese hinteren Lappen auch am unverletzten, comprimirten Thiere leicht zur Ansiclit gebracht werden; zur vollen Übersicht gelangt man allerdings nur an frei präpa- rirten Organen. Der Umfang des Gehirns wechselt je nach Grösse oder Alter der Individuen. Bei kleinen Thieren beträgt der Längsdurchmesser etwa V:t nim, bei grösseren Thieren bis V2 mm. Der Breitendurchmesser übertrifft den Längsdurchmesser, insbesondere in den hinteren Lappen, etwa um ein Sechstel. Der Dickendurchmesser ist am äusseren Rande nahezu gleich dem- jenigen der Breite, gegen die Medianlinie hin nimmt aber dieser Durchmesser, besonders in den hinteren Lappen, um ein Viertel bis ein Fünftel ab. Die vorderen und hinteren Lappen theilcn sic'h annähernd in die angegebenen Maasse, so dass also das ganze Organ, insofern man von den erwähnten Grössendifferenzen, sowie von den bei den mitgetheilten Maassen überhaupt niclit berücksichtigten Fortsätzen absieht, als aus zwei Paar annähernd gleich grossen, kugelffiriuigen, symmetrisch hintereinander gelegenen Ganglienkörpern zusammenge- setzt, iK'zeichnet werden kann. Die Selbständigkeit dieser vier das Gehirn zusammensetzen- den Ganglien ist nun aber blos eine scheinbare: sie wird durcli , sowolil hämal als neural vorhandene, verschieden tief einschneidende Furchen bedingt; und zwar auf beith'u Seiten durch je eine mediane Längs- sowie eine darauf rechtAvinklig gerichtete Querfurche; in der Tiefe dagegen stehen — wie dies am besten die nach drei Dimensionen ausgeführten Schnitt- serien illustriren >=) — sowohl je zwei nebeneinander, als auch je zwei hintereinander gelegene Lappen im innigsten Zusammenhange. Das grösste Maass von Selbständigkeit bieten die vor- deren Lappen. Sie sind distal durch einen über zwei Drittel ihrer Länge einnehmenden Schlitz gesi)alten. Bei den hinteren Lappen konnut es nur am vorderen und hinteren Rande zur wirklichen Trennung, weiterhin sind die beiden Lappen bloss durch Furchen — hänuil ziemlich tief, neural ziemlich flacli — eingeschnitten, ^'ou di'u das \ordere vom liint(>ren Lappenpaare trennenden Querfurchen schneidet die hämale ebc>nfalls tiefer ein als die neurale. Nur bei oberflächlicher Betrachtung machen die vorderen LapiuMi^) den Findruck compacter, einheitlicher Gebilde; die genauere Untersiuhuug lehrt dagegen, dass ein j(Mler a) Taf. 7. Fig. !). 11. 16. 21. 27. G. M. h) Taf. (i. Fig. IS. G. S„. c) Tal'. 2. Fi-. 10. d) Taf. 2. Fi{j. 17. e) Taf. 7. u. S. i) T.if. 0. Fig. 15>. Taf. 7 u. S. G. v. L. I. Nülomaslus. 5. Centriiles Nervensystem, a. Das üehirn. 55 derselben eigentlich aus zwei übereinander gelegenen Lappen, einem kleineren hämalen und einem grösseren neiiralen besteht. Der hämale, wir wollen ihn als Träger des Sehorgans gegenüber dem Hauptla^ipen als Seh läppen'') bezeichnen, bedeckt den neuralen nur theil- weise, indem er median eine Strecke frei lässt; er ist ringsum durch eine Furche abgegrenzt, welche sich uiedianwärts hinten zu einem geräumigen Spalt vertieft. In Folge dieses Spaltes kann der Sehlajjjjen ziemlich weit nach aussen umgeschlagen werden und in solcher Lage stellt ihn auch der frontale liängsschnitt Fig. 20. Taf. (3 als ziemlich selbständige Bildung dar. Ferner ist innerlich sowohl der hämale als neurale Abschnitt der vorderen Lappen der liängsaxe parallel in mehrere Aste zerspalten, was sich um so mehr geltend macht, je mehr man dieselben an ihren distalen, dem Kopflai)])en zu gerichteten Enden in's Auge fasst, welche Enden die AVurzeln der gegen den Kopf läppen hin gerichteten Nerven darstellen^). Endlich ist noch hervorzuheben, dass die vorderen Lappen neural durch einen medianen, un- paaren, kugligen Anhang ausgezeichnet sind, welcher theilweise auch mit den hinteren Lappen in Verbindung steht, indem er die Brücke zwischen diesen beiden Gehirntheilen bilden hilft. Dieser unpaare kuglige Anhang — heissen wir ihn ventralen L:ippcn'=) — springt ziem- lich stark über die neurale Fläche des Gehirns hervor, aber auch auf dieser Fläche kann er in Folge einer übrigens nicht sehr tief einschneidenden Ringfurche eine Strecke weit von den anderen, ihn umgebenden Gehirntlieilen unterscliieden werden. An den hinteren Lappen*^) treten keine solche secundären Gliederungen auf Avie an den vorderen; die auffallenden Höcker derselben sind nur eine Folge der überaus kräftig- entwickelten, die AVimperorgane versorgenden Nervenwurzeln, von denen s])äter noch die Rede sein wird. Es folge nun die Beschreibung des histologischen Aufbaues. Wir stossen zunächst auf das Neurilemma''), welches sich deutlich aus zwei ver- schiedenen INEcmbranen zusammengesetzt erweist: einer äusseren zelligen und einer inneren von mehr cuticularem Ausehen. Die äussere, in welcher wir nichts Anderes vor uns haben, als einen Theil des alle innerhalb der Leibeshöhle gelegenen Organe überziehenden Perito- neums, erweist sich, wie auch sonst, sehr verschieden mächtig entwickelt je nach Individuum und je nach Region. Auch darin stimmt sie mit der allgemeinen, die Körperhöhle aus- kleidenden ^lembran überein, dass ihre Zellen nur selten in scharfer Abgrenzung zur An- schauung gelangen, sich dagegen meistens durch unregelmässig zerstreute, von Vacuolen durchsetzte Protoplasmaansammlungen im Bereiche der Kerne manifestiren. Eine durchschnitt- lich viel schmächtigere Lage bildet das mit der peritonealen Membran nur lose, mit dem Ge- hirne dagegen auf's Innigste zusammenhängende innere Neurilemm, Avelches man auch als das eigentliche bezeichnen kann, da es allein Fortsätze zwischen die Zellen und Fasern des Organs entsendet. Sein cuticulares Ansehen ist nur ein scheinbares, da an vielen Stellen, a) Taf. (;. Fig. IS. 20. Taf. 7 u. 8. G. Sn. bl Taf. (5. Fig. IS. Taf. 7. Fig. ü. Taf. S. Fig. 18. K. Ln. N. c; Taf. 2. Fig. 17. Taf. ü. Fig. 18. 20. Taf. 7 u. S. G. vir. L. dj Taf. G. Fig. IS — 20. Taf. 7 u. 8. G. h. L. e) Taf. 0. Fig. 21. Nma. 56 A. Anatomisoh-Histologisrher Theil. besonders am Bauchstrange ") , wo dieses innere Neurilemm sowie dessen Fortsätze in das Mark viel stärker ausgebildet sind als am Gehirn, deutliche Kerne auftreten, Avelche auch auf einen zelligen Ursprung dieser Membran schlicssen lassen. Dem Neurilemma diclit anliegend folgt die eigentliche aus Zellen und Fasern sich aufbauende Gehirnmasse. Um die Vertheilung dieser seiner beiden Gewebselemente klar zu machen, habe ich von den besten meiner nach drei Dimensionen ausgeführten Schnittserien*) je eine zur Abbildung gebracht^). Die vertical-longitudinal geführte Serie dient am besten zur Orientirung, da sie an sich die übersichtlichsten Bilder gibt, und ihr überdies ein in vollständig gestrecktem Zustande conservirtes Gehirn zu Grunde gelegen hatte. In dem für die frontale Serie verwandten Thiere hatten sich, was leider die Hegel ist, die hinteren Hirnlappen sammt Wimperorganen über die vorderen etwas hinübergeschoben, so dass also die Schnittführung dem erläuternden Schema zufolge nicht stricte jener Ebene ent- sprechend erfolgen konnte; immerhin wird man aber, nachdem man sich über diese aus der erklärten Verschiebung entspringende Unregelmässigkeit orientirt hat, im Ganzen die sich aus den verticalen Schnitten ergebende Vertheilung auch in den beiden anderen Serien in den Hauptzügen bestätigt finden, und darauf kam es ja zunächst hauptsächlich an. Aus der Combination dieser Serien geht nun hervor, dass das Gehirn aus einer nur neural unterbrochenen, verschieden mächtigen Schale von Zellen und einem centralen Kerne aus Fasern besteht. Dieser centrale Kern lässt sich gegenüber dem vierhügeligen der Schale als schmetterlingsförmig bezeichnen. Alle l>appcn, auch der Augenlapj)en und ventrale Lappen nicht ausgenommen, participiren an diesem Faserkerne, und er ist es, der hauptsäch- licli den Zusammenhang, sowohl der beiden seitlichen, als auch der beiden hintereinander- liegenden Lappen vermittelt. Was die Beschaffenheit der einzelnen, das Gehirn zusammensetzenden Elemente be- trifft, so verweise ich auf Taf. (3. Fig. 22; eine genaue Beschreibung dieser Elemente, sowie ihrer gegenseitigen Beziehungen, wird aber gemeinsam mit jenen des Bauchstranges gegeben werden"), da ein wesentlicher Unterschied zwischen beiden nicht existirt. Hier will ich nur noch einige auf die Vertheilung der Zellen bezügliche Erfahrungen anführen. Die Ganglien- zellen der Augenlappen '^j sind klein, multii)olar, oft körnerähnlich; ebenso sind die distalen a) T-af. f). Fig. 23. Taf. 7. Fig. 5. Nma. b) Taf. 7 u. 8. c) Taf. '.) . Fig. IS. lil. a) Vergl. den Abschnitt: Bauchstrang. *) Die grosse Anzahl der von mir abgebildeten üehirnschnitte nöthigt mir um so mehr ein Wort der Rechtfertigung auf, als ich jedweden — mir vorderhand als verfrüht erscheinenden — Versuch einer Vergleichung des Annelidengehirns mit demjenigen höherer Thierstämme unterlassen habe. Was mich aber trotzdem zu dieser Abbildung veranlasste, war die Erwägung, dass ein solcher Vergleich früher oder später mit mehr Berechtigung, oder mehr Hoffnung auf Erfolg unternommen werden könnte, und dass sodann diese Schnitte als Vergleichsmaterial nicht unerwünscht sein werden. Ich darf wohl auch noch hinzufügen, dass bis auf heutigen Tag noch keine ein- zige vollkommene Schnittserie eines Annelidengehirns zur Abbildung gebracht worden und dass die Herstellung wirklich brauchbarer Serien mit Schwierigkeiten verbunden ist. Hatte ich doch mehr als ein Dutzend Serien anzufertigen, um die drei meinen Abbildungen zu Grunde liegenden, relativ günstig ausgefallenen, zu erhalten! I. Notomastus. 5. Centrales Nervensystem, a. Das Gehirn. 57 Theile der vorderen Hauptlappen aus solch' kleinen Zellen zusammengesetzt; in den proxi- malen Theilen dieser Lappen dagegen'') walten, besonders peripherisch, grosse, scheinbar uni- polare Zellen vor. Die hinteren Lappen enthalten in den äussersten Lagen ebenfalls grosse, scheinbar unipolare Zellen, Avelchen nach innen zu kleine, multipolare, folgen. Die dünne Zellenlage des ventralen Lappens endlich wird ausschliesslich von auffallend grossen, uni- polaren Ganglienzellen zusammengesetzt. Die oberen Schlundganglien entsenden nach verschiedenen Richtungen hin Nerven. Durch Präparation kann wegen der grossen Feinheit einiger, sowie auch in Folge des Ab- reissens derselben, meist nur ein Theil zur Anschauung gebracht werden, so dass wir auch hier zu den Schnitten unsere Zuflucht zu nehmen gezwungen sind. Die vorderen Lappen zerfallen, wie bereits erwähnt worden ist, bis dicht zu ihrer hinteren Grenze in mehrere Stämme und diese letzteren sind es, welche, distal sich verjüngend, in Nerven auslaufen; ein Theil, und zwar diejenigen des Augenlappens, gehen zum Sehorgan''); ein anderer Theil, und zwar diejenigen des Hauptlappens, gehen zu den Wandungen des Kopflappens •=) . Als eine Eigenthümlichkeit dieses letzteren ist hervorzuheben, dass sich Aste der beiden Seiten, der Wöl- bung des Kopflappens folgend, ringförmig zu vereinigen scheinen "1). Die hinteren Lappen ent- senden mehrere starke Nerven zu den Wimperorganen <^), und wenn man nur letztere mit ablöst, so lassen sich diese Nerven am herauspräparirten Gehirne in der Supinatio leicht wahrnehmen. Auch in allen Schnittserien können sie ohne Weiteres nachgewiesen werden. Besonders bemerkenswerth ist der in unserer Querschnittserie in Fig. 27. Taf. 7. RI. N. abgebildete, von den hinteren Lappen zur Rüsselmuskulatur gerichtete Nerv, indem er wahrscheinlich die ^"erbindung des Rüsselganglions '''1 mit dem Gehirne vermittelt. Von den hinteren I,appen geht endlich in der Richtung nach dem Kopflappen median noch ein Nervenstamm ab, über dessen Ziel ich aber nicht klar zu werden vermochte. Die das obere mit dem unteren Schlundganglion verbindenden, den ScMundring^) bilden- den (!ommissuren*) entspringen aus dem Faserkerne der oberen Schlundganglien; anscheinend sind es nur die vorderen Lappen, welche das Material für ihn hergeben, in Wahrheit be- theiUgt sich aber die gesammte Masse dieses Kernes. Getreu ihrem Ursprünge, bauen sich diese Commissuren ihrer ganzen I^änge nach — abgesehen von dem auch sie umhüllenden und durchdringenden Neurilemma — ausschliesslich aus Fasern auf, welche keinerlei bemer- kenswerthe Unterschiede von den später zu beschreibenden Fibrillen der Bauchstrang-Connec- tive darbieten; erst ganz nahe an der Grenze des unteren SchlundgangUons tritt ein lateraler Belag von Ganglienzellen aufs). Neben der Hauptcommissur verläuft zuweilen jederseits eine viel dünnere zweite, so dass dann der Schlundring eine doppelte Bildung darstellt. a) Taf. 6. Fig. 21. b) Taf. 7. Fig. 5. c) Taf. 6. Fig. 18. Taf. 7. Fig. 9. K. Ln. N. d) Taf. 8. Fig. 18. e) Taf. 2. Fig. 17. Taf. 7. Fig. 5. Taf. 8. Fig. 6. W. O. N. f) Taf. 2. Fig. 16. 17. Taf. 7 u. 8. ScAl. R. g) Taf. 6. Fig. 24. a) Vergl. p. 37. *) Nach Spengel's Vorschlag nenne ich »Commissuren« die Verbindungsstränge zwischen gleichnamigen Ganglien der beiden Seiten, »Connective« dagegen diejenigen Stränge, welche Ganglien einer Seite verbinden. Zool. Station Neapel, Fauna und Flora, Golf von Neapel. C'apitelliJen. 8 58 A. Anatomiscli-Histologischer Theil. Beide Commissuren begeben sich vom oberen Schlundganglion aus, jederseits den Oesophagus umfassend, in schräg nach hinten und neural gerichtetem Verlaufe in das zweite Thorax- segment, wo durch ihre mediane Vereinigung das untere Schlundganglion gebildet wird. Während dieses ihres Verlaufes liegen die Connective frei in der Leibeshöhle, jedoch den Körperwandungen sehr genähert. Zahlreiche, hauptsächlich gegen den Kopf hin gerichtete Nerven gehen vom Schlundringe ab; aber nur von zweien konnte ich den Innervations- bezirk feststellen; sie verlassen beide die betreffende Commissur nahe an ihrem Ursprünge, um sich zum Rüssel-Oesophagus zu begeben ^) . Das untere Schlundganglion ^) kommt, soweit es aus Fasern besteht, hauptsächlich durch die Verschmelzung der beiden Schlundringcommissuren zu Stande; um diese centrale Fasermasse gi'uppirt sich sodann ein Belag von Ganglienzellen, deren Fibrillen sich zum Theil denjenigen der Connective zugesellen; wir haben daher an diesem Ganglion (sowie auch in jedem folgenden der Bauchkette) einen aus dem oberen Schlundganglion stam- menden und einen erst in dem bezüglichen Segment hinzutretenden Fibrillencomplex zu unterscheiden. Der Ganglienzellenbelag beginnt schon eine Strecke weit vor der Verschmelzung der Connective als eine seitlich neural gelagerte Kappe jederseits aufzutreten <=) ; in dem Maasse als diese Verschmelzung vor sich geht, breitet sich jener Belag unter Zunahme seiner Masse immer mehr neural aus, bis er schliesslich die zu einem Strange verschmolzenen Connective neural und seitlich vollständig umhüllt. Diese Vereinigung der Connective findet erst im zweiten Körpersegment statt f^), als dessen Ganglion daher auch das untere Schlund- ganglion zu betrachten ist, wogegen das obere Schlundganglion und die Schlundcommissuren dem Kopflappen-Mundsegment zugehören. Das untere Schlundganglion liegt frei in der Leibeshöhle und übertrifft die folgenden Ganglien der Bauchkette nicht unbedeutend an Grösse ; am lebenden Thiere erscheint es oft seitlich eingekerbt, was von den kräftigen Wur- zeln der seitlich abgehenden Nerven herrührt. Diese Seitennerven bieten in ihrem resp. Segmente mit Bezug auf die Innervationsverhältnisse keinerlei Abweichungen von den ent- sprechenden Nerven der Bauchganglienkette dar, weshalb ich auch in dieser Hinsicht auf die Darstellung der letzteren verweise; gleiches gilt für die Structurverhältnisse. b. Der Bauchstrang. Der Bauchstrange) durchzieht als continuirliche Fortsetzung des unteren Schlund- ganglions den Notomastus-J jeih vom dritten bis zum letzten Körpersegment. Ln frischen, normal gestreckten Thiere erscheint er in einer der I>eibesdehnung durchaus entsprechenden Länge; contrahirt sich aber die Stammesmuskulatur, dann legt er sich in Windungen. So wird er auch stets in conservirten Thieren, welche beim Absterben nicht künstlich gestreckt worden waren, angetroffen. Der Bauchstrang des Notomastus — sowie auch aller anderen a) Taf. 7. und Taf. 8. b) Taf. 2. Fig. 18. c) Taf. ü. Fig. 24. d) Taf. 8. Fig. 18. e) Taf. 2. Fig. 18—20. Taf. 9. Fig. 2. I. Notomastus. 5. Centrales Nervensystem, b. Der Bauchstrang. 59 Capitelliden — folgt einer streng segmentalen Anordnung: jedes Körpersegment enthält je ein Ganglion; in allen Arten des Genus Notomastus behauptet er ferner (abgesehen vom Schwanzende) eine coelomatische und zwar median neurale Tiage; nie rückt er unter die Mus- kulatur. Mit Bezug auf die Leibeshöhle freilich wechselt der Grad seiner Selbständigkeit je nach der Körperregion mannigfach. Am freiesten kommt er im Thorax zu liegen''*), da hier die l.ängsmuskulatur gleichmässig entwickelt ist; im Abdomen dagegen rückt er meist in dem Grade, als die neuralen Längszüge einseitig an Höhe zunehmen, tiefer in den Spalt der beiden der neuralen Medianlinie zunächst gelegenen Bündel hinab ^). Eine Abweichung von diesem Verhalten bietet die kurze Körperstrecke, welche den Uebergang von Thorax und Abdomen ver- mittelt; hier wird nämlich der Bauchstrang zunächst von bla,sigem Bindegewebe und weiter- hin von der die Peritonealhöhle ausfüllenden septalen Muskulatur vollständig eingehüllt, avo- bei er auch sein äusseres Neurilemma einbüsst<=). Wo der Bauchstrang frei liegt, tragen zu seiner Fixirung nebst den abgehenden Nerven hauptsächlich die Mesenterien d) bei, deren sich zwei mediane bandförmige, nämlich ein neurales und ein hämales (allerdings nur stellenweise), sowie zahlreiche seitliche, fadenförmige (und diese an allen Stellen) nachweisen lassen. Die medianen Mesenterien entwickeln sich aus dem die Leibeshöhle sowie alle Organe überziehenden Peritoneum; die seitlichen dagegen bieten mehr das Ansehen stark verlängerter Muskelzellen dar. Der Bauchstrang verläuft, wie in dem Kapitel »Allgemeine Körperform««) schon erwähnt wurde, in einer besonderen, als Bauchstrangkammer ^) unterschiedenen Abtheilung des Coeloms. Mit Bezug auf die einzelnen Segmente liegen f) die Ganglien in der Regel im Anfange, also dicht hinter dem das betreffende Segment vom vorhergehenden scheidenden Septum und in Folge dessen auf gleicher Höhe mit den Parapodien, Sinneshügeln etc.; seltener werden sie auf den vSegmentgrenzen angetroffen. Der Bauchstrang hat im Bereiche der Connective einen elliptischen, im Bereiche der Ganglien einen mehr kreisförmigen Querschnitt; der Uebergang der einen Form in die andere findet aber ganz allmählich statt, so dass die Ganglien ein spindelförmiges Ansehen darbieten. Der Durchmesser der Ganglien sowie der Connective ist im Thorax, wo die Segmente etwas enger aufeinander gerückt stehen, grösser als im Abdomen; diese (grössten) Durchmesser be- tragen im Mittel für die Ganglien 40ü und für die Connective 140 [j.. Nachdem sich die Faserstränge der beiden Schlundringcommissureu im unteren Schlund- ganglion unter vollkommener Verschmelzung vereinigt haben, beginnen sie gleich hinter diesem Ganglion wieder in die dasselbe mit den ersten Ganglien der Bauchkette verbinden- den Connective auseinander zu treten, indem eine starke Falte des Neurilemmas die ur- sprüngliche Zweitheilung zunächst andeutet und weiterhin vollständig durchführt. Dieser Prozess wiederholt sich auch in den nachfolgenden Segmenten des Vorderkörpers, so dass a) Taf. 10. Fig. 10. Taf. 15. Fig. 1. B. b) Taf. 10. Fig. 1. Taf. 12. Fig. 2. Taf. 14. Fig. 11. B. c) Taf. 15. Fig. 28. 29. 29^ B. d) Taf. 2. Fig. 20. 28. Taf. 10. Fig. 1. e) Taf. 12. Fig. 2. Taf. 14. Fig. 3. 11. Taf. 15. Fig. 1. 30. L. H. Bk. f) Taf. 2. Fig. 28. Taf. 15. Fig. 5. 6. a) Vergl. p. 17. 60 A. Anatomisch-Histologischer Theil. wir also, je nachdem der Schnitt mehr durch die Mitte von Connectiven oder durch diejenige von Ganglien geführt ist, bald nur einen, oder aber zwei deutlich getrennte Faserkerne vor uns habendi). Dieses Verhalten bleibt für die Ganglien auch weiterhin durch die ganze liänge des Thieres bestehen; für die Connective dagegen verändert es sich, indem an Stelle der streng bilateralen eine durchaus unregelmässige Anordnung tritt. Bald zerfällt nämlich der betreffende Strang in zwei, bald in drei oder mehr Partien; ja oft kann man gar nicht mehr von solchen Hauptabtheilungen reden, indem der Strang in äusserst zahlreiche, an- nähernd gleich grosse Bündel abgetheilt ist und ein wahres Neurilemmafachwerk zum Vorschein kommt *) . Es kann durchaus keinem Zweifel unterliegen, dass ein Theil der diese Stränge zu- sammensetzenden Fasern die Ganglien einfach durchsetzt und so die Continuität des Systems vermittelt; im Bereiche der Ganglien wird dieses Verhältniss aus dem Grunde nicht so augen- scheinlich, weil das Neurilemmafachwerk im Vergleiche zu demjenigen der Connective nahezu verschwindet, ein Verhalten, das sofort einleuchtet, wenn man bedenkt, dass es in erster Linie die Ganglienknoten sind, in welchen der Austausch von Zellfortsätzen und Fasern sowie der Abgang von Spinalnerven stattfindet. Auch hier besteht das Neurilemma aus zwei Blättern: einem äusseren, saftigeren, mit Muskelfasern ausgerüsteten, welches von dem Peritoneum abstammt, und aus einem inneren von mehr homogener Structur, welches allein Fortsätze zwischen die Zellen und Fasern des Nervengewebes entsendet^). Die Verästelung dieses inneren Neurilemmas erreicht oft, beson- ders in den Connectiven, einen solchen Grad der Feinheit, dass es schwer hält, dessen Elemente von denjenigen nervöser Natur zu unterscheiden •') . Das Neurilemma des Stranges geht auch auf die Seitennerven über"!). Die Connective Averden nahezu ausschliesslich von Fasern zusammengesetzt^); nur ver- einzelte, oft durch ihre Grösse hervorragende Ganglienzellen finden sich in deren neuraler Medianlinie^, auch kommen zahlreiche, überaus kleine, kernartige, multipolare Gebilde, die ich als Körner deute, durch die ganze Fasermasse zerstreut vor ''^) . Die Mehrzahl aller Fasern zieht parallel der Längsaxe; dies gilt besonders für die Connective; in den Ganglienknoten dagegen werden die Längszüge vielfach von Querzügen unterbrochen h) . Die Ganglienzellen finden sich dem Vorhergehenden zufolge der Hauptmasse nach in den Knoten; hier bilden sie einen neuralen, mehrschichtigen Belag, der sowohl seitlich, als aucli .vorn und hinten mützenartig übergreift und daher nur die Rückenseite der Faser- stränge unbedeckt lässt'). Eine Unterbrechung erfährt diese Zellenhaube selbstverständlich überall da, wo die Spinalnerven abgehen; führt man durch diese Kegion einen Querschnitt, so kommen an Stelle des continuirlichen, ncural-lateralen Zellenlagers drei gesonderte Zellen- a) Taf. 9. Fig. 3—8. b) Taf. 9. Fig. 3—7. Nma. c) Taf. 9. Fig. 3—5. Nma. d) Tai'. 9. Fig. 1. 3. Sp. N. e) Taf. 9. Fig. 10. fj Taf. 9. Fig. 16. G. Z. g) Taf. 9. Fig. 17. h; Taf. 9. Fig. 1. 4. 7. 8. i) Taf. 9. Fig. 3. 7. 8. 11. 12. *) Dieses V^erhältniss gelangt noch viel deutlicher bei Mastohranchus zum Ausdruck; vergl. Taf. 2ü. Fig. 14—16. I. Notomastus. 5. Centrales Nervensystem, b. Der Bauchstrang. 61 massen zum Vorschein, welch' letztere den Eindruck erwecken können, als ob das Ganglien- zellen-Material sich aus drei l>ängszügen : nämlich aus einem median-neuralen und zwei seit- lichen aufbaute ") . Ich vermuthe, dass die falsche Interpretirung solcher Bilder Semper dazu geführt hat, bei den von ihm erwähnten Anneliden eine Entstehung des Bauchstranges aus drei gesonderten Anlagen anzunehmen '■') . Die Seitennerven oder Spinalnerven^) verlassen die Ganglien meistens in verschiedenen Ebenen; daher ist es selten der Fall, dass alle zu- gleich durch einen Frontalschnitt getroffen werden. Zuweilen kommen auch Andeutungen von zwei übereinander abgehenden Spinalnerven vor"). Durchschnittlich geben die Ganglien je drei bis vier Nerven jederseits ab"^), und unter diesen pflegen die mittleren die stärksten zu sein; die Durchmesser der letzteren betragen nämlich 3U — -40 [i, diejenigen der vorderen und hinteren dagegen nur 10 — 20 jj.. Auch die C'onnective entsenden in jedem Segmente mehrere Seitennerven, meistens zwei Paare, deren Durchmesser zwischen 10 und 20 \i schwankt; gegenüber den aus den Ganglienknoten entspringenden fällt bei ihnen eine sehr häufig vor- kommende Asymmetrie im Ursprünge des einen oder anderen Paares auf<^). Ich wiU nun zur genaueren Beschreibung der das Nervensystem aufbauenden Ge- webselemente übergehen. Das Neurilemma^) besteht, wie schon hervorgehoben wurde, aus zwei meist deutlich unterscheidbaren Blättern, einem äusseren etwa <> jj. dicken, vom Peritoneum stammenden, und einem schmächtigeren inneren, dem Nervengewebe dicht anliegenden. Das äussere Neurilemma schwankt, wie das Peritoneum selbst, je nach den verschiedenen Körperstellen oder Indivi- duen hinsichtlich der Beschaffenheit seiner Zellen; diese können nämlich deutlich unter- scheidbar vom Ansehen des blasigen Bindegewebes, oder aber undeutlich abgegrenzt sein. Im äusseren Neurilemma finden sich, allerdings nur sehr spärlich, Ring- und Eängsmuskelfasern zerstreut und zwar sowohl auf der Aussen- als auf der Innenseite, wie dies ja auch an anderen Stellen des Peritoneums vorkommt. Das innere Neurilemma bildet überall ein homogenes, blättriges Ansehen dar; man könnte es für eine cuticulare Bildung halten, würden nicht zahli-eich eingestreute, ovale Kerne seine cellulare Natur bekunden. Ausschliesslich dieses innere Neurilemmablatt sendet Fortsätze in die Nervenmasse; in den Ganglien und zwar sowohl in den Gehirnganglien, als auch in denjenigen der Bauchkette, sind es vor- wiegend die Zellen, welche von einem Netze solcher Fortsätze umsporaien werden, während die Fasern und Körner frei bleiben ?'); in den Connectiven dagegen sind es gerade diese letzteren, welche zur Ausbildung eines ausserordentlich complicirten Gerüstwerks Veranlassung geben '^). Während das Neurilemma der Ganglien — einerlei ob es nun weite Follikel um einzelne grössere Zellen bildet, oder zu engeren, die kleineren Zellen bekleidenden Maschen zusammenrückt — meist leicht vom Nervengewebe (hier den Zellen und ihren Fortsätzen) a) Taf. 9. Fig. 3. 7. 8. b} Taf. 2. Fig. 18—20. Taf. 9. Fig. 2. 3. 8. Sp. N. c) Taf. 9. Fig. 7. Sp. N. d) Taf. 2. Fig! 18—20. Taf. 9. Fig. 2. e) Taf. 2. Fig. 19. 20. f) Taf. 9. Fig. 1.3. 5- 7. 11 — 15. Nma. g) Taf. 6. Fig. 21. h) Taf. 9. Fig. 5. a) Vergl. den Morphologischen Theil, Kapitel Nervensystem. 62 A. Anatomisch-Histologischer Theil. unterschieden werden kann, ist eine solche Unterscheidung derselben Bildungen in den Connectiven ausserordentlich erschwert. Die Hauptadern des Gerüstwerks lassen sich natür- lich auch hier au.f den ersten Blick erkennen, die letzten und feinsten Ausläufer aber, welche die Faser- und Körnermassen immer weiter und weiter, dem Gerüste einer Spongie vergleich- bar, in Portionen abschnüren, sind um so schwerer von dem eigentlichen Nervengewebe zu unterscheiden, als in den Fibrillen des letzteren ganz ähnliche Kerne eingelagert vorkommen, wie sie stellenweise auch das Neurilemma auszeichnen; diese Kerne sind in beiden Fällen oval, von ähnlichen Dimensionen und von gleichem Tinctionsvermögen. Betrachtet man ein Ganglion des frischen, aus dem lebenden Thiere präparirten Bauchstranges ^) im optischen Durchschnitte, so findet man eine bedeutende Anzahl verschieden grosser, blasser, überaus zart contourirter, nindlicher Gebilde ohne jede Spur eines Kernes: es sind die Ganglienzellen, so wie sie sich im frischen Zustande darstellen; besonders in die Augen springen eine grosse Menge rings je um diese einzelnen Zellen vertheilter, lebhaft gelb ge- färbter Bläschen oder Tröpfchen von kaum messbarer Grösse bis zu 3 (x Durchmesser, in welchen wir dieselben Excretbläschen vor uns haben, welche auch in den Nephridien, in den Blutscheiben, in den Körnern der Sinneshügel, in dem Darme, sowie in dem Peritoneum vorkommen, und über deren allgemeine Bedeutung der physiologische Theil dieser Schrift zu vergleichen ist. Es sind hauptsächlich diese Excretbläschen, welchen das Nervensystem seine gelbe Färbung verdankt. Zerzupft man ein frisches Ganglion, so treten Portionen jener einer eigenen Mem- bran durchaus entbehrenden Zellen als verschieden grosse Tropfen aus dem Neurilemmafach- werke aus, und man überzeugt sich so am besten von deren ausserordentlich geringer Con- sistenz. Das Plasma dieser Tropfen ist homogen, von geringem Lichtbrechungsvermögen, aus- nahmsweise gelb gefärbt und von so geringer Dichte, dass zufällig in dasselbe gerathene Excretbläschen wie in einem Wassertropfen ihre Molecularbewegung ausführen. Zusatz von Gerinnung bewirkenden Reagentien, wie z. B. von Essigsäure, hat denn auch hier, gegenüber anderen Geweben, nur eine sehr schwache Trübung zur Folge; immerhin bewirkt der Einfluss solcher Reagentien die Bildung scharfer Contouren, einzelne Excretbläschen verfärben sich und dichter granulirte, scharf doppelt contourirte Kerne kommen zum Vorschein. Es ist dem bedeutenden Wassergehalte der Nervenzellsubstanz zuzuschreiben, dass wir durch die üb- lichen Schnittmethoden so häufig nur eine unvollkommene Vorstellung von der Beschaff'enheit dieser Zellen erhalten. Nur die Neurilemmafächer und die Kerne pflegen deutHch wahr- nehmbar zu sein, an Stelle der Zellenleiber dagegen finden sich Vacuolen und sporadische Plasmaansammlungen b). In besonders gelungenen Präparaten freilich kommen auch Zellen mit allen ihren Fortsätzen erhalten vor <=) und zwar vorwiegend bei Dasj/branchns '^) , dessen Nervenelemente viel substanzreicher sind als diejenigen von Notomastus. Auch die Macerationsmethode stösst auf grosse Schwierigkeiten, indem sich zu der Aufgabe der Zellenerhaltung die weitere gesellt: das viel resistentere Neurilemmafachwerk a) Taf. 9. Fig. 1. Taf. 33. Fig. 3. b) Tai'. 9. Fig. 7. S. c) Tat. 9. Fig. 3. 4. 11. d) Vergl. Taf. 21. Fig. 1. I. Notomastus. 5. Centrales Nervensj'stem. b. Der Rauchstrang. 63 zum Weichen zu bringen; gleichwohl habe ich hauptsächlich durch diese Methode und zwar ebenfalls in höherem Maasse bei Dasybranchus — dessen Verhalten daher hier zum besseren Verständnisse theilweise gleich mitberücksichtigt werden soll — Aufschlüsse über den feineren Bau der Ganglienzellen =») gewonnen. Ihre Form ist sehr verschieden; die Mehr- zahl indessen, und zwar vorwiegend die grösseren, in den Ganglien peripherisch gelegenen, sind birnförmig. Auch in diesem isolirten Zustande kann man sich bei den aus Notomastus stammenden Zellen von der Zartheit ihrer Substanz überzeugen, wogegen sich bei denjenigen aus Dasybranchus das Plasma gewöhnlich von zahlreichen Körnchen durchsetzt erweist. Die Grösse der gewöhnlichen Ganglienzellen schwankt in beträchtlich weiten Grenzen: bei Noto- mastus zwischen 4 und 1 4 \i, bei Dasybranchus (wie sich aus einem Blick auf die entsprechenden, unter gleicher Vergrösserung gezeichneten Figuren ohne Weiteres ergibt) noch beträchtlicher. Die Kerne erscheinen stets als Bläschen mit deutlicher Hülle; in den grossen Zellen haben sie jenes für die Ganglienelemente so charakteristische, helle Ansehen, in kleineren erscheinen sie mehr granulirt, • indem sich zu dem Nucleolus noch eine Anzahl kleinerer Körnchen ge- sellt. Zuweilen trifft man zwei Nucleoli in einem Kerne, und auch letztere selbst können in der Mehrzahl in einer und derselben ZeUe auftreten. Die Grösse der Kerne nimmt nicht proportional mit derjenigen der Zellen ab, so dass also kleinere Zellen relativ grössere Kerne haben. Die nachfolgenden Maasse dreier aus demselben Ganglienknoten stammender Zellen, sowie ihrer Kerne mögen dies als Beispiel erläutern: erste Zelle Durchmesser 56 \>., Kern J2 jj.; zweite Zelle IS \x, Kern 8 [i; dritte Zelle 12 [j.. Kern 6 [j.. Man sieht, in der dritten Zelle erreicht der Kern die halbe Grösse der zugehörigen Zelle, in der ersten dagegen, einer der Riesenzellen, auf welche ich weiterhin noch zu sprechen kommen werde, erreicht derselbe nur ungefähr ein Fünftel des Zellendurchmessers. Die Ganglienzellen sind wohl ausnahmslos mit Fortsätzen versehen; denn bei den in den Präparaten ohne Fortsätze auf- tretenden kann man sich häufig an den kurzen Stümpfen noch davon überzeugen, dass die Fortsätze abgerissen sind. Selbst bei den sog. unipolaren bleibt es zweifelhaft, ob wir es nicht mit verstümmelten Exemplaren zu thun haben, da häufig erst von dem ziemlich langen, einfachen Fortsatze, oder von dem spitzen Pole der Zelle ein zweiter Fortsatz sich abzweigt. Die Mehrzahl aller Zellen ist sicherlich multipolar. Wie aus den citirten Figuren hervorgeht, sind die Fortsätze sehr verschiedenen Dvirchmcsscrs : bald die feinsten Fibrillen der Connective kaum an Dicke erreichend, bald (und zwar insbesondere die Vom Zellenplasma entspringenden) zu erheblichem Umfange anschwellend. Häufig treff"en wir im Ver- laufe derselben spindelförmige oder rundliche Anschwellungen, welche zum Theil nur Varicosi- täten, zum Theil aber auch sehr kleine Individuen jener Nervenelemente darstellen, deren weiterhin noch als »Körner« ausführlicher zu gedenken sein wird. Neben den mehr aus den Verjüngungen des Zellenleibes selbst sich herausbildenden Fortsätzen (Plasmafortsätzen) fallen in zahlreichen Zellen überaus feine Fäden auf, welche als solche in das Plasma eindringen und a) Taf. 9. Fig. 17; vergl. Taf. 21. Fig. 7. 8. ß4 A. Anatomisch-Histologischer Theil. dem Kerne zustreben (Kernfortsätze). Einzelne besonders günstige Präparate machen es überaus wahrscheinlich, dass diese Fortsätze mit den Kernen in Verbindung treten. Neben den im Vorhergehenden geschilderten stossen wir zuweilen auf einzelne Zellen, welche im Ver- gleiche mit den normalen eine riesige Grösse erreichen; diese colossalen Zellen'*) liegen ausnahmslos neural, meist in einer der Medianlinie parallelen Richtung; ihre grösste Axe kann aber auch rechtwinklig zu dieser Linie gerichtet stehen. Gegenüber den 10 jx messenden Normalzellen misst z. B. die eben citirte Zelle 50 \i, ihr Kern 12 \i, ihr Kernkörperchen 3 [a; also ihr Kern erreicht nahezu den Durchmesser der grössten Normalzellen, und doch ge- hört sie noch zu den kleineren Vertretern der Riesenzellen. Erwähnenswerth ist, dass diese Zellen zuweilen auch in den Connectiven ^) — ebenfalls meist in median neuraler Lage — ange- troffen werden. Sie pflegen dann überaus reich mit Fortsätzen ausgerüstet zu sein und ein vorzügliches Object für das Studium der in die Fibrillen des Nervenmarks übergehenden Fort- sätze abzugeben. Neben diesen Riesen fehlt es auch nicht an Zwergen''). Es sind die cen- tralen Partien der Ganglien, in denen wir bald zerstreut, bald zu Nestern gehäuft, rundliche oder birnförmige Elemente antreffen, welche an Grösse kaum die Kerne mittlerer Ganglien- zellen übertreffen, ja oft hinter denselben zurückbleiben, indem sie nur 3 — 5 [i. messen. An den meisten gelingt es einen oder mehrere Fortsätze nachzuweisen, ich glaube aber, dass die- selben diu-chweg multipolar sind, und dass die der Fortsätze entbehrenden oder nur mit Einem solchen ausgerüsteten bei der Präparation verstümmelt wurden. Ihr Plasma ist überaus zart und vergänglich; selten werden, abgesehen von einem constant vorhandenen dichteren Korne, Einlagerungen wahrgenommen. Aussen sind sie wie die grösseren Ganglienelemente mit den gelben Bläschen oder Tröpfchen (Excretbläschen) besetzt. Diese kleinsten Ganglien- elemente, welche durchaus mit denjenigen übereinstimmen, welche die Ganglien der Sinnes- hügel aufbauen, halte ich für Kerne, welche der eigenen Zellsubstanz entbehren, für Gebilde, welche in jene Kategorie nervöser Bestandtheile gehören, die man bei den höheren Thieren mit dem Namen Körner belegt hat. Die Nervenfasern oder besser die Nervenfibrillen <^) — da wir es bei unseren Thieren stets mit solchen zu thun haben — lassen sich schon am frischen Präparate als längs oder quer verlaufende Züge erkennen. Einen genaueren Einblick in Structur und Verhalten der- selben gewinnen wir aber erst aus Macerations- und Schnittpräparaten. Die Dicke dieser Fibrillen schwankt vom Unmessbaren bis zu 1 [x; es gelang mir einzelne Stämmchen bis zu einer Länge von 200 jj. zu isoliren'^); sie zeigen meist ein gleichmässig fadenartiges Ansehen, können aber auch wellig verlaufen, oder durch eingeschobene Kerne sowie Körner unter- brochen werden. Solche Stämmchen geben reichlich Seitenzweige ab, welche sich ihrerseits wieder unter wachsender Abnahme des Dickendurchmessers weiter verzweigen, um schliesslich mit benachbarten Ästen anderer Stämmchen in Verbindung zu treten. Zahlreiche Excret- a) Taf. y. Fig. 12. b) Taf. 9. Fig. 16. c) Taf. '.). Fig. 17. d) Taf. 9. Fig. 1. 17; vergl. Taf. 21. Fig. S. e) Taf. 9. Fig. 11^. I. Notomastus. 5. Centrales Nervensystem, b. Der Bauchstraug. 65 bläschen sitzen auch diesen Elementen des Nervensystems auf. AVährend dieses »gestreckte« Verhalten hauptsächlich den durchgehenden Fasern eigenthümlich ist, treffen wir bei der Hauptmasse des Nervenmarks die Fibrillen nach den verschiedensten Richtungen hin ent- wickelt. Da kann sodann von Stämmchen oder Fäden keine Rede mehr sein; es tritt uns anstatt solcher, sowohl in den durch Maceration isolirten, als auch in den Schnittpräparaten, ein Maschengewebe entgegen ^} , Fibrillen , die sich nach allen Richtungen hin verzweigen, mit einander verbinden und so nach Art eines Schwammgerüstes Räume von 2 — 6 (i Durch- messer einschliessen. Auch auf diesen Fasern liegen stellenweise Excretbläschen zerstreut, welche aber in den Schnitten, da sie ihre Farbe verloren haben, leicht mit den ebenfalls als kleinste Pünktchen erscheinenden Fibrillenquerschnitten verwechselt werden können. Die Maschenräume pflegen entweder von Flüssigkeit Plasma) oder von den bereits beschriebenen Körnern ausgefüllt zu sein. Diese Körner sind hier ganz besonders vergänglich und werden da- her nur in den gelungensten Präparaten als solche wahrgenommen, während im anderen Falle lediglich eine unbestimmte Punktmasse das Gerüstwerk der ihrerseits überaus resistenten und der Tinction grossen Widerstand leistenden Fibrillen ausfüllt. Es sind hauptsächlich diese Zerfallproducte der Körner, welche das Verständniss des feineren Aufbaus des Nervenmarks aller Wirbellosen und so auch der uns beschäftigenden Thiere erschwert haben. Sie, im Ver- eine mit den Excretbläschen und den optisch als Pünktchen erscheinenden Querschnitten der Fibrillen, spiegelten eine undefinirbare, mit Fasern vermengte Pu.nktmasse vor: daher der zu- erst von Leydig eingeführte und in der Literatur leider so verbreitete Name »fibrilläre Punkt- substanz«'), ein Begriff, der jede Vorstellung eines organischen Zusammenhanges der Theile ausschliesst. Und doch ist in Wahrheit ein solcher Zusammenhang in den beiden allein wirklich gegebenen Elementen: den Fibrillen einer- und den Zellen sowie Körnern anderer- seits so leicht zu constatiren. Aus den durch Maceration gewonnenen Präparaten geht mit Sicherheit hervor: der Zusammenhang der Ganglienzellen oder wenigstens eines Theiles der Ganglienzellen unter sich^), ferner der Zusammenhang von Ganglienzellen und Nervenfibrillen <=j, sowie auch der Zusammenhang von Ganglienzellen und Körnern '^', ; weiter wird durch sie be- wiesen: ein überaus reichliches Anastomosiren der Fibrillen, sowohl unter sich, als auch mit den Fortsätzen der Körner'^;; und endlich geht aus ihnen hervor: eine zuweilen directe gegen- seitige Verbindung der Körner. Damit ist allgemein die Möglichkeit eines unmittelbaren und mittelbaren Zusammenhanges zwischen allen das Nervensystem aufbauenden Elementen statuirt. Wenn es aber verhältnissmässig leicht ist, sich von dieser elementaren Continuität zu überzeugen, so stehen wir vor einer um so schwierigeren Aufgabe, sobald es sich darum handelt, Klarheit über das Verhalten dieser combinii-ten Elemente im Aufbau eines ge- a) Taf. 9. Fig. 17'1. Fig. 3— 16. b; Vergl. Taf. 21. Fig. 7. c) Vergl. Taf. 21. Fig. 8. d) Vergl. Taf. 21. Fig. 7. e) Taf. 9. Fig. 17; vergl. Taf. 21. Fig. 8. *) Ich werde mich für die centrale, von Körnern durchsetzte Fasermasse fortan des Namens »Nervenmark« oder »Marksubstanz« bedienen, ihr gegenüber steht dann, wenigstens in den Ganglien, die vorwiegend zellige iiRindensubstanz' . Zool. Station z. Neapel, Fauna und Flora, Golf von Neapel. Capitelliden. 9 66 A. Anatomisch-Histologischer Theil. gebenen Abschnittes des Systems, oder über deren überaus complicirte Gesammtbeziehungen innerhalb dem Systeme zu schaffen. Es sind denn auch nur wenige bruchstückartige Erfahrungen, die ich in dieser Hinsicht aus Schnittserien zu gewinnen vermochte. Die Markmasse der oberen Schlundganglien zieht, so weit sie sich nicht an den vom Gehirne ausgehenden Sinnesnerven betheiligt, jederseits als Schlundringcommissur zum ventralen Schlundganglion " ; , um hier den Anfang des Faserstranges zu bilden , welcher als Mark die ganze nachfolgende Bauchkette durchsetzt. Inwiefern diesem reichlich Körner enthalten- den INIarkkerne des hämalen Gehirnabschnittes Selbständigkeit zukommt, vermag ich nicht anzugeben: sicher ist aber, dass ein grosser Theil seiner Elemente Ausläufer der diesen Mark- kern wie eine Haube umgebenden Ganglienzellen darstellt^). Wir haben also in den das ganze System durchsetzenden Fasersträilgen dasjenige Glied vor uns, welches die Continuität zwischen dem die vornehmsten Sinnesorgane tragenden Gehirnabschnitte einer- und der Bauch- kette andrerseits vermittelt. An frontalen, je mehrere Segmente umfassenden Längsschnitten lässt sich diese Continuität für jeden beliebigen Körpertheil feststellen: man sieht nämlich einen Theil der Fasern in gestrecktem ^'erlaufe Ganglien und Connective durchsetzen^). Wie wir weiterhin finden werden, ist es auch vorwiegend dieser Faserstrang, welcher das Material für die von den Ganglienknoten ausgehenden Spinalnerven liefert, und dem gegenüber ent- steht die Frage, wieso sich diese (aus dem Gehirn stammende Markmasse nicht schon im Verlaufe von wenigen Segmenten erschöpft, von wo aus eventuell Ersatz geleistet wird. Es ist ein Theil und zwar der grössere Theil der die Ganglienknoten zusammensetzenden Zellen, welcher in ähnlicher Weise seine Fortsätze in das Mark hinein sendet, wie dies von Seiten der die oberen Schlundganglien umgebenden Zellen geschieht. Hauptsächlich die zwischen den abgehenden Spinalnerven gelegenen Zellenpartien sind es, welche mit ihren Ausläufern das Mark verstärken <=; ; die neural-medianen entsenden die Fortsätze dorsal, und von den seit- lich gelegenen Zellengiaippen ziehen die Fortsätze der hämalen ventralwärts und die Fort- sätze der neuralen umgekehrt dorsalwärts, so dass also eine Kreuzung dieser in das Mark einstrahlenden Fibrillen zu Stande kommt. Wir haben nach alledem in dem Marke eines gegebenen Ganglions oder Connectivs der Bauchkette nicht nur Faserelemente des Gehirn-Schlundringes vor uns, sondern auch solche aus den vorhergehenden Ganglienknoten, sowie endlich auch solche aus dem Ganglienknoten des betreffenden Segments selbst. Welcher Antheil freilich jeder dieser drei Quellen von Faserelementen in je einem Segmente zukommt, ob das Verhältniss der Antheiluahme den ganzen Körper hindurch überhaupt sich gleich bleibt, darüber gestatten uns so elementare Er- fahrungen auch nicht einmal Yermuthungen ausziisprechen. Die Seitennerven oder Spinalnerven erhalten, wie schon hervorgehoben wurde, den a) Taf. 6. Fig. 21. b) Taf. 9. Fig. 1. 2. 10. c; Taf. '.). Fig. 4. *) Da bezüglich der hier zur Sprache kommenden Fragen das ventrale Schlundganglion von den folgenden Ganglien keine Abweichungen darbietet, so wurde es mit in die Schilderung dieser Ganglien einbegrillen. I. Notomastus. 5. Centrales Nervensystem, b. Der Bauohstvang. ß-y grössten Theil ihrer Fibrillen direct aus dem Marke itud zwar in drei ziemlich scharf geson- derten Zügen =•). Zwei dieser Züge entspringen hämal und verlaufen bogenförmig, der eine nach der linken, der andere nach der rechten Seite gerichtet; der dritte Zug entspringt central und seine Fasern streichen geraden Verlaufes in die beiderseits abgehenden Nerven hinein. Ausserdem erhalten aber die Seitennerven auch Fasern direct aus den Ganglienzellen des bezüglichen Segments und zwar von denjenigen Zellenpacketen, die auf der Höhe der ab- gehenden Nerven gelegen sind. Am leichtesten lässt sich diese Versorgung für die neural seitlich angeordneten Haufen constatiren ^, da sie ihre Faserbündel direct in die auf derselben Seite abgehenden Spinalnerven entsenden; schwerer für die hämal seitlich angeordneten, da ihre Fasern nicht den Nerven derselben Seite, sondern denjenigen der entgegengesetzten zu- gerichtet verlaufen. Diese Anordnung zeigt, dass die Spinalnerven eines gegebenen Segments sowohl Elemente aus den vorhergehenden Partien des Bauchstranges, als auch solche aus dem, dem eigenen Segmente zukommenden GangUenknoten enthalten, und für die letzteren ist überdies noch die Thatsache hervorzuheben, dass rechts abgehende Nerven wahrscheinlich Fasern aus Hnks gelegenen Ganglienzellenhaufen und links abgehende Nerven solche aus rechts gelegenen zugetheilt erhalten. Ich habe nun noch jener merkwürdigen Gebilde des Centralnervensystems zu gedenken, Avelche nebst den Lumbriciden gerade bei unseren Thieren zuerst die Aufmerksamkeit der Forscher auf sich gezogen haben: nämlich der sog. riesigen Nervenfasern Leydig's, der grosses fibres tubulaires Claparede's, der Neuralröhren Spengel's, oder der Neuro- chorde, wie ich sie mit Vejdovsky nennen werde. Meine Ansicht über die Bedeutung dieser vielfach erwähnten und vielfach gedeuteten Theile kann erst, nachdem wir ihr bei den ver- schiedenen Capitellidengattungen für das Verständniss sich ergänzendes Verhalten kennen ge- lernt haben werden, zur Darstellung gelangen; ich verweise daher in dieser Beziehung auf den morphologischen Theil dieses Buches '), indem ich mich an diesem Orte darauf beschränke, ganz objectiv das Verhalten der Neurochorde bei den Arten des Genus Notomastus zu be- schreiben. Schon an frisch ziu- Unter.suchung gelangenden Stücken des Bauchstranges <=) fällt, meist in der hämalen Mittellinie, ein in seiner Breite stark variirender, ja stellenweise dem Auge verschwindender und erst weiterhin wieder auftauchender heller Streif auf, der, von zarten Contouren umgeben, ganz den Eindruck eines mit einer wasserähnlichen Flüssigkeit gefüllten Schlauches macht. Lässt man Coagulation hervorrufende Medien einwirken, so ent- stehen innerhalb dieser Flüssigkeit spärliche, flockige Niederschläge und einzelne gröbere Körnchen gerathen in Molecularbewegung. In den Schnitten *!) zeigt sich das Lumen dieses Rohres in den meisten Fällen leer; nur selten stösst man auf ein überaus feinkörniges Coagulum, welches aber auch dann nur einen Bruchtheil der Rührenlichtung ausfüllt. An a) Taf. 9. Fig. 7. S. b Taf. 9. Fig. 3. c) Taf. 9. Fig. 1. Ncd. A Taf. 9. Fig. 4. 5. Fig. 10 — 15. Ncd. a.\ Vergl. Morphologischer Theil, Kapitel Centrales Nervensystem. gg A. Anatomisch-Histologischer Theil. solchen Präparaten erkennt man auch, dass die Eöhrenwandung keineswegs, wie das frische Object vorspiegelt, eine structnrlose Membran darstellt, indem zahlreiche Kerne in ihr zer- streut liegen''). Diese Kerne, sowie das zur Schichtung neigende Gefüge der Membran er- innern durchaus an die entsprechenden Theile des inneren Neurilemmas, und dass dies keine zufällige Ähnlichkeit ist, geht daraus hervor, dass wir an manchen Präparaten die Röhren o-anz continuirlich in Fortsätze dieses inneren Neurilemmas übergehen^) sehen, ja häufig sie kaum von Lücken desselben unterscheiden können. Stellenweise sendet auch die Röhren wanduns; ebensolche verästelte Fortsätze in das Röhrenlumen, wie solche vom Neurilemma aus in das Nervenmark hineinzustrahlen pflegen '=) . Die Dicke der Wandungen wächst im Allgemeinen mit dem Röhrenquerschnitte; aber nicht selten treffen Avir auch in den verschie- denen Regionen desselben Individuums weite Canalstrecken absolut dünner bewandet als eno-ere. Zahl, Grösse, sowie Form und Lagerung der auf einem Querschnitte erscheinenden Röhren wechseln sehr in den verschiedenen Körperregionen, wie das durch Fig. 11 — 16. Taf 9, Avelche alle aus einer durch das Abdomen eines Not. Benedeni-lmliyiänums geführten Schnittserie stammen, auffällig demonstrirt wird. In Fig. 11 aus dem Abdomenanfange hat der Schnitt drei ziemlich weit voneinander abstehende, im Mark eingebettet liegende Röhren von sehr geringem Durchmesser getroffen; in Fig. 12 aus der Mitte des Abdomens ist nur noch eine einzige hämal gelegene, sehr geräumige Röhre vorhanden; in Fig. 13 aus der- selben Region, etwa ein viertel Millimeter weiter hinten, zeigt dieselbe Röhre ein noch grösseres Lumen; in Fig. 14 aus dem Anfange des letzten Drittels des Abdomens treten wieder an Stelle der einen Faser Querschnitte von vier solchen auf, welch' letztere in ihrem Gesammtlumen etwa dem der Fig. 13 gleichkommen, und in Fig. 15 endlich, aus dem Schwanzende, sehen wir wieder nur zwei Fasern von sehr geringem Durchmesser, welche ähn- lich wie diejenigen der Fig. 11 iiu Marke eingebettet liegen. Ich habe von demselben Thiere auch den Thorax in eine Serie von Schnitten zerlegt und gefunden, dass sich die Röhren da in Bezug auf die Schwankungen in Form, Grösse, Zahl und Lagerung durchaus Avie im Abdomen verhalten, so dass also das für das letztere allein durch Figuren Belegte auf die ganze Bauchganglienkette ausgedehnt werden kann. Dieses Verhalten führt nun zu dem Schlüsse, dass sich die Röhren oder Fasern des Neurochords innerhalb ihres Verlaufes in Aste zu zerspalten vermögen, sowie, dass auch umgekehrt diese Aeste wieder verschmelzen können. Die ersten Spuren der Röhren trifft man gewöhnlich im unteren Schlundganglion, sie enden da fein zugespitzt; zuweilen gelingt es sogar, diese Spitzen unter Gabelung in die Schlund- ringcommissuren eindringen zu sehen; ebenso fein auslaufend werden sie im nachwachsenden Schwanzende getroffen. Die Thatsache, dass ich in Thieren mit überaus stark entwickeltem Neurochord letzteres häufig auf ziemlich weite Strecken hin verschwinden sah, spricht dafür, dass wir es wenigstens in vielen Fällen nicht mit einem continuirlichen, durch das ganze System sich erstreckenden, sondern mit einem eventuell in der Mehrzahl auftretenden Gebilde a) Taf. 9. Fig. 5—10. Ncd. h, Taf. t». Fig. 5. Neil. c Taf. 9. Fig. 10. Ncd. I. Xotomastus. 5. Centrales Nervensystem, b. Der Bauchsfrang. 69 ZU thun haben — wenn man nicht die Sache so auffassen muss, dass in den betreffenden Strecken des Bauchstranges erst nachträglich die auch hier vielleicht ursprünglich vorhandene Continuität in Folge eines unbekannten Vorganges unterbrochen wurde. Ein von dem bisher geschilderten abweichendes Verhalten zeigt der Bauchstrang in dem Schwanz ende, welches als nachwachsende Region zeitlebens in allen seinen Theilen einen embryonalen C'harakter bewahrt. Für eine genauere Darstellung insbesondere des topo- graphischen Verhaltens, sowie des Verschmelzens von Bauchstrang und Haut ist Dasyhranckus viel besser geeignet, weshalb ich in Bezug auf diese Fragen auf die Beschreibung des Nerven- systems jener Gattung verweise'); hier will ich nur betonen, dass die Zellen der Ganglien in dem Maasse, als man sich dem Körperende nähert, undeutlicher werden und zuletzt kaum mehr unterschieden werden können, wogegen die dicht aneinandergedrängten Kerne kaum von den- jenigen der vorhergehenden Ganglien abweichen; dass ferner auch das Mark ein viel com- pacteres Ansehen darbietet, indem es weder in den Fibrillen, noch in dem Neurilemma zu so zahlreichen Verästelungen kommt, wie in den älteren Partien des Organs^). Es bleiben noch die Spinalnerven zu betrachten übrig. Ihres Ursprungs aus den Ganglien wurde bereits gedacht. In ihrer Structur stimmen sie im Wesentlichen mit den Bauchstrangconnectiven überein; höchstens ist zu erwähnen, dass der Vei'lauf der Fibrillen ein viel gestreckterer ist, dass Körner nur sehr spärlich zerstreut angetroffen werden, dass dagegen viele Kerne in den Verlauf der Fibrillen eingeschaltet vorkommen. Ihr Neurilemma steht in continuirlichem Zusammenhange mit demjenigen des Bauchstranges; sie behalten es auch während ihres "N^erlaufes zwischen der Muskulatur, resp. zwischen Muskulatur und Haut. Die Spinalnerven senken sich nämlich nach ganz kurzem ~\'erlaufe in der Leibeshöhle in die Muskulatur ein. Ein Paar in jedem Segmente durchbohrt sowohl die Längs- als die Ring- muskulatur und biegt noch ganz in der Nähe der Bauchfläche in scharfem Bogen um, so dass es im weiteren, nach dem Rücken zu gerichteten Verlaufe zwischen Haut und Muscularis zu liegen kommt. Hiervon kann man sich besonders leicht in der Abdominalregion über- zeugen, da hier das entsprechende Nervenpaar in der den Hakenwülsten und Hakentaschen zugehörigen Höhle aufsteigt ^) . Dieses Paar gibt zunächst Zweige an die Haut ab, weiterhin theilen sich die Stämme selbst und der eine Ast geht zur Kieme, der andere zu den Seiten- organen •=). Dieses Nervenpaar führt demnach zweifellos in erster Linie sensible Fasern. Die anderen drei Paare durchbrechen — und zwar ebenfalls im Bereiche der neuralen Fläche — nur die Längsmuskulatur, sodann biegen auch sie scharf um und verlaufen zwischen Ring- und Längsmuskulatur gegen den Rücken. Zahlreiche Äste werden in diesem Verlaufe an die Muskulatur abgegeben; einzelne dieser Äste durchbrechen aber die Muskulatur und endigen in der Haut; besonders constant wird ein solcher die Haut versorgender Ast nahe der neuralen Medianlinie angetroffen. Diese Paare enthalten demnach gemischte Fasern, wobei jedoch den a) Taf. 9. Fig. 15. b) Taf. 10. Fig. 1. Sp. N. c) Taf. 10. Fig. 1.3. S. N. a) Vergl. Daii/branchiis , Kapitel Centrales Nervensystem. 70 -A-- Anatomisch-Histologischer Theil. motorischen die weitaus überwiegende Zahl zukommen wird. Über den Verlaiif der von den Bauchstrangconnectiven abgehenden Seitennerven bin ich leider im Unklaren geblieben. 6. Sinnesorgane. Als solche kommen erstens in Betracht die sog. Pigmentflecke oder Augen; zweitens die hinsichtlich ihrer specifischen Function zwar noch nicht ganz aufgeklärten, aber doch nur als Vermittler einer Sinnesempfindung jibysiologisch verständlichen Wimperorgane: drittens die Seitenorgane, und viertens endlich die becherförmigen Organe. a. Die Augen. Die Augen ^) stellen sich am frischen Thiere in Form zweier, seitlich im Bereiche der Kopflappenbasis gelegener, länglicher, roth bis rothbraun gefärbter Pigmentstreifen dar. Die Pigmentkörner leuchten so stark hervor, dass man sie eher für über als für unter der Haut gelegen zu halten geneigt ist, und doch überzeugen Schnitte aufs Unzweifelhafteste, dass nicht nur die Cuticula, sondern auch die Hypodermschicht von dieser Pigmentirung ausgeschlossen bleibt, indem die pigmentführenden Theile ausschliesslich dem Gehirne und zwar demjenigen Abschnitte, Avelcher als Augenlappen unterschieden wurde, angehören^). Übrigens ist es schwer, gerade da, wo die lichtpercipirenden Organe sich befinden, zu bestimmen, wo die Hypodermelemente aufhören und die Gehirnelemente anfangen, indem, wie dies schon ge- legentlich der Beschreibung des Gehirns hervorgehoben wurde, die Zellen des Augenlappens ganz allmählich, ohne irgend welche nachweisbare Grenze mit den Zellen der Hypodermis verschmelzen. Nicht nur von der Stammesmuskulatur, sondern auch von dem bis dahin, einerseits die Gehirnkammer und andererseits das Gehirn überziehenden Peritoneum ist an der betreffenden Stelle keine Spur mehr zu entdecken*^;. Die Cuticula ist in der Augenregion etwas gewölbt, im Übrigen zeigt sie keine Unter- schiede von der gleichnamigen, den übrigen Leib überziehenden Schicht, in welche sie auch ganz continuirlich übergeht. Unter der Cuticula begegnen uns zunächst Hypodermelemente und zwar ausschliesslich solche, welche wir als Fadenzellen kennen gelernt haben; die Haut- drüsenzellen' fehlen gänzlich. Diese Fadenzellen rücken stellenweise nahe und zwar palli- sadenartig regelmässig aneinander''). Hierauf folgt eine Schicht sehr eigenthümlich geformter Körper: dieselben zeigen sich nämlich auf einer Seite pantoffelförmig ausgehöhlt, mit dem einen Pole spitz, mit dem anderen meist abgestumpft endigend^). Der spitze Pol ist gegen die Haut, der entgegengesetzte ist gegen den Augenlappen gerichtet; mit Bezug auf die dorso- ventrale Medianebene des Thieres sind sie so angeordnet, dass ihre Längsaxen mit jener Ebene aj Taf. 2. Fig. S. 10. 12. Taf. 6. Fig. IS. A. h] Taf. 9. Fig. 18. 19. c; Taf. 9. Fig. 18. C. d) Taf. 9. Fig. 18. 19. H. F. Z. e) Taf. 9. Fig. 18—21. Lbr. Z. I. Notomastus. ß. Sinnesorgane, b. Die Wimperorgane. 71 Winkel von etwa 45" bilden. Der vordere Abschnitt dieser pantofFelförmigen Körper ist durchaus homogen, glashell und stark lichtbrechend, der hintere ist meist vollständig von Pigmentkörnern ausgefüllt; die beiden Pole pflegen nicht selten in fadenartige Fortsätze aus- zulaufen, auch lässt sich zuweilen ein Kern erkennen, welches Gebilde dann aber meist wie degenerirt erscheint. Diese Körper dienen in ihren vorderen Abschnitten offenbar zur Brechung des Lichtes (weshalb ich sie lichtbrechende Zellen nenne) und übernehmen in ihren hinteren Abschnitten zugleich die Rolle einer Choroidea. Woher sie stammen: ob sie der Hypodermis, oder dem Augenlappen zugerechnet werden müssen, ist schwer zu entscheiden; sie lassen sich zwar ohne Weiteres als modificirte Zellen erkennen, aber diese Modification konnte ebensowohl Hypoderm- wie Ganglienelemente treffen, um so mehr, als noch tief im Augenlappen reichlich pigmentirte Ganglienzellen vorhanden zu sein pflegen "). Übrigens ist die Frage insofern nicht von grossem Belange, als ja eine scharfe Grenze zwischen Haut- und Gehirnelementen an diesem Orte überhaupt nicht existirt. Die lichtbrechenden Zellen liegen förmlich zmschen den Elementen des Augenlappens eingebettet. Letztere bestehen vorwiegend aus sehr kleinen Ganglienzellen und Körnern, können aber stellenweise auch grössere Zellen aufweisen, welche sodann zum Theile ebenfalls pigmenthaltig zu sein pflegen. Was nun den Zusammenhang der eben beschriebenen Elemente betrifft, so hat sich aus dem Studium von Schnitt- und Macerationspräparaten Folgendes ergeben: die mit ihren stäbchenförmigen Köpfen distal auf's Innigste der Cuticula anliegenden Fadenzellen umfassen mit ihren fadenförmigen Aus- läufern zu je zwei oder drei die lichtbrechenden Zellen^'; letztere wiederum treten allem Anscheine nach — es ist mir nicht gelungen den Zusammen- hang durch Isolirung der betreffenden Zellen über allen Zweifel sicher zu stellen — vermittelst ihrer basalen Ausläufer mit Fortsätzen der Ganglien- zellen und Körner in Verbindung, so dass also auf diese Weise zwischen dem als Cornea fungirenden Cuticulaabschnitte einer- und den percipirenden Nervenelementen andererseits eine continuirliche Leitung hergestellt wäre (vergl. nebenstehenden Holzschnitt . ■^ -üanghuuelU Schema zur Demonstra tion des Zusammenhange: der lichtlirechenden um lichtpercipirenden Ele- b. Die Wimperorgane. Alle darauf untersuchten Capitelliden haben auf der Grenze des Kopflappens und des Mundsegments hämal-seitlich gelegen ein Paar Querspalten, aus denen zeitweise ein dicht mit Wimpern besetztes und von tiefen Furchen durchzogenes Grgan tentakelartig hervorgestreckt werden kann'=:. Dieses Organ hat sehr dicke Wandungen und einen cen- tralen Hohlraum, welcher mit der Leibeshöhle in direkter Verbindung steht. Im einge- zogenen Zustande liegt es in Form einer Tasche seitlich vom Gehirn innerhalb der Leibes- a) Taf. 9. Fig. 18. G. Z. b) Taf. 9. Fig. 2P. c) Taf. 2. Fig. 9. 16. 17. W. 0. ■J2 A. Anatomisch-Histologischer Theil. höhle resp. iu der Wimperoroankanimer'\ und umschliesst nun einen Hohlraum, der direct mit der Aussemveit communicirt. Man sieht: wir haben es mit einem Schlauche zu thun, welchen das Thier handschuhtingerförmig aus- und einzustülpen vermag. AVie der Rüssel, so wird auch der zur Tasche eingestülpte Schlauch durch den Druck des Hämo- lymphstroms hervorgepresst , wogegen die Einstülpung desselben durch eine grosse An- zahl von rings um die Tasche befestigten — und im ausgestreckten Zustande natürlich in die Wimperorganhöhle zu liegen kommenden — Rückziehmuskeln ^) besorgt wird. Ist das AMmperorgan zur Tasche eingezogen, so erscheinen die bewimperten Erhebungen und Ver- tiefungen nahe zusammengedrängt, im ausgestülpten Zustande dagegen richten sich die Falten unter sehr regelmässiger radialer Anordnung auf, und in Folge dessen machen sich die Furchen als eben so regelmässig angeordnete Zwischenräume geltend. Diese Organe wurden bisher nur nebenbei erwähnt. So von Keferstein ') bei Notomastus ruhicundus als kurze, lappige, stark wimpernde Fühler, welche wie die Tentakel einer Schnecke ausgestülpt und durch einen Muskel wieder zurückgestülpt werden. Von Claparede^), der sie bei derselben Notomastus-Axt, aber im eingestülpten Zustande wahrgenommen hatte, als zwei hinter den Schlundganglien, der Rücken wand dicht anliegende, innerlich mit braunen, flimmernden Längswülsten versehene Taschen, welche auf der Rückenseite zwischen Kopflappen und Mundsegment auszumünden scheinen. Die Bedeutung dieser Organe, sagt Claparede, ist mir räthselhaft geblieben; nun aber finde ich, dass Prof. Kefer-stew bei Cupifella ruhi- (unda zwei ausstülpbare Nackententakel beschreibt, die mit den erwähnten Organen off"enbar zusammenfallen. Claparede ■') hat sie dann noch bei den zwei von ihm in Port-Vendres entdeckten neuen Notomastvs- Arten, dem Notomastus Saryii und Benedeni aufgefunden und mit folgenden Worten beschrieben; «Les especes mediterraneennes sont pourvues, comme le Notomastus ruUcumlus [CupiteUa rubicunda Kef.] de St. Vaast la Hougue, de deux sacs retractiles sur la nuque. Je ne doute pas que ces sacs, susceptibles de se retourner et de saillir comme des tentacules, ne se retrouvent aussi chez l'espece norwegienne. Leur exi- stence devra donc fournir ä l'avenir un des caracteres essentiels du genre«. Ferner lernte sie Claparede während seines Aufenthahes in Neapel bei Capitella capitata^) und Capitella Costana^) 'kennen. Von ersterer sagt er; «Le lobe cephahque presente la particularite de laisser surgir ä sa base et de chaque cote, comme chez les Notomastus, uue paire d'organes vibratiles dont les cils engendrent de tres vifs tourbillons dans l'eau. Des que le ver est inquiete, il les retracte et l'on n'en voit plus aucune trace ä l'exterieur. L'ouver- ture meme par laquelle l'organe est rentre s'eff"ace aux regards. Mais lorsque l'Aunelide est abandonnee en sccurite iv eile meme, eile etale frequemment ses appareils rotatoires«. Ich selbst endlich habe das Vorhandensein der Wimperorgane für alle in dieser Monographie auf- geführten Formen constatiren können, so dass ihr Besitz fortan als Familiencharakter feststeht. Aus den vorhergehenden C^itaten ergibt sich, dass sowohl Keferstein als auch Cla- parede die uns beschäftigenden Organe für Körperanhänge hielten, wie sie ähnlich bei den verschiedensten Thieren vorkommen und unter dem Namen »Tentakel« als Organe unbe- stimmter Function zusammengefasst zu werden pflegen. Gegen eine solche Auffassung dieser Gebilde spricht aber ihr auffallendes Verhältniss zum Centralnervensystem. Bei Notomastus lineatus, in welcher Art die A\'imperorgane eine, ausserordentliche Entwickelung erlangen (sie a) Tai'. O.Fig. 18— 2U. Taf. 7 u. S. JV 0. und IV. 0. K. b) Tat'. 2. Fig. 17. W. O. M. \) 1. p. 4. c. p. 124. 2) 1. p. 4. c. p. 27— 2S. 3) 1. p. 5. c. p. 51. 4: 1. p. S. c. p. 271—272. 5) 1. p. S. c. p. 27G. I. Notomastus. 6. Sinnesorgaue. b. Die AVimperorgane. 73 sind in ausgewachsenen Thieren 0,7 mm lang und 0,3 mm breit), hängen sie mit dem Gehirne resp. den oberen Schlundganglien in einer so ausgedehnten und unmittelbaren Weise zu- sammen, dass das gegenseitige Verhältnis« stark von dem unter dem gewöhnlichen Be- griffe »Innervation« vorgestellten abweicht. Fig. 17. Taf. 2 gibt ein Bild dieses Zusammenhanges, wie er sich bei der Betrachtung von der Bauchseite aus darstellt: man sieht das hintere Paar der oberen Schlundganglien fast continuirlich in die Wandungen der zu Taschen eingestülpten Organe übergehen. Fig. 16. Taf. 2 gibt eine Ansicht desselben Präparats vom Rücken aus; bei dieser Ansicht kommen die Taschen dem Beobachter zunächst zu liegen und ragen so weit herauf, dass sie das hintere Schlundganglienpaar fast vollständig bedecken. Im frischen Zustande sind die Wandungen der Wimperorgane, dank einer unter deren peritonealer Hülle gelegenen Muscularis, äusserst contractu. Auf ihrer inneren*) Seite haben diese Wandungen ein gelbliches, körniges, auffallend an dasjenige des frischen Oesophagus erinnern- des Ansehen, welche Uebereinstimmung durch das Vorhandensein der Cilien noch gesteigert wird. So kräftig ist der Schlag dieser letzteren, dass sie trotz ihrer durchaus nicht bedeuten- den Länge — sie messen 14 — 25 (jl — schon mit der Lupe wahrgenommen werden können. Ueber den feineren Aufbau lässt sich am frischen Objecte nichts erkennen; auch nach der üblichen Behandlung mit Essigsäure kann nicht viel mehr als eine körnige Zell- masse mit überall zerstreuten, überaus verschieden geformten kernartigen Gebilden zum Vor- schein gebracht werden. Erst durch geeignete Schnitte, sowie durch Maceration der Elemente erhält man einen Einblick in die complicirten Structurverhältnisse dieser eigenthümlichen Gebilde. Betrachten wir zunächst das, was sich an Schnitten") erkennen lässt, indem wir des besseren Verständnisses halber auch Dasyhranchus mit heranziehen. Die Wimperorgane sind aussen von einer Lage des Peritoneums bekleidet, welche von ganz ähnlichem Ansehen ist, wie es schon von verschiedenen anderen Organen beschrieben wurde. Unmittelbar unter dem Peritoneum liegt eine Schicht ringförmig gerichteter Muskelfasern. Auf diese folgt ein Netz sehr feiner, vielfach anastomosirender Nervenfasern, deren Verlauf stellenweise von kernartigen Anschwellungen unterbrochen wird; einzelne dieser Fasern nehmen eine gegen das Lumen des Organs aufsteigende Richtung, und aus ihnen entwickeln sich kräftigere Fäden, welche zunächst zu massiven, ziemlich homogenen und sich überaus tief tingirenden, spindel- oder kegelförmigen Gebilden anschwellen, um sodann entweder direkt oder durch Vermittelung eines anderen Fadenstückes in eine Schicht zarter, sich wenig färbender, bis zur Cuticula reichender Protoplasmakegel überzugehen. Die 1 — 2 jx dicke Cuticula ist von zahl- reichen Poren durchbohrt, durch welche die bereits beschriebenen Cilien mit den Proto- plasmaköpfen in Verbindung treten. Alle diese zwischen Peritoneum und Cuticula gelegenen Schichten bilden nun, abgesehen von der basalen Muskel- und Nervenfaserschicht, Glieder a) Taf. 11. Fig. 15. 16; vergl. Taf. 21. Fig. 12. 13. *) Zur Orientirung sei bemerkt, dass icb, wenn von aussen oder innen die Rede ist, mir die Wimperorgane stets im eingestülpten Zustande vorstelle. Zool. Station z. Neapel, Faun mul Flora, Golf von Neapel. Capitellirten. 10 74 A. Anatomisch-Histologischer Theil. einer einzigen Zellenlage. Die Continuität der Fäden, Spindeln und Protoplasmaköpfe, also das Vorhandensein ähnlicher langgezogener Zellen, wie sie in kleinerem Maassstabe schon in der Haut und im Darme kennen gelernt und als Fadenzellen unterschieden wurden, lässt sich schon mit aller Bestimmtheit aus den von Schnitten herstammenden Figuren erkennen; aber von den weit über das einzelne Zellenindividuum hinausreichenden Anastomosen, von der grossen Mannigfaltigkeit der Zellenformen und endlich von dem Verhältnisse der Nerven zu den- selben geben erst die durch Isolirung der Elemente gewonnenen Präparate'^) einen Begriff. Aus den citirten Figuren ergibt sich, dass die meisten dieser Zellen erstens aus einem langen, homogenen Faden bestehen, in welchen sich ein oder mehrere ebenfalls ziemlich homogene, überaus kräftig Farbstoffe aufnehmende, ovale oder spindelförmige Kerne einschieben, und zweitens aus einem keulen- oder lancettförmigen, durchaus jeder Membranbildung entbehren- den Protoplasmakopfe, in welchen der Faden continuirlich übergeht. Einzelne dieser Proto- plasmaköpfe entbehren der Kerne, andere weisen aber deren bald einen, bald mehrere auf, und zwar solche von gewöhnlicher, rundlicher Form. Die keulenförmigen Protoplasmaköpfe scheinen allein Wim^iern zu tragen, die lancett- und sichelförmigen dienen wohl als Ersatz- oder als Schaltzellen zur Ausfüllung der Lücken, zu deren Entstehung die Keulenform der breit an die Cuticula herantretenden Wimperzellen Veranlassung gibt. Das Auffallendste ist aber, dass viele dieser Fäden nicht blos in einen solchen Protoplasmakopf übergehen, sondern in mehrere; bis vier Köpfe sah ich aus einem Faden entspringen, und zwar bald im Bereiche des Fadenkerns, bald im Bereiche des Fadenkopfes; umgekehrt sieht man auch häufig mehrere Fäden in einen Protoplasmakopf übergehen, und dann kann entweder nur der Hauptfaden, oder aber deren jeder seine Kernanschwellung besitzen. Wenn es bei so eigenthümüchen Zellenformationen schon im einfachen Falle schwer ist die Individualität zu begrenzen, da wir häufig nicht nur in den Protoplasmaköpfen einen oder mehrere rundliche Kerne, sondern auch in den Fäden, in welche die Köpfe auslaufen, unzweifelhafte Kernge- bilde antreffen, so wächst diese Schwierigkeit angesichts jener vielgiiedrigen Bildungen. Ich glaube aber nicht zu irren, wenn ich letztere als Producte eines Sprossungsprozesses auffasse, einerlei ob nun dieser Prozess als eine einmalige, embryologisch eingeleitete, oder aber als eine das ganze Leben hindurch andauernde Vermehrung der betreffenden Elemente aufge- fasst werden muss. Es möge nochmals darauf aufmerksam gemacht werden, dass die Figuren, auf welche zur Illustrirung des Erwähnten verwiesen wurde, nur eine überaus unvollkommene Vorstellung von der Ueppigkeit dieser Sprossungsverhältnisse geben; einzelne besonders geglückte Präparate zeigen die Zellcomplexe so vielfach anastomosirend vind ineinander- greifend, dass es mir gar nicht gelang, eine auch nur annähernd correcte Zeichnung davon anzufertigen; es ist sogar fraglich, ob auch nur eine einzige meiner Figuren eine intacte, selbständige Zelle oder Zellengruppe darstellt; mit anderen Worten: ich glaube, dass die gesammte Zellenmasse des Organs im innigsten, unauflösbaren gegenseitigen Verbände steht. a) Taf. 11. Fig. 17; vergl. Taf. 21. Kig. 14. I. Notomastus. 6. Sinnesorgane, b. Die Wimpeiorgane. 75 Zu alledem kommt nun noch die, wie an keiner anderen Stelle des Körpers reichliche Ner- ven Versorgung. Die drei dicken, aus den hinteren Lappen des Gehirns entspringenden Nervenstränge bilden, nachdem sie das Peritoneum durchbohrt haben, eine förmliche Nerven- faserschicht, aus der massenhaft Fibrillen zu den Zellencomplexen hin ausstrahlen. Diese Fibrillen sind ebenfalls auf das Mannigfaltigste verzweigt und enthalten besonders an den Punkten gegenseitigen Anastomosirens zahlreiche Körner eingeschaltet 'i) . An isolirten Zellen resp. Zellengruppen ^) lassen sich die Fibrillen basal meistens sofort an ihren Varicositäten er- kennen; weiterhin kann man aber häufig im Zweifel darüber bleiben, wo der Nerv aufhört und wo der Faden der Fadenzelle anfängt. Die Verbindung von Zelle und Nerv geschieht in verschiedener Weise: einzelne Fibrillen treten an die basalen Ausläufer der Zellenfäden, um hier anscheinend mit diesen Fäden zu verschmelzen, oder aber, um sich, scharf hervortretend, bis zum Kerne, ja bis zum Protoplasmakopf hinein fortzusetzen; andere treiFen die Zellen erst in der Region des Fadenkerns, und auch in diesem letzteren Falle kann man häufig die betreff'enden Fibrillen am Kerne vorbei bis in die Protoplasmaköpfe hinein verfolgen. In den Protoplasmaköpfen endigen die Nerven auf eine mir iinbekannt gebliebene Weise in un- mittelbarer Nähe der Kerne; ein Eindringen in die Kerne selbst vermochte ich hier nicht zu constatiren, so häufig auch Bilder — in denen das Fibrillenende unter oder über den Kern zu liegen kam — dafür zu sprechen schienen. Auch im Bereiche der Zellenfäden kann häufig durch solche Täuschung ein Bild ent- stehen, als ob die zum Protoplasmakopf hinziehende Fibrille innerhalb des Fadens der Faden- zelle verliefe, ja ihren Fadenkern durchsetzte: ein Wenden des Präparats genügt aber, um zu zeigen, dass derartige Fibrillen nur in sehr inniger Nachbarschaft neben dem in solchen Fällen etwas breiteren Faden hinziehen. Unter den isolirten Fadenzellen fand ich auch solche, deren Fibrillen mit überaus zarten, blattartig dünnen, in Fortsätze auslaufenden Ganglienzellen in Verbindung standen«); einzelne Fibrillen sah ich deutlich im Bereiche des Kerns dieser letzteren Zellen ihren Ur- sprung nehmen; andrerseits traten aber auch an anderen Punkten Fibrillen aus diesen Zellen. Aus diesen Befunden geht hervor, dass auch in den Wimperorganen, so wie in der Haut und in dem Darmkanal, die Fibrillen des zur Innervation bestimmten Nerven sich zunächst zu einem Ganglienzellenplexus begeben und erst von diesem aus die Versorgung der einzelnen Zellen stattfindet. Dass dieser Plexus in Folge seiner ganzen Configuration nicht wohl auf Schnitten zur Ansicht gebracht werden kann, wurde schon an anderer Stelle erläutert ■>) . Zum Schlüsse sei noch bemerkt, dass diese Schilderung des feineren Aufbaues der Wimperorgane nicht ausgedehnt werden darf auf jene, allerdings nur ganz kurze Strecke derselben, welche den Spalten, durch die sich die Organe hervorstülpen können, zunächst liegt; jene Strecke stimmt nämlich in ihren Structuiwerhältnissen durchaus mit denjenigen der Haut überein, verhält sich überhaupt ganz wie eine Einstülpung der betreffenden Hautstelle. ij Vergl. Taf. 2f. Fig. 12. b;, Taf. 11. Fig. 17; vergl. Tat'. 21. Fig. 14. c' Vergl. Taf. 21. Fig. 14. 7.) Vergl. p. 26. 7ß A. Anatomiscli-Histologischer Theil. c. Die Seitenorgane ^ In seiner Beschreibung der Capitella rubicunda [Notomastus rubicimdus) erwähnt Kjefeestein ') , dass an allen Segmenten dieses Thieres, mit Ausnahme der kürzeren des Hinterendes, sich auf dem Rücken, zwischen dem dorsalen und ventralen Fussstummel, jederseits eine spaltformige Oeffnung, begrenzt von zwei ziemlich weit vorragenden Lippen befinde und dass diese Oeifnung wahrscheinlich die äussere Mündung des Segmentalorgans darstelle. Auch Claparede^), der dasselbe Thier kurz darauf ausführlicher beschreibt, betrachtet diese zwischen Rücken- und Baueh-Borstenreihe befindlichen, von zwei hervorragenden Lippen eingefassten Quersimlten, aus denen — wie er hinzufügt — starre, lange, nicht flimmernde Wimpern hervorragen, als die äusseren Mündungen der Segmentalorgane. Durch das Studium des Notomastus Sarsii und des Notomastus Benedeni überzeugte sich indessen Claparede») späterhin, dass die fraglichen — wie er jetzt erkennt — auf elliptischen Hügeln angebrachten Querspalten, welche auf das Abdomen beschränkt sind, Nichts mit den Segmentalorganen zu thun haben, indem letztere an einem ganz anderen Orte nach aussen münden. Mit Bezug auf die Function der ersteren aber vermuthet er, dass sie entweder Oeffnungen zur Ausfuhr der Geschlechtsproducte, oder Rudimente der Dasyhranchus-Kiemen darstellen. Bei Gelegenheit der Beschreibung des Notomastus Imeatus endlich bezeichnet Claparede*) dieselben Gebilde als comprimirte, 0,17 mm breite Knöpfe, welche mit einem Walde zarter, jedoch starrer Borsten besetzt seien, ohne auf die Frage nach deren Function zurückzukommen. Notomastus lineatus soll ferner ausser diesen auf das Abdomen beschränkten Knöpfen an den letzten drei Thoraxsegmenten jederseits eine Oeffnung besitzen, ähnliche Oeffnungen oder Poren wie Claparede bei Capitella major ^) an allen borstentragenden Thoraxsegmenten erkannt hatte. Dieselben Thoraxporen hatte aber schon Ivefeestein «) , wie aus seiner Fig. 7 , Tafel XI und aus dem Satze: dass die spaltförmigen Oeffnungen an allen Segmenten mit Ausnahme der kürzeren des Hinterendes vorkämen, hervorgeht, an Notomastus rubicundus bemerkt, hatte sie aber mit den auf das Abdomen beschränkten Knöpfen oder Hügeln zusammengeworfen; daher auch der von ihm gewählte und wohl für die Poren des Thorax, aber nicht für die Hügel des Abdomens passende Name »spaltformige Oeff- nungen«**). 1) 1. p. 4. c. p. 125. 2) 1. p. 4. c. p. 27. 3) 1. p. 5. c. p. 54. 4) 1. p. S. c. p. 280. 5) 1. p. S. c. p. 277. 6) 1. p. 4. c. p. 125. *) Die Ergebnisse der an den Seitenorganen und becherförmigen Organen angestellten Untersuchungen wurden bereits auszugsweise veröfrentlicht : H. ErsiG. Die Seitenorgane und becherförmigen Organe der Capitelliden. Mitth. Z. Stafr. Neapel. 1. Bd. p. 27S. In jenem Auszuge war aber nur Notomastus Imeatus berücksichtigt worden, wogegen der jetzigen Darstellung alle Arten des Genus zu Grunde liegen. Verschiedene wichtige Fragen, wie z. B. die nach der Innervation der Seitenorgane sind denn auch erst bei dieser breiteren, nachträglichen Bearbeitung des Genus zur Beantwortung gelangt. **) Die KEFERSTEiN'sehe Darstellung litt auch in anderer Hinsicht an ünverständlichkeit : einerseits ver- muthete der Autor in den spaltförmigen Oeffnungen. welche an allen Segmenten mit Ausnahme der kürzeren des Hinterendes vorkommen sollen, die äusseren Mündungen der Segmentalorgane, andererseits hob er ausdrücklich hervor , dass in den vordersten neun Segmenten gar keine Segmentalorgane existirten. Im Abdomen ferner be- zeichnete er bald die auf den Segmentgrenzen gelegenen Hügel, bald in der Mitte der Segmente gelegene Spalten als Mündungen der Segmentalorgane. I. Notomastus. 6. Sinnesorgane, c. Die Seitenorgane. 77 Claparede dagegen hatte die Thoraxpoien au allen von ihm bis dahin beschriebenen Notomastus- Arten — also bei Notomastus ruhictmdus, Notomasfus Sarsii und Notomastus Benedeni — einfach über- sehen, und auch bei Notomastus Imeatus hat er deren Zahl unrichtig angegeben, indem nicht bloss die letzten drei, sondern alle borstentragenden Thoraxsegmente mit Poren ausgerüstet sind. Es lagen nach alledem, als ich an die Untersuchung der Capitelliden ging, zwei problematische Bildungen vor: nämlich erstens die angeblich mit spaltförmigen OefFnungen versehenen Hügel des Abdomens (= Seitenorgane des Abdomens) und zweitens die OefFnungen oder Poren des Thorax (= Seitenorgane des Thorax). Beginnen wir mit den Seitenorganen des Abdomens. Für mich entstand zunächst die J'rage: Sind diese dem ganzen Abdomen entlang, auf jedem Segmente, zwischen den Bauch- und Rücken-Hakenwülsten (Parapodien) jederseits gelegenen, mit starren Haaren ver- sehenen Hügel =^) wirklich durchbohrt? Sind die mehrfach beschriebenen, von Lippen be- grenzten Quers^jalten in der That vorhanden und stellen sie, wenn das auch der Fall sein sollte, Communicationen zwischen der Leibeshöhle und der Aussenwelt dar"? Häufig erhält man Bilder, die einer Bejahung dieser Fragen günstig erscheinen. Der Hügel oder — wie ich ihn entsprechend seiner Function fortan bezeichnen will — der Sinneshügel stellt sich nämlich in solchen Fällen als eine an der Basis etwas verschmächtigte, von da gegen deren freien Pol hin allmählich anschwellende Knospe dar, welche an eben diesem Pole eine schüsseiförmige Vertiefung aufweist. Aus dieser Vertiefimg hervor ragen dann, zu einem dichten Bündel geschlossen, die steifen Haare oder Borsten, die wir mit dem Namen Sinneshaare bezeichnen wollen. Ja es begegnen uns oft Sinneshügel, welche am freien Pole nicht etwa nur eine schüsseiförmige Aushöhlung, sondern eine schmale, von über- hängenden Lippen begrenzte Spalte zeigen, aus der die noch dichter zusammengedrängten Sinneshaare hervorragen. Aber daneben, häufig an ein und demselben Thiere, stossen wir au.f Hügel, welche ganz anders geformt sind: der distale Abschnitt derselben zeigt weder eine schüsseiförmige Vertiefung, noch eine von Lippen begrenzte Spalte, sondern wölbt sich vielmehr kugelförmig, und vom oberen, den freien Pol einnehmenden Drittel dieser seiner Kugelfiäche strahlen nach allen Seiten (radienförmig) die Sinueshaare aus. Dieses so entgegengesetzte Verhalten hat sich folgendermaassen aufgeklärt: die normale Form des Sinneshügels ist die zuletzt geschilderte; an ihm inseriren sich aber mehrere Mus- keln ^) , welche den freien Pol mehr oder weniger tief einzustülpen vermögen , so dass die vorher über einen Theil der freien Kugelfläche zerstreut stehenden Sinneshaare nun büschel- förmig in eine Mulde oder in eine von lii^pen begrenzte Spalte zu liegen kommen und nur noch mit ihren Spitzen nach aussen ragen. Zur Veranschaulichung dieses Verhaltens ver- gleiche man die Holzschnitte p. 92 [a. h.'], welche die Formveränderungen darstellen, die der Sinneshügel durch die Einstülpung erleiden kann. a) Taf 2. Fig. 2—4. Fig. 6. 7. Taf. 14. Fig. 1. 2. Taf. 10. Fig. 1. 2. S. A. b) Taf. 10. Fig. 1—9. S. R. M. 7S A. Anatomisch-Histologischer Theil. Diese Einstülpung der Hügelkuppe und die Insertion des Rückziehmuskels wird durch den ITmstand erleichtert, dass die Basis des im Uebrigen soliden Hügels mit einer kleinen Höhlung versehen ist, welche zunächst von den Wandungen des Hügels, sodann aber von denjenigen des Hautmuskelschlauchs begrenzt, direct in die Perivisceralhöhle übergeht. Die Existenz dieser Communication zwischen Hügel- und Perivisceralhöhle wird schon durch die eine Thatsache bewiesen, dass der Blutstrom seine Elemente häufig ebenso in die Hügelhöhle, wie in die anderen Ausstülpungen der Perivisceralhöhle, als: Kiemen, AVimperorgane und Rüssel hineinpresst. Die Beobachtung dieser BlutanfüUung der Hügelhöhle hat mich auch auf die richtige Fährte zur Beantwortung der Frage geführt: durch welche Kraft denn eigent- lich das durch seinen Muskel retrahirte Haarfeld wieder ausgestülpt werde. Es ist der Druck des Blutstroms, der, so wie den Rüssel und die Wimperorgane, auch das eingezogene Haarfeld wieder zur Ausstülpung bringt. Nach alle dem kann die erste der aufgeworfenen Fragen verneint werden: die Hügel sind nicht durchbohrt, stellen keine Communicationen zwischen Leibeshöhle und Aussenwelt dar, und in Folge dessen können ihnen auch solche Functionen, wie Claparede vermuthete, nicht zukommen. Die Lage der Sinneshügel ist in gewisser Hinsicht eine für alle Segmente constante. Man trifft sie nämlich in allen Fällen, nahe der hinteren Grenze der Segmente, auf einer die Rücken- und Bauch-Hakenwülste verbindenden geraden Linie '^), und zwar stets in dem ge- schützten Winkel, welchen die Hakentaschen mit der Leibeswand bilden. Dieser Punkt fällt zusammen mit jener zwischen der neuralen und hämalen Stammesmuskulatur gelegenen Spalte, welche ich schon mehrfach als Seitenlinie') zu erwähnen hatte. Wie alle im Bereiche dieser Linie gelegenen Organe, so machen nun auch die Sinneshügel die Lageveränderung mit, welcher sie selbst vom Körperaufange bis zum Körperende, entsprechend der regionenweise wechselnden Mächtigkeit der neuralen und hämalen Stammesmuskulatur, unterworfen ist. In Folge dessen finden wir die Hügel — immer unbeschadet ihrer relativ constanten Stellung — mit Bezug auf die Körperaxen sehr verschieden gelagert. Zur Veranschaulichung dieses Verhältnisses mögen die im nachfolgenden Holzschnitte dargestellten, schematisch gehaltenen Schnitte dienen: h von einem der ersten Abdominalsegmente eines über hundert Zoniten JieuraUfhmfiodkane OO o Scheraatische Querschnitte durch Segmente verschiedener Körperregiouen eines Xotomostns, um die Lageveränderung der Seitenorgane (nebst Parapodien und Kiemen) längs dieser verschiedenen Regionen, conform dem Sinken resp. Ansteigen der Seitenlinie, zu deraonstriren, a. vom Thorax; b. vom Abdomenanfange ; c von der Abdomenmitte ; d. ebenso weiterhin gegen das Äbdomenende; (• vom Abdomenende. a) Taf. 2. Fig. 2—4. Fig. 6. 7. Taf. 14. Fig. 1. 2. rj. Vergl. p. 13 und .31. I. Notomastus. G. Sinnesorgane, c. Die Seitenorgane. 79 zählenden, 5 — 6 cm langen Thieres zeigt die neurale Längsmuskulatur nahe an der ventralen Medianlinie beginnend und sich fast bis zum Rücken erstreckend; in Folge dessen kommen die in dieser Region stark ausgebildeten Hakentaschen (Kiemen) und mit ihnen die Sinnes- hügel ganz auf den Rücken, in die Nähe der hämalen Parapodien zu liegen, c von einem der mittleren Abdominalsegmente desselben Thieres; die neurale Längsmuskulatur erstreckt sich weder so weit neural, noch so weit hämal, wie im vorigen Falle; die — viel weniger ausgebildeten — Kiemen und die Sinneshügel stehen daher seitlich, jedoch der Rückenseite noch mehr als der Bauchseite genähert; die hämale Längsmuskulatur aber ist mehr nach aussen von der Medianlinie abgerückt, d von einem weiterhin gelegenen Abdominalsegmente dieses Thieres zeigt die neurale Längsmuskulatur kaum noch stärker ausgeprägt als die hämale, und beide nehmen an dem mehr rundlich gewordenen Leibe fast symmetrisch zur Längs- axe gelegene Bögen ein; die nur noch als unbedeutende Anschwellungen erscheinenden Kiemen und die Sinneshügel kommen daher ebenfalls seitlich, aber der neuralen Medianlinie mehr als der hämalen genähert, zu liegen, e endlich vom Schwanzende zeigt ein b gegenüber geradezu umgekehrtes Verhalten, indem die neurale Längsmuskulatur und mit ihr die Sinnes- hügel nahezu bis zur Bauchfläche herabrücken. Je nach den Arten haben die abdominalen Hügel eine verschiedengradig freie Lage. Am meisten von den I^eibeswandungen emancipirt haben sie sich bei Notomastus lineatus^) und profundus^); in nahezu eben so hohem Grade bei Notomastus Benedeni'^); kaum über die Epidermis herausragend finden wir sie dagegen bei Notomastus fertilis^). Die Grösse der Hügel variirt, insofern man entsjirechende Regionen des Abdomens verschieden reifer Thiere mit einander vergleicht, kaum bemerkenswerth, sie variirt aber nicht unbedeutend in den verschiedenen Regionen ein und desselben Thieres. Wie die Segmente in toto, so nehmen auch die Hügel vom Abdomenanfange gegen das Abdomenende hin ganz allmählich an Grösse ab. Ich gebe einige meiner Messungen: Vordere Abdominalregion (ungefähr 1. — 20. Segment) -^— bis— ^mm Mittlere - ( - 20.-60. - ) ^4 " ^21 " E,„,- - , - 50.-S0. - )^;^-S- In diesen Werthen bedeutet die über der Linie stehende Zahl die I^äuge des im optischen Schnitte gemessenen, rechtwinklig auf die I>ängsaxe des Thieres stehenden Hügel- durchmessers, die unter der Linie stehende Zahl aber bedeutet die Länge des ebenso ge- messenen, parallel zur Längsaxe des Thieres stehenden Durchmessers. Es schwankt demnach die Grösse der Hügel an einem erwachsenen, ungefähr SO Abdominalsegmente zählenden rp-u • • T, 0.16 , 0,06 Ihiere zwischen und — — mm. 0,12 0,04 a) Taf. 2. Fig. 2—4. Taf. 10. Fig. 1. b) Taf. 2. Fig. 6. 7. Tat'. 10. Fig. 3. 5. c) Taf. 14. l. 2. d; Taf. 10. Fig. 2. Taf. 14. Fig. 12. §Q A. Anatomisch-Histologischer Theil. "Wie aus dem Verhältnisse dieser Älaasse hervorgeht, stellen die Grenzlinien der Hügel Ellipsen dar, deren grosse Axen auf die Längsaxe des Thieres rechtwinklig gerichtet stehen. Einer ganz entsprechenden Anordnung in Form eines sehr langgestreckten, das Hügelcentrum einnehmenden, rechtwinklig auf die Körperaxe gerichteten Ovals folgen auch die Sinneshaare, die Sinneszellen, sowie der Haarfeldretractor, so dass Schnitte durch die lange Axe des Organs alle diese Theile flächenhaft, und Schnitte durch die kurze Axe desselben jene Theile quer treffen'^). Die Form der Hügel ist indessen keine ganz unveränderliche, indem durch die C'ontractionen mehrerer, von der hämalen Partie der Längs- sowie der Ringmuskulatur entspringender, an der Hügelbasis sich inserirender Muskelstränge nicht nur die Stellung (Richtuno-) der Hügel, sondern auch das Grössenverhältniss ihrer Durchmesser eine vorüber- o-ehende Verschiebung erleiden kann. Diese für das Functioniren der Hügel sicherlich be- deutungsvollen Stränge, welche im Gegensatze zu den Haarfeldretractoren »Drehmuskeln« heissen mögen, sind in folgender Weise angeordnet: von dem auf der Höhe der Seitenlinie also am meisten hämal) gelegenen Bündel der neuralen I/ängsmuskulatur des Stammes spalten sich im Bereiche eines jeden Seitenorgans zwei Bündel ab, deren eines von hinten und unten nach oben und deren anderes entgegengesetzt von vorn und unten nach oben zur Basis des Sinneshügels hinzieht, um sich je an der vorderen, resp. hinteren Fläche dieses Organs zu. befestigen^). Die Verkürzung eines dieser Drehmuskeln muss die Wendung des Hügels nach der entsprechenden Seite, die Verkürzung beider Muskeln aber muss bis zu einem ge- wissen Grade eine Retraction des Organs zur Folge haben. Eine auf die eben geschilderte rechtwinklig entgegengesetzte Drehwirkung muss das sich von der Ringmuskulatur ablösende, das Körnerganglion an seiner Basis durchsetzende Faserbündel ausüben, und zwar eine Drehung des Hügels nach rechts oder links, je nachdem die ^luskelpartie der betreffenden Seite in Action tritt. Eine simultane Contraction beider wird sodann, ebenso wie bei den vorigen, eine gelinde Retraction des Hügels bewirken. Zur besseren '^^ Uebersicht aller dieser Muskeln, welche in Schnitten selbstver- ständlich nur je theilweise zur Ansicht gelangen können, habe ich das nebenstehende Schema entworfen. Ich wende mich nun zur Beschreibung der Hügelstructur. Schema zixv Denioiutration der je eiueu abdo- f p n •• i j_ i • o • i r.\ i t» i /* rainalen Sinneshügel versorgenden Muskeln. hS laileU ZUUachst Clie i5 lU U eSiiaar e '^ ! Oder Borstcn aut, Wenn wir die in der Figur uns zugewandte f,\^nit't."^"."°ThWp'' fnniM '"'ri'^Tpt?"™- wle uiau slc fi'üher bezeichnete. Meiner Schätzung nach beträgt '';\"r",:'''-"-''i'." .[l\ '"Sei" ^^^'^ Zahl auf einem grösseren Hügel mehrere Hundert. Sie A^.''n,l\"-,'".'''i\''^-^,. i''^^,^.' '.■.^•'•[■'m'mt haben — dies geht aus zahlreichen von mir vorgenommenen inn -mu u; 1 V . I I - I "i;'"i'n''an Messungeu hervor- — die für alle Stellen des Haarfeldes constant einer rechtwinklig auf nie vorife gi-ricilteten schwaukeudc Läugc vou 40 — 60 w. Die seuaue Messung wird Drehwirkuug. c. ist der meist aus mehreren o r » D BesVre°ibunyn*'b6k\nnTe*Haa°rfei'dretactOT, ^" iu Folge der Lagevei'änderuugen des Hügels und der Einstülpung des Haarfeldes in den meisten Fällen sehr erschwert, daher wohl a) Taf. 10. Fig. 7. 9 u. Fig. 3. 4. b; Taf. 10. Fig. 5. S. D. M. l. c) Taf. 10. Fig. 6. S. H. I. Notomastiis. 0. Sinnesorgane, c. Die Seitenorgane. 81 die Schwankung meiner Zahlen zwischen 40 und 60. An der Basis haben die Haare eine Breite von kaum 1 |x und diese Breite behalten sie nahezu bis zum Ende hin; jedenfalls be- schränkt sich ihr Zuspitzen auf ein Minimum. Sie bieten ihrer ganzen Länge nach das Bild einer blassen, homogenen Substanz, sind unbeweglich, gerade und scheinbar starr; aber nur scheinbar; denn wenn auch die grosse Zahl so gerader und unbeweglicher Gebilde diesen Eindruck hervorrufen, so kann man sich doch durch irgend welche Berührung des Hügels überzeugen, dass die Haare geschmeidig genug sind, um starke Biegungen ohne Schaden ertragen zu können. Die Sinneshaare sind in hohem Maasse vergängliche Gebilde. Durch die Einwirkung ii'gend welcher Salze oder Säuren (Osmiumsäure ausgenommen) werden sie meistens wie auf einen Schlag zerstört. Der Prozess ihrer so bewirkten Zerstörung lässt sich am besten einem Schmelzen vergleichen, nur mit dem Unterschiede, dass das Resultat des Schmelzprozesses hier nicht in der Bildung einer Flüssigkeit, sondern in der Bildung einer grossen Anzahl 2 — 4 [X grosser, äusserst blasser Kügelchen besteht. Im Moment ihrer Entstehung zeigen diese Kügelchen eine tanzende Bewegung, bald aber kommen sie zur Ruhe und backen weiterhin so fest zusammen, dass in den meisten meiner Zupf- und Schnitt-Präparate ein Conglomerat solcher Kügelchen noch die Zone bedeckt, auf der im frischen Zustande die Sinneshaare eingepflanzt waren. Aber so zart*) sind die Sinneshaare, dass es nicht einmal der Einwirkung von Reagentien bedarf, um diese, oder doch wenigstens eine ähnliche Um- wandlung hervorzurufen. Nur viel langsamer und in etwas modiiicirter Weise vollzieht sich spontan derselbe Prozess an Sinneshügeln, welche, in toto abpräparirt, eine Zeit lang oflFen in Seewasser gelegen hatten. Die Haare werden dann zunächst wellig, starren nicht mehr, lösen sich theilweise von ihrem Mutterboden ab und zeigen eine Anzahl regelmässiger 1 — 2 [ji grosser, rundlicher bis spindelförmiger Anschwellungen. Diese in gleichen Abständen auf- einander folgenden Anschwellungen nehmen, gegenüber den blassen Haaren, ein glänzendes Ansehen und eine gelbliche Färbung an. In dem Maasse als nun die Anschwellungen auf- treten, zerfallen die Haare, und wir begegnen dann vorwiegend Bruchstücken solcher, welche an einem ihrer Enden in eine der eben beschriebenen Anschwellungen auslaufen. In diesem Moment hat das Bild der absterbenden Haare die grösste Aehnlichkeit mit einem Haufen von Nesselstäben oder Samenfäden, an welch letztere man um so mehr erinnert wird, als dieser langsamere Prozess des Schmelzens ebenfalls mit Bewegungen der oft in ein »Köpfchen« aus- laufenden Haarbruchstücke verbunden ist. Schliesslich zerfallen selbst diese Haarbruchstücke, *) Ich hebe diese Eigenschaft mit besonderem Nachdrucke hervor , weil sich aus ihr vielleicht die That- sache erklären lässt, dass für Sinnesorgane höherer Thiere das Vorhandensein ähnlicher Haare mit ebenso grosser Bestimmtheit behauptet, als in Abrede gestellt worden ist; ferner, weil Letdig das Schwankende der Angaben über das Vorhandensein dieser Sinneshaare zu Gunsten seiner Theorie verwerthen zu können glaubte, derzufolge die Seitenorgane (überhaupt das , was er Organe eines sechsten Sinnes nennt) neben ihrer empfindenden auch eine secretorische Function auszuüben im Stande sein sollen. Die Sinneshaare würden nämlich der LEYDie'schen Auf- fassung zufolge keinen integrirenden Bestandtheil des Organs, sondern ein periodisch zur Abscheidung gelangendes Product desselben darstellen. Zool. Station z. Neapel, Fauna und Flora, Golf von Neapel. Capitelliden. 1 1 g2 A. Anatomisch-Histologischev Theil. und ein Conglomerat blasser Kügelchen ist alles, Avas auch in diesem Falle von den Sinnes- haaren übrig bleibt a). Unter allen den zahlreichen, anfänglich von mir in Anwendung gebrachten Reagentien war es nur die Osmiumsäure, mit Hülfe welcher es gelang, die Sinneshaare gut zu conser- viren. Wendet man die Säure als Lösung an, so bleiben die Haare allerdings nur theilweise erhalten, ein anderer Theil .zerfallt; gebraucht man aber das Reagens in Dampfform, so ge- lingt es den ganzen Büschel der Haare so gut zu erhalten, dass er in essigsaurem Kali oder Glycerin als dauerndes Präparat eingeschlossen werden kann. Die Sinneshaare werden durch Osmium rasch und intensiv braun gefärbt; auch Hämatoxylin und andere Farbstoffe bewirken — selbst nach der Osmium -Einwirkung — eine starke Tinction. Später lernte ich in der von LoBiANCo eingeführten, allmählich wirkenden Abtödtungsmethode durch Seewasser- Alcohol '") ein noch viel besseres Verfahren für die Erhaltung der Sinneshaare kennen. Die Erhaltung ist in diesem Falle eine so vorzügliche, dass fast alle meine von so behandelten Thieren an- gefertigten Schnitte die Haare nur wenig verändert zeigen. Stellt man auf einen optischen Schnitt des Hügels ein, so sieht man denselben nach aussen hin begrenzt von einer hellen, homogenen, 2 \l dicken Haut, der C'uticula, welche an den Grenzen des Organs continuirüch in die gleichnamige, den ganzen Wurmleib be- deckende Membran übergeht. Im Bereiche des Haarfeldes habe ich keine anderen Haut- elemente als diese wahrzunehmen vermocht; von der Grenze des Haarfeldes ab jedoch, gegen die Hügelbasis hin, lassen sich unter der Hügelcuticula äusserst platte, der Hypodermis zugehörige Zellen nachweisen. Die Cuticula erscheint im ganzen Bereiche des Haarbezirks wie von feinen, rechtwinklig zur Membran gestellten Streifen durchzogen. Sieht man aber genauer zu, so überzeugt man sich, dass diese Streifen nichts anderes sind als die die ge- nannte Haut durchbohrenden Basen der Sinneshaare. Nur bis zur inneren Fläche der Cuticula reichen die Sinneshaare als solche: weiter- hin gehen sie in Gebilde über, welche ich ihrer Form Avegen als Stäbchen bezeichnen will. Diese Stäbchen^) sind ebenfalls von blassem, homogenem Ansehen imd erstrecken sich in der Hügelpeiipherie genau so weit wie die Sinneshaare. Ihre Demonstration in £i-ischem Zustande ist schwierig und erfordert unter allen Umständen starke Vergrösserungen ; ihre Länge beträgt 12 — 14 }x, ihre Breite 1 — IV2 [J., so dass durchschnittlich ungefähr zwei Sinneshaare auf ein Stäbchen kommen mögen. fcn" frischen Zustande stimmt das Lichtbrechungsvermögen der Stäbchen mit demjenigen einer unzweifelhaft vorhandenen Zwischensubstanz so sehr überein, dass es oft schwer hält, deren Grenzen klar zu übersehen, und noch schwerer, deren Form genau zu definiren. Erstere Schwierigkeit fäUt nach Einvdrkung gewisser Reagentien weg; aber der Bestimmung ihrer Form fahren diese überaus vergänglichen und schwer isolirbaren Hügelgebilde fort, auf i) Taf. 11. Fig. 4. b Taf. 10. Fig. 1—9. C. c) Taf. 10. Fig. 1—9. Taf. 11. Fig. Ii\ Si. x) Vergl. Anhang, Präparationsmethoden. I. Notomastus. 6. Sinnesorgane, e. Die Seitenorgane. 83 allen Wegen grosse Hindernisse entgegen zu setzen. Schliesslich haben mich aber die an Macerations- und Schnitt-Präparaten gewonnenen Ergebnisse zur Ansicht gebracht, dass die Stäbchen, an ihren gegen die Cuticula gerichteten Enden, flach abgestutzte und an den entgegengesetzten Enden allmählich sich verjüngende Gebilde von jirismatischem Quer- schnitte darstellen. Dass die Stäbchen durch die Ciiticula hindurch sich continuirlich in die Sinneshaare fortsetzen, davon überzeugt man sich am besten am frischen Hügel; aber auch aus den meisten Schnittpräparaten, welche die Sinneshaare wohl erhalten zeigen, ver- mag man eine solche Ueberzeugung zu gewinnen. Nach innen von den Stäbchen folgt eine im optischen Durchschnitte des Hügels etwa 10 [Ji breite, dunklere Schicht spindelförmiger, granulirter Gebilde — ich nenne sie Spin- deln — über deren nähere Beschaffenheit und Zusammenhang mit den vorhergehenden und nachfolgenden Theilen sich am frischen Organ ä') wenig ermitteln lässt. Gelungene Schnitte^) und besser noch Macerations - Präparate <=) zeigen aber, dass es diese Gebilde sind, welche die Stäbchen mit den tiefer gelegenen Elementen in Verbindung setzen. Ihre Lage im Hügel ist derjenigen der Sinneshaare und Stäbchen parallel gerichtet; auch sie erstrecken sich wie diese letzteren auf den ganzen Haarfeldbezirk, stehen jedoch in dessen Mitte am dichtesten gruppirt. Die Spindeln sind viel resistenterer Natur als die Stäbchen; durch die schon im frischen Zustande in ihnen vorhandenen körnigen Einlagerungen haben sie ein viel dunkleres Ansehen als jene, und dieses dunklere Ansehen wird noch verstärkt durch Nieder- schläge bewirkende Reagentien. Sie haben meistens eine Länge von 6 — 8 (x imd eine grösste Breite von 2 [i; ihre Form ist durch den ihnen von mir beigelegten Namen wohl charakte- risirt. Unter den durch Maceration isolirten Hügelelementen findet man nicht selten Spin- deln, deren beide Enden in feine Fäden auslaufen; es sind dies die abgerissenen Ausläufer, welche einerseits mit den Stäbchen, andrerseits mit den tiefer gelegenen, weiterhin näher zu betrachtenden Fasern in Zusammenhang standen. Jedem Zweifel entrückt wurde ein solcher Zusammenhang durch einzelne wohlgelungene Zupfpräparate, welche die Spindeln sowohl mit Stäbchen als mit Fasern noch in Verbindung stehend zeigten "i). Die tiefste Stelle im Hügel nimmt die an Masse und Deutlichkeit des Erscheinens alle anderen Elemente übertrefi"ende Schicht der Körner'^) ein. Im frischen Zustande stellen sie blasse, rundliche, wenig scharf begrenzte, kernartige Gebilde von 2 — 1 ji. Durchmesser dar. Bei dem matten Ansehen derselben fallen kaum 1 [i grosse, intensiv gelb gefärbte, glänzende Bläschen oder Kügelchen, welche ihnen je zu mehreren aufgelagert sind, sehr in die Augen. Letztere sind es, die dem Hügel seine im Leben gelbliche Färbung verleihen. Dass sie den Körnern wirklich aussen aufsitzen, davon habe ich mich durch Zerzupfen des frischen Organs überzeugt. An derart in ihre Elemente zerlegten Organen kann man aber noch eine andere Beobachtung bezüglich der Körner machen: die nämlich, dass sie in feine, blasse Fortsätze aus- a) Taf. 10. Fig. 0. .S>. b) Taf. 10. Fig. 1—9. Sp. c' Taf. 11. Fig. Ü\ ,S>. d) Taf. 11. Fig. G-\ e; Taf. 10. Fig. 1 — 9. Kr. Taf. 11. Fig. 5—7. f) Taf. 10. Fig. 6. AV. Taf. 11. Fig. 5. 11* 84 A. Anatomisch-Histologischer Theil. laufen. Durch diese Fortsätze sind die Körner unter sich bald in weiterem, bald in näherem gegenseitigem Abstände mit einander verbunden^). Meistens ist die Zahl der Fortsätze auf zwei beschränkt, indessen kommen auch solche mit drei Fortsätzen nicht allzu selten vor; mehr als drei habe ich aber nie beobachtet. Die Fortsätze nehmen nicht immer aus den Körnern selbst ihren Ursprung; es kommen nämlich auch derart Verbindungen zu Stande, dass sich der aus einem Kom entspringende Faden gabelförmig theilt und so Aeste an zwei benachbarte Kömer abgibt. Die Form der Körner ist sehr mannigfaltig; bald rund, bald oval, bald citronenförmig ; häufig erscheinen sie auch platt gedrückt. Osmiumsäure färbt sie braun, Goldchlorid A-iolett bis roth; in beiden Reagentien bewahren sie nahezu voll- kommen ihr homogenes Ansehen; einen starken körnigen Niederschlag bewirkt dagegen Essig- und Chromsäure. Nie lässt sich in so präparirten Körnern ein Kern nachweisen. Die im frischen Zustande so auffälligen, zwischen den Körnern gelegenen, gelben Bläschen werden durch die Einwirkung nahezu aller Reagentien zerstört, oder doch zum Mindesten entfärbt. An Stelle der vorher wenig deutlichen Begrenzung tritt ferner ein scharfer Contour und an Stelle des matten Ansehens ein nicht unbeträchtlicher Glanz. Wer die bisherige Beschreibung verfolgt, oder auch nur einen Blick auf Taf. 10 ge- worfen hat, wird wohl kaum darüber in Zweifel geblieben sein, dass wir es in den frag- lichen Hügeln des Nofomastus mit Sinnesorganen zu thun haben. Nun entsteht aber die Frage nach der Innervation dieses Sinnesorgans. Vor allen Dingen die Vorfrage: als was ist der Körnerhaufen des Hügels in histologischem Sinne zu betrachten? Kamen mir, wie dies nicht selten der Fall war, beim Präpariren der Sinneshügel Stücke des Bauchstrangs mit unter das Gesichtsfeld, so war ich oft betroffen von der grossen Aehnlichkeit, welche die Körnerpartie der ersteren mit den Ganglienknoten des letzteren in ihrem Gesammthabitus darbot. Eine vergleichende Untersuchung ergab nun, dass den Ganglienzellen ') der Bauchkette ganz ähnliche gelbe, glänzende Bläschen oder Körnchen auf- liegen wie den Körnern. Auch in den Ganglien scheinen sie im frischen Zustande die gelb- liche Färbung zu bedingen und von den gebräuchlichen Reagentien zerstört resp. entfirbt zu werden. Weiterhin fand ich, dass unter den Ganglienzellen, besonders in den tieferen Schichten ihres Beleges, ganze Gruppen kleiner, mit eben solchen Bläschen besetzter Elemente auftreten, welche von homogenem Ansehen und membranlos sind, in mehrere Forsätze aus- laufen, und eines Kerns entbehren, kurz sich ganz wie die Körner der Sinneshügel verhalten ß\ Aehnliche, nur von viel zarterer Beschaffenheit, fand ich in der Fasermasse sowohl der Ganglien als der Connective des Bauchstrangs. Wir können daher den Körnerhaufen des Sinneshügels einem Ganglion des Bauch- strangs vergleichen, welches des Neurilemmas, sowie der grossen, vorwiegend peripher ge- a) Taf. 11. Fig. 6. 7. Taf. 10. Fig. a) Vergl. p. 02. ß) Vergl. p. 64. I. Notomastus. 6. Sinnesorgane, c. Die Seitenorgane. S5 legenen, meist unipolaren Ganglienzellen beraubt ist, und dessen allein vorhandene, multipolare Körner zu einem dichten Haufen zusammengedrängt liegen*). Und nun zum Nerven. Niemand wird die unter Fig. S und 9. Taf. 10 abgebildeten Schnitte betrachten können, ohne den Eindruck zu gewinnen, dass das anfangs geschlossene, in dem Maasse aber, als es im Sinnesorgan aufsteigt, in seine Fibrillen zerfallende Bündel den das Organ ver- sorgenden Nerven darstelle. Mir zum Mindesten war durch den Eindruck dieser und ähn- licher Bilder die Natur dieses Faserbündels als eines Nervenstranges so selbstverständlich er- schienen, dass es des zwingenden Einflusses aller dagegen sprechenden Thatsachen bedurfte, um diese Ansicht zu Gunsten einer dem wahren Sachverhalt entsprechenden Beurtheilung zu erschüttern. Ich will den Leser nicht mit einer Schilderung der langwierigen, zeitrauben- den, hin und her schwankenden .Detailuntersuchung langweilen, welche schliesslich zum Re- sultate führte, ich will vielmehr gleich auf dieses Resultat hinweisen. Die Leibeshöhle wird, wie in dem die allgemeine Körperform behandelnden Kapitel erwähnt wurde"), durch ein Svstem transversaler Muskeln, resp. durch die dieselben überziehenden peritonealen Nieren- platten, in drei Räume getheilt und zwar annähernd continuirlich bei Tremomastus , weniger continuirlich bei Clistumastus. Der vermeintliche Nerv, dessen Fibrillen im Hügel ausstrahlen, ist nun nichts Anderes, als ein solcher transversaler Muskelstrang, welcher sich von den übrigen nur dadurch unter- scheidet, dass sein Ursprung hoch in die dorsalen Partien der neuralen Längs-Stammesmus- kulatur herauf verlegt sein kann*); die betreffenden Fibrillen sind demnach keine Nerven-, sondern Muskelelemente. Die Fig. 2. Taf. 14, welche einen auf der Höhe der Sinnes- hügel durch das Abdomen geführten Längsschnitt darstellt, zeigt diesen Muskel von seinem LTrsprunge bis zur Ausbreitung im Hügel, iind demonstrirt so die Thatsache in evidentester Weise. Wie ist nun diese sonderbare Anordnung zu verstehen? Welche Function kommt diesem einen Nerven so täuschend nachahmenden Muskel zu? Aus dem Vorhergehenden ist erinnerlich, wie unsere Thiere im Stande sind, den distalen, mit Sinneshaaren besetzten Pol, das sog. Haarfeld des Hügels, ein- und auszustülpen. Als die die Ausstülpung bewirkende Kraftquelle haben wir in erster Linie den frei in der Leibeshöhle circulirenden Hämolymphstrom erkannt; aber welche Vorrichtung ist zum Behufe der Einstülpung getroffen? Für diese Frage, Avelche ich so lange nicht zu beantworten ver- a) Taf. 10. Fig. 1—5. S. R. M. a) Vergl. p. 17. *) Unseren Körnern sehr ähnlich scheinen mir die von Ranke (Der Gehörvorgang und das Gehörorgan bei Pterotrachea , Zeit. Wiss. Z. Bd. 25 Supplement, p. 96. Taf. 5. Fig. 7) vom Kingganglion des Octopus-0\iK abgebildeten und als »kleinere kuglige Körner« bezeichneten Gebilde zu sein. Ferner die von CL.vrs (Das Gehör- organ der Heteropoden. Arch. Mikr. Anat. Bd. 12. p. 108. Taf. X. Fig. 4) als Bestandtheile des Nerven der P/ero^racAra-Gehörblase erwähnten Kerne. Claus fasst nämlich die Sache so auf, dass diese Gebilde als kleine, ovale, in den Verlauf der Fibrillen des Nerven eingeschobene Kerne zu betrachten seien. 86 ^- Anatomisch-Histologischer Theil. mochte, als ich in unserem Faserbündel einen Nerven erkennen 7a\ müssen glaubte, war die Antwort in dem Momente gegeben, in dem ich den Zusammenhang des transversalen Muskels mit den Hügelfibrillen erkannt hatte: der transversale Muskel, resp. der zum Hügel ver- laufende Abschnitt desselben ist nichts Anderes, als der Retractor des Haarfeldes. Dem Functioniren dieses Muskels kommen unzweifelhaft zwei bereits besprochene An- ordnungen sehr zu statten: nämUch erstens, die Lage des Sinneshügels über der zwischen der neuralen und hämalen Längsmuskulatur bestehenden, überdies noch durch die benachbarte Kiemenhöhle erweiterte Spalte, und zweitens, die an der Hügelbasis befindliche, mit der Peri- visceralhöhle direct communicirende Einbuchtung. In Folge dieser Verhältnisse kann der Retractor unbehindert von der Stammesmuskulatur (auch die Ringmuskulatur ist im Bereiche der Hügelbasis durchbrochen) zum Hügel gelangen und ungehemmt seine Excursionen beim Contrahiren und Relaxiren vollziehen. Was nun die Insertionspunkte der im Hügel ausstrahlenden Muskelfasern betrifft, so bin ich zur Ueberzeugung gelangt, dass es die Spindeln sind; denn — und dies war, so lange ich den Muskel für einen Nerven hielt, eine schwer zu verstehende Thatsache, da doch die Fibrillen eines etwaigen Nerven aller Wahrscheinlichkeit nach sich zum Hügelgangiion (den Körnern) begeben mussten — bis zu ihnen lässt sich weitaus die Mehrzahl der Fibrillen in Schnitten deutlich verfolgen^), und durch Macerationspräparate wird der unmittelbare Zu- sammenhang zwischen diesen Fasern und den Spindeln vollends erwiesen t>). Nachdem so die muskulöse Natur des im Hügel ausstrahlenden Faserbündels erkannt warj trat die Frage nach der Innervation des ersteren von Neuem heran. Lange bin ich, trotz vielfach wiederholten Studiums, über diese Frage im Unklaren geblieben, so dass ich auch in einem vorläufigen Berichte ') dieselbe dahingestellt sein lassen musste. Schliesslich erhielt ich aber doch Präparate, welche die Sache aufklärten. Ein durch die Sinneshügel rechtwinklig auf die Längsaxe des Thieres geführter Quer- schnitt trifft auch den im Bereiche der neuralen Medianlinie gelegenen Ganglienknoten. Dieser Knoten giebt in jedem Segmente auf beiden Seiten je drei, selten je vier verschieden starke Nerven ab. Alle diese Nerven durchbohren nach längerem oder kürzerem, scharf rechtwinklig auf die Längsaxe gerichtetem Verlauf die Stammesmuskulatur, um sich theils in der Längs-, theils in der Ringmuskulatur und schliesslich auch in der Haut zu verzweigen. Einer dieser Nerven aber, und zwar der mittlere der drei in der Regel vorhandenen, passirt unverzweigt die genannten Muskellagcr <^) und steigt zwischen ihnen und der Haut, oder zwischen Längs- und Ringmuskulatur, vom Bauch gegen den Rücken auf. Auf der Höhe der Kieme angelangt, spaltet er sich sodann in zwei ziemlich gleich starke Aeste, deren einer sich zur Kieme begibt und deren anderer die Richtung gegen den Sinneshügel hin ein- schlägt ^) . Am Sinneshügel angelangt, löst sich der betreffende Nervenast in seine Fibrillen a Taf. 10. Fig. 7. 9. b; Taf. 11. Fig. 6-\ c) Taf. lü. Fig. 1. Sp. N. Fig. 1. 3. -S. N. 1) 1. p. 76. c. p. 138. I. Notomastus. 0. Sinnesorgane, c. Die Seitenorgane. 87 auf; man kann sich oft schon am frischen, herauspräparirten Hügel von dieser Thatsache überzeugen. Diese Fibrillen treten auf der nach aussen gegen die Kieme gerichteten Seite des Hügels ein, um hier zum Theil direct in die an der Basis gelegenen Körner überzu- gehen, zum Theil aber der Hügelwandung entlang zu verlaufen und von da aus successive Aeste an die Körner abzugeben^). Auch an Schnitten konnte ich einzelne Fibrillen bis an die Körner heran verfolgen und überdies nachvpeisen, dass im Inneren des Hügels eine An- zahl von Fibrillen, meist in dichten, schwer von den Muskelfib rillen des Haarfeldretractors zu unterscheidenden Zügen bis zu den höheren Lagen der Körnerschicht hinzieht. Es gehen demnach die Fibrillen des Hügelnerven, an der Basis des Hügels angelangt, nicht etwa alle in einer und derselben Ebene in die zunächst gelegenen Körner über, sondern dieser Ueber- gang findet im Bereiche der ganzen Körnerzone successive auf verschiedenen Ebenen statt. Und nun kommen wir schliesslich zur Frage, wie das so mit dem Centralnervensystem zusammenhängende Körnerganglion seinerseits die die Sinnesempfindung vermittelnden Ele- mente des Hügels innervirt. An der Grenze zwischen Körnerganglion und Haarfeld entsjn-ingt aus ersterem eine überaus grosse Zahl von Nervenfibrillen b) , deren vielfach verschlungenes Maschennetz die grösste Aehnlichkeit mit dem Fasergerüste des Bauchstrangs aufweist. Die Elemente dieser Fasermasse begeben sich nun in Form feinster Fäserchen an die Spindeln und Stäbchen, um mit ihnen bald höher, bald tiefer in Zu- sammenhang zu treten. Die überaus grosse Feinheit dieser Fäserchen macht es schwer, an Schnitten den Innervationspunkt genau zu ermitteln; aber an Macerationspräparaten gelingt es zuweilen, solch' abgerissene Körnerfortsätze wahrzunehmen. Ich habe einen Fall abgebildet, in dem der betreffende Fort- satz das percipirende Element an dem Stäbchen und Spindel verbindenden Faden erreicht"). Demnach treten Stäbchen und Spindeln mit zwei ganz heterogenen Bildungen in Zusammenhang: nämlich einmal mit den Fibrillen der das Hügelganglion constituirenden Körner, sodann mit den Fasern des Haar- feldretractors. Auf dieses Factum wurde bereits in einem anderen Kapitel vorbereitet ^) ; ausserdem wurde dort darauf aufmerksam gemacht, dass auch die Fadenzellen der Haut, aus welchen, wie weiterhin zu beweisen versucht werden soll, die Sinneselemente der Seitenorgane sich entwickeln, ganz in derselben Weise, sowohl mit Nerven- als auch mit Muskelfibrillen ver- schmelzen können. Den eben geschilderten Zusammenhang der die Seitenorgane auf- bauenden Elemente soll nebenstehendes Schema veranschaulichen. Wir kommen nun zu den Seitenorganen des Thorax. INervenftbräUvom /.. Komeiganghon / l zurSßütddgenchiei \- Jx ribrilUdislIaar. // KavenfibriUedfsda'; t- Sedenonjan versorgen ■ / dmSntnalnm'enastes. a) Taf. 11. Fig. a) Vergl. p. 25- b) Taf. 10. Fig. 9. 4. N. F. und 36. c) Taf. 11. Fig. 6. 8§ A. Anatomisch-Histölogischer Theil. Auch hier drängte sich mir zunäclist die Frage auf: stellen diese angeblich seitlichen Oeffnungen oder Poren'') wirklich Durchbohrungen des Hautmuskelschlauchs dar? Sind sie Pforten, vermöge welcher die Leibeshöhle mit der Aussenwelt zu communiciren vermag? Betrachtet man einen lebendigen, auf der Seite liegenden Notomasfiis mit einer starken Lupe, so kann man die Poren leicht unterscheiden; meistens stellen sie elliptisch geformte Spalten dar, welche, je nachdem das Thier seinen Thorax zusammenzieht oder ausdehnt, sich durch Aneinanderlegen der Ränder schliessen, oder aber durch Auseinanderziehen dieser Ränder zu rundlichen Oeffnungen erweitern. Ganz besonders bei gedehntem Thorax gewinnt man den Eindnick, Oeffnungen der Leibeshöhle vor sich zu haben, und unter diesem Eindrucke begann ich auch Experimente mit gefärbten Flüssigkeiten anzustellen. Vergebens; ich konnte niemals Spuren der in dieser Flüssigkeit suspendirten Farbkörnchen in der Perivisceralhöhle der Thiere nachweisen. Auch die mikroskopische Untersuchung, bei der ich so verfuhr, dass ich die Würmer chloroformirte , durch einen dorsalen oder ventralen Medianschnitt spaltete und nun auf dem (^bjectträger ausbreitete, ergab keine positiven Resultate. Von aussen betrachtet erwies sich der angebliche Porus, wie sehr auch dessen Ränder durch Dehnung der Thoraxwandungen auseinandergezerrt wurden, stets in der Tiefe durch eine dunkle körnige Masse ausgefüllt, und von innen betrachtet boten Muskulatur und Haut durchaus keine Spalten*) dar, welche den äusseren Poren entsprochen hätten. Dieses Ergebniss wurde auch durch die vermöge des Abbe sehen Beleuchtungsapparates hergestellten Bilder bestätigt: nie kam an Stelle der Pore das dunkle Gesichtsfeld zum Vor- schein. Bei solcher Untersuchung pflegten sich zuweilen die Thoraxwandungen etwas aufzu- rollen, so dass die bis dahin in der Flächenansicht erschienenen Poren sich nun im Profil darstellten. Aus einer so im Profil ins Auge gefassten Pore sah ich nun eines Tages zu meiner nicht geringen Ueberraschung einen rundlichen Hügel ragen ^) , dessen Kuppe mit ganz ähnlichen steifen Haaren besetzt erschien wie die Sinneshügel am Abdomen. Unter meinen Augen wurde dieser Hügel verschiedene Male entweder ganz oder theilweise einge- zogen und wieder vorgestüljit. Nun war mir die Bedeutung unserer Gebilde klar: die Sinneshügel sind nicht bloss auf das Abdomen beschränkt, sie setzen sich auch auf den Thorax fort; während sie aber auf dem Abdomen frei, höchstens unter dem Schutze der Kiemen stehen, stecken sie am Thorax in Hauthöhlen (Seitenorganhöhlen) <=) , aus denen sie hervorgestreckt werden können. Die Poren ferner sind nichts anderes als die äusseren verdickten Ränder der Spalten Seiten- a) Taf. 2. Fig. 1. 2. 5. 12. S. T. b) Tai'. 10. Fig. 12. S. T. c) Taf. 10. Fig. 11. 12. -S'. He. *] Es finden sich nämlich regellos vertheilte Spalten in allen faserigen Geweben des Körpers, besonders in der Muskulatur und in dem Bauchstrange. Diese Spalten dienen aber unseren gefässlosen Thieren zur Fortleitung der Hämolymphe. I. Notomastus. 6. Sinnesorgane, c. Die Seitenorgane. 89 organspalten) dieser Höhlen, welche, je nachdem sie auseinander gezogen oder zusammen- gedrückt werden, den Hügel mit der Aussenwelt in Communication setzen, oder aber von jeder Berührung mit ihr absperren. Dass die an ihrem distalen Pole mit so empfindlichen Nervenendigungen bedeckten Sinneshügel bei Thieren, welche im Sande leben und im Sande wühlen, mit irgend welchen Schutzvorrichtungen gegen äussere Insulten versehen sein müssen, ist wohl schon a priori anzunehmen. Wir lernten an den Hügeln des Abdomens zwei solche Vorrichtungen kennen: erstens, ihre Lage in dem Winkel der Hakentasche oder Kieme, zweitens, die Fähigkeit des Hügels, seinen offenbar empfindlichsten Theil, das Haarfeld, einzustülpen. Nur die letztere Schutzvorrichtung theilen die Hügel des Thorax mit denjenigen des Abdomens; denn am Thorax giebt es keine Haken und in Folge dessen auch keine Hakentaschen. Man könnte nun schliessen, dass sich als Compensation für den Ausfall der geschützten Lage die Retractilität des ganzen Hügels entwickelt habe, um so mehr, als die Hügel des Thorax eines weit energischeren Schutzes bedürfen als diejenigen des Abdomens, indem beim Bohren im Sande der Thorax allein die Bohrbewegungen auszuführen hat, und das Abdomen von ihm lediglich nachgezogen wird. Die Lage der retractilen Sinneshügel des Thorax stimmt mit derjenigen der nicht retra etilen des Abdomens vollkommen überein. Wie letztere, so liegen auch erstere stets in der Nähe der hinteren Segmentgrenzen, auf der Höhe der Parapodien, und zwar je zwischen den hämalen und neuralen Borstenbündeln. Während aber die abdominalen Hügel in Folge der mächtigen Entwickelung der Bauchmuskulatur im Anfange des Abdomens ganz auf den Rücken geschoben werden, und erst in dem Maasse, als im weiteren Verlaufe diese Bauch- rauskulatur an Höhe abnimmt, auch auf die Seiten des Thierleibes herabrücken, also eine von vorn gegen hinten allmählich sich neigende Linie beschreiben, stehen die Hügel des Thorax vom ersten bis zum letzten borstentragenden Segmente in einem nahezu sich gleich- bleibenden Abstände von den neuralen und hämalen Borstenbündeln, beschreiben also eine annähernd gerade linie. Mit Bezug auf diese beiden Borstenbündel liegen die Hügel auf der Grenze des ersten und zweiten Drittels einer zwischen ihnen gedachten geraden Linie. In einem Punkt herrscht zwischen der Topographie der abdominalen und thoracalen Hügel ein bedeutsamer Unterschied: im Abdomen sind die Stränge der neuralen und hämalen Längsmuskulatur durch eine ansehnliche Spalte unterbrochen, und im Bereiche dieser Unterbrechung liegen die Sinneshügel; in Folge dieser Lage, sowie des Umstandes, dass die Ringmuskulatur auf eine äusserst dünne, in der Hügelregion überdies noch unterbrochene Schicht reducirt ist, vermögen die abdominalen Hügel, resp. deren ausgehöhlte Basen (Sinnes- hügel-Höhlen) direct mit der PerivisceraUiöhle zu communiciren ; durch diese Communication wird der Eintritt des Blutstroms in die Sinneshügel -Höhle ermöglicht, in welchem Strome ich hauptsächlich die Kraft erkennen zu dürfen glaubte, durch welche das eingestülpte Haar- feld wieder nach aussen hervorgewölbt werden kann. Im Thorax dagegen ist eine solche Zool. Station z. Neapel, Fauna nnd Flora, Golf von Neapel. Capitelliden. 12 QQ A. Anatomiscli-Histologisclier Theil. scharfe Trennung zwischen der hämalen und neuralen Längsmuskulatur nicht vorhanden; aber wenn sie auch vorhanden wäre, so könnte dieselbe doch nicht zu ähnlichen Beziehungen der resp. Hügel zur Leibeshöhlc führen wie die entsprechende Anordnung im Abdomen, aus dem einfachen Grunde, weil im Thorax die Ringmuskulatur eine sehr mächtige Ent- wickelung erlangt und in der Seitenorganregion höchstens die auch sonst vorhandenen reifartigen Spalträume für den Durchgang des Haarfeldrctractors etc. darbietet. So kommt es, dass die retractilen Hügel des Thorax, im Gegensatz zu den frei stehenden des Abdo- mens, keine so directe Beziehung zur Leibeshöhle und zu den Trennungslinicn der Stammes- liängsmuskulatur aufweisen '^) . An den Sinneshügeln des Thorax muss man den Sinneshügel selbst, und die Höhle, in welche er zurückgezogen, resp. aus welcher er hervorgestreckt werden kann, unterschei- den. Gegen die Leibesoberfiäche hin, also an ihren Mündungen, werden die Höhlen von etwas aufgewulsteten Lippen (Seitenorganspalten) begrenzt, und diese sind, wie schon her- vorgehoben wurde, formveränderlich. Wird der Thorax gedehnt, nimmt sein Längendurch- messer auf Kosten des (iuerdurchmessers zu, so öffnen sich die Mündungen, ihre im Ruhezustand elliptische Grenzlinie erweitert sich bis zum Kreise, der Hügel ist weit aus- gestreckt; contrahirt sich der Thorax, so schliessen sich die Mündungen, die Ellipse verwan- delt sich in einen kaum wahrnehmbaren Spalt, der Hügel ist zurückgezogen. Im Ruhe- zustande ragt der Hügel mit einem Drittel bis zur Hälfte aus der Spalte hervor. Meistens öffnet sich die Hügelhöhle inmitten eines der grossen Polygone, in welche die Cuticula durch tiefe Furchen getheilt ist ; häufig befinden sich aber auch die Mündungen an Stellen, wo mehrere Polygone aneinanderstossen. Es muss nun aber mit allem Nachdrucke hervorgehoben werden, dass eine Seiten- organhöhle, in welcher der retrahirte Sinneshügel steckt, und eine Seitenorganspalte, welche mit gewulsteten Lippen diese Höhle schliesst, nur so lange existirt, als der Sinnes- hügel zurückgezogen ist. In dem Maasse als der Hügel vorgestülpt wird, schwindet auch diese Vorrichtung, so dass an Schnitten, welche durch ausgestreckte Hügel geführt wurden, keine Spur derselben nachzuweisen ist, dagegen alle Strata des Hautmuskelschlauchs con- tinuirlich über und unter dem Hügel weg verlaufend gefunden werden ^) . Die Seiten- organhöhlen und Seitenorganspalten (Poren) des Thorax sind demnach keine fixen Gebilde, sondern vorübergehende, durch Lageveränderungen bedingte Zustände der Sinneshügel. Ein solches Verhältniss durfte wohl aber nicht abhalten, die betreffenden Bildungen ins Auge zu fassen und mit Namen zu belegen; ich unterschied daher am Thorax ausser den Sinnes- hügeln noch deren Höhlen, in welche sie zurückgezogen werden können, als Seitenorgan- höhlen, sowie die von Lippen begrenzten Spalten dieser Höhlen, als Seitenorganspalten, und fasse unter »Seitenorgan des Thorax« diese drei Begriffe zusammen, wogegen die Bezeich- a) Taf. 2. Fig. 1. 2. Taf. 10. Fig. 10. 11. S. T. b) Taf. 10. Fig. 12. 13. Ä. T. c) Taf. 10. Fig. 10. Taf. 11. Fig. 2. I. Notomastus. 6. Sinnesorgane, c. Die Seitenorgane. 91 nung »Seitenorgan des Abdomens« unter allen Umständen mit dem Begriffe Sinneshügel iden- tisch bleibt. Wir haben gesehen, dass sich an der Basis der abdominalen Hügel je mehrere von der Stammesmuskulatur entspringende Muskeln inseriren, mit Hillfe welcher diese Organe ihre Stellung in Bezug auf die Körperaxen zu verändern vermögen. An den thoracalen Hügeln lassen sich keine solchen Muskelstränge wahrnehmen; es wäre aber auch schwer sich eine ähnliche Anordnung am Thorax vorzustellen, da ja am letzteren die Hügel keine so freie Lage haben wie am Abdomen, indem sie ringsum von den soliden Geweben des Haut- muskelschlauchs begrenzt werden. Durch welchen Mechanismus kommt nun aber die Zurück- ziehung, resp. die Vorstreckung der thoracalen Hügel zu Stande? Nach reiflicher Ueberlegung bin ich zur Ansicht gelangt, dass die Coincidenz der Zusammenziehung des Thorax und der Einziehung der Hügel, sowie der Dehnung des Thorax und der Vorstreckung der Hügel keine zufällige ist, dass wir im Gegentheil in diesen, die Hügelexcursionen begleitenden Thorax -Gestaltveränderungen zum Theil das ge- suchte, ursächliche Moment vor uns haben. Wie die eingezogenen Hügel durch Dehnung der Leibesmuskulatur nach aussen gedrängt werden müssen, ist nach der vorhergehenden Beschreibung des Einstülpungsmodus leicht einzusehen; aber bei der Zurückziehung des Hügels muss sich wohl zur Contraction der Leibesmuskulatur, welche die Faltung der be- züglichen, die Hügel begrenzenden Hautschichten (resp. die Herstellung der Hügelhöhlen) ermöglicht, noch die Contraction transversaler, sich an der C'ircumferenz der Hügelbasis be- festigender und das Locale der Einstülpung bedingender Muskelfasern gesellen. Und es fehlt nicht an solchen; denn mit dem (hier ebenfalls dem Hügelcentrum zustrebenden) Haarfeld-Retractor ganz übereinstimmende Muskelbündel befinden sich auch im Umkreise des Hügels =1). Die Grösse der Seitenorganspalten (Foren) schwankt, insofern man gleich grosse Thiere dem Vergleiche unterzieht, in ziemlich engen Grenzen; längs des Thorax eines gegebenen Thieres jedoch lässt sich von den vorderen zu den hinteren Segmenten eine allmähliche Zu- nahme der Durchmesser constatiren. Am erwachsenen Thiere schwanken diese Durchmesser zwischen 60 und 100 [j., am jugendlichen zwisclien 40 und (JO \j., welche Maasse auf annähernd zur Kreisform expandirten Lippen beruhen. Die Hügel selbst weichen in ihrer Form etwas von denjenigen des Abdomens ab; sie sind nämlich nicht elliptisch, sondern rundlich knospenförmig, und diese Form erstreckt sich auch auf das Haarfeld nebst den darunter gelegenen Sinneszellen, so dass kein solcher Unterschied zwischen Längs- und Querschnitt besteht wie bei den abdominalen Hügeln. Das Haarfeld kann auch bei den thoracalen Seitenorganen mehr oder minder tief eingestülpt werden, und je nach dem Grade dieser Einstülpung schwankt sodann das Ansehen der Flügel auch hier zwischen dem von kugeligen Knospen, von deren distalem Fole die Sinneshaare a) Taf. 12. Fig. 92 A. Anatomisch-Histulogischer Theil. ausstrahlen, und demjenigen von becherförmig ausgehöhlten Fortsätzen, aus deren Oeffnungen die Sinneshaare hervorragen. Sowohl an ausgestreckten, als halb oder ganz eingezogenen Hügeln habe ich das Haarfeld bald eingestülpt, bald hervorgewölbt angetroffen und unter meinen Augen häufig Hügel von dem einen Stadium in das andere übergehen sehen. Die verschiedenen Stellungen, deren die retractilen Hügel demnach fähig sind, werden durch die nebenstehenden schematischen Umrisszeichnungen versinnlicht, welche als frontale, durch die Hügelcentra ge- Scliematiscbe Darstellung der Foim- uud Lageveriiiule- ^ rt -i ' iii_'i ruiigen, deren die Seitenorgane fähig sind. lÜm'te SchUltte gCdaCht Sind. 1 dienen zugleich zur ^ «• ^j'^?l'i?w'p' >°" vorgewöiMem »e™^^^^ Dlc Grösso dcr thoracaleu Hügel steht hinter der- 6. .insgestüipt mit eingezugene,,! (i'7,';,,'!;';„'',;jj;'„"" jcnigeu der abdomlualen etwas zurück; der Durchmesser I ""organö.""" crstcrer erreicht nämlich selten über 60 — SO [).; ferner nimmt r. zurückgezogen mit vorgewölbtem HaarfekU. d. zurückgezogen mit eingezogenem Haarfelde. \y^^[ ihncu das Haarfeld eiucn vlcl kleineren Theil der Kugeloberfläche ein, was wohl mit der Thatsache in Zusammenhang steht, dass normal der grössere Theil dieser ihrer Oberfläche in der Hügelhöhle versteckt liegt, und nur die dem distalen Theile zunächst liegende Region frei bleibt. Die Sinneshaare unterscheiden sich in Nichts von denjenigen der abdominalen Scitenorgane ; sie haben die gleiche Länge von 40 — üO |j., durchbohren die Cuticula und gehen in die derselben auch hier zunächst liegende Stäbchenschicht über. In Anord- nung und Form stimmen die Stäbchen ''') mit den gleichnamigen Bildungen der Seiten- organe des Abdomens vollkommen überein, aber in ihrer Grösse bleiben sie hinter denjenigen der letzteren zurück, indem ihre Länge nur 3 — 4 |i. erreicht. Ln Gegensatze hierzu über- treffen die Spindeln der thoracalen Hügel diejenigen der abdominalen bedeutend an Grösse; sie haben nämlich eine Länge von 14 — 20 p., sind selten so regelmässig spindelförmig wie letztere und setzen sich ferner häufig, anstatt vermittelst eines fadenförmigen Aus- läufers, mit breit abgestutztem Rande der Stäbchenbasis an^j. Sie erinnern dann auffällig an gewisse, der Hypodermis zugehörige Zellformen, wovon weiterhin noch die Rede sein wird. Die Hauptmasse des Seitenorgans bilden auch hier die vorwiegend seine Basis ausfüllenden Kör- ner"). "Wie im abdominalen Hügel, liegen sie dicht gedrängt und sind durch Fortsätze unter einander verbunden; nur in ihrer Grösse bleiben sie hinter den abdominalen etwas zurück, indem sie kaum 2 — 3 jx im Durchmesser erreichen. In den Präparaten fäUt die grosse Ueber- einstimmung dieser Körner mit denjenigen der Hypodermzellen auf^^), eine Uebereinstim- mung, welche ebenfalls weiterhin Berücksichtigung finden soll. Gelegentlich der Besprechung des in den abdominalen Hügeln ausstrahlenden Fibrillen- bündcls, in welchem wir den Retractor des Haarfeldes erkannt haben, wurde der Schwierig- keit gedacht sich gegenüber einer solchen Aordnung von dem Eindrucke loszureissen , dass a) Tai'. 11. lug. 2. üi. b) Taf. 11. Fig. 2. Sp. c) Tai'. 10. Fig. II. Tai'. 11. Fig. 2. Kt d) Taf. 11. Fig. 2. I. Nütomastus. 6. Sinnesorgane, c. Die Seitenorgane. 93 man es hier ausschliesslich mit einem den Hügel versorgenden Nerven zu thun habe. Diese Schwierigkeit wächst angesichts der entsprechenden Fibrillen in den iSeitcnorganen des Thorax ; denn hier ist ihr directer Uebergang in die basalen Abschnitte der Spindeln noch evidenter. Aber auch hier ist dieses schon im frischen Thiere als ein den Hügel durchsetzender Strang erkennbare Bündel nichts Anderes, als ein Muskclbündcl-^), welches durch seine Contraction die Einstülpung des Haarfeldes verursacht. Es ist zwar ein sehr grosser Abstand zwischen den gleichmässig bandförmigen, da und dort einen gTossen, ovalen Kern enthaltenden Primitivfasern der die Stammesmuskulatur consti- tuirenden Bündel einer- und den uns beschäftigenden, überaus feinen, stellenweise spindelförmig anschwellenden Fäden andererseits, indessen, es wurde schon einmal darauf hingewiesen, dass die Muscularis anderer Organe, so diejenige des Darmes und der Septa, sich aus ganz ähnlichen, hävitig kaum von Nerven unterscheidbaren Fibrillen aufbaue, und dem kann hinzugefügt wer- den, dass mit diesen Fibrillen ebenfalls auf das Genaueste übereinstimmen: die Anfange oder Wurzeln aller der im Wurmleib vorhandenen transversalen Muskeln, sowie die Retractoren der Parapodien. Die Ursprünge dieser in der Perivisceralhöhle als geschlossene Bündel ver- laufenden Muskeln dringen nämlich in die longitudinale und circulare Stammesmuskulatur ein und zerfallen hier strahlenförmig in Fibrillen, welch' letztere sich bis zur Basis der Hypodermis hin verfolgen lassen^). Im Abdomen entspringen die Haarfeldretractoren, wie wir gesehen haben, ähnlich den übrigen transversalen Muskeln an oder zwischen den Scheiden der neuralen Längsmuskulatur des Stammes; je nach den Arten findet der Ansatz dieser im Ganzen vorwiegend dorso- ventral gerichteten Stränge bald mehr im Bereiche der oberen, bald mehr im Bereiche der unteren Bündel statt. Im Thorax könnte schon wegen der Gesammtanordnung des Haut- muskelschlauchs, insbesondere wegen der fehlenden Unterbrechungen im Bereiche der Seiten- linien, ein solcher Ursprung und eine solche Richtung der Haarfeldretractoren nicht gedacht werden. In der That sind auch letztere hier ganz anders entspringende und ganz anders gerichtete Muskeln. Es sind nämlich, wie ich zu meiner Ueberraschung festzusteUen hatte, die distalen Partien einzelner Protrusoren hämaler Parapodien, welche zugleich die Rolle der Haarfeldretractoren übernommen haben *=) . Die Aufgabe dieser Protrusoren besteht darin die retractilen Parapodien nach aussen zu drängen; contrahirt sich nun zu diesem Behufe neben den übrigen Protrusoren auch der distal im Seitenorgan-Haarfeld sich ansetzende, so muss je gleichzeitig mit der Hervorstreckung des betreffenden Parapodiums eine Einziehung des Haar- feldes stattfinden. Es liegt nahe, in der dvirch diese Anordnung gesetzten Gleichzeitigkeit der Zustandsveränderung so heterogener Organe eine nützliche Relation zu erblicken. Man braucht sich nur zu erinnern, dass die Hervorstreckung der Parapodien mit Körperbewegung zu- sammenfallt, um die gleichzeitige Retraction der Haarfelder als eine Art reflectorisch wirken- der Schutzvorrichtung zu verstehen. a) Taf. 10. Fig. 10. 11. Taf. 11. Fig. 2. S. R. M. b) Taf. 10. Fig. 10. 11. Taf. 12. Fig. 1. Pd. P. c) Taf. 10. Fig. 10. 11. Pd. P. und S. R. M. 94 A. Anatomisch-Histologischer Theil. Es bleibt noch nachzuweisen, auf welchem Wege das eingestülpte Haarfeld bei den thoracalen Hügeln wieder zur Ausstülpung gelangt. Bei den abdominalen ist es die Kraft des Blutstroms, welche diese Ausstülpung verursacht; hier aber kann diese Kraftquelle kaum in Betracht kommen, indem, wie aus unserer topographischen Beschreibung hervor- ging, am Thorax, zwischen der Perivisceralhöhle und den Seitenorganen, eine mächtige, nur durch Gewebslücken unterbrochene Muskulatur gelegen ist. Sollte vielleicht an den Thorax- hügeln die Elasticität der eingestülpten Wandung allein genügen, um beim Nachlassen der Retractorwirkung das Haarfeld wieder in seine alte Lage zurückzubringen? Dasselbe Mo- ment könnte ja auch bei den abdominalen Hügeln den Ausstülpungsvorgang mit verursachen helfen. "Was nun schliesslich die Frage nach der Innervation betrifft, so ergab sich, dass es auch im Thorax einer der Spinalnerven resp. der Ast eines solchen ist, dessen Fibrillen die Seitenorgane versorgen; die genaueren Verhältnisse des Eindringens dieses Nerven sind mir allerdings hier, wo die Untersuchung auf viel grössere Schwierigkeiten stösst, unbekannt ge- blieben. Da wir aber keine Ursache haben anzunehmen, dass diese Verhältnisse in den beiden Körperregionen sich wesentlich verschieden verhalten, so verweise ich auf das in dieser Be- ziehung für die abdominalen Hügel Festgestellte. Durch Seitenorgane geführte Schnitte zeigen auf den ersten Blick, dass wir es in diesen Sinneswerkzeugen mit Gebilden des Ectoderms zu thun haben. Zu Gunsten dieser auf unzweideutige topographische Thatsachen sich stützenden Ansicht kann ich nun als weiteren Beweis die Thatsache hinzufügen, dass ein vergleichendes Studium der Haut- und Hügelstructur die unverkennbarste Uebereinstimmung ihrer beiderseitigen Elemente ergeben hat. Unter der Voraussetzung, dass der Leser mit der in einem vorhergehenden Kapitel'*) gegebenen Darstellung der Hautstructur vertraut ist, wollen wir nun untersuchen, in Avelcher Weise letztere an den zur Entwickelung der Seitenorgane herangezogenen Partien modi- ficirt worden ist. Als wesentlichste Abänderung macht sich das Fehlen der Plasma- oder Drüsenzellen geltend; ausschliesslich die Fadenzellen sind am Aufbau der Hügel betheiligt. An den zu grosser Selbständigkeit gelangten und mit Bezug auf ihre Structur stark difFerenzirten Hügeln des Abdomens ist die Zurückführung der Hügelelemente auf Fadenzellen nicht sofort in die Augen springend; diese Zurückführung ergiebt sich dagegen auf den ersten Blick bei den viel weniger aus dem Verbände der Haut herausgetretenen und in ihrer Structur ein viel ursprüng- licheres Verhalten darbietenden Hügeln des Thorax. Wenn wir an dem unter Fig. 2. 'J'af. 1 1 abgebildeten Querschnitte allein die als Stäbchen und Spindeln bezeichneten Theile ins Auge fassen und mit den Fadenzellen der unmittelbar angi-enzenden Hautpartien vergleichen, so ist die Uebereinstimmung in der That eine schlagende. Der obere, an die Cuticula grenzende Abschnitt der Fadcnzellen ist im Sinneshügel zum Stäbchen, der untere, in einen oder mehrere x) Vergl. p. 19—29. I. Notomastus. 6. Sinnesorgane, d. Die becherförmigen Organe. 95 Fäden auslaufende Abschnitt der Fadenzellen, das heisst der geschwänzte Kern, ist zur Spindel umgewandelt; denken wir uns nur in den angrenzenden Hautpartien die Drüsen- zellen weg und die Fadenzellen eng aneinandergerückt, so entsteht eine dem Ansehen des Hügels durchaus ähnliche Anordnung. Die Sinneshaare haben wir als den specifischen Lei- stungen des Hügels entsprechende, neu hinzugetretene Bildungen anzusehen; das Körner- ganglion dagegen nur als eine locale Häufung auch sonst in der Haut (zerstreut) auftreten- der Elemente. Für die ectoderraale Natur der Sinneshügel kann ich endlich auch noch die Art ihrer Entwickelung am nachwachsenden Schwanzende, welch' letzteres sich ja zeitlebens in einem embryonalen Zustande befindet, anführen. An den etwas herangewachsenen Segmenten dieses Körpertheiles lassen sich nämlich die in der Bildung begriifenen Hügel zunächst als An- sammlungen zahlreicher Kerne erkennen'^), und diese sind durchaus identisch mit den Kernen der angrenzenden Hautpai'tien. Wie freilich das betreffende Material sich in die späteren Hügelelemente umwandelt, habe ich nicht zu eruiren vermocht. d. Die becherförmigen Organe. Die in den vorigen Kapiteln beschriebenen Sinneshügel wiederholen sich in je einem Paare vom ersten bis zum letzten borstentragenden Körpersegmente: es sind segmentale Organe; im Nachfolgenden haben wir es dagegen mit Sinneshügeln zu thun, welche am Kopf läppen, Thorax und Rüssel durchaus unregelmässig zerstreut stehen: also mit diffus ver- theilten Organen. Den in der Ueberschrift gebrauchten Namen hat mir die grosse Aehnlichkeit ein- gegeben, welche diese Gebilde mit den sog. becherförmigen Organen der Fische etc. dar- bieten. Allein C'laparede') hat von der Existenz der becherförmigen Organe, und zwar solcher vom Kopf läppen der Capitella capitata, Kenntniss gehabt und ihrer mit folgenden Worten gedacht: -»La surface du lobe cephalique est en outre couverte de larges papilles circulaires, mesurant 1 1 "'^"- en diamctre, percees chacune d'un canal dans Taxe et herisses de petits poiLs roides, fort couits«. Ich beginne mit den becherförmigen Organen des Kopflappens. Sic sind die weitaus am leichtesten nachweisbaren. Es genügt ein junges Thier, oder aber den abgeschnittenen Kopf eines erwachsenen unter massig starker Vergrösserung zu be- trachten, um sofort einen oder den anderen Becher an den über das Niveau der Haut her- vorragenden Sinneshaaren zu erkennen. Zunächst pflegt man dieselben nur an den Seiten des Kopflappens, wo sie sich im Profil darstellen, wahrzunehmen; durch Drehen des Thier es aber überzeugt man sich leicht, dass der Kopflappen in seiner ganzen Circumferenz Träger solcher Organe ist. Auf je ein a) Taf. 11. Fig. 3. S. A. b) Taf. 11. Fig. 8. 9. B. O. 1) 1. p. 8. c. p. 272. 9(5 A. Anatomisch-Histologischer Theil. und derselben Einstcllungscbenc zilhke ich von der Spitze bis zur Basis des l^appens 10 — 2U Or- gane. Daraus lässt sich ermessen, dass die Zahl derselben allein schon am Kopflappen nach Hunderten geschätzt werden muss. Bei obeiüächlicher Einstellung auf das Profil eines becher- förmigen Organs ^) erkennt man an dem Umbiegen des Cuticula-Contours die Grenzlinie des von der Haut hergestellten Bechers. Senkt man den Tubus, so verschvs'indet der dem Beobachter zugekehrte Theil der Becher vvandung, und der die Sinneshaare tragende Kegel, das eigent- liche Sinnesorgan, welches ich auch hier als Sinneshügel bezeichne, kommt zum Vorschein. Wir müssen demnach, wie bei den retractilen Sinneshügeln (Seitenorganen) des Thorax, so auch liier, eine Hügelhöhle (den Becher) und den Sinneshügel selbst unterscheiden. Die Sinneshügel der becherförmigen Organe ragen gewöhnlich nur mit dem vordersten, die Sinneshaare tragenden Abschnitte aus den Bechern hervor; aber je nach dem Contrac- tionszustande sieht man sie bald weiter eingezogen, bald weiter ausgestreckt als in dieser ihrer Mittelstellung. Obwohl ich hierüber keine Beobachtung zu machen Gelegenheit fand, glaube ich doch, es als ziemlich sicher hinstellen zu dürfen, dass die Höhle der becherförmigen Organe (der Becher) in ganz ähnlicher Weise zu Stande kommt wie diejenige der Seiten- organe des Thorax, dass also die Höhlen der ersteren ebensowenig fixe Bildungen sind wie diejenigen der letzteren. Die Form der diffusen Hügel ist derjenigen der segmentalen sehr ähnlich; sie bilden nämlich ebenfalls solide, rundliche oder kegelförmige Knospen. Bezüglich der Grösse aber stehen die ersteren hinter den letzteren bedeutend zurück, indem ihr Durchmesser durch- schnittlich nur 6 — 10 [i, also etwa ein Zehntel der Thoraxhügel beträgt. Ueber die segmentalen Hügel hinweg sahen wir die Cuticula des Rumpfes in fast un- verändertem Durchmesser hin wegziehen; die becherförmigen Organe lassen keinen solchen — wenigstens so iinveränderten — Uebergang der Cuticula auf ihre Hügel erkennen. Auch bei starker Vergrösserung vermochte ich keinen doppelten Contour nachzuweisen, so dass es lange fraglich erschien, ob sich bei den letzteren, entsprechend ihrer geringen Grösse, die Cuticula nur stark verdünne, oder aber, ob die Cuticula an diesen Stellen geradezu durch- brochen sei, und demnach die Hügelsubstanz frei zu Tage trete. Der Mangel jedweder solcher Durchbohrung an vom Kopf läppen abgezogenen Cuticulafragmenten, sowie das in dieser Hinsicht viel deutlichere Verhalten der betreffenden Organe des Rüssels, entschied jedoch schliesslich zu Gunsten der ersteren Alternative. Die Sinneshaare der diffusen Hügel sind 4 (jl lang, wenig zahlreich, und ihrer ganzen Ijänge nach gleich breit, also stäbchenförmig; wogegen diejenigen der segmentalcn Hügel, wie wir sahen, sehr zahlreich, haarförmig und 40 — 60 [i, also etwa lOmal so lang sind. In der Breite stimmen beide so ziemlich überein; auch verläuft das Absterb-Phänomen an den Sinneshaaren der diffusen Hügel ganz ähnlich wie ich es von denjenigen der segmentalen geschildert habe. i) Taf. 11. Fig. S. 9. I. Notomastus. 6. Sinnesorgane, d. Die becherförmigen Organe. 97 Was die Structur betrifft, so verweise ich auf die Beschreibung der becherförmigen Organe des Rüssels, da sich an jenem Körpertheile , dank der viel weniger massigen Ent- wickelung des Ectoderms, die Elemente der Sinneshügel besser unterscheiden lassen als hier. lieber die Innervation der (sinzelnen Becher vermag ich nicht viel mitzutheilen ; nur das wiU ich hervorheben, dass der Schlundring, kurz bevor er das Gehirn erreicht, jeder- seits einen starken, nach dem Kopflappen hin verlaufenden Ast abgiebt, dass ferner auch die vorderen Gehirnlappen in je einen, nach dem Kopf läppen zu gerichteten und sich in dem- selben verzweigenden Fortsatz auslaufen'-'), und wir daher den einen oder anderen dieser Nervenäste wohl als den die fragliche Innervation vermittelnden ansehen dürfen. Im Gegensatze zu den becherförmigen Organen des Kopflappens sind diejenigen des Thorax schwer Avahrzunehmen, da sie meistens durch die übereinander geschobenen Haut- polygone verdeckt werden. Auch hier lassen sich diese Organe überhaupt nur an den Seiten des der Beobachtung unterzogenen Thieres, also vom Profil, gut erkennen; durch Drehen des Wurmes überzeugt man sich aber, dass der ganze Umfang des Thorax stellenweise mit becherförmigen Organen besetzt ist. Ich zählte auf einer Einstellungsebene von der vorderen Grenze des vierten bis zur vorderen Grenze des fünften Segments drei solche Organe; weiter- hin scheinen sie spärlicher aufzutreten, um am Abdomen ganz zu verschwinden. Weitaus am dichtesten stehen sie aber am Mundsegment, welches, vorzüglich in seinem neuralen, der Mundöffnung zu gerichteten Abschnitte förmlich damit besät ist. Nach alledem müssen wir wohl ihre Zahl am vorderen Körperabschnittc nach Tausenden schätzen. Die becherförmigen Organe des Thorax stimmen mit denjenigen des Kopflappens voll- ständig überein; die Fig. 8 vmd 9. Taf. 11 könnten, abgesehen von dem etwas anderen Ver- halten der Hypodermis, gerade so gut solche Organe vom Thorax wie vom Kopflappen dar- stellen; alles in Bezug auf Bau und Structur von letzteren Gesagte gilt daher auch für erstere. Nur hinsichtlich der etwaigen Innervation möchte ich bemerken, dass von der Bauch- ganglienkette sowohl, als auch vom Schlundringe zahlreiche Nervenäste zur Haut abgehen, und es wohl Zweige solcher sein werden, welche die becherförmigen Organe des Thorax versorgen. Auffallend ist das Vorkommen becherförmiger Organe am Rüssel; und zwar um so mehr, als sich diese Organe in nichts von denjenigen des Kopflappens und Thorax unterscheiden. Studirt man aber den Bau dieses Rüssels näher, so findet man, dass er seiner Zusammensetzung nach durchaus das Gepräge des Hautmuskelschlauchs , und nicht dasjenige des Darmes an sich trägt, dass er sich überhaupt ganz wie eine Einstülpung der Körperwandungen ver- hält. Zunächst finden wir dieselben Cuticula-Polygone, nur in Gestalt von Papillen stärker hervorgewölbt; unter diesen Polygonen erscheint ein vollständig mit der Hypodermis über- einstimmendes Gewebe, und unter letzterem endlich eine entsprechende Schicht von Längs- a) Vergl. p. 57. Züol, Station z. Ne:ipel, Fauua un 98 A. Anatomisch-Histologisohev Theil. und Ringmuskelfasern. Erst an derjenigen Stelle des Schlundes, welche normal nicht mehr zur Vorstülpung gelangt, nehmen die Wandungen des Tractus den Charakter einer stark gefalteten Schleimhaut an, deren Obei-fläche mit Flimmerhaaren besetzt ist^). Fast eine jede Papille") des Rüssels ist Träger eines becherförmigen Organs, so dass auch hier deren Zahl viele Hunderte betragen muss. Die Lage derselben fand ich constant auf dem freien Pole der Papille. An den becherförmigen Organen des Eüssels Hessen sich, dank der viel weniger mächtigen hypodcrmalen Schicht, einige Beobachtungen über deren Structur machen. Es wird hier nämlich ohne weiteres klar, dass sich die Cuticula im Haarfeldbezirk nur stark verdünnt; überdies wird die Continuität derselben zweifellos erwiesen durch Macerationsprä- parate, an welchen die Cuticula abgezogen werden konnte^). In gelungenen Schnitten durch die Papillen ''j macht sich ein central unter dem Becher gelegenes Bündel sehr langgezogener, den Hypodermfadenzellen ähnlicher Elemente geltend, in Avelchen wir unschwer die in die Sinneshaare übergehenden Stäbchen und Spindeln wieder erkennen. An den Basen der letzteren fehlen auch die Körner nicht, so dass also im Wesentlichen der Bau der becher- förmigen Organe mit demjenigen der Scitenorgane übereinstimmt, indem die Elemente beider sich gleicherweise als Modificationen der angrenzenden Hypodermfadenzellen auffassen lassen. Hier am llüssel ist es mir gelungen, Fasern der Eingmuskulatur in die Hügelelemente hinein zu verfolgen '^) ; diese Fasern haben wohl die Aufgabe, die Becherhöhle mit bilden zu helfen. Auch über die Innervation dieser Hügel vermag ich nichts Bestimmtes mitzutheilen. 7. Parapodien. Die Anatomie dieser Organe ist bisher ganz unberücksichtigt geblieben; es finden sich nur Angaben über deren Vertheilung am Körper, sowie über die Form der systematisch eine Rolle spielenden Borsten, auf welche Angaben bei Besprechung der einzelnen Formen speciell eingegangen werden muss. Die Parapodien der Capitelliden erscheinen auf den ersten Blick im Vergleiche mit denjenigen vieler anderer Anneliden schwach entwickelt, so dass z. B. Claparede') in seiner Beschreibung des Notomastus Sarsü sagen konnte: die Borsten (des Thorax) seien in Er- mangelung deutlicher Hervorragungen direct in die Haut eingepflanzt. Dieses Verhalten ist aber nur ein scheinbares; in Wahrheit erreicht die Ausbildung der Parapodien dieser Anne- lidcnabtheilung einen sehr hohen Grad und steht in solcher Hinsicht wenig anderen nach. Fig. i] Taf. 11. Fig. 10—14. B. 0. b) Taf. 11. Fig. 13. c) Taf. 11. Fig. 11. d) Taf. () Vergl. p. 38. [) 1. 1). 5. c. p. 52. I. Notomastus. 7. Parapodien. 99 Es geht in unserem Falle den betreffenden Organen nur die Deutlichkeit ab, indem die freien, mit Anhängen versehenen, äusseren Stummelbildungen fehlen, und allein jene die Borsten bildenden und umfassenden Theile, die sog. Borstendrüsen mit ihren locomotorischen Apparaten, entwickelt sind. Letztere Drüsen sind am Thorax überdies retractil, so dass, je nachdem sie eingezogen oder ausgestüli^t werden, die eine oder die andere Auffassung be- züglich der Parapodien entstehen kann. Auch die Hakenwülste des Abdomens ragen wenig über den Leib heraus, zeigen aber eine um so mächtigere Entwickelung in der Fläche. Alle Segmente mit Ausnahme des Mund- und Aftersegments tragen Parapodien. Allein in dem nachwachsenden Schwanzende zeigen letztere eine unvollkommene Ausbildung, und zwar in um so höherem Grade, je mehr man sich dem After nähert, so dass iu den diesem Theile unmittelbar vorausgehenden Zoniten nur noch in Entwickelung begriffene Hakenwülste an- getroffen werden. Die Parapodien treten stets in je zwei Paaren auf: einem neuralen, dessen proximale Theile in die Nierenkamnlern, und einem hämalcn, dessen entsprechende Theile in die Darm- kammer hineinragen''). Mit Bezug auf ein gegebenes Segment haben sie ihre Lage — abgesehen von den drei bis vier ersten thoracalen, häufig inmitten der Zoniten gelegenen — constant im Bereiche des hinteren Septums^), also in einer Ebene mit den Seitenorganen. Nahezu bei allen Organsystemen musste des Gegensatzes zwischen dem vorderen und hinteren Körperabschnitte, zwischen Thorax und Abdomen, gedacht werden; wenig andere Systeme tragen nun aber zur Markirung dieses Gegensatzes so viel bei wie die Parapodien. Am Thorax <=;, und zwar, wie für das Genus Notomastus charakteristisch ist, elf Segmente hindurch, stellen sie sich als durchaus selbständige, mit den Drüsentheilen in die Leibes- höhle und mit den Borstenabschnitten nach aussen ragende Keulen dar; am Abdomen «•) dagegen als gürtelförmige, im engsten Anschlüsse an die Leibeswandungen, je den grössten Theil der Segment -Circumferenzcn einnehmende, massig hervorragende Wülste (Tori). Bei den ersteren treten die Borsten als geschlossene Bündel langer und in Folge dessen weit über die Körperoberfläche hinausragender Pfriemen, bei den letzteren treten sie als reihenförmig angeordnete, wenig über das Niveau der Haut vorspringende Haken auf. Trotz dieses Habi- tuscontrastes, welcher seitens früherer Bearbeiter besonders scharf von Sars ' i in systematischer Hinsicht betont wurde, herrscht nun aber, wie im Folgenden gezeigt werden soll, in der Anatomie der beiderseitigen Organe eine überraschend grosse Uebereinstimmung. Beginnen wir mit den Parapodien des Thorax. Sie haben, wie schon hervorgehoben wurde, Flaschen- oder Keulenform; ihr langer Durchmesser beträgt, je nach der Grösse der Thiere, 200 — 400, ihr kurzer 100— 200 (x. An ihrer Anheftungsstelle zeigen alle Schichten des Haut- muskelschlauchs eine Unterbrechung. Die Fasern der Längs- und liingmuskulatur verstreichen ringförmig und die Haut stülpt sich in eben solcher Form ein, um mit dem Parapodium a) Taf. 14. Fig. l. b) Taf. 2. Fig. 1—7. c) Taf. 10. Fig. 10. 11. Taf. 11. Fig. Ib. Pd. T. d) Taf. 12. Fig. 2. 5. Pd. A. 1) 1. p. 2. c. (Fauna littoralis) p. 11. 100 A- Anatomisch-Histologischer Theil. ZU verschmelzen. Dadurch ist eine rundliche OefFnung geschaffen, welche dem Organe die Aus- und Einstülpung gestattet"). Schon bei oberflächlicher Betrachtung zeigt es sich, dass die Parapodien aus zwei ziem- lich stark von einander abweichenden Theilen bestehen: nämlich aus einem distalen, con- tinuirlich in die Haut übergehenden, und einem proximalen, Borsten erzeugenden, welche zwei Theile sich übrigens an den Berührungsstellen aufs Innigste mit einander verschmolzen zeigen^). Der erstere Theil, dessen Entstehung durch Hauteinstülpung nicht zu verkennen ist, indem sich die sein Epithel zusammensetzenden Zellen von denjenigen der Hypodermis nur dadurch unterscheiden, dass sie etwas niedriger sind, möge als Hauteinstülpung des Parapodiums bezeichnet werden; die von ihm gebildete Falte macht allein jene für die partielle Aus- und Einstülpung des Gesammtorgans nöthigen Excursionen möglich. Der zweite, borstenerzeugende, hinsichtlich seiner Structur auffällig von derjenigen des vorhergehenden abweichende Theil möge, seiner vornehmsten Function nach, Borstendrüse heissen. In Quer- oder Längsschnitten") durch Borstendrüsen erscheint als äusserste Schicht eine verschieden mächtige Membran ohne deutliche Zellgrenzen: es ist der das Organ umhüllende Peritonealsack. Die Membran dieses Sackes setzt sich auch continuirlich auf die Hautein- stülpung des Parapodiums fort und geht von da in das allgemeine, die lieibeshöhle aus- kleidende Peritoneum über. Hierauf folgt eine zweite, viel weniger mächtige, aber dafür bedeutend compactere Schicht, welche als Membrana propria der Borstendrüse anzusehen ist. Von dieser letzteren, durch sporadisch auftretende Kerne auch ihrerseits einen zelligen Ursprung verrathenden Membran ziehen nun zahlreiche, in den verschiedensten Richtungen aufeinander stossende Lamellen nach dem I,umen der Drüse uml theilen dieses in eine grosse Anzahl von Fächern. Alle diese Fächer entsprechen wohl ursprünglich Zellen, da wir sie da, wo noch keine Borsten vorhanden sind, meistens von Zellsubstanz und zugehörigen Kernen ausgefüllt finden. In dem Maasse aber, als die Borsten von der Basis der Drüse aus nach dem distalen Ende hin wachsen, verdrängen sie die ihnen im Wege stehenden Zellsubstanzen, so dass nun eine grosse Anzahl dieser Fächer lediglich den Borsten als Scheiden dienen. Die eigentlichen Zellenkörper "^j sind durchaus nackt und laufen zum Theil in zahlreiche Fort- sätze aus; ihre Grösse schwankt zwischen S und 12 |x; ihre Substanz ist meist blass, fein- körnig und schwer tingirbar; zuweilen traf ich letztere aber auch streifig, wie aus feinen Fasern *=) bestehend. Jede dieser Borstendrüsen enthält vierzig bis fünfzig sogenannter Pfriemenborsten. Viele derselben, nämlich die zum Ersätze bestimmten Reserveborsten, liegen ganz in der Drüse eingeschlossen; andere, nämlich die ausgewachsenen, fungirenden, stecken nur je mit ihren Basen in der Drüse, wogegen sie mit ihren Schäften als geschlossenes Bündel nach aussen ragen. Die Pfriemenborsten ^) haben frisch ein strohgelbes Ansehen und lassen deutlich eine homogene a) Taf. 2. Fig. 21. Taf. 11. Fig. 18. b) Taf. 11. Fig. 19. c) Taf. 11. Fig. 18 — 21. d) Taf. 13. Fig. 2. e) Taf. 11. Fig. 19. f) Taf. 11. Fig. 18 — 21. Taf. 13. Fig. 3. 4. P. B Taf. 31. I. Notomastus. 7. Parapodien. JQJ Scheide und einen faserigen Inhalt erkennen; sie sind von rundlichem Querschnitte und ver- jüngen sich von der Basis zur Spitze hin ganz allmählich, so dass sie lang ausgezogene, leicht S-förmig gekrümmte Kegel darstellen. An ihrem freien Ende werden sie von zwei gegen- überstehenden, etwa ein Drittel der Gesammtlänge der Borste einnehmenden und an der äussersten Spitze mit dem Schaft verschmelzenden Säumen eingefasst, welche dem Borstenende ein lancettförmiges Ansehen verleihen. In der Profilansicht der Borste kommt natürlich nur je der Unke oder rechte Saum zur Ansicht, und diesem Umstände ist es zuzuschreiben, dass einige Autoren diese Borsten als mit nur einem Saume ausgerüstet dargestellt haben. Die Länge der ausgewachsenen Pfriemenborsten beträgt bei Notomastus Uneatus ungeftlhr 1 mm, ihre grösste Breite 5 — 6 (x; ich fand sie sowohl in den verschiedenen Bündeln eines gegebenen Thieres, als auch in verschiedenen Individuen derselben Species, ja, abgesehen von Schwan- kungen in der Länge des Schaftes, sogar auch bei den verschiedenen Species des Genus Notomastus von durchaus ähnlichem Verhalten. Im Vergleiche mit den massiven Haken des Abdomens sind die Borsten des Thorax sehr zarte Gebilde; trotz ihres starren Ansehens er- weisen sie sich überaus biegsam, so dass ihnen selbst als geschlossenen Bündeln kaum viel Widerstandskraft innewohnen kann. Wir haben gesehen, dass schon die unversehrte, frische Borste deutlich eine homogene Scheide und einen faserigen Inhalt erkennen lässt; diese Structur offenbart sich noch viel deutlicher in Quer- und Längsschnitten. Die Scheide ist homogen, stark lichtbrechend und ungefähr 1 jjl breit; sie färbt sich niemals. Die durch eine Zwischensubstanz von einander getrennten Fasern sind ebenfalls homogen, von rundlichem Querschnitt, kaum V2 |J- breit und, besonders nach Behandlung mit Kalilauge, sehr tinctions- fahig. Die oben erwähnten Säume sind als Produkte der Scheide zu betrachten; in jungen Borsten reichen sie von der Spitze bis zur Basis, überhaupt weisen dieselben eine relativ um so grössere Länge auf, je jünger die Borsten sind (die allerjüngsten Stadien ausgenommen, welche noch keine Spur von Säumen erkennen lassen), was darauf schliesscn lässt, dass das Borstenwachsthum lediglich auf deren Basis beschränkt bleibt. Die ausgewachsenen Borsten pflegen mit gerade abgestutzter Basis zu enden; die jüngeren, noch im Wachsthum befind- lichen enden dagegen mit einer kolbenförmigen Anschwellung, oder umgekehrt, sich etwas verjüngend. In beiden Fällen ist diese Basis von weichem, homogenem Ansehen; in ihr haben wir den Heerd vor uns, von dem das Wachsthum auf Kosten des umliegenden Zellenmaterials ausgeht. Während sich die Parapodien des Thorax neural und hämal ganz ähnlich verhalten, herrscht mit Bezug auf die Parapodien des Abdomens ein Unterschied: die neuralen Hakenwülste übertreffen nämlich im Anfange des genannten Körpertheils die hämalen be- deutend an Ausdehnung ''); weiterhin nimmt sodann die Grösse der hämalen zu und diejenige der neuralen ab, bis schliesslich im Bereiche des Körperendes der Gegensatz ganz aufhört und die Tori der beiden Körperseiten eine nahezu gleiche Erstreckung aufweisen l^) . Auch a) Taf. 10. Fig. 2. Taf. 12. Fig. 2. Pd. A. n. b) Taf. 13. Fig. 6. Pd. A. n. Taf. 15. Fig. 31. Pd. A. n. und Pd. A. h. 102 ^- Anatomisch-Histologischer Theil. die Lagcrungsverhältnisse gestalten sich etwas anders. Gegenüber der nahezu linearen Vertheilung sowohl der hämalen, als auch der neuralen Bündelreihe des Thorax, finden wir die hämalen Tori im Anfange des Abdomens ganz auf der Rückenfläche, der Medianlinie je stark genähert (daher der Genusname »Notomastusi<), und weiterhin rücken sie immer mehr auf die Flanken herab. Die neuralen Tori ferner erstrecken sich in den ersten Segmenten nicht nur ventral bis in den Bereich der Medianlinie, sondern auch dorsal bis zur Parapodkiemen- tasche, von welchen beiden Punkten sie sich sodann ebenfalls allmählich zurückziehen, um schliesslich am Körperende die ventralen Flanken einzunehmen. Wie diese letztere Ivagever- änderung zum Theil Hand in Hand geht mit derjenigen der neuralen Stammesmuskulatur resp. mit derjenigen der Seitenlinie, wurde bereits in anderen Kapiteln betont'^). Abgesehen von diesen Grössen- und IjagerungsdifFerenzen bestehen nun aber zwischen den neuralen und hämalen Hakenwülsten keinerlei nennenswerthe Abweichungen, so dass die nachfolgende Beschreibung des anatomischen Verhaltens für beide gleicherweise gültig ist. Die Parapodien des Abdomens stellen, äusserlich betrachtet, wulstförmige Erhebungen des Hautschlauches dar, daher der für sie so häufig gebrauchte Name »Hakenwülste« oder »Tori«. Auch hier werden Hauteinstülpungen =i) zur Bildung der distalen Partien heran- gezogen, und wie bei den Parapodien des Thorax vereinigen sich mit diesen Einstülpungen drüsige, borstenerzeugende Theüe, sog. Borstendrüsen^). Die Verschiedenheit des Habitus der beiderseitigen Organe wird, wie schon hervorgehoben wurde, hauptsächlich durch den Umstand bedingt, dass die 'i'ori des Abdomens anstatt innerhalb der Leibeshöhle gelegene, massive Körper, flächenhaft über der Längsmuskulatur ausgebreitete Wülste darstellen. Zwischen diesen Wülsten — wenigstens in ihrem hämalen Bereiche — und der Stammes- muskulatur befindet sich aber ein Hohlraum ^), der gewissermaasscn denjenigen der Leibeshöhle ersetzt, d. h. die Möglichkeit des Ansetzens der Parapodmuskeln sowie diejenige der Excur- sionen des Organs resp. der Haken gestattet. Dieser Hohlraum steht bei den neuralen Hakenwülsten einerseits durch eine basale OefFnung mit den Nierenkammern der Leibeshöhle in Communication und andrerseits geht er direct in die Parapodkiemenhöhlen über, welche ja nichts anderes als zipfelförmige Verlängerungen der Parapodhöhlen selbst darstellen. Gewisse Abschnitte des Hohlraumes pflegen von saftigem Peritonealgewebe (sog. blasigem Bindegewebe) eingenommen zu werden; weitaus seinen grössten Theil erfüllt aber das ihn zum Behufe der Respiration passirende Blut. Bei Notomastus lineatus und Beiicdeid kann man nur von neuralen Parapodkiemenhöhlen sprechen, indem die Spalträume der hämalen kaum über das durch die Hakenmuskulatur geschaffene Bedürfniss hinausgehen; anders bei Notomastus profundus und N. fertilis: hier erscheinen die hämalen Parapodien schon am frischen Thiere wie kissenartig angeschwollen '^] , und leicht überzeugt man sich davon, dass in ihnen, gerade so wie in den neuralen Parapodkiemenhöhlen, das Blut durch besondere Spalten behufs der a) Taf. 14. Fig. 22. Tal'. 12. Fig. 5. Taf. 13. Fig. 1. b) Taf. 12. Fig. 1—8. c) Taf. 10. Fig. 1—3. Taf. 12. Fig. 2. 6. 7. Pd. K. H. d) Taf. 2. Fig. G. a) Vergl. p. 13. 31 und 78. und Holzschnitt p. 78. I. Notomastus. 7. Parapodien. 103 Athmung rhythmisch hin und her bewegt wird. In Schnitten durch solche Parapodien erkennt man denn auch einen ziemlich umfangreichen, von Muskeln durchzogenen Hohlraum =i), welcher im Gegensatze zur neuralen als hämale Parapodkiemenhöhle bezeichnet werden mag. Bei Notomastus profundus erlangen diese hämalen Parapodkiemenhöhlen im hinteren Abschnitte des Abdomens überdies eine sehr auffallende Erweiterung, indem nämlich die kissenartigen, hämalen Tori jederseits zipfelartig ausgestülpt sind und so distincte Kiemen^) bilden, welche sich von denjenigen des Dasyhrajichus und Mastohranchus nur dadurch unterscheiden, dass sie der Ver- zweigungen entbehren und in weniger hohem Maasse zurückgezogen werden können. Die Elemente der distalen Abschnitte der Hakenwülste, also der Hauteinstülpungen, stimmen durchaus mit denjenigen der benachbarten Hypodermstrecken überein; wo letztere vorwiegend aus exquisiten Fadenzellen bestehen, da stossen wir auch im Torus auf solche; wo diese Fadenzellen in den genannten Hautstellen ein saftiges Ansehen annehmen, da dehnt sich dieses Ansehen auch auf die entsprechenden Zellen der Tori aus. Die abdominalen Borstendrüsen •=) werden ähnlich den thoracalen von zwei Blättern , dem Peritonealsacke und der Membrana propria umhüllt; die Grenze zwischen beiden Membranen ist aber meistens keine scharfe. Das in diesem Doppelsacke eingeschlossene Drüsengewebe ist entsprechend der langgezogenen Wulstform, sowie entsprechend der reihenförmigen Anordnung der Haken, auf einen medialen Streifen beschränkt d); Zellgrenzen lassen sich in diesem drüsigen Materiale nur selten und selbst dann auch nur andeutungsweise erkennen; meistens begegnet man einem compacten Syncytium, in welchem die Kerne in durchaus unregelmässiger Weise zerstreut liegen. Auch das Lumen der abdominalen Borstendrüsen wird durch Lamellen der Mem- brana propria in ein System von Kammern abgetheilt und zwar zeigen diese Lamellen hier, in Folge der reihenförmigen Anordnung der Haken, im Gegensatze zu der unregelmässigen Gliederung der Thoraxparapodhöhlen, eine ganz regelmässige Stellung e); es verläuft nämlich zwischen je zwei Haken eine von der vorderen zur hinteren Wand der Drüse gerichtete Membran, wodurch das Lumen des Organs in eben so viele, der Längsaxe des Thieres parallel gerichtete Hauptkammern abgetheilt wird; schwächere, rechtwinklig hierauf gestellte Blätter gliedern sodann diese Kammern in kleinere, secundäre Räume. Die dieses Fachwerk her- stellenden Lamellen, und zwar hauptsächlich diejenigen erster Ordnung, zeigen eine viel stärkere Entwickelung als diejenigen der Parapodien des Thorax; sie sind viel breiter und enthalten im Gegensatze zu jenen zahlreiche, durch bedeutenden Umfang sich auszeichnende Kerne. Eine Verwechslung dieser Kerne mit solchen des Drüsengewebes ist bei den ab- dominalen Parapodien um so weniger zu befürchten, als ja bei ihnen dieses Gewebe, wie schon betont wurde, in einen medialen, an der Basis des Torus gelegenen Streifen zusammen- gedrängt erscheint. Ich habe nun noch einer Anordnung in den Hakenwülsten zu gedenken, für welche a) Taf. 12. Fig. 2. Pd. K. H. b) Taf. 2. Fig. 7. Taf. 13. Fig. 6. 7. Pd. K. h. Fig. 3—8. d) Taf. 12. Fig. 5. 7. 8. e) Taf. 12. Fig. S. 104 A. Anatomisch-Histologischer Theil. sich in den Thoraxparapodien keinerlei Analogon findet: es sind das drei der liängsaxe des Torus parallel gerichtete, den Haken enge anliegende Muskelbündel. Bei Notomastus pro- fundus^) ist deutlich zu sehen, wie das mittlere derselben auf der Vorder- (Kopf-) Seite und die endständigen auf der Hinter- (Schwanz-) Seite befestigt liegen, so dass deren Function, die in einer Reihe angeordneten Haken in dieser Lage (im Verein mit den Scheiden) fixiren zu helfen, kaum zweifelhaft bleiben kann; eine Function, für welche bei den zu einem com- pacten Bündel aggregirten Pfriemenborsten der Thoraxparapodien keine Veranlassung vorliegt. Auch über die Herkunft dieser drei Muskelbündel ertheilen uns die citirten Schnitte befrie- digende Auskunft; man sieht sofort, dass deren Fasern aus der Ringmuskulatur des Haut- muskelschlau chs entspringen, dass sie also nichts Anderes als Theile der an dieser Stelle in mehrere Bündel zerfallenen Ringfaserschicht des Stammes darstellen, welche Bündel sich am hämalen Ende des Parapodiums wieder vereinigen, um die Kiemenmuskulatur bilden zu helfen. Die Längsmuskulatur des Stammes participirt nur an der Basis der Parapodhöhlenwandungen, indem sich einige Bündel halbkreisförmig vorwölben^); der hierdurch geschaffene Hohlraum verbindet die Parapodkiemenhöhle mit der Bauchstrangkammer der Leibeshöhle. Als Eigen- thümlichkeit der Untergattung Tremomastus muss noch hervorgehoben werden, dass sich, ähn- lich wie bei Dasyhranckus, im Bereiche der Parapodien zwischen Haut und Ringmuskelschicht einzelne Bündel der Längsmuskulatur einschieben, so dass an den betreffenden Stellen die typische Reihenfolge der Muskelschichten gestört erscheint). Aehnlich wie bei den meisten übrigen Anneliden enden auch bei den Capitelliden die Hakenwülste nicht gerade, sondern spiralig gekrümmt, und in diesen frei in die Leibes- höhle hineinragenden Spiralen findet auch hier die Bildung neuer Haken (Reserveborsten) statt. In Fig. 5. Taf. 12 von einem Schnitte durch eine solche Spirale sehen wir zwei Haken in der Bildung begriffen; was aber besonders auffallt, ist die innige Weise, in der dieser Ab- schnitt des Parapodiums mit der Hypodermschicht zusammenhängt. Die Hakenspirale endet nämlich nicht frei in der Leibeshöhle, sondern biegt aus dieser nach der Haut hin ab, um mit letzterer zu verschmelzen. Solche Präjjarate, wie der citirten Figur zu Grunde liegen, lassen keinen Zweifel darüber aufkommen, dass an dieser Stelle, also dem Heerde der Hakenbildung, zeitlebens eine Einwanderung von EctodermzeUmaterial stattfindet; gewiss ein -schlagender Beweis für die ectodermale Natur der Borsten. Im Genus Notomastus liegt die Reserve- borsten erzeugende Spirale in allen Parapodien constant hämal; wir werden sehen"), dass sich eine der anderen Gattungen in diesem Punkte abweichend verhält. Die Haken fi) des Notomastus haben im frischen Zustande ein gelbliches oder bräunliches Ansehen; ihre Ijänge beträgt bei Notomastus Uneatus durchschnittlich 80, ihre mittlere Breite 4 bis 5 |x; sie stellen sich in der Profilansicht als rundliche, in der Mitte leicht angeschwollene Stäbe dar, deren Basis sichelförmig und deren freies Ende vogelkopfartig gekrümmt endet; a) Taf. 12. Fig. 2. 3. Pd. H. R. M. b) Taf. 12. Fig. 6. Pd. H. L. M. c) Taf. 12. Fig. 2. 3. Pd. H. L. M. d) Taf. 2. Fig. 22. und Taf. ;i 1 . a.) Vergl. Dasybranchus, Kapitel Parapodien. I. Notomastus. 7. Parapodien. 105 dem letzteren Ende sitzen überdies mehrere, meist drei, spitze Zinken auf, von denen der unterste der grösste zu sein pflegt. Untersucht man die Haken nicht bloss in der Profilan- sicht — wie dies bisher fast ausschliesslich geschah — , sondern auch in der Flächenansicht, so findet man, dass den erwähnten drei übereinander geordneten Zinken in Wirklichkeit drei Reihen solcher entsprechen, von denen natürlich in Folge der Krümmung des Kopfes, bei einer gegebenen Einstellung des Tubus, nur je eine deutlich zur Ansicht gelangen kann. Jede dieser Reihen enthält 7 — 10 Zinken, so dass deren im Ganzen etwa 20 — 30 vorhanden sein mögen. An Stelle der bei den Pfriemen vorhandenen Säume werden die Haken, und zwar deren Köpfe, von dünnhäutigen, an ihrer concaven Seite geöffneten Hauben, umhüllt, welche Gebilde wahrscheinlich nur beim Durchbrechen der Hypodermis eine Rolle spielen, indem sie bei den ausgebildeten Haken häufig fehlen, oder doch nur unvollkommen erhalten sind. In der Profilansicht kommt man über das wahre Verhalten dieser Hauben schwer in's Klare; es bedarf hierzu ebenfalls der Ansicht in der Pronatio und Supinatio. Die letztere ist am geeignetsten, um sich davon zu überzeugen, wie die Hauben nach innen zu geöffnet sind. Man findet sie bald fest mit dem Hakenkopfe verwachsen, bald weit von ihm abstehend; in den meisten Fällen ist ihr Rand glatt, zuweilen aber erscheint er auch mit einer ähnlichen Zähnchenreihe besetzt, wie der Hakenkopf selbst deren mehrere besitzt. An Haken, auf welche Kalilauge eingewirkt hatte, oder welche einem starken Drucke ausgesetzt worden waren, sah ich häufig die oberste Zähnchenreihe des Kopfes sich gemeinsam mit der Haube ablösen, so dass nach dieser Beobachtung die Herkunft jener Haubenzähne nicht zweifelhaft sein kann. Die Zahl der in einem Parapodium enthaltenen Haken schwankt ausserordentlich je nach der Körperregion. In den neuralen Parapodien der ersten abdominalen Segmente eines erwachsenen Notomastus Uneatus zählte ich deren 115, in den hämalen 40 ; in der Abdomen- mitte desselben Thieres neural 95, hämal 34, und am Abdomenende sowohl neural, als hämal je ungefähr 30. Von da ab fährt die Zahl der Haken fort stetig weiter zu sinken, bis schliesslich am nachwachsenden Schwanzende — in den in der Entwickelung begriffenen Parapodien — nur noch einzelne, ebenfalls in unvollkommener Ausbildung befindliche, an- getroffen werden. In ihrer Structur stimmen die Haken im Wesentlichen mit den Pfriemenborstcn über- ein; sie bestehen wie diese aus einer homogenen Scheide und einem hiervon abweichend geformten Inhalte^). Während aber bei den Pfriemenborsten dieser Inhalt der ganzen Länge nach aus Fasern besteht und nur zuweilen an der Basis ein protoplasmatisches Ansehen darbietet, treffen wir bei den Haken umgekehrt zuweilen nur die obere Hälfte aus Fasern zusammengesetzt und den ganzen übrigen Theil von einer körnigen Masse erfüUt. Bei Notomastus Benedeni, besonders aber bei Notomastus pi'ofiiiidus kommt es sogar vor, dass ein verschieden grosser Theil des Innenraums von einer gelben Substanz ^) eingenommen wird, deren a) Taf. 13. Fig. 5. b) Taf. 33. Fig. 7. Zool. Statiiin •/.. Neaiu'l, Fauna und Flora, Golf von Neapel, l'apitolliilen. JQg A. Anatomisch-Histologischer Theil. Elemente auffallend mit den Excretbläschen der Nephridien, der ßlutscheiben sowie des Peri- toneums übereinstimmen. Im Hinblicke auf die traditionell anerkannte systematische Bedeutung der Borsten, ins- besondere der Haken, habe ich von jeder Notomastus-SYtecies die verschiedenen Körperregionen daraufhin vergleichend untersucht"). Das Resultat ist ein für den Systematiker keineswegs er- freuliches zu nennen; denn nicht nur sind die Haken der verschiedenen Körperregionen einer gegebenen Species unter sich von grösster Aehnlichkeit, sondern auch die Unterschiede der- selben in den verschiedenen Species sind überaus geringfügig. Hierzu kommt noch, dass die Hakenköpfe bezüglich der Zahl, Form und Grösse ihrer Zähnchen in allen Individuen eine geAvisse Variabilität zeigen, und endlich hat man mit dem Factum zu rechnen, dass in Folge der S-förmigen Krümmung, sowie des prismatischen Querschnitts der Haken, selten Bilder von genau gleich orientirten Exemplaren zu Gesicht kommen. Immerhin liess sich constatiren, dass die Haken der Untergattung CUstomastus sich von denjenigen der Untergattung Tremo- mastus durch kräftigere Ausbildung der Köpfe und Zähnchen, sowie durch die bedeutendere Länge und stärkere Krümmung der Basen auszeichnen. Innerhalb der Untergattung CUsto- mastus ist sodann für die Haken der Varietät Notomastus lineatus Balaitofflossi^) charakteristisch, dass die äussere Anschwellung des Hakenschaftes viel stärker ausgebildet ist und sich daher im Profil viel schärfer vom Halse absetzt, als bei den Haken der typischen Arf). Die Haken des Notomastus Benedeni^*) zeichnen sicli gegenüber denjenigen des Noto- mastus lineatus hauptsächlich durch ihre Gestrecktheit aus; denn die Hakenbasen der ersteren Art biegen in einem viel stumpferen Winkel um, als diejenigen der letzteren; ferner sind die Köpfe etwas kleiner und die Zähnchenreihen weniger zahlreich und weniger ausgeprägt. Noch gestreckter verlaufen die Haken und noch weniger ausgebildet sind deren Köpfe — besonders im Hinblick auf ihre viel bedeutendere Grösse — bei den zwei anderen Arten, dem Notomastus profundus ^) und Notomastus fertilis f) . Zuverlässige Merkmale für die Unter- scheidung der Haken dieser letzteren zwei Arten zu finden war mir aber nicht möglich. Die Haken entwi ekel ung geht wie bei den meisten anderen daraufhin untersuchten Anneliden auch bei den Capitelliden in der Hakenspirale vor sich?); es ist für jeden ent- stehenden Haken je eine Zelle, genauer je ein Kern der Ausgangspunkt. Das Erste, was man wahrnimmt, ist ein glänzendes, kaum messbares Pünktchen, welches sich beim Heranwachsen als die Anlage des Hauptzahnes des Hakenkopfes erweist. Weiterhin bildet sich der Kopf selbst mit einer Zähnchenreihe; im nächsten Stadium ist der Kopf bereits mit mehreren Zähnchenreihen, der Haube, sowie mit einem kurzen Halse ausgerüstet, und von da ab be- a) Taf. 31. Fig. 1—21. b) Taf. 31. Fig. 5—7. c) Taf. 31. Fig. 3. 4. d) Taf. 31. Fig. 10. 11. e) Taf. 31. Fig. 14. 1,^). f) Taf. 31. Fig. 18—21. g) Taf. 12. Fig. 5, Pd. S. *) Die von Cr-APAiiknE gegebene Abbildung der Haken dieser Species ist unkenntlich; der betreffende Haken könnte irgend einer Notomastus-Form angehören ; nur würde man denselben als am Kopfe verstümmelt be- zeichnen müssen. I. Notomastus. 7. Parapodien. JQ7 schränken sich die Entwickelungsvorgänge lediglich auf die Ausbildung des Schaftes, dessen Wachsthumsrichtung, wie aus dem Vorhergehenden erhellt, von der Spitze zur Basis hin verläuft ^). Bezüglich der chemischen Beschaffenheit der Borsten ist hervorzuheben, dass sie, im Gegensatze zur Cuticula, sich der Einwirkung von Kalilauge gegenüber resistent erweisen. Sie quellen zwar unter dem Einflüsse dieses Reagens ziemlich stark auf, werden aber nicht gelöst; es besteht daher aller Wahrscheinlichkeit nach der organische Theil ihrer Substanz hauptsächlich aus ('hitin resp. aus einem dem Chitine verwandten Körper. Ausführlicheres hierüber findet man im morphologischen Theil, Kapitel Haut. Es bleibt noch der die Parapodien in Bewegung setzenden Muskulatur zu gedenken. Von der der Leibeshöhle zugekehrten Basis eines jeden Thoraxparapodiums verläuft eine be- deutende Anzahl Muskeln, strahlenförmig divergirend, zur Leibeswandung, um sich unter verschiedenen Winkeln an dieser Wandung zu befestigen ^) . Es ist klar, dass die Contraction dieser Muskeln das eingezogene Parajjodium zur Ausstülpung bringen muss, dass sie daher als Protrusoren betrachtet werden müssen. Ausserdem sind in jedem Segmente je die neuralen und hämalen Parapodien einer Seite durch ein ziemlich breites Muskelband unter- einander verbunden, welches Band ich nach dem Vorgange Spengel's '»Interbasalmuskel«^) nennen will. Ich schliesse mich ferner Perrier an, der in diesen, von ihm auch bei ver- schiedenen Lumbriciden aufgefundenen Interbasalmuskeln die Retractoren der Parapodien ver- muthet. Es ist in der That nicht einzusehen, auf welche Weise sonst die ausgestülpten Para- podien wieder eingestülpt werden sollten. Wenn diese Auffassung richtig ist, so kann die Retraction je eines neuralen und hämalen Parapodienpaares nur simultan geschehen, und dass dem in der That so ist, wird durch die Beobachtung des lebendigen Thieres bestätigt. An den abdominalen Parapodien, und zwar an den neuralen, fällt zunächst ein mächtiger Muskel auf, welcher in schiefer Richtung, nämlich von der lateral-hämalen nach der median- neuralen Körperregion verläuft, um sich schliesslich zwischen den Bündeln der Stammes- Längsmuskulatur anzuheften '^) . Die Aufgabe dieses wahrscheinlich von der transversalen Muskulatur abstammenden Stranges kann nur darin bestehen, die Enden der halbkreisförmig verlaufenden Tori einander zu nähern, mit welcher Annäherung natürlich eine Spreizung der Haken im entgegengesetzten Sinne einhergehen muss. Ferner sind sowohl die neuralen, als auch die hämalen Tori mit einer grossen Anzahl parallel der liängsaxe des Thieres gerichteter, aus der Ringmuskulatur entspringender, dünnerer Muskelfäden ausgerüstet^), deren Contraction die Bewegung eines oder mehrerer Haken in einer auf die vorige rechtwinklig verlaufen- den Richtung zur Folge hat. Je nachdem sich von diesen Muskelfäden die köpf- oder schwanz- wärts gelegenen einzeln oder gruppenweise contrahiren, kann nun, im Vereine mit der Wirkung des zuerst genannten Stranges, ohne Zweifel eine sehr mannigfaltige Kombination von Haken- bewegungen zu Stande kommen. Endlich sind auch die hämalen und neuralen Tori eines a) Vergl. Taf. 22. Fig. 7. b) Tal'. 2. Fig. 21. Taf. 10. Fig. 10. 11. Fd. F. c) Taf. 2. Fig. 21. Taf. 12. Fig. 1. Fd. J. M. A] Taf. 13. Fig. 1. e) Tal'. 12. Fig. 6. 7. Taf. 13. Fig. 1. Taf. 11. Fig. 22. Fd. H. D. M. ]^Q8 A. Anatomisch-Histologisclier Thcil. jeden Segments durch Interbasalmuskel verbunden. Diese letzteren, an diesem Orte offenbar functionslosen Muskeln sind wohl als Erbstücke aus einer Zeit zu betrachten, in der auch die abdominale^ Parapodicn noch der Retractilität fähig, rcsp. in der sie den thoracalen noch ähnlich geformt waren. Zum Schlüsse noch ein Wort über den Begriff »Borstendrüse". Ich weiss nicht, wer zuerst die in der Leibeshöhle eingeschlossenen Thcile der Parapodien so genannt hat ; wahrschein- lich war das unverkennbar drüsige Ansehen jener Theile dafür maassgebend. Die vorstehende Beschreibung hat aber gezeigt, dass die Berechtigung des genannten Ausdruckes auch vor einer strengeren Prüfung sehr wohl bestehen kann. Abgesehen von der Hauteinstülpung ist das Parapodium in der That nach dem Plane einer Drüse und zwar, ebenso wie das Nephri- dium, nach dem Plane einer cavernösen Drüse aufgebaut. Wie bei den Nephridien, so be- stehen auch bei den Parapodien die resp. Drüsen aus einem von der Membrana propria ab- stammenden Fachwerke und einem darin befindlichen Zellenmaterial. Nur werden im ersteren Falle die Ausscheidungsproducte in Form von Excretbläschen durch einen gemeinsamen, stabilen Canal nach aussen geschafft, wogegen sich im letzteren Falle die entsprechenden Pro- ducte in Form von Borsten ihre eigenen, vorübergehenden Ausführungsgänge zu bohren pflegen''). 8. Respirationsorgane. Kiemen als distinctc, ausschliesslich zum Behufe der Athmunpf dienende Organe wurden zuerst von GrubkI) bei dem von ihm entdeckten Genns Dasybranckus [Dasymallus] wahrgenommen. (Ilapareue •') ver- suchte sodann mit diesen Organen die von ihm missverstandenen Sinneshügel des Notomastus zu vergleichen; denn es war ihm nicht unwahrscheinlich, dass diese Hügel rudimentäre Kiemen, oder aber Oeffnungen darstellen, aus welchen ähnlich wie bei Dasyhrcmchus Kiemen hervorgestreckt werden könnten. Erst in einer späteren Untersuchung wurde Claparede^) gewahr, dass beim Genus Notomastus die dorsalen, taschenförmig ausgebuchteten Enden der neuralen Hakenwülste die Rolle von Kiemen übernehmen; so be- schrieb er dieselben insbesondere von Notomastus Uneatus, bei welcher Art sie im vorderen Abschnitte des Abdomens eine viel höhere Ausbildung als bei irgend einer anderen Art des Genus aufweisen. Es kann keinem Zweifel unterliegen, dass die taschenförmigen Ausbuchtungen der neuralen Hakenwülste des Notomastus^) die Rolle von Kiemen siiielen; wenigstens ist nicht , ein- zusehen, aus welchem Grunde sonst sich diese Taschen selbständig contrahiren sowie abwechselnd mit Blut füllen und wieder leeren sollten. Die relativ dünne Beschaffenheit ihrer Wandungen lässt sie' überdies für den Respirationsact sehr geeignet erscheinen. Als Organe, die sich lediglich aus einem Abschnitte abdominaler Parapodien entwickelt liaben, ist ihr Vor- kommen natürlich sammt ihrem Mutterorgane auf das Abdomen beschränkt. Hier treffen wir sie sodann am meisten ausgebildet am Anfange, wo sie bis 1 nun lang werden können; a) Taf. 2. Fig. 2—4 und ü— 7. Pd. K. a) Veigl. den Physiologischen Theil, Kajütel Nephridien. 1) 1. p. 2. c. (Beschreibung neuer Anneliden) p. 167. 2j 1. p. .5. c. p. ÖS. 3) 1. p. 8. c. p. 279. I. Notomastiis. 8. Respirationsorgane. 109 weiterhin nehmen sie an Grösse immer mehr ab, bis sie schliesslich nur noch unscheinbare Höcker darstellen. Wie die neuralen Hakenwülste so ragen auch deren Anhänge, die Kiemen, am Anfange des Abdomens bis zum Rücken herauf, um sodann im hinteren Kör- pertheile, entsprechend dem Verlaufe der Seitenlinie, allmählich wieder auf die Flanken der Segmente herabzurücken ^i) . Wie aus der Beschreibung der Parapodien '-"^ erinnerlich sein wird , kommen die Parapodhöhlen dadurch zu Stande, dass sich an den betreffenden Körperstellen die Haut nebst Ringmuskulatur, sowie eine Anzahl Bündel der Ivängsmuskulatur von der Hauptmasse letzterer Muskulatur ablösen. Die Kiemenhöhle ist nun nichts Anderes als eine zipfelförmige Verlängerung dieser Parapodhöhle ^) und daher zeigen sich auch die Wandungen beider Höhlen in ganz übereinstimmender Weise aufgebaut; nur erscheinen diese Wandungen im Bereiche der Kiemenhöhle erheblich verdünnt. Diese für den Respi- rationsprozess so wichtige Verschmächtigung ist dem Umstände zuzuschreiben, dass die Hauptmasse der Ringfaserschicht, welche im Parapodium, in mehrere Bündel gespalten, längs der Hakenreihe verlief, zwar, wo sie diese Haken verlässt, wieder als geschlossenes Bündel auftritt, aber nicht um sich als Schicht an die Kiemenwand anzulegen, sondern um sich aufs Neue zu verzweigen und (nebst Aesten der Ivängsmuskulatur) die Kiemenretractoren bilden zu helfen; diese Kiemen können nämlich etwas zurückgezogen werden. Schon bei Notomastiis Uneatus und N. Benedeni fällt es beim Studium der Blutcirculation auf, dass auch die hämalen Hakenwülste auffallend reich vom Blutstrome versorgt werden; man würde aber von diesen hämalen Parapodien in Anbetracht des vollständigen Mangels besonderer Aussackungen kaum als kiemenartigen Organen sprechen können. Anders bei Noto- mastiis fertiUs'^) und N. profmidus^), bei welchen Arten, wie im vorhergehenden Kapitel schon beschrieben worden istf^), die betreffenden Parapodien kissenartig angeschwollen sind und einen umfangreichen Hohlraum einschliessen, welch' letzterer durch besondere Muskeln ebenso eingeengt werden kann wie derjenige der neuralen. Wir haben daher in diesen Arten neurale und hämale Parapodkiemen zu unterscheiden. Bei Notomastus profundus'^) erheben sich überdies in der hinteren Region des Abdomens die hämalen Parapodkiemen, etwa vom 40. Segment an, jederseits zipfelförmig, so dass die Befähigung der hämalen Parapodien, Ausgangspunkt von Kiemenbildungen werden zu können, jedem Zweifel entrückt i^t. Mit dem Auftreten dieser hämalen Zipfel verwandeln sich bei Notomastus ijrofundus auch die neuralen Hakentaschen in lange, cylindrische, im ausgedehnten Zustande bis 1 mm messende Schläuche, welche ähnlich den Dasybranchus-Kieiwen vollkommen in die Leibeshöhle zurück- gezogen Averden können. Die Einziehung wird von denselben Muskeln besorgt, welche auch a) Taf. 10. Fig. 1. Taf. 15. Fig. 31. Pd. K. n. h) Taf. 10. Fig. 1. 2. Taf. 12. Fig. 2. Pd. K. H. c) Taf. 10. Fig. 2. Pd. K. H. h. d) Taf. 2. Fig. 6. Taf. 12. Fig. 2. Pd. K. H. h. e) Taf. 2. Fig. 7. Taf. 13. Fig. 6. Pd. K. n. und Pd. K. h. a) Vergl. p. 102. ß) Vergl. p. 103. 110 A. Anatomisch-Histologischer Theil. im Vorderlcibc die Hakentaschen ^allerdings in nur geringem Grade vind nie bis zur voll- kommenen Einstülpung in die Leibeshöhle) zurückzuziehen vermögen. Die Ausstülpung wird allein durch den Druck der Blutwelle besorgt. Auch für die Structur dieser durch ihre (irösse und vollkommene Retractilität in der Kiemenmodificatiou fortgeschrittenen Anhänge des Hinterleibes von Notomastus profundus gilt noch die Regel, dass sie einfache Ausstülpungen des Hautmuskelschlauchs darstellen; denn alle Schichten des letzteren treffen wir in genauer Reihenfolge auch in ersteren. Während bei Notomastus profundus auffallend verlängerte, zipfelförmige Kiemen erst am Abdomenende auftreten, finden sich solche bei dem (leider nur in wenigen Fragmenten zur Untersuchung gelangten) Notomastus formiaims'') schon im Abdomenanfange und zwar ebenfalls sowohl hämal, als neural entwickelt; nur mit dem Unterschiede, dass bei ihm die Zipfel hämal nicht paarig an jedem Parapodium, sondern in der Einzahl, und zwar am ventralen Ende jedes solchen, angebracht sind. Wie sich diese Kiemen abwechselnd mit Blut füllen und leeren, auf welche Weise ferner das zu- und abströmende Blut im Körper circulirt, wird weiterhin beschrieben werden; ich verweise daher auf jene Stelle ß). Hier möchte ich nur noch hervorheben, dass neben allen diesen Kiemenbildungen jedenfalls auch der Haut und dem Darme ein wirk- samer Theil der Athemthätigkeit zufällt. Auf dem Rücken ist der Hautmuskelschlauch so stark verdünnt, dass am frischen Thiere das Blut stets als breiter rother Streif hindurch- schimmert. Die Darmrespiration ist zweierlei: einmal gelangen durch den sich beständig aus- und einstülpenden Rüssel nicht unbeträchtliche Quantitäten Blutes mit dem äusseren Medium in Contact, und zwar in einen um so ausgiebigeren, als die Blut und Seewasser scheidenden Rüsselwandungen ziemlich dünn sind, sodann haben Experimente mit in Carmin- Seewasser gehaltenen Thieren ergeben, dass auch Notomastus, allerdings entfernt nicht in der Menge wie Capitellat), Seewasser verschluckt, so dass die den Darm umspülende Hämolymphe event. von letzterem Organe aus mit Sauerstoff versehen werden kann. Bei der Darmrespi- ration spielt wahrscheinlich auch die Hinterdarmrinnc sowie ihre F'ortsetzung, der Nebendarm, eine Rolle''). Wenn auch die respiratorische Thätigkeit der Haut und des Darmkanals bei Notomastus im Ganzen nur wenig ausgiebig ist, so hat sie doch selbst als Nebenfunction insofern Bedeutung, als wir sehen werden, dass bei einem anderen Gliede der C-apitelliden- famiüe (bei Capitella capitata) diese Nebenfunction eine so hohe Steigerung erfahrt^), dass sie die in Wegfall gelangten Kiemen zu ersetzen vermag. c.) Vergl. den Morphologischen Theil, Kapitel llespirationsorgane. [i] - Kapitel Hänaolymphe. •{) - Capitella, Kapitel Respirationsorgane. 5) - p. 44. s) - Capitella, Kapitel llespirationsorgane. I. Notomastus. 9. Nephvidien (Segmentalovgane). J J J 9. Nephridien (Segmentalorgane)^). Die erste Eiwähnung von Nephridien bei Capitelliclen geschah durch D'Uuekem '). In der Charak- teristik der von ihm aufgestellten, das einzige Genus Capitella mit den beiden Arten C. capitata und. ßni- hriata umfassenden Familie der Capitellidees figurirt der Satz: »Appareil secretoire renal compose de deux canaux glanduleux, places symmetriquement dans presque toiis les anneaux du corps«. In der Beschreibung der C. ßmbriata hat D'Udekem diesem Satze noch die liemerkung hinzugefügt, dass wimpernde Cilien im Inneren der drüsigen Canäle einen Strom erzeugen, und dass es ihm, in Folge der grossen Menge der diese Organe umgebenden Plasmakugeln, nicht gelungen sei, deren innere und äussere Mündungen wahr- zunehmen. Ueber das Vorkommen von Nephridien beim Genus Notomastus berichtete zuerst Kbferstein^) gelegentlich seiner Beschreibung des N. ruhicundus [Capitella rubicunda). Seinen Angaben zufolge hat dieser Wurm mit Ausnahme der vordersten neun, in allen Segmenten Nephridien. Diese letzteren haben eine deutliche OefFnung nach aussen wie nach innen, und die Wimperrichtung in ihrem vielfach gewundenen Canale führt von innen nach aussen. Bemerkenswerth ist, dass Keferstein bald inmitten der Segmente gelegene Spalten, bald auf den Segmentgrenzen, zwischen den neuralen und hämalen Fussstummeln gelegene, von zwei Lippen begrenzte Oeffuungen als die äusseren Mündungen der Nephridien darstellt*). Das Vorkommen von je einem Paar Nephridien in allen Körpersegmenten des Thieres mit Aus- nahme der vordersten wird kurz nach der Keferstein 'sehen Publication in einer ausführlicheren Beschrei- bung des N. rubicundus von Seiten CL.^PARiiDE's ■') bestätigt. Letzterer stellt die betreffenden Organe als safrangelbe, viellappige, birnförmige Drüsen mit nach vorn gerichteter Spitze dar. Im Inneren der Drüsen komme ein gewundener Canal zum Vorschein, dessen vorderes Ende entweder blind endige, oder — er konnte darüber zu keiner Gewissheit gelangen — in die Leibeshöhle münde, während das hintere die Rückenwand durchbohre und nach aussen führe. Auch Claparede hält die zwischen den neuralen und hämalen Parapodien gelegenen, von zwei Lippen eingefassten Querspalten (also die Seitenorgane) für diese äusseren Mündungen der Nephridien und fügt noch hinzu, dass zwischen den beiden Lippen starre, lange, nicht flimmernde Wimpern hervorragen?). In seinen »Glanures Zootomiques«, in welchen er^) zwei neue Notomastus-Axten, den Nototnastus Sarsii und Notomastus Benedeni^ sowie den Dasybranchus caducus Grube's aus Port-Vendres beschrieb, hat er diesen Irrthum bezüglich der äusseren Mündungen der Nephridien berichtigt. Es wurde ihm klar, dass jene auf den Segmentgrenzen gelegenen und mit starren Wimpern besetzten Querspalten — welche sich auch an den beiden neuen Arten vorfanden — gar Nichts mit den Nephridien zu thun haben; er ver- muthet nun, dass sie entweder zur Entleerung der Geschlechtsproducte dienen, oder aber möglicherweise Rudimente der Dasybranchus-\\Äem.e darstellen**). Die Nephridien der beiden neuen Arten schildert Cla- parede mit folgenden Worten: »J'ai dejä signale la couleur sombre des organes segmentaires du N. Sarsii. Ces organes ont la forme d'un boyau forme de deux parties: l'une plus large, l'autre plus etroite. La pre- miere est fixee par l'une de ses extremites ä un point de la paroi du corps situe immediatement en avant de l'extremite dorsale du tore hamifere ventral; l'autre se continue dans la partie plus etroite, qui est distinc- a) Vergl. p. 16. Anmerkung. ß) Vergl. p. 76. 1) 1. p. a. c. p. 25. 2) 1. p. 4. c. p. 124. 3) 1. p. 4. c. p. 26. 4) 1. p. 5. c. p. 49. *) Es wird aus dem Folgenden klar werden, dass weder die einen noch die anderen Bildungen etwas''mit den Mündungen der Nephridien zu thun haben. Erstere entsprechen wahrscheinlich den Mündungen von Genital- schläuchen, letztere sind überhaupt keine Poren, sondern Sinneshügel (Seitenorgane). Vergl. p. 76. Anmerkung. **) In Bezug auf das Verfehlte auch dieser Hypothese vergleiche man p. 76 und 78. \\2 ^- Anatomisoh-Histolo^ischer Theil. tement tubulaire et renfenne im canal cilic. Cette partle tubulaire va s'ouvrir ii l'exterieiir k une ceitaine clistance en avant du tore dorsal du meme cöte. L'oiiverture est plaeee ä la base d'une languette saillante large de 0™", 10, creusee en gouttiere sur l'une des faces. Les deux extremites seules de l'organe segmen- taire sont fixes; le reste, replie sur lui-meme, flotte dans le liquide perivisceral. II existe, en general, vine mince bride qui unit directenient l'une des extremites de l'appareil ä l'autre. La couleur sombre de l'organe est due ä la presence dans sa paroi d'une multitude de cellules arrondies, renfermant chacune une concre- tion spherique d'un brun sombre. Les plus grandes de ces cellules ont xin diamctre de (»"""jOlS. Les unes sont presque entierement remplies par la. concretion; les autres ne renfemient qu'un nodule relativement beaucoup plus petit. Ces cellules rappellent tout ä fait les elements secreteurs du rein des gasteropodes pulmones. II n'est du reste point invraisemblable que ces granules soient composes ici egalement d'acide urique. Je ne les ai malheureusement pas examines sous le rapport chimique. Les cellules ä secretion s'ctendent meme sur la bride mentionnee plus haut«. »Les Organes segmentaires (du N. Benedetii) sont entierement difFerents de ceux du iV". Sarsii, au point de permettre immedialement la distinction des deux especes. En efFet, tandis que ces organes sont noirs chez le N. Sarsii, ils forment chez le N. Benedeni une tache jaune claire ä droite et ä gauche de chaque segment hamifere. Leur forme est du reste entierement difi"erente; ils ne presentent point Tappa- rence d'un boyau, mais d'un corps semi-lunaire ä convexite tournee du cote interne. La masse de l'organe est formee par des vesicules remplies d'un liquide jaune transparent, entre lesquelles des cellules isolees, renfermant une concretion dure, sont semees de distance en distance. On distingue dans l'organe les meandres d'un canal vibratile qui m'a paru s'ouvrir ä l'exterieur, ä une petite distance de l'extremite du tore ventral«. DasyhrancJms , dem Grube die Segmentalorgane abgesprochen hat, besitzt vom 26. Segment ab jederseits in der Leibeshöhle einen kleinen, langgestielten, mit einer fein granulirten Masse ausgefüllten Körper*). »Je ne serais pas etonne« — sagt Claparede mit Kezug auf diese Körper — »qu'il fallut comparer ces organes aux organes segmentaires des Notomastus«. Und weiter: »Je dois dire cependant que j'ai con- signe dans mes notes l'existence d'organes segmentaires tout difFerents, au moins dans les Segments hamiferes anterieurs d'un Dasybranche. J'ai neglige, il est vrai, d'indiquer s'ils presentaient la meme forme dans les Segments posterieurs. Ces organes rappellent tout ä fait ceux des Notomastus. Ils constituent un boyau glanduleux, replie sur lui-meme, dans l'interieur duquel j'ai poursuivi un tube cilie contourne en spirale irreguliere. L'ouvertxire externe de Torgane est plaeee au niveau des crochets, ä une distance egale des tores ventraux et dorsaux(f. Einen weiteren Beitrag zur Kenntniss der Nephridien von Capitelliden gab Cl.^parede ') in seinen Annelides Chetopodes du Golfe de Naples. Von den Nephridien des in diesem Werke als neu beschrie- benen Notomastus lineatus sagt er: »Les taches noires signalees dans la diagnose comme caracterisant chaque segment abdominal, sont dues ä la coloration sombre des organes segmentaires. Ces boyaux qui ont une Position presque transverse, sont tres-larges dans la partie tournee vers la paroi externe du segment, tres- amincis au contraire ä l'extremite opposee, oü parait etre la communication avec la cavite periviscerale. Le canal excreteur nait du milieu de la partie renflee. II est cylindrique et va s'ouvrir en droite ligne ä l'ex- terieur sur une petite pupille de la surface dorsale du segment«. Von dem auch in Neapel aufgefundenen Dasybranchus cachicus: »Chaque organe segmentaire forme une anse qui court parallelement ä la rangee de crochets ventraux. L'une des branches s'ouvre ä l'exterieur non loin de l'extremite de la rangee, du cöte dorsal, l'autre se prolonge vers la partie tergale de l'animal. Toutefois je n'ai pu reconnaitre sa terminaison. L'organe est jaune avec des taches claires disposees tres- regulierement et resultant des nucleus des cellules qui le constituent«. Für die Capitella major wird das Vorkommen sehr entwickelter Nephridien einfach constatirt. Bei Capitella capitata, welche Claparede in Neapel einem wiederholten Studium unterzog, ver- mochte er keine Segmentalorgane nachzuweisen. 1) 1. p. 8. c. p. 270. *) Diese Körper sind identisch mit den für Dasylranchus Gajolae cliarakteristisclien Parapod-Spiraldrüsen (vergl. Dasylranchiin, Kapitel l'arapodien). Die von Claparkde im Obigen erwähnte Dasybranclms-Form gehörte denn auch, wie im systematischen Theil nachgewiesen werden soll, nicht zu D. caducus, sondern zu D. Gajolae. I. Notomastus. 9. Nephridien. (Segmentalorgane) . a. Clistomastus. Jl^ Im Vorstehenden ist, meist mit den eigenen Worten der Autoren, Alles mitgetheilt, was bis heute über die Nephridien der Cajjitelliden bekannt geworden ist; es möge nun die Darlegung meiner eigenen Resultate folgen. Ich werde zunächst die Nephridien der Unter- gattung Clistomastus, sodann diejenigen der Untergattung Tre?notnastus beschreiben, indem sich, wie bereits bei der Charakterisirung beider Formen erwähnt worden isf), die Nephridien der- selben verschieden verhalten. a. Clistomastus. In ihrer typischen Ausbildung haben die Nephridien des Notomastus Imeatus die Form von in zwei Schenkeln auslaufenden Keulen'^). Der längere und breitere (centripctale) Schenkel führt zur inneren, der kürzere und schmälere (centrifugale) führt zur äusseren Mündung. Von dieser häufigsten Form linden sich nun aber sehr mannigfache Variationen. Zum ersten erweist sich der von den beiden Schenkeln eingeschlossene Winkel bald spitz, bald stumpf, sodann rückt die Stelle, an der sich die Keule in die zwei Schenkel spaltet bald sehr weit nach vorn, bald sehr weit nach hinten. Im letzteren Falle kann dann von einer in zwei Schenkel auslaufenden Keule kaum mehr die Hede sein, das Nephridium stellt sich als einfachen, zur Schleife umgebogenen Strang oder Schlauch dar. Letztere Form haben wir auch sicherlich als die ursprünglichere anzusehen, aus welcher sich die andere durch streckenweise Verwachsung der Schleife erst herausgebildet hat. Diese Auffassung wird auch durch die Thatsache unterstützt, dass man häutig die keulenförmigen Nephridien durch einen leichten, an beiden Schenkeln ausgeübten Zug bis hoch hinauf trennen kann, ohne dass es hierbei zu einer Zerreissung der Wandungen käme. Neben dieser auf eine Vereinfachung hinauslaufenden Modification kommen nun aber auch solche Um- bildungen vor, welche das Organ complicirter geformt erscheinen lassen. Das Nephiidium kann nämlich knospenförmige Fortsätze entwickeln, welche entweder am Kopfe der Keule (Schleife), oder in der Nähe des centripetalen, oder endlich mehr in der Nähe des centrifugalen Schenkels auftreten. Beim Beginne meiner Untersuchungen habe ich, im Hinblicke auf die That- sache, dass zuweilen in einem vind demselben Segmente auf einer oder auf beiden Seiten mehr als ein Nephridium angetroffen wird, die Möglichkeit in's Auge gefasst, dass solche Seitensprosse selbständig werden und auf diese Weise zu der auffallenden Vermehrung der Organe Veranlassung geben könnten. Bald habe ich mich aber davon überzeugt, dass eine Ver- mehrung der Art nicht zu Stande kommt, indem mir Präparate mit in der Bildung begriffenen secundären Nephridien zu Gesicht kamen, aus denen hervorging, dass sich letztere wahr- scheinlich vom Trichterepithel . schon vorhandener Nephridien aus entwickeln. Fig. 26. Taf. 2 zeigt solch ein jugendliches secundäres Nephridium. Der schon ziemlich ausgebildete Trichter a) Taf. 34. Fig. a) Vergl. p. 18. Zoul. Sliüou i. Neapel, Fauna u 114 A. Anatomisch-Histolugischer Tlicil. stellt mit demjenigen des ursprünglich allein diese Segmenthälfte einnehmenden Nephridiums noch durch eine Zellbrücke in Zusammenhang; dagegen ist der später so massige Körper nur durch einen schmalen, wie es scheint des Lumens noch entbehrenden Zellstrang vertreten, welcher noch keinerlei Andeutung von Schleifenbildung erkennen lässt. Das distale Ende durchbohrt zwar, um nach aussen zu münden, die Körperwandungen, von einem Schorn- steine ist aber noch nichts zu sehen; auch sind in dem Organe noch keinerlei Concremente vorhanden. Die im Vorhergehenden geschilderten Formveränderlichkeiten lassen sich nicht nur durch Vergleichung verschiedener Individuen, sondern auch durch Vergleichung verschie- dener Segmente desselben Thieres feststellen; ja das Variiren geht so weit, dass häufig die in einem und demselben Zoniten gelegenen Nephridien nicht unerheblich voneinander abweichen. Die Nephridien haben meistens eine auffallende Färbung, welche auf dem Vorhanden- sein eigenthümlicher, weiterhin ausführlich zu besprechender, gelblicher bis bräunlicher Con- cretionen beruht*). Es hängt ganz von dem Grade der Anhäufung dieser Concretioncn ab, ob die Nephridien schwarz, braun, gelb oder grau gefärbt erscheinen. Die schwärzliche Färbung ist die vorherrschende, aber daneben trifft man doch auch, und zwar zuweilen in einem und demselben Thiere, die verschiedenen anderen Pigmentirungen; nur der centripetale Schenkel erscheint constant viel weniger tief gefärbt als der übrige Theil des Organs. Bezüglich ihrer Grösse schwanken die Nephridien nach Alter, Individuum und Leibes- region; sie pflegen bei älteren Thieren allgemein umfangreicher zu sein als bei jüngeren; von einem gewissen Stadium ab hört aber die Altersverschiedenheit auf, die Grösse dieser Organe zu beeinflussen; denn man trifft oft Thiere von 5 — 6 mm Thoraxlänge, in denen die Nephri- dien eine bedeutendere Ausdehnung zeigen, als bei solchen, deren Thorax 6 — 10 mm misst. In der Segmentreihe eines gegebenen Thieres nehmen sie eine Strecke weit von vorn nach hinten ziemlich allmählich an Grösse zu; von da ab bleiben sich dann aber die Maasse an- nähernd bis zum Abdomenende gleich. Wie hinsichtlich ihrer Form, so variiren endlich auch bezüglich ihrer Grösse die Nephridien der beiden Seiten eines und desselben Segments. Was die absolute Grösse betrifft, so beginnen dieselben, abgesehen von denjenigen des Thorax und Abdomenanfangs, insofern sie in Degeneration begriffen sind, meist mit einer liänge von un- gefähr 200 fji, wachsen im Verlaufe der ersten 20 — 30 Segmente bis auf etwa 700 oder 800 (x, um diese Ijänge bis zum Körperende annähernd beizubehalten. Hinter diesen Maassen bleiben aber in der Regel die secundär auftretenden Nephridien nicht unbedeutend zurück. Bezüg- lich aller dieser hervorgehobenen Grössenverhältnisse verweise ich auf die unten p. 118 auf- geführte Liste, in der die Maasse von Nephridien verschieden alter Thiere und verschiedener Leibesregionen zusammengestellt sind, sodann auch auf nebenstehende Holzschnitte, welche eben solche Organe verschiedener Regionen unter derselben Vergrösserung mit dem Prisma gezeichnet darstellen. a) Taf, 34. Fig. 1—6. I. Notomastus. 9. Nephridien (Segmentalorgane), a. Clistomastus. 115 Fig. 2 Nephridien von einem Notomastus lineatus jnv. Thoraxlinge 4 mm Fig. 4. Nephridien von einem Sotomnstus liueiitiis, Varletas llaliiiioylu. . vom 4len, b. vom lOten, c. vom llOten Abdomensegments. Thoraslänge 6 mm. Fig. 3") al. linkes, ar. rechte.s Nephridium vom Ite al. linkes, ar. rechtes Nephridium vom ßten ^ 12 - I Abdomensega Fig. 5 Nephridien era ähnlichen Thi( *) Im Uten Thoraxsegment fehlen die Nephridien; auch in den übrigen thoracalen Segmenten sind die- selben nur durch degenerirte Reste vertreten. **) Im 6ten Abdomensegmente rechts sind zwei Nephridien vorhanden. Die Zahl des el. er. zugehörigen Segments wurde zu notiren vergessen. 15» Jlß A. Anatomiscli-Histologisohcr Thcil. Weitaus bei den meisten Anneliden tritt die innere Mündung des Nephridiums in der Form eines frei in der Tieibeshöhle flottirenden FüUhoms oder Trichters auf, daher der viel angewandte Name Wimpertrichter. In der Untergattung Clistomastus ist nun von derart flottirenden Trichtern nichts zu sehen und diesem Umstände ist es wohl zuzuschreiben, dass die inneren Mündungen seiner Xephridien durchaus unbekannt blieben; begann doch auch ich mich nach langem, vergeblichen Suchen derselben allmählich der Ansicht zuzuneigen, dass sie bei unserer Capitellide, ähnlich wie es von einigen anderen Formen angegeben wird, überhaupt fehlen. Aber schliesslich fanden sie sich doch, nur eigenthümlich modificirt, und diese Erfahrung Avird wohl geeignet sein, auch jene Angaben über das Fehlen innerer Mün- dungen von Nephridien anderer Würmer zweifelhafter erscheinen zu lassen. Hat man einen N. Uiieatun resp. mehrere Abdominalsegmente eines solchen von einer der Medianlinien aus gespalten und durch Zurückschlagen der Seitenwandungen flächenhaft aus- gebreitet, so kommen die Nephridien derart zu liegen, dass ihr Verlauf unter starken Ver- grösserungen in situ studirt werden kann^). Der centripetale Schenkel lässt sich in diesem Falle meist bis zur Grenze der neuralen Längsmuskulatur oder noch ein Stück weit letzterer entlang gut verfolgen; plötzlich aber verliert man denselben aus dem Gesichte, indem er unter allmählicher Abnahme seines Durchmessers bald in die Tiefe jener Muskulatur, bald in die die zwei Längsmuskelstränge voneinander scheidende Spalte einzudringen, oder aber endlich sich flächenhaft auf dem parietalen Peritoneum auszubreiten scheint. Den letzteren, für das Studium der Trichter allein günstigen Verlauf bieten nur solche Präparate, welche der hinteren Region des Abdomens, wo die neurale Längsmuskulatur in massiger Entwickelung auf- tritt, entnommen sind. Da zeigt sich denn, dass die inneren Mündungen dieser Nephridien einfach durch die trichterförmig erweiterten, auf ihrer Unterseite innig mit dem Peritoneum verwachsenen Enden der centripetalen Schenkel repräsentirt werden^). Das liumen dieser Trichter, Avelche sich wenigstens stellenweise aus relativ wenigen, ihre Kerne am distalen Pole führenden Zellen zusammengesetzt erweisen, ist durchaus mit ungefähr 12 (i langen, leb- haft schlagenden C'ilien besetzt; ihr freier Rand dagegen ist durch eine Reihe viel längerer (30 — 40 [i. messender), frei in die licibeshöhle ragender Cilien ausgezeichnet. OJanz entgegengesetzt dem Verhalten der inneren Mündungen lassen sich die äusseren Mündungen'^) der Nephridien unschwer auffinden. Sie pflegen nämlich nicht wie bei den meisten anderen Anneliden einfache, den Hautmuskelschlauch durchbrechende Spalten darzu- stellen, sondern mit wenigen Ausnahmen auf relativ hohen, senkrecht von der Haut abstehen- den Fortsätzen angebracht zu sein. Diese Schornsteinen vergleichbaren Fortsätze •!) haben einen rundlichen Querschnitt und spitzen sich von der Basis gegen ihr Ende hin etwas zu. Ihre Länge beträgt bei erwachsenen Thieren 100 — 120 fx, ihre mittlere Breite bei denselben 30 (1. Solch ein Schornstein besteht aus zwei Bildungen*^): aus einer äusseren Haut, welche a) Taf. 2. Fis. 2!^— 2(i. b) Taf. M. Fig. 1. 2. c) Taf. Ki. Fig. 13. d) Taf. 2. Fig. 3. Taf. 13. Fig. 9. t2. Nrn. M. e) Taf. 13. Fig. 12. I. Notomastus. fl. Nephiidien (Segmentalorg:ane) . a. Clistomastus. II7 aus continuirlich mit der Cuticiila und Hypodermis des übrigen licibes zusammenhängt, und einem inneren, wimi)ernden Canal, der einerseits, und zwar an der Schornsteinmündung, in die genannte Haut übergeht, andererseits aber sich continuirlich in den, innerhalb der Leibes- höhle gelegenen, centrifugalen Schenkel des Nephridiums fortsetzt. Der genannte Schenkel hat, um nach aussen zu münden, selbstverständlich sowohl die Längs- als auch die Ringmus- kelschicht zu dm-chbrechen. Die Schornsteine sind nicht unbeweglich; einmal können sie schon in Folge der verschiedenen Körperbewegungen sehr mannigfaltige Stellungen annehmen, sodann aber können sie auch durch selbständige Zusammenziehung oder Ausdehnung in der Richtung der Längsaxe ihre Durchmesser verändern, und endlich ist die Schornsteinspitze bis zu einem gewissen Grade der Einstülpung fähig. Letztere Formveränderung dürfte für einen eventuellen Verschluss der Mündung nicht ohne Bedeutung sein. Ihre Lage haben diese äusseren Mündungen hinsichtlich der Längsaxe'^) auf der Grenze des ersten und zweiten Dritttheils der Segmentlänge, hinsichtlich der Queraxe'^) in der Mitte einer zwischen den hämalen und neuralen Parapodien gezogen gedachten, geraden Linie. Je nach- dem aber die neurale Längsmuskulatur höher hinauf oder tiefer herab rückt, finden wir auch — unbeschadet der C^onstanz jener relativen Lage — die Nephridien im Hinblicke auf die Queraxe bald mehr hämal, bald mehr neural gelagert; es werden eben, ähnlich wie die Kiemen, Seitenorgane und Parapodien, auch die Nephridien durch die öfters erwähnte Lage- veränderung der Seitenlinie '-") beeinflusst. Eine AbAveichung von der angegebenen relativ con- stanten Lage findet aber häufig in jenen Segmenten statt, welche eine Mehrzahl von Nephri- dien enthalten«!;, indem die secundären Organe bald tiefer, bald höher als das ursprünglich allein vorhandene ausmünden. Die Schornsteine sind keine constanten Bildungen; man findet nämlich zuweilen Thiere, bei denen die Nephridien auf wenig proeminirenden Höckern, oder in flachen, der Haut einverleibten Poren ausmünden, ja zuweilen sind an ein und demselben Individuum gewisse Segmente mit Schornsteinen ausgerüstet und andere nicht. Da ferner diese Organe sowohl bei c? als bei $, sowohl bei jüngeren als bei älteren Thieren zuweilen vorhanden sind und zuweilen vermisst werden, so ist an eine constante, etwa mit Geschlechts- oder Altersdifferenz einhergehende Verschiedenheit nicht zu denken. Bei erwachsenen Thieren ist das Vorkommen von Nephridien in der Regel auf den hinteren Körperabschnitt, auf das Abdomen beschränkt; bei jungen Thieren dagegen, deren Thorax die I^änge von etwa 3 — 4 mm noch nicht überschritten hat, finden sich in den meisten Fällen auch im vorderen Körperabschnitte, im Thorax, unverkennbare Rudimente von solchen. Die Rudimente dieser provisorischen Nephridien?) sind um so weniger dege- nerirt und finden sich in einer um so grösseren Zahl von Thoraxsegmenten, je jünger das betreffende Thier ist. Aus nachfolgender Liste v) ist ersichtlich, dass ein Notomastus Hneatus a) Taf. 13. Fig. 8. b) Taf. 2. Fig. 3. Taf. 13. Fig. 9. c) Taf. a) Vergl. p. 13, 31 und 78. ß) Vergl. p. Capitella, Kapitel Nephiidien. '(] Vergl. auch p. 115. Holzschnitte. 118 A. Anatomisch-Hisfologischer Theil. von 2,5 mm Thoraxlänge Nephridiiimrudimente im 7., S., 9. und 1 1 . Thoraxsegment erkennen Hess; ein anderer dagegen von 3,5 mm nur noch im 9. 10. und 11., und dass solche von über 3,5 mm Thoraxlänge endlich derartiger Rudimente ganz entbehrten. Bei der Vaiietas Bala- noghssi scheint der Schwund noch früher einzutreten, indem sich schon bei 3 mm Thorax- länge keinerlei Reste mehr auffinden Hessen. Es kamen mir keine jüngeren Thiere als die eben besprochenen zu Gesicht und so vermag ich auch nicht anzugeben, ob sich etwa bei solchen Tlioraxlinge dos Zahl seiner Ali- In Degeneration Nephiidien UlüS.^e der Nr. Thieres in domenseg- begriffene Nephri- des Nephridien in Bcmerlcnngen. Millimetern mente-) dien des Thorax Abdoni ens Millimetern. 1 2,5 8 im 7., 8., 0,05 u. 11. Seg- im 1.— 3. Segmente 0,2 —0,28 mente - 3.— 8. - 0,28—0,35 2 3,5 9 im 9. — - 1.— 5. _ 0,05 1 1 . Segmente - 5.— 9. - 0,21—0,28 0,28—0,35 3 4 40 0 - 1. - 2.— 5. - 5. — 10. -10.— 40. " 0, 2 0,24—0,3 0,3 —0,4 0,4 —0,42 4 7 5 0 - 1.— 7. - 0,28—0,42 5 10 20 0 - 1.— 4. _ 0,14 Im 4. Segment fehlen die Ne- phridien; in mehreren zwi-schen dem 15. nnd 25. gelegenen Seg- menten dagegen sind bald links. - 5.— 15. - 0,14—0,28 -15.— 25. _ 0,28-0,7 bald rechts je zwei solche vor- -25.-40. _ 0,7 handen. 6 10 60 0 - 1. - 2.— 5. - 5.— 10. -10.— 20. -20.— 60. - 0,23 0,32—0,42 0,42—0,56 0,56—0,74 0,74—0,84 Im li. Segment rechts zwei Nephridien. das Vorkommen provisorischer Nephridien noch weiter nach vorn als bis zuni 7. Thorax- segment erstreckt, oder nicht. Selbst bei den jüngsten Exemplaren, welche ich zu untersuchen Gelegenheit hatte;, ^\•aren diese Nephridien des Thorax functionsunfähig, in Degeneration be- griffen. Dass aber dieselben in einer früheren Epoche vollkommen ausgebildet und demgemäss functionsfähig waren, erscheint aus dem Grunde sehr wahrscheinlich, weil ich mich bei Capitella capitata — ■ deren juvenes ebenfalls in solchen Segmenten des Vorderleibes Nephri- dien besitzen, welche in erwachsenen Thieren derselben stets entbehren — vom Functioniren derselben überzeugen konnte "). Tn den Abdomen der jugendlichen Thiere treten die Nephridien in der Regel vom ersten bis zum letzten aller vorhandenen ausgebildeten Segmente in je a) Vei-gl. Capitella, Kapitel Nephridien. *) Man erhält in den meisten Fällen Thiere mit verstümmeltem Al)do daher auch nur die Segmentzahl solcher Bruchstücke. die betreffende Ziffer bedeutet I. Notomastus. 9. Nephridien (Segmentalorsane). a. Clistumastus. 119 einem Paare auf; in denjenigen der erwachsenen dagegen kommt es häufig vor, dass sich die Nephridien der vordersten Segmente in einem degenerirten Zustande befinden oder ganz fehlen, sowie, dass auch in verschieden weit nach hinten gelegenen Seg- menten bald das Organ der einen, bald dasjenige der anderen Seite, oder aber beide zu- sammen ausfallen. Diese Unregelmässigkeiten finden sich häufiger bei der Varietas Balam- glossi, als beim typischen Kneatus; insbesondere zeigt die erstere oft schon bei jüngeren Thieren einen Ausfall der vordersten Nephridien des Abdomens, was mit dem Fehlen der Rudimente im Thorax in gutem Einklänge steht. Eine andere Abweichung vom typischen Verhalten wird umgekehrt dadurch bedingt, dass sich in einzelnen Segmenten, entweder nur auf der einen Seite, oder aber auf beiden Seiten mehr als ein Nephridium vorfindet"). Weitaus in den meisten Fällen beschränkt sich diese Vermehrung auf die Zahl zwei, in einzelnen Fällen habe ich aber in den hintersten Abschnitten des Abdomens bis fünf Organe auf je einer oder avxch auf beiden Seiten des betreifenden Segments gezählt. Jedes dieser Nephri- dien hatte seine besondere innere und äussere Mündung und erwies sich überhaupt, abge- sehen von der geringeren Grösse, vollkommen ausgebildet. Das Vorkommen mehrerer Nephridien in einem und demselben Segmente — hier eine Ausnahme — ist für die er- wachsenen Individuen der CapiteUa capitata die Regel '^); bezüglich der Auslegung dieses prin- cipiell wichtigen Factums verweise ich auf den entsprechenden Theil dieser Arbeit f^). Die Nephridien vieler Anneliden sind derart angeordnet, dass sie an zwei successiven Segmenten Theil nehmen; es ragt nämlich die innere Mündung (der Trichter) des Nephri- diums eines gegebenen Segments, das Septum durchbohrend, in das unmittelbar vorher- gehende. Oder, wenn man den Trichterabschnitt als den Haupttheil betrachten will, Avofür ja Vieles spricht: es ragt der Körper und die äussere Mündung des Nephridiums eines gegebenen Segments, das Septum durchbohrend, in das unmittelbar nachfolgende. Bei Notomastus lineatus findet sich keine solche Anordnung; jedes Nephridium ist im Gcgentheil mit allen seinen Componenten ganz und gar auf das eine Segment beschränkt, in welchem es seine I^age hat'^). Die Nephridien der einzelnen Segmente liegen, mit Ausnahme der zu den inneren und äusseren Mündungen führenden Endabschnitte, normal jederseits auf der Grenzlinie der neuralen und hämalen Längsmuskulatur =) ; wie alle anderen Organe, so Averden auch sie am Anfange des Abdomens durch die für Notomastus charakteristische, ausserordentliche Entwicklung der neuralen Längsmuskulatur ganz nach dem Rücken zu gedrängt, so dass man in diesem Körper- theile die vollste Ansicht derselben bei einer Betrachtung des Thieres vom Rücken aus er- hält *!). So sehr sind die Nephridien den dünnen Rttckenwandungen des Hautmuskelschlauchs genähert, dass man sie schon mit blossem Auge gut durch diese Wandungen hindurch zu erkennen vermag. Im Ruhezustand liegt die Längsaxe des Organs der I^ängsaxe des Thieres a) Taf. 2. Fig. 3. 23. 25. 26. b) Taf. 2. Fig. 23. c) Taf. 13. Fig. 9. d) Taf. 2. Fig. 2. a) Vergl. Capilella, Kapitel Nephridien. p) Vergl. den morphologischen Theil, Kapitel Nephridien. 120 -^- Anatomisch-Histologisfiher Theil. nahezu parallel und, so oiientirt, üegt dann die innere Mündung desselben nach vorn, die Schleife nach hinten, und die äussere Mündung auf der Grenze des ersten und zweiten Dritt- theils der Segmentlänge. Eine abweichende Lage von dem, mit der liängsaxe des Thieres parallel gerichteten Haupttheile der Nephridien zeigen, wie erwähnt, deren zu den Mündungen führende Endabschnitte, indem der centripetale Schenkel in der Nähe des Septums fast recht- winklig umbiegt und eine Strecke weit in solcher Richtung der neuralen Längsmuskulatur entlang verläuft, um schliesslich in die Trichteröffnung überzugehen, der centrifugale Schenkel aber, nachdem er die Schleife gebildet hat, in der Mitte des Organs, ebenfalls unter einem verschieden grossen Winkel, gegen die hämale Medianlinie hin abbiegt, um die Ausfuhröffnung zu erreichen. Aber auch der Haupttheil der Nephridien verändert unter gewissen Umständen seine mit der Längsaxe des Thieres parallele Stellung, und zwur dann, Avenn der Hämolymph- strom vom Schwänze nach dem Kopfe zu gerichtet ist. In diesem Falle werden nämlich die Nephridien successive durch die vordringende Blutwelle um etwa 90" gedreht, so dass deren Längsaxe nun mit der Längsaxe des Thieres einen rechten Winkel bildet. Verläuft der Hä- molymphstrom wieder vom Kopfe zum Schwänze zurück, so hringt er auch die aufgerich- teten Nephridien successive wieder in ihre Ruhelage. Die Auf- und Abbewegung des Hämo- lymphstroms ist im gesunden Thiere eine rhythmische, und dieser Rhythmus dehnt sich natür- lich auch auf die hin und her pendelnden Ne^ihridien aus. Ermöglicht wird diese Bewegung letzterer durch ihre freie Lage in der Perivisceralhöhlc , in av elcher sie wie aufgehängt schweben. Als Aufhängepunkte dienen aber die inneren und äusseren mit der Leibeswan- dung zusammenhängenden Mündungen resp. die Endstücke der centripetalen und centrifugalen Schenkel, sowie eine Anzahl schmaler, von der Bauchmuskulatur an den lateralen Rand der Organe sich begebender Mesenterien. In der Ruhelage Avirken die beiden Schenkel, in der aufgerichteten Lage wirken theils der centrifugale Schenkel, hauptsächlich aber die Mesenterien als Führungen, resp. Hemmungen der Excursionen. Hervorgehoben muss noch werden, dass auch eine Bewegung der Nephridien um ihre eigene Längsaxe möglich ist und bis zu einem gewissen Grade stets mit der PendelbeAvegung einhergeht. In Bezug auf diese freie Lage der Nephridien steht Notomastiis lineatus in der Capitellidenfamilie ganz einzig da, indem sowohl in der Untergattung Tremomastus , als in allen anderen Gattungen diese Organe, oder doch deren Haupttheile fest mit den Leibeswandungen verAvachsen sind. Hierzu kommt noch, dass die Nephridien bei den letzteren Formen durch eine Platte des Peritoneums (die Nierenplatte) von der übrigen lieibeshöhle abgegrenzt Averden und dieser durch die Nierenplatte abgegrenzte Theil des Coeloms (die Nierenkammer) der Untergattung Clistomasfus, Avie schon hervorgehoben Avurde, abgeht«). Dass aber ursprünglich bei letzterer eine solche C'oelomabtheilung ebenfalls vorhanden Avar, ist aus dem Grunde Avahrscheinlich, Aveil sich fast in allen Segmenten von N. lineatus je im Bereiche der Septa noch Andeutungen der Nierenplatte in Form mehrerer durch Peritonealbrücken verbundener transversaler Muskel- %) Vergl. j). 17 und Ib. I. Notomastus. 9. Nephridien (Segmentalorgane) . a. Clistomastus. 121 stränge vorfinden ''; . Der Wegfall der Nierenkammern sowie die hierdurch ermöglichte freie Lage der Nephridien in den Darmkammern sind jedenfalls als secundäre Modiiica);ionen auf- zufassen. Die Frage nach der Structur der Nephridien hat mich lange beschäftig!; '^"id n'^ii' schrittweise bin ich zu einer, wie ich glaube, dem Sachverhalt entsprechenden Beantwortung derselben gelangt. Da nun meine Vorgänger gei'ade an einzelnen der von mir bis zum schliesslichen Verständnisse durchlaufenen Etappen stehen geblieben sind, so ist es wohl gerechtfertigt, auch dieser letzteren kurz zu gedenken. Zunächst erkennt man die Hülle des Nephridiums: eine structurlose Haut, welche die Membrana propria der Drüse darstellt. An günstigen Präparaten lassen sich sodann, im optischen Durchschnitte gesehen, dieser Membrana propria aufliegende Kerne Avahrnehmen; sie gehören dem das ganze Organ überziehenden Peritonealsacke an. Eingeschlossen von beiden Häuten und scheinbar den eigentlichen Leib des Nephridiums zusammensetzend, zeigen sich sodann in dicht gedrängter Lage verschieden grosse Bläschen, welche als eine Art von Kernen jene braun gefärbten Concremente enthalten, deren Gesammtheit, wie schon erwähnt wurde, dem Organe seine dunkle Färbung verleiht*). Diese verschieden grossen Bläschen (Excretbläschen) hat (Jlap.\rede bei N. Sarsii in der That für die eigentlichen, das Nephri- dium zusammensetzenden Zellen gehalten. Gegen eine solche Auffassung sprach zunächst die Thatsache, dass, wenn bei leisem Drucke jene fraglichen Zellen aus dem in seiner Hülle verletzten Organe austraten, sie meistens von einer verschieden mächtigen Schicht homogenen Plasmas umhüllt erschienen, und in einzelnen Fällen letztere Plasmakugeln überdies auch noch einen normal geformten Kern erkennen Hessen. Nun war ich geneigt, die Plasmakugeln als die wahren, das Organ constituirenden Zellen anzusehen, um so mehr, als auch diese Deutung durch übereinstimmende Darstellungen Clapa rede's unterstützt wurde. Letzterer hat nämlich ganz ähnliche Plasmakugeln, Avie die eben besprochenen, aus den Nephridien von Pectinaria als die wahrscheinlichen Zellen beschrieben, obwohl er nur die Concretionen, nicht aber die eigentlichen Kerne jener Kugeln wahrgenommen hatte'). Aber weder die Excretbläschen, noch die theilweise gekernten Plasmakugeln stellen die ganzen Zellen des Nephridiums dar; sie sind vielmehr nur Theile, wenn auch die auffallend- sten Theile derselben. Erst nachdem man eines der dunklen, von Excretbläschen evfüllten Nephridien, auf welche allein die vorhergehende Beschreibung passt, mit solchen Reagentien, die das Plasma sammt den Concretionen zerstören, behandelt hat, stellt sich das noch fehlende Theilstück, die Membran (resp. das die Membranen ersetzende Fachwerk) und mit ihr die Möglichkeit der Orientirung ein. Das ganze Organ erscheint nämlich von der Mem- brana propria ab bis zum central gelegenen Canal hin von einem aus homogenen, structur- losen Blättern bestehenden, polygonal gefügten Gerüstwerke durchsetzt und je ein Fach a) Taf. 34. Fig. 1— G. a) Vergl. Kapitel Leibeshöhle. 1) 1. p. 8. c. p. 380. Taf. 28. Fig. 1. O. Zool. Stiitinnz. Neapel, FauuailliaFloni, Golf vuu Neapel, (.'apitelliden. ' 16 122 A. Anatomisch-Histologischer Thcil. dieses letzteren entspricht je einer Zelle mit ihren zugehörigen Elementen«;. Alle diese Ver- hältnisse, welche sich an den am häutigsten vorkommenden, dunklen, mit Excretbläschen oder C'Oncretionen überfüllten Nepliridien nur schwer ermitteln lassen, offenbaren sich sofort, und zwar schon im frischen Zustande, an solchen, welche nur spärlich Excretstoffe in ihre Zellen eingestreut enthalten, und es empfehlen sich daher auch diese letzteren, wegen ihrer relativ grossen Durchsichtigkeit, allein für das Studium der vorliegenden Fragen. Wir haben demnach am Nephridium des Notomastus folgende Theile zu untersclieiden: erstens den Peritonealsack; zweitens die Membrana propria sammt dem die einzelnen Zellen beherbergenden Fachwerke; drittens die Zellsubstanz nebst ihren Kernen; viertens den das Organ durchsetzenden Ausfuhrcanal, und fünftens die Concretionen oder Excretbläschen. Dieselbe Membran, welche als Peritoneum continuirlich die Leibeshöhle auskleidet, überzieht auch die einzelnen Nephridien^). Dieser Ueberzug muss als eine Ausstülpung auf- gefasst werden, denn in Schnitten lässt sich stellenweise der unmittelbare üebergang des die Nephridien bedeckenden Peritoneums in dasjenige der Leibeshöhle erkennen. Diese Auffassung wird auch durch das Verhalten derjenigen Formen unterstützt, bei welchen die Nephridien überhaupt nicht frei zu liegen kommen, sondern mit der Unterseite unmittelbar der Muscularis anliegen; in Folge dessen besitzen nämlich diese letzteren nur auf ihrer dem Coelom zu- gekehrten Fläche einen Peritonealüberzug '^j und dieser setzt sich continuirlich in den die Leibeshöhle auskleidenden fort. Hinsichtlich seiner Zusammensetzung stellt sich das Peri- toneum auf den Nephridien in der einfachsten Form dar, in der es überhaupt aufzutreten pflegt: nämlich als ein aus polygonalen Zellen bestehendes Plattenepithel. Die Zellen und Kerne zeigen hier ganz denselben Habitus, wie er in dem speciell der Peritonealhaut ge- widmeten Kapitel beschrieben werden wird; ich verweise daher auf die betreffende Dar- stellung ß). Die Membrana propria des Nephridiums ist eine structurlose, glashelle, etwa 1 p. dicke Haut, Avelche sich von der inneren bis zur äusseren Mündung, als continuirlicher Mantel des Organs, verfolgen lässt«). Diese Haut ist gegen Reagentien sehr widerstandsfähig, färbt sich nur schwer, wird also wohl cuticulaähnlichen Ursprunges sein. Ganz ähnlich ist das optische, sowie chemische Verhalten der das Fach werk (die Zellenwände) zusammensetzenden Lamellen, und wenn schon aus solcher Uebereinstimmung eine Einheit der beiden Bildungen sich vermuthen lässt, so wird diese Vermuthung zur Gewissheit erhoben durch die Thatsache, dass beide aufs Innigste miteinander zusammenhängen. Gelungene Querschnitte lassen näm- li(-h unzweifelhaft erkennen, wie die Lamellen der am meisten peripher gelegenen Fächer nicht etwa nur an die Membrana propria heranstossen, sondern unmittelbar in sie übergehen, mit ihr verschmelzen. Hierbei findet häufig eine Spaltung der bezüglichen Lamelle statt, a) Taf. 13. Fig. 10. b) Taf. IH. Fig. S— 13. P. c) Taf. 13. Fig. 8—12. a) Vergl. p. 130. ß) Vergl. Kapitel Leibeshöhk^ I. Notomastus. 9. Nephvidien (Segmentalorgane), a. Cllstomastus. 123 und dann pflegen die beiden aus der Spaltung hervorgegangenen, etwas verdünnten Platten ziemlich stark divergirend an die Membrana propria heranzutreten'»). Wie die zumeist nach aussen geleoenen Zelleft mit letzterer Membran, so hängen nun auch die zumeist nach innen gelegenen mit dem Ausfuhrcanale zusammen, dessen Grundlage eine Haut bildet, welche sich in nichts von der Membrana propria unterscheidet. Auch hier lässt sich ferner das Spalten und Divergiren der äussersten, an die Grenzhaut herantretenden Lamellen beobachten. Aber nicht nur mit den Grenzhäuten, sondern auch unter einander stehen die Lamellen dieser Zellen im ganzen Organe in allseitiger Continuität. Die Membrana propria und die Stützmembran des Ausfuhrcanals umschUessen demnach einen Raum, in welchem nach den verschiedensten Richtungen hin continuirlich zusammenhängende Platten einem Fachwerk vergleichbar aus- gespannt sind, und die einzelnen Fächer dieses Fachwerks sind eben die Zellen resp. die Zellen- wände. Dass bei solchem Verhalten an ein Isoliren letzterer nicht gedacht werden kann, versteht sich von selbst; wohl lässt sich aber das gesammte Fach werk des Nephridiums durch solche Reagentien, welche ihm selber nichts anhaben können, dagegen seinen Inhalt zerstören, vorzüglich in toto zur Anschauung bringen. Die einzelnen Zellen des Fachwerks haben eine sehr verschiedene Grösse ^) ; am kleinsten sind sie am centripetalen Schenkel, wo sie mit einem Durchmesser von 6 [a beginnen; von da ab, gegen die Schleife hin, wachsen sie allmählich auf 10— 20[i und in der Schleifenregion selbst findet man sie sogar häufig bis 30 jx gross. Uebrigens zeigen auch in diesem Punkte die Nephridien ein und desselben Thieres sowohl, als diejenigen verschiedener Individuen ein sehr schwankendes Verhalten. Jeder Raum des eben beschriebenen Fachwerks enthält nun erstens, eine gewisse Menge Zellsubstanz, zweitens, eine wechselnde Anzahl Excretbläschen, imd drittens, je einen Kern. Die Zellsubstanz e) stellt sich in den meisten Fällen als eine mattweisse, homogene, das Licht schwach brechende, ziemlich flüssige Substanz dar, welche im frischen Zustande nur selten körnige Einlagerungen enthält; nach Säurezusatz treten jedoch stets zahlreiche, glänzende Körnchen in derselben auf. Schon nach leisem, auf das Organ geübtem Drucke quillt das Plasma hervor, um sich sofort kugelförmig zu ballen. Je nach den Massen, in welchen sie zur Abschnürung kamen, bilden dann diese frei gewordenen Plasmaportionen verschieden grosse Kugeln, die gewöhnlich mehrere Excretbläschen und zuweilen auch Kerne einschliessen. Ohne die Art ihres Ursprungs zu kennen, würde man diejenigen Kugeln, welche zufällig die Kerne enthalten, leicht für selbständige, der Membran entbehrende Zellen zu halten geneigt sein, vorzüglich nach Säurezusatz, welcher die Bildung einer Hautschicht zur Folge hat. Gross ist die Vergänglichkeit dieses Plasmas; wie immer man auch die Präparate be- handeln mag, so zeigen sie mit. wenig Ausnahmen nur geringfügige Reste desselben in der Form eines Körnchenconglomerats, welch' letzteres nur einen Bruchtheil des ursprünglich vom Plasma eingenommenen Raumes ausfüllt *!). Es hängt die Vergänglichkeit des letzteren mit seiner geringen Dichtigkeit zusammen, welche sich oft schon im frischen Zustande durch die Mole- a) Taf. 13. Fig. 11. bj Tat'. 13. Fig. 10. c) Taf. 34. Fig. 3. d) Taf. 13. Fig. lü. Taf. 34. Fig. 5. 6. 124 A. Anatomisch-Histoloptischer Theil. ciilai'bewegung eingelagerter Körnchen zu erkennen gibt. Als eine Abweichung vom gewöhn- lichen Verhalten verdient hervorgehoben 7,u werden, dass in mehreren Thieren die /ellsubst.inz der Nephridien anstatt des mattweissen Ansehens eine gelbliche, an die Concretionen erinnernde Färbung aufwies; ferner, dass in anderen diese Substanz zuweilen bis auf Spuren vermisst wurde, in welchem Falle dann die Excretbläschen nahezu allein das ganze Organ ausfüllten. Dieser letztere Fall fiel mir insbesondere bei Thieren auf, welche sich in einem geschlecht- lich erschöpften Zustande befanden. Die Kerne der Nephridiumzellen stimmen vollkommen mit denjenigen des Peritoneums überein; wie letztere, so haben auch sie einen granulären Inhalt, in welchem sich oft ein oder mehrere grössere und stärkere lichtbrechende Körnchen oder Bläschen als Kernkörperchen geltend machen. Ihre Grösse schwankt zwischen 4 »md 0 |x. Entsprecliend dem Verhalten der Zellen befinden sich die grössten im Bereiche der Schleife und die kleinsten im Bereiche des centripetalen Schenkels; da aber die Zellendurchmesser zwischen G und 30 \i schwanken, und die Kerne, wie erwähnt, nur um ein viel Geringeres an Grösse ab- resp. zunehmen, so erscheinen die kleinsten Zellen von ihren Kernen fast ausgefüllt. Von der Trichteröff"nung bis zur äusseren Mündung verläuft inmitten des Nephridiums, streckenweise in spiraliger Windung, der Ausführungsgang"). An geeigneten Thieren sieht man durch die Wandungen des unverletzten Organs hindurch diesen Gang mit Wimpern besetzt, welche einen vom centripetalen nach dem centrifugalen Schenkel hin gerichteten Strom in wellenförmiger Bewegung unterhalten. Dieser Strom bewegt die meist zahl- reich im Canale enthaltenen Excretbläschen in derselben Richtung, \\m sie schliesslich durch den Schornstein zu entleeren. Nicht selten sucht man aber auch an solchen Nephri- dien, welche die Contoui-en des Ausfuhrcanals ganz deutlich zeigen, vergebens nach irgend welcher Wimperbewegung, und die Ueberzeugung, dass in solchen Fällen die Bewegung, wenn sie überhaupt vorhanden wäre, wahrgenommen werden müsste, hat mich auf den Ge- danken gebracht, dass dieser Flimmerstrom überhaupt kein continuirlicher, sondern ein perio- discher sei. Die cuticularc Stützmembran des Ausführungsganges und ihr unmittelbarer Zusammen- hang mit den IjamcUen der am meisten centripetal gelegenen Zellen des Fachwerks wurde bereits beschrieben; es fragt sich nun, welches "^^erhältniss zwischen dieser Membran und dem Cilienkleide obwaltet. Denn, trotz allen Suchens vermochte ic:h kein Epithel aufzufinden, dessen Zellen etwa den Canal auskleideten und welchen die Cilien in Folge dessen aufsässen. In Querschnitten, welche im Uebrigen selbst die zartesten Theile erhalten zeigten, konnte ich nur selten Spuren der Cilien wahrnehmen; meistens bildete die Stützmembran die einzige Begrenzung, und wenn man am frischen Organe den blossgelegten Ausführungsgang untersucht, so scheinen die Cilien ebenfalls stets aus den unmittelbar an den Gang stossenden Zellen zu ent- springen. Ich blieb denn auch schliesslich bei der, insbesondere durch das Verhalten des frischen al Taf. 34. Flg. 1. 5, Taf. 13. Fig. S— 12. I. Notomastus. 9, Nephridien (Segmentalorgane), a. Clistomastus. 125 Organs unterstützten Ansicht stehen, dass die Cilien nicht etwa einem distincten, den Canal auskleidenden Flimmerepithel, sondern jenen unmittelbar seinen Wandungen anliegenden Drüsen- zellen des Nephridiums angehören. Zu diesem Behufe müsste nur die Stützmembran des Aus- führungsganges von Poren durchsetzt sein, durch welche die Cilien ausgestreckt werden können. Eine solche Anordnung würde es auch um so verständlicher erscheinen lassen, dass der Flinimerstrom zeitweilig ganz oder theilweise sistirend gefunden wird. Ferner kann ich noch zu Gunsten eines solchen Verhaltens die folgende Erwägung mittheilen: wie aus einem anderen Abschnitte zur Evidenz hervorgehen Avird'), bilden die in den Drüsenzellen der Nephridien entstehenden C'oncretionen einen Theil des durch den Ausfuhrcanal nach aussen gelangenden Excrets; die Ueberführung dieser oft eine Grösse von 10 \l erreichenden Körper von einer Drüsenzelle in die andere und von den dem Canale zunächst gelegenen Zellen in diesen selbst vermag ich mir nicht anders als vermöge zeitweiser Durchbrechung oder Lösung der Scheide- wände des Fachwerks re.sp. der Stützraembran vorzustellen, und dieser physiologische Eingriff in die Structur der genannten Membran wird wohl kaum olme zeitweise Aufliebung der Flimmerthätigkeit vor sich gehen können. Während der Ausführungsgang da, wo er sjjiralig gewunden verläuft, eine zwischen 1 2 und 20 [1 schwankende Breite einhält, wächst diese seine Breite im Bereiclie des centripetalen Schenkels zuweilen auf 50 — CO [j , so dass er nahezu zwei Drittel des ganzen Schenkelum- fangs einnimmt. Solche (Organe lassen schon im frischen Zustande diesen auffallend er- weiterten Canalabschnitt als hellere Markmasse gegenüber einer dunkleren Rindensubstanz wahrnehmen. Diese Erweiterung muss als eine secundäre Erscheinung betrachtet werden; denn in vielen Fällen findet sich da, wo später das abnorme Lumen auftritt, noch eben solches Gerüstwerk vor, wie es den übrigen Theil des Organs zusammenzusetzen pflegt, nur mit dem Unterschiede, dass dieses Gerüstwerk hier jedweden Inhaltes entbehrt und daher in der That eine hellere Markmasse darstellt, die weiterhin verschwindet und so zu der erwähnten Er- weiterung des C'anals führt. Icli habe noch zu erwähnen, dass viele meiner Zupfpräparate unzweifelhafte, im Be- reiche des Ausführungsganges gelegene Muskelfasern aufwiesen, bin aber ausser Stande, Prä- zises über deren Lage und Verliältniss zu den anderen Theilen des Ganges anzugeben, indem diese Muskel-Versorgung keine continuirliche zu sein scheint. Es ist aber klar, dass selbst eine nur stellenweise vorhandene Auskleidung von contractilen Elementen für die Fortschaffung des sich anhäufenden Excrets vortheilhaft wirken muss. Ich komme nun zu den mehrfach genannten Excretbläschen oder C'oncretionen. Strenge genommen hätten wir uns in diesem Abschnitte eigentlich gar nicht mit ihnen zu beschäftigen, indem nicht etwa ein am Aufbau des Drüsenleibes betheiligtes Element, sondern vielmehr ein zur Ausfuhr bestimmtes Zersetzungsproduct ihren Hauptbestandtheil ausmacht. In- dessen, diese Gebilde bestimmen so wesentlich den Habitus des ganzen Organs, dass man nicht wohl umhin kann, ihrer auch hier, wenigstens vom morphologischen Gesichtspunkte aus, zu gedenken. a) Vergl. den Physiologischen Theil, Kapitel Nephridien. •|2G A. Anatomisch-Histologischer Theil. Jene braunen Körper "\ Avclche in den Nephridiumzellen bald übei"aus zahlreich, bald nur spärlich vorkommen und dem Organe seine charakteristische Färbung verleihen, zeigen, genauer betrachtet, dass sie in den meisten Fällen von einer organischen Hülle bekleidet sind, also in einem Bläschen liegen. Dieses Bläschen bezeichne ich im Gegensatze zu dem von IT. Meckel in die Wissenschaft eingeführten Begriffe »Sccretbläschen« als »Excretbläscheu", bemerke aber gleich hier, dass ich, wo nicht ausdrücklich das Bläschen oder sein Excret- inhalt als solche besonders betont werden, unter Excretbläscheu stets beide zusammen, nämlich Bläschen und Excret verstehe, weshalb ich auch häufig synonym dafür Concretionen setze. Wo das Excret flüssig oder halbweich auftritt, lassen sich die Wandungen der dasselbe ent- haltenden Bläschen ohne Weiteres erkennen; schwieriger Avird solcher Nachweis, sobald das Excret feste Form annimmt, Concretionen oder Krystalle bildet; die grösseren Concretionen pflegen überhaupt keine Spur der Bläschen mehr aufzuweisen, scheinen also im Eaufe ihres Wachsthums der organischen Hülle verlustig zu gehen. Die Form dieser Excretkörper ist sehr verschieden: flüssig und halbweich bilden sie immer Tropfen; fest können sie zwar ebenfalls die Kugelform beibehalten, daneben aber auch vieleckig, krystallinisch erscheinen. Am schärfsten tritt der krystallinisch e Charakter in jenen der Degeneration anheimgefallenen Nephridien der vordersten Zoniten hervor. Sowohl die rundlichen als auch die krystalliuischen Concretionen haben selten ein homogenes Ansehen, sondern erweisen sich mit ganz wenigen Ausnahmen deutlich concentrisch geschichtet. Gewöhnlich sind zwei bis drei Kugel- schalen um einen centralen Keni angeordnet, es kann aber auch nur eine einzige vor- handen sein, und je nach diesen Verhältnissen pflegt der Durchmesser der centralen Kerne zu schwanken. Die Oberfläche der Concretionen ist gewöhnlich glatt, nur in wenigen Fällen habe ich dieselbe wie mit kleinen Stacheln, oder mit kleineren Concrementen besetzt gefun- den. Als einer ebenfalls seltenen Abweichung vom normalen Verhalten ist der Bildung von Zwillings- und Vierlingsconcrementen zu gedenken, welche Bildung übrigens häufig mehr angedeutet, als durchgeführt erscheint. In ihrer Grösse schwanken die Concretionen ausser- ordentlich; 1 — 10 |A stellen etwa die Extreme dar, zwischen denen alle Maasse vertreten zu sein pflegen; am häufigsten aber trifft man 3 — 4 |i grosse an. Die Farbe dieser Körper ist bald goldgelb, bald gelbbraun und je nach dieser Nuance, mehr noch aber je nach ihrer Anzahl, verursachen sie das gelbe bis schwärzliche Aussehen der Gesammtorgane. Hinsicht- lich der^Vertheilung der Excretbläschen ist noch Folgendes zu bemerken: alle die beschrie- benen Formen können in einem und demselben oder in verschiedenen Organen desselben Thieres vertreten sein; es kommt aber auch vor, dass ein gegebenes Organ, oder alle Organe eines gegebenen Thieres nur Excretbläschen einer bestimmten Form enthalten. Bezüglich der Grösse finden wir dagegen constante Differenzen des Verhaltens. In der Trichter- region des centripetalen Schenkels'^) sind nie andere als 1 — 3 \t grosse Excretbläschen ent- halten; erst in dem Maasse, als man sich vom Trichter gegen die Schleife des Organs hin 10. Taf. 34. Fig. 4. b) Taf. 13. Fig. lü Taf. 34. Fig. I. Notomastus. 9. Xe[)hiiclien (Segmentalorgane, . b. Tremomastus. 127 entfernt, trifft man auf die grösseren Concretionen; ebenso lässt sich im centrifugalen Schenkel, entsprechend der Vohimverminderung der Drüsenzellen, eine, wenn auch bei Weitem nicht so bedeutende Grössenabnahme der Excretköriier constatirenäi). Im Ausführungsgange'') endlich, mag er noch so voll gei)fro2)ft sein, linden sich in der Hegel ebenfalls kaum über 1 — 3 p. grosse Excretbläschen ; nur ausnahmsweise habe ich einzelne von den grösseren, so massenhaft in den drüsigen Wandungen des Organs aufgespeicherten Concretionen in diesem Canale angetroffen. b. Tremomastus. Die Nephridien der Untergattung Tmnoinastufi stimmen in den wesentlichen Punkten so sehr untereinander überein, dass sie ohne Schwierigkeit gemeinsam besprochen werden können; die wenigen Artunterschiede sollen übrigens an entsprechender Stelle hervorgehoben werden. AYährend die Nephridien des Clistomastus keulenförmige Körper mit parallel laufenden Aus- und Einfuhrcanälen darstellen, erscheinen diejenigen der Tremomastus-AYten als bohnen- oder linsenförmige Kuchen, an denen dieselben Canäle mehr diametral entgegengesetzt ent- springen f'). Gegenüber den frei in der Leibeshöhle aufgehängten, compacten und formbestän- digen Nephridien des NotomastKS lineatiis bieten die, wie wir weiterhin kennen lernen werden, fest den Leibeswandungen anliegenden und vom parietalen Peritoneum bedeckten d), gleich- namigen Organe des Tremomastus ein weiches, wenig formbeständiges Ansehen dar, so dass auch die gelegentlich wahrnehmbaren Ausbuchtungen oder Lappenbildungen keineswegs als con- stante, den Sprossen der Clisto)nasfi(s-l:iephndien vergleichbare, sondern als passive, durch die halbflüssige Beschaffenheit der Organsubstanz zu Stande gekommene, vorübergehende Zu- stände aufgefasst werden müssen. Die auffallendste Habitusdifferenz liegt aber in der Färbung: hellgelb bis tief orange, je nach den Individuen, ist die Farbe der Tremomastus-, gelbbraun bis schwarz diejenige der Clistomastus-]^ e-phridien, so dass man meistens schon nach diesem Merkmale die beiden Untergattungen zu unterscheiden vermag. Hinsichtlich der Grösse zeigen die Nephridien der einzelnen Tremomastus- Arten <^) nur geringe Unterschiede ; sie sind am umfangreichsten bei Notomastus fertilis*) ; dann folgt iV. pro- fundus und Benedeni; man sieht, die Stufenfolge geht conform derjenigen der Körpergrösse ; ebenso schwankt diese Grösse nur unbedeutend bei den einzelnen Individuen. Im Verlaufe der Segmente eines gegebenen Thieres machen sich dagegen beträchtlichere Unterschiede geltend. Sie erfahren nämlich vom Abdomenanfange bis zum Abdomenende eine continuirliche und sehr bedeutende Grösseuzunahme, in dem Maasse etwa, dass die Organe am Abdomenende das zweifache Vo- lum darbieten. Darin unterscheiden sich demnach die Arten des Tremomastus von denjenigen a) Taf. 13. Fig. 12. Taf. 34. Fig. 1. b) Taf. 13. Fig. 12. c) Taf. 31. Fig. 7. 11. 15. d) Taf. 14. Fig. 7. 10. e) Taf. 34. Fig.' 7. 11. 15*). *) Ein Theil der bedeutenden Grössendifferenz zwischen Fig. 15. einer- und Fig. 7 und 11. andererseits ist dem Umstände zuzuschreiben, dass Fig. 15. vom Abdomenende und Fig. 7 und 11. von der Abdomenmitte der zugehörigen Thiere stammt. Indessen auch in der entsprechenden mittleren Abdomenregion erscheinen die Nephridien des Notomastus fertilis schon erheblich voluminöser als diejenigen der anderen zwei Arten. 128 A. Anatomisch-Histologischer Theil. des Clistommtns, class bei letzteren die Nephiidien nur bis etwa zur Körpermitte zunehmen, um sodann bis zur Schwanzregion diese Grösse annähernd beizubehalten. In der Schwanz- region selbst sinkt aber auch bei Tremomastus die Grösse der genannten Organe wieder be- deutend =>;. Was die absolute Grösse betrifft, so erreichen z. B. die Ne})hridiumkörper (also abgesehen von den Schenkeln) eines Notomastus Benedeni vorn 200 — 300, in der Körpermitte 400 — 500 und im Abdomenende 500 — 600 (i im Durchmesser. Die zu den inneren und äusseren Mündungen führenden Canäle die centripetalen und centrifugalen Schenkel) erscheinen bei den Tremomastus -Arien viel schärfer vom Hauptkörjjer des Nephridiums abgesetzt, als die entsprechenden C^anäle des Clistomastus, welche ja ganz continuirlich in die Schleife überzugehen pflegen. Der centripetale Schenkel, der stär- kere und längere, endet auch hier mit einer stark flimmernden Oeffnung, welche aber nicht glockenförmig wie bei CKstumastus, sondern pantoffel- oder löffeiförmig gestaltet ist, und ferner im Gegensatze zu letzterem eine freie, von den Leibes Wandungen resp. von dem parietalen Peritoneum unabhängige Lage hat. Diese Trichter^j laufen in zwei lange Zipfel aus, deren Ränder sich bis zum Verschlusse aneinander legen können und, je nachdem man sie im ausge- breiteten, oder im geschlossenen Zustande, resp. je nachdem man sie zugleich von der Fläche oder vom Profil aus zu Gesicht bekommt, erscheinen sie bald als in zwei Zipfel auslaufende Pantoffel, bald als in einem Zipfel endende Löffel. Diese Zipfel sind durch ihre fadenartigen (muskulösen) Ausläufer an die Leibeswandungen befestigt, so dass sie als Mesenterien betrachtet werden k()nnen. Da avo der centripetale Schenkel in den Trichter übergeht, beträgt sein Durchmesser etwa 20 jji und einen ähnlichen Durchmesser hat der l'richter, so weit er als Halbcanal geschlossen verläuft. Als eine selir auffallende Eigenthümlichkeit der sämmtlichen Tie- momatitus-Arten muss hervorgehoben werden, dass in allen jenen Segmenten, welche mit Genital- schläuchen ausgerüstet sind, die Trichter nicht frei enden, sondern continuirlich in die hinteren Zipfel der je im selben Segmente gelegenen Genitalschläuche über- gehen"), und zwar so continuirlich, dass es häufig unmöglich ist die Grenze der beiderseitigen Organe festzustellen. Es wird im morphologischen Theile meiner Arbeit, bei der Frage nach der Homologie der Genitalschläuche, diesem interessanten Factum die gebührende Aufmerksamkeit geschenkt werden''). Die centrifugalen Schenkel sind etwas kürzer und schmäler als die cen- tripetalen ; sie haben, um nach aussen zu münden, die gesammten Wandungen der Leibeshöhle zu durchbrechen. Die äusseren Mündungen sind hier einfache Hautspalten von ungefähr JO [x Durch- messer; jene bei Notomastiis luicatus in den meisten Fällen vorhandenen, über das Leibesniveau hervorragenden, die äusseren Mündungen tragenden Hautfortsätze (Schornsteine) fehlen allen Tremomastus-Avten. Nur bei N. Benedeni habe ich zuweilen die Hypodermis im Bereiche der Mündungen sich leicht knospenförmig erheben sehen. Bei den sämmtlichen Arten des Tremomastus pflegen die Nephridien vom ersten ab- [i) Taf. 11. FiR. (;. .V«,. b) Taf. :v\. iMK'. S. 12. l(i. c) Taf. 2. Fig. 27. Taf. 15 1. Fig. 1.) Vergl. tlen Morphulogischun Thuil, Kapitel Nüphriclien und üesclil'jthtsorgane. I. Notomastus. 9. Nephridien (Segmentalorgane . b. Tremomastus. 129 dominalen Segmente ab functionsfähig aufzutreten und sich in allen darauffolgenden (mit Aus- nahme der letzten unentwickelten Schwanzsegmente) in je einem Paare zu wiederholen; Rudi- mente thoracaler Ncphridien sind mir bei Tremomastus nicht zu Gesicht gekommen. Niemals habe ich ferner in einem Segmente mehr als ein Paar solcher wahrgenommen. Bis zum Be- reiche des Körperendes haben alle Nephridien ihre ausschliessliche Lage in den ihnen zu- kommenden Zoniten; kein Theil der Organe ragt in einen davor oder dahinter gelegenen. Eine Ausnahme machen nur die weniger ausgebildeten Organe des Schwanzes, indem dieselben auffallenderweise nicht je in einem Segmente, sondern so ziemlich in der Mitte zwischen je zwei solchen ihre Lage haben, so dass also die bis zur Basis der Nierenkammern verlängert gedachten Septa nicht vor oder hinter die Nephridien, sondern auf deren Mitte zu stehen kämen''). Was die Lagerungsverhältnisse in einem gegebenen Segmente betrifft, so ist zu bemerken, dass die Nephridium-Körper (also die Organe ohne Schenkel) nicht wie bei CUstomastus im Bereiche des dorsalen neuralen Längsmuskelstranges oder noch höher gelegen sind, sondern umgekehrt tief unten im Bereiche des gleichnamigen ventralen Stranges^^). Diese Befestigung geschieht nun aber nicht wie bei CUstomastus mit Hülfe von Mesenterien, welche den Organen ein freies Flottiren gestatten, sondern sie vollzieht sich durch eine förmliche Verschmelzung der Nephridium- und Leibeswandungen, was am besten aus der Thatsache er- hellt, dass das die neurale Muskulatur bekleidende Peritoneum ganz continuirlich auch über die mit der betreffenden Muskulatur verwachsenen Nephridien hinwegzieht '^) ; in Folge dessen kann auch an ein vollständiges Präpariren letzterer nicht gedacht werden. Die bei CUstomastus nur an den Segmentgrenzen angedeutete Niercnplatte des Peri- toneums ist in der vorliegenden Untergattung in sehr vollkommener Weise ausgebildet. Von einem Septum bis zum anderen ist diese durch die transversale Muskulatur verstärkte Haut jederseits vom Bereiche des Bauchstrangs bis zur Seitenlinie hinauf ausgespannt und grenzt so in jedem Zoniten die Nierenkammern von den Darmkammern ab. Die Nephridien des Tremomastus liegen nun mitsammt ihren Mündungen total in diesen Nierenkammern einge- schlossen^) und könnten daher, selbst für den Fall, dass sie nicht mit den Leibeswandungen verwachsen wären, doch nie solcher Excursionen theilhaftig werden wie die entsprechenden Organe des CUstomastus. Bezüglich der Längsaxe des Thieres Hegt bei Tremomastus die Haupt- masse des Nephridiums <=) im Bereiche der hinteren Segmentgrenze, und von da erstreckt sich der centripetale Schenkel nach vorn, wogegen der centrifugale in einem stumpfen Winkel hämal abbiegt. In Folge dessen kommt die innere Mündung in die Nähe der vorderen, und die äussere in die Nähe der hinteren Zonitengrenze zu liegen. Im Hinblicke auf die Queraxe treffen wir die Trichter stets in der die beiden neuralen Längsmuskelstränge von einander scheidenden Spalte, wogegen die äusseren Mündungen etwas höher, nämlich in den Bereich des dorsalen neuralen Längmuskelstranoes lieraufrücken. u) Tal'. 14. Fig. 3. 4. b) Tai. 2. Fig. 27. 2S. a) Taf. 14. Fig. ü. Nrn. b) Taf. 14. Fig. 1—4. Tat 15. Fig. 31. A^ 7. lU. d) raf. 2. Fig. 27. 28. Taf. 14. Fig. 3. 4. Taf. 15. Fig. 31. Nm Taf. 14. Fig. 1 . 2. 22. Nm. Züol. auiion 2. Nl apel, Fauu;. und Flow. Uolf vun Neapel. Ciipilollidi-u. 130 A. Anatomisch-Histologischer Theil. Die Nephiidien des Tremomastus gestatten im frischen Zustande einen viel klareren Einblick in ihren Aufbau als diejenigen des Clistomastus; denn, während letztere in Folge der Einlagerung jener zahlreichen braunen Concretionen ein meist ganz schwärzliches, die Structur verhüllendes Ansehen darbieten, lassen erstere, dank der Thatsache, dass ihre wenig voluminösen Excretbläschen nur einen sehr kleinen Theil der Zellen ausfüllen, diese letzteren ohne AVeiteres erkennen'''). Dass man in diesem Falle Avirklich die Zellen vor sich habe, beweisen die nach Reagenticnzusatz auftretenden Kerne. Umgekehrt ist das Studium der fixen Präparate viel unergiebigei", indem die schon für Nutomastiis Imcatus hervorgehobene Wässerig- keit der Zellsubstanz bei Tremomastus einen so hohen Grad erreicht, dass in den meisten Präparaten nur Spuren derselben erhalten bleiben; überdies tritt das in jener Untergattung wenigstens feste Fachwerk hier ebenfalls in ausserordentlicher Zartheit auf. Die peritoneale Hülle bedeckt die Nephridien aller Tremomastim-Avten nur so weit, als diese Organe der Leibeshöhle freie Flächen zukehren; ihre der Stammesmuskulatur an- liegenden Theile werden lediglich durch die Membrana propria begrenzt. Diese peritoneale Hülle ^) geht daher von dem Nephridium unmittelbar auf die Muskulatur über; resp. das parietale Blatt des Peritoneums erscheint im Bereiche der Nephridien einfach etwas ausge- stülpt. Hinsichtlich seiner Structur bietet das genannte Blatt, soweit es die Nephridien überzieht, ganz dasselbe Ansehen dar wie in der nächsten Umgebung, ist also dick oder dünn, vorwiegend zellig oder muskulös, je nachdem es in dieser Umgebung beschaffen ist, also je nach der Körper- region. Man vergleiche z. B. das zarte, dünnhäutige Ansehen bei jugendlichen Nephridien aus der Schwanzregion mit dem dicken, fasrigen bei ausgebildeten. Zur Zeit der Geschlechtsreife schwellen oft die den Nierenkammern benachbarten Theile der Genitalplattev insbesondere bei den Weibchen derart an, dass sie mit den Nephridien in Berührung kommen, und so entsteht dann leicht der Anschein, als ob diese Organe, resp. ihre peritonealen Hüllen sich an der Erzeugung von Keimstoffen zu betheiligen vermöchten; aber selbst in solchen Fällen, in denen es zwischen dem lebhaft proliferirenden Keimepithel und den Nephridien zu einer wirklichen Verwachsung gekommen war, konnte ich den ursprüng- lich dem Nephridium allein zugehörigen Theil des peritonealen Systems immer noch unver- ändert erkennen"), so dass eine keimbereitende Thätigkeit des letzteren durchaus nicht an- genommen werden kann. Die Membrana propria stimmt in ihrem optisch-chemischen Verhalten vollständig mit derjenigen der C/?Ä^ci?«as^MA-Nephridien überein und wie bei letzteren, so liefert sie auch hier das Material, aus welchem sich das Zellenfachwerk nach Art einer cavernösen Drüse auf- baut; nur sind die einzelnen Räume J^Zellen) *!) des letzteren grösser, indem sie durchschnitt- lich 30—40 |j. messen, welche Durchmesser nur selten von denjenigen des Clistomastus, und a) Taf. 34. Fi<^. 7. 11. 15. b) Tat. 14. Fig. 5. 7. 10. c) Taf. 14. Fig. 22. d) Taf. 14. Fig. 1— 10. I. Notomastus. 9. Neplmdien (Segmentalorgane), b) Tremomastiis. {^{ auch dann nur in der Schleifenregion erreicht werden. Die von den Lamellen dieses Fach- werks resp. von den Zellwänden eingeschlossene Zellsubstanz ist eine homogene, halbfiüssige, schwefelgelb bis orange * gefärbte '') Masse, deren Dichtigkeit hinter derjenigen der Clistomastas- Nephridien noch beträchtlich zurückbleibt. Bei der geringsten Verletzung der Organe tritt dieselbe in Form verschieden grosser Tropfen ölartigen Ansehens aus, und in diesen Tropfen '') lassen sich häufig die Kerne als sehr blasse Kreise neben den Excretbläschen wahrnehmen. Sowohl die Zellsubstanz, als auch die Kerne sind von ausserordentlicher Empfindlichkeit. Erstere widersteht nahezu keinem Reagens; in den allerbesten Präparaten findet sie sich nur durch sporadische Körnchen-C'onglomerate angedeutet«), so dass das Zellfacliwerk in der Regel leer erscheint, oder doch nur die etwas resistenteren Kerne erhalten zeigt "l). Dasselbe gilt für den dieser Zellsubstanz anhaftenden Farbstoff, über dessen chemische Natur ich nur die negative Thatsache mitzutheilen vermag, dass er mit Blutpigmenten nichts gemein hat, da die spektroskopische Untersuchung überhaupt kein Streifenspektrum erkennen Hess. Im frischen Nephridium fällt der in mehreren Spiralwindungen die Drüse durch- setzende, etwa 12 ix breite Ausführungsgang, welcher einerseits in dem Trichter, andererseits in der äusseren Mündung endet, durch seine Farblosigkeit sofort in die Augen '^) ; seine lebhafte, centrifugal gerichtete Flimmerthätigkeit gestattet ihn selbst bis in die Tiefe des Organs hinein zu verfolgen. Auffällig ist nun das Factum, dass dieser Canal, welcher sich bei Cli- stomastus lediglich aus der homogenen, auch das Fachwerk aufbauenden Substanz zusammen- gesetzt erwies, hier von einer zelligen Schicht überzogen ist^. In ganz jungen Organen aus der Schwanzregion trifft man da, wo der Ausführungsgang angelegt wird, noch einzelne dieser Zellen, über deren Herkunft ich nichts anzugeben weiss, sporadisch vertheilt &') ; weiterhin stösst man sodann auf ähnliche Zellencomplexe, die sich zum Behufe der Canalbildung bereits vereinigt haben, aber noch kein Lumen erkennen lassen, und in ausgebildeten Organen endlich ist es nur noch der das Canallumen begrenzende , äusserst regelmässig angeordnete Kranz von Kernen, welcher von der ursprünglichen Individualität dieser nun zu einer con- tinuirlichen Schicht verschmolzenen Zellen Zeugniss ablegt^). Bei Clistomastus hatte sich mir in Anbetracht des vollständigen Mangels irgend welcher dem Ausführungsgange angehöriger zelliger Bildungen die ^'ermuthung aufgedrängt, dass die denselben auskleidenden Cilien aus den benachbarten Drüsenzellen stammen möchten, und es schien mir iu dieser Annalime zu- gleich eine natürliche Erklärung der intermittirenden Flimmerthätigkeit zu liegen; zu Gunsten a) Taf. :H4. Fig. 7. 11. 15. Nrn. b) T„f. JU. Fig. 9. 1 li-'. \T\ c) Taf. 14. Fig. 9. Taf. H4. Fig. lÜ. d) Taf. n. Fig. 1 — 7 und {».Nrn. e) Taf. 34. Fig. 7. 11. 15. f) Taf. 14. Fig. 1 — lü. Nrn. C. g) Taf. 14. Fig. 8. h) Taf. 14. Fig. 2. Nrn. C. *) Bei geschlechtlich ersch()i)ften Exemplaren der Specics N. fertilis habe ich die Zellsubstanz zuweilen grünlich gefärbt gefunden, d. h. grünlich im durchfallenden, schwärzlich (in dicker Lage) bei auffallendem 132 -^- Anatomisch-Histologischer Thoil. dieser letzteren Erklärung- spriclit nun die Thatsache, dass mir bei den mit einer selbständigen Zellenlage versehenen Canälen der 2'remomastus-^ eTphridien ein Sistiren der Flimmerthätigkeit niemals begegnet ist. Im liumen des Ausführungsganges finden sich häufig gelbe Körnchen, Theile der in den Drüsenzellen zur Ausbildung gelangten Excretbläschen-C/onglomerate ; ausser- dem liegen in demselben zuweilen grosse Mengen von Blutscheiben '^) angehäuft, ein Factum, auf das bei Besprechung der Nephridiumfunction noch zurückzukommen sein wird''). Die Excretbläschen^) oder Concretionen zeigen in ihrem Habitus eine grosse Aehnlichkeit mit denjenigen des Clistomastus; sie sind nur viel heller gelb, durchschnitt- lich kleiner, und neigen zur Bildung von Conglomeraten. Grösse, Form und Beschaffen- heit ist auch hier sowohl innerhalb der einzelnen Arten, als Individuen, ja sogar in ein und demselben Organe überaus variirend. Bald haben wir Bläschen vor uns mit halbflüssigem Inhalte, bald feste Körper, und letztere können rundlich oder vieleckig, homogen oder geschichtet erscheinen. Bei N. Benedem'^) walten die kleinen, festen, körnerartigen vor, welche sich in grosser Zahl zusammengebacken finden; bei N. profundus'^) treffen wir eben- falls zahlreich aggregirte, aber grössere und mehr bläschenartige, welche in der Regel von einer gemeinsamen Hülle umschlossen sind; bei N. fertdis endlich treffen wir sowohl die- sen ähnliche, als auch einzelne viel grössere feste, von mehr geschichtetem Baue '^) . 10. Geschlechtsorgane. Die ersten Angaben über Geschlechtsverhältnisse betreffen die am längsten bekannte Form unserer Familie, nämlich Capitella capitata, speciell ihren so auffallenden Begattungsapparat. Da aber dieser bisher nur unvollständig untersuchte Apparat eingehende Berücksichtigung erfahren musste, so hielt ich es für förderlicher, das darüber Bekannte dem betreffenden Kapitel in der Bearbeitung des genannten Genus ein- zuverleiben und mich hier auf die Erwähnung des von den übrigen Gattungen Publicirten zu beschränken. Aus seiner ]}eschreibung des Notomastus latericeiis geht hervor, dass S,\rs ') die äusseren Mün- dungen der im Folgenden zu schildernden Genitalschläuche gesehen hat, ohne sich freilich von deren Bedeutung eine richtige Vorstellung machen zu können. Er sagt: »On remarque chez quelques individus un tont petit mamelon rond, probablement une glande muqueuse, dans l'espace entre les deux proeminences pedales dans les premiers segments de la partie posterieure du corps. Une autre glande muqueuse plus de deux fois plus grande se trouve chez tous les individus dans environ les 20 premiers segments de la partie posterieure. Elle est placee de chaque cotc du dos, et un peu plus en arriere que le petit mamelon ci- dessus mentionne. On ne la remarque pas beaucoup dans les animaux vivants, mais seulement quand l'animal est mis dans de l'esprit; car eile devient alors blanc opaque et un peu proeminente. II nie semblait qu'elle avait une petite Ouvertüre ä l'extremite en forme de fente«. Die vermeintlichen Drüsen zwischen den Parapodien sind nichts Anderes als die abdominalen Seiten- organe, und die anderen doppelt so grossen, mit spaltförmigen Oeffnungen verseheneu Drüsen der ersten zwanzig Abdominalsegmente können ihrer Lage nach nur als Genitalschlauchporen verstanden werden, wo- mit zugleich die Zugehörigkeit des Notomastus latericcus zur Untergattung Trcmomastus erwiesen ist. a) Taf. 14. Fig. 22. Nni. h) Tat. 34. Fig. 7 — 17. E. Bl. c) Taf. ;M. Fig. 9. 10. E. Bl. d) Taf. 34. Fig. 13. E. Bl. e) Taf. 34. Fig. 17. E. Bl . a) Vergl. den Physiologischen Theil, Kapitel Nephridien. 1) 1, p. 2. c. (Fauna littoralis) p. 10 und 11. I. Notomastus. 10. Geschlechtsorgane. 133 Auch Keferstbin ') hat diese Poren von seinem Notomastus rubicundu-s als unbekannte Gebilde er- wilhiit. Folgendes sind seine eigenen Worte: »Vom zwölften bis wenigstens zum sechzehnten Segmente liegen hinter diesen lippenartigen OefFnungen*) noch zwei andere kleine Querspalten, deren Bedeutung mir ganz unbekannt geblieben ist«. Daraus geht aber hervor, dass Not. rubicimdus ebenfalls ein Tremomastus ist. Endlich h.at auch CLAP.vuiiDE '^j schon diese Poren gesehen und — miss verstanden. In der Beschrei- bung des Notomastus Benedeni sagt er: »Cette espece presente dans les segnients hamiferes. comme la pre- cedente et celle de St.-Vaast, une paire d'ouvertures comprise entre deux levres saillantes**). Leur place est toutefois ici differente. On les trouve, sur le milieu de la longueur de chaque segment du cote dorsal disposees de chaque cote sur une ligne qui passerait par les intervalles entre les tores ventraux et les tores dorsaux. Les soies minces et roides que j'ai decrites chez les autres especes sur les levres de ces ouver- tures, sont reduites ici ii l'etat de cils non vibratiles tres-courts«. Wir werden sehen, dass Notomastus Benedeni, der auch mir vorgelegen hat, nur in den vier ersten Abdomensegmenten Genitalschlauchporen besitzt und dass die Porenmündungen weder durch lange, noch durch kurze Cilien ausgekleidet sind. Ueber Anlage und Entwickelung der Genitalproducte haben meine Vorgänger nur wenige Beobach- tungen hinterlassen. Von Notomastus nibicundus traf CLAPARiäDE ') nur geschlechtsreife Weibchen und über diese machte er die folgende Angabe: »Die reifen 0,3 mm breiten Eier schwammen ganz frei in der Blut- flüssigkeit. Selbst viel kleinere, im Durchmesser nur 0,08 mm breite Eier, deren Keimbläschen einen Durch- messer von 0,03 und deren Keimfleck einen Durchmesser von 0,009 m erreichten, schwammen frei herum. An der Leibeswand traf ich festsitzende, um die Hälfte kleinere Eichen«. Wichtiger für uns ist die folgende, vom selben Autor*) mitgetheilte Beobachtung über die Generations- organe des Notomastus Benedeni: »Relativement aux organes generateurs, il est ä remarquer que les ovules se developpent du vingt-quatricme au trenticme segment et qu'ils subissent la segmentation dans la cavite periviscerale des individus femelies. II y a donc ici vraisemblablenient une fecondation interne«. Schliesslich bleibt noch zu erwähnen, dass Claparede ■'') von Dasyhranchus caducus ein Stadium aus der Spermatogenese beschrieben und abgebildet hat, auf das ich in der betreffenden Darstellung zurück- zukommen haben werde. Um eine weitschweifende Darstellnng- zu vermeiden, werde ich auch im Nachfolgenden bestrebt sein, so viel als immer möglich das uns beschäftigende Organsystem gemeinsam für alle Arten des Genus zu behandeln; nur solche Divergenzen der Arten oder Untergattungen, die sich als von wirklicher Bedeutimg erwiesen haben, sollen besonders hervorgehoben wer- den. Es wird sich übrigens zeigen, dass weniger die keimproducirenden, als die keimausführen- den Apparate von solchen Divergenzen betroffen werden. Folgendermaassen wurde der Stoff gegliedert: nach einigen Bemerkungen über Geschlechtigkeit etc. beginne ich mit der Be- schreibung der Keimdrüsen; sodann wird die Entstehung der Keimproductc in diesen Organen, sowie deren Entwickelung zur Reife in der Leibeshöhle verfolgt werden; weiterhin soll uns die Frage beschäftigen, wie die Geschlechtsproducte nach aussen entleert werden, wobei die mit deut- 1) 1. p. 4. c. p. 125. 2) 1. p. 5. e. p. 53. 3) 1. p. 4. c. p. 28. 4) 1. p. 5. c. p. 50. 5) I. p. 8. c. p. 281. *) Lippenartige OefFnungen nennt Keff.rstein fälschlich die Seitenorgane; man vergleiche Anmerkung p. 7G und 111. **) Unter diesen vermeintlichen Oefl'iiungen, auf welclie Claparede Bezug nimmt, sind ebenfalls irrthüm- licherweise die Seitenorgane verstanden. 134 A. Anatomlsch-Histologischer Thell. liehen, fungirenden Genitalscliläuclien ausgerüstete Untergattung Tremo)iiasfiis, sowie die solcher Schläuche entbehrende, oder deren doch nur rudimentäre aufweisende Untergattung CHsto- mastus jede für sich werden zur Darstellung gebracht werden müssen; im Anschlüsse an letztere wird schliesslich auch der so eigenthümlichen Degenerationsprozesse allgemein zu gedenken sein, von welchen ein erheblicher Theil der Organsysteme des Notomastas lineatits im geschlechts- reifen Zustande ergriffen wird, jener Prozesse, deren specieller Verlauf, der Natur der Sache nach, der Beschreibung der betreffenden Organsysteme schon einverleibt werden musste. Die sämmtlichen Arten des Genus Notomastus sind (ähnlich wie alle übrigen Capi- telliden) getrennten Geschlechts. Im hochreifen Zustande ist die ganze lieibeshöhle, be- sonders in den mittleren und hinteren Regionen des Abdomens, strotzend von Eiern oder Samen angefüllt; die dünneren Leibeswandungen des llückens erscheinen dann, in Folge der Spannung, von Segment zu Segment stark nach aussen hervorgewölbt, und der gesammte Leib solcher Thiere bietet ein aufgedunsenes Ansehen dar. Die hierdurch schon hervorgerufene, starke Abweichung vom normalen Habitus wird noch dadurch gesteigert, dass an Stelle der blutrothen Farbe bei den rj' ein milch weisses , glattes und bei den 9 ein graues, punktirtes Ansehen tritt; die normale, durch das Blut bedingte Färbung wird eben durch die massenhaft in der Leibeshöhle angehäuften Geschlechtsproducte verhüllt. Uebrigens muss ich van Beneden und Claparede gegenüber betonen, dass geschlechtsreife Thiere nicht nur nicht reicher, sondern umgekehrt ärmer an Blut zu sein pflegen, als unreife. Fungirende Ovarien und Hoden finden sich ausschliesslich in dem hinteren Köri^er- abschnitte, im Abdomen. Je nach den Individuen beginnen sie bald im ersten, bald nur in einem der ersten Segmente dieses Körpcrtheils aufzutreten, um sich bei CUstomastus bis zum Schwänze, bei Tremomastus dagegen nur etwa bis zum letzten 'S'iertel der gesammten Thier- länge continuirlich von Segment zu Segment fortzusetzen ; die am ergiebigsten proliferirenden Keimstöcke pflegt aber bei allen Arten die mittlere Abdominalregiou zu liefern. Ausgangspunkt für die Bildung der Genitalproducte ist bei unseren Thieren in bei- den Geschlechtern ausschliesslich das Peritoneum, und zwar ein ganz bestimmter Abschnitt desselben. Schon einmal wurde darauf hingewiesen"), wie sich diese Membran, nachdem sie den Darm überzogen hat, in zwei Platten spaltet, welch' letztere nach beiden Seiten hin eine Strecke weit ziemlich horizontal verlaufen, um sodann (als peritoneale Nieren- ])latten) auf die mit ihnen zusammentreffenden transversalen Muskeln überzugehen. Hierdurch wird ein selbständiger, von Organen nur den Bauchstrang beherbergender Raum des C'oeloms abgegliedert, welcher gegenüber der Darmkammer und den Nierenkammern als Bauchstrang- kammer unterschieden wurde. Das Dach dieser Kammer'^), die sog. Genitalplatte ist nun der Heerd, in dem sich bei allen Arten des Genus nahezu ausschliesslich der Prozess der Keimbildung abspielt. Da die Bauchsti-angkammer, im Gegensatze zu den übrigen perito- nealen Räumen, ausser dem Bereiche der die Leibessegmente voneinander trennenden Septa a) Taf. 14. Fig. 3. 11. 22. Taf. 15. Fif?. 1. 2. .5—7 und 30. P. Gpl. a] Ver^l. p. 17 und Kapilel Leibeshöhle. I. Notomastus. 10. Geschlechtsorgane. 135 liegt, so ist in ihr, wie bei der Schilderung der Kreislaufsverhältnisse näher zu erörtern sein wird'-"), eine C^ommunication beliebiger vorderer und hinterer Segmente, und zwar durch die Nierenkammern der verschiedenen Zoniten ermöglicht. Mit den Blutkörpern können daher auch etwa von ihrem Mutterboden abgelöste Ei- und Samenelemente aus den vorderen in die hinteren Körperregionen und umgekehrt gelangen. So lange die keimbildende Thätigkeit der Genitalplatte auf deren neurale (nach der Bauchstrangkammer zu gerichtete) Fläche beschränkt bleibt, ist nach dem Vorhergehenden nicht einzusehen, wieso die Keimstöcke von der segmen- talen Gliederung betroffen werden sollten ; aber trotzdem ptlegt eine solche Gliederung angedeutet zu sein, indem je an den — durch die darüber gelegenen Septa bezeichneten — Segment- grenzen die Genitalplatte ein ganz normales (peritoneales) Ansehen aufweist und nur inner- halb der so verstandenen Segmente zu Keimstöcken anschwillf^). Auf der Höhe geschlecht- licher Thätigkeit vermag aber die Bauchstrangkammer, besonders bei den 2, die Producte der üppig wuchernden Genitalplatte, trotz zeitweiser Ablösung der reiferen Elemente, nicht mehr zu fassen; diese Platte treibt sodann Falten und Sprossen sowohl in die benachbarten Nierenkammern, als auch in die darüber liegende Darmkammer, und in diesen in den Be- reich der septalen Gliederung fallenden Abschnitten der Leibeshöhle müssen nun die Keim- stöcke selbstverständlich, ganz unabhängig von ihrem eigenen Verhalten, schon topographischer Verhältnisse halber, einer streng segmentalen Anordnung unterliegen^). Im unreifen Zustande unterscheidet sich das Ansehen des Genitalplattenepithels in Nichts von demjenigen der übrigen Peritonealmembranen ; wie an den meisten Körperstellen, so erscheint auch hier dieses Epithel als eine dünne, selten Zellgrenzen aufweisende Haut, in der nur durch die ziemlich regelmässige Vertheilung der Kerne Territorien solcher angedeutet werden. Mit dem Beginne der Geschlechtsthätigkeit verändert nun aber die Genitalplatte diesen ihren Habitus, indem sie bei den Q zunächst unter kolossaler Vermehrung ihres Kern- materials stark anschwillt '^^j und sich in zwei deutliche Blätter sondert. Zwischen diesen Blättern häufen sich sodann die Dreier (Oosporen) unter gleichzeitigem Wachsthum immer mehr an, so dass sie jetzt umfangreiche, je an den Segmentgrenzen sich abschliessende, kuchen- oder cylinderförmige Massen, die Ovarien, bilden . und auf der in Fig. 22. Taf. 1 5 dargestellten nur noch 4 [i. Hiermit ist der Vermehrungsprozess seinem Ende nahegerückt; denn nach einer nochmaligen Theilung beginnt sich die Umwandlung der Spermatoblasten in Spermatozoen zu vollziehen. Diese Umwandlung äussert sich zunächst dadurch, dass von den Spermatoblasten starre, dünne, haar- artige Fortsätze ■ — die Schwänze der künftigen Spermatozoen — auswachsen ^) ; ferner nehmen die Spermatoblasten eine ovale Form an, die sie zusammensetzende Substanz wird homogen, und anstatt des bis dahin in der Einzahl vorhandenen, stärker brechenden Kornes treten 3 bis 4 ähnliche kleinere Körnchen auf. Die nächste Stufe wird durch Fig. 25. Taf. 15 repräsentirt : von nun ab fallen die Spermatoblasten, welche inzwischen noch mehr im Längen- auf Kosten des Breitendurchmessers gewachsen sind, durch das charakteristisch glänzende Ansehen auf, welches eine aus ihnen zusammengesetzte Spermatosphäre so scharf von allen anderen Gewebs- elementen abhebt. Fig. 26. Taf. 15 zeigt das letzte Stadium: die ursprünglich kugligen, oder die bis zur vorhergehenden Entwickelungsstufe doch annähernd kugligen Spermatosphären er- scheinen nun kuchenartig platt gedrückt Tind in sehr mannigfache Fortsätze auslaufend; nach allen Seiten hin starren die inzwischen stark in Länge gewachsenen Spermatozoen- schwänze. Es genügt auf ein solches Conglomerat einen leichten Druck auszuüben, um die es zusammensetzenden Elemente zu isoliren; die einzelnen Spermatozoen^) bewegen sich sodann sehr lebhaft. Die Köjjfe der letzteren enden spitz, und zwar erscheint die Spitze wie durch eine Furche vom übrigen Körper abgeschnürt. Viele, mehr rundliche Spermatozoen schienen am Vorderende an Stelle der Spitze mit einem und am Hinterende mit zwei Kügel- chen besetzt zu sein; ich vermag aber nicht anzugeben, ob letztere Form nur eine Entwicke- lungsstufe repräsentirt, oder ob bei unseren Thieren zweierlei reife Samenthierchen vorkommen. a) Taf. 1.5. Fig. 17. 18. 27\ b) Taf. 15. Fig. 19. c) Taf. 1.5. Fig. 19—27. d) Taf. 15. Fig. 27''. e) Taf. 15. Fig. 24. f) Taf. 15. Fig. 26\ J42 A^- Anatomisch-Histologischer Theil. Ausser den bisher allein in's Auge gefassten einfachen Spermatosphiiren begegnen wir auch solchen, welche in mehr oder weniger regelmässiger Anordnung 7ai vielen verbunden ihre Entwickelung durchmachen. Fig. 21. Taf. 15, dessen Spermatoblasten etwa auf der zweiten Entwickelungsstufe stehen (ähnlich Fig. 20. Taf. 15), zeigt einen solchen Complex, dessen einzelne Spermatosphären so angeordnet sind, dass sie einen Hohlraum einschliessen; in anderen Fällen liegen sie einfach neben- oder übereinander. Dieser ihr Verband kann bis zur Reife dauern; denn noch im vorletzten Stadium begegnet man vergesellschafteten Spermatosphären »); während des Ueberganges zum letzten Stadium scheint sich aber dieser Verband stets zu lösen. Es fragt sich nun, ob die zuletzt beschriebenen Vielheiten als nothwendige Zwischenglieder der Sper- matosphärenentwickelung betrachtet werden müssen; in diesem Falle würden die Fig. 19, 20 und 22 — 24. Taf. 15 nur Theilstücke solcher darstellen. Gegen eine solche Auffassung spricht aber die Thatsache, dass man in allen Stadien der Spermaentwickelung sowohl einzelne Sper- matosphären, als auch verschiedenartig geformte Gruppen solcher antritFt. Ich glaube daher auch diesen Zwiespalt eher so deuten zu müssen, dass aus Si^ermatosporen, welche sich ein- zeln von der Genitalplatte ablösen, einzelne Spermatosphären, und dass aus solchen, welche sich in Mehrzahl untereinander verbunden ablösen, Spermatosphärengruppen entstehen. In Bezug auf die Spermatosphären aller Stadien ist endlich noch zu bemerken, dass sie im Innern eine verschieden grosse Menge von Protoplasma einschliessen, welchem die Sper- matoblasten kugelschalenähnlich aufsitzen^;. Dieser ungeformte Theil — er entspricht dem Sperm-Blastophor Bloomfield's — kann einen Fortsatz bis zur Oberfläche der Spermato- sphären entsenden, in welchem Falle dann diese wie von einer OefFnung diirchbohrt aus- sehen; meistens lässt sich aber das Vorhandensein des Sperm-Blastophors nur mit Hülfe opti- scher oder wirklicher Schnitte constatiren. Der vorhergehenden Beschreibung liegt ausschliesslich die Spermatogenese des Noto- mmtus fertilis zu Grunde; ich konnte mich aber davon überzeugen, dass bei den übrigen Arten diese Genese vollkommen ähnlich verläuft und nur im definitiven Ansehen der Spermatozoen, resp. in deren Grösse geringfügige Unterschiede walten. Wenn auch die Keimstöcke der Männchen zu keiner Zeit zu so voluminösen Organen anschwellen wie diejenigen der Weibchen, so ist doch die Masse des durch ihre proliferirende Thätigkeit geschaffenen Materials um Nichts geringer; nur ist dieses Material von Anfimg an frei in der Leibeshöhle flottirend enthalten, wogegen bei den Weibchen erst in späteren Sta- dien die Ablösung erfolgt. Das hindert aber nicht, dass sich auch bei den Männchen die Geschlechtsproducte in grosser Menge ansammeln und oft ganz wie bei den Weibchen die Eeibcswandungen colossal ausdehnen. AVerden solche Thiere angestochen, so erhält man nicht mehr Hämolymphe, welcher Fortpfianzungsproducte beigemengt sind, sondern es sind um- gekelirt die Fortpfianzungsproducte überwiegend und die Hämolymphelemente zurücktretend. Schliesslich bleibt noch zu erwähnen, dass mir auch zuweilen bei den männlichen Taf. 15. Fig. 25. b) Tuf. 15. Fig. 23 und 27 e. /. I. Nutomastus. 10. Geschlechtsorgane. 143 Thieren zur Zeit der Geschlechtsreife Genitalplattenabschnitte zu Gesicht kamen, welche Nester von eben solchen sterilen Kernen enthielten''), wie solche für den sterilen thoracalen Keimstock der beiden Geschlechter charakteristisch sind, so dass also auch von dieser Seite her meine Auffassung jener Elemente eine Bestätigung erhielt. Ich gehe nun zur Schilderung der Genitalschläuche^) über. Die Existenz dieser sich einerseits in die Leibeshöhle und andrerseits durch ilautporen nach aussen öffnenden Organe ist schon aus dem die allgemeine Körj)erform behandelnden Kapitel bekannt. An jenem Orte wurde auch schon hervorgehoben, dass sie allein bei der Untergattung Tremomastus eine voll- kommene Ausbildung erreichen und zugleich einen wesentlichen Artcharakter bilden. Es kommen nämlich dem Nutomastus Benedeni 5, dem N. profundus 9 und dem N. fertllis unge- fähr 20 Paare von Genitalschläuchen zu. In den beiden Geschlechtern verhalten sie sich ganz gleich; nur pflegen ihre äusseren Mündungen bei den Weibchen sehr viel deutlicher zu sein als bei den Männclien. An der Zusammensetzung der Genitalschläuche betheiligen sich zwei offenbar heterogene Bildungen: die eine wahrscheinlich mesodermale, innerhalb der Leibeshöhle gelegene, bildet das Organ im engeren Sinne ; die andere , unzweifelhaft ectodermale, im Be- reiche der Haut gelegene, bildet den die Ausmündung vermittelnden Porenträger. Beide aber sind an ihren Berührungspunkten aufs Innigste miteinander verwachsen^). Die Form der Genitalschläuche ist urnen- oder glockenähnlich; nur muss man sich diese Urnen oder Glocken bis zu elliptischem Querschnitte comprimirt und ihren freien, nach der Leibeshöhle zu gerichteten Rand in der Richtung der langen Axe (conform der Längsaxe des Thieres) derart halbkreisförmig ausgeschnitten denken, dass nur noch ein vorderer und hinterer, spitz endender Zipfel übrig bleibt. Die Porophored) bilden elliptische, mehr oder weniger über die Haut hervorragende, central von einem Canale durchbohrte Warzen, welche breitbasig der Haut eingepflanzt stehen und sich nach ihrem freien Pole hin allmählich verjüngen«^). Ihre langen Axen sind nicht denjenigen der Genitalschläuche parallel, sondern rechtwinklig darauf und daher auch recht- winklig auf die Längsaxe des Thieres gerichtet. Die Grösse der Genitalschläuche ist, insofern wir nur die zumeist nach vorn ge- legenen vergleichen, für die verschiedenen Arten eine ziemlich übereinstimmende ; dagegen pflegen bei allen Arten der Untergattung gleicherweise je das letzte oder je die beiden letzten Schlauchpaare auffallend kleinere Dimensionen aufzuweisen als die vorhergehenden. Die ersten vier Genitalscliläuche eines erwachsenen Notumastus Benedenl z. B. massen je in der Höhenrichtung 560 und in der Breitenrichtung (die lange Axe der Glockenbasis, abge- sehen von den Zipfeln, zu Grunde liegend gedacht) 225 jj.; der fünfte (letzte) aber erreichte in den entsprechenden Richtungen nur je 280 und 70 (x. Die Höhendurchmesser der ersten sieben Genitalschläuche' eines Notomastus profundus 2 betrugen etwa 310 und die grössten a) Taf. 15. Fig. 18. b) Taf. 2. Fig. 27. 29. Taf. 14. Fig. 1. 2 und 11 — 13. G. SM. c) Taf. 11. Fig. 13—15. d) Taf. 2. Fig. 6. 2'J. G. Schi. F. e) Tai'. 14. Fig. 13—15. 144 A. Anatomisch-Histologischer Theil. Breitendurchmesser 280 [x, wogegen dieselben Durchmesser des achten (vorletzten) je nur eine Länge von 285 und 210 [x und diejenigen des neunten (letzten) endlich bloss je 215 und 1 1 0 [J. erreichten. Auch die Porenträger, sowie ihre Poren sind entsprechend den Genitalschläuchen vorn umfangreicher als hinten. So mass die lange Axe des ersten Porophors eines geschlechts- reifen Notomastus Benedeni 2 im Bereiche der Kuppe 280 und die kurze Axe 100 jj-, die lange Axe seines nahezu geschlossenen Perus 220 und die kurze 6 [i: für den letzten (fünften) Porenträger desselben Thieres fand ich die entsprechenden Axen 170 und 80 [x, diejenigen seines ähnlich geschlossenen Porus 80 und 8 \). lang. Selbstverständlich sind alle diese auf die beiden x\xen bezogenen Maasse nur relative, indem ja die Poren bald als nahezu geschlossene, bald aber als klaffende Spalten erscheinen. Die Genitalschläuche sind streng segmentale, paarige, bei der Untergattung Tremo- mastus nur im Abdomen vorkommende Organe. Bei allen Arten der Untergattung beginnen sie im zweiten Segmente dieses Körperabschnitts, um sich je nach der Species in 5, 9, oder 20 aufeinander folgenden Zoniten zu wiederholen. Die Nephridien beginnen, wie wir gesehen haben, schon im vorhergehenden Segmente, so dass also die Abdomina der Tremomastus- Arten im ersten Zoniten nur Nephridien, in den folgenden 5, 9 oder 20 Zoniten Nephridien und Genitalschläuche, und in den übrigen Segmenten wieder ausschliesslich Nephridien enthalten. Dieselben Abschnitte der Leibeshöhle, welche die Nephridien bergen (die Nephridi um- Kammern) enthalten auch die Genitalschläuche ^) , und während die ersteren Organe in einem gegebenen Segmente die hintere Region occupiren, nehmen die letzteren die vordere ein^). Dieses Nebeneinandersein im selben Segmente wird noch dadurch erleichtert, dass die Längsaxen der Nephridien der Längsaxe des Körpers parallel, diejenigen der Genitalschläuche hingegen rechtwinklig darauf gerichtet stehen. Diesem Umstände ist es wohl auch zuzu- schreiben, dass die äusseren Mündungen der Genitalschläuche so viel mehr hämal liegen als diejenigen der Nephridien. Die Beweglichkeit der Genitalschläuche ist eine sehr grosse, indem sie, abgesehen von ihrer Befestigung durch zwei Mesenterien im Bereiche der Mündungen, sowie durch die erwähnten zwei Zipfel, ganz frei in der Leibeshöhle aufgehängt sind. Von jenen Zipfeln ist der vordere, mit den Leibeswandungen verwachsen, wogegen der hintere jene so auffallende Verbindung mit dem Trichterende des je im selben Zoniten gelegenen Nephridiums eingeht, deren bereits bei Besprechung dieser letzteren Organe gedacht Avurde. Noch ist zu er- wähnen, dass im Bereiche der Mündungen mehrere transversale Muskelbündel aus der Stammes- muskulatur entspringen, um sich an verschiedenen Punkten der Glocken -Circumferenz anzu- setzen. Durch die Contraction dieser Muskeln müssen die Schläuclic bis zu einem gewissen Grade zur Ausstülpung gebracht werden können. i) Taf. 14. Fig 11. a. tichl. h) Taf. 2. Fig. 2' I. Nütomastus. 10. Ueschlechtsorganc. 145 Die Structur^) der Genitalschläuche ist eine sehr einfache. An ihrer der Leibes- höhle zugekehrten Fläche bemerken wir zunächst einen peritonealen Ueberzug, ähnlich wie er auch allen anderen in dieser Höhle befindlichen Organen zukommt. Dieser Ueberzug geht im Bereiche des Glockenhalses mcsenterienartig in denjenigen der Leibeshöhle über^), von dem er sich auch histologisch in Nichts unterscheidet. Es folgt sodann das eigentliche Schlauchepithel, eine Membran, welche in der Glockenweite glatt, im Glockenhalse dagegen in Falten gelegt erscheint. Zellgrenzen sind nirgends wahrzunehmen; an allen Stellen treffen wir das Epithelmaterial als contimiirliche, reich mit körnigen Einlagerungen verseliene Schicht, in der zahlreiche Kerne vertlieilt stehen; auch einzelne Muskelfasern, und zwar llingfasern, pflegen das Ei^ithel zu durchsetzen ; endlich wird Ictzeres nach der Glockenlichtung hin durch eine structurlose, cuticulaähnliche, mit C'ilien versehene Membran abgeschlossen. Um den Porus zu erreichen, hat der verengerte Hals des Genitalschlauchs die Stam- mesmuskulatur zu durchbohren '=), wobei er seiner äussersten, sich auf das Peritoneum der Tjeibeshöhle überschlagenden Hülle verlustig geht ; an der äusseren Grenze dieser Muskulatur endet auch sein epithelialer (bewimperter) Theil, indem hier die Lichtung des Porophors ausschliesslich von der Cuticula aasgekleidet wird''). Die Porenträger erweisen sich bei den Männchen zu jeder Zeit und bei den Weibchen ausserhalb der Periode der Geschlechtsreife ganz wie die Hypodermis aufgebaut; sie erscheinen als einfache Hypodermverdickungen mit centralen, von der Cuticula ausgekleideten Poren*-'). Bei den geschlechtsreifen Weibchen aber erleidet dieses Ansehen eine gewaltige Veränderung: anstatt aus zahlreichen kleinen Haut- elementen finden wir den Porophor aus einer relativ geringen Menge colossaler Schläuche bestehend f). Diese an ihrer Basis bauchigen und am entgegengesetzten Ende etwas zuge- sjutzten Bildungen stehen rosettenförmig um den Porus herum angeordnet. Ihre Structur ist überaus eigenthümlich ; jeder Schlauch besteht aus einer dicken, bald homogenen, bald strei- figen, auch oft Körnchen führenden Wandung, welche ihrerseits durch Ausläufer mit der- jenigen benachbarter Schläuche, oder aber mit der Cuticula verbunden ist?). Im liUmen der Schläuche zeigt sich ein überaus feines Fadennetz ausgespannt, dessen Maschen von einer blassen, homogenen Masse ausgefüllt werden. Auf den ersten Blick glaubt man das Faser- netz des Bauchstranges vor sich zu haben, so fein und dicht sind diese Maschen. Die Kerne finden sich in der Regel gruppenweise in den Schläuchen zerstreut; auffallend ist die geringe Grösse dieser Kerne gegenüber den riesigen Dimensionen der Zellen. Was nun diese, durch die Geschlechtsthätigkeit hervorgerufene Modification betrifft, so glaube ich , dass wir in den offenbar als Drüsen aufzufassenden Schläuchen wohl nur colossal vergrösserte Haut- Plasma- zellen vor uns haben, denen ja, wie aus der betreffenden Darstellung erinnerlich, ursprünglich schon eine Drüsenfunction zukommt. Eigenthümlich sind diesen vergrösserten Hautdrüsen: die überaus entwickelte Membran, die ^'ielzahl und Kleinheit der Kerne, und endlich das so sehr ausgeprägte Filom der Zellsubstanz. a) Taf. 14. Fig. 19. 20. b) Taf. 14. Fig. 21. c) Taf. 14. Fig. 14. 15. 21. d) T.if. 14. Fig. 14. e) Taf. 14. Fig. 15. f) Taf. 14. Fig. 13—111. g) Taf. 14. Fig. 17^ IS. Zool. Station z. Neapel, Fauna und i'lora, Golf von Neaiiel. Capitelliden. 1!) 14Ü A. Auatomisch-Histologischer Theil. Bei NutonKistiis litu'iitiix ist in der Regel von Genitalschläucben nichts wahrzunehmen; daher seine 'l'rennung als CUstomustiin von der mit wohlausgebildeten solchen Organen ver- seheneu Untergattung Tremomastns. Aber — in einzelnen Fällen sind doch Spuren der Schläuche, und /war (im Gegen- satze zur ausschliesslich abdominalen Lagerung bei Tremomastus) in den letzten drei Thorax- segmenten Aorhanden. Diese Spuren können sich erstens auf die Leibeshöhle beschränken und stellen dann peritoneale Wucherungen dar, die zwar noch an die Form der Genitalschläuche erinnern, aber doch jedweder äusseren Mündungen entbehren. Zweitens können diese Spuren umgekehrt ausschliesslich aus mangelhaft ausgebildeten Poren bestehen, welche den Haut- muskelschlauch nicht durchbrechen oder, wenn sie das thun, doch nur in überaus kleine und undeutliclx ausgebildete Genitalschläuche übergehen, wobei zu bemerken ist, dass sich solche Sjniren bald in allen drei, bald in zwei, oder nur in einem der betreffenden Thoraxsegmente vorlindcn. In noch seltenereu Fällen endlich, besonders bei geschlechtsreifen Weibchen, erreichen aber auch bei Clititomustiis die Gcnitalschläuche eine vollkommenere Ausbildung. Bei einem derartigen Thiere fanden sich in allen drei resp. Segmenten Poren und Schläuche ; letztere waren im 10. und 12. Segment sehr klein, im II. dagegen annähernd normal, indem ihre Höhendurchmesser 400 und ihre Breitendurchmesser 200 \). betrugen; aber die Poren aller dieser Schläuche raassen gleicherweise ca. 50 \s. in der Ijängs- und ca. 10 |a in der Queraxe, wogegen diejenigen der Tremomastus, z. B. die vorderen eines T. Benedewi 2, wie wir gesehen haben, 220 [i der Länge und G [x der Breite nach massen. Auch von den bei Tremo- mastus, besonders im geschlechtsreifen Zustande so auffallenden Hautturgescenzen, »den Poren- trägern«, war bei dem betreffenden Clistomastus $ keine Spur zu sehen. Wenn also nach alledem sich auch in der Untergattung Clistomastus ausnahmsweise Genitalschläuche bis zu einem gewissen Grade zu entwickeln vermögen, so ist doch jedenfalls ein Functioniren derselben ausgeschlossen, und der Act der Befruchtung resp. der Act der Ei- und Samenablage muss bei ihr in andere Bahnen gerückt sein. Ich glaube diesen veränderten Bahnen durch Beachtung der so eigen- thümlichen regressiven Metamorphose, von der mehrere Organsysteme während der Ge- schlechtsreife betroffen werden, auf die Spur gekommen zu sein; davon soll aber in dem- jenigen Abschnitte die Hede sein, in welchem die Function der Genitalschläuche aller Formen im Zusammenhange zur Erörterung kommen wii"d''). Notomastus Uneatus habe ich von März bis August, N. Benedcni von November bis Mai, N. fertihs \on Januar bis Mai und N. pro- fuiulus endlicli das ganze Jahr hindurch (in wechselnder Anzahl) gcschleclitsreif gefunden. Vergl. den Physiologischen Theil, Kapitel Geschlechtsorgane. I. Notomastus. 11. Leibeshöhle. .147 11. Leibeshöhle. h imaler NUrenßUitU nebst transversaler Muskulatur lieber dieses Organsystem existiren in der Literatur unserer Gruppe nahezu keine Angaben. Es wäre nur der von CLAi>ARi:DE ausgesprochenen Vermuthung 7,u gedenken, dass in der Leibeshöhle von Noto- mastus und Capüella, weil diese Würmer wie Glycera gefässlos sind und rothe l^lutkörperchen in der Peri- visceralflüssigkeit enthalten, wie im Coeloni letzterer Gattung Cilien vorhanden sein werden, welche Ver- muthung sich überdies als unzutreffend erwiesen hat. Die I.eibeshöhle der Capitelliden und des Notomastus insbesondere ist von auffallender Geräumigkeit, ein Verhältniss, welches wohl in erster linie durch den Umstand bedingt wird, dass bei unseren Thieren diese Höhle nicht nur, wie bei den meisten anderen Anneliden, die Perivisceralflüssigkeit (Lymphe) enthält, sondern auch zur Aufnahme des ein sehr beträcht- liches Quantum repräsentirenden rothen Blutes bestimmt ist. Sie lässt sich von dem vorderen bis zum hinteren Körperende als ein System je nach der Körperregion mehr oder wenioer umfangreicher und verschiedenartig gegliederter Hohlräume nachweisen. Von diesen Räumen verdient in erster Linie ein median-neuraler unsere Be- achtung, weil er der einzige ist, welcher sich unabhängig von der Segmentirung con- tinuirlich nach Art eines Ge- fässes vom ersten bis zum letzten Zoniten erstreckt. Er kommt dadurch zu Stande, dass sich das die ganze Ijeibeshöhle austapezierende und die sämmtlichen Or- gane überziehende Peri- toneum, nachdem es den Darmkanal umhüllt hat, in zwei Blätter spaltet und dass diese, nach horizon- talem Verlaufe, an gegenüberliegenden Stellen mit dem Peritoneum des Hautmuskelschlauchs [Clistomastus], oder mit demjenigen der Nierenblätter [Tremomastus) verschmelzen. Von Or- ganen schliesst dieser median- neurale Hohlraum^) den Bauchstrang ein; man könnte ihn da- her Bauchstrangkammer nennen; ferner ist der dorsale Abschnitt der den Hohlraum bildenden Membran, die Genitalplatte^), der Ort, an dem die Bildung der Geschlechtsproducte ihren Ausgang nimmt, weshalb man auch von einer Genitalkammer sprechen könnte; endlicli a) Taf. 10. Fig. 1. ?. 10. Tat. 12. Fig. 2. Tat. 14. Fig. 3. 11. 22. Taf. 15. Fig. 1. 2. .')— 7 und 28—31. L. H. Bk. b) Fig. cit. /'. Upl. Schematisfher Qu Baiuhslrang Ruufmu median neuraler lirut Langsmuskel t durch den Ab dornen an fang eines NolomristKS : Coelora-Abtheilungen. 148 A. Anatomiscli-Histologischer Theil gcstnttot allein dieser Ilohlrauiii dem Blute eine directe Foitbe\ve<>ung vom Kopf- zum Selnvanzende und umgekehrt, so dass selbst die Bezeichnung Bauchgefäss nahe läge. Durch die Genitalplatte wird demnach die ],eibeshöhle ihrer ganzen Länge nach in zwei überein- ander liegende Räume getheilt : in einen neuralen, den ich fortan Bauchstrangkammer nennen werde, und in einen ungleich umfangreicheren hämalen, welcher nach dem wich- tigsten von ihm beherbergten Organe, dem Darmkanal, Darmkammer=>) heissen möge. Während nun die Bauchstrangkammer, wie wir gesehen haben, einen continuirlichen, von der Segmentirung ganz unberührt bleibenden Raum darstellt, wird umgekehrt die Darmkammer, wenigstens in dem grössten Theile ihres Verlaufes, sehr stark in den Prozess der Zoniten- bildung hineingezogen; es sind die quer gespannten, als Septa oder Dissepimente bekannten Lamellen, welche die Darmkammer in nahezu eben so viel Räume zu scheiden pflegen, als Segmente vorhanden sind. Diese Septen fehlen nur in den ersten vier Thoraxsegmenten, eine Reduction, die der colossalen Entwickelung des Rüssels und seiner Muskulatur zuge- schrieben werden muss. Vom fünften bis zum vorletzten Thoraxsegmente nehmen die Darm- kanunern, entsprechend der N'erjihigung des ganzen Leibes, an Volum allmählich ab; im letzten Thoraxsegment sinkt die Darmkammer (sowie auch die Bauchstraugkammer) in Folge der mächtigen Entwickelung des diesem Zeniten zugehörigen Septums zu einem Spalt herab^). Auch im ersten Abdomensegmente zeigt die Darmkamraer in Folge der starken Verkürzung dieses Zoniten und zum Theil auch in Folge der eben genannten Septumverdickung eine starke Einengung. Weiterhin nehmen diese Kammern, im Einklänge mit den Segmenten, bis zur Körpermitte wiederum an ^'olum zu, um sich schliesslich von da ab gegen den Schwanz hin immer mehr zu verengen. Ihren llöhepunkf^) erreicht die Verengerung im nachwachsen- den Schwanzende; in diesem Körpertheile sind überdies die Darmkammern, entsprechend der geneigten Stellung der zugehörigen Dissepimente, schief gerichtet. In der Untergattung Tremomastus erfohrcn die Darmkammern eine weitere Unterabtheilung: von der Genitalplatte entspringen nämlich in allen Segmenten (mit Ausnahme der ersten vier thoracalen) jederseits nach aussen und oben gegen den Bereich der Seitenlinie hin gerichtete, peritoneale Platten, welche so zwei neurale, seitliche Räume von der Darmkammer abgrenzen. Die in Rede stehenden Räume beherbergen ausschliesslich die Nephridien und aus diesem Grunde nenne ich sie Nephridium- oder Nierenkammern'l). Die die Nierenkammern be- grenzenden Platten, welche passend als Nierenplatten'') des Peritoneums unterschieden werden können,^ sind Träger der so charakteristischen transversalen Muskulatur^). Letztere bildet entweder einfache Bänder, welche M'ie die Sprossen einer Leiter in gleichmässigem Abstände aufeinander folgend ausgespannt verlaufen, oder sie bildet ein verschieden weit- maschiges Netzwerk. In durch Auseinanderlegen des Hautmuskelschbmchs hergestellten Uebersichtspräparaten pflegen nur diese transversalen Muskeln erhalten zu bleiben, in- dem die dazwischen ausgespannten peritonealen Brücken in Folge des ausgeübten Zuges ein- a) Fip;. p. 1 17. oit. L. H. Dh. b) Taf. 1.5. Fig. 28. 29. c) Taf. l-l. Fig. G. d) Fig. p. 147. cit. /.. //. Xh. e) Fig. p. 1 17 rit. /'. Npl. i) Fig. p. 1 17. cit. T. M. und Taf. I. Fig. 5. I. Notomastus. 11. Leibeshöhle. 149 reissen*) ; bei vorsichtigem Auseinanderlegen der Körperwandungen können aber die Nieren- platten auch in toto zur Ansicht gebracht werden. Der Mangel der Nierenkammern in der Untergattung Clistomastus ist wohl hauptsächlich durch den Umstand bedingt, dass die Nephridien ganz nach dem llücken zu verlegt sind und so die Nierenplatten verdrängt haben. Rudimente solcher (sowie der stets innig mit den Nierenplatten verbundenen transversalen Muskulatur) finden sich übrigens auch in dieser Form je am Ende der Segmente ''), woraus hinlänglich hervorgeht, dass wir es mit einer secundären Einbusse und nicht etwa mit einem ursprünglichen Verhalten zu thun haben. Durch die zwei Mesenterien des Darmcanals'^) erfahren die Darmkannnern eine verticale Unterabtheilung; das eine dieser Aufhängebänder und zwar das hämale entspringt in der hämalen Medianlinie aus dem die Stammesmuskulatur überziehenden parietalen Blatte des Peritoneums ; das andere, das neurale, ist eine Fortsetzung des visceralen, den Darm um- hüllenden Blattes jener Membran. Während das letztere Mesenterium, indem es den Zusammen- hang zwischen dem Darmperitoneum und den Wandungen der Bauchstrangkammer, zwei ganz continuirlichen Bildungen, vermittelt, selbstverständlich ebenfalls ununterbrochen vom Kopfe bis zum Schwänze hinzieht, ist das hämale Mesenterium umgekehrt vielfach von Lücken durch- setzt, welch' letztere wohl hauptsächlich durch die Kreislaufsverhältnisse der Hämolymphe bedingt werden. Gleichwohl kann man auch in diesem Falle sagen, dass virtuell die Darm- kammer eines jeden Segments durch die Aufhängebänder des Intestinum in eine linke und rechte Hälfte abgetheilt wird. Nicht zur Leibeshöhle im strengeren Sinne des Wortes gehörig sind jene die sämmt- liclien Parapodwülste des Abdomens durchsetzenden, in die Kiemenhöhlen führenden C'anäle, welche in den entsprechenden Kapiteln''') als Parapod-Kiemenhöhlen'^) unterschieden wurden. In den einzelnen Zoniten haben letztere ihre Lage, entsprechend derjenigen der Parapodien und Kiemen, je an den hinteren Grenzen, im Bereiche der Septa; sie com- municiren in jedem Segmente mit der Bauchstrangkammer und sind daher von hoher Bedeutung für die Blutcirculation, indem allein durch sie das Blut aus der Bauchstrang- kammer in die Kiemen und umgekehrt befördert werden kann''). Es bleibt noch übrig der am vorderen Körperende gelegenen Hohlräume des Kopf- lappens sowie der das Gehirn und die Wimperorgane beherbergenden Abschnitte der Leibes- höhle zu gedenken. Die zwischen den Muskel- und Nervengeflechten befindlichen Lücken des Kopflappens stehen in unmittelbarem Zusammenhange mit der Wimperorgan- Gehirn-Kammer; letztere kommt, wie im Kapitel »Nerven.system« ?) beschrieben wurde, dadurch zu Stande, dass sich von der Stammes-Längsmuskulatur, nahe an der hinteren Grenze des Mund- segments hämal eine Anzahl fiächenhaft ausgebreiteter Muskelbündel abspaltet und von da a) Taf. 2. Fig. 21. 27. 28. T. M. (P. Npl.). b) Taf. 10. ¥{%. 1. T. M. c) Fig. p. 147. cit. Mes. d) Fig. \^. 147. cit. Pd. K. H. e) Taf. 6. Fig. 18—20. Taf. 7 mul 8. K. Lii. K.. (i. K., W. (). K. a) Vergl. p. 102 und 109. 8) Vergl. p. 53. 150 A. Anatomisch-Histologischer Thoil. nach der neuralen Seite der Kopflapi)enbasis hinzieht. Ob wir nun diese Mnskellamelle als ein rudimentäres Septum aufzufassen und demzufolge die Kopflappen- Gehirn- Wimperorgan- Kammern als T.eibeshöhlenabschnitte des ersten Segments zu betrachten haben, oder aber ob zu diesem ersten Zoniten auch noch die Leibeshöhle des Mundsegments hinzugerechnet werden muss, lässt sich bei unseren Thieren um so schwerer entscheiden, als ja gerade die Septa der vier ersten unzweifelhaft je einem Segmente entsprechenden Körperringel durch die Rüsselmuskulatur nahezu vollständig verdrängt worden sind. Die im Vorstehenden beschriebenen C!oelomabtheilungen werden, abgesehen von den Kiemenkammern, nach aussen hin von den gesammten Wandungen des Hautmuskelschlauchs begrenzt. Aber auch diese letztere Begrenzung ist keine durchaus continuirliche. Neb.st jenen in einem früheren Kapitel bereits erwähnten, zahlreichen, unregelmässig die liängs- sowie die Ringmuskulatur durchsetzenden Lücken''), kommen in bestimmten Regionen durch stetiges Auseinanderweichen der Längsmuskulatur Spalten zu Stande, welche, da an vielen Stellen diesen Spalten auch solche der Ringmuskulatur entsprechen, zu einer ähnlichen, wenn auch viel beschränkteren Ectodermbeziehung der bezüglichen Coelomabschnitte führen, wie sie für die Kiemenkammern besteht. Als auffälligste machen sich von diesen Spalten diejenigen geltend, welche die neurale und hämale Stammes-Längsmuskulatur jederseits in zwei Haupt- züge gliedern, Spalten, welche ich als »Seitenlinien« schon mehrfach zu erwähnen Veran- lassung hatte?). Viel weniger ausgeprägt, als die Seitenlinien, sind die unpaarigen, die neurale und hämale Medianlinie einnehmenden Spalten. Ihre geringe Entwickelung wird durch den Umstand bedingt, dass das hämale Darmgekröse sich nur stellenweise und das neurale über- haupt nicht an der betretfenden Spaltstelle, sondern an der Genitalplatte anheftet. Immerhin lassen sich aber auch diese letzteren Linien an den meisten Körperstellen tmschwer nachweisen. Die Leibeshöhlen - Communication von Segment zu Segment wird ausschliesslich durch die Bauchstrangkammer vermittelt, indem die Darmkammern durch die Septa voll- kommen gegeneinander abgeschlossen sind. In den einzelnen Segmenten stehen die Darm- kannnern durch die Parapod-Kiemenkammern mit der Bauchstrangkammer in Verbindung, so dass also Contenta der Leibeshöhle auf keinem anderen Wege als diesem von einem Zoniten in einen anderen gelangen können. Mit der Aussenwelt steht die l^eibeshöhlc einmal durch die Nei)hridien, sodann durch die Genitalschläuche in Verbindung; irgend welche speciell solcher Communication dienende andere Vorriehtungen (Poren) sind bestimmt nicht vorhanden. Ich gehe nun zur Schilderung des Peritoneums und der Dissepimente über. Das Perito- neum überzieht nicht nur die gesammten Wandungen der I;eibeshöhle, sondern sendet auch Fortsätze in alle grösseren Lücken der T/ängs- und Ringmnskulatur, so dass eigentlich au(-h letztere Lücken mit zur T-eibeshöhle gerechnet werden mfisstcn. Dieser Theil des Peri- Vergl. p. 2< Vergl. 1). 31 I. Notomastus. 11. Leibeshöhle. 151 toneums, zu dem auch noch die beiden Epithellamelleii der Septa sowie der Nierenplatten gehören, kann als das parietale Blatt von dem alle inneren Organe bedeckenden Theile, dem visceralen, unterschieden werden. Den Uebergang zwischen beiden Blättern vermitteln, was den Darm betrifft, hämal das betreffende Mesenterium und neural das Ligament der Bauch- strangkamme]'. Die peritonealen Bedeckungen der inneren Organe stellen entweder vollkommene Säcke, oder aber nur einseitige Heberzüge dar; letzteres Verhalten lässt sich am besten an den Nephridien des Tremomastus demonstriren, indem sie mit ihren den Leibeswandungen zuge- kehrten Seiten unmittelbar der Längsmuskulatur aufliegen und nur da, wo sie frei in die Leibes- höhle hineinragen, einen peritonealen Ueberzug erkennen lassen; übrigens verweise ich bezüg- lich dieser Verhältnisse auf die einzelnen Organsysteme. Die Structur des Peritoneums ist eine sehr einheitliche : ob wir Stücke des parietalen, oder visceralen Blattes untersuchen, überall begegnet uns eine überaus dünne, fein granulirte Membran, welche stets Kerne.''), aber nur selten Zellgrenzen'') erkennen lässt. Von den feinen, zuweilen auf flächenhaft ausgebreiteten Stücken wahrnehmbaren Fasern ist es meist schwer zu sagen, ob sie Nerven oder Muskelfibriüen darstellen. Da wo die Zellenindividuen sich deutlich erkennen lassen, bilden sie ein polygones, meist sehr vergängliches Plattenepithel, dessen Elemente einen Durchmesser von 10 — 20 [j. aufweisen. Während die Substanz letzterer sehr feinkörnig und schwer tingirbar ist, haben umgekehrt die 4 — 7 \). messenden, runden oder ovalen Kerne eine grosse Verwandtschaft zu Farbstoffen und lassen stets zahlreiche, grobe, körnige Einlagerungen (von denen eine oder mehrere als Kernkörperchen durch ihre Grösse ausgezeichnet sind) wahrnehmen. An einzelnen Stellen, z. B. zwischen den Muskelbündeln im Bereiche der Parapodien oder an der Bauchstrangscheide, können diese Zellen ein homo- genes, saftiges, auffallend au das sog. blasige Bindegewebe erinnerndes Ansehen darbieten <=). Eine sehr bedeutende Anschwellung zeigt das parietale Blatt an denjenigen Stellen, an welchen sich im nachwachsenden Schwanzende die Nephridien entwickeln ; sodann an einzelnen im Vorderleibe vorkommenden Punkten, an denen wahrscheinlich die Bildung resp. der Nach- schub fester Hämolymphelemente''j stattfindet. Bezüglich der die Entstehung der Geschlechts- producte einleitenden Veränderungen des Peritoneums, im Bereiche der Genitalplatte, ist das Kapitel Genitalorgane zu vergleichen. Mit Ausnahme des vierten und letzten Thoraxsegments verhalten sich die Dissepi- mente den ganzen Körper hindurch ziemlich gleichförmig; in den beiden genannten Seg- menten aber wird ihre verschiedene Anordnung ausschliesslich durch die mächtige Entwickelung der Muskulatur bedingt. An dem Dissepimente des vierten Segments inserirt sich ein Theil der Rüsselretractoren, welchem Ansätze ein normales dünnhäutiges Dissepiment nicht gewachsen wäre, und das Septum des letzten Thoraxsegments "^j gibt der der Gefahr einer Zerreissung a) Taf. 15. Fig. 33. b) Taf. 15. Fig. 32. c) Taf. 15. Fig. 40. d) Tai'. 15. Fig. 2S. 29. a) Vergl. Kapitel Hämolymphe. 152 . ^- Anutomisch-Histologisclior Tlieil. am meisten preisgegebenen ITebcrgangsstelle von Tlionix und Abdomen den nöthigen Halt. Abgesehen hiervon sind, wie gesagt, alle Sejita von ziemlich ähnlichem Habitus; sie stellen verschieden dicke Membranen dar, welche aus zwei peritonealen Blättern nebst mehr oder weniger zahlreich dazwischen hinziehenden Muskelfasern aufgebaut sind*). Der Structur dieser peritonealen, in continuirüchem Zusammenhange mit dem parietalen Blatte stehenden Membranen wurde bereits gedacht, so dass uns nur ihr muskulöser Theil zu betrachten übrig bleibt. Die Muskeln der gewöhnlichen Septa sind nach den verschiedensten Richtungen hin- ziehende Bänder oder Fäden, welche sich vielfach verzweigen und in ihrem Breiten- resp. Dickendurchmesser ausserordentlich variiren; im Septum des vierten Segments dagegen kommt es zu einer compacteren Anordnung, indem die Fasern einen mehr einheitlichen Verlauf nehmen und sich zu Bündeln gruppiren. Sehr abweichend hiervon ist das Verhalten der Mus- kulatur im Septum des letzten Thoraxsegments^) ; hier sind die Fasern überaus dünn, haben einen vorwiegend circularen Verlauf und verzweigen sich so stark, dass das Ganze sich wie eine verfilzte Masse verhält, in der zahlreiche Kerne zerstreut liegen. In dem hintersten Abschnitte des Abdomens zeigt die Muskulatur der Septa zuweilen eben- falls eine sehr auffällige Beschaffenheit : die Fasern verlaufen nämlich nicht wie in den übrigen Dissepimenten unregelmässig, sondern stehen umgekehrt in streng gitterförmiger Anordnung. Auch pflegen in diesem Falle sämmtliche Fasern von ziemlich gleicher Breite zu sein. Alle diese septalen Muskeln lassen sich bis in die Längs- und Ringmviskulatur des Stammes hinein ver- folgen, von wo sie entspringen resji. wo sie sich inseriren. Es wurde schon in mehreren anderen Kapiteln hervorgehoben, wie bei Notomastus Uneatus mit dem Auftreten der Geschlechtsreife sehr auffallende degenerative Metamor- phosen in den Geweben einiger Organsysteme sich einstellen. Von einer solchen Metamor- phose werden nun auch die Septa betroffen, und zwar in so hohem Grade, dass Jemand, dem die Zwischenstadien unbekannt geblieben wären, kaum das bezügliche Septum eines nicht geschlechtsreifen Thieres in dem entsprechenden eines geschlechtsreifen wiederzuerkennen vermöchte. Die Metamorphose wird auch hier durcli eine bedeutende Vermehrung der Kerne (in den zwei peritonealen Membranen) eingeleitet; jede Spur von Zellgrenzen ^wenn solche überhaupt erkennbar waren) geht zugleich verloren. Die vorher bandartig ausgebreiteten Muskeln zerfallen in feine, wellige, in ihrem Verlaufe häufig Auscliwellungen zeigende Fibrillen <=), welche sich aufs Neue zu Bündeln gruppiren vmd schliesslich von Wucherungen der Peri- tonealmembranen schlauchartig umhüllt werden. Höchst auffallenderweise findet die Grup- pirung und Umhüllung der Muskelelemente nicht etwa nach den verschiedensten Richtungen hin statt, so wie die Muskelbändcr ursprünglich in den Septen lagen, sondern in ganz ähn- licher Gitterform, wie sie sich normal ausschliesslich in den letzten Segmenten des Ab- domens vorzufinden pflegen, und in diesen Gittern verlaufen die horizontalen Schläuche ab- wechselnd an der vorderen und hinteren Seite der vertical gerichteten '') . Weiterhin Taf. 15. Fig. 31—33. b) Taf. 1.^.. Fig. 28. 2'J. c) Taf. 15. Fig. 3). tl) Tai. 15. Fig. 35—37. I. Notomastus. 12. Blut (Hilmolymphe). 153 schmelzen die der Schlauchwandung zunächst gelegenen Fasern zu einer sehr dünnÜüssigen, homogenen Masse, welche das allein übrig gebliebene centrale Bündel umgibt. Sodann bildet sich auch um letzteres Bündel eine Membran, welche aber im Gegensatze zur äusseren, vom Peritoneum abstammenden, structurlös ist. Gleichzeitig mit dieser Membranbildung fallen auch die Fasern des centralen Bündels der Schmelzung anheim, so dass nun an Stelle der ein- zelnen ursprünglichen Muskelzüge je zwei ineinander steckende, mit einer nahezu wässrigen Flüssigkeit gefüllte Schläuche getreten sind«). Die Durchmesser der äusseren Schläuche, welche in diesem Stadium eine grosse Aehnlichkeitmit den Neurochorden des Bauchstrangs zeigen, schwan- ken zwischen 30 und 50 [J, diejenigen der inneren , welche im Gegensatze zum rundlichen Quer- schnitte der äusseren sehr unregelmässige Contouren aufzuweisen pflegen, zwischen I 6 und 30 [i. Die verschiedenen Stadien dieser Metamorphose lassen sich häufig in ein und dem- selben Thiere verfolgen; es finden sich z. B. in der Abdomenmitte noch ganz normale Septa, weiterhin solche, in denen die Muskelfasern bereits eine gitterförmige Anordnung sowie die, über die peritonealen Blätter des Dissepiments hervorwuchernden Pcritonealscheiden (Schläuche) aufweisen, sodann solche, in denen diese Schläuche nur noch das centrale Faserbündel erkennen lassen, und endlich Dissepimcnte mit den eine Flüssigkeit führenden Doppel- schläuchen. Das Schicksal der auf diesem letzten Stadium angelangten Septa kann eben- sowenig wie dasjenige der einer ähnlichen Degeneration unterworfenen Abschnitte des Darmes und der Haut zweifelhaft sein: sie gehen offenbar der Auflösung entgegen. Weshalb aber mit diesem Degenerationsprozesse gerade hier so eigenthümliche Neuanordnungen von Gewebs- elementen verbunden sind, ist eine Frage, für deren Beantwortung sich vorläufig kaum irgend- welche Anhaltspunkte finden lassen dürften. 12. Blut (Hämolymphe). In VAN Beneden's ') Anatomie der Capitella capitata finden wir die ersten das Blut der Capitclliden betreffenden Angaben. Jener Autor hat bei der von ihm bearbeiteten Form zunächst den Mangel von Blut- gefässen erkannt, und dieser Mangel bildet, nachdem derselbe späterhin auch für alle anderen Gattungen festgestellt worden ist, heute einen Charakter der ganzen Familie. Sodann fand van Benedbn, da^^s die rothe Farbe des sich frei in der Perivisceralhöhle bewegenden Blutes ihre Entstehung einer grossen Anzahl ähnlich tingirter, linsenförmiger Körper verdanke, welche alle Eigenschaften der bekannten VVirI)elthier-Blutkörper- chen darböten. Dieselben seien kreisrund, von ziemlich gleichmässiger, relativ bedeutender Grösse, und in der Mitte eines jeden befinde sich ein zwar kleiner, aber deutlicher, bläschenförmiger Kern. .Je nach der Contraction des Hautmuskelschlauchs sammelten sich die so aufgebauten Organiten bald in dieser, bald in jener Region des Körpers an, und bedingten dadurch die schone rothe Färbung, Avelche das Thier im lebendigen Zustande auszeichnet. Derartig angehäuft machten aber die Blutkörper ganz den Eindruck ge- ronnener Blutmassen, so dass man sich beim ersten Zusehen kaum des Eindruckes erwehren könne , Extra- vasate vor sich zu haben, und überrascht sei, den vermeintlichen Kuchen sich momentan wieder auflösen a) Taf. 15. Fig. 38. 1) 1. p. 3. c. p. 146. ul. Station Neapel, Fauna, und Flora, 0 J54 ^- Analomisch-Histologischer Theil. und die eiiizeliien 15huköiper ilucii Lauf durch die Segmente wieder antreten zu sehen. Nchen diesen normalen Klutscheiben, welche besonders zahlreich bei gesehlechtsreifen Thieren aufzutreten pflegen, traf VAN Beneden auch viel kleinere, ebenfalls kernhaltige, welche er für die Entwickelungsstufen der ersteren erklärte; dahin gehörten auch Ulutscheiben verschiedener Grösse, welche in ihrem Inneren mehrere Kerne besässen. Die eigentliche Blutflüssigkeit ist nach van Beneden farblos und die Anneliden verdanken daher, so schliesst er, ihre Färbung nicht immer einem Blutplasma, sondern auch Blutkörpern, welch' letztere wohl als die Analoga der gleichnamigen Vertebratengebilde betrachtet werden müssten. Das Fehlen des Blutgefasssystems und die Aehnlichkeit der Blutkörper mit denjenigen der Verte- braten wird von C^l.U'Arede ') in seinen fast gleichzeitig mit van Beneden angestellten Untersuchungen über Capitella bestätigt. Nur bezeichnet ersterer die Blutkörperehen nicht als linsen-, sondern als scheibenförmig. Grube ^) lernte den Mangel aller Gefässe sowie das Vorhandensein roth gefärbter Blutkörper bei CupiteJla schon während seiner Anwesenheit in Kopenhagen im Jahre 185G durch Oersted kennen. Er überzeugte sich von der kreisrunden Scheibenform der letzteren, auch schien ihm, dass sie biconcav wie diejenigen der Säugethiere seien, dagegen konnte er eben so wenig wie Reichert das Vorhanden- sein eines Kernes sicher stellen. Gleichzeitig theilt Grube mit, dass auch die Genera Notomastus und Dasy- hranchm eines Gefässsystems entbehrten und ähnlich geformte Blutscheiben wie Capitella besässen. Auch bei Capitella rubicunda [Notomastus rubicundm) ist nach Keferstein^) die ganze Leibeshöhle mit lebhaft rothem Blute gefüllt, welches seine Farbe sehr zahlreichen, 15 . 9. c) Tal'. 32. Fig. .S— 9. d) Taf. 34. Fig. 18— 2.'i. e) Taf. 16. Fig. 13. Nrn. G. Schi. f) Taf. I(i. Fig. 10. Nrn. G. Schi. g) Taf. 16. Fig. 11. Nrn. G. Schi. h) Taf. 16. Fig. 12. II. Dasybvanchus. 2. Haut. 3. Muskulatur. 171 Nephridlumtrichtern auf verwandtschaftliche Beziehungen der beiden Organe schliessen. Ausführliches über alle diese Punkte ist in den betreffenden Kapiteln nachzusehen. 2. Haut. Die Zusammensetzung der Haut ist bei Dasyhranckus im Wesentlichen dieselbe wie bei Notomastus; nur erreichen die einzelnen Hypodermelemente entsprechend den viel bedeuten- deren Körperdimensionen der typischen Art {D. caducus) auch eine viel beträchtlichere Grösse. Flächenansichten zeigen ähnliche von den Fadenzellen hergestellte, die Plasmazellen um- schliessende Alveolen"), wie sie uns von Notomastus her bekannt sind. Die Fadenzellen'^) pflegen, wenigstens bei D. caducus, in eine überaus grosse Zahl von Fortsätzen auszulfiufen ; die Substanz der Plasmazellenc), Avelche bei Notomastus {N. profundus ausgenommen) in der Regel ein homogenes Ansehen darbietet, zeigt hier umgekehrt meistens einen Zerfall in kleine, rundliche, zuweilen gelb gefärbte Kügelchen oder in unregelmässige Schollen. Diese Ab- weichvmgen im Ansehen der Drüsenkörper werden wohl in beiden Gattungen dadurch be- dingt, dass bei der Conservirung verschiedene Stadien secretorischer Thätigkeit zur Fixirung gelangen. Das schon für einzelne Notomasttis-Arten constatirte sporadische Auftreten specifischer, ausserhalb der Stammesmuskulatur gelegener Hautmuskeln erreicht bei Dasyhranclms an einzelnen Stellen, besonders an den im Bereiche der hämalen Parapodien gelegenen, kissen- artigen Erhebungen eine bedeutende Ausdehnung. Flächenhaft ausgebreitete, den Fadenzellen zustrebende, radiale, sowie mehr compacte, circulare Bündel verleihen an so ausgezeichneten Kegionen der Haut ein ganz cutisartiges Ansehen ^J). Die Thatsache, dass sich diese Gattung für die Demonstration der Haut-Inner- vation*^) besonders günstig erwies, hat mich veranlasst, das betreffende Verhalten vorgreifend schon der entsprechenden Darstellung von Notomastus einzuverleiben '■"), weshalb ich auch nicht weiter darauf zurückzukommen brauche. Die (!uticula unterscheidet sich in keiner Weise von derjenigen der vorhergehenden Gattung. 3. Muskulatur. In diesem Organsysteme zeigt die vorige und die vorliegende Gattung so vielfache Uebereinstimmung, dass nur wenige charakteristische Eigenthümlichkeiten hervorzuheben a) Taf. 18. Fig. 1. b) Taf. 18. Fig. 2. 3. c) Tat'. 18. Fig. 2. d) Taf. 18. Fig. 2. H. M. e) Tat. 18. Fig. 4. a) Vergl. p. 25—27. I 72 ^- Anatomisch-Histolof. lü. JV. O. und W. O. K. c) Taf. 17. Fig. 2. Tal. 20. Kig. 1. b. 11. 15. lü. W. O. N. a) Vergl. i>. 71. Haufe des Wa(4isthums die vorderen Nephridien rückbildeten, sowie dass sic-h weiterhin als sonst und später als sonst noch Genitalschläuche anlegten. Was die Structur betrifft, so kann ich mich kurz fassen: ein Blick auf Fig. 10 und II, Taf. 23 zeigt, dass der Aufbau des B. Crt6?«/(,'«,S'-Ncphridiums vollkommen mit demjenigen II. Dasybranohus. 9. Nephridien. 10. Geschlechtsorgane. 199 des Clistonwstus übereinstimmt. Es l)leibt nur hervorzuheben, dass die Zellsubstanz bei ersterem eine viel consistentere Beschaffenheit hat, und dass die Concretionen '^) durchschnitt- licli kleiner sind; dieselben messen nämlich meistens 1 — 4 \s-, selten trifft man grössere. Im Uebrigen verhalten sich diese Concretionen denjenigen des Clistomastiis durchaus ähnlich. Die Nephridien des B. Gajohie^'] dagegen erinnern einmal durch die sehr viel geringere Dichtig- keit ihrer Zellsubstanz, sodann durch die bereits erwähnte innige Verbindung ihrer unteren Flächen mit der neuralen Muskulatur, endlich auch durch die Beschaffenheit ihres Ausfuhrcanals auffallend an die Structurverhältnisse des Tremotnastus. Nur deren Concretionen«) sind ähn- lich wie diejenigen der anderen Art mehr vom Charakter der entsprechenden Clistomastus- (Jebilde, wobei aber zu bemerken ist, dass dieselben noch kleiner sind als bei I). cadiinis. 10. Geschlechtsorgane. Bei Basifhianchits sind die Geschlechtsorgane ganz auf das Abdomen beschränkt; der sterile thoracale Keimstock fehlt. Sowohl die Ei- als die Samenbildung geht auch hier lediglich von dem Peritone- um, und zwar in der ßegel \o\\ der Gcnitalplatte aus; in einzelnen Fällen betheiligt sich aber auch das hämale Darmmesenterium ^welches bei Dasj/branchus im Abdomen nahezu dem ganzen Darme entlang continuirlich ausgebildet ist) an der Keimproduction. Sowohl dieses Mesenterium, als auch die Genitalplatte bestehen aus zwei peritonealen Eagen, zwischen die sich, im Gegensatze zu Notomastus, hier eine kräftige Muskulatur einschiebt. Bei den Dasi/- hranchus S kommt es daher auch zu keiner Trennung jener Eagen und zu keiner Anhäufung der Eier in einer etwa so geschaffenen Höhle; es sprossen anstatt dessen die Oosporen, ähn- lich wie die Spermatosporen der Notomastus d', lediglich nach der Jieibeshöhle zu, wobei die centrale Muskulatur allmählich das Ansehen einer diese Producte tragenden Rhachis annimmt. Auch bleiben die in der Entwickelung begriffenen Eier in vorliegender Gattung nicht bis zur annähernden Reife auf ihrem Mutterboden befestigt, sondern lösen sich schon auf einem sehr frühen Stadium ab, um weitaus den grössten Theil ihres lleifungsprozesses in der Eeibeshölile durchzumachen; kurz, es kommt bei Dasylranchus zu keiner so ausgesprocheneu Ovarium- bildung wie bei Notomastus. In dieser Hinsicht verhalten sich also die beiden Geschlechter bei ersterem ziemlich gleich, wogegen bei letzterem sich nur in den cf die Keimzellen so frühe, zum Behufe ihrer Fortentwickelung in der I^eibeshöhle, abzulösen pflegen. Was diese Entwickelung betrifft, so stimmt sie in unserer Form so vollkommen mit der Spermatogenese des Notomastus überein, dass ich mich darauf beschränken konnte, das identische Endstadium abzubilden »l). Der von Claparede') gegebenen Spermatosphären-Figur muss ein Irrthum zu a) Taf. 34. Fig. 20. b) Taf. 23. Fig. 13. Nrn. c) Taf. 34. Fig. 23. d) Taf. 23. Fig. 17. 1) 1. p. 8. c. p. 281. Taf. 27. Fig. :,. E. 200 A' Anatomisch-Histologlsoher Theil. Grunde liegen: i(^h habe solche, von Kränzen grosser Zellen umgebene Spermatoblasten nie zu Gesicht bekommen; auch würde einem solchen Stadium in dem typischen Verlaufe der Anneliden-Spermatogenese schwerlich ein Platz angewiesen werden können. Obwohl Dasyhranchtts die grössten Vertreter der Capitellidengruppe aufweist, so gehören doch seine Eier») zu den absolut kleinsten. Die umfiingreichsten Eier von D. caducus messen nämlich 120 [i, Avogegen diejenigen der viel kleineren Schwesterart (D. Gajolae) bis ISO (x Durchmesser erreichen. Auch hier zeigt von einer gewissen Grösse ab der Kern constant ungefähr den halben Diameter der Eizelle. Einige Maasse mögen dies erläutern: Ei Kern 24 (X IG jx SO „ 40 „ 100 „ 48 „ Die reifen Dasi/hrniichiis-YÄcx unterscheiden sich von denjenigen aller Tremomastus-Arten durch ihre viel kleineren Deutoplasmakörjjcr; in dieser Hinsicht verhalten sie sich mehr den- jenigen des Clistomastus ähnlich. Unsere Gattung ist durch den Besitz ähnlicher Gcnitalschläuche ausgezeichnet, wie solche insbesondere von der Untergattung Tremomastus her schon bekannt sind. Auf die so auffallenden Beziehungen dieser Organe zu den Nephridien musste schon im vorhergehenden Kapitel ausführlich eingegangen werden; hier bleibt daher nur übrig, ihrer Verbreitung, Form, Lagerungs- und Structurverhältnisse, unbekümmert um jene ^'ergesellschaftung mit oder Ab- hängigkeit von den Nephridien, zu gedenken. Die Genitalschläuche kommen auch in der Gattung Dasyhranckus in beiden Ge- schlechtern ganz gleichniässig ausgebildet vor; nur pflegen bei den $ die Porophore^) zur Zeit der Geschlechtsreife, ähnlich wie bei Tremomastus, eine viel bedeutendere Ausbildung zu erlangen als bei den cf. In vielen Exemplaren von D. caducus finden sich Genitalschläuche vom I . — 40., ja oft bis zum 50. Abdomensegmente; die letzten Paare pflegen dann aber noch unvollkommen aus- gebildet zu sein; in anderen Exemplaren zählte ich nur 20 — 30 Paare, so dass also deren Zahl bedeutenden Schwankungen unterliegt. Zugleich wird diese Zahl davon beeinflusst, ob sich das "\"erhältniss von Genitalschlauch und Nephridium nach dem Caducus- oder nach dem Gajolensis-Typus entwickelt. In einzelnen Fällen finden sich auch in den zwei letzten Thorax- segmenten ganz normal ausgebildete Genitalschläuche'^). Bei D. Gajolae^) beginnen die uns beschäftigenden Organe stets im vorletzten Thorax- segmente und wiederholen sich, eirtsprechend der Altersstufe der betreff"enden Thiere, in 1 2 — 26 successiven Abdomensegmenten je auf Kosten der zugehörigen Nephridien ausgebildet. Ihre Form stimmt in dieser Art vollkomnum mit derjenigen der Tremomastus-Hc\iVÄ\\c\\G überein, das heisst es sind liauptsächlich nach der Richtung der Queraxe des Thieres hin entwickelte, in a) Taf. 1. Fig. 2. b) Tai'. KJ. Fig. 2 und 4. (1. SM. P. c] Tal'. 10. Fig. 9. G. SvJil. d) Taf. lü. Fig. 1 3. (!. Schi. II. Dasybrauchiis. 10. Geschlechtsorgane. 20t zwei lange Zipfel auslaufende Glocken von elliptisclicm Querschnitte. Bei D. caducus^) findet ihre Haupterstreckung umgekehrt mehr parallel der lilngsaxe des Thieres statt, so dass ihnen in dieser Art eine viel weniger au.sgesprochene Glockenform zukommt. Die Genitalschläuchc sind auch in dieser Gattung streng metamer angeordnete Or- gane, wclc-he sich, wie die Nephridien, gieichmässig (in den überhaupt damit ausgerüsteten Körperstrecken) von Segment zu Segment wiederholen. Im gegebenen Zeniten haben sie ihre l«ige gemeinsam mit den Nephridien in den Nierenkammern ^) . Bei D. cndncus'^) sind sie durch die vorderen und hinteren Zipfel je an die vorderen und hinteren Septa befestigt; bei D. Gajolac^), wo sie nur den vorderen Theil der Zoniten occupiren, sind nur je die vorderen Zipfel mit den Septen, und zwar den vorderen Septcn verwachsen, wogegen die hinteren etwa in der Segmentmitte mit dem parietalen Peritoneum verschmelzen. Die verengerte Halspartie der Schläuche'^) durchbricht in beiden Arten auf der Höhe der Seitenlinie die I^eibeswandungen, um in den Gcnitalporen nach aussen zu münden. Auf derselben Höhe des Körperumfangs münden — wie wir gesehen haben — bei D. Gajolae dem ganzen Leibe entlaug und bei D. cadnrus im Abdomenanfange die Nephridien ^) . Während aber die Mündungen letzterer in den einzelnen Segmenten in Bezug auf die Längsaxe des Thieres je in der Mitte eingepflanzt sind, haben die Genitalporen oder Porophore ihre liage je an der vorderen Grenze. Zu dem Behufe finden wir bei -D. caducus, wo ja die Genital- schläuche sich durch das ganze Segment erstrecken, die Glockenhälse nach vorn gebogen, so dass also das Lumen des Organs nicht wie sonst in einem zur Körperaxe rechten, sondern in einem zu dieser Axe sehr spitzen Winkel gerichtet steht. Die die Mündungen vermittelnden Hautporen sind auch hier auf hypodermalen rund- lichen oder elliptischen Höckern, den PorophorenS), angebracht, welche, je weiter vorn, um so deutlicher sichtbar zu sein pflegen. Besonders leicht erkennt man sie bei geschlechtsreifcn Thieren, und zwar in höherem Maasse bei § als bei cf, indem die Porophore bei ersteren eine ähnliche Hypertrophie resp. Gewebsmetamorphose ci'fahren wie bei den 2 der ver- schiedenen Tremomastus-Arten. In Bezug auf ihre Structur stimmen die Genitalschläuche unserer Gattung in so hohem Grade mit denjenigen der vorhergehenden überein, dass eine besondere Beschreibung derselben unnöthig ist. Nur das Eine verdient hervorgehoben zu werden, dass in den Schläuchen speciell des D. caducus die Zellgrenzen (welche in den resp. Organen der verscliiedenen Tretnomastus-Arten nicht so leicht zu unterscheiden waren) überaus deutlich hervortreten, in- dem die einzelnen Zellen häufig, ähnlich wie im Gewebe der Nephridien, durch regelmässige Intercellularspalten von einander getrennt liegen. Auch mache ich auf die ungewöhnliche Länge der diesen Zellen zugehörigen CiUen aufmerksam ^). Die Zeit der Geschlechtsreife des Dasyhranchus fällt in den Frühling und Sommer. a) Taf. 16. Fig. 11. G. Schi b) Taf. 16. Fig. 9—11. Taf. 23. Fig. 9. 15. G. SM. c) Taf. 16. Fig. 11 G. Schi. d) Taf. 16. Fig. 13. G. Sr-M. e) Taf. 23. Fig. 9. G. Schi. f) Taf. 16. Fig. 2. 4. G. Schi. F. und Nn. g) Taf. 16. Fig. 2. 4. G. Schi. P. Taf. 23. Fig. 9. G. Schi. P. h) Taf. 23. Fig. 16. Zool. Station ?.. Neapel, FauDa uiul Flora, Golf von Neapel. Capitelliden. , 26 202 ^- Anatomisch-Histologischcr Theil. 11. Leibeshöhle. In beiden Arten der Gattung DasyhrancJms bietet die Contiguration der licibcshöhlc, vor Allem deren Gliederung in secundäre Räume, so viel mit den entsprechenden Verhält- nissen des Notomastus, insbesondere der Untergattung Tremomastus Uebereinstimmendes, dass das für diesen letzteren Formencyclus Festgestellte gleicherweise auch auf den ersteren An- wendung finden kann. Als ein a priori leicht zur Störung solcher Uebereinstimmung geeignetes Element könnten die für Basi/branchus charakteristischen Kiemen erscheinen; aber eine Avic grosse Rolle auch diese, der anderen Gattung in solcher Höhe der Ausbildung und Un- abhängigkeit abgehenden Organe spielen mögen, so ändern sie doch Nichts in der wesent- lichen Anordnung der beiderseitigen Coelome; der ganze Unterschied läuft nämlich darauf hinaus, dass, während bei Tremumasttis die Nierenkammern nur einerseits in die Bauchstrang- sowie andererseits in die Parai)odkiemenkammer und von da in die Darmkammer über- gehen, bei Dasyhranclms diese Niereukammern ausserdem auch mit den ihnen eigenen Kiemen in Verbindung stehen.^) Hervorgehoben verdient zu werden, dass das hämale Darmmesenterium, besonders dessen abdominaler Abschnitt, in der vorliegenden Gattung sich viel continuirlicher ausgebildet zeigt als in der vorhergehenden, sowie dass dieses Mesenterium zuweilen an dem Prozesse der Sexualzellenbildung Theil nehmend befunden wurde. Ferner, dass bei Dasyhmnckus, obwohl sein Thorax 14 Segmente umfasst, sich das starke, den Thorax vom Abdomen scheidende Septum, ähnlich wie bei Notomastus, schon am Ende des 12. Segments ausgebildet findet, ein Factum, welches um so bedeutungsvoller erscheint, als auch sonst die zwei letzten Thoraxsegmente des Dasyhranchus einen vielfach abdominalen Typus zur Schau tragen. Auch hinsichtlich der Structur des die Leibeshöhle auskleidenden Peritoneums, so- wie der Septa bietet Dasybraiichiis keine von der anderen Gattung bemerkenswerth abweichende Verhältnisse dar. 12. Hämolymphe. Die Leibeshöhle des Dasybraiichus wurde von durcliaus ähnliclier Gliederung wie die- jenige des Notomastus resp. diejenige des Tremomastus befunden imd diese Uebereinstimmung erstreckt sich selbstverständlich auch auf die Art der Blutcirculation in beiden Gattungen. Ich kann daher auf das in diesem Betreffe über Notomastus Gesagte einfach verweisen, indem a) Taf. 22. Fig. 14. II. Dasybinachus. 12. Hämolymphe. 203 ich nur hervorhebe, dass auch der Besitz so viel complicirterer und in so viel höherem Grade retractiler Kiemen, wie er die beiden Basj/bratichMS-Arten auszeichnet, dieses ähnliche Verhalten nicht stört, da hierdurch nur die Intensität, nicht aber die Art der Blutbewegung resp. Blutathmung Hbetroffen wird. Durch die im gesunden imd ungestörten Thiere rhythmisch erfolo-ende Contraction, sowie durch die totale Ein- und Ausstülpung einer grossen Zahl so voluminöser Anhänge, wie sie die Das^branchus-'Kiemen darstellen, wird nämlich der Rück- fluss des geathmeten Blutes aus den Parapodkiemenkammern in die Darm- und Bauchstrang- kammern und umgekehrt auch der Zufluss des zu athmenden Blutes aus letzteren in erstere ener"ischer bewerkstelligt, als bei den gleich ausgiebiger und beweglicher Anhänge entbehren- den Formen. Dass auch die Da«y6mwcA«s-Blutkörper, gefärbte und ungefärbte, mit denjenigen der vor- hergehenden Gattung übereinstimmen, lehrt schon ein Vergleich der frischen Elemente") beider; aber auch hinsichtlich der charakteristischen Reactionen verhalten sich die beiden Formen überaus ähnlich; es tritt z. B. bei Zusatz von starker Essigsäure in den Dasybmnchus-Scheihen^) eine ähnliche Trennung von Zooid und Oikoid ein und der Blutfarbstoff wird ebenso von ersterem aufgenommen wie bei Notomastas. Die gefiirbten Elemente, welche hier ebenfalls 12 — 24 \i grosse, in der Mehrzahl jedoch wie diejenigen des Notommtus 20 p. messende Scheiben darstellen, weichen nur etwas in ihrer Färbung ab: ihrem Gelb ist nämlich weniger Grün beigemengt als bei Clistomastus, und um- gekehrt mehr Grün als bei Tirmomastas. Hierzu kommt noch, dass auch zwischen den beiden Arten insofern ein Unterschied lierrscht, als D. cadiiais lebhafter gefärbte Blutkörper besitzt als D. Gajolae. Trotz des colossalen zwischen den beiden Arten waltenden Grössenunter- schiedes bieten ihre Blutelemente ganz übereinstimmende Dimensionen dar; die oben mitge- theilten Maasse haben nämlich für beide gleicherweise Geltung. Neben den ausgebildeten Scheiben fehlen auch nicht jene kleineren, mehr kugligen, als Hämatoblasten zu betrachtenden Elemente. Der Nachweis des Hämoglobins <=) gelingt bei Dasjjhranchiis spektroskopisch eben so leicht wie bei Notomastus; in vorliegender Gattung ist überdies die Neigung jenes Körpers, spontan Krystallform anzunehmen, grösser als bei irgend einer anderen der Familie; auf dieses Ver- halten sowie auf den Nac:hweis von Häminkrystallen komme ich aber ausführlicher im be- treffenden physiologischen Abschnitte zurück. Es fehlen auch in diesen Blutscheiben die Excretbläschen oder CJoncretionen 'l) nicht. Sie treten, je nach den Individuen, in sehr verschiedener Zahl und Form auf, erreichen aber nie eine bedeutende Grösse. Meistens schwankt diese in beiden Arten zwischen I und 3 p, so dass sie also in dieser Hinsicht mehr mit Clisto- als mit Tiritioimstus übereinstimmen. Taf. 35. Fig. 27. 34. b) Taf. 35. Fig. 28. c) Taf. 35. Fig. 29—33. d) Taf. 35. Fig. 27. 34. in. Mastobranclms. 1. Allgemeine Körperform. Mastohranckus ^) ist eine im hiesigen Golfe aufgefundene Capitcllidengattung, welche zwei wesentliche Merkmale der beiden vorhergehenden in sich vereinigt. Mit Notomastus hat sie nämlich die Zwölfzahl der Thoraxsegmente und mit Dasyhranchus den Besitz distincter, büschelförmiger, total retrahirbarer Kiemen^) gemein; nur sind diese Kiemen hier nicht Adnexe der neuralen, sondern der hämalen Parapodien. Als dem Genus eigenthümlich verdient in erster Linie hervorgehoben zu werden, dass die hämalen Parapodien des Abdomens bis zur Schwanzregion Pfriemenborsten und Haken gemischt enthalten. Die Species M. Trinchesii kann vorläufig hauptsächlich durch den vierzipfligen Schwanz- anhang'^) charakterisirt werden. Unsere Form erreicht im erwachsenen Zustande die Dimen- sionen der kleineren Notomastus-^^ecic^; im Habitus unterscheidet sie sich aber auffallend von letzteren durch den glatten, walzenförmigen, hinten sehr spitz endenden Leib. Dieses glatte Ansehen wird (insbesondere vorn) durch den geringen Gegensatz von Thorax und Abdomen sowie durch die sehr geringfügige Ausbildung der Hakentaschen bedingt. Der Kopflappen ist durch seine Länge, sowie durch seine spitz-conische Form aus- gezeichnet. Das borstenlose Mundsegment '^) übertrifft die nachfolgenden Zoniten um die Hälfte der Länge, , ist aber etwas schmäler als letztere. Auch hier erscheint die (Oberfläche der vorderen Thoraxsegmente '^j mosaikähnlich ge- feldert; die hinteren Segmente dieses Kör2)erabschnitts sind deutlich zweiringlig. Die ersten 80 Abdomensegmente ^) erscheinen nahezu dojjpelt so lang als die thora- calen; weiterhin s) verkürzen sie sich aber bedeutend, so dass an einem etwa 180 Zoniten ,) Tuf. 1. Fis. 3. b) Taf. 21. Fig. 3 K. und Fig. 9. c) Taf. 24. Fig. 5. d) Taf. 24. f) Taf. 24. Fig. 1.2. 1; Taf. 24. Fig. 2. g) Taf. 24. Fig. :i. III. Mastobranchus. 1. Allgemeine Körperform. 205 zählenden Exemplare die ersten 80 etwa ein dreimal so langes Stück ausmachen, als die nach- folgenden 100 zusammen. Diese hinteren Segmente heben sich überdies von den vorderen, glatt ^valzenförmigen dadurcli scharf ab, dass ihre Vordertheile schmäler sind als deren Hinter- theile und zugleich diese letzteren faltenartig auf die ersteren von Segment zu Segment über- greifen, wodurch ein an eine Strobila erinnerndes Ansehen zu Stande kommt. Hämal springt ferner diese Falte je im Bereiche der Parapodien zungenförmig vor und unter den so gebildeten Zipfeln stehen auch die Kiemen eingepflanzt. Am Schwanzende») öffnet sich hämalwärts die Afterspalte und darunter liegen die vier fingerförmigen, wahrscheinlich als Taster fungirenden Schwanzanhänge ^'). Die neurale Längsmuskulatur =) ist bei Mastohranckus im Abdomenanfange ebenso mächtig entwickelt wie bei Nutumasfiis, so dass auch demgemäss die Seitenlinie in dieser Region ebenso hoch ansteigt. Die diese Muskulatur zusammensetzenden Fasern sind nicht wie sonst von rundlichem oder polygonalem, sondern von dachziegelförmigem Querschnitte und stehen ganz regelmässig reihenförmig untereinander angeordnet. Die sehr stark ausgebildete transversale Muskulatur . 21. Taf. 2S. Fig. 1. U\ 0. 53§ A. Anatomisch-Histologlscher Thell. treffen wir dieselben T.agerungsverhältnisse , ferner ähnliche Retractoren nnd endlich lässt auch die Structur vollkommen den bei den übrigen Gattungen ausgebildeten Typus Avieder- erkenncn. c. Die Seitenorgane. Der schon bei Mdutohraiichus viel weniger als in den ihm vorangehenden Gattungen ausgeprägte Gegensatz retractiler thoracaler vmd frei stehender abdominaler Hügel verliert bei Heteromastus noch mehr von seiner Schärfe'^). Was die Lagerungsverhältnisse der abdomi- nalen Organe betrifft, so lässt sich auch hier deren geringeres Vorspringen über die Haut- fläche mit den mangelhaft ausgebildeten und daher zum Schutze etwa weit abstehender Hügel ungeeigneten Hakentaschen in Einklang bringen. Sehr bemerkenswerth ist, dass in der vor- liegenden Gattung die Seitenorgane des Thorax diejenigen des Abdomens an Grösse über- treffen und dass sie ferner an letzterem Körpertheile nur bis zur Mitte etwa sich überhaupt vollständig ausgebildet erweisen. Von der Abdomenmitte ab rücken sie nämlich immer tiefer in die Haut, ohne dass es noch zur Ausbildung von Sinneshaaren käme: diese Organe ver- harren demnach eine ganze Strecke des Abdomens hindurch in einem unfertigen Zustande, ähnlicli jenem embryonalen, welcher von den Hügeln der anderen Formen am nachwachsen- den Schwanzende als Entwickekmgsstadium durchlaufen wird. Diese unvollkommene Aus- bildung am hinteren Körperabschnitte Avird uns den gänzlichen Schwund der Seitenorgane bei der folgenden Gattung weniger unvermittelt erscheinen lassen. d. Die becherförmigen Organe. Sie kommen an allen jenen Organen resjjective Körperregionen vor, an denen sie sich bei den übrigen Capitelliden zu finden pflegen ; nur ist zu bemerken, dass dieselben, was den Rumpf betrifft, nicht so weit zurückreichen wie diejenigen des Mastohraiiclms, indem sie ähn- lich wie bei Nutuinasttis und Uasijhraiichas auf die Thoraxregion beschränkt bleiben. 7. Parapodien. In den drei \ orhergehenden Gattungen haben wir gesehen, dass alle Tliorax-Parapodien ausschliesslich Pfriemenborsten enthalten; Heteromustus dagegen hat allein in den ersten 5 borstentragenden Segmenten Pfriemen-, und vom 6. respective 7. Körpersegmente ab beginnen bereits die Hakenborsten. Für seinen Thorax, welcher noch ebenso wie derjenige des Noto- mastus und Mastohranchas aus 12 Segmenten besteht, haben also die Borsten aufgehört a) Taf. 27. Fig. IG. -V. T. und ,S. A. Taf. 28. Fig. 34. S. T. Fig. 6. .S'. A. IV. Hotcromastus. 7. l'arapodien. 239 in so auffallender Weise zur Untersclieidung vom Abdomen beizutragen. Einigermaassen thun sie dies nämlich doch, indem, wie wir noch sehen werden, die Haken des 6. — 12. Thoraxsegmentes durch Grösse und Form vor den nachfolgenden ausgezeichnet sind. Immerhin sind es aber Haken, so dass die insbesondere durch das Verhalten von Nutoniastus und Dasi/hi-anclms nahe gelegte Generalisation: bei den Capitelliden enthalte der Thorax ausschliesslich Pfriemen- und das Abdomen ausschliesslich Hakenborsten, schon dadurch unmöglich gemacht wird und als constanter Führer bei der Grenzbestimmung jener zwei Leibesregionen nur der Uebergangs- punkt von Oesophagus und Magendarm oder die vordere Nebendarm-Einmündung übrig bleibt. Eine weitere für unsere Form (sowie auch für die nachfolgende) in hohem Grade charakteristische Abweichung be.steht in dem geringen topographisch-anatomischen Gegensatze seiner thoracalcn und abdominalen Parapoddrüsen. Während bei den vorhergehenden Gattungen die abdominalen Parapodien (im Gegensatze zu den frei in die Leibeshöhle hineinragenden, keulenförmigen, thoracalen) Hächenhaft ausgebreitete, wenig über die Leibeswandungen herausragende Wülste darstellen, deren drüsige Basen in ebenfalls flächenhaft ausgedehnte Spalträume des Hautmnskelschlauches (Parapodkiemenhöhlen) ragen, sind bei Heteromastus letztere Räume und somit auch Hakenwülste fast gar nicht ausgebildet. Es stehen nämlich die abdominalen Parapodien bei ihm ganz wie die thoracalen zwischen den Lücken der Längs-Stammesmusknlatur eingepflanzt und es ragen auch in Folge dessen ihre Basen direct in die Nieren- und Darmkammern. Dank solcher Anordnung kommt denn auch diesen Parapodien eine viel ausgiebigere Totalbewegung zu als den zu Toris umge- wandelten. Ferner herrscht bei Heteromastus im Abdomen auch kein so ausgesprochener Ge- gensatz zwischen den neuralen und hämalen Parapodien. Schon im Anfange dieses Körpertheils , wo insbesondere bei Notomastus und Mastohranckus die neuralen Tori bis zur Seitenlinie heraufreichen, haben dieselben hier vor den hämalen nicht viel an Grösse voraus und weiterhin gleicht sich selbst dieser kleine Unterschied wieder vollständig aus. Wenn aber auch in Folge dessen diese neuralen Parapodien nie so hoch gegen den Rücken heraufrücken, so stehen sie gleichwohl im Abdomenanfange höher als in dessen Mitte und Ende; das heisst sie rücken eben auch hier mit dem Sinken der Seitenlinie immer tiefer auf die neuralen Flanken herab. Dass und wie in der Abdomenendregion unserer Gattung die Parapodien auf den zungenförmigen, vicariirend respiratorisch fungirenden Segmentfortsätzen eingepflanzt stehen '">), wird sich aus dem nächsten Kapitel ergeben. Es bleiben daher nur noch die Borsten in"s Auge zu fassen. Die Pfriemenborsten^) bieten hier zum ersten Mal ein wirklich abweichendes Ansehen: sie sind nämlich relativ kurz, sehr stark S-förmig gekrümmt und zugleich im Verhältnisse zu ihrer Grösse auffallend kräftig gebaut. a) Taf. 27. Fig. 18. b) Taf. 32. Fig. 15. IG. 240 A. .\n:itumisch-Hist«syira?;t7««.s - Nephridien sowie denjenigen der Blutscheiben genannter Gattungen zum Verwechseln ähnlich ist; auch sind sie wie diese letzteren alcoholbeständig, überhaupt durch ähnliche chemische ßesistenz ausgezeichnet. Endlich treffen wir hiermit identische Concretionen auch noch in den Blutscheiben. Dass trotz jener vielseitigen peritonealen Nierenthätigkeit auch hier noch das Blut zu solcher Function herangezogen wird, lässt sich leicht constatiren: einmal enthalten schon die normalen Blutscheiben ^) die charakteristischen Excretbläschen und sodann treffen Avir stark modificirte Scheiben, welche nahezu ganz mit grösseren und kleineren Concretionen angefüllt sind. '^) So modificirte Scheiben finden sich zum Theil einzeln in der Tieibeshöhle zerstreut, zum grösseren Theile aber liegen sie — ähnlich wie zuweilen bei Notomastus — haufenweise in den hintersten Abdomensegmenten, und zwar segmentweise von einer peritonealen Hülle um- schlossen^). Es lässt sich demnach auch für diese Form constatiren, dass in dem Maasse als die Nephridien an Zahl und Höhe des Ausbildungsgrades reducirt sind, das Peritoneum und seine Derivate hinsichtlich ihrer vicariirend excretorischen Thätigkeit umgekehrt gesteigert er- scheinen. Heteromastus hat im 9. — 12. Thoraxsegmente je ein Paar Genitalschläuchee) und für diese entsteht sowie für jene der vorigen Gattung die Frage: ob und eventuell wie sie zu Nephridien in Beziehung stehen, respective standen. Eine Beantwortung dieser Frage können wir aber hier ebenfalls nur von dem Studium ganz junger, mir leider nicht zu Gesicht ge- kommener Thiere erwarten. 10. Geschlechtsorgane. Ausgangspunkt für die Entwickelung der Fortpflanzungsproducte ist auch hier die Genitalplatte f); aus ihren Zellen entwickeln sich zunächst, wie bei der vorhergehenden Gattung, in die Bauchstrangkammer hineinragende Haufen von Oosporen und Spermatosporen, welche sich sodann ablösen, um ihre weitere Ausbildung flottirend in der Leibeshöhle zu erfahren. Die Genitalplatte wird fast bis zur Schwanzregion zur Erzeugung von Keimstoffen in Anspruch genommen. Die reife Eizelle?) hat ein rothbraunes oder violettes Ansehen, welches durch ähnlich a) Taf. 33. Fig. 15. b) Taf. 35. Fig. 37. c) Taf. 35. Fig. 38. d) Taf. 2S. Fig. 'J. Br Taf. 27. Fig. 16. G. Schi. F. i) Taf. 28. Fig. C— 8 Gpl. g) Taf. 1. Fig. 4. 244 ^- Anatomisch-Histologischer Theil. gefärbte Körperchen des Deutoplasmas verursacht wird; ihre Grösse beträgt im Durchmesser 160 [1 und diejenige des ungefärbten Keimbläschens 80 (i, so dass also auch hier das Durch- messer-Verhältniss von Eikern zu Eizelle wie 1 : 2 ist. Die Spermatogenese =^) stimmt vollständig mit derjenigen der vorhergehenden Gat- tungen überein. Der sterile Keimstock bildet wie bei Notomastiis eine median-neurale Wucherung der Genitalplatte; von dem bei Mastohranchus so ausgebildeten, die einzelnen Gewebselemente durchsetzenden Gerüstwerke ist keine Spur vorhanden. Seine Lage hat dieser Keimstock eben- falls im 12. Thoraxsegmente; ein weiterer Beweis dafür, dass auch diese Gattung zu den typisch mit 12 Thoraxzoniten ausgerüsteten Capitelliden gehört. Genitalschläuche^) finden sich in beiden Geschlechtern ausschliesslich im Thorax ausgebildet, und zwar vom 9. — 12. Segmente je ein Paar. Die Entwickelung der Geschlechtsproducte beginnt im August, und vom October bis April finden sich stets zahlreiche reife Individuen. In der strotzend von Eiern gefüllten Leibeshöhle reifer 9 konnte ich mehrmals das Vorhandensein von Spermatozoen constatiren, so dass auch für diese Gattung das Statthaben einer Copulation nicht zweifelhaft sein kann. Diese Spermatozoen waren zum Theil frei- schwimmende Einzelwesen, zum grösseren Theil aber waren sie noch zu Spermatosphären vereinigt, und dieser letztere Umstand spricht dafür, dass ein einmalig copulirtes 2 wohl auf längere Dauer in sich selbst die Befruchtungsmöglichkeit birgt, indem je mit zur Ablage ge- eigneten Eiern auch zur Imprägnation befähigte Spermatozoen heranreifen können. 11. Leibeshöhle. Das Coelom von Heteromastus steht in Folge der starken Verdickung der Leibes- wandungen, insbesondere des peritonealen Theiles derselben, nicht nur (entsprechend der geringeren Körpergrösse) absolut, sondern auch relativ an Geräumigkeit hinter demjenigen aller anderen Formen bedeutend zurück. Dieser Ausfall, sowie auch die geringe Ausbildung der überhaupt nur im Vorderleibe vorhandenen Parapodkiemenhöhlen , wird einigermaassen durch die am hinteren Körperabschnitte im Bereiche der Parapodien auftretenden, schuppen- artig angeoi'dneten Hautfortsätze ausgeglichen''). Es enthalten nämlich, wie schon in einem vorhergehenden Kapitel zu erwähnen war, diese secretorisch, wie respiratorisch wirksamen Lappen so umfangreiche, respective so dehnbare Coelomdivertikel, dass die gesammten Con- tenta der übrigen Leibeshöhlenabschnitte eines Segments darin Kaum finden können. Im Uebrigen bietet bemerkenswerthe Abweichungen nur das Peritoneum dar. Diese Haut erreicht nämlich nicht nur, ähnlich wie bei Mastohranchus^ fast an allen Stellen ihres a) Taf. 28. Fig. 10. 17. b) Taf. 27. Fig. IG. G. Schi. P. c) Taf. 27. Fig. IS. Taf. 28. Fig. 7. K. IV. Heteromastus. 11. Leibeshöhle. 12. Hümolymphe. 245 Auftretens gegenüber derjenigen der übrigen Formen eine ausserordentliche Mächtigkeit, sondern sie wird hier auch in einzelnen Regionen überdies Ausgangspunkt überaus umfangreicher segmentaler Wucherungen. Von diesen sind in erster Linie hervorzuheben: hämale, am Dache der Darmkammer je vom 6. Thoraxzoniten bis zur Abdomenmitte auftretende Wülste, welche bald glatt verlaufende, bald vielfach gefaltete Verdickungen darstellen-^). Im frischen Zustande erweisen sich letztere aus zahlreichen, gegen die Leibeshöhle zu abgerundet vorsprin- genden Läppchen t>) zusammengesetzt, deren jedes, neben einer gewissen Menge homogenen Plas- mas, eine grosse Anzahl rundlicher, 1 — 2 [i messender Körnchen von grünlich-bräunlicher Fär- bung enthält. Diese Körnchen sind sowohl hinsichtlich ihrer Farbe, als auch hinsichtlich ihrer Substanz sehr wenig widerstandsfähig, indem in fixen Präparaten nur eine gleichmässig granuläre, ungefärbte Masse als deren Residuum angetroffen wird. Solche Präparate '=) zeigen auch, dass die betreffenden Wucherungen lediglich aus verschieden grossen, stellenweise durch ziemlich dicke Membranen voneinander geschiedenen Zellen aufgebaut sind, in denen die Kerne überaus unregelmässig vertheilt sind. Die Bedeutung dieser in der Capitellidengruppe einzig da- stehenden peritonealen Organe ist mir vollständig räthselhaft geblieben; klar ist nur so viel, dass sie einer Art von Drüsenfunction dienen. Von der Abdomenmitte ab bis zur Abdomenendregion (wo die Nephridien auftreten) kommen ferner überaus umfangreiche neurale Wucherungen "l) vor, welche aber keine solche braunen Körnchen wie diejenigen der Darmkammern einschliessen , sondern sich histologisch genau wie die weniger verdickten peritonealen Stellen verhalten, das heisst neben der Zellsubstanz nur die charakteristischen gelben Excretbläschen enthalten 6). Diese Gebilde haben trotz ihres Zusammenhanges mit der Genitalplatte nichts mit der Production von Keimzellen zu thun; sie bieten im Gegentheil hinsichtlich ihrer Structur grosse Aehnlichkeit mit den Nephridien des Treviomastus dar, können aber ihrer Lage nach (abgesehen vom Mangel jedweder Kanal- bildung) auch nicht in den Kreis dieser Organe gezogen werden, trotzdem ihnen unzweifelhaft (wie hier dem Peritoneum überhaupt) eine excretorische Function in hohem Maasse zukommt. Was diesen letzteren Punkt betrifft, so ist es gewiss nicht zufällig, dass gerade in den Gattungen, bei welchen die Nephridien auf den hinteren Abdomenabschnitt beschränkt sind, das Peritoneum einen so bedeutenden Antheil an der excretorischen Thätigkeit nimmt. 12. Hämolymphe. Die Blutscheiben f) des Heteromastus zeigen hinsichtlich ihrer Grösse und Färbung eine grosse Uebereinstimmung mit denjenigen der vorhergehenden Gattung. Dagegen sind die a) Taf. 28. Fig. 5. 6. 8. P. W. h. b) Taf. 33. Fig. 19. c) Taf. 28. Fig. 15. P. W. h. d) Taf. 28. Fig. 8. P. W. n. e) Taf. 33. Fig. 20. f) Taf. 35. Fig. 37. 246 ^- Anatomisch-Histologischer Theil. Excretbläschen hier nicht nur in den frischen Scheiben zahb'cichcr und fester, sondern es kommen auch, wie schon in einem der vorhergehenden Abschnitte zu erwähnen war'), von Leucocyten eingekapselte Scheiben, respective Scheibencomplexe'') vor, deren Inhalt /um grossen Theil aus festen, geschichteten Concretionen besteht. Zweitens werden ähnliche, nur viel grössere Concretionen b) auch frei in der Hämolymphe getroffen, und drittens endlich enthalten die hinteren Abdomensegmente von Peritonealsäcken eingeschlossene, reich mit Excretbläs- chen gespickte Blutmassen •=) . Alle diese Excretbläschen oder Concretionen zeigen eine frappante Aehnlichkeit mit denjenigen der Clistomastiis- und Dasi/hranchus-'^e^'hxiAien. i) Taf. 35. Fig. 3S'-'- b) Taf. 35. Fig. SS''- c) Taf. 28. Fig. 9. Br i) Vergl. p. 243. Y. Capitella. 1. Allgemeine Körperform. Bei Capitella^) ist, im Gegensatze zu allen bisher betrachteten Formen, der Thorax auf 9 Segmente reducirt, von welchen das 1. — fi. ausschliesslich mit Pfriemen, das 7. mit Pfriemen nnd Haken und das 8. und 9. ausschliesslich mit Haken ausgerüstet zu sein pflegt. Hierauf folgen bei ausgewachsenen 'Jliieren noch ungefähr TU — 80 abdominale, ebenfalls mit Haken ausgerüstete Zoniten. Als besonders charakteristisch für das Genus ist noch der im männlichen Geschlechte ausgebildete Copulationsapparat hervorzuheben. Capitella gehört zu den kleinsten Vertretern der Familie ; sie übertrifft zwar Heteromastus bedeutend im üickendurchmesscr, ist aber viel kürzer als letzterer. Dies gilt indessen nur für die neapolitanische Form, indem die nordischen Exemplare viel ansehnlichere Dimensionen erreichen. Den unmittelbar vorhergehenden Gattungen gegenüber zeichnet sich die vorliegende durch ein noch glatteres Ansehen, respective durch einen noch geringeren Gegensatz von Thorax rmd Abdomen aus, was hauptsächlich durch den totalen Wegfall der Hakentaschen, sowie durch die überaus geringfügige Ausbildung der Hakenwülste verursacht wird. Der Kopflappen^l ist von ungewöhnlicher Grösse; von oben gesehen erscheint er stumpf conisch, von unten gesehen erweist er sich schaufeiförmig ausgehöhlt. In seiner Mitte etwa münden, ähnlich wie bei Heteromastus, die Wimperorgane. Während bei allen übrigen Capitelliden auf den Kopflappen ein der Parapodien ent- behrendes Segment, das sogenannte Mundsegment folgt, ist bei Capitella auch dieses erste Segment Parapodien tragend. Aus der nachfolgenden anatomischen Darstellung wird sich er- geben, dass das Mundsegment wahrscheinlich mit dem Kopflappen verschmolzen ist, und in Folge dessen das erste Segment eigentlich dem zweiten der übrigen Formen entspricht. Der Thoraxe) entbehrt der auffallenden, mit blossem Auge sichtbaren Täfelung; nur Taf. 1. Fig. 5. b) Taf. 27. Fig. 1. 2. c, Taf- 27. Fig 248 A. Anatomisch-Histologischev Theil. mikroskopisch lässt sich ancli liier das hexagonale Furchensystem der Haut constatiren. Die einzelnen Segmente des Thorax sind auffallend drehrund, fast kuglig; ihren grössten Durch- messer erreichen sie in der Mitte des genannten Leibesabschnittes; gegenüber den abdominalen ist noch ihre geringere Länge, sowie ihre scharfe Zweiringeligkeit hervorzuheben. Die abdominalen Zoniten^) erscheinen mehr abgeplattet oder, wenn die transversale Muskulatur in Function tritt, hämal beiderseits eingeschnürt; die ersten auf den Thorax fol- genden überragen die vorhergehenden nur wenig; weiterhin bis zum 12. etwa wachsen sie aber rasch bis zur doppelten Länge; von da ab nehmen sie wieder sehr allmählich an Länge ab, um in der Abdomenendregion^) ganz nahe aufeinander zu rücken. Der Hautmuskelschlauch ist von auffallender Schmächtigkeit; in Anbetracht des Mangels jedweder Kiemenbildung liegt es nahe, diese Verschmächtigung mit der hier um so mehr in den Vordergrund tretenden Hautathmung in Beziehung zu bringen. Entsprechend dem allgemein geringeren Contraste zwischen Thorax und Abdomen zeigt sich auch die Muskulatur beider Abschnitte von grösserer Gleichmässigkeit als bei den vorher- hergehenden Formen; insbesondere trifft man im Abdomen kein solches Ueberwiegen der neuralen Tvängsstämme , so dass die Seitenlinie hier einen nahezu geradlinigen Verlauf ein- hält'^). Besonders mächtig entwickelt ist die transversale Muskulatur"^). Der vorderste Abschnitt des Darmkanals, der Rüssel, ist weniger voluminös als bei den übrigen Formen; auch wird er nur selten hervorgestreckt. Der Oesophagus '=) occupirt die ersten 0 Körpersegmente und bezeichnet so die Grenze zwischen Thorax und Abdomen; in dem ersten Theile seines V^erlaufes ist er kropfartig er- weitert, weiterhin verläuft er als schmales Rohr. Der Uebergang in den Magendarm ^) ist hier ein sehr plötzlicher; denn letzterer Ab- schnitt des Tractus ist gleich Anfangs von doppelter Breite und sticht überdies stark durch sein drüsiges Ansehen, sowie durch seine hochgelbe Färbung s) von ersterem ab. Entsprechend der viel mächtigeren Entwickelung des Magendarms machen sich auch die septalen Ein- schnürungen an ihm viel auffallender geltend. Der Nebendarm ^) mündet vorn im 1 0. Leibessegmente, also im 1 . Abdomensegmente, wäh- rend bei allen anderen Capitelliden diese Verbindung noch im letzten Thoraxsegmente vor sich geht; hinten schnürt er sich etwa auf der Grenze des zweiten und letzten Körperdritt- theils ab. Der AYter^) ist inmitten einer rundlichen, hämal gerichteten, von einem Ringwulste be- gi'enzten Scheibe angebracht. Ausser der stark ausgebildeten Hinterdarmrinne ^; ist auch noch eine oesophageale Rinne vorhanden, welche als Vorderdarmrinne ^) unterschieden werden kann; beide gehen in den a) Taf. 27. Fig. 3. 4. Seg. 10. und 11. b) Taf. 27. Fig. C. c) Tai'. 29. Fig. ,3—8. S. L. d Fig. cit. T. M. e) Taf. 30. Fig. 7—9. f) Taf. 27. Fig. 7. g) Taf. 33. Fig. 21—23. h] Taf. 29. Fig. 6. 7. N. D. T. Taf. 30. Fig. 9. i) Taf, 27. Fig. (i. A. Sp. k) Taf. 29. Fig. 8. H. D. R. 1) Taf. 30. Fig. 7. .S'. D. R. Fig. S. V. D. R. V. Capitella. 1. Allgemeine Körpeiioim. 249 Nebendarm über, oder, Avic man den Sachverhalt auch ausdrücken kann, der Nebendarm schnürt sich sowohl vorn-'), als hinten von einer Darmrinne ab. Der Umstand, dass gerade bei der jeglicher Kiemenbildungen entbehrenden Capitella dieses Ilhinensystem so entwickelt erscheint, spricht dafür, das genannte System und daher auch den Nebendarm mit der Respi- rationsthätigkeit in Beziehung zu bringen. Zwischen der bei den Gattungen Notomastus, Dasj/bratichiis und Mastohrandms ganz coelomatischen und der bei Hetcromastus umgekehrt nahezu ganz acoelomatischen Lagerung des Centralnervensystems nimmt CapitcUa eine vermittelnde Stellung ein: das Gehirn und der thoracale Abschnitt des Bauchstranges liegen nämlich bei ihr frei in der Leibesliöhle , der abdominale Theil des Bauchstranges dagegen rückt (abgesehen von den vermöge einer Muskel- furche ihre coelomatische Beziehung theil weise festhaltenden Ganglienknoten initer die Muskulatur b). Die oberen Schlundganglien '^) haben eine grosse Aehnlichkeit mit denjenigen des He- teromasttis; auch werden ähnlich wie bei letzterem die Wimperorgane Aom vorderen Abschnitte des zu einer Masse verschmolzenen Gehirnes innervirt. Sodann stimmt Capitella auch darin mit Heterotnastii.s überein, dass das Neurilemma sehr schwach entwickelt ist; Neurochorde lassen sich überhaupt nicht mehr nachweisen. Diese Gattung bestätigt demnach meine schon für Heteromastus ausgesprochene Ansicht, dass zwischen der freien oder eingebetteten I-agerung des Bauchstranges einerseits und dem Ausbildungsgrade des Neurilemmas und der Neurochorde andererseits eine ursächliche Beziehung herrsche. Hinsichtlich der Sinnesorgane ist zu bemerken, dass Capitella die einzige Form der Familie repräscntirt, welche der Seitenorgane vollständig entbehrt; in hohem Grade entwickelt sind dagegen die becherförmigen Organe"^). Capitella ermangelt auch vollständig der Kiemen ; sie ist in Folge dessen ganz auf die Darm- und Hautathmung angewiesen. Für die gesteigerte respiratorische Function dieser beiden Organsysteme spricht die bedeutende Verdünnung des Hautmuskelschlauches, sowie das erwähnte Furchensystem des Tractus. Ausserdem wird dem Athembedürfnisse noch dadurch genügt, dass unsere Thiere, ähnlich wie gewisse Oligochaeten, den Hinterleib schlängelnd im Wasser hin und her bewegen. Der Gegensatz thoracaler und abdominaler Parapodien ist noch viel geringfügiger als bei Heteromastus; es kann hier kaum mehr von Hakenwülsten die Rede sein, da alle Para- podien nach Art der thoracalen als lange, mit kräftigen Retractoren versehene Keulen in die I.eibeshöhle hineinragen und in Folge dessen einer grossen Beweglichkeit theilhaftig sind f. Die Pfriemenborsten^) sind viel weniger S- förmig gekrümmt als diejenigen der vor- hergehenden Gattung; die grösste Aehnlichkeit haben p^g mit denjenigen des Mastohranchus. Die Haken?) dagegen stimmen hinsichtlich ihre? auffallend kurzen Halses am meisten a) Taf. 30. Fig. 9. b) Taf. 27. Fig. 7. c) Taf. 27. Fig. 7. G e) Taf. 29. Fig. 3. 7. 8. Pd. T. und Pil. A. f) Taf. 32. Fig. 19. 2ü. Zool. Station z. Neapel, Fanna und Flora, Golf -»oa Neapel, t'apitelliden. Fig. 8. d) Taf. 30. Fig k) Taf. 32. Fig. 21—23 32 250 ^- Anatomisch-Histologischer Theil. mit denjenigen des Hctcromastu^ überein. Als eine der CapiteUa eigenthüniliche Abweichung ist die gerade abgestutzte Kuppe der Hakenhaube zu erwähnen. Dem Körper entlang nehmen die Haken vom Abdomenanfange bis zum Schwänze hin ganz allmählich an Länge ab; in allen Kegionen werden aber die neuralen etwas länger als die hämalen befunden. Die so bezeichnenden Genitalhaken*) des cf Copulationsapparates werden erst in 8 — 1 0 mm langen jungen Thieren angelegt, und zwar entstehen sie in den Borstendrüsen der bis dahin mit ganz normalen Haken ausgerüsteten hämalen Parapodien des 8. und 1). Thorax- segmentes. Lange bevor sich die Genitalhaken zu ihrer enormen Grösse heranbilden, gehen die normalen provisorisclien Borsten der betreffenden Parapodien verloren. Bei Ccqntella kommen ähnlich wie bei Mastuhranchus und Heteromastu.s nur in einem 1'heile des Körpers Nephridien^) zur Ausbildung; während aber bei letzteren beiden das Abdomenende den so bevorzugten Leibesabschnitt darstellt, ist es bei ersterer umgekehrt der Abdomenanfang; während ferner bei jenen in jedem Segmente nur ein Paar auftritt, ent- wickeln sich deren bei Capitella in jedem Segmente mehrere (bis 6) Paare''). In ausgewach- senen Thieren pflegen Nephridien vom 1. bis zum 23. Abdomensegmente aufzutreten. Anfangs sind nur je 2 — 3 durch weite Abstände voneinander getrennte Organe vorhanden ; weiterhin nimmt aber ihre Zahl immer mehr zu und es flndet zugleich eine derartige Annäherung unter den- selben statt, dass sie zu einer scliwer auflösbaren, drüsigen Masse verschmelzen. Die einzelnen Organe stellen auch hier ein- oder mehrschenkelige, durch zahlreiclie Excretbläschen gelb gefärbte Keulen dar. Sehr eigenthümlich sind die inneren Mündungen'^ dieser Nephridien; dieselben bilden nämlich nicht wie bei allen anderen C'apitellideu die continuirlichen Enden der centripetalen Schenkel, sondern pflegen in den Körper des Organs, also in die Sclüeifenregion, einzumünden; ferner erscheinen sie nicht als trichter- oder löffeiförmige, sondern als kurze, in zwei Zipfel auslaufende, gabelförmige Gebilde (Wimpergabeln), und, was einzig in der Familie dasteht, es können ihrer mehrere "^bis 4) an einem und demsclhi^n Organe auftreten*^). Auch die äusseren Mündungen* verhalten sich sehr abweichend: die centrifugalen S('henkel })flegen sich nämlich in mehrere feine Aeste zu spalten und diese münden nicht wie bei den meisten anderen C'apitelliden nac-li aussen, sondern ebenso wie bei der vorhergehenden Gattung in die Haut. In der Haut wird aucli das Excret als sogenanntes Pigment aufge- si)eichert. Endlich ist unsere Form auch noch dadurch ausgezeichnet, dass junge, 2 — 3 mm lange Thiere von den eben geschilderten definitiven Nephridien noch keine Spur erkennen lassen; anstatt letzterer besitzen solche Juvenes vom 5.- — 1 1. Körjjersegmente (das 8. mit Genital- schläuchen ausgerüstete ausgenommem) provisorische, streng segmental angeordnete Nephri- dien. Diese provisorischen Nephridien^) (provisorische, weil sie in dem Maasse, als a) Taf. 27. Fig. 14. b) Tat'. 31. Fig. 2'J. c', Taf. 27. Fig. 10. Nrn. Tuf. 30. Fig. 21—23. d) Taf. 34. Fig. 30. Taf. 30. Fig. 24. e) Taf. 27. Fig. 10. f) Taf. 30. Fig. 20. Nih. M. Taf. 34. Fig. 32. gl Taf. 30. Fig. 21. Km. V. V. Capitella. 1. Allgemeine Körpeiform. 251 sich die detinitiven ausbilden, der Degeneration anheimfallen ragen nacli Art derjenigen der Oligochaeten mit ihren Trichtern je in die vorhergehenden Segmente und liegen, im Gegen- satze zu den rechtwinklig zur Körperaxe vorlaufenden detiniti\en, parallell zur Körperaxe gerichtet. Sie haben stets nur Einen Trichter (Wimpergabel) tuid münden wahrscheinlich ebenfalls in die Haut. Bei Capitella bildet allein die Genitalplatte«) den Heerd für die Ausbildung von Keimproducten, und zwar, im Gegensatze zu den anderen Gattungen, schon vom 1. Ab- domensegmente ab ; dafür reichen aber auch die fruchtbaren Segmente entfernt nicht so weit nach hinten. Der sterile thoracale Keimstock ist nur ganz schwach durch Kernwucherungen im 5. und 6. Segmente angedeutet. Das Eimaterial bildet sich zwischen den beiden Lamellen der Genitalplatte '^), und da die Eier fast bis zur Reife an ihrem Entstehungsorte festgehalten werden, so kommen hier sehr voluminöse Ovarien zu Stande ■=). Umgekehrt lösen sich die Spermatosporen'') hier ebenfalls sehr frühe ab, um in der Leibeshöhle ihre Weiterentwickelung durchzumachen •-■). Auffallend ist, dass die fertigen Sperma tozoen viel weniger mit den- jenigen der anderen Capitelliden, als mit denjenigen der Oligochaeten übereinstimmen. Die Genitalschläuche^) sind auf ein im 8. Segmente gelegenes Paar reducirt; sie kommen erst in etwa 1 mm langen, bereits im 5. — 7. sowie 9. Segmente mit provisorischen Nephridien ausgerüsteten Thieren zur Anlage?), und hier kann man sich denn auch aufs Un- zweifelhafteste davon überzeugen, dass Beziehungen zu Nephridien nicht mehr vorhanden sind. Bei den § entwickeln sich im Bereiche der sehr geräumigen Mündungen dieser Schläuche massenhaft Hautdrüsen, so dass ein lebhaft an das C'litellum der Oligochaeten erinnerndes Ansehen zu Stande kommt^). Dass der C'opulationsai)parat') der rf erst bei S — 10 mm langen Thieren zur Aus- bildung gelangt, wurde, insofern die hämalen Parapodien des 8. und 9. Segmentes als Greif- werkzeuge in Betracht kommen, bereits erwähnt. Gleichzeitig bildet sich (wahrscheinlich durch Hauteinstülpung) zwischen dem hinteren Gcnitalhakenpaare eine sehr voluminöse Drüse aus, deren Secret allem Anscheine nach bei der Begattung zum Verkleben der copulirenden Individuen dient; daher der ffir sie gewählte Name Kitt- oder Copulationsdrüse. Bezüglich der Leibeshöhle ist als ein dieser Gattung eigenthümliches Verhalten her- vorzuheben, dass die Septa in jedem Segmente im Bereiche der Nicrenkammern durchbrochen sind, so dass der Inhalt successiver Zoniten nicht nur vermittelst der Bauchstrangkammer, sondern auch direct durch die Darmkammern von einem Ende des Körpers zum anderen fortbewegt werden kann. Diese abweichende Einrichtung steht wahrscheinlich mit dem gänz- lichen Wegfalle der Parapodkiemenhöhlen und Kiemen in Verbindung. a) Taf. 29. Fig. 6—8. Gpl. b) Taf. 29. Fig. 7. Ov. c) Taf. 27. Fig. 12. Ov. d) Taf. 29. Fig. (j. Hn. e) Taf. 30. Fig. 33—30. f) Taf. 27. Fig. 11. 13. Taf. 29. Fig. 4. Taf. 30. Fig. 2.29. G. SM. g) Taf. 30. Fig. 21. G.Schi. h) Taf. 27. Fig. 3. G. Schi. P. i) Taf. 27. Fig. 4. 5. Taf. 29. Fig. 5. Taf. 30. Fig. 1. 2. 32* 252 ^- Anatomisch-Histologischer ITieil. 2. Haut. Im frischen Zustande bietet die Haut der Capitelht in noch höherem Grade das alveoläre Ansehen dar, als die der vorhergehenden Gattungen. Verschieden grosse, wasserartig durch- scheinende Flecken bezeichnen in der Flächenansicht die Drüsenzelleu, und ein polygonales, dunkleres, jene einschliessendes Netzwerk die F a de nz eilen. Beide uns schon hinlänglich von den vorhergehenden Gattungen bekannte Hautcomponenten lassen sich denn auch bei CapiteUa, sei es durch die Schnitt-, oder Macerationsmethode, demonstriren'^). AYas bei letzterer Form den noch exquisiteren alveolären Charakter bedingt, was ihrer Haut im frischen Zu- stande ein noch schwammigeres, scheinbar wasserhaltigeres Ansehen verleiht, das sind die ausserordentlich zahlreichen Drüsenzellen, denen gegenüber sich die Fadenzellen überaus spär- lich vertreten zeigen. Dieser Drüsenreichthum erklärt auch die copiösen Schleimmassen, Avelche unsere Thiere abzusondern vermögen. In solchem Schleime sind oft grosse Mengen von 2- — 5 [i. langen und 'A l^- breiten Stäbchen^) enthalten, und zwar häufiger in demjenigen der jugendlichen Thiere, als in demjenigen der erwachsenen. Auffallend ist die geringe Mäch- tigkeit der Hypodermis gegenüber den vorhergehenden Formen <';. Wir werden sehen, dass sich die Muskelschichten ähnlich verhalten, und so liegt es gewiss nahe die Verschmächtigung des Hautmuskelschlauches bei dieser der Kiemenbildungen durchaus entbehrenden Gattung mit der Eespirationsthätigkeit in Verbindung zu bringen. Bezüglich des Verhaltens der Haut in den verschiedenen Körperregionen ist zunächst hervorzuheben, dass sie ihren grössten Durchmesser im Thorax erreicht und weiterhin sich um so mehr verdünnt, je mehr man sich dem Abdomenende nähert"^). Dieser Unter- schied der Mächtigkeit erreicht jedoch niemals einen so hohen Grad wie in den vorher- gehenden Gattungen. Starke Modificationen erleidet die Haut im Bcrci(-he der Genitalschlauchporen, imd zwar in besonderem Maasse bei den zur Geschlechtsreife sich anschickenden 2. Bei letz- teren^) fallt schon dem unbewaffneten Auge diese Porenregion in Form zweier rundlicher, einen grossen Theil des l^eibesumfanges einnehmender, weisslicher Flecke auf, welche durch ihr gedunsenes Ansehen auffallend an die sogenannten Gürtelbildungen der Oligochaeten erinnern. Die genauere l^ntersuchung ergibt denn auch, dass diese Region nahezu ausschliesslich aus vergrösserten, von Secret strotzenden Drüsenzellen zusammengesetzt ist, deren Function wohl unzweifelhaft mit der Copulation, oder der Eiablage in Zusammenhang stehen wird. Umgekehrt ist eine Hautstelle bei den cf — es ist die Einstülpungsregion f) des Copulationsapparates — dadurch ausgezeichnet, dass sie sich ausschliesslich aus Fadenzellen aufgebaut erweist. a) Taf. 30. Fig. 3— G. //. l). Z. und H. F. Z. b) Taf. 36. Taf. 1. c) Tai'. 29. Fig. cit. e) Taf. 27. Fig. 3. Taf. 29. Fig. 1. G. S hl. F. f) Taf. 30. Fig. 18. H. V. Capitella. 2. Haut. 253 Hierdurch wird an dem betreffenden Orte eine Festigkeit der Wandungen geschaffen, wie sie für die Aus- und Einstülpung der überaus nxässigen Greifhaken nothwendig ist, und wie solche durch das losere Gefüge des alveolären Drüsengewebes kaum zu erreichen gewesen wäre. Wie bei den vorhergehenden Gattungen in einzelnen Fällen, so trifft man bei Capitella constant Drüsenzellen von zweierlei Ansehen: die einen führen einen ganz homogenen Inhalt, welcher sich ■ — besonders mit Hämatoxylin — tief färbt, die anderen einen in Stäbchen oder Kügelchen zerklüfteten, welcher sich demselben Farbstoffe gegenüber ziemlich indifferent zeigt. Beide Formen kommen regellos nebeneinander vor^) und werden daher auch hier nur als ver- schiedene physiologische Zustände desselben Gewebselemcntes aufgefasst werden müssen. Gegenüber dem nahezu vollständigen Mangel der Hautpigmente bei den meisten vorhergehenden Formen ist für Capitella eine constante derartige Pigmentirung hervorzuheben. Der Vorderleib (Kopf — Thorax) und das Aftersegment sind durch eine rothgelbe Färbung ausgezeichnet; im übrigen Körper trifft man je nach den Individuen mehr oder weniger zahl- reiche, respective dicht gedrängt stehende gelbliche Körnchen, welche keine so auffallende Total- larbung des betreffenden Körperabschnittes bedingen und daher auch im Gesamniteffecte nur mikroskopisch gut wahrgenommen werden können. Diese zwischen Cuticula und Hypodermis gelegenen Körnchen zeigen eine vollständige Habitusübereinstimmung mit den Excretbläschen der Nephridien. Es hat sich denn auch ergeben, dass sie von daher stammen, indem diese Organe — wie wir weiterhin kennen lernen werden — ihr Excret nicht nach aussen, sondern in die Haut entleeren. Man sieht im Bereiche der unter der Cuticula gelegenen Mündungen jener Organe die Excretbläschen angehäuft liegen und von diesen Centreu aus sich über die ganze Haut zerstreuen. Experimente mit Carmin — welches unsere Thiere verschlucken, verdauen und in erster Linie mit Hilfe der Nephridien ausscheiden — haben diese Auffassung bestätigt: wie die normalen Excretbläschen, so werden auch die carmingefärbten zunächst im Bereiche der Nephridien zahlreich in der Haut, respective zwischen Cuticula und Hypodermis deponirt, und von diesen als rothe Flecken in die Augen springenden Anhäufungen aus allmählich über die ganze übrige Haut zerstreut''). Bezüglich des Näheren dieser Ausscheidungsverhältnisse, sowie meiner Ansichten über den Zusammenhang von Excret- und Pigmentbildung verweise ich auf den physiologischen Theil dieser Monographie. Auf eine andere Art kommt die Pigmentirung des Vorderleibes zu Stande. Schon der Habitus seiner Färbung erinnert auffallend ati die Blutfarbe und die genaue Unter- suchung ergab denn auch, dass neben kleineren 2 — 8 [). messenden, unregelmässigen, zwischen Cuticula und Hypodermis eingeschalteten, röthlich gelben Partikeln wenig veränderte Blut- scheiben vorkommen''). In diesen Scheiben, sowie in den genannten Partikeln — welche nichts Anderes als Theüstücke zerfallener Blutkörperchen darstellen — Hessen sich noch die charakteristischen Excretbläschen erkennen, so dass über die Abstamnumg ersterer kein Zweifel walten konnte. Taf. 30. Fig. 6. //. D. Z. b) Taf. 34. Fig. 32. c) Taf. 35. Fig. 43. 254 -^- Anatomisch-Histologischer Theil. Demnach hat die Hautpigmeiitirung von CapiteUa zwei (^iuellen: die eine ist das Blut, welches Avahrsc-heinlich einen Theil seiner zur Weiterexistenz nicht mehr geeigneten Elemente dort aufspeichert; die andere ist das Nephridiensystem , welches seine Ausscheidungsproductc in Form der Excretbläschen ebendahin deponirt. Wenn man aber bedenkt, dass — wie in weiterhin folgenden Kapiteln erst gezeigt werden kann — die Excretbläschen der Nephridien mit denjenigen der Blutscheiben durchaus übereinstimmen, ja in letzter Instanz die Abstam- mung (vom Peritoneum) gemein haben, so wird der Gegensatz im Ursprünge der geschilderten zwei Hautpigmente \\e\. von seiner Schärfe verlieren. Ueber die Structur der Cuticula ist nichts Besonderes hervorzuheben; denn sie be- steht hier, ganz wie bei den vorhergehenden Formen, aus einem Gewebe feinster, annähernd rechtwinklig aufeinander gerichteter Fibrillen und zeigt sich ebenfalls von zahlreichen, den Mündungen der Drüsenzellen entsprechenden Poren durchsetzt. 3. Muskulatur. Es wurde schon in der Beschreibung der allgemeinen Körperform angedeutet, dass jener scharfe, die typischen Vertreter von Notomastiis und Dasybraiichus auszeichnende Gegensatz zwischen Thorax und Abdomen bei Capitella kaum ausgeprägt ist. Jener Gegensatz beruht aber in erster Tinie auf dem abwechselnden Ueberwiegen der einen oder der anderen Muskellagc, respective auf dem Vorwalten hämaler oder neuraler Partien solcher, und so finden wir denn bei Capitella, entsprechend der viel gleichmässigeren Körperform, auch eine viel gleichmässiger entwickelte Muskulatur. Als auffallendstes Merkmal derselben muss zunächst ihre überaus schwache Gesammtentwickclung hervorgehoben werden. Im Thorax''), wo sie ihre stärksten Durchmesser aufweist, erreichen letztere kaum das Doppelte der Hautdurchmesser; im Abdomenanfange ^) ist hämal die Gesammtmuskulatur kaum so dick wie die Haut (neural um Weniges dicker), in der Abdomenmitte <=) verhalten sich beide Schichten des Hautmuskel- schlauches annähernd gleich und im Abdomenende '^) schliesslich erscheinen sie kaum so dick, wie die betreffenden Hautstellen. Da nun auch die Haut jener der anderen Formen gegenüber eine sehr schmächtige Eage bildet, so liegt es — worauf schon früher hingewiesen wurde — nahe, die Versc^mächtigung des gesammten Hautmuskelschlauches mit dem Mangel der Kiemen, respective der Hautrespiration in Zusammenhang stehend zu denken. Im Thorax'') hält sich Ring- und Eängsmuskulatur durchschnittlich die Wage; wenigstens ist keine der beiden Schichten auffallend auf Kosten der anderen verdickt, im Ab- domen f; dagegen pflegt die liängsmuskulatur, besonders die neurale, die Ringmuskulatur an Mächtigkeit zu übertreffen. a) Taf. 29. Fig. 2—5. b) Taf. 2'J. Fig. 6. c) Taf. 2!). Fig. 7. d) Taf. 2i). Fig. 8. c) Taf. 29. Fig. 3—5. f) Taf. 29. Fig. 6—8. V. Capitella. 3. Muskulatur. 4. Darmkanal. 255 Was nun den anderen, die Gleichmässigkeit des Körperansehens bedingenden Punkt betrifft: nämlich die Vertheihmg der Längsbündel nach der Queraxe, so ist hervorzuheben, dass vom Kopfe bis zum Schwänze hin die neuralen und hämalen Stämme annähernd gleiche Bögen des Körperumfanges einnehmen. Eine Folge hiervon ist, dass die Seitenlinie, als Grenze dieser beiden Muskelregionen, bei Capitella ihrer ganzen liinge nach einen annähernd geradlinigen Verlauf einhält ä), wogegen dieser Verlauf bei den übrigen Formen, wie wir ge- sehen haben, eine leicht S - förmig gekrümmte linie beschreibt. Im Thorax^') zerfällt die Längsmuskulatur, ähnlich wie diejenige der anderen Gattungen, in zahlreiche, durch auffallend weite Abstände voneinander getrennte Bündel; im Abdomen =) dagegen geht die Verschmelzung dieser Bündel in der vorliegenden Form viel weiter als bei den übrigen: schon im Anfange dieses Körperabschnittes finden wir sie zu einer continuirlichen, nur durch die Lücken der Seitenlinie, Parapodien, Mesenterien etc. unterbrochenen Schicht verschmolzen, und als solche verläuft sie auch, abgesehen von den genannten ünterbrecliungen, bis zum Körperende. Im Gegensatze zur enormen Verschmächtigung der Ring- und Tiängsmuskulatur zeigt die auch hier mit der peritonealen Nierenplatte verwachsene transversale Muskulatur eine relativ sehr starke Ausbildung, und zwar besonders im Thorax'':, wo sie vom 4. Segmente ab eine überaus dichte, die Nierenkammern bedeckende I-age bildet; aber auch im Abdomen e) ist ihre Mächtigkeit, besonders gegenüber derjenigen der übrigen Muskulatur, sehr in die Augen springend. Durch die Contraction dieser Muskulatur wird jene cigenthilmliche Einschnürung des sonst cyHndrischen Körperquerschnittes bedingt. Histologisch erweisen sich die Stammesmuskeln durchaus vom Habitus derjenigen der Gattungen Notomastiis und Dasj/hraiichiis. 4. Darmkanal. Auch hier besteht der Darmkanal aus den drei bei allen vorhergehenden Formen nach- gewiesenen Abschnitten: nämlich aus Rüssel, Oesophagus und Magendarm. Die topogra- phischen Verhältnisse zeigen .sich aber insofern abweichend, als der Rüssel -Oesophagus nur 9 Körpersegmente einnimmt, so dass also der Thorax den anderen Gattungen gegenüber um 3, respective um 5 Segmente verkürzt ist. Der das Mundsegment einnehmende Rüssel zeigt hinsichtlich seiner an die Hypodermis erinnernden Structur f) und seiner mit becherförmigen Organen ausgerüsteten Papillen das typische Verhalten*); aber gegenüber der mächtigen Ausdehnung in allen anderen Gattungen ersclieint a) Taf. 29. Fig. 3— S. .S'. L. h] Taf. 2il. Fig. 3— .'i. c) Taf. 2i). Fig. G— 8. d) Taf. 20. Fig. 3—5. T. M. e) Taf. 29. Fig. 0— S. T. M. i) Taf. 3Ü. Fig. 10. *) Nach FisciiEK (1. p. 10. c. p. 272) soll der Rüssel mit Cilien besetzt sein. Dies ist a1)ev bei Capitella ebensowenig wie bei irgend einer anderen Gattung unserer Gruppe der Fall. 256 ^- Anatomisch-Histologisclier Theil. cv hier bedeutend veducirt. Dies steht wohl damit im Zvisammenliange, dass unsere vorwiegend im SchUunmc lebende Form sich des Rüssels kaxun als Bohrwerkzeuges bedient, und dass sie auch sonst nicht, wie dies bei allen anderen Capitellidcn die Regel ist, nahezu rliythinisch den vordersten Darmabschnitt aus- und einstülpt; bei Capitella tritt eben an Stelle dieser respi- ratorischen Rüssel-Ausstülpung die schlängelnde Bewegung des Hinterleibes. Auffallend nuiss aber in l^'olge dessen die Thatsache erscheinen, dass trotzdem die Rüssclretractoren überaus kräftig entwickelt sind'' . Diese Retractoren setzen sich auch hier an den vordersten Ab- schnitt des Ocsopliagus an imd sind von überaus dichten Ganglienzellnetzen^') umsponnen*). Wir können aber, in der Voraussetzung, dass mit der Reduction des Rüssels diejenige seiner Retractoren nicht gleichen Schritt hielt, wohl schliessen, dass auch Capitella einst von ihrem Rüssel einen ausgiebigeren Gebrauch gemacht habe, als sie es heute thut. Der Oesoi^hagus bietet ebenfalls einige Eigeuthümlichkeiten ; zunächst zeigt er in seinem Anfange, unmittelbar hinter dem Rüssel, eine kropfartige, durch das 2. und 3. Segment reichende Erweiterung, welche Strecke auch dadurch ausgezeichnet ist, dass sich das aus typischen Fadenzellen aufgebaute Wimperepithel beiderseits zu einem niedrigen, niclit wimpernden Streifen verflacht, so dass zwei seitliche Rinnen zu Stande kommen. \"om 4. Segmente ab verengert sich der Oesophagus wieder zu einem cylindrischen, bis zum 10. Seg- mente gleichmässig breit verlaufenden Rohre, und auch diese ganze Strecke ist durch solche Epithelverflachung oder Rinne, aber durch eine unpaare, neural-mediane ausgezeichnet '1;. Die paarigen seitlichen Rinnen vereinigen sich demgemäss vom 4. Segment ab zu einer einzigen medianen, welche ihrerseits wiederum da aufhört, wo sich der Nebendarm abzuschnüren be- ginnt*^). Ich will die Gesammtheit dieser oesophagealen Rinnenbildungen im Gegensatze zu der ebenfalls in den Nebendarm übergehenden Hinterdarmrinne als Vorderdarmrinne be- zeichnen. Bemerkenswerth ist, dass, Avährend sich die erstere Rinne gegenüber dem reducirten Hinterdarme aus einem sehr mächtigen, mit auffallend langen Cilien ausgerüsteten Epithel aufbaut, die letztere umgekehrt, gegenüber den stark drüsigen und lebhaft wimpernden Wan- dungen des Oesophagiis, als ganz niedriger, gar nicht oder doch nur sehr schwach wimpern- der Epithelstreif erscheint. Während bei den übrigen Formen der Uebergang vom Oesophagus in den Magendarm allmählich vor sich geht, erfolgt derselbe bei Capitella umgekehrt sehr unvermittelt^); denn nicht weit hinter diesem üebergange erreicht der Magendarm schon die doppelte Breite des vorhergehenden Darmabschnittes, und diese Breite behält er annähernd bis zur Abdomenmitte bei, um sich gegen den After hin wieder allmählich zu verengern. Zu dem augenfälligeren a) Taf. 27. Fig. 7. Taf. 20. Fig. 2. Itl. R. b) Taf. 29. Fig. 2. Tal'. 30. Fig. 10. G. Pd. R. Taf. 3Ü. Fig. 15. c) Taf. M. Fig. 7. 10. ,S'. /). R. A] Taf. ;iü. Fig. S. V. D. R. e) Taf. ;fo. Fig. i>. f) Taf. 27. Fig. 7. ■) Auch die Angabe Fischer's (1. p. 10. c. [). 272), dass der Capitella Speicheldrüsen zukommen, habe ieh nicht zu bestätigen vermocht. Ich vermuthe aber, dass genannter Autor den die Rüsselretractoren umspinnenden öanglicnzellenple.xus irrthümlich für solche Drüsen angesehen hat. V. Capitella. 4. Darmkanal. 257 Gegensätze von Oesophagus und Magendarni trägt auch noch der Umstand bei, dass letzterer bei Capitella eine ausserordentlich lebhafte Orangefärbung aufweist, welche zum Theil auf dem Vorhandensein ähnlich gefärbter Elemente der Darmschleinihaut beruht ^'j, in noch viel höherem Maasse aber durch einen ebenso tingirten, in dem Darmlumen enthaltenen Saft hervorgerufen wird. Dieses gelbe, offenbar bei der Verdauung eine Rolle spielende Darmsecret kommt auch gelegentlich bei allen übrigen Capitelliden, nie aber so co])iüs wie bei Capitella vor. Im frischen Zustande bestehen die Magendarmzellen zum grösseren Theil aus einer blassen, halbflüssigen, homogenen Substanz, welche leicht tropfenförmig hervorquillt, und in dieser Substanz sind verschieden grosse, lebhaft gelb oder orange gefärbte Tropfen, respective Bläschen mit mehreren solcher Tropfen, sowie solide 1 — 3 [x grosse, unregelmässig geformte Körnchen, welche farblos, gelb oder grün sein können, enthalten''). Sowohl die gelben als die grünen Elemente werden zahlreicher in gefangen gehaltenen (hungernden)'^), als in frisch eingefangenen Thieren'^) gefunden, und damit steht wohl auch im Zusammenhange, dass das erwähnte gelbe Darmsecret in ersteren viel reichlicher als in letzteren enthalten zu sein ])fiegt. Ausser diesen hinsichtlich ihres Farbstoffes gegen Alcohol nicht beständigen Elementen kommen zuweilen auch solche gelbe Körner vor, welche sich, ähnlich den Excretbläschen oder Concretionen der Nephridien und Blutscheiben, diesem Ileagens gegenüber farbenbeständig erweisen; ich glaube denn auch, dass diese in den fixen Präparaten zuweilen erhaltenen Körper ß) als Producte einer excretorischen Thätigkeit angesehen werden müssen. Bei Capitella sind mir eben so wenig wie bei Heteromastus lymphatische Zelldiver- tikel begegnet; wohl habe ich aber auch hier zuweilen coelomwärts den Darmkanal strecken- weise mit Clilien besetzt gefunden, so dass dieser Gattung gleichfalls die Fähigkeit, Portionen — wenn auch minimale — von Darmzellsubstanz durch die peritonealen und nuiskularen Schichten hindurch nach der Leibeshöhle zu strecken, nicht abgehen dürfte. Gerade in un- serer Form hatte ich überdies Gelegenheit, eine für diese Fähigkeit der Darmzellsubstanz interessante Beobachtung zu machen: eine bei der mikroskopischen Untersuchung des frischen Darmes aus dem verletzten Epithel hervorgequollene, etwa 10 [j. im Durchmesser grosse Zell- portion entwickelte nämlich eine ungefähr 0 p. lange Geissei, welche mehrere Secunden hin- (hu-ch lebhaft hin und her schwang und sodann plötzlich wieder zurückgezogen wurde; hierauf kam die nun kugelförmig abgerundete Masse von Neuem zur Ruhe. Die Hinterdarmrinne ^) ist sehr ausgeprägt; sie beginnt auf der Grenze des zweiten und dritten Dritttheils der Gesammtkörperlänge, da wo der Nebendarm aufliört, und erstreckt sich bis in die Nähe des Afters; ihre Structur ist hier wegen der Kleinheit der Elemente schwerer als bei den anderen Formen zu erkennen. Dagegen ist leicht festzustellen, dass die übrigen Wandungen des Magendarms sich im Wesentlichen ähnlich denen der vorhergehenden Gattungen verhalten. Die Darmzellen s) bilden nämlich ähnliche, wahrscheinlich durch Sprossung a) Taf. 33. Fig. 21. 22. b) Taf. 33. Fig. 22'' und 22^ c) Tai'. 33. Fig. 21. d) Taf. 33. Fig. 22^ e) Taf. 33. Fig. 23. i) Taf. 29. Fig. 8. //. D. R. g) Taf. 3U. Fig. 13. Zoöl. Station z. Neapel, Fauna und Flora, Uolf von Neapel. Capitelliilen. 33 058 ^' Anatomisch-Histologischer Theil. y.u Stande gokomineue, mit Nervenendigungen versehene Complexc, und es gelang mir aiicli hier der Nachweis, dass sie mit der Darinmuskuhxtur in continuirlicher Verbindung stehen, also Epithelmuskelzellen ») darstellen. Der Nebendarm beginnt, entsprechend der dieser Gattung eigenen Reduction des Thorax, im lü. Körpersegmente, also im 1. Abdomensegmente, während er bei den übrigen Gattungen im letzten Thoraxringel zu münden pflegt. "N'on da erstreckt er sich bis zum An- fange des letzten Dritttheils der Körperlänge, also bis zur Hinterdarmrinne. Er liegt hier ähn- lich wie bei Heteromastiis seiner ganzen 1 iinge nach dem Hauptdarme fest an ''), und da auch bei Capitella der median - neurale Epitheleinschuitt des Magendarms stark ausgeprägt und in Eolgc dessen die Wandungen des letzteren gerade über dem Nebendarme verdünnt sind, so kommt es, wie bei Heteromastiis, nicht selten vor, dass die Haupt- und Nebendarm trennende Scheidewand einreisst und in Folge dessen der Nebendarm nur als neurale Rinne des Haupt- darms erscheint <=) . Sowohl die vordere, als die hintere Mündung des Nebendarmes lassen sich bei Capitella leicht nachweisen. Vorn geschieht die Abschnürung'') vom Hauptdarme ziemlich l)lötzlich, und zwar derart, dass ein Stück der Darmschleimhaut, respective der in das Darmlumen hineinragenden Falten mit abgeschnürt wird; hinten geschieht die Abschnürung umgekehrt sehr allmählich, indem sich eben der Nebendarm continuirlich in die Hinterdarmrinne fort- setzt; besonders bei jungen Thieren lässt sich dieser unmittelbare Uebergang der beiden Bil- dungen gut nachweisen. Hinsichtlich seiner Structur weicht auch hier der Nebendarm f^), abgeselien von der Mächtigkeit der Wandungen, wenig vom Hauptdarme ab; mau tiudct sogar in seinen /eilen häufig ähnlich geförbte Elemente wie im Hauptdarme. Zum Schlüsse möchte ich noch betonen, wie dem N'orhergehenden zufolge bei Capi- tt'Ua der ganze Darmkanal mit einem mehr oder weniger gesclilossenen, neural gelegenen KanalsYsteme ausgerüstet ist, welches mit dem After, respective der Hinterdarmrinne beginnend in den Nebcudanii fülirt und aus diesem in die Vorderdarmrinne übergeht, um am Munde zu enden. Ich liatte scliou in den betreffenden Beschreibungen der vorhergehenden Guttungen zu erwälinen, dass bei den ( 'a])itelliden eine starke, durch Cilien hervorgerufene Strönuuig in den After hineinführt und dass die Hinterdarnirinne wolil die Aufgabe habe, diese Strömung, respec- tive die Einfulir \o\\ Wasser z\uu Behufe der Athnuuig zu befördern. Hier bei Capitella, deren Hinterdarm sid^ häufig rhythmiscli oder ])umpend contraliirt, kann man nun, besonders bei jungen Thieren, diese vom Schwänze nacli dem Kopfe zu geri(!htete Strömung oft bis zum Bereiche des Nebendarnis liinauf Ncrfolgen, und so gewinnt das erwähnte, bei ihr in so viel grösserer Vollständigkeit und Coutinuität ausgebildete Kanalsyst(!m eine um so höhere Bedeu- tung, als ja gerade ihr die allen anderen Formen in höherem oder geringerem Maasse zu- kommenden äusseren Kiemenbildungen durchaus abgehen. a) Taf. 30. Fi-. 14. b) Taf. 29. Fi^. (I. N. D. o) Tai'. 29. Fig. 7. N. D. d) Taf. 30. Fig. 9. e) Taf. 30. Fig. HJ. 17. V. Capitella. 5. Centrales Nürvensystein. 259 5. Centrales Nervensystem. Das Gehirn'^) der Capitella ist demjenigen des Heteromastus sehr ähnlich; es besteht nämlich ebenfalls aus einer oberflächlich, besonders hämal, durch eine mediane Längsfurche eingeschnittenen, distal in zwei mächtige I;appen auslaufenden Masse, aus deren Faserkeru die Schlundring-Commissuren entspringen. Auch bezüglich der Lage der Wimperorgane er- innert Capitella an die vorhergehende Gattung, indem bei ihr diese Organe ebenfalls weit vorne liegen und demgemäss vom vorderen Gehirnthcile innervirt werden. Endlich hat unsere Form auch die oligochactenartigen, cerebroparietalcn Muskeln ; nur sind bei ilir die bei Hetero- mastus paarigen Stränge zu einem einzigen, sich an der Medianlinie des Organs inseriren- den, verschmolzen. Bei allen vorhergehenden Gattungen nimmt das Gesammtgehirn den Kopflappen nebst zwei Körpersegmenten ein, und zwar occupiren die oberen Schlundganglien den hinteren Theil des Kopflappens plus vorderem Abschnitte des unbeborsteten Mundsegmentes (ersten licibessegmentesi, der Schlundring den übrigen Theil dieses Segmentes und die unteren Scliluud- gangUen das zweite I^eibessegment, welches auch das erste borstentragende ist. Bei Capitella dagegen nimmt auffallenderweise das Gesammtgehirn, ausser dem Kopf- lappen, nicht noch zwei lidbessegmente, sondern nur noch ein solches ein; es liegen näm- lich von den Schlundganglien die oberen total im Kopflappen und das untere im ersten Leibesseg- mente'^). Da nun bei Capitella, im Gegensatze zu allen anderen Gliedern der Familie, dieses erste Leibessegment schon borstentragend ist, so haben mich die erwähnten Lagerungsverhält- nisse ihres Gehirns, im Vereine mit der bedeutenden Ausdehnung ihres Kojiflappens, auf den Gedanken gebracht, dass bei ihr das erste borstenlosc licibessegment oder Mundsegment der anderen Formen eingegangen, respective mit dem Kopflappen verschmolzen sei, und wir demge- mäss, in morphologischem Sinne, im Kopflajipen das erste Leibessegment mitzuzählen hätten. Während bei Heteromastus nur die oberen Schlundganglien eine coelomatische Lage haben und die übrigen Abschnitte des Gehirns sowie der ganze Bauchstrang zwischen Mus- kulatur und Haut eingebettet verlaufen, liegt bei Cajntella sowohl das Gehirn, als auch der dem Thorax zugehörige Theil des Bauch Stranges also die ersten 9 Segmente hindurch) ganz frei in der Leibeshöhle ") . Vom 10. Segmente, respective vom Anfange des Abdomens ab geht da- gegen der Bauchstrang eine innige Verbindung mit dem Hautmuskelschlauche ein^); es kommen nämlich die Connective im Anfange des Abdomens zwischen Ringmuskulatur und Haut und weiterhin gegen das Abdomenende sogar in die Haut selbst eingebettet zu liegen, wogegen die Ganglienknoten zwar ebenfalls dem Hautmuskelschlauche fest anliegen, aber nie a) Taf. 27. Fig. 1. b) Taf. 27. Fig. 7. G. und G. U. G. c; Taf. 27. Fig. 7. B. G. Fig. 2—6. B. G. und B. C. d) Taf. 29. Fig. 6—8. B. C. Taf. 27. Fig. 7. B. G. A. 33 260 -^- Anatomisch-Histoloo-ischer Thcil. unter die Muskulatur rücken, so doss also im abdominalen Thcile des Bauchstranges die Ganglien eine coelomatische und die C'onnective eine acoelomatische Lage haben. Die feste Verbindung der Unterseite dieser Ganglien mit der ßingmuskulatur , sowie die freie Lage ihrer Oberseite nach der Leibeshöhle hin sind dadurch ermöglicht, dass die ventralen neu- ralen Längsmuskelstränge nahezu dem ganzen Abdomen entlang nicht wie bei den anderen Formen nur durch einen medianen Spalt, sondern durch eine breite Lücke von einander ge- trennt sind" . Das verschiedene Verhalten der C'onnective und Ganglien zur Leibeshöhle ist, wie ich schon an einem anderen Orte erwähnt habe'^), auch Semper aufgefallen; nur dehnte letzterer Autor dieses Verhalten mit Unrecht auf den ganzen Rumpf aus, indem ja dem Thorax entlang sowohl Ganglien, als Connective eine ganz freie Lage im Coelom behaupten. Bei Capitella tritt die bilaterale Symmetrie des Bauchstranges schärfer als in irgend einer der vorhergehenden Formen hervor, und zwar besonders an den Connectiven. Ln thoi'a- calen Abschnitte'') verlaufen zwar diese letzteren meist nahe aneinandergerückt, im abdomi- nalen'') dagegen rücken sie, je weiter hinten, um so mehr auseinander und es würde so ein förmliches Strickleiter-Nervensystem entstehen, wenn diese C'onnective nicht wieder in jedem Ganglienknoten mit einander zur Verschmelzung kämen. Bei Heteromastiis haben wir gesehen, dass mit der innigen ^'crbindung von Bauchstrang und Hautmuskelschlauch eine auffallend mangelhafte Entwickelung des Neurilemmas sowie der Ncurochorde einherging; bei der hinsichtlich des Bauchstranges sich ähnlich verhalten- den Capitella treffen Avir nun ebenfalls das Neurilemma überaus schwach ausgebildet und — was Clap AREDE schon constatirt hat — die Neuroch orde fehlen ganz und gar. Semper's Angabe, dass bei Capitella der mediane Ganglienzellenbelag durch den ganzen ^^■urm hindurchgehe, beruht auf einem dopi)elten Irrthume: erstens kann bei unserer Form el)en so -wenig von einem derartigen medianen Belag die Rede sein wie bei den anderen, indem der Anschein eines solchen Belages auch hier nur an jenen Orten zu Stande kommt, wo Si)inalnerven abgehen; zweitens weicht aber auch, abgesehen davon, bei Capitella die Ver- theilung von Zellen und Fasern durchaus nicht von der bei den anderen Gattungen herrschen- den ab, indem die Zellen auch bei ihr lediglich auf die Ganglienknoten beschränkt sind; ja sogar in noch höherem Maasse als bei ihren Verwandten, da sich bei letzteren wenigstens in den Connectiven stellenweise einzelne Zellen eingestreut finden, bei ersteren hingegen nicht. Damit ist auch implicite schon die weitere Angabe Semper's widerlegt, derzufolge die Bauch- strangconnective mit ihren zelUgen Elementen in die Haut übergingen. Es kommen eben auch bei Capitella an keinen anderen Stellen als am Kopfe und Schwänze solche Ver- schmelzungen von Haut- und Nervenelementen vor. a) Taf. 27. Fig. 10. B. G. Taf. 29. Fig. 6— b. L. M. n. b) Taf. 2!). Fig. :i. 4. B. C. c) Taf. 29. Fig. (i— S. B. C. a) Vergl. p. 53. V. CapitoUa. G. Sinnesorgane, a. Die Augen, li. Die Wimperorganc. e. Die Seitenorgane. 261 6. Sinnesorgane, a. Die Augen. Während bei den übrigen C'apitelliden die Sehorgane stets inmitten von Gehirngang- lienzellen angetroffen werden nnd höchstens mit ihren das Licht brechenden Theilen der Haut sich nähern, liegen dieselben bei der uns beschäftigenden Gattung an den äussersten Enden der zwei Gehirnschenkel, unmittelbar unter der Haut^), und auch dies gilt nur für die erwachsenen Individuen, indem bei den jugendlichen die Haupttheile der Sehzellen sogar in der Haut selbst eingebettet liegen und nur an ihren Basen von den distalen Enden der beiden Gehirnschenkel umfasst werden. Dem mit dem Wachsthume einhergehenden ^Tiefer- rücken der Sehelemente ist es auch zuzuschreiben, dass sie bei jugendlichen Thieren so viel deutlicher hervortreten als bei erwachsenen. Das Caintella-Auge ist ebenso wie das definitive der vorhergehenden Gattung nach dem Typus des 3Iastobranchns-Auges gebaut, das heisst es wird in jeder Kopfliälftc durch eine Seh- zelle repräsentirt, deren basaler Theil von Pigment erfüllt und deren distaler Theil in einen kugeligen, lichtbrechenden Körper umgewandelt ist. b. Die Wimperorgane. Entsprechend der grossen Uebereinstimmung der Gehirne von Heterumastiis und ("iqti- tdla ist auch die Topographie der Wimperorgane ^) in beiden Formen eine nahezu identische. Es walten daher zwischen den entsprechenden Organen dieser und denjenigen der drei ersten Gattungen alle jene Unterschiede, welche bereits als zwischen Heteromastus und jenen be- stehend gekennzeichnet Avurden. Im Hinblicke auf Heteromastus bleibt nur das eine ab- weichende Merkmal hervorzuheben, dass bei Capitella die — ebenfalls ziemlich weit vorn hämal aus der Gehirnmasse entspringenden — Nerven die Wimperorgane nicht im Bereiche des hinteren, hier von einem starken Retractor occupirten, sondern umgekehrt, mehr im Be- reiche des vorderen Poles treffen. c. Die Seitenorgane. CiipiteUa ist der einzige Vertreter der Familie, welchem die Seitenorgane vollständig fehlen. Da nun bei Heteromastus diese Organe nur noch am Vorderleibe zu vollkommener Ausbildung gelangen, so könnte man sich unsere Form als das Endglied einer Reihe denken, i) Taf. 27. Fig. 8. A. b) Taf. 27. Fig. S. Taf. 29. Fig. 1. W. 0. 262 A. Anatomisüh-Histologischor Theil. welche einst das allmähliche Eingehen dieses bei Nufomastiif; etc. so ausserordentlich ent- wickelten Systemes in zahlreichen Uebergangsstufen verkörperte. Fragen wir uns aber nichts- destoweniger speciell bei CapiteUa nach dem etwaigen Grunde solcher Rückbildung, so liegt es nahe sich zweier, dieser Gattung zukommender Eigenthümlichkeiten zu erinnern, welche, im Grunde aus einer Quelle stammend, wohl geeignet sein konnten, das Fortbestehen etwa vor- lianden gewesener Seitenorgane zu gefährden: nämlich erstens die bedeutende VerschnuU-hti- gung des Hautmuskelschlauches, speciell der Haut, und zweitens die von diesen Thieren ange- nommene Gewohnheit, den grössten Theil des Körpers nach Art gewisser Oligochaeten peitschenförmig im Wasser hin und her zu bewegen; beides Acquisitionen zum Behufe einer durch den Wegfall aller Kiemenanhänge nothwendig gewordenen energischeren Haut- athmung. d. Die becherförmigen Organe. Im Gegensatze zum Ausfalle der Scitenorgane sind die- becherförmigen Organe bei C(q>ttt'l/(i sehr entwickelt. Besonders der Kopflappen ist überaus dicht mit solchen besetzt; ferner kommen sie zahlreich am littssel sowie Thorax«) vor und — es finden sich endlich auch einzelne am Abdomen zerstreut. Das Factum, dass sich hier die betreffenden Organe viel weiter nach hinten erstrecken als bei Notomastns, Dasj/braiickus und Heteromastu.s, könnte dazu einladen, darin eine Art von C^ompensation für den Ausfall der Seitenorgane zu er- l)li(-ken, wenn uiclit bei Mdstuhraiichiis neben vollkommen ausgebildeten Seitenorganen eben- falls becherförmige Organe dem ganzen Abdomen entlang zerstreut vorkämen. Auch diese Sinneshügel bieten keinerlei Differenzen in Form-, l^agerungs- oder Struc- turverhältnissen von denjenigen des Notümastus etc. dar, weshalb ich in allen diesen Bezieh- ungen auf die Beschreibung der letzteren Gattung verweise. 7. Parapodien. Cdpitclhi tlieilt mit Heteroiiiastiis die Kigenthümlichkeit, dass ihr Thorax niu- im vor- deren Abschnitte mit Pfriemenborsten, im hinteren dagegen mit Haken ausgerüstet ist, und zwar mit Haken, welche sich, im Gegensatze zu dem entsprechenden Verhalten des Hetcro- mastus, in Nichts von den abdominalen unterscheiden^). Bezüglich der Grenze dieses Ueberganges herrschen nun ziemlich abweichende Angaben. Von Claparede'), der sich zuletzt systematisch mit CapitcUa befasst hat, wurden alle hierauf bezüglichen Angaben zusammengestellt und zugleich das Verhalten unserer neapolitanischen Form berücksichtigt. Die betreffenden Stellen lauten: a) Taf. 30. 1%. ii. B. O. h) Taf. 2: 1) 1. p. 8. c. p. 272. V- Capitella. 7. PaiapocUen. 263 ))Relativement ä la distribution des oies, il y a quelques divergences entre les auteurs. M. Oersted attribue des soies subulees aux faisceaux externes seulenient des Segments 4 k (>. M. van Beneden indique des soies toutes subulees aux faisceaux internes et externes des six premiers Segments ; dans le 7 "« et le 8 '"^ chaque faisceau serait compose de six soies subulees et de deux crochets; enfin, a partir du 9'"^ seo-ment on ne trouverait plus que des crochets. Moi-meme j'ai indique chez les Capitelles des Hebrides rien que des soies subulees ii tous les faisceaux des sept premiers Segments, et rien que des crochets ä tous les suivants. A Naples, je trouve regulierement j)our les adultes la distribution suivante: Chez les 2 les six premiers Segments (buccal compris) ont quatre faisceaux de soies subulees chacun. Au 7 ""■ Segment les faisceaux externes u'ont que des soies subulees, mais le faisceau interne est forme dans sa moitie externe par des soies subulees, dans sa moitie interne par des crochets. Des le S""= segment on ne trouve plus que des crochets. Chez les (^ les six premiers segments n'ont que des soies subulees il tous les faisceaux. Au 7'"<= segment le faisceau externe est forme de huit ä dix Crochets, suivis en dedans d'une soie subulee et le faisceau interne compte ä peu pres autant de soies subulees (en dedans) que de crochets (en dehors). I^e S""" et le 9™" segment n'ont que des crochets aux faisceaux externes, les faisceaux internes sont modifies pour former l'appareil copulateur; des le 1 0 ""= segment les quatre faisceaux sont formcs exclusivement de crochets. Toutefois cette description n'est vraie que des adultes. Les embryons, dont je dccrirai le developpc- ment dans une autre occasion, n'ont pas de soies au sortir de l'oeuf, mais au beut de quelque temps les soies se forment dans une serie de segments et cela au nombre dune seule par faisceau. Je fus tres- ctonne de voir chez tous ces jeunes individus les trois premiers segments seuls munis de soies subulees, et les crochets apparaitre deja au quatrieme. II ne pouvait y avoir de doute sur l'identite specifique des jeunes et des adultes, car les embryons etaient eclos, dans mon aquarium, d'oeufs pondus sous mes yeux. Cette restriction des soies subulees aux trois premiers segments se maintient pendant une longue periode de la croissance du ver, mcme ä l'epoque oü les soies de chaque faisceau sont devenues nombreuses. Le ver a dcjä acquis plus du tiers de sa taille definitive lorsque les soies en crochet du quatrieme au sixiemc segment tombent successivement pour etre remplacees par des soies subulees, et l'on trouve a cette epoque une foule de variations dans la distribution des segments 5 ä 7«. Ich selbst fand unter den zahlreichen von mir untersuchten Individuen zwar zuweilen auch solche, auf die sich der von Claparede aufgestellte Typus der liorstenvcrtheilung anwenden Hess, viele aber zeigten ein davon abweichendes Verhalten. Um nun einmal fest- zustellen, in wie weit hier Alter, Geschlecht, oder aber Variabilität ihren Einfluss geltend machen, habe icli eine gewisse Anzahl männlicher, weiblicher, sowie aucli noch geschlechts- loser*) Individuen sjjeciell auf diesen Punkt hin geprüft und tabellarisch zusammengestellt. *) Als gesclileohtslos wurden alle diejenigen Individuen betraclitet, welche weder Anlagen von Ovarien (die bei den Q sehr frühe auftreten) , noch Anlagen von Genitalhaken (die bei den (^ der Keimstoffentwicke- lung lange vorausgehen) erkennen Hessen. Aus den tabellarischen Zusammenstellungen ergibt sich, dass der zeitliche Eintritt dieser üeschlechtscharaktere sehr sehwankend ist, so dass 8 — 12 mm lange Thiere sowohl in den Listen der q^ ""d ^ als auch in derjenigen der Juvenes figuriren. 264 A. Anatomisch-Histologiselier Tlioil. Liste über die thoracale Borsteiivcrtheilun* a. rj Pfriemenborsten en haltende Thoraxsegmente : II:iken- und rfrienii-iil)..r.-l.n enthaltende Thoraisegmente Haken tragende 'J Segmente : Haken Haken gemischt Haken Haken Haken Haken Haken 7 . gemischt 7 . gemischt 7. Haken 7 . gemischt - rt-chts Pfrien * links Haken 7 . Pfriemen 7. Pfriemen 7. Pfriemen b. $ 10 1.— 5. 6. gemischt 6. Haken (1. Pfriemen t). Pfriemen 7.-9. 12 1. — 6. 7. Pfriemen 7. gemischt 8.-9. 12 ,, 7. Haken 7. gemischt ,, 20 7. Haken 7. Pfriemen ,. 20 ,. 7. gemischt 7. Pfriemen ,. 20 1.— 5. C. gemischt G. Pfriemen 7.^9. 20 1.— 7. — 25 1. — G. 7. gemischt 7. Pfriemen S.— 9. 25 ,, 7. Haken 7. Pfriemen ,, 25 7. Haken 7. gemischt ,, 25 25 7 rechts Pfriemen '• links gemischt 7 rechts Pfriemen ' • links Ilaken 7. Pfriemen 7 rechts Pfriemen • links gemischt " 40 1.— 7. V. Capitella. 7. Parapodien. 265 c. Geschlechtslose. Lfinge des Thiercs Ausschliesslicli rfrieracnborsten ent- haltende Thoraxsegmente : Haken- und I'frieinenb.aslfn gemischt enthaltende Thorassegmente : neural: | häraal: Ausschliesslich Haken tragende Thorax- segmente : 1 1.— 3. — — 4.-9. 1,5 2 2 — 4. gemischt 4. gemischt 5.-9. •2,5 — — 4.-9. 2,5 4. Pfriemen 4. Haken 5.-9. 3 1.— 4. ö. gemischt li. Haken h. Pfriemen 7.-9. 3,5 1.— 3. 4. gemischt 4. gemischt 5.-9. 3,5 1.— 4. — — 5.-9. 3,5 1. — ^. c recht.« Haken "'• links gemischt K rechts Hakon "■ links gemii'cht G.— 9. 4 1.— 3. 4. Haken 4. Pfriemen 5.-9. 4 I.— 4. — — 5.-9. 4,5 ,, 5. gemischt .'). gemischt G.-9. 5 ,, — — 5.-9. 5 ,, 5. Haken 5. gemischt G.— 9. 5 1.— 5. G. Haken G. Pfriemen 7-9. 5 1.— 5. G. gemischt G. Pfriemen 7.-9. 8 1.— 0. — — 7.-9. 10 1. — 1. 5. gemischt 5. Pfriemen G— 9. 10 1. — 5. G. gemischt G. Pfriemen 10 1.-5. 6. Haken G. Pfriemen 10 1— 0. — " 10 7. gemischt 7. gemischt 8.-9. 10 M 7. Haken 7 . gemischt 12 " 7. Haken 7. gemischt " Aus diesen der Grosse der Thiere nach geordneten listen ergiebt sicli nun, dass in den meisten Fällen, sowohl bei cf, als auch bei $ von einer gewissen Grösse an fetwa von 8 — 10 mm Köriierlänge an), die ersten 6 Thoraxsegmente ausschliesslich mit Pfriemenborsten ausgerüstet sind; dass ferner bei ebendenselben im 7. Segmente ein durchaus jeder Hegel sich wider- setzendes Variiren im Auftreten von Pfriemen- und Hakenborsten stattfindet; dass endlich vom 8. Segmente ab in allen Fällen nur noch liakentragende Parapodien angetroffen werden. Zool. Station z. Neapel, Fauna nud Flora, Golf von Neapel, rapitellidcii. -'A 266 ^- Analomisch-Histnlogischer Theil. Von den ilir Geschleclit noch niclit manifestirenden Thieren (Liste c.) besitzen die jüngsten, etwa 1 — 3 nun langen, nnr in den drei ersten 'rhoraxsegmenten Pfriemenborsten, im vierten zuweilen gemischte Bündel und im Uebrigen ausschliesslich Haken; solche von .3 — 5 mm haben sclion in vier Segmenten reine Pfriemenbündel und im fünften gemisclite; solche von 5 — 10 mm sodann haben in fünf Segmenten Pfriemenbündel und im sechsten gemischte, und von da ab endlich treten die in den beiden anderen liisten (a. und b.) berührten Verhältnisse auf. Es bestätigt sich demnach das so paradoxe, von Claparede zuerst constatirte Factum, dass die Juvenes der Capitella nur an den drei ersten Thoraxsegmenten Pfriemenborsten, und an den drei nachfolgenden (welche an Erwachsenen stets ebenfalls ausschliesslich mit Pfriemen- borsten ausgerüstet gefunden werden) zunächst nur Haken besitzen''). Der an diesen letzteren drei Segmenten allmählich stattfindende Borstenwechsel geht aber, wie unsere lasten zeigen, ebenfalls ganz regellos vor sich. Dass bei Capitella im Gegensatze zu allen übrigen Gattungen schon das erste Körper- segmcnt borstentragend ist, hatte ich bereits in dem die allgemeine Körperform behandelnden Kapitel hervorzuheben; in einem anderen versuchte ich sodann, auf gewisse Abweichungen der Lagerungsverhältnisse des Gehirnes gestützt, den Nachweis zu führen'''), dass dieses erste Körpersegment eigentlich dem zweiten aller übrigen Familienglieder entspreche, indem das Mundseginent hier w^ahrscheinlich eine Verschmelzung mit dem Kopflappen erlitten habe. Der schon bei Heteromastus bedeutend verringerte Gegensatz thoracaler und ab- dominaler Parapodien verliert bei der vorliegenden Gattung noch mehr an Schärfe. Ab- gesehen von der etwas bedeutenderen Grösse und Retractilität der vordersten, kann man sagen, dass sie der ganzen Körperlänge nach l/ocomotionsorgane von einheitlichem, und zwar thora- calem Typus besitze, also frei in die Leibeshöhle ragende, zwischen Spalten der Längsmus- kulatur eingepflanzt stehende Keulen, welche alle mit zahlreichen Protrusoren ausgerüstet sind'^). In Folge des Mangels an umfangreichen Hakenwülsten und Parapodkiemenhöhlen hat denn auch die neurale Längsmuskulatur, respective die Seitenlinie keinen Einfluss mehr auf die Lagerungsverhältnisse der Parapodien; wir finden sie dem ganzen Körper entlang in allen Segmenten gleichmässig sowohl neural, als hämal zwischen den respectiven ventralen und dorsalen Ijängsmuskelsträngen gelegen, also auch in dieser Hinsicht durchaus von thoracalem Verhalten''). Die Pfriemenbors ten*^) sind entfernt nicht so stark S-förmig gekrümmt und mit relativ so breiten Säumen versehen wie diejenigen von Heteromastus; am meisten stimmen sie von den vorhergehenden Gattungen mit denjenigen des Mastobranchus überein. Die Haken*") dagegen, welche neural stets länger als hämal sind und von vorn nach hinten ganz allmählich an Länge abnehmen, erinnern sehr an die kürzeren der Abdomenmitte a) Taf. 27. Fi-. 7. Pd. T. h] Taf. ■?(). Flj?. ■'■. 7. S. P,L T. niul /W. J. f.) Fig. cit. ,1) Taf. :i2. Fig. 1!). 21). p) Taf. :{2. Fig. 21— 2:i. a) Vcvgl. p. 25'J. V. Capitella. 7. Parapodicn. 267 von IL'feromastus ; wie jene haben sie einen gedrungenen Bau und auffallend kurze Hälse. In Bezug auf die Hakenköpfe und ihre Zähnchen lassen sich weder der Form, noch der Zahl nach irgend welche Abweichungen constatiren; dagegen ist für die Hauben charak- teristisch, dass deren Kuppen nicht abgerundet, sondern flach abgeschnitten endigen. Wir verdanken van Beneden i) die erste Kenntniss des cf Copulationsapparates, dessen auffallendster Theil aus einer Anzahl bis 500 [i langer, entsprechend kräftig gebauter Haken besteht*). Ci.aparede^) hat sodann gezeigt, dass diese zwei dem 7. und 8. Segmente zuge- hörigen, hämal gelegenen Copulationsborsten-Bündel nichts Anderes sind, als die so modiflcirten hämalen Parapodienpaare derselben Segmente. Dass dem in der That so ist, ergiebt sich schon aus der Thatsache, dass sie gerade da ihre Lage haben, wo die normalen Parapodien liegen müssten^); ich kann aber dafür noch schlagendere Beweise geben: die jugendlichen Thiere lassen nämlich an denjenigen Segmenten, an welchen später die Genitalhaken aufzutreten pflegen, noch keine Spur solcher erkennen; ihre hämalen Parapodien unterscheiden sich in Niclits von denjenigen der übrigen hakentragenden Segmente. Erst nachdem diese Juvencs eine l>änge von 8—10 mm erreicht haben, treten, und zwar zunächst neben den normalen Haken (also in derselben Borstendrüse), bald nur links, bald nur rechts, bald nur im 8., bald nur im !). Zoniten auch Anlagen von Genitalhaken auf. In dem Maasse als nun diese Genitalhaken an Zahl und Umfiing zunehmen, und die Borstendrüsen sich vergrössern, verschwinden die normalen Haken, so dass man an 15—17 mm langen Exemplaren meist vergeblich nach solchen sucht. Die Genitalhaken stellen demnach — ontogenetisch wenigstens — nicht etwa modificirte normale Haken dar, sondern sie treten unabhängig von letzteren in denselben Borstendrüsen von Anfang an in ihrer charakteristischen Anlage als Ersatzgebilde auf; trotzdem müssen aber in erwachsenen (f die Gcnitalhaken mori)hologisch als die hämalen Haken des 8. und 9. Segments betrachtet werden, weil sie eben aus den hämalen Parapoddrüsen dieser Segmente nachweislich neben den normalen zur Entwickelung gelangen. Umstehende Liste zeigt, dass auch der Zeitpunkt, sowie die Reihenfolge des Auf- tretens der Genitalhaken überaus grossen individuellen Schwankungen unterliegt. Gleichwohl lassen sich einige Folgerungen aus ihr ziehen: nämlich erstens, dass diese Haken durch- schnittlich früher im 9. als im 8. Segmente auftreten; zweitens, dass Thiere vmter 8 mm nie Spuren solcher aufweisen, und drittens, dass über 17 mm lange Thiere fast in allen Fällen in den entsprechenden Parapodien des 8. und 9. Segmentes ausschliesslich Genitalhaken besitzen. Letztere erreichen im 9. Segmente eine bedeutendere Tiänge als im 8.; umgekehrt sind sie in diesem Segmente meist in gi-össerer Zahl vorhanden, nämlich 3—4 jederseits ausser den Reserveborsten, wogegen im 9. nur je 2 neben dem Reservemateriale angetroff-en werden =). Die ausgebildeten Genitalhaken 'l) enden spitz und gekrümmt und ihre nahezu gleichförmig a) Taf. 27. Fig. 14. b) Taf. 27. Fig. 4. Fig. 14. a. und b. 1) 1. p. :^. c. p. 17. 2) 1. p. 8. c. p. 273. d) Taf. 27. 2(58 A. Anatomisfh-Hisfijlogihii'her Tlicil. I;isti- üln-r (las /.(-itliche und örtliche Auftreten der (Teuitalhake: Dus iii-hto bauiale I'aniiigdiBiipaar ü:is neunte bUmalcs Piinipodienpii entliält; enthält: links in Entwickelung be- griffene Genitalhaken, rechts gewöhnliche Haken. gewöhnliche Haken. In Entwickelung begriffene Genitalhaken. 4 — 20 /< grosse, noch in den Borstendrüsen einge- schlossene Genitalhaken (also in Entwickelung be- griffene). links einen Genitalhaken : gewöhnliche Haken. neben vier gewöhnlichen, und rechts einen solchen neben einem gewöhnlichen. Der rechte Genitalhaken ist viel ausgebildeter als der linke. 8 — 28 ft lange, in Ent- wickelung begriffene Geni- talhaken. gewöhnliche Haken. In Entwickelung begriffene Genitalhaken. In Entwickelung begriffene (4 — 20 fi lange) Genital- haken; nur je ein 120 ;t langer ragt jederseits aus der Borstendrüse. Neben jedem Genitalhakenbündel ist noch ein gewöhnlicher Haken vorhanden. Je zwei Genitalhaken und daneben je einen gewöhn- lichen Haken. 4 — 20 ji lange, in Knt- j 6 — 40 ft lange, in Ent- wickelung begriffene Geni- wickelung begriffene Geni- talhaken. ' talhaken. gewöhnliche Haken. 4 — 16 /t lange , in Ent- wickelung begriffene Geni- talhaken. 20 — 100 j.1 lange Genital- gewöhnliche Haken, haken. V. Capitellii. 7. Parapodion. S. Kcspii-ation.sorc;ane. 269 cylindrischcn Schafte sind äusserlich mit ringförmigen Einschnitten besetzt. Wie die anderen Borsten, so bestehen auch die sexualen aus einer homogenen Scheide und einem fibrilliiren Inhalte. Auch ihre Entwickelung '') in den entsprechenden Drüsen ist identisch; denn sie geht ebenfalls stets von je einem Kerne aus. Die Kerne aller Borstendrüsen b) der Capitella haben ein sehr auffallendes Ansehen : es sind Bläschen, deren Inhalt sich niemals färbt, wogegen die meist central gelegenen Nucleoli eine sehr feste Consistenz und eine überaus grosse Neigung zur Färbung aufweisen. In Kernen, welche gich zur Entwickelung von Borsten anschicken, nehmen die Nucleoli bedeutend an Umfang zu und es lässt sich dann leicht constatiren, dass letztere nicht kugel-, sondern stäbchenförmig sind. Ich halte es für nicht unwahrscheinlich, dass die so modificirten Nucleoli einen wichtigen Antheil an der Borstenentwickelung nehmen. Schliesslich möchte ich noch eine Angabe Clapakede's'j berichtigen, welche insofern fatal geworden ist, als sie von fast allen Ijehrbüchern missverständlich als für das (jenus Capitella charakteristisch reproducirt wurde. Sie lautet: »Les soies, dans toute la partie anteiieure du coips, sont aussi peu saillantes que Celles des Lombiics. Mais, dans toute la region mediane et posterieure du ver, on les trouve, comme je Tai dit, implantees sur des eniinences transversales analogues ä celles des Maldaniens.« Daraus ist in nicht ganz exacter Wiedergabe der Stelle folgende Diagnose gewor- den: „Capitella, nitr in der Mitte des Körpers kleine Erhebungen, in welche die Borsten ein- gepflanzt sind etc." Dem gegenüber ist zu betonen, dass die thoracalen, mit Pfriemenborsten ausgerüsteten Parapodien der Capitella ganz ebenso wie diejenigen der anderen Familiengiieder retractil sind, und es daher auch bei ihr lediglich von dem eingezogenen, oder ausgestülpten Zustande dieser Organe abhängt, ob mau am vorderen Körpertheile Erhebungen wahrnimmt, oder nicht. Die abdominalen Parapodien derselben sind aber nicht nur nicht vorspringender als bei den anderen Gattitngen, sondern umgekehrt — wie aus unserer vorhergehenden bezüglichen Schil- derung erhellt — den gewaltigen Toris der letzteren gegenüber nahezu verschwindend, indem sie viel mehr den Habitus der thoracalen, als denjenigen der abdominalen Fussstummel zur Schau tragen'^). Dass sie gegenüber den thoracalen gleichwohl auffallen, liegt nur an ihrer viel geringeren Retractilität; dies gilt aber in noch viel höherem Maasse für alle anderen Formen und kann in Folge dessen absolut nicht als Genus delinition benutzt werden. 8. Respirationsorgane. Es wurde schon in dem ersten Kapitel darauf hingewiesen* , dass Capitella besonderer Kiemen ermangelt und in Folge dessen ganz auf die Darm- und Hautathmung angewiesen a) Taf. 30. Fig. 2(1. G. D. b) Taf. 30. Fig. 19. c) Taf. 2!J. Fig. 3. Fd. T. Fig. 7. 8. Fd. A. Taf. 30. Fig. l'J. a) Vergl. p. 249. 1) 1. p. 3. c. p. 45. 270 A. Anatomisch-HistüloKischer Theil. ist. Entsjirechend diesen gesteigerten respiratorischen Anforderungen, finden wir denn auch den Hautmuskelschlauch bedeutend verdünnt*) und das Rinnensystem des Davmkanals P) , den anderen Gattungen gegenüber, complicirt. In nicht geringem Grade wird Avohl aiich der Ausfall der Kiemen dadurch gedeckt, dass CapiteUa zeitweise nach Art limicolcr Oligochaeten ihren Hinterleib schlängelnd im Wasser hin und her bewegt. 9. Nephridien. D'UuEKEM ') h.al l)oi der von ihm aut'gefiinrk'nt'n CapiteUa ßmhriuta in f'nst etilen Segmenten ein Paar Nephridien wahrgenommen und diese.s Verhalten ohne Weiteres auch der C. capitata vindicirt. Nun lässt aber erstens letztere Art von einer derartigen Versorgung keine Spur erkennen, und zweitens lässt sich die Stellung der ersteren Art in unserem Genus gar nicht iiufrechterhalten, so dass alles von diesem Autor über flie Nephridien Geäusserte für CapiteUa hinfällig wird. Auch die von Cl.vparkde '-) für seine CapiteUa major betonte starke Entwickelung der Nephridien kann nicht in Betracht kommen, indem die genannte Form ebenfalls nichts mit unserer Gattung zu thun hat. Letztere betreffend äussert sich Clapamiue in einer Anmerkung zur eben citirten Beschreibung folgen- dermaasscn: „Les Notomustus sont peut-etre de toutes les Annelides Celles chez lesquelles les organes seg- mentaires sont les plus faciles k voir. Ces organes ne sauraient echapper aux regards de quiconque les re- cherche. Au contraire, malgrc des tentatives repetees je n'ai jamais reussi ä en decouvrir la moindre trace chez la CapiteUa cajntata etc." Nach alledem waren also meinen Vorgängern die Nephridien unseres Genus unbekannt geblieben. CapiteUa schlicsst sich den beiden vorhergehenden Gattungen darin an, dass auch bei ihr die Nephridien nicht Avie bei Notomastus und Dasybranchis dem ganzen Abdomen entlang, sondern nur in einem bestimmten Abschnitte desselben vorkommen. Während aber bei Mastohranckus und Heteromastus dieser Abschnitt durch das Abdomenendc repräscntirt wird, ist es bei der vorliegenden Gattung umgekehrt der Abdomenanfang. Untersuchen Avir ein ausgewachsenes Thier, so finden sich die ersten Nephridien im 10., die letzten ungefähr im 20 — 23. Segmente. Jedes dieser Segmente enthält aber nicht je ein Paar, sondern je mehrere Paare^;; 2 — 3 Paare finden sich gcAvöhnlich in den vorderen, 4- — 5 Paare in den mittleren, und 5 — 6 Paare in den hintersten Segmenten. Was bei Noto- mastus eine Ausnahme bildete, ist demnach bei ('(ij)iteUa zur Regel geworden. In ihrem Habitus stimmen diese Nephridien am meisten mit denjenigen des Masto- bra/ir/iiis und Heteromastus überein; sie haben eine ähnlich hellgelbe, durch entsprechende Excretbläschcn hervorgerufene Färbung^), soAvie das so charakteristische, durch die Zellkerne bedingte, gefleckte Ansehen. Dasselbe gilt für ihre Form: es sind meistens zAveischenklige Keulen; letztere können aber auch nur in einen einzigen Schenkel, oder in selteneren Fällen in mehr als zAvei solche auslaufen. a) Taf. -27. Vv^. lü. Nm. b] Tat. :U. Fig. -ül. a) Vero;l. p. 2:)2. und 254. P) Vergl. p. 256. 1) 1. p. 3. c. p. 2t;. 2} 1. p. S. c. p. 277. V. C;apitella. !>. Nephridien . 271 Die Grösse der Nephridien pflegt von den vorderen nach den hinteren Segmenten zu etwas anzuwachsen. Durchschnittlich haben die einzelnen Schenkel eine Länge von 200 — 300 [i; in ilircm centripetalen, drüsigen Theil beträgt ihr Breitendurchmesser etwa 12 [i, weiterhin 4 [i und im centrifugalen Abschnitte sinkt dieser Durchmesser bis auf 2 [J. herab; ihre Dicke überschreitet selten 8 — 10 p.. CapiteUci stimmt auch darin mit den beiden ^■orhergehenden Formen (sowie Tremomastus) überein, dass ihre ^Nephridien nicht wie diejenigen des C/istomastiis und Dasyhranchus frei in der Leibeshöhle aufgehängte, sondern umgekehrt fest mit der neuralen Längsmuskulatur verwachsene Organe darstellen ''^) . Wie bei den Erstgenannten, so geht auch hier das parietale Peritoneum continuirlich in die Nephridien über, das heisst letztei"e bilden eigentlich nur verschieden stark in das Coelom vorspringende Verdickungen dieser Membran. Bei allen anderen Vertretern der Familie haben wir gesehen, wie je ein Schenkel des Nephridiums als centripetaler zur inneren, sowie ein anderer, als centrifugaler, zur äusseren Mündung führt und \\ic der Ausfuhrkanal, respective die Richtung des in demselben durch seine Cilien hervorgerufenen Stromes, von der erstcren Mündung zur letzteren hin verläuft. Capitella bietet nun insofern ein hiervon stark abweichendes Verhalten dar, als in allen ihren Nephridien, einerlei ob sie ein- oder mehrschenkelig, der Flimmerstrom ausschliesslich nach der äusseren Mündung zu gerichtet erscheint; es sind mit anderen Worten alle Schenkel centrifugalen Verhaltens. Dementsprechend finden wir auch eine sehr abweichende Beschaffenheit der inneren Mündungen^); diese sitzen nij;mlich direct den Drüsenköpfen der Nephridien auf und sind die einzigen Theile der letzteren, welche frei in der I^eibeshöhle fiottiren. Die meisten Organe haben auch nur je eine innere Mündung; aber einzelne derselben pflegen deren mehrere zu besitzen; gewöhnlich zeichnen sich in jedem Segmente zwei bis drei umfangreichere durch den Besitz von je zwei, drei oder vier solcher Mündungen aus, so dass also in einem gegebenen Segmente stets mehr innere Mündungen als Nephridien vorhanden sind. Auch die Form dieser Mündungen ist sehr eigenthümlich ; es sind nämlich keine Trichter wie diejenigen von CUstomastus, auch keine Löffel wie diejenigen von Dc/sj/branchii.s oder Tremo7na.stus, sondern in zwei Fortsätze sich spaltende Kanäle '^) . An der Uebergangsstelle in seine Fortsätze öffnet sich jeder solche Kanal zu einem Halbkanal, welcher, gespalten, continuirlich in die beiden ebenfalls rinnenförmigen Fortsätze übergeht. Man kann das Ganze einer zweizinkigen Gabel ver- gleichen. Die Fortsätze entsprechen den Zinken und der sich zum Kanal schliessende Halb- kanal entspricht der Dille des Instrumentes ; ich nenne daher auch diese inneren Mündungen Gabeln, und zwar Wimpergabeln, weil sie mit zahlreichen Cilien besetzt sind, welche im Be- reiche des Nephridiums einen Strudel erregen, einen Strom in das Organ hineinleiten und überdies die Zinken der Gabel selbst in einer stets zitternden Bewegung erhalten. Die Wim- a) Taf. 29. Fig. C. Taf. HU. Fig. 22—20 N>.(. 1,;, Taf. 27. Fig. Kl. Taf. 29. Fig. (1. Taf. 30. Fig. 23—25 Nrn. T. e) Taf. 34. Fig. 3o. 272 A. ABatomisch-Histologischer Thcll. porgaboln münden, besonders wenn sie in der Einzahl auftreten, meistens in den oberen, breitesten 'l'heil der Nephridien, zuweilen aber und vorzüglich dann, wenn dei'en mehrere an einem Organe vorhanden sind, können sie auch ziemlich tief gegen die centrifugalen Schenkel herunterrücken"). Wie dem aber auch sein mag: ihr Lumen communicirt stets mit dem- jenigen des das Nephridium durchsetzenden, ebenfalls mit C'ilien ausgekleideten Ansfuhrkanals. Die Stromesrichtung in diesem Kanäle geht von der Gabel zunächst in den drüsigen Abschnitt des Nephridiums und vom letzteren in den unter allmählicher Verschmächtigung sich zur Haut begebenden, ausführenden Schenkel; spaltet sich das Organ in mehrere Schenkel, so spaltet sich auch der Ausfuhrkanal in entsprechender Weise. Die äusseren Mündungen sind nicht immer so leicht aufzufinden wie bei Notn- muatus lineatus, bei welchen: Thiere sie, dank ihrem Vorkommen auf relativ liohcn Fortsätzen, sofort in die Augen fallen. Gleichwohl habe ich diese Mündungen bei den verschiedensten Anneliden, wenn ich nur ausdauernd genug danach suchte, auch dann aufgefunden, wenn ihr Auf- ünden mit recht erschwerenden Umständen verknüpft war. Capitella capitata aber spottete in dieser Hinsicht aller Bemühungen. Wie viele Exemplare auch immer — und sie zählen nach Hunderten! — ich daraufhin in den verschiedensten Weisen und mit den besten uns heute zur A-'erfügung stehenden optischen Hülfsmitteln untersuchte, immer dasselbe Resultat: die ausführenden Schenkel endeten, nachdem sie die Muskulatur durchbrochen und ihren Durch- messer bedeutend vermindert hatten, bald einfach zugespitzt, bald unter gabiiger Zwei- oder Dreitheilung in der Haut'''). Die Sache hat sich schliesslich aufgeklärt: Die Nephridien von Capitella münden nicht nach aussen, sondern entleeren ihr Excret in die Haut, respective zwischen Haut und Cuticula, und ^on diesem Orte gelangt dasselbe wahrscheinlich periodisch, im An- schlüsse an statthabende Häutungen, nach aussen. Was mir, abgesehen von den negativen Resultaten meines Suchens nach äusseren Mündungen, diese Ueberzeugung ganz besonders aufgedrängt hat, waren die Ergebnisse von C/armin-Fütterungsvcrsuchen. Capitella kann Monate lang, ohne merklich darunter zu leiden, in mit gewöhnlichem, körnigem C^armine versetztem Seewasser gehalten werden. Schon nach einem Tage beginnen die Versuchsthiere nicht uner- hebliche Quantitäten des im Wasser suspendirten Farbstoffs zu verschlucken und — zu ver- a) Tal'. ay.M'lg. 10. Nrn. T. b) Taf. .SO. Fig. 26. Nm. M. *) In einer iliosei- Monographie vorangegangenen Publication (1. ji. IG. c. p. 100) hatte ich augegeben, dass die Nephridien der Capitella einfach zugespitjit zwischen Ringmuskulatur und Haut enden. Diese Angabe wurde durch Fischer (1. p. 10. c. p. 4S7) dahin corrigirt, dass die Nephridien nicht so, sondern gabiig getheilt in die Haut eindringen. Ich habe mich seitdem an gutem Schnittmateriale davon überzeugen können, dass Fischek seinerseits Hecht hat. Unter meinen damals ausschliesslich nach frischem Materialo angefertigten Skizzen hatten sich auch solche befunden, welche eine derartige gabiige Theilung veranschaulichten ; meistens aber stellten dieselben das Schenkelende einfach auslaufend dar, und so war ich geneigt jene Theilungen für eine falsche Interpretation der bezüglichen Bilder zu halten. Beide Bilder waren aber, wie ich mich jetzt überzeugt habe, richtig; denn ich muss Fischer gegenüber aufrecht erhalten, dass niclit bei allen Nopliridion, sondern nur bei einzelnen diese Verzwei- gung des .\usführ\ingsgangcs stuttiindet. V. Capitella. 0. Nephridien. 273 dauen. Das Carmin wird, im Magendarm angelangt, zunächst zu einer, meist hämatoxylin- blauen, Flüssigkeit gelöst, und so von den Magendarmzellen resorbirt. Bald darauf beginnt die Ausscheidung desselben, welche in erster Linie durch die Nephridien besorgt Avird. An denjenigen Stellen aber, an welchen die Nephridien in die Haut münden, beginnen sich, während die Ausscheidung des Carmins vor sich geht, rothe Flecken zu bilden, welche in dem Maasse, als der Ausscheidungsprocess andauert, an Intensität der Färbung und Ausdehnung des Verbreitungsbezirkes zunehmen*). Um eine ganze Reihe raJiglicher Fehlerquellen auszuschliessen, habe ich das Exjjcriment imter Anderem auch dahin variirt, dass ich die Versuchsthiere nur so lange in C'arminwasser Hess, bis sie einiger maassen genügende Quantitäten des Farbstoffes in den Darm aufgenommen, jedoch mit der Ausscheidung noch nicht begonnen hatten; sodann kamen sie 'ohne irgend welche Färbung in der Haut aufzuweisen) in strömendes Wasser. Die Resultate waren die- selben: nach einiger Zeit kamen die rothen Flecken an allen jenen Stellen der Haut zum Vorscheine, an denen die Nephridien endeten. Nachdem ich aber diese durch den ausgeschiedenen Farbstoff bewirkte Fleckenbildung in der Haut erst einmal kennen gelernt hatte, gelang es mir auch in einzelnen, nicht mit Farbstoffen gefütterten, eben eingefangenen Thieren die natürliche Excrctablagcrung in der Form eigenthümlich sicli verhaltender Hautflecke wahrzunehmen, und si);lterhin habe icli sogar diese Excretfiecken der Haut häufig mit Erfolg als Anhaltspunkte bi'i der Aufsuchung der Nephridien benutzt. Diese Flecken bestehen aus Ansammlungen derselben gelben Bläschen und Körnchen, welche auch in den das Organ zusammensetzenden Zellen^) als sogenannte Excretbläschen vorkommen; hier in der Haut würden sie natürlich ihrer Farbe halber, wie alle derartigen Gebilde, von denjenigen, welche ihren ll^rsprung nicht kennen, schlechtweg als Pigment be- zeichnet werden und diese Thatsache wird mir in einem folgenden Theile Veranlassung geben, ausführlich auf die so interessante Beziehung von Excret zu Pigment einzugehen. Wie bei allen vorhergehenden Fornu^n {Cli.sto)H(i,stHS mit seinen rudimentären Nieren- platten ausgenommen!; haben auch bei CapiteUa die Nephridien ihre Lage in den Nieren- kammern i^), und zwar verlavifen sie, ähnlich wie bei Mastobranc/ms, ziemlich rechtwinkelig auf die Längsaxe des Thieres gerichtet, durch welche Einrichtung-übrigens allein das Vorkommen einer Vielzahl von Organen in diesem Räume ermöglicht wird. Als eine sehr auffallende Eigenthümlichkeit muss aber hervorgehoben werden, dass der centrifugale Theil der Capitella- Nephridien nicht wie bei Mastohranchus von der Medianlinie ab-, sondern lungekehrt dieser Linie zugerückt verläuft, so dass deren Hautmüudnngen ganz in die Nähe des Bauchstranges zu liegen kommen"^). Die verschiedenen Nephridien eines gegebenen Segmentes sind meistens ganz unabhängig a) Taf. .34. Fifc. 32. b) Taf. 34. Fig. 29. 31. c) Tal'. 29. Fig 0. Xm. Taf. 29. Fig. 6. Nni. Zool. Station ■/.. Ne;ipcl, Faura uiul Flora, Oolf von Neapel. t'apitelliJen. '.)'y4 A. Anatomisch-Histolügischer Thcil. von einander; aber in einzelnen Fällen habe ich die Schenkel /weier successiver Organe durch einen Ast miteinander in Verbindung stehend gefunden. Der Wimperstrom dieses Astes hatte dann die Richtung vom vorderen /um liinteren Organe. In Fig. 19. Taf. 27 habe ich die Xephridien eines Segmentes abgebildet, in dem das erste und zweite Organ durch einen solchen A'erbindungsast communicirt. In weiter hinten gelegenen Segmenten als das abgebildete, in welchen die Nephridien zahlreicher sind und enger aneinander rücken, sind solche Verbindungen zahlreicher und mannigfaltiger, aber auch viel schwerer wahrzunehmen. Geht doch zuweilen die Annäherung der Organe so weit, dass an ihren drüsigen Abschnitten Grenzen überhaupt nur noch schwer festgestellt werden können und dieselben in Folge dessen den Eindruck compacter Drüsen machen, auf welchen die Wimpergabeln unregelmässig zerstreut stehen. Nur die centrifugalen, der Mündung nahe gelegenen Abschnitte der einzelnen Nephridien lassen, dank ihren geringen Durchmessern, stets einen getrennten Verlauf erkennen. Die bisherige Beschreibung bezieht sich ausschliesslich auf ausgewachsene Individuen; anders verhalten sich jugendliche Thiere. Diese letzteren haben nämlicli niemals in so weit nach hinten gelegenen Zoniten Nephridien wie die ersteren, besitzen aber umgekehrt solche in so Aveit nach vorn gelegenen Segmenten, wie in entsprechenden bei Erwachsenen niemals angetroffen werden. Diese Nephridien der Juvcnes, welche in dem Maasse, als die defini- tiven der erwachsenen Thiere zur Ausbildung gelangen, der Rückbildung anheimfallen, nenne ich — wie die entsprechenden Organe jugendlicher Notomastus — provisorische Nephridien' . Die provisorischen Nephridien unterscheiden sich aber bei Capitella in mehreren wesent- lichen Punkten von den definitiven. Vor Allem ist ihr Auftreten ein streng segmentales; niemals wird in einem gegebenen Zoniten mehr als ein Organ angetroffen a) . Sie participiren ferner stets an zwei Körpersegmenten, das heisst der mit der Wimpergabel ausgerüstete Ab- schnitt des Nephridiums eines gegebenen Segmentes ragt, das Septum durchbrechend, in je ein vorhergehendes. Sodann ist ihr Eagerungsverhältniss im Segmente derart, dass ihre Längs- axe nicht wie diejenige der definitiven Organe nahezu rechtwinklig auf die Längsaxe des Thieres, sondern derselben nahezu parallel gerichtet verläuft. Endlicli erlangen die provi- sorischen Nephridien eine beträchtlich grössere Unabhängigkeit gegenüber ihrem Mutterboden, dem Peritoneum ; denn, obwohl auch sie dieser Membran fest angewaclisen bleiben, so erschei- nen sie doch in viel höherem Grade von derselben abgeschnürt'^). Bezüghcir der inneren Mündungen stimmen die provisorischen Nephridien voll- ständig mit den definitiven überein; auch sie liaben die Form von Wimpergabeln. Auffallend ist, dass die (Grösse dieser Wimpergabeln eine ganz constante, von der Grösse der Organe unabhängige ist. Ihre Länge beträgt, sei nun das bezügli(-he Organ l(K), 2(10 oih^r 300 ja a) Taf. -M). FiR. 21. Nrn. P. b) Taf. 30. Flg. 22. Nrn. P. *1 Den in meiner citirten früheren Mittheilung für diese provisorischen Nephridien gewiihlten Xamen »I.arven- segmentalorgane« unterdrücke ich, um eine Verwechslung mit den excretorischen Apparaten der Larven, der soge- nannten Kopfniere, mit welcher sie sicherlich nichts zu thun haben, zu vermeiden. V. Capitella. 9. Ncphriilifii. 275 lang, stets 3(1 bis 40 [j. und ganz dieselbe liinge haben auch die Gabeln der definitiven, wie sehr auch letztere Organe in ihren Dimensionen von einander abweiclien mögen. Daher kommt es, dass die Wimpergabeln jüngster Thiere relativ riesig erscheinen (indem ihre ab- solute Länge die Hälfte der Organlänge beträgt), diejenigen der grösseren provisorischen sowie der definitiven Nephridien dagegen einen sehr winzigen Eindruck machen. Auch die Form der provisorischen Nephridien ist derjenigen der definitiven nicht unälnilich; sie stellen ebenfalls Keulen dar, deren vorderer, dickerer Abschnitt vorwiegend als Drüse und deren hinteren-, sich allmählich verjüngender Abschnitt vorwiegend als Ausführungs- gang (centrifugaler Schenkel) fungirt. Niemals kommt es aber zu einer Spaltung dieses letz- teren Abschnittes, indem die Keulen stets einschenklig bleiben. Als eigenthümlich ist noch die Beschaffenheit des proximalen Theiles der provisorischen Nephridien hervorzuheben. Dieser Theil (der Kopf der Keulei ist nämlich blasenförmig auf- getrieben und innen rings mit lebhaft strudelnden Cilien besetzt. In dieses Bläschen mündet mm einerseits der das Organ durchsetzende Ausführungsgang und andererseits der Kanal der Wimpergabel. Der AVimperstrom verläuft hier ebenfalls centrifugal (von der üabel zur Haut) gerichtet. Ich luibe mich auch bei den provisorischen Organen vergebens bemüht eine Mündung nacli aussen aufzufinden, und glaube daher, dass sie ebenso wie die definitiven das Excret in die Haut überführen. Dass die provisorischen Nei)hridien bei CapitcUa alle — mit Ausnahme vielleicht der- jenigen des 5. Segmentes? — zeitweise in Function treten, konnte ich besonders über- zeugend an einer Eeihe von Juvenes feststellen, welche sich aus den Eiern eines in C'armin- wasser lebenden Weibchens entwickelt hatten. Diese Juvenes verschluckten den Farbstoff ganz wie die Erwachsenen und schieden denselben ebenso mit Hülfe der Nephridien aus wie jene. Stets fanden sich an solchen in Carminvvasser lebenden Thieren nur die ausgebildeten Nephridien — einerlei ob provisorische oder definitive — gefärbt, wogegen sowohl die in der Rückbildung begriffenen provisorischen, als auch die erst in der Anlage begriffenen definitiven jedweder Färbung entbehrten. Um ein Bild der Reihen- imd Zeitfolge zu geben, in der die zwei Kategorien von Nephridien im heranwachsenden Thiere auftreten, sich rückbilden, respective neben- einander existiren, theile ich nachfolgenden Auszug*) aus meinen Tabellen mit: ) In diese Liste habe ich nur diejenigen Nummern aufgenommen, für welche das Verhalten der Nephridien aller Segmente jeweils am vollständigsten erkannt worden war. Auch bei solcher Auswahl indessen bietet dieselbe der Lücken noch genug; besonders empfindlich da, wo die Vielzahl der Nephridien durch »mehreref. mehrere N. ju. — 16. Segm. [ je mehrere N. mehrere N. ,11. u. 15. Segm. je mehrere N. \ 0 N. mehrere N. 1 1.— 16. Segm. je 6 N. 14. — 18. Segm. je mehrere N. Wäbreud die P. N. dieses in l'ar- minwasser aufgewachsenen Juveiiis alle Farbstoff ausschieden und daher alle roth waren, Hessen die in der Ent- wickeluiig begrilfenen N. des 10. Seg- mentes keine Spur von farbung er- Vou den 2 Organen des U meutes das vordere hart am S, liegend und daher wahrscheiulii ereits mit Sperma ange- N. des lIF. n. schwacher gefärbt gehenden P. N. **) Ich brauche den Ausdruck »mehrere N. wurde oder werden konnte. diejenigen Falle, in denen die Zalr l'estgcstcllt 278 •^- Anatomistli-Histulogischer Theil. Aus einer Verf^lciclnmg der in dieser Liste aufgeführten Stadien crgiebt sich nun Folgendes: 1. Trovisorische Nephridien können — abgesehen vom 8. mit den Genitalschläuchen ausgerüsteten — im 5. bis II. Körpersegmente auftreten, und zwar bei 1 bis 2 mm messenden 'J'hieren im 5. bis 9., bei 2 bis 3,5 mm messenden im 5. bis J 1. 2. Die definitiven Nephridien entwickeln sich vom 10. Körpersegmente ab; bei 2 bis 4 mm langen Thieren zunächst in denjenigen Segmeuten, welche auch noch provisorische be- sitzen, so dass also diese Segmente das 10. und II.), wenigstens eine Zeit lang, provisorische und detinitivc nebeneinander enthalten können. 3. Von einer (Grösse von 4 nun ab beginnt die Entwickelung der definitiven Organe aucli in solchen Segmenten, welche niemals provisorische besessen hatten, nämlich im 12. bis «. Segmente. 4. In dem heranwachsenden Thiere treten in inuner zahlreicheren Zouiten Nephridien auf, so dass bei 5 mm Kör[)erlänge Nei)hridien bis zum 13., - 10 - - - - - 15., - 20 - - _ _ _ 16., - 30 - - - - - 18. und - 40 - - - - - 23. Segmente gefunden werden. 5. Die Zahl dieser sich successive ausbildenden Organe in einem gegebenen Segmente ist allgemein um so grösser, je weiter hinten dieses Segment gelegen ist*): 2 bis 3 Paare finden sich gewöhnlich in den vorderen, 4 bis 5 Paare in den mittleren, und 5 bis G Paare in den hintersten respectiven Segmenten. (■). In dem Maasse als sich die definitiven Organe entwickeln, bilden sich die pro- visorischen des 5. bis 9. Segmentes zurück, so dass bei ausgewachsenen Thieren in diesen Seg- menten keine Excretionsorgane mehr angetroffen werden. Dieser llflckbildungsprocess **) beginnt schon sehr früh, indem man selbst bei 1 bis 2 mm langen Jungen die Nephridien des 5. Segmentes entweder nie mehr, oder doch nur in ganz degenerirtem Zustande antrifft. Bei 5 bis 10 mm langen Jungen wird die Rückbildung der provisorischen Nephridien des 6. und 7. Segmentes eingeleitet, und bei 20 bis 30 mm langen Thieren vollzieht sich erst die Degeneration derjenigen des 9. Segmentes. Ob die provisorischen Nephridien des 10. und I I . Segmentes, neben welchen während *; Hierbei dürfen natürlich nur diejenigen Fülle ins Auge gef'asst werden, in welcVien die Organe des be- isüglichen Segmentes ihre vollkommene Ausbildung erlangt haben; denn auch innerhalb der Segmente ist die Ent- wickelung derselben eine successive (vergl. Nr. 14 der obigen Liste). **) Dieser Rückbildungsprocess stimmt mit dem gewöhnlich als »fettige Degeneration« bezeichneten überein. Zuerst wird der centrifugale Schenkel, zuletzt der drüsige Abschnitt ergriffen. In den letzten Stadien findet man daher auch von den ursprünglichen Organen gegebener Segmente nur ihre im näclist vorderen Segmente gelegenen Drüsenköpfe, welche, abgesehen von einzelnen Excretbliischen, ausschliesslich aus 1 — S /( grossen, silberglänzenden oder gelblichen, fettartigen Tropfen bestehen. V. Capitella. 9. Nephridien. 279 sie funo-iren, definitive ausgebildet ■werden, zeitlebens bestehen bleiben oder niclit, ist zweifelhaft. Dafür sprieht, dass man selbst in erwaehsenen Thieren häutig je das erste Organ der bezüglichen Segmente vom Habitus der provisorischen und mit ihren Gabeln in's nächst vordere ragen, oder doch dem Septum dicht anliegend findet, dagegen spricht, dass zuweilen auch in diesen Segmenten je das erste Organ von den Septcn abgerückt erscheint und keinen solchen, an die provisorischen erinnernden Habitus darbietet. 7. Alle die geschilderten Veränderungen spielen sich — selbst wenn man reichlich die möglichen Ungenauigkeiten der Messungen etc. berücksichtigt — zeitlich in sehr unregel- mässio-er Fol^-e für ie gleich grosse Thiere ab; es sind /,. B. häufig noch bei älteren Thieren in solchen Segmenten provisorische Nephridien erhalten, in denen sie bei jungen Thieren schon verschwunden sind, oder es können umgekehrt bei jüngeren Thieren in solchen Seg- menten schon definitive Organe vorhanden sein, in welchen bei älteren noch ausschliesslich provisorische vorkommen. In ihrer Structur bieten die Nephridien der Capitella wenig von den anderen Gat- tungen Abweichendes dar. Wie bei Clistomastns erkennt man leicht das die Zellen abgren- zende, einerseits in die Membrana propria und andererseits in den Ausfuhrkanal übergehende Gerüstwerk"). Die Zellsubstanz ist aber consistenter als bei jener Form. Die Excretbläschen^') haben meist eine Grösse von 1 — 2 |jl; selten findet man solclie von 4— S [j.. Ihre Farbe ist nicht alcoholbeständig und in Folge dessen erscheinen sie in den fixen Präparaten verblasst. Dass hier von einem Peritonealsacke nicht die Rede sein kann, indem die Organe mit ihrer Unterseite unmittelbar der Muskulatur aufliegen, wurde schon erwähnt; icli möchte dem nur noch hinzufügen, dass das sonst einschichtige Peritoneum im Bereiche der Nephridien mehrschichtig wird und dass die es zusammensetzenden Zellen ein saftigeres Ansehen darbieten. Die Wimpergabeln verrathen durch einzelne, der Dünne ihrer Wandungen entsprechend sehr plattgedrückt erscheinende Kerne eine zellige Structur '=). Bezüglich der Hautmündungen wäre zu erwägen: in wie weit dabei ectodermale Ele- mente betheiligt sind. Der Anschein spricht nicht dafür, indem die centrifugalen Schenkel ganz continuirHch in die feinen, die letzten Endigungen der Mündungen darstellenden Kanäl- chen auslaufen '1) . ücber das A'evhältniss dieser Kanälchen zu den Hypodermzellen vermochte ich aber auch mit den besten Untersuchungsmitteln vorläufig nicht melir zu eruiren, als dass sie im Bereiche der letzteren abrupt endigen. Der Ausfuhrkanal i^) entbehrt hier, ähnlich wie bei Cll.stoma.sftis, eines besonderen Epitliels; seine Cilien sitzen wie bei jener Gattung der Kanalwandung direct auf und stammen daher von den letzterer Wandung zunächst liegenden Drüsenzellen. Bei der Beobachtung frischer, wimperndi>r Nephridi(>n f^illt sowohl in den Wimper- a Taf. 30. Fig. 24— 2S. b) Taf. :!4. Flg. 20. Sl. c Taf. 30 Fig. 24. 25. Nm. T. d] Taf. 3ü. Fig. 26. Xm. M. e) Taf. 30. Fig. 27. 28. Xm. C. 2S0 A. Anatomisch-Histologischer Tht-il. gabeln, als auch im Kanäle der Organe, ein ziemlich breiter, spiralig bewegter vStrang auf; lange glaubte ich, dass es sich hier nur um die bekannte, durch die ( 'ilienbcwegung ver- ursachte optische Erscheinung handle; das Studium der Schnitte hat mich aber belehrt, dass dem nicht so ist, indem sich in solchen Präparaten in der That eine bald liomogene, bald mehr streifige, spiralig gedreht verlaufende Platte vorfiind=i), welche im frischen Zustande offenbar durch die C'ilien in Bewegung versetzt wird. Wo/u aber diese im Trichter- und Kanallumen schwingenden Platten dienen mcigen, woher sie stammen, und ob endlich die problematischen, im liumen der Notomasfiis-'N c\)hv[dien verlaufenden Stränge, welche ich für mnskulöser Natur hielt, etwas damit zu thun haben, sind Alles Fragen, welche ich nicht zu beantworten vermag. Bei keiner anderen Capitellidenform ist der genetische Zusammenhang von Peritoneum und Xephridien so in die Augen springend wie in der uns beschäftigenden. Die in heran- wachsenden Tliiercn sich successive ausbildenden Excretionsorganc stellen nämlich zunächst nur locale Anschwellungen des parietalen Blattes dar; allmählicli erst tritt sodann in diesen Anlagen Wimperbewegung auf und so kann man die Entwickelung dieser Organe von jenen Anfiingen l)is zu ilirer vollständigen Ausl)ildung stufenweise verfolgen. 10. Geschlechtsorgane. Dio ersten Angaben über dieses Organsystem haben Fiiey und Leuckart ') gemacht. Sie sagen: »Abweichend in ihrem V,;\u von den übrigen Lumbricinen sind die Geschlechtsorgane, welche in den ein- zelnen Ringen jederseits aus einem retortenformigen Schlauche bestehen und nur in den vordersten und letzten Leibesringen fehlen. Wahrscheinlich sind die Thiere getrennten Geschlechtes, wie wenigstens daraus abzunehmen, da.ss bei den von uns untersuchten Individuen die Siicke stets voll Eier waren, und Sperma- tozoen in keinem anderen Gebilde entdeckt werden konnten«. Eingehendere Miltheilungen, insbesondere über den Copulationsapparat, verdanken wir van JJeneukx^). Dieser Autor bestätigt zunächst die Zwiegeschlechtigkeit, indem er hervorhebt, dass die (J' um die Hälfte kleiner als die Q seien. Im i). Segmente liege bei den rf in Form einer ovalen, unpaaren Tasche der opake, durch die Körperwandungen hindurchschimmernde und auf der Grenze des 0/10. Segmentes nach aussen mündende Hoden. Im Bereiche dieser äusseren Mündung stehe sodann in Form zweier Halbkreise der je aus S bis !» gekrümmten Platten sich zusammensetzende ('opulationsappavat eingepflanzt, von dessen Art zu fungiren sich aber unser Autor keine Vorstellung zu machen wusste. Im Inneren des Hodens end- lich fand er sowohl reife, als auch in Fintwickelung begriffene Spermntozoen. Dass ebensolche auch in der Leibeshöhle zwischen den Elementen der Hämolymphe vorkommen, schien vanBenedex nichts Abnormes zu sein. Mei den ^ sollen, abgesehen von der Kopf- und Schwanzregion, alle Zoniten mit je einem Paare geräumiger, weiss oder gelb erscheinender Taschen, den Ovarien, ausgerüstet sein. Oviducte oder Poren zur Evacuation der Eier seien nicht vorhanden, indem sich diese Geschlechtsproducte, nachdem sie durch Platzen der Eierstöcke in die Leibeshöhle gerathen, im Bereiche des Schwanzes durch die Haut nach aussen drängen. Die Eier werden von den Thiereu mit so grosser Regelmilssigkeit in die Wohnröhren abge- legt, dass letztere wie mosaikartig gefeldert erscheinen. ai Taf. ;{0. Fi-. 24. 2.^,. Nm. T. Fpl. Fig. 27. 2S. Nrn. Fj,l. 1) 1. p. 2. c. p. l-.l. 2 1. 1). ;{. c. p. l(i— l'j. V. Capitella. 10. Geschlechtsorgane. 281 Johnston ') hat, ohne die Identität seiner Valla ciliata mit der Uapitella capitata zu erkennen, eine ^ute Abbildung der Genitalhaken gegeben. Die llcsultate v.vn Beneden's wurden sodann von Cl.vpareüp; '-) theils bestätigt, theils erweitert und corrigirt. Vor Allem stellte CL.iPARiiDE fest, dass der q^ Copulationsapparat aus vier distincten Borstcubündeln bestehe, welche Uiindel nichts Anderes als die modificirten hämalen Parapodien der betreffenden Seo-mente darstellten. In Bezug auf die von v.vn Beneden als Hoden gedeutete Tasche bemerkt er, dass ihm nie Spermatozoen in derselben begegneten, dass ihm deren Kaliber überdies für eine so wichtige Function viel zu unbedeutend erscheine und es sich daher weit eher um eine Drüse handeln dürfte, deren Secret den Samen zu verdünnen bestimmt sei. Der von dem belgischen Forscher stabilirte Modus der Eiablage wird als den Thatsachen wider- sprechend zurückgewiesen. Den Q. komme nämlich ein zwischen dem 7. und S. Segmeute gelegenes Paar von Sexualporen zu, welche zur Zeit der Geschlechtsreife stark anschwellten und ein an den Gürtel der Lumbriciden erinnerndes Ansehen darböten. Die rf Geschlechtsöffnung verlegte CL.^PAuiiDE ebenfalls in den Bereich des Copulationsapparates. Schliesslich bleiben noch die den Genitalapparat betreffenden Bemerkungen Fiscuer'sS zu erwähnen. Dieser Autor hat in der von v.iN Beneden als Hoden gedeuteten Tasche Spermatozoen aufgefunden und hält aus diesem Grunde im Gegensatze zu Clapahjide an deren Hodennatur fest. Sodann bestätiot er das Vorhandensein der von dem Verfasser vorliegender Monographie in einem Auszuge beschriebenen J), auf der Grenze des 7./S. Segmentes gelegenen Genitalschläuche, indem er hinzufügt, dass auch er die betreffenden Organe meist von Sperma erfüllt und stark mit Wimpern besetzt gesehen habe. Bei Capitella ist ähnlich wie bei den Gatttmgen Notomastas und Hetcromastus die Er- zeugung von Fortpflanzung,sin-oducten atisschliesslich auf die Genitalplatte ») beschränkt. Die männlichen Keimzellen, welche sich schon frühe von dem peritonealen Mutterboden ablösen, kommen an den freien Flächen der genannten Platte zur Ausbildung, die weiblichen Zellen dagegen entstehen inmitten dieser sicli in zwei Blätter spaltenden Membran. Dtirch solche Anordnung erhalten die Ovarien^': unserer Gattung von Anfang an eine feste Um- hülliuig, und da letztere mit der Grössenzunahme der Eier wächst, so kommen allmählich relativ sehr umfangreiche und compacte Organe zu Stande, welche, da die Bauchstrangkammer frühe schon ausgefüllt wird, sich nach der Darmkammer hin vordrängen, um auf der Höhe ihrer Ausbildung auch diesen Raum von Segment zu Segment grösstentheils in Form zweier ovaler, innig dem Darme anliegender Säcke einzunehmen. Durch Platzen der erwähnten Hülle werden sodann die annähernd ztir lleife gelangten Eier frei, um ihre letzten Stadien der Ausbildung flottirend in der Leibeshöhle durchzumachen. Während bei allen übrigen Capitelliden die ersten Abdomensegmente unfruchtbar zu bleiben pflegen, beginnen bei Capitella die Ovarien regelmässig schon im ersten Zoniten dieses Leibesabschnittes, also im 10. Körpersegmente. Umgekehrt erstrecken sich aber auch in un- serer Form die Keimstöcke entfernt niclit so weit nach hinten wie bei den übrigen. In einem etwa 90 Segmente zählenden $ fiindeu sich z. B. Ovarien nur vom 10. — 50. Segmente iu der a) Taf. 2Ü. Fig. 6—8. Gpl. b) Tat. 2. t uns in den Prolegoniöncs /.u »Les Annelides Che- topodes du Golfe de Naples«, als Frucht seiner, über ein so reiches frisches Material er- strockten Untersuchungen nur folgende nnbestinmite Schilderung: liLn couchc sous-cuticulaire (hypoderme Weissmaxx; qui la secrete, peut ctre souvent appelee avec M. KoKi.i.iKF.K du nom d cpithelium, toutefois, daiis la plus grande partie des cas, il n'est point possible d'y reconnaitre les limites des c-ellules coustitutives. Les micleus y paraissent phitot semes a\-ec une assez grande regularite dans une couche granuleuse continue, comme M. Hack l'a vu pour eertains Arthropodes.« Und doch war schon geraume Zeit vor Abfassung des C^LAPAREDE'schen Buches eine Monographie erschienen, in der ziemlich bestimmte Angaben über die Structur der Anneliden- haut in Wort und Bild tiguriien; nämlich Leydigs^) »üeber Phreorj/ctes Meukeomtm. Es wird da nämlich constatirt, dass die Matrix der Cuticula aus kleinen nach unten sich aus- fasernden Zellen bestehe, sowie ans zu Hautdrüsen modificirten Elementen, und wenn es auch Eeydui nicht gelungen ist die Kerne dieser Drüsenkörper zu demonstriren, ja wenn er selbst durch den Versuch, sie zu Sinnesorganen zu stempeln, welche unter dem Bilde einer Drüse auftreten, dieselben wieder aus ihrem eigentlichen Rahmen herausgerückt hat, so blieb doch immerhin das Nebeneinandervorkommen von zweierlei distincten Zellformationen als That- sache bestehen. Ausserordentlich!' Anregung zum Studium der Hypodermstructur hat nun aber wiederum eine Arbeit Claparkiie's ') gegeben, und zwar dessen »Histiologische Untersuchungen über den Regenwurm". Ja, man kann mit gutem Rechte sagen, dass eigentlich erst dessen vielfach angefochtene Schilderung der Lumbricushaut die betreffenden Forschungen in einen richtigen Fluss gebracht habe. In der betreffenden Abhandlung beschreibt nämlich unser Autor die Hypodermis als ein Wabennetz von Protoplasmalamellen mit eingestreuten Kernen, das sich in der Fläche wie ein Fadennetz ausnehme; die Maschen dieses Wabennetzes, die soge- nannten AVabenräume oder Alveolen, seien mit einer farblosen, bald homogenen, bald in Kügelchen zerfallenen Substanz gefüllt, deren drüsige Natur er zwar für wahrscheinlich hält, der er aber in Folge des Mangels von Kernen einen zelligen (Iharakter ohne Weiteres doch nicht zuzusprechen wagt, und so kommt er dazu, diese Alveolen, respective deren Inhalt, »intercellulare Drüsenkörper« zu nennen. Eine ganz ähnliche Hautstructur soll verschiedenen anderen Oligochaeten sowie auch gewissen marinen Polychaeten, insbesondere Phyllodociden zukommen. Dass derselbe alveolare Bau auch bei vielen marinen, sedentären Formen durchgcffilirt sei, dafür lieferte C'laparede^, in seinem letzten Werke noch zahlreiche Belege. Man sieht, Claparede brauchte nur die Individualität der die Alveolen zusamnien- 1) 1. p. IH. c. 11. Vi. (1808.) 2) liF.yiilG, Fr. Uebor IVireoi-yctrs Mcnkednus Hui'FM, nebst IJenicrknUKcn über den Bau anderer Anne- liden. Arch. Mikr. Anal. 1. Bd. p. 250. (1S05.) :i) Clafarkde, V.. Histiologische Untersuchungen iil>er den Kegenwvum. Zeit. Wiss. Z. 19. Bd. p. r.07 — .•)71. (180er. Akad. Wien. 7(i. Bd. p. 7. (1877.) 4) 1. p. 76. c. p. 300. (1879). ,5) Lankester, E. Ray. On Intra-Epithelial Capillarics in Ihe Integument of the Medicinal Leecli. (i. Journ. Micr. Sc. (2.) Vol. 20. p. 303. (1880.) *) Mojsisovios spricht zwar, im Anschlüsse an Leypr:, von Zellen, die nach einer oder nach beiden Seiten zu spitz ausgezogen sind und zwischen denen kolbig verdickte liegen sollen; aber erstere entsprechen sicher- lich nicht den CLAPARi;DE'schen Protoplasmanetzen (unseren Fadenzellen): dieselben gehören im Gegentheil, wie aus des Autors eigenen Abbildungen hervorgeht, ehenfalls zur Kategorie der Drüsenzellen. 310 ^- Vergleichend-Anatomisclier (Morphologischer) Theil. Sodann durch Spengel'i, indem er die Haut des ü/l-l(.iduMi,l-A.utln,nischcr iM..ri,l,(.l,.Ki.s>-'.li'M) Tl.ril. uii.l lliiitsaclilicli ist CS nicht schwierig, :in jc. 18S). ii. 270. I. Haut. 2. Vergleich der Capitelliden mit anderen Anneliden, a. Hypodermis. 313 des Bauchstranges und endlich mit Aush'lufern von Ilypodermzellen. Daraus schUesst ge- nannter Autor: »On peilt considerer les prolongenients en continuite avec des cellules de l'epiderme comme neifs sensibles, ceiix qui al)oiitisseiit aiix Lames muscul.aires comme nerfs moteurs, les cellules intermcdiaires comme organes centraux. Do eette disposition il resulte qiie les muscles ne sont pas excliisivement en relation avec les Clements de l;i modle. Dans la region dorsale notamment, les impressions recues de rexterieur peuvent etre transmises directement aiix cellules ganglionnaires du plexus intermusculaire, sans avoir besoin de passer par les elcments centraux de la moelle. Les cellules nerveuses de ce plexus pourraient Commander directe- ment les muscles.« Wie man sieht, ist in der von Fraipont beschriehencn Anordnung etwas verwirklicht, was ich im Vorhergehenden bezüglich der mit transversalen Muskeln verschmolzenen Ilaut- fadenzellen als Möglichkeit in's Auge gefasst habe^'), nämlich, dass Muskelfasern, mit Umgehung des Centralnervensystemes, von Haut-, respective von Ganglienzellen aus direct in Erregung versetzt werden können. Immerhin sind folgende nicht unerhebliche Abweichungen in den beiderseitigen An- ordnungen im Auge zu behalten: Erstens sind es bei den Capitelliden nicht wie bei Poljj- (/ordius die Fasern der hauptsächlich der Körperbewegung dienenden Stammcslängsmuskulatur, sondern die Fibrillen der transversalen, vorwiegend als Retractoren fungirenden Muskelstränge, welche die betreffende Verbindung mit Ganglien- und Hautzellen eingehen. Zweitens voll- zieht sich diese Verbindung nicht etwa derart, dass Ausläufer der Ganglienzellen einerseits in Hautzellen und andererseits in !Muskelfibrillen übergehen, sondern sie kommt -sielinehr auf solche Weise zu Stande, dass die erwähnten Fibrillen direct mit Hautfadenzellen verschmelzen und die Ausläufer der Plexuselcmente (wie insbesondere aus den zu Seitenorganen umgewan- delten Hypodermpartien hervorgeht) an dieses Verschmelzungsproduct herantreten. Drittens endlich liegt der Ganglienzellenplexus der Capitelliden nicht innerhalb der Stammesmuskulatur, sondern zwischen dieser Muskulatur und der Haut, und aus diesem seinem Lagerungsverhält- nisse, insbesondere aber aus der Thatsache, dass weitaus die Mehrzahl aller seiner Zellenausläufer in solche der Hautelemente übergehend gefunden wird, lässt sich schliessen, dass der Capi- tellidenplexus in erster Linie sensiblen, jener zwischen den Fasern der Längsmuskulatur ein- gebettete von Poljjgordiits etc. dagegen vorwiegend locomotorischen Bahnen zu dienen be- rufen ist. Wenn wir uns erinnern, einen wie hohen Grad der Entwickelung das Hautnervensystem der Capitelliden repräsentirt, so muss das Aphoristische des von anderen Anneliden darüber bekannt gewordenen sehr auffallend erscheinen. Die Ursache dieses Mangels ist nun aber, wie ich glaube, weniger eine objective, als eine subjecti\e. Die Ursache scheint mir nämlicli in der traditionellen Tendenz zu liegen: Alles, was sich zwischen Haut- und Muskelschieht in Form von Fibrillen oder verzweigten Zellen einschiebt, und was meiner Ansicht nach zum guten Theil das Innervationsmaterial des Integumentes darstellt, unter dem Titel »Binde- gewebe« zu begraben. Es Hesse sich dafür manches Bt'ispiel citiren und somit auch der er- «) Vergl. p. 304. Zool, Station z. Neapel, Fiuna und Flora. Lrolf von Neapel. Capitelliden. \{\ 314 i^- Vergleichend- Anatomischer (Morphologischer) Theil. williute Mangel an Verbreitung eines Ilautnervensystemcs, insofern er sich in der Literatur aus- (In'ickt — vorausgesetzt, dass meine A'ermuthung richtig ist — beseitigen; aber wir würden durch die speciellc Aufführung sohdier Beispiele scliliesslich doch nicht mehr erfahren, als wir auch so schon wissen: nämlich, dass von zahlreichen Autoren die zwischen Haut und Muscularis eingeschobene, walirscheinlich in allen Fällen die Innervationsclemente bergende Schicht als sogenanntes Bindegewebe ignorirt wurde. Nur einen Fall möchte ich als Beleg hierfür citiren, weil entsprechende Abbildungen ohne Weiteres die Sache zu erläutern ver- mögen. Claparede '] beschreibt in seinem öfters citirten Werke über die sedentären Anne- liden auch die Ilypodermis der Tcrcbella; specieU die verdickten thoracalen Partien sollen eine ganz besondere, sonst nirgends im Körper vorkommende Structur aufweisen; doch lassen wir ihn selbst reden: »On distingue dans cet hypoderme particulier une couchc superficiollp qtic j'appelle rhypoderine fibrillaire, et une partie profonde qua je designerai sous le nom de tis.su tonnecl if stellairc. Ce uom de tissu connectif n'est point dcplace, d'abord parce que l'hypoderine est uni par lui aux autres organes, puis parce q'uil ne teste p.as strictement superficial, mais qu'il se glisse, ta et la, eiitre les organes sous-jacents, parfois jusqua une assez grande profondeur. C'est ainsi que les coupes de ces prolongements «apparaissent, (•ä et lii, comme des ilots rouges dans les sections des muscles longitudinaux (PI. IX. fig. 5a). J'ai diffe- rcntes preparations oü plusieurs petits ilots scmblables se voient ii la fois entre les fibres du muscle longi- tudinal inferieur. Ce tissu connectif etant toutefois bien different de cclui qu'on trouve ailleurs chez les Annelides, je lui donne lepithcte de Stellaire. II est forme, en effet, par un Systeme de cellules etoilees (PI. IX, fig. 9«), plongees dans une substance intercellulaire amorphe. Toutes ces cellules s'anastomo.sent entre clles par leurs filaments stellaires. Leurs nucleus sont larges de 'A micr.« Das »hypoderme fibrillaire« Clapareue's besteht nun in diesem sowie in den anderen Fällen des citirten Opus lediglich aus Fadenzellen; die dazwischen gelegenen weissen Räume werden oder wurden vielmehr von den (wahrscheinlich während der Oonservirung ausgetretenen) Drüsenzellen eingenommen, und im »tissu connectif stellaire« endlich haben wir meiner Ver- muthung nach nichts anderes als Zellen des in dieser Körperregion mächtiger als sonst ent- wickelten hy]>odermalen Ganglienzellen])lexus vor uns, dessen (jcflechte noch durch die mancherlei Ausläufer der Fadenzellen sowie durcli Muskclfibrillen und Körner verstärkt werden. Jene von Claparede gegebene Abbildung (1. c. PL IX fig. i)) ist schematisch gehalten; die Analyse der complicirten Structur war ihm eben nicht gelungen, und sodann kann der betreffenden Figur auch kein tadelloses Präparat zu Grunde gelegen haben. Gleichwohl bitte ich, diese Abbildung mit dem von mir unter Fig. 4. Taf. 3 wiedergegebenen Schnittfragmente durch die Haut eines Notomastus jjrofundiis zu vergleichen; denn dies wird man wenigstens einsehen, dass bei mangelhafter Conservirung und unzureichender Definirung das complicirte Ansehen der einen sehr wohl in das schematische der anderen übergehen kann.*; \'on den bei den Capitelliden nachgewiesenen Modificationen der Hypodermis sind 1) 1. p. 3üS. c. p. 17. PL IX. * Dass Ci,.\i'ARi;DE's Jitissu conjonctif stellaire« nichts mit Bindegewebe zu thun liat, geht auch aus der durch Sai.knskv (1. p. SO. c. p. 2:)il) verfolgten Kntwickclung desselben hervor. Diesem Autor zufolge entsteht uilralich das erwähnte Gewebe aus dem Kctoderm. • [. Haut. 2. Vorf^k'lch der Cai)itclliden mit anderen Anneliden, a. Hypcxlermis. 315 im Hinblicke auf vergleichbare Bildungen insbesondere die Porophore der Genitalschläuchc von Interesse. Bei den meisten Capitelliden münden die Genitalscliläuche durch sehr umfangreiche, insbesondere bei den g zur Zeit der Geschlechtsreife mächtig anschwellende, durchbohrte Höcker (Porophore) nach aussen. Bei der mit nur einem Paare von Genitalschläuchen und in Folge dessen auch nur mit einem Paare solcher Plöcker ausgerüsteten Capitella capitata er- reicht die Hypertrophie letzterer eine solche Höhe, dass man unwillkürlich an die Gürtel- bildungen der Oligochaeten erinnert wird. Diese schon im vorhergehenden Theile erwähnte Uebereinstimmung möchte ich hier, insofern die Hypodermis dabei betroffen ist, aus dem Grunde einer etwas strengeren Prüfung unterziehen, weil sie im Vereine mit anderen Con- gruenzen bei der Beurtheilung der systematischen Beziehungen unserer Familie von Bedeutung sein wird. Die Porophore der Capitelliden haben sich, trotz ihres so auffällig mit dem übrigen Integumente contrastirenden Ansehens, lediglich als zeitlich und örtlich modificirte Hypoderm- partien definiren lassen; bei Capitella findet unter Verdrängung der Fadenzellen eine colossale Vermehrung der Drüsenzellen statt und bei Tremomastus etc. kommen, unter ähnlicher Rück- bildung des ersteren Hautcomponenten , weniger zahlreiche, aber dafür um so voluminösere ürüsenschläuche zur einseitigen Ausbildung. Das Clitellum der Oligochaeten wurde zwar von C'i^aparede'), dem wir die erste ein- gehende anatomische Untersuelmng des Gürtels zu \ erdanken haben, ebenfalls als ein nur eigenthümlich moditicirter Theil des I.eibesschlauches aufgefasst, immerhin erhielt aber die fragliche Bildung vom genannten Autor insofern wieder den Stempel einer Besonderheit auf- gedrückt, als er für sie das Vorkommen zweier, dem übrigen Ectoderme fehlender Schichten, nämlich einer sogenannten Säulenschicht und einer Gefässschicht behauptete. Diese Besonder- heiten bestanden nun aber nicht lange zu Recht, indem Beddard^) in die Hypodermis der Pleurochaeta auf ähnliche Weise Blutcapillaren eindringen sah, wie es kurz vorher durch liANKESTER'i für die Hirndv-W-A\\t beschrieben worden war, und Mojsisovics^) sowie Vejdovsky"') den Nachweis führten, dass sich die Elemente der sogenannten Säulenschicht unschwer als Modificationen der auch sonst im Hypoderme Aertretenen Zellformationen begreifen Hessen. T.etzterer Autor") fasst denn auch seine auf einem grossen Oligochaetenmateriale basirenden Erfahrungen in dem Satze zusammen; »Im Allgemeinen bctheilifjt sieh an der Herausbildung de.s Gürtels nur die Hypodermis, indem der 1) 1. p. 308. (Hist. Unters, llegenwurm) c. \^. 577. 2) Beddakd, f. E. On thc Anatomy and Histology oi Flcuruch leta Mosehiji. Trans. K. Soc. Edinbur Vol. 30. p. 4S4. 3) 1. p. 309. c. p. 300. 4) 1. p. 309. c. p. 11. 5) 1. p. 236. e. p. 09. 0) 1. p. 236. c. p. 68. 316 B. Vergleichend- Anatomischer (Murpholugischer) Theil. grössere Theil der Zellen derselben sieh zu einzelligen Drüsen niodificirt, die allerdings dureli ihre enormen Dimensionen sich von den gewölinlichen Ilypodermisdrüsen auszeichnen;« etc. Dieser Schluss stimmt aber vollständig mit demjenigen überein, zu welchem ich für die Capitelliden gekommen bin, so dass also, insoweit die Structur in Betracht kommt, einem Ver- gleiche des Clitellums der Oligochaeten und derPorophore der Capitelliden Nichts im Wege steht. Schliesslich bleiben noch die Stäbchen zu betrachten übrig, welche oft in so grossen Mengen in dem von Capitelliden abgesonderten Schleime, oder auch in deren Drüsenzellen selbst, angetroffen wurden und welche, wenn meine Ansicht, dass sie, respective ihr mehr continuir- lich in Form von Fäden zur Ausscheidung gelangendes Material zur Entstehung der Cuticula beitragen, richtig ist, eine so weite Persi^ective eröffnen. Hier wird uns allerdings bezüglich ihrer lediglich die Frage beschäftigen, in wie fern ähnliche Gebilde bei anderen Anne- liden ^•orkommen. llir Verhältniss zur Cuticula bei den anderen Anneliden soll, wie im ent- sprechenden vorhergehenden Kapitel, gemeinsam mit letzterer INIembran zur Erörterung ge- langen, und ebendahin verschiebe ich auch im Interesse des besseren Verständnisses meines Gesammtproblemes die Schilderung mehrerer anderer, zwar fern stehender, aber wie ich glaube doch demselben Kreise angehöriger Bildungen: nämlich diejenige gewisser, fadige Secrete liefernder Drüsen, deren eigentlich vom vergleichend-anatomischen Standpunkte aus ebenfalls schon hier hätte gedacht werden müssen. Die Frage nach der sonstigen Function der Stäbchen — abgesehen also von ihren vom mori)hologischen 'J'heile der Frage nun einmal nicht trenn- baren Beziehungen zur Cuticula — wird sodann im physiologischen Theile dieser Monographie zur Discussion kommen. Das Vorkommen ^on Stäbchen ist in der Annelidenkhisse so weit verbreitet,'^} dass ihrer von M. Müller") ab, der sie im Jahre 1852 zuerst beschrieben haben soll, bis heute seitens zahlreicher Forscher Erwähnung geschah; es würde uns aber wenig fördern, diese meist flüchtigen und nur nebenbei gemachten Angaben zu verzeichnen; dieselben können um so unbeschadeter bei Seite gelassen werden, als uns die Schriften zweier Forscher vorliegen, welche nicht nur die Stäbchen als solche in's Auge gefasst, sondern auch unter Berücksich- tigung des von anderer Seite her über sie zur Kenntniss Gebrachten besprochen haben. ])er eine dieser Forscher ist Kölliker; durch ihn wurde auf die grosse Verbreitung der Stäbchen hingewiesen. Der andere ist Clai'arede; er hat in allen seinen Untersuchungen diese Gebilde genau anatomisch verfolgt, und wenn es ihm auch ebensowenig wie Kölliker gelungen ist, das Durcheinander der Facta an der Hand eines leitenden Gedankens zu sichten, oder gar deren Bedeutung durch Auffindung breiter llelationen aufzuhellen, so muss doch anerkannt werden, dass er zu einem derartigen Versuche, ^^ie kein anderer, Material geliefert hat. In der KöLLiKER'schen Uebersichf-) wird das Vorkommen von Stäbchen bei Gattungen aus nachfolgenden Familien constatiit: Nereiden, Spioniden, Ariciiden, Arenicoliden, Chaeto- a) Taf. 37. Fig. 1— 'J. 1) MüLLEK, M. übservationes Anatomicae de Vermibus Uuibusdam Maritimis. Berolini 1S52. p. 2'J. 2) KÖLLIKEE, A. Kurzer Bericht über einige im Herbst 1864 an der "Westküste von Schottland angestellte vergleichend-anatomische Untersuchungen. Würzburger Naturw. Zeitschr. 5. J5d. p. 243. I. Haut. 2. Vergleich tler Capitflliden mit anilcTcn Anndidon. a. Hypodeimis. b. Cuticula. 317 ptcriden, Syllideen, Phyllodociden und Hesioniden. Als Sitz dieser Gebilde wird je nach den Formen angegeben: die Haut, die Tentakel, die C'irren, die Ruder oder auch specielle Be- hälter wie Schläuche und Kapseln. In Bezug auf ihr Ansehen werden sie geschildert als: starre feine Nadeln, nadel- oder spindelförmige Körperchen, halbmondförmig gekrümmte Stäbchen, kurze Börstchen, Fäden und endlich auch als verwickelte Knäuel. Seine Ansichten über die Stäbchen fasst Köllikeu in folgendem Satze zusammen: »Dem Gesagten zufolge gehören wohl nicht alle Apparate, die man als liildungsstätten stabfürmiger Körperchen hat aufstellen wollen, hierher, vielmehr seheint ein Theil derselben die Natur gewöhnlicher Drüsen zu haben, in welcher Beziehung jedoch auch noch zu zeigen sein wird, dass die betreffenden Organe nie und unter keinen Umständen einen geformten Inhalt führen. Die stabformigen Körperchen sind, wo sie sich finden, immer in Zellen enthalten, und werden wohl dadurch frei, dass diese Zellen zeitenweise nach aussen sich öffnen. Somit könnte man diese Gebilde wohl auch als einzellige Drüsen bezeichnen. In Betreff der stabformigen Körperchen selbst bemerke ich, dass es mir nie gelungen ist, einen Faden in denselben zu entdecken, und wird daher für einmal nichts anderes möglich sein, als dieselben jenen anderen Körperchen der Nemertinen etc. von zweifelhafter Bedeutung anzureihen, die ebenfalls der Fäden entbehren, und mit ihnen auch noch das gemein haben, dass sie ebenfalls in Zellen sich entwickeln.« Cl.^parede's Resume') in den Prolegomenes zu »I-es Annelides Chetopodes du Golfe de Naples» lautet: »La couche sous-cuticulaire, le derme de M. de Quatrefages, parait renfermer presque toujours des follicules glanduleux, et cela dans toutes les regions, meme dans les cirres et les antennes. (^es follicules se deversent au dehors par les pores glandulaires que je viens de decrire. Les uns ne secretent qu'un liquide epais; d'autres engendrent des faisceaux de batonnets dans leur interieur, et je designerai ceux-ci sous le nom de follicules bacillipares; d'autres cnfin secretent des granules.« Ferner eine Seite weiterhin, nachdem er der Stäbchen-IAteratiir gedacht: »Certaines familles ont leurs teguments litteralement bourres de follicules bacillipares, meme dans les cirres et les antennes. C'est le cas surtout pour tous les Spiodiens, tous les Ariciens et une grande partie des Chetopteriens. Leur abondance est aussi considerable chez une foule des Phyllodociens et certains Hesioniens. Chez ces derniers surtout leur groupement et leurs rapports avec les pores excreteurs sont trcs- remarquables. Le röle de ces organes est, il est vrai, encore entierement problematique. Je les ai com- pares autrefois aux cellules pleines d'acicules des Turbellaries, et aux organes urticants des Mollusques apneustes, des Acalephes et des Anthozoaires. C'est toujours une pure hypothese.« Ich selbst habe ausser in den von Kölliker und Claparede aufgeführten noch in Gat- tungen folgender anderer Familien das Vorkommen von Stäbchen constatiren können: Aphro- diteen, Terebelliden , Alciopiden, Euniciden und Polyophthalmiden. Aus alledem dürfen wir aber schliessen, dass den Stäbchen des Capitelliden-Hautschleimes verwandte Gebilde in der Annelidenclasse ausserordentlich verbreitet vorkommen, was für die im nächsten Kapitel zu besprechenden Verhältnisse von hoher Bedeutung ist. b. Cuticula. An der Zusammensetzung der C'apitelliden-C'uticula luiben wir zwei Elemente sich be- theiligen sehen; nämlich als Hauptbcstandtheil ein durch zwei rechtwinklig aufeinander ge- 1) 1. p. 8. c. p. 14 und 3 IS 15- VcTKlcic-hond-AiuitomlsclKn- (Mürpholu-iscliLT; Tlicil. riclitotc Jiagen feinster Fibrillen zn Stande gekommenes Gitterwerk, und als secundären Com- poni'ntcn eine dieses Gitterwerk allseitig durchdringende Kittmasse. Der Ursprung dieser Cuticula musste bei unseren Thieren, in Ermangelung aller anderen liierzu etwa sich eignenden (h-gane, lediglich in die Hypodernischicht, und zwar in deren Plasma- oder Drüsenzellen verlegt werden ' . Für eine Beantwortung der Frage nach der Entstehung des fibrillären 'l'heils schienen mir die in letzteren Zellen oder in dem von ihnen abgesonderten Schleime so nuxssenhaft vorkommenden Stäbchen besonders geeignet Anhalts- punkte zu liefern, indem man sich nur vorzustellen brauchte, dass ein und dasselbe Drüsen- material, je nach Bedürfniss, discontiuuirlich j^Stäbchen), oder mehr continuirlich (Fibrillen) secernirt werde, um die beiden scheinbar heterogenen Formationen als Producte derselben ^Verkstätte begreifen zu können. Zu Gunsten einer solchen Auffassung konnte ich die bedeutsame Erfahrung anführen, dass jene glasartig durchsichtigen, ephemeren Röhren, welche C'apitelliden, die ohne Sand ge- halten werden, abzuscheiden pflegen, und welche man auch derart plötzlich, wenigstens fetzen- artig, zur F'ntstehung bringen kann, dass man Thiere reizt, etwa an einer Pincette aufhebt, dass sich jene Röhren zum grössten Tlieile aus Stäbchen verschiedenster Ijänge aufgebaut erweisen. liier in diesem Kapitel kommt es mir nun darauf an zu untersuchen: erstens, ob sich au(-h bei den übrigen Anneliden die Cuticulae derart fibrillär zusammengesetzt erwiesen liaben, und zweitens, ob sich für meine Erklärung dieser Zusammen- setzung auch bei anderen Anneliden Anhaltspunkte finden lassen. Die erstere Untersuchung hat sich vorwiegend auf litterarischem F'cldc zu bewegen; für die letztere dagegen werde ich auch Resultate eigener anatomischer Arbeiten heranziehen können, und wenn sich im Anschlüsse an dieselben der Horizont der Folgerungen in über- raschender Weise erweitern, wenn die Genese solcher Organe mit in Frage kommen wird, welche als ()l)jecte nachfolgender Kapitel weit von unserem Ausgangspunkte abzuliegen schienen, so sind das lediglich in der Natur des Problemes gelegene Consequenzen. Ich beginne mit der Structur der Cuticula. Wenn man, Avie Verfasser dieser Monographie, das vielfach beschriebene Streifensystem letzterer Membran bei den verschiedensten Anneliden nach entsprechender Maceration aufs Deutlichste in plastische, dem Systeme conform verlaufende Fasern sich hat auflösen sehen^ so cntschliesst man sich nur ungern dazu, dieses so leicht von jedem Histologen durch den Augenschein zu controllirende, thatsächliche Verhalten erst noch durch Auffahren eines *) Einen für die zwischen den Hypoderm-Drüsenzellen und den Cuticulae waltenden Beziehungen überaus instruetivcn Fall hat Pekriee (Note sur l'accouplement des Lombrics, Arch. Z. Exper. Tome 4. p. XIII.) vom Gürtel des Lumbricus foetidus beschrieben. Während der Copulation wird nilmlich von beiden Individuen je eine die beiden Körper in der Genitalregion fest umschliessende Membran abgeschieden, deren Ansehen in so hohem Grade mit demjenigen der Cuticula übereinstimmt, dass Perkier zuerst glaubte, die Copulirenden hätten sich gegenseitig in die Cuticulae ihrer Gürtel eingebohrt. Es wäre interessant zu untersuchen, ob diese l'seudoeuticulae, welche nach der Begattung abgeworfen werden, einen fibrillären Bau aufweisen. I. Haut. "2. Vergleich der Capitelliden mit anderen Anneliden, a. Hypodermls. b. Cuticula. 319 Litteratiir-Apparates zu erhärten. ITnd doch konnte ich mir diese Aufgabe nicht schenken, indem einerseits, unbegreiflicher Weise, gerade einzelne derjenigen Forscher, welche sich sehr eingehend mit Anneliden beschäftigt hatten, am hartnäckigsten das Streifensystem der Cuticula als bloss optisches Phänomen, respective als blosse Ornamentik einer im ITcbrigen homogenen Membran verfochten haben, und andererseits mir, im Hinblicke auf meinen Erklärungsver- such der Cuticulagenese, viel, sehr viel darauf ankommt zu zeigen, dass ich mit der Behaup- tung, der Haupttheil der Cuticula pflege aus wirklich plastischen Fibrillen zusammengesetzt zu sein, nicht vereinzelt dastehe. Es mögcni zunächst die widersprechenden Angaben Gehör iinden: D'Udekem') sagt: iiChez le lombric, la surface externe de la ciiticulo est striec daiis dciix sens par des lignes fovmaut des losanges.« Ehlers-) kommt zu dem Resultate: »Die Chitincuticula der Körperwand ist wohl imnior aus Schichten zusammengesetzt, welche eine Zeichnung von feinen Linien zeigen, deren Riclitungen in den verschiedenen Schichten sich kreuzen.« Leydig') berichtet in seiner P/i'yro/;j/e^w-Monographie über die Cuticuila dieses Oli- gochacten : »Auf Quersclmitten durcli das ganze Thier erscheint sie als heller Saum mit deutlichen Schich- tungslinien.« Ferner : »Die Oberfläche ist nicht glatt, sondern zeigt zwei feine sich kreuzende Furchenlinien.« Sodann von Lumhricus: ))Zu meinen Bemerkungen über die C'uticula habe ich nachzutragen, dnss sich auch hier über die Oberfläche des Oberhäutchens weg ein sich kreuzendes Streifensystem erstreckt, das auf Furchungslinien zu beziehen ist.« An derselben Ansicht hält dieser Autor auch noch in einer seiner neuesten Publi- cationen^j zwanzig Jahre später fest; der betreffende Passus lautet: Während ich früher bezüglich des ]?aues der Cuticula der Wirbellosen bloss anzugeben hatte, dass, abgesehen von den Porenkanälen und der Sculptur, es sich im Uebrigen um homogene Substanz handele, die bei gehöriger Dicke Schichtungsstreifen aufzeige, so wird in neuester Zeit von mehreren Beobachtern gefunden, dass die Cuticula gewisser Anneliden aus Fasern bestehe'). Da unter Anderem auch der Krebsegel, BraiicMohdella, welcher mir gerade zur Verfügung stand, als eine jener Gattungen bezeichnet wird, bei der die faserige Cuticula vorkommt, so habe ich die Haut des Thieres auf diese Angabe mir angesehen. Es ist einzuräumen, dass das Bild sich so ausnimmt, als ob gekreuzte Faserlagen die Cuticula zusammensetzen. Allein ich vermag mich nicht zu überzeugen, dass die Linien der Ausdruck von wirklichen einzelnen, für sich bestehenden Fasern sind. Vielmehr meine ich zu erkennen, dass die Fäden, ähnlich wie ich es be- züglich der »Fibrillen« in den einfachen oder glatten Muskeln zu erörtern haben werde, nur Verdickungen 1) D'Udekem, M. Memoire sur les Lombriciens. ^"'"^ Partie. Mem. Acad. Sc. T5elg. T. 35. 1SG3. p. 19. 2) 1. p. 307. c. Vorrede p. XL 18G4— 68. 3) 1. p. 308. c. p. 255 und 258. (1S65.) 4) Leydig, F. Zelle und Gewebe etc. Bonn 18S5. )). 07. ') Hier wird vom Autor speciell »Timm, R. Beobachtungen an Fhrconjctcs Menkeanus^i. Avb. '/,. Inst. Würz- burg 1SS3. citirt ; eine Arbeit, auf die ich nocli zurückzukommen haben werde. 320 ^- Vergleichencl-Aiiatomischer (Morphologiselieri Theil. von homogenen Substanzlagen vorstellen und dadurch auch das dunklere Aussehen A^/;^.v- Oesophagus diese Striu-tur beschrieben. Durch Maceration und Zerzupfung der Präparate hat er sich aufs Deutlichste davon überzeugen können, dass die Cuticula aus Bündeln 9 (i dicker Eib rillen zusammen- gesetzt ist. Horst**) bestätigt nach einem historischen Rückblicke: »Ik kan dit vermoeden van Leydig* ten opzichte van Lumhricus volkomen bevestigen. Niet alleen is hei gemakkelijk, na maceratie in Müllers vocht of osmiiimzuur (verkieslijk hier om zijnc donkere kleu- ring), horizontaal liggeude stukjes der cuticida züö uiteen te scheuren, dat men elkaär kruisende vezels te zien krijgt, maar ick zag ook aan eene doorsnede de horizontale lagen, welke men daaraan raecstal kan waarne- men, in duidelijke vezeltjes uitloopen. Zij hadden eenen doormeter van ongeveer <>,.') Mmm.« Mojsisovics ') macht folgende Mittheilungen: »Wie bekannt stellt die Cuticula eine hyaline Membran dar, die .... durcli xjiu sich häufig 1) Jacübi, R. Anatomisch-liistologisohe Untersuchung der l'olydorcn der Kieler Bucht. Dissert. Weissen- fels 1883. ]). 10. 2) Kör.LiKJäB, A. Untersuchungen zur vergleichenden Gewebelehre angeölollt in Nizza etc. Verh. Physik. Med. Ges. Würzburg. 8. Bd. p. GG und Wi. (1858.J 3) 1. p. 6. c. p. 28. (1865.) 4) Schneider, A. Ueber Bau und Kntwickelung von Puli/gonUus. Arch. Anat. l'hys. Jahrg. 1SG8. p. 53. 5) GuABER, V. Die Gewebe und Drüsen des Auneliden-Üesuphagus. Sitz. Ber. Akad. Wien. G7. Bd. 1873. p. 202. 6) 1. p. 309. c. p. 21. (1S7G.) 7) 1. p. 309. c. p. 18. (1877.) *) Dies bezieht sich auf die p. 320 citirte Angabe Leydig's über Piscicola: »denn hier glaube ich einigemale Streifung bedingende Fasern, am Rande vorstehend, gesehen zu haben.« Zool. Station z. Neapel, Faun» und Flor.i, Golf von Neapel, rapitelliüen, 41 322 15- Vergleicheml-AnatümischcT (Morphologischer Theil. rechtwinklig durclikrcuzcndcs Streifensystem , das nat-h Lhvdh^ auf Furchungsliiiien zu lu'zii'hca wiuL', aus- gezeichnet ist. Wie F. K. Schulze*) zuerst Leobachtcle, sind die Fasern dieses Streifensyslenis (zumal nach Behandlung mit Solutio ]Mülleri) isolirbar und hissen sich an Querschnitten durch die Cuticula zwei ver- schiedene Schichten an derselben unterscheiden; eine dicke, innere circuläre, und eine äussere, aus liings- verlaiifenden Fasern gebildetere Auch Spengel'i scheint sich, wie aus dem folgenden Citate hervorgeht, vom fibrill;iren Baue der C'uticuhx bei den meisten Lumbriconereiden überzeugt zu haben: »Der Oltgognathus besitzt im Gegensatze zu den meisten übrigen Lumbriconereiden, welche eine aus mehreren gekreuzten Faserschichten zusammengesetzte, dicke, irisirendc Cuticula tragen, eine äusserst zarte Cuticula, in welcher ich keine Structur habe erkennen können.« Ferner Vejdovsky'^) bei Steniaspis; denn er sagt: «Namentlich an Längsschnitten gelingt es nicht selten, einzelne Cuticularschichten in Form feiner Fibrillen zu isoliren.« A'on ganz besonderer Bedeutung für unsere Frage sind die Lintersuclumgen Voigts''), aus denen ich den folgenden Passus hervorhebe: »Nebenbei will ich hier noch erwähnen, dass die Strichelung der Cuticula von Brcmchiobdella , wie dies F. Fi. Schulze beim Regenwurm nachgewiesen hat, durch Fasern bewirkt wird, die sich durch gelinde Maceration isoliren lassen. Auch für Piscicola habe ich dasselbe Verhalten nachweisen können. Diese Fasern sollen Ijeim Regenwurm eine innere Ring- und eine äussere Längsfaserschicht bilden, doch habe ich gefun- den, dass dieselben schräg, etwa in einem Winkel von 45" zur Längsaxe des Thieres verlaufen, und so Systeme sich kreuzender Schraubenlinien bilden, die das Thier vom Kopf bis zum Schwanzende umziehen. Auch habe ich bei BrancliiobdeUu und beim Regenwurm gesehen, dass nicht bloss zwei, sondern mehrere Schichten übereinander liegen, indem immer ein System von rechts gewundenen Schraubenlinien mit einem solchen links gewundener abwechselt.« Eine ausführlichere Darstellung dieses Sachverhaltes gab sodann derselbe Autor') in seinen »Beiträgen zur feineren Anatomie und Histologie von Branchiohdella varians^<; dort sachte er auch die mechanische Bedeutung der Fibrillen klar zu machen. Zu ähnlichen Resultaten gelangte Timm^) an Phreori/ctes ; er sagt: »Jenes System sich kreuzender Linien rührt von Fasern her, aus denen die einzelnen Schichten der Cuticula bestehen. Von dieser Thatsache kann man sich allerdings erst bei starker Vergrösserung (Immersion) überzeugen; doch gelingt es ziemlicli leicht durch Zerreissen der Cuticula mit einer Nadel an der Rissstelle einzelne Fasern zu isoliren. Die horizontal liegenden Schichten kann man ebenfalls stellenweise mit Hilfe einer Nadel von einander trennen. Wo diese Trennung nicht vollständig vor sich gegangen ist, sieht man, wie eine Schicht mit einem Theil ihrer nun deutlich von einander getrennten Fasern an der anderen hängt.« In ganz übereinstimmender Weise constatirt auch Schröder'') für die Nereis diver sicolor: »Zerreibst man die Cuticula mit der Nadel, so sind ihre einzelnen Fasern sehr leicht zu erkennen.« 1) 1. p.^ 310. c. p. 17. (ISSl.) 2) Vejdovsky, f. Untersuchunijen über die Anat. Phys. u. Entw. von •Stcniasfi.s. Denkschr. Akad. Wien. 4:i. Bd. ISSl. Sep. Abdr. p. 07. ?,) Voigt, W. Die Varietäten der Bfanc/iioMrlla asfan Odiar. Schluss. Z. Anzei-cr (;. Jahrg. (1S&3.) 4) Voigt, W. Beiträge zur feineren Anatomie und Histologie von Branckiobddla varians. Arb. Z. Inst. Würzburg 8. Bd. p. 103. (18SU.) .'i) 1. p. 310. c. p. 4. G) .ScuRÖDKU. G. Anatomisch -histologische Untersuchung von Ncrcis divcrsicolor. Dissert. Rathenow ISSG. p. 7. ") Wie aus der FAnleltung der Mojsisovies'schen Abhandlung hervorgeht, wurde ihm diese Beobachtung von F. E. ScHULZi; mündlich mitgetheilt. I. Haut. 2. Vergleich der Capitelliden mit anderen Anneliden, b. Cuticula. 323 Endlich möge noch erwähnt werden, dass icli seihst gelegentlich anfs Deutlichste Fibrillen in den Cuticnlae von Cirratuliden, Polyophthalmiden und Aphroditeen nachzuweisen vermochte. Man wird mir Avohl zugeben, dass ich nach alledem berechtigt bin, die erste der eingangs gestellten Fragen, nämlich, ob auch bei anderen Anneliden die Cuticula sich als aus Fibrillen zusammengesetzt erwiesen habe, zu bejahen; denn der von mir ganz objectiv dargestellte Zwiespalt der Ansichten lässt sich doch leichter durch die Supposition erklären, dass die Forscher der zuerst citirten Reihe nicht im Stande waren, die im verkitteten Zustande ein Streifensysteni vorspiegelnden Fasern zu isoliren, als durch die umgekehrte Unterstellung, der- zufolge die Forscher der zweiten Reihe da isolirte Fibrillen gesehen, wo in AMrklichkeit nur Streifen einer continuirlichen Membran vorgelegen hätten. Nach alledem möchte ich nun aber nicht unterlassen hervorzuheben, dass ich weit davon entfernt bin, das Vorkommen nicht fibrillär aufgebauter Cuticnlae überhaupt zu leugnen. In Anbetracht, dass die Substanz der Ilypodermzellen, also der Cuticula-Genera- toren, bald homogen, bald zu Kügelchen oder Stäbchen geformt auftritt, kann man sich ja vorstellen, dass die Ausscheidung von homogenem Secrete die Bildung structurloser, und die- jenige von Stäbchen- oder Fadensecrete die Bildung fibrillärer Cuticulae bedinge. Die Cuti- culae scheinen aber insbesondere da zu homogener Beschaffenheit hinzuneigen, wo sie sehr dünn sind, also vor Allem bei exquisiten Röhrenwürmern, ferner auch bei parasitisch leben- den. So fand Quatrefages, ') der ja für die meisten Anneliden eine tibrilläre Zusammen- setzung der Cuticula vertritt, diejenige der Hermella nahezu glatt, und Spen(;el-j bezeichnet, wie schon erwähnt wurde, die Cuticula des schmarotzenden Oligognathus im Gegensatze zu den dicken, irisirenden, aus mehreren gekreuzten Faserschichten zusammengesetzten Cuticulae der meisten übrigen lAimbriconereiden als äusserst zart und structurlos. Mir kam es eben nur darauf an den Beweis zu Liefern, dass die Cuticulae zahlreicher Anneliden in der That aus Fibrillen zusammengesetzt seien, indem die Anerkennung dieser Structur, meiner Ansicht nach, für die Anbahnung eines Verständnisses der Cuticulagenese sowohl, als auch für die Vergleichbarkeit scheinbar weitab liegender Gebilde ausschlaggebend ist. Was die oben erwähnte A'crmuthung betrifft, derzufolge die homogene oder fibrilläre Beschaffenheit der Cuticulae von der Form abhängen könnte, in der das cuticularc Secret im Zellenkörper zur Ausbildung gelangt, so sei erwähnt, dass Brock') in der Fussdrüse der Pul- monaten den Inhalt der Secretionszellen ebenfalls in zwei constanten Modificationen angetroffen hat. Im einen Falle zeigt dieser Inhalt die Form eines complicirten Gerüstes, in dessen Maschen K()rner ähnlicher Beschaffenheit (wie das Geriiste selbst) liegen können, im anderen Falle fehlt ein Gerüst, das Zcllplasma ist anstatt dessen von schaumigen A'acuolen durchsetzt, 1) Quatrefages, M. de, Memoire sur la Familie des Hcrmelliens. Ann. Sc. N. (M] Tome 10. p. 30. 2) 1. p. 310. c. p. 17. 3) Brook, J. Die EntwickelunK des Geschlechtsapparates der stylommatophoren Pulmonaten etc. Zeit. Wiss. Z. 44. Bd. 1&S6. p. 3S1. 324 P'- Vevglpichend-Anatomischer Morpliologischer) Theil. und aiissordem kommen zahlreiclu^ i>län/c-nde Körnchen dnrcli die /eile zerstreut vor. Sämmt- lielie Zellen einer Fussdrüsc seccrniren unserem Autor ziifolge immer nur nach dem einen oder dem anderen Typus, nie finden sich Sccretionszellen beider Typen gemischt. .Andererseits darf aber auch nicht ausser Acht gelassen werden, dass manche Cuticular- gebilde aus so feinen und so nahe aneinander gedrängten Fibrillen zusammengesetzt sind, dass deren Nachweis überaus s(-hwierig wird. Ich bin daher fest davon überzeugt, dass viele heute für homogen gehaltene Derivate ^on Ilautsecreten sich friiher oder später als fibrilläre herausstellen werden. Ich komme nun zum zweiten 'l'lieil der mir in diesem Kapitcd vorliegenden Aufgabe: nämlitth zur lTntersu(-hung der Frage, ob auch andere Vertreter der Aunelidenclasse Anhalts- punkte für eine Entstehung der Cuticula liefern, wie sie von mir im \'orliergehenden für die Capitelliden Avahrscheinlich zu maclu>n versucht worden ist. Würde es sich hierbei nur um den Nachweis des Vorkommens von Stäbchen in den liautdrüscnzellen handeln, so könnte ich mich darauf beschränken, einfach auf das vorher- gehende, die Hy^Jodermis behandelnde Kapitel zu verweisen, in welchem ja aiif Grund eines breiten Thatsachenmaterials geschlossen werden konnte, dass Stäbchen in den Ilaut- drüsenzellen der verschiedensten Anneliden vorkommen. Aber nicht darum allein handelt es sich, sondern, wie schon in demselben Kapitel angedeutet wurde, auch um die Heranziehung einer Reihe scheinbar heterogener, meinem Dafürhalten nach jedoch demselben Kreise zugehöriger Drüsenbildungen : nämlich solcher, deren Aufgabe es ist, ein Secret in Form von mehr oder weniger langen Fäden zu liefern, Drüsen also, deren Function denselben Modus der Absonderung ad oculus dcmonstrirt. welchen ich bei meinem Erklärungsversuche der Cuticulagenese, zwar gestützt auf die Stäbchen als Yor- läuf(-r der Fäden, aber doch immerhin nur hypothetisch, vertreten konnte. Im Hinblick auf unseren Ausgangspunkt, die Stäbchen, würde es am natürlichsten sein, die Ileilie der fraglichen Bildungen derart vorzuführen, dass zunächst solche Fälle in's Auge gefasst werden, welche das gleichzeitige Vorkommen von Stäbchen und Fäden produ- cirenden Ilautdrüsenzellen illustriren, sodann auf solche überzugehen, in welchen die be- treffenden Fadendrüsen luiter mächtiger Ausdehnung localisirt sowie in die Leibeshöhle hinein- gerückt ersc-heinen, und endlich mit jenen zu schliessen, deren Habitus — um es gleicli hier vorwegzunehmen - — zu den Borstendrüsen der Parapodien hinüberführt. Indessen, aus weiterhin sich von selbst ergebenden Gründen, ziehe ich es vor den umgekehrten Weg einzuschlagen, das heisst mit den zuletzt erwähnten Drüsen anzufangen, um von ihnen aus, durch die ver- mittelnden Bildungen hindurch, erst wieder zu den Stäbchen zurückzukehren. Ich beginne daher mit den segmentalen Spinndrüsen des Polyodontes maocillosus. Der mit den Gattungen Arorfes, Eiijxuiijic und Paiithalis eine besondere Unterf\xmilie der Aphroditeen (Acoetea) bildende Polj/odoiitcs gehört nebst der Einilcr tji(/aiitrtt zu den grössten bekannt gewoi denen Anneliden. Obwohl fast ausschliesslich Bruchstücke getischt werden, so lässt sich doch von dem bedeutenden, li — 4 cm erreichenden Breiten ist es nicht möglich, einen Einblick in die zwischen dem gelben Strange und dem Parapodium waltenden Beziehungen zu erlangen; es bedarf hierzu unbedingt der, wenn auch nur ganz grob hergestellten Quer- schnitte*). Aus solchen ergiebt sich aber, dass unsere Stränge nicht etwa, wie Claparede meinte, in der Fussstummelhöhle frei enden, sondern dem hämalen Theile des Parapodiums zustrebend im Bereiche des C'irrus, respective der Elytra, nach aussen münden. Die Lich- tungen dieser durch kurze Ectodermeinstülpungen hergestellten und (rontinuirlich in die Mem- bran des Stranges sich fortsetzenden M findungen sind 'A — 1 mm weit, so dass es nicht schwer hält eine Sonde einzuführen. Die Parajjodien des rolj/odonti's sind älmlich wie diejenigen vieler anderen Aphro- diteen dadurch ausgezeichnet, dass die typischen zwei Aeste ;also das liämale und neurale Organ) jederseits fast ganz miteinander verschmolzen sind, dass ferner allein der neurale, ausserordentlich an Grösse überwiegende Ast Borsten trägt, wogegen der im V^erhältnisse zum neuralen auf einen Stummel reducirte hämale Ast solcher durchaus entbehrt''). Dass aber der erwähnte Stummel wirklich den hämalen Ast repräsentirt , beweist, wie auch Claparede nachdrücklich hervorhebt, einmal der über ihm eingepflanzt stehende llückcncirrus, respective die Elytra, sodann die in denselben eindringende, im ^'erhältnisse zur mächtig entwickelten neuralen allerdings sehr rediu-irte hämale Acicula'^". In denselben das hämale Para])odium repräsentirenden Ast dringt nun aber, was Ci.APARiiüE übersehen hat, auch unser gelber Strang oder die Spinndrüse ein'') und derselbe Ast ist Träger der bereits erwähnten Drüsenmündung'^) . In seinem \'erlaufe dahin ist ferner der Strang eine Strecke weit aufs Innigste mit der hämalen Acicula verwachsen^), und da letztere \on dem neuralen Aste, respective vom neuralen Parapodium aus mit Muskelfasern (Protrusoren) versorgt Avirds), so sind auch, ganz im Gegensatze zu Claparede's bezüglicher nega- tiver Angabe, alle Bedingungen für ein Nachaussenschieben des Stranges gegeben. Jeder Zweifel liierüber wird fibrigens durch die Tliatsache beseitigt, dass ich bei einem unserer Tliiere mehrere Strängi" verschieden weit nach aussen vorgeschoben sah, allerdings zerfasert, wofür aber weiterhin die Erklärung sich von selbst ergeben wird. Aus allen diesen anatomischen Verhältnissen folgt mit Noth wendigkeit, dass die aus zahlreichen feinen borstenartigen Fäden^^l zusammengesetzten gelben Stränge im morphologischen Sinne den Borstcnbündeln der stark reducirten hämalen Para- ])odien entsprechen. Im morphologischen Sinne; denn es ist klar, dass den aus langen, geschmeidigen Fasersträngen bestehenden Organtheilen andere Functionen obliegen müssen, als den Bündeln starrer Borsten; könnten doch erstere trotz ihrer Verschiebbarkeit niemals so a) Taf. .'jr.. Fig. G. 7. h) Tuf. :{6. Kifj. f,. P,I. „. und PJ. h. c Tut'. Hi;. l-'ig. (i. Ac. d) Taf. :u;. Fig. fi. !^p. Dr. o) Taf. :Ui. Fii;. 7. Sp. Dr. M. t Taf. 3(1. Fig. li. und S. g) Taf. ;i(i. Fig. 6. S. Pd. P. h) Taf. :iti. Fig. 1 1 — 11. I. Haut. 2. Vergioiuh der Ciipitellidon mit aiulcren Anneliden, b. C'utieula. 327 wie letztere als Stichwaffen oder liocomotionswerkzeuge sicli geltend machen. Aber welcher Natur mögen diese Functionen sein? welche Bedeutung mögen die aus feinsten borstenartigcu Fäden zusammengesetzten Stränge haben? und wie kchincn wir uns ^orstelleu, dass gleich- werthige Organe in dem einen Falle kräftige Borsten, in dem anderen dagegen feine Fäden hervorzubringen im Stande seien? Viel über diese Frage nachdenkend, benutzte ich natürlich auch die sich mir dar- bietende Gelegenheit, das mit so merkwürdig moditicirten hämaleii rarapodicn ausgerüstete Thicr lebendig zu halten und lebendig zu beobachten. Gleich das erste so gehaltene Exemplar über- raschte mich dadurch, dass es sich in verhältnissmässig kurzer Zeit seiner ganzen Länge nach mit einer grossen Anzahl gelbgrauer, hautartiger Fetzen'*) umgeben hatte. Unter dem Mi- kroskope stellten sich diese Hautfetzen als aus ungeheuren Mengen dicht ineinander ver- filzter, etwa 2 \x dicker Fäden ^') zusammengesetzt dar, welche in ihren chemischen Reactionen ganz mit den Borsten des Puh/udonfes übereinstimmten, indem sie sich eben so wie letztere selbst kochender Kalilauge gegenüber resistent erwiesen, also aller Wahrscheinlichkeit nach aus Chitin bestanden. Wo nahm aber unser Tliier in so kurzer Zeit das Material zu der so bescliaffenen »Pseudoröhre« her? Sofort tauchte in mir die Vermuthung auf, dass zwischen letzterer und den räthselhaften gelben Strängen ein Zusammenhang bestehen möge ; haben wir doch beide als aus feinen Fäden oder Borsten zusammengesetzte Gebilde erkannt. Aber wie kann aus jenen in grösstcr Regelmässigkeit nebeneinander verlaufenden, in eine Membrana propria eingeschlossenen, zwar feinen, aber doch anscheinend spröden borstenartigen Fladen unsere so schmiegsame, weiche Haut zu Stande kommen? Indem ich mich so fragte, zerrte ich an einem der etwas aus seiner Mündung hervorgestreckten gelben Stränge; sofort entstand ein diclites, mit grosser Zähigkeit der Pincette anhaftendes Fadengewirre, und während meiner Bemühung, das In- strument wieder frei zu bekommen, sah ich vor meinen Augen eine Membran '^) entstehen, welche sich makroskopisch in Nichts von den im selben Gefässe ai;sgebreiteten, vom Thiere selbst secernirten Hautfetzen unterschied. Auch die mikroskopischen sowie chemischen Eigenschaften ersterer erwiesen sich als mit den gleichnamigen letzterer durchaus identisch: dieselben feinen, etwa 2 (A dicken, verfilzten, gegen heisse Kalilauge resistenten Fäden''). Ja es gelang sogar, selbst derartige gelbe Stränge, welche Jahre lang in Alcohol gelegen hatten untl welche theil- weise aus relativ dicken Borsten (4 \l) zusammengesetzt waren, noch in ebensolche feine haut- artige Filze zu zerren, wie die frischen. Damit war die Abstammung der Hautfetzen (Wohnröhre) von den gelben Strängen augenscheinlich dargcthan, damit war aber auch mit einem Schlage eine Reihe scheinbar weit voneinander abliegender Bildungen ein- ander nahe gerückt, und damit endlich war auch — für mich wenigstens — eine Einsicht in das Bildungsprincip cuticularer Membranen eröffnet, so dass man nun verstehen wird, warum ich unser Thema gerade mit den gelben Strängen des roli/odoiites einzuleiten für gut fand. a) Taf. 36. Fig. IG. b) Taf. lUi. Fig. 17. IS. c) Taf. 3ü. Fi"-. 1; 328 B- Vorglcichend-Amitomischer (Morphologischer) Theil. Auch die Function der gelben Stränge oder Spinndrüsen, wie ich sie fortan zu nennen vorsclihige, kann nun nicht länger räthselhaft bleiben; sie ist offenbar eine dopi)elte: eine von ni(>hr passivem und eine von nielir aggressivem Charakter. Erstere gestattet ihrem Träger, sich rasch mit einer schüt/enden Haut zu bedecken, respective sich rasch eine Wohnröhre zu bauen; denn, dass PoJj/odontcs gelegentlich in solchen lebt, geht daraus hervor, dass der von Grube') beschriebene, unserer Art überaus nahe stehende, insbesondere bezüglich der Spinn- drüsen und des Rüssels mit ihr übereinstimmende PoJj/odoutes gnh Rüpp. unfern Suez in einer Röhre gefunden wurde. Letztere dagegen befähigt unseren, wie aus der nahezu einzig dastehenden Entwickelung des Rüssels und der Kiefer sowie aus der Art des Fanges hervor- geht, ausserordentlich räuberischen Wurm, durch Hervorschnellen eines überaus zähe haf- tenden Fadengewirres die in seinen Bereich gelangende, mobile Beute zu lähmen, über- haupt dingfest zu machen. Dass dasselbe in dieser Weise entleerte Secret auch als Schutz- waffe gegen Feinde gebraucht werden könnte, ergiebt sich von selbst. Auf Grund dieser Auf- fassung verstehen wir auch, warum gerade im Bereiche des — mit sehr auffallend entwickelten Sehorganen ausgerüsteten — Kopfes die Spinndrüsen eine so überwiegende Ausbildung er- fahren haben; es können nämlich auf diese Weise die die Beute erspähenden, einfangenden und verschlingenden Organe möglich gleichortig und gleichzeitig zur Thätigkeit gelangen. Es ist ferner denkbar, dass zu dieser überwiegenden Aiisbildung die Gewohnheit unseres Thieres, sich — wenn auch nur vorübergehend — in Röhren aufzuhalten, beigetragen habe, indem es ja, so auflauernd, sich zunächst nur mit dem vordersten Leibesabschnitte rasch auf die Beute zu stürzen vermag. Es erübrigt noch die Structur dieser Spinndrüsen sowie die Art des Zustande- kommens ilires Secrctes ins Auge zu fassen. Dass die sogenannten gelben Stränge im Bereiche ihrer Mündung mit einer Ectoderm-Ein- stülpung-'' verschmelzen, wurde bereits erwähnt; von da ab werden sie bis zu ihrem bald spitz ausgezogenen, bald kolbig angeschwollenen, centripetalen Ende von einer dünnen, zwei- schiclitigen Membran bekleidet''}. Die innere Schicht dieser Membran ist von homogenem Ansehen, die äussere dagegen lässt zahlreiche Kerne erkennen; in crsterer haben wir wohl die Membrana propria, in letzterer den Peritonealsack vor uns. Bis zur Region des erwähnten Endes hin, also fast ihrer ganzen Länge nach, haben die Stränge an jedem beliebigen Punkte dieselbe Beschaffenheit; eine verschieden grosse Zahl mehr oder weniger feiner gelber Fäden oder Borsten*^) liegt dicht aneinander gedrängt von der beschriebenen Membran eingeschlossen. In jener Region aber, welche schon makroskopisch 'l) durch ein dunkelbraunes, drüsiges An- sehen ausgezeichnet ist, verändert sich deren Beschaffenheit radical. Die immer dünner und blasser werdenden Fäden nehmen rasch an Zahl ab und an ihre Stelle tritt ein von braunen Kügelchen erfülltes Fachwerk '^;. Letzteres stellt, darüber kann kein Zweifel herrschen, den a) Taf. ;iü. l-'ig. i:i. b) Taf. 3G. Fig. 12. 13. c) Taf. 36. Fig. 11 — 11. d) Tat'. 3Ü. Fig. 9. c) Taf. 36. Fig. 10. 1) Grube, E. Beschreibungen neuer oder wenig bekannter Anneliden. Arch. Xaturg. 21. Jahrg. p. S4. I. Haut. 2. Vergleich der Capitelliden mit anderen Anneliden, b. Cluticula. 329 Drüsentheil des Organes dar, denjenigen Theil also, in welchem das Secret in Form von Fäden zur Ausscheidung gelangt. Leider haben mir die von zu lange in Alcohol aufbewahrt gewesenen Po/yotfowtef- Exemplaren angefertigten Schnitte keinen befriedigenden Einblick mehr in die feineren Structurverhältnisse dieses Drüsentheiles gestattet; aber eines ergab sich doch sofort: die grosse Habitus-Uebereinstimmung mit den Borstendrüsen der Para- podien. Wie in letzteren die Basen der Borsten, so wachsen in den Spinndrüsen die Basen der Fäden oder Fadenbündel, und wie in den Borstendrüsen continuirlich neue an Stelle der abgenützten oder abgeworfenen tretende) Borsten angelegt werden (Reserveborsten), so läs.st sich auch in den Spinndrüsen ein in Entwickelung befindliches, zum Nachschübe bereites Material von Fäden erkennen. Die eingangs statuirte morphologische Uebereinstimmung von Borsten- und Spinndrüsen findet demnach auch in der Art, wie beide ihre Secrete produciren, eine Stütze. Am bemerkenswerthesten prägt sie sich aber aus in der Identität der beider- seitigen Secrete. Es wurde schon mehrmals des bedeutenden Duvchmesserunterschiedes gedacht, welchen die sowohl in den Spinndrüsen gelegenen"), als die von denselben ausgeschiedenen^ Fäden darbieten. Letztere haben in den von den Thieren selbst verfertigten Gespinnsten meistens einen Durchmesser von etwa l — 2 jj, daneben findet man aber auch solche von kaum mehr als Viü |i Dicke. In Fadengewirren, ^velche durch künstliches Zerreissen der gelben Stränge zu Stande gebracht werden''), hängt aber die Feinheit der Fasern ganz von der Geduld und dem Geschicke des Präparators ab; sie lässt sich nämlich bis zur Grenze des überhaupt Sicht- baren steigern. In den gelben Strängen selbst finden sich im Bereiche der Mündung'^) meistens 1/3. — ] ,j. dicke Fasern; ebenso feine tritft man vereinzelt im Bereiche der Drüse *^); der Ilaupt- theilf) des Stranges besteht aber aus einem dichten Bündel 2 — 4 [i dicker, und angesichts dieser fällt es schon schwer von Fäden oder Fasern zu reden, denn sie macheu ganz den Eindruck von Borsten. Im Wesentlichen herrscht nun aber zwischen allen diesen Fäden, Fasern und Borsten des gelben Stranges, mögen sie Vio [>■ oder 4 \x dick sein, kein Unterschied: sie haben stets die gleiche homogene, scheinbar spröde BescliafFenheit und sind auch stets von rundlichem Querschnitte. Als eine nothwendige (,'onsequenz dieses Verhaltens ergiebt sich aber, dass die dickeren borstenartigen, in dem gelben Strange eingeschlossenen Fasern nur das (allerdings bereits in parallelen Bündeln nebeneinandergeordnete) Material ziiin Gespinnste darstellen, aus dem in dem Maasse, als es vom Thiere vorgeschleudert und gezerrt wird, erst ebenso die feinen Fäden oder Filze entstehen, wie bei der künstlichen Zerrung des gelben Stranges von Seiten des Experimentators. Es wird nicht leicht sein, sich eine Vorstellung darüber zu bilden, wie ein homogener, borstenartiger Faden beschaffen sein müsse, damit er rein durch Zerrung in immer feinere, auch ihrerseits fort und fort wieder ebenso regelmässig abgerundet erscheinende und weiterer Zerlegung fähige Fibrillen gespalten werden könne, wie Tai'. ."iC. Fis. 1! a) Taf. 36. Fig. 11 — 14. b) Taf. 3(3. Fig. 1 7. 18 Fig. 13. e) Taf. 3(>. Fig. 10. f) Taf. 36. Fig. 11 . 12. Zool. Station z. Neapel, Fauna iiiul Fluia, Golf von Neapel. f'apitelliJen. 330 ^- Vergleichend- Anatomischer (Morphologischer) Theil. er fcrnor bcscliaffcn sein müsse, um diese Spaltbarkeit nicht nur, sondern auch die Verfilz- barkeit selbst nach jahrelangem ^'erweilen im Alcohol nicht ein/ubüssen. l^nd wie verhält sich nun dem gegenüber die Structur der Borsten? Scheinbar, so lange man nämlich die massiven, spröden Gebilde allein und in toto in's Auge fasst, recht verschieden; untersucht man dagegen durchsichtige Exemplare, oder Schnitte von irgend welchen, so offenbart sich die schlagendste Uebereinstimnumg ; denn man erkennt dann, dass die Borsten ebenfalls aus einem von einer homogenen Scheide umschlossenen Bündel rundlicher, homogener Fäden zusammengesetzt werden, und zwar von Fäden, welche je nach den Gattungen oder Arten ebenfalls sehr verschiedene Durchmesser aufzuweisen pflegen. Ich habe diese Structur in den entsprechenden Abschnitten des ersten Theils der vorliegenden Monographie für die Borsten aller Capitelliden-Formen constatiren können; die instructivsten Beispiele für den in Rede stehenden Vergleich liefert aber Polj/odontes selbst, dessen so ver- schiedenartige Borsten'*) von der voluminösen Acicula bis zur feinen Pfrieme herab alle gleicherweise nichts Anderes als Bündel ebensolcher homogener, rundlicher, meist sogar iden- tisch gefärbter Fäden darstellen wie die gelben Stränge der Spinndrüsen, nur mit dem Unter- schiede, dass sich die Fäden letzterer in einem plastischen, weiterer Spaltung iahigen, die- jenigen crsterer dagegen in einem fixen, durch die Scheiden abgeschlossenen Zustande be- finden. Dass aber diese Structur der Borsten durchaus nicht auf die ( 'apitelliden und Aphro- diteen beschränkt ist, dass im Gegentheil die Mehrzahl, wenn nicht alle, ursprünglich dieses ^'erhalten darbieten, soll in dem den »Parapodien« gewidmeten Kapitel bewiesen werden, in- dem midi an dieser Stelle eine derartige Auseinandersetzung zu weit von meinem eigentlichen Tliema ablenken würde. Ich glaube nach alledem gezeigt zu haben, dass die in morphologischem Sinne gleich- werthigen Borstendrüsen und Spinndrüsen des Poli/odontes auch in Bezug auf die Natur ihrer Secrete vollkommen miteinander übereinstimmen, indem im einen Falle solche Fäden secernirt werden, welche unter einer festen Hülle erstarren, um so unter einer bestimmten Form und geraume Zeit hindurch als Stichwaffen oder Locomotionswerkzeuge zu dienen (Borsten, Haken', im anderen dagegen solche, Avqlche ihren plastischen Zustand behalten, um jeweils in der Bildung schützender Membranen oder aggressiver Fang-Gesi)innste aufzugehen. l nd niin muss es uns interessiren zu erfahren, wie sich gerade bei dieser Annelide die Structur der Cuticula verhält. Im frischen Zustande bildet sie je nach der Körjjerregion eine sehr verschieden dicke, schtdnbar homogene Membran; scheinbar, denn es genügt eiiu' mehrstündige Maceration, um sie in ganz ähnliche Fibrillen zerlegen zu kiinnen, wie die Cuticulae der anderen, früher genannten Anneliden. Alle diese Fibrillen stimmen mm aber auch insofern mit denjenigen der Borsten- und Spinndrüsen überein, als sie ebenfalls ein homogenes Ansehen sowie einen rundlichen (Querschnitt darbieten und — ebenso wie jene einem Drüsenzellen-Secrete ihre a) Taf. 36. Fig. id— 25. (vergl. die Tafelerklärung.) I. Haut. 2. Vergleich der Capitelliden mit anderen Anneliden, b. Cutieula. 331 Entstehung verdanken. Nur in einem Punkte unterscheiden sich die C'uticuhitibrillen von denjenigen der gelben Stränge und Borsten: nämlich im chemischen Verhidten, indem sie durch Kalilauge gelöst werden, wogegen letztere, wie schon hervorgehoben worden ist, sich diesem Reagens geenber durchaus widerstandsfähig erweisen. Auf diese Divergenz wird aber, damit adäquate, im Nachfolgenden noch zu verzeichnende Fälle mitberücksich- tigt werden können, besser erst am Schlüsse dieses Kapitels eingegangen; dort sollen dann die Fragen zur Erwägung kommen, in wie weit erstens die »chemische Beschaffen- heit" in vergleichenden Untersuchungen vom Charakter der vorliegenden als Criterium An- spruch auf Berücksichtigung erheben könne, und ob denn zweitens die erwähnte Divergenz überhaupt so ganz unvermittelt dastehe. Dort endlich soll aucli dem durch meinen Vergleich zwischen parapodialen und hypodermalen Düsensecreten eventuell i)rovocirten Einwurfe, dass wir es im einen Falle mit ecto- und im anderen mit niesodermalen Producten zu thun hätten, begegnet werden. Zur Kategorie der »gelben Stränge« den rolj/odotitcs scheinen auch die durch Fr. Müller') bekannt gewordenen Säckchen der Chevusca i^Familie der Ariciiden) , welche auf Reiz Borsten entleeren, zu gehören. INIüller's Beschreibung lautet: ))Die übrigen Segmeute mit mehreren Büscheln verschiedener starker Haarborsten und im oberen Theile des Ruders mit einem Säckchen voll äusserst zahlreicher loser, in Masse goldglänzender sehr zarter kurzer Borstchen, die bei jedem Reize in Menge entleert werden und mit dem aus dem vorderen Theile des Ruders austretenden Schleime das Thier umgeben.« Aller Wahrscheinlichkeit nach dienen atich diese »Borstchen« der Cherusca zur Her- stellung von Fangnetzen und Wolmröhren; das Thier müsste aber zur Entscheidung dieser Frage erst genauer beobachtet und untersucht Averden. Ich komme nun zur dritten der unserem Untersuchungskreise angehörigen Bildungen nämlich zu den, wie sich herausstellen wird, jenen Fäden der Po/yw/o//^'s- Spinndrüsen eben- falls sehr nahe verwandten Haaren und Haarfilzen der Aphvodita aculeata. Aphrodita ist zwar eine der längst bekannten und als Object zootomischer Uebungen, auch eine der populärsten Chaetopoden, aber die uns hier speciell interessirenden Organi- sationsverhältnisse pflegen doch wenig berücksichtigt, ja in den Lehrbüchern sogar kaum er- wähnt zu werden, so dass es mir geboten scheint den I-eser zunächst mit dem Untersuchungs- objecte vertraut zu machen. Zu diesem Behufe bringe ich einen entsiirechenden Passus aus QrATREFAGES"), Histoirc Naturelle des Anneies, zum Abdrucke, in welchem die fraglichen Ge- bilde, wenigstens in Bezug auf Habitus und Vertlieilung, anschaulicli und correct geschildert werden. Die Stelle laittet: «Independamment des soies sim])les ou composces, un certain nombre d'Aphroditien.s portent des poils proprement dits. C'es pnils prennent quelquefois naissance sur un mamelon partieulier, place en haut et sur le cötc de l'anneau, mai.s le plu.s souvent ils tiennent directement a la rame supörieure. Ils ])euvcnt 1) Müller, Fr. Einiges über die Annelidenf'auna der Insel Santa Catharina an der brasilianischen Küste. Arch. Naturg. 24. Jahrg. 1858 p. 217. 2) 1. p. (5. c. p. ISO— 181. ■12* S32 H. Vcrxleicheml- Anatomischer ^Morphologischc^i) Tiieil. d'ailleurs etre trcs-rares et courts. Dans ce cas, ils sont implantes sculcnient au dessus de lelytre, aiitour des manielons sctifeies. Mais souvent aussi ils sont excessivcnient nombreux, tres-fins et trcs-longs, et alors ils naissent tout autour de la ranie superieure, de nuiiiicie ii la cachcr complctenienl, et descendent jusque sur la lame inf6rieuie. Dans ce dernier cas, les poils les plus latcraux, un peu plus forts et plus raides que les autres, lestent libres et flottent parallelement les uns aux autres. Ce sont eux qui forment sur les flancs de certaines Aphrodites ees magniiiques franges iiisees qui lappellent, par leur celat metalliquc, celui du plumage de certains oiseaux. Les poils nes sur les cutes du dos et sur les flancs sont encore plus fins, plus souples et contournes. A mesure qu'ils poussent, ils s'enchevetrent les uns dans les aiitres et avec ceux du cote oppose. II se forme ainsi au dessus du dos de l'Annelide, uns couche leutree, d'epaisseur trcs-variable, qui parfois dissimule prestjuentierement les formcs et toutes les parties de l'animal, qui, dans tous les cas, recouvre et protege les elytres. Cette espcce de voüte, tres-serree en dessus, est d'ailleurs toujours ouvertc en avant, en arriere et aussi, quoique plus imparfaitement, sur les eotes, ä chaque intcrvalle interannulaire. L'eau peut ainsi pcnetrer et circuler librement dans ce canal pour aller baigner les organes respiratoires. Chcz les espcees dcpourvues de feutrage, les soies de la rame superieure sont generalement, mais non pas toujours, plus ou moins dirigees en dessus et transversalenient, de maniere k ce qu'en se contractant, l'Anne- lide puisse recouvrir et proteger, jusqu'a un certain point, ces memes organes.« Während also bei Poli/odonfes die borstenartigen Haare oder Fäden beliebig entleert und zu räumlich vom Thiere abgetrennten Fangnetzen und Wohnröhren verfilzt werden können, steht die Secretion der betreffenden Gebilde bei Aphrodita mehr im Banne fester Organi- sationsverhältnisse, indem alle die successive producirten Borstenhaare und Filze, wenigstens geraume Zeit hindurch, mit dem Thiere in mehr oder weniger festem Verbände bleiben. lieber die Function der seitlich zwischen den Fussstummeln eingepflanzt stehenden, gröberen, borstenartigen Haare -i', durch deren Irisiren die prachtvolle, an das l'fauengefieder erinnernde F^arbenwirkung erzielt wird, auch nur eine begründete Vermuthung zu gewinnen, wird schwer halten; wissen wir doch zu wenig von den Ijebensbedingungen und Gewohn- heiten des Thieres, um ermessen zu können, in wiefern dieselben hierbei überhaupt in Be- tracht kommen könnten. Dagegen ist das unzweifelhaft, dass der dichte, über den ganzen Rücken des Thieres ausgespannte, unscheinbar graue oder braune Haarfilz b) eine Schutzvor- richtung darstellt, und zwar eine ebenso feste als elastische Decke für die unter ihm ge- legene Athemkammer*). Dieser schon durch seinen Habitus auffallend an die Pr^/j/ort!o«fe,y-Gespinnste, insbeson- dere an die von den betreffenden Thieren selbst verfertigten Membranen erinnernde Haarfilz erweist sich auch mikroskopisch von ganz ähnlicher Zusammensetzung; er besteht nämlich aus einer ungeheuren Menge innig verflochtener, verschieden langer, homogener Fäden '^) von rund- lichem Querschnitte; nur sind die einzelnen Haare oder Fäden in diesem Falle von einem etwas bedeutenderen Breitendurchmesser, indem letzterer zwischen 4 und S p. gegenüber Viel — 2 [x bei Poli/odontes schwankt. Dass aber selbst dieser Unterschied nur ein scheinbarer ist, geht daraus hervor, dass nach Maceration die 4 — 8 [x dicken Aiikrodita-Y?LAQ\y sich eben- falls in immer feinere Fibrillen "^y zerlegen lassen. a) Taf. 37. Fig. 27. Taf. 3ti. Fig. 30. 31. b) Taf. 37. Fig. 27. Tat. 3ü. Fig. 32. c) Taf. 36. Fig. 33—35. d) Taf. 36. Fig. 36. *) Wie die vorwiegend durch ihr liilmalos Intogument hindurch athmende Aphrodita rhythmisch Wasser in diese Athemkammer aufnimmt und abgicbt, findet sich ausführlich beschrieben in CiArARicDK : 1. ji. S. c. p. 39 — 11. I. Haut. 2. Vergleich tler Cai)it(;lliden mit anderen Anneliden, b. Cuticula. 333 Die irisirendeii Haarborsten''] erreichen durchschnittlich einen Durchmesser von 24 [x und erweisen sich als Aggregate zahlreicher, kaum 1 [i breiter Fäden. Einen ganz identischen Aufbau zeigen ferner auch hier die typischen Parapodborsten l») , indem sie, einerlei ob dicke Aciculae, oder dünne Pfriemen, alle aus ebensolchen feinen, rundlichen, homogenen Fäden wie die vorhergehenden Gebilde aufgebaut sind; nach entsprechender Maceration lassen sich, wie bei Poli/odontes, diese Fäden isoliren und in diesem Zustande ist auch ihre Uebereinstimmung mit den Elementen des Haartilzes ganz unverkennbar. Endlich findet diese Uebereinstim- mung noch einen Ausdruck im gemeinsamen chemischen Verhalten; denn es erweisen sich Parapodborsten, irisirende Borsten und Haarfilz gleicherweise selbst lange andauernder Ein- wirkung von kochender Kalilauge gegenüber vollkommen widerstandsfähig. Die besonders auf der Bauchfiäche des Thieres eine bedeutende Dicke erreichende C'uticula lässt schon im frischen Zustande das charakteristische Streifensystem erkennen; nach Maceration geben sich indessen auch hier die vermeintlichen Streifen als Fibrillen"^ zu er- kennen. In Folge ihrer kräftigen Entwickelung kann man sich bei Äphwdita aufs Deut- licliste davon überzeugen, dass diese Membran nicht etwa nur aus zwei, sondern aus einer sehr viel grösseren Anzahl abwechselnd längs und quer gerichteter Fibrillenlager besteht. Auf- fallend ist, dass ausserdem noch diese Fibrillen hier einen so bedeutenden Durchmesser er- reichen wie bei keiner anderen der mir zu Gesichte gekommenen Cuticulae; sie messen nämlich 2 \i, so dass sie auch in noch höherem Grade dem Habitus der Paraped- und Spinndrüsen- Fäden gleichkommen, als die entsprechenden Fibrillen anderer Anneliden. Nur in einem Punkte bieten sie, ähnlich denjenigen des Poli/odontes, eine bemerkenswerthe Abweichung letz- teren Fäden gegenüber dar, und zwar in ihrer chemischen Resistenz. Es wird nämlich auch die Cviticula der Apkrodita durch Kalilauge zur Lösung gebracht. Wir stehen nun vor der Frage, wo und wie bei Apkrodita diese nicht zu den typischen Parapodborsten gehörigen Gebilde, die sogenannten irisirenden Borsten, sowie der die Athemkammer membranartig bedeckende Haarfilz, zur Entstehung gelangen; insbesondere fragt es sich, ob hier ähnliche Spinndrüsen wie bei Po/j/odontes vorkommen. Ich habe Aphrodita aculeata genau auf diesen Punkt hin untersucht und bin zur Ueber- zeugung gelangt, dass Bildungen, wie die gelben Stränge des Polyodontes, bei ihr nicht vor- handen sind. Schon bei der Besprechung des letzteren Thieres hatte ich hervorzuheben, wie l)ci vielen Aphroditeen die hämalen und neuralen Parapodien enge zusammenrücken und wie dann meistens die neuralen allein die für die Fussstummel charakteristische Ausbildung aufweisen. Dies gilt auch für Aphrodita. Nur das neurale Parapodium erscheint typisch ausgebildet, das hämale, fiächenhaft ausgebreitete dagegen entbehrt der Stummelbildungen und producirt nur wenige Borsten. Anstatt dessen sehen wir aber die Gesammtmasse der irisirenden Haare sowie den über den Rücken hin sich ausbreitenden Haai-filz von Segment zu Segment aus diesem a) Taf. .36. Fig. 30. 31. b Taf. 3G. Fig. 27— 2i». c) Taf. .'iü. Fig. 20. 334 15- Verglcicheml-AnHtütnischer (Murpholuijischerj Tlieil. letzteren Para])odium entspringen-''). Es genügt das von dem Haartilze hergestellte Dacli zu spalten und dessen beide Hälften auseinanderzuschlagen, um sich davon zu überzeugen, dass trotz seiner membranähnlichen ("ontinuität die es zusammensetzenden Haare bündelweise in jedem Segmente entspringen luid sich erst allmählich zum Dache verfilzen. Die fraglichen Borsten und Haare der Aphrodita sind demnach Froducte ihrer hämalen Parapodien, oder besser ihrer hämalen Borstendrüsen, und da wir gesehen haben, dass auch die gelben Stränge oder die Spinndrüsen des Pofj/odoutcs im morphologischen Sinne als die liämalen Parapodien (Borstendrüsen) dieses Thieres betrachtet werden müssen, so ist damit unsere Frage principiell beantwortet. Die Verschiedenheit der hämalen Drüsen beider (Gattungen erklärt sich aus der ver- schiedenen Verwendung der bezüglichen Secrete. Im einen Falle dienen die borstigen Fäden insbesondere zur Herstellung einer schützenden, mit dem Körper im Zusammenhange bleibenden Decke, im anderen Falle dagegen dienen sie zur Herstellung vom Thiere abgelöster AVohn- röhren, Fangnetze etc., mit anderen Worten: Polyodoutes hat Spinndrüsen, welche zu jeder Zeit ein reiches Material von Fadensecret nach aussen zu schaffen vermögen, und Aphrodita solche, welche nach Art der Borstendrüsen allmählich das (am Körper haften bleibende) Secret zur Entleerung bringen und ebenso allmählich das Verbrauchte ersetzen. Würde es angesichts der für Pofj/odatifes festgestellten Thatsachcn überhau^jt noch weiterer Beweise für die Einheit von Spinn- und Borstendrüsen bedürfen, so könnte man schwerlich überzeugendere als die durch das Verhalten der hämalen Parapodien der Aphrodita gelieferten verlangen. Nachzuweisen bleibt noch, welcherlei Modificationen im Einzelnen die Structur dieser letzteren Parapodien, oder vielmehr ihrer drüsigen Abschnitte derjenigen der Borstendrüsen gegenüber darbietet, und welcherlei Beziehungen ferner sie zu jener der gelben Stränge er- kennen lässt; denn das was von den Parapodien der Aphrodita bekannt ist, erstreckt sich nur auf ganz äusserliche Merknuile. Als ebenfalls zur (jruppe der Spinndrüsen gehörig betrachte ich die, insbesondere durch Claparede') bekannt gewordenen Drüsentaschen der Polijäora. Seine Beschreibung dieser Organe lautet: »J'ai etudie avec .soin, chez la P. Agassizü les singulieres poches glanduleuses des parties laterales des Segments, poches que j'ai dejä signalees, il y a quelques annees, chez une autre espece, et qui paraissent caracteriser le genre dans son entier. Ces poches apparaissent des le septieme segment, c'est-ä-dire en meine temps que les branchies et les crochets ventravix. Elles sont piriformes et s'ouvrent ä l'exterieur ä la ramc pedieuse inferieure. ()n les trouve dans les segments 7, S, i» et 10, oü elles sont fort larges. Puis elles cessent ou du moins ne les retrouve-t-on plus que rudimentaires dans quelques-uns des segments qui suivent immediatcment. Chaque poche revcle un faisceau de boyaux aveugles, incolores, en forme de larmes ba- taviques , qui sont sans doute des follicules glandulaires. La partie renflee de chaque follicule renferme unc sphere homogene, qui, sous le microscope, offre une couleur faiblement rosce, et dont le pouvoir refringent ne secarte gucrc de celui de l'cau. (Vest lii sans doute la sul)stance secrctce. Entre les follicules sont a) Taf. Tl. Fiu. 2 7. 1) 1. p. s. c. p. :ii(;. I. Haut. 2. Vergleich der Capitelliden mit anderen Anneliden, b. Cuticiila. 335 disseminees quelques cellules, larges de 16'"'^', ä gros iioyau sphcrique. Klles ressemhlent a s'y möprendre aux vcsicules germinatives de jeunes ovules«. Bei der Polj/dora ßava konnte Clapauede') sodann ähnliche, sich vom sechsten Seg- mente ab durch die ganze liänge des Körpers wiederholende Drüsentaschen nachweisen. Neuerdings sind ähnliche Drüsen von Jacoby") noch bei zwei anderen Po/^f/ora-Arten, nämlich bei P. ciliata und bei P. quadrilobata, aufgefunden und untersucht worden. Seinen Angaben zufolge wiederholen sich diese für das ganze Genus charakteristischen Drüsen bei ersterer Art vom G. bis zum 18., und bei letzterer vom 6. bis zum 16. Segmente. Aus diesen Citaten folgt zwar, dass wir es mit Drüsen zu thun haben, welche, ähnlich wie bei Polyodontes, in nahen Beziehungen zu den Parapodien stehen, indem beide Autoren gleicherweise constatiren, dass die betreffenden Follikel am unteren Füssstummel-Aste, also am neuralen Parapodium nach aussen münden; darauf allein unseren Vergleich zu stützen würde aber kaum angehen; fehlt doch im einen Falle der wesentlichste Bestandtheil, nämlich das faden- oder borstenförmige Secret. Ja, es fehlt, aber nur in den Beschreibungen und Ab- bildungen Claparede's sowie Jacoby's; in Wirklichkeit dagegen ist es, wie ich mich durch die Untersuchung der Polydora Ai/assizü (also derselben Form, die Claparede vorgelegen hatte) Aviederholt zu überzeugen vermochte, vorhanden; denn beide Forscher haben übersehen, dass die wasserhellen, kolbenförmigen Follikel distal je in eine Anzahl feiner Fäden oder Borsten aus- laufen, und beiden Forschern ist auch ein gelber, im Centrum der Tasche gelegener Strang von drüsigem Ansehen entgangen, welcher im Habitus auffallend an die ähnlich geförbten Drüsenknöpfe der Po/yoes Ouenia posscdent des gl.andes assez particulieres dout la fonction est de secreter le tube. Delle CuiAjE les a dejä connues et figurees. 11 en represente une seule paire setendant ä travers plusieurs Seg- ments. M. KöLLiKKR, le seul qui paraisse les avoir revues depuis lors, en attribue une paire ix chaque Seg- ment. Povir l'espece de Naples tout au moins, la verite est entre ces deux extremes. Elle en possede quatre paires de longueur tres-inegale. La premiere s'ouvre aupres des soies capillaires ventrales du preniiei Segment, et son extremite setend jusqu' ii l'arriere du second segment. La seconde s'ouvre aux soies ca- pillaires ventrales du second segment et s'etend, en arriere, jusqu'au meme point que la premiere paire. Elle est, par consequent, bien plus courte qu'elle La troisieme paire est de toutes la plus longue, eile s'etend dans toute la longueur du troisieme segment et s'ouvre aupres de l'extrcmite dorsale du premier tore unei- nigere. Enfin la quatrieme est fort courte et s'ouvre au second tore uneinigere. Les Segments suivants en sont depoiuvus. Toutes ces glaudes sont des tubes cylindriques, large de (i,"""17, formees par une membranc homo- gene, tapissee d'epithelium. Les cellules de repithelium sont depourvues d'enveloppe et formees par un protoplasma rcmpli de granules .spheriques mesurant 2micr en diametre. Leur niicleus (Igmior) vesicu- laire est parfaitement incolore et depourvu de nucleole. Le calibre du tube est occupe par une substance tilamenteuse ressemblant ä s'y meprendre k des faisceaux de zoospermes. Toutefois, ä la rupture de la glande, on reconnait qu'il s'agit d'un liquide fort dense, coulant avec difficulte, et dans lequel des stries sont produites saus doute par le» difFerentes couches du liquide secrete.« Durch V. Dr.\sche'^) wurden die topographischen Angaben Ci.aparede's dahin corrigirt, dass nicht 4 sondern 6 Driisenpaare vorhanden seien, wovon 2 Paare dem Thorax und 4 dem Abdomen angehörten. Ueber die Structur dieser Drüsen und die Natur ihres Secretes schreibt sodann derselbe Autor: »Die Wandungen derselben bestehen von aussen nach innen aus einer feinen Membran, welche z.nhlreiche, der Länge der Drüse parallel liegende feine Muskeln vereinigt. Auf den Querschnitten erscheint diese Membran perlschnurartig. Nach innen folgt das Epithel der Drüse, das aus kubischen grossen Zellen mit sehr grossen runden Kernen gebildet wird. Von der Fläche gesehen hat das Epithel sechseckige He- a) Taf. 37. Fig. 19. 20. 1) 1. p. 8. c. p. 449. 2) Dräsche, R. v. Beiträge zur feineren Anatomie der Pol5'chaeten. IL Owenia ßliformis D. Ch. Wien 1SS5. p. 11. und 19. *) Owenia fusiformis ist eine von Delle C'hiaje aufgestellte Art, welche CLAPARkDE in seinen »Annelides dhetopodes de Naples p. 446« irrthttmlich als Owenia filiformis Delle Chiaje aufführte. Später sah CLAi'ARiiDE seinen Irrthum ein und corrigirte denselben in einer Anmerkung der »Recherches sur la Structure des Annelides Sedentaives p. S5«. Da aber letzteres Werk als vorwiegend histologisches dem Systematiker weniger in die Hände kommt, so benutze ich diese sich mir darbietende Gelegenheit, um zur Wiederherstellung des richtigen Namens beizutragen. I. Haut. 2. Vorgleioli der C'apitelliden mit anderen Anneliden. 1). Cuticula. 337 grenzung. Dort, wo die ürüse durch das Hypoderm nach aussen mündet, wird sie von einer feinen Ring- muskulatur licdeekt; ihr Inneres findet man stets von einer wasserhellen, fadenziehenden Substanz erfüllt, welche Cl.vparjide gut abbildet. Diese Substanz färbt sich intensiv durch IVIethylgrün.» Hierzu habe ich zu bemerken, dass meinen Erfahrungen nach das Socret fraglicher Drüsen weder eine fadenziehende Substanz, noch eine vermöge des Wechsels ihrer Dichtig- keit Streifensysteme A'orspiegelnde Flüssigkeit darstellt, dass im Gegentheil dieses Secret, ähn- lich wie dasjenige von Polydora und von Spio, in Form sehr dünner Fäden zur Abscheidung gelangt. Allerdings sind sjieciell hier die Fäden von auffallend klebriger Beschaffenheit, so dass beim Präpariren leicht der Anschein entstehen kann, als ob man es mit einer zwar fadenziehenden, aber im Grunde doch homogenen Masse zu tliun hätte; dieser Anschein ist aber ein trügerischer; denn sowohl an frischen, als auch an conservirten Organen lassen sich die Fibrillen jederzeit schon in situ nachweisen. Hierher gehören wahrscheinlich auch die von Claparede als »glandes repugnatoires« beschriebenen Drüsen von Aricia foetida. In seinen »Annelides C'hetopodes« sagt genannter Forscher*), dass diese Drüsen an jedem neuralen Parapodium des Hinterkörpers vorkämen; in seinen »Annelides Sedentaires« dagegen lässt er^) sie auf den Thorax beschränkt sein. Im Hinblick auf unser Thema muss überdies der Inhalt dieser Drüsen noch genauer untersucht werden, da sich Claparede nur vermuthungsweise über denselben geäussert hat. Dass die Drüsen der zuletzt besprochenen Gattungen, insbesondere diejenigen von Po- Ij/dora, Spio und Owenia im morpliologischen Sinne denjenigen des Po/j/odoutes als gleich- werthig erachtet werden müssen, kann als feststehend betrachtet werden; zeigen sie doch im Lagerungsverhältnisse, vor Allem in ihren Beziehungen zu den Parapodien, sowie auch hin- sichtlich der Form, in welcher das Secret zur Ausscheidung gelangt, die auffallendste Uebcr- einstimmung, und diese Uebereinstimmung erstreckt sich auch auf die Function ; denn, wenn es selbst dahingestellt bleiben mag, ob die Spinndrüsen der genannten drei Formen, ähnlich wie aller Wahrscheinlichkeit nach diejenigen von Polyodontes, Gespinnste zu aggressiven Zwecken (Fangnetze) liefern, so kann doch darüber Avenigstens kein Zweifel walten, dass sie zur Ver- fertigung von Röhren dienen. Die im Sande lebende Owenia wird constant in compacten (das heisst durch angeklebte Erdpartikel verstärkten) Röhren angetroffen und die im Schlamme lebenden Spio und Po/ydora pflegen, sobald man ihnen den Schlamm entzieht, sich mit hya- linen Röhren zu umgeben. In einem Punkte hört nun aber die Uebereinstimmung auf, nämlich im chemischen Verhalten. Die fadigen Secrete von PoJj/dum, Spio und Owoua sind zwar, wie die cuti- cularen Bildungen überhaupt, immer noch von grosser Resistenz, aber diese Resistenz er- reicht nicht mehr jenen den ähnlichen Secreten von Polt/odontea und Aphrodita zukommen- den Grad, indem die betreffenden Fäden, ähnlich wie diejenigen der Cuticula, durch Kalilauge zur Lösung gebracht werden. Solcher Wechsel des chemischen Verhaltens ist aber 1) 1. p. 8. c. p. 3üS. 2) 1. p. 308. c. p. 137. Station z. Neapel, Fauna und Flora, Uolf von Neapel, t'apitelliden. 338 B- Vergloichcnd-Anatumischc-r iMüipholofjischer) TliL'il. genide für unseren weiter zielenden N'ergleich zwisclien den fadigen Producten der Borsten- drüsen Borsten), der Spinndrüsen (Fangnctze, A^'ohnröhren) und der Hypodermis (C'uticulae) überaus instructiv, indem er das in chemischer Hinsicht contrastirende A'erhalten der End- glieder vermitteln hilft. Ausser den im Vorhergehenden betrachteten Formen sind noch einige andere durch im Bereiche der Parapodien gelegene Drüsen ausgezeichnet; aber diese letzteren lassen sich nicht mehr ohne Weiteres mit typischen Borstendrüsen in Zusammenhang bringen. Es gehören hierlier vor Allem die bei \ielen Nereiden'') \orkommenden, sogenannten gewundenen Schläuche, knäuelförmig untereinander verwickelte Drüsen, welche bald an der lluderwandung, bald an den Lippen und Zungen der fortsatzreichen Parapodien nach aussen münden. Die ersten Mittheilungen über diese Organe hat Rathke geliefert; er'l beschrieb sie von Nereis jmhatoria zunächst als Hoden. In der bald darauf folgenden Bearbeitung von Nereis Dumerilü kam er'-) aber von dieser Ansicht zurück, da er die Drüsennatur der frag- lichen Körper erkannt hatte. Keferstein'i, dem ähnliche Schläuche bei Nereis agiUs begegneten, neigte wiederum zur ursprünglichen Auffassung Rathkes hin, indem er ihre Beziehungen zu Geschlechtstheilen für sehr wahrscheinlich hielt. Dem gegenüber betonte aber Clapareoe' das weit \erbreitete A'orkommen der Schläuche, ihr Auftreten in beiden Geschlechtern und in l^arven, sowie ihren aus Stäbchen und Fäden bestehenden Inhalt, der auffallend an die Stäbchenzellen oder Nesselorgane erinnere. Vollends entschieden wurde aber die Frage erst durch Ehlers-^). Letzterer studirte die IlATHKE'schen Schläuche an Nereis cultrifera und N. limhata und fand ihnen ähnliche Gebilde auch in einzelnen Partien der Haut, so dass ihr Charakter als Drüsen, und zwar als Haut- drüsen ihm nicht lange zweifelhaft blieb. Er erkannte aber auch das eigenthümliche Secret dieser Drüsen sovt^ie dessen Function, und die nachfolgende Stelle aus des Autors Beschreibung spricht für sich selbst beredt genug dafür, in wie hohem Maasse die lYc/r/*- Organe mit in den Kreis der hier in Betracht kommenden Bildungen hineingehören. Die betreffende Stelle lautet folgendermaassen : »Das Secret dieser Drüsen wird offenbar durch die Porencanäle der Chitinhaul nach aussen ent- leert; ich sah es an lebenden Thieren in Form feiner Fäden, welche in der ]\Iitte knotig verdickt waren, aus der Chitinhaut hervorquellen, welche die Drüsen des Ruders f)edeckt, und erkannte deutlich, wie über den Drüsen die Haut von den Porenkanälen durchbrochen war; und auch bei Thieren, welche in Weingeist a; Taf. 37. Fig. lU. 1) Ratjikk, H. De Bopyro et Nereide. Riga und Dorpat ISIHT. p. 41. 2) — Beiträge zur Fauna Norwegens. Nova Acta Leop. Car. Vol. 20. 1843. p. 104. 3) 1. p. 4. c. p. 9S. 4) 1. p. 4. c. p. 52. .5] 1. p. 307. c. p. 4GÜ. I. Haut. 2. Vergleich der Capitelliden mit anderen Anneliden, b. Cutieula. 339 aufbewahrt waren, fand ich an den gleichen Stellen dasselbe, nur etwas trüber aussehende Secret als eine fadenförmige, durcheinandergewirrte Masse. Da die Fäden dieses Secretes dem Gewebe sehr ähnlich sind, aus dem die Röhren bestehen, welche diese Würmer sich bauen, so kann man diese Hautdrüsen ihrer Function nach wohl am besten als Spinndrüsen bezeichnen; und die über eine so grosse Strecke der Körperoberfläche ausgebreitete Drüsenmasse wird auch nach allen Seiten hin das Material für die zu bauende Rühre liefern.« Zu einer ganz übereinstimmenden Auffassung kam endlich Schröder') an Nereis diver- sicolor; denn auch er sah, und zwar aus den an der Spitze der Parapodfortsätze mündenden Drüsen, ein Secret in Form eines langen, feinen Fadens treten. Schröder sagt ferner: jiSolche Fäden findet man, wenn man die Thiere eine Zeit lang hält, über die ganze Schüssel ge- zogen. Oft haben die Würmer sich auch ganz mit Fäden umgeben, wobei sie durch letztere Mud und Sandkörner mit einander verbanden und so nun sich eine Art Röhre bereiteten.« Ganz ähnlich gewundene Schläuche wie bei Nereis finden sich auch in den Fuss- stummeln sowie in den kugligen Rückencirren von SpJmeradorum^). Nach Claparede'-) ist ein Theil dieser Schläuche mit rundlichen Körnern, ein anderer dagegen mit Stäbchen und Fäden angefüllt. Im Hinblick auf letztere Secretform verglich denn auch genannter Autor schon die Sphaerodonim-Schläuche mit denjenigen der Nereis etc. Endlich hat ebenfalls Claparede') gewundene Schläuche in den Parapodien von rityllodoce^) nachgewiesen, was um so interessanter ist, als hier die blattförmig verbreiterten'! C'irren nicht (wie bei Sphaerodorum) Schläuche, sondern einfache Stäbchenzellen enthalten und so die Verwandtschaft aller dieser geformten Secrete auffällig demonstriren. Ich gehe nun zur Besprechung solcher Drüsen über, welche ZAvar noch tief in die Leibeshöhle hineingerückt erscheinen, aber doch insofern von den bisher in's Auge gefassten abweichen, als sie sich weder segmentweise wiederholen, noch Beziehungen zu den Parapodien aufweisen, welche ferner, vermöge der Form ihres Secretes, zwischen den Stäbchen der Hautdrüsen und den Fäden der Spinndrüsen ebenso wie die vorhergehenden eine Vermittelung anbahnen. Hierher gehören zunächst die Drüsenkolben oder Schlunddrüsen des IlfjdropJtfmes Krohnii •=) . Claparede ^), dem wir auch die Entdeckung dieser Gebilde zu verdanken haben, hat sie folgendermaassen beschrieben: »Une des particularites les plus remarquables de ce ver, e'est l'existence de quatre Inrges boyaux glandulaires qui setendent du segment buccal, jusque dans le 4™" segment. Ces boyaux sont renfles eu arriere et s'ouvrent sans doute k Texterieur au segment buccal, par des pores que je n'ai su decouvrir, u moins que les poches exsertiles, decrites plus haut, ne jouent le role de pores excreteurs. Ces boyaux sont revetus d'une epaisse membrane et renferment, dans leur cul-de-sac, une substance homogene; mais le con- tenu de la plus grande partie de l'organe est forme par une masse striee, que j'ai ])rise, au premier abord, pour une agglomeration de zoospermes. L'existence de ces quatres boyaux, que je tenais pour des spermatophores, semblait donc favoraljle ä l'hypothcse de M. Gkuhe, qui fait des Hyilrophanes les nmles des Lopadorhynchvs. a) Taf. 37. Fig. 17. b) Taf. 37. Fig. 18. c) Taf. 37. Fig. 15. 1) 1. p. 322. c. p. 10. 2J 1. p. 4. c. p. 50. 3) 1. p. 4. c. p. 54. 4) 1. p. 335. c. p. 102. 34"ö- IS- Vergleichend-Anatomischer (Morphologischer) Thcil. Toutefois, rexamon de ccs oroancs k iin fort giossissement, me montra bientut que les zoospermes sii])posos np sont qiie des liatomicts lineaires, cpais et rigides, tres-semblables a eenx des follicules bacillipares dautres Annelides, seulement de taille relativement kolossale. I.eur longiieur est en effet de 22 ä 55'"''^^'. Les quatre boyaux sont des follicules bacillipares gigantesques. II ue nianque d'ailleurs pas chez les Ifi/- (frop/ianes de follicules bacillipares microscopiques. On les trouve rcpandus dans le tissu de la trompe, oü, groupcs en general deux ii deux, ils viennent s'ouvrir a l'extremitc de papilles coniques, semees sur tout le bord de cet organe. Les bätonnets n'ont, il est vrai, plus ici qu'une longueur de 5 ä 7""". Entre ces lullicules bacillipares, sont semes d'autres boyaux folliculaires ii contenu granuleux.« Durch Kleinenberg') wurde die vorstehende Besclireibung Claparedes diiliiu eorrigirt, dass erstens die Drüsen nicht in der Vier- sondern in der Dreizald vorliiindi>n sind, und dass zweitens sie nicht nach aussen, sondern in den Sclihmd münden. Aus desselben Autors^) ausführlicher Arbeit über denselben Gegenstand erfahren wir ferner die für uns wichtige 'iliatsache, dass sich die Drüsen aus Fortsätzen des bleibenden Schlundes, also aus ectodernialen Anlagen entwickeln. Hierher gehört ferner, aller Wahrscheiidichkeit nach, eine aus ganz ähnlichen Follikeln zusannnengesetzte, sich in die Mundhöhle öifnende Drüse der Typhloscoleciden. Lakgerhans''), in dessen Beschreibung der Acicularia (TypMoscolea) ich allein den attch von mir wahrgenommenen Stäbcheninhalt dieser Drüsen betont finde, bemerkt über dieselben: »Die Lippen sind vorstülpbar; mit ihnen eine kegelförmige Zunge, die an der Rückenwand des .Miindflarnios liegt. Auf der Oberfläche dieser offenbar aggressiven Zwecken dienenden Zunge mündet eine Gruppe von Stäbchendrüsen, welche in einem Itesonderen Sack im Mundsegment über dem Darm sich befinden.« Ich glaube, dass in der That diesen Drüsen, und z^\•ar sowohl denjenigen von TypMoscolex, als auch denjenigen von Hydrophanes eine aggressive Rolle beschieden ist; einerlei ob nun das fadige oder stabförmige Secret blos durch die allen diesen Ausscheidungsproducten eigenthüm- liche Klebrigkeit, oder aber durch Herstellung förmlicher Netze beim Einfangen der Beute zur Geltung kommt, wobei natürlich auch seine Verwendung zur Vertheidigung nicht ausge- schlossen ist. Im Hinblicke auf die ein stab- oder fadenförmiges Secret ausscheidenden Schlunddrüsen des Hj/droi>haiies und Tjjphloscolew ist es ^on nicht geringem Interesse, dass die Rüsselpaijillen der nalie verwandten Phyllodociden mit zahlreichen Stäbchen angefüllt sein können. Ceaparede*) hat einen solchen Eall bei seiner Eidalia velifera beschrieben. Es kann keinem Zweifel unter- liegen, dass diesen in dem mächtigen Greiforgane von Enhdia zerstreut liegenden Stäbchen") eine ähnlich ^ aggressive Rolle zukommt wie den in den St-hlunddrüsen von Hj/dn)pfiaiu'.s etc. angesammelten Sccretmassen. a) Taf. 37. Fig. 2. Ij Klkinexbekg. N. Suir Origin'e del Sisfema Nervoso (Centrale degli Anellidi. Atti Accad. Line« Anno 278. lSSO/81 p. 7. 2) 1. p. 303. c. p. l.'iS. :i) Langerhäns, 1'. lieber Acicularia J'in/wirii, eine neue Annelidenfovm. Mnn. Her. Akad. Berlin Jahrg. 1877. p. 727. 4) 1. p. 8. c. p. 2')!. I. Haut. "2. Vergleich der CapitelHden mit anderen Anneliden, b. Cuticula. 341 Die Typhloscoleciden sind noch durch eine andere Kategorie von Secreten ausgezeichnet, deren Besprechung hier anzureihen ganz im Entwickelungsgange unseres Problems liegt: icli meine jene von den ineisten Autoren missverstandenen borsten- und reusenförmigen Stab- oder Fadensecrete der Girren oder Elytren.'') Wagner') hielt sie für Nervenstäbchen. Langerhans'-j spricht von eigenthümlichen Grupi)en von Stäbchenfollikeln, welche wie zusammengesetzte Augen aussehen. Uljanin^'), der die hierhergehörigen Gebilde sehr eingehend untersuchte, der insbeson- dere erkannte, dass sie in zwei stark von einander abweichenden Formen, nämlich als fächer- artig ausstrahlende und als cylindrisch geschlossene Fadenbündel auftreten, kam zu keinerlei Vorstellung über deren Bedeutung. Er verlegt zwar deren Beschreibung in das Kapitel "Ner- vensystem und Sinnesorgane«, versäumt aber nicht, etwaigen Folgerungen aus dieser Einordnung durch die folgenden Sätze vorzubeugen: »D'autres organes de fonction bien doiiteuse et que je decris daiis ce chapitre, consacre aux organes des sens seulement, parce que je ne sais oü les classer aiitre part, se trouvent dans les elytres des Sagitelles.« Ferner : ).Je me borne seulement ii decrire ees filaments, qu'oii serait tente, si Ton ne connaissait pas les speimatozoides des Sagitelles, de considerer comme tels. Dans letat actuel des nos connaissanees, je ne trouve pas possible meme de hasarder quelque conjecture sur le röle que joueut ces organes enigmatiques dans leconomie des Sagitelles.« Auf einer richtigen Fährte in der Beurtlieilung der uns beschäftigenden Fadenaggregate treffen wir allein Greeff. Schon in seiner ersten Mittheilung') über den Gegenstand spricht dieser Autor von Haftapparaten und in der folgenden Abhandlung^) kommt er, nach aus- führlicher Beschreibung des A'orkommens und der Zusammensetzung der betreffenden (iebilde, sowie nach Widerlegung ihrer Auffassung als Sinnesorgane, zu folgendem Schlüsse: iSo könnte man sie noch immer für Sinnesorgane halten; prüft man aber genauer, so bemerkt man, dass die einzelnen Stäbchen hier und dort über die Scheibe hinaus und oft ganz aus ihrem «ündel nach aussen hervortreten. Sie erweisen sich dann als langgestreckte, anscheinend durchaus hyaline, biegsame, cylindnsche Stäbchen, die mit ihrem inneren Ende in einem kleinen gestielten liecherchen sitzen und durch dieses noch auf der Scheibe zurückgehalten werden, indem der Stiel des ]$echerchens als feiner Faden in das Innere des gemeinsamen Follikels eintaucht. Die Ursache des Ilervortretens der Stäbchen beruht auf einer anderen sehr auffallenden Erscheinung, die uns zu gleicher Zeit über die Function der sonderbaren Organe Auf- schluss zu geben vermag. Zuweilen sieht man nämlich eine ganze Stäbchenscheibe oder zu gleicher Zeit mehrere einem anderen Gegenstande, sogar der glatten Glasfläche des Objectträgers oder Deckglases, einer a) Taf. 37. Fig. 12-14. 1) AYaGneb, N. Nouveau groupe d' Annelides. Tiav. Soc. Natural. St. Petersbourg. Tome 3. p. 344. (fide Ujlanin.) 2) 1. p. 340. c. p. 728. 3) 1. p. 320. c. p. 17. 4) Greeff, R. Acicuhria Virc/inuil Lksgerh. 51. Vers, deutsch. Naturf. u. Aerzte in Cassel. Tageblalt Nv. 3. p. 51. 5) — Ueber pelagische Anneliden von der Küste der canarischen Inseln: Adcularia Virchowii L.^.NtiKRH, Zeit. Wiss. Z. 32. Bd. p. 241. 342 ^- Vergleichend-Anatomischer (Morphologischer) Theil. Saugscheibe ähnlich, angeheftet. Der ganze Follikel ist dann oft nach aussen hervorgezogen und erhol it sich blasenartig um das mit den äusseren Enden fest aufgesetzte Stäbchenbündel. — Ich glaube hiernach die fraglichen Organe zunächst als Haftapparate in Anspruch nehmen zu dürfen; die Stäbchen selbst, namentlich ihre äusseren Enden sind offenbar von klebriger Beschaffenheit, wodurch die Auheftung der äusseren Scheibe unterstützt, wenn nicht allein bewirkt wird. Durch diese Klebrigkeit wird auch andererseits wohl das oben erwähnte Hervortreten der einzelnen Stäbchen nach aussen hervor- gerufen. Zum Theile indessen mag auch durch inneren muskulären Druck auf den Follikel das Austreten der Stäbchen erfolgen, ich sah dieselben häufig ohne eine sichtbare äussere Veranlassung, d. h. ohne dass sie anscheinend durch Ankleben hervorgezogen worden wären, plötzlich aus dem Follikel hervorschnellen. Ob diese Organe zu gleicher Zeit auch Ncsselorgane sind, was mir nach dem Obigen wohl wahrscheinlich ist, lässt sich zunächst schwer entscheiden.« Später freilich wurde Geeeff^) durcli das Studium con.servirten Materials dazu bewogen, das Präcise seiner ursprünglichen Deutung- durch folgendes Zugeständniss wieder abzuschwächen: »Auf Grund meiner früheren Beobachtungen habe ich sie mit Bestimmtheit für nesselartige Haft- organe erklärt, da ich eine darauf hinweisende Thätigkeit bei den lebenden Thieren wahrnahm, luid im Kückblick hierauf wüsste ich den sonderbaren Gebilden auch jetzt noch keine bessere Deutung zu geben. Doch halte ich auch immerhin für möglich, dass sie Sinnesorgane darstellen, namentlich unter Berücksich- tigung des von mir in den Girren aufgefundenen ausserordentlichen Nervenreichthums« etc. "\^'ürden die Stäbchen- und Fadenbündel des Typhloscolex ausschliesslich in der flächenhaft borsten- oder föcherförmigen Form auftreten, oder würde auch selbst nur die zweite mehr ge- sddossene Form zu einer weniger regelmässigen Anordnung neigen, insbesondere nicht so scharf abgeschnittene Flächen aufweisen, so wäre es Niemanden eingefallen, sie für Sinnes- organe zu halten. Zu dieser Ideenassociation liat allein die 'i'hatsache geführt, dass durch die erwähnte regelmässige Anordnung der Stäbchen oder Fäden ein an Facettenaugen er- innerndes Ansehen entsteht. Diese regelmässige Anordnung (welche übrigens nur bezüglich der scharf abgeschnittenen Endflächen der Fäden vereinzelt dasteht, indem die meisten Faden- sccrete im Uebrigen ähnlich regelmässig angeordnet zu sein pflegen) findet nun aber ihre zu- reichende Erklärung in Greeff's ursprünglicher Deutung der fraglichen Gebilde als Haft- apparate. Ich schliesse mich dieser Deutung durchaus an, freilich nicht in dem Sinne, dass ich an Apparate zum Festkleben ihrer (pelagisch lebenden) Träger, sondern an solche zum Festkleben von Beute denke. Während das Secret der Sinnndrüsen, insofern letztere als Fang- apparate in iietraclit kommen, \o\i den zugehörigen Thieren entleert wird, bleibt eben dieser Auffassung gemäss das entsprechende Secret des Typhloncolex im Körper eingeschlossen, um nur je an der Mündung der betreff"enden Drüsen, respective im Bereiclie derselben zum Fest- kitten von Beute bereit zu liegen. Mit dieser zweiten Kategorie von Fadensecreten des Tj/phloscolex sind wir wieder zu Producten der Ilypodermis zurückgekehrt; denn alle Autoren stimmen darin überein, dass die betreffenden Stäbchen- und Fadenbündel je in einzelnen Zellen zur Entwickelung gelangen, sowie dass das durch letztere Zellen zusammengesetzte Cirrus-Gewebe der Hypodermis zuzu- rechnen sei. Wie aber dem auch sein mag, zur Vermittelung der Rückkehr zu unserem Ausgangspunkte, den Stäbchen der Hypodermis, steht uns ein noch viel eclatan- 11. Typithisoilcx Mrdleri \\ . Hrsnr. Nachtrag etc. Zeit. Wiss. Z. ;i2. Bd. p. 008. I. Haut. 1. Vergleich der Capitelliden mit anderen Anneliden, b. Culieula. 341^ teres Objcct zu Gebote: nämlich C'haetopteridcn, welche in unzweifelhaften Hy- podernizellen sowohl an die Secrete der Borsten- und Spinndrüsen erinnernde Fäden, als auch einfache Stäbchen zu secerniren vermögen. Es sind die oft citirten »Annelides C'hetopodes du Golfe de Naples«, in welchen auch diese Fälle registrirt stehen. Von den Stab- und Fadensecreten des PhijUochaetoi)tevns socialis^) zunächst maclit Claparede') folgende Angaben: »Les tissus de cette Annelide, comnie en general de tous les Chetopteriens que j'ai etudies, sont d'iine delicatesse extreme, et, malgre l'emploi de divers reactifs, je ne suis pas arrive ä en faire une etude satis- faisante. Tonte rextremitc anterieure de l'animal (segment buccal et tentacules) jouit de la propriete, lorsqu'on l'irrite, d emettre une multitude de tres-longs filaments aussi tenvis que des cils vibratiles, et Icgcrc- ment ondules. Je n'ai jamais surpris ces filaments in situ, ni assiste directement ä leur emission. J'inclinais meme dans l'origine a penser que cette foret de filaments, surgissant au bout de peu de temps autour de l'extremite anterieure de l'animal examine est le resviltat de la coagulation dun nuicus scc-rctc par la r^gion anterieure. Toutefois cette opinion a cedc devant l'examen du Ph. fallax. oü, eomme nous le vcrrons, ccs filaments sont plus gros et plus faciles ä etudier. Des follicules glandulaires, bacillipares et non bacillipares, sont repandus un peu partout dans l'ani- mal: ainsi un groupe de follicules spheriques ä la base de la tarne superieure dans la region posterieure; ainsi encore des follicules cylindriques, beaucoup plus ])etits, dans la paroi interne et ciliee de tentacules, bien lilus cpaisse que l'externe«, etc. Und weiterhin von denjenigen des Phyllocliaetoittet'us fallax'): ))C;hez cette espece, comnie chez les precedentes, la partie anterieure du corps, surtout le lobe cepha- lique et le segment buccal, dechargent pendant la manipulation des niiliers de filaments. Ces elements sont beaucoup plus gros que chez le Ph. socialis, et il est facile de s'assurer qu'il ne s'agit pas seulement de stries dans un mucus coagule, car on pcut les isoler facilement. I^eur longueur varie de 0 """, 1 1 k 0.1 lt. Le diametre moyen est de (I '""', 0011, mais l'une des extremitcs est toujours un x>eu renflee, l'autre au con- traire tres tenue. Ces fils gisent epars en tous sens autour de l'animal, formant des anses et des boucles. L'extremite renflee paiait etre la derniere a sortir de la peau. 11 ne faut pas les confondre avec les follicules fusiformes dissemines ca et lii dans le tissu des tentacules. Ces follicules sont en cffet simplemcnt bacillipares.« Und endlich von denjenigen der Ranziana aagittaria) : »Les tissus de la Itanzania sagitturia renferment un grand nombre de follicules bacillipares et yxi-- sentent comme ceux de tant d'autres Chetopteriens la particularitc de decharger une foule de filaments con- tournes des que l'animal est irrite.« Dieses gleichzeitige Vorkommen von Stäbchen und Fäden in unzweifel- haften, gleichwerthigen Hypodermzellen hätte vielleicht für sich allein schon ge- nügen können, die zweite der in diesem Kapitel gestellten Hauptfragen, nämlich die, ob sich für meine Erklärung der fibrillären Zusammensetzung der C'uticula auch bei anderen Anneliden Anhaltspunkte finden lassen, zu bejahen. Aber, nicht umsonst habe ich vermieden, direct auf dieses Ziel loszuschiessen. Erscheint doch der durch die Chaetopteriden repräsentirte Fall von ganz anders überzeugender Kraft, nachdem wir zu- a) Tat. 37. Fig. 10. 11. 1) 1. p. S. c. p. 349. 2) 1. p. S. c. p. 352. 3. 1. p. 33.5. c. p. 128. 344 1^- VürKk'iclu'nd-AnatomisclHT (Mürpholofrischer) Tlicil. vor crfiihnMi haben, dass ähnlich fibrilläre Gebikle, wie die C'uticnla, nämlich die Membranen von Wohnröhren, iSchutzdecken und Fangnet/en, sowie die Borsten nachweislich durch solche in Drüsenzellen entstehende Fäden gebildet wcn'dcn. l'nd, wenn auch die Hei-anziehung dieser Producte von Borsten- und Spinndrüsen in erster länie im Interesse der Beantwortung unserer Hauptfrage geschah, so wird doch dem ],eser nicht lange entgangen sein, wie dadurch zugleich unverkennbare Beziehungen zwischen diesen scheinbar so verschiedenen Bildungen angebahnt wurden, Beziehungen von Aiel grösserer Tragweite als jene ursprünglich allein in's Auge gefassten: nämlich die morphologische Einheit aller dieser Drüsen und somit auch die- jenige aller ihrer Sccrete. Dieser meiner Ueberzeugung, dass die Fadensecrete der Borstendrüsen (Borsten^, der Si)inndrüsen (Fangnetze, Wehrnetzc, schützende Decken. Wohnröhren) und Hypodermis (Cuticulae) genetisch verwandte oder, wenn man will, homologe Gebilde darstellen, Ausdruck zu verleihen bot sich schon bei Schil- derung der entsprechenden Orgauisationsverhältnisse des Pulijodontes und der Ajjhrodita Veran- lassung und dort habe ich auch in Aussicht gestellt, dass die einem solchen Vergleiche im Wege stehenden Schwierigkeiten Aveiterhin erwogen wei'den sollten. Als solche Schwierig- keiten wurden aber hervorgehoben: erstens, die Divergenz des chemischen Verhaltens der Cuticula einer- und der Borsten etc. andererseits, und zweitens, der nahe- liegende Einwurf, dass wir es im einen Falle mit Producten des Ectoderms und im anderen Falle mit solchen des Mesoderms zu thun liätten. Fassen wir zunächst die erstere ins Auge. Ich könnte mich der Sache sehr bequem dadurch entledigen, dass ich sie, eingedenk der heutigen morphologischen Richtung, einfach mit dem Bemerken: chemische Beschaffenheit hat Nichts mit vergleichend -anatomischen Problemen zu thun, bei Seite schöbe. Aber, wenn ich auch keineswegs mit denjenigen übereinstimme, die da glauben, je nach dem vermeintlichen Vorkommen oder Nichtvorkommen einer mehr oder weniger charakteristischen Substanz syste- matische Grenzpfähle errichten zu können, so theile ich doch andererseits ebensowenig das exclusive Verhalten vieler Morphologen, weil ich der Ansicht bin, dass bei vergleichenden Untersuchungen nicht Das oder Jenes, sondern Alles, nicht ein Stück vom Organismus, son- dern der ganze Organismus berücksichtigt werden müsse, wenn überhaupt etwas dem Orga- nisnuis Adäquates wieder dabei herauskommen soll, und zum Organismus gehört nun eben ein- mal auch die chemische (Qualität seiner Gewebe. Von Anfang der Fünfziger bis zu Anfang der Achtziger Jahre hielt nian, gestützt auf die Angaben von Schmidt') und 1>euck.\.rt-), nicht nur die Borsten, sondern auch die C'uticulae der Anneliden für aus Chitin bestehend. Die Cuticulae, wie sich in vielen Fällen herausgestellt hat, jedenfalls mit Unrecht. Schon die in diesem Sinne negativen llesultate der 1) Mitgotlu-ilt in (jrubk, 1. j). 2. (Familie der Anneliden) c. p. 5 und 1,'). 2) Lei'ckart. li. lieber das Vorkommen und die Verbreitung des Chitins bei den wirbellosen Thieren. Arch. Naturg. .Jahrg. 1852. p. 22. I. Haut. 2. Vergleich der Capitelliden mit iindcron Anneliden, b. Cuticulii. ;)45 durcli KRLKENjiKRXi") all der Wohnröhre von Spirographis und durch ScHMiEDEiiERt; ') an derjeiiiii,eii von Omipkis angestellten Untersuchungen mussten Zweifel erregen, indem jene älteren Analysen sich gerade auch auf solche Röhren erstreckt hatten. Es Hessen denn auch widersprechende Angaben, speciell in BezAig auf die Cuticulae, nicht mehr lange auf sich warten. So begeg-nen wir in der Arbeit von Mau'') über Scohplos folgenden Sätzen: »Gegen die gewöhnliehen äusseren Einflüsse scheint die Cutieula also widerstandsfähiger zu sein als die übrio-en Gewebe. Aehnlich verhält sie sich gegen Kalilauge und concentriite Mineralsäuren. Sie löst sich jedoch in diesen Reagentien beim Erwärmen auf.« Ferner sagt Timm^): »Die Cutieula von Phreoryctes besteht sicherlich nicht aus Chitin: sie löst sich leicht in Kalilauge.« Und von derjenigen von Nais constatirt derselbe Autor''): »Uebrigens löste sie sich bei den von mir darauf hin untersuchten Exemplaren [N. elinguis) in Kalilauge.« Endlich berichtet Voigt"): »Das Verhalten gegen Kalilauge zeigt also, dass weder die Cutieula, noch die Cocons der Bnnidiio- hdeUa aus echtem Chitin bestehen.« Und : »Auch beim Eegenwurm erwies sich dessen Cutieula als löslich in Kalilauge. Die diiuue Cutieula von Auloatomum dagegen zeigte sich unlöslich, als ich sie darauf untersuchte.« Man sieht, diese Resultate stimmen (abgesehen von Auhstomnm) vollständig mit meinen im Vorhergehenden über die Cuticulae der Capitelliden, Ai)hroditeen, Spioniden etc. mit- gctheilten Erfahrungen überein. Wenn sich aber somit jene älteren .\ngaben hinsichtlich der Cuticulae theilvveise wenig- stens als irrthümlich erwiesen haben, so erfuhren dieselben umgekehrt eine Bestätigung, insofern sie sich auf die Borsten erstreckten. Dieselben beiden zuletzt in Betreff der Cutieula citirten Forscher, Timm und \'oigt, machen dahin zielende Angaben. Ersterer') schreibt: »Beim Kochen mit Kalilauge quellen die Borsten (von Phreorycteti) anfangs etwas; später schrumpfen sie oder zerfasern sich. Dagegen blieben Borsten von Xak auch bei langer Einwirkung von kochender con- centrirter Kalilauge völlig intact.« Letzterer-), der auf Veranlassung Semper's die Kiefer und Borsten mehrerer Anne- liden-Formen auf ihr Verhalten gegen Kalilauge geprüft hat, kam zu folgenden Resultaten: »Xereis. Kiefer. Derselbe krümmte sich von den Enden her zusammen, diese rollten sich ein. Schliesslich wurde der Kiefer farblos und zerfiel in eine feine Masse, die sich bei 275facher Vergrösserung aus einzelnen gelblich gefärbten Tröpfchen zusammengesetzt zeigte. Borsten. Eine Anzahl der kleineren Borsten nebst einer Stützborste wurden zugleich in Kalilauge erwärmt. Die Stützborste blieb unverändert, die kleineren krümmten sich vielfach und verloren ihre scharfen Konturen, verschwanden aber nicht, sondern waren noch nach 1 '/iSlündiger Einwirkung der Kali- lauge deutlich zu erkennen. 1) Kb,ukkxbi.rg, C. Vci-gleicliend-Physiologische Studien. Fünfte Abtheilung p. 28. 2) 1. p. 20. c. 3) 1. p. 320. c. p. 40Ü. 4) 1. p. 310. c. p. 113. 5) 1. p. 310. c. p. 140. 6) 1. p. 322. (Anat. Histiol. Dranchwhildhi] c. p. 10.".. 7) 1. p. 310. c. p. 115. 8) 1. p. 322. (Anat. Histiol. Branchiohdella) o. p. 10(j. Zool. Station z. Neapel, Faura und Flora, Golf von Neapel. Capitelliden. 346 15. VcTglüiclwnd-Anatomiscliür (Morplinluf^isclier) Theil. Aphroclitu. Grosse Borsten vom Rückon und klciiuMc von rler Bauchseite des Thieres. Nach 1/4 Stunde zeigte sich die Kalihiuge um dieselln-a luaun f;et'drl)t, man erkannte jetzt an den Borsten eine härtere äussere Schicht und eine weichere innere, welche an den Stellen, wo die Stacheln gebrochen waren, die einzelnen Stücke noch verband. Dieser innere Strang schrumpfte bei längerer Einwirkung der Kali- lauge langsam inuner mehr zusammen, ohne dass er jedoch nach 1 '/.^ stündigem Erwärmen verschwunden wäre. Die Gestalt der Borsten l)liei) erhahen, sie besassen aucli zum Schluss noch l)raune Färbung, aber die kleineren waren sehr hell geworden. Polijiwc. Kiefer, ^'erloren ihre Form, quollen auf und es blieb schliesslich nach 1 stündigem Er- wärmen eine braune, zähe, formlose Masse zurück. Borsten. Wurden farblos. Nach 1 stündigem Erwärmen waren sie etwa um die Hälfte verkürzt und um das Doppelte aufgequollen. Unlöslich. Elytren. Die grünliche Färbung des Spiritus-Objectes verwandelte sich in eine braune, dann hellte sich das Ganze auf und zerfiel in einzelne Stücke. Rückstand eine zähe, seifige Masse. Die Cuticularsubstanzen der Würmer verhalten sich also sehr verschieden gegen Kalilauge, und selbst an demselben Thier sind nicht selten einzelne Theile löslich, andere aber nicht. Auch diese Resultate stehen durchaus mit dem im Einklänge, was ich im Vorher- gehenden über das Verhalten der Capitelliden-, Poli/odontes- und Aphrodita-^oxHien festgestellt habe; ich könnte daher einfach constatiren, dass unseren Untersuchungen zufolge wenigstens die daraufliin geprüften Annelidonborstcn sich in der That wie Chitin verhalten — wenn nicht, und zwar von einer in diesen Fragen viel competcnteren Seite her, diametral entgegen- gesetzte Angaben gemacht worden wären. Krukenbeiu;') behaui)tet nämlich von den Borsten und dem Haarhlze der Aphrodita actdeufa, also demselben Objecte, das auch Voicrr und mir vorgelegen hatte, Folgendes: »Da die Borsten der Chätopoden nach Lkuckart's Angabe durch ihr Verhalten gegen kaustisches Alkali mit Chitin ül)ereinstimmen, so versuchte ich das von mir auf der Zoologischen Station zu Triest mühsam präparirte und gereinigte Material, welches mir der Haarfilz und die Borsten der ApJirodita aciileata boten, vor ihrer weiteren Verarbeitung durch Kochen mit verdünnter Natronlauge zu reinigen. Aber es dauerte nicht lange, bis sich fast alles, was an diesen Gebilden organisch war, in der Lauge löste und nur eine wergartige Masse zurück blieb, welche fast ausschliesslich aus anorganischen Stoffen bestand. Ich bin deshalb niu- in der Lage, anzugeben, dass die Haare und Borsten der Aphrodita weder aus Chitin, noch ausTunicin bestehen, vielleicht aber ans-einer keratinähnlichen Substanz, worauf ihre völlige Unverdaulich- keit in Pepsin- und Trypsinlösungen ausser ihrem Verhalten zu siedender Natronlauge hinzuweisen scheint.« Dass nach längerem Kochen der Borsten tmd des Haartil/es von Aphrodita aculeatn nur eine »wergartige Masse« zurückbleibt, ist vollkommen richtig; auch das, was sich mir nacli sieben Stunden hindurch fortgesetztem Kochen in concentrirter Kalilauge als Residuum jener Borsten und Haare darbot, war eine »wergartige Masse«. Untersucht man aber diese Masse auch nur mit , einer Lupe, so überzeugt man sich, dass sie aus nichts Anderem besteht, als aus denselben Haaren, welche ursprünglich schon den Filz zusammengesetzt hatten; sie erschei- nen nur etwas blasser. Ferner wird man gewahr, dass zwischen diesen Haaren noch alle Borsten von der dicken Acicula bis zur feinen Pfrieme herab zerstreut liegen ; auch diese Borsten sind nur grösstentheils ihrer ursprünglichen Färbung verlustig gegangen und an Stelle ihrer anfäng- lichen Sprödigkeit ist eine solche Weichheit getreten, dass man sie unschwer mit der Präparir- nadel in die sie zusammensetzenden Elemente, nämlich in die auch schon an der unveränderten 1) 1. p. :H45. II. Reihe, Erste Abtheilung, c. p. .5 1. I. Haut. 2. Vergleich der Capitelliden mit anderen Anneliden, b. Cuticula. 347 Acicula oder Pfrieme wahrnehmbaren Fäden zerfasern kann. Ich habe Borsten- und Haar- ülzfragmente sowohl nach Präparaten von frischen, respective von in Alcohol conservirten Thieren, als auch nach solchen, welche die erwähnte Kalibehandlung erfahren hatten, zur Abbildung gebracht, so dass man sich ohne "Weiteres davon liberzeugcn kann, wie kein wesent- licher Bestandtheil dieser Structuren vom letzteren lleagens angegriffen wird'\'. Auch sei er- wähnt, dass die Borsten beim Erhitzen auf dem Platinblechc nicht schmelzen, sondern mit Beibehaltung ihrer Form und Fadenstructur verkohlen. i Wie dem gegenüber Krukenberg finden konnte, dass sich erstens »fast Alles, was an diesen Gebilden organisch war, in der Lauge löste« (während doch umgekehrt das sich Tiösende, nämlich ein Theil der Pigmente und gewisse Kittsubstanzen der Borsten, als verschwindende Bruchtheile jener Gebilde, kaum in Betracht kommen kann), und dass zweitens »nur eine werg- artige Masse zuriickblieb, welche fast ausschliesslich aus anorganischen Stoffen bestand" (während docli von bemerkenswerthen anorganischen Stoffen im T>augenresiduum nur solche angetroffen werden, welche den Borsten und dem Haarfilze auch schon im frischen Zustande aufzusitzen pflegen, nämlich Schlamm- oder Sandpartikel), ist schwer zu verstehen. Ich vermuthe indessen, dass die Sache folgendermaassen zusammenhängt. Obwolil gerade Krikenberg durch seine .\r- beiten viel zur Einsicht beigetragen, dass den Baustoffen und Stoffwechseljjroducten der einzelnen Organismen eine überraschend grosse Verbreitung im Thierreiche zukommt, obwohl gerade er') sich besonders' scharf gegen den oben erwähnten Versuch, einseitig auf physiologisch- chemische Befunde gestützt zu classificiren , ausgesprochen hat, so verfolgt doch gewissen thierischen Substraten gegenüber auch er wieder eine mit der von ihm bekämpften durchaus übereinstimmende Tendenz. Eines dieser Substrate ist nun aber gerade das Chitin: es soll auf die Arthropoden beschränkt sein. So hat wohl unser Autor, eingenommen von seiner Association: Arthropoden-Chitin, die Untersuchung der Aphrodittt-Bovaten etc. nicht mit der wünschenswerthen Objectivität und Sorgfalt zu Ende geführt. Ich würde diese Sache keiner so ausführlichen Erörterung unterzogen haben, wenn ich nicht in einer neueren Publication Kruken bergs^) folgendem Passus begegnet wäre: »Seitdem Rud. Leuckakt lb52 das Thierreich auf Chitin durchmustert hat, ist das Vorkommen des Chitins auch bei Thieren aus anderen als den 4 im Arthropodentypus vereinigten Classen wiederholt be- hauptet, doch nicht einwurfsfrei bewiesen worden. Erst ganz kürzlich jyurde auf elementaranalytischem Wege sowie durch Reactionen und durch das Studium der Zersetzungsproducte endj^iiltin entschieden, dass die Rückenschulpen von Loligo vulgaris und die sogenannten Sepienknochen echtes Chitin und zwar sehr reichlich enthalten, dass sich dieses daraus leicht und absolut rein darstellen lässt. Ein gleicher r)efund ergab sich weiterhin auch für Lingula anatina, in deren Schalen Hilger 1S67 seltsamerweise kein Chitin, wohl aber sog. Chondrogen nachzuweisen vermochte, während SciiMiEDEiiERG 1SS2 richtig angab, dass die durch Salzsäure und Kalilauge gereinigte organische Substanz der Schalen von Lingula anaiina keine Spur von Biuret- oder anderen Albuminoidreactionen gebe, aber alle Eigenschaften und Reactionen des Chitins a) Taf. 36. Fig. 27— 3(>. 1) 1. p. 345. Zweite Abtheilung c. p. 61. 1. p. 345. Fünfte Abtheilung c. p. 33. 2) KRtTKENBfeRG, C. Vergleichend-Physiologische Vortrüge. 348 ^- Vergleichcnd-Anatomisclier (Morphologischer) Theil. Ijcsitzc. N:itli nlnveehselnder Behandlung mit verdünnter kalter Salzsäure und Kalilauge hinterlassen sowohl der Stiel, als auch die Schalen von Lingula verhältnissmilssig reichliche Mengen von Chitin, welches nur in den Schnlen von einem gegen Kalilauge ebenso unlöslichen Körper, wahrscheinlich von Conehiolin be- gleitet wird, während eine solche Beimengung in den Stielen vollständig fehlt. Weiteres ist über die Ver- breitung des Chitins ausserhalb des Arthropodentypus zur Zeit noch nicht ermittelt.« Ks geht hieraus hervor, dass Krukenberg den von ilini um das Cliitin gezogenen Kreis nun selbst, und zwar in erster liinie auf Grund seiner eigenen fortgesetzten Untersuchungen, zu Ciunsten der Cephalopoden und Brachiopoden durchbrechen mussto, dass er aber auch jetzt nocli die Anneliden für ausgeschlossen hält. Obwohl es der Richtung des speciell hier angebahnten Vergleiches schnurstracks zuwiderlief, obwohl ich mich selbst dadurch gewissermaassen bekämpfte, so lag mir doch aus tieferen Gründen*) viel daran, zunächst zu zeigen, wie der von mir für eine gewisse Z.ahl von Anneliden festgestellte Gegensatz des chemischen Verhaltens zwisclu'u Cuticiüa und Borsten auch von anderer Seite her eine Bestätigung gefunden hat. Würde nun die Lage der Dinge eine derartige sein, dass dieser so scharf liervorge- hobene Gegensatz jeder Vermittelung entbehrte, so stände es, wenigstens insoweit die clu'misclie Beschaffenheit in Frage kommt, mit unserem Vergleiche recht schleclit: denn auf der einen Seite hätten wir die gegen Kalilauge durchaus resistenten, aller Wahrscheinlichkeit nach aus Chitin bestehenden Borsten, und auf der anderen Seite die in genanntem Reagens löslichen und daher auch jedenfalls aus einer anderen Substanz aufgebauten C'utic-ulae. vVber so liegen eben die Dinge nicht. Schon in der vorhergehenden Beschreibung der uns hier beschäf- tigenden Stnu turen wurde zur Sprache gebracht, dass sich die Secrete der Spinndrüsen des Polj/odoiifcs und der Aphrodita) chemisch denjenigen der Borstendrüsen durchaus identisch verhalten; dass dagegen die Secrete der Spinndrüsen von Spio, Pohjdora und Owciiia, als in Kali Icisliclie Producte, sich viel mehr den Seta-cten der llypodermis, nämlich den fibriUären CuticuliU' anschlössen. Schon dadurcli wird der erwähnte Gegensatz bedeutend abgeschwächt; aber erinnern wir uns auch noch der im \'orhergehenden bereits citirten'') Erfahrung Voigt's, der- zufolge die Cuticula von Aidostomum im Gegensatze zu denjenigen der Branchiobdella und des Lum- hricux in Kali unlöslich befunden wurde ; erinnern wir uns auch des Schlusssatzes dieses Autors : »Die C'nticularsubstanzen der Würmer verhalten sich also sehr verschieden gegen Kalilauge, und selbst an demselben Thier sind nicht selten einzelne Theile löslich, andere aber nicht". A'on grosser Bedeutung für unsere Frage ist auch die durch Beobachtungen zahlreicher Forscher festgestellte Thatsache, dass ein und dieselbe Cuticnlar- oder (ierüstsubstanz je nacli ihrem Alter eine verschiedengradige chemische Resistenz, also aucli eine verschiedenartige chemische Beschaffenheit darbieten könne. Icdi will einige Beispiele anfüliren: Khi,eks') macht zu dem Satze: "Die Oberhaut besteht wohl ohne .\usnalune bei allen aj Vergl. p. :M(i. 1) 1. p. 307. c. p. 1(3 und t". * Ich habe dabei die so allgemein anerkannte Verwandtschaft zwischen den Anneliden und den Chitln- thicren »par o.xcellence'i. den Arthropoden, im Auge. I. Haut. "2. Vergleich der Capitclliden mit anderen Anneliden, b. Cuticula. 349 bovstentragenden Anneliden aus einer Substanz, welche zu den Chitinbildungen gehurt", fol- gende Anmerkung : »Unsere Kenntniss dieser Gruppe von Geweben ist noch so unvollkommen, dass eine Sonderung in einzelne Gewebsformen, die sich auf morphologische und chemische Eigenthüm.lichkeiten stützt, zur Zeit sich noch nicht ausführen lässt. Die Entscheidung, ob zumal menibranöse Gebilde aus Clhitin bestehen oder nicht, fällt man jetzt meistens nach dem Schichtenbau und der Widerstandsfähigkeit gegen Alkalien. Heides sind Kennzeichen von ungenügendem Werthe; so werden jüngere Schichten einer Chitincuticula nicht selten von kochenden Alkalien angegriffen, während die älteren oberen völlig widerstehen. Ich vermuthe, dass bei allen Würmern die Oberhaut von demselben Gewebe gebildet wird, das zum Kreise des Chitins gehörig ist, wenn es auch chemisch davon abweicht«. Qu.vfREFAGEs'), von der Entwickelung der Borsten redend, bemerkt: »Quand une de cclles-ci doit se dcvelopper, il se forme un petit mamelon, d'abord irregullcr, niais doiit l'extremite se faconne bientöt de maniere ä moutrer la forme caracleristique de lextrcmiti!' de la future soic, sans en posseder encore la composition chimique et la resistance aux agents dissolvant.s.« Ferner Gegenbaur^) in seinen Grundzügen der vergleichenden Anatomie: «Die, wie es scheint, überall da wo Rewimperung fehlt, vorkommende Cuticularschicht zeigt in ihrem Verhalten sehr verschiedene Zustände. Wo sie nur dünne Lagen bildet, ist sie gegen Alkalien meist empfindlicher als dies für das ächte »Chitin« sich trifft. Wo sie in mächtigen Lagen auftritt, verhalten sich die einzelnen Schichten derart verschieden, dass die tieferen weniger, die oberflächlichen mehr die chemischen Kigenthümlichkeitcn des Chitin wahrnehmen lassen. Jedenfalls liegt hier eine dem Chitin zwar verwandte, aber nicht überall mit ihm völlig identische Substanz vor, die am nu'isten mit der tiefsten Scliichte des Chilinskelets der Arthroproden übereinkommen dürfte.« Sodann Perrier^) bezüglich der Borsten von Urochaeta : »Taut qu'elles sont jeunes, l'acide acetique faible gonfle leur portion basilaire incolore, nouvellement secretee, comme cela a lieu pour les soies des Lombrics. La partie voisine de l'extremite externe demeure iualteree Le fait n'en a pas moins une certaine importance, jjuisqu'il indique un changement dans les proprietes de la substanee constitutive des soies, a mesure que eelles-ci s'eloignent de lY'po(|ue oii elles ont ete secretees.« Einen besonderen Werth lege ich auf die von Leydig') vor mehr als drei Decennieu in seiner Abhandlung über die Rädcrthiere gemachten Angaben, weil sie zeigen, wie je nach der Lebensweise die chemische Resistenz der Cuticulae verschiedener Arten oder Gattungen Schwankungen unterliegen kann. Die betreffende Stelle lautet: »Wie bereits nach dem optischen Aussehen ein ziemlicher Unterschied in der Stärke, Dicke und Festigkeit der Cuticula herrscht, so ist es auch mit der Resistenz gegen kaustisches Kali. Li den einen Arten, so z. B. Dinocharis, Noteus, Anuraea, Bracliionus, erseheint die (Cuticula in ganzer oder nur tlu'il- weiser Ausdehnung als feste, panzerartige Haut, und dann wird sie, selbst nach mehrtägigem ]\Iaceviren in Kalilauge, von diesem Reagens nicht angegriffen; in anderen Arten hingegen, wo sie an sich viel dünner und nachgiebiger ist, erblasst sie, ohne sich aher zu lösen; solches ist der Fall z. F.. bei Notommafa myrmeleo, yotommafa Sieboldti; sie wird aber in Kalilauge vollständig zum Schwund gebracht in jenen Rotatorien, welche in Gehäusen leben, so bei Stephanoceros, Tubicolaria etc. Das Oberhäutchen ist hier viel dünner, zarter .als bei den freien Thieren, wie ungefähr ja auch die Haut des Schwanzes eines in einer leeren 1) 1. p. (). c. Tome 1. p. 25. 2) Gkgenbave, C. Grundzüge der Vergleichenden Anatomie. Zweite Auflage. Leipzig 1S70. p. tGS. 3) 1. p. :«)(». c. p. 398. 4) Lkydig, f. Lieber den Bau und die systematische Stellung der Uaderthiere. Zeit. Wiss. Z. li. Bil. p. 65. 350 B- Vergleichend-Anatomischer (Morphologischer) Theil. lUiccinumschale hausenden Pagurus um vieles weicher sich zeigt , nls das übrige Hautskelet. Auch die Culicula von Notommata centrura, welches Rotatoriuni gleichfalls von einer Gallerthülle bedeckt ist, sah ich in der niehrerwiihnten Lösung fast vollständig schwinden.« .Sodann möge hier auch nocli eine tmsercn Gegenstand betreffende Aeusserung Krukex- berg's') Platz finden. Dieselbe inuss mn so sclnverer in's Gewicht fallen, als sie das llcsultiit sehr eingehender, mit Hilfe der so bedeutend vervollkommneten modernen Methoden an deu verschiedensten A'ertretern des Thierreichs angestellter Untersuchungen darstellt. Folgende sind seine Worte: ))Wir wissen von einer ganzen Reihe thierischer Gerüstsubstanzen, dass sie sich im Jugendzustande gegen chemische Einwirkungen, ja selbst in ihrer chemischen Zusammensetzung anders verhalten als im Alter. So erfuhren wir bereits, dass sowohl l)eini Cornein wie beim C'onchiolin (und dasselbe gilt auch für die ]}yssussubstanz) die Unlöslichkeit in Alkali meist um so ausgesprochener ist, je mehr diese Stoffe eine gewisse Entwickelung oder ein bestimmtes Alter erreicht haben. Noch auffälliger sind Altersdifferenzen dieser Art bei dem Elastin, und, dem Folgenden vorgreifend, sei auch schon hier bemerkt, dass die kera- tiniise Sul)stanz, welche die Selachiereierschalen bildet, anfangs durch Pepsinsalzsäure leicht zu verdauen, splitcr aber für diese ebenso unangreifbar wie die übrigen Hornsubstanzen geworden ist. Kollev's Analysen weisen bei dem Fibroin, Schlossberger 's Befunde bei der Hyssussubstanz auch darauf hin, dass beide Materien mit der Zeit nicht nur schwerer angreifbar für chemische Agentien, sondern, wie wahrscheinlich auch die Hornsubstanzen, zugleich stickstoffreicher werden.« In ganz ähnlichem Sinne sprach sich endlich liauptsäclilich im Hinblicke auf die Zell- membranen Carnoy^i aus. Nach alledem darf wohl geschlossen werden, dass der chemisclie C'ontrast zwischen Cuticulae und Borsten weit davon entfernt ist unvermittelt dazustehen: dass im (iegentheil die ihnen zu Grunde liegenden Substanzen nur als fZndglieder einer Reihe von Zuständen aufgefasst werden müssen, innerhalb deren sich ein chemi- scher Typus, nämlich die Cuticular- oder Gerüst Substanzen, manifestirt. Und nun will icli zum zweiten Einwände übergehen, der gegen meinen A'ergleich geltend gemacht werden kann: nämlich zu dem Einwände, dass im einen Falle un- zweifelhafte Producte des Ectoderms und im anderen solche vorlägen, denen namhafte Forscher einen mesodermaleu Ursprung zuschreiben. Die Angaben bezüglich der Entwickelungsweise der Parapodien stehen sich auffallend widersjjrechend gegenüber. Einige behaupten mit gi'osser Bestimmtheit, dass lediglich vom mittleren Keimblatte das zu ihrem Aufbaue erforderliche Material geliefert werde, Andere \ ertreten mit niclit weniger Entschiedenheit die ectodermale Abstammung des letzteren; nur Wenige nehmen eine vermittelnde Stellung ein oder bekennen, dass sie zu einem bestimmten Urtheile hierüber nicht zu gelangen vermochten. Hören wir zunächst die Vertreter dieser Kichtungen und untersuchen wir sodann, welche von ihnen als die; prävalirende betrachtet werden kann, respective, welche von ilnien sit^h am besten mit den daliinzielenden, durch das Studium der Anatomie und Morphologie der Parajjodien gewonnenen Ergebnissen in Ein- klang bringen lässt. 1) 1. p. 7:i. c. p. 212. 2) Caünov, J. B. La Cytodi^vese chcz les Arthropodes etc. »La fiellule«. Tome 1. 1 SS,'), p. 197, I. Haut. 2. Verg;lüich der Capitellitk'u mit anderen Anneliden, b. Cuticula. 351 Hören wir zAuiächst die Vertreter des mesodermalen Ursprunges. Einer der ersten war Semper'^; auf Grund seiner an den Knos])ungszonen der Naidcn angestellten Beobachtungen erklärt er: »Die Follikel der Bauchliorsten entstehen, geucau wie im Rumpfe, durch Sonderuny; bestimmter Gruppen des Mesoderms, nicht durch spätere Einstülpung von der Epidermis her.« Mit ganz besonderer Schärfe hat sich Hatschek'') in seiner Entwic-kelungsgeschichtc des Criodrilus ausgesprochen, indem er nicht nur die Borstensäckchen aus den Mesodermver- dickungen der Hautmuskelplatte ableitet, sondern auch ausdrücklich die Borsten als Mesoderm- gebilde, als »innere Skeletbildungen« betrachtet wissen will. Weniger entschieden äussert sich derselbe Autor ^) über die Anlagen der ventralen Borstensäcke des Echhmis, von denen er sagt; »Es sind scharf abgegrenzte Zellgruppen, die wohl dicht unter dem Ectoderm liegen, aber meiner Ansicht nach aus der oberflächlichen Lage der Ilautmuskclplatte stammen. Ich konnte an der dariilier liegenden Ektodermzelle nichts sehen, was auf eine Wucherung hindeutete. Ich muss meine Ansiclit hier auf jene Thatsachen stützen, die ich bei Criodrilus vorgefunden habe.« Auch GöTTE^) kam durch das Studium der Entwickelungsgeschichtc von Nereis Damerilü zu einer ähnlichen Auffassung, denn er behauptet: »Die Hauptmasse der ursprünglichen Mesodermstränge verwandelt sich aber jederseits in drei hinter- einanderliegende rundliche Kallen, welche dicht über der Bauchseite und auswärts vom Darme dem Ectoderm eng anliegen. Ihre peripherischen Zellen ordnen sich darauf hautartig an, während im Innern sich je 3—4 dünne vind glänzende Stäbchen zeigen, welche von innen nach aussen und hinten convergiren. Dies sind die Anlagen der IJorstenbündel in den geschlossenen Borstensäckchen. welche letzteren also von allen seg- nientalen Bildungen und allen mesodermalen Organen zuerst entstehen^ etc. Ebenso Salensky auf Grund vergleichend-embryologischer Studien. Wir begegnen zit- nächst in dem der Nereis cultrifera gewidmeten Kapitel'*) folgender Auseinandersetzung: »En egard k leur origine et k leur structure, ces soies doivent etre considerees comme des formations cuticulaires. On serait tente de croire que, comme toute formation cuticulaire, elles dcrivent de rectoderme: pourtant leur origine mcsodermique est certaine, car j'ai pu suivre leur mode de genese dans tous ses details et ä paitir du debut de la formation du mesoderme. Si les soies etaient d'origine ectodeimique, comme leur analogie avec les autres productions cuticulaires le ferait supposer, il faudrait admettre, a priori, qu'au niveau des sacs setigeres l'ectoderme s'invagine pour fournir les matcriaux necessaires a la formation des soies. Or, j'ai fait tout mon possible pour decouvrir les traces d'une semblable invagination, mais en vain, et j'ai cte amene ainsi ä supposer que ces organes se forment exclusivement aux dcpens du mesoderme.« Weiterhin bemerkt er über Pileolaria sp.?'*) : »Les bandelettes niesodermiques se divisent en deux portions: une portion ventrale, quj, sur la coupc. paTiiit triangulaire et qui constitue Icbauche de plaques musculaires, et une portion dorsale att'ectant unu forme semilunaire et rcpresentant les ebauches des plaques laterales et des sacs sctigercs.« 1) 1. p. 53. c. p. 207. (1&70.) 2) Hatschek, B. Studien über Pintwicklungsgeschichte der Anneliden. A. Criodrilus. Arb. Z. Inst. Wien. Bd. 1. Sep. Abdr. p. 21. ^1878.) 3) Hatschek, B. Ueber Entwicklungsgeschichte von Echiurus etc. Arb. Z. Inst. Wien. Bd. 3. Seii. Abdr. p. 15. (1880.) 4) GÖTTE, A. Untersuchungen zur Entw. -Gesch. der Würmer. Reschreibender Theil. p. 89. Leipzig 1SS2. ö) Salensky, W. Etudes sur le developpement des Annclides. Premiere Partie. II. Nereis'^cuUrifera. Arch. Biol. Tome 3. p. 586. (1882.) ö'i 1. p. 351. III. Pileolaria. Tome 4. e. p. Kil. (1883.) S52 B. VL-rglcifhcnd-AniitomisclRT ^Murphüloglscliur) Tlicil. Sodiiiiu über Aricia focfida^): »Apres la Separation de cette lainelle le restc des plaques laterales est omjjloye a la fonnation de la soniatopleurc et des sacs setigeres.« Sonderbar erscheinen nun aber, im Hinblicke auf das \'orhergehende, die von unserem Autor-) an der zuletzt aufgeführten Form, an Tercbcl/n Meckelii gewonnenen Resultate: bei diesem Thiere sollen nämlich, im Einklänge mit C'laparf.de's bezüglichen Beobachtungen, die Hakenborsten der neuralen Parapodien ectodennalen und die Pfriemenborsten der hämalen Parapodien mesodermalen rrs])runges sein. Eine derartig zwiespältige Abstammung für Producte ein und desselben Organsystemes zu vertreten, hatte offenbar auch für Salensky zunächst etwas Bedenkliches. Aber anstatt den in diesem Falle einzig correcten Schluss zu ziehen, nämlich den, dass die beiden sich wider- sprechenden Beobachtungen nicht beide richtig sein können ; anstatt zuzugeben, dass, wenn die Haken ectodermal entstehen, aller Wahrscheinlichkeit nach auch die Pfriemenborsten — wie sehr auch der Schein embryologischer Facta dagegen sprechen mag — ebenso entstehen werden, sucht er den Nachweis zu führen, dass die hämalen, Pfriemen erzeugenden Parapodien der Terebella den neuralen, Haken erzeugenden überhaupt nicht homolog seien. Er sagt nämlich: »Si l'on tient compte de reiiornie difierence (jiii existe entre le developpeinent des plaques unciales de Terebella et celui des soies du ineme Annelide et des autres, il nait naturellcnient uu doute au sujet de la justesse d'une pareille Homologie. Une comparaison plus detaillee du dcveloppement des pieds ventraux avcc celui des tores uneinigeres tranchc la question relative ä rhomologi(! de ces formations dans un sens iili.solunient negatif.« Also eine Kategorie von Küri)eranhängen, an deren Homonomie bisher noc-h Niemand gezweifelt hatte, weil sie eben Jedem selbstverständlich vorkam, weil sie auf einer so funda- mentalen Einheit zu beruhen schien, dass ihre Infragestellung implicite die Möglichkeit jeder vergleichend-anatomischen Forschung und morphologischen Zurückführung überhaupt ausgeschlossen hätte, diese Körperanhänge werden gleichwohl als durchaus heterogene Organe hingestellt, damit — sich die Pfriemenborsten nur ungestört aus dem Mesoderm entwickeln können. Der ausführliche embryologische Vergleich, dessen Resultat nach Salensky der Ho- mologie neuraler und hämaler Parapodien von Terebella den Todesstoss versetzen soll, besteht nun aber in Folgendem: Sowohl die neuralen als die hämalen Parapodien der Nereis ent- stehen aus einer gemeinsamen Anlage, welche sich erst nachträglich zweitheilt; dieser ge- meinsamen Anlage der iVerm-Parapodien, ja der freilebenden Anneliden überhaupt entspricht al)er allein die (sich nie zweitheilende) Anlage der hämalen ])friementragenden Parapodien der Tcrchc/la und aller anderen sedentären Anneliden. Was nun daraus hervorgeht, will ich wieder wörtlich citiren: »Fax consequent chez Ics Annclides scdentaires il ne se forme jamais de pieds homologues aux pieds ventraux des Annelides errants. L'apparition des tores uneinigeres est tout a fait indcpendante du tuberculc 1) 1. 1). .S51. IV. Aricia for'i.h,. T„mc 1. c. p. 213. (I8S8.) 2) 1. p. 351. V. Tcrchdla M,rhfln. Tomo 1. c. p. 230. (1SS3. I. Haut. 2. Vergleich der Capitelliden mit anderen Anneliden. 1). Cutieula. 253 pedal primitif et doit etie consideree comme ime formation nouvellc, qui est le resultat immediat de leur adaptation ä la vie sedentaire. Toutes les particularitcs que presente la structure des Annelides sedentaires nous amenent ii supposer que ce groupe d'Annelides s'est forme beaucoup plus tard que celui des Annclides errants. Cette Hypothese peut nous expliquer l'absenee de crochets chez ces derniers.« Ob es überhaupt zulässig ist, auf ein so dürftiges embryologisches Material hin (nur eine kleine Zahl der Annelidenfamilien ist nach der Richtung hin erforscht) so weitgehende und zugleich anerkannten morphologischen Feststellungen so widersprechende Folgerungen zu ziehen, will ich dahingestellt sein lassen, obwohl schon die weiterhin mitzutheilenden, die Parapod - Entwickelung nicht sedentärer Anneliden in einer von Salensky's stark ab- weichenden Weise schildernden Resultate Kleinenberc's'-') dazu einladen könnten, solche Be- rechtigung in Zweifel zu ziehen. Ich will vielmehr durch Hervorhebung einiger Thatsachen aus der Systematik und Morphologie zeigen, wie unhaltbar alle die von unserem Autor ge- machten Voraussetzungen sind, indem dadurch allein schon sein Versuch die genetische Ein- heit der Anneliden-Extremitäten aufzuheben hinfällig Avird. Erstens sind die Ausdrücke »Annelida sedentaria« und »Annelida errantia« oder »frei- lebende« und »Röhren bewohnende Anneliden,« welche der Verfasser in einem Sinne braucht, als ob durch dieselben zwei sich geschlossen gegenüberstehende, phylogenetisch divergirende Gruppen bezeichnet würden, nichts weniger als systematische im strengeren Sinne. Sie können kaum auf mehr Bedeutung Anspruch machen, als etwa die früher beliebten Eintheilungen in Wasser-, liand- und T,uftthiere. Die meisten Anneliden leben gelegentlich in Röhren und gelegentlich frei; nur einzelne Familien sind einerseits exquisit pelagisch und andererseits constant Röhrenbewohncr. Ebensowenig lassen sich aber diese beiden Abtheilungen auf Grund der Borsten charakterisiren, indem die Vertreter einzelner ausschliesslich mit Pfriemen- borsten ausgerüsteter Familien ebenso constant im Sande eingegraben gefunden werden, wie Vertreter der Haken tragenden. Zweitens ist die für Salensky's Folgerungen nothwendige Voraussetzung, dass bei den se- dentären Anneliden stets die neuralen Parapodien die Haken tragenden seien, durchaus unrichtig. Einzelne Familien verhalten sich allerdings wie Teirhella; bei anderen sind aber umgekehrt die hämalcn Parapodien die Ilaken tragenden. Und damit sind die Variations- Möglichkeiten noch lange nicht erscliü])ft; denn es giebt auch sedentäre Anneliden, welche in der vorderen Körpcrregion hämal mit Pfriemen- und in der hinteren Region hämal mit Hakenborsten ausgerüstet sind; es giebt ferner solche, bei welchen der eine Köri)erabschnitt ausschliesslich Pfriemen, der andere ausschliesslich Haken aufweist; auch an solchen fehlt es nicht, welche in einem und demselben Parapodium Haken- und Pfriemenborsten zugleich ab- scheiden; ja — tnid dieser Fall allein schon wäre hinreichend das Ilnmögliche jener Theorie darzuthun - — es giebt sogar Anneliden, deren später mit Pfriemenborsten ausgerüstete Para- podien im Jugendzustande Haken besitzen! Drittens lassen sich zwischen den l'frieinenborstcn erzeugenden Parapodien einer Neirls n] Vergl. p. S4 7. Zool. Station z. Neapel, Fauna und Flora, Golf von Neapel. Capitelliden. 354 R. Vergleichcnil-Anatomisclicr (Morphologischer) Theil. und den Iluken erzeugenden Wülsten einer Terchrlla alle nur wünselienswerthen vermittelnden Stadien in der betreffenden Thierelasse nachweisen. Ja in einer und derselben Familie sogar kann dieser Gegensatz sowie auch dessen Vermittelung zum Ausdrucke kommen, so in der l-'amilie der Capitelliden. Man erinnere sich nur einerseits des ungeheuren Contrastes, der zwis(^hen den keulenförmigen, weit in die T.eibeshöhle hineinragenden, Pfriemenborsten er- zeugenden, thoracalcn Parapodien und den flächenhaft ausgebreiteten, scheinbar der Haut ein- verleibten, Hakenborsten erzeugenden, abdominalen Parapodien von Notomastus'A waltet, und andererseits der Einheit, welche die Organisation der Pfriemen- und Hakenborsten tragenden Parapodien der CnpitcJhiv beherrscht. Man erinnere sich auch, wie die genauere Untersuchung zu dem Resultate führte, dass sich trotz ihres grossen Habitus-Contrastes die beiden Parapodien- formen anatomisch-histologisch durchaus ähnlich verhalten v), wie sich in den Haken tragenden ^^'ülstl'n sogar noch solche Muskeln vorfinden, welche nur bei den frei in das Coelom ragen- den, retractilen Parapodien einen Sinn hatten, und wie daher in dieser atavistischen Bildung ein klarer Beweis für die Umwandlung der einen Form in die andere vorliegt.'') Viertens endlich sind auch die Pfriemen- und Hakenborsten selbst durch so zahlreiclie Uebergangsformen vermittelt, dass es, wenn man von den Extremen absieht, schwer halten diirfte, beide als sich gcgenül)erstehende Gruppen irgendwie scharf zu definiren. Lässt sich nun mit alli>u diesen l'hatsachen die A'orstellung vereinigen, dass die hämalen I'ara])odien der scdeutären Anneliden den neuralen und hämalen der Errautia zugleich homolug seien und dass die neuralen der ersteren eine Bildung "sui generis« repräsentiren? Schliesslicli habe ich noch Dräsche') anzuführen, dessen an Pomatoceros angestellten Beobachtungen zufolge die erste Anlage der Borstensäcke im Mesoderm stattfinden soll. Unentschieden über die Abstammung der Parapodien äussert sich SpEiNgel'"); er sagt nämlich in Bezug auf deren Entwickelung bei BoneUia: »Jede Horste liegt in einem zelligen Sacke . . . Oli die zellige Scheide durch eine Einstülpung des Kctoderms entsteht, oder aber sich im Mesoderm unabhängig anlegt, habe ich nicht beobachten können. In den Stadien, welche mir zu Gesicht gekommen sind, ging sie ununterbrochen in die Epidermis über.« Aehnlich Balfour^): iiThe layer from which the sacs for the setae and the segmenfnl orgnns s])ring is still doubtfull.« Kine ectodermale Entstehung der Para podien hat zuerst Kowalevskv^i in seiner Entwickelnngsgeschichte des Euaxes constatirt. a) Vergl. p. 99. [i] Vergl. p. 266. -/) Vergl. p. 09. o) Vergl. p. 108. i; Du.vscHK, K. V. ik'itriigp /.ur l'lntwickclmig der P()l3chaptpn. Erstes Heft. Entwickelung von Pntmifoci'fns triqurtni- \,. Wien 18S1. p. 8. 2) SrENGEi,, J. W. Beitrüge 7.\i\ Kcnnlniss der Gcphyreen. I. Die Eibildung etc. der Banrllia. Mittli. /. Stat. Neapel 1. Bd. p. 392. (1879.) '.',) ?.A7,i.oru, F. M. A Trealise on Comparative Embryology. Vol. I. I-ondon 188(1. p. 282. 4) KiiWALKVSKV. A. Emhryologisclic Studien an Würmern und Art hropoilcn. St . Tefersljurg 1 87 1 . p. I!l. I. Haut. 2. Vergleich der Capitellitlen mit Hnderen Anneliden, b. Cuticuhi. 355 Sodann leitete Buczinski") die Borstensäcke des Lumbrkus ebenfalls vom Ectoderm ab, da im Ectoderm Vertiefungen an den den Borstensäcken entsprechenden Stellen /u beob- achten seien. Eingehendere Angaben in diesem Sinne hat aber erst Kleinen kkrg';, im Anschlüsse an seine Studien über das Anneliden-Nervensystem, über Lojjadorh-i/iichiis gemacht. Folgende Sätze enthalten das Wichtigste: »Sommarianieiite si puö rtire che rectoderma d'ognima delle noto si diti'erenzia in duc parti, una mediana che diventa il coidone nervoso, ed una laterale per gli organi locomotori. In ogni soniitc c'6 tre paia d'accenni ben distinti per lunico paio di parapodi, vale a dire, uno pel cirro ventrale, xm altro pel cirro dorsale ed in mezzo di questi un terzo per il corpo propriamente detto dol parapodio.« »I parapodi vengono dunque accennati escliisivamente nell' ectoderma, ma piü tardi il mesoderiiia sottostante si .salda cogli accenni ectodeimici e contribuisce efficacemente alla produzione dei tessuti del l'organo perfetto.« Zu letzterem Satze macht Kleinen berg die Anmerkung: ))Ciü non vale per tutti i Policheti; nei Chctopteridi p. e. partecipa .sin dal principio ancJic il nie- sodernia alla formazione dei parapodi.«**) Eine ganz ähnliche gleichzeitige Betheiligung von Ecto- und Mesoderm liat auch BüLow'"! in den Keimschichten des wachsenden Schwanzendes von Liuiibriciihis beobachtet und zugleich constatirt, dass aus den eingewanderten Ectodermzellen die Hakenborsten selbst, aus den hinzugetretenen Mesodermzellen aber die Borstentasche und die die Bewegung ver- mittelnden Muskelfaden entstehen. Ebenso constatirt V^ejdovsky''): »Die jüngsten Follikel (der Embryonen von RJiynchelmin) communiciren durch eine äusserst feine Oett'iiung mit der Aussenwelt; der Innenraum der Follikel ist von mehreren, dunkel sich färbenden Zellen eingenommen, deren Kerne deutlich hervortreten. An dem sich regenerirenden Körperende von Lttmbricuhis variegatus kann man dasselbe sicherstellen. Jedes Borstensäckchen entsteht hier als eine Wucherung der Ilypodermis, es ist ein flaschenförmiges, mit grobkörnigem Inhalte gefülltes luid durch eine Oeffhung nach aussen mündendes Gebilde, dessen angeschwollener Theil tief in die Muskelschichten eindringt.« 1) 1. p. 340. c. p. 7. 2) BtJLOw, C. Die Keimsehichten des wachsenden .Schwanzendes von Lumbriculus variegatus etc. Zeit. Wiss. Z. 39. Bd. p. 88. (1883.) 3) 1. p. 236. c. p. 75. *) Ich entnehme dies dem Referate, welches der BKA.UN'sche Jahresbericht 1 SSO/S 1 Arch. Naturg. 47. ,Iahrg. 2. Bd. p. 510 von der in russischer Sprache geschriebenen Abhandlung Biczinski's : »Entwickelungsgeschichte von Lumbricus ten'esfrisv. geliefert hat. **) Dieses Kapitel war bereits druckfertig, als Kleini:nberg's ausführliche Arbeit über LopadorhyiicJitis er- schien ; im anderen Falle hcätte ich natürlich letztere Arbeit anstatt der vorläufigen Mittheilung des genannten Autors in erster Linie herbeigezogen. Es genüge nun der Hinweis, dass Klkinenbekg von Neuem den rein ectodermalen Ursprung der Parapodien nicht nur für Lopadorhynchus constatirt (1. p. 303. c. p. 152 — 157), sondern diesen Ursprung — im Gegensatze zur vorläufigen Mittheilung — auch auf die Alciopiden, Phyllodooiden und Chaetopteriden ausdehnt. Von den zahlreichen dieses Hauptresultat begleitenden Angaben seien nur zwei besonders hervorgehoben ; Erstens, dass die Borstensäcke von Chaetopterus als deutliche Einstülpungen des Ectoderms auftreten, wogegen die- jenigen der übrigen (vom Verfasser beobachteten) Formen solide Anlagen bilden, die erst später und vorübergehend feine nach aussen offene Kanäle erhalten. Zweitens, die vom Verfasser zum ersten Mal in solcher Schärfe ausge- sprochene und mit meiner Auffassung natürlich durchaus übereinstimmende Scheidung von Borstensack (Borsten- drüse) und Parapodium. 45* 356 B- Vergkichend-AnntomisclKT (Murpholut;isch.T; Theil. iiAuf flcin legcnerirtcn hinteren Köipcrende von Criodrilus kann man diese Verhältnisse genauer verfolgen, zumal die Horsten und die Säckchen viel deutlicher auftreten. In den ganz jungen Segmenten erscheinen die l^orsteiifollikel als birnformige oder kuglige, aus zahlreichen Zellen bestehende Gebilde, die sich mit Pikrokarmin dunkelroth färben. Die oberflächliche Betrachtung derselben führt zn der Ansicht, als ob diese Zellengruppen durch die Ringmuskelschicht von der Ilypodermis getrennt würden, was auch Hatscuek zu der irrigen Angabe verführt hatte, die liorsten als Mesoblastgebilde zu deuten. Gelingt es aber den Querschnitt direct durch den jüngsten Follikel zu führen, so wird man gewahr, dass derselbe aus zwei Zellenarten besteht. Nach aussen sind die sich dunkel färbenden Mesoblastzellen, im Inneren dagegen nur einige wenige grosse, körnige Zellen, die noch mit der Hypodermis zusammenhängeu. In späteren Stadien, vornehmlich durch die mächtigere Entwickelung der Ring- und Längsmuskelschicht des Leibes- schlauches rückt der ganze Follikel tiefer in die Leibeshöhle hinein, so dass der ursprüngliche Zusammen- hang mit der Ilypodermis fast spurlos verwischt wird.« Ferner ist auch Emery' zu ähnlichen Kesultaten fi;ehinehrbücher verweisen kann. Als Hauptmotiv solcher Gleichstellung pflegt die beiderseitige Entwickelung in Elementen des Integumentes geltend gemacht zu werden. ])ic speciellere Frage, ob nämlich auch den Stäbchen eine den Nesselorganen ähnliche Bedeutung zukomme, lässt man offen und wird man wohl auch noch wenigstens so lange offen lassen müssen, bis wir in den Besitz einer sehr feinen Reaction auf »Nesselwirkung" gelangt sein werden. Auf Grund meiner Ansicht, dass die Stäbchen (und Fäden) der Anneliden diesen Thieren einmal dazu dienen, die Fibrillen der Cuticulae sowie diejenigen der (ephemeren) Wohnröhren zu liefern, sodann auch um Fangnetze zum Fest- halten der Beute zu spinnen, oder endlich um diese letztere einfach durch ihre Klebrigkeit festzuhalten, lässt sich nun aber die Frage dahin umdrehen, ob nicht auch die Nesselorgane — TUibeschadet ihrer Nesselfunction — ähnlich jenen Fadensecreten als Gerüstsubstanzen zu fungiren, oder als Fangnetze, respective als »klebende Körper« zu wirken vermögen. Ihid so umgedreht können wir die Frage bejahen, indem alle diese gesuchten Eigenschaften den Nessel- organen in der That zukommen. Für die Fähigkeit der Nesselzellen, Gerüstsubstanzen zu bilden, liegt ein überaus instructives Beispiel in der Röhrenbildung des Cereanthus vor. Die Feststellung der so interessanten, bisher entfernt niclit ihrer Bedeutung nach ge- würdigten Thatsache, dass die Ceriantkus-^öhre fast ausschliesslich aus den auffallend langen Cylinderfäden entladener (ausgestülpter) Nesselorgane (Nematocysten, Haime) bestehe, aus den- 1) 1. p. ;{47. c. p. 204. 2) 1. p. 351. c. p. 51. I. Haut. 3. Vergleich mit anderen Thierclassen. a. Coelenterata. 361 selben Nesselorganen, welche so massenhaft die Haut des Thieres erfüllen, haben wir Haime zu verdanken. In seiner, dieser Anthozoengattung vor mehr als dreissig Jahren gewidmeten Monographie entwarf er nämlich folgende Schilderung des Habitus und der Structur der Röhre : »Cette gaine protectrice, dont 1 epaisseur est souvent considerable, a un aspect feutre plutöt que mem- bianeux. Elle est formee de couches concentiiques peu distinctes et fortement unies entre alles, dont les exterieuies se dechirent en lambeaux, tandis que les paiois internes du tube sont parfaitement lisses. Lors- qu'on cherche ii la rompre, on epioiive la meme resistence que quand on veut separer en plusieurs parties une bourre de laine ou une pelote de chanvre, et la dechirure niontre qu'on a egalement afFaire ä une sub- stance filamenteuse tres dense; mais ce n'est qu'avec le secours du microscope, et meme en employant des grossissements assez forts, qu'on peut arriver ä en distinguer les elements. Je me suis assure par ce moyen que toute la masse de ce tube feutre est uniquement composee de fils extremement longs et extremement delies s'enchevetrant de mille nianieres, et je n'ai pas tarde ä me rendre compte de la nature et de l'origine de ces iilaments. J'ai trouvc, en efFet, qu'ils tenaient par leur base ä de petites coques vides en totalite ou en partie, et qu'ils coustituaient avec elles des organites de tout point semblables aux corps qu'on a decrits dans les Actinies et les Acalephes sous les noms d'organes luticants et de vesicules ou capsules filiferes. Je les appellerai nematocystes«. Seit Haime ist dieser Röhre, wie es scheint, nur einmal noch Aufmerksamkeit ge- schenkt worden, imd zwar durch v. Heider '). Letzterer aber kam, wie aus dem folgenden Citate hervorgeht, zu einem ziemlich entgegengesetzten Resultate; er sagt nämlich: »Die von Cerianthus in klarem, reinem Seewasser gebildete Hülle ist eine bis 1 mm dicke, gelblich durchscheinende gallertige Membran und entsteht aus concentrischen Lagen eines -von den Drüsen des Ectoderms der Körperwand abgesonderten glasigen Schleims, der nach kurzer Zeit etwas erhärtet. Unter dem Mikroskope zeigt derselbe keine ihm eigenthümlichen Elemente, wohl aber sind in der Hülle zahlreiche Nesselkapseln in allen Stadien der Entladung suspendirt. Die Nesselfäden durchkreuzen sich darin in allen Richtungen und mögen auch ihren Theil zur relativen Festigkeit der Hülle beitragen, ich bin jedoch nicht der Meinung, dass sie ausschliesslich von jenen gebildet wird, wie andere Untersucher angaben*). Der Schleim dürfte bei ihrer Bildung wohl das Primäre und die von der Körperwand abgeschossenen Nessel- kapseln ebenso wie der Sand und Schlamm als seeundär hinzugekommene Fremdkörper zu betrachten sein.« Ich habe, nicht etwa nur im Hinblicke auf diesen Widerstreit der Angaben, sondern auch gedrängt von dem Wunsche, diese so merkwürdige Bildung durch den eigenen Augenschein kennen zu lernen, die Röhren verschiedener Ce*'/aH^Ä»s-Exemplare genau imtersucht. Das Ergebniss dieser Untersuchung fiel vollkommen zu Gunsten Haime's aus. Die CeriantJms- Röhren bestehen in der That nahezu ausschliesslich aus (zum grössten Theile entladenen, nur zu kleinem Theile nicht oder nur halb entladenen) Nesselorganen, deren überaus lange, röhren- artige Fäden zu einem dichten Gewebe") verfilzt, respective verklebt sind. Stellenweise ist das Gewin-e dieser 3 — 10 |i. dicken Fäden so dicht, dass für irgendwie nennenswerthe Mengen einer Zwischensubstanz überhaupt der Raum fehlt; immerhin wird man auch hier kaum in der Voraussetzung einer Kittsubstanz irre gehen. Aber selbst bei dem Zugeständnisse einer a) Taf. 37. Fig. 22. 1) Haime, J. Memoire sur le Cerianthe [Cerianthus membranaceus). Ann. Sc. N. [4 Tome l. p. 354. (1854.) 2) Heideb, A. V. Cerianthus membranaceus Haime. Ein Beitrag zur Anatomie der Actinien. Sitz. Ber. .\kad. Wien. 79. Bd. p. 16. (1S79.) *) V. Heider verweist hier ausser auf Haime auch noch auf Milne Edwards, Hist. Nat. des Coralliaires. 1S57. p. 307, und auf Gosse, British Sea Anemones. 1S60. p. 269; die Angaben der letzteren zwei Autoren scheinen aber lediglich auf denjenigen Haime's zu beruhen. Zool. Station z. Ne.apel, Fauna lutd Flora, Golf von Neapel. Capitelliilen. 40 362 B. Vergleichend-Anatomischer (Morphologischer' Theil. viel copiöseren Antheilnahnie einer solchen Zwischenmasse, einerlei ob sie sich mit dem von Heiher erwähnten erhärteten glasigen Schleime deckt oder nicht, bliebe es immer noch un- erklärlich, wie genannter Autor zu der Haime und dem wahren Sachverhalte so durchaus widersprechenden Ansicht gelangen konnte, dass erhärteter Schleim den Hauptbestandtheil der Röhre, die Nesselkapseln dagegen, ähnlich wie der aussen anhängende Sand und Schlamm, nur secundär hinzugekommene Fremdkörper bildeten. Wer auch nur einmal eine solche Eöhre mit der Präparirnadel zu zerzupfen versuchte und auf den allen fadigen sowie filzigen Geweben eigenen Widerstand stiess, kann schwerlich die Meinung festhalten, dass jener vorwiegend ein homogenes Substrat zu Grunde liege. Ich vermag mir die Sache nicht anders zu erklären, als dass v. Heider die Unter- suchung vollkommen ausgebildeter Röhren unterlassen und sich darauf beschränkt hat, jenen allerdings glasigen, nur wenig Nesselorgane beigemengt enthaltenden Schleim zu prüfen, welchen beunruhigte Thiere in den Zuchtaquarien oder Untersuchungsbehältern abzuscheiden pflegen. Uass übrigens die Nesselkapseln auch bei anderen Actinarien zur Bildung von AVohn- röhren benutzt werden, ersehe ich aus folgender Bemerkung von Morris'): •KEdioardsia duodecimcirraia Sars umgiebt, wie «alle Arten von Ilyanthiden, ihren Leib mit einer aus Nesselkapseln bestehenden Hülle, an welcher stets Sandkörner oder andere Bruchtheile des Bodens festhäugen.« Schon Haime 2) ist die grosse mechanische und chemische Widerstandskraft der Röhren aufgefallen; er betont, wie eine gewisse Kraft dazu gehöre, um deren Gewebe zu zerreissen, und wie er dieselben mehrere Monate hindurch in Seewasser gehalten habe, ohne dass sich ihre ursprüngliche Beschaffenheit irgendwie verändert hätte; auch diese für die cuticularen Membranen, überhaupt die Gerüstsubstanzen charakteristische Eigenthümlichkeit kann ich für Ceriantkus bestätigen. Ebenso betonte Mörius'; die grosse Dauerhaftigkeit der Nesselkapseln im Allgemeinen. In \\e\ präciserer Weise ist aber diese zwischen der Cerianthus-BM\\Ye und den Gerüst- substanzen waltende Uebereinstimmung durch die Resultate einer von Krükenberg^) ausge- führten chemischen Itntersuchung zum Ausdrucke gekommen. Dieser Untersuchung zufolge liegt nämlich dem Hauptbestandtheile der Röhre eine dem Spirographin chemisch sehr nahe stehende Substanz zu Grunde. Da das Spirographin den wesentliclicn organischen Bestand- theil der Spirographis-Rohxe ausmacht, so wäre damit zugleich auch von chemischer Seite her eine Stütze für den Vergleich der Coelenteraten- und Anneliden- Hautsecrete, oder zwischen den Stäbchen (Fäden) der einen und den Nesselorganen der anderen gewonnen. Kruken berg freilich scheint sich kaum bewusst gewesen zu sein, dass er in der Analyse der Cerianthus- Röhre auch zugleich eine solche der Nesselorgane geliefert hatte, indem er mit Rücksicht auf das »Morphologische der Hülle« einfach auf die Arbeit v. Heider's verwies. 1) MöBius, K. Ueber den Bau, den Mechanismus und die Entwickelung der Nesselkapselu einiger Polypen und Quallen. Abh. Naturw. Verein Hamburg. ISliO. p. 12. 2) 1. p. 361. c. p. 357. 3) 1. p. 362. c. p. 15. 4) 1. p. 345. II. R. 1. Abtheilung, c. p. .M. I. Haut. 3. Vergleich mit anderen Thierclassen. a. Coelenterata. 363 Die Einsicht, dass die Nesselorgane in erster liinie Haftorgane sind, haben wir M()Bius') zu verdanken. Er zeigte das Irrige der VorsteUung, derzufolge die jSI esselorgane Waffen in dem Sinne darstellten, dass sie sich in die Gewebe des Feindes oder der Beute einbohrten, an der Hand unzweideutiger Experimente und erwies statt dessen als allein richtig, dass sie vermöge ihrer kräftigen Adhäsion (ich glaube Klebrigkeit!) den Feind, respective die Beute festhalten. Wer seine Finger zwischen Seerosententakel hält — schreibt MöBius — hat eine ähnliche Empfindung, wie Spinnfäden hervorbringen, wenn sie die Haut berühren. Ich kann auf Grund zahlreicher in der Zoologischen Station angestellter Beobachtungen die Auffassung von Mömus vollauf bestätigen. Dass eine solche Auffassvmg die Nessel- oder die Giftwirkung nicht ausschliesst, braucht kaum hervorgehoben zu werden ; aber letztere Wirkung ist eben eine begleitende, bald kräftig, bald schwach, bald kaum nachweisbar entwickelte; die Hauptfunction ist und bleibt diejenige eines »Fangapparates«, also dieselbe, welche auch bei den entsprechenden Gebilden der Anneliden ursprünglich wohl allein oder doch wenigstens in erster Linie zur Ausbildung gelangt zu sein scheint. Im Vorhergehenden habe ich, auf die Lehrbücher der Zoologie und Vergleichenden Anatomie hinweisend, hervorgehoben, wie sich die morphologische Einheit von Stäbchen und Nesselorganen einer ziemlich allgemeinen Anerkennung erfreue, wie ferner als ausschlaggebend für solchen Vergleich die Thatsache hingestellt zu werden pflege, dass beide Bildungen Pro- ducte des Integumentes darstellen. Dem gegenüber darf nun nicht unerwähnt bleiben, dass gerade in Bezug auf die hier zur Sprache gekommenen Cnidaria, nämlich die Cerianthiden und Actiniden, auf Grund neuerer eingehender Forschungen behauptet wird, Nesselzellen ent- ständen sowohl im Ectoderm als im Entoderm. v. Heider-) spricht sich noch sehr reservirt über die Sache aus, dagegen erklären die Brüder Hertwig^) mit grosser Bestimmtheit: »Die Nesselzellen sind sowohl im Ectoderm als im Entoderm verbreitet, in ersterem sind sie am reichlichsten an den Tentakeln und Randsäckchen, in letzterem an den Mesenterialfilamenten tind an den Acontien angehäuft. In beiden Blättern treten sie in verschiedenen Modificationen auf.« Dieselben Autoren constatiren aber an einer anderen Stelle*) des citirten Opus, die Auffassung v. Heider's (derzufolge die Mesenterialfilamente wegen der grossen Aehnlichkeit ihrer Epithelzellen mit denjenigen des Schlundrohres ectodermalen Ursprunges, sein sollen) bekämpfend, Folgendes : »Ein derartiger Räckschluss aus der histologischen Beschaffenheit auf die Entwickelungweise lässt sich nicht rechtfertigen, bei den Actinien am wenigsten, da die detaillirte Analyse, welche wir vom Ecto- derm und Entoderm dieser Thiere gegeben haben, mit Sicherheit erkennen lässt, dass beide Körperschichten sich hinsichtlich ihres histologischen Charakters fast gar nicht von einander unterscheiden.« Ich möchte dem gegenüber nur bemerken, dass Thiere wie die Actinien, »bei denen 1) 1. p. 362. c. p. 12. 2) 1. p. 301. c. p. 24. 3) Hertwig, O. und K. Studien zur Blättertheorie. Heft I. Die Actinien. Jena ISTiJ. p. 17(i. 4)-l. p. 363. c. p. 123. 364 ^- Vergleichend-Anatomischer (Morphologischer) Theil. sich Ecto- und Entoderni hinsichtlich ihres histologischen Charakters fast gar nicht von ein- ander unterscheiden«, jedenfalls kein geeignetes Object darstellen, um llelationen, welche sich zum Theil gerade auf die (bei den meisten übrigen Thieren) distincte Beschaffenheit der beiden genannten Schichten stützen, in Frage stellen zu können. Es scheint mir umgekehrt die Thatsache, dass bei Actinien Ecto- und Entoderni sich histologisch decken, selbst ein noch der Aufklärung bedürftiges Factum darzustellen. b. Echinodermata. Auch aus diesem Thierkreise habe ich mir einen unser Gebiet berührenden Fall vor- zuführen, aber einen kaum weniger interessanten als den vorhergehenden: es sind die soge- nannten CuviER'scheii Organe der Holothurien. Diese von Cuvier entdeckten und von Johannes Müller nach ersterem benannten drüsigen Anhänge des Holothurien-Enddarmes treten nur bei einzelnen Arten oder Gattungen dieser Gruppe auf, besonders bei den mit sogenannten Wasseiiungen (Kiemen) ausgerüsteten. Sie bestehen meist aus einer grossen Anzahl cylindidscher Schläuche, welche entweder ge- meinsam mit den Kiemen, oder doch in deren Bereiche in die Cloake einmünden. Lange Zeit hindurch standen sich die Deutungen dieser problematischen Organe in auffallendem Widerspruche gegenüber. Cuvier hielt sie für Hoden; Jäger, Carus und Leydig glaubten in ihnen Harnorgane zu erkennen; Bronn endlich dachte - — wegen ihrer Vergesell- schaftung mit den Wasserlungen oder Kiemen — an eine respiratorische Function. Alle diese Muthmaassungen waren gleicherweise verfehlt. Erst Semper') hat, gestützt auf seine zahlreichen Beobachtungen an lebenden Thieren, deren wahre Function erkannt; er sah nämlich, wie die CuviER'schen Organe nicht nur ausgestülpt und wieder eingezogen werden können, sondern wie sie auch im Stande sind massenhaft klebrige, im Wasser ungemein stark aufquellende Fäden zu entladen, und erklärte sie daher für zur Vertheidigung gegen Feinde*) be- stimmte Waffen. Dieser Auffassung schlössen sich alle diejenigen Forscher, welche sich in der Folge mit den CuviER'schen Organen beschäftigten, einstimmig an; so namentlich Greefp, Jourdan, Hamann und Bell. Greeff^) hat die Art, wie sich die Thiere dieser Waffen bedienen, sowie auch das Verhalten des' dabei in Betracht kommenden fadigen Secretes so anschaulich beschrieben, dass ich im Interesse derjenigen Leser, welche das Object nicht aus eigener Anschauung kennen, seine Schilderung wörtlich zum Abdrucke bringe: »Die CuviER'schen Organe habe ich vor einigen Jahren auf den canarischen Inseln (Lanzarote) an 1) Semper, K. Reisen im Archipel der Philippinen. U. Wissensch. Resultate. 1. Bd. Holothurien. p. ISl). 2) Gbeeff. R. Ueber den Bau der Echinodermen. Vierte Mittheilung. 2. Ueber die Cuviek' sehen Organe der Holothurien. Sitz. Ber. Ges. Naturw. Marburg. 1S76. p. 29. *) Ich entnehme dies aus Citaten anderer Autoren: das SEMPER'sche 'Werk steht mir leider nicht zur Verfügung. I. Haut. 3. Vergleich mit anderen Thierclassen. b. Echinodermata. 365 einigen der dortigen Holothurien, namentlich Ilolothuria Polii und einigen anderen beobachtet. Versuchte ich eines dieser in der Nähe der Küste zwischen und unter Steinen und in Felslöchern sehr häufig vorkommenden Thiere zu ergreifen, so fuhr bei den ersten Berührungen ein Strahl zahlloser milchweisser Fäden aus dem After hervor, die sich vertheilend und" lang ausziehend augenblicklich das Wasser in der ganzen Umgebung erfüllten und sich an alle hier befindlichen Gegenstände anhefteten. Namentlich wurde die das Thier ergreifende Hand von dieser äusserst klebrigen Fadenmasse sogleich umsponnen. Es kostete Mühe und Geduld, die bei jedem Versuch, sie zu entfernen, immer von Neuem an den Fingern fest an- klebenden und sich in feine und feinste Fäden spinnwebartig ausziehende Substanz los zu werden. Man sah deutlich, dass, wenn die Fäden mit Gewalt hervorgeschleudert wurden, sie sich lang aus- streckten und allmählich wieder verkürzten. Diese Elastizität, namentlich die grosse Ausdehnbarkeit in feine Fäden bildet neben der überaus intensiven Klebrigkeit bei der ersten Prüfung die hervortretendste Eigenschaft dieser Gebilde, die, wie die genauere Untersuchung der Thiere, von denen sie herrührt, lehrt, nichts Anderes als die CuviERschen Organe sind. Selbst bei denjenigen Exemplaren, die unter meinen Augen eine sehr reichliche Menge dieser Organe entleert hatten, fand ich in der Regel bei der Oeffnung der Leibeshöhle noch dicke Convolute von eiufiichen d. h. unverästelten weissen Fäden der Cloake anhängen. Ich kann somit meinerseits, namentlich nach den oben erwähnten Beobachtungen auf den Canaren, der, soviel ich weiss, zuerst von C. Semper ausgesprochenen Ansicht, dass die CuviER'schen Organe der Holothurien Waffen darstellen, die zvim Zwecke der Vertheidigung nach aussen hervorgesehleudert werden, nur beistimmen. Bell') gebührt das Verdienst, die Aufmerksamkeit der wissenschaftlichen Welt wieder auf eine (schon von Semper zu Gunsten seiner Auffassung erwähnte) in Cornwall vorkommende Holothurie gelenkt zu haben, bei welcher die CuviER'schen Organe in einer so ausserordent- lichen Weise entwickelt sind und in Folge dessen auch das fadige Secret so copiös entleert wird, dass ihr von den Fischerleuten der Name »Cotton Spinnem (auch »Nigger« wegen der schwarzen Farbe des Thieres) beigelegt wurde. Bell hat ferner darauf hingewiesen, wie schon Peach im Jahre 1845 sich über die Bedeutung des Secretes (allerdings ohne dessen Abhängig- keit von den CuviER'schen Organen zu kennen^ in einer mit Semper durchaus überein- stimmenden Weise ausgesprochen und sie sogar durch Mittheilung entsprechender Erfahrungen gestützt habe. Gegenüber dem so lange über die Bedeutung der CuviER'schen Organe herr- schenden Dunkel ist es von hohem Interesse, diese so exacten, schon vor mehr als 40 Jahren über deren Secret gemachten Beobachtungen kennen zu lernen. Peäch-: äussert sich fol- gendermaassen : »This Holothuria is very common in deep water oif the üeadman in certain localities (rocky ground), and is called by the fishermen a »Nigger», and at times a »Cotton Spinner«; it is held by them in great detestation, from its throwing out what they call «cotton«, of which more by . and by, and ftom its slimy nature, and also because where the ^Niggers« are numerous and get into the crab pots, it is very rarely that either crabs or lobsters are caught, and therefore they kill all they come near with their knives, because they do not like to touch them.« ))It is extremely irritable, and on being touched or disturbed, throws out a bunch of white tapered threads about an inch in length and one-eighth in thickuess; these soon become attenuated, either by the agitation of the water or the Coming into contact with something, and are drawn into very long threads of great tenacity, they stick to everything they touch, and from these the animals are called »cotton spinner« 1) Bfll, Jeffkey F. Studies in the Holothuroidea. IV. On he Struetural Characters of the Cotton Spinner Holothuria nigra] etc. Proc. Z. Soc. London. 1SS4. p. 372. 2) Pe.ych, W. C. On the »Nigger« or »Cotton Spinner« of the Cornish Fishermen. Ann. Mag. X. H. Vol. 15. 1S4.5. i>. 171. 366 B. Vergleichend-Anatomischer I Morphologischer) Theil. by the fishernien. This small bunch is drawn into a large mass of threads, so small that the finest sewing- cotton is not etj[ual to it, and is no doubt oue of the means of defence provided for its preservation; for J have Seen a crab so conipletely entangled in it as not to be able to move, and a fish only able to get away after a long struggle.« Bell ') fügt den eben citirten Angaben seines Vorgängers noch folgende nicht weniger interessante, seinerseits an dem Secrete des »Cotton Sjjinner« gemachte Erfahrungen hinzu: »It is not to be thought that so small a portion of the tubes would not be of some size in the water, for 2 — 5 mm of one of these tubes may, even after nearly twenty years' preservation in spirit, be stretched out to a length of more than 30 mm, and this attenuated thread swells up so much in water that, while measuring one division of the micrometer when dry, it occupies seven divisions after tieatment with distilled water for ten minutes. We caa thus understand that an animal at whom these threads are thrown should, as it attempts to escape, lengthen the threads which, at the same time, Coming into contact with the water, would be swollen out transversely as they were extended longitudinally". Muss man sich angesichts dessen nicht der gelben Stränge oder Spinndrüsen des Poli/odontes erinnern, welche nach vieljähriger Conservirung in Alcohol noch ebenso in immer feinere und feinere Fäden gespalten werden können wie im frischen Zustande? Ferner überzeugte sich Bell-) von der ausserordentlichen — wie es scheint allen Faden- secreten eigenthümlichen — Eesistenz dieser Hofo^ÄMna- Gespinnste, indem G überaus dünne »when so thin as to be barely visible«) Fäden ein Gewicht von 50 — 60 Gramm «a weight of between 800 and 1000 grains« zu tragen vermögen. Ich selbst hatte viele Jahre hindurch Gelegenheit das Functioniren der CuviERschen Organe zu beobachten. Von gewissen Fangplätzen des neapolitanischen Golfes wird man selten das Schleppnetz heben können, ohne dass sich unter dem erbeuteten Materiale auch Exem- plare der ziemlich gemeinen Holothuria Polü finden, und das Erste was zu ges(?hehen hat ist, diese Thiere aus den Gefässen zu entfernen, indem sie sonst mit ihrem überaus reichhaltigen und anhaltend zur Secernirung gelangenden Fadensecrete alle übrigen Insassen derart um- spinnen, dass man nachträglich die grösste Mühe hat, letztere wieder von ihren Fesseln zu befreien. Aber es lebt im Golfe noch eine mit viel reizbareren und entwickelteren CüviERschen Organen ausgerüstete Seewalze, nämlich (nach Lobl^nco's Bestimmung) die Holothuria Sanctori. Beunruhigt man ein frisch eingefangenes Exemplar dieser Art, so entleert es grosse Mengen relativ voluminöser Schläuche, und diese letzteren sind von so ausserordentlicher Quellbarkeit, dass sie sich spontan nach allen Richtungen hin auszudehnen und zugleich in immer feinere Stränge zu zertheilen vermögen ; dabei bäumen sich die Fäden auf und man kann sich ange- sichts dieses Vorganges kaum des Gedankens erwehren, dass schon der blosse Anblick so vieler beweglicher, nach allen Richtungen hin schiessender Fäden einem etwaigen Feinde der Holo- thurie gewaltige Angst einjagen müsse. Darin scheint die Holothuria Sanctori viel mit der H. nigra gemein zu haben; denn Bell') hatte von der Art, wie letztere die Fäden auswirft, eben- 1) 1. p. 3(J5. c. p. 375. 2) Bell, Jeffrey F. A Rare British Holothurian. Xature Vol. 3(J. IbSJ 3) 1. p. 366. c. p. 147. I. Haut. 3. Vergleich mit anderen Thierclassen. b. Ecliinodermata. 367 falls den Eindruck erhalten, dass sie jedes in ihrem Bereiche befindliche Geschö])f mit Furcht erfüllen müsse. Der Ansicht, dass die CuviERSchen Organe Vertheidigungswaffen darstellen, kann ich demnach auch auf Grund meiner eigenen Erfahrungen sehr wohl beitreten; nur möchte ich die Frage aufwerfen, ob diese Waffen eventuell nicht auch in aggressivem Sinne gebraucht werden. Dass kleinere Fische, Krebse oder Schalenthiere, welche sich einer etwa auflauernden Holothurie unvorsichtig genähert und die Entladung ihrer nicht erschöpften CüviER'schen Organe entgegengeschleudert erhalten hatten, in vielen Fällen zur Fortbewegung untauglich sein werden, ist unbestreitbar; aber — so wird man mir entgegnen — die Holothurien ernähren sich von Detritus. Wenn ich selbst dahingestellt sein lasse, ob das für alle Fälle richtig ist, denn Peach ') sagt von der Holothuria nigra: »They eat portions of dead fish, shells etc. (I have reasons for believing Terebella.) I have found in their intestines a Buccmum incrassatum, with the animal in it, portions of Balani, Echini, NulUpora, sandc etc., so steht doch dem Nichts im Wege, dass die Holothurie, welche eine Beute mit dem Secrete ihrer CüviER'schen Organe ein- gesponnen hat, deren Decomposition abwartet, um sie sodann zu verzehren. Für den Fall, dass diese Vermuthung richtig wäre, so bestände eine auffallende Ueber- einstimmung des Functionirens zwischen den CüviER'schen Organen einer- und den Spinndrüsen des Polj/odoHtes andererseits. Mit der Structur dieser merkwürdigen Anhänge des Seewalzen-Hinterdarmes haben sich früher Sejiper und Greeff und neuerdings eingehender Jourdan') und Hamann'') beschäftigt. Leider herrscht noch keineswegs Klarheit in der Interpretirung der etAvas complicirten Ver- hältnisse. So viel scheint mir aber aus einem Vergleiche der verschiedenen Beschreibungen hervorzugehen, dass die einzelnen Schläuche der CüviER'schen Organe vom Peritoneum über- zogene Drüsenkörper darstellen, deren Zellen das eigenthümliche im Schlauchcentrum ange- häufte Fadensecret ausscheiden. Eine besondere Muskulatur hält im Verein mit der peritonealen Membran die spiralig aufgerollte Fadenmasse fest; auch mag diese Muskulatur beim Aus- stossen der Schläuche betheiligt sein. Indem die Schläuche in's Freie gelangen, verlieren sie ihre peritoneale Hülle, die sie bis dahin einengende Muskulatur wird gelockert und nun quellen die Fäden auf, um in der oben geschilderten Weise ausgesponnen zu werden. Die fernerhin sich etwa mit der Structur der CuviER'schen^ Organe beschäftigenden Forscher müssten ihr Hauptaugenmerk auf das Verhältniss der Drüsenzellen zu ihrem Secrete, den Fäden, richten, indem gerade über diesen wesentlichsten Punkt so gut wie Nichts bekannt ist. Auch wäre es von hohem Interesse, die Entwickelungsweise dieser Organe kennen zu lernen, sowie den Modus und das Tempo ihrer Regeneration. 1) 1. p. 365. c. p. 173. 2) JornnAN. Et. Recherches sur l'Histologie des Holothuries. Ann. Mus. H. N. Marseille Tome 1. 1883. p. 41. 3) Hamann, ü. Beiträge zur Histologie der Echinodermen. IL Mittheilung. 2. Die CüviER'schen Organe. Zeit. Wiss. Z. 31t. Bd. 1883. p. 314. 368 ^- Vergleichend-Anatomischer (Morphologischer) Theil. Nach Krukenberg') enthalten die CuviER'schen Organe der Holothnria Polii Trypto- collagen, ausserdem vielleicht auch etwas Mucin. Demnach würden die fadigen Secrete der Seewalzen — wenigstens ihrer chemischen Natur nach — ziemlich weit von denjenigen der AVürmer abstehen. Auch an einen morphologischen Vergleich ist vorläufig nicht zu denken. Wissen wir doch nur wenig von der Structur, noch weniger von der Ontogenie und gar Nichts über die Phylogenie dieser Organe. Wenn man nun aber fragt, warum ich trotz alledem die Cuvier'- schen Organe hier erwähnt habe, so antworte ich: wegen der so auffallenden Ueberein- stimmung, die ihre fadigen Secrete mit denjenigen der Spinndrüsen von Anneliden etc. dar- bieten. Immer von Neuem werden die «unleugbaren Beziehungen« zwischen Anneliden und Echinodermen hervorgehoben; wenn aber diese »Beziehungen« mehr als Phrase bedeuten sollen, so können damit nur gemeinsame Abstammung oder Blutsverwandtschaft gemeint sein, und sind die Gruppen blutsverwandt, so müssen sich früher oder später auch die Organe auf- einander oder auf etwas gemeinsames Drittes zurückführen lassen. Diese Zukunft habe ich im Auge, wenn ich nicht davor zurückschrecke, auch Relationen solcher Organe in's Auge zu fassen, deren morphologische Dignität erst noch festzustellen ist. c. Vermes exci. Annelides. Den Uebergang von den Nematocysten (Nesselorganen"! der Cölenteraten zu den Stäb- chen und Fadensecreten der Anneliden vermitteln in einer den strengsten Anforderungen der Morphologie Genüge leistenden Weise die entsprechenden Integumentproducte der Turbellarien. In Folge ihres gleichzeitigen Besitzes einfacher Stäbchen und voll- kommen ausgebildeter Nesselorgane war es gerade diese Plathelminthengruppe, welche zuerst zu einem Vergleiche der Annelidenstäbchen mit den Nematocysten der Cnidaria heraus- forderte. Eine ziemlich reiche Literatur hat sich schon über diesen Gegenstand angesammelt und als Resultat derselben darf constatirt werden, dass sich die meisten Forscher zu Gunsten der Homologie der beiderseitigen Hautproducte ausgesprochen haben. Von neueren Autoren war es insbesondere v. Graff, der die hier einschlägigen Fragen anhaltend verfolgte. In seiner Monographie der »Rhabdocoelida« gab derselbe eine so umfassende Darstellung alles des die Morphologie und Physiologie der Plathelminthen-Stäbchen Betreffenden, dass es für unseren Zweck genügt, allein dieses Opus, in welchem überdies die gesammte bezügliche Literatur zusammengefasst wird, ins Auge zu fassen. Graff-) sondert die stäbchenförmigen Integument- einschlüsse der Turbellarien in folgende vier Gruppen: »Nematocysten, Sagittocysten, Rhabditen und Pseudorhabditen. Nematocysten sind solche, den gleich- namigen Organen der Coelenteraten völlig gleichgebaute krug- oder eiförmige Gebilde, welche in ihrem Inneren einen durch Druck oder auf Reiz nach aussen ausstülpbaren Faden bergen. Die Länge dieses Fadens 1) 1. p. 345. 2. R. 1. Abtheilung c. p. 47 und 7.3. 2) Geaff, L. V. Monographie der Turbellarien. I. Rhabdocoelida. Leipzig 1SS2. p. -li I. Haut. 2. Vergleich mit anderen Thierclassen. c. Vermes excl. Annelides. 369 kann sehr verschieden sein, derselbe muss aber stets mit der Wand der Cyste an der Einstülpungsstelle zu- sammenhängen. Die Sagittocysten unterscheiden sieh dadurch von den Nematocysten, dass sie statt des Fadens eine feine, völlig selbständige Nadel einschliessen, die bei der Entladung ausgeworfen wird und nicht mit der Wand der Cyste zusammenhängt. Unter dem Namen der Rhabditen vereinige ich die stark licht- brechenden, glasartig homogenen Stäbchen, welche weder einen Faden noch eine Nadel einschliessen und durch ihre glatte Oberfläche, regelmässige Gestalt und ihren Glanz auffallen. Dagegen erscheinen die Pseudorhabditen weniger regelmässig gestaltet, von unebener Oberfläche, aus feinkörniger Substanz bestehend und daher des Glanzes entbehrend.« Die weiteste Verbreitung haben die Rhabditen, also dieselbe Stäbchenformation, welche (neben den Pseudorhabditen und Fäden) auch bei den Anneliden vorwaltet. Besonders angehäuft pflegen die Stäbchen am Vorderende der damit ausgerüsteten Thiere aufzutreten; sodann bei platten Formen hauptsächlich an den Rändern. Besonders bemer- kenswerth ist ihr Vorkommen im Rüssel einzelner Arten. Sie entstehen zu je mehreren in besonderen Epithelzellen. Rücken letztere tief in das Körperparenchym, so werden die Stäb- chen durch die sogenannten Stäbchenstränge, das heisst durch protoplasmatische Fäden, welche directe Fortsätze der nackten Bildungszellen darstellen, nach aussen befördert. Die meisten Autoren haben die Plathelminthenstäbchen für mesodermale Gebilde er- klärt; nur Hallez verfocht deren ectodermale Abstammung; v. Graff gelangte nun zu dem gleichen Schlüsse wie Hallez, indem er annimmt: »dass die Rhabditen ursprünglich in Epidermiszellen entstehen, und dass die Bildungszellen, welche später im Parenchym gefunden werden, nichts anderes seien, als aus dem Verbände des Epithels der Haut nach innen gerückte, dislocirte Zellen, die ihren Zusammenhang mit dem Epithel bloss noch durch die Stäbehenstränge aufrecht erhalten.« Uebrigens hat, wie derselbe Autor hervorhob, auch Selekka bei Polycladen den Nach- weis einer solchen Entstehung der Stäbchen in ectodermalen Nesselzellen erbracht. V. Graff spricht sich schliesslich rückhaltslos zu Gunsten der schon durch M. Müller und Leuckart angebahnten Homologie zwischen Stäbchen und Nesselorganen aus, indem er insbesondere auf die zahlreichen zwischen diesen beiden Endgliedern vorkommenden Uebergangsformen hinweist. In einer Anmerkung auf p. 57 seines citirten Opus erwähnt v. Graff die von zahl- reichen Autoren gemachte, aber neuerdings durch v. Stein als unrichtig bezeichnete Angabe, dass gewisse Infusorien auf Reiz feine Fädchen auswerfen, welche als Nesselorgane anzusehen seien, und fügt dem hinzu: »Wie es sich mit den stäbchenförmigen Hauteinlagerungen der Chaetopoden verhält, ist aus der vor- handenen Literatur nicht zu ersehen.» Es scheinen demnach v. Graff die im vorhergehenden Abschnitte citirten Schriften Kölliker's und Claparedes unbekannt geblieben zu sein. Auf die von unserem Autor über die physiologische Bedeutung der Stäbchen und Nesselorgane ausgesprochenen Ansichten werde ich in einem anderen Theile meiner Mono- graphie'-') zurückzukommen haben. a) Vergl. den Physiologischen Theil, Kapitel Haut. Zool. Station z. Neapel, Fauna und Flora, Golf von Neapel. Capitelliden. 47 g'J'O B. Vergleichend-Anatomisclier (Morphologischer) Theil. Dass auch den Sceplanarien (Polycladen) stäbchenförmige Intcgumentein- lagerungen zukommen, ist schon durch verschiedene ältere Untersuchungen erwiesen worden; neuerdings hat aber Lang') in den »mikroskopischen Waffen von Anonyvius virilisi^ einen Fall verzeichnet, der mehr als irgend ein anderer geeignet ist, nicht nur dieses Vor- kommen zu illustriren, sondern auch die Vergleichbarkeit dieser Bildungen insbesondere nach der Annelidenseite hin zu erhöhen. Im ganzen Körperparenchym des Anonymus, besonders reichlich aber am Vorderende finden sich erstens echte Nesselkapseln, zweitens stachel- oder spindelförmige Kapseln mit einer soliden Nadel, drittens solide Nadeln, und viertens freie Nadeln, an welchen ein Faden spiralig aufgerollt ist. Diese verschiedenartigen Waffen, welche im Parenchym entstehen und auf besonderen, den Stäbchenstrassen der Rhabdocoelen vergleichbaren Bahnen der Körper- oberllächc zugeführt werden, finden sich derart zu Waffenlagern oder Batterien vertheilt, dass je Bündel zahlreicher rhabditenähnlicher Nadeln von einzelnen Hohlstacheln und Nematocysten durchsetzt oder umgeben werden. Was aber uns hier hauptsächlich interessirt, weil dadurch sowohl diese Gebilde, als auch die verwandten der Rhabdocoela den Stäbchen oder Fäden secernirenden Drüsen der Anneliden noch viel näher gebracht werden, ist der folgende Schluss, zu dem Lang bezüglich der anatomischen Definition dieser seiner »Waffenlager« gelangt ist: »Alle diese Einiichtuugen scheinen mir wie mit einem Schlage verständlich zu werden, sobald man die Waftenwerkstätten wie die Stäbchenbildungszellen als Hautdrüsen, die WafFenstrassen wie die Stäbchen- strassen als die Ausführungsgänge dieser Drüsen und die Waffen wie die Stäbchen als geformte Drüsen- secrete auffasst. Die Waffen werden in den Waffenstrassen ganz so weiter befördert, wie das Secret irgend einer Drüsenzelle im Ausführungsgang derselben, und sie werden wahrscheinlich nach Einwirkung gewisser Reize ganz so nach aussen entleert, wie unter ähnlichen Verhältnissen das Secret irgend welcher Drüsen.- In noch höherem Grade werden wir aber an die Fadensecrete der Anneliden -Drüsen durch die schon von Dalyell'-') an seiiier Planaria felina gemachte Beobachtung er- innert, derzufolge dieses Thier, um sich von der Wasserfläche auf den Boden sinken zu lassen, Fäden spinnt. Dalyell's Schilderung lautet: »it seems to exercise a faculty lielouging to thc caterpillar, of spinning a silken thread« etc. Ferner : »a complete view of its eftect may be obtained by including a plant of Veronica, crowded with planariae, within a tall glass jar. Their numerous descents from the upper leaves quickly form a perceptible column, owing' to the infinity of glutinous or silken lines.« Schneider^) hat dann die DALVELL'sche Beobachtung dahin ausgedehnt, dass viele Rhab- docoeliden aus jenen Fäden auch förmliche Netze spinnen und so zum Fange ihrer Beute 1) Lang, A. Die Polycladen des Golfes von Neapel. XII. Monographie heraxisg. von der Zool. Station zu Neapel. Leipzig 1884. p. 60. 2) Dalyell, G. J. Observations on Some Interesting Phenomena etc. of Planariae. Edinburgh 1S14. p. 40. 3) Schneider, A. Untersuchungen über Plathelminthen. 14. Jahresb. Oberhess. Ges. f. Natur- und Heilkunde. Giessen 1873. p. 24. I. Haut. 3. Vergleich mit anderen Thierclassen. c. Vermes excl. Annelides. d. Arthropoda. 371 benutzen ; auch constatirte er, dass die Ausscheidung des betreffenden Secretes durch besondere, in einer ventralen Zone der Thiere gehäuft stehende »Spinndrüsen« bewirkt werde ^). Es ist kaum zu bezweifeln, dass wir in diesen hauptsächlich bei den räuberisch lebenden Mesostomeen entwickelten Drüsen Bildungen vor uns haben, welche gewissen zur Anfertigung von Fangnetzen dienenden Spinndrüsen der Anneliden vergleichbar sind. Durch Max Müller ') Avurde das gleichzeitige Vorkommen von Stäbchen und Nessel- organen auch bei einer Nemertine {Meckelia sp.?) beobachtet und zwar ausschliesslich am Rüssel dieser gefrässigen Thiere. Hubrecht 2) hat sodann dieselben Gebilde in der Rüsselwandung fast aller unbewaffneten Nemertinen nachzuweisen vermocht: ))Sie sind — sagt Hubrecht — allerdings von sehr verschiedener Grösse und werden als Stäbchen ausgeworfen, nachdem der Rüssel ausgestülpt ist. Alle diese Stäbchen lassen je einen Nesselfaden hervor- treten, welche sich sodann zu Hunderttausenden in das umgebende Seewasser verbreiten.« Ihr ausschliessliches Vorkommen am Rüssel spricht sehr dafür, dass auch bei den Nemertinen die Stäbchen und Nematocysten zum Einfangen oder Festkleben der Beute dienen (abgesehen von einer überdies möglicherweise statthabenden Nesselwirkung). Dass bei Plattwürmern auch fibrilläre Cuticulae vorkommen, ersehe ich insbesondere aus den die Histologie der Cestoden betreffenden Schriften. So schreibt z. B. Steudener^): »Bei allen von mir untersuchten Cestoden habe ich die Cuticula aus zwei Schichten gebildet ge- funden, von denen die äussere am stärksten entwickelt ist und sich als vollkommen homogene, strukturlose Membran von grosser Elasticität darstellt. Unter derselben liegt eine zweite sehr dünne und mit der oberen fest verbundene faserige Schicht. Dieselbe besteht aus sehr feinen Fasern, welche dicht gedrängt in querer Richtung verlaufen.« Viel entwickeltere Fibrillen finden sich aber an den wie es scheint häufigen Häutungen unterliegenden Nematoden; und unter ihnen zeichnen sich insbesondere die Gordiiden durch die Zahl und Deutlichkeit der Faserschichten aus. Vejdovsky ^), von dem diese Familie zuletzt bearbeitet wurde und der auch die bezügliche Literatur revidirt hat, berichtet: »Die Dicke der faserigen Cuticula ist somit sehr bedeutend und misst bei den (^ von Gordius tolosanus 14 ix, bei den Q 12 ix. Die Quer- und Längsschnitte beweisen, dass die Cuticula der q^ aus 14, die der 2 ^^^^ 1 1 über einander liegenden Schichten der Fasern besteht.« d. Arthropoda. In keiner anderen Thiergruppe kommen die Cixticularbildungen , sei es in Form schützender Membranen oder fadiger Gespinnste, zu so hoher Geltung wie in dieser. Da nun 1) 1. p. 316. c. p. 28. 2) Hubrecht, A. Vorläufige Resultate fortgesetzter Nemertinen -Untersuchungen. Z. Anzeiger. Jahrg. 1879. p. 475. 3) Steudeneb, f. Untersuchungen über den feineren Bau der Cestoden. Bes. abgedr. aus: Abh. Nat. Ges. Halle. 13. Bd. 1S77 p. 7. 4) Vejdovsky, F. Zur Morphologie der Gordiiden. Zeit. Wiss. Z. 43. Bd. 1886. p. 374. *) Ich entnehme — da mir die citirte ScHNEinEit'sche Schrift nicht zugänglich ist — diese Notizen der Monographie v. Graff's 1. p. 368. c. p. 59. u. p. 294. 4';» 0-72 B. Vergleichend-Anatomischer (Morphologischer) Theil. Überdies die schon frühe auf Grund morphologischer Einsicht stabilirten phylogenetischen Be- ziehungen zwischen Gliederfüsslern und Ringelwürmern eine vielseitige und seitdem immer mehr vertiefte Anerkennung erfahren haben, so muss die Frage, in Aviefern speciell die von mir in's Auge gefassten Integumentbildungen hier noch den »Annelidencharakter« bewahrt haben, respective sich aufeinander zurückführen lassen, ein erhöhtes Interesse darbieten. Die relativ intensive Durchforschung gerade dieses Thierstammes ist geeignet die Hoffnung zu erwecken, dass es für ihn leichter sei, als für irgend einen anderen derartige Beziehungen auf- zudecken; aber diese Hoffnung erweist sich als eine trügerische, indem gerade über die unser Problem berührenden Verhältnisse Avie: Structur und Entstehung der Cuticula, Zustandekommen und Beziehungen der Gespinnste, morphologische Dignität imd embryologische Herkunft der die verschiedenartigen Fadensecrete liefernden Drüsen, nur sehr vereinzelte, nichts weniger als ausreichende Daten vorliegen. So begegnet man in den neueren Schriften immer wieder der Angabe, dass die Cuticula eine geschichtete, von Porenkanälen durchsetzte Membran dar- stelle; dagegen keiner auch noch so flüchtigen Andeutung von fibrillärer Structur. Und doch müsste der Nachweis solcher Structur hier besonders in's Gewicht fallen, weil bei den Arthro- poden (im Gegensatze zu gewissen Anneliden, bei denen die Producte der Spinndrüsen aus Chitin und die Cuticulae aus einer anderen Gerüstsubstanz LOnuphin, Spirographin ?] sich auf- bauen) gerade die Cuticulae aus Chitin, die Spinnsecrete dagegen aus anderen Gerüstsubstanzen (Fibroin) zu bestehen pflegen, so dass sich daraus allein schon ergäbe, wie alle diese zwar chemisch differenten, aber doch eine verwandte Eeihe bildenden Cuticularsubstanzen sich gegenseitig zu substituiren vermögen. Glücklicherweise finden sich aber wenigstens bei einzelnen älteren Autoren Anhalts- punkte dafür, dass sich auch die Arthropodencuticula in einzelnen Fällen conform dem für die Anneliden aufgestellten Structurtypus , also fibrillär verhalte. In Kölliker's'j Unter- suchungen zur vergleichenden Gewebelehre stiess ich nämlich auf den Satz: »Einen faserigen Bau der Chitinlagen hat zuerst H. Meyer bei Lucanus cervus beschrieben, was später C. Schmidt für die Flügeldecken vieler Käfer und Leydig für diejenigen des Hirschkäfers und von Scarabaeus stercorarius und üjpltaeus bestätigt hat. Ich kenne diesen Bau von den Flügeldecken des Dytiscus marginalis und war es mir hier für die Deutung der Fasern besonders wichtig, dass dieselben nicht in Form dickerer Stäbe, wie bei Lucanus cervus, sondern in derselben Weise, wie bei den Anneliden erscheinen, so nämlich, dass sie eine dichte, feine, in drei Richtungen sich kreuzende Streifung bedingen.« Ferner ersehe ich aus Horst's^) Dissertation über Lumbricus, dass auch von Harting^) eine fibrilläre Structur der Insecten-Cuticula beschrieben worden ist. Gleiches gilt für den Krebspanzer. Obwohl schon vor Decennien von einzelnen Forschern die unverkennbare Streifung der Schale als auf dem Vorhandensein faseriger Bildungen beruhend hingestellt wurde*), so hat doch die Mehrzahl derselben zu allen Zeiten jene Streifung als eine durch die Porenkanäle verursachte Erscheinung aufgefasst. 1) 1. p. 321. c. p. 75. 2) 1. p. 309. c. p. 22. 3) Harting. Leerb. v. d. Grondbeg. der Dierk. 3. Bd. Afd. II. St. I. bladz. 15S. (fide Horst.) *) Nach TuLLBERG (1. p. 373. c. p. 7.) sind folgende Autoren dafür eingetreten, dass die Streifen des I. Haut. 3. Vergleich mit anderen Thierclassen. d. Arthropoda. 373 In Bezug auf diese Arthropoden-Abth eilung befinde ich mich aber insofern in einer viel günstigeren Lage, als mir wenigstens eine neuere, speciell auf die hier in Betracht kommenden Verhältnisse gerichtete Untersuchung zu Hilfe kommt, deren Ergebnisse die fibrilläre Structur des C'rustaceenpanzers in evidenter Weise bestätigen. Es sind das Tullberg's') Studien über den Hummerpanzer. Seine hierhergehörigen Resultate sind in folgenden Sätzen enthalten: «Die Ursache dieser Streifung ist, wie oben erwähnt, höchst verschieden erklärt, indem einige Ver- fasser dafür gehahen, dass diese Streifen von Fasern gebildet sind, während die meisten der Ansicht gewesen, dass sie von Kanälehen in der Chitinmasse gebildet werden. Diese zuletzt genannte Ansicht scheint auch begründet zu sein, da Querdurchschnitte, aus trockenen Schalen hergestellt, von deutlich mit Luft gefüllten Kanälchen durchzogen erscheinen. So weit ich habe finden können, sind es jedoch nicht diese Kanälchen, die das gestreifte Ansehen herbeiführen, welches Schnitte von nicht getrockneten Schalen zeigen. Durch Kochen in Königswasser ist es mir nämlich gelungen, das Chitin in der mittleren Schicht des Hummer- panzers und im äusseren Theile der innersten Schicht in wirkliche Fasern aufzulösen, und dasselbe Resultat hat V. Nathusius-Königsborn durch Kochen in Natriumlauge erreicht. Eine andere Art und Weise dieser Fasern isoKrt zu erhalten ist die, wenn man mit Präparirnadeln dünne Querschnitte entkalkter Schalen zerlegt. Diese werden in der Richtung der Lamellen leicht aufgeritzt, wodurch aus der Zwischensubstanz lange Stücke dieser Fasern herausgezogen werden, welche Stücke wie eine Franse die Ränder bekleiden, die durch das Zerreissen gebildet worden sind.« Ferner von der äusseren Schicht: »Auch dieser Theil des Panzers scheint demnach von Fasern gebildet, obgleich diese hier äusserst fein sind und deshalb schwer zu entdecken, und sich wenigstens bei den von mir gemachten Versuchen nicht isoliren Hessen. Wenn nun die innersten Theile des Panzers Fasern enthalten, so ist wohl anzu- nehmen, dass dieses Verhältniss auch in der äussersten Schicht stattfindet, obschon ihre Fasern noch feiner sein dürften, besonders da, nach Brauns Angabe, diese Schicht bei den Höckern der Krebsscheeren, wo sie sehr dick ist, sich gestreift zeigt.« Wenn also dem Vorhergehenden zufolge selbst in dem grossentheils aus Kalksalzen aufgebauten Hummerpanzer der organische Schalenbestandtheil noch die fibrilläre Structur er- kennen lässt, so ist das eine starke Stütze zu Gunsten jener vereinzelten älteren Stimmen, welche eine ähnliche Zusammensetzung für den Tracheatenpanzer vertreten haben ; ich zweifle denn auch nicht daran, dass künftige Untersuchungen in dem Sinne entscheiden und damit die von mir betonte morphologische Einheit der Cuticulae und Fadensecrete stützen werden.*) Krebspanzers gänzlich oder wenigstens zum Theil von dem Vorhandensein faseriger Bildungen in der Schale her- rühren : Hasse, E. C. Observationes de sceleto Astaci fluviatilis et marini. Dissertatio. Lipsiae 1833. Latalle. Sur le test des Crustaces decapodes. Ann. Sc. N. (3) Tome 7. 1S47. p. 352. Huxley , T. H. Tegumentary Organs. Todd's Cyclopaedia Vol. 5. 1S59. p. 473. und NATHUsrus-KöNiGSBOKN, W. v. Unters, über nicht celluläre Organismen etc. Berlin 1877. 1) TüLLBERG, F. Studien über den Bau und das Wachsthum des Hummerpanzers und der MoUusken- schalen. Svenska Akad. Handl. 19. Bd. No. 3. p. S und 9. *) So sehr ich mit Tullbeeg bezüglich der fibrillären Structur des Hummerpanzers etc. übereinstimme, in einem eben so grossen Gegensatze befinde ich mich zu diesem Forscher hinsichtlich seiner Vorstellungen über die Genese der Cuticularsubstanzen. Tullbekg betrachtet nämlich, ähnlich wie Huxley, diese Substanzen als directe Umwandlungsproducte integrirender Zellentheile, wogegen meine Auffassung, wie sich ja aus allem Vorher- gehenden schon zwingend von selbst ergiebt, mit der hauptsächlich durch C. Schmidt, Köllikee, LErnro, HäCKEL, Semper u. A. angebahnten und man kann sagen in neuerer Zeit herrschend gewordenen Lehre zusammenfällt, der- zufolge die Cuticulargebilde Ausscheidungsproducte der betreffenden Zellen darstellen. Geht man auf meinen zwischen den stab- und fadenförmigen Secreten der Hypodermzellen einer- und den 374 B- Vergleichend-Anatomischer (Morphologischer) Theil. Und nun zu den Spinn dr äsen. Würden die hier — meiner Ansicht nach als vergleichbare — in Betracht kommenden Organe insgesammt morphologisch so distincte Relationen aufweisen, wie etwa die Spinndrüsen des Poli/odontes oder die Borstendrüsen überhaupt, so wären uns der Anhaltspunkte viele ge- boten, von denen bei dem fraglichen Vergleiche ausgegangen werden könnte. Dem ist aber nicht so, indem einerseits die Sj^inndrüsen vieler Arthropoden hinsichtlich ihrer morpholo- gischen Dignität noch nicht erforscht sind und andererseits auch bei den Anneliden schon constatirt wurde, Avie viele fadige Secrete liefernde Drüsen, im Gegensatze zu den ge- nannten Borstendrüsen, bald in der Haut zerstreiit, bald im Bereiche des Munddarmes sich öffnend, auftreten können. So viel haben aber die vorhergehenden Untersuchungen doch er- geben, dass alle jene Drüsen als Hautdrüsen zu betrachten sind, und demzufolge würde für einen Vergleich der Anneliden- und Arthropoden-Spinndrüsen in Ermangelung anderer Criterien, zunächst wenigstens, das eine in der Frage: sind die Spinndrüsen der Arthropoden ebenfalls Hautdrüsen? ausgedrückte Criterium zur Verfügung stehen. Schon die Thatsache, dass die Speicheldrüsen und Sericterien der Insectenlarven in den Vorderdarm münden, macht ihre ectodermale Herkunft überaus wahrscheinlich; I>EYDKi') rechnete sie denn auch, wahrscheinlich im Hinblicke auf diese ihre Mündungsverhältnisse, zu den Hautdrüsen. Aber zur Entscheidung konnte die Frage doch nur auf Grund embryolo- gischer Einsicht gebracht werden; und eine solche ist auch nicht ausgeblieben. ' Hatschek-) wies in seiner Entwickelungsgeschichte des Bombj/a; nach, dass die Spinn- drüsen durch Einstülpungen des Vorderdarmes fder selbst durch ectodermale Einstülpung zu Stande kommt) angelegt werden und dass die Speicheldrüsen als Plautdrüsen im engeren Sinne aufzufassen seien. Joseph') kam umgekehrt durch seine an Blatt- und Schlupfwespenlarven angestellten Untersuchungen dazu, »die Spinndrüsen als beziehungsweise primäre Differenzirung des In- tegumentes, als Hautdrüsen, die Speicheldrüsen dagegen als abhängig von der Existenz des Munddarmes, also als beziehungsweise secundäre Differenzirung aufzufassen.« Einerlei aber, ob die Speichel- oder Spinndrüsen das Primäre darstellen, für uns genügt es, dass beide Forscher die Sericterien als Producte des Ectoderms, respective als Hautdrüsen erkannt haben. ähnlich geformten der Spinndrüsen stabilirten Vergleich andererseits ein, liisst man die zwischen den fibrillären Cuticulae und zwischen den ebenfalls aus Fasern bestehenden Wohnröhren, Fangnetzen, Borsten etc. angenommenen Beziehungen gelten, so kann fortan von einem derartigen Widerstreite der Meinungen in Betreff der Genese der Cuti- culargebilde keine Rede mehr sein. Das Problem ist sodann vielmehr in den Elementarorganismus der Zelle hinein- verlegt und lautet : Wie, wo, wann und wodurch kommen in Haut- oder Hautdrüsenzellen klebrige, stab- und faden- förmige Cuticularelemente zur Ausbildung? 1) Ltcydig, f. Lehrbuch der Histologie. Frankfurt 1S57. p. 117. 2) Hatschek, B. Beiträge zur Entwickelungsgeschichte der Lepidopteren. Jena. Zeit. Xaturw. 11. Bd. 1877. p. 126. 3) Joseph, G. Innervation und Entwickelungsgeschichte der Spinnorgane von Raupen, Blatt- und Schlupf- wespen etc. Jahr. Ber. Nat. Sect. Sohles. Ges. Vat. Cult. 18S1. p. 117. I. Haut. 3. Vergleich mit anderen Thierclassen. d. Arfhropoda. 375 Auch Tichomirof') hat auf Grund seiner eingehenden embryologischen Beobachtungen an Bombj/x die ectodermale Entstehung der Siiinndrüsen constatirt. Sie entstehen nach diesem Forscher gleichzeitig mit den Tracheen und gleichen ihnen anfangs vollständig. Ebenso sollen nach Patten^) bei den Phryganiden die .Spinn- und Speicheldrüsen durch specielle Ectodermeinstülpungen, erstere im Bereiche des zweiten Maxillenpaares, letztere im Bereiche der Mandibeln zur Anlage kommen. Endlich hat sich auch Grassi') in seiner Entwickelungsgeschichte der Biene zu Gunsten derjenigen ausgesijrochen, welche eine ectodermale Entstehung der Spinndrüsen dieses Thieres vertraten. Durch wahrhaft colossal entwickelte Spinndrüsen " j ist Peripatus ausgezeichnet. Alles was diese Zwischenform, deren hohe phylogenetische Bedeutung in ihrer Erhebung zu einem besonderen «Protracheatenstamme« Ausdruck fand, bezüglich unseres Problemes er- kennen lässt, darf auf eine besondere Würdigung Anspruch machen, indem darüber nur eine Stimme herrscht, dass sie, wie einerseits zu den Arthropoden, so auch andererseits zu den Anneliden die vielseitigsten und unleugbarsten Beziehungen zur Schau trage. Dieser ihrer so vuiverkennbaren vermittelnden Stellung haben wir es wohl auch zu verdanken, dass gerade für sie durch eine Reihe morphologischer und embryologischer Untersuchungen die speciell uns hier interessirenden Fragen diejenige Aufklärung erfahren haben, welche wir für die genuinen Arthropoden als noch zum guten Theile ausstehend zu beklagen hatten. Die von Grube für Hoden gehaltenen Spinndrüsen des Peripatus wurden zuerst als solche erkannt durch Moseley'). Seine Beschreibung dieser Organe (von P. capensis) erinnert so sehr an einzelne der im Laufe meiner Darstellung von adäquaten Gebilden aus anderen Gruppen mitgetheilte Schilderungen, dass ich — trotz ihrer Ausdehnung — nicht umhin kann, dieselbe wörtlich wiederzugeben, indem dadurch allein schon das allen »klebrige Fadensecrete« sccernirenden Drüsen Gemeinsame auch für Peripatus scharf charakterisirt wird. Moseley sagt: »When suddenly handled or irritated, they shoot out fine threads of a remarkably viscid and tena- cioiis milky fluid. The threads of fluid are emitted with such remarkable suddenness that it is almost im- pössible to obseive their passage from the animars head; but on close Observation with a lens, especially in the case of large specimens, they may be seen to be projected from the tips of the oral papillae. The threads cross one another in various directions, and form a sort of meshwork, often of considerable com- 1) TiCHOMiROF. A. Ueber die Entwickelungsgescbichte des Seidenwurms. Z. Anzeiger. Jahrg. 1S7Ü. p. üG. Die Entwickelungsgeschichte des Seidenspinners. Arb. Labor. Zool. Mus. Moskau. 1. Bd. (Russisch. Ich entnahm meine Angabe dem Zool. Jahresb. der Zool. Station für 1882. 2. Abth. p. 143.) 2; Patten, W. The Development of Phryganids etc. Q. Journ. Micr. Sc. (2) Vol. 24. 1885. p. 583. 3) Grassi, B. Studi sugli Artropodi. Intorno allo Sviluppo delle Api nell'Uovo. Dagli Atti dell'Accad. Gioenia Sc. Nat. Catania (3) Vol. 18. 1884. p. 33. 4) Moseley, H. N. On the Structure and Development of Peripatus capensis. Phil. Trans. Vol. 164. 1874. p. 759. *) Von Seiten der englischen Forscher werden diese Drüsen «slime-glands«, von Seiten der deutschen »Schleimdrüsen« genannt. Ich bezeichne sie mit dem Namen »Spinndrüsen« und hoffe, dass wenigstens alle diejenigen, welche mit mir von deren Homologie mit den gleichnamigan Organen der Insectenlarven sich überzeugt haben, diesen Terminus adoptiren werden. 376 B- Vergleichend-Anatomischer (Morphologischer) Theil. plexity, which suddenly appears, as if by magic, suspended from objects lying in front of the animal, and having the appearance piesented by a bit of spider's web with the dew lipon it. When examined under the microscope the threads are seen to be fine and hyaline, with variously sized highly refractile spindle- shaped globiiles situate at intervals upon them. They are thus very liko the viscid threads of the spider's web. The fluid of the globules is seen under a high power to contain a few fine granules. As it dries under the microscope, it forms into a tenacious mass, showing extremely fine lines pervading the threads in the direction of their length, and giving them a fibrillated appearance. The fluid is not perceptibly irritant when applied to the tongue, but has a slightly bitter and at the same time somewhat astringent taste. Small speeimens of Peripatus soon exhaust their immediate supply of the fluid, and cannot be induced to make more than two or three discharges at one time even when squeezed hard; but large speeimens can make at least a dozen discharges one after another. The animals evidently use the fluid as a means of defence; for when they are pricked with a needle or forceps about the side or middle of the body, they turn their head round and aim their discharge at the place at which the injury is being received. The tenacity of the threads formed by the fluid is so great and their viseidity so remarkable, that the meshwork of them thrown out over an insect or other such enemy would entangle it, and render it powerless for some time, even if it were of considerable size. The fluid adheres most tenaciously to the fingers, just like bird- lime; and when a large Peripatus, when first found and handled, shots out its fluid over its own back and the fingers of the finder, it requires a very hard shake to free it from the hand. Whilst I am writing several flies have walked into some of the fluid which I caused a large Peripatus to discharge upon a glass slide in order that I might test the action of the fluid on my tongue. The flies are helplessly stick fast; and I believe that the fluid is quite sticky enough to hold small birds, though it dries too rapidly to be used for that purpose.« Eine noch viel mächtigere Ausbildung scheinen die Drüsen bei P. torquatus zu erreichen. Nach Kennel') gehört deren Secret zu dem klebrigsten, was er kennt; es werde mit unglaublicher Gewalt bis in eine Entfernung von mehreren Fuss entladen; die Wirkung sei geradezu verblüffend. Alles in der Nähe werde von dem erstarrenden Secrete mit dichten Netzen übersponnen; nur an der Haut des Peripatus selbst hafte es nicht. Kennel glaubt, dass das Secret zunächst zum Fangen, respective Festhalten der Beute diene, indem gefangene Exemplare zufällig entleerte Tropfen desselben auffrassen; er stellt sich vor, »dass der Peripatus, der bei seinen langsamen Bewegungen mit seinen Fresswerkzeugen ein Thier weder fangen noch gut festhalten könnte, sobald er mit seinen Tentakeln eine Beute berührt, sie mit seinem Leim bespritzt, und dann in Gemächlichkeit diese und jenen zusammen aufzehrt.« Kein Zweifel, die Spinndrüsen des Peripatus dienen sowohl als Waffen, wie auch zum Fangen der Beute; im ersteren Falle verblüffen sie den Angreifer, im letzteren halten sie die Beute durch Fangnetze fest; und auch das liegt sehr nahe, dass ein solches Secret eventuell zur Anfertigung von Wohngespinnsten verwandt werden könnte. Somit bieten diese Drüsen in physiologischem Sinne ein Verhalten dar, welches einerseits an die parapodialen Spinn- drüsen der Anneliden (^besonders PoJyodontes\) und andererseits an diejenigen der Insecten- larven erinnert. Weiterhin werden wir aber sehen, wie gerade hier bei dieser Form sich auch zu Gunsten der morphologischen Einheit der beiderseitigen Bildungen entscheidende Indicien erkennen lassen. Nachdem Moseley entwickelungsgeschichtüch festgestellt hatte, dass die Mundpapillen, durch welche die Pe>-(/;rt^»s-Spinndrüsen ausmünden, Modificationen des zweiten Extremitäten- 1) Kennel, J. Biologische und faunistische Notizen aus Trinidad. Arb. Z. Inst. Wttrzburg. (i. Bd. 1SS3. p. 284. I. Haut. 2. Vergleich mit anderen Thierclassen. d. Arthropoda. 377 Paares darstellen, zog er den gewiss sehr berechtigten Schluss'/ »The glands [nämlich die Perijjaius-Slime-glands] are probably honiologous with the silk glands of cater- pillars and the poison glands of Scolopenära.v Auch Balfour-) hat diesen Vergleich gebührend erwogen. Ausserordentlich wichtig im Hinblicke auf diesen Vergleich war aber Balfoir's ' i Richtig- stellung eines anderen Drüsenpaares des Peripatus: nämlich der Speicheldrüsen. Diese letzteren, schon von üuube und Moseley gesehenen, aber missverstandenen Drüsen stellen ein Paar verschieden langer, unverzweigter Schläuche dar, welche (ähnlich wie auch bei vielen Insectenlarven) durch einen gemeinsamen Stamm auf der Höhe des ersten Bein- paares in die Mundhöhle einmünden. Wie nun Moseley die Pcr?);«^«*"- Schleimdrüsen den Spinndi-üsen, so verglich Balfour die Pe^•^■/J«^^<*-Speicheldrüsen den gleichnamigen Organen der Tracheaten, speciell denjenigen des /?7. (1SS5.) *) Vergl. p. 391. Zool. Station z. Keapel, Fauna und Flora. Golf von Neapel. Caritelliden. 4y 378 ^- Vergleichend-Anatomischer (Morphologischer) Theil. Schenkeldrüsen des letzten Beinpaares. Es bieten also diese Drüsen ungewöhnlich weitgehende Schwankungen im Auftreten sowohl bei verschiedenen Arten, als auch innerhalb ein- und derselben Art dar, eine Thatsache, auf die ich noch zurückzukommen haben werde. Die im Vorhergehenden mitgetheilten, sich hauptsächlich auf anatomische Unter- suchungen stützenden Ergebnisse sind nun durch die neuesten embryologischen Forschungen, insbesondere durch die alle Organsysteme so eingehend berücksichtigenden Kenxels in har- monischer Weise bestätigt und zugleich in ungeahnter Weise erweitert worden. Zunächst interessirt uns, dass sich nach Kennet. ') das erste Extremitätenpaar zu den Kiefern und das zweite (wie auch Moseley festgestellt hatte) zu den Papillen der Spinn- drüsen umwandelt. Ferner entwickeln sich letztere Drüsen unserem Autor'^) zufolge in Form von Ectodermeinstüli)ungen, welche anfangs kurze, keulenförmige Säckchen dar- stellen und erst allmählich durch eine ganze Reihe von Segmenten hindurchwachsen, um zuletzt an ihrem Hinterende zahlreiche secundäre Sprosse zu treiben. Auch Sedgwick') giebt an, dass sich die Spinndrüsen aus dem Ectoderm entwickeln; sie erscheinen diesem Autor zufolge zunächst als Einstülpungen der Mundpapillengipfel. Erwachsene Peripatus pflegen in allen mit Fussstummeln ausgerüsteten Segmenten je ein Paar mehr oder weniger entwickelter, ganz nach dem Typus der gleichnamigen Anneliden- organe aufgebauter Nephridien zu besitzen. Kennel^) zeigt nun, dass diese Organe aus zwei getrennten Anlagen entstehen; nämlich aus einer mesodermalen, welche lediglich den Trichter, und aus einer ectodermalen, welche das Material für den gesammten übrigen Theil liefert. Er zeigt ferner, dass diese Organe vielfache Functionswechsel eingegangen sind; so stellen die ausführenden Abschnitte der Genitalorgane umgewandelte Nephridien dar. Uns interessiren aber hier mehr die Functions- wechsel der vordersten Paare. Kennei, hat nämlich gefunden, dass im Embryo das erste und zweite Rumpfsegment, also diejenigen, deren Extremitäten sich in Kiefer (Kieferseg- ment;, respective Oralpapillen der Spinndrüsen (Oralpapillen- Segment) umwandeln, eben- solche Nephridiumanlagen besitzen wie die nachfolgenden. Die Beziehungen des Kiefer- nephridiums bedürfen noch weiterer Aufhellung; sie haben indessen mit unserem Thema speciell weniger zu thun. Um so vollständiger hat die Entwickelungsgescliichte der Nephridien des zweiten Rumpfsegmentes, der uns hier vorzugsweise interessiren- den, verfolgt werden können; aus ihnen gehen nämlich die Speicheldrüsen'^) hervor. Dieses einen so überraschenden Functionswechsel repräsentirende Nephridienpaar wird ganz so in Form paariger ectodermaler Hauteinstülpungen einer- und mesodermaler Trichter 1) Kenxel, J. Entwickelungsgeschichte von Peripatus etc. I. Theil. Arb. Z. Inst. Würzburg. 7. Bd. [884. p. L67. 2) Kesnel, .1. Entwickelungsgeschichte von Peripatus etc. IL Theil. ibid. 8. Bd. 1SS6. p. 33. 3) Sedgwick, A. The Development of Peripatus Capensis. From the Proc. R. Soc. London. Vol. 38. 188.T. p. 8. 4) 1. p. 378. 11. Theil. c. p. 38. 5) 1. p. 378. II. Theil. c. p. 41. I. Haut. 2. Vergleich mii anderen Thierclassen. d. Arthropoda. 379 andererseits angelegt wie die übrigen. Nur werden, noch bevor die beiden Anlagen sich in offene Verbindung gesetzt haben, durch Umwallung der Kiefer die betreffenden Ectoderm- einstülpungen in die definitive Mundhöhle derart hineingezogen, dass sie schliesslich mit einem gemeinsamen Kanäle sich in diese Höhle öffnen. Sodann kommt es zur Verschmelzung der beiden das Nephridium constituirenden Theile, so dass also die späteren (bereits in die Mundhöhle sich öifnenden) Speicheldrüsen durch Trichter mit der Leibeshöhle in Verbindung stehen. Ja diese letztere Verbindung soll nach Kennel sogar noch im Beginne des freien Lebens existiren und die künftige Speicheldrüse daher auch noch wie die übrigen Nephridien vorerst an der excretorischen Thätigkeit sich betheiligen. Weiterhin allerdings verliert der Trichter in dem Maasse, als die Drüse sich nach hinten ausdehnt, seine C'ommunicationen, bleibt aber auch an erwachsenen Thieren als Blindsack an seiner ursprünglichen Stelle er- halten. Den Theil der Speicheldrüsen, der im fertigen Zustande im Lateralsinus fast die ganze Länge des Thieres durchzieht, hält Kennel für nahezu ausschliessliche Epidermisbildung, nämlich für die über den Vereinigungspunkt mit dem Segmentalrichter hinaus nach hinten gewachsenen Ectodermeinstülpungen der ursprünglichen Nephridiumanlagen''). Dass sic^h das Nephridienpaar des Mundpapillen-Segmentes in die Speicheldrüsen um- wandelt, wird auch von SEDCiWicK*) constatirt. Am Schlüsse seiner Abhandlung bringt endlich Kennet,'-) noch einen Satz, in dem er, gewissermaassen nur nebenbei, eine 'i'hatsache constatirt und die Möglichkeit eines Vergleiches ins Auge fasst, welche beide zusammengenommen von ausserordentlicher Tragweite sind. Dieser Satz lautet: »Die sogenannten Schenkeldrüsen, welche bei P. Edwardsii nur beim Männ- chen an einer Anzahl der vor dem Genitalsegment liegenden Beinpaare, in ver- schiedener Zahl vorkommen, sind Epidermiseinstülpungen und dürften am ehesten der grossen Schleimdrüse [Spinndrüse!! des IL Ilumpfsegmentes verglichen werden, wenn ihre Ausführungsgänge auch an anderer Stelle münden.« 11 1. p. 378. c. p. 7. •2) 1. p. 378. IL Theil. c. p. 74. *) Ich halte es für -wichtig genug, darauf hinzuweisen, dass dieser Functionswechsel der Nephridien. respec- tive ihre Umwandlung in Speicheldrüsen, schon im Kreise der Anneliden zum Alisdrucke kommt. yE.TD0VSKY war es (1. p. 320. c. p. 28 und 1. p. 236. c. p. lOG), der die Homologie der betreffenden Organe insbesondere in der Gruppe der Enchytraeiden festgestellt hat. Auch hier pflegen sich diese in den Schlund mündenden Drüsen durch mehrere Körpersegmente zu erstrecken und dabei zu verästeln. Wenn auch der für Peripaltis so entschei- dende embryologische Nachweis für die Anneliden noch nicht geliefert werden konnte, so stehe ich doch nicht an zu erklären, dass die von Ve.idovsk\ geltend gemachten anatomischen und morphologischen Thatsachen keine andere Interpretlrung zulassen als die, dass wir in den fraglichen Drüsen umgewandelte Nephridien vor uns haben. Ohne die Verdienste Kennel' s um die Klarstellung dieser Verhältnisse schmälern zu wollen, möchte ich auch hervorheben, dass Vejdovsky, lediglich auf Moseley's Beschreibung gestützt, schon die Ansicht vertrat, dass die Speicheldrüsen des Peripatus mit denjenigen der Enchytraeiden übereinstimmten und ebenso wie letztere aus Nephridien hervorgegangen seien. Im Hinblicke darauf, dass die ursprünglich getrennten Ausführungsgänge des sich in die Speicheldrüsen 4S- 380 B. - Vergleichend- Anatomischer 'MbrpKülogischer) Theil. Bevor ich noch diesen Passus in Kex^ei/s Schrift zu Gesicht bekommen hatte und ich erwähne dies nicht etwa deshalb, um des genannten Autors unantastbare Priorität zu schmälern, sondern lediglich, um das Plausible des fraglichen Vergleiches hervorzuheben), war ich ange- sichts der von ihm gelieferten Darstellung der Spinndrüsen-Entwickelung einer- und des Ver- haltens der Schenkeldrüsen andererseits zu demselben Schlüsse gekommen. Die Schenkel- driisen haben unzweifelhafte Beziehungen zu den Fussstummeln, ebensolche documentiren die Spinndrüsen; denn ursprünglich stellen sie ectodermale Einstülpungen der Extremität des IL Rumpfsegmentes dar, und diese Extremität selbst wird (als Mundpapille) der Ausführungs- gang der erst nachträglich so ungeheuer vergrösserten und sich fast durch den ganzen Leib hinziehenden Drüse. Dazu kommt nun noch, dass die Schenkeldrüsen sich ebenso wie die Spinndrüse als Ectodermeinstülpungen entwickeln. Ich gehe aber weiter, indem ich die Schenkeldrüsen des Peripatus den i)arapo- dialen Spiundrüsen der Anneliden vergleiche; Drüsen, welche, wie wir gesehen haben, in einzelnen Gattungen dieser Thierclasse eine ungeheure Entwickelung erreichen [Pofj/odoiites), bei anderen nur in einzelnen Segmenten auftreten {Spio, Oireiiia) und bei anderen ganz fehlen; Drasen, Avelche eine überaus nahe Beziehung zu den Borstendrüsen der Parapodien aufweisen, ja, wahrscheinlicli letzteren als Ausgangspunkt ihrer phylogenetischen Entwickelung ge- dient haben. Dass Pei-ipatus ursprünglich an allen Beinpaaren Schenkeldrüsen besass, geht aus dem Verhalten des P. capensis hervor, welche Art sie noch heute so erhalten zeigt; durch das ungeheure Vorwiegen des einen (dem zweiten Rumpfsegmente angehörigen) Paares, durch seine Steigerung zur Spinndrüse »par excellence« wurden aber die nachfolgenden immer weniger in Gebrauch gezogen, und in Folge dessen im Verhältnisse zu ihrer ursprünglichen Be- deutung rudimentär, oder zu Gunsten anderer Functionen in Anspruch genommen. Charak- teristisch ist in dieser Hinsicht das schon erwähnte Verhalten des P. Edwardsü und P. tonputtti.s, bei welchen Arten die Schenkeldrüsen, ganz im Einklänge mit der auch sonst an rudimen- tären Organen gemachten Erfahrung, sogar in den einzelnen Individuen derselben Species Schwankungen in Zahl und Modus des Auftretens darbieten. In Bezug auf das Ueberwiegen der einen Spinndrüse im Bereiche des vorderen Körperendes möchte ich auch noch an die übereinstimmenden Verhältnisse des Poli/odontes erinnern, bei welcher Annelide sich die vor- dersten parapodialen Spinndrüsen, gegenüber den nachfolgenden, in ausserordentlicher Weise vergrössert zöigten. Ich suchte als Motiv dieser einseitigen Ausbildung (abgesehen von dem umwandelnden Nephridienpaares von Penpalua später mit einem gemeinsamen Gange ausmünden, erinnere ich ferner an folgendes Vorkommen bei Anneliden. In der Familie der Serpuliden (vergl. Clapakede, 1. p". 335. c. p. 135 und 1. p. 308 'Rech. Annel. Sed.) c. p. 132) mündet das erste Nephridienpaar bei den zur Tribus der »Sabellidae« Kehörigen Formen normal jederseits an der Fussstummelbasis nach aussen, bei den zu den Triben »Eriographidae« und "Serpulidae s. str.« gehörigen Formen dagegen verschmelzen die Ausführungsgiinge dieses ersten Paares zu einem ge- meinsamen, hämal an der Basis der Kiemen nach aussen mündenden Gange. Auch hier scheint mit dieser Modification der Xephridien eine solche ihrer Drüsenthätigkeit einherzugehen. Ci.APARiiDE bezeichnet wenigstens dieses erste Paar bei genannten Formen als j'glandes tubipares.« I. Haut. 2. Vergleich mit anderen Thierclassen. d. Arthropoda. 38 1 gelegentlichen Bewohnen einer Röhre) die Thatsache geltend zu machen, dass auf solche Weise das Thier die den Feind oder die Beute erspähenden, fangenden oder abwehrenden und ergreifenden Organe möglich gleichzeitig in Function treten lassen könne, und ich sehe nicht ein, warum sich dasselbe Motiv nicht auch auf die conforme einseitige Ausbildung der reripatu.s- und Tracheaten-Spinndrüsen anwenden lassen sollte. Dem Vorhergehenden zufolge hätten wir als Ausgangspunkt der Speichel- drüsen und Spinndrüsen der Protracheaten und Insectenlarven zwei Kategorien segmentaler oder metamerer Annelidenorgane zu betrachten; nämlich die Ne- phridien ein vorderstes Nephridienpaar vergrössert sich unter Functions- wechsel zu den Speicheldrüsen) und die parapodialen Spinndrüsen (ein vor- derstes Paar vergrössert sich unter Fuuctionssteigerung zu den Spinndrüsen oder Sericterien). Es ist hier der Ort, sich zu erinnern, dass auch früher schon einzelne Forscher, zwar von embryologischen Thatsachen ausgehend, aber doch vorwiegend auf theoretischem Boden dazu kamen, metamere Annelidenorgane mit den Speicheldrüsen und Sericterien von Arthro- poden in Zusammenhang zu bringen, so Bütschli ') und P. Mayer'). Diese Versuche konnten natürlich zu keiner vollständigen Lösung führen, indem ihnen eben der erst durcli Kexnel au Peripattis erwiesene dualistische Ursprung der beiden Drüsengattungen unbekannt war; aber ich lege trotzdem auch heute noch jenen Hinweisen einen um so höheren Werth .bei, als Kennel^) aus mir unbegreiflichen Gründen den durch seine eigenen thatsächlichen Resultate geradezu aufgedrängten, von Mosei.ey und Balfour überdies schon gezogenen Schluss, dass die Sericterien und Speicheldrüsen des Peripatus den gleichnamigen Organen der Arthropoden homolog seien, mit der Bemerkung von der Hand weist: »Es scheint mir mindestens kühn, die grossen Schleimdrüsen des Penpatus zu homologisiren mit den Spinn- drüsen der Raupen oder mit den Giftdrüsen der Scolopendriden, bevor wir mit voller Sicher- heit wissen, aus welchen Embryonalanlagen diese entstehQU, und bevor der Nachweis geliefert ist, dass diese Anlagen, mögen sie später werden, was sie wollen, identisch sind.« Ich möchte dem gegenüber zunächst bemerken, dass die Frage, ob man zwei Dinge miteinander vergleichen könne, oder nicht, weniger eine Frage grösserer oder geringerer Kühnheit, als vielmehr des Grades der Einsicht und der darauf begründeten Udierzeugung darstellt. Und: ist es weniger kühn, wenn Kennel die Schenkeldrüsen des Peripatus mit den Spinndrüsen des letzteren vergleicht? oder wenn er die Augen des Peripatus mit Nephridien in Zusammenhang bringt? oder wenn er so ganz im Allgemeinen Peripatus als einen »Ueber- gang« von Anneliden zu Tracheaten hinstellt? Aber abgesehen von alle dem: der wichtigste der Nachweise, von denen Kennel die Zulässigkeit des fraglichen Vergleiches abhängig macht, ist thatsäcliHch geliefert; denn wir wissen, dass die Sericterien und Speicheldrüsen der In- 1) BtJTSCHLi, 0. Zur Entwickelungsgeschichte der Biene. Zeit. Wiss. Z. 20. Bd. 1S70. p. .550. 2) Mayer, P. Ueber Ontogenie und Phylogenie der Insecten. Jena. Zeit. Naturw. 10. Bd. 1S76. p. 209. :f) 1. p. H7S. II. Theil c. p. 75. 3S2 ^- Vergleichend- Anatomischer (Morphologischer) Thoil. sectenlarven in der Form ectodermaler Einstülpungen angelegt werden '',. "Will Kennet, etwa erst dann sein Placet geben, nachdem die sämmtlichen Beziehungen der Kopf-Mundtheile Aon Anneliden, Protracheaten und Arthropoden bis in's Einzelne hinein morphologisch und embryo- logisch festgestellt sind? Er müsste Avohl noch lange warten und, Avie ich glaube, so würde ihm auch das nicht einmal helfen, indem für den Fall, dass sein auch von mir adoptirter "S^ergleich zwischen Serictericn und Schenkeldrüsen richtig ist, aller Wahrscheinlichkeit nach es nicht stets und allein das so und so vielte Schenkeldrüsenpaar zu sein brauchte, welches sich einseitig zu Sericterien ausbildete. Ja, wir werden weiterhin sehen, dass meiner Auf- fassung nach bei einzelnen Arthropoden-Classen (nämlich bei den Myriopoden und Arachnoideen) in der That ebenso hintere Schenkeldrüsen (oder wie die von mir für homolog gehaltenen, metameren Drüsen dort heissen: Coxaldrüsen) einseitig zu Spinnorganen ausgebildet wurden, wie bei Peripatus (und den Insectenlarven) vordere. Mit welcher Vorsicht aber in dieser Frage gerade die Ergebnisse einzelner anato- mischer Untersuchungen zu verwerthen sind, geht aus einer Abhandlung von Schiemenz ') über die Speicheldrüsen der Biene hervor. Diesem Autor zufolge bildet sich von den fünf unter- schiedenen Systemen dieser Drüsen »System drei innerhalb der Propria des ersten Theiles der larvalen Spinndrüsen. System zwei und fünf bilden sich vom System drei oder vielmehr von dessen Ausfuhrkanale her. System eins und vier sind vollständige Neubildungen und ent- stehen durch Einstülpung der Epidermis.« Femer constatirt er: »Die Speicheldrüsen zeigen sowohl bezüglich der Arten als auch der Geschlechter grosse Abweichungen, und es steht sicher zu vermuthen, dass ihre Function eine höchst mannigfache ist.« Nachdem ich im Vorhergehenden zunächst dasjenige, was über die Spinn-, Speichel- und Schenkeldrüsen des Peripatus einer- und die Spinn- und Speicheldrüsen der Insecten- larven andererseits, sei es auf vergleichend -anatomischem, oder auf embryologischem Wege festgestellt werden konnte, zusammengefasst habe, will ich nun auch auf die übrigen Arthro- podengruppen kurz eingehen. Obwohl es sich bei einzelnen letzterer um solche Thierfamilien handelt, welche dem Peripatus (und den Anneliden) zweifellos viel näher stehen als die in erster lÄnie in's Auge gefassten Insecten, so kann ich doch in Anbetracht des wenig befrie- digenden Grades unserer Einsicht in die hierbei in Betracht kommenden morphologischen und embryologischen Verhältnisse nicht umhin zu erklären, dass dem Nachfolgenden (nothgedrungen) des Hypothetischen mehr, als mir lieb ist, anhaften wird. Aber für den Fall, dass sich auch Vieles mit der Zeit als verfehlt herausstellen sollte, so glaube ich doch unter allen Umständen dazu Einiges beizutragen, dass eine heute zusammenhangslos nebeneinander aufgeführte Organ- gruppe unter einen gemeinsamen Gesichtsi^unkt inid damit eben zugleich auch dem Verständ- nisse (so oder anders) näher gerückt wird. Betrachten wir vor Allem die hierhergehörigen Drüsengebilde der Myriopoden. «; Vergl. p. 374. 1) Schiemenz, P. Ueber das Herkommen des Futtersat'tes und die Speicheldrüsen der Biene etc. Zeit. Wlss. Z. 3S. Bd. 1SS3. p. 125. I. Haut. 2. Vergleich mit anderen Thierclassen. d. Arthropoda. 383 Diesen Drüsen muss im Hinblicke auf unsere Probleme schon aus dem Grunde eine ganz besondere Bedeutung beigemessen werden, weil sie in viel höherem Grade, als diejenigen irgend einer anderen Arthropodenabtheilung, noch den metameren Charakter bewahrt haben; sodann aber auch im Hinblicke darauf, dass der gesammte Organismus der Tausendfüssler sich durch die auffallende Homonomie der Segmente enger als derjenige seiner Stammesgenossen den wahrscheinlich gemeinsamen Ascendenten (Anneliden — reripatus) anreiht. Die betreffenden Drüsen gelten seit langer Zeit, wie es scheint, widerspruchslos als Hautdrüsen. So führte 1>eydiü') schon in seinem Lehrbuche der Histologie die durch die foramina repugnatoria mündenden Wehrdrüsen des luhis unter den Hautdrüsen auf. Sograf'^) ferner hat entwickelungsgeschichtlich festgestellt, dass die C'oxal-, Pleural- und Analdrüsen des Lithohius in Form ectodermaler Einstülpungen angelegt werden. TömösvÄry^) endlich kam durch das Studium der Pleural- und Afterdrüsen (Spinndrüsen) des Geophilus zu einer ähnlichen, in nachfolgendem Satze ausgedrückten Ueberzeugung: »Aus diesem Baue und aus der histologischen Beschaffenheit der einzelneu Theile lässt sich ganz sicher der Schluss ziehen, dass die Spinndrüsen zusammengesetzte Hautdrüsen sind, welche aus dem Kctoderm durch Einstülpung entstanden sind.« Der Drüsen am Myriopodenleibe sind vielerlei. Uns interessiren natürlich in erster linie diejenigen, an welchen sich, sei es durch ihre Lagerungsverhältnisse, sei es durch die Natur ihres Secretes, Beziehungen zu den Spinndrüsen der Anneliden, sowie zu den Spiun- und Schenkeldrüsen von Peripatus erkennen lassen. Verfolgen wir zunächst die durch die Secretnatur sich verrathenden Anklänge; denn, wie schon aus dem vorhergehenden Citate ersichtlich: auch bei den Myriopoden spricht man von Spinndrüsen. Die ersten Angaben über das Spinnen von Myriopoden rühren, so weit ich sehe, von Fai3re') her. Er berichtet, wie die von ihm gefangen gehaltenen cf von Geophilus convolvens .kleine Netze aus Spinnfäden verfertigten, um in deren Mitte ihre Sjiermatophoren zu be- festigen. Er sagt jedoch Nichts über die Herkunft der Fäden, respective über das Organ, welches den Spinnstoff liefert. Durch SoGRAF') erfuhren wir sodann, dass das Secret zur Anfertigung des Gewebes, 1) 1. p. 374. c. p. 116. 2) SoGRAF, N. Materialien zur Kenntniss der Embryonalentwickelung von G(ophilus etc. Xachr. Ges. Freunde Naturk. Anthr. u. Ethn. Moskau, 43. Bd. 1S83. p. 44. Russisch. ilch verdanke die betr. Mittheilung einem des Russischen mächtigen Collegen.'l 3) TöMösvARY, E. Ueber den Bau der Spinndrüsen der Geophiliden. Math. Nat. Ber. Ungarn. 2. l?d. 1SS4. p. 445. 4) Fabre, M. Recherches sur l'Anatomie des Organes Reproducteurs etc. des Myriapodes. Ann. Sc. N. (4) Tome 3. 1855. p. 304. ö) SoGRAF, X. Anatomie von Lithohius forficatus. in; Arb. Zool. Museum Moskauer Universität. 1. Bd. ISSO. Heft 2. Russisch. (Obige Notiz habe ich dem Zool. Jahresberichte der Zool. Station pro 1880. Abtheil. 2. p. 97 entnommen.) 3S4 ^^- Vergleichend-Anatomischer (Morphologischer) Theil. mit welchem Lif/iubiii.s seine "\^'ohn^)lätze polstert und auch (bei einigen Arten die Eier ein- hüllt, wohl aus den Coxaldrüsen stamme. Derselbe Autor') berichtete kurz darauf, wie Grophilus Q ihre Eier durch ein Gespinnst dünner Fäden (der Absonderung aus den Anal- und den hintersten C^oxaldrüsen! zu einem Häufchen verbinden und bis zum Ausschlüpfen der Jungen hüten. Ich stiess ferner bei Latzel-) auf folgende hierhergehörige Bemerkung: «Manche Lithobien, so besonders L. grossipes C. Kocii, spinnen, wenn man sie fänot, einen oder mehrere Fäden, die sich um die Analbeine wickeln, und welche aus den liüftporen hervorzukommen scheinen.« Auch durch Fanzago'^) wurde constatirt, dass Geophilus, und zwar aus den unpaaren ventralen Foren, ein klebriges, an der Luft erstarrendes Secret abscheide, aus dem sich Fäden ziehen Hessen. Die chemische Untersuchung ergab, dass die betreffende Substanz in einigen ihrer ßeactionen mit der Seide übereinstimme. Fanzago glaubt, dass dieses fadige Secret zur Anfertigung der den Thieren zum Aufenthalte dienenden, unterirdischen Wohnröhren benutzt werde. Er konnte zwar speciell bei Geophilus kein distinctes Fadengeflecht durch Entfernung der Erdpartikel isoliren, bezieht sich aber darauf, dass er und C'avanxa einen von einem Chilognathen {Lysiopetahim carinatum) gesponnenen Seidecocon bozzolo sericeo) gefunden habeii. Bald darauf beschrieb auch Faxzago^) ein von einem Geophilus flavus verfertigtes Nest, ohne jedoch Genaueres über den organischen Bestandtheil desselben anzugeben. Wie schon aus der eben mitgetheilten Notiz Fanzago's, dass er einen von Lysiopetaliim gewonnenen Cocon aufgefunden habe, hervorgeht, fehlen die fadigen Gespinnste auch in der Abtheilung der Chilognathen nicht. Aehnliche Gespinnste hat auch Latzet/') und früher schon Waga") bei den den Lysiopetaliden nahe verwandten Craspedosomen oder Chordeumiden beobachtet. »Hier, wie in den von Fanzago beobachteten Fällen«, sagt Latzel, »waren es Larven, die sie fuämlich die Cocons] behufs Häutung und Ueberwinterung hergestellt hatten.« Ausser diesen Fällen '') ist, so weit mir bekannt, nur noch eine die Chilognathen be- treffende Beobachtung gemacht w'orden, welche das hier behandelte Thema streift, und zwar durch DEwnz. Letzterer"; beobachtete nämlich, als er Exemplare von Glomeris in seine Hand nahm, 1) 1. p. 3S3. (Embryonaleutwickelung von Geojj/ülus) c. (Meine obige Notiz habe ich dem Zool. Jahresbe- richte der Zool. Station pro 1SS3. Abtheil. 2. p. 90 entnommen.) 2) Latzel, R. Die Myriopoden der Oesterreichisch-Üngarischen Monarchie. Erste Hälfte. Wien ISSO. p. 34. 3) Fanzago, F. Sulla Secrezione ventrale del Geophilus Gabrielis. Atti Ist. Veneto Sc. (5) Tomo 7. ISSl. 4) Fanzago, F. Sul Nido del (üophilus Flavus. Estr. Atti Ist. Veneto. Sc. (6) Tomo 2. 1884. 5) Latzel, R. Die Myriopoden der Oesterreichisch-Üngarischen Monarchie. Zweite Hälfte. Wien 1884. p. 51 und 173. •6) Waga. Revue Cuvierienne de Guerin. II. 1839. p. 78. (fide Latzki,. 7) Dewitz. H. Ueber das durch die Foramina repugnatoria entleerte Secret bei Glomeris. Biol. Centralbl. 4. Bd. 1885. p. 202. *i Die Q von Poli/desmus bewachen ihre Eier in glockenförmigen Nestern ; letztere werden aber nach einer; Beobachtung Schlechtendal's (Zeitschr. Naturw. Vereines f. Sachsen u. Thür. SC. Bd. 1883. p. 223. fide Latzel) mittels des ausgestülpten Afters aus flüssigen Massen des eigenen Kothes hergestellt, nachdem dieselben feuchte Erde als Baustoff durch den Mund in sich aufgenommen haben. I. Haut. 3. Vergleich mit anderen Thierelassen. d. Avtliropoda. 385 dass aus den impaaren, dorsalen foraminibus rei»ugnatoriis (Saftlöchern) klare, stark klebende Tropfen zum Vorscliein kamen. Drehte er das zusammengekugelte Thier in seiner Hand, so dass diese von einem Tropfen benetzt wurde, und Hess er es einige Zeit in dieser Lage, so war dasselbe so festgeklebt, dass es nicht herabfiel, wenn er die Hand umdrehte. Er vermuthet, dass das klebende Secrct dazu diene, die Fallgeschwindigkeit eines zusammengekugelten und ins Rollen gekommenen Glomeris abzuschwächen, oder durch Festhalten von Steinchen etc. Unebenheiten der Kugel hervorzurufen, welche die letztere zum Stehen bringen. An diesen im Vorhergehenden rcsumirten Beobachtungen über die Fadensecrete der Myriopoden vermissen wir vor Allem in der für uns wichtigsten Frage, nämlich bezüglich der Herleitung des Secretes, die wünschenswerthe Einheit. Bei den Chilopoden zunächst sollen es bald die Coxal- und Afterdrüsen, bald die pori ventrales sein, durch welche der Spinn- faden nach aussen tritt; bei den Chilognathen sodann fehlen da, wo Gespinnste bekannt ge- worden sind, alle Angaben über die Herkunft des bezüglichen Secretes und, wo die Quelle des letzteren festgestellt wurde, da scheint es sich zwar um einen Klebe-, aber nicht um einen Faden- oder Spinnstoff zu handeln. Dem Versuche, diesen Widerspruch aufzuklären, muss natürlich eine Orientirung über die in ihrer Zahl und Vielseitigkeit geradezu verwirrenden Drüsengebilde der Myriopoden vorausgehen, um so mehr, als kein existirendes T;ehrbuch in dieser Hinsicht auch nur entfernt ausreicht. In der Voraussetzung also, dass so wie seiner Zeit ich, auch viele meiner Leser Schwierigkeiten finden dürften, sich in dieser Hinsicht ohne Weiteres Aufklärung zu schaffen, gebe ich zunächst eine hauptsächlich auf das systematische Specialwerk von Latzel ') sich stiltzende, kurze Zusammenstellung aller äusserlich wahrnehmbaren Drüsen, respective Drüsen- poren von Tausendfüsslern. A. Chilopoda. Ausser den Speicheldrüsen sowie den Giftdrüsen des zweiten Kieferfusspaares können drüsige Organe auftreten, respective münden: a. in den Hüften der 4 — 5 letzten Beinpaare: Hüft- oder C'oxaldrüsen, Hüft- oder C'oxalporen. b. in den Pleuren des letzten fusstragenden Segmentes: Pleuraldrüscn, Pleuralporen. c. im Aftersegmente: Analdrüsen, Analporcn. d. in den Bauchschilden: Drüsen der sogenannten Bauchporen oder pori ventrales. Von diesen Drüsen sind (immer abgesehen von den Speichel- und Giftdrüsen) folgende je in den einzelnen Familien vertreten: I. Scutigeridae : Drüsen a — d fehlend*). 1) 1. p. 3S4. c. *) Die unpaaren dorsalen Stomata von Scutigera stellen die verschmolzenen, sonst paarig an den Pleuren auftretenden Stigmen dar, und haben daher Nichts mit den Poren der Hüft- oder Pleuraldrüscn der übrigen Chilo- poden zu thun. L.VTZEL tritt zwar noch nicht ganz entschieden zu Gunsten ihrer trachealen Natur ein, aber nach den neueren Arbeiten von Voges, Haase und TömosvIky können in dieser Hinsicht kaum mehr Zweifel walten. Auch Zool. Stltion z. Neapel, Fauna uiul Flora. Golf vou Keapel. t'apitelliileii. 4y 386 1^- Vergleichend- Anatomischer , Morphologischer) Theil. 2. Lithobiidae: ("oxaldrüsen an den 4 — 5 letzten Beinpaaren, sowie Pleuraldrüsen und Analdrüsen vorhanden. 3. Scolopendridae: Pleuraldrüsen sehr entwickelt. 4. Geophilidae: Pleuraldrüsen und Analdrüsen vorhanden. Ausserdem die Reihe un- paarer durch die pori ventrales mündender Drüsen. B. Chilognatha. Ausser den Speicheldrüsen können drüsige Organe auftreten, respective münden : a) in den Hüften der Beine: Poren oder ausstülpbare Säckchen = Coxaldrüsen. b) zu beiden Seiten der Rückenschilde, oder aber unpaar in deren Mittellinie vom 4., 5. oder 6. Segmente an: Stink- oder Wehrdrüsen, glandulae odoriferae oder repugnatoriae , Saftlöcher, Wehrporen, foramina odorifera oder repugnatoria. Von diesen Drüsen sind (abgesehen von den Speicheldrüsen) folgende je in den ein- zelnen Familien vertreten: 1. Glomeridae: Wehrdrüsen, deren Mündungen in die' Mittellinie des Rückens hinauf- gerückt sind, also scheinbar einreihig. 2. Polydesmidae: Wehrdrüsen jederseits auf den Kielen der Schilde mündend. 3. Chordeumidae oder Craspedosomidae: Die Hüften eines Theiles der Beine sind durchbohrt = Poren von Coxaldrüsen. 4. Ivysiopetalidae: Das Hüftglied des 3. — IG. Beinpaares besitzt ausstülpbare Wärzchen = Coxaldrüsen. Wehrdrüsen jederseits am Rücken mündend. 5. lulidae: Wehrdrüsen seitlich mündend. 6. Polyzonidae: Wehrdrüsen seitlich mündend. Versuchen wir nun vor Allem festzustellen, was sich von diesen verschiedenartigen Drüsengebilden je auf einen Typus zurückführen, respective mit einander vergleichen lässt. Was zunächst die Chilopoden betrifft, so scheint es mir unzweifelhaft, dass Coxal-, Pleural- und Analdrüsen zusammengehören, und zwar als Spinndrüsen*). Dafür spricht erstens ihre metamere Aufeinanderfolge. Zweitens die Ansicht, dass die Pleuren die Hüften des letzten Beinpaares repräsentiren. Drittens der ^Nachweis Tümösvary's'), dass die Pleural- und Analdrüsen der Geophiliden den Hüftdrüsen oder Coxaldrüsen der Lithobiiden im Baue sehr ähnlich seien. Viertens endlich die Thatsache, dass diese drei P. Mayer — dessen Literatur- und Sachkenntniss der Arthropoden ich ausser dieser, auch noch viele andere Auf- klärungen zu danken habe — hat sich, gefälliger mündlicher Mittheilung zufolge, aufs Bestimmteste von der respira- torischen Function fraglicher Stomata überzeugen können. 1) 1. p. 3S3. c. p. 445. *) Als Spinndrüsen hat auch Tö.mösvaky (1. p. .iS'i. c. p. 446) speciell die Pleural- und Analdrüsen von Geophilus bezeichnet. Indem er sich darauf bezieht, dass die Q Thiere dieser Gattung ihre Eier mit einer spinn- gewebeartigen Substanz zu einem Klumpen verbinden und die Q^ ihre Spermatophoren an ebensolche Fäden reihen, constatirt er: »Diese Fäden, welche die Eier und die Spermatophoren zusammenhalten, sind das Product der oben beschriebenen Drüsen, deren flüssiges Secret — ebenso wie das der Spinnen oder Seidenraupen — ■ an der Luft erhärtet.« I. Haut. 3. Vergleich mit anderen Thierclassen. d. Arthropoda. 387 DrüsengTuppen gleicherweise Spinnstoff produciren ; denn wie aus dem Vorhergehenden erhellt'), haben Soüraf und Latzel bei Lithohius die Hüftdrüsen, ferner Sograf bei GeopMlus die Coxal- und Analdrüsen als diejenigen erkannt, welche das fadige Secret liefern. Im Widerspruche hierzu steht allein die ebenfalls im Vorhergehenden enthaltene?) An- gabe FANZACio's, derzufolge dieses Secret bei Geophihis aus den durch die pori ventrales mün- denden Drüsen stammen solle. AVenn man aber bedenkt, dass durch Fanzago das betreffende Thier lediglich systematisch, durch Sograf dagegen anatomisch und embryologisch untersucht wurde, wenn man ferner in Erwägung zieht, dass nach Latzel's '] ausdrücklicher Angabe durch diese pori ventrales ein »flüssiges Secret« entleert wird, so erscheint die Annahme wohl nicht zu gewagt, dass sich Fakzago geirrt habe. Ob die Giftdrüse des zweiten Kieferfusspaares der C'hilopoden in den Kreis der Coxal- oder Spinndrüsen gehört, ist fraglich. Dafür spricht ihre Beziehimg zu einer Extremität; dafür spricht auch, dass nach Tömös- vÄiiY-) ihr Bau demjenigen der Pleural- und Anal-, also auch der Coxaldrüsen sehr ähnlich ist. Dagegen spricht die Beschaffenheit ihres Secretes. Die unpaaren, durch die »pori ventrales« mündenden Drüsen (der Geophi- liden) haben Nichts mit den Coxal- oder Spinndrüsen gemein, gehören vielmehr wahrscheinlich zur Kategorie der (insbesondere bei den Chilognathen entwickelten) glandulae repugnatoriae oder Wehrdrüsen. Zu Gunsten einer solchen Auffassung möchte ich betonen, dass die Coxal- oder Spinn- drüsen bei keinem Myriopoden jemals ihre bilaterale Anordnung im Bereiche der Extremitäten aufzugeben scheinen, wogegen es auch bei den, in der Regel seitlich am Rumpfe mündenden, Wehrdrüsen der Chilognathen vorkommt, dass ihre Mündungen nach der Medianlinie (dann allerdings der dorsalen) rücken, respective mit einander verschmelzen. Gehen wir nun zu den Chilognathen über. Die durchbohrten Hüften der Chordeumiden und die ausstülpbaren Wärz- chen der Lysiopetaliden entsprechen den Spinndrüsen (Coxaldrüsen) der Chi- lopoden. Gegenüber dem bei den Chilopoden nahezu in allen Familien (sei es in der Form von (Joxal-, Pleural- oder Analdrüsen) constatirten Vorkommen von Spinndrüsen ist in. der Gruppe der Chilognathen dieser Drüsentypus, wie es scheint, nur mangelhaft ausgebildet und — \ox Allem wenig bekannt. Dass die erwähnten Poren und Säckchen als Coxal- oder Spinndrüsen zu betrachten seien, dafür scheint mir erstens ihre Lagerung im Bereiche der Hüften, und zweitens der Umstand zu sprechen, dass die von Waga und Latzel f) sowie von Fanzago "') a) Vergl. p, 383 und 3S4. ß) Vergl. p. 384. y) Vergl. p. 384. 8) Vergl. p. 384. 1) 1. p. 384. 1. Hälfte, c. p. 159. 2) 1. p. 383. c. p. 44J. 3S8 1^- Vergleichend-Anatomischer (Morphologischer) Thoil. und C'avanna aufgefundenen Cocons gerade Gattungen aus diesen beiden mit Hüftporen und Hüftsäckchen avisgeriisteten Chilognathenfamilien angehören. Die durch die foramina repugnatoria mündenden Wehrdrüsen haben Nichts mit Spinndrüsen zu thun; ihnen entsprechen wahrscheinlich die durch die »pori ventrales« mündenden Drüsen der Geophiliden. Während bei den Chilopoden die Spinndrüsen in hervorragender Ausbildung erscheinen, und die Wehrdrüsen wahrscheinlich nur in den sogenannten »pori ventrales« der Geophiliden ihre Vertretung finden, rücken, wie wir eben gesehen haben, umgekehrt bei den Chilognathen die Spinndrüsen in den Hintergrund und erreichen die Wehrdrüsen eine ausserordentliche Entwickelung. Dass die Wehrdrüsen der Chilognathen nicht auf die Spinndrüsen C'oxal-, Pleural- und Analdrüsen'; der Chilopoden zurückgeführt werden können, geht einmal daraus hervor, dass einzelne Chilognathenfamilien ausser den Wehrdrüsen auch Coxaldrüsen besitzen (Chordeu- midae, Lysiopetalidae), sodann daraus, dass Einer Chilopodenfamilie, nämlich den Geophiliden, ausser den Spinndrüsen auch noch eine Reihe unpaarer, den W^ehrdrüsen der Chilognathen offenbar gleichwerthiger Drüsen zukommt. Ferner steht einer derartigen Zurückführung die Thatsache im Wege, dass die Mündungen der Coxaldrüsen nie (wie diejenigen der Wehr- drüsen) nach den Medianlinien des Körpers hin zusammenrücken, respective verschmelzen. Endlich kann auch noch hervorgehoben werden, dass das Secret der Wehrdrüsen in der Regel keinen Spinnstoff, sondern eine stinkende oder ätzende, in erster Linie zur Abwehr geeignete Flüssigkeit darstellt. Ich sage in der Regel, in Anbetracht der oben erwähnten ''■) Beobach- tung von Deavitz, derzufolge das klebende Secret des G/omcn's aus den AVehrporen jenes Thieres entleert worden sei. Uebrigens ist hier auch von Spinnstoff nicht gerade die Rede, da genannter Autor nur von klaren, stark klebenden Tropfen spricht. Abgesehen von diesem einen Falle wird nun, wie gesagt, der Inhalt der W^ehrdrüsen von Allen, die ihn zu Gesicht bekamen, als ein von dem Secrete der Spinndrüsen überaus abweichender geschildert. So bezeichnet denselben Leydig') von luliis als »eine hellgelbliche Flüssigkeit, mit einzelnen fettähnlichen Tropfen«, respective als »eine intensiv gelbe, stark conturirte zähflüssige Masse«. Weber-) schildert das blausäurehaltige Secret-') der Paradesmus- [Foutaria-) Wehrdrüsen als »eine wasserklare Flüssigkeit von ölartiger Natur.« Und Latzel^) sagt von dem Safte der Wehrdrüsen im Allgemeinen, dass er übel rieche, von öliger Cönsistenz sei und zuweilen die menschliche Haut ähnlich wie grüne Wallnüsse färbe. Es entspricht denn auch, wie schon der Name »Wehrdrüsc« es ausdrückt, der allge- meinen Auffassung, dass diese letzteren Drüsen — im Gegensatze zu den vorwiegend der Her- a) Vergl. p. 384. 1) 1. p. 374. c. p. 116. 2) Weber, M. Ueber eine Cyanwasserstoffsäure bereitende Drüse. Arch. Mikr. Anat. 21. Bd. 18S2. p. 472. 3) Guldensteeden-Egeling, C. Ueber Bildung von Cyanwasserstoffsäure bei einem Myriopoden. Arch. Phys. Pflüger 28. Bd. 1882. p. 576. 4) 1. p. 384. 2. Hiilite. c. p. 52. I. Haut. 3. Ver^'leich mit anderen Thierclassen. d. Arthropoda. 389 stelluuiJ- fadis;er Secrete dienenden Coxal- oder Spinndrüsen — zur Absonderung einer ledig- lich für die Vertheidigung ihrer Träger bestimmten Flüssigkeit bestimmt sind. ITnd was speciell die so merkwürdige Blausäure -xlbscheidung des Paradesmus betrifft, so schloss sich auch Weber dieser herrschenden Auffassung an, indem er sie ohne Weiteres als zum Schutze des Thieres geschehend hinstellte und treffend hinzufügte, wie man sich die schützende Wirkung nicht allein in der Weise vorzustellen habe, dass eine verfolgte Fontaria {Paradesmus) deä. verfolgenden Feind bloss durch den Geruch abschrecke, sondern auch in einer solchen, dass sich (ähnlich wie den Heliconiden gegenüber) in den respectiven Feinden die llngeniessbarkeit der Beute als Erfahrung befestigt und vererbt habe. Wir haben also nach alledem in der Classe der Myriopoden zwei Kategorien metamerer Drüsen zu unterscheiden: nämlich die Coxal- oder Spinndrüsen und die Wehrdrüsen. Die Coxaldrüsen sind hauptsächlich in der Ordnung der Chilopoden entwickelt, dafür besitzen aber jene C'hilognathen, welche dieser Drüsen ganz verlustig gegangen sind, die Fähig- keit, sich anstatt aus dem Spinnstoff von Spinndrüsen) aus dem eigenen Kothe *) Nester zu bauen. Die Wehrdrüsen sind 'abgesehen von Geopkilus) ganz auf die C-hilognathen beschränkt, dafür sind aber die Chilopoden mit einer Giftdrüse ausgerüstet. Dass ich die Coxaldrüsen (Spinndrüsen) der Myriopoden den Schenkel- und Spinndrüsen des Peripatus und somit auch den Spinndrüsen der Anneliden für homolog halte, bedarf nach dem Vorhergehenden kaum noch besonderer Hervorhebung. Aber eine andere Frage ist, wohin die zweite Drüsenkategorie, wohin die Wehrdrüsen gehören. Die Wehrdrüsen der Myriopoden sind meiner Ansicht nach umgewandelte Nephridien. Abgesehen davon, dass sich kein anderes Annelidenorgan für ihre Ableitung geeignet erweist, können noch folgende Erwägungen zu Gunsten eines solchen Vergleiches herangezogen werden. Erstens wissen wir von den Anneliden und von Periputus, dass sich genuine Nephri- dien unter Functionswechsel zu heterogenen Drüsen, nämlich zu Speicheldrüsen, umwandeln können ; warum sollte das, Avas einem Nephridiumjiaare möglich ist, nicht auch einer Mehr- zahl derselben möglich sein? Zweitens treffen wir die bei einzelnen Myriopodenfamilien auf- tretende mediane Verschmelzung aller Wehrdrüsen auch schon an den Ausführungsgängen einzelner typischen Anneliden-Nephridien ") und, was eben so wichtig, an den Speicheldrüsen der Anneliden sowie des Peripatus etc. durchgeführt. Drittens endlich darf darauf hingewiesen werden, wie auch die Speicheldrüsen des Peripatus nur voi'übergehend ihre nephridiale Abstam- mung durch das Vorhandensein der respectiven Wimpertrichter bekunden, und wie wir von der Entwickelungsgeschichte der Wehrdrüsen noch so gut wie Nichts wissen, so dass also eine ähnliche Recapitulation in der Entwickelungsgeschichte letzterer als Möglichkeit wenigstens noch nicht ausgeschlossen ist. a) Vergl. p. 3 79. Anmerkung. *; Auch bei Anneliden kommt die Verwendung des Kothes zum Röhrenbaue vor. 390 ^- ^'ei'gleichend-Anatomisclier (Morphologischer' Theil. Ob die Giftdrüse der C'hilopoden in den Kreis der C'oxaldrüscn (Spinndrüseiii oder in denjenigen der Wehrdrüsen (Nephridien) gehört, muss, wie ich schon im ^'orhergehenden be- tont habe' , vorläufig noch fraglich bleiben. Allein die Entwickelungsgeschichte wird uns darüber aufklären können. Ich komme nun zu der den Myriopodcn einer- und den Thysanuren andererseits nahe stehenden, die einzige Gattung Scoloj)endrella enthaltenden Gruppe der Symphyla. Von Scolopendrella ist längst ein im Körperende gelegenes Drüsenpaar bekannt, welches an der Luft erstarrende Fadensecrete abzusondern vermag. Diese Drüsen münden durch jenes Paar durchbohrter, stilettförmiger, ebenfalls am Körperende befestigter Anhänge, die als Griffel bezeichnet werden. Dass wir es hier in der That mit einer Spinnstoff secernirendcn Drüse zu tliun haben, scheint ausgemacht zu sein. Es sagt z. B. Latzel 'h » an deren Spitze [nämlich an der Spitze der Grift'el] der Ausführungsgang je einer schlauchförmigen Drüse mündet, welche einen klebrigen Saft absondert, der sofort ausfliesst, wenn man die Thiere beunruhigt, und der alsbald in der Luft erstarrt, so dass man diese Thiercheu beim Fangen an einem Faden in die Höhe heben kann. Wir dürfen diese Organe somit als Spinnorgane bezeichnen, wie dies l)ereits Menge erkannt hat.« Ferner Grassi-): »La papilla puö, comc noto, produrre un lungo lilo sericeo. questo filo serve probabilmente allani- male come mezzo di difesa; penso cioe che la Scolo^jenc/rella impacci i nemici avvolgendoli coi suoi fili. Certi fatti da me ripetutamente osservati mi fanno inoltre supporre che la Sro!ope»(h-e//a prima di allon- tanarsi dalla sua abitazione, vi fissi un capo d'un filo e poi, man mano che si allontana, allunghi questo filo, badando di uon romperlo; cosi se crede ritornare all'abitazione, il filo le serve di guida per trovar il cammino.« Ich halte diese terminalen Spinndrüsen der Scolopendrella den Hüft- oder Spinndrüsen der Myriopoden, speciell den Pleuraldrüsen der (^hilopoden für homolog. Dieser Vergleich leuchtet ohne Weiteres ein, wenn man die sogenannten Spinngriffel der ScolopcmlreUa als umgewandelte Extremitäten gelten lässt. Wie sich eine solche 'S'oraus- setzung auch, ganz abgesehen von den aus dem Vorhandensein der Drüsen hergeleiteten Mo- tiven, lediglich im Hinblicke auf die Griffel selbst aufdrängt, geht aus folgender Erwägung I;Atzel's^) hervor. »Wegen der Paarigkeit dieser Organe des Endsegmentes [nämlich der Griffel] könnte man versucht sein zu glauben, dass dieselben durch Umwandlung der Parapodien und Beine des letzten Körperringes ent- standen seien.« Ausser diesen terminalen, sehr stark entwickelten Spinndrüsen hat 8culojJciidn'l/a noch an allen Körpersegmenten, mit Ausnahme der vordersten und hintersten, metamer angeordnete, an der Basis der Beine gelegene, drüsige Täschchen, welche wahrscheinlich ebenfalls hierher- a) Vergl. p. 3S7. 1) 1. p. 384. 2. Hülfte c. p. 10. 2) Gbassi, B. I Progenitori dcgli Insetti e dei Miiiapodi. Morfologia delle Scolopendrelle. Mem. Accad. Torino (2) Tomo 37. 1&S6. (Estr.) p. 12. 3) 1. p. 3S4. 2. Hälfte c. p. 2. I. Haut. 3. Vergleich mit anderen Thierclassen. d. Arthropoda. 391 gehören. Früher, als die Stigmata der Tracheen noch niclit bekannt waren, wurden diese Täschchen mit dem Respirationsapparate in Verbindung gebracht. Davon kann fortan nicht mehr die Rede sein. Was nun aber die wirkliche Bedeutung der fraglichen Organe betrifft, so hat Wood Masojs"') zAierst folgende Vermuthung darüber ausgesprochen: »These openings [nämlich der erwähnten Täschchen] possibly lead into glands, which are homolo- gous with the nephridia of Peripatus and with the glandulär pouches of Machüis and Campodea ; their exact morphological vahie is only to be determined by means of sections. which I hope shortly to have an oppor- tunity of making. They are no doubt the apeitnres mistaken by Ryder for the Stigmata, and which are stated by Scudder to be big enough to admit the tips of the legs.« GrassI-), der sodann dieselben Organe genauer untersucht, insbesondere ihre Aus- und Einstülpbarkeit nachgewiesen hat, kam zu diesem Schlüsse: »11 WooD-iLisON ha tentato di paragonare le vescicole segmentali delle Scolopendrelle cogli orgaui segmentali (nefridi) del Peripato. lo inclino a credere che le vescicole segmentali trovino riscontro sul Peripato, ma non nei nefridi, sibbene nelle cosi dette glandulae coxales: credo che queste ghiandole sian fabbricate sul tipo delle vescicole segmentali: risiilta ciö almeno paragonando le hgure e le descrizioni da me fornite con quelle del Peripato date dal Balfour e dal Gaffron. Certo e pero che, per la posizione, le vescicole addominali risponderebbero piuttosto agli organi segmentali, che alle glandulae coxales.« Wie schon aus diesen f'itaten hervorgeht, sind mit den drüsigen Täschchen (vescicole ventrali oder segmentali Grassi) der ScoIopendreUa durchaus übereinstimmende Bildungen auch von den Thysanuren, speciell von Campodea, 3Iachilis und ]Vicoletia bekannt geworden. Auch hier treten die Täschchen in einer grossen Anzahl von Segmenten, in der Regel streng metamer — nur bei gewissen Arten von Machüis sollen je zwei Paare in einzelnen Ze- niten vorkommen*) — auf, und können wie bei ScoIopendreUa aus- und eingestülpt werden. Ab- weichend verhalten sie sich letzterer Form gegenüber nur insofern, als sie in keinen so nahen Beziehungen zu den Extremitäten stehen, indem sie zwischen den Beinen nach aussen münden**). Was die Vorstellungen betrifft, welche man sich über die Bedeutung dieser Organe, speciell bei den Thysanuren, gebildet hat, so hegte man ursprünglich ebenfalls die Vermu- thung, dass sie der Respiration dienen. Was Wood-Mason von ihnen hält, ergiebt sich aus der angeführten Stelle seiner Abhandlung über ScoIopendreUa, in der er sie sammt den Täsch- chen dieser letzteren Form den Nephridien des Peripatus vergleicht, von selbst. Grassi hält die Täschchen der ScoIopendreUa ebenfalls denjenigen der Thysanuren für gleichwerthig. Wie aus dem vorhergehenden Citate erhellt, schwankte dieser Autor, ob die Täschchen der ScoIopendreUa, wie Wood-Mason will, auf die Nephridien, oder aber auf die Coxaldrüsen von Peripatus zurückzuführen seien, und damit ist implicite auch seine Ansicht über 1) Wood-Masox, J. Notes on the Structuve, Postembryonic üevel. etc. of ScoIopendreUa. Ann. Mag. N. H. (5) Vol. 12. 1S83. p. Gl. 2) 1. p. 390. c. p. 12 und 22. *) Auch bei Peripatus Edwardsii sollen die (wie ich glaube diesen Säckchen oder Coxaldrüsen der Thysa- nuren homologen) Schenkeldrüsen in einzelnen Segmeuten in zwei Paaren auftreten können. Vergl. p. 377. **) In dieser Hinsicht ist die Thatsache von Interesse, dass auch bei Spinnen die (meiner Ansicht nach diesen Säckchen der Thysanuren homologen) Coxaldrüsen bald an der Basis der Coxae, bald zwischen den Coxae nach aussen münden können. Vergl. p. 398. 392 B. Vergleichend-Anatomischer (Morphologischer) Theil. die Täschchon der Thysanuren eioentlich schon ausgedrückt. Gleichwohl finden sich in der nahezu gleichzeitig erschienenen ./«f/^j/cr und Cmnpodea betreffenden Abhandlung Grassi's'; die Sätze: »Le vescicole, retraendosi nella cavitii adtlominale, avvizziscono e tomano poi a gonfiare quando tornano a fare ernia. lo non so che funzione possono aver gli oro-ani in discorso. Ali pare che non possano servir Iteiie alla respirazione. Se si retraessero e sporgessero ritmicamente , ciö che in realtä perö non accade, si potrebbe sospettare che servissero a legolare la circolazione. Ho anche sospettato che servissero aH'animale per attaccarsi alla superficie delle pietre.« Ohne, wie es scheint, die vorausgegangenen, zum Theil auf ähnliche Resultate hinaus- laufenden Arbeiten Wood-Mason's und Grassi's zu kennen, verglich auch Nassono w'-) die Drüsensäckchen der Thysanuren als sogenannte Abdominalröhrchen den Nephridien der Würmer. »Die blinden Röhren auf den Bauchsegmenten der Campodea staphylinus«, sagt Nassonoav, »ent- sprechen ihrer Lage nach vollkommen den äusseren Enden der Segmentalorgane. Wahrscheinlich eben deshalb fehlen diese Röhrchen den Segmenten, wo die Ausführungsgänge der Geschlechtsorgane sich öffnen.« Bezüglich meiner Ansicht über diese ausstülpbaren Säckchen oder Eöhrchen der Sym- phylen und Thysanuren kann, wer das Vorhergehende gelesen hat, kaum im ZAveifel bleiben. Wer dächte nicht sofort auch an die durchbohrten Hüften der Chordeumiden und die aus- stülpbaren Wärzchen der Lysiopetaliden? das heisst an die offenbar in Rückbildung befind- lichen Hüft- oder Spinndrüsen jener Chilognathen? Dass die eben citirten Forscher, bevor sie ihre Vergleiche im Gebiete der Würmer und des Peripatiis suchten, nicht an diese so viel näher liegenden Myriopodenorgane dachten, scheint mir lediglich auf dem beklagenswerthen Mangel einer die Anatomie dieser interessanten Drüsensysteme vergleichend zusammenfassenden Arbeit zu beruhen. Es sind also nach meinem Dafürhalten die ausstülpbaren Säckchen der Symphyla und Thysanura ähnlich den ausstülpbaren Wärzchen der Lysiopetalida (Chilognatha) als in Rückbildung befindliche Hüft- oder C'oxaldrüsen zu be- trachten. Zu Gunsten dieser Auffassung spricht vor Allem die Thatsache, dass Sculujji'inlre/hi in den sogenannten Griffeln, welche offenbar ein hinterstes Extremitäteupaar repräsentiren, sehr entwickelte Spinndrüsen besitzt. Wie bei den Chilopoden auf 4 oder 6 hintere Körper- segmente, so hat sich eben bei den Symphylen das Vorkommen fungirender Spinndrüsen auf ein solches Segment beschränkt ; nur mit dem Unterschiede, dass, während bei ersteren die vov den einseitig* ausgebildeten Organen gelegenen Drüsen total [!; eingegangen sind, bei letzteren dieselben Organe nur eine Rückbildung, möglicherweise zugleich auch einen Functionswechsel erfahren haben. 1) Gbassi, B. I Progenitori degli Insetti e dei Miriapodi. L'Japyx e la Campodea. Dagli Atti. Acead. Gioenia Se. Nat. Catania (3) Vol. 19. 1885. Estr. p. 53. Man vergleiche ferner: 1 Progenitori dei Miriapodi e degli Insetti, Contrib. allo Studio dell' Anat. del genere Machilis. ibid. Estr. p. III. 2) Nassonow, N. Welche Insecten-Organe dürften homolog den Segmentalorganen der Würmer v.v. halten sein? Biol. Centralbl. G. Bd. 1SS6. p. 45S. I. Haut. 3. Vergleich mit anderen Thierclassen. d. Artliropoda. 393 Gehören aber die Säckchen der Symi^hylen und Thysanuren in den Bereich der Coxal- oder Spinndrüsen, so ist die Vergieichbarkeit ersterer mit Nephridien principiell ausgeschlossen, indem ja die Nephridien einer- und die Spinn- oder Coxaldrüsen andererseits zwei gleich fundamentale Kategorien metamerer Annelidenorgane darstellen. Durch den im Vorhergehenden enthaltenen Versuch festzustellen, wie sich die Spinn- drüsen der Anneliden zu den Spinn- oder Schenkeldrüsen des Peripatus und letztere wieder zu den Spinn- und Coxaldrüsen der Myriopoden, Symphylen und Thysanuren verhalten, ist nun auch, wie ich glaube, der Weg für ein besseres Verständniss der adäquaten Drüsen der Araelinoidea angebahnt. Das Vorkommen von Spinnstoffen und die verschiedenartige "N'erwendung solcher (zu Fangnetzen, zum Nestbau, zum Verkleben und zur Locomotion) für diese Thiergruppe im Besonderen nachzuweisen, kann ich mir ersparen. Kennt doch Jedermann sowohl Gespinnste, als auch AVebermeister aus eigener Erfahrung, und ist es doch unbestritten, dass auch die im vorliegenden Falle in so vollkommener Ausbildung auftretenden Fäden ein an der I.uft er- starrtes Drüsensecret darstellen, dessen wesentlicher Bestandtheil, das Fibroin, seiner chemischen Natur nach zu den Gerüst- oder C'uticularsubstanzen gehört. Für die Beurtheilung der morphologischen Bedeutung der so exquisiten Spinndrüsen der Araneiden ist ihr Lagerungsverhältniss, das heisst ihre Concentrirung auf den Hinterleib, im Bereiche des Afters nicht wenig hinderlich gewiesen. Sie münden zwar an dieser Stelle vermöge mehrgliedriger Fortsätze; ob aber diese letzteren, die sogenannten Spinnwarzen, als eben so viele modificirte Extremitäten aufgefasst werden dürfen, dies schien bis vor Kurzem noch überaus fraglich. Und doch ist die Entscheidung dieser Frage von grosser Wichtigkeit; denn, sind erst einmal ihre Spinnwarzen als Homologa der übrigen Kumpfanhänge nach- gewiesen, so können wir auch mit um so mehr Eecht und um so mehr Aussicht auf Zustim- mung die Spinndrüsen der Araneiden den Coxal- oder Spinndrüsen der Myriopoden etc. vergleichen. Wenn wir die Spinnwarzen nur im fertigen Zustande in's Auge fassen, so drängt meiner Ansicht nach schon der »vergleichend-anatomische Instinct« dahin, sie als umgebildete Glied- maassen, als Ueberbleibsel eingegangener Zoniten zu betrachten, besonders im Hinblicke darauf, dass die kurzleibigen Araneiden so viel reicher gegliederte Blutsverwandte haben. Indessen dieser Instinct hat sich da zu bescheiden, wo die Entwickelungsgeschichte einzusetzen vermag, und so entschloss sich denn mit mir gewiss noch manch Anderer, wenn auch ungern, jener Auffassung der Spinnwarzen gegenüber Zweifel zu hegen, nachdem er in Balfoürs') Aranei- den-Embryologie gelesen hatte: «The four rudimentary appendages have disappeared, unless, which seems to me in the highest de- gree improbable, they lemain as the spinning mammillae, two pairs of which are now present.« Aber — auch mit der Leuchte der Entwickelungsgeschichte ausgerüstet, trifft man nicht 1) Balfoüb, f. Notes on the Development of the Araneina. Q. Journ. Micr. Sc. (2) Vol. 20. ISSO p. 1S3. Zool. Station z. Neapel, Fauna nnü Flora. Golf von Neapel. Capitelliden. 50 394 ^- Vergleichend-Anatomischer (Morphologischer) Theil. immer gleich das Richtige; denn neuerdings belehren uns Locy') sowie Morin-) auf Grund ihrer ebenfalls an Araneiden gemachten embryologischen Beobachtungen, dass die Spinnwarzen aller- dings aus embryonal angelegten Extremitäten hervorgehen. Locy sagt: »At least two pairs of provisional appendages are niodified into as many large spinning mammillae.f »The mammillae therefore, are appendages, of abdominal somites, homodynamic with the cepha- lothoracic appendages, and there are consequently six somites Condensed into the space hetween the posterior pair of mammillae and the anns«. Morin's Beschreibung lautet: »Das dritte und das vierte Paar Abdominalanhünge verwandeln sich in Spinnwarzen, wie es schon von Salensky beobachtet wvirde. In jeder Spinnwarzenanlage stülpt sich in ihrem Centrum das Ektoderm ein. Aus diesen Ektodermeinstiilpungen entwickeln sich die Spinndriisen.« Und so ist denn in diesem Falle das auf vergleichend-anatomische Erwägungen sich stützende Schlussverfahren kein trügerisches gewesen und Nichts steht im Wege, die Spinn- drüsen der Arachnoideen mit den Coxal- oder Spinndrüsen der Myriopoden und Symphylen zu vergleichen. In beiden Fällen sehen wir nämlich eine ursprünglich metamere, dem grösseren Theile des Körpers entlang in engem Anschlüsse an die Extremitäten sich wiederholende Drüsenreihe auf wenige in ihrer Function einseitig gesteigerte, den hintersten mehr oder weniger modifi- cirten Zoniten angehörige Paare beschränkt. Bei den genuinen Myriopoden sind zwar die meisten mit Drüsenporen ausgerüsteten Beinpaare, sowie die respectiven Körpersegmente den vorhergehenden noch ähnlich, aber das die sogenannten Pleuraldrüsen enthaltende Zonit zeigt doch schon auffallende Modificationen ; insbesondere sind seine Anhänge, die sogenannten Analbeine, den übrigen Beinpaaren gegen- über auffällig abweichend gebaut. In noch viel höherem Grade erinnern die bei den Sym- phylen herrschenden Verhältnisse an diejenigen der Araneiden, indem ganz wie bei letzteren mehrere, so bei ersteren Ein Paar terminaler Körperanhänge zu eigenthümlichen, von den Ausführungsgängen der mächtigen Sjjinndrüsen durchbohrten Warzen oder Griffel moditicirt sind. Der Satz, dass die terminalen Spinndrüsen sowohl der Myrio^^oden und Symphylen, als auch der Araneiden die einseitig gesteigerten Paare einer ursprünglich in den meisten Körpersegmenten sich metamer wiederholenden Reihe darstellen, bedarf ^was die Araneiden betriflft) noch der Begründung. Bei den Chilopoden pflegen an 4 — 6 hintersten Beinpaaren Coxal- oder Sjnnndrüsen vorhanden zu sein; wahrscheinlich sind selbst von diesen Drüsen nur ein Theil, und zwar die letzten Paare, als Spinnorgane thätig, die vorhergehenden dagegen reducirt. Bei den Chilognathen (und zwar bei denjenigen, von welchen allein Gespinnste be- kannt sind) linden sich anstatt terminal gelegener, einseitig gesteigerter Spinndrüsen eigen- thümliche, ausstüli)bare Drüsensäckchen an den Hüften einer grossen Anzahl von Rumpfex- 1) Locy, A. Observations on the Development of Agelena naevia. Bull. Mus. Harvard College Vol. 12. 1886. p. 82. 2) MoRrN", J. Zur Entwickelungsgeschichte der Spinnen. Biol. Centralbl. (J. Bd. 1887. p. GG2. I. Haut. 3. Vergleich mit anderea Thierclassen. d. Arthropoda. 395 tremitäten (so bei LysiopetaJum vom 3. — 16. Segmente). Es kann kein Zweifel darüber wal- ten, dass diese Säckchen der Lysiopetaliden sowie auch die sogenannten Poren an den Hüf- ten der Chordeumiden modificirte, respective ziuückgebildete Coxal- oder Spinndrüsen dar- stellen. Ebendahin rechnete ich die ausstülpbaren (fälschlich mit Nephridien verglichenen^ Säckchen der Symphylen und Thysanuren. Es fragt sich nun, ob auch von den Arachnoideen ausser den einseitig gesteigerten, terminalen Coxal- oder Spinndrüsen, noch solche modificirte oder rückgebildete in anderen Körperregionen bekannt geworden sind. Dank einer Reihe im letzten Jahrzehnte vorwiegend durch Lankester's Bemühungen um den Nachweis der Arachnoidennatur des Limulus hervorgerufener, dieses unser Problem intensiv berührender Forschungen sind wir in der erfreulichen I-age, die vorstehende Frage in befriedigender Weise beantworten zu können. Zum Behufe eines vollen Verständnisses der Sachlage hat aber die nachfolgende Be- trachtung, dem Gange der Thatsachen-Erforschung entsprechend, ihren Ausgang von Lhmdus zu nehmen. Den Anstoss zur Beachtung dieser uns interessirenden Organe gaben die von Packard an diesem Thiere im Bereiche der Hüften eines vorderen Beinpaares entdeckten und unter dem Namen »brick-red glands« beschriebenen Drüsen. Packard hielt die ziegelrothen Kör- per, an denen er keinen Ausführungsgang zu finden vermochte, für excretorischer Natur und erklärte sie für Homologa der Antennendrüsen gewisser Crustaceen. Möglicherweise, so meinte ferner dieser Autor, repräsentirten sie auch das BojANus'sche Organ der Mollusken, oder auch die Drüsenportion der Wurm-Nephridien. Für ihre Vergleichbarkeit mit Kapseln der Vertebraten-Nebennieren dagegen liege kein zureichender Grund vor. Diesen durch Packard stabilirten Vergleichen gegenüber verhielt sich Lankester'-; in seiner bekannten Monographie des Limulus zunächst ablehnend. Nicht nur stelle der soge- nannte ziegelrothe Körper keine Niere dar, sondern es sei selbst dessen Drüsennatur nichts weniger als erwiesen. Aber bald darauf kam Lankester^) zu einer anderen Ansicht, indem er sich durch Untersiichung frischen Materiales davon zu überzeugen vermochte, dass der brick-red body des Limulus allerdings einen drüsigen Bau aufweise, und überdies die wichtige Entdeckung machte, dass beim Scorpione ebenfalls ein solches ganz wie bei Limulus im Bereiche der Bein-Hüften gelegenes Organ vorkomme. Dieses letztere, an dem sich zunächst ebensowenig wie an dem- jenigen des Limulus irgend ein Ausführungsgang nachweisen Hess, war zwar von älteres Autoren schon gesehen, aber fälschlich als ein Adnex des Darmkanales betrachtet worden. IjAnkester betont natürlich die Homologie dieser Scorpioniden- und Xipliosuren-Drü- 1) Packaed, A. jun. On an uadescribed Organ in Limulus. supposed to be Renal in its Nature. Ann. Mag. N. H. (4) Vol. 15. IS75. p. 255. 2) Lankesteb, E. Limulus an Arachnid. Q. Journ. Micr. Sc. (2) Vol. 21. 1S82. p. 633. 3) On the Coxal Glands of Scorpio hitherto undescribed and corresponding to the Brick-red Glands of Limulus. Proc. R. Soc. London Vol. 34. 1SS2/S3. p. 95. 396 B- Vergleichend-Anatomischer (Morphologischer) Theil. sen und fasst zugleich die Möglichkeit in's Auge, beide mit den Nephridien des reripatns zu vergleichen. Uns interessirt aber in höherem Grade die Thatsache, dass derselbe Autor hier zum ersten Male für die fraglichen Drüsen den Namen Hüftdrüsen oder Coxaldrüsen (coxal glands) in Anwendung bringt; denn, wie selten, wurden in diesem Falle, durch Anwendung eines treffenden Terminus, zahlreiche unverständliche Organe mit einem Schlage einer einheit- lichen Kategorie subsumirt. Es ist nicht Schuld dieses glücklich gewählten Namens, wenn gleichwohl die damit zwingend indicirten Beziehungen bis heute sorgfaltig vermieden wurden. Am Schlüsse dieser seiner Abhandlung konnte T.ankester noch die folgenreiche Mit- theilung machen, dass er auch bei gewissen Araneiden [Mygak] ein Paar Coxaldrüsen auf- gefunden habe. Das Vorkommen von Coxaldrüsen im Kreise der Arachnoideen wird zunächst dadurch erweitert, dass Michael') übereinstimmende Gebilde von Milben beschreibt. Auch in diesem Falle war der Nachweis von Ausführungsgängen noch nicht gelungen, und auch dieser Autor vergleicht die Coxaldrüsen der Milben, des Scorpions sowie des L'tmulus mit den Nephridien (der Würmer) und der Antennendrüse der Crustaceen. Sodann schilderte Lankester^) ausführlich die Anatomie und Structur der Coxaldrüsen von Mijgak und Limiihts. Aus ihrer Structur ergebe sich, dass die Coxaldrüsen einen activen secretorischen Apparat darstellten. Im Ganzen sprächen die Facta für einen Vergleich mit der Antennendrüse der Crustaceen. Ihre Entwickelung geschehe möglicherweise auf Kosten des sogenannten skeleto-trophischen Gewebes. Endlich wird auch durch Gulland^) eine äussere Mündung, und zwar für die Coxal- drüsen sehr junger Limulus nachgewiesen. Dieselben haben ihre Lage an der Basis der Coxen des fünften Beinpaares, bei erwachsenen Thieren finden sich an den entsprechenden Stellen nur noch Vertiefungen. Es ist bemerkenswerth , dass ähnliche Vertiefungen auch an den übrigen Beinpaaren vorkommen. Das lAimen der Drüse soll im Inneren des Körpers frei mit den Räumen des zwischen ihr und dem ventralen Blutsinus gelegenen Bindegewebes communiciren, und diese Communication eine »innere Oeffnung« repräsentiren. In einer dieser Abhandlung seines Schülers beigefügten Note zieht Lankester^) auf (irund der mitgetheilten Thatsachen den Schluss, dass die Coxaldrüsen des Limulus die essen- tiellen Eigenschaften der Wurm- und P^vjoaftw- Nephridien aufwiesen, dass sie möglicher- weise das einzige übrig gebliebene (modificirte) Paar einer ursprünglichen Reihe solcher Organe darstellten, dass die Umwandlung jugendlicher mit Mündungen versehener Drüsen in ausge- wachsene solcher IMündungen entbehrende, in der durch Weldon erschlossenen Entwickelung 1) Michael, A. Observations on the Anatomy of the Oribatidae. Journ. R. Micr. Soc. London (2) Vol. 3. 1883. p. 20. 2) Lankester, E. On the Skeleto-trophic Tissues and Coxal Glands of Limulus, Scorpio, and Mijgale. Q. Journ. Micr. Se. (2) Vol. 24. 1884. p. 151. 3) GuLLAND, G. Evidence in favour of the View that the Coxal Gland of Limulus and of other Arachnida is a modified Xephridium. Q. Journ. Micr. Sc. (2) Vol. 25. 1SS5. p. 511. 4) ibid. p. 515. I. Haut. 3. Vergleich mit anderen Thierclassen . d. Arthropoda. 397 der Vertebraten-Nebenniere einen ihr ganz parallel verlaufenden Vorgang ünde, ja dass die C'oxaldrüse des Limulus wahrscheinlich nicht nur morphologisch, sondern auch physiologisch der Nebenniere vergleichbar sei. Ferner weist Lankester von Neuem darauf hin, wie sich auch die Antennen- und Schalendrüsen der Crustaceen möglicherweise als umgewandelte Nephridien auffassen Hessen und wie letztere, die Schalendrüse, dadurch sich auch zugleich den Coxaldrüsen von Limulus und den Arachnoideen anschlösse, dass sie in ähnlicher Weise an der Basis des fünften Extre- mitätenpaares (zweiten MaxiUenpaares) nach aussen münde. Trotzdem erwägt hier Lankester, nachdem er noch die Wahrscheinlichkeit, dass auch die Geschlechtsgänge von Nephridien abstammen, hervorgehoben, die Frage: »Is every tubulär structure oi^ening from coelom to exterior necessarily to be considered as be- longing to one category — thc nephridium?«*) Gleichzeitig mit Gulland hat auch Kingsley ') die Ausführungsgänge der Coxaldrüsen in Jugendstadien des Limulus aufgefunden. Letzterer Autor nennt hier die betreffenden Drüsen schlechtweg Nephridien und zieht die Schalendrüse der Crustaceen auf Grund des von ihm gelieferten Nachweises ihrer correspondirenden Mündungsverhältnisse in denselben Organkreis. Bevor die Ausführungsgänge der Coxaldrüsen des Limulus entdeckt waren, hatte schon Bertkau ■^) ebensolche Gänge an den gleichnamigen Drüsen von Araneiden, und zwar zunächst gleichfalls lediglich an ganz jugendlichen Exemplaren (von At^piis piceus) aufgefunden. Der erwähnte Ausführungsgang mündet nach Bertk.\u bei Atj/pus in der Verbindungs- haut zwischen Brustplatte und Hüftglied des dritten Beinpaares. Halbwüchsige Exemplare von Atj/j)us Hessen den Ausführungsgang bereits vermissen. Bemerkenswerth ist, dass ge- nannter Autor bei aUen einheimischen Spinnen, bei denen er darnach suchte, die Coxaldrüsen auffand und dass er auch bei denjenigen des Euscorpius italicus eine Mündung am HüftgHede des dritten Beinpaares zu sehen glaubte. Was die Bedeutung der Drüsen betrifft, so hält sie Bertkau für embryonale Organe excretorischer Natur. Die an den Hüften des ersten und zweiten Beinpaares sich wiederholenden Ausbuchtungen stellten möglicherweise Andeutungen von segmental wiederkehrenden Ausmündungsstellen dar, so dass IjAxkester's Vergleich mit Nephridien nahe Hege. 1) Kingsley, J. Notes on the Embryology ot' Limulus. Q. Journ. Micr. Sc. (2) Vol. 25. 1885. p. 548. 2) Bertkau, Ph. Ueber den Verdauungsapparat der Spinnen. Correspbl. Naturh. Ver. d. Preuss. Rheinl. u. Westf, 1884. p. 74. Ueber den Verdauungsapparat der Spinnen. Arch. Mikr. Anat. 24. Bd. 1885. p. 435. *) Ich habe diesen Satz Lankester's in gesperrter Schrift wiedergegeben, um damit auszudrücken, welche Bedeutung ich dem Inhalte desselben speciell im Hinblicke auf meine hier vorgetragene Auffassung beilege. Denn, aus diesem Inhalte folgt, dass Lankester, trotz der gerade von ihm mehrfach vertretenen Vergleichbarkeit von Coxaldrüsen und Nephridien, doch andererseits auch nicht die Möglichkeit von der Hand wies, dass noch eine Kategorie anderer Annelidenorgane für die Herleitung jener metamer angeordneten Arthropodendrüsen in Betracht kommen könnte. Auf die Anerkennung einer solchen zweiten Kategorie von Annelidenorganen (nämlich der Spinn- drüsen) ist aber die durch dieses ganze Kapitel hindurch sich erstreckende Kette von Schlussfolgerungen basirt, mit ihr stehen und fallen auch diese Folgerungen. 3Q^ B. Vergleichend-Anatomischer (Morphologischer; Theil. In einer folgenden Publication machte sodann Bertkau'; die interessante Mittheilung-, dass ausnahmsweise auch bei erwachsenen Exemplaren von Atj/pus die Coxaldrüsen Aus- führungsgänge erkennen Hessen, und dass selbst in den Fällen, in welchen diese Gänge ge- schwunden seien, sich doch stets noch ihre spaltförmigen Oeffnungen an den Hüften vorfänden, ja dass sich ganz ähnliche Spalten auch an den entsprechenden Stellen der Hüften des ersten Beinpaares wahrnehmen Hessen. BezügHch der MündungssteHen der Coxaldrüsen einer anderen Spinne [Sciin-ia] wird die morphologisch wichtige Thatsache constatirt, dass hier der betreffende Spalt nicht (wie bei Atypiis) im Hinterrande der zugehörigen Hüfte, sondern bereits in der zarten Haut zwischen diesem und dem Vorderrande der Hüfte des folgenden Beinpaares Hege'). Das vereinzelte Auftreten eines Ausführungsganges bei erwachsenen Spinnen lässt nach Bertkau eine doppelte Erklärung zu. Es ist nämlich entweder ein normal verkümmertes Organ im fragHchen Falle abnormer Weise entwickelt, oder aber es Hesse sich denken, dass der Ausführungsgang zeitweise zur Regeneration gelange, in welchem FaUe sodann die Coxal- drüse kein schlechtweg rudimentäres Organ darstellte. Bertkau ist geneigt, die zweite dieser Alternativen für die wahrscheinHchere zu halten, und zwar aus dem Grunde, weil die Drüsen- mündung auch dann erhalten bleibt, wenn der Ausführungsgang geschwunden ist. Das Vorkommen äusserer Mündungen wurde endlich auch noch durch Kowalevsky und Schulgin-) für die embryonalen Coxaldrüsen des Skorpions [Androctomis ornatus) constatirt. Können wir nun auf Grund der eben mitgetheilten Thatsachen die zuletzt gestellte Frage, ob nämlich auch bei den Arachnoideen ausser den einseitig gesteigerten, terminalen Coxal- oder Spinndrüsen noch deren modificirte oder rückgebildete in anderen Körperregionen vorkommen, bejahen? Ich glaube unbedingt. Nicht nur bei Limulus und den Scorpionen, sondern auch bei denjenigen Arachnoideen, welche allein noch mit terminalen, fungirenden Spinnapparaten ausgerüstet sind, nämlich bei den Araneiden, haben sich segmental angeordnete, im Bereiche der Hüften mündende Drüsen (respective Poren) vorgefunden, welche von I^ankester selbst als Coxaldrüsen bezeichnet wurden. Was liegt angesichts dieser im Bereiche der Hüften mündenden Drüsen näher, als sich vor Allem der einzigen Arthropodengruppe zu erinnern, von welcher längst schon ähnHch gelegene, ja ebenso genannte Drüsen und Poren bekannt sind' A'N'as kann mehr zu einem Vergleiche mit den Coxaldrüsen der Arachnoideen herausfordern, als die adäquaten Drüsen der Myriopoden? Dass dieser Vergleich durchaus unberücksichtigt bHeb, dass selbst ein so vielfach mit 1) Bertkav, Ph. Ueber die Coxaldrüsen der Arachniden. Situ. Ber. Niederrhein. Ges. Bonn. 1S85. p. 13 (Bericht pro 1884.) 2) Kowalevsky, A., M. und Schulgin Zur Entwickelungsgeschichte des Skorpions. Biol. Centralbl. 6. Bd. 1886. p. 532. *) Vergl. Anmerkung p. 391. I. Haut. 3. Vergleich mit anderen Thierclassen. d. Arthropoda. 399 Arthropoden beschäftigt gewesener Forscher wie Packard') sagen konnte: »We are next to look for their occurrence (nämlich der Coxaldrüsen) in the Myriopods. Possibly the repu- gnatorial pores of Chilognath may be found to be these glands, which open above the inser- tions of the legs«, auch dies lässt sich nur dann verstehen, wenn man den schon einmal be- tonten, so überaus beklagenswerthen Mangel jedweder die vergleichende Anatomie dieser Myriopodenorgane zusammenfassenden Arbeit in Erwägung zieht. Und hinsichtlich des Vergleiches mit ursprünglicheren Bildungen: was liegt näher, als an die ebenfalls im Bereiche der Extremitäten nach aussen mündenden Schenkeldrüsen (crural glands) des PeripaUis zu denken, welche eben so wie die Nephridien in metamerer Folge auf- treten und sich durch ihr gleichzeitiges und gleich ortiges Vorkommen neben den Nephridien als eine Reihe durchaus selbständiger Organe zu erkennen gaben? Anstatt dessen sehen wir nahezu in allen Fällen, theilweise sogar mit Umgehung des Peripatus auf die Nephridien recin-riren, ja sogar auf die Antennen- und Schalendrüsen der Crustaceen, wobei doch nur ein Unbekanntes mit einem noch Unbekannteren in Beziehung gebracht wird. In Anbetracht, dass diese Vorliebe, die Coxaldrüsen (der Arachnoideen) mit Nephridien zu vergleichen, meiner Ansicht nach, zum guten Theil auf der geringen Erforschung der Myriopoden, also auf einem zufälligen Factor beruht, und ich vielleicht hoffen darf, durch die Gesammtheit meiner Darlegungen den Zusammenhang aller C'oxal- oder Spinndrüsen von den Anneliden bis zu den Arthropoden herauf anerkannt zu sehen (wodurch die Vergleichbarkeit dieser Drüsen mit Nephridien von selbst ausgeschlossen wäre), dürfte ich mir vielleicht die Discussion der zu Gunsten der Abstammung der Coxaldrüsen von Nephridien vorgebrachten Motive ersparen; indessen, ich könnte mich in meiner Zuversicht getäuscht sehen, so dass es sich empfiehlt, diese Motive nicht ganz unberücksichtigt zu lassen. Die metamere Anordnung gilt zwar für Nephridium- wie Spinndrüsen-Derivate gleicher- weise; aber es ist doch unverkennbar, dass durch ihre speciellen Lagerungsverhältnisse, durch ihr zähes Festhalten der Mündung im Bereiche der Extremität, die Coxaldrüsen sich enger an die Spinndrüsen, als an die Nephridien anschliessen. In dieser Hinsicht ist auch bemerkens- werth, dass sich schon bei Anneliden und ebenso bei Peripatus (vorausgesetzt, dass man bei letz- terem die Homologie von Spinndrüse und Schenkeldrüse anerkennt) eine ebenso einseitige Ausbildung, respective ein ähnlich schwankendes Verhalten im seiialen Auftreten, der Spinn- drüsen zu erkennen giebt, wie bei den Arthropoden im Auftreten der Coxaldrüsen. Haben wir doch gesehen^), dass die bei Peripatus capensis nahezu in allen Segmenten und in beiden Geschlechtern auftretenden Schenkeldrüsen bei der anderen Art, nämlich bei P. Edwardsü, auf das männliche Geschlecht beschränkt sind und auch hier bald nur in 2, bald in 7 oder 8 vor dem Genitalsegmente gelegenen Beinpaaren vorkommen, dass also in dieser Form nicht nur im Bereiche der verschiedenen Species, sondern auch im Bereiche der Individuen sehr weit- gehende Schwankungen sich geltend machen. 1) Packaed, A. jun. The Coxal Glands of Arachnida and Crustacea. Amer. Natural. Vol. 17. 1SS3. p. 797. o) Vergl. p. 377. 400 !*• Vergleichend-Anatomischer (Morphologischer) Theil. Aus der Structur der (nicht mehr als Spinnorgane fungirenden: Coxaldrüsen lässt sich weder pro, noch contra Entscheidendes entnehmen; denn die in der Regel mit dem Wachs- thume einhergehende Rückbildung der Ausführungsgänge spricht deutlich dafür, dass die be- treffenden Drüsen rudimentäre Organe oder, was wahrscheinlich besser zutrifft, durch Func- tionswechsel modificirte Organe darstellen. Wenn sich nämlich der Functionswechsel nach- weislich der Nephridien in so hohem Grade bemächtigen kann, dass aus ihnen Speicheldrüsen und Geschlechtsgänge hervorgehen, so steht doch wohl auch dem Nichts im AVege, dass sich auf Grund desselben Wechsels eine Spinndrüse allmählich in eine mehr oder weniger hetero- gen gebaute und fungirende Bildung umwandele. Als charakteristisch in dieser Hinsicht, möchte ich an die Thatsache erinnern, dass sich an den Schenkeldrüsen von Peripatus capensis cf thatsächlich ein solcher Functionswechsel am letzten Paare vollzogen hat, indem letzteres die enorm vergrösserte, sogenannte accessorische Drüse darstellt. Sehr zu beachten wäre, ob die jugendlichen, noch mit Ausführungsgängen versehenen Coxaldrüsen nicht vorübergehend Spinn- stoffe liefern, indem dadurch einmal das Stattfinden der durch den Schwund der Ausführungs- gänge schon indicirten "S'erkümmerung, respective Modification eine weitere Stütze erhielte und zugleich die Einheit von Coxal- und Spinndrüsen auch im Kreise der Arachnoideen sich functionell manifestiren würde. Obgleich vorläufig, wie erwähnt, aus der Structur der fraglichen Arachnoideen-Drüsen wenig für oder wider ihre Herleitung vom einen oder anderen Typus geschlossen werden kann, so möchte ich doch nicht unerwähnt lassen, dass sich für die von Lankester und Bertkau als riesig bezeichneten Kerne wohl in den Spinndrüsen der Insectenlarven, nicht aber in irgend welchen Derivaten von Nephridien ein Seitenstück findet. Den hauptsächlich von Bertkau betonten Mangel eines Nachweises von Harnsäure will ich nicht zu meinen Gunsten anführen, da in der angeregten Frage weder das Fehlen, noch das Vorhandensein dieser Säure etwas zu entscheiden vermag. Erstens braucht nämlich das Excret einer supponirten Niere nicht gerade Harnsäure zu sein, und zweitens ist die Thatsache, dass ein stickstofflialtiges Excret in einem Organe vorkommt, noch lange kein Beweis für seine nephridiale Natur. Ich habe in dieser Monographie Belegstücke genug da- für geliefert, wie ausser den Nieren par excellence (den Nephridien) auch in den Parapodien, dem Peritoneum, dem Blute etc. eine überaus lebhafte excretorische Thätigkeit stattfinden könne. Aus demselben Grunde darf auch die Färbung der Coxaldrüsen der Arachnoideen in keinem derartigen Sinne verwerthet werden, wozu überdies kommt, dass die Spinn- drüsen der Anneliden ebenfalls reichlich mit Pigmenten, und zwar mit solchen, welche viel mit den excretorischen Pigmenten der Nephridien gemein haben, ausgestattet zu sein pflegen. Was endlich die sogenannten inneren Mündungen der Coxaldrüsen des Liimihis be- trifft, so wäre ja der Nachweis von Trichtern geradezu entscheidend; aber was Gulland als innere Mündung bezeichnet, ist doch davon weit entfernt und lässt sich wohl auch noch in anderer Weise interpretiren. I. Haut. 3. Vergleich mit anderen Thierolassen. d. Arthropoda. 401 Nach alledem wären also die Coxal- oder Spinndrüsen der Arachnoideen in erster länie den Coxal- oder Spinndrüsen der Myriopoden, Symi^hylen und Thysanuren und, Avas die entfernteren Beziehungen betrifft, den Spinn- und Schenkeldrüsen des Peripatus sowie den Spinndrüsen der Anneliden homolog. Was die Giftdrüsen der Araneiden betrifft, so lässt sicli wohl vorläufig über ihre Abstammung, respective Zugehörigkeit ebenso wenig aussagen, wie über die gleichnamigen Drüsen der Myriopoden. Nachdem wir gesehen haben, wie einerseits bei denjenigen Arthro^Joden, welche ledig- lich im Bereiche des Körperendes mit wohlausgebildeten Spinndrüsen ausgerüstet sind, letz- teren offenbar homologe Drüsen, nämlich sogenannte Coxaldrüsen, auch in anderen Regionen des Körpers vorkommen, und wie andererseits bei Peiipatus, dessen einseitig ausgebildete Spinndrüsen umgekehrt am Vorderende liegen, ebenfalls Reihen von je nach den Arten mehr oder weniger geschlossen metamer sich wiederholenden Schenkeldrüsen nachgewiesen sind, können wir nun noch einmal auf die Hexapoden zurückkommen, insbesondere auf die gleich Peripatus allein am Vorderende mit fungirenden Spinndrüsen versehenen Insecten- larven, und fragen, ob sich sei es bei den Larven sei es bei den Imagines ausser diesem einseitig zu Spinnapparaten entwickelten vorderen nicht auch noch con- secutive, modificirte Drüsenpaare, das heisst ähnliche Coxaldrüsen wie bei den Arachnoideen vorfinden. In dieser Hinsicht scheinen mir folgende Worte Bertkau's'; von Interesse zu sein: »Möglicher Weise entbehren aber auch die Insecten dieser Drüsen nicht [nämlich der Coxaldrüsen:, wenigstens wenn die Drüse, die nach Say's Entdeckung an den Seiten des Prothorax von Anisomorplius biiprestoides ausmündet, und die nach Scuddee Gemeingut aller Phasmiden ist, hierhergezogen werden kann. Bei Mantis religiosa fand ich ebenfalls eine geknäuelte Drüse an der Hinterseite der Vorderhüfte ausmünden, konnte aber bei den stark defekten Exemplaren, die mir zur Verfügung standen, nichts Genaueres über ihre Natur ermitteln.« Wenn auch das Vorstehende nur hinreicht, um es wahrscheinlich zu machen, dass bei den Hexapoden ähnliche Verhältnisse zwischen Spinn- und Coxaldrüsen herrschen wie bei den Arachnoideen etc., so bin ich doch fest überzeugt, dass genaue auf diesen Punkt gerichtete Untersuchungen zu identischen Resultaten führen werden. Kn Drüsen fehlt es wahrlich auch im Bereiche der Hexapoden nicht. Man schlage beispielsweise pagina 699 der 4 Auflage des Lehrbuches von Claus auf. Da ist ausser den bekannten typischen Drüsen die Rede von: Analdrüsen der Käfer, Formiciden etc., von der unpaaren, birnförmigen Drüse im Metathorax der Bettwanze, von den neben den Mittelbeinen mündenden Drüsen der Baumwanzen, von den sich paarweise wiederholenden, ein salycilsäurehaltiges Secret abscheidenden Drüsensäck- chen der Larven und Puppen der Chrysomela poj)uli, von ähnlichen Säckchen gewisser Bom- bycidenraupen, von einem ansehnlichen Drüsensacke im Prothorax der Raupe von Harj)j/ia etc. Es wird sich der Mühe verlohnen, in diesen und anderen Fällen nachzuweisen, ob wir 1) 1. p. 398. c. p. 16. . Station z. Ncarel, F.auna unj Flora, Golf von Neapel. C'apitelliden. 402 ^- Vergleichend-Anatomischer (Morphologischer) Theil. es in den betreffenden Drüsen mit einfachen Hautdrüsen, oder aber mit solchen zu tliun haben, welche in die Kategorie der Speicheldrüsen (Nephridien) , oder endlich mit solchen, welche in die Kategorie der Coxaldrüsen iSpinndrüsen) gehören. Während innerhalb aller anderen grossen Arthropodenabtheilungen von mehr oder weniger zahlreichen Vertretern Gespinnste nachgewiesen werden konnten, ist, meines Wissens, in der Classe der Crustaceen. abgesehen von dem sogenannten C'emente der C'irripedien, nichts Derartiges bekannt geworden. Die Thatsache, dass die Cementdrüsen der Lepadiden und Balaniden ein an- geblich chitinähnliches, an der Luft erstarrendes (fadiges?) Secret absondern, ist jedenfalls geeignet, sie als mögliche Abkömmlinge von Spinndrüsen in's Auge zu fassen; aber die mangelhafte morphologische Kenntniss dieser Drüsen, sowie ihre isolirte Stellung in der Classe lassen vorläufig noch keine über Vermuthungen hinausreichende Deutung zu. Ebensowenig bin ich — trotz der vielen, zum Theil so eingehenden Arbeiten über die betreffenden Drüsen, und trotz des Eifers, mit dem man sie bald auf Nephridien, bald auf Coxaldrüsen zurückzuführen versuchte — in der Lage, mich auf Grund unserer heutigen Kenntnisse darüber zu entscheiden, in welche der beiden grossen Kategorien von Absonderungs- organen die Antennen- und Schalendrüse zu stellen seien. Die Mündungsverhältnisse der Schalendrüse sind sicherlich ihrer Auf- fassung als Coxal- oder S])inndrüse günstig, aber es lässt sich andererseits auch nicht leugnen, dass bei der (homologen?) Antennendrüse Vieles zu Gunsten einer nephridialen Abstammung angeführt werden kann. Noch sei, sowohl in Anbetracht ihrer Lage im Bereiche der Extremitäten, als auch in Anbetracht der Natur ihres Secretes, auf die von Dohrn') beschriebenen Kittdrüsen der Pycnogoniden (Pantopoden) als möglicher Derivate von Coxal- oder Spinndrüsen hingewiesen. Was das ausschliessliche Vorkommen dieser Drüsen im männlichen Geschlechte betrifft, so findet sich hierzu ein Seitenstück in den Schenkeldrüsen des Peripatus, welch' letztere bei der Species P. capensis in beiden Geschlechtern, bei der Species P. Edivardsii dagegen nur im männlichen vorkommen. Auch dies ist bezeichnend, dass bei den cf von P. capensis Ein Schenkeldrüsenpaar (die sogenannten accessorischen Drüsen) Beziehungen zum Genitalapparate eingeht. Schliesslich will ich noch, zur besseren Uebersicht meiner in diesem Abschnitte darge- legten Ansichten über die zwiespältige Abstammung der Arthropoden -Drüsen, die beiden respectiven Kategorien nach Thiergruppen nebeneinander geordnet aufführen. 1) Dohrn, A. Die Pantopoden des Golfes von Neapel etc. Herausg. v. d. Zool. Station zu Ne Leipzig 18S1. p. 33 und p. 97. I. Haut. 3. Vergleich mit anderen Thiercla Arthropoda. e. Mollusca. 403 Aus den Spinndrüsen der Anneliden haben sich entwickelt: Bei den Anneliden: die Borstendrüsen. Aus den Nephridien der Anneliden haben sich entwickelt: Die Speicheldrüsen und Geschlechtsgänge. Die Speicheldrüsen und Geschlechtsgänge. Bei den Onychophoren (Peripatus): die Spinn- drüsen und Schenkeldrüsen (crural glands. ) Bei den Myriopoden: die Spinn- und Coxal- drüsen; letztere theilweise r= sogenannte ausstülpbare Drüsensäckchen. Bei den Symphylen (Scolojjendrella) : die Spinn- drüsen und sogenannten ausstülpbaren Drü- sensäckchen = Coxaldrüsen. Bei den Thysanuren : die sogenannten ausstülp- baren Drüsensäckchen = Coxaldrüsen. Bei den Insecten : die Spinndrüsen (und Coxal- drüsen ?) Bei den Arachnoideen : die Spinndrüsen und Coxaldrüsen. Unbestimmbar ist vorläufig, von welcher der beiden Kategorien die Giftdrüsen der Myriopo- den und Araneiden, sowie die Cement-, Antennen- und Schalendrüsen der Crustaceen abzuleiten sind. Die Speicheldrüsen, Geschlechtsgänge (und Wehrdrüsen?) Die Siieicheldrüsen und Geschlechtsgänge. Die Speicheldrüsen und Geschlechtsgänge. Die Speicheldrüsen (und Wehrdrüsen?,. Die Speicheldrüsen und Geschlechtsgänge. e. Mollusca. Trotz ihres durch die mineralischen Einlagerungen so stark modificirten Habitus wurden die verschiedenartigen Molluskengehäuse schon frühe als Hautgebilde erkannt, und heute bezweifelt sogar (verschwindende Ausnahmen abgerechnet) Niemand mehr deren specielle Zugehörigkeit zu denjenigen Hautdrüsensecreten, Avelche unter dem Namen »Cuticularsub- stanzeu" zusammengefasst zu werden pflegen. Besteht auch der organische Bestandtheil dieser Gehäuse nur in einzelnen Fällen aus Chitin — die schon durch Leuc:kart') constatirte chitinige Beschaffenheit der Cephalopoden-Schulpe und -Kiefer wurde neuerdings durch Krükenberg '^j bestätigt; ferner wies Letzterer^) nach, dass auch die Gehäuse von Spirula und Nautilus chitin- haltig sind — so stellt doch das an seine Stelle tretende Conchiolin offenbar eine verwandte (wie jenes zu den KRUKENBERo'schen «Skeletinen« gehörige) Gerüstsubstanz dar. Ucberaus lehrreich in diesem Sinne ist die Thatsache, dass nach Krukenberg ^) bei Limiiila und nach Sc HMiEDEßERG ') bei Lepos Chitin und Conchiolin nebeneinander vorkommen. 1) 1. p. 344. c. p. 25. 2) Keukenbeeg, C. Ueber das Conchiolin und über das Vorkommen des Chitins bei Cephalopoden. Ker. Deutsch. Chem. Ges. 18. Jahrg. 1885. p. 992. 3) üeber das Vorkommen des Chitins. Z. Anzeiger. Jahrg. 1SS3. p. 412. 4) 1. p. 20. c. p. 392. 404 B. Vergleichend-Anatomischer (Morphologischer) Theil. Auch entwickelungsgeschichtlich wird diese Auffassung; gestützt; denn nach einstimmiger Angabc aller Embryologen') entsteht die sogenannte Schalendrüse (in welcher, einerlei, ob im erwachsenen Zustande ein Gehäuse vorhanden ist, oder nicht, bei allen Embryonen eine provisorische Schale secernirt wird, und von der aus auch die definitive Gehäusebildung unter allen ITmständen ausgeht) in Form einer ectodermalen Einstülpung. Für uns ist nun aber die weitere Frage von Belang, ob auch diese Cuticulargebilde eine fibrilläre Structur erkennen lassen. Weitaus die meisten Forscher, welche sich mit der Entstehung der Mollusken- schalen beschäftigt haben, sprechen auch hier, soweit der organische Bestandtheil in Be- tracht kommt, von homogenen oder geschichteten Membranen. Eine entgegengesetzte Auf- fassung vertrat nahezu ganz allein, aber dafür mit um so seltenerer Ausdauer von Nathusius- KüXiGSBORN ')**); er erkannte dank seinen mit Hilfe einer überaus vervollkommneten Technik angestellten Untersuchungen***) die unzweifelhaft fibrilläre Zusammensetzung der Weichthier- gehäuse. Sehr zu Statten kommt mir, dass auch in diesem Falle (so wie für den Crustaceen- panzer) wenigstens eine der neuesten von Seiten anderer Forscher unternommenen Bearbei- tungen des Gegenstandes zvi einem mit v. Nathusius durchaus übereinstimmenden Resultate geführt hat: ich meine diejenige F. Müller's'-). Er kommt zu dem Resultate: »Die lamellöse Muschelschale wird während der grossen Metamorphose, welche die Muscheln an den Kiemen und Flossen der Fische durchmachen, fibrillär angelegt; die lamellöse Structur ist eine secundäre Bildung, die wahrscheinlich erst mit der Verkalkung eintritt. Die fibrilläre Anlage erfolgt zugleich mit der Entwickelung und Differenzirung der sich an die Schale setzenden Muskeln.« Ein überaus instructives Beispiel für die fibrilläre Structur der Cuticulargebilde von Mollusken stellt auch der von Brock') beschriebene Kiefer^) einer jungen Affriolimax dar. Die Fibrillen (oder die Längsstreifen, um Brock's Ausdrucksweise beizubehalten) der Mund- Epithelzellen, welche den Kiefer absondern, scheinen sich hier direct auf den in der Bildung begriffenen Kiefer fortzusetzen. In gutem Einklänge mit diesem Verhalten steht auch, dass es in der Haut gewisser a) Taf. 37. Fig. 23. 1) Nathusius-KÖnigsbürx, W. v. Untersuchungen über nicht celluläre Organismen etc. Berlin 1S77. p. 46. 2) Müller, Felix. Ueber die Schalenbildung bei Lamellibranchiaten. Dissert. Breslau 1S55. p. 35. 3) 1. p. 323. c. p. 380. Anmerkung 4. *) Man vergl. die bezüglichen Arbeiten von Stephanofk, Lankester, Rabl, Hatschek und Ziegler. **) 'Wenn ich auch mit. den genannten Autoren hinsichtlich der Thatsache übereinstimme, dass der cuticulare Theil der Molluskengehäuse aus Fibrillen bestehe, so befinde ich mich doch in vollkommenem Wiederspruche mit ihnen bezüglich der Interpretirung dieses Factums. Müller schliesst, »dass die Muschelschale kein Secretions- product sein kann, sondern belebt ist und durch Intussusception wachsen muss« (1. c. p. 35), v. Nathusius, »dass es sich bei ihnen wirklich um lebende und wachsende Organisationen und nicht um mechanisch geformte Sectetionen handelt.« (l. c. p. 115). Als Resultat meiner Untersuchungen ergiebt sich umgekehrt der mit der herrschenden Auffassung der Gerüstsubstanzen durchaus im Einklänge stehende Satz, dass die Cuticularbildungen Secrete, und zwar fadige Secrete darstellen. Man vergl. Anmerkung p. 373. ***• Die Gründlichkeit dieser Untersuchungen wird auch von einem der letzten, einen durchaus entgegen- gesetzten Standpunkt einnehmenden Bearbeiter der Schalenbildung: Ehrenbaum, Ernst. Unters, über die Structur und Bildung der Schalen etc. Zeit. Wiss. Z. 41. Bd. 1885. p. (i. anerkannt. I. Haut. 3. Vergleich mit anderen Thierclassen. e. Mollusca. 405 Mollusken zur Ausbildung ebensolcher Stäbchen und Nesselorgane kommt, wie solche im Vorhergehenden insbesondere von Anneliden und Coelenteraten, speciell in ihrem Verhält- nisse zu fadenförmigen Secreten in's Auge gefasst wurden. Als vor nun mehr als vierzig Jahren durch Alder und Hancock das so überraschende Vorkommen förmlicher Nesselbatterien in den Rückenanhängen einzelner Aeolidier constatirt wurde, mag es wohl manchem in der damaligen Typentheorie Befangenen schwer geworden sein, an eine vollkommene zwischen diesen und den bekannten Coelenteratengebilden waltende Uebereinstimmung zu glauben. Und doch haben die darauffolgenden Untersuchungen, vor allen diejenigen von Beruh, Meyer, Möbius und Trinchese, neben der weiten Verbreitung dieser Nematocysten in der betreffenden MoUuskenabtheilung auch deren unzweifelhafte Iden- tität mit denjenigen der Coelenteraten erwiesen. Sie entstehen ebenfalls in besonderen Bil- dungszellen, und wenn auch der entscheidende embryologische Nachweis noch aussteht, so kann doch dem ganzen anatomischen Verhalten der Nesselsäcke nach über den ectodcrmalen Ursprung letzterer kaum ein Zweifel herrschen. Weniger befriedigend ist das, was über die Bedeutung der Nesselorgane speciell im Haushalte dieser Thiergruppe bekannt geworden ist. Die einzigen, welche sich überhaupt mit der Frage beschäftigt zu haben scheinen, sind Alder und Hancock, sowie Bergh. Erstere') schildern, wie die Aeolidier, gereizt oder erschreckt, ihre Papillen aufrichten, heftig schütteln und dabei eine milchweisse Flüssigkeit aus deren Spitzen entleeren, welcher Flüssigkeit wahrscheinlich Nesselorgane beigemischt seien. Daraus lässt sich folgern, dass jene Autoren letztere Organe wohl für Waffen zur Vertheidigung ihrer Träger zu halten geneigt waren. Bergh'-) spricht sich umgekehrt mehr zu Gunsten einer aggressiven Function aus, indem er sich vorstellt, dass die Nesselorgane eine giftige Wirkung auf die Haut der Beutethiere ausüben. Eingehendere Beobachtimgen werden zu entscheiden haben, ob nicht auch hier die Nema- tocysten (entsprechend anderen klebrigen Drüsensecreten) in erster Linie als Fang- oder Haft- apparate dienen; überhaupt ob sie nicht auch noch ähnliche Cuticularbeziehungen aufweisen, wie deren so schlagende in der Genese der Cereanthus-Külle erhalten blieben. Neben den exquisiten Nesselkapseln mit aufgerollten inneren Fäden und Härchenspirale fehlt es auch nicht an minder ausgebildeten'), sowie solchen, die eines Fadens überhaupt ent- behren und dadurch in die Kategorie der hauptsächlich bei den Würmern so verbreiteten »Stäbchen« oder Rhabditen rücken. Solche Stäbchen wurden auch von Sempera) in den Hautdrüsen der Pulmonaten be- 1) Alder, J., and A. Hancock. A Monograph of the British Nudibranchiate Mollusca. London Ray Society 1845. j). 22. 2) Bergh, R. Anatomiske Bidrag til kundskab om Äolidierne. Särskilt aftrykt. Danske Vid. Selsk. Skrift. (5) Bind 7. 1S64. p. 47. 3) Man vergl. besonders Bergh, R. 1. c, sowie Keferstein und Ehlers, Zoologische Beiträge etc. Leipzig 1861. p. 97, ferner Bergh, R. Notizen über PleurophylUdia Loveni. Mal. Blätter (2) 1. Bd. p. 82. 4) Semper, C. Beiträge zur Anatomie und Physiologie der Pulmonaten. Zeit. Wiss. Z. 8. Bd. 1S57. p. 341. 406 B. Vergleichend-Anatomischer (Morphologischer) Theil. obachtet und sodann von Seiten liEYDio's'i genauer beschrieben. Letzterer Autor verglich sie den stabförmigen Gebilden der Anneliden soAvie den Nesselkapseln der Coelenteraten. Die zusammengerollten Fäden, welche er in einzelnen Hautdrüsen wahrnahm und welche sich auch noch im ausgetretenen Schleime erkennen Hessen, verglich er den Byssusfäden der Muscheln. Endlich finden auch bei den Mollusken die adäquaten Beziehungen darin ihren Aus- druck, dass specifische Spinndrüsen zur Ausbildung gelangt sind, welche ganz ähnlich klebrige, in der Luft oder im Wasser erstarrende Fäden zu secerniren vermögen wie die gleichnamigen Drüsen der Anneliden und Arthropoden. Bei den Lamellibrancliiaten ist das betreffende im Bereiche des Fusses gelegene Organ unter dem Namen „Byssusdrüse" bekannt. Die erste wissenschaftlich befriedigende Bearbeitung dieser Drüse haben wir A. Müller') zu verdanken; er stellte den auch heute noch gültigen Satz auf: »Die Byssus ist nicht organisirt, sondern das erhärtete Secret einer Drüse, welches die (nicht wesent- liche) Form von den muskulösen Weichtheilen des Thieres erhält.« Ferner den anderen uns interessirenden : »Die Byssus steht also physiologisch dem Gespinnste der Insecten am nächsten, und es ist nur der Unterschied, dass das Insecten-Gespinnst nicht mit dem Körper in steter Berührung bleibt, also bei ihm keine Yerbinduugsmaterie Statt haben kann. Sie ist auch ebensoweit der Materie zu vergleichen, womit die lionsia palpebrosa. ein Cephalopod, nach Ross' Beschreibung ihre Eier aneinanderheftet, welche ebenfalls Secret einer Drüse ist.« Was diese »Verbindungsmaterie" betrifft, so ist zu bemerken, dass Möller zwei Secret- formen unterschied: nämlich ein aus der Drüse selbst stammendes als Byssusmaterie, und ein von der Höhle, in der die Byssus sitzt, abgeschiedenes als Verbindungsmaterie; letztere sollte nur dazu dienen, die Byssus am Thiere zu befestigen. Durch Tillberg'') wurde aber nach- gewiesen, dass sich Müller in diesem Punkte geirrt hatte, indem die ganze Byssus von gleich- artigen Drüsen abgesondert wird. Tullberg seinerseits witrde dann insofern durch Carriere'; corrigirt, als letzterer zeigte, dass ausser der Byssusdrüse auch die Byssushöhle (wenigstens bei den mit stark ausgebildeter Byssus versehenen Formen) betheiligt sein könne. Eine genaue anatomisch-histologische Untersuchung des Organs hat sodann Barrois"') geliefert. Für meine Zwecke genügt es hervorzuheben, dass auch den Resultaten dieses Autors zufolge die Byssus als Drüsensecret betrachtet werden muss; er drückt seine ITeber- zeugung in den Worten aus: »II est-hors de doute maintenant que le byssus est un produit glandulaire. et bien aveugle serait celui qui persisterait encore ä le considerer comme forme de fibres musculaires dessechees ou chitinisees.» Wie schon vor A. Mült.er einzelne Forscher* . ohne genauere Kenntnisse über die 1, Leydig, f. Die Hautdecke und Schale der Gastropoden etc. Arch. Naturg. Jahrg. IbTO. p. 220 — 228. 2) Müller, A. Ueber die Byssus der Acephalen etc. Arch. Xaturg. Jahrg. 3. 1S37. 1. Bd. p. 1 und 'i\. 3) TvLLBERG. F. Ueber die Byssus des Mytilus edulis. Nova Acta Reg. Sog. Ups. (3) 1877. 4) CARRiiäRE, J. Die Drüsen im Fusse der Lamellibranchiaten. Arb. Z. Inst. Würzburg 5. Bd. 1882. p. 56. 5) Barrots, Th. Les Glandes du Fied et les Pores Aquiferes chez les Lamellibranches. Lille 1SS5. *) Man vergl. bezüglich des Historischen Barrois 1. c. p. 1 — 8. I. Haut. 3. Vergleich mit anderen Thierclassen. e. Mollusca. 407 anatomischen Verhältnisse des betreffenden Organes zu besitzen, mit richtigem Tact die Byssus als ein zu Fäden erstarrtes Drüsensecret erklärt, so fehlte es auch nicht an solchen, welche einen entgegengesetzten Standpunkt vertreten hatten. Von grösstem Einflüsse war die Auffassung Blaknville's'), derzufolge die Byssus ein Büschel vertrockneter Muskelfasern darstellen sollte, von um so grösserem, nachdem diese Auffassung sich auch noch der Zustimmung eines Leydk; '-) rühmen konnte. So sehen wir denn auch (abgesehen von v. Nathusius-Königsborn, der natür- lich seinem ganzen Standpunkte entsprechend die Byssus als ein »organisirtes Gebilde« be- trachten muss) in einer Abhandlung jüngsten Datums diese Auffassung wiederkehren. Nach F. Müller-') soll nämlich nur die äussere unelastische Rindenschicht der Byssus ein Secretions- product sein, die inneren elastischen Fasermassen aber, welche so continuirlich in die Muskel- fasern des Fusses übergehen, hält er mit Leydig für chitinisirte Muskelfasern. Nach den im Vorhergehenden erwähnten, ausführlichen, in der Hauptsache durchaus übereinstimmenden Arbeiten von A. Müller, Tullberg, Carriere und Barrois (welche Reihe leicht noch durch Namen solcher Forscher vermehrt werden könnte, die sich mehr nebenbei mit dem Thema befasst haben) darf aber diese BLAiNviLLE-l.EYDiGsche Auffassung als ein für alle Mal widerlegt betrachtet werden; die Byssus ist nichts Anderes, als ein zu Fäden er- starrtes Drüsensecret. Was nun die Function^) dieser Lamellibranchier- Spinndrüsen betrifi't, so kann kein Zweifel darüber walten, dass deren Secret in erster Linie dazu dient, die Thiere an einem festen (xegenstande anzukitten. Diejenigen mit sehr stark entwickelten Drüsen (wie Pinna und 3Ii/tilus) spinnen sehr umfangreiche Barte, welche sie wohl freiwillig nie mehr während ihrer Lebensdauer ablösen. Andere dagegen mit weniger entwickelten Drüsen spinnen nur wenige Fäden zu zeitweiliger Befestigung. So Pisidium, um sich von schwebenden Wasser- linsen herabzulassen; das Thier bleibt Stunden lang an seinem Gespinnste hängen, um dann an eben demselben wieder emporzusteigen; ähnlich Leptoii und Crenella. Auch zur Fortbe- wegu^ng an senkrechten Flächen scheint die Byssus gelegentlich benutzt zu werden). Mehr Anklang an die Fadensecrete anderer Thiergruppen bietet die Verwendung der Byssus zum Nestbau. Eine ganze Reihe von Bivalven verkittet mit Hilfe der klebrigen Byssus- fiiden pflanzliche oder mineralische Partikel zu Wohnbehältern. Besonders interessant ist in dieser Hinsicht Modiola restita, welche den Beobachtungen PniLipn's zufolge ihre Schale in einen Sack hüllt, der innerlich aus einem Filze grauer Fäden, äusserlich aus Steinchen, Schalentrümmern und dergleichen besteht. Bronn'') fügt dem hinzu: »Byssus scheint dem \) De Blainville. Manuel de Malacologie. Paris 1S25. p. 115. 2) 1. p. 374. c. p. 140. 3) 1. p. 404. c. p. 34. 4) Man vergl. Bkonn, H. G. Die Klassen und Ordnungen der Weichthiere. 3. Bd. 1. Abth. Acephala. Leipzig u. Heidelberg 1862. p. 43G. 5) Trton, G. W. Structural and Systematic Conchology. Vol. 1. Philadelphia 1SS2. p. 110. 0) 1. c. p. 437. 408 B- Vergleichend- Anatomisch er (Morphologischer) Theil. Ganzen als Bindemittel oder Grundlage zu dienen«: ich glaube aber, dass der Filz grauer Fäden ebenfalls aus der Byssusdrüse stammen wird. Die Byssusdrüse wird schon lange ganz allgemein als Hautdrüse betrachtet. MiLKE Edavards'} sagt in diesem Betreffe: »On peut Tanger aussi dans la categorie des glandes cutane.s les orgaiies qui produisent le by.ssus des moules« etc. Und Gegenbaur-): ))Zu den selbständiger entwickelten Drüsenorganen des Integumentes gehört die Byssusdrüse der Lamellibranchiaten« etc. Embryologisch wurde diese Auffassung allerdings erst vor Kurzem durch eine Arbeit Ziegler's'') sanctionirt, indem die früheren entwickelungsgeschichtlichen Untersuchungen speciell hierüber keine volle Klarheit geschaffen hatten. Dagegen haben letztere Untersuchungen von Anfang an eine andere, für die morphologischen Beziehungen dieser Drüsen meiner Ansicht nach überaus bedeutsame Thatsache aufgedeckt: nämlich die, dass das im erwachsenen Thiere unpaare Organ im Embryo, respective im Jungen paarig erscheine. Dieser wie es scheint zuerst von Quatrefages ^] für Aiiodonta bildlich dargestellte Sach- verhalt stiess zunächst auf Zweifel 'j. Mit Unrecht; denn alle nachfolgenden an Acephalen vorgenommenen embryologischen Untersuchungen haben die doppelte Anlage der Byssusdrüse bestätigt. So zunächst Leydig'') an Ci/clus: ».\ls ein besonderes embryonales Gebilde hat sich im hinteren Theil des Fusses die Byssusdrüse gebildet, ich zähle deutlich zwei Byssusfollikel.« Ferner konnte Carriere") noch an einem bereits Va mm langen C'j/t7<76- Embryo »ein sehr deutliches zweitheiliges Ansehen der Drüse« constatiren. Endlich wurde durch Ziegler-) ebenfalls an Cyclas die ursprünglich doppelte Zellenanlage der Bysstisdrüse nachgewiesen. Von grosser Bedeutung für die morphologische Werthschätzung des Organes waren auch die durch ('arriere'') inaugurirten vergleichend - anatomischen Untersuchungen, Avelche zum Resultate führten, dass eine grosse Anzahl solcher Ijamellibranchiaten, welche man einer Byssus entbehrend erachtete, eine solche — allerdings in mehr oder weniger rudimentärem Zu- stande — besitzen. Viele dieser sich unter der Form von Drüsen, Säcken oder Spalten dar- stellenden rudimentären Byssiisorgane sollen bisher irrthümlich für Poren zur Wasseraufnahme in das Gefässsystem angesehen worden sein. Carriere kommt auf Grund seiner vergleichend- 1) Mllne Edwakds, H. Lecons sur la Physiologie et lAnatomie comparee etc. Tome lU. Paris IS72. p. 140. 2) 1. p. 9. c. p. 34S. 3) ZiEGLEK, E. Die Entwickelung von Cyclas coniea Lam. Zeit. "Wiss. Z. 41. Bd. ISSö. p. 546. 4) Quatrefages, A. de. Memoire sur la vie intra-branchiale de petites Anodontes. Ann. Sc. N. (2) Tome 5. 1836. p. 321. 5) SrEBOLD, C. Th. Lehrbuch der vergl. Anatomie. Erster Theil. Berlin 1S4S. p. 294. 6) Leydig, F. Ueber Cyclas cornea Lam. Arch. Anat. Phys. Jahrg. 1S55. p. 62. 7) \. p. 406. c. p. 75. 8) 1. p. 408. c. p. 547. 9) 1. p. 406. c. p. 83. I. Haut. 3. Vergleich mit anderen Thierclassen. e. Mollusca. 409 anatomischen Reihe fund im Hinblicke auf Cj/clas, »wo sich die Umwandhing einer zwei- theiligen Byssusdrüse in einen rundlichen Sack vor unseren Augen vollzieht«) zu dem Schlüsse : »dass das Byssusorgan ein ursprünglich sämmtlichen Lamellibranchiaten ge- meinsames ist, welches im Laufe der Zeit bei vielen ausser Gebrauch kam und dann der Rückbildung anheimfallend mehr oder weniger tiefgreifende Verände- rungen erlitt.« C'arriere's Angaben fanden eine durchgreifende Bestätigung in den gleichzeitig ausge- führten Arbeiten von Barrois'). Letzterer Forscher kam aber überdies durch seine an einem umfassenden Materiale gewonnenen Erfahrungen dazu am Lamellibranchiatenfusse zwei Drüsen- kategorien zu unterscheiden^): die eine stets im Vordertheile gelegene nennt er Schleim- drüsen, die andere meist die mittlere Region einnehmende Byssusdrüsen. Wir werden weiterhin sehen, wie sich die Unterscheidung dieser beiden Drüsenformen beim Vergleiche mit den entsprechenden Gastropodendrüsen überaus folgenreich bewährt hat.'') Dass auch die Gastropoden im Stande sind Fäden zu spinnen ist eine lange be- kannte Thatsache. Neuerdings hat aber erst Eimer'*) durch Beschreibung seiner Beobachtung einer sich an einem »Schleimfaden« von dem Blatte eines Maulbeerbaumes au.f die Erde herab- lassenden Limax agrestis wieder die Aufmerksamkeit auf ■)fadenspinnende Schnecken« gelenkt. Seiner Aufforderung bezüglich Mittheilungen früherer Beobachtungen ist v. Martens^) nach- gekommen. "Wohlbewandert in der betreffenden Literatur, gibt derselbe eine ganze Reihe hauptsächlich Pulmonaten betreffender, theilweise bis zum 17. Jahrhundert zurückreichender Beispiele. Indem ich auf diese Zusammenstellung*) verweise, beschränke ich mich darauf, Einen (auch in ihr erwähnten) Fall etwas ausführlicher mitzutheilen, weil er geeignet ist ein interessantes Licht auf die Beschaffenheit des Spinnsecretes, respective auf dessen Ueberein- stimmung mit demjenigen anderer Thierabtheilungen zu werfen. Rang^) erhielt eine Anzahl der fadenspinnenden Litiojni, nachdem sie 15 Monate in Alcohol (liqueur) gelegen hatten, zur Untersuchung. Sobald er mit der Scalpellspitze eine unter dem Fusse dieser Thiere gelegene schleimige Masse berührte, so klebte die Spitze fest und er konnte zu mehreren Malen bis J '/2 Fuss lange Fäden ausziehen. »Chaque individu«, so schliesst der genannte Autor, »nous ayant offert la meme particularite , nous avons pense que ce produit etait celui dont l'animal se servait pour se fixer aux plantes marines, lorsqu'il s'en ecartait pour quelques instans.« a) Vergl. p. 413. 1) Die Resultate der verschiedenen hierhergehörigen Abhandlungen des Autors findet man in dem 1. p. 406. c. Opus p. 7. aufgeführt. 2) 1. p. 406. c. p. 86. 3) Eimer, Th. Ueber fadenspinnende Sehnecken. Z. Anzeiger Jahrg. 1S7S. p. 123. 4) Maktens, E. V. Zur Kenntnis der fadenspinnenden Schnecken. Z. Anzeiger Jahrg. 1878. p. 249. 5) Rang, M. Notice sur le Litiope etc. Ann. Sc. N. Tome 16. 1829. p. 303. ") Mit Unrecht vermisst v. Martens die Erwähnung fadenspinnender Schnecken in dem Nachschlagewerk Kefersteix's ^BRONN■s Classen und Ordnungen 3. Bd. 2. Abth.). Auf pag. 1068/69 stehen mehrere Fälle, darunter auch der oben ausführlicher mitgetheilte von Rang, aufgeführt. Vergl. auch pag. 934 des Kefersiein' sehen Werkes. Zool. Stitiou z. Neapel, Fauna nnd Flora, Golf von Neapel. Capitelliden. 52 410 B- Vergleichend-Anatomischer (Morphologischer) Theil. Demnach würde das Fadensecret der Gastropoden ähnlich den Byssusfäden gewisser Bivalven eine vorwiegend locomotorische Bedeutung haben; denn auch beim Kriechen von Land- und Wasserschnecken scheint es, wie Simroth') ermittelt hat, als »Schleimband« eine wichtige Rolle zu spielen. Die relativ geringe Beachtung, welche bisher der Biologie niederer Thiere geschenkt zu werden pflegte, muss uns in der Entscheidung der Frage, ob die Fadensecrete der Gastro- poden nicht auch noch anderen Zwecken dienen, vorsichtig machen. Von Interesse in dem Sinne ist jedenfalls die Beobachtung Eougemont's^), derzufolge Vermetus copiöse »Schleimmassen« absondert, eine Zeit lang schleierartig im Wasser ausgespannt hält, und sodann sammt allem, was daran kleben blieb, verschluckt. Rougemont glaubt, dass sich das Thier auf diese Weise die zu seiner Nahrung dienenden kleinen Organismen »fischt«. Während bei den Lamellibranchiaten in Folge der bei einzelnen Gattungen zeitlebens bestehen bleibenden Verbindung zwischen Thier und Secret die Ursprungsstätte des letzteren ohne Weiteres off"enbar wurde, hat sich bei den Gastropoden die Kenntniss der die Faden- secrete liefernden Organe nur langsam Bahn zu brechen vermocht. Allein von Pulmonaten waren lange Zeit hindurch zwei an entgegengesetzten Stellen des Fusses mündende Drüsen- formen bekannt geworden: nämlich die Pussdrüse und die Schwanzdrüse, und auch von diesen hat die erstere — trotzdem gerade sie allein eine genaue anatomische Bearbeitung') erfahren hatte — bis vor Kurzem hinsichtlich ihrer Function zu Controversen Veranlassung gegeben. Die letztere dagegen wurde — obwohl lange nicht so genau erforscht — schon früher in bestimmtere Beziehungen zur spinnenden Thätigkeit dieser Thiere gebracht; ich ersehe wenigstens aus Milne Edwards'}, dass verschiedene ältere Beobachter fadenspinnender Schnecken speciell diese Drüse als Quelle des erstarrenden Secretes bezeichnet hatten. Einen erheblichen Fortschritt bildete die Entdeckung Oarriere's ') , derzufolge der Wasser- porus auf der Mittellinie des Prosobranchierfusses nichts mit einem Wassergefässsysteme zu thun habe, dagegen die Mündung einer Drüse darstelle, sowie, dass ausser dieser Drüse bei jener Gastropodengruppe noch sehr allgemein eine andere grosse Schleimdrüse in dem Vorder- ende des Fusses vorkomme. Dieses Vorkommen von zweierlei Drüsen am Prosobranchierfusse wurde sodann durch Simroth") an Valvata bestätigt, indem letzterer Forscher zugleich die vor- dere Drüse mit der Fussdrüse der Pulmonaten verglich und die hintere als diejenige be- zeichnete, welche die Fäden liefere, an denen sich die betreffenden Thiere von Gegenständen im Wasser in die Tiefe hinabliessen. 1) SiMROTH, H. Ueber die Bewegung und das Bewegungsorgan des Cychstoma elegans etc. Zeit. Wiss. Z. 36. Bd. 1882. p. 28 und 40. 2) Rougemont, Ph. de. Note sur le grand Vermet. Bull. See. Sc. X. Neuchätel. Tome 12. p. 94. 3) Sempeb, C. 1. p. 405. c. p. 351. 4) 1. p. 131. c. p. 139. 5) Carkiere, 3. Das Wassergefässsystem der Lamellibranchiaten und Gastropoden. Z. Anzeiger Jahrg. 1881. p. 433. 6) SiMBoTH, H. Die Fussdrüsen der Valvata pisrinalis. Z. Anzeiger Jahrg. ISSl. p. 527. 1. Haut. 3. Vergleich mit anderen Thierclassen. e. Mollusca. 411 In einer folgenden ausführlicheren Untersuchung kommt auch C.^rriere') zu einer präcisen Unterscheidung der zwei Drüsenkategorien; er nennt nämlich die vorn im Bereiche des Mundes gelegene Drüse »Lippendrüse« und die hintere "Drüse der Fusssohle.« Die Lippendrüse der Prosobranchier vergleicht er mit Simroth der Fussdrüse der Pulmo- naten und als auf ein mögliches Homologon der Fuss sohlen drüse weist er allerdings zögernd) auf die Schwanzdrüse von Arioii hin. Ganz im Einklänge mit dieser Auffassung unterschied sodann auch Houssay-) in einer vorwiegend dem Deckel der Gastropoden gewidmeten Untersuchung zwei distincte Drüsen am Gastropodenfusse, nämlich eine vordere als »glande supra-pedieuse« und eine hintere als »glande pedieuse«; letztere sei es, welche ausschliesslich das Secret für die Spinn- faden liefere. Auch die Drüsen des Gastropodenfusses werden von den meisten Forschern als Hautdrüsen betrachtet; freilich fehlt in diesem Falle der embryologische Nachweis, der für die Lamellibranchiaten wenigstens an einer Form erbracht wurde, gänzlich. Wenn wir aber bedenken, dass der Fuss selbst in Form einer Ectodermverdickung angelegt wird, so kann es keinem Zweifel unterliegen, dass auch die so innig mit ihm verbundenen Drüsen sich als ectodermalen Ursprunges erweisen w'erden, dass mit anderen Worten die Entwickelungsge- schichte die vergleichend-anatomische Interpretation früher oder später bestätigen werde. Und nun sind wir hinlänglich vorbereitet, um die Frage in's Auge zu fassen, ob sich die Fadensecrete liefernden Drüsen der Lamellibranchiaten und Gastropoden auch im morphologischen Sinne mit einander vergleichen lassen, ob sie als homo- loge Gebilde betrachtet werden können. Die Kenntniss dieser Homologie war nicht wenig dadurch erschwert worden, dass Loven in seinen bekannten, noch heute einflussreichen embryologischen Studien die Byssusdrüse dem Gastropodendeckel verglichen hatte. Obwohl es keineswegs an vielfachem Widerspruche gefehlt hatte, so blieben doch selbst so namhafte Forscher wie Huxley und Balfour dieser Auffassung durchaus günstig gesinnt. Die erste Andeutung eines (im morphologischen Sinne gemeinten^ Vergleiches zwischen den Byssusdrüsen der Lamellibranchiaten und den Spinn- drüsen der Gastropoden finde ich bei Keferstein') in dem Satze: »Auf dem Rücken des Metapodiums bildet sich bei den Gastropoden der Deckel, bei den Muscheln, wo solche Ausbildung des Fusses nicht stattfindet, entsteht, aber doch am hinteren Ende desselben, der Byssus und es hätte danach etwas Verführerisches sich Loven anzuschliessen, der den Deckel der Gastroj)oden dem Byssus der Muscheln entsprechend ansieht. Aber auch diese Meinung darf man nicht bewahren, denn bei mehreren Gastropoden, z. B. Cerithidea^ Rissoa u. s. w., kommt neben dem Deckel auch noch ein Byssus vor, dessen genauer Ursprung und Entstehung mir aber nicht bekannt ist, und überdies ist es auch 1) Carriere, J. Die Fussdrüsen der Prosobranchier und das Wassergefässsystem der Lamellibranchier und Gastropoden. Arch. Mikr. Anat. 21. Bd. 1S82. p. 391—399 und p. 426. 2j HoussAY, F. Recherches sur l'Opercule et les Glandes du Pied des Gasteropodes. Arch. Z. Exper. (2) Tome 2. 1S84. p. 24S und p. 264. 3) 1. p. 403. c. 3. Bd. 2. Abth. Cephalophora p. 934. 412 B- Vergleichend-Anatomischer (Morphologischer) Theil. gar nicht erforderlich, dass der Deckel durchaus bei den Muscheln eine Vertretung finden müsste, da man ihn, wie ja auch die Schale selbst nicht als ein wesentliches Erforderniss ansehen darf.« Sodann sprach sich im Hinblicke auf die Uebereinstimmung der bezüglichen Secrete in ähnlichem Sinne Leydig ') aus ; er verglich, wie sich später zeigte ganz richtig, speciell die Schwanzdrüse der Pulmonaten mit der Byssusdrüse. Einen auf die (ja erst ganz neuerdings erschlossenen) morphologischen Thatsachen sich stützenden, wenn auch noch nicht recht bestimmten Ausdruck fand aber dieser Vergleich erst in jener schon im Vorhergehenden erwähnten Abhandlung Carriere's ^) , in welcher er die zwei Drüsenkategorien des Gastropodenfusses schärfer zu präcisiren suchte. Er sagt nämlich: «Etwas sehr lockendes hat schon auf den ersten Elick die Vergleichung der beiden Prosobranchier- Drüsen mit den Fussdrüsen der Byssusmiischeln, beziehungsweise der Muscheln mit rudimentärer Byssus- drüse. Denn hier finden sich auch zwei Drüsen, deren eine nahe der Spitze des Fusses durch einen kleinen Querspalt ausmündet, und deren andere bei den Muscheln mit rudimentärem oder fehlendem Byssus auf Quer- und auch auf Längsschnitten oft eine frappante Aehnlichkeit mit der Drüse der Fusssohle zeigt. Ich verweise zur Vergleichung « ))Man wird mir zugeben müssen, dass die Uebereinstimmung grösser ist, als dass man sie bei so ver- hältnissmässig nahen Verwandten dem reinen Zufall zuschreiben könnte: und wenn man eine direkte Be- ziehung zwischen Lamellibranchiaten und Gastropoden annimmt, dann wird man nicht umhin können, die Drüse der Fusssohle als ein von den Byssusmuscheln überkommenes Erbtheil zu betrachten.« Aehnlich bedingt sprach sich sodann Sarasin^), das Vorkommen der Fussdrüsen bei einem Opisthobranchier constatirend, aus; der betreffende Satz lautet: »Es erscheint somit wahrscheinlich, dass die Fussdrüse fast allen Gastropoden zukommt, und es ist ferner zu vermuthen, dass sie der Byssusdrüse der Muscheln homolog ist.« Viel schärfer formulirt Avurde dagegen die fragliche Homologie in der bereits citirten Arbeit Houssay's^). Nachdem letzterer auf Grund einer vergleichenden Untersuchung des Gastropodendeckels zur Einsicht gekommen war, dass dieses Organ weder Einer der Lamelli- branchiaten-Schalen, noch deren Byssus homolog erachtet werden könne, dass es im Gegentheil als eine distincte, vorläufig auf keine andere beziehbare Bildung betrachtet werden müsse, fasst er als Homologen der Byssusdrüse im Einklänge mit C'arriere die hintere Drüse des Gastropodenfusses folgendermaassen in's Auge: »II me semble que par leur structure, leur position dans le pied et meme dans certains cas par leur facon de fonctionner, ces glandes doivent etre rapprochees de Celles qui produisent le byssus chez les Acephales.n Und weiterhin: »Dans la glande du byssus on retrouve toutes les parties de la glande pedieuse des Gasteropodes plus dcveloppees ä la verite, mais il n'y a pas des parties importantes surajoutees.« Endlich hat sich auch Barrois^) in seiner vorwiegend der Acephalen- Spinndrüse ge- 1) 1. p. 406. 0. p. 227. 2) 1. p. 411. c. p. 427. 3) Sar.\sin, P. B. Ueber drei Sinnesorgane und die Fussdrüse einiger Gastropoden. Arb. Z. Inst. Würz- burg. 6. Bd. 18S3. p. lO.j. 4) 1. p. 411. c. p. 27S— 2S1. 5) 1. p. 4ÜG. c. p. 98—102. I. Haut. 3. Vergleich mit anderen Thierclassen. e. Mollusca. 413 widmeten Monographie, wie aus nachfolgendem Passus hervorgeht, sehr zu Gunsten dieser Homologie ausgesiirochen : »Que les glaiides pedieuses de Houssay, les Drüsen der Fusshöhle de Cärriere soient absolument les homologues des glandes byssogenes, cela ne me parait pas faire le moindre doute, et mes devanciers l'ont trop bien prouve poiir que j'insiste sur ce siijet.« Derselbe Autor hat aber auch diese Homologie dadurch vervollständigt, dass er die (von ihm erst scharf unterschiedenen ') vorderen Drüsen der Lamellibranchiaten (die Schleim- drüsen) den vorderen Drüsen der Gastropoden (den Lippendrüsen) verglich. »Tout plaide en faveur«, so schliesst Barrois, »de ce rapprochement, et ces deux ordres de glandes sont absolument comparables entre eux, tant par leur Situation que par leurs caracteres physiques et meme par leurs fonctions physiologiques«. Wir hätten also, dem Vorhergehenden zufolge, bei den Lamellibranchiaten sowohl, als bei den Gastropoden zwei Drüsenkategorien zu unterscheiden, welchen im Laufe ihrer Erfor- schung so verschiedene Namen beigelegt worden sind, dass ich letztere zur besseren üeber- sicht zunächst einander gegenüberstellen will: Vordere Drüsen: Hintere Drüsen: 1 Pulmonata: Fussdrüse Aut. Schwanzdrüse Aut. Gastropoda , . ( Lippendrüse Cärriere. Fusssohlendrüse C'arriere. Prosobranchia: ^ , , ^^ ^ ( ( Glande supra-pedieuse Houssay. Glande pedieuse Houssay. Lamellibranchiata Schleimdrüsen Barrois. Byssusdrüse Aut. Es würde sich vielleicht empfehlen, fortan die erste Gruppe, also die vorderen Drüsen, insgesammt als »Schleimdrüsen" und die andere, die hinteren Drüsen, als »Spinndrüsen« zu bezeichnen. Uns interessiren vorwiegend letztere, die Spinndrüsen; insbesondere das Factum, dass sich solche Drüsen ganz allgemein bei Lamellibranchiaten und Gastropoden vorgefunden haben, indem dadurch, sowie durch die anerkannte Homologie derselben, auch hier die alte Errungenschaft ectodermaler Fadensecrete documentirt wird. Viel bleibt freilich in dieser Hinsicht noch aufzuklären: so das eventuelle Verhalten dieser Drüsen in den übrigen Molluskengruppen. Hubrecht') hat ja seiner Zeit in der Hinsicht erfreuliche Hoffnungen er- weckt, indem er von seiner nProneometuau schrieb: «Rechts und links vom After findet sich noch ein ebenfalls mit Drüsenepithel versehenes Gebilde, welches von einer mächtigen Muskelmasse eingeschlossen m ird und in das Vestibulum nach aussen mündet. Feinfaserig ausgezogene Massen, welche augenscheinlich von dieser Doppeldrüse secernirt werden, machen es nicht unwahrscheinlich, dass hierin eine der Byssusdrüse ähnliche Bildung vorliegt.« Aber aus einer nachfolgenden Abhandlung'-) erfahren wir, dass ihn ein genauerer A'er- gleich mit den Byssusdrüsen in jener Deutung wiederum wankend gemacht habe. Das geht indessen mit Sicherheit aus Hubrecht's Beschreibimg hervor, dass in dem rectalen, unverkenn- a) Vergl. p. 409. 1) Hubrecht, A. Proneomenia Sluiteri gen. et sp. n., eine neue archaische Molluskenform aus dem Eis- meere. Z. Anzeiger Jahrg. ISSO. p. 5S9. 2) Proneomenia Sluiteri gen. et sp. n. etc. Niederl. Arch. Z. Supplem. Bd. 2. ISSl. p. lU. 4^'4 ^- Vergleichend- Anatomischer (Morphologischer) Theil. bare Beziehungen zum Ectodermc darbietenden Drüsenpaare der Proneomenia (und Neo- menia) eine exqiiisite Fadendrüse, respective ein Spinnorgan vorliegt, und es würde sich verlohnen diesem Organe eine speciellere (auch biologische) Untersuchung zu Theil werden zu lassen. Ebenso müssten die am Fusse dieser Thiere vorkommenden Drüsen eingehend er- forscht und so ihre Beziehungen zu den »Fussdrüsen« anderer Mollusken klargestellt werden. Es kann zwar bei unserer jetzigen noch lückenhaften Kenntniss der Mollusken-Spinn- organe, sowie unserer geringen embryologischen Einsicht noch nicht daran gedacht werden, sie mit entsprechenden Organen anderer Thierkreise in speciellere Beziehungen zu bringen; wer aber mit mir an eine gemeinsame Abstammung der Metazoen glaubt, wem die Begriffe »Blutsverwandtschaft« und »genetische Uebereinstimmung« wirklich das bedeuten, was sie sollen: der wird zugeben, dass gerade die Verfolgung solcher Beziehungen einzelner Organe zur Aufgabe des Morphologen gehört. Die so voluminösen »Byssus« einzelner Muschelthiere haben natürlich öfters Veran- lassung zur chemischen Untersuchung von Molluskengespinnsten gegeben, und wenn auch noch keine vollständige Uebereinstimmung über deren Zusammensetzung erzielt werden konnte '), so scheint doch aus dem bisher Ermittelten so viel hervorzugehen, dass der Byssus (ebenso wie der Molluskenschale( eine conchiolinähnliche Substanz, also eine Gerüst- oder Cuticular- substanz zu Grunde liegt. f. Vertebrata. Wohl Mancher, der diese meine vergleichende Untersuchung stab- und fadenförmiger Hautsecrete bis hierher verfolgt hat, wird es zunächst auffallend finden, dass dieselbe am höchsten Thierkreise angelangt nicht Halt macht. Wo sollen da fibrilläre Cuticulae, Stäbchen, Nesselzellen, Fadendrüsen, Spinndrüsen und Homologa versteckt sein? Wer vindicirte jemals diesem Typus derartige Erbstücke aus uralter Ahnenreihe"? Und doch fehlt es auch bei ihm keineswegs an solchen Documenten; so wenig als es an einzelnen Forschern fehlte, deren Bestreben darauf hin gerichtet war, die Natur und Tragweite dieser Documente in das rich- tige Licht zu setzen. Ich möchte vor Allem auf die hauptsächlich durch die fortgesetzten Bemühungen liEYDio's ■''I erschlossenen Cuticularbildungen hinweisen; denn, wenn sich auch schliesslich einzelne von ihnen als verhornte epitheliale Producte herausgestellt haben, so bleibt doch immer noch eine so erkleckliche Zahl unbestreitbarer Fälle übrig, dass der Satz: »auch von niederen Wirbelthieren werden cuticulare Bildungen ausgeschieden« zu Recht besteht. Eine viel höhere Bedeutung würde allerdings — allen vorhergehenden Abschnitten meiner Dar- 1) Vergl. Krukenberg, C. 1. p. 347. c. p. 208. 2) Leydig, f. Ueber die allgemeine Bedeckung der Amphibien. .\rch. Mikr. Anat. 12. Bd. 1S76. p. -13S. I. Haut. 3. Vergleich mit anderen Thierclassen. f. Vertebrata. 415 Stellung zufolge — diesen Fällen zukommen, wenn auch für sie die fibrilläre Structur nach- gewiesen wäre. Abgesehen von den cuticularen Membranen bergen nun aber gewisse Vertebraten noch ein anderes, seine Beziehungen viel schlagender offenbarendes Document, angesichts dessen die Version am Platze sein möchte, »man solle die Thatsachen wägen, nicht zählen«. Dieses Document besteht aber in den in der Haut sowie in den sogenannten Schleimsäcken der Myxinoiden vorkommenden Nessel- oder Padenzellen^), deren allmähliche Erforschung wir nun Schritt für Schritt verfolgen wollen, indem sich an der Hand einer solchen Dar- stellung das im Hinblicke auf unsere Probleme Vergleichbare von selbst ergeben wird. Entdeckt wurden diese Gebilde schon im Jahre 1S24 durch Retzius'). Aber erst die «^'ergleichende Anatomie der Myxinoiden« brachte genauere Aufschlüsse, indem sie zugleich das Auffallende der Erscheinung scharf hervorhob. Jon. Müller^) beschrieb zunächst bei Myxiiie und Bdellostoma das Vorhandensein zweier, zu beiden Seiten des Bauches gelegener Reihen von metamer angeordneten Schleimsäcken. Weiterhin^) .spricht er vom Inhalte dieser Säcke; er nennt ihn "höchst merkwürdig« und »bei Wirbelthieren einzig in seiner Art«. Ebenda gibt er folgende Schilderung der Säcke: »Diese Säcke enthalten nämlich eine grosse Anzahl ovaler Körper, welche aus einem in unzähligen Windungen aufgewickelten Faden bestehen. Die Materie, woraus dieser Faden besteht, heftet sich sehr leicht an alle Körper, die damit in Berührung kommen, an, worauf sich die Körperchen zu langen klebrigen Fäden abwickeln. Die Grösse der gewickelten Fadenkörper beträgt im grösseren Durchmesser 0,0047 Zoll, der Durchmesser der Fäden ist 0,0000S. Wenn man eine lebende Myxine anfasst, oder durch die Hände durchgehen lässt, so sind die Hände bald über und über von diesen klebrigen Fäden umsponnen.« Nach JoH. Müller hat erst Leydig^) wieder den Gegenstand aufgenommen. Zu den Hautbildungen, welche früher, in Verkennung ihrer nervösen Natur, unrichtigerweise als »schleimabsondernde Apparate« angesehen wurden, rechnet Leydig auch die Schleimsäcke der Myxinoiden, hinzufügend, dass ähnliche Säckchen auch am Kopfe von Accipenser und Petro- myzon vorkämen. An einem einzigen ihm zur Verfügung stehenden Spiritusexemplare von Myxine constatirt nun ferner Leydig, dass die ovalen Körper Müller's, zu Hunderten in eine granulirte, im Leben wahrscheinlich gallertige, mit Faserfragmenten durchsetzte Masse einge- bettet, die Säcke ausfüllen. An den Körperchen selbst entdeckte er eine kleine nach aussen mündende Höhle, und was ihre Bedeutung betrifft, so möchte er »in Berücksichtigung der histologischen Verhältnisse des Schleimkanalsystemes der übrigen Fische in dem Faden, der sich zum Körperchen aufwickelt, einen Nervenfaden wittern«: denn, sollte sich diese Ver- muthung bestätigen, »so wären die Schleimsäcke der Myxinoiden aus ihrer exceptionellen Stel- lung gerückt«. Immerhin kann Leydig nicht umhin, dem hinzuzufügen: »dass die C'ontouren a Taf. 37. Fig. 24—20. 1) Retzius, A. Kongl. Vetensk. Akad. Handl. 1824. (fide Jon. Müller.) 2' Müller. Joh. Vergleichende Anatomie der My.xinoiden etc. Abh. Akad. Berlin 1S34. p. 83. 3) Untersuchungen über die Eingeweide der Fische etc. Abh. Akad. Berlin 1842. p. 119. 4) 1. p. 374. c. p. 197. (1S57.) 416 B- Vergleichend-Anatomischer (Morphologischer) Theil. des die Körperchen bildenden Fadens eine noch viel grössere Aehnlichkeit mit dem frischen Byssusfaden haben, wie ihn die aus den Kiemen genommenen Embryonen von Aiiodonta aiuititia darbieten.« Wenige Jahre später werden die Schleimsäcke und deren Inhalt von Kölliker') vor- wiegend in histologischer Beziehung untersucht. Selbst an Spiritusexemplaren fand dieser Autor Säcke, in denen alle Körperchen mehr oder weniger aufgerollt und zu einer zusammen- hängenden Masse verklebt waren; ja einzelne rollten sich beim Auseinanderzupfen dieser Masse noch weiter auf. Das Vorhandensein der von LEYDUi an den Körperchen entdeckten Höhle konnte auch Kölliker nachweisen, und da letzterer in dieser Höhle zugleich constant einen Kern antraf, so wurde er auf den Gedanken gebracht, »dass der ganze MüLLER'sche Körper die Bedeutung einer einfachen Zelle mit eigenthümlichem Inhalt habe.« Von diesem Gesichts- punkte aus untersuchte nun Kölliker die Wandungen der Säcke, sowie das Epithel der äusseren Körperoberfläche frischer Thiere und kam so zur Feststellung der wichtigen That- sache, dass sich erstens die Fadenzellen aus dem Epithel der Schleimsäcke ent- wickeln und zweitens ebensolche /eilen auch in dem übrigen Körperepithel zer- streut vorkommen. Die für diese Zellen durch Leydig angebahnten Beziehungen zum Nervensysteme hält Kölliker für unmöglich; er denkt eher an solche zu Nesselorganen. Der betreffende Passus ist so charakteristisch, dass ich ihn im Wortlaut mittheile: »Bei den Fadenzellen der Myxinen kommt einem ferner auch der Gedanke an Nesselorgane, die ja auch innerhalb von Zellen sich entwickeln, es ist jedoch, so viel mir bekannt, nichts von nesselnden Eigen- schaften des Schleimes der Fische bekannt. Man möchte sich beinahe entschuldigen, dass auch solche Möglichkeiten erwähnt werden, allein wenn man überlegt, dass nichts weniger als klar ist, welche Rolle diese Organe als Haftapparate spielen, so wird man begreiflich finden, dass man nach allen Seiten hin sich umsieht.« Die von Kölliker festgestellten Thatsachen Avurden auf Grund einer Nachuntersuchung von Seiten Max Schultze's^) (wie sich später herausstellte, theilweise wenigstens sehr mit Unrecht) beanstandet. Nach letzterem entständen die Fadenzellen keineswegs im Epithel der Schleimsäcke, da diese mit gar keinem Epithel ausgekleidet seien; ihr Inneres sei dagegen dicht ausgefüllt von einer grosszelligen, an das Gewebe der Chorda dorsalis erinnernden Masse, und zwischen ihren Elementen entständen auch die MüLi.ER'schen Körper, deren Zellennatur auch ScHULTZE zugiebt. Dass in der Epidermis ähnliche Fadenzellen wie in den Schleimsäcken zur Entwickelung gelangten, hielt Schultze ebenfalls für eine Täuschung Kölliker's; aber schon in einem seiner betreffenden Schrift beigefügten Zusätze musste ersterer, nach mittlerweile vorgenommener Prüfung der Präparate des letzteren, anerkennen, dass eine Täuschung seiner- seits stattgefunden habe, indem in der Haut der Myxine allerdings Zellen vorkämen, welche sich theilweise in einen Faden abwickeln lassen. 1) KÖLLIKEK, A. lieber den Inhalt der Schleimsäcke der Myxinoiden und die Epidermis der Neunaugen. Würzburger Naturw. Zeitschr. 1. Bd. 1860. p. 1— lü. 2) Schultze, Max. Die kolbenförmigen Gebilde in der Haut von Petromyzon etc. Arch. Anat. Phys. Jahrg. 1801. p. 292—302. I. Haut. 3. Vergleich mit anderen Thierclassen. f. Vertebrata. 417 Die Fadenzellen der Myxiiie hörten auf im Vertebratenkreise so isolirt dazustehen, nachdem Eberth') in den Zellen der untersten Epidermislagen von Froschlarven ebenfalls stab- und fadenförmige Gebilde aufgefunden hatte. Letztere bestehen aus einer homogenen, colloidähnlichen, von Reagentien schwer angreifbaren, ziemlich festen Substanz und treten als Abscheidungsproducte des Zellprotoplasmas meist zuerst in der Umgebung des Kernes auf. Ueber die Bedeutung der betreffenden Körper ist sich Eberth nicht klar geworden; er dachte an pathologische Bildungen, vermuthete Verbindungen mit Nerven; aber weder das eine, noch das andere liess sich mit den Thatsachen in Einklang bringen, und schliesslich blieb er dabei stehen, »dass es sich wohl um verwandte Bildungen handle wie sie in der Haut der Petromyzonten vorkommen«, indem er hinzufügt, »vielleicht gehören hierher auch die Zellen mit fadenförmigem Inhalte in der Oberhaut der Myxinoiden«. Eberth konnte zwar die späteren Schicksale dieser Stäbe und Fäden nicht vollständig erforschen, kam aber doch zur Einsicht, dass sie, die so zahlreich bei liarven, nur noch überaus selten in ganz jungen Fröschen und niemals bei erwachsenen Thieren angetroffen werden. Es scheint — so schliesst er — dass die Epithelien, welche diese Bildungen liefern, später zu Grunde gehen oder sich abstossen. In seiner hauptsächlich der Erforschung der Organe eines sechsten Sinnes gewidmeten Monographie kommt Leydig-), namentlich in Anbetracht dessen, was er über verAvandte Haut- organe bei Batrachiern sah, von seiner früheren Vermuthung, dass die Fadenzellen der Myxi- noiden nervöser Natur sein könnten, zurück, indem er sich noch mehr der anderen gleichzeitig ausgesprochenen nähert, derzufolge sie »viel grössere Aehnlichkeit mit dem frischen Byssus- faden haben«. Interessant ist die beigefügte Mittheilung Leydig's, dass nach Sundevall eine einzige Mj/xiue in zwei Stunden drei bis vier Cubikschuh Wasser ganz schleimig mache, so dass man es mit einem Stabe, wie einen Schleier, aufheben könne. Von Interesse ist auch, dass Milne Edwards') unsere Fadenzellen den Nesselorganen der Coelenteraten vergleicht. Aber noch mehr als alles dies interessirt — wie jeder, der den Gang dieser meiner Abhandlung aufmerksam verfolgt hat, zugeben wird ■ — die nun folgende Beobachtung Hart- MANNS, derzufolge Mj/xine gbitinosa in kurzer Zeit eine Menge Schleim von sich giebt und daraus ein Nest spinnt. Mir steht leider die HARTMANx'sche Schrift*) nicht zur Verfügung, so dass ich auf die erwähnten paar Worte des TRoscHEL'schen Jahresberichtes') angewiesen bleibe ; aber sie genügen, um die so überraschende Uebereinstimmung der fadigen 1) Eberth, C J. Zur Entwickelung der Gewebe im Scliwanze der Froschlarven. Arch. Mikr. Anat. 2. Bd. 1866. p. 499. 2j Leydig, F. Ueber Organe eines sechsten Sinnes etc. Nov. Acta. Leop. Car. 34. Bd. 1868. p. 15. 3) 1. p. 408. c. p. 78. (1872.) 4) Sitz. Ber. Ges. Nat. Freunde Berlin 1876. p. 166. (fide Troschel. Jahresber. 5) Troschel, f. H. Bericht über die Leistungen in der Ichthyologie während des Jahres 1876. Arch. Naturg. 43. Jahrg. 2. Bd. p. 159. Zool. Station z. Neapel, Fauna nnd Flora, Golf von Neapel. Capitelliden. 53 418 B- Vergleichend-Anatomischer (Morphologischer) Theil. Secrete der Myxinoiden einer- und derjenigen vieler im Vorhergehenden betrachteten Wirbel- losen andererseits darzuthun. Höchst bemerkenswerth spricht sich auch nach dieser Richtung hin Leydig ' in einer seiner neueren Abhandlungen aus. Indem er Zellen aus der Oberhaut der Larven von Pelo- bates fuscus und Hi/la arborea mit ähnlichen fadigen Bildungen, wie solche auch Eberth bei einer anderen Batrachierart gesehen hatte, beschreibt, kommt er zur Erwägung der Frage, »welchen anderen bekannteren Theilen man die fadigen Körper vergleichen solle«. Seiner Meinung nach könnten »Klümpchen von unregelmässiger Gestalt und mattglänzendem Aus- sehen«, welche er als Zelleninhalt aus der Epidermis der Reptilien beschrieben hat, etwas Verwandtes sein ; auch Avird er an gewisse Zellen des Epithels der Schleimkanäle erinnert und endlich vermuthet er, dass auch jene Zellen der M^xitie, »welche sich in einen feinen Faden abwickeln lassen«, mit den betreffenden Batrachierzellen etwas Gemeinsames haben. »Es lassen sich aber auch«, so fährt Leydig fort, »Anknüpfungen nach den Gruppen wirbelloser "Thiere hin finden.« Und in dem, was nun folgt, offenbart sich eine so grosse principielle Ueberein- stimmung mit dem von mir vertretenen Standpunkte, dass ich, erstens froh in Levdig diese Stütze*) zu finden, und zweitens vom "Wunsche beseelt, des genannten Forschers Bemühungen um die Lösung dieser Probleme in das richtige Licht zu setzen, es für das Beste halte, den ganzen betreftenden Passus seinem Wortlaute nach mitzutheilen. Derselbe lautet fol- gendermaassen : »Es lassen sich aber auch Auknüpfungen nach den Gruppen wirlielloser Thicre hin finden. Die sogenannten Schleimdrü.sen in der Haut der Gastropoden sind Umbildungen von Kpithelzellen und ihr Inhalt 1) Leydig, F. Neue Beiträge zur anatomischen Kenntniss der Hautdecke und Hautsinnesorgane der Fische. Festschrift d. Naturf. Ges. zu Halle. 1879. p. 4—6. *) Zur Vermeidung etwaiger Missverständnisse darf hier nicht unerwähnt bleiben, dass Leydig in der Frage nach der Herkunft und Bedeutung der Cuticularsubstanzen zwei , gelinde gesagt , schwer miteinander vereinbare Standpunkte einnimmt. Einmal gehört er zur Reihe derjenigen Forscher, durch deren Arbeiten die Erkenntniss, dass das Cuticulargewebe ein Abseheidungsproduct sei es epithelialer Membranen, sei es besonderer Drüsen darstelle, in erster Linie gefördert wurde, sodann aber stellt er sich zu allen seinen diese Lehre vertretenden Mitarbeitern dadurch in scharfen Gegensatz, dass er diese als Secrete definirten Integumentgebilde zugleich als Bindegewebe auf- fasst, ja geradezu mit einzelnen Typen dieses letzteren Gewebes in Beziehung zu setzen sucht. Dieser seiner in- congruenten Doppelstellung ist denn auch die sonderbare Thatsache zuzuschreiben, dass Leydig seit mehr als drei Decennien in zahlreichen unserer Frage gewidmeten Abhandlungen, je nachdem man den einen oder den anderen seiner Standpunkte in's Auge fasst , bald als Begründer der Secretionstheorie gefeiert, bald als Gegner dieser Theorie bekämpft wurde. In Anbetracht des meiner ganzen Arbeit zu Grunde liegenden Ausgangspunktes habe ich wohl kaum nöthig, besonderen Nachdruck darauf zu legen, dass die oben betonte Uebereinstimmung mit Lcydig nur so weit geht, als dieser Gelehrte die secretorische Natur der Cuticularsubstanzen und ihre Vergleichbarkeit in den verschiedenen Ab- theilungen des Thierreiches vertreten hat. Nicht nur halte ich es für einen speciellen Fehlgriff, diese Substanzen dem Bindegewebe zuzurechnen, sondern es scheinen mir auch Gründe allgemeinerer Natur dafür zu sprechen, dass unsere Aufgabe letzterem Gewebe gegenüber viel mehr darin bestehen müsse, dasselbe seines morphologischen Begriffes zu entkleiden, respective dasselbe auf andere bekannte und definirbare Componenten zu reduciren, als es durch Heranziehung heterogener Bildungen in jenem seinem Begriffe noch mehr zu compliciren. Es ist mir beispielsweise bei den Capitelliden gelungen, alles das, was man gemeinhin bei den Anneliden Bindegewebe nennt, auf die morphologisch oder embryologisch begründeten Gewebstypen oder Blätter zurückzu- I. Haut. 3. Vergleich mit anderen Thierelassen. f. Vertebrata. 419 von verschiedener Art; mitunter entwickelt das Protoplasma eigenartige, spindelförmige Körper, so bei Arion, Limax, Helix: oder die Zellsubstanz wandelt sich um in eine glänzende, bald rein homogene Masse, bald zerlegt sie sich, so bei Hyalina, in fadige Elemente. Die stäbchenartigen Korper in den Hautdrüsen zahl- reicher Anneliden mögen ebenfalls verwandte Bildungen sein, nicht minder die Nesselkapseln der Zoophyten. Auf diesem Wege der Betrachtung sehen wir uns somit dahin geführt, die fadigen Bildungen in der Haut der Batrachierlarven den Byssusfäden und Nesselfäden an die Seite zu setzen. Schon mehrmals habe ich die Ansicht geäussert, dass die scharfrandigen Körperchen im Hautsecret der Batrachier die ätzende giftige Wirkung dieses Stoffes vermitteln mögen, ähnlich wie ein Zusammenhang zwischen den Nesselkapseln der Zoophyten und der betreffenden Beschaffenheit des Hautschleimes wohl ausser Zweifel steht. Hier bei den Batrachieren — kann man sich vorstellen — übernimmt zur Zeit des Larvenlebens, in welcher noch nicht Hautdrüsen aufgetreten sind, die einfach flächenhaft ausgebreitete Ober- haut die Abscheidung der «Byssusfäden.« Später nach Einsenkung der Oberhaut zu Hautdrüsen geht von letzteren die Absonderung des klebrigen Saftes aus, ohne aber selbst noch fadige Theile zu entwickeln. Der Kürze der Bezeichnung halber kann es sich vielleicht empfehlen, den besagten, in der Haut der Batrachierlarven vorkommenden Elementen den Namen Byssuszellen einstweilen beizulegen.«*) Den von Leydig vorgeschlagenen Terminus »Byssuszellen« halte ich, in Anbetracht, dass als »Byssus« das Secret einer ganz bestimmten Thierabth eilung bezeichnet zu werden pflegt, nicht für einen glücklich gewählten. Für die Stab- und Fadensecrete sollten fortan allgemeinere, möglich auf das ganze Thierreich ausdehnbare Bezeichnungen in Aufnahme kommen. Ich möchte bei dieser Gelegenheit, gestützt auf den Gesammtinhalt dieses sich ja vorwiegend mit solchen Secreten und respectiven Drüsen beschäftigenden Kapitels, folgende Nomencia tur vorschlagen: Erstens Stabsecrete: Stäbchen (Rhabditen Graff) gebildet in mehr oder weniger modificirten Hautzellen = Stäbchenzellen. Stäbchenzellen entweder in der Haut zerstreut liegend oder besondere Drüsen bildend = Stäbchendrüsen. Zweitens Fadensecrete: Einfache Fäden (Nemata) oder Fäden mit Cysten (Nematocysten, Nesselfäden, Nesselorgane) gebildet in mehr oder weniger modificirten Hautzellen — Fadenzellen. (In den Fadenzellen kann je nur ein Nema oder Nematocyst, oder aber, was die Regel ist, es können in ihnen je viele solcher zur Ausbildung gelangen.) Fadenzellen entweder in der Haut zerstreut liegend, oder besondere Drüsen bildend = Fadendrüsen. Zur Kategorie der Fadendrüsen gehören die Borstendrüsen und Spinndrüsen. führen. Das fadige Netzwerk zwischen Haut- und Stammesmuskulatur (also die sogenannte bindegewebige Cutis) erwies sich als ein Gemisch von Ausläufern der Hautfadenzellen sowie von Muskel- und Nervenelementen ; die sogenannten sternförmigen Bindegewebszellen sind in den meisten Fällen verzweigte Muskel- oder Ganglienzellen und das Bindegewebe par excellence, hier die sogenannte blasige Bindesubstanz, besteht lediglich aus saftig gewordenen Elementen des Peritoneums, respective aus localen Wucherungen dieser Membran. Ich gebe gerne zu, dass in vielen anderen Thiergruppen eine solche Zurückführung des Bindegewebes vor- läufig noch nicht mit Erfolg in Angriff genommen werden kann ; immerhin sollte aber unsere Tendenz auf diese seine Zurückführung und nicht auf seine Befestigung als Gewebskategorie gerichtet sein. *) Aehnlich hatte sich Leydig auch schon in früheren Publicationen, so in 1. p. 128. c. p. 235, ferner in 1. p. 141. c. p. 214 — 219 ausgesprochen. 53* 420 ß- Vergleichend-Anatomischer (Morphologischer' Theil. Selbstverständlich haben diese zwei Kategorien nur einen systematischen, die Verstän- digung erleichternden Werth, indem ja eine scharfe Grenze zwischen Stab- und Fadensecreten sich gar nicht ziehen lässt und überdies meiner ganzen Auffassung nach beide nur verschieden geformte Producte ein- und derselben Werkstätte darstellen können. Aber nun zurück zu den Schleimsäcken der Mt/xine. Es bleibt nur noch ein Autor zu erwähnen übrig. Blomfield') hat speciell die Haut und die Schleimsäcke der Myxine einer genaueren histologischen Untersuchung unterworfen, und wenn auch diese Untersuchung nicht gerade neue Thatsachen^) an's Licht brachte, so füllte dieselbe doch eine empfindliche Lücke aus, indem durch ihre, mit Hülfe der neueren, so vervollkommneten Technik erzielten Resultate die seiner Zeit zwischen Kölliker und Max ScHULTZE bestehen gebliebenen Differenzen hauptsächlich zu Gunsten Kölliker's entschieden wurden. Nach Blomfield stellen nämlich die Schleim sacke von Myxine Hautdrüsen dar, welche als solide Integument- Einstülpungen betrachtet werden müssen, indem alle Elemente der Drüse sich continuirlich in die Haut fortsetzen. Als Inhalt der Drüsen werden die be- kannten Fadenzellen nebst einem sie umfassenden Stroma aus »spider cells« beschrieben; letz- tere fallen offenbar mit den chordaähnlichen Zellen Max Schultze's zusammen. Am wich- tigsten ist die Beobachtung, dass sich in jungen Drüsen, in welchen die Elemente noch nicht herangereift sind, die Entwickelung der Fadenzellen aus gewöhnlichen Epidermiszellen ver- folgen lasse. Auch in der Haut hat Blomfield den Fadenzellen ähnliche Gebilde angetroffen; er scheint aber die (bereits von Kölliker und Max Schultze gesehenen) Fäden derselben nicht wahrgenommen zu haben. Mit diesen Fadenzellen der Haut vergleicht nun Blomfield die sogenannten »Kolbenzellen«**) von Pctrumyzoti, worin ich ihm vollkommen beistimme. Allem Vorhergehenden zufolge müssen die sogenannten Schleimsäcke der Myxinoiden als Hautdrüsen, und zwar als Spinndrüsen betrachtet werden; denn ähnlich wie letztere, so secerniren auch sie, respective die sie zusammensetzenden Zellen ein klebrig-fadiges Secret, dessen Bedeutung in der Oeconomie des Thieres uns zwar noch nicht vollständig bekannt ist, von dem wir aber doch wenigstens so viel wissen, dass es zum »Spinnen eines Nestes« ver- wandt wird, wodurch allein schon die den gleichnamigen Drüsen anderer Thierclassen adäquate Function ihren Ausdruck findet. Wie bei gewissen Anneliden Fadensecrete zugleich in be- 1) Blomfield, J. E. The Thread- Cells and Epidermis of Myxine. Q. Journ. Micr. Sc. (2) Vol. 22. 1882. p. 355. ' *) Am Schlüsse seiner Abhandlung sagt Blomfield: »It seems a matter for surprise that these curious cells should have hitherto escaped description, but as far as I am aware, there is only one drawing of them, which occurs in Letdig's »Manual of Histology« (French translation, p. 225), in which they are figured with threads appended to their tails and described as nerve cells, the thread being regarded as the fine termination of a nerve.« Aus meiner vorhergehenden Darstellung der Entwickelung unserer Kenntnisse von den Sehleimsäcken und den Faden- zellen der Myxine mag Blomfield ersehen, in einem wie grossen Irrthume er sich befand, als er voraussetzte, dass sich ausser Leydig Niemand mit dem Gegenstande befasst habe. ** Bezüglich dieser Kolbenzellen, über welche eine ziemlich ausgedehnte Literatur existirt, vergleiche man Leydig 1. p. 146. c. p. 12 — IS; Man findet da alle vorhergehenden Arbeiten berücksichtigt. I. Haut. 3. Vergleich mit anderen Thierclassen. f. Vertebrata. 421 sonderen Drüsen (Spinndrüsen, Fadendrüsen) und in einzelnen Zellen der Haut (Fadenzellen) zur Ausbildung gelangen, so weist auch Mi/.vine in der ganzen Epidermis ähnliche zerstreut stehende Fadenzellen auf, wie solche in ihren Schleimsäcken gehäuft vorkommen. Während aber bei den Anneliden das klebrige Fadensecret meist in der Form einfacher Fäden (Nemata) zur Abscheidung gelangt, wird das entsprechende Secret der My.vine vorwiegend aus Fäden mit C Cysten (Nematocysten) zusammengesetzt und erinnert insofern auffallend an die Nesselorgane der Coelenteraten. Wenn man sich indessen daran erinnert, dass auch diese Nematocysten in Hautzellen gebildet werden und in erster Linie als Haftapparate'-') dienen, ja wenn man der Thatsache gedenkt, dass gewisse Actiniden ihre Nematocysten zu ähnlichen Wohnröhren verfilzen, wie es gewisse Anneliden mit den Nemata ihrer Spinndrüsen thun, so wird man diesem Unterschiede keine allzugrosse Bedeutung beimessen. Im Hinblicke auf das »Nest- spinnen der Myxinev verweise ich übrigens auf Fig. 24. Taf. 37, welche eine nach Blomfield angefertigte Copie der aus den Schleimdrüsen der Myxine entleerten Fadenzellen darstellt; die Uebereinstimmung dieser Fäden und Cysten mit denjenigen der Cereanthns-Ti\\\\G (vergl. Fig. 22. Taf. 37) ist wahrlich unverkennbar. Was nun die morphologische Definition dieser il/j/ii/z/e-Schleimsäcke betriift, so befinde ich mich in einer schwierigen Situation. Die ectodermale Natur der Säcke, ihre metamere Anordnung, die Beschaffenheit ihres Secretes, Alles erinnert an jene Hautdrüsen, auf welche auch die Spinn- und Borstendrüsen der Anneliden zurückgeführt werden konnten; gleichwohl ist es mir klar, dass sich eine Homologie mit letzteren vorerst noch nicht begründen lässt, indem gerade die Organisation der C'yclostomen noch grossen Controversen unterliegt und zu- gleich über die Entwickelungsgeschichte speciell der Schleimsäcke noch grosses Dunkel herrscht. Zu alledem kommt ferner, dass letztere auch mit den sogenannten Schleimkanälen der Fische in Zusammenhang gebracht worden sind; das würde zwar an sich jene älteren Beziehungen keineswegs ausschliessen, indem die zwischen dem sogenannten Schleimkanal- und Seitenorgan- systeme bestehenden durchaus nicht so primär zu sein scheinen, wie man wohl in der ein- seitigen Betonung des nervösen Elementes stillschweigend annimmt?). Aber auch nach dieser Richtung hin lässt sich in Anbetracht unserer geringen Kenntnisse der resjiectiven Thatsachen vorläufig noch kein Schritt machen. Erst wenn die ganze Reihe derjenigen Bildungen, welche man bei den Cyclostomen, Selachiern, Teleostiern etc. als »Schleimkanäle« etc. zusammenzufassen pflegt, embryologisch und vergleichend anatomisch zugleich erforscht, und erst nachdem die Beziehungen dieser Kanäle zu den Seitenorganen in's rechte Licht gesetzt sein werden, können wir daran denken, die oben angedeuteten Ableitungen von Wirbellosen, respective von Anne- liden auch im Hinblicke auf sie (die Schleimkanäle weiter zu verfolgen. o. Vergl. p. 363. f! Vergl. diesen Theil, Kapitel Sinnesorgane. 3. Die Seitenorgane. n. Muskulatur. Da ich über die Muskulatur der Anneliden weder vergleichende Untersuchungen ange- stellt, noch irgend ein auf sie bezügliches Problem im Speciellen verfolgt habe, so beschränke ich mich darauf, eine Zusammenfassung dessen zu geben, was im vorigen Theile für die ein- zelnen Gattungen der Capitellidengruppe festgestellt wurde. Ich glaubte mir diese Beschrän- kung um so mehr gestatten zu dürfen, als schon von Claparede') in seinem posthum erschie- nenen Werke das über die topographisch-anatomischen Verhältnisse der Polychaeten bekannt Gewordene zusammengestellt, als ferner von Vejdovsky'-) Aehnliches für die Oligochaeten ge- leistet und als endlich in einer vor Kurzem erschienenen Arbeit Rohde's') auch das Histo- logische unter Berücksichtigung aller seiner Vorgänger eingehend untersucht worden ist. Vergleichende Zusammenfassung der Capitelliden.'' Wie bei den meisten übrigen Anneliden, so besteht auch bei den Capitelliden die Stammesmuskulatur aus zwei innig mit dem Integumente verbundenen Schichten, nämlich aus einer äusseren Ringfaser- und aus einer inneren Längsfaserschicht. Ausser diesen zu dem sogenannten Hautmuskelschlauche gehörigen Lagen rechne ich aber auch noch die in den verschiedenen Gattungen sehr verschiedengradig entwickelten transversalen Bündel zur Musku- latur des Stammes, indem ihre Contractionen wesentlich zu den Gestalts- und wahrscheinlich auch zu den Ortsveränderungen des Gesammtkörpers beitragen können. Die Kingmuskulatur erreicht bei allen Formen ihre grössten Durchmesser im Thorax, wogegen sie dem ganzen Abdomen entlang auf eine äusserst dünne, der Längsmuskulatur gegenüber verschwindende Schicht reducirt ist. Die Längsmuskulatur bietet noch auffallendere Gegensätze in den beiden Körper- a) Man vergleiche: »Anatomisch-Histologischer Theil« p. 29—36, 17 1 — 172, 20S— 210, 233 — 234 und 254 — 2.55. 1) 1. p. 308 (llech. Annel. Sed.) e. p. 39—64. 2j 1. p. 236. c. p. 7u — 73. 3) lloHDE, M. Die Muskulatur der Chaetopoden. Zool. Beiträge herausg. von A. Schneidek. 1. Bd. S. 164. II. Muskulatur. Vergleichende Zusammenfassung der Capitelliden. 423 theilen, Gegensätze, welche aber mehr auf verschiedener Anordnung, als auf Zu-, respective Abnahme der Massen beruhen. Im Thorax besteht nämlich diese Muskulatur aus einer grossen Anzahl gleichmässig um die Körperaxe angeordneter Bündel, daher (im Vereine mit der mächtig ausgebildeten Ringmuskulatur) der regelmässig cylindrische Querschnitt; im Ab- domen hingegen verschmelzen diese Bündel zu wenigen, überaus umfangreichen, in den successiven Regionen ein sehr wechselndes Verhalten zeigenden Strängen, daher ein im Ge- gentheil überaus unregelmässiger und veränderlicher Querschnitt. In allen Gattungen, mit Ausnahme von Heteromastus und Capitella, fällt der Eintritt des eben gezeichneten Gegensatzes von Thorax und Abdomen mit den übrigen diese zwei Körperabschnitte charakterisirenden Grenzscheiden (also mit dem Wechsel der Para- podien, sowie mit dem Ifebergange des Oesophagus in den Magendarm) zusammen, so dass demgemäss auch das Verhalten der Muskulatur mit zur Definition der beiden Regionen ver- wandt werden kann; bei Heteromastus und Capitella dagegen tritt die Verschmelzung der Längsbündel (sowie der Borstenwechsel) schon in weiter vorn gelegenen, noch zum Thorax gehörigen Segmenten ein, so dass in diesen beiden Gattungen die Uebergangsstelle des Oeso- phagus in den Magendarm als einziges Criterium für die Begrenzung der beiden Stammes- abschnitte übrig bleibt. In Bezug auf Capitella ist überdies noch hervorzuheben, dass in Folge der starken, wahrscheinlich durch das Respirationsbedürfniss verursachten Reduction des ge- sammten Hautmuskelschlauches der in Rede stehende Gegensatz überhaupt nur sehr wenig zum Ausdrucke kommt. An dem C^ulminationspunkte der Verschmelzung, an der Anfangsstrecke des Abdomens, pflegen, je nach den Gattungen und Arten, ja zuweilen sogar je nach den Individuen schwan- kend, bald nur ein hämaler und ein neuraler, bald zwei solcher Längsmuskel-Stränge jeder- seits vorhanden zu sein. Im letzteren Falle unterscheiden wir dann sowohl an den neuralen, als hämalen Längsmuskeln je einen dorsalen und ventralen Strang. Leberaus charakteristisch für unsere Familie [Capitella ausgenommen) ist das sich dem ganzen Abdomen entlang stetig verändernde gegenseitige Massenverhältniss dieser Stränge. Im Anfange des genannten Körpertheiles ragen (in besonders hohem Grade bei Notomastus und 3IastobraHckus, weniger bei Dasi/branchus und Heteromastus) die neuralen Stränge bis zu den Flanken des Rückens herauf, wogegen die Erstreckung der hämalen auf di^ Rücken- fläche beschränkt bleibt. Weiterhin nehmen aber letztere immer mehr an Umfang zu und erstere in demselben Maasse ab, so dass schon in der Mitte des Abdomens Gleichgewicht in ihrer Vertheilung eintritt, und gegen das Abdomenende hin stellt sich (Hand in Hand mit dem an das Verhalten des Thorax erinnernden Zerfall der Stränge in zahlreichere Bündel) ein geradezu umgekehrtes Verhältnis« ein, indem die hämalen Stränge die neuralen bedeutend an Umfang überwiegen. Wenn wir daher die wenigstens im Abdomen durch einen breiten Spalt jederseits bezeichneten Grenzlinien der zwei Längsmuskel-Regionen (nämlich der neuralen und hämalen, projiciren, so entsteht eine am Abdomenanfange zunächst stark ansteigende und von da allmählich immer tiefer sinkende, also S-förmig- gekrümmte liinie. Diese Linie, in welcher 424 B. Vergleichend-Anatomischer (Morphologischer) Theil. die Seitenorgane eingepflanzt stehen, die transversalen Muskeln sich ansetzen und im Ab- domen wenigstens) auch die neuralen) Parapodien, respective die Hakentaschen enden, fällt zusammen mit der sogenannten Seitenlinie, und es ist einleuchtend, dass mit der Lagever- änderung dieser Linie auch eine solche aller der genannten Organe einhergehen muss. Ab- weichend hiervon verhält sich, wie erwähnt, Capitelhu indem bei ihr die neurale vmd hämale Längsmuskulatur vom Körperanfange bis zum Körperende nahezu gleiche Halbbogen um- spannt, und demgemäss auch die Seitenlinie geradlinig vorläuft. Ausser diesen weitaus auffälligsten Spalten zeigt aber die Muskulatur auch noch weniger regelmässig verlaufende; vor Allem pflegen überall da, wo sich die Längsstränge theilen, mehr oder weniger tief einschneidende Furchen aufzutreten, also besonders zahlreich im Thorax und im Abdomenende; auch die reifartigen Unterbrechungen der Ringmuskulatur sind hierher zu rechnen. Wichtiger aber als diese sind zwei ähnlich den Seitenlinien constant, wenn auch nicht continuirlich auftretende mediane Furchen. Die eine liegt median-hämal, die andere median-neural und beide scheiden so die entsprechenden Längsmuskelstränge in zwei Hälften; aus der hämalen Furche entspringt das Mesenterium des Darmes, aus der neuralen dasjenige des Bauchstranges. Aber, wie gesagt, keine dieser Furchen verläuft so continuirlich wie die seitlichen es thun, indem (insbesondere bei Heteromastus und Capitella) die hämalen Längsmuskelstränge streckenweise zu einer einzigen, continuirlichen Schicht verschmelzen können. Bezüglich Heteromastus ist noch das auffällige Verhalten der ventralen neuralen Längs- muskelstränge zu betonen; letztere Stränge behalten nämlich (im Gegensatze zu allen übrigen Capitelliden) bis zum Körperende ihre hervorragende Entwickelung bei, so dass ihnen gegen- über in letzterer Region die gesammte übrige Muskulatur nahezu verschwindet. Diese ein- seitige Ausbildung ermöglicht jene gewaltsamen, partiellen Contractionen , welche den be- treffenden Thieren das so eigenthümliche perlschnurförmige Ansehen verleihen. Der grosse, in den verschiedenen Körperregionen im Ansehen der Längsmus- kulatur herrschende Gegensatz beruht also lediglich auf der Verschmelzung und Wiedervertheilung der sie zusammensetzenden Bündel und sowohl die topographisch- anatomische, als auch die mikroskopische Untersuchung ergibt, dass diese einzelnen Bündel continuirlich vom Kopf- bis zum Schwanzende hinziehen, also Glieder eines einzigen Systemes ausmachen. Die transversalen vom Bereiche der neuralen Medianlinie zur Seitenlinie hin ver- laufenden Muskelstränge pflegen erst vom fünften Körpersegmente an aufzutreten, indem weiter vorn ihrer Ausbildung die Rüsselmuskulatur im Wege steht. In der Untergattung Clistomastus kommen die transversalen Muskeln überhaupt zu keiner vollkommenen Ent- wickelung; nur einzelne im Bereiche der hinteren Segmentgrenzen vorhandene Stränge legen Zeugniss dafür ab, dass sie auch hier einst vorhanden waren. In Folge dieser Rück- bildung konnten denn auch die sonst in den Nierenkammern, also tief neural gelegenen Nephridien hier in die Darmkammer heraufrücken. Bei der Untergattung Tremomastus und allen übrigen Gattungen dagegen sind die transversalen Muskeln dem ganzen Körper entlang II. Muskulatur. Vergleichende Zusammenfassung der Capltelliden. 425 sehr vollkommen entwickelt und durch die ihre Lücken bedeckenden peritonealen Membranen erhalten sie den Charakter einheitlicher, die Nierenkammern ziemlich vollkommen abschliessen- der Platten. Während sich die neuralen Ursprünge dieser transversalen Bündel bei allen übrigen Gattungen in den Hautmuskelschlauch einsenken, umfassen sie bei Mastobranchus den Bauch- strang; wahrscheinlich hängt damit die in letzterer Gattung so bedeutend gesteigerte Aus- bildung der Neurochorde zusammen, indem auf diese Weise das Bauchstranggewebe den Zerrungen jener Muskulatur gegenüber geschützt bleibt. Was die Structur betrifft, so hat sich ergeben, dass sowohl die Ring- als die Längs- muskulatur von einer grossen Anzahl spindelförmiger Muskelzellen zusammengesetzt wird. Der Querschnitt dieser Zellen ist meist cylindrisch oder prismatisch. Die Beschaffenheit ihrer Substanz erscheint im frischen Zustande homogen; erst durch Behandlung mit gewissen Reagentien tritt ein deutlich fibrillärer Zerfall ein. Bei den Ciattungen Notomastu.s, Basi/- hranckus und Capitella lassen die Zellen deutliche Sarcolemme erkennen, deren Gesammthoit sich in Querschnitten (durch Ijängsbündel) als Fachwerk scharf von der contractilen Substanz abhebt. Die Muskelkerne können sowohl central, als excentrisch liegen; auch im Sarcolemma werden Kerne angetroffen. Dieser ganzen Anordnung gemäss kann hier keine Rede von Primitirbündeln sein; der ganze Muskelstrang, wie umfangreich er auch sein mag, stellt viel- mehr nur eine Vielzahl unmittelbar aneinandergrenzender Zellen dar, deren äusserste Wan- dungen (Sarcolemma) eben zugleich auch die Aufgabe eines Perimysiums erfüllen. Ganz im Gegensatze zu den vorher genannten Gattungen lassen die Muskelzellen von Mastohravchns und Heteromastus keine Scheiden erkennen; wenigstens ist nichts dem Sarco- lemmafachwerke Aehnliches wahrzunehmen. Auch in anderer Hinsicht noch bieten letztere zwei Formen Abweichungen dar. Bei Mastobranchus nämlich sind die die neuralen Längs- muskelstränge des Abdomens constituirenden Zellen nicht von rundlichem oder prismatischem, sondern von dachziegelförmigem Querschnitte und überdies reihenförmig untereinander ge- ordnet, so dass (im Schnitte) eine zickzackförmige Projection.slinie zu Stande kommt. Ausserdem sind diese Zellen nicht wie diejenigen der übrigen Muskulatur von gleich- massiger Beschaffenheit, sondern die centralen Theile der Halbkanäle, oder um das vom Quer- schnitte gebrauchte Bild beizubehalten, die Kuppen der Ziegel bestehen allein aus contractiler (fibrillärer) Substanz und die Seitentheile aus wahrscheinlich unverbrauchtem Protoplasma. Eben diese protoplasmatischen Ränder sind es, welche untereinander verschmelzen und so die wellenförmige Projectionslinie verursachen. Eine ähnliche reihenförmige Anordnung zeigen die Längsfasern, und zwar ebenfalls hauptsächlich die neuralen von Heteromastus; aber sie sind im Querschnitte nicht dachziegel-, sondern spindelförmig; auch lassen sie keine Spur von protoplasmatischen Rändern erkennen. Die transversale Muskulatur unterscheidet sich histologisch dadurch von der im Vorher- gehenden geschilderten, dass die sie zusammensetzenden Zellen auf's Mannigfachste durch Aus- läufer zu anastomosiren und eine viel grössere Anzahl von Kernen zu enthalten pflegen, dass Zool. Station z. Neapel, Fauna und Flora, Golf von Neapel. Capltelliden. .5-1 426 B. Vergleichend-Anatomischer (Morphologischer) Theil. ferner unverbrauchte Substanz, sei es, wie stellenweise bei Ma.stubratichiis, in Form von innig mit den Zellen verbundenen Streifen, sei es, wie bei den übrigen Gattungen, in Form von zwischen den Zellen zerstreut liegenden Ansammlungen, niemals angetroffen wird. Was übrigens die Verzweigung der transversalen Muskelzellen und die Anastomosirung ihrer Aus- läufer betrifft, so verdient hervorgehoben zu werden, dass Aehnliches auch in der Ringmus- kulatur vorkommt; insbesondere in derjenigen von Dasi/branchus Gajolae konnte ich ein der- artiges Verhalten öfters constatiren. Hervorgehoben zu werden verdient auch, dass die transversalen Muskelstränge unter Zerfall in ihre Fibrillen die Längs- und Ringmuskulatur durchsetzen und mit Ausläufern der Fadenzellen verschmelzen können. Ich habe schon im speciellen Theilfe die Frage erwogen, ob diese Anordnung in der That als nachträgliche Verschmelzung, oder aber als ursprüngliche Einheit aufzufassen sei, und ob wir im letzteren Falle etwa diese transversalen Muskeln (ähnlich wie diejenigen des Darmkanales) zur Kategorie der Epithelmuskelzellen rechnen dürfen. Während ich in der Stammesmuskulatur von Notomastus, Dasyhranchus, Heteromastus und Capitella nur das Vorhandensein zahlreicher Nervenübrillen constatiren konnte, ist es mir bei Mastohrmckus geglückt in der Längsmuskulatur motorische Nervenendigungen in Form von Endplatten aufzufinden. Diese den betreffenden Muskelzellen breit aufsitzenden, mit mehreren Kernen ausgerüsteten, protoplasmatischen Platten scheinen vorwiegend in der mitt- leren Region der Zellen vorzukommen; wie aber der mit ihnen in Verbindung stehende Nervenast sich ihnen gegenüber verhält, das heisst die letzten Endigungen des Nerven, habe ich nicht festzustellen vermocht. III. Darmkaiial. 1. Vergleichende Zusammenfassung der Capitelliden." Am Darmkanal sämmtlicher Capitelliden Hessen sich drei sowohl topographisch-anato- misch, als auch histologisch wohl (;harakterisirte Abtheilungen unterscheiden, nämlich erstens der Rüssel, zweitens der Oesophagus und drittens der abdominale Darm oder Magendarm. a. Der Rüssel. Dieser auffallendste Theil des ganzen Tractus erstreckt sich von der neural an der Kopflappenbasis gelegenen Mnndspalte durch die drei ersten Körpersegmente. Sein Umfang ist so bedeutend, dass er im Vereine mit den ihm zugehörigen Retractoren diese Segmente sowie das nächstfolgende nahezu ganz ausfüllt und so deren Dissepimente zu keiner voll- kommenen Ausbildung gelangen lässt. Von den zu den Gattungen Notomastns, Dasyhramhus, Mastohmnckus und Heteromastiis gehörigen Thieren wird der Rüssel rhythmisch aus- und eingestülpt. Die Ausstülpung wird in geringem Grade durch mehrere Protrusoren, hauptsächlich aber durch den (vom Schwänze nach dem Kopfe zu gerichteten) Hämolymphstrom bewirkt; die Einstülpung da- gegen durch mächtige, sich einerseits an der Rüsselbasis, andererseits an dem ersten Thorax- septum sowie an der Stammesmuskulatur ansetzende Retractoren. Der durch die handschuh- fingerförmige Ausstülpung des Rüssels zu Stande kommende Doppelsack wird durch die ein- dringende Blutwelle jeweils zu einem keulenförmigen, überaus lebhaft roth gefärbten, festen Körperanhange geschwellt, mit Hilfe dessen die betreffenden Thiere im Sande zu bohren vermögen. Ausser dieser locomotorischen Bedeutung des Rüssels kommt aber auch noch diejenige in Betracht, welche ein so andauernder Contact einer relativ bedeutenden, nur durch sehr dünne Wandungen vom äusseren Medium getrennten Blutmenge für die Respirations- thätigkeit haben muss. 0.) Man vergleiche: »Anatomisch -Histologischer Theil« p. 36—51. 172—176. -ilO— 212. 234—235 und 255—259. 428 ^^- Vergleichend- Anatomischer (Morphologischer) Theil. Till Gegensatze zu den genannten übrigen Gattungen stülpt Capifrl/a ihren llüssel (der auch hinsichtlich seines relativen Umfanges jenen gegenüber etwas zurücksteht) nur selten aus, was wohl mit ihrem Aufenthalte im Schlamme zusammenhängt; dass aber auch bei ihr das Organ ursprünglich eine ähnliche Rolle wie bei den im Sande bolirenden Verwandten gespielt haben müsse, beweist die nocli unverändert fortbestehende hohe Ausbildung seiner Retractoren. Was die Structur des Rüssels betrifft, so lassen sich (in seinem ausgestülpten Zustande) von aussen nach innen folgende Schichten unterscheicleri : erstens eine Cuticula, zweitens eine epitheliale Lage, drittens eine aus Ring- und Längsfasern bestehende Muscularis und viertens ein peritonealer, das Organ nach der Leibeshöhle zu begrenzender ITeberzug. Alle diese Schichten gehen continuirlich in die gleichnamigen, in derselben Reihenfolge angeordneten Strata des Hautmuskelschlauches über, als dessen Einstülpung sich auch der vorderste Darm- abschnitt in unverkennbarer Weise darstellt. Insbesondere hat sein cuticularer Theil diesen integumentalen Charakter bewahrt; denn wie die Oberfläche des Thorax, so erscheint auch diejenige des Rüssels durch ein System tief einschneidender Furchen mosaikartig gefeldert, nur mit dem Unterschiede, dass sich die abgeschnürten Felder am ersteren als wenig vor- springende Polygone, am letzteren dagegen als ziemlich selbständige Papillen geltend machen. Bezeichnend für die erwähnte Uebereinstimmung ist ferner, dass die Rüsseloberfläche sämmt- licher Capitelliden mit ebensolchen becherförmigen Organen ausgerüstet ist wie deren Oberhaut, und zwar pflegt jede Papille mit einem solchen Organe versehen zu sein. Auch das Rüsselepithel bekundet noch dadurch seine Abstammung von der Ilypo- dermis, dass sich die Componenten letzterer, die Hautfaden- und Hautdrüsenzellen, wenn auch etwas moditicirt, doch unschwer wiedererkennen lassen. Es erscheinen nämlich die Faden- zellen durchweg saftiger, die Drüsen- oder Plasmazellen dagegen umgekehrt schmächtiger, als in der Haut; letztere Zellen haben auch ihre Drüsenfunction im Rüssel offenbar eingebüsst, da sie, anstatt in Form enghalsiger Flaschen nach aussen zu münden, vielmehr als überaus mannigfaltig gestaltete Schaltzellen zwischen den Fadenzellen eingeschlossen liegen. Es fehlen endlich auch die an den Hautfadenzellen so zahlreich vorhandenen Nervenendigungen nicht, und zwar werden die Rüsselzellen ebenso wie jene der Hypodermis durch einen beson- deren Ganglienzellenplexus innervirt. Zusammenhänge dieses Plexus mit dem Centralnerven- systeme nachzuweisen ist mir zwar nicht gelungen, aber die Thatsache, dass einerseits mehrere Nerven die Rüsselwandung durchsetzen und andererseits ebensolche vom Gehirn nach den vordersten Tractuspartien hin gerichtet verlaufen, macht doch das Vorhandensein solcher Ver- bindungen sehr wahrscheinlich. Stark abweichend von derjenigen des Hautmuskelsclilauches ist die nun folgende Schicht, die Musciilaris; denn an Stelle der langgestreckten, relativ dicken, zu mächtigen Bündeln gruppirten Fasern, treffen wir am Rüssel (sowie auch in den übrigen Tractus])ortionen) dünne, vielfach verzweigte Fibrillen, welche als überaus schmächtige liängs- und als ebensolche Ring- lage verlaufen. lU. üarmkanal. Vergleichende Zusammenfassung der Capitellidon. a. Der Rüssel, b. Die Speiseröhre. 429 Das Peritoneum dagegen bietet hier so wenig, als in den übrigen Darmabschnitten wesentliche Abweichungen von der gleichnamigen parietalen Membran dar. Sehr eigenthümlich erweisen sich die so mächtig ausgebildeten Rüsselretractoren auf- gebaut. Ihre kräftigen Muskelelemente erscheinen nämlich so reich verzweigt und so viel- fach durch Ausläufer anastomosirend, dass ein schwammartiges Gerüstwerk zu Stande kommt. Das Auffallendste ist aber, dass der grössere Theil dieses Gerüstwerkes von multipolaren Ganglienzellen ausgefüllt wird, deren Fortsätze theils zur Verbindung untereinander, theils zur Innervation der Muskelfasern verwandt werden. Es kann keinem Zweifel unterliegen, dass wir in diesem Ganglienzellenplexus der Rüsselretractoren das vor uns haben, was bei anderen Anneliden als »Schlundnervensystem« bezeichnet zu werden pflegt. Leider habe ich auch für diesen nervösen Apparat eine Verbindung mit dem centralen Systeme (durch Präparation nicht darzustellen vermocht; aber es gilt für die fragliche Verbindung dasselbe, was im ^'orhergehenden in Bezug auf diejenige des Plexus der Rüsselwandungen vorgebracht worden ist. b. Die Speiseröhre. Der Uebergang des Rüssels in den Oesophagus ist ein sehr unvermittelter, indem letzterer seiner ganzen Länge nach ein cylindrisches, kaum den halben Durchmesser des ersteren er- reichendes Rohr darstellt. Je nach den (Gattungen zeigt dieses Rohr eine sehr verschiedene Erstreckung; es durchsetzt nämlich (nebst dem Rüssel) bei Notomastiis, Mastohranckus und HeteromasUis die ersten zwölf, bei Dasyhranchiin die ersten vierzehn und bei Capitella die ersten neun Körpersegmente, um sodann (viel allmählicher als in den vorhergehenden) in den nach- folgenden, wenig breiteren Darmabschnitt überzugehen. Wir haben gesehen, dass diese Grenze zwischen Oesophagus und Magendarm mit derjenigen zwischen Vorder- und Hinterleib oder zwischen Thorax und Abdomen zusammenfällt, und dass sie sogar das einzig verlässliche Critc- rium zur Feststellung der letzeren zwei Regionen bildet, indem sich hierfür die übrigen C'ri- terien (Parapodien und Muskulatur) zwar bei Notomastiis, Dasj/bra/ichiis und Mastohranchiis, nicht aber bei Heteromastiis und Capitella stichhaltig erweisen. Hinsichtlich der Structur ist zu bemerken, dass die innere Wandung des Oesophagus ein von derjenigen des Rüssels stark abweichendes Ansehen darbietet, indem an Stolle der gleichförmigen Cuticulatäfelung des letzteren eine vielfach gewulstete, mit sehr langen Cilien bedeckte Schleimhaut tritt, durch deren energische Flimmerthätigkeit die für die ganze Familie so charakteristischen, ovalen Speiseballen zu Stande gebracht werden. Trotz dieses Habitus-C'ontrastes lassen sich aber im Oesophagus die sämmtlichen den Rüssel aufbauenden Schichten- in continuirlicher Fortsetzung wiederfinden. Am meisten erweist sich von letzteren verändert und am meisten trägt daher auch zum veränderten Habitus des Gesammtorganes bei: die epitheliale Schicht. An Stelle der wenig umfangreichen Faden- zellen des Rüssels sehen wir nämlich sehr voluminöse keulen- oder trichterförmige Gebilde 430 B- Vergleichend-Anatomischer (Morphologischer) Theil. treten, deren i)rotoplasmatische, Cilien tragende Köpfe syncytiumartig ancinanderstossen und deren Basen in ein oder mehrere, häufig Kerne einschliessende Fäden auslaufen. Die Zwischen- räume dieser cilientragenden Zellen werden von tiefer gelegenen cylindrischen oder sichel- förmigen Schaltzellen eingenommen ; wahrscheinlich dienen auch einzelne dieser letzteren Zellen zum Ersätze der ersteren. Der in die Rüsselwandungen eingebettete Ganglienzellenplexus erstreckt sich auch auf den Oesophagus, und wie dort so lassen sich auch hier Verbindungen zwischen Ausläufern von Ganglien- und Epithelzellen nachweisen. Ein besonders günstiges Object für solchen Nachweis stellte Dasj/brancktis caducus dar. Der Oesophagus von Capitella bietet den anderen Gattungen gegenüber einige bemer- kenswerthe Eigenthümlichkeiten dar ; derselbe erweitert sich nämlich unmittelbar hinter dem Eüssel (im zweiten und dritten Körpersegmente) kropfartig und sein Epithel verflacht sich jederseits zu einer Rinne; im vierten Segmente verschmelzen diese seitlichen Rinnen zu einer median-neuralen, welche sich bis zur Mündung des Nebendarmes hin verfolgen lässt. Ich habe diese Rinne, im Gegensatze zur Hinterdarnirinne, mit dem Namen Vorderdarmrinne bezeichnet. Nicht unerwähnt darf bleiben, dass auch bei den übrigen Capitelliden nicht nur im Oesophagus, sondern aucli im Magendarm die neurale Medianlinie durch einen Epitheleinschnitt ge- kennzeichnet ist ; aber davon ist doch noch weit bis zu der so ausgeprägten Rinne der Capitella, und bezüglich der seitlichen Rinnen am vorderen Oesophagusende steht letztere unter allen Umständen einzig in der Familie da. c. Der abdominale Darm. Hauptdarm und Nebendarm.) Der abdominale Darm oder Magendarm beginnt, wie sclion aus dem Vorhergehenden zu entnehmen ist, bei Nuto/tiastns, Mastohranchus und Heteromastas im dreizehnten, bei Dasy- braiichiis im fünfzehnten und bei Capitella im zehnten Körpersegmente. Bei allen Gattungen wird durch dieses sein Auftreten zugleich der Anfang der hinteren lieibesabtheilung, des Ab- domens, gekennzeichnet. Die Uebergangsstelle des Oesophagus in den Magendarm erleidet bei allen Capitelliden, in besonders hohem Grade aber bei Clistomasttis, in Folge der kräftigen Entwickelung des letzten thoracalen Septums eine beträchtliche Einschnürung. Unmittelbar hinter dieser Verengerung schwillt aber der Tractus wieder bis zum Ihnfange der Speiserühre an, um dieses Kaliber bis zum Abdomenende hin, von wo ab wiederum eine allmähliche Ver- jüngung eintritt, beizubehalten. Nur Capitella bietet insofern Abweichungen von diesem Verhalten dar, als ihr Magen- darm im Anfange seines Auftretens einen viel bedeutenderen (nahezu zweimal so grossen) Durchmesser, als der Oesophagus aufweist; von der Abdomenmitte ab erleidet aber derselbe auch hier eine allmähliche Abnahme dieses Volumens. In seiner Lage erhalten wird der abdominale Darm, der liänge nach, durch ein hämales unil ein neurales Mesenterium, durcli Bänder, welche als Duplicaturen des Peritoneums zu IDarinkanal. Vergleichende Zusammenfassung der Cai)itelliden. c. Der abdominale Darm. 431 betrachten sind. Während sich das neurale Band, durch dessen Spaltung in zwei Blätter das Dach der Bauchstrangkammer (die Genitalplatte) hergestellt wird, in voller Continuität dem ganzen Hinterleibe entlang verfolgen lässt, erweist sich das hämale umgekehrt an zahlreichen Stellen unterbrochen; wir haben aber wohl diese Continuitätsstörung als secundäre (wahr- scheinlich durch den Blutkreislauf bedingte) Erscheinung aufzufassen. Der Quere nach tragen zur Befestigung dieses Darmabschnittes vorwiegend die Septa bei, deren Ansatz indessen, abgesehen von Capitella, k-eine bemerkenswerthe Einschnürung zur Folge hat. Ausserdem findet man je in den unvollkommen ausgebildeten Segmenten des nachwachsenden Schwanz- endes noch eine Anzahl ebenfalls quer sich am Darme inserirender Stränge, welche aber in dem Maasse, als die Organe zur Ausbildung gelangen, wiederum verdrängt werden. Im frischen Zustande bietet der Magendarm bei allen Formen eine sehr auffallende, gelbrothe oder gelbgrüne Färbung dar, welche im anatomischen Theile — im Hinblicke auf künftige physiologische Forschungen — ■ eingehend besprochen wurde. Hier genüge es hervor- zuheben, dass diese Färbung zum Theil durch Pigmentpartikel des Darmepithels, zum Theil durch solche des visceralen Peritoneums bedingt wird. Erstere Partikel spielen sicherlich eine Rolle bei der Verdauung (da man im Darmlumen häufig eine ähnlich gefärbte Flüssigkeit antrifft); letztere sind wahrscheinlich excretorischer Natur (indem sie häufig auffallend mit den Excretbläschen übereinstimmen). Von innen betrachtet, bietet der Magendarm in noch viel höherem Grade, als der Oesophagus das Ansehen einer Schleimhaut dar, denn es kommt — besonders im Anfange des Abdomens — zu einer so bedeutenden OberÜächenvermehrung seiner zelligen Wandung, dass letztere in Form sehr umfangreicher Wülste und Papillen in das Lumen vorspringt. Nur in der neuralen Medianlinie pflegen solche Vorsprünge zu fehlen, indem sich an dieser Stelle das Epithel dem ganzen Magendarme entlang (abgesehen von der Hinterdarmrinne) etwas verflacht und so zur Entstehung eines medianen Einschnittes Veranlassung giebt. Das Studium der Structur hat ergeben, dass sich alle vom Küssel-Oesophagus her bekannten Schichten in derselben Reihenfolge in den Magendarm fortsetzen. Von der äussersten dieser Schichten, von dem peritonealen Ueberzuge oder Darm- faserblatte, ist hervorzuheben, dass dessen Elemente, insbesondere bei Mastohranchus und Hetcro- mrt^^M« stellenweise zu einem saftigen, drüsigen Ansehen neigen, von der innersten, derCuticula, dass sie gegenüber derjenigen des thoracalen Darmabschnittes stark verdünnt erscheint. Wesentlichere Abweichungen zeigen aber allein die mittleren Schichten, nämlich die Muscu- laris und das Epithel. Die Muskulatur des Magendarmes erscheint vor Allem gegenüber derjenigen des Rüssels und Oesophagus stark reducirt, indem nur eine äussere Ring- und eine innere Längs- faserlage vorhanden ist und überdies die dieselben constituirenden Fasern meistens in weitem Abstände voneinander verlaufen. Bei nahezu allen Gattungen ferner ist der Durchmesser dieser Fasern ein so geringer, dass sie eher an Nervenfibrillen als an Muskeln erinnern; nur Dasybranchus macht hiervon eine Ausnahme, weshalb sich auch ü;erade sein Darm am besten zur Unter- 432 ^- Vergleiuliend-Anutomisoher (Morphologischer) Theü. sucliung dieser Gebilde eignet, lu beiden ],agen erweisen sich die so beschaffenen Muskel- fasern vielfach verzweigt und untereinander anastomosirend. Kerne werden bald ihrer Sub- stanz eingelagert, bald seitlich aufsitzend angetroffen. Im letzteren Falle pflegen sie von einer mehr oder weniger grossen Menge körnigen Protoplasmas umhüllt zu sein, welches ich zunächst nur für ähnliche Reste von Myoplasten, wie auch in der Stammesmuskulatur angetroffen wurden, zu halten geneigt war. Bald aber fanden sich Protoplasma-Ansammlungen von so bedeutendem Umfange und so grosser Uebereinstimmung mit demjenigen von IVlagendarmzellen, dass ich zu der unerwarteten Vernuithung gedrängt wurde, die Darmmuskeln möchten Epithelmuskelzellen sein, also einem Gewebstypus angehören, der bisher auf die Gruppe der C'rdeuteraten beschränkt schien. Diese Vermuthung erwies sich denn auch weiterhin als eine begründete, indem es mir bei Notomastus und Capitella, besonders entscheidend aber bei Dasi/hranchus gelang, mit unverkennbaren Darmzellen zusammenhängende Muskelfasern blosszu- legen. Da diese Zellen den Fasern nicht nur an ihren Polen, sondern auch häufig, in relativ geringem Abstände voneinander, seitlich aufsitzen, so müssen wir schliessen, dass die con- tractilen Ausläufer der einzelnen Darmelemente miteinander verschmelzen, um so längere Fäden hei'zustellen ; dadurch erklärt sich auch die häufige Verzweigung und Anastomosirung dieser Muskulatur. Die zuerst erwähnten geringeren Plasmaansammlungen im Bereiche der seitlichen Muskelfaserkerne werden wir demnach entweder als Bruchstücke theilweise (bei der Präpara- tion) abgefallener Darmzellen, oder aber als kleine, respective junge Darmzellen aufzufassen haben, in welch' letzterem Falle sie natürlich zugleich als Bildungszellen nachwachsender Muskeln (Myoplasten) in Betracht kämen. Gegen einen solchen Ursprung der Darmmus- kulatur könnte geltend gemacht werden, dass von Seiten der Embryologen die Ausbildung letzterer in das Mesoderm, respective in das Mesenchym verlegt, oder dass für die betreffende Muskulatur und das viscerale Peritoneum ein gemeinsamer Ursprung angenommen werde. Diesem Einwände lässt sich aber, ohne im Geringsten an den ihm zu Grunde liegenden That- sachen zu rütteln, begegnen. Bei zahlreichen Anneliden nämlich ist die äussere Darmmuskulatur innig mit dem l'eritoneum und die innere ebenso innig mit dem Epithel verbunden und zwischen beiden existirt ein mit Blut erfüllter Zwischenraum, der sogenannte Darmsinus. Aus diesem Verhalten lässt sich schliessen, dass in der That den zwei Muskelschichten ein verschiedener Ursprung innewohnen könnte, indem eben die eine im Anschlüsse an das Darmfaserblatt und die andere im Anschlüsse an die Elemente des Entoderms gebildet würde. In dieser Hinsicht wäre es \on Werth festzustellen, ob bei jenen Formen die Voraussetzung zutrifft, dass die dem Darme anliegenden contractilen Elemente den Typus der Epithelmuskelzellen und die dem Peritoneum anliegenden einen anderen zur Schau tragen, indem ja eine solche Untersuchung nur da Aus- sicht auf Erfolg hat, wo die zwei Muskelschichtcn so scharf getrennt verlaufen wie bei den mit solchem Darmsinus ausgerüsteten Familien. Ich betone dies um so mehr, als — wie wir weiterhin sehen werden — auch eine der C'apitellidengattungen Andeutungen eines Darmsinus in. Dannkanal. 1. Vergleichende Zusammenfassung der Capitelliden. c. Der abdominale Darm. 433 erkennen lässt, und es so scheinen könnte, als hätte die von mir bearbeitete Gruppe schon Gelegenheit zur Beantwortung der angeregten Frage geboten, wogegen aber zu bemerken ist, dass sich jener unvollkommen ausgebildete Sinus umgekehrt für eine solche Untersuchung nicht hinreichend günstig erwies. Die Zellen des Magendarm-Epithels bieten hinsichtlich des Umfanges und der Form eine grosse Mannigfaltigkeit dar; ihre Substanz ist meist reich an körnigen Einlagerungen und häufig treten die Kerne in der Mehrzahl auf. Diese Kerne pflegen von rundlichem An- sehen zu sein und in der Zellsubstanz eingebettet zu liegen ; geschwänzte Kerne, überhaupt Elemente vom Typus der FadenzeUen werden in diesem Darmabschnitte nicht mehr ange- troffen. Wie die Zellen der vorhergehenden Tractuspartien , so sind auch diejenigen des Magendarmes durchaus nackt und wie an jenen, so lassen sich auch an diesen verschiedenartige Ausläufer wahrnehmen. Ein Theil dieser Ausläufer vermittelt den Zusammenhang mit den Muskelfasern, ein anderer denjenigen der Zellen untereinander und ein dritter endlich ist auf die Verbindung mit dem noch weiterhin zu erwähnenden Ganglienzellenplexus zu beziehen. Die Magendarmzellen stehen in einem überaus innigen Verbände; häufig gelingt es, Gruppen solcher blosszulegen, von denen man den Eindruck erhält, dass es sich hier nicht etwa nur um eine Verbindung ursprünglich unabhängiger Individuen, sondern um eine viel innigere Asso- ciation handeln müsse. Es sind das grössere Zellen, auf deren Ausläufern mehrere kleinere knosp enförmig aufsitzen, oder Complexe von ähnlicher Grösse, welche aus einer gemeinsamen syncytiumartigen Masse zu entspringen scheinen. Ich betrachte denn auch diese Zellver- bindungen als Producte einer Sprossung oder Knospung und bemerke, dass ich auch aus dem Rüssel- sowie aus dem Oesophagusepithel ganz ähnliche Spros.s-Colonien isolirt habe. Dass die gesammte Innenfläche des Magendarmes bei allen Gattungen mit einem Cilien- kleide ausgerüstet ist, stimmt durchaus mit dem Verhalten der übrigen Anneliden überein. Einen auffallenden Gegensatz zu letzteren bieten aber die Capitelliden dadurch, dass nicht selten auch die Aussenfläche des Darmes stellenweise flimmernd getroffen wird. Letztere Erscheinung blieb mir — da das Peritoneum weder in seinem parietalen, nocli vi- sceralen Abschnitte jemals Cilien aufweist — so lange unverständlich, bis ich festgestellt hatte, dass unsere Thiere im Stande sind, Fortsätze ihrer Magendarmzellen nach dem Cölom hin auszustrecken. Die fraglichen Fortsätze, welche ich ihrer wahrscheinlichen Function gemäss als lymphatische Zelldivertikel bezeichnet habe, schieben in der Regel das Peri- toneum vor sich her; häufig reisst aber auch letzteres ein, so dass die ZeUsubstanz frei zu liegen kommt, und diese Fälle sind es, in denen der Magendarm cölomwärts stellenweise in Flimmerthätigkeit befunden wird. Lymphatische Zelldivertikel habe ich am constantesten und ausgebildetsten bei den Gattungen Dasyhranchus und Mastohranchus getroffen, seltener bei Notomastus, nie bei Hetero- tnastiis und Capitella. Dass aber auch das Magendarmepithel der letzten beiden Gattungen, wenigstens in geringem Grade, der Leibeshöhle zu gerichtete Zellportionen auszustülpen ver- möge, scheint mir die auch bei ihnen zuweilen an der Aussenfläche des abdominalen Darmes 434 S. Vergleichend- Anatomischer (Morphologischer) Theil. stellenweise auftretende Flimmerung zu beweisen. Bei Dasyhranchiis und Mastohranchus pflegen die Divertikel weite Strecken des Tractus in Form eines dichten Zottenkleides zu besetzen; aber es sind nicht etwa stets dieselben Stellen, sondern je nach den Individuen die allerver- schiedensten. Daraiis allein schon könnte man den Schluss ziehen, dass wir es in den Diver- tikeln nicht etwa mit fixen, sondern mit ephemeren Anhängen zu thun haben, also mit Zell- portionen, welche vom Thiere willkürlich ausgestreckt und wieder eingezogen werden können. Zu Gunsten dieser Auffassung sprechen aber auch die Ergebnisse der histologischen Unter- suchung; man kann nämlich die Divertikel, einerlei ob sie nur als ganz kurze, kernlose Höcker, oder als lange, keulenförmige, mit Kernen Aersehene Schläuche auftreten, stets bis zu ihren Mutterzellen hin verfolgen; mit anderen Worten: die betreff"ende Zelle besteht aus einer intra- und aus einer extraintestinalen Portion und jede dieser Portionen kann für sich allein eben nur als Zellfragment in Betracht kommen. In die Divertikel von Notomastus und Dasyhrandms habe ich niemals gefärbte Bestand- theile übergehen sehen, weshalb sie sich auch bei diesen Gattungen scharf von dem pigmen- tirten Darmepithel abheben; bei Mastohranchus dagegen fehlte es nicht an Fällen, in denen die extraintestinalen Zellportionen ebensolche gefärbte Elemente aufwiesen, wie die intra- intestinalen. Bezüglich letzterer Gattung ist auch noch zu bemerken, dass niemals Divertikel da zur Ausstülpung gelangen, wo die Magendarmwandungen zur Herstellung eines Sinus aus- einanderweichen . Die schon aus den vorhergehenden Darmpartien beschriebenen Ganglienzellen häufen sich am Magendarme zu einem überaus dichten, der Muscularis aufliegenden Plexus an. Insbesondere bei Notomastus ist es mir gelungen, grössere Strecken dieses Plexus in situ zu isoliren,' und die nach solchen Präparaten angefertigten Zeichnungen geben am besten eine Idee von der reichlichen Verzweigung und Anastomosirung seiner Elemente. Während vom Rüssel und Oesophagus häufig Epithel- und Ganglienzellen im Zusammenhange isolirt werden konnten, ist mir solches am Magendarm nicht geglückt ; aber die häufigen Nervenendigungen der abdominalen Dannzellen sprechen doch dafür, dass sie ebenfalls von Seiten des Plexus Fort- sätze erhalten. Auch für diesen Plexus des Magendarmes, der wohl als ein sympathisches Nervensystem angesehen werden darf, habe ich keine Verbindungen mit dem centralen Nervensysteme nachzuweisen vermocht. Selbst die in Schnitten durch die vorderen Darm- regionen so häufig auftauchenden, wahrscheinlich eine derartige Verbindung mit dem Sensorium vermittelnden Längsnerven sucht man in solchen durch die hinteren Regionen vergebens. Ein Darmsinus findet sich, wie schon im Vorhergehenden erwähnt w^erden musste, allein in der Gattung Mastohranchus und auch bei ihr nur in den hämalen Partien des die Abdomenmitte einnehmenden Hauptdarmes ausgebildet. Er kommt an diesen Stellen durch eine scharfe Trennung der zwei Muskellagen zu Stande, und zwar derart, dass sich die Ring- faserlage dem Peritoneum, die Längsfaseiiage aber dem Epithel anschmiegt. Der dadurch ge- schaffene, hinsichtlich seines Volumens überaus grossen Schwankungen unterliegende Hohlraum ist von einer gelblichen oder röthlichen, coagulirbaren Flüssigkeit erfüllt, welche im Gegen- III. üarmkanal. 1. Vergleicliende Zusammenfassung der Capitelliden. c. Der abdominale Darm. 435 satze zu anderen Anneliden hier nichts mit Blut zu schaffen hat. Wenn demnach der Sinus von Mastohranckus offenbar als rudimentäre Bildung betrachtet werden muss, so ist er doch auch als solche von nicht geringer morphologischer Bedeutung, indem sich auf Grund seiner Existenz schliessen lässt, dass die heute der Gefässe entbehrenden Capitelliden früher wahr- scheinlich solche besessen haben. Von der bei allen Capitelliden hämal inmitten eines rundlichen Wulstes gelegenen Afterspalte aus lässt sich ein starker, kopfwärts gerichteter FUmmerstrom bis zur hinteren Mündungsstelle des Nebendarmes hin verfolgen. Die betreffende Darmpartie ist durch zwei sehr hohe, lange Cilien tragende Epithelwülste ausgezeichnet, welche eine median - neurale, im Bereiche der hinteren Nebendarmmttndung endigende Rinne einschliessen. Diese von mir als Hinterdarmrinne bezeichnete Bildung hat allem Anscheine nach die Aufgabe, Wasser in den Nebendarm einzuführen ; über diese ihre Function wird indessen in einem anderen Theile dieser Monographie Aufschluss zu geben versucht werden. Die Zellen der Hinterdarmrinne erinnern viel mehr an diejenigen des Oesophagus, als an diejenigen des Magendarmes, indem sie deutlich geschwänzte Kerne erkennen lassen. Noch durch eine andere Anordnvmg ist die Rinne ausgezeichnet : stellenweise durchsetzen nämlich grosse, blasse, flaschenförmige, mit ihren Bäuchen frei in das Cölom ragende Zellen die peritoneale und muskulöse Schicht der Rinnen- wand derart, dass sie eine vom Darmepithel ziemlich scharf gesonderte Lage bilden. Bei Das^branchns, in welcher Gattung die betreffenden Zellen ihre höchste Entwickelung erfahren, Hess sich ferner in den Zwischenräumen der Epithelwülste ein ganz an das Bauchstranggewebe erinnernder Fibrillenstrang erkennen. Ich halte nun die erwähnten Zellen für Ganglienzellen und den Fibrillenstrang für deren Ausläufer; letztere sind ihrerseits offenbar dazu bestimmt, die Elemente der Hinterdarmrinne zu innerviren, und demgemäss hätte diese Rinne eine besondere, von derjenigen des Magendarmplexus stark abweichende Nervenversorgung. Der Magendarm aller Capitelliden ist durch einen median-neural verlaufenden Anhang ausgezeichnet, welchen ich, im Hinblicke auf ein ähnliches, vom Intestinum der Seeigel zuerst beschriebenes Organ als Nebendarm gedeutet habe ; letzterem gegenüber wird sodann der eigent- liche abdominale Theil des Tractus als Hauptdarm bezeichnet. Der Nebendarm wiederholt den Hauptdarm vollständig im Kleinen; denn er stellt ebenfalls ein cylindrisches Rohr dar, welches durchschnittlich etwa ein Fünftel des Hauptdarm-Durchmessers erreicht, stellenweise aber auch bis zu einem Drittel, ja der Hälfte dieses Durchmessers wachsen kann, welches ferner alle die am Hauptdarme nachgewiesenen Gewebsschichten in derselben Reihenfolge, nur entsprechend der geringeren Grösse reducirt, wiedererkennen lässt. Der Nebendarm mündet sowohl vorn als hinten in den Hauptdarm. Bei Notomasttis, Dasj/branchtia, Mastohranchas und Heteromastus erfolgt die vordere Einmündung noch im letzten Thoraxsegmente, also an der Grenze von Oesophagus und ^lagendarm, bei Capitella dagegen ist diese Einmündung in das erste Abdomensegment, also mehr in den Anfang des Magendarmes verlegt. In letzterer Gattung, welche allein durch eine deutliche, median-neu- rale Oesophagusrinne die von mir sogenannte Vorderdarmrinncj ausgezeichnet ist, lässt sich 55* 436 B- Vergleichend-Anatomischer (Morphologischer! Theil. unschwer nachweisen, dass die vordere Xebendarmmündung eine Abschnürunt!,- dieser Rinne darstellt. Die übrigen Formen haben an Stelle der Vorderdarmrinne nur einen medianen Epitheleinschnitt, der keine so auffallenden Beziehungen mehr zur genannten Mündung erkennen lässt; aber es kann kaum ein Zweifel darüber walten, dass das bei Capi- tella Festgestellte auch für die anderen Gattungen zutreifend sein werde. Hinten mündet der ISebendarm bei allen Capitelliden im Bereiche derjenigen Stelle, an der die Hinterdarmrinne endigt, oder besser gesagt sich zu dem (im ganzen Magendarme mehr oder weniger deutlich nachweisbaren medianen Epitheleinschnitte verflacht. Auch diese hintere Mündung bietet durchaus den (Charakter einer, von der betreffenden Rinne aus erfolgten Abschnürung dar. Bei Notomastus, Dasyhranchus und Mastohranchus verläuft der Nebendarm bald dem Hauptdarme genähert, bald weit von ihm abstehend, und im letzteren Falle werden beide Kanäle durch ein vom Peritoneum hergestelltes Mesenterium verbunden. Bei Heterovimtus und Capitella dagegen schmiegt sich der Nebendarm seiner ganzen Länge nach dem Haupt- darm aufs Innigste an, und da an der Berührungsstelle beider der Hauptdarm in Folge des bei diesen Gattungen tiefer greifenden medianen Epitheleinschnittes sehr leicht einreisst, so erscheint dann 'in (Querschnitten) der Nebendarm häufig als eine dem Hauptdarme zu breit geöffnete Rinne. Der Nebendarm fällt gegenüber dem Hauptdarme stets durch ein viel helleres An- sehen auf, was dem Umstände zuzuschreiben ist, dass seine Epithelzellen entweder der ge- färbten Bestandtheile durchaus entbehren {Notomastus, Mastohranchus und Heteromastus), oder deren doch nur ganz vereinzelte enthalten {Dasyhrandms und Capitella). Das Epithel der genannten, im Uebrigen durchaus mit den entsprechenden Elementen des Magendarmes über- einstimmenden Zellen kann auch hier stellenweise eine starke Oberflächen Vermehrung er- fahren und in Folge dessen papillenartig in das Lumen des Kanales vorspringen; auch ist es überall mit — allerdings sehr kleinen, oft schwer nachweisbaren — Cilien ausgerüstet. Im Nebendarme werden niemals Nahrungsbestandtheile angetroffen; da- gegen erscheint sein Lumen zuweilen ähnlich wie dasjenige des Hauptdarmes von einer spongiösen Masse ausgefüllt, die besonders in der Schnittfläche das Ansehen eines Pflanzenparenchymes darbietet.*) Ich habe bei Notomastus feststellen können, dass diese Obstruction der Darmlumina dadurch zu Stande kommt, dass sich successive proximale Theile der ^pithelzellen abschnüren, Kugelform annehmen, mit Membranen bedecken und innig aneinanderlegen. Indem weiterhin die Substanz dieser Kugeln resorbirt wird, respec- tive an deren Stelle ein wässeriges Fkiidum tritt, entsteht schliesslich das in Schnitten so auffällige Ansehen eines aus homogenen Blättern aufgebauten (scheinbar leeren": Fachwerkes. *) Dieses Verhalten erinnert an die so auffällige Thatsache, dass der ursprünglich mit einem Lumen aus- gerüstete Oesophagus (und Magen) der Fischembryonen im Laufe seiner fortschreitenden Entwickelung vollständig solide wird. Balfouk (1. p. 346. Vol. II. c. p. .tO und 624) vermuthet allerdings, dass dieser Prozess mit dem einstigen Vorhandensein von Kiemenspalten zusammenhänge. III. Darmkanal. 2. Vergleich der Capitelliden mit anderen Anneliden. 437 Ich habe schliesslich noch der regressiven Metamorphose zu gedenken, von welcher der Darmkanal einer Capitellidenart, nämlich von Notomastus Hneatus, im geschlechtsreifen Zustande ergriffen wird. Ausschliesslich am abdominalen Tractus, und zwar gleicherweise am Haupt- wie am Nebendarme spielen sich diese mit einer vollen Degeneration endigenden Vor- gänge ab. Inaugurirt werden letztere derart, dass sich einzelne Partien der Kanäle unter entsprechender Verdünnung ihrer Wandungen bedeutend verlängern, und dass sich die Gewebs- elemente, insbesondere diejenigen des Epithels, unter starker Kernwucherung neu gruppiren. Die ursprünglichen Darmzellen vereinigen sich nämlich, unter gleichzeitiger Diffusion des grössten Theiles ihrer Substanz in das Darmlumen, zu 20—40 jx grossen, homogenen Blasen, welche in voller Ausbildung nur noch schwer ihren l^rsprung offenbaren. Weiterhin diffundirt auch der Inhalt dieser Blasen, ihre Umrisse werden undeutlich und schliesslich erscheint an Stelle der früheren, compacten, drüsigen Schleimhaut eine diaphane, zerreissliche, kaum 2 jj. dicke Membran. Da sich diese Metamorphosen lediglich an der einen Capitellidenart abspielen, so ver- weise ich auf die ausführliche im ersten Theile dieser Monographie gegebene Beschreibung derselben und erinnere hier nur noch daran, dass alle dort erwähnten degenerativen Vorgänge in letzter Instanz durch die Art, wie Clistomastus seine Geschlechtsproducte entleert, bedingt zu werden scheinen. Bei letzterer Form kommen nämlich Eier und Sperma nicht wie bei den übrigen Capitelliden durch Genitalschläuche, sondern durch Abreissen der geschlechts- reifen Abdomina, respective durch Abreissen von Portionen solcher, zur Ablage. Wahrscheinlich gaben die — in Ermangelung natürlicher Ausfuhrkanäle — sich im Abdomen so massenhaft anhäufenden Geschlechtsproducte Veranlassung zur allmählichen Degeneration seiner Organe und die eingetretene Degeneration ihrerseits hat wohl zur Gewohnheit der Thiere geführt, im Interesse der Erhaltung ihres regenerationsfähigen Vorderleibes den der Necrose verfallenen, nur noch als Behälter der Fortpflanzungskörper dienenden Hinterleib abzuschnüren. Ein speciell im Dienste dieser Abschnürung stehendes Organ glaubte ich in dem bei Clistomastus so abweichend von allen anderen Gattungen sich verhaltenden Dissepimente des letzten Thorax- segmentes erkennen zu dürfen. 2. Vergleich der Capitelliden mit anderen Anneliden. Es sollen hier nur einige der interessanteren Organisationsverhältnisse des vorigen Ab- schnittes zur Sprache kommen, nämlich: der Nebendarm, die lymphatischen Zelldivertikel, der Darmsinus und die Histolyse des Clistomastits-D?iYn\eii. Beginnen wir mit letzterer, das heisst mit der Frage, in wieweit von anderen Anneliden dieser Darm-Histolyse vergleichbare Vorgänge bekannt geworden sind. Claparede') weist in seiner Beschreibung der Geschlechtsorgane von Polyophthalmus Ij 1. p. 5. c. p. 21. _J3§ B. Vergleichend-Anatomischer (Morphologischer) Theil. darauf hin, wie die Leibeshölile zur Zeit der Geschlechtsreife durch Ansammhing von Eiern oder Samen in so hohem Grade ausgefüllt werde, dass der betreffende Abschnitt des Darm- kanales zu einem dünnen Faden zusammengedrückt erscheine. Die folgenden Bearbeiter dieser Thiergattung Meyer') und Lessona-) haben zwar diese Verhältnisse nicht beachtet, jedoch constatirte letzterer, wenigstens für die cf, das Vorkommen von drei Paar Sexualporeu, so dass an eine Ablage der Keimstoffe nach Clistomastus-Xrt kaum gedacht werden kann. Ein ganz ähnliches Verhalten bietet nach Claparede-') der Magendarm bei den geschlechts- reifen cj^ von Paedophi/lax cha-i(/er; aber auch bei dieser Annelide wird das Vorhandensein von Ausfuhrkanälen besonders hervorgehoben. Endlich machte Cl.\parede ''; auch noch eine entsprechende Beobachtung an Nereis, und zwar an der heteronereiden Generation; er sagt: «La plupart des Heteronereides, ne prenant aiicune nourriture, oiit l'intestin comprime par les elements sexuels et reduit a un etioit ruban, dilate pourtant aux points d'insertion des dissepiments.« Ueber den Ablagemodus der Keimprodukte bei diesen Thieren scheint aber Nichts bekannt zu sein. Wenn auch die im Vorstehenden citirten Fälle vorläufig noch keine Feststellung ihrer Beziehungen zu den bei CUstomastus auftretenden Degenerations-Erscheinungen gestatten, so habe ich doch aus dem Grunde auf sie hingewiesen, weil sich bei ihnen immerhin verwandte Pro- zesse abspielen könnten, auf die bei künftigen Untersuchungen der betreffenden Thiere zu achten wäre. In hohem Grade scheint dagegen mit Notomastus lineatus folgendes durch Ehlers'') von Gli/cera capitata beschriebene Verhalten übereinzustimmen. »An drei weiblichen Thieren der Gl. capitata (Örd) beobachtete ich einen eigenthümlichen Einfluss, den die grosse Anhäufung von Eiern auf den Körper des Thieres ausübt. Die Leibeshöhle war auf's Aeusserste von Eiern gefüllt, welche theils in grösseren Packeten zusammen, theils locker, aber aufs Dich- teste neben einander lagen. Dazwischen fanden sich kürzere oder längere strangartige Gebilde von schwarzer Färbung, die aus einem feinkörnigen, scheinbar im Zerfall begriffenen Gewebe bestanden. Diese Massen hatten offenbar einen nicht unbeträchtlichen Druck auf die Wandung des Körpers und Darmes ausgeübt und dadurch in der Musculatur dieser Theile eine Atrophie hervorgerufen, durch welche diese in auffallend- stem Grade verringert war. Die longitudinalen Muskelbänder der Körperwand waren zu feinen Platten verschmächtigt, welche leicht zu bandartigen Strängen auseinanderfielen, die Körperwand war in Folge dessen ringsum gleichmässig dünn und fast durchsichtig; der Bauchstrang des Nervensystems, welcher sonst bei der Ansicht von der inneren Fläche her verdeckt ist, lag offen vor. Noch beträchtlicher war der Einfluss auf die Wand des Darmrohres: dieses war zu einem feinen, äusserst leicht zerreissbaren Strange zusammen- geschrumpft, welcher wie eine Längsaxe durch die Eiermassen lief. Die Musculatur des Rüssels, und am auffallendsten die so starke Wandung des Kieferträgers und der Kieferwülste war völlig dünnhäutig geworden und nach aussen schienen als eine schwarze Concretion die Kiefer durch, welche ganz eng ineinander ge- schoben waren. Der ganze Zustand des Darmrohres deutete darauf hin, dass während dieser Zeit der 1) 1. p. 310. c. 2) Lessona., M. SuH'Anatomia dei Polioftalmi. Estr. Mem. Accad. Torino (2) Tome 35. 1S83. p. 18. 3) 1. p. 8. c. p. 212. 4) 1. p. 335. c. p. 56. 5) 1. p. 307. c. p. 697. III. Darmkanal. 2. Vergleich der Capitelliden mit anderen Anneliden. 439 höchsten geschlechtlichen Entwickelung die Nahrungsaufnahme unterbrochen sei. In diesem Falle erleidet also das Thier in seinem ganzen Körper die Vorgänge, welche bei den Syllideen nur in den hinteren selb- ständig werdenden Segmenten erfolgen oder bei den epitoken Nereis-Anen die Umgestaltung des Körpers hervorrufen: die Anhäufung der Eiermassen wirkt aber bei Glycera atrophisch, während sie in jenen Fällen zu Neubildungen anregt.« Es ist um so wahrscheinlicher, dass die Ablage der KeimstofFe bei dieser Annelide in derselben Weise wie bei Clistomastus vor sich geht und demgemäss die Degeneration der Ge- webe durch ebendiese Evacuationsweise bedingt werde, als Genitalporen, respective Genital- schläuche oder so fungirende Nephridien Glycera ebenfalls abzugehen scheinen. Aber auch in diesem Falle bedarf es weiterer, speciell auf diesen Punkt gerichteter Untersuchungen, bevor ein endgültiges Urtheil abgegeben werden kann. Dass die in dem Magendarme \o\\ Matitohranchiis stellenweise auftretenden Hohlräume moii)hologisch dem Blutsinus anderer Anneliden (Serpuliden, Terebelliden, Cirratuliden, C'hae- topteriden, Ammochariden) vergleichbar seien, wird durch die ganz übereinstimmende Lage des letzteren erwiesen. Claparede'), dem wir die ausführlichsten Mittheilungen über diesen Gegenstand verdanken, verlegt nämlich den Sinus ganz allgemein zwischen die zwei Muskel- schichten des Darmes, also zwischen dieselben Strata, welche auch den rudimentären Sintis von Mastohranchus begrenzen. Ich habe schon im vorigen Abschnitte erwähnt, wie die Thatsache, dass dieser blutführende Hohlraum gerade zwischen die zwei Muskellager zu liegen kommt, möglicherweise zu einer Versöhnung meines Befundes entodermaler Epithel- muskelzellen mit den Angaben über mesodermale Entstehtxng der Darmmuskulatur führen könne, unter der Voraussetzung nämlich, dass die äussere Muskellage (also die dem Peri- toneum anliegende) aus dem Darmfaserblatte, die innere (also die dem Darme anliegende) dagegen aus dem Entoderme stamme. Zu Gunsten dieser Auffassung spricht aber, dass E. Meyer's'^j Beobachtungen zufolge der Sinus embryonal nicht etwa durch nachträgliche Abspaltung der bereits mit dem Entoderme verschmolzenen Splanchnopleure zu Stande kommt, sondern umgekehrt durch die von Anfang an nicht eintretende Verschmelzung der beiden Blätter. Als Schwierigkeit macht sich nur geltend, dass, demselben Autor zufolge, schon vor der Sinusbildung einzelne Mesoderm- oder Mesenchymzellen sich den entsprechenden Entodermpartien anlagern und somit den Einwand zulassen , dass aus ihnen die fragliche Muskellage hervorgehen könnte. Ich glaube aber, dass die betreffenden Mesodeunelemente vielmehr das Material für die zwischen den beiden Sinuswandungen ausgespannten (walir- scheinlich contractilen) Faserzellen'') liefern. Für die meisten Anneliden wird angegeben, dass von den zwei Schichten der Darm- muskulatur die innere (dem Epithel zunächst liegende) aus Ring- und die äussere aus I^ängs- fasern bestehe. Bei den Capitelliden nun, speciell bei Mastohranchus, an deren Intestinum sich ja, dank den sinusähnlichen Spalträumen, allein die beiden Faserlagen scharf unterscheiden 1) 1. p. 308. (Rech. Annel. Sed.) c. p. 101. 2) 1. p. 356. c. 3) Vergl. Clapakede, 1. p. 308. (Rech. Annel. Sed.) c. p. 101. Taf. 7. Fig. S und 9ci 440 B- Vergleichend-Anatomisclier jMorphologischer) Theil. lassen, herrscht gerade die umgekehrte Anordnung; es liegen nämlich die Längsfasern dem Epithel und die Ringfasern dem Peritoneum an. Ich vermuthete anfangs, dass diese Ab- weichung von der Regel mit der epithelialen Entwickelungsweise der inneren Faserschicht zusammenhängen könnte, fand aber sodann, dass auch Clafarede ') schon einen ähnlichen Fall bei Mi/.vicola infundibulum registrirt hat, so dass jene wohl etwas traditionell angenommene »Regel« kaum mehr zu Recht bestehen kann. Die im vorigen Abschnitte bezüglich ihres Verhaltens bei den verschiedenen CJapitelliden besprochenen lymphatischen Zelldivertikel müssen Jeden, der mit der Organisation der Anneliden vertraut ist, an die sogenannten Chloragogen- oder Leberzellen der Oligochaeten erinnern. Für mich war diese Reminiscenz um so bedeutsamer, als ich, wie im systematischen Theile dieser Monographie dargelegt werden soll, die Capitelliden mit den Oligochaeten für nahe verwandt halte. Aber, wie gross auch auf den ersten Blick hin die Aehnlichkeit zwischen einem durch die Chloragogenzellenregion von Lumbricus geführten Querschnitte einer- und einem solchen durch die Zelldivertikelregion von Dasylrandms andererseits erscheinen möge, so führt doch die strengere Prüfung des Sachverhaltes zum Resultate, dass jene Ueberein- stimmung lediglich auf unwesentlichen Habituscoincidenzen beruht. Denn, erstens sitzen die Chloragogenzellen stets der äussersten Darmschicht, dem Peritoneum, auf, ohne jemals durch diese Schicht hindurch mit dem Darmepithel in Verbindung zu treten; zweitens trifft man diese Zellen immer im Besitze von Kernen, und Nichts spricht für deren fragmentarische, ephemere Natur ; drittens enthalten sie vorwiegend gefärbte, an ExcretstofFe erinnernde Elemente, und viertens endlich werden mit den Chloragogenzellen ganz identische Gebilde auch an den Wandungen der verschiedenen Blutgefässe angetroffen. Auch die Ansichten, welche sich allmählich über die Function der Chloragogenzellen herausgebildet haben, sprechen, wie aus dem Folgenden hervorgeht, durchaus gegen ihren Vergleich mit den lymphatischen Zelldivertikeln. Mit dem Bekanntwerden der Chloragogenzellen*) haben sich bezüglich ihrer Bedeutung zwei Auffassungen geltend gemacht; der einen zufolge sollten sie die Rolle einer Leber spielen (daher der synonym gebrauchte Terminus »Leberzellen"), der anderen zufolge — und diese legte das Hauptgewicht auf deren gleichzeitiges Vorkommen an den Blutgefässen — sollten sie dazu bestimmt sein, verbrauchte Stoffe aus dem Blute aufzunehmen und fortzuschaffen, also einer excretorischen Function dienen. Letztere Auffassung hat sich, insbesondere seitdem auch noch die innigen Beziehungen zwischen Chloragogen- und Peritonealzellen, respective die gleicherweise mesodermale Entstehung beider, hinzugekommen waren, immer mehr be- festigt und man kann sagen, dass sie durch die Ergebnisse einer der letzten über diesen Gegenstand veröffentlichten Untersuchungen, nämlich diejenigen Kükenthal's'-) vollends ent- schieden wurde. Letzterem Forscher zufolge sind die Chloragogenzellen überhaupt gar keine 1) 1. p. 308. (Rech. Annel. Sed.) c. p. 100. 2) KüKENTHAL, W. Ueber die lymphoiden Zellen der Anneliden. Jena. Zeit. Naturw. IS. Bd. 1SS5. *^ Da in zwei neueren Publicationen, nämlich in Vejdovskv's öfter erwähnter Lumbriciden -Monographie (1. p. 236. c. p. llü) und in der im Vorstehenden citirten Abhandlung Kükenthal's (p. 343) die die Chloragogen- IIL Darmkanal. 2. Vergleich der Capitelliden mit anderen Anneliden. 441 inteorirenden Bestandtheile des Darmes, sondern stammen vielmehr aus der Lymphe. l..ym- phoide Zellen befestigen sich an den Blutgefässwandungen (und zwar sowohl an frei liegenden als an intestinalen Gefässen) und werden durch Aufnahme gelbbrauner, excretorischer Körper- chen zu sogenannten Chloragogenzellen. Letztere lösen sich sodann wieder los, schwimmen eine Zeit lang in der Leibesflüssigkeit umher und zerfallen schliesslich in einen schwärzlichen Detritus. Da sich nun bisweilen ganz ähnlicher Detritus in den Nephridien vorfindet, so ver- muthet Kükenthal, dass eben diese Organe die Ausfuhr der Chloragogenzellen-Excrete besorgen. Wie man aus des genannten Autors eigener historischer Üebersicht ersehen kann, harmonirt das von ihm für den Lebensgang der Chloragogenzellen entworfene Bild, was die Function und das endgültige Schicksal dieser Zellen betrifft, sehr wohl mit dem durch seine Vorgänger Fest- gestellten. TjEYDig und Claparede hatten gleicherweise die innigen Beziehungen zwischen Chloragogenzellen und Blutgefässen, sowie auch die offenbare Aufgabe ersterer, Excrete aus dem Blute fortzuschaifen, betont, und Timm hatte ebenso wie Kükenthai, das Loslösen der Chlora- gogenzellen beobachtet, sowie auch die Ausfuhr ihres Excretes durch die Nephridien vermuthet. Bezüglich des Ursprunges der Chloragogenzellen wird aber die KüKENTHAL'sche Darstellung aufs kräftigste durch das ^>rhalten der Capitelliden gestützt, indem sich, wie wir gesehen haben, die Hämolymphe einzelner Arten in ungeahntem Grade an der excretorischen Thätig- keit zu betheiligen vermag. Seitdem ich'i das Vorhandensein eines Nebendarmes bei Capitelliden nachgewiesen habe, ist ein solches Organ nur noch bei Angehörigen Einer anderen Anuelidenfamilie bekannt geworden*). Spengei/-) hat zunächst bei Oligognathus, sodann aber auch bei anderen Euniciden einen dem Darme neural anhaftenden Kanal entdeckt, der in seinem Aufbaue, abgesehen von dem Mangel einer Muscularis, ganz mit demjenigen des Darmes selbst übereinstimmt. Eine Mündung dieses Kanales in den Hauptdarm konnte Spengel nur vorne feststellen und hier ist dieselbe, anstatt wie bei den Capitelliden an der Uebergangsstelle des Oesophagus in den Magen- darm, beträchtlich weiter dem Kopfe zu, nämlich an der Vordergrenze des Kiefersackes ge- legen. Eine hintere Einmündung vermochte jener Autor überhaupt nicht aufzufinden, indem sowohl bei OUgognathvs^ als auch bei Halla der Kanal blind zu endigen scheint. Trotz dieser Differenzen kann aber, wie ich mich durch eigene Beobachtungen zu überzeugen vermochte, nicht der mindeste Zweifel darüber herrschen, dass der fragliche Kanal der Euniciden einen JSlebendarm vorstellt, um so weniger, nachdem inzwischen durch Kleinen berg'*) an Larven derselben Familie das Vorhandensein einer vorderen und einer hinteren Mündung des Nebendarmes constatirt wurde. Zellen betreffende Literatur ziemlich vollständig aufgeführt ist, so habe ich mich im Hinblicke darauf beschränkt, die zwei sich gegenüberstehenden Auffassungen summarisch wiederzugeben. 1) Eisig, H. Der Nebendarm der Capitelliden und seine Homologa. Z. Anzeiger Jahrg. 1878. p. 148. 2) 1. p. 310. c. p. 25. 3) 1. p. 303. c. p. 222. *) Ob der von Nicolas Wagner (Die Wirbellosen des weissen Meeres etc. Leipzig 1885 p. 55) an Stauro- cephalus endeckte Kanal, welcher eine zweite Communication zwischen Oesophagus und Magendarm herstellt, in morphologischem Sinne als Nebendarm aufgefasst werden kann, bedarf erst noch des Nachweises. Zool. Station z. Neapel, Fauna und Flora, Golf von Neapel. Capitelliden. 56 442 B. Vergleichend-Anatomischer (Morphologischer; Theil. Was nun die so auffällige Thatsache betrifft, dass der Nebendarm, der, wenigstens bei den Capitelliden, selbst heute noch eine nicht unbedeutende physiologische Rolle zu spielen scheint, lediglich in zwei von den zahlreichen Annelidenfamilien bis jetzt nachgewiesen werden konnte, so gebe ich Folgendes zu bedenken: Stellt der Nebendarm ein Abschnürungsproduct der neuralen Darmrinne dar, wofür Alles spricht, dann fehlt auch denjenigen Anneliden, die eines Nebendarmes entbehren, die homologe Bildung nicht; wir haben nämlich bei diesen Anne- liden die genannte Rinne als nicht zur Abspaltung gelangten Nebendarm zu betrachten. Dass die Selbständigkeit des letzteren Organes sehr verschiedene Grade erreichen kann, hat sich ja auch schon im Kreise der Capitelliden offenbart, indem bei einzelnen ihrer Gattungen Haupt- und Nebendarm weit voneinander abgerückt, bei anderen dagegen innig miteinander ver- schmolzen erscheinen. Im letzteren Falle fanden wir die die beiden Kanäle voneinander trennende Scheidewand überdies so stark verdünnt, dass sie in Folge eines leichten Zuges schon einzureissen pflegte. Wie dem aber auch sein mag: schon durch sein Vorkommen in zwei so weit von- einander abstehenden Familien wie Capitelliden und Euniciden bekundet der Nebendarm, dass in ihm ein dem Annelidentypus inhärentes Organ vorliegt, und zu demselben Schlüsse werden wir auch auf Grund viel ausgedehnterer morphologischer Relationen gedrängt, nämlich auf Grund der Erkenntniss, dass Homologa des Nebendarmes auch noch in anderen Thierclassen vorhanden sind. 3. Vergleich mit anderen Thierclassen. Allein der Nebendarm wird uns in diesem Abschnitte beschäftigen. In der bereits erwähnten PubHcation ') habe ich dieses Organ, was die Wirbellosen betrifft, mit ähnlichen Darmadnexen gewisser Echinodermen und Gephyreen verglichen und constatirt, wie durch solch gemeinsamen Besitz ein neues Bindeglied zwischen diesen ohnedies schon so vielfach verwandten Gruppen hergestellt sei. Seitdem sind durch mehrere eingehen- dere Arbeiten unsere Kenntnisse über den Nebendarm sowohl bei Echinodermen, als auch bei Gephyreen bedeutend gefördert worden; ich kann mir aber das Referat hierüber ersparen, da in einer kürzlich erschienenen Publication von Ehlers 2) (auf die weiterhin noch zurückzu- kommen sein wird) alle bezüglichen Angaben mitgetheilt worden sind. Nur das möchte ich hervorheben, dass die fortgeschrittenen Einsichten in die Verhältnisse des Nebendarmes bei Echinodermen und Gephyreen einer- sowie bei Anneliden andererseits die Homologie dieser ihrer Darmanhänge immer mehr zu befestigen geeignet sind. Es sei in der Hinsicht insbe- 1) 1. p. 441. c. p. 151. 2) Ehleks, E. Nebendarm und Chorda dorsalis. Nachr. Ges. Wiss. Göttingen. Nr. 12. 1885. III. Darmkanal. 3. Vergleich mit anderen Thierclassen. 443 sondere auf die Thatsache hingewiesen, dass bei den CapiteDiden derjenigen Strecke des Hauptdarmes entlang, welche mit dem Nebendarme ausgerüstet ist, ein median-neuraler Epitheleinschnitt verläuft. Gestützt auf diese Thatsache kann nämlich die nach Spengel') den Nebendarm auf seiner ganzen Länge begleitende Wimperrinne von Echiurus aller "Wahr- scheinlichkeit nach als ähnlicher, nur weiter ausgebildeter Epitheleinschnitt aufgefasst und so die typische Continuitätsbeziehung zwischen genuiner Hinter- oder Vorderarmrinne einer- sowie Nebendarm andererseits, respective die Möglichkeit der Herleitung des letzteren aus der primären Magendarmrinne aufrecht erhalten werden. Von nicht geringer Bedeutung ist das Vorkommen eines allem Anscheine nach dem Nebendarme vergleichbaren Gebildes bei Balanoglossus, und da Ehlers die be- treffenden Angaben nicht mehr berücksichtigen konnte, so möge dies hier nachgeholt werden. Nach Bateson-) kommt an der neuralen Eegion des Pharynx von Balanoglossus ein allmählich nach hinten wanderndes Rohr zur Abschnürung. Dieses Rohr bleibt zeitlebens mit dem Darme in Communication und zu ihm gesellt sich noch ein Divertikel der davor gelegenen Pharynxwandungen. Früher schon obliterirt das Liimen dieses hypodermalen Rohres, indem das Gewebe seiner Wandungen vacuolisirt wird und schliesslich der »für die Chorda- substanz charakteristischen Degeneration« unterliegt. Bateson bezeichnet denn auch die frag- liche Bildung schlechtweg als Chorda dorsaüs. Ja, anstatt dass genannter Autor zur Legi- timation und Stütze seiner versuchten Homologie auf die auch durch Ehlers erwogene Homo- logie von Nebendarm und Chorda recurrirte und sich einstweilen beschied, den hypodermalen Anhang von Balanoglossus mit in das Schicksal des Nebendarmes anderer Wirbellosen zu ver- flechten, umgeht er diese Schwierigkeit, indem er das, was bewiesen werden soll, für bewiesen annimmt, das heisst, indem er mit kühnem Ruck Balanoglossus um ISO" dreht. Nachdem Bateson auf so einfachem Wege den Balanoglossus zum Wirbelthiere zurecht gedreht, sieht er natürlich mitleidig auf alle jene Versuche herab, welche darauf hinausliefen, für die Chorda dorsalis bei Wirbellosen Anknüpfungspunkte zu finden: »for it is impossible«, sagt er*), »to take seriously such suggestions as, for example, that the notochord may be compared to generally, the sacs (?) of the Capitellidae, the siphons of any of various Invertebrates, the giant fibres of Earthworms, or the crystalline style of Antedon.« Warum es unmöglich ist, solche Versuche ernsthaft zu nehmen, sagt uns freilich Bateson nicht. Vielleicht ist der Grund in nachfolgendem Satze ^) enthalten : »On the hypothesis of Annelid descent the facts of the morphology of the notochord are inexpli- cable ; for, seeing, that no homologue of the notochord exists among Annelids, on the theory that Vertebrates are their descendants, the notochord must have arisen subsequently to that segmentation, to account foi which the Annelid ancestoi is postulated. If this were so the notochord by every rule of phylogenetic 1) Spengel, J. W. Beiträge zur Kenntniss der Gephyreen. Zeit. Wiss. Z. 34. Bd. p. 493. 2) Bateson, W. The later Stages in the Development of Balanoglossus Koivalevskü etc. Q. Journ. Micr. Sc. (2) Vol. 25. 1885. p. 94. 99 und 112. 3) The Ancestry of the Chordata. Q. Journ. Micr. Sc. (2) Vol. 26. 1886. p. 537. 4) 1. p. 443 (Ancestry Chordata) c. p. 550. 56* 444 B. Vergleichend-Anatomischer (Morphologischer) Theil. Interpretation, might be expected to arise lata in development, and to exhibit marked segmentation. instead of which it is almost the earliest organ formed, and is absolutely unsegmented.« Bateson scheint sich der hiermit ausgedrückten »Petitio principii" ebensowenig wie der vorhergehenden bewusst geworden zu sein. Zuerst wird der ausführlich begründete Versuch, die Chorda aus dem Nebendarme der Anneliden etc., also aus einem ursprünglich unsegmen- tirten Organe der Wirbellosen herzuleiten, als »impossible to take seriously« bei Seite ge- schoben, respective es wird behauptet, dass kein Homologen der Chorda bei Anneliden existire, und auf Grund dieser unbewiesenen Behauptung wird sodann deducirt: da bei den Anneliden kein Homologon der Chorda existirt, so müsste letztere, wenn die Vertebraten als Desendenten der Anneliden entstanden wären, nach jener Segmentirung aufgetreten sein, zur Erklärung welcher, unserem Autor zufolge, die Annelidenabstammung postulirt wirdl Dass Bateson gerade die Chorda, also gerade dasjenige Organ, für welches schon bei den Anneliden ein unsegmentirtes Homologon im Nebendarme aufgestellt worden war, in die Nothlage versetzte, sie müsste segmentirt sein, wenn sie von den Anneliden abstammte, wird weniger auffallend erscheinen, wenn wir bedenken, dass sein ganzes Bestreben dem Beweise gilt, dass die Vertebraten keinen segmentirten Vorfahren nothwendig hatten, indem Balano- glossus (ein unsegmentirtes Thier nach Bateson) für diese Stammvaterrolle allein die nöthigen Garantien biete. Die Praxis dieses Autors, Alles was am Wirbelthiere segmentirt ist als secun- däre Wiederholungen ursprünglich einheitlicher Bildungen jjlausibel zu machen, und anderer- seits Alles was nicht segmentirt ist als Beweise gegen die Abstammung von gegliederten Formen zu verwerthen, möge aber der Leser aus dem Originale ersehen, indem ich es hier nur mit der Chorda, respective dem Nebendarme zu thun habe. Der Weisheit letzter Schluss gipfelt nun aber in dem Satze': Bateson's: »All that can be Said is that the notochord of Balamglossus suggests, that it arose as a supporting structure and not as a modification of something eise.« Also die Chorda dorsalis der Wirbelthiere ist nicht etwa aus einem ursprünglich anders fungirenden Organe eines Wirbellosen in Folge allmählichen Functionswechsels entstanden, sondern sie entsprang angesichts des plötzlich eingetretenen?) Bedürfnisses nach einer »supporting structure« fix und fertig dem Blute des Balanoglossus etwa so wie Pegasus demjenigen der Medusa. Angesichts solchen dem. Causalgesetze entrückten Geschehens darf man ja nicht nach dem »Wie« fragen und auch ich will nicht nur alle indiscrete Wissbegierde unterdrücken, sondern überdies unseren Autor auch noch vor dem Verdachte schützen, als ob sich sein zuletzt citirter Satz etwa gegen den Vergleich von Chorda und Nebendarm gerichtet haben könnte; weiss man ja doch schon: »it is impossible to takc seriously such suggestions«. Jener Satz betrifft vielmehr die von Hubrecht vertretene Homologie zwischen der Chorda dorsalis der Vertebraten einer- und der Scheide des Nemer- tinenrüssels andererseits. Wir anderen haben aber wenigstens den Trost, nun zu wissen, welcherlei Natur die Vergleiche zu sein haben, damit sie Bateson wenigstens einer Wider- 1) 1. p. 443 (Ancestry Chordata) c. p. 565. III. Darmkanal. 3. Vergleich mit anderen Thierclassen. 445 legung für werth hält, das heisst, nachdem er uns mitgetheilt hat »what is impossible to take seriously« wissen wir nun auch »what is possible to take seriously«. Sonderbar nur, dass mir gerade da ernsthaft zu Muthe bleibt, wo Bateson den Ernst vermisst und — natürlich auch umgekehrt. In der mehrfach erwähnten Publication über den Nebendarm habe ich letzteren mit dem subchordalen Strange der Vertebraten verglichen i) . Entscheidend für den Ver- gleich waren die Ijagerungsverhältnisse dieses Stranges sowie seine Beziehungen zum Darm- kanale. Wenn man einmal den hypochordalen Strang in's Auge gefasst hatte, so lag es im strengsten Sinne des Wortes »nahe«, auch an die Chorda zu denken, und ich darf wohl ohne missverstanden zu werden hervorheben, dass ich auch die Vergleichbarkeit letzterer wohl er- wogen hatte. Zwei Schwierigkeiten standen aber solchem Vergleiche (abgesehen von der grösseren Uebereinstimmung der liagerungsverhältnisse zwischen subchordalem Strange und Nebendarme) zu jener Zeit im Wege: erstens die (im Jahre 1878) durchaus noch nicht all- gemein anerkannte hypodermale Entstehung der Chorda und sodann die vielfach angenommene Vergleichbarkeit letzterer mit den sogenannten riesigen Fasern oder Neurochorden der Anne- liden. Beide Schwierigkeiten können jetzt als beseitigt gelten; denn wie in dieser Mono- graphie endgültig bewiesen wird, stellen die Anneliden- Neurochorde lediglich Scheiden dege- nerirter Nervenfasern dar und an der hypodermalen Abstammung der Wirbelthierchorda ist nicht weiter zu zweifeln. In Folge dessen bin ich denn auch mehr als früher geneigt, mich der Auffassung von Ehlers anzuschliessen, der inzwischen den Vergleich zwischen Nebendarm und Chorda dorsalis durchgeführt hat. Freilich sinkt damit der hypochordale Strang auf's Neue in sein räthselhaftes Dunkel zurück ; denn ob Ehlers in seiner Vermuthung'^) : »dieser Strang möge zur Chorda und zum Darme die morphologischen Beziehungen haben, welche die Flimmerrinne des Darmes von Echiums zu diesem und zum Nebendarme besitzt, das Richtige trifft, ob sein weiterer Satz: »die Bildung der Chorda löst gleichsam aus dem Darme einen zweiten Bestandtheil, der Flimmerrinne vergleichbar, heraus, der bald völlig verschwindet« wirklich die Bedeutung jenes Stranges erschöpfend würdigt, muss ja erst an der Hand ein- gehender, speciell bei Vertebraten anzustellender Untersuchungen erwiesen werden. Nicht wenig Ausschlag gebend für meine Anerkennung der Homologie zwischen Nebendarm und Chorda war die Art, wie sich letztere nach Hatschek's Beschreibung bei Awjjhioxtis entwickelt; hier könnte man gewisse Stadien des Organes wahrlich ebensogut oNebendarm« als »Chorda« nennen und ähnlich überzeugend sind die, insbesondere durch HoFMANN bekannt gewordenen Verhältnisse bei gewissen Reptilien. Aber dies, sowie über- haupt Alles, was auf Grund der bis heute erlangten Resultate aus dem Gebiete der Morpho- logie und Entwickelungsgeschichte für und wider die Homologie der beiderseitigen Organe vorgebracht werden kann, hat Ehlers schon zur Discussion gebracht, und indem ich in dieser 1) 1. p. 441. c. p. 149. •2) 1. p. 442. c. p. 403. 446 B- Vergleichend-Anatomischer (Morphologischer) Theil. Hinsicht auf des genannten Autors Abhandlung verweise, beschränke ich mich darauf, hier das Problem von einem anderen Gesichtspunkte aus zu behandeln, nämlich von dem in der Frage ausgedrückten, wie man sich die Verwandlung des Nebendarmes in eine Chorda vorstellen könne. Grundbedingung einer solchen Erörterung ist die Kenntniss der Function des Neben- darmes. Wer sich mit den den Darmkanal der verschiedenen Capitelliden-Gattungen behandelnden Kapiteln des ersten Theiles vertraut gemacht hat, weiss, dass ich durch die zwischen den Darmrinnen und dem Nebendarme waltenden Beziehungen, insbesondere durch die für die Hinterdarmrinne constatirte AVassereinfuhr dazu gekommen bin, in dem Nebendarme ein im Dienste der Respirationsthätigkeit entstandenes Organ zu erblicken. Als bekannt und aner- kannt muss gelten, dass der Annelidendarm sich derart äusserst wirksam an der Respirations- thätigkeit zu betheiligen vermag, dass ein Wasserstrom seine reichlich mit Blutgefässen ver- sorgten (oder von der Hämolymphe umspülten) Wandungen durchströmt. Im Anschlüsse an das Bedürfniss, diesen Strom auch dann zu unterhalten, wenn der Tractus zeit- und stellen- weise von Speisen angefüllt ist, denke ich mir zunächst die neurale Wimperrinne entstanden, durch deren mehr oder weniger vollständigen Abschluss gegen den verdauenden Magendarm die Bildung eines exclusiv respiratorischen Tractusabschnittes eingeleitet war. Im weiteren Verlaufe dieser so angebahnten Differenzirung kam es zur vollständigen Abschnürung der neu- ralen Rinne, so dass nun ein besonderes (nur hinten und vorn in den Darm mündendes) Rohr, der Nebendarm, zur eventuellen Fortleitung des respiratorischen Wasserstromes geschaffen war. Keine Function des Thierleibes ist so wenig conservativ, wie die respiratorische. Sie tritt scheinbar unvermittelt an einem Punkte auf, um ebenso wieder zu verschwinden; rück- sichtslos bemächtigt sie sich, insofern ihr nur Gelegenheit geboten wird, der heterogensten Organe und Körperstellen, immer flüssig und bereit dahin zu folgen, wo der belebende Sauer- stoff ein plus verspricht. Diese proteusartige Disposition, für die sich allein aus dem Kreise der Anneliden schon überaus zahlreiche Beispiele anführen Hessen, ist nun unter Umständen nicht wenig verwirrend für den Morphologen. Viele haben sich zwar schon derart an die Sache gewöhnt, dass sie es durchaus nicht mehr auffallend finden zu lesen: das Genus A unter- scheidet sich von dem Genus B durch den »Besitz wohl entwickelter Kiemen«, und doch über- setze man diesen Passus einmal in das Gebiet gewisser Vertebraten, bei denen dieselben Organe, dank ihrer Gebanntheit in unangreifbare, fixe Organisationsverhältnisse, mit zu den zuverlässigsten systematischen Merkmalen zählen! Ich hielt diese Abschweifung für geboten, um die Willkür zu rechtfertigen, welche scheinbar darin gelegen ist, wenn ich in der Weiterentwickelung meiner vorhergehenden Erörterung, nachdem kaum die respiratorischen Bahnen reconstruirt, an deren Hand der Nebendarm sich ausbilden sollte, diese Bahnen ohne Weiteres auch wieder verküm- mern lasse. Ja, nachdem ein guter Theil des ursprünglichen Darm-Respirationsstromes in den Neben- darm verlegt war, kam es zu neuen Differenzirungen, welche damit endeten, dass bei den III. Darmkanal. 3. Vergleich mit anderen Tliierclassen. 447 meisten Formen auch letzterer wieder der Aufgabe, Athemwasser aus- und einzuführen, ent- hoben Avurde. Bei den meisten Echinodermen, Anneliden und Gephyreen wurde wohl diese Ablösung durch eine erhöhte Wirksamkeit der Haut- sowie der specilischen Kiemen-Respi- ration vermittelt ; bei den Urwirbelthieren dagegen fiel die Ausschaltung des Nebendarmes wahr- scheinlich mit der Concentrirung der Athemthätigkeit auf den vorderen Darmabschnitt zu- sammen. War aber einmal der Nebendarm seiner respiratorischen Thätigkeit verlustig ge- gangen, so konnte sich zweierlei mit ihm ereignen: entweder er erlag der Rückbildung oder er wurde zu anderen Aufgaben herangezogen. Erstere Wendung vollzog sich bei den heu- tigen Echinodermen, Gephyreen und Anneliden; denn wir finden ja bei allen diesen GrujDpen das Organ nur noch in einzelnen Fällen functionsfähig, meistens dagegen in rudi- mentärem Zustande oder ganz fehlend. Letztere Wendung vollzog sich bei den Wirbel- thieren, respective bei ihren annelidenartigen Vorfahren ; denn aus dem Nebendarme wird die Chorda dorsalis. Wie aber aus dem Nebendarme eine Chorda dorsalis zu werden vermöge, das können wir am besten an der Hand des »Functionswechsel-Principes« verstehen. Man gebe nur zu, dass, wie die Haut, der Bauchstrang und der Hauptdarm, so auch der Nebendarm, unbeschadet seiner »respiratorischen« Hauptfunction, eine, wenn auch noch so unbeträchtliche «stützende« Nebenfunction von Anfang an ausgeübt habe (dass dies kein absurdes Postulat, beweist ja die vielfache derartige Inanspruchnahme genannter Organe ; so hat beispielsweise der Bauchstrang häufig der mächtigen transversalen Muskulatur als Ansatzpunkt zu dienen), und lasse dann in dem Maasse als die ursprüngliche Hauptfunction zurücktritt, die ursprüngliche Nebenfunction an ihre Stelle treten. Man vergegenwärtige sich, wie dieser Umschwung ganz allmählich er- folgen kann, wie ferner Nichts im Wege steht, sich alle möglichen Uebergangsstufen vorzu- stellen, indem weder der Nebendarm »Chordafunction« noch die Chorda »Nebendarmfunction« ausschliesst. Sehen wir doch auch heute noch die Chorda zunächst als entodermales Rohr (oder Strang) entstehen, deren entodermale Zellen erst nachträglich die für die Chordasubstanz charakteristische Modification erfahren. Auf Grund dieser Auffassung können wir also, ohne die geringste Störung der Functions- Continuität zu postuliren, die Chorda von dem Nebendarme, den Nebendarm von der Wimper- rinne und letzteren endlich von einem der elementarsten Organe des Thierkörpers, nämlich von dem Darmkanale ableiten. Und in solcher Ableitung, die Schritt für Schritt Rechenschaft über das »Wie«, respective über die physiologische Möglichkeit der Organ- Umwandlung zu geben vermag, sehe ich nicht etwa nur eine erwünschte Beigabe der embryologisch oder morphologisch angebahnten Homo- logie, sondern ich halte sie für ein unerlässliches Kriterium derselben. Andernfalls gerathen wir auf die Bahn jener Morphologie der Schnitte und Schemata, welche »rein« und »abstract« nach den sogenannten »Lagerungsverhältnissen« die Organe, gleich als ob es sich um absolute, weder zeitlich, noch örtlich bedingte Einheiten handelte, durcheinanderwirft oder voneinander ableitet, während wir es doch in AYahrheit stets mit integrirendcn Theilen continuirlich lebens- 448 B- Vergleichend-Anatomischer (Morphologischer) Theil. fähig vorzustellender Organismen zu thun haben. Oder, wir gerathen auf den — allerdings viel weniger bedenklichen und zugleich sich durch die Einfachheit und Bequemlichkeit aus- zeichnenden — anderen Abweg der »Neubildung«. Ein Satz wie der Bateson's : "All that can be Said is that the notochord of Balaiioglossus suggests that it arose as a supporting structure and not as a modification of something eise« hätte nie erwogen, geschweige gedruckt werden können, wenn sich dessen Verfasser der Verpflichtung bewusst gCAvesen wäre, die physiolo- gische Möglichkeit eines solchen Vorganges nachweisen zu müssen. Wir können einsehen, me in einem Darme, den zugleich Speisen und Respirationswasser passiren, allmählich für letzteres eine neurale Rinne zur DifFerenzirung gelangt, wir können verstehen, wie diese Rinne weiterhin zum Kanal abgeschnürt wird, es wird uns auch nichts Absurdes zugemuthet, wenn wir zugeben sollen, dass im allmählichen Wechsel seiner Function dieser Kanal das Lumen einbüsst, respective dass sich seine Zellen zu Chordasubstanz umwandeln. Unbegreiflich bleibt dagegen, wie diese Chorda, dieses mächtige, ontogenetisch so frühe auftretende Organ, aus sich selbst heraus, lediglich an der Hand des Bedürfnisses »zu stützen« hätte zu Stande kommen sollen, da sie doch erst dann zu stützen vermochte, nachdem sie (oder »something eise« da war. Gegen die intestinale Abstammung der Chorda dorsalis ist ein Einwand geltend ge- macht worden, den ich noch kurz zur Sprache bringen will. Cunningham ') schrieb nämlich in diesem Betreffe Folgendes: »Now, the notochord in the course of evolution never could have arisen from the intestine, for this reason: the dorsal aorta of Vertebrates is homologous Avith the subintestinal vein of an Annelid, the blood in both flows the same way and the two have the same relations to the intestine. Therefore, if the noto- chord had been evolved from the wall of the intestine the aorta would in the Vertebrate have been on the dorsal side of the notochord, not, as it actually is, on its ventral side.« Dem gegenüber ist zu erwiedern, dass sich Cunningham vor Allem in einem grossen Irrthume befindet, wenn er glaubt, dass das von ihm bei den Anneliden supponirte Verhalten des neuralen Gefässstammes als typisch festgestellt zu gelten habe. Vom Blutgefässsysteme dieser Thierclasse wissen wir nämlich noch sehr wenig. Und wie ungeeignet dieses Wenige ist, in Fragen wie der von Cunningham erwogenen irgend Etwas entscheiden zu können, mag man daraus entnehmen, dass erst vor Kurzem die embryologisch längst beobachtete Doppel- anlage des Rückengefässes auch als in aiisgewachsenen Anneliden fortbestehend erkannt wurde. " Ferner ist gerade bezüglich des hier im Vordergrunde stehenden Bauchgefässes zu erinnern, dass Fälle bekannt sind, in denen ausser dem vmpaaren, zwischen Darm nnd Bauchstrange gelegenen Stamme noch ein seitliches Paar vorhanden ist, so bei dem mit einem Nebendarme 1) Cunningham, J. The significance of Kupffek's Vesicle with remarks on other Questions of "Vertebrate Morpholügy. Q. Journ. Mior. Sc. (2) Vol. 25. 1SS5. p. 11. *) Man vergleiche: Beddard, F. Note on the paired dorsal Vessel of Certain Earthworms. Proc. Physic. «oc. Edinburgh Vol. 8. 1885. p. 424; ferner Vejdovsky, F. 1. p. 236. c. p. 120. III. Dunnkunal. 3. Vergleich mit ander 449 ausgerüsteten Oligognathns (nach Spen(;el') und bei Hesione (nach Eisig 2). AVoher weiss Ciinnin-gmam, dass es nicht diese paarigen neuralen Annelidengefässe sein könnten, welche den (embryonal doppelten) Aorten der Vertebraten entsprechen? Aber selbst für den Fall, dass man an der Verpflichtung, über das Schicksal des zwischen Darm und Bauchstrang gelegenen unpaaren Gefässstammes der Anneliden Rechenschaft geben zu müssen, festhalten wollte, so würde doch daraus niemals die von CuiNningham hergeleitete Schwierigkeit erwachsen können: einfach deshalb nicht, weil auch bei den Vertebraten ein Blutgefäss zwischen Chorda und Nerven- system eingeschaltet verläuft. Dieser Gefössstanim ist (gefälliger INIittheilung P. Mayer's zu- folge) die Art. spinalis media. 1) 1. p. 310. c. p. 47. Taf. III. Fig. 3t. 2) Eisig, H. Ueber das Vorkommen eines schwimmblasenähnlichen Organs bei Anneliden. Mitth. Z. Stat. Neapel 2. Bd. 1880. p. 266. Neapel, Fanua uud Flora. Golf von Neapel. Capitelliiien. IV. Centrales Nervensystem, 1. Vergleichende Zusammenfassung der Capitelliden. '' a. Das Gehirn. Wie schon gelegentlich der Beschreibung des NotomastKS-Nerveiisystemes hervorgehoben wurde, betrachte ich mit Leydig die oberen Schlundganglicn, den Schlundring und die unteren Schlundganglien als C'omponenten des Gehirnes. Nachdem aber so diese hauptsächlich für morpho- logische Fragen allgemeinerer Natur in Betracht kommende Auffassung einmal anerkannt ist, glaube ich mich, ohne Missverständniss zu erregen, dem herrschenden Sprachgebrauche fügen zu können, demzufolge der Ausdruck Gehirn auf die oberen Schlundganglien beschränkt bleibt. Das Gehirn in diesem engeren Sinne zeigt bei den verschiedenen Gattungen unserer Familie überraschend grosse Schwankungen der Formverhältnisse; sogrosse, dass wir, ohne die Blutsverwandtschaft der damit ausgerüsteten Träger zu kennen, sicherlich Organe weit vonein- ander abstehender Familien vor uns zu haben glauben würden. Das Verständniss dieser Divergenz wird nun aber dadurch erleichtert, dass die in ihren Extremen so unvermittelt dastehenden Gehirn- formen von Dasyhranclms einer- und von Capitella andererseits, durcli Notomastiis, Mastohranckus und Heteromastus vermittelt werden, indem sich von Form zu Form in der genannten Reihen- folge eine immer weiter gehende Verschmelzung ursprünglich getrennter Theile erkennen lässt. Dass diese Reihenfolge in der That als eine absteigende, vom Complicirteren zum Ein- gehen, also von Dasyhranckus zu Capitella gerichtete und niclit als eine umgekehrte betrachtet werden muss, ergiebt sich als Resultat der vergleichenden Anatomie aller Organsysteme. Das Dasj/branchus-G ehirn, als compUcirtestes, besteht aus drei Ganglienpaaren, nämlich aus einem vorderen, hinteren und seitlichen Paare. AUe diese GangUen erfreuen sich einer grossen Selbständigkeit, indem sie nahezu ausschliesslich durch ihre centralen, das Material für die Schlundcommissuren liefernden Faserkerne zusammenhängen. Die mächtigste Aus- bildung zeigen die vorderen Ganglien oder Lappen (wie ich sie im Hinblicke auf ihre ge- ringere Selbständigkeit bei den übrigen Formen genannt habe, indem ihr Volum demjenigen «) Man vergleiche: »Anatomisch-Histologischer Theil« p. .54—70. 176—179. 212—217. 235—237 und 259—200. IV. Centrales Nervensystem. 1. Vergleichende Zusammenfassung der Capitelliden. a. Das Gehirn. 451 aller übrigen 7,nsammen genommen gleich kommt. Aus diesen vorderen Ganglien entspringen zahlreiche nach dem Kopflappen zai gerichtete Nerven und in den zum Theil verschmolzenen Wurzeln letzterer liegt das Sehorgan in Form sogenannter Pigmentflecke eingebettet. Auch die hinteren und seitlichen Ganglien geben zahlreichen Nerven Ursprung, von denen die meisten zur Innervation der Wimperorgane dienen, einige dem Rüssel-Oesophagus zustreben und einige endlich hinsichtlich ihrer Bestimmung unbekannt blieben. Das durchschnittlich etwa halb so grosse Gehirn von Notomastus besteht nur aus zwei Paar annähernd gleich voluminöser Ganglien oder Tiajjpen. Diese bringen zwar ebenfalls ihre Individualität noch zu scharfem Ausdrucke, aber Dasybranchus gegenüber doch insofern in geringerem Grade, als die einzelnen Lappen nicht nur durch die Faserkerne, sondern auch durch breite Zellbrücken in Zusammenhang stehen. Von jedem der vorderen I^appen ist durch eine tiefe, distal-seitlich verlaufende Furche ein kleiner Theil abgeschnürt, welchen ich als Träger der sogenannten Pigmentflecke Sehlappen genannt habe; ausserdem wurde noch ein unpaarer, median-neural gelegener Anhang als ventraler Lappen unterschieden. Auch die vorderen Lappen von Notomastus entsenden (abgesehen von den Sehlappen) alle ihre Nerven in den Kopflappen. Die hinteren Lappen erschöpfen sich nahezu in der Versorgung der Wimperorgane; nur wenige, schmächtige Nerven verlaufen dem visceralen Systeme zu gerichtet. Die Thatsache, dass diese hinteren liap^jen eben so gross sind als die vorderen (bei Dasy- hranchus dagegen hintere und seitliche zusammen erst den vorderen an N^olum gleichkommen), legt den Schluss nahe, dass die hinteren Lappen von Notomastus den hinteren und seitlichen von Basybranchus entsprechen, mit welcher Auffassung auch die Ueberein- stimmung der beiderseitigen Innervationsbahnen in gutem Einklänge steht. Das Gehirn von Mastobrandms schliesst sich insofern enge demjenigen von Notomastus an, als sich ebenfalls zwei hintereinandergelegene, annähernd gleich grosse Lappenpaare er- kennen lassen, von denen die vorderen Augen und Kopflappen und die hinteren in erster Linie die Wimperorgane versorgen. Aber dieses Gehirn bietet doch dadurch einen starken Habituscontrast dar, dass die Selbständigkeit seiner Ganglien gegenüber Notomastus stark ein- geschränkt erscheint. Nur ein tiefer vorderer und ein wenig einschneidender hinterer Spalt erinnern an die ursprüngliche (relative) Selbständigkeit der zwei Ganglienpaare in der Rich- tung der Längsaxe, imd rechtwinklig auf diese Axe ist die einstige Trennung kaum noch durch schwache Furchen angedeutet. Bei Heteromastus kann von hintereinandergelegenen Lappen überliaupt nicht mehr die Rede sein, da die Verschmelzung der beiden Paare, parallel der Queraxe, vollkommen zur Durchführung gelangt ist; conform der Längsaxe dagegen kommt auch hier durch einen vor- deren und hinteren Spalt die bilaterale Symmetrie noch zum Ausdritcke. Auffallend ist die starke liängserstreckung dieses Gehirnes, respective sein Auslaufen in zwei mächtige, den Kopf- lappen versorgende Schenkel. Ferner verdient hervorgehoben zu werden, dass die Wimper- organe nicht wie bei Notomastus und Dusybranchus aus dem hinteren, sondern aus dem vor- deren Gehirnabschnitte ihre Nerven erhalten, sowie dass nur in der Jugend ähnlich wie bei 452 B- Vergleichend-Anatomischer (Morphologischer) Theil. den vorhergehenden Formen gelegene Angen angetroffen werden, indem diese allmählich degeneriren nnd ein Paar in der Gehirnmasse eingebettete an ihre Stelle treten. Höchst charakteristisch endlich für Heteromastus ist der Ansatz zweier kräftiger Muskelstränge im proximalen Bereiche seines Gehirnes. Capitella schliesst sich Heteromastus auf's Engste an; auch bei ilir treffen wir nur noch eine bilaterale Scheidung der Trappen, ferner einen ähnlichen Ursprung der Wimperorgan- nerven und endlich auch das Degeneriren des jugendlichen Auges. Nur erscheint das Capitella- Geliirn bedeutend verkür/t und an Stelle der zwei Muskelstränge tritt Ein solcher Strang. Aus der Combination verschieden gerichteter Schnittserien ergab sich, dass das Gehirn bei allen Capitelliden aus einer peripherischen (nur neural unterbrochenen) Zellenhaube und aus einem centralen Faser kerne besteht. In den Gattungen Dasyhranckus und Noto- mastus bieten frontal durch diesen Kern geführte Schnitte in Folge der Selbständigkeit der Ganglien ein schmetterlingsförmiges Ansehen dar; in den übrigen Gattungen dagegen erscheint in Folge der Verschmelzung aller Ganglien, ähnlich wie das Gesammtgehirn, auch genannter Kern in einfach rundlichem oder ovalem Umrisse. Diese Zellen- und Fasermasse wird von einer doppelten Membran umhüllt: näm- lich von einer äusseren peritonealen und einer inneren cuticularen Ansehens. Letztere, welche trotz dieses Ansehens durch den Besitz von Kernen einen zelligen Ursprung verräth, haben wir als das eigentliche Neurilemma zu betrachten und gegenüber dem Bauchstrange fällt hier die geringe Mächtigkeit dieser Haut, insbesondere die geringe Ausbildung ihrer zwischen die Zellen- und Fasermassen sich einschiebenden Fortsätze auf. Die Ganglienzellen sind ähnlich wie diejenigen des Bauchstranges durchaus nackt und in den meisten Fällen unzweifelhaft multipolar; je nach dem Gehirntheile schwanken sie in Form nnd Grösse. Unschwer lässt sich ein Zusammenhang zwischen den Ausläufern dieser Zellen nnd den den centralen Faserkern zusammensetzenden Fibrillen erkennen. Letztere stellen feine, sich nach allen Richtungen hin verzweigende und anastomosirende Fäden dar, welche denjenigen des Bauchstranges gegenüber eine compactere Anordnung und einen weniger gestreckten Verlauf zeigen. An der neuralen, von Zellen entblössten Fläche des Gehirnes entspringen bald mehr pro- ximal, bald mehr distal (je nach den Gattungen), und zwar lediglich aus dem Faserkerne, die Commissuren des Schlundringes. Diese verfolgen nach kurzer horizontaler Erstreckung jeder- seits einen schräg nach hinten und neural gerichteten Verlauf und vereinigen sich nach Um- fassung des ()esoi)hagus zum unteren Schlundganglion. Die Schlundringcommissuren bestehen ausschliesslicli aus Fibrillen, welche im Gegen- satze zu denjenigen des Gehirnes einen gestreckten Verlauf einhalten. Zuweilen gesellt sich besonders bei Notomastus und Dasj/bnuichus) zur Haui)tcommissur jederseits eine dünnere Nebencommissur, so dass in diesen Fällen der Schlundring eine doppelte Bildung darstellt. Die von diesem (iehirntheile abgehenden Nerven begeben sich zum kleineren 'l'heile in den Kopflappen, zum grösseren Teile aber versorgen sie den Rüssel-Oesophagus. IV. Centrales Nervensystem. 1. Vergleichende Zusammenfassung der Capitelliden. a. Das Gehirn. 453 Kurz vor ihrer Vereinigung tritt an jeder Schlundringcommissur ein seitlich-neuralcr Ganglienzellenbelag auf, der in dem Maasse, als die zwei Stränge sich einander nähern, immer mehr an Masse und Ausdehnung zunimmt, bis er schliesslich die verschmolzenen Kommissuren liaubenförmig umhüllt (nur hämal bleiben letztere unbedeckt) und so das untere Schlund- ganglion herstellt. Aehnlich den Ganglienzellen der oberen, entsenden auch diejenigen des unteren SchlundgangHons Fortsätze in den Faserkern, so dass letzterer hier wie in allen nachfolgenden Knoten der Bauchkette sowohl aus Fibrillen des Gehirnes s. stv., als auch aus solchen des eigenen Zellenbelages zusammengesetzt wird. Das untere Scblundganglion über- ragt die folgenden Ganglien des Bauchstranges etwas an Grösse, unterscheidet sich aber im IJebrigen in nichts Wesentlichem von jenen, so dass es am besten als erstes Ganglion des Bauchstranges gemeinsam mit letzterem in's Auge gefasst wird. Bei allen Gattungen mit Ausnahme von Capitella nimmt das Gesammt- gehirn den Koj^flappen nebst den zwei ersten Körpersegmenten ein. Die oberen Schlundganglien oder das Gehirn s. str. occupiren den proximalen Abschnitt des Kopflappens sowie den vorderen hämalen Abschnitt des ersten Körpersegmentes; durch mehrere Muskel- platten wird für diesen Gehirntheil eine besondere Cölomabtheilung, die sogenannte Gehirn- kammer, hergestellt. Der Schlundring verläuft im hinteren Abschnitte des ersten und im vorderen Abschnitte des zweiten Körpersegmentes, und der hintere neurale Theil des letzteren Segmentes endlich enthält das untere Schlundganglion. Es gehören demnach die oberen Schlundganglien dem Kopflappen und ersten Körpersegmente, der Schlundring dem ersten und zweiten Körpersegmente imd das untere Schlundganglion dem zweiten Körpersegmente an. Bei Capitella dagegen erstreckt sich das Gehirn ausser dem Kopflappen nur auf das erste Körpersegment, indem die oberen Schlundganglien total in den Kopf- lappen und der Schluudring nebst unterem Schlundganglion gemeinsam in das erste Körper- segment zu liegen kommen. Dieser zwischen Capitella und den übrigen Capitelliden herrschenden Abweichung ist nun aber keine principicUe Bedeutung beizumessen, indem sie allem Anscheine nach durch den Ausfall eines Zoniten, respective durch die Verschmelzung eines solchen mit dem Kopflappen zu Stande gekommen ist. Während nämlich bei allen übrigen Gattungen das erste Körper- segment oder Mundsegment borstenlos erscheint, ist bei Capitella schon dieses erste Segment mit Borsten ausgerüstet, und daraus, sowie aus der auffallenden Mächtigkeit des Kopflappens schliesse ich eben, dass das in Wahrheit erste (borstenlose) Segment bei Capitella mit dem Kopflappen verschmolz und dass in Folge dessen ihr scheinbar erstes Segment, in morphologischem Sinne wenigstens, als zweites betrachtet werden müsse. Mit Ausnahme von Heteromastus haben bei sämmtlichen Formen der Familie alle Gehirn- theile ihre Lage innerhalb der Ticibeshöhle ; bei genannter Gattung hingegen verlaufen die Schlundringcommissuren zwischen Ringmuskulatur und Haut. Wir werden sehen, dass sicli diese acölomatische Lage auch auf den ganzen Bauclistrang dieser Form erstreckt. 454 -ß- Vergleichenil-Anatomischer (Morphologischer) Theil. b. Der Bauchstrang. Auch dieser Theil des Centrahiervcnsystemes zeigt in den verschiedenen Gattungen nicht unerhebliche Abweichungen. Die auffälligste betrifft seine Lagerungsverhältnisse. Bei Dasi/branchus, Notomastits und MastohruHchu.s liegt nämlich der ganze Strang (mit Ausnahme des nachwachsenden Schwanzendes) frei in der licibeshöhle, speciell in der Bauch- strangkammer; bei Heteromastus dagegen rückt derselbe sammt Schlundring und unterem Schlund- ganglion zwischen Ringmuskulatur und Haut. Capitella endlich vermittelt diese Extreme, indem bei ihr der Bauchstrang im Thorax eine durchaus cölomatische Lage behauptet, im Anfange des Abdomens dagegen mit seinen Connectiven zwischen Muskulatur und Haut herabrückt und weiterhin in die Haut selbst eingebettet zu liegen kommt; die Ganglienknoten gehen zwar im Abdomen ebenfalls eine innige Verwachsung mit dem Hautmuskelschlauche ein, rücken aber nie unter die Muskulatur, so dass also im hinteren Körpertheile dieser Gattung die Cianglien eine cölomatische und die C'onnective eine acölomatische Lage aufweisen. Da das Gesammtverhalten aller Grgansysteme dazu zwingt, Heteromastus und Capitella als die am stärksten modificirten, respective jüngsten Capitellidenformen zu betrachten, so folgt daraus, wie wenig berechtigt es ist, die acölomatische Lage des Bauchstranges als Merkmal ursprüng- lichen Verhaltens zu deuten (Archianneliden! . Die durch die beiden Commissuren des Schlundringes eingeleitete bilaterale Sym- metrie kommt bei den einzelnen Gattungen zu sehr verschiedengradigem Ausdrucke. Stets sind es die C'onnective, welche die ursprüngliche Zweitheilung am hartnäckigsten bewahren, wogegen in den Ganglien die Tendenz zur Verschmelzung vorherrscht. Bei Notomastas und Dasyhranchus pflegen die sämmtlichen Connecti\e des 'lliorax durch entsprechende Neurilemm- Abtheilungen zweigetheilt zu erscheinen; weiterhin im Abdomen treten dagegen Hand in Hand mit der kräftigeren "Wucherung des Neurilemmas an Stelle der zwei Stränge deren drei oder vier auf, und schliesslich lässt sich überhaupt keine Ilegelmässigkeit mehr in Zahl und Verlauf der Librillenbündel constatiren. Umgekehrt weichen die Connective. bei Capitella gerade im Abdomen, also in derjenigen Körperpartie, in der sie unter die Muskulatur rücken, am stärksten auseinander, so stark, dass an den entsprechenden Stellen der Anschein eines Strickleiter-Nervensystemes entsteht, welche Illusion freilich nicht lange währen kann, indem die zwei divergirenden Stränge von Segment zu Segment in den Knoten je wieder zur Ver- sclunelzung oder doch zur innigen Aneinanderlagerung kommen. Bei Heteromastus, in welcher Form der Bauchstrang in noch viel ausgedehnterer und innigerer AVeise mit dem Hautmuskel- schlauche Beziehungen eingeht, ist die Zweitheilung der Connective dem ganzen Körper ent- lang nur sehr schwach angedeutet, woraus hervorgeht, dass die Erhaltung oder Verwischung der bilateralen Symmetrie mit der cöl omatischen oder acölomatischen Lagerung des Bauch- stranges nichts zu thun hat. Dafür spricht auch das Verhalten von Mastohr anchus, in welcher Gattung der abdominale Abschnitt der Bauchkette bei rein cölomatischer Lage jede Spur IV. Centrales Nervensystem. 1. Vergleichende Zusammenfiissiinnf der Capitelliden. b. Der Bauehstrang. 455 bilateraler Anordnung einbüsst. In diesem Falle ist es lediglich das colossale Wuchern des Neurilemmas, respective die einzig dastehende Ausdehnung der von ilim abstammenden Neu- rochorde, denen die Störung der ursprünglichen Symmetrie zugeschrieben werden muss. Im Bauchstrange aller Capitelliden herrscht insofern eine streng segmentale An- ordnung, als in jedem Zoniten stets ein Ganglienknoten vorhanden ist. Die Form und das I>agerungsverhältniss dieser Knoten wechselt natürlich je nach den Körpertheilen und Gattungen, insbesondere je nach der cölomatischen oder acölomatischen Tiage. Immerhin lässt sich im Allgemeinen bezüglich der Formverhältnisse sagen, dass dem Bauchstrange ein rundlicher Querschnitt eigen zu sein pflegt, und bezüglich der Lagerungsverhältnisse seiner Knoten, dass dieselben meistens im Bereiche der hinteren Segmentgrenzen, also auf gleicher Höhe mit den Parapodien, Sinneshügeln etc. angetroffen werden. Ai\ffallende Abweichungen hiervon weist nur Mastohranchus auf, indem sich am abdominalen Theil seines Bauchstranges erstens die Ganglienknoten nur sehr undeutlich abheben und zweitens die Querschnitte ausgesprochen keilförmig darstellen. Auch diese Abweichung des Genus ist in erster Linie der Hypertrophie des Neurilemmas, respective der Neurochorde zuzuschreiben. Hinsichtlich der Structur wiederholen sich am Bauclistrange die am Schlundringe und am unteren Schlundganglion eingeleiteten Verhältnisse. Wie jene Commissuren, so bestehen auch die Connective nahezu ausschliesslich aus Fibrillen, und wie das untere Schlundganglion, so zeigt auch jedes nachfolgende Ganglion der Kette einen centralen Faserkern und einen neural-lateralen Zellenbelag. Das Neurilemma des Gehirnes geht continuirlich auf den Bauchstrang über und be- steht am letzteren ebenfalls aus zwei bald scharf voneinander getrennten, bald innig mit- einander verschmolzenen Häuten; nämlich aus einer äusseren i)eritonealen und einer inneren mehr homogenen (jedoch ebenfalls zelligen) Haut. Nur die letztere Membran, das Neurilemma im engeren Sinne, sendet Fortsätze zwischen die nervösen Elemente. In den Ganglienknoten sind es hauptsächlich die peripher gelegenen, grösseren Zellen, welche in ausgiebiger Weise von diesen Fortsätzen umhüllt werden, wogegen die centrale Fibrillenmasse oder das Mark ähnlich wie im Gehirne nur spärlich von solchen umsponnen wird. Umgekehrt pflegen die mehr gestreckt verlaufenden Fibrillen der Connective von einem überaus mächtig entwickelten Neurilemm-Fachwerke durchsetzt zu sein, und in diesem Falle liält es oft schwer, die feinsten Ausläufer des letzteren von denjenigen der nervösen Substanz zu unterscheiden. Regel ist, dass das Neurilemma eine um so höhere Ausbildung aufweist, je freier der Bauch- strang gelegen ist und je mehr er zugleich contractilen Elementen Ansatzpunkte zu liefern hat. Erstere Bedingung ist bei Notomastus und Dasj/branckus gegeben; wir treffen daher das Neurilemma kräftig entwickelt; beide Bedingungen erfüllt Mastohranchus, und das Neurilemma seines Bauchstranges bietet in Folge dessen so riesige Dimensionen dar, dass der Habitus total modificirt erscheint. Umgekehrt finden wir in den fest mit den Leibeswan- dungen verwachsenen Strängen von Heteromastus und Capitella das Neurilemm-Fachwerk kaum angedeutet. Hand in Hand mit der Ausbildung des Neurilemmas geht diejenige 456 ^- Vergk'ichend-Auiitomischer (Morphologischer) Thuil. der Neurochorilröhrcn, Mas in Anbetracht, dass letztere als Derivate des ersteren erkannt wurden, nicht auffallend erscheinen kann. Die Ganglienzellen sind durchaus nackt und von auffallend geringer Konsistenz; die grösseren, peripher gelegenen pflegen birnförmig und scheinbar unipolar, die kleineren centralen dagegen mehr unregelmässig geformt und multipolar zu sein. Die Fortsätze ent- springen bald aus der Zellsubstanz, bald aus den Kernen, l.etzterc sind stets mit deutlichen Membranen versehen. In dem hinteren Abschnitte des Abdomens von Heteromastus, wo der Bauchstrang ganz in die Haut herausrückt, verlaufen zwar die Connective noch immer scharf von der Haut (durch eine Neurilemmplatte) getrennt, die Ganglienknoten dagegen, insbesondere ihre peri- pheren Theile, verschmelzen derart mit der Haut, dass eine Unterscheidung von Nerven- und Hypodermzellen nicht mehr möglich ist; die vorhergehende Beschreibung der Ganglien- zellen kann daher auch für Heteromastus keine Giltigkeit beanspruchen. Ausser den normalen, durchschnittlich 10 — 14 [x messenden Ganglienzellen treffen wir in den Gattungen Notomastiis, Dasj/hranchus und Mastohr anchus, also in den mit wohl ausge- bildeten Neurochorden versehenen Formen, auch solche von wahrhaft riesigen Dimensionen. Diejenigen von Notomastus messen zum Beispiel 50 — 60, ihre Kerne 12 und ihre Kern- körperchen 3 [i, so dass also die Kerne allein die Grösse der Normalzellen erreichen. Von entsprechend bedeutendem Ihnfange sind auch die Fortsätze dieser Zellen. Ihre I^age haben sie stets in der neuralen Medianlinie des Bauchstranges, und zwar kommen sie nicht nur in den Ganglien, sondern auch (allerdings seltener) in den Connectiven vor. Während sich solche Riesenzellen bei Notomastus und Dasyhranchus hauptsächlich in der vorderen Leibes- region und auch hier nur in sehr geringer Zahl vorfinden, treten deren bei Mastohranchus in sämmtUchen Ganglien der Kette je vier bis sechs auf. Die Thatsache, dass diejenigen Formen, bei welchen die Neurochorde fehlen [Capitella) oder wenig ausgebildet sind [Hetero- mastus], auch der Riesenzellen entbehren, die Thatsache ferner, dass gerade Mastohranchus mit seinen so hervorragend voluminösen Neurochorden diese Zellen am zahlreichsten aufweist, lassen an dem genetischen Zusammenhange beider kaum einen Zweifel aufkommen. An ein- zelnen Präparaten von Mastohranchus war überdies der nach den Neurochorden hin gerichtete Verlauf der Riesenzellenfortsätze klar zu erkennen. Im Gegensatze zu diesen durch ihre Grösse ausgezeichneten Elementen enthält nun der Bauchstrang auch solche, welche durch ihre Kleinheit auffallen. Es sind entweder rund- liche oder plattgedrückte, 3 — 5 [x messende, kernartige Gebilde, an welchen sich stets mehrere Ausläufer nachweisen lassen. Ich betrachte diese (auch das Ganglion der Seitenorgane zu- sammensetzenden) Gebilde als Kerne, welche der (individualisirten) Zellsubstanz entbehren, und nenne sie im Hinblicke auf ähnliche Retinaelemente "Körner". Diese Körner finden sich sowolil im zclligen, als auch im faserigen Theile der Ganglien; im ersteren pflegen sie compacte Nester zu bilden, im letzteren dagegen pflegen sie mehr zerstreut in den Maschen des Fibrillcngerüstes zu liegen. In ähnlicher Weise zerstreut kommen sie auch im Faser- IV. Centrales Nervensystem. 1. Vergleichende Zusammenfassuno; der Capitelliden, b. Der Bauchstrang-. 457 Gerüstwerke der Connective vor, wo sie bisher zu nicht geringer Erschwerung unserer Erkenntniss der bezüglichen Structurverhältnisse ebenso wie in den Knoten übersehen worden sind. Die Marksubstanz der Ganglien, sowie die Connective bestehen (abgesehen von den erwähnten Körnern und vereinzelten Riesenzellen) ausschliesslich aus Fasern oder correctcr ausgedrückt aus Fibrillen, da es sich um Fäden handelt, deren Durchmesser selten 1 p. überschreitet. Diese Fibrillen, von denen ich bis 200 [x lange Stämmchen zu isoliren vermochte, haben bald einen geraden, bald einen mehr welligen Verlauf und enthalten stellenweise Kerne oder Körner eingeschaltet. Sie geben reichlich Zweige ab, welche sich unter entsprechender Abnahme ihres Durchmessers ihrerseits wieder verästeln, um schliesslich mit Aestchen benach- barter Stämme in Verbindung zu treten. So verhalten sich hauptsächlich die gestreckten, durchgehenden Faserelemente des Bauchstranges; die Hauptmasse der Fibrillen dagegen ver- zweigt sich und anastomosirt nach den verschiedensten Richtungen hin, so dass ein überaus dichtes, schwammartiges Gerüstwerk zu Stande kommt, dessen 2 — 6 [i grosse Maschenräume theils von Plasma, theils von Körnern ausgefüllt werden. Von letzteren, das heisst von dem Plasma und von den Körnern, pflegen in den fixirten Präparaten nur körnige Gerinnungs- respec- tive Zerfallsproducte zurückzubleiben, und diese sammt den entfärbten Excretbläschen sowie den punktförmig erscheinenden Durchschnitten der Fibrillen erwecken dann den Eindruck einer nicht weiter aufzulösenden Punktsubstanz. So entstand der LEVDio'sche Begriff »fibrilläre Punktsubstanz«, welcher dem Vorhergehenden zufolge lediglich den Zustand der todten^ durch Reagentien veränderten, nicht aber denjenigen der lebenden, fungirenden Nervengeflechte ausdrückt. Ich habe schon bei der Beschreibung des iVbto?Hfls^«A^-Nervensystemes, welches allein in dieser Hinsicht einer eingehenderen ITntersuchung unterworfen wurde, betont, wie dieser LEYDio'sche Name »fibrilläre Punktsubstanz« jede Vorstellung eines organischen Zu- sammenhanges ausschliesse und wie sich doch ein solcher für die im unveränderten Zustande allein vorhandenen Nervenelemente, nämlich die Fibrillen, Zellen und Körner, so leicht nach- weisen lasse. Ich verweise auf die betreffende Stelle des ersten Theiles, in der auch das zu- sammengestellt ist, was ich über die Gesammtbeziehungen der Zellen und Fasermassen des Bauchstranges zu erkennen vermochte. Jeder Ganglienknoten des Bauchstranges entsendet je nach den Gattungen und je nach den Körperregionen zwei bis vier Paar Seitennerven (Spinalnerven), deren Structur sich enge derjenigen der Connective anschliesst. Ein Paar derselben versorgt ausschliesslich die Seiten- organe und die Haut und ist daher als sensibles zu betrachten; die übrigen Paare verzweigen sich hauptsächlich in der Muskulatur und repräsentiren daher vorwiegend motorische Bahnen. Auch aus den Connectiven entspringen in jedem Segmente je nach den Gattungen ein bis zwei Nervenpaare ; es gelang mir aber nicht deren Innervationsbezirke aufzudecken. Bezüglich des ITrsprunges der die Spinalnerven constituirenden Fibrillen verweise ich ebenfalls auf die betreffende Beschreibung von Notomastus. Es wurde bereits hervorgehoben, dass nur in denjenigen Gattungen, deren Bauchstrang Zool. Station z. Neapel, Fanna und Flora, Golf von Neapel, t'apitelliiien. .JS 458 ^- Vergleichend-Anatomischer (Morphologischer) Theil. frei in der Leibeshöhle gelegen ist, das Nenrilemma sowie die Neurot-horde zu kräftiger Ausbildung gelangen. Diese Gattungen sind Notomastus, Dasi/hraticIiHs und Mastohranckiis. Bei Notomastus und Dasyhranchus verhalten sich die Neurochorde ziemlich älinlicli. Sie stellen im frischen Zustande verschieden weite Schläuche oder Röhren dar, welche sicli meistens in wechselnder Anzahl vom Schlundringe oder vom unteren Schlundganglion an bis zum Schwanzende verfolgen lassen. Der im Verlavife der Neurochorde statthabende Wechsel ilirer Zahl, besonders aber die Thatsachc, dass sie stellenweise ganz verschwinden, um kurz darauf wieder aufzutreten, legen nahe, dass wir es mit melireren und zwar wahrs(rlieinlich mit der Verzweigung fähigen Gebilden zu thun haben. Als Inhalt führen die Neurochorde bei diesen zwei Gattungen stets eine wasserähn- liche Flüssigkeit, in der Reagentien nur spärliche Niederschläge hervorzurufen vermögen ; im conservirten Zustande erscheinen sie daher, abgesehen von einzelnen feinkörnigen Flocken, stets durchaus leer. Die Wandungen der Ncurochordröhren zeigen einen geschichteten Bau und zahlreiche Kerne bekunden einen zelligen Urspning. Häufig entsenden diese Wandungen ähnliche Fortsätze in das Röhrenlumen wie die Hauptblätter des Neurilemmas in das Nerven- mark, und dann entsteht eine überraschende Habitusübereinstimmung beider. Stellenweise entspringen aber auch von der Aussenseite der Neurochordwandungen solche Fortsätze, die continnirlich in das Neurilcmmfachwerk übergehen, so dass die betonte Uebereinstimmung nicht etwa nur als eine habituelle, sondern als eine genetische betrachtet werden muss. Ins- besondere bei Dasybranckiis sind die Verbindungen zwischen dem Neurilemmfachwerke einer- nnd den Ncurochordröhren andererseits stellenweise so innige, dass sich letztere eigentlich nur als Lücken des Nervenmarkes geltend machen, und wenn nur die betreffenden Lücken von Fibrillen des Nervengewebes ausgefüllt wären, so würden die Neurochorde an jenen Stellen als durchaus integiirende Theile des Neurilemmas erscheinen. Durch dieses exceptionelle Verhalten der Neurochorde von Notomastus und Dasi/braiirhiis war ich daher so weit gekommen, constatiren zu können, dass ihre Wandungen, wie unab- hängig sie auch im grössten Theile ihres "N'erlaufes den übrigen Elementen des Bauchstranges gegenüber erscheinen mögen, vom Nenrilemma abstammen, respective als Theile des Neu- rilemmas, wenn auch stellenweise als stark modificirte, betrachtet werden müssen. In noch viel evidenterer Weise werden aber diese Beziehungen durch diejenige Ciattung, in der, wIq schon hervorgehoben wurde, das Neurilemmgerüste sowohl, als auch die Neu- rochorde zur mächtigsten Entwickelung gelangen, nämlich durch Mastobranchus zvim Ausdruck gebracht. In der abdominalen Bauchstrangpartie dieser Form sind die Ncurochordröhren häufig von einem so reichen Gerüstwerke durchsetzt und hängen so continnirlich mit demjenigen des sie umgebenden Neurilemmas zusammen, dass sich an solchen Stellen eine scharfe Grenze beider gar nicht mehr feststellen lässt. Nur wenn grössere, auch charakteristisch modificirte Stellen der Neurochorde einschliessende Partien des Stranges bei der Durchsicht herangezogen werden, kommt auch in jenen weniger moditicirten Stellen die Continuität oinigermaassoi zum \'orschein. IV. Centrales Nervensystem. 1. Vergleidiende Zusammenfassung der Capitelliden. b. Der Bauchstranp;. 459 Mastohranckus diente aber nicht nur dazu, die schon an (k'u beiden anderen Gattungen bezüglich der Neurochordröhren erkannte Gene.se zu bestätigen, sondern lieferte auch das Material zum Verständnisse des Inhaltes dieser Röhren. Letztere enthalten nämlich nicht wie bei Notomastus und Dasj/braiichus durchgehends eine wasserähnliche Flüssigkeit, sondern nur an einzelnen Stellen. An anderen sind sie durchaus von Bündeln zarter, relativ breiter, spiralig verlaufender Fasern erfüllt, welche jederseits zahlreiche, sich weiter ver- zweigende und anastomosirende Aeste abgeben. Dieses verhältnissmässig noch wenig Acriin- derte Stadium der Neuroch orduerven, in welchem die Neurochordröhren sehr dünne, wenig Ausläufer entsendende Wandungen aufweisen, trifft man selten. Viel häufiger wird das folgende angetroffen, in welchem die betreffenden Fasern nicht mehr als geschlossene Bündel gestreckt verlaufen, sondern in den mannigfachsten Schlangenwindungen vereinzelt hin- und herziehen. Häufig vereinigen sich die die Windungen herstellenden Abschnitte der Fasern schleifenförmig, kommen zur Abschnürung und stellen dann Gebilde dar, welche auffallend mit denjenigen der bekannten Myelintropfen übereinstimmen; die Röhrenwandungen zeigen jetzt schon einen mehr geschichteten Bau und zahlreichere, in das Lumen vorspringende Fort- sätze. In einem folgenden Stadium endlich ist von den Fasern als solchen keine Spur mehr zu sehen; anstatt ihrer werden die Röhren von einer Flüssigkeit erfüllt, in der ausser streifigen und flockigen Massen nur noch die früheren myelinähnlichen Gebilde suspendirt sind. Letztere haben aber inzwischen ein viel festeres (geschichtetes) Gefüge erhalten und erinnern nun auffallend an die sogenannten Corpora amylacea. Während des Schwundes der Fasern hat umgekehrt die Dicke und Verzweigung der Neurochordröhren bedeutend zugenommen, so dass sie jetzt ihrer Aufgabe, als hermetisch abgeschlossene Röhren Flüssigkeit zu führen, gewachsen sind. Durch das Verhalten von Mastohranckus ist somit endgiltig entschieden, dass die Neurochorde, welche bisher eine so verschiedenartige Deutung erfahren haben, ursprünglich als Avesentlichsten Bestandtheil Nervenfasern enthalten. Diese Nervenfasern degencrircn allmählich und an ihre Stelle tritt, unter gleich- zeitiger Umwandlung der entsprechenden Neurilemmpartien in Schläuche oder Röhren, eine wasserähnliche Flüssigkeit. Diese unter dem Bilde der fettigen Degeneration auftretende Metamorphose lässt sich noch an erwachsenen Exemplaren von Mastohranckus, und zwar Schritt für Schritt an ein und demselben Thiere, beobachten, während alle übrigen Capi- telliden (sowie die Mehrzahl aller Anneliden), im erwachsenen Zustande wenigstens, nur die letzten Stadien der Umbildung aufzuweisen pflegen. Höchst auffallend sind nun die zwischen diesen Neurochordnerven und dem übrigen Nervengewebe des Bauchstranges bestehenden Verschiedenheiten. Erstere stellen im unveränderten oder wenig veränderten Zustande langgestreckte, überaus ver- gängliche, an die markhaltigen Nerven der höheren Thierclassen erinnernde Fasern dar, welche im Verhältnisse zu dem übrigen Marke als riesige bezeichnet werden müssen ; letzteres dagegen erscheint als ein Gerüstwerk feinster, allseitig verzweigter Fibrillen. Ich habe daher schon in 460 li- Vergleichond-AnatumischL.r (Murphülugisiiliur) Theil. der s])ccicllen Beschreibung- von Mastohrnnchus vorgreifend betont, dass wir im Bauclistrange fortan zwei ganz verschiedene Fasersysteme zu unterscheiden haben: nämlich das lin den meisten Fällen) ijrovisorische der Neurochordnerven, und das defi- nitive des Fibrillengerüstes; ja dass diesen beiden Faser- auch zwei Zcllen- systeme entsprechen: nämlich dem Fibrillengerüste die zahlreichen, kleineren Elemente der Ganglienknoten, und den Neurochordnerven die vereinzelten Riesenzellen. AVcnn es mir auch nicht gelungen ist, siieciell die Verbindung von Neurochordnerven und Riesenzellen durch Präparate zu demonstriren, so kann doch eine solche in Anbetracht der Thatsache, dass die Fortsätze jener Zellen den betreffenden Nerven zustreben, kaum einem Zweifel unterliegen, besonders wenn man noch in Erwägung zieht, wie die riesigen Zellen mit der Ausbildung, respective Rückbildung der Neurochorde gleichen Schritt halten. Schwer zu verstehen ist das Factum, dass die je in einer Neurochordröhre vereinigten Nervenfaserbündel jederseits zahlreiche sich verzweigende Aeste in das sie umgebende Mark entsenden. Stellen die in einer llöhre enthaltenen Fasern riesige Axencylinder dar, und ist in Folge dessen der die Röhre ausfüllende Complex erst als das »Faserindividuum« zu be- trachten? dienen ferner diese Neurochordnervenäste zur Verbindung mit Elementen des librillären Gerüstwerkes, oder vermitteln sie den Uebergang in die (sich vielleicht ähnlich verzweigenden; Riesenzellen? wo liegt endlich das Innervationsgebiet dieser Fasern und durch welche Bahnen wird es vermittelt? Alles das sind Fragen, welche sich vielleicht durch ein sehr eingehendes Studium von Mastohranchus werden beantworten lassen. Vor einer solchen Beantwortung müssen wir uns aber über die Bedeutung des provisorischen Nervensystemes sowie über seine Beziehungen zum definitiven jeden Urtheiles enthalten. Im Hinblicke auf das Verwirrende der vielfachen Bezeichnungen für ein und dasselbe Ding wäre es gut, sich fortan über eine Nomenclatur dieser Bauchstrangtheile zu einigen. Ich habe schon in dem dem Mastohranchis-'^exyen^y^teme gewidmeten Kapitel des vorhergehenden Theiles vorgeschlagen und wiederhole hier: Neurochord (nach Vejdovskv) für die Gesammt- heit der moditicirten oder degenerirten Bildungen; als Theile derselben wären zu unterscheiden: die Neurochordröhre und die Neurochordflüssigkeit. Für die normalen Gebilde sodann würden sich die Namen: Neurochordnerven, Neurochordscheide und Neurochord- z eilen empfehlen. Schliesslich bleibt mir noch hervorzuheben übrig, dass der Bauchstrang aller Formen, wie er sich auch im Uebrigen dem Cölom gegenüber verhalten möge, im nachwachsenden Schwänzende mit der Hypodermis verschmilzt. Bei Dasyhmnchus, der sich für die Untersuchung dieser Verhältnisse allein günstig erwies, konnte ich feststellen, dass sein Bauchstrang mit einem Ganglion abschliesst, welches sich durch die letzten drei noch unvollkommen ausgebildeten Schwanzsegmente erstreckt. Eine Grenze zwischen den Elementen dieses Ganglions und der Haut existirt nicht, überhaupt erscheint das Zellmaterial noch nicht scharf individualisirt, indem sich nur zahlreiche, sehr IV. Centrales Nervensystem. 2. Vergleich der Clupitelliden mit anderen Anneliden etc. a. Das Gehirn. 461 dicht ant'inandergereihte Kerne und eine si)iiiliehe Zwischensvibstanz erkennen lassen. Auch der Faserkern dieses terminalen Ganglions weiclit vom definitiven Ansehen stark ab ; die ein- zelnen Fäserchen verlaufen nämlich ganz gestreckt und dicht gedrängt; von gerüstartiger Ver- ZAveigung ist noch nichts wahrzunehmen, ebenso fehlt noch jede Andeutung des Neurilemmas, der Neurochorde und der Körner. Auch weiterhin oralwärts (das heisst im hinteren Ab- schnitte des Abdomens) zeigt der Bauchstrang zeitlebens bei allen Formen noch ein ähnliches embryonales Verhalten, welches nur allmählich (in dem Maasse als man weiter vorn gelegene Segmente untersucht) in das definitive übergeht. Die Untersuchung dieses Bauchstrangab- schnittes ist insofern von hoher Bedeutung, als wir es da mit Nerveufibrillen zu thun haben, denen fast noch gar keine Elemente des Neurilemmas beigemengt sind, und wir so unsere an anderen, fertigen Stellen des Bauchstranges über die Beschaffenheit seiner Fibrillen gebildeten Ansichten controliren können. 2. Vergleich der Capitelliden mit anderen Anneliden sowie auch mit anderen Thierclassen. a. Das Gehirn. Das Gehirn von Dasybranchus mit seinen drei Ganglienpaaren steht einzig in der Annelidenclasse da; kein anderes kann hinsichtlich der C'omplicirtheit, insbesondere aber hin- sichtlich des Volumens und der Selbständigkeit der Ganglien einen Vergleich mit ihm aus- halten. Wenn wir diejenigen Gattungen herausgreifen, welche gewöhnlich als Träger hoch entwickelter Gehirne angeführt zu werden pflegen, also Nerels, Einiice, Seqmla, Pki/llodoce, Polyophthalmus, so besteht schon ein auffallender Unterschied ; wenn wir aber gar solche mit wenig entwickelten Gehirnen, wie Terebella, Arenicola oder Litmlricus gegenüberstellen, so ist der Abstand ein gewaltiger. Höchstens liesse sich das Gehirn von Nephthi/s damit vergleichen, so wie es Quatrefages ^) als Complex von drei (ausser dem median gelegenen Hauptlappen vorhandenen) Ganglienpaaren beschrieben hat, welcher Vergleich aber ebenfalls dadurch hin- fällig geworden ist, dass es keinem der Nachfolger des genannten Autors, weder Claparede-), noch Ehlers^), noch Pruvot*) gelungen ist, jene drei Ganglienpaare wiederzufinden. Angesichts dieses an hochentwickelte Insecten und Mollusken erinnernden, vielgang- ligen Dasyhranchus-Gehh-im^ wird die von Lakkester') ausgesprochene Vermuthung: »In the 1) Quatrefages, A. de. 'Etudes sur les Types inferieurs de TEmbranchcment des Anneies. Mem. sur le Systeme Nerveux des Annelides. Ann. Sc. N. (3) Tome 14. 1850. p. 352. 2) 1. p. 8. c. p. 179. 3) 1. p. 307. c. p. 610. 4) Peuvot, G. llecherches Anatomiques et Morphologiques sur le Systeme Nerveux des Annelides Polychetes. Arch. Z. Exper. (2) Tome 13. 1885. p. 225. 5) Lankestee, E. Ray. Observations and Reflections on the Appendages and on the Nervous System of Apus cancriformis. Q. Journ. Micr. Sc. (2) Vol. 21. 1881. p. 372. 462 ^- Vergleichend-Anatomischen- (IMorphulugischer) Theil. ('}iiieto|)odii, thc pruc-oesopliageal ganglion appears alvvays to remaiii a pure archi-cerebrum« hillfällig. Ebenso Hatschek's') Revocation: »Ich habe in meiner Arbeit über die Arthropoden die irrthümliche Vermuthung aufgestellt, dass schon den Anneliden secundäre Gehirn- ganglien zukämen.« Einen besseren Anscliluss an das \'crhalten der übrigen (höher organisirten) Anncliden- gehirne bieten schon die aus nur zwei Ganglienpaaren zusammengesetzten Gehirne von Noto- mastus sowie Mastobranckns. Und in den fast zu einer continuirlichen Masse verschmolzenen oberen Schlundganglien von Heteromastus und Capitella endlich liefert unsere Familie auch Ver- treter der einfachsten Gehirnformation. Diese so verschiedengradige Entwickelung des Gehirnes innerhalb der Capitclliden- familie ist in hohem Grade auffällig. Man könnte, im Hinblicke darauf, dass Dasi/brmichus die Gattungsgenossen so sehr an Grösse übertrifft, annehmen, dass letztere für die hervor- ragende Ausbildung seines Gehirnes entscheidend war. Aber dagegen spricht die Thatsache, dass die Gehirne sehr grosser anderer Anneliden, so diejenigen von Arenicola und Aphrodita, viel weniger ausgebildete obere Schlundganglien besitzen als beispielsweise die kleinen SylUdeen, Polyophthalmus etc. Auch die Lebensweise hilft zu keiner Erklärung; denn Heteromastus und Capitella führen ein viel bewegteres Leben als Dasyhranchus, und von den ganz ähnlich existi- renden Cirratuliden und Terebelliden haben die ersteren sehr complicirte, die letzteren dagegen überaus einfache Gehirne. Ja, nicht einmal die Relationen zwischen Sensorium und Sinnesorganen vermögen unsere Einsicht zu fördern, indem gegenüber den complicirten, aus- schliesslich mit Wimperorganen und sogenannten Pigmentfiecken ausgerüsteten Gehirnen von Dasi/branchus und Cirratidus diejenigen von Syllideen, Nereiden und Alciopiden, welche doch so hoch entwickelte Augen versorgen, relativ einfach erscheinen. Aus den Organisations- und Lebens- verhältnissen der heutigen Anneliden lässt sich in der That jenes aufftülige Factum nicht erklären. Mir scheint, es bleibt nur die Annahme übrig, dass in jenen vereinzelten Formen mit hervor- ragend ausgebildeten Gehirnen (insbesondere wenn, wie bei Dasi/branchus, die Lebensweise in gar keinem Verhältnisse dazu steht) Erbstücke aus einer Epoche vorliegen, in der die (Vorfahren der heutigen) Anneliden eine beziehungsreichere l^ebensweise und somit auch eine höhere Organi- sation besassen. Wenn wir auch nicht einzusehen vermögen, warum gerade diese oder jene Form solche Erbstücke bewahrt hat, ja wenn es selbst paradox erscheinen muss, dass gerade ein im Sande, bohrender, also sicherlich im Hinblicke auf das Gebiet der Sinnesempfindungen beschränkt dahinlebender Vertreter sich darin auszeichnet, so kann doch daran erinnert werden, dass es auch bezüglich anderer Erbstücke einst reicherer Organisation oft eine ähnliche Bewandtniss hat. Denn, ist es etwa leichter zu begreifen, warum nur die Capitelliden und Polyophthalmidcn die Seitenorgane bewahrt haben, oder warum allein bei den Capitelliden und gewissen Euniciden noch ein Nebendarm angetroffen wird, oder endlich warum allein bei 1) Hatschek, B. Beiträge zur Entwickolungsgeschichte und Morphologie der Anneliden. Sitz. Ber. Akad. (4. Bd. 1876. Sep. Abdr. p. 13. IV. Centrales Nervensystem. 2. Vergleich der Capitelliden mit anderen Anneliden etc. a. Das Gehirn. 463 gewissen Cajjitelliden, Ennicidcn und Aphroditeen die Ncurochordnerven noch mehr oder weniger functionsfähig erhalten blichen? Von dem Gesichtspunkte aus, dass die heutigen Anneliden ihren Vorfehren gegenüber (welche wahrscheinlich eine viel bevorzugtere Stellung im Haushalte der Natur einnahmen) relativ herabgekommene Organismen darstellen, erscheint dann auch das beispiellose, jeden Versuch einer darauf zu begründenden Systematik aus- schKessende Vaiiiren des Gehirnes (und wie wir sehen werden auch des Bauchstranges) ver- ständlicher, indem eben Organe, die nicht mehr vollkräftig und correlativ fungiren, oder mit anderen Worten Organe, die zum Rudimentärwerden neigen, in erhöhtem Maassc der Varia- bilität unterworfen zu sein pflegen. Ich habe schon im speciellen Theile auf die grosse Uebereinstimmung liingewicsen, welche die Gehirne von Heterornastus und Capitella mit denjenigen gewisser Oligocliaeten, speciell mit denjenigen von Nais und Bohemilla darbieten. Jedem, der meine Figuren mit den entsprechenden Vejdovsky's ') vergleicht, wird die frappante AehnHchkeit auffallen; ganz be- sonders bezeichnend ist, dass beiderlei Formen gleicherweise mit den so charakteristischen, von letzterem Autor als » cerebroparietale Muskeln« bezeichneten Strängen ausgerüstet sind. Ich würde in Anbetracht, dass dem Vorhergehenden zufolge dem Gehirne (sowie dem Nerven- systeme überhaupt) ein nur sehr zweifelhafter AVerth bei der Entscheidung systematischer Beziehungen beigemessen werden kann, auf die erwähnte Uebereinstimmung kaum irgend Avelches Gewicht gelegt haben, wenn nicht zugleich zahlreiche andere Anhaltspunkte ffir eine engere Verwandtschaft der Capitelliden und Oligochaeten gegeben wären, worauf aber erst in einem anderen Theile in zusammenhängender Darstellung eingegangen werden soll. Was die zuweilen bei Notomastus vorkommende accessorische ScMundringcommissur betrifft, so möchte ich hervorheben, dass auch von Leydig-) bei Lumhrktis agricola und Cliar- togaster diaphanm »an der einzelnen C.'ommissur Spuren einer gewissen Duplicität« beobachtet wurden, und dass ferner Quatrefages ^) an Nereis regia (sowie auch an anderen Arten dieser Gattung) eine zweite, schwächere, allerdings nicht mit dem Gehirne in Verbindung tretende Commissur wahrgenommen hat. Für die Capitelliden konnte als Regel festgestellt werden, dass das untere ScMund- ganglion seine Lage im zweiten Körpersegmente habe. Bei den meisten Anneliden scheint es sich ähnlich zu verhalten. Aber doch nur bei den meisten; denn es existiren zahlreiche die verschiedensten Gattungen und Familien betreffende Angaben, welche auch das Schwan- kende dieser Verhältnisse bekunden. So hat nach Ehlers ■") das untere Schlundganglion von Goniada, einer Glyceride, im ersten Körpersegmente seine Lage. Im ersten oder im zweiten 1) 1. p. 236. c. p. SO. Taf. 2. Fig. 5. 17 und 28. 2) Leydig, F. Vom Bau des thiorischen Körpers. Handbuch der vergleichenden Anatomie. Erster Rani Tübingen 1864. p. 143. 3) 1. p. 461. c. p. 341. 4) 1. p. 307. c. p. 716. 464 ^- Vergleichend-Anatomischer (Morphologischer) Theil. .Segmente wird es Eht.ers ') und Pruyot'') zufolge je nach den Gattungen bei den Euniciden angetroffen; ebenso soll es nach Ehlers^) bei gewissen Nereiden-Formen im ersten, bei anderen im zweiten gelegen sein. Das erste und zweite Segment nimmt Vejdoysky'') zufolge das untere Schlundganglion von Slavina appendicuhta, einer Naidee, ein. Zwischen dorn zweiten und dritten Segmente liegt es nach Pruyot'') bei Amnwfri/paiie, im vierten, nach demselben Autor''), bei Ojjhelio, sowie Nephthys Homberc/i; von einer anderen Nepht/ii/s-S])ecies {N. caeca) giebt Ehlers") das sechste Segment als dasjenige an, in dem sich die Commissuren zum unteren Schlundganglion vereinigen. Ja, Grube*) zufolge soll diese Vereinigung bei Pleiotie, einer Amphinomide, sogar erst im fünften bis siebenten Körpersegmente erfolgen. Ich zweifele nicht daran, dass nach eingehender vergleichend -anatomischer und em- bryologischer Untersuchung sich einst alle diese Lagerungsverschiedenheiten als secundäre Vorgänge werden begreifen lassen, mit anderen Worten, dass es möglich sein wird, das Seg- ment zu bestimmen, dem die unteren Schlundganglien ursprünglich und typisch angehören. Kennen wir doch schon viele Beispiele von nachträglicher Verschmelzung ursprünglich getrennt angelegter Zeniten sowie auch solche von nachträglicher Verschiebung. Was insbesondere in letzterer Hinsicht möglich ist, dafür liefern uns gewisse Oligochaeten interessante Beispiele. Nach Ve-idovsky-) rückt nämlich »das entwickelungsgeschichtlich immer in dem Kopf läppen entstandene Gehirnganglion später in den hinteren Kopftheil, nicht selten aber auch in das zweite, bei Dendrohaena rubida sogar an die Grenze zwischen das dritte und vierte, bei jungen Würmern von Allolobophora foetklu in das dritte, bei Urochaefa nach der Angabe Perriers bis in das vierte Körpersegment zurück.« Wenn aber auch in alledem nur secundäre Modificationen vorliegen sollten, so schien es mir doch geboten, einmal diese Fälle, die ja das bekannte Material kaum erschöpfen werden, zusammenzustellen, um insbesondere die Aufmerksamkeit derjenigen auf diesen Punkt zu lenken, welche bei Discussion der Innervation von Anliängen des Articulatenkopfes auf Anneliden Bezug zu nehmen haben. b. Der Bauchstrang. Im vorhergehenden Abst^hnitte wurde betont, welch' auffallende Lageveränderungen der Bauchstrang im kleinen Kreise der Capitellidengattiuigen darbietet AA'ir sahen nämlich, dass 1) 1. p. .-^O/. c. p. 2(19. 2) 1. p. 401. c. p. 255. :i) 1. p. .307. c. p. 4i:i. 4) 1. p. 230. c. p. Sl. 5) 1. p. 461. c. p. 30C. (i) 1. p. 401. c. p. 233 und 311. 7) 1. 1). 307. c. p. 010. S) 1. p. 230. c. p. S(l. *) Ich ersehe dies aus UiATKKi'AiiK.s 1. p. 101. c. p. 335. IV. (Centrales Nervensystem. 2. Vergleich der Capitelliden mit anderen Anneliden etc. b. Der Bauchstrang. 465 er mit Ausnahme des Schwanzendes seiner ganzen Tiänge nach entweder frei in der Leibes- hölile, oder aber ZAvischen Muskulatur und Haut eingebettet verläuft, sowie dass bei einer Form diese beiden Extreme vermittelt werden, indem der Bauchstrang in ihrem "N'orderleibe eine cölomatischc und in ihrem Ilinterleibe eine acölomatische Tiage behauptet. Es ergab si(;h hieraus der Schluss, wie verfehlt es ist, die in so engen Grenzen variirende cölomatische oder acölomatische I^age dieses Organes bei Erwägungen phylogenetischen Inlialtes als urs})rüng- lichen oder nicht ursprünglichen Charakter verwerthen zu wollen. Diese an den Capitelliden gemachte Erfahrung wird nun durch das ^'erhaltcn zahl- reicher anderer Anneliden bestätigt. Eine Aufzählung der betreffenden Fälle kann hier unter- bleiben, da durch Claparede'), Sempera) und M'Ixtosh^j die meisten derselben schon zusammen- getragen wurden. Nur eine der \ün Semper beschriebenen Formenreihen möchte ich wegen ihrer grossen üebereinstimmung mit der Capitcllidenrcihe iwozu nocli kommt, dass sie eben- falls in ein und dieselbe Familie, ja sogar in dieselbe Gattung fällt"; hervorheben. Bei TerehfUa sp. (von Helgoland) liegt nämlich genanntem Autor zufolge der Bauchstrang ausser- halb der Muskulatur, bei TvrehcUa conckilega dagegen liegt er innerhalb derselljen und bei Terehella zosti'ricoJa soll er eine zwischen den beiden vorhergehenden vermittelnde Lagerung aufweisen. Ich habe betont, dass bei allen Capitelliden der Bauchstrang insofern eine streng segmentale Anordnung erkennen lässt, als er in jedem Segmente zu einem Ganglienknoten anschwillt. Man pflegt dieses Verhalten als das für die Anneliden typische zu betrachten, und wenn die INlehrzahl der Fälle den Tyi)us bestimmt, gewiss mit Recht. Aber im Hinblicke auf manche allgemeinere Fragen sollte doch nicht ausser Acht gelassen werden, dass bei einer grossen Anzahl weit voneinander divergirender Formen ein abweichendes Verhalten constatirt wurde, und zwar abweichend erstens in dem Shme, dass je in einem Segmente mehr als ein Ganglion vorhanden ist, oder aber zweitens in solchem, dass sicli der Zellen- belag überhaupt nicht segmentweise zu Ganglienknoten anhäuft. Was zunächst die erstere Abweichung vom typischen ^'erhalten betrifft, so hat schon Rathke') an Ampldctenu [Ampkitritc) die Beobachtung gemacht, dass der Bauchstrang (mit Ausnahme der vordersten und hintersten) in jedem Körperringel zwei ziemlicli weit \oneinander abstehende Knoten, nämlich einen grösseren vorderen und einen kleineren liinteren, erkennen lasse. Ja, nach Clapakede ') sollen bei der selir nalie verwandten Pcrfiinirui iieapüUhtiia sogar drei Knoten in jedem Zoniten vorhanden sein. Ebenfalls zwei Ganglien in jedem Segmente, wovon je das 1) 1. p. 308. (Rech. Annel. Sed.) c. p. 124. 2) 1. p. 53. c. p. 145. a) M'Intosh, W. C. On thc Arrangement and Relatiuns of the Great Nerve Cords in the Marine Anne- lids. Proc. K. Soc. Edinburgh. 1876/77. 4) Rathke, H. Beiträge zur vergl. Anat. u. Physiol. Reisebem. aus Skandinavien etc. Neueste Schriften der Naturl. Ges. Danzig. ?,. Bd. 1S42. p. 75. 5) 1. p. S. c. p. 382. Zool. St:iti,.n ■/.. Neap<-I, Faun.i iin.l Flora, GoU' von Neapel. Capitelliden. 59 466 B. Vergleichend- Anatomischer (Morphologischer) Theil. vordere das stärkere darstellt, hat (iLATiiEF acjes ") von der strickleiterföriiiigeu Bauchkette der Hermella beschrieben. Sodann wurden durch Spenciel^) in ihrer (xrösse nahezu ül)erein- stimniende Doppelganglien von Olit/ot/tiathus bekannt; wogegen diesem Autor zufolge den nahe ■\erwandten (jattungeu Halla, Arabella und Lumhriconereis accessorische Ganglien durc-haus abgehen. Nach niüiuUicher INIittheilung E. Meyers bildet ferner das Vorkommen von zwei bis drei Knoten in je einem Segmente in der Familie der Serpuliden die Hegel. In der Gruppe der Oligochaeten endlich hat I>evi)ig'') bei Phreoryctes vom dritten Knoten der Bauch- kette an Andeutungen je einer vorderen und hinteren Abtheilung bemerkt, und diese Doppel- anschwellungen sind nach Timm^) besonders im Schwanzende scharf ausgeprägt. Es sollen umgekehrt der Ganglienknoten durchaus entbehren: die Bauchstränge von Etiphrosyne und Polynoe pellucida nach Ehlers^), diejenigen von Folynoe lunulata*) und Aremcola nach C/Laparede''), derjenige von Saccocirrus nach Bobretzky'), ferner diejenigen von Terehella, Ammotrypane und Maldane nach Sempera'), diejenigen von Poljjyurdius und Criodrilii.s nach Hat- schek") und Fraipont'"), derjenige von Terebellides nach Steen"), derjenige von Oireiiia nach Dräsche'^), und derjenige von Ophelia nach Pkuvot'^). Nur in der läuteren Körperregion, im Bereiche des sogenannten Bauchschildes, schwillt der Bauchstrang, den Angaben Vejdovsky s '^) zufolge, bei Sternaspis zu Ganglien an, und bei Chaetopterus, nach Claparede '*), umgekehrt nur in der vorderen. Weder Ganglien noch Seitennerven Hessen sich am Bauchstrange von Saccocirrus nach Bohretzky'") sowie an demjenigen von C^eworZr?/««.? nach Kenxel '^) beobachten. Ganz und gar fehlen soll endlich der Bauchstrang, Vejdovsky's '") Untersuchungen zufolge, bei Aeolosoma. Nacli alledem bietet die Topogra pliie des Bauchstranges ebenso variable Verhältnisse dar wie das Geliirn. Der geringe systematische Werth des Annelidennerven- systemes musste natürlicli Jedem, der sich mit vergleichenden Studien desselben beschäftigte, auffallen; (>s haben sich denn auch Ci.APARi'-.nK ''"i und Seiiper-'') schon sehr bestimmt darüber ausgesproclien. AVeun ic'li liier nctcli einmal darauf zurückkam, so geschah es einmal in An- betracht der Verschiedenheit der speciell von mir in's Auge gefassten Gesichtsi)unkte und 11) St belliilrs S/rann. 1) 1. p. :V23. c. p. 4S. 2) 1. p. 310. c. p. 36. 3) 1. y. 308. c. p. •2(i(;. 4) 1. p. 310. c. p. 127. 5) 1. p. 307. c. p. 79 und 1 18. (j) 1. p. 8. c. p. 65 und 2!)9. 7) Makiox et BoBRETZKY. Etüde des Aune- lides du üolfe de Miirseillc. lühlioth. Kcole Hautes Etudes. Scct. Sc. NaI. T. 13. 1S7.'>. p. 7.".. 8) 1. p. 53. c. p. 111. '■)) 1. p. 351 (Sfud. Entw. Gesch. Annel.) c. p. 59. 10) 1. p. 312. c. p. 2S3. *) (.'i.M'AUi.Di; zufolge sind in der Gruppe der Polynoiden in der Hegel keine Ganglieuknoten vorhanden , .1. Anat.-Histol. Unters, von Tere- Dissert. Jena 18S3. p. 35. 12) 1. p. 330. c. p. 13. 13) 1. p. 401. c. p. 310. 11) 1. p. 322. c. p. 18. 15) 1. p. 308. (Rech. Annel. Sed.l c. p. 127. 10) 1. p. 466. c. p. 75. 17) Kennkl, J. Lieber Ctenndrilus pardalis ete. Z. Inst. AVürzburg 5. Bd. 1882. p. 380. IS) 1. 1). 230. c. p. 19. 19) 1. p. 308. (Rech. Annel. Sed.) c. p. 112. 20) 1. p. 53. c. p. 148. IV. Centrales Nervensystem. 2. Vergleich der C'upitelliden mit anderen Anneliden ete. b. Der Baiichstrang. 407 sodann anch im Hinblicke darauf, dass trotz solcher längst gemacliter Erfahrungen doch immer wieder auf Grund einzelner Organsysteme phylogenetische Beziehungen klarzustellen versucht werden, ein Fehlgriff, dem kaum anders als durch fortgesetzte Betonung von Thatsachen wie die im Vorhergehenden erörterten begegnet werden kann. Im ersten Theile sowie zusammenfassend) im vorhergehenden Abschnitte dieses Theiles habe ich meine Ansichten über die Structur des Nervenmarkes der C'apitelliden, und zwar hinsichtlich desjenigen Punktes, in dem sie von der vielfacli herrschenden liChre abweichen, so scharf hervorgehoben, dass ich nicht unterlassen darf, nun auch des entsprechenden Ver- haltens der übrigen Anneliden (respective Wirbellosen) zu gedenken. In Folge der Unmög- lichkeit, die betreffende Frage auf eine Ciruppe einzuengen, mit anderen Worten, in Folge der grossen Ilebereinstimmung des Nervenmarkes aller Wirbellosen, kommt eine so bedeutende Litteratur in Betracht, dass eine erschöpfende sachliche Darstellung hier nicht gegeben werden kann, was um so weniger als Mangel empfunden werden dürfte, als ja in mehreren Special- schriften neueren Datums derartige Uebersichten schon zusammengestellt worden sind*) Ich werde also nur einige der zahlreichen Arbeiten, und zwar insbesondere derjenigen, welche die Punktsubstanz berücksichtigen, herausgreifen, in erster Linie natürlich diejenigen I-f,ydig's. Kann man doch ohne Ucbertreibung sagen, dass nahezu alle in den letzten Jahrzehnten über die histologische Zusammensetzung des INervensystemes der Wirbellosen erschienenen Schriften bewusst oder unbewnsst durch Leydk; beherrscht wurden. Mit Recht; denn dieser Forscher hat nicht nur das betreffende AVissensgebiet zum guten Theil erschlossen, sondern auch wie kein anderer zu dessen Ausbau beigetragen. Solch' capitalen Leistungen gegenüber will es nicht viel sagen, wenn wir sie, auf bessere Forschungsmethoden gestützt, in Einzelheiten zu bekämpfen haben, was ich vorausschicke, damit das Nachfolgende im richtigen Lichte erscheine. Wie aus dem Vorhergehenden hinlänglich bekannt ist, halte ich speciell Leydiü's Ansichten über die Structur des Ner^•enmarkes, respective seine Definition des letzteren als >>fibrillärer Punktsubstanz", für durchaus verfehlt. Wenn wir die zahlreichen Schriften, in denen von der fibrillären Punktsubstanz die Rede ist, auch nur oberfiächlich mit einander vergleichen, so werden wir gewahr, dass selten ein Autor eben dasselbe darunter versteht wie der andere. Proteusartig verwandelt sich diese Substanz unter den Augen der verschiedenen Beobachter, und die von ihr gegebenen Beschreibungen oder Abbildungen pflegen ebenso unfassbar zu sein wie der Begriff selbst. Daran ist nun vor Allem Leydig selbst schuld, indem er die fibrilläre Punktsubstanz so schwankend und widersprechend definirt hat, dass man sehr Verschiedenes und, was schlimmer, total Entgegengesetztes darunter verstehen konnte. Es lässt sich dies nicht anders, als durch wörtliche Anführung der betreffenden Definitionen beweisen und ich Avähle zu diesem Behufe dasjenige Werk, in dem Levdig wohl die ausführlichste Darstellung gegeben hat, nämlich sein Handbuch der vergleichenden Anatomie. *) Eine sehr eingehende derartige Uebersicht hat Vignal, W., in seinen Recherches Histologiques sur Centres Nerveux de quelques Invertebres. Arch. Z. Exper. (2) Tome 1. 1883. p. 267 gegeben. .59* 468 15. Vürgleicheml-AiKilomischer (Murpholufrisolicr) Tlit-il. (jelcgc'utlicli der Scliilderung- der Auneliden-Cjaiiglienkugeln sagt er'): »leli finde nämlich, dass die Ausläufer der centralen Ganglienzellen nicht unmittelbar als Nerven- fasern peripherisch gehen, sondern sich zunächst jjjegen ebenfalls central gelegene Anhäufungen einer fein- körnigen Substanz*) richten. Ehe sie in dieselbe eintreten, lösen sie sich in sehr feine Fibrillen auf, der Art, dass die breiten Stiele grosser Ganglienkugeln in eine Menge von Fäserchen zerfallen, die viel feiner als die Primitivfasern der peripherischen Nerven sind. Diese Elemente entstehen erst jenseits der moleculären Cen tra 1 ina sse und sind wahrscheinlich als neue Einheiten einer Anzahl der verschmolzenen Fäserchen zu lietiacliten. ])i(' dirccte Beziehung, welche die sich auffasernden Fortsätze der Ganglienkugel u zu der centralen Punktmasse haben, erklärt auch die Erscheinung, dass man sich zwar die Stiele der Ganglienkörper bei jeder Präparationsart ohne ^liihe zur Anschauung bringen kann, dass sie aber, will man sie weiter verfolgen, immer abreissen, was eben da geschieht, wo sie in die Punktmasse einsetzen. Daraus ergiebt sich also, dass ausser den Ganglienkugeln und den Nervenfasern noch als drittes nervöses Element eine Punktsubstanz anzunehmen ist, in Avelche die Fäserchen der Stiele der Ganglien- körper sich auflösen und aus welcher die eine Primitivfaser bildenden Fäserchen hervorgehen. Noch scheint mir bezüglich der eigentlichsten Zusammensetzung der Punktmasse durch lleagentien und starke gute Vergrösserungen ferner zu erforschen, ob nicht die Körnchen dieser Substanz durchweg linear ge- ordnet sind. Jedenfalls Hess sich ein Uebergang der die sog. Primitivfasern zusanunensetzenden Streifen in reine Punktmasse schon jetzt verfolgen« etc. Sodann bei Beschreibung') der Nerven: «Die Nerven wirbelloser Thiere zeigen häufig eine selir geringe DittVri'iizirung zu faserigen Ele- menten, so dass man für solche Fälle auch liesser von einer fibrillären l'unktsulista nz, anstatt von eigentlichen Nervenfasern spricht. Und speciell von den Nerven der Lumbricinen^): ". . . . so begegnet man bei den Lumbricinen diesen scharf ausgeprägten Fibrillen nicht, sondern der Inhalt der peripherischen Nerven besteht aus einer Mischung feiner Fäserchen und einer Punktsubstanz, die allerdings zum Theil wieder fibrillär geordnet sein kann.« Ferner in dem Kapitel Arthropoden ') : «Bei den luliden z. B. hat das Bauchmark nicht blos die mebnnals erwähnte .Vcluiliclikeit mit dem der Lumbricinen, sondern wie diese auch in den Nerven keine eigentlichen Fibrillen, sondern nur fibrillär e Punktsubstanz. Die eben genannte Substanz ist der eigentliche Grundstoff der Nervenfasern, die wesentliche Nervenmateric. Zwischen ihr und den Nervenfasern besteht der Unterschied, dass bei den Nervenfasern Längszüge der fibrillären Punktsubstanz zu neuen Einheiten sich zusammenthun, wobei die Abgrenzung gegeneinander, ähnlich wie am Protoplasma der Ganglienkugel, nur durch festere Rindenbildung erfolgt, oder durch Auftreten von Nervenscheiden, die aber der Nervenmatcrie fremde Theile und Bindesubstanz sind.« Eine Seite weiterhin'^; «Ausser den Ganglienkugeln der einfach fibrillären Materie und den daraus zusammengesetzten Nervenfasern giebt es noch (;inen dritten elementaren Formbestandtheil der Nervenmasse: es ist Punktsub- stanz von iH'tz- oder geflechtartig gestricktem Charakter. Dieselbe gehört den Nervencentren, dem (iehirn und IJauchganglien an. Sie nimmt die Mitte der Ganglien ein: gegen diese centrale Punkt- sub stanz richten sich die Stiele der Ganglienkugeln, um ilire filirilläre ^Materie tlort beizumengen, und aus 1) 1. p. 463. c. p. 152 mul 153. 2) 1. p -163. c. p. 153. 3) 1. p. 463. c. p. 154. 4) 1. p. 463. c. p. 225. 5) 1. p. 463. c. p. 226. *) IJiesc sowie die meisten der folgenden Hervorhebungen durch gesperrten Druck rühren nicht vom citirten Autor, sondern vom Verlasser der vorliegenden Monographie her. IV. Centrales Nervensystem. 2. Versleieh der Capitelliden mit anderen Anneliden etc. b. Der Bauohstrang. 469 diesen centralen Herden von Funktniasse geht erst die einfach streifige Sulistanz der peripherisclien Nerven hervor.« Endlich im Kaiiitel Nervengewebe') iilch glaube mich nämlich mehrmals und zwar am ehesten an Glycerin-Präparaten überzeugt zu haben, dass der Punktsubstanz insofern eine gewisse Structur zukommt, dass die sie zusammen- setzenden Körnchen zu netzförmig gestrickten Fäserchen, mit anderen Worten zu einem Gewirr feinster Fäserchen geordnet .seien.« Wenn wir allein die in den ersten C'itaten entlndtencn Epitlieta wie »feinkörnige Sub- stanz«, »moleculäre Centralmasse«, »centrale Punktmas.se« und »Punktsubstanz« ins Auge fassen, so können wir keinen Augenblick darüber im Zweifel bleiben, was Avir uns darunter vorzu- stellen haben, nämlich eine aus discreten, kleinen Körperchen bestehende Masse. Audi von » Körnchen der Punktmasse, die durchweg linear geordnet sind«, kann sich jeder ein Bild ent- werfen. Wie aber »Punktsubstanz von netz- oder getiechtartig gestricktem Charakter« zu Stande kommen, wie aus »Körnchen der Punktsubstanz« netzförmig gestrickte Fäserchen oder Gewirre feinster Fäserchen entstehen sollen, habe ich wenigstens niemals einzusehen vermocht. Faser, Netz, Geflecht drückt Continuität — Punkt, Korn, Molekel drückt das Gegentheil davon aus. Hierin liegt der erwähnte Widerspruch und der stillschweigenden Fortpflanzung eben dieses letzteren ist es zuzuschreiben, dass unter der Haube der flbrillären Punktsubstanz durcli- aus Entgegengesetztes, Wahres und Falsches so lange nebeneinander existiren konnte. Leydui mag zu dem Gegensatze etwa so gekommen sein: er fond zunächst auf Schnitten, überhaupt an stark durch Reagentien veränderten Präparaten das trügerische Bild der Punktsubstanz, sodann traf er auch an besseren Präparaten das allein Richtige, dem lebenden Zustande EntsprecheniU', nämlich das von geflechtartig gestricktem Charakter, und um beide zu versöhnen, hat er eben letzteres seiner unveräusserlichsten Merkmale, der Continuität, entkleidet, indem er ihm an Stelle der Faser den Punkt zu Grunde legte. Wie dem aber auch sein mag, ich habe mich stets an den Namen gehalten und unter »Punktmasse« oder »Punktsubstanz« (unbekümmert imi das angehängte, in der Combination unmögliche Prädicat »fibrillär«) Punkte verstanden, und in diesem Sinne habe ich einer bereits im Jahre 1879 veröffentlichten Abhandlung die Anmerkung beigefügt'-): »Ich werde in dem Kapitel »Nervensystem« der später erscheinenden Monographie zu beweisen ver- suchen, dass die von Leyuig und Anderen sogenannte »fibrilläre Punktsubstanz^ dadurch zu Stande kommt, dass diese in dem Fasergerüste gelegenen, überaus vergänglichen Körner zerfallen und unter der Form einer fein granulirten Substanz die durch die vielfach verzweigten Nervcnfibrillcn zu Stande kommenden Maschen ausfüllen«. Wie aber viele Autoren, trotzdem sie von »Punktsubstanz« reden, wenigstens bezüglicli der Continuität der Fibrillen, einer ähnlichen Auffassung luddigen, dafür will ich nur zwei Beispiele anführen: Dietl-') schreibt: 1) 1. p. 463. c. p. 91. 2) 1. p. 76. c. p. 288. 3) DiETL, M. Unters, über die Organisation des Gehirns wirbelloser Thicre. 1. Abtheilung. Sitz. Ber. Akad. Wien. 77. Bd. 1878. p. 487. 470 ^- Vin-glcie-hend-Auiitomischer (Mürpholi)u;ischer) Tlioil. "In der Ui'f^el ziehen die Ausläufer der Zellen in jene eigenthiinilichc centrale Partie, die von Leydig Funklsubstanz genannt wurde. Soweit ich meine Erfahrungen darüber befragen kann, stellt diese Punkt- substanz stets ein gröberes oder feineres, unentwirrbares Netzwerk feinster Fibrillen vor. Lkydig selbst wollte den Ausdruck ))Punktsub,stanzir nicht wörtlich genoniincn wis.sen, er deutet sie in gleicher Weise«. Ferner Krieger'): »Doch was ist diese Punktsubstanz'? Meine Untersuchungen haben mich zu demselben Resultate geführt, zu dem Leydig und Diktl kamen, das weiter von II. StiuLTZE und Rkllonci bestätigt wurde. Die PunktsLibslanz ist ein Netzwerk, oder vielleicht richtiger ein Filz von feinsten Fasern.« Kann man die Verwirrung weiter treiben? Dieti. fiiulet, dass das Nervenmark, nieht wie Leydig will, aus so oder so angeordneten Molekeln, sondern aus einem unentwirrbaren Netz- werke feinster Fibrillen bestehe, meint aber, TjEYDig sei nicht so \\örtlich zu nehmen, indem er schliesslich dasselbe wolle, und Kuiegeu, der nun wiederum Dieil bestätigt, führt Leydk; geradezu in einer Keihe mit denjenigen auf, die das Nervenmark als Netzwerk oder Filz feinster Fasern gedeutet haben ! Es fehlte aber auch nicht an solchen, die ihre Befunde bestimmt und correct dar- stellten. 80 erklärte IIermanjs -') in seiner bekannten Arbeit über das Nervensystem von Hirudo: »Aus dem nun Angeführten ist zu ersehen, dass ich betreffs des Baues der Nervenfaser mit Walueykr darin übereinstinune, dass das letzte Formelement der Nerven wirbelloser Thiere — insbesondere hier des Blutegels — eine feine Fibrille ist. Der Durchmesser derselben beträgt "/lo — Viu /'• Diese Fibrille finde ich auch bei anderen wirbellosen Thieren als letzten Formbe.standtheil(( etc. Und Michels ^) konnte es, nachdem er die übrilläre Structur des Insecten-Bauchmarkes erkannt hatte, oifenbar eben so Avenig wie ich fertig bringen, diese seine Auffassung mit der conträren Leydig's in Einklang zu setzen, oder Leydig gar als Vertreter eines ihm total ent- gegengesetzten Standpunktes zu citiren; vielmehr hebt er, den Thatsachen entsprechend, die Divergenz beider Standpunkte scharf hervor. Er sagt nämlich: »Obwohl bei Behandlung des Bauchmarkes mit Glycerin und Kalilauge unter Anwendung eines ge- ringen Druckes auch hier ein ähnliches Bild entsteht, wie es Leydig von anderen Insekten abbildet, so scheint mir doch der Name »Fasersubstanz« zutreffender, weil ich nach Anfertigung von Längs- und Quer- schnitten eine molekulare Punktmasse, wie Leydig sie von den Nervencentren der Arthropoden beschreibt, nicht habe auffinden können, Welmehr immer nur mannigfach sich durchsetzende Längs- und Querfaserzüge wahrzunehmen im Stande gewesen bin.« Eben so ablehnend erklärte sich endlich der Punktsubstanz gegenüber, wie aus der weiterhin folgenden Darstellixng') noch hervorgehen wird, Haller. In seinem neuesten etwa 20 Jahre nach dem Erscheinen der Vergleichenden Anatomie veröffentlichten Werke über »Zelle und Gewebe« hat uns TiEVDK; mit einer total veränderten Darstelkmg der Structur des Nervensystemes überrascht. Das "Wesentliche ist in folgenden Sätzen enthalten: a.) VovkI. 1). 47 1. 1) Kkikcer. K. Uebcr das Centralnervensystem des l''lus.skrebses. Zeit. Wiss. Z. 3:i. Bd. 1880. p. 510. 2) Hekmann, E. V)a.s Central-Nervensystem von Hirudo Medietnalis. München 1875. p. 55. 3) MiCHEi.s, H. Beschr. des Nervensystems von Oryctes nasicornis etc. Zeit, wiss, Z. ;}4. Bd. 1880. p. 675 IV. Centrales Nervensystem. 2. Vergleich der Capitelliden mit anderen Anneliden etc. b. Der Bauchstrang. 471 ),Für') mich hat es sich vor Allem daium gehandelt, an die Wahrnehmungen anzuknüpfen, welche ich bezüglich des Abganges der Nerven von den grossen Ganglienzellen des Gehirns bei Gastropoden ge- macht hatte. Dort nämlich wurde erkannt, dass im Innern der Abgangsstelle eines bandartig platten Nerven- fortsatzes, nach der Lagerung der Faserlinien zur Nervensubstanz der wesentliche weichere Theil der Nerven- materie als Fortsetzung anzusehen ist jener homogenen, fast weichen Substanz — Hyaloplasma — welche zwischen dem Balkennetz des Spongioplasma sich befindet; und ebenso, dass die stofflich festeren Streifen- züge im Nerven nur zum Gerüstwerke dienen.« • »Bei 2) Aulostomum gewähren unter Anwendung der gewöhnlichen Linsen die Nervenfasern den Eindruck einer körnigstreifigen Materie. Die jetzt möglichen Vergrüsserungen lassen aber finden, dass das »Streifige« von Längszügen eines schwammigen Gerüstes herrührt und das »Körnige« auf die Knotenpunkte eines feineren Zwischennetzes zu deuten ist. Die Haupt- und Längszüge des Maschenwerkes rufen die Abgrenzung in »Fibrillen« hervor, aber zwischendurch zieht ein zartes Schwammgefüge, in dessen Räumen die homogene, eigentliche Nervensubstanz enthalten ist.« »Die 3) »Fibrillen« sind Gerüstbildungen und Umwandlungen des Spongioplasma, die »intorfibrilläre Substanz« ist die eigentliche Nervenmaterie und Fortsetzung des Hyaloplasma.« Nachdem ich diese neue Auffassung Leydig's kennen gelernt, insbesondere nacltdem ich den Passus »dass das Streifige von Längszügen eines schwammigen Gerüstes herrührt und das »Körnige" auf die Knotenpunkte eines feineren Zwischennetzes zu deuten ist« gelesen hatte, schien mir damit die »librillärc Punktsubstanzcc von ihrem Urheber selbst endgültig ver- lassen. Wo sollte auch in dem nun als Spongio- und Hyaloplasma dctinirten Nervenmarke Raum für die frühere Punktsubstanz sein"? Ich hatte mich getäuscht, denn wenige Seiten weiterhin*) ist zu lesen: »Die Darstellung, welche ich früher über die Weise des Zusammenhanges zwischen Ganglicnkugeln und Nervenfasern gab, halte ich auch jetzt noch durchaus aufrecht, insbesondere auch Dasjenige, was ich über die im Gehirn und dem Bauchganglion gleichsam dazwischen geschobene Molecularmasse ausgesagt habe. Ich bezeichnete dieselbe wegen des Aussehens im Allgemeinen als Punktsubstanz und gab ausdrück- lich an, dass sie von netz- oder geflechtartig gestricktem Charakter« sei; sie nehme die Mitte der Ganglien ein, die Ganglienkugeln richteten die Stiele gegen gedachte Partie, um ihre fibrilläre Materie ihr lieizu- mengen, und aus diesen centralen Heerden von Punktmasse gehe die einfach streifige Substanz der peri- pherischen Nerven hervor. Wie das letztere geschehe, habe ich mit den zu Gebote stehenden llülfsmitleln und den vorangegangenen Erfahrungen jetzt näher zu bestimmen vermocht. Sowohl an frischen, als auch an Härtungspräparaten ist das protoplasmatische Netz- oder richtiger Schwammwerk deutlich zu erkennen, und so viel mich die vergleichende Beobachtung bei Insecten aus ver- schiedenen Ordnungen gelehrt hat, sind die .M:is(liriir;iume so ziemlich von gleiclu'in Durelinicsser; das Netz ist überall eng und dicht. Wo nun Nerveiiiiisiniin-c gi^setzt sind, ordnet sich (Ins lialkcnwcik zu Längs- streifen, die zwischen sich die homogene (iiinidNulistnnz eljcnsf) aufnrhmcu, als es in dem sich durch- kreuzenden Maschenwerk i;cscliclica war. Feinste Zäckclu'ii iiii dm Sl reifen weisen dabei immer noch daraufhin, dass das Fachwerk, welelies jetzt die eigentliche NerveiisulisUiuz aufgenommen hat, einfach Fort- setzung und Umbildung des schwammigen Protoplasma ist.« Die Möglichkeit des Versuches, das nun als continuirliches Netz- oder Schwammwerk erkannte Nervenmark mit der »fibrillären Punktsubstanz" in Einklang zu bringen, ist lediglicli der früheren, schwankenden und widersprechenden Definition der letzteren zuzuschreiben. Leydig beruft sich eben darauf, dass er ausdrücklic'li angegeben habe, die Punktsubstauz 1) I. p. ;U9. c. p. 105. 2) 1. p. 319. c. p. 160. 3) 1. p. 319. c. p. 173. 4) 1. p. 319. c, p. 173. 472 1^- Vcrgloiohend-Anatomischer (Morphologischer) Theil. sei von not/,- oder geflech tartig gestricktem Charakter! AVürde es sich fortan nur um Li;m)I(; liandehi, so könnten wir uns ja beruhigt fühlen, da er nun trotz Beibelialtung des alten Terminus in der Sache -s^ enigstens dasselbe meint wie wir ; aber die Anderen, die w(miger Eingeweihten, werden, dem Gesetze der Trägheit gemäss, auch weiter in allen ( 'ultursprachcn fortfahren, das Nervenmark mit dem bequemen Auskunftsmittel »tibrilläre Punktsubstanz« ab- zutliun. Doch lassen wir nun diese Substanz bei Seite, um uns mit der neuen, die bisherigen Ansicditen über das Nervenmark zum guten Theil in Frage stellenden Tnterpretirungcn Levuics, wie sie in obigen Auszügen enthalten sind, zu beschäftigen. Ich erkläre zunächst, dass ich auf Grund meiner Erfahrungen diese neue Lehre vom Spongio- und Hyaloplasma für ebenso verfehlt halte, wie diejenige von der fibrillären Punkt- substanz; tun so nachdrücklicher erkläre ich das, als es sicli hier nicht etwa nur um die Ner\('nmarkstructur dieser oder jener Annelidc, sondern um diejenige aller Wirbellosen, ja sogar um ein gutes Theil derjenigen der Wirbclthiere bandelt; denn Leydk;'; delint die im Vorhergehenden wiedergegebenen Ansichten auch auf die »graue Substanz« des \'erte- IjratennerAensystemes aus, so dass die hier in Frage kommenden Verhältnisse sicla unmittelbar denjenigen anschliessen, welche den alten Streit tun die histologische Dignität der »Neuroglia« hervorgerufen haben. Bevor ich zur Mittheilung dessen übergehe, was diesen Widerspruch zu rechtfertigen hat, sei noch erwähnt, dass Nansen zu ganz ähnlichen Resultaten wie Levür; gekommen ist. In seiner Monographie des Myzostomum'') erklärt er nämlich: i.'l'hc fil)rillar jippearance of the commissiiTes, as well as that of ixMipheiic nerves, is occasioned by tho spoii^ioplasiu which encloses, and isolates, the hyaloplasin iiito tulios. .J think, therefore — as Lkydig sinti's — that the French designatiou «lultc« nerveuscs« is a niore corrcct oiie than »die Filirillen« of the (icnnaii .scienti.sts k. Ferner: «The tiinillar mass of the loiioiliidinal comniissures is eoniposed of nevvous tubes, passiiig-, transver- sally, inlo the iiervcK, and, longitudinally, along the whole length of the conimissures; and also, of a übiillar retieulation extending throughout the commissures, but especially sitiiated in their centre. This fibrillar reti- ciilation is constructed, I believe, paitly of the fibrils or branchlets, issuing from the cell-prolongations passing directly into the nerves, and paitly, from the cell prolongations loosening themselves up into this retieulation, one of whose purposes is, I think, to promote communication between the various tubes and the dift'erent parts of the nervous System. I am not disposed to assume that this retieulation has such a spongioiis nature as Lkvuig supposes. 1 think that there are more-isolaXed fibrils, or slender tubes, constructed in much the same way as the tubes of the nerves, with a cord of hyaloplasm enclosed in spongioplasm : these fibrils are, however iiiliniately, iiiterlaced witli <'ach othcr and Itetween the longitudinal and transversal nervous-tubes, and have ihiis, a veiy coinplex course \vhith, in trausverse sections give rise to .i spoiigious appearance.« Ganz ähnlich sollen sich diesem Autor'') zufolge die entsprechenden Tlieile des Nerven- systenies \o\\ Ascklia und Myxrne verhalten. Würden Eeyüiü und Nansen das Richtige treffen, so wäre die grosse Mehrzahl aller 1) 1. p. 319. c. p, 177. 2) Naxsen, f. Bidrag til Myzostomemes Anatomi og Histologi. Bergens Museum. Bergen 18S5. English Ivesume p. 74. 3) N.\NSKN, F. Preliminary Clommunication on some Investigations upon the Histological Structure ol' the Central Nervous System in the Asciilia and in Myxine glutinosa. Ann. Mag. N. H. (5) Vol. 18. 1886. p. 20il. IV. Centrales Xervcnsystcm. 2. Vergleich der Cu[iitellideu mit aiulrrcn Annididen ete. b. ])er Piauchstrang-. 4715 bisherigen Schriften über die Structur des Nervenmarkes insofern elementar verfehlt, als in ihnen die »bindegewebigen Nervenröhren« oder das Spongioplasma irrthümlich für Ncrven- fibrillen gehalten und der Inhalt dieser Röhren, die eigentliche Nervensubstanz oder das Hvalo- plasma, übersehen, respective nicht gewürdigt worden war. Dasselbe gälte natürlich für meine im ersten Theile dieser Monographie gegebene Beschreibung des Nervenmarkes aller Capitelliden. AVas ich \\(htlic]i und bildlicli als Nervenhbrillen-Netz dargestellt lia1)C, wären in \Mrkliclikeit keine Ncrventibrillen, sundern bindegewebige Röhren. Nur könnte man in diesem Falle nicht sagen, dass ich mich gegen den in den Maschen des Netzwerkes enthaltenen Theil, der ;ils Hyaloiilasma allein den ner\'ösen darstellen soll, gleichgültig verhalten hätte. Wurde doch ausdrücklich wiederholt \(»n mir liervorgeliobcn, dass die Maschen des Netzwerkes tlieils von Plasma, theils von sogenannten Körnern ausgefüllt zu sein ptlegen und dass es gerade die Gerinnungs- und Zerfallsproducte dieses Inhalts seien, welche nebst den Excretbläschen und Fibrillenquerschnitten die »fibrilläre Punktsubstanz« vorsi)iegelten. Ferner kann, wenn bei den Capitelliden von bindegewebigen Structuren die Rede sein soll, nur das Neurilemma in Frage kommen, da die Ganglienzellen durchaus nackt sind und ebenso wie das Mark ausschliesslich vom Neurilemma umhüllt werden. Im Hinblicke auf unseren speciellen Fall spitzt sich also die Frage dahin zu, ob das Fibrillennetz des Markes, welches ich als contiuiiirlich sowohl mit den Ausläufern der Ganglienzellen, ;ils mit den Fibrillen der peri- l)herischen Nerven zusammenhängend fand, in AValirlieit ein feinstes Neurilemm- gerüste darstelle und ob das, was dieses vermeintli che G erüste einschliesst, erst als die wahre nervöse Sul)stanz zu betrtichtcn sei. Abgesehen von der schon hervorgehobenen Thatsache, dass ich als Inhalt des vermeint- lich bindegewebigen Gerüstes keine nervöse Substanz, kein mit den zelligen Elementen zu- sammenhängendes »Hyaloplasma«, sondern abwechselnd Körner, E.xcretbläschen und eine nicht näher zu definirende, gerinnbare Flüssigkeit (Plasma) antraf, gebe ich nun folgende andere, mit der LKYDK:-NANSEi\"schen Auffassung durchaus unvereinbare Punkte zu bedenken. Erstens: Wenn wir auch angesichts von Bildern wie Fig. 2, Tafel 21 oder Fig. 5, Tafel 9 zwcifelliaft bleiben können, wo das Gerüstwerk des Neurilenimas anflicht und das Netzwerk der Nervenfibrillen anfängt, so ist doch ein solcher Zweifel zum Beispiel Fig. 15, Tafel 1) gegenüber ausgeschlossen; denn an dem dieser Figur zu Grunde liegenden, vom Abdomenende eines Notomastus stammenden Präparate ist das Neurilemma nur als dünnes, den ganzen Bauch- strang umhüllendes Blatt erkennbar, von welchem noch gar keine Fortsätze in das Mark hinein gewuchert sind. Die mit der Entwickelung des Neurilenimas stets gleichen Schritt haltenden, weiter vorn so mächtig auftretenden Neurochordröhren sind denn auch dementsprechend nur ganz geringfügig vertreten. Gleichwohl zeigt das Mark schon dasselbe fibrilläre Netzwerk wie da, wo das Neurilemmfachwerk vollständig ausgebildet ist. Wo sollte in diesem Falle das fibrilläre Netzwerk, wenn es bindegewebiger, respective neurilemmatischer Natur wäre, herkommen? Dasselbe gilt für das Nervenmark des acf^omatist-li gelegenen Bauchstranges von Zool. Statiou z. Neapel, Fauua und Flora, Uolf von Nuapol. Capitelliden. GO 474 B- Vergleichend-Anatomischer (Morpholugischer) Theil. IL'tt'fomdstiis [\\\u\ thcilwi'isc auch Capifcl/a], wo trotz des fast gänzlichen IVIangels von Neu- rih'niniu-Scheidewänden dieselhe netzförmige Structur der iServentibrillen durchgeführt ist. Zweitens: Ich habe sowohl netzförmig vertloclitene, als auch mehr gestreckt ver- laufende Filjrillen isülirt letztere bis zu einer Länge von 200 [-»-) ; wie wäre das möglich, wenn die Fibrillcnmaschen geschlossene Nervenröhren, resjiective ein das Hyalüi)lasma einschliessendes Fachwerk darstellten ? Drittens: Die Ausläufer der gewöhnlichen Ganglienzellen (also abgesehen von den Neurochordzellen oder E,iesenzellen) pflegen selten 1 (j. im Durchmesser zu überschreiten, ebenso die aus dem Marke entspringenden, nahezu gerade vei'laufenden Seitennerven-Ursprünge, avo- gegen die Maschen des Netzwerkes (die also das vermeintliche Hyaloplasma oder die eigent- liche Nervensubstanz einschliessen sollen) zwischen 2 und G [jl schwanken. "Wie ist eine Verbindung zwischen diesen 1 p. nicht überschreitenden Ganglienzellenausläufern und den 1 jjl selten erreichenden Seitennerven-Anfängen einer- und den 2 — 6[j. messenden Maschen andererseits denkbar? Unschwer begreift sich dagegen diese Verbindung, wenn man die Fibrillen des Netzes als den nervösen Bestandtheil gelten lässt, da ihre Durchmesser vom Unmessbaren bis 1 (x schwankend befunden werden. Hierzu kommt noch, dass ich mit Fibrillen des Netzwerkes in Verbindung stehende Ganglienzellen und Körner zu isoliren vermochte, was doch, wenn dieses Netzwerk bindegeAvebiger Natur wäre, unmöglich hätte gelingen können. Es bleibt also nach alledem gegenüber dem LEVDiG-NANSEN'schen Versuch, das Fibrillennetz zu einer bindegewebigen Bildung h c r abzudrü cken, die alte, wenigstens für das Nervenmark der Wirbellosen herrschend gebliebene Auf- fassung, dcrzufolge dieses Netz einen rein nervösen Charakter darbietet, zu Recht bestehen. Seit der Publication von Leydig's »Zelle und Gewebe« sind nur noch zwei Arbeiten erschienen, welche sich in speciellerer Weise mit der Structur des Nervensystemes (von AVirbellosen beschäftigt haben; die eine ist die schon erwähnte von Nansen, die andere ist von Haller. W^ährend sich Nansen ganz auf den Standpunkt Leydig's stellt, kommt Halleu um- gekehrt zu total entgegengesetzten An.sichten, und zwar, wie ich gleich constatiren will, zu solchen, die mit den in dieser Monographie vertretenen in erfreulicher Weise übereinstimmen; ich sage in erfreulicher Weise, weil das Untcrsuchungsobject Haller's in Mollusken, das meinige in Anneliden bestand und demgemäss das übereinstimmende Verhalten eine allge- meinere Geltung der gewonnenen Resultate verbürgt. Haller') kommt nämlich auf Grund seiner eingehenden Untersuchungen über das Nervenmark, welches er als »centrales Nervennetz« bezeichnet, zu dem Schlüsse: »Demnach findet sich im Kernthcile des Centralnervensystemes der Rhipidoglossen weder sogenannte 1) Haller, K. Untersuchungen üher marine Rhiiudoglosscn. II. Textur des Centralnervensystemes und seiner Hüllen. Morph. Jahrb. 11. Bd. ISSG. p. 3(il. IV. Centrales Nervensystem. 2. Vergleich der Capitelliden mit anderen Anneliden etc. b. Der Hauchstrang. 475 Punktsul).st;uiz, noch die bei fleii Vertebraten vorkommende ^'iRCUOw'sche Neuroglia vor. sondern das Ganzr wird von einem subtilen Nervennetze ausgeiiillt, dessen Ursprung die Gauglienzellen sind.« In einer neuesten Mittheilung versucht freilich derselbe Autor ') die Gegensätze dadurch zu vermitteln, dass er die » LEYDio'sche Punktsubstanz » mit den bindegewebigen Theilen des Nervensystemes identificirt. Was damit bezweckt werden soll oder kann, habe ich mich ver- gebens einzusehen bemüht. In Anbetracht der von mir den Körnern beigelegten Bedeutung ist es von Interesse zu erfahren, dass auch andere Forscher, und zwar von Nervensystemen sehr verschiedener Thiergruppen, ähnliche Elemente beschrieben haben. In einer früheren Mittheilung^) wurden bereits dahin einschlagende Arbeiten von Raxke und Claus, beide Heteropoden betreffend, envähnt; heute füge ich aus der inzwischen so stark angewachsenen Literatur nur zwei weitere sich 'trotz des systematischen Abstandes der Objecte) durch schlagende Uebereinstimmung aus- zeichnende Belege an. IvRiEGEii'j führt als dritte Kategorie von Ganglienzellen des Flusskrebses auf: «Selir kleine kernartige Elemente mit Fortsätzen. Protoplasma ist überhaupt nicht mehr nachzu- weisen. Inhalt stark lichtbrechend, mit feiner Körnelung, aber ohne besonders hervortretende Kernkörperchen. Hilden keine Lager, sondern finden sich in der Rinde verschiedener Punktsubstanzballen.« Lajs'g') schreibt von dem Nervensysteme der Seeplanarien: »So finden wir ferner solche Ganglienzellkerne, wo kein Plasmabeleg mehr unlerscheidbar ist und die Faser direct an den Kern herantritt, der indess immer seine scharfen Contouren beibehält. Ausser den verschiedenartigen Ganglienzellen kommen noch verschiedene Qualitäten von Faserkernen vor, unter denen wir hier besonders charakteristische körnige Kerne hervorheben, die sich stärker färben, rund sind, keine Kernkörperchen besitzen und die, an den Ursprungsstellen der Sinnesnerven in grosser Zahl vorhanden, jene vorderen, gelappten, feinkörnigen Anhangsmassen des Gehirnes bilden, welche Keferstein entdeckte, ohne über ihre ]?edeutung in's Klare zu kommen. Auch der kleinen, den Ausläufern der Ganglienzellen anlie- genden Kerne müssen wir, als allgemein vorkommend, Erwähnung thun.« Bezüglich des so vielfach discutirten Ursprunges der peripherischen Nerven möchte ich an dieser Stelle nur hervorheben, dass meinen Erfahrungen nach diese Nerven sowohl direct aus Ganglienzellen, als auch aus dem Marke Fibrillen zugesandt erhalten, ein Resultat, welches mit den Ergebnissen der neueren und eingehenderen in Betracht kommenden Arbeiten durchaus übereinstimmt. Ich gehe nun zum Vergleiche der Neurochorde über und zwar zunächst im Kreise der Anneliden. Spengel') hat in einem wichtigen, vor mehreren Jaliren publicirten Beitrage zur vor- liegenden Frage das bis dahin bekannt Gewordene in Form einer chronologisch geordneten Litteraturliste zusammens'cstellt. Er bcüründet diesen Modus mit den Worten: »Statt einer 1) Hallek, B. Untersuchungen über die sog. LEYDia'sche Punktsubstanz im Centralnervensystem. Morpli. 12. Bd. 1S80. p. 325. 2) 1. p. 7(i. c. p. 288. Anmerkung 2. 3) 1. p. 470. c. p. 53ü. 4) I. p. 370. c. p. 1S3. 5) 1. p. 310. c. p. 41. 476 B- Verfi;lcicliciul-Anat()mlsuher (Mürpholof^isclier) Theil. eiui^c'lu'iuleu DarstcUuiiij;- der historischen Entwickelung unserer Kc-nntnissc von diesen (iebihlen, welche kein dem beanspruchten llaunie entsprechendes Resultat liefern würde, gebe ich einc^ Zusammenstellung der darauf bezüglichen Jitteratur in chronologischer Anordnung mit kurzen Hinweisen auf die von dem jedesmaligen \'erfasser accei)tirte Deutung respective 13e- zeicliuung« etc. Ich habe keine Veranlassung von diesem Modus abzuweiclieu. indem sich avuli heute noch alle die liber die Neurocliorde zum Ausdruck gekommeneu Ansicliteu auf die von meh- reren tonangebenden Forschern Aertretenen zurückfüliren lassen. Indem ich also auf die erwähnte SPEXoEi.'sche, bis ISSO reiclieude Liste verweise, gebe ich im Nachfolgenden eine bis heute reichende Fortsetzung des mir zu Gcsiclit Gekoi.nmenen, wobei ich auch die \ier Autoren berücksichtige, welche schon Lkydk;'; zur Vervollständigung des betreffenden V'er- zeichnisses aufgeführt hat. Von Spengel übersehen wurde: 1S71. KoWALEVSKY, A. Einbryologische Stuclic'U na Wihiiioni und Aithiopodoii. Soparatuin nus Mein. Aead. Sc. PetersbouTg (7) Tonic l(i, p. 2o. Ei(a.rrn. .iC'liorda dor.sahs. Eutwickcluni;- aus Mesoblast«. ISTit. ScuuLTZE, H. Die fibrilläre Structur der Nervcnelpnionto bei WiiI)cno.spn. Arch. Mikr. Anat. l(i. Ed. p. l()(i. Lumhricus. »Riesige duukelrandige Fasern miy centralem Fibrillenbündel«. .. ■_ ,. Fortsetzung der SpENOEL'schen Liste : " . '^■ ISSü. UiiTscuixsKV, P. Heber die gemeinschaftlichen Züge in der lüldung des Nervensystems der Wirbel- thiere und der Ringelwiirmer. Notizen k. Neurussischen Universität. ;il. 1!d. ]). 21. l'oly- und Oligocliaeten. »Neurochord«. On the Anntomy and Ilistology of rivnfochdcla Moseleyi. Trans. R. 8oc. Edin- liourgh ^'ol. :i(». Part. 2. p. 1!)'.). l'hnrovlnield. .^Longitudinal tübes«. Die Iveimsehichten des wachsenden Schwanzendes von Lumhriculus rarlcyahis etc. Zeit. wiss. Z. :4i). Hd. p. 1)2. Oligoch.aeten. »Nicht nervöser Natur: tlienen dem Ivörper als elastische Stütze; der Chorda dorsalis nicht homolog«. .Vnat.-histol. Unters, der Fblydoren der Kieler Hucht. Dissert. p. 24. Ptthjihira. »Mit nervensubstanzähnlicher Masse angefüllte Rohrcnfasern«. Anat.-ITistol. lTnt(>rs. von TcrchcUulefi Strocmii. Dissert. p. :i7. TcrrhflUdcs. »Nouralkanälo«. Recherches Jlistol. sur les Centres nerveux de ipudcjues Invertebrcs. Arch. Z. Exper. (2) Tome 1. p. 107. Oligochacten. »Tubes nerveux Gcants; Nervenreaction: stehen in IJeziehung mit dem fibrillären Theil des Panchstrangos«. ^'iviDOvsKY, V. System und Morphologie der Oligocliaeten. Prag. p. st;, S7, 112 und lt:i. Oligo- cliaeten. »Xeiuochord: ursprünglich liindencwcliiger Strang; der Chorda dorsalis 1) 1. p. 319. c. p. lüS. p '.ItRIER E. \- vJÜOVS KY. F. p. ED1).\I! ), E. !■ i; ir,ow, C. J. vcoüV, R. S' 'EEX, V. \ IGN.VL, W. IV. Centrales Nervensystem. 2. Vergleich der Capitelliden mit anderen Anneliden etc. b. Der Bauchstrang. 477 nicht homolog; Function: Accomniodationsapparat, welcher zur Erhaltung des liauch- stranges in einer starreren Lage während der Krümmungen und Zusammenziehungen des Körpers dient; Entwickelung aus Mesoblast«. 1555. Leyuig, f. Zelle und Gewebe, Neue Beiträge zur Histologie des Thierkörpers. IJonn. Lum- hrictis. »Riesige Nervenfasern». PiiuvoT, G. llecherches Anatom, et Morphol. sur le Systenu' ncrvcux des Aunelidcs l'olj- chetes. Arch. Z. Exper. (2) Tome :5. p. 239 Xephtliijs. p. 2tjl Ilyaliiwcrla, p. 2S2 Einiirc. p. IM T) Sahella. »Canaux«, »tubes geants«. CuNNiXGiiA.M, .). The signiticance of Kupffek's Vesicie with remark.s on otlier questions of Vorto- brate Morphology. Q. .Tourn. Micr. Sc. (2 Vol. 2.j. p. 12. l.iDnhrims. «Chorda dorsalis«. 1556. RoHüB, E. Histologische Untersuchungen über das Nervensystem der Chaetopoden. Soparittum aus Sitz. -Bor. Akad. Berlin. 39. Bd. Aphroditeen [AphrodUe^ Hcrmione, Sthc- nrlais, Sigalion, Polynoe). »Colos.sale Nervenfasern; Verbindung mit colos.sal('n Ganglienzellen«. Leydic;, f. Die riesigen Nervenröhren im ü.iuchmark der Ringelwürmer. Z. Anzeiger Jahrg. ISSO. p. 591. Enhält nichts wesentlich von den früheren Ansichten des Autors Abweichendes. E:mery. ('. La Regeneration des Segments postcrieurs du Corps chez quelques Annelides poly- chctes. Arch. Ital. ]5iol. Tome 7. p. 39(1. »Fibres tubulaires colossales« von Ncplilhyx. Stellen unter sich comnninicirende Röhren dar, welche in metamerer Folge Seiten- äste abgeben. Sie haben Nichts mit Nervengebilden zu thun, stellen vielmehr wahrscheinlich eine Art von Lymphgefässen dar«. Wenn wii* nun die vorstehende Liste im Anschlüsse an die durch Spengei, zusammen- gestellte überblicken, so lassen sich folgende vier bis auf den heutigen Tag unabhängig neben- einander hergehende Auffassungen über die Natur luid Bedeutung der Neurochorde constatiren. Nach der ersten durch Leydig begründeten stellen sie Nervenfasern, und zwar riesige, dunkelrandige, markhaltige Nervenfasern dar. Einer zweiten von Kowalevskv herstammenden, sich vorwiegend auf die Lagerungs- verhältnisse und die Entwickelungsweise der NeurocliVTnU^ stützenden Doctrin zufolgi; liaben wir es mit Gebilden zu thun, welche functionell und genetisch der Cliovda dorsalis der Verte- braten zu vergleic^hen sind. Eine dritte 'von Olaparede inaugurirtc und wc>itcrliin vorwiegend von Ehlers aufge- nommene- Richtung betont die Kanalnatur der Neurocliorde und Imngt' das Problematische unserer Kenntnisse über dieselben durch Namen wie Axenkanäle, centrale Kanäle, Neural- kanäle etc. zum Ausdrucke. Die schärfste Betonung fand jedoch dieyser Standpunkt von Seiten Sempers, der, nachdem er ursprilnglich die Neuroclu)rde ebenfalls der Chorda dorsalis ver- glichen hatte, diesen \'erglcich wieder aufgab und sicli zur selben Zeit aucli gegen ihre ner- vöse Natur aussprach. Besonders hervorgehoben zu werden verdient, dass er, sowie später Spengel, die Frage aufwarf, ob in Anbetracht ihrer grossen Structnr- und Lagerungsver- schiedenheiten alle die hierhergerechneten Bildungen in der That zusammengehören, ob ins- besondere diejenigen der Polychaeten so ohne Weiteres mit denjenigen der Oligochaeten (welclie er speciell als LEYDio'schc Fasern bezeichnet) identificirt werden können. Eine vierte endlich bestreitet ähnlich Kowalevskv, auf die mesodermale Abstammung 47S ^- Verfi,ieichen(l-Anatomischer (Morpliologlsoher) Theil. der Neurochordc gestützt, deren nervöse Natur, und sieht in ihnen ebenfalls chordaähnliche Stützorgane; nur mit dem Unterschiede, dass diese Aehnlichkeit (in Anbetracht der entoder- malen Herkunft der Wirbeltliierchorda) als Analogie und niclit als Homologie gedeutet wird. Vertreter dieser Ansicht sind Bülow und Vejdovsky. AVie ist es möglich, so kann man fragen, dass bis in unser Jahrzehnt herein trotz so vollkommener Methoden und Hilfsmittel, trotz des so leicht zu beschaffenden Materiales ein derartiger Zwiespalt der Meinungen sich hartnäckig forterhalten konnte"? Wie ist es möglich, dass der Eine von demselben Dinge als Chorda oder chordaähnlichem Organe spricht, welches der Andere bestimmt als Nerv bezeichnet hatte? Wie kam man dazu, ein und dasselbe Object bald als Kanal, bald als Strang oder Faser zu bezeichnen"? Ein guter Theil dieser Widersprüche beruht darauf, dass die Neurochorde stets nur nebenbei, niemals ihrer selbst willen, und ^or Allem nie vergleichend untersucht worden sind; ein anderer aber liegt sicherlich in der wandelbaren Natur des Objectes selbst begründet, eine Wandelbarkeit, die wir ja an Mastohranchus hinreichend kennen gelernt habeia. Leydig gebührt das Verdienst, dass er, gestützt auf den reichen Kreis seiner Erfahrungen, das nervöse Element an den Neurochorden herausfand und allen Anfechtungen gegenüber zähe daran festhielt. An- dererseits kann ihm aber auch der Vorwurf nicht erspart bleiben, dass er das mit seinen An- sichten Unvereinbare vielfach ignorirte, sowie dass er in der histologischen Deutung des ihm Vorliegenden gewaltsam verfuhr. Besonders scharf trat dies in seiner ersten Darstellung') imd Abbildung der iy'«»«iy/fHS- Neurochorde, welche die Degeneration so klar zur Schau tragen, hervor. Da diese in Allem und Jedem den Habitus der dunkelrandigen Nervenfasern der Wirbelthiere wiederholen sollen, so übersieht Leyuig ganz und gar die Neurochordscheide, respective macht aus ihr eine Mark- oder Fettscheide des Nerven. Und auch in seiner zwanzig Jahre sj^äter gegebenen Beschreibung'^) desselben Objectes, welcher er eine ganz treffende Zeichnung eines (fettig degenerirten) Neurochord-Nervenstückes beigiebt, versucht er in ganz unmöglicher Weise die nun besser unterschiedene neurilemmatische Scheide nebst ihren in das Lumen der Neurochordröhre ragenden Fortsätzen als integrirenden Theil der Nervenfaser, und zwar als »dunklere Rinde von längsgeschichtetem Wesen« festzuhalten. Claparede hat sich in Bezug auf die Deutung der Neurochorde stets sehr rcservirt gehalten; er stellt sich zwar, Leydk;'s Autorität in histologischen Fragen anerkennend, auf dessen Standpunkt,^ jedoch nicht ohne die durch abweichende Erftxhrungen in ihm gereiften Bedenken geltend zu machen. So hebt er in der Monographie des Lumbricus''') hervor, dass der Inhalt der Röhrenfasern, Leydig's Axencylinder, auf ilin stets den Eindruck einer vollkommen homo- genen Flüssigkeit gemacht und dass er nii> das feinstreifige Ansehen wahrgenommen habe, welches liEYDio zu erkennen glaubte. Audi zweifelt er an der nervösen Natur der LEVüKi'schen Markscheide (Neurochordscheide) . 1) 1. p. 403. c. p. ir)5. Taf. 5. Fig. 1. 2) 1. p. :}I9. c. p. 1(17. Tal'. 0. l'V- 133. 3) 1. p. 3ÜS. (Hist. Dnters. Regenwurm) o. p. .'/JO. IV. Centrales Nervensystem. 2. Vergleich der Capitellidcn mit anderen Anneliden etc. b. Der Bauclistrang. 479 C'laparede's Zweifel wuchsen noch in dem Maasse, als der Kreis der von ihm über- sehenen Annelidenformen sich ausdehnte. Lernte er doch durch Bearbeitung der sedentären Anneliden') Neurochorde kennen, welche dem freien Auge sichtbar sind, Neurochorde von so riesigem Durchmesser, dass sie denjenigen des gesammten Bauchstranges übertreffen {Myxi- cola)\ Sollen das auch Nervenfasern sein? C'laparede kam denn auch zu dem Bekenntnisse: »Je me borne a cet exposc anatomique. Faire des hyi)otlieses sur les fonctions de ces singu- lieres fibres tubulaires me senible parfaitement superÜu.« Die Verfechter der Chorda-Homologie oder -Analogie verfielen in das entgegengesetzte Extrem: sie betonten einseitig die Neurochordscheiden, also den vom Neurilemma abstammenden Bestandtheil, und kümmerten sich nicht, oder doch nur einseitig um den Inhalt. Es ist ja richtig, dass dieser Inhalt in den meisten Fällen eine wässerige Flüssigkeit darstellt; aber daneben existirten auch die so bestimmten Angaben Leydiü's und Anderer, denen zufolge bei gewissen Formen wenigstens sich nervöse Elemente an Stelle der Flüssigkeit vorfinden sollten; es waren überdies entsprechende Gebilde der Arthropoden, besonders des Flusskrebses bekannt, über deren nervöse Natur ja kaum ein Zweifel walten konnte. Wer das Neurochord als Homologen der Chorda dorsalis proclamirte, musste sich zugleich mit diesen Angaben abfinden, und wer gar fortfuhr, diesen Standpunkt einzunehmen, durfte auch andere, allmählich in der Litteratur zum Ausdruck kommende, mit diesem Standpunkte schwer vereinbare Thatsachcn nicht ausser Acht lassen. So die Thatsache, dass die Neurochorde bis in den Schlundring, ja bis in das Gehirn eindringen, ferner dass sie im Strickleiternervensysteme symmetrisch in beiden Strängen vorkommen, endlich, dass sie sich im Bauchstranggewebe zuweilen in mehrere Aeste spalten. Ja allein das durch Claparede^) bekannt gewordene, allerdings noch der Be- stätigung harrende Factum, demzufolge sich in den Cirrusnerven von Hermadion fmcflle ähn- liche Riesenfasern wie im Bauchstrange finden sollen, war geeignet, den ganzen Vergleich mit der Chorda in Frage zu stellen. So lagen die Dinge, als die schon erwähnte SpENGEL'sche Arbeit erschien. Durch sie wurde zum ersten Mal das Vorkommen riesiger, in Neurochordröhren einge- schlossen verlaufender Nervenfasern in histologisch befriedigender Weise für Anneliden constatirt; durch sie wurden ferner auch riesiga Ganglienzellen be- kannt, als deren Fortsätze eben jene Fasern sich darstellen. Aber wenn auch Spengel so der längst von Leydig vertretenen Ansicht zu ihrem Rechte verhelfen konnte, so verschluss er sich doch nicht gegen diejenigen Fälle, die sich unter dem Schema einer Nervenfaser nun einmal schlechterdings nicht begreifen lassen; nämlich gegenüber den im Vergleiche mit den bei Euniciden beobachteten, unzweifelhaften riesigen Nervenfasern auch ihrerseits wiederum colossal erscheinenden Neurochorden gewisser Röhrenwürmer. Und den Thatsachen ent- sprechend kommt er zu dem Schlüsse ■■*;: »Es muss daher einstweilen unentschieden bleiben, ol) 1) 1. p. 30S. (Reeh. Annel. Sed.) c. p. 112. 2j 1. p. 8. c. p. 70. 3) 1. p. 310. c. p. 40. . 4 so H- ViTKluichend-Anatdmisi-lK.r (Moriiliolu-iscluT; Thcil. die von einem blassen weiclien Inlialte erfüllten Köliren, welehe das Bauehmark so vieler Anneliden durcliziehen und sieh /um 'l'heil l)is in die Selilundconnective und das (ieliirn er- strecken, sämmtlicli \'on i^ieicliem AN Crtlie odei" ■\ielmelir iJildungen verschiedener Art sind." liier setzen nun jueiue Studien ein. In r)e/,u!4nalune auf das im ersten Tlieilc der Monoü,ra])hie "Miti^ctheilte darf ich wohl aussprechen, dass damit die \ orhin l)ctonten Gegen- sätze zur \'eis(')linung gebracht sind. Durch (his Verhalten von Mastohranchm insbesondere ist erwiesen, dass die Neurochorde ursjjrünglich durchweg Nervenfasern, respective ("oni})lexe solcher darstellen. Diese Fasern degeneriren aber, so dass zuletzt nur eine wässerige Flüssigkeit nebst Trümmern der nervösen Substanz übrigbleiben, (ilei chzeitig wandeln sich die von Anfang an vorhandenen, aus dem Neurileni ma stammenden Scheiden der riesigen Fasern in mächtige, allseitig geschlossene Röhren Xeurochordröhren: um, die bei einzelneu Formen so hei Mastub raiic/i i( s stellenweise und bei gewissen Serpuliden durchweg) den gesammten übrigen IJauch Strang im Umfange übertreffen können, und letztere mit Flüssigkeit ge- füllte 11 (ihren dienen z^\eif eil os als Stützorgane, die man functioni'll der Chorda dorsalis vergleichen mag, die aber genetisch sicher Nichts mit ihr z u thun haben; schon aus dem einfachen G runde nicht, weil sich die Neurochordröhren ursprüng- lich als integrirende Theile des Bauchstrangneurilenimas zu erkennen geben; ihre s])ätere Selbständigkeit ist eine relativt;, jedenfalls eine secundäre. Dazu kommt, dass die entodermale Abstammung der Chorda keinem Zweifel mehr unterliegen kann, und dass ich, was speciell die Anneliden betrifft, mit Ehi.eks im Nebendarme ihr Ilomologon anerkenne. lieber die Zusammengehörigkeit der riesigen Ganglienzellen und riesigen Nerven- fasern oder nach der von mir vorgeschhigenen Nomenclatur) der N e u r o chor dzel 1 e n und Neuroch Ordner ven kann kein Zweifel mehr herrschen. Ich habe zwar bei Capitelliden den Zellenfortsatz nur bis in die Nähe der Faser verfolgen, also den directen Ucbei-gang nicht demonstriren können, aber Sfexoel's Befund an Fluniciden ist in dieser Hinsicht entscheidend und — derselbe wird überdies in der bereits citirtcni vorläufigen Mittheilung üohde's an A phroditcen bestätigt. Durch Leydu; und Ci.ArAUEDE wurde schon nachgewiesen, dass sich die Neuro c h o r d- nerven, insbesondere im Bereiche der vordersten Bauchstrangpartie, sowie auch im Schlund- riug zu verzM' eigen vermcigen. Dem gegenüber ist zu betonen, dass dieselben (jebildc umgekehrt auch verschmelzen können. Spengel') berichtet in dem Sinne Folgendes von IliiUd: »Die Zahl der grösseren Eöhren scheint ziemlich constant zu sein, und es ist daher anzunehmen, dass dieselben durch Vereinigung mehrerer entstiinden sind und auch die kleineren aufnehmen». Dies stimmt vollständig mit meinen an den Ca])itelliden gemachten Befunden überein. Bei letzteren scheinen mir die Versclnnelzungeu mit der Ihnwandlunt^ der Neu- IV. Centrales Nervensystem. 2. Vergleich der Capitelliden mit anderen Anneliden etc. b. Der Bauchstranp;. 481 rochordscheideii in Neurochordröhren, respective der Neurochordnerven in NeurochordHüssigkcit einherzugehen, und zwar nicht etwa gleichzeitig ihrer ganzen liinge nach, sondern stellenweise, so dass wir bald ein sehr mächtige^ Rohr, bald mehrere solche geringeren Durchmessers an- treffen. Ich möchte nun die Frage anregen, ob in jenen Fällen, in denen, wie bei gewissen Serpuliden, die Neurochordröhren so ausserordentliche Dimensionen aufweisen, nicht ebenfalls eine solche mit der Metamorphose einhergehende Verschmelzung ursprünglich getrennt ver- laufender Nerven in Betracht kommt; jedenfalls wäre bei künftiger Bearbeitung darauf zu achten. Bei Mastobranchiis konnte ich, wie dem T-eser erinnerlich sein wird, feststellen, dass die Neurochordnerven (im nicht oder wenig degenerirten Zustande) beiderseits zahl- reiche, sich auf's Reichste verästelnde Nerven abgeben. Dass sich diese Aeste in das angrenzende Bauchmark begeben, ist klar; unbekannt^ blieb aber, ob diese x\este und Zweige mit ähnlich verästelten Ausläufern der Neurochordzellen, oder mit dem Fibrillennetze des Bauchstrangmarkes in Verbindung treten, oder ob sie endlich das Material für besondere peripherische Bahnen bilden. Im Hinblicke darauf ist es von Interesse, dass auch Viünal') Beziehungen zwischen den Neurochordnerven und dem übrigen Bauchstrangmarke ■ wahrge- nommen hat. Wir erfahren freilich nicht viel über das »Wie«, indem sich genannter Autor auf die Angabe beschränkt: .... »J'ai vu que ces tubes etaient en rapport avec les folouncs de til)rcs nciveiises. .Si on examine im grand uombre de coupes, on verra certainemeut sur quelques unes d'entre elles un flu tul)e, vciiant des colonnes, deboucher dans Tun ou dans rautie tube geant.« Sonderbarerweise vermuthet Vignal, dass diese von ihm wahrgenommenen Aeste dazu dienen möchten, dem Bauchstranggewebe ein solideres Gefüge zu geben, sonderbar, weil Vignal unmittelbar vorher den Neurochorden einen lediglich nervösen C!harakter zuspricht. Von grösserer Bedeutung in der Hinsicht ist folgende Mittheilung Rohde's^): »Bei Polynoe tritt ausserdem in Uebcreinstimniung mit Slhcnelais in jedem Segmente jederseits je eine enorm grosse Ganglienzelle auf, welche ihren kolossalen Nervenfortsatz (juer durch den Bauehstrang in den letzten der in jedem Segmente abgehenden drei Nerven sendet, mit welchem er gemeinsam zur Peripherie verläuft.» In bestem Einklänge hiermit steht die bereits erwähnte Angabe Claparede's''), derzu- folge die C'irren von Hermadion riesige Fasern enthalten sollen. Ct.aparede selbst scheint freilich diesem Factum keinen sonderlichen Werth beigelegt zu haben, da es ihm bei Ab- fassung seiner Annelides Sedentaires*) so wenig gegenwärtig war, dass er schreiben konnte: »Les grosses libres appartiennent donc exclusivement aux parties centrales du Systeme nerveux.« In den RoHDESchen Fällen entspringen die segmentalen peripheren Neurochordnerven (unabhängig von den übrigen im Bauchstrange verlaufenden) aus besonderen Neurochordzellen. 1) 1. p. 467. c. p. 403. 2) 1. p. 477. c. p. 784. 3) 1. p. 8. c. p. 7ü. 4) 1. p. 3US. (Rech. Annel. Sed.) c. p. 117. Zool. SUliou z. Nüiipol, Fauuii uud Fluia, UuUvoii Neuiiul. Ciiipiu-lliilou. ^g2 ^- Vergleiclu'iid-Aautumiseher ^Morphologiscliur) i'hL'il. Emery') hat nun aber bei Ncphthjjs nachgewiesen, dass der den Bauchstrang seiner Länge nach durchsetzende Neurochordnerv in jedem Segmente ein paar Acste abgiebt. Es konnten zwar diese Aeste nicht über den Bauchstrang hinaus verfolgt werden, aber die Art ihres Auftretens spricht doch sehr zu Gunsten eines peripherisch gerichteten Verhuifes. Hier wäre auch der bereits in Spengels Abhandhing erwähnten Angaben von Claus-) zu gedenken. Diesem Autor zufolge mengen sich bei den Fhronimiden den fibrillären Faser- zügen der Seitennerven auch l)reite bandförmige, aus Rieseuzellen entspringende Nervenfasern bei, ein Verhalten, welches durchaus mit dem von llonnE für Volymc und Stheneküs festge- stellten übereinstimmt. Die von Ch.Aus versuchte Deutung dieser Zellen als motorischer schien Spengel zunächst der Begründung zu entbehren; im Hinblicke auf das mehrfach erwähnte Ver- halten der Hermadiun-Civven könnte man nun aher weiter gehen und der CLAus'schen Deutung die entgegengesetzte als die wahrscheinlichere substituiren. Ein weiterer Beweis endlich für die Fähigkeit der Neurochordnerven, seitliche Aeste abzugeben, liegt in der Angabe Leydiü's'% derzufolge »in den Nerven der (iliedmaassen von Di/sdera und Segestria gedachte Bildungen deutlich vorhanden seien und das Aussehen von Röhren geben, die mit heller Substanz er- füllt sind« etc. Ich bin zwar über den Verlauf der von den Neurochordnerven von Maxtobmiichm ab- gehenden Aeste nicht ins Klare gekommen, aber unter den im Vorhergehenden erwogenen Möglichkeiten ist doch die, dass jene Aeste in erster Einie zur Herstellung von Beziehungen mit dem fibrillären Theile des Bauchmarkes dienen werden, die wahrscheinlichste, und in dieser Hinsicht verdient noch eine Beobachtung Rohde's über die Endigungsweise der Neu- rochorde hervorgehoben zu werden, indem dieselbe solche Beziehungen zwischen dem Neu- rochord- Systeme einer- und dem fibrillären andererseits sehr wahrscheinlich macht. Dieser Autor ') sagt nämlich : ))In den letzten Segmenten (von Stheiielaü) wird die Scfieide stetig dünner und die dicht von ihr umschlossene Nervenfaser immer deutlicher granulirt. Schliesslich hört die Scheide ganz auf. Nach kurzem Verlauf verschwindet auch die Nervenfaser, ohne merklich dünner geworden zu sein. An ihrer Stelle er- kennt man im Querschnitt feine Punkte in unbestimmter Anordnung. Die kolossale Nervenfaser hat sich also in feine Fäserchen aufgelöst.« Wenn wir nun auch nach alledem dur^h die neueren Forschungen in der Erkenntniss der Anneliden-Neurochorde etwas weiter gekommen sind, so reichen doch dieselben noch lange nicht dazu aus, um uns über die Bedeutung der Neurochordzellen und -nerven eine befrie- digende Voi^stellung liefern zu können. Weitere, insbesondere vergleichende Untersuchungen werden hierfür unerlässlich sein, um so mehr als meiner Ansicht nach kaum noch ein Annelid existiren dürfte, welches (im erwachsenen Zustande) das Neurochordsystem in vollkommener Aus- bildung und Function darböte. Wem dieser Ausspruch übertrieben erscheint, der möge bedenken, dass selbst bei Formen wie Halla und Sthcuehüs (also Formen, die das System in bisher unbe- 1) 1. 1). 356. c. p. 397. 2; Claus, C. Der Organismus der l'hronimiden. Arb. Z. Inst. Wien. 2. lid. 1679. \^. 5(1 und 51. 3) 1. p. 319. c. p. 169. 4) 1. p. 177. c. p. 784. IV. Centrales Nervensystem. 2. Vergleich der Capitelliden mit anderen Anneliden etc. b. Der Bauchstrano;. 483 kannt s^uter f>haltiing- aufweisen) meinem Dafürhalten nach die Nenrochordnerven stellenweise schon der Degeneration verfallen sind. Ich schliesse dies aus der Thatsache, dass nach Spengel') bei ersterer Form der von der Neurochordzelle entspringende Fortsatz, also der Neurochordnerv, »nur im vorderen Theile seines Verlaufes deutlich zu erkennen war, während weiter nach hinten die röhrenförmigen Hüllen nur ein meist unregelmässig contourirtes Ge- rinnsel zu umschliessen schienen«; ferner aus den Angaben Rohde's^), denen zufolge bei letz- terer Form die faserige Scheide der kolossalen Faser anfangs dicht anliegt, weiterhin sich aber abhebt, um allmählich einen enormen Durchmesser zu erlangen«, denen zufolge überdies «auch die Nervenfaser, welche in ihrer weiten Scheide fast ganz verschAvindet, wesentlich modificirt erscheint.« Auf Eine von mir schon im Vorhergehenden betonte Thatsache möchte ich aber bei dieser Frage nach der Bedeutung der Nenrochordnerven noch einmal zurückkommen, weil sie möglicherweise mit zum besseren Verständnisse beitragen kann: ich meine die Thatsache, dass wir im Nervensysteme der Anneliden fortan zwei Bestandtheile zu unterscheiden haben. Den einen bildet das dauernde, aus feinsten Fibrillen und zahlreichen kleinen Ganglienzellen sich aufbauende System, den anderen bildet das allmählich der Degeneration unterliegende, aus breiten Nervenfasern und wenigen riesigen Ganglienzellen zusammengesetzte. Die Elemente des ersteren Bestandtheiles wurden in Anbetracht ihres histologischen Verhaltens öfters der »grauen Substanz« der Vertebraten- (Vntren verglichen — vielleicht dürfen wir diejenigen des letzteren der »weissen Substanz« gegenüberstellen. Viel länger als von Anneliden sind Neurochord- Nerven und -Zellen von Arthro- poden bekannt. In zahlreichen Abhandlungen ist ihrer von Seiten verschiedener Forscher gedacht worden, aber doch nur nebenbei. Leydig allein hat die betreffenden Gebilde anhaltend im Auge behalten, und das Meiste, was wir von denselben wissen, ist denn auch vor Allem seinen Arbeiten zu danken. Genannter Forscher hat in seiner Vergleichenden Anatomie^) sowie in seinem Werke über Zelle und Gewebe*) das von ihm und von anderer Seite Geleistete zu- sammengestellt, so dass ich mir die Darlegung des Wissensstandes^ ersparen kann. F'ür un- umgänglich halte ich dagegen, die von I;Evdig in diesen Werken auch für die Arthropoden festge- haltene Beurtheilung des Neurochordsystemes von meinem der Frage gegenüber eingenommenen Standpunkte aus in's Auge zu fassen, indem die Neurochorde dieser Thiergruppe unzweifelhaft ähnliche Degenerationsprocesse wie diejenigen der Anneliden durchmachen und sich durch die Würdigung dieser Processe hier wie dort alle Widersprüche und Schwierigkeiten in befriedigender Weise erklären lassen. Es muss mir auf den Nachweis dieser Erscheinungen um so mehr 1) 1. p. 310. c. p. 3S. 2) 1. p. 477. 0. p. 782. 3) 1. p. 4G3. c. p. 224—220. 4) 1. p. 319. c. p. 1Ü9— 173. 4§4 B- Vergleichend-Anatomischer (Morphologischer) Theil. ankommen, als ich der Vermuthung nicht widerstehen kann, dass sie zu Leydig's neuen, im Vorhergeh(>nden besprochenen, principiellen Ansichten über die Structur des Nervenmarkes, nämlich zu seiner Lehre vom Spongio- und Hyaloplasma, sowie zur lietonung des »Flüssigen« nicht wenig beigetragen haben. Da mir das, was bewiesen werden soll, auf's Unzweideutigste aus Leydig's eigenen Schilderungen hervorzugehen scheint, so halte ich für das Zweckdienlichste, einige dieser wörtlich zum Abdrucke zu bringen, und zwar wähle ich eine von Crustaceen und eine von Insecteu handelnde. Hinsichtlich der ersteren schreibt Leydig'): »ITin ziiniichst auf die colossalen Nervenfasern des Ästacus ßuviatilis zurückzukommen, so weisen mir dieselben im lebenden Zustande nichts von einer Sonderung ihres hellen Innern auf und bei vielen tritt selbst nach Einwirkung von Rcagentien kaum Weiteres zu Tage. In manchen hingegen erscheint alsdann, nachdem sie z. H. in Pikrinsäure über Nacht gelegen, das von Remak zuerst angezeigte und auch von mir dargestellte innere Faserbündel. Dasselbe aufmerksam betrachtet besteht aus Körnchen, Krümelchen, auch Stiftchen oder walzigen Stückchen, die eine etwelche regelmässige Lagerung, sei es nach der Quere oder in die Länge annehmen können. Das ganze Faserbündel kann auch in einer krümeligen Wolkenbildung untergegangen sein, was vielleicht erst Folge der Knickung und Zerrung beim Herausnehmen des Nerven ist. In Erwägung aller dieser Erscheinungen geht man eben wohl kaum fehl mit der Annahme, dass es sich um Gerinnungsformen der Nervensubstanz handelt, wobei jedoch immer zugestanden werden muss, dass von vorne herein in der Mischung schon eine Sonderung bestanden haben muss, zufolge Melcher ein inneres Faserbündel durch Reagentien zum Vorschein gelangen konnte.« Hinsichtlich der letzteren-): »Mit Rücksicht auf jene Punkte im Rau der Nerven, welche schon oben bei den Ilirudineen hervor- gehoben worden waren, habe ich jetzt hauptsächlich die Nerven von Üarabus auratus und Dytiscus mar- (jinalis geprüft. Bei ersterem Coleopteren nehmen sich die hellen, breiten, anscheinend rührigen Elemente, Avie ich sie früher nannte, thatsächlich im Leben ganz wie Röhren aus, gefüllt mit hellem Inhalt, und das rührige Wesen wird auch dadurch angedeutet, dass vom Rande her eine Spur jenes röthlichen Schimmers sichtbar ist, wie er z. B. an den contractilen Pdasen der Infusorien auftritt. Die homogene Inhaltsmasse steht nach ihren physikalischen Eigenschaften entschieden dem Flüssigen näher als dem Festen. Reginnt das Abster])en der Nerven, so tauchen wieder Bilder auf, welche zu der Ansicht hinleiten, dass einspringende Scheidewände zugegen seien. In der vorquellenden Substanz, nachdem sie sich körnig getrübt hat, gehen von den Körnchen bei hoher Vergrösserung Spitzen, Zacken und selbst zarteste verbindende Fädchen weg. Dieses feinste Netz- Avesen mit Knotenpunkten möchte ich aber nicht dem im Bisherigen erörterten Gerüstwerk vergleichen, sondern ich wäre geneigt, darin ein Homologon des inneren Faserbündels zu erblicken, welches in den entsprechenden Nervenfasern des Flusskrebses ebenfalls aus Körnchen, Krümelcheu und Stiftchen besteht. Noch sei liemerkt, dass die Balken oder vielmehr Blätter des grossen oder eigentlichen Fachwerkes sehr weit auseinander stehen können. Man sucht mitunter auf weite Strecken vergeblich nach einspringenden Bildungen, vielmehr zeigt sich der ganze Inhalt hell und homogen; dann kommt plötzlich eine Zeichnung, die auf fächeHges Wesen deutet. Es Hesse sich zur Erklärung annehmen, dass die Lichtbrechung der Bälk- chcn zu gering ist, um sie von der eingeschlossenen hellen Materie allerorts abzuheben. Das blasige Aus- sehen, welches im absterbenden Nerven auftritt, mag wohl aus dem Bau, wie er im Voranstehenden hinge- stellt wurde, sich erklären lassen.« Ist es denkbar, dass in dem was hier Leydig besclireibt functionsfilhige Nerven vorliegen? (iiebt es Nerven, die »aus Körnchen, Krümelcheu und Stiftchen« bestehen, oder aus "walzigcm Stückchen, die eine etwelche regelmässige Lagerung sei es nach der Quere IV. Centrales Nervensystem. 2. Verffleieh der Capitelliden mit anderen Anneliden etc. b. Der Bauchstrang. 485 oder in die Länge annehmen«? Kann das ganze Faserbündel durch Knickung und Zerrung beim Herausnehmen eines Nerven "in einer krümeligen Wolkenbildung« untergehen und lässt sich alles dies als »Gerinnungsform der Nervensubstanz« auffassen? Nein, gewiss nicht; aber alle diese Bilder (die mir von den Anneliden her wohl bekannt sind) erklären sich, wenn wir die verschiedenen mit der fettigen Degeneration einhergeliendcn Stadien der Neurochordncrveu- Modification zu Grunde legen. Wie es von Mastohranckus demonstrirt wiu-de, so liiulen sich eben auch bei Arthropoden die Neuroch ordnerven stellenweise noch wenig verändert, an anderen Stellen dagegen in fettigem Zerfall und an noch anderen endlich von der Neurochord- flüssigkeit substituirt. Riesige Ganglienzellen und riesige Nervenfasern fehlen auch im Kreise der Verte- braten nicht. liEYDi(i') hat auf daliin zielende Angaben von Stannius und Reichert [Fetromyzon) , sowie von Ussow (Teleosteer) aufmerksam gemacht. Dahin gehören wohl auch die von Fritsch'-) aus der Medulla oblongata von Lophins und die von P.\ul Mayer') aus dem llückenmarke von -S'c_y///»«i- Embryonen beschriebenen Riesenzellen. Letzterer Autor liielt diese Elemente für Abkömmlinge des Mesoderms'*), wogegen Kleinenberg ') wohl mit Recht für ihre nervöse Natur eintrat, indem sich ihm bezüglich ihrer ebenso Avie bezüglich der Riesenzellen der Anneliden die Vermuthung aufdrängte, dass wir es mit »Bestandtheilen des primären Ganglien- geflechtes der Subumbrella« zu thun haben, dass »so wie bei den Anneliden auch bei den Hai- fischen die Bildung des bleibenden Centralorganes durch einen ausserhalb desselben befind- lichen larvalen Ganglienzellenapparat eingeleitet wird.« Die Neurochorde sind allem Vorhergehenden zufolge ursprünglich Nervenfasern. Die nervöse Substanz letzterer Fasern verfällt aber einer so eingreifenden Degeneration, dass sie schliesslich einer wässerigen Flüssigkeit Platz macht; der neurilemmatische Theil dieser Fasern erfiihrt umgekehrt einen so bedeutenden Zmvachs, 'dass an Stelle der vielfach durchbrochenen Scheide ein hermetisch geschlossenes Rohr tritt. Wir haben uns also die als Stützorgane fimgirenden Neurochorde durch Functionswechsel entstanden zu denken. Es giebt nun aber noch einen anderen Modus, nach dem sich am Bauch- strange von Anneliden Stützorgane entwickeln können, und zwar durch directe Hypertrophie seines Neurilemmas. Neurilemmwucherungen dieser Art finden sich insbesondere bei solchen Formen, deren freiliegender Bauchstrang einer mächtigen transversalen Muskulatur Ansatz zu bieten hat und zugleich wenig entwickelte Neurochorde besitzt. So bei Nephthys und Glj/cera, wo 1; 1. p. 319. c. p. 175. 2) Fritsch, G. Ueber einio:e bemerkenswerthe Elemente des Centralnorvensystems von Lophius piscatnrius L. Arch. Mikr. Anat. 27. Bd. 1886. p. 13. 3) Mayer, P. Die unpaaren Flossen der Selachier. Mitth. Z. Stat. Neapel C. Bd. 18S5. p. 228 und 229. 4) 1. p. 303. c. p. 220 und 221. *) Mündlicher Mittheilung zufolge ist jetzt auch P. Maykr, besonders seitdem er ähnliche Zellen bei Fimbryonen verschiedener Teleosteer gefunden hat, geneigt, die nervöse Natur derselben anzuerkennen. 486 1^- Verglelchend-Anatomiscliev (Morphologischer) Theil. die betreffende Neunlemmvevdickuni>' stellenweise das ganze übrige Bauclistranggewebe an Ihnfang übertrifft. Bei Gh/cera war dies schon Lankesier') aufgefallen, indem er seiner Zeit schrieb: »The disposition of the muscles in relntion to the sheath of the norve-cord in Glyccra has some intcrest in this respect, since these parts are seen, in suitalily prepaved sections, to have generally the same relations as have the muscles and neural sheath, includino- the notoehord, of a vertebrate.« Es kann keinem Zweifel unterliegen, dass die in Hede stehenden Neurilemmwucherungen einer ähnliclien Stützfunction dienen wie die Neurochorde; aber, da erstere zugleich mit letzteren vorkommen (so bei Nephtlu/s und Glj/cern), da sie ferner keine mit Flüssigkeit gefüllte Röhren, sondern massive Stränge, und da sie endlich nicht an der Hand eines Functions- wechsels ans Nerven respective Nervenscheiden, sondern direct aus dem Neurilemma heraus sich entwickeln, so müssen wir beide auseinanderhalten, um so mehr als, wie aus dem Folgenden her- vorgehen wird, sehr charakteristische und relativ selbständige Adnexe des Bauchstranges gewisser Insecten sich auf ähnliche Neurilemmwucherungen zurückführen lassen. Ich schlage daher für letztere Wucherungen den Namen »Lemmatochord« vor; er betont gegenüber »Neurochord" den rein neurilemmatischen Ursprung, drückt aber doch zugleich die identische Function aus. Ich darf, da als Beispiel von Anneliden-Lemmatochorden gerade Nephthijs angeführt wurde, den eigentliümlichcn, zuerst von Ehlers^) beschriebenen sogenannten »Bandapparat« dieser Form nicht unerwähnt lassen. (jenannter Autor schildert die fragliche Bildung folgendermaassen : «Auf der InuenHiicho der Hauchwand läuft in der Medianebene über dem Hauchstrange des Nerven- systemes ein schmales, fi];Yi)iG'sche Chorda ein Mesoskelet ist, dass sie als ein Analogon, nicht aber als ein Homologon der (Ihorda der Vertebraten betrachtet werden kann und dass wir überhaupt bei den Arthropoden, so wie bei den Vertebraten, zwei morphologisch difFerente Theile in dem inneren Skelete unterscheiden müssen: 1) Ein Entoskelet (entodermaie Chorda und ihre l'roducte), 2) ein Mesoskelet z. H. die liEYDiG'sche Chorda).« Ich stimme mit dem Autor bezüglich des ersten Theiles seines llesume's vollständig überein; die sogenannte LEYDio'sche Chorda (Lemmatochord) ist der Chorda dorsalis der Verte- braten nicht homolog, sondern analog. Die NusBAUM'sche Chorda dagegen ist meiner Ansicht nach der Chorda dorsalis weder homo-, noch analog; dieselbe ist weder ein Ento-, noch ein Mesoskelet; vielmehr entspricht sie, ja fällt zusammen mit dem, was wir bisher Neurilemma ge- nannt haben und hoffentlich auch fernerhin so nennen werden. Welche Bewandtniss es mit dem fraglichen hypodermalen Strange habe, ist eine andere Frage. Künftige Untersuchungen werden erst noch seine Existenz zu bestätigen und seine eventuellen Schicksale klarzustellen haben. Nachdem das Vorhergehende bereits niedergeschrieben war, kam mir eine weitere vor- läufige Mitthcilitng Nusbaum's') zu Gesicht, in der folgende unser Thema betreffende Sätze enthalten sind: )iAu milieu, entre les limites internes de deux moities du diaphragme s'accumulent les cellules mcsodermiques formant dans la partie thoracique de l'embryon un petit cordon solide, qui croit vers l'interieur du Systeme nerveux sous forme d'un coin, pour donner ensuite ici les muscles et les elements du tissu conjonctif, quoique ces derniers prennent aussi naissance aux depens des cellules mesodermiques isolees de la cavitc du corps. Ce cordon cellulaire solide ne peut etre comparc qu avec les formations mesodermiques des Vers et des Arthropodes, situees au dcssus de la chaine nerveuse ventrale, et nommees fibres geantes (riesige Faser) et corde. Comme les faits confirment de plus en plus l'existence de memes formations chez les divers Invertebrcs, il est dejä temps, selon moi, de rejeter la crainte, pas assez motivce, montr6e de la part de quelques obscrvateurs, qui s'obstinent k ne pas homologuer ces diverses formations avec la corde dorsale des Vertebres. Nachdem also Nusbaum in seinen vorhergehenden Aufsätzen ausdrücklich alle Versuche, die mesodermalen Adnexe des Bauchstranges wie : KowALEWSKv'sche Chorda, LEVOiGsche Chorda, SEMPER'sche (!horda, mit der Chorda dorsalis der Vertebraten zu homologisiren, verworfen, nachdem er für eine mit diesem letzteren Organe in genetischem Sinne zu vergleichende Bildung die peremptorische Eorderimg entodermaler Herkunft geltend gemacht, nachdem er für das von ihm willkürlich Entoskelet genannte innere Neurilemma, weil einzig und allein jener Forderung genügend, auch allein die Berechtigung, mit der Chorda dorsalis in morphologischem Sinne vergßchen werden zu können, in Anspruch genommen, nachdem er endlich in Folge dessen diese seine vermeintlich allein legitime Chorda zu all den genannten anderen, nach ihm nur analogen Bildungen, in den denkbar schärfsten Gegensatz gebracht hatte : nach alledem wirft derselbe Verfasser in obigem Satze diese kurz vorher so scharf auseinandergehaltenen Gebilde wieder als »Formationen des Mesoderms« zusammen, indem er hinzufügt, wie es an der Zeit sei, dass ängstliche oder obstinate Forscher sich zur Anerkennung dieser Homologie bekehren, also zur Anerkennung- derselben Homologie, die Nusbau.m selbst kurz zuvor für immer 1) Nusbaum, .1. LEml)ryoh)gie d'Oniscus murarius. Z. Anzeiger .Jahrg. 18Sü. p. 154. IV. Centrales Nervensystem. 2. Vergleich der Caiiitelliden mit anderen Anneliden etc. b. Der ßauchstrang. 493 begraben zu wollen schien. Und Alles dies wird uns hier so nebenbei mitgetheilt, ohne dass NüSBAUM auch nur mit einem Worte seiner früheren Aufsätze gedächte. Hat er etwa deren Existenz vollständig vergessen, oder beabsichtigt er, dieselben in dieser Weise stillschwei- gend zu desavouiren? Es bleibt mir noch übrig, derjenigen Chorda zu gedenken, welche Semper') von den Naiden beschrieben hat. Dieser Forscher hielt ursprünglich, in Uebereinstimmung mit An- deren, die sogenannten riesigen Fasern des Bauchstranges, also die Neurochorde, für Homologa der Wirbelthierchorda, gab aber nach genauerer Untersuchung jener Fasern diese Ansicht auf. Anstatt ihrer sollte nun ein von ihm bei den Naiden wahrgenommener mesodermaler Zell- strang das gesuchte Organ darstellen, indem dieser Strang »eine Axe in den neu angelegten Seg- menten des Thieres bezeichnet, welche zu den aus Mesoderm und Ectoderm allmählich sich abglie- dernden Theilen genau in derselben morphologischen Lagerungsbeziehung steht, wie die Chorda dorsalis der Embryonen der Wirbelthiere und Ascidieu". Zur Zeit als Sempee dies nieder- schrieb, war für ein der Chorda zu vergleichendes Gebilde die mesodermale Entstehung un- erlässlich; heute ist für einen derartigen Vergleich diese Entstehung ebenso hinderlich. Aber selbst diese Erwägung ist überflüssig, da Klein enbeik;-') gezeigt hat, dass jene von Semper für ein Homologon der Chorda dorsalis gehaltenen mesodermalen Zellen oder Zellcomplexe die Anlagen des Neurilemmas darstellen, weil ferner auch Bülow^) feststellen konnte, dass jene Zellen dort verschwinden, wo die Anlage des Neurochords beginnt, was auf dasselbe heraus- kommt, indem ja, wie wir gesehen haben, die Neurochordröhren ursprünglich integrirende Theile des Neurilemmas darstellen. Es sind somit alle jene im Bereiche des Nervensystemes gelegenen Bildungen, welche der Reihe nach der ('horda dorsalis verglichen wurden, als Modificationeu und Wucherungen des Neurilemmas zu betrachten. Im Hinblicke auf ihre Func- tion können diese Bildungen auch fernerhin der (!horda dorsalis gleichgestellt werden, genetisch haben sie aber Nichts mit derselben zu thun. Für ein Homologon dieser Chorda halte ich nun aber mit Ehlers den Nebendarm der Anneliden, weil er allein den für die Zulässigkeit einer solchen Homologie heute entscheidenden Grundbedingungen Genüge leistet. Darüber habe ich mich indessen im vorhergehenden Kapitel schon so aus- führlich ausgesprochen, dass ich hier nur darauf hinzuweisen brauche. 1) 1. p. 53. c. p. lOS und 180. 2) Kleinenbekg, N. SuUo Sviluppo del Lumhrirus Trapczoidcs. Xapoli 1S7S. p. 3) 1. p. 347. c. p. 92. V. Sinnesorgane. 1. Die Augen. Vergleichende Zusammenfassung der Capitelliden.") Die Sehorgane der C'apitelliden treten in jener einfachsten als i'ignienttiecke bezeich- neten Form auf. Jene Einfachheit ist allerdings nur eine scheinbare, indem das, was bei oberflächlicher Betrachtung einen gefärbten Fleck darstellt, sich bei genauerer Untersuchung als relativ comi)licirte Structur erweist. Die Augen liegen bei allen C!apitellideu im Kopflappen, innig mit dem Gehirne ver- bunden, und /war in den meisten Fällen an derjenigen Stelle, au der das nervöse C'entral- organ mit dem Ectoderme verschmilzt. Ihre höchste Ausbildung erfahren sie im Genus Notoiiuistiis, indem hier jederseits ein besonderes Ganglion vorhanden ist, welchem als sogenanntem Schlappen die zalilreichen Ocellen aufsitzen. Auch bei Dasyhranckiis sind zahlreiche Einzelaugen vorhanden ; aber sie werden nicht durch einen compacten, ausschliesslich ihrer Function dienenden Gehirnlappen, sondern durch die Basen der vielfach verzweigten Kopflappennerven innervirt. In Folge dessen tritt denn auch das Sehorgan hier weniger unter der Form eines Pigment-Streifes oder -Fleckes (wie bei Notomastus), als vielmehr unter derjenigen zerstreut stehender Pigmentp unkte auf. Mastohranchus ist zwar, ähnlich wie Notomastus, mit besonderen Sehlappen ausgerüstet, aber, entsprechend der bei ihm angebahnten Verschmelzung der einzelnen Gehirnabtheilungen, kommen auvh jene Lappen zu keiner so scharfen Abgrenzung, so dass ein grosser Theil der Ocellen in die Gehirnmasse, speciell in die vorderen Lappen derselben, zu liegen kommt. Heteromastus ist nvir im Jugendzustande durch eine Vielzahl von distal den beiden Gehirn- schenkeln eingepflanzten Ocellen ausgezeichnet; im Laufe des Wachsthumes bilden sich diese zurück und an ihre Stelle tritt Ein durch Grösse hervorragendes, der verschmolzenen Gehirn- masse seitlich aufsitzendes Paar. Cajntella endlich hat von Anfang an nur Ein solches an den äussersten Enden seiner rgleiclic : »Anatomisch-Histologischfr Thcil« p. 70 — 71. 17il — ISd. 218. 237 und 2ül V. Sianesorgane. 1. Die Augen. Vergleichende Zusammenfassung der Capitelliden. 495 Gehirnschenkel gelegenes Paar, welches bei jugendlichen Thicren in die Haut hineinragt, bei älteren dagegen etwas tiefer zu liegen kommt. Was nun die Structur dieser Augen betrifft, so ist zu bemerken, dass sowohl Elemente des Ectodermes, als solche dos Gehirnes am Aufbaue der Einzelorgane betheiligt sind. Bei Notomastus, dessen Sehorgane auch in histologischem Sinne die höchste Ausbildung erreichen, treffen wir zu äusserst die CUiticula stärker als an den angrenzenden Partien des Kopflappens hervorgewölbt. Die Ilypodermis ferner ist in der Augenregion dadurch ausgezeichnet, dass Plasma- oder Drüsenzellen durchaus fehlen, und dass die allein vorhandenen Eadenzellen (ähnlich wie bei den übrigen Sinnesorganen) palissadenartig regelmässig nebeneinander gereiht stehen. Auf der Grenzscheide zwischen Haut und Gehirn liegt sodann eine Schicht pantoffelförmiger Körper, deren vorderer, homogener, glasartig durchsichtiger Abschnitt zwischen den Fadenzellen, und deren hinterer, pigmenterfüllter Abschnitt zwischen den Ganglienzellen eingebettet liegt. Diese eigenthüniHchen, zur Sagittalebene etwa 45" ge- neigt stehenden, häufig an beiden Polen in Fäden auslaufenden Gebilde enthalten zuweilen degenerirte Kerne und geben sich so als Abkömmlinge von Zellen zu erkennen. Functionen genügen sie wahrscheinlich zugleich der Aufgabe von Innse und Choroidea, weshalb ich sie lichtbrechende Zellen nenne. Ob sie modificirte Haut-, oder aber modificirte Ganglienzellen darstellen, dürfte schwer zu entscheiden sein ; diese Frage ist aber insofern irrelevant, als ja die lichtbrechenden Zellen gerade da auftreten, wo Gehirn und Haut miteinander zur Verschmelzung gelangen. In den Einzelaugen scheinen mir nun die eben aufgeführten Elemente in folgender Weise mit einander verbunden zu sein: mehrere mit der Cuticula verschmolzene Fadenzellen umfassen mit ihren Ausläufern die lichtbrechenden Zellen, und letztere vermitteln die Verbindung mit den Körnern und Ganglien- \ ■r.'^ ■ üanghcnzeUc Zellen des Sehlappens conform nebenstehendem Schema. '^^A Von ganz ähnlicher, nur nicht so deutlich ausgeprägter Structur sind die W mehr zerstreut stehenden Ocellen von Dasyhranckus, ;\ Bei Mastohranchus sind die lichtbrechenden Zellen nicht pantoffel- sondern ^^^^^ ^^^ Demonai.i- kugelförmig; auch lassen dieselben, wegen ihrer grossentheils tieferen Einsenkung ariici.tbragerungsverhältnisse die Einheit aller dieser Gebilde in Frage zu stellen geeignet sind, geht aus der Thatsache hervor, dass auch innerhalb ein- und derselben Familie schon entsprechende ^'ariationen sich geltend machen können. Nicht nur haben wir gesehen, wie die bei den Gattungen Notomastus, Dasi/brancJms und Mastohmnchus umfangreichen, üppig innervirten, an der Basis des Kopflappens gelegenen Organe bei den Gattungen Heteromastus und Capitella als unansehnliche, von einem dünnen Nerven versorgte Täschchen nach der Mitte des Kopflappens vorrücken, sondern wir haben auch durch Spengel-) erfahren, dass, ganz dem Verhalten dieser Capitelliden entsprechend, in der Familie der Limibriconcreiden die Wimperorgane bei den meisten Gattungen wohlausgebildete, reti-actile, auf der Grenze zwischen Kopflappen und Mundsegment mündende Schläuche, bei dem schmarotzenden Genus Oligo- gnathts dagegen weit nach vorn gerückte, kaum mehr der Ausstülpung fähige Gruben darstellen. Von den Wimperorganen der meisten im Vorhergehenden aufgezählten Familien ist zwar lediglich das Vorkommen festgestellt, aber von denjenigen Einer Familie, nämlich der Euniciden, wissen wir doch, dank den Arbeiten von Ehlers und Spen(;el, genug, um auch hinsichtlich der Innervationsverhältnisse sowie der Structur in allen wesentlichen Punkten eine Uebereinstimmung mit den Wimperorganen der Capitelliden constatiren zu können. Spenüel') sprach im Hinblicke darauf, dass die der Wimperorgane entbehrende Arenkola am Schlundringe zwei Gehörorgane besitzt, die Vermuthung aus, dass letztere aus ursprüng- lichen Wimperorganen hervorgegangen sein möchten. Zur Unterstützung dieser seiner Auf- 1) Vergl. Vejdovsky 1. p. 23(i. c. p. 2) 1. p. 310. c. p. 31. 3) 1. p. 311). c. p. 34. t-iiA B. Vergleichend-Anatomischer (Morpliologiseher) Theil. fassun"' erinnerte er an das Factum, dass sich die bei Aricia acustka Langerhans vorhandene Kcihe der Gehörorgane nach hinten in eine Reihe von Wimpergrübchen (die Vorläufer der Gehörkapseln nach Lanüerhans) fortsetze. Ich kann mich dieser Vermuthung SrENciEL's nicht anscliliessen, da meiner Ansicht nach (wie aus den nachfolgenden Abschnitten ersichtlich) die Wimperorgane der Anneliden auch in anderen Thierclassen durch homologe Bildungen vertreten, die Gehörorgane dagegen, insbesondere diejenigen von Aricia acK.stica, als specielle Errungenschaften ihrer Träger zu be- trachten sind. c. Vergleich mit anderen Thierclassen. Wer die von mir gegebenen Abbildungen der Gehirne und Wimperorgane von Noto- iiKistiis oder Dasi/hnmchus und die gleichnamigen Organe*) von Nemertinen') auch nur einem tlüchtigen Vergleiche unterzieht, wird nicht umhin können zuzugeben, dass hier eine grosse Uebereinstimmung zum Ausdrucke kommt. In beiden Fällen haben wir es nämlich mit innen bewimperten Taschen zu thun, welche einerseits innig dem Gehirne anliegend, respective in sehr ausgiebiger Weise von ihm innervirt und andererseits mit der Aussenwelt communicirend erscheinen. Dass letztere Communication bei den Nemertinen mehr canalartig und mehr seitlich, als hämal erfolgt, dass ferner bei ihnen eine Ausstülpung der Organe, wie es scheint, unterbleibt, das sind Abweichungen, welchen in Anbetracht, dass auch im Kreise der Anne- liden nicht unbedeutende Differenzen der Lagerungsverhältnisse und Ausstülpbarkeit vorkommen, kein allzugrosses Gewicht beizulegen sein dürfte. Es hat denn auch nicht an Forschern gefehlt, welchen diese Uebereinstimmung ohne Weiteres einleuchtete und welche daher die Wimperorgane der Anneliden mit denjenigen der Nemertinen und Turbellarien zu vergleichen für gut fanden. Lange bevor man sich auf ein in befriedigender Weise durchforschtes Vergleichsmaterial stützen konnte, hob schon Claparede-) hervor, wie die Wimperorgane von Polyophthahnus an die »fosses vibratiles« der Nemertinen erinnerten. 1) Man vergleiche: Hubkecht, A. Untersuchungen über Nemertinen aus dem Golf von Neapel. Niederl. Arch. Z. 2. Bd. 1875. Taf. 9. Fig. 2. 2) 1. p. 5. c. p. 11. *) Voti den zahlreichen Namen, die den fraglichen Organen der Nemertinen je nach ihrer vermeintlichen Function oder je nach einseitiger Berücksichtigung ihrer Mündungen, oder aber ihrer Beziehungen zum Gehirne in den verschiedenen Sprachen beigelegt wurden, ist keiner weniger passend xind zugleich mehr zur Erzeugung von Missverständnissen geeignet, als der von Kefeestein eingeführte, in deutschen Schriften leider so verbreitete Ter- minus: Seitenorgane. Denn unter dem Namen Seitenorgane figurirt ja bereits eine ganz heterogene Kategorie von Sinnesapparaten, nämlich diejenige der sogenannten Seitonlinie. Ich kann die Uebertragung dieser Bezeichnung auf Nemertinenorgane, für welche sich bei Anneliden • Homologa finden, um so weniger unangefochten lassen, als ja gerade in dieser Monographie zugleich so viel von Sinneshügeln die Rede ist, welche meiner Ansicht nach den Seitenorganen der Vertebraten vergleichbar sind. Um also Verwechslungen mit letzteren zu vermeiden, nenne ich die fraglichen Organe der Nemertinen und Turbellarien, ebenso wie diejenigen der Anneliden, Wimperorgane. V. Die Sinnesorgane. 3. Uie Seitenorgane, a. Vergleichende Zvisammenfassung der Capitelliden. 501 Von neueren Forschern ist sodann in erster Linie Kennel') zu nennen. Ihm zufolge sind die Seitengrübchen von Ctenodrilus ebenso gewiss den complicirteren Kopf- oder Nacken- gruben (Wimperorganen) anderer Anneliden homolog, als die ebenso jirimitiven Kopf- und Wimpergrübchen der Rhabdocoelen und mancher Dendrocoelen denen der Nemertincn. Sodann Vejdovsky'^), indem er erklärt, dass die Wimpergruben von Aeolosoma als Sinnes- organe zu betrachten und offenbar den 'entsprechenden Bildungen der Turbellarien , Nemer- tinen und Polychaeten gleichzustellen seien. Zu Gunsten einer Vergleichbarkeit der Wimpergruben der Turbellarien mit den Wimi)or- organen der Nemertinen hat sich endlich auch Braun •*) ausgesprochen. Noch sei erwähnt, dass Saint-] jOup^) auf Grund seiner (mit den neueren anatomischen, ilun allem Anscheine nach unbekannt gebliebenen Arbeiten Mac Intosh's und Hubhecht's schwer vereinbaren) Wahrnehmungen an verschiedenen Nemertinen, die Wimperorgane letzterer morphologisch den Nephridien (insbesondere der Hirudineen) für vergleichbar hält. Diese ihre morphologische Natur soll, unserem Autor zufolge, die Wimperorgane befähigen, nahezu allen jenen so verschiedenen, ihnen im I^aufe der Zeit zugeschriebenen Functionen gerecht werden zu können. Ein Vergleich, der dahin führt, so ausserordentlich auseinandergehende Meinungen über die Function eines Organes auf morphologischem Boden zu versölmen, ist gewiss von hohem Interesse und so wurde denn auch der Fall ernstlich von mir erwogen. Aber weder habe ich in den betreffenden Organen, noch in des Verfassers Darstellung irgend Etwas zu entdecken vermocht, was die Voraussetzung jener Versöhnung, nämlich die nephridiale Natur der Wimperorgane, zu stützen geeignet wäre. 3. Die Seitenorgane, a. Vergleichende Zusammenfassung der Capitelliden '). ]\[it Ausnalime von CapiteUa haben alle Vertreter der Familie nahezu dem ganzen Körper entlang in jedem Segmente ein Paar rundlicher Hügel, deren freie Pole mit zahlreichen feinen, starren Haaren besetzt sind. Da sich aus ihrer Structur ergab, dass sie Sinnesorgane dar- stellen, so nannte ich dieselben Sinneshügel oder Seitenorgane, indem ich sie den gleichnamigen Bildungen höherer Thiergruppen für homolog erachtete. a) Man vergleiche; »Anatomisch-Histologischer Theil« p. 7G— 95. 180—181. 218— 21'J. 238 und 261—262. 1) 1. p. 466. c. p. 22. 2) 1. p. 236. c. p. (16. 3) Braun, M. Beiträge zur Kenntniss der Fauna Baltica. I. Lieber Dorpater Brunnenplanarien. Arch. f. Naturk. Liv-, Esth- und Kurlands. 9. Bd. 1881. (In Ermangelung der Originalabhandlung habe ich obige Angabe dem Jahresberichte der Zool. Station pro 1S82. 1. Abth. p. 215 entnommen.) 4) Saint-Loup, R. Sur les fossettcs cephaliques des Nomertes. Compt. Rend. Tome 102. 1886. p. 1576. gQ2 B- Vergleiuhend-AnutumischLT ^Morphologischer) Tlieil. Tm Vordcrleibe oder Thorax können die Hügel totiil in Hiiutfalten zurückgezogen werden, und in diesem Falle treten an Stelle der Hügel von Lippen begrenzte Spalten als Oefi'nungen der die retrahirten Organe umschliessenden Höhleu (Seitenorganhöhlen). Diese Spalten wurden früher irrthümlich für Poren zur Ausfuhr der (ieschlechtsproducte, oder aber für die Mündungen von Nephridien gehalten. Die Seitenorganhöhlen sind keine constanten Gebilde, indem sie lediglich durch dieContrac- tion des Thorax unter Mitwirkung einzelner transversaler Muskelfäden zu Stande kommen und sich bei Expansion dieses Körpertheiles auch wieder ausglätten. Da der Thorax hauptsächlich die Fort- bewegung im Sande vermittelt, so ist es begreiflich, dass die mit so zarten Sinneshaaren ausgerüsteten Hügel, in Ermangelung anderer Schutzvorrichtungen, der Retractilität theilhaftig geworden sind. Im Abdomen sind die Hügel nicht retractil ; anstatt dessen pÜegen sie, wo die Haken- taschen (Kiemen) kräftig entwickelt sind, im Winkel dieser Organe geschützt zu liegen und, wo solche Taschen nicht zu besonderer Ausbildung gelangen, tiefer in die Haut hineinzurücken. An den Sinneshügeln beider Körperabtheilungen kann ferner der freie mit den Sinneshaaren besetzte Fol, das sogenannte Haarfeld, durch einen besonderen Muskel eingestülpt Averdcn und darin liegt offenbar eine weitere Schutzvorriclitung für die so zarten, die Em- ])tindung vermittelnden Sinneshaare. In diesem Zustande erscheinen die Hügel wie von spalt- förmigen Oeffnungen durchsetzt, und als solche durchbohrte Körperfortsätze wurden denn auch unsere Organe am Abdomen von meinen Vorgängern missverstanden. Ihre höchste Ausbildung erreichen die Seitenorgane im Genus Notomas ftis; sodann folgen Dasyhianchus und Mastohranchus ; bei Heteromastus tritt die bemerkenswerthe Reduction ein, dass nur bis zur Abdomenmitte Hügel zur vollen Entwickelung gelangen, und Capitella endlich besitzt, wie schon erwähnt, keine Spur mehr derselben. Da das borstenlose Mundsegment der Seitenorgane entbehrt, so konnnen den mit J2 Tlioraxsegmenten ausgerüsteten Gattungen Notomastus, Mastohranchus und Heteromastus je 11, und dem ]4 solche Segmente zählenden Dasybrandms \\\ retractile Seitenorgani)aarc zu. Wo die abdominalen Sinneshügel, anstatt frei von der Haut abzustehen, mehr oder weniger in das Hypodermgewebe hineinrücken (und das coincidirt, wie gesagt, mit der Re- duction der Hakentaschen), also bei Notomastus fertilis, Dasi/branchus Gajolae, Mastohranchus und Heteromastus, da herrscht auch kein so auffallender Gegensatz zwischen retractilen tliora- calen und nicht retractilen abdominalen Seitenorganen. Die Lage dieser Organe ist vom Anfange bis zum Ende des Körpers eine relativ ganz constante. Wir treffen sie nämlich stets im Bereiche der hinteren Segmentgrenze auf derselben Ebene wie die Parapodien, und zwar so ziemlich in der Mitte zwischen den hämalen und neuralen Bündeln jederseits. Im Hinblicke auf die (^ueraxe lässt sich deren Position noch genauer präcisiren, indem es gerade die Grenzlinie der neuralen und hämalen Längsmuskulatur, also die Seitenlinie ist, in der sie eingepflanzt stehen. Da die (irenzlinie dieser Muskulatur am x\nf{inge des Abdomens hoch hämal heraufrückt, weiterhin wi(>der eine mittlere, derjenigen des Tlu)rax entsprc-chende Lage einnimmt und gegen das Abdomenende umgekehrt tief neural V. Sinnesorgane, 'i. Die Seitenorgane, a. Vergleichende Zusammenfassung der G'apitelliden. 503 herabsinkt, da demgemäss die Seitenlinie vom Körperanfange bis zum Körperende eine S-förmige Biegung beschreibt, so müssen selbstverständlich auch die in ihrem Bereiche gelegenen Seiten- organe diese relative I^agevcränderung mitmachen. Am schärfsten kommt die S-förmige Krümmung der Seitenlinie, und damit auch der Gegensatz der Seitenorgan-Position in den verschiedenen Körperregionen, bei Notomastus zum Ausdrucke; bei Dasyhranchiis' GY?,c\\e\nt dieser Gegensatz in Folge des geringeren Ansteigens der neuralen Längsmuskulatur am Abdomen- anfange schon etwas abgeschwächt; bei Mastohranchis ferner herrscht zwar in den vordersten Segmenten des Abdomens eine ganz Noto'tnastus-iOiwMche: Anordnung, aber in den hinteren sinkt die Seitenlinie nie so tief wie bei der typischen Gattung, und bei Heteromastus endlich hört dieser Gegensatz nahezu ganz auf, weil die neurale Muskulatur des Abdomens weder viel höher ansteigt, noch viel tiefer herabsinkt als diejenige des Thorax. Die Form der Hügel variirt weniger nach den Gattungen, als nach den Lagerungs- verhältnissen. So pÜegen die thoracalen Organe der Haut breit aufzusitzen und conisch oder knospenförmig auszulaufen ; die freistehenden abdominalen dagegen pflegen umgekehrt von der Basis zum freien Pole hin anschwellende Keulen elliptischen Ihnrisses darzustellen, und die mehr in die Haut hineingerückten abdominalen endlich demgemäss abgeflachter zu erscheinen. Die abdominalen, elliptischen Hügel sind constant derart angeordnet, dass ihre grossen Axen reclitwinklig auf der Längsaxe der Thiere stehen. Conform den langen Axen dieser Hügel erstrecken sich auch in mehreren Reihen die Sinneshaare oder, wie ich den betreffenden, vorwiegend die percipirenden Elemente enthaltenden Theil des Hügelpoles nannte, das Haarfeld. Schnitte parallel seiner langen Axe treffen daher die Elemente des Sinnes- organes flächenhaft, solche parallel der kurzen Axe dagegen treffen sie quer. An den gleichmässig rundlichen Hügeln des Tliorax ist natürlicli kein derartiger Gegen- satz zu constatiren; wie die Hügel selbst, so sind auch die Haarfelder (nebst den darunter gelegenen Sinneszellen) kreisförmig begrenzt. Diese Form der Hügel, welche als die normale bezeichnet werden kann, ist nun aber keine un\eränderliche. Sowohl bei den retractilen thoracalen, als auch bei den nicht retractilen abdominalen können, wie schon hervorgehoben wurde, vermöge der Wirkung besonderer Retractoren die freien Pole oder die Haarfelder eingestülpt werden, und in dem -Maasse als sich dieser Einstülpungsprozess vollzieht, verwandeln sich unsere Organe aus soliden, mit relativ langen Haaren besetzten Knospen oder Keulen in scheinbar von Spalten durchbohrte Kör])eranhänge. Hierzu kommt noch, und dies gilt allerdings nur für die freier stehenden Organe des Abdomens, dass sich sowohl von der Ring-, als auch von der l^ängsmuskulatur des Stammes einzelne Bündel in adäquater Richtung zu den Basen der Sinneshügel begeben, um in erster Linie, je nach der Wirkung des einen oder des anderen, dem Hügel eine Lage Ver- änderung conform der Längs- oder Queraxe mitzutheilen, in zweiter Linie aber auch die Formen dieses Hügels mehr oder weniger zu modificiren. Die abdominalen Hügel pflegen die thoracalen an Grösse durclischnittlich zu über- treffen; nur Heti'i-omastiis verhält sich in dieser Hinsicht abweichend, indem bei ihm umgekehrt 405 B- Vergleichend-Anatomlsclier (Morphologischer) Theil. die tlioraciilen Organe entwickelter erscheinen. Da aber bei letzterer Gattung Sinneshügel überhaupt nur bis gegen die Abdomenmitte hin zur Ausbildung gelangen, so erklärt sich das abweichende Verhalten als Folge einer zum allmählichen Eingehen ihrer abdominalen Seiten- organe führenden Rückbildung, einer Rückbildung, wie sie sich wahrscheinlich in ähnlicher Weise seiner Zeit auch an der heute des Seitenorgansystemes (wenigstens im erwachsenen /ustande) durchaus entbehrenden Cajjitella abgespielt hat. Innerhalb der thoracalen Reihe nehmen die Sinneshügel von vorn nach hinten ganz allmählich an Grösse zu; innerhalb der abdominalen nehmen sie umgekehrt in derselben Richtung ebenso allmählich an Grösse ab. Es messen beispielsweise die Diameter der rund- lichen thoracalen Nutomastus -Hügel vorn 60, hinten 80 ji-, und diejenigen der elliptischen abdominalen vorn 160, hinten 80 |ji, in welch' letzteren Maassen allein die grossen Axen be- rücksichtigt sind. Das Körpervolumen hat auf die Grösse der Hügel keinen Einfiuss. So maassen die ersten abdominalen Seitenorganc eines 50 C'entimeter langen Dasyhranclms caductts in ihren langen Axen 120 ^, also um 40 \i. weniger, als die entsprechend gelagerten eines jenem Riesen gegenüber zwerghaft erscheinenden Notomastus. li Hinsichtlich der Structur verhalten sich die Seitenorgane aller Gat- tungen im Wesentlichen ähnlich; ich gebe daher eine gedrängte Darstellung '" ihres Verhaltens bei Notomastus^ dessen Arten sich für ihr Studium am la günstigsten erwiesen. Die Sinneshaare, jene mit dem äusseren Medium in Contact stehenden Endigungen des percipirenden Apparates, welche schon im frischen, nicht näher untersuchten Hügel das Sinnesorgan verrathen, sind überaus zarte Ge- bilde. Ihre Zahl mag auf grösseren Hügeln mehrere Hundert betragen. Bei 'JZ t^'iner Länge von 40 — 60 \i erreichen sie an ihrer Basis kaum die Breite von ■/mcM ^ ^ gegen ihr freies Ende hin spitzen sie sich, jedoch wenig merklich, zu. 'fffa^r Als Träger dieser Haare und zugleich als äusserste Bedeckung des mvüM ganzen Hügels treffen wir zunächst die Cuticula, eine homogene, diaphane, M*3 continuirlich in die gleichnamige Körperbedeckung übergehende Membran, tiestvf/t/-/ •^ welche entsprechend dem Mangel der Drüsenzellen der Poren entbehrt. Im ' Nervinfibriiudsiiui Bereiche des Haarfeldes aber wird sie von zahlreichen feinen Spalten durch- ■ Sfitenonjanwrsorgen- ciaispumkenwasus getzt, durch wclche hindurch sich die Basen der Sinneshaare verfolgen lassen. im zusainmenhangos der Ausscrhalb dcs Haarfcldcs folgt auf die CJuticula eine Schicht ziemlich dio Soitenorgane consti- <-> tuirondon hiomento. njedrlgcr Hypodermzellcn. Im Bereiche des Haarfeldes dagegen herrscht eine hiervon sehr abweichende Anordnung. Wir treffen nämUch der Cuticula zunächst und den Sinneshaaren parallel mehrere Reihen regelmässig nebeneinander geordneter Stäbchen, deren Ciesammtheit auf Durchschnitten auffallend an das Bild einer Retina erinnern. Die Substanz dieser in den thoracalen Hügeln 3 — 4 und in den abdominalen 12 — 14 |j. langen Stäbchen ist, ähnlich derjenigen der Siinieshaare, blass und homogen: ihr (iuerschnitt ist prismatisch; V. Sinnesorgane. 3. Die Seitenorgane. a. Vergleichende Zusammenfassung der Capitelliden. 505 nur an dem der Hügelbasis zu gerichteten Ende laufen sie conisch aus. Durch die Cuticula- spalten hindurch treten die Sinneshaare mit den Stäbchen in Verbindung, und zwar derart, dass durchschnittlich zwei Haare auf ein Stäbchen zu stehen kommen. Auf die Stäbchen folgt, ebenfalls innerhalb der Grenzen des Haarfeldes, eine Schicht dunklerer, spindelförmiger Körper, welche in den abdominalen Hügeln eine Länge von 6 — 8, in den thoracalen dagegen eine solche von 13 — 20 \l und in beiden eine grösste Breite von 2 [JL erreichen. Die abdominalen Spindeln enden an beiden Polen fadenförmig; jeder distale Faden tritt mit einem Stäbchen und jeder proximale mit einer Fibrille des Retractors in Zusammenhang. Die thoracalen Spindeln laufen nur proximal in Fäden aus, distal hingegen pflegen sie sich breit abgestutzt mit den Stäbchen zu verbinden, so dass hier das Ganze (Stäbchen und Spindel) den benachbarten Fadenzellen überaus ähnlich erscheint. Die tiefste Stelle im Haarfelde nimmt die an Masse alle vorhergehenden übertreffende Schicht der Körner ein; rundliche oder plattgedrückte, kernartige Gebilde von 2 — 4 [x Durch- messer, deren Gesammtheit in Folge zahlreicher ihnen aufsitzender Excretbläschen im frischen Zustande ein gelbUches Ansehen darbietet. Diese Körner, an welchen sich meist 2 oder 3 Fortsätze erkennen lassen, von denen ein Theil zur gegenseitigen Verbindung dient, sind nicht wie die vorhergehenden Elemente auf den Kreis des Haarfeldes beschränkt, sondern ragen im Gegentheil, jene Elemente haubenförmig umfassend, bis zu der ausserhalb des ge- nannten Feldes liegenden Hügeldecke herauf. Aehnliche Gebilde werden überall da angetroffen, wo Innervationen erfolgen, also im Ganglienplexus der Haut, sowie des Darmes; besonders zahlreich finden sich aber Körner in den Ganglienknoten des C'entralnervensystemes, wo sie hauptsächlich die inneren ] jagen der zelligen Hauben bilden helfen. Wir können demnach die Körnerhaufen der Seitenorgane als Ganglien auffassen, und zwar als solche, welche der grossen peripherischen Zellen, sowie des Neurilemmas entbehren. Die Körner selbst sind sodann hier ebenso wie im Centralnervensysteme als multipolare, der Zellsubstanz verlustig gegangene Ganglienzellen, respective als multipolare Ganglienkerne zu betrachten. Schon an lebenden, comprimirten Thieren oder Portionen solcher können wir einen in der Leibeshöhle dorsoventral gerichteten Strang, den sogenannten Haarfeldretractor, bis in die Centra der (abdominalen) Hügel hinein verfolgen. Entsprechende Schnitte bestätigen dieses Verhalten und belehren uns ferner darüber, dass der betrefi'endc, pinselförmig in seine Fibrillen zerfallende Strang das Körperganglion central durchsetzt, um mit den oben erwähnten basalen Ausläufern der Spindeln in Verbindung zu treten, und zwar derart, dass je eine Fibrille des Stranges continuirlich in je eine Spindel übergeht. Meine erste Vermuthung war natürlich die, dass dieser Strang den das Sinnesorgan ver- sorgenden Nerven darstelle. Diese Vermuthung hat sich aber, wie sehr auch der Anschein dafür sprechen mochte, nicht bestätigt, indem die Elemente des betreffenden Stranges voll- ständig mit denjenigen gewisser Muskeln, nicht aber mit denjenigen irgend welcher Nerven übereinstimmten. Ueberdies stand allen Einrichtungen des Sinnesapparates entsprechend zu erwarten, dass der ihm etwa zustrebende Nerv nicht so wie der fragliche Strang das Ganglion Zool. Station z. Neapel, Fauna und Flora, Golf von Neapel. Capitelliden. 64 506 B- Vergleichend- Anatumischer (Morphologischei-) Theil. durchsetzen, und sich direct mit den Sinneszellen verbinden, sondern, dass er im Gegentheil sich in diesem Ganglion erst auflösen und von da aus die Innervation der percipirenden Elemente vermitteln werde. Vollends entschieden wurde die Frage in diesem Sinne durch den Nachweis der Herkunft, respective des basalen Ansatzes unseres Stranges. Derselbe gab sich nämlich als einer jener transversalen Muskeln, durch welche die Leibeshöhle mehr oder weniger vollständig in Uarm- und Nierenkammern abgetheilt wird, zu erkennen. Dieser Muskel nun ist es, durch dessen C!ontraction das Haarfeld eingestülpt werden kann, wogegen die Ausstülpung theils durch die Elasticität der Hügelwandungen, theils durch den Druck des Hämolymphstromes bewirkt wird. Das Eindringen dieses Haarfeldretractors, sowie auch dessen Functioniren ist dadurch ermöglicht, dass die (abdominalen) Hügel in der die neurale und hämale Längsmuskulatur voneinander scheidenden Spalte, also in der Seitenlinie ihre Lage haben. Hierzu kommt noch, dass im Bereiche der Seitenorgane auch die Ringmuskulatur nach allen Seiten hin ausweicht und dass endlich die Hügel an ihrer Basis ausgehöhlt sind. Wir haben gesehen, dass die thoracalen Hügel keine so directen Beziehungen zur Leibeshöhle aufweisen, indem erstens die am Vorderleibe so mächtige Ringmuskulatur nicht in ähnlicher Weise ringförmig im Bereiche der Seitenorgane ausweicht und zweitens die Seiten- linie bei weitem keine so breite Spalte darstellt. In den thoracalen Hügeln wird denn auch die Retraction jedes Haarfcldes nicht durch einen Ast der transversalen Muskulatur, sondern durch die distale Portion eines Pa- rapod-Protrusors bewerkstelligt, und zwar ist es ein Protrusor des hämalcn Parapodiums, der in jedem Segmente zugleich die Rolle des Haarfeldretractors übernimmt. Anstatt wie gewöhnlich in breiter Ausstrahlung die Stammesmuskulatur zu durchsetzen und mit normalen FadenzeUen der Hypodermis in Verbindung zu treten, verlaufen die Fibrillen dieses Protnisors in mehr geschlossener Anordnung zum Seitenorgane, um dort ebenso mit den basalen Aus- läufern der thoracalen Spindeln zu -v'erschmelzen, wie die Fibrillen des transversalen INIuskels mit denjenigen der abdominalen. Wenn sich die Parapod-Protrusoren contrahiren, so werden demnach gleichzeitig mit der Ausstreckung der Fussstummel die Haarfelder eingestülpt, so dass gleichsam reÜectorisch mit dem Functioniren der liocomotionsorgane die Einstülpung der Haarfelder erfolgt. Wir dürfen wohl in dieser Einrichtung eine nützliche Relation zum Schutze der zarten, spcciell am Thorax mehr exponirten Sinneshaare erblicken. In der Beschreibung des Centralnervensystemes wurde schon hervorgehoben, wie von den 3 — 4 jederseits aus den Ganglienknoten der Bauchkette entspringenden Spinalnerven die vorderen und hinteren Paare sich hauptsächlich in der Muskulatur ausbreiten, wie das mittlere Paar dagegen diese Muskulatur durchbricht, um zwischen ihr und der Haut, speciell innerhalb der Parapodkiemenhöhle, bis zum Bereiche der neuralen Hakentaschen oder Kiemen aufzu- steigen. Hier angelangt spaltet sich dieser Nerv in zwei Aeste, deren einer sich zur Kieme und deren anderer sich zum Seitenorgane begiebt. AVährend der frei in der I-eibesliöhle auf- steigende Haarfeldretractor den Hügel basal trifft, central durchbohrt und im Hügelcentrum V. Sinnesorgane. ;5. Die Seitenorgane, a. Vergleichende Zusammenfassung der Capitelliden. 507 fächerförmig in seine Fibrillen zerfällt, trifft und durchbohrt der der Parapodkiemenwand entlang verlaufende Seitenorgannerv den Hügel seitlich (und zwar an der äusseren, der Kieme zugewandten Seite), zerfällt auch ebenda in seine Fibrillen, um sodann durch letztere sich mit den am meisten peripher gelegenen Körnern des Hügelganglions successive in ver- schiedenen Ebenen in Verbindung zu setzen. Das auf diese Weise durch den Spinalnervenast mit dem Centralorgane in Zusammen- hang stehende Hügelganglion entsendet nun an seiner inneren, den Sinneszellen zugewandten Seite auch seinerseits wieder zahlreiche, überaus dichte, an das fibrilläre Bauchstranggewebe erinnernde Nervengeflechte, und Ausläufer dieses letzteren sind es, welche die Sinneszellen bald mehr im Bereiche der Stäbchen, bald mehr im Bereiche der Spindeln innerviren. Wie das Hügelganglion selbst, so umfasst auch das erwähnte aus ihm entspringende Nerven- geflecht haubenförmig die dem Haarfeld conform angeordneten Sinneszellen, und eine Folge dieser Anordnung ist, dass (in den abdominalen Hügeln) dieses Nervengeflecht in parallel dem Haarfelde geführten Schnitten kaum zum Vorschein kommt, wohl aber in rechtwinklig darauf geführten. Es stehen nach alledem die Stäbchen und Spindeln oder die Sinneszellen der Seitenorgane mit zwei ganz heterogenen Fasergebilden in Zusammenhang: nämlich basal mit Fibrillen eines Muskels*) und höher oben mit solchen eines Nervengeflechtes. Wie merkwürdig auch dieses Factum an sich bleiben mag, so kann doch zum besseren Verständnisse des speciell hier vorliegenden Falles daran erinnert Averden, dass *) Diese schon in meinem früher publicirten Auszuge (1. p. 76. c. p. 289 — 2'Jl und p. 29S — 299) be- schriebene Verbindung von Muskelfibrillen und Sinneszellen (Fadenzellen) WTirde von H aller (1. p. 551 [Rhipidoglossen] c.p. 59) in Zweifel gezogen. Obwohl ich meinerseits alle Mittel der Forschung aufgeboten, ja selbst schon die möglichen Einwürfe anticipirt hatte, um zu erweisen, dass der im Seitenorgane aufsteigende Strang wirklich ein Muskel sei, und obwohl Haller seinerseits die fragliche Anordnung nicht durch eigene Untersuchung kennen gelernt hatte, so glaubte er doch folgenden (genau mit des Autors Interpunctionszeichen wiedergegebenenj Satz drucken lassen zu müssen: »Mir scheint es sehr wahrscheinlich, dass der Muskel, dessen Fasern an die »Sinneszellen inseriren sollen (!), wohl der vermisste Nerv ist. Wäre es denn möglich, dass ein so subtiles Gebilde, wie diese Sinneszellen, noch auch als Insertionspunkt für grobe Muskelwirkung dienen sollte!« Nun, seitdem ist der (wie ich früher schon vermuthete) an einem ganz anderen Orte den Hügel durch- brechende Nerv von mir aufgefunden und damit auch dem »a priori-Einwande« Haller's jede Basis entzogen worden, so dass sich Letzterer fortan (sowie seiner Zeit ich) an den Gedanken wird gewöhnen müssen, dass es allerdings möglich ist, »dass so subtile Gebilde, wie diese Sinneszellen, auch noch als Insertionspunkte " für grobe Muskel- wirkung« dienen können. Vielleicht wird uns beiden die Vorstellung dieser Muskelwirkung etwas leichter, wenn wir sie nicht für gar so »grob« halten. Für Haller liegt ferner (wie ich bei dieser Gelegenheit nachholen möchte) in der Thatsache, dass ich aus den Seitenorganen der Capitelliden keine »Stützzellen« beschrieben habe, ein »histologisch so verschiedenes Verhalten«, dass er glaubt, eine spätere Untersuchung« werde auch bei diesen Thieren andere Verhältnisse aufdecken«. Auch be- züglich dieses Punktes hatte aber Haller mit seiner »a priori-Prophezeihung« wenig Glück; denn diejenigen beiden Forscher, welche Anneliden-Seitenorgane nach mir nicht etwa ex cathedra abgeurtheilt, sondern an der Hand ent- sprechender Methoden untersucht haben, nämlich E. Meyer und Lessona, konnten beide gleichzeitig und durchaus unabhängig von einander meine Darstellung in allen wesentlichen Punkten bestätigen. Aber ganz abgesehen davon möchte ich fragen, worin denn eigentlich die grosse morphologische Bedeutung der Deckzellen begründet liegen solle, da doch gerade diese Zellen, wie schon ihr Name sagt, das allerunwesentlichste Element der Sinneshügel ausmachen? 508 ß- Vergleichend- Anatomischer (Morphologischer) Theil. auch für die Hautfadenzellen schon eine derartige Doppelverbindung constatirt wurde, dass also an den nichts Anderes, als modificirte Hypodermelemente darstellenden Sinneszellen der Seitenorgane nur dasselbe local concentrirt und zu specifischen Leistungen gesteigert erscheint, was auch sonst in der Haut, allerdings diffus, und functionell weniger eingeengt, ange- troffen wurde. Schon durch rein topographische "N'erhältnisse geben sich die Seitenorgane als ecto- dermale Gebilde zu erkennen. Während, soweit als im Hügelumkreise das Ganglion reicht, unter der C'uticula gewöhnliche, nur etwas plattere Hypodermzellen liegen, finden sich im Bereiche des Haarfeldes unter derselben Cuticula keine anderen Elemente als die Sinneszellen: Beweis dafür, dass diese Sinneszellen als die entsprechenden, allerdings modificirten Haut- elemente zu betrachten sind. Für diese Auffassung spricht auch die Entwickelung der Seiten- organe am nachwachsenden Schwanzende. Sie stellen nämlich hier anfangs nur hügelige An- schwellungen desselben Materiales dar, aus welchem sich auch die umgebenden Hautpartien aufbauen; höchstens wäre das Yorwalten der Kerne gegenüber der Zellsubstanz als ein für die Anlagen der Seitenorgane bezeichnender Umstand hervorzuheben. AVas die Umwandlung von Hautfadenzellen in Seitenorgan-Sinneszellen betrifft, so fällt, besonders wenn man die weniger modificirten Elemente der thoracalen Hügel berücksichtigt, die Zurückführung der einen auf die anderen nicht schwer. Im Stäbchen haben wir den sonst bald mehr plasmatischen, bald mehr faserigen oder blätterigen Leib der Fadenzelle vor uns, und in der Spindel ihren geschwänzten Kern. Für die Sinneshaare habe ich an den gewöhnlichen Fadenzellen kein Aequivalent aufzufinden vermocht, womit aber durchaus noch nicht ausgemacht ist, dass einzelne, in weniger ausgebildete Sinneshaare aus- laufende Fadenzellen ganz und gar fehlen oder früher nicht vorhanden waren. Dagegen finden sich den das Ganglion zusammensetzenden Körnern durchaus ähnliche Gebilde auch sonst in der Haut zerstreut, und wie im Hügel die Innervation der Sinneszellen, so wird durch sie auch diejenige der Hautfadenzellen vermittelt, nur mit dem Unterschiede, dass sich zwischen die einzelnen Körner und den Spinalnerv in den gewöhnlichen Hautpartien noch ein fiächen- haft ausgebreiteter Ganglienzellenplexus einschiebt. Die Ganglien der Sijmeshügel sind denn auch nicht etwa durch Anhäufung von Elementen dieses letzteren zwischen Haut luid Musku- latur hinziehenden Plexus, sondern durch Anhäufung jener im Bereiche der Haut selbst gele- genen Körner zu Stande gekommen. Das Fehlen des Seitenorgansystemes bei Capitella. ist dem gesammten anatomischen Verhalten dieser Form gemäss als Folge regressiver Körperveränderungen zu^ betrachten. Vor Allem scheint die mit der Einbusse der Kiemen von der Haut übernommene Respirations- thätigkeit, respective die durch diese Thätigkeit verursachte bedeutende Verschmächtigung der Haut zu solcher Rückbildung den Anstoss gegeben zu haben. Diese Auffassung findet aucli darin eine Stütze, dass bei Heteroviasfits, dessen Körper sehr verschiedenartige, und zwar vor- wiegend regressive Modificationen des C'apitellidentypus aufweist, die Seitenorgane (wenigstens diejenigen des Abdomens' im Schwunde begriffen sind. V. Sinnesorgane. 3. Die Seitenorgane, b. Vergleich mit anderen Anneliden. 509 b. Vergleich mit anderen Anneliden. Wir haben gesehen, wie das bei einzelnen Capitelliden-Gattungen in so hoher Aus- bildung auftretende Seitenorgansystem bei anderen Gliedern derselben Familie entschiedene Anzeichen der Rückbildung aufweist, ja bei einer Gattung sogar vollständig eingegangen ist. Diese Erfahrung ist insofern belangreich, als sie uns darauf vorbereiten kann, auch bei den übrigen Anneliden das erwähnte Organsystem bald mangelhaft, bald gar nicht mehr ausgebildet zu finden. Dass aber dieses System auch in den übrigen Familien unserer 'Thier- classe, sei es nun in vollkommener, sei es in unvollkommener Weise vertreten ist oder war, daran mochte ich um so weniger zweifeln, als es ja schon a priori wenig einleuchtend erschien, dass die hinsichtlich ihrer Existenzbedingungen nichts weniger als zu so einseitigen Anfor- derungen geeignet erscheinenden C'apitelliden spontan einen so vollendeten Sinnesapparat erworben haben sollten. Und doch hatten meine ersten allerdings ganz cursorischen Prüfungen verschiedenster Ringelwürmer nahezu ein negatives Resultat zur Folge. Ich fand nämlich nur noch bei einer Familie, nämlich bei den weiterhin zur S]irache kommenden Glyceriden, etwas den Seiten- organen A'ergleich bares und — selbst dieser eine Fall Hess sich nicht ohne AVeiteres anreihen, weil er Modificationen darbot, die sich zwar späterhin, nach Anbahnung einer tieferen Er- kenntniss der hierhergehörigen Homologien, von unschätzbarem Werthe erwiesen, die aber damals, ohne gleichzeitige Kenntniss dieser später zu erörternden Beziehungen, dem beab- sichtigten Vergleiche eher hindernd im Wege stehen mussten. Unter solchen Umständen war es mir natürlich nicht wenig erfreulich, als der Nach- weis von Seitenorganen, Avenigstens für noch zwei weitere Polychaeten-Familien, von anderer Seite her erbracht wurde, und zwar zunächst für die Polyophthalmiden durch E. Mever'). »In allen borstentragenden Segmenten, mit streng metamerer Anordnung«, sagt dieser Autor, »besitzt Polyophthalmus ferner eine Reihe von Organen, die ihrer Function nach den Tastorganen wohl am nächsten stehen ; es sind dies Sinnesorgane, welche sowohl ihrem Baue, als ihrer Lage nach den von H. Eisig für die Capitelliden beschriebenen Seitenorganen entsprechen« etc. Sodann in AoUkommenem Einklänge mit dem vorigen, wenigstens was das "Wesentliche betrifft, auch durch Lessona-}. Es genüge auch hier nur den folgenden allgemein bestätigenden Satz hervorzuheben: »Oltre agli organi visivi, i Polioftalmi posseggono ancora altri organi di senso, e appunto della stessa natura, anzi pressoche identici a quelli che recentemente furono scoperti per la prima volta nella classe degli anellidi, nei Capitellidi, dall'EisiG, e da liii chiamati organi laterali.« Durch den Nachweis des gleichzeitigen A'orkommens von Seitenorganen und segmen- talen Augen bei Polyophthalmus, sowie in Anbetracht der durchaus von einander abweichenden Lagerungs- und Structurverhältnisse der beiden Organgruppen wird die von Balfour^) gehegte 1) 1. p. 310. c. p. 791. 2) 1. p. 438. c. p. 14. 3) 1. p. 34G. Vol. 2. c. p. 443. 510 B- Vergleichend-Anatomischer (^lorphologischer) Theil. Vermuthung, class die erwähnten Augen des FoJtfOphthahnus eine specielle Modifi- cation der mehr indifferenten Sinnesorgane Seitenorgane) der Capitelliden dar- stellten, hinfällig. Die andere Familie, an welcher der Nachweis von Seitenorganen — allerdings nur im Bereiche der ersten und letzten Körpersegmente — gelang, ist die der Amphicteniden Pectinaria). Durch ihren Entdecker, E. Meyer, werden diese Organe seiner Zeit ausführlich in einer dieser Familie gewidmeten Monographie beschrieben werden; hier genüge es das für uns wichtige Factum des Vorkommens im Einverständnisse mit genanntem Forscher zu constatiren. Bevor ich meine Befunde über das Seitenorgansystem der Capitelliden summarisch zur Mittheilung brachte'), hatte schon Semper-) einen Zellstrang der Naiden als Seiten- linie beschrieben und dem Seitenorgansysteme der Vertebraten verglichen. Von diesem auf der Grenze der neuralen und hämalen Muskulatur gelegenen Zell- strange erfolgt nach Semper in der Kopfzone die Einwucherung der Sinnesplatte, welche man daher als directe Verlängerung der »Seitenlinie« betrachten könne. Letztere bleibe bei allen Naiden in der ganzen Körperlänge bestehen und gehe vorn in den Schlundring über. Würden die Zellen dieser Seitenlinie sich, wie die des Schlundringes, in einen Nerven zum Theil umwandeln, so würde man bei den Naiden geradezu von einem Seitennerven sprechen können, welcher, zwischen dorsaler und ventraler Muskulatur liegend, dem Seitennerven der Fischseitenlinie vergleichbar wäre. Ausser einem Theile des Schlundringes und Gehirnes soll die seitliche Einwucherung aus der Seitenlinie möglicherweise auch Muskelfasern zu erzeugen im Stande sein. In der erwähnten Mittheilung'') habe ich mir es angelegen sein lassen diesen von Semper in's Auge gefassten Vergleich auf seine Stichhaltigkeit zu prüfen, und der Erfolg dieser Prüfung war, dass die dem Vergleiche zu Grunde gelegten Voraussetzungen schwer mit den Thatsachen in Einklang zu bringen wären. Es ist nicht meine Absicht, diese Auseinandersetzung hier in extenso zu reproduciren; es genüge hervorzuheben, dass ich in erster Linie die mangelhafte Prägnanz des Ausdruckes »Seitenlinie« betonte, mit welchem Namen allein die Grenzlinie neuraler und hämaler Mus- kulatur bezeichnet werden sollte, dass ich ferner darauf hinwies, wie das, was Semper Seiten- linie der Naiden nannte, auf keinen der scharf definirten Bestandtheile des Seitenorgansystemes, also weder auf die Sinneshügel, noch auf die Seitennerven, noch auf die Seitenorgankanäle sich beziehen liesse, und dass daher der fragliche Zellstrang der Naiden ein vorerst noch durchaus problematisches Gebilde darstellte. Dass diese meine Auffassung nicht unberechtigt war, ergab sich aus einer kurz darauf erfolgten Publication Ve.jdovskv's ^), aus der ich den unsere Frage betreffenden Passus im Nach- folgenden zum Abdrucke bringe: 1) 1. p. 76. c. 2) 1. p. .j3. c. p. 215. 224. 2H1. 304. 3) 1. p. 76. c. p. 320—326. 4) Vejdovskv, f. Vorläufige Mittheihingen über die fortgesetzten Oligochaetenstudien. Z. Anzeiger Jahrg. 1S79. p. 1S4. V. Sinnesorgane. 3. Die Seitenorgane, b. Vergleich mit anderen Anneliden. 511 »Uie von Sempek bei Naiden entdeckten »Seitenlinien » verfolgte ich in ihren Verzweigungen bei Chaetogaster, Nuis, Tubifex, Psamniüryctes, Limnodrihis und Lumhriculus. Bei den zur Untersuchung über- haupt ungünstigen Enchytraeiden konnte ich die »Seitenlinien« — oder besser Seitenstränge — lange nicht linden. Bei Anachaeta boJiemica kann man aber sowohl an lebenden, als auch noch genauer an gefärbten Präparaten die Verbreitung der Seitenstränge verfolgen. Dieselben nehmen ihren Ursprung im Endsegmente als ein- oder multipolare glänzende Zellen und ziehen zu beiden Seiten des Körpers in der Linie zwischen den Borstendrüsenreihen und dem Bauchstrange hin. Aus diesen Strängen entspringen die aus wenigen, mit langen Stielchen versehenen Zellen bestehenden Seitenzweige zu den Borstendrüsen. Dissepimenten und ' Segmentalorganen. Höchst reiche Verzweigung der Seitenstränge findet in den Genital- und Kopfsegmenten statt. Hier bilden die Nervenzellen namentlich an den Insertionsstellen der Bulbusmuskeln eigenthümliche gangliüse Anhäufungen und fungiren wahrscheinlich als motorische Nerven. Selbst die vom Gehirn aus- gehenden und sich an der Leibeswandung inserirenden Muskeln werden von den genannten Seitensträngen versorgt. Am Kopflappen sind die Zellen sehr verbreitet.« «Auch auf der Rückenseite der Magendarmpartien, die der Chloragogenzellen entbehren, namentlich in den Genitalsegmenten, findet man einen aus gleichen Zellen bestehenden Strang, der dem chloragogen- losen Darmendothel hart anliegt und hier und da seitliche Zweige entsendet. Die, die besprochenen Stränge zusammensetzenden Zellen gleichen vollständig jenen des Bauchstranges.« »Diesen Umständen nach muss man annehmen, dass die von Semper beobachteten »Seitenstränge« von Kais und Chaetogaster keine »problematischen Zellensträuge« darstellen (Eisig), sondern dass dieselben als echte Sympathici aufzufassen sind. — Die aus den Schlundcommissuren ausgehenden Nerveuäste dürfte man als N. vagus bezeichnen. Aber in noch viel entscheidenderer Weise wurde die Richtigkeit meiner Beurtheüung der SEMPEß'schen Seitenlinie durch eine spätere Publication Vejdovskys, nämlich durch dessen Monographie der Oligochaeten erwiesen ; denn in diesem Werke berichtet genannter Autor ') über die von ihm au verschiedenen Gattungen der Lumbriculiden entdeckten, vollständig mit denjenigen der Capitelliden übereinstimmenden Sinneshügel. Diese Hügel sind ebenfalls Träger von Sinneshaaren, liegen genau wie die der Polychaeten in der Grenzlinie der neuralen und hänialen Stammesmuskulatur (also in der Seitenlinie) und treten endlich eben- falls streng segmental in je einem Paare auf. Warum Vejdovsky diese Organe (anstatt Seiten- organe) becherförmige Organe nennt, ist mir unverständlich, ebenso, warum er die zwei bei den Oligochaeten wie bei den Capitelliden nebeneinander existirenden Organsysteme so bunt durcheinander wirft, worauf übrigens weiterhin '^"^ noch zurückzukommen sein wird. In dieser seiner Monographie beschreibt auch Vejdovsky -j ausführlich die Sejiper sehen Zellstränge (Seitenlinien). Er nennt sie »Ganglienzellstränge« und glaubt, dass sie als allge- meiner Charakter der Oligochaeten zu betrachten seien. Ausser den in der citirten Mit- theilung aufgezählten Organen sollen auch noch die Augen sowie die Tasthügel von S/acina durch diese Stränge innervirt werden, so dass, wenn Vejdoysky's Beobachtungen zutreffen, diese Ganglienzellstränge geradezu ein zweites Nervensystem darstellen. AYenn auch die SEMPER'schen Zellstränge nicht als Homologa des Seitenorgansystemes betrachtet werden können, so liegt doch in ihnen unzweifelhaft eine Bildung von hohem a] Vergl. p. 549 und 558. 1) 1. p. 236. c. p. 97. 2) 1. p. 236. c. p. 93. 512 T'' Vergleichend- Anatomischer Morpholof!:ischer) Theil. Interesse vor. Auf Grund des bis jetzt bekannt Gewordenen lässt sich zwar noch kein defi- nitives Urtheil über die Bedeutung der fraglichen Bildungen fällen, immerhin scheint mir aber die erste Idee Vejdovskvs, derzufolge sie als sympathisches Nervensystem aufzufassen seien, viel Wahrscheinlichkeit für sich zu haben. Allem Vorhergehenden zufolge wurden also Seitenorgane bis heute im Kreise der Anneliden erstens bei den Capitelliden, zweitens bei den Polyophthalmiden, drittens bei den Amphicteniden und viertens endlich bei den Oligochaeten in ganz übereinstimmender Weise als metamere, im Bereiche der Seitenlinie eingepflanzte Sinneshügel nachgewiesen. Würde die eben aufgezählte Reihe stark von einander divergirende Typen umfassen, so wäre man berechtigt, auf Grund ihrer eine weite Verbreitung des Seitenorgansystemes inner- halb der Annelidenclasse zu constatiren. Dem ist aber nicht so. Capitelliden und Polyoph- thalmiden sind unzweifelhaft nahe verwandte Familien, und aus dem systematischen Theile dieser Monographie wird sich ergeben, dass auch die Oligochaeten in den Capitelliden ihre nächsten Blutsverwandten haben. Es bleiben daher allein die so eigenthümlich organisirten Amphicteniden übrig, auf die wir als stark von allen vorhergehenden contrastirende Formen hinweisen können, und damit sind wir wiederum auf einen Fall reducirt, und zwar auf einen nicht vollauf beweiskräftigen, weil die Sinneshügel von Pectinaria nur am Kopf- und Schwanz- ende ausgebildet sind. Von Neuem stehen wir daher der Frage gegenüber, ob es wahrscheinlich, ob es denkbar sei, dass das bei einigen nahe mit einander verwandten Annelidengruppen in so hoher Voll- kommenheit auftretende Seitenorgansystem in der langen Reihe der übrigen Familien dieser Thierclasse keinerlei Homologa besitze, ob man sich vorstellen dürfe, dass entweder alle diese letzteren das genannte System verloren, oder aber, dass es allein erster e für sich erworben haben. Ich für meinen Theil konnte mich mit diesen letzteren Vorstellungsweisen niemals be- freunden und gab daher auch zu keiner Zeit die Hoffnung auf, dass bei den meisten Ringel- würmern sich noch Seitenorgane oder aber Homologa solcher nachweisen lassen werden. Und dieser Nachweis dürfte gelungen sein. Vor mehreren Jahren, als Ki,einexberg noch mit der Ausarbeitung seiner vor Kurzem publicirten entwickelungsgeschichtlichen Untersuchungen über Lopadorhynchus etc. beschäftigt war, sagte mir derselbe bei einer persönlichen Begegnung, dass ihm die von mir beschriebenen Seitenorgane den Girren der anderen Anneliden zu entsprechen schienen. Mir wollte damals die Sache nicht ohne Weiteres einleuchten und auch Kleinenberg fand, wie er mir später mittheilte, Schwierigkeiten in der anatomischen Begründung, so dass er davon Abstand nahm, die fragliche Homologie in seiner Schrift zur Erwähnung zu bringen. Als ich nun aber vor Kurzem eben diese Schrift studirte und daraus lernte, wie die bisher lediglich als Adnexe der Parapodien aufgefassten, hinsichtlich ihrer Form, Structur und Function so vielfach variirenden Cirren ganz imabhängig von den Parapodien angelegt werden, wie sie ferner nach dem Modus der Antennen sich entw4ckeln, und von Anfang an mit dem Bauch- strange in Zusammenhang stehen, also ursprünglich Sinnesorgane darstellen — da erinnerte V. Sinnesorgane. 3. Die Seitenorgane, b. Vergleich mit anderen Anneliden. 513 ich mich der KLEiNEXBERu'schen Idee, und je länger ich darüber nachdachte, um so mehr wurde ich für sie eingenommen. Wenn auch die Cirren der Anneliden in vielen Fällen sehr beträchtliche Moditicationen erlitten haben, wie beispielsweise bei den Aphroditeen und Phyllodociden, wo sie theilweise blattförmige Anhänge darstellen, oder bei Halla, wo sie als Kiemen fungiren, so wurden sie doch bisher typisch allgemein als Sinnesorgane aufgefasst. Da im Hinblicke auf die uns be- schäftigende Homologie diese Auffassung von der allergrössten Bedeutung ist, weil die Um- wandlung von Cirren in Seitenorgane sofort plausibel erscheint, wenn ersteren ursprünglich schon die Fähigkeit Sinnesempfindungen zu vermitteln innewohnte, so soll es zunächst meine Aufgabe sein die zwar allgemein angenommene, aber im Speciellen doch weniger bekannte sensitive Natur der Annelidencirren an ein paar prägnanten, der Litteratur entnommenen Fällen nachzuweisen. So hat Clap AREDE ') schon anfangs der sechziger Jahre gefunden, dass nahezu alle Anhänge des Kopfes, insbesondere aber die Cirren von Polynoe impar mit »Tastpapillen« be- setzt seien, und dass aus den an der Spitze dieser Papillen befindlichen Grübchen zarte, dünne, starre Haare hervorragen =>} . Ehlers-) fasste seine betreffenden Erfahrungen in dem Satze zusammen: »Sehen wir zunächst von Gesichts- und Gehörappaiaten ab, so haben wir evidente Nervenendigungen in den Riickencirren und Fühlern am Kopflappen, und zwar hat es hier den Anschein, als ob die nervöse Markschicht in diesen Organen frei zu Tage treten kann, oder mit einem Besatz feiner Härchen endet {Polynoe, Nereis, Glycera]^ Weitere instructive Fälle hat sodann Clapareue in seinen »Annelides Chetopodes« be- kannt gemacht. Zunächst beschreibt er^) die Rückeucirren von Hermione hystriv als mit einem centralen Nei-\en ausgerüstete und ähnlich wie bei Polynoe mit Tastpapillen besetzte Gebilde b). Ferner gedenkt er^) der Rückeucirren von Hermadion fragile, welche ebenfalls ihrer ganzen Länge nach von einem Nerven durchzogen werden, und zwar von einem Nerven, der zahlreiche Aeste in die mit starren Sinneshaaren ausgerüsteten Tastpapillen abgiebf^). Endlich werden auch noch mit ähnlichen nervösen Endapparaten ausgerüstete Anhänge verschiedener Nereiden und Syllideen beschrieben'). Es genügen zwar diese Fälle, um darzuthun, dass die Cirren unzweifelhaft zur Ver- mittelung von Sinnesempfindungen befähigt sind; aber den Sinneshügeln gegenüber macht sich doch als nicht unbeträchtlicher Unterschied geltend, dass die letzten freien Endigungen des percipirenden Nerven, anstatt radienförmig am freien Pole eines kurzen Stummels, in Inter- a) Taf. 37. Fig. 2S^' und 28''. b) Tat. 37. Fig. 29. c) Taf. 37. Fig. 30=^ und 3U''. 1) 1. p. 4. c. p. 60. 2) 1. p. 307. e. p. 33. 3) 1. p. S. c. p. 56. 4) 1. p. 8. c. p. 75. 5) 1. p. 8. c. p. 160 und 220. Zool. Station z. Neapel, Fanna und Flora, Golf von Neapel. Capitellidcn. 6; 514 B- Vergleichend- Anatomischer (Morpliologischerj Theil. Valien rings um einen langen Fortsatz nach aussen zu treten pflegen. Sollen die Hügel aus Cirren hervorgegangen sein, so muss man sich vorstellen, class in dem Maasse als bei letzteren die Verkürzung in der Richtung der Längsaxe vor sich ging, auch die Sinneshaare, respective die sogenannten Tastpapillen, immer mehr nach dem freien Pole hin concentrirt wurden. Eine derartige Vorstellung hat gewiss nichts Gezwungenes oder dem Verlaufe sonstiger organischer Adaptionen Widersprechendes ; immerhin würde sie einleuchtender erscheinen, wenn man in der Lage wäre, Reihen vorzuführen, die einzelne Etappen der fraglichen Umwandlung noch verkörpern, Reihen, die einerseits in einem unzweifelhaften Rückencirrus Avurzeln und andererseits in einem ebenso unzweifelhaften Seitenorgane auslaufen. Nun, eine Reihe, die den eben gestellten Anforderungen in ziemlich hohem Grade Genüge leistet, existirtin der That, und zwar innerhalb der schon ein- gangs hervorgehobenen Familie der Glyceriden. Bevor ich aber diese Verhältnisse zur Sprache bringe, muss ein wichtiger morphologischer Punkt hinsichtlich der C'irren klar gestellt werden. Die Capitelliden gehören zu den wenigen Annelidenfamilien, bei denen die Parapodien in jedem Segmente in zwei örtlich weit von einander getrennten Paaren, nämlich einem neuralen und hämalen, auftreten. Stellen die Seitenorgane umgewandelte Cirren dar, so müssen es, der Lage ersterer entsprechend, dorsale Cirren neuraler Para- podien sein, welche unter gleichzeitigem Abrücken (Höherrücken) von letzteren Parapodien diese Umwandlung erfahren haben. Alle anderen (früher vorhanden ge- wesenen) parapodialen Anhänge sind sodann als eingegangen zu betrachten. Auch für Polt/oph- thalmiis gilt diese Bedingung, da die Sinneshügel jederseits zwischen den beiden überaus nahe zusammengerückten, rudimentären Parapodien, also dorsal von den neuralen, ihre Lage haben. Die Glyceriden dagegen zeigen hinsichtlich ihrer Parapodien dasjenige Verhalten, welches für die Mehrzahl der Anneliden gut; es ist nämlich an jedem Segmente jederseits nur eine Fussstummelmasse vorhanden, welche indessen durch den Besitz zweier Aciculae und zweier Borstenbündel (ähnlich wie die vorhergenannten Aphroditeen, Nereiden und Syllideen) vielfach als das Verschmelzungsproduct der einst auch hier weiter von einander abstehend ge- wesenen neuralen und hämalen Parapodien betrachtet wird. Es würde mich zu weit von meinem gegenwärtigen Thema abführen, hier schon die Frage zu erörtern, ob alle Thatsachen mehr dafür sprechen, dass den Anneliden ursprünglich zwei Paare, oder aber nur Ein Paar von Parapodien zugekommen, respective, ob die zuletzt erwähnten (Andeutungen von Zweitheiligkeit aufweisenden) Fussstummel als Producte einer Verschmelzung, oder aber als solche einer unvollkommenen Theilung zu betrachten seien; erst in einem späteren Kapitel'-') kann hierauf eingegangen werden. Wie dem aber auch sein a) Vergl. diesen Theil, Kapitel Parapodien. V. Sinnesorgane. 3. Die Seitenorgane, b. Vergleich mit anderen Anneliden. 515 mag, diese Fussstummel der Glyceriden sowie auch diejenigen der meisten anderen soge- nannten uniremalen Familien verhajlten sich in Einem uns hier vor Allem interessirenden Punkte so, als ob sie nur Einem Parapodium jederseits entsprächen: es ist nämlich nur Ein Rücken- und auch nur Ein Bauchcirrus vorhanden. Durch Kleinenberg haben wir überdies erfahren, dass bei Lopadorhpickus (welche Form sich bezüglich der Parapodien den uniremalen Anneliden anschliesst) diese Cirren ganz unabhängig von den Parapodien angelegt und dass ihre so nahen Beziehungen zu letzteren erst nachträglich hergestellt werden, dass in Folge dessen auch bei einer etwaigen Verschmelzung von Parapodien das typische Cirrenpaar sich unschwer den veränderten liagerungsverhältnissen anpassen könnte. Auf Grund aller dieser Erwägungen müssen wir, da bei den Capitelliden nur an den neuralen Parapodien noch einer der Cirren muthmaasslich als Seitenorgan erhalten ist, die ganze Fussstummelmasse der Glyceriden etc. (einerlei ob nun bei letzteren das Verschmelzungs- product hämaler und neuraler, oder aber, ob umgekehrt bei den C^apitelliden das vollkommenere Theilungsproduct ursprünglich uniremaler Parapodien vorliegt) lediglich den neuralen Para- podien der Capitelliden gleichsetzen. Für diesen Fall müsste es aber auch der dorsale Rückencirrus der Glyceriden sein, welcher die angedeutete Umwandlung in ein Seitenorgan aufweist. Und dem ist, wie aus dem Nachfolgenden hervorgehen wird, in der That so. Betrachten wir nun das Verhalten dieses Cirrus an der Hand der von Ehlers und Claparede gelieferten Darstellungen. In Bezug auf Glycera capitata^) sagt Ehlers'): »Der Rückencirrus ist kurz knopfförmig vind steht fast um die Höhe des Ruders vou diesem ent- fernt am Seitenumfang des Segmentes auf dem hinteren Ringel.« Von Glycera^) tesselata^) : »Der Rückencirrus ist an den vorderen Rudern fast fadenförmig, beinahe dreimal länger als dick, weiterhin wurde er kürzer und eicheiförmig; am lebenden Thiere war sein abgerundetes Ende mit spärlichen kurzen starren Härchen besetzt. Er steht dicht über der Ruderbasis.« Von Glycera folliculosa^): »Der Rückencirrus ist an den vorderen Rudern ein Faden, welcher etwa zwei Mal so lang als dick ist, weiterhin ist er kürzer und endet knopfartig; er steht nahe über der Ruderbasis, tief am Seitenumfang e des hinteren Segmentringels.« Von Glycera unicornis'^) endlich^): »Der kleine Rückencirrus steht unmittelbar über der Ruderbasis ; er besteht aus einem Wurzelgliede, aus welchem, wie aus einer Scheide, das knopfförmige, mit Härchen besetzte Endglied hervorragt.« Sodann Claparede von seiner Glycera [Rhynchoholus) siphonostoma'"): a) Taf. 37. Fig. 31. b) Taf. 37. Fig. 32. c) Taf. 37. Fig. 33 1) 1. p. 307. c. p. 650. 2) 1. p. 307. c. p. 050. 3) 1. p. 307. c. p. 000. 4) 1. p. 307. c. p. 007. 5) 1. p. 8. c. p. 1S2. ^[R B. Vergleichend-Anatomischer (Morphologischer Theil. »Le cirre ventral, renfle ä la base, est soude ä la rame inferieure dans la plus grande partie de sa longueur. Sa pointe libre ne depasse pas l'extreniite du pied dans la region moyenne, mais l'excede nota- blement dans la region posterieure. Ce cirre est herisse ä sa base de petits cils roides et courts. Le cirre dorsal est orne ä son sommet de cils semblables mais plus longs.a Und von Glycera^) {Rhytichoholus) convoluta^): »Le cirre dorsal, en forme de mamelon cylindrique, porte un faisceau de cils« etc. In der Familie der Glyceriden ist also die Umwandlung des dorsalen Rücken- cirrus in ein Seitenorgan ganz dem theoretischen Postulate entsprechend noch heute durch verschiedene Stadien vor Augen geführt. Denn erstens treffen wir diesen Cirrus bei einzelnen Formen (wie Glycera tesselata ixnd foUiculosa) an den vorderen Rudern lang fadenförmig und erst weiterhin kürzer eichel- oder knopfförmig; zweitens kann dieser in solcher Umwandlung begriffene Cirrus (so bei Glycera capitata) weit vom zugehörigen Para- podium abrücken, und drittens endlich finden wir als eine der wichtigsten Transformationen an diesen knopfförmigen Cirren oder Hügeln die freien Nervenendigungen ganz ebenso auf den apicalen Pol zusammengerückt, wie bei den complet ausgebildeten Seiten organen. Die Glyceriden stimmen darin mit den Capitelliden überein, dass sie der Blutgefässe entbehren und dass in Folge dessen ihr hämoglobinhaltiges Blut mit der Lymphe gemischt frei in der Leibeshöhle circulirt. Ferner haben auch die Glyceriden retractile Hämolymph- kiemen und diese Kiemen stehen ganz ebenso angeordnet wie diejenigen der neuralen Para- podien der Capitelliden man vergleiche beispielsweise Fig. 37. Taf. 31 und Fig. 22. Taf. 14), nämlich dorsal vom Parapodium und ventral vom RückenciiTus, respective vom Seitenorgane. Mir scheint, in dieser completen Uebereinstimmung der beiderseitigen Lagerungsverhältnisse liegt ein weiteres sehr beweiskräftiges Indicium einmal für die Homologie des Glyceriden- Cirrus mit dem Capitelliden-Seitenorgane, und sodann für die Richtigkeit der Voraussetzung, dass die Ruder der ersteren Familie mit den neuralen Parapodien der Capitelliden zu ver- gleichen sind. Ich habe mir natürlich die Gelegenheit nicht entgehen lassen, die Glyceriden des Golfes von Neapel selbst auf die uns beschäftigenden ^'erhältnisse hin zu prüfen, und ge- funden, dass die Angaben von Ehlers und Claparede durchaus correct lauten. Die äusserlich am meisten interessirenden Gebilde, nämlich die Sinneshaare der Cirren oder Seitenorgane, stimmen hinsichtlich ihrer Beschaffenheit und Anordnung durchaus mit denjenigen der Capi- telliden üb^rein; sie sind nur viel kürzer, indem ihre I^änge 20 (x (gegenüber 40 — 60 der- jenigen der Capitelliden) beträgt. Zum Vergleiche der Hügelstructuren habe ich auch Schnitte (diu'ch Glycera siphonostoma und convolnta) angefertigt; die Uebergänge des Cirrusgewebes in dasjenige des complicirteren Sinneshügels darzustellen würde aber hier zu weit führen; überdies müsste einer solchen Darstellung das vergleichende Studium der Annelidencirren vorausgehen. Es genüge daher hervorzuheben, dass zwischen den vollkommen ausgebildeten Seitenorganen a) Taf. 37. Fig. 35. 1) 1. p. S. c. p. 187 V. Sinnesorgane. 3. Die Seitenorgane, b. Vergleich mit anderen Anneliden. 517 der Capitelliden und den noch mehr cirrusartigen Hügeln der Glyceriden ein ziemlich weiter Structur-Abstand herrscht, dass insbesondere letztere an ihrer Basis nicht ebensolche Ganglien aufweisen Avie erstere, indem der innervirende Nervenstrang direct in die betreffenden Hügel eindringt. Dagegen sind die Glyceriden mit sogenannten Verstärkungs- oder besser mit Parapodialganglien ausgerüstet und von diesen ventral-proximal in der Fussstummelhöhle ge- legenen Ganglien schien mir der die Girren oder Seitenorgane versorgende Nerv auszugehen. Nach Kleinenberg ') ist zwar (bei Loimdorhynchus) der Parapodialnerv sammt Ganglien aiafangs völlig von den beiden Cirrusnerven geschieden, aber später vereinigen sich alle drei Nerven wenigstens eine Strecke weit zu einem einzigen Stamme. Durch diese, wenn auch secundäre Vereinigung von Cirrus- und Parapodialuerven ist aber die Möglichkeit gegeben, dass das ursprünglich lediglich für die Extremität bestimmte Parapodialganglion allmählich in den Dienst des Rückencirrus gezogen werden kann. Man braucht sich nämlich nur vorzustellen, dass die Extremität oder das Parapodium rudimentär, der Cirrus hingegen einseitig zum Sinnes- organe ausgebildet wird. Diese Vorstellung trifft nun aber gerade bei den zwei Familien, in denen hoch entwickelte Seitenorgane vorhanden sind, nämlich bei den Capitelliden und Polyoph- thalmiden zu, indem ja die äusseren parajjodialen Anhänge nahezu ganz eingegangen und die Rückencirren zu jenen complicirten Sinnesapparaten gesteigert erscheinen. Da nun überdies sowohl die Capitelliden, als auch die Polyophthalmiden keine anderen im Bereiche der Extre- mitäten gelegenen Ganglien besitzen, als die an der Basis der Seitenorgane befindlichen, so scheint mir der Schluss nahe zu liegen, dass die Seitenorgan-Ganglien der Capitelliden und Polyophthalmiden als Homologa der Parapodialganglien zu betrachten seien. Wir- werden weiterhin sehen, wie die Anerkennung dieser Homologie Folgerungen von grosser Tragweite einschliesst. Die Zurückführung der Seitenorgane auf dorsale Cirren neuraler Parapodien ist, wie mir scheint, von nicht geringer Bedeutung; denn, wie schon einmal hervorgehoben wurde, durch Kleinenberg haben wir erfahren, dass diese Cirren zu den ältesten, ganz unabhängig von den Parapodien sich anlegenden, streng segmentalen Annelidenorganen gehören und dass sie sich ursprünglich schon wie exquisite Sinnesorgane verhalten. Angesichts dieser ihrer elemen- tareren, aber sich bereits in ähnlichen functionellen Bahnen bewegenden phylogenetischen Vorläufer erscheinen aber auch die so einseitig und hoch ausgebildeten Sinnesapparate des Seitenorgansystemes verständlicher und — was nicht weniger von Interesse: die metamere An- ordnung dieses Systemes hat mit seiner Zurückführung auf ursprüngliche, segmentale Anneliden- anhänge einen tieferen Sinn und nocli mehr Berechtigung zur Verwerthung in morphologischen Fragen erhalten. 1) 1. p. 303. c. p. 112. 518 B. Vergleichend- Anatomischer (Morphologischer) Theil. c. Vergleich mit anderen Thierclassen. Nachdem wir im vorigen Abschnitte auf Grund gewichtiger Thatsachen zu dem Schlüsse gelangt sind, dass die Seitenorgane der Anneliden als umgewandelte Rückencirren zu betrachten seien, muss hier vor Allem die Frage entschieden werden, was bei eventuellen Vergleichen mit anderen Thiergruppen den Ausgangspunkt zu bilden habe, ob die ursprünglichen Rücken- cirren mit ihren zahlreichen, diflfus angeordneten, noch wenig differenzirten Sinneszellen und SinnespapiUen, oder aber, ob die Derivate jener, nämlich die Sinneshügel mit ihren aggregirten Sinneszellen und specifischen Ganglien. Legen wir die ersteren Gebilde zu Grunde, so lässt sich zwar eine metamere An- ordnung, nicht aber die Besehränkung auf Ein Organ- Paar für jedes Segment als Kriterium festhalten; gehen wir hingegen von den letzteren aus, so bildet nicht nur die metamere An- ordnung, sondern auch die — wenigstens als ursprüngliche Anlage nachzuweisende — Zwei- zahl in jedem Segmente die nothwendige Vorbedingung jeder Vergleichbarkeit. Da von einem Seitenorgane erst dann die Rede sein kann, wenn es sich zum specifischen Sinneshügel schon consolidirt hat, so scheinen mir auch nothgedrungen lediglich diese Hügel das Vergleichsobject abgeben zu können. Dann aber bleiben von den zahlreichen mit den Capitellidenhügeln übereinstimmenden und theilweise auch ausdrücklich schon von einzelnen Forschern für homolog erklärten Sinnesapparaten anderer Thiergruppen thatsächUch nur die- jenigen weniger, ja, vorläufig wenigstens, sogar nur die einer einzigen als zum strengeren Vergleiche geeignet übrig. Ich zweifle durchaus nicht daran, dass sich früher oder später eine ganze Reihe anderer als ebenso gleichwerthig noch herausstellen wird ; gegenwärtig aber lässt sich von dieser Reihe — es handelt sich meist um solche Hügel, die zwar metamer, aber nicht in der Zweizahl auftreten und für die auch die ursprüngliche Zweizahl nicht nachgewiesen werden konnte — noch nicht mit Bestimmtheit sagen, ob wir Gebilde vor uns haben, die auf die ursprünglichen TastpapiUen, oder auf die becherförmigen Organe, oder endlich auf die Seitenorgane zurückzu- führen sind. In Anbetracht dessen habe ich mich entschlossen diese Reihe zweifelhafter Fälle gesondert, und zwar erst nachdem die becherförmigen Organe (als zweite, scharf definirte Sinneshügelkategorie) in's Auge gefasst worden sind, zur Sprache zu bringen. Diejenige Thiergruppe aber, welche meiner Ansicht nach heute allein den erwähnten Bedingungen Genüge leistet, ist ebendieselbe, von der ich den Xamen Seitenorgane für die Sinneshügel der Capitelliden seiner Zeit entlehnt habe, nämlich die der Vertebraten. Die hauptsächlichen Motive, welche für mich bei dem Vergleiche des CapitelHden- und Vertebraten-Seitenorgansystemes entscheidend waren, sind in einem vor bald zehn Jahren veröff"entlichten Auszuge ') dieser Monographie dai'gelegt worden. Auch heute noch stehe ich auf dem damals eingenommenen Standpunkte; wenig habe ich zurückzunehmen, Vieles dagegen 1) 1. p. 7t;. c. p. 310 — :i2(). V. Sinnesorgane. 3. Die Seitenorgane. c. Vergleich mit anderen Thierclassen. 519 hinzuzufügen. Und so halte ich es für das Beste, zunächst den betreffenden Abschnitt jener früheren Mittheihmg unverändert (das heisst abgesehen von unerlässlichen typographischen Modificationen) zum Abdrucke zu bringen, um sodann, gestützt darauf. Alles zu erwägen, was seitdem sowohl von anderer Seite, als auch von mir selbst, sei es für, sei es wider, an That- sachen oder Ansichten hinzugekommen ist. Meine frühere Darstellung lautete nun folgendermaassen: Die Seitenorgane der Capitelliden folgen einer streng metameren Anordnung; wie verhalten sich dem gegenüber die gleichnamigen Organe der Vertebraten ? Als ich mich mit dieser Frage zu beschäftigen begann, war ich der Meinung, dass die hierauf be- züglichen Verhältnisse bei den Fischen klar gestellt seien, musste dann aber erfahren, dass, abgesehen von einigen nebenbei gemachten Angaben von Stankius i) , in der mir zugänglichen Fachlitteratur sowohl , als auch in den Handbüchern die Beziehungen des Seitenorgansystemes zur Körpergliederung fast so gut wie unberücksichtigt geblieben waren*). In Anbetracht dessen war es mir in hohem Grade erwünscht, dass ge- rade zur Zeit, als ich vergebens nach Anhaltspunkten zur Beantwortung der aufgestellten Frage suchte, eine auf dieselbe vielfach Bezug nehmende Arbeit Malbranc's '^) zur Veröffentlichung gelangte. Malbranc kommt aber zu dem Resultate, dass dem ursprünglichen Plane gemäss bei den Amphibien die Vertheilung der Seiten- organe der Segmentation des Leibes angepasst zu sein scheine. Auch bei den Fischen ist seiner Ansicht nach an der principiellen Gliederung des Seitenorgansystemes nicht zu zweifeln, »weil die segmentalen Ab- theilungen, wenn auch ihre Grenzen durch die Vervielfältigungen im Endapparate verwischt seien, sich mindestens in dem leitenden Bestandtheile erhalten haben«. Zu Gunsten des letzteren Satzes beruft sich Malbe.anc hauptsächlich auf die oben citirte Angabe von Stannids, derzufolge bei Anguilla und bei den Haien die vom N. lateralis Vagi zu dem Seitenorgansysteme tretenden Zweige den intermuskularen Bän- dern entsprechend, also metamer, auftreten sollen. Eine endgültige Entscheidung der Frage nach der seg- mentalen Anlage des Seitenorgansystemes versprach sich Malbranc aus dem Studium von Embryonen, wozu er aber keine Gelegenheit hatte. In Bezug auf die Fische erfuhren wir nun durch eine kürzlich erschienene Publication Solger 's ^J, dass die freien Seitenorgane des erwachsenen Stichlings ( Gasterosteus pungitius) , im Einklänge mit Malbranc's Vermuthung, genau nach den Segmenten des Leibes vertheilt seien: »so zwar, dass entweder nur ein ein- ziges oder, mehr gegen den Kopf hin, je zwei Organe einem Metamer entsprechen**). Entwickelungsgeschichtlich ist das Seitenorgansystem unter Berücksichtigung seiner Beziehungen zu den Leibessegnienten — so weit ich sehen kann — nur von Balfour^), und zwar an Selachiern unter- sucht worden. Seiner Beschreibung nach wird jenes System in Form einer linearen, jederseits auf der Höhe der Chorda am Epiblast auftretenden Verdickung angelegt, welche sich allmählich zu einem Kanäle aushöhlt und in demselben Maasse, als dieser Process sich abspielt, von der Hautoberfläche nach innen rückt. Hierauf erst beginnt die Bildung segnientaler Oeffnungen: »In stage P. the first indication of segmental apertures to the exterior make their appearance. vide PI. XII. Fig. 4. The lateral line forms a canal situated completely below the skin, but at intervals (correspondiug with segments) sends upwards and outwards pro- longations towards the exterior«. Dieses Verhalten der Selachier spricht anscheinend nicht zu Gunsten eines ursprünglich segmen- talen Charakters der in Rede stehenden Organe. Dem gegenüber ist aber Folgendes zu berücksichtigen: 1) St.\?jnius, H. Das peripherische Nervensystem der Fische. Rostock 1849. p. 101. 2) M.vLBRASC, M. Von der Seitenlinie und ihren Sinnesorganen bei Amphibien. Zeit. Wiss. Z. 26. Bd. 1S76. p. 24. 31. 34. 35 und 38. 3) SoLGEE, B. Ueber die Seitenorgane der Fische. Leopoldina. 14. Heft 1878. p. 7 7. 4) Balfodk, T. A Monograph on the Development of Elasmobranch Fishes. London 1878. p. 141 — 144. *) Dieselbe Enttäuschung scheint auch Malbkanc [vergl. 1. p. .519. c. p. 47) erfahren zu haben. **) Ich selbst habe mir ebenfalls eine grössere Anzahl junger Seefische — allerdings nur flüchtig und ohne die Arten, denen sie zugehörten, bestimmt zu haben — auf die Vertheilung ihres Seitenorgansystemes angesehen und habe bei mehreren, am Rumpfe wenigstens, eine segmentale Vertheilung gefunden. Besonders deutlich scheinen mir axich die jetzt so leicht zu beschaffenden Macropodiis im Jugendzustande diese Vertheilung aufzuweisen. 520 B. Vergleichend-Anatomischer Morphologischer) Theil. Balfour scheint weniger die Entwickelung der Seitenorgane, das heisst der Sinneshügel, als vielmehr die Entwickelung der Seitenkanäle verfolgt zu haben; die Seitenkanäle aber, auf welche allein sich seine An- gaben beziehen lassen, sind, eine wie grosse Bedeutung sie auch allmählich erlangt haben mögen, doch, gegenüber den Sinneshügeln, als das Secundäre zu betrachten. Ein besseres Objeet zur Lösung unserer Frage von Seiten des embryologischen Standpunktes werden jedenfalls Teleostier und Amphibien abgeben, indem bei ihnen, genauer bei vielen von ihnen, in der Jugend der wesentliche Theil des Seitenorgansystenies , nämlich die Sinneshügel, frei stehen, und sich das — bei Selachiern offenbar schon im Embryo anlegende — Kanalsystem erst in den heranwachsenden Larven ausbildet. Leider ist eine solche embryologische Untersuchung auch heute noch blosses Desiderat. Darf nun nach diesen immerhin dürftigen Angaben die eingangs gestellte Frage als in bejahendem Sinne beantwortet betrachtet werden ? Ich glaube allerdings. Mir scheint wenigstens zufolge der Angaben von Stannius, Malbr.\^'c und Solger der ursprünglich allgemein segmentale Charakter des Seitenorgan- systenies nicht mehr bezweifelt werden zu können. Die Störung der Metamerie, welche sich hauptsächlich in einer Vermehrung der Seitenorgane in den einzelnen Segmenten bekundet (bei den Amphibien — und unter den Fischen bei den Schollen — sind drei Seitenlinien die Regel), muss als ein secundärer Vorgang betrachtet werden. Diese Betrachtung wird gewiss nicht gezwungen erscheinen , wenn man bedenkt , dass jNL4.lbranc's ') Entdeckung zufolge die Seitenorgane der Amphibien sich durch Theilung zu vermehren im Stande sind, dass also noch heute an diesen Thieren sich ein Process nachweisen lässt, der zur Ausbildung der Dysmetamerie Mittel und Wege dargeboten haben kann. Auch an Motiven, welche eine Vermehrung der Seitenorgane begünstigt haben mögen, fehlt es nicht: Vor Allem ist einleuchtend, dass angesichts aller der störenden Einflüsse, welche die wenig geschützte Haut dieser Thiere zu bedrohen vermögen, Individuen mit einer Mehrzahl von Seitenorganen, gegenüber solchen mit einer Minderzahl, allgemein im Vortheil sein werden; sodann liegt vielleicht in der specifischen Fimction ein Factor, der insbesondere die Vermehrung der Organreihen (Seitenlinien) begünstigt haben mag. ^NLvlkranc^) hat zuerst nachdrücklich auf die Gesetzmässigkeit hingewiesen, welche die Stellung der Seitenorgane be- herrscht. Querstellung des einzelnen Seitenorganes in der oberen und Längsstellung desselben in der mittleren und unteren Reihe ist Regel, tind da sich die Sinneszellen durchweg conform der grösseren Achse des Ovals aufgereiht zeigen, so erscheinen avich ihre Reihen in den bezüglichen Linien auf einander senkrecht gestellt. Malbranc deutet nun dieses Factum zu Gunsten der von F. E. Schulze über die Function der Seitenorgane aufgestellten Hypothese, der zufolge diese Organe dazu dienen sollen, Strömungen und gröbere Wellenbe- wegungen als Schallschwingungen innerhalb des Wassers zu percipiren. Er ist der Ansicht, »dass die un- gleichen Wirkungen auf zwei coordinirte, senkrecht gegen einander gestellte Organe combinirt ein deutlicheres Bild von der Richtung und Kraft, z. B. der afficirenden Wellenbewegung, zur Anschauung bringen«. Die Seitenorgane von Notomastus liegen auf der Höhe der die hämale und neurale Längsmuskulatur von einander scheidenden Furche (Seitenlinie). Im Abdomen ist dieses Lagerungsverhältniss überaus klar, indem hier ijei der geringen Entwickelung der Ringmuskulatur die Seitenorgane mit ihren Basen geradezu in diese Furchen hineinragen ; im Thorax ist dasselbe Verhältniss weniger auffällig, weil sich dort, zwischen Längsmuskulatur und Seitenorgane, eine mächtige Ringmuskulatur einschiebt. Wenn es nun gestattet ist dieser Furche oder Grenzlinie diejenige zu vergleichen, welche die hämale und neurale Masse des Seiten- muskels bei den Vertebraten von einander scheidet, so ergiebt sich auch in dieser Hinsicht eine bezeich- nende Parallele zwischen den Soitenorganen der Vertebraten und denjenigen der Capitelliden. Bei den Vertebraten scheinen nämlich überall, wo die Verhältnisse einigermaassen ursprünglich geblieben sind, sowohl die Seitennerven, als auch die Seitenorgane im Bereiche dieser Linie zu verlaufen. Stannius^), der diese Seite der Morphologie des Seitenorgansystenies bei den Vertebraten am genauesten verfolgt hat, kommt zu fol- gendem Schlüsse: »Bei den Fischen und bei den meisten nackten Reptilien, sowie bei den Larven der Ba- trachier, verläuft der eigentliche Stamm der Seitennerven — abgesehen von seinen, ausser bei den Fischen auch bei den Reptilien vorkommenden grösseren oberflächlichen Aesten — constant zwischen den beiden Massen des Seitenmuskels«. Zur selben Erfahrung haben auch die embryologischen Forschungen geführt. 1) 1. p. .r,19. c. p. 76. 2) 1. p. 519. c. p. 15. 3) 1. p. 519. c. p. 109. V. Sinnesorgane. 3. Die Seitenorgane, c. Vergleich mit anderen Thierclassen. 521 Göttk') hat uämlifh am Unkenenibryo für die Seitenorgane und Kalfouk-) am Selachierembryo für den Seitennerven das Hineinrücken der bezüglichen Anlagen zwischen die hämale und neurale Masse des Sei- tenmuskels aufs Unzweideutigste festgestellt. liis zu dem Erscheinen von Leydig's ■') bahnbrechenden Untersuchungen wurde — abgesehen von den Selachiern — das Seitenorgansystem der Vertebraten allgemein für einen Schleim absondernden Apparat gehalten; daher der ja noch heute vielfach gebrauchte Name »Schleimkanäle«. Durch Leydig's Entdeckung der innerhalb des Kanalsystemes gelegenen Nervenknöpfe {Sinneshügel) wurde zuerst der allein wesent- liche Theil des Systemes demonstrirt, und der Kanalapparat infolge dessen als secundärer Schutzapparat zu- gleich in sein richtiges Licht gesetzt. F. E. Schulze'') zeigte sodann, dass bei gewissen Fisch- und Amphiliien-Larven zunächst nur frei stehende Sinneshügel auftreten, deren empfindlichster Theil, das Haarfeld, durch eine hyaline Röhre ge- schützt wird, und dass das Kanalsystem erst nachträglich durch Entstehen einer Rinne und lippenartiges Aneinanderlegen ihrer Ränder um diese Hügel herum zur Ausbildung gelangt. Weiterhin fand derselbe Forscher 5), dass es bei Gohius minutus niemals zur F^ntwickelung von Kanälen kommt, dass vielmehr die Sinneshügel dieser Thiere zeitlebens frei stehend bleiben. Solger") hat sodann gefunden, dass nicht nur Gobiun, sondern auch der Stichling und der Hecht im erwachsenen Zustande die freistehenden Seitenorgane — wenigstens am Rumpfe — bewahren; derselbe Autor hat ferner die Ansicht vertreten, dass freie Seitenorgane wahrscheinlich allen Knochenfischen mit un- deutlicher oder nicht sichtbarer Seitenlinie eigen seien, sowie, dass dieselben allen Teleostiern, auch wenn sie später Seitenorgane in Kanälen besässen, in einem gewissen Stadium ihrer Entwickelung zukämen. Diesem Verhalten der Fische und Amphibien entspricht nun augenfällig dasjenige der Capitelliden : Notomastus hat am Abdomen frei stehende Hügel: sie sind vergleichbar den zeitlebens frei bleibenden Hü- geln von Gobiun, Gusterosteus und dem Hechte, oder den vorübergehend frei stehenden der Larven. Die bei den Vertebraten in diesem Falle vorhandenen hyalinen Röhren werden bei Notomastus durch die ge- schützte Lage der Organe im Winkel der Kiemen ersetzt. Am Thorax hat Notomastus in Höhlen mit verschliessbaren Lippen zurückziehbare Hügel; sie sind den in Höhlen oder Kanälen der Haut eingeschlossenen Seitenorganen der Vertebraten vergleichbar. Dass diese die Hügel beschützenden Hohlräume im einen Falle nur jeweils nach Bedürfniss zu Stande kommen, im anderen Falle dagegen fixirte liilduugen repräsentiren, wird wohl keinen Einwand gegen die Parallelisirung der beiderseitigen Anordnungen ausmachen können, um so weniger, als ja auch bei den Vertebraten die Ausbildung des Seitenkanalsystemes verschiedene Abstufungen zwischen blossen die Hügel umrahmenden Hautwällen {Petromyzon, Amphibien) *\ und mit Skeletvorrichtungen versehenen, complicirten Röhrensystemen (gewisse Teleostier) aufweist**). 1) GÖTTE, A. Die Entwickelungsgeschiohte der Unke. Leipzig 1875. p. 605. 2) 1. p. 519. c. p. 144. 3) Lkydig, f. Ueber Organe eines sechsten Sinnes etc. Nova Acta I-eop. C'ar. 34. Bd. ISGS. Vergl. besonders Abschnitt I. Historisches etc. 4) Schulze, F. E. Ueber die Nervenendigung in den sogenannten Schleimkanälen der Fische etc. Arch. Anat. Phys. Jahrg. 1861. p. 759. 5) -• Ueber die Sinnesorgane der Seitenlinie bei Fischen u. Amphibien. Arch. Mikr. Anat. 6. Bd. lS70.p. 64. 6) 1. p. 519. 0. p. 77. *) Die sogenannten Epithelgruben von Ammocoetes und Petnmiyzon. Höhlen, in deren Grunde die Sinnes- hügel stecken (vergl. Langerhans, P. Untersuchungen über Petromyzon Planen, Freiburg IS 73. p. S. Taf. 1. Fig. 5, 6), nähern sich von allen bei Vertebraten bekannt gewordenen, dem Seitenorgan -Kanalsysteme zugehörigen Bildungen am meisten den »Seitenorganhöhlen« der Capitelliden; man vergleiche die erwähnten Fig. 5 und 6 von Langerhans mit unseren schematisch gehaltenen Holzschnitten c. u. d. p. 92. Kaum weniger übereinstimmend mit unseren Thieren verhalten sich sodann die Amphibien, bei denen ja die Sinneshügel ebenfalls nur in einfachen Epidermishöhlen stecken, welch' letztere sich spaltförmig nach aussen öffnen. Man vergleiche unsere Fig. 12. Taf. 10 mit Malbranc's 1. p. 519. c. Tai'. 3. Fig. 35 oder mit Langer- hans, Ueber die Haut der Larve von Sahmiandra maculosa. Arch. Mikr. Anat. 9. Bd. 1873. Taf. 31. Fig. 7. ') Bezeichnend für das schwankende und accommodative Verhalten dieser Vorrichtungen ist die von Zoul. Station z. Neapel, Fauna und Flora, Golf von Neapel. Capitelliden. gß 522 B. Vergleichend-Anatomischer (Morphologischeri Theil. Hinsichtlich der Form der 8eitenoig;iiie herrscht zwischen Yertel.raten und C^apitelliden vollkom- mene Uebereinstinimiing; sowohl von Fischen, als von Amphibien werden die das eigentliche Sinnesorgan repräsentirenden Theile als solide, rundliche, sieh in nichts AVesentlichem von den i\'o)'r>??iffs^«s-Sinneshüg"eln unterscheidende Hügel oder Knosjjen beschrieben. Vollkommene Uebereinstimmung beiderseits herrscht auch in dem wichtigen Punkte, dass sowohl die Sinneshügel der Vertebraten, als diejenigen der Capitelliden rein epidermoidale Bildungen darstellen. Bezüglich der Vertebraten wird diese Auffassung der Hügel von allen Autoren, welche sich überhaupt mit der Histologie dieser Organe beschäftigt haben, ohne Ausnahme vertreten, und was die Capitelliden betrifft, so haben wir, insbesondere an den thoracalen Hügeln von Notomasfus gesehen, in welch' hohem Grade das Priidicat »epidermoidal« (oder hypodermal; l)erechtigt ist. Dies führt uns auf den Vergleich der Structur der i)eiderseitigen Hügel. Zunächst ist hervorzu- heben, dass man bei den einen, wie bei den anderen einen centralen, aus den eigentlichen nervösen Ele- menten sich aufbauenden Theil (Spindeln und Stäbchen: Capitelliden, Kirnzellen oder Nervenzellen: Verte- braten) von einer peripherischen, aus mehr oder weniger modificirten Epidermiselementen sich zusammen- setzenden, jedoch die Spitze des Hügels freilassenden Hülle iHypodermzellen: Capitelliden, Schalt- oder ])eck- zellen: Vertebraten unterscheiden kann. Durch dieses Verhältni.ss kommt der, sich auch äusserlich sofort in der von uns als »Haarfeld« unterschiedenen Hügelkuppe manifestirende Eindruck zu Stande, dass der Hügel mit einem Ueberzuge gewöhnlicher, oder wenig modificirter Epidermiszellen liekleidet sei, der nur am Pole, so weit sich das Haarfeld erstreckt, eine Unterbrechung erleidet. Hei Notomasfus hat sich ergeben, dass die den Körper und den basalen Theil des Hügels be- deckende Cuticiila, trotz des Mangels der Hypoderinzellen, auch über das Haarfeld hinweg ziehe; es fragt sich nun, wie sich — wo überhaupt eine Cuticula vorhanden ist — diese Haut bei den Vertebraten verhält, ob sie nämlich, wie bei den Capitelliden, ebenfalls allein über das Haarfeld wegzieht, oder nicht. M.A.LKK.\Kc ') sagt, dass es ihm bei Amphibien nie gelungen sei die Cuticula als eigene Deckschicht auf der Krone eines Organes nachzuweisen; er glaubt, dass die langen Zellen des Seitenorganes zwar eine schützende Deckschicht aussondern, dass aber diese nicht gerade der allgemeinen C'uticula der Epidermis äquivalent sei. L.\ngj-;iih.\ns 2) dagegen hält es für wahrscheinlich, dass über die Sinneshügel der Petromy- zonten die Körper-Cuticula hinwegziehe. Die auffallendste und bemerkenswertheste Structur- Aehnlichkeit zwischen den Sinneshügeln der Capitelliden und denjenigen der Vertebraten i)esteht nun aber darin, dass bei beiden die central gelegenen Nervenzellen (Spindeln und Stäbchen: Capitelliden, birnförmige Zellen: Vertebraten in feine, starre, frei in das umgebende Medium ragende Haare auslaufen*,. Zahl und Beschaffenheit dieser Haare wechselt schon innerhalb des \ertebratenkreises. F. E. S(riri-/K^) LANGi:KH.\NS 1. p. ."ril. jUnters. Fetnmii/zon c. p. 13 gemachte Angabe, dass — im Gegensatze zu den Teleostiern — bei der Larvenform des Neunauges die Seitenorgane geschützter lägen als beim ausgebildeten Thiere. L.\nger- HANS fasst diese Abweichung — wie mir scheint ganz richtig — als eine Anpassungserscheinung auf, indem Ammocoetes im Schlamme, Peiroim/zon dagegen frei schwimmend oder an festen Körpern angesaugt, lebt. 1) 1. p. 519. c. p. (i4. 2 1. p. 52 1 . (Unters. Petnmiyzon c. \i. 11. 'A] 1. p. 521. (Nervenendig. Schleimkanäle c. p. 7tJ,S. *) Zwischen Leydig und F. E. Schi'lze, also denjenigen zwei Forschern, welche sich wohl am ein- gehendsten mit dem Seitenorgansysteme beschäftigt haben, zieht sich nun schon seit länger als einem Decennium eine Differenz in der Auffassung der Sinneshügelstructur hin. welche bis auf den heutigen Tag zwischen ihnen noch nicht vollständig zum Ausgleiche gekommen ist. Nach F. K. Schulze stellen die frei stehenden Sinneshügel der Amphibienlarven, Gobius etc. solide Knospen dar, auf deren Kuppen zahlreiche, von einer hyalinen Schutzröhre umgebene Sinneshaare ausstrahlen; nach Leydig sind dieselben Hohlkörper, in deren Grunde sich eine Zellmasse befindet, an denen sich aber weder die von Sciu'lze beschriebenen Sinneshaare, noch die hyaline Köhre er- kennen Hessen. "Was die Krage nacli der Solidität der Hügel betrifft, so würden sich die beiden von einander abweichenden V. Sinnesorgane. 3. Die Seitenorgane, o. Vergleich mit anderen Thierclassen. 523 giebt zum Heispiel von der Fercu-hnTve HO — hu als auf einem Hügel stehend an, von Gobitis miuutus^) nur 20 — 40. Bei jungen T/-«Vow-Larven fand derselbe Forscher'^) 1 — (i Sinneshaare auf je einem Hügel und bei älteren Larven begegnete er Hügeln mit IS — 2o Haaren, woraus also hervorginge, dass bei den Amphibien die Zahl der Sinneshaare mit dem Alter zunimmt. Malkr.vno') ferner fand diese Haare bei den Larven aller Amphibien starr und derb, bei ausgewachsenen Proteus-, Siredon- und Triton-lnA\x\A\\en dagegen fand er eliendieselben zart: die erstere Eigenthümlichkeit ist mit dem Besitze, und die letztere mit dem Mangel einer hyalinen Umhüllungsröhre verbunden. Aber bei allen diesen Variationen stimmen die Siuneshaare der Teleostier- sowie der .\niphibien- Seitenorgane nach den gleichlautenden Angaben F. F,. Sem i./k's und Malkuanc's doch darin überein, dass sie ausnahmslos die Länge von 14 a aufweisen, ein Umstand, welchen Schiilze, gewiss mit Recht, als von grosser Bedeutung, im Hinblicke auf die Function der Seitenorgane, hervorhebt. Als bemerkenswertheste Punkte, in denen nun die Sinneshaare der Hügel beider Gruppen sich von einander unterscheiden, wären hervorzuheben: F.rstens, dass sie bei den Capitelliden nicht wie bei den Te- leostiern und Amphibien an ihrer Basis conisch verbreitert sind, um sodann drehrund in einem bis zum äussersten, querabgestutzten Ende völlig gleichen Durchmesser zu verlaufen, dass sie vielmehr bei den Capitelliden sich gleichmässig von der Basis bis zum Ende hin verschmälern und so eine mehr den soge- nannten Hörhaaren ähnliche Form darbieten. Zweitens, dass sie bei den C-apitelliden in einer erheblich grösseren Anzahl auftreten, und drittens endlich, dass sie bei ebendenselben eine viel bedeutendere Länge, als bei den Vertebr.aten erreichen, wobei aber zu bemerken ist, dass die Länge von 40 — 00 jx bei den ersteren ebenso constant für einen gegebenen Hügel sowohl, als für die verschiedenen Hügel eines und desselben Thieres, sowie auch für die Hügel verschiedener Thiere ist, als die Länge von 14 u für diejenigen der Vertebraten. Ich habe lieschrieben, wie die Kuppen der C'apitellidenhügel, soweit sie mit Sinueshaaren besetzt sind, also die Haarfelder, ein- und ausge.stülpt werden können; in der mir bekannten Litteratur habe ich nun keine Angaben aufzufinden vermocht, die eine ähnliche Retractilität des Haarfeldes bei den Seiten- organen der Vertebraten ausdrücklich constatirten; dagegen bin ich auf zahlreiche, die Form der Hügel- kuppen dieser Thiere betreffende Beschreibungen gestossen, aus welchen sich eine ähnliche Fähigkeit der Vertebraten-Hügel mit Wahrscheinlichkeit folgern lässt. Wir finden z. B. in F. E. Schulze's^) Beschreibung der Seitenorgane junger Barsche folgende Sätze: »so sieht mau an allen denjenigen Stellen, wo die sogenannten Schleimkanäle liegen, eigenthümliche, in der Mitte mit einer Concavität versehene, zellige Hügel und aus dieser Concavität eine Menge starrer, parallel stehender Haare in das umgebende Wasser hinausragen« etc. Bei Gobius minutus besitzt demselben Autor ^) zufolge der Sinneshügel eine anfangs ganz allmählich ansteigende, nach oben zu aber mehr bauchig vortretende Seiten- und eine quer abgestutzte Gipfelfläche. »Diese letztere setzt sich mit einer leicht concaven Randpartie gegen die Seitenfläche ab, während sie im Uebrigen eben oder selbst schwach convex erscheint«. An einer anderen Stelle") desselben Angaben versöhnen lassen, wenn sich unsere Vermuthung bestätigte, dass auch den Vertebraten die Fähigkeit zu- komme, die Haarfelder ihrer Sinneshügel ein- und ausstülpen zu können, und Leydiü eben diese Hügel mit retrahirtem Haarfelde als Hohlkörper angesehen, Schulze dagegen nur Hügel mit vorgewölbtem Haarfelde vor Augen gehabt hätte. Bezüglich der Sinneshaare aber kann, nachdem die ScHuxzE'schen Angaben übereinstimmend von Langer- hans, Malbranc und Solger bestätigt worden, wohl kein Zweifel mehr darüber herrschen, dass das Missverständniss oder der Irrthum auf Seiten Leydio's und nicht auf Seiten Schulze's zu suchen ist. In seiner neuesten, auf diese Fragen Bezug nehmenden Publication (1. p. 414. c. p. Iti9) beschreibt übrigens Leydk; selbst früher übersehene, den Sinneszellen der Hügel aufgesetzte Stift chen oder Stäbchen, welche wahrscheinlich mit den Sinneshaaren iden- tisch sein werden. 1) 1. p. 521. (Sinnesorgane Seitenlinie) c. p. 07. 2) 1. p. 521. (Sinnesorgane Seitenlinie) c. p. 78 und 79. 3) 1. p. 519. c. p. 73. 4) 1. p. 521. (Xervenendig. Schleimkanäle) c. p. 702. 5) 1. p. 521. (Sinnesorgane Seitenlinie) c. p. 04. 0) 1. p. 521. (Sinnesorgane Seitenlinie) c. p. 00. 524 ^- Vergleichend- Anatomischer (Morhpologischer) Theil. Aufsalzes sagt Scuilze: «GeAvöhulich sind die Haare einer Gruppe i^anz parallel und rechtwinklig zur Ober- fläche ihres Standortes gerichtet, doch sah ich sie zuweilen auch ein wenig nach aussen divergiren. In diesen letzteren Ausnahmefällen schien die Iliigelendfläche nicht vollständig elten, sondern leicht convex vorgewöllit zu sein.« In einer ebenfalls die Scitenorgaue von Gohrm behandelnden Arbeit giebt Winther') an, dass auf den Hügelspitzen die Hautbekleidung eine Oetthung zeige, welche in das Innere des Hügels führe, und diese Oeft'nung soll sich bald erweitert, bald zu einer länglichen Spalte ausgezogen darstellen können*. Endlich berichtete auch Solger-') vom Seitenorgane von Gobius, dass es von den Epidermiszelleu ))bi.s auf einen der Spitze der Knospe entsprechenden Spalt von spindelförmiger Gestalt vollständig umschlossen werde", und dass nach 24 stündiger Einwirkung von Osmiumsäure dieser Spalt häufig sternförmig erscheine. Auch von den Seitenorganen der Amphibien wurden formveränderliche Gruben oder Spalten be- schrieben: am nachdrücklichsten von LEYmo^). Er äussert sich hierüber folgendermaassen: «In der ganz frischen, vom lebenden Thiere abgeschnittenen Haut sind diese Zellen so gruppirt, dass der rundliche Hallen**), den sie im Ganzen erzeugen, oben eine helle Lücke lässt, die unter gleichen Umständen bald rundlich er- scheint, bald auch zu einer engen Querspalte verengt, wie wenn abermals auch diese Zellen ('ontractilität liesässen.« Alle diese von den eben citirteu Autoren gemachten Angaben Hessen sich nun ohne Weiteres er- klären, unter der Voraussetzung, dass auch an den Sinneshügeln der Vertebraten die Kuppen ein- und aus- stiiliibar seien; l)ei künftigen Untersuchiuigen wird auf diese Verhältnisse Rücksicht zu nehmen sein. Wenn sich aber unsere Vcrmuthung bestätigen sollte, so würde dadurch nicht nur eine weitere Uebereinstimmung zwischen den Seitenorganen der Vertebraten und denjenigen der Capitellideu ausgedrückt, sondern auch zugleich eine bereits (auf p. .522 Anmerkung) hervorgehobene Divergenz der Ansichten üljer den Hau der Yertebraten-Sinneshügel ausgeglichen werden. Es bliebe nun noch zu untersuchen übrig, in wiefern die Innervations-X'erhältnisse der ('apitelliden- Seitenorgane mit dem Seitenuervensysteme der Vertebraten verglichen werden können. Aber, ganz abge- sehen von der principiellen Vorfrage einer solchen Vergleichbarkeit, müssen wir schon aus dem Grunde vorläufig auf jeden derartigen Versuch verzichten, weil unsere Kenntnisse über die Art der Innervation der (!apitelliden-Sinneshügel, wie die bezüglichen vorhergehenden Abschnitte gezeigt haben, durchaus proble- matisch geblieben sind***). Wie aus der vorstehenden lleproduction hervorgeht, habe ich beim Vergleiche der C!apitelliden- und Vertebraten-Seitenorgane von Anfang an grosses Gewicht auf die beiderseits zu so scharfem Ausdrucke kommende metamere Anordnung der betreffenden Organe gelegt. Wenn aber das Factum dieser beiderseitigen Metamerie schon an und für sich als Criterium einen hohen Werth beanspruchen durfte, so Avurde jedenfalls dieser Werth, Avie schon an 1) WiNTHEK, ü. Üdvendige Smagspapiller hos Gnbius ingcr. Nat. Tidsskrift. !l. Bd. 1S74. p. IS5. 2) SoLGEK, B. Zweite Mittheilung über Seitenorgane der Knochenfische. Centralbl. Med. Wiss. Jahrg. 1S77. p. 2. 3) 1. p. 521. c. p. 51. *) WiNTHEB scheint bei der Abfassung seiner Arbeit nicht nur die dasselbe Object behandelnden, ein- gehenden Untersuchungen von F, K. (Sem l/.e, sondern auch die bereits ziemlich ausgedehnte übrige Litteratur über die Seitenorgane so gut wie nicht gekannt zu haben, sonst hätte er den Seitenorganen unmöglich — unter Ignorirung der ihnen von Leydig und Schilze beigelegten Function — dieselbe physiologische Bedeutung vindiciren können, welche allen mit dem Thema vertrauten Forschern, als längst den becherförmigen Organen zugeschrieben, bekannt ist. **) Mit »der rundliche Ballen« ist der Sinneshügel gemeint. ***) Dieser Schlusssatz ist dadurch, dass mir inzwischen (wie ja aus den betreffenden Kapiteln dieser Mono- graphie schon hervorgeht) die Eruirung der fraglichen Innervationsverhältnisse bei den Capitelliden geglückt ist, gegenstandslos geworden. Im Nachfolgenden werden denn auch die Beziehungen des Anneliden- und Vertebraten- Seitennervensystemes eingehend zur Sprache gebracht werden. V. Sinnesorgane. 3. Die Seitenorgane, c. Vergleich mit anderen Thierclassen. 525 anderer Stelle hervorgehoben wurde, dadurch noch bedeutend gesteigert, dass mit der Zurück- führung der Anneliden -Seitenorgane auf Annelidencirren besagte IMetamerie eine ursächliche Begründung erhielt, insofern nämlich, als die Rttckencirren nicht nur in je einem Paare in jedem Zoniten zur Anlage kommen, sondern auch diese ihre segmentale Natur bei allen aus- gebildeten Anneliden bewahren. Es soll daher meine erste Aufgabe sein, das in's Auge zu fassen, was seit meiner ersten Mittheilung über den Gegenstand für und wider die segmentale Natur der Seitenorgane vorgebracht worden ist. Wir haben gesehen, dass die bei den ^'ertebraten in so vielen Fällen constatirte Störung der segmentalen Anordnung (insofern anstatt eines Sinneshügels ihrer mehrere je auf einem Segmente angetroffen werden) in der Theilungsfähigkeit der Sinneshügel ihre Erklärung fand. Zur Zeit meiner ersten ^^eröffentlichung war einziger Gewährsmann für diese Angabe ihr Entdecker: Malbranc. In Anbetracht der grossen Bedeutung dieser Angabe, in Anbetracht, dass sie das als einen unter unseren Augen sich abspielenden Prozess hinstellt, was wir als nothwendig voraussetzen müssen, um an der ursprünglichen, strengen Metamerie überhaupt festhalten zu können, empfiehlt es sich vor Allem den Stand dieser Vorfrage zu prüfen, ins- besondere festzustellen, ob und welche weitere, zu Gunsten der MALBRANc'schen Entdeckung sprechende Beobachtungen gemacht worden sind. Emery ') sagt in seiner Monographie über Fierasfer: «L'origine dei gruppi segmentali e tiittavia in molti punti oscura. IIo potiito convmcenni che gli elementi di iin gruppo si moltiplicano per scissione; almeno io non saprei interpretare diversamente l'osser- vazione fatta piü volte di due bottoni incnmpletamente separat! o assai vicini fra loro, nei gruppi .segmentali ventrali di giovani Fierasfer.it Ferner Merkel-): «Doch möchte ich nicht versiluinen zu Ijemerken, dass l>ei verschierlen alten Individuen von A[i((/il cepliahis die Zahl der auf je einer Schuppe stehenden Hügel verschieden ist; und zwar habe ich bei jun- gen, etwa fingerlangen Exemplaren in jeder Schuppenkerbe nur einen einzigen finden können, während bei ausgewachsenen deren gewöhnlich drei zu zählen sind. Es scheint also hier eine ganz ähnliche Thei- lung der Organe vor sich zu gehen, wie es MAi.im.^Kf für die Hügel bei Amphibienlarven beschreibt.« Und weiterhin derselbe Autor''): »Indem ich Malbr.\nc;'s übrige Beobachtungen als in voller l'ebereinstimmung mit den meinigen ganz übergehe, möchte ich nur noch hervorheben, dass auch ich mich von der Anwesenheit eirrer hyalinen Röhre bei Larven überzeugt habe, sowie dass ich in Hezug auf den Modus der Vermehrung der Hügel durch Theilung ganz mit ihm übereinstimme.« Sodann Boüenstein ^; : JiKei einem anderen Exemplar (von Votttta yobio) theilt sich auf der linken Körperseite in der Re- gion der hinteren Rückenflosse der Hauptkanal in zwei Arme: beide Arme verlaufen eine Strecke gesondert nebeneinander und vereinigen sich dann wieder; auf jedem der getrennten Zweige finden sich zwei Aus- 1) Emekv, C. Le specie del üenere Fierasfer nel Golfo di Napoli. Leipzig IS&O. p. 41. 2) Merkel, F. Ueber die Endigungen der sensiblen Nerven in der Haut der Wirbelthiere. Rostock I SSO. p. 35. 3) 1. p. 525. c. p. 53. 4; BoDENSTEiN, E. Der Seitenkanal von Cottus gohio. Zeit. wiss. Z. 37. Bd. 1SS2. p. 124. 526 ^- Vergleichend- Anatomischer (Morphologischer) Theil. führungsgänge. Ks hat hier demnach eine Verdoppehmg der Nervenendorgane stattgefunden, indem auf ein Ligamentum intermusculare zwei f.ndhügel in dorsoventralen Abständen zu liegen kommen.« Endlich Beard'): ))I have found that the numljer of sense organs is increased in the emliryo (of Salmo) hy division of the primitive segmental ones.« Nur von einer Seite lier ist die Theiluni>sfähiu;keit der Seitenorgane, wenn auch nicht widerlegt, so doch in Zweifel gezogen w-orden, und zwar von Agassiz und Whitman"^). Sie erklären nämlicli: » The observations of Malkkam: and Hkaku, according to which more than one pair of these organs may occur in a single segment as the result of a division of a primary pair, we have not been able to con- iirm. We have seen cases in which there were apparently two of these organs in close proxiniity, neither of which was perfectly developed. In no case have we found two well developed side by side. The oc- currence of three lateral lines in some Flounders, and the occurrence of the same number, as a rule Mal- «RANc), in Amphibians, is not easily explained as a result of the division of one line, but is precisely what might be expected if the view above suggested is correct.« »'J'he view above suggested« besteht aber in der späterhin noch zu erörternden' Ansicht WHrr.AiAx's, dass nicht Wirbellose mit Einem Reihenpaare von Sinneshügeln (wie die Capi- tellideu;, sondern solche mit mehreren (wie die Hirudineen) als ursprünglicher Zustand des Seitenorgansystemes zu betrachten seien, und dass wir in Folge dessen, um das Auftreten mehrerer sogenannter Seitenlinien zu erklären, nicht erst nöthig hätten eine Vermehrung der Sinneshügel durch Theilung anzunehmen. Es ist ganz natürlich, dass in Folge dieser ihrer theoretischen Erwägungen die in Hede stehenden Autoren der Frage nach der Theilbarkeit der Seitenorgane nicht mehr ganz objectiv gegenüberstanden, (ileichwohl sagen sie in einem dem citirten fast unmittelbar nachfol- genden Passus: »Although we have seen no direet evidence of a multiplication by division among these organs, from the studies of M.\i,kkan( on Amphibia, such a mode of development is very probable.« Wie aber auch Ac;assiz und A\'hit.max dieser Frage gegenüberstehen mögen, durch die so bestimmten Malbranc bedingungslos bestätigenden Angaben aller der vorhergenannten Forscher scheint mir das Factum, dass sich die Seitenorgane der Vertebraten durch Theilung zu vermehren im Stande sind, ein für alle mal festgestellt. Nach solcher Erledigung der Vorfrage können wir nun zur Hauptfrage, nämlich zur Erörterung dessen, was seit 1878 für und wider die segmentale Natur der Vertebraten-Seiten- organe vorgebracht worden ist, übergehen. Zunächst begegnen wir einer dahin zielenden Aeusserung Leyuio's'). Sie lautet: »Hezüglich der Frage, ob die Seitenorgane der Knochenfische metamerisch am Rumpfe auftreten^ a) Vergl. p. 559. 1) Bearb, J. ün the Segmental Sense organs of the lateral line, and on the Morphology of the Vertebrate Auditory organ. Z. Anzeiger. Jahrg. 1884. p. 125 Anmerkung. 2) Agassiz, A., and Whitmajj, C. The Development of Osseous Fishes. I. The pelagic Stages of young Fishes. Mem. Mus. Harvard Coli. Vol. 14. 1885. p. ;?1. 3) 1. p. 418. c. p. 167. V. Sinnesorgane. 3. Die Seitenorgane, c. Vergleich mit anderen Thierclassen. 527 möchte ich noch die iiemerkung anschliessen, dass mir die rntersiichting von .Salmenbrut diese Ansicht zu bestätigen scheint. Winzige, noch unyigmentirte und mit grossem Dottersack ver.sehene Fischchen zeigen an der Seitenlinie etwa 3(i Sinneshügel; sie sind so vertheilt, dass je eines unmittelbar hinter einem Septum intermusculare zu stehen kommt, mithin immer ein Stück einem Wirbelabschnitte entspricht. Ks sind alle diese Sinneshügel noch freie Seitenorgane, bestehend aus Gruppen birnförmiger. nacli aussen zusammennei- gender Zellen« etc. Ganz allgemein bestätigend äusserte sich sodann Merkel', in den Worten: " »nie von Lkvdk; gestellte Frage, ob die Seitenorgane metamerisch auftreten, ist im Allgemeinen zu bejahen.« Ferner berichtete SoixiER-) in einer dem Seitenorgansysteme der Selachier gewidmeten Abhandlung: »Die soeben mitgetheilten Uuter.suchungen der Seitenorgane von Scyllium und Acanthias haben zu dem Ergebnisse geführt, dass am Rumpfe dieser Selachier stellenweise (ob durchaus, muss erst noch oon- statirt werden) eine ausgesprochene Metamerie dieser Sinnesorgane herrscht, und zwar in der Weise, dass auf jedes Körpersegment eine Endknospe, ein zugehöriges Nervenstämmchen und ein Querkanälchen trifft.« Und derselbe Autor') fasste seine an den Knochenfischen gewonnenen Erfahrungen dahin zusammen : »In weitaus den meisten Fällen lässt sich eine streng regelmässige Anordnung der Endapparate des Seitenorgansystems nachweisen, so dass man, ganz im Gegensatz zu der Vertheilung der becherförmigen Organe, dieses Merkmal geradezu als charakteristisch für die Seitenorgane bezeichnen muss. Diese Regel- mässigkeit spricht sich aus einmal in dem reihenweisen Auftreten der Organe ^Kopf von Gobnis, Rumpf von Exo.r u. s. w.) und ist nariientlich bei Amphibien und deren Larven gar nicht zu verkennen, sodann zwei- tens in der so häufig zu iieobachtenden, metameren Vertheilung längs der sog. Seitenlinie, die l)ei gleichem Abstände, gleicher Richtung und segmentalem ,\uftreten der Organe die denkbar vollkommenste Reihe darstellt.« Sodann Bodensteix^ vom ausgewachsenen und embryonalen Seitenorgansysteme von Cottii.s gohio: »Wie im ausgewachsenen Stadium ist auch hier nämlich im embryonalen die Anzahl der Nerven- endorgane den Ligamenta intermuscularia in gleicher Strecke gleich, und zwar steht in diesem Stadiiun je ein Fmdorgan in einer Hauteinziehung, welche im gehärteten Thiere durch ein Ligamentum hervorgebracht wird; dabei nehmen bereits die spindelförmig gestalteten Sinneshügel mit ihrer Längsausdehnung die Rich- tung des späteren Kanals ein. Eine solche segmentale Anordnung der Nervenendorgane wurde, wie schon «Twähnt, von mehreren Autoren bei Fischen konstatirt, welche sich noch im embryonalen Stadium befanden. « Ferner Hoffmann'') von Salmen- und Forellen-Embryonen: »Die so streng segmental auftretenden, in kegelförmige F^lemente umgebildeten Zellen der Grund- schicht stellen uns wohl unzweifelhaft die in der Anlage begriffenen Sinneshügel vor « etc. Endlich wurde die Metamerie der Seitenorgane, ausgehend vom embryologischen Studium des Forellenembryos, mit ganz besonderem Nachdrucke von Beard") betont. Ja, die Thatsache 1) 1. p. 525. c. Vorwort. 2) SoLGEK, B. Neue Untersuchungen i;ur Anatomie der Seitenorgane der Fische. II. Die Seitenorgane der Selachier. Arch. Mikr. Anat. 17. Bd. ISSO. [>. 472. 3) Neue Untersuchungen zur Anatomie der Seitenorgane der Fische. III. Die Seitenorgane der Knochenfische. Arch. Mikr. Anat. IS. Bd. ISSO. p. 3S!I. 4) 1. p. 525. c. p. 14U. 5) Hoffmann, U. Zur Ontogenie der Knochenfische. Arch. Mikr. Anat. 23. Bd. 1SS4. p. 93. 6) 1. p. 526. c. p. 125. 52S B- Vergleichend-Anatomischer Morphologischer) Theil. dieser Metamerie schien geuanntcin Autor von so einschneidender Bedeutung, dass er es, wie aus Nachfolgendem hervorgeht, für nothwendig hielt, den alten Namen »Seitenorgane« in den- jenigen von »segmentale Sinnesorgane« umzutaufen. Er sagt nämlich: »For the elucidatiou of these prohlems it must be noticed that developmeiitally the sense organs of the lateral line are segmental, — in every segment of the body one pair of these sense organs is de- veloped. No segment of the body, froni the lirst segment of Van Wijhe backwards, is an exception to this rule. Later more than one pair may be developed in some or all Segments, some may disappear, the arran- gement also, may become complicated, but in all cases in the embryo the organs are segmental. TIence we may call these organs the segmental sense organs.« Auf Grund aller dieser im Vorhergehenden mitgetheilten Feststellungen von Seiten so verschiedener Autoren dürfen wir wohl das, was in meiner ersten Mittheilung über den Gegen- stand nur als wahrscheinlich hingestellt werden konnte, jetzt als Thatsache hinstellen, nämlich, dass die Seitenorgane der Vertebraten ursprünglich streng segmental angelegt werden. Und mit Hilfe dieser Thatsache, sowie derjenigen der Thcilungsfähigkeit der Hügel lassen sich nun, meiner Ansicht nach, auch alle von der ursprünglichen Metamerie abweichenden Fälle als secundäre erklären. So kann es keinem Zweifel mehr unterliegen, dass, naclulem für einzelne Stellen des Rumpfes von Sct/Uii(ii> und Acanthias die streng segmentale Anordnung der Hügel durch Solger festgestellt worden ist, das Verhalten von Mtistehis (bei welchem Haie demselben Autor') zu- folge auf je ein Rumpfsegment drei Nervenstämmchen kommen) als das secundäre Verhalten betrachtet werden muss. So kann ferner, naclulem gerade bei MtK/il dxirch Merkei. die Vermehrung der Hügel nachgewiesen worden ist, Niemand mehr daran denken, das überraschende, ebenfalls durch Merkel-) festgestellte Factum, dass bei Mugil (und einigen anderen Teleostiern) fast jede Schuppe des Körpers mit Sinneshügeln besetzt ist, als einen primären Zustand zu deuten. Eine eigenthümliche Auffassung hat bezüglich der Metamerie der Seitenorgane Emery-') in seiner Monographie des Fierasfer geltend gemacht. Das Seitenorgansystem dieses aberranten Fisches weist im erwachsenen Zustande erheb- liche Modificationen auf, welche aber Emery, im Hinblicke auf die beobachtete Theilungs- fähigkeit der Hügel, ohne Weiteres als secundäre anerkennt. Auch V)etindet er sich darin im Einklänge mit seinen Vorgängern, dass zahlreiche Fisclüarven eine streng metamere An- ordnung der Seitenorgane erkennen lassen. Jedoch nur l^arven von 15 mm Länge an sollen sich in der Regel so verhalten ; bei gewissen Larven unter dieser Grösse hingegen (wie zum Beispiel bei denjenigen von Fierasfer und Labrax lupus) lasse die Anordnung dieser Organe keinen segmentalen ('harakter erkennen. Und daraus schliesst nun E.mery: »Se dobbiamo dunque argomentare dai fatti noti finora, e d'uopo ammettere che gli organi laterali 1) 1. p. 527. (Selachier) c. p 2) l..p. 525. c. p. 29. 3) 1. p. 525. c. p. 37—50. V. Sinnesorgane. Die Seitenorgane, c. Vergleicli mit anderen Thierclassen. 529 dei vertebrati Hanno in origine una distribuzione inegolare, la quäle, piü taidi diventa segmentale; piü tardi ancora il carattere segmentale puö obliteraisi, formandosi griippi segmentali che liniscono per confondersi in- sieme. In questi punti, gioverebbe ricevere nuovi lumi dall" embriologia. Pero il processo si spiega benissimo; quello che costituisee la segmentalitä, nel corpo dei vertebrati, sono le vertebre primitive, cioe una parte determinata dei mesoderma, con gli organi che ne derivano; altre parti di questo foglietto e degli altri foglietti embrionali sono influenzati meccanicamente dallo sviluppo dei derivati delle vertebre primitive, in ispecie dei muscoli segmentali: cosi la corda dorsale, lasse cerebro- spi- nale, la cute. Nei giovani embrioni e nelle larve di pesci poco s\'iluppate, como mostrano bene i tagli tras- versi, lo Strato ialino che sta sotto l'epidermide ha spessezza ragguardevole , rispetto allo strato muscolare. poco cresciuto ancora. Organi epidermici che si sviluppano in questo periodo avranno a risentire poco l'in- fiuenza dei segmenti vertebrati, mentre se, piü tardi, questi stessi organi si suddividano per moltiplicarsi, o pure se ne formino nuovi, quando le masse muscolari abbiano acquistato maggior potenza, la distriliuzione di questi organi dovrä risentire l'influenza dei miocommi e dei loro setti che si attaccano alla cute, dovrii quindi divenire segmentale. La distribuzione degli organi laterali sarebbe verosimilmente fin da principio segmen- tklc, qualora questi organi venissero ad accennarsi, per la prima volta, in un periodo meno precoce dello svi- luppo embrionale. « Man sollte nun vermuthen, dass die Vertheilung der Sinncshügel jener I.arven unter I 5 mm, welche Emery zur Begründung eines Gegensatzes von solcher Bedeutung veranlassten, diffus über den ganzen Körper vertheilt standen. Dem ist aber nicht so. Der Unterschied zwischen Larven unter 15 mm und solchen über 15 mm läuft allein darauf hinaus, dass erstere nur an einzelnen Körpersegmenten, letztere dagegen an allen Körpersegmenten mit Hügeln ausgerüstet sind. Ich kann daher den Gegensatz von »segmental« und »nicht seg- mental« in diesem Falle überhaupt nicht anerkennen, glaube vielmehr, das abweichende Ver- halten der betreffenden Stadien nur dahin interpretiren zu müssen, dass bei gewissen Fisch- larven die Ausbildung des Seitenorgansystemes lange Zeit für sich in Anspruch nimmt. Dass dieses Factum auffallend ist, dass es interessant sein wird, au der Hand der Entwickelungs- geschichte der bezüglichen Formen den Modus der ersten Anlage des so retardirten Systemes festzustellen, will ich ohne Weiteres zugeben, in der festen Ueberzeugung jedoch, dass hier eine Modification, nicht aber ein Gegensatz des typischen Verhaltens vorliegt. So haben es auch Agassiz und Whitman'), welchen ebenfalls derart relativ weit fortgeschrittene Larven mit wenigen, nicht streng metamer angeordneten Hügeln begegnet sind, aufgefasst. Dass übrigens Emery selbst durch seine an jenen Fischlarven unter 1 5 mm gemachten Beobachtungen noch nicht so ganz von der ursprünglich dysmetameren Anordnung des Seiten- organsystemes überzeugt wurde, geht aus diesen seinen Worten hervor: jiPotrebb' essere intanto che, nei pesci primitivi, gli organi laterali fossero distribuiti secondo i seg- menti; perö, ad asserire ciö, bisognerebbe avere in appoggio dati di fatto, che finora mancano, tratti a pre- ferenza dalla ontogenia dei Fisostomi addominali o meglio ancora dei Ganoidi e degli Elasmobranchi. Con ciö non e quindi esclusa la possibilitä della omologia degli organi laterali dei vertebrati con quelli descritti da Eisig nei Capitellidi. Per me, ritengo questa omologia soltanto possibile, ma tutt' altro che dimostrata. L'affinitä dei vertebrati con gli anellidi deve essere cercata molto piii indietro e, se esiste realmente, in forme animali in cui la metameria era appena accennata. « Diese ontogenetischen Nachweise sind aber inzwischen wie aus dem Vorhergehenden zu ersehen war) erbracht worden. Alle diejenigen, welche sich embryologisch mit unserem 1) 1. p. 526. c. p. 30. Zool. Station z. Neapel. Fauna unii Flora, Golf von Neapel. Capitelliden. 67 530 K- Vergleichend-Anatomischer (Morphologischer) Theil. Thema beschäftigt haben, constatii"en die ursprünglich streng metamere Anlage der Seiten- organe, und weil damit die nothwendige Voraussetzung Emery's (nämlich die von Anfang an dysmetamere oder diffuse Anlage der Hügel hinfällig wird, so glaube ich auch auf das, was seiner Ansicht nach aus solcher vermeintlicher Anlage heraus die Metamerie erst hervor- gebracht haben soll (nämlich auf die Urwirbel oder das Mesoderm , niclit eingehen zu müssen. Dies ist mir aus dem Grunde erfreulich, weil ich sowohl hinsichtlich der Bedeutung der Segmen- tirung und ihrer Beziehungen zum Mesoderm, als auch bezüglich der Frage nach der Ab- stammung der Wirbelthiere einen principiell sehr abweichenden Standpunkt einnehme und daher im anderen Falle eine ziemlich lange Discussion hätte Platz greifen müssen. Auch Ransom und Thompson'" versuchen die metamere Anordnung des Seitenorgan- systemes der Yertebraten als eine secundär zu Stande gekommene Einrichtung begreiflich zu machen, indem sie dabei von der Thatsache ausgehen, dass Petromi/zon zwar einen wohl aus- gebildeten Seitennerven, aber keine segmental angeordnete Sinneshügel besitze. Die unregel- mässig vertheilten Hügel von Petromyzon sollen nun — ■ doch lassen wir die Autoren selbst reden: »The scattered hair-cells of Amphioxu.s are irregularly grouped in Peiromyzon, and it is only in higher Chordata that a definite segraental arrangement obtains and a corresponding relation to the spinal ganglia. The close relation of ganglion to sense-organ, which is asserted in some developmental histories, is probably therefore secondary. And if we remember how in Selachii the lateralis nerve, still lying deeply seated and close to the spinal nerve-roots, sends long branches throiigh the interniuscular septa to the sense-organs of the skin, we perhaps get an idea of a condition contributing to the segmental arrangement of the latter.« Hiergegen ist vor Allem einzuwenden, dass, nachdem die ursprünglich metamere An- ordnung des Seitenorgansystemes sowohl embryologisch, als auch vergleichend-anatomisch in einer nicht unbeträchtlichen Reihe von Fällen festgestellt und überdies die nachträgliche Störung der Metamerie, durch die Fähigkeit der Sinneshügel sich zu theilen, genügend erklärt werden konnte, es nicht mehr angeht, die Metamerie so schlechtweg als nicht vorhanden zu be- trachten. Es hätte zum Mindesten die EntAvickelung dieser Hügel verfolgt werden müssen, bevor dem fertigen Zustande eine derartige Interpretirung zu Theil wurde. Ferner ist es (ohne gründliche Nichtbeachtimg alles dessen, was über die verschiedenartigen Hautsinnes- organe von Wirbellosen und AMrbelthieren vorgebracht worden ist) nicht möglich die Seiten- organe der Fische so ohne Weiteres aus den Sinneszellen des Amphioxus herzuleiten. Und somit fehlt auch hier der Voraussetzung zu so weitgehenden Folgerimgen die unerlässliche Begründung. Wenn endlich die citirten Autoren (ähnlich wie Emery in den Urwirbeln oder im Mesodenn) in der segmentalen Anordnimg der versorgenden Nerven das primäre, ursäch- liche Moment für die Metamerie des Seitenorgansystemes erkennen zu müssen glauben, so weicht auch dies so weit von meinem in dieser Frage eingenommenen Standpunkte ab, dass eine Discussion besser unterbleibt. Ueberdies wird ja im Nachfolgenden der liCser auch diesen meinen Standpunkt kennen lernen und so selbst in der Lage sein, ihn mit den anderen zu vergleichen. 1) Ransom, W. and Thompson, D'Arov. On the Spinal and Visceral Nerves of C'yclostomata. Z. Anzeiger. .Jahrg. 1886. p. 421—426. V. Sinnesorgane. 3. Die Seitenorgane, c. Vergleich mit anderen Thierclassen. 531 Ich gehe nun zur Frage nach der Vergleichbarkeit der beiderseitigen Innervations- verhältnisse über, zu einer Frage also, welche in meiner ersten ^Slittheilung, wegen Mangels zureichender Beobachtungen, dahingestellt bleiben musste. Wenn sich, bei alleiniger Berücksichtigung des Ursprünglichen und Wesentlichen hinsichtlich der Lagerungsverhältnisse, der Structur sowie der Genese, die zwischen dem Seiten- organsysteme der Anneliden und demjenigen der Vertebraten herrschende ITebereinstimmung in unverkennbarer Weise offenbarte, so lässt sich in Bezug auf die beiderseitigen Innervations- verhältnisse nichts weniger, als eine ähnlich einleuchtende Relation behaupten. Bei den Anneliden (Capitelliden) werden die Seitenorgane von Segment zu Segment je durch einen Ast eines segmentalen Nerven des Bauchstranges, also durch einen Spinal- nervenast innervirt. Bei den Vertebraten dagegen erhalten nur die theilweise vergänglichen Seitenorgane des Kopfes, respective des vordersten Rumpfabschnittes eine ähnlich segmentale Versorgung, wogegen weiterhin die zu den einzelnen Sinneshügeln verlaufenden Nerven, selbst für den Fall, dass sie streng metamer aufeinanderfolgen, nicht aus Spinalnerven, sondern aus einem einheitlichen, vom hinteren Gehirnabschnitte abgehenden, längs des ganzen Rumpfes verlaufenden Nerven, nämlich dem »Ramus lateralis") Nervi Vagi« entspringen. Wir haben nun zu untersuchen, ob sich diese veränderte Anordnung im Rumpfe der Vertebraten als eine secundäre erweisen lässt, das heisst, ob erstens durch die anatomische und embryologische Forschung solche Thatsachen bekannt geworden sind, welche dafür sprechen, dass die Seitenorgane ursprünglich auch im Rumpfe der Vertebraten durch Aeste von Spinalnerven innervirt wurden, und ob zweitens zureichende physiologische Motive denk- bar sind, durch deren Inkrafttreten die Umwandlung dieses primären Zustandes in den secun- dären eingeleitet und durchgeführt werden konnte. Die einfachste Voraiissetzung wäre die, dass in dem Maasse als das Gehirn seine Func- tion als Centralorgan im werdenden Wirbelthiere auf Kosten der relativen Selbständigkeit der segmentalen Ganglienknoten des Anneliden-Bauchstranges auszuüben fortfuhr (denn auch bei den muthmaasslichen Anneliden -Vorfahren war ja diese Prävalenz der Gehirnganglien schon bis zu einem gewissen Grade angebahnt), sich zwischen den Aesten der die Seiten- organe innervirenden Spinalnerven, zum Behufe einer directeren I^eitung der Erregungen, successive Anastomosen ausbildeten, mit anderen Worten, dass der Seitennerv oder Ramus lateralis Vagi nach dem Principe eines C'oUectors zu Stande kam. Diese Voraussetzung bedarf als solche nicht erst der Rechtfertigung ; denn wir sehen sie (und zwar offenbar hervorgerufen dui-ch dasselbe Bedürfniss directerer und einheitlicherer Leitung) an gewissen anderen Spinalnervenästen verwirklicht. Man vergleiche zum Beispiel in dieser Hinsicht die so instructiven, durch Mayer') für die unpaaren Selachierflossen klargestellten 1) 1. p. 485. c. p. 235. Taf. 18 und 19. *) Ich fasse hier allein den in der Seitenlinie verlaufenden Hauptstamm des Ramus lateralis ins Auge, da sich ja auf die übrigen, nachweislich secundären Aeste dieses Stammes dasselbe Erklärungsprincip anwenden lässt. 67* 53'> B. Vergleichend-Anatomischer (Morphologischer) Theil. Fälle, in denen Dutzende der die unpaaren Flossen versorgenden Spinalnervenäste durch C'oUectoren verbunden sind. Man vergleiche ferner die im Hinblicke auf unsere Frage noch instructiveren, durch Stannius') bekannt gewordenen Verhältnisse des bei gewissen Teleostiern, ähnlich wie der Ramus lateralis 'V'agi dem ganzen Rumpfe entlang verlaufenden »Ramus lateralis Trigemini«. Letzterer Ramus stellt sich geradezu als C'ollector dar, indem er in jedem Segmente, in welchem er Flossen etc. innervirt, durch einen »Ramus communicans" auch mit dem respectiven Spinalnerven in Zusammenhang steht. Soweit ginge die Sache ganz gut. Aber, was sowohl am Ramus lateralis Trigemini, als an den erwähnten Selachiernerven sofort die Collectoren-Natur verräth, nämlich die Existenz von »Rami communicantes " zu den Spinalnerven), das scheint zu fehlen oder doch in der Regel nicht vorhanden zu sein beim Ramus lateralis Vagi. Aeltere Forscher haben nämlich, wie ich aus Stannius'-) ersehe, das Vorhandensein solcher Verbindungen behauptet. So Hess Cuvier den Seitennervenstamm (des Vagus bei Ferra von allen Spinalnerven Fäden empfangen, welche von den Intercostalnerven verschieden sein sollten, und ähnlich Büchner bei der Barbe. Stannius pflichtete dagegen E. H. Weber darin bei, »dass der Rumpf- und Schwanztheil des Truneus lateralis Vagi in keiner directen Verbindung steht mit den Spinalnerven und dass dieser ITmstand ihn sehr wesentlich von dem R. lateralis N. trigemini unterscheidet«. Neuerdings haben sich dagegen wiederum Stimmen zu Gunsten einer solchen Ver- bindung geltend gemacht. Ransom und Thompson^) sagen nämlich in ihrer vorläutigen Mit- theilung über die Sjiinal- und ^'isceralnerven der Cyclostomen: »The dorsal rami of the posterior roots [der Spinalnerven] likewise pass np to the skin of the back, liut appear also to send fibres into the lateralis. For this Statement we at present rely only on sections, biit we hope shortly to test it by dissections of the large P. marinus).v Aber für den Fall auch, dass die genannten beiden englischen Autoren diese so wich- tige Entdeckung bestätigen könnten, und für den Fall auch, dass damit das Vorhandensein solcher Rami communicantes, welche den Lateralis des Vagus als CoUector aufzufassen ge- statten, in einem Falle erwiesen würde, so stände doch nach wie vor Eine grosse Schwierig- keit im Wege, diesen Collector als einen ähnlich wie die anderen C'ollectoren zu Stande ge- kommenen zu begreifen, und diese Schwierigkeit liegt in dem so auffallenden Modus sei- ner Entwickelung. Als ich meine erste Mittheilung publicirte, standen sich hinsichtlich der Entwickelungs- weise des N. lateralis zwei widersprechende Auffassungen gegenüber. Nach der einen (ver- treten durch G()TTE und Semper sollte der genannte Nerv direct aus dem Ectoderme, respec- tive aus dem die Seitenorgane aufbauenden Zellmateriale hervorgehen, nach der anderen (vertreten durch Bai.foir sollte er unabhängig von der Anlage der Seitenorgane, ähnlich wie 1 1. p. 519. c. p. .52. Tat'. 3. 2 l. p. 51'J. c. p. 96. 3) 1. p. 530. c. p. 422. V. Sinnesorgane. 3. Die Seitenorgane, c. Vergleich mit anderen Thierclassen. 533 die anderen Nerven, nach hinten auswachsen. Mir erschien damals' die letztere Auffassung als die wahrscheinlichere. Bald aber wurde die erstere durch van Wijhe-) an Selachiern und durch Hoffmann') an Teleostiern bestätigt und es wäre kaum mehr ein Zweifel darüber entstanden, dass Götte und Semper das Richtige getroffen hatten, wenn nicht neuerdings Beard^) mit grosser Bestimmtheit behauptet hätte, dass bei Teleostiern {Saimo fario) der Seitennerv zu keiner Zeit innerhalb der Epidermis liege, dass er sich nicht, wie van Wijhe und HoFFMANN mit Götte und Semper annehmen, vom Ectoderme abspalte, sondern dass er sich, so wie es Baefour vertrat, ganz nach Art der anderen Nerven entwickele. Indessen ein Jahr später zog Beard '") diese Angaben als irrige Interpretationen zurück und vertrat nun, gestützt auf seine Beobachtungen an Selachiern, die gemeinsame Anlage und Entwickelung von Seiten- organ und Seitennerv intensiver, als irgend ein Forscher vor ihm. Wenn es demnach als feststehend zu betrachten ist, dass sich der N. lateralis Vagi gemeinsam mit den Seitenoi'ganen oder in Abhängigkeit von den Seitenorganen aus dem Zell- materiale des Ectodermes entwickelt, so kann er unmöglich als C'ollector muthmaasslicher Spinalnervenäste gedeutet werden. Hingegen sprechen alle Momente dieser seiner Entwickelung dafür, dass der N. la- teralis als C'ollector der Seitenorgane oder Sinneshügel zu Stande kam, dass sich mit anderen Worten die »Rami communicantes" anstatt von Nerv zu Nerv, von Hügel zu Hügel aus dem Zellmateriale des Ectodermes entwickelt haben. Zu Gunsten einer derartigen Phylogenie des Seitennerven sprechen auch folgende ana- tomisch festgestellte Thatsachen. Solger") hat an Forellenembryonen die Beobachtung gemacht, dass die metameren Sinneshügel der Seitenlinie durch streitige Elemente der Epidermis miteinander verbunden sind. Gleichzeitig wurde auch durch Merkel') als neu auftretende Eigenthümlichkeit der unteren Seitenlinie von erwachsenen Cohitis fossüis eine Linie erwähnt, welche die einzelnen Nerven- hügelgruppen mit einander verbindet. Genannter Autor vermuthete, dass hier ein erster An- fang oder ein letzter Rest eines Seitenkanales zu suchen sei. Kurz hierauf unterzog Solger*') ebenfalls erwachsene Thiere einer speciell auf diesen Punkt gerichteten Untersuchung und fand denn auch, dass in den dem Kopfe entnommenen Kanalstücken von Acerina cernua je zwei Sinneshügel durch einen Strang miteinander in Ver- bindung stehen. Dasselbe Verhalten fand er an jungen Exemplaren von Lota fliivkit'di.s, und 1) 1. p. 76. c. p. 324. 2) Van "Wijhe, J. üeber die Mesodermsegmente und die Entwicklung der Nerven des Selachierkopfeä. Verh. Akad. Amsterdam 22. Deel. 1882. p. 3.'). 3) 1. p. 527. c. p. 92. 4) 1. p. 526. c. p. 5) Beard, J. The System of Branohial Sense Organs and their associated Ganglia in Ichthyopsida etc. Journ. Micr. Sc. (2) Vol. 26. 1885. p. 114. 6) 1. p. 527. (Knochenfische) c. p. 384. 7) 1. p. 525. c. p. 27. 8) Solger, B. Ueber den feineren Bau der Seitenorgane der Fische. Sitz. Ber. Nat. Ges. Halle. Jahrg. 1880. 534 B- Vergleichend- Anatomischer (Morphologischer) Theil. zwar sowohl am Kopf-^1 als Rumpfabschnitte des Seitenorgansystemes. Speciell an Acerina konnte aber Solüer feststellen, dass besagter Strang aus marklosen, von kernführenden ScHWANN'schen Scheiden umschlossenen Nervenfasern bestehe. Und er schliesst daher: öWir hätten also somit eine nervöse Leitung von einem Endorgane zum andern zu statiiiren , die entweder aus dem intraepithelialen Nervenplcxus ihren Ursprung nimmt, oder mit den Ausliluferu der Hirn- zellen fSinneszellon) im Zusammenhange steht. Da auf solche Art alle Endorgane oder doch eine grössere Anzahl derselben mit einander verknüpft sind, so werden auch isolirt einwirkende Reize gleichzeitig grössere Reihen derselben in Mitleidenschaft ziehen. Dass die Empfindlichkeit des ganzen Apparates dadurch wesentlich erhöht sein wird, bedarf keiner weiteren Ausführung.« Sodann hat auch Bodenstein') an erwachsenen Cottiis gobio beobachtet, dass je zwei benachbarte Seitenorgane durch einen feinen Faden unter einander in Verbindung stehen. Der Faden entspringe je aus dem centralen Theile eines Endorganes, verlatxfe in der unteren Schicht des Kanalepithels, und bestehe aus feinen Fasern mit eingelagerten, langgestreckten Kernen. Endlich erinnerte Solüer-; im Hinblicke auf diese durch Bodenstein gemachten An- gaben nochmals an seine eigenen Beobachtungen und schlug bei dieser Gelegenheit für jene nervösen Verbindungen zwischen den Seitenorganen den Namen: »Seitenorganketten« vor. Ich betrachte nun diese bei einzelnen Teleostiern sowohl im embryonalen, als auch im erwachsenen Zustande vorkommenden nervösen Verbindungen der Sinneshügel als Residua der im Vorhergehenden zur Erklärung der Genese des N. lateralis Vagi vorausgesetzten Rami communicantes, respective als Residua des abgespaltenen N. lateralis. Zur Zeit als Beard') die ursprüngliche Metamerie des Seitenorgansystemes auch auf den Rumpf ausgedehnt sein Hess, dachte er in seinem Erklärungsversuche des N. lateralis ebenfalls an eine Verwerthung der SoLOER'schen Seitenorganketten, allerdings, wie aus nach- folgendem Citate hervorgeht, in einer durchaus anderen Weise. »The dorsal branches«, sagt Heaku , »of segmental nerves in the body, in accordance with Dohrn's principle of change of function, gradually lost their function of innervating segmental scnse organs, and this function was taken up by the lateral nerve formed from the vagus complex. This change was probably assisted by an anastomosis between some of the terminal fibres of neighbouring dorsal sensory branches. Some remains of this anastomosis perhaps still exist in the fibres described by Bodenstein and Solger as eonnecting neighbouring sense organs.« Auf seinem neuen Standpunkte giebt natürlich Beard ') dieser seiner frülieren Inter- pretation der SoLGER'schen Ketten den Abschied. 1) l.,p. 525. c. p. 130. 2) Soi.GER, B. Bemerkung über die Seitenorganketten der Fische. Z. Anzeiger. Jahrg. 1SS2. p. (500. 3) 1. p. 52G. c. p. 142. 4) 1. p. 533. c. p. 139. *) Da sich neueren Forschungen zufolge auch für die das Seitenorgansystem des Kopfes versorgenden Nerven der für den N. lateralis festgestellte Bildungsmodus (nämlich die Entstehung direct aus dem Ectoderme, respective aus dem auch die Sinneshügel producirenden ZellmaterialeJ als zutreffend erwiesen hat (vergl. van Wijhe 1. p. 533. c. p. 35), und somit alle im Vorhergehenden über die Genese des Ramus lateralis Vagi angestellten Betrachtungen sich gleicherweise auf die Genese dieser Kopfnerven erstrecken, so ist es auch für unsere Zwecke von gleichem Belange, ob diese Verbindungen am Seitenorgansysteme des Kopfes oder aber an demjenigen des Rumpfes zur Beobachtung kamen. V. Sinnesorgane. 3. Die Seitenorgane. Vergleich mit anderen Thierclassen. 535 Ijässt man den Seitennerven als C'ollector gelten, und zwar als solchen C-ollector, der sich nicht von Nerv zu Xerv, sondern von Seitenorgan zu Seitenorgan ausgebildet hat, dann er- scheint nicht nur seine so abweichende Entwickelung direct aus dem Ectoderme, respective auf Kosten des auch den Anlagen der Sinneshügel zu Grunde liegenden Zellmateriales ver- ständlich, sondern man begreift auch, dass zu den Spinalner\en verlaufende Rami communi- cantes an diesem CoUector in der Regel nicht mehr recapitulirt werden. Denn, wo ein C'ol- lector von Nerv zu Nerv zu Stande kommt, ist es nothwendig, dass diese Nerven, als seine A'oraussetzung (einerlei ob sie nachträglich bestehen bleiben oder nicht) immer wieder ange- legt Averden; wo dagegen ein C'ollector von Organ zu Organ sich herausbildet, da können die betreffenden segmentalen Nerven, weil sie zur Herstellung der einheitlichen, zum C'entralor- gane führenden Leitung zu keiner Zeit mehr beizutragen haben, allmählich eingehen. Sie können eingehen, sie müssen es aber nicht, und so ist denn auch a priori gar nichts gegen die "N^ermuthung einzuwenden, dass hier und da noch Spuren derjenigen Spinalnervenäste, welche ursprünglich die Seitenorgane metamer innervirten, aufgefunden werden möchten, eine Vermuthung, die ja zur Thatsache wird, sobald Eansom und Thosipson ihre bereits erwähnte Entdeckung an Petromyzon bestätigen können. Eine der eben dargelegten total entgegengesetzte Auffassung des Seiten- organsystemes hat die Entdeckung der Thatsache hervorgerufen, dass sich bei Wirbelthieren mehrere der im Bereiche gewisser Hirnnerven gelegenen Ganglien im engsten Anschlüsse an (sei es nur provisorisch auftretende, sei es längere Zeit hindurch bestehen bleibende Seitenorgane ausbilden, respective von letz- teren abspalten. Diese Thatsache ist nahezu gleichzeitig von Beard an Fischen, von Froriep an Säuge- thieren und von Spencer an Amphibien in einer im Wesentlichen übereinstimmenden Weise festgestellt Avorden. An sich interessant, gewinnt dieser Nachweis der genannten drei Autoren eine um so höhere Bedeutimg in Erwägung der gleichzeitigen Entdeckung Kleinenberg's'), der- znfolge bei Anneliden ein wesentlicher Theil der Gehirnganglien, sowie auch Elemente des Bauchstranges in Abhängigkeit von provisorischen sowohl, als auch von dauernden Hautsin- nesorganen gebildet und erst nachträglich den Centralorganen einverleibt werden. Es war Beard';, der die erstere Entdeckung speciell für das Seitenorgan- system verwerthete und dabei zu Resultaten gelangte, welche eine ganz neue Lehre von der Function, Morphologie und Phylogenie dieses Systemes involviren. Auch der von mir vertretene Vergleich zwischen den Seitenorgansystemen der Anneliden und Vertebraten wird von dieser neuen liehre mehrfach berührt, so dass ich mich mit letzterer um so mehr auseinanderzusetzen gezwungen bin, als sie bereits in das WiEOERSHEiM'sche Lehr- buch übergegangen ist. Ich gebe zunächst in gedrängter Weise die betreffenden Stellen der BEARo'schen Darstelluns? wieder. 1) 1. p. 303. c. •2) 1. p. 533. c. 536 -B- Vergleichend-Anatomischer (Morphologischer) Theil. 1 1 So wie früher Kearü seiner Anerkennung der Homologie von Anneliden- und Vertel)raten- Seiten- oiganen dadurch einen scharfen Ausdruck gal», dass er, auf eines der gewichtigsten Criterien dieser Homo- logie, nämlich auf die beiderseitige metamere Anordnung sich stützend, den Namen »Seitenorgane» in »seg- mentale Sinnesorgane« (segmental sense Organs) umwandelte, so hält er es auch für geboten, seine neue Ueberzeugung durch einen neuen Namen zu inauguriren. Der Terminus »Seitenorgane« passe nicht, weil damit nur die an der Seitenlinie des Rumpfes befindlichen Sinneshügel bezeichnet seien, welche ja nur einen Theil des ganzen Systemes ausmachen. Der Terminus »segmentale Sinnesorganen ferner passe aus dem Grunde nicht mehr, weil, selbst für den Fall, dass die Organe ursprünglich metamer auftreten oder später- hin am Rumpfe je in einem Paare vorhanden sind, ihr Erscheinen gleichwohl zuerst auf die mit Kiemen ausgerüstete Korperstrecke beschränkt sei und sich erst später auf den Rumpf ausdehne. Im Hinl)licke da- rauf also, dass ursprünglich je ein Organ nur im Bereiche je einer Kieme angetroifen werde, heissen sie jetzt »Kiemen-Sinnesorgane« (p. 97). Ueberdies meint Beaed im Hinblicke auf diesen Namen »es sei klar«, dass die sogenannten Seiten- organe in irgend einer physiologischen Beziehung zu den Kiemen ständen, weil sie gleichzeitig mit letzteren sich bildeten und weil von ihren Ganglien aus Nerven einerseits zur Kiemenmuskulatur und andererseits zum Gehirne verliefen (p. 13 7). In dem Kapitel: »Physiology of the Branchial Sense Organs« constatirt Beaku zunächst: «Of this [nämlich der Physiologie der Seitenorgane] we really know nothing«. Weiterhin hält er aber die von May.sek und Emery vertretene Ansicht, dass diese Organe eine niedere Form von Gehörorganen darstellten, für sehr möglich. Und dass sie an der Perception von Wellenbewegung betheiligt seien, erhelle (is obvious enough) aus ihrer Structur. Ausserdem haben nun aber dieselben Organe [von deren Physiologie wir eigentlich nichts wissen sollen] in ihrer Eigenschaft als Kiemen-Sinnesorgane noch die Function, den Kiemenspalten Gefahren anzuzeigen und sie so zum Verschlusse zu bewegen (p. 147;. 2 a. In seiner Schilderung der Entstehung derjenigen Gehirnnerven , welche dem S. — 11. Kopf- segmente entsprechen sollen, nämlich des Vaguscomplexes (p. 107 — 116), kommt Be.^rb auf die Entwickelung des Seitennerven zu sprechen. Gleichzeitig mit der Ablösung der Vagus-Ganglienmasse von der Haut be- ginnt die sensorielle Verdickung jsensory thickening letzterer längs der Seitenfläche des Rumpfes nach hinten zu wachsen. Diese Verdickung ist das Rudiment der sogenannten Seitenlinie, die nun ganz im Ein- klänge mit GöTTE , Semper , van Wijhe und Hoffmann beschrieben wird. Auf Grund eigener Beobachtungen wird aber betont, dass die Verlängerung der Seitenlinie, aus der sowohl die segmentalen Hügel, als auch der N. lateralis entstehen, nicht etwa auf Umwandlung des jeweils hinter dem Wachsthumspunkte gelegenen Ectodermmateriales, sondern auf selbständigem Auswachsen dieser Linie beruhe. Das indifterente Epiblast- gewebe werde nämlich bei Seite geschoben und gehe wahrscheinlich allmählich verloren. b. Die Thatsache, dass sich an der Anlage der Seitenlinie die suprabranchialen (dorsalen) Aste von mindestens vier segmentalen Nerven betheiligen, erkläre vollkommen ihre Länge, welch' letztere allein jnebst der verschiedenen Wachsthumsrichtung die Seitenlinie von den übrigen »Kiemensinnesorganen« unterscheide. Die Wachsthumsrichtung dieser Sinnesorgane und Nerven scheine eben vom Nutzen oder von der Nothwendig- keit abzuhängen, auch in anderen Körperregionen als denjenigen, wo sie primär vorkommen nämlich gerade über den Kiemen , »Kiemensinnesorgane« zu haben. c. In Folge dessen besteht auch nach Bearü kein Grund mehr, der zur Annahme drängte, dass jemals wahre Spinalnerven mit Seitenorganen in Verbindung standen. Die gtinze Entwickelungsgeschichte der Seitenlinie scheint vielmehr Beard dafür zu sprechen, dass diese Linie irespective das Seitenorgansystem) , so wie auch einst Balfour glaubte, ursprünglich auf den vorderen Körpertheil beschränkt gewesen sei. Doch erkennt Bearu darin ein sehr merkwürdiges Factum curious fact) an. dass die Seitenorgane längs des Rumpfes der Teleostier metamer angeordnet stehen. 3 Nachdem Bearü schon vorher p. Uli) constatirt hatte, dass, seinen Untersuchungen zufolge, ein grosser Unterschied zwischen Gehirn- und Spinalnerven herrsche, kommt er auf p. 142 ausführlicher auf die Be- ziehungen des Kopfes zum Rumpfe, respective auf den Vergleich von Gehirn- und Spinalnerven zurück. Das Vorhandensein vorderer und hinterer Wurzeln bei Gehirnnerven sei zweifelhaft; aber selbst für den Fall auch, dass das Vorhandensein beider nachgewiesen würde, so bliebe die Homologie der Kopf- und Rumpfnerven gleichwohl fraglich, weil die Spinalnerven in frühen Stadien keine Hautverbindung besässen und ihre W"urzeln nie mit Kiemenspalten oder Sinnesorganen in Vcrliindung träten. V. Sinnesor}>:aiie. 3. Die Scitenorgane. c. Vergleich mit anderen Thierclassen. 537 4) Auf p. Uli und p. 14') endlieh liespricht IJkahij die IJeziehungeu der Seitenorgane von Vertebraten und Capitelliden. Diese zwei Stellen halte ich für geboten wörtlich zu citiren. Die erste (p. 116) lautet: »At oue time I believed with Vasig and others that great morphological importance could be attached to this fact [nämlich der metameren Anordnung der Seitenorgane], but 1 feel now conipelled to adopt Eai.- FOURs view, and in discussing the niorpholog)- of these sense Organs shall strongly urge that in face of the facts of development here recorded, the morphological connection between these brauchial seuse organs of Vertebrates and the »Seitenorgane« of Capitellidae , first suggested bj- Eisig, becomes of a very doubtful nature. And here agaiu may be permitted to remind the reader that BALrouR long ago rejected the exis- tence of any homology between these two sets of organs.« Und die zweite ip. 145;: «Eisig first suggested that these two sets of organs were homologous. Siiice theu no one has added auything to the grounds for this homology furnished by Eisig. Until now it may truly be said that we knew nothing of the morphology of these branchial sense organs of Vertebrates. Now we do know a little, and this appears to nie to place the homology of the »Seitenorgane« of Capitellids with the "branchial sense organs in a very doubtful light. We have seen that primitively these branchial sense organs are not found in all Segments of the body but are limited to the head, that they have special ganglia, and are special sense organs of the gill-clefts. « Ich gehe nun zur Besprechung- der im A'orhergehenden enthaltenen Hauptpunkte der BEARDschen Darstelhmg über. ad l). Es scheint mir vor Allem, so lange als nicht ein wirklicher Nothstand vorliegt, unthunlich einen alten, eingebürgerten Namen in einen neuen zu verändern. Wen nicht der Respect für die Tradition oder der historische Sinn davon abhält, der sollte doch wenigstens bedenken, wie viele Ideenassociationen an einem solchen Namen hängen und wie diese durch die Veränderung der Bezeichnung mit einem Schlage verwischt werden. Lag nun aber in diesem Falle auch nur entfernt so etwas wie ein Nothstand vor? Hat uns Beard von der Nothwendigkeit des wiederholten Umtaufens überzeugen können? Als negativen (irund erfahren wir, der Name Seitenorgane sei schlecht, weil damit nur ein Theil des ganzen Systemes ausgedrückt werde. Nun, in der Thatsache, dass ein ( )rgancomplex nach einem seiner markirtesten Bestandtheile benannt ist, scheint mir wahrlich keine Gefahr für irgend welche bedenkliche Missverständnisse zu liegen; weiss doch schon hinlänglich Jedermann, dass unter dem Begriffe »Seitenorgansystem. Hauptdarra. .iV. 2). Neben- darm. P. Gpl. Peritoneum, Genitalplatte. Von dem dritten und letzten Einwände endlich, nämlich von dem, dass die Seiten- organe der Vertebraten specifische Sinnesorgane der Kiemen darstellen, könnte ich ebenfalls sagen, dass er gar kein Einwand sei, indem ja auch bei den Capitelliden die Seitenorgane im Bereiche von Kiemen liegen; aber das schlösse ja eine Anerkennung der BEARo'schen Behauptung ein, von der ich im Vorhergehenden hinlänglich gezeigt zu haben glaube, wie sie von jedem Gesichtspunkte aus gleich willkürlich und unbegründet ist. Die Seitenorgane sind weder Sinnesorgane von Kiemen noch Sinnesorgane von Kiemenspalten. Zusammenfassend bemerke ich, dass Beard's Auffassung dahin führt, Kopf und Rumpf der Wirbelthiere in einen principiellen, unversöhnlichen Gegensatz zu bringen ; die metamere Anordnung der Seitenorgane des Rumpfes ferner wird zu einem unerklärlichen Factum, imd nicht nur die Einheit des Seitenorgansystemes, sondern auch alle zwischen den Nerven der Zool. Station z. Neapel, Fauna und Flora. Golf von Neapel. Capitelliden. GO 546 ^- Vergleichend-Anatomischer (Morphologischer) Theil. beiden Regionen bestehenden Beziehungen werden, lediglich um die abweichende Innervation der Seitenorgane des Rumpfes zu erklären, geopfert. Durch meine Auffassung hingegen wird Niemandem der Glaube an einen derartigen principiellen Gegensatz zugemuthet; die einzige Voraussetzung, die ich mache und deren Be- rechtigung wohl Niemand zu bestreiten vermag, ist die, dass sich mit der Differenzirung seiner beiden Körperabschnitte im Wirbelthier- Organismus tief greifende Modificationen vollzogen haben. Dies zugegeben, folgt dann bei mir in noth wendiger imd continuirlicher Folge eine Veränderung aus der anderen, ohne dass ich Organsysteme unmotivirt auf Körperabschnitte aus- wachsen zu lassen brauchte, wo sie vorher angeblich nicht waren, und ohne dass ich ferner Sinnesorgane, ausser den ihnen bereits zugetheilten Functionen, noch mit einer neuen auszu- rüsten gezwungen wäre. Es bleibt noch übrig mit ein paar Worten der sogenannten Seitenkanäle oder Schleim- kanäle zu gedenken. In meinem früher voröffentlichten Auszuge habe ich, ausgehend von der Thatsache, dass sowohl bei den Capitelliden, als auch bei den Vertebraten frei stehende, sowie in Haut- höhlen, respective in Kanälen eingeschlossene Sinneshügel vorkommen, die Schleimkanäle als eine secundäre, speciell für diese Sinnesorgane zu Stande gekommene Schutzvorrichtung auf- gefasst. Seitdem bin ich nun aber bezüglich des secundären oder specifischen Charakters dieser Schutzvorrichtung hinsichtlich der Vertebraten zweifelhaft geworden; ich neige viel- mehr jetzt der Ansicht zu, dass die Schleimkanäle von Organen abstammen, welche ursprüng- lich unabhängig von den Sinneshügeln und gleichzeitig mit ihnen schon vorhanden waren, dass mit anderen "Worten die Schleimorgane sich nicht als Schutzvorrichtung der Hügel erst ausgebildet, sondern, dass sich die Hügel zum Schutze in die Schleimorgane zurückgezogen haben. Auch Dohrn ist, wie mir durch gefällige mündliche Mittheilung bekannt geworden ist, auf Grund seiner embryologischen Studien zur Annahme gelangt, dass in den Schleim- organen eine Bildung vorliege, welche ursprünglich nichts mit den Seitenorganen zu thun hatte, vielmehr erst nachträglich in ihren Dienst gezogen wurde. Ich würde diese für irgend welche erfolgreiche Discussion noch lange nicht reife Frage hier keineswegs zur Sprache gebracht haben, wenn ich nicht in einem früheren Ka- pitel«) die sogenannten Schleimsäcke der Myxinoiden, welche ja von Stannius ') und Leydig-) als in den Kreis der Schleimkanäle gehörige Bildungen betrachtet wurden, hinsichtlich dieser ihrer Beziehungen zu erwähnen gehabt hätte. Diese segmentalen Schleimsäcke der Myxinoiden zeigen nämlich in ihren fadenförmigen Secreten höchst merkwürdige Beziehungen zu gewissen Hautdrüsen von x\nneliden (und Cöl- enteraten), nämlich zu Hautdrüsen, auf die auch die segmentalen Spinn- und Parapodial- drüsen der Anneliden zurückgeführt werden konnten. Ich habe am citirten Orte schon hin- a] Vergl. p. 421. 1) Stannius, H. Handbuch der Anatomie der Wirbelthiere. Berlin 1S54. p. 103. 2) 1. p. 521. c. p. 15. V. Sinnesorgane. 4. Die beclierförmigen Organe, a. Vergleichende Zusammenfassung der Capitelliden. 547 länglich betont, wie dieser Vergleich oder Hinweis ein in hohem Grade hypothetischer sei, und auch hier sei wiederholt, dass ich ihn vorläufig nur als einen der möglichen Ausgangs- punkte für den Weg andeute, auf dem wir vielleicht hoffen dürfen einstens dem phylo- genetischen Ursprünge des Schleimkanalsystemes näher zu kommen. Zum Schlüsse sei constatirt, dass ich in Erwägung alles des seit meiner ersten Publi- cation sei es durch Andere, sei es durch mich weiter über die Seitenorgane der Anneliden und Vertebraten bekannt Gewordenen die Homologie der beiderseitigen Organsysteme nicht nur nicht für erschüttert, sondern umgekehrt für bedeutend gekräftigt halte. Gleichwohl wird Niemand bereiter sein, als ich, auch heute noch wirklichen Einwänden gegenüber nach- zugeben; aber begründete Einwände müssten es sein und nicht etwa blosse Behauptungen oder gar ad hoc geschmiedete Hypothesen. 4. Die becherförmigen Organe, a. Vergleichende Zusammenfassung der Capitelliden.'') Im Gegensatze zu den streng metamer angeordneten Seitenorganen zeigen die becher- förmigen Organe eine von der Körpersegmentirung durchaus unabhängige, also diffuse Ver- theilung. Bei Notomastiis, Dasyhranchus und Heieromastus beschränkt sich diese Vertheilung auf Kopflappen, Thorax und Rüssel, bei Mastohranchus und Capitella dagegen erstreckt sich dieselbe auch noch auf das Abdomen. Ausserordentlich gesteigert erscheint denn auch die Zahl dieser diffusen Sinneshügel gegenüber den metamercn, indem dieselben allein schon am Kopflappen nach Hunderten ge- schätzt werden mussten. Auch die becherförmigen Organe bieten die Form rundlicher oder conischer Hügel dar, Hügel, welche ähnlich den retractilen Seitenorganen in Hauthöhlen oder Becher zurück- gezogen Averden können. Diese Becher stellen ebensowenig iixirte Gebilde dar, wie die sogenannten Seitenorganhöhlen, kommen vielmehr wahrscheinlich so wie letztere nur anläss- lich der Retraction der bezüglichen Sinnesorgane, also vorübergehend, zu Stande. Die Grösse dieser Sinneshügel schwankt im Durchmesser zwischen 9 und 10 [j., be- trägt demnach nur ungefähr ein Zehntel derjenigen der Seitenorgane. Was die Structur der becherförmigen Organe betrifft, so sind auch bei ihnen als auffallendste Theile die auf den Hügelkuppen concentrirten, frei in das Medium hinausragenden Sinnes haare hervorzuheben. Diese Haare sind etwa 4 ji. lang, Avenig zahlreich und überall gleich breit, also stäbchenförmig. So wie bei den Seitenorganen durchsetzen sie die die Hügel überziehende Cuticula, um in ein Bündel central gelegener, langgestreckter Sinneszellen überzugehen. In letzteren Sinneszellen erkennt man ohne Weiteres den Typus der Haut- a) Man vergleiche: »Anatomisch-Histologischer Theil« p. 95 — 9S, ISl, 219, 23S und 202. 69* 548 ^- Vergleichend-Anatomischer (Morphologischer) Thell. farlenzellen wieder, indem an ihnen jene Modification in Stäbchen und Spindeln entfernt nicht so prägnant durchgeführt erscheint, wie an den Sinneszellen der Seitenorgane. Auch die Körner fehlen nicht; nur stehen dieselben hier nicht so dicht imd zahlreich, dass von einem Ganglion die Rede sein könnte; vielmehr verhalten sie sich ähnlich wie diejenigen der übrigen Haut, respective diejenigen des integumentalen Ganglienzellenplexus. In Anbetracht ihrer grossen Zahl und diffusen Vertheilung ist es schon a priori als kaum wahrscheinlich zu erachten, dass den becherförmigen Organen eine ähnlich specifische Innervation wie den Seitenorganen zukommen werde. Meine bezüglichen Nachforschungen hatten denn auch keinerlei derartiges Resultat zur Folge, so dass wir wohl annehmen müssen, dass die Sinneszellen der Becherorgane ebenso wie die Fadenzellen der Haut von dem inte- gumentalen Ganglienzellenplexus aus mit Nervenfibrillen versorgt werden. b. Vergleich mit anderen Anneliden. Wie hinsichtlich der Seitenorgane, so werde ich auch hinsichtlich der Becherorgane in diesem sowie in dem folgenden Unterabschnitte nur diejenigen von Anneliden, respective anderen Thierclassen bekannt gewordenen Sinnesapparate zum Vergleiche heranziehen, deren verwandte Natur sich in entschiedener Weise kundgiebt. Als eines der verlässlichsten Criterion betrachte ich aber das Vorkommen unserer Organe in der Mundhöhle, da, so weit wir wissen, keine anderen Sinneshügel ausser den Becherorganen in derartige Beziehungen zum vordersten Abschnitte des Verdauungstractus getreten sind. In Anbetracht solcher Einschränkung ist aber auch in diesem Falle im Auge zu behalten, dass sich wahrscheinlich noch ein erheb- licher Theil der zweifelhaften, im nächsten Abschnitte aufzuführenden Sinneshügel als hierher- gehörig herausstellen Averde, womit sodann für diese Sinnesorgane ebenso wie für die Seiten- organe zugleich eine viel weitere Verbreitung constatirt würde. Vor Allem sei hervorgehoben, dass Leydig') das Verdienst gebührt nicht nur zuerst das Vorkommen becherförmiger Organe bei Wirbellosen erkannt, sondern auch deren Ver- gleichbarkeit mit den ebenfalls von ihm entdeckten, gleichnamigen Sinnesapparaten der Fische zuerst vertreten zu haben. Diejenigen Sinneshügel, durch deren Studium genannter Forscher vor nun bald drei Decennien zur Aufstellung gedachter Homologie veranlasst wurde, nämlich die Augen und augenähnlichen Becherorgane der Hirudineen, werden aber aus weiterhin zu erörternden Gründen erst in einem der nächsten Abschnitte, nämlich unter den Sinneshügeln, deren Verhältniss zu Becher- und Seitenorganen erst noch endgiltig festzustellen ist, von mir in's Auge gefasst werden. Unzweifelhafte Becherorgane kamen im Kreise der Anneliden in erster Linie bei Oli- gochaeten zur Beobachtung. Zunächst erfuhren wir durch Mojsisovics^), dass F. E.Schulze an gewissen Stellen der 1) Leydig, f. Die Augen und neue Sinnesorgane der Egel. Arch. Anat. Phys. Jahrg. 1S61 2) 1. p. 309. c. p. 18. V. Sinnesorgane. 4. Die becherförmigen Organe, a. Vergleich mit anderen Anneliden. 549 Ciiticula des Kopfsegmentes, zumal der Oberlippe von Lumbricus unregelmässig zerstreute Poreninseln wahrgenommen habe, durch deren überaus feine Kanälchen Poren) zarte Härchen hindurchträten. Jede solche Insel entspreche aber einer »Geschmacksknospe«. Sodann beschrieb unter anderen, weiterhin noch zu berücksichtigenden Sinnesorganen von Oligochaeten Vejdovsky': auch becherförmige Organe. Während er, P. E. Schulze be- stätigend, die Hügel der Lumbriciden unter letzterem Namen aufführt, figuriren die unzweifel- haft demselben Kreise zugehörigen Gebilde der Chaetogastriden und Enchytraeiden als »Tast- papillen«. Diese bereits von Hexle und Buchholz beobachteten Becherorgane stehen zwar besonders zahlreich am Kopf läppen, kommen aber auch unregelmässig auf den Körperseg- menten zerstreut vor. Sie sind wie diejenigen der C apitelliden sehr klein '6 [a im Durchmesser), retractil und mit kurzen, starren Borsten besetzt. Nach Vejdovsky gehört jedes Organ nur einer einzigen Hypodermiszelle an und erfolgt die Innervation der am Kopfe gelegenen durch feinste Fibrillen von Hirnnerven. Gegenüber der ersteren dieser Angaben kann ich nicht umhin meine Zweifel zu äussern, da bei den im Uebrigen sich so übereinstimmend verhalten- den Becherorganen der Capitelliden die Vielzelligkeit eine evidente ist. Von Polychaeten wurden durch Claparede-) Büschel feiner, aus den Rüsselpapillen von Nephthys scolopeiidroides ragender Sinneshaare beschrieben, welche durch die Stelle und den Modus ihres Auftretens ohne Weiteres sich auf Becherorgane beziehen Hessen, wenn nicht die Art der Vertheilung sowie die relativ bedeutende Länge der Haare von dem in dieser Hinsicht sonst stattfindenden Verhalten auffallende Abweichungen darböte. Jedenfalls muss der Fall erst einer wiederholten Untersuchung unterzogen werden, bevor er definitiv in die Rubrik »Becherorgane« aufgenommen werden kann. l^nzweifelhafte Becherorgane hat dagegen Spengel^) aus der Mundhöhle von Euniciden, und zwar von Liimhriconereis und Halla beschrieben. Bei letzterer Gattung erreichen sie genanntem Autor zufolge eine so beträchtliche Ausbildung, dass er dieselben als empfehlens- werthes Object zum genaueren Studium bezeichnen konnte. Es wäre meiner Ueberzeugung nach durchaus unzutreffend, wollte man aus der That- sache, dass bis heute nur von so wenigen Familien Becherorgane bekannt geworden sind, den Schluss ziehen, dass ihr Vorkommen innerhalb der Anneüdenclasse ein beschränktes sei, indem mir eben dieser Mangel von bezüglichen Angaben weniger darauf zu beruhen scheint, dass den jeweils zur Untersuchung gelangten Thieren die Becherorgane fehlten, als vielmehr darauf, dass sie vom Untersuchenden unbeachtet blieben. Diese Vermuthung wird um so berech- tigter erscheinen, wenn man bedenkt, dass in den meisten Fällen nur die Beobachtung des lebensfrischen Objectes für die Auffindung dieser so kleinen und zarten Sinnesorgane Ge- währ bietet. 1) . p, 236. c. p. 96 2) . p. S. c. p. 177. 3) . p. 310. c. p. 21 550 B- Vergleichend-Anatomischer (Morphologischer) Theil. c. Vergleich mit anderen Thierclassen. Bei Zugrundelegung unseres oben erwähnten C'riteriunis kommen hier nur wenige Thiergruppen in Betracht, nämlich die Gephyreen, Mollusken und Vertebraten. Was zunächst die Gephyreen betritFt, so hat Leydig') schon am selben Orte, wo er die später zu erörternden Sinnesapparate der Hirudineen mit Becherorganen verglich, darauf hingewiesen, dass gewisse durch Keferstein und Ehlers von Sipwicnlus und durch Quatre- FAGES von Echinnts bekannt gewordene Integumentgebilde ebenfalls in den Kreis letzterer Organe hineingehören dürften. In den zahlreichen seitdem über diesen Gegenstand veröffent- lichten Schriften wurden sodann die fraglichen Bildungen bald im Einklänge mit Leydig als Sinnesorgane (meistens als Tastorgane), bald dagegen als Hautdrüsen beschrieben. Indem ich auf den ausführlichen, in der weiterhin zu citirenden Arbeit von Andreae enthaltenen Littera- turbericht verweise, beschränke ich mich darauf hier nur einige der neueren, auf die mor- phologischen Beziehungen der betreffenden Organe Rücksicht nehmenden Untersuchungen heranzuziehen. Spengel-) hat auf den in Querreihen um den Körper stehenden Papillen von Echiurus zwischen Drüsenzellen becherförmige Organe Avahrgenommen, die er den gleichnamigen Sinnes- apparaten der Capitelliden für vergleichbar hält. Sinneshaare hat er nicht zu erkennen ver- mocht; da aber seine Untersuchungen an conservirtem Materiale angestellt worden waren, so hält er doch deren Vorhandensein für nicht ausgeschlossen. Ueber die eventuelle Erstreckung dieser Organe auf das Kopfsegment und in die Mundhöhle hinein, von der ja unserer An- sicht nach vorläufig ihre Anerkennung als Becherorgane abhängig gemacht werden muss, machte Spengel keine Angaben ; aber diese Lücke wurde bald darauf durch Andreae ausgefüllt. Dieser Autor') fand nämlich bei Sipunculus ähnlich wie bei Echiurus zwischen den Drüsenzellen gelegene »Nervenendorgane", und zwar sowohl im Rüssel, als auch im eigent- lichen Körper unregelmässig zerstreut. Diese Nervenendorgane sollen nun nach Andreae das Ansehen von Bechern darbieten und sehr lebhaft an die Seitenorgane der Fische erinnern. Ich vermuthe in diesem »Seitenorgane« einen lapsus calami, da ja die Uebereinstimmung mit den Becherorganen ausser aller Frage steht. Das gleichzeitige A'orkommen solcher Organe sowohl im Rüssel, als auch im übrigen Körper wurde ferner durch Scharff^) an PrhqmJus und Halicrj/ptus nachgewiesen. Auch bei diesen Gephyreen stehen die Becher den Hautpapillen eingepflanzt, welch' letztere im Rüssel eine Anordnung nach Längsreihen, im Körperstamme dagegen eine solche nach Querreihen 1) 1. p. 54S. c. p. 604. 2) 1. p. 443. c. p. 465. 3) Andreae, J. Beiträge zur Anatomie und Histologie des Sipunculus wiclus L. Zeit. Wiss. Z. 36. Bd. 1882. p. 219. 4) ScHARFF, R. Ün the Skin and Nervous System of Priapulus and Halicryptus. Q. .Journ. Micr. Sc. (2) Vol. 25. 1885. p. 197. V. Sinnesorgane. 4. Die becherförmigen Organe, c. Vergleich mit anderen Thierclassen. 551 aufweisen. Besonders hervorgehoben zvi werden verdient ferner, dass hier endlich das Vor- handensein freier Nervenendigungen, respective der Sinneshaare constatirt werden konnte. Auch ScHARFF vergleicht die Hautsinnesorgane der Gephyreen (anstatt mit den Becherorganen) mit den Seitenorganen, und da in diesem Falle, in Anbetracht des längeren Begründungsversuches, an einen "lapsus« nicht gedacht werden kann, so muss ich diesen Vergleich ausdrücklich als einen von irrthümlichen Voraussetzungen ausgehenden bezeichnen. Hinsichtlich der Mollusken hat seiner Zeit Boll') nachgewiesen, dass die Rüsselspitze von Pterotrachea mit becherförmigen Organen besetzt sei. Ausserdem betonte jener Forscher das Vorkommen ähnlicher Organe »an einigen besonders begünstigten Hautstellen, wie Ten- takel, Mantelrand, Umgebung des Mundes, vorderer Rand des Fusses« der Gastropoden. Bald darauf gelang Flemjiing") der Nachweis ebensolcher an den Tentakeln des Fuss- randes, an den Fühlern, dem Kopfe und Mantelrande von Trochus cinerariiis sowie an den Tastern des Mantelrandes von Anomia. Besonders wichtig Avar sodann, dass Todaro') das Vorkommen dieser Organe auch in der Mundhöhle von Pterotrachea nachweisen und constatiren konnte, dass hinsichtlich der Structur vollständige Uebereinstimmung zwischen diesen »Geschmacksorganen« der Heteropoden und denjenigen der Säugethiere herrsche. Weiterhin wurde durch Haller ^) das Vorhandensein becherförmiger Organe in der Mundhöhle von Chiton constatirt. Und sehr ausführlich beschrieb kurz darauf derselbe Autor') ähnlich gelegene Organe von Rhipidoglossen. Ich hebe aus dieser Beschreibung hervor, dass Haller die becherförmigen Organe der Mollusken denjenigen der Anneliden*) 1) BoLL, F. Beiträge zur vergl. Histiologie des Molluskentypus. Arch. Mikr. Anat. Supplement 1869. p. 59 und 50. 2) Flemming, W. Zur Anatomie der Landschneckenfühler etc. Zeit. Wiss. Z. 22. Bd. 1872. p. 370. 3) Todaro, F. Sopra gli organi del gusto degli Eteropodi. Communicazione preliminare. Transunti Accad. Lincei ,3) Vol. 3. 1879. 4) Haller, B. Die Organisation der Chitonen der Adria. Arb. Z. Inst. Wien. 5. Bd. 1883. Sep. Abdr. p. 8. 5) . Untersuchungen über marine Rhipidoglossen. Erste Studie. Morph. Jahrb. 9. Bd. 1884. p. 73. *) In dem von mir über die Seiten- und Becherorgane veröffentlichen Auszuge hatte ich bezüglich letzterer Organe constatirt, dass sie am Kopflappen, Thora.\ und Rüssel zerstreut stehen (1. p. 76. c. p. 306). Die Organe jedes dieser Körpertheile, also auch diejenigen des Rüssels wurden besonders beschrieben (p. 309). -Vom Rüssel wurde ausdrücklich hervorgehoben, dass er ganz wie eine Einstülpung der äusseren Körperwandungen erscheine. In dem Abschnitte : »9. Vergleich der becherförmigen Organe der Capitelliden mit den becherförmigen Organen der Vertebraten.« (p. 326) figuriren die Sätze; »Sowohl bei den Capitelliden, als bei den Teleostiern treten die becherförmigen Organe am Kopf, in der Mundhöhle und über den Rumpf verbreitet auf.« »Bei beiden stehen sie in der Mundhöhle und an den Lippen dichter als am Rumpfe.« In dem Abschnitte; »10. Vergleich der becherförmigen Organe mit den Seitenorganen.« (p. 330) sage ich ferner: «Der Hauptverbreitungsbezirk der Seitenorgane ist der Rumpf, die becherförmigen Organe dagegen suchen mit Vorliebe den Kopf mit seinen Anhangsgebilden, sowie die Mundhöhle auf.« In dem Abschnitte: »12. Die Function der becherförmigen Organe.« endlich (p. 336) steht zu lesen: »Im Gegensatze zu den Seitenorganen, für welche wir gezwungen waren einen Leitfaden zur Beurtheilung ihrer Function in den homologen Apparaten einer anderen Thiergruppe zu suchen, bieten die becherförmigen Organe 552 B. Vergleichend-Anatomisclier (Morphologischer) Theil. und Vertebraten für vergleichbar hält. Eine andere uns hier interessirende Angabe Hallers, dass nämlich bei den Rhipidoglossen ausserhalb der Mundhöhle keine Becherorgane vorkämen, ist imzutreflFend , da ja Flemming längst schon deren Vorkommen gerade bei Trochis (an den Tentakeln des Fussrandes, an den Fühlern, dem Kopfe und Mantelrande nachgewiesen hatte. Dieses für die Beurtheilung der weiterhin ins Auge zu fassenden'' "Seitenorgane« der Rhipidoglossen wichtige Factum hat denn auch Flemming') gegen Haller geltend gemacht, und bei dieser Gelegenheit wurde von Ersterem noch auf mehrere andere Vertreter aus dem Kreise der Gastropoden und Lamellibranchiaten hingewiesen, welche ebenfalls ausserhalb der Mundhöhle Becherorgane aufweisen. Flemming constatirt schliesslich die grosse Verbreitung der Becherorgane bei Mollusken und vergleicht sie mit denjenigen der Vertebraten. In dem schon mehrfach citirten, im Jahre IS 78 publicirten Auszuge-) aus dieser Mo- nographie habe ich bereits versucht, die becherförmigen Organe der Capitelliden mit denjenigen der Vertebraten zu vergleichen. Da ich nun bezüglich des Wesentlichen dieses Vergleiches ebensowenig Veranlassung hatte inzwischen meinen Standpunkt zu ändern, wie bezüglich des der Capitelliden in der Thatsache ihrer Vertheilung selbständig einen Wink dar, dessen Geeignetheit zum Aus- gangspunkt solcher Beurtheilung kaum übersehen werden könnte. Ich meine die Thatsache, dass die becherförmigen Organe nicht nur am Rumpfe und am Kopflappen, also auf der äusseren Körperfläche angebracht sind, sondern auch über das Epithel der Mundhöhle, wo wir sonst den Geschmackssinn localisirt finden, verbreitet stehen. Wenn wir daraus den nahe liegenden Schluss ziehen, dass die becherförmigen Organe, deren Natur als Sinnesorgane sich uns ja schon aus der Structur offenbart hatte, speciell als Geschmacksorgane zu betrachten seien, und bedenken, dass zwischen den genannten Organen des Schlundes, Kopflappens und Rumpfes keine irgendwie bemerkenswerthen Unterschiede sich feststellen Hessen, so ergiebt sich von selbst die Folgerung, dass die Capitelliden nicht nur mit der Mundhöhle, sondern auch mit der ganzen Körperoberfläche, so weit sie mit solchen Organen ausgerüstet ist, zu schmecken im Stande sein müssen.« Dieser meiner doch schwer misszuverstehenden Darstellung gegenüber schrieb nun Hallee Folgendes als Einleitung seiner Schilderung der becherförmigen Organe der Rhipidoglossen (1. p. 551. c. p. 73). »Ueber becherförmige Organe ist bei Wirbellosen nur wenig bekannt, und wenn wir manchmal eine allge- meine Verbreitung dieser Gebilde angedeutet finden, so liegen positive Beobachtungen nur zu wenige vor. Als eine solche ist H. Eisig's Entdeckung der becherförmigen Organe der äusseren Haut in der Nähe der Mundöffnung bei Capitella aufzufassen. An die polychaeten Anneliden ^TOrden dann die oligochaeten sich anreihen. A. v. MojsisoviC'S theilt uns eine Beobachtung F. E. Schulze's mit, welcher zufolge becherförmige Organe am Mundrande bei Liim- hricus sich vorfinden sollen.« »Leider werden wir in beiden Fällen über die genaue Textur dieser Organe der Anneliden nicht weiter unterrichtet. , Auch ist das Mundhöhlenepithel nicht weiter untersucht worden, so dass wir heute in Unkenntniss darüber sind, ob jene becherförmigen Organe nur in der äusseren Haut der Lippengegend etc. sich finden, oder ob sie auch auf das ectodermale Epithel der Mundhöhle sich fortsetzen." Aus dieser Gegenüberstellung folgt mit Noth wendigkeit, dass Halleb meine Arbeit zwar kritisirt — aber nicht gelesen hat. Ich beschränke mich darauf, dieses Factum zu constatiren, indem ich der Meinung bin, dass es hin- länglich durch sich selbst charakterisirt wird. a) Vergl. p. :,(;2. 1) Flemming, W. lieber Organe vom Bau der Geschmacksknospen an den Tastern verschiedener Mollusken. Arch. Mikr. Anat. 23. Bd. 1884. p. 141. 2) 1. p. 76. c. p. 326—329. V. Sinnesorgane, i. Die becherförmigen Organe, c. Vergleich mit anderen Thierdassen. 553 Vergleiches der Seitenorgane, so kann ich auch in diesem Falle meine ursprüngliche Begrün- dung nahezu unverändert zum Wiederabdrucke bringen. Sie lautete: Die becherförmigen Organe wurden im Anfange der fünfziger Jahre von Leyuig ' in der Oberhaut der Knochenfische entdeckt und sodann von F. E. Schulze-) genauer untersucht. Seitdem haben die Ar- beiten dieser beiden Forscher nicht nur vielfache Bestätigung und Erweiterung erfahren, sondern es sind auch den becherförmigen Organen homologe ]?ildungen in rascher Aufeinanderfolge bei Selachiern, Amphibien, Reptilien und Säugethieren nachgewiesen worden. So ist eine nicht unbeträchtliche Litteratur über diesen Gegenstand bereits angewachsen. In besonders raschem Tempo ging aber dieses Anwachsen vor sich, nach- dem durch Schwalbe und Luven becherförmige Organe von der Zunge des Menschen beschrieben worden waren. Im vorliegenden Vergleiche werde ich mich ausschliesslich an die Teleostier halten, indem sie in l>ezug- auf die^uns beschäftigenden Organe unzweifelhaft den ursprünglichsten Zustand bei den Vertebraten darstellen, und weil ferner, wenn es nur gelingt, die Homologie zwischen den becherförmigen Organen der Capitelliden und denjenigen der Teleostier plausibel zu machen, damit an sich schon auch diejenige mit den becherförmigen Organen der höheren Vertebraten ausgedrückt ist, indem ja die meisten Bearbeiter der letzteren deren Homologie mit den entsprechenden Teleostiergebilden vertreten haben. Sowohl bei den Capitelliden, als bei den Teleostiern treten die becherförmigen Organe am Kopfe, in der Mundhöhle und über den Eumpf verbreitet auf. Bei beiden ist ihre Stellung am Rumpfe ohne jede Beziehung zur Körpergliederung. Bei beiden stehen sie in der Mundhöhle und an den Lippen dichter als am Rumpfe*). Bei beiden sind die einzelnen Organe auf Vorsprüngen angebracht. Sowohl bei den Fischen, als bei den Capitelliden bildet endlich das eigentliche Sinnesorgan einen soliden Hügel oder eine solide Knospe. Die Durchmesser dieser Knospen scheinen bei den ersteren durchschnittlich eine bedeutendere Grösse aufzuweisen als bei den letzteren: So giebt Leydig') von Gobius 0,024'" und von Ctjpiijius 0,016'" als Grössen an; nach Zincone^; können die Hügeldurchmesser bei Mullus 0,112 — 0,24 mm erreichen; bei Mofclla stellte aber derselbe Autor 0,1 als Längen- und 0,0(j mm als Breiten -Durchmesser fest, Maasse, welche sich schon weniger von den Grössenverhältnissen der Capitelliden-Organe (1,000 — 0,01) entfernen**). Die becherförmigen Organe der Capitelliden sind retractil, sie können, wie die thoracalen Seiten- organe, so weit in Höhlen zurückgezogen werden, dass in der Profillage Nichts mehr von ihnen wahrzu- nehmen ist. Eine ähnlich geschützte Lage kommt nun bei den Fischen dadurch zu Stande, dass die Organe nicht frei, sondern mit Ausnahme ihrer Gipfel in der Oberhaut eingebettet liegen. Dass aber diese Lagerung- auch bei den Fischen keine ganz fixirte ist, dass auch bei ihnen wenigstens der proximale Theil des Hügels bis zu einem gewissen Grade eingezogen werden kann, geht aus einer nicht misszuverstehenden Beobach- tung Leydig's hervor. Die Structur der becherförmigen Organe der Süsswasserfische beschreibend, sagt dieser Autor*): »Die Zellen haben eine gewisse Aehnlichkeit mit muskulösen Faserzellen (Köllikee\ und es scheint mir allerdings nach Beobachtungen an Colitis harhatula diesen Epidermisbechern eine Contracti- lität zuzukommen. Schneidet man nämlich einer lebenden Grundel einen Bartfaden ab und betrachtet denselben ohne Deckglas bei starker Vergrösserung, so werden die fraglichen Gebilde nicht als ]>echer ge- 1) Leydig, f. Ueber die Haut einiger Süsswasserfische. Zeit. Wiss. Z. 3. Bd. 1&51. p. 1. 2; Schulze, F. E. Ueber die becherförmigen Organe der Fische. Zeit. Wiss. Z. 12. Bd. 1S(33. p. 218. 3) 1. p. 553. c. p. 3. 4i ZiNCONE, A. Osservazioni anatomiche su di alcune appendici tattili dei Pesci. Rend. Accad. Napoli. Vol. 15. 1S7G. p. 5. 5" 1. p. 553. c. p. 3. *) Vergl. hierüber, was die Teleostier betrifft, F. E. Schulze 1. p. 553. c. p. 219. **) Noch mehr würde mit letzteren der von Jobert Jobert, M. Etudes d'Anat. comp, sur les Organes du Toucher etc. Ann. Sc. N. (5) Tome IG. 1872. p. 41) mitgetheilte Grössendurchmesser der becherförmigen Organe von Mullus übereinstimmen (0,01 mm); aber nach den vom gleichen Objecte gemachten Angaben Zincone's liegt es nahe anzunehmen, dass diese von Jobert gegebene Zahl irrthümlich sei, oder auf einem Druckfehler beruhe. Zool. Station z. Neapel, Fatina tm.l Flora, Golf von Neapel. Capitelliden. 70 554 15- Vergleichend-Anatomischer (Morphologischer) Theil. sehen, sondern statt einer Mündung erblickt man sie über die Oberhaut warzenförmig verlängert. Nach einiger Zeit kommen aber statt der -warzenförmigen Verlängerungen Oeffnungen zum Vorschein, welche Veränderung wohl durch eine Contraction der faserähnlich verlängerten Zellen, durch eine Art Einstülpung vor sich gegangen ist. Auch bei einer lebenden Aalraupe sah ich die Hecher auf der Hautbrücke, welche die Nasenöffnung in zwei theilt, anfangs warzenförmig vorstehen. Die nachher entstandenen Oeffnungen des Bechers waren 0,002 — 0,000"' gross«. Aus diesen Beobachtungen Leydig's folgt aber auch noch, dnss die mit den Sinneshaaren ausge- rüstete Hügelspitze, das Haarfeld, ein- und ausgestülpt werden kann, ähnlich wie ich es von den Seiten- organen der Capitelliden sicher, von den becherförmigen Organen derselben jedoch («egen der Kleinheit der Organe) nur vermuthungsweise angeben konnte. Unter der ^Voraussetzung dieser Retractilität des Haar- feldes erklärte sich auch der Widerspruch, dass die uns beschäftigenden Sinnesorgane bald als ausgehöhlte Becher oder Glocken, bald als massive Hügel oder eiförmige Körper beschrieben werden. Massiv sind diese Gebilde zu jeder Zeit; das Bild eines Bechers entsteht aber, wenn das Haarfeld eingestülpt wird. Dass diese Ein- und Ausstülpung des Haarfeldes, sowie die Vorstreckiing und Zurückziehung des Gesammthügels , auf einer Contractilität der das Organ constituirenden Zellen beruhe, ist sehr unwahr- scheinlich; ich glaube vielmehr, dass zu diesem Behufe ähnliche Anordnungen an den becherförmigen Or- ganen der Fische getroffen sind und sich früher oder später M^erden nachweisen lassen, wie ich an den einer ähnlichen Retractilität und Ein.stülpbarkeit fähigen Seitenorganen der Capitelliden aufgefunden habe. Auch F. E. Schulze ') hat schon die Unwahrscheinlichkeit hervorgehoben, dass den Zellen des Organes eine solche Contractilität zukomme. Schulze konnte sich überdies von jenen seitens Leydig beschriebenen Vortreibungen und Einziehungen der Organe nicht überzeugen, denn er sagt: );. . . . die seichte Concavität, die man häufig an ihrer äusseren Oberfläche (besonders wenn man sie in ihrer natürlichen Lage im Epithel ansieht) bemerkt, scheint mehr durch den Niveauunterschied dieser Endfläche des Organs gegen die sich seitlich etwas über jene hinüberschiebenden benachbarten Zellen des geschichteten p4)ithels hervorgebracht zu werden«. Eine Concavität besteht aber demnach auch Schulze's Beobachtungen zufolge; spätere, speciell auf diesen Punkt gerichtete Untersuchungen werden zu entscheiden haben, ob Leydig's — in so hohem Maasse mit dem Verhalten der Capitelliden übereinstimmende — Angaben das Richtige getroffen haben oder nicht. Bei den Fischen sowohl, als bei den ("apitelliden sind die becherförmigen Organe rein epidermoidale Gebilde; die Cutispapillen, denen in der Regel bei ersteren die genannten Organe aufgelagert sind, gehen in keiner Weise in die Zusammensetzung der Becher ein; übrigens kommt es auch bei Fischen vor, dass die becherförmigen Organe — so wie diejenigen der Capitelliden — nicht die ganze Hautschicht durchsetzen*). Auch bezüglich der Structur herrscht in den allgemeinsten Verhältnissen Uebereinstimmung ; in beiden Gruppen bauen sich die becherförmigen Organe aus peripherisch gestellten, mehr oder weniger modificirten Epidermiszellen, und aus central liegenden Sinneszellen auf. Die grösste Bedeutung hat aber, für diesen unseren Vergleich, die Thatsache, dass sowohl bei den Fischen, als bei den Capitelliden jenen Sinneszellen kurze, frei in das Medium ragende Haare**) aufgesetzt sind. Schulze") beschrieb diese Bildungen zuerst von Fischen als in der Zahl von 20 — 40 auf je einem Organe stehende kleine, starre; leicht conisch sich zuspitzende, 0,002 mm lange Härchen oder Borsten. Abweichend würden sich dieser Schilderung zu- folge die Haare der Capitellidenhügel nur insofern verhalten, als sie nicht conisch zugespitzt, sondern viel- mehr überall gleich breit, dass sie ferner nicht 0,002, sondern 0,004 mm lang sind, und endlich, dass sie in einer geringeren Zahl auftreten. Die Innervation mit in den Bereich des Vergleiches zu ziehen ist bei diesem Organsysteme vor- läufig noch nicht möglich, indem ja, M'ie aus dem vorhergehenden, beschreibenden Theil erinnerlich sein wird, bei der einen der zu vergleichenden Gruppen, bei den Capitelliden, für die Frage nach der Nerven- versorgung der becherförmigen Organe eine befriedigende Antwort nicht gefunden werden konnte. 1) 1. p. 553. c. p. 219. 2) Schulze, F. E. Epithel- und Drüsenzellen. Arch. Mikr. Anat. 3. Bd. 1S67. p. 153. *) Vergleiche Zincone 1. p. 553. c. p. S. **) Das Vorkommen dieser Haare wird bald bestätigt, bald bestritten. Begreiflich für Jede ausserordentliche Empfindlichkeit dieser Gebilde kennen gelernt hat. V. Sinnesorgane. 5. Vergleich der becherförmigen Organe mit den Seitenorganen. 555 Seit Niederschrift des Vorstehenden wurde das Vorkommen becherförmiger Organe noch für eine grosse Zahl verschiedenster Wirbelthiere nachgewiesen, und auch die Ansicht, dass diese (Organe speciell dem Geschmackssinne dienen, erfuhr durch unzweideutige Experimente wiederholt Bestätigung. Diese speciell dem Vertebratenkreise gewidmete Litteratur zu be- sprechen liegt aber nicht im Kreise der mir hier gestellten Aufgabe, weshalb ich mich mit dem Hinweise auf ein Resume von Gottschau') begnüge, in dem die wichtigsten Punkte dieser Titteratur, wenigstens bis zum Jahre 1882, zusammengestellt sind. 5. Vergleich der becherförmigen Organe mit den Seitenorganen. In meinem früher veröffentlichten Auszüge^) hatte ich hierüber Folgendes geschrieben: Wir haben die Frage zu erörtern, in welchem Verhältnisse zu einander Seiten- und Uecherorgane stehen. Betrachten wir zunächst das die beiden Unterscheidende : Die Seitenorgane sind bei den Capitelliden zeitlebens und bei den Vertebraten wenigstens der An- lage nach segmentale Organe, wogegen die becherförmigen Organe, wo immer sie auch angetroffen werden mögen, nie eine andere, als eine diffuse Vertheilung aufweisen. Der Hauptverbreitungsbezirk der Seitenorgane ist der Eumpf, die becherförmigen Organe dagegen suchen mit Vorliebe den Kopf mit seinen Anhangsgebilden, sowie die Mundhöhle avif. Das Vorkommen von Seitenorganen ist ausschliesslich auf im Wasser lebende Thiere beschränkt, becherförmige Organe werden sowohl bei Wasser-, als auch bei Landthieren angetroffen. Die Sinneszellen der Seitenorgane sind (bei den Vertebraten) kurz und birnförmig, die Sinneszellen der becherförmigen Organe dagegen sind lang und fadenförmig. Den Sinneszellen der Seitenorgane sind (bei den C'apitelliden) lange, mit den Ilörhaaren überein- stimmende Haare aufgesetzt, die Sinneszellen der becherförmigen Organe dagegen enden in kurze, mehr den Riechhaaren ähnliche Börstchen oder Stäbchen. Die Seitenorgane werden (bei Vertebraten) hauptsächlich versorgt von Zweigen des N. vagus, die becherförmigen Organe hauptsächlich von solchen des N. glossopharyngeus. Die Seitenorgane betrachtet man als vorzugsweise geeignet zur Perception mechanischer, die becherförmigen Organe dagegen als mehr geeignet zur Perception chemischer Einwirkungen. Heben wir nun das den beiden Gemeinsame hervor: Sowohl die Seitenorgane, als auch die becherförmigen Organe sind rein epidermoidale Bildungen. Beide Sinnesorgane treten in Form rundlicher, solider Hügel oder Knospen auf, um welche herum aus dem benachbarten Epidermisgewebe Schutzvorrichtungen sich bilden können, undjv^lche entweder -in toto, oder doch an ihren Spitzen Haarfeldern) eine Zurückziehung, respective eine Einstülpung gestatten*). Bei beiden bestehen die Hügel oder Knospen aus einem Mantel wenig modificirter Epidermiszellen, und aus einem central gelegenen Bündel eigenthümlich gestalteter )) Sinneszellen«. Bei beiden endlich (innerhalb des Vertebratenkreises) laufen diese Sinneszellen einerseits, und zwar basal, in Fortsätze aus, welche muthmaasslich mit den Fibrillen des jenen Zellen als seinen Endorganen zustrebenden relativen Nerven in Verbindung treten, andererseits, und zwar distal, in Härchen, welche als die den Reiz aufneh- menden Theile des Organes angesehen werden. 1) Gottschau, M. Ueber Geschmacksorgane der Wirbelthiere. Biol. Centralbl. 2. Bd. 1882/83. p. 240. 2) 1. p. 7G. c. p. 330—332. *) Bei den Vertebraten bedarf diese Ketractions- respective Einstülpungs - Fähigkeit der Sinneshügel aller- dings noch weiterer Bestätigung. 70* 556 B. Vera:leichencl-Anatomiselier (Morphologischer) Theil. Man sieht, es fehlt weder an Momenten, welche zu Gunsten einer Zusammengehörigkeit, noch an solchen, welche zu Gunsten einer Trennung der beiderseitigen Bildungen verwerthet werden können, und zwar auch dann nicht fehlte es an solchen, wenn man den Vergleich von einem ausschliesslich morpholo- gischen Standpunkte aus zu führen gezwungen würde. Es haben denn auch — für die Vertebrateii — die beideu Auffassungen ihre Vertreter gefunden: Leydiü', fasst Seitenorgane, becherförmige Organe, so\yie einige andere noch problematischere Sinneswerkzeuge als «Organe eines sechsten Sinnes« zusammen. »Ueberblickt man Alles«, so drückt er sich in einer seiner neueren Publicationen^i aus, »was liisher von mir und Anderen über die eigenthümlichen Organe, wie sie in der äusseren Haut, dann in der Schleim- haut der Mund- und Rachenhöhle bei Fischen, Amphibien, Reptilien und Säugethieren vorkommen, ermittelt wurde, so wird wohl Niemand bestreiten können, dass sie alle verwandtschaftlich zusammengehören, etwa in der Sprache systematischer Aufstellungen als Familie einer Organgruppe: ebenso klar ist aber auch, dass sie unter sich Verschiedenheiten aufzeigen, welche uns berechtigen können, .sie wieder in Untergruppen zu zerlegen.« F. E. Schulze 3) dagegen ist mit diesem Zusammemverfen von Seitenorganen und becherförmigen Oro-anen nicht einverstanden. Indem er das die betreffenden Orgaue Unterscheidende hervorhebt, kommt er vielmehr zur Vertretung einer scharfen Trennung beider, luid dieser Auffassung hat sich Malbkanc^, auf Grund seiner eigenen Erfahrungen angeschlossen. Das Problem stellt sich nun aber, unserer Ansicht nach, in der Erwägung folgender Möglich- keiten dar. Erstens: Von den diffus angeordneten, als Geschmackswerkzeuge' fungirenden becherförmigen Or- ganen haben sich einzelne, und zwar in jedem Segmente ein Paar, unter allmählicher Umbildung ihrer Function, in segmentale Seitenorgane umgewandelt. Oder zweitens: Aus segmentalen, als eigenthümliche Tastapparate fungirenden Seitenorganen sind unter allmählicher Veränderung ihrer Function, mit Hülfe eines Vermehrungsprocesses, zahlr^che diffus angeordnete becherförmige Organe hervorgegangen. Oder drittens: Die als eigenthümliche Tastapparate fungirenden Seitenorgane, sowie die die Rolle von Geschmackswerk- zeugen spielenden becherförmigen Organe haben sich unter allmählicher Diflerenzirung und specifischer In- nervation, die einen segmental, die anderen diffus, aus indifferenteren Sinneshügeln heraus entwickelt. Oder endlich viertens: Seitenorgane und becherförmige Organe sind beide unabhängig von einander, die einen segmental, die anderen diffus, aus ihrem gemeinsamen Mutterboden, aus der Epidermis heraus, ent- standen. r'ür das Eingetretensein der ersten, sowie der zweiten der erwogenen Möglichkeiten lassen sich — ganz abgesehen von der schwer vorstellbaren physiologischen Seite eines solchen Umwandlungsprocesses — nicht die geringsten Anhaltspunkte finden; gerade bei den Capitelliden , l)ei welchen wir doch gegenüber den Vertebrateu ursprünglichere Zustände voraussetzen müssen, gerade bei ihnen, sind Seitenorgane und becherförmige Organe, wo immer sie neben einander vorkommen, so scharf unterschieden, dass man nie einen Augenblick darüber in Zweifel sein kann, -welcherlei Vertreter von beiden man vor sich habe. Ueber die dritte der in's Auge gefassten Eventualitäten könnten, da unter den heutigen Capitelliden- fornien keine mit solch indifferenten Hügeln ausgerüstete Arten mehr erhalten zu sein scheinen, vielleicht Erfahrungen aus der Ontogenie entscheiden; aber, weder von Vertebraten, noch von Capitelliden ist das Geringste über die Entwickelungsgeschichte der becherförmigen Organe bekannt, und auch das, was über die Entstehung der Seitenorgane (bei Vertebraten, erforscht worden ist, gewährt uns noch keinen Einblick in das Wesen der Anlage dieser Organe. Die Zulässigkeit der Ansicht, dass Seitenorgane und becherför- mige Organe von neutraleren Sinneshügeln abstammen, müssen wir demnach dahingestellt sein lassen, so dass allein noch der vierte der von uns erwogenen Fälle übrig bleibt, welcher nichts präjudicirt, sich auf 1; 1. p. 417. c. p. 2) 1. p. 414. c. p. 171. 3) 1. p. 521 (Sinnesorgane Seitenlinie), c. p. 81. 4) 1. p. 519. c. p. 25. *) Bezüglich der Function der Seitenorgane und becherförmigen Organe vergleiche man: Physiologischer Theil, Kapitel Sinnesorgane. V. Sinnesorgane. 5. Vergleich der becherförmigen Organe mit den Seitenorganen. 557 eine unbestreitliare Thatsache ^Abstammung vom Ectoderme stützt, und sich daher auch unserer Ansiclit nach — vorläufig wenigstens • — als der für die weitere Erforschung der lieiden Organgrup])en fruchtbarste Standpunkt allein zur Annahme empfiehlt. Wie man aus dieser Reproduction ersieht, habe ich mich seiner Zeit hinsichtlich der Frage nach den Beziehungen von Seiten- und Becherorganen denjenigen For- schern angeschlossen, welche eine strenge Scheidung, sei es auf Grund physio- logischer oder morphologischer C'riterien befürwortet hatten. Dabei war für mich in erster Linie das Factum maassgebend, dass sich bei zwei so weit von einander abstehenden Thiergruppen, wie die Capitelliden einer- und die Teleostier andererseits, die betreffenden zwei Organsysteme gleicherweise in unverkennbarem Dualismus manifestiren. Ferner hielt ich dafür, dass eine befriedigende Erklärung der Gesammter- scheinungen eher dadurch erreicht werden könne, dass wir an der durch diese Fälle so klar ausgedrückten Divergenz festhalten, als durch das entgegengesetzte Bestreben, sei es nun dass man, wie Leydig, alle Sinneshügel für Tariationen eines und desselben Themas hielt, sei es dass man, wie Todaro, Jobert und Zincone, speciell den Becherorganen nebeii ihrer Func- tion von Geschmacks- auch noch solche von Tastorganen zuerkannte. Auch heute noch bin ich der Ansicht, dass die in erster Linie von Seiten F. E. Schulzes vertretene Zwiespältigkeit der beiden (-)rgansysteme nicht nur der weiteren Forschung mehr genützt, als geschadet habe, sondern, dass sie auch für gewisse Thiere nach wie vor in vollstem Maasse zutreffend sei. Für gewisse Thiere, aber, wie neuere, im nächsten Abschnitte zu besprechende Erfahrungen gezeigt haben, nicht für alle; und darin liegt Ein Motiv, meinen früheren Standpunkt, der auf der Voraussetzung basirte, dass sich im ganzen Thierreiche alle Sinneshügel auf die eine oder andere Kategorie, das heisst entweder auf Becher- oder auf Seitenorgane zurückführen Hessen, zu modificiren. Das zweite Motiv hierfür liegt sodann in der Herleitung der Anneliden -Seitenorgane aus Anneliden-Cirren, respective in der Herleitung der aggregirten Hügel aus ursprünglich zerstreut stehenden Sinnespapillen. Aus dieser Herleitung folgt nämlich zwingend, dass nicht, wie ich früher glaubte, die vierte der oben für die Phylogenese der zwei Organsysteme erwo- genen Möglichkeiten , sondern vielmehr die dritte, nach welcher sich sowohl Becher-, als Seitenorgane unter allmählicher Differenzirung, die einen diffus, die an- deren segmental aus indifferenteren Organen heraus entwickelt hätten, als die zutreffendere betrachtet werden muss. Von diesem Standpunkte aus erscheint zwar gegenüber der früheren so einfach auf ein »Entweder — Oder« hinauslaufenden Alternative die Frage gewaltig complicirt; aber andererseits vermögen wir nun auch dank einem so viel weiteren Gesichtskreise den neueren Thatsachen viel leichter gerecht zu werden. Wenn nämlich Becher- und Seitenorgane nur divergente Zweige jener neutraleren, schon bei niedersten Thieren zur Ausbildung gelangten Sinnes- oder Tastpapillen darstellen, so ist leicht einzusehen, dass diese beiden Zweige nicht die einzigen zu sein brauchten, die 558 B- Vergleichend-Anatomischer (Morphologischer) Theil. sich aus jenen heraus entwickelt haben, dass vielmehr erstens indifferente Sinnespapillen wenig verändert bestehen bleiben, respective als solche sich fortentwickeln, oder zweitens, dass solche auch noch in anderer Weise (als zu Becher- und Seitenorganen} modificirt werden konnten. In's Physiologische übersetzt: Gegen das Vorhandensein solcher Sinneshügel, die weder gleich den exquisiten Becherorganen dem Geschmacks-, noch gleich den exquisiten Seitenorganen dem (für das Wasserleben modificirten) Tastsinne dienen, vielmehr Perceptionen anderer Natur vermitteln, lässt sich a priori nichts mehr einwenden. Diese Einsicht wird uns aber für das Verständniss der im nachfolgenden Abschnitte zu betrachtenden Fälle von »rösstem Nutzen sein. 6. Sinneshügel, welche sich vorläufig weder in die Kategorie der Seiten- organe, noch in diejenige der becherförmigen Organe einreihen lassen. Beginnen Avir mit den Anneliden. Es sind ausschliesslich durch Vejdovsky von Oligochaeten bekannt gewordene Sinnes- hügel, mit denen wir uns zu beschäftigen haben. Die Lumbriculiden {Liimbriciili(s, Claparedilla , Hhi/nchelmis) haben diesem Forscher') zufolge an einer grossen Zahl von Segmenten je ein Paar retractiler, in der Seitenlinie ge- legener, mit Sinnesborsten ausgerüsteter Hügel, welche aus zarten Fadenzellen mit spindel- förmigen Kernen aufgebaut sind. Vejdovsky nennt diese Organe Tastorgane, führt sie unter den becherförmigen Organen auf und vergleicht sie mit den Seitenorganen der Capitelliden. Kein Zweifel, diese Sinneshügel der Lumbriculiden erinnern durch ihre Lagerungs- verhältnisse auffallend an die Seitenorgane der Capitelliden; aber zum Behufe ihrer definitiven Einordnung in diese Gruppe müssten doch erst exactere' Angaben, insbesondere auch über die Structur-, Grössen- und Innervationsverhältnisse gemacht werden, als die jetzt vorliegen- den, und aus diesem Grunde habe ich sie auch hier unter den Organen »incertae sedis« aufgeführt. Noch fraglicher hinsichtlich ihrer Einreihung sind die durch Vejdovsky-) von Naido- morphen, speciell von Slavina appendiculata, als Tasthügel beschriebenen Organe. Letztere wiederholen sich auf allen Segmenten zu je 15 — 20 in gürtelförmiger Anordnung, entbehren der Retractilität und werden von den sogenannten Ganglienzellsträngen (also nicht vom Cen- tralnervensysteme) aus innervirt. Um diese pseudometameren Hügel von Slavina den Seitenorganen anreihen zu können, niüsste zuvor die Fähigkeit letzterer Organe sich zu vermehren auch bei den Anneliden (wo 1) 1. p. 236. c. p. 98. 2) 1. p. 230. c. p. 97. V. Siunesorgane. 0. Sinneshügel, welche sich vorläufig weder in die Kategorie der Seitenorgane, etc. 559 wir sie ja bis jetzt ausschliesslich paarweise an jedem Segment angetroffen haben) nachge- wiesen sein. Sie ferner als Becherorgane gelten zu lassen, würde die (erst noch zu begrün- dende) Voraussetzung erheischen, dass die diffuse Anordnung letzterer Organe sich in eine pseudometamere verwandeln könne. Es bleibt daher auch drittens, vorläufig wenigstens, die Möglichkeit bestehen, dass wir es in den segmentweise in ringförmiger Anordnung sich wie- derholenden Hügeln von Slan'na mit weniger einseitig differenzirten Fortbildungen jener neu- traleren Sinnespapillen zu thun haben, aus welchen sich einerseits die diffusen Becher- und andererseits die streng metameren Seitenorgane entwickelt haben. Zu ganz ähnlichen Erwägungen führen gewisse Sinneshügel der Hirudineen. Sie wurden von Leydig') entdeckt und, wie ich bereits früher hervorzuheben hatte'-'), waren es gerade diese Organe, welche genannten Forscher zuerst zum Vergleiche mit den Becherorganen der Fische bewogen haben. Was für diese Thiergruppe von vornherein schon die Frage nach der Bedeutung der Hügel oder Becher erschwerte, war der so überraschende Nachweis Leydig's, dass die in un- mittelbarer Nachbarschaft von den Bechern gelegenen Augen sich nicht nur ganz ähnlich gebaut, sondern auch aus denselben Kopfnerven innervirt zeigten. Aber nicht genug damit; nachdem Leydig hinsichtlich der Verbreitung der Becher constatirt hatte, dass sie haupt- sächlich am Kopfe und an den Lippen gedrängt stehen und dass die Körperringe jenseits der Augen tragenden Segmente nur noch einzelne aufweisen, trat Whitman^) mit der Entdeckung hervor, dass ähnliche Organe an allen Körpersegmenten, und zwar in der Regel 6 — S dorsal und 6 ventral an jedem Segmente vorkommen. Ihre Anordnung ist polymetamer ringförmig und zugleich derart symmetrisch, dass eine bestimmte Zahl von Längsreihen unterschieden werden kann. Auf Grund dieser gesetzmässigen Längsvertheilung gelang es sodann WnrrMAN festzustellen, dass die Augen auch diesen segmentalen Papillen, wie Autor die Organe des Rumpfes nennt, serial homolog seien. "Whitman ist nun der Ansicht, dass wir, der Structur nach, wenigstens drei verschiedene Classen von Sinnesorganen bei den Hirudineen zu unterscheiden hätten. Nämlich erstens die segmentalen Papillen des Körpers und Kopfes nebst den nicht segnientalen, über der Kopf- fläche zerstreut stehenden Sinnesknospen; zweitens die von den segmentalen Papillen abstam- menden Augen und drittens die becherförmigen Organe der Lippen. Hinsichtlich der Function betrachtet derselbe Autor die zuletzt genannten Organe als solche, welche zugleich dem Geschmacks- und Tastsinne dienen, und die segmentalen Pa- pillen sollen ähnlich wie die Augen Perceptionen des Lichtes, nebenbei aber auch solche des Geruches vermitteln können. a Vergl. p. 54S. 1) 1. p. 548. c. p. 599., 1. p. 463. c. Tafeln., 1. p. 319. c. p. lUO. 2) Whitman, C. External Morphology of the Leech. Proc. Amer. Acad. Boston. Vol. 20. 1SS4. p. 76- . The Leeches of Japan. Part I. Q. Journ. Micr. Sc. (2) Vol. 26. 1SS6. p. 392—410. Man vergleiche auch Agassiz und Whitman 1. p. 526. c. p. 30 — 32. 560 ^- Vergleichend-Anatomischer 'Morphologischer) Theil. Man sieht, dass trotz der so eingehenden DarsteUungen Leydig's und Whitman's, welche ich, da ja hier nur einzelne Hauptpunkte hervorgehoben werden konnten, in den Originalen nachzulesen bitten muss, hinsichtlich der Beziehungen dieser Hirudinecn-Sinnesorgane sowohl untereinander, als auch mit denjenigen anderer Thiergrup])en noch nicht erwünschte Klar- heit herrscht. Am leichtesten Hessen sich noch die an den Lippen der Egel befindlichen Hügel ein- ordnen, da sie einmal durch ihre Beziehungen zum Munde und sodann durch ihren seitens Leydig's nachgewiesenen Besitz von Sinneshaaren entschieden an Becherorgane erinnern. Ich hätte sie auch ohne AVeiteres dieser Hügelkategorie zugetheilt, wäre nicht gerade durch Leydig auch ihre generelle üebereinstimmung mit den benachbarten Augen hervorgehoben worden. Und was die segmentalen Papillen Whitman's betrifft, so ist die Sache noch viel verwickelter; denn diese Papillen sollen nicht nur morphologisch und physiologisch den Augen gleich- werthig sein, sondern auch durcliweg der Sinneshaare entbehren. Unter solchen Umständen kann meiner Ansicht nach, vorläufig wenigstens, an einen Vergleich zwischen den polymetameren Hirudineen-Papillen und den Seitenorganen der Anne- liden, respective der Vertebraten noch nicht gedacht werden, um so weniger, als auch die landbewohnenden Egel jene Organe besitzen. Und wenn schon dadurch dem Versuche Whit- man's, die Mehrzahl der Seitenlinien bei Vertebraten auf eine ursprüngliche pseudometamere Anordnung der Seitenorgane zurückzuführen, die Basis entzogen wird, so Hesse sich dieser Versuch noch weniger aufrecht erhalten, eingedenk des im Vorhergehenden gelieferten Nach- weises, demzufolge bei den Vertebraten die erste Anlage der Seitenorgane in streng meta- merer Weise erfolgt, sowie eingedenk der mit Unrecht von Whitman in Zweifel gezogenen Thatsache, dass diese Organe einer nachträglichen Vermehrung durch Tlieilung anheimfallen können. Bestätigt sich Whitman's Annahme, dass die pseudometameren Sinnespapillen der Hiru- dineen ebenso wie diejenigen des Kopfes in erster Linie Lichtperceptionen zu vermitteln haben, so wäre als vergleichbarer Bildungen in erster Linie der — allerdings streng metamer sich wiederholenden — Seitenaugen von Polt/ophthahnus zu gedenken und weiterhin zu erwägen, ob sich ebenso wie die Seitenorgane und Becherorgane auch diese mehr oder weniger streng segmental angeordneten Augen als Derivate jener neutraleren Sinnespapillen auffassen lassen. Diese Erwägung wäre um so mehr am Platze, als wir ja auch noch bei gewissen Vertebraten (neben Seiten- und Becherorganeni sogenannte Seitenaugen antreffen. In Anbetracht der neuerdings wieder, insbesondere durch die Forschungen IjAng's, in den Vordergrund gestellten Beziehungen zwischen Hirudineen und Plathelminthen, ist es von Interesse, dass auch bei letzteren, speciell bei den Tricladen, am vorderen Körpertheile neben zahlreich zerstreuten Augen an Becherorgane erinnernde Sinnesapparate vorkommen. T>ang'\ l) Lang, A. Untersuch, zur vergl. Anat. und Histol. des Nervensystems der Plathelminthen. IV. Das Nervensystem der Tricladen. Mitth. Z. Stat. Neapel. :<. Bd. 1881. p. 6-1. V. Sinnesorgane. 6. Sinneshügel, welche sich vorläufig weder in die Kategorie der Seitenorgane etc. 561 der diese von Moseley an conservirtem Materiale entdeckten Organe in frischem Zustande untersucht hat, schrieb Folgendes über dieselben: II Interessant werden mm aber die Beziehungen des Gehirns zu besonderen Sinnesorganen, die Mo- seley alsiciliated sacs« bezeichnet. Es kommen nämlich im Kopftheile von Bipalmm ausser den an seiner ganzen Rückseite zerstreuten, zahllosen Augen am vorderen Rande noch flaschenförmige Einstülpungen des Epithels in das darunter gelegene Parenchym vor, welche dem Vorderrande des Kopftheils parallel im Halb- kreise, zwischen besonderen Papillen liegend, angeordnet sind. Der Bauch des flascheuförmigen Organes trägt nach Moseley einen Besatz mit Cilien, die in das Lumen der Höhle vorspringen. Ich vermuthe, dass diese Cilien wirkliche Sinneshaare sind. Da Moseley sie nur an conservirtem Material untersucht hat, so ist eine solche Vermuthung wohl erlaubt. Bestätigt sie sieh, so haben wir hier Orgaue vor uns, die mit den becherrörmigen Organen der Hirudineen und Anneliden in allen wesentlichen Punkten übereinstimmen ; denn Moseley hat nachgewiesen, dass von dem Boden eines jeden der uciliated sacs« ein Nerv entspringt und die Zone fremden Gewelies, welche das Gehirn vom Körperrnnde trennt, durchsetzt, um ins Gehirn selbst einzutreten.« Diese Sinnesapparate der Tricladen können natürlich noch viel weniger ohne Weiteres mit Becherorganen verglichen werden, als diejenigen der Hirudineen; vielmehr entsteht auch ihnen gegenüber die Frage, ob wir es nicht mit solchen Organen zu thun haben, die sich direct aus aggregirten Sinneszellen oder aus Sinnespapillen entwickelt haben. In besonders auffälliger Weise sind die Chaetognathen mit Sinneshügeln ausgerüstet. Hinsichtlich der Zahl, Form, Grösse und Vertheilung sind diese Hügel je nach den Arten und Altersstadien ungewöhnlich grossen Schwankungen unterworfen. Gleichwohl lassen sich in hi- stologischer Beziehung alle auf den für solche Nervenendapparate giltigen Typus zurückführen ; insbesondere fehlen niemals die so charakteristischen Sinneshaare. Auf diese Hügel ist zwar schon von zahlreichen älteren Forschern hingewiesen worden, aber eine eingehendere Unter- suchung haben sie doch erst in den letzten Jahren erfahren. Zunächst durch Langerhaxs '), der ihren Aufbau aus centralen Sinneszellen und einem indifferenten peripheren Epithel con- statirt und zugleich hervorhebt, dass sie bald in zahlreichen Querringen, bald longitudinal, bald endlich weniger regelmässig angeordnet ständen. Sodann durch O. Hertwic;^), der die Hügel als Tastorgane bezeichnet und ähnlich wie Laxgerhans deren meist regelmässige Anordnung zu Querringen und Ijängsreihen betont. Die aussergewöhnlich entwickelten Organe von Spadella sollen sich im Wesentlichen weder morphologisch, noch physiologisch von den gewöhnlichen Tasthügeln unterscheiden. Endlich dnrcli Grassi'*), der die von den eben genannten Autoren vertretene regel- mässige Anordnung der Sinneshügel als eine nur scheinbare bestreitet. Was uns hier aber in höherem Grade interessirt: Grassi hält diese Hügel ebenfalls für Tastorgane und vergleicht sie mit den Seitenorganen der Anneliden und Vertebraten. Nach allen vorhergehenden Auseinandersetzungen wird es einleuchten, dass ich auch diesem Vergleiche vorläufig noch nicht beistimmen kann, indem ja Grassi's eigenen Angaben zufolge die Hügel der Chaetognathen nie anders, als in diffuser Anordnung angetroffen werden. Ij Langerhans, P. Das Nervensystem der Chaetognathen. Monatsber. Akad. Berlin 1878. p. 193. 2i Hertwig, O. Die C.'Jiaetognathen etc. Eine Monographie. Jena 1880. p. 19. 3, Grassi, B. I Chetognati etc. Fauna und Flora, Golf von Neapel. Leipzig 1883. p. 61 und 109. Zool. Station z. Xeapel, Fauna umi Flora, Golf von Neapel. Capitelliilen. 71 562 ^- Vergleiohend-Auatomischer (Morphologischer) Theil. Die Beantwortung der Frage, ob hier Beziehungen zu den Seitenorganen oder Becher- organen vorhanden sind, oder aber, ob sich die Hügel unabhängig von beiden aus Sinnespa- pillen entwickelt haben, muss daher so wie in den früheren Fällen vorerst unentschieden bleiben. Nur als Beitrag zur Kenntniss der grossen Verbreitung dieser unserer Sinnesorgane sei erwähnt, dass sie auch bei den Bryozoen vorkommen; denn ^'ogt ') hat von Luxosoma Ein Paar Sinneshügel beschrieben, welche alle wesentlichen Merkmale dieser ( )rgane, vor Allem die Sinneshaare aufweisen. An die Erörterung der morphologischen oder physiologischen Beziehungen dieser Hügel kann natürlich auch noch nicht gedacht werden. Sodann sind hier auch die Mollusken zu erwähnen. Abgesehen von den in dieser Gru[)pe so weit verbreiteten und durch ihre Erstreckung in die Mundhöhle so scharf charakterisirten becherförmigen Organen wurden von Hali.er-) gewisse Sinneshügel der llhipidoglosseu als Seitenorgane beschrieben. Diese Hügel liegen bei Fissurella basal von den Zöttchen, oder sogenannten Seitentastern zu je 22 — 24 jeder- seits: bei Trochiis sind entsprechend der Reduction der Seitentaster auch die Hügel auf 4 jederseits reducirt. Sowohl die Zöttchen, als die Seitenorgane werden von den oberen Nerven der Pedalstränge innervirt, und zwar derart, dass der Nerv, an der Zottenbasis angelangt, ein Ganglion bildet, von dem ein Ast zur Zotte und ein anderer zum Hügel verläuft. In Anbetracht, dass Haller diese Hügel mit den Seitenorganen der Anneliden und ^'ertebraten vergleicht, hätte man erAvarten sollen, dass er in erster Linie die fundamentale mori)hologische Frage, nämlich die Beziehungen zur Körjjersegmentirung in's Auge fasste und uns darüber aiifklärte, in welcher Weise sich die typischen für die Anneliden und Verte- braten festgestellten A'erhältnisse mit der Mollusken-Organisation in Einklang bringen lassen. Aber wir suchen vergebens nach etwas Derartigem ; der ganze Vergleich dreht sich um die Erörterung der "Sinneszellen« und »Stützzellen«, als ob in morphologischen Fragen dieses Kalibers das histologische Detail einseitig zu entscheiden vermöchte. Wenn ich diese an den Zöttchen der Rhipidoglossen gelegenen Hügel hier aufführe, so geschieht es im Hinblicke daraiif, dass ihre wahre Natur erst noch der Feststellung bedarf. Abgesehen von ihren fraglichen Beziehungen zu Seitenorganen kommen auch solche zu den Becherorganen in Betracht; denn wir haben schon in einem vorhergehenden Abschnitte ge- sehen''j, wie die Behauptung Haller's, dass die Becherorgane der Rhipidoglossen auf die Mund- höhle beschränkt seien, durch Flemming zurückgewiesen wurde, indem l^etzterer an denselben Zöttchen, von denen Haller die Seitenorgane beschreibt, auch das Vorhandensein von Becher- organen constatiren konnte. Haller kannte zwar die Hügel der Zottenbasis (die von ihm so- genannten Seitenorgane , nicht aber die Becherorgane der Zotte, Flemmix«; kannte dagegen nur letztere und nicht erstere, und so bleibt erst noch festzustellen, ob denn nicht beide eines und dasselbe sind. aj Vergl. p. .t52. 1) Vogt, C. Sur le Lo.\osome des Phascolosomes etc. Arch. Z. Exper. Tome 5. lS7ü. p. 312. 2 1. p. 5.=)1. (Rhipidoglossen) c. p. 44. V. Sinnesorgane. 6. Sinnesliügel, welche sich vorläufig weder in die Kategorie der Seitenorgane etc. 563 Endlich miiss auch noch hervorgehoben werden, dass in wenig anderen Thiergruppen die neutralen Sinneszellen und Sinnespapillen so massenhaft und so verbreitet vorkommen wie gerade bei den Mollusken, und dass in Folge dessen gerade bei ihnen in jedem "-e- gebenen Falle auch die Frage nahe liegt, ob wir es mit neutralen Papillen, respective mit solchen Derivaten derselben zu thun haben, die weder mit Seiten-, noch mit Becheror- ganen zusammenfallen. Nur nebenbei möchte ich in diesem Sinne erwähnen, dass die so massenhaften Augen gewisser Lamellibranchiaten und Gastropoden in dem Momente avifhören für den Morphologen so verwirrend zu sein, in dem wir auch sie als einseitige Entwickelungen dieser an sich schon massenhaft über den Körper zerstreut stehenden, neutralen Sinnespapillen auffassen, das heisst derselben Elemente, die auch nach anderer Richtung hin sich in specifische Sinnesapparate, nämlich in Becher- und Seitenorgane differenzirt haben. Schliesslich haben wir noch der Echinodermen zu gedenken. Es sind speciell die Syn- aptiden, von deren Körperfläche bereits Semper') eigenthümliche » Tastpapillen « beschrieben hat. Genauer wurden sodann diese Papillen durch Hamann'^) untersucht. Ausserdem entdeckte Letzterer eine zweite Kategorie von Sinnesorganen auf der Innenseite der Tentakel jener Thiere, welche er als Sinnesknospen beschrieb und als mögliche Geschmacksorgane deutete. Semox'^ schloss sich dieser Auffassung an, indem nicht nur die Lage, sondern auch der Bau der betreffenden Organe dafür spreche, dass man es mit »becherförmigen Geschmacksorganen« zu thun habe. Auch ich halte für wahrscheinlich, dass die an der Innenseite der Tentakel gelegenen »Sinnesknospen« Hajianxs sich als in die Kategorie der Becherorgane gehörig herausstellen werden ; wie es sich dagegen mit den auf dem Körper zerstreut stehenden »Tastpapillen« verhält, ob sie als »neutrale Sinnespapillen« zu betrachten sind, oder aber anderen Sinneshügeln ent- sprechen, das lässt sich vorläufig noch nicht entscheiden. 1) 1. p. 364. c. p. I.i3 (fide Hamann). 2) Hamann, O. Beiträge zur Histologie der Echinodermen. Heft 1 . Die Holothurien. Jena 1884. p. 18 — 24. 3) Semon, R. Beiträge zur Naturgeschichte der Synaptiden des Mittelmeeres. Mitth. Z. Stat. Neapel. 7. Bd. 1887. p. 286. VI. Parapodieii. 1. Vergleichende Zusammenfassung der Capitelliden. "" Die Parapodien der C'apitelliden erscheineu gegenüber denjenigen der meisten anderen Polychaeten sehr wenig ausgebildet. Dies gilt aber nnr für die äusseren einfach warzen- oder wulstförraigen , aller Anhänge entbehrenden Stummel; die wesentlichen Theile dagegen, die Borstendrüsen, zeigen sich auch in unserer Familie in sehr vollkommener Weise entwickelt. Das an sich geringe äussere Relief, wenigstens der thoracalen, sowie der in gewissen Gattun- gen ähnlich gehauten abdominalen Parapodien kann zeitweilig dadurch ganz und gar zum Ver- schwinden kommen, dass die erwähnten Organe in die Körperhöhle hineingezogen werden , was auch einzelne Autoren zu dem Irrthiime veranlasst hat, unseren Thieren den Besitz von Fuss- stummeln überhaupt abzusprechen. Mit Ausnahme von Capitettu erstrecken sich die Parapt)dien bei allen Gattungen vom zweiten Körpersegmente in ununterbrochener Reihe bis zu dem (gleich dem ersten oder Mundsegmente borstenlosen) Aftersegmente. Es sind nur, ähnlich allen anderen Organen, auch die Parapodien um so unvollständiger ausgebildet, je mehr man sich dem Endsegmente nähert. Das abweichende Verhalten von Capitella ist insofern von keiner besonderen morpho- logischen Bedeutung, als geAvisse Lagerungsverhältnisse insbesondere des C'entralnervensystemes dafür sprechen, dass bei ihr das eigentliche Mundsegment als mit dem Kopflappen ver- schmolzen und daher auch ihr erstes Körpersegment als dem 'zweiten aller übrigen Formen gleichwerthig betrachtet werden müsse. Bei allen Arten und Gattungen sind die betreffenden Segmente je mit zwei symmetrisch angeordneten Paaren, nämlich einem hämalen und einem neuralen, ausgerüstet und diese Paare sind im Gegensatze zu vielen anderen Anneliden sowohl hinsichtlich der äusseren Stummel, als der inneren Drüsen stets vollkommen unabhängig von einander ausgebildet. Abgesehen von den vorderen Thoraxsegmenten, deren topographische Verhältnisse durch die gewaltige Entwickelung der Rüsselmuskulatur verschiedenartige Modificationen erfahren haben, liegen die Parapodien stets an den Segmentenden in einer und derselben Ebene mit a) Man vergleiche: » Anatomisch-Histologischer Theil« p. 9S— 110, ISl — ISü, 219 — 221, 23S — 2 10 und VI. Piivapodien. 1. Verg-leichende Zusammenfassung der Capitelliden. 565 den Seitenorganen. Bezüglich der Queraxe liegen die neuralen stets unterhalb und die hä- malen stets oberhalb der Seitenlinie, so dass also die Drüsenabschnitte der ersteren in die Nieren- und diejenigen letzterer in die Darmkammern hineinragen. Zu dem insbesondere bei den Gattungen Notomastus, Daat/hvcoichus und Mastohranchiis ausgeprägten Gegensatze von Vorder- und Hinterleib oder Tho- rax und Abdomen tragen nicht wenig die Parapodien bei. Im Thorax haben sie die Form massiver, ausschliesslich Pfriemenborsten als geschlossene Bündel umfassender, tief in die Leibeshöhle hineinragender Keulen, welche sich hämal und neural ganz ähnlich verhalten und in geradliniger Reihe (ebenfalls ohne ^"eränderung ihres Habitus aufeinanderfolgen. Im Abdomen dagegen machen sie sich als oblonge, wulstförmige, ausschliesslich Haken (in reihenförmiger Anordnung) tragende, nur indirect durch die Para- podhöhlen mit der Leibeshöhle in Beziehung stehende Erhebungen des Hautmuskelschlauches geltend, die sicli sowohl neural und hämal, als auch dem genannten Körperabschnitte entlang bezüglich der Grösse und des I,agerungsverhältnisses sehr verschieden verhalten. Im Abdo- menanfange übertreffen nämlich die neuralen Parapodien die hämalen um ein Mehrfaches an Grösse; erstere erstrecken sich vom Bereiche der neuralen Medianlinie bis zur Eückenfläche und die hämalen kommen in Folge dessen ganz auf die letztere Fläche zu liegen. Weiterhin aber nehmen die neuralen Parapodien allmählich an Umfang ab und in dem Maasse, als sie nicht mehr so hoch zum Ilücken hinauf reichen, vielmehr die ventralen Flanken einnehmen, rücken auch die hämalen auf die dorsalen Flanken herab, bis gegen das Körperende hin hä- male wie neurale Parapodien gleich grosse und gleich weit von den Körperaxen entfernt ge- legene Bogenstücke des Leibesumfanges einnehmen. Der Grössen- und Lagerungscontrast dieser Parapodien hängt wesentlich mit der im Abdomenanfange genannter Gattungen so ungeheuer gesteigerten und im weiteren Verlaufe wieder zu normalerem Umfange herabsinkenden neu- ralen Ijängsmuskulatur zusammen. Wo die Grenzlinie dieser Muskulatur oder die Seitenlinie bis zur Rückentiäche heraufreicht , da erstrecken sich auch die neuralen Parapodien so hoch hinauf; wo sie nur bis zur Mitte des Leibesumfanges ansteigt, da bleiben auch diese Organe auf solche Aiisdehnung beschränkt: kurz die Erstreckung der abdominalen Parapodien von Nutoma, st II s , Dasi/hnnicluis und MiistohriincIni.s wechselt ganz im Einklänge mit derjenigen der Muskulatur oder, wenn man die Para])odien als das Wirksame betrachtet, umgekeJirt. Notoma.stiis und Ddsj/braiir/iii.s liaben im Thorax ausschliesslich Pfriemenborsten und im Abdomen ausschliesslich Haken; Mastobrunchus führt zwar in den thoracalen Parapodien eben- falls nur Pfriemen, in seinen SO ersten hämalen des Abdomens dagegen kommen Pfriemen und Haken gemischt vor, so dass schon dieses Verhalten einer Charakterisirung von Thorax und Abdomen allein nach der Borstenform im Wege steht. In noch höherem Grade aber wird diese Charakterisirung, wenigstens für die Familiendiagnose, hinfällig gegenüber dem Ver- halten der anderen Gattungen. Heteromastus hat nämlich im Thorax nur vom 2. — 6. Segmente Pfriemen, im 7. — 12. dagegen Haken ; welche allerdings noch sehr an Pfriemenborsten erinnern); Copitumastus scheint sich Heteromastus enge anzuschliessen und Capitella endlich ist in den 5ß6 B. Vergleichend-Anatomischer (Morphologischer) Theil. ersten (> Parapodpaaren ihres auf 9 Segmente reducirten Thorax nur mit Pfriemen, im 7. mit Haken und Pfriemen in regelloser Mischung zugleich, und im 8. und 9. -lediglich mit Haken (welche vollständig mit den abdominalen übereinstimmen) ausgerüstet. In jugendlichen Thieren dieser Gattung erstrecken sich auffallender Weise die Haken sogar noch auf weiter nach vorn gelegene Segmente. Wir treffen nämlich bei 1 — 3 mm langen juvenes nur in den 3 ersten Thoraxsegmenten Pfriemen, im 4. Pfriemen und Haken gemischt und vom 5.-9. nur Haken; bei 3 — 5 mm langen in den 4 ersten Pfriemen, im 5. Pfriemen und Haken und vom 6. — 9. nur Haken; bei 5 — 10 mm langen in den 5 ersten Pfriemen, im ß. Pfriemen imd Haken und vom 7. — 9. nur Haken; von da, ab endlich tritt die für die Erwachsenen geschil- derte definitive Vertheilung ein. Eine weitere Eigenthümlichkeit dieses Genus liegt darin, dass bei den männlichen Thieren die hämalen Parapodien des 8. und 9. Segmentes zur Bil- dung eines Copulationsapparates herangezogen werden. Nachdem solche Thiere eine Länge von 8 — lÜ mm erreicht haben, beginnen sich die erwähnten, bis dahin mit den übrigen voll- ständig übereinstimmenden Parapodpaare mächtig auszudehnen und an Stelle der normalen Haken treten colossale, cylindrische , spitz und gekrümmt endigende Genitalborsten, welch' letztere als solche neben den normalen , pro\ isorischen zur Anlage und Entwickelung gelangen. Der für die drei ersten Gattungen so bezeichnende Gegensatz zwischen den Parapo- dien des Thorax und des Abdomens, sowie auch derjenige zwischen den neuralen und hämalen Toris letzterer Körperabtheilung hat bei Heteromastus viel von seiner Schärfe verloren, indem dessen abdominale Organe an keiner Stelle so liächenhaft ausgedehnt sind. Und bei Capitella hört dieser Gegensatz nahezu ganz auf; thoracale und abdominale, hämale und neurale Organe stellen gleicherweise bewegliche, Pfriemen oder Haken führende Keulen dar. Entsprechend diesem Mangel der langgezogenen Tori linden wir denn auch in letzteren beiden Gattungen kein solches Ansteigen der Seitenlinie im Abdomenanfange; diese Linie verläuft vielmehr in nahezu gerader Richtung von dem einen Körperende bis zum anderen, das heisst die hämalen und neuralen Längsmuskelstränge nehmen an allen Stellen des Körpers ungefähr gleiche Theile des Leibesumfanges ein. Während sich Mastohranchus hinsichtlich des Gesammthabitus der Parapodien den zwei ersten und Heteromastus der fünften Gattung anschliesst, haben die zwei genannten Formen aUen anderen gegenüber das unter sich gemein, dass die Locomotionsorgane der liintersten Körperabtheilung auf neuralen und hämalen Segmentfortsätzen eingepflanzt stehen. Was die Structur betrifft, so ergiebt sich an den thoracalen Parapodien von Notomastits und Dasyhranchtis, sowie an den dem ganzen Körper entlang einen ähnlichen Typus zur Schau tragenden von Heteromastus und Capitella ohne W^eiteres, dass wir zwei Theile zu unterscheiden haben: nämlich einen sehr umfangreichen, proximalen, borstenerzeugenden, welcher stets in der Leibeshöhle eingeschlossen liegt, und einen viel kleineren distalen, die freien Borsten um- schliessenden, welcher nach aussen ragt. Von diesen beiden ganz continuirlich in einander übergehenden Theilen haben wir den ersteren als das Aequivalent der Borstendrüse und den letzteren, allein von der Hypodermis bedeckten als dasjenige des Fussstummels zu betrachten. VI. Parapodien. 1. Vergleichende Zusammenfassung der Capitelliden. 567 Auf diesen Fussstummel gehen nun die benachbarten Schichten des Hautmuskelschlauches nicht continuirlich über; denn, abgesehen von der Längsmuskulatur, Avelche ja gar nicht in Betracht kommt, da die Locoraotionsorgane in der ihre Bündel scheidenden Spalte liegen, weicht auch die Ringmuskulatur vor und hinter jedem Parapodium halbkreisförmig aus, so dass eine lediglich vom Stummel und seiner hypodermalen Decke eingenommene Lücke im Muskelschlauche entsteht. Dadurch aber, dass die Hypodermis nicht glatt auf den Stummel übergeht, sondern zuvor eine tiefe in das Cölom hineinragende Falte bildet, ist (im Vereine mit der ringförmigen Durchbohrung des Muskelschlauches die Aus- iind Einstülpung der thoracalen Parapodien allein ermöglicht. Die Hauteinstülpung des Parapodiums hebt sich ziemlich scharf von dem Fussstummel ab, Avogegen letzterer, wie erwähnt, ganz continuirlich in die Borstendrüse übergeht, von der er sich nur durch seinen terminalen Hautüberzug unterscheidet. An der Borsteudrüse unterscheiden wir zu äusserst einen peritonealen Sack, welcher bis zu ihrem terminalen, von der Hypodermis überzogenen Abschnitte hinzieht, um hier in das parietale Blatt überzugehen. Auf diesen peritonealen folgt ein ihm enge anliegender zweiter, ebenfalls zelliger Sack, welcher die Membrana propria des Organes darstellt. Von * letzterer Membran entspringen nun zahlreiche, das T;umen der Drüse in den verschiedensten Richtungen durchziehende Lamellen, um so ein Fachwerk zur Aufnahme des Zellmateriales herzustellen. Ursprünglich entspricht wohl jedem einzelnen Zellkörper eine C'averne dieses Fachwerkes; in dem Maasse aber, als die an der Basis der Drüse sich entwickelnden Borsten auswachsen, durchbohren und verdrängen sie die C'avernen und wir treffen dann im Bereiche der Borsten allein die nackte Zellsubstanz. Nur ein Theil der Borsten ragt frei nach aussen, ein anderer, in der Entwickelung be- griffener liegt ganz und gar als Reserveborstenbündel seitlich in der Drüse eingeschlossen. Bei grösseren Exemplaren von Dasybranchus kann die Zahl der in einem thoracalen Parapodium enthaltenen Pfriemen bis 100 betragen, Avovon V:i auf die fungirenden und '/! aiif die Reserve- borsten kommen mag. Wenn wir nun gegenüber diesen thoracalen die exquisit abdominalen Parapodien in's Auge fassen, so ergiebt sich, dass der so grosse C'ontrast beider lediglich auf topographischen Differenzen beruht, und dass hinsichtlich der Structur, wenigstens in den wesentlichen Ver- hältnissen, auffallende Uebereinstimmung herrscht. Da diese abdominalen Parapodien nur in a erschwindendem Maasse vorgestreckt oder zurückgezogen Averden können, so sind auch die bei den thoracalen so hervorragend ent- Avickelten Hauteinstülpungen stark reducirt, und dasselbe gilt natürlich auch für die den Fuss- stummeln anderer Anneliden entsprechenden terminalen, nach aussen ragenden Theile der Borstendrüsen. liCtztere stellen hier den langgezogenen, schmalen, äusseren Toris ähnliche, der Leibeshöhle zu gerichtete Wülste dar, welche gleichAvie die keulenförmigen thoracalen von einer Membrana peritonealis und einer Membrana propria umhüllt Averden. Auch hier entspringen aus der zuletzt genannten Membran zahlreiche liamellen zur Herstellung eines 568 Vergleichend-Anatomischer (Morphologischer) Theil. Fachwerkt's für das Zcllmaterial, nur mit dem Unterschiede, dass entsprechend der langge- zogenen Form der Drüse, sowie entsprechend der reihenförmigen Anordnung der Haken, diese Lamellen ganz regelmässig zwisclien je zwei Haken hinziehen und dass diese Blätter erster Ordnung in ähnlicher Weise rechtwinklig auf ihren Verlauf weiter abgetheilt werden. Dadurch, dass das Zellmaterial liier naliezu auf einen basalen Streifen zusammengedrängt wird, kann der darüberUegende Theil des Fachwerkes vorwiegend zur Fixirung der einzelnen Haken ver- wendet werden. Zu ähnlichem Zwecke verlaufen auch mehrere von der Ringmuskulatur sich abzweigende Faserbündel den Hakenreihen entlang; diese dienen insbesondere dazu, die Haken- reihen in ihrer Gesammtheit gerichtet zu halten. Wie bei den thoracalen Parapodien im proximalen Fnde der Keule, so geht bei den abdominalen in einem der Enden ihrer Wülste die Entwickelung der Ersatzborsten vor sich. Das betreffende Wulstende hebt sich von dem im Uebrigen fest mit dem Hautmuskelschlauche verwachsenen Torus ab und ragt spiralig gedreht als sogenannte Hakensjjirale in die Leibes- höhle hinein; hier endigt aber die Spirale nicht etwa frei, sondern verschmilzt vielmehr mit der Hypodermis. Gerade an dem Punkte, an dem die Verschmelzung vor sich geht und an dem unverkennbar eine Einwanderung von Hautzellen stattündet, nimmt auch die Ent- wickelung der reihenförmig nachwachsenden Ersatzhaken ihren Ausgangspunkt; ein für die ectodermale Natur dieser Gebilde gewiss bezeichnendes Factum. Mit Ausnahme von Dasi/hranchii.s sind es stets die dorsalen Enden der Hakenwülste, welche in die Spiralen auslaufen; bei genannter Gattung aber verhalten sich nur die neuralen Parapodien dieser Regel entsprechend, wogegen die hämalen im (jegensatze hierzu die Spiralen ventral entwickeln. Die hämalen Parapodien der einen Dasj/hraiu/uis-S-pecies, nämlich von D. Gq/uhic, sind noch durch eine andere Eigenthümlichkeit ausgezeichnet. Ihre Parapodspiralen sind nämlich etwa vom 2(1. Abdomensegmente ab an ihren äussersten Spitzen da wo diese in die Ecto- dermfortsätze umbiegen) jederseits mit einem im ausgebildeten Zustande keulenförmigen, lang- gestielten, drüsigen Anhange versehen, welchen ich wegen seiner innigen Beziehungen zur Spirale als Parapodspiraldrüse bezeichnet habe. Im Anfange ihres Auftretens stellen diese Drüsen kleine in Ent\vickelung begriffene' Knoten dar, nehmen weiterhin immer mehr an Grösse und Ausbildung zu, um schliesslich in der Schwanzregion wiederum zu unschein- baren Anhängen herabzusinken; die unvollkommene Beschaffenheit letzterer beruht aber nicht wie diejenige der vorderen auf unvollständiger Entwickelung, sondern im Gegentheil auf Rückbildung. Die Parapodspiraldrüsen werden nur von einer kernhaltigen; Membran umschlossen; der sonst alle in der Leibeshöhle gelegenen Organe bedeckende Peritonealüberzug fehlt, wenn er nicht etwa als mit der ersteren Membran verschmolzen zu betrachten ist. Von dieser Membran verlaufen nun ähnlich beschaffene Lamellen in den verschiedensten Ebenen nach dem Lumen der Drüse hin und bilden so ein Fachw^erk, dessen einzelne Räume ganz wie die der Parapodien die Zellsubstanzen einschliessen. Keinerlei Kanal ist im Inneren der Drüse VI. Parapodien. 1 . Vergleichende Zusammenfassung der Capitelliden. 569 wahrzunehmen; als solcher fungirt lediglich der ihre Verbindung mit den Spiralen bewerkstel- ligende, oft zu bedeutender Länge anwachsende Stiel. Die Zellsubstanz dieser Drüsen kann sehr auffallende Modificationen erleiden; sie erscheint nämlich bald in der Form eines homo- genen Plasmas, bald in derjenigen überaus zahlreicher, 4 — 8 |j. langer und I — 2 \j. breiter Stäbchen oder Fäden. In ausgebildeten Drüsen sucht man oft in einzelnen Fächern oder Zellen vergebens nach Kernen, in jugendlichen dagegen sind solche regelmässig vorhanden. Der continuirliche Zusammenhang, sowie auch die grosse Uebereinstimmung des Baues zwischen Drüse und Parapodium legen es nahe, in den Driisen lediglich .Vuswiichse der Parapodspiralen zu erblicken; insbesondere da, wo erstere nur knospenförmige Anhänge dar- stellen, erscheint eine solche Auffassung naheliegend. Von welcherlei Art aber auch ihre morphologische Bedeutung sich noch erweisen mag, auffallend bleibt die Thatsache ihres auf die eine Daxj/hranchii.s-fi-pecies beschränkten Vorkommens. Die thoracalen Parapodien von Notomastus, Dasj/braiickiis und Mustohruiichus sowie die durchweg mehr oder weniger nach dem thoracalen Typus aufgebauten von Heterotnastus und Capifella haben eine sehr einfache Muskelversorgung. Zahlreiche sich einerseits im Bereiche der Keulenbasis inserirende und andererseits radienförmig den Hautmuskelschlauch durch- setzende Bündel fangiren als Protrusoren, indem durch ihre Contraction das Parapodium nach aussen gedrängt wird. Die entgegengesetzte Bewegung, das lieisst die Zurückziehung dieser Parapodien, wird durch die sogenannten Interbasalmuskeln besorgt, durch Stränge, welche zwischen je einem hämalen und neuralen Parapodium jederseits ausgesj^annt verlaufen. Kraft dieser Anordnung können denn auch die Locomotionsorgane der einen oder anderen Seite eines gegebenen Segmentes niclit anders, als simultan retrahirt werden. Viel compli- cirter stellt sich nun die Muskulatur der exquisit abdominalen Parapodien dar. Von Muskeln, welche zur Gesammtbewegung des Torus, resjiective zur Gesammtbewegung der Hakenreihe dienen, sei zunächst ein transversaler, sich im Bereiche der Spirale inserirender erwähnt; seine Contraction hat eine Spreizung der sämmtlichen, in der Ruhelage enge aufeinander gerückten Haken in der Querebene zur Folge. Zur Bewegung der einzelnen Haken in einer auf jene Ebene rechtwinklig gerichteten (also parallel der Längsaxe) setzen sich an dieselben sowohl schwänz-, als kojjfvvärts aus der Ringmuskulatur entspringende Fasern an, und zwar derart, dass bald nur ein, bald auch mehrere Haken von je einem Muskelstiange umfasst werden. Es ist klar, dass durch die Combination dieser zwei in ihrer Zugrichtung rechtwinklig aufeinander verlaufenden Muskelsysteme den Haken sehr vielseitige Excursionen ermöglicht sind; den Pfriemenborsten gegenüber sind sie aber besonders dadurch ausgezeichnet, dass sie einzeln in Action gesetzt werden, wogegen jene nur gemeinsam als Bündel zur Thätigkeit ge- langen können. Von grossem Interesse ist die Thatsache, dass auch den abdominalen Parapodien Inter- basalmuskeln zukommen. Denn, da bei diesen Parapodien keine Rede mehr von Aus- und Einstülpung sein kann, welcher Function ja die thoracalen Interbasalmuskeln allein dienen, so dürfen wir aus dem Vorhandensein solcher Muskeln schliessen, dass die heute so ab- Zool. Station z. Neapel, Fauna und Flora, Golf von Neapel. Capitelliden. 72 570 B- Vergleichend-Anatomischer (Morphologischer) Theil. Aveichenden, mit dem Hautmuskelschlauche fest verwachsenen Tori einst unabhängiger und als Gesammtorgane beweglicher, kurz dass sie einst den thoracalen Parapodien ähnlich waren. Bezüglich der Habitusveränderungen der Borsten innerhalb der verschiedenen Gattungen und Arten verweise ich auf die entsprechenden Kapitel des vorhergehenden Theiles. Hier sei nur erwähnt, dass so-wohl die Pfriemen- als auch die Hakenborsten aus einer homogenen Scheide und einem faserigen Inhalte bestehen. Bei den Haken kann aber auch der Schaft ganz oder theilweise von einer körnigen, an die Excretbläschen erinnernden Masse ausgefüllt sein. Die Entwickelung der einzelnen Borsten geht stets \on einer einzelnen Zelle aus, und zwar Avird zunächst der distale Theil ausgebildet, wogegen der Schaft allmählich nachwächst. 2. Vergleich der Capitelliden mit anderen Anneliden. In dem der Haut, speciell der C'uticula gewidmeten Kajntel'-'j mussten, wegen ihrer innigen Beziehungen zum Integumente, die wichtigsten Thatsachen aus dem Gebiete der Pa- rapodien-Morphologie schon zur Sprache gebracht werden. In Anbetracht dessen beschränke ich micli hier darauf die dort begründeten Resultate, insoweit als sie sich auf die Parapodien erstrecken, kurz zu wiederholen, um sodann noch mehrere solche Fragen zu erörtern, bezüg- lich derer in anderen Kapiteln hierher verwiesen wurde. Als Hauptresultat jener vergleichenden Untersuchung hat sich ergeben, dass die Borstendrüsen, also diejenigen Theile der Parapodien. «in welchen die Borsten erzeugt werden, .als modificirte Hautdrüsen zu betrachten sind, und zwar als Derivate solcher Hautdrüsen, deren Aufgabe schon vorher darin bestanden hatte, Stab- oder fadenförmige Secrete von der Beschaffenheit cuticularer Fi- brillen zu liefern. Als diesen ihren Vorläufern noch näher stehend und in Folge dessen zwischen Haut- und Borstendrüsen eine Vermittelung anbahnend, haben wir die sogenannten Spinndrüsen kennen gelernt, Drüsen, welche bald (so bei Pulj/dora, Spiu, Oireiiia etc.) im Bereiche der Parapodien gelegen sind, bald aber auch (so bei Poli/odontes und Aphrodita in morpho- logischem Sinne mit den Borstendrüsen als identisch angesehen werden müssen. Das Secret dieser Spinndrüsen bildet nämlich in den meisten Fällen nicht solche durch Scheiden fixirte Fibrillenbündel wie dasjenige der Borstendrüsen, sondern wird im Gegentheil zur Anfertigung von Fangnetzen, Wohnröhren und schützenden Decken verwendet, und durch die Art des Zustandekommens dieser letzteren wurde eben auch eine Einsicht in das Bildungsprincip so- wohl der fixirten fibrillären Cuticulae, als auch der tixirten tibrillären Parapodb ersten gewonnen. Es wurde ferner gezeigt, wie diese Gesammtauffassung in der Entwickelungsgeschichte ihre Bestätigung findet, indem die ectodermale Abstammung desjenigen Parapodtheiles, auf VI. Parapoclien. 2. Vergleich der Capitelliden mit anderen Anneliden. 571 den es dabei allein ankommt, "nämlicli der Borstendrüse, als ein für allemal festgestellt be- trachtet werden kann. Anch die chemische Zusammensetzung der Cuticulargebilde vermochte mit dieser Auf- fassung in Einklang gebracht zu werden, indem zwar die Borsten sich stets wie Chitin, die Secrete der Spinndrüsen dagegen sich bald wie Chitin, bald ähnlich den Cuticulae (in Kali löslich) verhalten, indem aber andererseits auch Cuticulae in einzelnen Fällen die Widerstands- fähigkeit der Borsten erreichen, und indem endlich auch die Gerüstsubstanzen im Allgemeinen ein bedeutendes Schwanken der chemiscjjen Beschaffenheit darbieten können. Für die Ein- heit der Stab- oder fadenförmige Secrete (Cuticulae^l abscheidenden Hautdrüsen, sowie der Fangnetze und Wohnröhren abscheidenden Spinndrüsen einer- und der Borsten abscheidenden Parapoddrüsen andererseits sprach auch in nicht geringem Grade die Einsicht, dass wir im sogenannten Parapodium das secundäre Verschmelzungsproduct dreier mehr oder weniger heterogener, respective unabhängig von einander zu Stande ge- kommener Theile vor uns haben. Erster und wesentlichster dieser Theile ist die in das Cölom hineinragende, allein für die Erzeugung der Borsten in Betracht kommende Borsten- oder Parapoddrüse, ein reines Ectoderm- oder Hautdrüsen-Derivat; zweiter ist der nach aussen ragende, die Extremität re- präsentirende Fussstummel, eine mehr oder weniger fortsatzreiche Ausstülpung des Hautmus- kelschlauches, und dritter Theil endlich ist das hämal imd neural an diesem Stummel einge- pllanzt stehende Cirruspaar, Sinnesorgane, die in vielen Fällen Complicationen und Functions- wechsel erfahren haben. Auf die Heterogenität, respective auf die relative gegenseitige Unabhängigkeit von Borstendrüse und Fussstummel hatte ich gelegentlich der anatomisch -histologischen Beschrei- bung der verschiedenen CapiteUiden-Parapodien schon mehrmals hinzuweisen; aber nicht nur die topographische und mikroskopische, sondern auch die vergleichende Anatomie liefert An- haltspunkte hierfür. Vor Allem sei wiederholt auf den Befund Vejdovsky's '•') hingewiesen, dem- zufolge Anachaeta, eine Oligochaete, zwar keine Parapodien, respective keine Borsten, dafür aber an allen jenen Stellen, an denen diese Organe sonst aufzutreten pflegen, je eine bedeutend vergrösserte, den Muskelschlauch durchbrechende Hautdrüsenzelle besitzt. Sodann auf des- selben Autors' Beobachtung, dass ein Theil der abdominalen Borsfeh von Stenias/jis das In- tegument durchbricht, ein anderer Theil dagegen, und zwar diejenigen des 8. — 1 5. Segmentes, lebenslang in rudimentärem Zustande unter der Haut, respective zwischen der ^Muskulatur, verborgen bleiben * . Eine weitere überaus beweiskräftige Stütze der Ansicht, dass die Parapodien nicht als Differenzirungen ursprünglich einheitlicher Anlagen, sondern umgekehrt als Complexe ursprüng- «) Vergl. p. 350. 1) 1. p. 322. c. p. 4. *) Solche Erfahrungen zeigen hinlänglich, wie der Mangel an Borsten [Polygordius, Histriodrihis etc.) nicht ohne Weiteres als »Archiann eliden-Charakter« verwendet werden kann. 72* 572 ^- Vergleichend-Anatomischer (Morphologischer) Theil. lieh selbständiger Theile aufzufassen seien, haben wir endlich der embryologischen Forschung zu verdanken. KLEiiSEKHERc;' hat nämlich festgestellt, dass die so typischen Anhänge des Parapodiums, die C'irren, ganz unabhängig von den Fussstummeln angelegt und erst secundär diesen (als bleibende Sinnesorgane; einverleibt werden. Kleinen berg bringt diesen Vorgang dadurch zu scharfem Ausdrucke, dass er die Anneliden -Extremität minus Cirren als »C'haeto- podium " und diejenige plus Cürren als »Parapodium« bezeichnet. Wie derselbe Autor auch die l'nabhängigkeit des dritten Parapodbestandtheiles , nämlich diejenige der Borstendrüse vertritt, habe ich bereits früher hervorgehoben'''). — In einem vorhergehenden Kapitel wurde im Hinblicke auf die morphologische Her- leitung des Seitenorgansystemes der Frage gedacht i^j, ob den Anneliden in jedem Seg- mente zwei, oder aber nur Ein Parapodienpaar typisch zukomme, und bemerkt, dass hier auf das betretfende Problem als solches zurückgekommen würde. Die bekannten Thatsachen sind kurz folgende: Die Vertreter gewisser Familien haben in jedem Segmente zwei relativ weit von einander getrennt liegende Parapodienpaare, nämlich ein hämales und ein neurales (distiche Anordnung). Die Vertreter anderer lassen zwar ebenfalls zwei getrennte Borstenbündel jederseits erkennen, aber diese zwei Bündel liegen nicht mehr durch weite Zwischenräume voneinander getrennt, sondern bilden eine mehr oder weniger verschmolzene äussere Fussstummelmasse ( mono st i che, biremale Anord- nung). Endlich giebt es auch solche "S'ertreter, bei denen nur Ein Borstenbündel, respective ein ganz einheitlicher Fussstummel jederseits vorhanden ist monostiche, uniremale An- ordnung.) Man hat bisher ziemlich allgemein die monostiche Anordnung aus der distichen abgeleitet. So sagt beispielsweise Gegenbaur-; in seinem Grundrisse : »Zuweilen sind dorsale und ventrale Parapodien jeder Seite einander sehr genähert, von welchem Zustande an alle Uebergänge liis zur völligen Verschmelzung zu einem einzigen Paare sich kundgeben (Syllideen).« Und ähnlich Mit.ne Edwards'). »Tantöt les deux ranies sont tres ecartees entre elles; d'autres fois elles se confondent par leur base, tout en restant distinctes dans leur portion terminale, et dans quelques cas leur union est eneore plus in- time, de facon que le pied semble etre forme d'une rame seulement; mais ce tubercule simple porte presque toujours deux faisceaux de soies et deux cirres. Tun superieur ou dorsal, l'autre inferieur ou ventral. x Zu Gunsten dieser Auffassung lassen sich auch schwer wiegende Facta anführen. A\'ir finden nämlich erstens innerhalb der monostichen Formengruppe die die fraglichen Parapodien repräsentirenden zwei Aeste in nahe verwandten Familien bald weit von einander abstehend (Nephthydeen , bald sehr genähert (Glyceriden ; wir finden ferner innerhalb dieser Gruppe a) Vergl. p. 'M' Anmerkung, ß) Vergl. p. 5M. 1) 1. p. 303. c. p. 33 und lOü. 2) 1. p. 9. c. p. 143. 3] 1. p. 40S. c. p. 177. VI. l'arapodien. 2. Vergleich der Capitelliden mit anderen Anneliden. 573 Familien, welche biremale und uniremale Gattungen zugleich umfassen, so zum Beispiel die Euniciden und Hesioniden: wir finden endlich auch solche Familien, deren Gattungen sehr verschiedene Grade des Zusammenrückens der zwei Ruder demonstriren , so die Aphroditeen und Syllideen. A^'as nun aber die allgemeine Gültigkeit dieser vergleichend -anatomisch so begründet erscheinenden Auffassung wieder in Frage stellt, das sind gewisse Ergebnisse der Entwicke- lungsgeschichte. Nach Kleinexberg 'j werden die distich angeordneten Parapodien der Capitelliden und nach E. Meyer*) die ebenso angeordneten der Terebellideir und Serpuliden ganz unabhängig von einander angelegt. Man sollte nun erwarten, dass, wenn die monostich angeordneten Parai)odien durch allmähliches Zusammenrücken ursprünglich disticher zu Stande kamen, sich in der Ontogenie noch Anklänge dieses Prozesses vorfinden würden. Dem ist aber nicht so. Die im erwachsenen Zustande monostichen und uniremalen Parapodien von Lopadorhy nchus werden Kleinenberg's'*) Beschreibung zufolge auch als solche einreihig und einruderig angelegt und die ebenfalls monostichen, aber biremalen Parapodien von Nereis entstehen nach Sat.ensky'') nicht etwa durch Verschmelzung zweier getrennter Anlagen, sondern imigekehrt durch Zwei- theilung einer einheitlichen. Sehr bezeichnend in diesem Sinne sind auch die Ergebnisse, zu denen Albert^' durch das Studium der Entwickelung der Pubertäts- oder Schwimmborsten knospender Syllideen gelangt ist. Er schliesst nämlich, »dass die Zweitheilung der Parapodien — wenigstens bei den Syllideen — ein secundärer Zustand gegenüber der Einheit derselben ist." Es kann nach alledem auch die Möglichkeit nicht von der Hand gewiesen Averden, dass die monostichen biremalen Parapodien, anstatt durch Verschmel- zung disticher, umgekehrt durch Theilung ursprünglich uniremaler entstan- den sind. Bevor Avir aber einen solchen Dualismus der Parapodien, betreffe er auch nur die Zahl ihrer Paare, wirklich anerkennen, muss jedenfalls das embryologische Thatsachenmaterial erst noch ein reichhaltigeres sein und, was nicht minder nothwendig, es muss erst das Verhalten nicht nur der Anneliden-Extremität, sondern auch dasjenige ihrer Anhänge, der flirren und Kiemen, einer gründlichen vergleichend-anatomischen Prüfung unterzogen werden, indem sich vielleicht aus letzterer allein schon zwingende Motive für die eine oder andere Auffassung ergeben könnten. Da ein derartiges Problem nichts weniger als durch cursorische Untersuchungen zu bewältigen ist, so beschränke ich mich darauf, dasselbe als solches hervorzuheben. 1) 1. p. 303. c. p. 154. 2) 1. p. 303. c. p. 152. 3) 1. p. 351. c. IL JS'ereis cultrifera. Tome 3. p. 581. 4) Albert, F. Ueber die Fortpflanzung von HaplosylU^ spongicola Gr. Mitth. Z. Stat. Neapel. 7. Bd. ISSÜ. p. 19. *; Laut gefälliger mündlicher Mittheilung. 574 B. Vergleichend-Anatomischer ^Morphologischer) Theil. Für die so auffallenden Contraste in der Borstenvertheilung, und der Parapod-Con- figuration der Cai)itelliden tinden sich die meisten Anklänge in der Gruppe der Oligochaeten, und da bei den Oligochaeten in dieser Hinsicht keine so klaren Beziehungen zwischen primären und secundären Zuständen mehr obwalten wie bei den Capitelliden, so kann das \'erhalteu letzterer für die Beurtheilung desjenigen ersterer entscheidende Anhaltspunkte liefern. Bei den Capitelliden haben wir gesehen, dass in einzelnen Gattungen die Parapodien, einerlei ob Pfriemen oder Haken tragende, dem ganzen Körper entlang jederseits als ziemlich gleich grosse und ziemlich gleich weit von einander abstehende Bündel aufeinanderfolgen, dass dagegen in anderen Gattungen insbesondere die Haken tragenden Parapodien des Hinterleibes zu verschieden grossen, Üächenhaft ausgebreiteten Wülsten verlängert erscheinen, welche stellenweise nahezu den ganzen Leibesumfang einnehmen. Die meisten Oligochaeten sind mit vier Hakenreihen ausgerüstet und es kann keinem Zweifel unterliegen, dass diese vier Haken in jedem Segmente den zwei Parapodienpaaren der distichen Polychaeten entsprechen. (Gewisse Oligochaeten zeigen nun aber eine hiervon scheinbar wesentlich abweichende Borstenvertheilung. So Perkhaeta, an deren Hinterleib die Haken unter bedeutender Steigerung ihrer Zahl je ringförmig fast den ganzen Körper- umfang einnehmen, ferner Pleurochaeta, bei welcher Gattung die ähnlich angeordneten Haken- ringe neural und hämal statt durch Furchen durch breitere Lücken unterbrochen sind. Von denjenigen Autoren, welche sich in der Neuzeit am intensivsten mit der Frage beschäftigt haben, nehmen zwei, nämlich Perrier') und Vejdovsky') gleicherweise an, dass diese sowie auch alle anderen im Kreise der Oligochaeten sich noch darbietenden Variationen der Borsten- vertheilung insgesammt auf das distiche Verhalten von Lumhrieus, respective der Polychaeten zurückgeführt werden müssen. Ein dritter dagegen, nämlich Beddard''), meint, dass das distiche Verhalten eben so gut durch Reduction der bei Perichaeta etc. bestehenden Anordnung zu Stande gekommen sein könne. Perriers und Vejdovsky's Ansicht findet nun aber eine wesentliche Stütze in dem oben gegenübergestellten Verhalten der Capitelliden. Wenn zum Beispiel im Abdomenanfange von Notomastus die Ausdehnung der Tori nur noch eine geringe Zunahme erführe (eine Zunahme, der die zwischen den neuralen und hämalen Parapodien eingepflanzten Kiemen und Seitenorgane im Wege stehen), so käme ein mit Perichaeta durchaus übereinstimmendes Verhalten, nämlich ein continuirlicher, nur neural und hämal linear unterbrochener Hakenring zu Stande, und bei Notomastus kann doch kein Zweifel darüber aufkommen, dass diese nahezu continuirlichen Hakenringe eine secundäre Modification der distichen Anordnung darstellen , aus dem einfachen Grunde nicht, weil, ab- gesehen von dieser auf den Abdomenanfang beschränkten Steigerung, noch heute in allen davor und dahinter gelegenen Segmenten die typische, distiche Anordnung erhalten ist. 1) 1. p. 309. c. p. 395 und 1. p. 311. c. p. l&S. 2) 1. p. 236. c. p. 74. 3) Beddard, f. Preliminary Note on the Nephridia of a New Species of Earthworm. Proc. R. Soc. London. Vol. 38. 18S5. p. 404. VI. Parapodien. 2. Vergleich der Capitelliden mit anderen Anneliden. 575 Eines der äusserlich für die Capitelliden bezeichnendsten Merkmale be- steht darin, dass je nach den Gattungen entweder alle Segmente des Thorax, oder aber nur dessen vorderste ausschliesslich mit Pfriemenborsten ausgerüstet sind. Es findet sich zwar bei gewissen Polychaeten etwas Aehnliches, so bei den Amphi- cteniden und Hermelliden, aber die betreffenden Verhältnisse liegen doch bei letzteren insofern anders, als an den bezüglichen allein mit Pfriemen ausgerüsteten Segmenten der Amphicteniden nur die neuralen Parapodien entwickelt, und als im Thorax der Hermelliden die pfriemen- ähnlichen Borsten der neuralen und hämalen Parapodien abweichend voneinander gestaltet sind. Ein in viel höherem Grade mit demjenigen der Capitelliden übereinstimmendes Ver- lialteu bieten nun aber gewisse Oligochaeten, nämlich die so interessante Gattung Äeolo- soma dar. Bei zwei Arten derselben, und zwar bei A. Ehrenhergii und A. quateniaritim, sind die Borsten aller Bündel pfriemenförmig, bei einer dritten dagegen, bei A. tenehrarinn, ent- halten nach Ve.idovskv ') nur die vordersten Parapodien ausschliesslich Pfriemenborsten, die hinteren dagegen Pfriemen und Haken gemischt. Diese letztere Species zeigt daher hin- sichtlich der Borstenvertheilung ein durchaus mit Mastohi-anchus übereinstimmendes Verhalten. Bezüglich der Borstenentwickelung möchte ich unter Hinweis auf die von Spengel'-) im Jahre 1 SSO gelieferte vergleichende Darstellung des Gegenstandes hervorheben, wie meine an den (Japitelliden gewonnenen Resultate mit den wichtigsten der vom genannten Autor da- mals festgestellten Pimkten übereinstimmen. Als Haui)ti)uukte sind aber hervorzuheben : erstens, dass die Entwickelung jeder Borste von einer Zelle d es BorstenfoUikels, resjjective der Borstendrüse ausgeht, und zweitens, dass das Wachsthum der Borste lediglich an ihrer mit der Bildungszelle zusammenhängenden Basis vor sich geht. Dass diese zunächst für Eckmrus ermittelten Punkte gleicherweise für die Polychae- ten gelten, konnte seitdem auch Spengel^) selbst durch das Studium von Oli(/o(/iiathus fest- stellen, und dass sie sich auch für die Oligochaeten bewähren, geht aus den übereinstimmenden Angaben Perrier's ^) sowie Ve.idüvskv's '') hervor, indem durch letztere Eorscher die so abwei- chenden Schilderungen Claparedes") (Betheiligung des Gefasssystemes an der Erzeugung der Borstenfollikelj und Bülow's") (Betheiligung mehrerer EoUikelzellen an der Bildung jeder Borste als widerlegt betrachtet werden können. Durch das Studium der Ersatzborstenbildung bei den Capitelliden bin ich nicht nur zur Ueberzeugung gekommen, dass die Entwickelung jeder Borste von Einer Mutterzelle aus- geht, sondern eigenthümliche Hypertrophien und Formveränderungen des Kernes brachten 1) 1. p. 236. c. p. lü. 2) 1. p. 443. c. p. 47S. 3) 1. p. 310. c. p. 19. 4) 1. p. 309. c. p. 344. 5; 1. p. 236. c. p. 76. 6) 1. p. 30S. (Histol. Unters. Kegenwurm) c. p. 583. 7) 1. p. 347. c. p. 91. 576 B. Vei-gleichend-Anatomisoher (Morphologischer) Theil. mich auch zur Vermuthuiifi-, dass speciell der Kern es sei, von dem der Prozess sei- nen Ausgangspunkt nehme. Diese meine Vermuthung gewinnt nun insofern an Halt, als Perrier') an Lumbricus und Claparede '■'] an TerchcUa Beobachtungen gemacht haben, Avelche ebenfalls auf eine solche Antheilnahme des Kernes schliessen lassen. Jedenfalls ver- dient die Sache bei künftigen Untersuchungen beachtet zu werden. Im Hinblicke auf meine Herleitung der Borstendrüsen aus Spinndrüsen ist es von Be- deutung festzustellen, ob die von mir bei den Capitelliden , Aphroditeen etc. nachgewiesene fibrilläre Zusammensetzung der Borsten auch von anderen Anneliden bekannt geworden ist. Die durch die Fibrillen verursachte Längsstreifung wurde zwar in zahlreichen Fällen be- schrieben und gezeichnet, aber meistens als Ausdruck einer blossen Ornamentik betrachtet. Nur bei drei Forschern habe ich die fibrilläre Structur ausdrücklich hervorgehoben gefunden, und zwar bei SpENciEi., Ve.td()vsky und Nassen. Spexgel^J sagt von Echiurus: » iiei mikroskopischer Untersxichunjj- tritt alier ferner in der gnnzen l.orste eine äusserst feine Längsstreifung hervor: dieselbe erscheint nicht nur bei Betrachtung der intacten Borste von der Oberfläche, sondern auch, und zwar besonders deutlich au Längsschnitten, die sich bei der ziemlich geringen Consistenz der Borste leicht herstellen lassen. Solche Längsschnitte beweisen, dass diese Streifung nicht durch zarte Eippung der Oberfläche bedingt, sondern der Ausdruck einer Zusammensetzung der Borste aus feinen liängs- fasern ist, deren Verbindung allerdings eine sehr innige ist; die Fasern zu isoliren gelang mir nicht.« Ve.tdovsky^) von Sternaspis: «Im Inneren dieser chitinösen, structurloseu Scheide liegt aber der Avesentliche Bestandtiieil der Borste, das Mark, schon auf der Oberfläche durch eine sehr deutliche Längsstreifung erkennbar. Es sind dies feine Längsfasern , sehr innig mit einander verbunden und namentlich auf den Querschnitten sehr zier- lich hervortretend. Man sieht an solchen Schnitten, dass die Borstenfasern in regelmässigen Reihen liegen und wahrscheinlich durch eine homogene Substanz verbunden sind. Doch gelang es mir nicht, die Fasern zu isoliren.« Ferner von Oligochaeten ): ))Den feineren Bau kann man nur au stärkeren Borsten von Criodrilua und Lumbriciden verfolgen. Jede Borste besteht aus inneren, dicht zu einander anliegenden, sehr feinen Fibrillen, die deutlicher an alten und vornehmlich an verbrauchten Borsten zum Vorschein kommen;« etc. Nansen") endlich von Mi/zostoma: «The hooks are not, as Graff states in his nionograph, hollow, Init consist of two layers : an outer, somewhat homogeneous layer, and an inner one composed of a fibrous substance « The inner fibrous mass consists of colourless fibres, which are thickest in the eentre of the hook and, in transverse sections exhibit a distinct hexagonal form. « etc. Was das von den beiden erstcren Autoren hervorgehobene Misslingen der Isolirung von Borstenlib rillen betrifft, so weiss man aus meiner vorhergehenden Darstellung, dass diese Isolirung bei Anwendung heisser Kalilauge spontan erfolgt. 1) 1. p. 3U9. c. p. :347. 2) 1. p. 308. (Rech. Annel. Sed.) c. p. 66. 3) 1. p. 443. c. p. 472. 4) 1. p. 322. c. p. 9. 5) 1. p. 230. c. p. 74. 6) 1. p. 472. c. p. 77. VI. l'arapodien. 2. Vergleich der Capitelliden mit anderen Anneliden. 577 Schliesslich möchte ich noch als auf möglicherweise den sogenannten Parapod- Spiral- drüsen von Dasj/hranc/ms Gajolae vergleichbare Bildungen auf die von Perrikk ') beschriebenen »glandes posterieures « von ürochaeta hinweisen. Ob auch die eigenthümlichen, im Bereiche der Borsten mündenden Drüsen von Fhreori/ctes (welche Perrier mit den »glandes posterieures« von Ürochaeta verglichen hat) hierhergehören, müssen künftige Untersuchungen lehren, da sich weder aus der Monographie Leydig's") noch aus derjenigen Tijmm's'') das Bestehen solcher Beziehungen folgern lässt. 1) 1. p. 309. c. p. 442. 2) 1. p. 308. c. p. 283. 3) 1. p. 310. c. p. 133. Zool. Station z. Neapel, Fauna und Flora, Golf von Neapel. CapiloUide» VII. RcHpirationsorgaiie. 1. Vergleichende Zusammenfassung der Capitelliden.') Wie bei den übrigen Anneliden, so stehen anch bei den Capitelliden die Respirations- oigane, insofern als darunter speciell der Athmung dienende Körperanhänge verstanden werden, in engster Beziehung zu den Parapodien, und zwar in der Kegel zu den Parapodien der hin- teren Leibesabtheilung oder des Abdomens. Dass aber die Beschränkung dieses Vorkommens nicht dem ursprünglichen Verhalten entspricht, dafür legt Notomastus formianus Zeugniss ab, der allein unter allen Arten der Familie in seinen zwei letzten Thoraxsegmenten noch ähn- liche Kiemenanhänge wie in seinen abdominalen aufweist. Ueberhaupt lässt sich nicht ver- kennen, dass in der Capitellidengruppe die Tendenz vorwaltet, die Kiemen immer weiter nach hinten zu verlegen, und das Ende einer solchen Tendenz muss natürlich mit dem Eingehen der Kiemen zusammenfallen. Wie Mastohranchus eine Etappe des nach hinten Wan- derns darstellt, so bietet die aller äusseren Anhänge verlustig gegangene, nur durch das In- tegument und den Tractus athmende Capitella ein Beispiel für das Endresultat dieses Prozesses. Die Kiemenbildungen treten in unserer Familie in zweierlei Form und An- ordnung auf, und zwar können beide in ein und derselben Art zugleich vorkommen. Die eine Form beruht lediglich auf einer zipfelförmigen Ausstülpung des an sich schon blutführenden und daher für die Respirationsthätigkeit geeigneten Parapodhohlraumes oder (da wir es fast ausschliesslich mit den abdominalen, torusartigen Organen zu thun haben) des Hakenwulstes. Diese meist wenig retractilen Zipfel nenne ich einfache Parapod- kiemen oder Hakentaschen. Sie können sowohl an neuralen, als auch an hämalen Pa- rapodien zur Ausbildung gelangen, und während ihr Auftreten bei crstcren stets auf das dor- sale Ende des Torus beschränkt bleibt, kommen sie bei letzteren sowohl einseitig, als auch beiderseitig entwickelt vor. Die andere Form giebt zw.ar durch ihr den Parapodien entsprechend streng segmentales, bilaterales Auftreten, sowie durch ihren Ursprung aus dem Bereiche jener Organe ganz ähn- liche Beziehungen kund, aber der erstcren gegenüber herrscht doch eine viel grössere Selb- u) Man vergleiche: «Anatomisch- Histologischer Theil« p. lOS— 110, 180—190, 221—222, 240—241 und 209—270. VII. Resplvationsorgane. 1. Vergleichende Zusammenfassung der Capitellidi 79 stäudigkeit und zugleich eine vollkommenere Ausbildung, indem wir es mit vielfach ver- zweigten, total in das C'ölom retrahirbaren Anhängen zu thun haben. Ich nenne diese zweite Form verzweigte Parapodkiemeu oder Kiemen schlechtweg. Ausschliesslich Hakentaschen linden sich im Genus Notomastits und Ileteromustus; Darstellung der Kiemen-Vertheilung durch schematische Schnitte: 1. Xotomastus. a. Notomastus Huratiis und -V. Benedeni. Querschnitt durch das Abdomen. Nur die neuralen Parapodien sind mit wenig retractilen, einfachen Kiemen (Halientasclien) ausgerüstet. 6. Nolomastm firiiUs und N. profundus (letztere Form zeigt dieses Verhalten nur im Abdomenanfange). Querschnitt dnrch Ausser den neuralen, sich wie bei a. verhaltenden Parapodien, participiron auch die hiraaleu derart an der Respirationsthätigkoit, an ihrer Basis gelegenen, mit dem Cölom communicirenden Hohlraum abwechselnd Blut ein- und ausfliosst. f. Xotomastus profttndns. Querschnitt durch das Abdonienende. Sowohl die neuralen, als die Uämalen Parapodien sind mit einfachen, ziemlich retractilen Kiemen besetzt, und zwar die orsterei dorsal, die letzteren dagegen beiderseits, also dorsal und ventral. (/. Notomastus formianus. Querschnitt durch das Abdomen. Verhält sich dem ganzen Abdomen entlang ähnlich wie .V. pro/nndits nur am Ende dieses Kürperthi'iU's; mit dem Unterschiede auch die hämalen Kiemen nur einseitig, und zwar ventral, eingepflanzt stehen. P. IteUromasitls. n. Querschnitt durch den Abdomenanfang. Nur die neur.alon Parapodien lassen sehr schwach entwickelte, nicht retraclile, einfache Kiemen (Hakentaschen) erkennen. b. Längsschnitt durch das Abdomende. Die Parapodien befinden sich an den Basen schuppenförmiger llautfortsätze. Diese mit dem Colora communicirendi'n Fortsätze torisch wirksam. J. Jhisiibiaiichiis. Querschnitt. Die neuralen Parapodien laufen dors.al in wenig entwickelte, nicht rotractilc, einfache Kiemen l Hakentaschen) ans, und an der entspringen die verzweigten, total in das ('.dorn retrahirbaren Kiemen. Die hämalen Parapodien können sich ebenfalls (so wi Athemfunction betheiligen. 4. Mftsiohianchts, a. Querschnitt durch den Abdomenanfang. Nur an den neuralen Parapodien kommen sehr wenig umfangreiche, nicht retractile, einfache Kiemen (Hakentaschen) zur Ausbil b. Querschnitt, c. Längsschnitt dnrch das Abdomenende. Die Parapodien sind in diesem Körpertheile, wie bei llclevomastus, auf schuppenförraigen Hautforlsätzen angeljracht. Unter u hämalen Fortsätzen liegen die verzweigten, total in das Uölom retrahirbaren Kiemen. 5, CdiiileUa. Weder einfache, noch verzweigte Kiemen sind vorhanden ; dem Eespirationsbedürfnisso wird durch die Haut und .len Darnikaiial 6e; das Abdomen. 580 B- Vergleichend-Anatomischer (Morphologischer) Theil. llakentiischeii und Kiemen zugleich bei den Gattungen Dasj/branrhiix und Mastohr anchua. Zwischen diesen Gattungen sowohl, als auch zwischen ihren Arten herrschen nun aber bezüg- lich des Ausbildungsgrades und der Lagerungsverhältnisse der beiderlei Kiemenformen bedeutsame Schwankungen, die wir der Reihe nach an der Hand umstehender Holzschnitte in's Auge fassen av ollen. Ich beginne mit der Gattung Notomastus. Den einfachsten Zustand repräsentiren Notomastus Kneatus und N. Betiedem. Sie haben nur neurale Hakentaschen, zipfelförmige Ausbuchtungen der Tori, deren Lumina continuirlich mit den Parapodhöhlen und durch diese mit der Bauchstrangkammer communiciren. Diese ParaiJodkiemen (so >vie auch die entsprechenden aller übrigen Capitelliden) zeigen als blosse Ausstüljjungen des Hautmuskelschlauches einen diesem letzteren durchaus entsprechenden Bau; wir finden Haut und Muskulatur in derselben Anordnung, nur stark verdünnt. Dank ihrer Muskulatur vermögen sich die Hakentaschen kräftig zu contrahiren und sich so des geath- meten Blutes zu entledigen; die "Wiederfüllung, respective Ausdehnung, wird durch den Druck des Hämolymphstromes bewerkstelligt. Mehrere von der Stammesmuskulatur entspringende, in der Parapodkiemenhöhle aufsteigende, sich an den Wandungen der Hakentaschen inseri- rende Muskelbündel ermöglichen es den Thieren, die distalen Portionen letzterer eine Strecke weit einzustülpen oder zurückzuziehen. Im Gegensatze zu dem allgemeinen Verhalten der Respirationsorgane erreichen speciell die neuralen Hakentaschen ihre höchste Entwickelung im Abdomenanfange ; in besonders hervorragender Weise bei N. Hneatus. Von da nehmen sie gegen das Körperende hin allmählich an Länge ab, um schliesslich ganz zu verschwinden. Als Anhänge der neuralen Parapodien machen sie natürlich alle Lageveränderungen der Seitenlinie mit. Notomastus fertilis und N. profundus verhalten sich bezüglich der neuralen Parapod- kiemen ähnlich den vorigen. Ausserdem sind aber bei ihnen auch noch die hämalen Tori zum Respirationsgeschäfte herangezogen. Diese Tori sind nämlich, wie die neuralen, in Folge eines zwischen Parapod und Hautmiiskelschlauch ausgebildeten, mit dem Cölora communi- cirenden, bluterfüllten Hohlraumes kissenartig angeschwollen. Durch Zweige der Stammes- muskulatur können auch diese hämalen Parapodkiemenhöhlen contrahirt und so ihres Inhaltes jeweils entleert werden. Während es bei N. fertilis dem ganzen Abdomen entlang lediglich diese hämalen Parapodhöhlen selbst sind, welche sich an der Athmung betheiligen, herrscht bei N. profirinhis nur etwa bis zum 40. Segmente ein so einfaches Verhalten. Von da ab finden sich nämlich an seinen hämalen Parapodien ganz ähnliche Ausstülpungen oder Ilakentaschen wie an den neuralen, und diesen gegenüber ist hervorzuheben, dass die hämalen nicht ein- seitig, sondern auf beiden Seiten eines jeden Torus auftreten. Auch diese hämalen Hak en- taschen wiederholen in ihrem Aufbaue die Structur des Ilautmuskelschlauches, von dem sie ja nur verdünnte Ausstülpungen darstellen. Ihr Hohlraum communicirt zunächst mit der Parapodhölile und durch diese mit dem Cölom. Die Blutfüllung und Leerung geht ähnlich wie bei den neuralen Taschen vor sich ; auch können sie, und zwar in etwas höherem Grade als letztere, zurückgezogen werden. Vn. Respirationsorgane. 1. Vergleichende Zusammenfassung der Capitelliden. 581 N. fonniatms endlich bietet ein dem N. profundus ähnliches Verhalten schon im Ab- domenanfange dar ; nur mit dem Unterschiede, dass bei ihm die hämalen Hakentaschen (welche ebenso wie die neuralen auffallend stark und selbständig ausgebildet sind), nicht in der Zwei- zahl, sondern in der Einzahl, und zwar an der ventralen Seite jedes Parapodiums auf- treten. Die so interessante Thatsache, dass avich die hämalen Parapodien der zwei letzten Thoraxsegmente mit solchen respiratorischen Zipfeln ausgerüstet sind, wurde schon hervorge- hoben; hier möchte ich noch hinzufügen, dass diese weniger ausgebildeten thoracalen Zipfel in noch grösserer Unabhängigkeit von den entsprechenden Parapodien erscheinen, als die abdominalen. Was die zweite, ausschliesslich mit Parapodkiemen im engeren Sinne ausgerüstete Gattung, nämlich Heteromastus betrifft, so ist zu bemerken, dass nur noch vom Abdomen- anfange bis zur Abdomenmitte, und zwar allein an den neuralen Parapodien Hakentaschen zur Entwickelung gelangen, Taschen, welche überdies nie den Ausbildungs- und Retractilitäts- grad derjenigen von Notomastus erreichen. Im Abdomenende kommen der Athmung noch jene zungenförmigen Segmentfortsätze zu Hilfe, auf welchen zwar die Parapodien eingepflanzt stehen, die man aber als Cölomdivertikel nicht ohne Weiteres mit den Parapodkiemen (Diver- tikeln der Parapodhöhlen) vergleichen kann, um so Aveniger, als ja bei Mastohranclms die Kiemen von ganz ähnlichen, die Parapodien tragenden Zungen erst ihren Ausgangspunkt nehmen. Ich komme nun zu den mit einfachen Parapodkiemen (Hakentaschen) und verzweigten Parapodkiemen (Kiemen schlechtweg) zugleich ausgerüsteten Gattungen. Den höchsten Grad der Ausbildung beider repräsentirt Dasyhranchus. Die Hakentaschen finden sich nur an den neuralen Parapodien, insbesondere am Ab- domenanfange, wogegen es in den hämalen, ähnlich wie bei Notomastus fertilis, allein zur Ausbildung bluterfüllter Parapodhöhlen kommt. Auch hinsichtlich der neuralen Taschen ist zu bemerken, dass nur ein Theil der Exemplare von D. caduciis- dieselben so kräftig wie Notomastus entwickelt zeigt, ein anderer dagegen kaum Andeutungen derselben erkennen lässt ; ferner dass sie bei D. Gajolae überhaupt nie anders, als in so wenig ausgebildeter Form angetroffen werden. Auch die verzweigten Kiemen von Dasyhranchus sind auf die neuralen Parapodien beschränkt, und zwar liegen sie jederseits an der Basis der bezüglichen Hakentaschen, da wo diese in den Torus übergehen. Im ausgestülpten Zustande treffen wir sie hier als blutrothe, in zahlreiche Fäden zerspaltene Stämmchen, im (handschuhförmig) eingestülpten, retrahirten Zustande dagegen kommen sie vollständig in die Nierenkammern der I.eibeshöhle zu liegen. An der Körperobei-fiäche entsteht natürlich, sobald sich die Kieme total eingestülpt hat, ein Porus oder eine Kiemenspalte, durch welche die äusseren Wandungen der Kiemenfäden nach wie vor mit dem umgebenden Medium im Zusammenhange stehen, ebenso wie ihre inneren Wandungen nac;h wie vor von Hämolymphe umspült bleiben. Bei D. caducus pflegen die ersten Kiemen ungefähr im 2(1., bei 1>. Gajolae dagegen erst im 4(1. Abdomensegmente auf- 5§2 ^^- Vergleichend-Anatomischer (Morphologischer) Theil. zutreten, um sich bis zum Körperende hin segmental in je einem Paare zu wiederholen. Grltbe hat aber auch ein Exemplar der ersteren Species unter den Händen gehabt, in dem die Kiemen schon vom ersten Abdomensegmente an vorhanden waren, woraus geschlossen werden kann, dass sich dieselben urs])rünglich wohl allgemein so weit, oder noch weiter nach vorn erstreckt haben. Im Anfange ihres Auftretens bestehen die Kiemenbüschel nur aus Avenigen Fäden, Aveiterhin vermehrt sich aber deren Zahl bei D: cadiicus bis auf 20, um gegen das Abdomenende hin wieder auf die anfängliche Zahl zurückzusinken. Bei D. Gajoloe sind auch in der Region ihrer höchsten Ausbildung nie so viele Fäden wie bei der typischen Art vorhanden; dafür aber sind die einzelnen Fäden viel voluminöser. In Folge ihrer Lage zwischen Parapodium und Hakentaschen haben diese Kiemen mit den beiden genannten Organen die Tiageveränderung der Seitenlinie mitzumachen. Wir treffen sie daher im Anfange ihres Auftretens entsprechend der Erstreckung der neuralen Längs- muskulatur etwa auf der Höhe des halben Leibesumfanges, weiterhin rücken sie auf die neuralen Flanken herab und schliesslich, am Abdomenende kommen sie auf die neurale Körper- fläche zu liegen. Wie die Hakentaschen, so lassen sich auch die Kiemen von Dasyhranchus als ilus- respective als Einstülpungen des Hautmuskelschlauches auffassen; denn wir treifen alle Schichten dieses letzteren in derselben Reihenfolge, nur entsprechend verdünnt. Am Ansatzpunkte der Kiemen biegt die Stammesmuskulatur so weit ringförmig aus, dass der für die Ein- und Aus- stüli)ung ersterer nöthige Raum zu Stande kommt. Die Kiemenretractoren, deren Geflechte sich an den einzelnen Fäden inseriren, entspringen hier aus der transversalen Muskulatur. Die Ausstülpung wird wie bei den partiell retractilen Hakentaschen in erster Tinie durch die Kraft des Hämolymphstromes bewirkt. Bei Mastohranchus fallen die beiden Kiemenformen insofern nicht mehr in demselben Grade wie bei Dasyhranchus örtlich zusammen, als die (sehr schwach entwickelten) Haken- taschen nur im Abdomenanfange, die retractilen, verzweigten Kiemen dagegen nur im Ab- domenende vorkommen, als ferner erstcre zwar, wie bei Dasyhianchm, im Bereiche der neu- ralen, letztere aber, im Gegensatze zu jener Gattung, im Bereiche der hämalen Parapodien entspringen. In der hinteren Region des Abdomens laufen die Segmente (ähnlich denjenigen von Heteromastiis) je in vier zungenförmige Fortsätze aus, nämlich in ein Paar hämaler und in ein Paar neuraler. Auf den Basen dieser Fortsätze stehen die Parapodien, unter ihnen, und zwar unter den hämalen, liegen die Kiemen. Eine Folge dieser Anordnung ist, dass letztere Organe auch im ausgestülpten Zustande uns nur theilweise zu Gesicht kommen. Die ersten Kiemen treten etwa im 80. Segmente auf und von da wiederholen sie sich je in einem Paare bis zum Körperende. Anfangs einfache Stämmchen, verzweigen sie sich w^eiterhiu bis zu C) Fäden, um am Schwänze wieder auf die ursprüngliche Einfachheit herab- zusinken. Auch bei Mastohmnckus wird die Einstülpung der Kiemen durch rundliche Lücken in der Stammesmuskulatur erm<")glicht. Als Anhänge hämaler Organe kommen sie im retra- VII. Respirationsorgane. 1 . Vergleichende Zusammenfassung der Capitelliden. 583 hirten Zustande nicht wie diejenigen von Dasyhranchus in die Nieren-, sondern in die Darm- kammern zu liegen; auch weicht der Vorgang der Einziehung dadurch von demjenigen der anderen Gattung ab, dass nicht die einzelnen Fäden eingestülpt, sondern das ganze Organ in die Leibeshöhle hineingezogen wird. Als Retractoren fungiren Fortsätze der hämalen Längs- muskulatur; die Ausstülpung wird auch hier vorwiegend durch den Hämolymphstrom besorgt. Histologisch endlich herrschen zwischen diesen und den Dasi/hranchus-'KieYa.en keine wesent- lichen Unterschiede. Bei der aller Kiemenanhänge entbehrenden Capitella wird die Respirationsthätigkeit ausschliesslich durch das Integument und den Darmtractus besorgt, also durch zwei Organ- systeme, welche avich bei den kiementragenden Gattungen nicht wenig zur Oxydation der Körperflüssigkeiten beitragen. Entsprechend den gesteigerten respiratorischen Anforderungen finden wir denn auch den Hautmuskelschlauch von Capitella auffallend verdünnt, wozu noch kommt, dass die betreffenden Thiere häufig längere Zeit hindurch, ähnlich wie gewisse limicole Oligochaeten, ihren Hinterleib peitschenförmig im Wasser hin und her bewegen. Auch im Darme macht sich die erhöhte Leistung durch entsprechende Modificationen oder Steigerungen des gewöhnlichen Verhaltens geltend. So lässt sich gerade bei Capitella das Verschlucken grosser Wassermengen sei es durch den Mund, sei es durch den After leichter, als bei irgend einer anderen Annelide nachweisen. Der durch die Hinterdarmrinne in den Nebendarm führende Flimmerstrom ferner erweist sich bei keiner der übrigen Capitellidenformen von solcher Energie wie hier, und endlich ist das Darmrinnensystem noch durch eine ösophageale, in der Schlundrcgion sicli gabiig theilende Vorderdarmrinne ausgezeichnet. Es entsteht nun die Frage, welches Verhältniss zwischen den einfachen und verzweigten Parapodkiemen herrscht. Würden beiderlei Organe in einzelnen Gattungen nicht zugleich an denselben Seg- menten neben einander vorkommen, so läge es nahe, die verzweigten Kiemen als die ihrem Baue wie ihrer Function nach vollkommeneren, sowie auch den Parapodien gegenüber relativ selbständigeren, von den einfachen (Hakentaschen) abzuleiten, respective beide als Glieder einer Entwickelungsreihe zu betrachten. Da indessen aus dem angeführten Grunde daran nicht zu denken ist, so können wir zu fragen fortfahren, welche dieser zwei Kategorien von respiratorischen Anhängen als die ursprünglichere zu betrachten sei, welche eventuell das typische Respirationsorgan repräsentire. Die viel grössere Abhängigkeit der einfachen Parapodkiemen, gegenüber den ver- zweigten, scheint ohne Weiteres zu Gunsten letzterer zu entscheiden. In der 'l'hat kann man sich angesichts der durch die Arten des Genus Notomastus erhaltenen Entwickelungsreihe kaum des Eindruckes erwehren, dass man es nur mit secundären, von der Umbildung der Parapodien in Hakenwülste abhängigen Bildungen zu thun habe. Aber — das einzige Factum, dass Notomastus formianus an den letzten zwei Thoraxsegmenten, also an nicht zu Toris modi- ficirten Parapodien, ganz ähnliche respiratorische Anhänge besitzt wie an den abdominalen Toris, wirft auch diese Schlussfolgerung über den Haufen. 584 ^- Vergluiuhcnd- Anatomischer (Moi-phuloKischer) Thuil. Es bleibt daher nur das folgende Bekenntniss übrig: Weder lassen sich die zwei Kategorien von Parapodkiemen auf einander zurückführen, noch genügt unsere Einsicht in die Morphologie dieser Organe, um entscheiden zu können, welche von beiden Kategorien als die ursiirünglichere, respective typische zu betrachten sei. 2. Vergleich der Capitelliden mit anderen Anneliden. Wir haben gesehen, dass in der der Blutgefässe ermangelnden Familie der C"apitelliden Kiemen zur Ausbildung gelangt sind, welche sich dadurch von denjenigen der meisten übrigen (mit Blutgefässen avisgerüsteten) Anneliden unterscheiden, dass in ihnen nicht nur das hämo- globinhaltige Blut, sondern auch die gemeinsam mit letzterem in der I-eibeshöhle circulirende Lymphe zur Respiration gelangt. Wir wollen diese der Gefässe entbehrenden, Hämolymphe athmenden Parapodkiemen als »Lymphkiemen« und jene mit Gefässen versorgten, aus- schliesslich der gefärbten Blutflüssigkeit Zugang gestattenden als »Blutkiemen« bezeichnen. Beschäftigen wir uns vor Allem mit der Frage, ob auch noch andere Anne- liden solche Lymjihkiemen aufweisen, und wenn dem so ist, ob diese den ein- fachen, oder aber den verzweigten der Capitelliden (welche wir ja nicht auf einander zurückzuführen vermochten, sondern vorläufig wenigstens als unabhängig von einander ent- standene gelten lassen mussten) gleichzustellen seien. Sodann wird zu untersuchen sein, ob sich zwischen den verschiedenen Lymph- kiemen einer- und den Blutkiemen andererseits in morphologischem Sinne irgend welche Beziehungen erkennen lassen, oder aber, ob beide als Körper- anhänge verschiedenen Ursprunges betrachtet werden müssen. Ln Hinblicke auf die erstere Frage muss man sich sofort einer Annelidenfamilie er- innern, deren Gattungen sich zwar von denjenigen der Capitelliden durch den Besitz tcntakel- artiger Kopfanhänge, durch sehr entwickelte Kiefer, sowie durch monostich angeordnete, kräftig ausgebildete, lediglich Pfriemenborsten führende Fussstummel unterscheiden, aber doch darin mit unserer Familie übereinstimmen, ,dass auch ihre Rückencirren zum Theil die Um- wandlung in, Seitenorgane erfahren haben und — was hier mehr in Betracht kommen muss — dass auch sie kein Blutgefässsystem, dagegen hämoglobinhaltige Scheiben und Leucocyten in der peritoneal circulirenden Leibesflüssigkeit besitzen : ich meine die Familie der Glyceriden. Die Glyceriden-) sind denn auch in der 'J'hat die einzigen Anneliden**), von welchen ähnliche, im engsten Anschlüsse an die Parapodien ausgebildete, die gesamrate Perivisceral- flüssigkeit athmende Lymphkiemen bekannt geworden sind. Auch stimmen diese insofern in *) Bezüglich des Vorkommens und Baues dieser Kiemen verweise ich auf Ehlees, 1. p. 307. c. p. G38 — 722. **) Ob die von CLAPAKiäDE (1. p. S. c. p. 02) als Lymphkiemen betrachteten Anhänge der Sigalioniden hierhergehören, lässt sich vorläufig nicht entscheiden, da die Anatomie dieser Apliroditoentribus gerade in dieser Hinsicht erst noch der Aufklärung bedarf. VII. llespii-ationsorgane. 2. Vergleich der Capitelliden mit anderen Anneliden. 585 bemerkenswerther Weise mit denjenigen der Capitelliden überein, als sie erstens je nach den Gattungen, ja, je nach den Arten, vorhanden sein oder fehlen, zweitens einfach oder ver- zweigt, drittens retractil oder nicht retractil und viertens endlich sowohl hämal, als auch hämal und neural zugleich ausgebildet sein können. Mit welchen Parapodkiemen der Capitelliden aber diejenigen der Glyceriden zu ver- gleichen sind, ob mit den einfachen, unvollständig retractilen, oder mit den verzweigten, complet retractilen, lässt sich vorläufig noch nicht entscheiden; speciell hierauf gerichtete Studien müssen zu diesem Behnfe angestellt werden. Es ist indessen wahrscheinlich, dass auch bei den Glyceriden beide Kategorien von I^ymphkiemen vertreten sind; dafür spricht wenigstens das Vorkommen einfach schlauchförmiger, nicht retractiler, inmitten der Fuss- stummel eingepflanzter bei gewissen Arten von Gli/cem, zum Beispiel bei Gli/cem comoluta^), und dasjenige vielfach verzweigter, total einziehbarer bei anderen Arten derselben Gattung, zum Beispiel bei Gh/cera amerkana*'). Erstere erinnern an die einfachen Parapodfortsätze (Hakentaschen) von Notomastus, letztere an die verzweigten, retractilen Anhänge von Dasyhanchus. Ich komme nun zur zweiten der im Vorhergehenden aufgeworfenen Fragen, nämlich zu der über die Beziehungen von Lymph- und Blutkiemen. Wie die vielgebrauchten Namen Kopfkiemer und Rückenkiemer es ausdrücken, bilden die mit Blutkiemen versehenen Anneliden zwei grosse Gruppen, in deren einer, die respirirenden Anhänge als Umbildungen von Tentakeln oder Fühlercirren, und in deren anderer die entsprechenden Anhänge als modificirte Ilückencirren, respective als Aeste solcher Cirren betrachtet zu werden pflegen. Da wir es bei den Capitelliden sowohl, als auch bei den Glyceriden ausschliesslich mit metameren, parapodialen Anhängen zu thun haben, so können wir von den ersteren, den Kopfkiemern, hier wenigstens absehen; nur die ebenfalls mit metameren, stets im Be- reiche der Parapodien gelegenen Athemwerkzeugen ausgerüsteten Rückenkiemer können in Betracht kommen. Entscheidend für diese Beziehungen ist das Verhältniss des respirirenden Anhanges zum Rückencirrus. Die Blutkiemen bestehen nun entweder aus dem umgewan- delten Rückencirrus selbst (so zum Beispiel bei Halla und Hermelid), oder aber aus einem Aste dieses Cirrus (so bei Euiike) . Die Lymphkiemen dagegen - zeigen weder bei den Capitelliden, noch bei den Glyceriden irgend welche Beziehungen zum Rückencirrus, einerlei ob letzterer in seiner Fadenform erhalten, oder aber zum Seitenorgane umgebildet erscheint. Dass an solche Beziehungen zu den Rückencirren bei den Lymphkiemen nicht gedacht werden kann, geht aber auch schon daraus hervor, dass sie (ganz abgesehen von den distichen Capi- telUden, bei denen sie ja an den hämalen und neuralen Parapodien zugleich auftreten können) auch bei den monostichen Glyceriden in einzelnen Fällen [Gl^cera (lihranchiata) sowohl hämal, als auch neural vorhanden sind. *) Man vergl. Ehleiis, 1. p. 307. c. p. ü64. Taf. 24. Fig. 2!), und (Ilvpaeede, 1. p. 8. c. p. 187 Taf. 16. Fig. 3. **) Man vergl. Ehlers, 1. p. 307. c. p. ü69. Tal'. 23. Fig. 43—15, und diese Monographie Taf. 37. Fig. 34 Zool. Station z. Neapel, Fauna und Flora, Golf von Neapel. CapitulUJon. 71 586 B. Vergleichend-Anatomischer (Morphologischer) Theil. An eine Homologie zwischen Lym])h- und Blutkiemen ist in Folge dessen nicht zu denken und so hätten wir hiermit einen weiteren Beleg für den folgenden von mir ') sclion früher in der Schilderung der schwimmblasenähnlichen Anhänge von Hesiove etc. ausgesprochenen Satz : »Die Annelidenkienie lässt sich morphologisch noch gnr nicht scharf dciinircn, sie ist kein typischer Anhang. Typische Extremitäten für das Annelidensegment sind, abgesehen von den Fussstummeln, der dorsale und ventrale Cirrus. Zur Kieme ausgebildet werden kann aber entweder der Rückencirrus selbst, oder ein Spross desselben und in einzelnen Fällen kann dieser Spross Selbständigkeit gewinnen und auf den Rücken des Körpers heraufrücken.« Nur müssen wir den Satz dahin erweitern, dass ausser den Cirren und ihren Sprossen auch verschiedene Stellen der Parapodwandung Ausgangspunkte respirirender Fortsätze werden können, und überdies nicht ausser Acht lassen, dass es bei den sogenannten Kopfkicmern nicht parapodiale Cirren, sondern Tentakel und Fühlercirren sind, welche die Umwandlung in Kiemen erfahren. Wir haben in der so kleinen und scharf umschriebenen Capitellidengruppe nicht nur Formen mit sehr verschiedengradig ausgebildeten Kiemen, sondern auch solche angetroffen, welche der specifischen Athemwerkzeuge ganz entbehren. Diese im Hinblicke auf die meisten anderen Thiergruppen unerhörten Schwankungen des Respirations- systemes stehen in der Annelidenciasse nicht vereinzelt da. Haben wir doch schon hervor- gehoben, dass, was zunächst, die Lymphkiemen betrifft, einzelne Gattungen, ja selbst Arten von Glyceriden solche Kiemen besitzen, andere dagegen nicht, und hinsichtlich der Blutkiemen braucht nur an die Euniciden erinnert zu werden, welche neben reichlich mit Kiemen versorgten Gattungen [Eunice etc.) auch solche einschliessen, die nicht nur der speciell respiratorisch thätigen, sondern auch aller anderen parapodialen Anhänge verlustig gegangen siml [Lum- hriconenis etc.). An derjenigen ( 'apitellidengattung, welche eine vollständige Einbusse der respiratorischen Anhänge erfahren hat, an CapiteUa, Hess sich eine sehr auffällige Verdünnung des Ilaut- muskelschlauches, sowie eine bedeutende Steigerung des für die Fortbildung des respiratorisch wirksamen Wasserstromes bestimmten Darmrinnen -Systemes, mit anderen Worten eine be- deutend gesteigerte Haut- und Darmathmung feststellen. Was zunächst die letztere Athmungsweise betrifft, so möchte ich darauf hinweisen, wie sie auch in anderen Fällen sich besonders da als gesteigert erwies, wo es sich um kiemen- lose Formen handelte. In dem bereits erwähnten Aufsatze -) habe ich nämlich constatiren können, dass respiratorische, mit Gas gefüllte Darmanhänge (oder zu ähnlichem Zwecke be- stimmte Gasansammlungen im Darmkanale selbst) hauptsächlich bei den Hesioniden, Syllideen, Phyllodociden und Nereiden vorkommen, also bei Familien, w(>lclu' d(n- s])ecitischen Kiemen- anhäny-e durchaus entbehren. 1) 1. p. 'M!l. c. p. 295. 2) 1. p. Hi). c. p. 2!M. VII. Ilespiratiünsorganc. 2. Vergleich der Capitelliden mit anderen Anneliden. 587 Und auch hinsichtlich der Hautathmung hat sich ergeben, dass ganz besonders bei solchen Anneliden das Integumcnt auffällig verdünnt oder sehr reich mit Blutgefässen versorgt erscheint, vpelche der Kiemen entbehren, so bei gewissen Chaetopteriden, Nereiden und Maldaniden*). Hinsichtlich des phylogenetischen Verhältnisses zwischen der llespiration durch Darm und Haut einer- und derjenigen durch specifische Kiemenanhänge andererseits habe ich in der vorerwähnten Abhandlung') seiner Zeit Folgendes geäussert: »Wenn uns nun über die Ausdehnung des Vorkommens der Anneliden -Schwimmblasen auch nur wenig bekannt i.st, so glauben wir doch so viel für ausgemacht annehmen zu dürfen, dass die Darmalhmung eine der ganzen Annelidengruppe in höherem oder geringerem Grade zukommende Fähigkeit bilde, ja dass sie neben der Hautathmung die ursprünglichste Form der Respirationsthätigkeit darstelle. In diesem Falle können wir uns aber vorstellen, dass so wie die vorwiegende Hautathmung zur Entwickelung der äusseren Anhänge in Kiemen, die vorwiegende üarmathmung zur Entwickelung von Blasen geführt habe , und Aus- läufer einer so alten und verbreiteten Function werden wir uns wohl hüten müssen, ohne Weiteres für einseitige Anpassungsphänomene zu halten.« Auch heute noch bin ich der Ansicht, dass wir die diffuse Darm- und Haut- athmung als den ursprünglichen Respirationsmodus zu betrachten haben, der einer- seits zur Bildung integumentaler und andererseits zur Bildung entodermaler Anhänge von mehr specifischem Charakter geführt hat. Aber daraus darf doch nicht ohne Weiteres der Schluss gezogen werden, dass alle jene Formen, welche der Kiemen entbehren und lediglich vermittelst Haut imd Darm athmen als ursprüngliche zu betrachten seien. Im Gegentheil: Alles spricht dafür, dass zum Beispiel die aller Anhänge entbehrende Capitella, sowie die sich ähn- lich verhaltende Gattung Lumhrkoncreis nicht etwa den Ausgangspunkt repräsentiren, von dem ihre reicher ausgestatteten Verwandten abgeleitet werden können, sondern umgekehrt durch secundärc, zum Theil stufenweise verfolgbare Degradation zu dieser Einfachheit zurück- gekehrt sind. Es muss dies aus dem Grunde betont werden, weil in so vielen Fällen Anneliden in Folge dieser Verwechslung von »ursprünglicher« und »degenerativ erworbener« Einfachheit in die fraglichsten systematischen Relationen gebracht wurden; ich erinnere nur an die soge- nannten »Archianneliden«. Schliesslich möchte ich noch aitsdrücklich betonen, dass das, was ich im Vorher- gehenden über die RespLrationsorgane der Anneliden vorgebracht 4i:abe, keinerlei Anspruch darauf erhebt, das Thema irgendwie befriedigend aufgeklärt zu haben; wurden ja die Probleme viel mehr hervorgehoben, als zur Lösung gebracht. Eine Lösung wird aber erst dann ver- sucht werden können, wenn die verschiedenen Annelidenfamilien auf alle Körperanhänge vergleichend-anatomisch (und theilwcise wenigstens auch embryologisch) untersucht sind. Einer solchen Untersuchung würde sich naturgemäss diejenige der Farapodien anzuschliessen haben. l) 1. p. 449. c. p. 295. *) Man vergl. Quatrefages, 1. p. 6. c. Tome 1. p. 70, und Clapakede, 1. p. 8. c. p. 452. YIII. Nepliridieii (Seginentalorgane). 1. Vergleichende Zusammenfassung der Capitelliden. ') In der Familie der Capitelliden haben wir provisorische und definitive Nephridien zu unterscheiden. Erstere dürfen aber nicht mit den Larven -Excretionsorganen oder Kopf- nieren verwechselt werden, indem sich kein durchgreifender morphologischer Gegensatz zwischen provisorischen und definitiven Nephridien stabiliren lässt. Das Attribut provisorisch bezieht sich eben nur darauf, dass die betreffenden Organe allein in jugendlichen Thieren (nicht Larven) functionirend angetroffen werden, wogegen sie bei Erwachsenen entweder ganz fehlen oder doch nur noch als Rudimente wahrgenommen werden. Regel ist, dass die provisorischen Nephri- dien im Vorderleibe oder Thorax zur Entwickelung gelangen, also in einem Körperabschnitte, in dem sich (abgesehen vom letzten seiner Segmente) niemals definitive Nephridien vorfinden. Darauf beschränkt sich, was allgemein von der Familie ausgesagt werden kann; denn die Nephridien ihrer Glieder stellen nicht etwa Variationen eines Themas dar, lassen sich nicht als phylogenetische Stadien ohne Weiteres auf einander zurück- führen, sondern zeigen vielmehr einen von den übrigen Verwandtschaftsbeziehungen in hohem Grade unabhängigen Wechsel der Ucbereinstimmungcn oder Abweich- ungen. Arten einer Gattung können engere Beziehungen zu Arten einer anderen aufweisen als zu ihren Schwesterarten, und diese hin und her schwankenden Relationen drehen sich du.rch- aus nicht um secundäre Punkte, nein cardinale Organisationsverhältnisse, wie Auftreten, liagerung. Form, Mündungen und Structur, kommen dabei in Betracht. So bleibt mir denn auch in dieser vergleichenden Zusammenfassung bei Besprechung genannter Organisations- verhältnisse nichts Anderes übrig, als die einzelnen Arten, Untergattungen oder Gattungen gleicherweise zu berü(-ksichtigen. Ich beginne mit dem Auftreten oder der Vertheilnng der Nephridien nach Ort und Zeit. Bei erwachsenen Thieren der Untergattung Clistoma.stu.s kommen functionsfahige Nephridien allein im Abdomen vor. Hier pflegen sie in einem der ersten Segmente zu be- a) Man vergleiche: »Anatomisch- Histologischer Tlieil« p. 111 — 132, 190-199, 222—225, 241 — 243 70—280. VIII. Ncphridien (Segmentalorgane). 1. Vergleicheudo Zusammenfassung der Capitelliden. 589 ginnen und sich bis zur Schwanzregion von Segment zu Segment in je einem Paare zu wieder- holen. Ausnahmsweise können aber auch in einzelnen Zoniten die Organe fehlen, oder umgekehrt durch mehrere Paare vertreten sein. Bei jugendlichen Thieren ündet man nicht nur in denjenigen Segmenten des Abdomen- anfanges, welche bei erwachsenen keine Nephridien mehr enthalten, sondern auch in den hintersten Thoraxsegmenten Rudimente von Nierenorganen, und zwar erscheinen diese Rudi- mente in einem um so weniger degenerirten Zustande, je jünger die Thiere sind und je weiter vorn gelegene Zoniten man in's Auge fasst. Diese Rudimente repräsentiren aber die provisorischen Nephridien, Avelche sich in eben dem Maasse zurückbilden, als die defini- tiven, hinteren zur Ausbildung gelangen. In der Untergattung Tremomastus treten bei erwachsenen Thieren ausgebildete Nephri- dien stets vom ersten Abdomensegmente an auf und wiederholen sich streng segmental bis zur Schwanzregion. Auch bei den jüngsten mir zu Gesichte gekommenen fanden sich keine Spuren mehr von provisorischen Nephridien, woraus aber nicht geschlossen werden darf, dass solche überhaupt fehlen; vielmehr ist es wahrscheinlich, dass sie hier nur viel früher und vollständiger degeneriren, als bei CUstomastm. Die Arten der Untergattung Tremomastus sind dadurch ausgezeichnet, dass in beiden Geschlechtern vom zweiten Abdomensegmente ab die Nephridiumtrichter von 5 [N. Bi-ncdeni), 9 [N. profundus), oder 20 [N. fertilis) successiven Zoniten in sogenannte Genitalschläuche (Copulations- und Evacuationsorgane) übergehen und zeitlebens mit diesen von den Trichtern aus zur Entwickelung gelangten, selbständig nach aussen mündenden Schläuchen in Verbindung bleiben. Bei Clistomastns, bei dem weder Begattung, noch Evacuation der Scxualkörper durch besondere Poren stattfindet, kommen Genital schlau che nur rudimentär vor, und zwar nicht im Abdomenanftxnge, sondern in den letzten 3 Thoraxsegmenten. Die Thatsache, dass gerade in dieser Untergattimg späte Stadien jugendlicher Thiere noch Reste provisorischer Nephridien im Thorax erkennen lassen, legt den Schluss nahe, dass auch diese mehr oder weniger rückgebildeten Genitalschläuche ursprünglich mit Nephridien im Zusammen- hange standen, respective sich von den Trichtern solcher aus entwickelt haben. Bei üasi/hranchus treten die Nephridien in streng segmentaler Folge auf; nie habe ich mehr als ein Paar in je einem Zoniten angetroffen. Sie beginnen, sei es ausgebildet, sei es in Form von Rudimenten, meistens im letzten oder vorletzten Thoraxsegmente, um sich, abgesehen von den weiterhin zu besprechenden Fällen, bis zum Schwänze fortzusetzen. Da mir keine jugendlichen Thiere zur Untersuchung vorgelegen haben, so kann ich auch nicht angeben, ob und in wie vielen weiter nach vorn gelegenen Thoraxsegmenten etwa noch Reste provisorischer Nephridien zu finden sind. Auch die beiden Arten von Dasyhranchus sind durch den Besitz zahlreicher (30-40)Genitalschlauch-Paare ausgezeichnet, unddieseOrgane beeinflussen denModus des Auftretens der Nephridien je nach Altersstufe, Individuen und Arten nicht wenig. 590 1^- Vergli'ichend-Anatümischer f'Morphologisclicr) Thcil. Betrachten wir zuuüclist den wenigstens innerhalb der Spcciesgrenze sich einheitlich verhaltenden D. Gajvlae. Bei ihm finden wir, ähnlich wie bei Tretnomastus, eine Anzahl von Nejjhridien, deren Trichterpartien continuirlich in Genitalschläuche übergehen; aber es sind nicht wie bei jener Untergattung stets dieselben Segmente, in denen diese Verbindung wahr- genommen wird, sondern je nach dem Alter der betreffenden Individuen weiter vorn oder weiter hinten gelegene. Während nämlich bei Tretnomastus sowohl die Genitalschläuche, als auch die Nephridien je nach den Arten in einer bestimmten Anzahl von Segmenten das ganze Leben hindurch functionsfähig miteinander verbunden bleiben, kommen bei IX Gajulae in dem Maasse, als weiter nach hinten gelegene Nephridien Genitalschläuche pro- duciren, vordere Nephridien zur Rückbildung, so dass schliesslich eine ganze lleihe von Segmenten nur noch Genitalschläuche, eine zweite in Bildung be- griffene Genitalschläuche und Rudimente von Nephridien, und eine dritte endlich Nephridien mit Genitalschlauchanlagen enthält. Wie sich dieser Prozess im Ein- zelnen nach Grösse der Thiere und Zahl der Segmente abspielt, ist oben pag. 193 ff. nach- zusehen. D. caducus ist durch ein dimorphes Verhalten ausgezeichnet. Bei gewissen Individuen kommen nämlich die Genitalschläuche ganz wie bei D. Gajolae successive auf Kosten der Nephridien zur Ausbildung (Typus D. caducus -Gitjolcusis), bei anderen hingegen (Typus D. caducus s. str.) finden wir in allen respectiven Segmenten sowohl Nephridien, als auch Genitalschläuche vollkommen unabhängig neben einander entwickelt; nur die innige Nach- barschaft von Nephridiumtrichter und vorderem Genitalschlauchzipfel lässt auch hier die zwischen den beiden Organen herrschenden genetischen Beziehungen erkennen. Bezeichnend für dieses dimorphe Verhalten sowie für die grosse Variabilität des be- treffenden Organsystemes ist, dass auch Individuen von D. caducus vorkommen, Avelche sich keinem dieser beiden Typen einfügen lassen ; Ausführliches darüber ist ebenfalls im Anatomischen Theile pag. JUS nachzusehen. Miistohranclius ist im Gegensatze zu den vorliergehenden Formen in der Regel nur in den letzten 30 — 40 Abdomensegmenten mit Nei)hridien, und zwar mit einem Paare in jedem Segmente ausgerüstet. In der Regel; denn ich habe ein Individuum dieser Form unter den Händen gehabt, welches fast dem ganzen Abdomen entlaug mehr oder weniger ausgebildete Nephridien erkennen Hess, und zwar waren letztere um so mehr rückgebildet, je mehr man sich dem Abdomenanfange näherte. Da mir keine jugendlichen Exemplare zur Verfügung standen, so konnte ich auch nicht entscheiden, ob noch bei allen Individuen dem Abdomen entlang Nephridien zur Anlage kommen, oder nicht. Im ersteren Falle hätten wir die rück- gebildeten Organe in den Kreis der provisorischen Nephridien zu ziehen, im letzteren dagegen hätten wir das aberrante Thier unter dem Gesichtspunkte des Atavismus zu beurtheilen. Wie aber dem auch sein nuig, so viel lässt sich unter allen Umständen aus dem interessanten Falle schliessen, dass ursprünglich auch Mastubrauchus dem ganzen Abdomen entlang mit Nephridien ausgerüstet war, dass also die heutige Beschränkung auf das Ab- VIII. Nephvidien JSegmentalorgane) . l. Vergleichende Zusammenfassung der Capitellideu. 591 domenende einen secundären Zustand darstellt. Ja, das Vorkommen von Genital- schläuchen im 7. — 12. Thorax- und l. — 3. Abdomensegmente berechtigt sogar zur An- nahme, dass sich die Nephridien einst durch den grössten Theil des Thorax erstreckt haben, unter der Voraussetzung nämlich, dass auch hier die Entwickelung der Genitalschläuche (phylogenetisch wenigstens) von Nephridiumtrichtern ausgegangen ist. Bei jugendlichen Thieren könnten sich übrigens selbst heute noch provisorische Nephridien im Thorax vorfinden und so die erwähnte Abhängigkeit der Genitalschläuche auch noch ontogenetisch zum Ausdruck bringen. Auch bei Heteromastus ist das Vorkommen von Nephridien (wenigstens im erwachsenen Zustande) auf das hintere Drittel des Abdomens beschränkt. Hier wiederholen sie sich in je einem Paare von Segment zu Segment. Obwohl das nicht, so wie bei der vorhergehenden Form, durch ein aberrantes, erwachsenes Exemplar ad oculos demonstrirt werden konnte, ob- wohl mir ferner auch hier keine jugendlichen Individuen, die vielleicht den Zustand noch recapituliren, zu Gesichte kamen, so stehe ich doch nicht an, auch hier die Reduction der Nephridien als secundäre Erscheinung aufzufassen. Allein die Thatsache, dass Hrfiro- mastus im 9. — 12. Thoraxsegmente Genitalschläuche besitzt, spricht schon dafür, dass sich ur- sprünglich die Nephridien nicht nur durch das Abdomen, sondern auch durch einen Theil des Thorax erstreckt haben. Während bei den erwachsenen Thieren der vorhergehenden beiden Gattungen nur im hinteren Abschnitte des Abdomens Nephridien angetroffen werden, treten solche bei voll- kommen ausgebildeten Exemplaren der Gattung CapitcUa umgekehrt nur im Abdomen- anfange auf, und zwar je nach Grösse oder Alter der Thiere vom 10. bis ungefähr 23. liCibes- segmente oder vom 1. — 13. Abdomensegmente. Was bei CUstomastns ausnahmsweise vor- kommt, nämlich das Auftreten mehrerer Organe in einem und demselben Seg- mente, ist bei Capitella zur Regel geworden; 2—3 Nephridien pflegen in den vor- dersten, 3 — 5 in den mittleren und 5 — 6 in den hintersten Zoniten jederseits enthalten zu sein. Mit dem Wachsen ihrer Zahl rücken die Organe immer näher aufeinander, so dass sie zuletzt compacten Drüsenkörpern ähnlich erscheinen; auch, kommen zwischen benachbarten Organen nicht selten verbindende Sprossen (in denen der Flimmer- strom vom vorderen zum hinteren gerichtet verläuffi zur Ausbildung. Von diesen definitiven Nephridien ist bei ganz jungen Thieren noch keine Spur zu sehen; anstatt dessen entwickeln sich bei ihnen vom 5. — 11. Segmente (abgesehen vom S. die Genitalschläuche enthaltenden Segmente I) provisorische, welche, in dem Maasse als die defi- nitiven zur Ausbildung gelangen, wieder der Degeneration verfallen. Nur für das 10. und 1 1 . Leibessegment, welche beide allein durch den gleichzeitigen Besitz provisorischer und definitiver Organe ausgezeichnet sind, ist es zweifelhaft, ob nicht auch erstere in den er- wachsenen Zustand mit herüber genommen werden. Ausführliches über alle diese Verhält- nisse ist im Anatomischen Theile pag. 275 ff. nachzusehen. Während sich bei allen vorhergehenden Formen die provisorischen IS'e- ])hridien den definitiven ähnlich verhalten, herrscht bei Capite/fa zwischen 592 -ß- Vergleichend- Anatomischer (Morphologischer) Theil. beiden ein bedeutsamer Gegensatz: die provisorischen ti'eten nämlich stets in der Ein- zahl in jedem Segmente auf (abgesehen natürlich vom 10. und 11., in welchen beiden sich zu- gleich definitive ausbilden) und jedes Organ participirt an zwei Zoniten, wogegen von den definitiven, wie wir gesehen haben, stets mehrere in je einem Segmente sich ausbilden, alle aber auf das betreffende Segment beschränkt bleiben. Von Genitalschläuchen kommt bei Capitclla nur Ein Paar im 8. Seg- mente zur Entwickelung, und zwar geschieht die Anlage gleich in deren charakteristischer Form, indem dieses Segment zu keiner Zeit Spuren von Nephridien erkennen lässt. Trotzdem dürfen wir, gestützt auf das insbesondere bei Tremomastus und Dasyhranchus so klar erkennbare Abhängigkeitsverhältniss der beiderseitigen Organe und in Anbetracht der unzweifelhaften starken Modificationen , von denen sowohl die provisorischen, als die definitiven Nephridien von Capitclla betrofi'en wurden, schlicssen, dass ursprünglich auch bei letzterer Form das S. Segment ein Nephridienpaar besass, von dessen Trichtern aus die die nitalschläuche ihren Ursprung nahmen. Wie hinsichtlich ihres Auftretens, so sind auch hinsichtlich ihrer Form die Nephridien grossen Schwankungen unterworfen. Diejenigen von CUstomastus stellen an ihrer Umbiegungsstelle mit einander verwachsene Schleifen, resi)ective zweischenklige Keulen dar; der eine Schenkel (der centripetale) führt zur inneren, der andere (der centrifugale) führt zur äusseren Mündung. Aehnlicli gestaltet sind die Neidiridien von Dasi/brain-hus caducus; nur kommt es bei dieser Form zu keiner Verwachsung des Schleifenkopfes. Da.syhranchns Gajolae unterscheidet sich dadurch von der vorigen Art, dass der Schleifenkanal überall ziemlich gleich dick ist, dass die Schenkel in Aveitem Abstände von einander verlaufen und dass die Bildung eines von den Kanälen sich mehr oder weniger ab- setzenden Körpers unterbleibt. Ebenso verhalten sich die Nephridien von Mastohranchus. Die definitiven von Capitella zeigen theilweise eine grosse Uebereinstimmung mit den Organen von CUstomastus, indem sie ebenfalls in der Form zweischenkliger Keulen auf- zutreten pflegen; aber diese Uebereinstimmung ist docli nur eine scheinbare, da bei Capitella beide Schenkel centrifugale oder ausführende Organe darstellen. Ein anderer Theil der de- finitiven sowie alle provisorischen Nephridien von Capitella bilden einfache Keulen, deren pro- ximaler (angeschwollener) Abschnitt den Trichter aufnimmt und deren distaler (verjüngter) sich zur Mündung begiebt. Aehnliche Keulen kommen auch bei Heteromasttis dadurch zu Stande, dass die zu den Mündungen abbiegenden Schenkel nur ganz kurze und ziemlich scharf abgesetzte Por- tionen des Organes für sich in Anspruch nehmen. In total abweichender Form erscheinen die Nephridien der Untergattung Tremomastus. Sie bilden Tiämlich je nach den Arten ovale oder nierenförmige Kuchen, aus denen die ein- und ausführenden S(-henkel scliarf abgesetzt entspringen. VIII. Nephridien (Segmentalorgane). 1. Vergleichende Zusammenfassung der Capitelliden. 593 In Folge eines meist den Excretbläschen, seltener der Zellsnbstanz anhaftenden Farb- stoffes bieten die Nephridien aller Capitelliden eine anffallende und für die einzelnen Formen (•onstante Färbung dar. Gelbbraun bis schwärzlich erscheinen diejenigen von Clistonmstus und Dasi/branc/ms caducus; goldgelb bis orange diejenigen von Dasyhranchus Gajolae, Masto- hram-hns, Heteromastus und Capitella; hellgelb bis tief orange endlich diejenigen von Tremomastus. Die Grösse der Nephridien wächst oder sinkt mit derjenigen der Gattungen und Arten. Wir treffen daher die umfangreichsten Organe bei Dasj/bmitchns caducus und die kleinsten bei Heteromastus. Innerhalb der einzelnen Arten wird ihr Volumen nur bis zu einer gewissen Grenze des Wachsthumes durch dasjenige des Körpers bedingt, so dass kleinere (erwachsene) Thiere umfangreichere, oder doch mindestens eben so umfangreiche Nephridien haben können, als grössere. In den einzelnen Thieren verhält sich die successive Zu- und Abnahme der Organe verschieden je nach den Gattungen oder Arten. So wachsen die Nephridien bei CUstomastas und Dasi/branchus caducus stetig bis zur Abdomenmitte, um von da bis zum Abdomenende sich annähernd gleich zu verhalten. Bei Tremomastus dagegen nehmen sie vom Anfange bis zum Ende des Al)domens continuirlich zu, so dass die letzten Organe den doppelten Durch- messer der ersten erreichen. Auch die Nephridien von Mastohranchus und Capitella wachsen stetig von vorn nach hinten an, wenn auch nicht in so beträchtlicher Weise wie diejenigen von Tremomastus. In der Schwanzregion nehmen die Nephridien gleicherweise bei allen Arten sehr unver- mittelt an Grösse ab, indem sie sich wie die übrigen Organe in einem noch unfertigen Zu- stande befinden. Hinsichtlich der Lage der Nephridien herrscht ein sehr bemerkenswerther Gegensatz. Die provisorischen Organe von Capltellu nämlich erstrecken sich je auf zwei successive Zonite derart, dass ihr proximaler Abschnitt mit dem Trichter einen Theil des respectiven vorderen und ihr distaler Abschnitt mit der äusseren Mündung einen Theil des zunächst folgenden hinteren Segmentes einnimmt; die definitiven Organe von Capitella hingegen sowie diejenigen der sämmtlichen übrigen Gattungen, einerlei ob provisorische oder definitive, sind ganz und gar auf die Segmente beschränkt, denen sie zugehören. Innerhalb der einzelnen Segmente nehmen die Nephridien bei allen Capitelliden die neuralen Flanken des Körperumfanges, und zwar die als Nierenkammern unterschiedenen Räume der Leibeshöhle ein. Clistomastus macht nur eine scheinbare Ausnahme, indem bei ihm in Folge der Rückbildung der transversalen (die Nieren- von den Darmkammern schei- denden) Muskulatur die Nephridien nachträglich in die Darmkammern hinaufgerückt sind. Da die die Nierenkammern abgrenzenden transversalen Muskelstränge sich distal im Bereiche der Seitenlinie inseriren, so haben bei denjenigen Formen, bei welchen die genannte Linie dem Abdomen entlang eine Lageveränderung erleidet, wie die Nierenkammern selbst, so auch die Nephridien diese Veränderung mitzumachen. Wir treffen daher letztere Organe bei den Gattungen Notomastus und Dasi/branchus im Abdomenanfange auf der Höhe des halben Körper- Zool. Station z. Neapel, Fauna nnd Flora, Golf von Neapel. Capitelliilou. 7Ö 594 B- Vergleichend-Anatomischer (Morphologischer) Theil. uinfaiigcs oder noch höher, im Ahdomenende dagegen tief neural gelegen. Rücksichtlich ihrer Beziehungen zur liängsaxc ist zu bemerken, dass die langgestreckten Nephridien von Clisto- mastiis, Biisi/hrunchus caducus, Heteromastus und die ähnlich geformten provisorischen von Capitella dieser Axe ijarallel verlaufen und daher den grössten Theil der Segmentlänge einnehmen. Die weniger gestreckten Organe von Dasi/hranchus Gajolae und Mastohranchus dagegen verlaufen meiir rechtwinkelig zu dieser Axe und nehmen dabei die Segmentmitten ein. Aehnlich recht- winkelig ist der Verlauf der definitiven, den grössten Theil der bezüglichen Segmente occu- pirenden, vielzähligen Organe von Capitella. Im Bereiche der hinteren Segmentgrenzen gelegen treffen wir endlich die breit kuchenförmigen (Organe von Tremomastus. Sehr verschieden verhalten sich auch die Nephridien hinsichtlich ihrer Abhängigkeit gegenüber den Leibeswandungen. Am meisten von diesen Wandungen abgelöst und des grössten Maasses von Beweglichkeit theilhaftig erscheinen diejenigen von Clistomastus ; sie haben diese ihre freie Lage zum Theile wenigstens dem Schwunde der transversalen Muskulatur zu danken. Aehnlich unabhängig vom Hautmuskelschlauche stellen sich die (Organe von Dasi/- hranchiis, sowie die provisorischen von Capitella dar; nur kann hier in Folge der kräftigen Entwickelung der transversalen Muskulatur von keiner solchen Beweglichkeit innerhalb der Leibeshöhle die Rede sein wie bei Clistomastus. Ganz im Gegensatze hierzu bleiben die Nephridien aller übrigen Formen, also diejenigen von Tremomastus, Mastohranchus, Heteromastus, sowie die definitiven von Capitella (abgesehen von den Mündungen), zeitlebens fest mit den Leibeswandungen verwachsen, und zwar derart, dass die untere Fläche der Organe der neuralen Längsmuskulatur und die obere dem Peritoneum anliegt. Letztere Membran bildet daher nicht wie bei der vorhergehenden Gruppe einen besonderen, das Organ allseitig bedeckenden Ueberzug, sondern verläuft vielmehr glatt über dasselbe hinweg; kurz die Nephridien dieser Gruppe haben eine retroperitoneale Lage. Ich komme nun zu den inneren Mündungen. AVäre die nahe Verwandtschaft aller Capitellidcn nicht anderweitig sichergestellt, aus dem Verhalten dieser Theile würde man sie nimmer erschlicssen können, so abweichend haben sich letztere von einander gestaltet. Bei Clistomastus werden die genannten Mündungen einfach durch die terminalen, trichter- förmig erweiterten Abschnitte der centrifugalen Schenkel repräsentirt, und im Gegensatze zur freien liage der Organe sind diese Trichter auf ihrer Unterseite fest mit dem Peritoneum ver- wachsen. Bei Tremomastus, Dasyhranckus und Mastohranchus dagegen stellen sie scharf von den centripetalen Schenkeln abgesetzte, pantoffel- oder löffeiförmige Körper dar, welche ab- gesehen von einzelnen sie an der Leibeswand festhaltenden, mesenterialen Fäden eine durchaus freie, vom Peritoneum unabhängige Lage haben. Bei der der centrifugalen Schenkel über- haupt entbehrenden Capitella sodann erscheinen sie unter der Form sehr kleiner, kurz ge- stielter, den Organen meist im proximalen Bereiche eingepflanzter Gabeln. Nur die provi- sorischen Nephridien von Capitella folgen dem Gesetze, dass jedes einzelne Organ au
  • age behaupten auch die inneren Mündungen der provisorischen Organe von Capitella, wogegen diejenigen von Clistomastus (entsprechend der Lageveränderung der gesammten Nephridiumkörper) viel höher gegen die Seitenlinie hinauf gerückt sind. Die Trichter der definitiven C«/j/Ye//rt-Nephridien endlich werden in Folge ihres vielzähligen, reihen- förmig unter einander geordneten Auftretens sowohl hoch wie diejenigen von Clistonmstas, als auch tief wie diejenigen der übrigen Gattungen angetroffen. Wie die inneren Mündungen [Capitella ausgenommen) als Endigungen der centripetalen, so erscheinen die äusseren Mündungen als Endigungen der centrifugalen Schenkel. Letztere haben um nach aussen zu münden die Wandungen des Hautmuskelschlauches oder, wo sie den Spalten der Längsmuskulatur folgen, doch wenigstens die Ringmuskulatur und die Haut zu durchbrechen. In def Regel stellen die Mündungen einfache Poren dar; bei Dasyhranclms dagegen sind sie auf niedrigen Warzen und bei einzelnen Clistomastus -IndxsiAview sogar auf hohen Schornsteinen angebracht. Warzen und Schornsteine bestehen aus einem äusseren, von der Haut abstammenden, und aus einem inneren, dem Nephridium zugehörigen Theile; am Porus der Mündungen gehen beide continuirlich in einander über. Die Lage der äusseren Mündungen bietet grössere Abweichungen innerhalb der Familie dar, als diejenige der inneren. Im Hinblicke auf die liingsaxe finden wir die Schornsteine von Clistomastus auf der Grenze des ersten und zweiten Drittels der Segmentlänge; in der Segmentmitte münden die Nephridien von Dasyhranclms sowie die provisorischen von Capitella und in der Nähe der hinteren Segmentgrenze diejenigen von Tremomastus^ Mastohranchus und Heteromastus. Die Mündungen der definitiven Organe von Capitella erstrecken sich natürlich, ebenso wie die Trichter, entsprechend der Vielzahl von Nephridien in allen Segmenten, fast auf die ganze Länge dieser letzteren. In Bezug auf die Queraxe nehmen die äusseren Mündungen von Clistomastus die höchste T^age ein; sie durchbrechen nämlich beträchtlich oberhalb der Seitenlinie den Hautmuskelschlauch, während bei allen übrigen Capitelliden jene Mündungen im Bereiche dieser Linie oder viel tiefer liegen. Auch diese Abweichung der Clistomastus-N e])hridien ist dem Eingehen der trans- versalen Muskulatur, respective der Nierenkammern zuzuschreiben. Die nächst hohe Lage bieten die äusseren Mündungen Aon Dasyhranclms caducus (im Abdomenanfange), Dasyhranchus Gajolae und Mastohranchus dar, indem sie im Bereiche der Seitenlinie durchbrechen. Sodann kommen die auf der Grenze der dorsalen und ventralen neuralen Muskclstränge gelegenen Mündungen von DasyhrancJms caducus (Abdomenmitte bis Abdomenende) , Tremomastus und Heteromastus. Am tiefsten endlich liegen diejenigen von Capitella., nämlich auf der neuralen Körperfiüclie. Wie die Parapodien, Seitenorgane und Kiemen, so werden auch die äusseren Mündungen der Nephridien (unbeschadet ihrer relativ constanten Position) von den öfter er- wähnten Lageveränderungen der Seitenlinie beeinflusst. Vlir. Nephriilien (Segmentalorgane'. 1. Vorgleieheiido Ziisammcnl'assung der CapitelUden. 597 Bezüglich Heteromastus und Capitella ist noch zu bemerken, dass die centrifugalen Schenkel nicht wie bei den übrigen Formen die Haut durchbrechen, sondern in der Haut selbst enden, und zwar bei den provisorischen Organen von CapiteUa sowie bei denjenigen von Heteromastus einfach zugespitzt, bei den definitiven von Capitella dagegen zu- weilen gabelig getheilt. Von dem Münden in die Haut habe ich mich insbesondere bei Ca- pitella durch Carminfütterungsversuche überzeugen können, indem dieser Farbstoff ganz so wie das specifische Excret in die Haut hinein abgeschieden wurde. Gegenüber den vielfachen sonstigen Divergenzen herrscht, wenigstens in den wesentlichen Punkten, relative Einheit der Structur. Die Nephridien sind nämlich in allen Gattungen nach dem Schema cavernöser Drüsen aufgebaut. Von einer äusseren homogenen, das Organ umhüllenden Membran entspringen nach allen Richtungen hin Lamellen, so dass ein Fachwerk zu Stande kommt, dessen einzelne Räume die Zellwände darstellen. Inmitten dieses Fachwerkes verläuft ein flimmernder Kanal, nämlich der zu den Mündungen führende Ausfüh- rungsgang. Dieser kann entweder durch ein besonderes Epithel von Flimmcrzellen gebildet werden, wie bei Tremomastus, oder kann (und dies gilt für alle übrigen ( 'apitelliden) einfach von den benachbarten Wandungen des Fachwerkes seine Begrenzung erhalten, in welchem Falle auch die Cilien den zunächst liegenden Zellen des Fachwerkes entstammen. Mit an- deren Worten, der Ausführungsgang stellt entweder eine nackte Durchbohrung des cavernösen Gewebes dar, oder eine von einem besonderen Epithel ausgekleidete. Die Zellsubstanz sowie auch die Kerne zeichnen sich (abgesehen von Dasyhranclms caducus) durch grosse Vergänglichkeit aus. In den meisten Zellen pflegt sich das specifische Excret in Form sehr verschiedener Bläschen und Concretionen anzuhäufen, und es ist hauptsächlich dieses Excret, das den Nephridien ihre charakteristische Färbung verleiht. Ausser den genannten Theilen ist noch eine peritoneale Hülle zu erwähnen, welche die frei im Cölom liegenden Organe allseitig, die mit der Unterfiächc an die Leibeswandungen festgewachsenen dagegen nur auf ihrer freien Fläche umhüllt. Die excretorische Thätigkeit ist in dieser Annelidengruppe nicht auf die specifischen Nierenorgane beschränkt; denn bei allen Fojrmen betheiligen sich auch die Blutzellen, und zwar die gefärbten, an der Ausscheidung des Un- brauchbaren. Diese ZeUen enthalten nämlich ganz ähnliche Excretbläschen und Concre- tionen wie die Nephridiumzellen ; oft in solcher Menge, dass sie allmählich ihre nu- tritiv-respiratorische Function einbüssen und schliesslich in der Nebenfunction erschöpft zu Grunde gehen. Einen ganz ähnlichen Antheil nimmt das Peritoneum; denn auch in seinen Elementen finden wir zahlreiche, für die excretorische Thätigkeit Zeugniss ablegende Excret- bläschen. Bei denjenigen Gattungen, bei welchen die Nephridien auf das Abdomenendc be- schränkt sind {Mastohr anchus, Heteromastus), kommt es sogar zu metameren Wucherungen des parietalen Blattes, zu Wucherungen, welche man angesichts der massenhaft in ihnen 598 15- VerKli'ieliL'iwl-Anatomiseher (Muriiliolugisclan-; Tlieil. cutliiilti'iu-n, für die Nieiciifunction so charakteristischen C'oncrctionen geradezu als Nephri- dien ohne Ausführungsgänge bezeichnen könnte. Wenn wir die nahen zwischen Nejjhridien, Peritoneum und Bhitzellen herrschenden genetischen Beziehungen erwägen, so wird uns diese vicariirende Nierenthätigkeit der beiden letzteren um Vieles verständlicher erscheinen. \Me schon im Eingange des Abschnittes hervorgehoben wurde und wie es die ver- gh'icliende üebersicht bestätigt hat, zeigt dieses Organsystem eine so grosse Varia- bilität, ein von den übrigen Verwandtschaftsverhältnissen so unabhängiges Divergiren und Congruircn innerhalb der verschiedenen Gattungen, ja Arten, dass jeder Versuch einer phylogenetischen Ableitung auf grosse Schwierig- keiten stösst. Stimmen doch — um nur das Eine hervorzuheben — die Nephridien des als Clistomastm unterschiedenen Notomasttis lineatiis viel, viel mehr mit denjenigen von Dasy- braiu-hus caducus, als mit denjenigen seiner in der Untergattung Tremomastus vereinigten Schwesterarten N. Bencdeni, jrrofumhis und fertilis überein. Und doch kann nicht der geringste Zweifel darüber herrschen, dass alle die genannten Notomastus-Kxien im Ganzen sich näher stehen, als Dasyhrandms, dass sie mit anderen Worten letzterem gegenüber ein wohl definir- biues Genus bilden. Immerhin lässt sich aber die allgemeinere Frage erwägen, welche ]S'ei)hridienvertheilung innerhalb der Capitellidengruppe als die ursprünglichere und welche als die modilicirte zu betrachten sei. Wenn es schon a priori wahrscheinlich ist, dass die metamere sich fast durch den ganzen Leib erstreckende Anordnung, wie sie Notomastus und Basyhranchus darbietet, dem typischen Verhalten entspricht, so wird das zur Gewissheit angesichts der Thatsache, dass in der einen der Formen, welche in der Regel nur im Abdomenende Nephridicn besitzt [Mastohranchus) , Exemplare auftreten, welche dem ganzen Abdomen ent- lang noch Rudimente solcher Organe erkennen lassen. Und wenn die Beschränkung der Nephridien auf das Abdomenende bei Mastohranckus und Heteromastus als secundärer Vorgang feststeht, so dürfen wir wohl auch die Beschränkung derselben Organe auf den Abdomenanfang bei CapitcHa als eben solchen Vorgang betrachten. Die Thatsache, dass alle Capitelliden, deren Jugendstadien zur Untersuchung gelangten, auch im Vorderleibe, wo bei Erwachsenen nie Nephridien angetroffen werden, solche Organe (sogenannte provisorische Nephridien) be- sitzen, zeigt überdies, dass bis zu einem gewissen Grade sich in der ganzen Familie die Neigung zur Reduction der Nephridien geltend macht. Als unzweifelhaft secundäre Erscheinung muss auch das Auftreten einer Mehrzahl von Nephridien in einem und demselben Segmente betrachtet werden; die Tendenz zu solcher Vermehrung und damit die Möglichkeit der allmählichen Heraus- bildung eines Zustandes, wie ihn Capitella repräsentirt, kommt schon in einer der sich in der Regel streng metamer verhaltenden Formen, nämlich in Clistomastus, zum Ausdrucke, indem bei ihr in dem einen oder anderen Zeniten eine Vielzahl von Organen auftreten kann. Entschieden als secundäre, im Hinblicke auf das Nephridium degenerative VIII. Nephvidien (Segmentalorgane). 2. Vergleich der Capitelliden mit anderen Anneliden. 599 Modification ist endlich auch das in die Haut Münden der Nierenorganc von Hrtrromastus und Capitella aufzufassen. Ob die freie cölomatische Lage wie bei CUstomastus und Dasj/branchus, oder die rc- tropcritoneale wie bei den übrigen Formen den ursprünglicheren Zustand respräsentire, lässt sich auf Grund der hier in Betracht kommenden Facta allein nicht entscheiden. Die That- sache aber, dass innerhalb ein und derselben Gattung [Notomastus] beide La- gerungsverhältnisse vertreten sind, beweist, eine wie geringe morphologische Bedeutung diesem Gegensatze zukommt. Wahrscheinlich liegt hier ein ähnliclies Ver- hältniss vor wie im Bauchstrange, der ja ebenfalls innerhalb ein und derselben Familie bald cölomatisch, bald acölomatisch angetroffen wird. Schliesslich bleibt noch desjenigen Gegensatzes zu gedenken übrig, der durch die pro- visorischen, an zwei Körpersegmenten participirenden Nephridien von Capitella einereits und die auf je ein Segment beschränkt bleibenden aller übrigen Gattungen (sowie auch der sich ähnlich verhaltenden definitiven von Capitella) andererseits ausgedrückt wird. Zur Entscheidung der Frage, Avas in diesem Falle den primären und was den secundären Modus darstelle, reiclit aber die vergleichende Prüfung der Capitellidengattungen, mit der wir es in diesem Abschnitte allein zu thun haben, nicht aus; ja, es dürfte sogar die über die Grenze unserer Familie hinaus- gehende vergleichende Untersiichung ohne den Beistand der Embryologie nicht zum gewünschten Ziele führen''). 2. Vergleich der Capitelliden mit anderen Anneliden. Entsprechend meiner ursprünglichen Absicht, die Nephridien der Anneliden einer ver- gleichend-anatomischen ITntersuchung zu unterwerfen, habe ich im Laufe der Jahre ein ziemlich reiches, theils auf Angaben Anderer, theils auf eigenen Beobachtungen beruhendes Material von Thatsachen angesammelt. Wollte ich aber dieses Material hier zur Darstellung bringen, so würde das zu einer nicht unbedeutenden weiteren Anschwellung der vorliegenden Mono- graphie führen, und um das zu vermeiden, werde ich mich darauf beschränken, allein solche Verhältnisse des Nephridiensystemes anderer Anneliden heranzuziehen, welche als speciell den- jenigen der Capitelliden vergleichbare in Betracht kommen. Alle für die im nächsten Ab- schnitte zu erwägenden Vergleiche ausserdem noch in Frage kommenden vergleichend -ana- tomischen Facta sollen erst dort im Anschlüsse an die bezüglichen Probleme aufgeführt werden. Ich constatire vor Allem, dass bis heute keine andere Annelidenfamilie bekannt ge- worden ist, deren Nephridien auch nur entfernt ähnlich weit gehende Schwankungen hinsichtlich des Auftretens, der Form-, Grösse"-, Tiagerungs- und Structurverhältnisse, sowie der Beziehungen zum Geschlechtsapparate aufwiesen, wie diejenigen der C!apitelliden. Wir müssen, um ähn- a) Vergl. p. Cifld. gQQ B. Vergleichend-Anatomischer (Morphologischer) Theil. liehen Divergenzen 7ai begegnen, schon so viel selbständigere und in sich abgeschlossener dastehende Gruppen wie etwa die Oligochaeten oder die Hirudineen ins Auge fassen. Und doch besteht, wie ich das schon mehr als einmal zu betonen hatte, die Familie der Capitelliden nicht nur aus nahe verwandten Gattungen, sondern dieselbe lässt auch so unverkennbare Beziehungen zu verschiedenen anderen Polychaetenfamilien erkennen, dass an ihre Trennung von letzteren gar nicht gedaclit werden kann. Die Capitelliden sind nun aber auch diejenigen Anneliden, welche mehr als irgend welche andere Gruppen Vermittelungen zwischen den Poly- und Oligochaeten anbahnen und — da es vorwiegend das zwiespältige Verhalten des Urogenital- apparates ist, auf Grund dessen die genannten zwei Anneliden -Abtheilungen eine so scharfe Gegenüberstellung erfahren haben, so wird es einleuchten, wie gerade im Hinblicke auf diese Verwandtschaftsverhältnisse der Capitelliden die Vielseitigkeit ihres uropocitischcn Apparates ein besonderes Interesse gewinnt. I(-h will nun zur Besprechung, respective zum Vergleiche einzelner hervorragender Eigenthümlichkeiten im Verhalten der Nephridien übergehen. Das Vorhandensein provisorischer Nephridien, das heisst solcher, die zwar (im Gegen- satze zur Kopfniere) zur Kategorie der bleibenden Nephridien gehören, aber nur in jugend- lichen Thieren in mehr oder weniger zahlreichen Segmenten des Vorderleibes auftreten, um sich im Laufe des Wachsthumes wieder zurückzubilden, finde ich nur noch für Oligochaeten hervorgehoben. Vejdüvsky ') berichtet nämlich, dass sich bei den Embryonen von Rhi/nchelmis die Excretionsorgane in allen Segmenten wiederholen, sodann aber in den ersten fünf Zoniten degeneriren, so dass man von ihnen bei jungen Würmern dieser Gattung keine Spur mehr antrifft. Die Thatsache ferner, dass bei den meisten Oligochaeten die ersten 4 — 6 borstentra- genden Segmente der Excretionsorgane entbehren, legt den Schluss nahe, dass das Auftreten provisorischer Nephridien einen der Gruppe allgemein zukommenden Charakter darstelle. Daraus darf aber nicht geschlossen Averden, dass das Vorkommen solcher provisorischer Nephridien lediglich auf die Capitelliden und Oligochaeten beschränkt sei; denn die genauere Erforschung anderer Polychaeten, insbesondere der Jugendstadien, dürfte auch bei ihnen noch zum Nachweise solcher vorübergehend in den vorderen Segmenten auftretenden Excretions- organe führen. Es ist die Annahme sehr verbreitet*), dass das Anneliden-Nephridium in der Regel an zwei Leibessegmenten partieipire, dass nämlich der Trichter das oralwärts gelegene Septum desjenigen Segmentes, in dem das eigentliche Organ nebst äusserer Mündung seine liage hat, durchbohre und demgemäss mit der Leibeshöhle des nächst vorderen Zonites communicire. So verhalten sich in der That in der Hegel die Nephridien der Oligochaeten, also der- jenigen Anneliden, die den Ausgangspunkt unserer Kenntnisse hinsichtlich dieses Organsystemcs 1] 1. p. 230. c. p. 124 und p. 129. *) So sagt z. B. Balfouk (1. p. 31G. c. p. .')0a) bezüglich der Nephridien der Chaetopodon : »Each tiibe has an internal opening, placed as a rule in tho segment in front of thiit in which the greater part of the organ and the external opening are situated«. Vlll. Nephridicn (Scgmcntalüi-gaue). 2. Vergleich der Capilellidcn mit anderen Anneliden. (iOl abgegeben haben. Mit Unreclit wurde nun aber dieser für die Oligochacten giltige Typus auf die Polychaeten ausgedehnt, indem ganz im Gegentheil weitaus bei den meisten dieser x\nneliden jedes Nephridium auf ein Leibessegment beschränkt bleibt und diejenigen Fälle, in denen ein Uebergreifen der Trichter in je vorhergehende Segmente stattfindet, als Ausnahmen von der Reo-el erscheinen. Diese Ausnahmen werden, soweit mir bekannt ist, repräsentirt durch die sogenannten Archianneliden [Poljjgordms, Saccocirrus, Protudrilns, Histriobdella) , ferner durch die Familien der Alciopiden und Typhloscoleciden und endlich durch gewisse Nereiden und Spioniden. Die Frage, welches Verhalten als das typische oder ursprünglichere zu betrachten sei, scheint nicht viel erwogen worden zu sein; denn mir sind nur zwei speciell das Problem berührende Aeusserungen bekannt geworden, und diese widersprechen sich. Die eine rührt von Perrier') her und lautet: » L'embryogenie nous montre encore chaque tube cilie üxe des son origine ä la cloison anterieurc (hl Segment qui le contient, ä travers laquelle il se prolonge seulement plus tard, sous forme d'uii entonnoir cilie qui s'ouvre dans l'anneau precedent. — Le mode de formation de l'organe segmentaiie permct de se rendre compte de la constance de cette disposition, qui a ete constatee chez tous les Oligochotes etudies jusqu'ici. II est ä, remarquer que, bien qu'il paraisse etre un organe comraun k deiix anneaux consccu- tifs, c'est uniquement aux depens de la masse embryonnaire contenue dans un seul auneau que l'organe segmentaire se forme. II appartient donc en propre ä l'anneau sur lequel se trouve son orifice externe.« Die andere stammt von Bergh'); derselbe sagt: »So hat denn hier (nämlich bei den sogenannten Archianneliden) jedes Segmentalorgau gewöhnhch Beziehungen zu zwei aufeinander folgenden Segmenthöhlen: der Trichter öffnet sich in die vordere hinein, der Ilaupttheil des Organs liegt aber in der hinterön und öffnet sich im Bereiche dieses Segments nach aussen. Die Beziehung zu der hinteren ist, wie der Vergleich mit den erwähnten niederen Formen lehrt, eine secundäre, während das Offensein des Wimpertrichters gegen die vordere Segmenthöhle als eine pri- märe Eigenthiimlichkeit der Segmentalorgane gelten muss.« Würde Perrier s Angabe, derzufolge sich der präseptale Theil jedes Nephridiums bei Dero in demselben Segmente entwickele wie der postseptale, sich als allgemein giltig erwiesen haben, so wäre damit die Frage zu seinen Gunsten entschieden gewesen. Die nachfolgenden embryologischen Untersuchungen führten aber zu einem entgegengesetzten Resultate. Sowohl Hatschek^}, als auch Vejdovsky*) betonen nämlich, dass bei den Oligochaeten die Nephridien ursprünglich schon innerhalb zweier successiver Segmente zur Anlage kommen und nicht erst secundär die Septen durchbohren. Da sich nun andererseits bei denjenigen Anneliden, bei welchen die Excretionsorgane zeitlebens nur Ein Leibessegment einnehmen, diese Organe von Anfang an lediglich in den respectiven Segmenten ausbilden, so kann die Entwickelungs- geschichte hier überhaupt nichts entscheiden; es lässt sich nur constatiren, dass bei gewissen Familien oder Gattungen der eine und bei anderen der andere Modus sowohl in der Ent- wickelung, als auch im fertigen Zustande zum Ausdruck kommt. Dafür aber, dass diesem 1) Perrier, E. Histoire Naturelle du I)cru obtusa. Arch. Z. Exper. Tome 1. 1872. p. 88. 2) Bergh, R. S. Die E.\cretionsorgane der Würmer. Kosmos 17. Bd. 1885. p. 105. 3) 1. p. 351. (Stud. Entw. Gesch. Annel.) c. p. 20. 4) 1. p. 236. c. p. 123. Zuol. SUtiou z. Neapel, Fauna und Flora, Golf vuii Neapel. CapiteUideii. 7t ß(J2 1^- VLTf,4tni;hpiul-Aii;itomi!ei Äccüithodrilus, ein ähnliches Vorkommen festgestellt worden, und dieses lässt, wie aus nachfolgender Beschreibung des Autors hervorgeht, nicht den geringsten Zweifel darüber zu, dass wie bei den Capitelliden, so auch bei den Oligochaeten entweder nur ein, oder aber mehrere Paare von Nephridien in einem und demselben Segmente auftreten können. Beddard's Schilderung lautet: »Each of the Segments of the body in this species, instead of possessing only a single pair of ne- phridia, is furnished with four pairs, a single nephridium corresponiling to each of the eight setae; the setae are not disposed in four series of pairs as in Lumhricus, but in eight longitudinal rows of a single sota, each separated by nearly equal intervals. On making a dissection of a large example (12 inches in length) it was quite easy to observe the two nephridia of the dorsally placed pair of setae, and to trace by help of a lens the duct which perforatcs the body-wall in the immediate neighbourhood of the setae; each of these nephridia appeared to be quite distinct from its neighbour; the nephridia belonging to each of the ventrally placed pair of setae, on the other hand, form a continuous mass closely adherent to the in- terscgmental Septum.« Auch für das mit dem typischen Verhalten des AnneUdeu-Nephridiums so stark con- trastirende Vorhandensein einer Mehrzahl von Trichtern, wie es die definitiven Organe von Capitella capitata in der Regel aufweisen, haben sich allein bei Oligochaeten Anklänge ge- funden. Vejdovsky^) berichtet nämlich von seiner Anachaeta bohemica: »l);is Excretionsorgan des 21. Segmentes ist normal, aber mit zwei Trichtern versehen, von denen 1) Beddakd, f. Note on some Earthworms from India. Ann. Mag. N. H. (5) Vol. 12. 1883. p. 223. 2; 1. p. 574. c. p. 459. 3) 1. p. 23ü. c. p. 127. VIII, Nephridien (Segmentalorgane). 2. Vergleich der Capitelliden mit anderen Anneliden. 6Q3 der eine in die Hohle des 20. Segmentes hineinragt, der andere aber in dem imteren Theile, seitlich am Postseptale angebracht ist.« Obgleich dieser eben citirte Fall nur eine vereinzelt zur Beobachtung gekommene Ab- weichung darstellt, so glaube ich doch, dass ihm eine hohe morphologische Bedeutung inne- wohnt, indem eben durch ihn bewiesen wird, dass das, was bei CapiteUa zur Regel geworden, auch sonst gelegentlich zur Ausbildung gelangen kann. Wer sich mit dem Kapitel »Excretionsorgane« in Balfours') vergleichender Embryo- logie vertraut gemacht hat, erinnert sich vielleicht des folgenden unsere Frage betreffenden Satzes : »It may be noted however that the internal opening [des Chaetopoden-Nephridiums] may be absent, and that there may be several internal openings for each organ [Poly/ioe].« Worauf sich Balfour bei dieser letzteren, dem wahren Sachverhalte durchaus wider- sprechenden Angabe stützte, ob er dabei die irrthümliche Beschreibung von Wuxiams-) im Auge hatte, ist um so schwerer zu sagen, als Letzterer zwar den pi'oximalen Theil des Aphro- diteen-Nephridiums vielfach verästelt, aber auch zugleich jedweder Mündung in die Leibes- höhle entbehrend darstellte, als ferner Ehlers'') zwar — ^wieBouRNE und Hasavell gezeigt haben') — diese Nephridien ebenfalls verkannt, aber doch als mit nur Einer inneren Mündung ausgerüstet beschrieben hatte. Thatsache ist, dass sich die Nephridien von Polt/noe, ganz dem typischen Verhalten entsprechend, mit nur Einem Trichter in das Cölom öffnen. Aehnlich wie bei CapiteUa die einzelnen Nephridien mit mehreren inneren, so können sie auch mit mehreren äusseren Mündungen versehen sein und diese letztere, durch eine Verzweigung der ausführenden Schenkel verursachte Abweichung vom normalen Verhalten finden wir bei anderen Anneliden häufiger wieder, als die erstere. In der Literatur freilich bin ich nur Einer dahinzielenden, an Typhloscoleciden gemachten Beobachtung begegnet; aber ich selbst konnte mich von solchen Verzweigungen der excretorischen Ausfuhrgänge ausserdem noch an Vertretern von Alciopiden und Polyophthalmiden überzeugen. Die die Typhloscoleciden betreffende Notiz rührt von Uljanin') her und lautet: »CJhez la Sagitella praecox je n'ai pu deeouvrir qu'une forme d'organes segmentaires, notamnient Celle representee par la figiire 27 de la planche IV. L'organe segmeutaire de cette espece consiste en un tube tres-etroit et se divisant en trois branches de presque egale longueur, terminees, ä ce qu'il parait, en cul-de-sac. N'ayant apercu ces organes qiie sur le dernier des deux exeniplaires de la Sagitelle precoce tonibes entre mes mains, je n'ai pu, malheureusement, les etudier d'une maniere plus suivie.« Was Uljanin hier beschrieben hat, ist lediglich ein Theil, und zwar ein Theil des (■entrifugalen Abschnittes vom Nephridium; letzterer Abschnitt spaltet sich aber nicht etwa nur in drei Gänge, sondern diese Gänge erliegen einer weitei'en Verästelung, so dass sie schlies.s- lich in Form zahlreicher, feinster Kanälchen in der Haut enden. Diese Verhältnisse sind so a) Vergl. p. G04. 1) 1. p. 346. c. p. 563. 2) Williams, T. Researches on the Structm'e and Homolog}' of the Reprodiictlve Organs of the Annelids, l'hll. Trans. Vol. 148. 1858. p. 135. 3) 1. p. 307. c. p. 116. 4) 1. p. 320. c. p. 24. ßUJ B. Vergleichend-Anatomischer (Morphologischer) Theil. schwer festzustellen, dass ich trotz wiederholt vorgenommener ITntersnchung noch zu keiner klaren Uebersicht derselben gelangt bin; für den vorliegenden /weck genügt aber die 'J'hat- sache, dass bei gewissen Typhloscoleciden die centrifugalen Schenkel der Nephridien in zahl- reiche Aeste gespalten münden. Was die Alciopiden betrifft, so habe ich eine gabelige Zweitlieilung der centrifugalen S(-henkel bei A. Cantrainü beobachtet. Und unter den Polyophthalmiden endlich ist es die typische Gattung, nämlich Pohjoph- t/uduiiis, bei der ich eine ähnliche Spaltung dieser Schenkel wahrnalim. Von den ersten Be- arbeitern genannter Gattung, Quatrefages und Claparede, sind die Nejjhridien gleicherweise unberücksichtigt geblieben; erst in der Abhandlung E. Meyers') wurde ihr Vorhandensein nach"-ewiesen. Da aber letzterer Autor bei seinen Untersuchungen ganz auf conservirtes Material angewiesen war, so mussten ihm die lediglich am frischen Objecto wahrnehmbaren Endigungen der ausführenden Schenkel unbekannt bleiben. Auffallend könnte dagegen er- scheinen, dass auch Eessona^), dem lebende Thiere zur Verfügung gestanden hatten, nichts über diese äusseren Mündungen zu berichten wusste. Dem gegenüber sei aber bemerkt, dass das Studium der Gesammtbeziehungen dieser Nephridien mit ebenso grossen Schwierigkeiten verknüpft ist, wie bei den Typhloscoleciden. Durch eine Mehrzahl äusserer Mündungen sollten nach Ehlers^) auch die Nephridien (-incr Aphroditeengattung, nämlich diejenigen von Polj/me, ausgezeichnet sein. Diese Angabe hat sich aber als eine irrthümliche herausgestellt. Nachdem sich schon Claparede J) vergeblich bemüht hatte zwischen den VS^imperrosetten (welche nach Ehlers diese äusseren Mündungen begrenzen sollten) einer- und den Nephridien andererseits irgend welche Beziehungen zu ent- decken, wurde neuerdings gleichzeitig durch Bourne') und Haswell"] nachgewiesen, dass diese llosetten in der That nichts mit den Nephridien zu thun haben, letztere viehuelir in ganz typischer Weise mit einem einfachen Gange nach aussen münden. Eine besonders auffällige Eigenthümlichkeit der Capitelliden- Nephridien liegt darin, dass die centrifuoalen Schenkel bei zwei Gattungen [Heteromastus und Capitella) nicht nach aussen durchbrechen, sondern in dem Gewebe der Hypodermis endigen. Es ist daher die Erfahrung von Interesse, dass auch bei anderen, wenn auch aberrantcn Anneliden ähn- liche- Abweichungen vom normalen Verhalten vorkommen. Nacli Ve.ti)ovsky' ') sollen nämli<-h den Nephridien von Stermspis äussere Mündungen abgehen und daher Segmentalorgan« verdanken, gebührt auch das Verdienst, zuerst erkannt zu haben, dass dieselben Organe in den Dienst der Geschlechtsthätigkeit zu treten vermögen. Schon in *) Nachdem Obiges schon niedergeschrieben war, hatte ich Gelegenheit eines der grossen (über 3 Cen- timeter langen' Q von T. scolopendra zu untersuchen, und fand meine Vermuthung vollauf bestätigt. Was Greeff als äussere Spalten gezeichnet, sind in Wahrheit im Cölom gelegene Behälter (Genitalschläuche). Die wirklichen äusseren Mündungen erscheinen (im Verhältnisse zu diesen irrthümlich nach aussen projicirten optischen Schnitten der Schläuche) sehr klein, so etwa, wie sie Leuckart und Pagenstecher dargestellt haben. ß[4 B. Vergleichend- Anatomischer (Morphologischer) Theil. einer im Jahre 1852 erschienenen Abhandlung') hatte er diese Auffassung angedeutet und weiterhin schärfer in dem Satze formulirt'-): 1). . . . that the generative structures [von Nais] were developed upon one, two or more of the segmental organs common to almost every ring of the body. « Bald nach Williams hat auch Gegenbaur^) constatirt, dass bei Tubifex wahrscheinlich »ein Paar durch ihre Grösse ausgezeichneter Schleifenkanäle als Samenleiter fungiren«. Und unabhängig von diesen Autoren ist sodann Claparede^) durch Untersuchung mariner Oligochaeten, speciell von Pachydrihis, zur Einsicht gekommen, dass die Samenleiter als Homologa der Nephridien zu betrachten seien, indem beide sowohl hinsichtlich der Form, als auch des Lagerungsverhältnisses vollkommen mit einander übereinstimmten. Wie bedeutsam aber auch diese vereinzelten Feststellungen als Ausgangspunkte für weitere Forschungen sein mochten, so Hessen sie doch noch keine Generalisationen zu. Eine grössere Zahl von Oligochaeten musste vielmehr zu diesem Behufe erst genauer Prüfung unter- zogen, alle Theile des Geschlechtsapparates mussten berücksichtigt und insbesondere musste auch der schon damals als von dem der Naiden so abweichend bekannte Urogenitalapparat der Lumbriciden vom Gesichtspunkte der stabilirten Homologie aus in's Auge gefasst werden. Allen diesen Anforderungen suchte nun Claparede^) durch seine kurz nach der oben er- wähnten Abhandlung erschienenen »Anatomischen Untersuchungen über die Oligochaeten« zu genügen, durch Untersuchungen, welche die Grundlage für alle nachfolgenden das Problem behandelnden Schriften geworden sind. Zunächst erweitert Claparede den von seinen Vorgängern aufgestellten Satz dahin, dass nicht bloss Ein, sondern mehrere Nephridiumpaare in Samenleiter umgewandelt werden können, und dass ferner auch die Oviducte sowie die Samentaschen (Receptacula seminis) als Homologa von Nephridien zu betrachten seien. Während sich die Abstammung der Samen- und Eileiter aus ihrer grossen Uebereinstimmung mit Nephridien ohne Weiteres ergebe, seien die Be- ziehungen zwischen Nephridien- und Samentaschen keine so evidente, indem letztere als ge- schlossene Säcke und nicht als Trichter aufträten. Indessen die Thatsache, dass da, wo Receptacula vorhanden sind, Nephridien fehlen, und dass überdies beiderlei Organe in ent- sprechender Weise münden, lasse doch über ihre genetische Zusammengehöiigkeit keine Zweifel aufkommen. Um ferner den diiFerenten Habitus der Receptacula zu verstehen, brauche man sich nur vorzustellen, dass letztere nicht je einem ganzen Nephridium, sondern nur je einem postseptalen Theile (also Nephridium minus Trichter) entsijrächen, welcher Auffassung die Lagerungsverhältnisse der Receptacula durchaus günstig seien. Wie aber die Receptacula als 1) Williams, T. Report on the British Annelida. Rep. 21. Meet. Brit. Ass. Adv. Sc. 1852. p. 265. 2) 1. p. 603. c. p. 94. 3) Gegenbaue, C. Grundzüge der Vergleichenden Anatomie. Leipzig 1859. p. 183. 4) 1. p. 3. c. p. 30. 5) Clapaeede, E. Recherches Anatomiques sur les Oligochetes. Extr. Mem. See. Physiq. H. N. Genfeve. Geneve et Paris 1862. p. 61—70. VIII. Nephridien (Segmentalorgane). 2. Vergleich der Capitelliden mit anderen Anneliden. 6]5 postseptale, so seien die bei einzelnen Gattungen auftretenden accessorischen Samenleiter (doppelten Trichter der Samenleiter) als anteseptale Theile je eines Nephridiums zu betrachten. Die Fähigkeit solcher Nephridium-Hälften, in zwei successiven Segmenten unabhängig von einander aufzutreten und verschieden von einander sich umzubilden, lasse endlich auch das Nebeneinandervorkommen von Samenleitern und Receptacula in einem und demselben Seg- mente verständlich erscheinen. Nachdem Claparede so den Vergleich für alle Theile des Geschlechtsapparates der- jenigen Oligochaeten, welche bis dahin als »Naideen« zusammengefasst zu werden pflegten, in befriedigender Weise durchgeführt zu haben glaubte, erwog er, wie nahe es liege, die be- treffenden Generalisationen auch auf die ganze Gruppe, insbesondere auf die höher organisirten »Lumbriciden« auszudehnen, um so mehr, als ja auch bei gewissen Polychaeten die Ausfuhr der Geschlechtsproducte unzweifelhaft durch Nephridien bewerkstelligt werde. Aber wie nahe sie auch läge, so wäre doch eine derartige Generalisation durchaus verfehlt, und zwar aus folgenden Gründen. Bei den sogenannten Naideen kommen (da sich ja die entsprechenden Nephridien in die Geschlechtsgänge umgewandelt haben) in denjenigen Segmenten, welche die Geschlechtsgänge enthalten, nie zugleich Nephridien vor; bei den Lumbriciden dagegen fand Claparede, dass die mit Samen- und Eileitern, sowie Samentaschen ausgerüsteten Segmente stets auch zugleich wohlausgebildete, normale Nephridien enthalten. Angesichts dieses so un- erwarteten Befundes schloss nun Claparede, dass die Geschlechtsgänge der Lumbriciden unmöglich Homologa von Nephridien darstellen und daher auch mit den entsprechenden Gängen der übrigen Oligochaeten nichts zu thun haben könnten. Die beiderseitige Verschie- denheit ergebe sich auch daraus, dass die Samen- und Eileiter der Lumbriciden an ganz anderen Stellen als die Nephridien, diejenigen der Naideen dagegen in ganz übereinstimmender Weise ausmündeten. Claparede hielt diesen Gegensatz im Verhalten des Geschlechtsapparates für so funda- mentaler Natur, dass er (in Berücksichtigung auch noch mehrerer anderer Organisations-Eigen- thümlichkeiten) darauf eine Trennung der Oligochaeten in zwei Hauptgruppen begründete, nämlich in »limicole« (frühere Naideen) und »terricole« (Lumbriciden). Wenn man bedenkt, in wie hohem Grade die Geschlechtsorgane der »Terricola« hin- sichtlich der wesentlichen Punkte mit denjenigen der »Limicola« übereinstimmen, wenn man ferner erwägt, dass insbesondere die Samenleiter der ersteren den Nephridiumtypus ebenso unverkennbar zur Schau tragen, wie diejenigen letzterer, wenn man endlich auch noch berück- sichtigt, dass sich die beiden Gruppen trotz aller geltend gemachten Unterschiede als überaus nahe stehende erweisen: so wird man es nicht auffallend finden, dass der nächste diesen Gegen- stand bearbeitende Forscher, nämlich Lankester, mit der Art, wie Claparede das Problem zu lösen versucht hatte, nicht einverstanden sein konnte. Das von Claparede constatirte zwie- spältige Verhalten der Geschlechtskanäle in den beiden Oligochaetengruppen musste ja Lan- kester als Thatsache anerkennen; aber trotz dieser Anerkennung hielt er doch auch an der unabweisbaren Homologie der beiderlei Kanäle fest, und um die dieser Homologie im Wege ßlß B. Vergleichend-Anatomischer (Morphologischer) Theil. stehende Schwierigkeit, nämlich die Coexistenz von Nephridien und Geschlechtsgängen bei den »Tenicolen« zu beseitigen, stellte er') die Hypothese auf, dass bei den Oligochaeten ursprünglich jedes Segment typisch mit zwei Paar Nephridien ausgerüstet gewesen sei, dass aber von diesen Paaren bei den Limicolen stets, und bei den Terricolen in der Regel nur Ein Paar zur Aus- bildung gelange, mit Ausnahme der Geschlechtssegmente letzterer, in denen eben allein die zwei typischen Paare erhalten blieben. Wenn auch Lankester seine Hypothese ursprünglich auf keine andere Thatsache zu stützen vermochte, als auf das gleichzeitige Vorkommen von Nephridien und Geschlechts- kanälen, also auf dieselbe Thatsache, um deren Erklärung es sich handelte, so war doch das Eecvirriren auf diese Thatsache insofern berechtigt, als ja die nephridiale Natur, insbesondere der Samenleiter, auch bei den Terricolen unverkennbar war, und behält man nur dies im Auge, so muss man jene Hypothese nicht nur als eine zulässige, sondern auch als eine im Sinne des damaligen Wissensstandes überaus zutreffende bezeichnen. Unter allen Umständen aber war sie für die nachfolgende Forschung ein ergiebigerer Ausgangspunkt, als der Pessimis- mus Claparede's, welch' Letzterer, an der Lösung des Problemes verzweifelnd, den Knoten überhaupt nicht mehr zu lösen, sondern vielmehr derart entzwei zu hauen versuchte, dass er die Geschlechtskanäle der Terricolen als Bildungen »sui generis« hinstellte. Cläp AREDE-) trat, wie nicht anders zu erwarten war, bei nächster Gelegenheit gegen die LANKESTERSche Hypothese auf. Nicht nur sei bisher kein Fall eines dojjpelten Paares unzweifelhafter Nephridien in ein und demselben Segmente bei Anneliden bekannt geworden, sondern auch »die Lage der äusseren Mündung könne in zweifelhaften Fällen zur Entscheidung, ob man mit der einen, oder mit der anderen der beiden vermeintlichen Organreihen zu thun habe, nicht benutzt werden«, da Claparede diese Lage bei Lumbricus terrestris höchst variabel fand. In einer Eeihe sehr eingehender Arbeiten, welche nicht wenig zur Erweiterung unserer Kenntnisse der Oligochaeten-Anatomie beigetragen haben, fasste Perrier wiederholt auch das uns hier beschäftigende Problem in's Auge, insbesondere machte er sich zur Aufgabe, an immer neuen Thatsachen die Stichhaltigkeit der LANKEsxERSchen Hypothese zu prüfen, um sich schliesslich nach gebührender Erwägung des Für und Wider in bestimmter Weise auszusprechen. Perrier stand Lankester's Hypothese, die er als »ingenieuse« bezeichnete, zunächst sympathisch gegenüber und seine erste Abhandlung-^) war denn auch bestrebt, die Thatsachen in solchen! Sinne zu deuten. Er fand nämlich, dass bei gewissen Lumbriciden die Nephri- dien im Bereiche der dorsalen, bei anderen dagegen im Bereiche der ventralen Borsten nach aussen münden, und schloss daraus; »On peut donc se croire en droit de considerer les orifices occixpant cette seconde dispositiou, comme appartenant morphologiquement ä un autre Systeme d'oiganes segmentaires que les preniiers, et des lois on peut considerer comme tres probable 1 Hypothese de Ray Lankester« etc. 1) Lankestee, E. The Anatomy of the Earthworm. Q. Journ. Micr. Sc. Vol. 5. 1865. 2) 1. p.^ 308. (Hist. unters. Regenwurm) c. p. 619. (1869.) 3) Perrier, E. Recherches pour servir ä l'Histoire des Lombriciens Terrestres. Arch. Z. Exper. Tome 1. 1872. p. LXXII. VIII. Nephridien (Segmentalorgane). 2. Vergleich der Capitelliden mit anderen Anneliden. ()17 Zum vollständigen Nachweise der Giltigkeit letzterer gehörte nur noch, meinte Perrier, dass Fälle nachgewiesen würden, in denen die zwei Nephridiensysteme noch unmodificirt nebeneinander existiren. Ein Jahr später aber war Perrier') auf Grund folgender neuer Erfahrungen und Er- wägungen jener Auffassung gegenüber sehr wankend geworden. Die Thatsache vor allem, dass zwischen der Lagerung der äusseren Mündungen der Nephridien einer- und derjenigen der Borsten andererseits ein Abhängigkeitsverhältniss herrsche, lasse sich einfach derart erklären, dass die ausführenden Nephridiumschenkel, um die Leibeswandungen zu passiren, die von den Borstenfollikeln geschaffenen Spalten benutzen, und als durchaus irrelevant müsse daher betrachtet werden, ob so oder anders gelegene dieser Spalten zu solchem Dienste herange- zogen würden. Ferner lasse sich auf Grund der LANKESTER'schen Hypothese das Verhalten der Samenleiter von Plutellus nicht begreifen; denn in den von diesen Kanälen durchlaufenen Segmenten mündeten die Nephridien alternirend, und wollte man daher die Samenleiter als Verschmelzungsprodukt mehrerer Nephridien betrachten, so müsste man an dieser Verschmelzung Glieder aus den beiden supponirten Nephridiensystemen sich betheiligen lassen, und AvoUte man im Gegentheil die Samenleiter als ein umgewandeltes Nephridienpaar auffassen, so wäre es unmöglich festzustellen, welches Paar überhaupt diese Umwandlung erfahren habe. Endlich spreche auch noch gegen diese Hypothese das Verhalten der Samentaschen. Diese Organe kämen nämlich bei Eudrilus (und ebenso verhalte sich ein Paar derjenigen von Plutellus) nicht nur in ein und demselben Segmente mit Nephridien vor, sondern mündeten auch genau in derselben Borstenreihe wie letztere, so dass auf sie die Voraussetzung zweier abweichend gelegener Nephridiensysteme gar keine Anwendung finden könne. Perrier gelangt denn auch in dieser seiner Abhandlung zum Schlüsse, dass die Voraussetzung von zwei Nephridiensystemen nur als Möglichkeit gelten, dass ferner allein die Samenleiter als Umwandlungsprodukte von Nephridien in Betracht kommen könnten, dass hingegen die Samentaschen als specifische, vom Nephridialsysteme durchaus unabhängige Organe betrachtet werden müssten. Erschien Perrier in der eben referirten Schrift bezüglich seiner Anerkennung der LANKESTER'schen Hypothese wankend, so finden Avir seinen Standpunkt in einer neuen, wiederum ein Jahr später erschienenen Monographie -) hauptsächlich in Folge der an TJrochaeta gemachten Erfahrungen jener Hypothese gegenüber durchaus ablehnend. Urochaeta weist im Vorderkörper eine ähnliche Borstenvertheilung auf wie Lumhricus, nämlich in vier Doppelreihen, wogegen weiterhin diese Vertheilung eine quincunciale Form annimmt. Die im Vorderkörper im Bereiche der dorsalen Borsten gelegenen äusseren Mün- dungen der Nephridien leisten nun nicht etwa (wie bei Plutellus) der Deplacirung der Borsten Folge, sondern behaupten im Gegentheil ihre Lage unverändert den ganzen Körper hindurch. Hieraus folgt, dass die Beziehungen zwischen Borsten und äusseren Nephridiummündungen 1) Peurier, E. Etüde sur un Genre nouveau de Lombriciens [Plutellus]. Arch. Z. Exper. Tome 2. 1S73. >Ü4— 2()S. 2) 1. p. 309. c. p. 397. 433 und 519 (1S74). )ol. Station z. Neapel, Fauna und Flora, Golf vod Neapel. Capitelliden. 78 (ilS B. Vergleichend-Anatomischer Morphologischer) Theil. keine gesetzlichen sind, und dass ebenso wie bei Urochaeta die Borsten unabhängig von den Nephridien, so auch bei Plutellus die Nephridien unabhängig von den Borsten deplacirt werden konnten. Muss man daher ursprünglich einreihig angeordneten Nephridien die P'ähigkeit nachträglicher Deplacirung zugestehen, so hört das Verhalten von Plutellus auf eine Stütze der LANKESTER'schen Hypothese zu bilden, und diese Hypothese wird, so folgert Perrier, fortan nutzlos, um so nutzloser, als sie — wie Perrier in seiner vorhergehenden Abhandlung nach- gewiesen zu haben glaubt — auch die Coexistenz von Geschlechtskanälen imd Nephridien nicht zu erklären vermag. Seinem nunmehrigen Standpunkte zufolge stellt er denn auch den dem LANKESTER'schen entgegengesetzten Satz auf: » . . . . que chez les Lumbricina comme chez les Naidea, il n'existe dans chaque anneau qu'une seiile paire d'organes segmentaires, dont les orifices peuvent affecter des positions differentes«. Die Samentaschen von Urochaeta münden nicht nur ähnlich denjenigen von Eiidrihis etc. in ein und derselben Borstenreihe wie die Nephridien, sondern auch in unmittelbarer Nähe letzterer, was nach Perrier einen weiteren Beweis dafür biete, dass wenigstens bei den Terricolen keine Rede von einer Homologie zwischen den beiderlei Organen sein könne. Gegen eine solche Homologie spreche auch, dass sich die Samentaschen und Nephridien durchaus unabhängig von einander entwickeln. Ja selbst bei den Limicolen stehe es mit dieser Homologie sehr zweifelhaft. Dieselbe wurde für diese Oligochaetengruppe durch C'laparede lediglich darauf begründet, dass mit Nephridien ausgerüstete Segmente nie auch zugleich Samen- taschen enthalten, sowie dass die Mündungen der beiderlei Organe identische Lagerungsver- hältnisse aufweisen. Bei den Terricolen, bei denen Samentaschen und Nephridien in ein und demselben Segmente neben einander vorkommen und bald in derselben Borstenreihe, bald in verschiedenen solcher münden, hielt C'laparede eine solche Homologie für ausgeschlossen. Nun fand aber Perrier ein unzweifelhaft zu den Terricolen gehöriges Genus [Pontodrilns], in dem die Samentaschen in den respectiven Segmenten nicht, wie es für diese Gruppe Regel ist, zugleich mit Nephridien, sondern ähnlich wie bei den Limicolen unabhängig von Nephri- dien auftreten. Wollte man für dieses Genus die betreffende Homologie geltend machen, so müsste man dasselbe zu den limicolen rechnen, was in Anbetracht seiner Gesammtorganisation unzulässig ist, und wenn sich demnach Vertreter der Terricolen ähnlich wie solche der Limi- colen verhalten können, so lasse sich auch die zwiespältige Beurtheilung der beiderseitigen Geschlechtsorgane nicht länger aufrecht erhalten. Entweder nämlich müsse man die von Claparede auf die Limicolen beschränkte Homologie auch auf die Terricolen ausdehnen, oder man müsse umgekehrt, wie Claparede für die Terricolen, nun auch für die Limicolen die Giltigkeit der Homologie verneinen. Und Perrier hält die letztere Alternative für die allein annehmbare. Die Auffindung des so überraschenden Verhaltens ^ou Poiitodri/iis bezeichnet in der Geschichte unserer Frage einen interessanten Wendepunkt: die scharfe Scheidung der Oli- gochaeten in »Terricola« und »Limicola« und damit natürlich auch der angebliche Gegensatz im beiderseitigen Verhalten des uropoetischen Systemes hatten nämlich einen bedenklichen VIII. Xephridien (Seg-mentalorgane). 2. Vergleich der Capitelliden mit anderen Anneliden. {\[Q Stoss erlitten. Und dieser Stoss blieb nicht vereinzelt. Hatte Perrier in Poiitodri/ii.s einen Terricolen erkannt, bei dem die Beziehnngen zwischen Geschlechts- nnd Nierenorganen sich dem Typus der Limicolen entsprechend verhalten, so wies in der Folge Vejdovsky') in Ett- dtj/traeus umgekehrt einen Limicolen nach, bei dem in den respectiven Beziehungen der Typus der Terricolen zum Ausdrucke gelangt. Vejdovsky machte nämlich die wichtige Entdeckung, dass bei den Enchytraeiden bis zur Zeit der Geschlechtsreife in allen Körpersegmenten (vom 5. ab) lediglich Nephridien vorhanden sind, dass ferner erst mit dem Eintritte der Geschlechts- reife die Geschlechtsgänge und Samentaschen zur Ausbildung gelangen, und dass endlich Hand in Hand mit der Entwickelung letzterer die Nephridien in den entsprechenden Segmenten (im 12. und 13.) zur Degeneration gelangen. Damit war der früher so scharf dahin betonte Gegensatz, dass bei den Terricolen Nephridien und Geschlechtsgänge zugleich, bei den Limi- colen dagegen allein Geschlechtsgänge in den resjjectiven Segmenten vorkämen, hinftülig ge- worden; nur der verhältnissmässig unwesentliche Unterschied konnte fortan für die beiden Gruppen geltend gemacht werden, dass in der einen die Nephridien auch noch zur Zeit der Geschlechtsreife neben den Geschlechtsgängen erhalten bleiben, in der anderen dagegen nicht. Die Schlüsse, die nun Vejdovsky aus diesen seinen Befunden ziehen zu müssen glaubte, fielen ganz und gar zu Ungunsten der von Claparede und Lankester vertretenen Homologien aus, ja sie bilden den Höhepunkt der gegen diese Homologien zum Ausdrucke gelangten Opposition. Die Samen- und Eileiter können nach Vejdovsky schon aus dem Grunde nicht als Homologa von Nephridien betrachtet werden, weil sie sich ganz unabhängig von letzteren aus der Peritonealmembran entwickebi. Gegen eine solche Homologie speciell der Samengänge si^reche auch, dass zum Beispiel bei Rhi/nchelmis die äusseren Mündungen dieser Gänge hinter, diejenigen der Nephridien dagegen vor den Bauchborsten gelegen sind; ferner, dass sich bei Anteils und Rhi/nchelmis dieselben Gänge durch mehrere der Nephridien vollständig entbehrende Segmente erstrecken. Auch die Samentaschen hätten durchaus Nichts mit Nephridien zu thun, indem erstere als Einstülpungen der I^eibeswand entstehen, und zwar in solchen Seg- menten, in welchen gleichzeitig unveränderte {Pachi/drilus) oder zu Speicheldrüsen umge- wandelte [Enchi/tmeus etc.) Nephridien existiren, indem ferner die- Samentaschen -dorsal vom Darme liegen und in den Intersegmentalfurchen im Bereiche der Rückenborsten ausmünden, die Nephridien dagegen ventral vom Darme gelegen sind und auf der Segmentfläche im Be- reiche der Bauchborsten nach aussen durchbrechen. I^ag der Schwerpunkt der eben besprochenen VEJDovsKYschen Entdeckung vorerst in dem Nachweise, dass der vermeintliche Gegensatz zwischen Limicolen und Terricolen, in der Schärfe wenigstens wie man angenommen hatte, gar nicht existirt, so habe ich jetzt einer gleichzeitig zur Veröffentlichung gelangten Beobachtung zu gedenken, die zunächst mthr für die theoretische Auffassung des Problemes von Bedeutung sein musste: ich meine den von 320. c. p. 35— 4!l (1879). ()20 B- Vergleichend-Anatomischer (Morphologischer) Theil. mir') gelieferten Nachweis, dass bei Notomastus l'meatus zuweilen, und bei Capitella capitata in der Regel mehrere Nephridienpaare in ein- und demselben Segmente vorkommen. Schien doch dadurch die Voraussetzung zu IjAnkester's Hypothese in einer mit den Oligochaeten nahe verwandten Annelidengruppe thatsächlich erwiesen, war doch damit diejenige Schwierigkeit, welche sowohl von Claparede, als auch von Perrier seiner Zeit in erster Linie gegen die IvANKESTER'sche Hypothese geltend gemacht wurde, hinweggeräumt. Ich kam denn auch damals zu Folgerungen, welche den gleichzeitigen Vejdosky's genau entgegengesetzt waren. Wenn wir, so schloss ich nämlich, den LANKESXER'schen Satz, »dass jedes Segment bei den Oligochaeten (oder Anneliden?) typisch mit zwei Paaren von Segmentalorganen ausge- rüstet sei, wovon stets nur eines bei den Limicolen und in der Regel auch nur eines bei den Terricolen vorkomme, mit Ausnahme jedoch der Geschlechtssegmente, wo das zweite Paar als Leitungsapparat auftrete« dahin einschränken, dass wir anstatt »jedes Segment« »gewisse Seg- mente«, anstatt »Oligochaeten, respective Anneliden«, »gewisse Oligochaeten, respective Anne- liden« und endlich anstatt »zwei Paare« »mehrere Paare« setzten, so bestände er fortan zu Recht. Zur Zeit als ich mich derart aussprach, waren mir die in dieser Monographie ge- schilderten Beziehungen zwischen Genitalschläuchen und Nephridien erst in sehr unvollstän- diger Weise bekannt, was im Hinblicke auf meinen heute der Frage gegenüber eingenommenen Standpunkt nicht unerwähnt bleiben möge. In einer von der bisherigen durchaus abweichenden Weise versuchte Balfour-^) das gleichzeitige Vorkommen von Nephridien und Geschlechtsgängen bei Oligochaeten zu erklären. Er meinte nämlich, dass ähnlich wie der ursprünglich zugleich geschlechtlich und excretorisch thätige Vornierengang (segmental duct) der Vertebraten sich in die WoLFF'schen und Müller'- schen Gänge, so auch die in den Geschlechtssegmenten der Oligochaeten ursprünglich sowohl excretorisch, als sexuell fungirenden Nephridien sich in die zwei difFerenten Gänge gespalten haben könnten. Noch einmal lässt sich Perrier^) unsere Frage betreffend in einer ausführlichen, jener interessanten Zwischenform »Pontodrihis^^ gewidmeten Abhandlung vernehmen. Er ergänzt seine früheren Angaben bezüglich des »limicolen Habitus« dieser »terricolen Oligochaete« dahin, dass nicht nur in den die Samentaschen enthaltenden Segmenten, sondern auch in denjenigen, welche die Hoden, Ovarien, Eileiter sowie die Anfänge der Samenleiter enthalten, keine Nephridien vorhanden sind, wenigstens keine ausgebildeten. Möglicherweise seien aber zwei Paar Drüsenknäuel im Hinblicke auf ihre correspondirende Lage als Rudi- mente früher vorhanden gewesener Nephridien zu betrachten. Perrier fasst hier die Resultate aller seiner früheren Arbeiten zusammen und kommt unter Hinzuziehung der durch Vej- DovsKv an den Enchytraeiden gemachten Erfahrungen zur Bestätigung seiner zuletzt mitge- theilten Auffassung, der zufolge weder die Samen- und Eileiter, noch die Samentaschen der 1) 1. p. 16. c. p. 115 (1S79). 2) 1. p. 340. c. Vol. 2. p. Gl 7 (ISSl). 3) 1. p. 311. c. p. 202—242 (ISSl). VIII. Nephridien (Segmentalorgane). 2. Vergleich der C'apitelliden mit anderen Anneliden. 021 Oligochaeten irgend etwas mit Neiihridien zu thun hätten, der zufolge denn auch die von Claparede für die »Limicola« und von Lankester für die »Terricola« aufgestellten Homologien als unhaltbar nachgewiesen seien. Früher hätten allerdings die Nephridien, ähnlich wie heute noch bei vielen Polychaeten, auch bei den Oligochaeten sowohl zur Ausfuhr von Excreten, als auch zur Ausfuhr von Geschlechtsprodukten gedient; aber nachdem sich die Geschlechts- di-üsen bei letzterer Gruppe auf wenige Körpersegmente concentrirt hatten, seien die Nephri- dien für eine solche Doppelfunction nicht mehr ausreichend gewesen, neue Organe hätten sich zur Ausfuhr der Geschlechtsprodukte ausgebildet. Während Perrier seine langjährige und in vielen Hinsichten so fruchtbare Bearbeitung der Oligochaeten-Morphologie, im Gegensatze zu seinem Ausgangspunkte, mit einer kategori- schen Verneinung aller der zwischen Excretions- und Genitalorganen supponirten Homologien abschloss, finden wir umgekehrt Vejdovsky' in seiner die Oligochaetengruppe zusammenfassend behandelnden Monographie als Vertreter der früher von ihm bekämpften Richtung wieder. Die wichtige, früher lediglich für die Enchytraeiden festgestellte Thatsache, dass vor Ausbildung der Geschlechtsorgane auch in den mit den Geschlechtsgängen ausgerüsteten Segmenten (weiterhin degenerirende) Nephridien vorhanden sind, konnte Vejdovsky auch für eine Reihe anderer, früher zu den sogenannten Limicolen gerechneten Familien, nämlich für die Chaetogastriden, Tubificiden imd Lumbriculiden als giltig nachweisen. Meistens kommen erst nach dem Schwunde der respectiven Nephridien die Geschlechtsdrüsen nebst Geschlechts- gängen und Samentaschen zur Ausbildung; in einzelnen Fällen aber können auch die Nephri- dien oder Theile solcher neben den Geschlechtsorganen erhalten bleiben, so dass dann solche Thiere in ihrem viropoetischen Systeme ein Verhalten darbieten, w^elches man früher irrthüm- licher Weise als für die sogenannten Terricola charakteristisch ansah. Auf Grund der neueren von ihm und von Anderen gelieferten Aufschlüsse kam, wie gesagt, Vejdovsky zur x\nerkennung der früher von ihm bekämpften Homologien. Insbesondere seien die Samenleiter durchweg als umgewandelte Nephridien zu betrachten. Die Eigenthüm- lichkeit ersterer, sich durch mehrere Segmente zu erstrecken, könne nicht als Einwand gegen den Vergleich geltend gemacht werden, indem auch genuine Nephridien in einzelnen Fällen [Phreatothrix) eine Mehrzahl von Segmenten occupiren. Die Oviducte und Samentasehen sollen nur Theilen von Nephridien entsprechen, und zwar erstere den centripetalen (Trichter), letz- tere den centrifugalen (Atrium;. In sehr zuversichtlicher Weise wurde sodann die Homologie von Nephridien und Ge- schlechtsgängen, und zwar mit Zugrundelegung der IvANKESTER'schen Ansichten, durch Beddard in seinen Abhandlungen über Acanthodrihts vertreten. Zunächst erinnert Beddard-), wie schon die alternirende Eage der Nephridien von Phttellus zu Gunsten der LANKEsxERschen Hypothese gesprochen habe, und meint, dem von Perrier 1) 1. p. 230. c. p. 120—161 (1SS4). 2) Beddard, F. Note on the Nephridia of a species of Acanthodrilus. Z. Anzeiger. Jahrg. 1S55. p. 2S9. 022 ^- Vergleichend- Anatomischer (Morphologischer) Theil. geltend gemachten Einwände gegenüber, dass, wenn nur das Verhalten von AcantJwdrihis vor demjenigen von Plutellus bekannt gewesen wäre, man Lankester's Hypothese als nahezu be- wiesen hätte anerkennen müssen. Denn bei Acanthodrihs, dessen Nephridienmündungen ein ganz ähnliches Alterniren der Lage wie diejenigen von Plutellus darbieten, münden die Samen- taschen und Samenleiter gewisser Individuen nicht wie bei Plutellus in einer Reihe mit den Nephridien, sondern alternirend mit denselben, also ganz so wie es die Theorie erheischt. Ferner legt Beddard in diesem Sinne grosses Gewicht auf die Thatsache, dass die Nephridien der dorsalen Reihe durch gewisse, im Bereiche ihrer Mündungen sich geltend machende anatomische Abweichungen von denjenigen der ventralen unterschieden werden können. In einer ausführlicheren Mittheilung über eine andere Species von Acanthodrilus con- statirt Beddard ') die ebenso überraschende als wichtige Thatsache, dass diese (^ligochaete in allen Körpersegmenten, anstatt mit Einem Paare, mit vier Paar Nephridien ausgerüstet sei und dass ein jedes dieser acht Nephridien je in der Nähe von einer der acht Borsten des respectiven Segmentes nach aussen münde. Die Borsten sind nämlich, anstatt wie bei Luni- hriciis in vier doppelten, hier in acht einfachen Reihen angeordnet. Die zwei dorsalen Ne- phridienpaare fand Beddard ganz unabhängig von einander, die ventralen dagegen bildeten eine continuirliche, innig mit dem Septum zusammenhängende Masse. Durch diese Befunde wurde Beddard veranlasst, Lankester's Satz dahin zu erweitern, dass jedem Oligochaetensegmente typisch nicht vier, sondern acht Nephridien (nämlich für jede Borste eines) zukomme. Die Reduction auf zwei Paare erfolge dann, wenn, wie zum Beispiel bei Lumbricus, die acht Borstenreihen zu vier Doppelreihen zusammenrücken. Be- trachte man den Besitz von vier Nephridienpaaren als Typus, so Hessen sich auch alle in der Ohgochaetengruppe festgestellten und von Perrier mit Unrecht gegen Lankester verwertheten Variationen erklären. Auch in der letzten für uns in Betracht kommenden Arbeit, nämlich in Benham's') Zusammenstellung des erforschten Oligochaetenmateriales, wird die Homologie von Nephridien und Geschlechtskanälen im Einklänge mit Lankester vertreten. Benham geht aber nicht mit Beddard über seinen Lehrer hinaus, sondern hält an dem Satze, wie er ursprünglich von Letzterem aufgestellt worden war, fest. Er sagt nämlich: jiEvidence is continually accumulating for Lankester's theory of the presence oiiginally of two pairs of nephridiai in each somite, and the modification of those of one series, in the genital somites, to serve as genital ducts.« Zur Stütze dieses Satzes werden sodann die hier schon mehrfach erwähnten, je nach den Gattungen variirenden Lagerungsverhältnisse der Nex)hridium-Mündungen, respective das Alterniren letzterer von Segment zu Segment geltend gemacht. Was speciell den Umbildungs- modus von Nephridien zu (ieschlechtskanälen betrifft, so hält Benham dafür, dass erstens eine Reihe von Nephridien unter einander verschmelzen, dass zweitens Theile eines Nephridiums 11 1. p. 574. c. p. 459 (1SS5). l) Benham, \V. Studies on Earthworms. Quart. Journ. Micr. Sc. (2) Vol. 2(1. ISSG. p. 265. VIII. Nephridien (Segmentalorgane). 2. Vergleich der Capitelliden mit anderen Anneliden. (323 eingehen und dass drittens endlich die äusseren Mündungen Lageveränderungen erleiden können. Beim Zustandekommen der Samenleiter sollen alle drei Factoren betheiligt gewesen sein, indem in den die Trichter enthaltenden Segmenten der centrifugale, in den mit den Mündungen ausgerüsteten der centripetale und in den dazwischen gelegenen beide Nephridium- abschnitte zum Ausfalle, alles Uebriggebliebene dagegen zur Verschmelzung gelangt sei. Bei den Oviducten habe sich der Umwandlungsprozess auf eine starke Verkürzung und gleich- zeitige Erweiterung der zwischen Trichter und äusserer Mündung gelegenen Nephridiumportion beschränkt. Die Samentaschen endlich müsse man lediglich als Nephridiumtheile, und zwar als die angeschwollenen centrifugalen Abschnitte der ursprünglichen Nierenorgane betrachten. Uebrigens böte gerade die Zurückführung dieser Taschen grosse Schwierigkeiten, indem bei Microchaeta deren sechs bis acht in ein und demselben Segmente auftreten können. Vielleicht, so meint Benham, Hessen sich diese Schwierigkeiten durch die Annahme aus dem Wege räumen, dass die Samentaschen lediglich den durch Einstülpung des Integumentes zu Stande kommenden, also den weniger wesentlichen Endabschnitten von Nephridien entsprächen. Nachdem ich im Vorhergehenden den Stand der Frage, so weit als dies, jenen meist sehr ausführlichen Abhandlungen gegenüber, in so engem Rahmen überhaupt möglich war, gekennzeichnet habe, will ich nun untersuchen, in wiefern die an den Capitelliden gewonnenen Aufschlüsse zur Lösung des Problemes beizutragen vermögen. AVir haben gesehen, dass sich hinsichtlich der Beurtheilung der morphologischen Natur von Geschlechtsgängen und Samentaschen zwei Auffassungen geltend gemacht haben. Die eine verwirft diese Homologie ganz und gar: Perrier in seinen späteren und Vejdovsky in seinen früheren Arbeiten, oder verwirft sie nur für einen Theil der Oligochaeten, nämlich die sogenannten Terricola: Claparede. Die andere erkennt diese Homologie an, und zwar entweder nur für einen Theil der Oligochaeten, nämlich die sogenannten Limicola: Claparede, oder für alle : Lankester, Perrier in seinen früheren und Vejdovsky in seinen späteren Arbeiten, sowie Balfour und endlich, conform IjANKESTer, dessen Schüler Beddard und Benham. Nachdem einmal der von Claparede seiner Zeit aufgedeckte Zwiespalt zwischen »Limicola« und »Terricola« als ein nur scheinbarer nachgewiesen war, vereinfachte sich auch der Gegensatz der Meinungen dahin, dass von allen genannten Forschern nur noch Einer übrig blieb, der der Formulirung seines Standpunktes entsprechend nach wie vor die Ge- schlechtskanäle der Oligochaeten als Neubildungen zu betrachten fortfahren konnte, nämlich Perrier, und mit ihm allein hat man es daher auch zu thun, insoweit als die genetische Ein- heit von Nephridien und Geschlechtskanälen als solche in Frage kommt. Die principiell ablehnende Haltung Perrier's ist ein instructives Beispiel dafür, wie durch Versenkung in das Detail der Sinn für das Allgemeine zuweilen getrübt werden kann; denn was wollen die von ihm geltend gemachten einzelnen Abweichungen und Schwierigkeiten gegenüber den fundamentalen Thatsachen und Beziehungen, die sich zu Gunsten der be- strittenen Homologie geltend machen lassen, besagen? Ist doch die Aehnlichkeit zwischen einzelnen Theilen des Geschlechtsapparates, insbesondere den Samenleitern einer- und den ß24 ^- Vergleichend-Anatomischer (Morphologischer) Thell. Nephridieii andererseits eine so grosse, dass sich weder der Form, noch der Lagerung-, noch der Entwickehmg nach beide irgendwie auseinanderhalten lassen. Hat doch Perrier selbst den ersten Beitrag zur Erkenntniss geliefert, dass der vermeintliche Gegensatz von »Terricola« und »Limicola« in Wahrheit gar nicht existirt. Haben wir doch ferner gesehen, wie auch schon im Kreise der Polychaeten in zahlreichen Fällen Nephridien als Ausfuhrkanäle für die Geschlechtsprodukte dienen, und dabei nicht unbeträchtliche Modificationen in Form und Lagerung erleiden können. Und nicht nur im Kreise der Anneliden, nein, auch in verschie- denen anderen Thierclassen führte man ja mit Recht längst schon ähnliche Kanäle auf den Typus des » Nephridiums « zurück. Aber, wenn schon im Hinblicke auf alle bis heute be- kannten Thatsachen Perriers principieller Widerspruch unberechtigt war, so muss er fortan endgiltig verstummen gegenüber dem Einen an Capitelliden festgestellten Factum, dass Ge- schlechtskanäle im Anschlüsse an fungirende Nephridien sich ausbilden und mit letzteren zeitlebens in organischer Verbindung bleiben können ; denn damit ist ja die principielle Einheit beider geradezu ad oculos demonstrirt. Also nicht mehr um die Frage kann es sich fernerhin handeln, ob wir es in den beiderseitigen Organen überhaupt mit homologen zu thun haben, oder nicht, sondern vielmehr nur um die, in welcher Weise man sich specieU die Umwandlung der einen in die anderen vorzustellen habe. Und in diesem Sinne sind, wie ebenfalls aus dem Vorhergehenden erhellt, folgende Auffassungen geltend gemacht worden: für Lankester ist das Oligochaetensegment typisch nicht mit Einem, sondern mit zwei Paar Nephridien ausgerüstet, und dieses zweite hypothetisch angenommene Paar ist es eben, w^elches in den Geschlechtssegmenten, zu Evacuations- organen umgebildet, erhalten geblieben sein soll. Beddard sodann setzt, um die Hypothese mit den weiterhin bekannten Thatsachen in besseren Einklang bringen zu können, statt zwei, vier Paare als typisch für ein Segment. Balfour denkt sich die Geschlechtskanäle der Oligochaeten, ähnlich wie den Müller- schen Gang aus dem der Vorniere, durch Spaltung aus Nephridien entstanden. Vejdovsky endlich betrachtet die Geschlechtskanäle als ganz unabhängig (ad hocj zu Stande gekommene, aber den Nephridien oder Theilen solcher homologe Gebilde. Mit dieser letzten Annahme haben wir uns, da sie ein Eingehen auf das »Wie« an sich ausschliesst, nicht weiter zu beschäftigen. Ebenso kann die BAi.FouR'sche Ansicht fortan ausser Beträcht bleiben, indem sie speciell den Contrast im Verhalten der Terricola erklären sollte und ja dieser Contrast als ein nur scheinbarer erkannt worden ist. So bleibt denn allein die durch Bedd.^rd erweiterte Hypothese Lankester's noch als Erklärungsversuch übrig. Insofern diese Hypothese ausdrückt, dass dem Vorkommen von Geschlechtskanälen und Nephridien in ein und demselben Oligochaetensegmente eine ursprüngliche Vielzahl von Nephridien in ein und demselben Segmente zu Grunde liegen könne, steht sie im besten Einklänge mit den Thatsachen. Aber der LANKESTERsche Satz in seiner ursprünglichen Fassung sagt nicht bloss dies, sondern er geht weit darüber hinaus, indem er erstens die VIII. Xephridien (Segmentalorgane). 2. Vergleich der Capitelliden mit anderen Anneliden. (125 Vermehrung der Xephridien, anstatt facultativ für gewisse, obligatorisch oder typisch für alle Segmente setzt, und zweitens diese Vermehrung hinsichtlich der Zahl auf zwei, respective vier Paare (Beddabd) determinirt. Ich hatte, wie schon erwähnt, in einer früheren Publication dem LANKESTER'schen Satze anstatt dieser bestimmt formulirten jene allgemeinere, in dem, was er behauptet, sodann unbestreitbare Wendung gegeben und, da lange Zeit kein Wider- sjjrnch erfolgt war, diese Modification als zugestanden betrachtet. Darin hatte ich mich aber gründlich geirrt, indem ja vor Kurzem erst der fragliche Satz durch Benham ganz der ur- sprünglichen Fassung Lankester's entsprechend und durch Beddarü in etwas erweiterter Form als nahezu bewiesen hingestellt wurde. Es gilt also zunächst die ITnhaltbarkeit des Satzes in dieser seiner ursprünglichen Fassung ein für allemal darzuthun. Sowohl Lankester, als auch Bedüard suchen ihre Behauptung, dass jedem Oligochaeten- segmente typisch eine bestimmte Vielzahl von Nephridien zukam, in erster Tinie durch ge- wisse zwischen der Lage von Nephridiummündungen einer- und derjenigen von Parapodien andererseits stattfindende Eelationen zu begründen. Wir haben in der vorhergehenden historischen Uebersicht gesehen, dass gewisse Oligochaeten in der That ein solches Alterniren in der Lagerung der Nephridiummündungen aufweisen, wie es die Hypothese verlangt; aber wir haben auch gesehen, dass eine grosse Zahl von Gattungen ein solches Alterniren ver- missen lässt. Ein und dieselbe Form kann sogar im Vorderkörper dies Alterniren, im Hinter- körper dagegen die gewöhnliche Anordnung aufweisen. Bei anderen, wie zum Beispiel Uro- chacta, kann die Stellung der Borsten eine alternirende sein, ohne dass die Nephridien irgend- wie davon betroffen werden, und für Acanthoärihis muss Beddard selbst zugeben, dass das Alterniren der Nephridien durchaus nicht constant erfolge. Claparede, Perrier und Vejdovsky haben denn auch Alle gleicherweise nachdrücklich betont, wie die Lagerungsverhältnisse der äusseren Nephridiummündungen überaus schwankende seien und in keiner Weise zu jener auf Gesetzmässigkeit sich gründenden Schlussfolgerung berechtigten. Auch bei den Capi- telliden hatte ich zu constatiren, dass die betreffenden Mündungen je nach den Gattungen, ja sogar je nach den Arten sowohl bezüglich der Längs-, als auch bezüglich der Queraxe die verschiedensten Ebenen einnehmen können. Was aber vollends entscheidet: bei den Capitelliden pflegen auch die in ein und demselben Segmente mit den Nephridien gelegenen und mit ihnen (als ihre vergrösserten Trichter) in organischem Zusammenhange stehenden Genital- schläuche sow^ohl hinsichtlich der Längs-, als hinsichtlich der Queraxe abweichend von den centrifugaleu Schenkeln der zugehörigen Nephridien nach aussen zu münden, oder mit anderen Worten, es kann ein und dasselbe Nephridium durch zwei ganz heterogene und divergent gelegene Mündungen mit der Aussenwelt communiciren, und dasselbe gilt auch für den Fall, dass die Genitalschläuche unabhängig neben den Nephridien zur Ausbildung gelangen. Nichtsdestoweniger ist die in einzelnen Oligochaeten vorhandene Beziehung zwischen Nephridien und Parapodien, ob nun constant, oder nicht, an sich von Interesse. Hinsichtlich der Erklärung dieser Beziehung scheint mir nun aber Perrier längst das Richtige getroffen zu haben, wenn er vermuthet, dass die Nephridien gewisser Oligochaeten, um die Wandungen Zool. Station z. Neapel, Fauna iinj Flora, Golf von Neapel. Capitelliden. 71) (^26 -ß- Vergleichend- Anatomischer (Morphologischer) Theil. des Hautmuskelschlauches zu passiren, die so oder so gelegenen, von den Borstenfollikeln präformirten Spalten benutzen. Wie die Voraussetzung, dass jedem Oligochaetensegmente typisch eine bestimmte Viel- zahl von Nephridien zukomme, an ihren eigenen C'onsequenzen scheitert, das zeigt am besten das Vorgehen Beddärd's. Letzterer constatirte, wie wir schon zu erwähnen hatten, an einer Species von Acanthodrihts das so interessante Factum, dass je in einem Segmente acht Ne- phridien, und zwar ein jedes derselben im Bereiche einer der acht Borsten auftreten, und schloss darauf hin, dass nicht, wie Lajs'kester wollte, zwei, sondern vielmehr vier Paare solcher fortan als typisch für das Oligochaetensegment angenommen werden müssten. Wenn nun, was durchaus im Bereiche der Möglichkeit liegt, früher oder später eine Species von Acanthodrüus oder irgend einer anderen Gattung aufgefunden wird, die nicht acht, sondern zehn und mehr Nephridien in einem Segmente beherbergt, was dann? soll dann die für das Oligochaetensegment angeblich tyisische Nephridienzahl dementsprechend mitwachsen? Beddard selbst hat übrigens das Material zu einem auf Aehnliches hinauslaufenden Einwände dargeboten. Wie schon in einem früheren Kapitel hervorzuheben war''), hält er es für ebenso wahrscheinlich, dass die zwei-, respective vierreihig bilateral-symmetrische Anordnung der Pa- rapodien sowohl von Poly-, als von Oligochaeten aus der geschlossen ringförmigen Anordnung, wie sie Perichaeta darbietet, abzuleiten sei, als umgekehrt. Ich habe zwar an der eben citirten Stelle schon nachzuweisen versucht, wie durch das Verhalten gewisser Capitelliden die Zu- lässigkeit einer derartigen Alternative ausgeschlossen sei, indem es gar keinem Zweifel unter- liegen könne, dass wir die geschlossenen Borstenringe von Perkhaeta, ähnlich wie die in ihrer Zahl so immens gesteigerten Hakenringe der einen grossen Theil des lieibesumfanges einnehmenden Tori von Notomastus als secundäre Bildungen zu betrachten haben, aber gehen wir hier einmal auf die Möglichkeit, dass darin ein ursprüngliches Verhalten vorliege, ein, um gestützt darauf untersuchen zu können, wie es denn bei solcher Voraussetzung mit den typischen acht Nephridien bestellt sei. Beddard betont ausdrücklich, dass jeder Borste ein Ne- phridium entspreche; daher bei dem mit acht Borsten in jedem Segmente ausgerüsteten Acan- thodrilus auch acht Nephridien. Daraus würde aber sich weiter ergeben, dass die Stammformen, welche, ähnlich wie heute noch Perkhaeta und Pleurochaeta, mit hunderten von Borsten in jedem Segmente ausgerüstet gewesen sein sollen, auch ebenso im Besitze von hunderten von Nephridien gewesen sein müssten, von denen (aus welchem Grunde?) acht als »typisch für die Oligochaeten« übrig blieben. Ich denke, die eben gezogenen Consequenzen sind derart, um beide Voraussetziingen, nämlich die der typischen acht Nephridien sowohl, als auch die der ur- sprünglich ringf()rmigen Borstenanordnung gleicherweise als fernerhin unmöglich erscheinen zu lassen. Im Bisherigen habe ich lediglich d e n Satz zu bekämpfen gesucht, demzufolge wir uns das Oligochaetensegment als ursprünglich mit vier oder acht, überhaupt mit einer determinirten VIII. Xephridien (Segmentalorgane). 2. Vergleich der Capitelliden mit anderen Anneliden, (j27 Vielzahl von Neijhridien versehen vorzustellen hätten. Dabei war stillschweigend voraus- gesetzt, dass das Vorkommen einer Mehrzahl von Nephridien gegenüber der streng metameren Einzahl überhaupt als das ursprüngliche Verhalten betrachtet werden könne. Denn, wäre das Gegentheil der Fall, so würde ja jener Satz an sich unmöglich. Wenden wir uns daher nun zu dieser eigentlichen Grundfrage. Vor Allem sei betont, dass in diesem Sinne die Frage nicht mehr eine blosse »Oli- gochaetenfrage « darstellt, indem ja eine trotz ihrer vielseitigen Beziehungen zu den Oli- gochaeten doch allgemein (wegen ihrer ebenso zahlreichen Anknüpfungspunkte) zu den Poly- chaeten gerechnete Familie, nämlich die Capitelliden, ebenfalls in einzelnen ihrer Vertreter eine Vermehrung der Nephridien in bestimmten Segmenten aufweist. Die Frage wird also zur »Annelidenfrage«. Da ich selbst es war, der in der genannten Polychaetenfamilie zum ersten Male das gleichzeitige Vorkommen einer Mehrzahl von Nephridien im Kreise der Anneliden constatiren konnte, so wird man es begreiflich finden, dass auch die Frage, ob man ein solches Verhalten als »typisches«, oder aber als »secundäres« zu betrachten habe, speciell von mir sofort ge- bührend erwogen wurde. Nun ich will gleich mit dem Schlüsse herausrücken, zu dem ich ohne Weiteres gekommen war, nämlich, dass die Vermehrung der Nephridien, respec- tive ihr poly- oder dysmetameres Verhalten unzweifelhaft als secundäre Er- scheinung aufgefasst werden müsse. Wie wäre auch anders zu schliessen möglich in Anbetracht, dass unter aUen den zahlreichen Polychaetenfamilien einzig die Capitelliden von der sonst so streng durchgeführten Metamerie abweichen, in Anbetracht ferner, dass selbst im Bereiche dieser Familie nur Eine Art jene Abweichung vom segmentalen Verhalten con- stant erkennen lässt, und in Anbetracht endlich, dass sich gerade diese Art durch die Be- schränkung des gesammten Nierensystemes auf den Vorderleib sowie auch durch zahlreiche andere Charaktere als die am meisten um- und rückgebildete der Familie erweist 1 Und im Kreise der Oligochaeten verhält es sich ja auch nicht anders. Auch dort zeigt die überwiegende Mehrzahl das metamere Verhalten, und allein auf ein oder zwei Gat- tungen ist das dysmetamere beschränkt. Genauere Untersuchungen dieser letzteren Gattungen dürften überdies auch für sie noch solche mit dem dysmetameren Verhalten einhergehende Organisations-Eigenthümlichkeiten offenbaren, welche mehr für ihre secundäre, als für ihre primäre Natur Zeugniss abzulegen geeignet sein werden. Dass es an solchen Eigenthümlich- keiten auch den Oligochaeten nicht fehlt, dafür lassen sich schon jetzt einige Belegstücke anführen. So sollen nach Perrier ') bei Perichaeta die Nephridien im ganzen Körper nur durch drüsige Anhänge der Septa repräsentirt sein, und Pleurochaeta soll nach Beddärd-) der Nephridien durchaus entbehren. Tj/phoeus soll, wie ich aus Benham's^) Uebersicht entnehme, nur vorn, Titanus umgekehrt nur hinten 'vom 14. Segmente ab) Nephridien besitzen. 1 1. p. 016. c. p. LXXVI. und 1. p. 309. c. p. 439. "2j 1. p. 315. c. p. 502. 3) 1. p. 622. c. p. 256. ()28 B- Vergleichend-Anatomischer (Morphologischer! Theil. Nach alledem kauii also der LANKESTER-BEouARusche Satz, soweit der- selbe das Vorkommen sei es einer bestimmten, sei es einer unbestimmten Mehr- zahl von Nephridien als »typisch« für jedes Oligochaeten- oder Annelidenset^ment behauptet, nicht aufrecht erhalten werden. Nur wenn wir dem Satze die er- wähnte allgemeinere und zugleich facultative Fassung geben, lässt er sich mit allen Thatsachen in Einklang bringen, und diese Fassung genügt ja überdies auch im Hinblicke auf jene Fälle, zu deren Erklärung er speciell ursprünglich auf- gestellt worden war; nämlich zur Erklärung des gleichzeitigen Vorkommens von Nephridien und Geschlechtskanälen in ein und demselben Segmente. Dass aber selbst zur Erklärung dieser Verhältnisse nicht in allen Fällen so viele Nephri- dien in ein und demselben Segment.e vorausgesetzt zu werden brauchen, wie einzelne meiner Vorgänger meinten, dass vielmehr gewisse Theile des Geschlechtsapparates, ähnlich wie bei den CapiteUiden, nur Theilen von Nephridien entsprechen, dies wird sich aus der nun fol- genden Untersuchung der einzelnen das Genitalsystem der OUgochaeten zusammensetzenden Glieder ergeben. beginnen wir mit den Samenleitern. Wer jemals Samenleiter und Nephridien von Oligochaeten sei es in natura, sei es in Abbildungen mit einander verglichen hat, dem wird es schwer fallen, deren grosse üeber- einstimmung zu verkennen, und doch hat, trotz dieser so grossen Uebereinstimmixng, sowie trotz des Factums, dass auch bei den meisten Polychaeten Nephridien unter mannigfachen Umbildungen die Function von Samenleitern auszuüben vermögen, wenigstens Ein Forscher, nämlich Perriek, die Homologie dieser beiderlei Organe verwerfen zu müssen geglaubt. Als Hauptmotive wurden von Peuriek geltend gemacht: erstens die »unabhängige Entstehung« der Samenleiter und zweitens ihre verschiedenartigen Abweichungen von Nephridien. In wiefern die unabhängige Entstehung, welche (zur Zeit als er noch die Homologie bekämpfte) auch von Vejdovsky so scharf betont wurde, überhaupt einen Einwurf bilden soll, vermag ich nicht einzusehen, indem ja jeder Samenleiter mindestens Einem Nephridium ent- sjjricht und ja auch sonst jedes Nephridium unabhängig von jedem anderen entsteht. Die unabhängige Entstehung könnte doch höchstens insofern geltend gemacht werden, als damit die für die bekämpfte Homologie nothwendige Voraussetzung einer Mehrzahl von Nephridien in je einem Segmente getroffen werden sollte, was aber in Anbetracht des thatsächlichen Vorkommens einer solchen Mehrzahl wirkungslos wäre, oder insofern als damit die Un- möglichkeit erwiesen werden sollte, dass die Samenleiter nur Theilen von Nephridien ent- sprechen könnten, was indessen Niemand behauptet hat. Sollte aber mit dem Einwurfe der unabhängigen Entstehung eben das gemeint sein, dass die Samenleiter nicht heute noch in jedem Thiere sich aus vorher exclusive excretorisch thätigen Nephridien unter unseren Augen umbilden, so wäre darauf zu erwddern, dass uns derart abgekürzte Entwickelung doch auch sonst nicht Organe als homolog anzuerkennen verhindert, dass überdies, wie Vejdovsky') 1) 1. p. 230. c. Vin. Nephridiou (Segmentalorgane) . 2. Vergleich der Capitelliden mit anderen Anneliden. (129 gezeigt hat, die Entwickelung der Samenleiter ganz entsprechend dem für die Nephridien festgestellten Typus verläuft. Unter den an den Samenleitern auftretenden Ahweichuugen wurde in erster Linie betont: »ihre Erstreckung durch mehrere Segmente«. rnmöglich kann aber diese Thatsache als Einwand gegen ihre nephridiale Abstammung geltend gemacht werden, da ja für Nephridien der verschiedensten Anneliden eine ähnliche Erstreckung durch eine Mehrzahl von Segmenten längst schon nachgewiesen worden ist und ferner auch andere Derivate von Nephridien, nämlich die Speicheldrüsen der Enchytraeiden, sich ebenso durch eine Mehrzahl von Segmenten erstrecken. Letztere Drüsen können zugleich als instructives Beispiel dafür gelten, bis zu welchem Grade die äusseren Mündungen von Nephridien deplacirt zu werden vermögen. Die Thatsache, dass in zahlreichen, im nächsten Abschnitte aufzuführenden") Fällen normale Nephridien sich durch eine verschieden grosse Anzahl von Leibessegmenten erstrecken können, enthebt mich auch der Nothwendigkeit, die seiner Zeit von Perkiek in der Argumentation gegen Lankester und neuerdings wieder von Benhäm erwogene Möglichkeit, dass die Samenleiter durch \erschmelzung mehrerer successiver Nephridien zu Stande gekommen sein sollten oder könnten, im Einzelnen zu widerlegen, indem es doch klar ist, dass das, was schon dem genuinen Nephridium möglich, nämlich sich durch mehrere Segmente zu erstrecken, auch dem modificirten, dem Samenleiter, möglich sein musste. Eine andere Abweichung besteht darin, «dass die Samenleiter mit zwei Trichtern aus- gerüstet sein können«. So lange als dieses Verhalten für typisch galt, mochte man ihm einiges Gewicht bei- legen; aber heute wissen wir, dass diese Zweizahl der Trichter weit davon entfernt ist, eine Regel zu bilden. Allein Litmhi-iciis unter den höheren und gewisse Lumbriculiden unter den niederen Oligochaeten weisen diese Verdoppelung auf. In Anbetracht, dass es Oligochaeten mit zwei Paar Samenleitern giebt [Acanthodrüus und Momligastei-), könnte man die betretfenden Doppeltrichter auf die Verschmelzung zweier Paare zurückzuführen oder anzunehmen ver- sucht sein, dass vom fraglichen zweiten Paare nur die Trichterregion übrig geblieben sei. Oder man könnte sich auch diesen zweiten Trichter in ähnlichen Weise wie die Genital- schläuche der Capitelliden entstanden denken, besonders im Hinblicke darauf, dass Vejdovsky ^) bei Stjjlaria die Nephridien in dem die Samenleiter beherbergenden Segmente, nicht wie sonst ganz der Degeneration anheimfallen, sondern in den Trichterabschnitten erhalten bleiben sah; es müsste dann freilich die secundäre Verbindung zwischen Samenleiter und Trichter nach- gewiesen werden können. Aber selbst für den Fall, dass sich die Verdoppelung der Trichter weder aus der Verschmelzung zweier Samenleiterpaare, noch aus der Verschmelzung Eines Samenleiters mit einem Nephridiumtrichter ableiten liesse, selbst für diesen Fall könnte doch a) Vergl. p. C49 — G5ü. 1) 1. p. 236. c. p. 129. ß30 !*• Vergleichend-Anatomischer (Morphologischer) Theil. aus der Vermehrung der Trichter keine Schwierigkeit für die Ableitung der Samenleiter von Xephridien erwachsen, einfach darum nicht, weil gelegentlich auch normale Nephridien ange- troffen werden, die anstatt mit Einem mit zwei Trichtern ausgerüstet sind. Dies constatirte Vejdgvski ') bei Anachaeta und ich bei Notomastus. Auch kann auf die definitiven Nephridien von Capitella verwiesen werden, die ja in der Regel mit mehreren Trichtern ausgerüstet sind. Was endlich die übrigen Complicationen der Samenleiter betrifft, nämlich die im Be- reiche der Trichter gelegenen, bald als Samenblasen, bald als Hoden gedeuteten Säcke, ferner die in den distalen Abschnitten auftretenden Copulationsorgane und Drüsen, so brauchen wir hier um so Aveniger darauf eingehen, als ihr adaptiver, secundärer Charakter sich einmal in der grossen Verschiedenheit der entsprechenden Adnexe und sodann auch in deren grosser Inconstanz des Auftretens manifestirt. Während die zwischen Samenleiter und Nephridium bestehende Homologie schon durch den beiderseitigen Habitus zu so unverkennbarem Ausdruck gebracht wird, kann in Bezug auf die entsprechende Homologie des Eileiters nicht ein Gleiches behauptet werden; denn in der Regel besteht dieser Leiter ]?ur aus einem mehr oder weniger lang gestielten Trichter. Vejdovsky-) hat denn auch schon die Ansicht ausgesprochen, dass die Oviducte der Oligo- chaeten nicht ganzen Nephridien, sondern nur Theilen solcher, und zwar speciell den Trich- terregionen entsprechen möchten. Eine solche Ansicht zu hegen war Vejdovsky um so be- rechtigter, als er festgestellt hatte, dass in einzelnen Segmenten von Anachaeta und Tuhifex^) anstatt Nephridien lediglich Trichter vorkommen, ja dass in den Geschlechtssegmenten von Stylaria*) die Trichter der degenerirenden Nephridien noch eine Zeit lang allein erhalten bleiben können. Den vollkräftigen Beweis für die Richtigkeit einer solchen Auffassung liefert nuil aber das Verhalten der Capitelliden. Haben wir doch gesehen, wie die Genitalschläuche letzterer, welche neben anderen sexuellen Functionen auch diejenige von Eileitern ausüben, insbesondere bei den sich dem »Gajolensis-Typus« conform verhaltenden Vertretern in der That nichts Anderes, als die immens vergrösserten, sich besondere äussere Mündungen schaffenden Trichter ebenso vieler Nephridien darstellen, welch' letztere entweder neben den so umgewandelten Trichtern, ja in organischer Verbindung mit ihnen zeitlebens fungirend fortexistiren, oder aber in dem Maasse der Rückbildung anheimfallen, als sich die Genitalschläuche ausbilden. Und wenn wir uns weiter erinnern, dass bei denjenigen Capitel- liden, deren uropoetisches System sich nach dem als »Typus Dasyhranchns cadiinis s. str.« be- zeichneten Modus ausbildet, Nephridien und Genitalschläuche relativ unabhängig von einander zeitlebens angetroffen, soAvie, dass bei Capitella die Genitalschläuche schon in den Juvenes als solche (mit Ausschluss von Nephridien) angelegt werden, so ist damit dem auch bezüglich der 1) 1. p. 23(1. c. p. 127. 2) 1. p. 236. c. p. 160. 3) I. p. 236. c. p. 127. 4) 1. p. 236. c. p. 129. VIII. Nephridien (Segmentalorgane). 2. Vergleich der Capitelliden mit anderen Anneliden. ß31 Eileiter von Perrier und Vejdovsky (früher!) geltend gemachten Einwände der »unabhängigen Entstehung« jede Berechtigung entzogen, indem eben durch das Verhalten der Capitelliden erwiesen ist, dass sich sexuelle Evacuationsorgane entweder direct aus Nephridiumtrichtern, oder neben solchen, oder endlich (ontogenetisch wenigstens!) unabhängig von solchen aus- zubilden vermögen. Die vorhin erwähnten Beobachtungen*) Vejdovsky's, denen zufolge bei gewissen Oligo- chaeten in einzelnen Segmenten allein Trichter vorkommen, insbesondere aber die Stylaria betreffenden, lassen mich vermuthen, dass ähnliche Vorgänge wie bei den Capitelliden sich auch bei den Oligochaeten noch abspielen, mit anderen Worten, dass wenigstens bei einzelnen Vertretern letzterer die Oviducte in ähnlichem Anschlüsse an präexistirende Nephridien sich ausbilden wie die Genitalschläuche bei einzelnen Vertretern der Capitelliden. Jugendliche Oligochaeten müssten zum Nachweise eines solchen eventuellen "\'erhaltens vorwiegend ins Auge gefasst werden. Es bleibt mir noch Ein Glied des Oligochaeten-Geschlechtsapparates zu betrachten übrig, nämlich die so viel und so vielerlei discutirten Sament»schen. Auch für diese Organe haben einzelne derjenigen Forscher, welche überhaupt die be- zügliche Homologie anerkannten, schon geltend gemacht, dass sie nicht je einem ganzen Ne- phridium, sondern nur je einem Theile eines solchen entsprechen möchten. Wie aus den vorhergehenden Referaten hervorgeht, glaubten Claparede und nach ihm Vejdovsky, dass es die distalen Abschnitte oder die Atrien von Nephridien seien, welche in den Samentaschen vorlägen, und Benham meinte sogar, lediglich die im Bereiche der Mündungen gelegenen Hauteinstülpungen hätten dafür das Material geliefert. Principiell ist diese Auffassung der Samentaschen so einleuchtend und nahe liegend, dass, wer überhaupt deren Ableitung von Nephridien als Aufgabe der Forschung betrachtet, kaum eine andere, geschweige bessere an ihre Stelle zu setzen sich anheischig machen dürfte. Aber diese Auffassung ist doch bis heute lediglich das Produkt einer Speculation geblieben; keine Thatsache konnte angeführt werden, die den bei dieser Auffassung supponirten Umwandlungsprocess zu illustriren ver- mocht hätte. Und in diesem Sinne glaube ich können wir, gestützt auf das Verhalten der Capitelliden, ähnlich wie für die Eileiter, so auch für die Samentaschen der Oligochaeten eine empfindliche Lücke ausfüllen. Dass Nephridien bis auf die Trichter degeneriren und letztere allein erhalten bleiben, konnte in einzelnen Fällen bei Oligochaeten selbst constatirt werden; nicht aber umgekehrt, dass nur der im Bereiche der äusseren Mündung gelegene Abschnitt fortexistirt. Ebenso *) Vejdovsky gibt an (1. p. 236. c. p. 148), dass bei niederen Oligochaeten, besonders bei Enchytraeiden, die Oviducte durch Spalten des Hautmuskelschlauches vertreten sein könnten. Sollten hier nicht (ähnlich wie bei Tomopteris, vergl. ]3. 613 dieser Monographie) die zugehörigen »Genitalschläuche« übersehen worden sein? Enchy- traeus galba soll, anstatt Eines Paares, vier in consecutiven Segmenten gelegene solche Spaltenpaare besitzen, und darin scheint mir ein starker Anklang an die in ihrer Zahl ebenfalls grosse Schwankungen darbietenden Genitalschlauch- Porophore der Capitelliden zu liegen. ß32 R- Vei-gleichend-Anatomischer (Morphologischer) Theil. sahen wir, dass bei jener so umfangreichen, mit der Ausbildung von Genitalschläuchen einher- gehenden Nephridimn-Degcneration der C'apitelliden nie ein anderer Theil, als die Trichter- region erhalten, dass nie ein anderer zur Umbildung verwandt wird. Lediglich der Trichter ist es, der unter bedeutender Zunahme seines Umfanges sich eine neue (sowohl hinsichtlich der Längs-, als Queraxe) von der typischen äusseren Nephridiummündung abweichend gelegene Mündung schafft imd nun als sogenannter Genitalschlauch je nach den Gattungen mehr oder weniger unabhängig von seinem zugehörigen Nephridium fortexistirt. Wie die Eileiter, so betrachte ich denn auch die Samentaschen der Oligochaeten als Genital- schläuchen, respective als Nephridiumtrichtern entsprechende Gebilde, indem ich mich dabei auf Folgendes stütze: Erstens üben die Genitalschläuche der Capitelliden neben ihren so verschiedenartigen anderen Functionen auch diejenige von Samentaschen aus; insbe- sondere bei Capitella capitata werden sie den grössten Theil des Jahres hindurch in beiden Geschlechtern mehr oder weniger mit Sperma oder Spermatophoren erfüllt angetroffen. Zweitens erklärt sich bei solcher Ableitung sowohl das gleichzeitige Vorkommen von Samen- taschen und Nephridien in ein und demselben Segmente, als auch, was bei Oligochaeten das Häufigere ist, das alleinige Vorkommen, respective das »unabhängige Auftreten« der Samen- taschen, indem ja auch bei den Capitelliden die Genitalschläuche entweder zeitlebens mit fungirenden Nephridien in Zusammenhang bleiben, oder allmählich (durch Degeneration der Nephridien) unabhängig werden, oder gleich relativ unabhängig neben Nephridien oder end- lich ganz unabhängig (ontogenetisch!) zur Ausbildung gelangen können. Drittens verstehen wir, warum (wenigstens bei der überwiegenden Mehrzahl aller Oligochaeten) die Lage der Samentaschen-Mündungen mit derjenigen der Nephridium-Mündungen sowohl bezüglich der Längs-, als auch der Queraxe contrastirt, indem ja aixch diejenige der Genitalschläuche bei allen Capitelliden bezüglich beider Axen abweichend befunden wurde. Dass die Samentaschen der Oligochaeten ähnlich den Genitalschläuchen der Capitelliden modificirte Nephridiumtrichter darstellen, wäre dann als vollends bewiesen zu betrachten, wenn zwischen Samentaschen und Nephridien von Oligochaeten ähnliche Beziehvmgen wie zwischen Genitalschläuchen und Nephridien von Capitelliden aufgefunden würden. Mehrere Angaben lassen mich nun vermuthen, dass auch bei Oligochaeten in der That noch ähnliche Beziehungen erhalten sind, respective recapitulirt werden, und dass sich in Folge dessen früher oder später ein solcher beweis in der That wird führen lassen. Von diesen Angaben sei in erster Linie diejenige Perrier's') hervorgehol/en, nach welcher bei jungen Exemplaren von Urochaeta die Samentaschen kleine, kaum sichtbare, vor den Nephridien gelegene Rudimente darstellen; diese Rudimente könnten nämlich von den Trichtern der respectiven Nephridien abstammen. Sodann die andere desselben Forschers"), der zufolge den Samentaschen von Perkhaeta, Eudrilus und Plutelhs je ein gewundenes, drüsiges Rohr anhänge; in diesen Anhängen haben wir 1) 1. p. 309. c. p. .519. 2) 1. p. (117. c. p. 2(;i. VIII. Nephridien i Segmentalorgane.) 2. Vergleich der Capitelliden mit anderen Anneliden. 633 vielleicht die (ähnlich wie bei den Capitelliden) im Laufe der Trichter-Umwandlung zur Rück- bildung gelangenden Nephridien vor uns. Nun darf aber auch das, was gegen eine solche Ableitung der Samentaschen geltend gemacht werden kann, nicht unerwähnt bleiben. Vor Allem: Die Genitalschläuche der Capitelliden öffnen sich stets (ebenso wie die Nephridiumtheile, von denen sie abstammen, die Trichter) glockenförmig in die Leibeshöhle, während die Samentaschen der Oligochaeten gegen das Cölom hin abgeschlossen sind. Nicht darin, dass sich Nephridiumtrichter im einen Falle zu Glocken ausdehnen, im anderen Falle dagegen zu birnförmigen Säcken schliessen, liegt aber der Schwerpimkt des Einwurfes, sondern vielmehr in dem Verlangen, das Zustandekommen solcher Divergenz physiologisch plausibel machen zu können. Ich glaube nun, dass man dies in der That kann. Die Genital- schläuche der Capitelliden haben nicht bloss als Samentaschen, sondern auch gleichzeitig als Samen- und Eileiter sowie als Copulationsorgane zu fungiren, und mit so vielfachen Functionen würde sich ihr Verschluss gegen die Leibeshöhle schlecht vertragen. Bei den Oligochaeten dagegen sind besondere Samen- und Eileiter vorhanden, so dass die ausschliesslich im Dienste der durch ihren Namen ausgedrückten Leistungen stehenden Samentaschen sich (in dem Maasse, als es, wie wir voraussetzen müssen, für den Gesammtmechanismus des Geschlechtsapparates vortheilhaft wurde) cölomwärts schliessen konnten. Mit anderen Worten : das abweichende Ver- halten der Samentaschen hätten wir uns als durch Arbeitstheilung zu Stande gekommene DifFeren- zirung (der Genitalschläuche) vorzustellen. Was ferner diesen Einwand (des Geschlossenseins) nicht wenig abzuschwächen geeignet erscheint, ist die Thatsache, dass nach Perrier ') die Samentaschen von Eudrilus als Eileiter fungiren und demzufolge nach der Leibeshöhle hin geöffnet sein sollen. Zweitens könnte gegen unsere Auffassung der Samentaschen eingewandt werden, dass dieselben nach Vejdovsky's^) Untersuchungen als Einstülpungen des Hautmuskelschlauches zur Entwickelung gelangen sollen. Demgegenüber ist aber im Auge zu behalten, dass auch beim Zustandekommen der Genitalschläuche ansehnliche Ectodermeinstülpungen participiren und es daher möglich ist, dass die von Vejdovsky gesehenen Anlagen ebenfalls nur die distalen Ab- schnitte der Samentaschen repräsentiren. Drittens endlich wäre noch der Thatsache zu gedenken, dass nach Benham'') bei Microchaeta nicht Avie in der Mehrzahl aller Fälle in Einem Segmente je Eine Samentasche, sondern deren mehrere zugleich vorkommen. Dieses Factum kann aber um so weniger einen ernstlichen Ein- wurf bilden, als auch für die Oligochaeten das Vorkommen einer Mehrzahl von Nephridien in ein und demselben Segmente nachgewiesen ist, und Nephridien sind es ja, von denen wir die Samentaschen ableiten, einerlei ob nun der Prozess ontogenetisch recapitulirt wird, oder nicht. Allem Vorhergehenden zufolge können wir schliesslich constatiren, dass trotz der viel- fachen Widersprüche, die sie erleiden, und trotz der zahlreichen Correcturen, die sie erfahren 1) 1. p. 616. c. p. LXXIX. 2) 1. p. 2.36. c. p. 133. 3) 1. p. 622. c. p. 270. Zoül. Station z. Neapel, Fauna und Flora, Golf von Neapel. g34 B- Vergleichend-Anatomischer (Morphologischer) Theil. mussten, die CLAPAREDE-LANKESTER'schen Hypothesen im Wesentlichen das Richtige getroffen hatten, indem eben beide auf solche Voraussetzungen basirt Avaren, welche die nachfolgende Forschung wenigstens dem allgemeinen Inhalte nach sanctioniren konnte. Claparede's schöpferischer Antheil an der Aufstellung der Homologie liegt in dem Einfalle, dass gewisse Glieder des Genitalapparates nicht ganzen Nephridien, sondernTheilen solcher entsprächen, und dieser Einfall hat sich als durchaus zutreffend erwiesen. Lankester's Antheil liegt in dem Einfalle, dass dem Annelidensegmente mehrere Nephridien zugleich zukommen könnten, und auch dieser Gedanke drückte eine Wahrheit aus, indem späterhin in der That das Vorkommen einer solchen Mehr- zahl von Nephridien in gewissen Fällen nachgewiesen werden konnte. Wenn die Vereinfachung der Theorien vorzüglich das Wesen des Fortschreitens unserer Einsicht kennzeichnet, so haben wir auch seit Claparede-Lankester wenigstens Einen weiteren principiellen Fortschritt zu constatiren, nämlich den, dass zur Ausbildung von Geschlechts- kanälen Nephridien als solche gar nicht erst der phylogenetischen Umbildung in allen Fällen zu unterliegen haben, indem lediglich Theile derselben, ohne die exeretorische Function zu beeinträchtigen und ohne die Verbindung mit dem Mutterorgane aufzugeben, diese Umbildung erfahren können. Nicht nur ist durch diese (bei Tremomastus und Dasybranchus Gajolae etc. zeitlebens erhaltene) Verbindung die Homologie von Geschlechts- und Nierenkanälen über allen Zweifel gestellt, sondern wir haben auch auf Grund ihrer die Einsicht gewonnen, dass » die Natur zuweilen viel einfacher verfährt, als sich der Homologien stabilirende Morphologe vorzustellen wagt«. 3. Vergleich der Capitelliden mit anderen Thierclassen. Auch in diesem Abschnitte gedenke ich mich — im Gegensatze zu meinem virsprüng- lichen Plane — zu beschränken und lediglich den Vergleich mit Einer Thierclasse in's Auge zu fassen, nämlich mit derjenigen der Vertebraten. Schon vor einem Jahrzehnt wurde ich durch eine Abhandlung Fürbringer's ') veranlasst, meine Ansichten über die Beziehungen zwischen den Nierensystemen von Anneliden und Verte- braten darzulegen^), und da ich auch heute noch an dem in jener Publication eingenommenen Standpunkte festhalte, so bringe ich zunächst die betreffenden, speciell unserem Vergleiche geltenden Stellen, abgesehen von einigen unwesentlichen C'orrecturen, unverändert zum Wieder- abdrucke. Ich schrieb damals Folgendes: Duich die bekannten Arbeiten Semper's und Balfour's wurde eine Homologie zwischen den Ne- phridien der Anneliden und dem Nierensysteme der Vertebraten statuirt. Diese Homologie hat Anhänger 1) FiJKBEiNGEK, M. Zur vergl. Anal, und Entw. -Gesch. der Excretionsorgane der Vertebraten. Morph. Jahrb. 4. Bd. 1878. p. 104. 2) 1. p. 16. c. p. 04—95 und 108—114. VIII. Xephridien Seg^mentalorganel . 3. Vergleich der Capitelliden mit anderen Thierclassen. 635 und Gegner gefunden. Verfasser dieser Zeilen gehört zu den ersteren. Es beruht aber seine Ueberzeugung nicht bloss auf dem Gewichte dieser einen Relation, sondern auf demjenigen der Gesammtheit aller zwischen diesen beiden Typen erkennbaren Verwandtschaftsverhältnisse. Aus der Reihe der Gegner einer solchen Homologie haben wir nun vor Kurzem eine eingehende Begründung der negativen Instanzen aufgestellt erhalten. Fürkringer glaubt am Schlüsse einer ausführ- lichen, auf eigene Beobachtungen gestützten Untersuchung gezeigt zu haben, dass es sich bezüglich des SEMPER-BALFOURSchen Vergleiches zunächst um nichts weiter als um eine Hypothese handele, die als Beweis für die Homologie der Nephridien von Anneliden und der Urniere von Vertebraten aufgeführt werde. Von einem Beweise und danach von einer wirklichen Theorie könne erst die Rede Sein, wenn 1. eine Er- klärung des dysmetameren Verhaltens der Urodelenurniere gegeben, wenn 2. die princi- pielle Differenz zwischen ausführenden Abschnitten der Nephridien und zwischen Ur- nierengang in genügender Weise aufgelöst und wenn .3. der Nachweis geliefert werde, dass die drüsigen Abschnitte sowohl der Nephridien, als der Urniere bei erwachsenen An- neliden und Vertebraten für sich, das heisst ohne Verbindung mit ausführenden Ab- schnitten, als functionirende Organe vorkommen können. Ich glaube nun Punkt 1. befriedigend und Punkt 3. wenigstens theilweise aufklären zu können, und diesen Zweck hat eben meine heutige Mittheilung. *) Die in den vorhergehenden Abschnitten mitgetheilten Thatsachen zeigen uns, dass die Nephridien, wenn auch bei der grossen Mehrzahl, so doch nicht bei allen Anneliden, metamere Organe darstellen, dass sie bei Notomastus lin. in einzelnen Fällen, und bei ausgewachsenen Capitella cap. in der Regel, vielzählig in je einepi Segmente auftreten; ferner dass diese Vielzahl (bei Capitella cap.) nicht eine regelmässig von Seg- ment zu Segment sich wiederholende, sondern eine vom vorderen nach dem hinteren Körpertheile zu sich vermehrende Zahl darstellt, dass also diese Organe auch in einem weiteren Sinne des Wortes sich nicht wie segnientale verhalten. Wenn aber somit die Nephridien schon innerhalb des Annelidenkreises bald metamer, bald dys- metamer aufzutreten vermögen, so kann auch derselbe im Kreise der Vertebraten zur Erscheinung gelan- gende Gegensatz nicht gegen eine Homologisirung dieser Organe in den beiden Thiergruppen geltend gemacht werden, und der erste von Fiirbringer erhobene Einwand besteht in Folge dessen nicht mehr zu Recht. Es folgt weiter, dass die äusseren Mündungen der Nephridien fehlen können, und dass demnach der Begriff »Segmentalorgan« nicht die nach aussen führenden ivom Ectoderme stammenden) Abschnitte noth- wendig einzuschliessen braucht. Mit dem Nachweise aber von solchen der ausführenden Abschnitte ent- behrenden und zugleich functionirenden Nephridien bei erwachsenen Anneliden, ist auch der unter 3. von FüRBRiNGER gestellten Bedingung, wenigstens was die Ringelwürmer betrifft. Genüge geleistet. Zum völligen Beweise für die Homologie der Anneliden-Nephridien und der Urniere der Verte- braten fehlte demnach — wenn wir fortfahren uns auf den von Fürbringer eingenommenen Standpunkt zu stellen — abgesehen von der unter 3. für die Vertebraten geltend gemachten Forderung, nur noch die Auf- klärung der zweiten Schwierigkeit, nämlich die Auflösung der principiellen Differenz zwischen ausführenden Abschnitten von Nephridien einer- und Urnierengang andererseits. Es ist bekannt, dass BalfourI), der von Anfang an die cardinale Bedeutung dieses Gegensatzes zu würdigen wusste, den Versuch gemacht hat, den Vornierengang (segmental duct) als ein Entwickelungs- product eines vordersten Nephridiums begreiflich zu machen. Sempera) hat in seiner letzten Publication die Ansicht aufgestellt, dass die primordialen Schleifen- kanäle der Blutigellarven das Material darstellten, aus dem sich der Vornierengang entwickelt habe. FÜRBRINGER'') endlich weist — im Anschlüsse an Gegenbaur — auf das ungegliederte Excretions- 1) BALForR, F. On the Origin and History of the Urogenital Organs of Vertebrates. Journ. Anat. Phys. London, Vol. 10. 1S76. p. 24 — 27. 2) 1. p. 53. c. p. 3S7. 3) 1. p. 634. c. p. 9ü. *) Hier folgte im Original (p. 95 — 108) eine gedrängte Darstellung der im ersten Theile dieser Monographie ausführlich beschriebenen Nephridien von Notomastus lineatus und Capitella capitata. 80* 636 B- Vergleichend-Anatomischer ^Morphologischer) Theil. System nicht anuulater Würmer hin, als den mit dem Vornierensysteme der Vertebraten die bezeichnend- sten Uebereinstimmungspunkte darbietenden Apparaten. Wie nahe es nun auch läge, diese Erklärungsversuche im Anschlüsse an meine obigen Auseinander- setzungen zu discutiren — ich niuss das auf die ausführlichere Darstellung verschieben, indem sich eine solche Discussion weit über den Rahmen hinaus ausdehnen würde, der dieser Mittheilung ihrem ganzen Charakter nach gezogen ist; dagegen möchte ich im Nachfolgenden kurz noch einige Punkte hervorheben, welche geeignet sind zu zeigen, eine wie grosse Uebereinstimmung auch in specielleren Verhältnissen, als den bisher betonten, zwischen den Nephridien gewisser Anneliden und den Urnierenkanälchen gewisser Vertebraten herrscht. Die Ansicht, dass nicht nur bei den Vertebraten, sondern auch bei den Anneliden das parietale Peritoneum den Mutterboden für die Bildung der Nephridien (Urnierenkanälchen) darstelle, erfährt durch das Verhalten von Capitella eine entscheidende Bestätigung. Wie aber auch im Differenzirungsmodus dieser Organe innerhalb der beiden Gruppen ähnlich divergirende Wege eingeschlagen werden, zeigt die folgende Thatsache : FÜRBRiNGEK^) Sagt: »Diese (primären) TJrnierenstränge bleiben im Zusammenhange mit dem Perito- neum und höhlen sich zu mit der Bauchhöhle communicirenden Kanälen aus (Selachier, Accipenser) oder sie schnüren sich von ihm ab und gehen getrennt von ihm eine weitere Entwickelung zu Urnierenbläschen und Urnierenkanälchen ein [Petromyzoii, Alburnus, Amphibien, Amnioten)«. Also ein Gegensatz, wie er ähnlich zwischen Nofomastus und Capitella besteht; denn wir haben gesehen, dass bei Notomastus die Ne- phridien in der Leibeshühle flottiren und mit dem Peritoneum nur noch durch die inneren Mündungen eine feste Verbindung unterhalten, wogegen sie bei Capitella ihrer ganzen Länge nach zeitlebens mit dem Peritoneum in Zusammenhang bleiben. Balfour2) hat gezeigt, dass bei Selachiern die Nephridien successiver Segmente durch Sprossen- bilduug mit einander in Verbindung treten können; auch Semper'') hat mitunter bei Selachiern seitliche Sprossen der Segmentalgänge beobachtet und Fürbringer^j constatirt, dass die lateralen Endstücke der se- cundären Urnierenkanälchen nicht direct mit dem Vornierengange, sondern mit den lateralen Abschnitten der primären Kanälchen in offene Communication treten, dass in ganz übereinstimmender Weise ferner die lateralen Endstücke der tertiären Kanälchen in die lateralen Abschnitte der secundären Kanäle einmünden, so dass schliesslich die lateralen Abschnitte der primären Kanälchen Sammelröhren für die primären, se- cundären und tertiären Urnierenanlagen bilden. Auch für dieses Verhalten existiren nun correspondirende Zustände bei den Anneliden, indem, wie ich im Vorhergehenden gezeigt habe, bei Capitella nicht selten zwischen je zwei successiven Nephridien eines gegebenen Segmentes Communicationen durch Sprossen vorkommen können. Viele der bisher darauf untersuchten Vertebraten zeigten eine Neigung der vordersten Nephridien zum Abortivwerden. Bezüglich der Selachier äussert sich Sempera) folgendermaassen: »Sie sind [nämlich die Segmentaltrichter] ausnahmslos in bedeutend geringerer Zahl vorhanden, als die der Leibeshöhle entsprechen- den Wirbel; denn obgleich sie ursprünglich mit diesen in fast gleicher Anzahl angelegt werden, so gehen doch immer mindestens einige, und zwar zunächst immer die vordersten zu Grunde oder in andere Theile über«. Ein ähnliches Zugrundegehen der vordersten Nephridien (Urnierenkanälchen) haben ferner Spexgel") für Coecilia lumbric. vind Fürbringer ") für gewisse Urodelen festgestellt. Auch in dieser Beziehung herrscht nun aber Uebereinstimmung zwischen Vertebraten und Anneli- den, indem ich sowohl für Notomastus, als auch für Capitella ein Abortivwerden der vordersten Nephridien (provisorische Nephridien^ constatiren konnte. 1) 1. p. 634. c. p. 97. 2) 1. p. 519. c. p. 256—263. 3) 1. p. 539. c. p. 213. 4) 1. p. 634. c. p. 22. 5) 1. p. 539. c. p. 200 und 213. 6) Spekgel, J. Das Urogenitalsystem der Amphibien. Arb. Z. Inst. Würzburg. 3. 7) 1. p. 634. c. p. 21. VIII. Nephridien (Segmentalorgane). 3. Vergleich der Capitelliden mit anderen Thierclassen. 637 Spengel'), der überhaupt die ersten Älittheilungen über das abeirante Verhalten der Amphibien- nieren machte, fand in den Coecilien-Larven eine streng segmentale Anlage der Niere, das heisst in jedem Segmente Einen Trichter und Ein Malpighisches Körperchen ; in Erwachsenen dagegen traf er nur noch in den vordersten Segmenten (und auch in diesen nicht immer) je einen Trichter und je ein Malpighisches Körperchen, wogegen die übrigen Segmente je eine Vielzahl, oft bis 20 Trichter aufwiesen. Die Uebereinstimmung dieses Verhaltens mit demjenigen von C'apitella ist eine schlagende: die Coe- cilia-Laiven haben in je einem Segmente ein Nephridium, so auch die Capitella-Juvenes; bei einzelnen reifen Coeeihen findet man im vorderen Körperabschnitte Ein Nephridium in je einem Segmente und eine Vielzahl solcher je in den Segmenten des hinteren Körpertheiles, so auch bei Capüell a-lndividuen gewissen Alters; bei den meisten reifen Coecilien findet man eine Vielzahl von Nephridien in allen Nieren- Segmenten, so auch bei den ausgewachsenen Capitellen. Mannigfach ist auch die Uebereinstimmung zwischen dem Verhalten von Capitella und demjenigen der Urodelen hinsichtlich der Zeitfolge des Auftretens und des Modus der numerischen Zunahme der Ex- cretionsorgane. Man vergleiche zu dem Behufe die von Füebeinger^) über die Entwickelung der primä- ren*) Urnierenkanälchen von Salamandra maculata aufgestellten Listen mit der meinigen") und setze dabei nur den Zeitangaben der ersteren die Thier-Längenmaasse der letzteren gleich. Für eine eingehendere Vergleichung müsste freilich das Nephridium von Capitella in der Entwickelung seiner einzelnen Abschnitte im gegebenen Segmente ebenso genau verfolgt werden können, wie dasjenige von Salamandra; immerhin genügt aber auch der von mir gewählte allgemeinere Ausdruck »Nephridium in Entwickelung begriffen«, um die correspondirenden Stadien erkennen zu lassen. Auch was die Zahlenverhältnisse betrifft, verweise ich zum Vergleiche auf FürbringeR''). Er fand im Bereiche des 6. Myokomma 1 bis 2 (primäre) Urnierenkanälchen, im Bereiche des 7.— 10. 2 bis 3, im Bereiche des 11. 3 bis 4, im Bereiche des 12. 3 bis 5, im Bereiche des 13. 4 bis 5 und im Bereiche des 13. — 16. Myokomma endlich 5 bis ü Urnierenkanälchen. Eine entsprechende allmähliche Zunahme der Nephridien von den vorderen nach den hinteren Seg- menten ergiebt sich aber ganz ebenso aus unserer Liste i"*) und in dem FÜRBRiNGBR'schen Satze *J: »Es sind also bei Salamandra maculosa die einzelnen primären Urnierenanlagen nicht in gleichmässiger Weise auf die einzelnen Myokommata vertheilt, sondern zeigen nach hinten zu eine Zunahme ihrer Anzahl« brauchte man nur statt der Worte »Salamandra 7naculomn »Capitella capitataa und statt »primären Urnierenanlagen« »Nephridien« zu setzen, damit er das Verhalten unserer Würmer ebenso gut wie dasjenige von Salamandra ausdrücken könnte. Die Anuren-Niere stellt, darüber kann man wohl kaum im Zweifel sein, nur einen weiter fortge- schrittenen Zustand der in der Urodelenniere bereits angebahnten Modification des ursprünglichen Verhaltens a) Vergl. p. 276. ß) Vergl. p. 276. 1) 1. p. 636. c. p. 11. 2) 1. p. 634. c. p. IS. 3) 1. p. 634. c. p. 20. 4) 1. p. 634. c. p. 20. *) Haben wir den primären Urnierenkanälchen von Salamandra sowohl die provisorischen, als auch die definitiven Nephridien von Capitella zu vergleichen, oder nur die letzteren? Vielleicht entsprechen den provisorischen von Capitella allein jene vordersten, zwischen Vorniere und Anfang der Urniere gelegenen abortiven Urnierenstränge? (Vergl. FüRBKiuGEs, 1. p. 634. c. p. 21.) Was die viel später, als die primären auftretenden, secundären und tertiären etc. dorsalen Urnierenanlagen betrifft, welche auf den hinteren Theil der Niere beschränkt, sich in ähnlicher Weise wie die primären anlegen (vergl. FüRBRiNGES, 1. p. 634 c. p. 20) und in die lateralen Abschnitte der primären Kanälchen einmünden, so will ich hier nur so viel bemerken, dass auch für diese Modification des ursprünglichen Zustandes in Capitella ein ver- gleichbares Verhalten sich vorfindet: ich meine jene schon berührten Fälle, in denen bei ausgewachsenen Thieren die Nephridien einzelner der hintersten Segmente so nahe aufeinander rücken, und so zahlreiche secundäre Spross- bildungen entwickeln, dass ihre Zahl im betreffenden Segmente kaum noch festzustellen ist. g3S ^- Vergleichend-Anatomischer (Morpholofjischer) Theil. dar. Besonders «auffallend ist die ausserordentliche Anzahl von Trichtern*) (inneren Mündungen) und nur in Bezug auf sie möchte ich eine Bemerkung machen. Es wurde bereits das Factum hervorgehoben, dass sich bei Capitella einzelne der definitiven Ne- phridien eines gegebenen Segmentes nicht mit je Einer, sondern mit je mehreren Wimpergabeln (bis 4) ausgerüstet finden. Daraus geht also hervor, dass die Zahl der inneren Mündungen nicht mit derjenigen der Nephridien (Urnierenkanälchen) zu correspondiren braucht, dass vielmehr diejenige der ersteren viel grösser sein kann, als diejenige der letzteren. Eine ausgewachsene Capitella hat in ihren etwa 10 bis 13 mit Nephridien ausgerüsteten Segmenten gewiss nicht weniger als 80 bis 100 innere Mündungen, wogegen Notomastus in 10 bis 13 entsprechenden Segmenten in der Regel auch 10 bis 13 innere Mündungen besitzt. Dies ist aber ein ebenso grosser Gegensatz wie derjenige zwischen der Niere eines Anuren mit 200 Trichtern und derjenigen eines Selachiers mit nur einem Dutzend solcher. — Auf diese meine Darlegungen hat Fürbringer') seiner Zeit im Zusammenhange mit einer Gegenerwiderung an Semper derart geantwortet, dass mir sofort klar wurde, wie jede Fortsetzung der gegenseitigen Auseinandersetzungen damals auf einen blossen Wortstreit hinaus- gelaufen wäre. Endete doch die zwischen Fürbringer und Semper fortgesponnene Polemik**) in der That so, nämlich mit dem Streite um das Verhältniss zwischen Hypothese und Theorie. Sowohl die von Fürbringer, als die von mir geltend gemachten Gründe lagen — so sagte ich mir — scharf präcisirt vor. Jeder konnte sich ein Urtheil darüber bilden und meine ferneren Einwände werden am besten erst dann erhoben, wenn die zu Gunsten der angefochtenen Homologie sprechenden Thatsachen ausführlich und vollständig vorgebracht, insbesondere aber, wenn zugleich die Gesammtheit aller der in dieser Monographie für die Blutsverwandtschaft von Vertebraten und Anneliden gelieferten Nachweise mitgetheilt werden können. In Anbetracht dieses nahezu zehn Jahre hindurch beobachteten Schweigens wird man mir glauben, dass auch die nun folgende Auseinandersetzung mit Fükbkinger nicht so sehr die Satisfaction, persönlich Kecht zu behalten, als vielmehr die, einige der wichtigeren Streitpunkte klarzustellen, im Auge hat. Bezüglich meines Nachweises, dass auch bei Anneliden Nephridien in poly- oder dysmetamerer Anordnung auftreten können, sagt Fürbringer p. 669/70: »Xch gebe gern zu, dass dadurch mein erster Einwand wesentlich an Bedeutvmg verloren hat — ich finde aber nicht, dass danach die Hypothese der Homologie der Segmentalorgane und Urnierenkanälchen irgendwie an Wahrscheinlichkeit gewonnen hätte. Jetzt, nach Eisig's Nachweisen, wissen wir, dass sowohl Segmentalorgane wie Urnierenkanälchen in einer — bei Anneliden selbst innerhalb der Species — sehr ver- schiedenen Anordnung vorkommen können. Bei einem derartigen Wechsel hört aber zunächst jede Be- 1) Fürbringer, M. Ueber die Homologie der sog. Segmentalorgane der Anneliden und Vertebraten. Morph. Jahrb. 4. Bd. 1878. p. 663—678. *) Man vergleiche mit Rücksicht hierauf Spengel, J. 1. p. 636. c. p. 83. und Meyer, F. Beitrag zur Anatomie des Urogenitalsystems der Selachier etc. Sitz. Ber. Nat. Ges. Leipzig 1875. **) Bezüglich dieser Polemik verweise ich, abgesehen von den bereits citirten Schriften, noch auf: Semper, C. Sind die Segmentalorgane der Anneliden homolog mit denen der Wirbelthiere ? Morph. Jahrb. 4. Bd. 1878. p. 322—327. . Erwiderung auf Fürbringer's Artikel »Ueber die Homologie etc.« Morph. Jahrb. 5. Bd. 1879. p. 395—396. Fürbringer, M. Ueber den principiellen Standpunkt Sempek's. Morph. Jahrb. 5. Bd. 1879. p. 396 — 397. VIII. Nephridien (Segmentalorgane). 3. Vergleich der Capitelliden mit anderen Thierclassen. 639 deutung des räumlichen Verhaltens zum Zweck der Begründung von Homologien auf und damit wird auch die Bedeutung jedes auf die metamere Lagerung gegründeten Identitätsbeweises hinfällig, denn es wird doch wohl keinem Morphologen in den Sinn kommen, auf Grund der von Eisig beobachteten auffallenden Ana- logien in dem Verhalten der Excretionsorgane von Capitella capitata und Salamandra maculata eine speciellere Homologie einerseits zwischen Capitella cap. und Salamandra mac, andererseits zwischen den meisten übrigen Anneliden und Vertebraten zu statuiren.« Dem gegenüber ist vor Allem zu coustatiren, dass Fürbringer einen Einwand, von dessen Entkräftung er zuerst ausdrücklich (zum Theil) seine Anerkennung der Homologie zwischen Nephridien und Urnierenkanälchen abhängig gemacht hatte, zwar als erschüttert an- erkennt, aber gleichwohl seinen ursprünglichen AVidersi^ruch in dem Satze: »ich finde aber nicht, dass danach die Hypothese der Homologie der Segmentalorgane und Urnierenkanälchen irgendwie an Wahrscheinlichkeit gewonnen hätte« aufrecht erhält; denn daraus geht klar hervor, dass Fürbringer seine Anerkennung der fraglichen Homologie im gegebenen Falle weniger von der Erfüllung des seiner Zeit von ihm so scharf präcisirten Postulates, als viel- mehr davon abhängig macht, dass er subjectiv und in Folge dessen in einer für Andere un- controlirbaren Weise »findet«, wann und ob die Hypothese an Wahrscheinlichkeit gewonnen habe. Ferner sucht Fürbringer die Tragweite des von mir gelieferten Nachweises dadurch abzuschwächen, dass er in Anbetracht des Wechsels von metamerem und polymetamerem Ver- halten in unter sich so nahe stehenden Formen wie die verschiedenen Capitelliden »zunächst« dem räumlichen Verhalten jede Bedeutung zum Zwecke der Begründung von Homologien ab- spricht und damit auch den auf die metamere Lagerung gegründeten Identitätsbeweis als hinfällig betrachtet. Sonderbar, als Fürbringer') nur das Factum kannte, dass bei einzelnen Amphibien sich die Urniere metamer, bei anderen dagegen poly- oder dysmetamer anlegt, machte er zwar das dysmetamere Verhalten bei Vertebraten als eine dem Vergleiche mit Anneliden im Wege stehende Schwierigkeit geltend, nahm aber zugleich keinen Anstand zu glauben, dass das metamere Verhalten der Urniere als das ursprüngliche, und das dysmetamere als das nachträglich erworbene zu betrachten sei; später, nachdem er das adäquate Verhalten gewisser Anneliden kennen gelernt hat, zieht er nicht etwa seinen Einwurf zurück, und erkennt auch für die Ringelwürmer an, was er für die Wirbelthiere anerkannt hatte, nämlich, dass im dysmetameren Verhalten eine secundäre Erscheinung vorliege, sondern es hört nun das räumliche Verhalten überhaupt auf zum Zwecke der Begründung von Homologien Be- deutung zu haben und — der ganze auf metamere Ijagerung gegründete Identitätsbeweis wird hinfällig. Das heisst man doch mit zweierlei Maass messen, und zwar recht pessimistisch messen! Die von Fürbringer hervorgehobene Schwierigkeit, dass es bei Anneliden so nahe ver- wandte Formen, respective Glieder einer Familie sind, die sowohl die metamere, als auch die dysmetamere Lagerung zum Ausdruck bringen, erweist sich zweifach als ungerechtfertigt; denn erstens besitzt ja mein Gegner gar keinen Maassstab zur Schätzung der von den ein- zelnen Capitellidenformen erreichten phylogenetischen Divergenz (sie kann ja ebenso gross wie die der respectiven Amphibiengenera sein!) und zweitens ist es für das, was die Streit- 1) 1. p. 634. c. p. 101. 640 Vergleichend-Anatomischer (Morphologischer) Theil. frage betraf, absolut gleichgiltig, ob die beiden contrastirenden Lagerungsverhältnisse bei An- gehörigen verschiedener Arten, Gattungen oder Familien nachgevpiesen wurden. Einzig und allein darin lag der Schwerpunkt, dass für das ausnahmsweise bei Vertebraten bestehende und als Einwand gegen den Vergleich mit Nephridien geltend gemachte dysmetamere Ver- halten der Urnierenkanälchen auch im Kreise der Anneliden ein Paradigma nachgewiesen werden konnte. Dass auch bei den Anneliden das metamere Verhalten als das typische und das andere als das secundäre zu betrachten sei, ergiebt sich schon daraus, dass von den Dutzenden von Familien allein die Capitelliden — und wie wir im Vorhergehenden'^) gesehen haben auch die verwandten Oligochaeten — es sind, welche die Abweichung vom metameren Verhalten überhaupt darbieten, und dass überdies diejenige Capitellide, welche allein diese Abweichung ausgeprägt und constant aufweist, nämlich CapiteUa, sich in jeder Hinsicht als die am meisten modificirte Gattung erweist. Wir werden also trotz Fürbringer fortfahren können, nicht nur principiell dem räum- lichen Verhalten zum Zwecke der Begründung von Homologien Bedeutung beizumessen, sondern auch speciell an der ursprünglich metameren Lagerung von Nephridien und Urnierenkanälchen als einem der mannigfachen Identitätsbeweise für ihre Homologie festzuhalten. Was nun den Schlusssatz des obigen Citates betrifft: »denn es wird doch wohl keinem Morphologen in den Sinn kommen« etc., so muss ich gestehen, dass mir der Zusammenhang dieses Satzes mit dem Vorhergehenden gar nicht klar geworden ist, dass ich insbesondere nicht einzusehen vermochte, wieso in dem einen die Begründung der Behauptimg des anderen enthalten sein solle. Ich sehe daher auch von dem unmotivirten und unverständlichen »denn« ab, und bemerke in Bezug auf den so auf sich selbst reducirten Passus, dass auch ich mich schon damals zu den Morphologen rechnete, und dass es daher auch mir nicht in den Sinn kommen konnte, auf Grund des Verhaltens ihrer Excretionsorgane eine specielle Homologie zwischen Capitella und Salamandra statuiren zu wollen. Was ich wollte, hat Fürbringer sehr gut verstanden und an einer anderen Stelle seiner Schrift (p. 669) ganz correct mit den Worten ausgedrückt: »indessen ist damit der Nachweis geliefert, dass ebenso wie die Urnierenkanäl- chen der Vertebraten auch die Segmentalorgane der Anneliden bald metamer, bald dysmetamer auftreten können.« Auf meinen Nachweis seiner dritten Forderung, dass nämlich die drü- sigen Abschnitte der Nephridien bei erwachsenen Anneliden für sich, ohne Verbindung mit ausführenden Abschnitten, als functionirende Organe vorkommen können, ist Fürbringer sehr ausführlich eingegangen, so dass ich nur seine Hauptsätze an- führen kann. Er sagt zunächst (p. 673- — 674): »Inzwischen ist von anderer Seite der Versuch gemacht worden, meine Forderung des Nachweises von für sich bestehenden drüsigen Abschnitten der Segmentalorgane zu erfüllen und damit meinen dritten Einwand theilweise zu entkräften. Eisig (a. a. O. pag. 146, 147 und 150) hat an den Segmentalorganen a) Vergl. p. 602. VIII. Nephridien (Segmentalorgane). 3. Vergleich der Capitelliden mit anderen Thierclassen. ()41 von CapiteUa capitata beobachtet, dass dieselben nicht nach aussen münden, sondern zwischen Ringmusku- latnr und Haut zugespitzt enden, und ihr Excret in die Haut resp. zwischen Haut und Cuticula entleeren. Dieses geschilderte Verhalten ist von nicht zu unterschätzender Bedeutung. Prüfen wir indessen zunächst den thatsächlichen Befund. Thatsache ist nach Eisig's Untersuchungen, dass wohl entwickelte äussere Mündungen den Segmentalorganen von Capitella cap. fehlen; wie es aber um deren Beziehungen zur Epidermis (Hypodermis) steht, ist, wie mir scheint, noch nicht genügend aufgeklärt.« Sodann !p. 674) : «Nehmen wir aber selbst an, die weitere Untersuchung ergäbe wirklich eine complete Trennung der Segmentalorgane der ausgewachsenen Capitella cap. von der Haut. Dann würde sofort die Frage sich an- schliessen: Ist in dem vorliegenden Falle ein typisches Verhalten ausgedrückt, oder handelt es sich um se- cundäre, zu abortiven oder rudimentären Bildungen hinneigende Verhältnisse'?« Endlich (p. 675) : »So lange aber die Beziehungen der Segmentalorgane von Capitella capitata zur Haut nicht end- gültig aufgeklärt, so lange die eventuelle Annahme eines abortiven oder rudimentären Verhaltens derselben nicht ausgeschlossen und so lange die abweichenden Lagerungsbeziehungen dieser Segmentalorgane und der Urnierenkanälchen zur ßumpfmuskulatur nicht auf einen einheitliehen Ursprung zurückgeführt und von da aus erklärt sind, — so lange halte ich mich für berechtigt, meinen dritten Einwand aufrecht zu erhalten.« Die dritte Forderung war von Seiten Fürbringer's ^) ursprünglich durch folgende, der Homologie von Nephridien und Urnierenkanälchen seiner Meinung nach im Wege stehende Schwierigkeiten begründet worden: )ilm Begriffe eines Segmentalorganes liegt, dass es sich entwickelt durch Verschmelzung eines me- sodermalen drüsigen und eines ektodermalen ausführenden Abschnittes; der Begriff der Urniere hingegen besagt, dass sie aus der Vereinigung zweier mesodermalen Abschnitte, einerseits eines primären ausführen- den (primärer Urnierengang), andererseits secundärer secretorischer (Urnierenkanälchen), besteht und erst als einheitliches Organ in die ektodermale Cloake einmündet. Wenn man eine Vergleichung der beiden Organe geben will, so kann das nur geschehen, dass man die Homologie der beiden Abschnitte, des secretorischen und des ausführenden, jedes Organes feststellt. Streicht man aber einen von diesen Abschnitten, so ist sowohl der Begriff der Urniere, wie des Segmentalorgans zerstört«. »Auch ist meines Wissens weder bei Vertebraten eine functionsfähige Urniere ohne Verbindung mit einem primären Urnierengange, noch bei Anneliden ein functionsfähiges Segmentalorgan ohne ektodermalen ausführenden Abschnitt jemals angetroffen worden. Das beweist genugsam, dass ein Segmentalorgan ohne ausführenden Abschnitt und eine Urniere ohne Urnierengang nach unserer jetzigen Kennt- niss gar keine im ausgebildeten Zustande vorkommenden Dinge vorstellen.« Wenn wir absehen von dem Einwurfe der verschiedenartigen Entstehung der aus- führenden Abschnitte der Nephridien (ectodermal) einer- und des Urnierenganges (mesodermal) andererseits, von einem Einwurfe, der ja überdies durch die neuerdings nachgewiesene ectoder- male Abstammung des Urnierenganges hinfällig geworden ist, so basiren die von Fürbrinüer geltend gemachten Schwierigkeiten weniger auf morphologischen, als auf physiologischen Momenten. Dies hat schon Semper'^) gebührend hervorgehoben, und zugleich die Berechtigung zur Herbeiziehung solcher Momente in Frage gestellt. Ich bin in diesem Punkte anderer Meinung. Nicht nur gestehe ich Fürbringer die Berechtigung zu, das hier behandelte Pro- blem vom physiologischen Gesichtspunkte aus zu bekämpfen, sondern ich halte, wie ja in dieser Monographie schon mehrfach betont wurde, überdies dafür, dass phylogenetische Ab- 1. p. 634. c. p. 102—103. 1. p. 638 (Morph. Jahrb. 4. Bd.) c. p. 3; n z. Neapel, Fauna und Flora, Golf von Neapel. Capitelliden. 542 ß- Vergleichend-Anatomischer (Morphologischer) Theil. leitungen, die sich allein auf morphologische Vergleichselemente zu stützen und functionelle Nachweise zu vermeiden suchen, stets Gefahr laufen in leeren "Formalismus auszuarten. Ich betrachtete es von vornherein als eine Aufgabe derjenigen, welche die Urnieren- kanälchen mit Nephridien verglichen, plausibel machen zu können, wie die eine Anordnung aus der anderen, oder aber wie etwa beide aus einer dritten hervorgegangen sein konnten. Dass segmental mündende Nephridien nicht ohne Weiteres diese Art der Beziehung mit der Aussenwelt aufzugeben vermögen, um mit einem im Cölom gelegenen Kanäle in Verbindung zu treten, ist klar; wohl aber ist ein solcher Wechsel der Beziehungen, oder aber ein derart ursprünglich selbst bei Anneliden schon zu Stande gekommenes divergentes Verhalten denkbar, wenn wir uns sowohl die drüsigen Abschnitte der Nephridien, als auch diejenigen der Ur- nierenkanälchen als selbständige, abgelöst von ihren ausführenden Theilen existenzfähige Bildungen vorstellen dürfen; denn dann war man berechtigt zu schliessen, dass, wie heute noch ontogenetisch der Drüsentheil des Nephridiums mit seinem Ectodermabschnitte und der- jenige des Urnierenkanälchens mit dem Vornierengange erst secundär zur Verschmelzung gelangt, so auch phylogenetisch die' beiderseitige Verschmelzung als secundärer Process zu Stande gekommen sein konnte. In diesem Sinne glaubte ich nun der Forderung Fürbringer's durch den Nachweis, dass bei CapiteUa die Nephridien überhaupt nicht nach aussen münden, vollauf Genüge geleistet zu haben; denn die Hauptschwierigkeit — ich AAdederhole, sie ist eine solche physiologischer Natur — sich ein Nephridium ohne äussere Mündung vorzustellen, war doch damit beseitigt. FüRBRiNGER Verhält sich aber in diesem Falle ganz wie im vorhergehenden. Er giebt zwar zu, dass das von mir geschilderte Verhalten »von nicht zu unterschätzender Bedeutung sei«, schliesst aber damit, dass er auch seinen dritten Einwand vollständig aufrechterhält. Es tritt somit in diesem Falle ebenfalls klar hervor, wie Fürbringer die Anerkennung der von ihm bekämpften Homologie weniger von der Erfüllung seiner kategorischen drei Forderungen, als vielmehr von einem subjectiven, den Gründen Anderer unzugänglichen Gutdünken ab- hängig macht. AVas nun die speciellen von meinem Gegner im Hinblicke auf diesen Nachweis auf- geworfenen Bedenken betrifft, so kann ich mich, da sie dem Vorhergehenden zufolge das Wesen der Frage, meiner Ansicht nach, gar nicht treffen, kurz fassen. Damit die Mündungsverhältnisse der Nephridien von CapiteUa wirklich seiner Forderung Genüge leisten können, verlangt Fürbringer, dass erst jedweder Zusammenhang zwischen den Nephridienendigungen einer- und der Haut andererseits als ausgeschlossen nachgewiesen sei. Darauf kann ich nur erwidern, dass erstens die betreffenden Mündungen in der That scharf abgegrenzt, ohne jeden nachweisbaren Zusammenhang mit Ectodermelementen in der Haut enden, und dass zweitens, wie gesagt, nicht die Frage, ob sich Ectoderm an der Mündung betheiligt, oder nicht, sondern vielmehr diejenige, ob Nephridien überhaupt der äusseren INIün- dungen entbehren können, oder nicht, das Punctum saliens bildet. Aber, selbst für den Fall, dass auch eine complete Trennung von Nephridien und VIII. Nephridien (Segmentalorgane) . 3. Vergleich der Capitelliden mit anderen Thierclassen. 643 Haut nachgewiesen wäre, so würde doch sofort die Frage entstehen — meint Fürbringer — ob darin ein typisches Verhalten ausgedrückt sei, oder ob es sich nicht vielmehr um »se- cundäre, zu abortiven oder rudimentären Bildungen hinneigende« Verhältnisse handele. »Die Teratologie«, so sagt er weiterhin (p. 674), »insbesondere soweit es sich um die Defectbildungen handelt, zeio't eine grosse Reihe von Verhältnissen, die niederste Entwickelungsstufen nach- ahmen, aber keinenfalls diesen vergleichbar sind«. Für mich ist jene Frage aus dem Grunde zu keiner Zeit entstanden, weil ich vom ersten Momente der Entdeckung an nicht bezweifelt habe, dass das nicht nach aussen Münden der Cajntella-^ e-phxiäieu eine secundäre, wenn man will, rudimentäre Erscheinung bilde. Wie könnte man auch darüber Zweifel hegen, in Anbetracht, dass die nächsten Verwandten von CapiteUa normale, nach aussen mündende Nephridien besitzen und dass überdies bei nahezu allen übrigen Anneliden äussere Mündungen nachgewiesen sind? Das hat mich nun aber keineswegs abhalten können, den betreffenden Fund in der geschehenen Weise zu ver- werthen; denn Fürbringer begnügte sich ja nicht damit, dass ontogenetisch sowohl Nephri- dien, als auch Urnierenkanälchen erst secundär mit ihren ausführenden Theilen zur Ver- schmelzung gelangen; nein, den Nachweis, dass die übrigen Abschnitte der Segmentalorgane auch bei erwachsenen Anneliden für sich, das heisst ohne Verbindung mit ausführenden Abschnitten, als functionirende Organe vorkommen können, machte er als eine der Vorbe- dingungen jedweder Vergieichbarkeit mit Urnierenkanälchen geltend. Derart ohne Verbin- dung mit ausführenden Abschnitten fungirende Nephridien habe ich nun aber nachgewiesen und im Hinblicke auf diesen Nachweis ist die Frage, ob das betreffende Object im phylo- genetischen Sinne als primäres oder secundäres zu gelten habe, durchaus irrelevant; nicht sowohl morphologischer, als vielmehr physiologischer Natur war ja — um es noch einmal zu betonen — von Hause aus Fürbrinüer's dritter Einwand. Und insofern als es sich um den Nachweis von Möglichkeiten im Geschehen der Organumwandlungen handelt, kann auf einen teratologischen Casus ebensowohl wie auf einen normalen recurrirt werden; denn so wenig als wir noch der naiven Meinung sind, dass die Erklärung der pathologischen Vorgänge einer speciell pathologischen, ebenso wenig sind wir noch der, dass die teratologischen Vorgänge etwa einer speciell teratologischen Physiologie bedürfen. Ganz im Einklänge damit steht auch, dass wir sowohl den pathologischen, als auch den teratologischen Objecten selbst eine unter Umständen hohe morphologische Bedeutung zuerkennen, besonders wenn wir uns für berechtigt halten, Consequenzen von Atavismus darin erblicken zu dürfen. Es kam mir darauf an, zunächst nachzuweisen, wie schon durch das Verhalten der C«^>?Yt>//a- Nephridien Fürbringer's dritter Einwurf in der That (soweit als die Anneliden dabei betroffen waren) als beseitigt gelten konnte. Nun haben wir aber in dieser Monographie That- sachen kennen gelernt und werden weiterhin noch solche kennen lernen, die in noch viel schlagenderer Weise diesen Einwand beseitigen. Es sei vor Allem daran erinnert, dass bei einzelnen Capitelliden, und zwar bei solchen mit rückgebildeten Nephridien, im Peritoneum segmentweise excretorisch hervorragend thätige Wucherungen aufzutreten pflegen, welche man g44 ^- Vergleichend- Anatomischer (Morphologischer Theil. geradezu als Nephridieii ohne ein- und ausführende Gänge bezeichnen kann. Ferner erinnere ich an das mehrerwähnte Factum, wie zu Speicheldrüsen umgewandelte Nephridien, anstatt nach aussen zu münden, mit dem Darmkanale in Verbindung treten (Enchj/traeus, Peripatus). Endlich weise ich auf das so interessante, in der Folge noch zu berücksichtigende'^) Factum hin, dass bei gewissen Terebelliden die Nephridien, anstatt direct nach aussen, in einen im Cölom gelegenen Längskanal münden können. Dies letztere Factum allein wäre schon ge- nügend, Fürbringer's dritter Forderung Genüge zu leisten, sowie auch alle seine später auf- geworfenen Bedenken zu zerstreuen. Ich habe vorhin kurz angedeutet, wie Fürbringer der fundamental wichtigen Thatsache, dass sich Vornierengang und Urnierenkanälchen getrennt voneinander anlegen, um erst nach- träglich zu verschmelzen, in Bezug auf seinen dritten Einwand keine Beweiskraft zugesteht. Die Art, wie er diesem Factum zunächst überhaupt seine Tragweite zu benehmen sucht, hier darzulegen, würde eine zu lange Abschweifung von unserem Hauptthema beanspruchen; da- gegen soU, bevor ich weiter gehe, zum mindesten Ein Satz aus der betreffenden Erörterung meines Gegners hervorgehoben werden, und zwar folgender: »Jeder, der sich mit embryologischen Fragen beschäftigt hat, weiss, dass die ontogenetische Unter- suchung sich als ein recht gefährliches Werkzeug erweisen kann und dass es höchst bedenklich ist, auf Grund derselben ohne Weiteres Schlüsse in der Richtung der phylogenetischen Erkennlniss zu machen, — denn die ontogenetischen Befunde liefern nur in den allerseltensten Fällen eine reine Wiedergabe der phylogenetischen Entwickelung.« Dieser Satz zeigt nämlich, dass Fürbringer, ähnlich wie er die seinen Aufstellungen widersprechenden anatomischen Facta durch eine jeweils »ad hoc« betonte in Frage Stellung des Werthes der vergleichenden Anatomie, so auch ihm unbequeme ontogenetische Facta durch entsprechende «ad hoc« betonte in Frage Stellung des Werthes der Entwickelungsge- schichte um deren Beweiskraft zu bringen sucht. In dem im Vorhergehenden wiederabgedruckten Theile meiner Abhandlung hatte ich ausser den speciell zur Erfüllung der FüRBRiNGERSchen Forderungen 1) und 3) mitge- theilten Thatsachen auch noch eine Anzahl zwischen den Nephridien gewisser An- neliden und den Urnierenkanälchen gewisser Vertebraten herrschende Ueber- einstimmungspunkte zusammengestelltf*), welche von Fürbringer zum grösseren Theile als nicht zutreffend bezeichnet wurden. Obwohl ich nicht einen einzigen der von meinem Gegner vorgebrachten Einwürfe anzuerkennen vermag, so nehme ich doch von der speciellen Widerlegung dieser Abstand, indem es sich erstens um Verhältnisse handelt, die direct nichts mit Fürbringer's ursprünglichen drei Forderungen zu thu.n haben, und es ferner zu weit führen würde, falls ich alle diese Einwürfe auch nur einigermaassen erschöpfend zur Aus- einandersetzung bringen wollte. Was würde es mir überdies helfen? Beobachtet doch Für- bringer auch diesen secundären Uebereinstimmungspunkten gegenüber dieselbe Methode wie den seinen drei Forderungen geltenden Nachweisen gegenüber. So sagt er (p. 670;: a) Vergl. p. 651. ß) Vergl. p. 636— 63S. VIII. Nephridien (Segmentalorgane). 3. Vergleich der Capitelliden mit anderen Thierclassen. G45 »In den unter 3) und (i) angeführten Uebereinstimmungspunkten erblicke ich allerdings auffallende Analogien, die für die Kenntniss der Wachsthumsanalogien bei ursprünglich verschiedenen Thieren von In- teresse sind ; für eine Homologie zwischen den Excretionsorganen der Anneliden und denen der Vertebraten erscheinen sie mir jedoch nicht beweiskräftig.« Man sieht: Entweder weiss Fürbringer an den zum Vergleiche herbeigezogenen That- sachen etwas auszusetzen und erkennt in Folge dessen den Vergleich nicht an, oder, wenn er die Vergleiche irgendwie anerkennt, so sind es doch nur «Analogien«, respective solche Vergleiche, die »ihm für eine Homologie zwischen den Excretionsorganen der Anneliden und denen der Vertebraten nicht beweiskräftig erscheinen«. Das heisst, auch hier läuft die Sache schliesslich in subjectives Dafürhalten aus. Aber nicht genug damit: auch der andere Wider- legungsmodus Fürbringer's erscheint in diesem Falle mutatis mutandis wieder. Er sucht nämlich die Bedeutung auch dieser einander gegenübergestellten und in Beziehung gebrachten Verhältnisse dadurch in Frage zu stellen, dass er (natürlich »ad hoc«) die Hervorhebung »auffallender AehnHchkeiten«, also die vergleichende Methode überhaupt, zur Feststellung der betreffenden Verwandtschaftsverhältnisse für wenig geeignet erklärt. Er sagt nämlich (p. 671): »Danach gelingt es allerdings unschwer, aus dieser Mannigfaltigkeit eine Anzahl von Eigenschaften auszusuchen, in denen die Urnierenkanälchen gewisser beliebiger Vertebraten mit den Segmentalorganen gewisser beliebiger Anneliden eine auffallende Aehnlichkeit darbieten. Dass aber damit den Verwandt- schaftsbeziehungen der betreffenden Thiere wenig Rechnung getragen wird, liegt auf der Hand. Zum mindesten mit demselben Rechte konnte ich eine Anzahl von Eigenthümlichkeiten anführen, welche nicht minder gerade für die Verschiedenheit der Segmentalorgane und Urnierenkanälchen sprechen« etc. Ob die Entdeckung Fürbringer's, dass man zwischen zwei homologen Organen oder zwischen zwei Organen, deren Homologie durch Hervorhebung gewisser AehnHchkeiten erst erwiesen werden soll, auch Unähnlichkeiten auffinden könne, im Kreise der wissenschaftlichen Leser den gewünschten Eindruck hervorgebracht hat, weiss ich nicht. Es ist ja richtig, dass, wenn man zum Beispiel einem Laien etwa eine Säugethier-Lunge und eine Teleostier- Schwimmblase zum Vergleiche vorlegte, derselbe wahrscheinlich, allen zwischen diesen Or- ganen von uns als vorhanden erachteten genetischen Beziehungen zum Trotze, mehr Unähn- lichkeiten als AehnHchkeiten herausfinden würde. Aber, schreiben wir etwa unsere Abhand- lungen für Laien? Ist etwa, wenn wir Organe mit einander vergleichen, für uns jede AehnHchkeit und Unähnlichkeit von gleichem Gewichte, derart dass die Frage schliessHch durch Majorität entschieden wird? Ferner möchte ich wissen, auf was wir uns denn eigentlich nach Für- bringer bei unseren morphologischen oder phylogenetischen Studien fernerhin noch stützen sollen oder dürfen, nachdem seiner Meinung zufolge erstens »das räuniHche Verhalten über- haupt aufhört zum Zwecke der Begründung von Homologien Bedeutung zu haben", nachdem ferner »die ontogenetische Untersuchung sich als ein recht gefährliches Werkzeug erweisen kann und es höchst bedenklich ist, auf Grund derselben ohne Weiteres Schlüsse in der B-ichtung der phylogenetischen Erkenn tniss zu machen«, und nachdem endlich, wie Avir zu- letzt gesehen haben, sogar die vergleichende Methode als solche ad absurdum führen soll? So viel scheint mir aus dem zwischen Fürbringer und Semper sowohl, als auch aus dem zwischen Fürbringer und mir stattgehabten Gedankenaustausche hervoroeo-anoen zu sein, 646 B. Vergleichend-Anatomischer (Morphologischer) Theil. dass hier, wo es gilt Homologien zu begründen, mit den üblichen Schlagwörtern : Hypothese, Theorie, Beweis, Analogie etc. so ohne Weiteres sich nicht wirthschaften lässt. Nicht Sejiper und Balfour, die Begründer der fraglichen Homologie, oder ich, der dieselbe weiter zu stützen versuchte, sondern Fürbringer ist zuerst aufgetreten und hat ver- kündet: »indessen muss ich Einsprache dagegen erheben, wenn diese Hypothese als wirklicher Beweis für die Homologie der Segmentalorgane der Anneliden und der Urniere der Verte- braten aufgeführt wird. Von einem Beweise und danach von einer wirklichen Theorie kann erst die Rede sein, wenn 1) . . . . 2) . . . . 3) . . . .« Ich würde mich wohl gehütet haben, die Anerkennung oder Nichtanerkennung einer Homologie, so wie es Fürbringer that, von diesen oder jenen »Beweisen« abhängig zu machen, da ich zu oft darüber nachgedacht habe, wie in Wahrheit die Anerkennung von Homologien zu Stande kam und — noch zu Stande kommt. Wenn wir nämlich diesem Zustandekommen von Homologien nachspüren, so erfahren wir, dass die meisten nicht etwa ursprünglich von Jemand als solche ausdrücklich hingestellt, das heisst sofort durch ein zwingendes Beweismaterial gestützt, sondern dass sie zunächst nur als Einfälle, als » Intviitionen ähnlicher Beziehungen« ausgesprochen wurden, und dieser Jemand pflegte ein Mann von Autorität zu sein. Solcher Urspning haftet einzelnen Homologien insofern noch heute an, als ja mancher von der Unrichtigkeit der einen oder anderen Ueberzeugte zunächst viel weniger durch Bekämpfung dessen auszurichten pflegte, was den Inhalt der ver- meintlichen Homologie bildete, als durch erfolgreiche Bekämpfung der Autorität selbst. Daraus kann man zweierlei folgern: einmal, dass es mit dem heiligen Ursprünge der Homologien über- haupt nicht gar so weit her ist, dass sie insbesondere keinen Anspruch darauf erheben können, von Anfang an streng bewiesene Sätze gewesen zu sein, und zweitens, dass Autorität ein zwei- schneidiges Schwert ist. Aber wenn selbst, wie das ja in neuerer Zeit geschieht, Homologien nicht nur intuitiv erfasst und ausgesprochen, sondern auch durch ein reiches Thatsachenmaterial zu begründen versucht werden, ist man selbst dann etwa berechtigt, das Resultat solcher Begründung axiomatisch zu fassen, oder kann, was auf unseren Fall besser passt, irgend Jemand, ohne sich auf einen dem Wesen dieses Resultates und der Natur seines Zustandekommens durchaus heterogenen geistigen Boden zu stellen, kategorisch verlangen: dies und das sind die ver- langten Thatsachen, von deren Nachweis ich die Geltung der fraglichen Homologie ab- hängig mache? Woraus bestehen denn die Elemente, die dem Morphologen bei der Stabi- lirung einer Homologie zur Verfügung stehen"? Der eine legt das Hauptgewicht auf die "Lagerungsverhältnisse«, der andere auf Thatsachen der » Ontogenie «, ein Dritter will die »Function« gewahrt wissen, ein Vierter verlangt, dass der »phylogenetische Gesichtspunkt« herangezogen werde u. s. w. Ist nun aber unter allen diesen Elementen auch nur Eines, für das irgend Jemand Anhaltspunkte zu einem axiomatischen Gebrauche geliefert hätte? Ja, existirt selbst nur ein Gesetz, welches uns darüber belehrte, wann das accumulative Beweis- verfahren, respective die Zahl und das Gewicht der verschiedenartigen Thatsachen ge- VIII. Nephridien (Segmentalorgane). 3. Vergleich der Capitelliden mit anderen Thierclassen. G47 nügend angewachsen sei, damit eine Homologie als feststehend betrachtet werden könne, oder nicht? Nicht etwa bloss meinen speciellen Gegner Fükbringer hatte ich bei Vorhergehendem im Auo-e; müssen wir doch noch immer bis zum Ueberdrusse von den verschiedensten Seiten her den Einwvirf hören oder lesen, dies ist eine Hypothese und keine Theorie! wobei die Betreffenden, sei es bewusst, sei es unbewusst, von der bescheidenen Voraussetzung ausgehen, dass eben nur sie allein im Besitze des philosophischen Geheimnisses sind, das zu einer scharfen Abgrenzung jener beiden Maximen befähigt. Oder, den nicht minder abgedrosche- nen Einwurf: dies ist eine blosse Analogie und keine Homologie! wobei die Betreffenden ebenfalls absichtlich oder unabsichtlich auf unseren blinden Glauben an ihre eigene Unfehl- barkeit in der Werthschätzung der in den Bereich der einen oder der anderen fallenden Be- ziehungen speculiren. Wenn nun aber oft von ebendenselben Autoren gleich vor oder gleich nach jenen »ex cathedra -Verwarnungen« Homologien aufgetischt werden, welche der reinen Lehre conform nur auf die Lagerungsverhältnisse begründet sind, wenn insbesondere zwei Dinge lediglich deshalb mit einander verglichen werden, weil sie, auf ihre Umrisse reducirt, congruente Verhältnisse darbieten, so haben wir Anderen, Verurtheilten, die wir uns weniger sicher hinsichtlich der Abgrenzung von Hypothese und Theorie, sowie der von Analogie und Homologie fühlen, den Eindruck, dass es sich dabei weniger um Beziehungen zwischen lebens- fähigen Organismen, als vielmehr um Spiele mit Linien von willkürlichen Schemen handelt. Was nun schliesslich speciell die Homologie zwischen Nephridien und Urnierenkanälchen betrifft, so halte ich dafür, dass zunächst nur von Denjenigen auf Anerkennung zu rechnen sein wird, die die Blutsverwandtschaft von Anneliden und Vertebraten auch in anderen Or- gansystemen zu erkennen glauben; allgemeinere Anerkennung verspreche ich mir aber erst von dem Einflüsse der Zeit und der Autorität; denn diese beiden und nicht etwa mathemati- sche Beweisverfahren bilden vorläufig und wohl noch für lange Zeit die Factoren, welche den Glauben an Homologien zu befestigen und zu verbreiten vermögen. Fassen wir nun dasjenige Problem ins Auge, welches in meinem früher publicirten Auszuge unberücksichtigt geblieben ist, nämlich das Problem der Entstehung des Vornie- renganges (primären Urnierenganges, segmental duct). Zwei Ansichten stehen sich, wenn wir von Semper's Ableitung (Hirudineen-Kopfniere) absehen, einander gegenüber. Die eine stammt von Balfour' her: ihr zufolge ist der Vornierengang als das Entwickelungsprodukt eines vordersten Anneliden-Nephridiums zu betrachten. Die andere wurde von Gegenbaur sowie Fürbringer- geltend gemacht: 1) 1. p. 535. c. p. 25—26. 2) 1. p. 634. c. p. 94—97. 048 B- Vergleichend-Anatomischer ; Morphologischer) Theil. ihr zufolge ist es der Excretionsapparat der Plattwürmer, aus dem, wie die Vor- niere und Urniere, so auch der Vornierengang hervorgegangen sein soll. Die fundamentale Verschiedenheit dieser zwei Auffassungen ist einleuchtend. Bei der ersteren Ableitung, die wir als »Annelidenableitung« bezeichnen wollen, wird der Vornierengang auf dasselbe metamere Annelidenorgan bezogen, auf das auch die meta- meren Abschnitte der Vertebratenniere (die Umierenkanälchen) schon zurückzuführen ver- sucht worden sind; der für diese Niere so scharf betonte Gegensatz von gegliedertem und ungegliedertem Theile wird principiell aufgehoben, und das Nephridium erscheint dem Vor- nierengange gegenüber als das primäre Element. Bei der letzteren Ableitung — nennen wir sie »Platodenableitung« — wird unter ein- seitiger Betonung des ungegliederten Theiles der Vertebratenniere auf das ungegliederte Pla- toden - Excretionssystem recurrirt, das keine dem gegliederten Theile der Vertebratenniere entsprechenden Elemente aufzuweisen hat; der gegliederte und ungegliederte Theil der Verte- bratenniere kommen dadurch (einerlei, ob die Homologie von Nephridium und Umieren- kanälchen anerkannt wird, oder nicht) in einen scharfen phylogenetischen Gegensatz, und der Vornierengang erscheint als das primäre Element. Balfour hat seine ursprüngliche Auffassung durch die Thatsachen zu stützen gesucht, dass sich der Vornierengang erstens ähnlich wie die Umierenkanälchen entwickele, und dass zweitens am proximalen Ende des Ganges bei Amphibien, (!yclostomen und Teleostiern ein den Umierenkanälchen ähnlicher Drüsenabschnitt (Vorniere) zur Ausbildung komme. Wie er sich die Umwandlung der typischen Anneliden-Anordnung in diejenige der Vertebraten vor- stellte, geht aus nachfolgendem vSatze hervor: nWe may suppose that some of the segmental tubes first iinited, possibly in pairs, and that then by a continuation of this piocess the whole of them coalesced into a common gland. One exteinal opening sufficed to carry off the entire secretion of the gland, and the other openings therefore atrophied. This history is represented in the development of the dogfish in au abbreviated form by the elon- gation of the first segmental tube (segmental duct of the kidney) and its junction with each of the posterior segmental tubes.« Diese seine Auffassung hat nun aber Balfour späterhin zu Gunsten der Gegenbaur- FüRBRiNGER'schen aufgegeben. In seiner vergleichenden Embryologie schreibt er') näm- lich über die Beziehungen des Excretionssystemes von Wirbelthieren imd Wirbellosen Fol- gendes : »The excretory organs of the Platyelminthes are in many respects similar to the provisional excre- tory orgau of the trochosphere of Folygordius and the Gephyrea on the one hand, and to the Vertebrate pronephros on the other, and the Platyelminth excretory organ with an anterior opening might be regarded as having given origin to the trochosphere organ, while that with a posterior opening may have done so for the Vertebrate pronephros.« Diese Schwenkung Balfour's habe ich zu keiner Zeit zu verstehen und daher auch zu keiner Zeit mitzumachen vermocht; einfach deshalb nicht, weil mir die von ihm zur Be- l) 1. p. ;i4(i. Vol. 2. c. p. (i07. VIII. Nephridien (Segmentalorgane). 3. Vergleich der Capltelliden mit anderen Thierclassen. 649 griinchmg seiner ursprünglichen Auffiissung geltend gemachten Facta und Vorstellungen so viel zwingender und plausibler erschienen, als diejenigen, worauf sich die entgegengesetzte zu be- ziehen vermochte. Ich nehme daher auch die ursprüngliche Auffassung Balfour's hier in ihrem vollen Umfange wieder auf, indem ich mich nicht nur auf die schon vom genannten Forscher mitgetheilten Facta, sondern auch auf solche stütze, die noch viel schlagendere Indicien zu Gunsten ilirer Richtigkeit enthalten. Lernen wir zunächst diese Indicien kennen, und fassen wir sodann auch den anderen Erklärungsversuch, nämlich die » Platodenableitung «, in's Auge. Bei der »Annelidenableitung« des Vornicrenganges müssen wir voraus- setzen, dass die in der Regel metamer auftretenden, oder doch nur an zwei Seg- menten particiijircndcn Nephridien sich zu verlängern, respective durch einen grossen Theil der I>eibeshöhle zu erstrecken vermögen. Dass nun den Nephridien die Disposition zu derartigen Wandlungen in der 'i'hat inne- Avohnt, dafür lassen sich selbst an den heute lebenden Anneliden verschiedenster Familien noch Anhaltspunkte erkennen. So sollen nach Ehi^ers ') die Nejjhridien von Euphrosync zwei oder drei Segmente durchziehen. Bei Cirratulus horealis occupirt nach Keveksiein -) das vorderste Nephridienpaar die Segmente 1 — 4, bei C. filiformis die Segmente 1 — 5 und bei C iwfM/a^/M^ die Segmente 8 — 13. Aehnliche Fälle bieten die Terebelliden dar. Es erstrecken sicli nämlich nach Clapahede-') die vordersten Nephridien von ü/^'fc/-«/r/r?«'//rt saiHiuiiiea durch die ersten 8, und Ein Paar der von Melinua falmata nach E. Meyer 'j durch die ersten 19 Körpersegmente. Die so interessanten ebenfalls hierhergehörigen Nephridial- gänge gewisser Terebelliden sollen weiterhin ausführlich berücksichtigt werden. Auch von den Oligochaeten sind ähnliche Abweichungen vom normalen Verhalten be- kannt geworden. Schon C'laparede ■'^) hat die Beobachtung gemacht, dass einzelne Segmente des Hinter- leibes von Tuhifex Bonneü der Nephridien entbehren können und , da.ss in diesem Falle die Tric'liter des zunächst gelegenen Nei)hridienpaares in die betreffenden Segmente zu liegen kommen. Einen noch viel bezeichnendercsn derartigen Fall liat sodann Vejdovsky") von r/iirafofhrLv, einer Lumbriculide, beschrieben. Bei dieser Gattung wiederholen sich im Ilinterleibe die 1) 1. p. 307. c. p. 7S. 2) 1. p. 4. c. p. 120—123. 3) I. p. S. c. p. 391. 4) 1. p. 356. c. 5) 1. p. 614. c. p. 18. 6) 1. p. 230. c. p. 124. Zool. Station z. Neapel, Fauna und Flora, Golf von Neapel. Capitellide (55(1 ^- Vergleichend-Anatomischer (Morphologischer) Theil. Neiihridien segmentweise; in der Körpermitte dagegen sind nur wenige zum Theil durch sechs, ja acht Segmente hindurchziehende Paare voi'handen. Eine auffallende Tendenz zu longitudinaler, die ursprüngliche Metamerie aufhebender pjrstreckung zeigen ferner diejenigen Nephridien, welche Functionswechsel eingehen, also die zu Speicheldrüsen und Geschlechtsgängen umgewandelten. So pflegen die Samenleiter der Ijumbriciden vier Segmente einzunehmen, und zwar derart, dass ihre innere Mündung in das respective vorderste und ihre äussere in das respective hinterste Segment zu liegen kommt (wogegen in den vorher erwähnten Fällen die beiden Mündungen in zwei successive Segmente zu liegen kommen, indem lediglich die Schleife des Organes auswächst). Die Geschlechtsgänge von Pervpatus sodann, deren nephridiale Abstammung durch Kennet,') nachgewiesen wui'de, verlängern sich in dem Maasse, als die betreffenden Thiere heranwachsen, ausserordentlich, so dass sie trotz vielfacher Windungen .zahlreiche Segmente einnehmen. Die Speicheldrüsen der Enchytraeiden pflegen sich, wie Vejdovsky^) gefunden hat, meist durch vier Segmente zu erstrecken und diejenigen von Peripatus nehmen, wie Avir schon an anderer Stelle hervorgehoben haben''), im fertigen, respective im umgewandelten Zustande fast die ganze T^änge des Thieres ein. Bei der Annelidenableitung des Vornierenganges müssen wir ferner vor- aussetzen, dass die Ausmündungen der Nephridien ihre typischen T>agerungs- verhältnisse zu verändern vermögen. Auch hierfür bieten einzelne Nephridien sowie unzweifelhafte Derivate solcher parallele Erscheinungen dar. Ich habe schon an einer anderen Stelle dieser Monographie auf gewisse Serpuliden hingewiesen P), bei welchen die Ausführungsgänge des ersten Nephridienpaares, anstatt, wie es die Regel ist, jederseits im Bereiche der Parapodien, gemeinsam an der Basis der Kiemen nach aussen münden. Sodann haben wir in den Speicheldrüsen von Enchytraeiden und Peripatus'') Nephiidien kennen gelernt, welche ihre ursprünglichen seitlichen Mündungen am Rumpfe aufgegeben haben, um sich durch einen gemeinsamen Kanal mit dem Vorderdarme in Verbindung zu setzen. Ferner kann auf jene Samen- und Eileiter gewisser Oligochaeten, die ihre genuinen, seitlichen Mündungen aufgeben, verwiesen Averden. So münden nach VejdovskV^) die Samen- leiter der lAimbriculiden und Tvumbriciden in der Regel durch eine gemeinschaftliche Oeffnung, a) Vergl. p. 379. ß) Vergl. p. 379 Anmerkung. 7) Vergl. p. 379. 1) 1. p. 378. 11. Tlieil c. p. 2) 1. p. 320. c. p. 2S. 3) 1. p. 23(;. c. p. IM. VIII. Nephiidien («egmentalorgane) . 3. Vergloich der Capitelliden mit anderen Thierclassen. 651 und bei Perichaeta sollen nach Pekrieh') in ähnlicher Weise die Eileiter verschmelzen, um auf einem gemeinsamen Porus nach aussen durchzubrechen. Auch die Geschlechtsgänf»-e von Peripatus kommen in Betracht, an denen Kennel^) Schritt für Schritt embryologisch verfolgt hat, wie die ursprünglich ganz den übrigen Nephridien conform seitlich gelegenen Mündungen nach der Medianlinie rücken, um zur Verschmelzung zu gelangen. Endlich sei auch noch auf die- jenigen Nephridien der Capitelliden hingewiesen, welche dauernd mit Genitalschläuchen in Zusammenhang bleiben, und somit durch zwei ganz unabhängig von einander entstandene Mün- dungen (nämlich durch den Nephridium- und den Genitalschlauchporus) mit der Aussenwelt communiciren. Wenn wir nun aber auch die Berechtigung jener Voraussetzungen au der Hand ähn- licher, wirklich derart verlaufener Vorgänge nachweisen können, so würde doch unsere Er- klärung noch ganz anders überzeugend wirken, für den Fall, dass es geläuge, noch heute Vertebraten aufzufinden, bei denen die Urnierenkanälchen (sei es auch nur embryonal) segment- weise nach aussen zu münden sich anschicken, respective bei denen vorübergehend metamere, den Nephridien entsprechende Ectodermeinstülpungen auftreten; oder aber wenn uns um- gekehrt Anneliden bekannt würden, deren Nephridien, anstatt direct nach aussen, in einen im Cölom gelegenen Sammelkanal einmünden. Kein der ersteren Anforderung entsprechendes Verhalten konnte bis heute constatirt werden, wohl aber ein der letzteren in hohem Maasse nahe kommendes. Ich meine die von E. Meyer^) entdeckten Nephridialgänge gewisser Terebelliden. Während bei den meisten Terebelliden die Nephridien in der für die Anneliden typischen Weise nach aussen münden, fand genannter Forscher zwei Gattungen, bei denen diese Organe mit im Cölom gelegenen Längskanälen in Verbindung treten. Bei Lanice conchilega Pall. stehen sowohl die drei Nephridienpaare der vorderen Thoracalkammer (2.-4. Segment), als die vier Paare der hinteren Thoracalkammer (5.— S. Seg- ment) jederseits mit Kanälen oder Nephridialgängen in Verbindung. Die Gänge der hinteren Kammer setzen sich bis in das IG. Körpersegment, also durch acht der Nephridien durchaus entbehrende Zoniten hindurch fort, um hier ebenso wie vorn blind zu endigen. ISIit der Aussenwelt communiciren diese hinteren Gänge vom 5. — 8. Segment je durch eine den be- züglichen Nephridien entsprechende Mündung. Die Gänge der vorderen Kammern, welche wohl ursprünglich mit denjenigen der hinteren in Verbindung gestanden hatten, enden eben- falls an beiden Polen blind. Mit der Aussenwelt communiciren sie indessen nicht etwa so wie die hinteren Gänge durch ebensoviele Mündungen, als Nephridien vorhanden sind, sondern nur durch Eine solche, und zwar durch eine dem ersten Nephridienpaare entsprechende. Aehnliche Verhältnisse bietet das Nephridiensystem von Loimia medusa Sav. dar; ich muss aber bezüglich des Genaueren auf Meyer's Abhandlung verweisen. 1) I. p. 311. c. p. 237. 2) 1. p. 378. U. Theil c. p. 57. 3) 1. p. 356. c. ß52 ^- Vergleichend-AnutomisL'her (Morphulogischer) Theil. Hier liabeii wir also Nejjhridien, die wenigstens theilweise ihre directe segmentale Ausmün- dung aufgegeben haben, um anstatt dessen in einen im C'ölom verlaufenden Kanal einzumünden. Dieser Kanal steht allerdings mit der Aussenwelt nicht wie der Vornierengang vermöge des Hinterdarmes, sondern vermöge einer persistirend gebliebenen Nephridiummündung in C'ommunication. Dass auch noch diese Eine segmentale Verbindung aufgegeben werde und der Kanal sich bis zur Afterregion verlängere, liegt nun aber gewiss nicht ausser dem Bereiche der Möglichkeiten. Obwohl ich in diesem Verhalten der Terebelliden einen der stärksten »ad hominem Beweise« für die Richtigkeit der von mir hier vertretenen Herleitung des Vornierenkanales erblicke, so liegt es mir doch ebenso fern anziuiehmen, dass Terebella etwa diejenige Anneliden- form rejiräsentire, von der speciell das Vornierensystem der Urvertebraten abzuleiten sei, als es mir fern lag, Capitella für denjenigen Ringelwurm zu halten, von dem speciell die llrodelen das poly- oder dysmetamere Verhalten der Nephridien geei'bt hätten. Ob wir in Terebella überhaupt ein directes Derivat jenes ursprünglichen, auf die Urwirbelthiere übergegangenen Verhaltens (und für diesen Fall natürlich ein degenerirtes) vor uns haben, oder aber eine nur parallele, unabhängig von jenem zu Stande gekommene Anordnung, wird sich ja so bald nicht entscheiden lassen; für unseren Zweck kann aber auch diese Frage zunächst dahingestellt bleiben'»). Genügt uns doch die unumstössliche Thatsache, dass auch bei Anneliden Nephri- dien, anstatt segmental durch Ectodermeinstülpungen nach aussen, in einen im Cölom gelegenen Kanal von nephridialem (Charakter münden können, dass also Vorgänge, die wir behufs Herleitung des Vornierenganges als bei Anneliden stattgehabte voraussetzen mussten, sich in der That an Vertretern dieser Thier- gruppe abgespielt haben. Die frühe Entstehung des Vornierensystemes bei Verteb raten und die provisorische Existenz desselben (abgesehen von dem mit der Urniere secundär in Verbindung tretenden Vornierengange) hat einzelne Forscher veranlasst, dasselbe mit der sogenannten Kopfniere der Anneliden zu vergleichen, so Semper. Diese Ableitung ist mit der von mir vertretenen unvereinbar. Ganz abgesehen davon, dass mit ihr speciell für den Vornierengang nichts zu erreichen ist, indem es sich ja bei der Kopfniere ebenfalls um ein nach dem Plane von Nephridien gebautes Organ handelt, so ist zu erwägen, dass erstens die Kopfniere der Anneliden in der Regel ausserhalb des Bereiches des Rumpfes liegt, während die Vorniere der Vertebraten mehrere Rumpfsegmente einzunehmen pflegt; dass zweitens die Kopfniere stets auf das Larven- leben beschränkt ist, während die Vorniere lange Zeit hindurch, ja bei einzelnen Vertebraten sogar zeitlebens persistiren kann und überdies Ein Theil der Vorniere, nämlich der Vor- nierengang, unter allen Umständen erhalten bleibt. Die den Larven der verschiedenen Wirbellosen eigene Kopfniere wird meiner Ansicht a) Vergl. !>. C 54— 655. VIII. Nephridien (Segmentalorgane). 3. Vergleich der Capitellideu mit anderen Thierolassen. 653 nach in der Vertebraten-Ontogenie üborhanpt nicht mehr, wenigstens nicht mehr als fun- girendes Organ recapitulirt. Will man zum- Behufe der Ableitung des Vornierensystemes specielle Nephridien ins Auge fassen, so scheinen mir vielmehr die in den vordersten Körpersegmenten gewisser Anneliden (Terebelliden, C'irratuliden, Serpuliden) erhaltenen in Betracht zu kommen, indem ebendiese bei den meisten übrigen Anneliden nur in der Jugend als sogenannte provisorische Nephridien auftreten, um sich im l-aufe des Wachsthumes (in dem Maasse, als die weiter hinten ge- legenen zur Ausbildung gelangen) zurückzubilden. Wenn wir so das Vornierensystem der Vertebraten (ähnlich wie das ITrnierensystem von einer Reihe hinterer) von einer Reihe vorderer (auch bei Anneliden am frühesten auf- tretender und weiterhin zur Rückbildung neigender) Nephridien ableiten, dann verstehen wir auch die insbesondere bei den Anamnien ausgeprägte metamere Anordnung der Vornieren- kanälchen, sowie die umgekehrt sich besonders bei den Amnioten geltend machende secundäre Verbindung zwischen diesen Kanälchen, respective Bläschen und dem Vornierenkanale. Nicht ausser Acht gelassen Averden darf bei Beurtheilung dieser Vorgänge, dass auch einzelne Nephri- dien von Anneliden schon die mannigfachsten Verzweigungen und Sprossungen aufweisen können, indem von diesem Gesichtspunkte aus sich manche in der Vornierenentwickelung auftretenden Eigenthümlichkeiten besser verstehen lassen dürften. Auf Grund der »Annelidenableitung" sind wir endlich auch im Staude, über die ecto- dermale Abstammung des Vornierenganges Rechenschaft geben zu können. Nachdem Hensen, Graf Spee und Flemming gleicherweise eine Betheiligung des Ecto- dermes bei der Anlage des Urogenitalsystemes von Säugethieren vertreten hatten, wurde vor Kurzem eine derartige Betheiligung auch für die niederen AVirbelthiere, und zwar speciell für den Vornierengang nachgewiesen. Van Wijhe') fand nämlich, »dass sich bei Baja davata das Ectoderm an der Entwickelung des Segmentalganges betheiligt«, und Perenyi^), dass sich der WoLFF'sche Gang bei Unna esculenta »aus einer kanalförmigen Abschnürung der inneren Zell- schicht (Nervenplatte) des Ectoderms« entwickelt, sowie, dass sich dieser Gang bei Lacerta »als dichte Zellmasse vom verdickten Ectoderm ■ — oberhalb des zu werdenden Grenzstranges abscheidet». Um die ectodermale Entstehung der Vornierengänge verstehen zu könne|n, brauchen wir nur vorauszusetzen, dass bei jenem vordersten Nephridienpaare, welches sich zu diesen Gängen verlängert hat, es speciell die Ectodermein- stülpungen waren, die hierzu das Material abgegeben haben, respective, dass allein diese Einstülpungen nach hinten auswuchsen. Diese Voraussetzung ist nichts weniger, als eine willkürliche; haben wir doch einen 1) Van Wijhe, J. Die Betheiligung des Ectoderms an der Entwickelung des Vornierenganges. Z. Anzeiger .Jahrg. 1S86. p. 633. 2) Perenyi, J. V. Die ectoblastische Anlage des Urogenitalsystemes bei Rana eseulenta und Lacerta viridis. Z. Anzeiger. Jahrg. 1887. p. 66. g54 ^- V(;r^4eiclit'nd-Anatomiseher (Morphologischer) Theil. .solchen Fall an dem sich zu den Speicheldrüsen umwandelnden Nephridienpaare von rcripafif^ in der That nachgewiesen gesehen*); haben wir doch durch Kennet, erfahren, wie es aus- schliesslich die ectodermalen Abschnitte des bezüglichen Nephridienpaares sind, welche fast durch den ganzen Leib des Thieres hindurch wachsen und dabei den mesodermalen Theil i^Trichter) noch lange Zeit in Form eines Anhängsels erkennen lassen. Und, was noch näher liegt, auch für die das Umwandlungsprodukt Eines Nephridienpaares darstellenden Geschlechts- gänge von Peripatus konnte Kennel') feststellen, dass ein sehr ansehnlicher Theil der Anlage vom Ectoderme geliefert wird. Diejenigen, welche fernerhin noch die Frage zu discutiren für nothwendig halten, ob das ganze Urogenitalsystem als »mesodermale«, oder aber als »ectodermale« Bildung zu be- trachten sei, sollten sich doch die ganze Tragweite dieses eben erwähnten Verhaltens von Peripatus klar zu machen suchen, da sie zur Ueberzeugung gelangen dürften, wie das wesent- liche Object jeder Discussion, die Frage, in diesem Falle gar nicht existirt. Das Urogenital- system ist in der That weder allein ectodermal, noch allein mcsodermal, sondern es ist beides zugleich. Doch kehren wir zu unserem eigentlichen Thema zurück. So nahe es auch gelegen hätte, schon bei Beschreibung der Nephridialgänge von Terehella auf die grosse Uebereinstimmung dieses Fundes mit dem von Balfour hypothetisch als Ausgangspunkt der Vornierenentwickelung angenommenen Ver- halten hinzuweisen, so wollte ich dies doch verschieben, um bei diesem Hinweise auch auf einzelne meiner im Vorhergehenden mitgetheilten Ansichten recurriren zu können. Er- innern wir uns zunächst des folgenden, schon pag. 648 citirten Passus Balfüur's: ))We may suppose that some of the segmental tubes first united, possibly in pairs, aud that then by a continuation of this process the whole of them coalesced into a common gland. One external opening sufficed to carry off the entire secretion of the gland, and the other openings therefore atrophied. This history is represented in the dev'elopment of the dogfish in an abbreviated form, by the elon- gation of the first segmental tube (segmental duct of the kidney) and its junction with each of the posterior segmental tubes.« Wie hier Balfour in scharfsinniger Weise einen wirklich möglichen Zustand des Excretionsapparates theilweise erschlossen hatte, zeigt das Verhalten der betreffenden Tere- belliden; denn in der That sehen wir bei diesen eine lleihe successiver Nephridien ver- schmelzen und im einen Falle noch metamer (hintere Thoracalkammer), im anderen Falle dagegen durch eine gemeinsame Oetfnung (vordere Thoracalkammer) nach aussen münden. Darin weicht aber Balfour's Voraussetzung von dem durch die Terebelliden verwirklichten Verhalten ab, dass dieselbe dem Vornierengange der Vertebraten eine Verschmelzung der ge- sammten Nephridien der Anneliden gegenüberstellt und das Auswachsen des Ganges als eine auf die Vertebraten beschränkte Entwickelungsverkürzung auffasst; denn auch schon bei den Terebelliden kommt ja nicht nur eine Verschmelzung von Nephridien, sondern auch gleich- a) Vergl. y. 37!). 1) 1. p. :'.78. II. Theil c. p. 57. VIII. Nephridien (Segmentalorgane). 3. Vergleich der Capitelliden mit anderen Thierclassen. 055 zeitig die Bildung eines Kanales zu Stande und dieser Kanal kann durch eine grössere Zahl von (der Nephridien entbehrenden) Segmenten hindurch nach hinten auswachsen. Wie schon im Vorhergehenden erwähnt wurde, scheint mir Alles darauf hinzuführen, dass allein die vorderen (auch bei vielen Anneliden provisorischen) Nephridien dem Vornierensysteme entsprechen. Durch Verschmelzung dieser Nephridien kam die Vorniere, und durch Auswachsen Eines Paares derselben kamen die Vornierengänge zu Stande. Bei dieser Auffassung ist der Gegensatz von Vorniere und Urniere bis zu einem ge- wissen Grade schon in die Anneliden znrückverlegt, indem wie die provisorischen vorderen Nephridien den Vornierenkanälchen, so die hinteren definitiven Nephridien den Urnieren- kanälchen entsprechen. Ferner stellt sich bei dieser Auffassung das Auswachsen des Vor- nierenganges und seine secundäre Verbindung mit den Urnierenkanälchen nicht als Ent- wickelungsverkürzung, sondern als getreue Eecapitulation der schon bei den annelidenartigen Vorfahren der Vertebraten eingeleiteten Verhältnisse dar. Denken wir uns nur eine Anne- lidenform ähnlich Laiiire conchilega, welche ausser dem auf den Vorderleib beschränkten, durch Gänge verbundenen Nephridialsysteme (Vorniere) auch noch im Hinterleibe zahlreiche, metamer für sich ausmündende Nephridienpaare (Urnierenkanälchen) besitzt, denken wir uns weiter, dass diese hinteren Nephridien in dem Maasse, als die Gänge (Vornierengänge) auswachsen, ihre metameren Mündungen aufgeben, um mit den Gängen in Verbindung zu treten, so haben wir in der angedeuteten Weise das Prototyp des Vertebraten -Excretionsapparates. Als Motive, die zur Verlagerung der ursprünglich metameren Ausmündung der liinteren Nephridien oder Urnierenkanälchen, respective zur secundären Verbindung mit den nach hinten auswachsenden Nephridialgängen (Vornierengängen) geführt haben, möchte ich vor Allem auf die Gefahren hinweisen, die so vielfache Communicationen des Cöloms mit sich bringen, sodann auf die der Homonomie der Segmente entgegenarbeitende Concentration des Körpers, respective seiner Organsysteme. Prüfen wir nun den anderen Ableitungsversuch des Vornierensystemes, nämlich die durch Gegenbaur und Fürbringer vertretene »Platodenableitung«. Da mir aus den Schriften der beiden Forscher das, was sie vertreten wollen, nicht ganz klar hervorzugehen schien, da ich insbesondere auf schwer vereinbare Widersprüche stiess, so halte ich es für geboten, die in Betracht kommenden Stellen wörtlich zu citiren, um so der schuldigen (~)bjectivität besser gerecht werden zu können. In der zweiten Auflage seiner Grundzüge der vergl. Anatomie verglich Gegenbaur den Urnierengang der Vertebraten mit den Excretionsorganen der Nematoden, und im Hin- blicke auf die »von M. Schultze angeführte Beobachtung vom Vorkommen wimpernder, rinnen- artiger Organe bei jungen C-yclostomen« meinte er'): »Sollte sie sich rechtfertigen, so wäre eine bedeutungsvolle Uebereinstimmung mit den Schleifen- kanälen der Würmer gefunden, und wir hätten hier wie dort mit inneren Mündungen beginnende Kanäle, p. 9. c. p. 805. ß56 ^- Vergleichend-Anatomischer (Morphologischer) Theil. welche an ihrer Wandung einen excretorischen Apparat tragen und neben anderen, vielleicht auf Regulirung einer Wassereinfuhr etc. gerichteten Functionen auch solche zu den Generationsorganen besitzen, indem sie Ausführwege der Geschlechtsproducte herstellen. Als bedeutendste Verschiedenheit ergiebt sich ihr Ver- halten zum Gesammtorganismus. Im gegliederten Körper der Würmer wiederholen sie sich für die einzelnen Metameren, während sie im Organismus der Wirbelthiere jederseits einheitlich bleiben, und der hier be- stehenden Metamerenbildung nur durch Längsstreckung und durch Wiederholung der seitlichen excretorischen Schläuche (die die Masse der Urnieren zusammensetzen) angepasst sind.« Wir sehen, wie hier Gegenbaur, sobald nur die ScHULTZE'sche Beobachtung der Vor- nierenkanälchen am Vornierengange von Fefromi/zon sich bestätigen sollte, geneigt ist, zwischen diesen Vornicrenkanälchen einer- und den Schleifenkanälen (Nephridicn) andererseits »eine bedeutungsvolle Uebereinstimmung« anzuerkennen. Im Grundrisse der vergleichenden Anatomie schreibt aber Gegenbaur'): »Die als Excretionsorgane unter den Wirbellosen verbreiteten Einrichtungen erscheinen in ihren wesentlichsten Verhältnissen auch bei den Wirbelthieren und lassen auch darin für den Wirbelthierstamm Verknüpfungen mit niederen, im übrigen weit entfernt stehenden Formen erkennen. Bei AmpMoxus hat man zwar bis jetzt vergeblich nach solchen Organen gesucht, aber bei allen Crauioten bestehen sie in ge- meinsamem Typus. Dieser geht erst mit der allmählichen Differenzirung verloren und kann dann nur durch ontogenetische Prüfung erkannt werden. Den einfachsten Zustand repräsentirt ein in der dorsalen Wand der Leibeshöhle verlaufender Kanal, der hinten in der Nähe des Afters nach aussen, und vorne mit ab- dominalem Ostium in die Leibeshöhle ausmündet. Erkennt man in solchem Verhalten bedeutende Ueber- einstimmungen mit den Excretionsorganen der Würmer, so ist doch mit Hinblick auf die Metamerie des Wirbelthierkörpers die Eigenthümlichkeit nicht zu übersehen, dass dieser Urnierengang kein metameres Organ vorstellt, und damit auch zu den metameren Schleifenkanälen der gegliederten Würmer kein voll- ständiges Homologon abgiebt. Er wird demnach aus einem noch niederem, d. h. einem noch nicht in Metameren getheilten Zustand des Organismus abzuleiten sein und repräsentirt damit, wie die gleichfalls ungegliederte Chorda dorsalis, eines der phylogenetisch ältesten Organe.« Ferner : »Als Grundform dieser Urniere Avird ein Längskanal, welcher quere, mit Wimpertrichtern in die Bauchhöhle geöffnete Kanälchen aufnimmt, angesehen werden dürfen, wie die Anlage des Apparates wesent- lich bei den Selachiern erscheint. Die Verbindung mit der Leibeshöhle, deren epithehale Auskleidung jedenfalls einen bedeutenden Theil des Organsystems hervorgehen lässt, erlaubt eine Vergleichung mit den Excretionsorganen mancher Würmer, und verweist weit zurück auf jene Formen, in denen diese Organe die einzigen vom Mcsoderme umwandeten Hohlraumbildungen sind (Plattwürmer). Die metamere Anordnung der offenen Querkanäle bezieht sich auf die Metamerie des Gesammtorganismus der Vertebraten. Sie ist deshalb nicht mit Schleifenkanälen der Anneliden zusammenzustellen, oder gar davon abzuleiten, weil diese an den Metameren selbst ausmünden und nicht in einen Längskanal. Dieser ist es, der bei den Wirbel- thieren schon durch sein erstes Erscheinen den Typus des gesammten Apparates bestimmt.« Hieraus geht hervor, dass Gegenbaur, obwohl inzwischen nicht nur die ScHULxzE'sche Entdeckung vielfach bestätigt und erweitert, sondern auch durch Semper und Balfour die lirnierenkanälchcn (Nephridien) der Haie entdeckt worden waren, von seinem ursprünglichen Vergleiche zwischen Vornicrenkanälchen und Nephridien zurückgekommen ist, weil die Nephridien der Anneliden »an den Metameren selbst ausmiinden und niclit in einen Längskanal.« Fürbringer^)' äusserte sich dann folgendermaassen : «Dass das Vornierensystem von principieller phylogenetischer Bedeutung ist, beweist seine auch bei 1) 1. p. 349. c. p. G27— 02!). 2) 1. p. G:f4. c. p. !J5 und Dil. VIII. Nephridien i Segmentalorgane). 3. Vergleich der Capitelliden mit anderen Thierclassen. 657 den Wirbellosen constatirbare Existenz. Bekanntlich hat Gegenbaur schon 1870 in Beuith eilung der von M. ScHULTZE beobachteten winipernden rinnenartigen Organe in der Vornierengegend junger Petromyzonten auf die bedeutungsvolle Uebereinstimmung mit den Schleifenkanälen der Würmer hingewiesen. Durch die seitdem genauer erkannte Entwickelung der Excretionsorgane der Vertebraten und namentlich des Vor- nierensystemes derselben hat dieser Hinweis eine vollkommene Bestätigung erfahren. Bei mehreren Ab- theilungen der Würmer (aber nicht bei den Annulatenl — und seine Spuren sind auch bei anderen Wirbel- losen zu verfolgen — findet sich ein ungegliedertes Excretionssystem, das im Einzelnen die mannigfachste Anordnung darbietet, das aber in der Hauptsache aus zwei paarigen) Gängen besteht, die einerseits durch mehr oder minder zahlreiche Peritonealcommunicationen ^Wimpertrichter) mit der Bauchhöhle communiciren, andererseits mit ihren hinteren Enden in das Ende des Darmes resp. die Cloake einmünden. Damit ist zugleich die Definition des Vornierensystemes der Vertebraten gegeben. Eine Differenz beruht auf dem Mangel von Glomerulusbildungen bei den Wirbellosen. Bedenkt man aber, dass dieselben bei den ver- schiedenen Anamnia in mannigfacher Anordnung existiren, ja dass bei Myxine typische Vornierenglomeruli gar nicht bekannt sind, so liegt es nahe, hierin eine noch nicht fixirte secundäre Differenzirung von neu zum Vornierensystem hinzutretenden Gebilden zu erblicken, — also ein Verhalten, das die primitive Homologie nicht alteriren kann. Also hier wie dort ein zu der Leibeshöhle die innigsten Beziehungen einnehmendes ungegliedertes paariges Excretionssystem.« Was ich nun nicht verstehe ist, dass hier Fürbringer in derselben Schrift, in der er Semper's und Balfour's Vergleich zwischen Urnierenkanälchen und Nephridien als unbewiesene Hypothese, als blosse Analogie bekämpft, in derselben Schrift, in der er ferner Balfour's Ableitung des Vornierenganges von einem Nephridium als durchaus unzulässig hinzustellen versucht hat, dass er hier die beiden sich widersprechenden Ausführungen Gegenbaur's gleicher- weise so anführt, als ob sie gleicherweise von ihrem Autor aufrecht erhalten worden wären. Nämlich sowohl den (von Gegenbaur aufgegebenen) Vergleich des Vornierensystemes mit Schleifenkanälen (Nephridien), als auch den Vergleich mit dem ungegliederten Excretions- systeme von Plattwürmern. In Anbetracht, dass Fürbringer auch noch besonders betont, wie Gegenbaur zuerst seiner Zeit auf die zwischen der Vorniere von Petromyzon und den Schleifen- kanälen (Nephridien) von Würmern herrschende "bedeutungsvolle Uebereinstimmung« hinge- wiesen, und wie dieser Hinweis durch die seitdem genauer erkannte Entwickelung der Excre- tionsorgane der Vertebraten »eine vollkommene Bestätigung erfahren habe«, in Anbetracht ferner, dass er auch die Gephyreen als mögliche Ausgangspunkte für die Ableitung des Vor- nierensystemes in's Auge fassf), wäre es wirklich trotz seiner so scharfen vorhergehenden Bekämpfung Semper's und Balfour's schwer, ausfindig zu machen, ob er nun wirklich allein den späteren GEGENBAUR'schen Standpunkt, nämlich die »Platodenableitung« vertritt, wenn uns nicht eine spätere Publication darüber Aufschluss gegeben hätte. In der an Semper und mich gerichteten Erwiderung sagt nämlich Fürbringer'): »Ich hatte — im Wesentlichen zugleich im Anschlüsse an Gegenbaur — von den Excretionsorganen der Wirbelthiere nur für dasjenige Homologe bei den Wirbellosen finden können, welches vor resp. unab- hängig von der Metamerenbildung als ein einfaches, ungegliedertes und in der Längsrichtung des Rumpfes erstrecktes Excretionssystem zur Ausbildung gelangt und welches ich, einen von W. Müller eingeführten Begriff benutzend, als Vornierensystem bezeichnet hatte ;dieses Jahrbuch IV, pag. 83 — 97, ; hinsichtlich des u) Vergl. p. 665—668. 1) 1. p. 638 (Morph. Jahresb. 4. Bd.) c. p. 675. . Station z. Neapel, Fauna und Flora, Golf von Neapel. Capitelliden. 65s ß- Vergleichend-Anatomisehei- (Morphologischer) Theü. erst nach der Metameren-(Urwiibel)-Bildung entstehenden Systemes der Urnieienkanälchen dagegen fand ich kein einziges Moment, das eine Homologie mit dem, allerdings ebenfalls meist metamer angeordneten Systeme der Segmentalorgane der Anneliden erwiesen hätte. In der metameren Anordnung der Urnierenkanälchen und Segmentalorgane sah ich unverkennbare Analogien, aber keine Homologien; nicht einmal hinsichtlich der Metamerenbildung bei Anneliden und Vertebraten erschien mir der sichere Beweis der morphologischen Identität erbracht und die Annahme einer blossen Analogie ausgeschlossen.« Hieraus dürfen wir wohl folgern, dass sich schliesslich Fürbringer lediglich auf den späteren Gegen BAUR'schen Standijunkt gestellt hat, das heisst auf den, demzufolge allein in dem Excretionsapparate der Platoden Anhaltspunkte für die Ableitung des Vornierensystemes der Vertebraten zu finden seien. Auf was gründet sich nun aber im Wesentlichen dieser Vergleich"' Gegenbaur betont das Ungegliederte des Urnierenganges und dessen Ver- bindung mit der licibeshöhle, was weit zurück auf jene Formen verweise, »in denen diese Organe die einzigen vom Mesoderm umwandeten Hohlraumbildungen sind (Plattwürmer).« Fürbringer hebt hervor, dass das Excretionssystem der Plattwürmer unge- gliedert sei u.nd aus zwei Gängen bestehe, die einerseits durch Peritonealcom- municationen mit der Bauchhöhle und andererseits durch ihre hinteren Enden mit dem Darme in Verbindung treten. Ganz abgesehen davon, dass es sich bei diesen so ohne Weiteres zum ^'ergleiche heran- gezogenen Plattwürmern um Thierformen handelt, die man in keiner anderen Hinsicht jemals mit Vertebraten in irgend welche genetische Beziehungen zu bringen vermocht hat, was hilft es uns denn, ein Organ segmentirter Thiere auf ein solches nicht segmentirter zu beziehen, wenn ja gerade die Thatsache der Existenz dieses ungegliederten Organes im gegliederten Thiere das Problem bildet, um dessen Erklärung es sich handelt? Und wenn der Vornierengang das Wesentliche und Primäre darstellt. Avenn er schon so weit zurückreicht wie die Plattwürmer, wie verhält es sich dann mit diesem Gange bei den Anneliden? Was entspricht dann diesem Gange bei den Anneliden, überhaupt bei den segmentirten Wirbellosen, die man doch nicht als divergente Gruppe der einseitig auf einander bezogenen Plattwürmer- Vertebraten-Gruppe wird coor'diniren wollen? Einige erblicken in der Kopfniere '■") das betreffende Organ. Ich frage aber, ist die Kopfniere deY Anneliden etwas, was auch nur entfernt einerseits dem excretorischen Apparate der Platoden und andererseits dem ^'ornierensysteme der Vertebraten entspricht? Durchzieht sie etwa den segmentirten Leib? mündet sie in den Darm? persistirt sie überhaupt als Gang? Nichts von alledem. Die Kopfniere der Anneliden tritt meist in Form Eines Paares (selten mehrerer Paare) von im Vorderkörper der Larven gelegenen Kanälen von durchaus nephridium- ähnlichem Habitus auf. Aber, selbst wenn wir auf die Möglichkeit der Platodenableitung eingehen, so stossen a) Vergl. p. 652 und 661. VIU. Nephvidien (Segmentalorgane). 3. Vergleich der Capitelliden mit anderen Thierolassen. 659 wir doch sofort auf die fundamentale Schwierigkeit, dass die Vornierenkanäle, also das unge- gliederte Element des Vertebraten-Excretionsorganes doch nur einen Theil dieses Organes aus- machen, dass aber ausserdem auch die metamer angeordneten Vornieren- und Urnierenkanälchen als zum Mindesten gleichberechtigte Bestandtheile vorhanden sind, und wenn für den ersteren Gang das Problem darin besteht, den »ungegliederten« Charakter zu erklären, so besteht es für die letzteren Kanälchen umgekehrt darin, den »gegliederten« Ursprung nachzuweisen, und zwar so, dass sich die beiden Erklärungsversuche nicht gegenseitig widersprechen oder ausschliessen. Wie will ferner speciell Fürbringer, der gegen die Ableitung dieser Kanälchen von Nephridien so scharf aufgetreten ist, bei seiner Auffassung des Vornierenganges die Thatsache erklären, dass Vornierengang und Urnierenkanälchen sowie Vornierenkanälchen 'in einzelnen Fällen) getrennt zur -Anlage und daher erst secundär zur Verschmelzung gelangen? Dieses Factum ist, in Anbetracht seiner grossen Constanz und umfassenden Giltigkeit, von so ausserordentlicher Bedeutung, dass Fürbringer's ') Bemühung es » caenogenetisch « aus- zulöschen, daneben nicht aufzukommen vermag. Auch könnte, selbst wer mit Fürbringer den Begriff der Caenogenie für »eine trefflich gewählte Kategorie« zu halten geneigt ist, an dieser Trefflichkeit doch insofern irre werden, als sie, wie in diesem Falle, es zuliess, einem Erklärungs- versuche zu lieb einige verbürgte und weit verbreitete ontogenetische Thatsachen willkürlich als gefälscht oder »caenogenetisch« hinzustellen und ihnen ebenso willkürlich die vom Er- klärungsversuche vorausgesetzten phylogenetischen Zustände als » palingenetisch « zu substituiren. Wie endlich kann bei der » Platodenableitung « die ectodermale Abstammung des Vor- nierenganges erklärt werden, da doch sein » mesodermaler Charakter« eine der Hauptstützen des Vergleiches bilden soll? Wenn wir bedenken, dass alle diese Fragen in befriedigender Weise beantwortet werden können und somit alle Schwierigkeiten wegfallen, sobald wir uns die ursprünglich von Balfour vertretene Auffassung des Vornierenganges zu eigen machen, so scheint mir, dass kein Zweifel darüber walten kann, ob der »Anneliden-«, oder aber der »Platodenableitung« die Zukunft gehört. Man kann nicht, wie wir es hier gethan haben, die von Gegenbaur und Fürbringer seiner Zeit versuchte Ableitung des Vornierensystemes besprechen^ ohne zugleich jener neuer- dings hervorgetretenen Richtung zu gedenken, welche das Nephridialsystem der Anne- liden ebenfalls auf das sogenannte Wassergefässsystem der Plathelminthen zurückzuführen bestrebt ist. Gehen auch die Vertreter dieser Richtung von ganz anderen, denjenigen der von den beiden vorher genannten Forschern betonten durchaus widersprechenden Charakteren der Plathelminthenniere aus, so würde doch für den Fall, dass die Vergleiche der ersteren zu- träfen, die letzteren (Gegenbaur und Fürbringer) insofern principiell wenigstens gerechtfertigt sein, als ja dann die Vertebratenniere, selbst wenn sie, wie ich will, ein Derivat des Nephri- 1) 1. p. 638 (Morph. Jahrb. 4. Bd.) c. p. 672. 660 ^- Vergleichend-Anatomischer (Morphologischer) Theil. dialsystemes der Anneliden darstellte, in letzter Instanz doch von der Plathelmintlienniere abstammen würde. Die Vertreter dieser Ableitung des Anneliden-Excretionsapparates sind Fraipont'j und Lang-). Ersterer hatte dabei lediglich die Kopfniere der Anneliden im Auge, Letzterer dagegen die Kopfniere und die Nephridien. Inwiefern der Vergleich zwischen Kopf- und Platodenniere berechtigt ist, inwiefern überhaupt zwischen der Kopfniere und dem Nephridium ein principieller Gegensatz aufrecht erhalten werden kann, brauchen wir hier nicht weiter zu untersuchen; anders insofern als die Ableitung der Nephridien in Frage kommt. Ausgangspunkt für Lang war seine Entdeckung der so interessanten pseudometameren Organisationsverhältnisse von Gunda. Er versuchte von dieser Triclade die Hirudineen und vermöge letzterer auch die Anneliden abzuleiten. Der Schwerpunkt seines Versuches lag in der Annahme, dass die paarigen Ausstülpungen des Darmes der Hirudineen einerseits den entsprechenden Ausstülpungen von Gtinda, andererseits den Cölomdivertikeln des ürdarmes der Enterocölier homolog seien, in der Annahme also, dass bei den Hirudineen das Cölom noch nicht zur Ausbildung gelangt sei. Diese Annahme, mit deren Zutreifen oder Nichtzutreffen die ganze Theorie stand oder fiel, war nun, wie Lang seitdem selbst zugegeben hat, eine irr- thümliche: die Hirudineen haben eine von ihren Darmdivertikeln ganz unabhängige Leibes- höhle, es sind unzweifelhaft Anneliden, wenn auch mannigfach modificirte. Ich befinde mich also in Uebereinstimmung*) mit Bergh^:, insofern als er diese Auffassung Lang's, sei es im Allgemeinen, sei es speciell im Hinblicke auf die Excretionsorgane, bekämpft hat. "Während Gegenbaur und Fürbringer bei ihrer Ableitung des Vornieren- 1) Fhaipont, J. Recherches sur L'Appareil Excreteur des Trematodes et des Cestodes. Arch. Biol. Tome 2. 1881. p. 17—32. 2) I. p. 370. c. p. 674 — 679; man vergleiche auch: Lang, A. Der Bau von Gunda segmentata etc. Mitth. Z. Stat. Neapel 3. Bd. 1S81. p. 231 — 242. 3) 1. p. 601. c. Man vergleiche auch: Beegh, R. S. Die Metamorphose von Aulastoma gulo. Arb. Z. Inst. Würzburg. 7. Bd. 1S85. p. 272 — 277 und 286—289. *i Ich stimme zwar mit Bergh insoweit, als er die Herleitung der Nephridien von Plathelminthennieren und die Zurückführung der Hirudineen auf Tricladen mit Gründen bekämpft, durchaus überein, nicht aber hinsichtlich des Tones, den^er gegen seine — und meine — Gegner anzuschlagen für gut findet. In einer unerhörten Weise werden — in derselben Schrift, in der doch Bekgh selbst nachweist, wie gerade durch ihre Arbeiten die that- sächlichen Kenntnisse über die E.xcretionsorgane gefördert wurden — diese Gegner herabziiwürdigen versucht. Ganz besonders hat sich Bekgh's Fanatismus Lang zum Opfer ausersehen. Es liegt mir fern, meinen Freund Lang gegen unpassende Epitheta zu vertheidigen ; pflegen doch solche ohnedies früher oder später auf ihre Urheber zurückzu- fallen; ebensowenig beabsichtige ich den Werth der LANG'schen Arbeiten jener harten Verurtheilung gegenüber richtig zu stellen ; sprechen ja diese Arbeiten für sich selbst. Nur das halte ich mich für verpflichtet als meine Ueberzeugung auszusprechen, dass ich, obwohl sein wissenschaftlicher Gegner, doch Längs Erklärungsversuch für einen geistreichen und streng logisch in sich zusammenhängenden halte, für einen solchen, der dann durchaus zuträfe, sobald man die Prämissen zugeben könnte, was man eben Bergh's und meiner Ansicht nach nicht kann. Muss man aber einem Erklärungsversuche ein solches Zugeständniss machen, dann darf derselbe nicht nur auf Beachtung, sondern auch auf Achtung Anspruch erheben. Ylll. Nephriilien (Segmentalorgane). 3. Vergleich der Capitelliden mit anderen Thierclassen. (3(5 1 systemes diejenigen Platoden in's Auge fassen, deren excretorische Kanäle in den Darm einmünden, recurrirt Lang umgekehrt auf solche, bei denen diese Kanäle durch eine Mehrzahl seitlicher Aeste mit der Aussenwelt communiciren. Während ferner erstere Forscher in den Cölombeziehungen der Kanäle einen i h r 6 r w i c h t i g s t e n V e r g 1 e i c h s p u n k t e erblicken, betont Lang umgekehrt den Mangel solcher Cölombeziehungen als entscheidenden Factor für den Vergleich mit den ebenfalls blind endigenden Kopfnieren. Ich kann dem Factum, dass die Kopfniere gegen das Cölom zu abgeschlossen ist, die von Lang vindicirte Bedeutung nicht beimessen. Ob ein Excretionsorgan in der Leibeshöhle blind endigt, oder nicht, hängt wahrscheinlich allein von physiologisch divergirenden Zuständen ab; überdies zeigen ja auch die genuinen Nephridien nach dieser Richtung hin die verschie- densten Verhältnisse. Ebensowenig kann ich der Thatsache, auf die Lang so viel Gewicht gelegt hat, dass nämlich die Kanäle der Kopfniere gleich denen der Plathelminthennieren Durchbohrungen von Zellen darstellen, also anstatt inter-, intracellulär sind, eine mehr als histologische Bedeutung zuerkennen, da ja auch die Nephridiumkanäle bald inter-, bald intracellulär auftreten. Aber Lang suchte sich bei der Begründung seines Vergleiches noch auf andere That- sachen, und zwar auf solche aus dem Gebiete der Anatomie und Entwickelungsgeschichte der Anneliden zu stützen. Schon Bergh ') hat mit Recht die Zulässigkeit Einer dieser Thatsachen, nämlich des durch Hatschek beschriebenen Längskanales von Polygordius bestritten und auch, soweit als es der damalige Stand der betreffenden Untersuchungen zuliess, die durch Lang den anderen Facten beigelegte Tragweite in Zweifel gezogen. Ich will nun dieselben That- sachen in's Auge fassen, indem ich auf Grund weiterer inzwischen gemachter Erfahrungen zeigen kann, wie allerdings keine derselben stichhaltig ist, respective keine im Sinne Lang's verwendet werden kann. Eine der Hauptstützen für die Abstammung des Excretionsapparates der Anneliden von demjenigen der Plathelminthen erblicken sowohl IjANG, als auch Fraifont in der Ent- wickelung des Nephridialsystemes von Polygordius. Nach Hatschek-1 soll nämlich bei den Larven dieses Thieres aus der Kopfniere zu- nächst jederseits ein wimpernder Längskanal auswachsen und dieser Kanal sodann von Seg- ment zu Segment in einzelne Stücke, nämlich in die nachträglich ihre inneren und äusseren Mündungen erwerbenden, definitiven Nephridien zerfallen. In ganz ähnlicher Weise sollen auch die Nephridien von Criodrilus aus einer ursprünglich continuirlichen Anlage hervorgehen. Spielte sich die Entwickelung der Nephridien in den beiden genannten Anneliden- formen in der That in der von Hatschek geschilderten Weise ab, so könnte daraus allerdings auf phylogenetische Beziehungen zwischen dem excretorischen Systeme der Plathelminthen 1) 1. p. 601. c. p. HS. 2) 1. p. 351. (Stud. Entw. Gesch. Annel.) c. ßß2 B. Vergleichend-Anatomischer (Morphologischer) Theil. einer- und demjenigen der Anneliden andererseits geschlossen werden. Wäre doch damit hier wie dort als das Wesentliche und Primäre der ungegliederte Längskanal festgestellt. Freilich müsste man dann, was schon Balfour') betont hat, bedeutende secundäre Modificationen in der supponirten Recapitulation voraussetzen, da ja die Anordnung, wie sie Hatschek schilderte, vom Gesichtspunkte der Function aus ganz unverständlich bleibt. Diese Entwickelung verläuft nun aber nicht so, wie sie Hatschek darge- stellt hat. Von allen denen, die hier in Neapel Polj/(/ordtiis-hnv\en untersucht haben, ist es nicht einem Einzigen gelungen den fraglichen Längskanal wiederzufinden. Ich nenne von diesen Untersuchern nur E. Meyer, weil er sich sehr eingehend mit der betreffenden Larve befasst hat und weil er, der für die Ableitung der Nephridien von Plathelminthennieren eingenommen war, gewiss als für diese Wiederauffindung disponirt gelten konnte. Nun, auch dieser Forscher erklärte mir mit Bestimmtheit, dass der gesuchte Kanal nicht existire. Auf diese Erklärung lege ich um so mehr Nachdruck, als die vor Kurzem erschienene Monographie Fraipont's^), von der man doch die Entscheidung der Frage zu erwarten berechtigt war, diese Erwartung nicht erfüllt hat. Fraipont sagt zwar ;p. 72): »Je n'ai pu suivie ni pendant ce Stade ni plus tard le developpement des canaux segmentaires dans le mesoblaste.« Und p. 83: »Comme je Tai dit phis haut, je n'ai pas pu assister ä la formatiou de ces deux canaux longitudinaux du tronc. Quand j'ai observe les premiers organes segmentaires du tronc chez la larve, ils etaieut dejä isoles les uns des autres dans chaque somite.« Aber, anstatt den einzig in diesem Falle angebrachten Schluss zu machen : was Niemand sehen kann, ist auch nicht da, wird die HAxscHEK'sche Darstellung vorsichtig in frühere Stadien zurückverlegt und ganz so, als ob sie hätte bestätigt werden können, dem Leser ausführlich von Neuem vorgetragen. Diese Vorsicht oder Rücksicht gilt natürlich weniger Hatschek, als dem Längskanale, welch' letzteren man eben in Anbetracht der von seiner Existenz abhängigen theoretischen Consequenzen ungezwungen nicht zu Grabe bringen will. Ich verstand das und habe mich daher, als weniger in das Schicksal des Ganges Verflochtener, gerne entschlossen, ihm diese letzte Ehre zu erweisen. Auch mit dem Längskanale von Ctiodrilus steht es nicht anders. Vejbovsky^) bestreitet auf Grund seiner embryologischen Studien das Vorkommen einer einheitlichen Nephridium- anlage bei irgend einer Oligochaete auf das Bestimmteste, und wenn wir noch hinzufügen, dass auch bei keiner anderen Annelide, sei es vor, sei es nach Hatschek, etwas Derartiges in der Entwickelungsgeschichte constatirt wurde, so glaube ich, dass wir auch diese liingskanäle oder Stränge als abgethan betrachten dürfen. 1) 1. p. 346. c. Vol. 2. p. 565. 2) Fraipont, J. Le genre Polygordius. Fauna Flora Golf. Neapel 14. Monogr. IS 3) 1. p. 236. c. p. 122. 124. VIII. Xephridien (Segraentalorgane). :i. V^ergleicli der Capitelliden mit anderen Thierclassen. 6(53 Als weitere Stütze seiner Ansicht beruft sich Lang darauf, dass die dem Excretions- systeme der Plathehninthen entsprechenden Gänge, welche bei Polj/^ordiiis nur vorübergehend ontogenetisch auftreten, bei einzelnen erwachsenen Anneliden und Hiruidineen erhalten ge- blieben seien. Einen solchen Fall repräsentiren nach Lang die im 'S'orhergehenden auch von mir — allerdings in ganz anderer Weise verwertheten — durch E. Meyer entdeckten Nephridial- gänge gewisser Terebelliden. Ich habe schon hervorgehoben, wie meiner Ansicht nach das ^'erhalten dieser Gänge nicht so ohne Weiteres als ursprüngliches gedeutet werden könne. Aus diesem Grunde habe ich auch davon Abstand genommen, die Gänge für meine Ansichten über den Ursprung des Vornierenganges direct zu verwerthen, indem ich mich darauf beschränkte, dieselben, vor- läufig wenigstens, nur als ein meinen Ansichten zu Hilfe kommendes Paradigma zu betrachten, und zwar als ein Paradigma für diejenige Anordnung, welche wir als einen der Durchgangs- punkte in der Vornierenkanal-Entwickelung vorauszusetzen hatten. Ebensowenig, nein noch viel weniger, können nun aber diese Gänge so ohne Weiteres als Residua von Plathelminthennieren hingestellt werden. Und hier ist es daher auch am Platze, kurz die Gründe anzuführen, die gegen die primäre Natur dieser Gänge sprechen. Erstens zeigen sie in auffallender Weise, dass sie, soweit die Nephridien reichen, durch Ver- schmelzung ebendieser*), weiterhin aber durch Auswachsen der Endglieder der Reihe, also nach Ausbildung der wie sonst zunächst metamer und unabhängig von einander angeordneten Nephridien zu Stande gekommen sind. Zweitens treten diese Gänge nur bei gewissen Tere- belliden auf, bei anderen dagegen nicht; wohl aber sehen wir auch bei anderen Terebelliden einzelne Nephridien durch eine grosse Anzahl von Metameren hindurchziehen. Drittens ent- wickeln sich auch bei den Terebelliden, wie E. Meyer, der Entdecker der Gänge, selbst zu constatiren hatte, die Nephridien nicht etwa derart, dass zunächst ein Gang entsteht, der sich nachträglich gliedert, sondern die einzelnen Nephridien werden im Gegentheil discret in streng metamerer Folge angelegt, welche Thatsache allein schon genügend wäre, den primären Charakter der Gänge auszuschliessen. Nehmen wir überdies noch hinzu, dass auch das Vor- handensein der von Hatschek beschriebenen Kanäle von Poli/gordiiis und Criodriüis nicht be- stätigt werden konnte, dass überhaupt die meisten Beobachter eine getrennte Anlage der Nephridien vertreten, so können wir schliessen, dass in den Gängen von Lanice etc. eine zwar hochinteressante Manifestation des Nephridialsystemes, nicht aber ein Residuum von Plathel- minthennieren vorliegt. Einen anderen Fall solcher bei erwachsenen Annulaten erhalten gebliebener Plathel- *] Für diese secundäre Verschmelzung spricht auch, dass die Aussenschenkel (centrifugalen Schenkel nach meiner Nomenclatur) der Nephridien von Pista cretacea auffallend erweitert sind. Eine Fortentwickelung dieser von E. Meter als parietale Nephridialbehälter bezeichneten Erweiterungen von Pista würde nämlich den bei Lanice und Loimia durchgeführten Zustand anbahnen. ßg4 B- Vergleichend-Anatomischer (Morphologischer) Theil. iiünthenkanäle glaubte sodann I.ang in dem Excretionssysteme von PontohdeUa er- kennen zu dürfen. Bei dieser Hirudinee sollen nach Bournes') Beschreibung die Nephridien ein den grössten Theil des Körpers continuirlich durchziehendes Netzwerk darstellen, welches allein durch die inneren und äusseren Mündungen an der Körpermetamerie participirt. Auch in diesem Falle war von vornherein kaum anzunehmen, dass wir es mit einem ursprünglichen Verhalten zu thun haben, indem ja, wie schon Bergh-) mit Eecht eingewendet hat, die mit PontohdeUa so nahe verwandten Gattungen streng segmental angeordnete Nephridien besitzen. Weiter mache ich geltend, dass Nephridiumverzweigungen nicht etwa nur bei Ponto- hdeUa, sondern auch bei vielen anderen Hirudineen vorkommen, und zwar ohne dass bei letzteren die Metamerie irgendwie dadurch verdunkelt würde, sowie dass auch bei Oligochaeten sowohl die Nephridiumkörper, als auch die Nephridiumkanäle mehr oder weniger der Verästelung unterliegen können. So hat Vejdovski'^) an den Nephridiumkanälen von Enchytraeiden un- gemein zahlreiche Verzweigungen constatiren können. Ferner haben wir durch Benham^) in Microchaeta eine Oligochaete mit vielfach gelappten Nephridien kennen gelernt. Und überaus reich verästelt pflegen endlich die zu Speicheldrüsen umgewandelten Nephridien der Enchy- traeiden nach VejdovskV ') aufzutreten. Schliesslich gilt hier gleicherweise der für die Terebellidenkanäle geltend gemachte embryologische Einwand. Nicht in der Form von Gängen, die sich nachträglich metamer gliedern, sondern unabhängig voneinander in jedem Segmente werden auch die Hirudineen- Nephridien angelegt. Hieraus geht hervor, dass selbst für den Fall, dass Bourne's Beschreibung das Richtige getroff'en hätte, doch niemals das, was Lakg wollte, daraus gefolgert werden konnte. Bourne's Beschreibung wird nun aber überdies Widerspruch erfahren. Apathy, der gegenwärtig nebst anderen Hirudineen auch PontohdeUa sehr eingehend anatomisch untersucht, glaubt sich nämlich auf das Bestimmteste davon überzeugt zu haben, dass die Nephridien letzterer nur etwas reich- licher verzweigt sind, als die ihrer Verwandten, dass aber bei der einen so wenig als bei den anderen Communicationen zwischen den Verzweigungen successiver Organe vorkämen. Be- züglich der Begründung dieses mir gefälligst mitgetheilten Resultates verweise ich auf des genannten Forschers demnächst erscheinende Abhandlung. Nach alledem können wir also constatiren, dass der Versuch, den metamer an- geordneten Excretionsapparat der Anneliden von demjenigen der Plathelminthen abzuleiten, als undurchführbar zu betrachten ist, und dass in Folge dessen auch 1) 1. p. ÜG4. c. p. 4SI, 2) 1. p. 601. c. p, 115. 3) 1. p. 236. c. p. 126. 4) 1. p. 622. c, 5) 1. p. 320. c. p. 28. Taf. 9. Fig. 8, Taf. 12. Fig. Vin. Nephridien (Segmentalorgane). 3. Vergleich der Capitelliden mit anderen Thierclassen. 665 die GEGENBAUR-FüRBRiNGER'sche » Platode nableitixng« des Vornierensystemes der Vertebraten von dieser Seite her keine Unterstützung finden kann. Im Gegen- theil, Alles spricht dafür, dass nicht continuirlich den Körper durchziehende Gänge, sondern metamer angeordnete Nephridien als das wesentliche und pri- märe Element des Excretionsapparates gegliederter Thiere betrachtet werden müssen. Es bleibt nun noch, wie soU ich sagen, der Hypothese oder Theorie? zu gedenken, derzufolge wir die Gephyreen als diejenigen Wirbellosen zu betrachten hätten, von denen das Excretionssystem der Vertebraten abstammt. In seiner Schrift über die Excretionsorgane der Vertebraten, und zwar an der Stelle, an der er die drei Nachweise aufzählt, von denen er seine Anerkennung der Homologie zwischen Segmentalorganen von Anneliden und Urnierenkanälchen von Vertebraten abhängig macht, sagt Fürbringer'): «Ob dieser Nachweis bei den Anneliden zu führen ist, ob es nicht vielleicht eher die, ungeglie- derte und gegliederte Excretionsorgane besitzenden, Gephyreen sind, welche hierfür Klarheit geben könnten, ob dieser Nachweis je gelingen wird, — oder ob überhaupt die von Semper-Balfoijr ge- gebene Eichtung die rechte ist, bleibt abzuwarten.« Als ich diesen Passus, namentlich die von mir gesperrt wiedergegebene Stelle desselben seiner Zeit zu Gesicht bekam, war ich nicht wenig überrascht. » Ungegliederte und gegliederte Excretionsorgane « bei Gephyreen, also bei anneHdenähnlichen Thieren und eben diese Excre- tionsorgane durch Fürbringer den Excretionsorganen der Vertebraten als möglicherweise ver- gleichbar hingestellt, auf derselben Seite, auf der er dem SEMPER-BALFouRschen Vergleich so scharf zu Leibe geht! Nicht nur wer die Urnierenkanälchen, sondern auch wer die Vornierengänge der Verte- braten von Nephridien ableitet, müsste die Thatsache freudig begrüssen, dass in einer den Anne- liden so nahe stehenden Würmergruppe »ungegliederte und gegliederte« Excretionsorgane aufgefunden worden sind. Freilich für den, der mit der Organisation der Gephyreen ver- traut war, dauerte diese Freude nicht lange; denn worauf konnte sich der FüRBRiNGER'sche Satz beziehen? Dass mit den »gegliederten« Excretionsorganen der Gephyreen die längst be- kannten, in deren Vorderkörper gelegenen Nephridien gemeint waren, leuchtete sofort ein; aber mit den »ungegliederten«? Ijcdiglich die im Bereiche des Afters mündenden, sogenannten Analschläuche waren ausserdem noch, sei es nun als ein Paar modificirter, hinterer Nephri- dien, sei es als ein eigenthümliches » Wassergefässsystem « mit excretorischen Organen über- haupt in Beziehung gebracht worden, und sie mussten es auch wohl oder übel sein. Wovon nun Fürbringer bei seiner Bezeichnung der Analschläuche als » ungegliederter « Excretionsorgane ausging, war offenbar Folgendes. Gegenbaur schrieb in der zweiten Auflage seiner Grundzüge: 1) 1. p. 634. c. p. 104. 2) 1. p. 349. c. p. 261—263. ation z. Neapel, Fanna und Flora, Golf yon Neapel. Capitelliden. ßß(3 B. Vergleichend- Anatomischer (Morphologischer) Theil. »Bei den Gephyreen müssen zwei verschiedene Organe als excretorische unterschieden werden. Ob- wohl beide zugleich in der Regel vorhanden sind, so vertheilen sie sich doch functionell derart, dass immer nur das eine mit excretorischen Functionen betraut ist, indess das andere zu anderen Organen in Beziehung tritt. Die eine Form der hierher zu zählenden Organe schliesst die Gephyreen an niedere Zustände an, indem ihr Verhalten mit der nicht ausgebildeten oder nur äusserlich entwickelten ISletamerenbildung zu- sammenhängt. Diese Organe werden durch Schläuche gebildet, welche in das Ende des Darmes münden und wenigstens da, wo sie am genauesten gekannt sind [BonelUa], mit zahlreichen Wimpertrichtern ausge- stattet sind« etc. »Man kann diese Organe mit den bei Echinodermen vorhandenen in Verbindung bringen, wo dann die geschlossenen Schläuche denen der Holothurien, die mit inneren Mündungen versehenen jenen der Synapten entsprächen. Jedenfalls haben wir in dieser bei den Gephyreen vorhandenen Form der Excretions- organe eine Einrichtung zu erkennen, welche einem grösseren Kreise gemeinsam ist, vmd von Einer Stamm- form aus auf die Echinodermen eben so wie auf die Gephyreen sich fortsetzt« etc. »Die andere Form besteht aus paarigen, an der Bauchfläche ausmündenden Schläuchen, welche mit den segmentalen Excretionsorganen — den Schleifenkanälen der Anneliden — verglichen werden müssen, von denen sie einen einfacheren Formzustand vorstellen« etc. »Durch den Besitz der aufgeführten beiden Arten von Excretionsorganen nehmen die Gephyreen eine beachtenswerthe Stellung unter den Würmern ein. Wir sind zwar noch nicht im Stande, diese voll- kommen fest zu bestimmen, aber soviel erscheint doch klar, dass das Vorhandensein der einen Art jener Organe ebenso auf die niederen Würmer verweist, wie das Vorkommen der anderen auf die höheren hin- deutet« etc. »Wenn wir in beiderlei Arten von Excretionsorganen im Wesentlichen übereinstimmende Einrich- tungen, und nur in den Beziehungen zum Körper, in Lagerung und Verbindung, bedeutendere Verschieden- heiten antreffen, so entsteht die Frage, ob dißse Organe homodynam seien. Bei erster Betrachtung ist eine Verneinung am wahrscheinlichsten. Und doch führen manche Erwägungen zum entgegengesetzten Ergebnisse. Die am aboralen Leibesende mündende Form des Organs muss als ursprüngliche betrachtet werden (s. Platt- würmer etc.]; die andere paarig mündende, segmentale, als die erst mit der Metamerenbildung erworbene. Stellt man sich nämlich vor, dass mit der allmählichen Anbahnung einer Metamerenbildung in den neuge- bildeten Theilen eine Wiederholung der Organe auftritt, so werden die Organe entsprechend der Correlation zu den neugebildeten Stücken, die zwischen dem Vorder- und Hinterstück des vusprünglichen Körpers auf- traten, in diesen Metameren nicht genau so sich verhalten können, wie in den nunmehrigen terminalen Metameren. In letzteren nämlich, die aus dem primitiven ungegliederten Organismus stammen, können sich Theile in ihrer primitiven Beziehung erhalten, deren neugebildete Homodyname eben durch die Neubildung und Anpassung an intermediäre Metameren modificirt sind. Was speciell unsere Organe betrifft, so ist es klar, dass bei einer durch die Metamerenbildung bedingten Wiederholung das Schlauchpaar an dem neuen intermediären Segmente nicht mehr mit dem Darme zu einer Cloake sich verbinden kann, sondern dass es eine selbständige Ausmündung gewinnen muss, und damit erhalten wir die segmentale Form des Excretions- apparates.» Gegenbaur versuchte also die Analschläuche und Nephridien der Gephyreen als Ueber- bleibsel eines ursprünglich einheitlichen excretorischen Apparates verständlich zu machen, respective beide vom Wassergefasssysteme der Platoden abzuleiten, und wie er selbst in dieser Zurückführung nichts Anderes als einen Versuch oder eine Hypothese erblickt, geht doch aus der Art, wie er sich ausdrückt, klar hervor. Wie konnte nun aber daraufhin (und wenn nicht daraufhin, auf was dann sonsf?j FüRBRiNGER die Hypothese schlechtweg in ein Factum verwandeln und schreiben: »die ungegliederte und gegliederte Excretionsorgane besitzenden Gephyreenc? und zwar, ich wiederhole, in derselben Schrift, ja auf derselben Seite, auf der er gegen den Semper- BALFouR'schen Vergleich der Nephridien mit Urnierenkanälchen schrieb: »indessen muss ich VIII. Mephridien (Segmentalorgane). 3. Vergleich der Capitelliden mit anderen Thierclassen. ^67 Einsprache dagegen erheben, wenn diese Hypothese als wirklicher Beweis für die Homologie der Segmentalorgane der Anneliden und der Urniere der Vertebraten aufgeführt wird«. Mir scheint es nun viel nothwendiger, dagegen Einsprache zu erheben, dass eine Vermuthung (das sind die »ungegliederten« Excretionsorgane der Gephyi'een) gleich einer Thatsache hingestellt wird, als dagegen, dass zwei Thatsachen (das sind die Nephridien der Anneliden und die Urnierenkanälchen der Vertebraten) sei es nun mit mehr, sei es mit weniger Recht, aufein- ander zurückgeführt werden. Um so nothwendiger, wenn man bedenkt, welch bedeutende Eolle dieser FüRBRiNGER'sche Satz in den zwei neuesten und vollständigsten Zusammenfassungen über die Ontogenie und Phylogenie des Vertebraten-Excretionsapparates zu spielen berufen war. Kollmann') kam nämlich zu dem Schlüsse: »Die doppelte Natur, die in der Anlage des excretorischen Systemes sich ausspricht, tritt seit jener Zeit schärfer in den Vordergrund der Aufmerksamkeit und man muss offenbar verlangen, dass die Studien über die Homologie sowohl auf die Segmentalorgane als auf die ungegliederten Kanäle Rücksicht nehmen. FÜEBRiNGER Stellt eine ähnliche Forderung, und deutet auf die Gephyreen, welche gegliederte und unge- gliederte Excretionsorgane besitzen. An diese Gruppe der Würmer wird man zunächst erinnert, sobald die eigenartige Doppelnatur des excretorischen Apparates bei den Wirbelthieren die Frage nach seiner Herkunft wachruft.« Und WiEDERSHEiM-) wiederholt: »Jene Doppelanlage des Urnierensystemes deutet, um mich der Worte Kollmann's zu bedienen, darauf hin, dass es auf Bahnen der Stammesentwickelung erworben wurde, welche entweder früher einmal getrennt waren, oder dass es von Organismen mit in den Bauplan der Wirbelthiere herübergelangte, welche, wie z. B. die Gephyreen, ungegliederte (longitudinale) und gegliederte (transversale, segmentale) Excretions- organe besassen.« Man sieht, hier werden die »ungegliederten« Excretionsorgane, respective die Anal- schläuche der Gephyreen bereits als » longitudinale « Organe den transversalen gegenübergestellt. Wie nun aber gerade diese Analschläuche der Gephyreen noch ein im morphologischen Sinne viel umstrittenes Object bilden, mag man aus folgender, einer Schrift Bergh's'J entnommener Zusammenstellung ersehen. Sie lautet: »Sehr verschiedenartig lauten die neueren Ansichten der Verfasser über die Homologien der Excre- tionsorgane der Gephyreen. So findet sich bei einem Verfasser (Hatschek 1880) die Anschauung vertreten, dass die Kopfniere dem Wassergefässsystem entspreche, während die Analschläuche als den Segmentalorganen homodynam aufgefasst werden. Ein anderer Autor (Spexgel ISSü) sieht es dagegen als wahrscheinlich an, dass nur die Ausführungsgänge der Geschlechtsorgane Segmentalorgane seien, während möglicherweise die Analschläuche dem Wassergefässsystem entsprechen, trotzdem er auch selbständig die Existenz der Kopf- nieren erkannte. Einem dritten Verfasser (Vejdovsky 1881) zufolge wären nur die Kopfnieren und die Analschläuche als Segmentalorgane zu betrachten, während die Ausführungsgänge der Geschlechtsproducte dagegen Bildungen anderer Art seien. Ich selbst sehe mit Hatschek in den Kopfniereu das Homologen des Wassergefässsystemes der Plattwürmer; in den Ausführungsgängen der Geschlechtsproducte und möglicher- weise auch in den Analschläuchen sind Segmentalorgane zu erkennen; für letztere ist jedoch diese Deutung nicht sicher. Nach Eisig's Beobachtungen über die Verdoppelung der Wimpertrichter bei Capitella erscheint ihre Möglichkeit indessen nicht ausgeschlossen.« 1) Kollmann, J. Ueber Verbindungen zwischen Cölom und Nephridium. Festschr. zur Feier des 300jähr. Besteh. Univ. Würzburg. 1882. p. 35. 2) WiEDERSHEiM, R. Lehrbuch der Vergl. Anatomie der Wirbelthiere. 2. Auflage. Jena 1SS6. p. 731. 3) 1. p. 601. c. p. 118. 668 B- Vergleichend-Anatomischer (Morphologischer) Theil. Nichtsdestoweniger sei wiederholt, dass ich nicht etwa die Berechtigung des Versuches, die Analschläuche der GephjTeen sei es mit Nephridien, sei es mit Platodennieren zu ver- gleichen, in Frage stellen will; wogegen ich mich wende, ist allein, dass man einen solchen Versuch, eine solche Vermuthung gleich einer Thatsache hinstellt, und sollte es mir gelungen sein, durch Vorstehendes der weiteren Verbreitung der Legende vom Vorkommen »gegliederter und ungegliederter« Excretionsorgane bei Gephyreen Einhalt zu thun, so wäre damit mein Hauptzweck erreicht. IX. (jesclileclitsorgane. 1. Vergleichende Zusammenfassung der Oapitelliden.') Sämmtliche Glieder der Familie sind getrennten GescMechtes. Während sich bei Capitella cf und 2, in Folge des schon frühe zur Ausbildung ge- langenden Copulationsapparates ersterer, auch im nicht reifen Zustande von einander unter- scheiden lassen, treten bei allen übrigen Gattungen äussere Sexualcharaktere erst mit dem Heranreifen der betreffenden Keimprodukte auf. Als solche Charaktere Hessen sich erken- nen : erstens die abweichende (vom Deutoplasma der Eier herrührende) Färbung der Q , sowie deren hypertrophische Porophore. Ausgangspunkt für die Ausbildung sowohl der cT, als der Q. Fortpflanzungszellen ist allgemein das Peritoneum, und zwar in den Gattungen Notomastas, Mastobranchus, Heteromastus sowie Capitella ausschliesslich das Dach der Bauchstrangkammer, also die Genitalplatte, bei Dasyhranchus dagegen betheiligen sich auch noch andere Theile jener Membran, nämlich das hämale Aufhängeband des Darmes, an der proliferirenden Thätigkeit. Für die dem Perito- neum principiell zukommende Fähigkeit, Keimkörper auszubilden, spricht auch die 'Chatsache, dass zwar im Genus Heteromastus solche Körper, wie erwähnt, nur von der Genitalplatte aus zur Reifung gelangen, dass aber daneben gleichzeitig auch locale Partien der Darmmesenterien und Somatopleuren in einen wuchernden, auf der ersten Stufe der Prolification_ verharrenden Zustand gerathen können. Pungirende Keimstöcke finden sich bei sämmtlichen Formen allein in der hinteren Körperabtheilung, im Abdomen. Bei Notomastus, Dasj/bravckus, Mastobranchus und Heteromastus bleiben die ersten drei oder vier abdominalen Segmente unfruchtbar, von da ab wiederholen sich dann aber sowohl die cf, als die 2 Anlagen bis zum Bereiche des Schwanzendes von Segment zu Segment. Bei Capitella dagegen pflegen diese Anlagen schon vom ersten ab- dominalen Ringel an aufzutreten und nur bis zur Abdomenmitte zu reichen. Gegenüber dem Vorkommen dieser zahlreichen, fungirenden Keimstätten im Abdomen vergleiche: u Anatomisch-Histologischer Theil« p. 132—147, 199—202, 225—227, 243—4-1 und QIO B. Vergleichend- Anatomischer (Morphologischer) Theil. ist nun Jiervorzuheben, dass die Genitalplatte mit Ausnahme von Dasijhraitdms bei allen Ca- pitelliden auch in einem oder zwei thoiacalen Segmenten zu ziemlich umfangreichen, median- neuralen Keimlagern anschwillt, welche letztere aber sowohl bei den Q, als bei den cf zeit- lebens in einem Zustande verharren, welcher von den abdominalen nur als Entwickelungs- stadium durchlaufen wird, nämlich im Zustande der Kernvermehrung. Solche sterile, thora- cale Keimstöcke, wie ich sie genannt habe, kommen bei Notomastus, Mastohrmickus und He- tcromastus je nur in der Einzahl, und zwar bei allen gleicherweise im 12. Segmente vor: bei Capitella dagegen sind sie in zwei Zoniten, nämlich im 5. und 0. (allerdings entfernt nicht so umfangreich wie bei den übrigen vertreten. Es folgt aus dem Vorhergehenden, dass sich zwischen die vorderen in ihrer Entwickelung gehemmt bleibenden und die hinteren zur Func- tion gelangenden Keimstöcke mehrere ganz unfruchtbare Segmente einschieben, und diese Thatsache ist von morphologischer Bedeutung, indem sie Anknüpfungspunkte für diejenigen Fälle bietet, in denen es nur noch in einzelnen vorderen Segmenten zur Ausbildung von Ge- schlechtsdrüsen kommt. Zur Zeit der Geschlechtsreife schwillt die bis dahin histologisch durchaus nicht von anderen Partien des Peritoneums abweichende Genitalplatte stark an, ihre Kerne vermehren sich ausserordentlich, und von Zellgrenzen oder Zellterritorieu ist Nichts mehr zu sehen; das Ganze bildet vielmehr ein Syncytium, in dem einzelne Kerne durch ihre Grösse auffallen. Diese Kerne sind es auch, die sammt dem um sie gruppirten Zellmateriale die künftigen Oo- und Spermatosporen darstellen. Das Verhalten der Keimstöcke ist in den beiden Geschlechtern insofern verschieden, als sich bei den cJ' die Spermatosporen in dem Maasse, als sie zur Ausbildung gelangen, von der Genitalplatte ablösen, um ihre gesammte Entwickelung in der Leibeshöhle zwischen den Hämolymphelementen durchzumachen, wogegen bei den Q eine so frühe Ablösung der Fort- pfianzungszellen niemals stattfindet. In Folge dieses zwiespältigen Verhaltens können wir wohl von Ovarien, nicht aber von Hoden iwenigstens nicht im strengeren Sinne des Wortes) reden. Und selbst die Ovarien verhalten sich in dieser Hinsicht je nach den Gattungen sehr verschieden. Nur bei Notomastus und Capitella bleiben nämlich die Eier bis zu ihrer an- nähernden Reife segmentweise zu Klumpen vereinigt, indem sich die Genitalplattc in zwei Lamellen spaltet und die Keimkörper sich in der dadurch gebildeten Höhle ansammeln. In dem Maasse als die Keime heranwachsen, werden die I>amellen der ursprünglichen Genital- platte (jetzt Eierstocksmembran) ausgedehnt und die zu äusserst gelegenen (reifsten) Eier werden überdies durch Fortsätze der Eierstocksmembran follikelartig umwachsen. Bald wird der Raum der Bauchstrangkammer für die in immer grösserer Zahl sich ansammelnden Geschlechtszellen zu enge, so dass die Ovarien nach den Darmkammern hin sich ausdehnen und schliesslich in Form von cylindrischen oder kuchenförmigen Körpern den Darm beiderseits umfassen. Hat die Spannung einen gewissen Grad erreicht, so platzt das Ovar und sein Inhalt (der bei No- tiimastns aus sehr verschieden und bei Capitella aus mehr gleichmässig ausgebildeten Eiern besteht) ergiesst sich in die Leibeshöhle, um hier mit dem Blute flottirend vollends auszureifen. IX. Geschlechtsorgane. 1. Vergleichende Zusammenfassung der Capitelliden. 671 Anders bei den Gattungen Dasi/branchtis, Mastohraiichns und Heteromastus. Bei ihnen kommt es nicht nur zu keiner Spaltung der Genitalplatte, sondern es entwickelt sich viel- mehr in ihrem Inneren eine Muskellage und die Keimbildung geht daher an den Aussen- flächen der Platte vor sich. Haben sich die Eier bis zu einem gewissen Grade angehäuft, so fungirt die erwähnte Muskellage, als eine Art v^n Rhachis. Nie entstehen aber so volu- minöse Ovarien, wie bei den anderen zwei Gattungen, indem sich die Keime bei dem Mangel einer Eierstocksmembran in dem Maasse, als sie heranreifen, auch jeweils ablösen können. Bezüglich der Eibildung ist als interessantes Factum hervorzuheben, dass die jungen Eier so lange Theile des angrenzenden, steril gebliebenen Syncytiums unmittelbar in sich auf- nehmen, bis sie etwa ein Drittel ihres definitiven Volumens erreicht haben. Dann erst m- dividualisiren sie sich durch Abscheidung einer Membran und dann rückt erst ihre Ernährung in die normalen, endosmotischen Bahnen. Bei allen Gattungen mit Ausnahme von Capitella herrscht von einem sehr frühen Sta- dium ab zwischen Ei- und Keimbläschen-Durchmesser das nahezu constante Grösseverhältniss von 2:1. Das abweichende '\'erhalten genannter Form wird wahrscheinlich durch die in ihren Eiern auffallend reichliche Ausbildung von Deutoplasma bedingt. Was die absolute Grösse der reifen Eier betrifft, so hat sich ergeben, dass die klein- sten Formen die grössten Eier produciren. Nachstehende Liste, in der die Species nach der Körpergrösse untereinander geordnet stehen, illustrirt das; besonders wenn man Dasi/branchiis caducus und Capitella capitata, also die grösste und eine der kleinsten Formen der Familie, mit einander vergleicht. Grösse der reifen oder Grösse ihrer Keim- Species: nahezu reifen Eier : bläschen : (Diameter in ij,) (Diameter in tj.) Dasj/branchus caducus 120 '? Notomastus fertiUs 2(J0 90 profundus 200 96 liueatus 130 00 Benedoii 280 120 Dasybranckus Gajolae 180 88 Mastobranchus Trinchesii 140 60 Heteromastus fiUformis 160 80 Capitella capitata 288 56 Wie die Eier im Habitus voneinander abweichen, ist aus Tafel 1 zu ersehen. Die Spermatogenese geht, wie schon erwähnt wurde, ganz und gar in der Leibes- höhle vor sich. Einzelne Spermatosporen oder Gruppen solcher theilen sich in immer kleinere Zellportionen, die Spermatoblasten, aus welchen die Schwänze der künftigen Spermatozoon auswachsen. Die aus den Spermatosporen hervorgegangenen Spermatoblast- haufen, die S p er mato Sphären, haben bei allen Capitelliden mit Ausnahme von Capitella ß72 B. VergleichenJ-Anatomisoher (Morphologischer) Theil. dieselbe sehr charakteristische, unregelmässige Schollenform; auch die fertigen Spermatozoen- köpfe bieten mit der erwähnten Ausnahme bei allen ein ganz übereinstimmendes birnförmiges Ansehen dar. Bei CapiteUa nun haben merkwürdiger Weise sowohl die Spermatosphären, als die reifen Spermatozoen ein ganz abweichendes, und zwar auffallend an das Sperma der Lum- briciden erinnerndes Ansehen. Wie bei letzteren ordnen sich nämlich in den Sjjermatosphären die in Entwickelung begriffenen Spermatozoen radienförmig und bieten die Köpfe der reifen Samenthierchen ein spindelförmiges Ansehen dar. Als Evacuations- und Copulationsorgane fungiren bei den Capitelliden in beiden Geschlechtern die sogenannten Genitalschläuche, Organe, welche wegen ihrer innigen Be- ziehungen zu den Nephridien schon im vorhergehenden Kapitel berücksichtigt werden mussten. Die Genitalschläuche stellen seitlich comprimirte, in je einen vorderen und hinteren Zipfel auslaufende Urnen oder Glocken dar, welche an der vorderen Segmentgrenze im Be- reiche der Seitenlinie mit verengertem Halse auf besonderen Hauthöckern oder Porophoren nach aussen münden. Durch eine Anzahl aus der Stammesmuskulatur entspringender Pro- trusoren und Retractoren können sie bis zu einem gewissen Grade vorgestülpt und wieder zurückgezogen werden. Ihre Grösse verhält sich in den verschiedenen Formen ziemlich gleich; dagegen pflegen, wo sie vielzählig auftreten, die hintersten bedeutend an Volum abzunehmen. Im gegebenen Segmente haben sie, ebenso wie die Nephridien, stets ihre Lage in den Nieren- kammern, und zwar hängt es von der Art ihrer Relation zu den Nierenorganen ab, ob sie allein den vorderen Theil eines gegebenen Zonites, oder aber dessen Gesammtlänge einnehmen. Die Structur ist sehr einfach; von der Urnenlichtung ausgehend, treffen wir zunächst ein mit zahlreichen, lebhaft schwingenden Cilien besetztes Epithel und darüber, dem Cölom zu, eine peritoneale Hülle; zwischen beiden Membranen lassen sich auch einzelne Ringmuskelfasern erkennen. Die Porophore, also die Träger der Mündungen, stimmen, was ihre Zusammen- setzung betrifft, bei den c? stets und bei den Q ausserhalb der Geschlechtsthätigkeit voll- ständig mit den angrenzenden Hautpartien überein. Bei den geschlechtsreif werdenden 2 dagegen verändern sie dieses ihr Ansehen bedeutend, indem durch Hypertrophie ihrer drüsigen Elemente umfangreiche, an die Gürtelbildungen der Oligochaeten erinnernde Anschwellungen iw Stande kommen. Die Genitalschläuche sind streng segmental angeordnete Gebilde, welche bald auf den Thorax, bald auf das Abdomen beschränkt bleiben, oder aber in beiden Körperabtheilungen zugleich vorkommen. Nachstehende Liste giebt ein Bild ihrer Vertheilung nach Zahl und Segmenten in den verschiedenen Gattungen und Arten. IX. Geschlechtsorgane. 1. Vergleichende Zusammenfassung der Capite litelliden. 673 Genitalschläuche vorhanden in : Thoraxsegmentcn : Abdomensegmontcn Verhilltniss der Genitalschläuche zu den Nephridien : Nutomastus lineatus (Notomaslus Bencdeni profundus \ fcrtilis Dasybranchus Gujolav 2—6 •2—10 2—21 -25 (maximum^ Dasybranchus cadurus Dasybranchi Mastob ranc/ius Trinchcsii Heteromasttis ßliformis Capitdla capitata 13—14 zuweilen fehlend 13—14 zuweilen fehle 7—12 9—12 nur im 8. -50 (maximum*) -50 (maximum* SowoM GenitalscUIfiucLc, als Neiiliiidiüu befliidt-n sich diesen Segraeuten iu degeuerirtem Zustande oder fehlen ga eu Zipfel der (JeiüUlsehläncUe bleiben zeit- Nephridiumtrichtern der respectiven Segmente i Zusammenhange. Je nach Alter oder Grösse der Thiere finden sich erstens iu einer verschieden grossen Anzahl vorderer Segmente aus- iIiIm lili i^' iiif.Ll^L-hläuche; zweitens iu einer fulgendeu I II Uli verschiedengradig degenerirte Nepbri- ili II I III finer ebenfalls wechselnden Zahl hiuleror Si- n!.| N'iilii ii,lirn mit verschiedengviuli-^^ ;nisi,'el)ih!i-ti'u tieuitalscbläucben. Es schwanken aber ili' n |.ii;\iii s, -- mentzahlen in der Art, dass mit zuni'li : i ii 1' i Thiere sich immer mehr Nephridien rui kl i - ii , ui Entstehung immer zahlreicherer, nualjU-ui^'i^^i i i_<..iuUl1- schläuche Veranlassung geben. (Vergl. Liste p. UIO). Zeigen hinsichtlich der Beziehungen von Genitalschlauch und Nephridium ein mit Dasijbianchits Gajoluc übereinstim- mendes Verhalten. (Vergl. Liste p. l'Jll). I hläuche und Nephridien treten in allen iil.^rloi Organen ausgerüsteten Segjnenten Hill functioniroud nebeneinander auf. Nur i,ibaftvonNcphridiumtrichtern und Genital- verräth auch hier genetische Beziehungen. (Vergl. Liste p. 1'.I6). Geuitalschläuche ganz unabhängig von Nephridien, indem letztere in den ausgebildeten Thieren auf das Abdomenende beschränkt TTloilicn. Rudimentäre Nepliidien im Vorderleibe einzelner if«s/o6m«t7»f5 -Individuen machen es aber wahr- scheinlich, dass in den Juvenes noch Beziehungen zwischen den beiderlei Organen bestehen. Genitalschläuche entstehen ontogeuetisch unabhä Nephridien. (Vergl. Liste p. 27li). igig 1 Was nun die so interessanten Beziehungen von Genitalschläuchen und Nephridien betrifft, so kann nach unserer ausführlichen Darstellung des Sachverhaltes'') kein Zweifel mehr herrschen, dass die Nephridiumtrichter (sammt angrenzendem Peritoneum) die Herde dar- ß) Vergl. diesen Tlieil, Kapitel Nephridien. *) Diese Zahl bezieht sich auf diejenigen Individuen, habe ; in der Regel sind sie nicht so zahlreich vertreten. Zool. Station z. Neaiiel, Fauna und Flora, Golf von Neapel. C'apitelliden. ^h die meisten Genitalschläuche gefunden ß'74 B. Vcrgleichcnd-Anatomisolior (Morphologischer) TIilÜI. stellen, von denen die Bildung der Genitalschläuclie ausgeht. Tn der Ihitergattung Trcino- mastits bleibt der Zusammenhang (und die Function) beider Organe zeitlebens erhalten; eine scharfe Grenze zwischen Trichter und Zipfel ist gar nicht festzustellen. Bei Dasi/branchiis Gajulae und bei D. cadiicus (Typus Gajolensis) können wir, da sich der Prozess der Genitalschlauchbildung im heranwachsenden Thiere auf eine immer grössere Segmentzahl erstreckt, die Umwandlung von Trichter in Genitalschläuche Schritt für Schritt verfolgen. In dem Maasse, als sich diese Umwandlung vollzieht, verfallen die Drüsenabschnitte der zugehörigen Nephridien der Rückbildung, so dass schliesslich die auf Kosten der Nieren- organe entstandenen Genitalschläuche allein die bezüglichen Segmente einnehmen. Bei Dasyhranchus caducvs (und zwar bei denjenigen Individuen der dimorphen Art, deren uropoetisches System sich nicht dem Gajole>ms-'\:yY)us conform verhält) treffen wir Ne- phridien und (jenitalschläuche in allen (überhaupt mit solchen ausgerüsteten) Segmenten voll- ständig ausgebildet, functionsfähig und relativ unabhängig von einander. Trichter und Zipfel gehen nämlich nicht (so wie bei Tremomastiis) in einander über, sondern bekunden ihre adäquaten Beziehungen nur durch die innige Nachbarschaft. Bei den nur in der vorderen Körperregion mit Genitalschläuchen ausgerüsteten Clisto- miisfiis, Mastohranchus und Heteromastus Hess sich zwar, da (wenigstens im erwachsenen Zu- stande) in dieser Region keine Nei)hridien mehr zur Ausbildung gelangen, das Abhängigkeits- verhältniss der Genitalschläuche nicht demonstriren; aber in Anbetracht, dass bei jugendlichen Individuen von CUstomastiis in den entsprechenden Segmenten riulimentärc Nephridien auf- zutreten pflegen, kann es keinem Zweifel unterliegen, dass sich auch in diesen Formen die Gcnitalschläuche im Anschlüsse, respective auf Kosten von Nephridien ausbilden; nur ist der betreffende Prozess in eine frühe Lebensperiode zurückverlegt. Bei Capitella dagegen konnte ich feststellen, dass es in dem einzigen mit Genital- schläuchen ausgerüsteten Segmente zu keiner, selbst auch nur vorübergehenden Anlage von Nephridien mehr kommt, indem die Genitalschläuche hier gleich trichter- oder urnenförmig an- gelegt werden. Das zugehörige Nephridium bleibt ontogenetisch unterdrückt; denn in Anbetracht der completen Uebereinstimmung der C(/^>;Yf//rt-Genitalschläuche mit denjenigen der übrigen Gattungen einer- und der unzweifelhaften Abhängigkeit der Genitalschläuche von Nephridien bei Tremomastus und Dasybranchus andererseits, kann kein Zweifel darüber herrschen, dass es sich in dem abweichenden Verhalten von Capitella nur um einen (auch schon bei ClLstomastus, Mastohranchus und Heteromastus angebahnten) ontogenetischen Ausfall handele, und dass dem- gemäss in phylogenetischem Sinne die Genitalschläuche von Capitella ebenso wie diejenigen der übrigen Formen als im Anschlüsse an und in Abhängigkeit von Nephridiumtrichtern ent- standene Gebilde betrachtet werden müssen. Capitella ist im cf Geschlechte mit besonderen, offenbar der Copulation dienenden (ireifwerkzeugen ausgerüstet. Es sind die hämalen Parapodien des 8. und 9. Segmentes, welche in S— lOnim langen Thieren sich bedeutend vergrössern und zugleich gegen die hämale INIcdianlinic zusammenrücken. An Stelle der ausfallenden normalen Borsten treten viel um- IX. Geschlechtsorgane. 2. Vergleich der CJapitelliden mit anderen Anneliden. 075 fangreichere, klaucnförmige; die ursprüngliche Parapodmuslculatuv wird durch eine viel mächti- gere, die Aus- und Einstüli)ung des ganzen Apparates bewirkende ersetzt, und zwischen den Copulationsborsten des 9. Segmentes entwickelt sich überdies durch Hauteinstülpung eine Kittdrüse. Interessant ist, dass im Genus Capitomastus auch bei den Weibchen ein der artiger Greifapparat zur Ausbildung gekommen ist. Allein bei Capitella findet Brutpflege statt. Die reifen £ bauen nämlich festere Wohn- röhren als sonst, und der inneren Fläche dieser Röhren kleben sie mosaikartig ihre Eier auf. Die Mutterthiere bleiben bis zum Ausschlüpfen der Brut in ihren Gehäusen; niemals findet man letztere verlassen. Bei Clistomastus treten die Genitalscliläuche zu keiner Zeit functionsfähig auf. Die Entleerung der Geschlechtsprodukte wird bei dieser Untergattung durch die Ablösung der von solchen Produkten überfüllten Abdomina ermöglicht, und gleichzeitig mit dieser Ablösung muss sich auch die Mischung der beiderlei Keimstoffe vollziehen. Mit dieser abweichen- den Entleerung der Geschlechtsprodukte gehen nun bei Clistomastus sehr auf- fallende regressive Metamorphosen der Haut, des Darmkanales und der Dis- sepimente einher, welche schliesslich zu einer vollständigen Degeneration führen, Meta- morphosen, deren Verlauf in den betreffenden Kapiteln des vorhergehenden Theiles schon aus- führlich geschildert wurde, und auf deren Bedeutung im Pliysiologischen Tlicilc noch zurück- zukommen sein wird. 2. Vergleich der Capitelliden mit anderen Anneliden. Die Ausfuhrapparate der Geschlechtsprodukte wurden, insofern als es sich um ihre morphologischen Beziehungen handelt, schon im vorhergehenden Kapitel eingehend besprochen, so dass hier nur die Keimbildung zu betrachten übrig bliebe. Da sich nun aber gerade über Ei- und Samenbildung in der letzten Zeit eine selir reiche Speciallitteratur angesammelt hat, und das betreffende Thema überdies weniger Fragen morphologischer, als histologischer Natur einschliesst, so nehme ich von einer vergleichenden llebersicht (welche zudem viel mehr auf Nichtanneliden, als auf Anneliden sich zu beziehen vermöchte) Abstand und beschränke mic-h darauf, zwei Punkte hervorzuheben, nämlicli die Abstammung der Keimproduktc und dic^ Zellennatur des Eies. Was zunächst die Abstammung der Keimprodukte betrifft, so haben wir gesehen, dass bei allen Capitelliden lediglich das Peritoneum den Mutterboden für die vVusbildung der Sexualzellen darstellt. Dieses Kesultat stimmt durchaus mit demjenigen überein, zu dem auch die grosse Mehrzahl aller anderen Autoren gekommen ist. Wenn wir davon absehen, dass je nach den Gattungen oder Familien bald die peritoneale Decke der Muskulatur, bald die- jenige der Septen, (hmn wieder der Mesenterien oder aucli der Blutgefässe in den prolifcrirendeu 67ß 1^- Vergleichend-Anatomischer (Morphologischer) Theil. Zustand g-eräth, so lässt sich auch für die Anneliden der Satz aufstellen: aus dem Peri- toneum entstehen die Keim Stoffe. Alle die einzelnen Abhandlungen hier aufzuführen, welche Beiträge zAir Begründung dieses Satzes geliefert haben, halte ich nicht für geboten; dagegen glaube ich diejenigen Angaben nicht unerörtert lassen zu sollen, die gegen die AUge- meingiltigkeit unseres Satzes zu sprechen scheinen. In solchem Sinne könnte die Schilderung aufgefasst -werden, welche Claparede') von der Keimstoffbildung der Nereiden etc. geliefert hat. Bei den Nereiden und auch bei ge- wissen Terebelliden sind nämlich schon vor der Geschlechtsreife Theile der Gefasse sowie der Leibeshöhle von einem eigenthümlichen, fettähnliche Tropfen enthaltenden Bindegewebe über- zogen, welches nach C'laparede eine Art Fettkörpcr darstellen soll. Das betreffende Gewebe nimmt in dem Maasse, als die Geschlechtsreife herannaht, immer mehr an Umfang zu, bis es schliesslich die Leibeshöhle fast ganz ausfüllt. Gleichzeitig bilden sich auf Kosten dieses Fettkörpers die Oo- und Spermatosporen. Was hier Claparede dem Fettkörper vergleicht, ist nun nichts Anderes, als ein Produkt des die Gefasse und die Leibeshöhle überziehenden Peritoneums, und die Keimbildung der Nereiden etc. entfernt sich daher auch, principiell wenigstens, nicht von der der übrigen Anneliden. Ferner könnte gegen die Allgemeingiltigkeit des obigen Satzes Kleinenberg's'-) Schilderung der Entwickelung der Geschlechtsorgane von Tjopadorhi/nchus geltend gemacht werden. Während man bisher bei Anneliden im embryonalen Zustande noch nie besondere An- lagen von Geschlechtsorganen nachzuweisen vermochte, vielmehr in allen Fällen erst im mehr oder weniger ausgewachsenen Zustande die Keimstoffe von dem Peritoneum aus zur Ent- wickelung kommen sah, giebt Kleinenberg an, dass bei Lopadorhynchus die Geschlechtsorgane in Form e ctodermaler, birnförmiger Einstülpungen oder Knospen angelegt werden. Kleinenberg selbst hat sich zwar schon, in Anbetracht, dass sein Befund mit allem bisher bekannt Gewordenen so scharf contrastirt, gegen die Unterstellung verwahrt, dass er Anlagen eines anderen Systemes (speciell die am nächsten liegenden der Parapodialganglien) für solche von Geschlechtsorganen gehalten habe — gleichwohl wird man nach einer Be- stätigung dieses Befundes zu verlangen geneigt sein. Aber für den Fall auch, dass man die ectodermale Entstehung der Geschlechtsorgane genannter Anneliden als feststehendes Factum anerkennen muss, so wird doch durch diese Anerkennung die Giltigkeit unseres obigen Satzes nicht ernstlich gefährdet. Nach Kleinen- berg's') Auffassung giebt es nur zwei Keimblätter, nämlich Ecto- und Entoderm; was man traditionell als drittes Keimblatt oder Mesoderm betrachtet, besteht in Wahrheit aus genetisch ungleichwerthigen, nur scheinbar zu einer einheitlichen Masse vereinigten Bestandtheilen. »So entsteht", sagt Kleinenberg, »der bleibende Peritonealüberzug des Darmes bei Lopudorhynchus 1) 1. p. 8. c. p. 155. 1] I. p. 303. c. p. 16G— 167. 3) 1. p. 303. R. p. 1 — 1!». IX. Geschlechtsorgane. 2. Vergleich der Capitelliilen mit anderen Anneliden. G77 nicht direct vom Ectoderm, noch weniger aber von einem anderen Keimblatt, sondern aus der Umbildung eines Theiles einer ganz specifischen Gewebsanlage, der Muskelplatte. Das Peritonealepithel besteht aus umgewandelten Muskelzellen, und da die Muskelplatten direct vom Ectoderm herkommen, sind sie in der eben aufgestellten Reihenfolge sccundäre, die Peritonealhäute aber tertiäre Ectodermabkömmlinge«. Also liefe nach Kleinenberg's eigener Definition der ganze Unterschied zwischen Im- padorhynchus und den anderen zur ITntersuchung gelangten Anneliden darauf hinaus, dass bei ersterem die Geschlechtsorgane embryonal aus dem primären Ectoderme, bei letzteren dagegen erst später aus einem »tertiären Ectodermabkömmlinge« entstehen. Hinsichtlich des zweiten zu erörternden Punktes, nämlich der Frage nach der Zellen- natur des Eies möchte ich nur hervorheben, wie meine an den Capitelliden gemachten Er- fahrungen zu Gunsten der traditionellen, neuerdings wieder von Korschei.t') gegenüber Götte und Will betonten Auffassung sprechen, derzufolge »auch das Ei [der Insekten] durch die Auf- nahme von Abscheidungsprodukten anderer Zellen seine Zellennatur nicht verliert, wenn es auch in Folge der reichlichen Aufnahme fremder Substanz den gewöhnlichen Umfang einer /eile überschreitet. « Wir haben gesehen, wie bei den Capitelliden die Eibildung derart von statten geht, dass sich die Kerne einzelner Zellterritoricn des Genitalplatten-Syncytiums bedeutend ver- grössern (zu Keimbläschen umbildeni, und dass die zugehörigen Zellterritorien, so lange bis die Bildung einer Dotterhaut erfolgt, durch unmittelbare Einverleibung angrenzender, steril gebliebener Syncytiumpartien wachsen. Dieser (temporäre) Wachsthumsmodus wurde aus der Thatsache erschlossen, dass junge Eier kurz vor, oder kurz nach der Dotterhautentstehung innerhalb ihrer bereits wohl individualisirten Zellsubstanz noch mehr oder weniger deutliche Kerne erkennen Hessen, welche durchaus mit denjenigen des angrenzenden Syncytiums über- einstimmten. Hier bei unseren Anneliden liegt also das weiterhin, insbesondere bei Insekten, zu so complicirten Prozessen und Einrichtungen führende Verhältniss zwischen »Ei-« und »Nähr- zelle« noch ganz elementar vor, und es kann kein Zweifel darüber herrschen, dass während der ganzen Dauer dieses Verhältnisses das Ei nicht aufhört das zu bleiben, was es war, näm- lich Eine Zelle, die sich auf Kosten ihrer einst gleichwerthigen Nachbarindividuen vergrössert. Das Factum, dass eine Zelle zum Behufe der Ernährung oder des Wachsthumes andere Zellen auffrisst, sollte uns, die wir mitten in der Phagocytenlehre stehen, am wenigsten in unserem Glauben an die Zellnatur des Eies wankend machen können. Und dass man den Vorgang in der That so zu definiren vermag, das zeigt der folgende Passus aus einer Abhandlung unseres besten Kenners der Phagocyten, nämlich Metschnikoff's'-). Er sagt: 1) KoRSCHELT, E. Ueber die Entstehung und Bedeutung der verschiedenen Zellenelemente des Insekten- ovariums. Zeit. wiss. Z. 43. Bd. 1886. p. 600. 2) Metschnikoff, E. Unters, über die intracelluliire Verdauung bei wirbellosen Tliieren. Arb. Z. Inst. Wien 5. Bd. 1SS3. Sep. Abd. p. (1—7. 078 I^- Vergleichend-Anatomischer (Morphologischer) Theil. »Als ein weiteres Beispiel von Nahrung nufnehmenden Kktodermzellen können fressende F.ierstocks- eier solcher Thiere angeführt werden, hei denen sich die weihlichen Genitalprodukte notorisch aus dem Ektoderm bilden. Dahin gehören z. B. die Eier von Tuhularia und nach Korotneff auch diejenigen von Hydra. Bei dem erstgenannten Hydropolypen habe ich junge amöboide Eierstockseier ihnen benachbarte Genitalzellen auffressen und auch verdauen gesehen. Bei überwinternden Hydren sollen nach Korotneff die jüngeren P^ktodernizellen die ältere Generation auffressen, eine Angabe, welche leider von dem Verfasser ohne Beweis aufgestellt ist.« Auch für die Auffassung des Verhältnisses zwischen Eizelle und Eifollikel können die von den Capitelliden dargebotenen Erscheinungen aufklärend Avirken. Geht doch aus diesen klar hervor, dass die Eifollikel nichts Anderes sind, als Theile derselben Membran, aus wclclien die Eier selbst ihren Ursprung nehmen. X. Leibeshölile. Das was bisher über die Leibeshöhle der Anneliden bekannt geworden ist, reicht noch nicht hin, nni ein Bild des vergleichend-anatomischen Verhaltens innerhalb der Classe ent- werfen zu können, und aus diesem Grunde beschränke ich mich auf die: Vergleichende Zusammenfassung der Capitelliden. '' Die Leibeshöhle der Capitelliden ist durch ihre bedeutende Geräumigkeit sowie durch ihre reiche Gliederung ausgezeichnet. Beide Eigenthümlichkeiten beruhen wohl auf dem Mangel eines besonderen, geschlossenen Blutgefässsystemes, indem in Folge dessen das Cölom einerseits ausser der Terivisceralflüssigkeit (Lymphe) auch noch dem gefärbten Blute llauni zu bieten, und andererseits auch für die nutritiv -respiratorische Circulation der zur Hämolymphe vereinigten zwei Blutarten einzutreten hat. Die Unterabtheilung des Cöloms wird in erster Linie durch Fortsätze des Peri- toneums bewerkstelligt, und zwar theils durch Fortsätze des den ganzen Hausmuskelschlauch austapezierenden parietalen, theils durch solche des alle inneren Organe überziehenden vi- sceralen Blattes. Von hervorragender Bedeutung ist zunächst eine aus letzterem Blatte stammende Membran: die Genitalplatte, weil sie dem ganzen Körper entlang die Leibeshöhle in einen neuralen, continuirlichen und in einen hämalen, durch die Septa segmentirten Raum scheidet. Ich habe, nach den in ihnen beherbergten Organen, ersteren Raum Bauchstrangkammer und letztere Räume Darmkammern genannt. Die Darmkammern zerfallen durch die Mesen- terien des Tractus auch noch in rechte und linke Kammern. Durch dorsoventral gerichtete peritoneale Lamellen (Nierenplatten), welche zugleich die transversalen Muskeln einschliessen, kommen ferner mit Ausnahme von CKstomastus jeder- seits nach aussen von den Darmkammern und der Bauchstrangkammer Räume zu Stande, welche ebenfalls in den Bereich der septalen Gliederung fallen, nämlich die Nierenkammern. a) Man vergleiche: » Anatomisch-Histologischer Theil« j). 147 — 153, 202, 227 — 22S, 241 — 24. 680 B. Verglüichend-Anatoniischor (Morphologischer) Theil (Wsal-ncuraht Langsmuskd Sic entliiiltcn die Nepliridien und Cienitalschläuche. Der IVIangel der Niereiikaminern bei CUstumastns ist keine ursprüngliche, sondern eine secundäre Erscheinung, wie daraus her- vorgeht, dass an den hinteren Segmentgrenzen, auch bei genannter Untergattung, noch eine Strecke weit die Nierenplatten erhalten zu sein pflegen. Als secundäre Cölomräume sind noch die im Bereiche der Parapodien und Kiemen gelegenen Parapodkiemenhöhlen zu erwähnen. Neural stellen sie Anhänge der Nieren-, hämal solche der Darmkammern dar. Die neuralen Höhlen sind am kräftigsten ausgebildet bei Notomastus und Dasj/bnmckus, die hämalen bei einzelnen Arten von Treniomastus sowie bei Mastohmnchus. Capitella ist, wie der Haken^^äilste und Kiemen, so auch dieser Höhlen total verlustig gegangen. Ob die Kammern des Kopflappens, insbesondere diejenigen, welche Gehirn- und Wimperorgane beher- bergen, ein besonderes Seg- ment repräsentiren, oder dem Cölom des Mundsegmentes zugerechnet werden müssen, lässt sich an den Vertretern unserer Familie um so weni- ger entscheiden, als gerade bei ihnen die vordersten Disse- pimente durch die colossale Entwickelung des Rüssels ver- drängt worden sind. Für Capitella konnte über- aus wahrschcinlicli gemacht werden, dass ihr Kopflai)pen dem Ko])flappen plus Mundsegmente aller übrigen Capitclliden entspricht. Dadurch, dass die Bündel der liängsmuskulatur nicht dicht au einander liegen, kommen verschieden tiefe, vom Peritoneum ausgekleidete, mit dem Cölom communicirende Spalten zu Stande, von denen insbesondere Ein Paar medianer sowie Ein Paar seitlicher wegen ihrer continuirlichen Erstreckung hervorgehoben zu werden verdienen. Aus der hämal-medianen Spalte entspringt das betreff"ende Darmmesenterium, und die seitlichen, die Grenze zwischen der neuralen und hämalen iJingsmuskulatur markirenden fallen mit den oft erwälniten Seiten- linien zusammen. Von einem Segmente zum anderen wird mit Ausnahme von Capitella die Communi- cation einzig und allein durcli die Bauchstrangkammer hergestellt. Diese mündet nämlich am Ende eines jeden /onites beiderseits in die Nierenkammern und letztere stehen einerseits mit den Para])üd-, andererseits mit den Darmkammern in \erbindung. Bei Capitella dagegen Bauüiilning Rin(jmu';ku!a median neuraler Lanqamuskcl X. Leibeshöhle. Vergleichende Zusammenfassung der Capitelliden. 6S1 sind die Dissepimente jederseits an der Basis der Nierenkammern von sphincterartigen Oeff- nungen durchbohrt, so dass die Contenta der Darm- und Nierenkammern eines gegebenen Segmentes auch ohne Vermittelung der Bauchstrangkammer in ein davor oder dahinter gele- genes gehangen können. Da Capitella sowohl der specitischen llespirationsorgane, als auch der Parapodkiemenhöhlen entbehrt, so liegt es nahe, die Durchbohrung ihrer Septa mit der aus- schliesslichen Haut- und Darmathmung in Zusammenhang zu bringen; kann doch auf diese Weise das Blut in einen enei'gischeren Austausch mit den beiden respirirenden Flächen ge- rathen, als wenn es nur die C'ommunicationsöffnungen der Bauchstrangkaramer zur Ver- fügung hätte. Mit der Aussenwelt steht die Leibeshöhle lediglich durch die Nephridien und die Genitalschläuche in Verbindung; anderweitige Poren fehlen bestimmt. Das Peritoneum stellt bei den Gattungen Notomastiis, Dusjjhrunchns und CapitcUa sowohl in seinen parietalen, als visceralen Abschnitten ein dünnes Epithel dar; nur an einzelnen Stellen, zum Beispiel im Bereiche der Parapodien, finden wir es zuweilen in ein saftigeres Gewebe, nämlich in sogenanntes blasiges Bindegewebe umgewandelt. Anders bei den Gattungen Mastobranchus und Heteromastus. Hier ist nicht nur das gesammte Peritoneum in einem im Vergleiche mit demjenigen der vorigen hypertrophischen Zustande, sondern es kommen auch segmentale, drüsige Anschwellungen zu Stande, von denen ein Theil wenigstens sicher- lich excretorischer Function dient, indem sich in deren Zellen die sonst nur einzeln im Peritoneum zerstreut vorkommenden Excretbläschen angehäuft finden. Dass die peritoneale Membran gerade bei Mastobranchus und Heteromastus in höherem Maasse als sonst zur Nieren- function herangezogen wird, dass sie gerade in diesen Gattungen in zahlreiclien Segmenten Wucherungen bildet, welche man Nephridien ohne Ausfühfungsgänge nennen könnte, erscheint verständlich, wenn man bedenkt, dass in den genannten Formen die typischen Nephridien (wenigstens im erwachsenen Zustande) auf den hinteren Abschnitt des Abdomens beschränkt bleiben. Bei allen Capitelliden können endlich noch gewisse Partien des Peritoneums jieriodisch ein verändertes Ansehen annehmen; so die Genitalplatte als Keimepithel zur Zeit der Ge- schlechtsreife; dann auch verschiedene Stellen des parietalen Blattes, wenn sie b'chufs Erzeu- gung von Hämolymphelementen in einen wuchernden Zustand gerathen. Von den das Cölom abtheilenden peritonealen Membranen sind die Nierenplatten und die Dissepimente durch einen deutlich zweischichtigen Bau sowie durch eine kräftige, zwischen den respectiven beiden Blättern verlaufende Muskulatur ausgezeichnet. Die von den Nierenplatten eingeschlossenen contractilen Elemente stellen die transversale Stammesmus- kulatur dar; ihre Fasern entspringen hämal stets aus dem Hautmuskelschlauche, und zwar im Bereiche der Seitenlinie, neural dagegen können sie sich entweder am Bauchstrange ansetzen {Mastobranchus) oder im Bereiche dieses Organes (so wie hämal) im Hautmuskel- schlauche ausstrahlen. Die contractilen Fasern der Septa entspringen im ganzen Umkreise des Körpers aus der Stammesmuskulatur (respective inseriren sich in derselben!); der Zool. Station z. Neapel, Fauna und Flora, Golf von Neapel. Capitelliden. S(j 082 i*- Vergleichend-Anatomischer (Morphologischer) Theil. Verlauf dieser Fasern ist in den meisten Fällen ein ganz unregelmässiger ; nur im Abdomenende von Notomastus kommt es zuweilen vor, dass die betreffende Muskulatur sich gitterförmig anordnet. Die Dissepimente gehören zu denjenigen Organen, welche bei Clistomastus mit in die so eigenthümlichen degenerativen, während der Geschlechtsreife auf- tretenden und in vollkommenen Gewebszerfall auslaufenden Metamorphosen hereingezogen werden. Wie in der Haut und im Darme, so wird auch hier der Prozess durch eine bedeutende Kern Vermehrung eingeleitet, die Zellgrenzen verschwinden und die in ihre Fibrillen zerfallenden Muskeln ordnen sich (ähnlich wie es normal am Abdomenende vorkommt) gitterförmig. Gleich nach dieser ihrer Gruppirung werden die Muskeln durch Wucherungen des septalen Epithels schlauchförmig umhüllt, so dass sie nun ein mächtiges Balkenwerk darstellen. Weiterhin schmilzt der periphere Theil jedes Muskelbündels zu einer homogenen Masse, und der centrale, noch erhaltene Theil umgibt sich mit einer structurlosen Membran. Sodann schmilzt auch das centrale Bündel, und an Stelle der ursprünglichen Muskel- gitter finden sich je zwei ineinandersteckende Schläuche, deren Inhalt immer mehr das An- sehen einer wässrigen Flüssigkeit annimmt. Schliesslich fällt auch hier das Ganze der Auf- lösung anheim. XI. Blut (Hämolyiuphe). 1. Vergleichende Zusammenfassung der Capitelliden.') Sämmtlichc C^apitelliden entbehren der Blutgefässe. In ihrer Perivisceralhöhle finden wir daher auch die Lymphe (Perivisceralflüssigkeit) und das gefärbte Bkit als »Hämolymphe« vereinigt. Alle übrigen Contenta des Cöloms, wie Geschlechtsprodukte, Excretstoffe etc. er- scheinen als Beimengungen dieser Hämolymphe und circuliren gemeinsam mit ihr. Dieser Mangel an Blutgefässen wird durch die im vorigen Kapitel beschriebene, complicirte Glie- derung der Leibeshöhle einigermaassen aufgewogen. Als Längsgefässstamm fungirt allein die Bauchstrangkammer; denn nur durch sie kann [Capitella ausgenommen) das Blut vom einen Ende des Körpers in das andere hin- oder zurückfiiessen. Durch die segmental sich wieder- holenden, die Bauchstrangkammer mit den Nieren- und diese mit den Parapodkiemen- und Darmkammern in Verbindung setzenden Durchbohrungen ist dem Blute die Möglichkeit ge- geben von Segment zu Segment alle diese Räume zu durchfliessen. Als propulsatorisclies Organ fungirt, abgesehen von den contractilen Kiemen, allein der Hautmuskelschlauch. Durch mehrere rasch nacheinander am Kopfende auftretende, sich peristaltisch fortpflanzende Contractionen wird das in der Bauchstnjngkammer enthaltene Blut schwanzwärts gepresst; aber nur ein kleiner Theil passirt direct diese Kammer, die Haupt- masse fliesst in allen Segmenten je durch die erwähnten Oeffnungen zum Behufe der Athmung in die Parapodkiemenhöhlen, von da in die Darmkammern und aus diesen endlich in die Nieren- kammern und Bauchstrangkammer zurück. Am Schwanzende angelangt, wechselt die Stromes- richtung, indem durch mehrere an diesem Ende beginnende Contractionen das hier aufge- staute Blut in ganz ähnlicher Weise unter Versorgung der segmentalen Cölomräume wieder nach dem Kopfe hin befördert Avird. Diese Blutbewegung ist im gesunden Thiere, wie sich insbesondere an der regelmässigen Füllung und T,eerung der Kiemen constatiren lässt, eine rhythmische, so dass die Capitelliden zwar der speciüschen Blutgefässe, aber nicht der Blutcirculation ermangeln. Hierzu kommt noch, dass alle faserigen Gewebe in auffallender rgleiche: »Anatomisch -Histologischer Theila p. 153— 1Ü7, 202—203, 22S, 245—21(1 und ߧ4 ^- Vergleichend-Anatomischer (Morphologischer) Theil. AVeise von Lücken durchsetzt werden, Lücken, -welche man insbesondere in ihren Anfängen, wo sie vom Peritoneum ausgekleidet werden, ebenso den Blutcapillaren vergleichen kann, wie die peritonealen Unterabtheilungen des Cöloms den Blutgefäss stammen. Freilich, ar- terielle und venöse Bahnen zu unterscheiden ist bei solcher Art von Circulation nicht möglich, da sich ja das in den Kiemen geathmete Blut sofort mit dem übrigen wieder vermischt und überdies Haut und Darm einen sehr wirksamen Antheil an der respiratorischen Thätigkeit nehmen. Nur CapiteUa ist in Folge der sphincterartigen Durchbohrungen seiner Dissepimente in Stand gesetzt, die Blutflüssigkeit ausser auf dem Wege durch die Bauchstrangkammer auch direct von Segment zu Segment fortzuleiten. Diese Acquisition hängt wahrscheinlich mit dem Mangel besonderer Kiemen (und Parapodkiemenkammern) und der dadurch bedeutend ge- steigerten Haut- und Darm-Respiration zusammen. Das Blut der Capitelliden ist durch das Vorwalten der festen Elemente gegenüber dem Plasma ausgezeichnet. Diese Elemente sind zweierlei, nämlich gefärbte und ungeförbte. Die ungefärbten oder weissen Blutkörperchen (Lymphkörper, Leucocyten) stellen bei allen Capitelliden blasse, formveränderliche, durchschnittlich 1 0 \i grosse Plasmaklümpchen dar. Sie enthalten zahlreiche Körnchen und Vacuolen, sowie auch 4 — 5 |j. grosse, im frischen Zustande oft schwer nachweisbare Kerne. In den meisten Fällen erscheinen sie mit pseudo- podienartigen Fortsätzen besetzt, und zwar bald nur an einer Seite, bald allseitig (stechapfel- förmig). Sobald sie sich (in dem dem lebenden Thiere entnommenen Präparate) berühren, verschmelzen sie zu Plasmodien, welche nun ihrerseits ebenso Pseudopodien aussenden wie früher die einzelnen Körperchen. Ausser den durchschnittlich 10 |x im Durchmesser auf- weisenden werden auch bei allen Arten einzelne kleinere, 5 — 6 [i. messende angetroffen, welche wahrscheinlich durch Theilung entstandene Entwickelungsstadien darstellen. Unvergleichlich viel zahlreicher als die weissen sind die gefärbten Blutkörper; crstere können letzteren gegenüber in der Regel geradezu verschwindend genannt werden; mir aus- nahmsweise trifft man (aus vorläufig nicht feststellbaren Ursachen) ein anderes Verhältniss der beiden Blutarten. Die Form der farbigen Blutkörper ist die kreisrunder, überall gleich dicker Scheiben. Ihre Substanz ist elastisch, klebrig und anscheinend durchaus homogen; eine Membran ist nicht vorh>anden. In dicker Schicht schwankt die Farbe der Blutscheiben zwischen Carmoisin- und Zinnoberroth; einzeln betrachtet erscheinen sie bei Clifitumaatus, Dasj/branckus und CapiteUa gelbgrün, bei Tremomastus, Mastohranchus und Heteromastus dagegen citronen- oder schwefelgelb. Bei allen Gattungen der Familie konnte sowohl spektroskopisch, als auch auf chemischem Wege (durch Darstellung des Hämins) das Vorhandensein von Hämoglobin nachgewiesen werden; auch die Krystalle dieses Farbstoffes kamen, sei es durch si)ontane, sei es durch künstlich provocirte Krystallisation zur Beobachtung. Die Grösse der einzelnen Blutkörper schwankt bedeutend; doch Hess sich bei allen Formen eine für die meisten je in einem Thiere vorkommenden Scheiben constantc Mittel- XI. Blut (Hilmolyniphe) . 1. Vergleichende Zusammenfassung der Capitelliden. 685 grosse feststellen, und diese Grösse wurde von der Körpergrösse als durchaus unabhängig be- funden. Auch in den einzelnen Arten nimmt die Blutzellengrösse nicht mit der Körpergrösse zu oder ab, wie am besten Dasyhranckus illustrirt, dessen winzige Species D. Gajulae ebenso umfangreiche Scheiben besitzt, wie die riesige Species D. caduciis. Dass endlich auch be- züglich der Gattungen keinerlei Abhängigkeitsverhältniss zwischen den beiden Grössen herrscht, geht aus der Thatsache hervor, dass trotz des so bedeutenden Contrastes ihrer Körpervolumina Notomastus und Dasyhranchus Blutscheiben von gleichem Durchmesser aufweisen; höchstens liesse sich gegenüber Dasyhranchus und Notomastus einer- und den folgenden drei Gattungen andererseits eine Abnahme constatiren, wobei aber wieder störend wirkt, dass die eine Dasi/- branchtis-S'pecies durchschnittlich viel kleiner, als die meisten Notomastus-Siiecies zu sein pflegt. In nachfolgender Liste gebe ich das Mittel zahlreicher an den einzelnen Arten vorge- nommener Messungen (Diameter in fi) ; es folgen die Gattungen der ungefähren Körpergrösse nach untereinander. Dasj/branc/ms Notomastus Mastohranclms Heteromastus Capitella Ausser den scheibenförmigen flnden sich bei allen Oipitelliden auch einzelne nur (i — 8 [jl kugelförmige Blutkörper, welche hinsichtlich der Färbung vollständig mit ersteren über- einstimmen; sie stellen wohl Entwickelungsstadien, also Hämatoblasten, dar. Sowohl die Hämatoblasten, als auch die reifen Scheiben sind ausnahmslos mit Kernen versehen. In den Scheiben treten letztere meist als hellere, 4—6 [i. grosse, runde Platten hervor; zuweilen aber erscheint auch ihr CJontour unregelmässig, wie in zahlreiche Fortsätze auslaufend. Wir haben wohl die letztere Form als das active und die erstere als das ruhende Stadium zu betrachten. Aus einer eingehenden, hauptsächlich an Clistomnstus angestellten Untersuchung ihrer Structur hat sich ergeben, dass das homogene Ansehen der lebendigen, reifen Blutscheiben nur ein scheinbares ist. In Wirklichkeit erweisen sie sich als aus zwei ganz heterogenen, während des Lebens auf's Innigste untereinander verbundenen Substanzen aufge- baut. Von diesen beiden (durch gewisse Keagentien trennbaren) Bestandtheilen ist der eine farblos und bildet das der Scheibe zu Grunde liegende Gerüstwerk, der andere dagegen ist Träger des Hämoglobins und erscheint normal (sammt Kern) dem Gerüste einverleibt. In Anbetracht der so grossen zwischen den Blutscheiben der Capitelliden einer- und denjenigen der poikilothermen Vertebraten andererseits herrschenden Uebereinstimmung, habe ich auch bei ersteren die beiden Scheibenbestandtheile durch die im Kreise der letzteren ein- geführten Namen Zooid und Oikoid unterschieden. Die kleinsten Die grössten Maasse der Scheiben messen: Scheib en messen : meisten Scheiben 12 24 20 12 24 20 10 20 18 10 20 16 8 20 16 686 B- Vergleichend-Anatomischer (Morphologischer) Theil. Eine der auffallendsten Eigenthünilichkeiten der gefiirbtcn Blutclemente unserer Familie wird durch ihre ausserordentlich rege Theilnahme an der excretorischen Thätigkeit be- dingt. Wir linden nämlich in den Blutscheiben aller Gattungen eine wechselnde Zahl meist dunkler gefärbter, in Grösse, Form und Structur überaus variirender Körperchen, welche nicht nur im Habitus, sondern auch im chemischen Verhalten vielfach mit den Excretbläschen und Concretionen der Neiihridien übereinstimmen. Während sie in der Regel nur ] — 3 |x gross auftreten, erreichen sie in einzelnen Arten der Untergattung Tremomastus bis 10 (i lange Durchmesser, so dass das Blut der respectiven Formen ein ganz getigertes Ansehen darbietet. Einzelne Scheiben pflegen derart von Excretkörpern angefüllt zu sein, dass ihr Weiterfun- giren (sei es im respiratorisch-nutritiven, sei es im excretorischen Sinne) kaum möglich er- scheint; wir finden denn auch bei allen Formen gelegentlich Klumpen solcher in excretori- scher Thätigkeit degenerirter Blutkörper im Cölom fiottirend, und zwar in der Hegel von Leucocyten membranartig eingekapselt. Bei Tremomastus und Heteromastus habe ich häufig solche Blutscheiben-Congiomerate im hinteren Abschnitte der Abdomina segmentweise auf- treten sehen; auch in diesem Falle waren sie membranartig eingekapselt, aber nicht durcli die Plasmodien von Leucocyten, sondern durch Fortsätze des Peritoneums. Schnitte durch solche (,'onglomerate erinnern so sehr an diejenigen von Nejihridien, dass man sie damit ver- wechseln könnte, wenn nicht die typischen Nierenorganc daneben vorhanden wären. Gegenüber einem so beträchtlichen jeweiligen Untergehen von Blutscheiben kann die Thatsache, dass fast bei allen Gattungen Quellen der Neubildung solcher angetroffen werden, nicht auffallend erscheinen. Es sind an sehr verschiedenen Stellen auftretende Wucherun- gen des Peritoneums, aus denen bald mit Leucocyten, bald mehr mit gefärbten Blutele- menten übereinstimmende Zellgebilde hervorsprossen. Daneben findet aber, wie ich mich bei Noto?nastus /mm^* überzeugen konnte, auch Vermehrung der Blutscheiben durch Theilung, und zwar durch indirecte oder mitotische Theilung statt. Bei Capitella capitata begegneten mir nicht selten Fälle von Melanämie. Die in diesem pathologischen Zustande befindlichen Thiere (es sind hauptsächlich geschlechtlich erschöpfte sowie lange in Gefangenschaft gehaltene) lassen .sich dui'ch ihr vom gesunden, rothen scharf abstechendes grau-braunes Aussehen schon mit blossem Auge unterscheiden. Ihre einzelnen Blutscheiben,- in denen die Kerne scharf hervortreten, erscheinen anstatt grünlichgelb, weiss; nur in dicker Schicht entsteht ein schwacher carmoisinrother Schein, der beweist, dass noch Spuren von Hämoglobin vorhanden sind. Die bedeutend vergrösserten Excretbläschen sind nicht mehr gelb, sondern blaugrün bis schwarz, so dass sich das Gesammtblut wie eine grünschwarz getigerte Masse ausnimmt. In Vorstufen zu dieser Modification habe ich die einzelnen Blutscheiben anstatt weiss, grünlich und die noch gelben Excretbläschen von blau- grünen Höfen umgeben gefunden, woraus hervorgeht, dass die späteren, grösseren, dunkel- blaugrün oder schwarz gefärbten Excretbläschen sich im Anschlüsse an die normal bestehen- den, und zwar offenbar auf Kosten des Scheibenhämoglobins ausbilden. Schliesslich sei noch erwähnt, dass die eigenthümliche, an den beiden Körperpolen von XL Blut (Hämolymphe) . 2. Vergleich der Capitelliden mit anderen Anneliden etc. 687 Capitella auftretende Pigmentirung dadurch bedingt wird, dass (in excretorischer Thätigkeit erschöpfte) Bhitscheiben, respective Partikel solclier zwischen Hypodermis inid Cuticula de- ponirt werden. 2. Vergleich der Capitelliden mit anderen Anneliden sowie auch mit anderen Thierclassen. Die Capitelliden theilen mit nur wenigen anderen Anneliden, nämlich mit den Gly- ceriden und gewissen Terebelliden (Polycirriden;, die Eigenthümlichkeit typischer Blutgefässe zu entbehren. Gegenüber diesem Mangel der Blutgefässe entsteht nun die Frage, ob darin eine primäre, oder eine secundäre Erscheinung vorliegt, ob mit anderen Worten die genannten Anneliden als solche zu betrachten sind, welche Gefässe überhaupt nicht erworben, oder aber als solche, welche die Gefösse verloren haben. Gegen die erste Alternative spricht: erstens, dass von den so zahlreichen x\nneliden- familien nur drei diesen Gefässmangel aufweisen; zweitens, dass die nächsten Verwandten der Gefässlosen (was die Capitelliden betrifft, die Polyophthalmiden, Maldaniden und Oligochaeten und, was die Glyceriden betrifft, die Nephthydiden) Gefösse besitzen; drittens, dass in ein und derselben Familie, nämlich bei den Terebelliden, gefässführende und gefösslose Gattungen {Poli/drnis) nebeneinander vorkommen; viertens endlich die Thatsache, dass Eine C^apitelliden- form, und zwar Mostobraiichus, Rudimente eines Darm- oder Blutsinus besitzt. Die Bedeutung des zuletzt hervorgehobenen Motives liegt darin, dass der Darm- oder Blutsinus das erste Element des in der Annelidenlarve zur Entwickelung gelangenden Blutgefösssystemes repräsentirt, und dass es, wie Salensky') gefunden hat, eben dieser Sinus ist, von dem (bei Terebella) die Bildung der grossen Körpergefössstämme ausgeht. Für die Capitelliden habe ich nachweisen können, wie der Mangel der Blutgefösse bis zu einem gewissen Grade durch die auffallend complicirte Gliederung des C'ölomes auf- gewogen wird, und wie es insbesondere diese Gliederung ist, durch die trotz der Gefässlosig- keit eine Art von Blutcirculation zu Stande kommt. Was mag nun aber die Ursache sein, welche dazu geführt hat, dass die ursprünglichen Gefösse sich rückbildeten und das Cölom vicariirend an ihre Stelle trat? Ich glaube, es ist die locomotorische Bedeutung der perivisceralen Flüssigkeit (Lymphe), welche es bewirkt hat, dass sich ihr all- mählich auch die in den Gefässen eingeschlossene Blutart beimischte. Auf diesen Gedanken brachte mich die Thatsache, dass sowohl bei den ('apitelliden, als auch bei den Glyceriden hauptsächlich die Kraft des Hämolymphstromes den so mächtig entwickelten (als Bohrwerkzeug fungirenden) Rüssel zur Ausstülpung bringt. 1) 1. p. 351. Tome 4. V. Terebella c. p. 252 — 256. ßSS B. Vergleichend-Anatomischer (Morphologischer; Theil. Während bei allen mit Blutgefässen ausgerüsteten Anneliden der Blutfarbstoff an das Blutplasma gebunden erscheint und in den Gefässen nur ganz vereinzelte, farblose Blutkörperchen vorkommen, finden wir bei den gefässlosen umgekehrt den Blutfarbstoff an eine ausserordentlich grosse Zahl von Blutscheiben gebunden. Dieses Factum war schon ('lap AREDE ') aufgefallen; er sagt nämlich in seiner Beschreibung des GRUBE'schen Polj/cirrus: »II est curieux de constater l'identitc de la composition niorphologique de ce sang avec le sang des Glyccres, des Capitelles et des Notomastus. II semble qiie la disparition des vaisseaux sanguins chez les Annölides entraine l'npparition dans le liquide perivisceral de globules gcneralement colores d'un rouge plus Oll moins intense.« Eigenthümlich ist dieses Factum auch in der Hinsicht, dass in einem anderen Thier- stamme, welcher durch farbiges Blut führende Gefässe ausgezeichnet ist, nämlich bei den Verte- braten, der Blutfarbstoff nicht an dem Plasma, sondern an den Blutscheiben haftet. Die farbigen (hämoglobinhaltigen) Blutkörper der gefässlosen Anneliden zeigen unter sich eine auffallende Uebereinstimmung. Bei den Capitelliden sowohl, als auch bei den Glyceriden und Terebelliden stellen sie gleicherweise kreisrunde, mit Kernen ver- sehene Scheiben dar. Gross ist auch die Uebereinstimmung, welche diese Scheiben mit denjeni- gen der Vertebraten, spcciell der Fische darbieten. Nahezu allen Forschern, welche das Blut der betreffenden Anneliden zu untersuchen Gelegenheit hatten, ist diese Aehn- lichkeit aufgefallen. So sagt Quatrefages-) von den Scheiben der Glyceriden: »Ici les globules offrent la plus grande resscmblance avec ceux des Vcrtöbres.« Ferner Van Beneden ■') von denjenigen der Cajntflla : .... »des globules qui affectent tous les caracteres des glo- bules ordinaires du sang des animaux vertebres « Und Olaparede') von den nämlichen: .... »de petits corpuscules rouges qui ressemblent beaucoup aux corpuscules du sang de riiomme« etc. Ich selbst habe durch eine eingehende Untersuchung der Blutscheiben von Notomastus den Nachweis liefern können, dass diese Aehnlichkeit nicht etwa nur den Habitus, sondern auch die Structur betrifft. Es genügt in dieser Hinsicht an das Eine Factum zu erinnern, dass durch Einwirkung gewisser Reagentien die Capitellidenscheiben ebenso in die zwei charakteristischen Bcstandtheile Zooid und Oikoid) zerlegt werden konnten, wie die- jenigen der Vertebraten. Wir haben gesehen, dass bei den C-apitelliden die rothen Blutscheiben durch Theilung sich vermehren, dass aber ausserdem sowohl solche Scheiben als auch Leucocyten an sehr verschiedenen Stellen des parietalen Peritoneums sich abschnüren können. Eine ähnliche Genese von Blutkörpern aus dem parietalen Peritoneum hat schon Levdig'j bei durchsichtigen Anneliden beobachtet; er definirte den Vorgang als Knospung. 1) 1. p. 5. c. p. 27. 2) QuATUEFAGES, A. Etudcs sur les Types Inf'ericurs de TKnibranchement des Anneies. Sur la circulation dos Annelides. Ann. Sc. N. (:i) Tome 14. 1S50. p. 2SS. ■6) 1. p. li. c. p. 12. 4) 1. p. ;{. c. p. 45. 5) 1. p. 403. c. p. G7. XI. Blut (Hämolymphe). 2. Vergleich der Capitelliden mit anderen Anneliden etc. 689 Die Mehrzahl der Angaben bezeichnet nun aber die Gefäss Wandungen als Heerde der Blutkörperbildung. So fasste Kupffer') die sogenannten Klappen im Rückengefässe von Pisckola als blutbereitende Organe auf, und Letdig-) schloss sich dieser Deutung an. Auch in einer der neuesten Arbeiten über Hirudineen, nämlich in der Bourne's^), werden die Blut- gefässe, und zwar die capillaren Gefässe, als die Orte vermuthet, an denen die Entstehung von Blutkörpern stattfindet. Ferner kam Vejdoysky^) zu dem Schlüsse, dass die Blutkörper- chen der Oligochaeten, ja Avahrscheinlich sämmtlicher Annulaten, aus den Zellen der Gefäss- wandungen ihren Ursprung nehmen. Wenn man bedenkt, dass auch die Gefässwandungen vom Peritoneum abstammen, so wird man dem Unterschiede, ob TiVmph- und Blutkörper aus dem Leibeshöhlenepithel, oder aber aus den Membranen der Blutgefässe hervorsprossen, keinerlei principielle Bedeutung zuzugestehen vermögen. Haben wir ja überdies durch Kükenthal") erfahren, dass Leucocyten bei Oligochaeten ihren Ursprung gleicherweise aus Zellen der Leibes- wie aus solchen der Gefässwandungen nehmen können. Zu den interessantesten Erscheinungen, welche uns die Hämolymphe der Capitelliden darbot, gehört jedenfalls ihre so rege Antheilnahme an der excretorischen Thätigkeit. Wenn auch hin.sichtlich des Maasses dieser Thätigkeit unsere Familie vorerst einzig in der Classe dastehen dürfte, so gilt das doch in keiner Weise für die excretorische Function der. Blutkörper überhaupt. Wenig ist zwar das betreffende Gebiet erforscht, aber das Wenige spricht doch für eine weite Verbreitung der fraglichen Vorgänge. Einen eclatanten Fall von excretorischer Thätigkeit bieten die insbesondere durch Claparede's " Beschreibung bekannt gewordenen, so eigenthümliche Stäbchen enthaltenden Lymphkörperchen von Ophelia. Die Räthselhaftigkeit dieser Körperchen, respective ihrer Stäbchen wurde oft betont, und doch hatte Claparede die Auflösung des Räthsels schon mehr als angedeutet, indem er von ihnen schrieb: »La valeur physiologique de ces singuliers corps est tres probleraatique. Peut-etre doit-on y voir des substances excretionelles. Lern- apparence est celle de la Chitine, mais*) leur insolubilite dans l'acide acetique et lacide azotique etendiis oii concentres est complete.« Der ganze Unterschied zwischen diesen 0/>Ät'/('rt-Leucocytfin und den uns von den Capi- telliden her bekannten Hämolymphelementen läuft darauf hinaus, dass in letzteren das Excret in Form rundlicher Concretionen, und in ersteren in Form eigenthümlicher Stäbe zur Aus- scheidung gelangt. Von hervorragender Bedeutung ist sodann der durch Kükenthal') gelieferte Nachweis, 1) Kupffer, C. Blutbereitende Organe bei den Rüsselegeln. Zeit, Wiss. Z. 14. Bd. 1864. 2) 1. p. 308. c. p. 283. 3) 1. p. 664. 0. p. 452. 4) 1. p. 236. c. p. 119. 5) 1. p. 440. c. p. 337. 61 1. p. 8. c. p. 287—289. 7) 1. p. 440. c. p. 338. *) Dieses »mais« ist wohl ein lapsus calami? . Station z. Neapel, Fauna und Flora, Golf vöd Neapel. Capitelliden. ) ßQQ B. Vergleichend-Anatomischer (Morphologischer) Theil. dass die sogenannten Chloragogenzellen der Oligochaeten excretorisch wirksame Lymphkörperchen darstellen. Diese Lymphkörper sollen sich nämlich nach Kükenthal an die Wandungen der Blutgefässe ankleben, die auf den Wandungen letzterer befindlichen Körnchen aufnehmen, sich sodann (als Chloragogenzellen) ablösen und zuletzt in einen schwärz- lichen Detritus zerfallen, der durch die Nephridien nach aussen entleert wird. Zu den hämolymphatischen Excretionsorganen rechne ich endlich auch die braunen Stränge oder Schläuche in den llückengefässen der Terebelliden und Cirratuliden. Claparede'), dem wir die ersten zutreffenden Nachweise über diese merkwürdigen Or- gane zu verdanken haben, kam dieser Deutung schon sehr nahe, indem er folgende, nach Kükenthal's Erforschung der Chloragogenzellen sich um so wahrscheinlicher erweisende Ver- muthung aussprach : »La signification de ces organes est entierement obscure. II faut peiit-etre les assimiler ä la sub- stance chloragogene. II est au moins ä noter que les AnneUdes chez lesquelles on connait jusqu'ici les masses intravasculaires, n'ont jamais de revetement externe de chloragogene ä leurs vaisseaux. II y aurait alors des depöts de chloragogene tantöt externes, tantot internes.« In der That lassen sich diese, wie wir im physiologischen Theile noch sehen werden, mit Excretionsprodukten erfüllten, aus Zellen zusammengesetzten Schläuche innerhalb der Gefässe am besten den ebenfalls Excretpartikel in sich aufnehmenden Zellen ausserhalb der Gefässe also den Chloragogenzellen vergleichen, und ich schlage daher auch für sie den Namen: intravasale Chloragogendrüsen*) (im Gegensatze zu den extravasalen Chlor- agogenzellen; vor. Sälensky") hat bei Terehella schon im Larvenstadium das Vorhandensein dieser von ihm als »Corps cardiaque« bezeichneten Drüse nachweisen können und seine Angaben machen es sehr wahrscheinlich, dass die Chloragogendrüsen aus den Wandungen des Rückengefässes her- vorgehen, also aus denselben Peritonealgebilden, aus denen auch die Hämolymphelemente ent- stehen, womit die Einheit dieser verschiedenartigen excretorisch thätigen Blutzellen und Blut- drüsen auch in morphologischem Sinne gewährleistet wäre. Kennel'), der ein ähnliches, nur viel primitiveres » pigmentirtes Organ«, wie es Cla- parede von Cirratuliden und Terebelliden beschrieben hatte, im Rückengefässe von Cteuodribis auffand, hält dasselbe ebenfalls für ein Mesodermgebilde. Ti 1. p. 308. (Rech. Annel. Sed.l c. p. 95. 2) 1. p. 351. Tome 4. V. Terehella c. p. 256. 3) 1. p. 466. c. p. 386— 3S8. *) »Organe de couleur sombre«, » oi"gane brun«, »corps cardiaque«, »dunkle braunschwarze Masse«, »Herz- körper«, »räthselhaftes Organ«, » charakteristisches Darmorgan«, »pigmentirtes Organ« — diese Blumenlese der bisher gebrauchten Namen wird es rechtfertigen, wenn ich den Wunsch ausspreche, dass man sich doch zu Gunsten des von mir vorgeschlagenen Terminus; »intravasale Chloragogendrüsen« einigen möge. Der Ausdruck »Chlor- agogen « ist nun einmal für die verwandten extravasalen lymphatischen E.xcretionszellen schon eingebürgert und der physiologische Nonsens dieses » Chloragogenbegriifes « ist ja für den morphologischen Gebrauch nichts weniger als nachtheilig. Haben wir es mit den betreffenden Organen im physiologischen Sinne zu thun, so hindert ja nichts, von ihnen, so wie es oben geschah, als von »hämolymphatischen Excretionsorganen« zu sprechen. XI. Blut ^Hämolymphe). 2. Vergleich der Capitelliden mit anderen Anneliden etc. 591 Horst'), der Chloragogendrüsen als constantes Vorkommen im Rückengefasse der Chloraemiden nachweisen konnte, ist dagegen geneigt dieselben vom Entoderme abzuleiten, indem er sich dabei auf einen hinten mit dem Darme zusammenhängenden und vorne in das Rücken- gefäss übergehenden, drüsenartigen Körper stützt, der zuerst von Buchholz u.nd Vejdovsky von Enchytraeiden beschrieben wurde. Zu Gunsten der Vergleichbarkeit der »Darmorgane« der Enchytraeiden und der »Herz- körper« der anderen Anneliden hat sich sodann auch Michaelsen'-) ausgesprochen, und be- züglich der Function der Herzkörper schliesst sich dieser Autor Claparede an, mit dem er annimmt, dass sie derjenigen der Chloragogenzellen gleich, in der »Reinigung des Blutes von unbrauchbaren, vielleicht schädlichen Stoffen« bestehe. Steen'), der die in Rede stehenden Organe bei Terehellides aufgefunden hat, vermuthet dagegen, dass sie dazu dienen möchten, «ein etwaiges Zurückströmen des Blutes, welches durch die Contractionen der Kiemen veranlasst werden könne, zu verhindern.« Schliesslich sei noch erwähnt, dass, wie Horst^) mit Recht bemerkt, auch das von E. Meyer-') aus dem Rückengefässe von Polyophthahnus beschriebene »sonderbare Organ« hierher gehört, so dass nach alledem die Chloragogendrüsen in der Classe der Anneliden in ziemlich weiter Verbreitung vorkommen. 1) Horst, R. Ueber ein räthselhaftes Organ bei den Chloraemiden. Z. Anzeiger. S. Jahrg. 1885. p. 12 — 15. 2) MiCHiBLSEN, W. Ueber Chylusgefässsysteme bei Enchytraeiden. Arch. Mikr. Anat. 28. Bd. 1S86. p. 301. 3) 1. p. 466. c. p. 42. 4) 1. p. 691. c. p. 14. 5) 1. p. 310. e. p. 815. C. Physiolodscher Tlieil. Wenn schon in dem vorhergehenden Theile die einzelnen Organsysteme in sehr un- gleichmässiger Weise Berücksichtigung fanden, so wird dies, der Natur der Sache nach, in noch viel höherem Grade in dem nun folgenden der Fall sein. Nur solche Organe oder Organtheile der in dieser Monographie behandelten Thiergruppe, deren Function noch unauf- geklärt ist, sowie solche, bei denen das Studium der Function zu Schlüssen von allgemeinerem Interesse geführt hat, werden uns beschäftigen. I. Darinkaual. 1. lieber die in den Darmepithelzellen enthaltenen gefärbten Elemente/'' In den entsprechenden Kapiteln der vorhergehenden Theile wurde hervorgehoben, dass die Magendarmzellen aller Capitelliden verschiedenartig gefärbte Elemente zu enthalten pflegen. Am auffälligsten in dieser Hinsicht erwies sich Capitella, weshalb ich auch speciell diese Gattung etwas eingehender auf die betreffenden Pigmente hin untersucht habe. In der halbflüssigen, homogenen Substanz von Magendarmzellen solcher Thiere Hessen sich folgenderlei gefärbte Körper^) nachweisen: 1) Verschieden grosse, lebhaft gelb oder orange tingirte, hüllenlose Tropfen von öl- artigem Ansehen. 2) Bläschen mit ähnlichem festeren, aus einer oder mehreren Kugeln bestehenden In- halte. (Es kommen auch solche Bläschen mit farblosen Kugeln vor.) 3; Unregelmässig geformte Körner, welche gelb, grün oder farblos sein können. Die Häuflgkeit dieser Körper ist je nach den Individuen und physiologischen Zuständen a) Man vergleiche: »Anatomisch -Histologischer Theil« p. 42, 173, 210, 235 und 257; feri gleichend-Anatomischer (Morphologischer) Theil« p. 431; endlich auch Taf. 33. a) Taf. 33. Fig. 21—23. I. Darmkanal. 1. Ueber die in den Darmepithelzellen enthaltenen gefärbten Elemente. 693 grossen Schwankungen unterworfen. So findet man die unter 1) und 2) aufgeführten viel zahh'eicher in hungernden, als in frisch eingefangenen Thieren, und die unter 3) aufgeführten bieten insofern einen grossen Wechsel des Auftretens dar, als die grünen Körner in gleicher Menge wie die gelben, oder in viel geringerer Menge, oder endlich gar nicht vorkommen können. Hinsichtlich der chemischen Beschaffenheit hat sich Folgendes ergeben: Gegenüber der Einwirkung von Wasser verhalten sich alle oben aufgezählten Elemente indifferent. Concentrirte Essigsäure bewirkt in vielen Bläschen (2) einen körnigen Zerfall, andere aber erwiesen sich auch nach 24stündiger Einwirkung des Reagens hinsichtlich der Form wie der Farbe unverändert. Die grüne Farbe der Körner (3) wird durch diese Säure zerstört. Zusatz concentrirter Salz- oder Salpetersäure bewirkt bei 1) — 3) gleicherweise Ent- färbung und Lösung, respective Zersetzung. Umgekehrt zeigen alle diese Körper den Alkalien gegenüber einen grossen Wider- stand. Sowohl verdünnte, als auch concentrirte Lösungen von Kali caust. oder Amnion lassen, selbst nach langer Einwirkung, die Tropfen, Bläschen und Körner unverändert; die meisten bewahren sogar ihre gelbe, respective grüne Färbung. Ale o hol ab solutus bringt einen Theil der Tropfen und Bläschen ^1) und (2) zur Lösung, ein anderer Theil derselben büsst zwar die Färbung ein, bleibt aber in seinem Stroma erhalten. Die durch Zusammenfiiessen der gelösten Tropfen und Bläschen entstandene Flüs- sigkeit erinnert auffallend an das bei Capitella oft so copiös im Darmlumen vorkommende Darmsecret. Ganz im Gegensatze zu den Tropfen und Bläschen werden die Körner 3) durch Al- cohol nicht (oder doch nur sehr wenig angegriffen, so dass man sie in Balsampräparaten (welche einen Tag und mehr in Alcohol gelegen hatten) noch unverändert, höchstens der Farbe beraubt findet. Aber in einzelnen Präparaten hatten sie selbst die (gelbe) Farbe bei- behalten und erinnerten dann sehr an die sogenannten Excretbläschen. Aehnlich wie Alcohol wirkt auch der Zusatz von Chloroform sowie Aether. Schon aus diesen Reactionen ergiebt sich, dass der Gegensatz zwischen den orange- farbigen Tropfen und Bläschen einer- und den gelben oder grünen Körnern andererseits nicht bloss ein morphologisch, sondern auch ein chemisch begründeter ist. Bei frisch eingefangenen, also wohl genährten Thieren, pflegten sich, wie schon erwähnt wurde, im Darmepithele wenig Tropfen und Bläschen, dagegen im Darmlumen reichliche Mengen einer ähnlich gefärbten Flüssigkeit vorzufinden ; bei gefangen gehaltenen, also schlecht genährten Thieren, pflegte umgekehrt das Darmepithel zahlreiche Tropfen etc., das Darmlumen hingegen nur Spuren solcher Flüssigkeit zu enthalten. Diese Facta legen nun den Schluss nahe, dass wir in den orangefarbigen Tropfen etc., trotz ihres theilweise an Oel oder Fett erinnernden Verhaltens, Elemente vor uns haben, welche bei der Verdauungsthätigkeit eine Rolle spielen, und demgemäss untersuchte ich dieselben auf das Vorkommen der bekanntesten derartigen Körper, nämlich auf Gallensäuren und Gallenfarbstoffe. (394 ^'- Physiologischer Theil. Die GMELiNsche Probe fiel bestimmt negativ aus. Dagegen machte sich die PETTENKOFER'sche Reaction überaus deutlich geltend. Auf Zusatz von concentrirter Schwefelsäure lösen sich die Darmelemente, und die so modificirte Masse färbt sich lebhaft rubin- oder eosinroth. Nach Zusatz von Zucker verändert sich dieses Roth zunächst in Carmoisin und weiterhin in ein immer tiefere Töne zeigendes Blau. Aber diese Reaction kann uns ja zu nichts mehr helfen, seitdem wir wissen, dass sich Fette und Proteinkörper ähnlich wie die Cholate verhalten können. In der That nahm ein mit Stücken des Hautmuskelschlauches von CapiteUa angestellter Parallelversuch einen dem mit dem Darme angestellten ganz ähnlichen Verlauf; es hatte nur weder der Zusatz von Schwefelsäure eine so lebhafte Roth-, noch die darauf folgende Zuckereinwirkung eine so lebhafte Bläufärbung zur Folge. Wenn ich nun diesen negativen Befund gleichwohl hier registrire, so geschieht es in der Absicht, den KRUKENBERG'schen') Satz, »dass zweifellos alle diejenigen Untersucher, welche gestützt auf das Eintreten der PETTENKOFERSchen Reaction angaben, dass ihnen der Nachweis von GaUensäurcn bei Evertebraten gelungen sei, Fette oder eiweissartige Materien für Cholate gehalten haben«, um eine weitere Instanz zu bereichern. Nach dem Vorhergehenden kann es aber trotz des Mangels von Gallensäuren und GallenfarbstofFen kaum zweifelhaft sein, dass die unter 1) und 2) aufgeführten pigmen- tirten Körper eine Rolle bei der Verdauungsthätigkeit spielen, und wenn auch nicht als zweifellos, so doch als sehr wahrscheinlich kann ferner angenommen werden, dass die unter 3) aufgeführten Körper Produkte einer excretorischen Thätigkeit dar- stellen. Dafür spricht einmal, dass die letzteren Körper feste Ablagerungen bilden; ferner, dass in jenen Fällen, in denen sie in der Mehrzahl blau gefärbt auftreten, doch nie ähnlich tingirte Secrete im Darmlumen vorkommen, und endlich noch ihre gegenüber 1) und 2) viel grössere chemische Resistenz. 2. Ueber Carmin -Verdauung und -Resorption*). Die Wahrnehmung, dass bei CapiteUa capitata die centrifugalen Schenkel der Nephridien nicht, wie es- sonst für die Anneliden Regel ist, den Hautmuskelschlauch durchbohren, sondern im Hypodermgewebe enden, hat mich seiner Zeit veranlasst, Fütterungsversuche mit Farb- stoffen anzustellen. Gelingt es — so schloss ich — einen Farbstoff aufzufinden, welchen die betreffenden Thiere nicht nur verschlucken, sondern auch verdauen und resorbiren, so steht nach Analogie mit höheren Thieren zu erwarten, dass es in erster Linie die Nephridien sein werden, Avelche die Ausscheidung des Pigmentes bewirken und — ist meine Beobachtung, 1) 1. p. 345. II. Reihe, Erste Abtiieilung c. p. 179. *) Die Hauptpunkte des in diesem Abschnitte zu erörternden Themas fanden schon in einem im Jahre 1878 von mir veröffentlichten Auszuge (1. p. 16. c. p. 100) Erwähnung. I. Darmkanal. 2. Ueber Carmin- Verdauung und -Resorption. 695 dass die Nierenexcrete in der Haut deponirt werden, richtig, dann müssen auch die ausge- schiedenen Pigmente in der Haut, und zwar zunächst im Bereiche der Nephridiummün düngen wiedererscheinen. Die an diese Experimente geknüpften Erwartungen haben sich in sehr befriedigender Weise erfüllt. Nicht nur erwies sich das Carmin (sogenanntes Carmin des Handels) als ein Farbstoff, Avelchen Capitella ohne Weiteres verschluckt, löst und resorbirt, sondern die Aus- scheidung nahm auch in der That den vom Experimentator vorhergesehenen Weg durch die Nephridien in die Hypodermis. Ueber den Modus und das Tempo dieser excretorischen Vorgänge, sowie auch über die dabei zu beobachtenden Cautelen gedenke ich in dem den Nephridien gewidmeten Kapitel dieses Theiles") ausführlich zu berichten; hier möchte ich nur die Thatsache der Verdauung und Resorption des Farbstoffes, also das was mit dem Darmkanale zu thun hat, kurz be- sprechen; kurz aus dem Grunde, weil ich diesen Prozessen (als Mitteln zu einem anderen Zwecke) entfernt nicht den Grad von Aufmerksamkeit schenken konnte, den sie verdient hätten. Schon nach eintägigem Verweilen in mit pulverisirtem Carmine versetztem Seewasser pflegen sich im Magendarme der Versuchsthiere ansehnliche Mengen des Farbstoffes vorzu- finden, und zwar ein Theil in Form ähnlicher ovaler Speiseballen, wie (durch die Wimper- thätigkeit des Oesophagus) auch aus dem zur Nahrung dienenden Schlamme gebildet werden, ein anderer Theil dagegen in Lösung. Während das zu den erwähnten Speiseballen aggregirte vkörnige) Carmin noch den dem Farbstoffe eigenen rothen Ton aufweist, oder doch nur in geringem Grade davon absticht, erscheint das in Lösung übergeführte in der Regel hämatoxylinblau, in seltenen Fällen kirsch- roth. Diese von Seiten des Thieres bewirkte, sei es blaue, sei es rothe Lösung tingirt todtes Gewebe ebenso kräftig, wie es künstlich vom Histologen hergestellte zu thun pflegen. Ebenfalls schon nach Verlauf Eines Tages trifft man in zahlreichen Magendarmzellen mehr oder weniger grosse Quantitäten des Farbstoffes, so dass also gleichzeitig mit seiner Lösung, oder doch bald darnach auch seine Resorption erfolgt. Die Magendarmzellen enthalten das Carmin entweder flüssig (und dann in verschieden grossen Bläschen [Vacuolen?] einge- schlossen), oder aber körnig (und dann in Form feinster Partikel in der Zellsubstanz zerstreut). Ob flüssig oder körnig, so erscheint doch der Farbstoff in beiden Fällen, im Gegensatze zum Blau der im Darmlumen enthaltenen Lösung, wiederum »carminroth«, oder wenigstens diesem Roth ähnlich. Nach wenigen Tagen hat die Carminresorption so grosse Fortschritte gemacht, dass der Darmtractus eines entsprechenden Versuchsthieres, einerlei ob man denselben von seiner Aussen- oder von seiner Innenseite betrachtet, wie roth getigert aussieht. Mit den weiteren Schicksalen des Farbstoffes, insbesondere mit dessen Ausscheidung durch die Nephridien etc. wird sich, wie schon erwähnt, das Kapitel »Nephridien« zu beschäftigen haben. Ausschliesslich der Magendarm und auch dieser nur bis zum Bereiche der Schwanzregion a) Vergl. p. 732- C96 C. Physiologischer Theil. ist an der Aufsaugung des Farbstoffes betheiligt. Das zur Resorption Ungeeignete wird unter der Form ebensolcher Fäcesballen, wie der zur Nahrung eingeführte Schlamm etc. entleert. Dass aber auch ein gut Theil des gelösten Carmines per os und anum nach aussen befördert wird, geht daraus hervor, dass das mit C'armin versetzte Seewasser, wenn es nicht häufig er- neuert wird, eine immer tiefere Färbung annimmt, eine Färbung, die zu den in Seewasser löslichen Quantitäten des Farbstoffes in gar keinem Verhältnisse steht. Die Thatsache, dass in der Zellsubstanz des Magendarmes sowohl flüssiges, als auch körniges Carmin angetroffen wird, könnte die Vermuthung erwecken, dass neben der Auf- saugung des gelösten Farbstoffes auch eine Aufnahme desselben in festem Zustande statthabe, dass mit anderen Worten bei Anneliden »intracellulare Verdauung« vorkomme. Wurde doch vor Kvirzem ein solches Vorkommen bei Oligochaeten als wahrscheinlich hingestellt. Howes') sagt nämlich bezüglich des Darmkanales von Lumbricus: ))I have observed, in eells of the alimentary epithelium teased up shortly after death, the presence of ingested particles of decomposing vegetable matter. In the absence of true digestive glands, and of any knowledge of the physiology of aUmentation in this animal, the probability of an intracelkilar digestion of this solidly ingested food material must not be overlooked.« Mir sind dagegen in den Darmzellen normal gefütterter Thiere niemals feste Bestand- theile begegnet, die sich auf unmittelbar vom Darmlumen aus aufgenommene Nahrungskörper hätten beziehen lassen; auch vermochte ich in den Darmzellen solcher Versuchsthiere, welche lange Zeit mit in ihrem Darme unlöslichen Farbstoffen, wie zimi Beispiel mit Indigo, ge- füttert worden waren, niemals auch nur eine Spur von den so massenhaft verschluckten Pig- mentkörnchen nachzuweisen. Uebrigens hat auch schon Metschnikoff-) in einer seiner ersten über dieses Thema publicirten Abhandlungen die Anneliden mit unter denjenigen Thieren aufgeführt, deren Darmzellen »die Fähigkeit Nahrung aufzunehmen vollständig verloren haben.« Er sagt nämlich: »Wenn es auf der einen Seite feststeht, dass es Turbellarien gibt, welche entweder eines geson- derten Verdauungssystems noch ganz entbehren oder im Falle des Vorhandenseins eines solchen noch den ursprünglichen Modus der Verdauung durch die Aufnahme der Nahrungskörper ins Innere der Darmzellen beibehalten haben, so muss man auf der anderen Seite beachten, dass auch unter den Turbellarien Re- präsentanten existiren, welche die aufgenommene Nahrung auf gewöhnliche Weise verdauen, ohne dieselbe zuerst in die Epithelzellen des Darmkanales gelangen zu lassen. Zu solchen Strudelwürmern muss vor Allem Microstomum lineare gerechnet werden, dessen flimmernde Darmzellen die Fähigkeit Nahrung auf- zunehmen vollständig verloren haben, wie es nach meinen Beobachtungen auch für Kotatorien, Anneliden und viele andere Würmer als Regel gilt.« Wir müssen daher schliessen, dass ein Theil der von den Magendarmzellen aufgesaug- ten Carminlösung, in Folge einer von diesen Zellen selbst ausgehenden Wirkung, wiederum feste Form annimmt. Wie sich die betreffende Zellsubstanz der aufgenommenen Lösung gegen- über nichts weniger als indifferent verhält, geht ja auch schon daraus hervor, dass das in den 1) Howes, G. An Atlas of Practical Elementary Biology. London 1885. p. 49. 2) Metschnikoff, E. Ueber die Verdauungsorgane einiger Süsswasserturbellarien. Z. Anzeiger. Jahrg. 1878. p. 389. I. Darmkanal. 3. Ueber die Function der lymphatischen Zelldivertikel. 697 Magendarmzellen enthaltene Carmin, einerlei ob flüssig oder fest, wiederum die ursprüngliche (anstatt der für die Lösung charakteristischen bläulichen) Färbung aufweist. Auffallenderweise*) nimmt unter allen CapiteUiden allein Capitella capitata Carmin so begierig in ihren Darm auf. So zeigten Exemplare von Notomastus lineatus (deren Gewöhnung an längere Gefangenschaft mir unter vielen vergeblichen Versuchen auch zuweilen gelang), selbst wenn sie schon über Einen Monat in mit Carmin versetztem Seewasser gelebt hatten, noch keine Spur von Pigment im Darme. Erst von dieser Zeit ab traf ich bei einzelnen (wohl durch Hunger zum Verschlucken des Farbstoffes getriebenen) Individuen Einen oder mehrere Pigmentballen sowie auch etwas gelöstes Carmin darin an, und nach zwei Monaten erst konnte ich Spuren von solchem in den Nephridien nachweisen. Aehnlich verhielt sich Notomastus Benedeni, von welcher Art ich ^ebenfalls nach zahl- reichen vergeblichen Versuchen) einmal eine grössere Anzahl von Individuen über drei Monate hindurch in »Carmin-Seewasser« lebend erhalten konnte; nur mit dem Unterschiede, dass bei dieser Art der Farbstoff wohl in die DarmzeUen, nicht aber in die Nephridien übergetreten war. Es ist in der Hinsicht wahrscheinlich von Belang, dass Capitella capitata (wenigstens die neapolitanische Form) im putreficirenden Schlamme des Hafens lebt und daher bezüglich ihrer Nahrung und sonstigen Existenzbedingungen nicht eben wählerisch sein darf. Auffallend ist auch die Fähigkeit der CapiteUiden, insbesondere des Genus Capitella, das Carmin so rasch und so copiös im Magendarme in Lösung überführen zu können. In wie weit diese Fähigkeit verbreitet, oder aber unserer Familie eigenthümlich ist, wird sich indessen erst nach Anstellung vergleichender Untersuchungen entscheiden lassen. Schliesslich sei noch erwähnt, dass die Zusammensetzung des Carmines (die ja be- kanntlich grosse Schwankungen darbietet) einen nicht geringen Einfluss auf den Gang dieser Experimente ausübt. So zeigte eine der fünf von mir mit Capitella angestellten Versuchsreihen, gegenüber den anderen (unter sich durchaus übereinstimmenden) auffallende Unterschiede hin- sichtlich der Zeit- und Mengenverhältnisse, in denen der Farbstoff verdaut, resorbirt und ausgeschieden wurde. Die betreffenden Thiere hatten nämlich nach Verlauf mehrerer Tage kaum ebenso viel resorbirt, als die der anderen Reihen schon nach 24 Stunden. Dieses so viel weniger leicht verdauliche und resorbirbare Carmin der abweichenden Reihe war hier (in Neapel), das der anderen Reihen dagegen war in Deutschland angekauft worden. 3. Ueber die Function der lymphatischen Zelldivertikel.'') Bei den meisten CapitelHdenformen pflegen verschieden grosse Abschnitte des Magen- darmes gegen das Cölom hin mit einem dichten Lager keulenförmiger Fortsätze bedeckt zu a) Man vergleiche: »Anatomisch- Histologischer Theil« p. 44 — 45, 172, 210 — 211, 235 und 257 ; ferner: » Vergleichend- Anatomischer (Morphologischer) Theil« p. 433 — 434 und 440—441. *) Man kann hinzufügen »glücklicherweise«, da Capitella zugleich die einzige Capitellide ist, die sich ohne Schwierigkeit viele Monate hindurch in Carmin-Seewasser halten lässt. Zool. Station z. Neapel. Fauna und Flora, Golf von Neapel. CapiteUiden. 88 g98 ^'- Physiologischer Theil. sein. Es entsteht der Schein, als ob die betreffenden Tractuspartien mit zwei Epithellagen, nämlich mit einer intra- und mit einer extraintestinalen ausgerüstet wären. Die naheliegende Vermuthung, dass man es mit peritonealen Gebilden, insbesondere mit sogenannten Chloragogenzellen zu thun habe, erwies sich als durchaus unzutreffend, indem die Divertikel in der Regel vom Peritoneum überzogen sind imd, wenn dies nicht der Fall, das heisst wenn sie das Peritoneum durchbrechen, ihre Substanz (ebenso wie diejenige der Darmzellen nach dem Darmlumen) Cilien nach dem Cölom hin ausstreckt. Die genauere Untersuchung hat denn auch ergeben, dass besagte Fortsätze nichts Anderes, als nach der Leibeshöhle zu ausgestreckte Portionen oder Divertikel von Darmzellen darstellen. Die Thatsache, dass (in Schnitten) die meisten dieser Divertikel bis zu ihren mit Kernen ausgerüsteten Mutterzellen (und umgekehrt) verfolgt werden konnten, gewährleistet ihre frag- mentarische Zellnatur, und aus dem Umstände, dass innerhalb ein und derselben Species sehr verschiedene Abschnitte des Magendarmes bald mit Divertikeln besetzt, bald ohne eine Spur solcher angetroffen wurden, ergiebt sich ihr ephemeres Dasein, respective das Periodische ihres Auftretens. Es ist nun die Frage, welcher Function diese das Peritoneum bald vor sich herschie- benden, bald durchbrechenden und dann nackt in das Cölom ragenden Fortsätze der Magen- darmzellen zu dienen haben. Ich glaube, dass ihnen die Aufgabe obliegt, den im Magendarmepithele gebildeten Chylus der Perivisceralhöhle, respective der diese Höhle erfüllenden Hämolymphe zuzuführen; daher auch der von mir gewählte Name »lymphatische Zelldiv«rtikel«. In der Regel wird wohl bei den Anneliden ebenso wie bei den höheren Thieren der Chylus direct von den Gefässen aufgesogen; ist ja bei den meisten mit Gefassen ausgerüsteten Familien gerade der Darmkanal in besonders reichlicher Weise mit solchen versorgt; schwimmt er ja bei vielen geradezu im Blute (nämlich bei den mit einem Darmsinus ver- sehenen Anneliden). Nun, dem gegenüber ist es gewiss bezeichnend, dass in einer der wenigen Familien dieser Thierclasse, die der Ge fasse entbehren, sich eine so merkwürdige Fähigkeit der Darmepithelzellen ausgebildet hat. Zu Gunsten meiner Auffassung spricht auch, dass bei Mastohraitdins, so weit als der Darmsinus reicht, niemals Zelldivertikel angetroffen werden. 4. lieber die Function des Nebendarmes.'') Zum Verständnisse der mit ihm in Zusammenhang stehenden Darmrinnen sowohl, als auch zur Begründung seiner Homologien mit der Chorda dorsalis musste die Function des « Man vergleiche: «Anatomisch -Histologischer Theil« p. 43, 44, 47 — 4S, llU, 173, 175 — 17G, 212, 235 und 256 — 258; ferner: « Vergleichend- Anatomisoher iMorphologischer; Theil« p. 435 — 436 und 441 — 449. I. Darmkanal. 4. Ueber die Function des Nebendarmes. 699 Nebendarmes schon in den vorhergehenden Theilen nothgedrungen zur Sprache gebracht werden. Ich gedenke daher meine an den auf der vorhergehenden Seite citirten Stellen durch entsprechende Thatsachen gestützte Auffassung über seine Bedeutung hier nur kurz wieder- zugeben, um die von anderer Seite her geäusserten Vorstellungen gegenüberstellen zu können. Bei einer o-rossen Anzahl von Anneliden ist der Haupttheil der respiratorischen Thätig- keit in die .Darmwandungen verlegt. Durch die Mund- oder Afteröffnung wird nämlich ab- wechselnd Wasser aufgenommen und wieder entleert und so dem im Bereiche des Darmes circulirenden Blute Sauerstoff zugeführt. In besonders hohem Maasse ist dieser Respirations- modus bei denjenigen Formen ausgebildet, welche der specifischen Respirationsorgane ent- behren; denn bei ihnen kommt es zu einer förmlichen Ansammlung von Gas (Sauerstoff) im Darme, ja bei einzelnen sogar zur Ausbildung besonderer Reservebehälter (sogenannter schwimmblasenähnlicher Organe) für dieses allem Anscheine nach zur Respiration bestimmte Gas. Man begreift den Nutzen solcher Reservebehälter; kann doch auf diese Weise das Thier zeitweise auf die Wassereinnahme verzichten und so die Darmthätigkeit auf Verdauung und Resorption der Speisen beschränken. Der Collision von respirirender und nutritiver Thätigkeit könnte nun aber in noch anderer Weise abgeholfen werden, nämlich durch örtliche Trennung beider; und in der That sehen wir auch diesen Modus durchgeführt. Bei vielen Anneliden ist der Hinterdarm durch eine tiefe neurale Rinne (die soge- nannte Hinterdarmrinne) ausgezeichnet, deren kräftiges Cilienkleid den zur Respiration dienenden Wasserstrom in den Darm einführt. Diese Rinne kann sich nun entweder durch den ganzen Magendarm hindurch als sogenannte Wimperrinne fortsetzen (und damit ist jene Trennung schon angebahnt), oder aber es kann sich der betreffende neurale Theil des Magendarmes zum Rohre oder Nebendarme abschnüren iund damit ist jene Trennung vollständig durchgeführt). Ich betrachte demnach den Nebendarm als ein im Dienste der Respiration stehendes Organ, dazu bestimmt, das Athemwasser mit Umgehung des ver- dauenden und resorbirenden Magendarmes aus dem Hinterdarme direct in den Oesophagus zu schaffen. In hervorragender Weise wird diese Auffassung durch das Verhalten der kiemenlosen und daher ganz auf Haut- und Darmathmung angewiesenen CapiteUa bestätigt, bei der sich zur Hinterdarmrinne auch noch eine (in den Nebendarm führende) Vorderdarmrinne gesellt, so dass in diesem Falle jene Trennung sich nicht nur auf den verdauenden, sondern auch auf den die Nahrung aufnehmenden und zu Speiseballen formenden Tractusabschnitt erstreckt. Ueber die Function des Nebendarmes von Anneliden und Gephyreen ist bis jetzt, so weit mir bekannt, von anderer Seite her keine Ansicht geäussert worden; wohl aber über diejenige des Nebendarmes von Echinodermen (Echiniden . Agassiz 'j hielt dafür, dass wir es mit einem Absonderungsorgane zu thun hätten, ohne 1) Agassiz, A. Revision of the Echini, Illustrated Catalogue Mus. Comp. Zool. Harv. Coli. Part IV. 1S72/74. p. 678. 700 C. Physiologischer Theil. freilich irgend welche Thatsachen anzuführen, die jene Auffassung zu stützen im Stande ge- wesen wären. Anders Perrier ') . Auf Grund seiner Beobachtung, dass bei Exemplaren von Psnmme- chinus miliaris, welche kurze Zeit in mit Fuchsin gefärbtem Seewasser gelebt, sich zunächst Oesophagus und Nebendarm tingirt hatten, schloss er, dass die Seeigel beständig grössere Quantitäten von Wasser in sich aufnehmen, und dass wenigstens ein Theil hiervon den Neben- darm passire, um durch ihn direct in die zweite Windung des Intestinums transportirt zu Averden. Die Ursache dieser Anordnung sieht er darin, dass die erste Windung (als ver- dauender und resorbirender Darmabschnitt) fast immer von Speisen erfüllt sei. Ist es nämlich nothwendig, dass ein Wasserstrom continuirlich durch die zweite Windung hindurchfliesse, so würde dieser Strom, falls er, anstatt durch den Nebendarm, durch die erste mit Nahrungs- bestandtheilen angefüllte Windung seinen Wege nähme, nicht nur verlangsamt und verun- reinigt, sondern es würde auch der Verdauungsprozess dadurch gestört. Was nun den Zweck dieses so aufgenommenen und durch den Nebendarm in den hinteren Darmabschnitt beför- derten Wasserstromes betrifft, so meint Perrier, es könne kaum ein Zweifel darüber herrschen, dass er der Respirationsthätigkeit diene, indem gerade die Wandungen der zweiten Windung sehr dünn seien und daher einem osmotischen Gasaustausche zwischen dem beständig er- neuerten Seewasser einer- und der Leibesflüssigkeit andererseits Vorschub leisteten. GiÄRD-j endlich schliesst aus seinen an Echinocarditim cordatum gemachten Erfahrungen, dass der Nebendarm zur Hinausbeförderung der im Enddarme angesammelten Massen diene. Zu diesem Belmfe nehme er (der Nebendarm) das im Sande des vorderen Darmabschnittes enthaltene Wasser auf und leite es, dank dem durch die Contraction dieses Darmabschnittes erzeugten Drucke, in den Enddarm, res^iective nach aussen. Für die x\nsicht von Agassiz, dass der Nebendarm ein Absouderungsorgan darstelle, lassen sich weder bei Anneliden, noch bei Echinodermen irgend welche Anhaltspunkte auffinden, und GiARD nimmt wohl eine Wirkung für eine Ursache; denn daraus, dass der den Neben- darm passirende Wasserstrom die im Enddarme angehäuften Materien mit sich fortreisst, folgt doch noch lange nicht, dass der Nebendarm lediglich dazu da sei. Das Richtige scheint mir allein Perrier getroffen zu haben, der den Nebendarm der Echiniden (ebenso wie ich denjenigen der Anneliden) für ein im Dienste der Respirations- thätigkeit stehendes Organ hält, und die Thatsache, dass Perrier auf Grund seiner Experimente (vor mir) an einer von den Anneliden so weit abstehenden Thiergruppe zu einer ähnlichen Auffassung gekommen ist, wie sie mir durch die Gesammtanordnung des mit dem Neben- darme communicirenden Darmrinnensystemes der Capitelliden aufgedrängt wurde, dürfte nicht wenig zur Anerkennung des Satzes beitragen, dass ursprünglich der Neben dann überall eine respiratorische Function auszuüben hatte. 1) Peeriee, E. Recherches sur FAppareil Circulatoire des Oiirsins. Arch. Z. Exper. Tome 4. 1875. p. 034-037. 2) GiAKD, A. Sur un Amphipode [Urothoe marinus] commensal d.e V Echinocardium cordatum . Compt. Rend. Tome &2. 1S7G. p. 70. II. Centrales Nervensystem. Nur die Function eines Bestandtheiles des Nervensystemes, nämlich diejenige der Neu- rochorde'), wird uns beschäftigen. In den vorhergehenden Theilen wurde nachgewiesen, dass die Neurochorde ursprünglich breite, von dem FibriUennetze des übrigen Bauchmarkes stark abweichende Nervenfasern dar- stellen, welche in der Kegel einer allmählichen (fettigen) Degeneration unterliegen. In dem Maasse als sich diese Degeneration an den sogenannten riesigen Fasern abspielt, erfahren auch ihre neurilemmatischen Scheiden eine tiefgreifende Umwandlung: es wachsen nämlich die Durchmesser dieser Scheiden, ihre bis dahin durchbrochenen Wandungen verdicken und schliessen sich zu einheitlichen Röhren (Neurochordröhren), und an Stelle des früheren (de- generirten) nervösen Inhaltes (der Neurochordnerven tritt eine nahezu wässerige Flüssigkeit (Neurochordflüssigkeit). Wie also die Neurochordnerven eine regressive, so erfahren die Neurochordscheiden eine progressive Metamorphose, und letzterer gegenüber entsteht nun die Frage, durch welches Bedürfniss sie hervorgerufen worden sein möge, respective welche Leistungen die Neurochorde zu verrichten haben. Von verschiedenen Forschern, welche allein das in seinen nervösen Bestandtheilen de- generirte und in seinen neurilemmatischen einseitig fort- und umgebildete Neurochordsystem vor Augen hatten, ist über die Function des letzteren insofern implicite eine Meinung aus- gesprochen worden, als sie dasselbe der Chorda dorsalis verglichen. Ausdrücklich betont wurde aber diese der Chorda analoge Stützfunction erst von Vejdovsky und Bülow. Ersterer') schrieb darüber folgende Sätze: »Nebstdem aber besitzen die meisten Oligochaeten, mit Ausnahme von Aeolosoma und Branchio- hdella noch einen eigenthümlichen Accommodationsappaiat, welcher zur Erhaltung des Bauchstranges in einer starreren Lage während der Krümmungen und Zusammenziehungen des Körpers dient und auch bei sehr vielen Polychaeten bekannt ist. Es ist das Neurochord« etc. »Ich habe sie mehreremals beobachtet und zuletzt als »Neurochord« bezeichnet, als Organ, das analog der Vertebratenehorda zur Erhakung der Bauchstrangslage während der Krümmungen des Körpers wesentlich beiträgt« etc. a) Man vergleiche: » Anatomisch-Histologischer Theil« p. 67—69, 178, 213—217, 237 und 260 ; ferner: Vergleichend-Anatomischer (Morphologischer) Theil« p. 458 — 460 und 475 — 493. 1) 1. p. 236. c. p. 86—88. 702 C. Physiologisoher Theil. Letzterer') drückte seine Ansicht in diesen Worten aus: »Die ,,Nervenpriraitivfasern" oder die „riesigen dunkelraudigen Nervenfasern" Leydig's im Bauch- strang der Oligochaeten, also auch die damit synonyme ,,Neurochorda" Vejdovskys, sind nicht nervöser Natur, sondern dienen dem Körper als elastische Stütze.« Es ist dem Leser schon aus den vorhergehenden Theilen dieser Monographie bekannt, dass ich bezüglich der Neuro chordfunction im Wesentlichen mit den eben citirten Autoren übereinstimme. Wenn man bedenkt, wie bei den Wirbelthieren das Centralnervensystem mehr als irgend ein anderes durch knorplige oder knöcherne Decken geschützt wird, so begreift man, dass auch bei Wirbellosen gerade dieses System hinsichtlich der Schutzvorrichtungen gegen Dehnung oder Quetschung eine bevorzugte Stellung einnimmt. Inductiv lässt sich aber Folgendes zu Gunsten dieser Auffassung vorbringen: Erstens finden wir die Neurochorde da wo der Bauchstrang eine cölomatische Lagerung aufweist so bei Notomastus, Dasyhranchis und Mastobranchus) kräftig, hingegen da wo er um- gekehrt dem Hautmuskelschlauche einverleibt liegt (so bei Heteromastus und Capitellä) schwach ausgebildet. Zweitens erreicht die Ausbildung der Neurochorde eine noch bedeutendere Stei- gerung, wenn (wie bei Mastobranchus) dem cölomatisch gelegenen Bauchstrange auch noch die Aufgabe obliegt, einer kräftigen (transversalen) Muskulatur Ansatzpunkte zu liefern. Drittens treten die Neurochorde da sehr unscheinbar auf, wo sich (wie bei Glycera und Nephthys) Stütz- organe direct aus dem äusseren Neurilemma, nämlich sogenannte Lemmatochorde, gebildet haben. Viertens endlich ist nach Vejdovsky-) unter den ihm bekannten Oligochaeten das Neurochordsystem »bei solchen Formen am mächtigsten entwickelt, deren Leibesmuskulatur verhältnissmässig schwach ist«. So sollen die gebrechlichen Lumbriculiden mit überaus kräf- tigen Neurochorden ausgerüstet sein; die umgekehrt mit starren Leibeswandungen versehenen Phreoryctiden dagegen der Neurochorde gänzlich entbehren. Zu Gunsten der Ansicht, dass wir es in den Neurochorden mit Stützorganen zu thun haben, spricht auch ihre endgiltige Beschaffenheit; denn Röhren mit festen, elastischen Wan- dungen und einem wasserähnlichen Inhalte sind gewiss geeignet, aller Art von Druck und Zug unter Schonung des benachbarten Nervengewebes Widerstand entgegenzusetzen. In Anbetracht, dass die Neurochorde, wie insbesondere aus dem Verhalten von Masto- branchus hervorgegangen ist, ursprünglich überall Nervenfasern darstellen und erst nach De- generation der nervösen Substanz sowie in Folge einseitiger Ausbildung der neurilemmatischen Scheiden ihre definitive Gestaltung erhalten, müssen wir schliessen, dass hier ein Functionswechsel stattgehabt habe. Ob freilich dieser Wechsel so aufzufassen ist, dass das Bedürfniss »zu stützen« zur Degeneration der Neurochordnerven führte, oder aber, dass umgekehrt die (aus uns unbekannten Gründen erfolgte) Degeneration der Neurochordnerven jene Scheiden für das mögliche Eintreten eines solchen Wechsels erst frei machte — das müssen wir vorerst noch dahingestellt sein lassen. 1) 1. p. 347. c. p. 92. 2) 1. p. 236. c. p. SS. in. Sinnesorgane. 1. Die Wimperorgane'). Sämmtliche Capitelliden sind mit Einem Paare im Bereiche des Kopflappens gelegener, ein- und ausstülpbarer, stark bewimperter Taschen versehen, welche in den vorhergehenden Theilen als AVimperorgane beschrieben wurden. Diese Taschen stehen in so nahen Be- ziehungen zum Gehirne, respective werden in so reicher Weise von letzterem aus innervirt, dass man kaum im Zweifel darüber bleiben kann, Sinnesorgane vor sich zu haben. Nur darum kann sich die Frage drehen, welcherlei Art von Perceptionen speciell diese Organe vermitteln mögen. "Wir haben gesehen, dass die Wimperorgane keineswegs auf die Capitelliden beschränkt sind, dass vielmehr eine grosse Anzahl anderer Annelidenfamilien ebenfalls mit solchen, aller- dings meist vielfach rückgebildeten Organen ausgerüstet ist; wir haben ferner gesehen, dass homologe Gebilde im Kreise der Turbellarien und Nemertinen vorkommen, und aus dieser ihrer weiten Verbreitung im Wurmtypus können wir schliessen, dass die fraglichen Sinnes- organe nicht etwa specielle sensorische Anpassungen, sondern vielmehr typische Gebilde dar- stellen werden. Da über die Function der Wimperorgane schon vielfache Ansichten ausgesprochen wurden, so wollen wir diese zunächst zusammenfassen, um im Anschlüsse daran auch unsere eigene Meinung geltend zu machen. Was zunächst die Anneliden betrifft, so meinte Quatrefages '), im Hinblicke auf die AVimperorgane von Polyophthahnus, dass dieselben vorwiegend dazu dienen möchten (ähnlich den Räderorganen der Rotatorien) Strömungen im Wasser hervorzurufen und so die kleinen Nährthiere dem Munde zuzustrudeln. Keferstein '-) bezeichnete die Wimperorgane von Notomastus als Fühler und verglich sie den Tentakeln einer Schnecke. 1) QuATKEFAGES, A. de. Memoire sur la Familie des Polyophthalmiens. Ann. Sc. N. (3) Tome 13. 1S50. p. 14. 2) 1. p. 4. c. p. 124. a) Man vergleiche: » Anatomisch-Histologischer Theil« p. 71 — 75, ISO, 218, 237 — 23S und 261; ferner: I Vergleichend-Anatomischer (Morphologischer) TheU.« p. 496 — 501. 704 C. Physiologischer Theil. Eine ähuliclie Auffassung hat auch neuerdings wieder Fischer') bezüglich Capitella geltend gemacht; er sagt nämlich: »Indessen habe ich vom Gehirn nach ihnen [den Wimperorganenj abgehende Nervenzweige beobachten können und spreche sie demgemäss meinerseits als Tastapparate an." Die anderen neueren Forscher hingegen, die sich überhaupt über die Function der Anneliden- Wimperorgane ausgesprochen haben, erklären dieselben in übereinstimmender Weise für Riechorgane. Zuerst scheint Vejdovsky-) ihnen diese Function beigelegt zu haben, und zwar unter folgender Begründung: » I ) Es sind epitheliale Epiblastverdickungen, die mit Flimmerhaaren besetzt sind. 2) Das Medium, in welchem die Wimpern schlagen, ist von sich selbst feucht, und schliesslich 3) stehen die Kopfgruben durch feine Nervenfasern mit dem Kopfganglion in Verbindung.« Sodann sprach sich E. Meyer ^) in seiner Abhandlung über Po(yo/>/i^/. c. Vol. 1. p. Ü2. IV. Blut (Hämolymphe). 3. Ueber die bei C'apitella auftretende Melanämie. 723 eingehendem Stadium der Physiologe und Pathologe wichtige Aufschlüsse für das bessere Ver- ständniss der melanotischen Vorgänge bei höheren Thieren erwarten dürfen; denn — Capitella eignet sich erstens, wie die Carminfütterungs-Versuche bewiesen haben, nicht wenig zur An- stellung von Experimenten und bietet ZAveitens den nicht genug zu schätzeüden Vortheil dar, lebendigen licibes mikroskopisch durchmustert werden zu können. Sollte Jemand die Definition der beschriebenen Blutmetamorphose als »Melanämie« beanstanden, so gebe ich ihm Folgendes zu bedenken: Die betreffende Blutveränderung haben erfahrungsgemäss erstens solche CopiVefe-Exemplare zu erleiden, welche geschlechtlich er- schöpft sind, zweitens solche, die lange in Gefangenschaft gehalten (und daher auch nicht entsprechend genährt) worden, und drittens solche, die in einem abnormen Medium (zum Beispiel in graduell verdünntem Seewasser) zu leben gezwungen worden waren. Ferner: der Blutfarbstoff der Capitelliden, also diejenige Substanz, welche bei den betreffenden Verände- rungen jedenfalls die Hauptrolle spielt, ist nachgewiesenermaassen identisch mit Hämoglobin. Wir können daher allgemein aussagen, dass sich in Folge verschiedener sei es innerer, sei es äusserer Störungen des Allgemeinbefindens der in dem Blutscheibenstroma von Capitella enthaltene Farbstoff (das Hämoglobin) unter Verfärbung in Blaugrün oder Schwarz auf die zur Ausscheidung bestimmten Excretbläschen als sogenanntes »Pigment« zurückzieht. Was Anderes oder wieviel mehr können wir nun aber von dem als »Melanämie« defi- nirten Zustande der höheren Thiere sagen? Man weiss auch hier nur, dass im Gefolge gewisser Krankheiten im Blute ein dunkles »Pigment« zur Ausscheidung gelangt, dessen Ab- stammung vom Hämoglobine (soweit ich die betreffende pathologische liiteratur zu übersehen vermag) jetzt ziemlich allgemein angenommen wird, über dessen pathogenetische Bedeutung jedoch nach wie vor grosses Dunkel herrscht. In einer der neueren Abhandlungen über die in Folge von Malariainfection auftretende Melanämie kommen die Verfasser, Marchiäfava und Celli'), zu dem Resultate: )) 1 . que le pignient se forme dans les vaisseaux sanguins, et dans le sang en circulation ; 2 . qu'il procede de la substance colorante du globule rouge, et se forme precisement dans le protoplasme de ce globule.« Man sieht, dass dieser am höchsten Wirbelthiere festgestellte Entstehungs- modus des pathologischen Pigmentes durchaus mit demjenigen bei Capitella über- einstimmt. Ich hebe diese Thatsache aus dem Grunde besonders hervor, weil man sich zwar darüber geeinigt zu haben scheint, dass das bei Malaria auftretende Pigment im Blut- scheiben-Hämogiobin seine Quelle habe, nicht aber über den Ort und den Modus der Pigment- bildung. 1) MA.RCHIAFAVA, E. et Celli, A. Los Alterations des Globules Rouges dans linfeclion par Malaria et la Genfcse de la Melanemie. Arch. Ital. Biol. Tome 5. 1SS4. p. 147. (Der mir nicht zugängliche Origlualaufsatz ist in den »Memorie della R. Accademia dei Lincei« erschienen.) V. Nephridieii«^ Wenige Organsysteme fanden hinsichtlich ihrer Leistungen so verschiedenartige Beurthei- hmgen wie die Nephridien. Bald sollten sie Athemwerkzeuge, bald schleimabsondernde Drüsen darstellen; bald hielt man sie für Ovarien, bald für Hoden, und alle diese ein- ander doch theilweise wenigstens ausschliessenden Auffassungen liefen Jahrzehnte hindurch traditionell nebeneinander her. Erst von den fünfziger Jahren ab — man kann Gegenbaur's ') und Hering's^) Abhandlungen über die Schleifenkanäle und Generationsorgane von Liimhrims als ungefähren Wendepunkt bezeichnen — fingen diese Auffassungen an in den Hintergrund, und zwei neue an deren Stelle zu treten. Gestützt auf die genannten Abhandlungen und auf die nachfolgenden Forschungen von Leydig, Quatrefages, Claparede, Ehlers u. s. w. wurden nämlich die Nephridien fortan entweder als harnabsondernde Drüsen, oder als Aus- fuhrapparate für die Geschlechtsijrodukte hingestellt. Nachdem diese zwei Erklärungsversuche eine Zeit lang einander bekämpft hatten, wurden sie weiterhin durch die Einsicht zur Versöhnung gebracht, dass die Nephridien weder allein der einen, noch allein der anderen Function, dass sie vielmehr beiden zusammen zu dienen haben; sei es nun, dass in einem gegebenen Thiere ein Theil als Geschlechtskanäle und ein anderer als excretorische Drüsen fungirt, sei es, dass im betreffenden Thiere ein und dasselbe Organ die beiderlei Functionen übernimmt. Insofern als es sich bei der Frage nach der Nephridiumfunction um licistungen im Dienste der Geschlechtsthätigkeit handelt, hat die bisherige Forschung schon befriedigende Einsicht verschafft. Die im vorhergehenden Theile aufgeführten Fälle, in denen die Nephri- dien solche dauernde Umformungen erfahren haben, welche sie dazu beftihigen als Ei- und Samenleiter, ferner als Reccptacula seminis und Vesiculae seminales, sowie auch als Vaginae und Penes zu fungiren, lassen keine andere, als jene Deutung zu. a) Man vergleiche: » Anatomisch-Histologischer Theil« p. 111—132, 190—199, 222—225, 241— 243 und 270 — 280; ferner; »Vergleichend-Anatomischer (Morphologischer) Theil« p. ,588 — ^668; endlich Tafel 34. 1) Gegenbauk, C. Ueber die sogenannten Respirationsorgane des Regenwurmes. Zeit. Wiss. Z. 4. Bd. 1853. p. 221. 2) Hebing, C). Zur Anatomie und l'hysiologie der Generationsorgane des Regenwurmes. Zeit. Wiss. Z. S. Bd. IS.')?, p. 4U0. V. Nephridien. 1. lieber die chemische Beschaffenheit der in den Nephvidien etc. 725 Durchaus nicht das Gleiche lässt sich nun aber bezüglich der Natur der Nephridien als harnabsondernder Organe sagen. Worauf man sich hierbei zu stützen pflegt, das sind einmal gewisse Uebereinstimmungen des Baues zwischen Nephridien und anderen nierenarti- gen Organen, und sodann das Vorkommen sogenannter Concretionen. Der entscheidende Nachweis, nämlich das anhaltende Auftreten eines charakteristischen, stickstoffhaltigen Aus- scheidungsproduktes, ist bisher, wenigstens in einigermaassen überzeugender Weise, noch nicht geliefert worden; daher soll uns zunächst dieser Nachweis, das heisst die chemische Natur der in den Nephridien enthaltenen Excretbläschen und Concretionen beschäftigen. Der zweite Abschnitt dieses Kapitels wird sodann über die Ausscheidung des vom Magendarme resorbirten Carmines berichten. Der dritte über die in anderen Organsystemen (als den Nephridien) vor sich gehende excretorische Thätigkeit. Im vierten wird ferner die Frage erörtert, ob die im vorhergehenden hinsicht- lich ihrer excretorischen Thätigkeit untersuchten Organe als »Nierenorgane« gelten können. Im fünften kommt die Entstehung und der Excretionsmodus der Nephridien, sowie deren Verhältniss zu den anderen Nierenorganen zur Sprache. Der sechste Abschnitt ist den Beziehungen zwischen Pigment und Excret ge- widmet. Der siebente den Beziehungen zwischen Excret-Pigment, Hautskelet und Häutung. Und im achten endlich werden die Excret-Pigmentc als Objecte der Zucht- wahl in's Auge gefasst. 1. Ueber die chemische Beschaffenheit der in den Nephridien enthal- tenen Excretbläschen und Concretionen. Im Anatomisch-Histologischen Theile, wo diese Gebilde hinsichtlich ihres Vorkommens und Habitus beschrieben werden mussten, wurde bereits hervorgehoben, wie wir sie nicht nur in den Nephridiumzellen, sondern auch im Nephridiumkanale antrafen, ja, zeitweise nach aussen zur Entleerung kommen sahen, so dass denn auch kein Zweifel darüber herrschen kann, dass diese Bläschen und Concretionen als das specifische Ausscheidungs- produkt der Nephridien zu betrachten sind. 12Q ^- l'hysiologischer Theil. a. Die Excretbläschen und Concretionen der Untergattung CUstomastusA. Der erste Versuch galt natürlich dem Nachweise von Harnsäure. Die Concretionen lösten sich zwar in Salpetersäure, aber die abgedampfte oder ein- getrocknete und sodann mit Amnion und Kali behandelte Lösung veränderte ihr gelbliches Ansehen weder in ein purpurrothes, noch in ein blauviolettes, sondern in ein rothbraunes, und wie ich auch die der Reaction dienenden Processe (unter Benutzung aller der in neuerer Zeit empfohlenen Cautelen) variiren mochte, die Murexidprobe fiel stets bestimmt negativ aus. Nachdem so ein Vorhandensein des von allen N-haltigen Excreten am leichtesten nach- weisbaren nicht festgestellt werden konnte, blieb nichts Anderes übrig, als die Concretionen auf die Reihe der übrigen im Thierkörper auftretenden Excretstoffe hin zu prüfen. Wie zeitraubend und wenig versprechend im Allgemeinen derartige ausschliesslich unter dem Mi- kroskope anzustellende Untersuchungen zu sein pflegen, weiss jeder, der sich einmal damit beschäftigt hat; im vorliegenden Falle kamen aber auch noch besondere, in der Natur des Ob- jeetes begründete Schwierigkeiten*) hinzu, und diese sowie meine geringe Hebung im chemi- schen Arbeiten mögen die Dürftigkeit der mitzutheilenden Ergebnisse entschuldigen. Wird eine Anzahl prall mit Concretionen angefüllter Nephridien auf dem Platinbleche erhitzt, so nimmt die Masse rasch ein dunkleres Aussehen an, bläht sich dabei auf und lässt schliesslich einen relativ bedeutenden, vor dem Löthrohre nicht schmelzenden Rückstand. Dieser Rückstand betrug meiner Schätzung nach etwa 507« der verbrannten Probe. Ein ähnlich behandeltes Stück des Muskelschlauches hinterliess einen relativ viel geringeren Rückstand und dieser schmolz vor dem Löthrohre zu einer braunen, glasigen Masse. Es sind dem- nach in den Concretionen organische und anorganische Körper enthalten. Untersuchen wir zunächst die organischen. Die Concretionen sind in Wasser, Alkohol und Aether durchaus unlöslich. Auf Zusatz von Essigsäure treten zuweilen einige Gasblasen auf, im Uebrigen bleiben aber die Concretionen, auch wenn man starke Lösungen der Säure längere Zeit hindurch ein- wirken lässt, durcliaus unverändert. a) Taf. 34. Fig. 1—6. *) Man bedenke, dass es sich darum handelt, Wochen hindurch Hunderte und aber Hunderte von Ne- phridien frei zu präpariren, und dass — selbst wenn darauf Bedacht genommen wird, nur reichlich Concretionen enthaltende Organe auszuwählen — sich doch diese Concretionen vom Drttsengewebe nicht isoliren lassen. Als Quellen möglicher Täuschungen hebe ich nach meinen Erfahrungen vor Allem die auf der Verun- reinigung mit Seewasser beruhende hervor. Hat man die (bei der Präparation) in die zu untersuchenden Organe gelangten Salze nicht sorgfältig durch destillirtes Wasser ausgezogen, so erhält man bei der Behandlung mit Säuren ebensolche nadeiförmige Krystalle, wie so manches Mal schon schleclitweg als Beweis für das Vorhandensein dieses oder jenes Excretionsproductes von fraglichen Nierenorganen niederer Seethiere beschrieben wurden. Sodann hat man sich vor oxydirten Metallnadeln zu hüten, indem selbst Spuren solcher Oxyde zur Entstehung von Krystallen Veranlassung geben können. Endlich sind die alkalischen Lösungen stets frisch zu bereiten, da ihre Verunreinigung mit Kohlensäure ebenfalls Krystallbildungen hervorruft, die nichts mit dem zu eruirenden Excrete zu thun haben. V. Neiihridien. 1. Uober die chemische BeschafTcnheit der in den Nephridien etc. 727 Concentrirte Oxalsäure greift zwar die Concretionen an, löst sie aber nicht voll- ständig auf. Nach kurzer Einwirkung derselben entstehen vereinzelte gelblich gefärbte Krystalle, die mit denjenigen von oxalsaurem Kalke grosse Aehnlichkeit haben. Verdünnte Salzsäure greift die Concretionen sehr wenig an; mit solcher erwärmt schmelzen sie jedoch zu einem gelben, in Wasser schwer löslichen Brei zusammen. Die concentrirte Säure bringt schon im kalten Zustande die Concretionen zum Schmelzen, und während dieses Processes pflegt eine Anzahl überaus kleiner Stäbchen- bis nadeiförmiger, gelb gefärbter Krystalle aufzutreten. Verdünnte (etwa 207ü) Salpetersäure greift die Concretionen langsam an; in con- centrirter dagegen schmelzen sie rasch unter Entfilrbung zu einem Brei, in dem zahlreiche 2 — 4 |x lange, prismatische Krystalle auftreten, die jedoch bald wieder verschwinden. Werden die Concretionen mit verdünnter Säure erwärmt, so lösen sie sich ebenfalls, und der beim Abdampfen entstehende citronengelbe Rückstand löst sich, wie schon erwähnt wurde, in Kali mit tief gelbrother Farbe. Auf Zusatz von Schwefelsäure (sowohl verdünnter, als concentrirter) wird die (ge- wöhnlich homogene) Masse der einzelnen Concremente wie auf einen Schlag körnig, und gleichzeitig schiesst eine grosse Menge von Krystallen an. Diese haben meist die Form feiner Nadeln und Stäbe, sind von gelbHchem Ansehen und liegen bald vereinzelt, bald zu Büscheln grupi)irt. Neben grossen spiessigen pflegen auch kleine wetzsteinförmige aufzutreten. In ähnlich behandelten Muskelstücken lässt sich keine Spur von solchen Krystallen nachweisen. Bei Anwendung der concentrirten Säure lösen sich die C'oncretionen, gleich nachdem sie körnig geworden, zu einem dunkelbraunen Schlamme auf, in dem die Krystalle eine Zeit lang erhalten bleiben; bei Anwendung verdünnter erfolgt dieselbe Umwandlung erst nach längerer Zeit. Gegen Ammon-Flüssigkeit verhalten sich die Concremente sehr resistent; es tritt nur sehr allmählich Entfärbung ein, und selbst nach eintägiger Einwirkung des Reagens fanden sich die meisten Concretionen noch intact. Sowohl durch concentrirte, als auch durch verdünnte Kalilauge werden die Con- cretionen zu einem braunen, sich allmählich entfärbenden Schlamme gelöst, und in diesem Schlamme tritt kurz nach seinem Entstehen plötzlich eine überaus grosse Menge länglicher, theils prismatischer, theils spindelförmiger, 4 [x langer und 1 [x breiter Stäbchen auf, welche nach einiger Zeit wieder verschwinden. In dicht daneben befindlichen, ganz derselben Be- handlung ausgesetzten Muskelfragmenten war keine Spur von solchen stäbchenförmigen Kry- stallen wahrzunehmen. Alle diese Reactionen*! der Concremente, ihre Unlüslichkeit in Wasser, Alkohol und *) In obiger Zusammenfassung der für das Vorhandensein von Guanin sprechenden Reactionen sehe ich ganz ab von dem Verhalten der salpetersauren Lösung gegen Alkalien, indem sich der Rückstand auf Natronzusatz wohl roth färbte, aber — und dies scheint doch für Guanin charakteristisch zu sein — bei nachfolgender Erhitzung keine purpurrothe Färbung annahm. Das Verhalten der salpetersauren Lösung stimmt dagegen so ziemlich überein 728 ^'- l'hysiologischer Theil. Aethcr, ihre schwere Löslichkeit in Amnion, ihre leichte Löslichkeit dagegen in Mincral- säuren und Alkalien, sowie ihre Fähigkeit, mit beiden krystallisirbare Verbindungen einzu- gehen, alle diese Reactionen weisen nun auf Eine als Zersetzungsprodukt von Eiweisskörpern bekannte Substanz hin, nämlich auf Guanin. Betrachten wir nun die anorganischen Bestandtheile der C'oncretionen. Die im frischen Nephridium nach Zusatz von Essigsäure auftretenden Gasblasen machen es wahrscheinlich, dass in den Concretionen kohlensaurer Kalk enthalten ist; aber jedenfalls nur in Spuren, indem ja die C'oncretionen durch Zusatz genannter Säure an- scheinend gar keine Veränderung erleiden und überdies die in so geringer Zahl auftre- tenden Blasen eine im Verhältnisse zur Masse nur verschwindende Menge jenes Salzes voraus- setzen lassen. Der bis zum Kochen in Wasser erhitzte Glüh rückst and der Concremente erfahrt keine wahrnehmbare Abnahme. Ein paar Tropfen der klaren, neutral reagirenden Flüssigkeit auf dem Platinblech verdunstet hinterliessen indessen einen geringen Rückstand. Die Frage, mit welchen in Wasser löslichen Bestandtheilen wir es zu thun haben, war, da diese Bestand- theile nur Spuren der ohnehin so geringen Aschenmenge ausmachten, nicht befriedigend zu beantworten. Daraus jedoch, dass ein in die concentrirte T-ösung getauchter Platindraht in der nicht leuchtenden Flamme eine intensiv gelbe Färbung hervorbrachte, ging hervor, dass das in die Lösung übergegangene Salz — wenigstens theilweise — ein Natronsalz war. Von dem in Wasser unlöslichen Theile der Asche vermag ich nur anzugeben, dass er in Essigsäure vollständig unlöslich ist, dagegen von Salzsäure gelöst wird. Daraus können wir im Zusammenhange mit den übrigen Reactionen schliessen, dass ein Kalksalz, respective eine Verbindung des organischen Theiles der Concremente mit Kalk (Guaninkalk) nicht vor- handen ist. Sehen wir uns unter den übrigen im Thierkörper nachgewiesenen feuerbestän- digen Aschenth eilen um, so wäre zunächst an Magnesia zu denken. Aber dies bleibt eine Vermuthung, indem der zu Gebote stehende Glührückstand — mag man sich aiich die Mühe nicht verdriessen lassen. Hunderte von Nephridien zu diesem Behufe zu präpariren — eine so minimale Quantität repräsentirt, dass an die Ausführung einer regelrechten Analyse nicht ge- dacht werden kann. Bezüglich des organischen Theiles der C'oncretionen noch eine Bemerkung. Wenn ich im Vorhergehenden sagte, dass dieser Theil allem Anscheine nach aus Guanin oder aus einer » guaninähnlichen Substanz« bestehe, so lag der Grund hierfür nicht allein in dem Umstände, dass die angeführten Reactionen, weit davon entfernt, die für solche mit demjenigen der Xanthoproteinsäure. So löste sich der gelbe Niederschlag von ähnlich wie die Nephridien be- handelten Muskelstücken auf Alkalizusatz ebenfalls mit gelber (nur etwas tieferer Orange-) Farbe. Wenn man bedenkt, dass sich die Concretionen zum Behufe solcher Untersuchungen nicht isoliren lassen, also sammt dem ganzen eiweisshaltigen Drüseninhalte der Nephridien behandelt werden müssen, so wird diese Uebereinstimmung nicht überraschen. Die Guaninreaction wird eben bei diesem Verfahren wahrscheinlich durch die vorwaltende Xanthopro- teinreaction verdeckt, respective modificirt. V. Nephridien. 1. Ueber die chemische Beschaffenheit der in den Nephridien etc. 729 Bestimmungen erwünschte Gewähr leisten zu können, sondern auch in der Thatsache, dass die Concretionen sich den verschiedenen Reagentien gegenüber durchaus nicht alle gleich verhalten. Weitaus die Mehrzahl aller je in einem Nephridium enthaltenen C'oncremente reagiren gegen Säuren und Alkalien so wie ich es angegeben habe ; aber einzelne machen hiervon in vielen Fällen eine Ausnahme. So traf ich Nephridien, in denen eine gewisse An- zahl der Concremente weder durch lange andauernde Einwirkung verdünnter Mineralsäuren, noch durch Salzsäure, noch durch concentrirte Kalilauge angegriffen wurden und hinsichtlich dieser ihrer grossen chemischen Resistenz an Chitin erinnerten. Dieses schwankende chemische Verhalten des uns beschäftigenden Ex- cretes, sowie seine an Chitin erinnernde Modification hatte ich auch für die Concretionen der Blutscheiben zu constatiren, und dort habe ich auch schon auf die Bedeutung hingewiesen'^ , welche die Auffassung desChitines als stickstoff- haltigen Zersetzungsproduktes für weiterhin in diesem Kapitel zu erörternde Probleme haben wird. Der den Nephridium-Concretionen anhaftende Farbstoff ist ebenso wie derjenige der Blut-Concretionen ?) von grosser chemischer Resistenz. In den meisten Schnitten, welche beispielsweise mit Pikrin-Schwefelsäure und Alcohol absolutus behandelt worden waren, haben die Concremente ihr gelbbraunes Colorit beibehalten. Die Prüfung auf Blut- und Gallen- pigmente hatte hier ebenso wie bei den Blut-Concretionen einen negativen Erfolg. Dass aber dieser Farbstoff '^ebenso wie der der Blutscheiben-Concretionen) aller Wahrscheinlichkeit nach im Hämoglobine seine Quelle haben werde, habe ich bereits im vorhergehenden Kapitel"/) zu vertreten gesucht. b. Die Excretbläschen und Concretionen der Untergattung Trenioinastus^). In Anbetracht des grossen anatomischen Gegensatzes zwischen den Nephridien von CUstomastus und Tremomastiis schien es mir von Interesse zu sein, auch die Concretionen letzterer Untergattung auf ihre chemische Beschaffenheit zu prüfen. Wenn aber schon bei CUstomastus, dessen von Concretionen strotzende Nephridien leicht herauspräparirt werden kön- nen, die Untersuchung mit Schwierigkeiten zu kämpfen hat, so steigern sich diese Schwierig- keiten noch bedeutend bei Tremomastus, indem hier erstens die Nephridien nur bruchstück- weise von den Leibeswandungen abgetragen werden können, und zweitens nur wenig zahl- reiche sowie wenig umfangreiche Concretionen in je einem Nephridium enthalten zu sein pflegen. Ich musste mich daher auf die Vornahme der elementarsten mikrochemischen Reac- tionen beschränken. a) Taf. 34. Fig. 7—17. a) Vergl. p. 719. ß) Vergl. p. 720. Y) Vergl. p. 720. Zool. SUtion z. Neapel, Fama nnd Flora, U , Neapel. Capitelliden 730 C. Physiologischer Theil. Die Conoretionen von Tremomastus sind in "Wasser, Alkohol und Aether unlöslich. In concentrirter Essigsäure schmelzen sie zunächst imter Entfärbung zu einem fest tasammenbackenden Körnchen- oder Stäbchenhaufen , der nach tagelanger Einwirkung des Reagens schliesslich ebenfalls der Auflösung entgegengeht. Aehnlich wirkt Oxalsäure. In Salzsäure (auch in ziemlich verdünnter) lösen sich die Conoretionen leicht; dabei nimmt ihre Farbe häufig einen grünlichen Ton an und weiterhin pflegen gelbgrüne Stäb- ehen und Körnchen aufzutreten. Ebenso wirkt (abgesehen vom Farbenwechsel verdünnte Saljietersäure. Ammon-Flüssigkeit greift die Concretionen nur schwer und langsam an, wogegen sie durch Kalilauge sofort zur Lösung gebracht Averden. In letzterer Lösung treten sodann zahlreiche gelbliche Körnchen und Stäbchen auf. AA'enn wir diese Reactionen den entsprechenden der anderen Lntergattung gegenüber- ätellen, so machen sich die folgenden Unterschiede geltend: Essigsäure greift die Concretionen der CUstomastus-'^e-p\\x\Aien fast gar nicht an, wogegen dieselbe Säure im vorliegenden Falle (wenn auch erst nach langer Einwirkung) Lösung zu Stande bringt. Ebenso wirkt Salzsäure hier energischer, als dort. Unter den Alkalien besteht bezüglich des Amnion eine Differenz. Wir haben gesehen, dass sich die Concretionen von Notomastus lineatus [CUstomastus) selbst nach tagelanger Einwirkung zu einem grossen Theile gegen diese alkalische Flüssigkeit indifferent verhalten; diejenigen der verschiedenen Tremomastus- Arten dagegen werden nach solcher lang andauernder Einwirkung umgekehrt der Mehrzahl nach zur I^ösung gebracht. Gegenüber diesen Unterschieden lässt sich hinwiederum als allgemein Uebereinstimmendes geltend machen, dass sowohl die Concretionen der CUstomastus-, als auch die der Tremomastus- Nephridien in Wasser, Alkohol und Aether unlöslich sind, dass ferner sowohl von gewissen Säuren, als auch von gewissen Alkalien die beiderseitigen Gebilde gelöst w^erden und dass endlich die in diesen Ijösungen auftretenden krystallinischen Produkte in beiden Fällen auf einen Körper hindeuten, der mit Säuren sowie mit Alkalien gleicherw^eise Verbindungen ein- zugehen vermag. Bei CUstomastus hat die mikrochemische Untersuchung auf Guanin als diesen gesuchten Körper hingeführt; dürfen wir nun auf Grund des Vorhergehenden auch bei Tremomastus Guanin oder eine »guaninähnliche Substanz« als organischen Theil der Concretionen vermuthen? Nicht unerwähnt darf bleiben, dass auch bei Tremomastus die Concretionen den Reagen- tien gegenüber ein keineswegs einheitliches Verhalten darbieten, indem einzelne wie bei CUsto- mastus durch eine sehr gi-osse, an Chitin erinnernde Resistenz ausgezeichnet sind. Der die Nephridium-Concretionen von Tremomastus tingirende Farbstoff ist nicht so wider- standsfähig wie der den entsprechenden Concretionen von CUstomastus anhaftende; immerhin pflegen in Präparaten, welche den Gang durch Alkohol und Terpentin gemacht hatten, jene Con- cretionen häufig noch in unveränderter Färbung zu erscheinen. Spektroskopisch verhält sich dieser Farbstofl' gleich dem von CUstomastus, das heisst, er bewirkt keine Absorptionslinien. Schliesslich sei noch hervora-ehoben, dass, wie im Habitus, so auch im chemischen Ver- V. Nephridien. 1. Ueber die chemische Beschaffenheit der in den Nephridien eto. 73J halten die Blutscheiben-C'oncretionen von Tremumasttis in höherem Grade mit den C'oncre- tionen der Nephridien von CUstomastua, als mit den Concretionen der eigenen Nephridiea übereinstimmen. c. Der mikrochemische Guanin-Nachweis durch die qualitative Analyse bestätigt. Auf Grund des mikrochemischen Verhaltens der Nephridium-C'oncretionen von Noto- mastus lineatus [CUstomastus] glaubte ich als wahrscheinlich annehmen zu dürfen, dass der or- ganische Bestandtheil der meisten dieser Concretionen aus Guanin bestehe. An Stelle dieser bloss wahrscheinlichen Annahme eine bestimmte Angabe treten lassen zu können, musste mii- natürlich sehr wünschenswerth sein, und so ging ich denn dankbar auf das Anerbieten des Ende 1880, zur Zeit als ich diese Untersuchungen abzuschliessen im Begriffe war, an der hiesigen Station arbeitenden Herrn Ur. Th. Weyl ein, eine Analyse in grösserem Maassstabe vornehmen zu wollen. Ich übergab zu diesem Behufe genanntem Physiologen Einen Tubus, der zahlreiche iß Alkohol conservirte, intacte Exemplare von Nototnastus lineatus enthielt, und einen zweitea kleineren, in dem nur der Nephridien entbehrende sowie auch blutfreie Thoraces solcher Thiere ebenso conservirt enthalten waren. Ich beabsichtigte auf diese Weise einigermaasseis den Uebelstand zu eliminiren, dass, anstatt isolirter Nephridien, die Gesammtkörper der be- treffenden Thiere zur Analyse dargeboten wurden. Enthielten nämlich die Nephridien haupt- sächlich das eventuell nachzuweisende Guanin, so durften nur die Gesammtthiere, nicht aber die Thoraces guaninhaltig befunden werden, oder es durften doch letztere gegenüber ersterer» nur Spuren solchen Excretes erkennen lassen. Im Juli 1881 schrieb mir sodann Herr Weyl, dass er den »grossen Tubus« untersucht und guaninhaltig befunden habe. Sein Originalbericht lautet: "Die Capitellideu wurden fein zerhackt, in kochendes Wasser eingetragen und verblieben in diesem 5 Minuten. Dann wurde die Flüssigkeit durch Leinewand colirt und der ausgepresste Eückstand nochmals mit heissem Wasser behandelt. Die vereinigten Filtrate — circa 2 Liter — wurden zum Kochen erhitzt, filtrirt und mit einer coa- centrirten Lösung von Kupferacetat ausgefällt. Nachdem die Mischung bis auf 200 ccm eingedampft wai, wurde der Kupferniederschlag abfiltrirt , ausgewaschen und unter heissem Wasser mit Schwefelwasserstoff zersetzt. Das kupferfreie Filtrat gab nach dem Eindampfen Krystalle. Diese wurden abgepresst, in heisser verdünnter Salzsäure leicht gelost und zur Entfärbung mit Thierkohle gekocht. Das fast farblose F'il- trat ergab beim Eindampfen die charakteristischen Krystalle des salzsauren Guanin. Die Krystalle zeigten die charakteristischen Reactionen mit Salpetersäure und Natronlauge. Sie wurden zur GeM'innung der freien Base mit Ammoniak eingedampft. Der mit Wasser (zur Entfernung von Salmiak) extiahirte Eückstand ergab gleichfalls die ßeaction mit Salpetersäure und Natronlauge. Er wurde wieder in Chlorhydrat verwandelt und in das von C-iPRANiCA als für Guanin charakteristisch angesehene Pikrat verwandelt. Berlin, .Juli ISSl.« Als ich mich vor Kurzem nach dem Untersuchungsresultate der im »kleinen Tubusi enthaltenen Thoraces erkundigte , wurde mir die Antwort zu Theil , dass dieser Tubus verloren gegangen sei. Wenn nun aber auch in Folge dessen der Einwand möglich ist. dass das am Materiale des »grossen Tubus« nachgewiesene Guanin auch aus anderen Or- 732 C. Physiologischer Theil. ganen, als den Nephridien stammen könnte, so darf doch demgegenüber an das Ergebniss meiner eigenen Untersuchung erinnert werden, welche ja lediglich an isolirten Nejjhridien ausgeführt worden war. Das Guanin gehört mit zu den im Thierreiche am weitesten verbreiteten Excretions- stofFen. Sowohl bei Wirbelthieren, als auch bei Wirbellosen wurde es bald im Harne, bald in den Excrementen, bald in den verschiedenen Gewebesäften, bald in der Oberhaut nach- gewiesen. Was seine Verbreitung im Kreise der Wirbellosen anbelangt, so verweise ich auf die tabellarischen Zusammenstellungen Krukenberg's'), aus denen hervorgeht, dass über das Vorkommen von Guanin bis heute bei C'ölenteraten, Echinodermen, Mollusken, Arthropoden und Plattwürmern Angaben gemacht worden sind. Auf Grund der vorhergehenden Unter- suchung kann nun dieser liste auch noch die Classe der Ringelwürmer einverleibt werden. Dass wir das Guanin als einen typischen Harnkör|)er zu betrachten haben, scheint mir in besonders schlagender Weise aus folgenden Thatsachen hervorzugehen. In den Dejectionen gewisser Arachnidengruppen findet sich — wie ich aus einer Abhandlung Plateau's'^) ersehe — Guanin, in denjenigen anderer hingegen Harnsäure, und, was noch bezeichnender, GoRo- NowiTscH^) konnte «bei seit 1 — 2 AVochen hungernden Gartenschnecken in den Nieren bald nur reine Harnsäure, bald nur reines Guanin, bald Guanin und Harnsäure nebeneinander nachweisen«. 2. Ueber die durch die Nephridien sowie durch andere Organe bewirkte Ausscheidung des vom Magendarme resorbirten Carmines. Sowohl in einer fi'üheren PubUcation^), als auch an mehreren Stellen dieser Mono- graphie''j wurde schon das Hauptresultat einer Reihe von am Ende der siebziger Jahre mit Capitella capitata angestellten Versuchen über Carmin-Fütterung und -Ausscheidung mitgetheilt. Wir haben gesehen, dass das von diesen Capitelliden gefressene und verdaute Carmin, ganz der A'oraussetzung gemäss, in erster Linie von den Nephridien aufgenommen und in die Haut hinein ausgeschieden wird, dass also diese Nephridien in der That nicht nach aussen, sondern ^ (wie auch die anatomische Untersuchung ergeben hat) in die Haut münden. a) Vergl. p. 272 und p. 694. 1) 1. p.^345. 2. Abtheilung. c. p. 17 — 21. Man vergleiche ferner desselben Autors: Vergleichend -Physiologische Vorträge. I. Die Bedeutung der vergleichenden Methode für die Biologie. Heidelberg 1882. p. 32—33 sowie: Vergleichend- Physiologische Vorträge. V. Grundzüge einer vergleichenden Physiologie der contractilen Gewebe. Heidelberg 1886. p. 3S6 und endlich: Ewald, A. und Krukenberg, C. Ueber die Verbreitung des Guanin etc. Unters. Phys. Inst. Heidel- berg. 4. Bd. 1882. p. 262—263. 2) Plateau, F. Recherches sur la Structure de l'Appareil Digestif etc. chez les Araneides Dipneumones. Troisieme Partie. Extrait Bull. Acad. Belg. (2) T. 44. 1877. p. 136. 3) Centralbl. Med. Wiss. Jahrgang 1883. p. 829. Munk's Referat über Ewald, A. und Krukenbekg, C. Ueber Besonderheiten der Guaninablagerung bei Fischen. 4) 1. p. 16. c. p. 100. V. Nephridien. 2. Ueber die durch die Nephridien sowie durch andere Organe etc. 733 War es mir auch bei jenen Experimenten hauptsächlich um die Prüfung, respective Feststellung dieses Factums zu thun, so konnte es doch nicht ausbleiben, dass noch andere, zwar im Hinblick auf den Hauptzweck des Versuches secundäre, aber an sich beachtungswerthe Erscheinungen das Interesse gefangen nahmen. So beispielsweise die Erfahrung, dass sich ausser den Nephridien auch noch andere Organe an der Ausscheidung des verfütterten Pig- mentes betheiligen, ferner der Modus und das Tempo dieser excretionellen Thätigkeit u. s. w. Also nicht allein um das bereits mitgetheilte Hauptresultat durch die betreffenden Nachweise zu erhärten, sondern auch um über die erwähnten sonstigen Erfahrungen berichten zu können, bringe ich die Protokolle über zwei meiner vollständigsten Versuchsreihen in Listenform zum Abdrucke. Zuvor dürften aber ein paar Worte über die bei diesen Experimenten beobachtete Methodik am Platze sein Die ^'ersuchsthiere kamen zunächst in eine je nach ihrer Zahl grössere oder kleinere, flache, halb mit Seewasser angefüllte Glasschale; sodann wurden ein paar Gramm in See- wasser zerriebenen Carmines hinzugefügt. Da sich erstens Spuren von Carmin in Seewasser (sowie auch in Süsswasserl) lösen, da zweitens, sobald die Verdauung des verschluckten Pig- mentes begonnen hat, jeweils ein Theil der FarbstofFlösung sowohl durch den Mund (mit dem Respirationswasser), als auch durch den After (mit den Fäces) entleert wird, und da drittens endlich der Farbstoff der Fäulniss nicht widersteht, so muss, will man den Versuch nicht durch Imbibitionserscheinungen etc. gestört sehen, Wasser sammt Carmin täglich mindestens Ein Mal gewechselt werden. Haben die Thiere erst reichliche Mengen des Farbstoffes in ihren Magen- darm aufgenommen, was bei den meisten gewöhnlich schon nach zwei bis drei Tagen der Fall ist, so kann man sich weiterhin auf den Zusatz ganz geringer Mengen dieses Stoffes be- schränken, ja am besten nach wenigen Tagen ihn ganz unterlassen, das heisst die Thiere behufs der ferneren Beobachtung der Ausscheidungsvorgänge in strömendes Wasser versetzen. Die Erfahrung, dass schon ein so kurzer Aufenthalt in Carmin-Seewasser genügt, habe ich erst dann gemacht, nachdem ich, um jeden Verdacht, dass die excretionelle Hautfärbung auf Im- bibitionsvorgängen beruhen könnte, auszuschliessen , die betreffenden Versuchsthiere , bevor sie noch eine Spur von Hautfärbung aufgewiesen hatten, in fliessendes Seewasser brachte und nun nach einiger Zeit den Farbstoff ebenso in der Haut zur Ablagerung kommen sah, wie bei jenen Thieren, die längere Zeit hindurch mit dem Pigmente gefüttert worden waren. Wenn ich aber den nachfolgenden listen anstatt dieser späteren, für das Hauptresultat ent- scheidenderen Versuchsreihen gleichwohl zwei frühere 'in denen die betreffenden Thiere so lange in Carmin-Seewasser verblieben waren, bis sich die Ausscheidung auch auf die Haut ausgedehnt hatte) zu Grunde lege, so geschieht es im Hinblicke darauf, dass sich jene früheren Reihen auf längere Zeit und auf eine grössere Anzahl von Fällen erstreckten, und daher von höherem allgemeinem Interesse sind. Ueberdies bestätigen auch sie, wie wir sehen werden, das Hauptresultat, nämlich die Ausscheidung des Farbstoffes in die Haut hinein, in der unzweideutigsten Weise. 734 C. Physiologischer Theil. Dass die Beschaffenheit des Carmines für das Gelingen des Versuches nicht wenig ent- scheidend ist lindem gewisse Sorten von den Thieren nur widerwillig gefressen und nur mangelhaft gelöst werden), habe ich schon im Vorhergehenden, wo von der Darmresorption die Rede war, hervorgehoben'-'!; leider bin ich aber ausser Stande, irgend wie näher präcisiren zu können, wie das Carmin sein müsse oder nicht sein müsse, damit es Aussicht auf Erfolg biete. So lange als dieses Produkt selbst, seiner Zusammensetzung nach, ein so schwan- kendes Verhalten darzubieten fortfährt, wird wohl nichts Anderes übrig bleiben, als von Fall zu Fall seine Dienlichkeit für Experimente dieser Art erst empirisch festzustellen. Bei der Untersuchung wurde derart verfahren, dass die Thiere (insbesondere die kleinen, durchsichtigen) zunächst in toto unter leichtem Deckglasdruck lebendig beobachtet wurden; es braucht nicht erst hervorgehoben zu werden, welche Vortheile die Möglichkeit einer der- artigen Untersuchung mit sich bringt, indem ja alle Täuschung durch postmortale Vorgänge dabei hinwegfällt. War das Wesentliche am lebenden, sich bewegenden Thiere festgestellt, dann wurde es behufs eingehender Untersuchung sei es durch Chloroform, sei es durch Alkohol-Seewasser anästhetisch gemacht, und den grösseren, weniger durchsichtigen Individuen wurden überdies durch einen neural- oder hämal-median geführten Schnitt die Leibeswandungen geöffnet und beiderseits zurückgeschlagen, um so die Färbung der in der Leibeshöhle befindlichen Organe besser beobachten zu können. Dass trotz aller dieser Proceduren die einzelnen Feststellungen nicht in jedem Falle durchaus gelangen, und sich daher in den nachfolgenden Listen öfters Fragezeichen vorfinden, wird man begreifen, wenn man bedenkt, dass die Präparation so kleiner Thiere mit Schwierig- keiten verbunden ist, wenn man ferner berücksichtigt, dass das Anästhetisiren nur in geringem Grade vorgenommen werden darf, indem das absterbende Gewebe den gelösten Farbstoff sofort imbibirt. Die Versuchsthiere der nachfolgenden Liste A. kamen am 10. Juli 1876 in C'armin- Seewasser und verblieben in solchem bis zum 8. August, also 29 Tage. Hierauf wurden sie in strömendes Seewasser versetzt und 135 Tage hindurch weiter beobachtet, so dass sich dem- nach der Versuch im Ganzen auf 164 Tage oder auf ungefähr 5'/2 Monate ausdehnte. a) Vergl. p. 697. -" "~~ i= 1™"»». Der Magendarm Magendarm- '---;;" Boraten- ----;; Andere Oeso- Wimper- organe; Bemer- No. 1 l| enthält; lellen: Nejihridieu: K.phridi.n enden (söge. drüsen: Pl.lten-): Haut- stellen; Borsten : phagus; kungen. _f;^ T»»« 1 StdJ^ e 15 2 Carmiüballen") und gelöstes Car- min reiehlich. einzelne ge- färbt. nicht gefärbt. nicht gefärbt. nicht ge- färbt. nicht gefärbt. nicht gefärbt. einzelne schwach ge- färbt. nicht ge- färbt. nicht ge- färbt. 6 UV. 22 10 2 - Spuren von Car- min. CarminbaUen u. gelöstes Carmin reichlich. nicht gefärbt. einzelne ge- färbt. zahlreiche gefärbt. nicht gefärbt. 5 UV. 10 3 ■,' " schwach" gefärbt. •■ ■• 5 6 m. 20 13 S . 4 5 2 sehr sehwach ge- färbt. ProviMrische, in Degeneration be- griffene des 7. Segmentes gar nicht, die des 9. schwach u. die definitiven des lO.-H.Segmentes stark gefärbt. einzelnePhit- ten sehr schwach ge- färbt. nicht gefärbt. Genital- borsten tief, andere Borsten theil- weise schwach gefärbt, schwach ge- färbt. Die u,»il»lbor.len re.pesliven Bor.len- Drü«« lugetülitt er- lymphe befinden, iel. 6 i !3 10 " 1 CarminbaUen u. gelöstes Carmin sehr reichlich. zahlreiche gefärbt, einzelne ge- färbt sehr schwach ge- färbt, provisorische des 9. Segmentes nicht, definitive deslii.— 17. Seg- mentes schwach gefärbt, einzelne gefärbt. einz. schwach gefärbt. " Gcnital- borsten tief, andere Borsten theil- weise scliwach gefärbt. gefärbt. '■ schwach gefärbt. 7a 6 •20 " besonders dieje- nigendesU.— 14. Segmente, ge- färbt. einzelne ge- färbt. 8 2 20 8 1 " einzelne schwach gefärbt. ■• schwach ge- färbt. Sa juv. 25 10 1 zahlreiche ge- färbt. die theils provi- 9.— lO.Segmentes schwach, die de- finitiven des 11. bis 10. stark ge- färbt. gefärbt. einzelne, be- sonders die des 9. Seg- mentes stark gefärbt. einzelne ge- färbt. einzelne ge- färbt. stark ge- färbt. DerM,i8«oJ»tiner- 9a juv 10 ., „ stark gefärbt. ? ■? „ 10 i'i - wenig Carmin. einz. inten8i> gefärbt. einzelne stark ge- färbt. einzelne stark gefärbt. " Uark gefärbt. " J,e>.s S mit n«U.jü „i(™E,.,„.>nB«t411t 10 i 10 " gelöstes Carmin sehr reichlich. einzelne ge- färbt. gefärbt. stark gefärbt. " stark ge- färbt. 10 6 20 15 »ahlreiche ge- 1 einzelne intensiv gefärbt. gefärbt. ? Gcnital- boräten tief, andere schwach ge- färbt, theilweise leicht ge- färbt. 1 gefärbt. färbt. 11 12 " ■■ stark gefärbt. stark gefärbt, gefärbt. gefärbt. gefärbt. " ^:S§1 ,°;Me''c''b'..Fi?ba»e. BcrciuliB der Nephridiummündiingen und Parapodien gelegenen Hautpartien, an n wo aus sich die Färbung allmalilich über die ganze Körperhaut auabreitet. Mit n Canninballen " bezeichne ich das unter der Form der gewöhnlichen Speiseballen im Magendarme befindliche. Ein Fragezeichen steht, wo die betreffende Thatsache nicht festgestellt wurde oder werden konnte. Fo •tsetzun g der Liste -1. No. 1 Lang, des Das Ihle, Der Magendarm Magendarm- Ne- phridien; HantBtollcn, an Nephridie'n enden (eoge- Borsten- drüsen: Haut.lell-.. .... Bereiehe der Parapodien (sogenannte Andere Hautstellen: Borsten: Oeso- phagus: Wimper- 1 Bemer- organe: j kungen: S mm: (unden: n.nnte Platten! : Plattem: 12. t 20 1« - massige Mengen Carmins. cinzelne gefärbt. stark gefärbt. stark gefärbt. 1 '' Haut im Be- reiche der Plat- ten gefärbt. ' nicht gefärbt. 12a- juv. 10 CarminbaUen zahlreich gefärbt. gefärbt. ■? ^ gefärbt. und gelöstes gefärbt. Carmin reichlich. U. £ 25 20 - meiste gefärbt. Haut im Be- reiche der Plat- ten gefärbt. theilweise gefärbt. " 13b stark Die Färbung der „ juv. " gefärbt. Platten hat sich auf die hintere Thorax- und die vordere Abdo- men-Region ausgedehnt. 14. juv. 10 23 - " ;; ,.. 14a. 16. £. juv. 10 25 : sehr stark stark stark Die Färbung der gefärbt. gefärbt. gefärbt. gefärbt. gefärbt. Platten erstreckt sich über die Abdomenmitte hinaus. C 25 27 Die Färbung der Platten erstreckt sich über den ganzen Körper, derart, dass die Platten und ihr Bereich die tief- ste Tinction " aufweisen. ^Tachdem d ie übrig gebliebenen Versuchsthiere noc 2 Tage md 18 Stunden, also in Ganzen 29 Tage und IS Stimden in Carmin-Seewasser gehalten worden waren, wurden si in Btröm ndes Seewasser versetet. - Da. TLie, Hant,t,lle»,a„ Hantstellen in. No. 1 Länge des Tbieres Tage 1 Std. Der Magendarm enthält ; Magendarm- zellen: Ne- . phridien- denen die NepUridien enden (soge- aannte Platten): Borsten- drüsen: Bereiche der Parapodien (sogenannte Platten): Andere Hautstellen: Borsten: Oeso- phagus: Wimper- organe: Bemer- kungen: 17. juv. 10 IB _ keine Carmin- einzelne stark gefärbt, ! gefärbt. gefärbt. Haut im Be- sehr schwach 1 stark stark Bei dies.« Tbier. baUen, dagegen gefärbt. gefärbt. reiche der Plat- gefärbt. gefärbt. gefärbt. war die Hant im noch Spuren ge- ten gefärbt. gefürbt. lösten Carmines. )-, juv. 8 26 _ kein Carmin, _, stark stark stark Haut weit über Zablreich. earmin- gefärbt. gefärbt. gefärbt. den Bereich der ' ger.rbte. tellenar- Platten hinaus gefärbt. 18a. 19. 6 juv. 25 10 43 - ., " einzelne sehr sehwach ge- färbt. ■ Haut des ganzen Thorax und der Abdomenmitte gefärbt. inEntwicke- lung begrif- fene Genital- haken sehr stark, andere Borsten sehr schwach ge- färbt, sehr schwach gefärbt. Einielne carmin- geflrbte, .ell.nar- lig, Gebilde in d» Leibeshöhle, Hant der ifterspitie tief gefärbt. Di. Ihiere sind abgaoageit, aber l.b.nstris.h. 211. c 88 nicht ge- färbt. Abgesehen von der Schwanz- spitze (die neu- gebildet?) ist die Haut des ganzen Körpers gefärbt und zwar dieje- nige der Platten am stärksten. nicht ge- färbt. 21. juv 10 135 Hatit dem gan- zen Körper ent- lang gefärbt; Platten am stärksten. gefärbt. Tbler Uochgraüe „elansmisch; ein- ,elno Blnl.cb.ib«n enthielten Carmin- M'nch.n. Die Versuchsthiere der nun folgenden liiste B. kamen am 22. Juli 1876 in Carmin*) -Seewasser und verblieben in solchem bis zum 8. August, also 1 7 Tage. Hierauf wurden sie in strömendes Seewasser versetzt, und so wie diejenigen der Liste A. 1 35 Tage hindurch weiter lieobachtet. Im Ganzen erstreckte sich also hier das Experiment auf 1 5'2 Tage oder auf ungefähr ö Monate. No. i Cami fünd T.ee 'rin Der Magendarm eiuluilt: Magcndarm- lellen: Ne- pbridien: fuden (»og«. Borsten- drüsen: P.ripodlsr 'S"";' Andere Hautstellen: Borsten: Oeso- phagns: Wimper- organe : kungen: 1 10 , 2 ■n-enige Cannin- nicht nicht nicht nicht nicht nicht gefärbt. nicht gefärbt. nicht nicht ballen. gef&rbt. gefärbt. gefärbt. gefärbt. gefärbt. gefärbt. gefärbt. 2. j,.v. lü 2 ' mehrere Car- Spuren gelösten Carmiiis. Carminballen " ■ " " sehr schwach gefärbt. " sehr schwach gefärbt. :, 10 3 .-, einzelne einzelne 9 rmd gelöstes sthwach ge- schwach Carmin reichlich färbt. gefärbt. 5. 3 ? 18 1.5 5 2 2 , schwach gefärbt. einzelne «hwach gefärbt. ein in Ent- wickelung be- griffener Geni- talhaken tief, übrige Borsten schwach ge- färbt, schwach ge- gefärbt. schwach gefärbt. 6. juv. 11) a 2 ,. ? ■? „ ? 7. juv. 10 14 2 zahlreiche gefärbt. schwach gefärbt. schwach gefärbt. schwach gefärbt schwach gefärbt. die übrig gebliebenen Ver3iicbstbiere nocb ^ Ganzen 17 Tage und 2 Stunden in Carmin-Seewasger gehalten worden No. 1 juv. i! 11 beZdl" Der Magendarm enthält: Magondarm- zellen: Ne- phridien: Hinlstelltn. a» Jenen die NepMdi.n nr.:Är„, Borsten- drüsen: plmpodien" Andere Hautstellen: Borsten: Oeso- phagus: Wimper- organe: Bemer- kungen: 8. 10 4 4 Carminballen zahlreiche gefärbt. gefärbt. gefärbt. gefärbt. DieFärbungdehnt thcilweise nicht gefärbt. und gelöstes gefärbt. iich von den Plat- schwach gefärbt. Carmin. ten auf den Thorax unddieAbdomen- gefärbt. 9. juv. 12 " ~ kein Carmin. stark gefärbt. stark gefärbt. stark gefärbt. stark gefärbt. Dic Haut des ganzen Körpers gefärbt. Platten am stärksten. nicht gefärbt. gefärbt. 12. JUV. juv. ■> 20 56 88 - zahlreiche gefärbt. einzelne schwach gefärbt. sehr stark gefärbt. • Abgesehen vom Abdomenende ist die Haut des gan- zen Körpers ge- färbt. Platten am stärksten. Die Haut des gan- zen Köniers stark gefärbt. Mit Ausnahme des Abdomenendes die Haut mit 2-8 p. grossen C'armin- partikeln und ge- färbten Excret- bläscben besät. sehr schwach gefärbt. nicht gefärbt. stark gefärbt. stark gefärbt. nicht gefärbt. Einzelne Nephri- .»icl'ln von D.°g.- ner.tion i„ nämie. 12a. 6 ■ Ans den Oenital- eb.nf.U. Aniei. ant.eisend.n ^ irnter.ucbnnB Büd- D. juv 10 I.M - ■■ nicht gefärbt. gefärbt. gefärbt. ■• Die Haut des gan- zen Körpers inten- siv gefärbt; doch gefärbt. „if.„Sp.r,.».an.. Thi.mela.Sini.d.. 1 sind die Platten 1 immer noch unter- scheidbar. Versuchsreihe ■rde absichtlich eine andere C 738 C. Physiologisoher Theil. Zunächst sei constatirt, dass im Ganzen die Resultate der zwei Versuchsreihen wohl miteinander übereinstimmen; denn wie grosse Schwankungen auch in einzelnen Rubriken in der Zeitfolge des Auftretens oder Verschwindens der Färbung sich geltend machen, so würde doch der Gesammtveiiauf der Prozesse in graphischer Darstellung durch wenig voneinander abweichende Curven zum Ausdrucke kommen. Auch ergiebt sich, dass durch das Alter, respective durch die Grösse der Thiere, sowie auch durch ihr Geschlecht die Vorgänge der Farbstoff- Aufnahme und -Abscheidung nicht wesentlich beeinflusst werden. Verfolgen wir nun das Auftreten, respective Verschwinden der Färbung in den ein- zelnen Organen. Die Resorption des Farbstoffes von Seiten der Magendarmzellen beginnt bei einzelnen Thieren schon nach ein-, bei anderen erst nach zwei- bis dreitägiger Fütterung. Von da ab nimmt mit den Massen verschluckten und gelösten Carmines auch die Intensität der Färbung stetig zu, derart, dass etwa nach 14 Tagen der Magendarm sowohl von innen, als auch von aussen ein roth getigertes Ansehen darbietet und ein solches beibehält, so lange sich über- haupt noch erhebliche Mengen des Farbstoffes in seinem Lumen vorfinden. Nachdem die Versuchsthiere in strömendes Seewasser übertragen, also der weiteren Zufuhr von Carmin beraubt worden, finden sich noch 14 Tage bis 3 Wochen hindurch Mengen des Farbstofi'es (und zwar von Tag zu Tag geringere) im Darmkanale vor und so lange, ja darüber hinaus hält sich auch die Intensität der Magendarmzellen-Färbung auf der alten Höhe. Sodann sinkt diese Intensität; aber überaus allmählich, da 71 Tage, nachdem sein Lumen frei von Carmin war, noch einzelne Zellen des Magendarmes carminhaltig befunden wurden (^ Liste B. No. 12). Die Färbung der (das Carmin in erster Linie ausscheidenden) Nephridien macht sich erst etwa 3 Tage nach Beginn der Darmresorption, und zwar in sehr geringem Grade geltend. Auch von da ab nimmt der Carmingehalt in diesen Organen nur sehr langsam zu, so dass sie erst nach weiteren 14 Tagen (also kiirz nachdem auch die Magendarmzellen ein getigertes Ansehen aufweisen) stark gefärbt erscheinen. Während sich die Tinction der Magendarm- zellen nach der Carminzufuhr richtet, also, nachdem diese Zufuhr aufgehört hat, sich immer mehr verringert und schliesslich verschwindet, hält die starke Färbung der Nephridien bis zum Schlüsse des Experimentes an. Ungefähr 3 Monate, nachdem die Versuchsthiere nur noch einzeln^ Magendarmzellen schwach carminhaltig gezeigt hatten, erschienen die Nephri- dien nach wie vor stark gefärbt (Liste A. No. 19 und 21; Liste B. No. 11 und 13). Und auch nachdem im Darmepithele überhaupt keine Spuren von Carmin mehr zu erkennen waren, konnte noch 1'2 Monate später die starke Färbung der Nephridien nachgewiesen werden (Liste A. No. 20 und 21). Daraus lässt sich schliessen, dass die Capitelliden, auch nachdem die Carminzufuhr aufgehört hat, noch viele Monate hindurch erhebliche Mengen von solchem in den Nephridien zurückzuhalten vermögen. Hervorzuheben ist noch, dass, insbesondere in der Anfangsperiode, bei einzelnen Indi- dividuen nur ein Theil der Nephridien zur excretorischen Thätigkeit respective zur Farbstoff- V. Nephridien. 2. üeber die durch die Nephridien sowie durch andere Organe etc. 739 Ausscheidung'; herangezogen wird. Ferner, dass die provisorischen, in Rückbildung befind- lichen Nephridien der Juveues zu keiner Zeit Färbung aufweisen, also auch hierdurch ihre I^eistungsunfahigkeit bekunden . Die Hautstellen, wo die Nephridien enden (münden), habe ich, weil sich da die Excret- bläschen (auch die carmingefärbten) am dichtesten ansammeln und so zur Entstehung gelber (respective rother) Flecken Veranlassung geben, der Kürze halber, »Platten« genannt. Ganz dem Gange des excretorischen Prozesses gemäss sehen wir erst J — 6 Tage, nachdem die Carmin-Ausscheidung in den Nephridien begonnen hat, die ersten Spuren von Färbung an den »Platten« auftreten und diese Färbung entsprechend jener der Nephridien allmählich zunehmen, um sich so wie die der letzteren Organe bis zum Ende auf einem ISIaximum von Intensität zu er- halten. Selbst wenn sich die Färbiing schon auf die ganze übrige Haut er- streckt hat, lassen sich die Platten (und zwar sowohl die der Nephridien, als auch die der Parapodieu) noch immer wohl unterscheiden. Nicht wenig überraschend war die Thatsache, dass auch die Borstendrüsen in sehr lebhafter Weise (allerdings erst viel später als die Nephridien) an der Ausscheidung des Farb- stoffes Theil nehmen. Wenn man sich aber erinnert, dass die normalen Ausscheidungsprodukte dieser parapodialen Drüsen, die Borsten, öfters anstatt mit chitinigen Fäden, mit Excret- bläschen erfüllt angetroffen wurden"^;, also mit einem mit dem charakteristischen Excrete der Nephridien identischen Produkte, wenn man ferner bedenkt, dass auch die durchaus faserigen Borsten in einer ähnlichen gelben bis bräunlichen, gegen Reagentien hochgradig widerstands- fähigen Färbung erscheinen, wie die Excretbläschen und Concretionen, so wird man zur Ein- sicht kommen, dass sich bei ihrer Antheilnahme an der Farbstoffausscheidung die Borsten- drüsen nicht allzuweit von ihren normalen physiologischen Aufgaben entfernen. Umgekehrt können wir aber auch aus diesem Factum den Schluss ziehen, dass die Ausscheidung des Carmines ganz nach Art derjenigen des normalen Excretes vor sich geht und dass daher auch die aus der Beobachtung ersterer gewonnenen Einsichten für letztere Giltigkeit haben werden. Bei den Thieren der Versuchsreihe Liste B. traten 5 und bei denjenigen der Ver- suchsreihe der Liste A. traten erst 10 Tage, nachdem sich die Nephridien zu färben begonnen hatten, die ersten Carmins])uren in den Borstendrüsen auf; von da ab nahm die Färbung dieser Drüsen ganz wie diejenige der Nephridien stetig bis zu einer gewissen Intensität zu, und diese Intensität wurde auch von ersteren ebenso wie von letzteren bis zum Ende des Ver- suches auf gleicher Höhe beibehalten. Wenn auf Grund des Verhaltens der meisten Borstendrüsen constatirt werden musste, dass die Farbstoffausscheidung in ihnen erheblich später, als in den Nephridien zu beginnen pflegt, so müssen hiervon diejenigen ausgenommen werden, welche die mächtigen Genital- haken des ~y Copulationsapparates liefern, indem sich diese Ftaken in Einem Falle schon am a) Vergl. p. 105- 740 G. Physiologischer Theil. 4. Liste ^4. Xo. 4) und in einem anderen am 5. Tage nach Beginn der Carminresorption, also gleichzeitig mit den Nephridien, gefärbt zeigten. Diese in der Entwickelung begriffenen Borsten müssen als starke Anziehungsmittelpunkte wirken, indem, während sie selbst eine tiefe Färbung aufwiesen, in der umgebenden Zellenmasse der Drüse keine Spur von Farb- stoff wahrgenommen werden konnte. Durch die Thatsache aber, dass diese jungen Haken noch total von der Aussenwelt abgeschlossen in der Basis der betreffenden Borstendrüsen ver- steckt lagen, ist jeder Verdacht einer etwa von aussen her durch Imbibition erfolgten Tinction ausgeschlossen. Dass dagegen die nach aussen ragenden, fertigen Borsten einer derartigen Imbibitionsförbung unterliegen, werden wir weiterhin zu erweisen suchen. Von dem durch die Borstendrüsen aufgenommenen Farbstoffe kommt jedenfalls nur ein unerheblicher Theil in den Borsten zur Ablagerung, indem — und dadurch bekundet sich eine weitere grosse Analogie des Functionirens mit den Nephridien — wenige Tage, nachdem die ersten Spuren von Carmin in den genannten Drüsen aufgetreten sind, sich die Haut in ihrem Bereiche ebenso zu färben beginnt wie im Bereiche der Nephridium-Mündungen. Mit anderen Worten, auch die Borstendrüsen haben ihre excretorischen «Platten«, und diese Platten nehmen weiterhin, ähnlich wie die Drüsen selbst, derart an Intensität und Ausdehnung der Färbung zu, dass sie bald denjenigen der Nephridien gleichkommen und sich bis zuletzt so wie diese verhalten. AVenn wir von dem Thiere (Liste A. No. 11), dessen Hautdrüsenzellen am Genital- schlauchporus sich leicht tingirt zeigten, absehen, so lässt sich constatiren, dass in den beiden Versuchsreihen bei keinem Exemplare die Haut in den ersten 16 — 18 Tagen irgend wo ausser an den »Platten« der Nephridien und Borstendrüsen gefärbt erschien. Erst von dieser Zeit ab fängt die Färbung an sich von den Platten der Nephridien und Borstendrüsen als Mittel- punkten nach allen Richtungen hin auszudehnen, so dass zunächst der Thorax und die vordere Abdominalregion und nach weiteren 13 Tagen bei sämmtlichen Thieren der Versuchsreihe Liste B. die ganze Körperhaut ähnlich roth getigert erscheint wie der Magendarm. Auch unter den Thieren der Liste A. begegnete ich schon 1 1 Tage, nachdem die Platten sich aus- zudehnen begonnen hatten, einzelnen Exemplaren mit total gefärbter Körperhaut (Liste A. No. 1 6\ andere dagegen brauchten noch I V2 Monate, bis dieser Zustand sich ausbildete. Auch die allgemeine Hautfärbung nimmt bis zuletzt stetig an Intensität zu; doch treten, wie dies schon hervorgehoben wurde, auch dann, wenn der Höhepunkt dieser Färbung er- reicht worden ist, die beiderlei Platten noch immer scharf als dunklere Flecke hervor. Hieraus können wir nun schliessen, dass die Hautfärbung lediglich in den Ausscheidungsvorgängen der Nephridien und Borstendrüsen ihre Quelle hat, und dass daher auch die Nephridien ihre Ausscheidungsprodukte in der That in die Haut ablagern. Was dieses letztere Factum betrifft, so habe ich schon erwähnt, wie bei einer meiner Versuchsreihen derart verfahren wurde, dass die Thiere aus dem C'armin-Seewasser in tiiessendes V. Nephridien. 2. lieber die durch die Xephridien sowie durch andere Organe etc. 741 Seewasser versetzt Avurden, bevor noch die Haut irgend welche Färbung sei es an den Platten, sei es sonstwo aufgewiesen hatten, und dass sodann die Hautfärbung gleichwohl ebenso wie bei den anderen sich einstellte. In diesem Falle war aber jede Möglichkeit einer Täuschung durch etwaige Aufnahme des Farbstoffes von aussen ausgeschlossen. Sodann wurde auch schon früher darauf hingewiesen"), wie ich nach Kenntniss der durch den ausgeschiedenen Farbstoff bewirkten Plattenbildung die Wahrnehmung machte, dass bei nicht mit Farbstoffen gefütterten Thieren, da wo die Nephridien enden, ganz ähnliche, aus dem natürlichen Excrete (Excret- bläschen) bestehende »Platten« zu Stande kommen, und dass mir diese Excretablagerungen in der Haut häufig als Anhaltspunkte zur Aufsuchung der Nephridien dienten. Bei den bisher betrachteten Organen hatten wir es erstens mit einem solchen zu thun, das gefärbt war, weil es das Carmin resorbirte, um es cölomwärts wieder abzugeben (Magen- darm\ zweitens mit solchen, die es aus der perienterischen Flüssigkeit aufnahmen, um es aus der Körperhöhle hinaus zu befördern 'Nephridien, Borstendrüsen), und drittens endlich mit einem Organe, in das es anstatt nach aussen entleert zu werden^ deponirt wurde (Haut). Dass die Färbung dieser drei Organsysteme in der That in der erwähnten Reihenfolge vor sich ging, dass also die Thätigkeit des ersten die Färbung der zweiten bedingte, und dass von dem Functioniren dieser letzteren wiederum die Färbung des dritten abhängig war, geht mit Nothwendigkeit aus der Zeitfolge hervor, in der diese Färbung unseren Listen gemäss sich einstellte. Für die anderen in unseren Listen noch als »gefärbt« verzeichnet stehenden Organe dagegen, nämlich für die Borsten, die Wimperorgane und den Oesophagus, lässt sich weder auf Grund ihrer bekannten Function, noch auf Grund der Zeitfolge, in der die Färbung auftritt, eine solche Abhängigkeit sei es von den vorhergehenden, sei es voneinander fest- stellen. Wir haben es in ihnen weder mit normal resorbirenden, noch mit normal excre- torisch-thätigen Organen zu thun, und nachdem dies vorausgeschickt, wollen wir sehen, was sich über die Art des Zustandekommens ihrer Färbung, respective über die Ursachen derselben erschliessen liess. Was zunächst die Borsten betrifft, so haben wir zwei Kategorien zu unterscheiden. Erstens die in Entwickelung befindlichen, in den Drüsensäcken eingeschlossenen, welche, wie schon hervorgehoben wurde, ihre tiefe Färbung nicht anderswoher, als aus den Borsten- drüsen zugeführt erhalten können und daher auch hinsichtlich ihrer Färbung unter den Ge- sichtspunkt derjenigen dieser Drüsen fallen. Zweitens die fertigen, nach aussen ragenden Borsten, welche mit ihren Erzeugern, den Borstendrüsenzellen, nur noch an der Basis zu- sammenhängen, im Uebrigen aber ein »todtes Secret« foder Excret!) darstellen. Die Fär- bung dieser letzteren Borsten, welche sich gleich am ersten Tage des Experi- mentes einstellte, um weiterhin ganz regellos bald vorhanden zu sein, bald nicht, beruht unzweifelhaft auf Imbibition. Trotz des täglichen Wechseins des Carmin-See- 742 C. Physiologischer Theil. Wassers ist nämlicli nicht zu vermeiden, dass sich jeweils kleine Mengen des theils durch das Wasser gelösten, theils von den Thieren entleerten Farbstoffes ansammeln, und diese ver- ursachen eben jene Imbibition. Dass dem so sei, geht auch schlagend daraus hervor, dass die Borsten der in fliessendes Seewasser versetzten Versuchsthiere ihre Färbung allmählich ganz einbüssen, wogegen, wie wir schon wissen, die Hautfärbung auch dann noch fortfährt an Intensität zuzunehmen. Im Oesophagus lässt sich die ersten 1 4 Tage hindurch keine Spur von Färbung wahr- nehmen. Von dieser Zeit an tritt sodann bei einzelnen Thieren ein schwacher rother Schein auf; regelmässig und stark tingirt finden wir aber das Organ erst vom 40. — 43. Tage ab. Es ist einleuchtend, dass auch diese Färbung weder mit der normalen Darmresorption, noch mit den excretionellen Vorgängen irgend etwas zu schaffen haben kann. Fragen wir aber nach der Quelle der Färbung, so ist darauf leicht zu antworten. Wir wissen, dass sich aus dem Hiuterdarme durch den Nebendarm ein wohl nur periodisch unterbrochener, respiratorisch wirksamer Wasserstrom in den Oesophagus ergiesst, und dieser Strom muss, sobald die Auf- lösung des Carmines im Magendarme begonnen hat, nicht unbeträchtliche Mengen des Farb- stoffes mit sich reissen. Nicht so leicht lässt sich aber die weitere Frage beantworten, wie es nämlich kommt, dass das Oesophagusepithel Wochen hindurch der Imbibition oder Resorp- tion widersteht, um schliesslich, sei es auf dem einen, oder auf dem anderen Wege erhebliche Quantitäten des Farbstoffes in sich aufzunehmen. Es wird sich vorläufig schwer ent- scheiden lassen, ob diese Function auf einer Summation normaler ZeUen- thätigkeit, oder aber auf allmählichem Nachlassen des (der Imbibition) anfänglich entgegengesetzten Widerstandes, also auf Störungen des normalen Stoffwechsels beruht. Bedenkt man, dass die Thiere Monate hindurch ohne adäquates Futter in Gefangen- schaft gehalten wurden, und dass sich die meisten Exemplare am Ende des Versuches nicht nur merklich abgemagert, sondern auch melanämisch erwiesen, so liegt es gewiss nahe an eine pathologisch zu Stande gekommene Disposition zu denken. Dagegen spricht freilich die Thatsache, dass sich abgesehen von den Wimperorganen kein anderes (an der Resorption und Excretion unbetheiligtes Organ; gefärbt zeigte. Noch viel schwieriger steht es um die Erklärung der C'arminaufnahme der Wimper- organe: denn diese zeigten sich bei einzelnen Thieren der Liste B. schon nach zwei Tagen schwach tingirt, um sich weiterhin sehr unregelmässig, das heisst bald schwach, bald stark, bald gar nicht gefärbt zu erweisen. Und bei den Thieren der Liste Ä. finden wir sie anfangs schwach, dann stark, weiterhin weniger stark und schliesslich wieder stark gefärbt. Als Quelle der Färbung kommen hier die Spuren in Seewasser löslichen C'armines, sowie die von den Thieren durch Mund und After entleerten Mengen des im Magendarme gelösten Farbstoffes in Betracht, indem ja die Wimperorgane mit dem äusseren Medium in continuirlichem C'ontacte stehen. Ob die zum Behufe der Erklärung der Oesophagustinction angestellten Erwägungen auch hierher passen, muss zwar dahingestellt bleiben, immerhin darf in diesem Sinne an die Thatsache erinnert werden, dass die anatomisch -histologische Unter- V. Nephridien. 2. Ueber die durch die Xephridien sowie durch andere Organe etc. 743 suchung'-') eine auffallende Uebereinstimmung der Structur zwischen Oesophagus- und Wimper- organ-Epithel zu constatiren hatte. Kein Organsystem ausser den in unseren Listen aufgeführten und im Vor- hergehenden besprochenen zeigte während der ganzen Dauer der Experimente irgend welche Färbung; es blieben demgemäss von der Tinction ausgeschlossen: Muskulatur, Nervensystem, Geschlechtsorgane, Peritoneum und Blutzellen. Abgesehen von den in Liste A. unter No. 18 und 19 verzeichneten Befunden, bei denen es unentschieden geblieben war, ob Leucocyten oder Darmzellenpartikel vorlagen, und von No. 21, wo es sich um das Vorkommen von Carminkörnchen in den Blutscheiben eines hochgradig melanämischen Thieres handelte, habe ich nie Spuren des Farbstoffes in den Blut- elementen wahrzunehmen vermocht. In Anbetracht, dass Avir gerade in der Familie der Capitelliden für das Peritoneum und für die Blutscheiben eine so ungewöhnliche Theilnahme an der excretorischen Thatigkeit festzustellen hatten, könnte es auffallend erscheinen, dass sich die doch im Uebrigen der normalen excretorischen Thatigkeit so conform verlaufende Farbstoffausscheidung nicht auch auf die genannten zwei Organsysteme erstreckt habe. Dem gegenüber muss aber daran erinnert werden, dass es nicht etwa das Genus Capitella ist, welches sich durch die excretorische Thatigkeit des Peritoneums auszeichnet, sondern, dass es vielmehr hauptsächlich die Gattungen Mastohranchus und Heteromastus sind; ferner, dass die in den Blutscheiben von Capitella sich abspielenden Excretionsprozesse, nach der geringen Grösse und Zahl ihrer respectiven Excretbläschen zu urtheilen, den sich in den Scheiben von Notomastus [Tremomastus] und Dasi/branclms abspielenden gegenüber als ver- schwindend kundgeben. Im Vorhergehenden war zwar von »gefärbten Organen« die Rede, aber die Frage, wie der Farbstoff zur Ablagerung kommt und wie er von Organ zu Organ fortgeleitet wird, fand keine Berücksichtigung. Hierauf wollen wir nun, insoweit als sich diese so schwer zu beobachtenden Vorgänge überhaupt feststellen Hessen, noch kurz eingehen. In dem der Farbstoff-Resorption gewidmeten Abschnitte f) wurde mitgetheilt, dass das resorbirte Carmin in den Magendarmzellen in zwei verschiedenen Zuständen angetroffen wird, nämlich theils flüssig in Bläschen oder Vacuolen eingeschlossen, theils fest in der Form feinster in der Zellsubstanz zerstreuter Partikel. Ferner, dass der Farbstoff in beiden diesen Zuständen — im Gegensatze zum Hämatoxylinblau oder Kirschroth seiner im Darmlumen enthaltenen Lösung — wiederum den ihm eigenen Ton angenommen hatte. Diesen Ton behält er nun auch von da ab bis zur endgiltigen Ablagerung in der Haut un- verändert bei. Ganz besonders Hess ich mir angelegen sein, darüber in's Klare zu kommen, wie sich der Farbstoff in den Drüsenzellen der Nephridien verhält, ob er flüssig oder fest, oder aber in a; Vergl. p. 73. ß) Vergl. p. 69G. 744 f--'- Physiologischer Theil. beiden Zuständen darin vorkommt; sodann ob er zu den Excretbläschen und C!oncretionen in Beziehung tritt und eventuell in welcherlei. Es könnte scheinen, dass durch Beobachtung eines gelungenen Präparates sich alle diese Fragen im einen oder anderen Sinne ohne Weiteres beantworten Hessen. Dem ist aber nicht so: denn trotz zahlreicher guter Präparate blieb ich Wochen hindurch im Zweifel, was ich im Hinblicke auf künftige Untersuchungen nicht anzuführen unterlassen will. Schliesslich bin ich aber zu folgender Ansicht gelangt. Das Carmin ist lediglich in flüssigem Zustande in den Nephridien enthalten und stets an die Excretbläschen gebunden. Anfangs scheint es sich hauptsächlich um die schon vorhandenen gelben, aus dem normalen Nierenexcrete bestehenden Bläschen und Concretionen zu sammeln, späterhin jedoch scheinen auch rein von Carminflüssigkeit erfüllte Excretbläschen gebildet zu werden. Was mich besonders in der Ansicht bestärkte, dass das Carmin hier als Lösung, und zwar zunächst im Bereiche der vorhandenen Excretbläschen aufgespeichert werde, war die Erfahrung, dass aus Organen, die sich bereits kräftig gefärbt erwiesen, durch Druck das Carmin herausgepresst werden konnte und dass sodann die vorher roth erschienenen Excretbläs- chen die ihnen sonst eigene gelbe Färbung aufwiesen. Im Anfange des Experimentes findet man bei allen Thieren nur einen Theil der Excretbläschen gefärbt; in dem Maasse aber als die Ausscheidung fortdauert, nimmt die Zahl der gefärbten auf Kosten der nicht gefärbten zu und von dem Stadium ab, welches in unseren Listen mit »stark gefärbt« bezeichnet ist, bilden die gelben Bläschen eine verschwindende Minderheit. Ob schliesslich allein reine Carmin-Excretbläschen gebildet werden, oder aber, ob auch noch solche mit gelbem Kerne hinzukommen, dies vermochte ich nicht zu entscheiden. Auch in der Zellsubstanz der Borstendrüsen ist das Carmin in flüssigem Zustande, und zwar in ganz ähnlichen 2 — 4 jjl Durchmesser aufweisenden Excret- bläschen enthalten: diese Bläschen erscheinen aber nie anders als roth. Und auch in der Haut endlich begegnen wir dem Farbstoff in den meisten Fällen nicht anders, als flüssig in Form derselben Excretbläschen. In den ersten Tagen der Ausscheidung walten noch die gelben Bläschen vor, weiterhin aber trifft man immer mehr rothe und schliesslich bestehen die »Platten« lediglich aus solchen^). Nur in seltenen Fällen sind mir in den Hautzellen neben den gefärbten Excretbläschen auch feste Carmin- partikel begegnet; wir werden weiterhin erfahren, von woher und auf welchem Wege die- selben dahin gelangt sein mögen. Dass die Färbung der nach aussen ragenden Borsten jedenfalls zum grössten Theil auf Imbibition beruht, wurde schon hinlänglich betont. Die in Entwickelung befindlichen, in den Borstendrüsen eingeschlossenen Borsten, welche den Farbstoff nur von den betreffenden Drüsen, respective von ihren Mutterzellen zugeführt erhalten können, erscheinen ihrer Gesammtmasse nach tief diffus gefärbt, so dass auch hier das Carmin nicht anders als flüssig einverleibt wird. a Taf. 34. Fig. 32. V. Nephridien. 2. Ueber die durch die Nephridien sowie durcli andere Organe etc. 745 In den Zellen des Oesophagus und der Wimperorgane endlich schien mir der Farb- stoff, ähnlich wie im Magendarme, theils flüssig in Bläschen oder Vacuolen enthalten, theils in Form sehr feiner Partikel vertheilt vorzukommen. Was nun die Mittel und Wege betrifft, vermöge welcher der vom Magendarme resor- birte Farbstoff zu den Nephridien sowie Borstendrüsen und weiterhin zur Haut gelangt, so zeigt eine kurze Ueberlegung, dass bei unseren der Blutgefässe entbehrenden Thieren nur das Cölom, und zwar die seinen Raum erfüllende perienterische Flüssigkeit, die Hämolymphe, als Vehikel in Betracht kommen kann. In den Darmzellen haben wir das C'armin sowohl flüssig, als auch fest (in feinen Partikeln zerstreut) angetroffen, und es fragt sich daher, in welcher Form die Uebcrführung geschieht. Was sich Thatsächliches zu Gunsten der Ueberführung im festen Zustande anführen lässt, ist (bei ausschliesslicher Berücksichtigung der zwei mitgetheilten Versuchsreihen) Fol- gendes : In einem Falle (liste A. No. 5) habe ich Häufchen unmessbarer bis 1 \i. grosser Carminkörnchen zwischen den Elementen der Hämolymphe sowie auch innerhalb des Wimper- trichters eines Nephridiums angetroffen, und in einem anderen (Liste A. No. 21) begegneten mir ebensolche Körnchen in einzelnen hochgradig melanämischen Blutscheiben. Diese Er- fahrungen machen es wahrscheinlich, dass ein Theil des in den Magen darmzellen in festem Zustande enthaltenen Farbstoffes auch so in die Leibeshöhle übergeführt imd — wie aus der erwähnten Beobachtung hervorgeht — durch die Nephri- dium-Trichter und -Kanäle in die Haut befördert wird. Diese Erfahrung spricht aber auch, in Anbetracht der Seltenheit, in der sie gemacht wurde, dafür, dass dies nicht die vorwiegende, geschweige die einzige Form sein werde, unter der das Carmin aus den Magen- darmzellen in das Cölom übertritt. Denn unter der Voraussetzung, dass nur feste Carminpartikel aus den Darmzellen austreten und diese Partikel im Cölom erst wieder flüssig werden, um in die (nur durch Osmose zugänglichen) Nephridiumzellen zu gelangen, müssten wir in Anbe- tracht der relativ grossen in jenen Zellen zur Aufspeicherung gelangenden Farbstoffmengen viel, viel häufiger und auch copiöser körniges Carmin in der Leibeshöhle antreffen, als dies der Fall ist. Obwohl sich das — wegen der grossen Verdünnung, respective 'der grossen Abschwächung der Färbung — nicht mit den Augen controliren lässt, so ist doch der Schluss unabweisbar: Das in den Magendarmzellen flüssig enthaltene Carmin geht auch flüssig in das Plasma der Hämolymphe über und aus diesem Plasma vermögen es die Drüsenzellen der Nephridien (und Borstendrüsen) kraft der ihnen eigenen «excretorischen« Wirksamkeit auszuziehen. Ich sage aus dem Plasma der Hämolymphe, weil, abgesehen von dem Falle: Listet. No. 21 (Vorkommen von Carminkörnchen in melan- ämischen Blutscheiben) und von den Fällen: Liste A. No. 18 und 19 (wo es sich um ge- färbte »zellenartige Gebilde« handelt, deren Natur als abgelöste Darmzellportionen oder Leu- cocyten fraglich blieb), niemals feste Blutelemente gefärbt zur Beobachtung kamen. Ich glaube demnach, dass das von den Magendarmzellen resorbirte Carmin auf zweierlei Zool. Station z. Neapel, Fauna und Flora, Golf von Neapel. Capitelliden. 114 746 C. Physiologischer Theil. Weise nach aussen, respective in die Haut abgeschieden wird, nämlich einmal in Form fester Partikel direct durch die Xephridium-Trichter und -Kanäle, sodann flüssig d u r c h ^' e r m i 1 1 e 1 u n g der N e p h r i d i u m z e 1 1 e n. "\^'ährend also die Carminpartikel allem Anscheine nach direct aus den Magendarmzellen in die Xephridiumtrichter, respective in die Haut übergehen, vermischt sich das gelöste Carmin als solches mit der Hämolymphe, und wird aus ihr von den Drüsenzellen der Nephridien aufgesogen, in Excretbläschen aufgespeichert und sodann erst durch den Nephridiumkanal in die Haut übergeführt. Selbstverständlich muss den Drüsenzellen der Borstendrüsen eine ganz ähnliche An- ziehungskraft für » Farbstoflfexcrete « innewohnen wie den Nephridien. Schliesslich sei noch darauf hingewiesen, wie langsam erstens bei diesen Wür- mern, im Vergleiche mit höheren Thieren, die Prozesse der Aufsaugung und Ab- scheidung vor sich gehen und wie lange zweitens die diese Prozesse verrichtenden Organe Mengen der resorbirten, respective der auszuscheidenden Substanz in ihren Geweben zurückzuhalten vermögen. In einzelnen Magendarmzellen fanden sich noch zwei Monate nachdem im Lumen des Intestinums kein Carmin mehr nachzuweisen war, kleine Mengen von solchem, und die Nephridien boten drei Monate nachdem sich im Magendarme nur noch einzelne Zellen schwach gefärbt gezeigt hatten, fortdauernd die »starke Färbung« dar. 3. Ueber die in anderen Organsystemen als den Nephridien vor sich gehende excretorische Thätigkeit. x\n verschiedenen Stellen dieser Monographie musste schon der Thatsache gedacht werden, dass neben den Nephridien noch andere Organe oder Organtheile mehr oder weniger intensiv an dem Prozesse der Harnausscheidung Theil nehmen. Im Anatomisch-Histologischen Theile kamen diese Prozesse insbesondere da zur Sprache, wo ihr Verlauf zur Ausbildung so ansehnlicher und constanter Ablagerungen führte, dass dadurch der Habitus der betreffenden Organe oder Organtheile in einer für die Beschreibung wesentlichen Weise mitbestimmt wurde. Im Morphologischen Theile fassten wir dieselben Prozesse vorwiegend in denjenigen Fällen in's Auge, in denen aus dem Vorhandensein des charakteristischen Excretes auf genetische Beziehungen zwischen den verschiedenartigen dieses Excret erzeugenden Geweben oder Organen geschlossen werden konnte. Im vorliegenden Theile endlich hatten wir uns schon mit den Prozessen als solchen, und zwar hauptsächlich da zu beschäftigen, wo der Ausscheidungsmodus des Carmines verfolgt wurde, indem es sich ja herausgestellt hat, dass dieser Farbstoff (ähnlich wie die Harnkörper) nicht ausschliesslich von den Nephridien ausgeschieden wird. Im Nachfolgenden wollen wir nun das, was bisher von so verschiedenen Gesichts- V. Nephridien. 3. Ueber die in anderea Organsystemen als den Xephridien etc. 747 punkten aus in dieser Monograi)hie nur nebenbei zur Erwähnung kam, lediglich um seiner selbst willen und in ausschliesslich physiologischem Sinne erörtern, und zu diesem Behufe werden wir nicht nur auf einzelne der an den Capitelliden gewonnenen Resultate ausführ- licher einzugehen, sondern auch Seitenblicke auf andere Anneliden, respective andere Thier- clas<3en zu werfen haben. Es wird sich zeigen, dass durch das Resultat dieser Erörterung die Eösung des im fünften Abschnitte gestellten Problemes, nämlich die Beantwortung der Frage nach der Ent- stehung sowie nach dem Ausscheidungsmodus der Nephridien, nicht wenig beeinflusst wird und ich daher für die Hinausschiebung dieses eigentlichen Problemes meine guten Gründe hatte. a. Die excretorischen Leistungen des Darmes. In den Magendarmzellen von Capitella begegneten mir zuweilen gelbe Bläschen und Körner, welche sich im Gegensatze zu den übrigen (bei der Verdauung eine Rolle spielenden) gefärbten Elementen gegen Alkohol farbenbeständig erwiesen und eine auffallende Aehn- lichkeit mit den Excretbläschen der Nephridien etc. darboten; ich äusserte mich daher auch schon gelegentlich der Beschreibung") dieser Gebilde dahin, dass sie wahrscheinlich Excre- tionsprodukte darstellen werden. Stände diese excretorische Darmthätigkeit .von Capitella einzig in der Annelidengruppe oder gar im Thierreiche da, so würde es sich wohl kaum verlohnen sie näher in's Auge zu fassen; das ist nun aber, wde wir gleich sehen werden, keineswegs der Fall. Was zunächst die Anneliden betrifft, so hat C'laparede zuerst darauf hingewiesen, dass der Enddarm gewisser Syllideen im Gegensatze zu dem weiter vorne gelegenen Magendarme zahlreiche Concretionen eingebettet enthält und daher als »Harndarm« aufzufassen sei. Von Sj/llis gracilis zum Beispiel giebt C'laparede') folgende Beschreibung des Sach- verhaltes : »La partie de l'intestin qiü occupe les douze ou treize derniers Segments du corps offre vuie appa- rence tout autre que celle de l'intestin hepatiqiie proprement dit. La coloration de ce deruier lui fait com- pletement defaut. En revanche, la paroi renferme des cellules pleines de petites concretions spheriques, refiactant fortement la liimiere. Une disposition analogue se retrouve, comme- je le montreiai, chez d'autres Syllidiens. II est probable que cette region de l'intestin a des fonctions particulieres, sans doute des fonctions excretoires, les concretions que je viens de decrire pouvant facilement etre eliminees par l'anus. C'est ce qui m'engage ä designer cette partie de l'intestin sous le nom de region urinaire.« Und von Syllis hamata-) : »Dans la partie posterieiire du corps (7 ou S derniers segments), l'intestin biliaire passe subitement ä l'intestin urinaire. Ces deux regions sont separees par une ligne de demarcation brusque. Les cellules de la paroi de l'intestin urinaire sont remplies de concretions spheriques et jaunätres. La plupart sont formees de trois secteurs comme le cristallin des animaux superieurs.« «I Vergl. p. 257. 1) 1. p. 8. c. p. 194. 2) 1. p. S. c. p. 196. 748 C. Physiolo — 2 Stunden.« V. Nephridien. 3. lieber die in anderen Organsystemen als den Nephridien etc. 749 der Insekten sowohl eine secretorische, als auch eine excretoiische Rolle zukäme. Ob^yohl hier nicht der Ort für Speculationen morphologischer Natur ist, so sei doch auf die mannig- fache, auch im anatomischen "N^erhalten sich kundgebende Uebereinstimmung*) hingewiesen, welche zum Beispiel zwischen den langen, kanalförmigen, stets von Speisen frei bleibenden Darm-Divertikeln von Aphrodita aculeata einer- v;nd den Malpighischen Geßissen gewisser Arthropoden andererseits herrscht. Wie bei den Anneliden, so sind nun auch bei anderen Thierclassen Beobachtungen gemacht worden, welche das Statthaben einer excretorischen Darmthätigkeit verbürgen. Was die Plathelminthen betrifft, so erinnere ich an die Entdeckung Lang's'), der- zufolge am und im Epithele der Darmäste von Gunda, einer Triclade, Wimpertrichter oder besser AViniiierzellen vorkommen, welche sich in nichts von denjenigen des Excretionssystemes unterscheiden und daher auch von genanntem Autor als » Excretionswimperzellen des Darmes« betrachtet werden. Entodermale Flimmertrichter hat auch Chun-j von Siphonophoren beschrieben. Als secernirendes Organ oder »Niere« w^irde ferner längst von Leydig'') der Enddarm der Rotatorien hingestellt, indem in den betreffenden Zellen C'oncretionen vorkommen, »wie man sie aus der Niere anderer wirbelloser Thiere kennt.« Leydig weist auch bei dieser Gelegenheit auf das ähnliche Verhalten des Darmkanales bei gewissen Crustaceen (Cj^c/oja^-Larven: hin. Das Vorkommen excretorisch thätiger Zellen in einem Derivate des Mollusken-Darmes, nämlich in der Gastropodenleber, hat Barfurth ') vertreten. Er kam nämlich zu dem Schlüsse : »Während die Fermeatzellen vorzugsweise die secretorische Leberfunction übernehmen, sehe ich in den Leberzellen Exeretionsorgane, deren Produkte für den Organismus unverwendbar sind.« Im Anschlüsse an alles dies darf wohl daran erinnert werden, wie auch der entsprechende Darmanhang einer anderen Thiergruppe, nämlich die Leber der Vertebraten, neben ihrem specifischen Secretionsprodukte reich an Excretionsprodukten zu sein pflegt. Und wie endlich auch die als Malpighische Gefässe bezeichneten Ausstülpungen des Darmkanales gewisser Arthropoden hier in Betracht kommen, hatten wir schon Gelegenheit hervorzuheben. Was speciell den Harndarm der Syllideen, sowie die excretorisch thätigen Darmdiver- tikel der Aphroditeen betrifft, so ist es wohl nicht zufällig, dass gerade bei diesen zwei 1] 1. p. 660. c. p. 207. 2) Chün, C. Die Gewebe der Siphonophoren. II. Z. Anzeiger. 5. Jahrgang 1882. p. 404. 3) 1. p. 349. c. p. 93. Man vergleiche auch desselben Autors «Naturgeschichte der Daphniden«. Tübingen 1860. p. 26. 4) Bäefueth, D. Ueber den Bau und die Thätigkeit der Gasteropodenleber. Arch. Mikr. Anat. 22. Bd. 1883. p. 494. *) Der Annahme einer etwaigen Homologie der beiderseitigen Ausstülpungen steht als Hauptschwierigkeit der Gegensatz im Wege, dass die Darmdivertikel der Aphroditeen wohl unzweifelhaft Gebilde des Mitteldarmes, die Malpighischen Gefässe dagegen, allen bisherigen Angaben zufolge, solche des Hinterdarmes darstellen. 750 C- Physiologischer Theil. Annelidenfamilien sowohl dasNephridial-, als dasBlutgefässsystem überaus schwach entwickelt sind; noch mehr gewinnt aber diese Relation an Bedeutung, wenn man erwägt, dass auch bei den mit excretorischen Darmdivertikeln (Malpighischen Gefässen) ausgerüsteten Arthropoden das Blutgefässsystem nur eine geringe Ausbil- dung aufweist und harnabsondernde Nephridien überhaupt nicht vorhanden sind. Die Thatsache, dass eine der Hauptaufgaben des Darmsystemes schon darin besteht, das für die Aufnahme in den Thierkörper Ungeeignete der Nahrung vom Geeigneten abzu- sondern und nach aussen zu schaffen, lässt es auch a priori wohl dafür geeignet erscheinen, die Ausführung der in Folge des Stoffwechsels in den Organen sich ansammelnden Zer- setzungsprodukte mit zu übernehmen. Ebenso verständlich ist es aber auch, dass durch die Vervollkommnung des Blutgefösssystemes und durch die gleichzeitige Ausbildung oder Ver- vollkommnung speciiischer Harnorgane der excretorische Prozess in andere Bahnen hinein- gelenkt wird. b. Die excretorischen Leistungen der Borstendrüsen. Was mich zuerst auf den Gedanken einer derartigen Leistung der Borstendrüsen ge- bracht hat, war die Erfahrung, dass die Borsten-Scheiden gewisser Capitellidenformen '■') zu- weilen anstatt mit den charakteristischen (chitinigen) Fäden, mit ebensolchen Excretbläschen sich angefüllt zeigten, wie solche in den Drüsenzellen der Nephridien etc. als Harnbestand- theile zur Ausscheidung gelangen. Ferner sprach dafür, dass die meisten Spinn- und Borsten- drüsen, besonders aber deren Secrete, die Fäden und Borsten, mit einem Farbstoffe imprägnirt sind, der durch sein Ansehen und durch seine chemische Widerstandsfähigkeit auffallend an die für die meisten Excretbläschen und Concretionen charakteristische gelbbraune Pigmentirung erinnert. Endlich erfuhr diese Nebenfunction der Borstendrüsen durch die — im vorigen Ab- schnitte ß) ausführlich besprochene — Erfahrung, derzufolge ein erheblicher Theil des vom Magendarme von Capitella absorbirten Carmines durch sie (die Borstendrüsen) nach Art der Nephridien in die Haut ausgeschieden wird, eine entscheidende Bestätigung. Am Schlüsse meiner Beschreibung t) der Parapodien von Nototnastus habe ich betont, wie zutreffend der Name »Borstendrüse« für den in der Leibeshöhle eingeschlossenen Theil des Parapodiüms gewählt sei, indem wie die Nephridien, so auch diese parapodialen Drüsen aus einem von der Membrana propria abstammenden Fachwerke und aus einem darin befindlichen Zellmateriale bestehen. Nur — so fuhr ich fort — werden im ersteren Falle Nephridien) die Ausscheidungsprodukte in Form von Excretbläschen durch einen gemeinsamen, stabilen Kanal nach aussen geschafft, wogegen sich im letzteren (Borstendrüsen) die entsprechenden Pro- dukte in Form von Borsten ihre eigenen, vorübergehenden Ausführungsgänge zu bohren pflegen. «) Vergl. p. 105. ß) Vergl. p. 739. Y Vergl. p. lOS. V. Nephridien. 3. Ueber die in anderen Organsystemen als den Nephridien etc. 751 Aus dem im Vorhergehenden über die excretorische Wirksamkeit der Borstendrüsen Gesagten ergiebt sich nun von selbst, dass es mir bei jener eben citirten Gegenüberstellung nephridialer und parapodialer Drüsen nicht etwa bloss um einen bildlichen Ausdruck des beider- seitigen Functionirens zu thun war*, sondern, dass mir im Gegentheil eine principielle Ueber- einstimmung solchen Functionirens vorschwebte. Bedenkt man, dass sowohl Borsten, als Cuticulae nicht Umwandlungs-, sondern Aus- scheidungsprodukte von Zellen darstellen, so wird man es nicht schwer finden, auch sie als »Excrete« gelten zu lassen. Doch hierauf kommen wir erst in einem folgenden Abschnitte dieses Kapitels ausführlicher zu sprechen. c. Die excretorischen Leistungen des Blutes (Hämolymphe). In einem speciell der Hämolymphe gewidmeten Kapitel'') dieses Theiles habe ich nach- zuweisen versucht, dass die in den Blutscheiben der Capitelliden enthaltenen Excretbläschen und Concretionen, vor allen die durch Zahl und Grösse ausgezeichneten der Untergattung Tremomcistiis, sowohl dem Habitus, als auch der chemischen Beschaffenheit nach, eine grosse Uebereinstimmung mit den Excretbläschen und Concretionen der Nephridien, insbesondere der- jenigen von Clistomastus und Dasyhranchus, aufweisen. Für die Concretionen der Nephridien konnte aber als überaus wahrscheinlich hinge- stellt werden ß\ dass sich die meisten (hinsichtlich des organischen Bestandtheiles^ wie Guanin verhalten, einige dagegen chemische Resistenzgrade darbieten, die an Chitin erinnern. Und so werden wir in dem schon durch den Habitus der Concretionen aufgedrängten Schlüsse bestärkt, dass sich die Blutscheiben der Capitelliden in hervorragender Weise an der Ausscheidung stickstoffhaltiger Zersetzungsprodukte betheiligen. An allen Stellen, wo vom Peritoneum die Rede war, musste seiner überaus energischen Antheilnahme am Excretionsprozesse gedacht werden und weiterhin werden wir noch speciell darauf einzugehen haben t). Wie die Nephridien, so stellen nun aber auch die Blutscheiben Abkömmlinge dieser Membran dar, weshalb man von letzteren, als zu individuellem Dasein emancipirten Elementen des Peritoneums, aussagen kann, dass ^ie neben der -erworbenen, specifischen Hauptfunction (Respiration) auch noch ihre alte (vom Peritoneum ererbte) excre- torische Function auszuüben fortfahren. Die Thatsache, dass jede einzelne Blutzelle ähnliche Ausscheidungsprodukte zu Stande bringen kann, wie deren vorwiegend in den specifischen Excretionsorganen (in unserem Falle in den Nephridien) gebildet werden, zeigt in instructiver Weise, wie die Zelle für sich ganz allein specifische Ausscheidungsprozesse zu vollziehen vermag, wie also die Organ-Integration wohl für den Modus, nicht aber für das Wesen dieser Prozesse maassgebend ist. a) Vergl. p. 717-721 und Tafel 35. [5] Vergl. p. 725—732. 7) Vergl. p. 757 — 759. 752 C. Physiologischer Theil. Gegenüber der so energischen, von den rothen Blutscheiben der C'apitelliden ausgeübten excretorischen Thätigkeit entsteht nun die Frage, was schliesslicli aus den Blutscheiben, was aus dem Excrete wird. Man kann sich vorstellen, dass die zu einer gewissen Grösse herangewachsenen Con- cretionen jeweils von den Blutkörpern ausgestossen und durch die Nephridien fortgeschafft werden, dass also ein und dieselbe Scheibe lange Zeit hindurch excretorisch wirksam bleibe. Was ich zu Gunsten dieser Möglichkeit anzuführen vermag, ist lediglich die Thatsache, dass im Cölom häufig freie Excretbläschen und Concretionen angetroffen werden; dagegen ist es mir nie gelungen, das Ausstossen von Concretionen zu beobachten. Wie dem aber auch sein mag, ob die Blutscheiben Concretionen auszustossen im Stande sind, oder nicht, das hei.sst, ob ihnen eine längere oder kürzere Functionsdauer zugemessen ist, schliesslich gehen diese Scheiben, wie schon in den vorhergehenden Theilen mehrfach hervorgehoben wurde, zu Grunde. Man findet nämlich bei den meisten Individuen, und zwar bei solchen aller Gattungen zwischen den normalen Hämolymphelementen mehr oder weniger umfangreiche Klumpen rother, mit Concretionen angefüllter und von Leucocyten membranartig eingekapselter Blut- scheiben ^), welche sich nicht anders, denn als in excretorischer Thätigkeit erschöpfte, respective als zur Fortsetzung solcher Thätigkeit ungeeignete, auffassen lassen. Dass die Einkapselung dieser abgestorbenen Scheiben durch Leucocyten bewirkt wird, ergab sich nicht so ohne Weiteres aus der Natur der fertigen Kapseln, indem letztere in den meisten Fällen eine ganz membranartige Beschaffenheit darbieten. Ueberzeugend dargethan wurde ihr leucocytärer Ursprung erst durch die Beobachtung melanämischer Thiere, in deren Blute ich die Einhüllung farbiger Scheiben durch plasmodienartig verschmelzende Leucocyten unter dem ^likroskope beobachten und die Umwandlung der Plasmodien in membranartige Kapseln verfolgen konnte. Wir dürfen wohl unzweifelhaft diese Einkapselung der in excretorischer Thätigkeit untergegangenen Blutscheiben vom Standpunkte der METSCHNiKOFF'schen Phagocytenlehre*) aus beurtheilen, das heisst annehmen, dass die Leucocyten den todten Blutscheiben gegenüber, ähnlich wie sie dies Fremdkörpern gegenüber thun, als »Phagocyten« reagiren. Die eingekapselten Blutscheiben erleiden augenscheinliche Veränderungen; sie schrumpfen nämlich imnler mehr ein, bis sie schliesslich nur noch mantelförmig die Concretionen umhüllen. Bewirken die Phagocvten diese Veränderung? oder haben dieselben mit der Einkapselung ihre a) Taf. 35. Fig. 14. 25. 3S und 42. *) Obwohl ich, wie aus Obigem und dem weiterhin Folgenden hervorgeht, keineswegs zu den Gegnern der Phagocytenlehre gehöre, so möchte ich doch in Anbetracht der regen, in dieser Schrift durch so viele Fälle illu- strirten excretorischen Thätigkeit von Peritoneal- und ßlutzellen darauf hinweisen, wie künftighin bei der Beurtheilung gewisser Zelleneinschlüsse erst genau festzustellen sein wird, ob man es mit von aussen aufgenommenen (ge- fressenen), oder aber mit von der Zelle ausgeschiedenen Produkten zu thun habe. Insbesondere gilt das für die sogenannten « blutkörperhaltigen Zellen«, da gelbrothe Excretbläschen oder Concretionen (Pigment) leicht für verändeite Bhitscheiben gehalten werden können. V. Nephridien. 3. Ueber die in anderen Organsystemen als den Nephridien etc. 753 Rolle ausgespielt? Das sind Fragen, auf die ich um so weniger eine Antwort zu geben ver- suchen möchte, als ich die dafür maassgebenden Vorgänge keinem speciellen Studium unterzog. Auch über die weiteren Schicksale der eingekapselten Scheiben vermag ich zwar keine bestimmten Angaben zu machen, dagegen lässt sich bezüglich ihrer wenigstens eine Ver- muthung äussern, und zwar die, dass sie schliesslich durch die Nephridien nach aussen geschafft werden. Ich habe nämlich öfters zahlreiche mehr oder weniger modificirte Blut- scheiben in den Nephridien angetroffen'^), und ferner sei auch an das Factum erinnert, dass die sogenannte Pigmentirung von Capitella theils durch das in die Haut entleerte Nephridium- Excret, theils durch die zwischen Haut und Cuticula deponirten i'excretorisch untergegangenen) Blutscheiben bewirkt wirdi^). Aber die Einkapselung dvirch Leucocyten ist nicht die einzige Art, wie excretorisch untergegangene Blutscheiben von der übrigen Hämolymphe getrennt werden. In einer noch viel ausgiebigeren Weise wird das, wie schon in den vorhergehenden Theilen erwähnt wurde, durch das Peritoneum besorgt. In der Endregion des Abdomens vieler Individuen von Tremomastus (besonders von Notomastus Benedeni und N. profundus) sowie auch von Heteromastus und Capitella sieht man schon im unverletzten Zustande in jedem Segmente hämal je ein paar dunkelbrauner Körper*) hindurchschimmern, welche bezüglich ihrer Färbung auffallend an die Nephridien von Clisto- mastus erinnern. Da mir speciell von Tremomastus die Nephridien schon als schwefelgelbe, neural (in den Nierenkammern) gelegene Organe bekannt waren, so hatte dieser Befund zunächst etwas Verwirrendes. Die genauere Untersuchung ergab indessen bald, dass diese braunen Körper nichts mit Nephridien gemein haben, dass sie dagegen aus sackförmig vom Peritoneum umschlossenen Blutscheiben - Congiomeraten bestehen, und diese so eingeschlossenen Blut- scheiben waren insbesondere bei Tremomastus durch die Grösse und Zahl ihrer Concretionen aus- gezeichnet. Dass ausser den typischen Leucocyten auch noch andere Mesodermelemente, insbeson- dere Peritonealzellen die Rolle von Phagocyten spielen können, wurde in Metschnikoff's Auf- sätzen zur Phagocytenlehre mehrfach ausdrücklich hervorgehoben. Auf unseren Fall passt aber besonders eine an Nais gemachte Beobachtung dieses Forschers'), die er folgendermaassen schildert und definirt: »Aber auch die f'remdkörper, wenn sie auf irgend eine Weise in das Gebiet des Mesoderms gelangen, werden von den Zellen des letzteren aufgenommen. Verschiedene Schmutzpartikelchen und andere feste Gegenstände, welche so leicht durch die zarte Körperwand vieler niederen Thiere durchbrechen, werden in Kürze von den nächst liegenden Amöboidzellen des Mesoderms aufgefressen. Viele parasitische Organismen, welche passiv oder activ in den Thierleib gelangen, erleiden dasselbe Schicksal. Sie werden ebenfalls von a) Taf. 35. Fig. 22. Taf. 28. Fig. 9. Br. r. a) Vergl. p. 132. ß) Vergl. p. 253 und Taf. 35. Fig. 43. 1) Metschnikoff, E. Ueber die pathologische Bedeutung der intracellulären Verdauung. Fortschritte der Medicin N"o. 17. 18S5. Sep. Abdr. p. 4. Zool. Station z. Neapel, Fauna und Flora, Golf von Neapel. Capitelllden. 9.5 ■J54 C. Physiologischer Theil. Mesodermzellen aufgenommen, wobei sich nicht nur die freien l'-lemente, sondern sogar die Zellen des Pe- ritoneums betheiligen. Den letzteren Fall habe ich bei Xais prohoscidea beobachtet, welche sich durch Mangel von freien Mesodermzellen auszeichnet. Auf das Eindringen einer Gordiuslarve in die Leibeshöhle dieses Ringelwurmes reagirt der letztere durch Ausschicken mehrerer Peritonealzellen, welche eventuell amöboid werden und den Parasiten vollständig umgeben. Die Gordiuslarve bleibt trotzdem aber am Leben, da sie ihrerseits eine chitinöse Kapsel ausscheidet, die ihr als Schutz gegen den Wirth dient.« Da bei den Capitelliden die Leucocyten vom Peritoneum abstammen, so scheint mir die Thatsache, dass excretorisch untergegangene Blutscheiben gleicherweise von Leucocyten wie von Fortsätzen der peritonealen Membran eingekapselt werden, sehr für die Ansicht Metschnikoff's zu sprechen, derzufolge die Zellen des Peritoneums in solchen Fällen ebenso wie die freien Peritonealzellen als Phagocyten in Betracht kommen. "N^'elche weiteren Schicksale diese vom Peritoneum eingekapselten Blutscheiben erfahren, ob sie zeitlebens im Thierleibe als solche verharren, oder aber früher oder später zerfallen und durch die Nephridien entleert werden, vermag ich ebensowenig wie im entsprechenden vorhergehenden Falle zu entscheiden. Dagegen können wdr das als festgestellt betrachten, dass von den hämoglobinhal- tigen, Excrete in sich aufspeichernden Blutscheiben der Capitelliden jeweils zahlreiche zu Grunde gehen, um durch frische sei es durch Theilung entstan- dene'-"), sei es aus dem Peritoneum hervorgesprosste?) ersetzt zu werden. Ausser den Capitelliden ist im Kreise der Anneliden nur noch die ebenfalls der Blut- gefässe entbehrende Familie der Glyceriden durch den Besitz hänioglobinhaltiger Scheiben ausgezeichnet und in diesen sind denn auch ähnliche, wenn auch kleinere Excretbläschen oder Concretionen enthalten. Zur Kategorie letzterer scheinen mir auch die runden, elliptischen oder eckigen, stark glänzenden Körner zu gehören, welche nach Schwalbe') constant in den rothen Blutscheiben von Phascolosoma vorkommen. Diese Körner, über deren Bedeutung genannter Autor im Unklaren geblieben ist, sollen sich nämlich in allen von ihm angewandten Reagentien, ins- besondere in Wasser, Alkohol, Essigsäure und Kalilauge unverändert erhalten haben. Bei einzelnen mit Blutgefössen ausgerüsteten Anneliden kommen Excretbläschen oder Concretionen in den farblosen Blutkörpern oder Leucocyten der perivisceralen Lymphe zur Ausbildung. So in besonders reichlicher und zugleich sehr charakteristischer Weise in den schon mehrfach erwähnten v) von Ophelia. Bei anderen werden Concretionen im unmittelbaren Bereiche der Gefässwandungen an- getroffen. Hauptsächlich bei Hesioniden und Euniciden fand ich diese Wandungen cölom- wärts oft ganz bedeckt mit Excretbläschen. Auch bei vielen Serpuliden ist die perivasale «1 Vergl. p. 167. ß) Vergl. p. 228. ■y) Vergl. p. 68!) und 719. 1) Schwalbe, G. Kleinere Mittheilungen zur Histologie wirbelloser Thiere. Aroh. Mikr. Anat. 5. Bd. 1869. p. 252. V. Nephridien. 3. Ueber die in anderen Organsystemen als den Nephridien etc. 755 Excretablagerung so auffallend, dass sie der Aufmerksamkeit der Untersuchenden nicht ent- gehen konnte. So sagt Cosmovici') über die Blutgefässe von Myxkola: »Enfin, il est ä remarquer que crinnombrables culs-de-sac sanguins, couverts de cellules pigmen- taires, fönt saillie autour des vaisseaux. M. Milne-Edwards dit que ce sont piobablement des glandes secretoires. On poiirrait plutot penser que le sang se debarrasse de quelques principes en passant ä travers ces cellules« etc. Den eben betrachteten Fällen schliesst sich das nahe an, was man unter dem Xamen Chloragogen oder Chloragogenzellen zusammeugefasst hat. An zwei Stellen' des vorher- gehenden Theiles musste schon vorwiegend im Hinblicke auf morphologische Fragen dieser hauptsächlich als äusserer Belag der Blutgefässe von Oligochaeten bekannt gewordenen Zellen eingehend gedacht werden. Es genüge daher hier daran zu erinnern, wie insbesondere durch Kükenthal's Nachweise entschieden wurde, dass die betreffenden Gebilde ursprünglich Lymph- körper darstellen, welche sich an die Blutgefässwandungen anheften und durch Aufnahme gelbbrauner, excretorischer Körperchen zu sogenannten Chloragogenzellen werden, dass sich sodann letztere wieder loslösen, eine Zeit lang mit der Leibesflüssigkeit umhertreiben, später in einen schwärzlichen Detritus zerfallen, und schliesslich wahrscheinlich durch die Nephri- dien nach aussen entleert werden. Dieser Auffassung gemäss ist Chloragogen gleichbedeutend mit unseren Excretbläschen oder Concretionen, und die Chloragogenzellen sind eins mit den excretorisch thätigen Leuco- cyten; nur mit dem Unterschiede, dass, während letztere (zum Beispiel diejenigen von Ophelia) frei beweglich bleiben und von der Lymphe (Perivisceralflüssigkeit) das Material für ihr Aus- scheidungsprodukt zugeführt erhalten — erstere sich an die das gefärbte Blut enthaltenden Gefässe festsetzen und daher wohl auch dem gefärbten Blute ihre excretorischen Bestand- theile entnehmen. Die Chloragogenzellen ihrerseits führen uns sodann zu den ebenfalls bereits in einem früheren Theileß) vom morphologischen Gesichtspunkte aus eingehend besprochenen, haupt- sächlich in den Rückengefässen der Terebelliden und Cirratuliden in hoher Ausbildung vorkommenden braunen Strängen oder Schläuchen, für die ich im Gegensatze zu den eben be- sprochenen »extravasalen« Chloragogenzellen den Namen »intravasale Chloragogenzellen oder Chloragogendrüsen« vorgeschlagen habe. An der eben citirten Stelle wu.rde schon hervorgehoben, dass ich diese hinsichtlich ihrer Bedeutung bisher wenig aufgeklärten Gefässdrüsen zu den »hämolymphatischen Excretionsorganen« rechne und dass die Thatsachen, die zu einer solchen Auffassung hin- führten, erst hier dargelegt würden. Worauf ich mich nun stütze, sind die folgenden an Cirratulus filigerus [Audouinia fillgera) Clap. gemachten Erfahrungen. Die intravasale Chloragogendrüse dieses Wurmes besteht in Wirklichkeit weder aus Strängen, noch aus Schläuchen, sondern aus Einem in viele Falten gelegten Bande, welches a) Vergl. p. 440—441 und 690. ß) Vergl. p. 690—691. 1) 1. p. (10^ . c. p. 328. 756 <^- Physiologischer Theil. durch die Contractionen und Expansionen des Rückengefässes abwechselnd zusammengedrückt und auseinandergezogen wird. Dem Gefässlumen zu wird dieses ziemlich dicke, gefaltete Band allerseits von einer scheinbar homogenen Membran begrenzt, und das Innere des Bandes erscheint durch zahlreiche in den verschiedensten Richtungen sich kreuzende Lamellen von ähnlich homogenem Ansehen in Fächer abgetheilt, deren jedes Plasma, Einen Kern und zahl- reiche Excretbläschen oder Concretionen enthält. Es entspricht daher jeder Eaum des Fach- werkes Einer Zelle und das Ganze giebt sich als eine nach ähnlichem Plane wie die Borsten- drüsen und Nephridien aufgebaute Drüse zu erkenen; nur ist den Nephridien gegenüber der Mangel eines Ausführungsganges zu betonen. Was nun die Hauptsache, nämlich die in den Zellen dieser Drüse eingeschlossenen Excretbläschen oder Concretionen betrifft, so zeigen sie schon hinsichtlich der Form und der Farbe eine so auffallende Uebereinstimmung mit den uns von den Blutscheiben und Nejihri- dien der Capitelliden her bekannten, sowie auch mit den in den Nephridien von Cirratulus enthaltenen, dass der Schluss, mau habe es wie bei letzteren, so auch bei ersteren mit einem Excrete zu thun, sich von selbst aufdrängt. Die mikrochemische Untersuchung hat denn auch diesen Schluss bestätigt. Die meist 2—4 \). Durchmesser aufweisenden, rundlichen, seltener vieleckigen, gelb bis braun gefärbten Concretionen der intravasalen Chloragogendrüsen von Cirratulus sind in Wasser, Alkohol, Aether und Essigsäure unlöslich. Durch Salzsäure werden sie nur schwer angegriffen, in Salpeter- und Schwefelsäure dagegen lösen sie sich sofort zu einem gelben Brei. Ammon bewirkt erst nach längerer Einwirkung Veränderungen an den Ex- cretbläschen, in Kalilauge dagegen lösen sie sich — abgesehen von einzelnen hartnäckig Widerstand leistenden — sofort. Das ist also ein Verhalten, welches in hohem Maasse mit demjenigen der Nephridium-Concretionen von Notomastus'') übereinstimmt. Hinsichtlich des Schicksals des von dieser Drüse ausgeschiedenen Excretes ist folgende Gefässanordnung von Interesse. Aeltere Autoren behaujateten, dass das Rückengefäss im Be- reiche des vorderen Körperendes die zwei seitlichen (Aeste zu den Kiemen etc. abgebenden) rücklaufenden Stämme entsendet und sich dann ungetheilt bis in den Kopf hinein fortsetzt, um schliesslich in die Bauchgefässe überzugehen. Ich konnte mich hingegen davon über- zeugen, dass das Rückengefäss kurz nach Abgang der genannten zwei rücklaufenden Seiten- gefässe noch ein Paar schwächerer, nach vorn gerichteter Gefässe entsendet, welches nahezu ganz in der Versorgung des in der Kopfregion gelegenen Nephridienpaares aufgeht. Gerade an der Stelle, an der diese letzteren Gefässe aus dem Vas dorsale entspringen, endet aber die Chloragogendrüse. Bei der mikroskopischen Untersuchung kleiner, intacter Thiere vermochte ich nun mehrere Male festzustellen, dass die nach einem auf die Drüse ausgeübten Drucke aus letzterer ausgetretenen Excretbläschen weder in die rücklaufenden Seitengefässe, noch in die Fortsetzung des Vas dorsale übergehen, dass sie vielmehr lediglich von dem zu den Ne- a) Vergl. p. 725—732. V. Nephridien. 3. IJeber die in anderen Organsystemen als den Nephridien etc. 757 phi'idien gerichteten GeJßisspaare aufgenommen werden. Welcheiiei Vorrichtungen hier ge- troffen sind, lim die Stromesrichtiing des Excretes derart einzuengen, vermochte ich zwar nicht festzustellen, aber aus dem Mitgetheilten geht doch so viel hervor, dass allem Anscheine nach das in den intravasalen Chloragogendrüsen gebildete Exeret (auf eine erst noch genauer festzustellende Weise) in die Nephridien übergeführt wird. Nicht unerwähnt darf ich lassen, dass in der Haut von Cirratuhis häufig erhebliche Mengen eines sogenannten Pigmentes an- getroffen werden, dessen Elemente aus nichts Anderem als aus denselben gelben oder röth- lichen Excretbläschen und C'oncretionen bestehen, welche auch die Nephridien und CMora- gogendrüsen dieser Thiere erfüllen. Es geht aber daraus hervor, dass wenigstens ein Theil des Excretes auch hier in die Haut abgesetzt wird. d. Die excretorischen Leistungen des Peritoneums. Aus der Thatsache, dass, wo und wie immer das Peritoneum in unserer Thiergruppe sich darstellen mag, es auch die so charakteristischen Excretbläschen oder Concretionen zur Ausbildung bringt, zogen wir den Schluss, dass diesem Gewebe in besonders hoherii Grade eine excretorische Thätigkeit innewohnen müsse. Mit diesem Schlüsse steht ja auch in bestem Einklänge, dass sowohl die Nephridien als auch die ähnlich excretorisch wirksamen Blut- scheiben Entwickelungsprodukte des Peritoneums darstellen. Wie tief dieses letztere von der Tendenz zu excretorischer Function beherrscht ist, ging auch daraus hervor, dass selbst in den zu specifischen Keimzellen umgewandelten Peritoneal- Abkömmlingen, nämlich in den Eiern'-') von Mastobranchus, sich oft so zahlreiche Excretbläs- chen ansammeln, dass dadurch die eigentliche Bestimmung des Keimproduktes entschieden gefährdet werden muss. Nester degenerirt aussehender, mit Excretbläschen überladener Eier verschiedenster Stadien, welche oft mitten zwischen normalen Fortpfianzungs- zellen eingestreut angetroffen werden, machen es wenigstens sehr wahrscheinlich, dass sich zahl- reiche solcher Zellen in excretorischer .Function erschöpfen. Mehr noch, als durch all das sahen wir aber die excretorische Leistungs- fähigkeit des Peritoneums sich documentiren bei denjenigen zwei Capitel- lidengattungen, deren Nephridien in Rückbildung begriffen sind, das heisst bei denjenigen, bei welchen im erwachsenen Zustande die Nierenorgane anstatt in allen Segmenten, nur noch in den letzten des Abdomens auftreten. Bei der einen dieser Formen, bei Mastobranchus?}, bietet der grösste Theil des Perito- neums ein hypertrophisches, drüsenhaftes Ansehen dar und die peritonealen Zellen enthalten zahlreiche ebensolche Excretbläschen, wie die auf das Körperende beschränkten Nephridien; in einzelnen besonders mächtigen peritonealen Wucherungen dagegen kommen (im Gegen- a) Vergl. p. 22C und Taf. 33. Fig. 16. ß) Vergl. p. 224 und 227 sowie Taf. 33. Fig. 14. 15. 758 C. Physiologischer Theil. satze zu diesen flüssigen, chemisch weniger widerstandsfähigen Excretbläschen) feste, dunkel- braune Concretionen zu Stande, welche die auffallendste Uebereinstimmung mit den Concre- tionen der Nephridien und Blutscheiben von Notomastus und Dasyhranchus zur Schau tragen. Ich konnte nachweisen, dass sich solche mit Excretbläschen und Concretionen geladene Peri- tonealzellen nach Art der Leucocyten ablösen und zu den perivisceralen Hämolymphelementen gesellen. Bei der anderen dieser Formen, bei Heteromastus''^, sind die entsprechenden Wucherun- gen durch eine streng segmentale Anordnung ausgezeichnet, so dass man sie, da ihre Zellen überdies ebensolche Excretbläschen wie die (auf das Körperende beschränkten) Nephridien enthalten, mit letzteren leicht verwechseln könnte. Und ausser diesen segmentalen kommen auch hier noch stellenweise solche Wucherungen vor, deren Zellen durch Ausscheidung fester, brauner Concretionen vom Habitus derjenigen der iVb/o»«a5 to*-Nephridien etc. ausgezeichnet sind. Wir werden wohl nicht irre gehen in der Annahme, dass alle diese durch das Perito- neum erzeugten Excretbläschen und Concretionen durch die n\ beiden Gattungen auf das Abdomenende beschränkten) Nephridien nach aussen geschafft werden. Die Thatsache, dass einzelne Mastohranchus-Ey.em-^hixe'^] noch in allen Abdominalseg- menten (allerdings durchaus functionsunfähige) Nephridien erkennen Hessen, bürgt dafür, dass in der normalen Beschränkung der Nierenorgane auf das Körperende und in der für ihren Ausfall eintretenden Hypertrophie des Peritoneums keine ursprünglichen Zustände vorliegen, was ich aus dem Grunde besonders hervorheben möchte, weil vielleicht auch bei Vertretern anderer Thiergruppen, so z. B. bei Balamglossus^) und Amphioocus, die excretorische Rolle des Peritoneums nicht als ursprüngliche, sondern vielmehr als secundäre (in Folge der Rück- bildung früher vorhanden gewesener Nephridien) wieder erworbene, begriffen werden kann. Ein instructives Beispiel dafür, dass in Folge von Rückbildung des diflJ'erenzirten Cen- tralorganes die Nierenfun ction wieder in andere Körpergewebe verlegt werden kann, bildet das durch Trinchese") beschriebene Verhalten von Caliphylla, einer Nackt- schnecke. Bei diesem Thiere finden sich nämlich in dem eigentlichen (rudimentären peri- cardialen) Nierenorgane keine Excretionsprodukte, sondern nur Fetttropfen; dagegen enthalten gewisse subepitheüale, im ganzen Körper zerstreute mesenchymatische Drüsenzellen Concre- tionen, die zum Theil aus Harnsäure bestehen. Auch hinsichtlich der weniger gesteigerten excretorischen Function des Peritoneums, wie sie sich bei den mit wohl entwickelten Nephridien ausgerüsteten Capitellidengattungen geltend macht, steht unsere Familie nichts weniger als vereinzelt da. Wenn die bezüglichen Feststellungen sei es für Anneliden, sei es für andere Wirbellosen nur mangelhaft in der Litteratur vertreten sind, so liegt es daran, dass man entweder den betreffenden Befunden a) Vergl. p. 242 und 244 sowie Taf. 2S. Fig-. S. P. W. n. und Taf. 33. Fig. 20. ß) Vergl. p. 223. 1) Man vergl. Bateson 1. p. 443: Ancestry Chordata c. p. S6. 2) Tbinchese, S. Intorno ad un vero rene diffuso. Rend. Aooad. Napoli. Anno 1883. V. Nephridien. 4. Können die im vorigen Abschnitte hinsichtlich ihrer excretorischen Thätigkeit etc. 759 keine Bedeutung beizulegen, oder dass man sie, was auf dasselbe herauskommt, unter dem nichtssagenden Begriffe »Pigment« zu begraben pflegt. Dass aber das Peritoneum auch noch bei höheren, mit wohl entwickelten Nierenorganen ausgerüsteten Thieren seine excretorische Function auszuüben fortfährt, dafür liefern uns die stark »pigmentirten« Cölom-Auskleidungen der Fische den besten Beweis. 4. Können die im vorigen Abschnitte hinsichtlich ihrer excretorischen Thätigkeit betrachteten Organe als Nierenorgane gelten? Im Aufwerfen dieser Frage liegt schon eingeschlossen, dass sich aus den im vorigen Abschnitte mitgetheilten Thatsachen allein die betreifende Antwort nicht so ohne Weiteres erschUessen lässt. Es mögen daher, bevor ich auf die eigentliche Frage eingehe, zunächst einige Erörterungen allgemeiner Natur gestattet sein. Wenn wir uns auf Grund der über den Gesammt - Stofi"wechsel der Organismen ge- wonnenen Erkenntnisse a priori eine Vorstellung darüber zu bilden versuchen, wie oder wo die Excretionsprodukte zu Stande kommen, so wird — einerlei ob wir nun einfache oder complicirte Organismen ins Auge fassen — diese Vorstellung nur die sein können, dass in letzter Instanz dort das Unbrauchbare und Abgenützte entstehen muss, wo auch in letzter In- stanz ernährt, geathmet und specifische Arbeit geleistet wird, nämlich in allen einzelnen Zellen. Wie sehr sich auch im Anschlüsse an die Organ-Differenzirung dieser fundamentale Vorgang verändern und compliciren mag — • jirincipiell bleibt er doch als solcher bestehen und daher muss er auch Ausgangs^junkt aller unserer Speculationen über »Excretion« bleiben. Wie im fortgeschrittenen Zustande nicht mehr jede einzelne Zelle die Aufgabe behält, die Nahrung zu bewältigen und assimilationsfähig zu machen, vielmehr ein C'entralorgan — der Darmkanal — sich herausbildet, in dem die Speisen in einen assimilationsfähigen Zustand umgewandelt werden, so muss auch hinsichtlich der Excretion die Differenzirung dahin zielen, dass nicht mehr jede einzelne Zelle damit belastet bleibt, das Auszuscheidende so weit um- zuwandeln, bis es als für den Organismus schlechtweg unbrauchbar und zur Elimination bereit zu gelten hat. Und demgemäss wird jede Zelle die regressive Stoffmetamorphose nur so weit auszuführen bestrebt sein, als es ihrer specifischen Aufgabe dienlich, und einem besonderen C'entralorgane wird es überlassen bleiben, diese Metamorphose zu Ende zu führen. Gestützt auf das Vorhergehende können wir nun festzustellen versuchen, wie ein Organ fungiren müsse, damit es auf den Namen » Exci'etionsorgan « oder »Niere« Anspruch erheben könne, eine Feststellung, die ja für die Beantwortung der diesem Abschnitte vorgesetzten Frage unerlässlich ist. Wesentlich für den Begriff Excretionsorgan scheint mir nun aber zu sein, dass in dem betreffenden Körpertheile nicht etwa nur die im Anschlüsse an 760 t!. Physiologischer Theil. seinen eigenen Stoffwechsel zu Stande kommenden Ausscheidungsprodukte sich anhäufen,, sondern dass ihm vielmehr ausserdem noch, sei es durch Vermit- telung der perivisceralen Flüssigkeit, sei es durch Vermittelung eines geschlos- senen Blutgefässsystemes die mehr oder weniger weit in d e r Desintegration fortgeschrittenen Zersetzungsprodukte zur weiteren Spaltung und — Abfuhr zu- geführt werden. Ein Organ wird daher um so mehr als Niere gelten können, je mehr es Vorstufen N-haltiger Zersetzungsprodukte aus anderen Körpertheilen zugeführt enthält, je vollkommener es ferner diese Vorstufen in »Harnstoffe« umzusetzen und je ausgiebiger es endlich diese Stoffe zur Elimination zu brin- gen vermag. Wenn demnach der Begriff Harnorgan ein relativer ist, so werden wir auch darauf gefasst sein müssen, in ein und demselben Thiere verschiedenartige Gewebe oder Organe excretorisch thätig zu finden. Auch werden wir in Folge dessen besser verstehen, warum gerade das »Nierenorgan" im Thierreiche keine ebensolche morphologische Einheit erkennen lässt, wie zum Beispiel das Darm-, Haut- oder Nervensystem. Haben wir es nun, um mit dem Darme zu beginnen, in den in seinen Epithelzellen zuweilen (bei CapiteUa) vorkommenden Excretbläschen und Concretionen mit x\ ufspeicherungen von im Anschlüsse an seinen eigenen Stoffwechsel entstandenen Zersetzungsprodukten, oder mit solchen einer »Nierenthätigkeit« im eben definirten Sinne zu thun? werden mit anderen Worten nur eigene Zesetzungsprodukte retinirt, oder auch solche aus anderen Organen (durch Vermittelung der Blutflüssigkeit) hier ausgeschieden? Was die Gewebe selbst hoch organisirter Thiere hinsichtlich solcher Eetention zu leisten vermögen, das zeigen uns die Selachier, bei denen den neuesten Untersuchungen Krukenberg's ') zufolge, beispielsweise in der Muskulatur, der Procentgehalt an Harnstoff 47(i überschreiten kann. CapiteUa bietet nun keinerlei Anhaltspunkte zur Beantwortung der Frage; wir müssen es vollkommen dahin gestellt sein lassen, ob ihre Darmconcremente als Produkte einer Nieren- thätigkeit aufzufassen sind, oder nicht. Dass aber bei anderen Annelidenfamilien gewisse Abschnitte des Darmkanals unzweifelhaft als Nierenorgane zu fungiren vermögen, das be- weisen der Harndarm der Syllideen, sowie die Darmdivertikel der Aphroditeen, bei welchen Familien ja mit dieser Eigenthümlichkeit des Intestinums eine auffallend geringe Ausbildung des Blutgefässsystemes sowie der Nephridien einhergeht. Ganz besonders documentirt sich aber diese Fähigkeit des Darmes Nierenorgane auszubilden durch die Malpighischen Gefässe der Arthropoden, neben welchen Gefässen bekanntlich Nephridien (wenigstens als Excretions- organe) überhaupt nicht zur Ausbildvmg gelangen. Dagegen betrachte ich die Borstendrüsen als Excretionsorgane im wahren Sinne des 1) Kri-kexberg, C. Die Harnstoffretention in den Organen der Rochen und Haie. C'entralbl. Med. Wiss. 25. Jahrg. 1SS7. p. 450. V. Nephridieü. 4. Können die im vorigen Abschnitte hinsichtlich ihrer excretorischen Thätlgkeit etc. 7G1 Wortes. Denn das, was sie normal auszuscheiden berufen sind, die Borsten, besteht zum grössten Theile aus einem Körper, der meiner Ansicht nach zu den stickstofthaltigen Zer- setzungsprodukten gerechnet werden muss, nämlich aus Chitin. Zu Gunsten dieser Ansicht spricht, dass die Borsten zuweilen anstatt mit Chitinföden, mit Excretbläschen angefüllt sind; ferner, dass einzelne Excretbläschen oder Concretionen sei es der Nephridien, sei es des Blutes hinsichtlich ihrer chemischen Eesistenz an Chitin erinnern'^); endlich, dass auch Chitin in Form von Concretionen zur Ablagerung kommen kann. Was die » Nierenfunction <> der Borsten- drüsen weiter bestätigt, das ist das N'erhalten dieser Drüsen bei der Carminausscheidung ; denn ausser den Nephridiep kamen ja lediglich sie als Ausscheidungsorgane in Betrachti^j. Schwieriger stellt sich das Problem gegenüber der excretorischen Thätigkeit der Blut- scheiben. Wissen wir doch, dass bei allen mit einem Cölom versehenen Thieren (sei es mit, sei es ohne Blutgefässe} gerade das Blut jenes Vehikel darstellen muss, durch welches dem Nierenorgane oder den Nierenorganen die Zersetzungsprodukte aus den verschiedenen übrigen Organen zur weiteren Verarbeitung, respective zur Elimination zugeführt werden. Neben der Möglichkeit, dass die in den Blutscheiben enthaltenen Concretionen ein retinirtes Eigenexcret darstellen, haben wir daher auch noch die in's Auge zu fassen, dass sie von den Scheiben nur behufs Weiterbeförderung als solche aufgenommen sein könnten. Dagegen, dass die Concretionen als solche von den Blutscheiben aufgenommen werden, spricht die oft relativ colossale Grösse ersterer, sowie auch, dass keine Quelle zu bezeichnen wäre, von der sie als solche stammen könnten ; dagegen spricht ferner, dass es ja aller Wahr- scheinlichkeit nach (ähnlich wie bei den mit Gefiissen ausgerüsteten Thieren) nicht die festen Bestandtheile, sondern die flüssigen sein werden, welche die Ortsveränderung der Excretstoffe zu besorgen haben. Obwohl die rothen Blutscheibeu als Vermittler des respiratorischen Gasaustausches unzweifelhaft energische Arbeit verrichten, so wird man sich doch schwer dazu entschliessen, jene im Verhältnisse zu den Scheiben oft geradezu riesigen Concretionen lediglich als retinirte Produkte des in der Scheibensubstanz vor sich gegangenen eigenen Stoffwechsels zu betrachten. Einer solchen Betrachtung stände denn auch sofort der Einwand gegenüber, warum denn nur bei einzelnen Formen so grosse und so zahlreiche Concretionen in den Blutscheiben gebildet werden, und warum es gerade die sind, deren Nephridien nur sehr geringfügige Concretionen aufweisen, und warum umgekehrt diejenigen Formen, welche massenhaft Nephridium-Con- cretionen darbieten, arm an Blutconcretionen zu sein pflegen. Wir müssen daher diesen Blutscheiben die Fähigkeit zugestehen, (wie die Nephridien relative Zersetzungsprodukte aus dem Blutplasma anziehen und in die zur x\usfuhr bestimmten Harnkörper umsetzen zu können, um so mehr, als überdies nachgewiesen werden konnte, wie zahlreiche Scheiben in dieser ihrer excretorischen Thätigkeit untergehen und schliesslich entweder durch Einkapselung aj Vergl. p. 71S— 719 und 729. ß; Vergl. p. 739—741. Zool. Station z. Xeapel, Fauna nud Flora, tijlf von Nsapel. Capitelliden. 762 C. Physiologischer Theil. oder durch die Nephridien ?) aus dem Kreislaufe eliminirt werden. Damit steht auch im Einklänge, dass die Blutscheiben (ebenso wie die Nephridien) von einem excretorisch eminent leistungsfähigen Organe, nämlich von dem Peritoneum abstammen. In entscheidender Weise wird ferner diese Auffassung der excretorischen Leistungen der Capitelliden-Blutkörper noch durch die an mit Gefassen ausgerüsteten Anneliden gemachten Befunde unterstützt, indem wir erfahren haben, wie insbesondere bei Oligochaeten Lymph- zellen sich an den Gefasswandungen befestigen, um aus dem Blute ein Zersetzungsprodukt in sich aufzunehmen, und dieses in Form eines festen Excretes (sogenannten Chloragogens) in sich aufzuspeichern, wie dieselben Zellen, nachdem sie sich von den Gefassen wieder abgelöst, zerfallen und wie wahrscheinlich ihr Excret schliesslich durch die Nephridien nach aussen abgeführt wird. Und entsprechend diesen extravasalen Chloragogenzellen haben wir bei ver- schiedenen Polychaeten auch intravasale Chloragogendrüsen (Blutgefässdrüsen) kennen gelernt, deren Excret eine so grosse Uebereinstimmung mit den Excretbläschen und Concretionen der Capitelliden-Nephridien und -Blutscheiben aufweist, dass wir sie geradezu als « hämolymphatische Excretionsorgane " bezeichnen konnten '•'(!. Was schliesslich das Peritoneum betrifft, so wird die Vorstellung, dass die in seinen Zellen angehäuften Harnkörper vom Gesichtspunkte der ßetention aus zu betrachten seien, um so weniger Platz greifen können, als sich gerade für diese Membran eine besonders intensive Arbeitsleistung, respective ein zur Quantität des aufgespeicherten Excretes auch nur einigermaassen im Verhältnisse stehender eigener Stoffwechsel gar nicht einsehen lässt. Er- innern wir uns zudem, dass zwei der hervorragendsten Xierenorgane, nämlich die Nephridien und Blutscheiben, vom Peritoneum abstammen und dass bei jenen Formen, welche eine Rück- bildung der Nephridien erlitten haben [Mastohranchus und Heteromastus , die excretorische Leistung des Peritoneums in ausserordentlicher Weise gesteigert erscheint, so werden wir der genannten Membran die Fähigkeit, als Nierenorgan zu fungiren, nicht absprechen können. 5. Ueber die Entstehung und über den Excretionsmodus der Nephri- dien, sowie über deren Verhältniss zu den anderen Nierenorganen. Wir haben es hier mit physiologischen Problemen zu thun, welche sich ohne Berück- sichtigung des phylogenetischen Prozesses gar nicht behandeln lassen. Es mögen daher, so wie im vorigen Abschnitte, zunächst einige Bemerkungen allgemeiner Natur gestattet sein. AVozu, so kann man fragen, brauchen Thiere, wenn, wie die Resultate des vorigen Abschnittes ergeben haben, bald der Darm, bald die Borstendrüsen, bald das Blut, bald das Peritoneum als Harnorgane zu fungiren vermögen, auch noch besondere Nephridien? In- sofern als es sich um die blosse Elimination fertiger Excrete aus dem C olom handelt, konnten 3!) V'eigl. p. 7 55- Y. Xephridien. 5. Ueber die Entstehung und über den Excretionsmodus der Nepbridien. etc. "63 ja blosse C'öloniporen, einerlei ob segmentale, oder der Zahl nach eingeschränkte, vollkommen Genüge leisten. Ich glaube, dass dem ursprünglich in der That auch so war, dass nämlich zuerst lediglich das eine oder andere der nicht-nephridialen Nierenorgane oder auch mehrere derselben zugleich der excretorischen Function vorstanden, und dass einfache Poren nebst den Geschlechtsstoffen auch die festen Excretkörper (ab- gesehen von denjenigen des Darmes) nach aussen schafften. Hinsichtlich der Frage, wie wir uns phylogenetisch die Entstehung der Nephridien vorzustellen haben, ist die Thatsache von Bedeutung, dass bei ihrer ontogenetischen^ Ent- wickelung zwei ganz heterogene Anlagen betheiligt sind, nämlich eine ectodermale Einstül- pung und eine mit dieser verschmelzende peritoneale Ausstülpung oder Wucherung. Erstere entspricht nun meiner Auffassung nach dem alten »Excretionsporus«, respective ist als eine kanalartige, cölomwärts gerichtete Fortsetzung desselben zu betrachten, letztere dagegen, die allein excretorisch wirksame, repräsentirt lediglich einen hypertrophischen Ab- schnitt des Peritoneums, der nach seiner Verbindung mit dem Excretionsporus nur fortfährt das zu thun, was er schon vorher that, nämlich die ihm durch das Blut aus anderen Organen zugeführten Vorstufen der Harnstoffe unter Zurückhaltung des Brauchbaren in die Endstufen überzuführen, das heisst der nur fortfährt als Xierenorgan zu fungiren. Diese Auffassung wird auch nicht wenig unterstützt durch die Erfahrung, dass nach Rückbildung ihrer eigentlichen Kephridien bei Mastohrattchus und Heteromastus in den bezüglichen Segmenten peritoneale Wucherungen auftreten, die ganz nach Art der Nephridien C'oncretionen ausscheiden. Damit aber der Excretionsporus nicht nur die festen Excrete der jetzt zu Nephridien individualisirten, mit ihm in Verbindung getretenen peritonealen Nieren, sondern auch die des übrigen Peritoneums sowie des Blutes etc. nach wie vor nach aussen schaffen könne, müssen die Nephridien nicht nur Kanäle, sondern auch Communicationen mit dem Cölom, das heisst Trichter erhalten. Die Nephridien haben daher eine doppelte Function, nämlich erstens die, die durch das Blut ihren Drüsenzellen zugeführten Vorstufen von Excreten in endgültige, durch die Nephridiumkanäle zu eliminirende Excrete überzuführen, und zweitens die. vermöge der Trichter und derselben Kanäle feste, in anderen Nieren- organen zur Ausscheidung gelangte endgiltige Excrete aus dem Cölom heraus- zuschaffen. So lange als man bloss reich mit zu- und abführenden Blutgefässen ausgerüstete Ne- phridien ins Auge fasst, und voraussetzt, dass der ganze excretorische Prozess lediglich in diesen Nephridien sich abspielt, und zwar derart, dass das Blut die Vorstufen zu den Harnstoffen aus dem ganzen Körper ausschliesslich an die Nephridiumzellen zur endgiltigen Verarbeitung os- motisch abgiebt — so lange bleiben die cölomatischen Nephridium-Communicationen oder Trichter ein Rätlisel, und nicht etwa nur bei den Wirbelthieren bleiben sie ein solches, nein 764 ^'- Physiologischer Theil. sie sind nicht um ein Jota weniger räthselhaft bei jeder mit geschlossenem Gefässsysteme ausgerüsteten Annelide, deren Xephridien zwar niclit wie die Harnkanälchen mit Malpighi- schen Körperchen, aber doch ebenso mit zu- und abführenden Gefässen reich versorgt sind. Mit dem Nachweise dagegen, dass auch bei solchen Thieren, deren Xephri- dien eine excretorische Gefässversorgung aufweisen, nach wie vor feste (in anderen als Nierenorgane thätigen Geweben zu Stande gekommene und in das Cölom gerathene) Harnprodukte nach aussen geschafft werden müssen, hören die Trichter auf räthselhaft zu sein. Diese meine Erklärung der Trichterfunction, die den Schwerpunkt dieses Abschnittes bildet, steht, wie aus allen den vorhergehenden Abschnitten sich von selbst ergiebt, im besten Einklänge mit den Thatsachen, ja sie ist sogar nichts Anderes, als ein Ergebniss eben dieser Thatsachen. Man erinnere sich nur, wie ich erstens zu constatiren vermochte, dass auch da, wo Nephridien als Nieren fungiren und zwar sowohl bei Anneliden mit Blutgefässen, als auch bei gefässloseni, trotzdem zugleich noch andere Nierenorgane derart thätig sind, dass in ihnen feste, mit den Nephridium-Concretionen durchaus übereinstimmende Excrete zu Stande kommen, die (wenigstens insofern als es sich um Blutscheiben- und Peritoneum-Concretionen handelt; in das Cölom gerathen. Und zweitens, dass ich den Uebertritt fester Partikel aus dem Cölom in die Trichter hinein beobachtet habe. Es wird also in letzter Instanz dadurch, dass die den nicht-nephridialeu Nierenorganen aus der Hämolymphe direct oder aus den Blutgefässen osmotisch zugeführten Vorstufen stickstoffhaltiger Zersetzungsprodukte nach ihrer Um- wandlung in feste Verbindungen LConcretionen( , cölomatisch, das heisst mit Umgehung des nephridialen Gefässsystemes. entleert werden müssen, das Vor- handensein der (nicht im Genitalapparate aufgegangenen) Trichter bedingt. Fragt man daher, wozu die Trichter oder Nephrostomata der Vertebraten-Harnkanälchen dienen, so antworte ich nach Analogie mit meinen an Anneliden gemachten Erfahrungen, dass sie wahrsclieinlich in ähnlicher Weise noch feste Excrete aus dem Cölom fortzuschaffen haben werden. Dahin zielende Beobachtungen sind zwar bei Vertebraten noch nicht ge- macht, aber ich erinnere an das »pigmentirte« Peritoneum der Fische, dessen excretorische Leistung hierbei vielleicht ebenso in Betracht kommen könnte, wie diejenige des Anneliden- Peritoneums.' An die Stelle der Ausbildung fester Harnkörper, welche bei den niederen Thieren die Regel, ist zwar bei den höheren eine vorwiegend flüssige Harnausscheidung getreten, indessen es lassen doch manche theils physiologische, theils pathologische an letzteren gemachte Be- funde unzweifelhafte Beziehungen zum Ausscheidungsmodus ersterer erkennen. Es scheinen mir nämlich von diesem Gesichtspunkte aus ein erhöhtes Interesse zu gewinnen: der Niereninfarct Neugeborener, die Nieren- und Blasenconcremente, die sei es nach Exstirpation der Nieren, sei es nach nephritischen Erkrankungen sich einstellende Urämie, und endlich auch die mit Arthriti|s einhergehenden Ablagerungen.' V. Nephridien. 6. Ueber die Beziehungen zwischen Pigment und Excret. 765 Wie die Entstehung und Existenz, so lassen sich nun aber auch die Rück- bildung und das Eingehen der Nephrostomen begreifen. In dem Grade nämlich als die Vervollkommnung des geschlossenen Blutgefässsystemes zu einer immer weiter gesteigerten Arbeitstheilung zwischen ernährenden, athmenden und excretorischen Functionen führt, wird auch die Tendenz vorwalten, die »Nierenthätigkeit« auf Ein Organ oder Eine Organkategorie, nämlich die Nephridien (Harnkanälchen) zu concentriren, imd dieser Einen Kategorie von Organen werden nun die relativen Excrete aus allen übrigen Körpertheilen flüssig und zu weiterer Modiflcation befähigt zugeführt, um innerhalb deren Zellen in die Endprodukte des Stoffwechsels umgewandelt zu werden. Und selbst in diesen Nephridien oder Harnkanälchen kommt es normal nicht mehr so wie bei den niederen Thieren zur Ausbildung vind Anhäufung fester Harnverbindungen ;Concretionen), indem kraft einer besonderen Einrichtung, nämlich kraft der Malpighischen Körper ein reichlicher Flüssigkeits- strom constant die Harnkanälchen durchfliesst und so die Harnprodukte fortschwemmt. 6. Ueber die Beziehungen zwischen Pigment und Excret. Früher, als man den Pigmenten, auf deren Vorhandensein die Buntheit der äusseren Erscheinung so vieler Organismen beruht, überhaupt keine besondere Bedeutung zuschrieb, machte man es sich auch mit ihrer Erklärung sehr leicht. Lediglich durch Sonnenlicht und Sonnenwärme sollten sie hervorgerufen werden, und wenn Viele seiner Zeit diese Ansicht für thatsächlich erwiesen hielten, so war das nur dadurch möglich, dass sie eine in beschränktem Grade statthabende Wirkung kritiklos generalisirten. das heisst die weitaus überwiegenden mit einer solchen Erklärung unverträglichen Thatsachen vernachlässigten. Das Vorkommen lebhaft gefärbter Thiere in Meerestiefen, in die nie ein Lichtstrahl dringt, die Entwickelung typisch gefärbter Organismen im Dunkel des Erdbodens oder des Mutterleibes, sowie die Pigmentirung innerer Organe, waren allein schon hinreichend, um das Unzureichende jener Erklärung zu erweisen; aber auch das vielgebrauchte und noch heute so populäre positive Motiv der » tropischen Farben « hat sich nach eingehender Prüfung nichts weniger, als in so hohem Grade verwerthbar erwiesen; denn auch in den Tropen soll die Mehrzahl aller Lebewesen schlicht gefärbt sein und der Eindruck des Ueberwiegens der lebhaft gefärbten Arten vorwiegend dadurch zu Stande kommen, dass die Gesammtzahl der Orga- nismen diejenige anderer Himmelsstriche überwiegt'). Hauptsächlich Daravix und Wallace ist es zu danken, dass die frühere Geringschätzung äusserer Färbungen einer gebührenden Würdigung gewichen ist; denn nachdem einmal plau- sibel gemacht worden war, wie durch den Prozess der Auslese bei gewissen Organismen An- 1) Man vergleiche Wallace, A. Die Färbung der Thiere und Pflanzen. Kosmos 4. Bd. 1S78. p. 117. 766 C. Physiologischer Theil. passungs- oder Schutzfarben entstehen und sich durch Vererbung befestigen können, so musste man diese Färbungen eventuell auch als Art- oder Rassen-Charaktere gelten lassen. Als besondere Kategorien von durch Auswahl zu Stande gekommenen Färbungen traten sodann die auf geschlechtlicher Zuchtwahl beruhenden in den Vordergrund, ferner die soge- nannten Warnfärbungen und endlich auch die sympathischen, von Seidlitz als » cliromatische Function« charakterisirten veränderlichen 'subjectiven) Farben-Anpassungen. Freilich die Zahl der Geschöpfe, deren Färbungsmodalitäten man auf solche Weise zu ihren Lebensbedingungen in Beziehung setzen konnte, war nur eine relativ kleine ; weitaus für die Mehrzahl musste das Bekenntniss gelten, dass uns selbst die Bedeutung der Färbung noch ganz dunkel ist. Aber für den Fall auch, dass uns die Bedeutung oder der Zweck von den sämmtlichen so vielfach gefärbten Lebewesen bekannt wäre, das heisst, wenn wir auch die gesammten Färbungen in ähnlichem Sinne als für die Lebensbeziehungen der betreffenden Geschöpfe nützlich definircn könnten, wie die vorhin erwähnten Anpassungen etc., so blieben wir doch nach wie vor darüber im Dunkel, woher diese Farbstoffe stammen und warum sie ursprünglich im Integumente etc. zur Ablagerung kamen, indem ja eine Auswahl dieses oder jenes Pigmentes, resiiective eine So- oder Andersanordnung des- selben erst dann statthaben könnt e, nachdem Pigmente überhaupt schon vor- handen, respective ihren Trägern schon nützlich waren. Dass durch das Aufdecken der Färbungs-Eelationen, sei es zwischen Organismus und Organismus, sei es zwischen Organismus und Medium, das Problem der »Färbung an sich«, das heisst die Frage nach der Entstehung der Pigmente sowie nach ihrem ursprüng- lichen Nutzen für die betreffenden Organismen, gar nicht berührt wird, ist vor kurzem auch von Semper scharf hervorgehoben worden. Da nun meine Forschungen gerade an dem Punkte einsetzen, den auch Semper als das eigentliche »Pigmentproblem« bezeichnet hat, und mir es überdies erwünscht sein muss, dieses Problem von anderer Seite her schon bestimmt delinirt zu sehen, so bringe ich die Hauptsätze des genannten Autors hier zum Abdrucke. In dem dritten, dem Einflüsse des Lichtes gewidmeten Kapitel seiner »Natürlichen Existenzbedingungen der Thiere« sagt Semper'): »Ganz besonders aber muss davor gewarnt werden, eine andere hier eintretende Frage durch ihre Untersuchungen als erledigt anzusehen, die nämlich nach der ersten Entstehung des Pigments in den Chro- matophoren, eine Frage, %ve]che oft genug, aber irrthümlich als mehr oder minder identisch angesehen wird mit der andern, wie eine besondere Art der Färbung oder besser der Pigmentvertheihing zu erklären sei. Diese letztere ist in unserm Falle der chromatischen Function in der That durch Lister und Pouchet voll- gültig beantwortet worden. Aber es ist klar, dass die zweite Frage dabei gar nicht berührt wird« etc. »Dabei bietet uns die Fähigkeit der Chromatophoren, sich zusammenzuziehen, wie schon oben be- merkt, keine weitere Schwierigkeit dar, denn wir wissen, dass membranlose, protoplasmareiche Zellen, wie es die Chromatophoren sind, allgemein diese Fähigkeit besitzen; eine jede membranlose Bindegewebszelle der Cutis könnte zu einem Chromatophor werden, wenn sich in ihrem Protoplasma Pigmentkörnchen ab- l) Semper, C. Die natürlichen Existenzbedingungen der Thiere. Leipzig ISSO. Erster Theil p. 120 — 123. V. Xephridien. (i. Ueber die Beziehuntcen zwischen Pigment und Excret. 767 lao'erten. Es bleibt also nur diese eine Schwierigkeit: die noth wendige Präexistenz des Pigments. Warum und wie entsteht das Pigment? das ist die Frage, die so wenig durch die neuere darwinistische, wie durch die frühere alte Ansicht von der Entstehung der Farbstoffe durch directe Einwirkung des Lichtes beant- wortet wird« etc. «Die Antwort auf die allein übrig bleibende Frage, wie denn das Pigment wirklich entstand, kann also einstweilen nicht gegeben werden. Und obgleich M'ir bereits einige Experimente und Beobachtungen besitzen, welche uns die Möglichkeit einer baldigen Lösung in Aussicht stellen, so sind sie doch bei weitem nicht vollständig genug, um hier discutirt werden zu können. Nur das Eine mag jetzt noch kurz bemerkt werden. Sind die DAEwiNSchen Principien die richtigen, so niuss man annehmen, dass das Pigment als solches — nicht durch seine wandelbare Vertheilung — neben der später hinzugekommenen Nützlichkeit für die Erhaltung der Art durch den auswählenden Einfluss der Existenzbedingungen, entweder eine direct nützliche primäre Function für das normale Loben des Individuums haben oder dass es das unvermeidliche Nebenprodukt eines nothwendigen physiologischen Vorganges sein müsse« etc. Seitdem Semper dies niedergeschrieben, ist durch intensivere Fortführung der chemisch- physiologischen Untersuchung der Pigmente ein Schritt vorwärts geschehen. Sicherlich haben wir diese hauptsächlich von Krukexberg cultivirten Untersuchungen als unerlässliche Vor- aussetzung für eine Kenntniss der gegebenen Farbstoffe anzuerkennen; aber — das eigent- liche Problem: woher stammen die ^nicht respiratorisch wirksamen) integumentalen Pigmente und welche Bedeutung kommt ihnen zu, bevor sie Object der Auswahl zum Behufe von »Färbungen« werden"? hat auch durch diese Untersuchungen keinerlei Aufhellimg*) erfahren und wird auch durch derartige Untersuchungen allein niemals eine solche erfahren können, indem es sich dabei weder um rein chemische, noch um rein physiologische,- noch um rein morphologische Thatsachen, sondern vielmehr tim Beziehungen handelt, denen so lange, bis eine Basis geschaffen ist, nur durch das Studium des ganzen, lebendigen Organismus bei- zukommen sein dürfte. Nachdem ich Jahre lang die Frage erwogen hatte, woher jene Farbstoffe stammen mögen, denen wir im Gegensatze zu den bei der Respiration der Thiere iHämoglobin und hämoglobinähnliche) und bei der Assimilation der Pflanzen (Chlorophyll und chlorophyllähn- liche) wirksamen keine bestimmte Function zuzuschreiben vermögen, also insbesondere die Pigmente des Integumentes und der Integumentgebilde, machte ich eines Tages die Entdeckung, dass die gelben Excretbläschen und Concretionen der Xephridien von Cajjitelh( nicht nach aussen, sondern in die Haut entleert werden und sich derart in letz- terer verbreiten, dass sie eine »gelbliche Pigmentirung« des Thieres hervorrufen. Die Entdeckung, dass ein unzweifelhaftes Nierenexcret in der Haut als so- *j In seinen )i Grundzügen einer vergleichenden Physiologie der Farben, vergl. Physiol. Vorträge III« p. 157. sagt KsuKENBEKG über die Herkunft der Pigmente: «Wir begannen unsere Betrachtungen damit, die Momente ausfindig zu machen, welche sich für eine genetische Beziehung zwischen den einzelnen FarbstofFgruppen verwerthen Hessen ; dieser Tendenz sind wir bei allen unseren Auseinandersetzungen, wie ich glaube, treu geblieben, und es ergab sich ausser den Resultaten, welche die Tafel auf S. 101 resumirt, weiterhin noch die Thatsache, dass einige natürliche Farbstoffe, obschon äusserlich ein- ander sehr unähnlich rothe und violette Farbstoflfe der Acrocladien wie der Blüthenblätter, das Pentacrinin und seine grüne Verbindung) doch nichts anderes vorstellen als in dem einen Falle die freie Farbstoffsäure, in dem andern das Salz derselben. Hiermit ist aber alles erschöpft, was sich über die thierischen und pflanzlichen Farb- stoffe in dieser Beziehung sagen lässt.« 768 *-'• Physiologischer Theil. genanntes Pigment deponirt werden kann, erhellte für mich blitzartig das bis- herige Dunkel des Pigmentursprunges. Denn, so schloss ich, wenn die Haut- pigmentirung Eines Thieres in letzter Instanz ein »Excret« darstellt, warum sollten nicht auch noch viele andere Pigmente ähnlichen Ursprunges und ähn- licher Bedeutung sein können"? Nachdem ich die Pigmentfrage unter diesem Gesichtspunkte nach den verschiedensten Richtungen hin verfolgt habe, bin ich nun immer mehr in der üeberzeugung bestärkt worden, dass in der That eine grosse Anzahl von Farbstoffen nichts anderes als Zersetzungsprodukte oder Excrete von Xierenorganen darstellen. Von grosser Bedeutung für diese Auffassung ist das Factum, dass »Pigment" keinen irgendwie scharf definirten Begriff darstellt, indem man darunter nicht etwa nur diesen oder jenen bestimmten Farbstoff, sondern auch die verschieden- sten bloss so oder anders gefärbten Körper versteht. Zweitens muss als anerkannte Thatsache in den Vordergrund gestellt werden, dass nicht bloss die Nierenorgane im engeren Sinne, also die Nephri- dien und Harnkanälchen etc. Excrete (Pigmente abscheiden und nach aussen befördern, sondern dass auch andere Organe, wie insbesondere das Peritoneum und das Blut, als Nierenorgane im weiteren Sinne relative Excrete (Pigmentei liefern, die vermittelst der Körperflüssigkeiten 'Hämolymphe in die verschie- de n s t e n G e w e b e d e s () r g a n i s m u s t r a n s p o r t i r t u n d h i e r r e t i n i r t w e r d e n k ö n n e n. Und nach diesen zwei Feststellungen wollen wir zusehen, in wie weit sich gewisse Thatsachen mit unserer Auffassung vereinbaren, und was für weitere Schlüsse sich noch aus derselben ziehen lassen. a. Nachweis, dass von Seiten vieler Autoren gefärbte Excrete schlechtweg als Pigmente bezeichnet worden sind. Nachdem ich einmal sicher war. dass bei gewissen Caj^itelliden die gelb gefärbten, wahrscheinlich guaninhaltigen Excretbläschen und Concretionen der Nierenorgane in der Haut, sowie in den Borsten deponirt werden, und dass Jeder, der diesen Ursprung der Haut- oder Borstenfärbung nicht kannte, von »Hautpigment« reden würde, kam es mir vor Allem darauf an, zuzusehen, in wie weit eine derartige Identificirung von Pigment und Excret bei anderen Thieren stillschweigend in der That schon gemacht, das heisst in wie weit der traditionelle Pigmentbegriff (ohne dass dabei an genetische Beziehungen zwischen beiden gedacht wurde) auf gefärbte Excrete schon angewendet worden war. Es kann natürlich nicht meine Absicht sein, hier die Gesammtheit aller solcher in der Literatur zerstreuter, meist nebenbei gemachter Angaben zusammenzutragen; vielmehr sollen nur für die einzelnen Organsysteme je ein paar prägnante Fälle aus verschiedenen Thiergruppen V. Xephridien. 6. Ueber die Beziehungen zwischen Pigment und Excret. 769 Beoinnen wir mit den Nierenorganen im engeren Sinne, nnd zwar mit den Nephri- dien von Anneliden. C'laparede') sagt bezüglich der Xephridien von Polydora hoplura: »L'organe est pigmeute de brun dans sa plus grande etendvie.« Ferner bezüglich der Mündungen derjenigen von Chratuhis {Amlouiiüa) ßligerus: »Chez quelques individus elles sont eiitourees d'uu cercle de pigment noir et peuvent ctre distinguees par suite ä l'oeuil nu«. Und nach Keferstein-) sind auch die Nephridiumwandungen derselben Art »braun pigmentirt«. Ehlers'^) schrieb über die Nephridien von Poli/me i^elludda: »Die Wand des Segmentalorganes ist ziemlich dick, zumal im Halse; in den vorderen Körperringen war sie meist hell und farblos, in den hinteren bekommt sie dagegen im Sacke selbst eine gelbe Pigmen- tirung, indem hier auf ihrer Innenfläche so gefärbte Kugeln einer körnigen Masse von 0,0216 mm Durch- messer aufgelagert sind; die Wand des Halses wie der Ausführungsgänge war auch hier farblos und hell.« Ferner über diejenigen von Sigalioii limicola: ))Die Wand des Segmentalorganes war an den entwickeltsten Organen gelb pigmentirt und schwarz gezeichnet durch eine Pigmentanhäufung, die in kurzen Querwülsten auf der inneren Wandfläche zu liegen schien « Xach Vejdovsky^) ist der drüsige Theil der Segmentalorgane verschiedener Enchytraeiden » braun pigmentirt « . Ebenso sind die Nejjhridiumzellen von Tnbificiden den Angaben Nasse's'i zufolge mit »bräunlichem Pigment« erfüllt. Spengel") endlich berichtete über die Xephridien von Ec/iliinis: »Unter dem Epithel liegen in einer bei den einzelnen Individuen sehr verschiedenen Häufigkeit die uns bereits bekannten Ballen von pigmenthaltigen Zellen, manchmal in so grosser Anzahl, dass man mit unbewaff'netem i\.uge ein Gefässnetz zu sehen glauben könnte« etc. Bezüglich der Wirbelthiere möge zunächst eine Angabe W. Müller's') über die Ürniere von Petromi/zon Planeri Platz finden. Sie betrifft zwar in Rückbildung befindliche Harnkanälchen, aber die Gegenüberstellung von lebhaft »braungelb gefärbtem krystalUnischem Infarkt« und »gelbem Pigment« verliert dadurch nichts von ihrem Interesse für die von uns hier verfolgte Frage. Müllers Angabe lautet aber folgendermaassen : »Die Urniere persistirt bei Petromijzon Planeri in ganzer Ausdehnung so lange, bis dessen Larven eine Länge von ß Centimeter erreicht haben. Ist letzteres ge.schehen, so beginnt die Rückbildung der ge- wundenen Kanälchen und zwar durch das Auftreten eines lebhaft braungelb gefärbten krystallinischen In- farkts, welcher in den Epithelien der Drüsenkanälchen seinen Sitz hat. Das Auftreten dieses Infarkts steht in Zusammenhang mit einer Umwandlung der zwischen den Urnierenkanälchen ursprünglich verlaufenden 1) 1. p. S. c. p. 310 und 269. 2) 1. p. 4. c. p. 122. 3) 1. p. 307. c. p. 117 und 134. 4) 1. p. 320. c. p. 36. 5) Nasse, D. Beiträge zur Anatomie der Tubificiden. Dissertation. Bonn 1SS2. p. 11. 6) 1. p. 443. c. p. 501 und 521. 7) Mf'LLEK, WiLH. Ueber die Persistenz der ürniere bei Myiine gluthvsa. Jena. Ze, p. 324. . Station z. Neapel, Fauna nnd Flora. Golf von Neapel. Capitelliden. 770 C. Physiologischer Theil. venösen Gefässe in ein Geflecht echter kavernöser Hohlräume. In dem Maasse, in welchem der braune Infarkt in den Zellen der Urnierenkanälchen zunimmt, verengt sieh deren Durchmesser, bis schliesslich die Infarkt haltenden Zellen dem vollständigen Schwund anheimfallen und der Verlauf einzelner rrnieren- kanälchen nur durch schmale, gelbes Pigment führende Bindegewebszüge noch angedeutet wird.« Ausführlichere Angaben über die » Pigmentirung « der Nephridien oder Harnkanälchen niederer Wirbelthiere hat aber erst in jüngster Zeit Solger') gemacht. Dieser Autor unter- scheidet zwar immer scharf zwischen dem eigentlichen Excrete und dem mit demselben ver- bundenen Farbstoffe; aber seine Erfahrungen haben ihn doch, wie aus folgender Stelle her- vorgeht, wenigstens dahin geführt, die beiderlei Ausscheidungsvorgänge in recht nahe Beziehungen zu einander zu bringen: »Die zweiten Abschnitte der Harnkanälchen«, sagt nämlich [1. p. 770. Abh. Nat. Ges. Halle c. p. 425] Solger, »die nach Heidenh.un von cylindrischen Zellen mit granulirtem Inhalte ausgekleidet sind, liegen nach NUSSBAUM im dorsalen Theil der Niere, sie sind es auch, die nach dem zuletzt genannten Autor die Ausscheidung des durch das Gefässsystem dem Frosche einverleibte indigschwefelsaure Natron ausschliesslich übernehmen. Es stimmt diese experimentelle Erfahrung vortrefflich zu der Thatsache, dass der Organis- mus sich derselben Strecke des Excretionsorgans bedient, um unter normalen Verhältnissen physiologischer Pigmente sich zu entledigen. t In derselben Abhandlung, und zwar auf p. 421 sagt sodann Solger in einer Anmerkung: »Ich behielt eine Zeit lang die Möglichkeit im Auge, dass vielleicht HaiUpigmente durch die Niere ausgeschieden werden möchten. Doch ergaben sich keine Beweise für diese Vermuthung.« Das glaube ich gerne : denn es werden eben meiner Ansicht nach nicht Hautpigmente durch die Isiere nach aussen befördert, sondern es stammen umgekehrt die »Hautpigmente« von den »Xierenpigmenten« ab, wobei freilich der Begriff Niere oder Excretionsorgan in jenem weiteren, oben p. 759 definirten Sinne zu verstehen ist. Von den Nierenorganen im weiteren Sinne wollen wir lediglich das Blut in's Auge fassen. Der Inhalt der excretorisch thätigen Lymphzellen wird bald als » Chloragogen «, bald als »Pigment« bezeichnet, und dasselbe gilt für die sogenannten intravasalen Chlora- gogendrüsen, welche ich wegen der grossen Uebereinstimmung, die ihre Absonderungs- produkte mit denjenigen der Nephridien aufweisen, als »hämolymphatische Excretions- organe« betrachte. So sprach Keferstein-) von dem betreffenden Organe als von »Streifen dunkelbraunen Pigmentes«. Und Kennel') nannte es bei Ctenodrilas geradezu » pigmentirtes Organ«. . * Was endlich die Identificirung von Excret und Hautpigment betrifft, so begegnen wir vor allem in den Schriften Leydig's dahin zielenden Aeusserungen. Ich bringe im Nach- folgenden eine der bezeichnendsten^; zum Abdrucke: 1] Solger, B. Beiträge zur Kenntniss der Niere und besonders der Kierenpigmente niederer "Wirbelthiere. Abh. Nat. Ges. Halle. 15. Bd. 1882. p. 405—443. Ferner: Zur Kenntniss der Krokodilierniere und der Nierenfarbstoffe niederer Wirbelthiere. Zeit. Wiss. Z. 41. Bd. 1S85. p. 605—615. 2) 1. p. 4. c. p. 12:3. 3) 1. p. 466. c. p. 387. 4) 1. p. 414. c. p. 176 xmd 177. V. Xephridien. G. Ueber die Beziehungen zwischen Pigment und Excret. 771 »Bei Reptilien wohl durchgängig vorhanden zeigt sich ein weisses, ebenfalls aus Körnchen gebildetes, nicht irisirendes, in Netzform sieh ausbreitendes Pigment Ich habe bereits an einem anderen Orte geäussert, dass gedachtes weissliche Pigment eine gewisse Verwandtschaft mit einem eigenartigen, gelbweissen Farbstoff in der Haut der Arthropoden zu besitzen scheine, welch letzterer nach meiner Vermuthung auf einer Ablagerung harnsaurer Verbindungen beruht. Ist dies richtig, so mag das nicht irisirende Pigment doch schon nahe verwandt sein mit 4. dem metallisch glänzenden oder irisirenden Pigment, welches von gelbem, weissem, bläulichem oder auch wie bei Bomhinaior igneus erzfarbenem Schimmer ist. Die Elemente dieses Pigmentes er- scheinen unter den gewöhnlichen stärkeren Vergrösserungen (300 — .500 mal) als Körnchen; doch mitunter schon mit krystallinischer Zuschärfung; hin und wieder auch von ausgesprochener krystallinischer Form. Da nun ohne Zweifel eine Fortbildung dieser Elemente ins Grosse die bekannten irisirenden Plätt- chen oder Flitterchen des Metallglanzes bei Fischen sind und diese krystallinischen Körper nach Barreswil aus Guanin bestehen, so dürfte meine Ansicht über die verwandtschaftliche Beziehung der beiderlei Pig- mente einer weiteren Prüfung werlh sein.« Schliesslich möchte ich noch einige Fälle zur Besprechung bringen, in denen die be- treffenden Autoren ein und dasselbe sogenannte Pigment nicht nur in den Xieren- organen, sondern zugleich auch in verschiedenen anderen Körpertheilen eines gegebenen Thieres nachweisen konnten. Vor allem verdienen hier die »braunen Körper» von EcIuiwhs Erwähnung. Spengel') schrieb über dieselben: »Ich habe in der Schilderung verschiedener Organe Ballen von Zellen erwähnt, die ein braunes Pigment enthalten, und hätte noch viel häufiger Gelegenheit dazu gehabt, da es in der That kein Organ im ganzen Körper des EcMurus giebt, in welchem diese Gebilde nicht in bald grösserer, bald geringerer Menge vorkommen. So ist namentlich das Grundgewebe des Kopflappens reich daran, ferner die Cutis; sie finden sich in den Darmepithelien, zwischen den Muskelschichten des Darmes; besonders häufig sind sie in den verschiedenen Schichten der Wandung der Segmentalorgane; selbst in den Borstenscheiden fehlen sie nicht. Man sollte danach auf die Vermuthung kommen, es möchten Parasiten sein; doch wüsste ich nicht, auf was für Thierformen ich sie beziehen sollte. Ueber ihren Bau ist nicht viel zu sagen. Manch- mal sind die Zellen, welche das Pigment in grösseren oder kleineren Tropfen oder Körnern enthalten, von einer nur dünnen Membran umhüllt; in anderen Fällen liegen sie in einer derben Kapsel mit zahlreichen spindelförmigen Kernen.» In ganz ähnlicher Weise findet sich ferner nach Andre.\e- ein braunes, gegen chemische Agentien ausserordentlich widerstandsfähiges »Pigment« im Sipunculus-Kör-^er zerstreut. Ge- nannter Alltor sagt speciell über die Vertheilung der gefärbten Massen Folgendes- »Diese eben beschriebenen Pigmentballen sind im ganzen Körper des Sipunculus ttudus sehr ver- breitet und scheinen nur an wenigen Stellen ganz zu fehlen. Mit Ausnahme des vordersten Rüsseltheiles und der Tentakel finden sie sich in der ganzen Ausdehnung der Cutis und die grösseren von ihnen sind schon von aussen, durch die beiden obersten Hautschichten hindurch, makroskopisch gut zu erkennen. Ziem- lich verbreitet sind sie ausserdem in den beiden äusseren Muskellagen, im Peritoneum, in der Darmwandung und in der Hülle sowohl wie in der eigentlichen Nervenmasse des Bauchstranges. Vollständig zu fehlen scheinen sie nur den Längsmuskeln und Retraktoren, den »Analschläuchen«, der Wandung des »Darm- divertikels« und der Seitennerven. Während das Pigment in den übrigen Organen ziemlich regellos zerstreut sich vorfindet, ist es in der Cutis mit einer gewissen Regelmässigkeit angeordnet.« 1) 1. p. 443. c. p. 530. 2) 1. p. 550. c. p. 210. 772 f- Physiologischer Theil. Auch bei den Hirudineen konnte .eine solche Verbreitung des Pigmentes nach- gewiesen werden. So sagt Leydig') über dasjenige von Piscicola: »Ich werde im weiteren Verlaufe noch manches von den Pigmenten anzuführen haben, indem Pis- ciroJa fast in allen seinen Organen mit Pigment versehen ist, was sich zum Theil bei anderen Würmern wiederholt, während Clepsine nur in der Haut Pigment besitzt, und die inneren Organe, bis auf einige spurweise Ausnahmen, davon frei sind.« Und Leuckart'^) über dasjenige von Hirudo: »Ihrer histologischen Bedeutung nach dürften diese Pigmentzellen grösstentheils als Bindegewebs- elemente zu betrachten sein. Nicht bloss dass sie ganz wie die übrigen Bindegewebskörperchen der Hiru- dineen in eine mehr oder minder massenhafte structurlose Zwischensubstanz eingebettet sind; auch sonst existirt zwischen beiderlei Bildungen kein anderer Unterschied, als in der Beschaffenheit des Inhalts. Damit erklärt sich denn auch das Vorkommen der Pigmentzellen (besonders der schwarzen, die ich hier zunächst im Auge habe in der Tiefe des Körperparenchyms, zwischen den Muskeln, in der Scheide der Ganglien- kette, der Blutgefässe u. s. w.« Von den einschlägigen an höheren Thieren gemachten Erfahrungen erregte insbesondere ein durch Fienga'*) beschriebener Fall normaler physiologischer/ Melanose mein Interesse. Bei Gallus lanatus findet sich nämlich das als Melanin detinirte Pigment nicht nur in der Haut und in dem Blute (und zwar in der Lymphe sowie in den Leucocyten, sondern auch in den verschiedensten anderen Organen. Fienga schildert die Pigmentvertheilung folgen- dermaassen : »Aprendo tali polli. vedesi indistintamente, anche in quelli ottenuti per incrociamento con le specie comuni nostrali, come la pigmentazione nera osservatasi esternamente sulla cute ed altre parti esterne, si ripeta egualmente nella massima parte degli organi interni. o per meglio dire in speciali parti degli stessi. Una simile pigmentazione vedesi poco nei mviscoli, e quelli del petto costantemente non la mostrano affatto. Ma gli organi che si mostrano bene pigmentati sono: a) II tubo gastro-intestinale, b) le ovaia, c) la milza, d le glandole linfatiche, e) le glandole lagri- mali ecc, f; le sierose e le aponevrosi in generale, g) la trachea ed i bronchi; e poi sono classicamente pigmentati gl' involucri dell' asse cerebro-spinale, ed il rivestimento esterno delle ossa.« Sodann verdient noch eine die üebereinstimmung zwischen Nierenexcret und Körper- pigment betreffende Angabe Solgek's^) Erwähnung. Ich mache überdies darauf aufmerksam, wie hier die Begriffe »Farbstoff«, »Excret« und »Pigment« dem objectiven Verhalten ent- sprechend für ein und dasselbe gebraucht werden. »Auf pag. 419 der wiederholt citirten Abhandlung*)«, sagt Solgee, »mache ich auf pigmentirte Harnkanälcheuv aufmerksam, denen man in der Niere des Hechtes [Esox luckts) in verschiedenen Schichten derselben begegnet. Der centrale Abschnitt des Epithels jener Strecke enthält Körnchen von gelblicher oder rostbrauner Farbe. Sie bilden dort einen zierlichen, dem Lumen concentrisch verlaufenden Kranz, so jedoch, dass nach innen ein schmales, hyalines Feld freibleibt. Man trifft den Farbstoff häufig auch noch innerhalb des Lumens der Kanälchen an, avo er körnige 1) 1. p. 320. c. p. 106. 2) Leuckakt, 11. Die menschlichen Parasiten etc. 1. Bd. Leipzig und Heidelberg 1S63 p. G39. 3) Fienga, A. Sulla Pigmentazione nera nel Gallus lanatus. üiornale Internaz. delle Scienze Mediche, Napoli 1S78. Estratto p. 4. 4) 1. p. 770. (Zeit. AViss. Z.) c. p. 612. *) Verfasser bezieht sich auf: 1. p. 7 70. [Abh. Xat. Ges. Halle) c. V. Xephridien. 6. lieber die Beziehungen zwischen Pigment und Excret. 773 Massen oder homogene, ans Concrementen bestehende Ausgüsse derselben (der Kanälcheu) iniprägnirt. Ich kann jetzt diesen Angaben noch beifügen, dass die Ausscheidungsprodnkte, die bei dem eben ausgeschlüpf- ten Ilechtcheu — afeo zu einer Zeit, in welcher ein Glomerulus überhaupt noch gar nicht existirt (A. Ro- sexberg) — in dem hinteren, unpaaren Abschnitt des WoLFr'schen Ganges angesammelt sind, gleichfalls mit einem blass goldgelben Farbstoff imprägnirt sich zeigen. Der Farbenton des Excrets stimmt, wie ich hervorheben möchte, mit demjenigen der Körnchen in den rostgelben Pigmentzellen, welche zu jener Zeit in dem Bindegewebe der dorsalen Körperhälfte schon aufgetreten sind, genau überein; er ist nur weniger ge- sättigt, als dieser.« Ich glaube, das Vorhergehende genügt, um darzuthun, dass zahlreiche Autoren ohne theoretische Voreingenommenheit, rein durch die Facta bestimmt, »Pig- mente« und »gefärbte Excrete« identificirt haben. Und wieviel Empirisches auch einer solchen Art von Beweisführung anhaften möge, so musste ich mich doch, um meinen Zweck zu erreichen, ihrer bedienen. Mein Zweck ist aber nicht etwa die Untersuchung der Pigmente an sich, sondern der Nachweis, dass sie, ebenso wie in den von mir festge- stellten Fällen, auch noch in vielen anderen, Excrete darstellen. Gegenwärtig ist, insbesondere bei höheren Thieren, wie der Nierenbegriff traditionell- morphologisch, so auch der Excretbegriff traditionell-physiologisch eingeengt, so dass vorläufig die chemische Analyse nur in den wenigen Fällen, in denen Pigmente irespective Körper, an die solche gebunden sind; mit einem von der Schule als Zersetzungsprodukt anerkannten Stoffe zusammenfallen, zu Gunsten unserer Auffassung zu sprechen scheinen wird. Man vergesse aber nicht, dass diese unsere Auffassung zwei bedeutende Erweiterungen jener Begriffe zur' Voraussetzung hat, nämlich erstens die, dass ausser der mit der Aussenwelt communicirenden »Niere« auch noch andere Organsysteme, wie das Blut und das Peritoneum, als »Nieren- organe« zu fungiren vermögen, und zweitens die, dass in solchen secundären Nierenorganen gebildete Excrete oder Vorstufen von Excreten, anstatt durch die eigentliche Niere eliminirt zu werden, in den Geweben, insbesondere im Integumente deponirt werden können. Wird aber erst einmal anerkannt sein, dass sowohl der Begriff Niere, als auch der Begriff Excret ein durchaus relativer ist, dann wird auch die chemische Untersuchung dahin kommen, Re- lationen zwischen anerkannten Zersetzungsprodukten einer-, und »Pigmenten« andererseits aufzudecken. b. Thatsachen, die mit der excretorischen Natur der Pigmente im Einl IS 6 einzelne Sjiermatophorcn keine Spermatozoen *) Die ..erwachsenen« Thiere zu messen wurde in diesen sowie in einigen folgenden Fällen vergessen; ihre Länge beträgt durchschnittlich 30mm. *) Das c3 Geschlecht manifestirt sich durch die in Entwickelung begriffenen ..Genitalborstcn.. des Copulationsapparates. VI. Geschlechtsorgane. 1. lieber die Function der Geschlechtsorgane. 793 Inhalt in das C'ölom entleeren. Hier werden sodann die Spermatophoren zerfallen und den (nach Platzen der Ovarien) in das Cölom gerathenen Eiern begegnen, um sie vor der Eva- cuation zu befruchten. Für diese Auffassung spricht, dass ich häufig Sperma innerhalb der Leibeshöhle reifer $ nachweisen konnte. Während der Zeit der höchsten Geschlechtsthätigkeit (Dezember— März iucl.) finden wir bei den erwachsenen (25 — 35 mm langen), reifen Männchen in der Leibeshöhle in Ent- wickelung begriffenes Sperma, und in den Genitalschläucheu massenhaft Spermatophoren sowie Spermatozoen (No. 4, 10, 18 und 19). Weiterhin, von April bis Juli werden immer seltener Individuen angetroffen, die noch Spermatozoen entwickeln, und ebenso pflegt auch die Quan- tität und Lebensfähigkeit des in den Genitalschläuchen enthaltenen Spermas immer mehr ab- zunehmen (No. 24, 30 und 31). Diese Befunde bieten nichts Auffallendes. Während der Hauptperiode des Geschlechts- lebens dienen eben die Genitalschläuche der cf ausser als Samenleiter und Penes auch als Vesiculae seminales und nehmen als solche das jeweils im Cölom herangereifte Samenmaterial in sich auf, um es zu Spermatophoren zu verarbeiten und zur jeweiligen Copulation bereit zu halten. In der letzten Periode der Geschlechtssaison scheinen sodann die erwachsenen cf nicht weiter in Betracht zu kommen, wie das Fehlen von Sperma (oder dessen Degeneration; in den Genitalschläuchen nahe legt. Zur Zeit der höchsten Geschlechtsthätigkeit finden sich aber nicht nur die Genital- schläuche der reifen cT, sondern auch diejenigen der unreifen, lediglich durch die Geni tal- haken ihr Geschlecht verrathenden, 12 — 1 5 mm langen mit Spermatophoren und Spermatozoen angefüllt (No. 11, 20 und 20). Und da bei diesen jugendlichen cf die Sperma erzeugende Keimstätte (die Genitalplatte) noch gar nicht fungirt, so müssen die in ihren Genitalschläuchen enthaltenen Spermatophoren von aussen eingeführt worden sein. In der That ist der Schluss unabweisbar, dass die reifen cf nicht nur, wie wir im Vorhergehenden erfahren haben, mit reifen und unreifen Q, sondern auch mit unreifen c? die Copulation ausführen. Aber nicht genug damit. Auch die Genitalschläuche der von März ab bis Juli immer mehr vorherrschenden jungen Generation, also der 5 — 12 mm langen Juvenes,. finden sich gleicherweise mit Spermatophoren und Spermatozoen ausgefüllt (No. 17, 27, 32 — 34 und 37 — 39), woraus hervorgeht, dass die reiferen cf mit den Juvenes, deren Geschlecht sich noch gar nicht manifestirt hat, ebenso copuliren wie mit den jugendlichen cT und 9. Ob diese von Seiten der reiferen cT ausgeführte Copulation mit unreifen cf, Q und Juvenes lediglich im Sinne einer durch die Brunst hervorgerufenen Vergewaltigung aufzufassen, oder aber, ob der abnorm erscheinende Act im jeweiligen Generationen- Cyclus unserer Species eine Rolle zu spielen berufen ist, darüber vermochte ich nicht in's Klare zu kommen. Weitere eingehende und möglichst lange andauernde Beobachtung zahlreicher Individuen kann vielleicht zur besseren Einsicht in diese sonderbaren Verhältnisse führen. Zool. Station z. Neapel, Fauna und Flora, Golf von Neapel. Capitelliden. 100 "794 ^- Pliysiologischer Theil. 2. Die sexuellen Modificatlonen bei Clistomasfus und ihre Beziehungen zum Generationswechsel. Wie schon aus vorhergehenden Theilen'-«) bekannt, kommen bei Notomastus Kneatus Genitalschläuche in der Regel nicht zur Entwickelung. Auch nach irgend welchen anderen vorgebildeten Oeffnungen, welche 7Air Entleerung der Geschlechtsprodukte dienen könnten, wurde vergebens gesucht. Und an die Verwendung der Nephridien zu solchem Zwecke ist endlich ebenfalls nicht zu denken, indem niemals Eier oder Spermatozoen in ihren Kanälen angetroffen wurden, und überdies die Enge dieser Kanäle dem Durchtritte reifer Eier unüber- windliche Schwierigkeiten darböte. Es hat sich mir denn auch schliesslich die Ueberzeugung aufgedrängt, dass bei CUstomastus eine derartige durch vorgebildete Oeffnungen vor sich gehende Evacuation der Keimprodukte überhaupt nicht stattfindet, dass vielmehr diese Produkte in beiden Geschlechtern durch successive Abschnürung verschieden langer Ab- dominalpartien nach aussen gelangen, und daher auch die Befruchtung ausserhalb des Körpers vor sich geht. Ist erst eine solche Abschnürung erfolgt, so hat die Entleerung keinerlei Schwierigkeit; denn aus den Rissstellen der Bauchstrangkammern könnten, selbst wenn im Uebrigen alle anderen Theile der Leibeswandungen intact blieben, die Keimprodukte aller gegebenen Segmente nach aussen gelangen, und da die Capitelliden, wo sie hausen, stets in grösserer Anzahl beisammen getroffen werden, so würde auch die Begegnung der beiderseitigen Sexualprodukte sich leicht verstehen lassen. Dafür, dass hochreife abdominale Zonitencomplexe zur Abschnürung oder zum Abfalle gelangen, sprechen folgende Thatsachen : Erstens kommen beim Fange von Notomastus lineatus fast niemals heile Thiere zum Vorscheine; entweder die Abdomina enden abgerissen, oder aber es ist ein neugebildetes Schwanzende vorhanden. Zweitens erinnere ich an die so tief- gehenden Modificatlonen, von welchen die meisten Organsysteme dieser Untergattung im ge- schlechtsreifen Zustande ergriffen werden, Modificatlonen, von welchen sich in der anderen Untergattung ( Tremomastus) keine Spur findet. Wir haben gesehen, wie diese in geschlechts- reifen Individuen allmählich eintretende Umwandlung der Gewebe in der Hypodermisß) und im DarmkanaleT) zu einer förmlichen Erschöpfung führt, zu einer Histolyse, die es unmöglich erscheinen lässt, dass so beschaffene Leibespartien noch weiter zu existiren vermögen. Ich sage absichtlich Leibespartien; denn ein Theil des Körpers, und zwar der vordere, bleibt ja von dieser Gewebe-Umwandlung durchaus verschont. Dieser Theil, insbesondere der Thorax, ist daher auch allein als der constante, die betreffende Individualität continuirlich repräsen- tirende Körperabschnitt aufzufassen ; von ihm aus können an Stelle der zum Behufe der Ent- a) Vergl. p. 146 und 675. ,3) Vergl. p. 27—29. -,') Vergl. p. 48—51. VI. Geschlechtsorgane. 2. Die sexuellen Modifioationen bei Clistomastiis und ihre Beziehungen etc. 795 leerung der Geschlechtsprodukte abgelösten Zonitencomplexe wiederum andere nachwachsen. Drittens erinnere ich an die eigenthümliche Beschaffenheit des den Thorax und das Abdomen von einander scheidenden Septums '-■) bei Clistomastiis, welche sich nicht anders, als eine Ein- richtung zur willkürlichen Abschnürung des Abdomens verstehen Hess. Wenn man somit bedenkt, dass bei diesen Thieren im hoch geschlechtsreifen Zustande der der fungirenden Keimstöcke entbehrende Vordeiieib alle Elemente zur Weiterexistenz nicht nur, sondern auch zur Regeneration in sich trägt, der von Keimprodukten überfüllte Hinterleib dagegen nur noch als ein diese Produkte umgebender, für die Hauptfunctionen des Stoffwechsels ungeeigneter, zum Untergange bestimmter Behälter fortvegetirt, so wird es avoM auf keinen Widerspruch stossen, wenn ich behaupte, dass eine periodische Ablösung des gefährdeten Körpertheiles für die Existenz des betreffenden Individuums von Vortheil ist. Würde nämlich dieser bedrohte Körpertheil nicht abgestossen, so müsste er in den ihn nothwendigerweise früher oder später ergreifenden Zersetzungsprozess auch den zi;r Weiterexistenz befähigten Vorderkörper mit hineinreissen. Die in diesem Einen Falle ermöglichte Einsicht, dass die Ablösung von mit Geschlechts- produkten erfüllten Zonitencomplexen für das Thier von Nutzen sein muss, ist nun insofern von Interesse, als sie meiner Ansicht nach auf die hinsichtlich ihrer Genese und Bedeutung noch so dunkele, als Generationswechsel bezeichnete Fortpfianzungsweise ein Licht zu werfen vermag. Bei den Syllideen, also bei eben derjenigen Annelidenfamilie, welche Gattungen mit Generationswechsel einschliesst, finden sich alle Uebergänge von dieser complicirteren Fort- pflanzungsweise [Axitolytus] bis zu der einfacheren [Si/lUs), die sich mit derjenigen von Clisto- mastus vergleichen lässt. Wie wenig sich die einfacheren Zustände der Syllideen von den- jenigen unserer Capitellide entfernen, mag man aus folgendem Satze von Ehlers ') entnehmen ; »Nach meinen Anschauungen stellt überhaupt die Amme bei diesen Würmern das höher ausgebildete Thier dar, wo neben den gut entwickelten Ernährungsapparaten auch die keimbereitenden Organe sieh aus- bilden können, während das Geschlechtsthier oft nichts Weiteres ist, als ein abgelöstes Stück des Stamm- thieres, welches durch die Bildung eines neuen Kopfes selbständig, durch das Hervorwachsen eines die Schwimmbewegungen unterstützenden Borstenbündels beweglicher geworden ist, und damit die Aufgabe übernimmt, die entwickelten Eier oder den Samen abzusetzen; der Verdauungskanal ist dann als ein mit abgelöstes Darmstück des Stammthieres von relativ nur geringem Werthe. So wenigstens bei den Formen, welche durch Quertheilung sich von der Amme ablösen.« Es herrscht gegenüber Clistomastiis in der That nur der Unterschied, dass bei den Syllideen die abgelösten Stücke die Tendenz zur Kopf- und Schwimmborsten-Bildung aufweisen. Nun hat aber Albert-') in Haplosyllis spotigicola eine Syllidee nachgewiesen, bei der die zur Ablösung gelangenden, die Geschlechtsprodukte bergenden Stücke, die sogenannten Schwimm- knospen, gar keinen Kopf zur Ausbildung bringen. Ferner hat derselbe Autor darauf hinge- a) Vergl. p. 152—1.53. 1) 1. p. 307. c. p. 203. 2) 1. p. 573. c. p. 22 und 23. 79 C) C. Physiologischer Theil. wiesen, wie es von der niedersten, kaum vom vordersten Segmente einer Schwimmknospe von Haplosi/Uis abweichenden Kopfbildung bis zur hoch entwickelten keineswegs an Uebergängen fehlt. Endlich ist Haplosj/Uis, die nach Albert die ursprünglichste Fortpflanzung unter den Syllideen aufweist, auch noch insofern für unseren Vei-gleich lehrreich, als, was bei anderen Syllideen nur gelegentlich beobachtet wurde, nämlich das Vorhandensein von Geschlechts- produkten vor der neugebildeten Knospe, also im Stammthiere oder in der Amme, bei Haph- s^Uis in der Regel angetroff'en wird. Während sich bei Si^llis etc. die Ablösung des Geschlechtsthieres vom Stammthiere erst nach voller Reife der Geschlechtsprodukte vorbereitet, werden im Gegentheil bei Autolytus etc. erst in den fertigen Kno.spen Eier und Samen erzeugt; es kann daher auch erst bei letzteren Formen von Generationswechsel im strengeren Sinne des Wortes die Rede sein. Alle Autoren*), die sich mit dem Thema überhaupt beschäftigt haben, neigen nun aber dahin, die verschiedenen Fortpflanzungsweisen der Syllideen als Glieder Einer Reihe aufzu- fassen, und da wir für das Anfangsglied dieser Reihe, nämlich für die sich an diejenige von CUstomastits anschliessende Fortpflanzungsweise, wahrscheinlich gemacht zu haben glauben, dass sie den betrefi"enden Thieren nützlich sein kann, so scheint uns hiermit auch das Endglied dieser Reihe und damit Eine Kategorie von Generationswechsel wenigstens dem Verständnisse näher gerückt. 3. Ueber die Zeitdauer der Geschlechtsreife bei verschiedenen Capitellidenarten. Aus nebenstehender Liste folgt, dass die Höhe der Geschlechtsreife bei den verschie- denen Arten durchaus nicht ihrer Verwandtschaft entsprechend zusammenfällt. So erreichen Notomastus lineatus und Dasybranchus cadiicus diesen Höhezustand der Reife im Frühling und Sommer, Notomastus JBenedeni, N. fertilis, Heteromastus und CapiteUa im Winter und Frühling, Notomastus profundus im Herbst und Winter, Mastohranchus im Sommer und Herbst, und Dasyhranchus Gajolae endlich wahrscheinlich im Sommer. Am längsten dauert die Geschlechtsreife bei Notomastus profundus, indem das ganze .Tahr hindurch einzelne Exemplare mit reifen Eiern oder reifen Spermatozoen angetroffen werden; am kürzesten allem Anscheine nach bei Dasyhranchus Gajolae. Was das lange An- dauern des Reifezustandes bei N. profundus beti'iff't, so ist vielleicht dabei die Lebensweise dieses Wurmes (Aufenthalt im Schlamme grösserer Tiefen) nicht ohne Einfluss. *) Man vergl. ausser den bereits citirten Schriften von Ehlers und Albert noch: Laxgerhans, P. Die Wurmfauna von Madeira. Zeit. Wiss. Z. 32. Bd. 1S79. p. 519—523. Ferner: Saint-Joseph, de. Les Annelides Polychetes des Cötes de Dinard. Ann. Sc. Nat. (7) Tome 1. ISS". 246—263. VI. Geschlechtsorgane. 3. Ueber die Zeitdauer der Geschlechtsreife bei verschiedenen Capitellidenarten. 797 Namen der Species: 1 s 1 1 1 ►^ ^ 1 I 1 0 1 1 ö Bemer- kungen : § iNotomastus Uneatus Ö ' (Varietas, Balanoijlossi) meiste 0, zelne 1/2 V2 ' 1 1* V 1* 1* 1 meiste 1 ein- zelne 0 1) 0 0 ? 0 0 0 0 Im August i « iNotomast. Senedeni 11 - fertilis Sä' — profundus 1* 1 ein- zelne 1, meiste ü zelne 1, meiste 0 1* zelne 1, meiste 0 1 1' ein- zelne 1, meiste 0 einz. 1 1" zelne 1, meiste 0 0 zelne 1, meiste ( 0 1 ü 0 V2 1 ' 1 '/2 Basybranclius caducus — Gajolae 0 1 0 0 1 1 ,, 1 V->— 1 ? 1* 0 ;; 0 0 0 ? ü Mastohrmichus Trinchesü 0 0 V-. '/■2 1 1 •? 1» 1* 0 0 0 Heteromastus filifm-mis 1 1* 1» 1 0 0 <• 0— v-i 1/2— 1 1 1 ? Capitella capitata 1 1 ein- zelne!, viele Juvenes ein- zelne 1 ein- zelne 1 " 0 0 ' ■? 1 Bedeutung der Zeichen: 0 = unreif, V2 = halbreif, 1 = reif. * = Leibeshühle von zur Ablage reifen Geschlechtsprodukten strotzend. •? = nicht zur Beobachtung gelangt. yn. Anliaiig: lieber die Gewöliming von CapiteUa capitata an das Leiben in Süsswasser. In Anbetracht, dass meiner Ansicht nach die Capitelliden diejenigen polychaeten Anne- liden repräsentiren, von denen die zum grössten Theile das Süsswasser und Festland bewoh- nenden Oligochaeten abstammen, schien es mir nicht ohne Interesse festzustellen, bis zu welchem Grade CapiteUa (als die zählebigste Form unserer Familie) an den Aufenthalt in Süsswasser gewöhnt werden kann. Ich brachte zu diesem Behufe Anfangs Januar 1885 eine grössere Anzahl von Exem- plaren zusammen mit einigen solchen einer ähnlich lebenden Spionide [Spio fuUginosus, Clap.) in einen Behälter mit Seewasser (spec. Gewicht 1,0304 aus einem Aquarium -Bassin), dem zunächst '/lo des Volumens Süsswasser beigemengt worden war. Von Woche zu Woche wurde sodann dieser Süsswasser-Zusatz um Vio vermehrt, wie es die nachfolgende Liste illustrirt. Zur Controle hielt ich daneben eine Anzahl von gleichzeitig mit den Versuchsthieren gefischten Exemplaren (von CapiteUa capitata) in reinem Seewasser, welches nur an allen denjenigen Tagen, an denen erstere in ein dünneres Gemisch kamen, gewechselt wurde. Das Gemisch bestellt aus : Specifisehes Gewicht des Dat „m: Theilen (ccm.) Theilen (ccm.l Süsswasser : Gemisches bei 171/2 C: Die Thiere: Bemerkungen: Januar 3 1000 100 1,0280 zeigen ein normales Ver- halten 10 1000 200 1,0258 23 1000 300 ? 3U 1000 400 1,0217 Febniar 6 ] 000 500 1,0200 13 lOOü (100 1,0188 20 1000 700 1,0180 27 1000 SOO 1,0172 März 7 lOOO 900 ? 14 1000 1000 1,0157 21 900 1000 1,0150 28 soo 1000 1,0140 Die Exemplare von Spio be- ginnen abzusterben. April 4 700 1000 1,0126 ■' 11 tiOO 1000 1,0117 Von Spio findet sich kein Exem- plar mehr in lebendem Zustande. ^^ 18 500 1000 1,0104 25 400 1000 I,008S fangen an abzusterben Mai 2 300 1000 1,0070 zum grössten Theile todt V]I. Anhang: Ueber die Gewöhnung von Capitella capitata an das Leben in Süsswasser. 799 Aus vorstehender Liste geht nun hervor, dass unsere Versuchsthiere, auch nachdem die Spioniden schon dem Süsswasser-Einfiusse erlegen waren, noch fortfuhren in immer dünneren Gemischen ihr lieben zu erhalten. Erst nach ungefähr vier Monaten, nachdem das Gemisch nur noch aus 4UÜ Volumtheilen See- und aus lOUO Volumtheilen Süsswasser bestand, und das ursprüngliche specifische Gewicht von 1,0304 auf 1,0088 herabgesunken war, fingen einzelne Exemplare an abzusterben, und nachdem sie im Verlaufe einer weiteren Woche in ein noch dünneres Gemisch (300 See- auf 1000 Süsswasser, spec. Gew. 1,0070) versetzt, war offenbar die Grenze überschritten worden, indem die grössere Zahl der Insassen erlag. Die Untersuchung der in diesem letzten Gemische Ueberlebenden ergab nun Folgendes: Die Thiere erschienen gegenüber frisch eingefangenen Exemplaren sehr dünn (mager), blass und von äusserst trägen Bewegungen. Die Blutcirculation sowie die Respirationsthätigkeit vollzogen sich in einem stark verlangsamten Tempo. Der (leere) Magendarm zeigte ein blau- grünes Ansehen. Zahlreiche Nematoden, Infusorien und Bacterien hatten sich in der Leibes- höhle und in den Organen angesiedelt, wogegen die sonst so häufige ankerförmige Gregarine*) verschwunden war. Die stärksten Veränderungen zeigte aber das Blut. Vor allem fiel die bedeutende Zahlabnahme der Leucocyten auf. Die gefärbten Blutkörper hatten zwar ihre Form und Farbe erhalten, aber die Excretbläschen waren von den für die beginnende Melan- ämie') charakteristischen blaugrünen Höfen umgeben. Zahkeiche in der melanämischen Umwandlung weiter fortgeschrittene Blutscheiben ferner lagen zu Dutzenden in der Leibes- höhle eingekapselt. Solche Einkapselungen sah ich an ausgeflossener Hämolymphe unter meinen Augen derart vor sich gehen, dass Leucocyten eine Anzahl von Blutscheiben unter plasmodienartiger Verschmelzung einhüllten und schliesslich das Ansehen einer glatten Membran annahmen. Die Zahlabnahme der Leucocyten erklärt sich denn auch aus dieser ihrer einhüllenden Thätigkeit. Viele mögen auch im Kampfe gegen die so massenhaft in die Versuchsthiere eingedrvmgenen Parasiten (als Phagocyten) in ähnlicher Weise aufgebraucht worden sein. Auch die (ähnlich den Versuchsthieren ohne Nahrung) in reinem Seewasser gehaltenen Controlthiere waren sehr abgemagert, aber sie hatten ihre lebhaft rothe Farbe, ihre energische Beweglichkeit, sowie die normale Circulations- und Eespirationsweise erhalten. Auch zeigte das Blut keinerlei auffallende Veränderungen, und von Parasiten waren keine anderen, als die stets nachweisbaren Gregarinen vorhanden. Bringt man Capitella unvermittelt aus Seewasser in Süsswasser, so erfolgt der Tod nach wenigen Secunden. Das Thier erscheint wie paralysirt, indem zugleich an Stelle seiner rothen eine weissliche Färbung tritt. Diese Farbenveränderung beruht nun aber darauf, dass Süss- durch die Körperwandungen difl'undirt und auf die rothen Blutscheiben die »Wasser- a) Vergl. p. 288—289 und 721—723. *) Diese mit Vorliebe im Darme von Capitelliden schmarotzende Gregarine findet sich beschrieben bei Cla- PAEiäDE, 1. p. 614. c. p. 92. Taf. 1. Fig. 15. §QQ C. Physiologischer Theil. Wirkung« ausübt. Letztere "Wirkung macht sich, wie wir in einem anderen Theile'j nach- gewiesen haben, derart geltend, dass die Scheiben zunächst zu Kugeln aufquellen, dass ferner der FarbstoiF nach aussen diffundirt, der Kern scharf hervortritt und dass schliesslich die Kugel platzt, indem zugleich Kern und Excretbläschen herausgeschleudert werden. Der plötzliche Tod durch unvermittelte Uebertragung in Süsswasser wird denn auch — darüber kann kein Zweifel herrschen — in erster Linie durch die Zerstörung der hämoglobinhaltigen Blutscheiben verursacht. Aber nicht nur die plötzliche Uebertragung in reines Süsswasser, sondern auch diejenige in Gemische, wie in das vorletzte unserer Liste (400 Theile See- auf 1000 Theile Süsswasser), an welche man die Thiere allmählich gewöhnen kann, hat einen ähnlich fulminanten Tod zur Folge*). Die Grenze, welche meiner Erfahrung nach bei unvermittelter Uebertragung aus reinem Seewasser nicht überschritten werden kann, ist etwa ein Gemisch von '/2 See- und V2 Süsswasser. Frisch eingefangene Thiere, welche direct in ein solches Gemisch versetzt werden, verändern zwar ihre hellrothe Färbung in eine gelbliche, bewegen sich ferner viel träger als vorher, können aber am Leben erhalten werden. Dass der Tod solcher Thiere, welche direct in das vorletzte Gemisch (also in dasselbe, in dem die meisten unserer Versuchsthierö noch eine Woche hindurch fortlebten) versetzt worden, auf derselben an den Blutscheiben sich geltend machenden " Wasserwirkung« beruht, wie bei Uebertragung in reines Süsswasser, davon habe ich mich durch Beobachtung des be- züglichen sich an den Blutkörpern abspielenden Prozesses unter dem Mikroskope überzeugen können. Und hieraus müssen wir schliessen, dass die Gewöhnung unserer Thiere vom Leben in See- an dasjenige in Süss-, respective in Brackwasser, in erster Linie von dem Verhalten der Hämolymphe, insbesondere von demjenigen der rothen Blutscheiben beherrscht wird. Wie gelangten nun aber die Versuchsthiere dazu, ihre Hämolymphe gegen den verderblichen Einfluss des zunehmenden Süsswassergehaltes zu schützen? Folgende zwei Weisen scheinen mir a priori die naheliegendsten: Es könnte erstens sowohl Ecto-, als auch Entoderm mit dem Wachsen der DifFusions-Spannung zwischen Medium und Cölomflüssigkeit eine immer grössere Widerstandskraft gegen DifFusionsströmungen er- werben, oder es könnten sich zweitens die Hämolymphelemente, insbesondere die rothen Blut- scheiben an den Einfluss des Süss- oder Brackwassers direct gewöhnen (respective ihre Diff'u- sionscoefficienten ändern). Die letztere Vorstellungsweise ist nun, wie aus Nach- folgendem hervorgeht, die zutreffende. Ich habe schon erwähnt, dass sowohl frisch eingefangene, als auch Controlthiere, die ohne AVeiteres in das Gemisch von ] ,0088 spec. Gew. gebracht Avorden, nahezu ebenso plötzlich a; Vergl. p. 157—158. *) Umgekehrt konnten auch die in den letzten Gemischen (unserer Liste) befindlichen "Versuchsthiere nicht mehr plötzliche Versetzung in reines Seewasser ertragen ; sie wurden nämlich in solchem Falle ganz regungslos. Erst nachdem sie in das betreffende Gemisch zurückgebracht, gaben sie wieder Lebenszeichen zu erkennen. VII. Anhang: Ueber die Gewöhnung von CapiteUa capitata an das Leben im Süsswasser. 801 starben, als wenn sie in reines Süsswasser gebracht worden wären. OefFnete ich ein eben- solches frisches Thier und liess von dessen Blute in einen Tropfen des erwähnten Gemisches fliessen, so trat an den rothen Scheiben sofort die oben beschriebene Wasserwirkung derart ein, dass in kurzer Zeit nur noch die für die stattgehabte Süsswasserreaction charakteristischen blassen Kreise von der Existenz der Blutscheiben Zeugniss ablegten. Liess ich dagegen eines der Versuchsthiere (vom 25. April) in dasselbe Gemisch (von 1,U088) fliessen, so machte sich zwar auch an seinen Blutscheiben eine Veränderung geltend (der Kern wurde deutlich und sie quollen unter leichter Verfärbung etwas auf), aber in viel geringerem Grade derart, dass die Blutkörper noch nach 24 Stunden ein gelbliches, kuchen- förmiges Ansehen darboten. Es sind demnach die rothen Blutscheiben der Versuchsthiere gegen den verderblichen Einfluss des Süsswassers allmählich widerstandsfähiger geworden, und auf der Erwerbung dieser grösseren Widerstandsfähigkeit beruht unzweifel- haft in erster Linie die »Gewöhnung« unserer Thiere an das Leben in Brackwasser. Zool. Station z. Neapel, Fauna und Flora. Golf von Neapel. Capitellide D. Systematisch -Faimistisclier Tlieil. Den in diesem Theile zu behandelnden Stoflf habe ich in zwei Kapiteln untergebracht. Das erste wird sich mit der speciellen Systematik und Faunistik, das zweite mit der allgemeinen Systematik und Phylogenie zu beschäftigen haben. Was sodann die weitere Unterabtheilung betrifft, so beginne ich das erste Kapitel mit der Beschreibung der neapolitanischen Arten, also derjenigen, die ich anatomisch untersucht habe, und auf die sich die nothgedrungen vorzunehmende Reform der Systematik unserer Familie zu stützen haben wird. Am Ende einer jeden dieser Beschreibungen findet sich Vorkommen und Fundort im Golfe von Neapel, und für den Fall, dass die betreffende Species nicht auf diesen Golf beschränkt, auch ihre sonstige Verbreitung, unter Auffüh- rung der Fundorte und Gewährsmänner verzeichnet. Den Schluss dieses Abschnittes bildet ein Schlüssel zum Bestimmen der im Golfe vorkommenden Genera und Species. Im zweiten Abschnitte gebe ich eine kritische üebersicht der bisher beschrie- benen, im Golfe von Neapel nicht vorkommenden Arten. Auch in diesem Falle werden die Fundorte jeder einzelnen Form unter Citirung der betreffenden Gewährsmänner (so weit als mir die so zerstreuten faunistischen Daten überhaupt bekannt geworden) aufgeführt. Das Resultat dieser kritischen Üebersicht, nämlich die muthmaassliche Synonymie der gesammten Arten, bringt der dritte Abschnitt in Form einer entsprechenden Liste zum Ausdrucke, und im vierten endlich kommen alle die in den vorhergehenden im Detail ange- gebenen Fundorte jeder Species, zu grösseren Meeresabtheilungen zusammengefasst, in Form einer Tabelle :^ur Darstellung, der sich eine Besprechung der geographischen Verbreitung der Capitelliden anschliesst. Im zweiten Kapitel sodann sollen erstens die Verwandtschaftsverhältnisse der Capitellidenformen untereinander, zweitens diejenigen zwischen Capitelliden und Oligochaeten und drittens diejenigen zwischen Capitelliden und Anneliden je einer kurzen Erörterung unterzogen werden. In Anbetracht, dass nicht wenige Capitellidenspecies lediglich nach unzureichend conser- virten Thieren und unter einseitiger Berücksichtigung oberfläclüicher Charaktere beschrieben worden sind, sowie dass im Nachfolgenden die Existenzberechtigung solcher Species mehr- D. Systematisch -Faunistischer Theil. 803 fach in Zweifel gezogen wird, möchte ich noch ein paar dahinzielende Bemerkungen voraus- schicken. Vor Allem sei hervorgehoben, dass die Feststellung der äusseren Körperform, respec- tive der Gestalt- und Dimensions-Veränderungen von Zoniten verschiedener Leibesregionen überall da, wo es sich nicht um so eigenthümliche Anordnungen, wie zum Beispiel bei der strobilaähnlichen Configuration der hintersten Segmente von Mastohranckus oder Heteromastns handelt, nur an frischem, oder doch nur an vorzüglich conservirtem und zahlreichem Materiale möglich ist. Es kommen nämlich, je nachdem sich während des Absterbens, respective wäh- rend der Wasserentziehung mehr die Ring,- Längs- oder Quermuskulatur contrahirt, Gestalt- und Grössen-Modificationen zu Stande, nach welchen man sich beim lebenden Thiere meist vergebens umsieht. Weitaus die meisten Capitelliden lassen eine mehr oder weniger deutlich ausgeprägte Zweiringeligkeit der Segmente erkennen. Bei jenen Formen aber, deren Thorax eine ausgesprochene Cuticulafelderung aufweist, also bei Notomastus, Dasyhranchus und Mastohranckus, spiegeln die Grenzlinien der meist regelmässig gürtelförmig angeordneten Cuticulafelder leicht eine VielringeHgkeit der Segmente vor, und zwar ganz besonders bei conservirten, respective Contrahirten Thieren. Je nachdem an solchen das eine oder das andere Zonit in's Auge gefasst wird, das heisst je nach der Zahl oder Grösse der Felder sowie je nach dem Grade der Con- traction, meint man (anstatt zwei/ drei bis sechs Ringel zählen zu können. Es folgt hieraus, dass die Ringelzahl von Thoraxsegmenten nicht, wie meine Vorgänger es thaten, als Species-, oder gar als Gattungsmerkmal benutzt werden kann. Eines der formveränderlichsten Organe des Capitellidenleibes bildet der Kopflappen. Dies rührt einmal daher, dass sein Volum von der Blutfülle abhängig ist, und sodann auch daher, dass er theilweise oder ganz retrahirt werden kann. Je nach der beim Absterben statt- gehabten Contraction finden sich denn auch oft bei Individuen ein und derselben Art die respectiven Kopflappen stark von einander abweichend; zum Beispiel die einen einförmig glatt, die anderen (in Folge der Einziehung ihrer Spitze) scheinbar zweiringelig etc. Meiner Er- fahrung nach lässt sich Form und Grösse des fraglichen Organes nur an lebenden Thieren genau feststellen, und was seine systematische Verwerthung betrifft, so hat sich ergeben, dass es nur bei Einer Formenreihe (nämlich bei Dasyhmnckus) für die Art-, im Uebrigen aber nur für die Genus-Definition verwendet werden kann. Ganz besonders gilt letzteres für die so arten- reiche Gattung Notomastus, und doch existirt kaum Eine Speciesdiagnose dieser Gatti;ng, in welcher die Form und Grösse des Kopflappens nicht eine Rolle spielten. Wenn auch den Borsten in unserer Annelidengruppe keine so hohe classificatorische Bedeutung zukommt, wie in vielen anderen, so vermögen doch Abbildungen von solchen unter gewissen Bedingungen nicht wenig zur Wiedererkennung, respective zur Unterscheidung der betreffenden Formen beizutragen. Diese Bedingungen sind aber folgende: Erstens hat die Abbildung nicht nach dem Augenmaasse, sondern mit Hilfe der Camera gQ4 D. Systematisch -Faunistischer Theil. ZU geschehen, indem häufig die Form- und Grössen-Unterschiede so geringfügig sind, dass sie selbst geübten Beobachtern entgehen. Im Hinblicke auf die Berechtigung dieses Verlangens dürfte die Erklärung nicht überflüssig sein, dass ich unter den von meinen Vorgängern ge- gebenen Borstenfiguren auch nicht Einer begegnete, die das Prädicat exact verdient hätte. Wo man meinte, Species-Charaktere zu zeichnen, kam oft lediglich der Capitelliden- Habitus zum Ausdrucke, und selbst der nicht einmal in allen Fällen. Zweitens sollten neben stark vergrösserten Theilen stets auch ganze Borsten wieder- gegeben werden, indem die Verschiedenheiten der Gesammtform wichtiger, als beispielsweise diejenigen des mit so grosser Vorliebe benutzten Kopfabschnittes zu sein pflegen. Drittens versäume man nicht Flächen- und Profilbilder herzustellen, weil ein und die- selbe Borste in den beiden Lagen starke Abweichungen darbieten kann. Lediglich dem Um- stände, dass man stets die (bequemere) Profillage in's Auge fasste, ist auch die so verbreitete irrthümliche Meinung zuzuschreiben, dass die Hakenköpfe nur mit mehreren einzeln über- einander gelegenen Zähnchen besetzt seien, während es sich doch in Wahrheit um Reihen solcher handelt. Diese Zähnchen bieten nicht nur an sich ein sehr schwankendes Verhalten dar, sondern geben auch durch ihre Anordnung (an einer gewölbten Fläche) leicht zu Irr- thümern beim Zählen Veranlassung. Den so häufig in den Diagnosen vorkommenden Zahlen- angaben über die Hakenzähnchen ist denn auch durchaus keine Bedeutung beizulegen. Viertens bedarf es der Abbildung von Borsten aus verschiedenen Leibesregionen, und zwar aus hämalen wie neuralen Parapodien. Bei mehreren Gattungen lassen sich nämlich dem Leibe entlang charakteristische Gestalt- und Dimensions-Veränderungen der Haken con- statiren, und zwar hämal zuweilen andere als neural. Und fünftens endlich ist es sehr wünschenswerth , wo junge Thiere zur Verfügung stehen, solche nicht nur auf die Form, sondern auch auf die 'Nertheilung der Borsten zu unter- suchen. Bei einzelnen Gattungen erleidet nämlich im Laufe des Wachsthumes das Verhältniss zwischen Pfriemen- und Hakenborsten tragenden Segmenten eine Veränderung, das heisst es treten Pfriemenborsten an Stelle von Hakenborsten. Da dem Vorhergehenden zufolge die herkömmliche einseitige Verwerthung äusserlicher Merkmale, insbesondere conservirtem Materiale gegenüber, zu unzulänglichen Resultaten führen muss, und der Systematiker oder der Faunist auf die Berücksichtigung solchen Materiales doch niemals wird Verzicht leisten können, so habe ich in die nachfolgenden Beschreibungen auch alle diejenigen inneren Charaktere aufgenommen, welche sich verhältnissmässig leicht fest- stellen lassen. Die Meinung, dass durch eine solche Ausdehnung der Charakteristik dem Systematiker bei künftigen Bestimmungen die Arbeit erschwert werde, beruht meinen Er- fahrungen nach auf einem Irrthume; denn nicht etwa die langen, ausführlichen, sondern die kurzen, unzureichenden Diagnosen sind es, welche uns am meisten Zeit und Mühe kosten. I. Specielle Systematik« und Faimistik. 1. Beschreibung der im neapolitanischen Golfe vorkommenden Arten. Familiendiagnose: Capitelliden (Capitellacea) Grube 1. p. 4. c. p. 378. D'Udekem 1. p. 3. c. p. 25. Synonyme: Halelminthea V. Carus 'p. p.) 1. p. 5. c. p. 442. Tjanggestreckte, walzenförmige, aus zahlreichen Segmenten bestehende Anneliden von röthlicher Färbung. x\m Gesammtkörper lassen sich zwei mehr oder weniger scharf voneinander abgesetzte Eegionen, nämlich eine kürzere vordere als Thorax, und eine längere hintere als Abdomen unterscheiden.' Zur Feststellung der Grenzmarke dieser beiden Regionen kann stets der Ueber- gangspunkt von Oesophagus in Magendarm und in zahlreichen Fällen der Borstenwechsel (Pfriemenborsten am Thorax, Haken am Abdomen! sowie auch die vordere Mündung des Nebendarmes verwendet werden. Der drehrunde, lebhaft blutroth gefärbte, durch hexagonale C'uticulafurchen mosaikartig gefeldert erscheinende Thorax weist in seiner Mitte den grössten Durchmesser auf und ist daher von spindelförmiger Gestalt ; vorn läuft er in einen relativ kleinen, kegel- oder eichei- förmigen, retractilen, der Tentakel entbehrenden Ko pf läpp en aus, welch' letzterer stets die oberen Schlundganglien oder das Gehirn s. str. einschliesst. Das auf den Kopflappen folgende, ebenfalls aller Fühler oder Fühlercirren entbeh- rende erste Körper- oder Mundsegment ist borstenlos*); ebenso das letzte Abdomen- oder Aftersegment, welches mit fingerförmigen Anhängen ausgerüstet sein kann. Die distich-uuiremal angeordneten, mit einfachen Borsten ausgerüsteten Parapodien bilden am Thorax rudimentäre, retractile, anhangslose Stummel, und am Abdomen wenig vor- springende, sowie wenig retractile Wülste (Tori. a) Man vergleiche: Einleitung p. 1 — 10. Es finden sich da insbesondere die meisten für die Systematik der Familie in Betracht kommenden Literatur-Nachweise in chronologischer Anordnung. *) Capitella macht, wie ich in dieser Monographie nachgewiesen zu haben glaube (vergl. p. 259), nur scheinbar eine Ausnahme, indem ihr Mundsegment als mit dem Kopflappen verschmolzen und daher das erste (borsten- tragende) Segment in morphologischem Sinne als das zweite zu betrachten ist. S06 D. Systematisch -Faunistischer Theil. Die in der Eegel vorhandenen, auf den Hinterleib beschränkten Häm olymphkie- men*) können entweder unvollständig retractile, zipfelförmige Ausbuchtungen der Hakentaschen (einfache Parapodkiemen), oder aber total retractile, selbständige, vielfach verzweigte Stämm- chen (verzweigte Parapodkiemen) darstellen. Die unter der Form sogenannter Pigmentflecke auftretenden Sehorgane liegen stets im Bereiche des Kopflappens. Ebenda haben die wahrscheinlich als Geruchsorgane fungirenden, ein- und ausstülpbaren Wimperorgane ihre Lage. In nahezu allen Körpersegmenten, und zwar im Bereiche der Seitenlinie, kommt je ein Paar ansehnlicher, mit Sinneshaaren besetzter Hügel, nämlich die wahrscheinlich als «acces- sorische Gehörapparate« zu betrachtenden Seitenorgane**: vor. Am Thorax können diese Organe in besondere Spalten zurückgezogen werden, am Abdomen dagegen liegen sie stets frei. Endlich sind von Sinnesorganen noch die zur Vermittelung der Geschmacksempfindung dienenden auf den Papillen des Rüssels, auf dem Kopflappen und auf dem Körper zerstreut stehenden becherförmigen Organe zu nennen. Die neural an der Basis des Kopflappens gelegene Mund spalte führt in einen mäch- tigen, vorstülpbaren, mit Papillen besetzten, als Bohrwerkzeug fungirenden, unbewaffneten Rüssel. Auf diesen folgt der in Form eines glatten, überall gleich weiten Rohres den Thorax durchsetzende Oesophagus und auf letzteren sodann der zuweilen umfangreichere, durch seine Färbung abstechende Mag endarm. Dieser Magendarm oder Hauptdarm ist durch einen neu- ralen, ähnlich ihm selbst aufgebauten, kanalartigen Anhang, den sogenannten Nebendarm, aus- gezeichnet, welcher sowohl vorn, als auch hinten in den Hauptdarm einmündet und wahr- scheinlich lediglich der Respiration dient. Die terminal-dorsal gelegene Afteröffnung wird in der Regel von einem im Durchmesser die Schwanzsegmente übertreffenden Ringwulste umgeben. Das G esammtgehirn obere und untere Schlundgangiien nebst Schlundring; nimmt den Kopflappen und die zwei ersten Thoraxsegmente ein. Der bald frei in der Leibeshöhle lie- gende, bald in die Gewebe des Hautmuskelschlauches eingebettete Bauchstrang ist meistens durch sehr umfangreiche Neurochorde ausgezeichnet. Beim Mangel aller Blutgefässe circulirt das Blut mit der Lymphe gemischt als Hämolymphe in dem vielfach gegliederten Cölome. Der Blutfarbstoff Hämoglobin) ist an kreisrunde Scheiben gebunden, das Blutplasma ist farblos. Die metamer oder polymetamer angeordneten Nephridien Segmentalorgane) können entweder in den meisten Körpersegmenten auftreten, oder auf eine bestimmte Körperregion beschränkt bleiben. In der Regel liegen sie in den sogenannten Nierenkammern. Die Geschlechter sind getrennt. Fast bei allen Formen*'*) findet Copulation *, Allein Capitella ist der Respirationsorgane in Form äusserer Anhänge oder Fortsätze total verlustig gegangen. **j Nur Capitella entbehrt dieser Organe. ***) Mit Ausnahme des als Untergattung Clistomastiis unterschiedenen Notomustus lincatus. I. Specielle Systematik und Faunistik. 1. Beschreibung der im neapolitanischen Golfe etc. 807 statt. Die wesentlichsten Theile der C'opiüationsorgane bestehen aus verschieden zahlreichen, metamer augeordneten, durch besondere Poren nach aussen mündenden Glocken, den soge- nannten Genitalschläuchen, welche im cf Geschlechte als Samenleiter, Vesiculae semi- nales sowie Penes, und im Q als Eileiter, Receptacula seminis und Vulvae fungiren. Diese Genitalschläuche bilden sich in der Regel auf Kosten der Trichter fungirender Nephridien aus, mit welch' letzteren sie zeitlebens in organischem Zusammenhange bleiben können. Bei einzelnen Gattungen sind im cf, oder aber in beiden Geschlechtern die Haken gewisser Para- podien zu mächtigen coi^ulatorischen Greiforganen (Genitalborsten; vergrössert. Die Larven schlüpfen frühe aus und entwickeln sich unter Metamorphose. Die ausschliesslich marinen Capitelliden leben entweder im Sande und Schlamme oder zwischen dem Detritus von Pflanzen; meistens in selbstverfertigten Wohnröhren. Ihre Bewegungen auf festen Körpern sind spannerraupenartig kriechend; wenn sie im Sande bohren, so wird das Abdomen vom Thorax nachgezogen, und wenn im Wasser zum Schweben gebracht, pflegen sie sich schlängelnd niederzulassen. a. Genus Notomastus''). Sars 1. p. 2 (Rapp. Voy. Lofoten) c. p. 79 und 1. p. 2 (Fauna littoralis) c. p. 9. Synonyme: CapiteUa (C. rubicundaß) Keferst. 1. p. 4. c. p. 123. Arenia (A. cruentaT) und A. fragilis'-') Quatref. 1. p. 6. c. p. 250 und 251. Sandanis (S. rubicundus ^) Kinb. 1. p. 7. c. p. 343. CapiteUa (C. major') Clap. 1. p. 8. c. p. 276. Capitelliden, deren aus 12 Segmenten bestehender Thorax ausschliesslich mit Pfriemen-, und deren Abdomen ausschliesslich mit Hakenborsten ausge- rüstet ist. Kopflappen^i) stumpf kegelförmig. Mundsegment von annähernd gleicher Länge wie die zunächst folgenden. Der Thorax erscheint in seinem vorderen Abschnitte vielringelig i^) , in seinem hinteren dagegen scharf zweiringelig •=) . Seine Segmente nehmen von vorn bis zur Mitte etw'as an Länge zu, um sich von da bis zum Abdomenanfange annähernd gleich zu verhalten. Am Abdomen pflegt die Zweiringeligkeit der Segmente nur wenig ausgeprägt zu sein. Km-z im Anfange dieser Region nehmen die Zonite weiterhin derart stetig an Länge zu, dass sie in der Mitte etwa die doppelte Länge aufweisen. Von da bis zum Abdomenende a) Taf. 2. Fig. 8. bl Taf. 2. Fig. 1. c) Taf. 2. Fig. 2. a) Vergl. die ausführlichere Beschreibung der Gattung p. 11 — 19 sowie auch Tafel 2. ß) Vergl. bezüglich der Begründung der Synonymie p. 863a. T) - - - - - - p. 865. 8) - - - - - - p. 866. s) - - - - - _ p. 864. C) - - - - - - p. 818. 808 D. Systematisch- Faunistischer Theil. nehmen sie sodann ebenso allmälilich wieder an Länge ab. Es herrscht also kein besonders auffallender Gegensatz zwischen den Segmentlängen der verschiedenen Körperregionen. Die neurale Längsmuskulatur '^) erreicht im Abdomenanfange eine so ausserordent- liche Höhe, dass die Seitenlinie und die in ihrem Bereiche gelegenen Organe nahezu auf die Rückenfläche zu liegen kommen. Grosser Gegensatz zwischen den thoracalen keulenförmigen und den abdominalen wulst- förmigen Parapodien^i). Im Abdomenanfange erstrecken sich die neuralen Parapodien bis hoch gegen den Rücken herauf; die etw^a nur '/3 so langen hämalen kommen in derselben Körperregion ganz auf die Rückenfläche zu liegen, und zwar rücken sie da so nahe zusammen, dass sie eine gemeinsame rundliche oder biscuitförmige Masse bilden, in der die ursprüng- liche Paarigkeit nur noch durch die durch eine Lücke unterbrochenen zwei Hakenreihen zum Ausdrucke kommt <=). Die Pfriemenbor sten"^) sind relativ lang, dünn und sehr schwach S-förmig gekrümmt; ihre distalen, schmalen Säume nehmen etwa '/:■, der Gesammtlänge ein. Die Haken*^) sind dem ganzen Abdomen entlang von einerlei Form, so dass der Ge- sammtkörper zweierlei Borsten aufweist. Die Respirationsorgane sind ausschliesslich durch einfache Parapodkiemen^) ver- treten, welche sowohl hämal, als auch neural zur Ausbildung kommen können. Die SehorganeS; bilden zwei ziemlich ausgedehnte, längliche, an der Basis des Kopf- lappens hämal-seitlich gelegene, braune Pigmentstreifen, welche von besonderen Lappen der vorderen Gehirnganglien innervirt werden. Die ebenfalls hämal-seitlich auf der Grenze zwischen Kopflappen und Mundsegment gelegenen Wimperorgane'\l sind von bedeutender Grösse und werden ausschliesslich von den hinteren Gehirngangiien innervirt. Seitenorgane' I finden sich vom ersten bis zum letzten borstentragenden Körper- segmente. Becherorgane^) kommen im Rüssel, auf dem Kopflappen und auf dem Thorax vor. Der Magendarm ist annähernd von gleichem Durchmesser wie der Oesophagus und lässt nur selten lymphatische Zelldiver,tikel erkennen. Das Gehirn ^) (obere Schlundgangiion) besteht aus zwei durch grosse Selbständigkeit ausgezeichneten Ganglienpaaren. Der Bauchstrang™) ist von durchaus cölomatischer Lage; seine Neurochorde erreichen eine ziemlich kräftige Ausbildung. Die Nephridien") wiederholen sich in der Regel vom ersten bis zum letzten Abdo- mensegmente, und zwar in je einem Paare. a) Tat. 2. Fig. 6 und Taf. 12. Fig. 2. b) Taf. 2. Fig. 1 und Fig. 6. c) Taf. 2. Fig. 2 und 6. d) Taf. 31. e) Taf. 31. f) Taf. 2. Fig. 2 und 6. g: Taf. 2. Fig. 12. h) Taf. 2. Fig. 9, 16 und 17. Taf. C. Fig. 18 und 20. i) Taf. 2. Fig. 1, 2 und 6. k) Taf. 11. Fig. 8—14. Ij Taf. 2. Fig. 16 und 17. m) Taf. 12. Fig. 2. n) Taf. 2. Fig. 23, 24 und 27. I. Specielle Systematik und Faunistik. 1. Beschreibung der im neapolitanischen Golfe etc. 809 Die Entwickelimg der Geschlechtsprodukte'') geht ausschliesslich an der Genital- platte vor sich. Umfangreiche Eierstöcke mit Eierstocksniembran und Eifollikeln. Ein steriler, thoracaler Keimstock im 12. Körpersegmente. Verschieden zahlreiche in den letzten Thorax- oder in den ersten Abdomensegmenten gelegene Genitalschläuc he^), welche in der Regel zeitlebens mit den in denselben Seg- menten gelegenen Nephridien in organischem Zusammenhange bleiben. Kritik der Genus-Diagnosen von Sa RS und Levinsen. Die Diagnose von Sars') lautet: »Lobus capitalis conico-acuminatiis. Os subtus; pharynx exsertilis breviter clavata, papillis obsita. Anterior corporis pars cylindrico-subfusiformis, e segmentis duodecim medio sulco in annulos duos divisis, primo absque et caeteris iindecim utrinqiie fasciculis binis setarum capillarium, raamillis pedalibus carentibus, composita. Posterior corporis pars longior et tenuior, e segmentis constans numerosis indivisis, iitrinque ma- millis pedalibus sen toris et superioribiis et inferioribus serie setarum uncinatarum ornatis. Uranchiae nullac.« Hierzu ist Folgendes zu bemerken: Der Kopflappen kann je nach den Arten sowohl eine spitz-, als eine stumpf-conische Form aufweisen. Die neurale Lage des Mundes, der ausstülpbarc, mit Papillen besetzte Rüssel sowie die Spindelform des Thorax sind Familiencharaktere. Nur in den hintersten Thoraxsegmenten kann ferner von einer deutlichen Zweiringe- ligkeit der Segmente die Rede sein, und diejenigen des Abdomens unterscheiden sich nicht durch den Mangel, sondern nur durch die geringere Ausbildung der zweitheilenden Furchen. Kiemen ferner sind bei allen Arten vorhanden, und zwar in Form einfacher Parapod- kiemen. Was demnach von der SARs'schen Diagnose bestehen bleibt, das ist die Zwölfzahl der Thoraxsegmente sowie ihre ausschliessliche Versorgung mit Pfrienienborsten im (Gegensätze zu dem ausschliesslich Haken tragenden Abdomen. Die IjEViNSEN'sche 2) Diagnose lautet: »Et b/arstelast Mundsegment; i Legemets bageste Deal, som bestaar af et stört Antal Ringe, ero Krogb0rsteTne overordentlig smaa; de nederste Räkker meget lange og de overste meget körte; ingen KJ0n- spalter eller omdannede Bftrstcr; smaa, med en Spalte forsynede Knuder paa Rygsiden (se Familiebeskrivelsen).« Zur Zeit als Sars seine Diagnose abzufassen hatte (1856), stand es um die Zusammen- gehörigkeit der verschiedenen Capitellidengattungen noch sehr fraglich, zur Zeit dagegen als Levinsen die seinige niederschrieb (1883), waren, insbesondere durch die Arbeiten Grube's und Claparede's, wenigstens die wesentlichsten Charaktere der Familie sowie der Gattungen schon übersehbar; und doch ist die IjEViNSEN'sche Beschreibung weit davon entfernt über die von Sars hinauszugehen, bildet im Gegentheil einen Rückschritt. a) Taf. 14. Fig. 22. Taf. 15. Fig. 7. b) Taf. 2. Fig. 27 und 29. Taf. 14. Fig. 11 und 12. 1) 1. p. 2. (Fauna littoralis) c. p. 12. 2) Levinsen, ü. Systematisk-geografisk Oversigt over de nordiske Annulata etc. Vid. Meddel. Nat. For. Kjabenhavn. 1883. p. 140. Zool. Staliun i. Neapel, Fauna und Flora, Oolf von Neapel. Capitellidon. 102 §[() T). Systematisch -Faunistischer Thoil. Es sind nämlich das borstenlose Mimdsegment, die grosse Zonitenzahl des Abdomens gegenüber dem Thorax, die mit einer Spalte versehenen Fortsätze (das heisst die Seitenorgane) keine Gattungs-, sondern Familiencharaktere. Auch dass die Hakenborsten ausserordentlich klein seien, ist unzutreffend; denn im Verhältnisse zur Körpergrösse haben die Arten der Gat- tung Notomastus weder auffallend kleinere, noch auffallend grössere Haken, als diejenigen irgend einer anderen Capitellidengattung. Und endlich ist es auch nicht richtig, dass Notomastus Poren zur Entleerung der Keimprodukte abgehen. Nach alledem bleibt von der LEViNSEN'schen Diagnose allein die Betonung des Ueber- wiegens der neuralen Tori gegenüber den hämalen übrig, vi^elches Merkmal indessen für sich allein werthlos ist, indem es ebenso für Mastohram-hus und bis zu einem gewissen Grade auch für Dasybraiichus zutrifft. Untergattung CHstomastus. Genitalschläuche und Genitalschlauchporcn (Porophore) fehlend oder, wenn vor- handen, rudimentär in den letzten 3 Thoraxsegmenten. Es findet keine Copulation statt. Die GcschlechtsstofFe werden durch Abschnürung reifer Abdominalportionen frei. Während der Ge- schlechtsreife vollziehen sich in den Geweben des Abdomens (nämlich in der Haut, in dem Darme und an den Septen) tiefgreifende, mit vollständiger Degeneration endigende Metamor- phosen. Das Septuni'') des letzten Thoraxsegmentes ist so stark verdickt, dass es nahezu den ganzen Cölomraum des betreffenden Segmentes ausfüllt und die in diesem Eaume gelegenen Organe (insbesondere Darm und Bauchstrang) bedeutend einengt. Die Haken-Köpfe und -Zähnchen kräftig ausgebildet; die Basen der Haken-Schafte stark gekrümmt^). Von der transversalen Muskulatur (Nicrenplatten) finden sich nur je an den hinteren Grenzen der Segmente schwache Andeutungen. Die gelb- bis schwarzbraun gefärbten Nephridien'^) stellen in zwei Schenkel aus- laufende Keulen, respective an ihrer Umbiegungsstelle verwachsene Schleifen dar, welche durchaus frei, vmd zwar hoch in der Darmkammer gelegen sind. In erwachsenen Thieren treten sie meist erst vom 3. Abdomensegmente an wohlausgebildet auf; aber in den vorher- gehenden Segmenten, und zwar in um so mehr, je jünger die Thiere, pflegen sich rück- gebildete vorzufinden. Ihre Grösse nimmt vom Abdomenanfange bis zur Abdomenmitte stetig zu; von da bis zur Schwanzregion bleibt sie sich gleich. In einzelnen Segmenten der hin- teren Körperregion treten die Nephridien nicht selten polymetamer auf'^); umgekehrt können sie auch in einzelnen Segmenten fehlen. Der Ausfuhrkanal <^) entbehrt der eigenen (epithe- lialen) Wandungen, ist »intracellular«. Die uephridiale Zellsubstanz erscheint in der Hegel a) Taf. 15. Fif?. 28 und 29. b) Taf. ai. Fig. 3 — 7. c) Taf. IM. Fig. 1. d) Taf. 2. Fig. 23—26. e) Taf. 13. Fig. 10 und 11. 1. Specielle Systematik und Faunistik. 1 . Bcschreibuuü; der im ncapülitanischen Golfe etc. Sil ungefärbt und enthält meist zahlreiche Concretionen'') von gelbbrauner Farbe und von an- sehnlicher Grösse. Die inneren schüsseiförmigen Mündungen^) (Trichter) finden sich nahe- zu auf der Höhe der Seitenlinie; die äusseren, meist auf hohen »Schornsteinen« angebrachten Mündungen liegen in der Nähe der hämalen Parapodien <=) . In Bezug auf die Längsaxe nehmen diese letzteren Mündungen die Grenzen des ersten und zweiten üritttheils der Segment- längen ein. Farbe der Blutscheiben*) grünlich-gelb "1). Zahl und Grösse ihrer etwas dunkler gelb gefilrbten Concretionen meistens gering. Notoniastiis {CUstomastas) liueaUis'') Clap.'^) 1. p. S. c. p. 278. Thoraxfelderung bis zum 8. oder 9. Segmente sehr scharf hervortretend. Das in seinem Anfange dorso -ventral comprimirte Abdomen setzt sich breit an den Thorax an ^) . Auffallender Gegensatz der beiden Körperregionen. Allein an den neuralen Parapodien, und zwar dorsal finden sich Parapodkiemen. Diese erreichen in den ersten Abdomensegmenten einen bedeutenden Umfang, weiterhin nehmen sie immer mehr an Länge und Breite abs). Das Pigment des Magendarmes'^) besteht aus gelblichen bis bräunlichen Partikeln; im Bereiche seiner neuralen Medianlinie finden sich ferner grössere schwefelgelb gefiirbte Tropfen und Bläschen. N. Imeatus erreicht eine Länge von 12 — 15 cm und eine Breite von ungefähr 3 mm. Am Abdomenanfange, insbesondere dorsal, erscheinen gesunde Thiere von ebenso tief- rother Färbung wie am Thorax; weiterhin gegen das Abdomenende macht sich aber ein immer blasseres Ansehen geltend. Die annähernd reifen Eier') haben einen Durchmesser von etwa 130 [x und entbehren jedweder Färbung. Die Zeit der Geschlechtsreife erstreckt sich vom Januar bis August. Yorkommeu, Lebensweise imd Verbreitung der Species im Golfe von Neapel. N. liueatus gehört zu den häufigsten und zu den im Golfe am weitesten verbreiteten a) Taf. 34. Fig. 1— G. b) Taf. 2. Fig. 25. Taf. 34. Fig. 2. c) Taf. 2. Fig. 3. Taf. 13. Fig. 8. 9. d) Taf. 35. Fig. 1. e) Taf. 1. Fig. 1. f) Taf. 2. Fig. 2. g) Taf. 2. Fig. 2—4. h) Taf. 33. Fig. 1—3. i) Taf. 1. Fig. r. a) Bezüglich der möglichen Synonymie dieser Form mit N. Sarsii Clap. vergl. p. 864. *) So charakteristisch sind die Blutscheiben und Nephridien in den beiden Untergattungen , dass meist schon ein Blutstropfen oder ein Nephridium-Bruchstück genügt, um bestimmen zu können, ob man es mit einer zu Clisto- oder zu Tremomastus gehörigen Art zu thun hat. 102* 812 1^- Systematiscli-Faunistischer Theil. (-ai)itellideii. Vom Castello doli' Uovo bis zum Capo di Fosillipo wird das Thier überall da angetroffen, wo der Sand frei von Verunreinigung ist, und zwar in einer Tiefe von 1 — 3 Metern. Seine grösste Häufigkeit füllt mit der Zeit der höchsten Geschlechtsreife zusammen. Sonstige Verbreitung der Species. Soweit meine Kenntnis« der bezüglichen Litteratur reicht, ist N. üneatus bis jetzt von anderen Meerestheilen nicht aufgeführt worden. Kritik der CLAPAREDi;'schen Beschreibimg. (h.APAKEUE hat als Hauptcharakter der uns beschäftigenden Art, wie durch den Namen »liiK'dtuxu ausgedrückt wird, eine median-hämal auf dem Abdomen verlaufende rothe I,inie hervorgehoben. Dieser C^harakter ist nun aber hinfällig, indem der betreffende rothe Streif durch ein der Gattung zukommendes Organisationsverhältniss, nämlich durch das so ausserordentliche Ueberwiegen der neuralen Längsmuskulatur bedingt wird und daher nicht nur bei N. lincatus, sondern auch bei allen anderen Arten gelegentlich zum Vorscheine kommen kann. Die fragliche Linie erweist sich nämlich bei N. Imeatas ebensowenig als con- stantes Merkmal, wie bei den anderen Arten. Es hängt ganz von dem Blutreichthume, Contrac- tionszustande und den Circulationsverhältnissen gegebener Individuen ab, ob der Contrast zwischen ungefärbtem Bauche und Flanken einer- und gefärbtem Rücken andererseits so scharf hervor- tritt, dass von einer rothen Linie, respective von einem rothen Streife die Rede sein kann, oder nicht. Meiner Erfahrung nach zeigen nur erschöiifte oder misshandelte Thiere das von Claparede betonte und abgebildete Verhalten, frische und gesunde dagegen das in meiner Figur») wiedergegebene. Ferner hebt Claparede als für die Species bezeichnend hervor, dass die Nephridien hänial als dunkle Flecken durch die Körperwandung hindurchschimmern. Dieses Lagerungsverhältniss der Nephridien kann nun aber keinen Theil der Species-Diagnose ausmachen, indem Claparede') selbst früher schon eine Notomastiis- Art aus Fort-Vendres (iV. Sari-ii) beschrieben hatte, deren Nephridien ganz ebenso wie bei N. lineatus als schwarze Flecke durch^ die Rückenwandungen hindurchschimmern. Die hämale Lage der Nierenorgane beruht in beiden Arten auf der mangelhaften Ausbildung der transversalen Muskulatur (Nieren- platten) und dieser Mangel bildet, wie erinnerlich, eines der die Untergattung Clistomastus von Tremomosttts unterscheidenden Merkmale. Auch die Angabe, dass die Nephridien von N. lineatus zur Längsaxe der Thiere fast quer gerichtet liegen, ist nur theilweise richtig; denn in Wirklichkeit pflegen sie (vom Hämolymphstrome hin und her bewegt) bald eine der liängsaxe der Thiere parallele, bald eine auf dieselbe mehr oder weniger quer gerichtete liage einzunehmen. i) Taf. 1. Fig. 1. 1) 1. p. 5. c. j). 51. 1. Specielle Systematik und Faunistik. 1 . Beschreibung der im neapolitanischen Golfe etc. S I 3 Der dritte von Clapakede in seiner Diagnose betonte Charakter, nämlich die (im Ab- domenanfange) so auffallend umfangreichen respiratorisch wirksamen Fortsätze der neuralen Hakentaschen oder Parapodkiem en kann fernerhin nur in zweiter Linie als für unsere S^iecies bezeichnend gelten, indem N. jjrufundus (eine seitdem aufgefundene Species) in derselben Körperregion kaum weniger ausgebildete neurale I^ymphkiemen aufweist. In erster Linie dagegen muss (so wie wir es in unserer obigen Beschreibung gethan haben) als für die Respirationsorgane von N. Uneatus unterscheidend ihre Beschränkung auf die neuralen Parapodkiemen hervorgehoben werden. Unter den Merkmalen niederen Ranges figurirt die Angabe, dass N. Uneatus 10 Thoraxsegmente zähle. Darin hat sich nun Claparede geirrt; denn in Wahrheit zählt der Thorax unserer Art ebenso wie der aller anderen 12 Segmente, und diese Zwölfzahl ist so bezeichnend für das Genus, dass ich sie an die Spitze meiner Diagnose stellen konnte. Ferner ist der Thorax von N. Uneatus weder seiner ganzen Länge nach sechs- eckig gefeldert, noch erscheinen seine Segmente alle zweiringelig; vielmehr erstreckt sich die für das blosse Auge wahrnehmbare Felderung, wie oben beschrieben, etwa auf die ersten 8 — 9 Segmente, und die scharfe Zweiringeligkcit umgekehrt auf die letzten 3 — 4. Dieser letztere Gegensatz zwischen Vorder- und Hinter-Thorax gilt überdies gleicherweise für die übrigen Notomastus-Arten und wurde daher unserer Genusdefinition einverleibt. Unzutreffend ist endlich noch die Angabe Claparede's, dass N. Uneatus nur an den letzten drei Thoraxsegmenten jederseits je mit einem Porus versehen sei. Mit solchen Poren (welche wir als Oeffnungcn der Seitenorganhöhlen, in welche die Seitenorgane zurückgezogen werden können, nachgewiesen haben) sind im Gegentheil sämmtliche borsten- tragende Thoraxsegmente ausgerüstet, und zwar nicht nur diejenigen von N. Uneatus, sondern auch (mit Einer Ausnahme, nämlich CapiteUa capitata, wo sie offenbar rückgebildet) bei sämmt- lichen anderen Capitelliden , so dass diese Ausrüstung ebenfalls unter die Familien-Merkmale aufgenommen werden konnte. Notofnastus {Clistomastiis) Uneatus Clap. Vanetas Balanoglossi n. In Anbetracht, dass die Arten der Gattung Notomastus keine so weitgehende Variabilität aufweisen, wie andere (insbesondere wie eine Art von Dasj/branchu.s), habe ich eine sich von der typischen Art N. Uneatus hinsichtlich des Habitus und Habitats constant abweichend ver- haltende Form als »Varietas Balanoglossi^'. unterschieden. Unsere Varietät ist durchschnittlich von etwas geringerer Körper grosse als die typische Art. Ihre ersten Abdomensegmente erscheinen weniger platt gedrückt, und hier- durch sowie durch den etwas geringeren Umfang der vordersten Parapodkiemen verliert der beim typischen N. Uneatus so auffallende Gegensatz zwischen Thorax und Abdomen etwas von seiner Schärfe. Weiter kann für die neue Form geltend gemacht werden, dass ihr Kopf- 814 1^- i^ystematisch-Faunistischcr Theil. lai)[)en etwas stumpfer, sowie dass die äussere Anschwellung des H a k e n ")- Schaftes stärker ausgebildet und daher im Prolil scliärfer vom Halse abgesetzt erscheint, als bei der Stammart. Vorkommen, Lebensweise nnd Verbreitung der Varietät im Golfe von Neapel. Einzig zwischen den Posidonienwurzeln, und zwar im Bereiche der »San Pietro e due frati" genannten zwei Felsen der Posillipoküste habe ich unsere Varietät angetroffen. Hier lebt sie gemeinsam mit Balanoglosaus mimitus in einer Tiefe von l — 3 Metern zwischen den genannten Wurzeln oder in dem zwischen diesen Wurzeln eingestreuten Sande. Untergattung Tremomastus. (ienitalschläuche'') wohl ausgebildet in einer je nach den Arten verschieden grossen Anzahl vorderer Abdomensegmente. Dieselben bleiben zeitlebens mit den zugehörigen Nephridien in organischem Zusammenhange und münden durch insbesondere zur Zeit der Geschlechtsreife mächtig anschwellende Porophore nach aussen. Es findet Copulation und innere Befruchtung statt. Die Geschlechtsstoffe werden durch die Genitalschläuche entleert. Das Septum des zwölften Thoraxsegmentes von normaler Beschaffenheit. Die Hakencj-Köpfe und -Zähnchen nicht so kräftig ausgebildet und die Hakenbasen nicht so stark gekrümmt wie bei Clistoinastus . Die transversale Muskulatur*^) oder die Niercnplatten erscheinen dem ganzen Körj)er entlang wohl ausgebildet. Die gold- oder schwefelgelb gefärbten Nephridien"^') stellen rundliche oder nieren- förmige Körper dar, welche fest mit den Ijcibeswandungen verwachsen und tief in den Nierenkammern gelegen sind. Sie treten stets vom ersten Abdomensegmente ab wohl aus- gebildet sowie in streng metamerer Anordnung auf und nehmen bis zur Schwanzregion derart an Umfang zu, dass sie im Abdomenende ungefähr ein zweimal so grosses Volumen, als im Abdomenanfange aufweisen. Degenerirte (provisorische) Nephridien in den letzten Thorax- segmenten pflegen (selbst bei relativ jungen Thieren) zu fehlen. Der Nephridiumkanal f) ist stets durch eigene zellige Wandungen begrenzt (intercellular) . Die Zellsubstanz ist in der Hegel gelb oder orange gefärbt. Die zu Conglomeration neigenden ConcretionenS) sind wenig zahlreich und von dunklerer (gelber) Farbe, als diejenige der Zellsubstanz. Die inneren, in zwei Zipfel auslaufenden, löffel- oder pantoffelförmigen Mündungen^) liegen in der zwischen den dorsalen und ventralen neuralen 1 -ängsmuskelsträngen befindlichen Spalte. Die äusseren meist durch einfache Hautspalten, seltener durch kurze Papillen vertretenen Mündungen liegen auf gleicher Höhe wie die inneren und, was die Längsaxe betrifft, nahe den hinteren Segmentgrenzen. a) Taf. 31. Fig. 5—7. b) Taf. 2. Fig. 27 und 29. c) Taf. 31. Fig. 10. d) Taf. 2. Fig. 27 und 28. Tai'. 12. Fig. 2. e) Taf. 31. Fig. 7. Taf. 14. Fig. 1 — 10. f) Taf. 11. Fig. 2—5. g) Taf. 34. Fig. 10. h) Taf. 34. Fig. &. I. Specielle Systematik und Faunistik. 1. Beschreibung der im neapolitanischen Golfe etc. 815 Farbe der Blutscheiben'') schwefel- oder goldgelb. Zahl und Grösse ihrer dunkler geförbten Concretionen'') in der Regel sehr bedeutend. Notomastus (Tremomastus) Benedeni'^) Clap. ) 1. p 5. c. p. 54. Thoraxfelderung nur bis ungefähr zum 6. Segmente scharf hervortretend. Dadurch, dass die ersten Abdomensegmente von rundlichem Querschnitte und ihre Hakentaschen nur wenig ausgebildet sind, ist der Gegensatz zwischen Thorax und Abdomen gegenüber den anderen Arten bedeutend verringert. AUein an den neuralen Parapodien, und zwar dorsal finden sich Parapodkiemen. Diese erreichen aber entfernt keine so hohe Ausbildung wie bei N. Uneatus. Von Genitalschläuchen sind fünf Paare, und zwar im 2. bis 0. Abdomensegmente vorhanden. Das Pigment des Magendarmes d) besteht zumeist aus kleinen gelbrothen oder gelb- grünen Partikeln; die seine neurale Medianlinie begrenzenden Zellen sind durch eine lebhaft blaugrüne Färbung ausgezeichnet. N. Benedeni erreicht eine Länge von etwa 10 cm und eine Breite von ungefähr 2 mm. Im Abdomenanfange tritt an Stelle des intensiven Rothes des Thorax eine mehr blass- röthliche Färbung; diese geht in der Abdomenmitte in Braun und schliesslich in Gelb- grün über. Die annähernd reifen Eier^) haben einen Durchmesser von etwa 280 \)., sind grau- braun und enthalten auffallend grosse Dotterkörper. Die Zeit der Geschlechtsreife erstreckt sich von November bis Mai. Vorkommen, LebensAveise iind Verbreitung der Species im Golfe von Neapel. A". Benedeni lebt weder wie N. Uneattis im reinen Sande, noch wie Capitella im putriden Schlamme; vielmehr pflegt unsere Species Mischungen beider, wie sie insbesondere in den kleinen, unvollkommen abgeschlossenen Strandhäfen (scogiiere) zur Ablagerung kommen, auf- zusuchen. Ursprünglich erhielt ich allein Exemplare aus dem Bereiche des C^astello dell' Uovo; nachdem aber durch den grossen Sturm im Jahre 1879 die dortige Fauna vernichtet worden war, stellten sich Vertreter unserer Art im nördlichen (reineren) Theile des Hafens von St. Lucia ein und da sind solche auch heute noch zu finden. Seit der neuen Quai- Regulirung längs der Riviera di Chiaja und Mergellina hat sich N. Benedeni ferner überall a) Taf. 3.T. Fig. 17 und 23. b) Taf. 35. Fig. 20. c) Taf. 1. Fig. l''. d) Taf. 33. Fig. 4. e) Taf. 1. Fig. 1«. a) Bezüglich der möglichen Synonymie dieser Form mit N. ruhicumhis vorgl. p. 803. 816 T). Systematisch - Faunistischer Theil. da angesiedelt, wo I,andungsplätze i;nd Häfen errichtet worden sind, also in der sogenannten "Loggetta der Villa«, sowie im kleinen »Hafen der Mergellina«. Ich konnte verfolgen, wie an den eben genannten beiden Punkten N. Uneatus sich zurückzog und anstatt seiner N. Bene- deni sich einstellte. Dass lediglich die Vermischung des Sandes mit Detritus, wie es die Eindämmung mit sich brachte, hierfür entscheidend war, geht daraus hervor, dass wenige Meter von den betreffenden Häfen entfernt, wo der Sand rein geblieben, kein Exemplar von N. Benedeni, wohl aber solche von N. Uneatus anzutreffen sind. Für diese beiden gleicherweise die Uferstellcn in einer Tiefe von 1 — 3 Meter bewohnenden t'apitelliden-Species giebt also ein gewisser Grad von Ver- unreinigung des Sandes Veranlassung zu vollkommener gegenseitiger Isolirung. Nie habe ich, so nahe sie auch nebeneinander hausen mochten, Exemp lare von beiden Arten vermischt angetroffen. Sonstige Verbreitung der Species. Mittelländ. Meer: Port-Vendres (Pyrenees Orientales), Claparede 1. p. 5. c. p. 5J. Kritili: der CLAPAREDE'sclien Beschreibung. ('lapahede giebt an, dass N. Benedeni, ähnlit-li wie die anderen Arten der Gattung, in seinen hakentragenden Segmenten ein Paar von zwei Lip^ien eingeschlossener Spalten besitze (es sind Seitenorgane gemeint!), dass aber diese Spalten bei der neuen Art nicht wie bei den anderen an den Segmentgrenzen zwischen den Parapodien, sondern in den Segment- mitten ihre Eage hätten, und dass überdies die sonst die Eippen besetzenden steifen Haare liier durch sehr kurze, nicht flimmernde Cilien vertreten seien. Diese Angabe OLAPARiinE's beruht auf flüchtiger Untersuchung: denn nicht nur bei allen Arten von Nutomastus, sondern auch bei aUen Gattungen der Familie behaupten die Seiten- organe unveränderlich ihre Stellung zwischen den neuralen und hämalen Parapodien. AVas Claparede gesehen und gezeichnet hat, waren denn auch nicht Seitenorgane, sondern Poro- phore von Genitalschläuchen. Diese liaben in der Tliat, wenn auch nicht auf den Segment- mitten, so doch etwa auf der (Frenze des ersten und zweiten Dritttheiles der Segmentlängen ihre Lage. Aus dem Vorkommen von Genitalschläuchen (wofür auch das Factum spric:ht, dass C'la- parede bei reifen 2 gefurchte Eier im ('ölom antrafj geht liervor, dass die als N. Benedeni beschriebene Form aus Port-Vendres zur Untergattung Tremomastns gehört. Weiter wird diese Zugehörigkeit erwiesen durch Clapareue's Angabe, dass die Nephridien hellgelbe, halbmond- förmige Körper darstellten und dass die Haken-Köpfe sowie -Zähnchen wenig ausgebildet seien. AVas mich nun veranlasst hat, die neapolitanische Form speciell N. Benedeni zuzu- rechnen, das ist in erster Linie die von ('laparede betonte geringe Breite der ersten Abdomensegmente, welclic auch in unserer Form, wie oben hervorgehoben wurde, ein von I. Specielle Systematik und Faunistik. 1. Beschreibuni? der im neapolitanischen Golfe etc. 817 den anderen Arten so abweichendes Körperansehen bedingt. Sodann die relativ geringe Kör- pergrösse (gegenüber den anderen Arten). Gegen die specifische Einheit könnte geltend gemacht werden, dass nach Claparküe der Pyrenäenform die hexagonale Cuticula-Felderung durchaus abgehen soll, während ich bei der hiesigen diese Felderung nur weniger ausgedehnt (bis zum 6. Segmente) gefunden habe. Die endgiltige Entscheidung der Frage hängt aber davon ab, ob der Pyrenäenform ebenso wie der hiesigen 5 Paar Genitalschläuche zukommen, worauf künftige Unter- siicher achten mögen. Nototnastns {Tremomasttis) jirofundiis^) n. Sp. Synonyme: Capitella major Clap. 1. p. 8. c. p. 276. Thoraxfelderung ungefähr bis zum 10. Segmente scharf hervortretend. Erste Abdomensegmente breit, und dadurch sowie durch die kräftig ausgebildeten neuralen Hakentaschen dieser Segmente kommt ähnlich wie bei N. linmtus ein grosser Gegen- satz zwischen den zwei Körperregionen zu Stande. Haken'^) länger; ihre Köpfe und Zähnchen weniger ausgebildet, als bei N. Benedeni. Ausser den neuralen Parapodien sind auch die hämalen an der Respirationsthätigkeit betheiligt. Im Abdomenanfange kommt es bei letzteren Parapodien nur zu blasenförmigen, mit dem Cölom communicircnden Auftreibungen "=) , weiterhin dagegen, etwa vom 40. Seg- meute ab, gesellen sich diesen hämalen Wülsten ähnliche zipfelförmige Fortsätze oder Parapodkiemen ., sind von gelb-bräun- licher Färbung und enthalten ziemlich grosse Dotterkörper. Die Zeit der Geschlechtsreife fäUt in die Monate Januar bis Juni. Vorkommen, Lebensweise und Yerhreitung der Species im Golfe von Neapel. N. fertilis lebt in einer Tiefe von 5 bis 10 Meter. Meine Exemplare erhielt ich alle aus der zwischen Palazzo Doun'Anna und Capo di Posillij^o gelegenen Zone. Während die Art früher ziemlich häufig war, ist sie (aus mir unbekannten Gründen) im Laufe der letzten zwei Jahre so selten geworden, dass stundenlang fortgesetztes Fischen kaum den Fang von 2 oder 3 Individuen zu ergeben pflegt. Notomasttis formianus n. Sp. Von dieser neuen, aus dem Golfe von Gaeta erhaltenen Noto7nastus-Art lagen nur Frag- mente eines überdies noch ganz jugendlichen Thieres zur Untersuchung vor, und diese genügten nicht, um zu entscheiden, welcher der beiden Untergattungen die fragliche Form einzuver- leiben ist. Ueberhaupt wird die nachfolgende Beschreibung zahlreiche liücken aufweisen, indem ich insbesondere über das Nephridium- und Genital-Systcm im Unklaren geblieben bin. Dass wir aber eine von allen anderen bekannten Not07nastus-V ovmen abweichende, also eine neue Species vor uns haben, das geht allein schon aus dem Verhalten der Respirationsorgane hervor. Thoraxfelderung schwach ausgeprägt; die Felder sind so klein, dass sie in ihrer Gesammtheit auf das blosse Auge weniger den Eindruck von Mosaik, als den von Chagrin machen. Die letzten drei Thoraxsegmente sind um die Hälfte länger, als die vorhergehenden. Die Abdomensegmente sind anfangs von annähernd gleicher Länge wie die letzten drei Thoraxsegmente; weiterhin nehmen sie aber bis zur doppelten Länge zu. Die letzten zwei Thoraxsegmente sind mit hämalen, die sämmtlichen Abdomensegmente (des Fragmentes) dagegen sind mit neuralen und hämalen Parapodkiemen*) ausgerüstet. Die neuralen Parapodkiemen des Abdomens stehen einseitig dorsal, die hämalen dagegen einseitig ventral von den zugehörigen Hakenwülsten. Die Form dieser Kiemen ist die langer, spitz auslaufender Zipfel. a) Taf. 1. Fig. 1^ a) Man vorgl. die Holzschnitte p. 579. I. Specielle Systematik und Faunistik. 1. Beschreibung der im neapolitanischen Golfe etc. 821 Ivänge des ungefähr 40 Segmente zählenden Bruchstückes 1 cm, Breite Vi — V-i mm. Der Thorax zeigt eine tief rothe, das Abdomen eine blassröthliche Färbung. In dem zur Untersuchung gekommenen Fragmente lag allem Anscheine nach ein Jugendstadium der neuen Art vor. Gaeta. Vorkommeii, Lebensweise iiiid Verbreitung der Species. Golf von Gaeta, ca. 30 Meter tief, im schlammigen Sande. Dredgepunkt; Das Thier scheint selten zu sein. Traetto. b. Genus Dasyhranclms'^) . Grube 1. p. 2. (Beschreib, neuer Anneliden) c. p. ICO und 1. p. 2. (Familien der Anne- liden) c. p. 76. Synonyme: Dasymallus (D. caducus) Grube 1. p. 2 (Beschreib, neuer Anneliden) c. p. 160. Notomasttis^) p. p. (N. roseus) Langerhans 1. p. 9. c. p. 99. Capitelliden, deren aus 14 Segmenten bestehender Thorax ausschliesslich mit Pfriemen-, und deren Abdomen ausschliesslich mit Hakenborsten aus- gerüstet ist. Kopflappen entweder klein und stumpf conisch ^), oder relativ gross und eich eiförmig^). Mundsegment ebenso lang, wie die nachfolgenden«), oder um die Hälfte länger^). Die sämmtlichen annähernd gleich langen Thoraxsegmente sind deutlich zweiringelig e) ; die die Eingelung bewirkenden Furchen erscheinen an denjenigen Stellen, an welchen die Parapodien eingepflanzt stehen, nach hinten stark halbkreisförmig ausgeschweift. Letzte zwei Thorax-Segmente dem Habitus der abdominalen sich annähernd. Die ebenfalls zweiringeligen Segmente des Abdomens f) sind von annähernd gleicher liänge, wie die thoracaleu, und zwar weisen sie in allen Regionen bis zum Schwänze gleicher- weise diese Dimensionen auf. Es kann daher hier noch weniger von einem Gegensatze zwi- schen den Segmentlängen der verschiedenen Körperregionen die Red? sein, als bei" Notomastus, und da auch der Uebergang des Thorax in das Abdomen kein so plötzlicher ist, wie in der Regel bei Notomastus, so bieten die unserer Gattung zugehörigen Thiere ein viel gleich- massigeres, im Gesammthabitus an Lumbriciden erinnerndes Ansehen dar. Die neurale LängsmuskulaturS) erstreckt sich im Abdomenanfange entfernt nicht so hoch gegen den Rücken wie bei Notomastus, so dass auch die Seitenlinie viel Aveniger S-förmig gekrümmt verläuft, und die in ihrem Bereiche gegebenen Organe nicht so hoch hämalwärts rücken. a) Taf. 16. Fig. 1. b) Taf. 16. Fig. 0. c) Tai'. 10. Fig. l. d) Taf. 16. Fig. 6. e) Fig. 2 und 6. f) Taf. 16. Fig. 2—4. g) Taf. 21. Fig. 11. a) Vergl. die ausführlichere Beschreibung der Gattung p. lüS — 171 sowie auch Taf. 16 und 17. P) Vergl. bezüglich der Begründung der Synonymie p. 828. §22 ^^- Systi^matisch-Faunistisclier Theil. Grosser Gegensatz zwischen den thoracalen keulenförmigen und den abdominalen wulst- förmigen Paraped ien*}. Im Abdomenanfange steigen die neuralen Tori nie so hoch dorsal- wärts an wie bei Notomastus; auch rücken die nur etwa Vs so langen hämalen Tori in der ge- nannten Leibesregion nie auf die Rückentläche selbst, so dass es bei unserer Gattung (im Gegensatze zu Notomastus) zu keiner Verschmelzung hämaler Tori kommt. Abweichend von allen übrigen ('a])itelliden sind die Haken sjiiralen^) der hämalen Tori ventral (statt dorsal) gelegen. Die Pfriem enborsten'') sind relativ lang, dünn und sehr schwach S-förmig gekrümmt; ihre distalen, sclimalen Säume nehmen etwa V4 — '/s der Gesammtlänge ein. Die Haken<^) sind gegenüber denjenigen von Notomastus durch zwei Anschwellungen ilirer Schafte ausgezeichnet; dem Abdomen entlang nehmen sie stetig an Länge ab, ohne je- doch ihre Form zu verändern, so dass der Gesammtkörper nur zweierlei Borsten aufweist. Die llespirationsorgane sind sowohl durch einfache, als durch zusammengesetzte, total einstülpbare Parapodkiemen^) vertreten. Beide kommen ausschliesslich an den neu- ralen Parapodien, und zwar einseitig dorsal zur Ausbildung. Die zusammengesetzten Organe kommen im retrahirten Zustande in die Nierenkammern zu liegen. Die den Basen der vielfach verzweigten Kopflappennerven einverleibten Sehorgane^) stehen unregelmässig zerstreut und bilden daher auch keinen Pigment-Fleck oder -Streif. Die hämal seitlich auf der Grenze von Kopflappen und Mundsegment gelegenen Wim- per organe^') sind von bedeutender Grösse und werden sowohl von den hinteren, als auch von den seitlichen Gehirnganglien innervirt. SeitenorganeS) finden sich vom ersten bis zum letzten borstentragenden Körper- segmente. Becher Organe kommen im llüssel, auf dem Kopflappen und auf dem Thorax vor. Der Magendarm,') ist annähernd vom gleichem Durchmesser wie der Oesophagus und lässt ly mjihatische Zelldivertikel^) fast immer erkennen. Das Gehirn!) besteht aus drei durch grosse Selbständigkeit ausgezeichneten (jlanglien- paaren. Der Bauchstrang™) ist von durchaus cölomatischer I-age; seine Neurochorde erreichen eine noch kräftigere Ausbildung, als diejenigen von Notomastus. Die sQhleifenförmigen Nephridien") beginnen meist im letzten Thoraxsegmente und wiederholen sich von da ab dem ganzen Abdomen entlang in streng segmentaler Anordnung. Ihre inneren löfFelförmigen Mündungen liegen in der Nähe der vorderen Segmentgrenzen, ihre äusseren, in wenig hervorragenden Hauthöckern endigenden dagegen im Bereiche der Seg- mentmitten. Vom Abdomenanfange bis zur Abdomenmitte nehmen die Nierenorgane sehr allmählich an Volumen zu, um von da bis zur Schwanzregion ebenso wieder abzunehmen. a) Tat'. IG. Fig. 2—1. b) Taf. 22. Fig. 8 und 9. c) Taf. 17. Fig. 8". Taf. ;^2. Fig. 1, 2, 6 untl 7. d) Taf. 17. Fig. 8\ und S^ Taf. ;12. Fig. 3—5 und Fig. 8—9. e) Taf. 10. Fig. 3. Taf. 17. Fig. 6 und 7. f) Taf. 17. Fig. 2. Taf. 20. Fig. 10. g) Taf. 10. Fig. 2—1. h) Taf. 10. Fig. 9. i) Taf. 19. Fig. 5. k] Taf. 17. Fig. 1 und 2. 1) Taf. 22. Fig. 1 und 14. m) Taf. 34. Fig. 18—20 und Fig. 21—23. I. Specielle Systematik und Faunistik. 1. Beschreibung tler im neapolitanischen Golfe etc. 823 Ausser an der Genitalplatte geht die Entwickelung von Geschlechts produkten aucli noch an anderen Stellen des Peritoneums, insbesondere an den Darmmesenterien vor sich. Es kommen weder umfangreiche Eierstöcke, noch Eierstocksmembranen und Eifollikel zur Aus- bildung. Der sterile thoracale Keimstock fehlt. Genitalschläuche'ij können vom letzten Thorax- bis zum 40. oder CO. Abdomen- segmente auftreten, und zwar je nach Altersstufen, Individuen und Species entweder in orga- nischem Zusammenhange mit Nephridien, oder relativ unabhängig neben solchen, oder endlich (in Folge von Rückbildung der zugehörigen Nephridien) ganz unabhängig von solchen. Kritik der Genus-Diagnose Grube' s. Grübe hat zwei Diagnosen gegeben; die eine zur Zeit als er die Gattung aufstellte'), die andere gelegentlich seiner Beschreibung^) philippinischer Dasi/branchus-Arten. Ich halte mich natürlich allein an diese letztere ausführlichere, welche folgendermaassen lautet: »Corpus longius vermiforme, ex tereti quadranguhun, segmeiitis biannulis, numerosis, portioues 2 speciei haud ita valde differentis componentibus, anteriorem breviorem, posteriorem multo longiorem. Lobus capitalis obtuse conoideus vel rotundatus. Segmentum buccale nudum. Segmenta cetera portionis anterioris 13, utrinque fasciculum setarum dorsualem et ventralem gerentia; setae simplices capillares. Segmenta sectionis posterioris illis plus minus breviora, utrinque torum uncinigerum dorsualem et ventralem ferentia; uncini manubrio elougato instrueti ; segmenta postrema saepius branchiis, margini dorsi laterali affixis munita. Branchiae segmentis posterioribus attributae, plus minus lamosae, fasciculosae, interdum desideratae (forsan retractae). Pharynx exsertilis brevis, oviformis, nuda. Die zwei hinsichtlich ihrer Länge so verschiedenen Körperregionen, das borstenlose Mundsegment, der vorstülpbare, unbewaffnete Rüssel, Alles dies sind keine Gattungs-, son- dern Familiencharaktere. Die für die Haken betonte Schaftlängc kann überhaupt nicht mehr als Merkmal einer Gattung in Betracht kommen, welche Arten verschiedener Körpergrösse um- fasst. Kiemen sind stets vorhanden und daher, wo sie nicht wahrnehmbar, als zurückgezogen zu betrachten. Von den Charakteren der GRUBE'schen Diagnose bleiben demnach allein zu Recht bestehen: die Zahl der Thoraxsegmente (14) und ihre ausschliessliche Versor2;ung mit Pfriemenborsten gegenüber dem lediglich Haken tragenden Abdomen. DasybranchuS CaducUS^) Geube 1. p. 2. (Beschr. neuer Anneliden) c. p. 160 und 1. p. 2. (Familien der Anneliden) c. p. 70. Synonyme: Dasijmallus caducns Grübe 1. p. 2. (Beschr. neuer Anneliden^ c. i>. 166. Dusyhranchus cirratus Grube 1. p. S. c. p. 28. a) Taf. IG. Fig. 9—14. b) Taf. 1. Fig. 2. 1) 1. p. 2 (Beschreib, neuer Anneliden) c. p. 16C. 2) 1. p. 9 (Annulata Semperiana) c. p. 189. Jj24 ^- Systematisch -Fauuistischer Theil. Synonyme: Dasi/hiunchus umhritius Gruüe 1. p. 8 c. p. 189. Dasyhranchus lumhricoides Grube 1. p. 8. c. p. 190. Notomastus roseus Langerh. 1. p. 9. c. p. 99. Dasyhranchus sp. M'Intosii 1. p. 10. c. p. 390. Kopf läppen relativ klein, stnmpf-conisch. Mnndscgment^^) so lang wie die folgenden. Tlioraxfelderung bis etwa zum 8. Segmente deutlich. Ilaken'^) schlank; deren mittlere Anschwellung Avenig scharf hervortretend. Die einfachen Parapodkiemen'^) sind bald kräftig, bald schwach ausgebildet, und zwar im ersteren Falle hauptsächlich im Abdomenanfange. Die zusammengesetzten <=) Organe pflegen vom 20. Abdomensegmente ab klein und wenig verzweigt aufzutreten; weiterhin wächst aber sowohl ihr Volumen, als auch die Zahl ihrer Fäden stetig (letztere bis etwa auf 20), um am Abdomenende wieder auf die anfänglichen Verhältnisse herabzusinken. Blutscheiben^) grünlich gelb, meist mit zahlreichen sowie umfangreichen gelbbraunen Excretbläschen. Magendarm?) intensiv gefärbt, und zwar aussen orangegelb bis röthlich, innen anfangs gold- und weiterhin grüngelb. Die gelb- oder dunkelbraun gefärbten, der liängsaxe des Körpers parallel gerichteten Nephridien'") erscheinen im grössten Theile ihres Verlaufes von den Leibeswandungen ab- gelöst. Ihre äusseren Mündungen durchbrechen im Abdomenanfange den Hautmuskelschlauch auf der Höhe der Seitenlinie, weiterhin sinken aber diese Mündungen auf das Niveau der ver- zweigten Kiemen herab. Die Genitalschläuche') treten in den entsprechenden Segmenten entweder zugleich mit und relativ unabhängig von den Nephridien auf (Typus Dasyhranckus caducus s. str.), oder sie bilden sich auf Kosten der 'J richtcr der respectiven Nephridien, welch' letztere sodann in dem Maasse, als diese Ausbildung vor sich geht, successive der Rückbildung anheimfallen (Tyj)us Basyhranchus Gajolae). D. caducus erreicht eine Länge von über 1 Meter und eine Breite von ca. l'A cm; die meisten Thiere pflegen aber 20 — 40 cm in der Länge und ca. 1 cm in der Breite nicht zu überschreiten. Die Färbung des Thorax ist tief blutroth, diejenige des Abdomens dagegen gelbgrün, so dass sich die an diesem Körpertheile ausgestreckten, lebhaft hellrothen Kiemen sehr scharf abheben. Die annähernd reifen, graugelben Eier'^j haben einen Durchmesser von 120 jjt; ihre Dotterkörper sind sehr klein. Die Zeit der (ieschlechtsreifc erstreckt sich von Februar bis August. a) Taf. 16. Fig. 1. b) Taf. 17. Fig. S'' und 8'^. Tal'. 32. Fig. 3—5. c) Taf. 16. Fig. 2—4. d) Taf. IG. Fig. 3. Taf. 17. Fig. 6. Taf. 22. Fig. 14. Taf. 23. Fig. 2. e) Taf. 35. Fig. 27. f) Taf. 33. Fig. 8-1(1. g) Taf. 34. Fig. 18. Taf. IG. Fig. 2—4. Taf. 23. Fig. 7. h) Taf. IC. Fig. 9—12. I. Specielle Systematik und Faunistik. 1. Beschreibung der im neapolitanischen Golle etc. §25 Ucbcr die Variationsveiiiältnisse der Species. D. cachicus ist diejenige C'apitellidenart, deren Individuen durch die grösste Variabilität ausgezeichnet sind. Vor allem erreichen bei einzelnen Thieren im Abdomenanfange die Hakenwülstc und Hakentaschen eine so starke Ausbildung, dass ein ähnlicher Gegensatz der beiden Leibesre- gionen wie bei Notomastiis zu Stande kommt, wogegen bei anderen dieselben Wülste und Taschen umgekehrt kaum erkennbar sind und in Folge dessen solche Exemplare (besonders im contra- hirten Zustande) mehr an liumbriciden, als an Capitelliden erinnern''). Allein der durch dieses verschiedengradige Torusrelief verursachte Habituscontrast ist schon so gToss, dass Jeder, dem etwa nur Exemplare der zwei Extreme vorlägen, sich scheuen würde, sie in einer Species zu vereinigen. Und doch lehrt die Untersuchung zahlreicher Exemplare, dass diese Extreme durch die verschiedensten Uebergänge vermittelt werden, also systematisch werthlos sind. Von inneren Organen sind es insbesondere die Nephridien, respective ihre Beziehungen zu den Genitalschläuchen, welche grosse Schwankungen darbieten. Es treten nämlich entweder die beiderlei Organe unabhängig von einander, oder aber, ähnlich wie bei D. Gajolae, in Ab- hängigkeit von einander auf. Dass auch auf diese Divergenz keinerlei specifische Unterscheidung liegründet werden kann, indem sie bald an jungen, respective kleinen, bald an alten, respective grossen, ferner bald an Notomastiis ähnlichen, bald an Lumbricus ähnlichen, und endlich bald an Exemplaren von diesem, bald an solchen von jenem »Habitat« auftritt — dies wurde in einem vorhergehenden Theile auf Grund einer speciell daraufhin gerichteten Untersuchung schon zu erweisen gesucht'). Und ein Gleiches gilt endlich für die Variationen in der Körpergrösse, indem es mir nicht gelungen ist, an jenen seltenen, bis über 1 Meter liänge erreichenden Individuen irgend welche Charaktere ausfindig zu machen, die auch nur zur Aufstellung einer besonderen Varietät hätten verwendet werden können. Vorkommen, Lebensweise und Verbreitung der Species im Golfe von Neapel. D. caducus wird am häufigsten aus einer Tiefe von ungefähr 1 0 Metern, und zwar längs der Küste von San Giovanni a Tedduccio bis zur Punta di Posillipo im reinen Sande gefischt. Viele Exemplare verschmähen es aber auch nicht einerseits bis zum Strande, und andererseits bis zu etwa 30 Meter Tiefe vorzurücken, so -dass unsere Art die Wohnbezirke aller der im reinen Sande lebenden Notomastus-Arten (so\Yie auch diejenigen von Mastohranchus und Hetero- mastus) theilt. Mit Vorliebe haust sie auch (ähnlich wie Notomastiis lineatus) zwischen den Wurzeln von Posidonieu- Wiesen. . 16. Fig. 2—4. Neapel. Civpitelliclen. ]()4 a) Taf. 1 Taf 2" b) Taf a) Vergl. p. 1 90- -199 ool. .SUti n ... Neape , Faun a iin,l riora Gol rvon 826 ^- Systematisch- Faimistischei- Theil. D. caduats gehört zu den häufigeren Capitelliden. Man kann das ganze Jahr liindurch auf einzelne Exemplare rechnen ; besonders zahlreich erhielt ich jedoch solche zur Zeit ihrer Geschlechtsreife. Sonstige Verbreitung der Species. Mittelmeer. Mittelländ. Meer: Küsten, (Otto) Guube 1. p. 2 (Beschr. neuer Anneliden) c. p. 166; Port-Vendres (Pyrenees Orientales)? Claparede 1. p. 5. c. p. 60'-'). Adriatisches Meer: Insel Lussin, I^ussin piccolo im Hafen, 19- — 20 Faden; Crivizza 20 Faden, Grube, A. Die Insel Lussin und ihre Meeresfauna Breslau, 1864. p. 86; C^herso, Stossich (fide Carus 1. p. 10. c. p. 249). Atlantischer Ocean. Canarische Inseln: Madeira, Langerhans 1. p. 9. c. \). 99. Indischer Ocean. Nicobaren: Nangkauri (Grube schreibt Vankauri), Grube 1. p. 8. c. p. 28. Grosser Ocean. Chinesisches Meer: Philippinen, Bohol, Grube 1. p. 8. c. p. 189 u. 190. Japanesisches Meer: Südlich von Jedo (34" 18' N. 133" 35' E.), in blauem Schlamme, 15 Faden, M'Intosh 1. p. 10. c. p. 390. Kritik der (jRüBE'schen Besclireibnng. Dass die Kiemen nicht hinfällig, wie Grube anfänglich meinte und durch den Species- Namen »caducnsv ausdrückte, sondern vielmehr retractil sind, dies wurde schon durch Claparede') richtig gestellt. Aus dieser ihrer Retractilität erklärt sich auch das Schwankende der Angaben über das erste Auftreten der Kiemen am Abdomen. Was Grube von den Borsten beibringt, kann zur Charakterisirung der Species nichts beitragen ; überhaupt enthält seine Diagnose fast ausschliesslich Gattungsmerkmale. Bei dieser Gelegenheit möchte ich auch zwei Angaben von Sars'-) richtig stellen, welche den GRUBEsc^ien Dasj/branchns von Notomastiis unterscheiden helfen sollten. Die erstere Form, meinte nämlich genannter Autor, weiche von der letzteren durch den paiiillcnlosen Rüssel sowie dadurch, dass die Thoraxsegmente nicht zweiringelig seien, ab. Es ist nun aber im Gegentheil der Rüssel von Dasyhnmchus ebenso wie der aller übrigen Capitelliden mit Papillen ausgerüstet, und die Zweiringeligkeit seiner Thoraxsegmente kommt zu so scharfem Ausdrucke, wie nur bei irgend einer Form der Familie. a) Vergl. p. 830. 1) 1. p. 5. c. p. 57. 2] 1. p. 2. (Fauna littoralis) c. p. 11. I. Specielle Systematik und Fuunistik. 1. Beschreibung der im neapolitanischen Golfe etc. 827 Begründung der Synonymic. Nach zwei, wie er selbst hervorhebt, »stark contrahirten, mehrfach zusammengewundenen und deshalb nicht leicht zu untersuchenden Exemplaren« aus dem indischen Ocean beschrieb Grube die Species D. drratus. Alles, Avas genannter Autor bezüglich der Körper-Form und -Färbung, sowie hinsicht- lich der Kopflappen-Form und -Ringelung vorbringt, ist, weil lediglich durch Contractions- verhältnisse bedingt, hinfällig. Die meisten in der Diagnose enthaltenen Charaktere ferner, wie der Besitz von Augen, der Mangel der Borsten am Mundsegmente, der mit Papillen besetzte, vorstülpbare Küssel, die Ausrüstung von 1 3 Thoraxsegmenten mit Pfriemen- und die Ausrüstung des Abdomens ausschliesslich mit Hakenborsten, sind wohl Gattungs-, nicht aber Artmerkmale. Auch das für die Form- und Lagerungs- Verhältnisse der Parapodien sowie der Borsten Hervorgehobene begründet keinerlei wesentliche Unterschiede gegenüber der typischen Species. Und das Gleiche gilt endlich auch für dasjenige Merkmal, auf das Grube besonderen Werth zu legen schien, nämlich für die angebliche Formverschiedenheit der Kiemen; denn die von genanntem Autor geltend gemachten Unterschiede in der Verzweigung sowie in der Zahl ihrer Aeste, werden lediglich durch die Körperregion sowie durch die Grösse, respective das Alter der betreffenden Thiere bedingt. Grube sagt: »Wenn diese Exemplare ausgewachsen waren, so unterscheidet sich diese Art schon durch die geringe Grösse von D. caducus, abgesehen davon durch die Gestalt der Kiemen etc.« Diese (53 und 63 mm langen) Exemplare waren nun aber nicht ausgewachsen, sie waren vielmehr jugendliche, und zwar jugendliche Exemplare von Basyhranchus caducus. Die zweite von Grube als neu beschriebene Form, nämlich D. umbrinus, stammte aus den Philippinen, und da es sich auch in diesem Falle um conservirte Thiere handelte, so müssen zunächst alle auf die Körper-Form und -Farbe bezüglichen Angaben als durchaus werthlos bezeichnet werden; ebenso diejenigen, welche sich auf Grösse- und Form-Verschieden- heiten des Kopflappens und der Parapodien stützen. Irrelevant sind ferner die auch hier wiederum der Artdiagnose eingefügten Gattungscharaktere. Und die nach Ausschaltung alles dessen noch übrig bleibenden Angaben, wie zum Beispiel diejenigen über die Borstenform, sind so unbestimmt, dass sie für irgend eine Capitellide gelten könnten. Die »nicht beob- achteten Kiemen« waren natürlich zurückgezogen. Nach alledem ist es mir nicht zweifelhaft, dass auch die als D. umhrinus aufgeführten (42,5 und 58 mm langen) Capitelliden lediglich jugendliche Exemplare der typischen Art, nämlich von D. caducus darstellten. Ebenfalls aus den Philippinen stammte der dritte von Grube als neu betrachtete Dasj/branchus, nämlich D. lumbricoides. Abgesehen von den bedeutungslosen Abweichungen der Körper-Form und -Färbung, sowie der angeblichen Dimensions-Verschiedenheiten des Kopflappens und der Borsten wurde von Grube hauptsächlich das glatte, an Lumhrkus erinnernde Ansehen betont. Es traten näm- S28 D. Systematisch- Faunistischcr Theil. lieh bei dem betreffenden Thiere die abdominalen Hakenwülstc nicht wie bei D. cadiicus und D. cirratiis über die Körjjeroberfläche hervor, sondern sie machten sich nur »als ganz feine messinggelbe Linien« bemerkbar. Wir wissen aus dem Vorhergehenden«), dass D. caducus gerade nach dieser Richtung hin grosse Variationen darbietet, dass zwischen Exemplaren die Eegen- wurm-artig glatt, und solchen, die Notomastus-a.Ytig mit Vorsprüngen besetzt erscheinen, sich die verschiedensten Uebergänge vorfanden, und so unterliegt es mir denn auch keinem Zweifel, dass das von Grube neu benannte Thier in Wahrheit zur Species D. caducus gehört. Die geringfügigen Abweichungen gegenüber den zwei anderen philippinischen Exemplaren (nämlich gegenüber D. cirratiis) erklären sich allein schon aus der Grössendifferenz (135 gegenüber 58, respective 42,5 mm). Die »nicht beobachteten Kiemeir« müssen auch hier als retrahirt betrachtet werden. Eine 1 cm lange Capitellide der (Janarischen Inseln wurde von T;Angerhans wegen ihrer grösseren Anzahl der Thoraxsegmentc (14 statt 12) als neue Nufumasfus- Art, nämlich als N. roseus aufgeführt. Diesem Autor war dabei offenbar nicht gegenwärtig, dass der Besitz von 12 Thorax- segmenten längst als ebenso maassgebend für dass Genus Notomastus, wie derjenige von 14 für dasjenige von Dasyhranchus gilt. Die zusammengesetzten Parapodkiemen, welche sonst noch die Unterscheidung des letzteren Genus vom ersteren erleichtern helfen, müssen bei dem jugendlichen canarischen Exemplare entweder noch nicht ausgebildet, oder aber zurückgezogen gewesen sein. Aus der Angabe von Langerhans, dass vom 15. Segmente ab braungelbe Segmentalorgane vorhanden waren, schliesse ich, dass N. roseus ein sehr jugendliches Exemplar der typischen Species darstellte, indem bei ihr die Nephridien eben diese Färbung, bei der anderen Species dagegen, nämlich bei D. Gajolae, eine hellgelbe Färbung aufweisen. Das letzte der von mir aufgeführten Synonyme endlich betrifft ein kopfloses, 6 mm breites Fragment einer Challenger- Annelide. Mit Recht hat M'Intosh diesen aus Japan stammenden Torso als Dasyhranclms bezeichnet. Aber aus der von genanntem Autor gegebenen Beschreibung und Abbildung geht nicht nur so viel hervor, sondern es lässt sich auch fest- stellen, dass das betreffende Exemplar zur Species D. caducus gehört; insbesondere die für diese Art in einigermaassen ausgewachsenem Zustande so charakteristische Parapodien- und Kiemen-Configuration lässt gar keine andere Deutung aufkommen. Dasybranclius Gajolae n. Sp. Synonyme: Dasi/branchus caducus Ct-atarkde 1. p. 5. c. p. 56. (excl. syn. Grube!) Kopflappen'i) relativ gross, eicheiförmig. a) Taf. IG. V\^. 6. a) Vergl. p. 825. I. Specielle Systematik und Faunistik. 1. Beschreibung der im neapolitanischen Golfe etc. 829 Mundsegment*) um die Hälfte länger, als die nachfolgenden. Thoraxfelde rung nicht so stark hervortretend wie bei der GRUSE'schen Species. Die Hakenspiralen der hämalen Parapodien sind vom 2ü. bis 30. Abdomensegmente ab durch mehr oder weniger langgestielte, keulenförmige Anhänge, die sogenannten «Para- pod-Spiraldrüsen''), ausgezeichnet. Diese Drüsen erreichen in der Abdomenmitte ihre höchste Ausbildung und sind, da sie überdies silberfarben durch die liämalen Leibeswandungen hin- durchschimmern und vom Blutstrome hin und her bewegt werden, meistens schon am unver- letzten Thiere mit unbewaffnetem Auge wahrnehmbar. Hakenf^) plump; deren mittlere Anschwellung scharf hervortretend. Die einfachen Parapodkiemen stets sehr schwach ausgebildet. Die etwa im 40. Ab- domensegmente beginnenden zusammengesetzten«^) weisen selbst in der Region ihrer höchsten Ausbildung selten mehr als 4 — 6 relativ voluminöse Fäden auf. Sie kommen nie so deutlich zum Vorscheine wie bei der anderen Art. Blutscheiben<=) gelblich grün; ihre meist wenig zalilreichen und kleinen Excretbläs- chen hellgelb. Magendarm viel weniger intensiv gefärbt, als bei der anderen Species. Die gold- oder schwefelgelben, rechtwinklig auf die Körperaxe gerichtet verlaufenden Nephridienf) sind fest mit der neuralen Längsmuskulatur verwachsen; ihre äusseren Mün- dungen durchbrechen dem ganzen Abdomen entlang den liautmuskelschlauch auf der Höhe der Seitenlinie. Die Genitalschläucheg) bilden sich stets auf Kosten der entsprechenden Nephridium- Trichter aus und in dem Maasse, als diese Trichter-Umwandlung von den vorderen nach den hinteren Segmenten zu fortschreitet, erliegen die zugehörigen Nephridien successive der Rück- bildung (Typvis Dasyhranchus Gajolae). D. Gajolae erreicht eine Länge von 12 cm und eine Breite von 3 mm; die meisten Exemplare jedoch pflegen nicht über 5 — 6 cm lang und 2 mm breit zu sein. Die Färbung des Thorax ist schwach blutroth, diejenige des Abdomens rosa. Die annähernd reifen Eier*) haben einen Durchmesser von 180[x. Die Zeit' der Geschlechtsreife dauert wahrscheinlich von Mai bis Juli. Vorkommen, Lebensweise und Verbreitung der Species im Golfe von Neapel. Während die im Vorhergehenden beschriebenen Capitelliden fast ausschliesslich im Sande leben und sich, wie ihr Darminhalt beweist, auch ausschliesslich von den organischen Beimengungen des Sandes ernähren, haben wir es in D. Gajulae mit einer Form zu thun, a) Taf. 16. Fig. 6. b) Tat. 16. Fig. 14 und 15. Taf. 22. Fig. 8 und 9. c) Taf. 32 Fig. 8 und !). d) Taf. 17. Fig. 7. Taf. 22. Fig. S. e) Taf. 35. Fig. 34. f) Taf. 34. Fig. 21. Taf. 23. Fig. 12. g) Taf. 16. Fig. 13. *) Farbe und Beschaffenheit des Dotters wurde in dem einzigen Falle, in dem mir Exemplare mit reifen Eiern zu Gesicht kamen, zu notiren vergessen. S30 1^' Systematisch - Faunistischer Theil. welche uieniiils anders, als in den Sclilu})f\vinkelu der die verschiedenen »Seccen«") bedecken- den Kalkalgen angetroffen wird ; insbesondere auf Sccca di Gajola, Secca di Benta Palumnio lind Secca di Forio in Tiefen voix 40 — 80 Meter. Die Nahrung scheint lediglich aus Detritus zu bestehen. Bis zum Jahre 1884 pflegte mir jede Dredge-Excursion eine Ausbeute von 4 — 6 Exem- plaren zu ergeben; seit genanntem Jahre aber ist diese Ausbeute (aus mir unbekannten Grün- den) immer geringer geworden, so dass heute D. Gajolae zu den seltenen Arten des Golfes gerechnet werden muss. Sonstige Verbreitung der Species. Mittelländ. Meer: Port-Vendres (Pyrences Orientales), Clai'Aredk 1. p. 5. c. p. 56. Begründung der Synonymie. Dass die von C'LArARi'.DE in Port-Vendres aufgefundene und Dasjjhraiichits cadacus Grure zugerechnete Capitellide eins ist mit der im Vorhergehenden von mir als D. Gajolae be- schriebenen Art, geht allein schon daraus hervor, dass die Pyrenäenform mit Parapod-Spiral- drüscn ausgerüstet ist, also mit Organen, die der GnuBE'schen Art durchaus abgehen, und daher auch nicht, wie Claparede meinte, von Gruüe übersehen worden waren. Claparede ist sich zwar über das Verhältniss dieser Drüsen zu den Parapodien nicht klar geworden, indem er irrthümlich den ersteren »äussere Mündungen« zusj^richt und die Möglichkeit ihrer Homologie mit Nephridien erwägt; aber aus seiner Beschreibung geht doch unverkennbar hervor, dass er dasselbe Organ vor sich hatte, dem ich den Namen Parapod-Spiraldrüse bei- gelegt habe. Was ferner zu Gunsten der fraglichen Synonymie spricht, ist die Angabe Claparede's, dass die Kiemen erst vom 50. Körpersegmente an auftreten, indem das wohl mit den an D. Gajolae (40. Abdomensegment), nicht aber mit den an D. caducus (20. Abdomen- scgment) gemachten Befunden übereinstimmt. Sodann auch die Angabe, dass die hexagonale Thoraxfelderung undeutlich erscheine; denn wir haben gesehen, dass dies wohl für D. Gajolae, nicht aber für D. caducus zutrifft. Endlich die angeführten Körperdimensionen (5 cm lang, 2 — 3 mm breit), da so kleine Exemi)lare von D. caducus nur selten vorkommen. Claparede sagt am Schlüsse seiner Abhandlung, dass er, ausser diesen kleinen von ihm als D. caducus beschriebenen Exemplaren, auch 15 — 18 cm lange und fast 1 cm breite an- getroffen habe, welche »wegen der Undurchsichtigkeit ihrer Wandungen« die Parapod-Spiral- drüscn nicht erkennen Hessen, dass er ferner Port-Vendres verlassen musste, ohne, wie es seine Absicht war, diese grossen Exemplare einer anatomischen IJntersuclumg unterziehen zu können. *) »Secca« bedeutet «felsiger unterseeischer Hügeln. I. Specielle Systematik und Faunistik. 1 . Beschreibung der im neapolitanischen Golfe etc. 831 In diesen grossen Exemplaren lagen aber aller Wahrscheinlichkeit nach solche der GRUBESchen Species vor; daher der Mangel von Parapod-Spiraldrüsen. Wäre Claparede dazn gekommen, die grossen Thicrc zu untersuchen und ihre Identität mit D. caducus festzustellen, so hätte er auch sicherlich die Artverschiedenheit der kleinen erkannt. c. Genus Mastohranchns) n. Gen. Capitellidcn, deren aus 12 Segmenten bestehender Thorax ausscliliesslich mit Pfriemen-, und deren Abdomen hämal eine Strecke hindurch mitPfriemcn- nnd Hakenborsten, neural dagegen ausschliesslich mit Hakenborsten aus- gerüstet ist. Kopflappen") lang, spitz-conisch und walzenförmig. Munds egmcnt^) um die Hälfte länger, als die nachfolgenden. Von den annähernd gleich langen Thorax-Segmenten«) sind nur die hinteren deut- lich zweiringelig. Die Segmente der vorderen Ab domen-Region'^) erreichen nahezu die doppelte Länge der thoracalen und sind gleichmässig walzenförmig; diejenigen des Abdomenendes e) verkürzen sich bedeutend, ihre Vordertheilc sind schmäler, als ihre Hintertheile, und dadurch, dass letztere von Segment zu Segment auf erstere übergreifen, kommt ein strobilaartiges Ansehen zu Stande. Gegenüber den vorhergehenden Gattungen ist demnach hier ein grosser Gegensatz zwischen den Zoniten der verschiedenen Körperregionen, tuid zwar sowohl der Form, als auch der Dimension nach, zu constatiren. Trotz dieses Gegensatzes bietet aber Mastohrandms dem blossen Auge ein glatt walzenförmiges, spulwurmartiges Ansehen dar'), indem erstens der Liebergang von Thorax und Abdomen ein sehr allmählicher ist, zweitens die verschiedenartigen Körperfortsätze (Parapodzungen , Kieijien) wenig zum Vorschein kommen und endlich auch die erwähnten Unterschiede der Zoniten -Form und -Dimension nur bei genauem Zusehen erkannt werden. Die neurale I.ängsmuskulaturS) ist im Abdomenanfange fast ebenso mächtig ent- wickelt wie bei Notomastiis, so dass auch die Seitenlinie ähnlich lioch gegen den Rücken ansteigt, respective ähnlich stark S-förmig gekrümmt verläuft. Die Fasern 1^) der genannten Muskulatur sind von dachziegelförmigem Querschnitte und stehen reihenförmig untereinander geordnet*). Die transversale Muskulatur') ist neural nicht wie bei den übrigen Gattungen im Fasersysteme des Hautmuskelschlauches, sondern am Bauchstrange befestigt. a) Tai". 24. Fi^. 1. b) Taf. 24. Fig. 1. c) Tat'. 24. Fig. 2. d) Taf. 24. Fig. 2. e) Taf. 24. Fig. 3 und 4. i) Taf. 1. Fig. 3. g) Taf. 24. Fig. 2. h) Taf. 25. Fig. 7. Taf. 26. Fig. 4 und 5. i) Taf. 25. Fig. 7—9. a) Vergl. die ausführlichere Beschreibung der Gattung p. 204 — 207, sowie auch Tafel 24. *) Form und Anordnung dieser Fasern ist so charakteristiscli, dass ein Querschnittsfragment genügt, um daran unsere Gattung zu erkennen. 832 1^- Systematisch -Faunistischei- Theil. Grosser Gegensatz zwischen den thoracalen keulenförmigen, und den abdominalen wnlstförmigen Parapodien'^). Im Abdomenanfange reichen die neuralen Tori bis zu den Flanken des Rückens herauf und es kommen daher die nur etwa '/s so langen hämalen, älmlich wie bei Notomastiis, auf die RückenÜäche zu liegen; weiterhin jedoch gleicht sich dieser Dimensions- und Lagerungs-Contrast der beiderseitigen Tori immer mehr aus. In der hinteren Abdomenregion laufen die hinteren Segmentränder'') je in vier zungenförmigc, bilateral- symmetrisch angeordnete Fortsätze aus, und auf diesen hauptsächlich, hämal ausgebildeten Fortsätzen stehen die Parapodien eingepflanzt. Die Pfriemenborsten'') sind relativ kurz, plump und ziemlich stark S-förmig ge- krümmt; ihre distalen, relativ breiten Säume nehmen ungefähr die Hälfte der Gesammt- länge ein. Die Hake nborsten'l) sind schlank und wenig S-förmig gekrümmt; ihr Hals ist kürzer und schärfer abgesetzt, als bei den vorhergehenden Gattungen. Diesen gegenüber ist ferner für Mastohranchus bezeichnend, dass die Haken der verschiedenen Abdomenregionen sehr auf- fallende Grössenunterschiede darbieten, und zwar nehmen die hämalen (längeren) von vorn nach hinten in selir hohem, die neuralen (kürzeren) dagegen in sehr geringem Grade an Grösse ab, so dass am Abdomenende beide ähnliche Dimensionen aufweisen. Die Ilespirationsorgane sind sowohl durch einfache, als durch zusammengesetzte, total retrahirbare Parapodkiemen vertreten. Die einfachen^) kommen lediglich im Abdomenanfange, und zwar neural als wenig umfangreiche Hakentaschen zur Ausbildung; die zusammengesetzten ^j umgekehrt nur im Abdomenende, und zwar hämal unter jenen Segment- fortsätzen, auf denen die Parapodien eingepflanzt stehen. Während bei Dasyhrandms die Zu- rückziehung der zusammengesetzten Kiemen (in die Nierenkammern) derart vor sich geht, dass jeder einzelne Faden handschuhfingerförmig eingestülpt wird, können bei Miustohranckus die entsprechenden Organe nur in toto in das Cölom eingestülpt werden, und zwar kommen sie dann (anstatt in die Nieren-) in die Darmkammern zu liegen. Die ähnlich wie bei Notomastus von einem besonderen Gehirnlappen (Sehlappen) inner- virten Sehorgane?) bilden zwei hämal — seitlich an der Basis des Kopflappens — gelegene Pigmentstreifen. Die hämal seitlich auf der Grenze von Kopf läppen und Mundsegment gelegenen Wimperorgane'') sind von massiger Grösse und werden durch die hinteren Gehirnganglien innervirt. Seitenorgane') finden sich in allen borstentragenden Segmenten ausgebildet. Der Gegensatz zwischen thoracalen und abdominalen Organen kommt aber zu. keinem so scliarfcn Ausdrucke wie bei den vorhergehenden Formen, indem die thoracalen weder so hochgradig retractil, noch die abdominalen so stark über das Hautniveau hervorragend sind. a) Taf. 24. Fig. 1—3. b) Taf. 24. Fig. 3. Taf. 25. Fig. 5 und 6. c) Taf. 10 und 11. d) Taf. 32. Fig. 12—14. e) Taf. 24. Fig. 2. f) Taf. 24. Fig. 3. Taf. 25. Fig. S und 9. g) Taf. 24. Fig. 1 und 0. h) Taf. 24. Fig. ü. Taf. 25. Fig. 1 und 2. i) Taf. 24. Fig. 1—3. Taf. 25. Fig. 7. I. Speclelle Systematik und Faunistik. 1. Beschreibung der im neapolitanischen Golfe etc. 833 Becherorgane kommen nicht nur am Kopflappen, Rüssel und Thorax, sondern auch über das ganze Abdomen zerstreut vor. Der den Oesophagus im Durchmesser nicht übertreffende Magendarm pflegt in seinem vorderen und hintersten Abschnitte gefärbte, lymphatische Zelldivertikel*) erkennen zu lassen. Sehr charakteristisch für unser Genus ist ein in der mittleren Magendarmregion, ins- besondere hämal durch Spaltung der Darinmuskulatur zu Stande gekommener, mit einer gelb- lichen Flüssigkeit erfüllter Sinus''). Das Gehirn'') besteht aus zwei hauptsächlich in der Queraxe verschmolzenen Ganglien- paaren. Der durchaus cölomatisch gelegene Bauchstrang'') weist im Thorax einen rundlichen, im Abdomen dagegen einen keilförmigen') Querschnitt auf; die Neurochorde erreichen eine ausserordentlich hohe Ausbildung*). Das Vorkommen von Nephridien^) ist in der Regel auf das Abdomenende beschränkt; hier folgen sie in streng metamerer Anordnung in Form einfacher Schleifen aufeinander, und zwar derart, dass sie von vorn nach hinten nicht unbedeutend an Grösse zunehmen. Ihre inneren, löffeiförmigen Mündungen liegen nahe der vorderen, und ihre einfach spaltförmig d.urchbreclienden äusseren Mündungen nahe den hinteren Segmentgrenzen. Bezüglich der Queraxe kommen erstere zwischen die dorsalen und ventralen Bündel der neuralen Längs- muskulatur zu liegen, wogegen letztere mehr gegen die Seitenlinie hinaufgerückt erscheinen. Geschlechtsprodukte kommen zwar allein an der Genitalplatte f) zur vollen Aus- bildung, aber es können doch gleichzeitig auch noch verschiedene andere Partien des Perito- neums in einen wuchernden Zustand gerathen. Dadurch, dass sich auch 9 Keimstoffe schon frühe von der Genitalplatte ablösen, kommen in den einzelnen Segmenten nur wenig umfang- reiche Ovarien zu Stande. Ein steriler Keimstock-) findet sich im 12. Körpersegmente, von einer Duplicatur der Genitalplatte durchsetzt, in auffallend freier Lage. Genital schlau che'') treten in den letzten Thorax- und ersten Abdomensegmenten, und zwar unabhängig von den zugehörigen (total der Rückbildung verfallenden?) Nephri- dien auf. Mastohranchus TrifichesiP) n. Sp.**) Die Thoraxfelderungl^) ist nur in den ersten 3 — 4 Segmenten, und zwar wenig deutlich ausgebildet. a) Taf. 2G. Fig. 9. b) Taf. 25. Fig. 7. Taf. 26. Fig. 10 und 11. c) Taf. 24. Fig. 6. d) Taf. 24. Fig. 7 und 8. Taf. 25. Fig. 7—9. Taf. 26. Fig. 13—16. e) Taf. 34. Fig. 24—26. Taf. 24. Fig. 3 und 13. f) Taf. 25. Fig. 6 und 7. g) Taf. 25. Fig. 3. h) Taf. 24. Fig. 10. Taf. 25. Fig. 4. i) Taf. 1. Fig. 3. k) Taf. 24. Fig. 1. *) Auch diese beiden Merkmale machen es möglich, unsere Gattung schon an einem Querschnitte (durch das Abdomen) zu erkennen. **) Da von der neuen Gattung vorläufig nur diese Eine Species bekannt ist, so kann die obige Beschrei- Zool. Station z. Neapel, Fauna und Flora, Golf von Neapel. CapitolIi,len. ) 05 834 D- Systematisch-Faunistiseher Theil. An einem 180 Segmente zählenden Individuum setzen die ersten 80 Zoniten ein etwa drei Mal so langes Stück des Körpers zusammen, als die nachfolgenden 100. Der Uebergang der langen Abdomensegmente in die kürzeren geschieht allmählich. Bei demselben 180 Segmente zählenden Thiere fanden sich Pfriemen- und Haken- Borsten*) in den hämalen Parapodien des 1. — 77. Abdomensegmentes, und zwar anfangs 5 Haken neben 15 Pfriemen, und dem Ende zu 5 Haken neben 2 — 3 Pfriemen. Im Abdo- menanfange weisen die Haken der hämalen Parapodien etwa die doppelte, in der Abdomen- mitte die anderthalbfache Länge derjenigen der neuralen Parapodien auf. Die einfachen neuralen Parapodkiemen bilden wenig hervortretende, rundliche Auftreibungen. Die zusammengesetzten^) hämalen fanden sich bei einem 180 Segmente zählenden Thiere vom 80. an. Anfangs bestehen diese letzteren Kiemen aus einfachen, cirrus- förmigen Anhängen; im Verlaufe weniger Segmente wachsen aber diese auf 2 — 3, weiterhin auf 3 — 5 und noch weiter auf 6 — 7 Fäden an, um von da gegen den Schwanz hin ebenso wieder an Zahl und Grösse abzunehmen. Blut seh eiben'^) hell schwefelgelb; mit nicht sehr zahlreichen, massig umfangreichen, orangefarbenen Excretbläschen. Der Magen darm<^) bietet die ersten 10 — 15 Segmente hindurch aussen eine schwach gelbe, innen eine lebhaft gelbgrüne, weiterhin gegen die Abdomenmitte aussen eine lebhaft orangegelbe, innen dagegen eine schwach grüngelbe oder graue Färbung dar, und in der liinteren Abdomenregion endlich erscheint er weder aussen, noch innen auffallend pigmentirt. Ueberaus charakteristisch für unsere Form ist der Besitz eines in 4 fingerförmige Fort- sätze auslaufenden, unterhalb der Afterspalte gelegenen Schwanzanhanges ß). Die in der Hegel auf die letzten 30 — 40 Abdomensegmente beschränkten, orangefar- benen N ephri die n^) nehmen eine zur Körperaxe ziemlich rechtwinklige Lage ein und sind fest mit der neuralen Längsmuskulatur verwachsen. Die GenitalschläucheS) sind in 9 Paaren vorhanden, wovon G Paare im 7. — 12. Thorax- und 3 Paare im 1. — 3. Abdomensegmente ihre Lage haben. M. Trinchem erreicht eine Ijänge von ungefähr 12 cm und eine Breite von 2 inm. In Folge der starken Entwickelung des Peritoneums macht sich an seinen Körper Wandungen gegenüber denjenigen der vorhergehenden Formen eine gewisse Steifigkeit geltend. Die Färbung des Thorax ist dunkel ziegelroth, diejenige des Abdomens gelblich roth. Die annähernd reifen, dunkelgrauen Eierl^) haben einen Durchmesser von 140 [j. ; ihre Dotterkörper sind ziemlich klein. Die Zeit der Geschlechtsreife erstreckt sich von Mai bis September. bung nur eine provisorische Geltung für sich in Anspruch nehmen. Die Beschaffenheit weiterhin eventuell bekannt werdender Arten wird zu entscheiden haben, in wie weit die von mir ausgewählten ürganisationsverhältnisse als Artcharaktere beizubehalten sein werden. a) Taf. 32. Fig. 10—14. b) Taf. 24. Fig. 9. c,i Taf. 35. Fig. 35. d) Taf. 33. Fig. 11 und 12. e) Taf. 24. Fig. 4 und 5. f) Taf. 34. Fig. 24. Taf. 24. Fig. 13. Taf. 25. Fig. 8. g) Taf. 24. Fig. 10. h) Taf. 1. Fig. 3^ I. Specielle Systematik und Faunistik. 1. Beschreibung der im neapolitanischen Golfe etc. 835 Vorkommeu, Lel)eusweise und Verbreitung der Species im Golfe von Neapel. M. Tnnchesii findet sich stets in Gemeinschaft mit Nototnasttis fertilis'^), also in einer Tiefe von 5 — 10 Metern längs des rosillipo- Strandes. Während früher letztere Form ziem- lich häufig uj^d erstere selten war, ist seit etwa zwei Jahren ein umgekehrtes Verhältniss eingetreten, und zwar ein solches, dass auf etwa 20 Exemplare von Mastohranckus kaum 1 Exemplar von N. fertilis kommt. d. Genus Heteroinastns?) n. Gen. Synonyme: Capitella p. p. (C. filiformisTf) und C. costana^^) Clap. 1. p. 5. c. p. 49 und 1. p. 8. c. p. 275. Capitella p. p. (C. fimbriata^) Van Ben. 1. p. 3. c. p. 5 und D'Udekem 1. p. 3. c. p. 26. Ancistria (A. minima ') Quatref. 1. p. 6. c. p. 252. Ancistria p.p. (A. capillaris^) Verrill, A. Explorations of Casco Bay by the U. S. Fish Comm. in 1873. Proc. Americ. Assoc. for the Advancem. of Sc. 22. Meet. 1873. Salem 1874. p. 385. Notomastus p. p. (N. capillaris ■'*) Verrill, A. Notice of Recent Addit. to the Marine Invertebr. of the Northeastern Coast of America etc. Proc. United States Nat. Mus. Vol. IL 1879. Washington 1880. p. 181. Arenia (A. sp.?') Verrill, A. New England Annelida. Trans. Connecticut Acad. Vol. 4. 1882. p. 305. Capitelliden, deren aus 12 Segmenten bestehender Thorax vom 2.-6. Seg- mente mit Pfriemen-, und vom 7.— 12. mit langen, eigenthümlich geformten Haken ausgerüstet ist, deren Abdomen hingegen ausschliesslich Haken, und zwar (abgesehen von seinen ersten Zoniten) solche gewöhnlicher Form und Grösse enthält. Kopflappen») lang, walzenförmig; an seiner Basis kräftig verbreitert, distal massig spitz-conisch zulaufend. a) Taf. 27. Fig. 15. a) Vergl. p. 820. ß) Vergl. die ausführlichere Beschreibung der Gattung p. 229—232 sowie auch Taf. 27. Fig. 15 — 21. Bezüglich der Organisations -Verhältnisse, die zur Aufstellung des neuen Genus Veranlassung gegeben haben, ver- gleiche man ferner p. 232 — 246. Y) Vergleiche bezüglich der Begründung der Synonymie p. 841. 8) - _ _ - _ _ p. 841. £) - _ _ _ _ _ p. 843. C) - _ . _ _ - p. 844. T,) - - - _ _ . p. 845. 0) - _ _ _ _ _ p. 845. i) - _____ p. 845. 105» §36 ■'-'■ Systematisch -Faunistischer Theil. Mundsegmcnt^') von annähernd gleicher Länge wie die unmittelbar nachfolgenden. Die von vorn nach hinten stetig an Ijänge zunehmenden Thorax-Segmente^) sind deutlich zweiringelig; besonders scharf tritt diese Zweiringeligkeit an den hinteren Seg- menten hervor. Die Segmente der vorderen Abdomen-Region sind walzenförmig und erreichen die doppelte Länge der thoracalen; gegen die Abdomenmitte hin verkürzen sie sich wieder, um am Abdomenende auf einen Bruchtheil der ursprünglichen liänge herabzusinken '=). Diese kurzen Segmente des Hinterleibes sind (ähnlich wie bei Mastobranchus) vorn schmäler, als hinten, wodurch zunächst ein perlschnurartiges Ansehen zu Stande kommt; weiterhin laufen noch die hinteren Ränder dieser so gestalteten Segmente neural und hämal im Bereiche der Parapodien in zungenförmige Fortsätze aus, so dass die Gesammtanordnung (ähnlich wie im entsprechen- den Körpertheile von Mastohranchus , nur viel schärfer ausgeprägt) an eine Strobila erinnert. Trotz dieses bedeutenden. Form und Dimension der Segmente gleicherweise betreffenden Gegensatzes der verschiedenen Körperregionen erscheint aber Heteromastus dem blossen Auge glatt- fadenförmig*^), indem erstens der Uebergang von Thorax und Abdomen keinerlei Unter- brechung der Contouren bedingt, und zweitens alle die erwähnten Form- und Grössever- änderungen der Zoniten nur für das bewaffnete Auge hervortreten. Bezüglich der Muskulatur ist zu bemerken, dass im Gegensatze zu allen übrigen Gattungen die Bündclzahl der Längsstränge schon in der Thoraxniitte '') eine Reduction auf 4 neurale und 2 — 4 hämale erfährt, dass also diese Körperregion durch eine Anordnung aus- gezeichnet ist, welche sonst dem Abdomen vorbehalten bleibt. Die neurale Längsmuskulatur, welche auch hier ihren Höhegrad im Anfange des Ab- domens erreicht, rückt nicht so weit hämal, wie diejenige von Notoma.stus und Mastohranchus, verhält sich vielmehr in dieser Hinsicht ähnlich wie Dasj/branchus , so dass auch die Seiten- linie nur massig S-förmig gekrümmt verläuft. Ueberaus eigenthümlich ist das Verhalten der Muskulatur etwa von der Abdomenmitte ab. In Querschnitten f) aus dieser und der nachfolgenden Region ragen nämlich die ventralen neuralen Längsstränge allein als mächtige Bündel in das C'ölom hinein, wogegen die gesammte übrige Stammesmuskulatur eine nahezu gleichmässig dünne, der Haut anliegende Schicht bildet. In Folge dieser einseitigen Ausbildung der neuralen Längsstränge kommen gewaltsame, partielle Contractionen zu Stande, welche alle Contenta der neuralen Cölomabschnitte in die hämalen hineinpressen und (im Vereine mit der Wirkung der transversalen Muskeln) dem Abdomen- ende ein ausgesi^rochen perlsclmurförmiges Ansehen verleihen können. Reizung der Thiere hat oft eine solche Steigerung dieser Contractionen zur Folge, dass sie zur Abschnürung der betreffenden Segmente führt. Endlich ist bezüglich der Muskulatur noch hervorzuheben, dass die einzelnen Fasern 8) a] Taf. 27. Fig. 15. h) Taf. 27. Fig. 1.5 und 16. o) Taf. 27. Fig. 16—19. d) Taf. 1. Fig. 4. e; Taf. 28. Fig. 3 und -1. f) Taf. 28. Fig. 6 und 7. g) Taf. 2S. Fig. 11. I. Specielle Systematik und Faunistik. 1. Beschreibung tlur im neapolitanischen Golfe etc. 837 der neuralen Längsstränge, ähnlich wie bei Mastohranchus, reihenförmig übereinanderliegen*); nur sind hier die betreffenden Fasern nicht von duchzicgel-, sondern von sjjindelförmigem Querschnitte. Einzig in der Capitellidengruppe dastehend sind die in unserer Gattung auftretenden seg mentalen Wucherungen des Peritoneums **) . Dieser Wucherungen sind zweierlei : erstens hämale") von der Thorax- bis zur Abdomenmitte dem Dache jeder Darmkammer ent- lang verlaufende, grünbraune, vielfach gefaltete Wülste von unbekannter Function, und zweitens neurale^) , von der Abdomenmitte bis zur Abdomenendregion sich durch die Nierenkammern hinziehende, farblose und ungefaltete Kissen, welche excretorisch thätig sind. Die grosse Steifigkeit der Körperwandungen, durch welche Heteromastus gegenüber allen anderen aus- gezeichnet ist, beruht hauptsächlich auf dieser Hypertrophie seines Peritoneums. Die eingangs hervorgehobene Ausrüstung der Parapodien") des 2. — 6. Segmentes mit Pfriemenborsten gilt allein für erwachsene Thiere ; jugendliche pflegen nur in 3 oder 4 vorderen Parapodien (nämlich in denjenigen des 2. — 4. oder 5. Segmentes) solche Borsten, weiterhin dagegen Haken aufzuweisen, so dass hier, ähnlich wie bei Capitella'^) , im liaufe des Wachsthumes Haken durch Pfriemenborsten ersetzt werden. Der Gegensatz zwischen thoracalen und abdominalen Parapodien ist bedeutend abge- schwächt, indem sich letztere an keiner Stelle des K()r[)ers zu so ausgebreiteten Wülsten (Tori) abflachen, wie bei den vorhergehenden Gattungen. Auch zwischen den neuralen und hämalen Parapodien des Abdomenanfanges herrscht kein so auffallender Grösse- und Lagerungs-Contrast, wie bei den vorhergehenden Gattungen. Im hinteren Körperabschnitte stehen die Parapodien auf den zungenförmigen Segmentfortsätzen eingepflanzt. Die kräftigen Pfriem enborsten'^) sind sehr kurz und sehr stark S-förmig gekrümmt; ihre distalen, relativ breiten Säume nehmen ungefähr die Hälfte der Gesammtlänge ein. Die Hakenbor sten^) des Thorax sind durch ihre ausserordentliche Länge, durch den Mangel einer Halseinschnürung sowie durch die wenig ausgebildeten Köpfe und Zähnchen gegenüber den weiterhin folgenden abdominalen ausgezeichnet. Letztere stimmen, abgesehen von der bedeutenderen Kürze .ihrer Hälse, am meisten mit denjenigen von Mastohranckus überein. Im Gegensatze zu dem entsprechenden Verhalten dieser Gattung pflegen bei Heteromastus nur im Abdomenanfange die hämalen Haken länger als die neuralen, in der Abdomenmitte aber um- gekehrt die neuralen länger, als die hämalen zu sein. Heteromastus ist demnach durch den Besitz von dreierlei hinsichtlich der Form und Dimension verschiedenen Borsten ausgezeichnet. Hierbei muss indessen berück- a) Taf. 28. Fig. 5 und 8. Taf. 33. Fig. 19. b) Taf. 28. Fig. 8. c) Taf. 27. Fig. 15—18. d) Taf. 32. Fig. 15 und 16. e) Taf. 32. Fig. 17 und 18. a) Vergl. p. 847.. *) Die Anordnung und Struotur dieser neuralen Muskelstränge ist so charakteristisch, dass ein Querschnitt durch die betreffende Thierregion genügt, um die Zugehörigkeit zu unserer Gattung festzustellen. *') Auch dieses Organisationsverhältniss gestattet unser Genus schon aus einem entsprechenden Querschnilte zu erkennen. §38 ^- Systematisch - Faunistischer Thuil. sichtigt werden, dass der Uebergang der grossen thoracalen Haken in die kleineren abdominalen kein ganz unvermittelter ist. Die Respirationsorgane sind lediglich durch einfache Parapodkiemen^) vertreten, und zwar im vorderen Körperabschnitte neural in Form wenig ausgebildeter Hakentaschen, im hinteren dagegen durch zungenförmige Fortsätze aller Parapodien , respective derjenigen Abschnitte der Segmentgrenzen, auf welclien die Parapodien eingepflanzt stehen. Bei jugendlichen Thieren sind die Sehorgane in Form zahlreicher, am Vorderende des Gehirnes gelegener Pigmentzellen vertreten. Diese verfallen aber im Laufe des Wachs- thumes der Rückbildung und an ihre Stelle tritt weiter hinten in der Gehirnmasse jederseits Eine grössere, schwarze Pigmentzelle ^) auf. Im Gegensatze zu allen bisher betrachteten Gattungen liegen die wenig umfangreichen Wimperorgane«) bei Heteromastus im vorderen Bereiche des Gehirnes und münden hämal seitlich in der Mitte des Kopflappens. Wohlausgebildete Seitenorgane^) treten nur bis zur Abdomenmitte auf; von da ab rücken sie immer tiefer in die Haut, ohne dass es noch zur Ausbildung von Sinneshaaren käme. Die thoracalen Organe sind viel grösser, als die abdominalen, und der Gegensatz bezüglich der Retractilität der einen und dem Freistehen der anderen ist noch weniger aus- geprägt, als bei Mastobranchus. Das Vorkommen von Becherorganen ist auf den Ko^sflappen, den Rüssel und den Tliorax beschränkt. Der Magendarm überragt den Oesophagus nur wenig im Durchmesser. Haupt- undNeben- darm verlaufen innig genähert; die sie voneinander trennende Zwischenwand reisst leicht ein«). Das Gehirn^") bildet eine nahezu einheitliche, langgestreckte Masse, an der die bilaterale Symmetrie nur noch durch einen vorderen und hinteren Einschnitt zum Ausdrucke kommt. An seiner Hinterfläche inseriren sich zwei kräftige Muskelstränge (cerebroparietale Muskeln). Der gesammte Bauchstrangs) (sowie auch die Schlundring- Commissuren) verläuft zwischen Haut und Ringmuskulatur fest eingewachsen facölomatisch). Neurilemma sowie Neurochordsystem sind sehr wenig ausgebildet. Nephridienli) finden sich nur in der Abdomenendregion in streng metamerer Auf- einanderfolge. Sie haben die Form wenig gebogener Keulen. Ihre inneren (nicht zur Beob- achtung gelangten) Mündungen liegen allem Anscheine nach im Bereiche der vorderen, ihre äusseren, wahrscheinlich so wie bei Capitella in der Haut endigenden Mündungen dagegen im Bereiche der hinteren Segmentgrenzen. Bezüglich der (iueraxe kommen die beiderlei Mün- dungen gleicherweise zwischen die dorsalen und ventralen Bündel der neuralen Längsmusku- latur zu liegen. a) Taf. 27. Fig. 18. Taf. 28. Fig. 1\ b) Taf. 27. Fig. 20. c) Taf. 27. Fig. 15 und 20. Taf. 28. Fig. 1. d) Taf. 27. Fig. 15 und 16. Taf. 28. Fig. 3, 4 und 6. c) Taf. 28. Fig. 4—6. f) Taf. 27. Fig. 20 und 21. Taf. 28. Fig. 1. g) Taf. 28. Fig. 2—7. und Fig. 12—13. h) Taf. 34. Fig. 27. Taf. 28. Fig. 7, 9 und 14. I. Specielle Systematik und Faunistik. 1. Beschreibung der im neapolitanischen Golfe ete. 839 Geschlechtsprodukte kommen lediglich an der Genitalplatte zur Ausbildung. Ein steriler Keimstock findet sich im 12. Thoraxsegmente. Genitalschläuche treten allein im Thorax, und zwar unabhängig von den zuge- hörigen (total der Rückbildung verfallenen?) Nephridien auf. Heteromastus^) filiforniis*) Clap. Synonyme: Capitella filiformis Clap. 1. p. 5. c. p. 49. Capitella costana Clap. 1. p. S. c. p. 275. Capitella fimbriata Van Ben. 1. p. 3. c. p. 5. und D'üdekem 1. p. 3. c. p. 20. Ancistria miiiima Quatref. 1. p. 6. c. p. 252. Ancistria capillaris Verrill 1. p. 835. (Explor. Casco Bay) c. p. 385. Notomastiis capillaris Verrill 1. p. S35. (Not. Rcc. Addit.) c. p. 181. Arenia sp? Verrill 1. p. 835. (New Engl. Annel.) c. p. 305. Thoraxfelderung nur mit bewaffnetem Auge erkennbar. An einem 140 Segmente zählenden Thiere macht das 80. — 140. Segment kaum 'A der gesammten Körperlänge aus. Der Uebergang der langen Abdomensegmente in die kürzeren geschieht sehr plötzlich^). Die abweichend geformten Haken") des Thorax erreichen die drei- bis vierfache Länge der normalen. Von letzteren weisen in der Abdomenmitte die neuralen etwa die ein und einhalbfache Länge der hämalen auf. Die respiratorisch wirksamen Segmentfortsätze des Hinterleibes beginnen ungefähr im SO. Zonite als wenig beträchtliche Vorsprünge der Parapodien (einfache Parajiodkiemen), um weiterhin zu ziemlich umfangreichen Lappen oder Zungen anzuwachsen und S. b) Tuf. 1. Fi. I. Specielle Systematik und Faunistik. 1. Beschreibung der im neapolitanischen Golfe etc. 841 Begründung der Synonymie. Obwohl C'laparede die von ihm aus Port-Vendres als Capitella filiformis aufgeführte Capitellide seiner eigenen Angabe zufolge nur unvollständig untersucht und daher auch unzu- reichend definirt hat, so lassen es doch einige der von ihm hervorgehobenen Charaktere als unzweifelhaft erscheinen, dass ihm Thiere der im Vorhergehenden ausführlich als Heteromastus ßliformis beschriebenen Form vorgelegen hatten. Diese Charaktere sind aber: Erstens die Ausrüstung von nur 4 Thoraxsegmenten mit Pfriemenborsten. Ausgewach- sene Thiere pflegen zwar an 5 Zoniten des Vorderleibes solche Borsten aufzuweisen, aber wir haben gesehen, dass sie bei jugendlichen auf 4, ja selbst auf nur o Zonite beschränkt sein können ; und dass es Claparede in der That mit jugendlichen Exemplaren zu thun hatte, geht aus den von ihm angegebenen Maassen '6 cm Länge) hervor. Zweitens die in der vorderen Körperregion breiten und kurzen, in der mittleren sowie hinteren dagegen langen und schmalen Segmente. Drittens die so eigenthümliche Form dieser letzteren Segmente, welche dadurch entsteht, dass sie hinten breiter als vorn sind (Strobila-Ansehen' . Viertens die Einpflanzung der abdominalen Parapodien auf stark vorspringenden Wülsten der hinteren Segmentgrenzen, womit die respiratorisch wirksamen Zungen gemeint sind. Und fünftens endlich die Ausrüstung des ü.^ — 1 1 . Körpersegmentes mit Haken, welche diejenigen der nachfolgenden um das Dreifache an Länge übertreff"en. Die von Claparede gegebenen Abbildungen der verschiedenen Borstenformen sind zwar sehr ungenau, lassen aber doch unschwer jene für unsere Form so charakteristischen Habituscontraste erkennen, Contraste, welchen der genannte Forscher dadurch eine scharfen Ausdruck verlieh, dass er bei seiner neuen Art, im Gegensatze zu der nur mit zweierlei Borsten ausgerüsteten Capitella capitata, das Vor- kommen von dreierlei Borsten betonte. In Anbetracht, dass von allen diesen Charakteren auch nicht ein einziger auf Capitella passt, ist es schwer zu verstehen, warum Claparede, der doch sonst weder mit der Aufstellung neuer Arten, noch mit der neuer Gattungen kargte, unsere Form in jenes Genus hineinzu- zwängen trachtete; um so schwerer, wenn man bedenkt, dass die einzige zu Gunsten dieser Zusammengehörigkeit von ihm hervorgehobene Uebereinstimmung, nämlich, dass bei Capitella ßliformis ebenso wie bei C. capitata die Borsten des Vorderkörpers verschieden von denjenigen des Hinterkörpers seien, einen Familien- und keinen Gattungs-Charakter ausmacht, und wenn man ferner aus dem Satze: »Je n'ai malheureusement pas examine les individus males au sujet du singulier appareil copulateur decouvert par M. van Beneden chez la C. capitata<^ ersieht, dass das Vorhandensein eines solchen (für Capitella bezeichnenden cf Copulationsapparates) lediglich auf Voraussetzung, nicht aber auf Beobachtung beruhte. Wir wissen aber aus dem Vorhergehenden, dass den cf von H. ßliformis ein derartiger Copulationsapparat durch- aus abgeht. Was nun die zweite der von mir als synonym aufgeführten Formen, nämlich die nea- Znol. Station z. Neapel, Fauna nnd Flora, Golf von Neapel. Capitelliden. 1 0(j 842 ^- Systematisch- Faunistischer Theil. politanische Capitelhi costana betrifft, so sind wir auf eine noch viel unzureichendere Be- schreibung angewiesen. Gleichwohl genügen auch hier die wenigen von Claparede hervor- gehobenen Merkmale, um sich davon überzeugen zu können, dass die fragliche Art eins ist mit H. ßUfortnis. Diese Merkmale sind nun folgende: Erstens die Verlängerung der Segmente in der mittleren Körperregion. Zweitens die stark vorspringenden Parapodien der hinteren Zonite (es sind damit die respiratorisch thätigen, zungenförmigen Fortsätze gemeint). Und drittens das Vorkommen von dreierlei B orsten (welche indessen noch viel un- genauer wiedergegeben sind, als bei C. ßliformis). Weniger verträglich mit unserer Synonymie erscheinen dagegen die Angaben Claparede's, dass C. costana nur an zwei Thoraxsegmenten Pfriemenborsten aufweise, und dass ferner ihr Mundsegment borstentragend sei. Die Beschränkung der Pfriemenborsten- Ausrüstung auf nur zwei Thoraxsegmente kann, nachdem wir erfahren haben, dass die Juvenes von Heteromastus filiformis, ähnlich wie dieje- nigen von Capitella capitata in solchen Segmenten, welche weiterhin Pfriemenborsten zu enthalten pflegen, Hakenborsten aufweisen, um so weniger geltend gemacht w^erden, als Claparede's Beschreibung, wie er selbst angiebt (»Corpus longitudine 19'"™, latitudine 0,6, specimina vix matura« etc.) jugendliche, und zwar (in Anbetracht der uns bekannten Dimensionen von aus- gewachsenen) sehr jugendliche Thiere zu Grunde gelegen haben. Schwerer zu verstehen ist die Borsten-Ausrüstung des ersten Thorax- oder Mundseg- mentes, indem keine der bis jetzt bekannt gewordenen Capitellidengattungen mit Ausnahme von Capitella (für die ich den Nachweis geliefert zu haben glaube, dass die Ausnahme nur eine scheinbare, indem ihr erstes Körpersegment mit dem Kopflappen verschmolzen ist) ein solches Verhältniss darbietet. Ist die Beobachtung Claparede's richtig, so müssen wir schliessen, dass das später nackte Mundsegment von Heteromastus im frühen Jugendzustande mit Borsten ausgerüstet ist. Ich vermag auch in diesem Falle nicht einziisehen, wa.s den Genfer Forscher veranlasst haben mag, Thiere, die nichts mit Capitella gemein haben, dieser Gattung einzureihen; denn auf das borstentragende Mundsegment konnte er sich dabei nicht stützen, indem er ja auch Exemplare mit nacktem Mundsegmente als C. ßliformis derselben Gattung schon zugewiesen hatte. Noch viel unverständlicher ist aber, dass Claparede die specifische Einheit seiner C. ßliformis und C. costana verkannte, besonders wenn man erwägt, dass er') nur zAvei Seiten weiter vorn als wo er die letztere Species beschrieb, unter dem Eindrucke der an Capitella capitata bezüglich ihres Schwankens der Borstenvertheilung gemachten Erfahrungen, den nach- folgenden ganz auf den Fall passenden Satz ausgesprochen hatte : ))Si j'insiste si longuement sur ces details, c'est qu'ils prouvent amplemeut qu'on ne saurait, chez les Capitelles, 6tablir de difFerenccs specifiques basees comme chez les Serpulaccs sur le nuraero des Segments 1) 1. p. 8. c. p. 273. I. Specielle Systematik und Faunistik. 1. Beschreibung der im neapolitanischen Golfe etc. 843 oü le changement de soies a lieu. Au moins la comparaison devra-t-elle etre faite seulement entre des adultes. Ainsi la Capitella ßliformis Claprd. est bien une bonne espece, car ses soies nont pas de ressem- blance avec Celles de la C. capitata, cependant un des caracteres sur lesqiiels j'insistais le plus dans la description de cette espece, l'existenee des soies subulees au quatrieme segmenl seul se trouve n'avoir plus qu'une valeur tres-douteuse.« Wenn nämlich dieser von Claparede selbst betonten Erfahrung zufolge jugendliche Thiere Schwankungen in der Borstenvertheilung darbieten und zur Artbeschreibung ungeeignet sind, so durfte er auch nicht aus unreifen CapiteUiden, welche lediglich hinsichtlich ihrer Borstenvertheilung von C. fiUformis abwichen, die neue Species C. costana machen. Dass auch Capitella fimhriata zu Heteromastus und nicht etwa zu Capitella oder, wie Keferstein') und Malmgren-) glaubten, zu Notomastus gehört, ergiebt sich mit grosser Wahr- scheinlichkeit aus D'Udekem's Beschreibung; ja sogar über die Specieseinheit von C. ßmhriata und H. fiUformis kann nur geringer Zweifel herrschen. Ich hebe zur Begründung dessen aus der erwähnten Beschreibung Folgendes hervor: Nach D'ÜDEKEM ist C. fimhriata eine langgestreckte C'apitellide mit auffallend dicken und gebrechlichen Körperwandungen; ihr dunklerer, ungefähr aus 11 Segmenten bestehender Vorderleib (Thorax) ist bis zum 6. Segmente ausschliesslich mit Pfriemen, weiterhin mit Haken ausgerüstet, und zwar mit Haken, die von denjenigen des Hinterleibes (Abdomen) abweichen, so dass also dreierlei Borsten vorhanden sind. Die hintersten Abdomensegmente sind jederseits mit contractilen, sich abwechselnd mit Blut füllenden und leerenden Taschen versehen, welche, in Anbetracht, dass Van Beneden ausdrücklich von ihnen hervorhebt: »ces prolongements sont formes par la jieau elle-meme", offenbar als den »respiratorisch wirksamen Segment- fortsätzen« von Heteromastus entsprechend zu betrachten sind. Die Schwanzspitze ist nahezu fadenförmig. Alle diese Charaktere, nämlich der Körperhabitus, die Borstenvertheilung, die respira- torischen Segmentfortsätze, sowie der fadenförmige Schwanzanhang passen nun vortrefflich zu H. fiUformis, nicht aber zu Capitella oder Notomastus. Als mit der von mir vertretenen Synonymie nicht im Einklänge stehend muss nun aber hervorgehoben werden: Erstens, dass der Kopflappen rüsselförmig enden soll. Zweitens, dass bei C. fimbriata die Haken des Hinterleibes länger und dünner, als die- jenigen des Vorderleibes sein sollen, während bei H. fiUformis gerade das umgekehrte Ver- hältniss herrscht. Drittens endlich, dass in der Ostendischen Form fast alle Körpersegmente mit Nephridien ausgerüstet sein sollen, wogegen die neapolitanische solche Organe nur im Abdomenende auf- zuweisen pflegt. Die den Kopflappen betreffende Abweichung würde sich imter der Voraussetzung erklären, dass bei dem von D'Udekem beobachteten Exemplare das betreffende Organ ein- 1) 1. p. 4. c. p. 123. 2) 1. p. 7. c. p. 207. 844 D. Systematisch -Faunistiscli er Tlieil. gestülpt war. Die die Haken betreffende Differenz ferner könnte auf einer irrthümlichen Darstellung des Sachverhaltes von Seiten D'Udekem's beruhen. Und was endlich die grössere Zahl von mit Nephridien ausgerüsteten Zeniten betrifft, so ist daran zu erinnern, dass ich bei einer anderen Capitellidengattung, bei der in der Regel die Nephridien auf das Abdomenende beschränkt sind, nämlich bei Mastohranchus Trinchesii, ebenfalls Ein Individuum zu beobachten Gelegenheit hatte, welches diese Organe in allen Segmenten des Abdomens mehr oder weniger ausgebildet erkennen Hess. Es muss indessen der Nachuntersuchung der Ostender Form vorbehalten bleiben, zu entscheiden, ob diese meine Erklärungsversuche zutreffen, oder nicht, und im letzteren Falle hätte eben C. fimbriata eine besondere HeteromastKs-S^ecies zu bilden und die Genus-Definition, was die Nephridien betrifft, eine Veränderung zu erfahren. Nachdem Quatrefages aus Van Beneden's Beschreibung die Organisation von Capitella capitata kennen gelernt, hob er hervor'), dass zwischen dieser Species und seiner Ancistria minima aus La Rochelle augenscheinlich sehr innige Beziehungen herrschten; einen wesent- lichen Unterschied, so meinte er, begründete nur der {Ancistria abgehende) Copulationsapparat der Capitella- y. Claparede ■) sodann schrieb zuversichtlicher: »I^e genre Ancistria Qtrfg. est etabli sur une veritable C'apitelle«. Und Langerhans ')i endlich, der in einer canarischen, in beiden Geschlechtern mit Coiiulationsborsten ausgerüsteten und von ihm als zum Genus Capitella gehörig betrachteten Form ähnliche Thiere erkennen zu dürfen glaubte, wie jene waren, welche der Quatrefages sehen zu Grunde gelegen hatten, führte beide unter dem Namen )^ Capitella minima f( auf. Dass die von Langerhans in Madeira beobachtete und Capitella tninima benannte Annelide weder auf Capitella, noch auf Ancistria bezogen werden kann, vielmehr eins ist mit der von mir als Capitomasttis minimus beschriebenen, wird an einer anderen Stelle dieses Theiles be- gründet werden"). Eben so wenig fällt nun aber, wie Claparede annahm, Ancistria mit Capitella zusammen. Dagegen sind in der QiATREFAGEs'schen Beschreibung Charaktere enthalten, welche es überaus wahrscheinlich machen, dass Ancistria minima eins ist mit Ileteromastus filiformis. Vor Allem mache ich auf die von Quatrefages gegebene Habitusfigur aufmerksam, welche den facjenartig gestreckten und allein im Thorax dunkelroth erscheinenden Leib ganz ähnlich der unsern zum Ausdruck bringt. Sodann darauf, dass 4 Segmente des Vorderleibes mit Pfriemen- und 7 darauffolgende mit eigenthümlichen (von den nachfolgenden abweichend gestalteten) Hakenborsten ausgerüstet seien. Rechnet man nämlich zu diesen 1 1 beborsteten Zoniten noch ein nacktes Mundsegment, so kommen, wie das für Heteromastiis gilt, 1 2 Thorax- segmente heraus. Was die auf 4 Thoraxsegmente beschränkten Pfriemenborsten -Bündel bS- a) Vergl. p. 858. 1) 1. p. 6. c. p. 257. 2) 1. p. 8. c. p. 270. 3) 1. p. 9. c. p. 99. I. Specielle Systematik und Faunistik. 1. Beschreibung der im neapolitanischen Golfe eto. 845 trifft, so wissen wir, dass in dieser Beziehung durcli Altersstadien bedingte Schwankungen herrschen, dass nämlich jugendliche Heterot7iastiis -lndi\idiien nur an 3 oder 4 (anstatt an 5) vorderen Thoraxsegmenten Pfriemenborsten enthalten können. Quatrefages hatte es nun aber offenbar mit einem jugendlichen Thiere zu thun, indem dasselbe nur 80 Segmente zählte. In hohem Maasse endlich stimmen die von Quatrefages abgebildeten, durch ihre starke S-förmige Krümmung ausgezeichneten Pfriemenborsten mit denjenigen von Heteromastus überein. Die Angabe hingegen, dass die hinteren Haken sich von den vorderen durch den Mangel der Hauben unterscheiden, ist für Heteromastus nicht zutreffend, indem seine beiderlei Haken gleicherweise mit Hauben ausgerüstet sind und lediglich durch unterschiede in den Dimen- sions-Verhältnissen sowie in der Kopfform voneinander abweichen. Dass endlich auch Ancistria capillaris Verrill in den Kreis unserer Art hinein- gehört, schliesse ich aus folgenden Angaben des genannten Autors : Erstens bestehe der Kopf aus zwei Segmenten (das heisst ausser dem Kopflajjpen ist ein borstenloses Mundsegment vor- handen. Zweitens seien die 4 ersten Körpersegmente mit gebogenen Pfriemen-, die nächst- folgenden mit langen Haken- und die übrigen mit kürzeren Hakenborsten ausgerüstet, und drittens erscheine der Körper lang, fadenförmig. Alle diese Charaktere passen nämlich auf Ancistria Quatref., respective auf Heteromastus. Was aber Verrill zur Aufstellung einer neuen Species veranlasst haben mag, ist nicht einzusehen, indem seine Beschreibung, einerlei ob man sie auf Ancistria minima, oder auf Heteromastus fiUformis bezieht, nicht nur keine Artcharaktere einschliesst, sondern selbst das Genus nur mangelhaft erkennen lässt. Noch weniger lässt sich nun aber begreifen, warum Verrill sjjäterhin den Namen Ancistria capillaris in Notomastus ca2)illaris umtaufte. Seine in dem Satze: »but it seems to be impossible to distinguish that genus [nämlich Ancistria] by any definite structural characters from Notomastus Sars« ausgedrückte Begründung dieses Verfahrens beweist übrigens, dass er von den systematischen Kriterien unserer Familie keine Ahnung hatte. Denn, wenn man auch nur die respectiven Beschreibungen von Sars (für Notomastus) und von Quatrefages (für Ancistria) miteinander vergleicht, so leuchtet ohne Weiteres ein, dass die beiden Formen nicht ein und derselben Gattung angehören können Endlich hat Verrill noch eine von ihm früher als Arenia sp. ohne nähere Charakteri- sirung aufgeführte Form auf Notomastus capillaris bezogen, und da N. capillaris = Ancistria capillaris und A. capillaris = Heteromastus fiUformis, so ist auch Arenia sp. = Heteromastus ßliformis. Wenn sich aus der Nachuntersuchung von Ancistria minima Quatref. ergiebt, dass ihre von mir hier vertretene Einheit mit Heteromastus fiUformis zutrifft, so muss die betreffende Synonymie einige Veränderungen erleiden. » Ancistria v, als dem älteren Gattungsnamen, ge- bührt nämlich sodann der Vorrang vor Heteromastus. Und als Speciesnamen kommt für den Fall, dass auch diese bezügliche Synonymie bestätigt wird, zunächst »fimbriata(i in Betracht, in zweiter Linie sodann >filiformisu, indem nCapitellafififormisv vor »Ancistria minima^ publicirt wurde. g46 D. Systematisch-Faunistischer Theil. Demgemäss würde sich die fragliche Synonymie folgendermaassen gestalten: Ancistria Quatref. fimhriata Van Ben. Synonyme: Capitella fimhriata van Ben. (1859). CapiteUa ßliformis Clap. (1864). Ancistria minima Quatref. (1865). CapiteUa costana Clap. (1868). Ancistria capillaris Verrill (1874). Notomastiis capiUaris \'errill (1879). Arenia sp. Verrill '1882). Heteromastus filiformis Eisig (1887). e. Genus CapiteUa'^;. Blainv. 1. p. 1. c. p. 443. Synonyme: Lumbricus i'p. p.) (L. littoralis minor) Olafsen 1. p. 1. c. p. 325. Lumbriconais (L. marina) Örst. 1. p. 1. c. p. 132. Valla (V. ciliata) John st. 1. p. 6. c. p. 67. Capitelliden, deren aus 9 Segmenten bestehender Thorax im 1. — 6. Segmente ausschliesslich Pfriemen-, im 7. Pfriemen- und Hakenborsten und im 8. — 9. ebenso wie in allen Abdomensegmenten ausschliesslich Hakenborsten enthält. Der auffallend voluminöse, stumpf conisch zulaufende, mit seiner Basis dem Thorax breit ansitzende Kopflappen^^) ist auf seiner neuralen Seite schaufeiförmig ausgehöhlt. Im Gegensatze zu allen anderen Gattungen ist bei dieser schon das erste Körper- segment'^^ mit Borsten ausgerüstet. Der betreffende Gegensatz ist aber nur ein scheinbarer, indem das sonst borstenlose erste Körper- oder Mundsegment bei Capitella als mit dem Kopflappen verschmolzen und daher auch ihr erstes Körpersegment als dem zweiten der übrigen Capitelliden entsprechend zu betrachten ist. Die von vorn nach hinten stetig an Länge zunehmenden, scharf zweiringeligen Thorax- Segmente"^) sind auffallend abgerundet. Die mehr abgeplattet erscheinenden Abdomen-Segmente"^) wachsen im Anfange dieses Körpertheiles bis zur doppelten Länge der thoracalen ; weiterhin aber nehmen sie wieder, und zwar sehr allmählich an I^änge ab. In Folge des so geringen Gegensatzes zwischen Thorax und Abdomen, sowie des Mangels aller äusseren Fortsätze und Anhänge, bietet Capitella ein überaus gleichförmiges, an limicole Oligochaeten erinnerndes Ansehen dar"^). Der bei allen übrigen Gattungen so scharf ausgeprägte Gegensatz zwischen thoracaler a) Taf. 27. Fig. 1 und 2. bj Taf. 27. Fig. 1 und 2. c) Taf. 27. Fig. 1—4. d) Taf. 27 Fig. 3 und 4. el Taf. 1. Fig. 5 und 5a. «) Vergl. die ausführlichere Beschreibung der Gattung p. 247 — 252, sowie auch Tafel 27. Fig. 1 — 14. I. Speoielle Systematik und Faimistik. 1. Beschreibung der im neapolitanischen Golfe etc. 847 und abdominaler, sowie zwischen neuraler und hämaler Muskulatur^; ist bei Capitella nahezu verwischt und dementsprechend verläuft auch bei ihr die Seitenlinie gerade, üeberdies erscheint die gesammte Muskulatur ^ebenso wie die Haut, bedeutend verschmächtigt. Nur die transversalen Stränget sind kräftig ausgebildet und ihre ('ontractionen bewirken jene seitlich hämalen Einschnürungen <=), welche den normal rundlichen Querschnitt der Thiere zeitweise herzförmig erscheinen lassen. Die eingangs betonte Borstenvertheilung der thoracalen Parapodien gilt nur für Thiere, welche eine Länge von etwa 8 — 10 mm erreicht haben; die nächst jüngeren Stadien lassen, anstatt in 6, nur in 5 Thoraxsegmenten Pfriemenborsten erkennen, noch jüngere nur in 4 und die allerjüngsten sogar nur in 3. Es werden daher in dem Maasse, als bei Capitella das Wachsthum fortschreitet, im 3. — 6. Körpersegmente die Haken- durch Pfriemenborsten ersetzt '•'). Der Gegensatz zwischen thoracalen und abdominalen, sowie zwischen neuralen und hämalen Parapodien'^; ist noch viel geringer, als bei Heteromastus. Bei Capitella kann von Hakenwülsten ;Toris} kaum mehr die Rede sein, indem alle Parapodien mehr oder weniger retractil sind und keulenförmig in das Cölom hineinragen. Die Pfriemenborsten^) sind nicht sehr kräftig und verlaufen wenig S-förmig ge- krümmt; ihre distalen, massig breiten Säume nehmen ungefähr die Hälfte der Gesammtlänge ein. Die relativ langen und kräftig gebauten Hakenbor sten^) haben auffallend kurze und scharf abgesetzte Hälse; die Kuppen ihrer Hauben enden, statt abgerundet, flach abge- schnitten. In den neuralen Parapodien weisen sie dem ganzen Körper entlang eine bedeu- tendere Länge auf, als in den hämalen ; sowohl in den einen, als auch in den anderen nehmen sie aber von vorn nach hinten allmählich an Länge ab. Weder einfache, noch zusammengesetzte Parapodkiemen sind vorhanden; die Respi- ration wird lediglich durch den Darm und durch den Hautmuskelschlauch vermittelt. Die Sehorgane?) sind durch zwei hämal- seitlich im Bereiche der distalen Gehirn- schenkel gelegene Pigmentzellen vertreten. Bei jugendlichen Thieren treten diese Zellen in Folge ihrer Einbettung in die Haut sehr deutlich hervor; bei älteren dagegen kommen sie wegen ihres Hinabrückens unter die Haut nicht so deutlich zum Vorscheine. Die wenig umfangreichen Wimperorgane'i] liegen ähnlich wie bei Heteromastus im vorderen Bereiche des Gehirnes und münden auch so wie bei dieser Gattung hämal-seitlich in der Mitte des Kopflappens. Seitenorgane fehlen (sind eingegangen). Becherorgane finden sich in sehr vollkommener Ausbildung am Kopflappen, Rüssel, Thorax und Abdomen. a) Taf. 29. Fig. 2—8. b) Taf. 29. Fig. 3—8. c) Taf. 27. Fig. 6. d) Taf. 27. Fig. 1 — 4. Taf. 29. Fig. 3 und 7. e) Taf. 32. Fig. 19—20, fj Taf. 32. Fig. 21—23. g) Taf. 27. Fig. 7 und 8. h) Taf. 27. Fig. 1 und 8. Taf. 29. Fig. 1. a) Vergl. p. 202-266. 848 D. Systematisch -Faunistischer Theil. Der Oesophagus ist im ersten Theile seines Verlaufes kropfartig erweitert und durch eine »Vorderdarmrinne« ausgezeichnet. Der Magendarm hat im Abdomenanfange einen zwei mal so grossen Durchmesser wie der Oesophagus und in Folge dessen machen sich auch an ihm die septalen Einschnürungen auffallender, als bei irgend einer der anderen Gattungen geltend. Der Nebendarm mündet, anstatt wie bei den übrigen Capitelliden im letzten Thorax-, im ersten Abdomensegmente. Wie bei Heteromastus verläuft er dem Hauptdarme innig ge- nähert, und ähnlich wie bei jener Gattung reisst auch bei CapiteUu die die beiden Kanäle voneinander trennende Zwischenwand leicht ein^). Das Gehirn^ bildet eine nahezu einheitliche Masse, in der die bilaterale Symmetrie nur noch durch mediane Furchen (besonders hämal) zum Ausdrucke kommt. An seiner Hinter- fläche inserirt sich Ein kräftiger Muskelstrang (cerebroparietaler Muskel'. Im Gegensatze zu allen übrigen Capitelliden nimmt das Gesammtgehirn von CapiteUa anstatt zwei, nur Ein Körpersegment ein (woraus die Verschmelzung ihres ersten Körper- oder Mundsegmentes mit dem Kopflappen erschlossen wurde!. Dem Thorax entlang liegt der Bauchstrang'^) frei im Cölom; im Anfange des Ab- domens dagegen rücken seine Counective zwischen Kingmuskulatur und Haut, weiterhin sogar in die Haut selbst, wogegen seine Ganglien zwar ebenfalls dem Hautmuskelschlauche fest anliegen, aber nie unter die Muskulatur rücken. Das Neurilemma ist sehr schwach ausgebildet und Neurochorde fehlen ganz und gar. CapiteUa ist durch den grossen zwischen provisorischen und definitiven Nephridien*^) herrschenden Gegensatz ausgezeichnet. Die in den jugendlichen Thieren zunächst allein vorhandenen provisorischen Nephri- dien ^) haben die Form einfacher Keulen und wiederholen sich streng metamer in den letzten Thorax- und ersten Abdomensegmenten. In dem Maasse aber, als in den Juvenes definitive Organe zur Ausbildung gelangen, verfallen die provisorischen der Degeneration. Die auf den Abdomenanfang beschränkten definitiven Organe^) haben die Form ein- facher oder doppelter Keulen und treten stets zu mehreren in je einem Segmente, also poly- metamer, auf. Ihre inneren, gabelförmigen Mündungen s, liegen nicht an einem der Nephri- diumpole, sondern sitzen den Organen direct auf. Die sich oft verzweigenden äusseren Mündungen'^)" enden in der Haut und deponiren in ilir das Excret als sogenanntes Pigment. Geschlechtspro du ktei kommen allein an der Genitalplatte zur Ausbildung. Da die Eier bis zu ihrer Reife an ihrem Entstehungsorte verbleiben, so kommen sehr umfang- reiche Ovarien zu Stande. Der sterile thoracale Keimstock ist nur durch schwache Kernwucherungen im 5. und {">. Segmente angedeutet. Die Spermatozoenl^) zeigen eine viel a) Taf. 29. Fig. ü und 7. b) Taf. 27. Fig. S. Taf. 29. Fig. 1. c) Taf. 29. Fig. 2—8. d) Taf. 34. Fig. 29. e) Taf. 30. Fig. 21. f) Taf. 27. Fig. 10. Taf. 30. Fig. 22 und 23. g) Taf. 34. Fig. 3(). h) Taf. 30. Fig. 26. i) Taf. 29. Fig. 7. k) Taf. 30. Fig. 33—35. I. Specielle Systematik und Faunistik. 1. Beschreibung der im neapolitanischen Golfe etc. ,S49 grössere Uebereinstimmung mit solchen von Oligochaeten, als mit denjenigen der übrigen Capitellidengattungen. Die auf den Thorax beschränkten Genitalschläuche ^) treten unabhängig von Nephri- dien auf. Das cf Geschlecht ist durch einen aus mächtigen Haken i Genitalhaken) sowie aus einer Drüse bestehenden C'opulationsapparat^) ausgezeichnet. • Kritik der Geims-Diaguose von Levinsen. Als das am längsten bekannte Genus unserer Familie hat Capitella mehrfach zur Auf- stellung von Diagnosen Veranlassung gegeben. Die älteren, ohne Kenntniss der übrigen Gattungen verfassten hier zu besprechen, halte ich für überflüssig, indem die meisten der in denselben hervorgehobenen Organisationsverhältnisse zu Familien-Charakteren vorgerückt sind; dagegen habe ich derjenigen zu gedenken, welche vor kurzem von Seiten Levinsen's') auf- gestellt worden ist. Dieselbe lautet folgendermaassen : » Intet beistelast Mundsegment ; i Legemets bageste Deel, som bestaar af et middelstort Antal Ringe, ere Krogb0rsterne temmelig stoie og danne temmelig körte Räkker uden synderlig Forskjel i Längde mallem Ryg- og Bugsidens; paa Grändsen mellem Legemets forreste og bageste Deel findes Tvärspalter til Udforsel of KJ0nsstofterne og hos Hannerne omdanuede Borster.« An dieser unsere Gattung zwar nicht ausreichend, aber doch im Ganzen richtig charak- terisirenden Diagnose habe ich nur folgende zwei Punkte zu berichtigen. Anstatt »kein borstenloses Mundsegment«, ist fortan zu sagen: «Mundsegment mit dem Kopflappen verschmolzen«, und, «die Grenze von Vorder- und Hinterkörper« (Thorax — Abdomen) darf nicht, wie es Levinsen thut, in das 7. Abdomensegment verlegt werden, indem der Oeso- phagus (als allein zuverlässiger Führer bei dieser Grenzbestimmung) 9 Segmente durchzieht. Es haben daher auch die Spalten zur Ausfuhr der Geschlechtsprodukte im Vorder-, und nicht, wie die obige Diagnose will, im Hinterkörper ihre Lage. Capitella'^) capitata^ Pabe. 1. p. l. c. p. 279. Synonyme: Lumhricus litoralis minor Olafsen 1. p. 1. c. p. 325. Lumbricns capltatus Fabr. Lp. \. c. p. 279. Lumhricus litoralis Joh-^st. 1. p. 1. c. p. 328. Capitella Fahricii Blainv. 1. p. 1. c. p. 443. a) Taf. 27. Fig. 11 und 13. Taf. 29. Fig. 4. b) Taf. 27. Fig. 4, 5 und 13. c) Taf. 1. Fig. 5 und 5a. 1) 1. p. S09 c. p. 140. *) Da wir es vorläufig auch hier nur mit dieser Einen Species der Gattung zu thun haben, so kann die nachfolgende Beschreibung ebenso wie die von Mastobranchus Trinchesii und Heteromastus ßliformis (vergl. Anmerkungen p. 833 und 639) nur provisorische Geltung beanspruchen. Zool. SUtioo 2. Ntipel, F^iuna, uud FLjra, üolf Ton Neapel. C'apitellideu. I(j7 33S— 34G. 850 15. Systematisch- Faunistischer Theil. Synonyme: Lumhriconais murina Örst. 1. p. 1. c. p. 132. Liimhriconais capitata Frey-Leuck. 1. ji. 2. c. p. 151. Lumbricus canalium Nardo 1. p. 2. c. p. 11. Capitella capitata Van Ben. 1. p. 3. c. Valla ciliata John st. 1. p. G. c. p. 67. (excl. Syn.!) Capitella prototypa Capitella intermedia Capitella similis Capitella capitata: Forma Suchumica Czerniavskt 1. p. 9. Forma danica Forma belgica Forma Hebridarum Forma neapolitana Thoraxfelderung nur mit bewaffnetem Auge erkennbar. Die ersten abdominalen Segmente '''y überragen die vorhergehenden thoracalen nur wenig; weiterhin bis etwa zum 12. wachsen sie aber rasch auf die doppelte Länge, um von da ab wieder, und zwar sehr allmählich, an Länge abzunehmen. Die definitive Borstenvertheilung pflegt bei Thieren von 8 — 10 mm Körperlänge einzutreten. Im 7 , Pfriemen- und Hakenborsten gemischt enthaltenden Segmente herrscht zeitlebens insofern grosse Variabilität, als irgend eines der vier Parapodien entweder nur Haken-, oder nur Pfriemenborsteu, oder aber beide gemischt enthalten kann'-'). Die Haken*) sind im Abdomenanfange ungefähr doppelt so lang, wie im Abdomen- ende; die neuralen übertreffen die hämalen überall etwa um Vio an Länge ^). Blutscheiben'=) grünlichgelb mit kleinen dunklergelben, wenig zahlreichen Excret- bläschen. Bei den nicht selten vorkommenden melanämischen Thieren verlieren die Blut- scheiben ihre Farbe und die Excretbläschen erscheinen grün bis schwarz. Aeusserlich bieten melanämische Exemplare, statt des normalen blutrothen, ein graubraunes Ansehen dar. Der Magendarm^) enthält meist ein lebhaft gelb gefärbtes Secret und eine ähnliche Färbung weisen auch seine Wandungen auf. Die bei Thieren von 1 — 3.5 mm Länge im 5. — 11. Körpersegmente auftretenden, schwach gelblich gefärbten, provisorischen Nephridien*^) Hegen ziemlich frei in der Leibeshöhle und verlaufen der Längsaxe des Körpers parallel. Die bei Thieren von 5 mm Körperlänge bis zum 13., bei solchen von 10 mm bis zum 15., bei solchen von 20 mm bis zum 16. und bei solchen von 40 mm endlich bis zum 23. Körpersegmente auftretenden a) Taf. 27. Fig. 3 und 4. b) Taf. 32. Fig. 21—23. c) Taf. 35. Fig. 39—41. d) Taf. 33. Fig. 21—23. e) Taf. 30. Fig. 21. rj) Vergl. p. 264. *) Bei diesem Vergleiche der Hakendimensionen verschiedener KOrperregionen dürfen , da die neuralen und hämalen überall verschiedener Länge, nur je die einen oder die anderen aufeinander bezogen werden. I. Specielle Systematik und Faunistik. 1. Beschreibung der im neapolitanischen Golfe etc. 851 definitiven Nep h ridien^) sind ebenfalls schwach gelb gefärbt, hingegen fest mit den Leibeswandungen verwachsen nnd zur Längsaxe des Körpers rechtwinklig gerichtet. Ihre Zahl in den einzelnen Segmenten wächst stetig von vorn nach hinten, und zwar derart, dass 2 — 3 Paare in den vorderen, 4 — 5 Paare in den mittleren und 5 — 6 Paare in den hintersten dieser Zoniten angetroffen werden. Von Genitalschläuchen'') ist nur Ein Paar, und zwar im 8. Thoraxsegmente vor- handen. Sowohl bei ganz jugendlichen, ihr Geschlecht noch nicht manifestirenden, als auch bei (f und 2 Thieren jeden Alters pflegen diese Schläuche mit Sperma oder Spermatophoren erfüllt zu sein. Zur Zeit der Geschlechtsreife schwellen die Genitalschlauchporen «) der $ so stark an, dass sie ein an die Gürtelbildungen der Oligochaeten erinnerndes Ansehen darbieten. Die Ovarien^) treten bei C. capitata schon im I . Abdomensegmente auf, reichen aber dafür auch nur bis etwa zum 40. Der Copulationsapparate) der cf besteht vorwiegend aus den umgewandelten hämalen Parapodien des 8. und 9. Thoraxsegmentes. Erst bei Thieren, die eine Länge von 8 — 10 mm erreicht haben, pflegt diese Umwandlung vor sich zu gehen, und zwar derart, dass die er- wähnten Parapodienpaare immer näher auf die hämale Körperfläche zusammenrücken und gleichzeitig die normalen Haken durch im Verhältnisse zu ihnen sehr voluminöse, einfach spitz und gekrümmt endigende (Genitalhaken^)) ersetzt werden. Gleichzeitig entwickelt sich zwischen den Genitalhaken des 9. Segmentes in Form einer Hauteinstülpung die Kitt- oder Copulationsdrüse. C. capitata erreicht eine Länge von ungefähr 7 cm und eine Breite von 2 mm; weitaus die meisten Thiere pflegen aber 4 cm Länge und IV2 mm Breite nicht zu über- schreiten. Die Körperwandungen sind sehr dünn und biegsam. Der Hinterleib wird häufig (ähnlich wie von Tuhifex etc.) schlängelnd im Wasser hin und her bewegt. Segment- zahl 80—90. Die Färbung der Thiere ist blutroth; je nach x\nhäufung der Hämolymphe kann bald an der einen, bald an der anderen Körperstelle die Intensität dieses Rothes zu- oder ab- nehmen. Die annähernd reifen, dunkel-graubraunen Eier i?) haben einen Durchmesser von 288 [x; ihre Dotterkörper sind ziemlich klein. Abgelegt werden sie in die Wohnröhre, und zwar in Form eines diese Röhre auskleidenden Mantels. Die betreffenden Q pflegen bis zum Aus- schlüpfen der Brut ihre Röhren nicht zu verlassen. Die Zeit der Geschlechtsreife fällt in die Monate November bis Mai. a) Taf. 34. Fig. 29. Taf. 30. Fig. 22 und 23. Taf. 27. Fig. 10. b) Taf. 27. Fig. 13. Taf. 29, Fig. 4. Taf. 80. Fig. 21. c) Taf. 27. Fig. 3. di Taf. 27. Fig. 12. Taf. 29. Fig. 7. e) Taf. 27. Fig. 4, 5 und 13. Taf. 29. Fig. 5. Taf. 30. Fig. 1 und 2. f) Taf. 27. Fig. 14. g) Taf. 1. Fig. 5b. S52 D. Systematisch -Faunistischer Theil. Vorkommen, Lebensweise nnd Verbreitung der Species im (rolfe von Neapel. C capitata lebt ausschliesslich im putreficirenden Schlamme. Hauptfundoite sind: Der mercantile Hafen, die Ufer des Carmine und der südliche Theil des Hafens von S. Lucia ^da wo die Austern aufbewahrt werden!). Keine andere Capitellidenart vermag .die Wohnplätze von C. capitata zu theilen, und umgekehrt habe ich auch nur in seltenen Fällen einzelne Exemplare der letzteren in die von Notomastus Benedeni und Heteromastus filiformis bewohnten Sand -Schlamm -Reviere vordringen sehen. Wie von N. Benedeni''), so kann man daher auch von unserer Capitella-S-pecies sagen, dass sie lediglich durch die Beschaffenheit ihres Aufenthaltsortes von den meisten übrigen Gliedern der Familie (trotz der so grossen Nachbarschaft aller Wohnplätze) isolirt ist. In wie hohem Grade die Verbreitung von Capitella im hiesigen Golfe durch ihre Lebens- weise bedingt wird, kann man aus folgender Erfahrung entnehmen. Der (jetzt zum Behufe der Quai-Regulirung verschüttete kleine Hafen am Leone (Mergellina) fand sich ursjDrün glich, entsprechend seiner Grundbeschaffenheit (Sand mit Detritus , lediglich von Notomastus Benedeni und Heteromastus filiformis bewohnt. Nachdem sich aber (etwa von Januar J 884 ab) der grösste Theil dieses Hafengrundes mit einer Schicht schwarzen, putreficirenden Schlammes bedeckt hatte, verschwanden sowohl N. Benedem, als auch H. fi/ifonnis, wogegen sich C. capitata in massenhafter Individuenzahl ansiedelte. Aehnlich sah ich im Bereiche einer Cloake von Cbiatamone, wo der Sand mit putre- ficirendem Schlamme bedeckt war, Capitella zur Ansiedelung gelangen, während ringsum (soweit als der Sand rein war) Notomastus lineatus hauste. Capitella ist diejenige Form unserer Familie, welche am massenhaftesten auftritt. Man findet sie zuweilen zu Knäueln von Hunderten, ja Tausenden vereinigt, und es wird kaum übertrieben sein, wenn man zur Höhe der Saison ihre Zahl im Bereiche weniger Quadrat- meter in den Häfen auf Millionen schätzt. Diese Höhe der Saison fällt etwa in die Monate Januar bis Mai. Von da ab werden die alten Thiere immer seltener, um von der jungen Generation ersetzt zu werden. Diese junge Generation existirt nun noch bis gegen Juli eben- falls in ziemlich bedeutender Anzahl fort; von da ab reisst aber mit zunehmender Hitze der Tod so bedeutende Lücken, dass man in den Monaten Juli bis November an denselben Orten, wo sonst in kurzer Zeit Tausende von Exemplaren gefischt werden konnten, selbst nach Stunden hindurch fortgesetztem Suchen kaum 1 Dutzend solcher zu finden pflegt. Weitaus die meisten Individuen unserer Art vermögen demnach (he mit der Temperaturzunahme in ihren Wohnplätzen statthabende Steigerung der Zersetzungsprozesse nicht zu ertragen, was bei der grossen Intensität dieser Prozesse (geht doch der Schlamm an vielen Stellen in totale Ver- wesung über!) nicht verwundern kann. Einzelne Exemplare scheinen minder gefährliche Stellen aufzusuchen, um den Sommer a] Vergl. p. 81( I. Speeielle Systematik und Fauuistik. 1. Beschveiliung der im neapolitanischen Golfe etc. 853 ZU überleben und bei herannahendem Winter die gewohnten Standorte aufs Neue mit ihrer Brut zu bevölkern. Die Vermehrung muss, in Anbetracht der ungeheuren im Frühjahre sich einstellenden Individuenzahl, überaus raj^ide sein. Sonstige Verbreitimg der Species. Mittelmeer. Schwarzes Meer: Bucht von Sebastopol, häufig, Bobretzky, Notizen Nat. Ges. Kiew Ii 1870. p. 247; Sinus Suchum, in durchbohrten Steinen, im Sande sowie im Schlamme, 1 — 2 Meter, Czermavsky 1. p. 9. c. p. 342 — 346. Adriatisches Meer: Weniger tiefe und weniger befahrene Kanäle Venedigs. Nardo 1. p. 2. c. p. 1 1 (fide Grube 1. p. 2. c. p. 372). Atlantischer Ocean. Canarische Inseln: INIadeira, auf alten Fischkörben, Langerhans. Die Wurmfauna von Madeira. IV. Zeit. Wiss. Z. 40. Bd. 1SS4. p. 260. Südwestlich von der irischen Küste: Schlammiger Sandboden, 557 — 725 Faden, Ehlers, Beiträge zur Kenntniss der Verticalverbreitung der Borstenwürmer im Meere. (Ber. Porcupine Exped.) Zeit. Wiss. Z. 25. Bd. 1875. p. 26. Hebriden: Im Schlamme sowie zwischen Felsen des Strandes von Kilmore (Sky\ ferner in den Buchten der Insel Jona, südlich von Staffa, Claparede 1. p. 3. c p. 42. Westküste von Skandinavien: A*om Oresund bis Finmarken in thonigem oder sandig- thonigem Grunde, 3 — 30 Faden tief, Malmgren 1. p. 7. c. p. 208. Island: Olafsen 1. p. 1. c. p. 325. Küsten des südlichen Grönlands: Pullateriak, im Ufersande und unter Steinen, Fa- BRicius 1. p. 1. c. p. 279; Julianehaab und Norsorak, im Schlamme, 5 — 15 Faden; Godt- haab, 100 Faden, (Amondsen Malmgren 1 p. 7. c. p. 208; Godhavn, (O. Torrell) Malmgren 1. p. 7. c. p. 208. Davisstrasse: Sandiger Schlamm, 100 Faden, M'Intosh, W^ C. On the Annelida obtained during the Cruise of H. M. S. »Valoron«« to Davis Strait in 1875. Trans. Linn. Soc. London (2) Vol. 1. 1877. p. 507. Küste von Nordamerika; Provincetown und AVellfleet, Mass., im Sande nahe der Fluth- grenze, Websier und Benedict 1. p. 9. c. p. 730. Nordsee und Skager Back. Küste von Holland ; Oosterschelde, Horst, R. Anneliden der Oosterschelde. Tijdschr. Nederl. Dierk. Ver. Deel 1. Suppl. 1883/84. p. 550. Küste von Belgien : Ostende, auf dem Sande unter Steinen, in dünnen, häutigen Röhren, Van Beneden 1. p. 3. c. p. 5, und D'Udekem 1. p. 3. c. p. 25. Küste von Grossbritannien: Berwick Bay, im Sande unter Steinen sowie zwischen den Wurzeln von Fucaceen, Johnston 1. p. 2. c. p. 258; ferner im Bereiche derselben Küsten an feuchten, grobsandigen Stellen, Johnston 1. p. 6. c. p. 68. §54 ^- Systematisch-Faunistisoher Theil. Küste von Deutschland: Helgoland, im Uferschlamme, Frey und Leuckart 1. p. 2. c. p. 151. Küste von Dänemark: liimfjord, Coi,lin, Jonas Om I>iimfjordens etc. Marine Fauna. KjesENHAVN 1884. p. 21. Küste von Schweden: Bohus Län, Väderöarne, (S. Loven, Goes) Malmgren 1. p. 7. c. p. 208. Ostsee und Kattegat. Küste von Dänemark: Kallebodstrand, Sund bis Hellebäk, zwischen Frederikshavn und Skagen in beträchtlicher Tiefe, Örsted 1. p. 1. c. p. 132. Küste von Deutschland: Kieler Bucht, zwischen todtem Seegras und im Schlamm, 5 — I (» Faden, Möbius und Bütschli, Exped. Unters. Ostsee 1S71. IV. Faunist. Unters. A. Wirbell. Thiere; in Jahresb. Comm. wiss. Unters, d. deutschen Meere. 1871. 1. Jg. Berlin 1873. Nordmeer. Nordküste von Skandinavien: Finmarken, Ulfsfjorden, Kjosen, 25 Faden, (Goiis und Mlgrn.) Malmgren 1. p. 7. c p. 208. Novaja Semlja: Thon mit Felsen und Lithothamnium, 8 — 50 Meter, ferner auf Litho- thamnium und Felsen, 25 Meter, Theel, H. J. Fes Annelides Polychetes des Mers de la Nouvelle-Zemble. Svenska Akad. Handl. 16. Bd. No. 3. Stockholm 1879. p 56. Murmanska Ffafvet, Kostin schar, Thon- und Lithothamniumgrund, 5 — 30 Faden; Matotschkin schar, Beluscha Bay, Thongrund, 40—70 Faden, Stuxberg, A. Faunan pii och kring Novaja Semlja. Vega Expedit. Vetenskapliga Jakttagelser 5. Bd. Stockholm 1886. Spitzbergen: Shoalpoint, 25 Faden, Treurenbergbay, Depotön (Mlmgrn.); Kobbebay, 3 Faden, (Goes u. Smitti Malmgren 1. p. 7. c. p. 208. Begrüuduug der Syuouymie. In einer für die Systematik unserer Familie grundlegenden Abhandlung hat Grube') die Frage aufgeworfen, ob die bei Kopenhagen, Ostende, Helgoland und den Hebriden vorkommende Capitella sammt der von Fabrkius als Liimhricus capitatus beschriebenen grön- ländischen einerlei Art angehören. Behufs Beantwortung dieser Frage unterzieht er alle die genannten, ihm th eilweise in natura vorliegenden Formen einem eingehenden Vergleiche und kommt zum Schlüsse, dass trotz bedeutender Schwankungen der Körpergrösse, der Segment- zahl und der lin je einem Parapodium enthaltenen) Borstenmenge etc. »eine Nöthigung zur Annahme zweier Arten« nicht bestehe. Nachdem wenige Jahre später (1868) Claparede'^) den ohnedies schon so ausgedehnten Verbreitungsbezirk von Capitella auch noch auf das Mittelländische Meer ausdehnen konnte, erwog er von Neuem dieselbe Frage, und seine eingehende, sich ebenfalls zum Theil auf ihm in natura bekannte Vergleichs-Objecte stützende Prüfung führte zu einem ganz ähnlichen Resultate, nämlich dazu, dass alle die in den verschiedenen Beschreibungen enthaltenen Abweichungen 1) 1. p. 4. c. p. 371. 2) 1. p. 8. c. p. 270. I. Specielle Systematik und Faunistik. 1. Beschreibung der im neapolitanischen Golfe eto. 855 bezüglich der Körperorösse, Borstenzahl, Borstenform und Borstenvertheilung sowie auch der Augen keine constante seien, und dass daher C. aipituta lediglich als Eine stark variirende Species zu betrachten sei. Trotz dieses so übereinstimmenden Resultates Seitens zweier unserer erfahrensten Anneliden-, respective Capitellidenkenner, und trotzdem weder vom Einen, noch vom An- deren gelten konnte, dass er sich die Aufstellung einer neuen Art, wenn irgendwie zulässig, so leicht versagt hätte — hielt es nun neuerdings Czerniavsky für geboten, ohne eigene Kenntniss der verschiedenortigen Capitellen, also lediglich auf die zum Theil ganz veralteten, unzutreffenden Beschreibungen gestützt, eine Anzahl von »Formen« nach Fundorten aufzu- stellen. Diese Beschreibungen hier im Einzelnen einer Kritik zu unterziehen, halte ich mich nun für um so weniger verpflichtet, als das Unzutreffende derselben schon aus den erwähnten An- gaben Grubes und Claparede's (die Czerniavsky ebenso wie die gesammte übrige Litteratur sorgfältig citirt) hervorging. Indem ich also auf diese Autoren sowie auf meine eigenen sie bestätigenden Feststellungen verweise, begnüge ich mich damit, zu constatiren, dass Czerni- avsky's »Forma (htnican, »Forma helgica^i, »Forma Hebridarum», »Forma nrapoll- tana« und -Forma Siichirniicau weder als Varietäten, noch als Species betrachtet werden können, vielmehr synonym sind mit Capitella capitata. Wenn es schon unzulässig erscheinen musste, auf Charaktere hin, die als bei den Individuen der Art schwankende bekannt waren, Varietäten zu begründen, als wie viel ver- fehlter erst muss nun gar der Versuch bezeichnet werden, lediglich auf ebensolche Charaktere gestützt, neue Species aufzustellen ! Und doch hat Czerniavsky auch das fertig gebracht. Für die nach drei 5 — 10 mm langen (jugendlichen) Exemplaren aufgestellte Art: Capitella prototi/pa wird die Beschränkung der Pfriemenborsten auf die drei vordersten Körpersegmente, sowie die Zahl der je in einem Parapodium eingepflanzt stehenden Borsten hervorgehoben, also Charaktere, die, wie wir seit Grube und Claparede wissen, sich mit zu- nehmendem Wachsthume stetig ändern, und was sonst noch betont wird, nämlich die distiche Anordnung der Parapodien, das Vorhandensein von Wimperorganen und Augen, soAvie der pulsirende, rothe Körper, sind alles längst bekannte Familien- und Gattungsmerkmale, welche in eine Speciesdiagnose gar nicht hineingehören. Capitella prototj/pa ist daher gleichbedeutend mit Capitella capitata juvenis. Die zweite Art, Capitella intermedia, wird auf Ein, sage Ein 12 mm langes Exemplar hin errichtet. Wir wissen (seit Claparede und dieser Monographie p. 265), dass die ursprünglich nur an den drei vorderen Thoraxsegmenten mit Pfriemenborsten ausgerüsteten Capitella-Juxenes im Laufe ihres AVachsthumes an 4, sodann an 5 und schliesslich an 6 Thoraxsegmenten aus- schliesslich solche Borsten erkennen lassen und dass während dieses Ersatzes der Haken- durch Pfriemenborsten im 3.-6. Segmente vorübergehend beide Borstenformen vertreten sein können. Das Thier, um welches es sich handelt, war nun eine solche jugendliche Capitella capitata, die an Segm.ent 1 — 3 ausschliesslich Pfriemen- und an Segment 4 — 6 Pfriemen- und Hakenborsten gemischt enthielt, also ein der betreffenden Art allgemein zukommendes Verhalten aufwies, 856 ^- Systematisch -Faunistischer Theil. und doch erhielt es hauptsüchlich auf diesen Charakter hiu seineu neuen Speciesnameu. Auch hier wird ferner die Zahl der je in Einem Parapodiuni enthaltenen Borsten (die, wie schon Grube betont hat, mit zunehmendem Wachsthume stetig zunimmt!) mit Unrecht in die Diagnose gezogen, und auch solche Merkmale figuriren in ihr, die (wie zum Beispiel die distiche Parapod- anordnung, der blutrothe, pulsirende Körper, die bedeutende Länge der mittleren Körper- segmente) Familien- sowie Gattungs- und keine Species-Merkmale bilden. Was endlich noch den von Czerniaysky hervorgehobenen Mangel der Augen betrifft, so hätte er ebenfalls schon aus Claparede ersehen können, dass diese Organe im Laufe des Wachsthumes immer undeut- licher werden und dass sich der Genfer Forscher auf diese Weise schon den Irrthum van Be- neden's (der meinte, C. capitata habe nur im embryonalen Zustande Sehorgane) zu erklären versuchte. Die dritte Species endlich, Capitella similis, ist ebenfalls auf Ein (21,5 mm langes) Exem- plar hin errichtet. Dieses Exemplar hatte zwar bereits die für C. capitata typische Borsten- vertheilung, nämlich b ausschliesslich mit Pfriemen ausgerüstete Thoraxsegmente, aber das bewahrte es vor seinem Schicksale nicht; denn seine Haken sind — »in aj)ice leviter bifidi«! Nun hatte aber Claparede') in diesem Betreffe schon geschrieben: »Mais baser lä-dessus [nämlich auf die Zähnchen der Hakenköpfe] une distinction specifique, sans etre certain que cette difference apparente ne resulte pas seulement de la puissance des objectifs employes, c'est ce que je noserais faire. II est d'ailleurs certain que chez les Capitellides de Naples ce caractere est inconstant.« Ich selbst kam, wie schon oben p. 804 hervorgehoben wurde, zu einem ganz ähnlichen Resultate und habe daher den Zähuchen der Hakenköpfe keine oder doch nur eine sehr geringe Bedeutung in den Diagnosen eingeräumt. Was sonst noch als für C. similis bezeichnend hervorgehoben wird, nämlich das rothe Blut und der pulsirende Körper, sind M'iederum Gattungs-, respective Familiencharaktere, und hinsichtlich des angeb- lichen Mangels der Sehorgane gilt hier das Gleiche, wie für die sogenannte C. intermedia. Von den älteren Synonymen habe ich nur Johnston's Valla ciliata zu gedenken, auf deren Zugehörigkeit zu C. capitata zuerst Malmgren-) zögernd und sodann Claparede') be- stimmt hingewiesen hat, und zwar nur aus dem Giunde muss ich auf diese durchaus begrün- dete Synonymie zurückkommen, weil sie von Seiten Czernlwsky's, wie es scheint, auf Quatre- FAGES gestützt, wieder in Frage gestellt wurde. Ich beschränke mich darauf zu constatiren, dass es für jeden, der CapiteUa capitata kennt, genügt, auch nur die von Johnston gegebene Abbildung seiner VaJIa ciliata zu betrachten, um sich davon zu überzeugen, dass beide Formen ein und derselben Gattung, respective Art angehören. Schliesslich sei noch darauf hingewiesen, dass sich Grube') irrte, als er meinte, die 1) 1. p. S. c. p. 271. 2) 1. p. 7. c. p. 2ü7. 3) 1. p. S. c. p. 270. 4) 1. p. 4. c. p. 372. I. Specielle Systematik und Faunistik. 1. Beschreibung der im neapolitanischen Golfe etc. 857 von Dalyell') unter dem Namen »Lumbricxs C(q)itofi(.su aufgeführte Annelide gehöre nicht zu CapitcUa capitata. Wie uncorrect auch die Beschreibung Dalyell's sein möge, so genügen doch die von ihm gegebenen Abbikkmgen, um ohne Weiteres unsere Species wiederzuerkennen. f. Genus C(vpitoniastus^) n. Gen. Synonyme: CapitcUa p. p.?) (C. minima) Langerhans 1. p. 9. c. p. 99. Wie schon im Anatomischen Theile hervorgehoben wurde, sind mir die zwei einzigen zu Gesicht gekommenen und zur eingehenden Untersuchung bestimmt gewesenen Q. Exem- plare dieser Form verloren gegangen, so dass die nachfolgenden, sich theils auf meine flüch- tigen Beobachtungen der lebenden Thiere, theils auf die ebenfalls unzureichenden Angaben von Langerhans stützenden Definitionen, den vorhergehenden gegenüber, sehr lückenhaft erscheinen werden. Capitelliden, deren aus 10 (oder 11?) Segmenten bestehender Thorax vom 2. — 4. (oder 5.) Segmente mit Pfriemen- und vom 5. (6) — 10. Segmente mit langen Hakenborsten ausgerüstet ist; deren Abdomen hingegen ausschliesslich Hakenborsten gewöhnlicher Grösse enthält. Kopflappen stumpf walzenförmig. Die ersten Abdomensegmente viel länger, als die vorhergehenden (thoracalen) und die nachfolgenden abdominalen. Es sind (abgesehen von den Coiiulationsborsten) dreierlei Borsten vorhanden. Sehorgane sind ■ — äusserlich wenigstens — nicht wahrzunehmen. Becherförmige Organe am Kopflappen und Thorax sehr entwickelt. Die Nephridien treten vom 11. Segmente ab, wie es scheint, streng metamer auf. Sie haben die Form massig gebogener Schleifen. Ihre Trichter sind wie diejenigen von Capi- tcUa gabelförmig ; ihre äusseren Mündungen liegen ähnlich wie bei letzterer Form tief neural. Genitalschläuche treten allein im Thorax, und zwar unabhängig von Nephridien auf. Sowohl die cf, als auch die Q. sind durch einen aus mächtigen Haken (Genitalhaken) bestehenden Copulationsapparat ausgezeichnet. Capitoniasfus ininimus Langekh. l. p. 9. c. p. 99. Synonyme: Capitella minima Langerh. 1. p. 9. c. p. 99. Die rf haben im 2. — 5., die § im 2. — 4. Thoraxsegmente ausschliesslich Pfriemen- borsten. a) Vergl. auch p. 290 — 291, und zwar hinsichtlieh der Gründe, welche für die Aufstellung des neuen Genus maassgebend waren. ß) Bezüglich der Begründung der Synonymie vergl. p. 858. 1) 1. p. 775. c. Vol. II. p. 138. Zool. Station z. Neapel, Fauna und Flora, Golf von Neapel. Capitelliden. 108 858 ^- Systematisch - Faunistlscher Theil. Der Magen dann ist lebhaft gelb gefiirbt. Die gelblichen Nephridien verlaufen rechtwinklig zur Körperaxe gerichtet. Von Genitalschläuchen ist nur Ein Paar, und zwar im 8. Thoraxsegmente vorhanden. Der Copulationsapparat besteht aus den zu mächtigen Greiforganen umgebildeten, hämalen Parapodien des 8. und 9. Segmentes*). Während bei den $ jedes dieser so umge- wandelten Parapodien mehrere Genitalhaken enthält, ist bei den cf ein jedes nur mit Einem solchen Haken ausgerüstet. Eine Kitt- oder Copulationsdrüse scheint nicht vorhanden zu sein. C. minimus erreicht eine Länge von 2 cm und eine Breite von 1 mm. Segmentzahl 40 — 5ö. Gesammthabitus dünn, fadenförmig. Färbung des Vorderkörpers blass rosa, diejenige des Hinterkörpers gelbroth. Geschlechtsreife $ im März beobachtet. Vorkommen, LebeiisAveise und Verbreitung der Species im Golfe von Neapel. Von C. miiiimus habe ich nur einmal zwei Q Exemplare aus den Kalkalgen der Secca di Gajola aus einer Tiefe von ungefähr 40 Metern erhalten. Alle meine Bemühungen um weitere Exemplare, sei es an der genannten Secca, sei es an den anderen Secchen, waren ver- gebens, so dass also unsere Species als eine (im Golfe) sehr seltene bezeichnet werden muss. Sonstige Verbreitung der Species. Atlantischer Ocean. Canarische Inseln: Madeira, auf einem Fischkorbe, Langerhans 1. p. 9. c. p. 99. Begründung der Synonymie. Nachdem schon Claparede') die Ansicht ausgesprochen hatte, dass dem Genus Ancistria QuATREF.-) »une veritable Capitelle« zu Grunde gelegen habe, bezog Langerhans die hier als Capitumastus beschriebene Form speciell auf Ancistria iitiiiima Quatref. ; daher der von ihm gewählte Name Capitella minima. Ich habe bereits an einer anderen Stelle'-') zu vertreten gesucht, dass verschiedene, gewichtige Abweichungen unserer Form ihre Einreihung in das Genus Capitella unzulässig erscheinen lassen. So der Besitz eines wohlausgebildeten, borstenlosen Mundsegmentes, die Beschränkung der ausschliesslichen Pfriemenborsten-Ausrüstung auf 3 — 4 Thoraxsegmente, das a) Vergl. p. 291. 1) 1. p. 8. c. p. 270. Anmerkung. 2) 1. p. G. c. p. 252. *) Nach Langeehans sollen es die neuralen Ruder des neunten und zehnten Segmentes sein. Man vergl. die Anmerkung p. 291. I. Specielle Systematik und Faunistik. 1. Beschreibung der im neapolitanischen Golfe etc. 859 Auftreten von dreierlei Borsten und endlich das Vorhandensein von Copulationsorganen (Genital- haken) in beiden Geschlechtern. Gegen die Identität von Andstria und Capitomastus sodann spricht die Thatsache, dass QuATREFAGES, der doch die von ihm beschriebene Form gerade hinsichtlich der Borsten ein- gehend untersucht hat, nichts von Genitalhaken erwähnt, ja im Gegentheil die folgende positive Angabe macht ') : »La plus grande difFcrence qui separe l'espcce que j'ai examinee [nämlich von Ancisfria] de Celle que VAN Beneden a si bien etiidice [nämlich von Capitclla cupitufu\ consiste clans la presence de ce pore genital, si singulierement arme, qu'a decrit le savant beige, et dont il n'existait certainenient aucune trace dans l'espece de la Rochelle.« Die weitere Vermuthung von Langerhans, dass Quatrefages in seiner Ancistria minima ein junges c? von Capitomastus vorgelegen habe, ist um so weniger begründet, als das Thier der französischen Küste, nach Quatrefages' Angaben, die canarische und neapolitanische Form mindestens um das Doppelte an Länge und Segmentzahl übertroflFen haben muss. Meiner Ansicht nach») ist denn auch Ancistria nicht mit CapiteUa, sondern mit Heteromastiis, speciell mit H. filiformis Clap. synonym, und da durch diese Identificirung der Speciesname »minima« Quatref. in Wegfall kommt, so habe ich geglaubt, denselben für die LANGERHANs'sche Art beibehalten zu dürfen. Dass endlich Langerhans und mir ein und dieselbe Species vorgelegen habe, dafür spricht vor Allem die von uns gleicherweise festgestellte, einzig in der Familie bis jetzt da- stehende Ausrüstung der 9 mit einem Copulationsapparate (Genitalhaken) und sodann auch die Uebereinstimmung unserer Angaben bezüglich der Borstenvertheilung, Körpergrösse und Segmentzahl. a) Vergl. p. S44. 1) 1. p. C. c. p. 257. e !? S "■» Is-agl^^H li'i-^li^^ S^lif^gi d&ll ds|| ü^iäp üsKii upi^i iiri ici sgr^i^-™ ^■£ist3& sl'S^im =^tiBä =^iä O oq 2. = 11 11^ o 3 li £-_d' Ol 2.5 o 3 Co ll. ^ &3- |t 05 3 H g n -2 ö "W 1?^ 1^ äB 11 1 1 UD.2 3^Q I g o O 1 1 fx I (g !?;? 2.3 ö ='2.^£-p> e-s p > OS ö :w S £ £-^2,= 2 ►Tis S " B "as-g 2 S.O- S- I 2. ■ 2 g 3 ^ g 2.-S vj. «"=■ e I S-t7„ f^ 's O- S. 3 o I. Specielle Systematik und Faunistik. 2. Kritische Uebersicht der bisher beschriebenen etc. 861 2. Kritische Uebersicht der bisher beschriebenen, im Golfe von Neapel nicht vorkommenden Arten. a. Formen, welche sich in bekannte Gattungen einreihen lassen. NotomastUS latericeus Saes 1. p. 2. (Rapp. Voy. T.ofoten) c. p. 79 und 1. p. 2. (Fauna littoralis) c. p. 9. Synonym: Notomastus fertilis Eisig (?) Diese Monographie p. 819. In N. latericeus hatte Sars die erste Species der Gattung bekannt zu machen, und so ist es begreiflich, dass seine Beschreibung mehr Gattungs- als Artcharaktere enthält. Aus Einem Satze unseres Autors geht aber hervor, dass N. latericeus in unsere Untergattung Tremo- mastus gehört. Er sagt nämlich: » On remarque chez quelques individus un tout petit mamelon rond, probablement une glande muqueuse, dans l'espace entre les deux proeniinences pedales dans les premiers Segments de la partie posterieure du coips. Une autre glande muqueuse plus de deux fois plus grande se trouve chez tous les individus dans environ les 20 premiers Segments de la partie posterieure. Elle est placee de chaque cote du dos, et un peu plus en arriere que le petit mamelon ci-dessus mentionne. On ne la remarque pas beaucoup dans les animaux vivants, mais seulement quand l'animal est mis dans de l'esprit ; car eile devient alors blanc opaque et un peu proeminente. II me semblait qu'elle avait une petite ouverture ii l'extremite en forme de fente.« Der »petit mamelon rond« fällt nun zusammen mit dem, was in dieser Monographie als Seitenorgan, und die zwei mal so grosse »glande muqueuse« mit dem, was als Genital- schlauchporus beschrieben wurde*). Die Thatsache, dass N. latericeus ebenso wie N. fertilis mit ungefähr 20 Genitalschlauch- Paaren ausgerüstet ist, spricht sehr für ihre specifische Einheit, und ich hätte auch ohne Weiteres die von mir als N. fertilis beschriebene Form der SARs'schen Art einverleibt, wenn nicht einige positive Angaben dieses Autors im Wege gestanden hätten. N. lafericeiis soll nämlich der Augen entbehren, ferner soll sich bei ihm die Thoraxfelderung auf alle Segmente erstrecken, und endlich sollen dieselben Segmente mehr als zwei Mal so breit, als lang und durchweg deutlich zweiringelig sein, was alles für N. fertilis nicht zutrifft. Auch ist zu be- rücksichtigen, dass Horst nur 1 1 Paar Genitalschlauchporen nachzuweisen vermochte. Wieder- holte Untersuchung wird indessen zu entscheiden haben, ob diese Unterschiede in der SARs'schen Art wirklich constant sind, oder nicht, und im letzteren F'alle könnte dann N. fertilis als mit N. latericeus synonym eingezogen werden. *) HoEST (Die Anneliden gesammelt während der Fahrten des »Willem Barents« in den Jahren 1878 und 1S79. Niederl. Archiv. Z. Suppl. 1. Bd. 18S1/82. p. 20. Taf. Anneliden Fig. 7) bezeichnet diese Poren irrthümlicherweise als Mündungen von Nephridien. 862 ^- Systematisch -F; Verbreitung der Specics. Mittelmeer. Adriatisches Meer: Quarnero, Ossero. im Schlamme, Avenigc Fuss tief, Grube 1. p. S2G. c. p. 86. Atlantischer Ocean. Canarische Inseln: Madeira, auf alten Fischkörben, Langerhans 1. p. 853. c. p. 2ö9. Küste von Grossbritannien: Bei Galway, 15—20 Faden; Westlich von Irland, 51» 1 N. ll"2rW., 42Ö — 458 Faden; 56M4' N. 12»52W., im Schlamme, 1215 Faden; 54" 54' N. lO^öO'W., in feinem thonigen Schlamme, 1366 Faden; 55"il'N. ir'31'W., in thonigem Schlamme, 1443 Faden; Ehlers 1. p. 853. c. p. 25. Im Bereiche der Fär-Öer- und Shetlands- Inseln: 62" 44' N. l'MS'O. , in Thon, 753 Meter; 63"17'N. 1°27'W., in Biloculina-Thon, 1977 Meter; 64° 2' N. 5" 35' O., in Thon, 911 Meter; Hansen, A. G. The Norwegian North-Atlantic-Expedition 1876 — 1878. Zoology. Annelida. Christiana 1882. p.p. 15, 17 u.nd 19. Westküste von Skandinavien: Söndfjord bei Floröen, in der Laminarien-Region, selten im Sande; Manger, 50 — 60 Faden; Sars 1. p. 2. (Fauna littoralis) c. p, 11. Küsten des südlichen Grönlands'?: »antica pars speciminis magni, ut videtur, hujus speciei, in Mus. Holm, adest ex Omcnak Grönlandiae, e prof. 250 orgyar. ab Amondsen erepta.« Malmgren 1. p. 7. c. p. 207. Küste von Nordamerika: Fundy Bay, N. Scotia, Gulf of Maine, Casco Bay, George Banks; Verrhx 1. p. 835 (New Engl. Annel.) c. p.p. 298, 305, 309 und 312. Nordsee und Skager Rack. Küste von Schweden: Bohus Län, Koster, 30 — 130 Faden (Loven, Ljungman und Malmgren); Väderöarne, 50 Faden (GoiJs, Loven); Dyngö, 15 Faden (Goes); Malmgren 1. p. 7. c. p. 207. Küste von Norwegen: Lindesnäs, selten in blauem, thonigem Schlick, 220 Faden; südwestlich vom Bukkefjord, massig häufig im Schlick mit Grand, 106 Faden; Hongesund, selten auf steinigem Grunde und Felsen, 5 Faden; vor dem Bömmelfjord, massig häufig im Schlick, 106 Faden; Möbius, K. Exped. Phys. C'hem. Unters. Nordsee 1872. V. Vermes. p. 159; in Jahresbcr. Comm. Wiss Unters, deutscli. Meere in Kiel 1872/73. 2. und 3. Jg. Berlin 1875. Ostsee und Kattegat. Küste von Dänemark: T^evinsen 1. p. 809. c. p. 303. Nordmeer. Nordküste von Skandinavien: Finmarken, Üxfjord, 20 — 30 Faden, Sars 1. p. 2. (Fauna littoralis) c. p. 11; Grötsund (Goes und Malmgren), Malmgren 1. p. 7. c. p. 207; (festlich von Hammerfest, 192 Faden, Horst 1. p. SOI. c. p. 20. I. Specielle Sj'stematik und Faunislik. 2. Kritische Uebersicht der bisher beschriebenen etc. 863 Novaja Semlja: 60 Meter, Theel l. p. S54. c. p. 56. Karisches Meer: 46 Faden, Levinsen, G. Kara-Havets Ledorme. Dijmplma-Togtets zoolog.-botan. Udbytte. Kjobenhavn 1887. p. 296; 74" 30' N. 65" 35' ()., 35 Faden, Stuxberg, A. Evertebratfaunan i Sibiriens Ishaf. Vega-Expeditionens Vetenskapliga Ar- beten p. 784. Notomastiis rubicundus Kef. 1. p. 4. c. p. 123. Synonyme: Capitella ruhicunda Kef. 1. p. 4. c. p. 123. Capitella ruhicunda Clap. 1. p. 4. c. p. 26. Sandanis rubicundus Kinb. 1. p. 7. c. p. 343. Notomastiis Benedeni Clap. (?) 1. p. 5. c. p. 54. Man vergi. anch diese Monographie p. 8 1 5. In Keferstein's Beschreibung figurirt der Satz: »Vom 12. bis wenigstens zum 16. Seg- mente liegen hinter diesen lippenartigen Oeffnungen [nämlich hinter den sogenannten Seiten- organen] noch zwei andere kleine Querspalten, deren Bedeutung mir ganz unbekannt geblieben ist.« Diese Querspalten, welche genannter Forscher auch zur Abbildung brachte, sind nun nichts anderes, als Poren von Genitalschläuchen, und daraus folgt, dass auch N. rubicundus in die Untergattung » Tnmwmastusu gehört. Für diese Zugehörigkeit spricht auch die Form und Farbe der Nephridien. Das ist alles, was sich bestimmt über die Stellung der Species sagen lässt, indem sowohl Keferstein's, als auch Claparede's Beschreibung lediglich Familien- und Gattungscharaktere betonen. In Anbetracht, dass ich an der Ein Jahr später von Cla- PAREDE nach mediterranen Thieren aufgestellten Trcnwnuistus-Vonn: » Notomostus Benedeni« eben- falls 5 Paar Genitalschläuche nachweisen konnte, entsteht die Frage, ob N. rubicundus und N. Benedeni nicht ein und dieselbe Species repräsentiren. Dies wird sich durch wiederholte Untersuchung der atlantischen F^orm, und zwar an der Hand der in dieser Monographie von N. Benedeni gegebenen Beschreibung leicht endgiltig entscheiden lassen. Für den Fall, dass die vermuthete Synonymie zutrifft, muss der Name »N. Beiiedeniu zu Gunsten des Ein Jahr früher aufgestellten »N. rubicundus « zurücktreten. Obwohl ursprünglich sowohl von Seiten Keferstein's, als auch von Seiten Claparede's unsere Form irrthümlich als » Capitella u bezeichnet wurde, so konnten doch beide Autoren nicht umhin, die grosse Uebereinstimmung gewahr zu werden, welche diese C. ruhicunda mit der einzigen damals bekannten Notomostus- Art, nämlich mit N. latcriceus Sars, darbot. Als bestimmt in das Genus Notomostus eingereiht begegnet uns aber C. ruhicunda zum ersten Mal in den Glanures Zootomiques Claparede's'), indem sie hier von diesem Autor schlechtweg als N. rubicundus citirt wird. 1) 1. p. 5. c. p. 51. 864 D. Systematisch -Faunistischer Theil. Nachdem so über die Zugehörigkeit von CapHelhi nthinoida (zu Notomastus) kaum noch irgend ein Zweifel herrschen konnte, glaubte gleichwohl Kinberg, und zwar lediglich auf Keferstein's Beschreibung gestützt, die Sache anders auffassen zu müssen. In Anbetracht ihres Besitzes zweier ausstülpbarer Tentakel (respective Wimperorgane) errichtete er nämlich für C. rubicunda das neue Genus nSandunis^i . Dass nicht etwa nur N. rnbicundtis, sondern viel- mehr alle Arten des Genus Notomastus mit Wimperorganen ausgerüstet sind, und daher 8an- danis Kinb. als synonym mit Notomastus Sars zu betrachten sei, hat zuerst Claparede') nach- gewiesen. Verbreitung der Species. C'anal : St. Vaast la Hougue, nicht selten am Ebbestrande, Keferstein 1. p. 4. c. p. 124; am mittleren Ebbestrand, Claparede 1. p. 4. c. p. 26. Notomastus Sarsii Clap. 1. p. 5. c. p. 51. Synonyme: Notomastus lincatus Clap. (?) 1. p. S. c. p. 278. Man vergl. auch diese Monographie p. 811. Aus der Angabe C'lapärede's, dass die Nephridien frei im Cölom hin und her bewegt werden können, sowie aus den Färbungs- und Lagerungsverhältnissen dieser Organe lässt sich fast mit Sicherheit schliessen, dass N. Sarsii zur Untergattung Clistomastus gehört. Die Thatsache ferner, dass die Nephridien von N. Sarsii nicht nur hinsichtlich der Form, sondern auch hinsichtlich der schornsteinförmigen, hoch über den Seitenorganen ge- legenen äusseren Mündungen auffallend mit denjenigen von N. lineatus übereinstimmen, legt die Vermuthung nahe, dass die beiden Notomastus- Äxten einerlei Thiere umfassen. Leider genügt die Beschreibung Claparede's nicht, um diese Frage zu entscheiden; denn was er von den Thoraxringeln sagt, ist, wie wir schon an anderem Orte hervorgehoben haben, für die Bestimmung werthlos, und die von ihm gegebenen Borstenfiguren sind so unzutreffend, 9ass sie noch nicht einmal den Genus-, geschweige den Arttypus zum Ausdruck bringen. Der Charakter, auf welchen Claparede in seiner Beschreibung von N. lineatus so hohen Werth gelegt hat, nämlich die bedeutende Verlängerung der neuralen Hakentaschen oder einfachen Parapodkiemen im Abdomenanfange, hat dadurch viel von seinem Werthe verloren, dass die von mir als N. profundus und iV. fertilis beschriebenen Arten hinsichtlich des Ausbildungs- grades der erwähnten Hakentaschen dem N. lineatus wenig nachstehen. Es muss der Nach- untersuchung der ostpyrenäischen Form überlassen bleiben, endgiltig zu entscheiden, ob die von uns vermuthete Synonymie in der That zutrifft, und für diesen Fall wäre der Name N. lineatus zu Gunsten des älteren N. Sarsii einzuziehen. 1) 1. p. 8. c. p. 278. Anmerk. 2. I. Specielle Systematik und Faunistik. 2. Kritische Uebersicht der bisher beschriebenen etc. 865 Verbreitung der Species. Mittelmeer. Mittelländ. Meer: Oestliche Pyrenäen, Port-Vendres, in einer kleinen, zwischen Port- Yendres und C'oUioure gelegenen felsigen Bucht, Claparede 1. p. 5. c. p. 51. Atlantischer Ocean. Canarische Inseln: Madeira, im Sande am Strande, Langerhans, P. Ueber einige cana- rische Anneliden. Nova Acta Leop. Car. 42. Bd. 1S81. p. 115. Notomastus cruentus Quateef. Synonyme: Arenia o-uenta Quatref. 1. p. G. c. p. 250. Auf die Synonymie von Arenia und Notomastus haben bereits Claparede') und M'In- tosh'-) hingewiesen. Es genügt in der That ein Blick auf die übrigens keineswegs exacten Figuren des französischen Forschers, um den Notomastus-'RvihiiviS zu erkennen. Die Beschreibung vollends, sowie die Abbildungen der so charakteristischen neuralen Tori des Abdomens lassen kaum eine andere Deutung zu. Zwei von Quatrefages für Arenia betonte Organisationsverhältnisse indessen stehen mit dieser Deutung im Widerspruche. Es sind das erstens die Angabe, dass Arenia (statt 12 wie Notomastus) nur 11 Thoraxsegmente zähle, und zweitens diejenige, dass ihre hämalen, abdominalen Parapodien (anstatt wie die neuralen mit Haken-) mit Pfriemenborsten aus- gerüstet seien. Was die 11 Thoraxsegmente betrifft, so dürfen wir wohl annehmen, dass Quatrefages nur die borstentragenden Zoniten des Vorderleibes zählte, also das nackte Mundsegment un- berücksichtigt Hess. Träfe die zweite Angabe, nämlich die Ausrüstung der abdominalen, hämalen Parapo- dien mit Pfriemenborsten zu, dann böte Arenia eine bisher nur bei Mastohranckus beobachtete Vertheilung der Borsten dar und müsste auch in Folge dessen diesem letzteren Genus ein- verleibt werden. Diese Angabe trifft nun aber nicht zu, indem Quatrefages irrthümlicher- weise die Sinneshaare der Seitenorgane für feine Pfriemenborsten gehalten und die wahren, auch hier mit Haken ausgerüsteten hämalen Tori übersehen hat. Dies geht ganz besonders aus einer von der anderen ^/-ema-Species, nämlich von ^1. fragilis, gegebenen Figur hervor, in der jene Sinneshaare als Borsten hämaler Parapodien dargestellt sind'). Ob nun N. cruentus, wie Claparede will, mit N. n(hici(ndi(s oder mit einer anderen der beschriebenen Notomastus-Arten zusammenfällt, oder, ob im Gegentheil in ihm eine besondere 1) 1. p. 8. c. p. 278. 2) 1. p. 10. c. p. 390. 3) 1. p. 6. c. Taf. 11. Fig. 2G. Zool. Station z. Neapel, Fauna und Flora, Golf von Neapel. Capitelliden. 8ßß D. Systematisch -Faunistischer Theil. Art vorliegt, darüber kann erst nach eingehenderer Untersuchung der betreffenden Thiere ein Urtheil abgegeben werden. Verbreitung der Species. Canal. Inseln von Brehat, Quatref. 1. p. G. c. p. 2Ö0. Notomastus (?) fragilis Quatref. Synonyme: Arcnia fragilis Quatref. 1. p. 6. c. p. 251. Wie QuATREFAGES sclbst hervorhebt, unterscheidet sich diese Species von der vorigen fast nur durch die bedeutendere Körpergrösse, so dass alles für die Notomastus-l^&twx von A. cruenta Betonte gleicherweise für diejenige von A. fragilis gilt. Aber auch hier fehlt es nicht an einer Angabe, welche der Synonymie im Wege steht ; es soll nämlich der Thorax von A. fragilis (anstatt aus 12) nur aus 8 Segmeuten bestehen. Leider bin ich nicht wie im vorhergehenden Falle in der Lage, diesen Gegensatz aufklären zu können. Die Voraussetzung, dass Quatrefages da 8 Segmente gezählt habe, wo in Wirklichkeit 12 vorhanden waren, ist wohl kaum erlaubt; andererseits aber stimmt A. fragilis so sehr mit A. cruenta, respective mit Notomastus überein, dass ich mich nicht einmal dazu entschliessen konnte, sie bei den Formen unterzubringen, deren Gattungs-Zugehörigkeit zweifelhaft ist, ge- schweige dazu, ihr das Anrecht auf einen besonderen Gattungsnamen zuzusprechen. Und doch müsste sie für den Fall, dass die fragliche Angabe von Quatrefages zuträfe, unbedingt eine solche besondere Gattung bilden. Verbreitung der Species. Canal. Inseln von Brehat und Chansey, Quatref. 1. p. 0. c. p. 251. Notomastus hrasilicnsis Grube 1. p. -/. Nach Einem, wie aus einer beigegebenen Abbildung hervorgeht, schlecht conservirten, insbesondere stark contrahirten iVo?o?wflsf«s-Exemplare aus den Sammlungen der Novara-Expe- dition hat Grube diese neue Art aufgestellt. In der ausführlichen Species-Diagnose figuriren ausschliesslich Gattungs- und Familiencharaktere. Innere Organe wurden überhaupt nicht berücksichtigt. Was Grube von Körperdimensionen und Körperform angiebt, ist werthlos, indem sich diese Verhältnisse je nach den beim Conserviren statthabenden Contractionen auf das \'erschiedenartigste zu gestalten pflegen. Gleiches gilt hinsichtlich der Färbung. I. Speeielle Systematik und Faunistik. 2. Kritische Uebersicht der bisher beschriebenen etc. 867 N. brasiliensis soll sich von N. kttericeus, Benedeiü und Sarsä dadurch unterscheiden, dass sein Kopflappen nicht durch Ringfurchen weiter abgetheilt und überdies halbkreisrund (anstatt conisch) erscheine. Ferner speciell von N. latcrkcus dadurch, dass die hämalen Para- podien der Medianlinie nicht so nahe rücken, und von N. Sarsii endlich durch die zwei- spitzigen Hakenköpfe. Auch alle diese Differenzial- Charaktere sind nun unbrauchbar. Der Kopflappen zu- nächst ist ein eminent retractiles Organ, dessen Form sich (wo nicht sehr wesentliche Ver- schiedenheit, wie z. B. bei Dasjjhranchus caducus einer- und D. Gajolae andererseits herrscht) an conservirten Thieren meist gar nicht feststellen lässt; seine Unterabtheilung durch Querringel ist stets ein C'ontractionsphänomen. Was ferner die Annäherung der hämalen Parapodien im Abdomenanfange betrifft, so ist zu bemerken, dass auch andere Species darin nicht den von N. latericeus dargebotenen Grad erreichen, und auf die Zahl sowie Form der Hakenzähnchen endlich ist, wie schon mehrfach zu constatiren war, wenig zu geben. Nach alledem lässt sich auf Grund der Beschreibung Grube's nur so viel feststellen, dass ihm ein Notomastiis vorlag. Ob dieser Notomastus zu einer der bereits beschriebenen Formen gehört, oder eine neue Species zu bilden berufen ist, wird sich erst nach eingehenderer Unter- suchung der betreffenden Thiere entscheiden lassen. Verbreitung der Species. Atlantischer Ocean. Küste von Südamerika: Rio de Janeiro, Grübe 1. p. 8. c. p. 27. Notomastus shmosus Grübe 1. p. 9 (Jahresb. Schles. Ges.) c. p. 51. Noch viel unzureichender, als die Beschreibung der vorhergehenden ist diejenige der vor- liegenden Form. Was Grube vorbringt, ist gerade genügend, um das Genus zu erkennen. Für die Errichtung einer neuen Species war eben nur traditionell die Thatsache maassgebend, dass das betreffende Notomastus-^xem-plav aus »fernen Meeren« stammte. Selbstverständlich sind auch in diesem Falle die Ergebnisse einer wirklichen Untersuchung abzuwarten, um über die Existenz- berechtigung, respective die Synonymie der Art ein Urtheil fällen zu können. Verbreitimg der Species. Grosser Ocean. Chinesisches Meer: Golf von Pe-tschi-li, Cheföo Tschi-fu), Grube 1. p. 9. (Jahresb. Schles. Ges.) c. p. 48. 868 D- Sj'stematisch - Faunistischer Theil. Notomastus Agassizii m'Intosh 1. p. 10. c. p. 389. Diese neue Art wurde auf Grund zweier Fragmente vom Challenger-Materiale errichtet. M'Intosh scheint von den aus europäischen Meeren bekannt gewordenen Notomastiis-¥ ormen keine Kenntniss gehabt zu haben, indem er zum Vergleiche »the common British species Capitella capitata v heranzog. Aus seiner Beschreibung und Abbildung geht nu^r so viel hervor, dass ihm eine zum Genus Notomastus gehörige Form vorgelegen hatte, und es muss daher die Existenzberechtigung auch dieser neuen Art fraglich bleiben. Verbreitung der Species. Atlantischer Ocean. Cap Verdische Inseln: San Antonio, M'Intosh 1. p. 10. c. p. 389. Küste von Nordamerika: 41" 14' N. 65" 45' W., blauer Schlamm, 1340 Faden, MIntosh 1. p. 10. c. p. 389. Notomastus Sp.? M'intosh l. p. lO. c. p. 390. Wie aus der üeberschrift hervorgeht, liess M'Intosh die Species- Zugehörigkeit dieser ebenfalls nur in Einem Fragment vom Challenger erhaltenen Notomastus-V orm dahingestellt. Dass ein Notomastus in der That vorlag, beweist des genannten Autors Abbildung. Eine genaue anatomische Untersuchung des Bruchstückes kann aber möglicherweise auch zur Feststellung der Species führen. Verbreitimg der Species. Indischer Ocean. Kerguelen: Bereich der Cumberland Bay, 48" 45' S. 69" 14' O., vulcanischer Schlamm, 127 Faden, M'Intosh 1. p. 10. c. p. 390. b. Formen, welche sich in bekannte Gattungen nicht einreihen lassen. Während sonst in diesem Abschnitte der Systematik fast nur ältere Diagnosen zu figuriren pflegen, Diagnosen, welche zu einer Zeit entstanden, in der die Charaktere der betreffenden Thiergrupiie erst theilweise und nur sehr mangelhaft bekannt waren, habe ich es hier um- gekehrt vorwiegend mit Beschreibungen jüngsten Datums, und zwar mit solchen Verrill's zu thun. Obwohl durch die Arbeiten von Sars, Grube und Claparede sowohl für die bestehenden, als auch für die etwa neu aufzustellenden Genera eine verlässliche Basis schon geschaffen war, verfuhr dieser Autor bei den meisten seiner Beschreibungen so, als ob noch nicht ein I. Specielle Systematik und Faunistik. 2. Kritische Uobersicht der bisher beschriebenen etc. 869 einziges Genus unserer Familie scharf charakterisirt dastände. In Folge so mangelhafter Ein- sicht überwiegen denn auch in seinen an sich dürftigen Beschreibungen vage, auf irgend welche Anneliden beziehbare Merkmale die für die Classification allein verwerthbaren. Wenn ich dem noch hinzufüge, dass Verrill überdies alle Angaben über die innere Organisation, wie es scheint, grundsätzlich vermeidet, ja nicht einmal die Borsten abbildet, so wird man es begreiflich finden, dass es mir trotz besten Willens nicht gelingen wollte, in den nachfolgenden Formen die Gattungs-, geschweige die Art-Zugehörigkeit festzustellen ; denn unbekümmert um allen systematischen Brauch erhob Verrill auch noch jede dieser seiner generisch so unzu- reichend definirten Formen zu einer »Sp. nova«. Alles das. ist aber um so mehr zu bedauern, als diese vorläufig inhaltlosen Formen oder Namen in einer langen Eeihe faunistischer Arbeiten immer und immer wieder sowohl von Seiten des genannten Autors als auch von anderen Faunistikern reproducirt wurden. Notoniastus luridiis Veerill 1. p. 9. c. p. 610. Aus der einzigen systematisch belangreichen Angabe Verrill's, der Thorax der be- treffenden Form bestehe aus 10 Pfriemenborsten tragenden Segmenten, geht gerade das Ge- gentheil von dem hervor, was er schloss, nämlich, dass jene Form nicht zum Genus Noto- mastus gehören kann, indem ja alle Species dieses Genus 11 Pfriemenborsten tragende Thoraxsegmente aufweisen. Unter der Voraussetzung aber, dass Verrill ungenau gezählt habe (sagt er doch »about ten segments«) und in Wirklichkeit 11 solche Segmente vorhanden sind, kann man, im Zusammenhange mit zwei anderen von genanntem Autor hervorgehobenen Merk- malen, nämlich der Thoraxfelderung sowie der GrössendifFerenz zwischen neuralen und hämalen Haken, die Vermuthung aussprechen, dass ihm in der That zum Genus Notoniastus gehörige Thiere vorgelegen hatten. Um so mehr muss dies aber bis zur wirklichen Untersuchung eine Vermuthung bleiben, als nicht nur Notoniastus, sondern auch Dasyhranckus und Mastohranckus durch die Felderung des Thorax sowie durch die entsprechende GrössendifFerenz zwischen den beiderseitigen Toris ausgezeichnet sind. Verbreitimg der Species. Atlantischer Ocean. Küste von Nordamerika: Savin Rock bei New Haven, in schlammigem Sande, im Be- reiche der Ebbegrenze, Verrill 1. p. 9. c. p. 610; Casco Bay, Verrill 1. p. 835 (New Engl. Annel.) c. p. 309; Great Egg Harbor, New Yersey (oder South Norwalk, Conn.?), Webster, H. Annelida Chaetopoda of New Jersey. 32. Annual Report New-York State Mus. Nat. Hist. 1879 (fide Verrill 1. p. 835 (New Engl. Annel.) c. p. 322); Provincetown und Wellfieet, Mass., sehr häufig nahe dem Ufer im Sande, Webster und Benedict 1. p. 9. c. p. 730. 870 D. Sysiematisch-Faunistischer Theil. WotOfnasttlS filiforrnis YERmi^i. 1. p. 9. c. j), Rl l. und 1. p. 835 (Not. Rec. Addit.) c. p. 180. In seiner ursprünglichen Beschreibung dieser Form gab Verrill an: ))In the anterior region tlicre are eleven setigerous Segments, which bear small fascicles of slender setae in both lami, those in the first five longer and acutely pointed; the lower fascicles of setae are largest and fan shaped.« In einer späteren Arbeit hob er als unterscheidende Merkmale gegenüber N. gracilis hervor: »In the latter [nämlich bei N. ßliformib^ the five anterior Segments bear large groups of long, capillary, acute setae; but on the fifth there are" sometimes a few uncini mingled with the capillary ones in the lower fascicles. The uncini are numerous on the following segments, and are long and somewhat bent, but show no constriction , the distal portion being regularly narrow, spatulate, or paddle shaped, with the central shaft curved, blunt, and slightly hooked at the tip.« Hätte Verrill anstatt dessen auch nur Eine Pfriemen- und je Eine Hakenborste (aus verschiedenen Leibesregionen) abgebildet, so würde sich daraus mehr hinsichtlich der Stellung fraglicher Form ergeben haben. Gestützt auf Obiges lässt sich nur mit Bestimmtheit vertreten, dass N. ß/iformis mit dem Genus Notomastus nichts zu thun hat, und als Möglichkeit aus- sprechen, dass die betreffenden Thiere zu Heteromastus gehören. Verbreitung der Species. Atlantischer Ocean. Küste von Nordamerika: Great Egg Harbor, in sandigem Schlamme, bis 1 Faden tief; New Haven, Watch Hill, Vineyard Sound, Verrill 1. p. 0. c. p. Gll; Great Egg Harbor (oder South Norwalk, Conn.?), Webster, H. 1. p. 869. c. (fide Verrill 1. p. 835 [New Engl. Annel.] c. p. 322); Provincetown und Wellfleet, Mass., sehr häufig nahe dem Ufer im Sande, Webster und Benedict 1. p. 9. c. p. 730. Notomastus gracllis Vereill 1 p. 835 (Not. Rec. Addit.) c. p. 180. Für diese Art wird angegeben: » Six anterior segments bear fascicles of capillary setae above and below ; the seventh and succeeding Segments bear uncini above and below, but in the lower fascicles of the seventh segment there are often some capillary setae also.« Das ist eine Borstenvertheilung, die durchaus mit der von Capltella capitata über- einstimmt, und doch nennt unbegreiflicherweise Verrill das betreffende Thier Nototnastus. Ja, nicht genug damit, auch noch eine neue Species dieser Gattung soll es sein, obwohl in der ganzen 7 — 8 Zeilen einnehmenden Beschreibung ausser den eben citirten Merkmalen nebst Angaben über die Haken nur noch der Kopfform, Farbe und Körperdimension ge- dacht wird. I. Specielle Systematik und Faunistik. 2. Kritische Uebersicht der bisher beschriebenen etc. 871 Erinnert nun auch, wie erwähnt, die Borstenvertheilung von N. graciUs an CapiteUa, so konnten wir sie doch nicht ohne Weiteres als Synonym dieser Gattung aufführen, weil ihre Haken nach Verrill abweichend (von denjenigen der CapiteUa) geformt sind. Ueberdies müsste behufs solcher Zutheilung erst bekannt sein, ob das erste Leibessegment von N. gracilis borstentragend, und ob ferner das cf Geschlecht mit dem für CapiteUa so bezeichnenden Copu- lationsapparate ausgerüstet ist — oder nicht. Verbreituug der Species. Atlantischer Ocean. Küste von Nordamerika: Noank, Conn., im Schlamme, 4 — 5 Faden, Verrill 1. p. 835 (Not. Rec. Addit.) c. p. 180. Ancistria acuta Veerill 1. p. 835 (Explor. Casco Bay) c. p. 386 und Verrill, A. Brief Contributions to Zoology from the Museum of Yale College No. 29. Results of recent Uredging Exped. on the Coast of New England No. 7. Amer. Journ. Sc. (3) Vol 7. 1874. p. 505. Taf. 6. Fig. 3. Synonyme: Notomastus acutus Verrill 1. p. 835 (Not. Rec. Addit.) c. p. 181. In derselben Abhandlung, in der Verrill einmal, wie wir gesehen haben '^), die Be- ziehung von ihm vorliegenden Capitelliden zu bereits bestehenden Gattungen erkannt hatte, ich meine die Abhandlung (1. p. 835 [Explor. Casco Bay] c. p. 385), in der von ihm eine fadenförmige, mit dreierlei Borsten ausgerüstete Form richtig als dem Genus Ancistria Quatref. zugehörig (und daher mit unserem Heteromastus ßlifonnis synonym) beschrieben wurde, figurirt als zweite Art dieser Gattung A. acuta. Letztere hat, wie aus dem Texte und der citirten Figur hervorgeht, an den 7 vorder- sten Segmenten Pfriemen-, und an den nachfolgenden »verlängerte» Hakenborsten. In Anbe- tracht dieser so abweichenden und so auffallend an diejenige der lange bekannten CapiteUa capitata erinnernden Borstenvertheilung (bei Ancistria capiUaris sollen das erste Segment borsten- los, das 2. — 5. mit Pfriemen-, die nächsten mit langen und die übrigen endlich mit kurzen Haken ausgerüstet sein!) hätte es nun doch Verrill einleuchten müssen, dass die fragliche Form nicht ebenfalls dem Genus Ancistria zugehören könne, und dass sie auch nicht so ohne Weiteres zu einer neuen Species erhoben werden dürfe. Aber nicht genug damit: wie ^1«- cistria capiUaris, so wird einige Jahre später auch Ancistria acuta von Verrill überdies in Noto- mastus [N. acutus) umgetauft, weil »it seems to be impossible to distinguish that genus [näm- lich Ancistria] by any definite structural characters from Notomastus Sars«. Wie unzutreffend a) Vergl. p. S4E §72 ^- Systematiscli-Paunistischer Thell. diese letztere Behauptung Verrill's ist, und wie sie nur von Jemand aufgestellt werden konnte, der in der Systematik unserer Gruppe durchaus ununterrichtet war, hatte ich bereits an einer anderen Stelle."*) zu betonen. Verrill's Angaben über die Borsten zufolge müsste, wie gesagt, A. acuta der Gattung Capitella eingereiht werden. Hiermit würde auch stimmen, dass (in der Abbildung) das erste Leibessegment der fraglichen Form borstentragend ist. Wenn ich es gleichwohl unterlassen habe, dieselbe als mit Capitella capitata synonym aufzuführen, so geschah es einmal aus dem Grunde, weil Verrill den Kopflappen seiner A. acuta als spitz-conisch und die Haken als »elongated« bezeichnet, und sodann, weil er nichts von dem für Capitella so charakteristischen Copulationsapparate erwähnt. Verbreitung der Species. Atlantischer Ocean. Küste von Nordamerika: Broad Sound, Casco Bay, 15 — 20 Faden, Verrill 1. p. 835 (Explor. Casco Bay) c. p. 386. Areniella filiformis Verrill 1. p. 835 (Explor. Casco Bay) c. p. 386. A. filiformis bildet nach Verrill eine neue Gattung. Seine Diagnose lautet: »Head acute, conical, mouth beneath. Body siender, terete, composed of numeious similar Segments, without any marked division into distinct legions. The upper fascicles on all the Segments contain siender, acute, bent setae, usually mingled with some of different forms anteriorly. The lower fascicles contain shorter, mostly simple setae anteriorly, and bidentate uncini farther back«. Das klingt fast so, als ob in Areniella die erste zu beschreibende Annelide vorgelegen hätte; auf was kann in der That »der spitze Kopf, der ventrale Mund und der schlanke, aus zahlreichen Segmenten aufgebaute Leib« nicht bezogen werden? Und auch die (in der Species- diagnose ausführlicheren) Angaben über die Borsten helfen uns nicht weiter, indem ihre Ver- theilung (und Form?) von Allem abweicht, was bisher bei Capitelliden bekannt geworden ist. In Folge dessen muss es denn auch, so lange bis die betreffenden Thiere wirklich untersucht sein werden", vollkommen dahingestellt bleiben, ob Verrill eine Capitellide, oder aber eine andere Annelide vor sich gehabt hat. Bezüglich des gewählten Sjieciesnamens wäre noch zu bemerken, dass, nachdem Cla- PAREDE 10 Jahre früher schon eine Capitella (heute Hctero))instus\) als ^filiformis », und Verrill selbst nur 1 Jahr vorher einen angeblichen Notomastits als »filfor?nisu bezeichnet hatte, es doch überflüssig war, eine angeblich neue Art derselben Familie noch einmal so zu taufen. a) Vergl. p. I. Specielle Systematik und Faunistik. 2. Kritische Uebersicht der bisher beschriebenen etc. 873 Verbreitung der Species. Atlantischer Ocean: Küste von Nordamerika: Casco Bay, im Schlamme, 20 — 40 Faden, Verrill 1. p. 835 Explor. Casco Bay) c. p. 387. Emiotomastus Grubei M'Intosh 1. p. 10. c. p. 388. »The specimeu", sagt Mac Intosh, »is fragmentary and much injured, apparently having been partially dried, so that the description is imperfect«. Trotz der mangelhaften Beschreibung ist nun aber zu vermuthen, dass hier in der That Fragmente eines neuen Genus vorlagen, und zwar aus folgenden Gründen: Mac Intosh giebt an, dass der im Habitus mit Notomastus übereinstimmende Thorax mit ungefähr 16 Paaren Pfriemenborsten enthaltender Parapodien ausgerüstet sei, also inclusive Mundsegment aus 9 Zoniten bestehe, dass ferner die hintere Körperabtheilung, das Abdomen, in den hämalen Parapodien seiner 4 ersten Segmente Pfriemen-, im Uebrigen jedoch ausschliesslich Haken- borsten besitze. Dies ist aber eine Borstenvertheilung, die auf keine der bis jetzt bekannt gewordenen CapitelUden-Gattungen passt. Künftiger, genauerer Untersuchung muss freilich die endgiltige Entscheidung über die Legitimität der fraglichen neuen Gattung, respective der neuen Art vorbehalten bleiben. Verbreitung der Species. Atlantischer Ocean. Im Bereiche der Bermudasinseln: 32° 21' N. 64" 35' W., in Coral-Mud, 435 Faden, Mac Intosh 1. p. 10. c. p. 388. LlimbrictlS pusillus Delle Chiaje, Memorie sulla Storia e Notomia degli Animaü senza Vertebre etc. Vol. 1—2. p. 428. Taf 29. Fig. 5. Napoli 1822. und in des- selben Autors: Descrizione e Notomia degli Animali Invertebrati etc. Vol. 5. p. 97. Taf. 93? Fig. 5. NapoH 1841. Im Gegensatze zu Grube') und Quatrefages-), welche in L. pusillus eine Ophelia oder Ammottypane, also eine Polyophthalmiden-Gattung, erkennen wollen, bin ich der Ansicht, dass es sich um das Vordertheil einer Capitellide handelt. Die Zahl der mit Pfriemenborsten aus- 1) 1. p. 2. (Familie der Anneliden) c. p. 70. 1) 1. p. 6. c. Tome 2 p. 279. Zool. Station z. Neapel, Fauna und Flora, Golf von Neapel. Capitelliden. 1 10 874 15- Systematisch - Faunistischer Theil. gerüsteten Segmente würde mit Dasyhranchts übereinstimmen. Aber dies ist nur eine A'er- muthung und wird wohl auch eine solche bleiben müssen, da weder Text, noch Figur wirk- lich verlässliche Anhaltspunkte zur Bestimmung des Genus darbieten. ■? Delle Chiaje, 1. p. 873. (Descrizione e Notomia' c. Taf. 177. Fig. 8. Auch dieser (von dem neapolitanischen Forscher ohne Beschreibung und ohne Benen- nung publicirten) Figur scheint mir eine CapitelHde zu Grunde gelegen zu haben. Dies ist aber auch Alles, was die betreffende Abbildung zu erkennen oder zu vermuthen gestattet. c. Formen, welche irrthümlicherweise als Capitelllden oder mit solchen synonym aufgeführt wurden. Der von Johnston ') seiner Zeit für möglicherweise mit Capitella capitata synonym gehaltene Lumhricus armiger Müll, ist seitdem als zu den Ariciiden gehörig erkannt worden und heisst heute Scoloplos armiger. Später hat derselbe englische Autor-) als Synonym seiner Valla ciUata (das heisst C. capitata] Lumhricus ciliatus M.iJ'Lh. aufgeführt. Bei (). F. Müller suchte ich nun aber ver- gebens nach einem so benannten Wurme, so dass ich es dahingestellt lassen muss, was Johnston damit citiren wollte. Dadurch, dass Quatrefages ^) die ihm durch eigene Untersuchung bekannt gewordenen zwei Capitelliden-Gattungen Arenia und Ancistria irrthümlicherweise für Clymeniden gehalten hatte ''^, kam er dazu, auch eine ganze Reihe von durch ältere Forscher beschriebenen Cly- meniden als Angehörige der Capitelliden-Gruppe zu betrachten, nämlich: Lumhricus tuhicola Müller, O. F. Zool. Danica 2. Bd. p. 49. Taf. 75. Fig. 1—3. Havniae 1788. Lumhricus sahellaris Müller, ibid. 3. Bd. p. 37. Taf. 104. Fig. 5. Lumhricus minutus Fabricius 1. p. 1. c. p. 281. Fig. 4. Clymene amphistoma Delle Chiaje 1. p. 873 (Descrizione e Notomia) c. Taf. SÜ. Fig. 3. Es genügt die citirten Abbildungen zu betrachten, um sich ohne Weiteres davon zu überzeugen, dass alle diese Formen ausgesprochene Clymeniden repräsentiren und daher nichts mit Capitelllden zu thun haben. Claparede '; hielt es für wahrscheinlich, dass die von Sciimarda'') aus Africa, Austra- lien, Neu-Seeland und Ceylon beschriebenen zwei Annelidengattungen » HgboscolecVu und OL] Vergl. p. 7. 1) 1. p. 2. c. p. 258. 2) 1. p. 6. c. p. 6S. 3) c. p. 6. e. Tome 2. p. 259. 4) 1. p. S. c. p. 270. 5) ScHMARDA, L. Neue Wirbellose Thiere etc. Leipzig 1S61. 2. Hälfte p. 54 — 56. I. Speoielle Systematik und Faunistik. 2. Kritische Uebersioht der bisher beschriebenen etc. 875 » Oncoscole.vx in die Familie der Capitelliden eingereiht werden müssten. Schmarda selbst hat die betreffenden Formen unter den Aricieen aufgeführt, aber dazu bemerkt: »Die Ge- schlechter Hyhoscolex und Oncoscolex würden vielleicht besser bei den Lumbricinen stehen und als besondere Gruppe sich ihnen anschliessen«. Quatrefages ') war ähnlicher Ansicht, indem er sagte : »Je crois en effet, qu'on doit les retirer [nämlich die fraglichen zwei Genera] de la classe des Annelides et les reporter ä cote des Lombrics et des Nais«. Die ScHMARDA'sche Beschreibung ist so dürftig, dass sich vorläufig, meiner Meinung nach, weder über die systematische Zugehörigkeit von Hjjho-, noch von Oncoscolex etwas Ent- scheidendes sagen lässt; überdies scheinen mir im letzteren Genus durchaus heterogene Formen zusammengeworfen zu sein. So viel geht aber schon aus den Habitus-Figuren des genannten Forschers hervor, dass er es allerdings theilweise mit Thieren zu thun hatte, welche sowohl an Lumbriciden, als auch an Capitelliden erinnern, und dies gilt nicht nur für die von Cla- PAREDE erwähnten zwei Gattungen, sondern auch und vielleicht in noch höherem Grade, was die Beziehungen zu Capitelliden betrifft, für die als i^Branchoscolexu vom Cap der guten Hoffnung beschriebenen Arten. Die Untersuchung aller dieser exotischen Formen dürfte für die Beziehungen zwischen Oligochaeten und Capitelliden überaus interessante Aufschlüsse er- geben, und es wäre daher sehr wünschenswerth , dass sich ein in den betreffenden Gegenden weilender Forscher dieser Aufgabe unterzöge. NotomastilS ? Ehlers. 1. p. 853. c. p. 62. Unter den von der Porcupine-Expedition gesammelten Anneliden lag Ehlers das Vorder- theil eines Wurmes vor, welches durch die gefelderte Körperoberfläche an Notomastus er- innerte. Ehlers selbst hebt aber als Eigenthümlichkeit des fraglichen Bruchstückes hervor, dass "das 2. — 5. Segment jederseits ein dorsales und ventrales Borstenbündel trägt, welches von sehr dicken, nadeiförmigen, gelbgefärbten, in einer Reihe stehenden Borsten gebildet wird, während am 6. Segmente solche Borsten nur im dorsalen Bündel stehen, das ventrale dagegen feine, haarförmige Borsten trägt, wie Notomastus und Capitella.v Dies ist eine Borsten-Form und -Yerth eilung, wie sie bei keiner der bis jetzt bekannt gewordenen Capitelliden-Gattungen vorkommt, und ich glaube denn auch, dass die Annelide, von der das betreffende Vordertheil herrührt, der Capitelliden-Familie gar nicht angehört. Zu Gunsten dieser meiner Ansicht spricht auch, dass der Kopflappen des vermeintlichen Notomastus zwei kurze, abgestumpfte Fortsätze trägt, was bei Capitelliden nie vorkommt. Ehlers meinte zwar, dass diese Fortsätze den aus- gestülpten Wimperorganen entsprechen könnten; dem gegenüber ist aber zu berücksichtigen, dass die Wimperorgane an conservirten Thieren nur in sehr seltenen Fällen ausgestreckt bleiben. 1) 1. p 6. c. Bd. 2. p. 277. 876 D. Systematisch - Faunistischer Theil. 3. Listen über die sämmtlichen bis heute beschriebenen Capitelliden nebst ihren muthmaasslichen Synonymen. a. Formen, welche sich in bekannte Gattungen einreihen Messen: Pagina Heutiger Name Autor Synonyme Autor 1 dieser Monographie Nofomastus SARS 807—810 linearis Claparede 811—814 Benedeni ClAP AREDE 815—817 profundus Eisig (Japitella major Claparisde 817—819 fertilis Eisig 819—820 formianus Eisig 820—821 latericeus SARS Notomastus fertilis if] Eisig 861-863 rubicundus Keferstein Capitella rubicunda Keferstein 1 Sandanis rubicundus KiNBERG 863—864 jSotomastus Benedeni? Claparede Sarsn Claparedb Notomastus lineatus? Clapari^de 864—865 cruentus QUATREFAGES Arenia cruenta Quatrefages 865—866 ffragilis Quatrefages Arenia fragilis Quatrefages 866 brasiliensis Grube 867 sinuosus Grube 867 Agassizii M'Intosh 868 Dasybranchus Grube 821—823 caducus Grube Dasymallus caducus Dasybranchus cirratus Grube Grube Dasybranchus umhrinus Grube 823—828 Dasybranchus lumbricoides Grube Notomastus roseus Langeru.\ns Dasybranchus Sp."? M'Intosh gajolae Eisig Dasyhranchus caducus p. p. CLAPAR35DE 828-831 Mastobranchus Eisig 831—833 Trinchesii Eisig 833—835 Heteromastus Eisig 835—839 ßliformis Claparede üajntella ßliformis Capitella costana Capitella fimbriata CLAPARIiDE Claparede Van Beneden Ancistria minima Quatrefages 839-846 Ancistria capillaris Verrill Notomastus capillaris Verrill Aroiia Sp.? Verrill Capitella Blainville 846—849 capitata Fabricius Lumbricus litoralis minor Olafsen Ltimhricus capitatus Fabricius g49 — S57 Lumbricus litoralis JOHNSTON Cajyitella Fabricii Blainville I. Specielle Sj'stematik und Faimistik. Listen über die sämmtlichen bis heute beschriebenen etc. .877 Pagina Heutiger Name Autor Synonyme Autor dieser Monographie Lumbriconais marina Oersted Lumbriconais capitata Frey-Leückart Ltanbrinis canalmm Nardo Valla ciliata Johnsion Capitella protofypa 1 S49— 857 . Capitella intermedia 1 ^ Capitella sitnilis ■ Czerniavsky Capitella capitata.yarietates ) Capitomasfus Eisig 1 857 mmimus Langerh.^'s Capitella mitihna Langerhans | S57— 859 b. Formen, welche sich in bekannte Gattungen nicht einreihen lassen. Name Autor Synonyme Autor Pagina dieser Monographie Notomastus luridus Notomasfus ßliformis Notomastus cjracilis Ancistria acuta Areniella filiformis Eunotomastus Grubei Lumbricus pusiUus Verrill Verrill Verrill Verrill Verrill MIntosh Delle Chiaje Delle Chiaje Notomastus acutus Verrill 869 870 870— S71 871—872 872—873 873 873—874 874 c. Formen, welche irrthümlicherweise als Capitelliden oder mit solchen synonym aufgeführt wurden. Irrthümlich gehalten Wirkliche Zugehörigkeit der Form Fagina betreffenden Form Autor für durch dieser Monographie Lumbricus armiger Lumbricus ciliatus Lumbricus tubicola Lumbricus sabellaris Lumbricus minutus Clymene amphistoma Hyboscolex Oncoscolex Notomastus? Müller, 0. F. MÜLLER {?i MÜLLER, 0. F. MÜLLER, 0. F. Fabricils Delle Chiaje SCHMARDA Schmarda Ehlers Capitella capitata Capitella capitata / Capitelliden Capitelliden Notomastus Johnston Johnston QLfATREFAGES CLAPARiiDE Ehlers Ariciiden Clymeniden 1 874—875 878 D. Systematisch - Faunistischer Theil. I I O U i:; Genauere Angabe einzelner Fund- orte aus den vorhergehenden Rubriken, auf welche durch die beigefügten respectiven Zahlen verwiesen wird. u i 1 1 i 1 1 1 ;J 1 s 1 1 1 [9 Canarische Inseln. 15 Helgoland. 5 Irische Küsten und Hebriden. 7 Island, n Canarische Inseln. 10 Bereich der Bermndas-Inseln. ■f, S g jooiv; so.psisoutjdüj: • • • + -5 ° .loojt saii.5bisauuio + ■ ■ + ~ jj uapuSaa^ • + ■ uajBqoai^ • • + 'S uagiaqzjidg • • + • .lesH seHosi-iua pun + • ■ + • nejAtiuipOTiis noA 9,sn!,pjOH + • ■ + • ^ •Sä .S puBiq3s;naa ■ • + ■ >[jBuiain;(i + • ■ + • ;o naiABuipuB^is + ■ • + • 5[n!raauBCI • • + • pntjniosinao: • • + ■ ...._... uamnuaTJqsBoir) ■ ■ + • uaiSiaa pun puBnoH • ++ • SJ pUBO puuo f- ■ n h + = 1 ■EqaaniBpng h i!>[i.iann!pJojs[ + + • ■ ■•++■ + + ++ + +• B>[UJV + + + • + • • + + puEiuojg raaqaixpns + ■ ■ ■ + • upsnj uaqasipio^ + • • + • uaiABuipuKJig + • • + • uajnuB^uqssojg + ■ ■ + • qD!aj5(UBJd[ • + • • ^ s J33K -puBipniK - + H h H - + + ■ • +- h + + + + + jaaM saiiosi^uiapv + • ■ + • ■ + • 2 aaan sazJBAiqog ■ ■ + • ? 5 1 1 Er « > [ 1 3 ^ 3 ■' 1 1 1 1 1 = ^ 1 i l| Uli yir !lii Uli ^^^V 'IUI I. Specielle Systematik und Faunistik. 1. Uebersicht der geographischen Verbreitung der Capitelliden. 879 Die vorstehende Tabelle', ist weit davon entfernt, ein Bild der wirklichen Verbreitung- der Capitelliden darzubieten. Können doch allein die europäischen Meere als einigermaassen erforscht gelten, wogegen wir uns bezüglich derjenigen aller übrigen Erdtheile, von spora- dischen Funden abgesehen, noch in vollständiger Unkenntniss befinden. So ist der Bereich Afrikas nur durch die Canarischen und Cap Verdischen Inseln, derjenige Asiens nur durch das Chinesisch -Japanesische Meer und die Nicobaren- sowie Kerguelen- Inseln, derjenige Amerikas allein durch die Küste von Neu-England sowie Rio de Janeiro, und derjenige Austra- liens endlich gar nicht vertreten. Hierzu kommt ferner, dass über einen 'l'heil der aufgeführten Formen hinsichtlich der Gattungs-Zugehörigkeit noch Zweifel herrscht, sowie dass eine nicht unbeträchtliche Zahl von Arten hier zum ersten Mal zur Beschreibung gelangt. Lässt nun aber aiich diese so unvollständige Statistik vorerst noch keine C'horologie der Familie zu, so gestattet sie uns doch wenigstens zu constatiren, dass einzelnen Capi- telliden-Species eine sehr weite Verbreitung zukommt. QuATREFAGEs ') hat Seiner Zeit die Ansicht vertreten, dass die Anneliden durch eine auffallend weite Verbreitung ihrer Gattungen ausgezeichnet seien, dass hingegen dieselbe Thierclasse hinsichtlich der Verbreitung der Arten örtlich sehr beschränkt zu sein scheine. Er sagt in letzterem Betreffe: »De l'ensemble de mes observations, je ciois pouvoir coaclure que le nombre des especes conimimes ä deux continents, ä deux hemispheres, aux mers orientales et occidentales d'iin meme continent . . . , etc., s'il n'est pas ab.solument nul, sera toujours excessivement restreint.« Hiergegen, insbesondere aber gegen den Satz Quatrefages', dass Occan und Mittelmeer keine Anneliden-Species gemeinsam hätten, erhob zunächst C'lapaeede'-) Widerspruch, indem er eine ganze Reihe von Arten aufzählte, die schon damals als gleichzeitige Bewohner von Mittelmeer, Atlantischem Ocean und Nordmeer bekannt waren. Ferner wurde jene QuAXREFAGEs'sche Generalisation durch die Tiefsee-Explorationen der »Porcupine«- und »Lightningn-Expedition, respective durch die im Anschlüsse an die Bearbeitung des betreffenden Materiales von Ehlers'') gelieferte chorologische Darstellung widerlegt. Es ergab sich nämlich, dass die Tiefseefauna der Anneliden von der Oberflächenfauna so gut wie gar nicht abweicht, indem für die Verticalverbreitung dieselben Bedingungen maassgebend sind, wie für die Horizontalverbreitung, das heisst in erster Linie die Temperatur. Die Anneliden- Fauna der Tiefsee erweist sich demgemäss vom Charakter einer arctisch-borealen Küstenfauna. In wie hohem Maasse dies der Fall ist, mag man daraus entnehmen, dass unter der nicht imbeträchtlichen Zahl der Porcupine-xinneliden nur eine Art, nämlich S^Uis abyssicola, figu- rirt, welche ausschliesslich in Tiefen von mehr als 1000 Faden angetroffen wurde, und dass 1) 1. p. 6. c. p. 146 und 148. 2) 1. p. S. c. p. 31. 3) 1. p. 853. 0. p. 77—96. *i Beim Entwürfe dieser Tabelle hat mir das entsprechende Schema Paul Maver's (Die Caprelliden des Golfes von Neapel etc. Fauna und Flora etc. herausg. v. der Zool. Station, Leipzig 1SS2. p. 86) als Muster gedient. §§() D. Systematisch -Faunistisclier Theil. für Tiefen von mehr als 50H Faden abgesehen von der genannten nur fünf Arten ebenso- vieler verschiedener Gattungen als eigenthümlich nachgewiesen werden konnten. In den bedeutenderen Tiefen der Oceane scheint zwar, den Ergebnissen der C'hallenger- Expedition zufolge, die Annelidenfauna anstatt dieses ausgesprochen arctisch-borealen einen mehr eigenthümlichen, auf die Tiefsee beschränkten Charakter anzunehmen ; immerhin kommt M'Intosh'), der Bearbeiter der Challenger- Anneliden, zu dem Schlüsse: »In glancing over the lists, and excluding the pelagic types, it is evident that no deiinite law as to the presence or absence of genera at particular depths, can be enunciated« etc. Wenn nun aber auch nach alledem nicht nur für die Gattungen, sondern auch für die Arten unserer Thierclasse eine weite Verbreitung die Regel bildet, so giebt es doch nur wenige Anneliden-Species, welche sich in dieser Hinsicht mit gewissen Capitelliden messen können. In seiner erwähnten Abhandlung p. 81) schrieb bereits Ehlers: »Als Thiere mit weitester Verbreitung sind diejenigen zu nennen, welche vom Mediterrangebiet bis an die arctischen Küsten (Capitella capitata und Terebellides Strömn), oder diejenigen, welche von den südlichen Küsten der Nordsee bis in die arctische Zone verbreitet sind; von den uns hier interessiren- den Formen sind dies: NycMu cirrosa, Harmothoe imhricata, Eiinice norvegica, Lumbriconereis frugilis, Nereis longissima, Ghjcera capitata, Ammotrypane aulogaster, Ephesia gracilis, Notomastus latericeus, Maldane Sarsii, Melinna cristata, Amphitrite cirrata«. Nun ist aber seitdem Capitella , capitata auch noch an der atlantisch -amerikanischen, sowie im Bereiche der afrikanischen Küste, und Notomastus latericeus an eben diesen beiden Küsten und im Mittelmeere nachgewiesen worden. Und Dasyhranclms caducits haben wir als gleichzeitigen Bewohner des Mittelmeeres, der afrikanischen Küste, des indischen Oceans und des grossen Oceans kennen gelernt. Capitella capitata und Notomastus latericeus, welche bis in die hohen Breiten des Nord- meeres vordringen, sind auch zugleich diejenigen Capitelliden, welche die Tiefsee aufsuchen. So wurde erstere Art im Bereiche der irischen Küsten bis 700 Faden tief angetroffen und letztere im Bereiche der Färöer- und Shetlands- Inseln fast bis 2000 Faden tief. Dasyhran- chus caducus hingegen scheint, sowie horizontal die gemässigten Zonen, auch vertical eine massige Tiefe (ca. 20 Faden) nicht zu überschreiten, was ja mit dem oben erwähnten Satze von Ehlers in bestem Einklänge steht. Die ausserordentlich weite Verbreitung der Capitelliden ist in einer Hin- sicht bedeutungsvoll, nämlich hinsichtlich ihrer Verwandtschaft mit den Oli- gochaeten: denn auch diese Annelidengruppe ist ja über die ganze Erde verbreitet. 1) 1. p. 10. c. p. XXX. II. Allgemeine Systematik (Phylogenie). 1. Ueber die gegenseitige Verwandtschaft der Capitelliden. 1 Körpcrfuvm : 2 Muskulatur.- Darmkanal: G-ehirn: Bauchstrang: 3 1 1 i 1 H lii t irif M piPi z z r-l c- MM 1 3 1 1 r 1 i 2. g 1 i 1 g i 1 1 5- P- 1 II 1 1 II II! ^ J / Untergattung Ctütomastus ^ 1 \ „ Tremomasttis Dasyhranchus Mastohranchus Heteromastus CapiteUa + + + + + + + + + • : + ' • 1 + +\ ■ ■ \ • ■ '+ ■ : ■ + + ■ • + + 1 • • + H-j., + :. ■ 1 + • ■ + + + + + • ■ + + + + + + + + + + + + + + u s <| 111 11 Augen: Wimper- organe: Seiten- organe: Becher- organe : Respirati- onsorgane. Parapodien: Nephridien : il il iil 1 fi ti- = 1? £ _l 1 S ^ '--"-':-'';'^; j- 1 1 'S B £1 1 iil : _ - - _ " - ; r -- . ?.2 li =1 1"? 1 1 1 li 1 ^ 1 33 fl 1 1 III || li llf ijil 1 fl II s 1^ g s. f Ij 1 S 1 1 1 2 i s f Untergatt. C'tistomastus W[ „ Tremomastas + + ' • -f- + I ■ 4-1- ■ + \ ■ + -1- •1+ + +1 • + -t- + • + + + 1 ■ +1 ■ ■ + • + + • l+l- -H + + Dasyhranchus -f-- • + + ■ ■ ; • + • ■ + ■ -h • +1 ■ + • + . -h + -1- Mastohranchus + ■ + + ■ ■ : + ■ ' + : ■ -1- ! ■ + + + -1- + + Heteromastus ■ + • + ■ : + + : ■ + ■ • i + + + + + -H + Capiiella + H- + ■ ■ + ■ ' ■ ' + + + -1- + + + + Geschlechtsorgane : ■ 14 Pcrito neum: Blutscheiben: M ill «1 .11 ill III 1? ii i II i II ff il >2 II 3 u II i Pf - 1 ii fri 1 i '§s;^. » 2. li gl il 1= II II 1 i 1 s 1 s ■r 1 c 1 1 1 1 1 1 f S 3 1 8 i J j Untergattung Clistomastus ^|( „ Tremotnastus + -1- . i . 1 . ' . -f 4- ■ 1+ + + + + -h ■1 ■ + + -1- -f- Dasyhranchus -h + 1 • + + . 1 . + + + + 3Iastobranchus -h + + • + ! ■ ' • -H ■ : -1- -h + Heteromastus -f- + + + 1 •. • -f- ■ l"*" 4- -h CapiteUa -f- ■ + + + + -H + -H -t- Neapel, Capitellide 3 §2 15 • 'Systematisch- Faunistischer Theil. Aus zahlreichen iu den vorhergehenden Theilen festgestellten Thatsachen konnte man entnehmen, dass die Capitelliden nicht zu denjenigen Thierfamilien gehören, deren Gattungen ihre verwandtschaftlichen Beziehungen derart erhalten haben, dass sich der wahrscheinliche Stammbaum ohne Weiteres von selbst aufdrängt. Haben wir doch gesehen, wie je nach den Charakteren bald diese, bald jene Gattungen inniger mit einander zusammenhängen, ja, wie selbst Arten hinsichtlich Eines Organsystemes, nämlich der Nephridien, mehr Berührungs- punkte mit anderen Gattungen, als untereinander'-') darbieten können. Da nun demzufolge an die Auswahl dieser oder jener Organe zur Feststellung der phylogenetischen Beziehungen in unserem Falle nicht gedacht werden konnte, so habe ich mich bemüht, zu diesem Behufe möglichst alle je zweien oder mehreren Gattungen gemeinsame Charaktere heranzuziehen und zur leichteren Uebersicht in obiger Liste zusammenzustellen. Schon ein Blick auf die Liste, in der die Formen so wie in der anatomischen Bear- beitung angeordnet sind, genügt, um gewahr zu werden, dass einzelne Gattungen mehr Cha- raktere mit einander gemein haben, als andere. Um nun aber diese Verhältnisse deutlicher und exacter zum Ausdrucke zu bringen, habe ich, auf Grund obiger liste, im Nachfolgenden noch für jedes Genus die Zahl der Merkmale, welche es mit jedem anderen Genus gemein hat, zusammengestellt, und zwar derart, dass die Gattungen nun nach der Summe der ihnen eigenen »gemeinsamen Charaktere« aufeinanderfolgen. Tremojyiasttm hat genieinsaine Charaktere mit; Clistomastus 23 Dasyhranchus 1 S Mastobranchus 1 0 Heteromastus 9 Capitella _(i_ 72. Clisto7nastus „ „ ,, ,, Tremo7nastus 23 Dasybvanchus 19 Mastohr anclms 1 4 Heteromastus 7 Capitella i\ «9. MustohranrJius ,, „ ,, ,, Tremomastus Ki Clistomastus 1 4 Dasybranchus 1 3 HeteromaMus 1 3 Capitella S 64. Dasyhranchus ,, ,, „ ,, Clistomastus 19 Tremomastus 1 S Mas tohr anclms 13 Heteromastus .'> Capitella 4 59. a} Vergl. p. 5 98. II, Allgemeine Systematik (Phylogenie) . 1. Ueber die gegenseitige Verwandtschaft der Capitelliden. 883 Heferomastus hat gemeinsame (-haiaktere mit: C'apiteUa 18 Mastobranchus 1 3 Tremomasüis 9 CUstomastus 6 Dasybranchun 5 51. Capitella „ „ ■, ,, Heteromastus 18 Mastobranchus 8 CUstomastus 7 Tremomastus 6 Dasijbranchus 4 43. Aus dieser Aufstellung ergiebt sich ohne Weiteres, dass Tremomastus und CUstomastus, also die Gattung Notomastus, am nächsten mit Dasyhranchus und Mastobranchus verwandt ist; ferner, dass Mastohranchus zugleich nicht weniger innige Beziehungen zu Heteromastus aufweist, vmd endlich, dass Heteromastus sich innig an Capitella anschliesst. Wir hätten demnach einerseits in engerem Zusammenhange: Notomastus und Dasjjhranchus, andererseits: Heteromastus und Capitella, und diese beiden Gruppen würden vermittelt durch die ITebergangsform Mastobranchus. Was nun die Frage betrifft, wo wir Anfang, und wo Ende der Reihe zu suchen haben, so würde die traditionelle Auffassung (unter Berücksichtigung einseitiger Charaktere und gestützt auf die Meinung, dass das scheinbar Einfachste auch das Ursprünglichste) leicht geneigt sein, Capitella als Stammform, und Dasybranchus, die scheinbar complicirteste, als jüngste Gattung zu betrachten. Capitella — so würde man zum Beispiel unter Zugrunde- legung des Respirationsapparates schliessen — hat noch keine Kiemen; bei Heteromastus fangen solche an sich als Ausstülpungen der Parapodien geltend zu machen; bei Notomastus erscheinen diese Ausstülpungen bereits als umfangreiche Zipfel oder einfache Parapodkiemen, und bei Mastobranchus sowie Dasybranchus endlich gesellen sich zu diesen einfachen Parapod- kiemen auch noch total retra etile, zusammengesetzte. AVie verfehlt nun aber ein solches Schlussverfahren wäre, geht schon daraus hervor, dass Capitella diejenige Gattung ist, welche die geringste Anzahl von »gemeinsamen Charakteren«, nämlich nur 43 darbietet. Und in nicht geringerem Grade auch daraus, dass Capitella umge- kehrt zugleich diejenige Form darstellt, welcher die grösste Zahl von "der Gattung eigen- thümlichen Charakteren« zukommt. Capitella ist nämlich allen anderen Capitelliden gegenüber ausgezeichnet: Erstens durch die Verschmelzung ihres Mundsegmentes mit dem Kopflappen, zweitens durch die Communicationsspalten ihrer Dissepimente, drittens durch die Zahl ihrer Thoraxsegmente, viertens durch die Vertheilung der Borsten, fünftens durch den Besitz einer Vorderdarmrinne, sechstens durch die Kittdrüse des t!opulationsapparates, siebentens durch die Oligochaeten-ähnlichen Spermatozoen, achtens durch die Beschränkung der Keimstöcke auf die mittlere Ijeibesregion und neuntens endlich durch die in der Regel polymetamere An- ordnung der definitiven Nephridien. Wie sehr dies für die einseitige Umbildung von Capitella spricht, ergiebt sich aus dem correspondirenden Verhalten der übrigen Gattungen. So bietet Notomastus nur Einen ihm 8S4 D- Systematisch - Faunistischer Theil. eigenthümlichen Charakter dar, uämlich die Art der Borstenvertheilung- ; Heteromastus deren drei, nämlich die Borstenvertheihing, das provisorische Auge und den tingerförmigen Schwanz- anhang; Mastohranchus ebenfalls drei, nämlich die Borstenvertheilung, den Uarmsinus und den vierzipfeligen Schwanzanhang, und Dasyhrmickus endlich sechs, nämlich die Borstenvertheilung, die Vermehrung der Gehirnlappen, die Lage der hämalen Parapodspiralen, die Parapod-Spiral- drüsen, den Dimorjjhismus der Nephridien und das Fehlen des sterilen, thoracalen Keim- stockes. Es kann denn auch kaum ein Zweifel darüber aufkommen, dass nicht etwa Capitella mit ihren 43 gemeinsamen und 9 eigenen, sondern vielmehr Tremomastus mit seinen 72 gemeinsamen und seinem Einen eigenen Charakter der Stammform unserer Familie am nächsten kommt. Ihm schliesst sich zunächst CUstomastus an, welche Untergattung sich ja nur durch die Rückbildung der Genitalschläuche und Septa, sowie durch die Z)rtÄyZ*mwc/twÄ- ähnlichen Ne- phridien von der typischen Untergattung unterscheidet. Sodann Dfisj/bratichns , gegenüber den vorigen durch die Vermehrung der Genital- schläuche, sowie durch den Erwerb zusammengesetzter Kiemen, also durch fortschreitende Entwickelung ausgezeichnet. Gegenüber dieser Aufeinanderfolge von Notomastus und Dasy- hranchiis könnte als Schwierigkeit die Thatsache geltend gemacht werden, dass der Thorax letzterer Gattung mit 13 Pfriemenborsten tragenden Segmenten, also mit zwei mehr als der- jenige der ersteren, ausgerüstet ist. Im Einklänge mit der geläufigen Vorstellung, derzufolge die mit Pfriemenborsten- Bündeln ausgerüsteten, beweglichen Keulen ursprüngliche und die mit Hakenreihen besetzten Wülste (Tori) secundär erworbene oder umgew^andelte Parapodien darstellen, würde sich näm- lich das bezügliche zwischen den beiden Gattungen herrschende Verhältniss nicht etwa derart herausgestellt haben, dass die ältere Form 12 Thoraxsegmente besass und bei Dasyhranckus zwei weitere Abdomensegmente diesem Körpertheile einverleibt wurden, sondern umgekehrt derart, dass der älteren Form 14 Thoraxsegmente zukamen und bei Notomashis zwei hiervon in ab- dominale umgewandelt wurden. Mit anderen Worten, nicht iVo^o//ws^«*, sondern Dast/braiichiis käme der Stammform am nächsten zu stehen. Ich selbst hegte lange Zeit diese Meinung. Was mich aber davon abbrachte, war erstens die Thatsache, dass die Zvvölfzahl der Thorax- segmente in der Familie vorwaltet, indem ausser Notomastus auch noch Mastohranchus und Heteromastus diese Zahl aufweisen. Zweitens das Verhältniss der gemeinsamen und eigenen Charaktere zwischen den beiden in Rede stehenden Gattungen (72 — 1 Notomastus, 59 — 6 Dasi/hranchus). Drittens die Erfahrung, dass in unserer Familie die erwähnte Vorstellung, derzufolge die Pfriemenborsten als das phylogenetisch A eitere zu betrachten sind (wenigstens in der ontogenetischen Recapitulation), nicht zutrifft, indem bei mehreren Formen (so bei Heteromastus und Capitella^ in der Jugend solche Segmente mit Hakenborsten ausgerüstet sind, welche im erwachsenen Zustande Pfriemenborsten zu enthalten pflegen. Und viertens end- lich der »abdominale Typus«, den die zwei überzähligen Thoraxsegmente sowohl äusserlich, als innerlich zur Schau tragen. IL Allgemeine Systematik (Phylogeniej. 1. Ueber die gegenseitige Verwandtschaft der Capitelliden. §85 Weiter folgt Mastobranchus, welche Gattung erstens noch viel mit Notomashis, specieU mit Tremomastus gemein hat, zweitens aber auch eigene Charaktere, und zwar sowohl progressive (zusammengesetzte, hämale Parapodkiemen) , als auch regressive (Beschränkung der Nephridien auf das Abdomenende) erkennen lässt und drittens endlich die meisten Beziehungen zum nächsten Genus darbietet. Dieses, Heteromastas, erweist sich entschieden in regressiver Umwandlung. Es sind nämlich die Kiemen nur noch durch unscheinbare Segnientfortsätze vertreten, die Seiten- organe reichen, wenigstens im ausgebildeten Zustande, nur noch bis zur Abdomenmitte, das Gehirn ist zu einer Masse verschmolzen, ein Theil der thoracalen Parapodien behält zeit- lebens Haken, und die Nephridien sind stets auf den hintersten Abdomenabschnitt beschränkt. Sehr nahe verwandt endlich mit vorigem ist das unserer Ansicht nach jüngste Genus, CapiteUa, welches in der Rückbildung insofern noch weitere Fortschritte gemacht hat, als be- sondere Kiemen überhaupt nicht mehr zur Ausbildung gelangen iind die Seitenorgane total eingegangen sind. Zwischen Heteromastiis und CapiteUa vermittelt allem Anscheine nach Capitomastus. Insbesondere gilt dies im Hinblicke auf den bei Heteromastiis in beiden Geschlechtern und bei Capitdht nur im männlichen ausgebildeten Copulationsapparat, sowie auch hinsichtlich der in beiden Formen durchgeführten Beschränkung der Genitalschläuche auf je Ein Paar. Bildlich würden sich demnach die zeitliche Aufeinanderfolge, sowie die gegenseitigen Verwandtschaftsverhältnisse der bekannten Capitellidengattungen folgendermaassen darstellen: I CapiteUa 43. Capitomastus'! /' Heteromastus 51. Dasyhranehus 59 1 Mastobranchus 64. Clistomastus 69. ' Tremomastus 72. Ich habe absichtlich das Wort »Stammbaum« vermieden, weil ich nicht den Eindruck hervorrufen mochte, als ob mir irgend eine der heute vorliegenden Capitelliden als »Stamm- form« vorschwebte, oder als ob ich es für möglich hielte, dass sich je eine der uns bekannten Gattungen in je eine andere »talis qualis« umgewandelt hätte. Aus dem relativ bedeutenden, zwischen diesen bekannten Gattungen herrschenden Organisationsabstande müssen wir schliessen, dass eine grosse Anzahl von Zwischenformen entweder ausgestorben oder noch nicht aufge- funden ist. In je höherem Grade aber letzteres der Fall sein sollte, um so mehr dürfen wir hoffen, dass sich einst (unter Herbeiziehung der Embryologie' auch der Stammbaum unserer Familie wird reconstruiren lassen. 2. Ueber die Verwandtschaft zwischen Capitelliden und Oligochaeten. Weitaus die meisten Forscher wurden schon durch den Habitus von CapiteUa veran- lasst, sie den Oligochaeten zuzurechnen. Olafsen, Fabricius, Johxston und Nardo nannten, 886 D. Systematisch-Favmistischer Theil. wie aus unserer Einleitung') hervorgeht, diese am längsten bekannte Form der Familie ge- radezu vLumbricusu, Örsted stellte sie als »Lumbricoiuiis" in die Nähe der Naiden, und Grube vertrat zunächst ebenfalls diese systematische Einordnung, indem er Capitella mit Nais ver- einigte. Diese Einordnung wurde auch von demjenigen Forscher gutgeheissen, der Capitella zum ersten Mal einer eingehenden anatomischen Untersuchung unterzogen hatte, nämlich von Van' Beneden. Nachdem Letzterer nachgewiesen zu haben glaubte, dass die Einwände, welche gegen die Oligochaeten-Natur von Capitella geltend gemacht werden konnten, sich keineswegs als stichhaltig bewähren, schloss er mit dem Satze, dass die Capitellen als diöcische Lumbri- ciden aufzufassen seien, und dass sie ferner zwischen den beiden grossen Chaetopoden-Ab- theilungen, das heisst zwischen den Poly- und Öligochaeten ein Bindeglied herstellten. Gegen so nahe Beziehungen zwischen Capitella und den Öligochaeten sprach sich aus- drücklich zunächst Claparede aus, indem ihm unter einseitiger Berücksichtigung der Parapod- und Borstenform) Capitella viel mehr Beziehungen zu Polychaeten, speciell zu Maldaniden, als zu Öligochaeten darzubieten schien. Und dieser Auffassung sciüoss sich sodann auch Grübe an, indem er dabei auf die noch viel mehr an Polychaeten erinnernden zwei anderen Capitelliden-Genera, nämlich auf Xotumasttis und Dasj/braiichtis hinwies. Brachten nun auch Claparede und Grube, insofern als sie, gegenüber der einseitigen Betonung der Oligochaeten-Aehnlichkeit von Seiten der meisten ihrer Vorgänger, auf die Polychaeten-Aehnlichkeit der Capitelliden Nachdruck legten, eine Wahrheit zum Ausdrucke, so verfuhren sie doch auch ihrerseits wiederum nicht weniger einseitig dadurch, dass sie die so augenscheinlichen Beziehungen zwischen Capitelliden und Öligochaeten in Abrede zu stellen suchten. Und diese Einseitigkeit war vim so fataler, als, in Folge der grossen von diesen beiden Forschern in Annelidenfragen ausgeübten Autorität, ilire Auffassung bis auf den heutigen Tag die herrschende geblieben ist. Aber die entgegengesetzte Richtung fand doch auch ihre Vertreter. So in Carus, in- dem er für Capitella die Familie der Halelminthea errichtet; in Häckei,, indem er die diese Familie einschliessende Ordnung der Haloscolecina nebst den Öligochaeten zur (lasse der Drilomorpha vereinigt, und endlich in Gegenbaur, indem er die Polyophthalmiden und Ca- pitelliden als Haliscolecina geradezu den Öligochaeten einreiht. Wie ich in der Einleitung darauf hinzuweisen hatte, dass alle diese Gruppen als solche unhaltbar sind, so muss nun andererseits an dieser Stelle anerkannt werden, dass durch deren Aufstellung die von Seiten Claparede's und Grube's verkannten Verwandtschaftsbeziehungen zwischen Capitelliden und Öligochaeten einen berechtigten Ausdruck erhielten; denn aus dem Vorhergehenden ist ja dem Leser schon bekannt, wie auch ich angesichts der zahlreichen Uebereinstirnmungspunkte ihrer Organisation dazu gekommen bin, die Capitelliden und Öli- gochaeten für nahe verwandt zu halten, und was in solcher Hinsicht an verschiedenen Stellen a) Vergl. p. 1 — 10. IL Allgemeine Systematik (Phylogenie . 2. Ueber die Verwandtsohalt zwischen Capitelliden etc. SS7 dieser Monographie nur gelegentlich zur Erwähnung kam, soll nun im Nachfolgenden im Zusammenhange aufgeführt werden, und zwar beginne ich mit dem, was die einzelnen Or- gane von Capitelliden und Oligochaeten verwandt erscheinen lässt. Zunächst sei hervorgehoben der in beiden C'haetopoden-Gruppen glatte, anhanglose Leib, das heisst die durch die geringe Ausbildung der Parapodien, sowie durch den Mangel an Tentakeln, Fühlercirren und C'irren sich manifestirende Uebereinstinimung des Habitus. Hinsichtlich des Gehirnes ergab sich'^i eine grosse Form-Aehnlichkeit zwischen Hetr- rumastus und Capitella einer-, und gewissen Naiden, nämlich Nais und Bohemilla , andererseits. Und zu dieser Aehnlichkeit gesellte sich noch die Thatsache, dass beiderlei Gehirnformen gleicherweise mit den so charakteristischen cerebroparietalen Muskeln ausgerüstet sind. Wimperorgane finden sich auch bei Oligochaeten, nämlich bei Aeolosonta?) und Cfenodrihs, insofern man diese Form als Oligochaete gelten lässt. Die Oligochaeten gehören zu den wenigen Anneliden, welche ausser den Capitelliden segmental angeordnete, in der Seitenlinie eingepflanzt stehende Sinneshügel, das heisst Seiten- organe, aufweisen v) . Insbesondere für die respectiven Organe der Lumbriculiden dürfte die genaue Untersuchung eine vollkommene Uebereinstinimung mit denjenigen der Capitelliden ergeben. Auch Becherorgane finden sich innerhalb der Oligochaeten-Gruppe in der charakte- ristischen Form und Anordnung weit verbreitet'^). Was die Parapodien betrifft, so ergab sich^), dass alle scheinbar so abweichenden Anordnungen bei den Oligochaeten von der »distichen, uniremalenc, wie sie bei den Capitel- liden durchgeführt ist, herleitbar sind; ferner hatten wir zu constatiren ^) , dass es eine Oli- gochaeten-Gattung, nämlich Aeolosoma ist, welche allein von allen bekannten Anneliden eine mit der gewisser Capitelliden übereinstimmende Yertheilung der Borsten aufweist, und end- lich, dass die so eigenthümliche ringförmige Hakenanordnung von Plenrochaeta und Perichtieta sich unschwer aus derjenigen von Notomasttis herleiten lässt ^i). Besonders hervorragende Anhaltspunkte für den Vergleich der beiden Gruppen haben die Nephridien geliefert. Es sind nämlich bis heute allein bei Capitelliden und Oligo- chaeten sogenannte »provisorische Nephridien« bekannt geworden-), und ebenso scheint das Vorkommen mehrerer Nierenorgane in ein und demselben Segmente, das heisst deren poly- oder dysmetamere Anordnung auf unsere beiden Anneliden-Abtheilungen beschränkt zu sein'). a" Vergl. p. 463. ß) Vergl. p. 499. f) Vergl. p. 511 und 558. d) Vergl. p. 449 und 558. s) Vergl. p. 574 und 626. C) Vergl. p. 575. Yj) Vergl. p. 574. ö) Vergl. p. 600. t) Vergl. p. 602. S88 D. Systematisch - Faunistischer Theil. Ferner finden sich im Kreise der (^ligochaeten ähnliche Concentrationen der Nephridien auf einen bestimmten Körpertheil sowie auch ähnliche Rückbildungen der betreffenden Organe ''), wie bei den Capitelliden. Und endlich ist auch das Vorkommen einer Mehrzahl von Trich- tern?) allein bei Vertretern dieser zwei Gruppen beobachtet worden. Kaum weniger bedeutsame Beziehungen herrschen schliesslich zwischen den beider- seitigen Geschlechtsorganen, und zwar ist es ganz besonders das Genus Capitella'i) mit seinen so lebhaft an den Gürtel der Oligochaeten erinnernden Genitalschlauchporen, seinen Li()nhricHS-&h\\\ic\\ei]. Spermatozoen, seinen Spermatophoren und endlich mit seinen Genital- borsten, welches diese Beziehungen accumulirt aufweist. Alle Capitelliden kommen dagegen in Betracht bezüglich derjenigen Abschnitte des Oligochaeten-Geschlechtsapparates, welche wir als Derivate von Genitalschläuchen, respective Nephridiumtrichtern verständlich zu machen suchten'' , und sodann auch insofern, als es sich um die Thatsache handelt, dass in beiden Gruppen entweder Geschlechtsorgane und Nephridien, oder aber nur erstere (in Folge der Rückbildung letzterer) in einem und demselben Segmente vorhanden sein können^). Endlich findet sich auch für die bei den Oligochaeten in der Regel durchgeführte Beschränkung der Keimstöcke auf wenige Segmente bei CapiteUa ein Anklang, indem die Ovarien und Hoden entfernt nicht so weit nach hinten reichen'), wie bei den übrigen Gat- tungen. Und umgekehrt kann auf Oligochaeten wie Blijjiichelmis Umosella und Titaniis For- (/ued hingewiesen werden, bei welch' ersterer sich die Hoden nach Vejdovsky') vom 13. — 50., und bei welch" letzterer sich nach Perrier'-) dieselben Organe vom 12. bis zum 58. Segmente erstrecken. Fassen wir nun das ins Auge, wodurch sich die Organisation der Oligochaeten von derjenigen der Capitelliden unterscheidet, respective zu unterscheiden scheint. Es fehlt den Oligochaeten der Nebendarm. Da die Function dieses Organes, wie wir für die Capitelliden nachgewiesen zu haben glauben'!;, der Respiration, und zwar der Respiration von Wasser dient, so ist das Eingehen desselben, insofern als es sich um die landbewohnenden Oligochaeten handelt, ohne Weiteres verständlich ; die Frage bleibt nur, Avarum auch den in der See sowie den im Süsswasser vor- kommenden Formen der Nebendarm abgeht. Wäre es ausgemacht, dass diese wasserbewoh- nenden Oligochaeten die ursprünglicheren darstellen, so vermöchte man kaum einzusehen, warum sie, die doch den Capitelliden so nahe verwandt sein sollen, des Nebendarmes er- a) Vergl. p. 627. ß) Vergl. p. 6Ü2. y) Vergl. p. 280—287. 6) Vergl. p. 631—632. s) Vergl. p. 619. C) Vergl. p. 698—700. TJ Vergl. p. 281. 1) Vejdovsky, F. Anatomische Studien an Rhynehelmis Umosella. Zeit. Wiss. Z. 27. Bd. 1876. p. 347 2) 1. p. 311. c. p. 235. IT. Allgemeine Systematik (Phylogenie). 2. lieber die Verwandtschaft zwischen Capitelliden etc. 889 mangeln, um so weniger, als sie ja [Alma nihtka ausgenommen ganz und gar auf Haut- und Darmathmung angewiesen sind. Das ist nun aber keineswegs ausgemacht. Was die See-Oli- gochaeten betrifft, so kann es im Hinblicke darauf, dass darunter Vertreter ganz heterogener Gruppen, ja sogar solche von Lumbriciden tiguriren, kaum zweifelhaft bleiben, dass wir es mit Thieren zu thun haben, die vom Land- zum Seeleben zurückgekehrt sind, und das Gleiche könnte für die Süsswasser-Oligochaeten gelten. Es würde demnach der Mangel des Neben- darmes innerhalb der Oligochaetengruppe unter der Voraussetzung erklärlich sein, dass die wasserbewohnenden Gattungen dieser Würmergruppe von den landbewohnenden abstammen. Umgekehrt fehlt den Capitelliden die hämale, als Typhlosolis bekannte Einstülpung des Magendarmes. Da dieses Gebilde lediglich den I-umbriciden, ja nicht einmal allen Gattungen dieser Familie zukommt, so können wir seine Ausbildung (ähnlich wie die Rückbildung des Neben- darmes) mit dem Landleben in Verbindung bringen, respective einer speciellen, wenn auch vorläufig ihrem Wesen nach unbekannten Anpassung zuschreiben. Und ein Gleiches dürfte für die auf gewisse Lumbriciden und Enchytraeiden beschränkten peritonealen Rückenporen gelten. Die meisten Capitelliden sind mit Kiemen ausgerüstet, während die meisten ()ligo- chaeten solcher entbehren. Dieses «die meisten« bringt schon zum Ausdrucke, dass es sich hier keineswegs um einen radicalen Gegensatz handelt. Haben wir doch, was zunächst die Capitelliden betrifft, gesehen, wie sowohl die einfachen Parapodkiemen von Notomastus, als auch die zusammen- gesetzten von Dasybranckus und Mastohranckus bei der nächst jüngeren Gattung, nämlich bei Heteivniastus , nur noch durch sogenannte Segmentfortsätze vertreten sind, und wie die noch jüngeren, nämlich Capitomastus und Cajntella, Respirationsorgane in Eorm äusserer Anhänge überhaupt nicht mehr zur Ausbildung bringen. Und was die Oligochaeten betrifft, so können wir auf Eine von ihrem ersten Beschreiber, Grube 'i, zu den Lumbriciden gerechnete Form, nämlich auf Alma nilotka Rüpp. hinweisen. Diese, wie schon von Seiten Vejdovsky's ^) her- vorgehoben wurde, unzweifelhaft interessanteste aller bisher aufgefundenen Oligochaeten (re- spective Oligochaeten-ähnlichen Anneliden) ist nämlich an einer grussen Zahl von Segmenten des Hinterleibes je im Bereiche der hämalen Parapodien (also ähnlich wie Mastohranckus unter den Capitelliden) mit bald einfachen, bald gabiig getheilten und in mehrere Zacken auslaufen- den Kiemen ausgerüstet. Ausser durch diese Kiemen erhält das Thier auch noch durch die überaus deutliche distiche Borstenanordnung, sowie durch den Gegensatz zwischen Vorder- und Hinterleib ein so Capitelliden-ähnliches Ansehen, dass man Grube's Abbildung auf den ersten Blick viel eher auf einen Dasyhraiichus , als auf eine Lumbricide zu beziehen geneigt ist. Zu Gunsten der Oligochaetennatur von Alma spricht andererseits ihre Ausrüstimg mit Gefössen, sowie die ausschliessliche Besetzung ihrer Parapodien mit Haken. Ueber das, wo- 1) Grube, E. Beschreibungen neuer oder wenig bekannter Anneliden. Arch. Naturg. 21. Jahrg. 1855. p. 129. 2) 1. p. 236. c. p. 63. Zool. Station z. Neapel, Faana nnd Flora, Golf von Neapel. Capitelliden. 112 890 ü. Systematisch -Faunistischev Theil. durch die Verwandtschaftsbeziehungen von Alma wirklich entschieden werden könnten, näm- lich über das Darmsystem (Nebendarm!), sowie über die Nephridien und den Geschlechts- apparat, giebt nun aber Grube's Bericht keinerlei Aufschluss*), so dass es vorläufig dahingestellt bleiben muss, ob in dem Nilschlammbewohner von Cairo eine Oligochaeten-ähnliche , in das Süsswasser ausgewanderte Capitellide, oder im Gegentheil eine Oligochaete vorliegt, welche das Land- mit dem Wasserleben vertauscht und daher ihre Kiemen erst secundär erworben hat. Die Oligochaeten pflegen ein sehr ausgebildetes Blutgefässsystem aufzuweisen, wo- gegen die Capitelliden solcher Gefässe entbehren. Ich habe bereits an einer anderen Stelle dieser Monographie '-") den Nachweis zu liefern versucht dafür, dass auch die Capitelliden einst Gefässe besassen und dass sie diese in Folge der locomotorischen Inanspruchnahme der Blutflüssigkeit allmählich eingebüsst haben. Be- sonders sprach zu Gunsten dieses einstigen Besitzes die Thatsache, dass Eine Capitelliden- Gattung, nämlich Mastohranckus , noch heute Rudimente des elementarsten Abschnittes des Anneliden-Gefasssystemes, das heisst Rudimente eines Darm- oder Blutsinus aufweist. Aber wenn auch nichts von der einstigen Gefässausrüstung der Capitelliden erhalten geblieben wäre, so könnte doch diesem Mangel im Hinblicke auf ihre hier vertretenen Verwandtschafts- beziehungen zu den Oligochaeten kaum irgend welche Bedeutung zugemessen werden, und zwar deshalb nicht, weil auch in anderen unzweifelhaft nahe verwandten Annelidenfamilien einerseits Gefässe vorhanden sind, andererseits fehlen, ja in Einer Familie (Terebelliden) sogar gefasslose neben gefässführenden Gattungen vorkommen. Die Capitelliden sind getrennten Geschlechtes, die Oligochaeten dagegen sind herma- phroditisch. Das geringe Gewicht dieses Zwiespaltes wurde schon durch Van Beneden '1 folgender- maassen betont: »La Separation des sexes n'est pas un caractere de grande valeur, comme nous l'avons cru quelque temps; nous avons vu, dans les groupes les phis naturels, des genres monoiques ä cote de genres dioi'ques.« Mit noch mehr Berechtigung lässt sich nun aber dieser Satz speciell auf unseren Fall anwenden, in Anbetracht, dass sich, seitdem er niedergeschrieben worden, zahlreiche polychaete Anneliden als hermaphroditisch erwiesen haben, und zwar derart, dass ein und dieselbe Fa- milie sowohl getrennt-geschlechtige, als auch zwitterige Gattungen einschUesst. Endlich ist noch des Gegensatzes zu gedenken, dass sich die Capitelliden unter Meta- morphose, die Oligochaeten hingegen direct entwickeln. Aber auch diesem Einwände ist Van Beneden ^) schon treffend mit folgenden Worten begegnet: a) Vergl. p. 687. 1) 1. p. 3. c. p. 25. 2) 1. p. 3. c. p. 25. *) Möchte doch .Jemand , der dazu Gelegenheit hat , sich um die Wiederauffindung von Alma nilotica be- mühen und eventuell entweder das Thier selbst untersuchen, oder nach der Seewasseralcohol-Methode (respective hier Süsswasseralcohol-MethodeJ conservirte E.xemplare einem Fachmanne zukommen lassen. Rüppeli, fand, nach Gkube, die fragliche Annelide »in schlammigen Gräben der Umgegend von Cairo, und zwar nach der Nilüber- schwemmung im November, wo sie häufig herumschwamm". IL Allo;emeine Systematik (Phylogenie) . 3. lieber die Stellung der Capitelliden innerhalb etc. 891 »II est vrai que tous les Lumbricus connus jusqu ä present ont im developpement direct et sans cils, mais n'avons-nous pas aussi dans les groupes les plus naturels des genres ä developpement direct a cote de genres ou d'especes qui pondent de petits ceufs fort uombreux, et dont les embryous vivent un certain temps dans d'autres conditions? Les Gasteropodes pulmones ne se developpent-ils pas tout autrement que les Gaste- ropodes branchiferes? Nous n'accordons donc pas iine haute valeur hierarchique ä ces caracteres en apparence de premier ordre « etc. Und seitdem sind noch so viele andere sich nahestehende Formen bekannt geworden, deren Entwickelung bald mit, bald ohne Metamorphose erfolgt (ich erinnere, was die Anne- liden betrifft, nur an Polygordius und Protodrilus), dass der Satz Van Beneden's fortan kaum mehr auf Widerspruch stossen dürfte. Ueberdies hat der erwähnte Gegensatz selbst, seitdem durch Vejdovsky') auch bei Oligochaeten sogenannte Kopfnieren nachgewiesen worden, ein gut Theil seines Inhaltes verloren. Aus der Thatsache, dass die C^apitelliden nicht nur mit den Polychaeten, sondern auch mit den Oligochaeten innig verwandt sind, ergiebt sich nun Eine für die Systematik der Chaetopoden-Ordnung bedeutsame Folgerung. Es kann nämlich fortan von einer Unter- abtheilimg dieser Gruppe in »Polychaeta« und »Oligochaeta« keine Rede mehr sein. Eine wie grosse Formen-Mannigfaltigkeit sich auch bei letzteren auf Grund vielseitiger Anpassungen ausgebildet haben mag, wir werden ihnen doch in Zukunft keinen anderen Rang, als den einer Familie neben den zahlreichen anderen Chaetopoden-Familien anweisen können und die bisherigen »Familien« der bisherigen «Oligochaeten-Unterordnung« werden daher fortan als »Unterfamilien« der »Oligochaeten-Familie« zu tiguriren haben. Oder es vermögen, wenn man das vorzieht, die verschiedenen Oligochaeten-Familien doch nur ebenso als »Tribus der Oligochaeten« zusammengefasst zu werden, wie gewisse andere Chaetopoden-Familien zu den Triben der »Aphroditeen-, »Euniceen«, »Nereiden« etc. 3. Ueber die Stellung der Capitelliden innerhalb der Chaetopoden-Gruppe. Wie durch einige Forscher einseitig die Verwandtschaft von Capitelliden und Oligo- chaeten, so wurde durch andere, und zwar ebenfalls einseitig, die Verwandtschaft von Capi- telliden und Polychaeten vertreten. Es stellte nämlich, wie wir schon in der Einleitung berichtet haben, Grube das von ihm errichtete Genus Dasyhranchus zunächst neben Arenkola in die Familie der Telethusiden ; es reihte ferner Sars, in vollkommenem Einverständnisse mit dieser GRUBE'schen Classification, das Genus Notomastus derselben Familie ein, und Quatrefages endlich hielt alle Capitelliden den Clymeniden oder Maldaniden für am nächsten verwandt. Dass die Capitelliden sowohl mit den Telethusiden, als auch mit den Clymeniden viele Uebereinstimmungspunkte gemein haben , ist augenscheinlich : aber ihre Beziehungen zu den Polychaeten sind damit keineswegs erschöpft. 1) 1. p. 236. e. p. 121. 892 D- Systematisch- Faunistischer Theil. Ebenfalls verwandt, und zwar in viel höherem Maasse, als mit den eben genannten, scheint mir nämlich unsere Familie mit den Polyophthalmiden zu sein, ferner mit den Am- mochariden und endlich möglicherweise auch noch mit den Glyceriden. Um nun diese, sei es augenscheinlichen, sei es vermutheten Verwandtschaftsverhält- nisse zwischen Capitelliden und anderen Chaetopoden-Familien dem Wesen und Grade nach festzustellen, müssten wir in der Lage sein, je die beiderseitigen Organsysteme ebenso der Reihe nach mit einander vergleichen zu können, wie es für die Capitelliden einer- und die Oligochaeten andererseits möglich war. In dieser Lage sind wir nun aber leider nicht; denn so befriedigend die Oligochaeten durchforscht sind, so ungenügend und stückweise ist unsere Kenntniss der genannten Polychaeten-Familien. Und bevor diese (sowie auch die übrigen, Familien nicht eingehend und allseitig untersucht sein werden, lässt sich meiner Ansicht nach die Frage, ob die Capitelliden, oder irgend welche an- dere Chaetopoden-Familien als ursprünglichere, respective als modificirtere zu betrachten seien, nicht entscheiden. Wer einzelne Abhandlungen der letzten Jahre kennt, in denen wir mit so grosser Zuversicht darüber belehrt worden sind, was als »Archi-Anneliden« zu gelten habe, der mag vielleicht das eben abgelegte Bekenn tniss in Anbetracht, dass gerade ich mich so lange und so intensiv mit Anneliden beschäftigt habe, auffallend finden. Es ist zwar nicht meine Absicht, alles das, was über Archianneliden vorgebracht wurde, bei dieser Gelegenheit einer Kritik zu unterziehen (ich bleibe das schuldig), aber das kann ich nicht umhin schon hier auszusprechen, dass erstens die Gruppe der Archianneliden eine iinnatürliche ist, indem durch- aus heterogene Formen unter dem zweifelhaften Bande der »Einfachheit« zu ihr vereinigt sind, dass zweitens viele der als »ursprünglich« ausgegebenen Charaktere auf dieses Prädikat keinen Anspruch erheben könne», indem dieselben Organisationsverhältnisse auch sonst bei Anne- liden vorkommen, und dass drittens endlich ein anderer Theil der sogenannten »ursprünglichen« Charaktere auf einer Verwechslung von » degenerativer « mit i> ursprünglicher« Organisations- Vereinfachung beruht. Noch einmal und zum Schlüsse : Welche Anneliden die ursprünglichen sind, das wissen wir nicht und können wir auch, gestützt auf das heutige Thatsachenmaterial, nicht wissen, und es wird daher auch unsere nächste Aufgabe nicht so sehr darin zu bestehen haben, Anneliden-Familien phylogenetisch zu gruppiren, als vielmehr darin, sie anatomisch zu durch- forschen. Nachtrag zum Vergleicliend- Anatomischen (Morpholo- gischen) Theil. Es soll hier noch derjenigen Publicationen gedacht werden, die mir erst nach voll- endetem Drucke der das betreffende Thema berührenden Kapitel dieser Monographie zu Ge- sicht gekommen sind. Die mit einem * versehenen, seiner Zeit von mir übersehenen oder mir unzugänglich gewesenen Schriften sind älteren Datums, die übrigen dagegen sind erst nach Fertigstellung meiner respectiven Druckbogen erschienen. Zum Kapitel: „Haut'^ Zu 2Ki(j. 3S9~36d. Ueberaus instructiv für die innigen Beziehungen zwischen Nesselorganen und Haft- organen von Cölenteraten sind gewisse von Chuin als Greifzellen aufgeführte Nesselorgan- ähnliche Gebilde der Ctenophoren. Anfänglich war genannter Autor geneigt ') , zwischen diesen klebrigen, zum Einfangen der Beute dienenden Fäden einer- und den Nesselfäden anderer- seits, im Gegensatze zu seinen Vorgängern, einen principiellen Unterschied zu statniren; später dagegen schloss er sich der mittlerweile durch Claus -j geltend gemachten Ansicht an^y, derzufolge jene »Greifzellen« als eine Modification von Cnidoblasten zu betrachten wären. Sodann fand v. Lendenfeld ^) Hydroiden, deren Wehrthiere »statt der Nesselkapseln Klebekörnchen besitzen, welche den entsprechenden Elementen der Fangfäden der Cteno- phoren vollkommen gleich gestaltet sind.« 1) *Chün, C. Die Greifzellen der Rippenquallen. Z. Anzeiger. Jahrg. 1S7S. p. 50. 2) *Claus, C. Grundzüge der Zoologie. 4. Auflage. Marburg 188U. p. 297. Anmerk. 3) *Chdn, C. Die Ctenophoren des Golfes von Neapel. 1 . Monographie herausg. von der Zool. Station. Leipzig 1880. p. 233. 4) *Lendenfeld, R. V. lieber Cölenteraten der Südsee. III. Mittheilung. T'eber "Wehrpolypen und Nesselzellen. Zeit. Wiss. Z. 38. Bd. 1883. p. 355. 894 Nachtrag zum Vergleichend- Anatomischen (Morphologischen) Theil. Nach V. Lendenfeld sind die Zellen, in welchen die Klebekörnchen entstehen, den Hautdrüsen zuzurechnen, und die Klebekörnchen selbst, »welche eben so wie die Nessel- kapseln nur einmal Avirken und dann verloren gehen«, betrachtet er als Secret jener Drüsen. Zti pag. 374-4^02. Es ist mir erfreulich, hier noch constatiren zu können, dass seit Fertigstellung meines respectiven Textes die Spinndrüsen der Myriopoden von Seiten eines in der Entomo- logie bewanderten Forschers, nämlich E. Haase's'), in ähnlicher Weise, wie ich es that, mit den correspondirenden Drüsen der Symphylen, Thysanuren vmd — von Peripatus ver- glichen worden sind. Zu pag. 4:02. In seiner Abhandlung über Branch'qnis gedachte Leydig') rundlicher, stark orangegelber und gestielter Körper, die sich an der unteren Seite jedes Schwimmfusses, und zwar nahe dem Anheftungsgliede (coxa) befänden. Ihre Bedeutung blieb ihm unbekannt. Claus-') deutete in einer demselben Phyllopoden gewidmeten Schrift die fraglichen, der Aussenseite der Ganglien anliegenden Körper, in denen er stäbchenförmige Diiferenzirungen nachweisen konnte, zunächst als Drüsen, weiterhin aber (in den Schlussbemerkungen) als Sinnesorgane. Der nächste Bearbeiter der Gattung, Spangenberg ^), vertritt wiederum die ursprüngliche Ansicht von Claus, derzufolge die fraglichen d Anhangsgebilde der Bauchganglien« Drüsen darstellen, und beschreibt ausserdem ähnlich gebaute, hauptsächlich in jungen Larven erkenn- bare »Beindrüsen«. In einer vor Kurzem erschienenen Schrift endlich kommt auch Claus'*) wieder auf seine anfangliche Deutung zurück, indem er die an der Aussenseite der Ganglien gelagerten Zellgruppen als »seg mentale Bauch-«, und die von Spangenberg beschriebenen, in dem Stammlappen der Beine gelegenen als »segmentale Beindrüsen« aufführt. «Die segmentale Wiederholung der Bauch- und Beindriisen in den beintragenden Segmenten des Mittelleibes«, sagl Claus, »giebt vielleicht Veranlassung, die Frage nach einer etwaigen Beziehung derselben 1) Haase, E. Ueber Verwandtschaftsbeziehungen der Myriapoden. Tageblatt 59. Vers. Deutsch. Naturf. u. Aerzte. Berlin 1886. p. 303. ferner; Die Vorfahren der Insecten, Vortrag. Abh. Ges. Isis Dresden 1886. p. 85 — 91. 2) *Leydig, f. Ueber Artemia salina und Branchipus stagnalis. Zeit Wiss. Z. 3 Bd. 1851. p. 290. 3) *Claus, C. Zur Kenntniss des Baues und der Entwicklung von Branchipus stagnalis und Apus can- criformiK. Abh. Ges. Wiss. Göttingen. 18 Bd. 187 3. p. 117 und 134. 4) *Spangenberg , F. Zur Kenntniss von Bran'hiptis stagnalis. Zeit. Wiss. Z. Supplementband zum 25. Bd. p. 18. 5) Claus, C. Untersuchungen über die Organisation und Entwicklung von Branchipus und Artemia etc. Arb. Z. Inst. Wien. 6. Bd. 1886. p. 68. Zum Kapitel »Darmkanal». g95 zu Segmentalorganen autzuwerfen. Indessen liegen keine Anhaltspunkte vor, diesen Driisengruppen etwa in gleicher Weise wie der Antennen- und Schalendrüse vorausgehender Segmente eine solche Bedeutung zuzuschreiben. Zudem entstehen dieselben nicht wie jene aus dem Mesoderm, sondern sind, wie sich wenigstens mit Bestimmtheit für die Bauchdrüsen nachweisen lässt, ektodermale Bildungen.« Auch ich bin der Meinung, dass diese Drüsen mit Segmentalorganen nichts zu thun haben; dagegen halte ich es für überaus wahrscheinlich, dass sie den Schenkel- oder Coxaldrüsen der übrigen Arthropoden, respective den Spinndrüsen der Anneliden homolog sind. Dafür spricht ihre metamere Anordnung (im Bereiche der Beine), ihre ecto- dermale Abstammung und ihr stabförmiges Ausscheidungsprodukt. Sodann kann auch auf die Thatsache hingewiesen werden, dass nach Claus gerade die Phyllopoden als directeste Abkömmlinge der Ur-Crustaceen oder Protostraken zu betrachten sind. Zu pag. 4:14:— 4:21. Nach MöBius'j werden die Schleimfäden, aus denen die Seestichlinge ihre Nester spinnen, in den Epithelzellen der Harnkanälchen gebildet. Es läge hier demnach ein Fall vor, welcher der von mir geltend gemachten Regel, derzufolge die »stab- und fadenförmigen Secrete« im ganzen Thierreiche ecto- dermalen und cuticularen Ursprunges sind, zu widersprechen scheint. Ich sage: »scheint«, weil ich die Ueberzeugung hege, dass sich auch dieser Fall (im Einklänge mit den neueren Erfahrungen über die Theilnahme des Ectodermes an der Zusammensetzung des Uro- genitalapparates) früher oder später der (auf so zahlreiche Fälle sich stützenden) Regel wird unterordnen lassen. Zum Kapitel: „Darmkanal". Zu iKig. 445. Ich habe ursprünglich den subchordalen Strang und sodann (mit Ehlers' die Chorda dorsalis mit dem Nebendarme verglichen. Für beide Organe aber könnte die stabi- lirte Homologie aufrecht erhalten bleiben unter der Voraussetzung, dass an ein und derselben Form successive zwei Nebendärme zur Abschnürung kamen, deren Einem die Chorda und deren Anderem der subchordale Strang entspräche. Im Kreise der Anneliden ist von einer derartigen Doppelbildung Nichts bekannt geworden, wohl aber, wie ich nachträglich sehe, im Kreise der Echinodermen. Es besitzen nämlich nach Koehler-i die Gattungen Schizaster, Brissus und Brissopsis zwei Nebendärme. Die betreffende Beschreibung dieses Autors lautet: 1) *MÖBiüS. K. Ueber die Eigenschaften und den Ursprung der Schleimfäden des Seestichlingnestes. Arch. Mikr. Anat. 25 Bd. 1885. p. 554—563. 2) 'KoEHLER, Rene. Recherches sur les Echinides des Cötes de Provence. Annal. Musee d'Hist. Nat. de Marseille. Tome 1. 1883. p. 40. 896 Nachtrag zum Vergleichend- Anatomischen (Morphologischen) Theil. »Un fait anatomique interessant ä constater chez le Sdtizaster, le Brissus et la Brissopsis, est l'exi- stence d'un second canal comparable au siphon [siphon = Nebendarm] qui s'ouvre de part et d'autres dans le tnbe digestif en deux points, variables suivant le genre, de la courbure inferieure. On peut considerer ce canal conime un deuxieme siphon, une Sorte de siphon accessoire. II est tres coiirt chez le Schizaster. Dans ce deinier genre ainsi que chez le Brissus, il est accole au tiibe digestif, tandis que chez la Brissopsis il court ä une certaine distance de l'intestin, tout en lui restant constamment parallele. Ce siphon accessoire n'existe ni chez le Spatangue, ni chez V Echinocardium.« Angesichts dieser wichtigen Entdeckung steht nun der obigen Voraussetzung nichts mehr im Wege: das heisst, wir können fortan sowohl die Chorda, als auch den subchordalen Strang auf successive zur Abschuürung gelangte Nebendärme beziehen. Zimi Kapitel: „Centrales Nervensystem". Zti pag. 4:50—4:85. Aus der so eingehenden Arbeit Rohde's') über die Structur des Nervensystemes der Polychaeten hebe ich nur (aus seinen »Resultaten«) diejenigen Hauptpunkte hervor, in denen unsere beiderseitigen Auffassungen von einander abweichen. Nach Rohde's Erfahrungen sollen die Ganglienzellen sänimtlich unipolar sein, wogegen von mir umgekehrt die meisten dieser Zellen multipolar befunden wurden. Ferner bilden, genanntem Autor zufolge, die Fibrillen der nervösen Centralsubstanz (des Hirnes, Bauchmarkes und der Nerven) keine Anastomosen, während ich im Gegentheile ein reichliches Anasto- mosiren dieser Fibrillen nachgewiesen zu haben glaube. Sodann sagt Rohde: »Bei den im Bauchmark längs verlaufenden kolossalen Nervenfasern kommt stets innerhalb der Scheide in der Umgebung des Achsencylinders ein weiter (bei manchen ganz enorm grosser) Hohlraum zur Ausbildung.« Dieser Hohlraum ist nun aber nicht etwa ein Attribut der normalen »kolos- salen Nervenfaser«, sondern vielmehr eine Folge ihrer von mir im Vorhergehenden beschrie- benen Degeneration, respective der Umwandlung von Neurochordnerv in Neurochordröhre, einer Umwandlung, welche Rohde unbekannt geblieben ist. Endlich kann ich mich auch nicht damit einverstanden erklären, dass Letzterer für das, was man allgemein als »Neurilemma« be- zeichnet, den Namen »Subcuticularfasergewebe« zu substituiren sucht. 1) Rohde, E. Histol. Unters, über das Nervensystem der Polychaeten. Sonderabdr. aus Schneider! Zoologischen Beiträgen. 2. Bd. 1887. p. 73. Zum Kapitel «Sinnesorganen. S97 Zum Kapitel: „Sinnesorgane". Zu pag. o2o—530. Zu Gunsten der ursprünglich segmentalen Anordnung der Seitenorgane hat sich auch Ryder ') ausgesprochen. Einige Angaben dieses Forschers sind speciell im Hinblicke auf das aberrante, durch Emery betonte Verhalten des Seitenorgansystemes von Fierasfer bemerkenswerth. So diejenige, dass bei den Larven von Gadus moirhua die Seitenorgane entfernt nicht so zahlreich, wie bei den Larven von Gambusia patvuelü auftreten, bei ^velch' letzteren nämlich ihre Zahl genau derjenigen der Muskelsegmente entspricht. Ferner die, dass bei manchen Teleostierlarven, zum Beispiel von Alosa und Pomolohns, die Sinneshügel während der Brutperiode (time of hatching) überhaupt nicht zur Ausbildung gelangen. »We have therefore«, sagt Ryder, »all gracles of their development in known types, from none to a few in Gadus, on to that in ^vhich every muscular segment has its corresponding pair of nerve hüls or eminences.« Zu pag. 331-347. Von nicht geringer Bedeutung wäre, für den Fall, dass sie bestätigt wird, die weitere Angabe Ryder's-), dass die Seitenorgane der Larven von Gadus morrhua direct vom Rücken marke aus innervirt werden. Dieses Verhalten würde nämlich sehr gut zu der von mir im Vorhergehenden vertretenen Auffassung passen, derzufolge ursprünglich die Seitenorgane der Vertebraten segmental durch Spinalnerven innervirt wurden, und derzufolge sich der N. lateralis Vagi erst secundär als Collector von Seiten- organ zu Seitenorgan saus dem Ectoderm) entAvickelt hat. Auf pag. 541 habe ich gesagt: »Nach meiner Auffassung müssen zwar nicht, können aber doch noch Spinalnervenäste atavistisch im Bereiche des N. lateralis zur Ausbildung ge- langen; wie wollte dagegen Beard das Auftreten solcher Aeste erklären?« Ferner: »Bestätigt sich die schon mehrmals erwähnte Entdeckung von Raxsom und Thompson, derzufolge bei Petromj/zon Aeste von Spinalnerven Fasern an den N. lateralis abgeben sollen, so wird dadurch allein schon die Vorstellung, dass das Seitenorgansystem ursprünglich auf den Vorderkörper beschränkt gewesen sei, hinfällig." Diese Entdeckung wurde nun inzwischen bestätigt, respective reclamirt durch JULIN •') . 1) *Ryder, John A. A Contribution to the Embryography of Osseous Fishes etc. Extraoted from the Annual Rep. Commiss. of Fish and Fisheries for 18S2. "Washington 1SS4. p. 54. 2) 1. c. p. 55. ;H) JrnN, Ch. De la valeur morphologique du nerf lateral du Fetromi/zon. Bull. Acad. Belg. (3) Tome 13. 1887. p. 300—309. Zool. Station /.. Neapel, Fauna xind Flora, üolf von Neapel. Capitelliden. 113 ogg Nachtra,^ zum Vergleichend-Anatomischen iMovphologischen) Theil. «J'ai constate«, sagt dieser Autor, » chez F Ammo/oeies que le nerf lateral re^oit uu rameau des braa- ches dorsales non seulement des nerfs spinaux dorsaux, mais egalement des nerfs spinaux ventraux et cela dans toute son etendue, depuis le premier nerf spinal- jusqu'au dernier, ä l'extremite de la queue de ranimalc*. Und am Schusse seiner Abhandlung: «Des observations que j'ai faites chez des embryons dejii avanccs de Scylliiwi catulus et de Spwia.r acanthias. il resulte que le nerf lateral recoit, chez eux aussi, des rameaux nerveux provenant du pneumo- gastrique et des branches dorsales des nerfs spinaux. Je conipte publier ulterieurement ces observations.« JuLiN hat ferner im Anschlüsse an seine Entdeckung folgende Hypothese über die morphologische Bedeutung des N. lateralis aufgestellt: »Dans mon idee, le nerf lateral, tel qu'il se trouve constitue chez YAmmocoetes, ne serait que le Teste de la crete neurale, ce qui expliquerait ses rapports avec les racines du vague et les branches dor- sales des nerfs spinaux dorsaux.« Dieser Versuch, den N. lateralis als Residuum jener Nervenleiste, aus der die hinteren Wurzeln der Rückenmarksnerven entstehen, begreiflich zu machen, steht in schroffstem Wider- spruche zu der von mir im Vorhergehenden dargelegten Auffassung, derzufolge sich der N. lateralis erst secundär als C'ollector von Seitenorgan zu Seitenorgan aus dem Ectoderme ent- wickelt hat. Julin's Erklärungsversuch steht aber auch in nicht minder schroffem Wider- spruche zu allen neueren Erfahrungen über die Ontogenie des Seitenorgansystemes , wogegen der meinige umgekehrt gerade von diesen Erfahrungen ausgeht. *) JuLTN fügt dem oben citirteu Satze die folgende Anmerkung bei: »Von Siebold et Stannius, dans leur traite d' Anatomie comparee , disent que le tronc lateral recoit , chez des poissons osseux , des branches dorsales de tous les nerfs spinaux. Cette Observation, qui a passe inapercue jusqu';\ ce jour, m'a paru assez interessante pour la mentionner, car eile est singulierement d'accord aveo mes observations.« Diese Rehabilitirung ist in zwiefachem Sinne naiv : Erstens hinsichtlich der Voraussetzung , dass eine so belangreiche Angabe eines so viel studirten Buches bis heutigen Tages unbeachtet geblieben sei, und zweitens im Hinblicke darauf, dass besagtes Buch gerade das Gegentheil von dem vertritt, was ihm Jülin zuschreibt. Allen denjenigen, die sich eingehender mit dem Seitenorgansysteme beschäftigt haben, ist bekannt, dass es von älteren Autoren nicht etwa die Verfasser des genannten Handbuches, sondern vielmehr C:tvieii und Büchnek waren, die das Vorkommen von »Rami communicantes« zwischen den Spinalnerven einer- und dem R. lateralis Vagi andererseits behauptet hatten, und dass gerade derjenige der beiden Verfasser des Handbuches, der die Wirbelthiere bearbeitet hat, nämlich Stannius es war, der den conträren Satz Webers wieder aufnahm, demzufolge »der Rumpf- und Schwanztheil des Truncus lateralis Vagi in keiner directen Verbindung steht mit den Spinalnerven und dass dieser Umstand ihn sehr wesentlich von dem R. lateralis N. trigemini unterscheidet«. Der eben oitirte Satz findet sich in Stannius' peripherischem Nervensysteme der Fische p. 96, und in seinem Handbuche 2. Auflage p. 149/50 sagt derselbe Autor: »Mit Ausnahme des abortiven Seitennerven von Petromyzon , der aus zwei Zweigen des N. vagus und einem rücklaufenden Aste des N. facialis gebildet wird und noch eine Verbindung mit dem ersten Spinal- nerven eingeht, sind keine Verbindungen des Rumpftheiles der Seitennerven mit Spinalnerven erkannt worden«. Wie kam nun aber Julin zu seiner dem wahren Sachverhalte so schnurstracks widersprechenden Behauptung? Ich kann mir nicht anders denken, als dadurch, dass er den »R. lateralis N. trigemini« mit dem »R. lateralis N. Vagi« verwechselte, denn von ersterem sagt Stannius allerdings (Handbuch 1. Auflage p. 68, 2. Auflage p. l.")ü), dass er auf seinem ganzen Wege bis zum Schwänze von dem R. dorsalis eines jeden Spinalnerven einen ge- wöhnlich einfachen, seltener doppelten R. communicans empfange und so zu einem Collector von Elementen aller Spinalnerven werde. Zum Kapitel »Nephridien«. 899 Zum Kapitel: „Nephridien". Zu pag. 62o. Die meiner Ansicht nach nicht zutreffende Voraussetzung Lankester's und Beddard's, dass jedem Oligochaetcnsegmente typisch eine bestimmte Vielzahl von Nephridien zu- kam, stützte sich vor Allem auf angeblich gesetzmässige Lagerungsbeziehungen zwischen den äusseren Nephridium-Mündungen einer- und den Parapodien andererseits. Zu den schon im Vorhergehenden aufgezählten Fällen, die sich mit jener angeblichen Gesetzmässigkeit nicht vertragen, hat nun Borelli') einen weiteren Beitrag geliefert, indem er auf Grund seiner Untersuchung verschiedener Arten von Lumhriciis und Allolobophora zu dem folgenden Resul- tate gelangte: »Le aperture degli orgaiii segmentaii nei lomhiiei nostrali noii si trovano liitte da.vaiiti alla seconda setola, ma possono occupare nello stesso individuo tre posizioni diverse, cioe trovarsi davanti alla 2^ setola, davanti alla 4^ setola, e nello spazio compreso fra la 4^ setola e il poio doisale.« Da kann von Gesetzmässigkeit in der That kaum mehr die Rede sein. Zu pag. 628—63Jr. Zu Gunsten meiner Herleitung der Samentaschen von Genitalschläuchen habe ich mich unter Anderem auch auf die Angabe Perriers bezogen, dass jene Taschen bei Eudrilus als Eileiter fungiren und demzufolge nach der Leibeshöhle zu geöffnet sein sollen. Dieses von mir vorausgesetzte »sich Geffnen in die Leibeshöhle« trifft nun aber nicht zu, indem Beddard-) gerade an dieser Form den interessanten Nachweis liefern konnte, dass Ovarien und Oviducte miteinander verschmolzen sind. Und was die von Perrier als Sameu- taschen gedeuteten Anhänge betrifft, so ist es nach Beddard's Darlegung überhaupt noch zweifelhaft, ob sie in morphologischem Sinne den entsprechenden Organen der übrigen Lum- briciden gleichwerthig sind. Das Verhalten von Eudrilus kann daher nicht, so wie es im Vorhergehenden ohne Kenntniss der BEDDARo'schen Untersuchung von mir geschah, zu Gunsten der Herleitung der Samentaschen von Genitalschläuchen verwerthet werden. Ebenfalls zu Gunsten meiner Herleitung der Samentaschen von Genitalschläuchen habe ich die Vermuthung geäussert, dass die von Vejdovsky beschriebenen Ectoderm- einstülpungen nur die distalen Anlagen j ener Taschen r epräsentir en möchten. Einer Abhandlung Bergh's*) zufolge würde nun aber diese meine Vermuthung unzu- 1) Borelli, A. Sul vapporto t'ra i nefridi e le setole nei lombrici anteclitelliani. Boll. Musei di Zool. e Anat. Comp. R. Univ. Torino. Vol. 2. 1S87. Xo. 27. 2) Beddard, F. On the Reproduetive Organs in the Genus Eudrilus. Proc. Physie. Soc. Edinburgh. Vol. 13. 1885/S6. p. 672. 3) *Bergh, R. S. Unters, über den Bau und die Entwickelung der Geschlechtsorgane der Regenwürmer. Zeit. Wiss. Z. 44. Bd. 188G. p. 324—329. 900 Nachtrag: zum Vergleichend- Anatomischen (Morphologischen) Theil. treffend sein; denn er konnte nicht Semper (der die Samentaschen bei Nai^,- und Chuetoffaster aus ursprünglich soliden, im Inneren gelegenen Zellgruppen, die sich nachträglich aushöhlen und mit der Epidermis in Verbindung treten, hervorgehen Hess , sondern Vejdovsky (dem- zufolge sie sich als Hauteinstülpungen entwickeln bestätigen. Bergh hat sodann auf Grund dieser seiner entwickelungsgeschichtlichen Erfahrungen den Satz aufgestellt, )idass die Samen- taschen als zu specifischer Function umgebildete Hautdrüsen anzusehen sind, die mit Segmental Organen absolut nichts zu thun haben«. Wenn ich auch einerseits gerne zugebe, dass, so lange als an der Anlage der Samen- taschen keine mesodermalen Elemente nachgewiesen werden, es um ihre Homologie mit Ne- phridien oder mit Genitalschläuchen noch zweifelhaft steht, so vermag ich doch andererseits eben so wenig die Möglichkeit dieser Homologie als ein für alle Mal abgethan zu betrachten. Man kann sich nämlich sehr wohl vorstellen, dass die mesodermalen Theile der Samentaschen (als functionslos) der Rückbildung verfallen sind, respective nicht mehr in allen Fällen onto- genetisch recapitulirt werden, und was den von Bergh so nachdrücklich hervorgehobenen Umstand betrifft, dass »die Anlage bei nahestehenden irrten von der ürsprungsstelle bald in das eine, bald in das andere Segment hineinwächst«, so ist daran zu erinnern, dass auch bei nahestehenden Arten von Capitelliden die Nephridien sehr verschiedener Segmente zur Um- wandlung in Genitalschläuche benutzt werden. Zu puf). 6ö3~Go4:. Der Nachweis der ectodermalen Entstehung des Vornierenganges hat, wie ja das trotz van Wlihe's anticipirtem Proteste zu erwarten war, sofort Speculationen über die Phylogenie des excretorischen Systemes zur Folge gehabt. Haddon') bietet uns, obwohl ersieh dadurch, wie ausdrücklich von ihm hervorgehoben wird, nicht im Geringsten zum Glauben an die Abstammung der Wirbelthiere von Anneliden bekennen möchte, Betrachtungen dar, die zeigen sollen, dass jetzt, nachdem der ectodermale Ursprung des Vornierenganges anerkannt, ein Vergleich zwischen den Excretionsapparaten der Vertebraten und Anneliden sehr wohl möglich sei. »Accepting the proposition«, sagt Haudüx, »that the primitive Chordata nephridia opened directly to the exterior, we have only to assunie that the lateral area along which they opened was grooved. and that this groove extended posteriorly as far as the anus. From the analogy of the neural groove, there is no great difficulty in further supposing that the nephric groove was converted into a.canal; which, beco- ming separated from the overlying epiblast, might sink into the deeper-lying pnrts of the body.« Ferner : »We are justified in assuming the persistence of the blastopore as the anus in early Chordata: thus, if the nephric groove were continued round to the anus, it would practically open into the extreme hinder end of the mesenteron, in other words, into the urodaeura«. 1) Haddün, A. Suggestions respecting the epiblastic origin of the segmental duct. Proc. Roy. Dublin Sog. N. Ser. Vol. 5. 1SS7. p. 46H. Zum Kapitel »Nephridien«. 901 Und gleichzeitig wurden, wie aus Nachfolgendem hervorgeht, mit den vorigen übereinstimmende Betrachtungen auch von Beard'^ angestellt. Er sagt nämlich im An- schlüsse an seine Mittheilung über den ectodermalen Ursprung des N'ornierenganges von ScyUiiim: » . . . we have uow, owing to the ceitainity of the epiblastic origin of the pronephric duct, gained an important position for a more certain comparison of Vertebrata and Annelid nephridia. The phylogeny of the System is indeed much clearer, for, obviously we are entitled to assume that the Annelid ancestors of Vertebiates possessed a series of segmental nephridia, which opened into a longitudinal groove on each side of the body, that for some reason, possibly owing to an increase in size of the cloaca, and possibly because, apparently, every groove tends to become a tube. the groove which extended as far as the ne- phridia, i. e. to the cloaca, got folded in to form a tube, and so came to open into the cloaca.« Ungleich Haddon glaube ich an die Abstammung der Wirbelthiere von Anneliden- ähnlichen Thieren und eben deshalb wird es mir schwer, an das von ihm »ad hoc« construirte Schema zu glauben. In der That kennen wir weder irgend ein Annelid, bei dem die Ne- phridien beiderseits in Längsgruben und diese Gruben in den After mündeten, noch ist der ge- ringste Anhaltspunkt für eine solche Anordnung aus irgend einem Factum der Vertebraten- Embryologie zu entnehmen. Diese Anordnung existirt vielmehr nur in der Phantasie der zwei citirten Forscher, und dem gegenüber darf ich wohl an der von mir im Vorhergehenden -versuchten Herleitung des Vornierenganges festhalten, indem dieselbe nur von solchen Vor- aussetzungen ausgeht, wofür sei es die vergleichende Anatomie, sei es die Entwickelungs- geschichte Anhaltspunkte oder Paradigmata liefert. Zu pag. 661— 66J: uful zu pag. 6o3—6oJ:. Die T,ängskanäle von Polijyordius wollen nicht zur Ruhe kommen. Bevor noch meine auf ihre Nichtexistenz gerichteten Ausführungen in die Oeffentlichkeit gelangen konnten, sind mit jenen unnachweisbaren Gebilden wiederum Anlagen verglichen worden, von denen behauptet wird, dass sie principiell gieichwerthig und daher auch einander substituirbar seien, und zwar geschah dies in zwei in dem ersten Hefte des neuen »Journal of Morphology« er- schienenen Arbeiten Whitman's^) und Wilson's'). Ich kann hif;r in diesem Anhange auf jene beiden überaus interessanten Arbeiten leider entfernt nicht mehr so ausführlich eingehen, wie es nöthig wäre, muss mich vielmehr darauf beschränken, nur diejenigen Punkte ins Auge zu fassen, welche mit der von mir vertretenen Auffassung des excretorischen Systemes in Wider- spruch stehen. Dabei werde ich mich lediglich an die Abhandlung Wilson's halten, weil sie die kürzere ist, Chaetopoden betrifft und sich überdies ausdrücklich auf Whitman stützt, so- wie ja andererseits auch Whitman vollauf Wilson's Deductionen anerkennt. 1) Beard, J. The origin of the segmental duct in Klasmobranchs. Anatomischer Anzeiger. 2. Bd. 1SS7. p. 646. 2) Whitman, C. A Contribution to the history of the germ-layers in Clepsiiic. .Tourn. of Morphology. Vol. 1. Boston 1887. p. 105—182. 3) Wilson, E. The germ-bands oi Lumbricus. .Journ. of Morphology. Vol. 1. Boston ISST. p. 183 — 102. 902 Nachtrag zum Vergleichend-Anatomischen (Morphologischen) Theil. Ausgangspunkt für die ims hier angehenden Folgerungen ist die Thatsache, dass bei Lumhricus ähnlich wie bei Clepswe) die mesodermalen Organe nicht aus Einer Anlage, sondern aus mehreren getrennten hervorgehen, dass insbesondere Ein Paar der sogenannten S Teloblasten als »Xephroblasten« lediglich die Xephridien, und zwar die drüsigen Abschnitte derselben bilden. 'The iiephiidi.a « , sagt M'ilson. »arise as pairecl metameric outgrowths from the nephridial rows*), there being a single pair in eacli somite just behind and in contact with the rudiment of the dissepiment.« Und die Folgerungen selbst sind im Wesentlichen in folgenden Sätzen enthalten: »As we have seen, this System [nämlich the excretory System] first appears as a continuous longi- tudinal cord of cells (»the nephridial row«) lying in the somatopleure, and my observations on this point are in accord with those of Whitman on Clepsine ^ of Hatschek on Criodrilus, and of Eduard Meyer on Pohjmnia nehtilosa. Although this cord never acquires a lumen in Lumhricus there can be no doubt from Meyer 's observations and my own that it is homologous with the longitudinal excretory canal of Poly- (jordius, Lanice, and Polymnia, which is likewise solid at first (ME-iTLR), and in Polymnia consists of a Single cell-roM'.« Was zunächst den Vergleich zwischen den »nephridial rowsw \oi\ Lumhricus und den Lüngsk analen von Puh/i/ ord ins betrifft, so scheint mir, selbst für den Fall, dass diese fatalen Kauäle existiren würden, nicht der geringste Anhalt zur Statuirung einer specielleren Homologie geboten. Haben wir es doch auf der einen Seite mit aus ganz indiffe- rentem Zellmateriale bestehenden Keimstreifen eines Embryo zu thun, auf der anderen Seite dagegen mit wimpernden Kanälen, welche aus einem fungirenden Organe einer in der Ent- wickelung bereits relativ weit fortgeschrittenen, segmentirten Larve, nämlich aus der Kopf- niere, hervorwachsen sollen. Der Schluss ferner, worauf dieser, sowie auch alle anderen Vergleiche basiren, nämlich dass, weil den später segmentirten Organen continuirliche Anlagen vorausgehen, diese Organe auch selbst einmal continuirlich gewesen sein müssen, scheint mir ein Fehlschluss zu sein; denn wir Avissen ja, dass auch die Eier der segmentirten Thiere nicht etAva »ab ovo« seg- mentirte Keime, sondern Zellen repräsentiren, aus denen zunächst einheitliche Anlagen hervor- gehen, die sich weiterhin auf irgend eine AVeise gliedern. Will man aus dieser Thatsache folgern, dass die segmentirten Thiere von unsegmentirten abstanunen, so mag man das; aber functionirende Kanäle einer segmentirten Larve mit embryonalen Anlagen'"*) zu vergleichen, das geht doch kaum an. Nun existiren aber ja die Längskanäle von Folygordius überdies nicht, so dass der Vergleich an sich hinfällig AA'ird. Nicht weniger unzulässig ist ferner der Vergleich zwischen solchen »nephridial rows" einer- und den von E. Meyer '*' entdeckten ]S ephridialgängen gewisser Terebel- *) Mit »Nephridial rows« sind von den »Nephroblasten« gebildete Zellreihen gemeint. **_: Dasselbe gilt für die »Längsstränge von Criodrilus«, für den Fall, dass Hatschek darunter ähnlich den amerikanischen Forschern einen speciell zur Ausbildung der Nephridien bestimmten Keim streif verstanden haben sollte. "''\ Eine genaue Beschreibung dieser Gänge wird im 4. Hefte des 7. Bd. der Mitth. d. Zool. Station in Neapel unter dem Titel: »Meyer, E. Studien über den Körperbau der Anneliden« erscheinen. Zum Kapitel »Nephridien«. 903 liden [Lanke und Lomia) andererseits. Diese Gänge tragen nämlich, wie wir auf p. 663 schon nachzuweisen bestrebt Avaren, so auffallend ihre secundäre Natur zur Schau, dass auch ihr Entdecker, wie mir durch gefallige mündliche Mittheilung bekannt, nicht daran denkt, sie anders aufzufassen. Genügt ja hierfür das einzige Factum, dass sich bei allen darauf untersuchten Terebelliden die Nephridien nicht etwa derart entwickeln, dass zunächst ein Gang entsteht, der sich nachträglich gliedert, oder aus dem die Nephridien hervorsprossen, sondern dass vielmehr letztere in streng metamerer Folge ohne Spur eines Ganges angelegt werden. Und an einen Vergleich dieser Nephridialgänge mit den sogenannten Längskanälen von Pol^- gordius denkt E. Meyer um so weniger, als gerade er sich durch Untersuchung zahlreicher Polygordms-L&x\e^ bestimmt von der Nichtexistenz jener Kanäle überzeugt zu haben glaubt. Der Recurs auf Polgmiüa nehulosa endlich beruht auf einer irrthümlichen Inter- pretation des LANo'schen Textes'); denn mit den »soliden Zellsträngen«, aus denen sich nach E. Meyers Untersuchungen bei dieser Terebellide die drüsigen Abschnitte der Nephridien entwickeln, sind nicht etwa, wie Wilson verstand, Zellreihen gemeint, welche die Gesammt- länge des Körpers durchsetzen, sondern solche, die sich von Segment zu Segment wieder- holen. Von einem Vergleiche dieser metameren Zellreihen, sei es mit den Längskanälen von Pulj/gordius, sei es mit den Nephridialgängen von Lanke und Loimia, kann daher gar keine Hede sein. In dem Nachweise der ectodermalen Entstehung der Vornierengänge so- wie in der Thatsache, dass iseinen eigenen Beobachtungen zufolge) auch die Nephroblasten von Lumhricus »Ectodermabkömmlinge« darstellen, glaubt ferner Wilson den Beweis für die Richtigkeit des bisher noch fraglichen Vergleiches zwischen den Vornierengängen der Vertebraten einer- und den Längskanälen und Nephri- dialgängen von Poh/gordius, Lanice etc. andererseits, erblicken zu dürfen. Er führt das mit folgenden Worten aus: »Several morphologists have comparecl this canal [nämlich den Längskanal von PoIi/gorcN/m. die Nephridialgänge von Lanice und die Zellstränge von Polymnia] directly with the segmental duct of verte- brates; but the homology has thus far remained an open question on account of the lack of decisive em- bryological evidence. This evidence, I venture to believe, is afforded by my observations on the origin of the nephridia in Lumbricus, taken in connection with recent studies on the segmental duct. It is impos- sible to doubt that the nephroblasts of Lumhricus, and, therefore, the nephridial rows and the nephridia [excepting the funnels] are derivatives of the out er germ-layer, and, in view of this concliision, the likeness between the development of the nephridial row and that of the segmental duct, as described in the recent papers of Spee, Flbmming, and van Wijhe, is very significant.« Ferner: »Now, in some cases at any rate, the segmental tubules of the vertebrate prouephros are formed wholly or in part as outgrowths of the segmental duct, and thus agree precisely in mode of origin with the nephridia of Lumbricus. As far, therefore, as exact likeness in the development of special parts can be taken to indicate homology, the »nephridial row« of Lumbricus must be regarded as honiolo- Ij 1. p. 370. c. p. 67S. 904 Nachtrag zum Vergleichend-Anatomischen (Morphologischen) Theil. gous with the segniental duct, aud the series of nephridia as homologous with the verte- lirate pronephros.« Der Beweis Wilson's beruht also auf der angeblich ectodermalen Natur der Nephri- dien, respective der Nephroblasten. Seine Darstellung dieses grundlegenden Sachverhaltes lautet aber: »The six anterior teloblasts, viz., the neuroblasts, nephroblasts and the lateral ,,teloblasts", can first be distingnished with certainty in spherical embryos towards the and of invagination. At this period they have the same arrangement as in later stages, but lie in the eetoblast, extending to the surface of the body. Each gives rise to a row of cells that can be traced forwards a short distanee, aud then is lost amongst the surrounding cells. In later stages these teloblasts are gradua.lly crowded below the surface by adjoining eetoblast cells, though they always remain enibedded in the eetoblast, and sometimes reach the surface in stages as late as that shown in Fig. H. There is no evidence that they are originally formed uelow the eetoblast, and are afterwards pushed out to the surface. The only Interpretation that I can put upon these observations is, that not only the neuroblasts, but also the nephroblasts and ,, lateral teloblasts'', are modified ectoblastic cells.« Dass die Zellen (Nephroblasten), aus denen die nephridialen Zellreihen nephridial rows; hervorgehen, aus dem Ectoblaste entstehen, soll hier nicht im Mindesten bezweifelt werden. Ich sehe darin nichts Auffallendes, indem ja die meisten Embryologen das, was man gemeinhin »Mesoderm« nennt, sei es aus dem Ecto-, sei es aus dem Entoderm hervorgehen lassen. Von dem Momente ab, in dem aber diese ursprünglich ectodermalen Zellen eine be- sondere Anlage :in unserem Falle die »nephridial rows«, aus denen später die Drüsentheile der Nephridien hervorsprossen > constituirt haben, kann von einer Identificirung derselben mit dem perennirenden äusseren Blatte nicht mehr die Rede sein. Wie wollte denn auch Wilson bei seiner Auffassung das, was man bisher als »ectodermalen« Abschnitt des Nephridiums be- zeichnet hat und was beispielsweise bei Peripatus an solchen Nephridien, die Functionswechsel erlitten haben, fast das ganze Organ ausmacht, nennen? Die einzig correcte Auslegung des Sachverhaltes scheint mir die zu sein, dass bei Lum- bricKs (und Clepsine) die Nephridien nicht aus dem gemeinsamen Mesodermstreifen (Pleuro- peritonealepithele), sondern aus gesonderten Keimstreifen hervorsprossen, und wenn Wilson der ectodermalen Abstammung dieser Streifen einen Ausdruck verleihen wollte, so konnte er das höchstens im Sinne Kleinenberg's ') thun, das heisst, von secundären Ectodermab- k ö m m 1 in g e n sprechen. Anders beim Vornierengange der Vertebraten; denn bei ihnen ist es allerdings das perennirende äussere Blatt, welches successive das Material zur Bildung jenes Ganges liefert. Abgesehen davon kann man nun aber auch hier nicht umhin, die Frage aufzuwerfen, ob ein aus indifferenten Zellen zusammengesetzter Strang, aus dem später Nephridien hervor- sprossen, einer-, und ein Zellstrang von bestimmter Gewebskategorie, der sich direct in einen Kanal mit specifischen Functionen umwandelt, andererseits überhaupt vergleichbare Dinge vorstellen? Haitptsächlich wenn man erwägt, dass im crsteren Falle [Lumbriciix) neben den 1) 1. p. 303. c. p. 18. Zum Kapitel »Nephridienu. 905 nephridialeii Strängen über deren späteres Schicksal wir, nebenbei gesagt, gar nichts erfahren") noch eine ganze Reihe ähnlicher Stränge oder Organanlagen (Teloblasten) vorhanden sind, respective dass ein noch nndifferenzirter Keim vorliegt, wogegen im letzteren Falle (Verte- braten) die Keimsonderung zur Zeit, wenn der Vornierengang angelegt wird, schon relativ fortgeschritten zu sein ptiegt. Besonderen AVerth scheint Wilson bei seinem Vergleiche darauf gelegt zu haben, dass, wie bei Lumhricus aus den nephridialen Zellreihen die Nephridien, so bei gewissen Verte- braten aus den Vornierengängen die Vornierenkanälchen hervorsprossen sollen. Schon die Thatsache, dass dieses Hervorsprossen der Vornierenkanälchen allein von Anamnien behauptet wird, für Amnioten dagegen umgekehrt gilt, dass sich die aus dem Pleuro- peritonealepithele entwickelnden Vornierenkanälchen febenso wie die Urnierenkanälchen) er;^ secundär mit dem Vornierengange verbinden, wäre geeignet, den Werth des betreffenden Argu- mentes zweifelhaft erscheinen zu lassen. Nun ergiebt sich aber aus den neueren Arbeiten überdies, dass es mit dem Hervorsprossen bei den Anamnien ziemlich zweifelhaft steht. So sollen nach Shipley') bei Pt'tnnnij::oii die Vornierenkanälchen keineswegs, wie Scott angegeben hatte, als Ausstülpungen des "S'ornierenganges, sondern aus dem Pleuroperitoneal- epithele entstehen und erst secundär mit dem Vornierengange verschmelzen. Und in der- jenigen der jüngsten Mittheilungen über die ectodermale Entstehung des Vornierenganges von Anamnien, in der überhaupt zugleich von der Vorniere die Rede ist, nämlich in der Mit- theilung VAN WiJHES-), wird das Verhältniss zwischen Vorniere und Gang nicht etwa derart dargestellt, dass sich zuerst ein ectodermaler Strang oder Gang entwickelt, aus dem die Ur- nierenkanälchen hervorsprossen, sondern im Gegentheil derart, dass zunächst »eine Vorniere als eine continuelle Ausstülpung der Somatopleura unter jederseits 5 Somiten entsteht«, dass ferner das Hinterende dieser Ausstülpung mit der Haut verschmilzt und dass diese Ver- schmelzungsstelle die Anlage des Vornierenganges ist, »der, nach hinten weiter wachsend, sich allmählich von der Haut abschnürt». Nach alledem können die nephridialen Zellreihen von Clepsine und Lumhricus, eine wie hohe Bedeutung ihnen auch als embryologischen Facten zukommen möge, schwerlich als Aus- gangspunkte für die phylogenetische Herleitung des Vor- und Urnierensystemes verwerthet werden. Weder der Vornierengang, noch die Vorniere sammt der Urniere, und noch weniger die Beziehungen dieser Theile untereinander, sowie ihr eigenthümlicher Entwickelungsmodus lassen sich auf Grund jener Zellreihen begreifen. Alle diese Organe, Beziehungen und Modi werden dagegen verständlich, wenn wir die in dieser Monographie vertretene Auffassung gelten lassen, derzufolge die Vornierengänge als die ectodermalen Abschnitte Eines vor- deren Nephridiumpaares zu betrachten sind. Insbesondere verstehen wir dann die 1) Shipley, A. Ün some points in the development of Petromyzoii fluviatilis. Q. Journ. Micr. Sc. (2) Vol. 27. 1SS7. p. 344. 2) 1. p. 653. c. p. 634. Zool. Station z. Neapel, Fanna and Flora, Golf von Neapel. Capitelliden. 114 906 Nachtrag zum Vergleichend-Anatomischen (Morphologischen) Theil. ectodermale Entstehung der Gänge, ihr von vorn nach hinten gerichtetes Wachsthiim, sowie ihre secundäre ^'erbindung mit den ^'or- und Urnierenkanälchen. Und dass ectodermale Ab- schnitte ursiDrünglich metamerer Nephridien (^unter Functionswechsel) in der That zu langen, den Gesammtkörper durchsetzenden Kanälen auswachsen können, dafür hat uns, wie auf p. 379 und 653 ausgeführt wurde, Kennel in Peripatiis ein von denen, die sich bisher mit der Phylogenie des Vornierenganges beschäftigt haben, lange nicht genug gewürdigtes Para- digma kennen gelehrt. "N^'ährend des Druckes hinzugefügt: Zu img. 602—604^. Erst wenige Tage bevor ich diesen letzten Bogen zur CJorrectur zugesandt erhielt, bin ich mit der Abhandlung bekannt geworden, in der die polymetameren Nephridien von Acan- fhodrihis midtiporus ausführlicher (als in dem 1. p. 574. c. Opus) durch Beddard') beschrieben worden sind. Was ich hier speciell nachzutragen habe, das ist der Nachweis Beddard's, dass die Aus- mündung der S in jedem Zonite enthaltenen Nephridien im hinteren Körpertheile normal, also je durch Einen Porus erfolgt, im vorderen Körpertheile (etwa vom 18. Segmente ab) hingegen durch eine grosse Anzahl von rings um den Körper, zwischen den Borsten angeordneten Oeffnungen. Ferner, dass die verschiedenen Nephri- dien eines jeden Segmentes in gegenseitiger Continuität zu stehen scheinen und dass die Ausführungsgänge derjenigen der vorderen Leibesregion über- dies einen continuirlichen Ringkanal bilden. Das sind Nachweise, denen sowohl in morphologischer, als auch in physiologischer Hinsicht sicherlich eine hohe Bedeutung zukommt; aber meiner Ansicht nach nicht in der \on Seiten Beddard's eingeschlagenen Richtung. Letzterer sucht nämlich die Vielzahl der äusseren Nephridium-Mündungen zu Gunsten seiner Ansicht, dass ursprünglich jedes Anne- lidensegment mit einer Borstenreihe und jede Borste mit Einem Nephridium ausgerüstet war, zu verwerthen, das heisst, er betrachtet das ^^erhalten der Nephridien von AcanthodrUus multi- porus als ein »ancestrales«, von dem dasjenige aller anderen Anneliden abgeleitet werden müsse. Ich hingegen vermag (im Einklänge mit meiner Ueberzeugung, dass die reihenförmige Borsten-Anordnung, die Polymetamerie der Nephridien, und die Beziehungen zwischen Nephri- dien und Borsten secundäre Zustände darstellen) in der Vielzahl der äusseren Nephridialporen kein ursprüngliches Verhalten, sondern nur eine extreme Fortbildung jener auch bei mehreren anderen Annelidenformen vorkommenden Verzweigung der ausführenden Nephridiumschenkel zu erblicken. Dass wir es aber bei diesen Formen mit sccundären Anpassungen zu thun haben, darüber kann wohl kaum ein Zweifel aufkommen. 1) *Beddard , F. Sur les Organes Segmentaires de quelques Vers de Terrc. Ann. Sc. N. (6) T( 1S85. Art. No. G Zu pag. 443. Leider bin ich erst nach Fertigstellung der Monographie darauf aufmerksam geworden, dass der von Bateson als Chorda dorsalis bezeichnete Darmanhang von Balanoglossus ein hämales, und nicht, wie ich in Folge irrthümlicher Interpretirung der Abbildungen dieses Autors annahm, ein neurales Gebilde darstellt. In Folge dessen kann von einem Vergleiche jenes Anhanges mit dem Nebendarme der Anneliden etc. keine Rede sein, und meine Sup- position, dass in Bateson's Abbildungen Balanoglossus um 1 80" gedreht, respective in der Verte- bratenlage erscheine, wird hinfällig. Unberührt hiervon bleiben dagegen alle meine übrigen gegen die Aufstellungen des genannten Autors geltend gemachten kritischen Bemerkungen. TAFEL-ERIiLÄRüNG. A. Augen. Ac Acicula. A A. Sp. Afterspalte. T. Aftertentakel. B. B. B. B. Bauchstrang. B. Blasiges Bindegewebe. C. Bauchstrang-Connectiv. D. Borstendrüse. B. B. G. Bauchstrang-Ganglion. G. A. Bauchstrang- Gangl Abdomens. on des B. G. T. Bauchstrang- Ganglion des Thorax. B. B. B, Br C. K. Bauchstrang-Kammer. 0. Becherförmiges Organ. . r. rothe Blutkörper. . IV. weisse Blutkörper. Cuticula. C. c. A. Copulations- Apparat. A. M. L. Copulations - Apparat, Musculus Levator. c. A. M. P. Copulations - Apparat, Musculus Protrusor. c. A. AI. ß. Copulations - Apparat, Musculus Retractor. c. B. 0. Cuticulahaube beohe rförmi- c. c. c. ger Organe. I). Copulations-Drüse. n. M. C. Copulations - Musculus Constrictor. F. Cuticula-Furchen. Drüse, c, c. . Concretionen. P. Cuticula-Poren. Cs D. V. ventraler ' Cirrus. Darmkanal. D D. A. Darm-Anhänge. Bl. Darm-Blasen. D M. Darm-Muskulatur. D M. L. Darm-Muskulatur, fasern. Längs- D M. R. Darm-Muskulatur, fasern. Ring- D. .S'. Darm-Sinus. D. St. Darm-Secret. D. Z. P. Darm-Zellportionen In sämmtlichen Figuren bedeutet: E. Bl. Excret-Bläschen. E M. Z. Epithel-Muskelzelle. E. P. Elytrophor. F. H. Flimmer-Haare. G. Gehirn. 6^. B. Genital-Borste. G. h. L. Gehirn, hinterer Lappen. G. K. Gehirn-Kammer. G. M. Gehirn-Muskulatur. G. Rl. R. Ganglion des Rüssel- Re- tractors. G. Schi. Genital-Schläuehe. G. Schi. P. Genital-Schlauch-Porus G. Sil. Gehirn, Sehlappen. G. U. G. Gehirn. Unteres Schlund- ganglion. G. V. L. Gehirn, vorderer Lappen. G. vir. L. Gehirn, ventraler Lappen. G'. Z. Ganglien-Zelle. H. Hypodermis. H. B. Haken-Borsten. H. D. Haupt-Darm. H. D. R. Hinter-Darm-Rinne. H. D. Z. Haut-Drüsen-Zellen. H. F. Hexagonale Felder (der Cu- ticula). //. F. Z. Haut-Faden-Zellen. H. K. Z. Haut-Kugel-Zellen. H. M. Haut-Muskeln. Hn. Hoden. A'. Kieme. Ke. Kerne. K. H. Kiemen-Höhle. K. Ln. Kopf-Lappen. K. Ln. K. Kopf-Lappen-Kammer. K. Ln. M. Kopf-Lappen-Muskulatur. K. Ln. N. Kopf-Lappen-Nerv. K. M. Kiemen-Muskulatur. Kr. Körner. K. R. Kiemen-Retractor. Lbr. Z. Lichtbrechende Zelle. L. H. Leibeshöhle. L. H. Bk. Leibeshöhle, Bauchstrang- kammer. L. H. Dk. Leibeshöhle, Darmkammer. L. //. Nk. Leibeshöhle, Nierenkammer. L. M. h. hämale Längs-Muskulatur. L. M. n. neurale Lilngs-Muskulatur. L. Z. D. Lymphatische Zell- Diver- tikel. M. Muskel. Mes. Mesenterium. M. F. Muskel-Fibrillen. M/r. Muskelfaser. Mkr. Myelinkörper. M. S. Mund-Spalte. N. Nerv. Ncd. Neurochord. N. D. Neben-Darm. N. F. Nerven-Fibrillen. Nfr. Nervenfasern. Nrn. Nephridium. Nma. Neurilemma. Nrn. C. Nephridium-Kanal. Nm. Cn. Nephridium-Concretionen. Nm. Fpl. Nephridium-Flimmerplatte. Nm. M. Nephridium , äussere Mün- dung. Nm. P. Provisorisches Nephridium. Nm. T. Nephridium-Trichter. Nm. T. Fpl. Nephridium - Trichter, Flimmerplatte . N. V. Viscerale Nerven. Oes. Oesophagus. Ov. Ovarium. P. Peritoneum. P. B. Pfriemenborsten. Pd. Parapodium. Pd. A. h. hämales Parapodium des Abdomens. Pd . A. n. neurales Parapodium des Abdomens. Pd. H. D. M. Haken - Drehmuskel des Parapodiums. Pd. H. L. M. Haken - Läingsmuskel des Parapodiums. Pd H. R. M. Haken - Ringmuskel des Parapodiums. Pd. I. 31. Interbasalmuskel des Para- podiums. Pd. K. h. hämale Parapod-Kieme. Pd. K. H. h. hämale Parapod - Kie- men-Höhle. Pd. K. H. n. neurale Parapod -Kie- men-Höhle. Pd. K. M. h. hämale Parapod- Kie- men-Muskeln. Pd. K. M. n. neurale Parapod -Kie- men-Muskeln. Pd. K. n. neurale Parapod-Kieme. Pd. P. Parapod-Protrusor. P. Dpi. Peritoneum, Darmplatte. Pd. S. Parapod-Spirale. Pd. S. D. Parapod-Spiral-Drüse. Pd. T. h. hämales Parapodium des Thorax. Pd. T. n. neurales Parapodium des Thorax. P. Gpl. Peritoneum, Genitalplatte. P. Mpl. Peritoneum, Muskelplatte. Pn. Parasiten. P. Npl. Peritoneum, Nierenplatte. P. W. h. hämale Wucherungen des Peritoneums. P. W. n. neurale Wucherungen des Peritoneums. Rl. Rüssel. Rl. M. Rüssel-Muskulatur. Rl. N. Rüssel-Nerven. Rl. P. Rüssel-Papillen. Rl. Pr. Rüssel-Protrusor. Rl. R. Rüssel-Retractor. R. M. Ring-Muskulatur. S. Seitenorgan. S. A. Seitenorgan des Abdomens. Sa. Sarcolemma. SM. R. Schlund-Ring. S);. N. Spinal-Nerv. Sp. Sp. Spermatospor. .S^. Sph. Spermatosphäre. S. R. M. Retractor-Muskel des Sei- tenorganes. i>-^^ i> NOTOMASTUS Haut Tafel 4. Nototnastus : Muskulatur, Darmkanal. Fig. 1. Ein Stück der Längsmuskulatur von N. Uneatus. Die zwischen den einzelnen Muskelfasern befindlichen Körnchen sind wahrscheinlich Ueberbleibsel der ursprünglichen Muskelzellen. Flächenansicht eines frischen Präparates. F. II. Fig. 2. Durch Maceration isolirte Längsmuskelfasern von N. Uneatus. a. Maceration in Acid. pyrolign. F. II. b. Maceration in Acid. nitric. 20''/o. F. II. c. Maceration in Acid. nitric. 200/o- M. II. Fig. 3. Aus einem Querschnitte durch den Thorax eines N. Benedeni. a. Faserstücke der Ringmuskulatur; die Fasern und Kerne sind der Länge nach getroffen. b. Faserstücke der Längsmuskulatur; die Fasern und Kerne sind quer getroffen. Seewasseralcohol- Methode. J. IL Fig. 4. Aus einem Querschnitte durch den Thorax eines N. profundus. Einzelne Muskelfaser-Querschnitte sind aus den zugehörigen Sarcolemma- Fächern herausgefallen. Liquor Merkel. H. J. '/j^. 11. Fig. 5. Stück eines transversalen Muskels mit anastomosirendenAesten. Aus der Leibeshöhle eines iV. /<;;•(;/&. D.U. Fig. 6. Stück eines Querschnittes durch den Thorax eines N. Uneatus. Zur Demonstration der Verbindung eines sich in seine Fibrillen auflösenden transversalen Muskels mit Hautfadenzellen. Liquor Merkel. D. IL Fig. 7. Querschnitt durch den Rüssel eines N. Uneatus. Die meisten Fadenzellen enden mit plasmatischen Köpfen. Von den Drüsen- oder Plasmazellen sind nur an Einer Stelle des Schnittes (insbesondere durch die run- den Kerne sich kenntlich machende) Reste erhalten. Liquor Merkel. F. II. Fig. 8. Durch Maceration isolirte Zellen aus dem Rüssel von N. Uneatus. Kali bichrom. 1%. F. II. a. Zellen, die noch ganz den Charakter von Hautfadenzellen darbieten. b. An Hautsinneszellen erinnernde Elemente ; einige mit an den Kern herantretenden Nerven- endigungen. c. Zellen mit geschwänzten Kernen und niedrigen plasmatischen Köpfen ; in der Flächenansicht ein Plattenepithel vorspiegelnd ; sie erinnern an die zwischen Hautfaden- und Hautdrüsen-Zellen ver- mittelnden, ähnlich geformten Elemente der Haut des Abdomens. d. Zellen vom Charakter der Hautdrüsen- oder Plasma-Zellen. e. Sprossende Zellen. Fig. 9. Ein Stück vom Oesophagus eines N. Uneatus in der Flächenansicht. Nach einem frischen, in Seewasser untersuchten Präparate. F. II. Fig. 10. Querschnitt durch den vordersten Abschnitt des Oesophagus eines N. Uneatus, nebst der distalen Portion eines sich an dessen Wandungen inserirenden, von einem Ganglion umsponnenen Rüssel-Retractors. In der ihrer Cuticula beraubten Oesophagus-Sohleimhaut sind die plasmatisohen Köpfe der mit geschwänzten Kernen - versehenen Zellen zu einer nahezu continuirlichen Masse verschmolzen. Gegen die Basis hin liegen die runden Kerne zahlreicher Schaltzellen zerstreut. Liquor Merkel. F. II. Fig. 11. Flimmer- und Schaltzellen aus der Oesophagus-Schleimhaut. a. Maceration in Kali bichrom. l^/o. F. 11. b. Eine dieser Flimmerzellen stärker vergrössert. L. II. 0. Maceration in Osmium-Glycerin. F. IL Fig. 12 a — d. Vier aufeinanderfolgende Querschnitte durch die Endregion des Oesophagus eines N. Benedeni, um die vordere Abschnürung des Nebendarmes vom Hauptdarme zu demonstriren. C. IL Fig. 13a — d. Vier ebensolche Schnitte durch den Enddarm desselben Thieres , um die hintere Abschnürung des Nebendarmes vom Hauptdarme zu demonstriren. A. IL Fauna u. Flora A ^r >,^ jyyif /fr. t^. ' I Äi^.Z 6- '^^ /£? /£. i vR BiidiiVtdirASokn.Beriu. litXAnst vWirnv kWatcr,Frmb'iirt W NOTOMASTUS. Muskulatur: Darmkanal Tafel 5. Noto m (istus: D a r m k a n a 1 . Fig. 1 . Ein Stück der frischen Darm-Schleimhaut von A. lineatus mit Essigsäure behandelt. Flächenansicht. F. II. Fig. 2. Querschnitt durch den Haupt- und Nebendarm eines N. lineatus. Die Darm-Schleimhaut verläuft wenig gefaltet. Liquor Merkel. J. II. Fig. ;i. Querschnitts-Fragment vom Darme eines N. lineatus. Die Schleimhaut ist so stark gefaltet, dass zotten- artige Vorsprünge zu Stande kommen. Diese aus keulenförmigen Zellen sich aufbauenden Zotten oder Papillen wurden im Schnitte theils ihrer Längsrichtung parallel, theils quer darauf getroffen. Liquor Merkel. J. II. Fig. 4. Darm-Querschnitts-FVagment aus der Mitte des Abdomens eines N. Bcnedeni. Von den zu Papillen con- glomerirten Zellen der Schleimhaut durchsetzen wenig distincte , zu einer Art Plasmodium verschmolzene Portionen die Darmwandungen, um der Leibeshöhle zugekehrt einen Belag sogenannter lymphatischer Zelldivertikel zu bilden. Seewasseralcohol-Methode. F. II. Fig. .5. Fragment eines verticalen Längsschnittes durch den Darm vom Abdomenanfange eines N. Bencdeni. Im Gegensatze zur vorigen F'igur erscheinen sowohl die einzelnen Darmzellen, als auch ihre centrifugal ge- richteten Fortsätze, die lymphatischen Zelldivertikel, ziemlich distinct. Auch centripetal (dem Darmlumen zugekehrt) haben sich von diesen Zellen kuglige Portionen abgeschnürt, welche neben mehr diffus trans- sudirtem Zelleninhalte streckenweise das Darmlumen mehr oder weniger ausfüllen können. Seewasser- alcohol-Methode. F. II. Fig. 6. Neuraler Theil eines Querschnittes durch den Hinterdarm eines N. lineatus. Das in dieser Darmregion dünne, einschichtige Epithel erhebt sich zu beiden Seiten der neuralen Medianlinie je zu einer aus lan- gen , keulenförmigen Zellen zusammengesetzten F'alte , wodurch die in den Nebendarm sich fortsetzende Hinterdarmrinne zu Stande kommt. Die stark flimmernden, mit geschwänzten Kernen versehenen Zellen der Falten erinnern an diejenigen des Oesophagusepithels. Seewasseralcohol-Methode. H. J. '/,2. IL Fig. 7. Durch Maceration in lO/o Kali bichrom. isolirte Zellen des Magendarmes von N. lineatus. Die meisten dieser verschiedenartig gestalteten Zellen enthalten je mehrere Kerne ; an einige sieht man Nervenfibrillen herantreten , welche sich mitunter bis zum Kerne verfolgen lassen ; auch zwei solche mit den genannten Fibrillen noch im Zusammenhange stehende, aus den respectiven Zellen ausgetretene Kerne sind abge- bildet. Neben einzelnen Zellen und noch im Zusammenhange befindlichen Zellen-Complexen enthält die Figur auch Gruppen solcher, die — ähnlich wie die verwandten Gebilde vom Rüssel und Oesophagus — wahrscheinlich einem Sprossungsprozesse ihre Entstehung verdanken. F. II. Fig. 8. Isolirte Muskelfasern vom Magendarme eines N. lineatus. Maceration in Kali bichrom. P/o. F'. IL Fig. 9. Muscularis mit darüberliegendem Ganglienzellen-Plexus vom Magendarme eines N. lineatus. Präparation und Vergrösserung wie Figur 8. Fig. 10 und 11. Aehnliche Präparate. In jeder der beiden F'iguren sieht man je eine der Darm-Muskelfasern in je eine Darm-Epithelzelle (Epithel-Muskelzelle) übergehen. Präparation und Vergrösserung wie Figur 8. Fig. 12. Stück eines verzweigten Muskels aus dem Darm -Mesenterium eines geschlechtsreifen N. lineatus. See- wasseralcohol-Methode. J. U. Fig. 13. Stück eines flächenhaft ausgebreiteten, vielfach durchbrochenen Muskels aus dem Darm-Mesenterium eines iV. lineatus. Maceration in Kali bichrom. 1%. J. II. Fig. N. Querschnitts-F'ragment vom Magendarme der Abdomenmitte eines geschlechtsreifen iV. lineatus q^. Die Abbildung zeigt diejenige Stelle des Schnittes, an welcher die Zellen der noch ziemlich normalen Darm- Schleimhaut — diese Zellen sind noch mit Cilien versehen und nur die starke Kernwucherung deutet auf die im Gange befindliche Metamorphose hin — der Blasenmodification unterliegen. Zwei solche Blasen sieht man in der Bildung begriffen. Seewasseralcohol-Methode. J. IL Fig. 15. Profilansicht eines Magendarm-Stückes von einem geschlechtsreifen N. lineatus (^. Es ist aucli hier eine Stelle ausgewählt, an der noch ziemlich normale Darmzellen an solche stossen , welche in der Blasen- modification begriffen sind. Behandlung mit 1% Essigsäure. F. II. Fauna u Flora d. Golfes vNeapeL ( 'u/'/h'lltdc/t #^* II ^\ :^^^®1ISS NOTOMASTUS. Darmkanal. " p. Tafel 6. Notomastus: Darmkanal, Centrales Nervensystem. Fig. 1. Querschnitts-Fragment vom Magendarme eines geschlechtsreUen N. lineatus Q. Die Zellen sind sehr plasmaarm und wenig distinct. Liquor Merliel. J. II. Fig. 2. Querschnitts-Fragment durch eine weiter nach hinten gelegene Partie des Magendarmes vom selben Thiere. Die Figur lässt rechts noch Zellenelemente der ursprünglichen Darmschleimhaut erkennen; weiterhin zeigen diese Elemente bereits eine Ten- denz zur Verschmelzung sowie die für die Blasenbildung charakteristischen Vacuolen ; links endlirli ist es bereits zur Aus- bildung von Blasen gekommen. Liquor Merkel. J. II. Fig. 3. Querschnitts-Fragment durch eine noch weiter nach hinten gelegene Partie des Magendarmes vom selben Thiere. Die gesammte Schleimhaut dieser Region ist in der Bildung von Darmblasen aufgegangen. Liquor Merkel. J. II. Fig. 4. Querschnitts-Fragment durch den Magendarra eines geschlechtsreifen N. lineatus (5. Die Blasen-Metamorphose der Darmschleim- haut ist nahezu vollendet. Ein fettig degenerirtes Plasma füllt theils die Blasen, theils das Lumen des Darmes. Jede Blate enthält nebst der charakteristischen Vacuole einen oder mehrere Kerne. Zahlreiche den früheren Darmzellen zugehürige Kerne ünden sich überdies in der Nähe der Darmwand. Seewasseralcohol-Methode. J. II. Fig. 5a. Querschnitts-Fragment durch den Magendarm eines geschlechtsreifen N. lineatus S. Die Darmwandungen sind ausserordentlich verdünnt und die Grenzlinien der zusammengefallenen, substanzarmen Blasen kaum mehr unterscheidbar. Ein fettiger Detritus erfüllt das Darmlumen. Liquor Merkel. J. II. Fig. üb. Ein Theil des Nebendarmes aus dem der vorigen Figur zu Grunde liegenden Querschnitte. Man erkennt, wie der Nebendarm einer der des Hauptdarmes ganz ähnlichen Metamorphose unterliegt. Präparation und Vergröäseriing wie Fig. 5a. Fig. 6. Darm- und Nebendarm-Fragment von einem etwas weiter hinten durch den Magendarm desselben Thieres geführten Quer- schnitte. Die Umwandlung der Blasen erscheint noch nicht so weit fortgeschritten wie in den den vorhergehenden Figuren zu Grunde liegenden Präparaten. Der Schnitt ist so dick geführt, dass die Wandungen der beiden Kanäle stellenweise in der Flächenansicht erscheinen. Präparation und Vergrosserung wie Fig. Öa. Flg. 7. Flächenansicht einer in der Umwandlung begriffenen Partie des Magendarmes eines geschlechtsreifen iV. JineoJus (J. Man sieht neben noch ziemlich normalen Zellen solche, deren Plasma bereits transsudirt ist; ferner zwei vollkommen ausgebildete Blasen. Osmium-Glycerin. F. II. Fig. 8. Profil-Ansicht einer noch mehr modiflcirten Stelle ans dem Magendarme desselben Thieres. Die Darmwandnngen (Peritoneum und Muscularis) sind kaum mehr kenntlich. Präparation und Vergrosserung wie Fig. 7. Fig. 9. Flächenansicht einer nahezu degenerirten Stelle aus dem Magendarme desselben Thieres. Die Blasen sind nur noch stellen- weise erhalten; im Uebrigen liegen den ausserordentlich verdünnten Wandungen des Tractus nur noch deren Kerne und Va- cuolen auf. Präparation und Vergrosserung wie Fig. 7. Fig. 10. Flächenansicht eines Magendarm-Stückes von einem geschlechtsreifen JV. «mealas Q. Die an Stelle der ursprünglichen Schleim- hautzellen getretenen Blasen mit ihren central gelegenen Vacuolen springen halbkugelig vor. Frisch in Seewasser untersucht. F. II. Fig. 11. Eine dieser Blasen nach Behandlung mit lO/o Essigsäure. Mehrere die ursprüngliche Zusammensetzung aus Zellen andeutende, in der Vacuole zusammentreffende Linien sowie ein Kern normalen Ansehens sind aufgetreten. F. II. Fig. 12. Aehnliche Blase aus dem Magendarme eines geschlechtsreifen N. lineatus c3 mit 3 Kernen. Acid. pyrolignos. F. II. Fig. 13. Ebensolche aus einem Querschnitte durch den Magendarm eines geschlechtsreifen N. lineatus Q . Liquor Merkel. F. II. Fig. 14. Eine Blase aus dem Magendarme eines geschlechtsreifen JV. lineatus g. An Stelle der Vacuole beflndet sich ein unregelmässig geformter, anscheinend nackter Protoplasmaklumpen. Frisch in Seewasser untersucht. F. II. Fig. 15. Aehnliche Blase mit einem von dem Protoplasmaklumpen ausgehenden, die Blase durchbohrenden Stiele. Frisch in Seewasser untersucht. F. II. Fig. 16a. Flächenansicht eines Magendarm-Stückes von einem geschlechtsreifen Ä". lineatus &. Die Blasen stehen durch je zwei bis drei von ihnen ausgehende Ausläufer in einem netzförmigen Zusammenhange. F'risch in Seewasser untersucht. F. II. Fig. 16b. Eine solche Blase mit Essigsäure behandelt. Auch in diesem Stadium sind noch die von der Vacuole ausgebenden, die ur- sprünglichen Zellgrenzen markirenden Linien, sowie ein Kern erkennbar. F. II. Fig. 17. Flächenansicht eines Magendarm-Stückes von einem geschlechtsreifen N. lineatus (J. Ein der Figur 16a entsprechendes Sta- dium. Osmium-Glycerin. F. IL Fig. 18. Verticaler Längsschnitt aus einer Serie durch den Kopflappen eines N. lineatus. Alle Gehirntheile (der linken Hälfte) sind getroffen. Man beachte die Verschmelzung des vorderen Lappens respective des Sehlappeus mit der Haut, sowie auch die Verschmelzung von Haut und Wimperorganen. Seewasseralcohol-Methode. A. I. Fig. 19. Querschnitts-Hälfte aus einer Serie durch den Kopflappen eines IV. lineatus. Der hintere Gehirnlappen nebst dem Wimper- organe ist getroffen. Präparation und Vergrosserung wie Fig. 18. Fig. 20. Fragment eines frontalen Längsschnittes aus einer Serie durch den Kopflappen eines IV. lineatus. Alle Gehirntheile sind ge- troffen. Man beachte insbesondere die relative Selbständigkeit des Augenlappens. Präparation und Vergrosserung wie Fig. 18. Fig. 21. Neurale Partie des rechten vorderen Gehirnlappens von dem in Fig. 20, Tafel 7 abgebildeten Querschnitte aus dem Gehirne eines IV. lineatus stark vergrössert. Die Rindensubstanz besteht aus grossen, flaschenfürmigen, scheinbar unipolaren, ihre Fort- sätze in das Mark erstreckenden Ganglienzellen, welche in einem durch das sogenannte innere Neurilemma hergestellten Fach- werke liegen. Die Marksubstanz besteht aus Körnern sowie aus (im Präparate meist quer durchschnittenen und daher punkt- förmig erscheinenden) Fibrillen. Conservirung in Jodalcohol. H. J. Vi2. H- Fig. 22a. Durch Maceration in Kali bichr. IO/q isolirte Ganglienzellen und Körner aus dem Gehirne von N. linfatus. F. II. Fig. 22b. Ebensolche durch Maceration in Osmiumsäure isolirt. F. II. Fig. 23. Querschnitts-Hälfte durch den Schlundring eines N. lineatus. Von den Fasern der Marksubstanz, aus deren Masrhenwerk die Schlund-Commissur sich ausschliesslich aufbaut, sind im Schnitte viele quer getroffen und erscheinen daher punktförmig. Das Neurilemma entsendet starke Aeste, welche sich verzweigen und im Nervenmarke ein Gerüste feiner Fäden bilden. Conser- virung in Jodalcohol. H. J. 1/12- H- Fig. 24. 13., 15., 16., 18. und 19. Schnitt aus einer Querschnittserie durch den Kopflappen eines IV. lineatus, um die Vereinigung der Schlundring-Commissuren zu dem unteren Schlundganglion zu demonstriren. Liquor Merkel. A. 1. Fnmui u Flora d üolfis v. Neapäl.Car>aeüiden '"$€> >.C^ -- ' ■ r ^M lifij»* ^^^^^v/ ^-''^ i®^9 ^§J^^ ®l' L^ NOTOMASTUS, Darmkanal; Cenfrales Nervensyslem Tafel ;. Notomastus : Centrales Nervensystem. Fig. 1 — 10. Eine Serie von durch die linke Gehirnhälfte eines N. lineatus geführten ver- ticalen Längsschnitten. Nur bei Fig. 1, 5a und 9 wurden je die ganzen von der Kopflappenspitze bis zum Mundsegmente reichenden Schnitte abgebildet ; von den dazwischenliegenden, respective nachfolgenden Schnitten dagegen wurde allein das Gehirn dargestellii In den Abbildungen dieser sowie der folgenden Serien ist die Hypodermis hell , der Darm etwas dunkler und die Wimperorgane noch dunkler schattirt dargestellt. Ring- und Längsmuskulatur sind durch ihrer Richtung ent- sprechend verlaufende Fasern wiedergegeben ; wo aber ein schräger Verlauf sei es dieser, sei es anderer Fasersysteme stattfindet, ist solcher ebenfalls genau entspre- chend der Schnittrichtung, respective dem Präparate durch Uebergehen der Fasern in Punkte oder umgekehrt ausgedrückt. Die Gehirnzellen sind schematisch durch kleine Kreise und die Gehirnfibrillen ebenso durch Punkte wiedergegeben, die Grenzlinien dieser zwei Substanzen wurden aber stets genau mit Hilfe der Camera festgestellt. Seewasseralcohol-Methode. A. IIL Fig. 11 — 28. Serie durch das Gehirn eines N. lineatus geführter Querschnitte. Nur bei Fig. 11, 16, 21 und 27 wurden die ganzen durch den Kopflappen, respective das Mundsegment geführten Schnitte abgebildet ; aus den dazwischenliegenden, respec- tive nachfolgenden hingegen ist allein das Gehirn dargestellt worden. Conservi- rung in Jodalcohol. A. IIL fauaa u. Flora d. Golfes v Neapel CapilclUdm NOTOMASTUS. Centrales Nervensystem. Tafel 8. Notomastus: Centrales Nervensystem. Fig. 1 — 18. Serie durch das Gehirn eines TV. linealus geführter frontaler Längsschnitte. Nur bei Fig. 1, G, 8, 11, 15 und 18 wurden je die ganzen vom Kopflappen bis zum Mundsegmente reichenden Schnitte abgebildet ; aus den dazwischenliegenden kam je nur das Gehirn zur Darstellung. Zur Orientirung sei bemerkt, dass sich in dem zur Herstellung der Serie verwandten Thiere die hinteren Lappen des Ge- hirnes sammt den Wimperorganon etwas aufgerichtet hatten , so dass sie über die vorderen Lappen zu liegen kamen. Die Folge hiervon ist, dass die zuerst genann- ten Gehirntheile nicht zugleich mit den vorderen Lappen , und zwar annähernd in derselben Ebene zur Abbildung gelangten, sondern dass sie (nämlich die hinteren Lappen nebst Wimperorganen) zuerst allein für sich, und zwar in Schnitt 1 — 10 auftraten, und dass sodann von da ab ebenso (Schnitt 11 — 18) allein die vorderen Lappen getroffen wurden. Seewasseralcohol-Methode. A. III. .'■'iiii/ui II flom d Golfes vNeapel. Capüelhdeii MS NOTOMASTUS: Centrales Nervensysr Tafel 9. Notomastus: Centrales Nervensystem, Sinnesorgane. Fig. 1. Stück eines Bauchstrang-Ganglioiis aus der mittleren Thoraxregion eines N. Uneatus mit rechterseits abgehendem Spinalnerven. Es erscheinen die Ganglienzellen als matte, wenig scharf begrenzte, von zahlreichen Excretbläschen bedeckte Kugeln. Feine Nervenflbrillen verlaufen sowohl der Längsrichtung des Bauchstrangs parallel, als auch rechtwinklig darauf, also der Richtung des Spinalnerven entsprechend. In der Mitte liegt das ziemlich scharf begrenzte , mit einem flüssigen Inhalte erfüllte Neuro- chord. Zeichnung nach einem frischen Präparate, und zwar als optischer Schnitt bei oberflächlicher Einstellung auf das in Pronatio befindliche Organ. F. II. Fig. 2. Stück eines frontalen Längssrhniites durch das zweite und dritte Thorax-Ganglion des Bauchstranges eines JV. linealus. Von dem dritten Ganglion wurden links alle, rechts nur drei der abgehenden Spinalnerven getroffen. Conservirung in Liquor Merkel. A. I. Fig. 3. Linke Hälfte eines Querschnittes durch den hintersten Theil des ersten Thoraxganglions vom Bauchstrange eines N. Uneatus. Das neural gelegene Ganglienzellen-Paket entsendet seine Fortsätze in den Spinalnerven, das hämal gelegene entsendet die- selben in die Marksubstanz des Ganglions. Aus genannter Substanz endlich entspringen ihrerseits nach dem Spinalnerven zu gerichtete Fibrillen. Conservirung in Joüalcohol. 1). II. Fig. 4. Rechte Hälfte eines Querschnittes durch den vordersten Theil des zweiten Thoraxganglions von dem Bauchstrange desselben Thieres, von welchem Fig. 3 herrührt. Sowohl das hämale, als auch das neurale Ganglienzellen-Paket entsenden, und zwar unter Kreuzung ihres Verlaufes und die Marksubstanz durchsetzend, dichte Faserbündel je nach den entgegengesetzten Seiten. Conservirung in Jodalcohol. D. II. Fig. 5. Querschnitt durch das das erste und zweite Thoraxganglion verbindende Connectiv vom Bauchstrange desselben Thieres, wie die -vorhergehende Figur. Von dem deutlich in zwei symmetrische Hälften getheilten Strange ist in der Zeichnung nur die linke Hälfte ausgeführt. Das Neurilemma entsendet zahlreiche starke, sich in feine Verzweigungen auflösende Aeste zwischen das Gerüst der Nervenflbrillen. Conservirung in Jodalcohol. H. J. '/la. II. Fig. 6. Querschnitt durch das Bauchstrang-Connectiv des vorletzten Thoraxsegmentes eines A'. linentus. Die Hüllen des deutlich drei- getheilten Banchstranges sind hier sehr verdünnt. Das Fachwerk der Fibrillen ist auffallend grobmaschig und entbehrt der Körner. Seewasseralcohol-Methode. J. II. Fig. 7. Querschnitts-Hälfte durch das Ganglion des vorletzten Thoraxsegmeutes vom selben Thiere, wie die vorhergehende Figur. Der durch den hinteren Theil des Ganglions geführte Schnitt traf einen Spinalnerven ; dorsal von demselben ist die Amieutung eines schwächeren zweiten solchen. Ein aus dem Fibrillen-Gerüstwerk entspringendes Nervenbündel theilt sich kurz vor der Abgangsstelle der beiden Spinalnerven, um mit seiner Hauptmasse den neuralen und mit dem Reste der Fasern den hämalen Spinalnerven bilden zu helfen. Die Ganglienzellenmasse liegt in diesem Abschnitte des Ganglions rein neural, die Markmasse rein hämal. Seewasseralcohol-Methode. F. I. Fig. 8. Querschnitt durch den hinteren Abschnitt eines Eauchstrang-Ganglions -vom Abdomen eines geschlechtsreifen N. linealus Q . Der linke und rechte Spinalnerv der entsprechenden Region wurden getroffen. In jeden dieser Nerven sieht man je ein aus dem dorsalen Theile der Markmasse seiner Seite entspringendes, dorso-ventral verlaufendes Fibrillenbündel eindringen. Ausser- dem erhalten beide Spinalnerven horizontal verlaufende Fibrillen aus dem ventralen Theile der Markmasse. Es scheint an dieser Stelle zugleich ein Austausch von Fasern zwischen den genannten beiden Nerven vor sich zu gehen. Durch alle diese den Spinalnerven zustrebenden Fibrillenbündel wird von der (sonst eine geschlossene neurale Haube bildenden) Ganglien- zellen-Masse jederseits eine Portion nach dem Rücken zu gedrängt, so dass der Schein entsteht, als ob drei Zellenstränge, näm- lich ein neural-medianer und je ein seitlich-hämaler vorhanden wären. Das Peritoneum wurde in dieser Zeichnung nicht be- rücksichtigt. Liquor Merkel. J. II. Fig. 9. Stück eines Querschnittes durch den abdominalen Bauchstrang eines N. Uneatus, und zwar durch die Uebergangstelle von Ganglion und Connectiv. Das Peritoneum blieb hier ebenfalls unberücksichtigt. Seewasseralcohol-Methode. F. 1. Fig. 10. Stück eines verticalen Längsschnittes durch ein abdominales Bauchstrang-Connectiv von N. Uneatus. Das an dieser Stelle mächtig entwickelte Neurochord nimmt fast mehr Raum ein, als die darunter gelegene Fibrillenmasse. Die Lichtung des Neurochords wird von zahlreichen aus seinen Wandungen entspringenden, zum Theile baumförmig verästelten Fortsätzen durch- setzt. Aehnliche, jedoch schwächere Ausläufer dringen von dem neuralen Abschnitte der Neurochord-Wandung nach Art der Neurilemma-Fortsätze in das Mark ein; überhaupt lässt sich zwischen Neurochord und Neurilemma an dieser Stelle keinerlei Grenze ziehen, indem die beiden Bildungen zusammenfallen. Jodalcohol. D. I. Fig. 11. Rechte Hälfte eines Querschnittes durch ein Ganglion des Bauchstranges vom Abdomenanfange eines N. Benedeni. Von dem Ganglienzellen-Belag, der auch hier eine das Mark bis zur hämalen Seite des Stranges herauf umfassende Haube bildet, zeichnen sich einzelne Zellen durch ihre Grösse aus. Das Neurochord erscheint dreigctheilt. Seewasseralcohol-Methode. H. j. ■/|2- H- Fig. 12. Linke Hälfte eines Querschnittes durch ein etwa 4 Segmente weiter hinten gelegenes Ganglion desselben Thieres, von dem Fig. 11. Eine riesige, rechtwinklig auf die Längsaxe des Bauchstranges gerichtete Ganglienzelle wurde getroffen. Das vorher dreigetheilte Neurochord ist hier wieder zu einem einzigen Schlauche verschmolzen. Seewasseralcohol-Methode. J. II. Fig. 13. Querschnitt durch das auf das Ganglion, von dem Fig. 12, folgende Connectiv. Das Neurochord hat, wie man aus den an- nähernd unter gleicher Vergrösserung gezeichneten Figuren ersehen kann, bedeutend an Durchmesser zugenommen. Spuren eines Coagulums sind in dessen Lichtung wahrzunehmen. Seewasseralcohol-Methode. F. II. Fig. 14. Querschnitt durch ein Bauchstrang-Connectiv aus dem letzten Dritttheile des Abdomens desselben Thieres, von welchem die vorhergehenden Figuren. Das Neurochord zerfällt hier wieder in vier Unterabtheilungen. Aus dem durch das Neurochord ganz nach der- neuralen Seite hin gedrängten Marke sieht man links einen Nerven entspringen. Seewasseralcohol-Methode. J. II. Fig. 15. Rechte Hälfte eines Querschnittes durch ein Bauchstrang-Ganglion vom Schwanzende desselben Thieres, von dem die vorher- gehenden Figuren. Von den Ganglienzellen sind allein die Kerne deutlich zu unterscheiden. Das Neurochord ist nur noch durch zwei Röhren von sehr geringem Durchmesser vertreten. Seewasseralcohol-Methode. F. II. Fig. llj. Fragment eines Querschnittes durch ein Bauchstrang-Connectiv aus der Mitte dos Abdomens eines N. profundus. Man sieht eine neural-median gelegene, überaus reich verästelte und mit ihren Ausläufern in das Maschenwerk der Fibrillen übergehende Ganglienzelle. Liquor Merkel. D. II. Fig. 17. Durch Maceration isolirte Ganglienzellen, Körner und Nervenflbrillen aus dem Bauchstrange eines N. Uneatus. F. II. a. in Essigsäure 1% macerirt. c. in Osmiumsäure V6''/o macerirt. b. in Kali bichrom. 1% macerirt. d. in chromsaurem Ammoniak Vs^/o macerirt. Fig. 18. Stück eines Querschnittes durch die Umbiegstelle des Sehlappens in den vorderen Gehirnlappen eines A'. Uneatus. Einzelne Ganglienzellen des Sehlappens sind mit Pigment angefüllt. Der Schnitt hat diejenige Stelle getroflen, an der Sehlappen und Hypodermis mit einander vers.-limelzrMi. Man sieht Ausläufer von Hautfadenzellen mit solchen von Ganglienzellen in Ver- bindung treten. Liquor Merkel. )'. 11. Fig. 19. Stück eines frontalen Längsschnittes iliuvli den Sehlappen eines N. (mcul«s-Gehirnes. Der Schnitt traf die Stelle, an der die ziemlich regelmässig radial angeordneten lichtbrechendeu Zellen eine unmittelbar unter der Hypodermis gelegene Schicht bilden. Viele Hautzellen sowie auch ein Theil der lichtbrechenden Zellen wurden nahezu rechtvfinklig auf ihre Längsaxe getroffen. Seewasseralcohol-Methode. F. II. Fig. 20. Zwei nach Maceration in Liquor Müller isolirte, pantoffelförmige, lichtbrechende Zellen aus dem Sehlappen eines JV. Uneatus- Gehirnes. F. II. Flg. 21. Lichtbrechende Zellen, welche noch mit Hautfadenzellen in Zusammenhang stehen. F. II. a. Maceration In Kali bichrom. 1 %. b. Maceration in Liquor Müller. Fhra d ffolfrsv Neapel Ca/nldlu/f, * "* " '^^^ •-%sc .:^«^ ~ttr «. ^ «> «= »*f^^''^a> ^ NOTOMASTUS Nephridien Ceschlechrsorgane Tafel 15. Notomastus: Geschlechtsorgane, Leibeshöhle etc. Fig. 1. Querschnitt durch das Thoraxende eines N. Benedeni £.' . Im nahezu symmetrischen Schnitte wurden alle Parapodien ge- troffen. Der in dem respectiven Segmente (nahe der Uehergangsstelle des Thorax in das Abdomen) bereits starli verengte Hauptdarm zeigt die Abschuürungsstelle, respective die Mündung des Nebendarmes. Hauptsächlich dient aber die Figur zur Demonstration des sterilen, thoracalen Keimstockes. Seewasseralcohol -Methode. A. II. Fig. 2. Stück eines verticalen Längsschnittes durch das letzte Thoraxsegment eines N. Benedeni C . Der sterile Keimstock macht sich als neurale Anschwellung der Genitalplatte geltend. Seewasseralcohol-Methode. A. II. Fig. 3. Ein Theil des unter Fig. 1 dargestellten Querschnittes durch das sterile Thoraxovar stark vergrössert. J. II. Fig. 4. Stück eines verticalen Längsschnittes durch den sterilen, thoracalen Hoden eines N. Benedeni (3. Man sieht, dass kein Unter- schied zwischen dem resp. 5 und £ Keimstocke herrseht. Seewasseralcohol-Methode. J. II. Fig. 5. Stück eines verticalen Längsschnittes durch das Abdomenende eines halb geschleohtsreifen N. tineatus Q. Die in sehr ver- schiedenem Grade der Ausbildung stehenden Eier, respective die Ovarien bilden in jedem Segmente zwischen den zwei Blättern der gespaltenen Genitalplatte eingeschlossene Kuchen. Man beachte auch die Modiflcation des schief getroffenen Septums. Seewasseralcohol-Methode. A. II. Fig. 6. Stück eines verticalen Längsschnittes durch die Abdomenmitte eines halb geschleohtsreifen lY. Unealus (5. Die Genitalplatte behält naliezu ihr normales Ansehen, indem sich die in der Entwickelung begriffenen Geschleohtsprodukte als Spermatosporen oder als Spermatosphären ablösen, um ihre weitere Entwickelung in der Leibeshöhle flottirend durchzumachen. Seewasser- alcohol-Methode. A. II. Fig. 7. Querschnitt durch das Abdomenende eines geschlechtsreifen N. Benedeni Q . Es lässt sich an diesen wenig üppig propagiren- den Ovarien des Körpcrendtheils gut die Eifollikel-Bildung verfolgen. Seewasseralcohol-Methode. A. II. Fig. 8. Stück eines verticalen Längsschnittes durch die Genitalplatte von der Abdomenmitte eines halbreifen N. Benedeni Q . In der angeschwollenen Genitalplatte lassen sich keine Zellgrenzen erkennen. Das streifig aussehende Protoplasma bildet ein Syncy- tium. Einzelne Kerne sind im Begriffe, sich zu Keimbläschen auszubilden, und um zwei fertige Keimbläschen beginnen sich Partien des angrenzenden Syncytiums als dichtere Eizellsubstanz zu gruppiren. Seewasseralcohol-Methode. J. II. Fig. 9. Ein weiter fortgeschrittenes Stadium von demselben Thiere. F. II. Fig. 10. Ein noch späteres Stadium von demselben Thiere. Die Zellsubstanzen aller noch nackten Oosporen der Fig. 8, 9 und 10 enthalten Kerne, welche offenbar aus dem angrenzenden Syncytium der Genitalplatte stammen. F. II. Fig. 11. Stück eines verticalen Längsschnittes durch ein Ovar aus dem Abdomenanfange eines nahezu reifen JV. Benedeni Q. In dem vorwiegend ans steril gebliebenen Kernen (Keimbläschen) zusammengesetzten Keimstocke sind nur wenige Eier zur Ausbildung gelangt. Ein jedes hat nicht nur eine Dotterhaut , sondern auch einen (aus der oberen Lamelle der gespaltenen Genitalplatte stammenden) Follikel. Gegenüber den vorhergehenden Stadien (Fig. 8^10) ist ausserdem die Gruppirung des Deutoplasmas in Form rundlicher Körperchen hervorzuheben. Seewasseralcohol-Methode. J. II. Fig. r2. Stück eines verticalen Längsschnittes durch ein Ovar aus dem Abdomenende eines halbreifen A^. lineatw» Q . Die Eier be- finden sich in einem ähnlichen Stadium wie diejenigen der Fig. 11. An der Basis des Ovars liegen zahlreiche sterile Kerne (Keimbläschen) angehäuft. Seewasseralcohol-Methode. J. II. Fig. 13. Stück eines verticalen Längsschnittes durch ein total steril gebliebenes Ovar vom Abdomenende eines geschlechtsreifen N. Une- alus Q. hl dem Genitalplatten-Syncytium ist es nur zur Vermehrung der Kerne gekommen; diese haben zwar zum Theil an Grösse zugenommen, sind aber auf diesem ersten Stadium zur Keimbläschenbildung stehen geblieben. Die Uebereinstimmnng dieser sterilen Keimstücke mit denjenigen des Thorax (Fig. 3 und 4) ist unverkennbar. Seewasseralcohol-Methode. J. II. Fig. 14. Schnitt durch ein junges Ei aus der Leibeshöhle eines JV. lineatus g.'. Seewasseralcohol-Methode. H. J. '/i2- H- Flg. 15. Schnitt durch ein junges Ei aus der Leibeshöhle eines JV. ferlilis Q. Seewasseralcohol-Methode. H. J. Vi2- H- Fig. 16. Schnitt durch ein reifes Ei aus der Leibeshöhle eines JV. ferlilis Q. Seewasseralcohol-Methode. H. J. '/'i2- H- Fig. 17. Stück eines verticalen Längsschnittes durch die Genitalplatte von der Abdomenmitte eines geschlechtsreifen JV. lineatus ^. Auf der neuralen Seite dieser Platte hat der Schnitt einzelne zur Ablösung bereite Spermatosporen, sowie Gruppen solcher getroffen. Seewasseralcohol-Methode. H. J. '/i2- H- Fig. 18. Aehnlicher Schnitt durch ein (5 Thier derselben Art. Hier sind die Spermatosporeu hauptsächlich hämal entwickelt; neural hat der Schnitt ein Nest steriler Kerne getroffen. H. J. '/ij. II. Flg. 19. Spermatosphäre aus der Leibeshöhle eines lebenden, geschlechtsreifen JV. ferlilis (5. D. IL Fig. 19a. Zwei Spermatoblasten dieses Stadiums stärker vergrössert. F. II. Fig. 20. Frische Spermatosphäre derselben Species in lebhafter Theilung begriffen. D. II. Fig. 20a. Zwei in Theilung begriffene, frische Spermatoblasten dieses Stadiums stärker vergrössert. F. II. IJk ^ V.^>4 v«v V NOTOMASTUS. Geschlechisorjane. LeibeshohU Fig. 24a Fig. 25. Fig. 26. Fig 26a. Fig 27. Fig. 21. Frisches Spermatosphären-Conglomerat mit centraler Höhlung; wahrscheinlirh aus einer Sperniatiisporen-Griip|ie hervorgegangen. Aus der Leiheshöhle derselben Species. D. 11. Fig. 21a. Einige Spermatoblasten dieses Stadiums stärker vergrössert. F. II. Fig. 22. "Weitere frische Stadien von derselben Thierart. Die die Spermatosphären zusammensetzenden Elemente liabeii sich durch Theilung vermehrt. D. II. Fig. 22a. Drei frische Spermatoblasten dieses Stadiums stiirlier vergrössert. F. II. Fig. 23. Aehnliches Stadium. Im Centrum der Spermatosphäre liegt der BUstophor. I). II. Fig. 24. Weiteres frisches Stadium von derselben Thierart. Die die Spermatosphüre zusnmmensetzenden Spermatoblasteu haben eine längliche Form angenommen und mit der Schwanzbildnng begonnen. D. II. Ein Spermatoblast dieses Stadiums stärker vergrössert. F. II. Frisches Spermatosphären-Conglomerat aus einem etwas weiter fortgesi-hrittenen Stadium derselben Species. D. II. Frische Spermatosphäre, deren Spermatoblasten sämmtlich in reife oder docli nahezu reife Spermatozoen umgewandelt sind. Von derselben Species. D. II. Zwei frische Spermatozoen stärker vergrössert. F. II. Schnitte durch Spermatosphären etc. verschiedenen Entwickelungsgrades, und zwar von IV. fertilis. a. Ein in der Theilung begriffenes Spermatospor. b. c. d. e. f. Spermatosphären in verschiedenen Stadien. g. Eine Spermatosphäre, deren Spermatoblasten im Begriffe sind, sicli in Spermatozoen umzuwandeln. Scewasseralcoliol- Methode. J. II. Fig. 28. Querschnitt durch das letzte Thoraxsegment eines iV. lineatus, um die compacte Anordnung der Stammes-Längsmuskulatur, so- wie die Lagerungsverhältnissc des mächtigen, Theile jener Muskulatur abspaltenden Septums zu demonstriren. Seewasser- alcohol-Methode. A. I. Fig. 29. Querschnitt durch dasselbe Segment, und zwar neun Schnitte weiterhin. Das betreffende Septum ist hier in seiner annähernd höchsten Ausbildung getroffen. Nur ein kleiner Leibeshöhlen-Abschnitt im Bereiche des Darmes Ist noch frei geblieben. Der Bauchstrang liegt mitten In der verfilzten, septalen Muskulatur. Seewasseralcohol-Methode. A. I. Fig. 29a. Der Bauchstrang nebst angrenzender Septum-Muskulatur aus vorigem Schnitte stärker vergrössert. Man sieht, dass ersteres Organ an dieser Stelle der peritonealen Scheide entbehrt, also nur ein Inneres Neurilemma besitzt. Dieses entsendet zahl- reiche Fortsätze als Gerüste für das Nervenmark. Das Nervengewebe, sowie die Kerne des Neurilemmas wurden in der Zeich- nung nicht berücksichtigt. C. II. Fig. 30. Stück eines Querschnittes durch die Abdomenmitte eines N. profundus. Die verschiedenen, durch die Gliederung des Peri- toneums bedingten Kammern der Leibeshöhle sind hier überaus typisch ausgebildet. Seewasseralcohol-Methode. A. I. Flg. 31. Querschnitt durch das Abdomenende eines N. Benedeni. In dem nahezu symmetrischen Schnitte ist das Septum fast iu seiner ganzen Erstreckung erhalten; nur im Bereiche der Nierenkammern ist es stellenweise eingerissen. Man sieht, wie die Bauchstrangkammer vollkommen von der septalen Gliederung ausgeschlossen ist. Man beachte auch das starke, für diese Leibes- region charakteristische Ueberwiegen des hämalen Körperabschnittes über den neuralen. Seewasseralcohol-Methode. C. II. Fig. 32. Flächenansicht eines Septum-Abschnittes aus der Leibeshöhle eines N. profundus. Die Zellgrenzcn des oberen (dem Beschauer zugekehrten) Blattes der Doppelmembran sind sehr scliarf ausgeprägt. Zwischen den zwei Blättern liegen zahlreiche, ver- schieden breite, verzweigte Muskelfasern unregelmässig zerstreut. Seewasseralcohol-Methode. J. II. Fig. 33. Flächenansicht eines Septum-Abschnittes von einem nicht geschlechtsreifen iV. lineatus. Keine Spur von Zellgreuzen Ist zu erkennen. Die zwischen den beiden das Septum constituirenden Lamellen ausgespannte Muskulatur besteht zum Theil aus breiten Bändern, zum Theil aus Bündeln feiner Fibiillen. Alle diese Fasern liegen ganz unregelmässig verthellt. Seewasser- alcohol-Methode. J. II. Flg. 34. Stück eines verticalen Längsschnittes durch ein abdominales Septum eines geschlechtsreifen N. lineatus. Der Zerfalls-Prozess der Muskelbänder in Fibrillen, sowie der Blldungsprozess von Schläuchen um dieselben Ist eingeleitet. Seewasseralcohol- Methode. J. 11. Fig. 35. Flächenansicht eines Septum-Abschnittes aus dem Abdomen eines geschlechtsreifen JV. Uimäus. Die Muskulatur hat sich gltterförmig gruppirt. Die äusseren Schläuche sind ausgebildet und enthalten centrale Bündel überaus dünner Fibrillen; die inneren Schläuche fehlen noch. Seewasseralcohol-Methode. C. IL Fig. 36. Aehnliches Stadium wie Fig. 35. Stück eines septalen Muskelgitters im optischen Schnitte unter starker Vergrösserung ge- sehen. Ausser den im Vorhergehenden erwähnten Thellen erkennt man hier die peripheren geschmolzenen Muskelelemente des Schlauches in Form eines homogenen, halbflüssigen Cylindermantels. Frisch unter Einwirkung von Essigsäure gezeichnet. F. IL Fig. 37. Flächenansicht eines Septum- Absclinittes ähnlichen Stadiums wie Fig. 35, stark vergrössert. Ein horizontal verlaufender Schlauch ist plastisch und zwei vertical darunter gelegene sind im optischen Schnitte wiedergegeben. Liquor Merkel. F. 11. Flg. 38. Stück eines vertical durchschnittenen Septums im letzten Stadium der Umwandlung. In den äusseren zelligen haben sich auch die inneren, stnicturlosen Schläuche ausgebildet; keine Spur von Muskelfibrillen Ist mehr wahrzunehmen; beide Schläuche sind mit einer dünnflüssigen Substanz erfüllt. Liquor Merkel. F. II. Fig. 39. Peritoneale Wucherung der Nierenplatten eines hinteren Thoraxsegmentes von JV. lineatus. Seewasseralcohol-Methode. H. J. '/V?. II. Fig. 40. Ein Stück des parietalen Peritoneums aus dem Zwischenräume zweier Längsmuskelbündel von JV. lineatus. Die betreffenden Elemente haben einen saftigen Charakter und zeigen grosse Uebereinstimmung mit denjenigen des sogenannten zellig-blasigeu Bindegewebes. Liquor Merkel. F. II. Tafel 16. Dasj/b r a n c h u s : T o p o g r a p h i e. Fig. 1. Kopf-Mundsegment eines D. caducus in ProflI-Ansicht. Nach einem frischen Thiere. Lupe No. 127. Fig. 2. Letzte Thorax- und erste Abdomensegmente eines D. caducus mit wenig ausgebildeten Parapodwülsten (Hakenwiilsten) in Profil-Ansicht. Nach einem Alcoholpräparate. Lupe No. 127. Fig. 3. Einige Segmente von der Abdomenmitte eines D. caducus mit ausgestreckten Kiemen in Profil-Ansicht. Nach einem Alcohol- präparate. Lupe No. 127. Fig. 4. Letzte Thorax- und erste Abdomensegmente eines D. caducus mit stark ausgebildeten Parapodwülsten (Hakenwiilsten) in Profil- Ansicht. Nach einem Alcoholpräparate. Lupe No. 127. Fig. 5. Abdomenende (Schwanz) eines D. caducus in Profil-Ansicht. Nach einem Alcoholpräparate. Lupe No. 127. Fig. 6. Kopf-Mundsegment und erste Thoraxsegmente eines D. Gajolae vom Rücken gesehen. Nach einem frischen Thiere. aa. II auf % reducirt. Fig. 7. Abdomenende (Schwanz) eines D. Gajolae in Profil-Ansicht. Nach einem Alcoholpräparate. aa. II auf 2/3 reducirt. Fig. 8. Rechte Hälfte des vorderen Thoraxabschnittes (1. — 8. Segment) eines vom Bauche aus median geöffneten und flächenhaft aus- gebreiteten kleinen D. caducus. Der Rüssel befindet sich im eingestülpten Zustande. Nach einem Alcoholpräparate. Lupe No. 127. Fig. 9. Linke Hälfte des hinteren Thorax- und vorderen Abdomeuabschnittes (11. — 17. Leibessegment) eines grossen, vom Rücken aus median geöffneten und flächenhaft ausgebreiteten D. caducus. Im 14. Segmente beginnen die (hier allein vorhandenen) Genital- schläuche aufzutreten. Nach einem Alcoholpräparate. Lupe No. 127. Flg. 10.' Neurale Region aus der Abdomenmitte desselben Thieres, und zwar das 34. — 38. Segment darstellend. Auf der rechten Seite sind die Genitalschläuche und Nephridien abgebildet. Im 34. — 36. Segmente sind ausser den Genitalschläuchen noch Rudi- mente von (ursprünglich mit ihnen verbunden gewesenen) Nephridien, im 37., 38. und allen nachfolgenden Segmenten sind ausschliesslich Nephridien vorhanden. Präp. Lupe No. 127. Fig. 11. Rechte Hälfte eines median vom Rücken geöffneten und flächenhaft ausgebreiteten Abschnittes aus der vorderen Abdomen- region eines D. caducus, und zwar das 26. — 28. Leibessegment (12. — 14. Abdomensegment). Bei diesem Thiere sind in allen mit Genitalschläuchen ausgerüsteten Segmenten zugleich auch die Nephridien vollkommen ausgebildet und relativ unab- hängig vorhanden (vergl. Fig. 12). Nach einem Alcoholpräparate. a. II. Fig. 12. Diejenige Stelle ans einem ähnliche Beziehungen der Genitalschläuche und Nephridien darbietenden kleineren Thiere, au der der Trichter des betreffenden Nephridiums, sowie der vordere Zipfel des zugehörigen Genitalschlauches enden, stärker ver- grössert. Man sieht, wie zwar die beiderlei Organe unabhängig voneinander ausgebildet, aber doch innig aneinandergelagert sind. Seewasseralcohol-Methode. C. II. Fig. 18. Rechte Hälfte des hintersten Thorax- und vordersten Abdomenabschnittes (13. — 18. Leibessegmentes) eines vom Rücken aus median geöffneten und flächenhaft ausgebreiteten D. Gajolae. Im 14. und 15. Segmente sind ausschliesslich Genitalschlänche, im 16. ein vollkommen ausgebildeter Genitalschlauch, sowie Rudimente des früher zugehörigen Nephridiums vorhanden und im 17. Segmente (sowie auch in einigen nachfolgenden) enden die vollkommen ausgebildeten Nephridien in auffallend verbreiterte Trichter, welch' letztere nichts Anderes, als in der Bildung begriffene Genitalschlänche darstellen. Seewasseralcohol-Methode. A. III auf 2/3 reducirt. Fig. 14. Rechte Hälfte einiger ebenfalls mcdian-dorsal geöffneter und flächcTihaft ausgebreiteter Segmente vom Abdomenendc eines D. Gajolai. In dieser Region (sowie auch in der Abdomenmitte) sind ausschliesslich normale Nephridien vorhanden, das heisst es findet keine Umwandlnng ihrer Trichter in Genitalschläuche statt. In dieser Figur sind aui'h die in der hinteren Leibes- region besonders ausgebildeten Parapod-Spiraldrüsen, sowie die Kiemen abgebildet. Seewasseralcohol-Methode. A. III auf 2/3 reducirt. Fig. 15. Stück aus einem ähnlichen Flächenpräparate wie die vorhergehende Figur stärker vergrössert, um den Zusammenhang von Parapodium und Parapod-Spiraldrüse zu demonstriren. Seewasseralcohol-Methode. C. II. DASYBRANCHUS Topographie Tafel 17. D a s y h r a ii c h u s. Fif^. 1 . Frei präparirtes Gehirn eines Z). caducus in der Rückeuansieht. Die AVimperorgane sind bei der Präpara- lion abgerissen. Salpetersäure-Glycerin-Priiparat. A. II. Fig. 2. Frei präparirtes Gehirn eines D. caducus (kleineres E.\emplar) in der Baucliansicht. Die Winiperorgane sind erhalten. Salpetersäure-Glycerin-Präparat. A. IL Fig. 3. Unteres Schlundganglion eines D. caducus Essigsäure-Glycerin-Präparat. aa. II. Fig. 4. Bauehstrangabschnitt aus der mittleren Thoraxregion desselben Thieres, von dem Fig. 3. aa. II. Fig. 5. Bauehstrangabschnitt vom Abdomenanfange desselben Thieres, von dem Fig. 3. aa. II. Fig. 6. Eine ausgestreckte Kieme vom Abdomenende eines D. caducus. Seewasseralcohol-Methode. aa. II. Fig. 7. Eine ausgestreckte Kieme vom Abdomeneude eines D. Gajolac. Seewasseralcohol-Methode. aa. II. Fig. Sa. Pl'riemenborste vom Thorax eines D. caducus im Halbprofile. A. II. Fig. Sb. Hakenborste vom Abdomeuanfange eines D. caducus in Profil-Ansicht. ¥. II. Fig. Sc. Oberster Abschnitt einer Hakenborste vom Abdomenanfange eines sehr grossen D. caducus in der Vor- deransicht. F. II. Fauna u Fioia ti uoi/csv .W'a/x'/ iiipiteilideii. Taf 17 Tafel 18. Basyhranchus: Haut, Muskulatur, Darmkanal. Fig. l. Flächenansicht eines Hautstückes vom Abdomen eines D. caducus. Seewasseralcohol-Methcde. F. II. Fig. 2. Stück eines im Bereiche der hämalen Parapodien durch den Abdomenanfang eines D. caducus geführten Querschnittes. Zwischen Haut und Ringmuskulatur schiebt sich ein System radiärer und longitudinaler Muskelbündel als Hautmuskulatur ein. Seewasseralcohol-Methcde. J. II. Fig. 3. Zwei Hautfadenzellen vom Thorax eines D. caducus. Maceration in Kali bichrom. l"/o- !"'■ H- Fig. 4. Ganglienzellen aus dem zwischen der Ringmuskulatur und der Haut sich flächenhaft ausbreitenden Plexus vom Thorax eines D. caducus. Man sieht einzelne losgerissene Ganglienzellen , ferner Gruppen solcher, die sich noch in innigem Zusammenhange befinden , und endlich solche Ganglienzellen , die durch einen oder mehrere Ausläufer Fadenzellen innerviren. Maceration in Kali bichrom. 1%. F. II. Fig. 5. Stücke einer nach Maceration in Kali bichrom. 1",q isolirten Muskelfaser von D. caducus. F. II. Fig. 6. Nach Maceration in Kali bichrom. X^j^ isolirte Zellen des Rüssels von D. caducus. Einzelne dieser Zel- len haben noch den Charakter von Hautfadenzellen. Nahezu alle sind mit bald stärkeren, bald schwäche- ren Ausläufern versehen, von denen ein Theil nervöser Natur ist. Insbesondere müssen diejenigen Aus- läufer als nervös betrachtet werden , welche in ihrem Verlaufe zu Körnern anschwellen und im Bereiche des Kernes der zu innervirenden Zellen endigen. F. IL Fig. 7a. Fadenzelle des Rüssels mit noch anhängendem Nerven. Letzterer ist der Ast eines reich verästelten Aus- läufers einer Ganglienzelle. Präparation wie Fig. (1. F. IL Fig. 7b. Plasmatische Rüsselzelle, welche direct durch den Ausläufer einer kleineren bipolaren Ganglionzelle inner- virt wird. Präparation wie Fig. G. F. 11. Fig. 7 c. Multipolarc Ganglienzelle , deren Ausläufer durch starke Verästelung und häufige Anastomosirung einen förmlichen Plexus bilden. Präparation wie Fig. G. F. IL Fig. 8. Zwei sprossende Zellen aus dem Rüsselepithel. Präparation wie Fig. ü. F. IL Fig. 9. Stück eines Querschnittes durch den Oesophagus eines D. caducus. Die stark plasmatischen Köpfe der mit geschwänzten Kernen versehenen Zellen erreichen allein den Rand der Schleimhaut und sind an dem- selben mit einem dichten Flimmerpolz bedeckt. Dazwischen Schaltzellen , von denen nur die (runden) Kerne erhalten sind. Seewasseralcohol-Methode H. J. '/,2. II. Fig. 10. Flimmer- und Schaltzellen sowie sprossende Zellen aus dem Oesophagus eines D. caducus. Einzelne die- ser Zellen lassen Nervenendigungen erkennen. Maceration in Kali bichrom. l^/o- l"'- H- Fig. 1 1 . Ebensolche Zellen , welche noch mit den innervirenden Ganglienzellen im Zusammenhange stehen. Prä- paration wie Fig. 10. F. IL Fig. 12. Stück eines verticalen Längsschnittes durch den vordersten Thoraxabschnitt eines D. caducus mit einem Theile des sich an dessen Wandung inserirenden Rüssel-Retractors. Die verfilzte Muskulatur dieses Re- tractors wird von einem Ganglien-Plexus durchsetzt. Osmiumpräparat. C. III. Fauna, u Flora d. Golfes V- Neapel. Capitelhden TaF IS Verl vR.FnedlanderASokn.BerluL. DASYBRANCHUS: Häuf; Muskulatur; Darmkanal Luh MnstvWcrrurk Wi'vBrjTviJi/'wt''M Tafel 19. Dasj/ b ranch us : D a r m k a n a 1. Fig. 1. Eine Partie des in Fig. 12 Taf. 18 abgebildeten Rüssel -lletractors starker vergrössert. Die bipolaren und multipolaren , durch Fortsätze untereinander zusammenhängenden Ganglienzellen entsenden einzelne Ausläufer in die vielfach verzweigten Muskelfasern des Retractors. J. II. Fig. 2. Einzelne Ganglienzellen vom selben Präparate. H. J. Y12. III. Fig. 3. Eine eine MuskelfaseV innervirende Ganglienzelle vom selben Präparate. H. J. Y12. III. Fig. 4. Eine bipolare Ganglienzelle, deren Einer Fortsatz sich in ein Netz feiner, in den Muskelfasern des Re- tractors endigender Nervenfasern auflöst. Vom selben Präparat. H. J. l/io. III- Fig. 5. Stück eines Querschnittes durch den Magendarm von der Abdomenmitte eines D. cadwcus. Langgestreckte, keulenförmige Portionen einzelner Schleimhaut-Zellen durchsetzen , das Peritoneum vor sich ausstülpend, die Darmwandungen. Es stellen diese der Leibeshöhle zugekehrten , ein zweites Epithel vorspiegelnden Schläuche die sogenannten lymphatischen Zelldivertikel dar. Seewasseralcohol-Methode. J. II. Fig. 6. Stück eines Querschnittes durch den Nebendarm eines D. caducus aus dem Abdomenanfange. Seewasser- alcohol-Methode. j. in. Fig. 7. Stück eines Querschnittes durch den Nebendarm von der Abdomenmitle eines D. caducus. Seewasser- alcohol-Methode. F. IL Fig. 8. Neuraler Abschnitt eines Querschnittes durch den Hinterdarm eines D. caducus. Das Darmepithel erhebt sich zu beiden Seiten der neuralen Medianlinie je zu einer aus langen, an die Oesophagus-Elemente erinnernden Zellen aufgebauten Falte , wodurch die in den Nebendarm übergehende Hinterdarmrinne zu Stande kommt. Ein Theil der von den kräftigen Cillen durchbohrten Cuticula ist abgerissen. Im Be- reiche der Rinne treten an Stelle der normalen Zellen des Peritoneums grosse flaschenförmige Gebilde, welche wahrscheinlich nervöser Natur sind. Mit ihnen steht auch wohl die eigenthümliche , in der Figur mit N. bezeichnete , durch viele Schnitte hindurch verfolgbare Platte in Zusammenhang , deren Structur durchaus mit derjenigen des Bauchstranges sowie der Nerven übereinstimmt. Seewasseralcohol- Methode. H. J. Y,2. IL Fig. 9. Aehnliches Quersohnitts-Fragment von dem Hinterdarme eines D. Gajolae. Zwischen dem die Falten der Hinterdarmrinne aufbauenden Gewebe und demjenigen der übrigen Darmschleimhaut ist kein so erheb- licher Unterschied, wie bei der anderen Species. Die fraglichen Ganglienzellen sind dagegen hier noch viel mehr ausgebildet als bei jener ; man sieht deutlich , wie sie die Darmwandungen durchbohren , um an das Faltenepithel heranzutreten. Eine aus feinen Fasern zusammengesetzte Nervenplatte ist aber hier nicht zu erkennen. Seewasseralcohol-Methode. H. J. Vi2- H- Fig. 10. Querschnitt durch eines der letzten Schwanzsegmente eines D. caducus. In der ganz hämal gelegenen Afterspalte schlägt sich die Hypodermschicht um und setzt sich nach einer vorübergehenden Verdickung continuirlich in die bewimperte Schleimhaut des Afterdarmes fort. Mit der Hypodermis schlagen sich auch die Muskel- und Peritoneum-Schichten um , so dass der gesammte Afterdarm als eine Einstülpung des Hautmuskelschlauches erscheint. In Folge der in der Schwanzregion schiefen Stellung der Septa wurden deren im vorliegenden Schnitte mehrere getroffen. Seewasseralcohol-Methode. B. IL Fig. 11. Durch Maceration in Kali bichrom. l"/,) isolirte Zellen der Magendarm -Schleimhaut eines D. caducus. F. IL Fig. 12. Durch Maceration in Kali bichrom. P/o isolirte Epithel-Muskelzellen vom Magendarmc eines D. caducus. F. IL Fauna jl Flora d Golfers r Naipd Cu/n/cllidcn i %/ >■■ HO fe. Taf IQ. .^°- y jl ■\ .^^%£/ :.t lö^ „iUlliilai f fT*: mN'-*-*-- t 'V ^. ^'■^M -• r-iAym^ •" i^l^- /^ Ij DASYBRANCHUS: Respiranonsorgane. Nephridien. GeschlechCsorgane Tafel 24. Mastohr anchus : Topographie. Fig. 1 . Kopf-Mund-Segment und erste Thoraxsegmente eines M. Trinchcsii in Profil-Ansicht. Nach einem frischen Thiere. aa. II. auf ^3 reducirt. Fig. 2. Letzte Thorax- und erste Abdomensegmente eines M. Trinchesn in Profil-Ansicht. Nach einem Alcohol- präparate. aa. IL auf 2/3 reducirt. Fig. 3. Einige Segmente aus der Abdomenende-Region, von demselben Thiere, von dem die vorhergehende Figur, in Halbprofil-Ansicht. Die innig mit den hämalen Parapodien verbundenen Kiemen sind hervorgestülpt. Nach einem Alcoholpräparate. aa. IL auf ^/^ reducirt. Fig. 4. Schwanzende von demselben Thiere, von dem die vorhergehende Figur, in Profil-Ansicht. Die Kiemen nehmen gegen den After hin immer mehr an Länge ab. aa. IL auf "^j^ reducirt. Fig. 5. Die Aftertentakel eines M. Trinchesn stärker vergrössert. Nach einem frischen Thiere. A. IL Fig. 6. Frei präparirtes Gehirn nebst Wimperorganen eines M. Triiichesii in der Bauchansicht. Essigsäure-Gly- cerin-Präparat. A. IL Fig. 7. Unteres Schlundganglion und erste zwei Thoraxganglien eines M. Triiichesii in der Rückenansicht. Essig- säure-Glycerin-Präparat. A. IL Fig. 8. Bauchstrangabschnitt aus der Abdomenmitte eines 31. Trinchesii in Profil-Ansicht. Osmium-Glycerin-Prä- parat. A. IL Fig. 9. Ein häraales Parapodium nebst ausgestreckter Kieme vom Abdomenende eines M. Trinchesii, nach einem Alcoholpräparate. A. IL Fig. 10. Rechte Hälfte des hintersten Thorax- und vordersten Abdomenabschnittes (11. — 15. Leibessegment) eines vom Rücken aus median geöffneten und flächenhaft ausgebreiteten M. Trinchesii. In allen diesen Seg- menten sind ausschliesslich Genitalschläuche vorhanden. Seewasseralcohol-Methode. aa. IL Fig. 11. Rechte Hälfte mehrerer Segmente aus der keine Genitalschläuche mehr enthaltenden, vorderen Abdomen- region eines vom Rücken geöffneten und flächenhaft ausgebreiteten 31. Trinchesii. Dieses Präparat ent- stammt einem jener seltenen Thiere , welches in dieser sonst der Nephridien entbehrenden Region (bis zum Abdomenende hin, wo die betreffenden Organe sonst allein vorhanden zu sein pflegen) mit rudimen- tären Nephridien ausgerüstet ist. Seewasseralcohol-Methode. aa. IL Fig. 12. Aehnliches Präparat vom Ende der mittleren Abdomenregion (113. — 1 16. Leibessegment) desselben Thie- res, von welchem die vorhergehende Figur. In dieser Region lassen die Nephridien bereits deutlich ihre charakteristische Structur erkennen und vermögen wohl auch zu functioniren. aa. IL Fig. 13. Aehnliches Präparat vom Abdomen ende (143. — 147. Leibessegment) desselben Thieres , von dem die vor- hergehenden Figuren. Die Nephridien (welche bei den meisten Thieren allein in dieser Region gefunden zu werden pflegen) haben vollkommen ausgebildete Drüsenkörper etc. aa. IL Fauna iiFlora d. Golfesv.Yeapei.Capitelliden Taf.o/^. VerlyRRtedläjida-diSahnBoim MASTOB RANCH US. Topographi LithIiisaWenia-£mnlrr.Brcmkein ".-M. Tafel 25. Mastohranchns: Verschiedene Organsysteme. Fig. 1 . Verticaler Längsschnitt durch den lateralen Theil des Kopf-Mund-Segmentes eines M. Trinchesii. Der Schnitt hat diejenige Stelle getroffen, an der vom Gehirne ein Nerv zum Wimperorgane abgeht. Seewasser- alcohol-Methode. A. II. Fig. 2. Aehnlicher Schnitt durch die Mitte eines Gehirnlappens. Seewasseralcohol-Methode. A. II. Fig. 3. Stück eines verticalen Längsschnittes durch das 12. Thoraxsegment eines M. Trinchesii Q. Der sterile thoracale Keimstock und der Bauchstrang wurden ziemlich medial getroffen. Seewasseralcohol-Methode. A. II. Fig. 4. Stück eines verticalen Längsschnittes durch den Abdomenanfang eines M. Trinchesii Q. Der Genital- schlauch des 2. Abdomensegmentes wurde vom Schnitte seiner ganzen Länge nach getroffen. Seewasser- alcohol-Methode. A. II. Fig. 5. Stück eines verticalen Längsschnittes durch den lateralen Theil des Abdomenendes eines M. Trinchesii. Unter den hämalen Parapodien liegen die (ausgestülpten) Kiemen. Seewasseralcohol-Methode. A. IL Fig. 6. Aehnlicher Schnitt durch den medialen Theil des Abdomenendes eines M. Trinchesii. Der Schnitt hat die Genitalplatte und den Bauchstrang getroffen. Seewasseralcohol-Methode. A. II. Fig. 7 . Linke Hälfte eines Querschnittes durch die Abdomenmitte eines M. Trinchesii Q . Der Schnitt ist durch die hinterste Region des betreffenden Segmentes geführt und hat daher Theile des Parapodiums , sowie solche des Dissepimentes, der Seitenorganwand und des Bauchstrangganglions (welche Organe alle nahezu in einer Ebene gelegen sind) getroffen. Seewasseralcohol-Methode. C. I. Fig. 8. Linke Hälfte eines Querschnittes durch das Abdomenende eines AI. Trinchesii. Die Kieme ist ausge- stülpt. Seewasseralcohol-Methode. C. I. Fig. 9. Querschnitt durch das Abdomenende eines M. Trinchesii. Von den beiden eingestülpten Kiemen ist die linke parallel der die Einstülpung ermöglichenden , verdünnten Ectodermplatte , respeetive parallel dem Kiemen träger getroffen. Seewasseralcohol-Methode. C. I. Fauna LI Floia d iwl/et, \ Xeapel Capileüiden 1 7iif:2^ ^MLf"^ F.Gpl. .11 ( Pd.K.h. L ^Ilr sASIl^äB Verl V.R. Fnedläszderji Sohn.. Berlin Z'.rkÄnsi.vWemenl^ta-Irankfitri ' MASTOBRANCHUS: Verschiedene Organsysreme. Tafel 26. Mastohranchus: Verschiedene Organsysteme. Fig. la. Nach Maceration in Kali bichrom. lo/o isolirte Hautfadeiizellen von M. Trinchesii. F. II. Fig. Ib. AehuUcb isolirte Hautdrüsen zelle. F. II. Fig. 1. Flächenansicht eines Thorax-Hautstüclies von M. Trinchesii. Seewasseralcohol-Methode. J. II. Fig. 3. Stücli eines Querschnittes durch die neurale Längsmuskulatur des Thorax von M. Trinchesii. Seewasseralcohol-Methode. J. II. Fig. 4. Stück eines Querschnittes durch die neurale Längsmuskulatur vom Abdomenanfange eines M. Trinchesii. Seewasseralcohol- Methode. J. II. Fig. 5. Stück eines Querschnittes durch die neurale Längsmuskulatur von der Abdomenmitte eines M. Trinchesii. Seewasseralcohol- Methode. J. n. Fig. 6a— c. Stücke von nach Maceration isolirten Muskelfasern des Thorax von M. Trinchesii. F. II. a. Mittel- und Endstück einer Faser mit Kali bichrom. lo/o behandelt. b. Mittel- und Endstück einer Faser mit Osmium behandelt. c. Mittelstück einer Faser nebst Nervenendigung mit Kali biclirom. 1% behandelt. Fig. 7a. Mittel- und Endstück einer nach Maceration in Kali bichrom. 10,'o isolirten Faser von der neuralen Lkngsmusknlatur des Ab- domens eines M. Trinchesii. F. II. Fig. 7b. Mittelstück einer ähnlich isolirten Faser aus derselben Muskelregion sammt Nervenendigung. H. J. '/'i2- H'- Fig. 8. Stück eines Querschnittes durch den Magendarm vom Abdomenanfaiige eines M. Trinchesii. Die lymphatischen, der Leibes- höhle zugekehrten Zelldivertikel haben das Peritoneum (kenntlich an seinen Kernen) vor sich hergestülpt. Seewasseralcohol- Methode. J. n. Fig. 9. Stück eines verticalen Längsschnittes aus derselben Kegion. Die lymphatischen Zelldivertikel erscheinen nackt und kernlos. Seewasseralcohol-Methode. J. II. Fig. 10. Stück eines verticalen Längsschnittes durch den Magendarm der Abdomenmitte eines M. Trinchesii. Zwischen der Längs- und Ringmuskulatur des Darmes befindet sii'h der theilweise von einem homogenen Exsudate erfüllte Darmsinus. Seewasseralcohol- Methode. F. IL Fig. 11. Stück eines Querschnittes durch den Magendarm des Abdomenendes eines M. Trinchesii, ebenfalls den Sinus demonstrirend Seewasseralcohol-Methode. J. II. Fig. 12. Stück eines Querschnittes durch den Hinterdarm eines M. Trinchesii, zur Demonstration der Hinterdarmrinne. Seewasser- alcohol-Methode. J. II. Fig. 13. Querschnitt durch ein thcracales Bauohstrangganglion von M. Trinchesii. Eine riesige, mit ihrem Fortsatze im Bereiche des Neurochordes endigende Ganglienzelle, sowie Ein Paar Spinalnerven wurden vom Schnitte getroffen. Links hämal die Ansatz- region des sich am Bauchstrange befestigenden transversalen Muskels (Nierenplatte). Seewasseralcohol-Methode. H. J. '/la- Fig. 14. Querschnitt durch ein Bauchstrangganglion der Abdomenmitte eines M. Trinchesii. Das Neorochord nimmt nahezu die Hälfte des Flächenraumes ein. Der Zusammenhang von Neurochord und innerem Ncurilemma ist hier überaus deutlidi. Seewasser- alcohol-Methode. J. II. Fig. 15. Querschnitt durch ein Bauohstrangganglion vom Abdomenende eines M. Trinchesii. Zwei riesige, ebenfalls mit ihren Fort- sätzen dem Neurochorde zustrebende Ganglienzellen wurden vom Schnitte getroffen. Seewasseralcohol-Methode. J. II. Fig. 10. Schnitt durch das dem Ganglion der vorhergehenden Figur zugehörige Connectiv. Der vom Neurochord eingenommene Raum übertrifft den von der Nervenmasse eingenommenen beträchtlich. Seewasseralcohol-Methode. J. II. Fig. IT. Ein Stück vom Banchstrange des unter Fig. 6. Tafel 25 abgebildeten verticalen Längsschnittes. Die hier ausserordentlich ent- wickelten Neurochordwandungen erscheinen als Fortsätze des Neurilemmas. Seewasseralcohol-Methode. F. II. Fig. 18. Stück eines frei präparirten Bauchstranges vom Ahdomenanfange eines M. Trinchesii im Halbprcflle als optischer Schnitt ge- zeichnet. Neben der central gelegenen Nervenmasse erscheinen zwei Neurochordrühren mit in Degeneration befindlichen Nervenfasern. Frisch in Seewasser untersucht. C. II. Fig. 19 n. 20. Stücke von frei präparirten Neurochorden , welche die Nervenfasern in ähnlicher Degeneration zeigen. Frisch in See- wasser untersucht. D. II. Fig. 21. Stück einer frei präparirten Neurochordröhre mit in der Degeneration noch nicht so weit fortgeschrittenen Nervenfasern wie diejenigen der vorhergehenden Figuren. Frisch in Seewasser untersucht. F. II. Fig. 22. Stück eines aus seiner Rühre frei präparirten Neurochord-Nervenbündels , welches sich im Anfangsstadium der Degeneration befindet. Das betreffende Bündel giebt beiderseits sehr zahlreiche, überaus fein verästelte und vielfach untereinander anasto- mosirende Seitennerven ab, welche in der Figur nur auf der einen Seite dargestellt wurden. Frisch in Seewasser unter- sucht. D. IL Fig. 23. Stücke solcher Nervenfasern stärker vergrössert. Frisch in Seewasser untersucht. F. IL Fig. 24. Stücke solcher Nervenfasern in der Myelindegeneration befindlich. Frisch in Seewasser untersucht. F. II. Fig. 25. Endprodukte dieser Degeneration, welche eine grosse Aehnlichkeit mit den Corpuscula amylacea aufweisen. Frisch in See- wasser untersucht. F. II. Fig. 26. Eine lichtbrechende Zelle aus dem Augenlappen des Gehirnes eines M. Trinchesii. Seewasseralcohol-Methode. F. II. Fig. 27. Stück eines frontalen Längsschnittes durch das Nephridium eines M. Trinchesii. Seewasseralcohol-Methode. J. II. Fig. 28. Stück eines Querschnittes durch den sterilen thoracalen Keimstock eines M. Trinchesii Q. Seewasseralcohol-Methode. F. II. Fig. 29. Stück eines Querschnittes durch die (nicht proliferirende) Genitalplatte vom Abdomenende eines M. Trinchesii &'. Seewasser- alcohol-Methode. F. II. Fig. 30. Spermatosphäre aus der Leibeshöhle eines geschlechtsreifen M. Trinchesii 5. Frisch in Seewasser untersucht. D. II. Fig. 31. Reifes Spermatozoon vom selben Thiere. Frisch in Seewasser untersucht. F. II. I riora.il O'ol/i.''i:ynipfl( (ipitcllulm \ u a- :\ » .ftf *■ % / 1 / ) 110^ 08 Ow »' VW «I MASTOBRANCH US- Verschiedene Organsysreme i Tafel 21. Fig. 1 — 14 Cajfitella, Fig. 15 — 21 Heteromastus: Topographie. Fig. 1. Kopt-Mund-Segment und erste Thoraxsegmente eines C. capitata (5 in Profil-Ansicht. Nach einem frischen Thiere. aa. II. Fig. 2. Aehnlichcr Kürperabschnitt eines Q Thieres derselben Art vom Rücken gesehen, aa. 11. Fig. 3. Letzte Thoraxsegmente und erstes Abdomensegment eines C. capitata Q in Profil-Ansicht. Das 7. und 8. Segment wird jeder- seits zum grossen Thell von dem Clitellum-ähiilichen Porophor eingenommen. Inmitten desselben befindet sich der Porus des im Anfange des 8. Segmentes gelegenen Genitalschlauches. Nach einem Alcohol-Präparate. aa. II. Fig. 4. Letzte Thorax- und erste Abdomensegmente eines C. capitata (5 in Profil-Ansicht. Der hier von keiner solchen Clltellum- ähnlichen Hypodermwucherung wie beim Q umgebene Genitalschlauohporus liegt ebenfalls im Anfange des 8. Segmentes. Im 9. und 10. Segmente kommen die Geuitalborsten des Copulationsapparates zum Vorscheine. Nach einem Alcoholpräpa- rate. aa. II. Fig. 5. Das 8. und 9. Thoraxsegment eines C. capitata (J mit dem Copulationsapparate vom Rücken gesehen. Nach einem Balsam- präparate, aa. II. Fig. 6. Letzte Abdomen- und Schwanzsegmente einer C. capitata in Profil-Ansicht. Nach einem Alcoholpräparate. aa. II. Fig. 7. Eine l'/4 mm lange, junge C. capitata im optischen Längsschnitte gezeichnet. Das Thier weist im Thorax bereits die voll- ständige Segmentzahl, nämlich 9, auf, wogegen das Abdomen erst durch zwei ausgebildete Segmente vertreten ist. Von den thoracalen Parapodien sind allein die 3 ersten Paare durch Pfriemenborsten ausgezeichnet. Am Rüssel und Oesophagus fällt der mächtig entwickelte Retractor auf. Im Thorax liegt der Bauchstrang frei, im Abdomen dagegen ragt nur die obere Fläche der Ganglienknoten in die Leibeshöhle hinein. Nach einem Balsampräparate. C. II. Fig. 8. Frei präparirtes Gehirn nebst "Wimperorganen einer C capitata in der Bauchansicht. Essigsäure-Glycerin-Präparat. C. II. Fig. 9. Unteres Schlundganglion und erste Thoraxganglien einer C. capitata. Essigsäure-Glycerin-Präparat. C. II. Flg. 10. Rechte Hälfte des 13. sowie eines Theiles des vorhergehenden uud nachfolgenden Segmentes eines vom Rücken aus median geöffneten uml ll:irli( nli.ift ausgebreiteten C. capitata $;. Die Nephridien sind zum Theil durch Fortsätze untereinander ver- bunden, liir a\i>fnlirruileii Kanäle der meisten Nierenorgane erfahren distal gabiige oder dreitheilige Spaltungen. Die trans- versalen MiisUi-lii ( .Nirnnplatten) wurden der Deutlichkeit halber in der Zeichnung weggelassen. Seewasseralcohol-Methode. A IL Fig. 11. Linke Hälfte des 7. und 8. Thoraxsegmentes eines C. capitata Q nach einem ähnlichen Präparate wie die vorhergehende Figur. Im Anfange des 8. Segmentes liegt der zum Theil von der transversalen Muskulatur verdeckte Genitalschlauch mit urnenförmig umgekrempelten Rändern, aa. II Fig. 12. Median-neuraler Theil mehrerer Segmente von der Abdomenmitte eines geschlechtsreifen C. capitata Q mit ausgebildeten Ovarien. Nach einem ähnlichen Präparate wie Fig. 10. aa. II. Fig. 13. Median-hämale und Theil der rechten neuralen Partie des 6. — 10. Thoraxsegmentes eines C. capitata ^ zur Demonstration des Geuitalschlauches sowie des Copulationsapparates. Aus der Reihenfolge der Parapodien ist ersichtlich, dass letzterer Ap- parat zwei Parapod-Paaren, und zwar den hämalen Paaren des 8. und 9. Segmentes entspricht. Nach einem ähnlichen Prä- parate wie Fig. 10. aa. II. Fig. 14. Zwei Genitalborsten aus den zu einem Copulationsapparate umgewandelten hämalen Parapodien des 8. und 9. Segmentes von einem erwachsenen C. capitata (5 . a. vom 8. Segmente. | b. vom 9. Segmente. / -*- ^'• Fig. 15. Kopf-Mund-Segment und erste Thoraxeegmente eines H. ßiformis in Profil-Ansicht. Nach einem frischen Thiere. aa. II. Fig. 16. Letzte Thorax- und erste Abdomensegmente eines H. filiformis in Profil-Ansicht. Nach einem Alcoholpräparate. aa. II. Fig. 17. Mehrere Segmente von der Abdomenmitte eines H. fitiformis in Profil- Ansicht. Nach einem Alcoholpräparate. aa. II. Fig. 18. Mehrere Segmente vom Ahdomenende eines //. fliformis vom Rücken gesehen. Nach einem Alcoholpräparate. aa. II. Fig. 19. Schwanzsegmente eines H. filiformis in Halbprofil-Ansicht. Nach einem Akoholpräparate. aa. II. Fig. 20. Frei präparirtes Gehirn nebst Wimperorganen eines B. filiformis in der Rückenansicht. Essigsäure-Glycerin-Präparat. C. II. Fig. 21. Aehnliches Gehirn in der Bauchansicht. Essigsäure-Glycerin-Präparat. C. II. 1ETER0MASTUS (Fi^ 15-21), CAPITELLA (Fi^ l-H): Topographie Tafel 28. Heteromastus: Verschiedene Organsysteme. Fig. 1. Stück eines verticalen Längsschnittes durch das Kopf-Mund-Segment eines H.ßliformis. Der Schnitt geht mitten durch das Wimperorgan und seitlich durch das Gehirn. Seewasseralcohol-Methode. C. II. Fig. 2. Linke Hälfte eines Querschnittes durch das Kopf-Mund-Segment eines H. filiformis. Gehirn und Wimper- organ sind vom Schnitte getroffen. Der Schlundring verläuft zwischen Haut und Muskulatur. Seewasser- alcohol-Methode. C. II. Fig. 3. Linke Hälfte eines Querschnittes durch die Thoraxmitte eines //. filiformis. Der Schnitt hat die linken Parapodien, das linke Seitenorgan und das Ganglion des betreffenden Segmentes getroffen. Das Ganglion liegt zwischen Haut und Muskulatur eingebettet. Seewasseralcohol-Methode. C. II. Fig. 4. Aehnliche Querschnittshälfte derselben Serie, wie die vorhergehende Figur vom Thoraxende.. C. U. Fig. 5. Linke Hälfte eines Querschnittes derselben Serie durch den Abdomenanfang, insbesondere zur Demon- stration der hämalen, peritonealen Wucherungen. C. II. Fig. 6. Linke Hälfte eines Querschnittes derselben Serie durch die Abdomenmitte. Der Nebendarm Ist durch Einreissen seiner dorsalen Wandung zu einem Halbkanale geöffnet. C. II. Fig. 7a — c. Drei Querschnittshälften derselben Serie durch ein Segment des Abdomenendes, um die topographi- schen Veränderungen vom Anfange bis zum Ende eines solchen Segmentes zu demonstriren. Fig. 7 c zeigt (besonders neural) die kiemenartigen Ausstülpungen des Hautmuskelschlauches. C. II. Fig. 8. Stück eines verticalen Längsschnittes durch die Abdomenmitte eines H. filiformis. Nebst den hämalen Wucherungen des parietalen Peritoneums finden sich auch segmentweise solche der Genitalplatte. See- wasseralcohol-Methode. C. IL Fig. 9. Stück eines verticalen Längsschnittes derselben Serie vom Abdomenende. Der Schnitt führt lateral durch die Nierenkammern. Ausser den Nephridien enthält eine jede dieser Kammern excretorische, von einer peri- tonealen Hülle umschlossene Blutscheibenhaufen. Der Hautmuskelschlauch ist in dieser Zeichnung (we- gen der schwer zu unterscheidenden Schichten der Stammesmuskulatur) einheitlich grau (wie sonst allein die Hypodermis) dargestellt. Nur der neurale Längsmuskel ist wie sonst als querdurchschnittene Fasern masse wiedergegeben. C. II. Fig. 10. Aus der Hypodermis eines ' lebenden H. filiformis ausgetretene Hautplasma- oder Drüsenzellen, respective Portionen solcher in Form spindelförmiger Körper. Frisch in Seewasser untersucht. F. II. Fig. 1 1 . Stück eines Querschnittes durch den neuralen Längsmuskel eines H. filiformis. Seewasseralcohol-Methode. F. II. Fig. 12. Neural-mediane Portion eines Querschnittes durch den Thorax eines //. filiformis. Der Schnitt hat ein Ganglion getroffen, dessen Zellen sich noch ziemlich scharf von den sie umgebenden Hypodermelementen abheben. Seewasseralcohol-Methode. H. J. '/i2- H- Fig. 13. Aehnliche Portion eines Querschnittes durch das Abdomenende. Die Zellen des Bauchstrangganglions lassen 'sich von den benachbarten Hypodermzellen nicht mehr unterscheiden. Seewasseralcohol-Methode. j. n. Fig. 14. Linke Hälfte eines Querschnittes durch das Abdomenende eines H. filiformis. Die Nephridien wurden vom Schnitte getroffen. Seewasseralcohol-Methode. C. U. Fig. 15. Stück eines verticalen Längsschnittes durch den Abdomenanfang eines H. filiformis, um die (in F'ig. 8 von einem ganzen Segmente dargestellten) hämalen peritonealen Wucherungen stark vergrössert zu de- monstriren. Seewasseralcohol-Methode. F. IL Fig. 16. Spermatosphäre aus der Leibeshöhle eines geschlechtsreifen //. filiformis rj . Frisch in Seewasser unter- sucht. D. IL Fig. 17. Frisches Spermatozoon ebendaher. F. II. •o/fesi-Xcupti c :i0^^^SS!i 7^ HETEROMASTUS: Verschiedene Organsysreme Tafel 29. Capitella: Verschiedene Organsysteme. Fig. 1. Stück eines verticalen Längsschnittes durch das Kopf-Mund-Segment einer C. capitata. Der Schnitt hat das Wimperorgan und den darunter gelegenen Theil des Gehirnes getroffen. Seewasseralcohol-Methode. C. II. Fig. 2. Linke Hälfte eines Querschnittes durch das erste Thoraxsegment einer C. capitata. Der Schnitt hat das untere Schlundganglion, sowie die Ganglien der Rüsselretractoren (Schlundnervensystem) getroffen. See- wasseralcohol-Methode. C. I. Fig. 3. Linke Hälfte eines Querschnittes durch die Thoraxmitte einer C. capitata. Der Schnitt hat die neuralen und hämalen Parapodien des betreffenden Segmentes getroffen. Seewasseralcohol-Methode. C. I. Fig. 4 . Rechte Hälfte eines Querschnittes durch das 8 . Thoraxsegment eines C. capitata Q . Der Schnitt hat den Genitalschlauch nebst dessen Porus getroffen. Seewasseralcohol-Methode. C. I. Fig. 5. Querschnitt durch das 9. Thoraxsegment eines C. capitata (J'. Der Schnitt führt mitten durch den in diesem Segmente gelegenen Theil des Copulationsapparates. Seewasseralcohol-Methode. C. I. Fig. 6. Linke Hälfte eines Querschnittes durch den Abdomenanfang eines C. capitata (J'. Ein Nephridium mit zwei Trichtern wurde fast seiner ganzen Länge nach vom Schnitte getroffen. Seewasseralcohol-Methode. C. L Fig. 7. Rechte Hälfte eines Querschnittes durch die Abdomenmitte eines C. capitata §. Die von der Genital- platte umhüllten Ovarien enthalten halbreife Eier. Der Hautmuskelscblauch erscheint gegenüber den aus den vorderen Körperregionen stammenden Figuren bedeutend verdünnt. Die dorsale Oeffnung des Xeben- darmes beruht auf zufälligem Einreissen der betreffenden Wandung. Seewasseralcohol-Methode. C. I. Fig. 8. Rechte Hälfte eines Querschnittes durcli das Abdomenende einer C. capitata. Seewasseralcohol-Methode. C. I. ^ (tnc'l Capih'lluli. -n CAPITELLA; Verscl-u-dene Or-^aiv: Fig. 1. Fig. 1. Fig. 3. Fig. 4. Fig. 5. Fig. 6. Fig. 7. Fig. 8. Fig. 9a- Fig. 10. Fig. 11. Fig. 12. Fig. 13. Fig. 14. Fig. 15. Fig. 16. Fig. 17. Fig. 18. Tafel 30. Capitella: Verschiedene Organsysteme. Stück eines verticalen Llingssclinittes durcli ciie laterale Partie lies Thoraxendes eines C. capitata (J. Der Schnitt führt durch den Genital- schlanch und durch Theile des Copulations-Apparates. Seewasseralcohol-Methode. A. II. Stück eines -rerticalen Längsschnittes derselben Serie durch die mittlere Kegion des Thoraxendes. Der Copulations-Apparat wurde mehr frontal, als vertical getroffen. A. II. Stück eines frontalen Längsschnittes durch die Hypodermls des Kopflappens einer C. capitata. Seewasseralcohol-Methode. J. II. Stück eines verticalen Längsschnittes durch die Hypodermis des Thorax einer C. capitnta. Seewasseralcohol-Methode. J. II. Nach Maceration in Osmium (0,05) isolirte Hautzellen vom Thorax einer C. capitata. Glycerin-Präparat. F. II. Stück eines Querschnittes durch die Haut vom Abdomenanfange einer C. capitata. Osmium-Präparat. J. II. Rechte Hälfte eines Querschnittes durch den Rüssel einer C. capitata.. Umriss-Zeichnung zur Demonstration der seitlichen Rinnen , welche sieh weiterhin zur median-neuralen Vorderdarmrinne vereinigen. C. II. Querschnitt derselben Serie durch den Oesophagusanfang. Derselbe zeigt die median-neurale, am Oesophagusende in den Nebendarm über- gehende Vorderdarmrinne. C. II. -e. Querschnitte derselben Serie durch das Oesophagusende, um die Abschnürung des Nebendarmes vom Hauptdarme zu demonstriren. C. II. Stück eines Querschnittes durch den Rüssel nebst Theilen der Rüssel-Retractoren sammt deren Ganglion. Seewasseralcohol-Methode. D. II. Stück eines verticalen Längsschnittes durch den Magendarm von der Abdomenmitte einer C. capitata. Seewasseralcohol-Methode. J. II. Nach Maceration in Osmium isolirte Zellen des Rüssel-Epithels. Glycerin-Präparat. F. II. Aehnlich isolirte und präparirte Zellen vom Magendarm-Epithel. F. II. Durch ähnliche Maceration isolirte Epithel-Muskelzelle aus dem Magendarme. F. II. Durch ähnliche Maceration isolirte Ganglienzellen des Rüsselretractor-Ganglions. Zwei solche Zellen haben ihren Zusammenhang mit Muskel- fasern bewahrt. F. II. Linke Hälfte eines Querschnittes durch den Nebendarm vom Abdomenanfange einer C. capitata. Seewasseralcohol-Methode. J. IL Neurale Hälfte eines Querschnittes derselben Serie durch den Nebendarm von der Abdomenmitte einer C. capitata. J. IL Querschnitt durch ein becherförmiges Organ von der Hauteinstülpung des Copulations-Apparates eines C. capitata <^. Seewasseralcohol- Methode. F. IL Fig. 19. Verticaler Längsschnitt durch ein Parapodium vom Abdomenanfange einer C. capitata. Seewasseralcohol-Methode. D. IL Fig. 20. Stück eines frontalen Längsschnittes durch die Genitalborsten-Drüse eines C. capitata (5. Zwei junge, noch ihren Kernen aufsitzende Borsten wurden getroffen. Seewasseralcohol-Methode. F. II. Fig. 21. Fünftes bis zwölftes Segment eines 2 mm langen Juvenis von C. capitata. Im 6., 7. und 9. Segment die jugendlichen, in der Einzahl vorhandenen, mit ihren inneren Mündungen in das nächst vorhergehende Segment reichenden provisorischen Nephridien; im 10. Segment zwei, im 11. Segment drei in der Entwickelung begriffene definitive Nephridien; auf der Grenze des 7. und 8. Segmentes (aber dem 8. zugehörend) der Genitalschlauch. Die Zeichnung wurde nach einem frischen, auf dem Rücken liegenden Thiere als optischer Längsschnitt unter lOOfacher Vergrösserung angefertigt. Nur die linke Seite der betreffenden Segmente wurde dargestellt. In dem so gewonnenen Längs- schnitte kamen die der Läiigsaxe des Thieres nahezu parallel laufenden provisorischen Nephridien ihrer ganzen Länge nach zur Ansicht, wogegen die rechtwinklig zur Längsaxe gerichteten Anlagen der definitiven als Querschnitte wahrgenommen wurden. Fig. 22. Stück eines verticalen Längsschnittes durch den Abdomenanfang eines 8 mm langen Juvenis von C. capitata. Die vordere Hälfte des 11. Segmentes wird von Einem provisorischen Nephridium, die hintere dagegen wird von drei definitiven solchen eingenommen. Seewasser- alcohol-Methode. C. II. Fig. 23. Stück eines verticalen Längsschnittes durch den Abdomenanfang einer erwachsenen C. capitnta. Die Nierenkammer des 13. Segmentes wird vom vorderen Dissepimente bis zum Parapodium von dicht aneinandergerückten, zum Theil verschmolzenen Nephridien eingenommen. See- wasseralcohol-Methode. C. I. Fig. 24. Stück eines Querschnittes durch die Abdomenmitte einer C. capitata. Der Schnitt hat das innig mit der neuralen Längsmuskulatur ver- wachsene Nephridium an der Müudungsstelle einer Wimpergabel getroffen. Seewasseralcohol-Methode. J. III. Fig. 25. Stück eines verticalen Längsschnittes durch das Nephridium einer C. capitata. Der Schnitt hat ebenfalls die Mündungsstelle einer Wimper- gabel getroffen. Seewasseralcohol-Methode. J. IL Fig. 26. Stück eines Querschnittes durch den Abdomenanfang einer C. capitata. Die Figur zeigt, wie sich der zweischenklige, distale Theil eines Nephridiums im Bereiche der Haut in mehrere feine, inmitten der Hypodermis endigende Aeste (die »äusseren Mündungen«) spaltet. See- wasseralcohol-Methode. J. III. Fig. 27. Stück eines verticalen Längsschnittes durch ein definitives Nephridium eines 8 mm langen Juvenis von C. capitata. Seewasseralcohol- Methode. J. II. Fig. 28. Stück eines frontalen Längsschnittes durch den Doppelschenkel eines Nephridiums vom Abdomenanfange einer erwachsenen C. capitata. Seewasseralcohol-Methode. H. J. Vi2' HI- Fig. 29. Stück eines verticalen Längsschnittes durch das Thoraxende eines C. capitata (5. Der Schnitt hat den Genitalschlauch nebst dessen Porus getroffen. Seewasseralcohol-Methode. A. II. Fig. 30. Stück eines frontalen Längsschnittes durch die Copulationsdrüse eines C. capitata (J. Seewasseralcohol-Methode. J. IL Fig. 31. Stück eines frontalen Längsschnittes durch den Genitalschlauch eines C. capitata Q. Seewasseralcohol-Methode. F. IL Fig. 32. Eine aus einer frischen Copulationsdrüse isolirte Drüsenzelle. F. II. Fig. 33a — d. Vier verschiedene Stadien von Spermatosphären aus der Leibeshöhle geschlechtsreifer C. capitata (5. Frisch in Seewasser untersucht. D. IL Fig. 34. Drei Entwickelungsstadien von Spermatozoen ebendaher. Frisch in Seewasser untersucht. F. II. Fig. 35. Ein reifes Spermatozoon ebendaher. Frisch in Seewasser untersucht. F. II. Fig. 36. Spefmatophor aus dem Genitalschlauche eines halbreifen C. capitata Q. Frisch in Seewasser untersucht. F. IL J-loni ä aotics vKeapel OipiidluUn #2^ P -sy .^^mi^ •* * cMP7-^ ^■m$ % ■^ ,_(C^« ■# ■'*' i ? II CAPITELLA: Verschiedene Organsyst-eme Fig. 1. Fig. 2. Fig. 3. Fig. 4. Fig. 5. Fig. 6. Fig. 7. Fig. 8. Fig. 9. Fig. 10. Fig. 11. Fig. 12. Fig. 13. Fig. 14. Fig. 15. Fig. 16. Fig. 17. Fig. 18. Fig. 19. Fig. 20. Fig. 21. Tafel 31. Borsten aller Gattungen. Pfriemenborste aus dem thoracalen Parapodium eines Notommhm lineatus. A. II. ^ Basis und Spitze einer solchen stärker vergrössert. D. II. Haken vom Abdomenanfange 1 . ,t , , , , i,^ tt •■' \ eines Aototnastics hneatua. r. 11. ,^ Haken von der Abdomenmitte J J Haken vom Abdomenanfange \ '^ Haken von der Abdomenmitte \ eines Notomaslus lineatus var. Balanoglossi. F. II. i Haken vom Abdomenende ) .\ Pfriemenborste aus dem thoracalen Parapodium eines Notomustus Benedeni. A. IL f Basis und Spitze einer solchen stärker vergrössert. D. 11. ] Haken vom Abdomenanfange 1 . ,t , , „ , ■ i,, tt i \ eines Notomastus Benedeni. t. 11. j Haken vom Abdomenende J 1 Pfriemenborste aus dem thoracalen Parapodium eines Notomaslus profundus. A. II. J Basis und Spitze einer solchen stärker vergrössert. D. II. | Haken vom Abdomenanfange 1 . ,^ , , . , ,-, rr [ eines Notomastus profundus, r . 11. Haken von der Abdomenmitte ) i Pfriemenborste aus dem thoracalen Parapodium eines Notomastus fertilis. A. II. Basis und Spitze einer solchen stärker vergrössert. D. II. , Haken vom Abdomenanfange 1 . ,r , , /• .7 -^ n tt _ \ eines Notomastus Jertiits rf. 1". II. Haken von der Abdomenmitte J j Haken vom Abdomenanfange ] . t^t . , r ,i- ^^ ^^ tt 1 \ eines Notomastus fertilis L . r . II. ] 1 tj Haken, von der Abdomenmitte hiiina uJ-loni et Golfes v.XeapeL- Ccipildlule?i. ilillulcn ; w I 1« '^'^ » OD' ##• '»X* ^^^ # -^^ 1^ A »««ii :^;'f) '- f^% * ;5 ®# Jfe'» .**>' f.«.. ,a5 «s ^ '®- 'f» BLU T ALLER GATTUNGEN. # ??^ •^ •V .•f. ••• % Tafel 36. Stab- und Fadenförmige Drüsensecrete. Fig. 1—3. Capitella, Fig. 4 — 25. Polyodontes , Fig. 26 — 36. Aphrodita. Fig. 1. Stäbchen und Fäden aus dem Hautschleime einer Capitella capitata. Frisch in Seewasser untersucht. Vergr. 500/1. Fig. 2. Stück einer ephemeren Röhre von Capitella capitata, aus Stäbchen und aus einer homogenen Zwischenmasse bestehend. Behandlung und Vergrösserung wie Fig. 1. Fig. 3. Stück einer ephemeren Röhre von Capitella capitata, aus Faden und aus einer homogenen Zwischen- masse bestehend. Behandlung und Vergrösserung wie Fig. 1 . Fig. 4. Rechte Hälfte des 5. — 17. Körpersegmentes eines vom Rücken geöffneten und flächenhaft ausgebreiteten Polyodontes maxillosus. Da die Nierenkammern durch die breiten Platten der transversalen Muskulatur verdeckt sind, so ragen von den neuralen Parapodien (Borstendrüsen) nur die distalen Abschnitte (zwi- schen den Spalten dieser Muskulatur) hervor; die hämalen, als gelbe Stränge oder Spinndrüsen auftreten- den Parapodien dagegen entfalten weitaus den grössten Theil ihrer Knäuel über den Nierenkammern (in der Darmkammer). Letztere Drüsen sind hier im vordersten Körperabschnitte so mächtig entwickelt, dass sie (trotz ihrer metameren Anordnung) einen einzigen, vielfach verschlungenen Knäuel zu bilden scheinen. Nach einem Alcoholpräparate gezeichnet. Vergr. 4/1. Fig. 5. Rechte Hälfte des 60. — 63. Körpersegmentes vom selben Thiere. In Folge der viel geringeren Breite der transversalen Muskelbänder sind hier die Nierenkammern zum grössten Theile unbedeckt, so dass die neuralen Parapodien und die Darmanhänge zum Vorscheine kommen. Die (innerhalb der Nierenkammern durch die neuralen Parapodien, respective durch deren Muskulatur verdeckten) Spinndrüsen ragen auch hier mit ihrem grössten Theile in die Darmkammern hinein ; aber dank ihrer viel geringeren Entwickelung lässt sich hier ihre metamere Anordnung sofort erkennen. Vergr. 4/1. Fig. 6. Dicker Querschnitt durch den Vorderleib eines Polyodontes maxillosus. Man übersieht das Verhältniss von Borstendrüse und Spinndrüse in situ. Insbesondere ist zu beachten, wie die Acicula der Spinndrüse von den Protrusoren des neuralen Parapodiums, respective der Borstendrüse mit versorgt wird. Alcohol- präparat. Vergr. 4/1. Fig. 7. Dünner Querschnitt durch den Vorderleib eines Polyodontes maxillosus zur Demonstration der Ausmündung einer Spinndrüse. Balsampräparat. Vergr. 4/1. Fig. 8. Eine Spinndrüse von Polyodoiites maxillosus nebst Acicula und Protrusormuskel frei präparirt. Alcoholpräpa- rat. Vergr. 4/1. Fig. 9. Eine Spinndrüse von Polyodontes maxillosus in ihrem theils durch Pigment, theils durch Irisiren bedingten Farbenspiele wiedergegeben. Die Orange -Färbung des keulenförmigen Endtheiles oder des eigentlichen Drüsenabschnittes beruht ausschliesslich auf einem in den Drüsenzellen enthaltenen Pigmente. Alcohol- präparat. Vergr. 4/1. Der drüsige Endabschnitt einer Spinndrüse von Polyodontes maxillo.ms nebst dem Anfange des Faden- oder Borstenstranges in seiner natürlichen Farbe stärker vergrössert dargestellt. Balsampräparat, aa. III. Stück eines Längsschnittes durch die Mitte der Spinndrüse eines Polyodontes maxillosus in seiner natürlichen Farbe. Der peritonale Ueberzug des Organes hat sich eine Strecke weit abgelöst. Balsampräparat. D. IL Stück eines Querschnittes durch die Mitte einer Spinndrüse von Polyodontes maxillosus in seiner natür- lichen Farbe. Man sieht jeden der gelben Fäden oder Borsten von einer homogenen Scheide umgeben. Balsampräparat. D. IL Stück eines Längsschnittes durch den Mündungsbereich einer Spinndrüse von Polyodontes maxillosus in seiner natürlichen Farbe. Die gelben Fäden oder Borsten erscheinen hier überaus fein zerspalten. Die Kerne gehören zu der die Mündung vermittelnden Ectodermeinstülpung. Balsampräparat. D. IL Ein Faser- oder Borstenstück nebst Scheide aus dem in Fig. 1 1 abgebildeten Präparate stärker vergrös- sert. F. IL Fig. 10, Fig. 11. Fig. 12. Fig. 13. Fig. 14. ^m STAB-u FADENFORM ICE DRÜSENSECRETE Fig 1-3 CAPITELLA, Figl-25 POLYODONTES. Fig, 26-36 APHRODITA Fig. 15 Fig. 16 Fig. 17 Fig. 18 Fig. 19 Fig. 20. Fig. 21 Distaler Abschnitt einer Spinndrüse von Polyodontes maxillosus mit Hilfe von Präparirnadeln theilweise zer- fasert und zu einer Membran verfilzt. In seiner natürlichen Farbe dargestellt, Alcoholpräparat. Vergr. 4/1. Stück einer von einem Polyodontes maxillosus durch spontane Entleerung seiner Spinndrüsen-Secrete verfer- tigten Wohnröhre in seiner natürlichen Farbe vpiedergegeben. Die Hälfte dieses Hautfetzens wurde ver- mittelst Präparirnadeln zerfasert. Alcoholpräparat. Vergr. 4/1. Eine Partie der Fäden des vorhergehenden Präparates stärker vergrössert und in ihrer natürlichen Farbe dar- gestellt. D. II. Eine Partie der Wohnröhrenfäden der Fig. IG nach vierstündigem Kochen in conoentrirter Kalilauge. Die Farbe ist geschwunden. D. II. Fäden einer vier Stunden hindurch in concentrirter Kalilauge gekochten Spinndrüse von Polyodontes maxil- losus. Auch in diesem Falle ist die Farbe geschwunden. D. IL Acicula aus dem neuralen Parapodium (Borstendrüse) eines Polyodontes maxillosus in ihren natürlichen Farben. Alcoholpräparat. Vergr. 4/1. Stück eines Längsschnittes durch die Aciculabasis eines Polyodontes maüllosus. Man unterscheidet den gelben, aus Fäden bestehenden Inhalt und die (flächenhaft getroffene) ungefärbte, ebenfalls aus feinsten Fäden aufgebaute Scheide. Balsampräparat. D. 11. Fig. 22. Acicula aus dem neuralen Parapodium (Borstendrüse) eines Polyodontes maxillosus nach vierstündigem Kochen in concentrirter Kalilauge, mit Hilfe von Präparirnadeln in Fäden zerspalten. Die Farbe ist geschwun- den. Vergr. 4/1. Fig. 23. Eine Partie des vorhergehenden Präparates stärker vergrössert. D. IL Fig. 24. Stück eines Längsschnittes durch eine Borste von Polyodontes maxillosus. Man erkennt die die Borste constituirenden Fäden in Form einer feinen Längsstreifung. Balsampräparat. D. IL Fig. 25. Stück einer (dünnen) vier Stunden hindurch in concentrirter Kalilauge gekochten Borste von Polyodontes maxillosus vermittelst Präparirnadeln zerfasert. D. IL Fig. 26. Cuticulafragment von einer Aphrodita aculeata. Nach Maceration in Kali bichrom. 1^^ vom Thiere ab- gezogen. Die rosettenförmigen Körper stellen die cuticularen Bedeckungen von Hautpapillen dar. Am linken Kande sind die (mit Hilfe von Präparirnadeln zerfaserten) Fäden , welche , in zahlreichen Lagen übereinandergeschiohtet, den Hauptbestandtheil der Cuticula ausmachen, deutlich unterscheidbar. Gljcerin- präparat. D. II. Basis einer der starken Borsten des neuralen Parapodiums von Aphrodita aculeata in natürlicher Farbe. Man erkennt die fädige Structur in Form einer feinen Streifung. Alcohol-Glycerin-Präparat. D. IL Eine ähnliche Borste desselben Thieres nach siebenstündigem Kochen in concentrirter Kalilauge mit der Präparirnadel theilweise in ihre Fäden zerlegt. Die Farbe ist geschwunden. Vergr. 4/1. Eine Partie der Fäden des in der vorhergehenden Figur dargestellten Präparates stärker vergrössert. D. IL Basis einer irisirenden Borste (Haares) aus dem hämalen Parapodium einer Aphrodita aculeata. Alcohol- präparat. D. IL Spitze einer irisirenden Borste aus dem hämalen Parapodium einer Aphrodita aculeata. Alcoholpräparat. D. IL Ein Stück des die Athemkammer einer Aphrodita aculeata bedeckenden Haarfilzes in seinen natürlichen Farben wiedergegeben. Hechts habe ich dieses Filzfragment eine Strecke weit zerfasert, um seine Zu- sammensetzung aus Fäden oder Borsten zu demonstriren. Alcoholpräparat. Vergr. 4/1. Fig. 33. Eine Partie der zerfaserten Stelle des in der vorhergehenden Figur dargestellten Haarfilzes stärker ver- grössert. Man beachte den verschiedenen Durchmesser der einzelnen den Haarfilz constituirenden Borsten oder Fäden. Alcoholpräparat. D. IL Fig. 34. Spitze einer der den Haarfilz von Aphrodita aculeata zusammensetzenden Borsten oder Fäden in ihrer natürlichen Farbe abgebildet. Alcoholpräparat. D. IL Fig. 35. Stück eines sieben Stunden hindurch in concentrirter Kalilauge gekochten Haarfilzes von Aphrodita acu- leata. Die Farbe ist geschwunden. Man erkennt, dass die Fäden oder Borsten des Haarfilzes (ähnlich wie die irisirenden Borsten, sowie diejenigen des neuralen Parapodiums) auch ihrerseits wieder aus feine- ren Fäden bestehen. D. IL Fig. 36. Stücke zweier Haarfilzborsten, welche ohne vorhergehende Behandlung mit Kalilauge theilweise in ihre Fäden zerlegt werden konnten. Alcoholpräparat. D. IL Fig 27 Fig. 28 Fig. 29 Fig. 30 Fig. 31 Fig. 32. Tafel 37. Copien nach anderen Autoren (excl. Fig. 22). Stal)- und fadenförmige Ilautsecrete yerscliiedeüer Tliierclasseu. I. Anneliden. A. Stäbchen und Stäbchenzelleu oder Stäbchendrüsen aus der Hypodermis von Anneliden. a. Phyllodociden. Fig. 1. Entwickelimg der Stäbchenzellen. Die Zellen stammen aus dem Cirrus des in Fig. 18 dieser Tafel ab- gebildeten Parapodiums einer jungen Phyllodoce sp. Vergrössening im Original nicht angegeben. Copie nach Clapakede, Beobacht. Anat. Entw. Gesch. Normandie Taf. 11. Fig. 20. Fig. ■2a. Zwei mit Stäbchen gefüllte Papillen vom Rüssel einer Eidalia Pterocirrus) velifera Clpkd. Vergrösserung im Original nicht angegeben. Copie nach Claparede, Les Annelides Chetopodes de Naples Taf. 17. Fig. 2A. Fig. 2b. Entladenes Stäbchen aus diesen Papillen. Vergrösserung im Original nicht angegeben. Copie nach Cla- PAEi!DE, ibid. Taf. 17. 2B. Fig. 3. Stäbchendrüsen vom Rüsselepithel eines Lopadorhynclms [Hydrophanes] Krohnii Clprd. Vergr. 665/1. Copie nach CLAPAEiJDE, Les Annelides Chetopodes du Golfe de Naples. Supplement. Taf. 11. Fig. 2. H. b. Syllideen. Fig. 4. Stäbchen aus dem Bereiche des Gcnitalporus eines Paedophylax claviycr Clpkd. Vergr. 600/1. Copie nach CLAPAKtDE, Les Annelides Chetopodes du Golfe de Naples. Taf. 13. Fig. 2. B. c. Hesioniden, Fig. 5. Stäbchendrüsen nebst entleerten Stäbchen aus der Hypodermis der Bauchfläche einer Hesione sicula D. Chiaje. Vergr. 395/1. Copie nach Clapaeede, ibid. Taf. 18. Fig. 4E. d. Ariciiden. Fig. 6. Stäbchendrüsen und Stäbchen aus den Papillen eines Parapodiums von ^n'c;'« foetida Ci,vb.T). Vergr. 400/1. Copie nach CiAPARiäDE, ibid. Taf. 20. Fig. 2. C. e. Spioniden. Fig. 7. Stäbchenzellen in der Hypodermis der Fussstummel-Spitze einen Spio Mccznikowianus ChVATi. Vergr. 150/1. Copie nach CLAPARiiDE, ibid. Taf. 23. Fig. 2B. Fig. 8. Stäbchenzellen aus der Hypodermis einer Nerine cirrahdus. Vergr. 404/1. Copie nach Clapar^ide, ibid. Taf. 24. Fig. IL. f. Serpuliden. Fig. 9. Stäbohenzellen (theilweise entleert) von der Tentakel -Hypodermis eines BrancMoinma Köllikcri Clprd. Vergr. 606/1. Copie nach Claparede, ibid. Taf. 22. Fig. 4. B. B. Stäbcheuzellen, welche zwar noch in der Hypodermis ihre Lage haben, aber durch die langgestreckte Form ilirer Stäbchen zu den Faden- oder Spinndrüsen hinüberführen. g. Chaetopteriden. Fig. 10a. Vorderes Körperende eines rhyUochuitoptrrus socialis Clpkd. mit zahlreichen aus den hypodermalen Drü- senzellen des Mundsegmentes ausgetretenen Fäden. Vergr. lOO/l. a. Acicula der Antenne, b. Cilien- kleid derselben, c. Hohlraum derselben, d. Kopflappen, e. Auge. f. Insertionshöhle des rechten Ten- takels, g. Ausgetretene Fäden, h. Mundsegment. Copie nach CLAPARiiDE, ibid. Taf. 21. Fig. l A. Fig. lüb. Fäden aus der Hypodermis des Vorderkörpers eines Phyllochaetoptems fallax Clprd. Vergr. 1200/1. Copie nach Claparede, ibid. Taf. 21. Fig. 2C. Fig. 11. Stäbchendrüse und freie Fäden aus der Hypodermis des vorderen Körperendes einer Ranzania sagittaria. Vergrösserung im Original nicht angegeben. Copie nach ClaparIsde, Les Annelides Chetopodes du Golfe de Naples. Supplement. Taf. 11. Fig. IG. h, Typhloseoleeiden. Fig. 12. Stäbchendrüsen der Hypodermis einer Elytra von Typhloscolex [Sagitella) Koivalevslm Wagner. Vergrös- serung im Original nicht angegeben. Copie nach Uljanin, Sur le genre Sagitella. Arch. Z. E.xper. Bd. 7. Taf. 4. Fig. 25. Fig. 13a. Distales Ende eines Stäbchen- oder Fadenbündels in der Flächenansichf. Fig. 13b. Dasselbe Bündel in der Profil- Ansicht. Vergrösserung im Original nicht angegeben. Copien nach Uljanin, ibid. Fig. 31 u. 32. Fig. 14a. Durchschnitt eines vorderen Flossencirrus (Elytra) von Typhloscolex Mülleri Busch. Vergr. 400/1. a. Stäbchenbündel in der Längsansicht, von seinem Becher umschlossen; die Aussenscheibe des Bündels erhebt sich über die Oberfläche und aus ihr treten einzelne Stäbchen hervor, b. Quer durchschnittenes Stäbchenbündel, c. Zellen des Cirrus, aus welchen die Stäbchenbündcl sich entwickeln, d. Entwiokc- lungsstadium der Stäbchenbündel. Fig. 14b. Zwei isolirte Stäbchen, in denen man in der Längsrichtung die Zusammensetzung aus zwei Schichten erkennt. Vergr. 800/1. Copien nach Greeff, Typhloscolex Mülleri, Nachtrag etc. Zeit. wiss. Z. Bd. 32. Taf. 39. l'ig. 10 und 11. C. Faden- oder Spinndrüsen, welclie zwar in das Cölom hineinragen, aber weder metamer angeordnet sind, noch irgend welche Beziehungen zu den Parapodien aufweisen. Fig. 15a. Eine Schlunddrüse von Lopadorhynchus [Hydrophanes) Krohnii Clprd. Vergr. 165/1. Fig. 15b. Stab- oder fadenförmige Secretelemente dieser Drüse. Vergr. 525/1. Copien nach Clapari^de, Les An- nelides Chetopodes du Golfe de Naples. Supplement. Taf. 11. l*'ig. 2F und 2G. ^a^ I 1 1', )i . ^ t j\ .^^ \ ..y ^■Ä<'/ s^^ '/^ r '"I H It' Coplen nach anderen Autoren D. Faden- oder Spinndrüsen , welche in das Cölom hineinragen nnd im Bereiche der Parapodieu gelegnen sind, sich aber nicht ohne Weiteres mit den typischen ßorstendrüsen in Zusammenhang bringen lassen. Fig. 16. Gewundene Schläuche oder Spinndrüsen im Fussstummel einer jungen Nereis sp. Vevgrösserung im Ori- ginal nicht angegeben, a. Rückenoirrus. b. Oberes, c. unteres Züngelchen des oberen Ruderastes, d. Zungenartiger Rückencirrus. e. Rückenkapsel mit darin enthaltenen Schläuchen f. Aehnliche Kapsel an der Basis des Rückencirrus. g. Dritte gleiche Kapsel am oberen Züngelchen. Copie nach CLAPA.Ki'.DE, Beob. Anat. Entw. Gesch. Normandie. Taf. 11. Fig. 4. Fig. 17a. Gewundene Schläuche oder Spinndrüsen im Fussstummel eines Sjjhaerodoruin Fen'patus Grube. Vergrös- serung im Original nicht angegeben, m. Kugeliger Rückencirrus mit körnchenhaltigen Schläuchen, k. Kapsel mit gewundenen Schläuchen im Fussstummel. k'. Gleiche Kapsel an der Rückenwand. Fig. 17b. Gewundener Schlauch mit eingeschlossenen Stäbchen aus der Rückenkapsel, ebendaher. Fig. 1 7 c. Gewundener Schlauch mit eingeschlossenen Körnchen aus dem kugeligen Rückencirrus, ebendaher. Copien nach Clapakede, ibid. Taf. 11, Fig. 12, 14, 15. Fig. 18. Gewundene Schläuche oder Spinndrüsen im Fussstummel einer jungen Phyllodoce sp. Vergrösserung im Original nicht angegeben, k. Kapsel mit gewundenen Schläuchen, b. b'. Hervorgeschossene Stäbchen aus geborstenen (die blattartigen Girren erfüllenden) Stäbchenzellen. Copie nachCLAPAREDE, ibid. Tal'. 1 1 . Fig. 19. E. Metamere, im Bereiche der Parapodien gelegene Spinndrüsen, welche wahrscheinlich den Spinn- nnd ßorstendrüsen von Aj}hro(lita und JPolyodontes homolog sind. Fig. 19. Eine Spinndrüse von Oivenia fusiformis D. Chiaje. Vergr. 303/1. a. Homogene Membran, b. Helle Kerne, c. Fadenziehende Secretmasse. Copie nach CLAPARiDE, Les Annelides Chetopodes du Golfe de Naples. Taf. 26. Fig. 5. C. Fig. 20. Querschnitt durch eine ähnliche Drüse. Vergr. 75/1. t. Muskulöse Membran der Drüse. Copie nach V. Dräsche, Beiträge fein. Anat. Polychaeten. 2. Heft. Otvenia. Taf. 2. Fig. 10. Fig. 21. Eine Spinndrüse von Spio Bombyx Clped. Vergr. 25/1. a. Drüsenwandung, b. Drüsengewebe, c. Fa- den- oder Borstenbündel. Copie nach CLAPARi;DE, Les Annelides Chetopodes du Golfe de Naples. Sup- plement. Taf. 12. Fig. 2A. II. Coelenterata. Fig. 22. Nematocysten einer Cerianthusröhre. Nach einem vom Verfasser hergestellten, frischen Zupfpräparate von Herrn Merculiano gezeichnet. D. II. III. Mollusca. Fig. 23. Von einem Schnitte durch den Sohlundkopf einer AgrioUmax agrcstis (L.) Möech, um den in Bildung be- griffenen Kiefer und die ausgezeichnete Längsstreifung des Protoplasmas seiner Bildungszellen zu zeigen. Sehr starke Vergrösserung. k. Kiefer, m. Matrix. Copie nach Brock, Die Entwickelung des Geschlechts- apparates der stylommatophoren Pulmonaten etc. Zeit. wiss. Z. Bd. 44. Taf. 25. Fig. 31. IV. Vertebrata. Fig. 24. Schleim von der Oberfläche einer Myxine. Derselbe zeigt die in Aiifrollung begriffenen Faden- oder Nesselzellen, Fäden, Schleimzellen und Epidermiszellen. Vergrösserung im Original nicht angegeben. Copie nach Blompield , The Threadcells and Epidermis of My.xine. Q. Journ. Micr. Sc. (2.) Bd. 22. Taf. 30. Fig. 10. Fig. 25. Faden- oder Nesselzelle mit aufgewundenem Faden. Vergrösserung im Original nicht angegeben. Copie nach Blompield, ibid. Taf. 30. Fig. 7a. Fig. 26. Entwickelung einer solchen Zelle. Copie nach Blompield, ibid. Taf. 30. Fig. 9. Fig. 27*). Stück eines Querschnittes durch eine Aphrodita aculmta. Nur der Theil des Schnittes wurde copirt, welcher den Leibesschlauch mit den Parapodien enthält. Vergr. 4/1. Man sieht, wie der dem Rücken zu verlaufende Haarfilz nebst den irisirenden Borsten dem hämalen Parapodium entspricht. Copie nach Selenka, Das Gefässsystem der Aphrodita aciileata L. Niederl. Arch. Z. Bd. 2. Taf. 3. Fig. 1. Zum Kapitel Seitenorgaue (Morphologischer Theil) gehörige Figureu. Fig. 28a. Rückencirrus einer jungen Fulynoe impar mit den sogenannten Tastpapillen. Fig. 28b. Isolirte Tastpapille eines solchen Rückencirrus. Vergrösserung im Original nicht angegeben. Copien nach ClaParede, Beob. Anat. Entw. Gesch. Normandie. Taf. 13. Fig. 3 und 4. Fig. 29. Distaler Theil eines Rückencirrus von Hermione hystrix. Vergr. 100/1. a. Sinnespapille. b. , Nerv, c. Nervenzellen, d. Zur Sinnespapille verlaufender Nervenast. e. Terminaler Nervenbüschel. Copie nach Claparede, Les Annelides Chetopodes du Golfe de Naples. Taf. 1. Fig. 2H. Fig. 30a. Rückencirrus von Hermadion fragile. Vergr. 140/1. a. Cirrusnerv. b. Ganglion. Fig. 30b. Ein Stück dieses Cirrus stärker vergrössert. 7Td/\. a. Cuticula. b. Hypodermis. c. Röhrenfaser in der Axe des Nerven, d. Kerne der Ganglienzellen, e. Nerv der Sinnespapille. f. Fibrillenbündel un- bekannter Natur, g. Sinnespapille. Copien nach Claparede, ibid. Taf. 5. Fig. 2E und 2 F. Fig. 31. Glycera capitata, 45. Ruder; vordere Fläche. Vergr. 12/1. Fig. 32. Glycera tesselata, 30. Ruder; hintere Fläche. Vergr. 20/1. Fig. 33. Glycera unicornis, Ruder mit fast ganz eingezogener Kieme. Vergr. 58/1. Fig. 34. Glycera americana, 103. Ruder mit ganz ausgestreckter Kieme; hintere Fläche. Vergr. 28/1. C. d. Rückencirrus. C. v. Bauchcirrus. K. Kieme. Copien nach Ehlers, Die Borsfenwürmer. Taf. 23. Fig. 45 und 47, und Taf. 24. Fig. 33 und 35. Fig. 35. Glycera convohita; Ruder von der hinteren Fläche gesehen. Vergr. 36/1. a. Mit starren Haaren besetz- ter Rückencirrus. b. Starre Haare des Bauchcirrus. c. Vordere obere, d. vordere untere, e. obere hin- tere Zunge des Fussstummels. f. Kieme. Copie nach Claparede, Les Annelides Chetopodes du Golfe de Naples. Taf. 16. Fig. 3. Diese Figur gehört zu dem auf Tafel 36, Fig. 4 — 25 behandelten Tliema. NORTHEAST :-;!^iP