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Musen - Almanach

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das Ja hr i ß o 2.

Herausgesehen

A. W, Schles^el und L. Tieck.

T ü h i n o- e n ,

hl der Cotta'scJiea Hudikaudlung,

1802.

^K F. 114-1. fiz

f

/ 'Ta

Inhalts - Verzeichnifs,

B.

Der Traum

S. 261

S O P RIE B,

Eallade

-^ 64

Bilder der Kind k ei t

12g

E O IN^ A V E N T U R A.

JDie letzten Worte des Ffarrers

zu

Drott*

nitig in Seeland

118

(Eine wahre Geschichte.)

Thier und Pflanze

158

Lied

241

Laos der Erde

273

IT.

Der Trühling

251

I K H U M A N V S.

Ein schön kurzweilig FastnacJitspiel

vom

ah

ten und neuen Jahrhundert

274

M >r 1 o c H.

Hellenih und Romantik

221

NOVALIS.

An Tieck

- 35

Bergmanns Lehen

160

IV

Loh des JVebis S. i62

An merk. Die beydeu vorhcrgehendeu Gediclite gcliöven zu einem noch nnge- driickton nnd leider unvollendet gebliebe- nen Fioman , Heinrich von Afterdingnni ■welchen TiecJi ans der llandfchrift un« sers iinversjcfslichen , durch einen früh- zeitigen Tod uns entrissenen Herzens- freundes herausgeben -wird. Geistliche Lieder 189

TR. SCHLEGEI,. Im Frühlinge 25

Klage 51

Fantasie 59

Das Ideal 108

Ahendrothe i33

Lied 169

Alte Gedichte ans dem Spanischen i205

Aiif die heilige Cathaxina. Auf der Pilgriraschaft. Vom Leiden Christi. Lied. "Hymnen "" 235

Tiomanze vom Licht 254

A. W. SCHLEGEL.

Die grafsere Gefahr 1

Die Tragiker S. 26

Die VVnrniuLg. 'Romanze 52

iStudiinii des Alterthinns 63

Das Feenkind. An Friederike Jjnzelmann 101 An jBii?-i , über sein JBildnifs der Gräfin Toi-

stoy , geh. Baratinsky 107

Skolion 123

Tod teil ■■ Opfer -^ 171

I. SinneeäiideTung".

II. Auf der Picise.

III. Der GesTindbrunnen.

IV. Der erste Btsuch am Grabe.

V. Geliebte Spuren.

VI. Das Schwaiveiüied.

VII. Die himmlische Mxitter.

VIII. An Novalis.

IX. An denselben.

Hymtien nach dem I^ateinischen 212

Die vor Liebe sterbende Maria. Die Himmelfahrt der Jungfrau. Vom jiingsteii Gericht. Fortunat. liomanze. 243

■w. s ü V E R N. Wiedergehurt ; im Herhste 1300. 27

s z. Romanze 31

VI

Zauberer der Tsacht. llomanze

S. 78

nie Tutizer

83

Jf^onne der 'Nacht

- 98

T I E C K.

IDie Zeichen im JValde. Romanze

2

Ziehens - Elemente

- 39

Der Bes-ucJi

109

JLiiisainkmt

- 165

An Novalis

187

Uer Zor?iige

- 238

Sanftimitli

258

Idylle 170

IT W G r. "N A K K T E R.

Der Streit für das Heilige 257

Die gröfsere Gefahr

Hochbraiiscnd rang mit Tclciis Sohn Skamandcr,

Der Keld nuifs iliehn die Sclilingca seiner Fluten; Docli zahmen bald den Suom des rciiers Giutcn, Des eignen Betts iin-wiU'gen Salamander.

Cydnus lud in die friedlichen Maeander,

An£ deren Spiegel Mittagsfchatten ruhten; Doch mitten in dem süfscn B.id iimüntcn Des Todes Schanr den grofscn Alexander.

Ein glühend Herz zagt nicht Leym wilden Flanschen Feindseligen Geschicks , und vvird sich halten. Schlug' ühenn HauiU die AYell' ihm auch zusammen.

Doch in der "Wollust kiihlem Sckoofse laujcheu Geheimes Grausen, bängliches Erkalten, Und löschen der Begeistmng muth'ge Flammen.

A. \V. SCHLEGEL.

Die Zeichen im JVaJde,

li 0 rnanz e.

O mein Sohn , wie gräfrilich heulend Klagt herauf vom Moox die Uii!ke ! Hörst du -wohl die Raben lirächzen ? Die Gespenster in dem Sturme ?

Vater, lafst die Sorge fahren. Denn die Wolken ziehn hinunter; Bald Avird sie der Mond bezwingen, t)er zu scheinen schon begunnte.

Durch die Thäler streift der Nebel, Schon erglänzen fern die Burgen, Schaut, schon leucht't das Crucifixe, Das Cai^ellenbild da drunten.

Ach, dxi Crticifixe gütig, I.afs vom Schatten dich verdunkeln ! O Maria- Bill, sey gnädig. Bleib in Finsternifs verschlungen !

3

Lafst ihn los , den allen Sünclev, Fahren lafst den alten AYiilfen : Tod nnd Sünde, seine rreimde, Ulla die Hölle ihm verbunden !

"Wie die Nacht bald lenclit't, bald dämmerr, Schauend in dem "Wolkcnznge Ist es wie ein tiefes Ange, Da der Erbfeind herblickt dunkel.

Wie die \A''älder sausen, schallen, Rauschen ab die FeL-enbrnnnen, Hör' ich AYald , Thal, Berg und Kliiftf Siimmen : komm zu uns herunter.

Und es spricht sein Sohn ihm tröstend; Der ihn liebt , Sohn Sigismunde ; Ach mein Vater, \THr vorüber Diese schreckcnvoUe Stunde !

Soll ich nach dem Beicht'ger laufen ? Nach dem Arzt , dafs ihr gesundet ? Soll ich beten '? Geht zum Heiland , Tröstet euch an seinen "Wunden.

"Wollt ihr sterben , alter Vater, Vun Vcrzwcifelus Angst bezwungeu : O wie fass' ich doch die Seele, Die sich Gott und Heil' entrungen?

O "besinnt ench aiif die Güte, Auf die ew'ge , e-\v'ge Tngend, Die herab uns sprang, den Sündern, Von des Gotteslohnes Einte.

Denlit den Vater, denkt Marien-, Unsre eigne liehe Mnttcr, Denkt den Geist, das unergründlich

Heilig und dreyfaltig Wunder.

Dafs wir liehen, sind -svir Sander, In dem Tod die Lilienhlume ; Reue kann uns Gott versöhnen, Auf macht er die Heiligtluune.

Unsre Angst klopft an die Pforten: AtTf, o lieber Vater, thue ! An dem Schlosse sitzt Erbarmen, Schiebt den Piiegcl bald ztiruckc.

5

Ohne Schätzung ist der Himmel, Dennoch mag er Kanf erdulden ; TJnsre Thräi)eu nimmt Sankt Peter, Schätzet sie als Münze gülden.

Alle ^Yinde gehn hernieder. Alle Ströme gehn hergTinter, Jeder Stein , hinanfgeschlcndert, Mnfs znr Erd' herab znr Smnde;

Also zieht den Meu sehen Sünde, Niemals kann er ganz gesnnden. Dafs er aufrecht schaut zum Vater, Sind die himmlischen fünf Wunden.

Da kam Himmelreich hernieder, Ans fünf (Quellen -wonnig blutend, Da erwuchs das Paradiese, Aus fünf ^Viirzeln. göttlich blumend.

Da erschrack die Erde freudig, Und zerborst in grofsen Kluften, Und die Herzen gingen offen, Gottes Liebe fafste ^VurJ5eL

Eliiht hinein in seinen Himmel, "Wachst hiziaiif in seine I\nhe, Fipaikt hinan in schon Gebeten : Grofse Kraft hat Herz und Zunge.

Ihr seyd seihst ein Zweig vom Baume, ■V^''elcher steht in Gotlcs Grunde ; Alle Z^veig' und Ijai.ih sind Engel, All forrairt zu Gottes Faihmc.

Abwärts wandte sich der Alte, "Weil er keine Gnade wttrste, Denn sein Ohr vernahm die AYorte, Doch sein Herz w'ar fern vom Miithe.

Du mein einzig Kind , begann er, Niemals warcl dir Schwester, Bruder; Als sie clicli gebar, da schied sie, Deine tretie fromme i>Iutter.

ÜSIiir auf kurze Zeit geliehen War dem Frevler Kunigxmde ; Du warst fromm, mein Sohn, und heilig So wie ihre Todtifuiade.

7

Und so oft dein Blick geleuchtet, Sah ich immer die,<c Stunde ; Und mein Herz zcrrif» die Sorge, Schnürte fester mich im Bunde.

Dartim "v\^ar ein grimmes Wechseln Stets von Hafs und Lieb' im Busen. Bcy der "Wiege stand ich lauernd. Und mein Arm den Dolch erhübe.

Aber dann die stillen -A^igen, Die sich aus einander schlugen, BrachteJi Licht und Liebe Avieder, Und die Angst ward wieder Buhe.

Also bist du mir erwachsen. Immer war nur freund dein Thuen; Liebst du mich mit ganzer Seele, Kannst mir doch nicht stehn zum Schu-tze.

Innerst recht in meiner Seele Sind die Kräfte, die da unten Gottlos abgcwandl vom Iicile In der Frevel - Tiefe -wiicheni.

Kicht ist mir der Christ gestorbenj Aiiiirrn Mäcliteii mit dem Blute, Das ich , trotzend ihm , vergossen, Bin ich eisenfest ^''erbnndcn.

Mir sind andre Paradiese, In dem Grans sind meine Blumen ; Himmelsmächten widerstrebend. Folg' ich meinem dnnlteln Fluge.

Weinend nimmt der Sohn die Hände, "Weinend spricht der Sigismunde : Vater, ■\va^ ihr fehltet, gebt mir. Gebt mir, ach! die trübe Kunde.

Dafs uns Gott erlösen -wollte Von dem allcrschlimmsten Bunde, Drum gab er den Eingebohrnen: Himmel ist uns so gefunden.

Jedem Sünder, der ihm traute, Ist Vergebu)ig noch gelungen. Der ÄUmächt*5e kann vergeben. Und es will auch der Allgiite.

9

Uni nicht ^viclcl•^txebt dem Geiste, Oliiie Sülmiiiig ein A'erscluiiden ; Diese Sünde ilnit ihr, Vater, "Wcuu Yerzv.'ciilung obgeruiigen.

Leihen , Bhit und Herz und Glanheu ■\Yill ich auf zum AVerke riifcn. Alle Kräfte sollen streiten, Siegen oh dem schlimmsten Truge.

Da erv.^acht der alte Vater, Sehnend -svic aus einem Schltimmer, Und es rinnen grofse Thränen Seinem trüben Aiig' hinunter.

Aiif , so spricht er , was der Himmel Fi'ir Ge\ralt erleid' , versuche ; Ob so späte Reu im Sterben "VViedcrbring' verlohrne Tugend.

Geh hinunter nach dem "^Valde : "Was die Zeichen dort im Grunde Aller "Welt verbergen , hohle. Betend find' ich danii wohl Ruhe.

Und "was sind denn diese Zeichen? Deine Rede ist mir dunkel. Wie s-oll ich in ISacht sie treffen? Wo im Walde soll ich suchen V

Kennst du nicht, feruab im Forste, Tief im Thal, von Tannen dunkel. Wo ein Stein , bekreuzt mit Dolche», Weifs dasteht auf triibem Grtmde ?

Oftmals hast du mich gefraget, "Wenn wir jagten in der Runde, Was der Stein bezeichnen solle ; Noch versch\Yieg ich dir die Kunde.

Das ist nun das erste Zeichen, JVIir ein Zeichen meines Kummers. Den erhebe , bringe zu mir, Was dti finden wirst da drunten.

Und zwey Dolche wirst du linden In der Erde wenig Schxihe. Ach, damit hab' ich erstochen Ihn , den Liebling meiner Jugend.

11

Au äem Platze wars geschehen» Und da setzt' ich meiner Tilgend Dieses Zeichen, die gestorhen In des liebsten Freundes Bhite.

Aufgekeimt wie junge Lammet Spielten \Tir in jeder Stunde. Er be^voknte, die du jenseits Schimmern siehst, die alten Burgen.

Nahm mich freundlich in die Arme, Und versprach mit einem Schwüre, Eine Gattin nie zu freyen, Nimmer lun ein \Veib zti buhlen.

Also schrieb er selber nieder. Bald darauf erhielt ich Kunde, Dafs er oft hinüber ritte Zu der schönen Kuniguude.

Da erwacht' es ^vie ein Graupen Tief in meines Herzeus Grunde. Geisfer rotten sicli zusammen, Steigen aus dem finsteru Schlünde.

12

Diese Vcstc nur die meine, Sic die ärmste in die raiudc. Und die Fremde als das ?cliün?te \\^eib i:i jedes Mannes i\Iijndc. *

Sie besucht' ich , sah sie selber, Fühlte bald die tiefe A'Viinde, Pie mir Sinn nnd Leihen ranbte ; Dachte sie nur jode Stnndc.

. Alle Frexmdschaft Y^ard vergessen. Was er that zu mcincii Gimsten. Die Gestalt , sein lieblich "Wesen, Kiifs und Handdruck war versch-wiindeii.

Der Begierde Stachel fühlend, Dct je scharf nnd schärfer wnrde. Mied ich ihn, -wo ich ihn schante, Furchte mich vor seinem^ Griifse.

Meine Liebe -svard ihm fremde. Ihn gereute seine Jugend, Und er froytc um die Schöne Eey den Eltern Kunigunden«.

15

liieber -waT ich ihr geworden, Sie versprach mit einem Kusse Mein zu seyn , doch %yar ihr V,iter Jenem hold, ob seinem Gute.

Also traf ioh ihn im Holze, Hafs nnd Brxinst in meinem 3TutIie, D.tIs ich ihn alshald n]in' Barmen Mit der J_,anze niederschlüge.

Und die Dolche ^Taren plötzlich In der Hand, oh ich nicht ^vnfste Wie, woher; so eilt der Böse Zu ersticken alles Gute.

Seine Angen baten flehend, Ziigeschlossen v\'ar mein Ikisen, Und das Herz, das mir geschlagen. Das zerstach ich , der Verfluchte.

Trennte drauf das Haupt ; das liebe, Mit dem Schwerte von dem Rumpfe, Und verbarg es in der Erde, ^Veiter ab im dunkeln -Grunde.

14

Dieses ist das zweyte Zeiclieii. Gehe hin , den Stein vcrxnche. Bringe den geliebten Schädel, Eh ich zn die Augen drucke.

Weiter ab , wo "VS'ald zu Ende, Steht bey dem Wachholdcrbnsche Endlich noch das dritte Zeichen. Ach , wo find' ich daA'-or Tinhe ?

Also war mein Freund erblichen. Also starb der edle Kunze. Bald darauf ward ich vermählet IMit der schönen Knnigxinde.

Und die Fretmde meines Freundes Forschten nach, wie er Aerbhitet, Und von mir ward gleich das Schlimmste Von den Forschenden vcrmuihet.

Angeklagt des schnöden Mordes Licfscn mich die Richter rufen ; Und ich fand den strengsten Richter Schon in meinem eignen Bilden.

»5

Schwer im \Vocheiil)ett darnieder Xag die Gattin Kuuigunde, Und es hatte sich der Kranken, "Wie sie starb, ein Sohn cntvs'unden.

Alles Gliick der ganzen Erde Lag umher versteckt im "Wnste. Ehre, Hoffnung, Liehe, Leben Aiisgetilgt, und je lern Buben

AYar mein Herz nun Preis gegcbeu; Um mich grinsten Hüllenhunde, Und ich rifs mit wii^tem Streben Das, ^vas mich an Gott gebenden.

Mitternacht lag auf dem Lande, Da verliefs ich dich im Schlummeri Und die Leiche meiner Gattin ; Ging hinab die hohen Stufen.

AYild zur "Wilduif? gius ich nieder, Sternen und dem. Himmel fluchend: . Nach der ISTacht streckt' ich die Arme, Und der Mond ging triibe unter.

Dafs die Klüfte •wiederschaiiltM, Fing ich au so laut au rufen. Eingewciln zu tlcfcrm Grausen "Ward ich bald den fiustexix Zünften,

Und der l>5?e Feind erschiene Finster meinem bösen Muthe. Und er nahm ein Schreiben von mir, Das ich schrieb mit meinem Biiite.

Ihm zu eigen mich zu geben. Unter seinejn grimmen Schutze Sicher seyn mein Leib und Leben, Nur die Seele -syar verschuldet.

Diese Schrift ward eingeschlossen, Dafs ichs sah, in erzner Truhe, Unterm Steine eingegraben Dort im dtinkelgriinen Grunde.

Dieses ist das dritte Zeichen Dortcn beym AVachholderbusche. Weiche Macht l^ann es befrcyen, Bringen mir die Eiseniruhe?

^7 Reichtlium , Ehre -ward verliehen Dem , der ab sich that dem Guten. Heilte ist der Preis verfallen, Uud ich fahr der Hölle Ruch^u.

Kannst an mir die Zeichen bringen, Ist es dir, o Sohn, gelnngen, O 60 möcht' es mir gcrathen, Dafs ich mich hinanfgesch-wungen.

Sieh, der Mond scheint hell und hellev, Ach, so liebe Sterne Ingen In den Grnnd hinab , nnd sanfte Herrscht im Thal nnd ^Vald die Ruhe.

: In sich klingt der Himmelsbogen, Regnen nieder Segensilnthen, Ein Erbarmen winkt hernieder: Eile d«nn znm "SVald hinunter.

"Wie der Sohn den Vater anschaut. Will er ihm so fremd bednnken. Schaudernd -wendet er sich von ihjn. Geht hinab die Felsenstxifen.

18

Und er naht dem Crticifixe, Der Capclle dort im Grunde; Und er wirft sich Imieend nieder. Betet da in tiefen Brünsten.

Erd* lind Himmel, Berg nnd Waldung;, Bhim' nnd alle Creaturen, Er sich selber, sind wie Fremdling, rindet nicht die vor'gen Eluren.

Tanmelnd tritt er in den "VS'^ald ein. Irrend sucht er vrohl die Spuren Die ihn nach den Zeichen leiten. Die er sonst im Thal gefunden.

Durch die Blatter geht ein Flüstern, Lichter gchn ihm A'^or dem Fnfse, J3a erbliclu er mit den Dolchen Weiften Stein anf dunklem Grunde.

Miihsam wälzt er fort den Marmor, Und er graut nur wenig Schuhe: Sieh , da sind die hcyden Dolche, Und er stcc3?t sie in den Bitsen.

^9

Weiter geht er, bange sinnend. Jenes ZAvcyte Zeichen suchend ; Fern ab jenem lenkt der Stein ihm Seine Schritte, wohl z\veyhundert.

Sch-\verer ist der abzuwälzen, Kach dem Zeichen w^ächst sein Himgex, Sollten ihm die Sehnen reifsen. Achtet's nicht, es ist gelungen.

Ans dem Boden steigt ein Schädel, Und er hört fernab ein dnmpfes "W^inseln , ob es Geister wären, Oder ein Geheul der Unken.

Und der "Wald ist schon zn Ende; Nahend dem "Wachholdcrbusche Sieht er an£ dem gröfsten Steine Eine Menschenbildnng ruhen.

Fort da , Fremdling ! du mufst weiche», Diesen Ort mxifs ich durchsuchen. Denn da. unten liegt ein Kleinod Von des Vaters Eigenthiime.

20

"Wie so unhold ? sagt der Fremae ; "Wohlbckaiuit ist deine Jugend. Sonst war mir ein Freund dein Vater, Denn ich hcifs' mit Namen Kunze.

Kunze ist dein Name, sprichst du? Ruft erschreckend aus der Junge ; Der ist todt , so sagt mein Vater, Und begraben langst, der Gute.

"Wird noch stets sein Wahnsinn irren ? Sprach der Mann mit dumpfer Zunge, Sollen -wir uns nie versöhnen ? Kimmer ist es mir gelungen.

Zwietracht hielt uns lang entfremdet, Und er wähnt , dafs er erschlüge Seinen treusten Freund und liebsten. Seinen besten Waffenbruder.

Freiidenthränen -weint der Jüngling, Da der diese AVort' aniuibe. O so kommt mit mir! mein Vater Ist schon nahe seiner Grube.

21

Zeige ilim ciciii Angesichte, Dafs er "Wähnen von sich thue, Dafs er fröhlich möge sterben Und iu Gottes Schoofs dann rtihc.

Ach , wie soll ich dir vergelten. Was dn mir erzeigst so gtites ? Wiederum darf ich ihn liehen. Denn er ist schon rein vom Blute.

Nebenher gehn beide rückwärts, Grofse Schatten auf den Flnren. und der Fremde dtiiikt so seltsam, "VS'^ic er, hingeht, Sigijmiinden.

Nachtgevögel sclivs^irmt lieruber. Und Geschrey erfüllt die Klnftcn. Sieh, da stehn sie vor dem Schlosse, Welches golden liegt im Dufte.

L,afs uns nicht den Um%vcg nehmen Vor dem Cruciiix da drunten. Sagt der fremde Mann ; hier oben Geht ein Fufspfad , den ich wiiff^te,

22

Als ich sonst mit deinem V.iLer Spiele trieb in diesen Sclilnftcn. Und der Jüngling folgt ilnn gerne, Doch nimmt dieser Steig ihn WundeT.

Denn so oft er hier ge^Yandelt, Hat er nie den "Weg gefunden. Um so balder , sagt er fjenndlich* Bringen wdr dem Alten Tinhe.

Und sie gchn hinauf die Stiegen, "Wendeltrex^pen , %Yelchc dunkel. Schon erglänzt ans dem Gemache Licht , das bey dem Alten fnnkelt.

Und es öffnet sich die Thüre, Und sie treten in die Stube, Uiid der Alte fallt znrüche Sich entsetzend ans dem Stnhlc.

O mein Sohn , sind dicfs die Zeichen, Dieses die A^ersi^rochne Tnihe ? Dn bringst mir an deiner H^nd hier Selbst den Feind von meiner Kühe?

Ja, der Menschen Erbfeind iit es. Itennst du mich? so fragt der DiinMe ; Kimm hier, was du mir geschrieben. Deine Seel' nehm' ich hiniinlci*.

^Viedcr braxist der Sturm und heulet Easselnd her vom alten Thurme, Und die Ptaben krächzen lauter. Und es druhnt der Ton der Vnken.

"Winselnd windet sich der Alte, Und der Satan schlägt ihm ^Vundeu, Todt liegt er in seinem Bette, Als der Morgen aufgedunkelt.

Aber fremd sind alle Züge, Keine Miene kennt der Junge. Nicht mehr vveifs , ob's Tratun gewesen Oder "Wahrheit , Sigismunde.

^^ Er bestattet ihn zur Erden, "Wo die Zeichen steha im Grunde, Macht sich selbst zum EreraiteUj Traxirend ron derselben Stundei

Tlnit sirli ab der Rilterh leider, Pöniccüz iijid ^cli\^^crf Biifsen Uebt rr Ta«^ Avie Nacht , und singet Beqiiiem dem todten "Wiillen.

Nun hört man dis Glöcklein schallen Durch dor ISächte stille Rtilie, Seine Stimme Vv^eiiit daz\vischen, Dafs er Goucsdien-te thue.

Keinen Menschen sieht er wieder, Xahret sich von Kraut nnd AVurzcln, Gott luir will er e;ern versühiien, Bald verfallen seine Bnrgen.

Durch das Thal sieht man ilin schleicheii, Gram A'^erzehrt die frische Jnsjend. Bauern fanden seinen L,eichnara, liegten ihn ins Grab zur Riihe.

TI E C K.

25

/ TU F r ü hl in g e.

Wie freut sich die Seele , der Freude erschlossen. In Frühlinges Tagen Die iniithigcn Lieder 7.\x ■v\Mgen, Entrissen dem Zügel in Frcyhcit zu jagen. Das Ziel zu erreichen mit kühnen Geschossen.

Das Feuer der Fluren -will Freude nixr sagen. Im Dunkel der Bäume Da bilden sich reuige Träume,

Da sch-vvellen die Kräfte, da sch-windet das Zagen. Nun wächst Fantasie wie Felsen zu ragen. Es kommen geschossen Gestalten auf muthigen Rossen, Im Silber der Flüsse dann Friede geflossen, Und dxuikel erklingen die heiligen Klagen.

Wenn kühne Gedichte den Lippen entflossen In fliegenden ^Vortcll, So öffnen sich feurige Pforten, Und klar ist der Frühling der Gottheit Genossen. Von Wogen des Lehens harmonisch umflossen. Kann Ktiramcr sie nagen ? Sie sehen den Morgen ja tagen, Im Herzen die Erde vor Liebe noch schlagen. Die ewigen Strome von neuem ergossen.

FR. SCHLEGEL.

Die Tragiker.

Aeschyliis ruft Titanen herauf und Götter herun- ter;

Sophokles führt anrauthig der Heldinnen Reihn Tind

Heroen ;

Endlich Euripides schwatzt ein sophistischer Rhe»

tor am Markte

A. W. S H I- E G E L.

27

IV ieder gehurt;

im Herbste 1300.

Ins Dunkel will des Jalires Licht sich neigen; Des Lehens heifse Ghit , sie kehret wieder In ew'gcn Feners Schoofs zurück; es schweigen, Die sie entzündet, schon im Hain die Lieder; Die Liebe flieht , xmd kalt entlöst den Zweigen Sich mattes Lanh, der BInmcn Schmuck sinktnieder. Das Herz erstirht , die Adern s-iud verschlossen. Worin Gcdeihn und Kraft sich frisch ergossen.

Und lafs den Glanz in dicht« Nacht sich hüllen': Dem tiefen Geiste geht das "Weltlicht auf! Und lafs den Strom der Schöijfiingsglut niehtqtiillen-; In dir beginnt er unvexsiegten Lauf!

5 *

28

Lafs kalten Tod Natur iimhcr erfiiile». Das schönste sinke liizi in grausen Hanf: Das Herz erwacht mit heifiem Lehenstriebe, In nexicr Schöpfung waltet ew'ge Liebe !

Der Feindschaft hat sich Eintracht schön entwtinden, Nach Lliit'gem Streite folgt ein befsrer Friede, Aus ev,-'gein Kafs ist e^y'gc Lieb' entbunden. "Was Herkules , des schweren Kampfs nie müde, 'Vv''as Er, der blut'gen Schw''cifs vergofs , empfunden. Und Satan trat , dafs er gen Himmel schiede, r/Eufs auf die eigne Erust der Starke laden, Dem Herrlichkeit gcbiihrt, und ew'ge Gnaden,

Auch Kronos altes Reich ist längst verschwiinden. Es schwand , und \Yich den mächtigern Gewalten ; Als Zeus das Heer Titanen überwunden, Erschienen erst die herrlichen Gestalten. Nun weben hehr der Schöpfuiig sel'ge Stunden, Selbst Erebos nicht mag sie neidisch halten: Sie schw'cben lichtumw^allt in schönem Tanze, Olyrapos strahlt hinfort in hellem Glänze.

29

Die Zeit verrollt, mit schaudervollem Sausen Durch Nacht und wüstes Dunkel fliegt ihr Schwingen ; Die Erde löf't sich krachend, und mit Brausen Verzischt das Meer ; die Elemente ringen Im letzten Kampfe strebend tmter Graiisen Ins alte Nichts, das sie gehahr, zu dringen: Es öffnet sich ein ungeheures Grab, Und jähling stürzt zerstiebt das All hinab.

Und sieh! ein himmlisch Licht, in sich gedrungen, Das dicht geheimnifs volle Nacht iimw^ebet. Hat der Zerstörung mächtig sich entschw^ingen ; Der Geist des Herrn, der ob der Tiefe schwebet. Sich selbst hat diese ew'ge Kraft errungen. Das Ein und All; und w^ie sie ist, erhebet Sich alles neu, es bliiht verjüngt die Erde, Und ewig tönt ein ewig schaffend : "Werde !

Ein Liebes athem w^eht in lauen Lüften, Ein Liebesmeer nun wogt in Silberwellen, Ein Liebeshauch zerfleufst in Balsamdüften, Ein Liebesglanz verströmt in lichten Quellen,

30 Ein liiebcsfexier dringt aiis tiefen Kli'iften, Von Liiebeskraft des Lebens Adern scbwelleu, In. cw'gox ILiebc?glut mit Macht entzündet Uueudiitli Dascj'U sich dem Nichts entwindet^

Die Erde lacht in bräxitlichem Gewände, Voll Inbrunst hält der Himmel sie ximfaiTgen, Gewässer schmiegt sich sehnend um die Lande, In Lüften seufzt ein zärtliches Verlangen, tJnd alles schlingt sicli fest in süfse Bande, A'Vili innig Ein& am Andern liebend hangen.. All Leben keimt zu einer schönen Blume Aus ew^'ger Liebe tiefsiem Heiligihume.

O seiig, wen der "Wunderdrang ergriffen,

"Wer in der Liebe Gluten neu geboltren !

Ihm ist des Geistes Spiegel hell geschliffen.

Zum ew'gen Priester ist er auscrkohren!

Den Strom der Zeiten mag er freudig schiffen'

■Sinkt alles , nicht ist er in ihm verlohren »

ümschleyert Todesdunkel seinen Blick,

Er kehii in ew'ger Liebe Schoofs zurück.

w^. s ü V E B. N.

Si

Romanze,

An dem dunklen Tagamante

Liegt ein Schlofs wohl \Yild und wiist. Wo Toscana's harter Herzog

Silviens Schönheit hart verschliefst.

Doch der Thnrm im schwarzen "Walde

Ist fiir Cinira heller Stern, Seit er sie am Eisengitter

Schaute, weilt er dorten gern.

Angethan so wie ein Gärtner, Wohnt er nun im öden Holz,

Wo bey heiner Sonnenhitze Seiner Arbeit Eifer sclxraolz.

Ans Gesträiichen sollen frenndiich Hier bald rotlie Früchte gliilin,

Ans den Felsenw^änden will er Silvien Hyacinthen zielui.

52

Silvia lobet nicht die Blumen,

Lobet nicht des Gärtners Thun,

Darum geht er nim von dannen, Läist die Garten- Arbeit riihn.

Doch er hann nicht lange weilen. Und luin will er Lantentöne

Mit sich in die "Wildnifs führen. Ob er so erweicht die Schöne.

Jetzo hallen durch das Dun!kel

Liebliche Gesänge wieder, Giefsen sich um Baum und Felsen,

Die sich freun der neuen Lieder.

Silvia schweigt und will nicht kommen. Da mufs Cintra weiter gehn.

Und er läfst die treue Laute

Seufzend bei den Blumen stehn.

Kaxim nach wen'gen Tagen schweift er Griiu ein Jäger durch den "Wald,

Ihn] schmückt Lanze, Pfeil und Bogen, Und sein Hifthorn laut erschallt.

33 Silvia! nift er, schöne Silvfa !

Schwing dich in diie Arme mein ; Willst du mich anch nimmer liehen.

Will ich dein Beficyer scyn.

Wüst lind wild ist wohl die Waldung,

Doch mein Arm wird dich ximschlingen.

Und durch Felsen und Gesträxiche Bald zu heitern Fluren bringen.

Silvia will ihn nimmer hören.

Da besclilicfst er, fie zu meiden.

Und er träniert, dafs vom Bogen, Von der ^Vildnifs er soll scheiden.

Auf dem dunKcin Tagamante

Kommt ein schhmker Schiffer an.

Trägt ein lange? glattes Taider, Ist mit Netzen augethan.

Madchen! nimm das Seil behende,

I\uft er, schling das Netz um dich,

Steige rasch zum Nachen nieder, Und zur Frcyheit fahr' ich dich.

34

Bleibst du? Fürchtest du die ^Vogen ?

Liebst du nicht des Jägers Treiben ? Achtest nicht der Tön' und Bhiraeu ?

Eine HofFntmg wird mir bleiben!

"Welch ein sch-\veifsbedeckter Rappe

Drängt sich dort diirch Busch und Stein?

Hell erglänzt des Reiters Rüstung,

Schild und Helm im blanken Schein,

Cintra spornt , der 'wackre Ritter,

Bis zur Burg hinan das Rofs, Ruft : Ich komme dich zu lösen,

Silvia, aus dem Felsenschlols !

Keine Antwort kommt herunter,

Auch kein Blick wäll ihm erblühn.

Ach! wir müssen, theurer Rappe, Rief er, w'iedcr weiter ziehn.

Silvia stand seitdem am Fenster,

Sah den Pfeil, den Jagdspiefs liegen,

'Sah die Laute , Netz' und Blumen, Konnte nicht zu ihnen fliegen.

55 GärtneY, Sänger, Jäger, Schiffer,

Liefsen wohl ein Zeichen hier : Doch sie blieben fern , denn keines

Gab der kiihne Ritter ihr.

sz.

k^<^-W^^^

An T i e c k.

Ein Kind voll Wehmuth und voll Tten^ Verstofsen in ein fremdes Land, Liefs gern das Glänzende nnd Nene, Und blieb dem Alten zuge-wandt.

Nach langem Suchen , langem "Warten, Nach manchem mühevollen Gang, Fand es in einem öden Garten Auf einer längst verfallnen Bank

36

Ein altes Buch mit Gold verschlossen. Und nie gehörte AVorte drinn ; Und, Avie des Frühlings sarte Sprossen, So wnchs in ihm ein innrer Sinn.

Und wie es sitzt , und liest , und schauet In den Krystall der neuen "Welt, An Gras und Sternen sich crbanet. Und dankbar auf die Knioe fällt :

So hebt sich sacht ans Gras und Kräutern Bedachtiglich ein alter Mann, Im schlichten Rock , und kommt mit heitern» Gesicht ans fromme Kind heran.

Bekannt doch heimlich sind die Züge, So kindlich und so wunderbar ; Es spielt die Frühlingshift der v"\ lege Gar seltsam mit dem Silberhaar.

Das Kind fafst bebend seine Kände, Es ist des Bxiches hoher Geist, Der ihm der sauern AV allfahrt Ende Und seines V.ilcrs ■VS''ohnung wcis't.

37 Dil kniest auf meinem öden Grabe, So öffnet sich, der heiige Mund, Du bist der Erbe meiner Habe, Dir werde Gottes Tiefe laind.

Auf jenem Berg als armer Knabe Hab' ich ein himmlisch Buch gesehn. Und konnte nun durch diese Gabe In alle Kreaturen sehn.

Es sind an mir durch Gottes Gnade Der höchsten "VYunder viel geschehn; Des neuen Bunds geheime Lade Sahn meine Augen offen stehn.

Ich habe treulich aufgeschrieben, AVas innre Lust mir offenbart, Und bin verkannt und arm geblieben. Bis ich zu Gott gerufen ward.

Die Zeit ist da, und nicht verborgen Soll das Mysterium mehr seyn. In diesem Buche bricht der Morgen Gewaltig in die Zeit hinein.

4

38

Verkiindiger der Morgenröthe, Des Friedens Bote solLt du seyn. Sanft wie die Luft in Harf' und Flöte Hauch' ich dir meinen Athem ein.

Gott scy mit dir, geh hin nnd wasche Die Augen dir mit Morgen thau. Sey treu dem Buch und meiner Asche, Und hade dich im ewgen Blau.

Du wirst das letzte Reich verkünden, Was tausend Jahre soll bestehn ; "Wirst überschw^englich AVesen finden, Und Jakob Böhmen wiedersehn.

3^0 VALIS.

39

Lebens - Elemente.

I.

Die Erde.

Höher hstxin der Muth nicht streben. Wunderbar bin ich besiegt, Und ich fühle, wie das Leben Seinem "Widerstand erliegt.

Sichern Trittes geht mein Sehnen Axif die Dauer, Sicherheit, Alle Wünsche , alle Thränen Zittern vor der Ewigkeit.

Hier anf grüner Fhtr zu weilen Kdhe dem geliebten Kern, Mäfsig Freud' und Leiden theilen Will die arme Seele gern.

rüajizcii kehren balde -wiedtrj Voii den BiUimen füllt das Laiil», Alle Blumen siiUicn nieder. Alle i^arbea löscht der Staub.

Früliling , Herbst und Sommer liornuaen, "Wie ein Lächeln gehn sie fort. Und die riammen sind verglommen, Xiebe flieht, ein eilend AVort.

"Willst dn tiefer, inn'ger walten Als um dich die ganze Welt, "Was die tausendfach Gestalten Bindet und zusammenhält ?

Lafs entfliehen , lafs entflicfsen. Dem nicht Dauer ist gcliehn, Demuthsvoll sollst du geniefsen. Und im Stolze sollst du büfsen. Alles, alles mufs vcrbliihu.

4i ir.

Das Unterirdische.

■\Vas will die Angst an meinei Seele ? Was fliichten. die Gedanlien fort ? ■Wohin ich fliehe nnd mich qti.ile, Entdech' ich keinen sichern Ort : Mein Fxifs gehemmt , mein Athem schwer, Die Brust so voU, das Herz so leer.

Ich will mich tiefer, tiefer grimden, unsicher wird die Sicherheit, Die Kraft' erblinden nnd entzünden Sich ringen'd nach der Ewiglieit, Der Seele Wurzel streckt sich vfeit. Will greifen ans der Zeitlichkeit.

Da kommen Strahlen an , die hnnten, Ans alten- Reichen ohne Licht, Es murren dumpf Gewüsser nnten. Entgegen streckt sich ein Gesicht,

Wie bang, wie sch-vver, es winkt und lockt. Das Herze bebt, der Aihem stockt:

„Gieb dich gefamgen, sey gefangen. Ich thiie auf mein stilles Beich. Ich kenne dich , dein starr Verlangen, Mein steinern Herz biet' ich dir gleich. Manch Edelstein , manch gnlden Stück Gicbt dir den kalten Liebesblick»

Von hier die bunten Pflanzen stammen, Vou hier nimmt Baum und Gras die Kost; Hier schlummern sie die ewgen Flammen, Die dir erzeugen siifsen Most. Die Berge wie das w^iste Meer, Sie liegen in mir grofs und schwer.

Steig nieder hier mit deinen Sinnen, Mein stciTiern Kerze steigt in dich; So 'magst du von mir abgewinnen, "VYas mir zur Last und fürchterlich. O lafs es werden deine Lust, \Yas mir beschwert die volle Brust."

43

Ha ! folg' ich ihm ? bleib' ich zuiixcTte ? Mich treibt die Angst zxirück und vor. Die Stininie ruft mir all mein Glücke, Die fernsten "W^ünsche in mein Ohr; Entrissen von den süfsen Tönen Schau' ich krystallene Sirenen

III. Das JV a s 5 e r.

Blauer , fliefsender Aether,

Der von der Berge Gipfel

Sich niedertdticht ;

Un4 silfs genährt

Von strebenden Kindern, .

Die ihm in die Arme stürzen,

Froh lachend an den Elisen fliegen.

Daher mit seinen athmenden Fhitcn zieht.

44

Nieder gehst du In Andacht, In Demut h.

Entfliehst den Gebirgen, Den steilen Höhen, Und senkst dich selig sanft in stille Thälex. Fort schlägst du mit lebenden Pulsen In triiimphirendcr Freude,

In iingehemmter Bewegung, *

In's ewige Meer,

Das grofse , unergründliche , nie ermefsne. Dich nähren diejWnnder der Tiefe, Dil sangst mit Lebensathem Die verlassensten, einsamsten KindeT Zu dir ins lichte Leben herauf. Deine Hcrzens-Adern ziehn sich in den Abgrund Niemals steigt dein heiliges Blut Mit seinen hohen Strömen in die Dunkle, Du verschmähst sie.

45 ~

IV.

Die Luft.

Holde Sehnsiiclit , steigst du nieder? Slifser Strom , der mich ertränkt ? Ewgc R-ahe, kehrst du wieder. In die sich das volle Herz so still versenkt?

Deine kühlen Fluten dringen Tief iu's Innre der Natnr, Dir entgegen , Holde , bringen, Alle "^Veiten ihre Kinder deiner slUsen Spu*.

Ucberall bist dn gebettet. Nährst tmd sätigst die volle Welt, Auch an dich mein Lebensstrom gekettet. Dir entgegen ist mein Herz gestellt.

"Wogendes , kreisendes Meer, Sich selbst gebährend, i

Alles ernährend. Du ruhst in dir mit deinen Stürmen schAver,

46

■\Vaiiu die Wetter sich erzeugen, ' ■W^aiiu sich die knarrenden Eichen bengen, Sich die "Wolken flatternd jagen, Nieder der Blitz sich reifst. Und sein lothcs Ange, glühend Durch die schwarze Wüste ziehend, Das Innre der flammendeu ^'elt uns weirst :

Dann erzeugt sich in dem Streite Nur die stille liebe Rtih, Die Empönmg geht zur Seite, Und die Sanftheit deckt mit Iliigeln Auf den ^Väldern , Bergen , Hügeln, Alles schweigend mit dem linden blauen Athem zu.

v:

Das Feuer,

Sey mir gegrüf-st

"Wonne des Wiedersehus,

Alte Heimath,

ETvige Kiuide des vorigen Bundes.

47

Strebend,

Kämpfend, Wild verwirrend Entspringt ans der Unrnh Keim Der Bann der Ordnung. Der streitende Kreis ringt in sich selber Und gährt nnd ängstet sich in die Taihe zxiriic}^. Vom eignen "Widerwillen fest gehalten In enger Gegenw^art : Da wohnt im Innersten, In heiligster Einsamkeit verschlossen Die Erinnrnng; Sie reifst sich los. Und bricht hindnrch Durch alle Hallen Und kalten tyrannischen Vorhöfen, Und schwingt der Freiheit goldnes Panier. Im Schwinden erblinden die alten Kräfte, Verbinden, entzünden sich freimdliche Mächte, Und der Vorhang fällt, Und statt der Leere Schant uns das Auge an.

48 VI.

Das Licht.

Schon, griifst der Vater seinen Sohn, Schon steht er an der alten Schwelle, Ihm winkt und locht die liebe Helle Das Licht dadrein , ein sanfter Ton. Hier klopft das Herz , die letzte Wand Hält Kind und Vater noch znriicke, Sie ahnden schon die Liebeshlicke, "Was sie getrennet sonst , verschwand. So öffne denn die letzte Thlir. "Willst du noch immer %veiteT ziehen ? Entflieh hinein , sonst miifst dti fliehen. Dir nach tritt , dem du kanm entgangen,

Mit frischen ^Yangen

Das falsche Verlangen: Drum bleibe hier. So schwinde, was einst mein. Ich %verde nnn mein eigen seyn Im drevnial - hciliff - lichten Schein.

49 vn.

A r b i f.

Vonvärts wandeln, \vieilcrkchren, Vnä das Tialie uen gestalten, Ordnung in Verwirrung sch.^lten, \Yird auf Erden immer -währen.

\Vas gewesen , kommt auch wieder, Ziiliunft ist derein&t vergangen, Sicrhcn mnfs jedwed' Verlangen, Und die Erde zieht tms nieder.

Menschen , Element , Nauirca Siehn zum Kampfe stets gerüstet. Alles schreckt und lockt ; uns lustet "Wandeln auf der Erde Spuren.

Jeder weifs , w^ie es gewesen, "Wenn er Gegenwart beachtet ; W^er sich selber recht betrachtet, Rai^n die ganze Erde lesen.

50

■\Vie der Streit sich st-ljjst versöhnet, Filedc wird ans Krieg erzeiiget, AYie der Regen hebt und beuget. So die Erde wird vejschönet.

Alle Miihe rennt zum Ziele, Zum Genüsse wird das Streben : » Also zieht Arbeit und Leben In der Erde wild Ge wühle.

viir.

S a h h a t h.

Per Himmel lacht in seiner heitern Bläue, Die Erde griiut in allen ihren Lichten, Der Adler schwärmt in der azurnen Freye Und will den Fittig nach der Sonne ricliten ; Der Mensch onipfängt von oben seine AVeihe, Vom Kreuze nieder will die Seele fiilchten. Der heil'gc Leichnam ?lcigt aus den Gewanden, Die Liebe ist vom Grabe auferstanden.

51 Das neue Herz besucht die lichten Hühcii, Und findet dorten seine Jünger -wieder ; Propheten lassen sich von oben sehen. Mit Trösten lächelnd schanen sie hernieder. Da sieht man das Panier des Friedens wehen, Es singen Cherubim die hcil'gen Lieder, Das Tiiexiz, die Dornenlrrone sind ve^sch^vul^lU n. Das Morgenroth entströmt den sufs«n AViindtii.

T I E C K.

K l a a €»

"Was frommt die neu erwachte Schoprnr.gspiMchr, Der Farbenglanz , vom Acthcr hergesendet. Die sanfte Glut, die ringSTim angefacht. Der Lerche Tiriliren , das nicht endet. Des Tages Macht, die Herrlichkeit der Nacht, Was frommt der Duft, vom Frühling ausgespendet AYenn -Nvir , ermüdet von des Lebens 'Wahucn, Nach stiller faxbenloser I\uh uns sehnen ?

FR. S C H I> E G E 1..

n'^

Die IV a r n u n g.

H 0 771 a n z e.

Es tritt ein \Yaiidersmauii heifiir An eines Dorfes Sclicnkc, Er tctzt slcli -vor des Hatises Thi'ir Im Scliaiien auf die Eiinlte ; .l.tf>t i^ciii Bündel neLen sich, iiitlct dsti "VVinli. Leschcidentlicli, i\Iit einem Trunk ihn zti laben.

Da zecheil an dem nächsten Tisch Zwey "v^dlde rohe Buhen. Heda, Herr "Wirth! und geht uns frisch : Vy^as kauzt ihr in den Stuhen ? Diese Kacht so diirchgeschw'-ärmt, jjcxite von IMorgens früh gelärmt ! Wir wollen nicht niichicrn \Yerden.

53 Ha , Bruder , war das nicht ein Sn.if» Es geht mir nichts darüber. lJiu\ lieb' ich schon das volle Glas, Hab' ich doch Unfug lieber. Ach wie wird ver-sviuidcrt seyn AU die -werthe Christengemeiu ! Wie wird der Pfaffe nicht toben !

Da draiifsen erst den Nepomiik Mit seinen sieben Steril»*?!, Ich schob ilvn an den Fiand znnicK, Bald mufs er schwimmen lernen. Schüttert was, so plnrapt er 'nein, Budert w^ohl mit dem Jesnlein, Den h.ilt der Narr in den Armen.

Alsdann hinunter lang? dem TJia.1 Der ^Vallfahrc Stationer, Die drcyzehn Steine allzumal Mit Christi Passionen, So beschmiert, vcrxkrt aufs Fest, Dafs das Lachen licin Einz'ger lafst. Wenn sie ziiim Bclen da knieeii.

54

Der Andre sprach : AYeiins Prahlcu gilr^ So stell' ich alle "Wetten. Der Schnurrbart am Marienbild, Und dann die Krön' aus Kletten, Die ich ilijn zn Nacht bcscheert. Sind w'ohl deine Geschichten wertb. Und CS ist noch nicht das beste.

Dort anf dem Fels am hohen Kreuz, Statt Christi ieid'ger .Fratze, Hängt nun o in der Secl' erfreuts ? Des Nachbars todte Katze. "Wenn sie nun auf ihrer Bahn Zithn die Stufen zur Kirch* hinan. Das wird was exbauliches werden.

Der Wandersma^m schaut ernst und still, Da sie die Red' erhüben. 6ie achten erst nicht, was er will. In ihrem Rausch , die Buben. Beyde riefen dann zugleich: Kiimmert euch , TucJimauser, um euch ? Was soll das Gaffen und Horchen?

55

Der "Wandersmann sagt lücht ein "VV^oxt, Und schaut niir iinbeweglich, TJnd ihnen -wurde fort nnd fort Sein Blick mehr amerträglich. "Wenn ihr nicht die Frechheit lafst. Sagten sie, solchen Heuchler - Gast, Den mufs in;;n mit Schlagen verjagen.

Mich schlägt ein Andrer -wohl als ihr, Ihr mögt kein Haar mir kränken. Ich hin aitf kurze Frist nni hier. Doch sollt ihr mein gedenken. Junges Blut hat Frcvelmnth : Thnt nicht ferner , so wie ihr thtit, Und lafst bey Zeiten euch -warnen.

Sonst schliefst ihr einen Bund der Treu Mit Jndas falsclier Rotte ; Den Heiland kreuzigt ihr a\ifs nen Mit solchem kecken Spotte. Ja doch , da geschah' ihm recht, Weil sich der einfältige Knechl Das erstemal kreuzigen lassen.

56 Ich -wcifs gewifs , ihr spracht nicht so, "Wärt ihr einst mitgegangen ; Ihr hättet nicht, der Qualen froh, Am Krenz ihn sehen hangen, "Wie ans bittern Wundeii qnoll, Aller Lieh' und Erharmung voll, - Sein heilig göttliches Leben.

"Wie nm ihn , ewig hoffnnngslo». Die Trexind' und Mutter standen, Und er im Busen trug ihr Loos, Bey grimmen Todesbanden ; 2?eigt sein Haui^t in Finsternifs, Durch die Himmel geschieht ein Rif«, Und innerlich schauert die Erde.

_ Ey seht , der macht uns glauben gar, Er war dabcy gewesen. "Was er erzählt , kann man fürwahr Jn alten Tröstern lesen. Sagt uns doch, wie alt ihr seyd, Dafs ihr saht, was vor cw'ger Zeit Und nimmer vielleicht ist geschehen ?

57

Ich bin nicht alt, ich bin iiicht jxing, Mein Lel'Cii ist ];cin TLobcn. "XVie rastlos lücist der Sonnen SchAViing, IVIufs icli liier nntcn sch\Tebcn. Grriser v.'ird das Tf?. ir mir nicht, ;*vicht geriuizckcf nitin Gesicht, Das niemals lachet noch -weinet.

Ich ^var -wie ihr von frechem Muth

In meinen ersten Tagen.

An mir that !keine Lehre gnt,

Kein Warnen half noch Sagen.

Als der Hohenpriester Amt

Heuchlerisch nnn den Christ verdammt, *

Da \\'olll' ich mein Miithchen auch kühlen.

Uiid als mit schwerer Kreiizeslast Znm Thor ihn schleppt die Menge, * Da hatt* ich vor den Andern Hast, Und süefs ihn im Gedränge. Matt lind lechzend, ohne Schreyru AYollt' er ra^ten auf einem Stein, Da fckliig ich ihn mit deu Fäusten.

. 5S

Gell , rief ich , Jesus ! fort mit dir ! Zum Tod dich endlich schielte ! Der Heiland fah sich \im nach mir, UikI sprach mit stillem Blicke: Ich zwar gehe hald axir Ruh, Aber wandern sollst nnn dti. Und warten, bis ich liomme.

Di eis Wort, diefs ^Wort, diersEiue Wort ^Var Heil mir und Verderben. Es schirmt mich vor der Seele Mord, Docli •wclirts mein leiblich Sterben. Und Blich trcibts von Land zu Land, Und bin manchem, zum Graun bekaxxnt, •Der ewige wandernde Jude.

Der Fremdling sprach es alles ans Mit Tinbevregtcr Miene, Doch brennend durch die Stirn heraus Ein blutroth Kreitz erschieue. Als die zwcy das Zeichen ?ahn, Fällt sie an der Verzweiflung ^Vahn, Sie sLiTibteji sich schon in der Holle.

59

Und eh sie SeeV Tuid JLeibeskraft Und Sinne %viederfiinden, Hat er sein Bündel aufgerafft. Und ist schon weit verschwn.mden. An des letzten Hügels Rand, Sehn sie noch,, den Stab in der Hand, Die irre Gestalt liiirvTanlien.

A. W. SCHLEGEL.

F a Utas

e.

Alte Tone tönen wieder. Rasch entflieht das \'\-ilde Lehen ; Jetzt der Sehnsucht hingegeben,- "Wenn der Knabe einsam -vycint. Dann zai hoher Lust vereint. Wenn der Freuden Ziel gefunden ; Bald von leichtem Scherz iim\Ytinden,

6j

In des Uebermiithes Fülle; Zwischendrcin die alte Stille, Frisch lebendig" ^Yas vergangen. Älter Liebe angehangen, "Wie verga'jgcn schon das !Neue, Schmerzen die ich nimmer scheue, Weil sie tiefre Lust erzeugen, Kalte Fesseln die mich beugen. An der Jugend Blüthe nagen ; •Lafst, o lafst rüich alles sagen :

Weh , ach -w'oh ! ihr öden Mauern, "Wo die Elunie ward gefunden. Die mit Freuden mich umwmideu! Dafs sie alle gleich verschwunden, i\IuXs ich tratlern. Rohen Händen hiiigegeben, Mufäte Schönheit so verderben, Süfse Anmuth wcDtend sterben; Blüliend noch mufs Tod erwerben All mein Leben.

6i

Kam die LicLe zum Knaben gcgangoii. Da die lang ersehnte aum ihm nahte, "VTcifs er liaiim sein iieties Glück zu wagen. Frencle, hlare Freude gicht ihm alles; lii der Freude aber aeti Vox'Liiigon, Das die Freude oft zu Leide machte.

O dicfs Verlangen

Zu kühlen , an den Lippen festzuhangen. Bis dafs in süfsex Lnst der Sinn vergaugcu ! Und faf^t dich einmal dieses tiefe Sehnen, So darfst du nimmer wilhnen es zu füllen. Und wollte dich umhüllen ganz die Liehe In ihren schonen Freuden.

Lafs uns frühlich tändeln, Ldfs uns Scherz eriinnen, IVIit blitzenden Augen, Mit lieblichen Lippen. O Avie süfs ist die Freude iMit der Liebe zu spielen. Und eins mit dem andern Zu tändeln wie Kinder !

62

TSiirdich Hohe schmückt die Krone, l^ichtglanz mufs dich golden zieren, Kosensirciblcud tiiiuuphiien, Herrin aiii dts Herzens Throne. Alks g.ab ich dir zum Lohne, Alles t'iir die heilge Freude, Eis wir freudcilaniiiiend beyde, Bcyde sagten: Nun verschone !

AVenn ich unverstanden bliche. Ohne Gegenstand mein Streben, Keine Liebe mir gegeben, TiViird' ich dennoch innig liehen, Um so inniger nur leben. AVas mein Sehnen lieblich wähnte. Was ich iiebesehnend lucync, Ist io heiter. Und' uuu. reine, Dd[s kein Sinn sich \veiier sehnte, Der gesehn diefseij)zig Eine. AVenn icli fern von Freuden bliebe, Ohne~ Gegenstand mein Streben, Keine Liebe mir gegeben.

63

■^Vürd" ich dennoch innig lieben, Und in hsitern Freuden schweben.

Kühne "Wogen, -VN^ildes Leben, I.afs den Strom nur immer bra^isen, Frischen Sumn im Heizen sausen, Wiv der Adier durch die Lüfte. Ueber Meere , itber Klüfte, Lafs mich ech .vebeii , lafs mich fliegen ; Alles kann der iv/uth beticscn, Muth entsprungen hohem GLitiben .- Keiner kann die Liebe raubet), "Wie auch wechseln die Gefühle In dem irdischen Gc wühle.

P ii. s c H L £. G E li.

S tudiinii des AI t er thiniis.

Leset die Alien ! versteht, die cij^ciuiich ältesten Alten. ^\ as dieModerneu davon prei.-en, bedeutet nicht viel.

A. W. SCHLEGEL.

(-;./,

B a l l a d c.

G r af. Vielen Dank, chrvairdiger Herr, für eiifc Hülfe; der AVageii fciiieii/lerte das arme Mädchen heraus, tmd. ohne eucrn Beystand wäre die Wunde wohlhc- dentend gt-svorden.

Pater. Ich th.ii: niix meine Pflicht, doch vergöiant mir eine Frage: wohin in dieser feurigen Eil, dals eure Rosse eine Wolke von Staiih erregen, die euch dem W^andercr schon ans der Ferne vcrliündct ? Gr af. ch bin mit meiner Tochter meinem Schlosse ent- flohen, xind eile nach der Stadt, um sie dort im Ge- tümmel des Hofes lind in den Freuden der Welt den Gram de? Herzens vergessen zu lehren.

65

F at er. Der Himmel segne exich, mein schönes Fräulein, itiid gebe euch alles Gnte; die Bliitlie enrer Jugend sollte noch durch keinen Kummer wellten»

G r elf. Es^varihr Hochzeittag bestimmt, und wir raufsten an diesem Tage die Leichenfeyer des BriUitigams he- gehn.

T at er. Des Himmels Wille liefs euch diesen Schmerz er- dulden, doch möcht' ich zweifeln, dafs ihr f iir die sen Gram in der Welt xmd ihren Freuden einen lin« dcrnden Balsam findet.

G r af. Die* Jugend kann und darf nicht ewig traTiem. Sie Avird vergessen lernen, und vielleicht, dafs ich vor meinem Tode noch einen Eidam umarme, und einen Enkel küsse, der mich üh€i den Verlust des Grafen tröstet.

Pater.

Meine besten Wünsche geleiten euch*

66

G r af. Gehabt euch -vs-^ohl, chr-\vürdiget Herr ; noch ein« mal meinen Dank.

( M a s k e n s aa 1. )

Fräulein. Was folgst dn mir, mein Kind?

A a elhei d. Ihr seyd so still, di alle munter find. Mich fo» dext niemand anf zum Tanz , so gern ich möchte. Wenn mir mein Bmdev ^wieder käme ! O da hätt' ich Freude ! Mich müfst' er reiten lehren , jagen , und ich säi'se nicht so viel daheim hey meinem .tlten Va- ter. — Was wollt ihr w einen ? Alle tanzen gern mit «uch, nnd ihr gebt keinem eure Hand.

Fr ü u lein. Mein Kind, dort JiaLr ein Ritter, geh, er bittet dich. Wie froh sie ist ! O Agnes, kojnm, ver- laf 5 den widerlichezi Schwärm , und tritt mit mir in Jxieses Fenster.

67 Agnes. Für euch giebt euer Vater dieses Fest, und ihr

Fräulein, Ach , Agnes , ich drehe mich in den Tninten Krei- sen, lind jede Gestalt, die nur die fernste Aehnlich- l^eit mit dem Veriohrnen , in Gang, iji Stellung hat, füllt mich mit süfsem Schauder ; ich deuhe : jetzt, nun fällt die Maske nieder, er eilt in meine Arme, lind das hange Mährchen, dafs er gestorben luid be^ graben, verfliegt wie ein verhafster Traum. Agnes. O -wie beklag' ich euch !

Fräulein. Sieh, -wenn ich von diesen hellen Sälen hinunter atif die öde Gasse blicke, die der Pilond so kalt er- leuchtet, wenn ich dann eine einsame Gestalt un* ter diesen Fenstern voriibcr ^vandcln sehe, ach Ag- nes , so meyn' ich , es sey Ferdinand , der verachtet, verlassen von mir still xunherirrt, indefs ich hier mit frevelhafter Lxist den Boden stampfe ; in Thrä- nen zerflielsend möcht' ich ihm zurufen : O komm, o komm herauf an dieses Her2 , daö warm und treu

68

für dich allein, für dicli nur schlägt, und niemals-, niemals dich vergessen hann.

Agnes.' Mein thenres Frinilein, fafst euch, ihr Vergefst wo wir sind.

( Garten. Ein Ritter fuhrt das Fräulein. )

Fräulein, Ein schöner Morgen haucht erquickend uns Mit seinem Athem an,

B.itter. 0> könnt' ich sagen, "Wie gliicklich ich au eurer Seite hin !

Fräulein. In Bäumen, Sträuchen, kleinen Blumen quiHt , In tausend Knospen schon der Frühling , hoffend Und still erwartend steht der arme Mensch Vor aller Pracht, die noch A'crsclüossen ist.

Hit t er. Dürft* icli zu meinem Trost die holden "Worte Doch deuten, und in diesen sanften Augen. Ein goldnes Glück nur in der Ferne lesen J

%

O Lii^t iTilv mir für eine ferne Znltinift Auf euer scliöues Herz die Koffiixuig Vil>rig !

Fr all l ei n. Glaubt mir, mein ilicurer Freund, icliL in so schwach, Dafs ich nicht wünschen !kann , daf^ ihr auf mich Die liieiiistc HofTnimg gründen ir.öchtct. B.i tter.

Fränlein, O hört mich an I Ich bin ja nicht so külm. Zu Avünschen , dafs mein Bild das Angedenken Des edlen Manns ans enrem Eusen tilge. I\iir lafat mich für die Znhnnft hoffen, nicht Zerreifst mein Herz mit diesen Schmerzen , die Von e^iircra Angesicht die Rosen nahmen. Erfallt doch enres edlen Vaters ^Vünsche, Die meinigen, und sprecht, dafs ihr -vielleicht In fernen Zeiten noch die meine seyd.

Ft ci u l ei n. So standen wir in voller Friihlingspracht Einander gegenüber, und von Händen, Von Blichen, Uppen, Herzen, ward gemacht Ein Biiiid, den keine Zeiten sollten enden.

70

O Meineid, tort von meiner Se«le ! Sein Bin ich iiorli immer, todt i?t er noch mein. Ja ihr se)'d gut, ihr wcrclet nicht zerstören IDen Ennd, ihr werdet mein Gcliibde elireu : Dnini lafst mit meinen Schmerzen mich allein.

(Hütte.)

Fr (1 XL l e i n. Nehmt, gnte Frau, erqiiiclit euch. >A ie geht es eu- rem holden Knaben ?

IV i t w e. 0 seht unr, wie er wieder fiey und freundlich iim sichbliclit, wie er mit kindischer "Freude auf sein iieue;^ buntes Piöckcheii zci^t, das eure Gliie ihm ge- schenkt.

F r li II l ei n.

Ein schönes Kind ! Ihr scyd recht gliicklich mit dem Karben.

Witwe. Er ist mir Alles. Er tröstet mich über den Verhist ^e-i JVIainies , über tmverdieutc Arrauth, und durch mein gauzts rieben solien die heilte- ten Gebete d.mkciiil

71 für euch zum Himmel steigen, dais exire Qiite mir die Mittel gdb , ihu von der KranWieit zu erlösen, denn ohne euch liigc alle meine Hoffnung mm im kalten linitcrn Grahc.

J^r (iul e i n. Achi meine Hoffnung liegt im kal;cu finstern Grabe.

(Klostex. INonne hinter dem Sprachgittcr. )

A~ o Ji a e. Ihr liaht zu ?\orechen mich gowiinsclit , edler Herr.

m 1 1 e r. Ach, Fräulein, dafs ich euch in diesen Mauern fin- den mufs.

ISi' 0 Hfl e. O neidet meine Ruhe, mir meinen Frieden nicht.

Tii 1 1 s r. All meine Hoffnung find' ich hier begraben.

JS' o a fi c. Begraben hab' ich hier dcu Sclimcrz , der in Jer AVelt -') grau^am micli zerstört.

72

Hitter.

Die scköne Tailic dieser Augen zieht mich -wieder ge- waltig an, O lehrt vergessen micli den Schmerz , der wüthcud jiiich ergreift.

7\ 0 n n e. Kämpft nicht, der Liebe Kummer zu vergossen, Geht ench ihm freiindiich hin , vcrgcfst die "Welt, X.cht mit der Lieh' allein. Ich streute sonst Ihn zu vergessen, und mit hcxhen Qualen Hah' ich gchüfst, so oft ich es versuchte, IVIciiicidig ihm zii scyn. O weiht euch der Eriunrung, kein Gedanke naiic euch, 3Der euch vergessen lehren will, und Friede, Der süfseste, wird eure Ernst hewohnen. Ich hin in diesen Mauern der Eriiuiiung Ge^vciht, in allen Bäumen meines Gartens Vernchm' ich seine Stimme freundlich lispeln, Er ist mir' in des Friedens "Wohnung treu. Und wenn icli voll der Andacht heie, zieht Als ein verklärter Engel seine Seele Die meinise dem Hiinmcl zu.

73

T citer. Seyd gegrüfst , edler Herr, und habt Daiil« für d>^n "Wohlklang, -womit ihr jodeii. Abend die Luft ev- fiillt. Hab' ich des Tages Geschiift voUbrarht iixid kehre zu meiner stillen "Wohnung, ?o erhebt zu frommer Andacht meine Seele der Gesang,

Jli tt er. Ihr seyd aus jenem Kloster?

F at er. Ja, es liegt die.-cm Fraiienkloster gegenüber, und wird von ihm nur dxirch diefs kleine Thal getrennt.

m 1 1 er. O ich möchte eine kleine Zelle suchen, mich vor mir und den Leuten zu verbergen. Ich wiirde ihre Stimme in den fernen Gträiigen huren , zu Gebeten ■VN^eckte mich die Glocke dieses Klosters. Ach wür- diger Herr, in diesen Mauern haucht ein Mädchen ihre sanfte Secle'in Seufzern aus.

Pater. Ihr liebtet sie ?

B-itt er. Gedanken, Sehnsucht, Blicke, Bitten, Thränen

7

timfingcii und bekämpften &ie , doch hat sie sich in diesem Kloster der Andacht nnd dem Erinnern des gestorbenen Freundes ge-vveiht,

Pater. Und findet wohl den tiefsten Seelenfrieden. Leht vvohl, ich jnufs zu meinem Kloster»

Jxi 1 1 er. Könnt' ich euch an dieser Stelle "svicder treffen ?

P cit er. Ich gehe jeden Abend diesen Weg.

Adelbert. Hit habt mich ans den Händen der Räuber «vettet. Wie soll ich ench danken ?

Ritt er. Lebt wohl, und scyd mein Freund.

Adelbert. "Warum verschmäht ihr mich , und die Liebe eines alten Vaters , der mich nach langer, langer Zeit jetzt wieder findet 'i^ die Thränen einer lieben Schwester?

Ritter. I©h will die Freude nicht ans eucrm Hause scheu«

clicii. Lebt -xTohl, vor jenem Kloster dort fului exux ^^'cg vorLey,

{ E i 21 s a m e r ^Y a i d p 1 a t z )

Bitter. Unbekannt sind mir diese Eanmc. Wie weit vcTirrt in der Ilit^e der Jagd T Die Gcfälirtcn sind vevloliren, sie IiüiCii meine Stimme nicht. LVr T:\^ ist licifj;, der Platz ist siül nad kiilil; nimm dio miidcii Glie« der, uralter E.ium, in deinen Sclia Li cn aTif. Da Idinijt ein jügerliorn. Sind's meine Frennle ? Nein, ein ?^ddclicn, stGl&^aiif einem Pios^e Toran dem mn- thigeu Hänfen sprengen 1.

A cl clh e r t. Sieh, thenre Schwester, dort ruht ein fremder ?»Iann> er ist der Retter meines Lehens.

J ä g er in. Welch Glück , euch hier zu finden ! Wie habt ihr stets exich unsern "^Vünschcn entzogen!

Ritter. Ich Nvnf-^to nicht, welch Engel;;bild meine Gcgen- ^Tart vv mischte, und weif? c* noch nicht.

J ü g e r i u. O ItommL ZTi 1111 jcrm Vater, der euch mit rreuden 3U seiiic Anne fclilicfscii r.ii'd.

IM 1 1 s r. ,

Ihr seyd so hold iiiid gilt: wie dürft' ich da mich •weigrem ?

( Fröhliche Musik , Ritter mit seiner Braut zielm du ich das Thal. )

Hl 1 1 er. Mit freudiger Pvührung^ \Terd' ich stets des Tages denlien, als ich dich , Theiire, zuerst gesehu. Ver- irrt niid mudc lag ich iu der Linde Schatten , Ge- ^tallen ans der Vergangenheit stiegen vor mir anf, lind alte Schmerzen rii.hrtcn noch einmal leise und ängstlich das ahndende Herz an, sie kamen Ab- schied zu nehmen. Da kam die Jagerin aus dem Gebüsch , und alle Schatten, wichen der Macht des rriihlings und der Jugend.

J ü g e r i n. Und wie wir uns gcichn , und wie -wit uns gegrüfst,

77

ach in den ersten Ang>enblic]ien scliou sch^vnr je- der Treue dern andern für sein ganzes LeLen.

^ Tiittcr.

Lafst jetzt die lauten frohen Melodicen schweigen, es spreche unser Ghickin sanften Tönen nra-, indefs \Yir diesen stillen Mauern lücT vorüherziehen.

' J c'l g e rill. Ach v.-ic hc3;lag' ich sie, die Armen , die ein hartes Schichsal von der frohen "Welt getrennt !

Isoniie ohcn an einem hieinen Fenster. Da? matte Kerz erheht sich -wieder in der llranh- heit, Miisik sj)riclit dort iinien aus dem Thale zu mir herauf lind nennt mit leiten Geijtersti:air-en den Nahmen des GeliebLen, "Wie- so fröhlich sich der Zxig dort ausl»reitet ! Es ist \vohl der Bräutigam, der die geliebte Braut lieijnführt. Des Himinei;. Sc" gen begleite euch und schciike e'iich die Freuden die- ser Erde! Ueber rr-ir, vom Irdischen getrennt, schwebt dein vcrkiürter Geist, Geliebter, in blauer Ferne. Bald bin ich v/ieder mit dir.

Tx itte r. Guten Abend, ehrwürdiger Herr, ihr seht mich

78

glficklich , \-\'ic ich nach meiner Burg die geliehte IJrAut fiihre. Nehmt dieses Gold, und pflegt der Ar- men und der Kranlicn , dai'b ihr Getet des IliiumcJs Scacii mir erflehe.

Pater. Er ruh' auf euch und eurer schonen Braut.

SOPHIE E.

Zauber ey der Nacht,

H 0 tn cc 11 z e.

Aus VVoikeii tritt der Mond herfiir, Uiu ihn die Sterne stehn,

Da öirnet sich die kleine Thür :

„IS'ui! , Miidchen, mufs ich echn/'

79

Und rnufst du gchii , so bleibe treu;

Aiich fern, gedeiiitc mein. ,,0 stets bleibt meine I iebc neu,

Der Knfs soll Biirge seyn."

So zog ich von der SiiCsen fort, Heim, durch den dichten Waid,

Ich denke noch ihr letztes "Wort ' Und schaue die Gestalt.

Rings nm mich her schlief Einsamkeit, Vom Mondenscheiii bewacht.

Da klang herüber von der Haid' Ein Hiif*chlag durch die l^acht.

Und wie ich a\is der "Waldnacht trat

Zum Wege breit und frey. Ein Pieitcrpaar von ferne naht,

Kommt wunderbar herbey.

Der Ton klang meinem Ohre süfs,

Mir dehnte sieb die Brust, Weifs nicht, was nacii mich folgen hiefj,

Ich folgte unbewufst.

80

Der ciu" im livausen Haar und Bar,t "War liülui und schlarJi und sclion.

Der andre ■\V2t g-?.r lieblich zart, Ein Ixnr.be anzusclm.

Mich zog; das Eild ?o lieblich scIion> Und wie ich schleiche , klingt

Von Lirj-cn ihm ein ei'ifjer Ton "Wie Pticidchenbrnst ihn singt.

Die ^Vorte fielen Sternen gleich

In's goldne Mondenlicht, Die Rede klang so zart imd weich,

DocR ich verstand sie nicht.

und Herz und Atige sich besann,

. Dafs diefs ein Mädchen sey; Dem Sattel schiois ein Beiii s^ichSaaj Gar lieblich schlank und £rcy.

Die rolle lüifte schwebte kuhn> Die Lende trng die Hand,

Des Busens ■Wölbung zart erschien. Vom Westchen jkiiapp ximspiniit.

Die Augen Italiänisch bxaun»

Die AVa^igcn Roseiiglanz, Die Lippen Nelhcu anzustlMUii,

Das Haar ein duiililer liraiiz.

Der rrloud die Kfuschacit fahien iicfp.

Das ilnie schien seine Liist, Dann spielt er anf den AVangen suis.

Und streichelt dann die Brust.

Ich folgt' ihm zn den schönen Au'n,

Und trunken "v^ar mein Sinn, ISficht "Wald noch Berg war mehr zn schaun^

Nach ihr mir blicht' ich hin.

Durch Felder , "Wiesen, Dörfer ging

Icli unc-rüudet gtrn. Ein Schlofr , das hoch vom Berge hing,

Zeigt sich nun in der Fern'.

Ein schöner Knabe kam gerannt,

Der sich der Herrin neigt. Er reicht der Schönen seine Hand,

Die aus dem Sattel steigt.

82 Das zarte Fufschen eilig liupft

Hinein ins ofFue Thor, &o Tsar (las Bildiiifs mir eiitschliiiift,

Bctrüljt stand ich davor.

So lang die süfse Nacht noch schien,

Blich ich an diesem Ort. Der Morgen hicls mich weiter zichn,

Biid, Nacht und Lnst ^var fort.

Nun schimmert nicht der Mond so bald, So liömmt mir in den Sinn

Das Schlof? , der Ton nnd die Gestalt ; Zieht mich ins Freye hin.

Dnun hann ich nicht zn jener gehn Im Küiichcn dort im \Yald,

Ich hahe vor dem Schlofs geschn Die lichiichste Gestalt,

s 7.,

83

Die Tänzer,

De« glänzenden Kerzen Schein erhellt Des langen Saales schimmernde "Welt, Drinn schwärmen Mädchen bunt gesclimücliti Der ist ein prächtiger Anzng geglückt. Der Hut jener keck in's Auge gedrückt ; Dort zieren Falten der Schlanken Glieder, Und diese umschliefst ein enges Mieder ; Die dort mit Ferien und Seide glänzt. Die hat sich die Locken mit Rosen bekränzt. Die Jünglinge nahen den Schönen galant. Erbitten zum Tanze die zierliche Hand, Doch nirgend Lust und Leben blitzt, Erwartung still im Saale sitzt; jSTun hurt man die ersten Töne erklingen. Die Jünglinge zu den Schönen dringen, Den Taujs zu gestalten erhebt sich eixx Bingciij

84

Es bilden «ich Paire in doppelten P.eiha, Mnsik erwacht und das erste iälit ein.

"Wie sie all' im eitlen Drehen

üluc;'ilich vtMndeln dnrch die i\eihu ! Wariir.i Itansi ich ihn nicht tehen?

Mnfs er hente ferne seyn ?

Ach ! ich kam nnr , ihn üu finden. Und er denkt wohl meiner nicht.

Und mein Aiige will erblinden,

Dunkel wird mir Glanz und Licht.

Reizend heben sich die Glieder,

"V\^enn er sich zum Tanz bewegt;

Dieser springt ja auf und nieder,

Als wenn er sich mit mir schlägt.

Sonst nur war es mein Entȟcken,

Drehend mich mit Kunst zu wenden.

Könnt' ich ihm in's Auge bücken; iVIucht' ei hets.te doch nur enden !

85

yvie lii'ihn tritt der zaim Mädchen hin. Und ahndet nicht der Tranrendon Sinn, Sein Blich scharfprdrcnd durch die Tänzer schweifend, JEr naht im Reigen , die Hand ergreifend.

Mein Anzug ist üheraus glüchlich gewählt, Mein Mtith i?t froh zum Tanze beseelt. Mit Anstand bot ich ihr die Hand, Auch ^vird mein "Werth von ihr erkannt. Es g'liickt mir jeder schwere Pas, Ein immer im Tact und zu rechter Zeit da. Von allen Seiten w^ird nach mir gesehn. Dort flüstert man: der Herr da tanzt recht schün.

Indessen wird bunter die schauende Welt. Sich einer abseit in den "NTinltcl dort stellt. Der möchte gern des Tanzes Eitelkeit verlachen. Und selber vor sich thun, als trieb' er wicht'gcre Sachen. \Tie wiinscht er nur, dafs alle möchten merken,. Er sey beschäftigt mit gar andern "Werken ;

8

86

Doch xira ihn dreht sich fort im bunten Glanz

Der lebende hebende schwebende leicht geflochtene

Kranz.

Es schämen trüb' aiif mich der Mond, die Sterne, Und Berg und 'W'ald ans ihrer diiukelu Feme. Ich lag auf bunter Wies' am duiilieln Wald, Vor mir ein hohes Schlofs mit seinen Zinnen, Von dort kam schlank und seiden die Gestalt, Die mir schon längst bezauberte die Sinnen. Ich sah sie durch die hohen Blumen gehen. Die bexigten sich und hiifs ten ihr das Kleid ; Dann a;if dem Söller zwischen Bösen stehen. Der Augen W^onne w^ard des Herzens Leid. Die Königin mit rauher Hand berühren, Nie kam der Frevel in des Armen Sinn ; Von ferne nur den goldnen Glanz zu spüren, Schien ihm schon überirdischer Gewinn.

Ha ! des Zaiibers ! und nun stehet

Sie mir gegen über da, Süfs zu mir der Athem weher,

Alle Heize sind mir nah.

87

Und der Göttin Arm ergreifen

Darf ich nnn mit keckem Muth,

Mit inr durch die Reihen schweifen. Fühlen ihrer Wangen Gliith.

Darf den holden Leib nmschliefsen, Ihr nmi nah nud näher seyn ;

ATill die Zeit denn nicht entfliefsen? Ewig, ewig hin ich dein.

Ha wer hat so kiihn ersonnen

Dic?e Schiingnng, den Verein? Die IVInsik spricht lanter AVonnen,

Diese Lust soll ewig scyn !

Blicke lind Lippen blinken im Glanz, Busen und Locken locken im Tanz.

Frisch auf ihr Gesellen, Macht Flügel den Tonen, Damit ich bcym hellen Und flimmernden Schein Durchfliege die I\eihu Der blendenden Schonen!

, 83

Ich bin Euch gewogen Uir schalKIiaiien Augen, Doch bin ich gezogen Kach andern zu schauen. Euch nicht zu vertrauen. Und Wonne zu saugen.

Dort ruft in der Fülle Ein Busen so -weifs. Es strebt aus der Hülle Ein Fülschen so klein^ Dort Augen so heils. Die Stirne so rein.

Und wieder entschwebet? Statt ilirer belebet Der rundeste Arm Mich drückend und warm. Ich darf ihn iitir rühren Und wieder entfiihren Ihn Kreiie, vom Tanze gewebet.

d9 Dort frisch und niud Ein blühender P/Iiind, Auf seidenen Wangen Ein lieblich Verlangen.

Sey fröhlich, du lilcine ! Jetzt bin ich der deine. Sey kühn mit den Blickeir, Schon reizen die Brüste Und -vvcchen Gelüste, Die Lippen , sie streben Anf qnillendes Leben Die zärtlichsten Küsse zxi dracken.

Was ^Tollt ihr beginnen, Ihr bleiidenden Schönen ? Dn "Tanz , der du trunken In Tonen versunken? Mir schwindeln die Sinnen. Im Bad des LebeiTsweines,^ Im Glanz des Jugendscheiiies, Springt durch alle Adern Bluth, Führ ich Kraft und JLu&t undsüfseGkith,

90

Dem Amte luiL' ich treu gelcbct.

So wie die Pflicht es streng beßehlt, VndL nach der Obern Lob gestrebet,

Und es im Ganzen anch erzielt.

Dnim führ ich doppeltes Behagen Zur Labiiiig auch hicher zu gehn,

Ich darl' das Tanzen immer v/agen, Kicht müfsig an den Tfeilern stchn.

Hier fmd ich Tochter nnd Gattinnen

Von Männern, die dem Siaat sich "Nreihn,

Die -wissen , es giebt mehr zu sinnen. Als wie man mir -^vill modisch seyn.

Auch meine Dame mich verehret. Der Fütter hat sie nicht verführt.

Der Vater hat sie wohl belehret,

Dafs^ Brauchbarkeit die IMänner ziert.

Hier sind geputzte jttnge Leuif^

Die tim die Gunst der Schonen werben.

Sie -werden w^ohl begünstigt heute,

Doch Achtung niemals sich er\T erben,

91

Die find' ich stets auf meiuc ^Veise, Sic werde n'5 alle jicacaiici: sehn;

Denn nach dem Tanz geh' ich zum Kreise Von lYIäniiern , die in AVilrden stehn.

Da wird denn auch ein Glas geleeret. Mau spricht auch von Vcrbesferung ;

Man trinlil nicht, dafs man sich bcthoret, AVer iriafsig- ist, aal stets gcnng.

"Wie gliiclilich fühlt man fich auf Erden, Kat inan ein Amt \ind sichres Brod!

Was soll doch liitafrig aus mir werden? räiU n:ir iiicht ein his an den Tod.

Mir felilt siur ztim volliuramnen Lehen DiiiS ich die Gattinn niir t^rwalile.

Die jciao mir die ILiiul w^ird geben, Sclicint eine piiic stille Seele.

Bald darf ich die Hand berühren, O da süfses Engel>bild,

Dich zum Tanze aufzuführen. Dies Verlangen ist gestillt.

f)2.

Sich , der "Wiiitev ist vergangen

Und der "Wald ist grün gesclimi'icJkt,

Ach, &o oft die Lerchen saugen,

Ist mir nie der ^Yunsch geglückt.

Wieder "Wasser sich enteisen,

Friüilingsln f t im Walde zieht ;

Drinnen hüngen mnntre "Weisen, Blumen sind empor gehli"iht.

Soll der Frühling mir im Herzen Breiten ans sein schönes Grün ?

Sollen mir bey diesen Kerzen Blumen der Erfulliing hlühn?

Ja, ich will es endlich wagen,

Was ich lang verschlossen hielte

Und ein Iländcdntch soll sagen, Was ich stets für dich gefühlt.

93

Es -will der Glanz sicli immei nen V^rmehton, Ein Mann tritt ein, den alle ehren. Er ist gcichiuüclit mit Stern nnd Band, Und \Yartet voriielim an des Saales Band, Die Tänzer scliant er durch sein Glas, Die zncisten v, erden irr' et-was. Und rannchcr, dem er vergesetzt, Kommt aus dem Tacte noch zuletzt.

KnaLcn kann man schlanit imd scliün. Viel geputzte M.idchcn sehn, Und es ^vünschen alle Bliche, Dafä ihr Mädchen sie beglücke. Jene, die mit mir miifs stehen, AVürdigL kaum mich anzusehen. Kommt sich seihst geringe vor. Zu ihr lacht der f.-ide Thor. Keinen Razig hah' ich zur Zeit, Modisch ist attch nicht mein Kleid, Bin nicht schön , auch Lc^vm Vergnügen Soll der Rang, die Schönheit siegen.

- 94

Alle sehn nach'Stern iiud Orden, Ist mir mir mein "Wunsch ge^vorden, Kann mich auch einst AYüidc zieren. Ich sie alle lorgnettiren. Diesen Tanz v/ill ich botehn, Dann verachtend weiter gehn.

Er tanzt mit mürrischem Gesicht

Und -wandelt vcrdriefslich auf und nieder i

Da begegnet 3 wie der Reigen sich flicht,

Der Gatte seiner Ga.tliu wieder,

Sie schaun sich an , sie lächeln heiter,

Sie grüfseu sich, die ^Vendung fuhrt sie weiter

Wie sind wir , liebes "Weib , begliicht,

Dafs \Yir vertraulich nah, Die Zeit ist noch nicht -weit entrückt,

Da ich dich nicht so sah.

Zwar jene waren süfse Stunden,

Als mich noch banger Z%veifel band,

Wie schnell entrannen, kaum gefunden, Minuten mir an deiner Hand.

Ö5

Doch fchöu beriiliigt sind die Leiden, Und rührend denk' ich sie ziivuclt.

So schöner glänzen meine Freuden, So inniger fiihl' ich :nein Glüc]?.

Und alle Wünsche sind gestillel, Verlangen mufs hier ruhig strhn,

"Wird meine Hofihung bald erfüllet. Als Vater mich beglückt zxi sehn.

Wie Blumen seh' ich reizende Gestalten

Vor mir in bunten Reihen lieblich stehn.

Der Blick sucht "Wangen, Lipper fest zu halten, Die Locken , die -svie dunkle Kränze wehn.

Doch eine zieht im schöneren Gewände

Das Atig' luiv/iderstehlich nach sich hin:

Sie schmiegt mich ein in liebessüfse Bande, Verstrickt in goldnen Netzen meinen Sinn.

In ihr laufs ein geheimer Zauber walten. Der einzig mich zu ihr gekettet hält,

Erblick' ich nur des. Kleides weiche Falten, Mir keine von den Schönen hier gefällt.

o6

Seil' ich den Kranz in ilircn ILiarcn selnveLen, GLinzt ans der rernc aiiir der Augen Gehein,

So lillmpft in mir d.is Herz nnd innre Leuen, Zn sngcn , Vy'ie ich ^vill ihr eigen seyn.

Ich sah lim mich so viele BliUhen prangen.

Die hellgeschmückt anf leichten Stengeln stchn,

Doch zieht zu keiner AViinsch mich noch Verlangen, Von ihr nur ILehensdüfte zn mir wchn.

Hat Menschenbrust die I\egnng schon durchzogen ?

Die blitzend mich in ihrer Näh' durchdrang ? Licht , Töne , Sterne kommen hergeüogen,

Uiarauschen mich mit himmlischem^ Gesang.

Ich höre -wunderbare Stimmen klingen, .

Und der Musik entsteigt ein farb'ger Gciat, Ich fühle , A'vie die Lebcnsfluthen ringen,

Und wie der Klang an meinem Herzen reifst.

So quillt das Leben weit in allen Fernen,

Die Melodie ri'ihrt tief das Herz der Welt,

8ic giebt den Schwung den tausend goldnen Sternen, Dafs sich in Lust das grofse AU erhalt.

I

97 So liann der Dichter es doch niemals lassen. Das Sch-\verc leicht, das Leichte sch-wer zu nehmen. Im Tanzen rank er sich poetisch fassen, Das frohe Spiel miifs sich dazu heqnemen. Er würde Sch%Yung, M\isih , sich selber hassen. Vor seiner Schönen, vor Apoll sich schSmen, Vt'ollt' in sie nieder nicht das Weltall steigen: Kur so will er sich vor der X,iebe neigen.

s z.

98

Wonne der Nach t.

Der J iin gl i n g.

O Mondschein siifs. Wird sie erscheiuen ? Sie kömmt gewifs ; "Wie traulich einen Sich Wies' und AVald In'Silbcrstrdhlen ! Kennst du die Oualen Pefs , der in Nacht Für dich nur •wacht, Die AVinde kalt. Den Thau verlacht? Die Thüro schallt.

99

7^1 cl d ch t n.

Wie die I.a\ite lieblich Itlinget " Und das ganze Thal durchdringet ! Bist du unten, hörst dxi mich ? Liebst du mich, wie ich dein denke, Immer traut und inniglich In dein Anschauu mich versenke ? / ü n ^li n g.

Sie schmiicht den Söller wieder, Sie ist hervorgegangen. Und Nacht und Mondschein prangen Im neuen Zauberlichte, Die Nachtigall singt Lieder, Und AVald und Berg luid Schlofs und Thal Vereinen sirh zum golden srcii Gesichte, Zum schönsten Tratim der Liebe allzumal.

O kann ich'? f.isscn, denken? Sie \vill mich nicht vcrschmähn. Die ich schon oft gesehn, Die ich so heimlich liebte, Die mich so oft betrübte. Die will sich jetzt dir schenken.

ica

Die Holle, die zu Pferde- Der Stolx der ganzen Erde, Die Iioid', aii3 deren Bliclica Im Tftiiz du so^ät Eiitzüchen: Sie ist Jetzt dein auf imniev. O Zauuerscliimmer, Veriraiilicli laicht der Naciit ! Was hur' icli? Ein Schlüssejl klingt saclu Und öffnet die Tliiir : Sie tritt lierfür.

AVo bin ich ? Was "wiinsch* ich? Die Wiese Lliiht üppig, Der Each rauschet zärtlich, Granaten giühn feurig, Der Himmel ist fröhlich. Der "Wald dunkel traulich, Dein Käirinicichexi heimlich.

101

Das F e e 71 h i n d.

An Friederike XJnz elin ann.

Ich kannt' ein seltsam FeehMnd,

Es <vv<ir so klein und zart. Und wechselte ^yie Luft und Wind

Gestalt lind Sinne saxt.

Dem Feenkinde nnr gefällt,

AVa^ Spiel ist , bnnt nnd krans j

So zog es durch die weite Welt Atif Zaubereyen aus,

£s schien ein feiner Knabe bald, und bald ein zierlich Weib ;

Ifun knapp unischlicfsr, nun frey uinwalit Ger/and den schlanken Leib.

101

Bald %vählt sie Edelstein und Goldj

Der Stickereyen Tracht ; Das reichste, was die Erde zollt.

Scheint nur für sie gemacht.

Doch giebt ihr nichts der fremde Glanz, Er leiht den Reiz von ihr:

thx Haar ist der Jii-vveien KranZj Ihr Arm der Spange Zier.

Bald, -^vie die Blnmcn auf der Ati, Thut sie auf Schmuck Verzichtr,

Und es heschämt der Augen Blau Nur das Vcrgifsmeinnicht.

"Verwandelt und ver-\vandelnd , eilt Sie weit durch Zeit und Piaum»

Erfreut, Letrüut, ver\^^^nd€t , heilt. Und wie, das weifs man kaum.

Jetzt hoch an Sinn imd edlem Blut "Winkt sie, ein Kitttrswrib,

"Vajii Htlmbusch ihren Knappen Mutb) Und fällt des Feiudes Ltib.

103

Alj Alpenhiriin scherzt und singt

Sie niiinlcr bc y der Mäh, Und in ihr kleines Hiiltchen dringt Der liehe liunimer nie ;

Der jetzo sie in irrera "Wahn

DnrcU Hain und "VTildnif? trciht :

Sie iieht nicht den Geliehtcn nahn^ Sie fragt noch . wo er bleibt.

Im AVimderland als "S^'iide dann. Mit hüpfend leichtem Tritt,

Necht sie den eifersücht'gen Mann Und alle Männer mit.

Ijt jetzt des Helden liebend Herz, Der }iiihn um Nachruhm v^irbt.

Und IMeht als Freiheit himmcl\VÄrt?, Da er für f rcyheit biiibt.

Sie wohnt als fromme Königin Ira iierker, still und grols.

Und jeder stiirz-te -w'iiÜg hin Für sie zv-s^ Todesioos.

io4

Jüngst Kahl sie, Grarnzerriittet gaaz, Bald trug mau daziii den Sarg,

Der unter Bhunen, iiuterra Kranz, Das blüli'iide Leben barg.

Ach, Solls xinwidermflich seyn?

So bangte mir das Herz. Zu schaiidervoll ist dieser Schein,

Zn grausam dieser Scherz.

Doch ist umsonst mit Feenmacht Die Heide nicht begabt :

In frischer Tilgend morgen lachti Die eben ihr begrabt.

Dem ■\Tcchsel , der sie sonst erfreut, Setzt sie wohl selbst ein Ziel;

Ein leichter "SYiiik von ihr zeistreut Der Bühne Gaukelspiel.

Klug, sittig, edel, schlingt sie nun Der Freundschaft zartes Band.

Das, sagt' ich, ist ihr vralires Thuw, Da« lUüi hat und Bestand.

105 Doch, unter Zxitrauii, unter Scher«,

Fallit oftmals ncbeubey Poch der Gtdauhe mir aufs Herz

Au iiixe Zauherey.

Die feinen Thierclieu um sie her

Besiäfheai micii d.irin : Sie sind nicht da von ungefähr.

Das hs.t geheimen Sinn.

"VTcn'! in dcra Tdn^c •'»Tundcriich

Ihr schüner Cacadou Sich wiegt, und ruft mit Namcu sich;

Jaquot! Ja quo t! ihr zu;

■\Yenn ihr das Möpschen ins Gesicht Alis schlauen Augen gafft.

Und mit der Pfote bittend spricht, Und eifersüchtig hlafft ;

"Wenn unter der ])ehenden Last Das Rofs sich stolzer hebt ;

Und jcdezi ihrer Vrinlic faf^r, Und ihr zti dienen strett ;

io6

Dann denli' ich : immer gleich gesinnt Sind sie, A'-cxwaiidclt , noch,

Und tragen um das Feciiliind Verschmähter Wiinsche Joch.

Dxiim hüte sich , -v\^er sie nur sieht !

Mit einem Bliclic blofs "Wcifs er nicht mehr, wäe ihm geschieht. Und kommt wohl nimmer los.

Doch vrarn' ich vor Bezauberang,

Und hin rerzanhert schon ? Stimmt sie des ernsten Liedes Schwung

Nicht zxim Romanzenton ?

So leg' ich ihr zu Fiifsen dar

Die leichte Melodie, Die meines Liedes Inhalt war, Und meine Miisc, sie.

A. W. S C H L E G E T.

107 An B u r i^

über sein Bildnifs der Grctfin Tolftoy sc e h. B ar atins k j.

So schlingt die Rechte in des Hauptes Schleyer Der Treue Göttiu xuid der Keiisclicn Sitte; So , sinnend und versenkt in ironiine Bitte, Steht die VestAle vor dem ew'gen Feuer.

Und die bewahrt das Heiligthum nicht treuer. Als du der Schönheit folgst mit leisem Tritte Bis in der Göttlichheit erhabne Mitte, Und machst die Üunst zu reiner Andacht Feycr.

Doch mildeit ihren Einst ein lieblich Scherzen:

Dil -wölbst in goldner Luft aus goldnen Blättern Der Holden eine Laub' und süfse Wildnifs.

Elysitim bringt mit sich herein zum Herzen,

Von Myrt' umgrünt, umspielt von Liebesgöttern, Das hohe zarte heiligschöne Bildnifs.

A. W. sc HL E GE I/.

108 Das Ideal,

Der ift zu scliwer, der andre fallt ins I^eichte,

Den strengen Ernst hier müfsie man noch würzen. Der Anmuth Eiille dort soclaiui verkürzen. Bald ist der Grund zn tief xmd Ijald zu seichte :

So steht die l'Innst dem Ideal znr Beichte,

Und kann den Knoten nie ganz richtig schürzen; Es mufs der Mensch anf eine Seite stürzen, "Wie fleifsig er sich auch zur Bildung zeigte.

In jeder Kunst, im Leben, ja iin "Wissen

Ist aiich dar, Beste falsch, die ferne Scheibe Scheint unerreicht die Schulzen nur zu äiFen :

"Wir Itünnea nicht lieraus aus unserra Leibe, An Allen wird der Kenner etwas missen. Und Einer kann das kleine Loch nur treffen.

Nur das Ganze, mein Freund , yvie es lebt und im Leben

sich spiegelt. Das sey dein Ideal, frey von der Formel Gespenst,

FR. SCHLEGEL.

109

Der Besuch^

I.

^lo r g e tu Die "Waldung schweigt

Und Nebel schleichen. Die Sonne steigt.

Glänzt durch die Eichen : Um nasses Moos

Erbehen Funken, Der Erde Schoos

-^liiht auf und die Vögel sind tiunken.

-Die Lerche singt

In hohen Lüften, Der Nachhall klingt

In allen Kluften.

10

110

DtiTfch Ncbelziig

IvTim rastlos v/eiter Im scliuclleu Thig !

Schon glänzet die Sonne so heiter!

Die Schöpfung regt

Die muntern Glieder. Das Herz mir schlägt,

Ich seh' sie wieder! Durch niedre Luft

Mit schwerem Segen Zieht Jfebclduft,

Ihm nicken die Saaten entgegen.

Wo End ich sie ?

^^'o mag sie weilen ? Vergifs^t mich nie

Und wünscht mein Eilen? Ha, jeder Sinn,

Vom Bilde trunken. Strebt zu ihr hin.

Die Schöpfung i*t rings um versunkeii.

111

Ihr holder Blicl«,

Der auf mich sinket, Ist schon mein Glüo!k.

"Wie freiiudlich w^inkeE Der zarte Mund

IVIit Zaiibeiküsscn ! O holder Bund !

O Glück! mich »o nahe zn \vis*cn!

Auf, eilt euch, schnell!

Ihr Rosse mnntei! Der Tag wird hell.

So fliegt hinunter] Dafs auch mein Herz

Den Segen finde. Und jeder Schmerz

Im himmiitchen Taumel verschwinde!

10

112

II.

Mittag.

Ich soll «ie sehn ! Fa?s' icli die V>'uunc ? O goldne Sonne ! Ich soll sie sehn !

"VYo sind sie, die Quellen? Die ■\Yaldcr verschwamden. Wo fiiiid iric f die Höhn?. Es laclien die hellen Liehdiigclndcn Stunden: Dil. wirst sie sehn.

Wie fremde Gestalten Durchwandern die Gassen! "Wie rauschen die Brunnen ! Ich kann mich nicht faesen, Mein fliegender Blick Durchwandert die Gassen, Durch?päht die Gestalten, Und suchet mein Gllick.

113

Am Fenster, was siehst du? Es flimmert der Schein. O Bildnif?, entfliehst du? Kannst du es -wohl seyn ?

O seyd mir gegrüfst, ihr Wollten fliehend f Gegriifst ihr Fremdlings -Häuser ! Ihr Tauhen flatternd ! ihr Bhiraen blühend ! "Waldranschen du vom Eerg hernieder! Ich d-^nk' es inniger , Sprech' es leiser, Das ganze Herze tönt es wieder : Ich soll sie sehn !

IIT. A h e n ä.

Wie ist es denn , dafs trüb' und schwe* So alles kömrat, vorüberzieht. Und wechselnd, quälend, immer leer. Das arme Herz in eich verglüht ?

ii4

Kaum gekommen

Soll ich scheiden.

Kaum entglommen

Löschen wieder

Alle Freuden,

Und der Leiden

Diuilüe WolKe senkt sich nieder.

Alis den Lichtern in die ISTacht, Aus den Augen , die mir tagen. Die aicin ganzes Ilexz durchlacht. Ein ich ATicdf.v allen Flagenj

Dem dürren Leben

ZiiriicK gegeben.

^Yie fiücht'ge Aiigenhlicke

Mein Gliiclic !

"Wie lange, lange Dauer

Der Trennung düsire schwere TrailCT !

Zurück zu Achren ,

Ujid dich entbehren i

"5

O als ich dicla noch nicht gcschn, Da durfte Sehnsucht hcy mir seyn. Ein Hoffnungsw'ind in meinen ^V^inschen 'STehn, Die Zuliunft %Tar ein heller Schein; Jetzt mufs ich vom Erinnern kaufen, "Was ich kaum zerstreut empfand; "Wieder durch die %Tilstcn Haufen, Durch ein unbewohntes Land, Soll ich irre, klagend, schweifen. Und des Glückes goldne Streifen, Auch die letzten, ahge-svandt. Noch fiihr ich deine Hand, Noch wie im Traume deine Küsse, Noch folgen mir die hclden Blicke, Und die Emxjfindtmg", dafs ich alles misse. Bleibt bcy mir zuriicke,

O HofTen, Schmachten, Liebesleid und Sehjieii, Wie dürst' ich nach den siissen Thränen ! O tröste mich doch, eitles Wähnen, So leer du bist, so todt, so nichtig! Verlafit ihr alle mich so flüchtig?

ii6

O Gegenwart) wie bist dxi schnell, Vergangenheit , "svie bist du hlein ! O Ziiknnft , -Kvie wirst du \inendlich seyn I Unendlich wie am Himmelsbogcn Die Sterne in die e-wgen Räume steigen. So führ ich Stunden, Tage, Monden hergezogen, Und durch mein tiefstes Seyn das trübe Schweigen, Um mich ein unvergänglich Meer von schwarzen

"VVogcn, Und ach ! kein grünes Ufer will sich zeigen !

IV.

Nacht*

Im Windegeräusch , in stiller Nachr,

Geht dort ein ^Vandersmann, Er seiifzt und Aveint und schleicht lo sachf,

Und ruft die Sterne an :

Mein Busen pocht , mein Herz ist f chtvcr.

In stiller Einsamkeit, Mir unbekannt, wohin, weher,

Purchwandr ich Freud und Leid;

117

Ihr kleinen goldneii Sierne, Ihr bleibt mir ewig ferne. Ferne , ferne, nd acli! ich veitraut' ench so gerne.

Da klingt es plötzlich nm ihn her.

Und heller v/ird die Nacht. Schon fühlt er nicht sein Herz so schwer.

Er dünkt c-ich neu cr-Nvacht ;

O Mensch , du bist uns fern und nahj

Doch einsam List du nicht. Vertrau' uns nur, dein Auge sah

Oft unser stilles Licht. ■\Yir kleinen goldnen Sterne Sind dir nicht ewig ferne ;

Gerne, gerne, Gedenken ja deiner die Sterne.

TIECJC,

128

Die letzten Worte des Pfarrers zu Drottnin^ auf Seeland.

Die luüdeu Glieder neigen sich zur Erde,

Und bald kaiiu ich diels Schweigen nicht uifliv

7)rechen ; Es sieht mich an mit üehender Geberde

Das stumme Bild, luxd diingt mich noch zu spre- chen ; "Warum, o Erde, halfst du i^einen Mund, Und warst so trag die Frevelihat zu'rächen?

Ihr ew'gen Lichter, die des Himmels Rund,

So -weit es reicht, mit stummem Glanz erfiiUen, Ist das Verbrechen anch mit euch im Bund ?

Kann nur der P.Icusch, -\vas er gesehn, enthüllen, "Warum denn Iionntcn mir die Ztmge binden Ein falscher Eidschwur und ein feiger "Willen?

Lafs mich nicht sterben, Gott, in meinen Sünden, ISiimm diese Last von der gcdrucliten Seele, Und lafs dies Blatt den rechten Leser finden,

1T9

Dafs CS der Zeit, die kommen wird, ersähle. Was ich gesehn, imd nicht in ew'ger Nacht Ein Grab mit mir die Greiielthat verhehle.

Es war in tiefer dunkler Mitternacht,

"VTann kräfi'ger der Gedanke sich entzündet; Als einsam ich heyra "SVort des Herrn gewacht,

Aiif dafs am nächsten Morgen ichs verkündet*, Dafs unversehns zwo dränende Gestalten ("VS'^ie es geschehn, hah' ich noch nie ergründet)

Indem ich sinnend sitze , vor mir halten,

Schw^arz wie die Nacht und ihre dunkeln

Mächte. "Wo war't ihr da, ihr schirmenden Gewalten?

"War abgewendet eure heil'ge Rechte,

Dem Frommen eine feste Burg und Mauer Vor bösem Anlauf und Gefahr der Nächte ?

Schon sank ich in des sichern Todes Trauer; Die Seele w^andte sich zum cw-'gen laichte. Die Glieder aber löste kalter Schauer.

Doch während so das Härtste ich erdichte. Das Äufserste zu dulden schon mich rüste, Geschah es mir, wie ich wahrhaft berichte.

120

Es ist eiil Ort nicht fern der Meeresküste, Vcr\vitt%vct steht der Kirche alt Gemäuer In des Gefildes dürrer sand'ger AVüstc,

Seit Gottes Hand an eines Sonntags Feyer

Das alte Dorf durch Sturm und Meeresbraus Bedeckte mit des Sandes dichtem Schleyer.

Dahin zu kommen in dem nächt'gen Graus

Befahl der Eine. „"^Villst die Glieder laben. So folge mir zu si>ätem Hochzeitschmaus.

Du kannst das ^vohl nicht alle Tage haben.'*

Der andre sprach: „ISTimm dieses Gold xind eile; Wo nicht, so bist du morgen schon begraben. "

Indem ich mich bedenkend noch verweile,

"Werd' mit Ge\ralt und Dräun ich fortgezogen; Der Weg ist wohl von einer halben Meile.

Die Sterne standen an des Himmels Bogen,

Sonst war die Nacht von keinem Lichte heiter. Und fernher tosten dumpf die Meereswogen.

Doch unsres Weges einz'ger sichrer Leiter

War ferner Laut, wie ich ihn nie vernommen; Denn schnell durchs Dunkel gingen die Be- gleiter.

121

Und als wir endlicli näher nun gekommen

Dem Ziel der Fieise, hielten die Geführten ; Und mehr nnd mehr ward mir das Herz hehlomiacii, Sie sprachen mit einander durch Geherdeji, Dranf gaben sie den Angen eine Hülle, "Wodurch sie nur die innre IS'acht vermehrten. Ich M^irde juin in meiner Seele stiEe,

Und wiedcrhohlie gläubig stets die Worte Voll Trost nnd Kraft : Herr, es gescheh dein Wille ! Und bald gelangt' ich zii dem stillen Orte, "W^ohin so oft voll Andacht ich gegangen. Und auf ein Zeichen öffnet sich die Pforte. Von andern Händen werd' ich da empfangen ; Obwohl geblendet kenn' ich alle Schritte, Und weifs, dafs zum Altare wir gelangen. Ich hört' Geräusch als wären"s Menschentritte, Und leise Laute durch die Stille schweben, Doch hatt' ich Muth zxir Drohung nicht, noch Bitte. Jetzt aber schien die Ruhe aufzuleben.

Schon war ichmeiner Sinne nicht mehr Meister, Und dachte; nun wird sichs zum Ende geben.

11

12.2

So maclite Furcht und Schieciten selbst mich drei*

stcr, . Dafs ich die Stimme herzhaft so erhohen: „Sejd abgeschiedne ihr, doch gnte Geister, Die Gott den Hcmi und Jcsxim Christum loben.

So sprecht, was treibt euch noch ztiriicliznliehreu In diese Welt von jener 'Welt dort oben ? Doch .eyd ihr nicht aus jenen sci'gen S]>hären, "Wer gab euch Macht, euch also zn erfrechen. Die hciFgc Rnhe dieses Orts zu stören?" Doch hüri' ich , kaum war diefs . vergönnt zu spre- chen. Ein schrecklich "^Vort mir an das Ohr getragen. Und stark wie Felsen durch das Herz mir bre* chen. Es galt nicht weder Fragen mehr noch Klagen, Ich konnte meinen Willen nicht mehr regen, .' Denn selbst die Kraft des AYollens war zerschU- ^ gen. Die Hi'ille fällt, und schon steht mir entgegen Das junge Brautpaar, harrend am Altäre, Und wartend auf den priesterlichen Segen;

125

Das Mädchen mit Jem frischen Kranz im Haare, ZiWaT schön, doch "bleich als käju sie aus dem

Grab, Dci Jiingling in der ersten Bluth' der Jahre,

Und hinter ihnen weiter noch hinah

Sah ich beym heilen Schimmerglanz der Lichter Im mittlem Gang ein frisch geöffnet Grab.

Und nah und fern ein Volh , das dicht und dichter Sich wölkte, als es jemals sonst gewesen. Es ^varen eigne seltsame Gesichter,

Worin man glaubt ein fernes Land zu lesen ; Doch ihre Herkunft war nicht auszuwii'.era. So fremdr-und unheliannt ^yar Tracht iind Wesen,

Und alsbald hör' ich durch die TLirche zittern So Orgelton als sonderbare Klänge, Dergleichen auch den stärksten Sinn erschüttern.

Und als verstummten Orgel und Gesänge,

An Sprach' und Vv'eise keinen zu vergleichen, ^ Sah ich zum Altar drängen sich die Menge,

DJs Mädchen gegen mich sich freundlich neigen. Mit einem Blick ich werd' ihn immer schauen Und dieser Blick schien mir ein willig Zeiche».

II *

124

Darob ergxifT ich ohne Furcht und Grauen Des Miidcheus kake todteuhLisse Hand, Um sie dem schönen Jiingling anzutrauen.

Wie wars, dafs ich das Zittern nicht verstand. Als ihre Hand zu seiner sich gewendet ? Und -warum Itnüi^ft' ich solch unselig Baxxd ?

Kaum war der letzte Segensspruch vollendet,

(In griech'schcr Ztuige, wie mau mir befolilen} So w^urdeii mir die Augen neu verblendet.

Woraus sich Thränen nicht umsonst gestohlen.

50 schied mein Blick von der vermählten Braut» Dann liefsen sie ein Crucifix sich hohlen, ^

Auf das ich mufst' mit heller Stimm' und laut Ein ewig Schweigen dieser Nacht geloben. Mit einem Sch"vvur, ob dem mir jetzt noch

graut.

Diefs war mir noch die härteste der Proben, Und als auch diesen Zw^ang ich xiberstauden, Ward ich zur liirche still hinausgeschoben.

Nun frey, löst' ich sogleich mich von den Banden, So mir die Augen starr und fest umzogen. Die sich alsbald empor zum. Himmel wandten.

125

Die Sterne standen noch am Hiramclsbogen, Sie sahen auf des alten Dorfes Triimaier, Und niiher brausten laut die Meereswogen ;

Und in der Kirche war noch schwacher Flimmer, Doch hald drauf sah ichs dunkel driniicu werden. Und es erstarb des Lichtes letzter Schimmer.

So legt', ermüdet von der Nacht Beschwerden,

Kraftlos und sch^vachi tim weiter noch zu walleni Ich eine \Veile nieder mich zur Erden.

Noch eine ^Veile, und ich hör' ein Schallen: Es trug der "Wind es von der Kirch' heriiber, Es d:uichte mir, als war ein Schills gefallen.

Darob ergrüFmich Schaiir und kaltes Fieber, In allen Gliedern schien es mich zu packen, Ich sah noch Einmal in die Nacht hinüber,

Dann wandt' ich eilig ihr die ilücht'gen Hacken, Und fliehend schnell durch Dornen, Schilf nnd

Moor, Als säfse Tod imd Hölle mir im Nacken,

Kam ich vor meines Hauses offnes Thor.

Dort warf der Schrecken mich gewaltsam nieder,, Doch friili am Morgen rifs es mich empor.

126

Nicht Fiuh noch Rast fiir die zcrsclilagneu Glieder: Noch eh die Sonn' em]porsticg an dem Himmel, Stand ich schon vor der alten Ilirche wieder.

Verochwnndon war der dunkeln >7acht Gewimmel, Die Kirche färbte sich mit goldneni Saiime. Es legte sich der Sinne w^ild Getiimrael.

Mir waxs, als wacht' ich auf ans einem Traum?. ^Var es des heitern Morgens frische Hülile, Die alte Still' in diesem heiigen Räume,

"War es der Trost der himmlischen Gefühle, Die dieser Ort so oft auf mich ergossen In mancher XiCiden schwerer banger Schwiile?

Mir war die Nacht wie ein Gesicht zerflossen. Aufs neue war das Herz dem Glauben offen. Und schon hatt' ich die Kirche aufgeschlos- sen.

Der erste Punkt, auf den das Axig' getroffen, Ist jener Ort, wo ich das Grab erblickt: Ich gehe hin und offn' es stark im Hoifen,

So tief ist mir dasZutraun eingedruckt.

Ich öffn' und finde o ihr ew'gen "Wunden ! Ihr ew'gen Dolche, die auf mich gezlickt !

127

Die bleiche Braut, so ich dem Tod verbunden. AYarxi'iii hr.t euch , ihr allzutreuen Augen, Kicht sch-'A'arze Nacht auf immer gleich gebunden ?

O Herz , -woran so viele Oualeu saugen,

■\Vas hinderte dich damals abzusterben? Ihr Lippen, die noch Lebensathera hauchen,

Was hielt euch ab , euch damals zu entfärben ? O Kräfte, die allmählich mich zerstören. Was wehrt' euch, damals gleich mich .zu verder- ben ?

Und so viel Jahre mufst' ich in mir nähren Das traurige Geheimnifs, das mich quälet. Und so mir selbst den ^Veg zu Gott verwehren!

Indefs der Tod schon meine Stunden zählet.

Und v^cr mich stellt in jedem Schrecliensbild Die !Öraut der Nacht, die ich ihm einst vermähler.

O selig jeder, welchem sanft luiü mild

Aus reinem Sinn luid fröhlichem. Gewissen In innrer Brust der Friede Gottes quillt !

Und diesen Frieden mufst' ich lange missen, O Quell des Heiles , unerschöpfter Born, Von dem der Gnade reiche Ströme fliefsen!

128

Wcnd' ab von mir den lang getragnen Zorn,

Lafs schlafen endlich , iafs sich endlich "brechen Des Herzens Noth nnd des Gewissens Dorn.

Dir ziemt es , das Verborgene zu rüchen.

Und neigst dich anch des Sünders frommen Bitten. Lafs diese Schrift zur fernen Zulumft sprechen,

und nimm mich auf in deine ew'gen Hütten.

BONAVEINTURA.

8 k o l i o n,

Kicht einheimischen "Wein bietet mir an, welcher

die Lippen nux Herb' anziehet; beym Mahl rühm' ich mich nicht

s o Patriot zu seyn. Brutus sagte: Wo £rey leben ich kann, acht' ich,

dafs Roma sey j ich j wo siifserej Saft Beben entqxüUt, find' ich «in

Vaterland. A. \y. ä c a L £ 0 X Xi.

129

Bilder der Kind hei t.

Der Vi''inteT hielt die Erde noch gefangen. Und trauTig standen aUe Eänm' imd Axicn. 'Da bliclit' ich auf mit sehnendem Verlangen : O laft mich hald die liolden Biixnien schauen ! Indem ich hat, höii' icli v.'io Vögel sangen. Sah warme Sonnenstrahlen niederthaiien ; Und \Tie der goldne Schein hernieder eilet. Kein Bliimchen mehr in kalter Erde weilet.

Ich safs im Schattezi einer alten Linde, Und vor mir sah ich hnnte Tnlpen hliihn, Die Zweige iibcr mir hewegt vom "Winde, Der breiten sanften Blätter helles Gfiin. Mir w'ar , als ob sie sich bestrebten linde, Erinnning ferner Zeit hcrbeyznziehn. Es pocht mein Herz von ängstlichera Erwarten', Und ich erkenne plötzlich nun den Gart:en.

130

Diefe ist öer Ort, -wo ich als Kind gespielctj Die rothcn Roseix von dem Siratich gepilücht; Mich hat der Linde Schotten of i. gekühlet ; Die glüliiidcii ^.'Vaiigen in dicfs Gxas gedruckt. Ein Eüfscr SchiiuTiruer oft um mich gespielet ; In frühe Kindheit wcrd' ich hier cntrüc]'v.t. In Sehnsucht i^t mein ganzes Htrx eutglommeil, JVIeiii Lehen, aii mein Thnn hinv^cggeschvvommen.

"Wer naht sich ans der Büsche Finsternissen, Und bleibt bedächtig beiden Piosen stchn? "Will alle Freude mich auf einmal grüfseri ? Der Kindheit Vv-artcrin soll ich hier sehn i^. Ach, ich -will schnell die treuen Lippen Küsseit O dafs sie eilte , z\i mir herzngehn ! Sie sieht mich nicht , und ^Tählet mit Bedacht Zu einem Straufs der Rosen schönste Pracht.

Ich blicli' auf sie, wie sie ihr Tlum betrachtet, l?^och Einer nun an ihrer Seite steht. \Yie CT gekommen, hab' ich nicht beachter. Im Freudetaiunci fast meixi Herz vergeht.

13»

Da er, den mir seit lange Tod nmr achtet. Mein Jugendfreund vor meinen Augen steht. Ich eile hin : mich fest zu überzeugen \ViIl ich die Arm', ihn zu umfangen, beugen.

„"VYie hab' ich so in finjterm Wahn geschn'chet ! Dich, Theurer, hielt ich lauge fiir gestorben» "Wer hat mit Zauber meinen Sinn umwebet i Mit Trauer mir der Jugend Lust verdorben ? Und keiner sprach in meinem Gram: er lebet; Ich hätte Muth durch dieses Wort er-svorben. So lange ward mein Glück mir vorenthalten. Hier find' ich dich mit dieser treuen -Alten. **

Er sieht mich an, doch er bewegt sich nicht. Die dargebotne Hand ^5,-111 er nicht fassen. Ich bin , spricht er, ein warnend Traumgesicht, Du mulst, wie ich, die Erde bald verlassen. Ein ew'ger Schlaf -wird dich umhüllen , dicht. Du wirst den Tod, der liebend naht, nicht hassen. Die Liebe, die ich zu dir trug im Leben, Zwingt mich, der Liebe Biütheu dir zu geben.

T32

Er nahm die BliTineu ans der Treuen Händen, Und reidit den gtraxifs, mich kalt betrachtend, hin; Ich mnfs die thräncnvollen Angcn wenden. Mir ist sein Anblick nun nicht mehr Gewinn, ,,Ist diefs ein Träumen , o so mag es enden ! " So hat ich, ,,es ver-wdrrt mir meinen Sinn. ** Ich sah. die Blnmcn, mnfste traiirend sch-\yeigen. Wie schon verhliiht das zarte Hanpt sie neigen.

Mtifs selbst der Liebe holde Blume schwinden, "V^'^enn meine Hand sie zu berühren wagt : Wo soll ich Trost für diese Leiden finden ? AVer blickt atir mich, die hier vergessen klagt? 80 rief ich laut und rifs des Scklummers Binden, Jedoch kein Licht den offnen Augen tagt. Nun giebt mein Herz nur trüben Bildern Baiun, Und es erscheint prophetisch mir der Traum.

so P HIK B.

135

A h e n d r ö t h e.

Tiefer sinket schon die Sonne,

Und es athmet alles Tiuhe, Tages Arl>eit ist vollendet.

Und die Kinder scherzen nmntcr. Qrüner giäiizt die grüne Erde,

Eh die Sonne ganz versunken ; Milden Balsam hanchen leise

In die Liifte n\in die Blumen, Der die Seele zart berühret,

■Wenn die Sinne selig trunken. Kleine Vogel, ferne Menschen,

Berge himmelan gcscll^v^^ngen, Und der grofse Silherstrom,

Der im Thale schlank ge-wamden. Alles scheint dem Dichter redend.

Denn er hat den Sinn eefnnden; Und das All ein einzig Chor,

Manches Lied aus einem Munde.

1<2

134 Die Berge.

Sieht uns der Blick gehoben, So glaubt das Herz die Schwere zu besiegen j Zu dcu Himmlischen oben Will c? dringen und fliegen. Der Mensch, empor geschwungen. Glaubt schon, er sey durch die Wolken gedrungen.

Bald mufs er staunend merken, "Wie ewig fest w^ir auf uns selbst begründet. Dann strebt in sichern W^erken Sein ganzes Thun , verbündet. Vom Grunde nie zu wanken, Und baut wie Felsen den Bau der Gedanken,

Und dann in neuen Freuden Sieht er die kühnen Klippen sjiottend hangen; Vergessend aller Leiden, Fühlt er einzig Verlangen, An dem Abgrund zu scherzen. Denn hoher Muth schwillt ihm in hohem Heizen.

135

Die Vögel.

Wie lieblich und fröhlich. Zu schweben, zu siugeu.

Von glänzender Höhe Z\ir Erde zu blicJieu !

Die Menschen sind thöxicht, Sie könneu nicht zv.itschem^

Sie jammern in Nöthen,

■\Yir flattern geii Himmel,

Der Jiiger will tödten.

Dem Früchte wir pichten; Wir müssen ihn höhnen

Und Beute ge\Yinneu,

12

Der Ji n a h e.

Wenn ich nur ein Vöglein -wäre. Ach "STie >Y0llt' ich Instig fliegen. Alle Vögel -weit besiegen.

Wenn ich so ein Vogel hin. Darf ich alles alles haschen. Und die höchsten Hirschen naschen. Fliege dann znr Mutter hin. Ist sie Lös' in ihrem Sinn, Kann ich lieb mich an sie schmiegen, Ihren Ernst gar bald besiegen.

Bnntc Federn , leichte Flügel, Dürft' ich in der Sonne schwingen, Dafs die Lüfte laut erhlingen, "Weifs nichts mehr von Band uixd Zügel. "War ich über jene Hügel, Ach dann wollt' ich Instig fliegen, Alle Vögel weit besiegen.

157

Der F l u f s.

Wie rein Gesang sich windet Durch wiindexhaTer Saitenspiele Rauschen, Er selbst sich wieder findet, "Wie auch die "Weisen taiischen, Dals neu entzückt die Hörer ewig lauschen:

So flierset mir gediegen Die Silbermasse, schlangengleich gewuijden, Durch Büsche , die sich wiegen Von Zauber siifs gebunden. Weil sie im Spiegel neu sich selbst ge fluiden ;

\"\''o Hiigel sich so gerne Und helle "Wolken leise schwankend zeigen. Wenn fern schon matte Stenve Aus blauer Tiefe steigen, Der Soiuxe triuikne Augen ahwäxts neigen.

138

So scliimmern alle Wesen Den Umrifs nach im kiiidliclicii Gcmüthc, Das zur SclionlieiL erlesen Durch milder Gtutcr Güte In dem Krystall bewahrt die flücht'ge Bliithe.

Der H i r t.

■^Venn ich still die Augen lenke Auf die abendliche Stille Und nnr denke, dafs ich denke, 'Will nicht Tiihcn mir der "NTille, Bis^ ich sie in Rnhe senke.

"Weil noch mHd der Mittag gliihte. Wollt' ich an der Quelle liegen, IMicli in siifse Silder wiegen,, Da kam Anmtith ins Gemüthe, Alle Weluaiuh zxi besiegen..

^39

ATcnu ich an das Bild gedenke, Anf die abendliche Stille Nun die stillen Augen lenke, AYill nicht Tuhcn mir der AVille, Bis ich sie in Bxüie s^nke.

Die Rose.

Es lockte schöne "Wärme,

Mich an das laicht zu wagen, Da hrannten v/ilde Glmhen:

Das mufs ich ewig klagen. Ich konnte lange hiiihen

In milden heitern Tagen ; Nun raufs ich frdhe ^velken,

Dem Leben schon entsagezi. Es kam die Morgenrölhe,

Da lieXs ich alles Zagen, Und öffnete die Knospe,.

"Wo alle Beize laaen..

i4o

Ich Iionnte frcniicUich duften.

Und. meine Krone tragen. Da \vard^zu heils die Sonne,

Die rnnfs ich drum verhlagen, "Was soll der milde Abend '^

Mnfs ich nun traurig fragen. Er Itann mich nicht mthr retten,

Die Schmerzen nicht verjagen. Die I\üihe ist verhlicheu,

Bald wird mich Kälte nagen. Mein kurzes junges Leben

Wollt' ich noch sterbend sagen.

Der S chin ett erlinZ'

Wie soll ich nicht tanzen ?

Es macht keine Mi'ihe, Und reizende Faxhen

Schimmern hier im Griiuen» Immer schöner glänzen

Meine biinteu Fliigel,

Immer siifser hauchen

- Alle Meinen Blüthen. Ich nasche die Blüthen ; Ihr lioniit sie nicht hüten.

"Wie grofs ist die Freude,

Sey's spät oder frühe. Leichtsinnig zn schweben

Ucber Thal und Hügel. Wenn der Abend säuselt.

Seht ihr "Wolken glühen ; Wenn die Lüfte golden.

Scheint die Wiese grünet. Ich nasche die Blüthen, Ihr.hönnt sie nicht hüten.

Die Sonne.

Mit lieblichem Bedauern Sehnt sich der Mutter Auge , und mufs traiiren ; Koch einmal sie umfangend Vergehn die Kleinen , an den Blicken hangend :

l42

Sie soll und iniifs sich trennen,

Nnr eine Mutter kann solch Leid erlieimen.

So Strom' ich volle Farben,

Dafs meine Liehen in der Nacht nicht darben i

Und fort vom ird'schcn Bande

"Will alles hin zn mir in sanftem Brande.

Ach dürft" ich mich erniedern,

Ihr Itindlich Feuer dankbar zu erwiedern !

Koch strömen bunte Fiuthcn,

Und heller lodern nur die Lebensgluthen,

Die Erde scheint zu rauschen.

Als strebte sie den "Wohusitz zu vertauschen.

Nun mufs ich dennoch scheiden,

Und euer Tändeln bis auf Morgen meiden !

So sauge , llVIensch , denn trunken

Der grofsen Mutter letzte Licbeshuiken !

Noch einmal will ich strahlen,

Und dann versinken in der Trcuramg (Qualen.

Jl5

Die Lüfte.

Wie säiifcln, ach so linde!

"Wir in den Bliithcn, Und lindern heifse Liebe

In kühlen Düften.

^Veiin Blumen süfs erröthenj Beschämt sich neigen.

Berührten wir die schönen In leichter Eile.

"Wenn -wir dann Scherze säuseln Dem der sich grämet,

So "W'ird die leise Freude Ihn hald beschämen.

Der Dichter

"Was -winisclicn. und was streben alle Siuuen ? Sie mocliten wieder in das All veTschv\''eben. "Was i?t das höchste Ziel von allem Streben? Es will der Mensch, wann er verklart, von hinnen.

Drum wollt ihr, sel'gcn Götter! Dank gewinnen Yon dem, der hohem Dienste sich ergeben. In heiliger Natnr nur lebt sein Leben, So lafst ihn schnell in leichten Dunst zerrinnen.

Es schwebt die Seele gern anf süfsen Tönen,

Und lauschet sinnend, was es wohl vcikünde. Ob auch die Gottheit schon denWiinsch gewähre :

Sie wünscht sich im Gesang so zu verschönen, Dafs ihren Leib das Flammens^^ iel entzünde, Sie selbst in leisen Ha\ich sich bald veiMäre.

^45

Als die Sonne nnu versunken.

Blühe L -noch der Abend roth. -Lange schienen weit die Flammen,

Gegenüber stand der Mond » AYie zwey '\Yelten gegenüber.

Diese bleich xmd jene roth, Mitten inne kleine Sterne

An deri Himmels Gürtel hoch, Unten dann die groise Erde,

■\^"o im tiefen Dnnkel schon Blnmcn duften, Bänme ranschen,

Boy der Nachtigallen Ton. Blafs -wird jene schöne Gluth

Und die Freude sinkt vom Thron. Ferji ist ganz des Tages IMutter,

Lichter scheint der bleiche Sohn. An dein Scliimmer freut der ?/Iensch sich

Und ist atich im Dnnkel fioh.

15

146

Der W and er er.

\Vic dciiilich des Mondes Licht Zu mir spricht. Mich beseelend zu der Reise: „Folge Iren dem allen Gleise, Wähle keine Heimath nicht. Ew'ge Plage

Bringen sonst die sch-weren Tage. Fort zn andern

Sollst dn wechseln, sollst dii ^Yandern, Leicht entilichend jeder Klage."

Sanfte EhL' nnd hohe Fhith Tief im Mnth,

Wandr' ich so im Dxinkel >Yeiter, Steige mtuhig, singe heiter, Und die Welt erscheint mir g\it.

i47 Alles, reine

Seh' ich mild im "Wiederscheine, Kichts verworren In des Tages Gliitli verdorren ; Froh umgehen , doch alleiiie.

Der Mond.

Es strehen alle Kräfte, So matt sie sind, znr Erde doch zn wirlien j In den cwgcu Bezirken

Der schönen ATelt ist das nnr mein Geschäfte ; Das mnfs oimmiichtig immer i<;h versuchen, Und traurig dem beschränkten Loose ilnchen.

Seht ihr mich jnilde glänzen Und ^yarme Sommernächte schon erhellen, AVo leise Fren le^vellcn

Der Erde Kinder kühlen nach den Tänzen; Sinds Sonnengeister nur, die snnftcr spielen: Mein eignes "SA'esen künnt ihr so nicht fühlen.

13

43

Doch wenn ich seltsam scheine, ^

Ans duiijtcln ^Tolhcn ängstlich'vorgcschlichen; Dann ist die Hall' entwichen,

Es merkt der IMcnsch mit Schaudern, was ich meyne. So zeigen Goi^iev sich, um euch zu weclien, Und hissen ahnden die verhorgnen Schrecken.

Eine IsacJitigall.

Sieh , es steigt zum dunkeln Throne Schon die Nacht im blauen Mantel, Und so ströme volle "Wogen Xiieheslust in heifsex Klage.

Eine an dr e. "VVas die AVorte nimmer sagten, "Wa.?^ in tiefem Herzen wohnet; Das ertöne im Gesänge, Das verschöne sich im Chore !

i49

^ ID i e er s t e.

Lange war «o Bni&t A-crsclilossen, Und mir fremd die siLfscn Gaben. AVn> i(.ii x-^-nfstc, war nur Hoilen, Bis der l.icbe Pixif mir schallte.

Die zw e y t e. ■\Tenn der Liebe Ruf nns fa5?et, Eliilit ein Sterneiigiirtcl oben; "Wenn die Kindheit uns verlassen, "Wird CS x^lötzlich lichter Morgen.

Die erste. Selig ^var ich ganz gc^vorden, Kühl gelindert das Verlangen, Als inmitten solcher "Wonne Keu die alten Schmerzen kamen.

Di e z lu e y t e. Nur die E\v'g^n dort im Glänze Sind bcfreyt vom dunheln Loose, Dafs ^ wo Freuden sich entfalten, ÜSTeiie Traner mitbekommen.

i5o

Die erste. In der Trauer bliilicn Rosen. Seit die Ernst im Schmerz gcb.adet, Der arts hoher Lnst geflossen, Kann ich in Gesängen klagen.

Die z II' e y te. Süfse "VTcihnng treuen Gatten, AVenn sie gleichen Schmerz gesogen ! Was kein Irdischer errathen, - rinden sie im gleichen Tode.

Bey cl e. Es verschönet sich im Chore Ijiehe.sliist in hcifser Klage ; "Was die Sonne nimmer sagte, Klagt die I^acht a-iif dunklem Thi'ouc.

i5i

Das Mädchen,

Wie ?o innig , niöcht' ich sagen. Sich der meine mir ergicbr. Um zu lindern meine Klagen, Dafs er nicht so innig liebt.

"Will ichs sagen , so entschwebt es ; "Wären Tone mir verliehen, Flöss' es hin in Hai'monieen, Denn in jenen Tonen lebt es. Nur die Nachtigall kann sagen, AVic er iunig sich mir giebt, Um zn lindern meine Klagen, Dals er nicht so innig liebt.

ifiS

Der Wasserfall.

■Wenn langsam "VYelle sich an Welle schliefset. Im breiten Bette fliofset still das LeLcn, Wird jeder Wunsch verscliwebcn in den einen : Nichts soll des Daseyiis reinen Fliifs dir stören. Läfst dn dein Herz bethören dnrch die Liebe, So ^vcrden alle Triebe , losgelassen, Der Kraft in vollen Massen sich entladen, Dafs unten tief >ich baden die Gcfiihic, Im buntesten Gewühle wilder rauschen. Bis ferne Männer lauschen und voll Bang-en Das nah zti sehn verlangen, was mit Grausen Die Scel' erftiilt im Sausen solcher "'.Vogen, Die manchen schon betrogen, und niciit ruhten. Bis tiefer in die Fluthen cwgcr Leiden Verschlu 'gen sie die beyden, die vereinet Im Silberschaum den süf.cn Tod beweinet.

153

D i e B l u jn e n.

Die schönen Farben dürfen nicht mehr glänzen, Mau darf den süffcn Putz nicht mehr entfalten. AVie zieml' ex auch zu solchen hohen Tänzen, ■\Yo Sterne heilig \'\-alten. Die das Azur urnltianzeii. Und nimmer vrohl veralten?

Wenn sich des Himmels Blumen herrlich zeigen, So mtifs der Erde Kindcrglaiiz ja sch-syeigen.

Das eine Itann uns auch die Kncht nicht rauhen, Ddfs wir in Düften unser Seyn vcriiüudcn, Mufs jungen Blüthcn noch die Lixst erlaiiben, "Wo sie in dimlicln Granden Und schöngCilochtnen Lauben So innig sich verbanden,

Die Luft mit süfserm AVohlgcruch zu füllen, Je dichter sie sich selbst in Schatten hüllen.

•^54

Vergeblich strebt der Meiucli mit schlaxicm Sijine, Von welcher Blume ^vohl der Duft , zu fühlen, Dafs jeder Blume Geist sein Geist gewinne ! "Wo holde I,üfte sinelcn, Dafs jeder Hatich zerrinne, Umüossen von Gefühlen

Vergilbt er bald, von -welcher JLnst er trinket, VVenn er berauscht in Balsamfiiithen sinket.

Der S an a: r.

Nimmer wird das Leid getndet. Dem die Lieder mir gefallen, Die von ferne leise hallen, AVo es gern sie hingesendet, Dafs sie wieder zu ihm wallen.

"Will mich Gcgcn-v\'"art umfangen, Schöne Liebe gleich erhören, Liebe Schönheit sich bethören, Mnfs ich Feifnes doch verlangen, Und. nur auf das Echo hören.

So wird nie mein Sinn gewendet, "Wenn er hört die Lieder scliailen, Die von ferne leise hallen, "Wo er gern sie hiugcseudei, Dafs sie wieder zu ihm wallen.

Die St

e r n e.

Dil staunest, o Mensch, was heilig war strahlen ? O folgiest dn nur den himmlischen AVinken, Vernähmest du hesser , \vas fxeniidlich wir hlinlien. Wie wiircn verschwunden die irdischen (Qualen! Dann flösse die Liehe aus ewigen Schalen, Es athmoten alle in reinen Aziiren, Das lichthlaue Meer Timschwehte die iFluren, Und funkelten Stern' auf den heimischen Thalen.

Aus göttlicher Quelle sind alle genommen. Ist jegliches Wesen nicht eines im Chore ? Nun sind ja geöffnet die himmlischen Thore, Was soll denn das hange Verzagen noch frommen ?

156

O wäret ihr schon 5:ur Tiefe geklommen, So sähet das Ilanpt ihr von Sternen umflogen Und spielend ums H,crz die hindlichcn "Wogen, ZiU denen die Siarme des Lehens nicht hommcn.

Die G eh US che.

Es wehet huhl und leise

Die Luft durch dunkle Auen, Und nur der Himmel Lichelt

Aus tausend hellen Augen. Es regt nur Eine Seele

Sich in der Meere Brausen, Und in den leisen "Worten,

Die durch die Blatter raxischen. So tönt in Welle AVelle,

"Wo Geisler heimlich traiiren ; So folgen W^orte ^Vorten,

"Wo Geister Lehen hauchen. Durch alle Töne tönet

Im hu n teil Er den träume Ein leiser Ton gezogen,

Für den , der heimlich lauschet.

157

Der Dichter.

Der schwarze IMantel will sich dichter falten, Die freundlichen Gespräche sind verschollen; "VVo allen "Wesen tief Gesang entquollen, Da mnrs die stumme Einsamkeit nun \valten.

Es darf den grofsen Flug das Herz entfalten.

Und ^anta^ie nicht mehr der Täuschung zollen. "Was farbig prangt, mufs bald ins Dunkel rollen, Is'tir unsichtbares Licht kann nie veralten.

"Willkommen , heil'ge Nacht , in deinen Schauern ! Es strahlt in dir des Lichtes Licht dem Frommen, Führt ihn ins grofse All aus engen IVIaiiern ;

Er ist ins Innre der Natur gekommen,

Und kann um ird'schen Glanz nun nicht mehr

trauern , 1/Veil schon die Binde ihm vom Haupt genommen.

TR. SCHLEGEL.

14

158

Tili er und Pflanze,

Kurz nur ist das Verweilen des Frühlinges , Himmel

und Erde, Eurer Vermählung Zeit; kurz die Berührung des Lichts. Pflanze, du Erd'entsprofsne, warum so strehst du

mit deinen Faden Ttnd Eliithen empor? Pfianze, dir ist es bewufst. Dich verknüpfet der Sonn' und dem Fieiche des Lichts

das Geschlecht nur ; Anders verhält sich das Thier, anders verhält sich der Mensch, "Welcher, Sonnengebohren, nur dTirch das Geschlecht

in der F.rde W'urzelnd, den Himmel dadiirch za\ihert zur Erde herab.

159 Durch, die ganze Natur wohnt zeugende Kraft nur

im Manne. Dir, du zärtlich Geschlecht, gab sie das Pilan- zengeschäft, Auszxihilden durch Sprossen den Sonnenschöf;ling

von innen. Welchen mit Liebe der Mann impft auf den herrlichen Grund. Pilanzennatur auch gab sie dem 'Weib: ich nenn' es

die Pflanze Unter den Thieren, den Mann unter den Thie- rcn das Thier. Zarter ist Liebe des "Weibs, noth^vendiger, stiller,.

auch ]iüri',cr ; Thierischer, freyer, allein daurender liebt axich der Mann. B o ?r A V E >r T V R A.

14

i6o

B er gi/imniS' Lehen,

Der ist der Herr der Erde,

"Wer ihre Tiefen niifst, '

Und jeglicher Beschwerde In ihrem Schoofs vergifst.

AT er ihrer Felsen- Glieder Geheimen Bau versteht,

Und unverdrossen nieder Zu ihrer "Werkstatt geht.

Er ist mit ihr verhündet, Und inniglich vcrtrant.

Und vrird von ihr entzündet, Als war sie seine Bratit.

Er sieht ihr alle Tage

Mit neuer Liehe zit, Und scheut nicht Flcifs und Plage ;

Sie läfst ihm lieine Ruh.

i6i

Die mächtigen Gescliichtcu Der längst veiilossiicii Zeit

Ist sie iiiiu zu berichten

Mit Freundlichkeit bereit.

Der Vorwelt heii'ge Lüfte ÜIn^^^ehn sein Angesicht.

Und in die Nacht der Klüfte

Strahlt ihm ein ew'ges Licht.

Er trifft auf allen "Wegen Ein wohlhehanntes Land,

Und gern kommt sie entgegen Den "Werken seiner Kand.

Ihm folgen die Gewässer

Hiiifreich den Berg hinauf,

L"nd alle Felsenschlösscr

Thun ihre Schätz' ihm auf.

Er führt des Goldes Ströme In seines Kunigs Haus,

Und schmfickt die Diademe Mit edlen Steinen aus.

l62

Zwar reicht er treu dem König Den Gliickbeg.ibten Arm,

Doch fragt er nach ihm ^yenig, Und bleibt mit Freuden arm.

Sie mögen sich erwürgen

Am Fufs nm Gnt nnd Geld,

Er bleibt anf den Gebiirgcn Der frohe Herr der ^Velt.

NOrALis.

Loh des Weins,

Axif grüi'icn Bergen "svird gcbohrcir,

Der Gült, der ims den Himmel bringt.

Die Sonne hat ihn sich crliohrcn,

Dafs sie mit Flammen ihn durchdringt.

i63

Er \Tird im Lciiz mit Lust empfangen, Der zarte Schoofs quillt still em^ior.

Und wenn des Herbstes Früchte prangen. Springt aiicli das goldnc llind hcTVör.

Sie legen ihn in enge ATicgen

Ins unterirdische Geschofs. Er träumt von Festen und von Siegen,

Und haut sich manches luft'ge Schlofs,

Es nahe keiner seiner Kammer',

"Wenn er sich ungeduldig dränge,

Und jedes Band und jede Klammer IMit jugendlichen Kräften sprengt.

Denn unsichthar'c "Wächter stellen.

So lang er träumt, sich um ihn her;

Und wer betritt die heil'gen Sclnvellcn, Den tritlt ihr Lufturawundner Spee?.

So wie die Sch-\vingen sich entfalten, Läfst er die lichten Aiigcn sehn,

Läfst ruhig seine Priester schalten.

Und kommt heraus, wenn sie ihm /lehn.

i64

Alis seiner ATicgc chiiiliclm Schoofsc Erhell« int er im Iirystallge-\vand,

Verschwiegner Eintracht volle Rose Trägt er hedenteud iu der Hand.

Und iiherall nm ihn ver.-^animeln Sich seine Jxmger hocherfreut,

-Und tausend frohe Zungen stammeln Ihm ihre Lieh' und Danjibarlieit.

Er spritzt in iingezähiten Strahlen Sein innres Leben in die Vv clt.

Die Liebe nippt ans seinen Schaalen Und bleibt ihm e^vig zugesellt.

Er nahm, als Geist der goldnen Zeiten, Vo3i jeher sich des Dirhicrs an,

Der immer reine Licblichliciten In trunJiucn Liedern aufgethan.

Er gab ihm, fci:ie Treu zu ehren,

Ein Hecht auf jeden hubscheu Mtmd,

Und dafs es hoine darf ihm wehren,

Macht Gott durch ihn es Allen liund.

>'OVAL.IS.

i65

Einsamkeit.

Der ist nicht einsam, der noch Schmerzen fühlet, Verlassen von den Freunden tind der "Welt, "Wenn er die heifse Angst in Traner hühlet, Und des Verlustes Bild im Herzen hält, Vergangenheit noch kindlich nm^ ihn spielet Und Ziihunft einen Spitgel A'or ihn stellt : Dem sind die Schmerzen Freunde und die Tiui'inen, Und er gcnielst sich selbst im stillen Sehnen.

Doch ^venn das Herz entfremdet fühlt die Lieben, Dnrch Mifsrersländnifs von ilim abge-wandt, Dann mufs der Menj:ch sich inniglich betrüben. Dann -wandert er aus seinem Vaterland, Und licine Statt' iit ihm, hcin Heil geblieben; Er ist von Tempel, Vv'eib und Kind verbannt. Wohin er schazit , ist ihm die AVeit getrennt. Und feindlich ist ihm selbst das Element.

i66

Dann fühlt das Herz den Todesdruck der Schwere, Um sich die ausgestorbene Natnr. Es steht allein, und eine ^vüste Leere Zieht sich durch Thal und Wald und griine Flur; Die Freunde waren , stehn im Feindesheere,, Der wilde Hafs verfolget seine Spur, Die innre Liebe strebt empor zu flammen, Doch driiclit die schwarze Nacht das Licht zusamrnen.

Dann bin ich fern im Tode eingeschlossen, Ich höre keinen Ton, der zu mir dringt, Und Freud' und Schmerz sind aus der Brust geflossen, Die in '"ich selbft in tiefsten Aengsten ringt, Auch kein Erinnern dels, was sie genossen. In ihrer tauben Leere wiederklin gt, Und höhnend ruft der innre 1>Ö5C Feind-* Genüge dir, so wie du sonst g^moynt !

Ich bin gefangen, seufzt die arme Seele, Bedarf wolil deren , ^•^■clclle mich verstehn ; Doch wenn ich mich so stumm verlassen quäle. So mufs ich in mir selbst zu Grunde aehn.

Was frommt es , •v^'emi ich dir den "Wiinjch verhehle ? Ich nixifs mein Licht in andern Augen sehn. Mit jenen cia-= , hin ich vou dir bcfreyet. Mit mir allein, bin ich mir selbst cntz^Ycyet,

Mit ihnen seh' ich die mir ahwärf; neigen. Die von der todten Welt sich schon geschieden. Und die ich selig fühlte stets mein eigen ; Von W^aldjnnd Flnr und Thal bin ich vermieden. Die Blumen wollen sich nicht freundlich zeigen, Die Sterne gönnen mir nicht mehr den Frieden, Natur , die Heiige , zieht sich weit ziirücke, Ich ilche wohl, sie sieht nicht meine Blicke.

Das Unsichtbare , das ich in mir hegte, Die alte Zeit , die Liebe zu dem Hohen, Der Glaub' an Kunst, den ich so innig pflegte, Ist alles mit der Liebe weit entflohen. Was herzlicli sich mir an die Seele legte, Wird sichtbarlich und will mir furchtbar drohen ; O Jammer ! -svas ich e ^v i g stets genannt, Ist wild und zeitlich vor mir hingebannt .'

i63

Versteinert sieht es starr mir in die Blicke, ■\Vas geistersüfs die Seele qtiilleud stillte. In Steinen liegt niiiiier mein kindlich Glücke, "Was sonst in schnellen Blitzen sich enthüllte; Die liebsten Kinder können nicht ziirückc, Das Mutterherz verstummt , und an dem Bilde Erstarrt es seihst und wird zxi wildem Stein, Die tiefe Traur sinkt in sich selbst hineiix-

"V^^enn dann die Seele hat den Fels empfunden, Druckt sie durch alle Sinnen wie sie ziirne. Im Herzen werden Schmerzen dann entbunden. Die Augen saugen Fluthen aus der Stirne, Und in den Thränen bluthen alle Wxuiden. Voll Mitleid neigen w^ieder die Gestirne, Im ew'gen Schmerz verstummet das Verheerende, Es löscht der Strom das Feuer, das verzehrende. Belebt die Ewigkeit sich , die verklärende.

T I E c K.

169 Lied.

Schaff das Tagwerk meiner Hände, Hohes Glück, dafs ichs vollende.

Will der rothe P-lorgcn tagen, Hoffnung hohe Freude geben, Rosenlicht am Himmel schweben, Kühner Muth die Kräfte -wagen, Mufs ich sagen :

Schaff das Tagwerk meiner Hände, Hohes Glück, dafs ichs vollende.

Senkt sich milde Röthe nieder, "\Tcnn die Ruh am Eache lauschet, Abend kühl im Walde raiischet, Dunkel schlagen ferne Lieder, Seufz' icii wieder : Schaff das Tagwerk meiner Hände, Hohes Glück, dafs ichs vollende.

TK. SCHLEGEL.

l'J

Idylle,

^Vas regst du, mein AVein, in dem Fafs dich? ,,Es brachten die Düfte mir Kunde Von der Inbrunst meines Erzeugers, Das regte das Innre mir axif.

Ich möchte die Bande zersprengeili Die von ihm mich ferne hallen. Und zerfliefsen , und in den Düften Zusammenströmen mit ihm."

So bringen heimliche Stimmen Der Geister Psychen die Kunde Von der tmendlichen Liebe Im unendlichen , ihrem Erzeuger;

Und es dehnet sich ihr das Herz aus, In unbeschreiblicher "Wehmuth,^^ In unaussprechlicher Sehnsucht, Bis die irdische Hülle zerreifst.

171

T 0 d t e n - 0 p f e r.

I.

Sinnesäudej'ini g.

Ich -wollte dieses Leben Dxirch ein unendlicli Streben Zur E^Yigkeit erhuhn. Icli fragte nicht nach dri'ibcn. Mein Hoffen rtnd mein Lieben War mir hienieden schon.

"VTas die Katur gewoben-, "Was Menschen draxif erhoben^ Verband mir Poesie. So -wähnt' ich klar zu lösen Das Gtite samt dem Bösen Zu hoher Harinonie.

1-3

"Was x>lötzUcli abgcl.itochen,. War dennoch ausgesprochen Dem ordnenden Gefühl: Ein Lied war mir die Jugend, Der Fall der Heldentiigend Ein göttlich Trauerspiel.

Doch bald ist mir zerronnen Der ?.Tiit]i , so dicfs begonnen^ Die Gnügsamhcit in Dunst. Gefesselt vom Verhängnifs Im irdischen Gcfängnifs : AYas hilft mir weise Kunst ?

Die Fiose, I^aum entfaltet, Doch süfser mir gestaltet Als aller Schmuck der ^Tclt, Die hat ein "Wtirm gestochen. Die hat der Tod gebrochen, Die hat der Sturm gefallt.

173

I<run schau' ich zu den Sternen, Zu jenen ew'gen Fernen, ■\Vic tie? aus oder Kluft; Und, ihre blauen Augen Dem. Himmel zu einsaugen, Hiiss' ich die leere Luft.

O , T\'erde mein Orakel, Du, die du ohne Makel Der falschen Welt entflohst ! Sieh mich in meiner Demutli Und haiich' in meine ^Yehmuth Der zarten Liebe Tx-ost.

"Wenn dort die Ros' erbliihte. So sey die hcil'ge Güte Endlos gebenedoyt. Z-svar sehnlich \verd' ich schmachten. Doch nicht vermessen trachten Aus dieser Sterblichheit.

■^74

■^Vo ich mich -sviederfinde ' liey meinem süfseii Kinde, JMiifs Heil sej'U , AYcuin' und Licht. Sie wird, wenn meiner Zungen I3er Klage Laut verklungen. Mein himmlisches Gedicht.

Den strahlenden Karfunkel IS^ahm ich in grausem Dunlicl Der Schlange Tod vom Haupt. Ich -will ihn hey mir tragen, In allen Lehenstagen ■\Yird er mir nie gerauht.

175

II.

^uf der Reise.

Von ferne Itommt zu mir die trüLe Kunde.

Es trennt mich ein Gebirg- mit \Vald und Klüften, Blau dämmernd in des Horizontes Diiften, Von dort, wo ich erlitt die Todcsv.mnde.

Da mach' ich anf die "STandrung mich znr Stunde : "Wo Bäche stiirzcnd rauschen in den Schiliften, ^Vo Felsen sich gewölbt zu dtinkeln Grüften, Da ist der Pfad mit meinem Sinn im Bunde.

Hier reiste jüngst hindurch, die ich betra\ire,

Isicht achtend auf des schroffen V/egs Bcschv.'erde ; Zur heitern Landschaft siidlich hingezogen.

Mai ^vaTS , nun heifst es Somm.er, und ich schaure Von lialtem Stxirm ; ihr ward zum Grab die Erde; , Der Lenz hat Allen, Jugend ihr gelogen.

176

III. U er G c smidhrunneiu

Der Himmel lacht , es ^vcllen -svarme Uifte,

Die Gauen blühn ringsum mit Wein und Korne. Hier schirmen Hügel vor des Nordwinds Zorne Ein Meines Thal voll frischer AVic?cndii£te,

Und es ergiefst der Schools der hiihlen Klüfte Heilsamen Trank in ewig regem Eorne. Da fällt mich die unheimliche , verworrne Vorahndung an: hier sind auch Todtengrüfte.

Kannst du dich so, Katur, mit Mord besudeln? "VTic, oder war dir jede Kraft und Tugend Vom unerLittlichsten Gestirn gebunden?

Ja, hier, wo selbst die Quellen Leben si^rtideln. Hat, in der Fioscnfiille froher Jugend, Mein sufses Leben seinen Tod gefiiudeu»

177 Der erste Besuch am Grabe,

Schon "Wochen sind es, seit sie hier versenltet D,en süfseii Leib, von aller Hxild umflossen. Der das geliebte AYesen eingeschlossen, Zu dem umsonst mein Sehnen nun sich lenket.

■\YeIIi ist der Kranz , dem Grabe frisch geschenket. Und nicht ein Halm dem Hügel noch entsprossen ; Die Sonne zielt mit glühenden Geschossen, [Noch Than noch Fi.egcn hat den Staub getränket.

Atich ^Terd■ ich dazu nicht des Himmels branchcu. Kehr dich nur \veg , f iihlloses AYeltenange ! Ihr "Wolken mögt euch anderswo ergiefse;».

Isur meine Tliränen , heil'gcr Boden, sauge!

Bey v.'armera läebesblick und kühlem Haxichea Der Seufzer sollen AYnnderbhimen sprielscu.

178

V.

Geliebte Spuren,

Dich sollt' ich hassen , und ich miifs dich liehen, Ort ! der mein Kleinod geizig ^Tolltc haben, iNicht nm sich sein zn freun , es zu vcrgrahen ; Seihst reicher nicht, iudefs ich arm gehliehen.

Hier sind noch ihre Spuren ciiigeschriehen:

Atif diesen AViesen safs sie j Schatten gahen

Ihr Eusch und Baum, und Früchte, ?iezii Iahen;

Die Bhimenlust liefs Au und Feld sie üben.

Hier sang sie noch dem Echo muntre Lieder; Jungfraulich wandelnd im Cyancnhranze Liefs sie das goldne Haar anmuthig ilatteru.

Bald aber sank sie, ach! entseelt danieder, ■\Vie den Gespielen weggerafft im Tanze Eiirydice vom Stiche falscher Nattern.

179

VI.

Das S clnu mieiili e d.

Oft, wenn sich ihre reine Stimm' erschwamgen,

Schüchtern midltiihn, und Saiten drein gerauschet, Hab' ich das iinbe-wnfste Herz belanschet. Das ans der Brit^t melodisch vorgedrungen.

Vom Becher, den die "Wellen eingeschlungen.

Als 'aus dem Pfand, das Lieb' und Treu getaxischet. Der alte König sterbend sich berauschet. Das -svar das letzte Lied, so sie gesungen.

Wohl ziemt sichs , dafs der Lebensmüde Zecher, "Wenn dunkle Finten still sein Lfcr küssen, In ihren Schoofs dahingiebt all sein Sehnen.

Uns ward aus liebevoller Hand gerissen.

Schlank, golden, süfsgefüUt, bekränzt, der Becher; Und xins zu Füfsen braust ein Meer von Thräiien.

i8o

VII. Die hin Ulli LS che Mutter

Der Himmel, sagt man, Kann Gewalt erleiden, O dl eiligen mciuer liliclie Liebcsp feile Die Wolhcii durch, dafs ich an deinem Heile, Geliebtes Kind, mein Herz doch möchte weiden!

Dil miifstest von der treuen Mutter scheiden : Ward eine Mutter droben dir zu Theile? "Wer sagt dir Tröstung, die dein Mitleid lieile, "VYeiui du so fern herabsohaust auf uns beydeii ?

Ein heii'ges AVort hat Botschaft ja gesendet.

Dort -svaU' ein weiblich Bild der Muttertriebe, Das Herz der Welt , in ewigem Umarmen.

O, -wenn von ernster Glorie Strahl geblendet, Die zarte Seele flieht zum Schoofs der Liebe: Birg du, Maria, sie in deinen Armen!

13^

viir. An Novalis,

Ich lilage nicht vor dir: du kennst die Trauer; Dil Yi'eifst wie an des Scheiterhaufens Flammen Die Liebe glüh'nder ihre Fackel zündet. Der Freuden Tempel stürzt' auch dir zusammen. Es hauchten kalt herein des Todes Schauer, Wo Reiz und Huld ein Brautgemach gegründet. Drum sey mit mir verbündet, Geliebter Freund , das Himmlische zu suchen. Auf dafs ich lerne , durch Gebet und Glauben Dem Tod sein Opfer rauben. Und nicht dem tauben Schicksal möge fluchen, Defs Zorn den Kelch des Lebens mir verbittert, Dafs mein Gebein vor solchem Tranke zittert.

16

l82

Dil schienest, losgerissen von der Erde,

Mit Icichcen Gcistertrittcn schon zu wandeln,

Und ohne Tod der Sterblichkeit genesen.

Du riefst hervor in dir durch geistig Handeln,

AVie Zauberer durch Zeichen und Geberde,

Zum Herzvereine das entbchwundne 'W'^esen.

Lafs mich denn jetzo lesen,

Was deiner Ernst die Himmel anvertrauen;

Das lieil'ge Drüben zwar entweihen AYorte,

Liefs' auch die ew^'ge Pforte

Noch -wen zuracli, er schwiege : lafs nur schauen

Mein Aug' in deinem , wenn ich bang erbleiche.

Den Wiederscheiii der sel'gen Geisterreiche.

Es ruft uns mit lebendigem Geräusche

Des Tages Licht zu irdischen Geschäften, Uir leiblich Theil verleihend den Naturen. Die Sonne will auf sich den Bück nur heften. Und diildet, dafs sie allgebietend täusche. Kein Jenseits an den himmlischen Azuren. Doch wenn die stillen riiueu

185

Scheinbar die Nacht mit ihrer Hiill' iimdiiiilielt, Dann öffnet sich der Räum' und Zeiten Ferne; Da ^vinken so die Sterne,

Dafs nnserm Geist ein innres Licht cntfunltelt. Bcy Nacht ^yard die Unsterblichkeit ersonnen. Denn sehend blind sind wir im Licht der Sonnen,

Bey Nacht auch iiberschreiten ki'ihne Tränme

Die Kltift , die von den Abgeschiednen trennet.

Und führen sie herbcy, mit uns zn kosen:

"Wir staxinen nicht, Avcnn ihre Stimm' nns nennet,

Sie ruhn mit uns im Schatten grüner Baume,

Der-sTeil sich ihre Grüfte schon bemoosen.

Ach die erblich ncn Rosen

Auf dem jungfräulich zai ten Angesichte,

Das selbst der Tod , gleich nach der That versöhnet.

Entstellt nicht, nein, verschonet,

Erblühn mir oft im nachtlichen Gesichte,

Dafs meine Brust ganz an dem Bilde hänget,

"SYovon des Tags Gewühl sie wcggedränget.

16 *

So ist mir ji'ingn das thcure Kind crscliienen,

■Wie axif erstanden ans der Ohnmacht Schliimmer;^

Eh noch das dumpfe Grab sie iiherhonimen.

Uns Tranrendcn verscheuchte sie den Kummer,

Und Nvaltete mit ihren sufscn Mienen,

Als wäre sie der Heimath nie entnommen.

Doch heimlich und beklommen

Schlich sich der Z^veifel ein in unsre Seelen;

Oh sie, xms an|^ehörig, -svahrhaft lebte ?

Ob sie als Geist nur schwebte,

Den herben Tod uns freundlich zu verhehlen?

Und keiner wagte sie darum zu fragen,

Um nicht den holden Schatten zu verjagen.

Mir hat sich Traum und "Wachen so verworren.

Und Grab und Jugend , dafs ich schwankend zaudre Nach irgend einem JLcbcnsgut zu greifen. Vor allen Elüthen steh' ich fern und schaudre, Ais würden sie von einem Hauch verdorren. Und nie zu labungsvollezi Fr lichten reifen. So mufs ich unstät schweifen,

185

Alis meiner Liebe Paradies vertrieben, Bis ich gelernt vom Ird'schen mich entkleiden, Und an dem Tröste ^veiden, '

Dafs diese Ding' in leeren Schein zerstieben; Und n\ir die drinnen wohnenden Gedanken Sich ewiglich entfalten, ohne AVanken.

Geh hin , o Lied ! und sage :

Du jtigendlicher Himmelsjiaher , labe

Mit deiner AYeihe den, der mich gesunken,

Dafs er, emporgeschvvtmgen

Zum Ziel des Sehnens , nicht versink' am Grabe.

Ich bri:ig' ein Opfer fiir zwey theure Schatten,

Lafs uns denn Lieb' und Leid und Klage gatten.

136

IX.

An denselben..

Dil Thcurer , dem ich dieses Lied gesendet,

Mills ich dich selbst schön suchen bey den Todten ? Zur Todtenfej'cr hab' ich dich entboten: Knn werd' ein Todtenopfer dir gesi^endet.

"Wer sich zu ferner Lieben Heimath wendet. Dem -wird gar mancher zarte Grnfs geboten; So find' in dir mein Sehnen einen Boten, "Wenn je mein Herz dir liebend sich verpfändet.

Sag' ihr : doch in der Sprache jener Sphären

Verstnmmt der Laut des Schmerze?, denichmeyue. Und diese Traner liifst sich dort nicht nennen.

O [könntest du den Perlenschmuck der Zähren Ihr bringen , die ich ilir tmd dir nun weine ! Für wen sie ilicfsen , w^eifs ich nicht zi-i trennen.

A. W. S C H li E G E L.

187

An Novalis,

I. ^

"Wer in den Blumen , 'Wäldern , Bergesreilien,

Im klaren Flnfs , der sich, mit Bäumen sclimucket, Nur Endliches , Vergängliches erblicket, Der tranre tief im hellsten Glanz des Maien.

/ Nur der kann sich der heil'gen Schöne freuen.

Den Blume, "NVald und Strom ziir Tief' entrücket, AVo unvergänglich ihn die Blüth' entzücket. Dem e-sY'gen Glänze keine Schatten dräuen.

Noch schöner deutet nach dem hohen Ziele Des Menschen Blick, erhabene Gebehrde, Des Busens Ahnden, Sehnsucht^iach dem Frieden.

Seit icli dich sah, vertraut' ich dem Gefühle, Du müfstest von uns gehn und dieser Erde, Du gingst ; fahr -wohl ; wir sind' ja nicht geschieden.

188

II.

■Wann sich die Pflanz' entfaltet ans dorn Keime, Sind Frühlingslüfte liebliche Genossen, Kommt goldner Sonnenschein herabgeflossen, Sie griint tmd wächst , empfindet süfse Träume.

Bald regt sie sich , in Aengsten, dafs sie sAnme,

Litft , Sonne, "Wasser, die sie schön genossen, Macht quellend Leben lind den Kelch erschlossen j Niui ist es Nacht, sie schaut die Siernenräume.

Da fiihlt sie Liebe, und den stillen Liiften Giebt sie , von tiefer Inbrunst angesogen, Den Blumengeist und stirbt in süfsen Düften.

So "W^irdcst du ztim Himmel hingezogen.

Sanft in Musik schiedst du in Freundesarmen, Der Frühling wich, undKlagen ziemt uns Armen.

TIECK.

i89 Geistliche Lieder^

"Was war icli oline dich gewesen? ■\Vas wiird' ich ohne dich nicht seyn? Zu Furcht lind Aengsten auserlesen^ Stand' ich in weiter "Welt allein. Nichts wüfst' ich sicher, w^as ich liehte, Die Zukunft war ein dunkler Schhmd ; Und wenn mein Herz sich tief betrühte, Wem thät' ich meine Sorge kund ?

Einsam verzehrt von Lieh' und Sehnen, Erschien' mir nächtlich jeder Tag ; Ich folgte ntir mit hcifsen Thriiucn Dem "svildcn Lauf des Lebens nach. Ich fände Unruh im Getümmel, Und hoffnungslosen Gram zu Haus. "Wer hielte ohne Freund im Himmel, Wer hielte da atif Eiden aus ?

190

Hat Christels sich mir kund gegeben, Und bin ich seiner erst gcwifs, "Wie schnell verzehrt ein lichtes Leben Die bodenlose Finstcrnifs. Mit ihm bin ich erst Mensch geworden; Das Schicksal wird verklärt durch ihn, Und Indien nnifs selbst in Norden Um den Geliebten fröhlich bliihn.

Das Leben wird zur Liebesstunde, Die ganze Welt spricht Lieb' und Lust. Ein heilend Kraut ■v\^'ichst jeder "Wunde, Und frey und voll klopft jede Brust. Für alle seine tausend Gaben Bleib' ich sein dcmuthvolles Kind, Gew^ifs ihn unter Tins zii haben, "Wenn zwey auch mir versammelt sind.

O ! geht hinaus auf allen ATcgen, Und höhlt die Irrenden herein, Streckt jedem eure Hand eut^^^egen, Und ladet froli sie zu uns ein.

Der Himmel ist bey uns axif Erden, Im Glauben schauen -wdr ihzi an ; Die Eines Glaubens mit uns werden, Aiich denen ist er aufgctlian.

Ein alter, schwerer "Wahn von Siinde "War fest an unser Herz gebannt ; \Tir irrten in der Nacht wie Blinde, Von Reu und Lust zugleich entbrannt. Ein jedes "Werk schien uns Verbrechen, Der Mensch ein Götterfeind zu seyn, Und schien der Himmel uns zu sprechen. So sprach er nur von Tod und Pein.

Das Herz , des Lebens reiche Quelle, Ein böses VS'esen ^vohnte drinn ; Und wards in unserm Geiste helle. So war nur Unruh der Gewinn. 'Ein eisern Band hielt an der Erde Die bebenden Gefangnen fest ; Furcht vor des Todes Richterschwerdte Verschlang der Hoffnung Ueberrest.

192

Da Itam ein Heiland , ein Befreyer, Ein Menschensohn, voll Lieb' und Macht; Und hat ein allbelchend Fener "^ In iinserni Innern angefacht, Nun sahn wir erst den Himmel offen Als imser altes Vaterland, "Wir Itonnten glanhen nnn und hoffen. Und fühlten uns mit Gott verwandt.

Seitdem verschw'^and bey uns die Siinde, Und fröhlich wurde jeder Schritt; Man gab zxim schönsten Angebinde Den Kindern diesen Glauben mit ; Durch ihn geheiligt zog das Leben Vorüber, wie ein sel'ger Tr?um, Und , e-w'gcr Lieb' und Lust ergeben, Bemerlite man den Abschied kaum.

Noch steht in w^mderbarem Glänze Der heilige Geliebte hier, Gerührt von seinem Dornenhranze Und seiner Treue weinen wir.

^93 Ein jeder Mens.ch ist uns willkonimen, Der seine Hand mit xms ergreift, Und in sein Herz mit anfgenommen Znr Frucht des Paradieses reift.

IL

Fern in Osten Avird es helle, Grane Zeiten ^Terden jnng ; Ans der lichten Farbenqxielle, Einen langen tiefen Trunk ! Alter Sehnsncht heilige Gevs^ihrnng, Siifse Lieb' in göttlicher VerklHriing.

Endlich kommt znr Erde nieder Aller Himmel sel'ges Kind, Schaffend im Gesang ATeht wieder Um die Erde Lebenswind, ^Veht zu neuen ewig lichten Flammen Längst verstiebte Funken hier zusammen.

17

^94

Ueberail entspringt <ixis Grüften Neues Leben , neues Blut, Ew'gcu Frieden uns zu stiften, Taucht er iu die Lebensfluth ; Steht mit vollen Händen ii^ der Mitte Liebevoll gewärtig jeder Bitte.

Lasse seine milden Blicke Tief in deine Seele gehn, Und von seinem eyvgen Glücke Solls i du dich ergriffen sehn. Alle Herzen, Geister und die Sinnca "Vierden einen neuen Tanz bcginneji.

Greife dreist nach seinen Händen, 'Präge dir sein Antlitz ein, Mufst dich immer nach ihm %Tenden, Blüthc nach dem Sonnenschein ; Wirst dii nur das ganze Herz ihm zeigen, Bleibt er wie eiai treues "Weib dir eigen.

105

IJjiser ist sie nun geworden, Gottheit, die uns oft crsclireclit. Hat im Süden nnd im Norden Himmclskeirae rasch ge-vTCclit, Und so lafst im vollen Gottefgarten Tren uns jede Kiiosp' nnd Blullie warten.

III.

Wer einsam sitzt in seiner Kammer,^ Und schwere, Littre Thrr-nen weint, "Wem nur gefärbt vo^t Noth und Jammer Die iSTaclibarscliaft iiinhcr erscheint ;

Wer in das Bild vergangner Zeiten Wie lief in einen Abgrund sieht, In welchen ihn ^'on allen Seiten Ein süfses AVeh hinunter zieht ;

Es ist , als lügen 'Wunderschätze Da unten für ihn aufgehäuft. Nach deren Schloff in wilder Hetze Mit athemloser Brust er greift.

17

196

Die Zi.iluinft liegt in öder Diivre Entsetzlich lang und bang vor ihm -7- Er schweift nnihcr, allein und irre, Und sncht sich selbst mit Ungcstiini.

Ich fair ihm -weinend in die Arme : Atich mir war einst, vfie dir, zu Miith, Doch ich genas von meinem. Harme, Und weifs nun , wo man ewig xnht.

Dich mufs , wie mich ein "Weseai tiösten. Das innig liebte , litt und starb ; Das selbst für die, die ihm am wehsten Gethan, mit tausend Freuden starb.

Er starb , und dennoch alle Tage Vernimmst du seine Lieb' und ihn. Und Itannst getrost in jeder Lage Ihn zärtlich in die Arme ziehn.

?«Iit ihm kommt neues Blut und Leben In dein erstorbenes Gebein Und wenn du ihm dein Herz gegeben. So ist auch seines ewig dein.

"W'as du vexlohrst , hat er gefiiiidou ; Du triffst bey ihm, \-\-as du gelicht: Und c^vig bleibt mit dir verbunden. Was sein« Hand dir Aviedcrgi^bt.

IV.

Unter tausend frohen Stunden, So im Leben ich geftinden. Blieb nur eine mir getreu ; Eine, wo in tausend Schmerzen Ich erfuhr in meinem Herzen, Wer für uns gestorben sey.

Meine "Welt war mir zerbrochen* Wie von eihem "\^"urra gestochen Welkte Herz und Blüthe mir ; Meines Lebens ganze Habe, Jeder Wunsch lag mir im Grabe, Und zur Qual w^ar ich noch hier.

^98

Da ich PO im stillen liiMuliLe, Ev/ig weint' und wegverlangte. Und iinr Lliob vor Angst und ■\Valin; Ward mir plötzlich, wie von ohen "SVeg des Grabes Stein gehohen, Und mein Innres aiifgethan.

"Wen ich sah , nnd wen an seiner Hand erhlichtc , frage Keiner, Ewig w^erd' ich dicfs nur sehn; Und von allen Lebenssutnden ^Vird nur die, wie meine Wunden Ewig heiter, ofTen stehzi.

\

'99

V.

"Wenn ich ihn nuf habe, ■Wenn ex m.ein nur ist, "Wenn mein Herz bis hin ztim Grabe Seine Trenc nie vergifst : ;.

AVeifs ich nichts von Leide, Fühle nichts , als Andacht , Lieb' nnd Freude.

"Wenn ich ihn nnr habe Lasb' ich alles gern, Folg' an meinem Wanderstabe Trengesinut nur meinem Herrn ; Lasse still die Andern Breite, liclite , volle Stralsen wandern.

Wenn ich ihn nnr habe. Schlaf' ich fröhlich ein, E\\äg wird zn süfser Labe Seines Herzens Fiuth mir seyn. Die mit sanftem Zwingen Alles wird erweichen nnd durchdringen.

200

"Wenn ich ihn nur habe, Hah' ich auch die ^Velt ; Selig , wie ein Himmelsknabe, Der der Jungfrau Schlej^cr hält. Hingesenkt im Schallen Kann mir vor dem Irdischen nicht graue».

"V^^'o ich ihn nur habe, Ist mein Vaterland ; Und es fällt miir jede Gabe "Wie ein Erbtheil in die Hand; Längst vermifste Briider- Find' ich imn in seinen Jüngern wieder.

vr.

Wenn alle \intTeu werden, So bleib* ich dir doch treu; Dafs Dankbarkeit auf. Erden Nicht ausgestorben scy.

201

Für mich nmfing dich Ltideii, Vergingst für mich in Schmerz ; Drum geh' ich dir mit Frcxiden Auf e^Yig dieses Herz.

Oft mufs ich hitter -weinen, Dafs an gestorben bist, Und mancher von den Deinen Dich lebenslang vergifst. Von Liebe nur durchdrungen Hast du io viel gethan, Und doch bist du rcrkhingen, Und keiner denht daran.

Du stehst \'oll treuer Liebe Noch immer jedem bey, L^nd Vscun dir keiner bliebe, So bleibst du dennoch treu; Die treuste Liebe sieget. Am Ende fühlt man sie, "VVeint bitterlich und schmieget Sich kindlich au dein Kaie.

202

Ich habe dich empfunden, O ! lasse nicht von mir; Lafs innig mich rerhiindeii Anf ewig- seyu mit dir. Einst schauen meine Brüder Auch -wieder himmelwärts, Und binkcn liebend nieder. Und fallen dir ans Herz,

VII.

Hymne,

"Wenige -wissen Das Geheimnifs der Liebe,' Fühlen Unersättlichkeit Und e-vv'igcn Durst. Des Abendinahls Göttliche Bedeutung Ist den irdischen Sinnen Riithsel ; Aber wer jemals Von heifsen , geliebten Lippen Athem des Lebens sog,

Ä03-

Wem heilige Gluth

In ziLteriide "Wellen das Herz schmolz,

^Vem das Auge aufging,

Dals er des Himmels

Uiiergriiudliche Tiefe mafs,

Wird essen von seinem Leil^c

U'Sd trinken von seinem Bluic

Ewiglich..

Wer hat des irdischen Leibes

Hohen Sinn errathen ?

AVer hann sagen,

D.ifs er das Eint versteht ?

Einst ist alles Leib,

Ein Leib,

In himmlischem. Blute

Schwimmt das selige Paar.

O ! dafs das Weltmeer

Schon erröthete,

Und in duftiges Fleisch

Aufquölle der Fels!

Nie endet das siifse Mahl,

Nie sättigt die Liebe sich.

204

Nicht innig , nicht eigen genug

Kann sie haben den Geliebten.

Von immer zarteren Lippen

Verwandelt -wird das Genossene

Inniglicher nud näher.

Heifsere "VS^ollnst

Durchbebt die Seele.

Durstiger und hungriger

"Wird das Herz :

Und so -währet der Liebe Genufs

Von Ewigkeit zu Ewigkeit.

Hätten die Ni'ich lernen

Einmal gekostet, t Alles verliefsen sie.

Und setzten sich zxi uns

An den Tisch der Sehnsucht,

Der nie leer wird.

Sie erkennten der Liebe

Unendliche Fülle,

Und priesen die Nahrung

Von Leib und Blut.

^OVAIilS.

205

Alte Gedichte

ans dem SpaniscJien.

A II f die heilige C at.har i n a.

Reine IVIagd , von Idarem Golde Hat dir Gott ein Herz gegeben, Das so fromm bestehen sollte ; Thüt der 13rust das dein' entheben, "Wie dein Flehn begehren wollte.

Ja er mahlt' auf deinen AVänden Karmosincn c^oixie AVunden, \Vill sein Bhit dazti ver^venden. Da ward nachgebildt gefxmden Jede Qnal an Füfs' und Händen.

18

2o6

Christi Leiden mufst' , o Holde, In der Iliitte dich umgehen, Die kein' andre Nahrung w^olUe, "Was sein heilig Mahl nicht zollte. Und zxini Lager dürre Reben,

A uf d t r Fi l grim s c h aft.

Jungfrau , ewig Braut am Throne Dessen, der vor allen Zeiten Dich zum Tröste uns bereiten "Wollte , für des Lehens Frohne. Du des heiigen Gartens Krone, Hohe Perle, so uns bliebe, Quell der gottgc-vveihtcn Triebe, Strahlenglanz der evs^'gen Liebe, Du, von der Gott selber schriebe, Königin dich hiefs zum Lohne.

207 Thexire Zuflucht für Entflohne, Milder Oelbaum reich an Fruchten, In defs Schatten wir uns flüchteni Da der Friede fciig -wohne. Deiner Glorien lichte Krone ^Volltc Salomo schon zeigen, Engel fcyerns in den Reigen ;. Dn , der sich die Himmel neigen, Stnrani die Schö:isten alle sch\A'cigen, Vor der Mutter mit dem Sohne.

Ach wie spricht in sanftem Tou€ Die holdselge Heiterkeit, Givadcnvolic Gütigkeit, Dafs sie frcniidlich nnser schone. In den Feidorn von Sioiie Lilienbhime hold verschlossen. Frommer Demiith Palm' entsprossen. Die des Segens Fitll' ergossen. Uns gewaffnet mit Geschossen Allen Schrecken gar znm Hohne.

18

208

LicL' entquillt ans jeder Zone Dir , des Lebens neue Sonne, Leuclitcnd JLicjir, das uns, o AYonnc, Neil erscluif im ird'schcn Thone. Herrin , acli ! -w^as sind wir oliue Deine süfse Huld zu achten? ■\Venu wir gleich die Pein verlachten, "Wird die Schuld uns trüh' umnachten, Wenn es nicht die Augen machten, Lichter Iloirnun"- Chalccdone.

Schau herab von deinem Throne, Königin , zu der wir trachten, Unsern Feind durch dich verachten, Jeden Schmerz in Frieden brachten, Ende du mein tiefes Schmachten, Dafs ich selig bey dir wohne.

209

V ovi L, ei de 7t Christi,

Erd und Himmel sich beklagten,

Trübe w^ar das Licht verborgen, Wüthcnder das Meer zu brüllen

"\Yälzie dunkel seine ^Vogen, Als der hohe AYelterloser,

An dem Kreuze bald gestorben, "VVorte, würdig heifser Tliräncn,

Also sagte, wie sie folgen: „Nun , o Kcrr , in deine Hände

Sey au jetzt mein Geist befohlen.** O unsäglich tiefe Trauer,

Unvergleichbar bittre Loose, Dafs der unerschafTne Schöpfer

Selber zum Geschöpf g•e^vorden, Um dieselben zu erretten,

Die ihm gaben Tod ziim Lohne ! j

210

xN'iir du seine hohe iMutter,

Reiner Jungfraun heiige KronCi

Dil allein vom Trost enllilcidct

Magst CS sagen, Freudeulose !

d.

Da imn todt der Herr des Lebens, Der Tncin Sohn,'

Sey der Tod das Ziel des Strehens, Und mein Lohn.

Mntter ward ich -wie noch lieinci Ohne Sorg* nn l ohne Schmerzen, Die ich jctzo erst be^Yeine, Seit sie doppelt mir im Herzen, Doppelt Leiden mir gegeben Um den Sohn,

Dafs im Tod der Herr des Leben?; Ist entflohn.

211

Weil viel Tod i?t üLeiwimdeu

DiiTcIi des Einen bittres Sterben,

Drum mufs billig- tax die ^Viiuden

Viele Tod' ich Eine sterben,

Und es schielet den Trost vergebens

Von dem Thron

Zu mir her das Licht des L,ebens

Tür den Sohn.

Vöglcin , die ihr fliegt in Reihen, Thicre , \vai\delud auf den Weiden; Sagt, warum wollt ihr nicht schreye«, iVIich ;'-u tröftcii in den Leiden? Der allein kein Trost gegeben, Weil emiiohn

In den Tod der Herr des Lebens, Der mein Sohn.

rn. SCHLEGEL.

2.12

TI y m n e n

nach de m L a t c i ni s ch e n.

Die vor Liehe sterbende IM a r i a.

Hört, Sioiiiiinncii, Meine Gespiclimieii ! Seht mich mitleidig an. Saget dem Bräntigam, Liebe ver\riindc micli, Iviiiiimer gesiiiidc ich.

Stützet die waiiliende Schmachtend erkrankeiHle } Bettet auf Diif^en sie iiühlet mit Liiftcn sie: Denn iu mir Aviälzen sich Flammen , xmd schmelzen mich.

Häufet mir Iahende Schhiiiimerhegabcndc Z\veige zi;sammen auf, Lcfft mich in Flamraeu drauf:

213 Als Pliunix. sterb' ich so, LeLeii cr\TerL' ich so.

Ob Lieben Leiden scy. Ob Leiden Lieben scy, \\'cif» ich zu sagen nicht ', Aber ich klage nicht ; Lieblich das Leiden ist, Wenn Leiden Lieben ist.

Liebe , was quälst du mich ? Besser eiitseelst du ir^ich. Zögernde Pcinigiing Heinnit die Yereinigung : Jalir' ans Sekunden hier Machen die AVunden mir.

Erich ans des Lebens Schoof;,

O Seele, strebend los !

Das Feuer eilt hinauf.

Und nimmer %v'eiit im Lauf

1 Bis an des Himmels Rand ;

Dort ist mein Vaterland.

2l4

Die Himmelfahrt der Jungfrau.

Phöbxis, auf! am heitern Himmel

Strahle hell dein Angesicht. Sieghaft aus der Schiacht Getümmel Kommt die Feidherrin ans Licht. Die Stygischcn Machte Schlug Jiidiihs Rechte, Maria, so die Feinde. Lricht.

Sch^rcb' erlaucht in Siegesehren,

L.^fs der Erden Ficgion, Und erschwinge dich zum hehren Himmlischen Palast und Thron; All der rollbracliten Thatcn und Schlachten Emi>fauge den bereiten Lohn.

215

Zeuch mit fliegendem Paniere Himmlische iVIiliz ! hinaus ; Den Triumphes "V\'"agcn führe Jauchzend in der Sterne Haus ; Den Lorbeer binde Und Kränze winde, Gieb Rosen , streue Lilien aus !

Festlich lodern lafst die Flammen,

O ihr glühnden Seraphim ! Stimmt der Hymnen Klang zusammen, O ihr süfsen Cherubim ! Jubelnd vor allen Lafs Gabriel schallen. Du Brautbewerber, deine Stimm'!

Deine Arm' entgegenbreite,

Jesu , zu der Mutter Grufs ; Sie hinauf zum Vater leite, Unter manchem keuschen Kufs. Sohn , die dich pflegte. Und liebend hegte, Hab' ihrer Liebe nun Genufs.

2l6

Heilgc Drryheit dor PcTSOneii,

Giel» die Krou' des Ruhmes ihr ; Der Sicgsköiiii'jiii zn lohnen, Beut des Zc]>icrs goldiie Zier. Von nah und ferren Die hohe Herrin Mit frommem Lied begrüfseu wir.

Heil tausendmal dir !

Grufs ohne Zahl dir ! Beschirm dein Volk, o Königin.

Starke Bellona ! - Milde Patrona ! Gieb deinen Dienern defs Gevs'inn.

Maria , reine I

Mutter wie keine ! Zeuch deine Kinder nach dir hin.

2i7

Vom j üng s ten G ei'icht^

Jenen Tag, den Tag des Zoren, Geht die ATelt in Brand verloren, ^Vie Propheten hoch besch^voren.

"Welch ein Granu wird seyn nnd Zagen, "Wenn der Richter hommt , mit Fragen Streng zu prüfen alle Klagen.

Die Posaun' im AVundertone, Wo auch v\'er im Grabe wohne, Rufet alle her zum Throne.

Tod , NatTir mit Staunen sehen Dann die Creatur erstehen. Zur Verantwortung zti gehen.

Und ein Buch soll sich entfalten. So das Ganze -svird enthalten. Ob der Welt Gericht zu halten.

19

-t3

"Wann der Richter also richtet, Wird, was heimlich war, herichtet, UnSerocheu nichts geschlichtet.

Ach was -vA^erd' ich Armer sagen ? AVer beschirmt mich vor den Klagen? Da üerechte selber zagen.

Konig, furchtbar hoch erhaben, Frey i^ind deiner Gnade Gaben : Woll' atich mich mit ihnen laben.

Milder Jesn , woll' erwägen, Dafs du kämest meinetwegen, Um mein Heil alsdann zn hegen.

Ich wMr Ziel ja deines Streben?, Kreuzestod dci Preis des Lebens ; So viel Müh sey nicht vergebens.

Richter der gerechten Rache, Kachsicht üb' in meiner Sache, Eh ztim letzten ich erwache.

Reuig mufs ich Angst erdiilcleii. Tief erröthend vor den Schulden : _Sieh mi^h Fleh'ndcn , Gott, mit Hulden.

Dn > der lossprach einst Marien, Und dem Schdclier selbst verziehen. Hast mir Hoffnung ancli verliehen.

Mein Gebet gilt nicht so thctier ; Aber lafs mich , o du Trciier, Nicht vergehn in ew'gem Feuer.

Zu den Schafen lafs mich kommen, Fern den Böcken, angenommen Dir zur rxechten bey den Frommen.

"Wann Verworfnen ohne Schonung Flamm cnpcin wird zur Belohnung, I\uf mich in des Segens AYohntmg.

Herz , zerknirscht im tiefsten Grxiude, Bete, dafs ich noch gesunde, Sorge für die letzte Stunde.

19

220

Thränen iDringt der Tag des Zoren, Wo ans Staub \vird neu geljoreii Zum Gericht der Mensch voll Schnidcn. Darum sich ihn, Gott, mit Hnlden ; Jesu, milder Ilcrrsclier du, Gieh den Todtcn ew'ge Ruh.

A. \Y. S C H L E G E Iv

221

Helleiiik und Ro in antik.

I.

Das Lehen.

Kräftig und jauchzend und klar, so strömte die

"Welle des Lebens Durch die Seele der Menschen , in euch ihr helkni«

sehen Zeiten, Als vor dem Hauche der Sitten zuerst sich die Ne»

hei der "Wildheit Brachen, und jugendlich hlühcnd die Welt aus dem

Nehel hervortrat. Damahls %yar sie ein Spiegel der frischen , lehendi»

gen Kräfte, Die sich im Innern erhildend ansh alles Aenfsre ver-

, schönten.

2.22

Leben und Glauben war Eins ! Man wufste noch nicht , dafs man glaubte.

Denn es hatte der Mensch noch nie besonnen ge *

zweifelt.

Hatte nicht kritisch gewählt, was den Zweifel be- ruhigen möchte. Sehnsucht, heiliges Pfand von unseim unendli- chen Dascyn,

Freundlich wärest du noch , warst noch des Lebens

Gespielin.

\Tie einst unter den Hirten Apoll ein geselliger Hirt

war,

Also verkehrten mit dir, dti Göttin im menschlichen

Herzen,

Traulich der irdische "Wunsch und jede vergängliche

Hoffnxmg !

Schwester nannten sie dich, und während sie spiel- ten im Thale,

Horchten sie deinem Gesang, der von den Hiigeiii

herabflofs.

Und genossen das himmlische Lied mit den Düften

der Erde.

223

Schlug dann mächtig das Herz, das niaclite die Biiist nicht beklommen,

AYeit und hell, wie der Äther mit freyen Armen

umschlinget

Fluren nnd AVAlder und Berge, so schlang sich

die geistige Sinnnng

Um die Wechselgestalt des leiblichen Sinnes , und

bcyde

Gaben das fröhliche Bild harmonischer Tage des

Frühlings. 'Dafs tms ein höherer Geist beseele, denn alle Ge- stalten,

"Welche sich um uns regen , das fühlte der Mensch

im lebend'gen

Wollen und Thun, er vermochte sich nicht so nie- drig zu schauen,

Oder so elend, als jetzt ein seellos Spiel der Be- griffe,

Mit dem Jammer verbündet der künstlichen Lebens- vergeudung,

In das Haken System des eisernen Denkens ihn

hinwirft !

224

Statt sich niederzuwerfen der niedern Schöpfung-,

erhöh er Seihst die kleinen Naturen au seinen tmsterhlicheu

Busen, Und umfing sie mit geistiger Lieh' , als ein geistiges

Lehen ! Zwietracht war in den Dingen atich damahls,

aher im Geiste, Der zum fröhlichen Kampf gciiht und immer hereit

stand, Lös'te sich Zwietracht auf in Spiele des rühmlichen

Kilmpfcns. Und man gedachte nicht dran, sie axifzulösen,

sie w a r e n ' s, Wie der heroische Blick sie fafste mit göttlichem

Frohsinn ! Also ^vogte dahin das Leben in herrlichem

Strome, Und hegriifste den Tod als ein Meer, wohin sich

die Ströme Alle drängen, ein Meer, das alle Ströme vereinet.

. £25 Da kamen" andre Zeiten, graue Nacht Verschlang der Sonne jngcaidlichen Schein, Der frische Lebensgeist war ansgefacht. Man wollte lebend ohne Leben seyn ! Des kalten Denliens Ange war erwacht, Und schaute zweifelnd in die AVeit hinein. Es war des Glaubens schöner HimmeLbogen Vojn Nebeldunst des Forschens rings umzogen.

Und auf den Herzen lag der Nebel schwer, Sie konnten frey nicht athmen , nicht erklingen! An Herzens -Echo war die Schöpfung leer, Denn sie vermochten nicht, es wach zu singen.

Die Seele fiihlte keinen Frieden mehr,

«

■\Vas sollte da den Zwist der AVeit bez-v\dngen? Ei floh der Kimste muntres Leben -Spiel, Aus jener Zeiten Furcht -und Angst - Ge'vylihl.

Auf ewig war die junge Zeit verschwunden, Da Glaifben noch und Leben Eins nur waren, Da sie als Kinder kindlich sich verbunden. Und keine Trennung hatten noch erfahren.

226

Das Leben zählte sich nach bangen Stnnden, Der Glaube ^vnfste nicht sich zu bewahren ; AVeg- von der Kerze in die Lnft gehaucht. Verfliegt die Flamme , und die Kerze raucht.

Ja , Sonnentag des jungen Menschenlebens, Einheit von Licht und AViirme in den Seelen, Dich sucht das forschende Geschlecht vergebens. Der Suchende mufs ewig dich verfehlen! Du bist kein Ziel des Forschens noch des Strebens, Man ist der Deine , ohne dich zu -wählen : So schaun wir heinen Stern bey Sonenschein, Die Sonne steht und glänzt und wärmt allein.

Doch in der Nacht, die jetzo war gekommen. Da sehnte sich der Mensch nach Sternen - Schein; Als ihm das eigne Soiinoilicht verglommen, Sanh auch die Welt in Dunst und Kcbci ein. Jetzt fand er erst sich in der V\'elt beklommen. Und wollte gerne überweltlich :e)'n. Hier war das Leben in sich selbst geschieden. Hoch übcr'm Leben wiuischt' er Lebens - Frieden !

Si27

In diese Nacht stieg Je?us Christus nieder. Ein "WuiiderthätCT für das "Wuudcrschncn ! Er stärltte neu die schon gelähmten Glieder, Und trocltnete die liiiigst geflofsuen Thrar.en; Er brachte nicht das Paradies nns wieder. Er -wollte nnr das Feindliche versöhnen. Ach, nnr Entz^rcynng kann Versölmnng gehen, Prüm ranfs der Mensch anch der Versöhnung beben !

])ie Nebel fliehn vom Himmels Angesicht, Hoch Dunst nnd Nacht mnfs anf der Erde weilen; Ans blanem Dnnkel winkt der Sterne Licht, Nnr dafs wir schann , Avie Dimst nnd Nacht ver^Teilen. Und ob der Sterne Mnnd auch tröstlich spricht; ,,Der Stern in euch kann zu den Sternen eilen;'* Die Himmels - Flamme brennt anf irdnen Kerzen, Wie hebt der Geist sich mit dem Sinnen -Herzen ?

-\Yir glauben neu , doch v\'issend , dafs wir glaiiben, Wir haben es dem Zweifel abgezvrungen, Drum fürchten wir, er möchi' uns wieder raiiben. Was wil" mit banger Sehnsucht jetzt utiischliingen ;

228

Ja , Furcht und Bangheit dii?icrn iinsern Glauben,

Und mit dem Zweifel wird noch stets gerungen,

Das Lehen fliefst nicht mehr in frcyeni Guf?,

Es Jirtinuiit und diininit und wechselt sich der Flufs.

»

Wohin sich noch die "Welle soll ergiefsen ? Ach. zu den Sternen, deren Bild sie trägt ! Es möchte auf^T'ärts zu den Himmeln fliefsen. Was sich als Ilimmelsspiegel drin hevs^egt. „Dafs diese Sterne in der Welle sprielscn, ,,Dafs dieser Strom den Himmel in sich hegt!" W^ir hören's wohl ; doch schwer ist's , zu erfahren, "W^ic "Weir und Himmel einst ein Ganzes Avaien!

Leb' ^^Oiil, o du des Glaubens Herosthum, Du rangst und spieltest gern im Weltgewimmel. Religion w^ard drauf ein l'iitterthum, Die Welt verlingnend, hampft sie für den Himmel. Uns, Freunde, .^ey des Glaubens schönster Tiuhm, Die Welt zn lieben , als den ATeg zum Himmel. Wir scheiden PIlicht und Neigung, Geist und Sinn, Doch sinnlich strebend zu dem Geist'gen hin.

22g

Zum Ziel des Strebcns ist ein mystisch Bild Von si^niiicli gcist'gcr Tlar.nonie gestellt. Die Schnsuclit -sTivd dnrch Sehnen iiocJi gestillt, Als Ort des Sehnens lieben wir die "Welt. So anch mit Sehnsiichis - Düften üherhüUt Die neue linnst dem Menschen wohlgefallt, Hciienisch Leben , du bist uns verlohren, Drnm haben das romant'sche "syir erhohren.

ir.

Der Tod.

Freylich nns schneidet die Parze zu früh den Fa- den des Lebens ! Jung noch bin ich, obwohl schon im versilber- ten Haar. Ist es mir doch , als waren die frischen Spiele des

Jünglings Gestern gewesen, so frisch lacht mir noch heute die Welt.

£0

250

Heute noch glänzt mir die Rose wie Lippe des Mäd- chens , noch heilte Duftet der Apfel mich an , wie ihn der Knabe

geschmeckt. Mir , dem Alten , ist ach ! nichts alt ge^vorden , die

Seele Grlifset sich selber noch jung, griifset den himmli« sehen Tag ! Aber ich iränme zuw^eilen vom Tod, von lieben Ge«

storb'nen. Gleich mir waren sie jtmg , aber wir nannten sie alt! Auch begegnet es mir, dafs .-^ich die Eriunrung ver- irret, Wunderbar leb' ich zurück, ach und ich leb' es aucl) nicht ! Was ich gehört und geschn in vcrschicdnen Jahren

luid Stunden, Was sich zu anderer Zeit , immer auch anders ge- zeigt. Wird mir ein Wtmdergemisch , ich fiihl' es zugleich

wie der Knabe,

.231 "Wie der Jiingling, der iMaiiu , acli , tiiid so fiihr icli's nicht rcdir. Jetzt ist heller die Stunde, ich könnt' empfiudcu als

Knabe, Oder als Jüngling i nd Mann, jedes in jeglicher Kraft ! Sterben sollt' ich? ich hann's nicht! Dennoch

führ ich, die Parze Nahet mit haltender Hand mir an die Schlafe des Haupts ! Kränzt mir die Schläfe mit Rosen, und reicht der

singenden Lippe Dort den bekränzten Pokal, Leben, an würze

den Tod!

Kinder, war es denn dunkel? Du ^vendcst die

Fackel, o Knabe! Seh' ichDämmning des Tags? glänzet der Morgen erapbr ? Wende die nächtliche Fackel! mir strahlt in ro- sigem JLichte Hermes gelliigelter Stab mit dem Erneuungs - Sj'm« hol.

£32 Bin ich ein Schatten "gcAvordcn in diesem Lichte ?

Du bist OS, Leichte Gestalt; jetzt erst fühl' ich, du warst eine Last ! Freunde, vernehmt ihr mich noch? Lebt wohl,

ich folge dem Gotte, Lebend in leichter Gestalt grufs' ich Elysiiims Flur !

Dil hast im Tod ein weltlich läed gesungen; Mir ist das ganze Leben nur ein Sterben, Die wilden Sinne hab' ich lilng-t bez-vyungcn!

Ntu- durch den Tod lafst sich der Himmel erben, Diefs "Wort vernahm ich in der Kindheit Tagen, Und Märler- Kronen wünscht' ich zu erwerben!

JEin siilser Gram belohnte mein Entsagen,

Ich liebte P.oscn, liefs sie doch verblühen, Von ihrem. Dorne wollt' ich Kranze tragen.

Ich «ah das Morgenroth am Himmel glühen.

Es glidite schon, doch dacht' ich an's Verglimmen, Der hellste Tag miifs v^or der Nacht entfliehen,

Das sanfte Steraeulicht dem Tag entgeh wimmen : Tsichts Itaiiu beharren, nichts vereijiet bleiben, Das Lehen selber -svill nicht mit sich stimmen.

Das Stanbes - Leben ist 7inr ein Verstauben;

Doch eines blieb mir treu und sonder AVanken, Und sah geruhig ^Teli' atif AVcUe treiben,

Ein AVunderlicht im Herzen und Gedanlicn, Ein hohes Sehnen , dem hier nichts genüget, " GesTindheits -Ahnung eines Ewig - Kranken.

Und ob der Krankheit dieser Leib erlieget.

Des Leibes Ohnmacht läfst den Geist genesen ; Es siegt der Tod, mein Geist hat mit gesieget!

"Wolil Vieles ist mir \verth und lieb gewesen. Im raschen AVechsel der Vergänglichkeit, Ach war's zur Unverganglichkeit erlesen!

Seh' ich hinaus in jene Ewigkeit,

O Licht ujid Laut, euch möcht' ich wieder finden. Doch nur dem Schönen als Symbol gOweiht I

Ach diesen ÄVuusch , ich kann ihn nicht ergrunden. Verklärtheit will ich schaun, nicht Schatten-Bilde, Ich will mich geistig -leiblich -wieder iindeu !

-=-.) r Wer kann sie ncniien , diese Sinnen - r\Iilde,

Diefs Leuchten, Illingen olinc Siialil und Ton? 2Mir ^■v■ird das Sterben süfs in diesem Bilde !

Der "Welt cntriorben, red' ich liimmli.-ch schon! Geht mir der riosa Glanz in Dnfigcfühleii, Als IVIondenlicht den schönsten Flöten-Ton,

Lebt wohl! ^md leint den Tod im Lehen fühlen! -

M Is I o c H.

235

// y in n e n.

I.

Apollo , wirst du diese Gliitli noch lindern ? Ich selber sprang hinunter in die Tiefen, ■\Vo heil'ge Musen süfs und "wild mich riefen; Schon fleh' ich dich, die Freudeniluth zu mindern.

Dein Pfeil biennt stark, und willst du ihn nicht hin- dern. So mufs der Stirn die letzte ilraft enttriefen;

Die Lieder, so im Kanpt mir lange schliefen,

Versinken auch mit andern Chaoskindern.

Gieh Heill die treuste Treue soll dir lohnen, Kulm hah' ich in der eignen Brust gerungen. Schon s'.Tomt mir alle Kraft zum Ziel zusammen.

Allmächt'ger ! wolle jetzt nur freundlich schonen. Und hah' ich, \Tas du mir enthüllt, gesungen, Lals mich verzehren schnell \on deinen Flamme«.

236

II.

Diana, heirge, wo sind deine Erliste? Begeistrung trinkt der 'Löwe sich im 31ute, Titanen schvA'ellt der *Wein zum Uebermnthe, Diana's IVIilch war Sehern wild Gehiste.

Umklirrt blieb still, als ob es nichts nicht wiifste. Das Bäthselbild , Avie auch der Taumel fluthe, Bis matt vom "Waffentanz der Priester riihte. Der grofsen Göttin tiefsten Saum noch kiifste.

Diana , heil'ge , reich zum Tanz die "Waffen ! Als ich der Brüste Füll' im Marmor schaute, Da ward von deiner Milch das Herz mir trunken;

Und ob ich gleich im Mark vor dir ergraute. So fühlt' ich Kraft auch , nimmer zu erschlaffen. Bleib' in Mysterien ewig mm versunken.

257

III.

Ich soll den Schleyer, Isis, dir zerreilsen. Es ringt das kühne Herz , dem keiner wehre, Zu schanii, vrie sich die innre Kraft gehähre. "Was frommen Schleyer da, so schön sie gleilsen ?

Sie ^vollcn feige sich dem Licht entreifscn, Dafs trage l\nhe so die Schwache mehre. Der Blöden Klugheit jeden Sinn verhehre, Und alle dämmernd sich dem Nichts beileifsen.

Den Sclnrachen mag der giofse Blick verderben, Dafs er sich seihst entflohen da versteine. Wo jede Kraft dem Starken sich erhöhte !

Ich fiihle schon den Grnfs der ?^Iorgenrothe. Eh' ich nun länger ängstlich sehnend -weine, Lafs gleich das Blut den grünen Boden färhen,

TFu. SCHLEGEIi.

258

Der Zornige,

Auf zu 'ii AYafTen ! Auf zu 'i\ ■Wallen ! 'W'^cr sich je der Ilänipfe freute! Schirmt mit Erz euch um den Busen, Reifst den Stahl von eurer Seite !

Ringt empor mit allen Kräften, So \^ärd euer bald die Beute > Hemmen Felsen eure Schritte ? Endlich kommt ihr in die Weite.

Hier sind Ströme ühcrstürzcnd, Und hier hrennt ein grimmig Feuer ; Lafst das Wilde mit dem Wilden Kämpfen, wird sich Euh erzeugen.

Nach dem Lichte geht mein Klmpfen, Nach der Freyc will mein Streiten: Wie das Dunkel sich herab wirft, Will mein Herz sich mir entzweven.

^39

Unten hör' ich ^Vas?er toben, Wie die Schlünde nach mir geizen. Oben will der Stiirm mich schelten, ^ Und der Blitz will nach mir greifen.

Soll ich Schlitz in Höhlen Stichen? Nein, das Dnnliel macht mich feiger. Anf! mein Trotz, ?ey uii 'gebändigt, Schau die Felsen an , die steilen.

"^Yie sich ihre Steine ihiirmcn Und sich heinem Willen beugen. Also aufrecht streb' mein Herze, Dafs du Sturm, Blitz, Strom nicht scheuest.

Fieifst euch nur , ihr ^Tilden Strudel, Steh entgegen , wild Gesteine, Werft euch auf mich , Eichen stamme, Fallt hernieder , Donnerkeile !

Um so eh bin ich gesunder Und mein Wille springt in's Freye, ^Vcnn ihr mich bergunter -^Tälzet, In die tiefen Klüfte schletic\ert.

240

Tiefer liegt der "Wald schon unten Und die Finsteniifs entflciiget, Anf dj.c Felsen irot' ich herrschend. Mancher Ast entgegen beuget.

In der Höhle Arm gefangen, Bin ich dennoch ohne Scheue, Mein Beraühn war nicht vergeblich Und ich fühle keine Fieue.

Tief und tiefer will ich klimmen. Und der Oede widerstreifen, Will kein Klang mir weiter folgen, Muthigt mich doch mein Geschreye.

Zu den Waffen! Zu den W'affen! In mir tobt ein wilder JLeue, Und dem Stahl des Schwerdtcs zucken Funken axis dem Stein , die leuchten.

Und es springen mir die W^nde, Und ich sehe scho)i die Bläiie. Meinem Ringen flieht das Dunkel, Oben glänzt die Sternen Reihe.

Nieder knie' ich nun und danlic, Goldne Strahlen ziehn erfreuend Liehesnetze nm den Kämpfer, Der die ^VafTen \Teit weg streute.

Endlich , Tiift er triumphireiid, Ist mein Herz und Lehen euer. Alle liliiftc liegen unten: Isun Verzehr' rnich Lichesfeuer !

Lied.

In meines Herzens Grunde, Dil heller Edelstein, Tunhclt all' Zeit und Stunde Nur deines ISTamens Schein. Erfreuest mich im Bilde Mit Spiel und leichtem Scherz, Rührend so süfs als milde Mir an das wilde Herz.

TIECK.

Sl

242

Uebcr Berge scli' ich ziehen Dein' jus^endlich' Gestalt, Doch , ^vie die ^Volkeu fliehen. Das Eild vorübcrwallt ; Es führt mich fort durch "Wiesen Weit ab in Thaies Grmid, Doch -wenn ichs will geniefsen, Zerfliefset es zur Stund.

Ich will dich nicht nmfassen, ISTnr fliehe nicht von mir. Das Bild hann ich nicht lassen, ISToch läfst es anch von mir. Bey dir nnr ist gut wohnen, Drnm ziehe mich zu dir. Endlich innfs sich doch lohnen Schmerz , Sehnsncht und Begier.

Bringt jeder Tagesschimmer Doch neuer HofFnnng Schein, Und schreibt nns beyd' noch immer Ins Bxich des Lebens ein.

245

Driim lals mich vor dir grüiiea, Und leben froh und frey. Gerne will ich dir dienen, Dafs .treu dein Herze sey.

BONAVE^TTÜRA.

F 0 r t u 11 a t.

Romanze.

Thanig in des Mondscheins Mantet Liegt die stille Sommernacht,

Und ein Ritter reitet singend

■\Yicsenplan und VYald entlang.

Munter zu, mein gutes Prerdchen !

Sagt er, klatscht ihm sanft den Hals; "W'eifst du iiic]it, daf~ \varLcnd Lila

An dem offnen Fenster ^vacht?

^44

Eivt ja kein Turnier- iind Strcitrofs, AVic sein Ticitcr steif und starr.

Das , den Stachel an der Stirne, Kur so blindlings rennen mag.

Nein , du trägst auf seinen Zügen

Den behenden Fortunat, Schmiegst mit ihm dich still im Dunkel

Ueber Stege , glatt und schmal.

Eald zu dieser, bald zu jener

Ging die heimlich nacht'ge Bahn ;

Abends hin mit raschem Sehnen, I'riih zurüclt mit trägem Gram.

"Wann ich oft von deinem riüchen

IMich zur hohen Kammer sch^vang,

Standst du still , bis mich empfangen Der Geliebten zarter Arm.

Ja ich ■v\'"cirs , wenn eine Spröde Herz und Thür verschlösse gar.

Würdest du mit leisem Hufe Klopfen, bis sie atifgethan.

245

\Yie er noch die M'orte redet,

Ocffiiet sich ein heimlich Thal,

Bin icli , sprach er, irr' geritten? Ist niirs doch so unbekannt.

■Wunderlich durch 'St rauch' und Baume Schleicht des IMondes blasser Strahl, Und ein Busch mit blühndcn Rosen

^Yinkt von driibcn voll und schlank.

Busch, ich grüfb in dir mein Bildnifs, Rosen trägst du ohne Zahl ;

Und rair blüht im regen Herzen So der Liebe süfsc AVahl.

Manche reif, und Knospen andre,

Alle doch verblühn sie bald, Und der Saft, der jene fiiiltc,

•Wird den j ungern zugewandt»

Denn den Kelch, der sich entblättert,.

Schlicfset keines Willens Kraft. Lila , Lila ! diese Knospen

Drohn dir meinen Unbestand,

246

Aber dafs du nicht ihn ahndest,

Komm' ich mit dem KriTUZ im IJaar,

Biet' ein schön errothend Strüufscheu Deinem \y eilten Bnsen dar.

Rosen, Rosen! lafst ench pfliiclien. So zu sterben ist Iicin Harm:

O ■sYie -svill ich euch zcrdr Liehen

Zwischen Ernst und Erust so \varm !

.Und er lenlit das Eofs entgegen,

Doch es scheut sich, wie es naht.

Und er liann von heiner Seite picht zur Piosenlaub' hinan.

So gewohnt bcy Nacht zu wandern, Thöricht I\ofs , r^'ie jiOinint dir das ?

Fürchtest du die Licht' und Schatten, "SVanhcnd auf dem fcuclÄen Gras ?

Doch es tritt zurück und bäumt sich, ie er spornt Tind wie er mahxit ;

•Dr.nif mit seinen Vorderfür.^en

Stampfet ts den Grund und scharrt.

247 Wülilet weg den lockern Boden,

^ Tief iiud lief er sich hinab. Schätze, glaub' ich, \yillbt dn graben; Eben isis ja IMiltcrnacht.

Unter seinem Hnf niin dröhnt es. Das sind Bretter, i-t "ein Sarg,

Und es traf ein Schlag ge%valtig,

Dafs der sch-svarze Decliel sprang.

Schvvingen '\A'ill er sich vom Sattel, Doch er ftihlt sicli dran gebaimt,

Und df-r Gaul steht jetzo ruhig Vor dem Sarg, im Eodcii halb.

Und es hebt sich wie vom Schliimnrer

Eine \vcii>liche Gestalt, Deren Züge blasser Kummer,

Aber sanfte Lieb' umw.illt.

Kommst du , hier mich zn bestichen,

Deine Giaia, Fortunat ? Diese Einden, diese Buchen

Waren Zeugen iinsrer That.

2//3

Wie du Treue mir scschworcur

Wie dein Miind so flehend l)at.

Meine Eos' ich dann verlohreii, Und die Scliam danieder trat;

Doch die Sünde -svard mir theuer, Mahnte luin mich fnlh und spat;

Für des Angedenkens Feuer

Wufst' ich keinen andern Fiath,

Alt mich hier so kiihl zu heltcn, "V\^ie du sielist, dafs ich getiian.

Ach! ich hofTi' in Liebeskctien Dich noch einmal hier zu fahn.

Von des stillen Thaies Schoofse

^Vird geschirmt die bani^e Scham;

Lieh' erzog hier manche Fiosc Für die eine , die sie nahm.

Sieh dicfs Lager, traut und enge. Wie ich sorgsam anbefahl,

DaXs es uns zusammendränge Zu dcv süfsea Wolhus Qual.

DxiTCii des Vorhangs griincn Schleyer Bricht heia Ull^villhonlmncr Strahl,

Und ims weckt aus ew'ger Feycr Keiircr Mond' und Sonnen Zahl.

In den hiihlen Arm zn siiilien Bent die -heifse Ernst mir dar.

Deine Seel' im Kll.-^c trinl^eu

Will ich nun und immerdar.

X^eise zieht sie ihn hernieder :

Schuncr Jungling, so erstarrt?

Kanm gehrochne Angen hebend. Sinkt er zu ihr in den Sarg.

LiLi , Lila ! wollt' er lispeln,

Doch es ward ein sterbend Ach,

Weil alsbald des Grabes Schauer Seinen Lebenshauch verschlang.

Mit Geiö?e taiinieln wieder

Fest die Bretter auf den Sarg,

Und ein Sturm verwühlt die Erde, Die der Gaul hat aufgescharrt.

250

Heftig bricht er alle Rosen,

Satisehid blättern sie sich ab.

Streun sich zu de» Brantbetts Weihe Purpurn auf das griine Gras.

Weit ift schon das Rofs entsprtmgcu, Flüchtig durch Gebirg' und Wald,

Kojcmt erst mit des Tages Anbruch Vor der Hütte Lila's an.

Bleibt da stelin, gczäTimt , gesattelt, Ledig , mit gesenktem Hals,

Bis die arme sclihimmcrloie

Seine üolscliaft wohl vcrttand.

Und dann üoh es in die Wildnifs,, Wo lieiu Atii' es Avieder sah,

"Wolke keinem liiitcr dienen

Nach dem schlanken Foruinat

A. W. bCHLEGEt/.

25l

Der Fr i'i hl i n g.

Der Frühling ist ein ATiiJuicrharcr Traum Von Liebe , Gegenliebe , hcii'gcm Leben, Da? jedem Sclioofs entquillt, und jeden Baum Mit heifser Lieb' erfnllt, mit inn'gem Streben; "VV'o das Gebüsch und jeder grütic IJaum Sich in Umarmung sehnet hinzugeben, Und alles dräiigt , mit gllihendcm Verlangen Sicli in der Liebe goldncm Netz zn fangen.

Die Erde feyert jetzt die süfse Sttmde, ■\Yo sie als Braut den Himmel zart nmschlofs, Und alles jauchzte zn dem schönen Bunde, In dem der Liebe Flamme sich ergofs. IVTit jedem Jahr erneuert sich die Kunde ^

Des süfsen Glücks , das sie als Braut genofs ; Und braiitlich schralicl<.t sie dann sich stets aufs neue. Mit jedem Friilüing kehrt die heil'ge Weihe.

S52

Sie ist entschlummert an der lieben Brust Des Jünglings , dessen Arme sie nmsclilierseix. Und sie empfindet doppelt ihre Lust, AVeil alle Wesen Freude mit geiiiefseio, Sie ist im Trarim sich ihres Glücks hewufst, Denn Liebesglüch mufs ihren Schlaf versiifsen: Im Lunten Tanze um ihr Lager ziehen Den Zauberlireis die Himmels ~ Melodieen.

Es ist die Erde, die in zarten Träumen Uns ihre süfsen Liehlingskinder zeigt. Die ihrem mütterlichen Schoofs entkeimen, AVenn sich die höchste 'Wonne zu ihr neigt; Und Blüthen mm die Zweige weifs umsäumen. Ein heil'ger Duft aus ihren Kelchen steigt, Sie M'ollen sich zum Ktifs des Himmels dringen. Und ihm ein Zeichen ihrer Liebe bringen.

Den "Wald durchströmt ein Hauch mit sanftem "\Te-

hen. Ein jeder Zweig reicht nns die grüne Hand,

Und leise "Worte durch die Blatter gehen.

Und alle "Wesen fühlen sich ver^vandt.

.-<

255

Alis jeder Blume schlüpfen leichte Feen, Und jede Knospe ist ein Gci>tcrl):ind ; Die Xachtigall liebt jetzt die zarte Tio.-e, Sie ruhen Leyde an der rilntlcr Schoor^e.

In jeder Pflinzc regt es fich und drängt, E? V, ill fich Tins ein flammend Lehen zeigen; Ini Innern f.ihlet .«ich der Geist beengt, Er strebt das liochste Ziel bald zti erreichen. Zum Himmel v.ürd sein Liebe.^liampf gelerkt, Und immer nen ans Blüthen Bliithcn steigen: Sie -.vollen nicht im Schoofs gefesselt v/eilen, Mit frischer Ilraft zum süfscn Lichte eilen.

^54 Rommite vom Licht.

ünsre Erde liebt den Actlier,

Mochte gern der Sonne nakn. Starres Eisen \vard lebendig.

Als das Licht hernieder kam, Hcirges Licht der heil'gen Sonne,

Und lins alles Schöne gab. Kühne Steine trieb die Tiefe,

Hohe Lüfte schwebten nah, Yen dem Acihcr abgesendet.

Um die greise Bratit zu fahn. Scham macht roth den blanen Schleyer,

In den Adern rinnt IVTeiall, Edelsteine blitzen nnten,

Und in "VVoUicn blüht der Strahl, SiiTses Blut durchdringt die Glieder,

Flammen rieseln imsichtbar, Sehnsucht schwellt die üi)p'gen Hügel,

Grüne Fülle quillt im Thal,

ß55

Und es spielen hunte Thiere,

■^Vo den Schoofs der Aetlicr traf, rflanzca, Thiere und Metall

Atlimrn nur des Lichtes Kraft'; Andre "Wesen leuchten anders.

Mancher Schein von einem Strahl. Leichtes Eisen , fester Acthcr,

Steht der Mensch volleudet da, In dem Antlitz glänzt die Erde

Und zur Sonne v/ill die That. "Wo die Farhen ^^'iedcr eins,

"Wird das Licht sich selber klar, Denltet miithig anf die RiicWichr,

Wann der Heimath es gewahrt. Frohe Zeichen schant das Ange,

'\Yo das kühne Leben wallt, ■Wo die wilde Erdenfüile

Schön vereint i^t zxi Gesang: Da erinnert an die Sonne

Uns ihr Abglanz , die Gestalt. Freyer regt sich dann die Liehe,

Die so tief verschlossen lag ;

2j6

>To die Scliünhcit angCÄiirochcji,

Hatte Liebe schon gefragt. ^Venu das Herz ia schüner Liebe

Kiilmlicli scbwcbet glcicli dciU Adr, Sirümet iioch die Fantasie,

AVie die Flamme vom Altar, Was der Geist so hell gedichtet,

J^ebet ewig fest und wahr; t'ud zur Sonne kehrt das Licht,

^Vo das heii'ge xcin und hlar.

rr^. SCHLEGEL.

257

Der Streit für das Heilige.

Zwra Kampfe denn ! Noch rlisten sich die Frechen ; Die YiQXie Sonne soll nicht auf^värts kommen. Dem Morgen , der so herrlich ange^lommeu Will ihre Xacht die jnngcn Fliigcl brechen.

Sie drann mit ihren -vTas^cfreiclicn Bächen

Dem Fnnkcn ans Uraniens Schoofs genommen. Kommt nur anf euren WerlienhergesQhwommen, Die Schmach der Gölter weiden Götter rächen !

In eignen Finten früher zu versinken,

Hebt ihr verwegne Arme nach dem Schönen, Ihr stürzet durch der Götter fromme Streiter;

Koch seilt ihr einzeln ihre Schwerter blinken. Doch bald wird voller unser Chor criönen ; „Wer will, sey mit im ü n s ! *' ruft ein Geweihter,

^5Q

Sa n f t 111 u t lu

Au5 den "WoDteu zieht ein Weben Labend über ■Wälder hin. Und es fühlt der Mensch sein Lebeio, SijU erwacht sein innrer Sinn.

Wie der Strom sich niedersenXet Und die Süfse von sich giebt, AVird die matte Ernst getränket. Und sie fühlet, dafs sie liebt.

Dnrch die %veiten Stcrnenräume Dringt der lieberolle Sinn, Und ^Tic Engel steigen Tränme Auf der Leiter her und hin.

Ferne glimmt auf goldnen Bahnen .Koch ein heller Fnnhe schön, Und ciib sehnsllcht^volle5 Ahnen Will ziiT Lichtesbliitlie gehn.

259 Berg Ttnd AValdimg, Strom luid Fluren Tliaun als ^Tolke lun ihn her, Axisgelüscht &ind alle Spuren, Er vergeht im wüsten Meer.

Und kein Halt -will ihm erscheinen, Alles flieht und zieht so -weit. Alle Quellen ftlhlt er ^vcincn, Einsam steht er in der Zeit.

Ach, wo bleiben meine Freuden, Die Gespielen meiner Lust ? Wollt ihr alle mich vermeiden ? Klagt er, und verschliefst die Brust.

Alles will lun mich z'?rriiiuen, Mir entfliehet die Gcbtalt, Steigt in meine tiefsten Sinnen Schon die Kölle schwarz und kalt.

Alles , was mir freundlich blühte, Ist in sich z.iiäckgcflohn. Was mein Busen kindlich glühte ; Ausgelöscht ist jeder Ton.

2.6o

Wo ich ehemals gelastend Ordnung und die Liebe sah. Steht das Chaos jetzt vcrwiistend Meiner hangen Seele nah.

Fern nnd ferner zieht das Sehnen Der cntflohnen Liebe nach, Kaxim geblieben sind die Thränen, Noch des Busens tiefes Ach !

Und er wendt sich mit den Blicken In die schwarze WoLkennacht, In der Finstre wird ein Zacken Wie ein Blitzen angefacht.

Und axis den Ge^vänderu dunkel, Alis den Wolken , Bc:^ und ^Vald, Schaut mit heimlichem üefankel Zu ihm her ein Aiige bald.

Und sein Herze \vird ein Blicken n des Auges ew'gcs Bild, Nichts Itann ihm den Wink entrücken. Alle Sehnsucht ist gestillt.

2.6 1

Kuu ist ihm die ^Vclt entschwiUideii , Evv*i^ blickt das Auge siifs, Dessen L.ücliea er cmpfiiadeii, Und 6ciu lii-ii: ist ihm gcv.ifs.

Dieser frjigt nach keinen Künsten, Die ihm 'sVelt xmd Zeit verheilst. Er vcischmacui't in Liehcsbriinsten, Und in Gott entfleiifst der Geist.

TZECK.

Der Trau m.

Einst ging- der Menschen Triihsal mir zu Herzen, Als ich mich aufscrordcntlich w^ohl hcfand^ Ich \var vergnügt tmd aufgelegt zum Scherzen, Und mit Bciruhnifs keine^^vegs bekannt, Da jammeri' ich ; ,,Der Mensch hat viele Sclimerzen, „Und jedes Glucli ist doch im Grunde Tand; ,,ATir gleichen Elnmen : hliihend stehn sie heul, „Doch morgen hat der Sturm den Schmuck verstreut.

262

„■Was hilft iiiisFrühling^luft , des Himmels Bläue „Das weiche Gras, der Baxinic süfse Frucht, ,,Goh, armer Mensch ! gciiicfsc froh, zerstreue „Den lliimmer, der hall-%vieder dicli hesiicht. ,,Dcr Tod eilt hin zu dir, ach! hcine Reue, „Kein Flchu cr^Yeicht ihn , da gilt keine Flucht. „Und sollt' icl) Armer Tiirancn nicht vcrgicfseia ? „Nein, Angen , ihr sollt ungehindert ilielsen.

„Zwar hal>' ich heute {jiiten Wein getrunken,

„Mein Herz schlägt froh, und auch mein Muih ift

frisch, „Doch sind nur hundert J,ihre noch versunken,

„Wiiikt mir nicht mehr ein Weinhelanner Tisch.

„Zerstreut sind dann des Lehens gliih'nde Funken,

,,Von Staub und Asche hin ich ein Gemisch.

„Es geht nicht anders , ich mufs Schmerz empfindext,

„Dafs alles Tinstiit ist xmd wird vcischv/indcn.

So \var ich in den dichten Wald gekorameu. Und freute mich, den Schatten zu trrciclicn. In Sommerhitze v/ar das Feld entglommen, Die Sonne stand iu ihrem höchsten Zeichen.

2^3 Auch die Betriibnifs liatt' ich mitgenommen, Sie AvoUte vor der Fruhlichhcit rächt weichen. Da sehnten sich die lieben müden Glieder Nach Ruh, ich legte mich zum Schlafen nieder.

Urplötzlich staiid ich in dem Himmelreich, Das könnt' ich an den vielen Engeln sehn. Tor An^t xind Schrecken ward ich todtenhleich, Und si^rach: „Ach Gott! es i,-t mu mich ge.^chchii, ,,Hin^veg du schnöde holde Welt , enfsvcich ! „Wein! Liehe! Tanz! ihr miilst nun von mir gchn ; „Ich eile in das Freudenreich hinein: „Fahrt wohU fahrt wohl, es mufs geschieden scyn.

Als ich darauf mich um und tim besah. So trug ich goldne Flügel auf dem I\ücken, Ich wufstc nicht, ^vie mir dabey geschah, Dafs ich mich sollt' als Englein schon erblicken. Ich söhaut' hinab und -war der Ohnmacht nah, ^s stieg die Angst und wollt' mein Herz zerdrücken. Tief unter mir lag meine süfse "V\''elt, Auf blaue Wolken war mein Fufs gestellt."

264

Die weiten Nebel lagen aiifgcLreitet Im Hiiitergnuidc blitzt ein goldnes Schlofs, Dahin %vard allgemach dtr Fnfs geleitet, Es zog sich hin der Ejigol ganzer Trofs. In einer Vv'ollic war ein Lncii bercitcL, Es war euch wohl an zwanzig Ellen grofs, Und um dasselbe ^Yiniraclt hin nnd her Der holden Engkin zahllos summend Heer.

Da honnt' ich fiirder nicht die Nengier zähmen, Denn dreister %var ich jetzt geworden schon. Freund Engel, sprach ich, jiiiifst's nicht iibel nehmen, Es ist niclit lang, dafs icli im Himmel Avohn', Drum sollt ihr cucli zn sagen fein bequemen: "Was giebt es hier '? „Je nun , Exehution ! „Sie werden bald den Delinquenten bringen, „Mich diiJikt, ich hur' sein Sterbelicd schon singen.

Verwundert rief icli ans : Was mufs ich hören, Geht man mit Engelu wie mit Mensciien um '^ Freimd, sprach der Engel: lasse dich belehren Und rede nicht so freventlich nnd dumm.

2^5

Denn wifs*", der Delinquent liefs sich bethoren Vom Reiz des ^Teincs ; ^Tohl , er leide drxira. Der stolze Biibe hat es längst verschuldet, Dafs man nicht mehr ihn unter Engeln duldet.

Vor wenig Tagen ^var hier grofsc Fete. Man feycrte den sechsten Schopfiingstag, Dem Herren -svars gefallig , dafs er bäte Erzengel, Heil'ge , dem Gebrauche nach. Auch die Familie . Fast der Hahn schon krähte. Und ^Virth und Gäste -waren froh und ^rach ; Ein klein Concert sollt' ihr Ergötzen schliefsen» Kapeir lind Sänger sich in Lob ergiefsen.

Und als man das Te Deum ^Yollte singen,

Da hatte dieser BusvvJcht sich betrunken.

Die Engel liefsen frisch die Harfen klingen.

Er schlief in eine Ecke hingesunken.

Man w^eckt ihn endlich, will ihn zu sich brino-en.

Er schimpft und sclnvört : er sey durchaus nicht trun- ken, Dochkönn' und wcrd' er nicht sein Solo singen.

Es sey zu schwer, und werde nicht gelingen.

266

"Doch bald ihn Engel aus dem Saale schaffte«, Ein scharf Geiichl v.ird über ihn bestellt, Die "SVdche mnfs den Armen gleich verhaften : Im Himmel gchts, wie unten auf der Welt. Er ^yird verhuri , nud Advocaien hlafften Fiir ihn und gegen ihn, das Urthcil fallt: W^eil Delinquent sich übernahm in W^ein, Soll er ein Mensch auf drcyfsig Jahre seyn.

Kaum hat der Engel dieses Wort gesprochen. So zog von "weitem ein Getümmel her. Durch der Zuschauer Reihen ward gebrochen Und fiirchtbar schimmerte der Ihigel AVehr. Dicht an das Loch war ich behend gelirochen. Doch scheuchte mich von dort der Wachen Speer, Und naher zog die hriegerische Schaax In deren Mitte der Verbrecher war.

Strachs ward ein lireis ums Loch heruragcfiiKret, Ich seh' erstaunt die Engel compagnie, Sie waren alle purpurroth motuirei. Von Golde starr, so praclitig sah ichs nie.

267

Mit RciherLüscheii war der Huth gezieret. Der Knopf ein Edeleteiii. Mit grofser IVIüh Drängt' ich mich dxirch bis hinter ihre Fronte, Dafs ich hcciiicm da sehn und hüreii konnte.

JErstaunend sah ich der Soldaten Rücken Vom goidnen Flagelpaar diirchans entblöf.*t. Zum Nachbar sprach ich : AVas raiifs ich erblicken, Sind mit Bedacht sie ihnen abgelöst ? Er sprach r Es müssen sich Soldaten schicken, Mit Vorsatz hat man sie davon erlöst. Denn erstlich hindern Flügel am marscliiren, Und z^-eytens >YÜrdcn alle dcsertiren.

Er hxitte diese Rede kaum geendet, So führte man den Delinquenten vor. Sein Antlitz war nach meiner Seit' gewendet. Er blickte furchtsam auf den Axiditor, Den hatte man bedächtig mitgesendet, Dafs er das harte Urtheil läse vor. Er zieht den Hut , die Engel präsentiren, Dann hört' ich folgendes laut recitiren ^

I

VTcil Delinquent sich ji'ingst dem Tnink ergeben, Dafs er dem Herrn gestört ein frölili'cli Malil, "Wird er verdammt, auf dreyfsig Jahr zu leben Als Mensch in jenem dumpfen Jammertha], Die Strafe schärf ein eingescnlues Streben Zum Himmlischen , und Ahndung von dem Fall, Er suche Ruhe, mufs sie nirgend finden, In edler "Wuth soll sich dein Herz entziinden.

Und irrend sollst du durch die Erde streifen. Den Himmel auf der Erde -vviithend suchen. Statt ew'gen Gutes , irdisches ergreifen, Der Menschen Schichsal uniuhvoll verfluchen; Dann trachte neue Guter dir zu häufen, Das schaale Spiel noch einmal zu verstichen. Je mehr du dich mit Erden t and gefüllt, Je wen'ger sey die Sehnsucht dir gestillt.

Das angeerbte Reich sollst du erweitern Bis an der engen Erde ^veitste Küste ; Sollst wiinschen: Fiihrten doch zum Monde Leitern, Dafs dort mein Arm die Fluren auch verwüste ;

269

Dana seliac dich, das LeLeii zu zcTSchcileni, Als wenn dein Sinn d.i? frohe Jen,-cits AYiifste. Vergebens! Tfeile, "^Vasser, rauschen hin. Als Tapfrer lehe , dem der Tod Gewinn.

Und ^veil du hier im ^Vein dich übernommen. So sey der 'Wein auf Eivlen deine Qual: J)es Zornes Feuer fiihle stets entglommen. Führst du 7um I\Iund den schäumenden Pokal. So soll der Dämon ein.it dich überkommen, Dafs du den Freund erschlägst beym frohen r»lahl. Im dumpfen Wahnsinn starr' des Königs Blick, Gemeinheit hält auf Erden ihn zurück.

Mit Cymbcln , Pauken , wilden Klapperblechen, Von gaiikelhaften Satyrn rings umgeben, Such des Gewässens ^Vurm dann zu bestechen; Ein e\v'ger Taujnel gey hinfort dein Leben, So suche deine That an dir zu rächen. Verdopple kühn dein ungezälimtcs Streben, Doch nirgend, nirgend finde süf.-^e Kuh, Und eil' dem Grabe sehnsuchisvoller zu.

270

Zum liimmel Lliclie trotziger empor. Die Seele falle laclicrliclier Spott, Mit deinem Ilccr in ^Tustcn dringe vor. Und liröne selber dich zn einem Gott, Um dich versammle sich ein Schmeichler - Chor, Demüihig Imicend vor dem neuen Gott. Verachtend sprich: "Was dieser "Wund' entquillt, Ists Ichor, -v\ic er Götteradcrn füllt? '-

Doch endlich ist der Strafe Zeit ge?ch>'\mnden. Und von der Erde darfst du wieder scheiden. Von deinem Körper wird der Geist entbunden. Zu Babylon soll endigen dein Leiden j Hier oben schiicfsen sich der: Sehnsucht Wunden, Und wandeln sich in sanfte Himmelsfreuden, Schau nieder : hier liegt Macedonia Ein krcifscnd AVcib , es heilst Olympia.

Doch dafs du nie im Stolze magst entbrennen, Dafs ein Gedüthtnifs bleibe dieser Stunde: So soll der Pubcl e^vig dich verkennen. Durch Schmähen reizen die vernarbte Wunde.

Dip Bessern werden dicli den Grof?eii nennen,' Von deinem riieson:Tei,re gcLKu Kandc. Doch soll mans Fef-lern , NachtigaU'n nicht -wehren. Dich Edlen psychologisch an erhlären.

Als der Auditor dieses hat verlesen, Da naht ein Scherge A.qiu Verhrccher sich. Er gab sich hin mit sanft ergebnem "Wesen, Obgleich das Roth von seiner AVang' entwich. Ich \vill, sprach jener, diese Ketten lösen. Allein das legt in eng're Banden dich. Er fafst. lind warf ihn durch die OefTnnng nieder. In kaltem Schrecken bebten Aller Glieder.

Behend steckt' ich den Kopf hin durch die Reihca, Der Ell gel sank mit flehenden Gebehrden ; Doch plötzlich fafsie mich ein heftig Scheuen, Ich sah mich schlafend liegen an der Erden. Da hilft nicht mehr dcx "Wächter trotzig Dränen: O Himmel! rief ich , was soll das Avohl ^A'erden? Gott sey mir gnädig! weh mir armem Tropf! Der El' gel fallt mir wahrlich anf den Kopf.

27-

Davoii erwacht' ich auf den grünen ATien, Und alles A'var verschwunden ganz nnd gar. Darol) tliär ich verAVXiiulert um mich schauen," Vom lullen Traiun rieh ich die Augen lilar; Znni liinimcl hlickl' ich ant, dem reinen, hlauen, Doch k 'ine OefTutuig mehr zu sehen war. Nachdenkend sprach ich: Ist er grofs gewesen? Ich will riiuarchum und Arrianiixn Icccu.

B.

273

L 0 o s der E i- ä e.

Ist denn Krieg vOii Liebe so unzertrennlich auf

Erden ? Giebt's liein ruhiges Glück , nimmer auch glück« liehe Ruh? Nein ! Denn siehe die. Erde , die gleichen Mnthes

am Himmel Zwischen Venns und Mars -wandelt die stiirmi- sche Eahn. Schaffend der Erde gleich, du Erdegchohrner, he»

■vvege Unverdrossen dich denn zwischen der Lieb' und dem Krieg.

L L.

274

Ein schön kurzweilig FastnacJitsspiel

vom alten und neuen Jahrhundert,

Tragirt am ersten J cuuiarü im JiJir nach der Gehurt des Heilandes 1301.

JDer Herold tritt ein , verneigt sich und spricht .•

In dieses neuen Jahres Namen Seyd schön willkommen , ihr Herrn nnd Damen! Wir verzehren hier, so viel ist klar. Das erste Abendessen im Jahr; Und weils das erste Abendmahl nun, So mücht' ich gern ivas besonders thnn. Kami zwar nxir machen einen kleinen Spafs : Je nun' s ist imiuer doch auch etwa?. Es hat verlautet vom neuen Jahrhi,indcrt ; Da, denle' ich mir, seyd ihr alle verwiiiiuert, I>afs es so ^vcnig fällt in die Sinne: Mir nichts, dir nichts, so ist man drinnc.

»75

Man dehnt sich , man gähnt , und sich heschant.

Und Siecht noch in dei bekannten Hant.

Ja, wenn nnter Panhcn und Tromir'eten,

"Wie weiland die Mauern hev Jeiicho thateil.

Mit Krachen stürzlc die Scheidewand ein.

Und durcli die Bresche dann sprang' man hinein:

Da wollt' ich anch nicht der faulste seyn.

Doch still geht den ewigen Gang die Natur,

Ist keine Glocken- noch Tcndeluhr,

Die durch das Gewicht der Planctenzüge

Aiif tausend achtlumdert und eins anschlüge.

Ja Leute giebts , die mit Paradoxen

So gröblich um sich schlagen wie Ochsen,

Die sagen : Zeitalter reisen ^vie Könige

Incoguito , CS %Tissens nur wenige ;

Das neue Jahrh'indert sey langst begonnen,

tvur komm' es noch nicht ans Licht der Sonnen,

Weil es , aus heimlicher Liebe ein Kind,

Sich schäme, w^o ehliche Dummkopfe sind;

Auch was man so die Zeiten heifst,

Das schaffe sich selber des Menschen Geist:

Drum wer ans Jahrhundert nur festigiich glaubte.

S76

Dem wachs' und blüh' es im eignen Haupte ; AVenn's aber von innen jiiclit liämc her, Von anfsen liriegt' er c? nimmermehr. Ich -will nicht entscheiden so grofse Sachen, Allein nm eine linrzwcil zu machen. So führ' ich euch vor die beydcn Strunzein ; Die Alte gricfsgramig und voll I\unzcln, Man sieht sie niemals lustig schmunzeln; Die Junge zart, doch munter und kraftig, Die Alte mit "SYeisethun sehr geschäftig. Doch was erzähl' ich eiicli all' den Plunder? Da sind sie, seht selbst und hört jelzunder!

Das neue Jahrhundert schläft in der Wiege. Das alte Jahrhundert sitzt daneben, wiegt lind singt ;

Alte. Schlaf, Kindlein! draufscn so dunkel ist. Ach, gar ein schrecklich Gemunkel ist. Wenn du dich mtikscst mehr v>'ie ein Stein, "Willst wie unartige Kinder schreyn,

277 So schlingt dich, der alte Saturn hinein. Schlaf, Jdhrhimdertchen , liltin, Jkicin, klein.'

J \i 11 g e wacht auf und ichreyt : Äh!

Alte. Mein Herzchen, willst dn Kinderpappe?

J II n g c. Nein , Feste will ich , du alte Kappe. Ists recht , dafs ich ohne Gesang und Schall, Ohne Pauhenschlag und Kanonenkjiall, Ohne ]Mashcn, Aufzug und Ehrenbogen Wie ein Dich in der Nacht komm' eingezogen?

Alte. Ey, mein Kind, Feste sind unverständig, Auch sind die Zeiten gar zu elendig. Man raufs das Geld nicht so verschwenden. Und es lieher an die Armuih wenden.

Junge. Ja wohl an die Armuth ! da hast du Recht ! Denn arm und erhärmlich ist dein Geschlecht. Hat denn das Volk so gar keinen Sinn Für des Jubels und festlicher Freude Ge\Yiun ?

24

278

Will immer an schwerfälligem Ernste siechen. Nie licclilicli leben wie Römer und Griechen ? Bey denen gabs Kampfsiiiel und Bacchanalien, Herrliche Triumph' und Saturnalien, Zu .illem Grofsen gefeilte bich Scherz, Da hatte der Witz noch ein ander Herz, Und nie ward schöner gehuldigt den Göttern, Als wenn sie wurden an ihnen zu Spöttern. ^Vie damals den Fcldherrn die Soldateske Beym Triumphe nechte mit mancher Burleske, So, wollt' ich, hiUte man uns genarrt. Ein spöttliches Grablicd dir gcpliirrt, Auch meine Geburt gefeyert desgleichen, Ge weif sagt von kiinftigezi Narrenstreichen.

Alte. Ey ey, das könnte ja Anstofs geben! Die Nachbarn gla;ibtcn die Scandala eben. Lieber , um meinen Piuhm zu fristen, Ding' ich mir einen Akadcmisten, Der meine Verdienste würdig schätzt, und in umständlichen Paragraiiheu aus einailder setzt.

^79

Junge. So wähle nur zn befsrer Verbreitung Den Schreiber der Nationalzeiluiig. Der hats ja mit der Piiblicitat, Das heifst, gar trefflich die Kunst versteht. Viel Anflieben zii machen nm Nichts.

Alte. Bist dn solch eine Feindin des Lichts ? Hab' ich nicht den Aberglauben zerstört ? Die Vorurthcile ausgekehrt ? Toleranz nnd Anfklärimg erdachf, Und die Humanität aufgebracht ?

J n n g e. O geh mit. diesen hohlen Worten ! Ich mufs sie hören aller Orten. Mit %volüfeiler ^Vaarhcit und Tilgen dflittern Zu jjrahlen , das ziemt nur dürftigen Rittern. Die Alten habens nicht genannt. Jedoch die Sach' weit besser gekannt.

Alte. Nichts hab' ich gelassen unverfeinert. Alles zierlich rcrengt und rcrkleinert.

«i *

280 Die Apostel trugen 'neu -warmen Mantel: Das macht, sie führten gemeinen "Wandel; Dräns hab' ich denn, nach neustem Geschmaclt, Geschneidert einen luftigen Fracli. So herrscht nunmehr zn meinem Ruhm Ein neu gesäubert Christenthum, Nach welchem Christus ein guter Mann, Sonst aber nichts begehren kann. Die Offenbarung meizie Excgeteii Zu nüchterner Vernunft umdrehten.

Jung e. Da hast du wohl w-as rechtes geschafff, "Wo bleibt dabey die himmlische Kraft Der Selier Gottes , der heirgcn Vater, Der Märtyrer und Wunderthäter ? Ihr wollt bcy euren ird'schen Sinnen Die Seliglteit nebcnbey gev\nnncn, Glaubt keines gcist'gen Heils Ankunft, Und eure ünmacht nennt ihr Vernunft.

-Alte. Kein' innre Erleuchiung gab es nie. Das erklart man aus dct Pi;3'chologie.

28 1

ATic soUl' ein Geist sich zxi uns riiliren,

Da \Yir dcrgleiclien in nns nicht spüren ?

Ecy uns geht alles begrciiiich zn.

Denn , dafs die Natnr Wunder thu,

Können Avir nimmer mehr zugeben.

Von drinn AYohnendera Geist, Kraft tmd Leben,

Das sind lauter Jakob Buhmsche Mysterien ;

"W^ir Schaffens blofs mit todten Materien.

Die -vverdea gemischt nach M idfs und Zahl,

So entstchn die Crcaturcn zumal,

Und können sich dann das Leben fristen.

Da lies nur meine Enc5'klopädisten.

Uns alle, -wie wir gehn iind siehn,

"Was in und durch uns mag geschehn.

Unterwerfen sie dem Calcul.

Junge. Da giebt das Resultat denn Null. Freylich liefsen sich solche Phantomen Zusammenbacken aus Atomen» Die innerlich dienen dem Nichts allein. Und scheuen sich, wirklich da zu seyn.

282

Da so luigottlich ihre Thateii, A'S'^ie sollten fie die Natur crraihen. Die nur der Gottheit Schein und Bild, Unendlich grofs uiul weis' nnd mild?.

Alte.

So beruht auch meine Staatsvcr\^'^altung

Blofs aiif der Rechnungsbücher Haltung.

Ich hab' erfunden die Statistik

Samt allen Künsten der Cameralistik.

Die ]\Ieuschen sind Ziffern zu dieser Fristi

Der Staatsmann ist der Algebraist :

Er schöpft die 'Weisheit an den Quellen,

Geburts - und Mortalitäts Tabellen.

Da ist nichts so grcfs oder so klein,

Es kommt mit in die Rechnung hinein.

Mit Patriotismus bewiithschaften wir die Wälder,

Mit Moralität düngen wir die Felder;

Auf die Gedanken legen wir Taxen,

So müssen imsrc Einkünfte Avachscn ;

Und küfst wer sein Liebchen , heut oder morgen

Mnfs er uns für die Bevölkrung sorgen.

283

Jung e. So ^Tird der IVIammon allen znm Götzen, Sie heuncn nur ein selbstisch Ergötzen. "Wo sind die Zeiten der alten Heiden, Von denen die Geschichten melden, Da das Vaterland , seiner Kinder ^Vonlle, Und ewig quellender Freiiden Bronne, Sich aller Triebe hatte bemeistert, Zu Noth und Tod die Brüder begeistert ? Bey euch macht Helden der btmte Rock, Ein Bifschen Löhnung und sehr viel Stock.

Alte. Was nützt die wilde Vaterlandsliebe ? Nein, ^vir beherrschen iinsre Triebe. Bey uns zielt alles auf den Nutzen ; AVill eins niclit, weifs mans zuiecht zu stuzen. Da sind zum Beyspicl die Hirngespinnste, Die sogenannten schönen Kiinste : Die dürften nun linden gar nicht statt, Denn vom Schönen -vs ird niemand satt, Gebraiichi' ich nicht zu Handlangern sie Bey meinen Fabrilien und Industrie.

^84

Man liebt jetzt mir vorniuift'gcii Discitr«, Dnim kam die Poesie aiiLer Cht», Ich weifs die Phautcij-ie zu kiirauzen, MTifs nach der prosaischen Pfeife tanzen. Den Sittlichlicits - Piiiig in die Nase gelegt, Die Fiifs' im Tact der Decenz hew^egt. Das \Yird d.^r ine Geschmack genannt. Den die rohen Alten nicht gekannt.

J n n g e. O du Erzfeindin' alles Greisen ! Vom Schönen tind Edlen atisgestofsen ! Zu lang hah' ich dich angehört, Und würde zuletzt noch gar bethört. Du lästerst die Natur und Gott, Und Fiecht und Frcyhcit sind dir Spott, Zögst gern hinab in deine Vernichtung Die schöpferische Kraft der Dichtimg, Kraft deren Nvir alle leben und weben Und nach unendlichem Daseyn streben. Statt dessen rühmst du deinen Bettel: Ich ^Yill dich erdrosseln, du garst'gc Vettel!

{springt aus der Ifiege-)

285

Alte heyseit. O Himmel, ^\ie %Tird sie grofs iiiid stark! Mir geht ein Granu durchs innerste Marl«. ^VilI sehn, ob Trng mir mochte glücken. Vielleicht dt-n Hitzkopf zu berücken i Sie ist, so grob xmd wild sie thiit. Doch voll von albernem Edclmnth. Ach liebes Kind, dti brichst mirs Herz; Hüll iihü ! welch ein bittrer Schmerz ! Es ist mir gar nicht um mein Leben, Das woir." ich dir gern ans Liebe geben ; Aber dafs icli , in meinen alten Jahren, Eine solche Schmach noch mnfs erfahren, DaXs du, meines Leibes wahre Frucht, Meine einzige Tochter, so verrttcht Deiner Mutur den Hals willst umdrehen: Ist was entsetzlichers je geschehen ?

Jung e. Halte mich nicht auf mit solchen Possen, Ich war' aus deinem Blut entsprossen. Ein jeder Tropf in meinen Adern Mufs mit dir wixl die Lüge hadern.

286

Sieh meine Gestalt, mein Angesicht, Sie tragen deine Züge nicht, Aiich rath mir keijic innre Stimme, Die Mnttcr zu verschonen im Grimme. Bereite denn dich gleich zn sterben, Ich will dich veriilgcn und verderben.

Alte heyseit. Nun will ich noch das letzte versnchen. Tocliter, ich pflege sonst nicht zu fluchen; Ich bin deine Mntter, heg hcinen Zweifel; Wo nicht, so soll mich hohlen der Teufel.

J n n g c. "Weil du die Hülle rufst ztim Zctigen, Mnfs ich mich ihrem Ausspruch beugen, Mufs mit dem Todesstreich noch zaudern: Wiewohl mich fafst ein heimlich Schaudern, Ob durch solch unauilösliche Kette Das Schicksal dir verlmüpft mich hätte.

Alte heyseh. So läfst die Thörin sich beschwatzeil, Sie glaubt noch an die alten Fratzen.

287 Es giebt keinen Tenfcl , das weifs- ich lange, Dnini ist mir vor seinem Hohlen nicht bange. Ntm hoff' ich noch so fort zu reijieren Und sie am Gängelband zu fuhren.

Satan tTittein, schiiciiibt ujicl sj^ricJit , Hier bin ich, ^vcil du mich verlangst.

Alte. O welcher Jammer , w'-elchc Angst ! Verlangt hätt' ich nach solchem Schenel ? Ich kenn' dich nicht, geh fort, du Greuel!

Satan. Ha ha ha ! bin ich nicht bekannt ? Und doch, "svenn deine Liist' entbrannt, Hab' ich in mancherley Gestalten Als Buhler mit dir zugehalten. Jetzt zeig' ich dir mich , wiG ich bin. Und fahren mufst du mit mir dahin. Du hast "Wechselbälg' ans Licht gebracht, AVoriiber Himmel und Hölle lacht. Diefs Kind hier hattest du gestohlen Und schwuxst, dich solle der Teufel hohlen.

ü88

AVofcrn es nicht dein Schoofs gebohren; Dil eichst, die Hölle hat gute Ohren.

J 11 n g e. Dank sagen miifs icli selbst dem Bösen, Dafs er mich will von ihr erlösen.

Satan. Ich hatte lang' auf dich gcpafst, Jetzt hab' ich dich fest am Kragen gefafst.

Alte. Ach , solch Verfahren nicht besteht Mit Aiiflilärung und Humanität.

Satan. Schweig, du bist mein, für deine Frevel "Will ich dich braten in Pech und Schwefel.

Satan führt das alte J afirhwidert ah.

Junge. O habet Preis, ihr himmlischen Mächte! Ich hoffte kaum, dafs ichs A'^oUbrächte : Allein nach eurem Wollen und Fügen Hilft selbst das Böse dem Guten siegen.

289

Die Alte hat mich so sehr gestört.

Das Beste ^vas ich \Tollte veihehrt;

Ich f lihlte mich beengt , bedrängt.

Gewicht nud Bande mir umgehängt!

Kiin kann ich mit neu lebendigem Regen

Zn kühnen Thaten mich frisch bewegen.

Doch ach ! mir selber unbekannt

Geworfen an des Lebens Strand,

Darf ich, ihr Hohen , in Demuth bitten.

Mich vs'eise zu lenken aTif meinen Tritten V

O war die Abkunft mir bcwufst,

Ich flog' an meiner Ehern Briist,

Da -wollt' ich mit heiligem Sch\vur verheifsen,

Mich ihrer würdig zii beweisen.

Die JVolken theilcii sich , der Genitis und d i « Freyheit erscheinen viit LicJit bekleidet.

D e r Ge u ins. Dein Ruf hat sich emjjor geschwungen, Dein Sehnen ist zu uns gedrungen: Für deine Inbrunst und kindlich Vertrauen

Sollst du in wahrer Gestalt uns scliauen>

35

SLgo

Die -wir im heiligsten Verlangen Geheimer Liehe dich empfangen, ISTimm auf die Siiriie diesen Kufs Von deinem Vater dem Genins ; In deiner Mutter briuistgen Armen Sollst du zii hohem Thun erv^^armeii. Bedenk, du bist aus himmlischem Samen, Aus \velchem die alten IJerren harnen. Glaub kühn zum Hoch?ten dich berechtigt, Und ringe , bis du dich dcfs bemächtigt.

Die Frey h ei t. Meine Tochter, die erste Prüfmigszeit Hast du bestanden mit wackcrm Streit, Da deine heuchelnde Pilegcrin Nicht umwenden konnte deinen Sinn. Deine Ehern hatten dich verlassen» Dafs du zu dir Muth solltest fa?-^ n : So findet der Mensch sich selbst mühselig, Ringt ztir Besinmiug sich axif allmnhlig, Und wie es da ^vird hell und klar, "Wird ihm mein Wesen oiTeahar.

£9X

Ich kann nicht, wie die Thoren meyneii,

Als "blinde "SVillkiihr je erscheinen.

Kein, der Begriff vorn eignen Scyii

Ist Quoll nnd Ursprung mir allein ;

Und -wer sich selber so begriffen,

Der kann die Weiten kühn durchschiffen^

Er hat den heiligen Magnet

Der un-vTandelhar nach Norden steht.

Der Genius. Und dann ergiefst sich Geist und "Wille Ij! neuer Dichtung schone Fülle, Die Natur -svird ihm zum Pantheon^ Da träumt er suis w^ie Endymion.

Freyheit. Auf, meine Tochter, dring hinan!

G en i ti s. Dir öffnet glorreich sich die Bahn.

Freyheit. Siehst du des Sieges ^almen glänzen ?

Genius. Blick' auf zu jenen Sternenkränzen.

25 *

292

F r c y he i t. Einst Jiüinmst du zu der Splinreii Tanzen.

Genius. Frey von der Zeit, des Baumes Gränzeii, "

Jung e. 2^0ch einmal , einmal segnet mich !

Genius und F r c y h e i t. Dort oben stlm. '.-vir ^vit■dcT dich.

{Beycle verschiuinden gen Himrnel, das neue Jahr- hundert auf der Jlrde ihnen nach.)

Der Herold tritt ahermals ein und spricht:

So hat das alt' imd sch%Tache Jahrhundert

Der Teufel gchohlt samt seinem Plündert.

Und scyd nuu nicht erschreckt und verwundert,

Wenns Picvoluzioncn blitzt und dundcrt,

Denht : 's ist das neu' und starke Jahrhundert.

"Wenns etwa euer Gemiith kunnt* laben,

"Was \vir allhicr tragiret li.ibcn,

So lad' ich euch, ihr Herrn und Fraim,

Den zweyteu Actus axizus chatin.

S03

Der leicht noch mehr ergötzen ma^,

Ucber hnndert Jahr anf diesen Tag,

Ent\vedcr in dieser Zeitlichkeit

Oder in der e^vigen Herrliclikeit.

Denn dort sind wir alle noch zehnmal gcpcheidter.

Und treibens mit Spafs nn l Lachen viel weiter.

Darinn besteht ja das selige Leben ;

Das woir uns allen der Herrgott geben.

^ INHUMAKUS.

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sedi-udit hei Trominann und Wesselhöft.

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