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Nataly von Eſchſtruth

Alluſtrierke Romane una Dovellen

Dil Serie.

Bienes Band

Comödie.

TIripiia Perlagsbudjjanb[ung von Paul Lif.

Cumidie

Boman

Dataly von Efehftruth

Mit Illufivalionen von X, Schwormſtädk.

Teipzin BE Derlagsbuchhandlung von Panl Lilt,

iestern ver

S DEC 18 1941 332520

LIBRARY

Meinen geliebten Tanıen Fräulein

Anna und Adelheid von Halo

in aufricligfier Zuneigung pugeeignet.

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Steh’ ich in finft'rer Mitternadt

So einfam auf ber ſtilen Wadt,

So dent id an mein fernes Lieb,

Ob mir's aud) bold und treu verblieb! Wilhelm Hauff

alt war's, und der Schnee fiel in diden, dichten Floden, ganz langjam, leije. Wie jorgenbe Mutterhand den Schleier heimlich und behutjam über bie Wiege des fchlafenden Lieblings breitet, jo decte grau Holle die Welt mit reifer Dede zu, und fie winfte dem

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Sturmmwind ärgerlich ab, daß er bie Tochter nicht nod) mehr aufregen jolle burd) fein übermütiges Wanderlied! Da budte er fid) gehorfam zu Boden, aber die Welt ſchlief dennoch nicht, joudern rif die großen, jtrahlenden Augen immer weiter auf, je dunfler Frau Holle den Vorhang von Echneewolfen über den Himmel 30g!

Sa, fie war aufgeregt, bie Welt, jo nervös und Ichlummerlos wie ihre Mutter, bie Beit. Kaum, baf Die Nacht hernieder fant und zur Nuhe lud, begann das Leben deſto ſtürmiſcher zu puljieren, dann regte e8 jid, haftete und trieb, Flammenſchein strahlte auf, Wagen rollten, und bie Straßen, dieje großen und feinen Adern der Welt, füllten fid) plötzlich, als ftürme ein neu pul- fierender Blutjtrom gewaltig durch jie hin! ———

Da war an feine Ruhe, an feinen Schlaf zu denten! Pring Karneval hob lachend feine Narrenfappe und flingelte ber Miden in die Ohren, da zudte fie jählings- empor, griff angeregt nad) dem [odenbeu Gegliter und jubilterte ihm zul

Hinein in den Strudel! Champagnerjchaum prickelt auf der Zunge, Straußſche Walzer eleftrifieren Herz und Sinn, eS buftet, glänzt, lacht und fingt, die Fächer raujden, und Die Sporen flirten ve Siegesfanfare über Das SBartett!

Die Satjou it ein Nachiſchmetterling! Sie taucht ihre ſchillernden Flügel in Zampenlicht, und ihr Herzſchlag find die zwölf Gíodentóne der Mitternacht.

Was am Tage bleich und grau gewejen, ftrahlt unter

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den Kronleuchter in eitel Farbenpradht, was bet Connenlidjt müde, fühl und fchlaff burd) gejenfte Wim- perm geblingelt, das erglüht beim Kerzenlicht, das reikt Hd) empor auf tanzende FZußipigen, das trinkt neuen Lebensodent aus dem Becher, welchen bie Saijon mit verführerijchem Lächeln fredenzt!

Ter denft da noh an jchlafen? Mögen bie Edhneeflocen nod) fo janjt und liebfojend, wie verfórperte Schlummerlieder hernteder riejeln, mag das Lämpchen noch jo traulid) in einjamer Stube winfen, da find höchſtens bie Kranten, bie ganz Alten und ganz Kleinen, melde bei ihm zurüd bleiben, vielleicht auch ein junges © Ehepaar, das fid) treu und aufrichtig lieb hat und barum -

zu altmobijd) für bie moderne Welt ift, 1 um no i in tint

Talmirahmen zu paſſen! | Wie ein Würfel von "iligranarbdt, in iidem innerlich ein Feuer [obert, (tet da3 mächtige Viereck des Königlichen Schlofjes. (3 jcheint, als jchlüge aus jeder uge und » Rige rote Glut heraus. Da ijt fein Fenfter, welches nicht im Lichtſchein ftrahlt. Bor den drei uralten Auffahrten.

züngeln Bechbrände aus großen Steinumen in ben leig -

jchwebenden Schnee empor. Die Sternchen leuchten wie rofige gedern, daun jchlägt eine Rauchſahne auf

und erſtickt ſe in ihrem Wirbel.

Kopf an Kopf gedrängt ſteht die gaffende Volksmenge in Eis und Schnee, um die heranſauſenden Equipagen

mit langgeſtreckten Hälſen zu verfolgen, wie ſie vor dem

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Portal halten, wie im Pelze gehüllte Gefialter ihnen

haftig entjteigen. Hie und da fieht man eine Cd)leppe ——

unter bem Mantel hervorraufchen, ober ein Schleier finft, und enthüllt momentan einen geſchmückten Frauen: top, - das iſt der einzige Lohn für das kalte Spalier— ftehen. Aber mam ijt damit zufrieden, man freut fid) {jon im großen Haufen, wenn die Anfahrt fid) momentan faut und man näher herzu drängen fann an bie Wagen- reihe. Die Fenfter ber Equipagen find zwar bejchlagen, aber zeitweife gleitet bod) etwas weißes über bie Scheibe, ein bartiges Geficht unter Helm oder Dreiz majter neigt fid) fpahend vor, begrüßt von einem anerfennenden: „Ah!“ der danfbaren Wenge.

Große Cour im Schlog! Das ijt ein Ereignis,

welches nicht nur in den Salons, fondern aud) am Sueiptifch und vor dem Ladentijd) beiprochen wird! Welch ein Feitliches Geprange! Wenn alles fon von außen [o ftrahlend imb üppig ausjieht, wie mag’s erit innen jein!! Der junge Maler brüdt bem breiten Filz tiefer in bie Stirn und benft: ,,Bowblik! könnteſt bu doch mal hinein jehen! Da gäb es wohl mand) reizendes feines Genrebild zu erjpähen!“ und bie alte „Grün: kramſche“ fchnüffelt in bie Luft und meditiert: „SE wette, mit Eſſen fin fe fo fein, dat fie nijcht wie Ronfett un Injemachtes uff's Büfeh haben!” Ein Schufter- junge fpringt wie ein Eleiner Teufel von ber Baluftrade, auf welche er fih ,'ranjejd)minbelt^ und von welder ihn joeben ber Poften „abjewimmelt” und johlt voll

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Schadenfreude: „St hab! 3 doch jejehn! bie Gene mit bie jrienen Froſchbeene !“ und er deutet mad) bem Portal, wo foeben eine Dame eintritt, welche der grünen Brofat- Ichleppe angemefjen bie Füßchen mit gleichjarbigen Seiden: ſtrumpf und Schuh betleibet Bat.

Ssubelnder Beifall ber Menge, weldje froh ijt, hd durch ein fräftiges Gelächter etwas zu erwärmen. Auch ber Poften muß lachen, wohl oder übel. Er wendet zwar das Geficht in den Schatten, aber er amüjiert fid) tóniglid. Er fat fid mod) auf feiner Schildwacht fo trefflich unterhalten wie auf biefer, obwohl das unaus- gejebte Prajentieren feine. bejonbere Annehmlichkeit ift. Aber er thurs gem, er grüßt gern bie ehrwürdigen Heldengeftalten, welde heute in der großen Galauniform der Höchſtlommandierenden ihren königlichen Herrn be grüßen wollen Oft fünbet e3 jubelnder Zuruf ber Volksmenge, wenn ein und geliebter Feld⸗ herr die Rampe empor fährt. -

Auch jet öffnet fi ein Wagenislag, Helm, Epau: lettes, eine endloje Drdensreihe blibt unter bem zurüd= Hatternden Paletot auf. Die beiden Bolten präfen: tieren, Ein freundlicher inf, der General ftreift mit ſchnellem Blick bie beiden ftattlichen Grenadiere, der eine mit dem berqniigten, frifcen Geficht füllt ihm auf. Das Laternenlicht bejtrahlt ihn, ſchwarz⸗weiße Schnüre um bie Achfelflappen? Mit freundlichem Lächeln fchreitet ber alte Herr vorüber. |

Noch fteht der Freiwillige Dod) und ftramm. Cine

ritterliche, wahrhaft impoſante Figur, trog des weiten Soldatenmantels ſchlank und elegant. |

Seine Stirn bedt ber Helm: blaue, lachende Kinder: augen freuen fid) mit beinahe naiven Bli all der Pracht, welche an ihnen vorüber jchwebt. Friſch, rotwangig und gefund fchaut das jdjóne Gefid)t in die Welt, blonder Schnurrbart ziert die Lippe, volle, goldblonde Haare fräufeln fid) an den Schläfen. Eine echte, rechte deutſche Fünglingsgeftalt. Rrajtvoll und marfig, ehrlid) und treu in Blick und Mienen, ein wacker marfijd Blut.

Wagen um Wagen rollt heran. Grazidje Frauen - geftalten jchweben an ihm vorüber. Atlas und Seide jchleppt fnirjdjend über bie Teppiche, Blumenkelche rieſeln geknickt zur Erde

Und wieder folgt eine zweite Equipage langjam a du fahrend einer Vorgängerin.

Der Poften muftert fie mit interejjiertem Blid. Cie ijt auffallend elegant und foftbar. Neiche Silbergejchirre funfeln auf den Zrafehnern, Sutidjer und Diener ver: Hnfen faft in foftbarem, etwas übertrieben mächtigen Belzen; Wappenfnöpfe bliken in dichten Reihen an ber Livree, und an bem Z9agenidjlag ift möglichſt prunfend und nagelnen ein Wappenjchild gemalt, deffen Krone mit wirflichen, erhabenen Gbeljteimem geziert ijt, =

Der Freiwillige fieht jd)ürjer hin, bie Inſignien zu erfennen, unmöglih, die roten Lichter der Ped- urne fladern verwijchend darüber hin. Zangjam ſchnaufen bie Rappen näher. Der Diener jpringt vom Bod und

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reißt voll beinahe übertriebener Devotion den Schlag

auf. Die Lafaien gleiten herzu, gejchäftige Hände

itreden jid) aus, eine Dame aus dem Wagen zu heben. Sie ift in wundervollen Hermelin gehüllt, ein Spigen- {chleter bedt das Köpfchen. Der zierlichjte Fuß berührt den Teppich. Sie ftrebt etwas eilig vorwarts, die lange, filberfunfelnde Courfchleppe fmáult fid) momentan unb nötigt ihre Trägerin mit herbem Rud einen Augen: blig jtill zu ftehn, juft vor dem often.

Ein reizend hübjches, pifantes Gefichtchen, in dieſem Augenblid jedoch bitterbös drein fchauend, wendet fich zurück, bie unliebjame Störung zu erforjden, und juit, al8 habe ihn ein eleftrifcher Schlag getroffen, zuckt ber Freiwillige empor. |

„Aglaë! flingt e8 wie ein Subelichrei, alles ver- geifend, von feinen Lippen; er macht eine Bewegung, alg wolle er die Arme ausbreiten, als wolle er voll Entzüden auf fie zuftürmen Groß, weitaufgerifjen jtarren ihn bie dunklen Augen an. Einen Moment jteht bie junge Dame, als fei ein Blig zerſchmetternd vor ihr niedergefahren, dann zudt es jählings über ihr Ge- fichtchen, Betroffenheit, Ürger, Unwillen. Cie preBt das Mündchen zulammen und wirft den zier- lichen Kopf mit einer unbejchreibli hochmütigen Bes wegung in den Naden. Shr zwinfernder Blick mißt den Poſten ftehenden Grenadier vom Scheitel bis zur Sohle, Dann haftet fie an ihm vorüber, beinahe ungejtüm, in die biumengefchmücdte Borhalle hinein.

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Der Freiwillige Hat von allebern nichts bemerft und nichts mehr gefehen. Aus der nachfolgenden Equipage find Drei Offiziere gefprungen und jdjreiten fporenflirrend an ihm vorüber. Gr muß abermals präfentieren, feine Augen ftehen im föniglichen Dienft. MB bie Herren über die Schwelle gefchritten, und der junge Mann hod: atmend das Haupt wendet, iff bie junge Dame lüngit hinter der vergoldeten PBortalthür entſchwunden.

„Aglaë, e mar Aglaë!” murmelt er mit ftrahlen- bem Lächeln, und gleicherzeit räufpert er fid) auffällig. Hinter der in Hermelin gehüllten Tochter her, hat fich ein fugelrundesS, pelgjtarrendes Etwas aus dem Wagen ge- Ichoben. Ein feidenglängender Cylinder taucht aus dem foftbaren Zobel, ein fettes, ftarf gerötetes Geficht, mit Dün- nem, beinahe rötlich-blondem Kotelettenbart wendet fid) zu Kutjcher und Diener zurück, um in proßenhafter Weije noch einige Befehle für den Haushofmeifter daheim zu erteilen. Ein paar junge Gardeoffiziere fchreiten gerade vorüber und hören e8; einer von ihnen fcheint eine draftiiche Bemerkung zu maden, Hinter der Thür lachen. bie Herren laut anf.

Der Befiker ber herrlichen Equipage und des echten Zobelpelzes jedoch bläht fich, ahnungslos jener Leutnants— fritif, nod) mächtiger auf, und fdjreitet mit ber Haltung eines Großmoguls mad) bem Portal. Als er fid) neben dem Bolten befindet, rüujpert fid) biejer abermals mit einer jähen, auffälligen Bewegung. Der Cy (imber ſchwankt einen Moment mad) jeiner ' Seite hin, Die.

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verſchwommenen Mugen ftarren den jungen Vaterlands- verteidiger jo blöde und geillloó arrogant an, wie eben

ein vielfaher Millionär und Herr Kommerzienrat einen „gemeinen Soldaten” mujtert, und dann ſchwankt ber

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Dide Zobelpelz auf viel zu hohen Haden im Vollbewußt⸗ fein feines Wertes vorüber. - =

„Sie haben mich beide nicht erkannt!” amiifiert fid) ber Freiwillige, und jtredt ben Kopf vor, ob er wohl nod) bie zierliche Gejtalt ber jungen Dame mit feinem glücitrahlenden Glick erhaſchen fann, richtig, er fiebt, wie Aglaë jchnell ben Arm be8 Baters nimmt, und ihn mit beinahe ungeftiimer Haft die Marmorjdjwellen der Treppe empor zieht.

Der Kommerzienrat fieht jeiner Tochter verblüfft in bas erregte Geſichtchen: „Sahte, jate, mon bijou!” puftet er furgatiiig. 3

„Halt bu ihn gejehen, Papa? Haft bu etwa mit ibm gefprochen?” ziſchelt fie in fein Ohr.

Gr fieht noch dümmer aus und reißt ben Robel auf.

„den? Wie? Was?”

„un, Hans! Hans Burfhardt!!”

„Hans Burkhardt? Wer ijt das?!“

Sie atmet erleichtert auf. Gott fei Dant, alfo feine Erfennungsjcene! „Erimmerjt bu bid) nicht mehr. an den Sohn unſeres Gutspächters?” ftößt fie fura hervor. „Um jo beffer.”

„Ah Burkhardt!” Der Herr Kommerzienrat hebt förmlich unnahbar den Kopf: , Gang recht, mein Pächter heikt jo. Hatte ber einen Sohn Hans?“

Aglaë ftreijt den Sprecher mit einem fpöttifchen Blick, fein ſchwaches Gedächtnis fommt jelbft ihr in dieſem Augenblid lächerlich vor. „Natürlich“ antwortet

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fie herbe, „id hatte ja meine Echulftunden mit ihm jujammen, menn pir in waren!” cte

„a... ganz redjt . ‚ih entfinne mich’ Der torpulente fleine But flemmt nadhläffig fein Mo- nocle in das Auge und mujtert die Bronceftatue auf dem Treppenabjak, er bleibt momentan ftehen, denn er ijt affbmatijd). „Hans Burfhardt ja id) dächte, jo hätte er geheißen, mon Dieu, e8 war mir fatal genug, dich in feiner Gejellichaft zu wiffen .. . aber ... bu weißt e$ ja felbjt, Moosdorf Hat leider feine ariſtokra— tildje Nachbarjchaft ... leider! leider! ... Hans Burk bardt ... Quite rehi ... Waa foll’s mit bem Bauern: jungen ou

„Sr jtamb vor bem Portal brunten Shilbwadt und hatte bie Frechheit, mich anzurufen! Unerhört! Sh würde mich tot gejchämt haben, wenn e3 jemand gehört hätte!” Und Aglaë bip bie Zähne zujammen und befam bei biejem Rückerinnern abermals ein dunfelrotes Köpfchen vor Zorn unb Ärger. Der Kommerzienrat me förmlich suriict por Em- pörung. „Schildwacht . ah ... und hat dich ange- rufen? ... D.. Dl... eim gan gemeiner Soldat en...” |

„Sr ijt Freiwilliger I^

„Sleichviel ... ein gang gewöhnlicher Bauernjunge ift er! Der Sohn einer von mir bebienjteten Kreatur l^

Der Sprecher warf fid) in die Bruft und fauchte vor

Hochmut wie ein Hamfter: „Und redet bid) D Hier

Riv, EfHfiruth, IM. Rom. u. Mov, Comöbie, I.

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im Königlichen Schloffe, wo er bod) fieht, daß mir zum Adel und zur Hofgejellichaft gehören? Ober e wef | der Bengel etwa mod) nicht —“

„Still! Rege bid) nicht |o auf bie Qu beaten ja, du Dabeit eine Scene mit mir!” verwies die junge Dame herriich: „Ich verlange nur, daß du ben kecken Monfienr, biejem Bauernjungen, vollftandig ignoriert, wenn er etwa bei unjrer Rückkehr les an ber SUE. jtehen follte. SSerjtauben ?’ |

Der Herr Papa jah wieder febr bust und fein: faut aus: ,,Celbftredend, natürlich, mon bijou!” beeilte er fih bem verwöhnten Töchterlein zu verfidern, und dann jebte er wieder den Lafaten gegenüber die Millionen- miene auf. und führte feine Tochter grabitätiich zu Der Sarderobenthür. Er aber beobachtete verſtohlen, wohin bie andern Herren fid) wandten, um fid) mit ber Sicherheit eines Wohlbefannten in biejen Näumen zu gerierem. Es durfte bod) niemand merfen, daß er, der Baron von Lehnberg-Moosdorf, zum erjtenmal - im Königlihen Schloffe bie Räume betrat, in welchen fein Bobelpelz, im Wert eines Rittergutes, in Reif und Glied mit den Schlichteften Veutnants-Baletots am Haten Ding!

Zuvor aber jab er zwei junge Frauen, meldje foeben von zwei Dragonern als „gnädigite Gräfin” begrüßt wurden, nach der Damengarderobe (reiten. Er wandte fi) demzufolge nod) einmal um und rief febr vernehmlich: Aglas verliere deine Brillanten nicht, fie ROM mm anderthalb Millionen gefojtet ^ :

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Woraufhin bie Stimme ber jungen Dame etwas ärgerlich antwortete: „Mein Gott, was liegt an einer folchen Bagatelle, bitte, eile bid) lieber und hole mich wieder ab, id) glaube wahrhaftig, es ijt nicht einmal ordentlich gefeigt hier |^ |

Die nädhjtftehenden Damen wandten frappiert bie Köpfe, und blidten erjtaunt auf die Sprecherin, welde als brillantenbejätes, von den wertvolliten Brofat- ftoffen umraujchtes Nippesfigürchen aus Dem weifen Hermelin auftauchte,

Die Toilette war fürſtlich, aber "NC Hir en fo junges Mädchen gewählt, und erfchien bie Baronefje von Lchuberg: Moosdorf neben den andern Miters- genoffinnen, welche in duftigen Spigen, Crêpe unb Blütenſchmuck ebenjo anmutig wie anjpruchslos au8- jaben, mie bas prunfoolle Vusfahgeregto väterlichen

Reichtums

„Der Mite ijt dn durh und durch Geſchäfts— mann”, jpöttelte eine ältere Hofdame, „und Aglaë ijt Heute abend nicht feine Tochter, jondern feine Reklame!

Der legte der Wagen war von der Auffahrt nicder- gerollt, e8 ward ftl vor dem Portal deg König: lichen Schloſſes Wie jernes, fernes Branfen und Sauſen allte e8 aus dem Innern deg gewaltigen Gebäudes heraus. Abgeriffene Muſikklänge, Rufen, Laufen und Lachen der in ben Korridoren und Slur: fallen. bejchäftigten Dienenſchaſt |

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Die Pechfeuer brannten mit rotdunstigen Ranch- fahnen durch die jtille Winternacht, der Schnee fiel jo leis und dicht wie zuvor, und die Goften gingen mit jtampfenden Schritten auf und nieder, [fid zu er wären.

Still ward's aud) auf ber Strafe Der Strom der Pajjanten flog fpärlicher und bewegte fih jebt mehr an der gegenüberliegenben Ceite, mojelbft das | Theater und verichiedene erjte Nejtaurants mit gaft lich geöffneten Pforten winkten |

Hans Burkhardt ftand vor bem Marmorfoce des $tanbefaberà, welcher das Portal ſchmückte und ftarrte tief in Gebanfen, lächelnd und glüdjelig in das mirbelube Schneegejtöber hinaus. Da ward bie dunkle. Nacht hell wie goldener Eonnenjchein, und bie weißen Eisfternchen wandelten fid) zu dufiigen Blütenglocken, bie ftreute ein mächtiger Apfelbaum zur Grbe.

Daheim, im elterlichen Garten itanb er, Dod) unb prächtig gewölbt, wie ein Riefenbouquet anzufehn in feinem Blütenjchmud, und unter ifm im leis wogenden, blumigen Gras lag er, Hans Burkhardt, ein zehnjähriger, bralfer Bengel. D er wei es nod) fo gar genau! Wie e$ feine Lieblingsgervohnheit war, hatte er jid) Hin- geltredt, glatt auf den Band), bie roten Wangen in bie Hände gejtemmt. Braune, harte, meift recht jhmubige Sungensfäufte! Und an jenem Tage waren fie gar be jonber8 dunkel gefärbt, denn der Hans hatte bruntem im Seid) im Schlamm gewählt, hatte alles mögliche Getier

herausgefilcht unb lag nun unter bem Apfelbaum, diefe abjonderlichen, vielbeinigen, fid) windenden anp Ungehener eingehend zu ſtudieren |

Der Wind ftri leife durch bie Sud bie e nallen Ringelblumen nidten ernithaft mit ben Köpfen und droben in ber Baumtrone fag ein Pirol unb pfiff jo ſpöttiſch, als wole er fid) über den Heinen Bauernjungen luftig machen, ber da [tumbeníang regungslos lag und jid) beinahe die Augen aus dem Stopfe faute, bie gefeimiten Wunderdinge Der Natur zu ergründen. |

Was wußte der Vogel von dem Wilfensdurft, welder - in der Seele des Kindes brannte! Drinnen im niedern, balfenburd)freugten Wohnftübchen lag eine Bilderfibel,

daraus hatte Hans Burkhardt ſchon viel jeltfame Dinge = gelernt. Wie es auf dem Meeresgrund ausjdjaut, was

für ein geheimes Leben und Weben in der Natur exijtiert, fo wunder, wunderflein, daß man e3 mit einfachen |. Menſchenauge gar nicht erkennen fann! Zum Beijpiel ein MWaffertropfen! Was für fabelhafte Untiere, Schlangen, Molche und Spinnen gab's darin! Die Gelehrten hatten ein Augenglas erfunden, baburd) fonnte man alles deutlich erfennen. Gott im Himmel! was hätte der fleine, paus- badige Flachsfopf Hans darum gegeben, hätte er ein einziges Mal burd) folh ein Glas jehen fünnen!! Was müßt es, ob er aud) ein paar Taufendfüße, Käfer

und Würmer aus bem Schlamm fudt, er fat a

ganz genau beobachtet und bejehen, aber eine Trichine wäre ihm taujenbmal interejjanter, ad), er möchte |

fo Maij) gern einmal oide Dinge om, bie man für gewöhnlich nicht jehen fann! | er fauft ihm aber folh ein Babels? - Der Bater gemif nicht; ber ijt ein ftrenger, ſchlichter Mann und fagt: „Du follft mit Pflug und Drejchflegel arbeiten, nicht mit Brille und Gänfefiel! Du bift der Sohn eines einfachen Landmanns, und bu. ſollſt auch werden, mas dein Bater in Ehren wari“

Und bie Mutter? Die that’s wohl jdon, wenn fie nicht gar jo ängftlich wäre! Aber fie ijt auch gleich bem Vater in Arbeit und Entbehrung alt geworden, fie hat fid im Schweiße ihres AngefichtS emporgearbeitet aus ber Mittellofigfeit zum geficherten Befis, zur Wohl: habenheit, ja beinahe zum großen Vermögen. Sie haben die beträchtliche Bachtfaution fiir Moosoorf leiften fünnen, und jeder Heller davon ift jauer erworben. Nun kann - ſich bie wadere, alte rus die als genau =

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nod) biejelbe ijt wie ehemals alà Bäuerin, gar nicht deuten, daß ein Menjch fein Brot anders verdienen fann alg durch Hade und Senje, und eine Hand, bie feine

Cd)mielen hat, deucht ihr ein Tagedieb an Gott dem

Herrn!

Der Hans iol bie Hammel im ——— hüten, aber der Teich mit ſeinem geheimnisvollen Getier ijt jo nah, und unter bem Apfelbaum liegt fih’3 gar jo bejdjaufid) . . ... Die braven Schnuden laufen an ihrem qus Ctrid Karouffel um bie jchlanfen Objt- ſtämmchen, und des Pächters Sohn weiß, daß aud) fie ihren Schutz geiſt haben, ben jchwarzen, luſtigen Spigle nämlich. Der fibt an ber Seite feines jungen Herrn, ein Obr aufgeftellt, bas andere refigniert herabgeneigt, - ichnappt nad) den Fliegen, welche er mit ber ganzen Snbrunft feiner dunteln Seele haft, und fontrolliert jede einzelne Bewegung ber blöfenden Unterthanen, ob biejelbe etwa einen SFluchtverfuch ahnen laffen. : | |

Und bie Blütenfloden jchweben Bernieber .. und bie Sonne glänzt auf bem weikblonden. Haar des feinem Forſchers, welcher Zeit und Welt über feinen Studien vergeſſen.

Plötzlich fnurrt Moppel, i Cpib, erhebt fich, wedelt und hebt dag Schwänzchen zum graziöfeiten Ringel, Hans merits mid) Er fieht erft auf, als ibm eine derbe Hand wie einen Dachshund am Genid fagt und empor hebt. Das tann mur ber Vater fein.

„song, infamigter | bójejt bu idon wieder ?]”

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wmd Dann wird er ſtramm auf die Füße geſtellt, und die Stimme des alten Burkhardt fährt in tiefem Baſſe fort: „Das ijt unfer Fladjstopf, Herr Soommerzienrat, jehen Sie fid) den Taugenichts jelber an, ob Sie ihn brauchen können!” das flingt jo rauh wie jtet3, aber die wetterharte Hand ftreicht dabei voll ftolzer Zärtlichkeit über bad feidenglängende Haar des Einzigften. Hans reibt fid) überrafcht bie Augen und dann reißt er fie weit auf,

Sa, da jah er etwas Erftaunliches. Ein fetter fleiner Herr in einem ganz großfarrierten Anzug, mit goldener lrfette, jo dick beinahe wie bie eijerne am Hofbrunnen, und einer drolligen Grille, bie an einer Schnur auf die Naje getlemmt ijt. Der fieht ihn mit rot verfchwollenen © Augen freundlich an und jagt: „Ei, ei, alfo dag ift ber Hans! Nun Aglaë, wie gefällt bir der fleine Burjch ?^ De

Aglaë! Nun erft fab er bie Hauptjache. Co etwas hatte er noch nie zuvor gejehen. Wars wirflich nur ein f(eine8 Mädchen ober eine Fee, wie fie in feinem Märchen— buch bejchrieben war? Cin Gelichtchen mie eine rojige Wachspuppe, mit großen, neugierig jchauenden Kinder- augen, braunen Sodem, die bis in die Taille herab wallten, und geffeibet in ein weißes Cpibenfleib, jo zart unb fein wie Spinnwebe! © er hat fie genau angefehen, er fünnte fie nod) jebt, nach abermals zehn Sabreit, malen! Eine feine Goldfette fdjmitdte das Hälschen, | daran jdjautelte fid) auf ber Bruft ein Herz, Das glühte und blijte im Sonnenlicht, daß er faum hinfehen fonnte,

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und ihre Händchen und Arme waren von langen Hand- Schuhen bedeckt, und in ber Hand trug fie einen blau- jeidenen Somnenjchirm, von deffen Nand ebenfo herrliche Spigen wie am dem Kleid wehten. Sa, das war alles ſchier unfaßlich für einen Jungen, der big dahin nur Banernmaddjen im Zwilchrod und Leibdjen gejehen und das Allerabjonderlichite war, daf diejes feme Wunder: wejen „Aglae“ Diep; den Namen hatte er noch nie: zuvor gehört. Diefer fowohl, wie bie ganze Erjcheinung des fremden Kindes, verießten ihn in ein Gefühl fajt - andächtiger Scheu. Nun fam die Kleine dicht zu ihm - heran und nahm jeine Hand, mit welcher er jid) gerade verlegen hinter dem Ofre frauen wollte, wie es einjtmals ber VBordrefcher gethan, al die verftorbene Frau Guts— baronin beim Grntebier mit ifm tanzen wollte.

„Du bijt ber Hans f s (achte fie filberhell, ,willft bu jeden Tag zu uns in das Schloß kommen und mit mir _ fernen ? ^ n

Er fühlte, bak er dunfelrot ward. Eprechen fonnte er nicht; er mite nur mit bem Kopf, drehte fih fchnel m und padte ben Moppel beim Schwanz, Viu. hatte er ijr am Ohr nehmen wollen. d |

„Sit das dein Hund?”

Er nite abermals.

„Und was fib das für Tiere im Gras bort?”

Da fuhr er jüblings herum und ftarrte fie am. „Welche? ^ |

„Die jdjmargem ... mit den Hörnern ?^

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von ber Bruft; fie fennt nicht einmal Hammel?

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Das erſchütterte das Gefühl von Scheu und Andacht. Er lachte fogar und fie lachte and) und fragte: Beißen fie, ober fann id) näher gehen?

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Gr wollte ihr gerade ici ausgelaſſen vorauslaufen unb fid) al Reiter auf den großen alten Bod jchwingen, - da jagte der Herr mit ber goldnen Brille jehr ängitlih: - „Nein, nein, mon bijou, bleib hier! Das Gras müde naf fein oder e8 gibt am Ende Areuzottern darin!“ Und er nahm Aglae bei ber Hand und jagte mie

ein König ... vornehm und Bulbvoll: „Schiden Sieden Knaben morgen vormittag ins Schloß, mein guter Burkhardt, e3 joll mid) freuen, wenn er durch bie

Unterrichtsftunden recht viel profitiert |^

Und Aglaë ſpannte das Schirmchen auf und midte ihm zu. „dien!“

Ja, damals jaf er fie zum erjten- mal! Wie bie Gebaufen plóblid) jo lebendig werden! Der Bolten vor dem Königlichen Schloß hat e8 ganz vergeljen, wo er ilt. Er ftarrt im den Schnee hinaus und lächelt.

Welch eine ſchöne, unvergeßliche Beit, al8 er jeden Tag mit ihr zujammen war! Gie lernten und jpielteu aujammen, fie Hatten fic) lieb und waren glücklich, Und aí8 der Herbit fam, unb Aglaë mit ber guten, freundlichen, ftets franten Mutter abreijte, da rief bie Kommerzienrätin den Knaben zu fid) heran, blidte ihm faſt zärtlich in das Geficht, welches jo heldenhaft mit den Thränen fimpfte, und ſprach: „Du jolljt ein Andenken an Agla& behalten, bis wir nächltes abr mieberfommen! Wiinjche bir, mas du haben willſt!“ . :

Da fuhr's wie ein Blitz durch den Kopf und

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er rief haftig: „Bitte, fchenfen Sie mir fold) ein Wunder: glas, durch welches man jehen fann, was Alles in einem Waffertropfen ift!”

„Ei ber Taujend, bu ſeltſames Rind, was will{t du damit?”

„sch will Doktor werden l^

Da befam er richtig eines Tages folch ein Föftliches Ding zugelandt, und nun hatte er feine Sehnjucht und feine Langeweile mehr!

Im nächjten Jahr famen bie Eltern Aglass wieder, und e3 verging fein Sommer mehr, wo fie fich nicht wiederfahen, ber blonde Padhterfohn und das reizende

Gutsjraulein; und fie gewannen fih immer lieber. 0 Damal mar Aglaë fein Cin und Alles, und fie ——

bfieb’s, obwohl gar manches anders fam. Damals hieß fie noch Aglaë Lchuberg und hatte eine qute, freundliche Mutter. Mad) Jahreswende aber war fie Baroneffe von Lehnberg geworden, die Mutter lag im Grab, unb eine hochmütige, widerwärtige Erzieherin drängte fih zwifchen Hans und feine junge Freundin.

Der Freiwillige jchrickt empor und fdjreitet Haftiq auf und nieder, er ‚empfindet e3 plöblich, daß es bitter falt Binnen,

Mod ich! id tid por mir- tepen > In dem Sinbertleibden,

x * —— Tiebet, = D end Mo Nannte bid mein: Braut⸗ Dub M e e deb

Stef Bitpidi

a, ba8 war ein trauriger Umſchwung gemefen, als Aglaë zum erjtemmal nad) der Mutter Tod mit | jener fremden, unangenehmen Berjon nach Moos-

dorf gefommen war! Cr mar dem Wagen voll Sehnjucht

entgegen gelaufen, jtand broben unter ber Wendelingeiche am Hohlweg und ſchwenkte jauchzend die Pelzmütze, welche

Da fon bal’ id is ses à Un

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er nad) Sitte ber dortigen Bauern Winter und Sommer unverändert über die blonden €oden gg. ——

Da fam die Equipage heran gerollt, langſamer wie jonjt, weil e8 bergan ging, und Hans faf feine geliebte Kleine Freundin in bem fchwarzen Trauertleid zur Seite jener großen, hageren Dame figen, welche fid) fiinftighin role ein trüber Schatten vor Die jtrahlende Sonne feiner Jugend jdjob.

Wie oft Hatte er an biejem felben Fle geftanden und den Nahenden entgegen geminft! Darm hatte ihm das milde Dulderantliß Der Kommerzienrätin jedesmal freundlich zugenidt. :

„Halten Sie an, Scan!” rief fie und winfte bem (feinem Bauernjungen am Wegrain. Hut! wie er darn fo flint herzu fprang, fih hinein ſchwang auf bie ele- ganten Atlaspoliter unb in feiner treuberzigen JSeije bie gebrechliche Geftalt ber bleichen Frau mit beiden Armen - umfabte. Da legte er ifr den Blumenjtrauß in den. Schoß, welchen er entweder in Feld und Wieſe gepfliictt, ober welchen er dem alten Bornemann, dem Gartner aus bem arf, abgeldjmeid)elt. Aglaes Mutter liebte jedoch bie jchlichten, fleinen Wegefräuter, und darum begrüßte fie Hans zumeist mit folchen, funit[oS zufammen geftellt, umricelt mit bem blauen Baummollfaden, wie er’3 nicht beffer wußte unb fannte!

Die Kommerzienrätin hatte ihm jedesmal danfend bie frischen Wangen geftreichelt unb fid) feiner Gabe gefreut, und Aglaë ſchlang die zarten Armchen um ſeinen

an DA (em

Naden und jubelte in der Bonne: des Wiederfehens.

Als aber bie Equipage heran rollte, welche zum erften ———

mal bie Erzieherin, Fräulein Agathe, nah Moosdorf brachte, da rief feine Stimme dem Kutſcher ein Halt zu, obwohl fid) derjelbe beim Anblicd des Knaben es | und etwas zu fragen fchien.

Das Fräulein mit dem blafjen, dicen Geficht und dent häßlich aufgeworfenen Mund, hob eine Lorgnette vor die Augen und mujterte den großen, Hurra jchreienden Jungen mit zwinferndem Blid. Gie nidte ein wenig mit bem Ropfe unb Aglas faf bunfelrot und jefr ver legen aus und rief nur mit Balb(auter Stimme: „Guten Tag, Hans! |

Dann rollte ber Wagen vorüber, und ber junge Burkhardt jtanb und jaute ihm momentan betroffen nad. Er fapte fid) jedoch jchnell wird warf feinen Strauß von Hecenrojen mit frajtoollem Arne hinüber, daß er bie geliebte freundin erreichen möge, aber

die Pferde Hatten zu jehr ausgegriffen, €taubwolfen wirbelten auf, und bie Heckenroſen fielen auf bie Chauſſee

nieber unb entblütterten. Hans aber jchlic) traurig nach Haul

Ein inſtinktives Gefühl ſagte ihm, daß jene Fremde und er nun und nimmermehr Freunde werden würden,

Er wagte es nicht, ungerufen in das Schloß zu gehen, aber er ſtahl ſich heimlich von Hauſe fort und legte fich Gras am Chauffeerain, juft am ber Parfmauer. RUNE fuhr, T be bem köftlichen Sonnenfchein _

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noch nah dem Wald und wintte ihn dann heran, daß er in den Wagen jteige und fie begleite, wie er's früher jo mand) liebes Mal geburit Der Bach, welcher bie Fontainen in den herrlichen Schloßanlagen jpeijte, flop dicht an ibm vorüber. Wergifmeinnicht wucherten an - pem jumpfigen Ufer, und Hans jammelte fie mechaniſch zum Strauß. Sein Bild fpiegelte jid) im Waffer und - gum erjtenmal idjaute er fic) felber aufmerfjam an. Er mar ein großer, jtämmiger Burfch geworden. „Wie geichaffen zum derben, handfeften Landmann!” jagte ber Vater, jchenkte ihm zu jeinem zwöliten Geburtstag einen dicen Stoß Bücher und legte ſchier feierlich bie Hand auf des Sohnes Blondkopf. „Ein Sandmann muß Beute 2 zutage aud) was gelernt haben und muß mit bem Kopf eben jo fir jein wie mit den Armen! Der Kantor jagt, du jeijt ein fleißiger Schüler, und ber Schädel hier dede einen guten SBerjtaubsfajten. Da will ich’s denn mit Gottes Hilfe wagen und das Geld am dich wenden. Zu Johanni fommit du in bie Stadt auf die Schule, - umb menn bu bid) bajelbit bran hältſt und ordentlich vorwärts fommit, geht's hinterher nad) Brosfau, da ‘wird die Landwirtſchaft jtubiert, wie's jebt in ber moz Dernen Welt verlangt wird. Vieles ijt Unfinn mit - ber T heorie, aber mau muß fie tennen und wiffen, um. e3 mit ber Praxis Defto genauer nehmen zu können!“ eps So viel hatte der Vater mod) nie in einem Atem gez fprodjen, und darum ftarrte Hans ihn an wie eine Traum:

gejtalt und vermochte jo viel Gliic und abe aninga : R.v. Cf ftrutb, IL Rom. u: Novy GomBbie I. 3

M4

gar nicht zu begreifen. Dann aber flang er jablings bie Arme um den Naden des alten Mannes und rief mit ftrahlenden Augen: „Sa, Bater, lag mid) auf bie hohe Schule, laß mich lernen Tag und Nacht, aber made mich nicht zum Landwirt, lag mid) Dottor werden!” Vater Burthardt idüttelte ihn heftig ab. „Narreteil faum daß man dem Bub den Finger gibt, will er jon bie ganze Hand! Wirit während jener €cfrjafre jhon jchwer genug auf meiner Tajche liegen, foll mid) Gott bewahren, daß id) bid) dein Leben als Hangerleider durchſuttern fol!”

„Bater, ein Arzt verdient viel Geld! ge D

„So? was thut denn ber alte Rohrbach i in Neu} ſtädt, feit ber junge Laffe, der Schmidt, gefommen ift und ihm | die Praxis weggenommen hat? Er jaugt Hungerpfoter! und menn abermals ein andrer fommt und wieder nad) einer neuen Manier furiert, dann laufen die Leute zu bem, und ber Schmidt bläft mit Rohrbach gujammen bag Elend mad) Noten! Du und Arzt werden? Du, ein Bengel wie ein Eichbaum, eijern und feft wie mit Keulen gujammen gejdlagen? Ein emiger Jammer wär's! Bijt geboren für Karſt unb Pflug und jollit dabei bleiben. Gott helfe mir. Bafta!” a Die Thür fchmetterte hinter ihm ins Schloß unb. be Mutter faltete die Hände über ihrer groben Näharbeit - und nidte ſchweigend mit bem Kopf. Dann jab fie auf: „Dan felel“

22 ſchritt er Bait gu ir hin und barg das Haupt

m =

an ihrer Brut. Cie bog jeinen opt. zurüd und fah ibm ernft, aber voll unendlicher Liebe im bie thränen⸗ feuchten Augen: „Der Vater fat recht, mein Bub, jet brad und gehorche.“ |

Gr big die Zähne aujammen. Es lag etwas in jeinem Angejiht, was das Mutterauge eridjredte. Sie zog ihn feiter an fid. |

Hanſele“ ſprach ſie weich, „Halt feinen belies und S

treuern Freund auf der ganzen Welt als den Bater. Er meints qut mit bir, ben Weg, den sg er bir meijt, fannjt bu getroft C ne = mit blinden Augen gehen. Fest 1 4^ : ſiehſt's vielleicht noch nicht eim FR mit deinem Kinderherzen, aber A - EDU jpäter, jpäter weift’s ihm Sen ES Dant, dak er in biejer Stunde M 5 Dart geweſen“ =

Und abermals fchüttelte er den Kopf unb ftieß furg hervor: „Der Vater mag's hon gut meinen, aber richtig üt feine Meinung nicht. Juſt der Schmidt hat zu mir gejagt: In mir fede das Zeug zu einem großen Arzt,

id) fei geſchaffen und geboren zu biejem Beruf, unb mem'á mit ber Praxis glüce, ber fet heutzutage ein ges madjter Mann! Wenn ber liebe Gott aber einem Menjden Luft und Liebe zu einem Beruf gibt, dann weilt er ifm aud) den Weg, und Gottes Augen fehen doch heller, wie die bes Vaters |” :

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6

Einen Medid i ipiege te bak friedliche Antlih der alten Frau eine jah aufiteigende Gorge. Ein Gefüh! von Hiljlofigteit fiberfam fie, die quälende Herzens: angít, an einem Scheideweg zu ftehen und nicht zu wiffen, nach welcher Seite fie die Schritte ihres Kindes lenten jole. Wir find alle Menſchen, wir alle fönnen im beſten Wollen und Willen irren auch der Bater. Die Verantwortung iſt groß! Ihr ſchl ichter, einfacher Verſtand kann's nicht ermeſſen, was hier bas befte fet; fie ift eine rau vom Lande, fie weiß nicht, was flug = portetí- haft, fie weiß mur, - was gut und jchlecht ijt. Aber fie it eine fromme rau, und darum nimmt fie auch jest. bie Zuflucht zu dem, ber für und benft unb forgt, zu bem, ber alles wohl macht. Sie legt die beiden pat auf des Sohnes Schultern. 5

„Hanfele!” jagt fie mit [ei8 bebenber Etimme, „wenn ber liebe Herrgott bid) Dazu gejdaffen hat, daß bu Ders maleinjt bie Not und das Elend ber Menjchheit lindern: =

jollit, bann wird er bid) aud) zum Biele führen. ie, "

er lenft bie Herzen der Menſchen mie Bafjerbäche iollte er nicht aud) Deines Vaterå Einn lenfen fónnen, wie er'à will? Glaub mir, Haniel, mir wäre wohl nichts jo lich alg ber (Sebanfez Dein Sohn ijt ein Mann, | der bie Thränen der Unglüdlichen trodnet, Den bie Verzweiflung jegnet als ihren Retter.” E den Knien wollte id) bem Höchjten banfen, wenn er mich fo jehr in meinem Kinde jegnen wollte, Und darum fage ich bir, mein lieber Bub, jet fleißig und lerne, Sch bin eine

——

Bauersfrau, Hans, ich weiß nicht, was alles dazu gehört, um Doktor zu ftudieren, aber ich dente, menn but fo rechte Herzensluft dazu haft, dann findeft du auch Zeit, nod) neben Der Landwirt] ichaft her das Surieren zu lernen!”

Da ſchaute er mit jäher Bewegung zu ber Sprecherin

auf. Geine Augen glänzten durch Thränen: Mütterle, mein gutes, gutes Mütterle!“ jubelte er, unb ihm war's, als ginge plötzlich von ihren ſanften, blauen Augen ein Strahl aus, der erleuchtete ihm Herz und ene. = Ja, nun wußte er, was er thun mupte! Und nun, wo er am Bad) die Bergifmeinnicht pflückte und auf ihre blauen Blüten jah, fielen ihm wieder die blauen Augen feiner Mutter ein. Soeben nod) hatte er mit Grol | und Ärger im Herzen feine feine Freundin Aglaë eine Ungetrene, Charatterloje geſcholten, bie fid) von (d wendet, weil e8 ihr ein fremder Wille jo befteblt. Hatte fein erg geblutet, als habe er ite Ne Huge ES verloren. Nun jahen ihn bn Mutter Wugen aus ben herpif- meinnicht an, und er hörte ihre leije Stimme: ,, Sort (enft die Herzen ber Menjchen wie Wafferbäche, was er beichlojfen, das führt er aud) zz Brel!”

Hans hob jrijd) und fröhlich den blonden Lodenfopf. Die Bergigmeinnicht und Der. Mutter Worte legten in ihm den Keim zum Fataliften, aber nicht zu einem rez fignicrten umd peſſimiſtiſchen, ſondern zu einem. frommen und aeforjamen, welder voll findlidjer Suet) jeine Eorge auf den Herrn wirft. |

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Un ber Parfmauer rajdelte es.

„Hans!“ rief’s Ieije.

Er jchnellte herum. Wie lauter Jubel brada über feine Lippen: „Aglaë! liebe kleine Aglaë!”

Cie ftredte ifm die Hand entgegen. Er aber barg flugs bie Bergifmeinnicht unter ber Müge, griff mit ben Armen empor und fchwang fic) behend auf bie Mauer: „Grüß Gott!“ lachte er, „nun ijt alles wieder gut! |

Warſt du bss, Hans, daß mir vorüber fuhren ?^

„Salt

Sie ward bunfelrot. „eine neue Gouvernante it

jo hochmütig und will nicht, daß id) mit bir verfehre, - aber ich gefordje ihr nicht, id) jehe dic) heimlich, hier an der Mauer jeden Tag um biejelbe Heit!” .. Gr zog bie blauen Blumen unter ber Kappe vor und zungelte bie Stirn: „Hat bir bie jrembe rau zu bes fehlen? Wie dar} jie nie gingen, etwas ein: a ante 5 | v | Mnredhtes 2”

,Sodmut ijt Sünde; barum bring der liebe hochmütige Leüte zu "alf. A Tm

„Aber Ungehorjam üt auch inde, ini b Papa Dat mit befohlen, dem Fräulein in allen Dingen zu gehorchen.” Gie jprad) mit weinerlicher Stimme und ſah ſehr un— glück! ih aus.

Er jtreichelte ihr Locken köpfchen PY haft recht, Aglaë, bu mußt ihr gehordjen, und barum darfſt bu

ac el E

auch nicht heimlich mit mir ben, beih das ift wt recht eine Unfolgjamteit!” =

„Ich langweile mich aber ohne did), nb id babe - bid) lieb, bu biſt mein Freund!”

Er ſah einen Moment Marr por fid) nee auf bie blauen Vergißmeinnicht in ſeiner Hand, und es war, als ginge abermals ein feltener Strahl von ihnen aus durd feine Gedanten und fein Herz. ,,Aglaée” jprad) er ſchnell, „ich weiß, was zu thun tft. Gehe zu deinem Vater und bitte ihn, daß er dem Fräulein befiehlt, uns nicht zu trennen! Dein Bater ift mir gut, er wird's thun!”

Cie blidte ihn betroffen an. 2 Fräulein wird mich peripotten!^

Gewiß nidt! Wie pürkte fie daa mage, wenn e3 bod) dein Vater will und wünſcht?“

Aglas hatte plöglich einen ganz abfonderlichen Ans- brud im Gejidt, Halb fpöttiih, halb boshaft. Sie neigte fich mit altfluger Miene näher: „Sc fürdte, Papa wird nichts befehlen, was Fräulein Agathe gegen den Willen geht! Du mußt nämlich wifjen, Hans, baf er der albernen Pute den Hof macht, und daß fie fid) ein- bildet, Papa würde jie heiraten! Haha! Lächerlich! Gr amüsiert fid) mit ihr und führt fie an ber Naje herum! Sch weiß ja gang genau, was Papa will und beswedt. Gr benft, ich bim fo dumm unb merfe e8 nicht, aber ich durchſchaue ihn! Em vornehmer Mann will er werden und will jein vieles Geld gehörig zur Schau tragen | Wir find ja furchtbar reid, sen Hans, id)

codo

fam alles haben, was ich will und wünfche, aber weißt bu, in ber Nefidenz muß man bet Hofe verfehren, mit dem Adel unb den Vornehmen, das ijt fhid! Papa läuft fid) nun bie Beine ab, daß wir geadelt werden, © und wenn mir erft Freiherr find, bann ift er viel zu ichlau und viel zu fein, um noch eine Gouvernante M

‚heiraten! Dann wird er ſich wohl eine Generalstochter un

oder irgend eine Gräfin nehmen, und dann kommen wir jo recht in bie vornehme Geſellſchaft hinein.” n Hans hatte mit offenem Munde, ftarr vor Staunen zugehört. „Aber dein Vater ijt bod) aud) fon ein - älterer Herr, und jehr fhón ift er aud) nicht, glaubit bu, daß eine Gräfin ihu heiraten miro? 5 ———— Aglaë warf das Köpfchen. mit ſchrillem Sachen gurüd. s „Költlich! al8 ob eg beim Heiraten Darauf aufüme! Wenn Papa Freiherr ift und fo majfig viel Geld hat, kriegt ec an jeden finger jedjá Gräfinnen! Weift bu, Hans mit ber Liebe das ijt Unfinn! Man fann ja Cour- macher haben! Die Mutter meiner Freundin Quen Bat auch einen alten Mann mit viel Geld geheiratet, da figen denn bie jungen Kavaliere Dubendweije in ihrem Salon und jchmachten fie am, wir horchen mandymal! O Hans id) fünnte bir Dinge erzählen .. Dinge! —” und Aglaë legte bie Händchen vor ben Mund und prater laut log vor Lachen. Hans fah Re eir dumm an. „Alber... ich verftche dich nicht, Aglaé... was denn da der alte Mann? | Dierkt er das denn nidi? . |

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- aude amiifiert bie Saue „Mon Dieu! Da

fpielt fie ihm eben fo ein bißchen „Comödie” vor ^.

unb ftreichelt ihm bie Wangen, biemell fie hinter dem Rücken irgend einem Anbeter ein Billetchen zuſteckt! So dumm wird fie ſchon nicht ſein und es mit dem Alten verderben, Der bat ja das Gelb!”

Der junge Burkhardt jtrid) wie ein Mondfüchtiger mit Der Hand über die Stirn. de Nglae ... id) habe noch nie von jo etwas gehört ... meipt bu . meine Eltern lieben fid) fo ehr und meinen eg Hera tren mit einander, und darum büdte i , thue Deiner Freundin Mutter eine große Sünde .

Sie faltete die Hände um das Knie and zog eur ſehr ſpöttiſches Mündchen. „Unfinn! Das ijt Mode .. She Leute hier auf dem Land Habt freilich feinen Begriff Davon. In Der großen Welt ift'S eben anders. Da jtreut einer bem andern Sand in bie Augen, und jeder fpielt auf feine Weife Comödie! Bah! id) weiß das.

alles, id) Horde, wie gejagt, jebr oft mit Lucy an :

der Thür, und Lucy jagt aud: „Sp ein wenig Comddie macht das Leben erft intereffant!”

Cie jah febr altklug aus, wie fie das fagte, und Haus ſchaute beinahe rej ſpektvoll in ihr reizendes Geſicht ^W, er fah’3 ein, er war ein recht bummer SBauernjuuge, aber.. Gott fei Dant, bald fommt er nun auch in bie Stadt, und da wird er bald dieſe ab Sonderlichen Dinge fennen lernen!

Eine Frauenftimme rief in jchönen, langgezogenen Tönen: „Mglas!” aus der Allee herüber.

4 =

Rommergienrats Töchterlein gudte empor. „Da ift der alte Drachen! Suum. Hana, wir wollen uns ſchnell verſtecken!“

Er ſchüttelte heftig den Kopf Das ift Unrecht!”

„Sei nicht albern, Hans! e3 ijt ja fo interejjant, einmal etwas gegen den Strich zu thun! Sc möchte Lucy im nächiten Brief gern darüber jchreiben! Wir geben und hier immer heimlich ein Rendezvous —“

„Bas fol ich bir geben? Ein an

Was ift das ?^

Cie fchüttelte fid) in [autem Gelächter. „Mein Gott, wie bift bu dumm! Und viel zu brav Hans, jo gute Menjchen find zum Sterben langweilig, fagt Lucy, und bie weiß es. Wir lejen jest heimlich bie Romane, welche bei ihrer Mutter im Boudoir herumliegen! © ich lage bir, Hand rajenbe Bücher na ich fünnte bir Gefchichten erzählen, dotes !! —"^ EUR

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„Aglae ... fie ruft did) fchon wieder! —“ eae Hans ur. :

„Laß fieichreien, id) habe gar keine Sehnſucht nach ifr.”

„Höre, liebe Aglaë ... ich will zu ihr gehen und fie recht offen und ehrlich 3c herzlich bitten —"

Cie fuhr mit beiden Händen nach feinem Arm und hielt ihn felt. „Thorheit! Das läßt du bleiben! Sch will erft jehen, was ich bei Papa ausridjte. Morgen um dieje Beit bijt bu wieder bier an ber Mauer, dann jage id) dir Beſcheid!“

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Wie gebieterifch fie ſprach! Hans fentte ae | den Kopf und nidte gehorjam. |

„Gib mir bie VBergigmeinnicht!”

wd) wollte fie eigentlich meiner Mutter .. . ~ fie liebt fie jo iege -. ^ Boterde er verlegen, —— |

Sie (acht wieder, ganz feltjam. „Na, dann gib mir nur ein paar weige, |

id) mill fie Lucy jchicfen und ihr jchreiben, daß bu mir einen Vergißmeinnicht⸗ ſtrauß heimlich ins Fenſter geworfen Dabeit."

„Aber, Uglaé! Das ift bod gar nicht wahr?!“ entjebte fich Burkhardts Blondkopf.

Sie tippte gegen bie Stirn. „Weiß das Lucy etwa? Sch muf ihr bod) | etwas Sntereffantes shreiben!! Und nun adieu, heute darfit bu mid) noch nicht fiifjen! Das will ich an un nüdjten Brief berichten!” : 5

Und fie faBte bie blauen Blumen mit derbem Griff und jprang von der Mauer herab. Da faf es aus, als ob bie Vergifimeinnidht Hagen die Köpfchen neigten! Seines Miitterleing Augen! Er jaB wie berjteinert \ und ftarrte Der gragibjen fleinen Geſtalt nach, melde wie ein Schatten, lautlos und behende durch bie Büſche

glitt, um von einer ganz unbe Seite je bor v Beli Agathe zu erfcheinen. | Das war wohl aud) fo eine fleme „Gomödie, bon welcher fie foeben gefprodjen! -

Seltſam, es muß wunderlic) zugehen. in Solch einer großen Stadt. Was für Heiraten! Wenn feine Eltern abends iane faen und ber Oftoberfturm faufte ums Haus, das Feuer fnijterte im Ofen, jo recht traufich und behaglich, dann flang wohl der Vater Die Arme um Mütterlein und küßte ſie zärtlich auf ven Mund. Weißt Du noh, Weib, Damals?” |

Sie lächelt und met, und wie fie ibm in die Augen fiebt und. in wieder füpt, fiebt fie plöglich ganz jung aus. |

„Was war damals‘ 9% fragt Hans.

Der Vater fakt des Knaben blonden Lockenſchopf und jchüttelt ihn in berber Liebtojung : n Rngienier af | y Damals mat. Mütterchen. meine Braut!” —— |

„Shr hattet euch wohl febr lieb?”

Dummkopf, würden wir uns jonit geheiratet Gaben‘ p

. Sa, man heiratet bod) nur aus Liebe, und nun erzählt Aglas von jungen Frauen, bie einen häßlichen alten Mann heiraten, nur um des Geldes willen! Und dann machen fie einander etwas weiß und finden eS febr tuterejjant, eine Comödie aufzuführen! Und was fönnen einer Frau wohl bie vielen Liebhaber nügen! Sie ‘Hat doch jon einen Mann! Zweie fann fie dod) nicht heiraten! Hans ftarrt jehr nachdenklich geradeaus.

Eoviel ift gewiß, gut unb brav ijt fold) eine Mode nid) Aber er wird fid) gewiß nichts merfen fajfen, wenn er in die Stadt fommt, ſonſt lachen ihn bie Leute aus, wie e8 Aglaë foeben gethan, und nennen ihn dumm. Oder joll er's ganz ehrlich jagen, daß ihm jo etwas nicht gefällt? Sa, e8 ijt wohl das bejte, er

fagt ſtets ganz offen und ehrlich die Wahrheit. Wenn

er's nicht thut, muß er aud) Combdie fpielen, und das ee er nicht, gewiß nicht. Er ift fo ungeſchickt und tölpelhaft, und wenn er bann denkt: „Zegt thujt bu etwas Unrechtes und machjt ben Menfchen ein X für ein U por“, dann wird er fier dunfelrot und ſchämt ſich zu Tode!

© und was würde Mitterchen fagen! Si : braucht ihm bloß in die Augen zu jen dann weiß fie alles! Und ben Blick vor ihr niederfchlagen ? Niemals! er würde ja jterben vor Beriegenhet und Scham!

Eigentlich iſt's bod) recht ſchlimm, bab er in bie Stadt fonunt, vielleicht war's bejjer, er bliebe Daheim, bier, wo e$ nicht jo feltjame Moden gibt, wie in ber Mejidens. Aber nein! dann müğte er ja Landmann werden und

fönnte nicht heimlich fleißig fein, Doktor zu jtubteren! —.—

Und ba8 muß er um jeden Preis, feine ganze Seele üt mit dieſem Gedanken verwachjen! Als feine alte Grop- mutter im Dorf vor Drei Jahren jo tranf war, und Mutter und Vater und er jo bitterlih meinten, weil | Großmutter nun fterben müjje und fein Arzt ihr helfen

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finne, ba hatte er voll brennender Sehnfucht gedacht: „Ach finnte id) bod) Doftor fein! ich wollte gemiB ein Mittel erjinnen, der armen alten Frau zu helfen! Wenn man für andere Rrantheiten Arzenei erfinden fann, marum nicht auch für diefe? D, wenn fie mid) nur jtubieren ließen, id) wollte ficherlich etwas erfinden!” Ceit jener Seit quälte ihn bie Angſt, daß jein liebes, Liebes Mütterhen aud) einmal jo rettung3los frant werden fönne, denn er hatte gehört, daß fie mit forgenvoller Miene zu einer Nachbarin gejagt fatte: „Gott im Himmel, wenn’3 mir nur nicht ebenjo ergeht, wie Der Mutter!

'G liegt im Blut bei uns und fängt bei mir gewiß ebenio an, mie bei ihr!” und fie hatte bem Sarg der alten Frau nachgejehen und mit Thränen in den Mugen ihren Hanjel an die Brujt gebrüdt. „Wenn man jo alt ijt, wie jene Verjtorbene eS war, jo ift e3 wohl nod) nicht jo ſchlimm und gleichviel, Durch) welches Leiden man einmal zum lieben Herrgott berufen wird, aber meg- fterben von Mann und Kind, wenn der Bub noch nicht perjorgt und ber Mann noch jo jehr ber Corge eines treuen Weibes hedürſtig üt, cz ORB üt ein jchweres Schidjal!”

Der Hand hatte e8 und ‘Gath jeden Abend bie Hände gefaltet und gebetet: „Lieber Bater im Himmel, laß mich einmal ein f(uger Doktor werden, daß id) meinem Mütterchen helfen fann!” Da fam eine freudige, fejte Zuverficht über ihn. Mochte es alfo in der Stadt fein, wie's immerhin wollte, wenn er nur

dort lernen fonnte, recht viel gute 9(rjeneiem zu erz finden! |

Hans fchaute nachdenklich i in den Part hinab, in bie blühenden Gebüjche, burd) welche Agla&s zierliche Geftalt joeben gejchlüpft war. Aljo morgen um diefe Beit follte er wieder hier fein, hatte fie befohlen. Gewiß wird er ihr gebordjen, fommen und Hören, was der Herr Kommerztienrat erlaubt oder verboten hat. Arme Aglaë, fie hat ihn fo lieb und das abjcheuliche Fräulein Agathe drängt jid) voll Hochmut zwiſchen ihn und bie Heine Freundin, allem Glüd und Frohſinn ein Ende zu bereiten! Ad, bas Herz thut ihm jo web bei biejem Gebanfen, daß er weinen möchte! Da blidt er auf bie Bergifmeinnicht nieder und fieht eim ganz abjonderliches fleines Tierchen daran herum frabbelu. Es ijt winzig und alles winzig Kleine befichtigt Hans - ein für allemal durch bie Lupe.

Wie elettrifiert richtet er jich empor, fnüpft bie Blumen mit dem Inſektenſtäubchen“ vorfichtig ins Tafchentuch, und jpringt von der Mauer, nad) Hauje zu jeinem Vers größerungsglas zu jtürmen! Sein Auge blibt, bie Wangen glühen im Eifer, ... Aglaë und aller Kummer iit vergejjen.

Am andern Tag jap er zur bejtimmten Beit wieder auf ber Warfmauer und wartete auf feine Gejpielin. Sie ſchlich behutjam herzu, fo gejchmeidig und glatt wie ber Schloßfajtellanin jammetmeiche Sibetbfage, melde joeben hier durch bie Zweige glitt, auf ein Böglein zu lauern,

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„Gut, daf bu da biit, Gans!” üfterte Salt, j Ado habe ſchon ben ganzen Tag geweint und mid aur one ; Stunde gerent!" ——— As

Er jab erſchrocken in igre —— dugen, aveldie jebt, gottlob, gar nicht mehr verweint ausjahen.

„Hat dein Vater verboten, daß bu mit mir perfebren jollit ?” itieg er atemío8 vor Angit hervor.

Sie nidte unb ilang die Arme um ihn. „Das ijt aber gang egal!” trobte fie, „idh will bid) jehen und mit dir jpredjen, Hans, id) habe aud) meinen Willen und wenn wir’3 eben nicht öffentlich dürfen, nun, dann thuen wir’3 heimlich !^

Er fchitttelte voll finftern Borns ben "m ‚Rein! dazu bin ich zu brav!” rief er heftig, „ich jpiele teme Comödie, Aglae, nicht ps und wicht i in der © Stadt, niemals!”

Sie drüdte fid) fefter an ign und begann wirflich zu

palu „Aber: Hans! Du thuſt gewiß kein Unrecht, 2 |

wenn bu mir eine Freude bereitejt!“ flehte fie, Eolche Gedanken mußt du dir gar nicht machen, das ijt weibijch! Wenn du ein echter, flotter Zunge bijt, dann muß e8 dich reizen, gegen alle Hindernifje anzufämpfen |

Sa, id) will anfämpfen, ich will zu deinem Vater, zu Fräulein Agathe gehn, jo idjmer $ mir wird, mid)

vor den hochmütigen Menſchen w gering p |

aber um deinetwillen —” | ! „Um meinehvillen 2^ Sie suchte mit auf iprüfenbem d

Bd empor. „Das ift Uniun! Dann würden des

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ja merfen, daß ich bir alles wiedergefagt habe, und bann würde id) beitraft werden, und Fräulein würde mich aus Rache jchlecht behandeln!”

Er jah plöglich jer verblüfft aus! „Sa, du haft redit; das geht nicht. Nun dann ... dann lebe wohl, Aglaë . ..", feine blauen Mugen füllten fid) mit Thränen, feine ganze Geſtalt bebte in verhaltenem Weh.

Sie umſchloß ihn nur feiter, ja fie fah ihm mit ſüßem Lächeln in das Geficht und füßte ihn auf den Mund.

„Hans, einziger, beiter Hand, mir zu Liebe fomm morgen wieder hierher! mir zu Liebe!”

Er preBte die Lippen zujammen und fah unſchlüſſig por fid) nieder. Er rang im jchmeren Kampf.

Da lachte fie plöglich fpöttiih auf: „Sch glaube Hans, bu bift feige! Du fürchteft dich vor Strafe ? !^

Der Vorwurf traf! Er audte empor, alè habe ihn ein Fauftichlag getroffen. Er feige? er, vor bem alle andern ungen im Dorje fic) dudten me die Hunde bor einem Limen?! Er bik die Bahne zujammen unb fdiittelte bie blonden €oden in ben Naden: „Sch fomme, ?lalaé ! —“

Sie wollte ifn abermals füjjem, aber er machte fich ungeftüm frei, fprang herab auf die Straße und lief heim. Ein Knecht hadte juft Holz auf bem Hof. Hans rig ihm Das Beil weg und nas rauh: „Laß midj& thun!”

Da fradjte und fplitterte das Holz unb ber Junge

ichlug zu, als habe er einen Feind vor fih, den er gers N. v. Eihftruth, IL Utom. y. Nov. Eomödiel. 4

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malmen miiffe. Shm war zum erftenmal im Leben zu Mut, als ftehe er auf einem ſchwanken Brett, welches er nicht betreten durfte. Nun verlor er den Halt und wußte nicht wohin da jchlug er wild um fid.

Die Zeit, bie nun fam? Er fal Aglas jeden Tag, und er gewöhnte jid an biejen Verkehr. Sie tröjtete ihn, daß Fraulein Agathe im nächiten Jahr nicht wieder fommen werde, und daß dann alles wieder werden folle wie früher. Wie zärtlich und berzig fie war! Gie nahm jeine ganze Seele zu eigen. Da umjchloß fein junges Herz ihr Bild in treuefter, jelbitloiejter Liebe; er glaubte an fie, er war überzeugt, daß fie unter bent Hochmut bc8 Baters und des Fraulein ebenjo graufam litt wie er.

Der Abſchied fam. Sie füßten fid) immer wieder. Ich Babe bid) jo lieb, Aglaë, und wenn id) erjt ein berühmter Arzt fein werde, heirate ich dich, ja?”

Cie lächelte und füßte ihn! „Sa, bu mußt jehr be- rühmt werden! Ich habe mich jdjon erfunbigt, e$ gibt jehr viel berühmte Ärzte, welche geadelt wurden, ja e3 gibt joldje, welche fogar Pringejfinnen heirateten! Wenn Du aud) jo berühmt wirst, Hans, werde id) deine Frau!”

Wenn id) nur allen unglidliden Menjchen und vor allen Dingen meinem Mutterchen am fann, dann bin ich jhon zufrieden!’ =

„Zhorheit, viel Geld mußt bu bedienen und aron a werden!” Das waren ihre legten Worte. Sn

Sm nüdjten Jahr fam Hans nur furze Zeit aus der

Stadt im den Sommerferien heim, juft alg Aglaë mit - |

bem Vater im Seebad war. Und jo ging's Jahr für Sahr. Aber fie ſchrieben fid). Anfänglich fer oft, ſpäter weniger, aber fie blieben ſtets im brieflichen Verkehr. Eines Tages fam eim Jauchzender“ Brief von Aglaë. Shr Vater mar in ben Adelſtand erhoben. Nun war ihr höchſter Wunſch s | errül[t! Der nene Freiherr trat mit feiner Tochter eine Reiſe nad) altem an, und zum eritenmal hatte Die Baronejje von Lefn- berg = Moosdorf ver: gejjen, ihre künftige Adreſſe anzugeben Drei Monate fang fam keine Nachricht, dann ein furzer Rartengrug wit Krone und Mono: pw

gramm aus Venedig. Adh, was hatte fid) in Diejen Drei Monaten alles für Hans ereignet! Er fieberte förmlich), ihr Nachricht zu geben, und fchrieb auf gut Glüd nad) Be- nedig: Umfonft. Er erhielt feine Antwort. 9(afaé war ihm entjchwunden. Nun ftand er Bolten vor dem föntglichen Schloſſe, ba jab er fie endlich wieder! Sein Herz jubelte in Gíüdjeltafeit. Lächelnd, in Gedanfen verjunfen ftand er unb ſchaute in bie wirbelnden Schneefloden hinaus,

4*

III.

„Coüte qui enüte je le veux absolument I Ausjprud Landgraf Ludwig IX. von Heffen.

Molass Wangen glühten, nicht bor Freude und Luft am Tange, fondern lediglich im Stolz und Tri-

umph des gewonnenen Eieges!

Sie Stand hochatmend an einer

Marmorfäule des Thronjaals und hob das juwelen- bligende Köpfchen in ben Naden, ala fei fie felber die

Königin, welche im diefen Räumen zu gebieten Babe, ——

Ihr Blid ſchweifte über die ftrablenbe Pracht ber tauz fend Kerzen, rubte aus im ſelbſtzufriedenen Anſchauen jener Purpurftujen, por melden fie foeben alg Baronejje von Lehnberg- Moosdorf bem allerhöchiten Herrſchaften in dreimaliger Verbeugung ihre Devotion bekundet hatte! Sy war ber Traum ihres Lebens zur Wahrheit ge- worden! Go lange fie zurück denten fonnte, bon ber Stunde an, wo ihr gum erjtenmal ber Begriff des Standesunterſchieds klar mar dr höchjtes

Bo 8d s

MWiünfchen und Sehnen eine WodelSfrone und ber Autritt bei Hofe gemein. |

Diefes, beinahe in Leidenjchaft ausartende Streben, fand bei ihrem Bater eijrige Unterjtügung, und jedes neu erworbene Kapital, welches die Spetulationen des Kommerzienrats einbrachten, ward zum Oltropfen, welcher bas Feuer des Hochmuts nüfrte. Aglaë war hübſch, reich, flug und meltgemanbt, was Wunder, wenn fie auch vornehm fein wollte! Noh war ifr fein Wunſch ver- jagt worden, ifr Händchen jdjmang bie goldene Hauber- tute, welche jedes Verlangen befriedigt, und jo reizte es fie doppelt, auch jenes Ziel zu gewinnen, welches vorerit durch bie hohe Mauer der Ctifette und irenge Form unerreichbar mar. |

Cie jollte und mußte fallen, biefe Schranke, welche

fid) noch zwifchen fie und all bie geträumte Herrlichkeit des Fürſtenhofes job! Hatte fie nicht gewaltige Geifter und Hilfstruppen zur Berfügung? AU jene hunderttanjend Goldteufelchen, welche mit ihren funfeln- den Händchen jedes Hindernis fpielend aus bem Wege räumen? Shr Klimpern und Klingen ijt eine Bauber: formel, ihr Glanz ein immer zündender Blig! Und ne hatten fid) aud) diesmal als unmiverjtehlich bewährt! Heil und Gegen über den Kommerzienrat Lehnberg, welcher zur Linderung Der Not jo tief im feinen vollen Sädel griff! Die Walferfluten hatten die Damme ge brochen und Land und Leuten jchwere Wunden geichlagen, bie hunderttaufend Mart, welche Lehnberg zeichnete,

bauten das icbergerijjene pibe auf und tröfteten, was - im Elend war. Da Hang das Lied vom „braven Mann“ über Die Wafler, und Frau Meflame febte bie Larmtrompete an ben Mund, auj daß Diejes Lied auch weithin durch bie Lande tinge, big hinauf zu bem purpurnen Höhen, wo fre. und Site verheifungs-

pollen Lohn winter! : :

Gute Freunde fanden id, ‘ade ein rechtes Wort zur rechten Zeit an rechter Stelle jpradjen, und als bie Wafler der Überfchwernmung fid) verlaufen hatten, waren e3 fieben Perlen, welche fie für den Kommerzienrat Lehn- berg gurüd gelajjen: bie einer jyreiDerrntrome.

Aglaë aber jtreichelte voll eitel Huld und Wohl- gefallen des Vaters englijchen Sotelettenbart, und dann fuhren fie zum Juwelier. Er beftellte fid) den Ciegel- ring mit Dem Wappen unb fie den brillantfuntelnden Stamenéaug mit ber Krone. Beide zujammen aber über: boten fid) in ihren 9Iniprüd)en, den neuen, mwappenz geſchmückten Eilberjchag fo punted wie möglich aus: | führen au laffen. =

Nun brad) eine neue Zeit für dag Haus des reichen - Mannes an. Da blieb fait fein Stein auf dem andern! Wo eim Winkelden, Fleckchen ober Chen Raum für Wappen und Krone bot, ward ihm Diefes ariftofratiiche Siegel aufgedrüdt. Der Ahnenfaal ward mit den edeliten Emblemen alter Ritterherrlichfeit überreich befortert, und wo fid) ein Bild, eine Cilhouette oder Zeichnung von einem fang verjtorbenen Mitglied ber Lehnbergichen Familie

SR uu

fand, ward e8 durch bie beriihinteften Maler in ein ftyl- volles Porträt umgewandelt unb mit allem Pomp in der Ahnengallerie aufgehängt. Sie waren ja alle im Grabe mitgeadelt, bie branen, wadern Zehnberge, welche im Schweiß ihres Angelicht3 den Orundftein zu dem goldenen Tempel gelegt hatten, durd) welchen die ſchöne Enkelin jo jelbftbemupt die Infignien ber Baronin trug! Die böjen, ftet& jfandalfüchtigen Zungen fanden dermal viel Stoff zu amüfanten Hiftörchen, [o erzählte man fic) voll Humor: „Die Hofe eines Lehnbergichen Kutſchers mar durchgejeffen und ward bem Heren Kommerzien— rat bie Neubeichaffung im Etat der Livreen unterbreitet, denn bei allem Neichtum war Baron Lehnberg ein jparjamer Mann, der jeden Grojchen einzeln bewilligte, Bindfiden fanmelte und Brieffouverts zur nochmaligen Benugung immanbte. Alſo ein Hofenboden für den Kutſcher! Der neue Freiherr nidt Derablajjeube Zuftimmung, unb weil er etwas gerjtreut ift, fügt er gewohnheitsgemäß hinzu: „Laffen Sie aber das Sappen hinein ftiden!!”

Die Welt ift nun einmal mißgimftig und blidt ſcheel dazu, wenn ein lieber Bruder ins Glück jpringt, das wußte Aglaé ebenjo gut wie ifr Vater, und weil juft bie Frühlingäjonne das Gi mit dem Diplom ausgebrütet hatte und in der Nefidenz nichts zu verfäumen war, fo beichloß der Rommerzienrat, vorerft mit feinem Töchter:

[eim auf Reifen zu gehen, bis in der Heimat das Moos

ber Bergefjenheit auf der allzu jungen Borke jfeines

I bgo

Stammbaumes wuchere. Wenn er nah Monaten zurüd- fehrte, trieb bie Wafjermühle des Klatiches fon wieder ein anderes Bächlein, und er und Aglag, bie Nepräfentanten des ehrwürdigen, ein halbes Jahr alten Adelsgeſchlechtes werden ihre Bilitenfarten wie etwas längjt Gewohntes unter Die Unmenge des gefrönten Rartonpapiers miſchen, welches bei Beginn der Gaijon in den Gilber- und Ala- bafterjchalen derer abgelagert wird, weldye Herr von Lehn- berg nunmehr einzig und allein als feinesgleichen antiebt, bei den Mitgliedern ber Hofgefellichaft!

ijt eine eigentümliche Thatfache, daß bei ben meiften, welche fid) daran gewöhnen müfjen, als Neulinge eine Adelskrone gu tragen, dieſelbe durch ihren impofanten Drud auf jenen. Kopfnerv wirkt, welcher das Gedächtnis bildet. Das leidet ſtets darunter, und wenn die Briice, welche zum gelobten Qande führt, glüclich überjchritten ijt, Dann ftößt fie ein Fußtritt nieder und alles, mas man ehedem jenjeit8 des Standesabgrundes geliebt und anerfannt hat, das ijt nun fo fremd geworden, als habe man fih niemals mit ifm im Staube drunten gez jehen. Man jteht jo Bod) jebt, man qt raang | geworden. |

Die Quarantäne im Ausland war gehalten IUO, | unb nachdem aud) das legte Bacillenftäubchen des ehes maligen Blebejertums desinfiziert war, febrte Baron Zehn: berg nebit Fräulein Tochter in das, föftlicher denn jemals ausgepubte Millionenhaus der Siefibeng aud. ———

Nun ging alles Tote am Schnürchen, und auch jene

8$

heiß erfehute Stunde fam, melde. alle Mühe, alles

Kämpfen, Streben und Opfern lohnte. = Sie ftand in dem Thronfaal und ne bag inten :

ftolz in ben Naden. "

Neben ihr und Hinter ihr ftanden bie tanzenden ga |

valiere und Damen eng gedrängt, und e8 fand fid) aud) |

bier liebenswüdiger Ritterjporn, melcher fich teils ans... v

Klugheit, teil8 aus Neugierde oder Ironie vor bem Zaujendgüldenfraut netgte.

Aglaë aber war fehr verwöhnt und legte nicht bii mindeften Wert auf bie Huldigungen, welche ihr hier - jogar ihrer Anficht nad) fpärlicher als je zu Teil wurden. Sie hatte fid) orientiert, efe fie das Füßchen zu ficher vorgezeichnetem Weg auf höfiiches Parkett jebte. „Wer ift der vornehmfte, ber allervornehmite und gefeiertefte Herr ber Gejellichaft ?” hatte fie gefragt, und man hatte ihr geantwortet: „Graf Uggley! ihm hätte ſelbſt bie - Herzogin Eudorine ohne Zaudern bie Hand fürs Leben gereicht, unb wie man fagt, ward Prinzejfin Rudolphe nur barum [o plößlich vermählt, weil man ihr jebr leb- | Haftes Sutereffe für Uggley mabrnabm und Sate

verhüten wollte.“

Der Graf hatte fih febr Icharmant und vernünftig in beiden obenerwähnten Situationen benommen und fid) dadurch das ganz bejonbere Mohlwollen der Königlichen. Familie erworben. Graf Wulff» Gideon Uggley erfüllte, Aglads Ichhafteite Träume; er mar e$, welchem ihr Erjcheinen bei Hof gegolten, er allein nahm ihr volles |

Sutereffe in ajri. Seltfamerrocie hatte fie ihn nie in Privatgejellfchaften fennen gelernt, denn ber Löwe des Tages verkehrte lediglich im ber allererquifiteften Hofgejellidajt und hielt eS weit unter feiner Würde, auch nur einen Blit, ein Wort ober ein Lächeln zu Ber: jonen zu verfchwenden, Hinter welchen nicht eine endloje Ahnenreihe als illuftere Staffage das Gefolge bildete. „Unbejchreiblih Dod)mütig und unnahbar!” lautete die Conduite des Grafen im Munde derer, welche er mit der ifm eignen, jo unnachahmlich fteifen und dennoch imponierenden Kopfhaltung überfah und „ein Ariftofrat vom Scheitel bis zur Sohle!” nannten ihn bie, welche bei näherem Verkehr Gelegenheit hatten, ihn fennen zu lernen. Alles aber, was fich über Aglaë Lehnberg ftellte, reizte biejelbe zum Verlangen, und gerade barum, weil Graf Uggley im Renommee grenzenlofen Etolacs ſtand, ‚ward er zum Gipfetpuntt ihrer eigenſinnigen Wünſche Hatte ſich bisher nicht jeder por ber Macht ihres Reich— tung gebeugt? Gibt es wahrlich noch Mämerherzen, welche bem Zauber vieler Millionen gegenüber unempfind— lich find? Die Baronejle von Lehuberg-Moosdorf verzog das Miindden zu einem etwas fpöttiichen, ſiegesgewiſſen Lächeln, und ihr Blick zuckte wie ein fengender Funfen hinüber, wo er, der Erwünfchte und Begehrte hinter dem Seſſel ber Kronprinzeſſin ſtand unb ſich in feiner unbe ſchreiblich eleganten Weiſe bei den verſchiedenen, heiteren Fragen Der hohen rau neigte.

Wird er nicht ein einziges Mal zu ihr jesiberejen? = D v :

Aglaë fteht in ber vorderften Reihe der tangenben Damen unb ijf gewiß, daß ihre jumelenjtrobenbe Toilette ihre - Strahlengarben febr auffällig unb weithin fichtbar vers jprüht. Sie hat es wohl bemerkt, daß fie heute abend | ber Gegenftand ijt, welcher hinter allen Fächern und - von allen bärtigen Lippen mit großem Intereſſe beiprodyen wird. Nur bem Grafen Wulff-Gideon fcheint nichts gleichgültiger zu fein als das fürftliche Bermögen, welches bie zierliche Geftalt der neugebadenen Baroneffe umitarrt. | Lächerlich! Er bezweckt weiter nichts, ala fie durch fold) abfichtliches Uberjehen zu reizen! Agla& hat vor dem Spiegel geitanden und ihr Bild fehr genau und ſehr ſcharf geprän Was jie iab, war völlig zufrieden- jtellend.

. Ein reizender eines Tituskopf, von Brillanttropfen überfät, welcher jid) fofett und felbitbewußt auf jchnee- weißem Grübchenhald wiegt, große, tiefblaue Augen, perjtedt Hinter langen, jdrmargen Wimpern, gebraucht mit allem Naffinement weiblicher Gefallfucht, wechſelnd in alle Emphaſen leidenfchaftlihen Empfindens. Die graziöfe Stumpfnafe, ber jchwellende, zartrote Mund Teint Figur, wo war auch nur ein fleinjter Verſtoß gegen bie Regeln ber Schönheit?

Aqlaé brauchte weder Kneifer od Covance | an fürchten, unb dennoch mußte jie e& erleben, daß ihre entzückende Erſcheinung ſo vollſtändig atata ward,

al fei alles Luft, wo bie ftrahlende Gejtalt der jungen

Dame itanb ober im Tanze jchwebte.

Bi

Und jeder biefer Blide, welcher nicht ihr, fondern andern galt, ward zum Stachel, daran ihre Eitelkeit Hid) unheilbare Wunden rif. Sie wollte von ibm bemerft und ausgezeichnet fein, fie verlangte e8, daß er ihrer ebenjo wahrnahm, mie die meiften andern Herren, welche fid) von den Gefbjüden ber Millionenerbin unwiderftehlich | angezogen fühlten wie das Gijem vom Magnet.

Nur um des Grafen Uggley willen war fie ja hier! Nicht nur fein vornehmer Name, fein uralter Stamm- baum und fein Stolz imponierten ihr, auch feine Gr- ſcheinung übte einen unerflärlichen Zauber auf fie ans und reigte fie an, wie eine jener föftlichen Trauben, welche zu hoch hängen. Aber Dieje war nicht jauer für Baronefje Lehnberg, im Gegenteil, ihr Verlangen danach

wurde Heifhunger und ihr Eigenſinn, alles beſitzen zu oe

wollen, was thr gefiel, zu einer firen Idee! e Für Aglads Begriffe mar Wulff-Gideon ber ſchönſte und intereſſanteſte Mann ber Reſidenz

Seine Figur, hoch, ſchlank und vornehm, überragte jaft bie jamtlichen Ravaliere des Saales, jem Antlig mit den regelmäßigen, müden Zügen verfirperte das Seal eines Nomanhelden, jo, wie Aglaë e8 liebte. Das Haar alänzte dunfelblond und lag, in zwei fcharfe parifer Eden geldmitten tief in bie Stirn. Am Hinterhaupt war's fura gejchoren und nicht allzu üppig. Starfbufchige | SBrauen überwölbten die Augen, welche, jehr tief liegend, wie aus bunfíen Schatten heraus bligten ober fid) gleidh- gültig und Furzfichtig Hinter den Wimpern verjchleierten.

Graf Uggley war ber zweitgeborene Sohn eines nicht übermäßig begüterten Grafenhaujes. Sein älterer Bruder hatte fid) mit einer ber reichſten ruffiichen Fürjtinnen vermählt und baburd) dag alte Majorat por bem Ruin gerettet.

Obwohl feine Familie eine zahlreiche war, unter ftüßte Graf Uggley feinen Bruder Wulff-Gideon, wie man fid) in bie Ohren raunte, in weitgehendfter Weiſe und ermöglichte e ifm Durch bie erforderliche hohe Zus lage, als Attaché dem biplomatij dem Corps beizutreten.

In biejer Gigenjdajt mar Wulff-Gideon Sabre lang außer Landes gemejen, hatte bie Welt in ihren ertremiten

Perhältniffen fermen gelernt und mar mum in die Heimat zurüc berufen, um wie etliche Zeitungsnotizen berich— teten, fid) nad) bem Wunſch des regierenden Herrn, mit | einer Dame ber Gejellichaft zu verloben. |

Man jlüfterte jid) zu, dieſe junge Dame jet die bild- Dübjde und reiche Tochter eines auswärtigen Gejanbten, und jpiele auch wohl ein politisches Intereſſe in Sui (einen. Eheprojeftscomödie mit. |

Beltimmtes ließe fid) jedoch absolut nicht weiter Bar: über berichten, obwohl es allgemein mit lebhaften Snter- ejje beobachtet wurde, daß Graf Uggley der kleinen Lady Harriet gegenüber der aufmerfjamfte und ritterlichite Ravalier war, welder die Rofen feiner Devotion in ebenjo eleganter, wie durchaus rejervierter umb form: voller Weife auf ben Triumphpfad ber bielummorbenen | Erbin freute |

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Ein effektives Gourmadjen, zündende Blide und viel- jagende Worte, jenes reizende, leichte Geplänfel, welches. dem Sieg auf Amors Schlachtfeld vorauszugehen pflegt, war jedoch durchaus nicht wahrzunehmen, wenigitens nicht von feiner Seite, obwohl in den leuchtend blauen Augen der Lady Harriet oftmals ein bedeutfamer Ausdrud lag, welcher beinahe ungeduldig zu fragen jdien! „Si vous n'avez rien à me dire ... ete.! Und diejes Lied jang fie aud) jüngſthin, anläßlich einer mufifalifchen

Soiree bei der Kinigin-Mutter, und man wollte bemerft —.—

haben, daß fie fic) dabei durch eine fleme Wendung deg Köpfchens nah Graf Wulff-Gideon hin verraten habe. Gerüchte! Empfindungen eines müßigen Kopfes! Aglas beobachtete ihre Nivalin jarf, und fie entbedte nur, Dak Lady Harriet den Fürjten Karnetzki und den Vor: tänzer bei Hofe, Freiherrn zu Loſſum gang fraglos mehr auszeichnete wie bem thr angedichteten Bewerber Uggley Diefer tanzte überhaupt wenig, [fait gar mid) Er Stand nad) einer längeren Unterhaltung mit der alten Prinzeſſin Mathilde unverändert in deren Nähe unb ſchien an alles andere eher zu denfen, aí8 an die Thatjache, daß er fid) auf einem Hojball befinde, bag viele Damen: augen jehnjüchtig auf ihn gerichtet find, daß heute bie - Millionenerbin Aglas Baronejje Lchnberg-Moosdorf, zum erftenmal als jehr beachtensmwertes Goldfiſchchen durch ‚die Hoch flut ber Saifon ſchwimmt, gern bereit an eine Angel anzubeißen, welche ein Krönlein als xis zeigt! |

64 je

Nein, er feint von diefem Ereignis auc) nicht bie mindefte Notiz zu nehmen, und bie Tochter des Kom- merzienrats beißt höchlichit geärgert bie Zähnchen im die Lippe unb folgt mit fühlem, faum merflicjem Kopfneigen einem Tänzer zu der Quadrille, welche rub joeben. inmitten des Gaales formiert.

Vielleicht will e3 der Zufall, daß Graf Hagen. ihr gegenüber tanzt. Engagiert er niht? Shr Blid blitzt zu ihm hinüber. Nein, er rührt fid) mht vom Fled, richtet fid) hoch auf und beobachtet interejjiert, mie der Diwan ber Südwand jid) mehr und mehr leert. Eine Dame nach ber andern folgt ihrem Kavalier, welcher fporentlirrend, mit heiterem Scherzwort ober rejpeftvoll ſtummer Verneigung ben Tribut ber Tanzkarte erbittet.

D... meld) glüdlihe Fitqung! Wglaés Partner lenkt os Schritt nad) der Richtung, in welcher Graf Uggley fteht und faßt jujt por ihm *Boito.

Nun muß er fie wahrnehmen er muß!

Baronejje Lehnberg bewegt den Fächer jebr lebhaft, nicht etwa, weil e& ihr heiß ijt, o nein, ihr Blut fließt jer fühl und berechnend durch bie Adern, aber fie weiß, daß bei biejer Bewegung die Brillanten ihrer überreichen 9(rmjpangen am beiten zur Geltung fommen! Sie müjjem ihm in die Augen bliken! Aglaë wirft bas Köpfchen in den Naden und firiert thr Opfer mit bren- nendem Blick, alles glüht, jtrahlt und funtelt an ihr, alè ob die lodenben Augen ber Goldteufel felber ihn mit groingendem Blid en wollten!

m EIE

Und richtig, e8 gelingt! Langfam wendet Graf Wulff- Sn Dae "m ine die Baroneffe Lehnberg- ee Moosdorf cae pom Gcheitel

(p) Meee bia zur Sohle ait, mit einem Blid, wie etz wa ein Ge Ihäftsmann, Der e8 nicht nötig bat zu

ipefulieren, den Rurs- =

zettel übers

lieft; falt, ge langweilt und jo unjagbar abyoejend, daß e3 bie junge Dame bis in Das eigenjinnige, verwöhnte und tyranniiche Herz hinein friert. Und dann jchweift fein Blick über fie hinweg, alg ob alle dte Diamanten fleine Kieſelſteine wären, dreht fid) fura auf den Saden um und }chreitet quer durch den Saal davon.

Aglaë fteht wie gelähmt. Sie, die bisher nie einen N.» Efhftrutb, SL Nom. u Rov. Gomibie I. 9

66

Wunſch verjagt befam, fie, bie nur zu befehlen brauchte, um ihren Willen erfüllt au jehn, fie bie heut mehr Reidh- tum an fid) trägt, alg jener Graf Vermögen befibt, fie wird von ihm behandelt wie Luft? Thranen des Horns und Eigenſinns ſchießen ihr glühend heiß in die Augen; ſie möchte bie Hände ballem und mit den Füßen jtampfen, wie fie es zu Haufe thut, mwenn fie fich über etwas ärgert, aber fie muß fic) gujammen nehmen, fie muß bedenfen, daß fie Hier zur allgemeinen Stritif auf bem Präjentierteller fteht. Afo Kopf hoch! gelacht geicherzt mit ihrem Langer! Cs ijt ja alles Gomóbie im Leben, manum foll fie die Leute in diejem Augenblid nicht auch glauben maden, daß fie fid) himmliſch amüſiert, daß fie heute abend uom inog ihre dcn gefunden ?

Gott fei Dank, bie Menschen fónnen ja ihren lieben Nächiten nicht in das Herz fehen, fie miiffen glauben,

was vor Augen ijt, und das ift qut. Wie entjeblih, jähe man jtets Dag Wahre, mie blamabel, wie un

interefjant und wie gefährlich wäre das! Man fpridjt jo viel über bie Mode des neunzehnten Jahrhunderts, melde jo meijterlid) bie Mängel des Körpers verhüllt und die Schönheit jo vorteilhaft entichleiert, nur des Körpers; läcderlid! So arm ijt die Mode ber Jetztzeit nicht. Jhr Hauptrequifit ijt bie Larve, welche fie fozufagen zu jeder Toilette zeigt. Die Welt ift ein großes Schaufpielhaus, in welchem jeder etwas anz deres jcheinen mill, al er ijt. Seder jpielt in feiner Art

B

Comödie. Jeder trägt den Januskopf auf ben Schultern

und dreht ibn je nad) Bedarf lachend ober weinend.

Die Narrheit ſitzt im Souffleurfaften und flüſtert bon das Stihwort zur Holle, bie eijerne Notwendigkeit führt die Regie, und bie Selbftfucht gibt den Taft an. Wahrheit und Aufrichtigfeit aber find al3 veraltete unb fadenjcheinige Nequifiten in bie Rumpelfammer ge- porfen und DA gumeift nur im Gbebrudjsbrama ans Licht gegertt, Seder graut fid) davor! Ja, Co- mübie fpielen! 2

Aglas ijt ein echtes Kind ihe Reit, fie it oot mit dem Gift ber Gropftadt, und der unverhüllte Realis- mus Hat an ihrer Wiege gefeifen. Sie hat nichts anderes gejehen im eben al8 eine Scheinwelt voll Lug und Trug, alg bie gute Comödie, welche bie Jagd nad) bem Glüd ‚heißt! wie foll da der Grund ihres Herzens ein Garten voll Rojen und Lilien fein? Trockene, öde, tote Breiter einer Bühne deden ihn, emer freien Bühne, - auf welcher fid) ba8 Leben im feinen grellen, serie realiſtiſchen Bildern jpiegelt. =

Und fo fpielt fie auch jebt mit Zorn und Grimm im - Herzen die Comödie ber Kofetterie und fann e8 dod nicht laffen, durch alles Lachen und Echerzen hindurd) den mit bem Blick zu verfolgen, welchen fie in biejem Augen blid ebenjo glühend Daft, wie fie ihn eigentlich hatte lieben wollen!

Drüben d dem erhöhten Diwan fibt allein und ver-

geffen eine junge Dame, eine Dame, Die nicht tanzt, obe 5*

wohl dicht gedrängt eine Mauer von jungen Offizieren vor ihr Steht. ^u |

Graf Uggley tritt zu ibr heran, reicht ijr mit wohl- - befreundetem Lächeln Die Hand entgegen und fegt fid neben fie. Wie fchin er ausfieht, wenn er fo animiert unb heiter plaubert, e3 ijt, al& ob fein ganzes Antlitz jid) verkläre, der müde, arrogante Zug um bie Mund- winfel verichwindet vollfommen.

Wer ijt diefe Dame? Walaé hat Scharfe Augen. Sie fieht, wegen des voritehenden Menſchenſpaliers nicht bie volle Gejtalt der Unbekannten. Aber das, was fie fieht, imponiert ihr abjolut nicht. Sie fann diefe zarten, beinahe etwas magern, jo unleugbar vornehmen. Gefichter nicht leiden, jhon aus Oppofition nicht. Und bie Fremde fiet aus wie bie verkörperte Ariftofratie, - Aglaë findet das allerdings ſehr nüchtern und langweilig. Große, blaue Augen hat fie, etwas ſchwindſüchtig glänzend, und ein reigend, anmutiges Lächeln, welches jelbitredend vor bem Epiegel eiujtubiert ijt. Das afd- blonde Haar ijt jebr fhid und elegant auf bem jchlanfen Köpfchen getufft, aber fein Schmud ift mehr wie pauvre, ein kleiner Strauß. Schneeglockchen, ſogar pom ber billig- ften Art; Baronefje Lehnberg fennt fid) genau auf die Preiſe ioldier Sachen aus! |

Überhaupt ihre ganze Toilette! Lächerlich! Uglae wäre lieber gejtorben, als wie derart gekleidet auf einen Hofball zu gehen! Einfacher weißer Tül mit eingemirttem weißen Seidenmufter, ein paar Atlasjchleifen und Schnee-

glöden alg eingigen oput: aici Bon E mu feine Redel An Lene door. ſchautelt me

irgend ein uralte Baftellbildchen auf dem Bele - hat e$ wirflich eine Brillantfaj jung? es flimmert bi und ba jpürlid auf ..., wie Sternabelföpfe find die Dias mantchen! | ‚Haha, irgend fo ein ı Groft idjen von Auno

fee

Gobad!! Und doch ärgert fid) 9(gla& darüber. Mit Wonne hätte fie ihr Prachtfollier Dafür hingegeben, könnte

fie fold) einen Ahnherrn in der Allongeperrüde dafür ——

einhandeln! © fold) ein neugebadener Adel ijt ent- feblich! Aglas will jo ſchnell wie möglich heiraten, und das einzige, was fie von ihrem zufünftigen Gatten ver- langt, ijt ein tabellojer Stammbaum, eine enbloje Galerie Ahnen und irgend eine alte Familienburg, welche wieder ausgebaut werden tann! Graf Uggley vereinigt all bieje Binide in feiner jo febr ſympathiſchen Perjon! -

Wie er (acht unb plaudert, mie er bie Dame zärtlich anfieht! Und wie fie bie Augen aufichlägt und ihn anjiebt —! pare Lehuberg könnte erſticken an ihrem Ärger!

Wer iſt jene Dame, mit welcher Graf Uggley ſich

ſo ſehr animiert unterhält?“ fragt fie plötzlich ihren Tänzer, umb biejer wendet etwas. erjtaunt über fold) unvermittelte Beipradrienbung ont Kopf, fic) zu in formieren. —— - „Ah das ijt Gräfin Viola Kodoſitz-Möllin!“ gibt er eifrig Auskunft und feine Stimme nimmt einen beinahe warmherzigen Klang an. „Eine ganz allerliebjte junge Dame, Gutsnachbarin von Uggley. Haben Sie mod) nicht von ihr gehört? ijt ganz kürzlich zur zweiten Hofdame ber Prinzeſſin Mathilde ernannt. Ihre Mutter ijt eine Fürſtin Ricci, Diterreicherin, und ber einzige Bruder fteht als Avantageur bei den Leibhujaren. Bergangenen Winter —^

ud pon

alas ce beinahe jchroff. „3a, ja, febr qute Familie, das weiß id, Die Kodofig find Uradel, id) interejfiere mich für Heraldif. Wie ftebt es aber mit der Goldader im Wappen?” fügte fie mit etwa ‚ironisch gehobener Oberlippe Hinzu, ‚it Die : ar reich 2^

Der junge Gardedragoner maf jeine Tänzerin mit einem Blid, welcher beinahe beleidigend war, ba aber Aglaë das Paar auf bem Diwan fcharf im Auge behielt, eniging ihr Derjelbe.

„Reich? Durchaus nicht; unjere wirklich vornehmen

jungen Damen haben ja fehr felten Vermögen, weil das Wahrzeichen ber feudalen Familien zumeijt die Majorate -

find. Nur bie ganz neu gemalten Wappen find mod

mit Golde und Eilberadern durchzogen, und weil bie Heraldié weder Fabrifihornfteine nod) Gifenbafnattien alg Symbole aufweiſt, jo rechnen dieje modernen Wappen auch durchaus nicht in den Augen derer mit, welche ihr ſchmucklos Lindenfchild durch Jahrhunderte hindurch aus ritterlicher Fault ber Ahnherren empfingen! die Gold- aber ijt fäuflich, Fräulein von Lehnberg, die blaue Ader jebod) ijt Privilegium. Darf id) bitten? En avant quatre ^ = Aglaë ftand einen Augenblick ſprachlos Dann ſchoß 2

heiße Gluth in thre Wangen und benahm ihr fait ben

Atem, Ein Zornesblit brad) aus ihren Augen, ala wolle er den fühnen Cpreder vernichten. Dann warf bie Tochter des Sommergienrat8 den Kopf jpottijd) im den

ME

Naden und tanzte bie Quadrille, ohne ein weiteres Wort an ihren Kavalier zu richten, zu Ende. Und dann ftand fie wieder allein auf ihrem alten Blab. Sie jah, wie der Garde-Dragoner in die Reien ber anderen Tänzer trat und mit jpredjenben Gejten etwas jehr Komiſches erzählte. Da blidten alle zu ifr ferüber und lachten, und am fchärfften und lauteften lachte Graf Ugaley. Nur die Gräfin Kodofiß hatte einen Ausdrud in bem blauen

Augen, welder wie Mitleid ausfah. |

Und Aglaë ichaute weiter Hin nad) der Saalihiir.

Da ftand ihr Vater, fo prätentiös und aufgeblafen, als jüBe er auf feinen Millionenfäcen und geftifulierte in der ihm eigenen, großipurigen Weile, welche feine Tochter bislang höchſt richtig und vornehm gefunden. Wer Geld hat, fol fih damit bide thun, jouit merten und wijfen eg ja bie Leute nicht, daß man der reiche Baron Lehnberg ij! Heute aber fam ibr Das Wejen des Baters wie eine S$tarrifatur vor. io

Cie jah audj, mie bie Herren fid Hinter en Rüden Inftig über ifn machten, wie fie in ber Art und Weile mit ihm gu verfehren, marfierten, daß fie ibm gewiljermaßen nur alè Clown betrachteten, welcher einzig in Diejen Sälen gugelajjen war, um fie zu amitfieren !

Gie hatte ploplich bas Gefühl, als jdmanfe ber Boden unter ihren Füßen. Cie frampfte die Hand um den Fächer und big bie Zähne aufeinander. Bum erſten⸗ mal im Leben erfuhr Aglaë ete Demütigung. Zum

erjtenmal liepen fie ihre goldenen Hilfstruppen im Stid) und ergriffen feige bie Flucht vor ben Manen

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eilenfefter Nitterlichfeit, welche in diefen Sälen ihr an- geftammtes Redt voll fübnen Muts verteibigter. Aglaé hatte fich am Ziel geglaubt und jab nun mit weit auf- gerifjenen Augen, wie weit fie nod) von bemjelben entfernt war. Sollte fie fid) jolchen Gegnern gegenüber fchachmatt erflären und dag nagelueue, hier fo wenig anerfannte Krönlein zornig von fid fchleudern? Collte fie jurüd | fehren in bie Kreiſe, welche fie fo hochmütig verlaſſen unb in welchen fie bod) eine Rolle gejpielt hatte, wie die Fürſtin unter ihren Bafallen ?! | Nein! nicht um bie Welt! Lieber Hier bie Vebte fein, wie dort bie Erftel

Bah, Aglaë durchſchaut die Leute, fie weiß Beſcheid mit ben Schwächen ihrer Mitmenfchen! Neid ijt es! fraffefter Neid, welcher bie verarmten Grafen und Barone hier ront gegen des Neulings Millionen machen läßt! (ie werden e8 überwinden, denn der Neid mag wohl groß fein, der Egoismus ijt jedoch noch größer! Kommt nur erft zu den Diners und Bällen, welche Haus Lehn- berg euch bieten wird wie die Wunder aus Taufend und einer Nacht! Lat e$ euch nur erft einmal wohl fein bet uns, dann werdet ihr fon eine andere Flagge auf- ziehn! Die Menschen ahnen und wiffen e& ja mod) gar nicht, mie gajtlich der Schornftein rauchen fol, wie fie wieder und immer wieder eingeladen werden follen, gleicjviel, ob fie fic) revanchieren finnen oder nicht. Darauf fommt e8 bei uns reichen Leuten nicht an!

Aglaë hob fiegesfreudig das Köpfchen. Sie will und

fie wird in diejen Galen mod) genau fo refpeftiert und gefeiert fein, mie all jene Damen mit den Paſtellbildchen ber Ahnheren, mit ben blauen Adern, welche nicht käuflich find. Sie will e8, unb fie wird e8 erreichen, „coûte que coûte! je le veux absolument!“ 5

"Und. ın ben 9Rügblein wohnt ein Deriden flein, Doch in bem Herzchen feine Liebe glübt, . Am biefe8 lieblos froftige Gemüth

Kam Hodmuth nur unb libermuth binein! Heine

glaé Schritt durch das Schloßportal.

Getommen war fie ſtolz und fiegesfreudig, poll Triumph unb Hochmut, wie bie Königin im Märchen vor ihren Spiegel tritt und fragt: Spieglein, Spieglein an der Wand, wer ijt bie Schönſte im ganzen Land? | |

Und min ging fie wieder unb war immer noch bie Königin aus dem Märchen, aber bie gerjd)metternbe Antwort hatte fie auch erhalten: Ve HUAm ijt To taujenbmal finer als dul’ |

Groll, Neid und Eiferjucht iobien- in [a dou |

Schneewittchen! Sa, Gräfin Viola mit ihrem einfachen

Schneeglöckchenſtrauß im Haar hatte allen Diamanten - und Millionen die Fehde angejagt und hatte gefiegt. - Wahrlich jhon gefiegt? Weil Graf Uggley fid) an ihre Gete Mae und Die Baroneſſe rn ignorierte? :

Dan i M su

Lächerlih! Cine Eiche füllt nicht auf ben erjten Hieb, und biejer Ballabend war das erite Felt ber Caijon. - Lak fehen, Gräfin Biola, mie die Aktien bei dem lebten ſtehen werden!

Dit dreht fid. der Wind im Beitraum einer. Sekunde, : und das Mäntelchen, welches zuvor nach Norden flatterte, ſchwenkt bfijchnell herum und weht gen Süden? Sarum - wird Aglaë noch lange nicht bie Be ins Korn werfen unb fid) befiegt erklären

Ungeltüm, beinahe unhöflich fich Bahn beber drängte Baroneſſe Lehnberg-Moosdorf nach bem Wagen. Noch ſchneite e8, nod) ſchwelte der Pechbrand in den Urnen, angefacht Durch bem eifigen Sturm, welcher fich erhoben.

Aglaë hüllte fid) fröjtelnd in den Pelz, während fie auf die Schwelle trat. Neben ihr blikte ein Gemwehrlauf auf, und jaͤhlings zufammenfchredend wie das böfe Ge- willen blinzelte 9(afa& nad) dem Poften hinüber. Gott fei Dank, ein anderes Geficht! Ein blajjer, jhwargbärtiger,

Eleiner Soldat, fajt halb fo groß wie Hans und Balb jo e

impojant. Er ftampfte frierend von einem Fuß auf den andern und mufterte bie junge Dame mit mirrijdjem Bi, in Gebanfen | jab Aglaë wieder bie alidjelig anf- firabtenden Blauaugen des „sugendfreundes. Sie hatte diejelben feit jeher Schön gefunden und einitmals ihrer

Freundin Lucy eine recht eraltierte Beichreibung davon gemacht. (Gntjebíidj! Was folh ein Badfiihchen doch für Unfinn fchreibt, fpricht und denft, wenn bie ange weile aus jeder Not eine Tugend macht! Wie non einem

ERS

Alp befreit, atmete fie auf und warf fid) in die Atlaspolſter ber Cquipage zurüd.

Sie hörte es kaum, wie der in ſeiner breiten Weiſe erzählte, wie viele der Herren er für morgen zu einer Weinprobe eingeladen. Weinprobe! Um dem Kind einen Namen gu geben, nannte er die Weinprobe in erfter Linie. Hauptjächlicdh aber folte fid) an diefen „leinen stofttropfen" ein Frühſtück an Ichliegen, zufällig, ba e8 Frühjtückzzeit ijt. Man kann gwar faum wagen, fo „unvorbereitet” die Herren zu bitten, am Frühmahl teilzunehmen, aber man würde fid) unendlich freuen, wenn bie Herren vorlieb nehmen wollten’ 2c. 2.! Na- türlid) acceptieren. alle fcon aus Neugierde, um zu fen, wie ein Nabob frühjtücdt! Er wird idellen , fein Haus- hofmeijter erjcheint im ſchwarzen Frad mit zwei Medaillen | devot auf ber Schwelle, und er wird mit einer jeiner imponierenden Geften jagen: ,,affen Sie zwölf Couverts mehr auflegen, mon cher, bie Herren werden uns Ge jellichaft leiften ^

Die Thüren Schlagen nad) fnapp fünf Minuten aus: einander, man fieht noch einige Zeit fih haftende Lataien Hand an die Tafel legen, was jebr den Ginbrud ber Überrafchung bejtátigt. „Darf ich bitten, meine Herren ?^ lächelt Baron Lehnberg-Moosdorj, und dann! Na, die Tafel jol brechen unter ben erlejen|ten Delifateffen, und die Herren jollen Maul und Nafe aufreißen vor Staunen! „Bitte, fürlieb zu nehmen!“ wiederholt er abermals und deutet auf die Suppe von oſtindiſchen

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Bogelneftern. . . . Aglaë, wie gefällt bir Diefer Shera?” Sie gábnte. ‚Kommt Graf Uggley etwa?’ jpottet fie, und findet e& unglaublich beichränft, daß ihr guter, eingebildeter Vater gar feine Ahnung davon fat, wie fehr man heute abend tolljten Wik mit ihm getrieben! . ,Aggleg?^ ber Kommerzienrat fchnellte etwas vor, „nein, leider nicht, c8 mar dem Menschen abjolut nicht beizufommen, und hatte er wohl meinen Namen gar nicht - recht perjtanbem, denn er behandelte mich eigentlich, unter ung gejagt, recht unverjchämt. Aber ein anderer fommt, ber Haupthecht von der ganzen Gejellichaft.” |

„Und ber ware?” achte fie ironisch auf.

„a, ber franzöfiiche Vicomte, mit den flogig vielen Namen! ‚Vieomte de Sainte Lorrain, Marquis D’Armiton de Gisle la Bussière‘, ic) habe es mir von bem einen Rammerherrn notieren laffen. Klingt bod) verteufelt vor- nehm! Und dabei ein netter, gemütlicher Junge, ber Einzige, welcher fid) jo recht intim an mid) attadjierte. Keine Epur von Hodjmut! Als id) ihn immer mit feinem vollen Namen nannte, fing er an zu lachen und flopfte mich auf den Rüden. Sans phrase, mein Lieber! einfach Vicomte, bie Welt weiß e8 ja, daß ich ber Nachfomme des Prinzen von Melbourne bin!“ Und nun ging das immer fo per ,liebfter Vicomte und teuerjter Baron‘, als ob wir ung bereits al8 Jungens das Kamiſol verhauen hätten!” | | Eu

Aglaë jtieß einen undefinierbaren Laut aus, halb

c 8 =

Lachen, Halb BSijden: „Sch erinnere mid) bes Hohen Herrn nicht, mie jal er aus?” | „O! &abello8! pyramidal! zweifellos bie priuglid) Melbournefche Familienähnlichkeit par excellence! Sd) verwedhjelte bte Sache zuerjt und dachte, die Melbournes - wären Franzojen, aber e8 find Englander, die Verwandt- schaft ift von miitterlicher Seite!” Der Sprecher bemerfte ‚nicht das beinahe entjebte Aujzuden der Tochter und ihr ärgerliches: „O! o! Melbourne frangófijd!!^ Er fuhr ichwelgend in Der Erinnerung fort: „Er jegte mir den ganzen Stammbaum auseinander ... Düdjt jovial...

na, und ich fage bir, Aglaë, e$ wimmelte darin von Her- zögen, Prinzen und Grafen!“ SA

Wie er ausſah, will ich wiſſen“

„Groß, Ichlanf, ein bischen mitgenommen vom Geben, = wie dies echt franzöfiih ijt! Schwarzen Schnurrbart, Schmarre über bie linte Gefichtzfeite und famoje, ein- jahe aber verteufelt ſchicke Art fid) zu ffeiben. Er erzählte mir, daß er weder real noch Orden trage, er habe das nicht nötig .

„Sagen wir leber, er leidet etwas Mangel daran!”

oho! Der Vicomte? ein jteinreiher Mann! Riefige Religungen in der Normandie, Privatvermigen, von ber Herzogin von... na... von So und fol bie | feine Großmutter mar, re

„Sp, id) entfinne mich feiner, er Hebte mie Bech und jab aus, als habe er jhon mandjen Sturm erlebt! Wenn man Hola gelejen hat, wird man derartig ausjehenden

guess Sa

Parifer Herrn gegenüber etwas kritij. Apropos, du haft bei unjerer Ankunft Hans Burkhardt ignoriert?”

„Den gemeinen Soldaten, der vor der Thür Boiten ftand ?^

Der Kommerzienrat warf fid) in heben Stolz in Die Brult, als wolle er plaben: „Selbftverjtändlich habe ich das!” : |

„Wie mag er plößlich hterherfommen P" |

„Das fragft bu mih?

„Du halt recht, das mar überflüſſig Gíaubit bit, bap er uns aufjudjen wird?” ———

„Sch hoffe es nicht! Es wäre ja hachtt blamabel!!”

pourdaus nicht, es braucht ja fein Menjch gu wien, : daß er ein Bauernjohn ijt, und außerdem fünnen wir ihn von der feinen Sejellichaft fernhalten. Er fann in⸗ fognito und allein zu uns fommen, verſtanden?

es Aglaë ... mein Herzblatt ... id) veritehe wicht . :

"eit > abipfit nicht nötig” Die junge Dame lehnte fid) zurüd und jaf aus wie ein Kästchen, das nad) einem ahnungslojen Wögelchen emporblinzelt. „Er foll fommen, ich will ihm unjere Pracht und Herrlichkeit zeigen. Du beablichtigit, Did) an dem Neid und der Berblüffung der vornehmen Herren zu weiden, mum und id) will das Märchen von der Prinzejfin Goldhaar und dem Kleinen Siegenhirten einmal wahr werden laffen! Set Banernjohn iol in das Haus des reichen Mannes

fommen und feine Augen follen geblendet jem von all = jt. v. SU ruth. Su, Nom. u. Nov, Gontóbie I. 6

Ren

bem, was er nie zuvor gefchaut!” Gie lachte leije und amüfiert auf, und der Rommergienrat jtimmte mit krähen— dem Organ bei. Allerdings, das war ein ganz niedlicher, Heiner Scherz, und er mill auf alle (alle dabei fein, wenn Hans Burkhardt bie Wunder aus Taufend und einer Nacht zu jehen befommt. Aglaë weiß doch nicht fo gean bie Preije von allen Sachen wie er. | :

„Bann foll er fommen?^ fragte er und neigte bie | etwas vorquellenden Augen zum Wagenfenfter. Seine Tochter hielt bie Antwort für überflüffig; bie Equipage hielt, und Aglaë raujd)jte ohne Gegengruß unb ohne die toftbare Echleppe jebt nod) fchonend emporzunehmen, an dem Ddienernden Portier vorüber in das Portal. Sn flammenden Gasiternen prangte der Namenszug des Kommerzienrat3 mit fiebenpunttiger Stone über der prun- fenden Thürmwölbung. Sonjt hatte Baronefje Lehnberg— Moosdorf jedesmal mohlgefällig emporgejchaut, heute warf fie den Kopf aurüd und blidte ftarr geradeaus. Der ome merzienrat aber wandte fih dem Portier und den beiden berzueilenden Dienern zu; „Das Haus foll nod) nicht gejchlofjjen werden”, jprad) er in ber Stellung eines Feld- herrn-Tragöden, welcher foeben eine Schlacht hinter den - Coulifjen gewonnen unb fid) dem Volf im ber fünjtigen | Denkmalspoſe zeigt: „CS jol nod) ein Brief erpebiert werden; id) muß nod) ein paar Beilen jchreiben an meinen Freund, den Vicomte de Saint es Marquis Dr miton de Gisle la Bussière!” |

‘Donnerwetter, dieje Ghfidier von den fert Dag

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hat imponiert! Der Sprecher idjmabte ordentlich bei den Worten, weldje er jo gelafjen ausſprach, winfte Huldvoll mit der Hand und rollte wie eine in Pelz geridelte ar der Broncetreppe entgegen.

Su i ber fanden Slucht von Gemächern, melde Baronef e Aglaë bewohnte, brannten die Kronleuchter und Giran- Dolen, denn bie junge Dame liebte nicht, einen bunfeln oder nur Ipärlich beleuchteten Raum zu betreten. Cine Boje, welche mit einem Sparlämpchen vor der Herrin her- jchreitet, ihr in das Schlafzimmer zu leuchten, deuchte bem verwöhnten Kommerzienratstöchterlein ber Inbegriff einer jener pauveren Menagen, welche fie mit Vorliebe gum | Gegenjtanb ihres Herglojen Epottes machte.

Wirkliche Armut hat ihre Poefie!” lebte fie zu jagen, „aber diefe laumarme Mifchung von arm und reich, welche abiolut ‚will‘ und nicht ,fann', unb welche fih bemüht, Allüren anzunehmen, welche fie nicht durchführen fann, die hat etwas unjagbar Lächerliches, etwas ebenjo Läder- liches wie ein Sonntagshut, auf welchem die abgelegten Ballblumen der legten Gatjon aufgetragen werden!” Mit mübem, übernächtigem Geficht empfing die Kammerfrau ihre junge Gebieterin an der Schwelle „ihres Reiches” unb ſchickte fid) nad) tiefem Knix ſchweigend Dazu í an, Der Sungfer zu jchellen.

= Aglaë hob gebieterijd) bie Hand: „Es hat nod) Beit

mit dem Entfleiden, Madame Dupont, warten Cie mit

Sofie in meinem Toilettenzimmer bis ich fomme! Hier ng eae 6*

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mein Pelz, und nehmen Sie einſtweilen die Über idube ab!”

Madame Dupont fuiete auf dem dicen Emyrnateppich - nieder und that, mie ihr bejoblen; eim Ausdrud höchſten Unwillens prete ihre Lippen zufammen. Daim erhob fie fic), devot und fehr liebenswürdig wie jtetà. - „Werden Baronefje aber aud) an den Befehl des Medi- zinalrats denfen? Es ijt fchon recht jpüt und für die ganze Woche jtehen nod) Nacht für Nacht Feſtlichkeiten bevor!”

Aglaë tiff zroinfernd die Augen aujammen, ein Zeichen, daß fie fefr ungnädiger Laune war, dann wandte fie ber Sprecherin den Rüden und raufchte im ber entgegenge- lebten Richtung ihres Schlafgemaches u: die breit offenen Flügelthüren Davon.

Ein bitterböjer Blick fo olgte ifr. „Wenn bua bod nod) einmal im Leben erfahren möchtet, was es heißt arm und abhängig zu fein!” murmelte Madame Dupont zwijchen den Bühnen, und ging in das Nebenzimmer, legte fih wieder anf eine Chaijelongue und jchloß bie rotumränderten Augen.

Agla& aber dritt von einem ber Prunfgemächer in daS andere und mufterte jedes Stück der überfojtbaren Einrichtung, als idjaue fie biejelbe zum eriteumaL.

Und gemijjermapen that fie e& auch, denn fie jab fid) heute mit ganz anderen Augen hier um wie jonjt. Hweier- fei, ganz entgegengejebte Pole berührten fidh bei Diejer erbarmungsloſen Siti. Zuerſt mufterte Aglaë

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ihre Umgebung in dem Gebanfen: „Wie wird und muğ der Cindrud jeu, welchen Graf Uagley empfängt, wenn er zum erjtenmal bieje Räume betritt?” und fie fand noch nichts gut unb noch nidjt8 {chin genug. Und nad bem fie jid) jattjam darüber geärgert und die phantaftijch- ften Gedanken ausgelponnen, wie dieje Salons mod) viel, viel mehr mit „in bie Augen jtechenden” Raritäten vol- gepjropjt werden müßten, ba durchwanderte fie bie idim- mernde Pracht abermals und fah fie an, als ob fie ber naive, Harmloje Bauernjohn Hans Burkhardt jei, welcher zum erjtenmal an der Seite ber angebeteten Freundin dieje Märchenpracht anjtaune.

Haha! da fam all ihr Humor zurüd, und ihr Mündchen wölbte fich in ſpottendem Übermut; fie trat DDr einen hoben Wandſpiegel und betrachtete ibr ftraf- lendes Bild. Wie ein Zug von Grauſamkeit lag es plößlich auf ihrem: jungen Angeficht.

„ob id) bid) liebe was geht's bid) an —!” ihre weihen Zähne blikten auf; „und ob bu mid) liebſt was gehts mid) an?!” fügte fie in Gedanfen hinzu, und dann war fie plößlich heiterjter Laune. Sie dachte zurüd an bie Beit, wo fie nod) als Bad- füdjdjen an ihre Freundin Lucy die Briefe aus Moosdorf ichrieb! Wie war es fo interejjant und jo romanfait amüfant, daß ber fleine Bauernjunge fich bis über bie Dhren in das ſchöne Schloßfräulein verliebte! Wie ein Hund lag er auf ihrer Schwelle, und je fchlechter fie ihn behandelte und nach ihm trat, deito anhänglicher lief er

B8 ES

ihr nad. Sa, das hatte fie fdon alg Kind amiftert unb min, wo fie überhaupt erft den reifen Begriff von Romanverhaltnifjen befommen, nun reizte e8 fie, mit den taujenb ſündigen Negungen eines gewiljenlojen Weiber: Herzen bie Harmlofigfeit in ihre Repe zu ziehen und ein graufames Spiel mit ihr zu treiben unter bem Weotto: „Und ob bu mich liebft, was geht’ mid) an?!”

Der Schäfer und das Künigstöchterlein! und dazu bie ganze, frivole Freiheit des neungehnten Jahr- hundert3 !

Walaé träumte voll pinger Phantaſie einen ganzen Roman Wie ſollte ſie auch anders? Ihr junges Leben ijt niemal von Engelsſchwingen behütet worden; fie glich bem fchneeigen Kelch einer Wafferrofe, welche auf faulem Sumpfmafjer erblühte, roeld mit jeder Safer und jedem Nero das Gift dieſes Moraftes in fid einjog, ohne daf je eine Hand bie arme, junge Menichen- pflanze an bie Quelle reinen Lebens zu verpflanzen per- |

jucht hätte,

Und bod hatte Sao wirklich in einer fo vere

derblichen Umgebung gelebt, daß bielelbe derartigen Ein- flug üben fonnte? Wie mandheg Mérders, Diebes und Ehebrechers Kind ijt inmitten der Babes rein geblieben an Herz und Seele?!

Wohl wahr. Da, wo fich das Lafter und bie Sünde in ihrer načten, widerlihen Wahrheit zeigen, ohne Mantel und Maste fid) darthun in all ihrer blutigen, efeln Ber- morjenfeit, da wirfen fie oft Entjegen erregend und

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warnen vor gleichem Lebenswandel. Wo aber dad Lajter einhergeht in jchimmerndem Gewand, wo es bie Seelen umjtridt wie giftiger, aber beraujchend ſüßer Blumenduft, ba erntete e3 mehr Früchte mie in Ber- brecherhöhlen. Iſt's Sünde, was man auf den Bühnen des modernen Theaters erblidt? ijt jene Berfommen- heit an Herz, Seele unb Sitte, wie fie fid) dort wieder: jpiegelt, etwas Berdammenswertes? D nein! e3 ift bie neuejte Parijer Mode, e8 ijt bie pridelnde, nerven- erregende Wahrheit, welche fid) als Chebruchsdrama, ge- folgt von all den ſcheußlichen Konſequenzen, welche der erſte Schritt vom Weg der Tugend nad) fid) sicht, dem Beſchauer präfentiert.

Sollten dieje jascinierend ſchönen Cisberiunm auj ben Brettern etwa abjchredend mirfen? O nein! Das Publifum raft im Beifallstaumel und je lebenswahrer bie Comdödie gejpielt wird, je frajjer fid) bie Effekte - hajchen, je ungeheuerlicher fid) die Brutalität und Ge- meinheit breit macht, deſto reicher werden bie blüten- duftigen Ovationen. 3

Aglaë Hatte nod) nicht bie Kinderſchuhe von ben Füßen geftreift, alg ihr Bater fie jdjon jonder Wahl der Ciiüde fait alfabenblid) in das Theater führte. Er hatte | num einmal die Loge gemietet, unb . . . ja mum es it ja eine lächerliche Prüderie, die jungen Madchen nod) im Käfig zu halten! Zu Urgroßmutters Zeiten vergoffen wohl bie Fräulein und Frauen mod) Thranen ber Rührung über „Hannchen unb die Küch—

WA eS

lcin”. Heutzutage figen bie Badfifche in bem „Fall Clémenceau” und fritifieren bie dargeftellten Zeidenjchaften mit ber Kaltblütigfeit von Profefjoren, meldje etle Ge- Ihwüre unter das Peffer nehmen.

- 9(gla& hatte fid) ſtets vortrefflich im Theater amüfiert. Ihre Freundin Lucy pflegte fie regelmäßig zu begleiten, und bie Paſſion der jungen Damen für die Bühne und alles, mwas Dazu gehörte, begriff ber Siommerzienrat jo billig, daß er e8 famos fand, dem Wunſche ſeiner Tochter gemäß, Künſtlerabende in feinem Haufe zu arrangieren, welche jeglich jorgjame Auswahl der einzelnen Teilnehmer volfitànbig ausichloß. Da roucherte manches Giftpflänzchen. ungerodet unter dem Lorbeer, und vor Aglaës Augen fpielte fid) „das Leben ber Schminke“ oft in ungeſchmintter el unb Ungeniertheit ab. _

Hätte ihr Pater fürchten follen, fein Soldfifchhen fönne in einem der Nege und Fallitride, welche Berech— nung und Berjuchung legten, hängen bleiben? D, nicht im mindejten. Xehnberg fannte jem eigen eich und Blut. 9lala& hatte wohl einen recht enpfänglichen, leicht entflammten Ginn, aber ihre falte, herzloje Vernunft, ihr maßlojer Stolz bewahrten | fie vor jedem Schritt, welcher aud) nur im mindeſten p weit gerührt haben wiirde.

Sich anbeten- laffen, mit Balb. seine. Augen Ihlüpfrigen Unterhaltungen laujchen und an andern beob- achten, wie giftige Saat pifante Romane fprießen läßt, ja, das war ihr der Caviar auf bem Trodenbrot der

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nüchternen, langweiligen Alltäglichfeit. Und aud) jebt ſchwirrten bie Gedanken burd) das reizende Stöpfchen ber jungen Dame wie ein Schwarm giftiger Inſekten, bie jid) voll Gier auf ein armes Opfer ftürzen! :

Baroneſſe a blieb in ihrem Boudoir ftehen und 30g haſtig die Shub- fächer ihres elegan: ten Rokokoſchreib⸗ tiiche8 auf. Eins nad) bem andern burdjmiüblte ſie poll ungebulbiger - Haft. Es war ihr mie eine dunkle Erinnerung ges fommen, alè habe fie damals, jedj8 Woden vor ihrer Reife nad) Italien, einen Brief von Hans Burkhardt erhalten. Die Leftüre desjelben mar ihr in bem Strudel aller Reifenorbereitungen viel zu unintereffant, und fle glaubte fich zu entjinnen, das Schriftſtück unerdffnet in irgend eine Schublade geworfen zu haben. Damals wähnte fie ja, bie fleine Cpifode „Hand Burkhardt” das ländliche Boy ihrer Sinderzeit, fei mit ber fiebenpunftigen Stone em ee allemal zu Grabe | geragen

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Heute legte fie Wert auf die Zeilen dieſes „kleinen Bauernjungen“ um über feine legten Erlebniſſe und Schickſale unterrichtet zu ſein. Sie wollte ja mit ihm kokettieren, darum bedurfte ſie ſolcher Kenntniſſe, um ihm ſagen zu können, daß fie ftet8 voll lebhafteſten Intereſſes an ſeinem Ergehen Teil genommen. |

Fatal! Noch immer nichts? Wh... hier... end- lich! Diejer gräßlich lächerliche fchmalcouvertierte Brief fann nur eine Rechnung, Bettelbrief oder eines jener Hod- naiven Sfriptums von Hang Burkhardt fein!

Richtig, feine großen, ffaren, beinahe nod) findliden Tederzüge. e : | :

Die junge Dame wirft fid) mit einem feinen Lacheln des Spottes in einen Fauteutil.

Die jumelenfunfelnde Pracht ihrer Toilette prunft bem weißen Briefblatt jo fremd und [tola entgegen, als ob jeder S8rillantbli& ein Strahl fet, welcher vernichtend ben fühnen, Kleinen Pächterjohn trifft, ber es wagt an cine Baroneffe Lehnberg-Moosdorf fo ſchauerlich intim: „eine liebe Aglaë!” zu jchreiben.

Die Sejerin ftößt mit dem Füßchen die feibenfniridjenbe Schleppe auf dem Smyrnateppich weiter zurüd, ſchmiegt fid) befaglid) in die Atlaspoliter und lieft mit leije bebenden Nafenflügeln:

„Weine liebe Aglaë! Wenn id) fo gefonnt hätte, wie ich wohl wollte, hätte ich dir längft auf bein letztes, leider viel zu kurzes Briefchen geantwortet. Aber du glaubt nit, wag id) in den legten Wochen für höchft wichtige

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Dinge erlebt habe! Exit dd hier auf der landwirt⸗ ſchaftlichen Schule mar, ift, wie bu weißt, meine Sehn— jud, Arzt zu werden, immer leibenjdjajtlidjer in mir erwacht. Der viele Verkehr mit dem prächtigen alten Medizinalrat, welcher xe Suena des als SO zu feinen verſchie⸗ denen Erperimen= ten, Sektionen und Studien herange- zogen hat, beitärfte mich vollends in meinem Entichluß, denn Der gütige, alte Herr hat mir fehr viel Lobens- werte über mein Talent gefagt und. mir eine große Hus funft prophezeit Seiber blieb fein Brief, welcher mei- nem Bater Vorftellungen ma, mid) nicht meiner. offenbaren Beltimmung als Chirurg zu entziehen, ohne Erfolg. Der Vater ijt nun einmal bernarrt im bie dee, em Mann mit geraden Sliedern und ftarfen noden - dürfe nur ein Landmann werden, dad fei ber Beruf, zu welchem ihn die Natur bereits pon vornherein bee Stimmt habe. Obwohl mid) ja mein gütiger Medizinalrat

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unentgeltlich weiter unterwie und unterrichtete, fo weit dies überhaupt möglich war, durchlebte ich bod) wieder Stunden unbefchreiblicher Seelenqual. Gegen den Willen meines lieben Vaters handeln, deuchte mir ein Unding, mich feinem Befehl durch heimliches Entweichen und Los- jagen vom Elternhaus entziehen, ein Verbrechen. Kein Ding auf biejer Welt fann wohl geraten, wenn ber Segen ber Eltern fehlt, und ich dente, ein Mann, ber ein jchlechter Sohn ijt, fann nimmermehr ein guter Arzt werden! Weißt du, Aglaë, ich habe fo das Gefühl nach all dem, was ich jet bei dem alten Medizinalrat beobachtet habe alg müßten die Ärzte ganz bejonders edle, vor- treffliche Menichen jein, wenn fie wirflich etwas leiten wollen! Nicht allein ber Verſtand, fondern aud) das Herz muß Studium und Schaffen eines Mediziner unterz jtügen, will er in Wahrheit ein Segen ber Menjchheit werden! O Aglaë, was hat ein Arzt nicht für einen ichweren Beruf! Wenn er dabei nicht ein Herz in der Brujt trägt, Das Dunbertjad) jo reich an Erbarmen und Nächitenliebe ijt, wie das der andern, dann fann er nichts zumege bringen, Das Intereſſe am Erforjchen, der Ge- danke an pefuniären Vorteil helfen nicht über all das Elend hinweg, da muB das Herz und ba8 Mitleid bie Triebfeder fein, welche ftetS von neuem anfpornen zu lernen, zu jtudieren zu forjchen um ben unglüd- lihen Kranten Hilfe zu bringen. Wenn aber eines Menſchen Herz nicht völlig ohne Schuldbewußtfein, wenn feine Seele fid) nicht leicht und rein zu Gott erheben

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fann, dann fehlt auch Mut und Zuverficht, und bie Hand eines Menjehen, der ein friedlos Gemüt hat, tann nicht jihern Schnitt thun, fie zittert. Aber wohin bin ich geraten! DBergib mir jolche Auslajfungen, liebe Freun— pin, fie find ein Zeichen dafür, daß ich bir bie geheimften Gedanken, das innerite Daum und Fühlen aus prechen möte!

Alfo id) hatte eine gar jchlimme Beit gu —— amb gu durchkämpfen und hätte mir ber liebe Gott nicht rechtzeitig bie blauen Vergigmeinnicht gejchidt, wäre ich wohl an mir jelbit verzagt. Aber bie Vergißmeinnicht find Mütterleing Mugen, und bie leiden’s nicht, daß id) den Glauben an Den lieben Gott verliere. Darum habe ich mich wieder im Gebet zu dem gewandt, der Himmel und Erde lenft, und ber eS aud) einzig und am beiten weiß, marum id) gern Arzt werden möchte. Ja, wäre der Gedanfe an Mutters Leiden und Krankheit nicht!

Und fchon wieder habe ich den Faden verloren, liebe Walaé. Die Rettung fam im der Stunde der Not, und ein Weg hat jid) vor mir aufgethan, ber mich gwar noch nicht zum Biel, wohl aber demjelben um einen Rieſen— fritt näher bringt. Dant ber Güte meines Vaters, welcher mich zur Stadt auf die Schule gejchidt hat, fonnte ich mich jebt zu meinem ,, Ginjübrigen^ melden, was ich gern that, denn nüdjit dem Dottorhut liegt mir ber Helm am Herzen. Ein Doftor muß aud) ein gut Teil vom Soldaten an fic) haben, jonjt taugt'8 auch nicht. Beim Militär lernt man viel Gutes: Genügſam—

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feit, Ordnung, Pünktlichkeit und Gehorjam, lauter Grund- pfeiler zur echten Manneszucht. Wud) bläft der Wind auf dem Ererzierplab frijd) burch Mark und Bein, und menn man lernt, bem Tod auf dem Schlachtfeld ohne Bangen entgegen zu jdjauen, dann fann man eg aud) im Lazarett und am Dperationstifd, oime mit e einer fone zu guden! | Alſo Aglaë - id ftellte mid) und Gott fei Dant, bas Glüd hatte mich nicht verlaffen! Nicht allein zu einem Landmann find ftarfe Knochen und breite Schultern tauglich, aud) zu einem Garbijten in des Königs Roc! Aglaë! ich bin in bie Garde eingeftellt! ich tomme in Die Refidenz!! Verſtehſt bu wohl folh einen Jubel- ichrei? Nun wäre eg wohl höflich, ich jagte: „Am meiften freut mich, liebe, feine Freundin, bag id) mum wieder in deine Nähe fomme und mich, jo Gott mill, recht oft eines Wiederfehns und Beijammenjeins mit dir erfreuen fann! Uber... ich will ehrlich, ganz ehrlich fein, fo wie id) es bis jebt mar und hoffentlich aud) zeitlebens bleibe: Meine größte Freude ijt die, in bie Nefidenz zu tommen, weil dort die befte Univerfität ijt.

Ich weiß nicht, ob e8 den Freiwilligen geitattet fein wird, in ihrer Freizeit zu ftudieren, aber ich hoffe es. Außerdem hat mein geliebter Medizinalrat viel hohe und einflußreiche Bekannte in Berlin, an welche er fid) wenden - will, daß man jo viel wie Nay mein Streben unter- jtiiben möge.

DEN Pater anter e$ leiber gar vidt und wird

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fid) aud) nicht einmal dazu verjtehen, mir bie nötigen Geldmittel zu gewähren, obwohl er eS jer gut tann, denn Denf bir, ?[glaé, jüngſthin, in emer jchwermiitiqen Anmandlung und Todesahnung, hat mich Mütterchen über. unjere Berhältniffe unterrichtet. Ich war ſprachlos vor Staunen, was zwei [parjame, fleißige Menjchen zus

wege bringen fónnen! Die Eltern haben mit nichts ——

angefangen, und jest find fie wohlhabende, beinahe reiche Leute. Aber... ja mum, wer das Geld jo jauer erworben, ber Hält e8 aud) in Ehren, und darum will id vom Bater gewiß feinen Pfennig mehr verlangen, al3 er mir freiwillig geben will. Sch denfe auch, es wird genug fein. Und ich werde folid und einfach leben, will darben und e8 mir vom Munde abjparen, um in meinen Mußeitunden jtubierem zu fünnen!

Und bieje8 erjte und größte Geheimnis meiner Sule welches außer bir mur Mütterchen mod) weg, bitte id) bid) von Herzen, treulid) wahren zu wollen!

Mein Bater joll porerit von meinem Doppel ten Reben in ber Reſidenz nichts wijfen. Stellt eS fich beim erniten Studium in Wahrheit heraus, daß id) Begabung für bie ‚Chirurgie befibe, Daun wird ber Wideritand wohl durch Bermittelung meiner Lehrer überwunden werden. Der liebe Gott hat bis jest in fo wunderbarer Weiſe geholfen und mir die Wege geebnet, dak er es gewiß any inus thut, fo e8 fein gnübtger Wille ift!

Und jomit lebe wohl für Heute, meine liebe Aglaë! Sn furger Beit hoffe id) bid) wieder zu jehen, und freue

c b

mid) Darauf wie auf bie Selten vom Heiligen Chrift, bie mir großem Gejel heutigen a nod) eben fo lieb ift mie vor zwölf Jahren!

Vermelde deinem lieben Vater meine Verehrung, und laß bir in aller Wiederfehensfreude taujenbmal die Hände drüden von deinem getreuen, alten Ve. "

Baroneffe Lehnberg-⸗Moosdorf ließ bie beiden dünnen Briefbogen auf ihr prunfendes Hoffleid niederfinfen. Ihre brillantbligenden Händchen lagen einen Augenblid regungs⸗ los darüber, als wollte fie durch diefe Geſte jagen: Gott— (ob, dieje aufregende Lektüre wäre abgethan! !”

Cie neigte das Köpfchen in den Naden und verzog den fleinen Mund zu fpottendem Lächeln: „Er ift ein unjagbar nüchterner Gejell, fromm und gut wie ein echtes Mutterföhnchen und pedantijch obendrein. Schade um ihn, er ijt jo hübſch und darum wird e8 mir Spaß machen zu jehen, was für Liebesbriefe diefer Tugend- ipiegel zur Not ichreiben tann! Ein Schlud Quellwaſſer nad) Champagnerüberſättigung! Eh bien! foften wir! cela n'engage à rien!”

Sie erhob fid), warf ben Brief in bie Schublade zurüd und wandte fid) nad) ihrem Schlafgemach. Die Schleppe rau]djte wie jptegeluber Wajjerjchwall hinter ihr ber. So fteigt wohl die Mire aus der Flut, um den abnung3lojen Knaben in bie Tiefe zu ziehen!

LYELL |

Vy,

In einen kryſtallnen Wafferpalaft

Iſt plöglidh verzaubert ber Ritter, Gr ftaunt und die Mugen erblinden ibm jaft Bon affe bem Pen unb Geflitter! Heine,

| n dem Lehnberg-⸗Moosdorfſchen Haufe, welches mehr DP ben Namen eines Palaftes verdiente, flammten bie 3 A Gasfronen einem fleinen Sixeije auserwählter Gajte et Willlommengruß entgegen. Der Kommerzienrat purdjd)yritt bie Prunfgemächer mit der Miene eines Paz ſchas, welcher fid) huldvoll einer begeiſtert zujauchzenden Menge zeigen mill. Die Diener, welche nod) geſchäftig fin und ber glitter, fehnellten beim Anblid des Geld- monarchen herum, vor ihm mit u Piene gront zu machen. So hatte e& ber Herr Baron bejoblem. Wo er oder jeine Tochter fid zeigten, wünjchte er frumme Rüden zu ichen. Er hielt e8 für durchaus notwendig, einen mög- lichft grellen Kontrast zwiſchen Herrichaft und denis zu bilden, denn wer das Geld in den Händen hat, fol Hid) von jedem, der e8 nicht hat, als Macht Nv. Eihftruth, SIL Rom, xt, Nov., Comddte L

reipeftieren laffen. Er jelber hatte fid) aud) lange genug fügen und duden müffen, mar lange genug unter bie Füße getreten, bis er ein reicher Mann geworden war. Seine Vergangenheit war eine Sette von fauern Tagen, feine Jugend geradezu ein Elend gemejen. Wie oft hat er vor feinen Herren Prinzipalen den Hut bis auf die Erde gez zogen! Ohne feine reiche Heirat, ohne bie glänzend gez glüdten Spekulationen während ber jeligen, fröhlichen, sinfenbringenden Gründerzeit wäre er zeitlebens ein armer Lump geblieben. Aber wie gejagt das waren Beiten, welche gejtrichen und vergelien fein follten. Er hatte Talent zum reichen Mann! Sah ibm jemand an, wie viele Jahre er mit durchgerutichten Hofen fern ab im Hinterhaus gejeljen hatte, ebenjo Devot aufipringend, ebenjo in Hochachtung eríterbenb, wenn ein feiner Herr eintrat, wie jebt Die Schar ar an | bor m Spalter bildete? |

Nur nicht jolche Knechte dut behandeln! nur nicht ein freundliches Wort am fold) bezahltes Wejen verjd)menben! Die Leute würden ja Denten, er zähle jid) zu ihres Gleichen! Ja, ein geborener Graf ober ein Baron, dejjen ‚samilte ihren Adelsbrief feit vielen Jahrhunderten ihon durch bie Spalten oer Landesgejchidte trägt, ber fann eS fonder Scheu riskieren, jeinen Kutſcher jovial auf den Rüden zu flopfen unb ihn „liebes Alterchen“ zu nennen, bem thut folche Intimität feinem Abbruch; aber ein neugeadelter Stommergienrat muß Gott banfen, wenn er ſich für jd)meres Geld einen Hojjtaat Deranbilben fann,

Northweatern icm Uem | University Mbrary :

welder ibm bie Ehrfurcht ermeilen muß, melde. ihm die: meijten leider noch verjagen. Leicht üt das nicht, denn. ſeltſamerweiſe dienen heutzutage die Leute nicht gern m ben Haujern ber Selfmademan, fie behaupten, nirgends fo idet behandelt zu werden, wie bet jolchen Herren, welche früher felber Diener waren; bon bem Reichtum dDiejer Parvenüs Haben fie nicht bie mindejte Annehm: lichkeit Zwiſchenträger, welche jelber ben Haushofmeifter- fold beziehen, führen ihr jtrenges, meijt jebr frauferiges | Regiment, die reichgededte Tafel der Herrjchaft liefert für fie mur das ausgefochte Suppenfleijch, und da retdje Leute meift febr rückſichtslos find, jo gibt e8 weder bei Tag noch bei Nacht Ruhe für bie, bie. ftets bereit jet miijjen, bie grillenhaften, eigenfinnigen und unberechenbaren De- feble folder ,vergofbeter^ Tyrannen zu ertüillen. | Der Kommerzienrat wird nie wieder Domejtifen en- gagieren, welche zuvor in ſolid bürgerlichen oder in wahr: haft ariftofratifchen Häufern gedient haben, denn bieje beiden Sejellichaftstlafjen gehen Hand in Hand, was dag Yermöhnen ber Dienitboten BHO eine allzu „menjchen: wirdige” Behandlung anbelangt. > Ge ärgert fid) aud) jest wieder über bie impertinenten Befichter jeiner Gaz lonnierten, welche hinter feinem Rüden in empörendfter . SSetje glojjicren und eS nicht bedenten, daß die vielen Pfeilerſpiegel für fold) ——— Benehmen zum Berz | räter werden. (0 Er wird den Ganehermetiter beauftragen, gend emen = Heinen Coup zu erfinnen, bie beiden frechften Burfchen sn da

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Small und Fall vor bie Thüre feben zu tónnen, jelbit: redend aus einem Grunde, welcher berechtigt, ben Gehalt zu entziehen. Mitleid ijt in folchem Falle lächerlich.

„Eine Depeiche? af ... jo jpät noch?” Lehnberg

griff voll etwas nerböfer Haft nad dem auf filberner Platte prajentierten Telegramm. Seine hellblanen Augen quollen noch jtierer aus Dem Topi, alg er daS Papier aufrif. Momentan ftarrte er wie geiftesabwefend darauf nieder, fahle Bläffe deckte feine verjchmonmenen Züge, und bie Hand hob fid) medjaniid) nad) der Stirn, als wolle He den falten Schweiß jähen Cdreden8 wegwiſchen. Aber mur einen furzen Augenblid | überfam e3 ihn wie ein Schwindel. Er blidte auf unb jab in bie viclen Geſichter feiner Dienftbaren, welche vol neugieriger Span⸗ nung auf ihn gerichtet waren.

Ein gemaltjamer Rud ließ ihn in die gewohnte, felbjt- bemufte Haltung zurückſchnellen „Ah, idade, ſchade, mon cher”, wandte er fid) nad) bem $ausfofmeifter, „ih hatte gehofft, Seine Excellenz, Graf von $yalbian - fet bereits von dem Urlaub aurüd und könne Heute noch unjer Gajt fem, leider befinden fih der Herr General aber noch auf Reifen. Es braucht alfo fein Couvert mehr aufgejeßt zu werden!’

ſchien dem Sprecher, als dride ih ein ganz eigenartiger Zweifel auf den Gefichtern ber llmjtefenben aus, ein gewijjes ungläubiges Etwas. Whnte man den wahren Inhalt ber Depeiche, oder glaubte man, ihn ver-

mE wm

muten zu dünnen? Dte Nachricht bon AT leider. total mißglüdten Spekulation mar ſehr unerwartet und plößlich | gefommen. Baron Lehnberg ift feiner Sade nicht ganz gewiß, ob fid in feinen Rügen ae zuptel geſpiegelt Er iſt Geſchäftsmann, unb er weiß e8, - daß heutzutage piel, febr viel - Comödie geipielt werden muß, will . man $redit und Anjehen bei ben a Geuten behalten! SE Er tritt alfo | T in den Cpeileladl Sa und überfliegt mit ſchmunzelndem Blit bte fürſtliche Pracht, welche hier in @old, Silber, Porzellan und Kryſtall geradezu verjchwenderifch bem Auge ent- gegenprunft. Er reibt fih die Hände, und fein ganzes Ausfehen ift eitel Sonnenſchein Wlöglich ſchärft fic) fein Blid: „O! o!” entringt es fid) ‚wie fcharfes Pfeifen | feinen blajjen, zugeſpitzten Qippen. m Saut brüdt das ‘wale Tus fallen aus, und

Lo 4 oa

ba man ihn als Borboten großer Ungnade fennt, jchießen die Diener und Lafaien jählings näher, fid) wie eine Hilfstruppe inter bem erjchrodenen Haushofmeiſter zu

Veilchen, Maiglactehen?” ichrillt bie Stimme des Gouunersieirats. ,Rüdjerlid)! Wer fonnte wagen, mir fold) gewöhnliche Blumen über die Tafel zu jtreuen 2”

Der Haushofmeifter überbfidt das überreiche, föftliche Blumenarrangement, welches aus Beilchen und Mais alüddjen Bergeitellt Hi. er Gärtner behauptete, wah: rend ber ganzen Caijou noch feinen berartig prachtvollen Blumenjchmud angefertigt zu haben!” ermibert er mit tiefer Berbeugung.

„gatte ich nicht weien Blieder und Maresal- Ritrofen beftimmt ?^ |

„Mär. haber bi Ser: dieſen Befehl nicht ausgeiprochen!” ——

„So, |o; unbeqreiflich. Es find dies bie Lieblings- blumen meines intimen Freundes, des Vicomte de Saint Lorrain, Marquis D’Armiton de Gisle la Bussière!” deflamiert er voll Entrüftung, „und da das heutige welt hauptfächlich ihm zu Ehren arrangiert ijt, wünſche ich, daß fid) dies bereits in dem Arrangement der Tafel ausdrüde. G8 find noch zwei Stunden Zeit, telephonieren Sie nad) Schmidt, baf er jofort bie Blumen umwechſelt!“

„Herr Baron, dieſes Blumenmeer ijt bereits durch eine große Summe bezahlt”, wagte ber Haushofmeiſter mit bejonderer Betonung, aber jehr depot zu erwidern.

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Die dide, Feine Geftalt jeines Brotherrn hebt fid) auf bie Fußſpitzen und jcheint Dadurch zu madjen. Die majferjarbenen Nuglein funfeln, und bie fette Hand greift rüde in Den zarten, wonnigen Blumenflor hinein und reißt ihn zornig auseinander: „Ob bezahlt oder nicht, wags geniert daS? Glauben Sie, daß ich an ein paar Hundert Mark jparen will?”

„Derr Baron, Theerojfen und weißer Flieder ſind momentan am rariten und foftjpieligiten, id) erlaube mit, darauf aujmerfjam zu madhen, daß für einen gleichen Preis bie Tafel mur jefr viel fpärlicher deforiert werden fann!“ i

,Gleidjen Preis? Wer redet jolchen Unfinn! Sm Gegenteil, ich wünjche mehr Blumen auf dem Tijd) zu jehen. Der ganze Grund des Tijchtuches foll mit Flieder unb Rofen belegt fein, jo Dap ber gelbſeidene Stoff des Tuches nur bireft neben den Lellern fidjtbar wird. Die Aufſätze folen mit hohen Bouquets, nicht fo flach wie bie jebigen, verziert werden. Warum jprübt bie Fontaine nod) niht?” | | |

„Bir wollten diefelbe erft beim Eintritt ber Herr- ſchaften fpielen laffen, um jo viel wie an Der Eau de Cologne zu jparen!”

„Zhorheit, der Saal muß bereits duften, wenn wir eintreten. Eau be Cologne? ein gewöhnliches Parfüm. Telephonieren Sie an €obje, bag ich ‚weißen Flieder und ‚Soldlilie zur Füllung wiinjde. Was bie Ausitattung der a anbelangt, jur 3 Sie cde nicht am

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unrechten led fparen zu wollen. Das Geld, Per: ehrtejter, jpielt bei mir feine Rolle, wohl aber das Stadt- gejpräch, welches über meine Diners aburteilt.”

Alfeitige, febr tiefe SBerbeugung. Auf einen Win des Gerügten fliegen zwei Safaien auf lautlojen Sohlen davon, bie Befehle des Herrn und Gebieters zu erfüllen. Der - Ausdruck der Gefichter ijt wieder mie mit einem Sauber: i: ſchlage ein anderer geworden.

„Du, Sean!” flüjterte ber eine ber Entfandten auf der Treppe, „wie der Alte vorhin die Depefche befam und fid fo verfärbte, da glaubte id) fichon, ber Bud- halter habe recht gehabt mit feiner Prophezeiung, daß der Herr an bem New-Yorfer Krach feite mit reinfallen werde, aber e8 jcheint bod) nur die Ae vom General geode zu fen!” |

„Hm!“ nidte der andere, fiber] Sh bitte. e8 dem progigen Fettwanſt gegönnt, daß er mal tüdjtig hatte Federn fajjen müffen! Aber im Gegenteil, er jdjeint bie Tafchen beffer wie je gejpidt zu haben, joujt könnte er nicht an ein paar Blumen fold) ein Vermögen hängen!” Eine Sünd und Schande iſts!!“

„Das weiß Gott!”

puce RUE Is IET IE SE B BETEN A RETTET OT sire MI Venti ———

Der Kommerzienrat hatte Die ſtrahlenden Räume BOERS

burdjjd)ritten. Seine Miene zeigte feine Spur von Gr. regung mehr, feine Bläffe bedte mehr fein Antliß, im Gegenteil, dafjelbe trug einen arroganteren Wusdruc wie | je zuvor, und bie Art und Weife, wie er den über-

triebenen Brunk feines Haufes muerte, iffuftrierte bie Gelbitzufriedenheit eines Mannes, welcher auf bie volle Tafde Hopft und jid) in bie Bruft wirft: Ich fann’s, denn ich hab’3!

Aglaë ließ fonft gern auf fid) warten, heute betrat fie überraichend früh bie feftlichen Räume.

Sie liebte feine Toiletten, welche nicht ichon bem noimen Beichauer als fehr fofibar in bie Augen {tachen. Da fein decenter und feinfühliger Gejchmad ihr jemals zur Seite gejtanden, fo huldigte das ZTöchterlein des reichen Mannes bem Grundfaß: „Wer lang hat, läßt lang hängen” und überlud fid) mit Schmud und Rojt- barfeiten, wo irgend nur ein Plägchen mar, um Kapital“ zur Schau zu tragen!

Auch heute war igre Toilette mehr auffallend und prunfhaft, wie der Situation angemeljen. Der Umitand, daß fie nod) ein junges Mädchen war, jprad) in den Verhandlungen mit ihren Schneiderinnen niemals mit, und die jcharfe Bunge des Grafen Uggley hatte auf die Frage einer Dame: „Wie finden Ste die Kleidung der Heinen Moosdorf?” mit jarfajtijdjem Lächeln geant- portet: „Unpaffend, immer unpafjend!” Die zierliche Figur ber jungen Dame fchien faum der Laft jener kirſch— roten Sammetichleppe gewachien, welche überladen mit fojtbarer Goldſtickerei meterlang ihre leuchtenden Falten über ba8 Warfett ergoß. Cin Rubinregen war auf Haupt, Hals, Armen und dem Devant ber Robe zu funkelnden Tropfen erftarrt, fogar bie Schuhagraffen und

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Federn des Fächers hatten verfchwenderifche Hände unter ben Wunderbaum gehalten, von weldjem ke rotgtiihenber Tau herniederträufelte.

Cie jah reizend aus, wie ein Rrinzehehen aus fis Märchenbucd, welches Kinderphantajie föniglich ges ſchmückt Und fie trug das Näschen jo hoch, und der fleine Mund wölbte fd) jo felbitbewußt, als jet nichts, nichts auf ber weiten Welt, was ifr aud) mur das fleinfte Steinchen in den Weg rollen fünne. |

Dennoch fprithte es im ihren dunklen Augen, wie ein. drohend Wetter, welches jeden Augenblick mit vernichten = den Blitzen losbredjen fann.

Mit furzem, energiſchem Schritt trat fie an bie Tafel und neigte fi, ohne Die anwejenden Gartner und Dienit- boten aud) mur eines Slices oder Gegengrußes zu - würdigen, über die Gedece, um auf den Elfenbeintäfelchen bie Namen ihrer beiden Tijchnachbarn zu lejen. Cine dunkle Blutwelle ftteq in ihre Stirn, und die Zähnchen fuiriditen leife aufeinander. Dann richtete fie fich lächelnd empor.

„Der Vieomte de Saint Lorrain wird mich zu Tijd führen? Und auf der andern Seite haft du mir bie Excellenz von Traſting zugedacht, Papa? Eh bien, das ift ja febr nett, die beiden vornehmſten Kavaliere der Nefidenz. Sind die neuen eleftrijchen Kronen bereits entzündet? Deinen Arm, ich will fie fejen.”

Der Kommerzienrat legte voll Grandezza bie Hand feiner Tochter auf feinen Arm. Auch er lächelte. ue

„Die Lijtres. ſind jagte er mit Noten, ae

„und machen bem Heidengeld, welches fie gefoftet haben, - Ehre!” und nach Diejen in haltſchweren Worten Hare i er Aglaë über die Schwelle. 5

Kaum jah fih Baroneife Behnbera-Wionsdorf une beobachtet, als dag Lächeln von ihren Lippen ſchwand— Mit trampfhaften Drud fapte fie den Arm des Baters : „So bat er wahrlich abgejagt abgejagt, obwohl du perjönlich zu ihm gefahren bit, ihn einzuladen?“

Der Gefragte war píótlid) fehr flemlaut: „O! o! e8 mar empörend, ich verjidjere Dich, Aglaë, trop- dem ich ifm nach Kräften den Mund wäſſerig machte, verjicherte er mir mit femer hochnäſigen Herablaffung, welche immer wie Jronie au$jiebt, er bedaure, heute finde bie Hochzeit jeutes Suipeftore an, und Dazu fahre | e auf das Gut Hinana | —— Seines Inſpektors? Bu folden Lenten geht ein Graf Uggley?” empörte jid) bie junge Dame mit bebenden Lippen. acherlich! Der Kerl fuchte ja nur einen Vorwand! Der erite war ber befte | „Der beleidigendfte war ber bejte!”

Lehnberg zudte etwas nervös bie Achjeln: „IH war ——

ja von vornherein Dagegen, bog n ihn jo mit Gewalt Derangiefen mußte! „Mit Gewalt?”

E „Barum mute id) den Beitrag zu bem Bazar

perjönlich zu ihm bringen? Ich hatte ibm gerade jo gut 3 an den Kammerherrn der Königin ſchicken können ^ |

E08 =

„‚llerdings, eS mar eine Thorheit, dem ee Patron jo freumolich entgegengufommen.”

/ Meine zehntaufend Mark imponierten bem quee Burfchen nod) nicht einmal!“

Aglaë lachte herbe auf: „Dem imponieren überhaupt nur Adelsdiplome, bie noch in Keilſchrift gefdjrieben find! Sleichviel ob ihre Trägerinnen nur nod) foviel haben, daß fie fid) einen Schneeglödchenitrauß für fünfzig Pfennig zum Hofball leiften können!” Sie fate ben Arm ihres = Pater mit fait ſchmerzendem Orud: „Sc will aber, daß er Notiz von unà nimmt, id) mill es! und ih will bei Hofe ebenjo von ihm behandelt und rejpeftiert werden wie die andern Damen! Hörſt du, Papa, id) will es!”

Der Kommerzienrat blidte voll Gifflof er Angſt in das zornentftellte Geficht feiner jo ſehr verwöhnten und eigenwilligen Tochter: „Aber Dergdjem, fann id) etwa jagen, daß ich das zu Wege bringe? Uggley ijt der ichwierigfte Menjch, ber mir je im Leben vorgefonumen it, all meine Verfuche find gefcheitert, ich weiß nicht mehr, was id) thun foll, ben Hochmutspinfel gefüge zu machen.”

Die junge Dame richtete fid) Bod) auf, bie elektrifchen Kronen weten glühende Lichter auf dem roten Sammet ihrer. Toilette, daß e8 ausfah, ala züngele eine fchlanfe Feuerflamme aus dem Parkett empor. „Was bu thun ſollſt? Das mill ich dir jagen! Anftändiger folljt du dich benehmen als ‚bisher! Behntaufend Mark für einen Bazar geben, ben die Königin arrangiert, Das

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ijt für einen Mann wie Baron Lehnberg— Mobsdorf geradezu unanſtändig!“

„Aber Aglaë!”

„Unterbric) mich nicht, otce Dinge tan id) beffer taxterem und beurteilen wie bu! Was find zehntauſend Dart? Lacherlich! eine Bagatelle! ein Trinfgeld in ber Hand eines zehnfachen Millionärs! Thue, was ich bir fage! Nimm noch einmal fünfzigtauſend Mart.

Mädchen!“

Fünfzigta ujend Mart w, d abermals | zu bem Grafen Uggley“ ——— j

„Bält mir nicht em! Bedente p

„Sehe zu dem Grafen Uggley und fag ee dieſes Geld ſchicke ihm deine Tochter, id, Aglaë von Lehnberg, zum Präſent für ſeinen Bazar! poi bu ber: itanben, Papa ?”

Der Kommerzienrat fannte bie Stimme feiner Tochter,

er mußte, daß gegen dieje Klangfärbung nicht anzu

fümpfen war. Gein Haupt fant tief zur Bruft, er jtrid) mit bem ftarfduftendDen Zajdjentud) über die Stirn, auf | welcher falter Schweiß perite.

„as foll das nügen, Aglaë?” Er erfapte jählings die Hand feiner Tochter und zog fie auf einen Seffel nieder, gleichfam, al wolle er fich dadurch berechtigen, neben ihr auf den Diwan {inten zu können, er that e8 wie ein Mann, bem die Runie zitterten. „Was zehn: taujend Mark nicht zu Wege Brass das Schaffen aud) Ianfaigtanjend nid"

is 110. ex

, 02 Thatjächlich nicht? Abwarten. Mir als Dame, muß llgaley eine Danfesvilite abjtatten, wenn er in der That ber Gentleman ijt, ber zu fein er vorgibt. Hat er aber erft unfer Haus betreten, werde ich ihn ſchon zu feſſeln wiſſen „Nur der eríte Schritt fojtet! fagt ber Franzoje” fie lachte ſpöttiſch auf „und der erjte Echritt des Grafen Uggley über unfere Schwelle ijt mobi fünfzigtaufend Wart wert!”

Der Kommerzienrat jah plöglih zehn Jahre älter aus. „Und wozu dies alles, Aglae?” jtieß er auf- geregt hervor, Willit bu den Menjchen etwa heiraten ? Da fei Gott bor, er bat feinen roten Heller, ijt arm wie eme Klirchenmaug i^

Sie hob gereizt das Köpf den. ihre Stimme flang noch ſchroffer alg zuvor: „Nun, ich dächte, das Geld - habe bei meiner Wahl nicht mitzureden! Wenn bie Töchter ber Wiillionäre nicht einmal einen armen Schluder glüdlich machen jollen, wer fol fid) m derartigen Lurus geftatten ?

Der Baron atmete jchwer auf. „Das Gehen ift unz fagbar theuer, Aglaë”, ftotterteer mit ſcheuem Seiten: bíif „du bift grenzenlos verwöhnt und...” er jprang erregt empor „ich fage dir ehrlich, daß ich momentan nicht fünfzigtauſend Mart zum Wegwerfen habe!“

„Ausreden! O, e8 ift empörend! ich jefe, daß bu mir meine Pläne burdjfreugen willit —1^ Auch fie mue ich, ihre zierlichen Pe en jid) bebend

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zufammen. „Gut! mache, was du willft, aber höre us auch mein Wort! Wenn pu feine Lujt Haft, für mich fünfzigtauſend Warf zu s opfern, jo habe ich auch feine

Quft, bir meine Beit zu opfern. Empfange Deine Gäſte allein, wenn e8 bir beliebt! Entweder, bu gibjt mir jcġt dein Chrenwort, daß bu morgen am Tage dem

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Grafen das Geld bringft, ober id) gebe bir das meine, daß ich bieje Räume nicht eher wieder betrete, als bis ih bie Bifite des Grafen Uggley darin empfange. Bunttum.” | Einen Moment jtanb Lehnberg regungslos, feine Hinde umflammerten bie Sejfellehne. Dann Hob er fein farblojes Gejfid)t und zwang eim Lächeln um jeine Lippen: „Kleiner Trotzkopf! Du weißt, bap bu mit deinem jchwachen Bater machen fannjt, was du willit. Gut, ich gebe bir mein Wort. Aber eines bitte ich dafür als Gegenleiftung, gib mir ein 3Berjpredjen, Aglaë!” Sie lachte und fchlug in feine Hand ein: „Topp! Er trat dicht neben fie, feine Züge erhielten einen ganz ungewohnten Ausdrud. ,Mglaë . . . wenn dieſes

Opfer abermals vergeblich ift, wenn osten jelbft nad)

biejer Manipulation feine Anftalten macht, in unjerm Haufe zu berfebrem, wie man e8 von einem Wann ver- langt, ber Heiratsgedanten hat, Dann —"

„Run? nur heraus damit!“

„Dann gelobft bu mir, bie Bewerbungen des Vicomte de Saint Lorrain anzunehmen!”

Seine majjerfarbenen Mugen jtierten die Tochter angitvoll am, die Wirkung biejer Worte zu erforfchen, er prallte ganz betroffen zurüc, al8 weder eine heftige Gegenrede, nod) zomiges Aufladen erjdjoll. Die junge Dame jah im Gegenteil aus, al& fei diejer Wunfch des Vater eim ganz jelbftverftändlicher. Sie drehte ge- laffen bie Rubinjpangen um den vollen Arm. „Bon;

pem 113

ich gebe bir bieje8 Wort, Wenn Uggley nicht a de.

nehme id) den Bicomte I^

Der KRommerzienrat taumelte der Sprecherin mit ©

einem Rufe des Entzückens näher. „Bann Nglae? Wann ſoll's entſchieden fein? Ich beſchwöre bid), bald!”

„Rah Schluß ber GCaijom." Sie ſprach furg und entſchieden und ſo gleichgültig, als handele es ſich um eine Bagatelle.

‚Bravo! Bravo! Meine Vicomteſſe de Saint Lorrain, Frau Marquije d'Armiton de Gisle la Bussière! - O, wie das Elingt! wie ein ganzes Wagenorcheiter voll Wohllaut!! Und reich ift er, Aglaë, du wirft dein Leben lang im vollften Überfluffe fchwelgen! D, welch ein behagliches Gefühl das ift, wie das beffer mundet al3 ber fettejte Biffen! —"^ und Lehnberg legte beide Hände mit gefpreizten Fingern auf fein rundes Bandhlein ‚und fehuappte mit den wulſtigen Lippen wie ein Karpfen, der vom trodnen Land aurüd in frisches Waffer fommt. „Alfo, das wäre abgemacht; wenn ber Herr Graf Uggley fich nicht bequemt, das Goldfiſchchen zu angeln, geht's dem Bicomte in dad Neg! Haha ein Neg von Myrten und Rofen!” und gleichjam, als fürchte er, Aglae könne ihre Worte noch widerrufen, nahm er ihre Hände und 30g fie abwechjelnd haftig an die Lippen, „And nun adieu, mon ange... meine reizende Vicomteffe,

ich will im Bureau den Befehl geben, daß bie Fünfzig— taufend flott gemacht werden! Bei dem momentanen

Stand ber Rurje feine Rleinigfeit, id) werde empfind- N.v. Eſchſtruth, IL. Rom. w Nov., Combdte i- 8

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lichen Serif haben, aber gleichviel, was thäte ich nich für mein Heine Prinzeßchen!“

Aglaë wandte fih vor einen Spiegel und zog ihre Ctirníüddjen etwas tiefer. „Eile dich, bitte, bie Leute fönnen jeden Augenblid tommen!” Ihre Stimme Hang fo ruhig unb gelaffen, als habe fie foeben mit bem Vater über das Wetter verhandelt. Sie verlor aud) feinen Blid von ihrem Bild, al3 nach etlichen Minuten ein Diener auf der Schwelle erjdjem und mit ber obligaten Hajt und Wichtigfeit ba8 Nahen des ane Gajtes meldete.

„Hierher führen!” n

Und bann trat Die junge Erbin mit einer etwas eir ftubierten Würde unter bie föftlich nieberranfenben Blüten- gewinde ber eleftrifchen Krone und jab nicht ohne Span- nung bem fo jehr prügijen Gaſt entgegen, welcher nicht einmal den Schlag der Uhr abwarten fonnte, um feine Devotion dem Haufe de} Baron Lehnberg zu befunden. Die Portiere teilte fich, und mit einem leijen Auffchrei, man vermochte nicht zu unterjcheiden, ob derjelbe Freude ober Entjeßen ausdrückte, wich Agla& vor dem Eins tretenden zurüd, als jdjaue fie einen Geijt.

„Hans ... Hans Burkhardt

Hod) unb. itblant, eine jchier königliche Geftalt, ftand er ihr gegenüber. Er trug feine Uniform mehr, ein ſchlichter ſchwarzer Anzug gab ihm ein etwas provingielles Ausfehen, welches allerdings durch weiße Rravatte und weiße Handjchuhe bis zur Feierlichfeit erhöht wurde.

orij unb blühend, etwas gebräunt von feiner

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Dienſtzeit | fer, lachte | ihr | fein Antlik entgegen, blond umlodt, mit ben herrlichen blauen Augen, welche trog -

un WORN START mycin

ihres geiftvollen. Ausdruckes und des hohen ſeeliſchen Feuers dennoch ſo treuherzig in die Welt ſchanten, wie bie eines Rinde,

Er rn ohne fi von ber z pruntenben Mtrgrbuita mb. 8 |

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ber ftrahlenden Erfcheinung ber jungen Dame blenden zu laffen, berjelben entgegen und bot voll ſtürmiſcher Freude beide Hände bar.

Sie ſtand einen Augenblick wie betäubt und ſtarrte ihn an, unfähig ein Wort der Begrüßung zu finden. Erſt, als er ihre Hände faßte, fie aufs innigfte drückte und nod einmal mit jubelnder Stimme verficherte: „DO liebe Aglas, wie habe id) mich auf dieje Überrafchung unb diefes Wiederfehen gefreut!“ da gewann fie bie Herrichaft über jid) jelbjt zurüd.

Glühende Blutwellen ſtiegen in ihr Antlitz ein Ge- miſch von Arger und Hochmut ſchlich fi in das er- zwungene Lächeln, mit welchem fie gnädıg das Köpfchen neigte, ihre Hände befreite und Diejelben jtaunend zus jammen flug.

„Sind Cie e8 denn wirklich, Gans f" tief fie, haftig das formelle „Sie“ zur Anrede gebraudjenb: „Und Cie tommen Beute fon? Sc erwartete Sie erft am Sonntag!“

Einen Augenblid fah er bie Augendfreundin ganz betroffen an, „Sie?” fie nannte ihn plötzlich Sie?“ Sa gewiß. Das ijt aud) viel richtiger, fie find jebt feine Rinder mehr, und die Formen und Sitten in der Geſellſchaft find ftreng. Das fann er nur richtig finden. Er wird blutrot bei dem Gedanfen, daß er möglicherweife jo taktlo3 gemwejen wäre, fie, wie in feinen Briefen nod) du“ zu nennen. Uber er fakte fid) fchnell. „sa, am Sonntag!” lachte er luftig auf, „der Sonntag fpielte nur feine Rolle, jo lange ich noch des Königs

me IIT Se

Rod trug! Seit geftern aber habe ich das Schwert wieder mit bem philifterhaften Regenſchirm vertauſcht, unb mein erſter Weg galt Ihnen, Aglaë, folh ein wid- tiges Ereignis gu melden!” Er legte noch in militäriſchem Gruß bie Hand an bie goldlockige Schläfe und ftattete Die Meldung fo ſtramm ab, als ſtünde er vor feinem Hauptmann. Aglaé wies mit einer vornehm läſſigen Geſte nach einem Seſſel und kokettierte voll graziöfen Humors zu ifm auf. Sie hatte ſich mit einem Blick nach der Pendüle überzeugt, daß noch eine Viertelſtunde Zeit bis zum Eintreffen der Diner— gäſte war, und da ſie dieſe Viertelſtunde amüſant ver— [eben wollte, vergaß fie ihren anfänglichen Ärger

(jo Mars ftellt fid) nunmehr als Wstulap in den Dienft Amors! Das ijt allerdings eine Uberrafdung! Menichlicher Berechnung nad) ift Ihre Dienftzeit noch gar nicht um? Wie fommi e8, dap Sie ihon jegt freigegeben find?”

„Wtan fonnte mid) abſolut nicht mehr pangal? ſcherzte er, febte fid) nieder und fuhr mit einem unber- hoblenen Blick bes Entzüdens über ihre ftrahlende Gr- ſcheinung ernfthafter fort: „Haben Ste meinen legten Brief nod) erhalten?”

- Cie nite. , Sd) fenne ihn auemenbigl^ und dazu ſah fie ihn mit zauberiſchem Blid an. n e

Er ward dunfelrot, diesmal vor freubiger Betroffen- heit. „So moijjem Sie alle die großen Ummälzungen in meinem Schidfal, und ich braudje Ihnen nur noch bie

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legten Kapitel aus meinem -gebentbud- au 1 exgtten? O, Aglaé, das Glück hat mich nicht verlaffen! !“ Sc Habe viele hohe, einflußreiche Gönner gefunden, welche mir bie Hände unterbreitet haben, wo fie mur irgend fonnten! Der erjte unjerer Chirurgen, Profeſſ or Wendhaufen, inter- effiert fid) fo lebhaft für mein Studium, Daß ich e8 nur feiner Güte verdanfe, wenn ich in verhältnismäßig furger Beit jo viel lernte. ‘eh darf in feiner Klinif aus- und eingehen, ich darf bei all feinen Operationen und Berz fuchen zugegen fein, ja, er hatte bie Güte, mich jon bei einzelnen gülen ein paar fleine Handreichungen verrichten zu laffen, welche mir gottlob glückten!“

» Profeffor Wendhaujen?” Aglaë Hob jahlings ben Kopf: „Ach, das intereffiert mich! Gr hat Papa behandelt, al biejer vor zwei Jahren das Unglüd hatte, aus der Equipage gefchleudert zu werden, bie Pferde: gingen durch. Wendhaufen ... ei gewiß ... id habe foeben nod) den Namen drüben auf bun Tiſch geleſen muüßte mic) febr irren! Wir wollen uns gleich davon iberna, Herr Burkhardt, bitte, Shren Arm . führen Sie mid) in ben Speilefaal! Wir erwarten jme lid) Güfte heute, barum fejen Cie mich auch in Toilette!

Cie Hatte fid) erhoben, ifr Blid ſchweiſte über ihre Robe unb fefrte zu bem jungen Studenten jurüd, auf blibenb wie in herausfordernder Frage: „Und id) benfe dod), daß ich bir gefalle? !^ |

Hans erhob fid) auch, mehr medard wie diis dem Wunſch der jungen Dame folgend. Seine großen Augen

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bafteten in ftaunendem Schauen auf ihrer ftrahlenden Geftalt. „Sa, Sie find wunderbar fchön gefleidet, Nglaë, ich habe zwar gar fein Verftändnis fiir folche Pracht von Sammet und Seide, aber mir beud)t, dieſes Gewand muß jehr foitbar fein! Sit jolh eine lange oe nicht febr unbequem 2”

Sie lachte. ,/ Senn man re faſt taglie trägt, gewöhnt man fih daran.’

Er nidte Hachdentlih v vor rfid hin. | 33ch glaube aber, im Hauskleid mit ber ee jehen Sie ebenjo

hübſch aus, Aglaë!” . Ws

In ber KRüchenfchürze?! - Shre Stimme flang Fatt entjebt, fie neigte das ebeljteimpuntelnbe Köpfchen vor, alg habe fie nicht recht verftanden.

Gr fah febr naiv aus. „Nun ja... id) meine, Sie find eben immer ein jehr ſchönes Mädchen, aud) dann, wenn Cie fich nicht fo gewaltig gepubt haben, ſondern ein einfaches Roftüm tragen, wie e8 das Schaffen und Wirtfchaften im Haushalt bedingt!”

Aglas Hob das Näschen jehr hochmiitig. „Aber, Herr N Haustleid, Küchenfchürze! Fi done -

. das find die Attribute einer Dienjtmagd, aber nicht - einer Baronefje Lehnberg- Moosdorf!l Gch fenne ein

„Schaffen und Wirtjchaften im Haushalt“ ebenjo wenig 2 |

pie eine Küchenſchürze!“

Er war ganz betroffen, „Sie fünnen bod) unmöglid) immer folch fojtbare Gewänder tragen, wie diejes hier?“ ftieß er ungläubig hervor.

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voll Ungeduld klappte fie den Fächer auf und zu. „Und warum nicht? Während ber Saifon bejudje id) tüglid) Diners und Balle, und folde Jefte erfordern

große Toilette. D, id) Habe noch bei weitem vertbollere

Echleppen wie pieje hier, obwohl bie Goldſtickerei edt - ift und eim fleines Vermögen repräfentiert! Mein Vater

ijt ein reicher ein fehr reicher Mann, id) thue oe

abjofut nichts, wag unter meiner Würde ift, und eine stücjenjdyürae ... oh shocking!! eine fibula würde ein Schandfled im Trouffeau einer Millionärin fein!“

(fà war, ala füme bem Sohne deg ſchlichten Land⸗ mannes erft jcht das volle Verſtehen dafür, wem er eigentlich gegenüberftand. Er ward abermals dunfel- rot. „©, das ijt wohl nicht richtig gedacht, Aglaë, feine redliche Arbeit, welcher Art fie aud) fet, ſchaͤndet eine Mädchenhand, mag {te arm oder reich fein! Was thun Sie denn den ganzen langen Tag, wenn fie Shrem Vater nicht den Haushalt führen?“

Sie ladjte filberhell auf. „Mein Gott, ijt fold) eine Frage im neungehnten Jahrhundert noch miglid)? Gold) eine Frage im Mund eines ermadjenen, ftubierenben Menſchen? Was ich thue? Sch erfülle den fchweren Beruf, mit aller Eleganz und Nobleffe Baronin Refn- berg⸗Moosdorf zu repräfentieren! Das ift feine leichte Aufgabe. Ich muß in ber Qofaejellidjaft eine Rolle jpielen, muß überall, mo ich hinfomme, ben Reichtum meines Waters in neuem Lichte zeigen —"

wilh... was geht Ste das Gelb ihres Batera an?"

-— 1201

Aglaë flopite ihm Halb mitleidig, halb amiifiert mit bem Fächer gegen bie Wange: ,,Betend, daß Gott bid) erhalte, fo jung, fo naiv und fo harmloz!! ipottete fie. , 9828 mid) meines Vaters Vermögen angeht? Haben fie feine Ahnung, was für einen Geichäftsmann das Torten Kredit” bedeuten will? Nun fejen Sie, das Auftreten einer Tochter Spricht manchmal bas ent- icheidende Wort für den Kredit ihres Waters! Ein Kenner taxiert nach den Brillanten der Frau oder Tochter den Wert der väterlichen Unternehmungen und berechnet nach dem Stein das Papier !! Aber genug davon! Ich denfe, Sie bald mit unfern Verhältniffen und Lebens- gewohnheiten vertrauter zu machen! Führen Sie mich jcbt in ben Speiſe jaa[ —, id) will mid überzeugen, ob mir Profeſſor Wendhaufen Heute erwarten! Der Mann it zwar nicht von Adel, er war fo thöricht, das ihm angebotene Diplom auszufchlagen ! aber er iit bod) nun mal eine Größe ber Beit, und Papa und ich lieben e3, alle Leute, welche in ber Welt eine Rolle jpielen, an unfern Tijd zu ſetzen „Berühmtheiten fammeln” ijt ja auch folch Feiner Sport, welchem bie Damen eines reihen Mannes obliegen müffen, denn allzu exkluſiv ijt langweilig und unpraftisch, man muß [don aus Geſchäfts— rückſichten in allen Kreijen ber Gejellihaft Propaganda für die diverjen Aktien machen!! Nun jehen Sie fid) mal um! Haben Sie idon einmal derartige Zimmer gez Enp

Ein feltjamer Ausdrud hatte fih bei Agla&s lebten

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Worten um die Lippen de jungen Mannes gefchlichen, beinahe fah e8 aus, als fei er recht unſympathiſch von den Anfichten feiner Sugendfreundin berührt. Sebt ſchweifle ſein Blick ziemlich gleichgültig über die fürſtliche | Bradt Der Räume, welche fie durchichritten. „Nein, id) lebe zur Seit in derart bejcheidenen Verhältniffen, daß ich fo viel Herrlichkeit faum begreifen, gejd)meige würdigen fann? Wie gejagt, ich habe auch fo wenig Verſtändnis dafür] NH . . aber bie Blumen! ja, für Blumen habe ich doch ein offenes Herz, af .. unb dieje Blüten find ja filij!" Er jah nicht bie ſchwere Gold- unb Silberpracht ber Tafel, er ſah mur bie duf- tenden Rofen unb Fliederzweige, welche fie ſchmuückten und neigte fidh haftig danach nieder, ſtrahlenden Auges erfreute er fic) dieſer Schönheit.

yom . . ganz hübſche Blumen e gehört zu einer efeganten Tafel, daß fie derartig Deforiert wird! Aber bas GSilberfervice ift ein Meiſterſtück ber Goldſchmiede— kunſt, wie gefällt Shnen ee SUE id en relief p”

Hans hob mebr Göflich wie intereffiert einen Teller empor. „©, das ift jer funjtvoll und gewiß fehr - teuer! Mir fehlt für folhe Sachen jedes Taratum, ich habe zu menig Gelegenheit, derartiges zu fehen ^

Ich werde Sie etwas in die Schule nehmen! Wollen - Sie einmal das Menü lejen? Bede diejer gemalten Elfenbeintafeln foftet achtzehn Mark!”

„Nlmächtiger Gott! davon muß ich beinahe einen

«c SOR s

Monat lang leben! Menü?” er lachte luftig auf, ,ba8 wäre Raviar fürs Volf! Ich bim ein Barbar, und ſolch kulinarischen a gegenüber abjotut unempfind- (id 1 Sie fennen ja unfere Eßſtube im Moosdorfer Pacht- haus, und wiffen, daß Brunnenwaſſer und dans Stammgajte darauf find 11^

Eine Uhr fug und Aglaë wandte etz wasunruhig. das Köpf⸗ : chen zur Thür. Die . Erinnerung 7

an di Moosdorfer " Padhthaus entjebte fie. „Ah. ſchon s " | fechs Uhr... unfere Säfte könnten jeden Yugenblic tommen —^ jagte jie in einem Ton, der nicht jonberlid) höflich war. | . Gr jdraf empor. 36 ſtöre Aglas? D, dj gehe fofort —! Herr Stommergienrat? richtig, da fommt ihr err Vater, id) Höre feine Stimme . . aber nicht allein, Wendhaujen! richtig, es teurer Lehrer und dics E

* Um

Bwifchen ber Portiere erfchien die hohe Geftalt des berühmten Chirurgen, fein geiftvolles Auge leuchtete Aglaë und ihrem Jugendfreunde entgegen.

„Mein gnübigite8 Fräulein ^ er reichte ihr formell die Hand. „Vergebung für unfer Direftes Eindringen in ba8 Reich der Gaftronomen! Jhr Herr Bater er- mutigte mich, bie reizende Wirtin Hier auffuchen zu Dürfen!” und dann wandte er fid) zu Hans, ftredte ihm herzlich beide Hände entgegen und drüdte fie voll warmer Aufrichtigfeit. „Welch eine Uberrajdung, mein lieber Burkhardt, Sie fier im reife der Geladenen zu finden! Sie kommen mir jehr gelegen, id) habe mad)ber eine Heine Angelegenheit mit Ihnen zu befpreden! Ale Achtung, mein lieber Baron, Sie haben ein ſchar⸗ manteg Zaleut, Die großen Geifter felbft in ber Knoſpe zu entdecken, gratuliere Ihnen dazu, dak Sie Ihre Proteftorhände aud) über biejem auffeimenden Lorbeer breiten, man wird e8 Shnen febr zu Sant wijfen!”

Der Kommerzienrat ftarrte aufs höchſte betroffen in das frifche Antlitz des Sohnes jeines Padjters. Wh. . Burk jarbt . . ah . . gang recht . . bie Herren fennen fih?” und ba er T daß ber Drotelior bie Hand auf die Schulter des jungen Mannes legte und mit beinahe väterlihem Wohlwollen wiederholte: „Kennen fih? Das will ich meinen!“ da jtredte auch er bem jungen Studenten feine „Proteftorhand“ entgegen und wollte ihn juft etwas unficher willfommen heißen, als ein Diener Das Nahen neuer Güfte meldete. |

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„Darf id) bitten, uns in die Salons zu inge lächelte Aglaë graziös.

Einen Moment jpáter ziſchelte ihr bie Simne ihres Baters in das Ohr: „Um alles in der Welt, Aglaé, was fol id) mit bem Menfchen thun? Ih fann doch ben Bauernjungen mar i unter unſere vornehmen ‚Säfte jegen?!

Die 3Baronejje wandte bas phic: „Bon feiner Herkunft ahnt gottlob fein Menfch etwas, und das Wohl: wollen Wendhaufens gibt feiner Perfönlichfeit Relief fpiele bie Molle des Proteltors und beige ın beu

finem Te Lade ihn eint“

Moher {adel Der verihlagene Spieler Hat's nur in einer Karte verjieben] | 3 EGiller. Fieste,

Bans Burkhardt jak am der Tafel des reichen Mannes wie der vierzehnte Gajt, ben man von der Straße auf qelefen, gleichviel, ob er in den Rahmen des glänzenden Bildes paBt oder nicht. |

Ayla blinzelte seitmeije über ihren Fächer hinweg, den „Bauernjungen” inmitten ber erlefenften Geſellſchaft der Nefidenz zu beobachten. Gie fand, daß er fid) mit erjtaunlicher Ungeniertheit benahm und beinahe ausjah, alg ob ihm nicht? bon all bem Gebotenen, weder bie fürftliche Ausitattung, mod) bie gaftronomischen Wunder lelbft, imponierten. Teils verdroß es fie, teilà war es ihr eine Genugthuung, fie hatte fic) in ber furzen Beit feiner Anmwejenheit genuglam alteriert im dem Ge- banfeu, daß ber Pächterfohn fie durch ein unpafjendes Benehmen blamieren fónne.

x ee

. Wo er e8 wohl gelernt fat, fid) derart in eine fold außergewöhnliche Situation zu finden? KRommerzienrate- Zöchterlein Hat e8 allerdings fofort bemerkt, daß Hans bie fluge Marime befolgt, erft zu fehen, wie e8 bie andern Menjden machen, und dann dem Beijpiel feiner Nachbarn nadgueifern; dennoch läßt fie der Gedanke jdjauberu, baf der Mann der Proving ben Fiſch mit bem Diefjer bearleiten fünne!

Als die Goldorben in Sekten Kryſtall ferbiert werden, erzählt fie mit febr lauter Stimme, daß fie das linglaublidje jüngjt mit Augen gejchaut babe: „Einen Herrn der guten Gejelljchaft, welcher fid) den Lachs mit dem Meſſer auf bem Teller zerjchnitten! Es jet ein toller Anblid geivejen, und die Hausfrau fchien verzweifelt vor Berlegenheit, einen derartigen Galt bem andern anz wejenden Herrichaften zugemutet zu haben!“ hr Blid traf dabei febr Scharf, beinahe wie eine Warnung, den jungen Burkhardt, uneingedenf, ob folh ein offenbarer Sweifel, welcher in feine Allüren gelebt war, beleidigend für ein feinfühlendes Weſen fei oder nicht.

Der Wusdrud in dem Antliß des jungen Mannes frappterte fie allerdings. Sein Blid begegnete aufbligend Dem ihren, und er hob das heiß erglühende Antlig fo ftolz in ben Naden, daß e3 beinahe ausfah wie Oppofition. Als ibm bie Goldorben jerviert wurden, dankte er.

Der Vicomte de St. Lorrain beobadjtete feine ſchöne Nadjbarin in jeder Miene und Bewegung, und es ent- ging ihm nicht, baB Aglaë ifm oftmals ete ger[treute

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: Antwort gab, um fein Wort von der Unterhaltung zu verlieren, welche der Student „ohne Sang und Klang” im feiner lauten, frijdjen, aber nicht ungehörigen Weife mit dem Profeffor Wendhaufen und ber Kammerherrin von Spofer führte. Sowohl bie €ebtgenannte wie Der berühmte Chirurg galten für geiftreiche und was Kon- verjation anbelangt anſpruchsvolle Perfünlichkeiten.

Die natürliche, Deitere Art des jungen Burkhardt aber ihien beide aufrichtig zu intereffieren und anzufprechen, um fo mehr, als e8 feltene Koft für eingeftaubte Reſidenz⸗ menfchen ijt, derart ehrliche und unumwundene Anſichten ausſprechen zu hören

Der Vieomte fonnte ſich eines unbehaglichen Gefühles nicht erwehren Protegé des Kommerzienrates! bah! lächerlich, was heißt Protegé?! Dieſer ſchöne Titel ift zumeiſt nur ein Deckmantel für berechnende Hungerleider, welche fid) in reichen Häuſern ,,emporhelfen” laffen, um dabei ihre Nege im Trüben auszuwerfen! Wie oft hat jhon irgend ein bedeutender Künftler fold Goldfiſchchen geangelt, welchem bie eriten Ravaliere vergeblich ihre Huldigungen bargebradjt!] Man jieht fid) alle Tage, ber Protegé weiß fid) angenehm zu machen, fingt, fpielt oder malt fid) ber Tochter des Haufes ins Herz und fat allmählich jo fichern Fup wie eine Schmarogerpflanze, welche von bem Baume, den fie umflammert, nicht mehr zu löfen ift!

Und ber Monlieur onë Burkhardt macht ja gar fein Hehl daraus, daß er einzig Auge und Ohr für bie

Nom. u. Nov, Comadte I.

an

Sid ftruth,

N. v.

reizende Tochter be8 Hauſes, bie Millionenerbin, Dat. Sein Blid fchweift immer wieder zu ihr hinüber, auf- ftrahlend in höchftem Entzücen oder fid) plötzlich ver- finiternb mie in Groll und Eiferfucht. Und er ijt ein finer, fraftooller Mann, fo recht ber Urthpus des Deutihtums, welder auf das brünette fleine Sprüh— tenfeldjen Aglas ficherlich Cindruc macht, fon um des großen Gegenfabe8 willen.

Wo mag er heritammen? Die Tochter be8 Haufes weicht feinen Fragen gefliffentlid) aus und heuchelt eine große Gleichgültigfeit für den Schüßling des Vaters, aber fie perjtelft fid, ihre Auſmerkſamkeit wird magnetic von bem blondlodigen Studiofus angezogen; fein Wort, feine Gefte entgeht ihr unb mandmal meten fie Blide

. Diantre!!

Sr Bicomte neigt fein jeberfarbenes, abgemagertes Geficht über ben filbernen Teller und beißt die Zähne zufammen, daß die Muskeln fid) jcharf in den Wangen markieren und fie noch fleijchlofer erjcheinen laffen. Er hat nie Achtung bor den Frauen gehabt unb ijt e8 ge gewohnt, ftets nur das Schlechtefte von ihnen zu benfen, denn bie Damen, mit welchen er zumeift zu verfehren pflegt, find nicht geeignet, ihn Reſpekt vor echter und wahrer Weiblichkeit zu lehren.

Dap Aglaë und ber junge affe da drüben unter ber Hand fofetticren und einen fleinen Roman in Scene jegen, Halt er für fider. Er ijt Protegé und fie bie reiche Tochter be Haufe. Da mußte fid) ja fold

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Heine Liaifon anfpinnen, aber fo viel ber Vicomte bislang Gelegenheit hatte, bie Baronefje Lehnberg-Moosdorf zu ftubieren, feint e8 ihm ganz unglaublich, daß fid) diefe herzlofe, berechnende fleine Berfon jemals an einen Menjchen wegwerfen wird, der ihr nicht burd) vornehmften Namen, Ahnenſchloß und fouitige Nequifiten ber Nobleffe eine glänzende Stellung in der Welt garantiert. | Aglaë als Frau Doctorin? Ein ſarkaſtiſches Lächeln kräuſelt die Lippen des Franzoſen; er ſtreicht den dünnen, nadelſpitz gedrehten Schnurrbart mit dem kleinen Finger am Mundwinkel empor, eine (rt, welche ori- ginell ift. AU feine Allüren tragen ba8 Gepräge ber Eigenart; wenn er auf der Straße grüßt, faßt er den Hut entweder mitten auf dem Kopfboden oder den Eylinder am Rand des Hinterfopfes und hebt bie Kopj- Debedumg mit ediger Armhaltung einen Moment über beni dünnen Cdjeitel empor. Ruckweiſe wie ein Automat. Aud) diefe Novität findet Beifall und wird von den jungen Herren feiner Befanntichaft nadjgeahmt. Den Spazier⸗ Mod mit bem mächtigen Wurzelfnollen als Knopf, trägt er ſteif bor der Bruſt, damit das ſpitze Kinn einen Stüß- punkt auf dem polirten Ungeſtüm finde; bie zartfarbenen Glacéhandſchuhe ſtecken im breiten Hutband ober an ber Cylinderfrempe, und wenn ber Vicomte raucht, jo bedient er fid) einer Corte von Cigarrenfpigen, welche mit dem Meter gemeffen werden muß, will man thre Lange fon- {tatieren. Seine Erjcheinung erregt Wufjehen in der Nefidenz; unb da ber deutjche Michel leider Gottes nod) g*

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immer Schlappohren trägt, applandiet man ihr, ‘weil fie bireft aus Baris fommt. |

Der Vicomte weiß e3, Daß er jn meiften Damen jehr imponiert. Er iji Ariftofrat pom reinften Waſſer, ber aus perſönlicher Schwärmerei für das deutſche Herrſcher⸗ haus, feinen Wohnſitz dauernd unter den Eichen ber Gers mania auffchlagen will, Wenn feine Beligungen in -

Bordeaug und der Champagne das heiße Traubenblut .

ber angeftammten Heimat in bie Keller ber neuerwählten ergießen, bleibt für Louis de Saint Lorrain nichts mehr zu witnfdjen übrig, mie das Eine Bete, bie beutjde Gemahlin, welje bas ee an Jie. Seite kitl e 4 5 Dieler lebte Yusíprud ift vielfad) in ber Nefiden; : folportiert worden, und ba ber Vicomte fid) auch bem jdymungeluben int gegenüber mit gleichen Worten geäußert, jo fann er fier fein, daß biejer Stoß— feufger feines Herzens auch bis an das rofige Ohrchen | Aglaés gedrungen ijt. -—

‚Der alte Zehnberg ijt ein Daran, welchem lange Namenstitel bis zur Devotion imponieren der Saft von der Seine lächelt beinahe verächtlich auf ſeinen ſilbernen Zeller nieder umbo in der Regel füllt der Üpfel nicht weit vom Stamm. Der Hochmut und bie Arroganz der neugebadenen Kleinen Baroneffe find zwar grenzenlos, aber . . Weiber find mod) unbeitändiger wie April wetter, mb Aglaë ijt eim leidenſchaftlich Blut gu man hat Beifpiele erlebt, daß bie ſtolzeſten Frauen

Rron’ und Thron im Stich gelaffen haben, um fich einem namen= und titellojen Gier voll finnlojer Verblendung in die Arme zu werfen.

Eine derartige Verirrung Aglaës würde aber die Pläne des Bicomte de Saint Lorrain gewaltig durd- frenzen. Er ift nicht eiferfüchtig, dazu hat er bereits zu va geliebt, fein Blut fließt wie ein müdes, fühles, kraft:

(ofes Büchlein durch den verbrauchten Körper; mag bie Kleine mit dem blonden Protege fofettieren, fo viel fie will, er wird e8 ihr nie wehren, nur feine mariage —! Nur fein ernfthaftes Binden, welches nicht allein thr Ders, fondern auch ihr Portemonnaie verpfändet!

Der Blick der matten, tiefliegenden Augen des nadh- dentlichen Tiſchgaſtes ſchweift abermals unter beu Wim: pern ‚hervor nad) Hans Burkhardt hinüber. Cr blingelte dabei, als jüfe er im allzugrelles Licht, und bie Haut | eH feiner Stirn legte fid) im zahlloje Heime Fältchen. Wüpte er mur ein Mittel, um dem hochmütigen £leinen Fräulein an feiner Seite beu Gejdmad au jo einer eventuellen Heirat ein für allemal zu verderben, Warum erzählte Aglas bie Gejchichte von dem unpafjend gegeffenen Fiſch mit jo auffallend erhobener Stimme? Warum blickte fie beu jungen Gajt im einfachen Rod fo warnend dabei an? Auf feine Frage: Was ift der Pater bes jungen Burkhardt? hatte Aglaë jehr kurz ges antwortet: Oma und das GN Kin abgebrochen. | Colíte die Familie. des Studenten seti er nicht

AM

= gang präfentabel und feine Geb salalgeberen nicht bie falonfähigite fein? - :

Cin häßliches Lächeln grub fefundenlang feine Ragen- pfötchen um Die er des Vicomtes. Nichts wirft abjchredender auf eine Dodjmütige Mädchenſeele, alg. = eine Blamage, welche dem Gegenftand ihres Intereſſes coram publico bereitet wird. Wunden, welche ber Citelfeit gejchlagen werden, find Gifttropjen für bie Liebe. Eh bien, verjudjen wir, mit dem Gilberhammer größten Wohlmollens an ben Fels zu klopfen, vielleicht ſprüht ein Funfen hervor, an weldjem ber Scheiterhaufen ent- zündet werden fann, deffen Flammen einem Amor vielleicht nichts jchaden, aber einem Hymen für ewige Zeit bie Tadel zu Staub und Wide brennen.

Gein Plan mar reif, er wandte jid) zu alae und lächelte fein verbindlichites Lächeln. „Originele Anfihten! Ganz allerliebjt eigenartige Ideen, welche der junge Mediziner entmidelt! Er wird jegt lebhaft und bewahrheitet es in ſcharmanter Weiſe, daß der Wein die Zungen löſt.

Die Pläne, welche ihm im Hirn ſpuken, ſind groß genug, parbleu! Wenn er nur einen derſelben permirt lichen fann, würde er das Kraut gefunden haben, welches gegen den Tod gewadhjen ijt! Wo haben Sie dew inter- effanten Süngling, welcher mit bem Üsfulapftab den Himmel ftürmen will, ‚ausgegraben‘ ?”

Baronefje Moosdorf bewegte wohlgefällig den fun- felnden Fächer in der Eleinen Hand. „Se nun, er

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ftammt aus meiner Heimat. Sie wiffen, daß Papa große Giiterfomplere im jüblidjem Deutjchland angefauft Dat, unb weil er jeden nennenswerten 3Befig auf viele Meilen Umfreis mit Moosdorf vereinigte, , lo fehlte e3 ung am vornehmem Verkehr in ber Umgegend. Als Kind nimmt man ja leicht fürlieb, und jo ward Hang Burkhardt als einzig gleichaltrige Seele mein [ánbe lider Spielfame- rap.”

Der Bicomte berneigte fid) ga- fant: „Gin menidj

liches Wefen, welches das be:

neidenswerte hat, Baroz om, neffe bereits feit po ERNSTI T

i]

langen Jahren zu fennen, ijt mir fon durch Diefert Umftand eine wert- bolle Bereicherung für den Kreis meiner Freunde! Wen Sie protegieren, iſt auch mir au das Herz gelegt.” | Und er faßte den thdamondén Shantpaanecteldh und blickte erft Aglaë tief und ausbrudsooll im bie kühlen Augen, bam hob er ihn mit einem elegant acceituierten Monſieur Burkhardt ich freue mich, Sie zu ſehen!“

= quB

= Mit feinen großen, ehrlichen Augen faute diefer auf und dankte höflich, ohne jedoch durch die geringite Miene zu zeigen, daß er fid) der hohen Auszeichnung, welche ihm zu teil ward, bewußt war. Das farblofe Gejicht mit dem ausgeiprochen franzöfiichen Typus war ihm beim erften Anblick unfagbar zuwider gemejen. Er war zu gut beutjd, um an einem Parifer Modehelden Geihmad finden zu fónnen, und wenn er bie Hagere Seftalt des Vicomte anfah in bem gedenhaften Anzug, ber rifur, welche dem verlebten &eficht etwas geradezu Stupides gab Louis de Saint Lorrain fammte feine jpärlichen Haare glatt über den Kopf in die Stirn hinein und fchnitt fie inmitten derfelben, wie mit dem Lineal gezogen, ab dann deuchte es ifm, er habe feinen Mann, fondern eine Karifatur vor fid.

Als er dem Butrinfenben Bejdjeid gethan, wollte er in feinem animierten Gejprád) mit ber Kammerherrin fortfahren, aber der Marquis fchien trog der größeren Entfernung eine Unterhaltung mit ihm beginnen zu wollen.

Sn etwas rüdjidtelojer Weife übertönte er Die Sprechenden.

„Sie find zum: erfienmal heute im Haus ſehr verehrten Barons, Monſieur Burkhardt D

„Allerdings, Ser Vicomte.”

„Sie find Giuténad)bar bon meiner di. Herrin 2"

Nglae zudte jählings empor, umb ihr Blid iprlite

mie ein Befehl zu Hans hinüber

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Gewiß, Vicomte, das fagte ich aba Ban = unterbrach fie jchnel. | :

Die Unterhaltung verftummte, unwilitürtid lui = man biejem lauten Sroiegejprád).

Hans Burkhardt richtete fid) Hoch auf. Er fatte bie Abjicht Aglass verftanden, und das Blut es ihm in das Antlig.

„Sutsnachbar ?^ : suiebettiotie « er laitt, am unb felt bem Blid der ehemaligen Freundin Begegnend, „Das dit wohl ein zu ammafenber Titel, Herr Graf. Mein Vater ijt Gut&pächter von Moosdorf - ein eigenes Bez ſitztum od wir nicht!”

pug... ah... vraiment! lächelte Lorrain ver: bindlich in kniff bie Augen etwas quigmnen. ogre - Eltern leben nod?” |

"ott fei Danf, ja”

„Und Shr Herr Vater Bat Sie beftimmt, Arzt zu werden ?^ : Dr

„© nein! Mein Bater ift eim fchlichter, einfacher - Landwirt, fagen wir ehrlich das rechte deutfche Wort, ein Bauermann, ber nod) vollftändig unter dem Ein- ffug feiner Tugend und Lebensanficht fteht. Er hat feinen Reſpekt vor der Medizin, weil er ihrer, Gottlob, nie bedurft hat. Er geht bei Wind und Wetter hinter jenem Pflug Ber und glaubt, bie Menfchen, welche mit der Brille auf der Nafe Tag ein, Tag aus bei den Büchern Hoden, feien unfres lieben Herrgotts Tage- Diebe |” | us pe

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Mit bluteotem Kopf ftartte ?(gla& auf ihren Zeller, unfähig, ein Wort über die Lippen zu bringen. hr Atem flog, die Zähne biffen felt aufeinander, fie hätte in die Erde finfen mögen por Scham und Borm.

Alle Köpfe neigten fid) vor, aber aufer bem faben- freundlichen Geficht des Vicomte, welder fid) jebt mit gerümpfter Nafe etwas zurüdlehnte, al8 wolle er ben Smijdenraum zwiſchen bem Sprecher und fih baburd) vergrößern, blidte fein Muge mißbilligend oder hochmütig auf ben jungen Mann, welcher inmitten einer folhen ——— Umgebung derartigen Mut zur Wahrheit fand. Wend- haufen legte fogar voll beinahe zärtlichen Wohlmollens die Hand auf bie Schulter jeines Schülers: „Bon diefem Vorurteil wollen wir ibn {hon furieren, lieber Burkhardt 1”

„Mais mon Dieu", fuhr born befarrlich fort, ‚wenn Shr Bater Ihrer Karriere entgegen ift, unterſtützt dann Khre Mutter Ihre Studien oder fehlen ihr bie Mittel dazu ?^

Hans richtete fid) noch höher auf. 9(glaé8 zorn= und Ihamentitelltes Antlıg jchnitt ifm ing Herz, daß e8 aufs jchrie in qualooller, herber Enttäufchhung. Cs fam über ihn, mie ein unbändiger, ehrlicher Stolz, in welchen fid) ber Galgenhumor der Erbitterung miſcht „Meine Mutter?“ widerholte er fehr faut, „o nein, an Mitteln fehlt es ihr nicht, dafür zeugt eine Anekdote, welche man der braven, alten Frau als Charatteriftifum ihres jchlichten Ginnes nacderzählt. Der Pibigimirah welcher als mein |

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aütiger Fürfprecher zu den Eltern fuhr, fie für meine Zukunftspläne zu gewinnen, traf meine Mutter, welche nod) immer den mäßig langen Zwilchrod der Bäuerinnen trägt, allein in der Stube. Gie tritt ihm mit gejchwol- fenem und verbundenem Geficht entgegen. ‚Sie find franf, Brau Burkhardt? Mein Gott, mie fejen Cie aug? | |

Mutter lächelt voll (Sngel&gebu(b: O, e8 find nur Zahnfchmerzen!'

Der Blid des Medizinalrates itreift fie und entbedt, baf bie alte rau wohl Schuhe, aber feine Strümpfe anDat.^

Der Blid des prede traf aujblipeub das Auge ber Baronefje Lehnberg, melche fid) mit einem leijen Laut ber Entrüftung auf ihren Stuhl 3urüd warf. Er fuhr lachend fort: „Aber Frau Burthardt! Cold) ein gez ſchwollenes Geficht unb feinen Strumpf am up?

Die alte Frau fiet ihm treuherzig an: ‚Ich hab’ feinen, Herr Doktor, all’ meine en: a voll Thaler gejpartl!'"

Lautes, jehr animiertes Gelächter, nur Aglaë wiide | bem Sprecher oftenfibel bem Nüden und fieht es in ihrer Empörung nicht, wie bie Blide ber meijten Anweſenden freundlich auf Hans haften und fie, bie Wirtin, fchaden- froh ftreifen!

Hans hebt mit vergnügtem Geficht den Blondfopf noch höher: „Mn den Thaler fehlt e8 alfo nicht, wenn Mütterchen wollte, fónnte fie mir wohl jchon heimlich

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manchen Grofchen aujtedem, um mir das Studium zu erz leichtern, aber fie will’S halt niht!!!”

„So? Sit Ihre Mutter auch ber modernen Kultur fo fernftehend, daß fie bie Medizin für Bauberei halt 2” ipottet ber Vicomte mit zufammengefniffenen Augen und lacht fein. leiſes, hohles Lachen, welches ihm meron ls alt macht. -

Der imge Student fieht Dem Sprecher fo trada itt bas Auge, daß deffen zwinfernder Blid von ihm abſchweift.

Meine Mutter ift allerdings eine ſchlichte, einfache grau, melde bem modernen Leben und Treiben völlig fernſteht, aber fie ijt barum nicht unzugänglich für das- jelbe. Ihres Sohnes Wunſch iff auch ber ihre, aber ihres Mannes Willen ift ijr heilig Gebot, unb barum würde fie nie eine Handlung begehen, meldje mein Vater nicht qut heißt! olde Ehepaare, die fein Geheimnis vor einander haben, bie Hand im Hand gehen, jelbit dann, wenn der Weg für einen Srauenfuß hart mie eine Folter ijt, foldje Ehepaare gibt e3 in der modernen Welt nicht und barum erwarte ich von Ihnen am wenig- ften, Herr Vicomte, daß Cie das Weſen fold) einer alt- modilchen deutjchen Che begreifen und würdigen!“

Es entftand eine Pauſe. Wendhaujen Hob mit einem Blid jtofger Freude das Glas und nicte bem jungen Sprecher jchweigend zu, auf den meijten Gefichtern jpie- gelte fid) wohlwollendes Lächeln, nur ber Kommerzienrat ſaß hilflos unb Iuftfchnappend ba und faf m femer Bers o legenheit ungemein thöricht ans. Um

c dap

Der Vicomte warf hochmütig den Kopf zurüc und

wandte fid) zu Aglaë, welche fehr laut und ohne bie -

Worte Hans Burfhardts zu beachten, eine Unterhaltung über das neuefte frangöfiiche Drama begann, für welches He in etwas eraítierter Weije fchwärmte, | | Cie jah febr. edjaufftert aus und wuhte nicht genug der Liebenswürdigfeit, ihren Nachbar aus Welſchland recht auffallend auszuzeichnen. | Das neue Drama behandelte ſelbſtredend das oben Normalthema, den Chebrud in all feinem Leichtfinn und

feiner Gewiſſenloſigkeit, und beide ſchwärmten ungemein |

für diefe pifante, fdjarmante Comödie, im welcher man fich jo amüfant belügt unb betrügt.

Der junge Student ftarrte momentan in das Licht: meer des Kronleuchterg empor, ibm mar e$, als tauche plöglich die Barkınauer von Moosdorf vor feinem Muge auf. Er ja wieder droben auf ihrem überlaubten Nand und ſchaute Aglaë mad), wie ifr gejchmeidiger Körper fid burd bie Büjche wand, bie fuende Erzieherin au täufchen. Da war e8 ihm zum erftenmal im Leben tlar geworden, was Lig und Trug fei. Er fatte einen heißen brennenden Schmerz im Herzen gefühlt, und mo Diejem Augenblick, da er hinüber jchaute mad) hr frivolen Sprecherin, ba zudte fein Herz abermals, und ihm war's, - al werde ein Vorhang empor gezogen, ihm bie abjdjeu- [ifte Comödie zu zeigen, weldje fid) jemals vor feinen Augen abgejptelt.

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Die Güfte verabfchiedeten fid; aud) Hans Burkhardt

trat mit dem Hut in der Hand vor bie Wirtin. Ihr

Blid ſchweifte blifchnell umber, fie war unbeobachtet.

„Gehen Sie noch nicyt warten Sie bid gulebt, id) habe noch mit Ihnen zu Be raunte fie ibm zu

Er verneigte fid) ftumm. Heiße GI ub dien in feine Stim. Soeben Hatte er bie Empfindung gehabt, als ftehe er jest wohl zum legtenmal im eben vor feiner Jugendfreumdin, vor ihr, ber all fein Denken, all fein Hoffen, all feine treue, lautere Liebe unverbrüchlich burd) lange Sahre hindurch angehört hatte, und nun hieß fie ihn bleiben, alà alle andern gingen, nun 309 fie thn bod) wieder zu fih, den fie den ganzen Abend über in auf: fälligſter Weiſe zurücfgeftoßen hatte. Empfand fie Reue? oder amüfierte e3 fie, der Comödie, welche fie mit dem mibermürtigen Modegeden Lorrain gefpielt, mod) einen zweiten Aft Hinzuzufügen? Abwarten. Hod: aufatmend trat Hans über die Echwelle in den feinem Nebenjalon, welcher feine filberburd)mirfte, blagblaue Seidenpracht fo geheimnispoll um ihn Ber wob, wie bie Wafferwogen im SBalajt der Niye über ihrem Opfer zu- \ammenichlagen!

Es duftete jtarf unb jchwül, Wie alles im Sauk des Kommerzienrates übertrieben war, jo hatte man aud) die Salons mit einer Üppigfeit parfümiert, daß ber ſüße Geruch der Songuillen, Maiglödchen und Fliederbliiten jdier beraufchend auf die Sinne wirkte, :

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Hand fannte bie Vorliebe Wglaks für ftarfe Wohl gerüche fchon von Moosdorf her. Sie lie fdjon damals ihre Zimmer überreid) mit Blumen beforierem, legte fid) in ftunbenfangem Nichtsthun auf den Diwan und fog voll wohligen Behagens den Duft ein, welcher andern Menfchen Kopfweh verurjadte. Cie ward faum müde von biejer lieblichen Narfoje, fondern behauptete, daß fie nur ein höchst nettes träumerijches Empfinden habe, welches für ihre Nerven von angenehmem Reig fei! Wie viel Un:

atur in biejem j jungen Wejen, wie viel erjtorbene Qugenbe | :

frijde, wie viel Uberfattigung in einem Alter, welches nach ftrengem Begriff bie Kinderfchuhe nod) nidi von den Füßen geftreift! Hinter ihm fidjerte e3 leije auf, und al Hans jid) betroffen ummandte, lag Baroneffe Lehnberg in einem Seljel, bie übergejchlagenen Füßchen auf bem weißen Barenjell weit von fid) jtredemb, die Hände fofett hinter dem Kopf gefaltet. Sie achtete nicht darauf, Daß dieje Stellung bei einer defolletierten Toi- leite unftatthaft fei, im Gegenteil, fie fien fid) völlig bewußt, daß fidh in biejer Boje ihre reizende Figur am verführerijchiten präjentierte.

oo!” lächelte fie, „nun find wir allein, Hans!”

Shr ganzes Welen, ihre Stimme, ihr Lächeln, hatte etwa Gdjaujpielerfajtea. Möglih, daß fie eine Eleine Scene fopieren wollte, welche ihr im franzöfiichen Drama bejonders impouiert hatte,

Der Sohn ihres Pächters ſchien feine Lupe vor den Augen zu haben, er fah jcharf, jchärfer wie je. Gr jab,

-— 144

wie. hübſch die gender war, aber er fah aud) daß alles Mache, alles eine einftudierte Rolle war, deren Wirkſamkeit fie an ihm erproben wollte,

Langjam und ſchwer ſtützte er ſich auf den Seſſel, einen großen Raum: zwiſchen ifr und fid) freifajfenb: „Sie hatten mir nod) etwas zu fagen, Baroneſſe!“ ant- wortete er febr fürmlich, ohne von ihrer plößlich jo in- timen Anrede Notiz zu nehmen.

„Allerdings. ‚Segen Sie fid."

„Sch bi A es ae bereits zwölf Ube a

fdjlagen” X.

Sie lachte toid auf: Aljo nod) früh a an San für Leute von Diftinction! Nur der Plebs geht Frith ind Bett, weil er früh an die Arbeit ug!

„Sp rechne id) mid) voll Überzeugung unter dieſe ſo übel accreditierte Klaſſe der Arbeitenden und bitte, a bald möglich zu entlafjen.//

Ein auffprühender Blid traf ihn: ‚ss ſcheint eiue

neue und recht feltjame Paſſion von Ihnen zu fein, fi :

als ‚Mann aus bem $8olfe* aufzufpielen !^ | „am guten Sinne bin a ein man und bur e$ nicht.“ - | Die Steine an roten. San akie —— ES jollen fid) fold) ridicule Anfichten mit Ihrem Beruf als Arzt vertragen? Bedenken Cie, daß Sie jid) felber.

den Weg in alle vornehmen und reichen Häufer vers ——

{perren, wenn Cie bie Leute mit Hiftörchen unterhalten, wie Sie diejelben heute zum beiten gaben! Unterbrechen

asc dh os

Cie mid nicht”, fuf fie T auf, al8 Hans mit [eijem Lachen hie Achſeln zuckte, du feti e3 für meine Pflicht, Ihnen unum wunden Die Meinung J zu ſagen! Ich kenne Sie ſeit Bit Bs

pou

NE

Kindesbeinen, Papa beabfidhtigt, Ste auf meinen Wunſch

hin unter feine Proteftion zu nehmen, und darum möchte N. v, Cfbftruth, IW. Rom. u Nov. Comöpiel, DU 1 E

4

UD Id ic

id) berartige Scenen wie bie eutige in Zukunft vermieben jeben!” a Er lachte abermals, ein - gang. inatas tagen, T ſtützte fid) mit beiden pangai auf bie Bronzelehne und jaf fie an, wie ein Menſch, ber mit amüfiertem Lächeln der Entwickelung eines Luftipieles harrt. Da er nicht : iprach, fuhr fie haftig fort: „Was begmedten Sie damit, den Leuten zu ergëhlen, Mp Spre Eltern enin Acker⸗ bauern find?”

„Luc hierin, wie in allen Dino ehrlich Die Wahr- heit zu fagen!”

„Mit jold) einer Maxime biirften Cie fich in ber guten Geſellſchaft hoͤchſtens unmöglich machen und fid und ihrer Carrière ben Hals breden!^ ———

„Die qute Gejelliajt? Es fommt Braa an,

. a8 man Darunter berjtebt! Mjo Hier im Haufe it die - Wahrheit eine Münze, welche außer Kurs gelebt Wt!

Unter welcher Devife jegelt der moderne WVerfehrston | ois n Fent jonit? Ich bin Nenling auf bem Parkett eines un 00, Millionärs und bitte um gütige Belehrung.”

Sie empfand wohl den Sarkasmus, welder feine Worte beherrſchte, aber fie lehnte das Köpfchen nur jelbjtbemwußter zurück und fuhr ſehr von oben Derab fort: |

„Die Wahrheit ift allerdings eine Minze, welche von

niemand eingewechſelt wird, einesteils ijt fie zu unbefannt,

andernteils zu blechern . oder jagen wir aud) zu majfiv

: | - wo fie auf fihlägt, inti lie Spuren. Ich Spit

xc EAT ens

mich, vor langen Jahren im Part von Moosdorf Shnen ſchon einmal eine Unterrichtsſtunde erteilt zu Haben. Auch das Leben muß gelernt fein. Nichts ift jchwieriger als gute und wirkſame Combdie zu fpielen, und im neungehnten Jahrhundert find alle Menichen Comödianten, unb wer es nicht ijt und fid) als Statijt unter die Afteurs ftellt, Ihiebt eben jein Lebenlang bie Couliffen für andere und wird ausgepfiffen, wenn er e$ wagt, gegen den Strom zu jchwimmen!’

Wie groß und flar feine binum Juger T jie nieder- ftrablten: So geht’3 dem plumpen Michel auf den welt- bedeutenden Brettern, was aber ernten die, weiche gute Schaujpieler find du =

„Das, was heutzutage. bas Leben ausmacht: Gelb, Rang, Titel, Ehren” =

„Das ijt viel, Pané alles, monach ein Menſch ſtreben kann GI arten Sie aber. aud), daß diefe bier gewaltigen Säulen ein Dach Hon unter pud Das Glück wohnt 2”

Glink!” Sie fenfte b Ciber über bie Augen unb dehnte ihren jd)lanfen Körper mit bem Aus- Drud größter Apathie: „Bas nennen Sie Glid? Fortuna ijt ein Weib, das taujenb Namen trägt für jeden verförpert eS einen andern x Subegriff.“ |

Sut, fangen wir bei dem Ihrigen am. Wie denten unb wie wiünjchen Sie fic) dereinft ihr Glüd? Daf Sie e8 trog alles Goldes, trog aller Stellung, Jugend und Echönheit [don jebt nefunben haben, möchte id) be-

a d

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zweifeln“ Geine Stine T fühl unb ironijd), aber ; in feinem Muge lag plöglich ein Ausdruc, der glid) dem angitvollen Forfchen eines Angeklagten, welcher von bem | Mund des Richtera fein Urteil erwartet. |

Cie richtete fich jählings auf, ihr ganzes Wejen fien pliblich eleftrifiert, wie durchglüht von einer Erregung, welche mur auf einen Anlaß gewartet, um in Worten aufbraujend hervorbrechen zu fónnen.

„D Sie Menjchentenner!” lachte jie Idari, „wie haben Sie als künftiger berühmter Arzt mir ein fo rid-

tiges Prognoftiton geftellt! Gtüdtich! Nein, ih

bin es nicht, obwohl ich nach Anficht der Wicnjchen alles | befibe, was Das Dafein verjd)ónt und erfüllt!” nn

Er trat fait unbewußt näher und fakte herzlich ihre Hände. „O Aglaë!” flang’s wie Jubel durch feine Etimme. „sch mite ja, daß Sie bislang nur Comödie geipielt, daß Sie mid) getäujcht haben durch eine Maste, welche Ihr Herz und Ihre Seele verſtecken jollte! Mun werfen Sie diejelbe von fich nun wollen Cie dennoch) aufrichtig fein imb es befennen, baf echtes Glüd mur treue Liebe und heilige Wahrheit heißt!” |

. Einen Augenblick lang ruhte Hand in Hand, Auge

t Arge Wie war fein Wntlig jo ſchön wie he fein Mind bem ihren! Ein fremdes, mares, wunderſeliges Gefühl ſtrömte plötzlich wie erlöſend duch ihre Seele: Ja, bu Halt recht! das Glüd it bie Liebe, umb id) liebe dich, Hans Burkhardt! "d daf bu jo niedrig geboren bijt, daß feit Jugend

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auf eine Schranfe zwiſchen uns geftanden, meld ung trennt!” |

Xa, eine himmelhohe Sheibewand. Die auffteigende Glut in Aglaes Wangen erlojch, fie lehnte langſam das Köpfchen zurück berechnend, flug, fofett wie immer, eingedenf der Thatjache, daß ber Menjch, menn er jpielt, inumer verfpielt, jobald er fid) von feiner Erregung hin- reigen läßt. Lächelnd jah fie ihn an, ihre Hände um- ſchloſſen fühl bie feinen. „galih gerathen, Freund Hans. Liebe und Treue find zwei Worte, welche das Lerifon unjerer aufgeflärten Beit nicht mehr fennt. Nein! Mein Glück fieht gang anders aus. Bliden Sie fid) um in diejem Haufe. Es ift alles vorhanden, was mit Gold fäuflich ijt, nur eines fehlt, bie alten, ftolzen, föjtlichen Ahnenbilder am der Wand, jene Götzen bilder, vor welchen fid einzig mod) bie Nacken derer beugen, welche u weiter bejigen als bie Traditionen ihrer Familie!

Gie neigte fich näher, ihre Stimme flang mie das fije Ziſchen einer Schlange. „Darum üt mein Gíüd eme lange, lange Ahnenreihe, ein Stammbaum, welcher jeine Wurzeln jo weit hinab jtredt in die Geſchichte, daß jedes Kind beim Wobhlflang feines Namens weiß: Das ijt ein uradelig Geflecht! Hören Sie wohl, Hans Burthardt? jolh eim Gilüd ijt meines Lebens Ziel, und wer e8 mir nicht bieten fann, Der it durch das Schidjal von mir Barrens .. dur alle Ewigkeit!“ me | s gab fie jeine ibe frei. = Degungs- E

190. n

[os ftand er unb blickte ibre Tenine Gestalt herz nieder. Seine Augen glangten unnatürlich, beinahe fah e8 aus, als ftünden fie voll Thränen. „Gebe Gott, daß folh ein Glück Sie dereinft wahrhaft beglüden möge, glas, daß bie Comddie, welche Sie jpielen, niemals als Trauerfpiel ende! Leben Sip qug. Aglaë, für alle Ewigkeit!“

(ritaunt jab fie auf ums idrat leife zufammen. Gold einen Abjchied hatte fie nicht begmedt. Cte wollte ihn anreizen unb verfcheuchte ihn, fatal; es . mar zum erjtenmal, daß ber Attſchluß einer Gomóbie anders ausfiel, al& fie gewollt und beabfichtigt hatte. - Cie hatte bem jungen Proteg& eine jo nette amüjante - Rolle zugeteilt, Die des verlicbten Priigeljungen, welcher als Feuerbrand benutzt werden follte, bie Flammen der Eiferfuht in anderen Herzen zu günden. Und nun warf ibr der halsſtarrige Gejel bie Molle vor bie Süße und trat ab von bet m ehe fein Stichwort gefallen.

Fatal, febr fatal. Baoek Lehnberg-⸗Moosdorf nagt ärgerlich an ber Lippe, zum erftenmal im Leben

überkommt fie ein Gefühl ber Unſicherheit Sie hatte

eS nie für möglich gehalten, daß ein armer Menſch, ber kaum genug hat, um ſich ſatt zu eſſen, dem Hauſe eines Millionürs gleichgültig unb ſtolz den Rüden wenden finne. Sie ijt fo nervös feit etlichen T Tagen, gewiß hat fie bie Sache zu umüberlegt unb ungejchidt ange- fangen, Dar fie, bie Ptieſterin der Comödie, heute Fiasko

-— dob

gemacht? Edrie Pfiffe durchtönen die Stille ber Nacht. Aglaë audt zuſammen und hält un- willfiirlich bie Hände vor bie Dhren. Lacherlich, ber Portier des gegenüberliegenden Hotels pfeift Drojchfen hergu. Wer fönnte wohl bie Gomóbiantin Aglaë aus-

pfeifen ? Und bod) ging ihr ber Ton durch Tot und Bein.

LCAN

WORST br dx prn

VH.

Pie Foyers und Re- flaurationsraume des Hoj- theaters waren fiir Die Abhaltung eines Bazars pon ber Königlichen Jn- tendang bewilligt worden, und unter dem Wroteftorat der FrauKronprinzeſſin war derſelbe ſoeben in feierlichſter Weiſe exöffnet Die erſie Geſellſchaft der Reſidenz, die Ariſtokratie des Geiſtes, Blutes und Geldes, ‚hatte fid) mit ber Genoffenjchaft ber Künftler vereinigt, um in ben Räumen des altehrwitr- digen Opernhaufes ein Bild au entrollen, welches an

dep S

itrahlender Farbenpracht, an Originalität und Genialitat alles je SDagemejene zu überbieten ihien. |

Die fünitlerijd) auageftatteten und feenhaft beforierten Eile bildeten jemeilig ein Heines Märchenreich für fidh, und wer fie burd)manbelte, ſchritt lächelnd daher wie im Traum, bie immer wechſelnden Scenerien ſchauend wie Mandelbilder, we (che, fid) überbietend an Schönheit, auf reichiter Bühne an dem Auge vorüber ziehen.

Da trat man auerft in ein orientalijdes Kaffee. Solddurchwirkte Seidenftoffe rauschen, jchwellende Diwans laden zu Kaffee, Corbett und Tſchibuk ein, eine Schar lieblichfter Odaliafen flirrt mit Münzen unb Tamburin, malerijch gelagert um die mächtigen Roſenbosketts, deren einzelne Blüten fie den entgüdten Gäſten für fabelhafte Summen verfaufen. Ceitwarts an der Wand zieht fid) ein orientalijdjer Bazar im fleimem hin. Nojenöl duftet, Teppiche und Handitidereien prunfen unter den Händen ber Türfinnen und Araberinnen, Waffen, Schmuditüce, Bronzen und Felle loden wie Wunder aus Taujend und einer Naht, unb ganz im tranlichen Ed. blühender Orangen und Myrten hält die berühmt jchöne Gemahlin eines Militärattaches zauberfräftige Amulett feil.

Ihre dunklen Augen bliben durch das golbgemirtte SAHleiertud), ihre Händchen winfen, bag bie Goldreijen am naften Arm Klingen, und fie flüftert mit lachenden Lippen: „Voilà, monsieur! ein Liebestranf! fein Weiber: herz Toiberjtebt ibm!" Und fein Männerherz DEIN piejent Angebot! 3m Orangenduft neigen

ze Ia s

fih bie nie vor Auleima, und in ihrem Ebenholz- täftchen häufen fid) Gold und Banknoten. Zwei Schritte weiter, bie Portiere zurüdgefchlagen, haha! Da figen bie a am Holztifch und würfeln bei ber

TI

Kanne und jeder, ber einen Humpen Wein aus dem dreipigjährigen Kriege foften will, kann ihn bet ben alte deutſchen Schenkinnen am Butzenſcheibenerker Dis ſchweres Sel (D erfaufen.

Und eit ander Bild! Eine Theatergardes

robe! Luſtigſtes, übermütigſtes Gouliffenleben! Eine allerliebite junge Gräfin verfanjt Puder, Schminte und Schönheitspfläfterchen, welche ben umſchwärmenden Käufern unter Lachen und Scherzen aufgeklebt werden. Die Tochter eines Generals fchneidet ihr zur Seite voll Grazie und unermüdlichen Humors ſtets neue Dinge aus Ichwarzem Glanzpapier, Herzen, Täubchen, Glüds- ſchweinchen, Rofen, alea, was die Eitelfeit ber jungen Herren als Wahrzeichen auf Wangen, Stirn oder Nafe zu tragen münjdt. Eine jebr beliebte Opernjangerin Dat eine ganz originelle Idee gehabt, fie jchmintt für zwanzig Maré jede nur denfbare Maste und unter all- gemeinem Jubel verläßt foeben ein blutjunger Leutnant alè famoſer Alter Frig! den Schminkſeſſel!

Dag Gelächter fchallt noch bis hinüber in das Wachg-

figurenfabinett, wo alle zwei Stunden eine Führung ans geffiugeft wird. Da ftehen bildjchöne Damen, bez rühmte Künftler und Herren, gar prächtige : und aigenarnige - S8adjsfiquren^. Hrer ein ander Bild!! Das -o Brat: muritaliele! ! Hel, wie appetitlich das nad) Sauerfoht unb Gebratenem duftet! Da maht gar mancher Sta- tion und frühftüct genau nach dem Original! |

olbifolbrifo!! ein Jodler jchallt durch bas Sruge =

flappen. Nebenan fann man ohne Gijenbabnbillet, ohne Bergiteigen und Bahnradfahrt in der fünften Tyroler Sennhütte jeinen Schmarren gebaden befommen! Die Bringejjin €. und die Baronin Tracy find a gna ar

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jaubere Diandel!” und man greift gern tief in Das Porte- monnaie, um fid) von diefen Händchen das federe National- gericht bereiten zu laffen. Riinjtlerhand hat bie Staf- fage entworfen, Schneeberge glänzen, Biegen flettern am Steinicht, eine Kuh brüllt zu unendlichem Jubel unter bem tiefen, fteinbejchwerten Dah. Sänger und Sängerinnen der Hofoper tanzen Schuhplattler, fingen bie luftigften Schnadahüpfeln und fammeln das Geld mit einer fold) treuherzigen Biederkeit ein, bafi jeber gern Diejen Alpen⸗ findern fein Scherflein beiſteuert. |

Ah! Fächer raujden, Atlaskleider femper, bie Farbenpracht ber wundervolliten Koſtüme blendet bie Augen. Wir find durch eine reichvergoldete Thür, vor welcher zwei altiranab]ijdje Gardijten Wache ftehen, in den Empfangsjalon der Madame de Maintenon getreten. Wir jehen die glangendfte Gejellichaft, die vorzüglichiten Masten gejchichtlicher Berjönlichkeiten in animiertem, franz zöfischem Geplauder vor uns verfehren, und wenn wir in

den Soldjejfeln zur Seite an den Marmortifchhen Pat —— nehmen, jo bietet ung Pater La Chaise feine Tabatiere

an, welche recht teure Prijen enthält, unb madame la Duchesse de Berry fragt lächelnd, ob wir den Theater- 2j

zettel ber heutigen Vorftellung münjden „Les pré- -

cieuses ridicules“ par Mr. Moliére! er ijt ganz getreue Kopie, aber man mug das gelbliche Blatt Papier minbejlens mit einem Hundertmarfjchein zuberfen!

limb weiter, immer weiter! Hier Dantiert eine de feierte Dame der intimjten Gofgeſellſchaft als entzückendes

Schügenliefel im „Bichorrbräu“, dort dreht eine junge Kavallerijtenjrau Cigaretten zum Verlauf, hier fone zertiert eine ungariſche Kapelle, da reiht fid) Belt an Belt mit den verjchiedeniten Kaufartikeln, Schieß⸗ und Würfel- buden, eine Echiffsfajüte, Tropfiteinhöhlen und ber Wafferpalaft ber Melufine mit den bezaubernpjten Geejung- frauen und Najaden, wie bie wirbelnden Bilder eines Ka-

leidoskops zieht e8 vorüber Ginn und Augen berücend Eine Heine Wedeltreppe führt empor in einen erlere ——

reichen Eaal. Die Wände deden Gobelins und die Em-

bleme längftvergangener Beit, ba nod) Echwert und Speer

in ber Fauft des Ritters ein willfürlich Gefes Ichrieben,

Machtige Geweihe, gebórnte Stuerodjjenfópfe, Felle, - Schilder und Waffen ſchmucken den. Qurnierfaal, und von den einzelnen fleinen Turmftübchen, welche fid) an

den Geiten abzweigen, tritt man in bie verjchiedenen

Kemenaten, darin edle Frauen und Männer bie Gemerfe des Mittelalters üben und bie Snduftrie noch früherer -

Zeiten bem Dienft moderner Wohlthätigfeit unterthan ——

machen. Geradezu meijterlid) find bie Deforationen ge-

malt. Wenn man vor bie er|te Nijche tritt, glaubt man

in eine nächtliche, mondbejchienene Gaffe Nürnbergs zu ſchauen Worn an fteht das Hänslein des Meifter Sachs,

unb auf bem Holzjchemel fi&t der biebere Meifter. wahr i: oe und leibhaftig, bie reizendjten Schuhchen zu fertigen. zn

Das Gerücht, Graf Moringen, ber ſtets amitfante und übermütige Adjutant des Kronprinzen, habe Monate lang in dem Atelier bes Schuhmachers der Reſidenz

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gelernt, um für den Bazar mit Pfriemen und Zweden gleich einem Haus Sachs umgehen zu können, hat als alarmierende Neuigfeit die Salong jchon längft erfüllt, und jest jdjaut man das uramüjante Faftum mit eigenen Augen! Hei! wie die Herren den Schufter mit ber neum perligen Krone beneiden!!

Unter lautem Jubel nahen feine Kundinnen; er darf die zierlichiten Füßchen der Schönen auf fein Knie ftellen, ihnen ſorgſam Maß zu einem Bantöffelchen zu nehmen, und während er voll Behagen die Anprobe hält, weiß er die Arbeit mit gar jchönen Reden zu würzen! Sandy rofige Wange glüht heißer auf, und mand) naives Herz- chen möchte darauf ſchwören, e8 bedürfe nur der leiſeſten Schwingung diefes Pantöffelchens, um das lockige Haupt be8 Saijonlöwen für ewige Zeit darunter zu beugen!

Mus dem müdjten Erfer flingt ein gedämpftes oru blafen. Dort ftebt Margareta auf dem Göller und idjaut uad) Dem Jihein Dernieber. „Behüt bid) (Sott, e8 wär fo ſchön gemejen, behüt bid Gott, e3 hat nicht follen fein!!!” Für zwanzig Mark faun man aus ber zarten Hand des Freifrauleins das goldſchnittſchöne Büchlein vom Trompeter von Säffingen faujen, und wenn das Geichäft befonders blüht, jpringt der flotte Gardez (eutnant im Rojtiim des Werner Kirchhoff aus ſeinem Nachen, legt die Trompete aus der Hand und hilft unter allgemeiner Heiterkeit verfanjen!! Und wie {hin er bie Trompete blajen tann! Der ganze Hof hat mE ona Der jim Mutter aud) vor Diejem -

100

Erfer Station gemacht, um der muſikaliſchen Leiſtung des jungen Strategen ſehr animiert zu applaudieren. Der nüdjfte Erker wurde flüchtiger befucht; die hohen Herr: haften machten bei Baronefje Lehnberg- igs kod feine Beitellung jondern fehritten weiter.

Was je an prunfooller Austattung eines ritterlidien Gemaches geliefert worden war, fam Hier zur blendenden Darftellung. Die Malerei der bunten Fenfter war ein -

fojtbares Meifterjtüd, die Gobelins repräfentierten: viele, ue viele Tanfende, und im den jchwergoldenen Humpen, le 8 lern und Kannen auf ben Wandbords ftat ein Vermögen. - Wo Gold, Silber und Evelfteine anzubringen waren,

funtelten fie den Beichauern in die Augen, in dem Koſtüm der reichen Kommerzienratstochter aber a die Bracht ihren Gipfel. : |

Aglaë thronte wie eine Königin auf beim überreich gefcehnißten, mit Kiſſen belegten Seſſel— :

sot goldjtrogendes Brofatgemand mit einer T brämung von Blaufuchs ipottete jeder SBejd)reibung, das lange Gürtelgehänge, das Bruftftüd, Armipangen unb Stirnreif glühten im Feuer erlejenfter Diamanten, Ruz binen, Smaragden und Perlen, und jelbjt bas «orbertell bed Untertleides fpiegelte auf feinem weißen Atlasgrund eine edelfteinbejeßte Stickerei von unendlichen Wert.

‚Stolz, fed, jelbfbemupt und überzeugt von ihrer itrahlenden Schönheit lehnte Aglaë das lodige Köpf— hen zurück, Dulbpoll bem Sreije ihrer Berehrer Wudieng gewährend und e3 jedem einzelnen jefr nachdrücklich

401:

wiederholend: „Sch punge Wappen, meine Herren, nur Wappen |” 1e Und fie hielt die Fires Lederſtücke unb Pung- apparat mit gleichgültiger Nachläſſikeit auf dem Neben- tiſchchen bereit, denn obwohl die meiften ihrer Bewunderer Krone und Wappen trugen, aa die Beitellungen Doch nur jebr jpürlid) ein. | Der Kommerzienrat fieberte por Aufregung, ben Grfer feiner Tochter jtet8 be- lagert und umdrängt zu Schauen. Sn jeiner taftlojen Weiſe jchleppte er immer neue Opfer herzu, ihnen voll aufge: blajener Umſtändlichkeit die einzelnen Koſtbar— feiten im Reich jeiner Tochter zu zeigen. ‚Na, lieber Qent- nant”, ftieß er einen jungen Artilleriiten mit dem Ellenbogen an: „Schießen Sie los! Beitellen Sie Hd eine Cigarrentajche mit Ihrem Wappen! Was haben Sie denn drin? Hoffentlich nicht zu viel Viehzeug, Aglaë zeichnet nicht gern Tiere, und geitern mußte fie bem Grafen Torfte von ben Ulanen {hier einen ganzen zoologischen Garten im femen Schild pungen! Na, was glauben Sie, was mir ber ganze Rauber im Erfer ba gefoftet hat? Na, tarieren Sie Kv. Si Htruth, IL Rom. u, Nov., ComödieL 3 il

{2

mal!! Hahaha ... agfaub'8 fon, daß Ihnen das Wort in ber Kehle fteden bleibt! !”

Der junge Offizier war in ber That fo fonjterniert, daß er fid) ſchweigend verneigte und fid) zurüdzog.

Aglaë war fchlechter Laune,

Cie behandelte die Herren und vereinzelten Damen, welche fih um fie verjammelten, ungnädiger als je, und

während fie 3erftreut und einjilbig nicht das mindelte

that, bie Unterhaltung zu beleben ober von ihren gez punzten Lederwaren zu verkaufen, flimmerte ihr Bli un: geduldig wie in brennender Frage über Die Menge pin, als foride und juche fie nad) Vermißtem

Oflter aber noch weilte ihr Blid bei ihrer Nachbarin zur Zinfen, über deren jehr jimpeles Auftreten fie anfang- lid) wngeniert gejpottet hatte.

Ohne eine befondere Nijche beanfprucht zu haben, hatte fid) Gräfin Viola Kodofig-Möllin dicht neben ihr, gewiffermagen alè eine Ergänzung zu Hans Sachs, an dejjen Eeiten-Hauswand etabliert. Cine geniale Hand hatte ein idylliſches, rebenumfponnenes ‚seniterchen gez zaubert, um welches weiße Tauben flattern. Wor dem: jelben fteht ein jchlichter Holzſtuhl, mit altertümlidjer Buntmalerei auf ber Lehne ein flammend Herz von grelljarbigen Blumen umrantt, und auf ibm [fibt bie blond! odige Gräfin, im einfachen, blau und weiß wollenen Roftiim des Coen. Das Haͤubchen ſteht ihr ganz reizend, und trog der großen Cdjidtbeit übt das ganze E einen Lon re Zauber. Das Spinnrad |

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jurrt unter ben fchlanfen Händen, und das einzige, was bie junge Dame verfauft, find Stüce berben Hausleinens, welche in jauberer Pracht neben ihr aufgeitapelt liegen.

Hausmacherleinen! und doch Steht unaufhörlich ein großer Teil der Hofgeſellſchaft, Fürſtlichkeiten und Beruhmtheiten por dieſem herzigen Cohen, mit wahrer Pajfion ihr Seinen oder bie buntfantigen Handtücher zu faufen.

Bor dem Erfer der 3Baronelje Lehnberg-Moosdorf aber jtehen höchiten3 die Gattinnen und Töchter ein paar reicher Snduftrieller, welche jid) Kojtiim und Ausitattung ihrer Nivalin näher bejehen und dem Kommerzienrat durch ihre Freigebigkeit imponteren wollen, und ein paar rmejen[oje Stavaliere und Civiliften, nah welchen in ber großen Welt fein Huhn und fein Hahn fräht.

. Aglaë wird ganz bleid) vor ?irger und beißt bie Zahnchen in bie Lippe, gleicherzeit aber ſchrickt fie jählings empor und fühlt es felber, daß ihr alles Blut wieder ſchwindelnd i in Stirn und Wangen ſchießt Graf Uggley ijt endlich in den Gaal getreten, blidt fich juchend um und eilt haftig zu Gräfin Viola.

Aglaë atmet faum. Sie fieht, wie ber Graf mit febr rejpeftvollem und bennod) beinahe vertraulichem Gruß zu dem blonden Evchen heran tritt, wie jein Blid fie voll ftolzer Zärtlichkeit umfaßt, und feine Hand mit feltem Drud bie ihre umſchließt. Biola ijt errötet, ihre tief- blauen Beilchenaugen fchlagen voll zu ifm auf, und bie Art und Weije, wie fie feinen Gruß ermibert, ijt durd-

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aus formell, dabei dennoch anders wie im Verkehr mit den übrigen Herren. Es liegt in dem Weſen beider ein gewiſſes Einverjtändnis, und diefe Beobachtung läßt die Hände ber Baronejje Lehnberg fid) in leidenſchaft ded gorn über bem funfelnden Golbbrofat balen.

Graf Uggley fteht nur wenige Schritte von ifr ent: fernt, wird er fich nicht ein einziges Mal ihr zuwenden? Dann ijt fein Auge wohl fraglos ein Weildjen von bem Strahlen und Slühen dieſes Erferleins gefeffelt! Borz erit ahnt er wohl nicht, welch fürftliche Rofe fe ibm. zur Seite blüht, und ift noch. völlig im Dienjte jenes fimplen - Sänfeblümchens: ‚gefejjelt. Aber jebt, jebt begrüßt ibn der Artillerift, welcher ihren Water joeben nod) jo aufs

fallend brüsf verlaffen, und er jcheint ihm ebenjo mie

den umftehenden Herren und Damen etwas jehr Spee = = haftes zu erzählen. Es

Alle treten noch einmal näher und lachen ſchallend auf, und Graf Uggley wendet jählings den Kopf und blidt zu Aglas hinüber, Cin Zug von Jronie und Unmut liegt auf feinem 9utli, dann icheint er eine leije, Icharfe Außerung zu thun die Gefichter werden ernjt, und die ablehnende Haltung gegen den Erfer Lehn- berg tritt noch jtärfer hervor.

Aglaë hat bie Empfindung, als miifje fie ſchrill dd lachen, Neid! nichts wie augenjcheinlicher Neid! Weil fie das Geld hat und bier. thront wie eine Siniatn, barum rümpfen bie vornehmen Leute bie Naje und ärgern | fid, bap e es die nidt gena. ier feo Weil

fie bie fimpele Leinwandverfaujerin mitfamt dem lächer⸗ [iden Schufter pollitàubig verduntelt, barum wird fie Uu e Acht und Bann erklärt! *

a, Wappen pungen fojtet freilich mehr als gelbes

Hausmachergejpinft feil bieten! Unglaublich, wie Men: iden, bie jonit jo jioía find, fich derart zu Spinnerinnen, N Schuſtern, Schüßenliefeln und Cennerinnen erniedrigen fonnen! Nglae Hätte eher das Leben gelajjen, al jolh unwürdige Rolle zu jptelen! Sie war Edeldame, unb wer nicht Krone und Wappen jet nga nannte, hatte nichts mit ifr zu thun.

Und dennoch glaubt fie, der Schlag müffe fie rühren vor Ärger. Trog des ariftofratiichen Nahmens, der fürft- lichen Pracht, welche jte umgibt, üt jte Die Überjehene und Wusgervicjene aus Dem reife, in welchen fie eine Stoffe fpielen will und nup und mens das Leben fojtet! Sie hatte geglaubt in ihrem Anzug, ihrem Erfer Den Gipfel des imponierendjten Prunkes entwickelt zu haben, und Graf Uggley lehnte au dem Holzuſch Godjena unb schaute gleichgültig über Aglaé und all ihre Dia- manten und Perlen hinweg, als lohne es jid) nicht, den Blid bei biejer neugebadenen Edeldame aufzuhalten!

Aglaë wendet mit zornblißenden Augen das Köpfchen. Wer ijt nocd) bet ihr? Niemand. Eine neugierig jchauende und mujternde Menge wogt an ihr vorüber, fein einziger tritt alg Käufer in ihren Erfer, bie Damen lafjen fid) unter größtem Jubel bei Graf Moringen Pantöffelchen vorlegen, und die Herren folgen dem Bei-

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fpiel Uggley3 und faufem Leinwand. Wie fid) alle amiifieren, wie fie lachen unb jcherzen, und wie diefe raffiniert fofette Perfon, bie Biola, mit bem Mugen von

einem zum andern ſchmachtet und dabei fo harmlos naio

und fröhlich thut, alë verlange fie gar niht nad) dem Geld und ben Edeljteinen ber Millionenerbin an ihrer Seite! Und bod) ijt'8 Verftellung! i Wie alle voll Echadenjreude nad; 9fglaée deren Kauftiſch Dimüber jchauen und jpöttelnde Witze machen. Durch die momentane Stille hört und poly ti jogar, was gejprodjen wird. 3

„Ra, Uggley”, ladt ein Garde-Dragoner, wollen Sie fid) nicht nebenan für fünfzig raum aor Wappen pungen laffen?”

„Rein, mein Stutjcher trägt feine Lederhojen !”

Schallendes Gelächter.

Aglas fennt wohl die Anekdote, weldje man ihrem Vater nacherzählt, fie zittert vor Zorn und Ärger. Wer naht ba? Der Profeffor Wendhaufen und Hans, fein Protegé! Das fehlte auch noch, daß diefe beiden bürger: lihen Monfieurs bei ihr Station machen!! Nebenan bei der Kodoſitz nur Hofgefellihaft und bei ihr ein fimpler Profeſſor und ein Bauernjunge!

Sie bleiben aud) quit vor ihrem Erfer ftehen und flüftern zujammen, e8 jieht beinahe wie Mitleid in ihren Gefichtern aus, daß niemand bei Baroneſſe Lehnberg faujt. Mit ADDED Blid Sea e8

Aglaë.

Da tritt ber Profelfor mit fröhlichem Gruß zu. ihr heran, zögernd folgt Hans Burkhardt. |

„Run, mein gnädiges Fraulein? Wir [deinem zu einem günjtigen Moment zu fommen. Sie find mo: mentan nicht pest gt Ah .. . Lederwaren! Wie ichön und ele- gant! Sc würde e8 mir zur bejonderen Freude und Ehre anredj-

nen, bon

diefen reizen: den Händchen

eine fold) fleine Zajche qepungt zu be: 3 tommen unb freund Hans des, gleihen. Ich ſchulde ihm ein Vielliebchen und würde mich doppelt freuen, ihm neben ber Erinnerung an mich aud) gleichzeitig eine an die Sugenbfreundin geben zu können!“ |

Sugendfreundin! Dag Wort it nebenan gehört | worden, man jtect jofort voll 3 Sronie bie Köpfe zufammen. Aglaés Augen bligen auf in gefrünfter Eitelfeit, mit | einem Ausdrud fajt beleidigenden Hochmuts mujtert je -

OS nec s

beide Her | vom Echeitel bis zur Sohle: Bedaure, ich punge nur Familien wappen!“ antwortete fie, unb ihre Stimme klingt heifer vor verhaltenem Ingrimm

Die Worte find laut gejprodjen und ringsum gehört D worden. Uggley macht eine hajtige Bewegung ber Empörung, und Gräfin Viola ftarrt die Sprecherin an wie ein Geipenft. Der Brofeffor aber ift ganz betroffen ——

zurück gewichen, er greift langjanı mad) bem Hut und me der Tochter des Kommerzienrates den Nüden.

Bis in bie Lippen erbleichend, mit einem jcharfen Zug des Sarkasmus in dem hübjchen Geſicht folgt Hans Burkhardt ſeinem Beijpiel.

Mit zujammengeprekten Lippen, wie eine gereizte Heine Wildfage ſchaut pg Mgl ——— nad. Mber was ijt das?

Uggley tritt dem Beofeffor entgegen und reicht ib oe fehr herzlich beide Hände, und Gräfin Viola ftredt ihm

evenjalls bie jchneemweiße Rechte entgegen und heißt ibn t

mit warmer Aufrichtigkeit millfommen? Träumt fie?

Wie fommen jene hochmütigen Menichen Dazu, jo intim mit einem Brofefjor ohne Namen und Geld zu fein?

Man gewahrt fogar den jungen Etudenten, und Uggley bittet, denjelben befannt zu machen. Er reicht ifm auch Die Hand, jpricht jebr eingehend und heiter mit ihm und : Ja it e& denn menjchenmöglih? Aglas man bie bebende Hand um die Sejjellehne, fie, bie eben noch der vornehmen Gejellihaft hatte im- ponieren wollen Dadurch, daß fie dieje bürgerlichen Elemente

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oftenfibel pon fid) fern hielt, fie fteht jebt gemiffer- maen al3 Peri da, dieweil der Bauernjohn Burkhardt wie ein guter arama am Tiſch Eochens aufgenommen wird!

(Sr benimmt fidh aud in feiner Bej jchranttheit, alg müffe ba8 jo fein, ja, er faujt ber Gräfin jogar ein Kleines Stück Leinwand zu einem Handtuch ab und ver- ſichert, bie$ werde das einzige Geburtstagsgejchenf fein, über welches fid) feine fparjame und Mutter freuen werde! | Steht denn bie ganze Welt plötzlich auf ‘bent Rovi?

Gräfin Biola läßt fich voll Smterefje von Guts- pächters“ erzählen, Uggley Hört aufmerffam zu und alle drei jchwelgen BRUNS im ale Sad) über Qand- wirtichaft.

„Da, ja, danken Sie Gott, lieber Burkhardt, daf wor Vater nod) vom guten, alten Schlag ift, bejjer, bie Eltern laffen ihr Kind darben in der ernjten Schule des Lebens und [paren ihm einen Sagen im Strumpfe, anjtatt zu gründen und zu jpefulieren und Die Zukunft trog aller Millionen auf Cetfenblajen aufzubauen!”

Sollte das etwa auf fie gehen? Hans Burkhardt, der interejjante junge Arzt, von welchem der eitle Herr - Brofeffor fo viel Aufhebens macht, fih im Glanz des Schülers zu fonnen, wird plößlich ber Romanheld in ben Salons, ber Bauernjunge geht mit dem Grafen Arm in Arm und fie, bie Baronelje Lehnberg-⸗Moosdorf ift und bleibt trog aller Anjtrengungen bie neugeadelte

= 170 =

Kommerzienratstochter, bie ewig Bree t in ber r manm m erfämpjten Geſellſchaftsſphäre!

Sie beißt in leidenjchaftlichen Grimm bie Bühne zuſammen „Spreize dich mur! fpotte, Höhne nur!“ denkt fie mit einem aufiprühenden Blid auf Uggley, „wir

wollen bennod) jebem, wer das Epiel gewinnt! Man

lebt im neungehnten Jahrhundert, und bas Gold regiert. Wie lange wird e3 mod) dauern mit deinen paar Hellern, mit deinen verjchuldeten Gütern, die nicht. die Butter fürs Brot abmerjeu? Dann wird der Herr Graf Schulden machen, und der Baron Lehnberg-Moos- Dorf fauft die Wechſe (chen auf! Haha! wird dann fon

zahm werden, das hochmütige Graflein, und lieber ber ;

Tochter feines Gilüubigers wie ein Hund aus ber Hand ——

frejfen, anjtatt fic) aufgubäumen gegen eine Schlinge, die ihm dieje Hand jeden Hugo unt den Hals legen kann!“

Aglas warf das Köpfchen hoͤhmſch in den Nacken. Mit zujammengefuiffenen Wimpern beobachtete fie, wie Gräfin Viola auf jtürmifches Bitten Uggleys den Heinen Strauß von Drangeblüten aus dem Bruftlag: Ausschnitt löite unb ihn ein wenig zögernd, aber de Ag fiend bem Jugendfreunde reichte. |

Wulff⸗Gideon fibt in feiner unvergleidyid) eleganten "us und dabei bod) durchaus ungenierten Weije auf ber Ede des Holztiſches und Halt zur danfbaren Gegenleijtung ber Komteſſe Rodofig die Leinwand, ihr das Abmeſſen berjelben zu erleichtern. Die vornehmen Käufer mehren

e PE

fid) Ständig an dem bürftigen Grfer Codjens, unb dieweil ihre jchlanfen Hände unter großer Deiterfeit und animier- tejlem Geplauder das berbe Hausmacherleinen ansureilen

und abjchneiden, iſt es nez benan vor Dem gold: und jumwelenitrogenden Mit- : terſeſſel der Baroneſſe —— öde und e Aglaë hat fid) in bie Brofat- tiſſen zurückgelehnt und läßt fid) von ben Vorüberichreitenden alg lebendes Bild anftaunen fie fieht unendlich gleidh- gültig aus, ihre Augen find Halb gejchloffen, bie Händ—

Ro e os

chen ruhen läſſig auf den Sömentöpfen der Armlehnen, und bie großen Rubinaugen diefer geſchnitzten Wüſten⸗ könige funkeln im elektriſchen Licht des Saales fo feind⸗ ſelig und grimmig, als falle es auch ihnen bitter ſchwer, ſich unter das Joch des Sonme nal zu ducken.

Aglass kleiner Fuß krümmt und ie ub m Pu gejchligten Lederjdjuh. Sit Denn niemand, niemand ba, welcher ihrer Iſoliertheit ein Ende bereitet? Wo fedt Der Water? Wh jo, er war an das Champagner büffet gegangen, um Käufer für Uglaes Sebermappen und ihren Brennjtijt zu werben.

Cie fieht, wie er ein. paarmal in recht zudringlichem Bemühen den Arm um die Herren legt und e3 verjucht, fie mit jid) fort zu ziehen, wie er ſchließlich beim Anblick des [pdenben Tiſchleins des Lufullus jeine fatale Miſſion vergit und jtatt deffen jemem fetten Bauch! ein einen neuen Opferaltar. errichtet. =

‚Er nimmt befaglid) vor ber Marmorplatte eines ber fleinen Gtablijfement8 Blak, würgt den Bipfel ber Eer- piette in Den Hemdfragen unter Dag dreifach überquellende | Sinn und Debt mit viel Aktion bie Hände.

Und was für Hände! Dieje Hände find die natür- lichen Bifitenfarten, welche ber Kommerzienrat jtet8 und untrüglid) bei fid) führt. Runde, weiche, etwas ſchwam— mige Dinerhände, deren Grübchen und Cpedjalten eine jtumme, aber gewaltige Reflame für Auftern, Hum- mer, Lachs und frijchen Barenjchinten bilden!! Die

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Haut ift weiß, und bie fchlaffe Fingerhaltung fenngeichnet ben Büreaufraten. Brillantringe von wundervollem Feuer und erjtaunlicher Größe find bie Wappenzeichen des Reid- tum, aber bie Überfülle derjelben, welche die Finger panzert, daß fie beinahe fteif im Gelent ftehen, jomie ber mächtige Siegelring auf bem Zeigefinger find bie Bürgſchaft, daß all dies Taufendgüldenfraut nicht auf edlem Boden jpropt. Die er des Wappens fann jedes geübte Muge | ^

daraus lejen, fie yo heißt: Barden. m E. Kurz und gedrungen ` find Die Bewegungen der Hände. (8 liegt etwas Brutales, rück 77 E ſichtslos Gieriges in

dem haſtigen Zu— fg T greifen und Megitogen. Das Hinwerfen der Meſſer und Gabeln ift progenhaft ungebildet, und das plumpe Aufftügen ber Keinen jyetttaben, welche fid) mit geipreizten Fingern rechts und linfs neben bem Teller von der Anjtrengung ausruhen, verleiht der ganzen Er: icheinung des Millionenfinigs etwas äußerſt Selbjtge- - fälliges und Zufriedenes Und jo fißt er jebt Da, ftiert mit den verquollenen Augen in den Saal und zwinfert mit den rötlichen Wimpern, als ob er niefen molle. Plötzlich ein breites Grinjen, ein ſelbſtbewußtes Sidin- biebrujtwerfen. Der Rommerzienrat erhebt jid), rect jeine

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Heine Figur auf bie Fußfpiten und wintt gönnerhaft, voll etwas theatraliichen Areng mit ber CHUTE in ben Gaal hinein.

Aglaë erhebt fidh ebenfalls und bfidt jehr eifrig nad) bem derart begrüßten Weſen aus. Aud) in ihrem Auge glüht e8 auf wie eine jtolze Genugthuung, fie beißt die Zähne feft zufammen und beobachtet voll atemlofer Spannung, ob bie Bemühungen des Papas von Erfolg jein werden. Sa, fie find e8 fon. Eifrig fid) durch bie Menge Bahn brechend, ſchon bon weitem beide Hände entgegen bietenb, eilt Marquis de Saint Lorrain auf ben Kommerzienrat gu und begrüßt ihn jo innig wie feinen intimften Freund. Alle Köpfe wenden fid) nad) beiden, Wenn der Vater nur nicht in feiner ftolzen Aufregung den Marquis wieder mit jamtliden Namen anredet. Die Leute lachen immer darüber, denn man ijt in Seutid land nicht am derart flimgenbe Titel gewöhnt. Es ijt auch piel Neid, aber was leider bie Hauptiache ift, es it auch eine jener entjeglichen Manieren, melde bem ehemaligen Ladendiener abjolut nicht abzugewöhnen find, jo jebr aud) bie bedeutend taftvollere und gebildetere Tochter dagegen anfämpft. :

Die erjte Frage des Marquis jcheint ihr zu gelten.

Der Kommerzienrat deutet jehr ſelbſtbewußt zu ihrem Erfer hinüber, geftifuliert lebhaft mit den Händen und Iheint eifrig einzuladen, Dod) näher zu treten. Wenn er e8 nur nicht gar jo Dringlic) maden wollte, e8 ärgert - Aglaë, ausgeboten zu werden wie faures Bier. Aber

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Gott fet Dank! Der nette, liebenswürdige Marquis, ber Mann, welcher nod) zehnmal vornehmer ijt als ber fimple Graf Uggley, ber reiche Majoratsherr, deffen Stamm: baum Fürltinnen und Pringefjinnen aupmeijt, er abgert feinen Augenblid, fid) vor ihren Triumph wagen zu fpannen.

Hochaufatmend, bligend in Derauejorbernbem Gro wendet fie den Blick nach Wulff-Gideon. Derfelbe greift eben nach feinem Cylinder. Gein Auge begegnet, juft aufichauend, bem Blick des Goldfiſchchens E3 liegt abermals der jarfajtijdje Ausdruf in feinem ſchönen Antlig. „Warte nur“, denkt Baroneffe Lehnberg, „ih werde bir gleich imponieren!!” und fie beobachtet trium- phierend, wie ber Herr Papa febr forbial feinen Arm in den des Marquis legt und, vertraulich und grofipurig mit ihm fd)mabronierenb, langjam herzu wuchtet.

Graf Moringen tritt neben Wulff» Gideon. „Sie gehen, Uggley? Gn einer halben Stunde wollen wir zufammen binierem, Sie Haben Dod) am ane Tafel be- legen laſſen?“ oe

Ganz recht, Rerehrtefter, ich bin ch sue Teste yut-

fid). Will nur ſchnell eine Bedanfemichspifite fahren und

Karten abwerjen Gie begreifen .. . günjtige Gelegen- Deit!^ Und dann ein leifes, allgemiines Flüſtern und Lachen, und wieder Dujdjen die Blide verftohlen zu Aglaë hinüber. Dieje hat jedes Wort gehört. Wie eine glühende Blutwelle ſchießt e3 ihr zum Herzen. Will er etwa zu ihr fahren, fid). für ihr fürftliches Gefchent zu bebanten? Das wäre ja eine empörende Unverſchämtheit!!

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Sm erften Moment ber Beitürzung Hat Borne

Qehnberg das Gefühl, als müjje fie alle eleftriihen Klingen in Bewegung jeben, um ebenfalls ihre Equi- 25

page gu befehlen, fie michte den Befuch Uggleys um feinen Preis berjüumem er fol und muß bie blen- dende Pracht ihres Haufes ſchauen aber ihr beleibiater Stolz läßt bie bebenden Finger an bem Telegraphentnopf ruhen, ohne ihn in Bewegung zu jeen. Es ift aud) jhon zu jpát. :

Saint Lorrain und ihr Bater treten bereit8 Hergu. _ Go; nun bat fie aud) einen ber eriten Sabaliere des Hofes zu ihrer Verfügung. Sie ftarrt auf Uggley, was - derjelbe zu biejem Käufer im Erter ber Baronejje Lehn- berg jagen wird. Es jdjeint nicht den mindeſten Eindrud zu machen. Der Marquis grüßt jehr zuvorfommend, | beinahe Devot, der Sommergienrat macht, felig über die Gelegenheit, bie vornehmen Herrichajten nod) einmal grüßen zu fönnen, beinahe Front und [iet aus, als erwarte er höchſt Aal. m dud Begleitung eine Anrede.

Komteſſe Koboſt neat patch gemein das Köpfchen es fieht alles, was diefe Perion thut und nicht thut, jo unglaublid) vornehm und diftinguiert aus, daß Aglae vor Neid über folch angeborene Noblejje erjtiden könnte!

Wulff- Gideons GegeugruB ift ebenfalls tadellos. Aber e8 fcheint, al8 trete er dabei einen Schritt zurück, als fet bie Bewegung von pur und a eine ausge— Iprochen abmıegernne 2

wu c pee.

Aglaë möchte ſchallend auflachen. Neid! nichts als Ürger über bie Freundſchaft Lehnberq-Saint Lorrain! O, e& ijt auch feine Kleinigkeit, den vornehmiten Herrn ber Gejellfchaft zu Füßen einer Dame zu fehen, die man gern aus ber Refideng wegbeißen möchte, weil man e3 ihr nicht im Pracht und Reichtum gleichthun fann! Das ijt eine glänzende Genugthuung!

Noch nie ift ein Herr jo liebenswürdig, fo beftridenb freundlich von Baronejje Lehnberg - Onprangor worden, wie ber Vicomte von Saint Lorrain.

Er küßt ihre Hand, er jpricht ebrfid) und unnerhohlen jein Entzücden über ihren Anblick aus, er läßt fid) fofort jehr häuslich und befreundet in dem Geffel neben ifr nieder und nennt fidh ben Gtüdlich) ten ber Eterblichen, menm thm Dieies angebetete Händchen jein Wappen auf eine Briefmappe pungen molle. Gr will dabei figen wie ein treuer Toggenburg und dem Kunſtwert zuſehen

Wie er ſie anblickt! Wie er ihr bie Gour macht! Ayla ijt auch hübſcher als je; bie. Boriibergehenden bleiben ftehen und bewundern fie. Seder Nerv, jede Fiber find Aufregung. Ales lebt, glüht, ſprüht an ihr! Sie ift jo animiert, jo amüjant, jo bezaubernd wie nie zuvor. Der jonjt jtereotype Zug von Trog und Arro- ganz ijt wie weggeblajen aus dem friſchen Gefichtchen, ihr iſt ein neuer Trumpf, welchen ihre Schönheit ausiptelt, -

= ASH gebbaftigteit entbehrt peus aller harmlofen

Natürlichkeit, aber fie paßt defto beffer in iH Daumen: Yi, v. e SS TOM. u. Nov, Gomábie L 12 ALS

Ys DEOS.

duftſchwüle Atmoſphäre bon eetteifchem Licht und prie ben Mufiftlängen.

Cie fibt neben dem Marquis und fofettiert mit ihm, biemeil ihre Hände voll graziöfer Leichtigkeit ben Brennftift führen. Er entwirft felber bie Sfizze feines Wappens

auf ein Blatt Papier, und dabei erzählt er von ben alten

Traditionen feiner Familie, von dem Stammbaum, welcher ficher ſchon ein paar Bretter zur Arche Noah geliefert!

Und je mehr er von feiner erlauchten Familie und Ver: wandtichaft erzählt, deito heißer glühen Aglaes Wangen, deſto verführeriſcher leuchten ihre dunklen Augen ihm zu. 68 iM, als trünfe fich ihre burjtenbe Seele fatt am diejer Quelle föftlicher, bodjarijtofratijdjer Worte, als jähe He beveitS ein ganzes Halsband voll Paftellbildchen ge- puberter Ahnen, welches fie fünftighin als edle Sproifin Diejes ritterlichen Sejchlechtes zur Schau tragen wird!

Ste weiß felber nicht, mie fie plößlich auf die Sdee - kommt, anftatt Wulff- Gideon den Marquis zu Heiraten, aber jie üherlegt s auch nicht weiter Es iſt ja ſo völlig gleichgültig, wer ihr den vornehmen Namen geben miro, Denn nur diejer und nicht ber Träger fommt Dabei in Frage, Der Kommerzienrat jibt etwas beijeite, um nicht zu ſtören Sein ausdrucksloſes Geſicht glänzt in breitem Lächeln ihm ift wohlig mie bem Kater im Sonnen— ſchein, und barum reibt er fid) ſchmunzelnd die Hände und blidt auf bie vorüberziehende Menge gleichwie ein Kater Hiddigeigei, ber, im Bewußtfein feines Wertes, die Welt beherricht zu jeinen Füßen fieht.

excu pus s

gern im Saal, gegenüber an ber Ausgangsthür fteht Hans Burdhardt. Sein Blid ijt jtarr auf die Jugend⸗ freundin gerichtet, und um ſeine friſchen gippen legt ber ichmerzvofl leidende Bug, weichen. man an bem jungen Mann fennt, wenn er am einem Krankenl ager fteht, deffen Rater feine Hilfe mehr au bringen. üt. | | Geine Hand liegt auf bem Herzen und zittert [eije. Mechanifch neigt er das Haupt. Sein Blick wird ſcharf und durchdringend, als gälte e8 nach reiflicher Beobachtung eine Diagnoje zu jtellen. Und er ftellt fie in Gedanten „Leib und Seele find vergiftet fie tft rettungslos ber Wahr- Heit, ber Liebe und dem Glüd verloren, wenn nicht der liebe (Gott als Arzt das Schickſal jendet, beizeiten etn machtvoll Gegengift zu geben. Die Gomóbie, welche jene junge Seele in ber Verirrung ſpielt, iſt ein grauſam realiſtiſches Bild unſerer Zeit, und wenn nicht ein höherer Wille ein: greift in Die Handlung, wird der Vorhang hinter einem Drama fallen, welches nicht neu und dennoch jo modern ijt!” „Worüber denfen Sie nad), Burkhardt?” fragte Proz feſſor Wendhaujens Stimme leis und teilmehmend hinter ibm. Da jdaute Hans auf, ehrlich, todtraurig. Ich Dente Darüber nach, Herr Profeſſor, meld) große Stümper mir Ärzte bod) find, und wie wir ewig folche bleiben werden, menn wir nicht jene qrbpte notwendigite Medizin für unjere frante Zeit finden, Die, welche nicht nur den Leib, fondern auch bie Seele heilt!“ |

12*

VIII.

Du lannft Lügen und betrügen! i ‘Martha.) dud fannt’ ich icon, als id) ein Rind nod mar, Schon damals fprad) gu mir berjelbe Mund, Es fab mid) an pasjelbe Mugenpaar Diejelbe Seele gab fih damals fund! Hoffmann von Fallersleben

‚„.Delbftredend werden wir zufam- men Hier dinteren, Vicomte?” fragte ; Aglaë plößlich, und ber Kommerzien- SoN rat ſchoß eifrig mit bem Kopf herzu, ^ tatfdte ben vornehmen Freund jebr

cordial mit den fünf Feltwülſten jeiner soit dit Singer auf ben Jtitten und nötigte aus Leibesfräften!

„Ra und ob wir dinieren, mein lieber mon cher!“ lachte er verjchmigt: „Das ijt ja das Hauptgaudium bei der ganzen Gejchidjte! Effen und trinten wollen wir, daß alle, bie um uns her figen vor jyutterneib plagen follen! Immer aparte wird uns ferviert! Die erlejeniten Delifatejjen! Forſch! Fem! Vornehm!! oho! Das joll wieder Stoff zu einem Stadtflatjch geben! Und Ihnen, mein Theuerfter, fol ber Echerz feinen roten Heller fojten, ich berappe für Sie mit! J wol

-— 11

Reine Komplimente unb feine Weigerung! Wenn fo ein paar Slavaliere wie wir mal zujammen effen, fo iſt's ja ganz einerlei, wer nachher das Bein ftrad mat! Kennen bod) bie famoje RedenSart aus irgend jo einem neuen Luftipiel: 38 unter Kameraden jang ejal! —” hähähä! ,,famoje Nedensart!

Saint Lorrain brüdte verbindlich bie Hand feines fplendiden Freundes. Gewiß, Verehrtefter wenn eg Ihnen zur Beruhigung dient, werde mich ein andermal revanchieren. Halte e8 für durchaus unfein, fid) bei ber- artiger Einladung zu weigern . . . möchte ja ausſehen, alè Hielte man die Borje des lieben Nächſten für allzu Ihonungsbedürftig! Und der Held aus bem Bois de Boulogne fnijj mit einer feiner originellen ragen das Monocle ein und [dug das eine Bein jo ungeniert über ba8 andere, daß fein feuerrot und gelbfeiden far: tierter Strumpf weit über bem Schnabeljchuh fichtbar wurde.

„Er ijt doch fürchterlich mager! —“ dachte Aglag, aber weil gerade die Magerkeit ein Zeichen von Naffe fein fol, jo bemerkte fie eg mit Genugthuung.

Papa Lehnberq aber gloßte jehr beſtürzt im dads Mephiftogeficht des Sprechers und jdjien momentan nad) Luft zu jchnappen. Schonung3bedürftige Börje? Sollte Das gar eine feine Anzüglichfet . . .? Er jchnellte mit etwas frampfhaft frähendem Gelächter noch näher herzu. „Die Börje eines zehnfachen Millionärs fann ihon einen ollen, tüchtigen Knuff vertragen! Darum brauchen Sie jid) feine Strofeln zu machen. —“

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,Cifttupell I^ verbefferte Aglaë [adjenb amb warf dem Sprecher einen ſcharfen Blick zu, „einem Ausländer gegenüber darfſt du feine berartigen Witze maden, Papal an M Saint Lorrain lachte ei drollig! febr netti” und der Kommerzienrat jah einen Augenblid un- endlich dumm aus, weil er fid) abjolut feines Wiges bewußt war. Dann lachte er am lauteiten, weil fein Töchterlein abermals mit den Augen telegraphierte: „Hähähäl ja, id) mache ‚manchmal recht gute Wipe, jchmeidige Wige ... follten mur mal mit mir in Ballet gehen, lieber comte und er fuif ibm mit pfiffigem

Schmunzeln in den Arm. „Wollen wir uns mal bie “_ Miezekatzen in den kurzen Röckchen anjeben?

Bin heute in ganz ausgelaſſener Stimmung, haͤhähä, wenn nämlich immer ſo eine Depeſche kommt, daß ich em gutes. Seichäftchen gemacht babe . hank netto adhtgigtaujend Warf an den SielShagner Beramertsallien gewonnen, und bie Qooje von ber Gehren-Soltauer werfen auch noch mal ihre gmangigtaujend ab, hihi! ver: ſtehen wohl, liebjter Freund, daß man dann nicht an den Hungerpfoten zu faugen braucht!”

Der Bicomte ſchien zwar nur Augen und Ohren für Aglaks anbetungsmwürdiges Händchen und ifr fühes Ge- ficher zu haben; dennoch jchtenen feine Ohren fürmlich . den Lippen be8 Cpredjer8 zuzuwachſen Er wandte mehr höflich wie interejliert Den Kopf, feine Miene ver: riet, daß ihm die Summen, welche er joeben gehört, aud)

= m -

nur im mindeften imponierten. „So, fcharmant! Intereſſiert mich jehr, über Börienverhältnijfe orientiert zu werden! Mit Ihrer gütigen Erlaubnis hole id) mir biejer Tage einmal bei Ihnen Hat, verehriejter Freund! Sd) Habe ba eine fleine Grbjd)aft von meiner Tante, der Herzogin von Chamblay, mit welcher ich nicht recht weih, - was beginnen! Ländereien taufen? Bah es üt bereit3 ein jo enormer Giitercompler, welcher mein altes Ahnenſchloß umgibt, daß ich feme Liegenſchaften mehr wünjche. Papiere wären mir lieber. Mon Dieu! ift ja nur eine Bagatelle, faum ber Rede wert, zweimal- Hunderttaujend Franten aber jelbit folh ein Trinkgeld möchte man mur in Papieren welche eine gewiſſe Garantie bieten!“ | Der Kommerzienrat hatte fich bie erdentlichite Mühe - gegeben, biejem Mitteilungen gegenüber eine fühle, vor- nehme Gleichgültigfeit zu bewahren, bennod) jah man e8 den Fingern, welche jo nonchalant mit ein paar Qeder- jtücichen aus dem Arbeitsfaften ber Tochter fpielten, an, Daß e2 in ihnen fribbelte, jofort ein Sejchäftchen zu enz trieren. Die Worte des Bicomte intereffierten ihn un: endlich, jeine wafjerblauen Auglein flappten vor Auf- regung mit bem verjchwollenen Lidern, und feine Lippen jpigten fic) jo leder zu, als jchlürfe er aus den Worten des neuen Freundes ein Lebenselirir. Aber ein warnender Blic ber Tochter hielt ben Spefulanten m ihm in Zucht : und Bann. : „Kommen Sie! felbjiredend, jtebe Ihnen pötlig

* 184

zur Depinjehiun m | molli fagen wollte jagen

„Dispofitton! Rava. ‘tok bod) den Unjinn! —^ lachte Aglaë mit einem nedenden Schlag ihres Brennjtyts gegen bie Brillantringe des alten Herrn.

Diejer frähte wieder vor Vergnügen und Saint Lorrain lachte jehr höflich mit. „Na ja . ift fo eine afberme Angewohnheit von mir, mit ben Fremdwörtern! Verde e3 mir aud) abgewöhnen, fonft beuft der Vicomte am Ende, ich wäre fo ungebildet —".

„AH! ab! tenerjter Freund!” |

„Um fo befjer, ich umarme Cie, lieber Saint Lorrain, lieber Louis, möchte ich beinahe jagen . .. hahaha und wegen ber Papiere, mun, ba möchte ih Ihnen einen gang brillanten Vorſchlag machen.

Aglas hob energiſch das Köpfchen: „Nein, Papa! bu

wirſt jetzt keine Vorſchläge madjen! Jn Damengeſellſchaft

ſpricht man nicht von Darjengeihäften id) hafje alfe Seldangelegenheiten.” 7

„Bie? Baronefje lieben nicht 2”

„ein jedes Geldgeichäft m mir höchſt ay "E pathiſch!“ |

‚Barbleu! Wenn Baronefje aber mal heiraten, jm = Sie bod) die Millionen Ihrer Mitgift verwalten? —^ - Die Augen des Franzojen wurden förmlich [pit im atemlojen Lauſchen auf ihre Antwort. | :

Aglaë legte gelaffen den Stift aus ber Hand. „Davor jol mich Gott bewahren! Wozu hätte id) denn einen

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Gatten, wenn ich mid) | eer obiter fot bie Coupons z zu ſchneiden! a ; | „Sch hielt Sie für ie felbftändig. i „Nicht in Geldangelegenheiten - Diefelben langweilen mich. Ich Taufe ein. Das Weitere beforgt Papa.” „Scharmant! echt weibliche, zart rühlende Anfichten! Und ber Herr Kommerzienrat werden dann alfo aud) für

die verheiratete Tochter bie Angelegenheiten des omiz F

nöjen Mammon weiter in Händen behalten?”

„Den Deiwel werde id) thun! Dante Gott, mee ces

id) bie Bagen mit bem Mädel zugleich los werde.”

Lehuberg jaB jehr breit und aufgeblajen auf ae E

Stuhl unb drehte bie Daumen umeinander. ,,Die Aglaë befommt jo mafjig biel Geld mit, daß fid) thr Mann mal einen eigenen Bankier dazu halten Tann! Sft ja ſcheußlich für ein junges Paar, wenn immer erft bie ES chröppföppe bei Vatern angefegt werden miüjfen, wenn man fid) eine Tüte voll Bonbon taufen will! Sehen Sie mal, geliebter SBicomte, Donnerwetter! Bald hätte id) Cie {don wieder ganz famifidr Louis genannt!! fehen Cie mal, Sie dürfen mid) nicht für einen fnaujerigen Herrn halten! Wenn man nur. fo eine fleine Giriebe von Tochter Hat, Dann jpart man nicht am eigenen Fleiſch und Blut; dann macht man auch nicht viele Teile, fondern nimmt den Schwiegerfohn mit offenen Armen auf.” „Hoffentlich nicht jeden, ber es werden möchte!“ warf Aglas ironijd) m. —— ON M „Seden? o, meine Gnübigite ich traue es

186 e=

Ihrem fo febr fein? äßlenben unb Vater zu, daß er nur die allerexquiſiteſte Wahl treffen wird! erregte fich Saint Lorrain und faf dabei ſehr eiferfüchtig aus: „Am eine Berle wie Sie zu gewinnen, muß als einzig würdige Faſſung eine rone geboten werden!”

ws Wo, einen Pringen p1 eritaunte Papa Sonmmer- zienrat. |

Sein Nachbar lächelte fein: „Die Fürftenfrone ift nicht immer Die begehrenswerteite , denn fie erniedrigt bie nicht ebenbürtige Gemahlin zur Gefährtin der linfen Hand. Die Krone eines Grafen, eines Vicomtes aber erhebt bie Dame zur vollen Nangesgleichheit. Eine Bicom- teffe fteht mit ben deutjchen Fürftinnen fo zu fagen auf einer Höhe. Meine Mutter war nur Baronin, aber ala

Gattin meines Vaters rangierte fie am franzöfiichen Hoje oS

vor den Damen des Altejten Grafenadels und nahm bie höchſten Ehrenftellen im Cercle ber Katjerin ein.“

Fräulein von Lehnberg horchte Hod) auf. „Würde das aud) am hiefigen pue rn em fragte fie atemlo8. .

Jelbfterftánb(i Dafür würde id in erjter Linie =e tragen !^

- „gamo ganz fama! Dann müßte aljo bie blonde Gräfin HabenichtS hier neben an, das alt: deutiche Fräulein von Wollenhabit aud) nad) Aa. . | pardon, id) wollte jagen nah Ihrer Frau vangikcen 21^ rief Papadjen voll frähenden Triumphes.

Um Saint Lorrains Lippen zudte e8, aber er blicb

bollfommen harmlos. „Sie meinen Gräfin Kodoſitz? Natürlich, ohne Zweifel. Die Vicomtefje von Saint Lorrain würde jtet3 ben Vortritt vor der Komteſſe haben !”

Aglas fniff bie Lippen. zujammen ihr Ange aliibie auf.

Dann neigte fie das Köpfchen fofett gegen ihren Nach— bar und jchmachtete ihn mit dem verlodenditen Mündchen an. „Cher Vicomte” flüfterte fie: N Sie um einen Gefallen thun?” |

Gr legte ungeniert feine Hand auf die ihre und Heugte p. Hid) ihr vertraulich näher. „Bedarf das der Frage? sch bin ihr Sklave!”

„Scharmant! Eo haben Cie nachher bie Güte, dafür - zu forgen, daß wir bei bem Diner der Gräfin Hobo} fig mbalid)it nahe plactert find!“

Er lächelte, daß feine melte Haut zahllof e Fältchen ‘atu,

uh ich verftehe, gnädigftes Fraulein wollen beobachten, wie Gott Amor feine Schlingen legt !!^

9(alaé arbeitete fehr eifrig. ,,Sumiefern 2”

„Run, diefer Bazar foll ja bie Sache zum Abſchluß bringen! Lange genug hat Doch bie Gourmadjrei gez dauert, nun wird dem Löwen ber Ring ourd) bie Naje gezogen !^

Sehmberg wollte fid) pom Leben thun vor Laden, jeine Tochter aber fragte, ohne aufzubliden: pray Uggley? folh eim Blödfinn! Haben ja beide feinen gebogenen pue |^ —— Shre Stimme = ſchroff und Dart. e i e

om 188

„Dafür ift wohl bie Liebe deito größer!” zuckte ber Vicomte mit einem unbdefinierbaren Ausdrud im Geficht bie Achjeln. „Glauben Cie etwa, Baroneffe, id) würde jemals um beg Geldes willen heiraten ? Jamais. Sch gebe Uggley jehr recht, daß er mur nad) bem Herzen wählte, und werde feinem Beifpiel ping? o

ka... erlauben Sie mal, Ihre Zufünftige Bat Dod..."

Papa Lehnberg Hatte wieder mit einer anzüglichen Bemerfung bherausplajen wollen er verjtummte jo jählings und zog mit einer jo jchmerzhaften Grimaffe den Fuß unter den Stuhl, Dak des Freundes nadelſpitzer Schnurrbart wie in einem Krampf erzitterte. :

Aglas hielt das Köpfchen tief über die Arbeit geneigt.

„S9 werden jid) Uggley und Biola aljo thatfächlich verloben? Iſt e8 nur Gettatich, oder find Sie wohl unterrichtet ?” :

d) glaube Shnen verfichern zu cine daß mir bie Thatfache in wenig Tagen ſchwarz auf weiß leſen werden!“

„S0; na Glüd zur cart! d

,Oübábá! Mehr wie Droſchke zweiter Güte wird eg in Zukunft nicht abwerfen, und gegen Ende des Monats fann man fih nur Pferdebahn leiften!” Der dide Heine Millionär belachte feinen eigenen Wig fo fehr, daß er. fid bie Augen wijchen mute, dann änderte fid) plötzlich

feine Laune, er fah geradezu empört aus und fuhr ärger lid) auf fein Zöchterlein ein. „Zum Schockſchwerenot!

2e: 189

Das hätten wir eher wiffen folen . . . Dann hätte ich meine Taujende hübſch im Sädel behalten —“ 9(bermala verſtummte er erjdjroden, Saint Lorrain neigte fid) aber jehr interejfiert näher, „Wie? wie meinten ber Herr Baron ?" s Der Bater glogte ihn hilflos verängftigt an, Aglaë aber antwortete gleihmütig: „Na, vor bem | Herm Vicomte braudjt bu Dich ja nicht zu fchämen! |

Mein guter Vater ijt nämlich gründlich hereingefallen! .

Hat beim lebten Hofball eine Wette gemacht, Ugaley - werde die fleine Engländern, Tochter vom Gejandten, heiraten und nicht die Kodofig, und nun fann er feine entgfeijte Weisheit mit fünfzigtaufend Mart befiegeln ^ „Sa, ja! ganz recht, mit fünfzigtaufend Mark!” verficherte ber Kommerzienrat jefr eindringlich und mar plößlich wieder ganz vergnügt und ganz oben- auf; Saint Lorrain aber erörterte in längerem Disput, daß jener Anficht nach weder Lady Harriet, nod) Wulff: Gideon jemals an eine Verbindung gedacht hätten! Nun, die Wette war ja ein amüjanter, ffeimer Reitz bertreib gemejen! Und jünigigtaujenb Marf find doch wohl für einen Mann wie den Kommerzienrat ein faum nennenswerter Cinjab. Saint Lorrain findet es jo ichid und elegant zu metten! Er felbjt entriert mit Paſſion Wetten. Nicht allen am Totalijator ijt er ftändiger Gaft, er läßt auch jonjt feine Gelegenheit un: bemubt, privatim über Pferde, Damen, politiiche Ereig- nijfe u. j. m. Hobe Wetten einzugehen. Es ijt ein fo an-

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genehmer Nervenreiz, in der gefpannten Erwartung zu leben, es ijt mit einem Wort eine nobele Paſſion!“ Und diejes eine Wort eleftrifiert den Baron. Gr - ijt Dae eraltierte Gdjo des preder, und da ber Vicomte lachend ausruft: „Edle Seelen finden fid)! Eh bien, wenn wir beide jo gern wetten, diantre! jo wetten wir dod) [o8 ^^ ift Lehnberg entzüct, umjomebr, weil jein vornehmer Freund thn bet dem fidelen Vorſchlag jehr intim auf bie Schulter flopit und den Arm Balb -— um jeme Eejjellehne legt! | „Aber worüber? worüber wetten ?" | „od wette taujenb Mart gegen einen Heller, daß .

Sie fid) auch in nüdjiter Beit verloben! pn * Büngelt er febr Eun

terieaulidy unb verjd)mibt. !

Der VBicomte lacht. nR Wette wäre iden im vore aus gewonnen oder glauben Cie, id) fürchte mid) vor der Rolle des Chemanns : p |

,üuürdten? Nein!” Aglaë fieht mit bem Blick in ſein Muge. „E3 fragt fidh mur, ob Cie Talent dazu haben!” |

„Sprechen Cie e3 mir ab?”

Cie ift bei ihrem €iebling&tfema angelanat; ade Denflid) neigt fie das Köpfchen zurüd, Die Steine an ihrem Stirnreif tunfeln wie Raubtteraugen. „Das mache ich davon abhängig, welcher Art dic Rolle ijt. Gn ber

Comödie unjeres modernen Lebens jpielen bie Gatten do =

febr verfchiedene Rollen, Elägliche, heroifche, yriſche : Klein und unbedeutend ift jede, ob jo oder io^. |

Louis laht fehr amiifiert auf, in feinen jchlaffen Zügen regt fid) etwas wie Intereſſe Koſtbar

*

2 ; Zw. 2 ER À Pp Rute Ur NE, SM Worte

: M. Ree ONAR

a

fovit Wenn Sie mun die Rollen zu verteilen Hatten, Baronefje, welche ber drei Arten würden Cie mir zu- biftieren ? |

102 ae

„Sch würde lediglich abwarten, zu welder Ste Shr Weſen und Charafter prübejtiniert ^. *

„But pariert. Aber id gebe mid) Damit dub

quivicden ————— | : „Bas edi Sie un zu hören?”

"dre. Anficht über mein Wefen und meinen Chaz vater.“

Sie fuif die Augen gujammen und balancierte den Stift auf ihrem rofigen Fingernagel. „Ich biu feine Prophetin, welche in bie Zukunft haut!” |

„gubunft? Was hat bie mit dem Weſen eines Mannes zu thun?”

„Mit dem Wejen eines Mannes wenig, mit dem eines Ehe mannes alles.” |

Gr neigte fein Haupt, ftric) langfam über fein fpar- liches Haar und jprad) halb bittend, halb entſchul⸗ Digend: Ich bin jdjmad) von Begriffen, fajjen Cie mid) in verzweifelten nicht ines die lebten Soden ausraujen!”

„Dieſes Stichwort in ber Komödie war brillant, daraufhin würde id) Cie zum heroijchen Gemahl vor/chlagen !^ jpottete Aglaë grazis „und die Gr- flärung meiner dunklen Worte? O, Cie Dudmäujer, fommen Cie etwa aus einer andern Welt? Sit ein Mann vor und nad) feiner Berheiratung nicht eut grundverjchiedenes Wejen? Vorher blühen Rofen auf jeinen Zippen, nachher bleiben. nur Die Dornen zurüd. Ein Gourmadjer, ein Bräutigam find unguredjnungs-

d 193 =

fähig, fie finnen nicht ihrem. Bejen nach beurteilt werden, weil die Leidenjchaft, ob Liebe F Geldgier oder Ehrgeiz zum Riele treibt, blind und taub macht, und ihren Cha- rafter, ja ihre ganze Natur momentan umzuwandeln - vermag 1^ mS :

„Eine fithne Behauptung !^

Inwiefern fübn? Cie betonen das Wort ‚fühn‘ in einer Art, als wollten Sie lieber jagen, ‚unwahr!‘. Dennod) beharre id) bei meiner Anſicht Ein Herkules wird aus Liebe zum Weidling am Spinnroden, ein janfter Orpheus zum mutigiten Helden, welder den Kampf mit der Unterwelt wagt, bie geliebte Gattin wiederzugewinnen! Einen Grobſchmied macht bie Liebe zum Maler, und ein Toggenburg wird unzurechnungs- fähig gegenüber von Kloftermauern!” Aglaë lachte filberhel auf und biinzelte ihren Nachbar ſchelmiſch an. „Run, Monsieur le Vicomte haben fid) all

dieje Herren nicht als vollſtändig ver⸗ x

ändert?” ae

Saint Lorrain mebelte fid) mit bem Fächer ber jungen Dame und jah ihr tief in die Augen. „Orpheus war bereit3 Gatte und ich laffe e8 gelten, daß fid) bie Männer nach jeinem Sauter ändern. Wer al Bräuti- gam heiß liebte, ftebt alg Gemahl brennend wer al8 Gourmadjr die Geliebte einer Welt abgerungen, macht ala Ehemann ihren Befis ſelbſt Hölle und Teufel jtreitig ^ | |

Aglaë errötete unter bem Blid, welcher fie traf; der

W.v. Gidbitru tb, IM Rom. u. Nov., Gambie I. : 13.

-—— 194.

Kommerzienrat aber, bem jedes Gejprüd), welches die Grenze feine Berftändniffes überjtieg, jer unbehaglich mar, legte feine gejalteten - Hände wie elm rotes Fett⸗ poljterchen über den Wagen und fnippite bie Daumen zufanımen. Gein feifted Angeficht leuchtete in eitel Wohl- | gefallen. „Sie find ein wahres Brachteremplar, geliebter Freund, und ich bin überzeugt, bie Frau, welche Cic mal heimführen, hat dag große Loos gezogen! Wird geliebt bis in die Hölle hinein und fommt bei Hofe gleid)

hinter den Brinzeffinnen her! Ich bin vollitändig Ihrer ——— Anficht, aber bie Aglaë fieht fo nad)benffid) aus, ad

wollte fie noch eine Zeit lang mit Ihnen prozejiteren! Na mas jid) liebt, das... Hm, bm...” und der Sprecher lachte prujtend auf, |

„Aber darüber haben wir unjere Wette ganz ver: gefjen! Hahaha! Ich babe eine pradtyolle Idee! War da immer von Ihrer Rolle alg Ehemann in der großen Comddie die Rede bon! Ich jage: „Die Vicomteffe bon Saint Lorrain wird einmal bie glüdlichite Frau auf Gottes weiter Welt und Cie? Was wetten Sie daz gegen, geliebter Frend?” |

Das vertrodnete, lederfarbene Gefidi des Geiragten hatte etwas Fuchsartiges, er ftrich langjam den Snurr- bart, bie großen PVorderzähne leuchteten grel durch bie Lippen. „Sie fbmnen Doc nicht verlangen, lieber Kommerzienrat, daß ig au das Gegenteil halten jonl?” - Aglaë fah jählings empor: Kaum nift? Sie

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würden gegen meinen Vater außerordentlich im Vorteil

jem! Eine wahrhaft glücliche Frau ijt m unjerer Beit ein weifer Nabe, ich habe weder eine fennen ges lernt, nod) pon einer gehört, Das mag wohl jenen

Grund haben. Alle idealen Bori jibe von beglücken“ und ,,beglitcfen wollen“ find Geijenblajen, welche der Sturm des Realismus faft ausnahmslos verweht. Das Märlein von der ewigen Liebe findet feine Zus hirer und feinen Glauben mehr, und ich finde e3 tauz jendmal bejjer, ohne jegliche Sllufion eine Che zu ſchließen, als an ER N a, inne zu leiden!”

Saint Lorrain flare die Sprecherin an, ala Ichaue er ein Wunder. Voll Eraltation ergriff er ihre Hand unb 30g fie an die Lippen: „Baroneffe, Sie find nicht

nur das jchönfte Weib, welches mir je im Leben begegnet, a R jondern auch das geiftvollfte und Flarfehendfte! Nichts | | 2 jtaune, nichts erfenne id) mehr am emer Dame an, als .

Diejen freien Blick, welder die Dinge logiſch beurteilt unb fie voll männlicher Energie ruhig nimmt, wie fie find. Wir haben jchon öfters umjere Anſicht über mo- derne gejellichaftliche und ebefide Zuſtände getaujcht, und ich muß yeftehen, id) war entzüdt von unjeren Sym- patbten! Ich applaubtere! Eine Frau mit Ihren Ans fichten tann niemals unglüdlich werden, denn Ihre. dies fignation und Ihre nüchterne Weltanjdauung feien Sie gegen jede Enttäufchung. Und nur die Enttäufchung ijt ber Begriff von Unglüd, aus ihr entjpringt Haß, | N ud d

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Veradjtung, Rachegefiihl, Teoftlofigfeit. Eine Frau aber, welche nichts erwartet, verliert nichts.” Er erhob jid), legte bie Hand auf bie Schulter des Kommer- zienrats und blickte ihm lachend in die Uugen: „Eh bien! Auf Verantwortung ber Baronelje halte ich Ste Wette amb fage entgegen Ihrer Meinung: „Die Vicomteſſe von Saint Lorrain nm das unglücklichſte Weib unter

Gottes Sonne.” Gch fege mein ganzes Vermögen T

zum Einfaß, Denn obwohl ich weiß, daß ich e& verlieren werde, weiß ich auch, daß ich dafür ein Weib gewinne, weiches mich nicht allein zum reichten Mann, jondern aud) zum glüdlichiten machen, und jelber bie un der Glüclichen fein wird!”

&3 lag ein jonberbarer Slang in ber Stimme bes Sramgojem, er jprad) jo fchnell und erregt, daß bie wunderlichen J8iberiprüdje feines Wortes und feines Han- dein in den Tonwellen untergingen. Er mettete fem ganzes Vermögen gegen das ganze Vermögen eines Mil- fiondrs, eines Mannes, welchen er zu feinem fünftigen Schwiegervater erjehen. Cr wettete mit lachendem Munde,

„und wenn er feine Wette gewann, jo war feine Gattin ———

Dag unglüdlichite Weib unter Gottes Sonne.

Und lachend hielt ber Kommerzienrat die Wette unb. -

lachend ſchlug Aglaë durch. Was ristierten fie? Ob

gewonnen oder verloren wurde, das Geld blieb ja in Der Familie, und das Geld war bie Dauptladje. Eine Sicherheitstlaujel wünjchte ber Baron allerdings zu Proto- foll zu nehmen: Saint Lorrain dürfe fidh nur mit Çin-

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willtqung Lehnbergs verheiraten, was den Chevalier sans faute et sans réproche zu ber glüdlichen, verheipungs- vollen Außerung veranlaßte: „Aber Papa Lehnberg? Wie folte das anders möglich fein? Sie wiljen, ber Eltern Segen baut den Kindern füujer!^ -

Und dabei wechjelten Aglaë und er einen Blick rie Bmweie, bie genau wijfen, was fie wollen, aber felbftver: ſtändlich ohne alle SHufionen!

Ste Frivolität jedoch, das fchamlofe Weib mit bem Bacchantenftab. im Arme, ftand unfichtbar hinter ihnen und ſchlug erwartungsvoll ein Buch auf „Ein unz glücklich 9Seibl^ Moderne Comödie in mancherlet Alten!“ ichrieb fie grinjenb auf das Titelblatt. Der Realismus, ihr Bruder, ſucht Stoff für neue Zugſtücke, laßt jeben, ob er bier nicht gefunden wird.

—— ñ ——

Graf Uggley war von feiner Viſite zurückgekehrt Er. trat an Violas Seite und atmete tief auf: „Gott jei Dant, diefer Weg wire glüdlid) überitanben. |

Die junge Gräfin faute treuherziq gu ihm empor: „Warum haben Cie eigentlich einen folh ausgeſprochenen Widerwillen gegen Fraulein von Lehnberg? Sie urteilen jonft in allen Dingen jo gerecht, marum bredjen Sie diesmal den Stab über eine Dame, mit welcher Sie dod) niemals ein Wort wechjelten 2^ |

Gr lächelte, und dennoch waren feine Züge nicht heiter.

Lam m

Ich glaubte midjt, Ihnen jemala auf dicje Frage Antwort geben zu miifjen, denn ich meip, daß unfere Gebanfen und unfere Herzen fih auch ohne eine Aug ipradje verftehen. Warum id Fräulein von Lehnberg un⸗ erträglich finde? Weil fie i in allem und jedem das Gegen- teil pon Ihnen iſt, Komtefje!” Mit Entzücken blickte er in ihr heiß errötendes Antlig und fuhr erregter fort: -

Noch nie beftand eine jo fchroffe Haltung zwiſchen ben. einzelnen Menjchen wie jebt, weil nod) niemals Tugend unb Lajter fo grel zu Tage traten, wie in biejer Beit, ba Himmel unb Hölle um bie Erbe fümpfen! Bir alle ftehen am djeiberveg und müfjen ung ben Pfad wählen ben Weg und das Biel. Sch bin weit entfernt davon, mich zu einem Tugendgelden oder Betz bruder ſtempeln zu wollen, im Gegenteil, meine Lebens ftellung hat mich in das buntefte Weltgetiimmel hinein- getrieben, id) habe inmitten ber hohen Wogen des moz bernem Leben geftanden, und gerade barum, weil id unfere Zeit in jedem Pulsſchlag, fei e& im Balajt ober im Hinterhaus, grünblid) fennen lernte, darum habe ich, den Gejhmad an ihr verloren. Gräfin Biola”, er neigte fid) näher zu ihr und jah ihr mit leuchtenden Blid in das Angefiht, „haben Sie wohl ſchon einmal darüber nachgedacht, zu heiraten? Bitte antworten Sie mir ehrlich umb wahr” ——

Sie läcelte, ihre feisbebenden Hände rubten am Cpimmab. „Sc fenne ein Lied von Anaftafins Grin, darinnen heißt es: ‚als Dr Herr das Weib erjdjaffen,

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ſprach er zu ihm: ‚Du follft lieben!‘ und banum Denfe ich, der Herrgott, welcher die Frau zur Gefährtin be8 Mannes ‚geichaffen, wird e nicht alë Sünde anz rechnen, wenn eines Mädchens heimlichſter und ſeligſter Traum die Liebe ME -

(58 lag eine tiefe, freudige igs auj Antlitz: Dieſer Ausſpruch ſchließt ein ganzes Bekenutnis in ſich! Ich fragte Sie nach dem Wörtchen heiraten, und Ihre Antwort ſagt von Liebe! Ihnen iſt der Gedanke von Ehe unb Liebe ein unzertrennlicher Begriff. Da ſpricht feine andere Herzensregung, fein klügelnder Verſtand, feine nüchterne Berechnung mit. Sie, Gräfin Viola, heiraten nur aus treuer, wahrer, lauterer Liebe glauben Sie, daß SSaronejje Sefnberg auch mur eine zärtlihe Negung für Vicomte Saint Lorrain empfindet? Nein! Mit faltem Blute verkauft fie fid) jedem Manne, welcher ihr für ihre Hand und ihre Millidnen bie heiß— erjehnte Grajentrone, bie Ahnengallerie als Gegenleijtung bietet! Fraulein Aglass Wejen und Charakter find die erjd)redenben Ergebnifje einer modernen Erziehung, welche nie eine Mutter, jonberm alle flechten und jchädlichen Faktoren ber Großſtadt beeinflußte. Sie aber, Biola, jind erblüht wie bie Lilie auf dem Felde, ber Welt nicht fremd und dennoch dem Himmel Gottes jo nah! Ich”

Sie unterbrach ihn mit ee und dennoch febr verlegenem Gefichtchen: „DO Graf Uggley, wollen Sie mid) ploglich duch jolh unverdientes Lob eitel machen? Sch bin Ihnen im Grunde genommen fait ebenjo fremd

c 0900 ae

wie Fräulein von Lehnberg, denn obwohl wir Nadbars- finder waren, jafen mir uns bod) nur febr felten und während Cie jchon ein großer Herr waren, jag id) nod) in der Rinderftube! Die Natur Bat mir ein ſchlichtes Uusfehen verliehen, Aglas ijt eine fpriihende, glühende Schönheit, ich fürchte, Sie laffen fid) von dem Scheine täuschen und urteilen als Sdealift diesmal nur nach der trügerifchen Außenſeite!“

Er ſetzte fid) neben fie und ftrich langfam über die Stirn. Der Saal war in ber Mittagspauſe menjen: | leer, und der Kleine Kreis, welcher fie umgab, plauderte und fcherzte feitlich vor der Bude des Hana Sachs.

Mein, Gräfin, Gott fei Lob und Dank, bin id) ein zu erujt benfenber Mann, um mid) von einem falfdjen Glorienſchein blenden zu laſſen Vielleicht intereſſiert es Sie, zu wijfen, wie wir Männer uns oft ein Urteil über Damen bilden. Ic will Ihnen zwei furze, kleine Ge- ſchichten erzählen. ES war bei ber großen Gratulations- cour. Bor dem Schloßportal jtand ein ſchlichter Soldat Schildwacht Die Equipage des Baron Lehuberg fuhr an und al bie Baroneffe an bem Poften vorüber fchritt, hörte id) deſſen entzücten Auffchrei: „Aglaë Auh

die junge Dame hatte ihn gehört wie von allen Furien

des Hochmuts gepeit} hot, floh jie an dem Sugendfreund vorüber. Im Bejtibül aber hörte ich fie mit zifchender Stimme dem Vater guraumen: wc) verlange, daß bu Diejen Bauernjungen volljtändig ignorierft” Da

war mein Urteil gebil det, ich Habe dieſes hodmiitige, |

kaltherzige, undankbare und niedrig denkende Geſchöpf verachten gelernt. Und nun bie zweite Gejchichte. Sch war daheim auf dem elterlichen Gute und fuhr perjönlich nad) Möllin, um meine Schweiter bei der Gräfin Kodofit abzuholen. Der alte Graf führte mich ſchmunzelnd durch die Salons, nach dem Zimmer, in welchem bie jungen - Mädchen zufammen jagen. Wir begingen ein großes Unredjt, wir laufchten hinter ber Portiere, denn das Geſprächsthema war höchſt interejjant. Eine ber jungen Damen hatte bie Frage aufgeworjen! ‚Wie wünſchſt du bir einmal deinen Mann?‘ und jede der Freundinnen entmidelte ehrlich ihren Gejchmad: ‚Schön reich bornehm geijtreid) liebenswürdig elegant‘ waren auéjdjlieBlid) bie Stidjworte, welche fielen. Befcheiden am Ende des Zijdje8 jag ein Backfiſchchen Sie ward

dunfelrot, al3 bie Neihe des Antwortens an fie fam. - Endlich jchlug fie bie blauen Rinderaugen auf und ſprach

leije: ‚Sch wünfche mir nur, daß er brav und fromm ijt, denn das ijt bod) die Dauptjade Das Backfiſchchen hieß Biola, und aud) über fie war mein Urteil fertig.

Das jüfe Kindergeficht und ber Klang diejer Worte hat mich durch das Leben begleitet und find mir zum Segen geworden. Wenn die Welt und das Lajter feine lockenden Arme nad) mir ausbreiteten, ftand pliglid) ein goldlodig - Mädchen vor mir, jah mich an mit den Augen holder Un- ſchuld und jprad): ‚Fromm und brav, das ijt die Haupt- fade.’ Sch bin fromm und brad geblieben, und ich habe das Bild bieje8 guten Engels im Herzen ge-

men 202 7 c.

tragen.” Uggley nahm die bebenbe Hand der Geliebten in bie feine und umjchloß fie treu unb feft. „Und ba ich weiß, Viola, daß dein edles Herz nicht mad) den

Dingen verlangt, welche andern Damen einen Gatten ——

begehrenswert machen, fo wage ich e$, mit biejer einzigen

Mitgift, melde ich einem Weibe bieten fann, zu dir zu = ae fommen und zu fragen: „Willft bu mich lieb haben, ^

Viola? ich bin nicht reich, nicht ſchön, met geiltvoll aber ich bin fromm und brav!“

„And das ijt bie Hauptjache!”” flang e8 jchluchzend vor Seligfeit von den Lippen des blonden Cohens, „fein Weib unter Gottes Sonne wird und quse noe bos als ich 1 pes

- Die Srivolitat 1 mar auch hier leije TRUM CUT & aber fie jdjfug ihr Buch zu und Jon id

Angeficht.

IX

Klage nicht, dak Du im Feſſeln feift geſchlagen, Klage nicht, daß bu ber Erde Joh mußt tragen ! Sage nicht, bie Liebe babe bid) verlaflen, —- Wen hat Liebe je verlafen? Kannft bu'8 fagen ? Friedrich Rüdert

te Frühlingsſtürme fauften über bas Flachland. Licht und Schatten fampyten den urewigen Kamp}, V! und bie lekten Sterne erblichen hinter den gere rinnenden Wolkenſchleiern

Naßkalt fiel Der Tau; wie weiße Nebel braute es geilterhaft über Wald und Wieje, unklar und verſchwom— men im Morgendämmer jtarrien die alten Weiden am Bachrand. :

Hub, wie fie fid) neigen, wie ihre blattlofen Zweige im Binde flattern! Die Gbaujjee führt jtundenlang hin durd) Ader und Wieje, mur zeitweife jüumt furg-

1mm SOR

bujchiger Kiefernwald - die eine eae. unb menm er auf -— hört, treten wieder bie alten, fuorrigem. Apfelbäume in ihr Recht, welche jo lange, mie Hans Burkhardt zurüd: denfen tann, ihren herbſtlichen ;yrud)tlegem auf bie aus- gefahrenen. efmigeleife jtreuen! Die Wege find chlecht, eg ijt wenig für die Chauffeen gethan, ba, wo fie auf- hören finiglic) zu fein und Eigentum des Millionars von Lehnberg-Moosdorf werden. Der Baron hat (chon feit Jahren bie Bitte des Dorfichulgen abgejchlagen, - Gelder ind bie ſehr notwendige Wegeaufbeſſerung aus⸗ zuwerfen Biele behaupten, eg jet Geiz von ihm, andere, welche noch mehr des Gejchäftlichen mit ibm zu verhandeln

haben, zuden bie Achſeln und jagen: „Es geht rückwärts mit ihm! er fat fi ein paar mal im eter Beit

- gründlich verjpetuliert, umb jeme Tochter gebraudjt für ihren fürftlichen Aufwand Summen, ‚welche aus Moosdorf

p iu nicht mehr herausgequeticht werden fonuen. s

Sa, ein fürjtlidjer Aufwand! - 3 eo Der Wanderer, welder. einjam im feines Weges fürbaß fchreitet, ſeufzte ſchwer auf. bleibt einen Augenblick ſtehen und zieht den Hut vom Haupt. Der Wind wühlt ihm das blonde Lockenhaar aus ber Stirn und tipit die übernächtigen Augen, das thut mobi Hans Burkhardt ijt bie ganze Nacht über gefahren, und ba er jeden Pfennig jparen muß, jo hat er nicht bie Poft nach Moosdorf benugt, fondern wanz derte zu Fuß in Nacht und Nebel hinaus. Vielleicht hätte thm der Vater Pferde gejchickt, wüßte er um das

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Kommen: des Sohnes, aber Sans will daheim übers —— ra iden, cer will die Erklärung für fein Rommen felber bringen. Welch ein Schwerer Gang! Das Herz hämmert bei dem Gedanfen an bie nach iter Stunden in ber Bruft bes jungen Mannes. |

Heute muß und wird e ſich entjeeiben. Gott möge ihn gnädig fein.

sürdtet fih Hans Burkhardt vor ben nüdjiten Stunden? Nein! Sein junges Angeficht trägt Den Ausdruck eifernen und unbengfamen Willens; eine herbe Falte liegt zwiſchen Den Augenbrauen, und bie fonit fo lachenden Lippen find fo feit geſchloſſen, al preffe fie der

Schmerz zujammen. Er ift in wenig Monaten um Jahre älter geworden. Das Ningen, Kämpfen und Arbeiten hat ihn mit Sturmesſchwingen der Zeit voraus getragen das Herzeleid, welches er erduldet, Hat ihn gereift. Gr hat zuvor nicht gewußt, daß das Menichenherz fo felt und zähe an einem Traun hängen fann, er fat e8 nicht gemupt, wie fehr er liebte. Ceit Rindes- gedenfen hatte er ein Bild im Herzen getragen, das war mit ihm verwachjen und zu Fleiſch und Blut geworden, ohne daß er e8 empfunden ober fid) deffen bewußt ge- nee war.

Erſt in ber Stunde, ba es für immer Berauégerijjen werden follte, ba fühlte er's am feiner Qual und am feinem Schmerz, dak eS zu | {pat war, Was nügt dem Arzt fein Meffer, wenn er eS nicht zu rettendem Schnitt am das eigene Herz anjeben fann? (Gr, Der eS zu

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feinem Beruf gemacht, Taujenden von Mitmenjchen Hei- lung und Erlöfung zu bringen, er jelber muß verbluten an einer Wunde, wern nicht der Arzt aller Ärzte feine barmherzige Hand darauf legt mit Dem helfenden Balſam ſeines Wortes; Lerne vergejjen!^

Berge] ſſent! Hans Burkhardt bleibt ſtehen und atmet ſchwer auf. Sein Blick ichweift hinüber zu bem fautlojen Parf, burd) welchen jern hin bie Türme von Moosdorf im erjten Frühlicht erglangen. Wie joll er hier pere gejjen! Hier, wo jeder Baum, jeder Strauch an fie mahnt, bie jo unwert ift, auch nur einen einzigen Gedanken eines braven, redlichen Burjdjen zu befiten, und die dennoch mit unauglöfchlichen Linien in Herz und Seele gezeichnet ijt jo unvergänglich mie bie Erinnerung an die Rind- beit, deren verflärende Lichtgeitalt fie gemejen! So lange dieje Scholle feine Heimat üt, fo lange wird das Andenfen an 9fafaé ihm den Frieden jeiner Ecele rauben. Er hat das jchwere Blut des Baters geerbt, er fommt nicht über bem Etein hinaus, den man ihm, jene Hoffnungen zertrümmernd, in den Weg wirft.

Geine Heimat! Ein jchneidendes Weh durchzieht die Brujt des einfamen Wanderers. Wer weiß, was die nüdjte Stunde bringt, wer meip, ob er nod) einen Vater, nod) eine Heimat hat, wenn er diejen Weg zurück fchreitet ? Das Schidjal hat in Diejer legten Zeit mit Keulen auf ihn eingejchlagen, e$ hat thm feine Liebe, feine Sdeale, fein Glick genommen warum foll es ihm nicht aud) Eltern und Vaterhaus nehmen?

ad TS S

Ein bitteres Lächeln jpielt um die Lippen des jungen - Mannes, er hebt den Stock und läßt ihn pfeifend durch die Nebelluft jaujer. Ihm ift’s, als müfje er unſicht— "bare Bande durchichlagen, als müffe er ein grelles Hohn- liedlein voll Galgenhumor mit Hetjerer Kehle anjtimmen: ppi, edidiat, ſchlag nur zu wir wollen Ie n, wer cher müd’ ich ober du!”

. Singt nicht jo ber Bettelitudent? 3Bettelftubent!

Was ift er anderes? Hungernd und bettelnd hat er an bie Heimftätten des WStulap geflopit, bis fie ihm pon mitleidiger Hand aufgethan hungernd und bettelnd hat er früh und jpät vor des lieben Herrgott Thür ge- itanden: „Mein tüglid) Brod gib mir heute’, denn oft hat er das Geld für dicjes Brot hingeben müſſen, um den Ankauf eines Buches oder Snftrumentes zu er- möglichen, und bettelnd und zagend wird er nachher vor feinem eigenen Bater ftehen, um das einzige zu ere flchen, was ibm das Dajein mod) erträglicd) machen tann! o

Wird eS ifm glüden? Wird der ftarre Sinn des Vaters zu beugen fein? Dann fann er einen friedlichen Weg zum erfehnten Biel wandern wird er jedoch aber- mals abgewiejen, dann heißt es al& Bettler weiter ziehen, durd Sturm und Nacht, durch Kampf und Gorge, auf einem Lebensweg, ber noch weit jteiniger, noch weit müh- feliger ijt, denn Dbiejer bier, welcher thn nad) bier furgen Stunden jdon jo müde gemacht!

Und nicht allein die Süße find müde, aud) fein armer

908.

Kopf, fein Herz, fein monies Weſen ib Sein fehnt fid) | nad langem und traumlojem Golaj. = =

Seit er Agla& im Brautihmuf an ber Seite eines fremden Mannes vor dem Altar erblidt, ijt ibm zu Sinnen, al müffe er bie Augen fliehen, alS habe er genug des Schmerzlichen gejaut, und feit ihm Aglaes s. in bie Ohren gegellt, möchte er taub fein er hat genug ~ des Traurigen gehört.

Der Wind jaujt durch die Sichten, nag unb falt riejelt e3 bem einjamen Wanderer über das Angeficht. Gr hebt mit gujammengebiffencn Zähnen trogig das Haupt. Er jagt fih im Gedanfen abermals dasjelbe,

was er jid) jchon hundertinal vergeblich zum Trofte gejagt: -

„Verdient e8 Aglaë, dağ ein Mann ifr naditrauert?^ Damal, als er nad) dem Diner von ihr gejchteden, empfand er mur Verachtung und Grol gegen fie im Herzen, ba hatte er ihr ummürbiges Poſſenſpiel durch- ichaut und war zu Stolz gemejen, fid) eine Rolle in fol) erniedrigender Comödie zuerteilen zu laffen. Und als er im Bazar ihre ftolgen, herglojen Worte gehört, ba fchnürte ihm bie Erbitterung und Empörung. über jold) eine flag: life Hochmutsteufelin die Kehle zu, jonit hätte er ihr wohl vor aller Welt eine Antwort gegeben, welche die Baroneffe von Lehnberg— Moosdorf für emige Seit zum Geſpötte ber Reſidenz gemacht haben würde!

Da war feine zärtliche Negung mehr, welche in feinem Herzen für fie ſprach, und doch, wenn er daheim in feinem armfeligen, itilen Stübchen fag, dann fam e8

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über ihn wie ein leidenfchaftliches Weh, dann war ed . ihm, al8 müjje er uo am Grabe feines Glücks zu Tode weinen!

Seine Vernunft, fein Nechtlichkeitsgefühl und feine itrenge Gfrenfajtigfeit verurteilten die Geliebte auf das Unbarmberzigfte. Und jein idealer Kinderglauben, fein treues Herz hingen mit zäher Annigfeit an dem Traum jeiner Kindheit. „Es fann vielleicht alles noch anders Gott der Herr lenkt die Menſchenherzen wie

Waſſerbäche, warum ſollte er. nicht aud) Aglaẽs verirrte Seele auf den rechten Weg geleiten? |

Es jchien ifm gang unfaßlich, daß er ihr fo wells gleichgültig fein follte, wo doch fein ganzes Herz mit jedem Puls ichlag ihr jeit abren jo treu zu eigen marl

Die Morgennebel dampfen auf der Wieje ein erſter, glühender Sonnenftrahl zudt im Often empor und. durchleuchtet fie. Da fliehen die Schatten, da fteht alles, was zuvor ein dämmriges, NE, Närfel gemejem, in grellem Licht.

Hans Burkhardt legt mie jchirmend bie Hand über die Augen. Juft jo mar e8 auch in feinem Herzen Bell geworden. Die Nachricht von Aglaés Verlobung glih jenem | bíenbenben Sonnenjtrahl. Da jah er erit, wie jehr ihn feine Hoffnung in finftrer Nacht betrogen hatte, Nun ftand alles flar und deutlich vor feinem Blid, mun wußte er, daß jeglicher Glaube an ein edles Gefühl der Beliebten nur ein trügerijd) Nebelgebilde gemejeu! Ein

Weib, welches fid. faitblitig: einem Manne moie dem: Giatiruty at Monta. ea? Comöpie L 14

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Nicomte de Saint Lorrain verloben fonnte, war nicht fähig, deu Begriff des Wortes Liebe zu jajjen, für bie exifticrte nur das gejchäftliche, vorteilhafte und ego- iſtiſche Jiedjenerempet, welches den Ehehandel abſchloß wie einen Rauf. Ihre Millionen gegen den vornehmen Namen, ‚gegen bie lange Ahnenreihe ihres gedenhaften, widerwartigen Verlobten! Mehr verlangte jie nicht, und mehr erhielt fie nicht. Wird fie jemals das Deficit an Liebe in ihrer Berechnung vermilfen? Nein; die Liebe, welche die Ehegatten einander als köſtlichſtes Heiratsgut zubringen, bie ijt geftrichen in der modernen Comödie be8 Chebruchdramas. Da geht jeder jeinen eigenen Weg, unb mer nicht viel bunte, giftige Blümlein am Nande bieje8 Weges pilüdt, der ift entweder ein Narr, oder er Hat ein ht bedauerliches perjön- liches Beh!

Der Brautftand Dat nicht lange gewährt. Die Tochter des Millionärs Bat fid) nicht die Finger zerjtochen, um Die Austattung zu nähen, und der Vicomte brauchte ja fein Gramen zu maden, auf welches gewartet werden mußte! Warum aljo fid) gegenfeitig langweilen durch eine Brautzeit, welche wenigitens der Welt gegenüber fo viele Unjpriiche an Bartlichfeit und Galanterien ftelft, welche Aglaë lachend eine „einfältige Gefühlsdufelei” nannte. |

Das $üjem ift eine abgejchmadte Rinderet! Was hat der Kuh eines Brautigams noch für einen Reiz? Keinen. Nur jener jlücbtige, geftohlene fofett und

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giftigfüß wie ein Heinefdes Gedicht —, oder jener glühende, finnbethörende ſchwül und wetterdrohend, gefährlich wie eine Ballade von verlorenen Seelen nur der fann noch entzücden, beglüden und die Nerven auf- reizen zu Schnellem Genuß! Aber bie Lippen eines Bicomte de Saint Lorrain fenfen fidh fühl mie Schnee:

flocken auf das Autliß jener jungen Braut und fein Händehrud it fein &d)mur, mur eim höflich ceremo- nieller Gruß. | s Man fat das Brautpaar beobachtet, wenn es im €tabtparf jpazieren fuhr. Der Bicomte balancierte feit dickes Stocdrohr, und Uqlaé gähnte. Aber die Hochzeit fand verhältnismäßig febr jchnell

Watt. Die Deforateure und Arbeiter haben Tag und 14*

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Nacht Schaffen müffen, um bad Ralais fiir bas junge Baar zu einem Paradies zu geftalten. Es funfelt darin von Gold und Gbeljteimen; fchlanfe Palmen ragen, und bie Blumen duften füge Märchen wo mag bie Schlange ihren fehillernden Leib verborgen halten? Rein Paradies ohne bie Natter. Hang Burkhardt hat geitanben. und die Hände gegen bie Düunnernben Schläf en geprept; er hatte mit fich ‚gefämpft und gerungen, ob er hingehen folle i in bie Kirche, ein Zufchaner mehr bet ber großen Trauungsfomddie zu jein! Geladen war er nicht zu dem Felt. Wie follte er qud? Er hatte ja fein hochzeitlich Gewand mit Band und Stern, er hatte fein Wappenjchild in die Schranten zu tragen! Er war ein armer Bauernjohn ein Bettel- ftubent, welcher als gemeiner Soldat vor der Thür Schild» wacht jtebt, wenn bie Frau Vicomteſſe zu Hofe fährt! Er wollte nicht gehen all fein Stolz bäumte fid) wild auf gegen. biejen elenden Blag im Zujchauerraum, und doc zog e8 fein Herz mit magiſchen Gewalten zur Kirchenthür Wie im Traum legte er den Weg zurück er wußte es felber nicht, wie er ihn gefunden. Wurde er wohl eingelafien? Gewiß! Die Kirchthüren ftanden weit offen, und Die Lataien und galomnierten Diener wiejen die guftrdmende Menge zurecht. Se mehr Rublifum, bejto beffer! Die fchöne Braut hatte fid) bod) nicht allein für ihren alten Vicomte geſchmückt Die ganze Mefidenz jollte fie jeben unb. beronndern! Die Damen, Frauen und Mädchen jollten jie beneiden, Die

gore

Herren fie mit eiferfüchtigen Augen begehren! Hat der Kommerzienrat etwa nur für bie geladene Hochzeitg- gejellichaft dieſen unglaublichen Pomp entroidelt? O nein! e8 mar eine Schaujtellung für alle, welche ba fommen wollten, bie Opulenz eines Millionärs anzujtaunen! War das wirklich eine Trauung, eine firchliche eier, bet welcher ber Geift Gottes über den Verjammelten ichwebt, und der heilige Ernft der Weihejtunde e3 einem jeden jagt: „Siehe, id) bin mitten unter euch!” —?

Nein! Die Orgel fpielte wundervoll, der Domhor |

jang feine herrlichiten Weifen, und bie ganze Kirche {chien ein flimmerndes, blittenburd)bujtetes Lichtmeer, aber feier: (id) ward es dennoch feinem zu Mut, der errartungsvoll und neugierig auf feinem Plaß ſtand, fo wie fid) ein tritifz luſtiges Bublifum im Parfett und üt den Logen anjammelt, um einem Schwanf zu applaudieren oder ihn auszupfeifen. Da raujdjte es von Canunet, Atlas, Seide und Cpiben; da bewegte fid) ein Zug durch bie Kirche, von - welchem jeder einzelne Teil (nehmer wohlgefällig lächelte. „Schaut mich nur an! Sch pubte mid) ja, damit ifr'8 jeben ſollt!“ | Welch eine Schöne Braut! Eo mag Königin Brun- hild ehemals bie Kirchtreppe emporgeftiegen fein, io ftolz, fo jelbftbewußt, fo gang und gar Herrin und Gebieterin Das Publifum ber Reſidenz hatte ſchon viel Bräute zum Altar jchreiten jehen, eine folche nod) nicht. Kein geneigte Haupt, fein holdjelig Erröten mäbchen:

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hafter Wangen, fein gages Anjchmiegen an den Geliebten Aglaë ging hocherhobenen Hauptes, ein fiegbewuhtes Lächeln auf bem jchönen Angeficht, jelten Echrittes und jo harmlos ungeniert an ber Ceite ihres Ermählten, als führte fie berjetbe | in animiertefter Stimmung durd) emen n Ballfaal. e.

Ihr Blick eiai pie Ruf idet Kopf um Kopf mit bem Wusdruct triumphierenden. Behagens, welches ſich endlich am Biele fiet.

Und plbplid) hob fie das Mapfehen höher, ihr Blid bligte durch ben zarten Cpibenid)feier zu Hans Burkhardt hinüber. Sie lächelte ihm zu, beinahe jah eg aus, als wolle fie ihm irgend eine launige Bemerkung zurufen, dann hob fie ihren töjtlichen Brautftrauß an die Lippen und neigte das Antlik tief in bie fühlen Orangebliiten herab. Sie liebt ftarten Blumenduft, er perjebt fie in eine angenehme Stimmung. Hana erinnert fid) genau ibrer Worte, die fie einitmals in Moosdorf zu ihm jprach, als er neben ihrem Diwan auf bem Fußkiſſen

figen und ihr vorlefen mußte. Sie rollte derweil feine - |

blonden Loden um die Fingerſpitzen und wenn e8 ihr gerade in den Ginn fam, tüpte fie ihn. Die jchöne Braut ijt nicht fonderlich andächtig bei ber Traurede. Cie ordnet ihren Schleier, bewegt das Köpfchen Hin und her und beſchäftigt fid) viel mit ihrem Strauß. Fede ihrer Bewegungen. marfiert Ungeould. Der Bicomte fteht dafür defto gelaljener und. phleg- matijcher. Hie und da ftreicht er mit bem einen F Singer

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feinen Schnurrbart, und bann ftarrt er fehr ungeniert zur Seite auf das Blumenarrangement unb mujtert e3 mit füblem Blid.

Auch heute ijt die Eleganz feines Anzuges gedenhajt putrtert, feim Teint gibt etlichen Beobachtern Anlaß zu ber Bemerfung, daß er fid) gejchminft habe, und em paar Herren biegen fid) vor Lachen bei der Verficherung eines alten Kammerherrn, dag weiße Blatt, welches aus der Brufttafche des Bräutigams jchaue, jet ein Teil ber TFliegenden Blatter mit einem famojen Wik über eine „Bernunftehe!”

AS die Ringe gewechjelt werden jolen, muß Aglaë den Handichuh abjtreifen, unb fte wendet fid) mit einer etwa einjtubierten Bewegung zurüd, den Strauß nieder | zulegen. Sie hat jid) genau ben Sag von Hans Burfhardt gemerkt, man bligt ihr Blid au ihm hinüber. | Ein brennende Schmerz gtübt ifm bud; Herz und Hirn. Er bafnt fid) etwas ungeltiim und rückſichtslos feinen Weg durch die Menge unb drängt der Thür zu. Das lebte Stichwort ber Comödie, welches fein Ohr ^. trifft, ift bag laute, gleichgültige „Sa“ der Braut. :

Nie glaubt er eine jo falte, Harte Stimme gehört zu v

haben, er jdjaubert zufammen bei ihrem Klang, und bod) iſt's ifm, als fónne ihn nun fein aut auf Gottes weiter - Welt mehr beglüdem.

s Gr ftürmt burd) bie prunfenden Wagenreihen in ben Six ber Straßen hinein, TOU, immer ziellos

=m

weiter. (8 tjt ein ftürmifcher Srühfingstag, und ber Regen beginnt zu fallen. Er gebenft an einen alten Stberalauben jeiner Heimat: „Benn ber Sturm den Braut- franz faßt, hält das Glüd im Haus nicht Rajt ſchneit's der Braut in bie Myrten, wird fie 'ne reihe Wirtin, regnet'á ber jungen Frau ins wird ne alles Geldes baar.“ |

Es jtürmte und regnete, reqnete Aglaë, Der jungen Frau in das Haar. Nun, bie Armut braucht wohl bie Tochter eines Millionärs nicht zu fürchten aber Der. Sturm! pas Glück fann nicht mit Geld erfaujt werden.

Und aud) jest jaujt der Frühlings— Turm daher und zerrt an dem Mantel des gedanfenver- [orenen Wanderers, alë wolle er ihn aufrütteln aus feinen quülenben Träumen. Die Sonne ift aufgegangen; ganz und gar aber fann fie ber brauenden Nebel mod) nicht Herr werden, wie ein gelbdunitiger Vorhang hängt es mod) por bem Horizont, und Der Wind fegt jchwefel- farbene ee wie zerfetzte Fahnen über den Himmel, = Naber anb näher rüdt Moosdorf. Hang ſieht ihon Das rote Biegelbad) des Padhterhaujes aus den Lindenwipfeln tauchen, und nach tüchtigem Ausſchreiten ſteht er bald vor dem Lattenzaun des Dbitgartens.

Hinter ber Wegbieaung rumpelt ein Wagen berzu. | Der alte Fuchs, auf einem Auge blind und für den Pflug zu ſchwach geworden, trottet vor ber Milchfarre feinen -—

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alltäglichen Weg zum ei Kreisſtädtchen Frieder, der Milchjunge, ‚welcher des fallenden. Nebels und Der Kälte wegen eine alte Pferdedecke über den Kopf gezogen, ftarrt dem einfamen Wanderer mit weit aufge- rijjenen Augen entgegen. Als er ihm erkennt, geht ein

breites, berfegene8 ne Grinjen | ae eub ee Geſicht | Bee uten Morgen pod) '^ | ee „Guten Morgen, Grieder. Alles wohl und gefund - im Bachthaus?” | s | yoo, jo! .. . Dith, ‘Fob! pip!" Und weiter tanei der alte Holzfaiten. | Bläulicher Rauch fräufelt über bem Gdjornftein, und - aus dem Ho} thor fenft ein Ochjengefpann mad) dem Feld hinaus. (G8 wird lebendig auf dem Pachthof. 5 Jetzt ſteht der Vater in der a ſtopft ſeine

9218 ce

Pfeife und jchaut nah bem Wetter aus, welche Sorte Stiefeln und welchen alten Filgrod er herzu langen foll. Und dann jegt er fid am Frühſtückstiſch um [ebernen Armjefjel zurecht und jchlägt (angjam das Andahtsbud) auf. (8 geht bet ihm nicht jonberfid) flint mit Dem | Lefen, barum ftudiert er den furgen Morgenſegen gern erji einmal allein burd), ehe er ub bem Gejinde feter- an vorbetet.

Und Mütterchen steht derweil in. ht Küche am Herde und brüht den Kaffee auf, denn ifr lieber Alter ijt ein Starrfopf und hält's bei ber Gewohnheit. Wenn ihm jein Gretel nicht den Kaffee focht, dann jdjmedt er ibm nicht, und dann trinft er ihn nicht und davon beibt teine Maus einen Faden ab! |

Nach der Küche zicht e8 Hans Burkhardt: zuerit. Welch ein wonnejam Empfinden ift e$ bod): Nach Haufe tommen!” Das Herz hängt Daheim am allem, und alles, was das Muge traut und befannt miebererblidt , das ift ein Stic Heimat, ein Stüd Herz von unjerem Herzen. Hocharmend jtcht ber junge Mann und blidt voll tiefer Miihrung auf fein Vaterhaus, und als der Schwarze Cpib feindjelig um das Hojthor herum fährt und den Fremd- ling anfläfft, da lacht Hans mut zärtlicher Stimme: „Ei, Moppelden! Du dummer Kerl, fennjt Du denn deinen alten Spielfamerad nicht mehr?” Ein jähes Zurückprallen, ein zitterndes Anftieren und dann ein lautes, jchrilles " Freudengeheul Moppel ſpringt au feinen Herrn empor, - er dreht jid) in der Luft und überjchlägt fih vor Au

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regung, und Hans fniet zu ihm nieder und ftreichelt ihm Das fluge Hundegeliht. Dann wendet er jid) hajtig zur

Seite und jdjreitet an dem miebern 3aune des Gemüſe— gartens entlang, Moppel gibt im wilden Sprüngen das Geleit. : |

Hans weiß, Dag der Vater ftets an das Fenſter tritt, - wenn Der Hund laut wird, und er möchte gern bie Mutter vorerit allem jehen und begrüßen. Bon dem Gemüſe— garten führt ein ſchmaler Weg bireft zur Küche. Der junge Mann fdjwingt fid) befenbe über den Zaun, und

Moppel raft bellend nod) ein Etüd weiter, wo er in Der n

Schlehdoruhede einen Durchichlupf wei, und dann wanz dern beide wieder Jelbanber Durch bie weichen, regen durchnaßten Gartenwege. Der Schnee ijt geſchmolzen, ein paar Stauden braunen Kohls ſtehen nod) auf den Beeten, und vertrodnete® Spar— gelkraut | 2o

Alles wie ſonſt Hans fennt nod) jede Lüde in dem Buchsbaum ber Wegeinfaffung, wo ifm ehemals Mütter— chen bie Ditereier verftedte. Dort auf ber Rabatte, wo frühe Krofus und bie grünen Büſchel ber Staijertrone zur Dfterzeit ftehen, hatte er einmal fogar einen riejen- großen Chofoladenhajen gefunden, den Aglas für ihn aus der Nejidenz gejanbt. -

Wieder 9fafa8! Muß er denn auf Schritt und Tritt an fie erinnert werden? Die Luft weht ibm dod) jo friſch Am bie Stirn, tann fie denn ben ungliidjeligen Staub biejes 3 Angedenfens nicht aus feinem Hirn weben?

ccc o.

Da find mir Mitterfeing blaue Augen, die ihm einen p Himmel des Friedens erjchließen fönnen! : : Dort fteht bie Küchenthür offen! Hans ichreitet ſchneller aus, nähert fid. Seaton unb faut vorerjt Durd) bie klei⸗ nen Scheiben des Fenfters - hinein. a : Seine Mutter! Da steht fie, une —— verändert wie r fie jeit Kindesbeinen ſtets frühmor⸗ gens am Here be gelehen. Cie trägt . einen Dunklen, schlichten Warprod,der - halb verdect De. | dit von ber meitbaujdjigen Schürze, welche bie etwas forpulente | Seitalt mod) runder erjcheinen läßt. Ein meißes, großes Tuch, ringsum mit einem fteifgejtärften Volant bejebt, freugt fich über bie Bruft und endet in blendend - weißen Sipfeln in der Taille auf bem Rüden. Die Haube -

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jheint mad) einem Schnitt aus Grofmutters Reiten anz gefertigt. Smet blütenreine Tollen legen jid) jchlicht wie zwei Klappen über die Ohren, und aus ihrer Mitte erhebt

fid ber krauſe Batiſtbauſch, welchen über der Stirn

eine buntgeblümte Schleife von. Seidenband ſchmückt Der junge Student muß wumillfürlid) an Frau Nat Goethe denken, deren Bild ifm Hier lebendig geworden. ſcheint

Mütterchen ſteht feitlich gewandt vor Dem Herd. Ihre fleijchige, runde, Heime Hand fapt den brodelnden Waſſer⸗ feffel und. brüht. den Kaffee im Trichter auf. Sie greift energijd) zu, ie und Kälte find ihr gewohnte Dinge. Wie jauber, wie appetitlich, , wie traut und lieb ift das Bild biejer alten Frau! (68 paßt im den Rahmen, darinnen es ftebt; eine große MWirtichaftsfüche, bie Mügde hantieren um fie her, alles bligt und blinkt, von Seffel und Stelle herab bis zu den Steinfliefen des ube bobens. Das Herdfeuer beleuchtet grell das liebe, faltige Matronengejicht, ba bie Pachterin den Rejjel von den Flammen hebt. Die dichten Haarfcheitel liegen fpiegel- blanf unter der Haube auf der Stirn, und obwohl fie (don ergraut find, ſchmücken fie bod) noch ein rofiges, rundes Geficht, das trog der Falten und Linien nicht. alt erjcheint. Hang fühlt, wie ihm das Herz vor Liebe unb Nührung hoch bis zum Halje jchlägt, er beugt fid) uod) weiter vor, das teure Bild in all feinen Einzelheiten - zu Schauen! Endlich wendet Frau Burdhardt das Haupt und fagt in ihrer freundlich ernjten Weife: „So, Dore,

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ich bin fertig mit bem Kaffee; mun gieBe bie Suppe ein und trage fie zu Tiſch; bie Anne "a derweil” Die Leute zujammenklingeln!”

Und die Sprecherin cites zum großen flüchenjchranf, bie Mundtaffe des Haushern eigenhändig heransgzunehmen und fie noch einmal forglich abzuitäuben, ehe fie Diejelbe auf dag Stafjeebrett feßt. Die große wohlbefannte Taffe des Vaters! In breiter Goldumrahmung zeigt fie das Bild Raijer Wilhelm des Criten als jungen Prinzen und Leutnant zu Pferd. Der Bater hatte fie vor langen Jahren, ba er in der Hauptitadt bet dem Kaiſer⸗ Alexander⸗Garde⸗ Grenadier-⸗Regiment feine drei Jahre Ü abbiente, an einem Weihnachtsabend gewonnen, und jeit Der Beit tranf er alljonntäglich feinen Kaffee daraus. Er war ein guter Patriot und hatte Prinz Wil helm jeit jeher lieb und wert im Herzen gehalten. Seit feinem fünfzigften Geburtstag aber tranf er täglich Daraus, denn er ſprach Sie ſoll mir den Reſt des Lebens noch ver— jchonern, pir find zwei alte Kameraden und wollen şu- jammen mürbe werden; der Junge weiß ja nichts von meiner alten Kaſerne in ber Aleranderftraße, mag fic) felber feine Tafje holen, wenn a Königs Rock anatebt.^

Die Taſſe war ein Seban, unb feine andere Hand, benn bie ber Mutter, durfte fie berühren.

Auch jebt jtebt bie alte Frau und jaut fier ehr- furchtsvoll auf das grellfarbige Bildniß Staijer Wik helma hernieder, und wie Hans mit prüfendem Blid

* es CINOS HS | ABE ee |

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in thr Antlik fiebt, ba chit idu Her zufammen.

Mütterchen fieht nicht jo wohl aus wie jonjt, trog der eL.

fleiſchigen Wangen hat das Geficht etwas Verjallenes, - und bie Falten um den Mund erzählen dem geübten Auge des Arztes eine ganze Leidensgejchichte. an

Dore hat bie Mehlfuppe aus dem Keſſel in einen rieſigen Holznapf gegoſſen und eilt behende damit zur Thür, ein weißfräufelnder Dampfitreif zieht hinter ihr Der wie das Dunitbanner einer Qofomotive.

Anne hat die naffen Hände getrodnet und läutet draußen an der Gejindeglode Sturm. Da bemubt ber Student den erſehnten Augenbli und tritt. haſtig auf die Thürſchwelle

„Mutterchen! Liebes Derzens-Mutterchen

Die alte Frau gudt empor und ſtarrt ihn mit weit aufgeriſſenen Augen an; ihre Hände, welche eben das Kaffeebrett faſſen wollten, liegen wie gelähmt auf der. weißen Holzplatte des Küchentijches.

„Hanfele, ja, mein Haniele ... bift du's denn?!” flingt es leije, beinahe angjtooll von ihren Lippen.

Da fallen fie zwet fräftige Männerarme, junge, bärtige Lippen preffen fid) feft auf bie ihren. „Sa, ijt beim Hanjel!” flingt'à 9e eun bor in ihr Ohr.

Sie läkt ihren wilden Bub’ fich ni fatt fitffen, fie tennt Das fon von ihm, erjt muß ifr ber Atem auns- gehen, ehe er losläßt. Daran weiß fie e8 ja am beiten, daß eS ihr Junge üt, jo fann nur ber Hans fein. Mütter-

chen begrüßen! Endlich gibt er fie frei. Da faßt fie feinen Kopf mit beiden Händen und fieht ihm [ange jorjdjend in bie Augen, und dann feufzte fie tief auf: „Was Gutes bedeutet Diele Uberrajdjung nidjt, mein Built ———

„So Gott will, mein Mütterchen!“ lächelt der junge Mann heiter, und dennoch klingt ſeine Stimme nicht zuverſichtlich Ich habe gedacht, mit bem Schreiben hat's doch feine rechte Urt, ber Vater kann bie Tinte nicht leiden, und ba iſt's beſſer, bu madjt dich felber auf ben Weg und erzählt den Eltern, wie alles ge- fommen ijt!”

„Bie alles gefommen ift? Ei, du mein Herrgott, e3 ift bod) fein Unglüd paffiert? Du Halt bod) feine uns überlegten Streiche gemacht, mein HanfelP Könnt’3 ja nicht erleben, wenn der Bater im Grnjt mit bir an- einander geriete!” Gie fapt ihn aufgeregt bei den Händen und flüftert haftig in fein Ohr: „Hab' einen Notgrofchen liegen, mein ung’, der folte eigentlich dem Bater mal aushelfen, wenn ein Hagel oder Feuer Schaden thäte, wenn bu aber Geld ausgegeben haft in ber leidtfinnigen großen Stadt und haft Schulden gemacht, denn geb’ ich dir mein Eripartes und benf, Frieden ftiften ift beffer, wie Schadlöcher ausftopfen! Brauchſt du's Daniel, haſt's ngng, ja ?^

Mit einem Blick unenblidjer Rührung und Zärtlichkeit ſchaut er in ihre forgenvolles Angefiht. „Kein, mein - Herzensmutterchen, ich hab’3 nicht nötig!” jchüttelt er

Ji. v. Eigftruth, IL Rom. u. Now, Komödie I. Is:

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ben Blondfopf, für fold) einem gemiffenlojen Fant hältſt bu bod) deinen Sohn felber nicht, daß er mehr verz brauchen würde, al8 er hat!” e

Sie nidt wie verflart, und atmet erleichtert auf. „Haft recht, war’ ja ein Unding! Wenn eine Mutter alle Morgen und alle Abend für ihr Kind betet, fann’s ja nicht auf flechte Wege geraten. aber ... ja, Hanjel, was ijt denn |onjt pajjiert? Du fiehjt mir fo verändert aus, um bie Augen herum, und jdjmal und blag gez worden . . . grad’, als hättejt du Not gelitten!”

= ASE. Streichelt lächelnd bie Wangen ber Sprecherin: „Es ift wohl mandmal Schmalhans Küchenmeijter bei mir gemejen, aber was man fid) felber einbrodt, nach eigenem Willen und befter Überzeugung einbrodt, bas igt man gern und ohne Murren aus, unb wenn es aud) nur eine Bettelmannsjuppe ift!”

„Bott im Himmel, Bub’, wenn id xc oike, was jolche Worte bedeuten folen!” jammerte die alte Frau poll Herzensangft. „Daß nicht alles in Drdnung ijt, das merfe ich fon, aber was dahinter jtedt, ad) bu mein Heiland, ich begreif’3 ja nicht!”

Hans brüdte fein Geficht felt gegen ihre Wange, genau jo wie als Kind, wenn er eine reumütige Beichte abzulegen hatte: „Ach, Mutterchen, e8 ijt ja immer bie alte Gejdhichte! Weißt's ja, daß es mir im Leben und Sterben feine Ruhe läßt, bis id)'8 erreicht habe!”

Da fam ihr da3 Verftehen. Mit einem Blid höchſter Beitürzung faltete [ie jabling3 bie Hände um die des

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‚Lieblings: „Ach das Doktorwerden!! Ach ja, bas Dottor- werden if’! Nun fommt’s mir. Gott im Himmel, und habe gemeint in meinen thörichten Gedanten, das jei nun alles vergeſſen und überwunden!”

Ich fann’ nicht, Mutter, id) fann’3 nicht! lieber bas Leben laffen, als biejen meinen Beruf!“ ftöhnte er auf, jid) habe ja nichts mehr auf der Welt zu Hoffen und zu münjdjm als bie Erfolge, welche id) durch bie medizinische Wiſſenſchaft erringen möte!”

Die Gíode raffelte zum zweiten mal an ber Thür, und im Hausjlur ward die Stimme des alten Burt: hardt laut: altern! he, Mutterchen!! Wir warten!‘

Die alte cau ſchrak empor. „Scweig jetzt ſtill, Hankel! Laß bir vorerſt nod) nichts merlen! —“ flüſterte jie angſtvoll, und dann lief fie au die Küchenthür: Alterchen! BVaterhen! fomm mal jchnell herbeil Gang ichnell, 5órit vu?”

Und der wuchtige Schritt bes Pächters jtampfte Herzu.

„Ra, ba fols mid) bod) wundern, was du vorhaft, Gretel!” fchallte feine Stimme jdon von draußen, unb dann jtanb er auf der Schwelle. Seine hohe, hünen- haft frájtige Geftalt füllt faft den ganzen Nahmen aus, unb jein lodig hochſtehendes, dichtes Grauhaar das Gebälf. |

Einen Augenblick blenbete ih das Sonnenlicht, welches burch bie Südjenjenjter {djimmerte, er tniff bie Wimpern aujauunem und ftarrte dann, jáffing8 den Kopf zurüd

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-— 8

zudend, auf den yBcnbrrÉ mami , welder um Laney bie Arme entgegen breitete. A

Moppel fprang mit [autem Seeubengebeil wida beiden hin und her, unb ber alte Burkhardt breitete ebenfalls die Arme aus und rief mit Dröhnender Etimme: „Halloh! Sung’, Lüttjer! Woher des Wegs?“

Da lag Hang an feiner S8rujt, und Frau Grete fal- tete bie zitternden Hände unb fprah ein Stoßgebetlein!

„Na, Mutterchen? Und bu ſtehſt ala hätte ber Blig eingefchlagen, und Haft nicht deinem Rüden zum Wille fomm fon fecha Wurftzipfel in den Hals geltedt? He? Gr hat bid) wohl erjchredt, der Gappermenter! Hajts, Hanjel, na bu Taugenichts, haſt's gethan?”

„Ach, Baterchen, das mar bod) ber freudigite Schred in meinem Leben!“ fchluchzte die Matrone und ließ fid) init glüdjefigem Lächeln in den Arm des Gatten ziehen, Hans aber lachte fröhlich auf: „Em Wurfizipfel! Bater, bu erinnerft mich an meinen Magen! Seit geftern abend fünf Uhr habe id) iu der Bahn gejejfen, und jeit heute nacht ein Uhr mwandere ich bereits von Altendorf eure - jchredliche Sahritraße, ba gengt mir der Magen bis in die Schuhe!“

Mutterchen fchlug fid) gegen bie Stirn, als könne fie fich ihre Bergeklichkeit und Ungufmerkſamkeit zeitlebens nicht verzeihen und eite an den Herd, nad) heißem Waſſer zu jchauen, ber alte Mann aber hielt feinen Sohn mit beiden Händen von fid) ab und ſah ihm fchmungelnd in das Gelidt.

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„Son Altendorf gu Fuge Da bilt du ftramm marz jdjiert, Sung! Ja, ja, das lernt man in des Königs

Rock und manch anderes qute8 mod) Dazu. Ordre parieren, ohne Wort und Gegenrede gebordjen! Sit

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immer bie Hauptfache im Leben. Wer felber gehorchen fann, bem gehorchen auch bie, welche er fommambiert. Ciebft [pi& und blak aus und eigentlich fo jdjlapp, al feift bu Biicherfuchfer und fein Grenadier gewejen! Teufel ja, ich hatte Musteln wie Eifen, als ich nad) meinen Dienftjahren zur Mutter heim fam! Na, wirft bid) bei unà fon wieder rausfüttern, wenn erft der Ctabt[taub von den Ctiefe[u ijt! Unfer Mierchen ba hat mod) guten Vorrat in ber Speifefammer! Und nun mal: marc), marſch, Hurra! Laß den Jungen doch fürerft einen Seller Suppe mit löffeln, Grete, bie Leute warten drin und meine Gefpanne miiffen aufs Feld! Kommt | ihr beiden! —^ und Burkhardt legte bie Arme um Weib und Sohn und 30g fie mit fid) gur Thür. „Es ijt bod) |

wunderlicd —^ fagte er plöglich mit weicher Stimme, ——

„habe eben ben Tert zu unjerer Morgenandacht gelejen der handelt vom verlorenen Sohn, welcher ing Bater- haus Beimtommt! Auch unfer Bub ift heimgefommen, aber, Gott fei Lob und TN. ein ‚„erlorener‘ it er nicht!”

Frau Grete warf einen Bilfelehenben, ——— Blick auf ihren Liebling, Hans aber neigte bas EORNM ale und jchwieg.

Morgen leuchtet! Friſch gewandelt Sn bes Lebens Not Hinaus, Ernft geftrebt und feft gehandelt! Fahre mohl, bir gliidlid Gaus! Gottfried Mintel.

o mar'8 gewefen, feit fic) Chriftian Burfhardt noch ala armer Aderbauer allein mit feinem Weib zum Frühmahl niedergejegt, und jo war e8 noch jebt, wo er als Pächter eines der gripten Güter eine ftattlihe Schar von Knechten und Mägden be: fehligte. Er war nicht jtofg und hochjahrend geworden er legte feine Kluft gwifden Herr und Ingeſinde, er war ber erjte feiner Arbeiter, unb er [tellte jid) jeder- zeit am ihre Spige, bei bem Arbeiten, bem Effen und bem Beten. |

Die lange, weiß geſcheuerte Holztafel verfammelte alle um fid, welche bem Haufe Chriftian Burkhardt zugehörten. Dbenan jaf fie jelber, bie kraftvolle, eijerne Maunsgeſtalt

= 3 4

mit bem hodjgetragenen Haupt, um welches fih gleich einer Römenmähne bie grauen Haare lodten. Die vieredige Stirn, bie turze, gedrungene Naje, bie Lippen, meldje fid) bartlos im energifcher Zeichnung über bie Zähne legten, djaraE terifierten den alten Mann, welcher zäh mit Hundert- taujenb Wurzelfafern ganz fonjervativ auf bem näm- lichen led und Standpunkt verharrte, gleich jeinen Cid- bäumen im Walde draußen, bie aud) auf dem Plätzchen ftehen bleiben, wo ber liebe Gott fie als Gamenforn Dingeltreut. Den graublauen Augen , welche jcharf und leuchtend wie bie eines Jünglings unter bujchi, n Brauen hervorbligten, fab matt e8 am, bap jie fid) niemals an Beitungen und moderner gettüre müde gelejen; Chriftian Burkhardt Dafte jedwede Neuerung, Bafte die Um- wälzungen, welche Dampf und Elektrizität mit fid) ge- bracht, haßte das ungeftiime Brodeln und Sieden jenes Weltkeſſels, an welchem die Unzufriedenheit fit und rührt unb jchürt, fo lange bis e8 in Dunftblajen aufwallt, bis e3 emporzijcht und ziellos überjchießt feinem zum Segen, feinem zum Heil. |

Feindſelig Schloß er jid) ab von ber Außenwelt, welche fich in zu rafendem Wirbel drehte, als daß fein ſchwer— jälliger, findlich naiper Geijt fie begreifen fonnte. Und wenn fie dennoch ihre Allarmjignale bis in feine Gin- fantfeit gelen ließ, den Pfiff der Lofomobile, das Saufen unb Schnurren all jenes unheimlichen Räderwerks, von welchem der moderne Landmann feinen Erntejegen erhofft, dann ging'8 über fein Angeficht wie Wettergrollen, und

cec

er legte wuchtig bie Hand an bie Pflugſchar und ſprach wie ein gereizter Lowe: „Sbr ſprecht von Sämaſchinen unb von Dreſchmaſchinen und wundert eud) des Not—

ſtandes auf dem Lande? Wo fol ber Segen Gottes

bleiben, wenn ifr den feuerſpeienden Dampfdrad)’ felber über eure Felder jagt? Seht, zu meiner Beit, ba geſchah's,

wie e8 unfer Herrgott gut gefeipen: ‚Es ging ein Sü- mann aus zu jden!! und biemeil er mit eigener Hand und fchmweißperlender Stirn die Körnlein in Die Erde

ftreute, rollte wohl feines Durch feine Finger, das mit

fein Segenswunfch in ben Schooß ber Muttererde bee - gleitete. Da war bem Sämann ein jedes lieb, unb bie weil er einjam feine Körner jtreute, ging der Herr und jeine guten Engel mit ihm und fegneten fein Gebet. Jetzt Debt ihr bie Maſchinen über das Feld; e3 it fein Säen mehr, e3 ijt ein faltherziges Spefulieren. Der Bauer fennt feine Saat nicht mehr, und die Engel Gottes fliehen davon, wo Stahl und (ijen die Erde aufreißen, alg folle fie gemartert werden um ein hohes Löſegeld Und wenn wir früher jtanden und den Flegel ſchwangen, dann jchauten wir jede einzelne Garbe und fahen ben Segen Gottes in Millionen von Körnlein vor unferm Blid dahin ftrömen, und mit jedem Dreichichlage freuten pir uns der Gnade des Herrn und danften ihm. Eure Drejchmajchine banft aber weder dem Geber aller Güter, noch freut fie fid) jeiner Gnade. Gie treibt Wucher, und die Arme, welche jie regieren, haben feine Beit mehr, jid) zum Himmel zu heben. Hat’ unjer

= MM

himmlifcher Bater derart gewollt? Mein! Mfo Hat ber Herr gejprodjen: ‚Sondern bie Müden jchlägt man mit bem Stabe und den Kümmel mit einem Steden” Und Chriftian Burkhardt jchüttelte bie grauen Locken in: grimmig zurück, dehnte bie nervigen Arme und ſchloß: „Und darum helfe mir Gott, daß auf meinem Grund und Boden niemals der Satansdrach' einher ſchnaufe“ Go fprad) er und jchaute nicht rechts mod) linf2. Ob feine Nachbarn ſpöttiſch die Achjeln zueten, thn

einen altmodischen und unpraftifchen Starrfopf nannten, ——

welcher nicht mit der Welt fortjchreite das grämte ihn wenig. Wie ein Markftein aus längit vergeffener Beit ftand der alte Mann inmitten der Hochjlut modernen 2ebens, unbeirrt auf demjelben Pfade fortjchreitend, welcher zwar rauf und mühjelig gemejen, ihn aber dennoch empor geführt hatte zu gejeqneter Höhe.

Sn der grauen, rauhhaarigen Düffeljade, bem engen Beinfleidern und hohen Wafjeritiefeln jak Chriftian Burt- hardt, gleich bem jchlichteften feiner Sred)te, an der Tafel obenan, an feiner linfen Seite Frau Grete und zur rechten der Sohn. Mach dem Alter reihte fih bas Gez finde an, neben ber Herrin vorerft ber getreue Rilian, der Gärtner, welcher mit den Burdhardts zu gleicher Beit in Moosdorf eingezogen, deffen Hände vor Gicht und Alter zitterten und dem „die liebe Frau” gar oftmals jelber den Löffel zu Munde führte wie einem hilffofen - Rinde. Dann die Obermagd, welche in der Wirtichaft Frau Gretes rechte Hand war, und neben ihr ber fremde

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Bartel, den Burkhardt in Dienft genommen, weil ber Pfarrer ihn eines Tages zu ihm gebracht. Man flüfterte ſich gu, baB ber Bartel ein Sträfling aemejen, welcher fid aber gut im Strafarbeitshaus geführt und welchem man barum gern wieder zu ehrlicher Exijtenz verhelfen wollte. Steiner aber hatte den Zuchthäusler unters Dach nehmen wollen, bi8 fich der alte Burkhardt endlich er- barmte und jpradj: „Wie Darf ich noch fürder einen Mann ächten, bem der liebe Herrgott vielleicht längft die Schuld verziehen? So eS bet mir ftebt, ihm wieder einen ehrlichen Namen und ehrliche Arbeit zu geben, fo folls gern gejchehen. Meine Grete wird ihre milde Hand auf ihn legen unb ihn zum Guten anhalten: möge e3 ber himmlische Bater auch zum Guten wenden!” So - fam ber Bartel nach Moosdorf und bie argmöhnijche Scheu, mit welcher ihm das Gelinde anfänglich begegnete, änderte fid) gar bald unter bem 3Beijpiel der Burfhardts, welche gerade bem Bartel durch befonderes Vertrauen ehrten und auszeichneten

Und er hatte fid) bieje8 Vertrauens niemals unwert gezeigt. Seit fieben Jahren diente er bereits dem Chriſtian Burkhardt voll beinahe fanatifcher Treue und Anhänglichkeit, war ein jtilfer, ernjter Gejel, ber ſchweig— jam feine Pflicht that und auch bie Hände mod) im frei- williger Arbeit rührte, wenn die andern längit Feierabend gemadt. Die Blide gejenkt, das blajje Geficht tief

auf bie gefalteten Hände geneigt, fag Rudolf Bartel an

der Seite des jungen Burkhardt, dieweil der Hausherr

cen GBR A

den Morgenfegen las. Steine lange Predigt, feine weitlaufige Andadt dazu find bie Stunden be8 Land- manng zu fnapp gemeffen, aber ein kurzes, frommes Gebet war es, welches Chriftian den Seinen mit auf den Weg gab, mit hinaus in ben feuchtnebligen Frühlings- morgen, mit hinaus in die Cinfamfeit von Feld und Wiefe,

Und als er ba8 „Amen“ gefprochen und bas alte

Gebetbuch jorgjam zur Seite gelegt, jchenfte Frau Grete dem Hausherren den Kaffee in die Taffe und ftric) ihm mit flinfer Hand das Butterbrot. Cie felber aber füllte fid) gleich allen andern den Zeller voll Suppe, und ſchweigſam verzehrte man das Frühmahl.

Vater Chriftian jchaute auf. Nachdem ber Qebte den Löffel aus der Hand gelegt, ſchob er den Etuhl zurück und erhob fid). „Seit ihr fatt, ihr Leute?” fragte er.

„Jawohl, Herr!” Hang die Antwort.

„Dann in Gottes Namen an die Arbeit, Kinder!”

Auch Beute war alles feinen altgewohnten Gang ge- gangen, nur der freudig überrafchte Gruß des Gefindes war das einzige Anzeichen für bie Gegenwart des jungen Herrn. Erit nach beendetem Mahl nahm aud) Burk: Hardt wieder Notiz von ihm.

Fidibus, Hans!”

Der junge Arzt fprang ur und that, wie er’3 von Kindesbeinen an gewohnt mar. Bater Chrijtian aber jeßte mit Fräftigen Zügen die Pfeife in Brand und faute babei dem Sohne mit forjchendem Hli in das 9nt(it. Nun lege dic) aujs Ohr, Junge; bu biſt die ganze

Nacht gefahren und marſchiert und ſiehſt jammervoll aus. Weiß ber große Gott, was das heutzutage für eine Jugend ift! Wie ich in deinem Alter war, hätten mich nicht zwanzig fchlaflofe Nächte jo füjemeif und |pib gemacht. Aber diefe Stadtluft —! Gift ift’s das reine (ijt. Gottlob, daß du wieder raus biſt. SBeritanben, Hans? lege dich hin und fehlafe! Ich habe mein Gejpann draußen, id) fomme aber zum Früh: ftü rein, und dann fannjt du mir erzählen, warum du Schlingel uns fo überrafhend kommſt!“ Der Sprecher blie8 ein paar dide Danıpfwolfen, nahm den Sohn in die Arme und Eopfte ihn freundlich den Rüden. Dann wandte er fich nach feiner Frau.

„Na, Grete, num ijt dein Rüden wieder da. Drängt das Junge mid) ganz aus bem Neft oder friege ich doch nod) meinen Wegzins ? Er fadjte behaglich ichmungelnd, 30g bie feine Frau an fid) und beugte den Kopf herab. „Schlehtichwäger!” fhalt fie zärtlich und füßte ihn. Der Kug mar ber Wegzins, Hans mußte eg, ber Bater ging niemals ohne ihn, und wenn e3 der fleinfte Weg war, welder ihn von feiner Herzlieben trennte. So hatten fie’S feit Anfang an gehalten. „Daß ein Menſch fortgeht, das weiß er, ob er aber pleberfouunt, das Steht in Gottes Hand! Hat jdon mancher nur zehn Schritt aus der Thür gethan und hat’3 nicht geahnt, Dak eS bie legten gewejen. Wär aber ein ichlechtes Scheiden ohne Gruß und Sup, nicht wahr, Mütterchen ^.

Sie nidte nur, es war ihr, als müffe fie erftiden an einem Gefühl unbejchreiblicher Angjt und Bangigteit; fie nahm bie Hände ihres Mannes und ihres Sohnes und umjchloß fie mit den ihren.

„Ra, dann behüt’3 Gott, ihr zwei beiden!’ nidte Burkhardt abermals, und feine Stimme tlang fo gürtlid) und fröhlich wie iei fangem nicht. „© ijt allerdings nicht recht, wenn man bie Kinder verwöhnt, aber für heute Mittag, Mütterchen, beſtelle ich uns ein Sonn- | tagsejjen 1 | |

Gein Schritt verfíang, Frau Grete aber warf fid) aufichluchzend an die Bruft ihres Sohnes. Es drüdte ihr beinahe das Herz ab zu milfen, was gez ichehen war, aber Sorge und Liebe waren nod) größer. „Schlafe, mein Hanjel jchlaf jest!“ flüfterte fie.

Er jdjüttelte lächelnd den Stop] und aog fie neben jid) auf ba8 liebe, alte Kattunfofa nieder. „Laß mich bei dir, Mütterchen! Sch bin nicht müde, aber das Herz iit mir jo voll, daß id)$ gern aufthun unb vor Dir aus⸗ ſchütten möchte!”

Und er erzählte alles, alles. Koll gitternder Erregung laujchte bie alte Frau; Thranen des Sammers traten ijr in bie Augen bei dem Gedanken, ba ihr Liebling Not gelitten, bap er gehungert und gedarbt hatte, um feine Studien ermöglichen zu finnen, und dennoch jtrahlten ihre Blide vor ftolzer Freude, als Hangs von dem väterlichen Wohlmwollen Wendhaujens, von all den Auszeichnungen und Vergünftigungen berichtete, welche

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er Durch bie Güte feiner Yrotettoren erfuhr. Die Sonnen: jirablen flimmerten bird) das laubloje Gerant des Weines und malten, burd) bie Fenſter fallend, goldene Lichter auf bie weißgejcheuerten Dielen. Frau Grete aber faltete bie Hände und flüfterte: „Sch kann's nicht verftehen und begreifen mit meinem alten, jchwachen Kopf, aber mir ijf'ó zu Sinn, mein Hanfel, als hätte der liebe Herrgott wahrlich ein Großes mit bir im Ginn. Und darum wirft bu einen fanern Weg gehen, denn feiner fann auf eines Berges Gipfel fliegen, er muß miihejam empor flimmen, Schritt um Schritt Laß mid) zuvor mit dem Bater reden, mein Hanjel, ehe du ihm mit Deiner Bitte tommit.” Und dann fragte fie nad) dem Kone merzienrat, Herrn Lehnberg unb feiner Tochter.

„Herr von Lehnberg, Herr Baron” verbejjerte Hans medjanijd). ; nos

Die alte Frau rieb fic) bie Stirn. „Sa, ja! baf ich e8 immer wieder vergejjel Cie find Jebt borneDute Leute geworden. Warum eigentlid), Hanfel? Cs weiß ja bod) jedermann, daß fie’S zuvor nicht waren, daf fies auch burd) gar nichts verdient, fondern nur für ijr vieles Geld erfauft haben! Hat denn fold ein Adel eigentlich Wert, Hanjel? Mir fommt’s in meinem alten Kopf jo vor, alg ob bie Leute, bie fid) im Dew Adelftand drängen, unjer braves Bürgertum bejehimpfen, weil’ ihnen zu jchlecht deucht oder ijf das jebt aud) anders in eurer modernen Welt?” Er jchüttelte ladelnd den Kopf: „Nein, Mütterchen, du haft ganz recht, es ijt

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genau fo. Die SWenidjen, melde aus lächerlichem Hod- mut den Stand ihrer Väter ploblid) verleugnen, nehmen aud) in der modernen Welt und in ihr erft recht, eine ichiefe Stellung ein. Bon ihrer ehemaligen Sphäre jagten fie fic) [og und bie neue nimmt jie niht auf, fie ftehen auf der Grenze und find nirgends mehr heimifch, höchſtens in Schmarogerkreijen, welche fid vor jedem goldenen Ralb beugen.”

„Aber Uglaé Bat fich bod) mit einem Grafen verlobi p”

„Bereits verheiratet |^

Cie blidte erjtaunt auf bet Dem rauhen ang pos Stimme. „So fdnell? Qa, ja, bie heutige Jugend will niht mehr von Warte und Brobejahren mifjen. Se nun, wozu audj? Da find wohl feine Sorgen zu fürchten.” „Reine Gorge um bas tägliche Brod wenigitens.” Er jah büjter vor fid) hin, dann erhob er fid) jählings. „Die Dore, hat jchon zweimal zur Thür eingejchaut, willft du fie nicht abfertigen ?"

„Er gewiß! Gogleih! Wird fragen wollen, ob’3 den Gansbraten nun heute fchon geben fol, und ob der junge Herr lieber er ober Weiftraut dazu ikt?” i

„Holit du den Braunfohl nod) eier im Garten, jo

wie früher, Mütterchen 2”

Sie nidte! „Ganz fo wie dou: nat wollen freilich die Füße nicht mehr jo, wie fie follen und dann Die Atemnot. Du weißt ja, Hanlel und die alten, bijen Schmerzen, bie immer fäftiger werden, aber

= Ap lx

Gott jet Dant habe id) immer uod) damit ss werden fönnen.‘

, af mid) mit im beu Garten

,Semip, mein Junge —!

„Und dann erzähle mir einmal ganz genau über dieſe a ganz genau —!”

“Rite, FUA unb Butter ftanden auf dem Tije, aber Gbrijtian Burkhardt frübjtüdte nicht. Er fag, bie beiden Hände um die Armlehnen des alten (vof vaterjtuhls geframpft und jtarrte ſchwer atmenn vor fid) bin.

Veije Schloß fid bie Thür hinter rau Grete.

Cie war por wenigen Minuten erft eingetreten, Hatte ſich

zagenden Herzens neben ihren Mann gejegt und bittend jeine Hände gefaßt. „Väterchen ich möchte gern mal em Wörtchen mit dir reden, aber bu mußt verjprechen nur geduldig puer und RB aufaubraujen, willft mp o o o

Seine robuſte Geitalt rette fich empor. Groß, durch: dringend traf fie jein Blid. „Aha - aljo doch! War es mir bod) gleich abjonderlich, 1 was ben Sung’ durd) Nacht und Nebel jo plößtzlich Bergetrieben!^ deii was dahinter! Unjinn, Grete, gib bid) nicht zum Anwalt für beu großen K Kerl Ber! Dächte, er wäre fetber ‘Manns genug, feine Saue gu vertreten. Gch Alte, Mie ign ber.‘

Sie neigte fid) über ihn unb blüfte mit thräncuz NR Cf dftrutb, AM. Mone. u, Nov. Comödie ll. 16

see b

feuchten Augen flehend in fein ftrenges Geſicht Ehri⸗ ſtian“ ſchluchzte fie, „er ijt unjer einzig. Kind, er dt

ein Stück von meinem Herzen! Was bu ibm thuſt

das thult du mir an!” | Burkhardt ichüttelte ungeduldig den Kopf. „Werde - ihn ben Kopi ihon nicht abreiBen, Mütterchen, aber mit Glace handſchuhen kann ich den widerſpenſtigen Burſchen auch nicht anfaſſen. Na na, mur feine Thränen,

Mütterchen, ^8 ijt mein Kind B qut mie deing, und v daß id) nur jein n Beltes mil, das glaubjt t du ı mir ed pus

Alterchen, per” | Frau Grete atmete tief auf. Es las eines i üt De | Stimme ihres Heralieben Tyrannen, was fie beruhigte. Sie tüfte ihm und ftrich zärtlich über fein Haar. 30, das weiß ich, Chrütel, aber nicht wahr, du wirft nicht heftig?”

So ſchlimme Dinge hat ber Bengel zu beichten? 3 da -

joll bod) .. . ne iit bon qut, Mutterchen, ichide ign nur ber!” und Vater Burkhardt verſchluckte feinen Grimm und Grete ging gitternben Herzens zur Thür. Syr Alte aber fag und ftarrte in ſchweren Glebanten vor fic) nieder. Die Dielen fnarrten hinter ihm. Er {haute auf in das ernjte, bejcheiden geneigte Antlit Deg Sohnes. „Näher, Hans! Was ijt vorgeiallen? | age unummunden bie Wahrheit, fura und bündig!”

Der junge Mann trat näher. „Meine Dienftzeit _ Em bas heißt ber Dienit in Königs Nod, war im Oftober ..

abgelaufen”, jagte ec geprebt, Qm. inet Beftimmung a

us UmE

gemäß folfte ich bis zum eriten April | in ber am verbleiben —" 2

„um Die —— iche eae zu face. d Das thatelt du hoffentlich?“ p

Nicht in deinem Einne. Sd habe bie inieteffantefien Vorträge mit angehört, bod) fefjelten fie mich nicht int mindeiten und brachten mir feinen Nugen, denn für Dinge, welche mir gleichgültig find, Babe ich fein Gedächtnis“ Chriſtian Burkhardts Stirn färbte ſich dunkelrot, aber er fragte mur ruhig: „Und was thateſt bu in ber ganzen freien Zeit? Haſt du gebummelt und Schulden gemacht?“ =

„Mein, Bater, feines von beiden.” |

‚das jonit?”

Ach [tubierte."

„Du fiudterteit? Wo und maa?"

„Auf der Königlichen Univerfität, Medizin.”

Burfhardts Lippen preßten fid) zufammen; er atmete imer auf. So halt bu Starrfopf diefe heillofe Idee noch immer nicht. aufgegeben? Wie hatteft du die Mittel zu diefem Studium, da ich die Gelder für die lanbmirte ſchaftlichen Studien perjönlich entricjtete ?^ - 2 ue Gabe: gebarbt unb gehungert, Water, ig Babe mir bie Mittel am Munde abgefpart.” Der Alte fchaute jählings auf. G8 | mar, als fehe er etwas grell Blendendes, feine weißen Wimpern audien. Dann fuhr er mit ber Hand durch die Haare. „Aljo barum fiehit bu jo milerabel und verhungert aus. $m

- haft Di etwa ſchon als Freiwilliger qequactjalbert 2” 16*

m-

ANTE 38 Habe icbe Sie Minute bail Benet und | ba mir meine Vorgefehten jehr wohl wollten, jo bat . man mir im jeder Weife mein mühſeliges Streben er: leichtert. Ein halbes Jahr habe ich mit ber Waffe ge: dient, dann wurde id) für ein halbes Jahr auf Fürſprache des Profejjor Wendhanſen im Lazarett beſchüftigt, wo ich reichlich Gelegenheit fand, mich zu üben und für bas Sramen vorzubereiten.“

: „Wendhaujen? - Wer ilt dag?“

,Anier. bedeutendfter Chirurg , el Ceiner Majeftät des Könige.” |

„So und da boit du biele8 lebte halbe Sar bte landwirtichaftlihe Schule geſchwänzt und haft bid) anitatt deffen bei den Gijtnujdjern ferumgetrieben 2”

„Sch fand in Brofejfor Wendhaujen einen aufopfernd gütigen und väterlichen Freund, durfte ibm in jeiner Klinif zur Hand geben, durfte bei ibm arbeiten und lernen, bei ihm meinen Hunger jtillen und mich warmen. Er Hat e8 durch jeine perjönlichen Bemühungen pu licht, daß td) jhon jebt meiner Zeibenidjajt, neue For- dungen auf bem Gebiet frebsartiger Leiden betreffend, in meiteitem Umfang nachhängen durfte, und uur ihm Danfe ich e8, Dak Die Heine Brojchiire, weldje id) Darüber als Gramenarbeit fchrieb, mit fo viel Intereſſe und Wohl- wollen in den maßgebenden Kreijen aufgenommen wurde. Sch ſtehe jest vor meinem erjten Gramen, und id bin hierher gefommen, bid) mit aller Subrunit und aller Liebe anzujlehen, mir den en und bodjten Wunjc meines

Lebens zu erfüllen! Hier ijt ein Brief ae ee bitte, lies iu, Bater!” |

Bejcheiven, beinahe demütig ftand der junge Mann vor Ehriftian Burkhardt. Diejer nahm mit furger, bei- u 5e ſtiger Bewegung den Brief und trat an das

> ‚unter damit, den Nüden dem Zimmer BR zufehrend. Gr las langjam und lange

Bo Bett, dann lehnte er Die Stirn gegen die Scheibe und {tarrte nod) etliche Minuten in die

windbewegten Baumzweige hin— aus,

Endlich wandte er ih aurüd, wary den Brief auf ben Tiſch und atmete tief auf. Gem An- geficht war gerötet, fein Blid hatte etwas Starres. „Das find ja lauter ſchöne Caden, welche hier auf bem Papier Stehen, eS gehört nur recht viel finds liches Vertrauen dazu, fold) glänzenden Verheißungen zu glauben. Sd) habe der Mutter verjprochen, daß ich nicht beitig werden wolle, Hans, aljo können wir uns im aller Ruhe verftändigen.’

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Er trat vor ihn hin und legte ihm beide Hände fd) wer = auf die Schultern. qi bu nicht, Sung’, dap e8 uio feres Heilands Wille ijt: Die Minder jollen ben Eltern unterthan und gehoriam fein?” |

Der Gefragte hob fein farbiofes Angeficht. Die erz loſchenen Augen leuchteten. „Sch weiß e8, Vater, und id) hoffe zu Gott, daß id) nie gegen Diejes Gebot jündige.

Sch weiß aber aud) nod) ein anderes Wort des Denm, | =

welches lautet: „Ihr Eltern, eget eure Kinder mdr zum Born!” - eM, „Sehe!“ a n

„Bater lieber Bater! —^ Hans jchlang bie Arme um den Naden des alten Mannes. „Sit e3 etwas Un- rechtes, was id) von bir erbitte? Sjt nicht cine Arbeit, ein Beruf fo gut wie der andere? Sit —^ ——

‚ein c8 gibt einen großen Unterjchied darin, und e8 ijt bie Pflicht der Eltern, ihre Kinder auf folch einen Lebensweg zu geleiten, wo fie fider und vor dem Berz fommen bewahrt, ibr Dajein jrijten können. Die Qand- wirtſchaft bat Bahnen Boden Die vue it eine brotloje Kunſt —"

‚Nicht mehr, Vater! Die Zeiten haben fid) genen Du bift bod) fonft jo brav unb fromm, du nimmit die Verbrecher aus dem Zuchthaus, um fie dem ehrlichen Leben zurüd zu geben, du giehft Rod und Hemd vom eigenen Leib, um den frierenden Bettler zu Heiden, und deinem Sohn willjt du wehren, daß er Glück, Segen, Heil und Rettung zu Taufenden von fraufen, verzweifeln-

N T

ben Menjchen bringt, daß er traft feines Wiſſens bic Ihränen des Jammers trodnet, daß er eim MWohlthäter ber Elenden werde 2”

Burkhardt machte eine ungeduldige Bewegung. „Das find jchöne Nedensarten und du bift ein Mhantaft, mem Sohn! Gegen den Tod ijt fein Kraut gewachfen, und den $ranfen Mut und Troſt einjprechen fannit du aud) als Landwirt! Sch als Bater habe die Ber- pflichtung, dich vor einem Leben zu bewahren, welches dich an Leib und Leben ſchädigt, {chau in den Spiegel, wie bu ausjiehft! Das fommt bei ber Bücherfuchjerei heraus!” =

„Und wenn id) min alle Entbehrungen, alles Darben und Hungern germ und freiwillig ertrage? ————

- Ser Alte Deftete jefundenlang bie Adleraugen auf den

Sprecher, dann jeßte er fich langjam nieder. „Gut; wenn du willſt, fannft du e3 haben. Höre mid) an, Hans. Du weißt, was ich von ber Arzneitunde und von dem modernen Gelehrtentum halte, e8 ijt alles Etiimperet. Mein ausdrüdlicher Wille ijf e8, bap du nicht Doktor wirjt. Dich zwingen fann id) nicht, aber ich fann und will bir aud) nicht die Hand zu einem Unternehmen reichen, welches meiner beften Überzeugung zuwider ijt. Willft du abjolut Arzt werden qut jo thue, was bu nicht lajjen fannit, mache dein ramen, aber auf meine Hilfe rechne nicht dabei. Du fait die Kleine Erbjchaft von der Pate, fie wird bie notwendigen Wusgaben deden, verfüge darüber. Dann. haft du deinen Kopf burdjgejebt. Aber nun höre weiter.

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Sch mag feinen Sohn haben, ber ein Pfuſcher, etn halber Menich ijt, ich mag feinen Cohn haben, von. dem die

Leute jagen, er vagabundiert mit jeinem Arzneifaften im

Lande herum, ich mag feinen Sohn haben, deffen Leiftungen mir feinen Reſpekt einflößen Willſt du alſo Arzt werden gut, jo gehe, aber fehre nicht wieder im bein Vaterhaus zurig, ehe du nicht thatjadlid Der große, berühmte MWundermann geworden biit, wie er mir im Brief des Profejjor Wendhaujen verheigen wird! Ich mag mich meines Sohnes nicht jchämen. So⸗ anm weißt du Beſcheid Willft du Arzt werden, co werde eS aus eigener Kraft, willſt bu Dir dein Vaterhaus wieder erichliegen jo halte Wort und lüje die Verjprechungen ein, bie bu madjt. Dem Landmann, dem Cohn, der weiter ſäen unb ernten will auf ber Ecolle, bie feinem Vater Glick und Segen gebracht, wird jederzeit mein Haus offen ftehen, darum jollit bu mir willfommen fein, wenn du bon deinem thörichten Wahn geheilt bijt und bie Arzneiflajchen von dir wirft, um wieder zu Pflug und Cenje zu greifen. urn, entjcheide dich!” -

Hans | jtand regungslos ſein ehedem ſo bleiches Geſicht glühte, ſeine Augen ſtrahlten wie bet einem Rind, welches ben denen Chriitbaum brennen fieht. Gr breitete bie Arme aus und warf fid am die Brujt des alten Mannes. Sater!” rief er mit einer Stimme, welche bor Erregung zitterte, „Du verichliegeft mir bie Heimat bu meijeft mid) aus bem Vaterhaus, bis ich einit als

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und bedentender Mann vor Did) treten fait! Gott wird feinen Segen dazu geben wenn aud) du ben deinen mit nic gehen läßt! Cage mir zuvor nod) eins, Vater willjt du meiner auch in der Ferne voll Liebe gedenken, willſt du dein Kind auch dann nod) in dein Gebet einjchließen, willit du erlauben, bag mir Nachricht wird von euerm Ergehen, willit bu mich nicht als Fremd- ling aud) aus deinem Herzen weijen, wie du mich aus deinem Haus verbannt 2 |

„Du bleibt unjer Kind, Hans, Unfere & Liebe und unfer Gebet begleiten dich, auch dam, wenn dein Cigenjinn Did) aus unjern Armen reift. Ich aürue bir nicht, Hans, aber ich ziehe meine Hand bon Dir zurüd, Sn es dir Eruſt mit deinem Wollen fo hilf bir jelbft.” Em JZubelſchrei klingt durch das stille Stübchen, bie Arne bes jungen Mannes umſchlangen den Sprecher, jeine Lippen preßten fid) ſtürmiſch anf die feinen. „Ad dante bir, Vater, und ich will und werde mein Sort halter und will erft zu euch zurückkehren, wenn ifr ito(g auf euer Kind fein könnt!”

Auf der Schwelle jtaub Frau Grete; fie hatte des Vaters Worte gehört, und fie hatte vernommen, für was ji) der Sohn entjchieden. Thränen ſtürzten aus ihren - Augen, fie pregte den Liebling an fid, als molle fie ifn mie wieder von jid) lajjem.

Burkhardt trat hinter fie und berührte leije ihren Arm; das that er nur, wenn er ihr ein Heimliches Zeichen geben wollte Erjtaunt faute jie zu ihm anf. :

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„Run kein Geheule unb. Scone mehr!” rief er mit beinahe heiterem Geficbt, „der. Würfel ut gefallen, nun wollen wir das Weitere dem lieben Gott anheim- ftellen! Vorwärts, Mutterchen, bringe uns eine Flajche Wein herauf! So lange ber 3 unge ms Hier ijt, wollen Bn uns Tine Tenn p

San wollte di dumal alle die lieben, trauten ce feiner Erinnerung bejuchen.

Der Frühlingswind ſauſte burd) bie aubelanbien Räume des Parkes, naſſes halb verfaultes Laub Dedte den Erdboden, und Die mächkigeit Bajaltbeden, in welchen zur Sommerzeit die Epringbrunnen plätjchern und Gold: fijche ihr nedijd) Spiel treiben, lagen troden und öde, angefüllt mit gefallenem Reiſig und verwehten Blättern.

Hier das Bect, von welchem er Aglaë jo oft bie Dujtenden Heliotropen und Nelten geholt, Dort Das Dichte Qaemingebüjd), in welchem fie jo gerne lag, bie Arme unter dem Köpfchen verjchränft, bie Augen halb gefchlofjen, voll beinahe durjtigen Behagen den betäubend ftarfen Duft einatmend. Er fieht im Geift die graziöje Gejtalt in Dent weih gejtidten Kleid und Den wildledernen Schuh: chen, er fühlt nod) die fühlen, Heinen Hände, welche ihn faſſen und zu fich niederziehen ... „Zei nicht jo ftoffeltg, Hans, lagere bid) an meine E die, wie e8 im „la belle et la bête“ bejdrieben ijt, ich biu la belle und du?“ fie lachte filberhell auf, „ja bu bift entjeblid) bête, dak du deinen Vorteil nicht bejjer zu wahren weit!“

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Hans beikt bie Zähne zufammen, als empfinde er phyſiſchen Schmerz, burd) bas leere Glegmeig jaujt ber Wind, daß e flingt mie leife Seufzer. Haſtig jchreitet er weiter, ihn 3teht’S wie voll teufliichen Gewalten zu ber alten bemoojten Gartenmauer. Hier, ‚hier hat fie ihn gefüßt! Da ijt noch der Stein, auf weldjem ihre 7 Füßchen rubten, da ift der niederhängende Platanenaft, von eldem fie ein Smeiglein brach, fih Kühlung zu fächeln So ſaß He fo zog fie feinen Kopf heran fo jah fie ihm tief, tief in bie Augen, und dann, efe er felber wußte, mie ihm gejchah, hatte fie ihn gefükt. Zuerst verging ihm pue und Sehen vor Schred, aber er wußte in feiner Verleqenheit wicht, ‚wie er fid) be- nehmen jollte, und weil fie jo berzig flülterte: „Höre Hans, ich habe bid) bod) schrecklich lieb” Da fühte er jte hochkl opfenden Herzens mieber.

Und aud) jebt flopite ifm bas Herz zum Herjpringen.

„odi Habe dich bod) schrecklich lieb! Das war das erjte -

Stichwort in ber Comödie, auf welches er ihr zur Ant

wort Herz und Ceele für alle Ewigfeit verpfändete.

Hangs (ehnt fid) an ben Platanenjtamm gurüd , schließt

die Augen und brüdt bie Hand gegen das blutende Herz, ———— Der Wind erhebt fid) ftärter und braujt mit Cturme&s Schwingen über fein Haupt. Wolfen verfinitern bie Sonne, ———

und die Mauer liegt im tiefem Schatten. So ijt es Nacht

geworden, jo hat ber Sturmwind bie roten Rofen geknickt unb entblättert, bie Liebesroſen, welche einſt an dieſer Stelle in heißem Küſſen erblüht.

2

Hand richtet jid) eatin ings empor und faute mit beinahe wilden Blid um fid. Combdie! Gie hat ein fal jes, ein leichtfertiges Spiel mit ihm getrieben, und die Rolle, welche er in biejem erjten Aft gejpielt, mar eine kläglich jammervolle. Die Vicomtejje von Saint Lorrain lachte: „Je suis la belle et vons &tes si béte | bête bête!!!“ und über ihr Spottgelächter fiel der Vorhang, und das Publikum lachte aus vollem Halje mit ihr. Sit aber bie Comödie ſchon zu Ende? D uein! Es wird nod) made ergößliche Scene folgen, und wenn der Vorhang zum Schluß fällt, dann lacht die Frau Vicomteſſe vielleicht nicht, und Das Publikum appfaubiert ihe auch nicht, fondern pfeift. geflend wid Ichrillend. |

Haus zuefte anjammen. Cin icharfer Pfiff fang zu im Dferüber, gang jo wie früher, meum der Vater feinen

Bub’ aus allen Zutunftsträumen ri. mit der Mahnung, daß bie Suppe auf bem Tijch ſtehe |

ui, +” TEA 3 = ringen E E ASAN a CAE SEADE E HEEE AAA EE AA AAEE ONAN ARSE AI D am” ipi

Da wanderte er Hin, enjam, zu Fuße, wie er gc-

fonmen war. Hum legtenmal vielleicht. Bater und

Mutter fteher am Gartenzaun und ſchauen ihm nach,

wie er wieder und immer wieder itehen bleibt, gurüd zu winfen. Endlich ijt er hinter Der SSegbiequng per-

ſchwunden, und Frau Grete wirft ſich mit lautem Auf— ſchluchzen an die Bruſt ihres Mannes "SBrijtian^, ruft fie, jo. erregt wie er fie nie zuvor gejehen, „i habe nie entgegen geredet, wenn. du unjer Kind mit Strenge erzoglt, aber debt, tebe, wo wir allein jind, ba will id) bir'e

des ANS Ge

jagen bor Gottes Angeficht: das ift mein Tod, dah bit unjern einzigen Sohn aus bem Baterhaus gemicjen!^ - Gr hebt Ur nen pn und blidt ijr voll heim derer Buver- fiht in Die Augen: „Uns jinn, Gretel, e8 ift Das ein- sige Mittel, - etwas Drbent- < liches aug bem 2 sungen zu made! AA Mutterchen, foe TR is halt bu fein / Vertrauen mehr zu Dei nem Alten? Na, jo magit du wiſſen wie ——— ich’ gemeint č habe. Ser IR Hans it eim. tardopl, gerade wie id) . . . tuu er üt ein ebenjo leicht entnutigter Menjch wie aud) ich e$ in meinen jungen Jahren war. Breiten wir jcinen €aunen die Hände unter, jo wird er ein ver: bummelter Quadjalber und titer nichts, legen joir rum

(— 3"

aber Hinderniffe in ben Weg, fo wird fein Trog und Starvjinn ber bejte Sport fein, ihn vorwärts zu treiben. Es hat mir gefallen, dak der Junge gehungert und ges barbt hat, um feinen Willen burdjgujebem, und weil id) weiß, daß er eines Anreizes bedarf, um nicht gu erjchlaffen, jo baue ich ihm die Felfen in ben Weg, welche er übers

winden muß. ES ijt nod) nie ein großer Mann geboren —.—

worden, bem ber Sorbeerfraua in bie Wiege gelegt wurde, fie haben ihn erfämpfen miiffen, Blatt für Blatt. Und barum irpdne deine Augen, Grete, ich hab’3 gut gemeint mit dem Hans und hoffe, daß mein armer, einfältiger Verſtand den rechten Weg zu ſeinem Gl dd gefunden!“

Cie ſchüttelt ben Kopf. Wohl leuchtet ihr Angeſicht in Freude und Überrafchung über ſolche Eröffnungen, aber fie füftert voll Welhmut: „Es bedarf feines Anjporns mehr beim Hanſel bie Triebfeder, bie ihn emportreibt, pie jibt Bri.

Sm Herzen? Was ber Taujend nt Sr will mid) aeinb machen, Vaterchen, parium miro er Wr | > „Narrheit, Gretel, bu bijt Gottlob nod) legen - Aber Das Hat der Junge von Dir, immer muß um alles ein poetijd) Schleierlein gewoben werden, dann erft wird's euch mundgeredjt. Na, behalte in Gottes Namen deinen frommen Glauben, fann dem Burjchen ja nur zur Ehre gereichen. Und nun Kopf bod, Altel . Da idjaue den Weg hinab! Wenn ber Bub’ zurückkommt, ijt er entweder ein gehorjamer Sohn oder ein ln Mann unb - er fommt wieder! = |

HUGE ih por ganzen Welt So debant mir utebr! © “Das eben langweilt Re (inig Joham.. Shafeipeare) -

XL

Pie Bicomtejje von Saint Lorrain langweilte fid) am fterben! Cie langweilte fich permanent, =% feit fie verheiratet war. Shr Gatte war teta Dag id, iier und feinen eigenen Intereſſen beſchäftigt und hatte keine Zeit für ſeine Frau, und das mar mod) | das befte, denn in feiner Saga bs: am allermeijten.

Ms fie damals im. —— heirateten, dui bie Saifon juft durch das Ableben ber Königin- Mutter ge-

ichloffen, und auf den etwas diftatorifch geäußerten Wunſch vs

des Vicomtes teilte das junge Paar nach Paris abe

Gr amüfierte fid) herrlich dort, Aglaë war dejto ent: d täujchter, denn fie hatte fid) das Götterleben dieſes moz

dernen Sodom febr viel intereffanter gedadıt. Sie ſprach wohl frangojijd, aber bod) nicht gewandt genug, um die

jeinen Deus zu iem, Pon ſowohl das The

x. BH is

ater mie pn getelfchaftlichen Verkehr wrgen, inb

fid auf Blide und Handedrücken allein beichränfen?

Dazu fehlte eS an der nötigen Anregung. Die Herren, - welche die idjóne, reiche und faprigbje Vicomteſſe de Saint Lorrain umjdjmarmten, waren durchſchnittlich Sapaliere, welche ben hojen Anforderungen Agi ads mo genüaten!

Und fie wollte nicht baueri bag Gagenbild fein, um welches dieje abgelebten, häßlichen, meift ſchon recht alten Geden ihren Neigen tanzten fie wollte jelber glühen und ſchwärmen, fie wollte fid) jelber jchütteln fajjen von den Fiebergluten der Leidenjchajt, fie wollte nicht nur geliebt werden, fondern auch jelber lieben! |

Ste juchte Stünjtterfrcij e auf und begeijterte jid) etwas gewaltjam für einen jungen Sänger, ber feine bedeutende Stimme, aber Wuchs und Schönheit eines Apoll bejak. Briefchen flogen hin und her die Hoje mit bem obligaten Brillantring fiel bor bem Beneideten auf die Bretter nieder Die Nendezzvouë jagten jid und atineten die beraufchende Überjchwenglich feit, in melde jid gwel blajierte und überjättigte Menſchen fel craltieren, wie ein Kranker immer jtärfere Narkoſen gebraudjt, jid) in angenehme Träume zu verjegen. Aber aud) aus diefer flüchtigen Slujion von Liebe und Glü ward Aglaë iu graujamiter Weiſe gerijjen. Sie war flug und beſaß Menjchenfenntnis, und der Sänger von Gottes Gnaden ftand auf einer nicht allzuhohen Bildungsitufe. Seine Abfichten und Pläne geftalteten fid) immer durchfichtiger,

35:

und ber etwas rüde Bug, meldier fein Weſen beherrfchte, machte ihn ber verwöhnten Dame unjympathiic.

Monfteur Aubin wußte, dah er jehr jön Bar ide wußte, Daß er weiter nidjt8 beſaß als diefe Schönheit und Daraus Kapital flagen mußte. Er machte Glück bei den Frauen, und eg ftanden ihm Hunderte von Ge- liebten zu Gebote, melde ihn als Gott verehrten und nicht jo fnapp und prúde in ihrer Liebe fein würden, wie bie Vicomteffe de Saint Lorrain, bie trog all ihrer leidenjchaftlichen Bhrajen dod) ein unjagbar fühles und ſprödes Weib war, das jeglicher Leidenſchaft eine recht unbequeme Grenze jebte. Das langweilte den jo viel- fad) Angeihmachteten, und er fand jettte Küſſe und jeine Beit viel zu foftbar, um fie für nichts. zu bertändeln er dachte an die Butuntt. oe :

Richt bem Weib, jonberm ber M Hfionärin galten feine Liebesſchwüre, unb dieje wurden immer berebter und ver- langten von Aglaë fein Spiel, jondern Ernft. Ent: führen wollte er fie und zur Gattin gewinnen! Buat flehte und jchmeichelte, dann tobte und drohte er.

Die Bicomtejfe von Saint Lorrain aber mar aus allen Himmeln gejtürzt, erichroden, dann ernüdjtert, ſchließ— fid) empört und ironisch. | Madame Aubin! Diefe Sbee mar unglaublih! Wo jie endlich am heiferjehnten Ziele war, mo fe voll glühen- den Etolzes das Brillantcollier, welches als Mittelſtücke die Baltellbildchen der erlauchten Ahnen zeigte, um den

Hals legte und voll fiebernder Aufregung bie mae sählte, | Jt. o. Ciwjtruth, I. Rom, u. Nov, Gemibie I.

c 988 n

wo fie zum erftenmal als Frau Bicomtejje das höfiſche | Parfett der Heimat betreten werde! Segt alles über den Haufen werfen und Madame Aubin werden? Die Frau eines hergelaufenen Sängers?! Sie lachte ſchneidend auf. So hatte fies nicht gemeint! Es it em:

pórenb, wie ſolch ein Menſch gleich zudringlich und frech

wird, und die ganze Hand verlangt, wenn man ibm . huldvoll den Kleinen Finger reicht! Weg damit! Die ganze Affaire war diejen Ärger nicht wert! Liebe! Als ob fie je aud) mur eine tiefere —— für dieſen Comödianten empfunden !

Sie langweilte fih und juchte Becizehunn, was fie fand, war herzlich wenig! Hödjitens bie a dabei war beachtenöwert.

Nie wieder fic) mit Leuten einlafjen, bie jo tief unter ihr jtehen bie Habgier jteht alg Geſpenſt Hinter ihnen unb lauert als Schlange zwilchen ben Rojen!

Wo aber finden fid) bie jchönen, geiltreichen Männer

ber Gejellichaft, mit ihrer fascinierenden Leidenfchaft und

ihrem finnbethörenden Liebeswerben? AU die Romanz - figuren franzöjijcher Litteratur, all bie pron aus den modernen Dramas?

Aglaë juchte vergeblich banad)j. Das Leben hat doch manchmal verzweifelt wenig Whnlichfeit mit der überjchwenglihen Bhantafie ber Schrijtiieller! Oder lag es am ihr jelbjt? Cah fie alles mit nüchternen Augen an?

Sie fofettierte und dennod) blieb. es a ppup

Wirkung. Cie war falt und egoiftiich und über diefe Charafterzüge fonnte ſelbſt bie geſchickteſte Comödie nicht hinmwegtäufchen. Langeweile, Enttäufchung, Ürger und Eigenfinn machten fie nod). unliebenswürbiger mie ale Mädchen, und ihre gereizte Stimmung machte fein Glüd

bei 3Barijer Salonhelden und Lebemännern, welche e gewohnt waren, mit graziöjefter und einſchmeichelndſter

Urtigfeit, mit pricelndem Wis und EDEN angereizt unb ummorben zu werden.

. .&8 war fein Mangel au schönen Weibern, und das lieg man Aglaë empfinden. Ihre Arroganz und ihr Stolz aber baumten auf gegen bie Zumutung, daß fie fid um bie Gunft eines Verehrers bemühen folle, und außerdem hatte fie den Argmwohn, dak ihr Mann durch geſchickte ffeine Manöver jeden Gourmadjer von ihr zurüd- ichrede! Es mar eine große Thorheit gemeien, Dak fie in einer Anmwandlung von Gitelfeit fid als tugenbe hafte Gattin bewundern lajjen wollte und bie Entführungs- offerte Aubins publizierte. Die Herren fürchteten ihre Indiskretion, und ifr Herr Semahl? Nun, der fürdhtete - einen andern Liebhaber, welcher vielleicht mit gleicher Offerte mehr Glüd haben tonne!

Wenn man aber ein Goldfiſch hen tädid im Nege zappeln fiebt, ijoliert man eS und bringt es aufs trocene, Damit fein a daher tomme und eS mod) nad- irüglid) erſchnappe

Der Aufenthalt in Paris ward Wglaé unerträglich,

und Me eront e8 trog heſtigſten Widerjtands, daß Louis | 1z* |

260. en

bie Bader der Weſtküſte mii a War e

nun Malice jeinerjeit3 oder ein zufälliges. Mißgeſchich, rc

bie Vicomteſſe de Saint Lorrain fonnte e8 beim beiten Willen nicht ermöglichen, aud) nur eine einzige interejjante (d

Belanntichaft zu machen, bie einzige Abwechslung in ber ———

tödlichen Langeweile waren bie ſtets heftiger werdenden

Scenen, welche fic) fait täglich zwijchen den

abjptelten.

D, wie oft hatte fie voll Oase. Grimme die demantbligenden Händchen geballt mir dem brennenden Verlangen, den comte mitiamt jenem vornehmen Namen und der langen Ahnenreihe im Stich zu lajin,

feine hochariſtokratiſchen Sklavenketten zu zerbrechen. unb zurüdzufliehen im ihr Baterhaus ; aber nein! lieber jterbem,

alg der Rejideng biclen Triumph, biejen unbändi: gen Spaß zu gönnen! Sie hört im Geijte dag Hohngelächter in ihren. Ohren gellen: „Er Hat Die Millionenprinzeilin. heim geidjidt! Sie papte trot aller E m in w Ahnengallerie ſeines Schlofjes!” | ae Suejer Sommer wird ja nicht ewig bauen "iub bani geht eS gurüd im die Heimat, dann wird (giae bie verlorenen Monate doppelt und dreifach nachholen! Sn ihrer deurfchen ‚Heimat wird der ayrangoie mit. jenen erbärmlichen Gniriguen nicht reiijfieren - fie hat : ja Freunde bort -V Gin Fröſteln war ihr plöglich burd) bic Glieder gegangen, da fie am ihre: Freunde

badjte. Cie jah ein blondes Lodenhaupt, amet bliBenbe - :

Blauangen und einen Naden, der viel zu gerade, viel,

9361

piel zu Hteif war, um fid; mei Frauenhänden git beugen, welche s in leichtfertigem Spiel zum Staube gmingen wollten. Hans Burkhardt! Wie wird fein Bild - plößlich jo jo lebenbig, ba [ie einjam auf dem Balfon des

Hotels m Ditende fibt und auf das Meer hinausftarrt. -

Regungslos, Tote eine Schale flüfjigen Eaphyrs liegt

e& vor ihr. Die Sonne glüht darauf nieder, blendet

das Auge, wohin | es jdaut und macht jo müde und ichlaff, al8 habe die lengende &ujt jeden Blutstropien aus den Adern. aufgejaugt. Mh, jebt einmal jo frei | und fru ich aufatmen. wie Damals, wo Hans Burkhardt:

He auf jeinen Armen burd) den Herbititurm trug! Wo

Draujenbe Regengiijje den Laubwald badeten wo es - jo gauberbujtig und kräftig durch Herz und Seele wehte,

da man permeinte- faut aufjauchzen zu mülfen, ein—

Lied glücjeliger Freiheit * pen Sturm hinaus at ichmettern!

Sn bemjelben Slugenblid trit Ser Ponte hinter fie, üt fie flüchtig auf die Wange und beurlaubt jid) für eine flcine Partie Mafao. |

Cie macht cine Bewegung mit dem Kopf. Es fieht aus, als weiche fie jchaudernd feiner Berührung. aus, aber Saint Lorrain nimmt e8 für gnädige Entlaffung und zieht fid) zurüd. Wenn er bod) nur diefe wider: mürtige Gomübie des Küſſens unterlaffen wollte! Seine Lippen. find ebenjo welf und verdorrt wie alles, was fie

hier. heiß und jtaubig umgibt! Sie aber ijt jo durftig :

M einen frijden Hauch! Ja, damals als fie

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ben Ropf Hans Burthardts zwijchen ihre Hände nahm, da riefelten ihm die Negentropfen wie leuchtender Lau durch bie fturmzerzauften Blondhaare und feine Augen itrahlten ihr entgegen wie Sterne am Winterhimmel, und feine Lippen fo jo frifch und ſchwellend gleich Niojenfnospen, : Die küßten ſie fromm unb feuj ſch wie die einer Schweſter und dennoch voller Liebe! a

Wie Heimweh überfonmt es die Vicomte ſſe von Saint Lorrain. „Ad, Hans, marum mußteſt Du ein armer, niedriger Bauernjohn jein! Sd) glaube, dir hätte id) gut fein können, du hättejt mir vielleicht jenes unfaßliche Märden, welches fie bie ‚Liebe‘ nennen, zur Wahrheit p |

Endlich: wieder daheim! Aglaë war felten jo erregt gemejem, wie in dem Mugenblid, wo fie zum erjten- mal wieder bie Marmortreppen ihres Palais emporitieg und Die jtrahlend erleuchteten Salong mit bem eu betrat: „Du bit wieder zu Haufe elt -

Saint Lorrain, welcher mit größtem 3Bibermillen Dic Nüdreije mad) ber deutſchen Reſidenz angetreten und während der ganzen Beit bie erdenflich fchlechtefte Laune gezeigt hatte, ſchien bei bem Anblid der fürjtlichen Pracht, welche ihm Hier aus feinem Haufe entgegen funtelte und glänzte, etwas milder geftimmi, er machte fogar einen halben Verſuch, ben Schwiegervater, welcher fie in etwas unfeiner Weiſe mit jchallender ED mA im Bejtibul A empfing, zu umarmen. =

2603

Der Kommerzienrat jchwamm in Geligfeit, feine Tochter, bie Frau Vicomteffe, nit nur jebr ſchön und jehr vornehm, jonbern auch voll jprudelnd guter Laune

und jeltener Liebenswürdigfeit micber zu fehen. Louis -

verabichiedete fid) jogleich, um bis zum Diner etwas zu ruhen, Herr von Lehnberg = Moosdorf aber führte Aglaë perjönlich Durch ihr Feenreich und machte fie voll nerpöjer Umjtändlichfeit auf all die Koitbarfeiten, welche - fie umgaben, aufmerfjam. „Sehr Bübjd) recht nied- - lid) recht apart!” lobte das Töchterlein huldvoll, - aber fie griff mit etwas überrajchtem Geficht in die Blitenpradt eines Blumentijdes hinein. „Gemachte, fünftliche Blumen, Papa?” „Fi donc, das ift ja fait! Das fieht aus, als wollte man und fónnte nicht! Hoffentlich ein Verfehen des Deforateurs ? Ach liebe mein Boudoir überfüllt von blühenden und ftarfouftenden Bilanzen, das meiBt du doch!”

Das perid)mommene Geficht des Millionärs fal) etwas betreten aus. Sein Blick fehweifte unjicher von bem fragenden Auge der Tochter ab, und bie fette, ringge- panzerte Hand ftrich über den dünnen Scheitel, als wolle fie prüfen, ob ber Angitjchmeiß ausbreche. a

„Rein nein! ih wußte barum . . . Der Defora- teur lobte e8 mir ala neueftes und eleganteftes Arrange- ment! Die friichen Blumen fchmuben jo jehr . . .”

„Unfinn! Wozu fat man denn die Dienerjchaft! Sch wüniche, daß bu die Blumen hier entfernen und durch Orangen, Bovardias und Fonquillen erjegen läßt.

= 264

Der Gartner foul I Tag neue ongemens treffen!” ay „So ein Blödfinn! Diefe Unmaffe von Geld derart zum Senfter hinaus zu werfen !! platte Papa Lehnberg in feiner etwas brutalen Weife heraus. „Es gibt ja dod) ftarfe Parfüms, in denen fannit du meinetmegen planichen dann macht e3 immerhin nicht fo viel wie Dicje Gärtnerrechnungen! Ich habe im lebten Jahre viele Taufende für diejes infame Grünfutter bledhen müjjen '" Aglaë jah ihren Bater jtarr vor Staunen an. „Der Geldpunkt fommt bod) wohl durchaus nicht in Frage,

menn e$ fid) um eine Annehmlichkeit handelt! Seit wann

fängt du am zu rechnen, wenn ich bir bem fleinften und unbedeutendften Wunſch vortrage ? Was BeiBt dag? Was ftedt bafinter 2!” Ihre en ihon wieder unheimlich gereizt, und Herr von Lehnberg juchtelte un- geduldig mit den Armen durch bie Luft, wie emer, Der mit unlidtbaren Spukgeſtalten kämpft „Was fol denn dahinter jteden!? Nichts jtedt dahinter, gar nicjts! Es fann mir ja im höchiten Grade gleichgültig fein, wie bu bid) mit deinen Gewohnheiten einrichteit! - Das ijt jebt deine Sache, und die Nechnungen find aud) deine Sachen! Mußt jest jelber lernen fertig zu werden mit dem, was bu haft.“

Sie warf fid) mit filberhellem Auflachen in einen Sefjel auri. Der roja Seidenftoff mit den eingewirtten Soldblumen gab dem reizenden Köpfchen mit de M Reifehut den vorteilhafteften Hintergrund. v AT,

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„© rithrende Naivetät eines VBaterherzens!!! amijierte jie fid) mit feinem Epott. „Sft e8 wirklich dein

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Ernit, und zuzumuten, daß wir mit bem paar Grofchen Niente, welche das unsmitgegebene Kapital abwirft, jtandes-

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gemäß leben follen $ ? Unbdenfbar! Louis ffagte auch, daß er unmöglich all bie Ausgaben beitreiten fönne, ‚welche unjer vornehmer Name unjere Stellung in der Welt uns auferlegen! Cher pere, du haft feine Ahnung, wie der Hausitand eines Bicomte de Saint Lorrain repräſen⸗ tiert werden mug! Mber bu. ſollſt einen Einblick ere halten! Hahaha, in einem meiner Koffer jtedt ein recht interejfantes Päckchen, lauter Rechnungen, welche ich bir alg Reife-Erinnerung 3ugebad)t habe! Ich ließ mir in Paris von Rothſchild voritreden, er fannte mich j ja perjin- (ih und machte feinerlei Schmierigfeiten, du magit die Schuldſcheine bei Gelegenheit einlöjen. Es mar mir eigentlich recht fatal, und Louis war es auch pein⸗ lid), eingeſtehen zu müſſen, bag bu uns fo knapp häftft.“

„Knapp hältft? Bei Rothichild Vorſchuß genommen Aglaë Unglückswurm, das wird eine ſchöne Kreide jein!!^ Der Kommerzienrat janf auf die nächſte Chaiſelongue nieder und ftarrte mit gläſernem Blick in das ſehr vergnügte Geficht feiner Tochter, feine Hände zudten fonvulfivijd), und fein Atem ging jchiwer.

„Gott bewahre, eine Bagatelle!” lachte 9fafae und warf bem kläffenden Geidenjpib ihre Zobelmuffe Din, auf daß er fie als €pielseug zaujen fonne. Ich glaube, e8 waren mur vierzigtaufend ranten, circa! genau fann ich e$ par coeur nicht jagen! Na, Alterden, nun verdreh doch nicht bie Augen, als ob bu am einer Gift- pille jchludteft! Was find denn vierzigtaujend $yranfen? Und bann nod) eins —^ fie jprang auf und legte

E ee

—— bie Arme um ſeinen Maden: „Thue mir ben Gefallen und fage Louis, bu pen uns nod) eine - anftändige Bulage bewilligen! Er ijt jo jchlechter Laune und e8 wird bir nicht fein, ob dein Schwiegerfohn, der Graf, hier herumgeht wie ein faucr- töpfiſcher reingefallener Ehemann, den alle verhöhnen, und jpotten: „Das konnten wir ihm im voraus jagen! Es it gar nicht jo arg mit den Millionen, wie der Lehn- berg immer renommiert hat! dj Hoffe, bu mirjt bid bor ben Leuten und namentlich auch vor Louis er idümen! Min? Billjt bu?" =

Der Kommergienrat Watete regungslos vor fid) hin; es mochte an dem eleftriichen Licht liegen , daß feine Soet plög lich ins Grünliche fpielte. |

Eine Uhr jug. Da jdraf er empor. | Sewif, gewig ‚wir iprechen mod) darüber! a ſtieß er tome

los fervor. „ocht geb, mon ange unb fleide bid) um

ich beftellte das Diner für fechs Uhr”

,Gut, ich entjichwebel” Gie fuhr ihm übermitig mit. Den Fingern durch das Haar. „Und wenn id) zurücdfomme, halt bu Geizhals dich Hoffentlich von deinem Schred erholt! Hahaha! es ijt zum Totlachen! Der Millionär Lehnberg verliert bie aune, weil feine Tochter fid) auf Rechnung ein paar neue Hüte faufte! Schäme dich, Alter-

chen, ſchäme dich!” und fie wedelte thm noch einmal mit bem Spigentafchentuch über ba verlegen grinjende Gelicht und tänzelte jchier ausgelajjem zu ber nächſten Thür.

Der Mommergienrat aber jprang jählings empor, wie

ein ſchwer gereizter Löwe, welcher fid) endlich den Feſſeln feines Peinigers entwindet. Sein Geſicht rütete fid), der Bug roher Brutalität, welcher ihm in verfeinerter Nüance ftctà eigen, trat in ftärffter Weife hervor. Mit fauchendem Atem lief er lautlos auf dem biden Smyrnateppic) auf und nieder, und das halblaut zwijchen den Zähnen gemurmelte Selbjtgefpräch mar ein Konglomerat ber heftigiten Flüche und Berwünjchungen.

„Daß mich der Teufel auch reiten ee mid) unter diefe Sippe zu begeben! Nun Hab id's Davon nun fann ich Haare laffen, bis id) fabl bin!! Hofgeſellſchaft Ariftofratie! Unfinn lächerlich! Was habe id davon gehabt? Langeweile zum grau und jchwarz werden! Arger jchlechte Behandlung wahnfinnige Koften! Das war der Anfang vom Ende, nun fibt bie Karre im Sand! Meineiwegen mir fann’s ja jebt ganz eimerlet fein, enorer werde id) micber flott ober id) jibe troden . und ber Bicomte fann fid Das Maul mijden!- Hat ja a iether Vermögen, ift ja jelber ein reicher Wann und wird jid) hübjch nach ber Dede Hreden, wenn der Herr Schwiegerpapa nicht mehr als Dufatenmännchen im Hintergrund fibt! Agla ijt ja verjorgt, bah... wird es aud) jhon lernen mit Franks

amjtatt mit Thalern zu rechnen. Wird ihr ganz bienfi ^.

jein, wenn fie ihre verfluchten Anfprüche etwas herab- Ihraubt . . . hahaha —" ein beinahe Ichadenfrohes Grinſen

verzog momentan die blafjen Lipper: pole Frau Gräfin =

üt in ber furgen Zeit jhon verteujelt vornehm geworden, | :

5 200

pa ift e$ thr vielleicht ganz lieb, wenn ber Siommergienrat- Plunder in die Berjenfung rutscht! Für bie Aglaë ift mir nicht bange, bie wird jhon ihren Weg gehen, aber ber Herr Vicomte, ber ift ganz verteufelt reingefallen hahaha wenn er das Mädel nur wegen Der Dufaten genommen hat, ijt ibm recht, febr recht geichehen! Ajo immer barauj log, immer auf den tollen Bettel losgewirt- ichaftet, fo lange, wie was da ift, fónneu fie fich j ja nod) des Lebens freuen! Aber dann... Maul mijden Damn it’s pig mit dem SSerjuren !^ und Der Herr Baron von Lehnberg warf fic) mit brutalem Geficht in einen - Sefjel und hatte fid) bei pen Gedanten vollfommen wieder beruhigt.

Mglaë war eine reidhe Frau Gräfin, | Die cin fürftliches | Vermögen mitbekommen: und in Nummer Sicher hatte und für fid) jelbjt wollte der Hert Kommergienrat aud).

{chon Jorgen. Warum aljo Grillen fangen ? Rod) steht : - . das Waffer nicht direft bis an den Hals, noch fann we bao 108 meint, menm „Der hunge Mann | v

Das wi > Xeber inb Treiben des Herrn © Schtoieger- Hone ae und an und ber bk Kommerz

banaue

Ein Diener ſchlug fo heftig bie Thür is dak hee :

meroje. Baron auf jemem Seffel empor ſchnellte, als ob = -ihon jet ber Stonfursnerwalter jeiue Realy nad tin : made 3 : D a

270

Monsieur le Vicomte trat ein, Ex fo großipurig, jo fürftlich herablafjend und gnübig, daß Papa Lehnberg

alter Angewohnheit gemäß ſehr devot dienerte und es ganz

ummifffürfid) in jedem Wort und jeder Bewegung aus- drückte, wie unendlich geehrt er fid) durch bie Auweſen— heit des hohen Herrn fühle, (Sr founte fid) nod) immer nicht recht im bie Rolle des Papas finden, erit dann, als Louis ihm huldvoll auf die Schulter Hopfte und mit srointerndem | limblif durd) bie Salons mwohlgefällig lobte: „Bon jour, Papa Krobſus! febr niedlich hier ein- gerichtet, recht allerliebſte Stmmerdjen!^ Da fop ihm jählings bas Verſtandnis für ſeine Intimität mit Dem vornehmen Mann durch den Kopf. : Und biejes Verſtandnis äußerte ſich ſofort in einem febr ſpaßhaft unvermittelten Übergang aus der größten Ehrfurcht in einen fchter burichifos zärtlichen Ton!

„Papa Krijus! Haha... Heiner Echäfer du! immer mit jo einer verflucht amüjanten ffetuen Frivo— lität bet der Hand! Hajt ja bie Speijefarte nod) gar nicht gelejen, ob id) wirklich jo ein Schlemmer und Fein⸗ ſchmecker war wie dieſet Kröſus“

Lukullus, meinſt bu, cher père! ! AME n ber x

geliebtojte Sehwieger| obn.

Natürlich Kröfus Lufullus . - Diele altem griechiichen Kerls hatten ja immer jo vergmidte Doppel- namen! Und die Stübchen bier gefallen dir alfo, mein Junge? Famos! muß id) jelber fagen! Alles gediegene Ware, alles echt! feinerlei Plunder

-— po

oder Quinquallerie!! Hat netto fünfzehntaufend Mart gelojtet, Diefes Kämmerchen hier, natürlich ohne die $unjtmerfe! Da das nadte Heine Mäuschen auf dem Löwen ijf eine Venus oder Suno aus Marmor von irgend einem jehr berühmter Meijter auf der Inſel Naros modelliert vergefje bie verdeiwel— ten Namen immer na thuen ja auch nichts zur Gace! ... und dort bie badenden Nymphen

.Bm ... fujcelmu- sihelige Büpnden : was?”

Sebnberg fniff ein Auge zu und ftieß den Bicomte unfein fichernd mit dem Ellenbogen in die Seite,

„Die haben allein Taufende gefojtet. Gute Bilder find auch ce WE Da, mur moderne Meijter! Habe Die Namen alle nod) recht fihtbar auf Silberplatten gravieren lafjen unb unter den Gemälden angebracht. Gute Idee was? Dann willen bod) die Leute gleih, was jo em [umpige& Stüd Leinmand für Kapital verſchlungen hat! Da gud fier bie Platte: ‚Echter Makart

u 0999. A

dort: ‚echter Knaus‘ ‚echter Werner, Sichel, Miller-Kurzwelly Munthe Edenbredher Gude’ Salzmann Donner und Teufel ja, lauter vergoldete Namen!! Und jo geht's nun weiter von Salon zu Salon! Überall fürftlihe Pracht! Überall nur das Beſte a Feinjte! Was glaubjt du wohl, mein &dnübefen —'

unb der Kommerzienrat tütjd)te den ausweichenden Schwiegerjohn mit feinen wulftigen Händen zärtlich ins Gefibt „was glaubjt bu wohl, was bie Elle von diefem Stoff gefoftet hat? Fühle mal an Seide! jeft wie ein Brett —1^

„Schon qut, {don gut”, nidte Saint Lorrain etwas ungeduldig, „ih bin überzeugt, bap bu die Möbel und Portieren nicht von Sacleinmand heritellen ließeſt Die Preiſe in dieſen Zimmern find ſelbſtverſtändlich Apropos id) vermifje in meinem Arbeitszimmer einen diebesfichern Geldſchrank und dachte, berjelbe jet bod) wohl eines der notwendigiten Möbel.”

„Diebesfichern Geldſchrank? Willit du denn fo viel bares Geld unverzinft hinlegen? Sch wiirde e8 am prattijd)ften finden, ihr laßt euch eure Revenuen an jedem Griten des Monats zujenden.”

Louis ließ die Lider Halb über bie Augen fallen und mujterte den Sprecher mit halbem Blid. „Nein, id) laffe mich nicht gern von Fremden bevormunden! Bis jest habe id) mein eigenes Vermögen volltommen felb- ftändig verwaltet und hoffe auch, mit demjenigen von Aglaë zu unjerer Zufriedenheit zu mirtjdjaftem. Jd habe

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ja feine ernfthafte Beichaftigung , feinen Beruf, feinen Dienft, ba ließ id) mid) in Paris von meinem Banfier fo zu jagen „anleren” und fand eine lohnende und ſehr vernünftige Arbeit darin, daß id) mein eigener Herr ward.”

„Hm, menn du die Sache verftehft, mein Sungchen, - dann ift eS allerdings dag praftijd)ite, fid) den Bantier und das Nififo einer fremden Bant zu erjparem; bei den heurig madeligem Beiten ijt e8 immer eine faule Sade, alles aus den Händen zu geben! Alfo einen Geld- ſchrank, bon; merbe bir morgen einen zujenden laffen; mußt allerdings für ein paar Tage dein Arbeitszimmer räumen, denn das Ding muß am beiten eingemauert werden! Du kannſt ja deine Papiere einftweilen in dem jehr geräumigen und ebenfalls diebes- und feuerfeiten Kaſſettenſchrank Aglass unterbringen.”

„Bie? Aglaë befit bereits ein derartiges Möbel?“

„Ra natürlich! Gelbjtredend! Wo foll fie denn ihre Brillanten und foftbaren Schmucks laffen?” Der Kom- merzienrat warf fid) Mola in die Brujt: „In den Stem-

chen (tet ja ein immenjes Kapital, ein riefiges Ber:

mögen! Das weiß ich, ber Stüd für Stüd berappen mußte!’

Das jchlaffe, welfe Gei icht be8 Bicomte mar plbb(id) belebt, feine erlofchenen Augen flimmerten auf. Bertran- fid) nahm er den Sprecher in feinen Arm und 30g ihn neben fid) auf einen Diwan nieder. „PBapachen”, lachte er verichmißt und zupfte den ſehr geſchmeichelten Schwieger⸗ vater an bem Notelettenbart: „Hand aufs Herz, ſage

Vt. v. €f d ftrutp, SIL Rom, u, Nov, Comddie L 18

mir einmal ehrlich bie Wahrheit, ift ber fabelhafte Schmud meines Heinen, fühen Weibchens wirklich echt? Das wäre allerdings eine Heidenjumme, welde alsdann in ihrer Kaſſette ruhte!“

„Et? Echt?!“ Lehnberg fubr auf, als molle er bie Arme anflagend zum Himmel heben: „Louis! Glaubjt bu, mein Prinzeßchen hatte ho jemals mit Gimilt oder Glas gejd)müdt 2” |

Der Vicomte gudte die Adi jeln und lachte: „Mon Dieu al8 Tochter eines mehrfachen Millionärs fonnte fie ruhig ein paar Rheinkieſel tragen, fein Menſch hätte e3 für möglich gehalten und jtet8 auf Diamanten ges Ichworen! Wie heutzutage die Eteine- geſchliffen und nachgeahmt werden, ift es oft für bem geübteften Renner ichwer, Das Echte vom Faljchen zu urnterjdjeiben ^

„Nicht wahr? Das habe ich ihr auch einmal planz

fibel gemacht!“ Lehnberg rückte eifrig näher unb jah

plötzlich ſehr geärgert aus. „Und was mar bie Folge davon? Daß die kleine Here mir mißtraute und perſön— lich zu den Juwelieren fuhr, thre Einfäufe zu bejorgen! Da ift aud) fein brillantenes Tautröpfchen unecht! Alles mußte Taufende ed wenn es bie Aglaë tragen ſollte!“

„Alſo wirklich und echte Diamanten?” Der Blick des Fragers ftierte gerade aus auf bie Gruppe ber badenden Nymphen, und daher fam wohl jein unbe: - ſchreibliches Lächeln und das Phosphorescieren ſeines Auges,

279

„Sabelhaft, hätte es im ve That nicht Sealab. Aber id) würde es unverzeihlich leichtſinnig finden, ei

jolches Kapital in das Ankleidezimmer einer Dame ad D ftellen! Und wozu dann nod) einen zweiten Schrant, . wenn bereits ein Cremplar vorhanden ijt! Ich werde denjenigen meiner Frau zu mir herüberjchaffen lan = und mich als wohlbewaffneten Fafnir vor bem pem |

Hort als Schildwache aufpflanzen.” |

„Scilowahe? Wer will Schildwache stehen oe ang o e8 jählings hinter ihm.

Die Vicomteffe von Saint Lorrain ftand in einem

märchenhaiten Schlafrof von weißem Sammet mit Gold- jtiderei und Pelzbeſatz zwiichen den Portieren. hr Antlitz war erregt, und ber Blig ruhte gejpannt auf den beiden Herren. . Louis ſprang auf, eilte ihr entgegen und mate | Miene, fie zärtlich in die Arme zu jdjliepen. Aglaë- wehrte fühl ab, unb jo fapte er die fleine Hand, welche fie gegen ihn auzftredte und küßte fie galant zu wieder: holten Malen: „Sh, mon ange! ih will Schilödwache itchen ... eimesteil3 vor dem Zimmer meiner Herzens- fönigin, 'anbernteilà por dem goldenen Serbien welches fie zur Herrjcherin macht!”

„Du? Du €dilbmadje?^ Cie lachte [eife auf, man wußte nicht, war e8 Spott ober Amüjement in ihrem Blick, welcher bie magere, geckenhafte Geſtalt dieſes ver- ſchrumpften Helden muſterte |

Erſtaunt bid) das jo gewaltig?” lachte Louis, „das | 18*

ROC 276

Poſtenſtehen ijt eb etwas br Unpaffenbes für den Enfel einer Herzogin, und man überläßt eS in ber Pegel jolchen Seuten, welde vor bie Thür und nicht in Das Dinner einer seönigin Aber ber ume dienſt

3lalaé ihn beinahe mco Darüber dürften in Deutichland, bei unjern Militärverhältniijen bie Anfichten wohl andrer Art fein.”

yo wo, Mauschen“ Papa Lehnberg lachte auf, „e find immer nur gemeine Soldaten, Die gu jo was ram müjjen! Weipt bu nicht mebr, wie wir zum erjtenmal zu Hof fuhren, wie ba ber Hans —"

„Bum erjtenmal zu Hof!” Mgla& unterbrach aber: mals voll nervijer Haft. „Mon Dieu, bu erinnerjt mid) an den Starneval! Ich fiebere vor Verlangen auf mein diesjährig erites Fejt bei Hof und freue mich barauf wie ein Kind auf ben Ehriitbaum! Wann nores wir Vijiten, Papa ?”

Was geht es mich an, wann ihr euch bagu bez quemen wollt ^^ » or? Nun, bu padri bod) aud?!”

Der Kommerzienrat lachte rauh auf: ‚Lieber direft zur Hölle!! Nee, Aglaë, bie Schinderei hat ein Ende! "n Du fannit jebt mit deinem Mann hintarren, mo du hin - willſt, und id) gehe aud) Dabin, wo es mir Pläfir macht! Die Menſchen bet Hofe find mir gräßlich geradezu gräßlich!! Habe mich einen Winter lang zwijchen ben hochnaſ bu zimperlichen Weibern herum gelangweilt!

Sebt bin ich wieder vogelfreier Junggefelle, jet. will id) | nocd) mal bie Freuden des Lebeng austütichen! Dt Louis, verjtehit mich wohl?”

Der Vicomte lächelte ein etwas fauerjiifes Lächeln, —.

denn jein flinter Ropi beredjuete dies koſtſpielige Aus⸗ tütid)en^, unb Aglaë wandte fid) briist zur Seite. und warf unmillig ein paar Prachtbände auj bem Tiſch zu- fammen. Ihr Gemahl aber unterrichtete fie von feiner Abjicht, ihren Geld: und Schmudfchranf unter feine Obhut nehmen zu wollen. E3 war ihr unenblid) gleich- gültig. Sie fdjien überhaupt zerftreut und übellaunig: „Sieh bir baa Ding bod) erft einmal an, ob e3 für bieje doppelten groß genug fein wird! d - jagte fie über bie Coulter.

Die Seren. variigi Hd) jofort in bas. Toiletten ‚zimmer der jungen Gräfin. |

Malae trat langiam zum jyeniter und ſchlug bie weißen Spißenbehänge hinter den Cammetporticren zurüd. ©

Es ſchneite draußen Die weißen Flocken wirbelten 5 im grellen Licht der elettrijdjen Flammen vor ihren Süden vorüber. Grade fo wie damals an dem Winter: abend, ba fie zum erjtenmale zu Hof gefahren. Gie lehnt bie Etirn gegen die hohe Spiegelſcheibe und jtarrt in das Gewirbel hinaus, aber fie ſieht feme Floden mehr, jie fieht im Geijte eine hohe, marfige Männer: geftalt mit leuchtenden Blauaugen und einem jauchzenden Liebesruf auf den Lippen. Hans Burkhardt, der Pojten vor der Thür feines Königs. Vor der Thür, weil

ME 2

er nicht berechtigt war, einzutreten in einen Kreis von Menjchen, der fo hoch über ihm jtand, fo hoch, bag Aglaë ihn gar nicht erfannte von ber ſchwindelnden Höhe ihrer neuen Freiherrnkrone herab! ——

Und num war fie noch eine Stufe höher geftiegen. Neun Perlen feuchteten als gräflicher Stirnreif auf ihrem Haupte. Mechaniſch griff (alae empor und zog den Ramm, welcher bie Form einer goldenen Grajenfrone trug, aus pem Haar. ES deuchte ihr plößlich, ala fet er drückend ſchwer, al jdjmerge er fie auf bem Haupt. Aber jte prekte dabei die Hände gegen die Bruſt und atmete tief und ſchwer, als jei bie Luft dieſer Zimmer zum Eritiden. Warum drängte fid feine fdjone, frifche, herrliche Gejtalt wiederum neben Die fümmerlihe Sarifatur ihres Ge- mahls! Wie lieft man in Romanen fo leicht und amiijant über joíd) einen düpierten alten Ehegatten hinmeg, und in der Wirklichkeit jdjeppt man fich unmutig, geärgert, blutenden Herzens und gefoltert an ber Seite ſolch eines Widerwdrtigen dahin!

Warum lügen bie Romane fo oft! Warum Schildern fie es meiſt als Elend, wenn die Menſchen aus Liebe heiraten? - Biel herzen und viel füjjen, aber aud) viele Kinder, viel Arbeit, viel Not und Sorge. Wie fann es wohl eine umerquicliche Arbeit fein, das Kind eines heiß- geliebten Mannes zu pflegen und zu warten! Cte ent:

pfindet taum Freundſchaft für ihren Mann, unb doc würde fie malt > fein, hätte je ein.

Baby! -

Cold) ein füßes, rofiges Püppchen zum Spielen, Herzen und Sieben, fold) einen niedlichen einen Zeitvertreib! Ahr Leben würde halb jo langweilig und öde fein. Die junge grau blickt fic) um. 3hr reizendes Bild ftrahlt ihr aus dem Spiegel entgegen. Für wen N fie fid) eigent- ih? Wenn fie Hans Burk Hardt einmal jo jehen könnte

. ob er wohl...”

Unfinn! Cr it ein Mann, welcher vor der Thür Boften stehen muß. Shade darum. Heiraten fonnte fie ihm nicht, unb ihr Freund werden wollte er nicht. So war ihnen beiden nicht zu helfen. Warum fommen ihr plötzlich fold) thörichte Gedan- fen! Die Langeweile frantelt fie an. Gie muß im bem Strudel ber Vergnügungen Dimein, jie muß jid) zerjtreuen, jonft wird fie nervös. on

Gott fei Dant, dak kein Kinderge Ichrei Durch dieſe trüumerijd)e Pracht gellt, es würde ja den ganzen poz etiichen Sauber fold) eines Boudoirs jtören, und ihr Schlafrod ijt zu zart zum RKinderwarten. |

Der Bicomte und Lehnberg treten ein; in der Thür

erjcheint Der Haushofmeifter und meldet, daß jerviert fet. poor müpt mein Neglige verzeihen!” lacht Aglaë,

ume es =

„die faule Madame Laurence hat aber ı meine Koffer nme Du

nicht ausgepadt.‘ m

, Madame, vous êtes la piis belle. coquette du |

monde!“ verneigt ſich Saint Lorrain mit galantem payi cee

RIL

.. Du bift betrogen !” Gallet.

Gie jicht fo ftarr in'á Blaue bin

Sm ungebeuern Harm,

Wie war die reihe Königin

So unermeflib arm!

Stradhwis.

(Fe thut wohl, ein wenig angeregt zu fein, und für Aglaë ijf e8 ein neuer Reiz, einmal wieder zu fiebern in ipae nender Erwartung auf Rommendes! sl Cie hatte e3 verlernt feit ihrer Berbeis | ratung, fid zu interejfieren. Die eben. Meni jchen, mit welchen fie verkehrte/ , Waren ihr gleichgültig fie fragte nicht Danach, was dieje aben- ‘teucrlicjen Barifer Gejtalten, dicje Leute, welche fie alle tief unter fich ſtehend erachtete, trog ihrer flingenden Namen für eine Meinung über fie hegten. Im Gegen: teil, fie ärgerte fih, daß Frauen, welche fih Baronin, | Gräfin, Margutje nannten, bieje arijtofratij ſchen Titel in einer QWeije in ben Sot zogen, welche ihren jungen Adelsitolz emporte. Doß es im Grunde genommen leichtjertige Grijetten, Tangerinnen und zweifelhafte Perz

aud

fonen waren, welche durch Heirat mit leichtfinnigen jungen Herren ihre imponierenden Namen erwarben, genierte fie mehr wie ihren Gatten und führte die erften heftigen Scenen herbei, welche ihr ganz Paris und neh auch tre Ehe vollfommen verleideten!

Aglas empbrte [id gegen einen Bertehr, welcher ihren Hochmut eher fräufte alg befriedigte, und weil ihr fein befjerer geboten ward, jo erfaßte fie eine unerträgliche Gíeid)gültigfeit gegen die Freuden ber Gelclligfeit, von melden fie fic) in ihren hod)trabenden räumen jo viel verjprodjen hatte. :

Nun endlich, endlich, mat fie daheim! Endlich follte fie wieder in der Geſellſchaft verkehren, welche für ſie ſtets das Ziel ihres ebrgeigigen, leidenſchaftlichen Strebens geweſen mar!

Noch branntem bie Wunden, ihr gerade durch bie abweijende Unnabbarteit diefer Geſellſchaft geichlagen waren, noch durchlebte fie in Gedanfen die Stunden auf höftichem SBarfett, welche ihr jo namenlos viele De- mitigungen und fo jehr wenig Triumphe gebracht. Shr erbittertes Herz lechzte nach Made und Genugthuung. Cie hatte alles geopfert, ihr Herz, ihre Jugend, ihre Liebe, fid) felber ganz und gar, um unter dem Nimbus ber Grajentrone fieqretch aufzutreten gegen all die Hod- mütigen Weiber, welche fie ehedem jo vollitändig übers jahen. Jetzt follen fie der Frau Bicomteffe weichen!

Aglas frohlodt in dem Gedanken, daß Uggley jeine armjelige Braut im Tüllfleidchen hübſch befcheiden nad) .

= 283. c

Madame la Vicomtesse de Saint Lorrain rangieren jehen muß! Sie burdjfojtet jd)on im Geift den Hochgenuß, menn fie mit [pöttiihem Lächeln an Gräfin Viola vorüber ſchreiten wird, pochend auf ihr gutes Recht des Vor— tritt! Run ift fie genau dasjelbe, wie all die erflujiven Damen jenes Rreijes! Ahr neuer Adel ijt verſchmolzen mit dem Glanz des beiten, díteften franzöfifchen Grafen- hauſes einer ;yamilie, wege Fürſten und Hergoginnen zu ihren Verwandten zählt! Nun trägt aud) fie bie Paftellbilocjen gepuderter Sibnberrm zur Schau, und nicht enva nur ein armjeliges Gremplar, wie ehemals Gräfin | Viola am ſchmalen Goldfettchen, nein, eine fole, ftatt- fiche Reihe, ein Dugend der imponierenditen Vorfahren, vereinigt zu einem Collier, gefaßt in föftliche Bril- lanten, je ein Ahnherr je etn Eolitair!!

Aglaẽ blidt voll ftolzer Genugthuung auf das bligende Halsband in ihrer Hand Dernieber.

Lauter Vicomtes de Saint Lorrain! Ob die Bildchen in ber That echt find? Louis hatte einen Maler nad) jeinem Stammſchloß gefdict, dieje Bildchen mad) den alten Portraits ber Ahnengallerie zu malen hat eim unlinniges Geld gefojtet, aber was hätte bie junge Gräfin von Saint Lorrain nicht für biejen Schmud ge- geben, welchen ihr Gatte trog al ſeiner Galanterie jpbt- tijd) belachelte!

Für ihr Leben gern hätte Agl Das vornehme alte Schloß gejehen, bejjem Abbildung ihr jo gewaltig im- Ponieri hatte, die der Vicomte nod) vor jeiner Berlobung

c s

einmal zur Anficht mit gebracht Da wußte er Die inter- eſſanteſten Memoiren dieſes burgartigen Thurmbaus zu erzählen, und nun, da feine junge Gemahlin gern wie cine fleine Königin ihren Einzug im Schloß der Väter _

‚halten wollte, nun wußte er taufend Vorwände zu finden, . 2 x ſchauderte im Gedanken an einen Aufenthalt in diefem alten Eulenneſt unb wußte bie unerquidlichiten Dinge -

von bem Wächter zu erzählen, mit welchen er feines | flauen Bablens halber im Zerwürfnis lebe. 2 Aglaë hatte fid) in das Unvermeidliche fügen müffen

und mas Die Kopien ber. Ahnenbilder anbelangte je

num, jo wäre es wohl in der That langweilig gemejen, dem alten Maler bei der Arbeit über die Schulter zu feben.

Sie betrachtete ja ihre Vorvater weit bequemer ın

Diefer köſtlichen Semontfali fung. Ehte, rechte Fran: zojengefichter in allen ijt eine entichiedene Ahnlichkeit mit Louis zu erkennen, jelbft bie Dämchen mit dem fofett gewendeten Hals, ben tie] entblößten Buſen unb hoch: gezogenen Augenbrauen haben fait jümtlid) die finnlich aufgeworjenen Lippen ihres jpüten Urentfelfohnes.

Die Herren tragen gumeijt jchwarze Henri-quatres, haben abgelebte, fleifchlofe Gefichter und lächeln ebenso eynijch wie Wqlaés Gatte. Cte haben alle viel Glüd bei den Frauen gemacht erzählte Lows amiifiert, Philippe Denis, dieſer zierliche, geckenhafte Stuber hier

mit ber mächtigen Alonge- Perrüde, Hatte e8 fogar gu Wege gebracht, heimlich bem König in ber Liebe zu mer i n

Dame Pompadour zu tonfurrieren.

285 TIRAS

Aglaë fam e8 d Wd vid secte, aber . e8 ijt ja jebt auch ihre: gamilie, welche jolh icherahatte : Anefdoten zu erzählen weiß, und barum glaubt fie, ohne darüber nachzugrübeln.

Jedenfalls ijt e& eine Wonne, ein (ee Diejen Schmud zu tragen! Die junge Frau legt ihn voll unendlicher Genugthuung in die Hand der Madame Lau— rence, welche gar nicht ſatt werden fann, dieſe hochſeligen, unſterblichen Hohen Herrſchaften gu bemunnenn und zu vergöttern

Sie findet auch kaum genug, das Bild ihrer jungen Gebieterin im Spiegel anzuſchwärmen!

Der vermöchte eine gleich koſtbare, berauſchend ſchöne Toilette anzulegen! Wer fann wohl ebenſolche Venus— arme, folch einen blendenden Naden, jolh eine Marmorbüſte zur Schau tragen wie fie! Wohl feine im ganzen Deutjchen Reich! Wie das funkelt, leuchtet und jdimmert, wenn die flante Geitalt fid) regt, menn eine ihrer ge ihmeidigen, jo meifterlich einjtudierten Bewegungen bie graziöfe Figur unter den weichen Seidenfalten ahnen läßt, wie eine Statue, über Weide, eiue un | einen Goldflor geworfen! Hatte nicht Carah Bernhard ele: jelbe Toilette. ges tragen? Und hatte nicht Das anjpruchsvolle, berwöhnte ‚und überjättigte ‘Baris ihr pag ect, wie von einem Liebestrank beraufcht ? =

Und weld) eine Per sönfichteit war Agta gegen jene alternbe, magere par , B a feinen. n ae

E o

ber Jugend oder Üppigfeit diefe raffinierte Toilette wunterjtüben fonnte! Gite war mit fid) zufrieden, bie junge Vicomteffe de Saint Lorrain. Ihre Augen bligten im Borgejchmac des Triumphes und ber befriedigten Eitelfeit, die Wangen leuchteten rofig verflärt, und jede aber und jeder Nerv arbeitete in (eibenfeafticher Erregung.

Sa, fie mar jchön, fie mat pornebm fie mar reid; nun fehlte nidjtS mehr, um die Welt zu entzüden und zu beherrjden! Nichts mehr?

Es mar in der That ein frijches, blühend fchönes Geſichtchen, welches das geſchliffene Glas ſpiegelte, und dennoch war es keine Freude und keine Wohlthat, es anzuſchauen Der Ausdruck, welcher es beherrſchte, machte alle Schönheit und Aumut zu nichte. Hochmut,

Stolz, Eitelfeit und Genußſucht prägte fid) darauf aus, und Der unliebensiviirdige Sug um die Lipper, welcher fid) ftet8 dort bemertlid) gemacht, trat jeit ber Berz heiratung in beinahe unangenehm verftärtter I Weife hervor. Da war fein Echimmer pou Herzlichfeit, Milde oder Liebreiz zu fehen. Ein Bild, ein farbenfriicher Marmor, welchem Herz und Ecele fehlt, ftand Aglaë in ihrer bez rechnet verführerifchen Pracht vor dem Spiegel und hatte nur einen Gedanfen, nur einen fiebernden Wunfch, den fic) ihre Stellung in ber Gejelljchait zu erzwingen - und zu triumphieren über die, welche ehedem voll Hod: mut auf fie herabgejchaut. Das Toilettenzimmer der jungen Gräfin war ber Ausftattung des ganzen Haufes

WU RE C.

angemefjen. Nofa Atlas und Cpiben garniertem felbit den fleinften Gegenitand und fchlangen jid) in jchmalen Deforationen zwijchen den mächtigen Spiegeln empor, welche in alle Wände, ja, wie Moſaik zufammengejegt, jelbjt in bie Dede des Zimmers eingelafjen waren.

su Hundertfachem Glanz brad) fic) ber Lichtichein und warf das Bild der jungen Frau zurüd, und Aglaë ftarrte einen Augenbli finjter in bie Bracht hinein und feufzte: „Wenn er doch heute Pojten jtünde! Sch wollte der Kälte nicht achten, wollte meinen Pelz herabal leiten lafjen von den Schultern, bag er mich jehen müßte, wollte im Borüberjchweben ihm zulächeln und flüjtern: ‚Morgen, Hans! Morgen mittag erwarte ich Dich bei mir! und wenn er füme ... Schade! id) habe es damals jaljh gemacht, unb barum habe ich ver- jpielt in der fleinen Comödie, welche jo amiijant, fo wunder wunderſchön Hütte werden fonnen!^

Madame Laurence meldete, daß bie Equipage vor- gefahren jet und der Herr Vicomte bereits in ber Porphyr- galerie auf die gnädigjte Gräfin warte! -

Da jchraf fie ummillig empor aus ihren Gebanten unb griff nad) bem Epigenfächer. : |

Ich münjde zuvor ein Glas Portwein zu trinfen. if

Sie leerte das Gebrachte haſtig; ihre Augen fprithten : auf. Es mar, als molle jid) bte Bicomtelje von Saint Lorrain fünftlich in eine Stimmung verjegen, welche gegen alles und jedes, wa3 da fommen mag, feit! Gie glich einem prablerijch geſchmückten Kämpen, welcher mit ſchmet—

v OBS

ternder fanfare in die Schranfen tritt unb bod) im peg feinen eigenen Waffen bien,

Die —— hielt vor dem Der. Bit- comte ſtieg langſam und gleichgültig aus, wie ſein ganzes Wejen jeltjam nut demjenigen der Gemahlin Eontraitierte. Aglaë bie verforperte Ungeduld und Aufregung, Saint Lorrain ber übelfaunige Ehemann, welcher fid) gähnend Den Seüniden ber Gattin fügt. Aber e8 mar nicht allein bie Überfättigung, welche ihm das Hoffeſt zu ver⸗ feiden ſchien, und hätte Aglaë mehr Menſchenkenntnis beſeſſen, jo ware ibr wohl längft ber miptrauild)e Gebanfe gefommen, daß ber Bicomte wohl die reiche Erbin ger heiratet, fid) aber jcheute, biejelbe als Gattin in die reife zurüczuführen, wo fie als Mädchen eine |? Er Pagna Rolle gefpielt hatte. i

Das ganze Wünfchen und Verlangen Saini Lorrains ging Darauf hinaus, Den Wohnort. zu wechfeln, und daß er dabei auf bem heftigſten und energijchiten Widerftand bei Aglaë jtieß, machte ihn einesteilg ärgerlic), andern- - teils intriguant. | a :

Mit einem feinen Spottlächeln um die Lippen und einem Ausdrud in den verlebten Zügen, welcher beinahe

boshafter ronie glich, jaß er an der Ceite feiner aufs

geregten Gemahlin fo gelaffen und fühl, als wolle er jagen: „Wozu dieje Halt jhon jebt? Sie wird eher am pi ab | fein, wenn wir bem Heimweg antreten !^

um e guias [rit e er de Das Schloß:

289

portal. Er fal weder recht3 noch linta unb bemerfte e3 auch nicht, wie Aglaë ein wenig zurüdzudte, um dem Schildwacht jtebenben Grenadier hajtig in das 9[ntli& zu Ihauen. Sie that e8 wohl, ohne jelber zu willen warum, denn Hang Burkhardt fonnte fie nicht mehr im Rod des Königs vermuten, wie fie überhaupt nidi wußte, mo ihn ihre Gedanken fuchen follten.

Er jelber hatte nichts von jid) Hören laffen, unb bie Vicomteſſe von Saint Lorrain fonnte fid) bod) unmöglid) nach dem Grgeben ihres Bächterjohns erfundigen. Und wozu auch und warum? (58 war ja gut, Daß er das weld geräumt Hatte, denn fie hätte jid) des Jugend- gefpielen ja bod) ftet8 fchämen müflen. Das Blut ftieg ijr in Gedanfen nod) immer in die Wangen, wenn fie an feine taftlojen Erzählungen von Haus und Hof dachte, damals, während des Diners im Haufe ihres Vaters. Nein e8 muß jebt alles energifd) abgefchüttelt werden, was an die plebejifchen Seiten in Moosdorf erinnert, fie, die rau Vicomteſſe von Saint Lorrain mußte e8 ja vergejjen, daß e3 Jahre gegeben, in welchen fie ein fimples Fräulein Lehnberg geweſen.

Alles wie früher, alles unverändert in den Flur: Halen des Schloſſes!

Aglaë atmet tief auf. Schon diefe Luft wirkt "be rauſchend auf ihre Sinne, und es iſt ihr zu Mut, als trüge dieſelbe ſie empor, hoch, ſchwindelnd hoch, auf die erträumten Gipfel ſtrahlender Herrlichkeit. _

„Bitte, falle nicht!” jagt bie nüchterne Stimme tus N. v. SEDES I Rom. u. Nov., Eomödie L a Rio. |

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Mannes neben ifr, unb er hält fie zurück vor einer teppichbelegten Stufe. |

Die junge Frau zudt atfamimen. Dann pet fie | unwillig feine führende Hand zurüd und wendet jid) hoc erhobenen Hauptes den Damengarderoben zu. „Ich weiß Beicheid hier e3 bedarf deiner Warnung nicht!” {pottet fie. Aber fie beißt fid) Dabei auf bie Lippe und ärgert fid) in dem Gedanken, daß die Umjtehenden glauben fönnten, fie betrete das königliche Schloß aum erjtenmal. - Und dennoch hat e8 beinahe den Anfchein. Gie fannte zu wenige von den Damen, mit welchen fie in ber Gemäldegalerie auf den Beginn ber Defiliercour warten muß unb wenn fie endlich ein befanntes Geficht entdeckt und fic) wirklich herablafjen will, bie Damen zu begrüßen, weil fie vergeblid) auf da3 Kommen der- jelben wartete, fo erhält fie wohl einen höflich ſteifen Gegengruß, ein paar febr ceremonielle Worte, ebenjo fühl, wie fie jelber mit hochmütig zurückgeworfenem Köpfchen dafteht, und dann ijf bie Unterhaltung mit ihr zu Ende, und fie bleibt allein und ijoliert, dieweil jonjt ein

jehr animierte8 und wohlvertrautes Begrüßen bie andern

Damen zufammen führt. Aglaë hat e$ nie gelernt und nie für nötig gehalten, fic) um andere Leute zu bez mühen; fie hat auf ihre Millionen getrogt und e8 aud) in ihren ehemaligen Gejeljchaftsfreifen erzwungen, dak Die Frauen und Töchter der Juduftriellen, welche von dem Herrn Koınmerzienrat abhängig waren, ihr bie Cour machten wie einer Prinzeſſin. :

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Die Damen bieler Gejellfchaft feheinen aber feine Ahnung von der Macht des Goldes zu haben und feinen voll empörender Unliebenswürdigfeit zu verlangen, daß Diejenigen, welche in ihrem Kreiſe aufgenommen fein wollen, fid in Ir ange a darum bez mühen.

Aglaë aber war nie in ihrem Leben tiebensmürbig, unb viel zu verwöhnt, eigenfinnig und alt um jebt noch bag Gehen auf diefem Parkett erlernen zu können.

Sie ftand mit ingrimmig zufammen gepreßten Tippen und ftarrte auf Gräfin Viola, welche in einem fchlichten weißen Atlaskleid joeben eingetreten mar. Man um- ringte fie mit gang befonderer Herzlichkeit, man drückte ihr die Hand und jdien ihr unzählige Liebenswürdig- feiten zu jagen, natürlich, um bie Gemahlin eines Grafen Uggley reifen fic) alle, man fennt die große Beliebtheit Wulff-Gideons bei den höchiten Herrichaften! Da machen fie alle den Rüden frumm! Und bie Hopfenftange Viola fofettiert mit ihrer ſchmachtenden Liebenswürdigfeit, küßt ben alten Damen fogar jest nod) die Hand und läuft bon einer weißhaarigen Excellenz zur andern, al müjje fie ihre Grijtengbered)tigung erit von biejem alten Schranzen erbitten!

Lächerlich! Dazu würde fic) bie et von Saint Lorrain niemals hergeben!

Aglaë frampít die Hände um den Fächer. Stein, [o hatte fie fid) ben erjten Teil des heutigen Felted nicht gedacht. Sie hatte bejtimmt geglaubt, b mon Fm

098 es

jebigen ftolzen Namen bie größte Ehrfurcht und Zuvor: fommenbeit sollen werde. Se mun, bie meijten wiljen e3 wohl felber noch nicht, welche Stellung ihr nunmehr gebührt. Sie werden e8 aber jon merten, wenn fie, deren Gemahl der Neffe einer Herzogin ift, voran fchreitet in bem Zuge ber Damen und vor all diefen dummen Sänschen den Vortritt hat. Ihre Augen flammen auf. Auch vor Gräfin Viola hat fie ihn! Louis hat es Damala gejagt, ala fie ihn während jenes denkwürdigen Bazar bamadj fragte und dieſe Antwort von ihm hatte auerft den Entſchluß in ihrem rachedürftigen Köpf- chen gereift, bie Gemahlin des SBicomte zu werden. Mechanijch bewegte fie den Fächer vor ber fchnell atmenden Bruft auf und nieder und beobachtete unbe: ichreiblich geärgert das fid) immer prachtooller und bunter geftaltende Bild vor ihren Augen. Sie, bie Priefterin ber Comödie, fie, welde ihrem Freunde Hans voll frivolen Spottes verfichert Hatte, daß es überall im heutigen Leben des Schaufpielens bedürfe, um „fih zu lancieren oder zu halten“, fie felber jchien gang unb - gar vergefjen zu haben, daß fie in biejem Augenblid - feine Maske vor das Antlig gelegt hatte und dak gar mancher im Saal ihr zornjprühendes, beleibigte8 - und bitterböfes Geficht mit außerordentlichem Amüſement | und unverhohlener Sronte betrachtete.

Zwei Kammerherren ftanden zufammen und ichienen |

bie Vicomteſſe ganz fpeciel zum —— ae :

Intereſſes gemacht zu haben.

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Der Ältere von beiden, mit großen, geiftfprühenden Augen, einem ziemlich fahlen Kopf und einem defto auffülltger frijdhen und Schönen Geficht mufterte bie junge rau bereits feit Minuten. „Sch befürchte nad) ihrem Ausjehen zu jchliegen wird die Frau Vicomtefje unjere Feſte nicht wieder beehren!” fagte

er in feiner furgen Weiſe, etwas mit der Bunge anz ſtoßend.

And würden Sie ihr Fehlen für einen Verluſt er— achten, Herr von Hartenitein ?” lächelte jem Nachbar etwas gedehnt.

Der fammerferr ftrich fid) feiner Angewohnheit gemäß hoch über die Stirn, was bei ihm ftet3 der Herold einer humorvollen Bemerkung war. „Mein lieber Jules Shre Frage erinnert mich an eine Fleine Anekdote,

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mag biejelbe meine Antwort fein. Als wir im Sabre fiebzig vor Paris lagen, begleitete id) den General von B. als Adjutant auf einem Nekognoszierungsritt. Wir begegneten einer Ronpamie, wiak joeben im gener qez weſen | : „Haben Cie Verlufte gehabt, Der Hauptmann ? Fehlen Leute bei ber Rompagnie?” fragte S. Der Hauptmann, ein biederer Badenfer, jalutierte und madjie ein fo unglaublich verfchmigtes Geficht, wie id) bis dato noch nicht miebergejefen. „Befehl, Herr General, fehle dhue Halt’ zwei, aber... a Berluft iſt's grad nit gemejel^ | Herr Jules von Kittler lachte jo animiert auf, daß der Sprecher etwas gedämpfter fortfuhr: „Laſſen Sie mich Daher auf Ihre Frage mit diejer jelben Badener Bunge antworten, und beobachten Sie jebt Madame während ber bns Unterredung, gu welcher mid) mein Dienft verurteilt; id) fürchte, fehr mien pirb mid) biejelbe nicht bei He Kittler drehte erwartungsvoll fein dunfles Schnur: bärtchen und briüdte bem feberbejegten Dreijpib fo feft gegen Das Herz, al wolle er e8 panzern gegen jegliches Mitleid, welches ihm bie fo febr unbeliebte, goldprogige, | arme Milltonärin einffópem fünntel Hartenftein aber glitt mit der eleganten Sicherheit be8 altgewohnten Hof- d manng über das jpiegehube Partett, um fid) im nächiten | Augenblick vor der etwas überraſcht end an | grau zu verneigen. |

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Er jenfte das Haupt in tadellofer Weife; er flappte Die Haden zujammen ala ehemaliger Offizier. Dann hob er bie weiße Namenslifte mit einer Gelte empor, welche Agla& über feine Funktion orientierte, blickte noch einmal flüchtig darauf nieder und verneigte ſich abermals mit dem liebenswürdigſten Geſicht der Welt, vor ſeinem jer geſpannt auflauſchenden Gegenüber.

„Habe den Vorzug, bie Frau Vicomteſſe von Saint | Lorrain zu erfuchen, bei der Defiliercour hinter Frau von Haldern zu rangieren. Die Frau Vicomteffe bilden - den Schluß in der Reihenfolge der verheirateten Damen.”

Die lebten Worte waren mit befonders deutlichen Stadjbrud geiprodjen, unb Aglaë zuckte unter ihrem Klang empor, al3 habe fie ein Zauftichlag getroffen.

dd .. id hinter Frau von Haldern . .. einer Leutnantsfrau? Sch bie [ette ber mr ſtieß fie beinahe keuchend Hervor.

Hartenſtein verbeugte ſich mit leichtem Achſelzucken: „Die Etikette iſt eine unbarmherzige Tyrannin, welche die Frau für bie Verdienſte des Mannes verantwortlich macht! —Frau Vicomteſſe find die Gemahlin eines Ausländers“

„Aber id) bin bie Frau eines Grafen und Frau von Haldern ijt nicht einmal Baronin l empörte fid) Aglaë in ſinnloſer Heftigkeit |

Hartenftein lächelte unverändert. „Frau von Haldern ift bie Gemahlin eines Offigiers unferer Armee, während Vicomte de Saint Lorrain feinerlet dienftliche Stellung befleidet, weder im Deutichland nod) in Franfreid). Wie

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gefagt bie Gtifette, meine Gnädigſte bie böje Gtifette! I” und er perneigte fid) mit ber Haft des Biel- befchäftigten und trat mit formellem Gruß zu der nädjt- jtehenden ber Damen. |

Aglas aber hatte das Gefühl, als ſchwanke ber Boden unter ihren Füßen. Cine Blutwelle [jog ihr ſchwindelnd in Stirn und Schläfen und raubte ihr fefundenlang den Atem. Und dann mar e3 ihr, als müſſe fie laut auf- ichreien in fchallendem Gelächter. Die Lehte in Der Reihe ber Frauen, wie fie im vergangenen Winter die Sette in ber Reihe ber Mädchen gewefent

Das aljo war ber ganze Ertrag ihres großen, über- großen Opfers! Darum hatte fie einen mibermürtigen, gedenhaften Mann geheiratet, darum hatte fie reis heit, Herz und Gold geopfert, um bie Letzte zu ſein! Die Letzte in der Reihe der Frauen!

Und Louis? Er hatte fie belogen! Schändlich be- logen! Ihre zitternden Hände frampften fih um den Fächer, fie biß die Zähne zufammen und verſuchte gewalt⸗ jam ihrer Erregung Herr zu werden.

Wo blieben all ihre ftolgen Träume? So idiminbelub hod) war fie nod) nie zuvor aus allen Himmeln geftiirst. Und war e nur Einbildung oder Thatfache, dah jajt aller Augen auf fie gerichtet waren, daß man fie anjah mit dem feinen Lächeln der Überlegenheit, welches man einer gedemütigten Gegnerin zeigt ? Das reigte ihren Stolz und führte fie gurüd zu ae Parime Gombbie zu fpielen!

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Niemand folte fchen, was fie litt. Im ihrer Nähe ftand die Gemahlin eines ausländifchen Attaches, welche noch wenig befannt fchien. Warum ſprach Aglaë perfett franzöſiſch? Sie wollte e3 aud) zeigen, Beinahe gewalt- jam zwang fie jid) zu einer Begrüßung und plauberte amb lächelte und ſcherzte und fah e8 durchaus gleichgültig mit an, wie Gräfin Viola weit weit vor ihr den Saal betrat. |

Und auch fie betrat ibn wie tm Traum. Buvor wurde bie Marjchalls- -Galerie palfiert, in welcher Kopf an Kopf die Herren Cpalier bildeten.

Eine gefürchtete Lafterallee.

Weld ein Tufcheln und Naunen, als fie ftolz er- hobenen Hauptes vorüber jdjritt. Es jchienen febr icherzhafte Bemerkungen über fie gemacht zu werden, manchmal ertónte das leije Pruften eines unterdrückten Gelächters aus ber Menge heraus. |

Auch ihr Gatte ftand ziemlich voran, und als er fi fah, flemmte er fein Monocle ein und recitierte mit einem etwas ſarkaſtiſchen Blick auf ihren langen Gourjdjleier : „Mit dem Gürtel, mit dem Echleier reißt der fchöne Wahn entzweil” | | . Das war eine Bosheit, eine nichtsmürdige Anzüg- lichfeit. Shr Blid fprithte zu ihm auf; fchweigend ſchritt fie weiter, aber die heilige Katharina litt wohl weniger - Qualen, ba fie über bie glühenden Pflugfcharen ging, alg Aglaë während male menga a. über höfifches Parfett.

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Rad der Cour fand ein kurzes Konzert ftatt.

Co einjam und verlafjen, wie Aglaë zuvor geitanden, fo ijofiert ftand fie aud) jebt. Ihr Mann jagte Gräfin Viola 9[rtigfeiten und ließ fid) überall fehen, nur nicht bei feiner jungen Gattin. Das wäre ja auch lächerlich) gewejen. Die Flitterwochen waren Doch lünajt über- ftanden, und mad) franzöfischen Begriffen befucht ein Ehepaar feine seite, um fih gegenfeitig Durch bie ge- wohnte Geſellſchaft zu langweilen. Gr jah ja feine Frau alle Tage, darum fuchte er außerhalb des Haufes neue Anregung! ——

Grat Uggley mar dahingegen febr deutſch gefonnen; er war aud) im Balljaal ber erjte Courmacher feiner Frau, und wo ihr blondes Köpfchen auftauchte, gab ihm das glückſtrahlende 9[nt(ig des Gatten Relief. Früher, als Aglaë noch unverheiratet war, hatten wenigjtens ein paar junge Herren und Tänzer ihr Gefellichaft geleiftet, jebt, wo ihre millionengefüllte Hand vergeben war, ent- behrte fie auch des Neizes für die heiratSlujtigen Herren. Und wenn aud) hie und da ein Befannter bie Haden | un Grup vor ihr zuſammen ffappte, jo waren e8 bod) nur wenige Phrajen ber Höflichkeit, welche faum einer Antwort wert waren.

Aglaé aber war mit großen, ftolgen Erwartungen heute abend hierher gefahren, unb bie furdjtbare Ent- täufchung wirkte wie lähmend auf all ihre Sinne. Es tobte unb gärte in ihr, aber bie Glieder waren jd)mer - wie Blei. Ihr hochmiitiger Sinn litt Solterqualen ni

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unb dennoch mußte fie lächeln unb voll vergniigliden Snterejfes das Leben und Treiben ringsum anjdauen, alà fei fie lediglich gefommen, jolh ein buntes Bild einmal zu betrachten. |

Da empfand fie e8 zum wie entſetzlich bitter bie Medizin ſchmeckte, welche ſie ehemals ihrem Jugendfreund verſchrieben, wie ſchwer es war, gegen ſeine ureigenſte Überzeugung eine Comödie zu fpielen. Aber es ſchien, als Babe eine boshafte Schickſalsfee damals ihr frivoles Glaͤubensbekenntnis gehört und ihr Ichadenfroh die Karten nach bemjelben gemijcht. Gombbie jpielen! fie ſchien dazu verdammt zu fein. Aber war feine luftige Comödie voll Hokus-Pokus e8 war ein Drama mad) modernem Geihmad, ein glänzend Stüdlein des fozialen Elends, welches voll Trug und Schein anfängt, um gees zu enden.

Nod Stand Aglaé im erjten Mft ihrer Comidie auf der großen Weltbühne, aber fo Herzlich fauer ihr bie Rolle aud) wurde, welche fie fid freiwillig erwählt, fo funftvoll jie aud) burd) thre Maske zu táujden judjte ba war feiner, welcher ber Comddiantin applaudierte.

WS bie Samt Lorrainjde Equipage lange fam in ber Wagenreihe vor das Schloßportal vorrüdte, hatten die Gatten das Temperament getaujcht. Der Vicomte war wie beraujdjt von felten großer Lebhaftig- feit und Heiterkeit, und feine Gemahlin war nod) ftiller und einfilbiger, al8 er e3 auf ber Herfahrt gewejen.

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Mehrere Male verfuchte Louis im etwas mondj- lanter Weije ein Gefprad) zu beginnen, ſchwärmte für dieje Dame und mofierte fich über jene, folportierte qute und Schlechte Wike ans ber Lafterallee und nahm nicht Die mindefte Notiz von dem parse Schweigen jeiner Gattin. "

Als bie Wagenrader unter der hochgebauten Glag- Dalle des heimatlichen Haufes fnirjdjten, lehnte er das . Haupt gähmend zurüd. „Gott fet Dank, daß biejer Scherz überjtanben ift id) bin von bem Baufen und Trompeten doch herzlich müde geworden!” Er fdwang fid) mit [eijem Achzen in bie empfangenden Arme feines Sammerbiener8 und wandte fid) dann um, feiner Gez mahlin in gewohnheitsmaßiger Galanterie die Hand Darzubieten.

Cie überjah diefelbe, bam ne Hane mit ihrer Schleppe zu ſchaffen. |

Der Vicomte fritt gelaijen, (ife vor fih Dinjingenb an ihrer Seite bis gu ber Thür ihrer Gemader. Dann ergriff er ihre Hand und 30g fie am bie Lippen. „Gute Nacht, mon ange, id) bitte, mich zu beurlauben. ch bin müde unb gedenfe nad) aan Borbild einen langen Schlaf zu thun —1^

Da traf ihn zum erjtenmal roieber ihr Bid. Ein ganzes Gewitter bligte und flammte darin. „Einen Augenblid ich habe noch mit bir zu fpredjen!”

Das Hang aud) in der Stimme wie Donnergrollen. „Scharmant!” lächelte er und verneigte fid) galant, bie

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Thür vor ihr zurüd zu ftoßen. Still und bämmrig tag das Boudoir. =

Der vorgerüdten Nachtftunbe wegen Bumin nur zwei eleftrij)e Flammen, und aud) Dieje waren burd) roja Glasglocen gu einem zarten Licht gedämpft, die Palmen fpiegelten fic) träumerifch in ber mächtigen | Kryftallicheibe, welche bie Rückwand des Zimmers bedte, - unb zwifchen ihnen jprudelte init leifem Cilberflang bie Fontaine, deren parfüniertes Waffer aus filbernen Lotos- blumen empor {priihte.

Aglaë hatte den Pelz von fih geworfen und löfte mit bebenden Händen den Schleier vom Haupt; ifr Auge [oberte, und in bem Ausdruck ihrer Züge lag etwas Fanatiiches. Wie eine Märchengeftalt tauchte ihr reizender, filberglüngenber Körper aus dem Dämmerlicht, unb der Vicomte ftarrte fie plöglic an, daß feine ſchläfrigen Augen aufblitzten wie Sertichtflammen, welche lüjtern einander bajen. Er trat haftig neben fie und wollte den Arm um fie legen. „Mit ihr fo | ipit ein tête à tête!” fang er frivol. Sie wich mit fold) un- verhohlenem Widerwillen unb Abſcheu vor ihm zurüd, daß er mit leijem „diantre!” ben Boden jtampite, dann wandte er fid) gelajjen nach einem Geffel und ließ fich nieder. Gein Blick mufterte fie zwinkernd, voll höhniſcher Überlegenheit ſpottete er lächelnd: „Me voilà! ſchleudere deine Blitze, zürnende Göttin |” od

mier, 6 re Dna

XIII.

Cle haben midh gequiilct, Geirgert arii und blag!

Heine. AR * Sr glas rif ben wipderfirebenden Schleier jo Haftig N von dem Haupt, daß er gerfebte. Die ganze,

. Teibenjdjajtlidje Heftigfeit, welche fie jo lange hinter Gomóbie und Maste hatte verbergen müfjen, brad) wild hervor. (8 war ifr mie im Leben gelehrt worden, fid) zu beherrichen, fie hatte nie eine Mahnung zur Selbjtzucht erhalten, fie hatte ftets ihren Gefühlen und Empfindungen ungehemmten Lauf gelajjem. Co war fie geworden, mas fie jtet8 von neuen zeigte, ein eigenwilliges, jdjranfenlo8 heftige Weib, welches ge wohnt war zu bejehlen, welches m finnlojem Born mit . der Stirn gegen jeden eljen rannte, der fid) erbreijtete, juft da zu Stehen, wo er die Tochter des Millionärs geniertel

Sie trat einen Schritt näher zu ihrem Gemahl heran und fnáulte bie Schleierfegen in der Hand: „Du haft nid) phage und betrogen!“ jtieß fie außer jid) hervor.

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„Bas bu fagft!” wunderte fic) Louis voll Seelen- ruhe: „Nur ein bißchen belogen und betrogen? Wann? Schon vor längerer Zeit? Kürzlih...? ... Soeben?“

Die junge Frau bebte vor Zorn: „Embarras de richesse! Dein Cünbenregijter feint jo reichhaltig zu

fein, daß bu gar nicht weißt, um melde Nihtswürdig- feit e8 fid) Handelt! |

Der SBicomte zudie freundlich) bie Achſeln und lief bie Seffelquaften durch feine Finger Kobolz fchlagen. „Es fdjeint, alg ob bu dich ereifern molltejt!^ lachte er. „Du [pridjt plöglich fo laut. WIS mir nod) nicht ver- lobt waren, verficherteft bu mir, daß ein Dann ohne

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Vergangenheit ein ebenfo langweiliges wie philifter- haftes Wejen fei, und al wir uns verlobten, waren wir einig, Dag uns der fonventionelle fleine Goldring Hier durchaus nicht in Feſſeln ſchlagen folle; nun plößlich diefe grillenhafte Scene, et tant de bruit pour une omelette !”

Cin Blick unendlicher Berachtung fprühte zu ihm nieder, je gelafjener er blieb, bejto erregter wurde fie: „Bon deinem empürenben Lebenswandel ijt und wird bei mir niemals bie Rede fein, denn bu bift mir viel zu gleichgültig, viel zu widerwärtig, als daß ich irgend welch eiferfüchtige® Intereſſe für bid) haben fönnte! Was dein Lügen und Betrügen hinter den Couliffen an: belangt, ijt eine Sade, bie Du mit deinem Gewiſſen ab- rechnen fannit; ba bu e3 aber wagteft, mich burd) faljdje iBorjpiegelungen in diefe verhaßte Ehe hinein zu loden und von dem ganzen, verheißenen Baradiefe nur die Schlange übrig blieb, verlange ich Redhenjchaft, und beim Himmel, id) ſchwöre bir, daß ich feine Stunde länger in deinem Haufe bleibe, wenn bu nicht hältit, was bu verſprachſt!“

Er Hemmte fid) das Monocle ein. „Bravo! Diefe hohe Tragif ffeibet bid) ausgezeichnet! Schade, daß ung fein Publikum zu Dieler ejfeftpollen kleinen Scene applau- bieren fann! Aber um alles in der Welt, mon ange, du ftehft immer noch, unb ich ungalanter Sünder fige bereits feit zehn Minuten! Voila, ein Gejje! Da mir ja ganz unter una find, brauchit du nicht fo viel Temperament zu verjchwenden und fannit deine Gar-

dinenpredigt bequemer halten. Afo du feu! ſchieße W. v. Eſchſtruth, SIL Rom. u. Rovy Conöbie L 20 >

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los mit deiner Anklage, denn vorläufig weiß id) faftifd) noch nicht, um welches Berbrechen es jid) handelt!”

. Aglaë framp[te bie Hände um bie Seffellehne, fie Dig bie Zähne zufammen und hob das Haupt Stolz in den Naden. „Wie fonnteft bu dich unterftehen, mir vorz zulügen, ich würde als deine Gemahlin eine hervorragende Stellung hier bei Hofe einnehmen ? 1^

„Dier bei Hofe? Davon ift nie die Rede geweſen“

„So? Und bei meldjem Hofe etwa jouit?"

„Bei bem franzöſiſchen Sch iprad) bon den Aus- zeichnungen, welche dort die Vicomteſſe von Saint Lorrain genofjen, und diefe Außerungen fann ich bee - ichwören und bemeijen. Hier bin ich ein Fremder, Une berechtigter, welcher überhaupt feine Stellung einnimmt! |

„So? Bortrefflich pariert! Wenn id) bid) aber mit - deinen eignen Worten flagen fünnte? x

oo würde ich einfach „paff“ jein bor Überrafchung! =

r jug nonchalant das mein über und ihien fid e Dii zu amiifieren.

Aglas freugte mit haffunfelndem Blick bie Arme.

„Als id) bid) fragte, ob ich vor Gräfin Viola den VBortritt haben würde, jaatejt du: „Selbftverftänd- lich!“ und fo viel ich weiß, ijt die Gräfin am hieſigen Hofe und nicht an bem überhaupt nicht mehr eriftieren= den zu Paris!”

„Allright! Wann ftellteft du mir diefe Frage?” -

„Während des Bazars! Als das blonde Evchen neben uns Leinwand verfaujte |”

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„Sehr richtig! Was haft bu an meiner Antwort auz- aufeben? Sie enthielt lautere Wahrheit!”

„Sp?!" Aglaë lachte ingrimmig auf: „So viel Wahr: heit, Daß ich weit, weit hinter ihr als ebte fchreiten muptel^

„Heute abend! Allerdings! Die Zeiten haben fic) auch völlig geändert l^

„Was foll das Heißen, du... du... Schwager!”

Er verbeugte fich verbindlichit: „Es [oll heißen, daß Biola jid) während deffen auch vermählte, bas ändert bie Sachlage gewaltig. M3 du bie Frage an mich richteteft, par fie nod) unverlobt, und eine Frau Vicomtelje hat vor jedem jungen Mädchen den Vortritt, auch bor einer Gräfin Kodofig! Jetzt ift fie ebenfalls vermählt, unb du bift bod) nicht jo naiv zu Denken, Die eben friſch geadelte Tochter eines ehemaligen Ladendieners werde den Vorrang por einer unjerer wirklich vornehmen Damen haben?!”

Aglad taumelte zurüd, als habe fie ein Fauftjchlag getroffen, fie ward leichenblag. Einen Augenblick ftand fie fchwer atmenb, dann fant fie langſam in ben Seffel nieder: „Ja, meine Herkunft! meine Familie die ijt mein Fluh” ftöhnte fie leije auf, und dann hob fie jählings wieder ba8 Haupt: „Und bod) fann es nicht ber... ber ehemalige abenbiener allein fein, welcher mich inmitten biejer Menjen ächtet unb mißachtet dahin- ftellt! Die Frau des Präfidenten von Röhnen ijt eben- falla bie Tochter eines neu geadelten Snduftriellen, und wie alle Welt weiß, waren ihre Eltern anfänglich ein- fache Fabrifarbeiter, bis fie Das große Loos gewannen und

20*

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Gli mit ihren Glashiitten hatten! Dieſe Frau ift nicht reicher al8 ich, im Gegenteil, fie tritt mit einem Geiz und einer Bauverté auf, bag e8 mur noch fehlt, fie trüge den andern Damen bie Schleppe, unb die bie ijt obenauf unb verkehrt überall! Bah weil fie eine Blindfchleiche ijt unb fid) burdj ihre Devotion überall einjchmeichelt.“ „Sie ijt eine ber liebenswürdigften, anſpruchsloſeſten und bejcheidenften Frauen, welche ich feit langer Beit fermen lernte, und weil fie fid) ftet8 taftooll unb vore nehm benimmt, jo ijt fie beliebt und ausgezeichnet.“

Der Bicomte Hatte voll ironijden Nachdrucks ae: iprodjem, und feine junge Gemahlin fuhr gereizt auf: „Das klingt ja beinahe, als ob ich mich nicht taftooll unb vornehm benähme? |^

Er lehnte fid) gelafjen zurüd und wifdte fein Augen- glas am feidenen XGajdjentud) ab. „Nein, das Du Du auch nicht!” antwortete er gleichmütig.

,Snpbrenb! Weld) einer unpajjenben That Fannit bu mich zeihen?” Sie flammerte fid) an bie Seffellehne, ' wie eine pfeilgetroffene Löwin bäumte fie fid) auf.

„Einer bireften That? Wenn bu Form, Velen und Benehmen im allgemeinen „Ihaten” nennft, jo fünnte id) bir wohl eine recht umfangreiche Skala aufzählen !

. €ie lachte fehneidend auf und warf fid) in den Seffel zurüd: „Da bin ich in der That fehr begierig!” fpottete fie mit glühenden Wangen, „und da es nur in deinen Augen Vergehen gemejen find, fo werde ich mein Sünden- tegiiter febr ruhigen Bluts anhören!“

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„Nur in meinen Augen?“ Cr zudte die Achfeln mit bem Behagen einer Kate, welche ein Mäuschen jptelenb in den Krallen halt: „Sch bin febr tolerant, und ehrlich geitanden, war mir dein Benehmen bisher zu gleichgültig, um e3 eingehender zu beobachten. Sch muß mich alfo ganz und gar auf fremdes Urteil pools und fann lediglich ein folches citieren!”

Sie blidte atemlos vor Spannung auf: „Run, fo fommt e8 immerhin mod) darauf an, ob ich bie Perſönlich— feiten, welche mich fritifierten, für maßgebend halte! Du haft mid) zumeijt in eine Art von Gejellichaft geführt, in welcher ich mir wie beplaciert vorfam, eine Sefellichaft, welche wohl felber am wenigiten eine Kritik ertragen dürfte!“

.,Iiens!! Ich hielt bie hiefige Hofgejellfchaft eigent- lid für burdjaus comme il faut!” 3

Cie jchnellte empor: „Hieſige Hofgefelfchaft? Wiuſt du etwa damit ſagen, daß man heute abend über mich Bemerkungen gemacht hat?”

Er weidete fid) an ihrem Entjeßen: Ich berlebte ein recht amüjantes Viertelſtündchen in der Lajfterallee heute abend!“ midte er, jid) behaglic) dehnend. Dant meiner etwas ſpärlichen Figur verlor id) mich in bem Gedränge und erlebte den auferorbentliden Scherz, - Graf Uggley in nüdjter Nähe über madame la Vicom- tesse glojjieren zu hören!”

,Wgaleg ?!^ Wie ein Aufichrei ffang'8.

Das Teufelchen ber Bosheit [d)nitt ihr eine Frage aus feinem Auge entgegen. „Uggley und Conjorten allright!

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Ein famos wißiger Kerl, mijit immer den Nagel auf ben Kopf!” |

»,JBa8 jagte er? Rund und flar heraus Ich will es wiſſen!“

Wörtlich?“

„örtlich!“

„Eb bien! M3 bu auf ber Bildfläche erſchienſt Saint Lorrain lehnte den Kopf zurück und drehte die

Daumen umeinauder „fragte eine Stimme: Ale Better, wer ijt denn biejer Babdeengel? l^ : „Babeengel 2

„Oui, ma chère. Du hatteft verzweifelt wenig an! Alſo bie Stimme fragt’, und Uggley antwortet: „Na, jehen Sie das niht, Durdlaudht? Adams Gemahlin zur Winterzeit, alg Die Feigenbãume un feiue Blatter | hatten I^ x:

MNichtswürdig! empörend! Das ift eine fame Ber- [eumburtg !^

, ourdaus nicht, bie Hemerfing war äußerjt treffend, benn ber Graf fuhr ingrimmig fort: „Wie tjt e8 möglich, daß fid) die Frau [o empörend taktlos anzieht! Cine Bühne - vierten Ranges, da würde diefe Toilette beu e getan : Erfolg erzielen!”

Aglaë ipraug auf, fie bebte an calle Glieder: „Louis Haft bu ihn gefordert?” ftöhnte fie.

Er lachte febr amüfiert. „3 wo werde id) denn! Der Mann Hatte ganz recht, und alle ſtimmten ibm bei. Da haft bu bie erfte Tattlofigteit ; eine Dame muß

e MI ee

prüfen, wie fie fid) fleibet, unb bie Toilette, in welder - auf einer franzöſiſchen Bühne bie Reprafentantin einer Demi-monde-Rolle Triumphe feiert, gehört nicht in anz ſtändige Geſellſchaft!“

„Aber, mein Gott die junge Fran rang in jäher Beſtürzung die Hände was war denn an bem Kleide auszuſetzen ?”

„Wenn du das nicht weißt und fühlſt, iſt es für mich allerdings ſchwer, dir ſolch fehlendes Zartgefühl beizu— bringen. Erſtlich war die Corſage weit über die Mög— lichkeit dekolletiert, und die völlig glatt anliegende Taille, genau im Fleiſchton des Körpers gehalten, durch nichts im Ausſchnitt markiert, verblüffte geradezu durch ihr un— paſſendes Raffinement, die ganze Figur wie vollkommen unbekleidet hinzuſtellen; daß deine Füße bis zum Knie empor mit Waſſerroſenguirlanden und Schilf ummidelt waren, vervollkommnete den fatalen Eindruck, daß eiue Nymphe ſoeben aus ihrem See empor fteigt!” Wenn man eine Toilette allerdings unpaſſend deuten will, fo finden ſich dazu ſtets Mittel und Wege!“

,Bon; beute mir den Anzug ber Gräfin Viola in abfalliger Weiſe!“ erwiderte er talt.

Cie big fid) auf bie Lippe unb frampfte. ingrimmig bie Hinde. „Immer fie! Matiirlid) diejer Tugend- ipiegel!” Sie unterbrach fid) furg und fragte mit flam- ‚menden Wangen: „Und was fpottete Uggley weiter?” Er amiifierte fih, daß bu die ganze Ahnengalerie

aufgeladen fabejt, um dir dadurch für Geſellſchaft uf

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den Hofbällen zu forgen. „Das ijt fo echt parvenit- mäßig!” audte er die Achjeln. „Wer früher einen jauern Hering und ein Tütchen voll Linjen im Wappen trug umd jid) für vieles Geld einen Mann mit Ahnen. faujte, der weiß fid) gar nicht genugfam mit fold) fremden Federn zu fchmücen! Immer überladen, immer unfein, - und ftetS von dem Standpunkt des Progentpumes aug: ‚gehend, Das Geld zu zeigen!”

Aglad Hatte das 9[ntlig in bie Yrfaspolfter gesteht: fie verharrte regungslos, wie betüubt. Der Vicomte aber fuhr ruhig fort: „Es wurden wirklich eine Menge ganz guter Wike über bid) unb deinen Vater geriffen. Unter anderm erzählte man, daß dein Vater mir, als einem Katholiken, gern zwei Heilige in das Schlafzimmer jtellen wollte und dazu Luther und Melanchthon aus- fuchtel! Natürlich berief man fid) babet auf die ficher ajiatijdje Abjtammung ber Lehnbergs, welche weder im katholiſchen noch proteſtantiſchen Kalender bewandert jeien! Und was dergleichen kleine Scherze mehr waren. Die Herren empörten fid) aud) über dein ungebührliches Benehmen gegen bie Damen, daß dein mibermürtiger Gelbbünfel bid) bie feiujte Sor des Anftandes iber- jehen ließe. Und man fagte dabei abermals: Woher foll fie aber die Etikette fennen? Bedenken fie doch ihre Herkunft, meine Herren! So lange der Vater nod) Tüten drehte, ward fie nicht für Hoffefte erzogen ^

Der Sprecher machte eine Pauſe unb jab fein Opfer mit forjdendem Blid an, ob e8 nun des graufamen

4 MS s

Cpielà wohl genug fei, ober ob er nod) ein paar ätzende Gifttröpflein auf dies arrogante Herz fprengen folle. Cie hob das Haupt und jtarrte ihn mit haßfunkelndem Blic an.

„And weiter wußten diefe Herren niht3? Und verantworteten fid) aud) nicht, alg mein Herr Gemahl für feine beleidigte Frau Genugthuung forderte?“ „Rein denn ber Herr Gemahl forderte fie nicht. Es war Genugthuung genug für mic), daß man allge- mein den armen, reingefallenen Vicomte herzlichſt und aufrichtigſt bedauerte

Einen Augenblick herrſchte Schweigen. Aglas ſtand ihrem Mann gegenüber unb muſterte ihn wortlos vom Scheitel bis zur Sohle. Er ſchien ihr Verſtummen wohl für eim Bugeftändnis ihrer Niederlage zu halten, denn er erhob fid) und trat mit jah veränderter Stimme vor fie hin. „Sch habe dir ftets gejagt, Aglaë, daß du hier in diefen Kreifen, welche fo genau über deine Familie unterrichtet find, nie eine hervorragende Rolle fpielen wirft, und dasjelbe wiederhole ich bir auch jest. Nimm Vernunft an und laß uns unjern Wohnort wechjeln, beitimme eine große Refidengitadt de3 Auslandes, und id) bin bereit noch im biejer Woche mit dir übergufiebelu. Nahdem, was bu foeben gehört Haft, ſiehſt bu bie Not- wendigfeit wohl jelber ein!”

Sie ftand Hod) aufgerichtet vor ihm. Shr Auge glühte im rachlüchtigem Haß, fie lachte auf im jähen Surdjdauen feines Planes. „3a, id) fehe die Notwen— bigfeit ein aber nicht bie zu gehen, jonbern bie zu

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bleiben! Man Bat mich öffentlich verhöhnt und beſchimpft und mein Herr Gemahl hat nicht bie Hand gehoben, um fold) einen Schimpf zu rächen! Go ijt e3 nun mein Wert geworden, e8 zu thun, fo werde ich nun al3 wehr- loſes Weib meine Gegner fordern, und ich ſchwöre es,

ich verlaffe diefje Stadt nicht eher, al8 bis mir Gez nugthuung geworden, alg bi8 ber Graf von Uggley mir in jenem felben Gaal entgegen tritt, mich rejpeltvoll unb verehrungsvoll zu begrüßen wie eine Frau, vor welcher jeder Spott verjtummt! Hört du, Louis? Das ſchwöre ih! und fo wahr mir Gott helfe ich will es aud) erreichen hed

Stolz wandte fie thm den Rüden, bie Thür fiel hinter ihr ins Schloß

Der Vicomte aber unterdrüdte einen Fluch auf den Lippen und zog ſich in ſeine Gemächer zurück, wie der geſchlagene Feind voll ohnmächtiger Wut den mp]: plag räumt. |

Aglaë aber warf jid) in ihrem Schlafgemach vor bem - Himmelbett nieder und barg laut auffchluchzend das Untlig in den feidnen Kiffen,

Der Vicomte hatte Gift in ihr Herz träufeln wollen, ihre jpröde Kälte zu ftrafen, aber er ahnte e3 nicht, daß er unbewußt zu einer heilfamen Arznei gegriffen, welche eine völlig andere Wirfung Hatte, al3 er erwartete. So jchneidet bie fcharfe Pilugichar in die Erde, fo reißt fie biejelbe herb verwundend auf, um fie empfänglich zu machen für gute und edle Saat. Aglaë fatte noh

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nie gubor eine fold) tiefe Wunde ber Demütigung ge: Klagen befommen wie am biejem heutigen Abend, und weil ihr Stolz und ihr Hochmut mit Keulenſchlägen ge- troffen war, jo ward er biegjam und mürbe, und bie - Worte dez Vicomte fielen auf weihen und fruchtbaren Boden. Da ging eine ernſte Strife in dem ii des jungen Wei- s be3 vor fid). Das Schickſal hatte fie bereits jeit längerer Beit vorbereitet, 3 hatte Die junge Seele, welche rivoli- Fase tit und Lafter ge nur als finnver- © "A | wirrendes &rugbilb in Ichlechten Bii- eT hern und fchlechten henterftäten à bon weitem hatte Plinten fehen mitten hinein geführt in biejen realen Sumpf der parifer Verkommenheit und fie hatte geſchaudert und fic) inftinftiv zurückgeflüchtet zum fete Grund und Boden der Moral, rhe fie unterfant. | Da hatte fie einen gar wunderlichen Kampf amijen a und Schatten gekämpft, unb ihre beiben a =

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Verbiindeten gegen den Peſthauch der en waren ihr Stolz und Hochmut gemejen. >

Die hatten fie vor dem Sinfen bewahrt wie zwei bile Niefen, welche ein gefangen Königskind über einen Abgrund tragen, um ihr Opfer am jenjeitigen Ufer dejto tyrannifcher auf falfchem Wege zu geleiten! Wohl hatte fid) Der gute und gejunde Sinn Aglaë einen Schritt vorwärts gez fampft, aber nun mußte das Schickſal erft diefe böjen Niejen ‚Stolz unb Hocdmut‘ bezwingen, ehe der Weg für den lichten Engel bereitet ift = ehe bie Liebe in all ihrer Heiligkeit einziehen fann in ein geläutert Herz. - Schwer aber ijt e8, diefe Rieſen in die Flucht zu ſchlagen, fie ftehen wie Bilder aus Erz und Stein und wanter und weichen nid. Da müfjen Tropfen fallen und den Stein höhlen, Tropfen nagenden Giftes, wie fie von den Lippen des Vicomte famen und heiße, brennende Thranentropfen, wie fie Aglaë zum erjtenmal in ihrem Leben in Diejer jtillen, einfamen Nacht meinte.

Abermald fiel der Vorhang über eim traurig Ctüdein Comödie, aber hinter den Couliffen jah e8 noch trautiger aus. |

inj lange, entjeglihe Jahre zogen bleischwer dahin.

War das Verhältnis zwilchen den Ehegatten früher nur eim jehr unerquidliches, falte8 und gleichgültiges ge- wejen, jo ward e während biejer fünf Jahre ein Direkt unerträgliches. Die Streitfrage ‚Bleiben oder Gehen‘ brannte immer mehr zu lichterloher Flamme der Feind-

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feligfeit empor, und je beftimmter Aglaë von Jahr zu abr auf ihrem Willen bejtanb, deito unliebenswürdiger und rüdfichtslofer ward ber SBicomte.

Seine Gemahlin machte ihm jeden Winter den Vor: ſchlag, bod) allein zu reifen, was er jedoch aus gerade: - zu bejchimpfenden Gründen verweigerte. Gein Mittel, durch eiferfüchtige Tyrannei den Widerjtand ber jungen grau zu brechen, und feine Bemühungen, ihr durch dauz ernde Intriguen bem Aufenthalt in ber Heimat zu ver- leiden, jcheiterten an ihrer Drohung, ihn auf dem Wege ber Flucht zu verlaffen.

Fünf Fahre, überreih an beimlicher Dual, Auf- regung unb Demütigung vergingen, ohne eine Verände- rung im ber gejellfchaftlichen Stellung herbei zu führen, fo fehr bie Vicomteffe fid) auch bemühte. Aglaë mar gezwungen, der Welt gegenüber bie Gombbie ber jelbit- zufriedenen, heiteren Frau zu jpielen, während die Wucht - bes immer mibermürtigerem Verhältnijfes fie zu Boden zu drüden drohte. Da mußte fie den bittern Kelch ber leichtjinnig gejchlofjenen Convenienz.Che bis zur Hefe leeren, und fie hatte feinen Troit, feine Zuflucht in all ihrem Leid, als den verzweifelten Wunfch, um jeden Preis diefe Ehe wieder zu löfen. Mur erft wieder [rei fein! Nur erit wieder Macht und Geld in Händen haben, dann wollte fie jchon wieder das Glüd erhajchen, welches fie jo treulos verlajfen.

Ein nervöfes Fieber fuchte fie im fünften Winter heim, und al der Sommer fam, und der Vicomte trium-

ue

phierte, daß feine bitterböfe Frau Königin nun bod) bie Koffer paden laffen müjje, eine Gommerfrijde ober Heiljame Bäder aufzujuchen, erklärte Aglaë voll hart- nüdigen Troßes, daß fie gewillt fei, nad) wie vor aud) dieſen Sommer Hier zu bleiben, ba fie bie REDEN über- Haupt nie wieder verlajfen werde.

Diesmal hatte Saint Lorrain plöglich feine Anfichten geändert, Er erklärte, feiner Gejundheit wegen einen Aufenthalt in dem Engadin nehmen zu müjjen und reifte ohne den mindeiten Sfrupel über Treue oder Untreue feiner Gemahlin ab. Als er etliche Tage unterwegs war, fiel es Aglaë erft ein, daß er fie nicht mit Geld- mitteln verfehen hatte. Der Geldfdjranf war ver- ichloffen, und bie Vicomteſſe telegraphierte um den Schlüffel.

Eine telegraphiiche Antwort Louis entidjulbigte ihn mit Berftreutheit und der Haft ber Abreife. Der Schlüffel zu dem Geldfchranf fei momentan aud) für ihn unerreich- bar, aber wohl geborgen. Aglaë möchte für bie furze Zeit bie Hilfe des Baters in Wnjpruch nehmen, er werde bei feiner Rückkehr bie Auslagen berichtigen!

Cine mamenloje Gereigtheit ergriff die Adreſſatin Sie burdjdjaute feine Abficht. Das Geld blieb für fie unerreichbar und wenn fie fid) wahrlich in feiner Abweſen⸗ heit entführen ließ, ſo behielt er das Vermögen in Händen und berief fid) auf die Heiratspakten, in welchen er fid) gum unbefdjrantten Herrn desfelben gemacht.

Der Kommerzienrat tobte und verwünjchte bie perz

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fluchte Eitelfeit, welche ihn und Aglaë in die Klauen Dieje8 Menfchen geliefert, mit einer beinahe zitternden Angſt beſchwor er jedoch feine Tochter, fid) bem Willen des Gatten zu fügen und nicht im Jähzorn unüberlegt zu handeln. Der Vicomte war ein reiher Mann jehr reich fogar und wenn Aglaë ihm in das Aus: (anb folgt, wird er fie ficher auf Händen tragen und durch feine Launen und feine Eiferfucht mehr quälen.

Die junge Frau oig bie Zähne gufammen umb ant wortete nicht.

Sie fehritt zu ihrem Zimmer und griff in leiden {chaftlicher Aufregung zur Feder. Cie jdrieb ihrem Gatten, bag es ihr eine Unmöglichkeit fei, mod) ferner mit ihm zu leben, und daß fie entichloffen jet, Die ver- haßte Ehe um jeden Preis zu lüfen. Cie wollten bie Angelegenheit möglichft in der Stille und in aller Rube regeln; fie werde einen Advokaten beauftragen, mit ihm dn Unterhandlungen zu treten.

Ein umgehender Grief antwortete ihr, daß Saint Lorrain in eine Scheidung willigen werde, falls Aglaë einen jtichhaltigen Grund für eine Trennung angeben fonne. Nur in dem Fall, daß fie fid) nicht mur gelang: weilt, fondern thatjächlich unglüdlih an feiner Seite fühle, werde er fich ihrem Willen fügen.

Cie triumphiertel Sie verficherte ihm und ichwor eg ihm, fie fühle fid) jo grenzenlos unglücklich, daß fie dieſes Leben nicht mehr ertragen könne Und abermals fam feine Antwort. Er jei bereits auf der Rückreiſe und

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wolle zuvor nod) mit ihr unb bem Kommerzienrat miind- fid) verhandeln, vielleicht fübe fie dann jelber ein, daß e8 doch wohl fiir fie vorteilhafter fet, bie Suppe, welche fie fid) jelber eingebrodt, an feiner Seite weiter aussuelien!

Sm Arbeitszimmer bes ont brannte eine einzige Lampe auf dem Schreibtiih. Die Laden waren feit gejchloffen, und im Ramin ffammte ein Feuer, welches gierig alle Papiere verjchlang, bie Lehnberg voll nervöfer Hajt in jeine Glut ichleuderte. Er arbeitete voll ficber- haften Cifers fein Blid flatterte unftät und ſcheu; feine fleifchigen Hände fuhren oft Ber und Din, ohne zu- zugreifen, Dann wieder jtübie er den Kopf darauf und rieb fid) bie Stirn, ı um gewaltjam feine Gebanten | zu jammeln. |

(S8 flopfte an die Thür. Er zudte vabtings zu⸗ ſammen, feine Augen ſtierten erſchrocken geradeaus.

„Ber ift da?” rief er mit heiſerer Stimme.

„Herr Vicomte bon Saint Lorrain wünjcht den Herrn Baron in dringender Angelegenheit zu fprechen!” meldete ber Diener. |

,utagen Cie, ob e8 nicht bie morgen Beit hat, id bin febr befchattiqt.”

Saint Lorrain? Yon ber Reife zurid? Schon jebt?

Go pliglid)? Was bedeutet das?! Aglaë war .

feit acht Tagen fo ftrahlend heiterer Laune, fo vergnügt und glücjelig wie feit langer, langer Zeit nicht. Sollte bie vitterlide Ermahnung, fih dem Gatten zu

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fügen, genußt haben ? Hatten fid) bie Ehegatten verz ſöhnt und fam er zurüd, biele Berfühnung zu feiern? Lehnberg atmete tief auf. Das wäre die Erfüllung feines jehnlichjten Wunfches. Er möchte e8 mod) jefeu, Dap Aglaë un Guten nadjaibt, daß fie fich wirklich aus- föhnt, es würde ifr fünftiges Leben fo febr viel ange nehmer. geftalten.. Die nüd)jte Beit wird ihr jo wie jo fon das Sod) auf den unbeugfamen Macken zwingen fie wird jid) in aller Demut und Bejcheidenheit fügen müffen unb nod) dantbar = wenn ber Vicomte bie | Tochter eines .

„Der Herr comte bitien bringen um eine ubi 2

Unterredung!” meldete ber Diener abermals butter Der Thür. o

,Out; in ben Nenaiffance-Salon!*

Der Kommerzienrat erhob fid), laufchte, bis fid) bie Cdritte draußen entjernt, flok haftig bie Geldjchränte und glitt feije aus dem Zimmer. Auch bier drehte er den Schlüffel im Schloß und ließ ihn oralen in n Tajche gleiten. ,

Nach menigen Sucenbliten ftand er im Galon. Louis lag nachläſſig in einem Cejjel und ftredte ihm bie Hand entgegen. „Bonjour, Schwiegerpapa! Cs ijt gwar eine Bagatelle, um welche e8 fich handelt, aber fie ijt dennoch eilig! ———

Gd, um alles in ber Welt, erkläre mir zuerſt mal —'

„Hier, lies bitte einmal diefe beiden Briefe deiner e

Tochter nachher das Weitere.”

Nv. Ep Hitruth, SU Dom. u. Now, Somsoie L 21

—.899

Lehnberg ſtarrte auf die Briefbogen silber und lag fein Antlitz entfärbte fid), mit verftörtem Blid idrat cr empor. „Das Kind ift wahnfinnig, lieber. Louis! Gie weiß gar nicht, was fie hier gejchrieben hat! Das ijt ja rafend biödfinnig! I^ |

„Sc glaube, cher père, fie weiß recht genau, was He will. Hier ijt bereits bie Scheibungstlage, meine Nbreife ein ‚böswilliges Perlaffen‘ nennend, fir und fertig GigE DHE cs |

„Undentbar! lieber Louis bas Rind muß frant fcin muß unguredjmungéfüfig fein id) meif ja, bap fie bid) heimlich liebt anbetet vergittert! Aber ihr fpröder Cim! ifr Starrfopj! Der Baron wijdte den Schweiß von ber Stirn. „Du wirit bod) nicht auf diefe Zollfeit eingehen, Louis?!”

Er lächelte fo fein und boshaft, daß fein Geſicht taujend Fultchen ſchlug „Nein, id) dente gar nicht daran! Und weil ich dieſen verrückten Schritt meiner kleinen Gemahlin. eut für alle mal unmöglich machen will, io komme ich zu bir und bitte bid), meine Abjicht durch eine Kleine Lift zu unterftiigen. Du entfinnit bid) - fier unferer etwas frivolen Wette an dem Abend Des Bazars Dein ganzes Vermögen ſetzteſt bu ein, wenn bie Vicomteſſe von Saint Lorrain jemal3 ein un- glückliches Weib würde! Deine große Galanterie gegen mich, lieber Schwiegervater, hat bid) in eine recht

fatale Eituation gebracht! Hier befiße ich Schwarz auf

weiß, baf Die Frau Bicomteffe fid ‚grenzenlos unglüd- -

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fid) fühlt, und dein Vermögen —^ Louis zudte mit undefinierbarem Lächeln bie 9?idjjelu „it. verloren!“

Der Kommerzienrat fa einen Augenblid, als habe ein Blip vor ihm eingejchlagen. Seine Augen quollen

es :

vey

ihm aus dem Kopf er fab leichenfarben ans. Dann lachte er jchrill auf. „Ein brillanter Kleiner Wip, Louis! Eine Wette in ber Weinlaune hahaha id) weit überhaupt nichts mehr davon !^ tle Saint Lorrain beobachtete ign genau. ,,Glaub’s wohl,

c8 mar ja aud) nur em Scherz, den ich niemals ernit- 21*

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haft genommen! Zegt aber fünnte Diejer Echerz nur dazu helfen, den Trog Aglass zu brechen!“ |

Lehnberg atmete auf wie neugeboren. Falktiſch? Su wie fern? Bitte erfläre DH en

Sein Gegenüber freugte gelaſſen bie. ene. My ganze Cigenfinn und die Starrföpfigfeit Aglaes just auf dem goldenen Boden deiner Millionen. Sie revol- tiert gegen mich, weil fie dich und deinen Neichtum im Hintergrund weiß; das macht fie ficher und übermütig. G3 taugt nie, wenn das Weib fid) dem Manne übers legen fühlt, und darum wird unfere Che nie eine glüd- (ide und harmonievolle werden, wenn deine Tochter in der Sicherheit ber Millionärin befarrt. Vh möchte ihr daher am morgenden Tage, wenn bie endgültige Unterredung zwiſchen uns ftattfindet, ein paar Zeil et. pon dir vorzeigen, wo bu mir, alë Austrag der bejagter - Wette, dein gejamtes Merada verichreibjt; du ſicherſt dadurd) und zwar einzig dadurch das Glüd deines Se,

Einen Augenblid ftarrte ber Klommerzienrat den ie wie geiltesabwejend an, Dann ging ein wunder: fiches Buden über feine ſchlaffen Züge, und fein Auge ‚blingelte zu dem Echwiegerjohn mit einem fold verjchlagenen Blid auf, daß der Vicomte Dajtig verfidjerte: „Es ijt ja nur eine fleine Sit, teuerjter Papa, und wenn e8 bid) beruhigt, gebe ich dir ein Reväancheſchriftſtück, daß ich auf deine Schenfung verzichte; jelbjtredend darf aber Aglaë nichts Davon mijjen i^

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Ein leijes, feines Kichern Lchuberg rieb fid) bie Hände, wie einer, der fid) äußert flau vorfonmt. „Unfinn, lieber Soul, wo werde id) denn von bir diefe - Gegenleiftung annehmen! Hahaha ijt ja mein jehnlichhter Wunſch, Aglaë und dich unzertrennlich ver: bunden zu wifjen! Famoſe Idee von bir, gat famos! Wollen den Scherz gleich ausführen! Alſo eine Schenfung bei Lebzeiten... bon... und pro forma nenne ich eine ganz unbedeutende Rente, welche du mir jährlich zu zahlen haft! Natürlich . . . das Mittel wird bei dem Trogköpfchen helfen! Biſt ein brillant pfüfiger Kopf, lieber Louis! —” und der Baron zog jein Notizbuch und warf mit immer breiterem Grinjen ein paar Zeilen auf das Papier. „Eigentlich fieht e8 unglaublich perrüdt aus! Man fof ji) nie eher ausziehen, als bis man zu Bett geht aber... e8 ijt ja ein Scherz

‚and was thut man nicht alles für das Glüd feines Kindes! Co; hier ... lieber Louis! Sit bie Gade genügend 2^ | :

Mit etwas unficherer Hand griff ber Vicomte zu. Sein Blid forjdjte miptrauijd) in den Zügen de3 alten Herr, ob er ihn mur zum beften haben wolle aber nein! wahrhaftig! er hielt eine von Lehnberg gejchrichene wirkliche Schenkung in der Hand, meldje ihn zum Herrn. machte über daS ganze Vermögen des Kommerzienrats, welches auf ben und jenen Banfen, fowie in den Seldfehränfen der Bureaus rubte! |

Saint Lorrain ftarrte ben leichtlinnigen alten Mann -

AG =

einen Augenblid wortlos am. Eo leicht hatte er fid) das Spiel allerdings nicht gedacht. (G8 ift bod) gut, daß eine gewilje Corte Menjen auf der Welt nicht aus: jtirbt! Er breitete gerührt bie Arme aus und ſchloß ben Baron an fein Herz. „Mille merci, bejter Papa! ich bim bir unbejchreiblich dankbar für deine Hilfe und - denfe, bu jolljt deine Gropmut und bein Vertrauen nie —— |

Lehnberg entmanb ſich Feinen emen, nagoen er bie Hartlichfert ſtürmiſch erwidert. „Bitte, bitte, ijt ja nid) der Rede wert, mein Sohn! Nun aber bitte ich jehr, mid) zu entjchuldigen, drüben in meinem Bimmer warten zwei Bertreter meiner Sabrifen. Alfo morgen bei Aglaé auf Wiederjehen, auf ein riefig fideles, ulfiges Wiederjehen! Avio Louis ! Adio!“

Und lachend, ſingend, ſchier aufgeregt luſtig ver— abſchiedete er fid). Der Bicomte blieb allein im Salon zurüf. Er war noch immer ganz benommen von feinem fo mider alles Erwarten gelungenen Sieg. War ber Alte betrunfen gewejen? Beinahe machte e8 den Ginbrud. Das Dinicren war feine ſchwache Seite, und er hatte heute auswärts geſpeiſt, wie der Diener ſagte Je nun, um jo beſſer Der Kagenjammer bes Ernüch— terten wird ifm wenig genieren, Saint Lorrain fat in : Biel erreicht.

Cein Blick ſchillert Er hatte Gomóbie geipielt. Aglaé war nur als Mittel zum Zweck vorgefchoben. Er brauchte Kredit —, angeſichts biejer Kleinen Urkunde war

er ihm wohl erjdjlojjen. Vorwärts ! er felber klatſchte jich Bravo. Aber eim Nätjel ijt und bleibt ifm die Handlungsweife des Alten doch, tein Aweifel, er muß betrunfen gemeien um

SM jeurem Bimmer (ibi LeHnberg und padt voll ficbernder Halt einen Heinen Koffer. Cr lacht vor fid) hin, er nidt voll ſchadenfrohen Spottes dem Bild Saint Lorrains au, welches auf Auen Schreibti ch itebt. : „Das hätte bir gerade jp onem Das ware juft bie richtige Höhe gewejen, den Schwiegervater unter Kuratel zu ftellen!! Hihi! Der Beitpunft war jehr pajfenb gewählt, jehr pajjenb!^ und als ber Handfoffer qepadt war, ſtühte ber Rommergienrat bie glühende Stirn in die Hände und ftarrte finnend vor fid) nieder. Ein Gedanfe, ein herrlicher, rettender Gebanfe fam ihm! Der Herr Vicomte follte mit feiner eigenen Schlinge ge fangen werden, und fein impertinentes Verlangen Sollte Die Früchte a Dee ea verdiente, Das war eine prachtvolle peel

Lehnberg fuchtelt: ai ben Armen bie Lüfte, rennt im Bimmer auf und nieder und ftößt unartifulierte Raute aus. Endlich ift er einig mit jtd. Schütternd por Rachen greift er zur Feder und jd)reibt haftig nieder: „Rieber Louis —! Dein Plan, Aglaë burd) das Bewußt— fein ihrer völligen Hilflofigtert und Armut gefüge und liebenswürdig zu machen, ging mir bie ganze Nacht durch den Kopf, und fomme xs immer mehr zu der Überzeu-

ee

gung, daß bu recht Bom. "bag beirt Blan ein votati A licher ift! Auf alle Fälle ift eg aber gut, wenn bu mih

bei bem Knallejfett nicht zum Beugen von Aglaks Zorn

und Heftigkeit machſt Ehrlich geſtanden, ich fürchte mich vor den Vorwürfen und den Ccenen, welche fie mir machen wird, und falte. e3 aud) für beffer, menn Aglaë in dem Gefühl ihrer Machtlofigfeit lediglich auf bid) und deinen Einfluß angemwielen ijt. Gerade in dieſem Augen: bli bar fein Dritter zwifchen euch ftehen, bie Verlaſſen— beit muß Aglas in deine Arme treiben. Sch verreije aljo für ein paar Wochen, niemand foll erfahren, wohin, damit ich vor Briefen ficher bin! Nur dir, du mein Berbündeter, jet mein Reiſeziel verraten id) mill mir mal beim hochgelobtes Paris anjehen und... na, eigentlich folte es auch für dich eine Überrafchung jein den Kauf eines dortigen Palais für euch abjchließen. Sch jtehe bereits jeit Monaten in Unterhandlungen. Mag’ dann mein letztes Geſchenk für Aglaë fein, welhes fie Hoffentlich willig macht, dir in deine Heimat zu folgen, Wo id) wohnen werde, weiß ich nod) nicht, jote jid) aber etwa ereignen, worüber du mir Mitteilungen zu machen haft, Damı richte deine Briefe an die Bank von Crenienr & Cie. Du meißt, daß wir in nahen Geſchäfts— beziehungen ftehen. “Wher bitte dringend, Aglaë meinen Aufenthalt zu verjchweigen. Anbei von jedem meiner Seldichräufe je einen Schliijjel, den zweiten, welcher zum fen notwendig ijt, verwahrt mein Freund Cautfing. - Wenn du irgendwie in Geldverlegenheit fommen jolltcit

sop e

ay hien servez viia! Und nun nochmal: Bere ; se euch, Rinder, ind werdet glüdlih! n: u ein recht fideles Wiederſehen! Dein Schwiegeralter!“ Mit ienhiihem Stolz blite der Schreiber auf fein Bert Dernieber , e3 war ein Meijterftüd. Dann legte er bie. Schlüſſel zu dem Brief ins Convert, fiegelte und ſchellte „Diejen Brief tragen Sie morgen mittag ; gum. Herrn Vicomte. it mein Wagen bereit? PUR „Befehl, Herr Stonumergienrat ^ uu = : c * „Schaffen Sie die beiden Koffer, welche in pce E*latginuner ftehen, noch hinunter” ——— | „Der Here Baron wollen jdm heute abend ab- reijen? Das Couper ijt erft Tir a ni, nad) CE | ber. Oper beftcllt.” o Gleichviel id bin vegas abberufen. Berpe - 5 : Haftig eilte Vehnberg bie. Treppe hinab ind [prang in bie Canteens

> e = e . . - * e 2 * è *. + - ° = z : ~ f é 2 2 e 4 Ma è « - e i » w , " ' u - - hd d ~ è . - bd id a * a = 7 " . . - . = - * g LI * * » - e she " - . " 4 " e i LI - - . . *- e M e > > e . - « " . » © u. * e e e . - > - a e > « * » e è ê - ad a o . e - ° . J - - . d = = . . " e " J " - - P P ô e , "a: - | " © . au a m e = * . * * m au... : na. E - " > n = á "VY - e e e ind . = "s » R " , a. , - = he * = » e - . - P ° . pe.” aX UM» —s TY". = * è . * me s" S" nds = »" “ae " -< . n » = e - *. * e ° . = = o . - " ə è - e - 7 " » - * « . d * e > - : n » i - = E . . - " a - . t > - . ... >. » = 1 2 > 8 - - e e * e ô = €9 , Pr e = - e mis * dme im - . = .- * - E - - * - - - m > d P e " e - - - = e -> e “> => č - = e [. = = e " e .- = m - » g Vt ete N | 7. : S F i uu eda ceret at b n | e io Te e ee | MAR = d. N ent

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Lu [Peat ti, Vermgshucitandiung, bene —— [D

Wem ſolche Sachen gelingen, ilt ein Poet von Goffes Gnaden!

So urfeilf die Preiie über das lefzferichienene Werk von Nataly von €iditruth.

Nataly von €ichifruth

iit die beliebteite deutiche Schriftitellerin!

pin fsundertfaulenden lind ihre Werke bereits über die ganze Welt verbreitet, und Zuicriften aus allen Erdteilen an die Ver- fallerin beweilen, mit welcher Freude und mif welch großem Jnferelie jede ihrer Schöpfungen in dem feferkreile deuticher Zunge begrüßf wird. Der volle Reichtum ihrer Vorzüge findet fich jn jedem ihrer Romane wieder, reizende Kleinmalerei, liebenswürdiger Humor, packende Nafurfreue, Die handelnden Perienen find Reine blaffen Sdiemen, fondern Wefen, in deren Adern vollgewichtiges keben pullierf, die nicht mit fentimentalen geichraubten Worten zu uns reden, fondern menichlich fühlen und menichlich denken, Tlataly von Eichitruth’s Romane find Kunifwerke im wahren Sinne des Wortes, wir brauchen nur an „Gänielieiel”“, „Bofluft”“, „Polniich Blut” und „Jung getreit' zu erinnern, um in Cauienden von Mädchen und frauen das Andenken an die genußreichen Stunden bei der kekfüre der Eichitruth’ichen Romane waduzuruten. Der Familienlekfüre biefet fie den reiduten Sciafz, ein belonderer Vorzug der Eichitruth’ichen Romane iif deren ungetrübte Reinheit, welche es jeder Mutter geitatfef, fie unbedenklich in die Band ihrer Tochter zu legen; den Roman „Jung geíreit' nennt die óffentlidie Kritik „eine Bibel Für die heranwactiende weiblidie Generation". eee

gee 3 groke goldene Medaillen SE

erhielt die Verfafierin für ihre hervorragenden keiltungen em auf dem Gebiete der Kunif und Willenicaft, =:

Paul Lilt, Verlagsbuchhandlung, keipzig | o

Nataly von €ichitruth’s

idmílidie illuifrierfe Romane u, Novellen

4 Serien in eleganten Kalietfen. Jede Serie koitet M. 42, ~, Auf Wunic auch gegen Teilzahlungen.

Cen en ed eSB ERENT HOT ZT EI Eee eee

Jnhalt der eriten Serie:

Band 1 w 2:

Hofluff.

Roman. Mit 100 ZJlluitratfionen von M. Flashar,

Band 3: Sfernidinuppen. Novellen, ITlit65 Jiluffr. von Carl Zopf. Band 4 u 5:

Jn Ungnade.

Roman, Mit 110 Illuftrationen von p. ücler,

Band 6: Johannisfeuer.

Novellen. Mit 75 Slluitrationen von A. Mandtick und G Franz.

Band 7 u. 8:

Der Stern des Glücks,

Roman, A or STUBNU nan von Fri Bergen

Band 9:

Spukgelcdicht. u. a. Erz.

Mit 76 SIluítrationen von Prof, bans W. Schmidt,

Band 19 u. 11;

Jung gefreif.

Roman. Mit 110 Slíluitrationen von Prof, Wilh. Claudius,

Unhalf der zweiten Serie:

Band 1 u. 2: Der ITlajoratsherr.

Roman. Mit 75 ganzieitig. JIfulfrationen von M. Flashar

Band 3 und 4: Frühlingsifürme.

Roman. Mit 70 ganzíeitig. IHuftrationen von K. €gersdoerier.

Band 5 u. 6: Die Regimentsfante.

Roman. Mit 71 ganzfeitig. Illuftrationen von Fritz Bergen,

Band 7:

Verbotene Friichte.

Novellen. Mit 70 Siluitrationen von Prof. Wilh. Claudius.

Band 8 u. 9:

Polnildi Blut.

Roman. Mif 100 Sliluffrationen von Prof, Bans W, Schmidt.

Bond 10 u. 11:

Comédie.

Roman, Mit 107 Illuffrationen von F. shwormitädt,

a | Paul Hiit, Verlagsbudihandlung, leipzig Il 5.

Inhalt der dritten Serie:

Band 1 u. 2:

Gdnielielel.

Roman. Mit 110 Illuftrationen von Hans Koberítein.

Band 3;

Der Irrgeiit d. Sdiolles.

Roman. Mit 50 Si[uitratíonen von C. Münch.

Band 4 u 5:

Von Gottes Gnaden.

Komam. Mit 100 Illuitrafionen von A. Mandlic.

Band 6: Erlkönigin. "Romam. Mit 50 Hluitr, von Carl Zopf, | Band 7 u, 8:

Nachtichatten. |

Roman, Mit 100 IHuftrafionen von

Prof. Wilh. Claudius, Band 9:

Potpourri,

[leveflen, Mit 75 IHuitrafionen von C. Mind und F. Bergen,

Band 19 u. 11;

Hazard.

Roman. Mit 100 Illuitrationen von B. Wald,

Inhalt der vierten Serie:

Band 1 u. 2:

DieBärenv.Hohen-Esp.

Roman. Mit 106 Ilfuftrafionen von F. Shwormitädt. Band 3 u. 4; Der verlorene Sohn.

Roman. Mit 100 Slluitrationen von Oskar Bluhm.

Band 5 u. 6:

Ungleict Wolfsburg.

2 Romane. Mit 100 Mluffrationen von Adolf Wald u. M. Flashar.

Band 7:

Der Mühlenprinz.

Roman. Mit 50 luitrationen von . Barascudts,

Band 8 u. 9:

Hm Ziel.

Roman. Mit 100 Sifultrationen von

Prof. Bans W. Schmidt.

Band 10 a, ii;

Jm Sdielfenhemd.

Roman, Mif 118 Jlilultrationen von Fritz Bergen.

re —— lebenifehende Abbildung zeigt

i RU v $ 4 Los. ^

eine vollifandige Serie von

: P e | 1 -ESCHSTRUTH & * J 11 Bänden in eleganter Kallefte.

ECT x —— n th to ~~

Preis MR. 42.

Als wahrhait práditiges Geichenk:

werk auis wärmite zu empfehlen.

[5 ][ Pau uit Verlagsbuehhandtung, Leipzig [| 8 | Seine ITlajeifát Kailer Wilhelm n

geruhfe die Widmung des Romans

„Die Bären von Hohen-Esp“

Fre anzunehmen. eee

Es ilf dies das erite Mal, dak einem Romanwerk eine fo hohe Auszeichnung zufeil wurde,

Nataly von Eichitruth’s

Romane:

$ ITIR. Mk. Hm See deli, o vu oo 3.75 *Jung geíreif. 2 Bde, gebd. . . . 7.50 "Am Ziel, 2 Bde gebd, se 1.50 Kat u. Maus. Erzähl. in Veríen, gebd, 3.75 *Die Bären von Hohen- SP TEM abd. 7.50 | *Der Majoratsherr. 2 Bde, gebd. . 7.50 ‚Comödie, 2 Bde, gebd. . - 159. | *Der Mühlenprinz, gebd. . 3.15

*"erfkonial, debd, . o Ana 3.15 En dr BU) geUM TE onn ;

Frieden. 9 Bde, gebd. ..... 1.50 Nachtichatien, 2 Bde, gebd. . . . 7.50 *Frühlingsifürme, $ Bde. gebd.. . 7.50 | *Polniich Blut. 2 Bde. gebd. . . . 7,50 *Gänielieiel. 2 Bde, gebd. RL En. *Die Regimentstante, 2 Bde., gebd. 7.50 *bazard. 2 Bde, gebd, pos. 1.50 *Der stern des Glidks. 2 Bde., gebd. 7.50 *Holluft, 9 Bde, gebd. , 7150 | *lingleidi. 2 Bde, gebd. . <ia 1.50 *Jm Sdvellenhentd. “Y Bde., gebd. . 7.50 | *Der verlorene Sohn, 2 Bde., gebd. 7,50 *In Ungnade, 2 Bde., gebd. . 130 | "Von Gottes Gnaden, 2 Bde, gebd. 7.50 *Der Irrgelit des Schlofies, gebd. + 3.05 *Welisburg; debi. = say S VEN 3.15 Jedem das Selne, 2 Bde., gebd, . 7.50 Zauberwaller, geb. . . . . . . . (3

Ilovelfen:

$ Mk. Mk. Am Ende der Welt, gebd. . . . . 375 Scherben, deb, . u. exco BO Hus vollem keben, gebd.. . . . . 3.75 eh gebd ER CA 3.75 Beidehexe, gebd. . . . . . o 315 | ;3puk geb. . ek 3.15 Humoresken gebd. 3 3.15 Sternithnuppen, Gents s ee 3.15 *Yoh leer abl - 5 315 Sturmnixe u. andere Dramen, gebd. 3.15 ohannisteuer, ge us + «375 | *Verbotene Frücte, gebd. . . . . . 3.15 Mondiheinprinzedien, gebd. . 325 | *Wandelbilder, gebd. . . . . ..., 3.15

*Polponrr debd, -o 24:2: Sls *Wegekrauf, Gedichte, gebd. . . . 3.—

Die mit * verlehenen Bände lind zu gleichem Preiie auch illuitriert zu haben.

[s [T Pau tit verogsbucihondlng, Ger T3

Paul Oskar Höcker’s Romane,

-= Fräulein Doktor. & Sumoriiticher Roman. Elegant gebunden Mk. 4.—.

Bläfter für fiferarifdie Unterhaltung: „Es lif ein ungezwungener, er- freuliher Humor, den Böcker fpendef. Ungezwungen lit die Verknüpfung der ver. wirrend zahireidien Fäden, deren doch nie einer der ficheren Band des Erzählers entgleitet, find die komiſchen Begegnungen, die am ein gutes Luitlpiel gemahnen. Wahre Perlen der Erzählungskunit ihmücken das Werk."

Die Frau Raf. = Roman, Elegant gebunden Mk. 5.—.

Bannoveridier Courier: „Das Buch ilt ein kraff- und dedi maßvolles Bild moderner Zuifdnde. Induftrie und Kunit, Familienleben und Frauenrecht treten, durch jeweilige Komplikationen des Romans hervorgehoben, in den Vordergrund, Ein ‚geiunder Humor, ein treffendes Urteil, warmherzige Empfindung und genaue Kenntnis der gegebenen Verhältnilie zeidinen das Buch aus."

Es blalen die Crompefen. & Roman, Elegant gebunden Mk. 4.—.

Die ichöne Literatur: „In voller Körperlichkeit ifehen feine Gelfalten da, von der zarten Bürgermeilterin bis zu den kRraftitrogenden Relteroffizieren. Seelifche Tiefe gewinnt die Erzählung aus der Schilderung der Kämpfe des Helden mit fich feibit.

keßfer Flirf. & Roman. Elegant gebunden Mk, 4.—.

Ein elgenarfíger Zauber llegf über diefer neuelfen Romanihöpfung, einer in Sprache geſchriebenen läebesgeſchichſe von gro&em, mitfortreißendem anung von einer Gluf und Farbenpracht, wie fie Rein früheres Werk diefes Dichters nodi geboten. :

Weiße Seele. S Roman. Elegant gebunden Mk. &.—.

Neues Münchener Tageblatt: „...Wunderbares Eindringen in das Seelen»

leben der leute aus dem Volke, klare Konlequenz in der Entwickelung der Charaktere,

lan: »olle Diktion, die den Genuß der Lektüre zur vollen Höhe fteigerf, das iind die aup'v.rzüge, die audi dieles Werk Hödter's auszeichnen.”

Zeriprungene Saifen. & Novellen und Erzählungen. Elegant gebunden Mk, 3,—.

Neues Frauenblatt: „Frilcher Bumor weht audi durdi den foeben neu ers fchienenen Novellenband des beliebten Schriftitellers Paul Oskar Hicker: Zer- fprungene Saiten. Das reizende Buch iei Freunden einer anregenden Erzählungsweiie aufs wärmife empfohlen,“

ee Vollifándig in 10 Bänden. To nA mete ] i und koitef geh. 3IIL, eleg. nu Roue iua ci eem ae eub 4 ITI.

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r^ Hedwig Schobert (Baronin von Bode) hat es veritanden, fidi in wenigen Fahren einen hervorragenden Plaß unfer unleren Roman-Schriftitellerinnen zu erringen. ihre Romane: „Das Kind der Straße‘, ,,Füritlidi Blut“, „Flecken auf der Ehre“ und neuerdings ,,Cradifion'* und „Arme Königin“ haben allgemein das größte Interelfe erwedkt; einem gleich großen Infereile wird audi die jeßt vorliegende Illuitrierte Ausgabe begegnen, in der die gediegeniten Werke der bekannten Verfalierin zum Abdruck gee langen, geichmückf mit ca. 700 Ylluitrafionen der hervorragenditen Künitler der Gegenwart.

Die Kritik zählt b. Schoberf zu den talentvolliten unierer zeifgenölliichen Schriftitellerinnen und ihre Werke zu den beiten neueren Ericheinungen auf dem Gebiet der Unter: haltungs=kiteratur, die allen vernünftigen keufen mit Ges idimad: für eine geiunde geiltige Koit fehr zu empfehlen find.

2000

D. Schober: :; Jllui

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5. Sdiobert's (Baronin von Bode) Jlluitrierte Roma

Q 99009

(Baronin pon Bode)

rierte Romane

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0 0 Inhalts» Angabe; Band 1: Das Kind der Straße.

Roman mit 75 Sifuffrationen von Ad. Wald,

Band 2; Fiiriflict Blut.

Roman mit 56 Silultrationen von: Mm. Barascudts.

Band 3: Flecken auf der Ehre.

Roman mit 73 Jituitrationen von A, Baushofer, |

Band à: Deklalliert. Roman mif 73 Ulluifrationen von Hd. Wald.

Band 5; Künltlerb[ut.

Roman mit 70 Illuitrafionen von R. Gutfdimidt.

Band 6: Auf der großen handitraBe.

Roman mif 70 Illuftrationen von 5. Grobet,

Band 7: Spekulanten.

Roman mit 60 Jiluifrationen von M, Flashar.

Band 8: [Moderne Ehen.

Roman mit 70 Illuitrationen von Prof, Hans W Schmidt.

Band 9: Cradifion.

Roman mit 70 Illuftrationen von: Prof, Georg Koch.

Bandio; Arme Königin.

Roman mit 70 Jiluitrationen von F. Bergen,

9 999g

ie bilden eine qute gediegene Familienlekfüre.

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al er Te Max Kretzers Romane,

Als der Verfaller vor einem Vierteljahrhundert mit dem Roman „Die beiden Genoilen‘ auf den Plan frat, wurde die literariiche Welt lehr bald aufmerkiam auf dieles bedeutende Calent auf dem Gebiete des großzügigen fozialen Romans. Man hat ihn damals, da die life» rariiche Kritik es liebt, zu etiReffieren, als den ,,Deutidien Zola‘ be. zeichnet, und wenngleich diele Bezeichnung längit nicht in allen Punk- ten zutrifft, fo iif es doch eigenfümlich, dak Max Kreger im laufe der Fahre eine ähnliche Enfwickelung wie Zola durcigemacht hat. Er ilf vom rein nafuraliitihen Romane zum fymbolilchen Roman durdi- gedrungen, wie fidi das belonders [fark in feinem Roman „Das Ge- licht Chrifti“ zeigt, der nunmehr idion in vierter Auflage vorliegt. Dies legte Buch wird von der KritiR eine ,,Apotheole der ewigen Sehn= iudif der ITleniciheif** genannt, einer Sehniucht nidit nur nach dem Goft- lichen, fondern nach einem Goff, nach einem Schüßer und Helfer auf Erden und nach einer ewigen Vergeltung im Reidie der uniterblichen Geilter. Jedenfalls zeigt lich in der ganzen langen Reihe der Romane, die Max Kreger geichaffen haf, ifets feine kernhafte Begabung, feine außerordentliche Meilterichaft in der Behandlung des Stoffes und in der Charakteriitik der einzelnen Geifalfer. In allen feinen Büchern, mögen die Vorwürfe nodi [o Rraß und dunkel fein, mögen die Schi: fale der einzelnen Hlenichen nodi io hoffnungslos Icheinen, reißt Kreger die {refer mit lich fort und Itehif, ein geborener Schilderer, über ieinem Stoff. Allenthalben fritt die ganz eminente Erzählerkunif des Autors blendend zutage. Ein Liferaturkenner, wie Protellor Max Koch, rechnet z. B. „Das Gelicht Chrifti“ zu dem Allerbedeutenditen, was er in deufichen Romanen Rennen gelernt, und ruft begeifterf aus: „Wenn der Symbolismus fo auffrift, dann beuge ich mich ihm!“

Das Gelicit Chrilfi. ITleiifer Timpe. Romana. dem Ende des 19. Jahrh. Sozialer Roman. 4. Auflage. 3. Auflage,

MR. b., eleg, gebd, Mk, 3.—. MR. b~, eleg. gebd. Mk. 2 —.

Dr, P. A, Wolff in einem Effay: „Das Berliner Fremdenblatt: „Nad fo it gin gewalliges Buch, das midit RE ley jaden Orgien des meulranctliien verdient als lolche von der ganzen deut. künitleriihes Werk, voll felnifer Natur.

ſchen Leferwelf gewürdigt zu werden." beobadıfung und unerbiftlicher Wahrheit,"

D Paul Lift, Verlagsbudihandlung, Leipzig I tt

Die Madonna vom Grunewald. & Roman. i ‘Mk. 5.—, elegant gebunden Mk. 6.—. Mit dem fcharfen Blick des Diagncitikers und mit den Augen des Dichters hat

Kreger in feiner ‚Madonna vom Grunewald” mit alter Meifterichaft und abioluter - |

Lebenstreue einen Stoff behandelt, delien Cigenartigkeit ebenio überrafct als felfelt. Die ganz eminente Erzählungskunit des Autors tritt hierbei in glänzenditer Weile zutage.

Die Buchhalterin. = Roman. 2. Auflage, Mk. 5.—, elegant geb. Mk. 6.—.

‚Die Charakteriffik der einzelnen Geitalten fit off geradezu meilterhaff und ohne füßlich-idealifierende Beigabe, fie iif realiitiih im guten Sinne des Wortes. Dieles Urfeil gilt ganz befonders für Kreher's Roman „Die Buchhalterin”, weldier ein Familien- roman im beiten Sinne des Wortes iif, F

Die gute Cochfer. S Roman. 2. Auflage. Mk. 5.—, elegant geb. Mk. 6.—.

Jifuffrierte Welt, Stuttgart: „Der Verfalfer erweilt fidi auh in dielem feinem neuelten Werke als ein Calenf von unzweifelhafter Begabung. Der Roman felfelt vom Anfang bis zu Ende und darf als einer der piychologiich feinit durch: geführten des Autors der Leferwelt warm empfohlen werden,“

Warum? © Roman. Mk. 5.—, elegant gebunden Mk. 6.—.

^. Kreger weih alles fo tief überzeugend, fo echt in der Stimmung und mif einem ‚folchen Aufwand fein phydielogildwer Kunif verzuführen, daß man nicht anifehen wird,

ooo dieles jingite Buch des Berliner Romanciers feinen llleiiferwerRen anzureihen und Ces xoc MORE: Verehrern feiner grobzügigen Kunitbetdtigung aufs wärmife zu empfehlen,

Die Bergpredigt. = Roman aus der Gegenwart. A, Huflage. Mk. 4.~, elegant gebunden MR. 5. —.

[leues Wiener Tagblatt: „In feinem neuelten Roman hat Kretier ethifch eine hohe eritiegen, wie nie zuvor."

Die beiden Genollen. = Sozialer Roman. 4. Auflage. Mk. 3.—, elegant gebunden Mk, 4.—.

Naffonal-Ztg.: „In markigen und ergreifenden Zügen fchilderf der Verfaiter die Gefahr der fozialdemokratilchen Agitation für das Glück und Wohlbefinden gerade der Arbeiter und Handwerker,“ |

Die Befrogenen. S Berliner Roman, 5. Auflage. Mk. 4.—, elegant gebunden Mk. 5.—.

Berliner Tageblatt: „Max Kreger übertrifft an Kenntnis des Berliner Volkes bei weitem alle feine Rivalen: ein ifarRes didwerildies Calent geſellt fidi zu einer fcharfen Beobachiungsgabe und eine ungeheucelte Freude am Sittlichgufen läßt ihn die Gefahr eines fdimutiger Naturalismus immer vermeiden," - |

Ein veríduoilener ITlenidt. = sozialer Roman. | 2. Auflage MR. 3.—, elegant gebunden MR. 4.—.

Breslauer Zíg.: „Die Spannung in der Situation vor und nach der Kataitrophe bis zur Liólung des Rnotens gehört unzweifelhaft zu dem Packenditen, was einem in der Romanliterafur unferer Cage begegnet,”

2 Paul Lilt, Verlagsbuchhandlung, Leipzig =

Die Flagellanten. €in Epos

von

SS Fritz Löwe, Mark 3.—, elegant gebunden Mark 4,—. RER Ein Urteil aus gebildeten Damenkreiien: Die ernite littliche Fdee, die fowohl in „Renatus“ wie beionders in „Flagellanten‘ herricht, hat etwas Erhebendes; die Erzählung iit fo Ipannend, dak das Jnterefle audi nicht einen Augenblik erlahmt, die Verie iind wohllaufend, off wie Mufik, Durch die Tiefe und den großen fittlicien Ernit unteridieiden

- fidt diele Dichtungen doch iehr wefentlich von vielen anderen modernen Werken, die viel und gern geleiem werden,

Dr, Theodor Brieger, Profelior der Kirdtengeididite an der Univerfität leipzig, urteilt über ,,Flagellanten*, daß er fehr befriedigt davon lei, er häfte es mif der größten Spannung von der erifen bis zur lebten Zeile geleien; es zeuge von einem großen dichteriichen Talente.

Urteile der Prefie:

Berliner Bórien-Zeifung: „An die jüngite Gabe des Autors kann die Kritik einen hohen Maßitab anlegen. Die Dichtung ilf ein er greifendes Kulfurbild aus der eriten Jahrfauiendwende. In praditvollen Rhythmen wogf eine wilde kiebesmär an unierm geiltigen Auge vorüber, - und zu afemlofer Erwartung Ífeigerf lih gegen den Schluß hin die Spannung. Wenn die Geidicte der beiden Flagellanten ausgeklungen, wird ihr Echo nodt lange im Herzen des kelers nachzittern“.

Neue Preukiidie + Zeitung, Berlin: „Man muß Spielhagen redif geben, daß frig Lowe zweifellos ein poetilches Talent iff. Er be— Hbf die Gabe plaltiiher Daritellung in hohem Make. Er iif auch ein Mleilter der Sprache. Seine Phantalie läßt ihn eine reidibewegte Handlung -erfinden, und ernites Studium ermöglicht ihm, das Milieu feiner Sandlung mif Hidieren Strihen zu zeichnen. Die bandlung iif infereliant und fellelnd, ja mehr als das, fie itellt uns vor ein phyliiches —— das uns ans Perz greift”,

[e [Pout tit, Veragsbucitandtung, Kewa [i5

Des Ilächiten Ehre,

Eine Offizierstragödie von Hildegard von Hippel.

Elegant gebunden MR. 4, ~.

Die Umiciau: , Düfte die Verfaiierin unter dielen Roman „Des Ndchiten Ehre” nicht ihren llamen gelekt, fo würde man den Autor ficher für einen Mann halten: eine großzügige Arbeit, von einer Kraft der drama. tiichen Geltaltung, wie fie nur einem Kiinifler allereriten Ranges eigen iit. Die Uerfalferin tchildert eine „kleine Garnilon", in die ein junger Offizier veriefbt iit: von Cornow iit ein großgeiltiger Menich, über die Kleinlichkeiten und Kleinigkeiten des kebens geht er nidi nur lächelnd hinweg, nein, er veriteht fie nicht einmal. Ein Mann wie Cornow muß den Frauen gefallen, und es bedürfte {chon eines fehr gewiegten Schiffers, um alle die Klippen zu umfahren, die ihm auftauchen. Sein Vetter und vdferlicher Freund, der iehr kluge Hauptmann Mleindorf, macht ihn oft genug darauf auimerkiam, wie nófig es lei, auch den Schein zu wahren: Cornow übergeht lächelnd feine Ratichläge. Er fällt im Zweikampf mit feinem Hauptmann, für feinen Vetter und um die Ehre einer Frau zu retten der frau des Hauptmanns, Wie das alles kommt, iit fo dramatiich getchildert, dak einem das Herz klopft, und dabei fo natürlich, fo felbitveritändlich! Die Verhälfniffe in der kleinen Garniion lind prachtvoll gezeichnet, fo redit der Boden, auf dem der Klatich gedeiht, ungemein feinlinnig find die beiden Frauengeitalten gemalt, die Tochter des Oberitleutnants, mif der fick Tornow verlobt hat, und die Frau des Haupfmanns Schern. „Des Ndchiten Ehre’ iit ein vollendetes Kunif- werk, Eine Schriftitellerin, die fo hervorragende Proben ihres Könnens abgelegt hat, follte mit genannt werden, wenn man die beiten Namen unierer neueiten Literatur aufzählt”,

[lina Meyke’s Romane.

Nina Meyke’s Romane zeichnen lich durch ungemein fellelnde und dramatiich bewegte Schilderungen wie audi durch feinjinnige und lebensvolle Charakferiftik aus, die Figuren treten mif plaitiicher Schärfe vor den keler hin. Beim Ericheinen ihres eriten Romans wurde Nina Meyke in Schrift- itellerRreilen als ein ,,aufgehender Stern‘ bezeidinet.

Der Götze Gold. Auf einfamer Höhe, Preis geheitet Mk. 3. —, Roman. 2 Bände, geheft. MR. 6. ~, elegant gebunden Mk, 4, —, elegant gebunden Mk. 8. . Wera Sibirjakowa. Funken unfer Aiche, Roman. 2 Bünde, geheft. Mk. 5, —, Seheltet Mk. 5. —,

elegant gebunden MR. 7. ~. elegant gebunden Mk. 6. .

Fu [Paul tit, Verogshuchhandtung, Uus [| a Münchner Kindeln,

Roman von Anton Freiherr von Perfall. Elegant gebunden Mk. 5.—.

A. von Perfall führt in dielem Roman dem kefer ein infereifantes und farbenprächtiges Stück Münchens vor Augen, Die Prelie urteilt darüber : Berliner Morgen-Zeitung: „Jn diele farbenprächtige Darifellung mifcht fici

eine feinabgetönte Schilderung des Kampfes um die Kunit, der In der fchonen Jar- ftadt noch heute forídauert.'

Frankfurter fladiridifen: „Es iff ein großzügiger Roman, den der Lefer nicht aus der Band legen wird, ohne aus der Lektüre für die behandelten großen zeit- bewegenden Aufgaben und Fragen mannigfaltige Anregung und lebhaites Interelfe geichöpft zu haben. | |

Reue Preußlidhe Zeitung: „Durc das ganze Buch geht ein groker packender Zug, der nicht nur die müßige Neugier befriedigt, fondern auch den Leiler zwingt, zu

den großen zeifbewegenden Fragen Stellung zu nehmen,"

[ v Roman, Zweite Auflage : saalb urg, Von Hermann von Randow. Elegant gebunden Mk. 4.—. F

ßamburgilcher Correipondent: „Der Roman iif eine Zierde des deufidten. Biichermarktes.” | : =

Sdilelildie Zeitung, Breslau: „Dem Verfalfer iff es gelungen, ans ihaulídie Bilder rómikhen und germanilhen Lebens aus der felffam bewegten Zeit des Jahres 255 n. Chr. ©. zu zeichnen, Die €reignilie find forgfältig nach guten Quellen geichildert, und der Gegenfatz des zuchtloien, linkenden Rómertums und des kraftvoll autitrebenden Ger: manentums, der religidien Zerrilienheit der Beidenwelf und der Reinheit des werdenden Chrilfentums iif. nicht umwirkiam dargeítellt. Das Buch ift eine intereifante und belehrende Lektüre und kann wohl dazu dienen, die Aufgabe zu erfüllen, die der Kailer bei der Grunditein« legung der Saalburg zuwies, „zu lehren, wie der Samen rémilcher Kultur vor allem befruchtend auf Germanien fiel.“

Komteli Roman. Von Heinrich kee, e 5 Elegant gebunden MR., 4, —.

Der Salon, Wien: ,,Dem bekannten Berliner Romancier mit der brillanten Feder iif wieder ein iehr glüd:didier Wurf gelungen.. Komteile X iit ein Roman aus der belleren Geiellihaft mit einer ausgezeichneten Charak- feriftik der Perionen, die die wärmite Anerkennung der Kritik verdient. Vor allem beftens gelungen iit die Geltalt der Heldin, um die fih dann die Nebenfiguren lebenstreu gruppieren. Die ficere, elegante Daritel: [ung geitalfet das Buch zu einer felfelnden Lektüre.

| m || Paul tiit Veragsbuditandlung, Leipzig || 15 | Erlebf, €rdadif und ITlifemptundern!

5 Gedichte von Gabriele von Rochow, geb. von Pachelbl-Gehag. ET Preis elegant gebunden MR. 4. ur

Neue Preuhbildie (Kreuz-)Zeitung: „Frau von Rochow iil Tehon feit längerer

Leif in weiten Kreifen als reichbegabfe Dichterin wohlbekannt, und audi die Kom:

poniiten willen längit die Reinheit und Echtheit der Empfindung, die Natürlichkeit des Ausdruckes und den melodiichen Fluß ihrer Gedidite zu Ichäten.“

Das zweife keben,

Roman von €l«Corret.

Preis geheftet MR. 3.—, elegant gebunden Mk. 4.—. . Der vorliegende Roman ift eine feine, piychologifche Arbeit, durchtrdnkt mit dem philofophifchen Skeptizismus, der ein Grundzug aller €{-Correifchen Arbeiten iff, Der gelduterten, ielbitiicheren Liebe eines gereiften Mannes zur aufgeklärten,

meditierenden, modernen Frau iff die braufende, fidi felbff nicht kennende {riebe der Jugend entgegengeiett, die roh in ihrem Egoismus, doch audi rührend in Ihrer Unichuld ift.

Ein Bud fürs deutidie Volk!

Deufichlands Einigung 9099 9999 und Kailer Wilhelm IL,

Eine gelchichtliche Erzählung von Poffis-Wegner. Mit 15 Porträts, Umfang 412 Seiten. Preis Mk. 3.—, eleg. geb. Mk. 4.

Die Allgemeine Zeitung In München fchreibf; „.... In Wahrhelf eine vater: ldndifehe Hauspolfille für jede deutfche Famille!" Für Volksbibliotheken und zu Geithenkzwecken für die Jugend, namentlich, um diefe in den großen Verlauf der Gefchichfe des 19. Jahrhunderts einzuführen, kann es kein geeigneteres Budt geben, Möge es die Anerkennung finden, die es verdient.

kola ITlonfez. Neu- fellas.

Siltor. Roman v. Poths -Wegner. Roman vor Poths «Wegner, Jn eleg. Einband MR. 4.— In eleg. Einband MR. 4, Frank. Courier: ,,Poths-Wegner ftat Strallunder Zeifung:... Spar:

in dielem Roman die kola ITlontez-Epi- nend und in feurigem Schwung geicrie- fede, dieles dunkelite, leltiamite Blatt aus ben, erhebt lich der Roman weit über der Gelthichte Bayerns und feines Königs- | den Rahmen der gewöhnlichen Unters haufes, als Roman qgeltalfef. losgeldit halfungsleRtüre er gibt ein Kultur- vom Wuít zeitgenöflifcher Klatfchiucht er» bild, wenn auch eines kleinen, fo doci fcheint er hier..." prdgnanten Kreifes“,

| 16 || Paul kilt, Verlagsbuchhandlung, leipzig lu

raktildtes Lehrbuch der Graphologie von 3. Erepieux«Famin. Herausgegeben von Hans b. Bulle. Inhaber vom Initifut für wilfenichaftl, Graphologie München. Fünfte neubearbeitete Auflage mit 204 Handichriftenproben und einem | Anhang. Preis geh, MR. 4, poer geb. Mk. 5. —— lleue bamburg. Zeitung: „... Das Buch iit wirklich ein praktifches Buch ge» worden, das auf der Höhe der neuelten Forfchungen ifeht, und es kann dem Ge-

bildetiten tehr wohl dienen, der lich mit der Graphologie befallen will.”

Graphologifche Studien

von W. Langenbruch

geriditf, vereidigter Schriftfachverifandiger. Preis geh, MIR. 4.—, geb. Mk. 5, —.

Die frefe Schweiz, St. Gallen: , +.) liangenbrudir ilt nicht bloß ein Meilter in feinem. Berufe als Graphologe, fondern er verifeht auch in mufterhafter Weile zu er- zählen und durch die€rzdhlung zu belehren“

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(Sctriff-Expertife) von fans Ð. Bulle.

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von Dans 5, Bulle,

"Inhaber vom Jnififut für wiflenfchaftliche

"Graphologie, München. Willenkhaftlidie Beilage der Leip-

-ziger Ztg.: „Mit Freuden lil dies Werk

zu begrüßen, das in der stetig wachienden Spezialliterafur eine erite Stelle mit ein. nehmen wird."

Der plychologiiche u.pathologilche

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von Magdalene ChummeKinfef. 208 Seiten Quartformat mit 450 Schrittproben, Preis geh. MR. 5.—, geb. Mk. 6.—.

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