BERICHT DEE SENCKENBER(>ISCHEN NATÜRFORSI "MENDEN GESELLSCHAFT IN FRANKFURT AM MAIN LOt.'0. Vom Juui 1897 bis Jimi 1898. Die Direktion der Senckenberg-ischen naturforschenden Gesellschaft beehrt sich hiermit, statutengemäß ihren Bericht über das verflossene Jahr zu überreichen. Frankfurt a. M., im Juni 1898. Die Direktion; Oberlehrer J. Blum, d. Z. I. Direktor. Dr. med. E. Blumeiithal, d. Z. II. Direktor. Dr. med. E. Rödiger, d. Z. I. Sekretär. Dr. med. Karl Vohseu, d. Z. IL Sekretär. 3 Bericht über die Senckenbergische naturforschende Gesellschaft in Frankfurt am Main (vom Jimi 1897 bis Juni 1898). Erstattet beim Jahresfeste, den 22. Mai 1898, von Dr. med. Ernst Blnmenthal, d. Z. II. Direktor. Hochverehrte Anwesende! Die Gründer unserer Gesellschaft haben in weiser Vor- aussicht unsere Jahresfeste zu einer statutarischen Einrichtung gemacht ; sie beabsichtigten damit in dem stetig fortschreitenden Leben der Gesellschaft Riihepunkte zu schaffen, von denen aus wir rückwärtsschauend die in dem abgelaufenen Jahre geleistete Arbeit übersehen und zugleich das Ziel ins Auge fassen sollen, dem wir zustreben. Ein solcher Rückblick auf das mit dem heutigen Tage abgelaufene 81. Lebensjahr der Senckenbergischen naturforschenden Gesellschaft zeigt uns, wie wir mit freudiger Genugthuung konstatieren können, daß unsere Gesellschaft in einer stetigen gedeihlichen Fortentwickelung begriffen ist und daß auf allen Gebieten ihres weiten Arbeitsfeldes Tüchtiges und Ersprießliches geleistet worden ist. Nur dem einträchtigen, zielbewußten Zusammenwirken zahlreicher für die Naturwissen- schaften begeisterter und mit Liebe zu ihrer A^aterstadt be- seelter Männer ist dieses erfreuliche, ohne die mächtige Mit- 1* — IV — Wirkung des Staates erzielte Ergebnis zu verdanken, und wenn auch der unerbittliche Tod in dem abgelaufenen Jahre wieder manche schmerzliche Lücke in die Reihen unserer Mitarbeiter gerissen hat, so sind uns aus der heranwachsenden Generation neue Freunde erstanden, bereit, nach Kräften die Zwecke und Ziele unserer Gesellschaft zu fördern. Wir beklagen den Tod folgender beitragenden Mitglieder : Kon- sul C.Becker, Baron L. V. Erlanger, Konsul C.v.Frisching, Joh. Chr. Geyer, Louis Graubner, Lazarus Hacken- broch, Hermann Minjon, Jakob Posen, Justizrat Dr. jur. Scherlenzky, Bankdirektor Gust. Stilgebauer, C. Aug. Chr. Volkert. Aus der Zahl unserer korrespondierenden Mitglieder wurden uns durch den Tod die folgenden entrissen: Am 11. Juni 1897 starb in Wiesbaden der Geh. Hof rat Prof. Dr. Carl Remigius Fresenius. Er war in Frankfurt am 28. Dezember 1818 geboren, und in unserer Gesellschaft ist ihm als Knabe die erste Anregung zu naturwissenschaftlichen Studien geworden. Nach- dem er das hiesige Gymnasium absolviert und vier Jahre lang die Pharmazie in einer Apotheke dahier praktisch erlernt und ausgeübt hatte, ging er zum Studium der Chemie nach Bonn und dann Gießen, wo er als Schüler und später als Assistent Liebig's sich an den epochemachenden Arbeiten dieses großen Meisters beteiligen durfte. 1845 folgte er einem Rufe als Pro- fessor der Physik, Chemie und Technologie an das Landwirt- schaftliche Institut in Wiesbaden. Drei Jahre später gründete er das Chemische Laboratorium, das unter seiner umsichtigen, praktische und wissenschaftliche Ziele gleichmäßig verfolgenden Leitung zu hoher Blüte gelangte. Tausende von Schülern, die über den ganzen Erdball zerstreut sind, haben hier ihre Aus- bildung gefunden und zahlreiche hervorragende wissenschaftliche Arbeiten sind aus ihm hervorgegangen. B^resenius hat sich um die Ausbildung der analytischen Methoden unsterbliche Verdienste erworben. Seine Hauptwerke, die in zahlreichen Auflagen er- schienen und in fast alle lebenden Sprachen übersetzt wurden, sind : Anleitung zur qualitativen chemischen Analyse ; Anleitung der quantitativen chemischen Analyse; Lehrbuch der Chemie für Landwirte. In späteren Jahren beschäftigte er sich haupt- sächlich mit der Untersuchung der Mineralwässer, deren Re- - V — sultate in den „Chemischen Untersuchungen der wichtigsten Mineralwässer des Herzogtums Nassau", sowie in zahh-eichen Monographien niedergelegt sind. Auch die im Jahre 1861 er- folgte Gründung der wichtigen „Zeitschrift für analytische Chemie", die bereits bis zum 36. Baude fortgeschritten ist, sei hier rühmend hervorgehoben. An dem kommunalen Leben seiner zweiten Vaterstadt Wiesbaden nahm er hervorragenden Anteil und lange Jahre war er Vorsteher der dortigen Stadtverordneten- Versammlung. Aber auch seiner Geburtsstadt hat er treue An- hänglichkeit bewahrt. Unserer Gesellschaft, in der er so gerne geweilt hat, ist er in seiner langen Lebenszeit ein treuer Freund geblieben. Wir werden sein Andenken stets in Ehren halten. AVeiter haben wir des Dr. Otto Volger zu gedenken, der am 18. Oktober 1897 zu Sulzbach im Taunus starb. Ge- boren zu Lüneburg am 30. Januar 1822, studierte er in Göttingen die Rechte und dann Naturwissenschaften. Dort habilitierte er sich als Dozent der Naturwissenschaften im Jahre 1847, folgte 1851 einem Ruf als Professor an die Kantonsschule in Zürich. Im Jahre 1856 siedelte er nach Frankfurt über, wo er bis 1860 als Dozent der Geologie und Mineralogie am Sencken- bergianum wirkte. Im Jahre 1859 gründete er das Freie Deutsche Hochstift, dem er als Leiter uud Obmann bis zum Jahre 1875 vorstand und welchem er 1862 als dauernden Sitz Goethe's Vaterhaus erwarb. Durch Streitigkeiten mit der Ver- waltung seiner Stiftung, mit den städtischen Behörden und auch mit unserer Gesellschaft erbittert, zog er sich dann ganz aus dem öffentlichen Leben zurück und verbrachte seine letzten Lebensjahre in ruhiger wissenschaftlicher Thätigkeit zu Sulz- bach im Taunus. Volger war ein Gelehrter von umfassendem Wissen und seltener Beobachtungsgabe. Seiner Feder ent- stammen eine Reihe hervorragender geologischer Werke, unter welchen nur erwähnt seien: Beiträge zur geognostischen Kennt- nis des norddeutschen Tieflandes (1846) ; Erde und Ewigkeit (1857); Untersuchungen über das Phaenomen der Erdbeben in der Schweiz (3 Bde. 1858); Die Steiukohlenbildung Sachsens (1860); Das Steinsalzgebirge Lüneburgs (1865) etc. etc. Am 11. x\pril 1897 verschied in Dorpat der emeritierte ord. Professor uud Direktor des botanischen Gartens, der kaiserl. russ. Staatsrat Dr. Edmund Russow. Er war am 24. Februar — VI — 1841 in Reval geboreu, studierte von 1860 — 1864 iu Dorpat Botanik und arbeitete ein Jahr darauf bei Alex. Braun in Berlin. 1874 zum Direktor des botanischen Gartens zu Dor- pat ernannt, beschäftigte er sich hauptsächlich mit dem Studium der Torfmoose seiner Heimatprovinz, über welche er umfassende Arbeiten veröffentlichte. Auch auf dem Gebiete der Histologie der Pflanzen hat er sich hervorragende Verdienste erworben. Am 22. November 1897 starb in Stuttgart Oskar E'raas, Direktor des dortigen Naturalienkabinetts, ein Gelehrter, der als Geologe und Anthropologe weithin bekannt und geschätzt war. Er wurde am 17. Januar 1824 zu Lorch in Württemberg geboren. Zum Berufe der Theologie bestimmt, hat er im Stift Tübingen seine theologischen Studien mit Auszeichnung absol- viert. Dort im Verkehr mit dem hervorragenden Mineralogen Quenstedt erwachte iu ihm die Liebe zu den Naturwissen- schaften und als Vikar und später als Pfarrer von Balingen in Württemberg sammelte er mit Eifer und ausgezeichnetem Ver- ständnis Petrefakten. Im Jahre 1847 machte er eine zoologische Forschungsreise in Nordfraukreich, deren Resultate er in einem größeren Werke: „Vergleichuug des deutscheu und französischen Jura" niederlegte. Im Jahre 1850 als Geistlicher nach Lauffen versetzt, setzte er seine geologischen Unternehmungen, die von den glücklichsten Erfolgen gekrönt wurden, fort. 1854 wurde er als Konservator des Naturalienkabinetts nach Stuttgart be- rufen, welche Stellung er bis zu seiner Pensionierung 1894 inne hatte. Seiner verständnisvollen und hingebenden Thätigkeit ist es zu danken, daß die geologische Abteilung dieses Instituts zu einer Mustersammlung sich ausgestaltete. Größere Reisen führten ihn 1866 nach Ägypten und 1875 nach dem Libanon, von wo er ein reiches geologisches Material heimbrachte, das er in zwei trefflichen Monographien wissenschaftlich bearbeitet hat. Besondere Verdienste hat sich Fraas auch auf dem Ge- biete der iVnthropologie erworben ; ihm verdankt mau die Aus- grabungen der vorgeschichtlichen Niederlassung an der Schussen- quelle, die Erschließung des Hohlefelsens, des Hohlesteins etc. Litterarisch w^ar Fraas ungemein thätig ; von seinen zahlreichen Publikationen seien nur erwähnt: Die nutzbaren Mineralien Württembergs (1860); Vor der Süudflut, eine Geschichte der Urwelt (1864); Die Fauna von Steiuheim (1885); Die Aus- - VII - grabungen im Hohleiifels bei Selkringen (1872); Beiträge zur Kulturgeschichte des Menschen während der Eiszeit (1867) und viele andere mehr. Ein ganz besonders herber Verlust betraf die wissenschaft- liche Welt durch den Tod Rudolf Leuckarts, der am 7. Februar 1898 zu Leipzig starb. Am 7. Oktober 1822 zu Helm- stedt geboren, machte er seine Studien zu Göttingen unter Rudolf Wagner, dessen Assistent er später wurde. 1855 wurde er als ordentlicher Professor der Zoologie nach Gießen berufen und seit 1870 vertrat er dieses Fach an der Universität Leip- zig. Leuckarts Verdienste um seine SpezialWissenschaft können nicht hoch genug anerkannt werden. Er w^ar es vornehmlich, der die Zoologie aus den Banden der Systematik befreite und die morphologischen und biologischen Verhältnisse der Tierwelt uns erschloß. Grundlegend sind seine „Untersuchungen über die menschlichen Parasiten, und die von ihnen herrührenden Krankheiten", ein Werk, das, in vielen Auflagen verbreitet, noch heute die Basis für alle Forschungen in der menschlichen Parasiteukunde ist. Von seinen übrigen zahlreichen i^rbeiten seien noch erwähnt jene berühmte Monographie über die „Zeugung" in Wagners Handwörterbuch der Physiologie, ferner „über den Polymorphismus der Individuen oder die Erscheinung der Arbeits- teilung in der Natur", vergleichende Anatomie des Auges, Studien über die Finnen und andere mehr. Ein Todesfall, der unsere Gesellschaft ungemein tief berührte, betraf einen jugendlichen Forscher, den Geologen Dr. Jean Valentin, der bei einer wissenschaftlichen Ex- kursion nach Patagonien durch Absturz verunglückte. Valentin war in Frankfurt im Jahre 1867 geboren; er machte natur- wissenschaftliche Studien in Freiburg i. B., Zürich, Straßburg und Clausthal i. H. und unternahm im Auftrage der Sencken- bergischen Gesellschaft im Jahre 1890 eine wissenschaftliche Reise nach dem Kaukasus und Armenien, die eine reiche, von ihm gründlich bearbeitete Ausbeute lieferte. Im Jahre 1894 folgte er einem ehrenvollen Rufe als Geologe an das Museum de La Plata in Argentinien, welche Stellung er im April 1895 mit der eines Sektionärs für Geologie am Nationalmuseum zu Buenos Aires vertauschte. Valentin war mit seltenem Eifer und Umsicht wissenschaftlich thätig; sein früher Tod begräbt viele — VIII — berechtigte Hoffnuiigeu. Unsere Gesellschaft, mit welcher er auch in weiter Ferne in regster Beziehung geblieben ist, wird ihm ein treues Andenken bewahren. Durch den am 11. April 1898 erfolgten Tod des Geheimrat Dr. Fr idolin von Sandberg er in Würzburg verliert unsere Gesellschaft eines ihrer ältesten, seit dem Jahre 1846 ihr an- gehörenden korrespondierenden Mitglieder, die geologischeWissen- schaft einen ihrer hervorragendsten Vertreter. Er war am 22. November 1826 zu Dillenburg in Nassau geboren, bezog kaum sechzehnjährig die Universität Bonn, wo er, sowie später in Heidelberg und Giessen, mit solchem Erfolg naturwissenschaft- lichen Studien oblag, daß ihm bereits 1846 die Doktorwürde verliehen werden konnte. Im Jahre 1849 übernahm er die Stelle eines Inspektors des naturhistorischen Museums zu Wies- baden, wo er sein erstes grösseres Werk: „Die Versteinerungen des Rheinischen Schichtensystems" herausgab. 1855 folgte er einem Ruf an das Polj^technikum in Karlsruhe als Professor der Mineralogie und Geologie. Dort entstand sein bekanntes Werk: „Die Conchylien des Mainzer Tertiärbeckeus". Seit 1863 bis zu seiner im Jahre 1896 erfolgten Emeritierung wirkte er als akademischer Lehrer au der Universität Würzburg. Neben geologischen Untersuchungen trieb er hier vornehmlich palä- ontologische Studien, deren Ergebnisse er 1871 — 76 in dem epochemachenden Werke: „Die Land- und Süsswasserconchylien der Vorwelt" niederlegte Seine späteren Bestrebungen galten vorzugsweise der chemischen Geologie und seine Arbeiten über Untersuchung der Erzgänge erregten in Fachkreisen grosses Aufsehen. Ausgetreten aus der Reihe unserer Mitglieder sind die Herren: Apotheker Carl Clemm, Hermann Grombacher, Ludwig Jassoy, Rud. Krause, Edgar Speyer, James Speyer. Wenn wir somit durch Tod und freiwilligen Austritt den Verlust von 18 beitragenden Mitgliedern zu beklagen haben, so haben wir die Freude, die Lücke nahezu ergänzt zu sehen durch den Beitritt folgender neuer Mitglieder : Dr. med. Max Caspar in Höchst, Martin Flersheim, Direktor Viktor Goring, Johann Guide, Georg Hauck, Dr. med. Carl Herx- heimer, Lehrer Georg Jordan in Wiesbaden, Dr. med. — IX — H. V. Mettenlieimer, Frau Sophie Minjoii, Sidney Posen, Dr. Carl Sclileiissner, Johann Schwarte, Ernst Strauss. Unsere Gesellschaft hat somit im Jahre 1898 die stattliche Zahl von 474 beitragenden Mitgliedern vereinigt. Die Reihe unserer ewigen Mitglieder, deren Namen zum dankbaren An- denken in die Marmortafeln der Eingangshalle unseres Museums eingegraben sind, konnte durch folgende Namen vermehrt werden : Anton L. A. Hahn, Moritz L. A. Hahn, Julius Lejeuue. Zu arbeitenden Mitgliedern sind ernannt worden die Herren Dr. Max Levy, Dr. med. Eugen Hergenhahn, Forstmeister Adolph Rörig, Dr. jur. Fritz Berg. Zu korrespondierenden Mitgliedern sind gewählt worden die Herren Dr. R. v. Verbeek, Chef der geologischen Aufnahme Niederländisch-Indiens, z. Z. Haag, Dr. Alfred Voeltzkow z. Z. Straßburg i. E., Dr. Heinrich Kaiser, Professor an der tierärztlichen Hochschule in Hannover, Dr. med. David Rüst in Hannover, Apotheker Retter in Samarkand, Prof. Dr. M. A. Forel in Chigny bei Morges, Kanton Waadt (Schweiz), Prof. von Ihering, Direktor des Museo Paulisto in Säo Paulo. Aus der Direktion sind mit Ende des Jahres 1897 statuten- gemäß ausgetreten der zweite Direktor Herr Dr. August Knoblauch und der zweite Sekretär Herr Dr. Edward v. Meyer; an ihre Stelle traten Dr. Ernst Blumenthal und Dr. Carl Vohsen. Den ausgetretenen Herren sei auch an dieser Stelle der beste Dank für ihre mühevolle und hingebende Thätigkeit ausgesprochen. In der am 2. März d. J. abgehaltenen Generalversammlung wurden an Stelle der satzungsgemäß aus der Revisions-Kommission ausscheidenden Herren Sandhagen und Dr. Carl Sulzbach die Herren Baron von Reinach und Adolf Kugler gewählt. Unseren langjährigen Kassierern Herren Baukdirektor Hermann Andreae und General-Konsul Stadtrat Albert Metzler sei gleichfalls für ihre ersprießliche und opferwillige Mühewaltung im Interesse unserer Gesellschaft herzlichst gedankt. Leider hat sich unser Rechtskonsulent Herr Dr. jur. Friedrich Schmidt-Po lex gezwungen gesehen das Ehren- amt, das er nahezu zwanzig Jahre bei unserer Gesellschaft mit Umsicht, hervorragender Sachkenntnis und unermüdlichem Eifer versehen hatte, im Laufe des Jahres 1897 aus Gesundheits- __ X — rücksichten uiederzulegen. Wir sind dem verdienten Manne der nns in manchen schwierigen Rechtsfragen dnrch seinen trefflichen Rat zur Seite gestanden und in uneigennützigster Weise uns stets seine hervorragende Arbeitskraft zur Veifiigung gestellt hat, zu ganz besonderem Danke verpflichtet. An seiner Stelle hat Herr Dr. jur. Fritz Berg, der derzeitige Konsulent der Dr. Seuckenbergischen Stiftuugsadministration, das Amt eines Rechtsbeistaudes unserer Gesellschaft freundlichst übernommen. Zwei ganz besondere Ehrungen konnte unsere Gesellschaft in dem Berichtsjahre erweisen. Die rühmlichst bekannte Blumenmalerin Fräulein Elisa- beth Schultz wurde gelegentlich ihres am 12. Mai 1897 be- gangeneu achtzigsten Geburtstages und in Anerkennung der letztwilligen Schenkung der von ihr mit seltener Meisterschaft und hervorragender botanischer Sachkenntnis gemalten Bilder der in Frankfurt und dessen Umgebung vorkommenden Blumen an unsere Gesellschaft zum außerordentlichen Ehren- mitglied ernannt. Unsere Gesellschaft hat diese höchste Aus- zeichnung, über die sie verfügt, mit Ehrenden gewährt. Gelangt sie doch durch die Munifizenz der Stifterin dereinst in den Besitz eines Werkes, das durch Naturtreue, künstlerische Ausführung und Reichhaltigkeit wohl einzig in seiner Art dasteht. Volle zwanzig Jahre hat die Künstlerin an ihrem 1262 Pflanzenbilder enthaltenden Blumenatlas gearbeitet und es ist ein Zeichen hohen Vertrauens, daß sie gerade unsere Gesellschaft zur Hüterin ihrer Lebensarbeit gemacht hat. Am 23. Oktober 1897 waren es gerade 50 Jahre, daß Rudolph Virchow zum korrespondierenden Mitgiiede unserer Gesellschaft ernannt worden war. Mit Freuden haben wir die Ge- legenheit ergriffen, dem Meister, dessen wissenschaftlicher Ruhm heute die ganze Welt erfüllt, ein Zeichen unserer Verehrung darzu- bringen. Das künstlerisch ausgeführte Diplom eines korrespondie- renden Ehrenmitgliedes unserer Gesellschaft wurde ihm an dem gena,nuten Tage durch Herrn Geheimrat Professor Weigert, der sich zu dieser Mission in dankenswerter Weise bereit finden ließ, persönlich in Berlin überreicht. In seinen Dankesworten hat der Jubilar seiner Freude über die ihm erwiesene Ehre Ausdruck verliehen und zugleich betont, wie sehr seinerzeit seine Er- nennung zum korrespondierenden Mitglied unserer Gesellschaft, — XI - die erste Ehrung die dem jungen Gelehrten zuteil wurde, sein Selbstvertrauen gefestigt und ihn zu weiterer Verfolgung der von ihm neu betretenen Bahnen der Forschung bestimmt hätte. Am 8. August 1897 wairde in der Bockenheimer Anlage in nächster Nähe unseres Museumsgebäudes das Denkmal Sam. Thorn, von S o e m m e r r i n g s enthüllt. Die Gesellschaft war bei der Feier durch ihren damaligen zweiten Direktor, Herrn Dr. August Knoblauch, vertreten, der in gerechter Würdigung der unsterblichen Verdienste des großen Forschers um Wissen- schaft und Technik und im Andenken an die vielfachen Be- ziehungen, die ihn mit unserer Gesellschaft verbanden, einen Kranz zu Füßen des Denkmals niederlegte. Werfen wir jetzt einen Blick auf das wissenschaftliche Leben, das unsere Gesellschaft im Berichtsjahre entfaltete, so müssen wir eingedenk sein, daß dieselbe zw^ei Ziele verfolgt, die sich zwar eng berühren, aber mit verschiedenen Mitteln zu erstreben sind. Wir wollen in erster Linie die Kenntnisse der beschreibenden Naturwissenschaften in möglichst weiten Kreisen der einheimischen Bevölkerung verbreiten, dann aber auch selbst- thätig am Ausbau unserer Wissenschaft mitarbeiten. Dem ersten Zwecke dient unser reichhaltiges natur- historisches Museum, dessen Vergrößerung und Vervollständigung durch Kauf und Tausch unsere stete Sorge ist. Es würde zu weit führen, alle Neuerwerbungen hier einzeln aufzuführen ; ein Verzeichnis derselben wird dem gedruckten Berichte beigegeben werden. Unser Bestreben findet volles Verständnis in allen Schichten der Bürgerschaft, wofür nicht nur der rege, sich stetig mehrende Besuch unseres Museums, sondern auch die reichen Geschenke an Naturalien sprechen, die uns im letzten Jahre zugegangen sind. Der demnächst zur Veröffentlichung gelangende Jahres- bericht wird sie alle namhaft machen; hier muß ich mich darauf beschränken, zwei besonders wertvolle Gaben hervorzuheben, es ist dies eine an seltenen exotischen Arten reiche Schmetter- lingsammlung, die uns der verstorbene Generalarzt Dr. Stein- h au sen testamentarisch vermacht hat, und eine Kollektion von Geweihen und ausgestopften Tieren aus Nordamerika, die wir der Frau H. Möhring verdanken. Allen hochherzigen Schenkern sei hiermit der verbindlichste Dank der Gesellscliaft ausgesprochen. — XII — Auch durch regehnäßige Vorlesungen, die von unseren be- währten Dozenten gehalten werden, sowie durch Abhaltung einer Anzahl von wissenschaftlichen Sitzungen während des Winters suchen mv den Naturwissenschaften Freunde zu gewinnen. Es gereicht uns zur Genugthuung, daß auch diese Veranstaltungen Anerkennung und regen Zuspruch gefunden haben. Es haben gelesen im Winter 1897/98: Herr Professor Dr. Reichenbach über: „Bau und Leben der Wirbeltiere und des Menschen." Herr Dr. W. Schauf über: „Petrographie." Herr Professor Mob ins im Auftrage des medizinischen Institutes über : „Pflanzengeographie. " Den laufenden Sommer liest: Herr Professor Dr. Reichenbach über: „Vergleichende Ana- tomie der Wirbeltiere und des Menschen." Herr Dr. W. Schauf: „ Besprechung der wichtigsten G esteinarten. " Herr Prof. Möbius hält botanisch mikroskopische Übungen ab und im Auftrag des medizinischen Instituts: „Besprechung einzelner Pflanzenfamilien in systematischer morphologischer Hinsicht." In den wissenschaftlichen Sitzungen wurden folgende Vor- träge gehalten: Am 23. Oktober 1897 : Herr Dr. G. Ivolb aus Wiesbaden: „Die Besteigung des Kenia (Britisch- Ostafrika)." Am 6. November 1897 : Herr Hofrat Dr. B.Hagen: „Die Eingeborenen von Kaiser Wilhelmsland." Am 20. November 1897: Herr Prof. Dr. M. Möbius: „Über Stärkemehl." Am 4. Dezember 1897: 1. Herr Geheimrat Prof. Dr. Weigert: „Bericht über die Über- reichung des Diploms eines korrespondierenden Ehrenmit- gliedes an Herrn Geheimrat Virchow. 2. Herr Dr. W. Schauf: „Sericitgneiße aus der Umgebung von Wiesbaden." Am 18. Dezember 1897 : Herr Prof. Dr. R u d. B u r c k h a r d t aus Basel : „Die Riesenvögel der südlichen Hemisphäre," — XIII — Am 15. Januar 1898: 1. Herr Oberlehrer I. Blum: Zum Andenken an Dr. Jean Valentin. 2. Herr Dr. med. F. Blum: Zur Physiologie der Schilddrüse. Am 29. Januar 1898 : Herr Dr. G. Greim aus Darmstadt: „Über Bergstürze." Am 12. Februar 1898 : Herr Dr. med. Ph. Steffan: „Entstehung und Entwickeluug der Sinnesorgane und Sinnesthätigkeiteu im Tierreiche. — Tast- sinn, Geschmacksinn." Am 19. Februar 1898 : Derselbe, Fortsetzung (Geschmacksinn, Gehörsinn). Am 5. März 1898 : Herr Geh. Regieruugsrat Prof. J. Rein aus Bonn: „Über Steppen und Wüsten von Transkaspien und Turkestan." Am 12. März 1898 : Herr Dr. Steffan: Entstehung und Entwickelung des Gesichts- sinnes. Am 19. März 1898: Ausstellung eines Teiles der im letzten Jahre geschenkten und gekauften Naturalien. Mitteilungen darüber von den Herren Blum, B 0 e 1 1 g e r , Hagen, v. H e y d e u und M ö b i u s. Am 23. April 1897: Herr Dr. med. E. Rödiger: „Die Porträtsammlung des Dr. Senckenbergischen Institutes. Schliesslich sei als eines weiteren Mittels, unseren Be- strebungen Freunde zu werben, unseres „Berichtes" gedacht, der auch im Jahre 1897 als stattlicher Band erschienen ist und außer einer genauen Chronik des Berichtjalires noch wertvolle wissenschaftliche und populär -wissenschaftliche Ar- beiten von I. Blum, Ph. Steffan, G. Greim, H. Reichen- bach und M. Mob ins enthält. Für den engen Kreis der Fachgelehrten ist eine zweite Publikation unserer Gesellschaft bestimmt, die „Abhandlungen", die seit dem Jahre 1834 in wechselnden Zwischenräumen er- scheinend nunmehr bereits bis zum 24. Bande fortgeschritten sind. Sie enthalten streng wissenschaftliche Arbeiten ein- heimischer und auswärtiger Gelehrter und geben Zeugnis von der mächtigen Förderung, die die beschreibenden Naturwissen- — XIV — scliaften durch unsere Gesellschaft erfahren. Von diesen Ab- handlungen sind in dem abgelaufenen Jahre erschienen: Band XXI (Voeltzkow, Wissenschaftliche Ergebnisse der Eeisen in Madagaskar und Ostafrika in den Jahren 1889—95). Heft 1 : Voeltzkow, A., Einleitung: Madagaskar, Juan de Nova, Aldabra. Mit 8 Tafeln und 3 Karten. Hans Schinz (Zürich), Zur Kenntnis der Flora der Aldabra-Inseln. R. V. Lendeufeld, Spougien von Sansibar. Mit 2 Tafeln. E. Wasmann, Termiten. Mit 2 Tafeln. Aug. Forel, Ameisen aus Nossi-Be, Majunga, Juan de Nova, den Aldabra-Inseln und Sansibar. Mit 3 Abbildungen im Text. P. Kramer: Trombididen aus Madagaskar. Mit 1 Ab- bildung im Text. W. Michaelsen: Die Terricolen des Madagassischen Inselgebietes. Mit 3 Abbildungen im Text. Band XXIII (Kükenthal, Ergebnisse einer zoologischen For- schungsreise in den Molukken und Borneo). Heft 4: L. V. Hej^den, Insecta (Coleoptera Hjanenoptera, Diptera). R. L. Po cock, Spinnen. Mit 2 Tafeln. Band XXIV (Küken thai, Ergebnisse einer zoologischen Forschungsreise in den Molukken und Borneo). Heft 1 : W.Küken thai. Parasitische Schnecken. Mit 3 Tafeln. W. Kobelt, Land- und Süßwasserkonchylien. Mit 8 Tafeln. R. Bergh, Opisthobranchiaten. Mit 2 Tafeln. H. Simroth, Nacktschuecken. Mit 1 Tafel. Band XXIV, Heft 2: M. Plehu, Polycladen von Ternate. L. S. Schnitze, Rhizostomen von Ternate. L. L. Breitfuß, Kalkschwämme von Ternate. E. Schulz, Horuschwämme von Ternate. Brunner V. Watten wyl: Orthopheren des Malayischen Archipels. Mit 5 Tafeln. Das Material an Naturalien, das in den erwähnten Ab- liandlungen seine Bearbeitung gefunden, ist zum größten Teil Eigentum unserer Gesellschaft. Es wurde auf Forschungsreisen gewonnen, die hervorragende Gelehrte vor einigen Jahren teil- — XV — weise im Auftrag der Gesellschaft aus den Mitteln des Rüppell- fouds unternommen haben. Außerdem ist der Katalog der Eeptiliensammlung unseres Museums, II. Teil: Schlangen, von Prof. Dr. 0. Büttger, er- schienen, womit die herpetologischen Kataloge ihren Abschluß gefunden haben. Diese Publikationen geben der Gesellschaft die willkommene Gelegenheit, mit gleichstrebeuden Gesellschaften, Instituten, Be- hörden und Vereinen in litterarischen Tauschverkehr zu treten. Zu der großen Zahl derselben, die unser Jahresbericht einzeln aufführen wird, sind in dem abgelaufenen Jahre folgende neu hinzugetreten : Abhandlungen und Bericht erhalten: Königlich Böh- mische Gesellschaft der Wissenschaften in Prag, Zoological Museum in Tring; der Jahresbericht wird abgegeben an: Imperial University, Zoological Society, in Tokyo, Bureau generale de Statistique de la Province de Buenos Aires in La Plata, Königlich Bayrisches Oberbergamt (geognostische Abteilung) in München, Direktion der zoologischen Sammlungen für Naturkunde in Berlin, Kansas University in Lawrence (Kansas). Durch diesen Tauschverkehr erhält unsere Bibliothek einen erheblichen Zuwachs. Doch auch durch planmäßigen, von einer eigens zu diesem Zweck eingesetzten Kommission geleiteten Ankauf von Büchern streben wir eine Vermehrung unserer Büchersammlung an, um der in den letzten Jahrzehnten immer mächtiger anschwellenden litterarischen Produktion auf dem Gebiete der Naturkunde gerecht zu werden. Auch der Ge- schenke au Büchern, Zeitschriften und Monographien, die uns reichlich meist von den Autoren selbst zugehen, sei an dieser Stelle dankend gedacht. Konnte demnach, verehrte Anwesende, in dem gegebenen Rückblick auf das abgelaufene Jahr ein erfreuliches Bild von dem gegenwärtigen Stand der Senckenbergischen naturforschen- den Gesellschaft entworfen, konnte mit Stolz, aber ohne Über- hebung auf den stetigen Fortschritt derselben, auf manche wertvolle Errungenschaft hingewiesen werden, so gestaltet sich_ — XVI — auch der Ausblick in die Zukunft nicht minder hoffnungsreich. Aus der Frankfurter Bürgerschaft, die, ohne die praktischen Ziele des Lehens aus dem Auge zu verlieren, stets auch idealen Bestrebungen geneigt war, ist unsere Gesellschaft hervorge- gangen. Die Bürgerschaft hat durch acht Jahrzehnte treu zu uns gestanden, sie wird uns auch in Zukunft nicht verlassen; hier sind die starken Wurzeln unserer Kraft. Mit dieser zu- versichtlichen Hoffnung können wir in kommenden Jahren mutig an die großen Aufgaben herantreten, die unserer harren. Schon ist unser Museumsgebäude für die stetig sich mehrenden Schätze an Naturalien zu klein geworden; auch fehlen in demselben zweckmäßig ausgestatteteVersammluugsräume für die arbeitenden Mitglieder, Arbeitsräume für unsere Sektionäre und Custoden und feuersichere Räume für die Alkoholpräparate. Der Anbau eines Zimmers, den wir in diesem Frühjahr herstellen ließen, ist nur ein kümmerlicher Notbehelf. Ein Neubau wird ein immer dringenderes Bedürfnis. Wenn unsere festbegründeten Erwartungen nicht getäuscht werden, so wird auch dieser hochfliegende Plan in absehbarer Zeit durch die Muniflzenz einzelner Gönner aus der Frankfurter Bürgerschaft verwirklicht werden. XVII Verteilung der Ämter im Jalire 1898. Direktion. Oberlehrer J. Blum, I. Direktor. Dr. med. E. Blumeuthal, II. Direktor. Dr. med. E. Rödiger, I. Sekretär. Dr. med. Karl Vobseu, II. Sekretär. Bankdirektor H. Audreae, Kassier. Generalkonsul Stadtrat A. Metzler, Kassier. Dr. jur. Fritz Berg', Kechtskonsulent. ReYisioiis-Kommission. Otto Koller, Vorsitzender. Arthur Audreae. Hugo Metzler. Georg Schlund. Baron A. vou Reiuach. Adolf Kugler. Abgeordneter für die Revision der vereinigten Bibliotlielten. Dr. J. Ziegler. Abgeordn. für die Kommission der vereinigten Bibliothelieu. Prof. Dr. H. Reicheubach. Bücher-Kommission. Oberlehrer J. Blum, Vorsitzender. [ Alb. von Reinacb. Prof. Dr. H. Reicbenbach. Prof. Dr. M. Möbius. Dr. W. Schauf. | Redaktion für die Abhandinngen. U. F. Heynemaun, Vorsitzender. | Prof. Dr. F. Richters. Major Dr. L. von Heyden. Dr. Tb. Petersen. Oberlehrer J. Blum. | Redaktion für den Bericht. Oberlehrer J. Blum, Vorsitzender. Dr. med Ernst Blumentbal. Dr. med. E. Rödiger. - XVIII — Sektionäre. Vergleichende Anatomie und Skelette .... Prof. Dr. Reichenbach. Säugetiere Dr. \V. Kobelt. Vögel — Reptilien und Batrachier Prof. Dr. Boettger. Fische vacat. . . , , T • 1 - I Major Dr. von Heydeii und Insekten mit Ausnahme der Lepidopteren . \ . ... . ' ^ A. Weis. Lepidopteren Hofrat Dr. B. Hag-eu. Crustaceen Prof. Dr. Richters. D. F. Heynemanii und Weichtiere i r^ w t- i i+ i Dr. \V. Kobelt. Niedere Tiere Prof. Dr. Reichoubacli. I Oberlehrer J. Blum und ß°*^"^^ { Prof. Dr. M. Möbius. Mineralogie • Dr. W. Schauf. Geologie Prof. Dr. F. Kiukeliii. , . I Prof. Dr. Boettger und Paläontologie ^ t-. r t^ ti t- i i- ^ \ Prof. Dr. F. Kmkoliu. Museiims-Kommission. Die Sektionäre und der zweite Direktor. Kommission für das lieisestipeiuliiim der Rüppellstiftuiig-. Oberlehrer J. Blum, Vorsitzender. [ Prof. Dr. Richters. Dr. med. E. Bhuuenthal. Wilh. Winter. Prof. Dr. Reichenbach. | Dozenten. Zoologie Prof. Dr. H. Reichenbach. Botanik Prof. Dr. M. Möbius. Mineralogie Dr. W. Scliauf. Geologie und Paläontologie Prof. Dr. F. Kiukelin. Bibliothekare. Dr. Fr. dl. Schwenck. Prof. Dr. M. Möbius. Ph. Thorn. Kustoden. Adam Koch. Aug^nst Koch. — XIX Verzeicliiiis der Mitgiieder der Senckenbergischen naturforschenden Gesellschaft. I. Stifter. 1) Becker, Joliauiies, Stiftsgärtner am Dr. Senckenberg'schen med. Institut. 1817. t 24. November 1833. *v. Betliinaiiu, Simon Moritz, Staatsrat. 1818. f 28. Dezember 1826. Bög-ner, Joli. >ViIh. Jos., Dr. med., Mineralog (1817 zweiter Sekretär). 1817. t 16. Juni 1868. Bloss, Joh. (weorg-, Glasermeister, Entomolog. 1817. f 29. Februar 1820. Bncli, Juli. Jak. Kasimir, Dr. med. und phil., Mineralog. 1817. f 13. März 1851. Cretzschmar, Phil. Jak., Dr. med., Lehrer der Anatomie am Dr. Sencken- berg'schen med Institut, Lehrer der Zoologie von 1826 bis Ende 1844, Physikus und Administrator der Dr. Senckenberg'schen Stiftung (1817 zweiter Direktor). 1817. f 4. Mai 1845. *Ehrmaun, Joh. Cliristiaii, Dr. med., Medizinalrat 1818. f 13. August 1827. Fritz, Job. Cliiistoph, Schneidermeister, Entomolog. 1817. f 21. August 1835. *Freyreiss,Ueorg- Willi., Prof. der Zoologie in Rio Janeiro. 1818. f I.April 1825. *v. (xerniug-, Joh. Isaak, Geheimrat, Entomolog. 1818. f 21. Februar 1837. *CJruuellus, Joachim Andreas, Bankier. 1818. f 7. Dezember 1852. von Heydcii, Karl Helnr. Georg, Dr. phil, Oberleutnant, nachmals Schöff und Bürgermeister, Entomolog (1817 erster Sekretär). 1817. f '^- Jan. 1866. Helm, Joh. Frledr. Aut., Verwalter der adligen uralten Gesellschaft des Hauses Frauenstein, Konchyliolog. 1817. f 5. März 1829. *Jassoy, Liulw. Daniel, Dr. jur. 1818. f 5. Oktober 1831. Kloss, Joh. (reorg Burkhard Frauz, Dr. med., Mediziualrat, Prof. 1818. t 10. Februar 1854. *Löhrl, Johann Konrad Kaspar, Dr. med., Geheimrat, Stabsarzt. 1818. t 2. September 1828. *Metzlcr, Friedr., Bankier, Geheimer Kommerzienrat. 1818. y 11. März 1825. Meyer, Bernhard, Dr. med., Hofrat, Ornitholog. 1817. f 1. Januar 1836. ') Die 1818 eingetretenen Herren wurden nachträglich unter die Eeihe der Stifter aufgenommen. 2* — XX — Miltenberg, Willi. Adolf, Dr. phil., Prof., Mineralog. 1817. f 31. Mai 1824. *Melber, Joli. (ieorg: David, Dr. med. 1818. f 11. August 1824. Neeff, Christian Ernst, Dr. med., Prof., Lehrer der Botanik, Stifts- und Hos- pitalarzt am Dr. Senckenberg'schen Bürgerhospital. 1817. f 15. Juli 1849. Neuburg', Joli. Georg', Dr med., Administrator der Dr. Senckenberg'schen Stiftung, Mineralog und Ornitholog (1817 erster Direktor). 1817. f 25. Mai 1830. de Neufvllle, Mathias Wilh., Dr. med. 1817. f 31. Juli 1842. Reuss, Job. Wilh., Hospitalraeister am Dr. Senckenberg'schen Bürgerhospital. 1817. t 21. Oktober 1848. *Rüpi)ell, Wilh. Peter Eduard Simon, Dr. med., Zoolog vxnd Mineralog. 1818. t 10. Dezember 1884. *v. Soemmerring, Samuel Thoraas, Dr. med., Geheimrat, Professor. 1818. t 2. März 1830. Stein, Job. Kaspar, Apotheker, Botaniker. 1817. f 16. April 1834. Stiebel, Salomo Friedrich, Dr. med , Geheimer Hofrat, Zoolog. 1817. t 20. Mai 1868. *Varrentrapp, Job. Konr., Dr. med., Prof., Physikus und Administrator der Dr. Senckenberg'schen Stiftung. 1818. f 11. März 1860. Völcker, dreorg Adolf, Handelsmann, Entomolog. 1817. f 19. Juli 1826. *Wenzel, Heinr. Karl, Dr. med., Geheimrat, Prof., Direktor der Primatischen medizinischen Spezialschule. 1818. f 18. Oktober 1827. *v. Wiesenbütten, Heinrich Karl, Freiherr, Königl. bayr. Oberstleutnant, Mineralog. 1818. f 8- November 1826. II. Ewige Mitglieder. Ewige Mitglieder sind solche, die, anstatt den gewöhn- lichen Beitrag jährlich zu entrichten, es vorgezogen haben, der Gesellschaft ein Kapital zu schenken oder zu vermachen, dessen Zinsen dem Jahresbeitrag gleichkommen, mit der ausdrücklichen Bestimmung, daß dieses Kapital verzinslich angelegt werden müsse und nur sein Zinsenertrag zur Vermehrung und Unter- haltung der Sammlungen verwendet werden dürfe. Die den Namen beigedruckten Jahreszahlen bezeichnen die Zeit der Schenkung oder des Vermächtnisses. Die Namen sämtlicher ewigen Mitglieder sind auf Marmortafeln im Museumsgebäude bleibend verzeichnet. Hr. Simon Moritz v. Betbniann.1827. „ (ireorg Heinr. Schwendel. 1828. „ Job. Friedr. Ant. Helm. 1829. „ (jteorg Ludwig (xontard. 1830. Frau Susanna Elisabeth Belbmauu- Holweg. 1831. Hr. Heinrich Mylius sen. 1844. „ (ieorg Melchior Mylins. 1S44. „ Baron Amscbel Mayer v. Roth- schild. 1845. „ Job. (ileorg Schmidborn. 1845. „ Johann Daniel Souchay. 1845. XXI Hr. llexander v. Bethmann. 1846. „ Heinr. v. Betluuauu. 1846. „ Dr. jur. Rat Fr. Schlosser. 1847. „ Stephan v. Giiaita. 1847. „ H. L. Döbel in Batavia. 1847. „ a. H. Hauck-Steeg. 1848. , Dr. J. J. K. Buch. 1851. „ G. V. St. George. 1853. „ J. A. Gruiielius. 1853. , P. F. Chr. Kroger. 1854. „ Alexander Ooutard. 1854. „ M. Frhr. v. Bethmauii. 1854. „ Dr. Eduard RUppell. 1857. „ Dr. Th. Ad. Jak. Em. Müller. 1858. „ Julius Nestle. 1860. „ Eduard Fing-er. 1860. „ Dr. jur. Eduard Souchay. 1862. „ J. N. OrJiffendeich. 1864. „ E. F. K. Büttner. 1865. „ K. F. Krepp. 1866. „ Jonas Mylius. 1866. „ Konstantin Fellner. 1867. „ Dr. Hermann t. Meyer. 1869. „ Dr. W. D. Soemmerriug. 1871. „ J. G. H. Petsch. 1871. „ Bernhard Dondorf. 1872. „ Friedrich Karl Rücker. 1874. „ Dr. Friedrich Hessenberg. 1875. „ Ferdinand Laurin. 1876. „ Jakob Beruhard Rikoff. 1878. „ Joh. Heinr. Roth. 1878. „ J. Ph. Nikol. Manskopf. 1877. „ Jean Noe du Fay. 1878. „ Gg. Fricdr. Metzler. 1878. Frau LouiseWilhelmine Emilie Gräfin Böse, geb. Gräfin v. Reichen- bach-Lessonitz. 1880. Hr. Karl August Graf Böse. 1880. „ Gust. Ad. de NeufviHe. 1881. „ Adolf Metzler. 1883. „ Joh. Friedr. Koch. 1883. „ Joh. Wilh. Roose. 1884. „ Adolf Soemmerring. 1886. „ Jacques Reiss. 1887. „ *Albert von Reinach. 1889. „ Wilhelm Metzler. 1890. „ *Albert Metzler. 1891. „ L. S. Moritz Frhr. v. Bethmanu. 1891. „ Victor Moessinger. 1891. „ Dr. Ph. Jak. Cretzschmar. 1891. „ Theodor Erckel. 1891. „ Georg Albert Keyl. 1891. „ Michael Hey. 1892. „ Dr. Otto Ponflck. 1892. „ Prof. Dr. Gg. H. v. Meyer. 1892. „ Fritz Neumüller. 1893. „ Th. K. Soemmerring. 1894. „ Dr. med. P. H. Pfefferkorn. 1896. , BaronL.A. von Löwenstein. 1896. „ Louis Bernus. 1896. Frau Ad. vou Brüning. 1896. Hr. Friedr. Jaennicke. 1896. „ Dr. phil. Wilh. Jaennicke. 1896. „ P. A. Kesselmeyer. 1897. „ Chr. G. Ludw. Vogt. 1897. „ Anton L. A. Hahn. 1897. „ Moritz L. A. Hahn. 1897. „ Julius Lejeune 1897. III. Mitglieder des Jahres 1897. Ihre Majestät die Kaiserin und Königin Friedrich. a) Mitglieder, die in Frankfurt wohnen. Hr. Abele, Paul. 1897. „ Abendroth, Moritz, Buchhändler. 1886. „ Adickes, Franz, Oberbürgermeister. 1891. Hr. Alferinann, Felix, Apotheker. 1891. „ Alt, Friedrich, Buchhändler. 1894. „ *Alten, Heinrich. 1891. „ Alzheimer, Alois, Dr. med. 1896. „ Andreae, Albert. 1891. Anmerkung: Die arbeitenden . Mitglieder sind mit * bezeichnet. — XXII Hr Andreae, Arthur. 1882. „ *Anclreae, Hermann, Bankdirektor. 1873. „ Andreae, J. M. 1891. „ Andreae, Richard. 1891. „ Andreae, Rudolf. 1878. Fr. Andreae-Lenime, Karol. Elise. 1891 . Hr. Andreae-Passavant, Jean, Bank- direktor, Generalkonsul. 1869. „ V. Arand, Julius. 1889. „ Askenasy, Alex., Ingenieur. 1891. „ Auerbach, L , Dr. med. 1886. „ ^Auerbach, S., Dr. med 1895. „ Auffarth, F. B., Buchhändler. 1874. „ Baer, Joseph Moritz, Stadtrat. 1873. „ Baer, Max. 1897. „ Baer, M. H , Dr. jur., Rechtsanw. 1891. „ Baer, Simon Leop. , Buchhändler. 1860. „ Bansa, Julius. 1860. „ *Bardorff, Karl, Dr. med. 1864. „ de Bary, Jacob, Dr. med., San.- Rat. 1866. „ de Bary, Karl Friedr. 1891. „ de Bary-Jeanrenaud, H. 1891. „ *Bastier, Friedrich. 1892. „ Baunach, Viktor. 1891. „ Becher, Hermann, Geh. Ober-Reg. Rat, Präsident d. Kgl. Eisen- bahn-Direktion. 1897. , Bechhold, J. H., Dr. phil. 1885. „ Becker, E., Konsul. 1891. f. „ Beer, J. L. 1891. „ Behrends, Robert, Ingenieur. 1896. „ Behrends-Schmidt , Karl, Konsul. 1896. „ Beit, Eduard. 1897. „ Belli, Ludwig, Dr. phil., Chemiker. 1885. „ Benario, Jacques, Dr. med. 1897. „ Bender, August. 1897. „ *Berg, Fritz, Dr. jur., Rechtsan- walt. 1897. „ Berle, Karl. 1878. Ausgetreten. , Beyfus, M. 1873. Bibliothek, königliche, in Berlin. 1882. Hr. Binding, Karl. 1897. „ Binding, Konrad. 1892. „ Bittehnann, Karl. 1887. , *Blum, Ford., Dr. med. 1893. , *Blum, J., Oberlehrer. 1868. , Blumenthal, Adolf. 1883. „ *Blumenthal, E., Dr. med. 1870. , *Bockenheimer, Jacob, Dr. med., San-Rat. 1864. „ Bode, Paul, Dr. phil., Schuldirektor. 1895. „ Boettger, Bruno. 1891. „ *Boettger, Oskar. Dr. phil.. Prof. 1874. „ Bolongaro, Karl. 1860. „ Bolongaro-Crevenna, A. 1869. „ Bonn, Phil. Bd. 1880. f- „ Bonn, Sally. 1891. „ Bonn, William B. 1886. „ Borgnis, Alfr. Franz. 1891. „ Braunfels, Otto, Konsul. 1877. „ Brettauer, Karl. 1897. „ Brodnitz, Siegfried, Dr. med. 1897. , Brofft, Franz. 1866. „ Brückmann, Phil. Jacob. 1882. „ Bücheier, Anton, Dr. med. 1897. „ Bütschly, Wilhelm. 1891. , Büttel, Wilhelm. 1878. „ Cahen-Brach, Eugen, Dr. med. 1897. „ Cahn, Heinrich. 1878. „ Canne, Ernst, Dr. med. 1897. „ *Oarl, August, Dr. med. 1880. , Cassian, Karl, Dr. med. 1892. „ Clemm, K., Apotheker. 1891. Aus- getreten. „ Onyrim, Viktor, Dr. med. 1866. , Coustol, Wilhelm. 1891. „ Cunze, D., Dr. phil. 1891. „ Daube, G. L. 1891. „ *Deichler, J. Christ., Dr. med. 1862. „ Delosea, S. R., Dr. med. 1878. „ Denimer, Theodor, Dr. med. 1897. „ Diesterweg, Moritz. 1883. „ Dietze, Hermann. 1891. „ Ditmar, Karl Theodor. 1891. . Doctor, Ad. Heinr. 1869. — XXIII -^ Hr. Doctor, Ferdinand. 1892. „ Dondorf, Karl. 1878. „ Dondorf, Paul. 1878. „ Donner, Karl. 1873. „ Drexel, Heinr. Theod. 186;-3. f. , Dreyfus, Is. 1891. „ Drory, William, Direktor. 1897. „ Du Bois, August. 1891. „ Ducca, Wilhelm. 1873, „ Ebeling, Hugo, Dr. med. 1897. „ Edenfeld, Felix. 1873. , *Edinger, L., Dr. med.. Prof. 1884 „ Egan, William. 1891. „ Eiermann, Arnold, Dr. med. 1897. „ Ellinger, Leo. 1891. „ Ellissen, Friedrich. 1891. „ Emden, Moritz. 1897. „ Enders, M. Otto. 1891. „ Engelhard, Karl Phil. 1873. „ Epstein, J., Dr. phil., Prof. 1890. „ v.Erlanger, Ludwig, Baron. 1882. f. „ Eyssen, Remigius Alex. 1882. „ Fellner, F. 1878. „ Fester , August , Bankdirektor. 1897. , Fleisch, Karl. 1891. „ Flersheim, Albert. 1891. „ Flersheim, Robert. 1872. , *Flesch, Max, Dr. med., Prof. 1889. „ Flinsch, Heinrich, Stadtrat. 186G. „ Flinsch, W. 1869. „ Frank, Hch., Apotheker. 1891. „ Fresenius, Ant., Dr. med. 1893. , Fresenius, Phil., Dr. phil., Apo- theker. 1873. „ *Freund,Mart , Dr. phil., Prof. 1896. , Freyeisen, Heinr. Phil. 1876. „ *Fridberg, Rob., Dr. med. 1873. , Fries, Sohn, J. S. 1889. „ V. Frisching, Karl, Konsul. 1873. f. , Fritsch, Ph., Dr. med. 1873. „ Fromm, Emil, Dr. med. 1897. , Fuld, S., Dr. jur., Justizrat. 1866. „ Fulda, Karl Herrn. 1877. „ Fulda, Paul. 1897. „ Gans, Adolph. 1897. „ Gans, Fritz. 1891. Hr. Gans, L. , Dr. phil., Chemiker, Komm.-ßat 1891. „ Geiger, Berth.. Dr. jur., Justizrat. 1878. „ Gerson, Jak., Generalkonsul. 1860. „ Geyer, Joh. Christoph. 1878. f. „ Gloeckner, G., Dr. jur., Rechts- anwalt, Notar. 1891. „ Goldschraidt, B. M. 1891. „ Goldschmidt, Markus. 1873. „ Goldschmidt, Max B. H. 1891. „ Goldschmidt, S. B. 1891. „ Graubner, Louis. 1891. f. , Greiff, Jakob, Rektor. 1880. „ Grunewald, August, Dr. med. 1897. „ Grunelius, Adolf. 1858. „ Grunelius, M. Ed. 1869. „ V. Guaita, Max, Geh. Kommerzien- rat 1869. , Günzburg, Alfred, Dr. med. 1897. „ Guttenplan, J., Dr. med. 1888. „ Haag, Ferdinand. 1891. „ Hackenbroch, Lazarus. 1892. f. „ Häberlin, E. J., Dr. jur. 1871. „ *Hagen, B. Dr. med., Grossherzogl. badischer Hofrat. 1895. „ Hahn, Adolf L. A., Konsul. 1869. „ Hallgarten, Fritz, Dr. phil. 1893. „ Hallgarten, H. Charles L. 1891. „ Hamburger, K., Dr. jur., Geh. Justiz- rat. 1866. „ Hammeran, Valentin. 1891. „ Harbordt, Ad., Dr. med. 1891. „ V. Harnier, Ed., Dr. jur., Justizrat. 1866. „ Harth, M. 1876. „ Hartmann, Eugen, Ingenieur. 1891. „ Hauck, Alex. 1878. „ Hauck, Moritz, Rechtsanwalt. 1874. „ Hauck, Otto. 1896. „ Haurand, A., Kommer zienrat. 1891. „ Heimpel, Jakob. 1873. „ Henrich, K. F. 1873. „ *Hergenhahn,Eugen, Dr.med. 1897. DieHermann'sche Buchhandlung. 1893. Hr. Herxheimer, S., Dr.med., San. -Rat. 1891. — XXIV Hr. Herz, Otto. 1878. „ Herzbeig, Karl, Konsul. Bank- direktor. 18!»7. „ Heuer, Ferdinand. 1866. „ Heuer & Schoen. 1891. „ Heussenstamm , Karl , Dr. jur., Bürgermeister. 1891. „ *v. Heyden, Lucas. Dr. phil., Major a. D. 1860. „ V. Heyder, Gg. 1891. „ *Heynemann, D. F. 1860. „ Hirsch, Ferdinand. 1897. „ Hirscliberg, Max, Dr. med. 1892. , Hirschfeld, Otto H. 1897. „ Hochscliild,Zachary,Direktor. 1897. „ Höchberg, Otto. 1877. „ Hörle, Fr., Dr. jur. 1892. „ Hoff, Karl. 1860. „ V. Holzhausen, Georg, Frhr. 1867. „ Holzmann, Phil. 1866. „ Homburger, Michael. 1897. „ Homeyer, Franz, Dr. phil, Apo- theker. 1891. „ Horkheimer, A. J., Stadtrat. 1891. ^ Horkheimer, Fritz. 1892. „ Horstmann, Georg. 1897. „ von Hoven, Franz, Architekt. 1897. , Hübner, Emil, Dr. med. 1895. B Jacquet, Hermann. 1891. Die Jäger'sche Buchhandlung. 1866. Hr. Jäger-Manskopf, Fritz. 1897. „ *Jassoy, August, Dr. phil., Apo- theker. 1891. - „ Jassoy, Wilhelm Ludw. 1866. Aus- getreten. Frau Jeanrenaud, Dr. jur., Appellations- gerichtsrat. 1866. Hr.Jeidels, Julius H. 1881. „ Jelkmann, Fr., Dr. phil. 1893. „ Jordan-de Rouville, Ferd. 1896. „ Jügel, Karl Franz. 1821. „ Jungmann, Eduard. 1897. „ Jureit, J. C. 1892. „ Kahn jun., Bernhard. 1897. „ Kahn, Ernst, Dr. med. 1897. „ Kahn, Hermann. 1880. „ Kalb, Moritz. 1891. Hr. Kalimorgen, Wilhelm, Dr .med. 1897. „ Katz, A. 1892. „ Katz, H. 1891. „ Katzenstein, Albert. 1869. „ Keller, Adolf. 1878. „ Keller, Otto. 1885. „ Kessler, Wilhelm. 1814. „ *Kinkelin, Friedrich, Dr. phil., Prof. 1873. „ Kirberger, Emil, Dr. med. 1895. „ Kirchheim, S., Dr. med. 1873. „ Klippel, Karl. 1891. „ Klitscher, F. Aug. 1878. „ Klotz, Karl E. 1891. „ Knauer, Joh. Chr. 1886. „ Knickenberg, Ernst, Dr. med. 1897. „ *Knoblanch, Aug., Dr. med. 1892. Fr. Koch, geb. von St. George. 1891. Hr. Köhler, Hermann. 1891. „ Kömpel, Eduard, Dr. med. 1897. „ König,Walter, Dr. phil., Prof. 1897. „ V. Königswarter, H, Baron. 1891. Könitzer's Buchhandlung 1893. Hr. Kopp, Emil Moritz 1891. „ Kossmann, Alfred, Bankdirektor. 1897. „ Kotzenberg, Gustav. 1873. „ Krätzer, J.. Dr. phil. 1886. f- „ Kramer, Robert, Dr. med. 1897. „ Krausse, Rudolf. 1897. Ausgetret. „ Kreuscher, Jakob. 1880 „ Kreuzberg, Robert. 1891. „ Küchler, Ed. 1886. „ Kugler, Adolf. 1882. „ Kulp, Anton Marx. 1891. „ '''Lachmann, Beruh., Dr. med. 1885. „ Ladenburg, August. 1897. „ Ladenburg, Emil, Geheim. Kom- merzienrat. 1869. „ Ladenburg, Ernst 1897. „ Laemmerhirt, Karl, Direktor. 1878. „ Lampe, Eduard, Dr. med. 1897. „ I^andauer, Gg. Friedr. 1897. „ Landauer, Wilhelm. 1873. „ Langeloth, J. L , Architekt. 1891. „ Laquer, Leopold, Dr. med. 1897, „ Lautenschläger, A., Direktor. 1878. XXV Hr. Leuchs-Mack, Ferd .Generalkonsul. 1891. „ *Levy, Max, Dr. phil. 1893. „ Libbertz, Arnold, Dr. med., San.- Kat. 1897. „ Liebmann, Jakob, Dr. jur., Rechts- anwalt. 1897. „ Liebmann, Louis, Dr. phil. 1888. „ *Liermann, Wilh., Dr med 1893. „ Lion, Franz, Direktor. 1873. Fr. Livingston, Frank. 1897. Hr.*Loretz, Wilh., Dr. med. 1877. „ Lorey, W., Dr. jur. 1873. „ Lucius, Eugen, Dr. phil. 1859. „ Maas, Simon, Dr. jur. 1869. „ Majer, Alexander. 1889. „ Majer, Joh. Karl. 1854. „ Mann, F. W. 1895. „ Marx, August, Dr. med. 1878. „ Marx, Karl, Dr. med. 1897. Fr. von Marx, Mathilde. 1897. Hr. Matti, Alex., Dr. jur., Stadtrat. 1878. „ Maubach, Jos. 1878. „ May, Adam. 1891. „ May, Ed. Gust. 1873. „ May, Franz L., Dr. phil. 1891. „ May, Martin. 1866. „ May, Robert. 1891. „ V. Mayer, Eduard, Buchhändl. 1891. „ V. Mayer, Hugo, Freiherr. 1897. Frl. Mayer, Josephine. 1897. Fr.Merton, Albert. 1869. Hr.Merton, W. 1878. „ Metzler, Hugo. 1892. „ Metzler, Karl. 1869. „ Meyer, Anton, Stadtrat. 1892. „ *v. Meyer, Edw , Dr med. 1893. „ Minjon, Hermann. 1878. f. „ Minoprio, Karl Gg. 1869. „ Modera, Friedrich. 1888. „ *Möbius, M., Dr. phil, Prof. 1894. „ Moessinger, W. 1891. „ Mouson, Jacques. 1891. „ Mouson, Joh. Daniel, Stadtrat. 1891. „ V. Muffling, Wilh., Freiherr, Polizei- Pr<äsident. 1891. . Müller Sohn, A. 1891. Hr. Müller, Paul. 1878. „ Müller, Siegm. Fr., Dr. jur., Justiz- rat, Notar. 1878. „ Mumm V. Schwarzenstein, A. 1869. „ Mumm V. Schwarzenstein, P, H. 1873. „ Nathan, S. 1891. „ Nebel, August, Dr. med. 1896. „ Nestle, Richard. 1855. „ Nestle, Richard, jun. 1891. „ Netto, Curt, Prof., Bergingenieur. 1897. „ Neubürger, Otto, Dr. med. 1891. „ Neubürger, Tlieod., Dr. med. 1860. „ de Neufville, Adolf. 1896. „ de Neufville, Robert. 1891. „ von Neufville, Adolf. 1896. „ V. Neufville, Alfred, Konsul, Kom- merzienrat. 1884. „ v. Neufville-Siebert, Friedr. 1860. „ Neustadt, Samuel. 1878. „ Niederhofheiiu, Heinr. A. 1891. „ V. Obernberg, Ad., Dr. jur., Stadt- rat a. D. 1870. „ Ochs, Hermann. 1873. „ Ochs, Lazarus. 1873. „ Oppenheim, Moritz. 1887. „ Oppenheimer , Charles , General- konsul. 1873. „ Oppenheimer, 0., Dr. med. 1892. „ Osterrieth, Eduard. 1878. „ Osterrieth-du Fay, Robert. 1897. „ Osterrieth-Laurin, August. 1866. „ Oswalt, H., Dr., Justizrat, Land- tagsabgeordneter. 1873. „ Passavant-Gontard, R. 1891. „ Peipers, G. F. 1892. „ *Petersen,K.Th.,Dr.phil.,Prof.l873. „ Petsch-Goll, Phil, Geheim. Kom- merzienrat. 1860. „ Pfeffel, Aug. 1869. „ Pfefferkorn, Heinr., Dr. jur. 1891. „ Pfungst, Julius. 1891. „ Pichler, H., Ingenieur. 1892. „ Plieninger, Theodor. Direktor. 1897. „ Ponfick-Salome, M. 1891. I8RARY — XXYI Hr. Popp, Georg, Dr. phil. 1891. „ Posen, J. L. 1891. „ Posen, Jakob. 1873. f. „ Propach, Robert. 1880. „ Raab, Alfred, Dr. phil, Apotheker. 1891. „ vom Rath, Walther, Landtags- abgeordneter. 1891. „ Ravenstein, Simon. 1873. Die Realschule der Israel. Gemeinde (Philanthropin). 1869. Hr.*Rehn,J.H.,Dr.med.,San.-Rat.l880. „ Rehn, Louis, Dr. med , Prof. 1893. „ *Reichenbach, Heinrich, Dr. phil., Prof. 1872. „ Reiss, Paul, Justizrat. 1878. „ Reutlinger, Jakob. 1891. „ *Richters, Ferdinand, Dr. phil., Prof. 1877. „ Riese, Karl. 1897. „ Riesser, Eduard. 1891. „ Rikoff, Alphons, Dr. phil , Chemiker. 1897. „ Ritsert, Eduard, Dr. phil., Chemiker. 1897. „ *Ritter, Franz. 1882. „ *Ri3diger, Ernst, Dr. med. 1888. „ Rüdiger, Paul, Dr. jur. 1891. „ *Rörig, Ad., Forstmeister. a. D. 1897. „ Rössler, Heinrich, Dr. phil. 1884. „ Rössler, Hektur. 1878. „ Roger, Karl, Bankdirektor-. 1897. „ Roques-Mettenheimer, Etienne. 1897. „ Rosenbaum, E., Dr. med. 1891. „ Rosenthal, Rudolf, Dr. jur. Rechtsanwalt. 1897. „ Roth, Georg. 1878. „ Roth, Joh. Heinrich. 1878. „ V. Rothschild, Wilhelm, Freiherr, Generalkonsul. 1870. „ Rueff, Julius , Apotheker. 1873. „ Sabarly, Albert. 1897. „ Sandhagen, Wilh. 1873. „ Sattler, Wilhelm, Ingenieur. 1892. „ Schäffer-Stuckert, Fritz, Dr. dent. surg. 1892. Hr.Scharff, Alex-, Geh. Kommerzien- rat. 1844. „ Schaub, Karl. 1878. „ *Schauf,Wilh., Dr. phil, Oberlehrer. 1881. „ Scheller. Karl, Buchhändler. 1897. „ Schepeler, Hermann. 1891. „ Scherlenzky , August, Dr. jur.. Justizrat, Notar. 1873. f. Frl.Schimper, Dora. 1896. Hr. Schleussner, K., Dr. phil. 1891. „ Schlund, Georg. 1891. „ Schmick, J.P. W., Ingenieur. 1873. , *Schmidt, Moritz, Dr. med., Prof., Geh. San.-Rat. 1870. „ Schmidt-Polex, Anton. 1897. „ Schmidt-Polex, Karl, Dr. jur., Rechtsanwalt 1897. „ *Schmidt-Polex, Fritz, Dr. jur. 1884. „ Schmölder, P. A. 1873 „ Schott, Alfred, Direktor. 1897. „ *Schott, Eugen, Dr. med. 1872. „ Schürmann, Adolf. 1891. „ Schulze-Hein, Hans. 1891. y Schumacher, Heinr. 1885, „ Schuster, Bernhard. 1891. „ Schwarz, Georg Ph. A. 1878. „ Schwarzschild, Martin. 1866. „ Schwarzschild-Ochs, David. 1891. „ Schwemer, Max, Direktor 1897. „ Schwenck, Fr. G., Dr. möd, 1889. „ Scriba, Eugen, Dr. med. 1897. „ Seefrid. Wilh , Direktor. 1891. „ Seeger, G , Architekt. 1893. „ Seidel, A, Stadtrat. 1891. „ *Seitz, A., Dr. phil., Direktor d. Zoolog Gartens 1893. „ Seligmann, Henry. 1891. „ Siebert, August, Gartendirektor des Palmengartens. 1897. „ *Siebert,J., Dr. jur., Justizrat. 1854. „ Siebert, Karl August. 1869. „ Siesmayer, Philipp. 1897. „ Sioli, Emil, Dr. med., Direktor der Irrenanstalt. 1893. „ Sippel, Albert, Dr. med., Prof. 1896. „ Sommerhoff, Louis. 1891. XXVII Hr. Sondheim, Moritz. 1897. „ Sondlieiiiier, J., Dr. med. 1897. „ Sonnemann, Leopold. 1873. „ Speyer, Edgar. 1886. Ausgetreten. „ Speyer, Georg. 1878. „ Speyer, James. 1884. Ausgetreten. „ Spiess, Alexander, Dr. med.. Geh. San. -Rat, 1865. , Spiess, Gustav, Dr. med. 1897. „ *Steffan, Philipp, Dr. med. 1862. „ Stern, Richard, Dr. med. 1893. „ Stern, Theodor. 1863. „ *Stiebel, Fritz, Dr. med. 1849. „ V. Stiebel, Heinr., Konsul. 1860. „ Stilgebauer, Gust., Bankdir. 1878. f- „ Stock, Wilhelm. 1882. „ Straus, Caesar. 1891. „ Strauss, Siegmund. 1891. „ Streng, Wilhelm, Dr. med. 1897. „ Strubell, Bruno. 1876. „ Sulzbach, Emil. 1878. „ Snlzbach, Karl, Dr. jur. 1891. „ Sulzbach, Rudolf. 1869. „ Thoma, Phil. 1893. „ Tomforde, Heinr., Oberpostdirektor. 1897. „ Trier, Th. 1895. „ Trost, Fritz. 1H97. „ Trost, Otto. 1878 „ Ullmann, Eugen. 1891. „ Una, Siegmund. 1883. „ V. d. Velden, Reinh., Dr. med. 1891. Hr.Völcker, Georg. 1897. „ Vogtherr, Karl. 1890. „ *Vohsen, Karl, Dr. med.' 1886. „ Volkert, K A. Ch. 1878. f- „ Vowinckel, M. 1891. „ Walter, Wilh. 1897. „ Weber, Andreas, Gartendirektor. 1860, „ Weber, Heinrich, Dr. med. 1897. „ *Weigert, Karl, Dr. med., Prof , Geh. San.-Rat 1885. „ Weil, Gebrüder. 1891. „ Weiller, Jakob Alphons. 1891. „ Weiller, Jakob H. 1891. „ Weinberg, Arthur, Dr. phil., Che- miker. 1897. „ Weinberg, Karl. 1897. „ *Weis, Albrecht. 1882. „ Weisbrod's Druckerei, Aug. 1891. „ Weismann, Wilhelm. 1878. „ Weismantel, 0., Dr. phil. 1892. „ Weller, Albert, Dr. phil. 1891. „ *Wenz, Emil. Dr. med. 1869. „ Wertheim, Jos. 1891. „ Wertheimber, Julius. 1891. „ Wertheimber-de Bary, Ernst. 1897. „ V. Wild, Rudolf, Dr. med. 1896. „ *Winter, Wilh. 1881. „ *Wirsing, J. P., Dr. med. 1869. „ Wirth, Franz. 1869. f- „ Wüst, K. L. 1866. „ *Ziegler, Julius, Dr. phil. 1869. b) Mitglieder, die ausserhalb Franlifurts woliueu. Hr. Andreae, Achilles, Dr. phil., Prof., Direktor des Römer - Museums in Hildesheim. 1878. „ *Askenasy, Eugen, Dr. phil., Prof. in Heidelberg. 1871. , Feist, Franz, Dr. phil., Privatdozent in Zürich. 1887. „ Gurke, Oskar, Dr. phil., in Höchst am Main. 1896. „ Heraus, Heinrich, in Hanau. 1889. „ *Kobelt, W., Dr. med. et phil., in Schwanheim a. M. 1878. Die Königliche Bibliothek in Berlin. 1882. Hr. Laubenheimer, August, Dr. phil., Prof., in Höchst a. M. 1896. „ *Lepsius, B., Dr. phil , Prof., Fabrik- Direktor in Griesheim a. M. 1883. ,, Scharff, Charles, A., Ingenieur in Offenbach a. M. 1897. „ Scriba, L , in Höchst a. M. 1890. „ Weiss, Julius, in Deidesheim. 1897. „ Wetzel, Heinr., in Stuttgart. 1864. XXVIII IT. Neue Mitglieder für das Jahr 1898. Hr. Casper, Max, Dr. med. in Höchst a.M. „ Guide, Juhann. „ Flersheim, Martin. „ Goring, Viktor, Direktor d. Zool. Gartens. „ V. Guaita, Georg, in Freiburg i. B. „ Hauck, Georg. „ Heister, Ch. L. „ Herxheimer. Karl, Dr. med. „ Jordan, Georg, in Wiesbaden. Hr. Kowarzik, Josef, Bildhauer. „ V. Mettenheimer, H,, Dr. med. Fr. Minjon, Sophie. Hr. Posen, Sidney. , Schleußner, Karl, Dr. „ Schneider. Johannes. „ Strauß, Ernst. „ Voigt, Max, Dr. med. „ Wittich, Ernst, Dr., in Darmstadt. Y. Ausserordentliche Ehreumitglieder. 1884. Hr. Hertzog, Paul, Dr. jur,, Justizrat. 1897. Fräulein Schultz, Elisabeth. VI. Korrespondierende Ehrenmitglieder. 1847. Virchow, Rud., Dr., Geh. Medizinalrat, Professor der Anatomie und Pathologie, Direktor des pathologischen Instituts an der Universität in Berlin. 1866. Hr. Rein, J. J., Dr. phil., Geh. Regierungsrat, Professor der Geographie an der Universität in Bonn. YII. Korrespondierende Mitglieder.^) 1836. Agardh, Jakob Georg, Dr., Professor der Botanik und Direktor des botanischen Gartens an der Universität in Lund. 1842. Claus, Bruno, Dr. med., Sanitätsrat, Oberarzt des städtischen Kranken- hauses in Elberfeld (von hier). 1844. Fick, Adolf, Dr. med., Professor der Physiologie und Vorsteher des physiologischen Instituts an der Universität in Würzburg. 1847. Virchow, Rud., Dr. med., Geh. Medizinalrat, Professor der Anatomie und Pathulogie, Direktor des pathologischen Instituts a. d. Univ. in Berlin. 1848. Philippi, Rud. Amadeus, Direkt, des Museo Nacional in Santiago de Chile. 185Ü. von Mettenheimer, Karl Chr. Friedr., Dr. med., Geh. Med. -Rat, Groß- herzogl. Leibarzt, dirig. Arzt des Anna-Hospitals in Schwerin (von hier). 1850. Scheidel, Sebastian Alexander, Privatier in Bad Weilbach. 1853. Buchenau, Franz, Dr. phil., Prof. und Direkt, der Realschule in Bremen. 1857. V. Homeyer, Alexander, Major a. D. in Greifswald. 1857. Carus, Julius Viktor, Dr. med., Professor der vergleichenden Anatomie an der Universität in Leipzig. ^) Die beigefügte Jahreszahl bedeutet das Jahr der Aufnahme. — Die verehrl. Korrespondierenden Mitglieder werden höflichst ersucht, eine Verände- rung des Wohnortes oder des Titels der Direktion der Senckenbergischen natur- forschenden Gesellschaft gefälligst anzeigen zu wollen. — XXIX — 1860. Weinland, Christ Dav. Frieclr , Dr. phil., in Hohen-Wittlingen bei Urach Württemberg. 1860. Weisraann, August, Dr. phil, Geh. Hofrat, Professor der Zoologie an der Universität in Freiburg i. B. (von hier). 1863. de Saussure, Henri, in Genf. 1866. Möhl, Dr., Professor in Cassel. 1868. Hornstein, F., Dr. phil., Professor in Cassel. 1869. Gegenbaur, Karl, Dr. med., Geh. Hofrat und Professor der Anatomie an der Universität in Heidelberg. 1869. His, Wilhelm, Dr. med., Geh. Medicinalrat, Professor der Anatomie Direktor der anatomischen Anstalt an der Universität in Leipzig. 1869. Gerlach, Dr. med , in Hongkong, China, (von hier). 1869. Woronin, M., Dr., Akademiker in St. Petersburg. 1869. Barboza du Bocage, Jose Vicente, Catedrätico an der Escola Poly- technica und Direktor des Museo Nacional in Lissabon. 1872. Westerlund, Carl Agardh, Dr. phil., in Ronneby, Schweden. 1872. Hooker, Jos. Dalton, Dr., früher Direktor des botanischen Gartens in Kew bei London. 1873. Stossich, Adolf, Professor an der Realschule in Triest. 1873. Cramer, Karl Eduard, Dr., Professor der Botanik und Direktor des pflanzenphysiologischen Instituts am Polytechnikum in Zürich. 1873. Günther, Albert, Dr., Keeper of the Department of Zoology am British Museum (N. H.) iu London. 1873. Sclater, Phil. Lutley, Secretary of the Zoological Society in London. 1873. V. Leydig, Franz, Dr. med.. Geh. Med.-Eat, emeritierter Professor der vergleichenden Anatomie und Zoologie an der Universität in Bonn, wohnhaft in Würzburg. 1873. Schmarda, Ludwig Karl, Dr., Hofrat, emerit. Professor, in Wien. 1873. Schwendener, Simon, Dr., Geh. Reg -Rat, Professor der Botanik an der Universität in Berlin. 1873. Fries, Th , Dr., Professor in Upsala. 1873. Schweinfurth, Georg, Dr., Professor, Präsident der Geographischen Gesellschaft in Kairo. 1873. Cohn, Ferd. Julius, Dr., Geh. Reg -Rat, Professor der Botanik an der Universität in Breslau. 1873. Reess, Max Ferdinand Friedrich, Dr., Professor der Botanik und Direktor des botanischen Gartens an der Universität in Erlangen. 1873. Ernst, Adolfo, Dr., Catedrätico de Historia Natural y Director del Museo Nacional an der Universidad Central de Venezuela in Caracas, Venezuela. 1874:. V. Fritsch, Freiherr Karl Wilhelm Georg, Dr., Geh. Reg.-Rat, Professor der Mineralogie und Geologie an der Universität, Direktor des mine- ralogischen Museums, Präsident der K. Leopoldino - Carolinischen Deutschen Akademie der Naturforscher in Halle a. S. 1874. Gasser, Emil, Dr. med.. Geh. Medizinalrat, Professor der Anatomie und Direktor des anatomischen Instituts an der Universität in Marburg (von hier). — XXX — 1875. Bütschli, Johann Adam Otto, Dr. phil., Hofrat, Professor der Zoologie an der Universität in Heidelberg (von hier). 1875 Dietze, K., in Jugenheira (von hier). 1875. Klein, Johann Friedrich Karl, Dr., Geh. Bergrat und Professor an der Universität in Berlin. 1875. Ebenau, Karl, Konsul des Deutschen Reiches in Hamburg (von hier). 1875. Moritz, A., Dr., Direktor des physikalischen Observatoriums in Tiflis. 1S75. Probst, Joseph, Dr. phil., Capitels-Kammerer und Pfarrer in Unteressen- dorf, Oberamt Waldsee, Württemberg. 1875. Targioni-Tozetti, Adolf o, Professore d'Anat. comp, e Zoologia degli Invertebrati in Florenz. 1875. v. Zittel^ Karl Alfred, Dr., Geh. Rat, Ritter und Professor der Geo- logie und Paläontologie , Direktor der paläontol. Sammlung des Staates an der Universität in München. 1876. Liversidge, Archibald, Dr., Professor der Chemie und Mineralogie an der Universität in Sidney, Australien. 1876 Boettger, Hugo, Generalagent, hier. 1876. Le Jolis, August Franz, Dr., President de la Societe nationale des Sciences naturelles et mathemat. in Cherbourg. 1876. Meyer, Adolf Bernhard, Dr. med., Hofrat und Direktor des zoologischen und anthropologisch-ethnographischen Museums in Dresden. 1876. Wetterhan, J. D., in Freiburg i. Br. (von hier). 1877. V. Voit, Karl, Dr. med.. Geh. Rat, Professor der Physiologie an der Universität in München. 1877. Becker, L., Ober-Ingenieur in Kiel. 1878. Chun, Karl, Dr , Professor der Zoologie an der Universität in Leipzig. 1879. Ritter v. Scherzer, Karl Heinrich, Dr., k. u. k. außerordentlicher Ge- sandter und bevollmächtigter Minister in Görz im österreichischen Litorale. 1879. Buck, Emil, Dr. phil., in Konstanz (von hier). 1880. Simon, Hans, Kaufmann in Stuttgart. 1880. Jickeli, Karl, Dr. phil, in Hermannstadt. 1881. Seoane, Victor Lopez, Commissaire Royal pour l'Agriculture de l'Academie Royale des Sciences, Coruna, Spanien. 1881. Hirsch, Karl, früher Direktor der Tramways in Palermo, hier. 1881. Todaro, A., Dr. Professor, Direktor des botanischen Gartens in Palermo. 1881. Snellen. P. C. F., in Rotterdam. 1881. Debeaux, Odon, früher Pharmacien en Chef de Thöp. milit. in Oran, in Toulouse. 188"2. Retowski, Otto, k Staatsrat, Gymnasiallehrer in Theodosia. 1882. Retzius, Magnus Gustav, Dr. med., Professor am Carolinischen medico- chirurgischen Institut in Stockholm. 1882. Russ, Ludwig, Dr., in Jassy. 1883. Koch, Robert, Dr. med.. Geh. Medicinalrat, Generalarzt I. Cl. ä la suite des Sanitäts-Corps, o. Honorar-Professor, Direktor des Instituts für Infektions-Krankheiten, Mitglied des Staatsrats, o. Mitglied des K. Gesundheitsamts in Charlottenburg. — XXXI - 1883. Loretz, Mart. Friedr. Heinr. Herrn., Dr. phil, Landesgeolog in Berlin. 1883. Ranke, Johannes, Dr.. Professor der Naturgeschichte, Anthropologie und Physiologie an der Universität, Generalsekretär der Deutschen anthro- pologischen Gesellschaft in München. 1883. Jung, Karl, Kaufmann, hier. 1883. Boulenger, George Albert, F. R. S., I. Class Assistant am British Museum (N H.), department of Zoology, in London. 1883. Arnold, Ferd. Christ. Gustav, Dr., Ober-Landesgerichtsrat in München. 1884. Lortet, Louis, Dr., Professeur d'Histoire naturelle ä la Faculte de medecine in Lyon. 1884. Se. Königliche Hoheit Prinz Ludwig Ferdinand von Bayern, Dr. med., in Nymphenburg. 1884. von Koenen, Adolph, Dr., Geh. Bergrat, Professor der Geologie und Paläontologie, Direktor des geologisch-paläontologischen Museums an der Universität in Göttingen. 1884. Knoblauch, Ferdinand, früher Konsul des Deutschen Reiches in Noumea, Neukaledonien, (von hier). 1884. Miceli, Francesco, in Tunis. 1884. Rüdinger, Dr., Prof., in München. 1885. von Moellendorff, Otto Franz, Dr., Konsul des Deutschen Reiches in Kowno, Russland. 1885. Flemming, Walther, Dr. med.. Geh. Medicinalrat, Professor der Ana- tomie, Direktor des anatom. Instituts und Museums an der Universität in Kiel. 1886. von Bedriaga, Jacques, Dr. in Nizza. 1887. Ehrlich, Paul, Dr. med., Professor, Geh. Med.-Rat, Direktor des kgl- Instituts für Serumforschung und Serumprüfung in Steglitz bei Berlin. 1887. Schinz, Hans, Dr. phil, Professor, Direktor des Botan. Gartens in Zürich. 1887. Stratz, C. H., Dr. med., im Haag, Holland. 1887. Breuer, H., Dr.. Professor in Montabaur. 1887. Hesse, Paul, Kaufmann in Venedig. 1888. von Kimakowicz, Mauritius, Kustos der zoolog. Abteilung des Museums des Siebenbürgischen Vereins für Naturwissenschaften in Hermannstadt. 1888. Zipperlen, A., Dr. med., Cincinnati Ohio. 1888. von Radde, Gustav, Dr., Excellenz, Wirkl. Staatsrat, Direktor des Kaukasischen Museums in Tiflis. 1888. Brusina^ Spiridion, Dr., Professor der Zoologie und Direktor des Zoolo- gischen National-Museums an der Universität in Agram. 1888. Rzehak, Anton, Privatdozent der Paläontologie und Geologie an der k. k. technischen Hochschule in Brunn. 1888. Karrer, Felix, k. ungarischer Rat, Volontär an der Geologisch-Paläontolo- gischen Abteilung des k. k. Naturhistorischen Hofmuseums in Wien. 1888. Reuss, Johann Leonhard, Kaufmann in Calcutta (von hier). 1889. Roux, Wilhelm, Dr. med., Professor der Anatomie und Direktor des anatomischen Instituts an der Universität in Halle a. S. 1889. Brandenburg, C, Ingenieur der k. ungarischen Staatsbahn in Szegedin, Ungarn. — XXXII - 1890. von Berlepsch, Hans, Graf, auf Schloß Berlepsch, Hessen-Nassau. 1890. Fritsch, Anton Johann, Dr., Professor der Zoologie und Kustos der zoolo- gischen und paläontologischen Abteilung des Museums an der Uni- versität in Prag. 1890. Haacke, Johann Wilhelm, Dr. phil., in München. 18!) 1. Engelhardt, Hermann, Professor am Realgymnasium in Dresden. 1891. Fischer, Emil, Dr. phil., Professor der Chemie an der Universität in Berlin. 1891. Hartert, Ernst, Curator in charge of the zoological Museum in Tring, Herts, England. 1891. Strubell, Adolf, Dr. phil., Privatdozent der Zoologie au der Univer- sität in Bonn. 1892. von Both, Alex., Oberstleutnant z. D. in Cassel. 1892. Beccari, Eduard, Professor emeritus in Florenz. 1892. van Beneden, Eduard, Dr., Professor der Zoologie an der Universität in Lüttich, Belgien. 1892. Claus, Karl, Dr., Hofrat, Professor der Zoologie und vergl. Anatomie an der k. k. Universität in Wien und Direktor der k. k. Zoolugischen Übungsund Beobachtungsstation in Triest. 1892. Dohrn, Anton, Dr., Geh. Bat, Professor und Direktor der Zoologischen Station in Neapel. 1892. Engler, Heinrich Gustav Adolph, Dr., Geh. Reg.- Rat, Professor der Botanik und Direktor des botanischen Gartens und des botanischen Museums an der Universität in Berlin. 1892. Haeckel, Ernst, Dr., Professor der Zoologie an der Universität in Jena. 1892. Möbius, Karl August, Dr., Geh. Reg. -Rat, Professor, Direktor der zoolo- gischen Sammlung des Museums für Naturkunde in Berlin. 1892. Nansen Fridtjof, Dr., Prof., Direktor der biologischen Station inChristiania. 1892. Schulze, Franz Eilhard, Dr., Geh. Reg.-Rat, Professor der Zoologie an der Universität und Direktor des Zoologischen Instituts in Berlin. 1892. Straßburger, Eduard, Dr. phil.. Geh. Reg.-Rat, Professor der Botanik und Direktor des botanischen Gartens an der Universität in Bonn. 1892. Suess, Eduard, Dr., Professor der Geologie, Direktor des geologischen Museums an der k. k. Universität in Wien. 1892. Waldeyer, Heinrich Wilhelm Gottfried, Dr. med., Geh. Medicinal-Rat. Professor der Anatomie an der Universität in Berlin. 1892. Lehmann, F. C, Konsul des Deutschen Reiches in Popayän, Estado de Cauca, Columbia. 1892. Fleischmann, Karl, Kaufmann in Guatemala. 1892. Bail, Carl Adolf Emmo Theodor, Dr., Professor und Oberlehrer am Realgymnasium in Danzig. 1892. Conwentz, Hugo Wilhelm, Dr., Professor, Direktor des westpreussischen Provinzial-Museums in Danzig. 1893. Verworn, Max, Dr. med , a. o. Prof. der Physiologie an der Universität in Jena. 1893. Koenig, Alexander Ferd., Dr. phil., Tit.-Professor, Privatdozent der Zoologie an der Universität in Bonn. 1893. Mauß, Fritz, belgischer Konsul in Valencia, Venezuela (von hier). — XXXIII — 1893. Noll, Fritz, Dr. phil.. Professor der Botanik an der Universität Bonn und der Landwirtschaftlichen Akademie Poppeisdorf, in Bonn. 1894. Urich, F. W., Secretary of the Trinidad Field Naturalists' Club in Port of Spain, Trinidad. 1894. Koerner, Otto, Dr. med.. Professor der Ohrenheilkunde an der Univer- sität in Rostock (von hier). 1894. Douglas, James, President of the Copper Queen Compagny "Arizona" in New York. 1894. Pagenstecher, Arnold, Dr. med.. Geh. Sanitätsrat, Inspektor des königl. naturhistorischen Museums in Wiesbaden. 1894. Dreyer, Ludwig, Dr. phil., in Wiesbaden. 1894. Dyckerhoff, Rudolf, Fabrikbesitzer in Biebrich a. Rh. 1895. Kraepelin, Karl Mathias Friedrich, Dr., Professor, Direktor des Natur- historischen Museums in Hamburg. 1895. Bolau, CorneliusC. Hch , Dr., Direktor d. Zoologischen Gartens inHamburg. 1895. Kükenthal, Willy, Dr. phil., Inhaber der Ritter-Professur für Phylogenie, a. 0. Professor und Prosektor des Zoologischen Instituts an der Uni- versität in Jena. 1895. Seeley, Harry Govier, Professor of Geography and Lecturer in Geology in King's College in London. 1895. Behring, Emil, Dr. med., Geh. Medicinal-Rat, Professor der Hygiene an der Universität in Marburg i. H. 1895. Murray, John, Dr. phil., Director of the Challenger Expedition Publi- cations Office in Edinburgh. 1896. Scharff, Robert, Dr. phil.. Keeper of the Science and Art Museum in Dublin (von hier). 1896. Bucking, Hugo, Dr. phil., Professor der Mineralogie an der Universität in Straßburg. 1896. Greim, Georg, Dr. phil., Privatdozent der Geologie an der technischen Hochschule in Darmstadt. 1896. Möller, Alfred, Dr. phil , Kgl. Oberförster in Eberswalde. 1896. Lepsius, Richard, Dr. phil., Geh. Hofrat, Professor der Geologie und Mineralogie an der technischen Hochschule, Inspektor der geol. u. mineral. Sammlungen am Großh. Museum u. Direktor der geolo- gischen Landesanstalt für das Großherzogtum Hessen in Darmstadt. 1896. von Mehely, Lajos, Prof., Kustos des K. Nationalmuseums in Budapest. 1897. Born, Gustav, Dr. med., Professor und Prosektor des anatomischen Instituts an der Universität in Breslau. 1897. Verbeek, Rogier Diederik Marius, Dr. phil. hon. caus., Ingenieur en chef des mines des Indes Neerlandaises in Buitenzorg, Java. 1897. Voeltzkow, Alfred, Dr., z. Z. in Straßburg i. E. 1897. Rüst, David, Dr. med., in Hannover. 1897. Kaiser, Heinr. Dr., Professor an der Kgl. tierärztlichen Hochschule in Hannover. 1898. V. Ihering, H., Dr. Prof., in Säo Paulo, Brasilien. 1898. Forel, M. A., Dr. med., Prof., in Chigny bei Morges, Kanton Waadt. 1898. Retter, Apotheker in Samarkand, Turkestan. 3 XXXIV — Rechte der Mitglieder. Durch die Mitgliedschaft werden folgende Rechte erworben : 1. Das Naturhistorische Museum an Wochentagen von 8 — 1 und 3 — 6 Uhr zu besuchen und Fremde einzuführen. 2. Alle von der Gesellschaft veranstalteten Vorlesungen und wissenschaftlichen Sitzungen zu besuchen. 3. Die vereinigte Senckenbergische Bibliothek zu benutzen. Außerdem erhält jedes Mitglied alljährlich den „Bericht". Auszug aus der Bibliotliek-Ordnuug. 1. Den Mitgliedern unserer Gesellschaft sowie denen des Ärztlichen Vereins, des Physikalischen Vereins und des Vereins für Geographie und Statistik steht die Bibliothek an allen Werktagen von 10 — 1 Uhr und — Samstag aus- genommen — von 6 — 8 Uhr zur Benutzung offen. Das Ausleihen von Büchern findet nur in den Vormittags- stunden statt. 2. Das Lesezimmer ist dem Publikum zugänglich und jeder- mann kann daselbst Bücher zur Einsicht erhalten. Bücher, die am Abeud im Lesezimmer benutzt werden sollen, müssen bis spätestens 11 Uhr am Vormittage des betreffenden Tages schriftlich bestellt sein. 3. Zur Entleihuug von Büchern sind nur die Mitglieder der beteiligten Vereine und deren Dozenten berechtigt, und die Herren Bibliothekare sind gehalten, in zweifelhaften Fällen den Ausweis der persönlichen Mitgliedschaft durch die Karte zu verlangen. 4. An ein Mitglied können gleichzeitig höchstens 6 Bände ausgeliehen werden; 2 Broschüren entsprechen 1 Band. — XXXV — 5. Die Eückgabe der Bücher an die Bibliothek hat nach 4 Wochen zu erfolgen; die Eutleihnngsfrist kann jedoch verlängert werden, wenn die Bücher nicht von anderer Seite in Anspruch genommen werden. 6. Jeder Entleiher ist verpflichtet, der von der Bibliothek an ihn ergangenen Auffordernng zur Zurückgabe unbedingt Folge zu leisten, ferner im Falle einer Reise von mehr als acht Tagen die Bücher vorher zurückzugeben, wenn auch die Eutleihnngsfrist noch nicht abgelaufen sein sollte. 7. Auswärtige Dozenten erhalten Bücher nur durch Bevoll- mächtigte, welche Mitglieder unserer Gesellschaft oder eines der genannten Vereine sind und den Versand besorgen. 8. Am 15. Mai jedes Jahres sind sämtliche entliehenen Bücher behufs Revision, die Anfang Juni stattfindet, an die Bibliothek zurückzuliefern. 3* — XXXVI — Geschenke und Erwerbungen. Juni 1897 bis Juni 1898. I. Naturalien. A. Geschenke. 1. Für die vergleichend-anatomische Sammlung: Von Herrn C. Nolte hier: 1 Giraffenscliädel und 2 Schädel von Nashornvögeln. Von Herrn Dr. G. K o 1 b in Wiesbaden : Nicht ganz vollständiger Schädel eines aus einem erlegten Rhinoceros biconiis ent- nommenen Jungen und Schädel von Naja tripudians. Von der Neuen Zoologischen Gesellschaft: 2 Schädel von Cercocebus cynomolgus und Cynocephahis hamadryas (jung). Von Herrn H. Bernoully in Schönberg: 1 Albatroß-Schädel. Von Herrn Dr. Müller, Maiukur : Gebiß von ScyUiiim stellare. 2. Für die Säiigetiersammluug : Von Frau H. Mo eh ring hier: Sehr schöne Köpfe vom Elch, Renntier (Karibu), Virginischen Hirsch (2 Stück); ferner Eichhörnchen, Backenhörnchen und Flughörnchen als: 4 Sciurus cinereus L., 2 Sciuriis hiidsonhis Pali., 1 Tamias striatus L., 2 Pteroniys volucella Cnv., Alles aus Nord- Amerika. Von Herrn S. A. S c h e i d e 1 in Bad Weilbach : 2 Mus sylvaticus L. Von Herrn L. Jung hier: 1 Maries fagorum Ray. Von Herrn Dr. Voeltzkow in Straßburg: 1 Sorex. 3. Für die Vogelsammlung: Von Frau H. Moehring hier: 6 schöne Gruppen nord- amerikanischer Vogelarten und zwar : Turdiis migratorins L., T. mustelinus (Gm ), Regulus calendula L., Sialia sialis L., — XXXVII — Bendroeca virens (Gm.), D. aestiva (Gm.), D. maculosa (Gm.), D . pemisylvanica L., D. blackbourniae (Gm.), Geothlypis velata (Vieill.), Mijiodiodes canadensis (L.), Setophaga ruticilla (L.), Icteria virens (L.), Hedymeles ludovicianus (L.), Passerella iliaca (Merr.), Melospixa fasciata (Gm.), Zonotrickia albi- collis Gmel. , Pyranga rubra (L.), Junco hiemalis (L.), Spixella monticola (Gm.), Acanthis linaria Cab., Carpodacus piirpureus (Gm.), Spixa cyaneah., Plectrophanes 7nvalislj., Agelaeus phoeniceus (L.), Scolecophagiis ferry gineus (Gm.), Icterus baltimore (L.), Quiscaliis quiscalus aeneus (Ridgw.); Cyanocitta cristata (L.), Vireo solitarius (Wils.), Ampelis cedrorum (Vieill.), Troglodytes rufulus L., Colaptes auratns (ii.), 2 Haliaetus leucocejjhalus (L.) idonotus chrysargus Schlg., Dendrophis pictus Gmel. und Dryophis prasinus Boie von Banjermasin, Südost-Borneo. Von Herrn Jul. Reich el t in Berlin: 2 Scdamandriria perspi- cillata Savi aus Oberitalien, 2 Molge torosa Eschsch. aus Californien, 3 M. riridescens Raf., Spelerpes ruber Daud. — LVI — und Sj). porphyi-iticus Green aus den östlichen Vereinigten Staaten, Nicoria trijuga Schweigg. aus Ostindien, Chryse- mys scripta Schöpff aus den östlichen Vereinigten Staaten und Chelodina longicollis Shaw aus Australien. 5. Für die Fischsammlung : Von Herrn Dr. G. Kraatz in Berlin: 3 Fische von Kamerun. 6. Für die Insektensammlung' : Von Herrn Dr. Schmiedeknecht in Blankenburg : Hymen- opteren und zwar: 1000 Ichneumouiden in 500 Arten, 400 Braconiden in 200 Arten, 100 Chalcidien und Proctotrupien in 50 Arten. Von Frau Krieb Wwe. hier: Eine Anzahl Käfer und Heu- schrecken von Borneo. 7. Für die Sammlung- der Skorpionen, Tausendfüße und Spinneu: Von Herrn Prof. Fritz Regel in Jena: 1 Tausendfuß, Von Herrn Dr. G. Kraatz in Berlin: Einige Spinnen von Kamerun. Von Herrn Ingenieur Müller hier: 2 Tausendfüße und 1 Skorpion. 8. Für die Koncliyliensammlung : Von Herrn G. B. Sowerby in London: Turritella banksi Grsiy typ. und var. Panama, brocleripiana d'Orb., Payta, cingu- lata Sowb., Peru, columnaris Kiener, Pondichery, exoleta L., Martinique, flammidata Kiener, goniostoma Val. typ. und var. marmorata Kiener und var. meta E,eeve, granidifera Ten. Woods, Tasmania, leniiginosa Reeve, Payta und var. terebra L., var. tigrina Kiener und var. iingiiUim L., Senegal, maculata Reeve, Mesalia striata A. Ad. W. -Afrika und sulcata Gray. Für die Botanische Sammlung-: Von Frau H. Krieb Wwe. hier: Eine Palmenfruclit von Banjermasin, S.O. -Borneo. Ferner gekauft eine Äfxelia africana, Frucht des Affenbrod- baums, und andere Früchte. — LVII — 9. Für die Mineraliensammlung: Gediegen Tellur, Facebay, Siebenbürgen ; Metacinnabarit, Idria ; Gersdorffit, Harzgerode; Arseneisen, Reiclienstein ; Zink- blende mit Kupferkiesüberzug, Grube Dorothea bei Wörs- hofen; Wurtzit, Przibram; Enargit, Sierra de Famatina, Argent.; Plagionit, Wolfsberg; Brookit, Pregratten; Borax, Esmaralda Co., Nevada; Kalkspat und Baryt, Egremont, Cumberland ; Chalkomenit mit Umangit, Sierra de Umango, Argent. ; Bröggerit, Raade, Norw. ; Topas (rosa), Sanaska, Ural; Phenakit, Krageroe, Norw.; Augit, Mte. Nishida, Japan; Diopsid, Nordmarken; Schefferit, Jakobsberg, Schweden; Mikrokliu (Manebacher Zwilling), Florissant, Colorado; Andesin, Nishishiodamura , Japan; Anorthit, Kamitsaki, Japan. 10. Für die paläontologisclie Sammlung: Von Herrn Joh. Nemeth in Cerevic: Schlämmmaterial aus den Paludinenschichten von Cerevic in Syrmien, mit Gosau- und Leithakalk-Fossilieu. Die Petrefaktensammlung des verstorbenen Herrn Dr. Kraetzer, umfassend tierische und pflanzliche Fossilien aus fast allen Systemen. Von Herrn Steinmetz Martin Keil, mitteleocäne Fossilien von Enzenau bei Mürnsee, Bayern. Knochen und Haselnußfrüchte aus dem Moor der Meudelssohn- straße dahier. Eine Kollektion uuterdevoner Fossilien von Oberstadtfeld bei Dann. Von Herrn A. Michel et, Berlin: Algerische Kreide-Petreiakten. Diluviale Skeletteile aus den Mosbacher Sandgruben: Unter- kiefer und Geweihstangen von Alces , Unterkieferhälfte und Geweihe von Ccrvus, das Fragment einer Elle von Elephas, Fragment eines Rhinocerosunterkiefers mit zwei Zähnen und Fragment der Schädeldecke von Rhinoceros, Oberarm, ein Zehenglied und Mittelhand vom Pferd, Fragment einer Unterkieferhälfte vom Biber, hinterster Molar von Siis scrofa, Zähne und ein Sprungbein von Bison priscus. — LVIII — Silurorthoceratiteu von Borkholm uud Ammoniten aus dem Moskauer Jura von Herrn 0. F. Roßmäßler. Eine Platte mit Ichniumfährten aus dem Rotliegeuden von Tambacli, von der Königlich Sächsischen Mineralien- Niederlage in Freiberg. II. Bücher und 8clirifteu. A. Geschenke. (Die mit * versehenen sind vom Autor gegeben"). *Arnol(l, F., Dr., Ober-Landesgerichtsrat in München: Lichenologische Ausflüge. — Verzeichnis der Lichenen in Tyrol. — Flechten auf dem Ararat. *ßerg, Carlos, Dr., Director del Museo Nacional de Buenos Aires: Com- municaciones Lepidopterologicas. — Contribuciones al conocimiento de los Peces sudamericanos. — Lista de las Publicaciones cientiflcas. *Debeaux, J. 0., in Toulouse: Eevision de la Flore agenaise. Flora, Genossenschaft (Gesellschaft für Botanik und Gartenbau in Dresden) : Sitzungsberichte und Abhandlungen 1896 — 97. — Beiträge zur Flora von Croatien und Dalmatien. — Dresdens Gartenbau (zwei Festschriften zur 7U. Stiftungsfeier). — Verzeichnis der Büchersammlung. *F 0 r e 1 , M. A., Prof. in Chigny (Schweiz) : Histoire naturelle des Hymenopteres. Partie II. Les Formicides (aus : Grandidier, Madagascar). *Haeckel, Ernst, Prof. in Jena: Natürliche Schöpfungsgeschichte, 2 Teile. Neunte umgearbeitete Auflage. *Hagen, B., Hofrat, Dr., hier: Verzeichnis der in den Jahren 1893 — 95 von mir in Kaiserwilhelmsland und Neupommern gesammelten Tagschmetterlinge. V. Hey den, Major, Dr., L. : Mappes, Festreden. — Bericht der Senckenbergischen naturforschenden Gesellschaft 1859 bis 1868. — Nachrichten aus der Senckenbergischen naturforschenden Gesellschaft in der Zeitschrift Jris" von 1825-1826. ♦Hidalgo, J. G., Prof. in Madrid: Obras malacologicas. Entrega 4a. ♦Kaukasisches Museum in Tiflis: v. Radde, Die Lachse des Kaukasus. Kiel, Kommission zur wissenschaftlichen Untersuchung der deutschen Meere. Wissenschaftliche Meeresuntersuchungen, N. F., Bd. II, Heft 1, Abt. 2. Knauer, Gebrüder, hier: Adalb. v Majersky, Eine Frühlingsfahrt durch Italien nach Alsrerien. — LTX — ♦Kobelt, W., Dr. med., in Schwanheim a. M : Roßmäßlers Iconographie der europäischen Land- und Süßwassermollusken. N. F. VIII, 1. 2. *Königl. Norwegische Regierung: Den Norske Nordbavs Expedition 1876—78. XXIV, Botanik (Protophyta). *Laube, Gust., Prof. in Prag: Die geologischen Verhältnisse des Mineral- wassergebietes von Gießhübl-Sauerbrunn. *L and Wirtschaftskammer in Breslau: Jahresbericht der Landwirtschaftskammer für die Provinz Schlesien 1896. *Leger, M. L., in Caen : Sur la differenciation et le developpement des elements liberiens. Lindley, W., hier: A. Petunnikov, Die Potentillen Centralrußlands. *Loretz, H., Dr., Landesgeologe in Berlin: Mitteilungen über geologische Aufnahmen im Mittel- und Oberdevon auf den Blättern Iserlohn, Hohenlimburg und Hagen. *Ludwig, F., Dr., Prof. in Greiz: Über das Leben und die botanische Thätigkeit Dr. Fritz Müller's. — Beiträge zur Phytarithmetik. — Sur les Organismes des Ecoulements des Arbres. — Sechs andere botanische Arbeiten. *May, Martin, hier: Sind die fremdartigen Ortsnamen in der Provinz Brandenburg und in Ostdeutschland slavisch oder germanisch V *Melion, Jos., Dr. med., in Brunn : Beiträge zur Meteoritenkunde Mährens. *Müller, Max, Dr., Prof. an der Herzoglichen Technischen Hochschule in Braunschweig: Die Hermannshöhle bei Kübeland. Bd. I u. II, Text und Atlas, geologisch bearbeitet von Prof. Dr. J. H. Kloos und photographisch aufgenommen von Prof. Dr. M. Müller. *Münden, Max, in Hamburg: Drei Beiträge zur Granulafrage. *Nehring, A., Dr., Prof., in Berlin: Über mehrere neue Spalax-Arten. — Über Gebiß- und Schädel-Unterschiede von Älactaga elater Licht. und A. acontion Pali. *0 berrheinische r geologischer Verein in Mühlhausen i. E. : Be- richt über die Verhandlungen in Mühlhausen i. E., 30. Ver- sammlung am 22. April 1897. *v. Radde, Dr., Direktor des Kaukasischen Museums in Tiflis : Bericht über das Kaukasische Museum. von Rothschild' sehe Bibliothek, F r e i h er r 1 i c h Carl, hier : Zu- gangsverzeichnis für das Jahr 1896. *Rüst, D., Dr. med., in Hannover: Beiträge zur Kenntnis der Radiolarien aus Gesteinen der Trias- und der paläozoischen Schichten. — Fünf kleinere Arbeiten über Radiolarien. — Beiträge zur Kenntnis der Gattung Stapelia. S c h a e f f e r , H e i n r., hier : Lovell Reeve, Elements of Conchology, vol. I u. IL *Scharff, R. F., in Dublin: On the Origin of the European Fauna. *Schinz, H., Dr., Prof, in Zürich: Die Pflanzenwelt Deutsch-.Südwestafrikas IL *Schube, Th., in Breslau: Die Verbreitung der Gefäßpflanzen in Schlesien. — LX — *Senckenbergische Stiftung: 63. Nachricht von dem Fortgang und Zuwachs der Senckenbergischen Stiftung. *Seoane. Victor Lopez, in Coruna: Bosquejo historico de la Botanica espafiola. ♦Snellen, P. C. T., in Rotterdam: Beschrijving van zwee nieuwe soorten van het Genus Cosmopteryx Staint. ^S tos sich, Michele, in Triest : Filarie e Spiroptere. *Stratz, C. H., Dr. med., im Haag: Die Frauen auf Java. Streng, W., Dr. med., hier: Reinh. Brauns, Zur Erinnerung an August Streng. *Thilo, 0., Dr. med., in Riga: Sperrvorrichtungen an Fischstacheln. *VirchüAv, Rud., in Berlin: Anlage und Variation. *Volksvorlesungen, Ausschuss für, hier: 6. Jahresbericht. Weis, Albrecht, hier: Franz Woenig, Die Püanzen im alten Ägypten. B. Im Tausch erworben. Von Akademien, Behörden, Gesellschafteu, Institutionen, Vereinen u. dgl. gegen die Abhandlungeu und die Berichte der (ilesellschaft. A a r a u. Aargauische N a t u r f o r s c h e n d e Gesellschaft: — A I e X a n d r i e n. S o c i e t e K h e d i v i a 1 e de Geographie: — Altenburg. Naturforschende Gesellschaft des Usterlandes: — Amiens. Societe Linneenne du Nord de la France: Bulletin Vol. 13, No. 283-292. A m s t e r d a m. K ö n i g 1. A k a d e m i e der Wissenschaften: Verhandelingen, Afd. Natuurkunde : 1. Sectie, Deel 5. No. 3—10. Zittingsverslagen. 1896—97. Deel 4. Jaarboek 1896. — Zoologische Gesellschaft: — A n n a b e r g. A n n a b e r g - B u c h h o 1 z e r V e r e i n für Naturkunde: — Arnstadt. Deutsche Botanische Monatsschrift (Prof. Dr. G. Leimbach) : Deutsche Botanische Monatschrift. Jahrg. 15, No. 5—10. » » » )) -^"j n ^ ^• Augsburg. Naturwissenschaftlicher Y ^ r e i n für Schwaben und Neu bürg (a. V.): — Aussig. Naturwissenschaftlicher Verein: — Bahia. Istituto Geographico e Historico: — Baltimore. Johns Hopkins' University: Circulars. Vol. 16. No. 130 u. 131. . 17. „ 132. Bamberg. N a t u r f o r s c h e n d e Gesellschaft: — Basel. N a t u r f 0 r s c h e n d e Gesellschaft: Verhandlungen. Bd. 11. No. 3. — LXI — Basel und Genf. SchweizerischeBotanische Gesellschaft: — B a t a V i a. N a t u u r k u n d i g e V e r e e n i g u n g i n N e d e r 1 a n d s c h I n d i e : Natuurkundig Tijdschrift. Deel 56. Boekwerken 1896. — Batav. Genootschap van Künsten enWetenschappen: — Belfast. Naturalists' Field Club: — Bergen. B e r g e n s M u s e u m : Aarbog. 1897. Sars, G. 0., An Account of the Crustacea of Norway. Isopoda. Vol. IT. Part 5—6 und Part 7—8. Berkeley. University of California: Annual Report of the Board of State Viticultural Commissioners. Appendix to the Annual Report 1893. Biennial Report of the President of the University. Brown, E. E., Notes on Children's Drawings. Bulletin of the Department of Geology Vol. I. 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LiBRARYj .^ — LXX — Lyon. A cade 111 ie des Sciences, Belles Lett res et Arts: Memoires. Ser. 3. Tome 4. — M u s e e d'H i s t o i r e Naturelle: — — Societe Linneenne: Annales. Tome 43. 1896. — Societe Nationale d' A g r i c u 1 1 u r e , H i s t o i r e Naturelle et Arts utiles: Annales. Ser. 7. Tome 4. — Association Lyonnaise des A mis des Sciences Exactes: — Madison (Wis.). Wisconsin Academy of Sciences, Arts and Letters: — Madrid. Real A c a d e m i a de C i e n c i a s : — Magdeburg. Naturwissenschaftlicher Verein: Jahresbericht und Abhandlungen. 2. Halbjahr. Mailand. Societä Italiana di Science Naturali; Atti. Vol. 37. Fase. 1—2. Memorie. Tomo 6, Fase. 1. — Reale Istituto Lombardo di Scienze e Lette re: Memorie. Vol 18—19. Fase. 3. Rendiconti. Ser. 2. Vol, 29. Manchester. Literary and Philosophical Society: Memoirs and Proceedings. Vol. 11. Part 3—4. Vol. 12. No. 1—2. Mannheim. Verein für Naturkunde: — Marburg. Gesellschaft z u r B e f ö r d e r u n g der gesamten Natur- wissenschaften: Sitzungsberichte 1896. Schriften Bd. 13. 1. Abhandlung. Marseille. Musee d'Histoire Naturelle: — — Faculte des Sciences: — Melbourne. Public Library Museum and N a t i o n a 1 G a 1 1 e r y : Report of the Trustees 1896. — Royal Society of Victoria: Proceedings. Vol. 9. N. S. Vol. 10. N. S, Part 1. Mexico. Deutscher Wissenschaftlicher Verein: — Minneapolis. Geological and Natural History Survey of Minnesota: Report 22 u. 23. i893— 94 M 0 d e n a S o c i e t ä d e i N a t u r a 1 i s t i : — Montpellier. Acadeniie des Sciences et Lettres: Memoires. Ser. Tome 2. No. 2—4. Moskau. Societe Imperiale des N a t u r a 1 i s t e s : Bulletin. 1897. No. 1—3. München. K ö n i g 1. B a y e r i s c h e A k a d e m i e d e r 'W i s s e u s c h a f t e n : Abhandlungen Bd 19. Abteilung 2. Sitzungsberichte. 1897. Heft 1-3. 1898. Heft 1. Dyck. Festrede. — Botanische Gesellschaft: — — LXXI — München. Gesellschaft für Morphologie und Physiologie: — — König 1. Bayr. Oberbergamt (geognost. Abteilung) : Geognostische Jahreshefte. Jahrgang 9. 1896. Münster. Westfälischer Provinzial-Verein: Jahresbericht 25. 1896-97. Nantes. Societe des Sciences Naturelles de l'Ouest de la France: Bulletin. Tome 7. No, 1—4. Neapel. R. AccadeniiadelleScienzeFisiche eMathematiche: — — Zoologische Station: Mitteilungen. Bd. 12. Heft 4. Das 25 jährige Jubiläum der zoologischen Station am 14. April 1897. — Societä Italiana delle Scienze: — Neuchätel. Societe des Sciences Naturelles: — New Haven. Connecticut Academy of Arts and Sciences: — New York. Academy of Sciences: Transactions. Vol. 15. 1895—96. Proceedings. Vol. 32. No. 116—117. Annals. Vol. 8 Index, Vol. 9. No. 4—5. — American Museum of Natural History: Annual Report. 1896. Bulletin. Vol. 8-9. 1896—97. Visitors Guide to the collection of Mammals. » « . , „ Bii"(^s. „ „ „ „ Geological and Paleontological collections. Nürnberg. Naturhistorische Gesellschaft: — Odessa. Societe des Natur allstes de la Nouvelle Russie: Tome 20. Heft 2. 0 f f e n b a c h. Verein für Naturkunde: — Osnabrück. Naturwissenschaftlicher Verein: Jahresbericht 12. 1897. Ottawa. Geological and Natural History Survey of Canada: Annual Report. 1895. Maps to accompany Annual Report. N. S. Vol. 8. 1895. Palaeozoic Fossils. Vol. 8. Part 3. — Royal Society of Canada: Proceedings and Transactions. Ser. 2. Vol. 2. Pa do V a. Societä Veneto-Trentina di Scienze naturali: Bullettino. Tomo 5. No. 2. Paris. Societe Z o o 1 o g i q u e de France: Menioires. Tome 1Ü. Bulletin. Tome 22. 1897. — Societe Geolog ique de France: Bulletin. Ser. 3. Tome 24. No. 10. » » 3. „ Lo. „ 6 o. n n ^- » -"O. „ 1. Oompte Rendu des Seances. 1893. No. 17—18. — LXXII - Paris. Mgr. le Prince de Monaco: — — Societe Philomathique: Bulletin. Ser. 8. Tome 8. No. 2—4. Tome 9. No. 1—2. — Feuille des Jeunes Naturalistes: Ser. 3. Annee 27. No. 320—329. Catalogue de la Bibliotheque. Pasc. 23. P a s s a u. N a t u r h i s 1 0 r i s c li e r Verein: Bericht 17. 1896-97. Pavia. UniversitädiPavia: — Perugia. A c c a d e m i a M e d i c o - c h i r u r g i c a : Annali. Vol. 9. Pasc. 2-4. St. Petersburg. Academie Imperiale des Sciences: Memoires. Tome 5. No. 2 — 3. Bulletin. Ser. 5. Tome 5. No. 3—5, Tome 6. No. 3—5, Tome 7. No. 1. Annuaire du Musee zoologi(j[ue 1897. No. 1—4. — Bibliotheque de P Universite: Scripta botanica. Tomus 5. Pasc, 14. — Co mite Geolog ique: Memoires. Vol. 14. No. 5. Bulletin. Vol. 15. No. 6—9. Vol. 16. No. 1-9. Carte geologique generale de la Russie d'Europe 1896. — Societas Entomologica Rossica: Horae Societatis Entomologicae Rossicae. Tome 31. No. 1—4, — Kaiser 1. Botanischer Garten: — — K a i s e r 1. Institut für Experimentelle M e d i c i n : Archives. Tome 5. No. 2—5. . 6. , 1-2. — K a i s e r 1. U n i V e r s i t ä t (N a t u r f o r s c h e r - G e s e 1 1 s c h a f t) : Travaux, Section Geologie et Mineralogie. Vol. 25, Text u. Atlas. . 26. „ 28, Livre 1 — 3. — Russisch. Kaiserl. Mineralogische Gesellschaft: Verhandlungen. Ser. 2. Bd. 33. Lief. 1. Materialien zur Geologie Russlands. Tome 18. Systematisches Sach- und Namenregister. Philadelphia. Academy of Natural Sciences: Proceedings. 1896. Part 3. 1897. Part 1—3. — American Philosophical Society: Proceedings. Vol. 36. No. 153—156. — The American Naturalist: Vol. 31. No. 366—372. — Wagner Free Institute: Transactions. Vol. 4. 1898. Pisa. Societä Toscana di Seien ze Naturali: Atti (Memorie). Vol. 15. „ (Processi verbali). Vol. 10. Seite 201—292. „ 11. „ 1-200. — LXXIII — Posen. Naturwissenschaftlicher Verein der Provinz Posen: Zeitschrift der botanischen Abteilung. Jahrg. 4. Heft 1—3. Prag. Deutscher Akademischer L e s e v e r e i n (Lese- und Rede- halle der Deutschen Studenten): Bericht 1898. — Verein Lotos: — — Germania, Centralve rein der Deutschen Hochschüler: — — König 1. Böhm. Gesellschaft der Wissenschaften: Abhandlungen 5. Folge. 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Trencsen. Naturwissenschaftlicher Verein des Trencsener Komitates: Jahresheft. Jahrg. 19—20. 1896—97. Skarmitzl 10. Ferencz Gyorssa jtonyomasa 1897. Triest. Societa Agraria: L'Amico dei Campi. 1897. No. 4—11. 1898. No. 1—4. Societa Adriatica di Scienze Naturali: — — MuseoCivico diStoria Naturale: Flora di Trieste e dei suoi dintorni. Tring (Herts., England). Zoological Museum: Novitates Zoologicae. Vol. 5. No. 1. 2. . . T r 0 m s ö. T r o m s ö Museum: Aarshefter 18. 1895. Aarsberetning. 1894. Troppau. Naturwissenschaftlicher Verein: Mitteilungen. 1895. No. 1—7. Tübingen. U n i v e r s i t ä t s - B i b 1 i o t h e k : — Tufts College, Mass.: — Turin (Torino). Reale Accademia delle Scienze: Älemorie. Ser. 2. Tomo 47. Atti. Tomo 32. Disp. 7—15. , , 33. , 1-6. — Musei di Zoologia ed Anatom ia: Bollettino. Vol. 12. No. 268—303 u. 305-310. Up sal a. Societas Regia Scientiarum: Nova acta. Vol 15. Fasc. 2. Vol. 17. Fasc. 1. Washington. 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Handwörterbuch der Zoologie, Anthropologie und Ethnologie. H e m p e 1 und Wilhelm: Die Bäume und Sträucher des Waldes. H i n t z e : Handbuch für Mineralogie. — Lxxvni — Journal de I'Anatoinie et de la Physiologie normales et pa,thologiques de rhonime et des animaux (Duval). Leuckart & Chun: Zoologica. Lindenschmit Sohn, L. : Altertümer unserer heidnischen Vorzeit. Martini-Ühemnitz: Systematisches Konchylien-Kabinet. Notes from the Leyden ]\Iuseum. Paleontologie Frangaise. Paleontological Society. Quenstedt, Petrefaktenkunde Deutschlands. Retzins: Biologische Untersuchungen. S a r a s i n , P. u. F. : Ergebnisse naturwissenschaftlicher Forschungen auf Ceylon. Sars, An account of the Crustacea of Norway. S c h i m p e r : Mitteilungen aus den Tropen. Sc later and Tomas: The book of Antelopes. Semper: Eeisen im Archipel der Philippinen. Smith & Kirby: Rhopalocera Exotica. Taschenberg, 0., Dr.: Bibliotheca Zoologica. Trouessart, E. L. : Catalogus mammalium. Nova editio. T r y 0 n : Manual of Conchology. Zacharias: Forschungsberichte aus der Biologischen Station von Plön. Z i 1 1 e 1 : Handbuch der Paläontologie. Zoological Record of the Zoological Society. c. Zeitschriften : Abhandlungen der Großherzoglich Hessischen Geologischen Landesanstalt. Abhandlungen der Schweizerischen Paläontologischen Gesellschaft. American Journal of Arts and Sciences. Anatomischer Anzeiger. Annales du Jardin Botanique de Buitenzorg. Annales des Sciences Naturelles (Zoologie et Botanique). Annales de la Societe Entoraologique de France. Ann als and Magazine of Natural History. Arbeiten aus dem Zoologisch-zootomischen Institut in Würzburg. Archives de Biologie. Archiv für Anatomie und Physiologie. Archiv für Anthropologie. Archiv für die gesamte Physiologie des Menschen und der Tiere Archiv für mikroskopische Anatomie. Archiv für Naturgeschichte. Archiv für Entwicklungsmechanik. Biologisches Centralblatt. Botanischer Jahresbericht. Botanische Jahrbücher für Systematik, Ptlanzengeographie und Ptlanzen- geschicbte. Deutsche Entomologische Zeitschrift. Geological Magazine. — LXXIX — Jahresberichte über die Fortschritte der Anatomie und Physiologie. Journal für Ornithologie. Mineralogische und petrographische Mitteilungen. Morphologisches Jahrbuch. Nachrichtsblatt der Deutschen Malakozoologischen Gesellschaft. Nature. Neues Jahrbuch für Mineralogie, Geologie und Paläontologie. Palaeontographica. Zeitschrift für Krystallographie und Mineralogie. Zeitschrift für Ethnologie. Zeitschrift für wissenschaftliche Zoologie. Zoologische Jahrbücher. Zoologischer Jahresbericht. Zoologischer Anzeiger. Die Anschaffungen undGesclienke des Dr. Senckenberg'schen Medizinischen Instituts, des Physikalischen, Ärztlichen und Geo- graphischen Vereins werden ebenfalls der gemeinsamen Bibliotliek einverleibt und können demnach von unsern Mitgliedern benutzt werden. Von denZeitschriften, welche, neben den schon angeführten, der Gesellschaft zur Verfügung stehen, seien erwähnt: Yon seiteil des Dr. Seuckenberg'schen Mediziiiisclieu Instituts: Botanische Zeitung. Flora. Jahrbücher für wissenschaftliche Botanik. Revue generale de Botanique. Von Seiten des Pliysilialisclieu Vereins: Astronomisches Jahrbuch. Berlin. Astronomische Nachrichten. Altona. Berichte der Deutschen Chemischen Gesellschaft. Berlin. Chemisches Centralblatt. Leipzig. Die Chemische Industrie. Berlin. Dinglers Polytechnisches Journal. Stuttgart. Electrotechnische Rundschau. Frankfurt a. M. Elektrotechnische Zeitschrift. Berlin. Jahresbericht über die Fortschritte der Chemie. Gießen. Jahresbericht über die Leistungen der chemischen Technologie. Leipzig. Journal für praktische Chemie, Leipzig. Karmarsch und Heeren, Technisches Wörterbuch. Liebigs Annalen der Chemie. Leipzig. Meteorologische Zeitschrift. Wien. Poggendorffs Annalen der Physik und Chemie. Leipzig. — LXXX — Zeitschrift für analj'tische Chemie. Wiesbaden. Zeitschrift für phj'sikalische Chemie. Leipzig. Zeitschrift für Instrumentenkunde. Berlin. Zeitschrift für Mathematik und Physik. Leipzig-. Zeitschrift für physikalischen und chemischen Unterricht. Berlin. Von Seiten des Ärztlichen Vereins: Charite-Annalen. Berlin. Annales d'Oculistique. Annali dell'Istituto d'Igiene sperimentale. Rom. Annales d'Hygiene. Archiv für Hygiene. Archiv für Verdauungskrankheiten. Deutsches Archiv für klinische Medicin. Archiv für Ohrenheilkunde. Archiv für experimentelle Pathologie und Pharmakologie Archiv für Psychiatrie. Archiv für Ophthalmologie. Archiv für Dermatologie. Archiv für Kinderheilkunde. Archiv für Augenheilkunde. Archiv für Gynäkologie. Archiv für klinische Chirurgie. Archiv für pathologische Anatomie. Archives Italiennes de Biologie. Beiträge zur klinischen CJhirurgie. Bulletin de l'Academie royale de Belgique. Centralblatt für Bacteriologie und Parasitenkunde. Centralblatt für Chirurgie. Centralblatt für Gynäkologie. Centralblatt für praktische Augenheilkunde. Centralblatt für Harnkrankheiten. Centralblatt für allgemeine GesundheitspHege. Neurologisches Centralblatt. Correspondenzblatt der Schweizer Aerzte. Fortschritte der Medicin. Gazette medicale. Index medicus. Jahrbuch für Kinderheilkunde. Schmidt's Jahrbücher der Medicin. Jahresbericht über die Leistungen der Medicin. Jahresbericht über die Leistungen des Militärwesens Jahresbericht der Ophthalmologie. Jahresbericht über die Fortschritte der Gynäkologie. British Medical Journal. The Lancet. — LXXXI — Deutsche Medicinalzeitung. Memoires couronnes de I'Academie royale do Medecine de Belgiqne. Mitteilungen aus den Grenzgebieten der ]\Iedicin und Chirurgie. Monatsblätter für Augenheilkunde Therapeutische Monatshefte. Guy's Hospital Reports. Ophthalmie Hospital Reports. Revue de Therapeutique. Hygienische Rundschau. Semaine medicale. Obstetrical Transactions. Medico-chirurgical Transactions. Vierteljahrschrift für Gesundheitspflege Vierteljahrschrift für gerichtliche Medicin. Verhandlungen der Berliner medicinischen Gesellschaft. Veröffentlichungen des kaiserlichen Gesundheitsamts. Berliner klinische V/ochenschrift. Wiener klinische Wochenschrift. Wiener medicinische Wochenschrift. Deutsche medicinische Wochenschrift. Münchener medicinische Wochenschrift. Berliner tierärztliche Wochenschrift. Zeitschrift für Biologie. Zeitschrift für Chirurgie. Zeitschrift für Geburtshilfe und Gynäkologie. Zeitschrift für klinische Medicin. Zeitschrift für vergleichende Augenheilkunde. Zeitschrift für Thiermedicin. Zeitschrift für Physiologie der Sinnesorgane. Militärärztliche Zeitschrift. Von Seiten des Vereins für Geograpliie und Statistik: Archiv für Siebenbürgische Landeskunde. Beiträge zur Sprach-, Land- und Völkerkunde von Niederländisch-Indien. Deutsche geographische Blätter (Bremen). Bollettino della Societä geografica Italiana. Bollettino della Societä Africana d'Italia. Boletin de la Sociedad geografica de Madrid. Boletin del Instituto geografico Argentino. Boletin de la Sociedad geografica de Lima. Boletim da Sociedade de Geographia de Lisboa. Bulletin de la Societe geographique de Paris. Bulletin de la Societe du Nord de la France, Douai. Bulletin de la Societe de Geographie de Marseille. Bulletin de la Societe de Geographie de l'Est, Nancy. Bulletin de la Societe de Geographie commerciale de Bordeaux. 6 — I.XXXII — Bulletin de la Societe Languedocienne de Geographie, Montpellier. Bulletin de la Societe geographique d'Anvers. Bulletin de la Societe Normande de Geographie, Ronen. Bulletin de la Societe de Geographie commerciale, Havre. Bulletin der Rumänischen geographischen Gesellschaft. Le Globe. Jahrbuch des Ungarischen Karpathenvereins Jahrbuch des Siebenbürgischen Karpathenvereins. Jahresbericht des Vereins für Siebenbürgische Landeskunde. Jahresbericht des Vereins für Erdkunde, Dresden. Jahresbericht der geographischen Gesellschaft von Bern. Journal of the American Geographical Society, New-York. Journal of the Geographical Society, Manchester. Mitteilungen der geographischen Gesellschaft in Hamburg. Mitteilungen der geographischen Gesellschaft in Jena. Petermanns Mitteilungen. Publicazioni della Specola Vaticana. Revue de la Societe geographique de Tours. Tijdschrift van het konigl. Nederlandsch Aardrijskundig Geno(»1sibap Verhandlungen der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin. Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin. Bilanz und Übersiclit. 6* LXXXIV Cu Co 'S a CD B :o O cc lO lO CO tH l—t CO -rH M Co > bß .2 bß o " -tJ o £ S 9 2 OS ;5 PL, g ^ i^ rrf .r: 'v i ä o t> O pq W Ö 2 il O P be 4i O CO N bJD O C o S Q p p ;> ■-' Ö ^ s ° C 2 -2 p^ pq m eg •fH Sä o CO o oc CD Oi CO tH 1 )0 ■:o -t< rM lO lO Wop — LXXXV 00 1 t> lO CD Xi 1 1 CD rM 1 O CM ^ • 03 s T— 1 1 ' CO T— 1 lO :o 1 1 — Oi 1 X (M CD c» O lO ?c CD' Oi lO o o lO C»] ^ 3i CD -* be ,Q fy\ CO ^ T-l T^ 3 o -+ CD lO -t X ^ cc lO Si CD X O O 'M c- CD Ci C^ s o CD cc cc -* lO X CO ?] -M CD (JD -5 be . ß V !3 \ -D C^ \ ^ be Gi \ +:i n X \ op 5 1-1 ) L L & Ä ^ S -^ o S \ O) .5 6 C a CD \ ^ o \ 08 1^ ^ CO Ol 1 V bt) a o cu > ^ '53 a ft \ C ^ 1 T-J \ ^ GO 1 i P • be a c \ '^^ 'jH xn ^ N Q '01 CD bj a. ^2 Co o3 .2 -g 2 g a; '51 tn be i 1 OS oä o ^ Ö o ö 3 ^ Ö bJD g 3 .S 2 33 o Ö Q 1^ |l .Si t> M ^ 1—1 CO cS ^^^ s Ifl ^__ 1 1—1 >0 CO 1 o 1 1 1 1 1 1 1 00 -+ s 'B p . CT 1 S r-i OS CD 1 05 1 1 1 1 1 ^ CD •^H S » (> C a- vO TO l> ^ o ^ 5 O o O 3 o "^ -t* -* -t GC 'Ttl O CD 5 CD in Ci 3 O o o o ^ o CD 00 ;-i .1^ CV CT CT o C>3 '^ o -Th >o lO CO lo lO T— 1 l> a> ^ ^ CT i^f" iH tH o- lO « ^ !>, CD 1—1 -*^ ^4 ^^ ,0 ^ a »-■ CJ t J o o Cl •pü^ j> ä Jr QC f— H '5 3 U IJ:^ P H O) ii .fi CO c 3 15 _ :p s . 'S <1> g +J (:>• OT if • 3 «a "»4 o 5 CD '57 'S' s" . CD 1 — 1 CO •-■ CO r=5 Oi 'S O CD :^ 'S > •A X CO C Co c 3 ^ A « o ^ « S ►-i a ■ 0 c ■1 o ■ Co o > 's pi ^ ^ • p: ^ 1 c 4- ^ ^ -<1 CD ' r a c3 C 2 1 :; <: 3 '^ 3 ^ 0 2 S c 3 CD "ci ^ ' a o .. > . OS o 'S s 3 1 V5 ' = .§ 1 ; 3 "53 CO CO <;^ ^ ■bD , CO 1 t? ^ 0 q ;i q O Ph > P 5 P o o ^ P ^ Ü — LXXXVI A 11 li a 11 g. A. Sektionsberichte. He rpetologische Sektion. Im verflossenen Jahre wnrde in gewohnter Weise weiter gearbeitet. Neue Sendungen wurden bestimmt und eingereiht, alte Vori'äte durchgesehen und so die Sammlung ergänzt und vermehrt. Der Schlangenkatalog wurde unter dem Titel „Katalog der Reptilien-Sammlung im Museum der Senckenbergischeu uatur- forschenden Gesellschaft in Frankfurt a. M. II. Teil (Schlangen)" Mitte Mai 1898 abgeschlossen und gedruckt und teilweise Ende Mai versandt ; außerdem wird er dem diesjährigen Jahresberichte beigelegt werden. Er enthält auf IX und 160 Seiten die Auf- zählung unserer Schlangen. Diese sind im Museum in 9 Familien, 182 Gattungen, 584 Arten und 1724 Nummern, resp. Gläsern mit zusammen etwa 2837 Exemplaren vertreten, während die Sammlung bei Abfassung des RüppelPschen Kataloges im Jahre 1843 nur 371 Stücke aus (2 Familien,) 37 Gattungen und 150 Arten besessen hatte. Während wir augenblicklich also von den im Jahre 1896 bekannten (1639) Arten 35,63 ''/o besitzen, hatten wir 1843 davon nur 10,93 "/o, was einen Zuwachs von 24,70 ^/o der Gesamtzahl in den verflossenen 55 Jahren bedeutet. Auch im Laufe des Jahres 1897/98 erhielt die Reptilien- uud Batrachier- Sammlung ansehnliche Geschenke, so viel, daß zum Teil — wie die Emmel'sche reiche Sendung vom oberen Ucayali, die Kollektion Prof. Berg's aus der Argentina und eine Tauschseuduug vom British Museum — noch nicht alles aus- gepackt, bestimmt und aufgestellt werden konnte. Über diesen Rest wird der nächstjährige Sektionsbericht Auskunft geben. Heute können wir von besonders wertvollen Gaben erwähnen — LXXXVII — prachtvolle Novitäten von den Herren Apotheker Ad. Kinkelin in Nürnberg (Rhadinaea kiiikelini Bttgr.), Konsul Karl Fleisch- mann in Guatemala (Fleischmaimia obscura Bttgr.), Konsul Dr. 0. Fr. von Moellendorff und 0. Koch (Calofhrynus aaUirostris Bttgr.), Ingenieur Karl Nolte hier (Geocalavius Holtet Bttgr.) und Privatdozent Dr. Fr. Werner in Wien (Helicops fictivenU'is Wern.). Sehr interessante und seltne Tiere erhielten wir auch in Laccrta -parva Blgr. aus Kleinasien durch Herrn Dr. Karl Escherich in Karlsruhe und in Diflodactyhis inexpectatus Stejn. von den Seychellen durch Herrn Privatdozent Dr. Aug. Brauer in Marburg a. L. ; beide Eidechsenformen sind von den genannten Herren persönlich gesammelt worden. Die wichtigste Bereicherung erhielten wir aber wieder durch unseren freigebigen Gönner, Herrn Dr. Alfred Voeltzkow in Straßburg i. Eis., dessen madagassische Ausbeute immer noch neues in prachtvoller Erhaltung enthält. Von den aus dieser Quelle erhaltenen zahlreichen Arten seien hier besonders erwähnt die prachtvolle Parar/mdifniea melanogaster Bttgr., eine überaus seltene Zwergschiauge aus Nossibe, die ausser in unsrer Sammlung nur noch in der von Lübeck liegt, der kostbare, neue, einfarbige Bdellop/iis wiicolor Bttgr. aus Wituland und die junge Testudo elephantina D. B. von der Insel Aldabra, die einige Jahre bei uns im Zoologischen Garten gelebt hat. Auch der bis jetzt in unserem Museum noch nicht vertretene, spulwurmartige Typhlops boettgcri Blgr. von West-Madagaskar hat sich noch nachträglich in Voeltzkow's reichen Vorräten gefunden. Für unsre Gegend wichtig ist der Fund der in Deutschland bis jetzt so seltenen Rana agilis Thom, des Springfrosches, durch den Sektionär und der der blaugefleckten Form (c?) der Blind- schleiche (Anguis fragilis L.) durch Herrn Oberlehrer Dr. W. Schauf. Beide genannten Tiere wurden im Frankfurter Wald erbeutet. Von wissenschaftlichen Arbeiten wurden im Laufe des Jahres veröffentlicht der „Bericht über die Leistungen in der Herpetologie während des Jahres 1891" im Arch. f. Naturgesch. (Hilgendorf) Jahrg. 58, Bd. 2 p. 79—186, sowie Mitteilungen über „Neue Reptilien und Batrachier von den Philippinen" im Zool. Anzeiger 20. Jahrg. 1897 p. 161— 166 und über „Rhacophorus rizali, einen neuen Baumfrosch von Mindanao, nebst Fundorts- — LXXXVIII — notizen vou deu Philippinen überhaupt" in Abh. u. Ber. d. Kgl. Zool. u. Authr.-EthuogT. Museums zu Dresden 1898/99 Bd. 7, No. 1. Referate über neuere herpetologische Arbeiten lieferte der Sektionär außerdem in dem Jahrgang 1897 des „Zool. Centralblattes" und in den Jahrgängen 1897 und 1898 des „Zool. Gartens". Der Verkehr der Sektion mit wissenschaftlichen Instituten beschränkte sich im Vorjahre auf die zoologischen Museen von Agram, Dresden, Görlitz, Heidelberg, Jena, Karlsruhe, London, Lübeck, Nürnberg, Tring (England) und Wien und auf die hiesige Neue Zoologische Gesellschaft. Prof. Dr. 0. Boettger. Sektion für Insekten. In dem abgelaufenen Jahre wurden die vorhandenen In- sektenbestände durchgesehen und die neueingegangenen Er- werbungen und Geschenke eingeordnet. A. Weis hat die Neuordnung der exotischen Käfer, nach den Hauptvaterländern getrennt, bis auf die Nordamerikaner beendet. Dr. von Hej^den stellte die von Geh. Sanitätsrat Dr. A. Pagenstecher bestimmten Schmetterlinge der Kükenthal- schen Molukken-Ausbeute in systematischer Folge zusammen und reihte die ueuervvorbenen Insekten anderer Ordnungen in die Sammlung ein. Eine namhafte Vermehrung der Sammlung fand statt durch Geschenke, die oben angegeben sind, besonders aber durch An- kauf von 1000 Ichneumouiden in 500 Arten, 400 Braconideu in 200 Arten und 100 (-halcidien und Pi'octotrupien in 50 Arten, alle sorgfältig bestimmt von dem rühmlichst bekannten Spe- zialisten Dr. Schmied ekn echt in Blankenburg in Thüringen. Vor allem ist aber hervorzuheben das testamentarische Vermächtnis des verstorbenen Generalarztes Dr. Steinhausen, bestehend in seiner hinterlassenen höchst wertvollen Sammlung exotischer Prachtschmetterlinge. Da nur ein geringer Teil mit Namen versehen ist, die Verzeichnisse in Verlust geraten sind und ein Einordnen äußerst schwierig war, so erbot sich Herr — LXXXIX — Hofrat Dr. B. Hagen, einer der besten Kenner exotischer Schmetterlinge, dieselben zu ordnen. Dr. Hagen ist bereits mit den Vorarbeiten seit einigen Monaten beschäftigt und wird auch unsere Museal-Sammlung nach der neuesten Nomenklatur umordnen und, soweit es nötig, bestimmen. Major a. D. Dr. von Hey den. A. Weis. Botanische Sektion. Auch in dem vergangenen Jahre sind die botanischen Sammlungen unseres Museums gewachsen. Herr Oberlandes- Gerichtsrat Arnold in München, der unermüdliche Flechten- forscher, vermehrte seine uns schon überwiesenen Flechten durch ein neues Fascikel, und von andern Seiten wurden wir gleichfalls mit wertvollen Schenkungen für das Herbarium be- dacht. Für die Schausammlung verdanken wir Herrn Geh. Regierungsrat Prof. Rein in Bonn interessante Stücke (Durrha- Halme mit großen Rispen , eine Baumwollenstaude mit reifen Kapseln und Stechgras, Arisiida puigens, dessen Wurzeln von Sandröhren umhüllt sind) aus Transkaspien und Turkestan. Eine im Botanischen Garten gekeimte Kokosnuß (s. Protok. der wässenschaftl. Sitzung vom 19. März) wurde unserer Samm- lung überwiesen. Von Herrn von Holzhausen erhielten wir Früchte der in seinem Parke befindlichen Madura aurantiaca (s. Protok. der wissenschaftl. Sitzung vom 18. Dezember 1897) und Herr Sanitätsrat Dr. J. de Bary schenkte uns Blüten- stände von Monster a deliciosa Liebm. Wir haben die drei letzt- genannten Geschenke in Formol aufbewahrt. Aus dem Protokoll der wissenschaftlichen Sitzung vom 23. Oktober 1897 ist zu ersehen, daß Frl. Elisabeth Schul tz, die vortreffliche Künstlerin und feine Beobachterin der Natur, ihre 1262 x4.quarellbilder der Phanerogamenflora aus der Um- gebung Frankfurts für die Senckenbergische Gesellschaft der- maleinst bestimmt hat. Es wird dieses Geschenk ein ausge- zeichnetes Mittel sein, das Interesse bei den Besuchern des Museums für die Pflanzenwelt zu wecken. Schon einmal hat eine Frankfurter Dame die von ihrer Künstlerhaud gemalten Pflauzenbilder unserer Bibliothek zum Eigentum anvertraut: . — xc — Frau von Panhuys geb. von Barckhausen, die längere Zeit in Surinam lebte und von dort die von ihr nach der Natur in den Tropenwäldern gemalten Bilder mitbrachte. Letztere werden wir demnächst in dem Museum ausstellen. Oberlehrer J. Blum. Prof. Dr. M. Möbius. Mineralogische und petrographische Sektion, Für die Museumssammlung wuirden aus dem Nachlasse des in Peru verstorbenen Herrn Eckhardt folgende Mineralien aus peruanischen Gruben angekauft: Zinkblende, Bleiglanz, Kupfer- indig, gediegen Silber, kleiner Krystall von Polybasit mit Xauthokon, Cuprit mit gediegen Kupfer, Brochantit, eine Stufe mit mehreren kurzen bis 1 cm dicken Xrystallen von Pyrargyrit (<^ R2 . R . — ^ R . R3), schöne Stufen von Fahlerz (^ . ^~? . oc oY eine Stufe mit Pyrit und Bournonit. Unter den Geschenken verdient die über 100 Nummern umfassende Collection neukaledouischer Erze von Herrn Konsul Knoblauch besondere Erwähnung. Sie enthält Kupferlasure, Malachite, Kupferkiese ; Pyrite ; Nickelsmaragd, Garnierite, derbe Kobalterze; Antimonite; Bleiglanze, Cerussite, Anglesite; Pyrolu- site; Magnetite, Chromite u.a., ferner Gangarten und Neben- gesteine. Die Umsicht, mit welcher diese Suite zusammengestellt ist, verdient dankende Anerkennung. Es wäre sehr erfreulich, wenn Herr Knoblauch auch den krystallisierten Vorkomm- nissen seine Aufmerksamkeit zuwenden wollte, da in der von ihm übergebenen Suite fast lediglich derbe Stücke vorliegen. — Ein für die Sammlung neues Mineral ist der aus der Grube „Hülfe Gottes" bei Nanzenbach (Dillenburg) stammende Inesit, von Herrn Prof. Dr. Reichenbach geschenkt. Es ist dies ein Zeolith von der Zusammensetzung (Mn, Ca) Si O3 -|- H2 0. Seine schönen fleischroten bis rosaroten radialfaserigen Büschel, deren Individuen nahezu 2 cm lang werden, füllen, von beiden Salbändern ausgehend, eine 2 bis 4 cm breite Spalte in Mangaukiesel aus. — Mit der Vervollständigung der Kollektion der Odenwald- gesteine wurde fortgefahren. Dr. W. Seh auf. — XCI — Bericht der geologisch -paläontolog'isc hen Sektion. Wenn in den letzten Jahren ein guter Teil der Arbeit in der Sektion dahin ging, durch Zusammenstellung von Tausch- senduugen als Gegensendung Suiten ins Museum zu schaffen, die zur Vervollständigung der in der paläontologischen Samm- lung vereinten fossilen Lebewelt dienen, Suiten, die in Rück- sicht auf diese Lebewelt, auf Zeit und örtliche wie facielle Um- stände von besonderem Interesse sind, so wurde heuer ein großer Teil der in der Sektion bewältigten Arbeit auf die Bestimmung und Einordnung von größeren Sammlungen ver- wendet, die teils durch Schenkung, teils durch Kauf erworben worden sind. Unter den Schenkungen, die auf Seite XLIV bis LH auf- geführt sind, müssen folgende besonders hervorgehoben werden, insofern sie zahlreiche Lücken füllten. Vor allem kam uns heuer außerordentlich zu gute, daß zwei Mitglieder, die Herren Geheimrat Prof. Dr. Eein in Bonn und Baron A. von Rein ach hier, am geologischen Kongreß in St. Petersburg teilnahmen und sich an den sich anschließenden Exkursionen beteiligten, wobei sie sich in aufopferndster Weise in obiger Richtung bemühten. So hat sich u. a. ein langgehegter Wunsch, den ich besonders auch in Rücksicht auf die Gewinnung von Lehrmaterial für die Vorträge über historische und allgemeine Geologie hegte, erfüllt dadurch, daß Herr Prof. Dr. Rein bei der Tour in Esthland die ältesten Wasserabsätze, wie sie in so eigenartigerweise, in gerade- zu uuverwischter Erhaltung ihres ursprünglichen Habitus in den baltischen Provinzen Rußlands abgelagert sind, zusammen mit zahlreichen, äußerst interessanten, diesen Sedimenten eingebetteten Fossilien gesammelt hat. Von den dortigen cambrischen Auf- sammlungen besaßen wir bisher fast nichts. Sie sind uns auch insofern von großem Werte, daß sie eine ganz andere Facies des cambrischen Meeres darstellen, als die, welche wir in den letzten Jahren aus Süd-Frankreich durch Tausch erworben haben und von Böhmen besaßen. In der Rein'schen Sendung sind alle Schichtenglieder in der instruktivsten Weise vertreten: Eophyton- Sandstein mit Olenellus mickwüxi, blauer Thon mit Yolborihella, Obolussandstein und endlich Dictyonemenschiefer. — Aus den — XCII — silurischen Fimdstiicken hebe ich besonders hervor die Glau- kouitsaude (das Lager der Couodonten), durchsetzt von Wurm- röhren ; auch von Trilobiten war mancherlei für uns Neues und Schönes, so u. a. auch an mannigfaltigen Fossilien reiche Platten aus dem Unter-Silur von Jewe, die als Schaustücke und Zeugen reichen tierischen Lebens im silurischen Meere hinter den bekannten Dudleyplatten kaum zurückstehen. Die besonders an Korallen reiche Aufsammlung aus dem ßorkholmer Kalk wurde im Laufe des Jahres aufs beste ergänzt durch die liebenswürdigen Zuwendungen von Fräulein von Cleve- sahl auf Schloß Borkholm, in der wir eine neue Freundin unseres Museums gewonnen haben und deren Interesse für dieses wohl von Herrn 0. F. Roßmäßler angeregt worden war. Die zwei Send- ungen von Fräulein von Clevesahl bestehen mehr aus zierlichen kleinen Formen von Brachiopoden, Bivalven, Gastropoden etc. In hohem Grade waren uns endlich die ebenfalls von Herrn Geheimrat Rein gesammelten Sande erwünscht, die, aus den verschiedensten Gegendeu stammend, auch verschiedene Entstehungsgeschichte haben. In Beziehung auf die Schichtenglieder und ihre Fossilien aus Rußland bildet die wissenschaftlich sehr wertvolle Schenkung von Herrn von Rein ach geradezu die Fortsetzung; sie ist von ihm zumeist auf der Westseite des Urals gesammelt worden und umfaßt fast alle dort entwickelten jüngeren paläozoischen Schichten, vom Mitteldevon bis zum Ober-Perm (Zechstein). Sehr fossilreich sind die Obercarbon- und Fusulinenkalke, die Permo- carbonschichten, darunter die Artinskstufe; sie waren ohne Aus- nahme in der Sammlung noch nicht vertreten, was auch von der sehr bedeutenden Aufsammlung aus dem an Fossilien reichen Zechsteiu Rußlands gilt, deren Bestimmung Herr von Reinach ausführte, woraus sich eine große Übereinstimmung mit den Fossilien des deutschen Zechsteins ergab. Sehr erfreulich waren uns dann die schönen, z. T. perlmutterglänzenden Fossilien aus den oberstjurassischen oder uutercretacischen Wolgastufen, an welchen unser Besitz bisher auch nur ein sehr geringer war. Ein äußerst interessantes Fossil ist die eoc'iine At iiria xicxac y on Kairo. Der Hauptteil der von Professor K i n k e 1 i n dem Museum übergebenen Sammlung umfaßt alle seine Aufsammlungen der Fossilien aus dem braunen Jura, den Murchisouae und Hum- — XCIII — phriesiaiuisschichteü, dem Cornbrasli und besonders ans den Macrocephalnsschicliten des südwestlichen Deutschland nnd der Schweiz. Neu für die Sammlung des Museums sind die Suiten von Fossilien aus dem Hauptrogensteiu, die mannig- faltigen Brachiopoden des alpinen Vilserkalkes, dann die Suite von Cephalopoden, Echinodermen etc., aus dem Neocom der Freiburger Alpen und fossilreicher Platten aus den rhätischen Contortaschichten von Reuth im Winkel ; reichhaltig ist auch die Aufsammluug aus dem Oberkoblenz der Haigerer Papier- mühle. Eine recht bedeutende Bereicherung unserer tertiären phytopaläontologischen Sammlung besteht in der Einreihung der Biliner Pflanzen (19 Schiebladen), die ursprünglich im Besitze von Herrn Dr. Geyler sei. waren. Aus den Schenkungen von Prof. Kinkelin sind außerdem noch hervorhebenswert die Pflauzenreste aus dem Antliracit der südlichen Schweiz. Eine vierte grolle Kollektion, die der paläontologischeu Sektion geschenkweise zukam, wurde uns von Frau Doktor Harbordt dahier; sie enthielt Fossilien aus fast allen Systemen, aus dem cambrischen, siluren, devonen, permischen, triassischen, cretacischen, besonders aber aus dem jurassischen. Die Ein- reihung erforderte einen beträchtlichen Zeitaufwand, da die Objekte mir zumeist unbestimmt zukamen. Sehr schätzenswert war uns auch diese große Gabe und zwar nicht allein, weil durch manche Objekte sich noch vorhandene Lücken füllten, sondern auch weil unter denselben mehrere sehr hübsche und hochinteressante Stücke waren ; als solche hebe ich einige Tri- lobiten, dann ein paar Ceratoduszähue, Ammoneen aus der Trias und Kreide, ein paar Aptychen aus dem oberen Jura und sehr schöne Lepidodendronstämme hervor. Wieder, wie schon seit ein paar Jahren, hat uns Herr H. Becker von hier, Lehrer in Rinteln, mit einer überaus schonen Sendung, besonders aus den Amaltheenthonen der Sohle der Weser bei Rinteln, die bei Sprengungen gewonnen wurden, beschenkt. Auf den Sektionsbericht 1897 pag. CVI verweisend, ist besonders zu bemerken, daß sich in der heurigen Schenkung nun auch Lytoceras ßmbriahts, I)wcera7nus substriatus, Pecten aequivalvis gefunden haben. Unter den heuer gesammelten Am- monites margaritatus befindet sich einer mit vorzüglich erhaltener sog. Ruuzelschicht, zu deren Präparation die Petrifizierung durch — XCIV — Verkiesung recht günstig war. Höchst seltsame Lyditstücke, die ebenfalls beim Baggern aus der Weser gefördert worden sind, verdanken wir auch Herrn H. Becker; sie sind beilartig ge- staltet und könnten durch diese ihre Gestalt wohl glauben machen, daß man es mit Artefakten zu thun habe. Hierüber zu Rate gezogene Prähistoriker und Archäologen, Herr Dr. A. Ham- mer an und Herr Architekt Thoma, haben diese Vermutung ganz bestimmt zurückgewiesen; so wird also die Gestalt eine mehr zufällige, wohl durch die Struktur des Gesteines bedingte, durch mechanische Einwirkung, Stoß oder dergl. erzeugte sein. Von Interesse für die Stratigraphie des rheinischen Unter- devon ist es, daß Herr Apotheker Oster in Neu-Weilnau eine Schichte im unterdevonischen Sandstein entdeckt hat, die, ähn- lich wie die Singhofer Schichten, vorherrschend Bivalven enthält. Nun sind auch durch die Güte von Herrn Oberingenieur Wach auf den Farbwerken die Belege in die Sammlung gelangt, die es sehr wahrscheinlich machen, daß wohl auch zwischen Nied und Raunheim die pliocänen Flötzchen miteinander in Ver- bindung stehen. Recht erfreulich war uns die liebenswürdige Sendung von Herrn Dr. Leuthardt in Liestal, welche unsere Flora aus der Zeit des Keupers wesentlich vergrößert hat. Zu den Geschenken, die besonders auch für die Geologie hiesiger Gegend äußerst wertvoll sind, gehören vor allem eine vollständige Sammlung von Korallen aus dem Oligocän des Mainzer Beckens und die Reste von Spermophiliis ?'ufescens, welche vor Jahren von Dr. 0. Boettger in Bad Weilbach er- worben wurden, deren Lager das alte Diluvium daselbst gewesen zu sein scheint. Hierher sind dann noch die Reste von Cernis euryceros aus dem Kies von Rödelheim, ein Geschenk des Herrn von Reinach und ein P«/(7eo;«ery/.r-Uuterkieferchen aus dem Hydrobieukalk vom Heßler, ein Geschenk der Herren Fabrik- besitzer Dyckerhoff in Biebrich a. Rh., zu rechnen. Von den Ankäufen nahm besonders die Erwerbung der Dr. K r a e t z e r 'sehen Petref akten die Thätigkeit des Sektionärs längere Zeit in Anspruch. In dieser Sammlung waren auch so ziemlich alle Systeme und zwar durch mehr oder weniger große Suiten vertreten. Aus den letzteren ist eine Suite aus dem Cyrenenmergel von Miesbach, einige sehr hübsche Hippuriten, eine kleine Suite von Isle de France, die Suite aus dem Vilseuer — xcv — Kelloway-Kalk, eine kleine hübsche Suite aus den liassischeu Grestener Schichten von Großramming und aus dem Pechgraben bei Weyer, eine größere Suite rhätisclier Fossilien von der Kothalp zu nennen. Eine recht empfindliche Lücke bestand im Mangel au Fossilien aus dem mitteldevonischen Kalk von Vil- mar a. d. Lahn ; diese ist nun leidlich gefüllt durch einige wert- volle Petrefakten, unter denen Gyroceras^ Cyrtoceras, Cirrus etc. enthalten sind. Um in der Folge die Fauna des uns zunächst liegenden Devon möglichst vollständig im Museum vertreten zu haben, bezogen wir auch heuer eine Suite aus dem Uuter-Coblenz von Stadtfeld , das so mannigfaltige, interessante und zahl- reiche Fossilien in Gestalt von Steinkernen und Hohlab- drücken enthält. Wir werden bald eine Liste derselben geben, die nicht unwesentlich größer ist als die schon bekannte. Jede Sendung hat noch die Mannigfaltigkeit gemehrt und schöne und instruktive Stücke gebracht. So fahren wir auch im Ankauf von Mosbacher Knochen etc. fort. Die drei Geweihe der heurigen Erwerbung, deren Restauration recht schwierig war, sind w^ohl besser als alle bisherigen Funde geeignet, die Frage über den großen Hirsch von Mosbach zu lösen. Schon in früheren Berichten sprachen wir den Wunsch aus, daß, da Herr Dr. Geyler die Bestimmung unserer Tertiär- pflanzen nur zum Teil erledigt hat, dieser Arbeit, die sich unser verdienstvolles Mitglied vorgesetzt, aber infolge seines zu frühen Ablebens nicht zu Ende geführt hatte, sich ein erfahrener Phyto- paläontolog annehmen möge, um unserem reichen Material erst den wahren Wert zu geben. Der Liebenswürdigkeit und Opfer- willigkeit von Herrn Professor H. Engelhardt in Dresden danken wir es, daß nun in dieser Sache ein schon bedeutender Fortschritt gemacht ist. Hier bemerke ich vorerst, daß Herrn Prof, Engelhardt nur die Objekte vorlagen, welche von Dr. Geyler noch keine Determinierung erfahren haben. Die Bearbeitung galt zuerst unserer Suite aus dem Rupelthou von Flörsheim, von welcher im Senckenb. Berichte 1882 p. 285 Geyler in einer Liste 57 Species aus tongrischer Zeit ange- geben hat. Hierzu sind nun noch weitere 43, zu 21 Gattungen gehörige Species gekommen. Der tongrischen Flora folgte dann die aus dem oberoligocäuen Münzenberger Blättersandstein. — XCVI — Hiernach besitzen wir jetzt in unserer Sammlang 107 zu 58 Gattungen gehörige Arten. Engelhardt erkannte in unserem Material als für Münzenberg neu, also von dort weder von Ludwig (Palaeontogr. Bd. VIII), noch von von Ettiughauseu (Wiener Sitzungsber. , Mathemat. — naturwissenschaftl. Classe Bd. LVII Abt. I. pag. 805 ff.) mitgeteilt : Phijllerium friesi, Salvinia sp., Ptei'is oeningensi!^, Pinus problematica, — resinosa, Poacites angustus, — caespitosus. Potamogeton genicidahts, Smilax lingulcda, Carpiniis pyra m ida lis, Quercus heeri, — gmelini M., — furcinervia M.., Älnus kefersteini M., — gracilis M.., Gary a ventricosa M., Juglans corrugata, Mijrica hakeaefolia, — aciitiloba, — meyeri, Daphnogeiie ludwigi M., Dryandroides laevigata^ Populus tnutabilis M., Salix angusta, — abreviata, — elongata, — tenera, Ulmus brauni M.; Pisoitia lanci folia M., — ovata M.., Magnolia ludtvigi M., Cinnamomnm transrersfim, Cupania neptiini, Sapindus bilinicus, Acer integrilobum, Weinmannia xelko vae folia, — ? r= microphylla, Primus anguste-serrata^ Carpolites prunifoi'mis, Cassia lignitum, Sapotacites minor, Diospyros brachysepala M. — lotoides M.; Symplocos casparyi M.; Die Arten, deren Namen ein M. beigesetzt ist, sind nur für Münzenberg neu, während sie aus der Wetterau schon be- kannt sind. Eben liegen Herrn Prof. Engelhardt die Pllanzen- reste von Salzhauseu, aus dem Hafen von Frankfurt a. M., von ßischofsheim i. d. RhiJn und von Himmelsberg bei Fulda vor. Die Sendung von Fischen von Taubate bei Säo Paulo in Brasilien, die wir Herrn Smith W o o d w ar d am British Museum N. H., auf seinen Wunsch zur Bearbeitung übersandt hatten, ist zurückgekommen; sie hat zu seiner Abhandlung über jene Fauna, die vi^ohl in der Revista des Musen Paulista veröffent- licht werden wird, mehrere Originale geliefert. — XCVII — Unsere Sammlung vonTaubate-Fischen besteht hiernach aus: zahlreichen größeren und kleineren Ex. von Tetragonop- terns aviis A. S. W., ein Original, drei Ex. von Perlchthys antiquiis A. S. W., zwei mit Gegenplatte, ein Original, ein Ex. Anns iheringi A. S. W., Original und ein Chroniid, gen. non det., mit Gegeuplatte. Herr Dr. Henry Schroeder, Landesgeolog in Berlin, hat die seit mehreren Jahren unterbrochene Bearbeitung der Säuger- fauna aus den Mosbacher Sauden wieder aufgenommen und vorderliand hier ein Inventar unseres Besitzes hergestellt. In der Schausammlung wurden dieses Jahr folgende Kol- lektionen neu aufgestellt: Fossilien des Kohlenkalkes von Spitzbergen, „ aus dem Ober -Carbon und Perm von Rußland, „ aus dem mittleren Lias der Weser bei Rinteln, „ aus dem Eocän von Süd - Frankreich, „ aus dem Mitteleocän von den Diablerets, „ aus der Braunkohle von Taubate bei Säo Paulo, die Doggerflora aus dem Tetorigawathal in Japan, „ Rupelthonflora von Flörsheim, „ oberoligocäne Flora aus dem Blättersandstein von Münzenberg und Rockeuberg, „ Aquitauflora von Rivaz und Rochette und aus dem Zsilythal in Siebenbürgen. ein Teil der Flora von Himmelsberg bei Fulda, die Neogenflora von Porto da Cruz auf Madeira, „ „ aus dem Obermiocän von (Tleichenberg und Pliocän- oder Diluvialfloren von Japan. Herrn Dr. Keil hack wurde von Kinkel in auf sein An- suchen für den Taschenkalender für Geologen 1897 eine möglichst kurz gefaßte Zusammenstellung des in der mineralogischen und paläontologisch - geologischen Sammlung enthaltenen Materiales mitgetheilt. Auf weiteres Ersuchen wurden für den betreifenden Kalender 1898 die Notizen vervollständigt; bedeutenden Zeit- aufwand und Mühe erforderte besonders die Erfüllung des von Dr. Keilhack ausgesprochenen Wunsches, neben den lokalen und sachlichen Suiten auch die Originale mit der Notiz von Autor und Ort der Publikation aufzuführen. Wenn ich nach 7 — xcviir — meiner Aufstelluug über die paläontologische Sammlung des Senckeubergisclieu Museums urteile, so muß jener Kalender mm ein sehr dickleibiges Buch werden. Zu den Arbeiten in der Sektion kommt noch die Kinkelins über syrische Fossilien aus der Kreide und dem Eocän, welche Herr von Eeiuach von Herrn Professor Day am Protestant College in Beirut zur Bestimmung erhalten hat. Auch heuer wurde die geologisch-paläoutologisclie Sammlung von zahlreichen Fachgelehrten besucht; wir nennen die Herrn: Prof. Dr. Carlos Berg Museum nacional Buenos-Aires, Herbert Bolton Owens College Manchester, Dr. Deich m ü 1 1 er Museum Dresden, Prof. Dr. Dam es Museum f. Naturkunde Berlin, Dr. Kahlbaum Goerlitz, Dr. Loerenthey Universität Budapest, Prof. Dr. R. Lepsius Darmstadt, Dr. Karl Oe streich Wien, Prof. Rene vier und Prof. Dr. Lug eon Universität Lausanne, Dr. H. Schroeder goelog. Landesanstalt Berlin, Dr. E. Witt ich Museum Darmstadt, W. Wolterstorff Museum Magdeburg, Ewald Wüst stud. geol. Halle a. d. S. Kinkelin hatte auch das Vergnügen, Herrn Prof. Dr. Dam es und Herrn Dr. Klemm in's Revier zu führen. Juni 1898. Prof. Dr. F. Kinkel in. (Prof. Dr. 0. Boettger). B. Protokoll-Auszüge. Samstag, den 23. Oktober 1897. Vorsitzender: Herr Oberlehrer J. Blum. Der Vorsitzende begrüßt die zahlreich erschienenen Mit- glieder in dem verschönerten und erweiterten großen Hörsaale und bemerkt über die Herstellung des Saales in den jetzigen Zutand, daß die Dr. Senckenbergische Stiftungs-Administration damit aufs neue bewiesen habe, wie sehr ihr die Förderung der wissenschaftlichen Bestrebungen der ihr nahestehenden Ge- sellschaften am Herzen liege. Seit dem Jahresfeste am 31. Mai hat die Gesellschaft durch den Tod verloren: die hiesigen Mitglieder Louis G raub n er, — XCIX — Bankdirektor Gust. Stilgebauer, Konsul E.Becker, J oh. C li r. G e 3" e r , L a z a r H a c k e n 1) r 0 c li und das korrespondierende Mitglied Geh. Hofrat Dr. R. E'resenius in Wiesbaden. Zu ihnen tiat am verflossenen Montag Herr Dr. G. H. Otto Vol ger. Er starb auf seinem Landsitze „Warte Sonnenblick" in Sulzbach ara Taunus, 75 Jahre alt. Unsere älteren Mitglieder erinnern sich noch lebhaft der Jahre 1856 — 1860, in denen er als Dozent der Gesellschaft für Mineralogie und Geologie durch ungemein klaren und formvollendeten Vorti-ag seine Zuhörer zu begeistern und viele von ihnen zu weiterem Studium anzuregen verstand. Allen genannten Toden wird die Gesellschaft ein dankbares Andenken bewahren. Die Anwesenden erheben sich zur Ehrung der Heimgegangenen von ihren Sitzeu. — In die Reihe der ewigenMitglieder sind eingetreten : Herr J u 1 i u s L e j e u n e , Herr Anton L. A. Hahn und, durch letztwillige Verfügung, der sei. Herr Moritz L. A. Hahn. Der Vorsitzende fährt fort: „Meine Damen und Herren! Sie haben in diesem Sommer Gelegenheit gehabt, die von Fräulein Elisabeth Schultz ausgestellt gewesene Phanerogamen-Flora der Umgegend von Frankfurt in 1262 Aquarellen zu bewundern. Zur Bewältigung einer solchen Riesenarbeit gehört ein langes Leben, Verständnis der Natur und eine unendliche Liebe zu ihr, verbunden mit der Meisterschaft des Künstlers. Diese glückliche Vereinigung traf bei Fräulein Elisabeth Schultz zu. In Anbetracht ihres hohen Verdienstes um Wissenschaft und Kunst und in Erwägung, daß diese wertvollen Aquarelle be- stimmt worden sind, einstens den wissenschaftlichen Zielen der Gesellschaft zu dienen, hat die Verwaltung in ihrer Sitzung vom 28. August beschlossen , Fräulein Elisabeth Schultz zum außerordentlichen Ehrenmitgliede der Gesellschaft zu er- nennen. Es ist dies die höchste Auszeichnung, die die Gesellschaft gewähren kann. Den Zweck, den die Gesellschaft mit dieser Er- nennung verfolgt hat, der greisen Künstleiin eine Freude zu bereiten, hat sie in hohem Maße erreicht. Möchte es Fräulein Schultz noch recht lange vergönnt sein, sich an dem Anblick ihrer Schöpfungen zu erfreuen !" E'erner bemerkt der Vorsitzende : „Laut Sitzungsprotokoll vom 23. Oktober 1847 wurde der junge Gelehrte Dr. R. Virchow an jenem Tage, also heute vor fünfzig Jahren, zum korrespondierenden Mitgliede erwählt. Die Gesellschaft wollte den heutigen Tag nicht vorübergehei) lassen, ohne dem Altmeister naturwissenschaftlicher Forschung ihre Huldigung auszudrücken und sie hat daher an dem heutigen 28. Oktober Herrn Geheimrath Professor Dr. Rudolf Virchow zum korrespondierenden Ehrenmitglied ernannt. Herr Geheimrath Professor Weigert ist gestern nach Berlin gereist, um heute das Diplom im Namen der Gesellschaft zu überreichen. Wir sind Herrn Geheimrath Weigert für seine ungemein große Liebenswürdigkeit sehr zu Dank verpflichtet." Schließlich be- grüßt der Vorsitzende Herrn Dr. George Kolb aus Wies- baden, der mehrere Jaln-e in Britisch - Ostafrika geweilt, in letzter Zeit Studien halber oft im Museum der Senckenbergischen Gesellschaft verkehrt hat und die Freundliclikeit hatte, den Vortrag zu übernehmen. Herr Dr. Kolb sprach nunmehr über Zwei Expeditionen zum Berge Kenia in Englisch- Ost- Afrika. Der Eedner führte me folgt aus: „Alle hohen Gebirge Äquatorial-Afrikas sind infolge ihrer Fruchtbarkeit für die umwohnenden Völkerschaften ein heißersehnter und deshalb viel umstrittener Besitz, woher es denn kommt, daß solche Berge stets von den kampfeslustigsten Stämmen bewohnt werden. Des- halb sind Forschuugsreisen in solche Gebiete in der Regel mit großen Schwierigkeiten verknüpft. — Anfang des Jahres 1894 traf ich mit zwei weißen Begleitern in Mombasa, der von Vasco da Gama gegründeten Hafenstadt Englisch-Ost- Afrikas, ein. Ursprünglich war unsere Absicht gewesen, uns der E^reiland- Expedition anzuschließen. Zum Glück löste sich dieses unsinnige Unternehmen schon vor unserer Ankunft an der Küste auf und ich mußte auf eigene Faust vorgehen. Es glückte uns, in 10 Tagen eine Karawane anzuwerben, unterstützt durch die liebens- würdige Fürsorge der englischen Beamten in Mombasa, und bald befanden wir uns mit 50 Mann auf dem Wege nach den Hochlanden im Innern. Der Küsteusaum wird von dem Hoch- lande im Innern getrennt durch einen 12—16 Tagereisen breiten Wüstengürtel, der, völlig eben, allmählich von 200 bis zu 000 Meter ansteigt. Spärliche Vegetation in dem wasserarmen Lateritboden charakterisieren in der Trockenzeit die traurige — CI — Gegend. Wir folgten der alten Karawauenstrasse zum Tsavo- fliisse, den jetzt die Eisenbahn dank der großen Thatkraft der Engländer bereits überschritten hat. Dann folgten wir rechts abbiegend dem Athiflnsse und befanden uns nach 3 Wochen in Ikutta, einer deutsclien Missionsstation in Ukambani, wo wir "uns der freundlichsten Aufnahme seitens der Missionare zu er- freuen hatten. Wie gefürchtet die Keniavölker unter den Küsten- negern sind, sollte mir bald klar werden. Wenige Tagereisen weiter nach Norden, als kein Zweifel mehr über das Ziel unserer Reise sein konnte, entlief nachts die ganze Karawane mit Aus- nahme des Kochs und meiner beiden Diener. — Mit Hilfe der Missionare brachten wir unser gesamtes Expeditiousgut auf die Mission in Sicherheit. — Dann entsandte ich den einen meiner weißen Begleiter mit Missionsnegern zur Küste, um neue Leute anzuwerben. Nach zwei Monaten traf diese neue Karawane, lauter von der englischen Regierung ausgesuchte, tüchtige Leute ein, dagegen trennten sich nun meine beiden weißen Begleiter von mir. Der eine erreichte wohlbehalten die Küste, der andere ging entgegen meiner Weisung vom Wege ab und wurde nörd- lich vom Kilimanjaro erschlagen. Ich selbst erreichte mit meinen Leuten wohlbehalten den Oberlauf des Tana an der Stelle, wo der Fluß die unter dem Namen „Kilolum", d. i. der „Brummer", bekannten Wasserfälle bildet. Zwei Monate blieb ich an diesen Fällen, deren Pracht weder Wort noch Photographie wieder- geben können. Längst war die Regenzeit eingetreten, da er- schienen eines Tages Boten auf der anderen Seite des nun so stark wie der Rhein augeschwolleneu Flusses mit einem Briefe. In einem selbstgefertigten Eskimokajak setzte ich über den Strom und empfing einen Brief des englischen Sportsraanns A. U. N e u m a n n. Dieser befand sich in den Aembebergen nörd- lich vom Kenia in kritischer Lage, 4 seiner Leute waren von den Eingeborenen ermordet worden und meine Anwesenheit schien erwünscht. Aber wie den Fluß überschreiten, der seiner Zeit schon Dr. Peters ein unüberwindliches Hindernis entgegengestellt hatte? Wir flochten aus einer Weidenart einen großen Korb in Bootsform, überzogen das Ganze mit dem Sonnendach meines Zeltes und das Boot war fertig. Eine Probe fiel günstig aus und am dritten Tage setzten wir in 2 Abteilungen über, nicht ohne mitten im Strome mit Mühe einem Angriff eines Flußpferdes — CII — entgangen zu sein. Drei Tage diirauf waren wir in Seitju, dem Lager Herrn Neumanns, und wenige Tage darauf bestraften wir durcli einen nächtlichen Überfall die Meuchelmörder, bis sie um Frieden baten und Buße zahlten. Wir zogen dann in die wildreiche Ebene, welche sich im Norden des Kenia zum Guasso- Niro-Flusse ausdehnt. Der Wildreichtum dieser Gegend ist ein" enormer, insbesondere ist das Nashorn eine Landplage, stellen- weise trifft man es so häufig wie hier zu Lande den Hasen, und Verwundungen durch dies wilde und boshafte Tier sind an der Tagesordnung. Wir zogen dann von Ort zu Ort, allent- halben Freundschaft schließend , und erreichten schließlich das Dorf Kaveri, in 8000 Fuß Höhe am Kenia gelegen. Dort lebt ein kleiner Stamm der Ntorobo, ein nilotisches Jägervolk, welches nur von Elephanten- und Nashornjagd lebt. Aber alle Völker waren infolge der anfangs erwähnten Feindseligkeiten so mißtrauisch, zudem gingen unsere Patronen auf die Neige, daß ich mich kurz entschloß und zur Küste zurückkehrte, wohin Neumauu bereits zwei Monate früher vorausgeeilt war. An der Küste fand ich aus Europa nachgeschickte Waffen und Listru- mente vor, die Liebenswürdigkeit der englischen Behörden that das Übrige und so war ich 3 Wochen nach meiner Ankunft an der Küste bereits wieder auf dem Zug ins Innere. — Große Befriedigung gewährte es mir, daß meine Leute fast sämtlich sich wieder hatten anwerben lassen. Diesmal wählte ich von der Mission Ikutta aus einen Weg durch die Wüste zwischen dem Ukamba- und dem Gallalande, wobei mich Herr Missionar Säuberlich bis zum Tana begleitete. Wir entdeckten dabei eine große, dicht bewohnte Gebirgskette, welcher wir den Namen Prinz Luitpoldkette gaben. Am Tana, als Freund Säuberlich mich verlassen hatte, hobeu wir nachts eine Sklavenkarawane auf und befreiten unter anderen auch ein Ntorobomädchen aus Marsabit, also vom Ostrande des Rudolf sees. Dies sollte uns später von unschätzbarem Vorteil sein. Wir zogen diesmal auf die Südostseite des Kenia, wo ein unbekanntes Volk, die Muimbi, wohnen sollte, und es glückte mir, Blutsbrüderschaft mit diesen liebenswürdigen Leutchen zu schließen. Ein weiteres Vordringen in dieser Richtung erschien wegen der feindseligen Haltung der Wazuka nicht ohne Blutvergießen möglich und ich wandte mich deshalb wieder nach Norden in das im vorigen Jahre bereiste — cm — Gebiet, aber trotzdem trat das Gefiirclitete ein, bei einem Fluß- übergang wurde mein Küclienjunge dicht liinter mir niederge- stoßen. — Der Ort des Überfalles war glücklich gewählt und es bedurfte eines mehrstündigen Gefechtes, bis wir uns ans dem Thalkessel herausgearbeitet und zum Herrn der Situation ge- macht hatten. Die Kitu baten um Frieden, wir schlössen Bluts- brüderschaft, aber doch war ich froh, als wir 2 Tage später die Hütte des Häuptlings Tombori erreicht hatten, der seit dem vorigen Zuge mir befreundet war. — Da Proviant jetzt kurz vor der Ernte nicht gut zu kaufen, jetzt aber die beste Jahres- zeit zu einer Besteigung des Kenia war, so zog ich wieder in die Guasso-Niro-Ebene und erlegte in 19 Tagen 44 Stück Nas- horne. Das vielbegehrte Fleisch verkaufte mein Niampara (Hauptmann) an die Weiber für Mehl und Bohnen und so sam- melten wir Vorrat für 8 Tage, innerhalb deren wir die Be- steigung des Berges auszuführen hofften. — Am ersten Tage erreichten wir einen kleinen Kratersee in 6000 Fuß Höhe, den Neumann bereits entdeckt und mir zu Ehren benannt hat. Dieser Tag war der anstrengendste der ganzen Expedition, wir waren 18 Stunden unterwegs und wurden 3 mal im Finstern von einem Nashorn angegriifen. Am 2. Tage entdeckte ich durch Zufall einen auch den Eingeborenen unbekannten See in 10000 Fuß Höhe, den ich meinem verehrten Kampfgenossen zu Ehren „Neumann-See" genannt habe. Das 3. und 4. Lager schlugen wir im Bambusdickicht auf. Am 5. Tage erreichten wir die obere Waldgrenze und schlugen Lager an einem wunderbaren Wasserfall. Dort trafen wir 3 Eingeborene und dies war unser Glück, sonst würden wir den Gipfel nie erreicht haben. Diese führten uns einen Weg, der sehr bald auf das Gipfelplateau führte, an dessen anderem Ende wir die Spitzen-Pyramide, die von mir Viktoria-Spitze benannte Kuppe, liegen sahen. Un- gemein beschwerlich war der Marsch über diese Ebene in 15 — 16 000 Fuß Höhe. Meine Leute wurden von der Berg- krankheit befallen und nach 8 stündigem Marsch mußten wir an einem Gletscherbach 4 Kilometer von der Spitze Halt machen. Ich selbst mußte mit dem Hauptmann Holz sammeln, d. h. trockne Erica, Rhododendron und eine Buchsbaumart, die zwischen den Schneeflächen wuchs, bis mich heftiges Nasenbluten einhalten ließ. Mit Sonnenuntergang begann eine grauenhafte Nacht. — CIV — Sehr schnell fiel das Thermometer auf — 6, um Mitternacht auf — 12,5 Grad Celsius, bläulich wie Spiritus brannten die Lager- feuer, um welche die Leute zähneklappernd saßen, und die Nacht wollte kein Ende nehmen. Endlich graute der Morgen. Nur 4 Leute waren im stände, mich zu begleiten, bis der frische Neuschnee ihnen Halt gebot. Schnell wurden, als Wolken auf- zogen, einige Photographien aufgenommen, dann ging ich alleine weiter, von Zeit zu Zeit durch einen Schuß den Leuten die Richtung meiner Wanderung anzeigend. Als ich den Krater erreichte, wogten mächtige Nebel in der Tiefe, nur die Spitze der Viktoriapyramide ragte — in der Höhe des Kölner Domes, wie es mir schien — über mir und ein Gletschertisch von enormer Größe ragte mir gegenüber aus dem Haupteise empor. Der Krater dürfte 2,5 zu 3,5 Kilometer Durchmesser haben. Noch ein Blick auf das wogende Wolkenmeer unter mir, aus demdie Aembe-Krater wie schwarze Inseln aufgetaucht erschienen, dann ging es, so schnell als es die Kräfte erlaubten, zurück zu den Leuten, zum Lager und den Berg abwärts, denn unsere Lebensmittel waren fast zu Ende. Am 10. Tage langten wir wieder in der Ebene an. Zum Glück erlegte ich mitten in unserem alten Lager ein gewaltiges Nashorn mit dem längsten Horn, das ich je geschossen; es mißt 80 Zentimeter. Mit dieser Bergbesteigung war die Stimmung der Eingeborenen wie ver- wandelt. Der Berg gilt als verzaubert, ein großer Drache haust dort oben. Mir war nichts geschehen, ohne Zweifel war ich der Bruder der großen Schlange. Feierlich wurde ich zum „Mutuma" ernannt und damit zum Herrscher über das Land Monisu. Die nun folgenden Monate meiner „Regierung" waren reich au wissenschaftlicher Ausbeute, denn nun hatten meine „Unterthanen" kein Geheimnis mehr vor mir. Überreich waren sie auch an Komik. Das Wertvollste war für mich aber die Freundschaft, welche ich mit Hilfe des s. Zt. befreiten Ntorobo- mädchens mit diesem Jägervolke schloß, sodaß es mir sogar ge- lungen ist, diese interessante Rasse zu photographieren. So kam Neujahr 1896 heran und wir schnürten unser Bündel. Auf der Heimreise begleiteten mich drei Eingeborene, Der Häuptling „Beimuisu" von Monisu, der Sohn des Häuptlings „Tombori", Namens „Kinondo", und „Bario", der 12jährige Sohn des Häupt- lings von Seitju. Der Letztere hat ein Jahr die deutsche — cv — Volksschule besucht und ist jetzt mit Freund Säuberlich, dem Missionar, wieder zurückgekehrt. — Noch besuchte ich das Mumonigebirge, um den heiligen Baum der Wakamba zu sehen; und wirklich, die Neger haben nicht Unrecht: diese enorme Mimose streift ans Überirdische in ihren Dimensionen. Am Athi entdeckten wir noch eine Höhle, welche zweifellos Menschen zum Aufenthalt gedient hat. Leider war sie zur Zeit von Löwen bewohnt und wir mußten von einer genaueren Unter- suchung abstehen. Nun, hoffentlich das nächste Mal. Denn ich hoffe, daß es mir gelingen wird, eine neue Expedition nach jenen Gebieten zu unternehmen und weiter zum fabelhaften See Loriän und zum Eudolfsee, dessen Fauna und Floi'a so gut wie gänzlich unbekannt sind". Eine große Anzahl selbstaufgenommener Photographien illustrierten den Vortrag. Die Versammlung nahm diesen mit großem Interesse ent- gegen und der Vorsitzende dankte dem Redner in warmen Worteu. Samstag, den 6. November 1897. Vorsitzender: Herr Oberlehrer Blum. Der Vorsitzende macht auf die ausgestellten Land- und Süßwasserkonchylien aufmerksam, die einen Teil der Mollusken- ausbeute Kü ken thai' s bilden und von Dr. Kobelt bearbeitet worden sind. Die Arbeit befindet sich im I.Hefte des 24. Bandes der Abhandlungen und ist mit acht schönen Tafeln illustriert, die ebenfalls vorliegen. Von den beschriebenen Arten sind etwa 20 neu und eine, Phania lanipas Müller, nach langen Jahren zum erstenmale wieder aufgefuuden. Außerdem weist der Vor- sitzende auf den vorliegenden Bd. XXIII der Abhandlungen, den ersten Band der wissenschaftlichen Ergebnisse KükenthaPs, hin. Er enthält 14 Arbeiten mit 629 Seiten Text und 26 Tafeln x4.bbilduugen. Voraussichtlich werden die noch zu publizieren- den Reiseergebnisse zwei weitere Bände erfordern. Das sind Erfolge, bemerkt der Vorsitzende, die von dem Reisenden nur bei gediegener Sachkenntnis, großer CTewandtheit und unver- drossener Arbeit auch in den ungünstigsten Verhältnissen erzielt w^erden konnten. — CVT — Hierauf ergriff Herr Hof rat Dr. B. Hagen dasWoit zu seinem Vortrage über Die Eingeborenen von D e u t s c h - N e u - G u i u e a. Er sagte: Dieses Thema dürfte gerade jetzt ein beson- deres Interesse beanspruchen, da vor kurzem die Nachriclit von der Ermordung des stellvertretenden Laudeshauptmanns C. V. Hagen durch die entsprungenen Mörder der Ehlers'schen Expedition durch die Blätter ging. Was die Abstammung der Papuas betrifft, so finden wir sowohl bei der vergleichenden Sprachforschung als der Anthro- pologie nur wenig Aufschluß. Wir sehen die Papuas, die Melanesier, wie eine Vöikerrasse mitten in der malayisch-poly- nesischen Rasse sitzen, gegen die sie sich durch einen breiten Gürtel von Mischvölkern abgeschlossen haben. Ebenso wie Neu-Guinea in zoologischer Hinsicht eine Sonderstellung auf unserem Erdball einnimmt, indem es heute noch eine uralte Fauna lebendig besitzt, welche in andern Erdteilen längst unter- gegangen und abgestorben ist, ebenso zeigt es in seiner mensch- lichen Bevölkerung Zustände, welche an die frühesten Epochen des Menschengeschlechts erinnern. Der Papua lebt noch mitten in der Steinzeit; Metall kennt er nicht, oder hat es wenigstens bis vor kurzem noch nicht gekannt. Wir bringen ihm jetzt eiserne Messer, Äxte und Hobeleisen, er legt das altehrwürdige Steinbeil zur Seite, das der jüngeren Generation laugsam in Vergessenheit gerät, und schickt sich an, direkt aus der Stein- zeit heraus in eine neue Epoche seines Daseins, in das Zeit- alter des Eisens, einzutreten. Bezüglich der körperlichen Beschaffenheit der Papuas hebt Redner hervor, daß dieselben schlanke, sehnige Gestalten von mittlerer Größe (im Durchschnitt etwa 162 Centimeter) sind mit ziemlich schmalen und laugen Schädeln und Gesichtern, an denen oft eine kühn gebogene Nase vorspringt, welche dann dem Antlitz im Verein mit den charakteristischen Ziegenbärten ein frappant semitisches Gepräge verleiht. Das Weib hat sich, wie bei den Naturvölkern fast durchgeliends, anatomisch noch nicht soweit vom Manne differenziert, wie bei den Kulturrasseu. Nachdem Redner sodann noch auf die Sprachverhältnisse bei den Eingeborenen eingegangen und einige ergötzliche Sprach- — evil - proben aas der zwisclieu diesen und den Europäern gebräuch- lichen lingua franca, einem schauerlichen, als Pitjen-Englisch bezeichneten Universal-Jargon, gegeben hat, bespricht er kurz den Handelsverkehr, meistens Tauschhandel und geht dann über auf Kleidung, Waffen und Schmuck. Des weiteren werden die geistigen und Charaktereigen- schaften einer Betrachtung unterzogen und als besonders charak- teristisch hervorgehoben die große Eitelkeit, aber auch die Gut- mütigkeit der Papuas, namentlich an der Astrolabe-Bai, wo- bei die Überzeugung des Vortragenden, auf langjährige per- sönliche Erfahrung begründet, zum Ausdruck kommt, daß der sogenannte Wilde von Haus ans ein harmloses, gutmütiges, den Europäer wie ein höheres Wesen verehrendes Geschöpf sei, eine Illusion, die der Europäer gewöhnlich selbst zu seinem eigenen Schaden nur zu bald zu zerstören pflege. Zum Schlüsse giebt Vortragender noch ein anschauliches Bild der Sitten und Gebräuche unserer brauneu Brüder in der Südsee, indem er den Lebenslauf eines Papua von der Astro- labe-Bai von der Geburt bis zum Grabe schildert. Einige mit- geteilte Liedchen zeugen von der Phantasie und poetischen Begabung dieses Völkchens. Zahlreiche Bilder und Photogramme, meistens Originalauf- uahmen desVortrageudeu, erläuterten und illustrierten den Vortrag. Der Vorsitzende dankt dem Redner für die interessanten Mitteilungen aus seinen anthropologischen Studien, die demnächst in einem umfangreichen Werke erscheinen werden. Samstag- den 20. November 1897. Vorsitzender: Herr Obeilehrer Blum. Ausgestellt sind zahh'eiche, im Laufe des letzten Jahres eingegangene, für die Sammlung neue Kriechtiere und Lurche. Professor Dr. 0. Boettger knüpft an einzelne der besonders auffallenden Formen kurze Bemerkungen. Die meisten der ausgestellten Arten verdankt die Gesellschaft freundlichen Schenkern, und vor allem den Herren Dr. Alfr. Voeltzkow, Dr. Aug. Brauer, Dr. A. Zipperlen, lug. Karl Nolte und den Konsuln Dr. 0. Fr. von Moelleudorf f, G. von Schröter und F. C. Lehmann. Eingehender bespricht der Redner die — CVIII — blaufleckige Form unserer gemeinen ßliudschleiche, sodann die stachelsclivvänzige Eidechse, den einzigen Vertreter der Gattung Lacerta aus dem tropisclien Afrika und gewisse im männlichen Geschlechte mit doppelten Nasenhörnern versehene Chamäleons. Eigentümliche Nasenhörner trägt auch eine vorliegende ost- afrikanische Baumviper (Athens), aber in beiden Geschlechtern. Einige besonders durch ihre Verbreitung bemerkenswerte Gecko- nen und zwei ueue, durch ihre Brutpflege auffallende Schleichen- lurche, wurmartige Wirbeltiere aus der Klasse der Lurche ohne Gliedmaßen, beanspruchten schließlich noch besonderes Interesse. Hierauf hielt Herr Professor Dr. M. Möbius seinen an- gekündigten Vortrag : Über das Stärkemehl. In Deutschland benutzt man zur Gewinnung des Stärke- mehls hauptsächlich die Früchte der Getreidearten und die Ivartuft'eln, weil in beiden die Pflanze Stärke aufgehäuft hat, dort zur ersten Ernährung des Keimlings, hier zur Ausbildung der Triebe aus den sogenannten Augen der Knolle. In dem Leben der Pflanzen, von denen die Früchte oder die Knollen genommen sind, ist die Ablagerung der Stärke in den dazu be- stimmten Organen das Endprodukt des Ernährungs- und Stoff- wechsels, der gerade hiusichtlich der Stärkebildung verhältnis- mäßig einfach verläuft und leicht zu übersehen ist. Es wird nämlich als erstes organisches Produkt aus Wasser und der Kohlensäure der Atmosphäre auch Stärke gebildet. Dies ge- schieht aber in den Blättern und aus diesen muß die Stärke nach den Reservestoff behältern , den Früchteu und Knollen, transportiert werden. Zum Transport wird sie in Trauben- zucker verwandelt, weil dieser in Wasser löslich ist und die wässerige LiKsuug leicht von Zelle zu Zelle in der Pflanze dringen kann, bis zu dem Orte der Ablagerung, wo aus dem Trauben- zucker wieder die Stärkekörner entstehen. Die Bildung der Stärke aus Kohlensäure und Wasser ist an das Licht und das Blattgrün gebunden und wirklich entstehen die Stärkekörnchen im Blatte in den Chlorophyllkörnern , den protoplasmatischen Trägern des Blattgrüns, selbst, die man deshalb auch Stärke- bildner oder Trophoplasten nennt. Andere, farblose Trophoplasteu besorgen in den Zellen der — CIX ~ Kartoffelknolle die Rückbildung der Stärke aus Zucker, wozu kein Licht notwendig ist: es ist eben auch kein synthetischer Prozeß aus einfacheren Stoffen, sondern nur eine chemische Um- setzung, da der Zucker die gleiche Zusammensetzung wie die Stärke besitzt. Es kann auch aus dem wandernden Zucker vorübergehend Stärke gebildet werden und so können wir Stärke- körner an Orten finden, wo sie weder durch primäre Bildung entstanden noch als Reservestoff abgelagert sind : es ist dies die sogenannte transitorische Stärke. Das anfänglich kleine Stärkekorn wächst innerhalb seines Stärkebildners, wird von diesem gleichsam ernährt und wahr- scheinlich bis zu seiner Auflösung umschlossen gehalten, wodurch die Substanz des Trophoplasten zu einem dünnen, kaum mehr sichtbaren Häutchen ausgedehnt werden kann, wie bei den Körnern der Kartoffelstärke, die zu den größten gehören und 0,070 — 0,080 mm lang werden. Das Wachstum geschieht durch Auflagerung neuer Schichten, wobei die Schicliten wahrscheinlich den täglichen Perioden der Stärkebildung entsprechen. Wir sehen hier deutlich den Unterschied zwischen dem lebendigen, organisierten Stärkebildner und dem zwar organischen, aber nicht organisierten Stärkekorn, das sich ganz passiv verhält, wie sich auch die Zellmembran dem ihr anliegenden lebendigen Proto- plasmaschlauch gegenüber verhält. Das Stärkekorn wächst also wie ein Krystall und ist wahrscheinlich auch ein sphäro- krystallinisches Gebilde, d. h. besteht aus lauter Krystallnädelchen, die um einen gemeinsamen Mittelpunkt zu einem kugelähnlichen Körper angehäuft sind. Die Substanz der Krystallnadeln ist das Kohlehydrat Amylose, das in zweierlei Modifikationen im Stärkekorn durcheinander krystallisiert ist. Die Auflösung des Stärkekorus scheint ebenfalls von dem Stärkebildner selbst auszugehen, indem dieser eine besondere. Diastase genannte Substanz erzeugt. Durch sie wird die Sub- stanz des Stärkekorns aufgelöst, entweder so, daß sie von außen her abschmilzt oder so, daß sie durch Spalten und Kanäle all- mählich gleichsam zerfressen wird. Dieser Auflösungsprozeß findet auch in der Nacht statt, so daß die Blätter des Morgens weniger Stärke enthalten und deswegen durch Jodlösuug, die die Stärke bekanntlich blau färbt, weniger dunkel gefärbt werden, als des Abends. Am Tage wird wieder neue Stärke — ex - gebildet, solange das Blatt thätig ist; vor seinem Abfallen oder Absterben wandert alle Stärke durch den Blattstiel in den Stamm aus, indem sie in Traubenzucker übergeht. Dessen Lösung wird hauptsächlich in der Rinde transportiert, teils nach den Orten hin, wo Reservestoffe abgelagert werden. Das Letztere geschieht bei einjährigen Pflanzen in den Samen, bei den Stauden in Knollen, Rhizomen, Wurzeln, bei den Holzpflanzen in gewissen Elementen des Holzes: auch hier im Holze ist der Reservestoff in den meisten B^ällen wiederum Stärke. Beim Keimen der stärkehaltigen Samen, bei dem Austreiben der Stauden und Bäume wird die Stärke wieder durch Diastase aufgelöst, in Zucker umgewandelt, der dann zum Aufbau der neuen Organe verwendet wird. Der Vortrag wuide durch Tafeln, Präparate und mikro- skopische Demonstrationen unterstützt. Der Vorsitzende sprach dem Redner für den klaren, scliönen Vortrag wärmsten Dank aus. Samstag-, den 4. Dezember 1897. Vorsitzender Herr Oberlehrer Blum: Der Vorsitzende eröffnete die Sitzung und erteilte nach Vorlesung des Protokolls das Wort Herrn Geheimrat Professor Weigert zur Berichterstattung über die Überreichung des Diploms als k o r r e s p o n d i e r e n d e s E h r e n m i t g 1 i e d an Herrn Geheimrat Professor Virchow am 23. Ok- tober d. Js. Herr Geheimrat Weigert hatte sich nach Berlin begeben, um das Diplom persönlich zu übergeben und er schildert nun den Vorgang der Überreichung und die Freude, die diese Ehrenbezeugung bei dem Gefeierten hervorgerufen hat, besonders da sie die Erinnerung an die ihm vor 50 Jahren von der Gesellschaft verliehene Auszeichnung durch die Er- nennung zum korrespondierenden Mitgliede in ihm wachiief. Diese Ernennung Avar nämlich die erste wissenschaftliche Aus- zeichnung, die dem damals noch so jungen Forscher zuteil wurde. Der Vorsitzende wiederholte dem Berichterstatter den Dank der (lesellschaft für die Uneigennützigkeit und Liebens- würdigkeit, mit denen er sich zur Reise nach Berlin bereit er- klärt hatte. — CXI — HerrDr.W.Scliaiif hielt alsdann den angekiindigtenVortrag: Sericitgneise aus der Umgebung von Wiesbaden. (Siehe diesen Bericht Seite 3). Samstag, den 18. Dezember 1897. Vorsitzender Herr Oberlehrer Blum: Der Vorsitzende begrüßt Herrn Professor Dr. Rud. Burck- hardt aus Basel und dankt ihm für die bereitwillige Über- nahme des heutigen Vortrages. Der Vorsitzende teilt alsdann mit, daß Ende dieses Jahres der zweite Direktor, Herr Dr. med. A. Knoblaucli, und der zweite Sekretär, Herr Dr. med. E. v. Meyer, aus der Direktion auszutreten haben. An ihre Stelle wurden die Herren Dr. med. E. Blumen thai und Dr. med. C. Vohsen gewählt. Herr Dr. F. Schmidt-Polex, der der Gesellschaft fünfzehn Jahre lang als Rechtskonsulent treu zur Seite gestanden, hat sich aus Gesundheitsrücksichten veranlaßt gesehen, sein Amt niederzulegen, das Herr Dr. F. Berg zu übernehmen die Güte hatte. Die Gesellschaft ist beiden Herren zu vielem Danke verpflichtet. Alsdann legte der Vorsitzende in zwei Exemplaren eine Frucht vor, die 0 sage -Orange, Madura aurantiaca Nutt., die aus dem Parke des Herrn von Holzhausen daliier stammt und wohl selten, wenn überhaupt je, in Deutschland so schön gewachsen ist. Das größere Exemplar hat ein Gewicht von einem Kilogramm und einen Durchmesser von gut 12 Zenti- meter. Die vorgelegten Früchte sind noch grün ; im reifen Zustande sehen sie gelb aus. Die Osage-Orange gehört zu den Maulbeergewächsen und die Frucht ist daher wie die Maulbeere eine Sammelfrucht. Die Bäumchen im von Holzhausen'scheu Parke sind etwa 5 — 6 Meter hoch und es stehen, da sie ge- trennten Geschlechtes (zweihäusig) sind, männliche und weib- liche Bäumchen beisammen. Die dornigen Äste sind dünn und nur dadurch, daß das Holz ungemein fest ist, vermögen sie die schweren Früchte zu tragen, ohne zu brechen. Seiner Festig- keit und Elastizität wegen wird das Holz in seiner Heimat zur Anfertigung von Bogen verwendet, daher die Amerikaner den Baum Bow-wood nennen. Der Osage-Orangenbaum ist in Nord- amerika zu Hause, in der Heimat der 0 sagen, einem Indianer- stamm m Arkansas und im nördlichen Louisiana. — CXII — Herr Professor Rud. Bur ck ha rdt (Basel) hielt nunmehr seineu augekündigteu Vortrag: Die Riese u Vögel der südlichen Hemisphäre. Nach einleitenden Worten des Dankes gegen die Leiter der Senckenbergischen naturforschenden Gesellschaft recht- fertigt der Vortragende die Wahl seines Themas : nicht nur die Gelegenheit, die sich ihm bot, sich mit dem Gegenstande ver- traut zu machen, hat ihn zu ihr bewogeu, sondern auch die wertvollen Funde, die in diesem Jahrzehnt gemacht worden sind, erlauben, die Diskussion über die an die Existenz von Riesenvögeln geknüpften Hj^pothesen erneuter Prüfung zu unter- werfen. Allgemein bekannt ist die (3rdnung der Laufvögel, zu welcher neuerdings gezählt wurden: die afrikanischen und amerikanischen Strauße, die Emus und Kasuare von Australien und Neuguinea, die Schnepfenstrauße und die ausgestorbenen Moas auf Neuseeland und endlich die Riesenvögel von Madagaskar, Aepyornis, welche den Moas ähnlich sahen. Diese Vogelfamilien werden einzeln besprochen, wobei namentlich auch der neuen und vollständigeren Funde von Aepj^ornis gedacht wird, die erst in diesem Jahre die Aufstellung eines ganzen Skelettes im Britischen Museum gestatteten und ferner der Entdeckung und Veröffentlichung einer früher gänzlich unbekannten Fauna tertiärer und quartärer Riesenvögel in Südamerika. Die ganze Ordnung der Laufvögel weist besonders eigentümliche Eigen- schaften auf, so die Verkümmerung der Flügel und ihre Folgen, die übermäßige Ausbildung der Beine und die Rückbildung des Gefieders. Sie wurde später als ein getrennter Vogelstamm betrachtet und den übrigen Vögeln oder Flugvögelu gegenüber- gestellt. Suchen wir aber genauer, so finden sich zahlreiche „ Flugvögel ", welche im Begriff sind zu Riesen zu werden, unter Beginn oder völliger Durchführung der Laufvogelmerkmale. So wurde schon längst erkanut, daß der Dodo oder Dronte, der einst auf Mauritius gelebt hat und von den Ansiedlern aus- gerottet worden ist, eine Riesentaube sei. Weitere Riesentauben, aber auch Gänse, Reiher, Wasserhühner, Raubvögel wurden in denselben Gebieten gefunden, in denen heute noch fluglose und riesig ausgebildete Vögel wohnen, und zwar sind bis jetzt eine ganze Reihe von erloschenen oder im Erlöschen begriffenen — CXIII — Vögeln bekannt, die unter Reduktion ihrer Flügel infolge der insularen Einengung sich teils anschicken Riesenvögel zu werden, teils wenigstens ihr Flugvermögen aufgegeben haben, aber aus- gestorben sind, ehe sie ihr Ziel erreichten. Die Hypothesen, welche sich an das stetsfort sich mehrende, vom Vortragenden durcli Abbildungen belegte Material knüpfen, sondern sich nach zwei Richtungen. Die einen Forscher nehmen an, es habe einst am Südpol, etwa zur Kreidezeit, ein großer Kontinent existiert, die Antarktika, auf welchem sich die Riesenvögel ausgebildet hätten; von dort seien sie durch zeitweise bestehende Land- verbindungen nach denjenigen Gegenden ausgewandert, die heute noch eine Anzahl von ihnen bewohnt. So sei die weit- gehende Ähnlichkeit zwischen den Moas von Neuseeland und den Aepyornithen von Madagaskar zu erklären, so auch die Existenz von ähnlichen Rallen auf Mauritius und den bei Neu- seeland gelegenen Chatham-Iuseln. Diese Ansicht trat in Ver- bindung mit der oben erwähnten, wonach die Vögel nicht als einheitlicher Stamm sich sollten aus den Reptilien entwickelt haben, sondern in den getrennten Stämmen der Laufvögel und der Flugvögel. Demgegenüber vertreten andere Forscher die Ansicht, die fluglosen Riesenvögel seien völlig unabhängig von- einander an ihren Wohnorten entstanden. Für die Existenz eines antarktischen Kontinents seien sie daher nicht heranzu- ziehen. Nach anatomischen Untersuchungen, insbesondere von M. Für b ringer in Jena, sei die Laufvögelordnung aufzulösen und es zeige jede der zu ihr gehörigen Familien Merkmale, die sie der einen oder anderen Gruppe von Flugvögeln nahe bringen, die aber von den durch Anpassung entstandenen Merkmalen übertäubt würden, die Ähnlichkeit sei eine äußerliche und deute nicht sowohl auf Verwandtschaft als auf Ähnlichkeit der Lebensbedingungen, unter denen sich die Laufvögel aus- gebildet hätten. Verständlich gemacht würde diese Auffassung durch die Existenz der aufgezählten Riesengäuse, Reiher, Raub- vögel u. s. w., bei denen der Riesenwuchs in geringerem Maße die Zugehörigkeit der Riesenformeu zu der flugfähigen Ver- wandtschaft verwischt habe. Der Vortragende bekennt sich als Anhänger der letzteren Hypothese und sucht seine Stellung aus der Geschichte der Entdeckungen und der Geschichte der Zoologie zu begründen, wobei er namentlich Parallelen aus der — CXIV ^- Stammesgeschichte der Säugetiere und aus der Pathologie zum Vergleich beizielit. Die Zuhörer zollten dem Redner reichen Beifall und der Vorsitzende sprach den Wunsch ans, daß die Gesellschaft öfters die Freude haben m()ge, ihn in ihrer Mitte begrüßen zu können. Samstag-, den 15. Januar 1898. Vorsitzender: Herr Oberlehrer Blum. Bei Beginn der heutigen Sitzung widmete der Vorsitzende Herr Oberlehrer Blum dem verstorbenen korrespondierenden Mitgliede Herrn Dr. Jean Valentin folgende Worte der Er- innerung: Hochgeehrte Versammlung! Ein trauriges Ereignis veranlaßt mich, heute in der ersten wissenschaftlichen Sitzung des Jahres statt eines Grußes für die Zukunft, Worte der Er- innerung an Sie zu richten. Am vorletzten Tage des alten Jahres erhielt die Senckenbergische Gesellschaft von dem Direktor des Museo Nacional in Buenos Aires, Dr. Carlos Berg, die erschütternde telegraphische Mitteilung, daß Valentin auf einer Expedition nach Patagonien gestorben sei. Eine zweite Depesche an die Familie besagte, daß der Tod durch einen Absturz erfolgt ist. Im Oktober hatte Valentin im Auf- trage des Museo Nacional eine auf sechs Monate berechnete Reise nach Patagonien angetreten zum Zwecke geologisch- mineralogischer Studien. Ein Dampfer, der die Schiffahrt an der patagonischen Küste vermittelt, hatte ihn in vier Tagen nach Puerto Madriu im Golfo Nuevo gebracht und von da be- nutzte er die Eisenbahn bis zu ihrer Endstation Trelew, einem kleinen Städtchen im Gouvernmeut Chubut. Seine Reisebe- gleitung bildete bis hierher ein Jäger, der zugleich Präparator war. Nunmehr, da die eigentliche Forschungsarbeit begann, nahm Valentin sich noch einen Fuhrmann, der auf einem vier- rädrigen Karren das Gepäck, den Mundvorrat, das Trinkwasser und die Ausbeute zu befördern hatte, und einen Diener. Außer- dem führte er sechs Reitpferde und einen Jagdhund mit sich. Wohl ausgerüstet und nachdem die Barrancas des Chubutflusses untersucht worden waren, begab er sich am 16. November von Trelew nach dem Hafenorte Rawsou, dem Sitz des Gouverneurs, von wo er in vier Tagen auf der Estancia Cabo Raso in ~ cxv — Clmbut, der Schäferei eines ihm befreundeten Deutschen Namens Fischer ankam. Der Ort liegt zwischen dem 44. und 45. Grad südliclier Breite. Am 26. brach er nordwärts nach einem wenige Stunden entfernten Gebiete am Atlantischen Ocean auf. Dort arbeitete er noch am 4. Dezember, an welchem Tage er eine letzte Postkarte abschickte; er schreibt darauf, daß er in zwei Wochen wieder bei Fischer zu sein gedenke. Diese Karte so- wie drei Briefe früheren Datums, die alle sein Wohlbefinden bestätigen und die froheste Zuversicht ausdrücken, sind am 7. Januar, also 2 Wochen nach seinem Tode, bei seiner Frau eingetroflfen. Jean Valentin ist dreißig Jahre alt geworden. Er war der Sohn des längst verstorbenen Lehrers an der Weißfrauen- schule Karl Valentin. Frühe schon verriet er eine ent- schiedene Neigung für die Naturwissenschaften. Schon als Schüler der Wöhlerschule besuchte er fleißig die Vorlesungen des Herrn Professor Kinkelin und beteiligte sich mit Eifer an den Exkursionen. Nach Absolvierung der Wühlerschule be- gab er sich nach Freiburg i. Br. , wo er hauptsächlich dem Studium der Chemie und Physik oblag, und dann nach Zürich. Hier war es besonders der Geologe Professor Heim, der den jungen Studenten durch seine klaren Vorträge und die noch lehrreicheren Ausflüge fesselte. Schließlich suchte Valentin noch die Universität Straßburg auf, woselbst seine vornehmsten Lehrer der Paläontologe Be necke und der Mineraloge und Petrograph Bucking waren. Dort promovierte er auch 1889 mit seiner Dissertation „Die Geologie des Kronthaies i. E. und seiner Umgebung". Nach Beendigung seiner Universitätsstudien bot ihm die Senckenbergische naturforschende Gesellschaft die Gelegenheit, sich einer Forschungsreise des Dr. R a d d e nach Hocharmenien anzuschließen. Lu Januar 1890 begab er sich deshalb nach Tiflis, bereitete sich am dortigen Museum für seine Reise vor und brach im April mit der Expedition nach dem Karabagh- Gau auf, von wo er dann im September desselben Jahres über Tiflis, Batum, Konstantinopel, Kalymnos, Brindisi nach Frankfurt zurückkehrte. Sein Reisebericht (Ber. d. Senckenb. naturf. Ges. 1891, S. 159) mit 2 Tafeln und 4 Textfiguren schildert namentlich die geologischen Verhältnisse des Karabagh. Das 8* — CXYI — petrog-raphische Material ist von C. R. Thost bearbeitet (Abli, d. S. n. G. B(l. XVIII, S. 211), während die Kriechtiere und die Meeresmollusken von Professor Boettger beschrieben sind (Ber. 1892, S. 131 n. 8. 163), die Landkonchylien von Dr. Kobelt. Die Beschreibung- der Nacktschnecken hat Professor Simrotli veröffentlicht. Zur weiteren Ausbildung besuchte er nach seiner Rück- kehr im Wintersemester 1890/91 die Bergakademie in Berlin und im Sommer 1891 die zu Clausthal im Harz, worauf er als- dann in der Metallgesellschaft dahier zwei Jahre als Montan- techniker thätig war. In dieser Stellung hielt er am Sencken- bergianum im Sommersemester 1892 Vorlesungen „Ueber ange- wandte Geologie". Die Wanderlust und der Trieb Neues zu sehen und den Gesichtskreis zu erweitern, veranlaßten ihn im Herbst 1893, be- gleitet von seiner jungen Frau, einem Rufe als Geologe an das Museo de La Plata in Argentinien zu folgen, in welcher Stellung er anderthalb Jahre verblieb. Aus dieser Zeit stammen zwei Briefe an die Gesellschaft (Ber. 1895, S. 75). In dem einen beschreibt er die Stadt La Plata und das von Dr. Francisco Moreno gegründete und geleitete Museum und in dem anderen, aus Hinojo in der Sierra von Tandil (Prov. Buenos Aires) da- tiert, giebt er ein kurzes Bild von der Geologie dieser Sierra und berichtet über das Reisen im Innern des Landes. Ein wissenschaftliches Ergebnis dieser Reise war der „Beitrag zur geologischen Kenntnis der Sierren von Olavarria und Azul" (Ber. 1895, S. 81). Es sind das isoliert stehende Ausläufer der Sierra von Tandil, über deren Geologie vorher noch wenig ver- öffentlicht worden ist. In den Monaten September und Oktober 1894 bereiste er die Provinz San Luis, worüber er in der Revista del Museo de La Plata berichtete. Am 1. April 1895 vertauschte Valentin seine bisherige Stelle mit der eines Chefs der geologischen und mineralogischen Abteilung am National -Museum in Buenos Aires. Von seiner außerordentlichen Schaffenslust und Schaffenskraft, aber auch zugleich von seinen gediegenen und umfangreichen Kenntnissen legen eine Reihe von Arbeiten, meistens in spanischer Sprache veröffentlicht, beredtes Zeugnis ab. Eine prächtige Schilderung von einem Ausfluge nach dem Paramillo de Uspallata, einem — CXVII — der Hauptkordillere vorgelagerten Gebirgsstock in der Provinz Mendoza, befindet sich iu unserem Bericht 1896, S. 135. Ein arbeitsreiches Leben ist iu seiner Vollkraft, inmitten emsigen Wirkens im Dieuste der Wissenschaft vernichtet worden und viele Hoffnungen sind damit zu Grabe gegangen. Eine schwergeprüfte jugendliche Frau mit zwei kleinen Kindern weint um ihren treuen und liebevollen Gatten; tiefgebeugt trauert eine Mutter um ihren einzigen Sohn, die Stütze ihres Alters, und klagend vergegenwärtigen sich die Schwestern die Züge ihres teuren Bruders, der ihr Stolz und ihre Freude war. Die Wissenschaft hat in Valentin einen aufstrebenden Barscher ver- loren, der zu den schönsten Erwartungen berechtigte, und die Senckenbergische naturforschende Gesellschaft beklagt in dem Dahingegangenen einen aufrichtigen Freund und eifrigen Förderer ihrer Bestrebungen; sie wird ihm stets ein treues Gedenken bewahren. — Die Anwesenden erhoben sich zur Ehrung des Heimgegangenen von iliren Sitzen. Herr Dr. med. F. Blum hielt nunmehr seinen ange- kündigten Vortrag: Zur Physiologie der Schilddrüse. Die Schilddrüse, ein früher ganz unbeachtet gebliebenes Organ, ist seit Beginn der 80er Jahre von Physiologen und Klinikern auf das eifrigste studiert worden. Es zeigte sich nämlich im Tierexperiment, daß die Anwesenheit der Drüse von lebenswichtiger Bedeutung für den Organismus ist und die Beobachtungen am Menschen lehrten, daß Störungen in der Funktion der Schilddrüse mit schweren Erkrankungen einher- gehen. Andererseits wurde von klinischer Seite aus nachge- wiesen, daß die Eingabe von Schilddrüsensubstanz bei manchen Erkrankungen geradezu lebensretteud zu wirken vermag. Unter diesen Umständen war es nicht zu verwundern, daß eine rege ForschuDg nach der wirksamen Substanz jenes Organs allent- halben begann. Den ersten wesentlichen Fortschritt zur Aufklärung der Physiologie der Schilddrüse brachte die Entdeckung des ver- storbenen Professors Baumann, der im Jahre 1896 feststellte, daß die Schilddrüse eine organische Jodsubstanz — das — CXVIII — Thyrojodin oder Jodotliyrin — enthalte und daß diese im wesentlichen alle Eigenschaften besitze, wie die Schilddrüse selbst. Ende des Jahres 1896 wurde durch den Redner darauf hingewiesen, daß das Jodothyrin auffallende Ähnlichkeit mit mit Jodeiweißpräparaten besitze und weitere Untersuchungen ergaben neuerdings, daß die Jodsubstanz der Schilddrüse ein Jodeiweißkörper ist. Das Thyrojodin ist also nur ein Spaltungs- produkt eines Jodeiweißes. Seinen Jodvorrat gewinnt das Organ dadurch, daß es durchpassierende Jodverbindungen aufgreift und verarbeitet; je mehr Jod in der Nahrung enthalten ist, um so reicher ist die Schilddrüse an diesem Element. Hat die Drüse Jod einmal aufgegriffen, so hält sie es auch mit großer Energie durch Wochen und Monate fest. — Vielerlei Anzeichen legen den Schluß naiie, daß die Jodsubstanz der Schilddrüse nicht in den Kreislauf gelangt; vielmehr innerhalb der Grenzen der Drüsen dauernd verbleibt. Ob das Jod dort, ohne Umsetzungen durch- zumachen, liegen bleibt oder ob sich innerhalb der Drüse ein kontinuierlicher Jodstoffwechsel vollzieht, läßt sich nicht mit Sicherheit entscheiden. Es sprechen aber die Erscheinungen, die der Herausnahme der Drüse folgen, dafür, daß in derselbtm eine beständige Lebensthätigkeit vor sich geht und diese dürfte wohl durch Umsetzungen des Jods bedingt sein. Der Vorsitzende dankt dem Redner für seineu Vortrag. Samstag-, den 29. Januar 1898. Vorsitzender: Herr Oberlehrer Blum. Der Vorsitzende besprach eine Anzahl aufgestellter Pflanzen, die im Freien ihre Blüten entfaltet haben. Von diesen Pflanzen blühen, wie in diesem Winter geschah, manche öfters schon um die Weihnachtszeit und noch früher, so die schwarze Nieswurz, der nacktblütige Jasmin, die wohlriechende Pinselblurae, Peta- sites fragrans^ die wohlriechende Winterbhime, Chimonanthus fragrans^ und die wohlriechende Heckenkirsche, Lonicera Jragrantissima\ dagegen sind die folgenden Pflanzen diesmal der Durchschnittszeit ihrer Blütenentfaltung bedeutend voraus. - CXIX — Die Haselnuß, deren erste Blüte nach dem Mittel aus 30 Jahren am 6. Februar erscheint, hat nach Dr. Ziegier schon am 15. d. Mts. im Biegwald und anderwärts gestäubt. Uelleboriis purj)n?-ascens ist im Begriff, ihre purpurnen Kroneublätter auszubreiten, was sonst erst Ende Februar geschieht. Der Winterling, Eranthis hiemalis^ blüht seit dem 25. d. Mts., besonders schön im Nizza, während das Mittel aus 17 Jahren für die erste Blüte auf den 13. Februar fällt. Den größten Zeitunterschied weist der Seidel- bast, Daphne mezer ettm^ auf; er hat im Botanischen Garten und an anderen Orten schon am 25. Dezember geblüht, über zwei Monate früher als in einem normalen Winter. — Alsdann teilte der Vorsitzende mit, daß der verstorbene Generalarzt Herr Dr. A. S t e i n h a u s e n in Bockenheim der Senckeubergisclien naturforschenden Gesellschaft seine Schmetterlingssammlung testamentarisch vermacht hat und daß diese nunmehr der Ge- sellschaft definitiv übergeben worden ist. Die Sammlung besteht aus einer reichen Zahl sehr wertvoller exotischer Tiere, die in zwei Schränken untergebracht sind. Sobald sie neu präpariert und geordnet sein werden, was Herr Hof rat Dr. B. Hagen zu übernehmen die Güte hatte, wird die Gesellschaft sie in ge- eigneter Weise ihren Mitgliedern zugänglich machen. Das korrespondierende Mitglied Herr Dr. G. Greim, Darm- stadt, sprach hierauf Über Bergstürze. Seit Hoff und Lyell hat man sich gewöhnt, von den früheren Katastrophentheorien abzusehen und die Wirkung der Kräfte, die umgestaltend auf das Festland eingreifen, als eine langsame anzusehen. Doch giebt es immerhin einige Erscheinungen, die sich in diesen Quietismus nicht fügen wollen, z. B. die Berg- stürze. Sie treten nur an Gehängen mit relativ steilen Böschungs- winkeln auf, doch natürlich nicht au allen derartigen Gehängen. Es ist nämlich zur Entstehung des Bergsturzes, abgesehen von besonderen Eigentümlichkeiten des Gesteins, vor allem nötig, daß sich eine Ablösungsfläche bildet. Im einfachsten Fall kann dies durch die Schichtung erreicht werden, indem eine Schichtfuge als Ablösungsfläche dient. Es sind dies die im engeren Sinn „Bergschlipfe" genannten Bergstürze. Natürlich muß hierbei die Schichtung sich in derselben Richtung, wie das Gehänge — cxx — senken, aber unter schwächerem Winkel als letzteres. Ein der- artiger Bergschlipf war der von Goldau am 2. September 1806, bei dessen Entstehung verschiedene begünstigende Umstände mitwirkten. Ist dagegen die Ablüsuugsfläche nicht parallel einer Schichtfiäche, sondern durchsetzt das Gestein quer, so giebt es einen Bergsturz im engereu Sinn. Auf diese Weise entstand der vorzüglich untersuchte Bergsturz von Elm in Glarus am 11. September 1881, der gerade wie der von Goldau als Tj'pus dieser Art eingehender besprochen wird. Durch die Lagerungs- verhältnisse allein wird aber niemals ein Bergsturz entstehen. Es ist dazu die Mitwirkung anderer Verhältnisse notwendig, insbesondere die einer Kraft, welche den Zusammenhang an der betreffenden Stelle langsam löst, so daß die Abtrennung der stürzenden Gesteinsmasse erfolgen kann. Daran ist im Gebirg kein Mangel, es kijnnen in dieser Weise klimatische Faktoren, Pflanzenwnichs, Arbeiten des Menschen etc. tliätig sein. Ge- wöhnlich ist von diesen Ursachen der Lockerung in dem Gefüge des Gesteins der letzte Anstoß verschieden. In dem Hochgebirg wirkt als solcher meist heftiger, anhaltender liegen oder die Schneeschmelze, auch können Erdbeben die Auslösung des reifen Bergsturz veranlassen. Die Massen, welche sich bei dieser Ge- legenheit bewegen, sind im Vergleich zu Menschenwerk unge- heuer, nämlich viele Millionen Kubikmeter, klein dagegen im Hinblick auf die Größe des Gebirgs und die von anderen Kräften darin transportierten Massen. Deshalb sieht man auch von den größten recht oft schon bald nichts mehr Auffälliges an der entstandenen Nische im Gehäuge, dem Abrißgebiet, auch die Sturzbalm und das Ablagerungsgebiet bedecken sich bald mit Vegetation, so daß nur noch die Terrainformen oder die geo- logische Untersuchung ihn erkennen lassen. Groß ist der Schaden, den die Bergstürze anrichten, und es drängt sich daher von selbst die Frage auf, ob nicht, da sie sich nicht vermeiden und nicht halten lassen, durch rechtzeitige Warnung die Größe des Verlustes verringert werden kann. Es scheitert dies jedoch meist au der Gleichgültigkeit oder auch dem direkten Wider- stand der Bevölkerung, die sich bei ihrer Anhänglichkeit an die angestammte Scholle nur schwer zur Räumung bewegen läßt. Der Vorsitzende drückte dem Eedner für den schönen Vor- trag den Dank der Gesellschaft aus. — CXXI — Samstag den 12. Februar 1898. Vorsitzender: Herr Oberlehrer Blum. Der Vorsitzende teilt mit, daß das korrespondierende Mitglied Herr Geheimrat Prof. Dr. Rudolf Leuckart in Leipzig am 6. d. Mts. in seinem 76. Lebensjahre gestorben ist und er widmet ihm einen warm gehaltenen Nachruf. Die An- wesenden ehren den heimgegangenen großen Gelehrten durch Erheben von ihren Sitzen. Hierauf hält Herr Dr. med. Ph. Steffan seinen ange- kündigten Vortrag : Entstehung und Ent wickeln ng der Sinnesorgane und Sinnesthätigkeiten im Tierreiche. (Siehe diesen Bericht S. 29). Samstag den 5. März 1898. Vorsitzender: Herr Oberlehrer Blum. Der Vorsitzende teilte aus einem Briefe des Herrn Pro- fessor Dr. C. Berg in Buenos Ayres über den verunglückten Dr. Jean Valentin ergänzend mit, daß der Tod des letz- teren am 10. Dezember erfolgte durch einen Absturz von und mit dem übei'i'agenden Teil des 30 — 40 Meter hohen Meeresufers „Aguada Rej-es", etwa 85 Kilometer südlich von Rawson, der Hauptstadt Chubuts, gelegen. Jedenfalls ist der Tod, wie auch die sorgfältige gerichtliche Untersuchung bestätigte, ein plötz- licher gewesen. Die Beisetzung- der Leiche hat mit allen Ehren auf dem Friedhofe der Stadt Rawson am 12. Dezember 9^4 Uhr morgens stattgefunden. Eine Ehrenwache von 10 Gendarmen und alle Obrigkeitspersonen, sowie viele Einwohner der Stadt gaben dem Hingeschiedenen das letzte Geleite. Herr Geh. Regierungsrat Professor J. Rein aus Bonn hielt nunmehr seinen angekündigten Vortrag : Über Steppen und Wüsten von Trauskaspieu und Turkestan. Noch vor 40 Jahren zählte man Transkaspien und Tur- kestan zu den wenig bekannten Ländern Innerasiens. Ihre Natur und Bewohner boten dem fremden Reisenden vielerlei Schwierigkeiten und Gefahren. Seitdem hat Rußland seine starke — CXXII — Hand auf dieselben g:elegt, zu ihren Oasen und Städten durch Steppen und Wüsten die Wege gebahnt, den nomadisierenden Turkmenen das Räuberhandwerk verleidet, den islamitischen Fanatikern in den Städten gezeigt, daß man den Andersgläubigen nicht unbestraft beschimpfen und verletzen darf. Es hat den Mohammedanern und Juden in diesen Ländern die Segnungen seines mächtigen Schutzes von Gesetz und Ordnung gebracht, dem Handel und den Erzeugnissen des Gebietes vorteilhafte Veikehrswpge und neue Absatzgebiete eröffnet. Russische Sprach- und Naturforscher bereisten das Land nach verschiedenen Richtungen und machten uns näher mit ihm bekannt. Das Alles sind die Segnungen der russischen Besitzergreifung und Kulturarbeit. Nach einer kurzen geographischen Übersicht über Lage, Größe und Oberflächengehalt wendet sich der Vortragende zur Schilderung des Klimas von Russisch-Zentralasien. Große Trocken- heit und Beschränkung der spärlichen Niederschläge auf die Wintermonate, große Gegensätze zwischen Sommerhitze und Winterkälte sind die auffallendsten Züge desselben. Nirgends reichen Regen und Schneefall für Baurawuchs und Landbau aus. Diese sind nur mit Hülfe künstlicher Bewässerung möglich; wo solche stattfindet, ist die Oase mit ihren mannigfachen Kul- turen, wo sie fehlt, herrscht die einförmige Steppe oder die noch ödere, vegetation sarme Flugsand wüste. Von den 3 660000 Quadratkilometer des russischen Zentralasiens entfallen über 3 Millionen auf diese beiden Laudschafts- und Vegetations- formen, die ihr Dasein in erster Linie dem Klima verdanken. Die strenge Winterkälte verhinderte die Ansiedelung der Bäume und Sträucher der Mittelmeerregion ; der trockene heiße Sommer nahm unseren mitteleuropäischen Waldbäumen die Möglichkeit, hier fortzukommen. So ist denn Baumlosigkeit der Steppen und Wüsten ihr Grundcharakter und eine Folge ihres Klimas. In beiden „wehklagt kein Hain über des Sturmes Wüten". Der Boden der Steppe ist in der Regel thonig und dicht, dabei oft so eben und fest, wie eine geglättete Tenne ; doch ist die Oberflächenform Nebensache: Auch über Hügelland- schaften und Gebirgen hinan dehnen sich Steppen aus. Li den Steppen Transkaspiens und mehr noch in Turkestan hat sich vielfach Löß mit Lehm vermischt und einen sehr fruchtbaren — CXXIII — Boden geschaffen, dem nur das Wasser fehlt, um reiche Ernten zu liefern. Nach der Regenzeit im Frühjar bedecken sich die trans- kaspischen Steppen rasch mit einer Meuge Gräser und Kräuter und liefern reiche Nahrung für die Herden. Manche Arten dieser Gewächse stimmen mit denen der Mittelmeerregion über- ein. Die Gräser bilden keinen geschlossenen Rasen, sondern treten büschelförmig auf. Nicht wenige sind dabei kieselsäure- reich, rauh und borstenförmig, wie unser Borstengras, Nardus striata L. Ein gemeinsamer Zug verbindet die Krautvegetation der Steppe Transkaspiens mit derjenigen der Mittelmeerregion und fast ganz Vorderasiens. Es ist die Häufigkeit der Be- haarung, ja Verfllzung aller grünen Teile, zumal der Blätter. Die wissenschaftliche Botanik erklärt dies als ein Schutzmittel gegen die Verdunstung. Bei den Stauden und Sträuchern der Steppe und mehr noch der Wüste tritt uns eine auffallende Armut in der Belaubung, dagegen eine häufige Stachel- und Dorneubildung entgegen. Besonders auffallend ist dieser Cha- rakter bei der verbreitetsten Staude der Steppe, dem Alhagi canieloruju. Die Vegetatiousdauer der meisten Steppenpflanzen ist kurz. Kommt der heiße, trockene Sommer, so sterben sie ab. Im Nachsommer und Herbst erscheint die Grassteppe wie ein oft unübersehbares Stoppelfeld. Einen wesentlich anderen Charakter hat die Salzsteppe. Grauweiße Farbe des oft ganz nackten Bodens und salzliebende Pflanzen (Halophyten) an anderen Stellen deuten sie an. Diese Salzpflanzen, meist zu der Familie der Salsolaceen (Chenopodiaceen) gehörend, sind vielfach fleischig oder sparrig und bewahren ihre grüne oder rötliche Farbe bis in den Herbst hinein. Wo sich das Wasser der Steppenflüsse zuletzt in Sümpfen verliert und salzreicher geworden ist, weist die Steppe grüne Flecken solcher Salzpflanzen auf, oft auch schöne meterhohe Büsche einiger Tamarixarten, deren prächtig rote Blütensträuße im September das Auge erfreuen. — Aus feinem Flugsand bestehen die turkmenischen und turkestanischen Wüsten. Er stammt aus den Gebirgen im Osten und hat im Laufe ungezählter Jahrhunderte einen langen Weg durch Ströme und mit den Winden zurückgelegt und viel Abschleifung erfahren, bevor er zu den ausgedehnten Wüsten zusammen kam. Die — CXXIV — 1415 Werst (1509 Kilometer) lange transkaspische Balm durch- sclineidet mehrere Wüsten auf einer Gesamtlänge von über 300 Werst. Die größte dieser Wüstenstrecken derselben führt durch die große Kara Kum (Schwarzer Sand) zwischen Merw und Tscliartschui am Amu-darja. Diese Wüsten sind bedeckt mit sogenannten Sicheldünen oder Bar Chane, wie sie auch nach der kirgisischen Bezeichnung genannt werden. Zu Tausenden und Abertausenden, soweit nur das Auge reicht, erblicken wir in einer solchen Wüste diese Barchane. Wie aus einer Form gegossen, meist nur 2 — 4 Meter hoch, reihen sich diese Dünen aneinander. Wie unsere Bäume an der grünen Moos- und Flechtenhülle der Westseite ihrer Stämme den vorherrschenden Westwind als Regenbringer er- kennen lassen, so zeigen Richtung und Gestalt der Flugsand- dünen die vorherrschende Windrichtung an. Von der Luv- oder Windseite steigen sie sanft und in der Regel unter einem Winkel von 8 — 10 Grad au; auf der entgegengesetzten fallen sie steil und meist sichelförmig ausgeschweift ab. Die Sandkörner haben meist nur V* Millimeter Durchmesser und sind deshalb sehr leicht beweglich. Daher ändern die Dünen nicht blos mit dem Winde ihre Lage und Gestalt, sondern es schreitet auch der Flugsaud, also die Wüste, leicht weiter vor und überflutet Steppe und Kulturland. Dadurch wird die Wüste zu einer Gefahr für ihre Nachbarschaft. Sie gefährdet auch an verschiedenen Stellen die transkaspische Bahn. Nur die Wüstenpflanzen, eine kleine Anzahl Sträucher und ein Borstengras, welche alle ihre Wurzeln in den Sand der Barchanen tief einsenken, können dieser Be- wegung Einhalt thun. Ist dies geschehen, so geht die Wüste im Laufe der Zeit in eine Steppe über. — Professor Rein führt Beispiele dieser wechselseitigen Übergänge an, erwähnt noch kurz der Steppentiere und schließt seineu Vortrag, indem er zur Vorzeigung und Besprechung einiger besonders wichtiger Pflanzen aus diesem interessanten Gebiete übergeht. Herr Major Dr. von Hey den besprach hierauf einige Käfer dieses Gebietes, welche durch ihre gelbliche Farbe dem Leben im Sande augepaßt sind. Viele habe» laugbehaarte und sehr breite Tarsen der Beine, was die Beweglichkeit auf dem Sande sehr erleichtert. Repräsentanten von 12 Gattungen werden vorgelegt. — cxxv — Der Vorsitzende dankte den beiden Rednern und sprach insbesondere Herrn Geheimrat Professor E,ein den Dank der Gesellschaft aus, deren wissenschaftliche Bestrebungen er stets und freundschaftlichst zu unterstützen bereit ist. Samstag, den 19. März 1808. Vorsitzender : Herr Oberlehrer Blum: Der Vorsitzende macht auf die vielen und wertvollen aus- gestellten Naturalien aufmerksam und hebt von den Säuge- tieren, Vögeln und den Skeletteilen besonders hervor: eineu Berberlöwen, der, wenn er sich auch sclion seit 1830 in dem Museum befindet, doch als neu betrachtet werden kann. Den Bemühungen der beiden Kustoden, der Herren Koch, ist es nämlich durch die verbesserte Präparationsmethode gelungen, aus dem unansehnlichen, mißgestalteten Löwen einen prächtigen Repräsentanten des Königs der Tiere herzustellen. Es ist das um so erfreulicher, als der Berberlöwe durch die immer weiter vordringende Kultur in Nord-Afrika bald ausgerottet sein wird und ein schönes Fell dieser Spielart schwer und nur mit großen Kosten zu beschaffen ist. — Drei Köpfe mit stattlichem Geweih bezw. Gehörne — des großohrigen Hirsches, Cervus mocrotis, der Gabelantilope, Antilocapj'a americana, des Dickhornschafes, Ovis montana — , alle drei aus Nord- amerika, verdankt die Gesellschaft der Güte des Herrn Albert Andreae hier. — Von der Neuen Zoologischen Gesellschaft wurde eine für die Sammlung neue Meerkatze, Cercofithecus 7iictitans, erworben. — Interessant ist eine von Herrn M enges gekaufte Gürtel maus, Chlamydophorus truncatusj eine nahe Verwandte des Gürteltieres. Sie ist von Maulwurfsgröße, trägt einen dicken, lederartigen Panzer, lebt in der Erde und wurde erst 1824 in den argentinischen Provinzen Meudoza und San Luis entdeckt. — Die Sammlung der Paradiesvögel ist durch die Freigebigkeit des Herrn Stadtrat Heinrich Flinsch und Baron A. von Reinach um zwei Stücke aus Neu-Guinea, Drcpanornis albertisi cervinicanda und Amblyornis subularis^ vermehrt worden. Auch einer aufgestellten Sperber-Mumie von Luxor, Geschenk des Herrn Dr. Paul Roediger, wurde gedacht. — CXXVI — Herr Professor Dr. 0. Boettger macht sodann Mit- teilungen über den Zuwachs der Sammlungeu an Kriechtieren nnd Lurchen im verflossenen Jahre. Geschenke liegen vor von den bewährten Gönnern, den Doktoren A. Brauer in Marburg, F r. W e r n e r in Wien und A. V o e 1 1 z k o w in Berlin, dem Pro- fessor Dr. A. Koenig in Bonn, den Konsuln F. C. Lehmann in Popayän und G. v. Schröter in Costa Rica, sowie von dem Frankfurter C. Fleischmann, Kaufmann in Guatemala, und von der Neuen Zoologischen Gesellschaft hier. Tausclisendungen kamen von Berlin und Karlsruhe ; angekauft wurden besonders Objekte aus Kamerun, Columbia, Venezuela und Zentral-Brasilien. Von besonders merkwürdigen Tieren zeigt der Vortragende zwei neue Eidechsen aus der Geckonengattung Lygodactylus von Madagaskar vor, sowie eine größere Anzahl von neu erworbenen Chamaeleoii-kxi^xi, von denen namentlich solche aus Kamerun und Deutsch-Ostafrika im männlichen Geschlecht durch seltsame Kopf hörner oder eine segelartige Hautfalte längs der Rückenmitte ausgezeichnet sind. Von Schlangen werden drei neue Gattungen vorgelegt, die in dem im Drucke beflndlichen Katalog der Schlangen- sammlung zum erstenmal beschrieben werden. Von Schildkröten verdient eine der beiden Arten von Riesenschildkröten Erwähnung, die die Gesellschaft seiner Zeit von der Insel Aldabra erhalten hat und die bis jetzt hier im Zoologischen Garten lebte. An dem eigentümlichen Beutelfrosch aus Ecuador wurde schließlich die auf dem Rücken des Weibchens befindliche Bruttasche demonstriert, in der die Kaulquappen ihre volle Entwicklung durchmachen. Herr Hofrat Dr. B. Hagen lenkt die Aufmerksamkeit der anwesenden Mitglieder und Gäste auf die reiche und wertvolle Sammlung exotischer Schmetterlinge, die die Gesellschaft dem verstorbenen Herrn Generalarzt Dr. A. Steinhau sen verdankt. Redner rühmt bei dieser Gelegenheit die Beschäftigung mit den Schmetterlingen, die veredelnd auf Jung und Alt wirke und sagt, daß er jeden Menschen bemitleide, dem es in seiner Knabenzeit nicht vergönnt war, seinen Lieblingen draußen in Feld und Wald nachzujagen. „Zu den schönsten Erinnerungen aus meinem Tropenleben," bemerkt Redner, „die ich um Nichts in der AVeit missen möchte, gehören die Stunden, die ich procul negotiis mit dem Schmetterlingsnetz in der Hand draußen im Urwald zubringen durfte." — CXXVII — Der verstorbene Herr Generalarzt war, wie seine Samm- lung beweist, jedenfalls einer jener fiir alles Schöne und Groß- artige begeisterten Männer, und was ihm fern in fremden Zonen lebendig zu sehen versagt war, das trachtete er sich wenigstens zu Hause in seinem Kreise in totem Materiale zu verschaffen, und so hat er sich allmählich die umfassende Sammlung an- gelegt, die er in echter Großherzigkeit der Senckenbergischen naturforschenden Gesellschaft testamentarisch vermacht hat. Die ganze Sammlung enthält ungefähr 1500 Arten in etwa 3000 Exemplaren, wovon die Hälfte ausgestellt sein mag. Die Steinhausen'sche Sammlung bildet eine wichtige Be- reicherung der Museumssammluug, und diese kann sich nun- mehr in eine Reihe mit den Sammlungen viel größerer Staats- museen stellen. Der heute vorliegende Teil umfaßt die ünter- familien der Papilioninen, der Pierinen, der Danainen, der Heliconiuen und der A er a einen. Herr Hofrat Hagen demonstriert hierauf deren hervorragendste Vertreter. Zur Vorlage kommen ferner von Neuerwerbungen : 1. Drei ('enturien Käfer aus Lombok, Celebes und Java, gesammelt von Herrn H. Fruhstorfer. 2. Eine größere Anzahl Käfer aus British Columbia, Geschenk des Herrn W. von Arand, hier. 3. Der höchst merkwürdige Käfer Hyfocefhalus armatus. Herr Major Dr. L. von Hey den berichtet darüber schriftlich: Derselbe wurde zuerst 1832 von Desmarest aus Brasilien be- schrieben nach einem im Pariser Museum befindlichen Exemplar, das damals zu 300 Francs angekauft war. Lange blieb es als Unikum ein Stein des Anstoßes für alle Systematiker; wegen der ganz aberranten Form seines Körpers und der Beine wurde es nacheinander zu den Silphidae, Cucujidae, dann als besondere Familie zwischen die Lamellicornia und Tenebrionidae gestellt. Spinola wollte das Tier sogar ganz aus den Käfern aus- . geschieden wissen. Burmeister war der Erste, der ihm seine richtige Stellung an der Spitze der Bockkäfer, L o n g i c o r n i a , bei den Prionidae zuwies. Die erste Abbildung wird vorgezeigt. Von pflanzlichen Gegenständen sind aufgestellt und werden von Herrn Professor M. Möbius erläutert: 1. Eine geöffnete Frucht der Leguminose Afzelia (Intsia) africana mit den in einer Reihe liegenden, durch schmale Leisten — CXXVIII — getrennten schwarzen Samen, die sich durch einen scharlach- roten Sameumantel oder Arilliis auszeichnen, ein Gebilde, wie es auch z. ß. bei der Muskatnuß in Gestalt des sogenannten Macis und beim Ricinussamen als fleischige, weißliche Schwiele vorkommt. Hier umgiebt der Arillus nur die Anheftungsstelle des Samens, er ist fleischig, wachsartig und bildet in Guinea eine beliebte Speise der Eingeborenen. Die Pflanze, von der die Frucht stammt, ist ein mit der Tamarinde nahe verwandter Baum aus der Familie der Caesalpiniaceen. 2. Ein Blatt der mit unseren Laichkräutern {Pota7nogeton) nahe verwandten Ouviranda fencstralis (Aponogeton fenestrale) aus den Flüssen des östlichen Madagaskar. Das Blatt ist in sehr zierlicher und regelmäßiger Weise gitterartig durchbrochen ; dadurch wird die absorbierende Oberfläche des im Wasser unter- getauchten Blattes in ähnlicher Weise vergrößert wie durch die feine Zerschlitzung des Laubes an den Blättern anderer sub- raerser Pflanzen, z. B. von Myriofhilhim und Batrachiiim. Etwas ähnliches wie bei Onvirandra findet sich bei einigen Rotalgen des Meeres (Claudea und Martensia) , von denen Abbildungen vorgezeigt werden. Die Durchbrechung des Blattes wird hier gleich bei seiner Bildung angelegt, es erfolgt also keine nach- trägliche Zerstörung von Gewebe, wie etwa bei der Lochbildung in den Blättern der bekannten Zimmerpflanze Philodendron pertusuni [Monstera deliciosa) . 3. Eine halbierte keimende Kokosnuß. Diese Nuß wurde im Sommer 1896 dem botanischen Garten durch Henn Hoff übergeben und war von dessen Sohne, einem Steuermann, aus Trinidad mitgebracht worden. Sie zeigte damals schon ein hervor- tretendes grünes Spitzchen. Im Gewächshause des botanischen Gartens auf nassem Schlamm liegend, entwickelte die Nuß im Verlaufe von etwa anderthalb Jahren noch einige Erstlings- blätter und zwei Wurzeln. Da eine Weiterentwicklung nicht zu erwarten war, wurde sie der Länge nach auseinandergesägt und für das Museum in Formol gesetzt. Man sieht, wie der Keim- ling, der unter dem Keimloche im Fleische der Nuß gelegen war, durch das Loch hindurch nach außen gewachsen ist, hier den beblätterten Trieb gebildet hat, von dem aus auch die W^urzeln durch die Faserhülle sich herausgebohrt haben, wie er nach innen aber ein großes, aus weichem, schwammigem — CXXIX — Gewebe bestehendes Saugorgan entwickelt hat, das die ursprüng- lich mit der Kokosmilch erfüllte Höhlung jetzt ganz ausfüllt und sich dem wandständigen Fleisch anlegt, um aus ihm die Nahrung für die Keimpflanze zu saugen. Über die Blüten- und Fruchtbildung der Kokosnuß werden an der Hand anderer Präparate und guter Abbildungen einige weitere Mitteilungen gemacht. Der Vorsitzende teilt mit, daß mit der heutigen Aus- stellung die wissenschaftlichen Sitzungen des Wintersemesters abschließen. Er dankt den Rednern für ihre Bemühung; aber auch den Zuhörern für ihre rege Beteiligung an den Sitzungen, die diesmal die sonst üblich gewesene Zahl bedeutend über- schritten haben. Am 23. April 1898 hielt Herr Dr. med. E. Roediger nachträglich noch einen Vortrag über: Die Porträts der Dr. Senckenberg'schen Stiftung. (Siehe im wissenschaftlichen Teile dieses Berichtes pg. 113). Wissenschaftliche Abhandlungen. - 3 — über Sericitg'iieifse im Taunus^ mit besonderer Berüeksielitig'uiig der Vorkommnisse in der Sektion Platte. Von W. Schaut. Wesentlicher Inhalt eines in der wissenschaftlichen Sitzung der Sencken- berg'ischen naturforschenden Gesellschaft am 4. Dezember 1897 gehaltenen Vortrages. Mit Tafel I. Mit dem Namen Seiicitg-neiß bezeichneten K. L o s s e n und C. Koch sowohl im linksrheinischen als auch im rechts- rheinischen Taunus auftretende, mit den übrigen Gliedern der unteren Tauuusgruppe koukordante, fossilfreie, „krystalline" schieferige Gesteine von meist grünlichgrauer oder bläulich- grauer Farbe. Sie lassen auf dem Querbruch in (makroskopisch) dichter Grimdmasse neben Fasern oder Streifen von Sericit mit bloßem Auge oder mit der Lupe als Einspreuglinge mitunter Feldspäte und Quarzkörner erkennen, während die Spal- tungsflächen mit Häuten oder Striemen von Sericit über- kleidet sind. In ihrer äußeren Erscheinungsweise machen die Sericit- gneiße den Eindruck vonSedimenteu, welche durch gebirgsbildende Kräfte aufgerichtet und zu Falten und feinsten Fältchen zu- sammengepreßt wurden. Die Streichrichtuug der Schieferungs- fläche verläuft im Mittel N. ca. 56 "0, in der Wiesbadener Gegend herrscht steiles Nordwestfallen vor (65" — 85 ^^j. Es widerspricht jeglicher Erfahrung über Gesteinsbilduug, Massen, welche wesentlich aus Quarz und Feldspat bestehen 1* — 4 — — denn daß der Sericit erst nacliträglicli gebildet wurde, soll später gezeigt werden — , als krystalliuen Meeresabsatz anzu- sehen, und sich ihre Entstehung etwa so wie die des Gipses oder Anhydrites vorzustellen.^) War die Bildungsstätte der Sericitgueiße der Meeresboden, so können wir uns, wenn wir nicht zu gekünstelten Hypothesen unsere Zuflucht nehmen wollen, nur denken, daß sie einst feldspatreiche sandige Küsten- gebilde waren, oder auch — vielleicht mit gewöhnlichen Sedimenten vermischte — Tuife, d. h. loses vulkanisches Aus^vurfsmaterial, welches entweder auf submarine Ausbrüche zurückzuführen wäre oder auch von vulkanischen Inseln oder Küstenvulkanen einge- schwemmt wurde. Welche chemischen oder mechanischen Vor- gänge sich abgespielt haben müßten, um den heutigen Zustand dieser Massen zu erzeugen, darüber Betrachtungen anzustellen, wird wohl durch die hier mitgeteilten Beobachtungen überflüssig. Man ist aber durchaus nicht berechtigt aus der Schief e rung, d. h. der Fähigkeit eines Gesteines, parallel bestimmten Flächen zu spalten, auf Schichtung zu schließen, d. h. anzunehmen, der Gesteinskörper sei succesive zum Absatz gelangt. Eruptiv- gesteine können ebenso gut Schieferung zeigen als Sedimente, Phonolithe z. B. können dadurch primäre Parallelstruktur und Spaltbarkeit aufweisen, daß sich während der Strömung der Lava zweidimensional ausgebildete Feldspäte auf die breite Seite gelegt haben, und es hat den Anschein, daß manche Gneiße nichts anderes sind als Granite mit ursprünglicher Parallel- anordnung der lamellar ausgebildeten Biotite oder Muscovite. Außer dieser u r s p r ü n g 1 i c h e u, als solche zum Teil wohl kon- statierten, zum Teil noch umstrittenen, planen Parallelstruktur kennt man schon seit dem vorigen Jahrhundert eine durch den gebirgsstauenden Horizontaldruck an schon verfestigten Gesteinen erzeugte sekundäre Spaltbarkeit (Trausversalschieferung, clea- vage), über welche Herr Dr. Loretz in unserer Gesellschaft einen gedankenreichen Vortrag gehalten hat, der in dem „Bericht" des Jahres 1879/80 zum Druck gelaugt ist. ') Tiefsee-Lotungen haben zwar ergeben, daß auf dem Meeresboden in großen Tiefen Silikatbildungen vor sich gehen können, aber von der Ent- stehung einzelner Silikate bis zur Entstehung eines krystallinen Gesteines von bestimmter Struktur ist ein großer Schritt. Auch möge man sich daran erinnern, daß unter den marinen Neubildungen Zeolithe eine große Rolle spielen. Die Trans V er salschieferung wird hauptsächlich an Gesteinen von ausgesprochener Schieferung- beobachtet und ihr Wesen besteht darin, daß sie von der Schichtung vollkommen unabhängig ist, daß sie in einem durch den nämlichen Stauungs- vorgang gefalteten Schichteusystem parallel einer und der nämlichen Ebene verläuft und demnach die ursprünglichen wellig verlaufenden Grenzflächen der Schichten und die denselben parallelen Spaltungs- flächen, soweit sie nicht völlig durch diese zweite Spaltbarkeit unkenntlich geworden sind, in verschiedenen Winkeln schneidet. Von ihrer Existenz im Taunus kann man sich am besten an den „Phylliten" und Wisperschiefern überzeugen. Stellen Sie dagegen Beobachtungen au unseren „Sericitgneißen" an, so werden Sie fast ausnahmslos gewahren , daß ihre Spaltungs- flächen sich den Falten anschmiegen, und demgemäß in der Regel nicht eben verlaufen, sondern wellenförmig gebogen sind. Hin und wieder kann man jedoch, besonders am „fein- schieferigen Sericitgneiß", stellenweise eine zweite Spaltbarkeit wahrnehmen. Ehe wir uns näher mit der Frage nach der Entstehung unserer Gesteine und ihrer heutigen Struktur beschäftigen,, sollen noch einige weitere Beobachtungen über ihre äußere Erscheinungs- weise angestellt werden. Mit der Schieferung parallel wird man an den meisten Aufschlüssen eine Absonderung in Tafeln oder dickeren Platten, deren Flächen^) mit Sericit überzogen sind, wahrnehmen, wodurch der Abbau der Gesteine wesentlich erleichtert wird. Außerdem gewahrt man ein Kluft system, welches die Schieferungsflächen oder die Tangentialebene ihrer Falten recht- winkelig schneidet und meist sehr steil (über 70°) einfällt. Das Mittel aus etwa 20 Messungen ergab für den Winkel, welchen das Streichen dieser Klüftung mit dem Streichen der Schieferungs- fläche bildet, ca. 98 *', die Abweichung vom rechten Winkel kann aber bis 30° betragen; man beobachtet sowohl N.O. — als auch S.W. Fallen, soweit die Klüfte nicht vertikal stehen. Die nicht zu leugnende Konstanz in der Orientierung dieser bisher wohl zu wenig beachteten, auch in den übrigen Gliedern *) Nach der später zu erörternden Auffassung über die Natur und Ent- stehung der Sericitgneiße sind diese Flächen wohl als „Gleitflächen" aufzufassen. — 6 — der Taunusgruppe auftretenden Risse zeigt ihre Abhängigkeit von der Gebirgsbilduug ; sie entstanden in der Richtung des gebirgsbildenden Druckes. Kam es längs derselben zu Verschiebungen (Verwerfungen oder transversalen Horizontal- verschiebuDgen), mit Erweiterungen der Klüfte, so entstanden die Gangspalten, die Sie heute vorwiegend mit Quarz erfüllt sehen, wenn es auch wahrscheinlich ist, daß die erste Füllung aus Baryt bestand. Die Steinbrecher kennen diese Klüftung wohl und nennen sie Schnitt oder Querschnitt'). Dieses Hauptkluftsystem steht vielleicht auch in Zusammen- hang mit der Thalbildung. In einem Bruche in der Nähe des Rettungshauses bei Sonnenberg bemerkt man an der Südwand in der Richtung der Hauptklüftuug eine unten ca. 0,5 m breite, oben weitere Spalte, welche mit Lehm ausgefüllt ist, der noch deutliche Schieferstruktur zeigt und am östlichen Salband au einer Stelle in weichen Schiefer übergeht. Am Ausgehenden ist durch Aus- schwemmung ein Graben entstanden, eine Thalbildung en minature, welche an die zahlreichen Querthäler des Taunus erinnert. Man wird diese Hauptklüftuug um so deutlicher und gesetzmäßiger entwickelt finden, je mehr die Schieferung des Gesteines ausgeprägt ist. Weniger regelmäßig verläuft eine zweite Klüftung, welche besonders im „flaserig-schief erigen" und „feinscliief erigen Sericitgneiß" hervortritt, aber im Gegensatz zu jener annähernd das Streichen des Gebirges innehält, und deren Fallen 0—50° beträgt, bald nach S.O., bald nach N.W. An einigen Stellen des Bruches bei Schloß Friedrichshof (Cronberg) fällt die mit der Schieferuug streichende Klüftung 20'' N.W. , und das Gestein zeigt außer der mit 75 *' N.W. fallenden Schieferuugs- ebene eine Spaltbarkeit parallel der zweiten Klüftung, deren Ursache, wie die mikroskopische Untersuchung lehrt, auf einer in „Ausweichungscleavage" übergehenden Kleinfältelung beruht. Wo Plattung, erste und zweite Klüftung zusammen auf- treten, erscheinen die Gesteine in parallelepipedischeu Blöcken abgesondert. ') Vgl. A. Daubree, Synthet. Studien zur Experimental - Geologie. Deutsche Ausgabe, p. 230 ff. - 7 — Einen übeirasclieudeu Anblick gewähren die an manchen Stellen massenhaft die Sericitgneiße durchschwärmendeu, den Schiefernngsfläclien parallel eingeschalteten Quarz trümer, für deren Studium namentlich der große Bruch im Nerothal nahe bei der Leichtweißhöhle zu empfehlen ist. Sie erscheinen im Querschnitt als ganz schmale bis handbreite oder auch dickere Adern, welche durch prachtvolle Faltungen ausgezeichnet sind. In dem Bruche im Distrikte Rottannen am Rossert kann man an den steilen Wänden einzelne Bänder über 10 m sich schlangen- artig aufwärts winden sehen. Sie sind in der Regel zu mehreren Zügen vergesellschaftet , zwei oder mehrere fließen zusammen, trennen sich wieder, sie schwellen wulstartig an, bilden Knauern und Nester, keilen sich bald aus oder sind, soweit der Aufschluß reicht, in ungeschwächter Mächtigkeit verfolgbar. Mitunter um- schließen sie losgerissene Breccieu des Nebengesteines oder letzteres ist fingerartig in sie eingezapft, wie Sie es besonders schön an dem vorliegenden großen angeschliffenen Blocke vom Johannesgraben im Goldsteiner Thal gewahren können. Zwischen ihnen und den großen Quarzgängen besteht ein wesentlicher Unterschied. Während letztere, wie oben erwähnt, das Gebirge quer durchschneiden, scharen sich diese Trümer parallel den Falten und senden nur vereinzelte, die Schieferungsflächen schneidende Abzweigungen ab ; während die Quarzgänge keinen Feldspat führen, tritt in diesen Trümern Feldspat auf, mit Vorliebe an den Salbändern augesiedelt. Die für den Gangquarz so charakteristischen rhomboedrischen Hohlformen fehlen hier, statt der blätterigen Struktur des Gangquarzes herrscht die kör- nige ; in Hohlräumen ') siedelt sich neben Albit und Quarz Eisen- glanz und wohl Fluorit an, welcher bei Dotzheim mit Quarz und Feldspat zu einem violetten körnigen Aggregat verwachsen ist ; die Salbänder sind mit Sericit oder Sericit und Chlorit bekleidet. Man wird beim AnbUck dieser Trümer an die granitischen Injektionen im Spessart und Odenwald erinnert, welche zwischen die durch die Faltung sich aufblätternden Schiefermassen nach- träglich eingepreßt wurden. Schon die Thatsache, daß die Quarz- trümer des Taunus sich oft nach kurzem Verlaufe au beiden Enden auskeilen oder auch als vereinzelte, durch eine sericitische ') Albit-Quarz-Haematitdrusen rinden sich übrigens häutiger auf Spält- chen quer zur Schieferung als parallel denselben. Gleitfläclie miteinander verbuntleue Knauern auftreten, wider- spricht dieser Vorstellung. Außerdem kann man den Nachweis führen, daß sie selbst an der Faltung teil genommen haben, denn makroskopisch und mikroskopisch gewahrt man Spuren von Druckwirkung, bestehend in radial verlaufenden Rissen, Zertrümmerung der Quarze, Biegung der Feldspäte (Dotzheim). Die Hauptausfüllung der Hohlräume war also vor Beendigung des Faltuugsprozesses vollendet, aber auch nach Abschluß des- selben oder wenigstens während seines letzten Stadiums fand noch Mineralzufuhr statt, wie die z. T. in schmalen Drusen- räumen auftretenden unverletzten Quarze, Albite, Haematite be- weisen. Daß die Entstehung der Trümer schon vor die Periode der Gebirgsbildung zu verlegen ist, ist kaum anzunehmen, sondern man wird sich vorzustellen haben, daß durch Seitendruck — wie auch bei künstlichen Versuchen zu beobachten ist — Hohl- räume abgestaut wurden, welche sich mit Quarz u. a. füllten. Es liegt gewiß nahe, zu vermuten, daß infolge der Gesteinsver- schiebung die Cirkulation des Wassers begünstigt wurde, und weil die gebirgsbildenden Kräfte mechanische Zertrümmerung der Gesteinselemente zur Folge hatten, wurde außerdem deren Lösungsfähigkeit gesteigert. Besondere Beachtung verdient noch das Verhalten der gefalteten Quarztrümer zur Faltung des Nebengesteines. Während nämlich jene in schlangenartigeu Windungen das Gestein durchziehen, schmiegt sich zwar das nächstbenachbarte Neben- gestein innig an die wellig verlaufenden Bänder an und zeigt außerdem gewöhnlich noch Feinfältelung, aber schon im Abstände von wenigen Centimetern beginnen die Gesteinsfalten flacher zu werden, sie glätten sich mehr und mehr aus, um schließ- lich in wenig gebogene, mitunter fast geradschiefrige Massen über- zugehen. Mit anderen Worten: die harten, relativ dünneu Qiiarzplatten haben durch den gebirgsbildenden Horizontaldruck intensivere Faltung als das einschließende Gestein erfahren und haben die nächstanstoßenden Partieen gezwungen, sich ihnen passiv anzuschmiegen. Diese Beobachtung findet eine willkommene Analogie in dem kleinen Versuch, dessen Resultat Sie in dem vor- liegenden künstlich gefalteten Schichtsystem vor sich sehen. Ursprünglich bestand dieses Modell eines Kettengebirges aus — 9 — horizontal übereinander geschichteten Lagen von verschieden gefärbtem Papier, Gelatine, Wachs, Bildhauerthon, und es wurden die von dem oben und vorn offenen Kasten umrahmten Schichten durch eine vertikale Preßplatte, welche durch eine horizontale Schraube bewegt werden konnte, einem ziemlich starken Seiten- druck unterworfen, während durch zwei auf das horizontal auf- liegende Brett einwirkende vertikale Schrauben ein regulierbarer Gegendruck hergestellt wurde. Auf eine Lage von Thou wurde eine Gelatineplatte gelegt, auf diese wieder Thon. Nun sehen vSie, wie der Thou zu zwei großen Sätteln und Mulden zusammen- gepreßt worden ist, die eingeschaltete Gelatineplatte aber zu vielen engen Falten gestaut wurde. Bei diesem Versuch reichte die Gelatineplatte nicht bis an die Preßplatte und die gegen- überliegende Wand, sondern stand von beiden um je 0,5 cm ab.^) ') E. Reyer, Geolog, u. geogn. Experimente. I. Heft: Deformation und Gebirgsbildung, p. 8. „In Fig. 8 liingegen ist eine plastische weiße Schicht eingeschaltet zwischen breiigen Lagen. Nach der Deformation ist nur die weiße Schicht gefaltet, während in den homogenen Sedimenten im Hangenden und Liegenden keine Faltung eingetreten ist." Reyer hat bei seinen Ver- suchen die Faltung nicht durch Horizontaklruck, sondern durch Gleitung schlammiger Massen mit eingelagerten plastischen erzeugt. — Hans Schardt, Etudes geologiques sur le Pays - d'Enhaut Vaudois. Bull, de la Societe Vaudoise des. Sc. nat. Vol. XX. 1884. p. 140 ff. Schardt experimentierte mit Thon von verschiedener Plastizität, welcher durch die Kontraktion einer untergelegten Kantschukplatte zur Faltung gezwungen wurde, und gelangte zu ähnliehen Resultaten. P. 145 : „Une assise d'argile presque seche est interposee entre deux couches moUes (argile melangee de limon lacustre qui en diminue la plasticite). La couche molle inferieure, tout en augmentant d'epaisseur, suit assez exactement le mouvement de la couche plus dure qui la recouvre. Celle-ci forme des replis intenses, moins aigus cependant (juc lorsqu'elle n'est pas recouverte d'une seconde couche plastique. Celle-ci, identique ä la premiere, n'augmente presque pas d'epaisseur ; eile subit le meme plissement que la couche dure (fig. 1, 2, 3, pi. VII). L'intensite de ce plissement diminue de bas enhaut, tandisque le contraire a lieu chez la couche molle inferieure, et que le pli devient nuläl'endroit oil I'argile adhere au cautchouc. On est done en droit de conclure que les couches dure s, etant les conductrices de la force refoulante, agissent activement sur les couches molles qui les recouvrent en les soulevant reellement, et que la couche molle inferieure, moins active que la couche dure, est cependant forcee de suivre le mouvement de celle-ci, grace ä I'adherence qui I'empeche de s'en detacher. Dans la nature cette adherence est remplacee par la pesenteur." — 10 — Im Nerotliale, au eiuer Stelle des Bruches im uutereu Goldsteiner Tliale auf der linken Thalseite. vereinzelt auch in den großen Brüchen oberhalb Sonnenberg auf dem linken Gehänge, zeigen die Sericitgneiße höchst merkwürdige Torsionen, so daß die Streichrichtung der Schieferungsflächen mitunter bis fast um 90" gedreht erscheint, dabei kann sich auch die Größe des Fall winkeis ändern und von 65 ° bis auf 25 " herab sinken. An zwei Stelleu (Sonnenberg, Goldsteiner Thal) lehnen sich solche Torsionen direkt an Quarzzüge an und im Nerothale sind die Gesteine, wie schon oben erwähnt, reichlich von Quarz- bändern durchschwärmt. Es drängt sich daher der Gedanke auf, daß ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der Qiiarz- einlagerung uud den Torsionserscheinungen existiert, etwa in der Weise, daß durch dichtere oder weniger dichte Scharung dieser Trümer und durch verschiedene Mächtigkeit eines und des nämlichen Trumes dem Horizontalschub verschiedener Wider- stand geleistet wurde, so daß wechselnde Resultanten zur Geltung gelangten. Indes bedarf die ganze Erscheinung noch weiterer Untersuchung. Wir wollen uns nunmehr, nachdem wir zu den oben mit- geteilten Beobachtungen und Folgerungen im Felde geführt wurden, zur petrographischen Betrachtung unserer Gesteine, zum Studium ihrer mineralogischen Zusammensetzung und Struktur wenden, welche uns zu einer wesentlich anderen Auffassung ihrer systematischen Stellung und Genesis als der bisherigen führen wird, wonach man die Sericitgneiße des Taunus als meta- morphe Sedimente anzusehen geneigt war. ^) C. Koch unterscheidet: Kör uig-f laserigen Sericitgneiß, f laserig-schief e- r igen Sericitgneiß, feinschief erigen Sericitgneiß, dichten Sericitgneiß, p o r p h y r o i d i s c h e n Sericitgneiß. Es soll ausdrück- lich darauf hingewiesen werden, daß die folgenden Notizen nicht allgemein für alle diejenigen Gesteine Geltung haben, welche von C. Koch unter dem Begriff Sericitgneiß subsumiert werden, ') Lossen, Geogr. Beschreibung des linksrhein. Taunus. Z. geol. Ges. XIX. 1867. 509. — Wiclimann, Mikrosk. Unters, über die Sericit- gesteine des Taunus. Verh. naturh. Ver. Rheinl. u. Westph. 1877. 1. — C. Koch, Erl. z. geol. Spezialk. v. Preußen. Blätter Königstein, Rödelheim, Platte, Wiesbaden, Eltville. — 11 — deon abgesehen davon, daß auch, z. B bei Rambach, zu den Horu- blendesericitschiefern (Diabasschiefei'n ^) zu rechnende Vorkomm- nisse als Sericitgneiß kartiert sind,^) soll insbesondere der Porphyroidzug Ehlhalten - Ruppertshain ganz aus dem Kreise unserer Betrachtung bleiben, und ich hoffe, über diese natron- r eichen^) Eruptivmassen — denn als solche dürfen sie ohne Zweifel angesehen werden — später berichten zu können. Zu diesem Typus ist wahrscheinlich auch der bei Georgeuborn auf- tretende sogenannte „dichte Sericitgneiß," ein hälleflintaartiges Gestein, zu rechnen. Auch die Zugehörigkeit des körnig-flaserigen Sericitgneißes im Distrikte Rottannen sowie an einigen anderen Punkten am Rossert und aus der Cronberger Gegend zu den Typen der Wiesbadener Vorkommnisse ist sehr fraglich, da man in ihnen eine faserige, alterierte, aus grüner Hornblende hervor- gegangene braune wahrnimmt, welche häufig in aus Büscheln bestehenden Streifen angeordnet ist. Eine geeignete Basis für unsere Untersuclmugen gewähren die Vorkommnisse des Goldsteiner Thaies, welches bei Sonnenberg in das Rambachthal einmündet. Ein guter Auf- schluß findet sich am linken Abhang etwa 1 km von der Stickel- mühle entfernt. Koch kartiert dieses Gestein, welches „einem feinkörnigen Granite entfernt ähnlich sieht," als porphyroidischeu Sericitgneiß, erwähnt aber selbst (Blatt Platte p. 9 und 10), daß dieser „porphyroidische Sericitgneiß eigentlich nur eine besondere Form des körnig-flaserigen, welcher wesentlich anders aussieht als die Porphyroide von Ehlhalten in dem Blatte Königstein", sei. „Sie lagern mit körnig-flaserigen zusammen und gehen in diese über." Diese Bemerkungen Kochs sind vollkommen richtig, denn die hier und bei Rambach unterhalb der Gipfelmühle anstehenden, oft mehr körnigen als schieferigen Partieen nehmen durchaus keine isolierte Stellung ein, sondern sind mit der bei Wiesbaden dominierenden flaserig-schieferigen Facies aufs innigste verknüpft und durch Übergänge verbunden. ') Milch, Z geol. Ges. XLI. 1889. 394. *j Am Rossert ist an einigen Stellen Sericitgneiß als Hornblendesericit- schiefer aufgenommen, wie aus Hantlstücken, die dem Redner durch Herrn von Reinach tibergeben wurden, hervorgeht. ^) Lossen, Jahrb. preuß. geol. Landesanstalt 1884. 534 (Analyse von Starck). — 12 — An manchen Stellen des genannten Aufschlusses hat das Gestein fast richtungslose Struktur, Schieferung oder Flaserung ist kaum bemerkbar, und man entdeckt jene mitunter erst durch Schlagen mit dem Hammer, kurz mau hat fast den Eindruck eines von unregelmäßigen Kliiften durchzogenen Massengesteines. An solchen Stellen herrscht eine bläulich- graue Farbe, welche in feuchtem Zustande ins Grünliche über- geht, vor. Der Bruch mancher Partieen kann geradezu als splitterig bezeichnet werden. Bei guter Beleuchtung erkennt man mit der Lupe in adiagnostischer Grundmasse vereinzelt Quarzköruer und grünlichgraue Feldspäte, welche hier und da mit lebhaft glänzenden Spaltflächen hervorblitzen. Das Gestein macht schon bei oberflächlicher Betrachtung den Eindruck eines Quarz porphy res, welcher aus dichter Grundmasse Ein- sprengunge von Quarz und Feldspat hervortreten läßt. Au etwas verwitterten Flächen bleicht das Gestein aus und die Einsprengunge, besonders der Feldspat, heben sich schärfer und zahlreicher aus der Grundmasse ab. An anderen Stellen wird die Parallelstruktur deutlicher, das Gestein gewinnt körnig-flaseriges Aussehen dadurch, daß die Eiusprenglinge oder auch Partieen der Grundmasse von wellig verlaufenden Sericithäuten umschmiegt werden; noch entschiedener tritt die Parallelstruktur durch die Scharung schmaler Sericitstreifchen hervor. Des weiteren gewahrt man im Qiierbruch auf große Strecken anhaltende Sericitbänder, welche nicht selten vom Streichen und Fallen des Gebirges abweichen, gekrümmten Verlauf aufweisen oder einen linsen- förmigen Gesteinskern umschließen, an anderen Stellen aber normal orientiert sind, sich parallel scharen, und das Gestein in Platten zerlegen; man sieht viele solcher mit schwach gerunzelten Sericithäuten überzogene Platten durch den Stein- bruchsbetrieb umherliegen. Sind solche Platten verwittert, so tritt auch auf ihren parallelen Begrenzungsflächen die Porphyr- struktur deutlich hervor. ^) ») An einigen Stellen zeigen sich auf der Oberfläche regelnuäßig orientierter Platten scharfe wie mit dem Messer hergestellte, dichtgedrängte Einschnitte im Sericitüberzug, die ihm ein feintreppenartiges Aussehen ver- leihen ; die Schnitt Hache bildet mit der Hauptklüftung einen spitzen Winkel. Ein in der Museumssammlung niedergelegtes Handstück zeigt deutlich zwei — 13 — Ein gaugartiges, etwa 1 m breites, welliges, von Quarz- trümern durchsetztes Band zieht sich in konkordanter Einlagerung an der Hinterwand des Bruches hinauf. Da es anstehend nicht gut zu beobachten war, beziehen sich die folgenden Notizen auf herumliegende Blöcke. Diese Lage erhält ihren gangartigen Charakter nicht nur durch die gedrängte Scharung der Quarz- Feldspattrümer, sondern auch dadurch, daß das von ihnen durch- zogene Gestein viel dichter und feinschief riger ist als die Umgebung, so daß es sich auch ohne Quarz deutlich abheben würde. Bald herrscht das Nebengestein, bald der Quarz vor, beide sich aneinander anschmiegend und in gleichen Kurven verlaufend, und an manchen Blöcken gewahrt man 5 — 7 fachen Wechsel von Trümern und Nebeugestein in 0,5—4 cm breiten Bändern ; zwischen den Quarzadern erscheint der Schiefer durch allmähliche Verjüngung bis zum Verschwinden öfter wie aus- gewalzt, und an den Biegungsstellen sind, wie oben beschrieben, Schieferfetzen breccienartig in Quarz eingebettet. Dieses Zu- sammengehen von Quarzadern mit feinschiefriger Facies des Sericitgneißes ist eine vielfach zu beobachtende Thatsache. Wenige Meter von dieser Stelle entfernt tritt feinschieferiger Sericitgneiß ohne Einschaltung von Trümern, allmählich in körnig-flaserigen übei-gehend, auf. Weit deutlicher als im Handstück tritt die Struktui- unseres Gesteins in Dünnschliffen hervor. Die fast körnige oder körnig-flaserige Facies zeigt schon bei Betrachtung mit bloßem Auge oder mit der Lupe ausgezeichnete porphj^rische Struktur: Feldspäte, meist getrübt, rechteckig konturiert oder gerundet, Bruchstücke derselben und wasserhelle, mitunter automorphe Quarze und Quarzfragmente heben sich aus grau- durchscheinendem, durch Sericit schlierigem Grunde ab. Außer Quarz, Feldspat und Sericit fällt bei der Untersuchung mit der Lupe neben kleinen Magnetitkry stallen ein opakes, im auffallenden Lichte schmutziggelb aussehendes, meist durchlöchertes Mineral auf, welches mitunter in sechsseitigen oder leistenförmigen Durchschnitten, in kleinen zerlappten Plättchen oder Fetzchen erscheint, manchmal auch in Leistchen, durch Schlagen erzeugte Trennungsflächen einer solchen Platte, welche die Fortsetzung jener Schnittflächen bilden. — 14 — welclie sich in einem Winkel von 60° schneiden (Rossert). Ein Teil dieser Gebilde läßt sich als Ti taueisen durch den charakteristischen Verlauf der Umwandlung zu Titanit an- sprechen, während ein anderer Teil nicht sicher zu bestimmen ist und möglicherweise einem veränderten Biotit angehört. Das Mikroskop läßt als weitere Gemengteile Epidotkörnchen, Apatit, dessen Existenz auch durch Phosphorsäure-Reaktion einer größeren Quantität von Gesteinspulver bestätigt wurde, sowie mitunter zerstückelten Z i r k o n , vereinzelt auch noch ein anderes stark lichtbrechendes Mineral, welches gern mit Titan- eisen vergesellschaftet und wohl als Anatas zu deuten ist, erkennen. Untersucht man Präparate des wenig geschieferten Typus, welche senkrecht zu der angedeuteten Spaltbarkeit geschnitten sind, so kann man feststellen, daß die Schieferung hauptsäch- lich durch die Parallelstelluug der Sericitblättchen hervorge- rufen wird. Einzelne Leistchen liegen in paralleler Gruppierung in der Grundmasse zerstreut wie Fluctuation erzeugende Mikro- lithe, oder die Sericitblättchen sind zu geschlossenen Aggregaten gruppiert, welche sich als geradlinige Streifchen und wellige Züge durch die Grundmasse hindurchziehen, Einsprengunge nicht selten flaserig umschmiegend. Vergleicht man damit die typisch flaserig-schieferige Facies (Sonnenberg), so erkennt man, daß eine Anreicherung des Sericites in der Grundmasse stattgefunden hat. Durch schmale, oft auf größere Strecken zusammenhängende Bänder von Sericit wird die Grundmasse in einzelne Lagen zerlegt, welche seitlich buchtig begrenzt erscheinen, ausgezackt oder zerrissen aussehen ; außerdem durchschwärmt der Sericit aber auch noch in einzelnen Mikrolithen die Grundmasse. Die mikroskopische Untersuchung des Gesteines im Gold- steiner Thale zeigt ferner, daß die porphyrisch eingesprengten Quarze häufiger, als es bei der Betrachtung mit der Lupe den Anschein hat, automorphe Konturen besitzen, aber neben solchen Schnitten, welche bei gekreuzten Nicols einheitlich dunkel werden, erscheinen öfter undulös auslöschende Indi- viduen, d. h. die Krystalle besitzen wechselnde Lagen der optischen Hauptachse, und es kommen Schnitte vor, welche an poly synthetische Zwillinge erinnernde Interferenzstreifen auf- — 15 — weisen. Da man diese Erscheinung häufig in Quarzen durch Gebirgsdruck gepreßter Gesteine antrifft und man durch Druck hei Gläsern und manchen Krystallen molekulare Umlagerungen künstlich hervorzurufen imstande ist, wird das Phänomen wohl mit Recht als eine Folge des die Gesteinsdislokation her- vorrufenden Horizontaldruckes gedeutet. War das vorliegende Gestein ein Quarzporphyr, so darf es nicht verwundern, auch zerbrochene Krystalle zu finden, da solche Zerbrechungen aneinander gepreßter Krystalle, wahrscheinlich kurz vor der völligen Erstarrung der Lava erfolgt, in Quarzporphyreu eine ganz gewöhnliche Erscheinung sind. Gewiß dürfen größere vereinzelte Bruchstücke oder auch wenige nahe bei einander liegende als vor dem Verfestigungsakte entstandene angesehen werden, aber schon solche energische Zertrümmerung, wie Fig. 14 zeigt, ist auf diese Weise wohl nicht zu erklären, sondern dürfte wie die uudulöse Polarisation auf eine intensiver wirkende mechan- ische Kraft, als welche wir die Gebirgsbildung anzusehen haben, zurückzuführen sein. Ferner zeigen ursprünglich automorphe Individuen nicht mehr allseitig scharfe Konturen, sondern sind an einer Stelle randlich unregelmäßig zackig eingebrochen, oder es erscheinen Quarze im gewöhnlichen Lichte linsenartig gestaltet, während sich bei -|- Nicols ergiebt, daß der Kern der Linse aus einem größeren, meist undulös polarisierenden rundlichen Individuum besteht, die Zuspitzung aber durch ein sich verschmälerndes Aggregat von Quarztrümmern erzeugt wird. An stärker ge- schieferten Stellen kann es zu schweif artigen Anhängen kommen (Lossens Schwänzchenquarz). Solche Quarze werden gerne von Sericit umschraiegt, welcher hinter ihnen zwei sich einander nähernde Streifen bildet, wie die Spur eines das Wasser durchfurchenden Schiffes. Diese Erscheinungen können zum Teil nicht anders gedeutet werden denn als Resultate eines gleitenden Druckes, welcher die entstehenden Trümmer in der Richtung des geringsten Widerstandes anordnet und den Sericit zwingt, sich dieser Richtung zu accomodieren. Während man die eben erwähnten Erscheinungen in der körnig-flaserigen Facies nur vereinzelt gewahrt, potenzieren sie sich entschieden in der flaserig - schiefrigen (Sonnenberg). Es findet eine Zu- nahme der Bruchstücke der Einsprengunge statt, welche oft — 16 — durch Zerreibsei voneinander getrennt erscheinen, automorphe Individuen treten ganz zurück, „Scliwänzclienquarze" und linsen- förmige Aggregate werden häufiger, Feldspäte werden raudlich zerfetzt, mitunter auch der ganze Krystall zertrümmert; selbst Eisenerze werden hier und da zu einem schmal linsenförmigen Aggregat ausgezogen. — Flüssigkeitsein Schlüsse sind im Quarze im ganzen spärlich, nur au manchen Stellen treten sie zahli'eiclier auf und lassen dann auch bewegliche Libellen erkennen. Die Feldspäte sind manchmal so stark chemisch alteriert, daß man ihre Natur nicht sicher zu bestimmen vermag. Neben Orthoklas von feiustreifigem mikroperthitischem Aufbau treten auch Plagioklase auf. Beide Feldspäte bedürfen noch näherer Untersuchung. Mikrokliu scheint nicht vorhanden zu sein. — Von besonderem Interesse sind die chemischen Umwandlungs- vorgänge, welche der Feldspat erfährt. Er ist das Muttermineral des Sericites, und man kann mitunter vollständige Pseudomor- phosen von Sericit nach Feldspat erkennen (Fig. 5). Die Um- wandlung erfolgt öfter vom Rande her, so daß ein unterbrochener oder geschlossener, an den Ecken meist abgerundeter Rahmen von Sericit um die Feldspatschnitte entsteht, in unregelmäßigen Buchten frißt sich das parasitische Mineral ein, dringt auch längs der Spalten vor, bildet, von diesen aus um sich greifend, neue Zerstörungsherde, welche mit randlichen Nestern ver- schmelzend nur noch zerfetzte inselartige Partieen des Mutter- miuerales übrig lassen, bis auch diese der Zerstörung unterliegen, so daß man alle Stadien von völlig unverändertem Feldspat bis zu vollkommen sericitisiertem verfolgen kann. Bei geschieferter Gesteinsfacies zieht manchmal ein Feldspatrest einen langen Schweif von Sericit nach sich oder es lassen ausgezogene Sericitlinsen noch Feldspatreste erkennen, so daß man gewiß angesichts mancher in der Grundmasse auftretender linsenförmiger oder geschweifter dicht gedrängter Sericitaggregate die Präexistenz von Feldspateinsprengliugen anzunehmen berechtigt ist. Da andere Herkunft dieses eigentümlichen Kaliglimmers ^) in den Taunusgesteinen nicht zu konstatieren ist, darf man vermuten, daß auch die in der Gruudmasse überall verteilten und vor- ») Laspeyres, Z. f, Kryst. IV. 1880. 244. — 17 — wiegend parallel angeordneten Sericitblättclieu lediglich Feld- spatderivate sind. — Bei schwacher Vergrößerung heben sich die Quarz- und Feldspatausscheidungen aus einer sehr feinkörnigen, bei -}- Nicols mit schwach bläulicher Farbe interferierenden Grundmasse hervor, deren Kontinuität außer durch die genannten Mineralien und Sericitblättchen noch durch größere Sericitaggregate, durch Nester, Linsen und Trümer von gröberem Korn als ihr selbst zukommt, unterbrochen wird ; sie heben sich entweder ebenso scharf wie die eingesprengten Krystalle aus der Grundraasse ab oder scheinen mit derselben allmählich zu verschmelzen. Es ist daher, namentlich bei stark geschieferter Facies, oft schwer anzugeben, ob man Grundmasse oder Zerreibungs- produkte vor sich hat. Jedenfalls besitzen die am wenigsten geflaserten Massen eine holokrystalline Matrix, welche durchaus den Eindruck des mikrogranitischen Quarzporphyren eigenen Gemenges von Quarz und Feldspat macht. — Von wesentlicher Bedeutung für die Auffassung unserer Gesteine ist ferner, daß hin und wieder mikropegmatitische Verw^achsungen von Quarz und Feldspat vorkommen. Eine gute Stelle mit der- artiger Implikationsstruktur ist in Fig. 3 Aviedergegeben und macht eine nähere Beschreibung überflüssig; die duukel- erscheinenden Partieen gehören dem Feldspate an. Fassen wir die bisherigen Beobachtuugen zusammen, so ergiebt sich, daß in mineralogischer Hinsicht unsere Gesteine sich von einem normalen Quarzporphyr wesentlich nur durch den Gehalt von Sericit, dessen sekundäre Natur als erwiesen gelten kann, unterscheiden: in mikrokrystalliner Grundmasse erscheinen automorphe Einsprengunge von Orthoklas, Plagioklas, Quarz, Magnetit, Titaneisen, Eisenglanz (Nerothal), wozu unter- geordnet noch Apatit und Zirkon kommen, Apatit meist als Ein- schluß in den Feldspäten. Die strukturellen Abweichungen von einem normalen Quarzporphyr lassen sich durch mechanische Deformationen er- klären. Zwischen einer Facies mit fast richtungsloser Struktur und solcher mit ausgesprochen körnig-flaseriger oder llaserig- schieferiger sind alle möglichen Übergänge vorhanden. Da der sicher erst nach der Gesteinsverfestigung ent- standene Sericit Parallelanordnung seiner Lamellen innerhalb 2 — 18 — der Gruiidmasse zeigt, für eine solche Orientieruug, selbst bei der Voraussetzung einer planen Parallelstruktur oder welligen Fluctuationsstruktur des ursprünglichen Gesteines, nicht der geringste Grund vorhanden ist, so ergiebt sich daraus die That- sache, daß dieser Parallelismus des Sericites auf mechanisch einwirkende Kräfte zurückzuführen ist und demnach ein Massen- ge s t e i n durch die mit der Faltung verknüpfte G 1 e i t u n g seiner E 1 e m e n t e S c h i e f e r u n g anzunehmen im- stande ist. Es ist von vornherein einleuchtend, daß ein zwischen faltungsfähige Massen eingeschaltetes Eruptivgestein ebenfalls in toto gefaltet werden muß, wie bei dem vorliegenden Pressungsversuch die zwischen Papierlagen eingeschaltete Wachs- platte Faltung erfahren hat. Die Faltungsfähigkeit einer Eruptivdecke kann durch plattige Absonderung, welche bei Quarzporphyren häufig beobachtet wird, unterstützt werden, der Gebirgsdruck wirkt dann auf ein System relativ dünner Platten bei großer horizontaler Ausdehnung.^) Daß die Schenkel gefalteter Gesteine ausgewalzt, ja bis zum Verschwinden verdünnt werden, ist eine oft ge- machte Beobachtung und insbesondere von Heim in seinen „Untersuchungen über den Mechanismus der Gebirgsbildung" IL Bd. 41 ff. durch zahlreiche Beispiele belegt. Waren vor der Faltung lamellare Mineralien vorhanden oder entstanden sie während dieses Aktes, oder lag eine dichte Gruudmasse mit ein- gesprengten größeren Bestandteilen vor, so werden sich jene Mine- ralien parallel den ausgewalzten Faltungsschenkeln orientieren, die Einsprengliuge durch Zertrümmerung zu Linsen komprimiert werden. So vermag ein ursprünglich porphyrisch struiertes Gestein in körnig -flaseriges, flaserig-schie friges, f einschief riges überzu- gehen, je nach der Intensität der Zerreibung seiner Einsprengunge und je nach dem Betrag seiner flächeuhaft ausgebildeten Mineralien. Mit diesem Vorgange ist, soweit meine Beobachtungen im Taunus reichen, eine lineare Erstreckung in der Streichlinie verbunden, so daß also von zwei senkrecht zur S c h i e f e r u n g s f 1 ä c h e gerichteten Sehn itten der parallel *) Für eine andere Auffassung, als daß die hier als Quarzporphyre gedeuteten Gesteine ursprünglich D e cken waren, scheint kein hinreichender Grund vorhanden zu sein. — 19 — der Streichlinie verlaufende länger gestreckte Linsen von Quarz und Feldspat oder deren Aggregaten ergiebt, als der senkrecht zur Streichlinie gerichtete. — Man kann wohl den Satz aufstellen, daß je mehr die Schieferung ausgesprochen ist, desto sericitreicher das Gestein wird . Die Theorie des „ D y n a m o ni e t a m o r p h i s m u s " schließt aus diesem Umstände und ferner aus der Thatsache, daß der Sericit vorwiegend in Gebieten auftritt, welche dem Gebirgs- druck unterworfen waren, daß zu seiner Entstehung hoher Druck fördernd oder auch unentbehrlich sei. Die Einwände, welche man gegen diese Auffassung erhoben hat, lassen sich wohl am besten durch die von F. Zirkel im ersten Band der zweiten Auflage seines Lehrbuches der Petrographie p. 629 angestellte Überlegung wiedergeben: „Wie es scheint ist die Mitwirkung des Druckes als eines fiir bedeutsam, ja wohl für unerläßlich gehaltenen Faktors bei den Umwandlungen und Neubildungen, welche in stark dislocierten Gebieten hervortreten, oft sehr überschätzt worden, und es fragt sich, ob es nicht in vielen Fällen ausreicht, für jene Vorgänge bloß die durch den Druck zustande gekommene innerliche Kataklasstruktur in Anspruch zu nehmen, durch welche, im Gegensatz zu dem unbetroffenen Gestein, dem Wasser ganz unzählige Angriffspunkte geboten und auch Eäume für Neuabsatz beschafft wurden. In der- artigen E^ällen würde alsdann nur ein indirekter, kein direkter Zusammenhang mit dem Druck anzunehmen sein. ..." Speziell für die Entstehung desSericites dürfte es recht schwie- rig sein, sich eine bestimmte Ansicht zu bilden, da die Umwandlung von Feldspat in Muscovit häufig beobachtet wird und eine scharfe Grenze zwischen Muscovit und Sericit wohl kaum existiert. Nach Zirkels Auffassung ist es also, ohne eine spezifisch chemische Wirkung des Dynamometamorphismus anzuerkennen, wohl begreiflich, daß Schieferung, Feinfältelung, Sericitbildung, Hand in Hand gehen. — Der wesentliche Unterschied zwischen der früher erwähnten „Transversalschieferung" und den hier beschriebenen Erschei- nungen besteht darin, daß dort die Flächen der Falten von einer überall parallel stehenden Spaltungsebene geschnitten werden, während hier die Spaltbarkeit den Falten und Fältchen parallel und demnach häufig gekrümmt verläuft. 2* — 20 — Es scheint, daß Loretz in dem oben zitierten Vortrag zu weit gellt, wenn er p. 89 sagt: „Ein derartiger Metamorpliisnuis auf rein mechanischem Wege — in der Art also, daß durch den Seitendruck oder infolge von chemischen, aus dem Seitendruck abgeleiteten Wirkungen, die klastischen Sedimente in krystallinische Gesteine übergegangen wären — ist ausgeschlossen, weil auch in diesem Falle Transversalstruktur oder Schieferung. Anordnung der krystallinisclieu , namentlich der lamellaren Bestandteile normal zur Druckrichtung zu erwarten wäre." Diese Bemerkung muß natürlich auch auf in Schiefergesteine übergeführte Eruptivmassen übertragen werden. Allein unsere Beobachtungen im Taunus, sowie in anderen Gebirgen angestellte ^), zeigen, daß man mit Notwendigkeit in vielen Ge- bieten zur Annahme einer Faltungsschiefe rung geführt wird. Loretz giebt übrigens selbst zu, „daß die nächste Wir* kung des Horizontalschubes in Aufrichtung, Faltung und Über- schiebung der Schichten bestand, und der Vorgang der Schieferung (d. i. Transversalschieferuug) erst nach diesem Prozeß oder doch erst in den späteren Stadien desselben begann". Da bei klastischen Gesteinen schon vor der Faltung eine Trümmer- struktur vorhanden war, so sind deren mechanische Ver- änderungen als Folgen des Gebirgsdruckes, soweit sie nicht eben auf Faltung und Transversalschieferuug beruhen, schwieriger festzustellen. Giebt man zu, daß die Transversalstruktur im letzten Stadium der Gebirgsbildung erfolgte, so ist auch zu erwarten, daß in einem Faltuugssystem eingeschaltete Eruptiv- lager dadurch, daß sie durch die oben beschriebenen Vor- gänge zunächst konkordante Parallelstruktur erhalten, schließlich Transversalstrnktur annehmen können. An vielen Stellen ist an den Sericitgneißen eine transversale Spalt- barkeit zu konstatieren, aber sie geht nicht so weit, daß sie wie bei den mit vollkommener Cleavage ausgestatteten Thou- schiefern an jeder beliebigen Stelle des Handstückes hervor- gerufen werden könnte, sich demgemäß als eine allgemeine Verminderung der Kohäsion in der Eichtung des Horizontal- schubes äußerte, sondern die Spaltungsflächen sind durch aller- *) Eine zusammenfassende Darstellung der Wirkungen des Gebirgs- druckes giebt F. Zirkel im 1. Bd. seines Lehrbuches, 2. Aufl., p. 603—634, wo auch die Litteraturangaben zu finden sind. — 21 — dings oft mikroskopische Abstände getrennt, und die Unter- suchung der Präparate hat ergebeu, daß die zweite Scliieferung lediglich durch eine potenzierte, mit Ausweichung verknüpfte Kleinfältelung erzeugt wird (Heim's Ausweicliungscleavage). Sie sehen hier ein Handstück, w^elches einer schmalen Sericit- gneißeinlageruug aus dem Bruch Mohr's Mühle gegenüber bei Vockenhausen entnommen ist. Dasselbe zeigt deutlich den Über- gang aus einem kompakten, wenig flaserigen Gestein in ein ge- strecktes schieferiges. Sie gewahren, wie mit der Parallel- struktur der Sericitgehalt zunimmt, und wie am Rande durch den Hammer erzeugte Trennungsflächen die der natürlichen Begrenzungsebeue parallele Schieferung in schiefem Winkel schneiden.^) Ein weiterer Unterschied zwischen Faltungsschieferung und Cleavage scheint darin zu bestehen^ daß bei jener, wie unsere Beobachtungen zeigen, Streckung in der Streichungs- linie erfolgt, während bei dieser Streckung in der Fall- richtung beobachtet wird. — Wir müssen uns aber nochmals zur mikroskopischen Untersuchung des Vorkommnisses im Goldsteiner Thal zurück- wenden, denn sie wird uns das schwerwiegendste Argument für die Auffassung dieser Massen als aus Schmelzfluß entstandener liefern. Der Quarz zeigt nämlich sehr häufig diejenige Alteration, welche man als magmatische Korrosion bezeichnet. Sie besteht darin, daß aus vulkanischem Magma frühzeitig ausge- schiedene Krj^stalle nachträglich wieder angeschmolzen wurden und daher mannigfaltig gestaltete Einbuchtungen zeigen, welche mit rasch zu (Glas oder) feinkörniger Grundmasse erstarrter Schmelze ausgefüllt sind. Als Erklärung dieses Vorganges adoptieren wir wohl am besten für die vorliegenden Gesteine die von Lagorio^) ge- gebene. Verhalten sich nämlich geschmolzene Silikatmassen wie die meisten Körper, d. h. wird durch Druck ihre Schmelztemperatur er- höht (entgegengesetzt dem Verhalten des Eises), so kann durch *) Fig. 6 giebt ein charakteristisches Bild dieser in verschiedenen Gliedern der Taunusgruppe nicht selten zu beobachtenden Struktur; das Präparat ist dem pg. 11 erwähnten Gesteine im Distrikte Rottannen bei Eppstein entnommen. 2) Min. u. petrog. Mitth. VIII. 1887. 510. — 22 — Druckverminderung wieder Schmelzung erfolgen, da diese wie Teniperaturerhüluing wirkt. Erstarrte Quarz in der Tiefe unter dem Druck von d Atmosphären der auf ihm lastenden Lavasäule bei t°, so konnte durch rapides Aufsteigen des ihn umschließenden Magmas eine plötzliche Druckverminderuug auf (d — n) Atmo- sphären erfolgen, während die Temperatur kaum verändert wurde. Unter dem nunmehr wirkenden Drucke von (d — n) Atmosphären würde der Quarz aber schon bei (t — m)" erstarren, so daß er durch den in dem umgebenden Magma herrschenden Temperatur- überschuß von m" wieder angeschmolzen werden kann. Die magmatische Korrosion in typischer Ausbildung ist mit anderen Deformationen und mit unregelmäßigen Wachstums- gebilden durchaus nicht zu verwechseln. Sie tritt in unseren Gesteinen so charakteristisch auf als in irgend einem normalen Quarzporphyr. Wer die Erscheinung kennt, wird angesichts der Fig. 1 und 2 auch nicht den geringsten Zweifel hegen, daß jede andere Deutung ausgeschlossen ist. Mitunter verlaufen die Konturen der Schmelzzone parallel den Konturen des Krj^stalles (Fig. 1). Bald gewahrt man nur eine Einbuchtung, bald mehrere, bald breitbuchtige, bald schmalbuchtige Einsackungen, die öfter mit einem schmalen, manchmal gewunden verlaufenden Kanal beginnen, um sich im Krystallinneren zu erweitern. Die Natur der die Buchten erfüllenden Materie läßt sich nicht bestimmen; man kann nur angeben, daß in ihr neben einem schwach polarisierenden Aggregate Sericit, wohl auch Eisenerze auftreten, und daß sie mitunter ein dichteres Aussehen hat als die Gesteinsgrundmasse. Von ähnlicher Beschaffenheit wie jene Materie sind auch allseitig begrenzte Einschlüsse in den Quarzkrystallen, die zum Teil auf Einsackungen, deren Zufuhrkanal nicht angeschnitten ist, zurückzuführen sein mögen, zum Teil aber auch als während des Wachstumes des Quarzes umschlossene Grundmassenpartikel oder veränderte Glasein- schlüsse zu gelten haben, besonders wenn sie, wie mehrfach beobachtet wurde, in Form kleiner, parallel gestellter hexagonaler Pyramiden auftreten. Der Quarz zeigt also sämtliche Eigenschaften eines echten Porphyrquarzes, und durch die soeben mitgeteilten Be- obachtungen ist unwiderleglich erwiesen, daß er sich einmal in einem schmelzflüssisren Medium befunden hat. — 23 — Es wäre demnach nur noch die Frage zu diskutieren, ob in der That das Erstarruugsprodukt eines geflossenen Lava- stronies vorliegt oder ob man es mit einem quarzporphyrähnlichen „Krystalltuf f e" zu thun hat, deren Unterscheidung, be- sonders im Zustande nachträglicher Veränderung, oft kaum durchführbar sein soll. Die Frage wäre als gelöst zu betrachten, wenn man beweisen könnte, daß die Korrosion des Quarzes in der That durch die ihn gegenwärtig umgebende Grundmasse veranlaßt wurde. Diesen Beweis zu führen ist aber bei dem heutigen Erhaltungszustand der Gesteine kaum möglich. Der einheitliche Charakter des Gesteines, das Fehlen von Bomben, das Fehlen der auch aus „dynamonietamorphen" Tuffen^) beschriebenen Glaspartikel und der koukavbogig begrenzten Körperchen sprechen nicht für Tuffe. So lange also ein direkter Beweis für die Tuffnatur nicht zu erbringen ist, scheint es ge- rechtfertigt, die hier beschriebenen „Sericitgneiße" als durch Gebirgsdruckmehr oder minder geschieferte Quarzporphyre anzu- sehen, als welche Herr Prof. Rosenbusch mündlichen Mit- teilungen zufolge sie ?chon früher angesehen hat. Wegen der großen Bedeutung, welche die magmatischen Korrosionserscheinungen für die Auffassung der Natur der „Sericit- gneiße" haben, mögen hier einige Punkte genannt werden, an welchen sie beobachtet worden sind: an mehreren Stellen des Goldsteiner Thaies, auch am Jobanuesgraben, auf der Höhe im Distrikt Burg, unterhalb der Gipfelmühle bei Rambach und auf dem Gipfel (Neufeld), beim Rettungshaus, in den großen Brüchen bei Sonuenberg, bei Dotzheim, Mohrs Mühle gegen- über bei Vockenhausen, auf dem Rossert in einem durch Herrn von Reinach südlich von der Heimlichen Wiese geschlagenen Handstücke, in dem Bruche zwischen dem Porphyroidzug und Ehlhalten an dem Wege von Vockenhausen nach Ehlhalteu, ferner hinter dem Schloß Friedrichshof bei Cronberg. Durch Pufahl ist auf Lossens Veranlassung^) ein Gestein analysiert worden, von welchem als Fundort der „Distiikt Burg «) Rosenbusch, Mass. Gest., 2. Aufl. 423. — Mügge, N. J. f. Mn, Beilageb. VJII. 1893. 641. *) J. preuss. geol. Landesaust. 1884. 534. — 24 — bei Rambach" angegeben wird, mit der Bezeichnung „körnig- flaseriger Sericitgueiß". Die Analyse ergiebt: SiOa 77,08 A1203 11,50 Fe203 0,39 FeO 0,82 MgO 0,05 CaO 0,11 Na20 0,87 K2O 7,97 SO3 0,13 P2O5 0,05 TiOa 0,05 Wasser 0,47 99,49 Der Alkaligelialt ist mit dem vieler Quarzporphyre durch- aus übereinstimmend. Daß trotz der tiefgehenden Umwandlung der Feldspäte das Kali nicht vermindert wurde, liegt eben daran, daß es zur Neubildung des Sericites Verwendung fand. Auf- fallend aber ist der hohe Gehalt an SiOa, denn man sollte um- gekehrt erwarten, daß Si02 weggeführt wurde, oder wenigstens, wenn die bei der Thon- und Sericitbildung freiwerdende Si02 wieder als Quarz ausgeschieden wurde, nur lokal ein höherer Prozentsatz als gewöhnlich nachzuweisen wäre. Es ist daher zu bedauern, daß keine mikroskopische Beschreibung der analysierten Probe vorliegt, denn wie die Sericitgneiße im großen von Quarz- oder Quarz-Feldspat-Bändern durchtrümert werden, so gewahrt man auch mikroskopisch derartige als Neubildungen anzu- sehende Schnüre, welche öfter nicht nur welligen Verlauf wie jene, sondern auch Druckerscheiuungen, namentlich undalöse Auslöschung größerer Quarzkörner zeigen. Der „körnig-flaserige" und „flaserig-schieferige" Sericit- gueiß der Wiesbadener Gegend scheint größtenteils als Quarz- porphyr angesehen werden zu dürfen, ob aber alle feinschie- fer igen Varietäten hierher zu rechnen sind, bleibt zu unter- suchen. Es ist vielleicht nicht überflüssig, zu bemerken, daß die in den „Sericitglimmerschiefern" und „Phylliten" fast nie fehlenden Ber. d. Se nek cub. naturf. GescllscJi. iSg8 Taf. I. ^^.A^m^-'-S m. %^l«^ G. Kleinin phot. Lichtdruck der Vcrlagsanstall F. Bruckinann A.-C, ß/iiuthen. — 25 — Rutile („Thonscliiefernädelchen") in dem feinschieferigen „Sericit- gneiß" ebenso wie in den übrigen Facies vermißt werden. Auf deren Auftreten in den Gesteinen von Altenlia in und am Staufen wurde schon früher li in gewiesen.^) Erklärung zu Tafel I. Figur 1. Magmatisch korrodierter automorpher Quarz. Goldsteiner Thal bei Sonnenberg (Wiesbaden). Figur 2. Dasselbe. Ferner: Grundmasseneinschlüsse; undulöse Po- larisation. Nicols -|- Figur 3. Mikropegmatitische Verwachsung von Orthoklas und Quarz. Nicols -j— Oberhalb Rambach bei Wiesbaden. Figur 4. Zertrümmerter Quarz. Nicols +. Nerothal bei Wiesbaden. Figur 5. Sericit nach Orthoklas. Orthoklas dunkel, Sericit hell. Nicols -(-. Dotzheim bei Wiesbaden. Figur 6. Feinfältelung, übergehend in Transversaischieferung. Dis- trikt Rottannen bei Eppstein. Vgl. pg. 11, 21. *) Bericht über die 29. Versammlung d. Oberrh, geol. Ver. 1896. 27 — Über (las optisclie Verlialten von Globigeriiieu-Sclialeii. Von W. Schauf. Globigerinen-Geliäuse, sowohl recente als auch fossile, zeigen im parallel polarisierten Lichte bei gekreuzten Nicols eine überraschende Erscheinung. In sämtlichen Kammern ge- wahrt man nämlich ein dunkles Kreuz sowie einen oder mehrere farbige Kreisringe. Die Arme aller Kreuze stehen unterein- ander parallel und parallel den Schwingungsebenen der Nicols, so daß ein überaus zierlicher Anblick entsteht, besonders da mit der Abnahme der Kammerdimensionen die Kreuze immer kleiner werden. Durch Drehung des Präparates wird keine Veränderung der Kreuzlage hervorgerufen. Der Charakter der Doppelbrechung ist negativ. Jede Kammer zeigt also ein ähnliches Verhalten, wie es ein aus Calcitfasern bestehender excentrisch geschnittener Sphärolith aufweisen würde (vgl. Rosenbusch, Mikrosk. Physiographie Bd. I, 2. Aufl. p. 73), und die Gesamtheit der Kammern erscheint wie ein Aggregat solcher Sphärolithe. Es ist aber zu erwähnen, daß ein radialfaseriger Bau der Kammerwände auch bei Anwendung stärkster Systeme nicht mit Sicherheit beobachtet werden konnte. Die Entscheidung darüber, ob der hier angedeutete Erklärungsversuch ausreicht, oder ob der Erscheinung eine andere Ursache zu Grunde liegt, muß den Foraminiferen-Kennern überlassen werden. — 29 — Entstellung nnd Entwickelung der Sinnes- organe und Sinnestliätigkeiten im Tierreiclie. Drei populär-wissenschaftliche Vorträge, gehalten in der Senckenbergischen naturforschenden üesellschaft am 12. und 19. Februar und 12. März 1898*) von Dr. med. Ph. Steffan. I. Angemeine Einleitung. Verehrte Anwesende ! Wie ich in früheren Jahren au gleicher Stelle bereits auseiuandergesetzt habe , beruht die gesamte Verstandesentwickehmg des höchstentwickelten Ge- schöpfes unseres Planeten, des Menschen, darauf, daß seinem Gehirne vermittelst der Sinnesorgane von Auge, Ohr, Nase, Zunge und Hautoberfläche her beständig Sinnesempflnduugen (Sinneseindrücke, Sinneswahrnehmungen) aus der Außenwelt zufließen. Dadurch daß unser Gehirn alle von einem Gegen- stande oder Vorgange der Außenwelt ausgehenden Sinnes- empfindungen untereinander in Verbindung bringt, kommt die richtige Vorstellung und Erkenntnis eben dieses Gegenstandes oder Vorganges zu stände, d. h. entwickelt sich beim Menschen die Verstandesthätigkeit, resp. lernt der Mensch denken. Unsere Sinnesorgane un d died urch sieve r mitteltenSinnes- empfindungen sind die Ausgangspunkte undVer mitt- ler unserer gesamten Verstandes- undSeelenthätig- keit: nil est in intellectu quod non antea fuerit in sensu (deutsch: Unsere Sinne sind die Eingangspforten für unseren Verstand). Das Denken ist somit erst eine sekundäre E^mktiou, das Primäre aller Erkenntnis sind die sinnlichen Empfindungen *) Die Vorträge waren zum genaueren Verständnis von mehr als 90 Demonstrationen mittelst des Skioptikons begleitet. — so- und Wahrnehmungen. In sehr geistreicher Weise drückt dies L. Feuerbach in den nachfolgenden Worten aus: „Denken heißt, die Evangelien der Sinne im Zusammenhange lesen." Was für den Menschen gilt, gilt auch für die Tierwelt, so- weit sie ein Gehirn besitzt. Steigen wir in die niedere Tier- welt mit einfacherem Nervensystem (Schlundring mit Schlund- ganglion oder gar nur unter der äußeren Haut gelegenen Nervenzellen) hinab, so sind auch hier die Sinnesthätigkeiten die Vermittler für die Bethätigung der angebornen Intelligenz oder des Instinkts sowie für alle Funktionen, die das Tier zu seiner eigenen Erhaltung, Ernährung und Fortpflanzung nötig hat. Ohne Sinnest hätigkeit ist das tierische Leben nicht möglich und nicht denkbar. Nach dieser Darlegung scheint es mir von höchstem Inter- esse, der Entstehung der Sinnesorgane und Sinnesthätigkeiten im Tierreiche nachzuspüren und sich ein Bild von deren auf- wärts steigenden Entwickelung zu machen. Um über den Anfang aller Sinnesthätigkeit in der organischen Welt klar zu werden, müssen wir uns vor allem die Zustände auf unserer Erde vergegenwärtigen, als die organische Materie in Erscheinung trat. Ohne Vorhandensein von Wasser ist alle organische Existenz unmöglich, ja wir müssen annehmen, daß zur Zeit des Entstehens der Organismen auf der Erde deren größte oder ganze Oberfläche mit Wasser bedeckt gewesen sein muß ; denn die gesamte niedere Tierwelt besteht aus Wasser- tieren, das erste organische Leben muß demgemäß wohl im Wasser entstanden sein. Erst in dem Maße als das Land aus dem Wasser emporstieg, war auch die Möglichkeit zur Heran- bildung organischen Lebens auf dem Lande resp. an der Luft gegeben (Lufttiere). Heute noch sind gut zwei Dritteile unserer Gesamt-Erdoberfläche von einer über 2000 Meter dicken Wasser- schicht bedeckt. Die Annahme, daß zur Zeit der Erscheinung des organischen Lebens auf unserer Erde alle jene auf Bewegung beruhenden Naturerscheinungen d. h. Licht, Wärme, Schall, Elektrizität und Magnetismus bereits vorhanden waren , ist unzweifelhaft lichtig. Die vom Lichte, dem Schalle, den Schmeck- und Riechstoffen, der Körperberührung ausgehenden sogenannten Sinnesreize sind demnach der Entstehung der Sinnesthätig- keiten und Sinnesorgane selbst vorausgegangen; indem die — 31 — Sinnesreize auf die Organismen einwirkten und letztere auf diese Reize reagierten (Sensibilität Albrecht von Hai 1er 's), sind die Sinnesorgane und Sinnesthätigkeiten nachträglich zur Ausbildung gekommen. Ohne Sinnesreiz kein Sinnes- organ und keine Sinnesthätigkeit. Tiere, die stets und ständig im Dunkeln leben, besitzen keine Augen und wenn deren im Lichte lebenden Stammesgenosseu solche besitzen, gehen sie bei ihnen zu Grunde, resp. kommen nur noch zu rudimentärer Entwickelung. (Eingeweidewürmer, Höhlen- tiere, Tiefseetiere s. später.) Demgemäß sind auch die Sinnesempfindungen untrügliche reelle Bilder der Außenwelt, sie erschließen uns mit voller Wahr- heit das Wesen der uns umgebenden Dinge. Max Herz in Wien (Kritische Psychiatrie, Wien 1896, K. Prochaska) faßt den Vorgang der Entstehung der Sinnesorgane folgender- maßen auf: „Eine ungeformte flüssige Masse heterogenster Zu- sammensetzung strömt die Welt der Dinge an den Organismus heran. Da beginnt er zunächst zu sichten, gewissermaßen durchzusieben. An einer Stelle extrahiert er alle Äther- schwingungen und refüsiert alle anderen (Auge), an einer anderen wählt er sich Schwingungen kleinster Massenteilchen der Luft (Ohr) u. s. f. (getrennt leitet er sie seinem Zentral- nervensystem zu. Den sinnlichen Rohstoff , den er sich so selbst geschaffen, erhält er also in Gruppen ge- trennt." So die Auffassung von Max Herz. Hinzuzufügen bleibt, daß wir nur für zwei Sorten von Schwingungsarten keine Sinnesorgane haben, für Elektrizität und Magnetismus; von letzterem spüren wir überhaupt nichts. Daß wir für die Ein- wirkung der Elektrizität kein Sinnesorgan besitzen, erklärt sich leicht daraus, daß freie Elektrizität, welche als Sinnesreiz auf den Organismus wirken könnte, in der Atmosphäre alsbald aus- geglichen wird (Gewitter, Blitz, Wetterleuchten, Nordlichter), somit also von vornherein die Entstehung eines Sinnesorganes für Perception der Elektrizität gegenstandslos geworden ist. Ja unser Körper setzt sogar durch die unbefeuchtete äußere Epidermisschicht der Einwirkung der Elektrizität noch besonderen Widerstand entgegen. Was der tierische Organismus an elek- trischer Kraft für seine Existenz bedarf, bezieht er eben nicht von außen, sondern erzeugt er in sich selbst. Außer Licht, — 32 — Wärme, Schall, Riechstoffe, Geschmacksstoffe uud direkter äußerer Beriihnmg des Körpers d. h. Auge, Ohr, Zunge, Nase und äußere Haut giebt es keine anderen Sinnesreize und ihnen entsprechende Sinnesorgane. Die vorhandenen Sinnesorgane können in den verschiedenen Tier klassen verschieden hoch ausgebildet sein und ihre Leistungsfähigkeit dem- nach wechseln; aber es giebt keine anderen uns luihe- kaimteii Sinnesreize und Sinnesorgane, wie die oben genannten. Infolge der mannigfach wechselnden Ausbildung und Modifikation der einzelnen Sinnesorgane im Tierreich kommt John Lubbock zu dem folgenden merkwürdigen Ausspruch: „Wir haben fünf Sinne und bilden uns bisweilen ein, daß weiter keine vorhanden sein könnten, aber es ist klar, daß wir bei den engen Grenzen, die uns Menschen gezogen sind, das Unendliche nicht ermessen können. Wenn wir die Frage von der anderen Seite betrachten, so finden wir bei Tieren Sinnesorgane, reichlich mit Nerven ausgestattet, deren Funktionen wir indessen bis jetzt außer stände sind erklären zu können. Es kann fünfzig Sinne geben, die so verschieden von den unserigen sind, wie das Hören vom Sehen, und auch innerhalb der Grenzen unserer Sinnenwelt mögen unendlich viele Töne vorhanden sein, die wir nicht hören, und Farben so verschieden voneinander wie Grün und Rot, für die wir kein Empfindungsvermögen besitzen. Diese und andere tausend Fragen harren noch der Lösung. Die uns umgebende Welt, mit der wir vertraut sind, kann in anderen Tieren einer gänzlich verschiedenen Platz machen, sie kann voll sein von einer Musik, die wir nicht hören, von einer Farbenpracht, die wir nicht sehen, von Gefühlseindrücken, die wir nicht empfinden." Diese phantastische Ansicht John Lub- bocks muß von uns zurückgewiesen werden. Wo bliebe da die exakte naturwissenschaftliche Forschung! Zwischen Himmel und Erde giebt es für uns nichts weiter als das, worüber unsere sehr zuverlässigen Sinnesorgane uns sichere Auskunft geben. Was sich nicht sinnfällig beweisen läßt, entbehrt jedweder realen Unterlage. Lehren, mögen sie noch so geistreich ausgedacht und noch so logisch herausgetüpfelt sein, sind hinfällig, wenn die ihnen zu Grunde liegende Voraussetzung nicht einer sinn- fälligen Thatsache entspricht. Wo dieser sichere Untergrund fehlt, hört die exakte Wissenschaft auf, und wir bewegfen uns — 33 — auf dem Boden der Hypothese, des Glaubens und des Meiuens, eines Bodens, der jeden Augenblick samt dem darauf erbauten stolzen Gebäude anscheinender Wissenschaft zusammenbrechen kann. Mehr wie unseren fünf Sinnen entspricht, giebt es daher im Tierreiche nicht, umgekehrt: je mehr wir in der Tierreihe herabsteigen, desto unvollkommener muß die Sinnesthätigkeit im allgemeinen werden; denn auch ihre Entwickelung geht vom Einfachen zum Zusammengesetzten langsam aufwärts. Ehe ich indes speziell auf die Entwickelungsgeschichte der Sinnesthätigkeiten und Sinnesorgane im Tierreich übergehe, bedarf es noch eines weiteren orientierenden Überblicks. So falsch und unlogisch, ja geradezu verkehrt es ist, aus den kom- plizierten Sinnesorganen der höheren Tiere auf die einfacheren Formen der niederen Tierwelt rückschließen zu wollen, weil allein der umgekehrte Weg zu richtigen positiven Schlüssen führen kann, will ich doch einen Augenblick diesen falschen Weg betreten, weil er uns zu einer sehr wichtigen, wenn auch negativen Erkenntnis führt, d. h. uns lehrt, wie die Sinnes- thätigkeit der niederen Tierwelt im Vergleich zu der unseligen nicht beschaffen sein kann. Mit Rücksicht auf das umgebende Medium, in welchem sich das Leben der Tierwelt abspielt, unterscheidet man Tiere, die im Wasser, auf der Erde an oder in der Luft, und solche, die teils im Wasser teils auf der Erde an der Luft (amphibiotisch) leben. Der größte Teil der niederen Tierwelt, die Protozoen oder Urtiere, die Cölenteraten oder Sacktiere, die Echinodermen oder Stachelhäuter, die Mollusken oder Weichtiere, leben, mit alleiniger Ausnahme der Landschneckeu, im Wasser ; die Würmer ebenfalls im Wasser oder in feuchter Umgebung. Von den Gliedertiereu leben die Krebse vorzugsweise im Wasser; von den Wirbeltieren die Fische und Cetaceen. Auf der Erde, an oder in der Luft leben von den Gliedertieren die Spinnen, Tausendfüße und Insekten, von den Wirbeltieren die Vögel und Säugetiere mit Ausnahme der Cetaceen. Teils im Wasser, teils auf der Erde an der Luft leben die Amphibien. Diese Einteilung der Tiere mit Rücksicht auf das umgebende Medium ist für die Erkenntnis von dei'eu Sinnesthätigkeiten im Vergleich zu den unserigeu von ausschlaggebender Bedeutung; denn die- jenigen unserer Sinnesthätigkeiten, die nur durch Vermittelung 3 — 34 — der Luft zu stände kommen können , sind bei Wassertieren nicht möglich. Betrachten wir in dieser Beziehung unsere fünf Sinne, so besteht zwischen Tast- und Geschmackssinn einerseits und Geruchs-, Gehör- und Gesiclitssinu anderer- seits der Unterschied, daß die Tast- und Geschmackseindrücke unsere äußere Haut resp. Mundschleimhaut direkt treiben müssen, während unsere Geruchs-, Gehör- und Gesichts- empfiudungen durch die Luft vermittelt werden. Tast- und Geschmackseindrücke können von Wassertieren also mindestens ebensowohl empfunden werden wie bei uns; vermutlich ist ihr Tastsinn bei der zarteren Konstruktion ihrer Körperoberfläche noch feiner wie der unserige, ihr Geschmack ist sicher, da er ja gerade an die Wasserlöslichkeit der zu schmeckenden Sub- stanzen gebunden ist, bei ihnen noch besser entwickelt als bei uns. Wir sind also a priori vollkommen berechtigt, bei Wasser- tieren wohl organisierte Tast- und Geschmacksorgane zu finden. Von den drei durch die Luft vermittelten Wahrnehmungen (Ge- ruchs-, Gehör und Gesichtssinn) müssen wir ihnen von vornherein die Fähigkeit von Sehvermögen zugestehen, da die Schwingungen des Lichtäthers wenigstens bis zu 200 Faden (1 Faden = 1,88 Meter, 200 Faden = 376 Meter) sich in das Wasser fortzu- pflanzen vermögen; daher finden wir auch bei Wassertieren, soweit sie nicht in der ewigen Finsternis der Tiefsee leben und sich hier auch nicht selbst durch besondere Leuchtorgane Licht zu schaffen vermögen, wohlausgebildete Sehorgane (Augen). Ein Gehör in unserm Sinne kann bei AVassertieren kaum vorhanden sein; das lehrt ein einfaches Experiment beim Menschen. Füllen wir unseren äußeren Gehörgang mit Wasser, so daß die Schall- wellen der Luft unser Trommelfell nicht mehr erreichen können, so sind wir nahezu taub d. h. es bleibt nur ein Rest vom Hör ver- mögen, soweit ein solches durch die Schädelkuochen vermittelt werden kann (Knochenleitung) ; da nun aber die niederen Wassertiere nich einmal Knochen besitzen, ihre ganze Körper- masse vielmehr von weicher Beschai¥enheit ist, so kann hier von einem Hörvermögen kaum die Rede sein : die Wassertiere sind also höchst wahrscheinlich so gut wie taub. Bleibt noch der Geruchssinn übrig. Diese Sinnesthätigkeit ist bei Wasser- tieren geradezu unmöglich; denn die Stoffe, die man riechen soll, müssen der Luft in gasförmigem Zustande beigemischt sein, — So- ja bei den "Wirbeltieren mit Limgenatmung muß der mit Riech- stoffen vermischte Luftstrom, damit die Riechstoffe zur Wahr- nehmuDg kommen können, an der die Geruchsempfindung ver- mittelnden Schleimhaut der Nase im Strom vorbeigeführt werden können d. h. das Riecliorgan muß einerseits mit der umgebenden Luft, anderseits mit der Rachenhöhle und von hier aus mit der Lunge in Verbindung stehen. Das lehren wieder ein paar ein- fache Experimente beim Menschen. Füllen wir nämlich die Nasenhöhle eines Menschen mit Wasser, so ist sofort aller Ge- ruch verscliwunden, mögen wir dem betreffenden Wasser auch noch so scharfe Riechstoffe wie Eau de Cologne u. drgl. bei- fügen (Versuche von E. H. Weber). Wie wenig das ausge- bildete Geruchsorgan an der Luft lebender Tiere das Wasser verträgt, mögen noch die nachfolgenden zwei Beispiele lehren. Der Frosch zieht, wenn er ins Wasser springt, rasch eine Haut über seine äußere Nasenöffnuug und schützt sich so, so lange er sich im Wasser aufhält, vor dem Eindringen von Wasser, und ebenso macht es das Krokodil und manche Säugetiere, die viel im Wasser leben und untertauchen (Zuckerkand 1). Anders ver- hält es sich da, wo ein solcher Schutz fehlt, d. h. bei den im Wasser lebenden Säugetieren, den Cetaceen: bei ihnen ist gar kein Geruchsorgan vorhanden und die anatomische Untersuchung ihres Gehirns lehrt, daß auch kein Riechlappen und kein Riech- nerv zur Entwickelung gekommen ist. — Selbst bei wasser- freier, normal lufthaltiger Nase riechen wir so lange nichts, als die mit Riechstoft'en vermischte Luft in unserer Nase stille steht d. h. bei angehaltenem Atem oder bei Atmung durch den Mund ; sie muß vielmehr im Strome von außen nacli innen an der Schleimhaut unserer Nase vorbeigeführt w^erden d. h. wir müssen „schnüft'eln" oder wie man bei unseren mit vorzüglichen Ge- ruchsorganen versehenen Säugetieren sagt: „schnuppern". Ge- hör- und Geruchsorgane sind daher bei Wassertieren entweder überhaupt nur mangelhaft entwickelt oder es kann da, wo wir sie besser entwickelt sehen, die von ihnen vermittelte Siunes- empfindung mit der unserigen noch nicht ganz gleich sein. Be- kanntlich wittern Fische auf weite Distanzen das Aas. Diese Fähigkeit ihrem Geruchssinn zuzuschreiben, ist nachdem Ge- sagten absolut falsch ; denn ein Fisch kann nicht riechen, das ist eine physiologische Unmöglichkeit; im Wasser gelöste Stoffe 3* — 36 — kann eben auch der Fisch nur schmecken. Demgemäß be- sitzen die Fisclie in der Mundhöhle an den als Barteln bezeich- neten, am Maule befindlichen Anhängen und auch sonst noch nervöse Endapparate, die unseren sogenannten Geschmacks- knospen entsprechen: Corpora cyaniformia. Für die Fische ist der Geschmackssinn von allerhöchster Bedeutung ; er ersetzt ihnen geradezu unseren Geruchssinn, und wenn wir bei ihnen anatomisch ausgebildete Geruchsorgane finden, so kann deren physiologische Funktion doch nur unserem Geschmackssinn ent- sprechen. Erst bei solchen Tieren, die an der Luft leben, kann das anatomisch ausgebildete Geruchsorgan auch die ihm wirklich zukommende Funktion der Vermitteluug des Geruchssinnes übernehmen. Geruchs- und Geschmackssinn (Riech - Schmeck- sinn) sind eben bei den Wassertiereu, wenigstens im physio- logischen Sinne, noch nicht differenziert, wenn auch die betreffenden Organe anatomisch bereits ausgebildet sind ; die physiologische Differenzierung findet erst bei den an der Luft lebenden Tieren statt. Aber auch der Mensch verwechselt noch sehr leicht den Geschmacks- und Geruchssinn und spricht irr- tümlich von einem aromatischen oder würzigen Geschmack u. s. f. Er verwechselt ferner den Geschmackssinn auch mit Empfin- dungen, die in das Gebiet des Tast- und Gefühlssinnes hinein- gehören, und spricht von einem stechenden, scharfen, beißenden, kühlenden, brennenden Geschmack. Ja wir sind sogar nicht imstande, die feinen Verschiedenheiten des Geschmacks richtig wahrzunehmen, wenn sich unser Riechepithel nicht in ganz nor- malem Zustande befindet (Schnupfen!). Daraus können wir auch bei uns noch klar die nahe Verwandtschaft des Geschmacks- und Geruchssinnes erkennen. 0 f f e n b a r s i n d a 1 s o u r s p r ü n g 1 i c h die drei Si n uesemp find un gen des Tastsinnes, Ge- schmackssinnes undGeruchssinnes ineinanderfließend und bilden eine noch nicht differenzierte Sinnes- empfindung der niederen Tierwelt (Ursinnesempfin- dung), aus welcher erst zuletzt mit dem Leben an der Luft der Geruchssinn als besonderer Sinnsich abscheidet. Daß im Wasser lebende Tiere in Bezug auf ihre Sinnesthätigkeit und den Bau ihrer Sinnesorgane andere Verhältnisse bieten, wie an der Luft lebende Tiere, ist sonach nicht zu verwundern. — 37 — Betrachten wir uns jetzt die Sinnesthätigkeit der niedersten Tierwelt. Bereits die niederststeliendeu, sog. einzelligen Tiere, die Protozoen oder Urtiere (Infusorien etc. etc.), an welchen — wenigstens bis jetzt — irgend welche Organe zu finden überhaupt noch nicht gelungen ist, besitzen Empfindung und Bewegung; das sie zusammensetzende, noch undifferenzierte Protoplasma (Sarkode) vereinigt in sich, ähnlich der Pflanzen- zelle, die Fähigkeit der Atmung, der Ernährung, der Fort- pflanzuug, der Bewegung und der Empfindung, Eigenschaften, welche bei den über ihnen stehenden Tieren an besondere Or- gane gebunden sind. Wenn ich hier des feineren Baues der Protozoen oder Urtiere Erwähnung gethan habe, müssen wir uns wohl vergegenwärtigen, daß auch unsere besten Mikroskope noch lange nicht imstande sind, uns den feinsten Bau der pflanzlichen oder tierischen Zelle zu enthüllen. Auch das kleinste mit unseren heutigen Hülfsmitteln noch zu ei'kennende Teilchen organischer Materie ist doch in Wirklichkeit noch aus vielen Millionen Molekülen zusammengesetzt, jedes Molekül ist aber noch dazu eine Zusammensetzung von Atomen als kleinster Teilchen, also immer noch ein sehr komplizierter zusammenge- setzter Körper. Wie viel ist uns also noch über die feinste histologische Struktur der Zelle unbekannt! Wie sehr wird also auch die Zukunft noch an der Hand vervollkommneterer Untersuchungsniethoden unsere Erkenntnis über die feinere Struktur der Urtiere erweitern! Was wir von dieser heute wissen, ist sicher noch sehr unvollkommen, und dasselbe gilt natürlich auch von den Beziehungen dieser Tiere zu den sie umgebenden Medien resp. von dem Wechsel verkehr zwischen diesen Tieren und der Außenwelt. Wie dem nun auch sein möge und welche wunderbaren Enthüllungen in dieser Beziehung die Zukunft noch in ihrem Schöße birgt, soviel wissen wir heute, daß mit der höheren Entwickelung der Tierwelt diejenigen Funktionen, welche zur Erhaltung und Fortpflanzung jedweden Tieres nötig sind, und welche bei den Protozoen das sie zusammensetzende Protoplasma (Sarkodemasse) in seiner Gesamtheit gleichzeitig ausübt, an einzelne Organe übergehen, und als besondere Apparate zur Ausbildung kommen: Atmungsapparat, Verdauungsapparat, Fort- pflanzungs- resp. Geschlechtsapparat, Sinnesapparat. Damit — 38 — geht also die Sinuesthätigkeit der Tierwelt, die bei den ein- zelligeu Tiereu gleichwie bei der Pflanzenzelle noch dem Ge- samtpr otoplasma der Zelle, resp. der Sarkode inne- wohnte, an besondere Sinnesapparate oder Sinnesorgane über. Diese Sinnesorgane dienen den niederen Tieren als Sonden oder Fühler, mittelst deren sie mit der sie umgebenden Außen- welt in Verbindung treten und die ihnen über deren Beschaffen- heit Nachricht geben, sei es, daß es sich um Herbeischaffung passender Nahrung, sei es, daß es sich um die Erhaltung des Geschlechtes, sei es, daß es sich um Schutz vor drohender Ge- fahr handelt. Wollen wir uns einen P^inblick in die Sinnesthätigkeit dieser Tiere bilden, so sind wir zunächst auf die Anatomie angewiesen. Wir müssen diejenigen Organe aufsuchen und nachweisen , welche überhaupt imstande sind , eine Sinnes- thätigkeit zu vermitteln. In welcher Weise diese Organe physiologisch funktionieren, resp. welche Art von Sinnes- thätigkeit sie vermitteln, können wir nur aus den Lebens- bedingungen und Lebensäußerungen, insbesondere den Beweg- ungen der betr. Tiere, indirekt erschließen. Als anatomische Grundlage eines Sinnesorganes müssen wir fordern : einen be- sonderen E u d a p p a r a t , einen L e i t u n g s n e r v und ein ner- vöses Zentrum, d. li. zum wenigsten eine als solches funk- tionierende Nervenzelle. Damit ist uns der anatomische Wegweiser zum Nachweis von Sinnesorganen in der Tierwelt gegeben, soweit sie überhaupt eine Ausbildung von einzelnen Organen erkennen läßt. Es muß unserhöchstesLiteresse erregen, wenn zwei Forscher, Stewart und von Lendenfeld, bereits bei den Kalkschwämmen, d. h. der niedersten Stufe der Sack- tiere oder Oölenteraten solche Sinnesorgane gefunden zu haben scheinen, v. Lendenfeld beschreibt folgende Gebilde, die sich rings um den Eingang in die Kijrperöffnung oder Sacköft'nung, Osculum genannt, bei dem KnoUeukalkschwamm von Grönland, Leucandra 2)enicülaia (vergl. Brehm's Tierleben, 3. Aufl. Bd. X S. 633) befinden : Gruppen von spindelförmigen Zellen, welche an der Hautoberfläche endigen und Ausläufer nach innen zu absenden , um hier anscheinend mit sternförmigen Zellen in Verbindung zu treten, welche nervöser Natur zu sein scheinen, also Nerven- oder Ganglienzellen. Jene spindelförmigen Zellen — 39 — in der Hautoberfläche als Endapparat eines Sinnesorganes pflegen bei den niederen Tieren sehr charakteristisch und sach- gemäß als Sinneszellen bezeichnet zu werden : sie vermitteln eine Sinnesthätigkeit, und es bleibt dabei zunächst noch dahin- gestellt, welcher Art diese Sinnesthätigkeit beschaffen ist. Diese rings um das Osculum stehenden Sinneszellen dev Leucandra penicillata mit ihren Ausläufern und dazugehörigen Nerven- zellen stellen somit die älteste und ursprünglichste Form eines Sinnesorganes, resp. eines Nervensystems überhaupt, in der Tierwelt dar ; gehören doch die Schwämme mit den übrigen niedrig organisierten Tieren — alle Bewohner des Wassers — zu den ältesten Überresten tierischen Lebens auf unserer Erde, wie sie die Geologie in den untersten Schichten der sog. cam- brischen Formation nachgewiesen hat. Welch' unfaßbar weiter Weg bis zur Ausbildung der komplizierten Sinnesorgane und des Nervensystems des zuletzt auf der Erde zur Entwickelung ge- kommenen, höchstorganisierten Säugetieres, des Menschen ! Und doch vermissen wir auch beim Aufbau unserer Sinnesorgane samt Nervensystem nicht jenes Grundprinzip, nach dem auch das ursprüngliche Sinnesorgan resp. Nervensystem jenes unschein- baren Kalkschwämmchens (Leucandra penicillata) aufgebaut ist: 1) einen besonderen peripheren Endapparat, zunächst nur eine Sinneszelle, welche den von außen kommenden Sinnesreiz in einen Nervenreiz umsetzt, 2) einen Leitungsnerv und 3) ein nervöses Zentrum, zunächst nur eine Nervenzelle (Neuron). Bei der Entwickelung der mehrzelligen Tiere unter- scheiden wir bekanntlich 3 Schichten : Das Ektoderm zu äußerst, dann das Mesoderm, zu innerst das Endoderm. Mit der Aus- bildung dieser 3 Schichten geht die weitere Entwickelung der Sinnesorgane bei den Tieren an das Ektoderm über, welches ja auch zunächst von den von außen kommenden Sinnesreizen getroffen wird. Indem diese Sinnesreize die ursprünglich in- differente Zelllage des Ektoderms treffen, tritt eine Differen- zierung dieser Zellen in einfache Epithelien und in Sinneszellen ein, welch' letztere durch einen leitenden Nerv mit einer zen- tralen Nerven-, resp. Ganglienzelle in Verbindung treten. Da- mit haben wir die primitivste Form eines Sinnesorganes, be- stehend aus der Sinneszelle als Sinnesendapparat mit zuge- höriger Nerveuleitung, wie es von Lendeufeld bei der Leucandra — 40 — IjeniciUcda zuerst nachgewiesen hat. Zunächst finden wir hier nur noch eine Art von Sinneszellen, natürlich auch nur einer einzigen Art von Sinnesthätigkeit entsprechend. Erst mit der höheren Organisation der Tierwelt tritt eine weitere Diffe- renzierung der Sinneszellen in Seh-, Gehör-, Geruchs-, Ge- schmacks- und Tast-Sinneszellen ein und damit auch eine dem- entspreChende Vervielfältigung der Sinnesthätigkeiten. Allüber- all aber — und mag das betreffende Sinnesorgan auch noch so kompliziert gestaltet sein — finden wir die ursprüngliche Siunes- zelle in dem betreffenden Sinnesapparate entsprechend modifi- ziert wieder ; s i e ist es, die stets den äußeren Sinnesreiz perzi- piert, d. h. in einen Nervenreiz umsetzt und diesen Reiz dann an den zugehörigen Nerven zur Weiterleituug au das nervöse Zentralorgan überträgt, so daß hier je nachdem eine Gesichts-, oder Gehörs-, oder Geruchs-, oder Geschmacks-, oder Tast- Empfindung zur Wahrnehmung kommt. In Bezug auf die Lokalisation der Sinnesorgane am tierischen Organismus lehrt uns deren Entstehungsart, daß all- überall da, wo ein Ektoderm ist, d. h. also auf der ganzen äußeren Körperoberfläche, auch Sinnesorgane entstehen können. Solange die Sinneszellen über die ganze Körperober- fläclie zerstreut liegen, ist auch die ganze Körperoberfläche, wie früher bei den einzelligen Tieren das gesamte Zellenprotoplasma (Sarkode), Sinnesorgan. Eegenwürmer besitzen bekanntlich keine Augen; sie reagieren mit ihrer ganzen Körperoberfläche auf Licht, vorwiegend freilich mit ihrem Kopfende (Veit Graber u.a.). Bei der weiteren Ausbildung einzelner differenter Sinnesorgane können dieselben ferner überall sich ausbilden, wo sich Ekto- derm befindet, d. h. überall auf der ganzen Körper- resp. Haut- oberfläche. Demnach hat es auch gar nichts Wunderbares an sich, wenn wir niedere Tiere finden, die Augen auf dem Rücken oder an den Seiten oder am Hintereude des Körpers haben, andere die ihre Hörorgane im Schwänze haben ((/rustaceengattung Mysis). Wenn wir in solchen Fällen genauer zusehen, hat das stets seinen durch die Lebensweise des betr. Tieres bedingten Zweck- mäßigkeitsgrund. Unter den Würmern finden sich einzelne Arten, wie die der Gattung Amphicora, welche im Zusammen- hang mit der Fähigkeit, gleich geschickt sich nach vorn und nach hinten zu bewegen, Augen an beiden Körperenden besitzen. — 41 — und andere, die Pobjophthalmits-Arten , die solche sogar auf allen Segmenten tragen. Wo sollten z. B. bei einer Muschel an anderen Stelleu des Körpers Augen sitzen, als an solchen, die das Tier aus seiner Schale herausstrecken kann und so dem Lichte aussetzt, d. h. am freien Mantelrande oder an der Mündung der Atemröhre (Sipho)? Die den Röhrenwürmern zugehörige Sabella (Brauchioma) hat ihre Augen an den Kiemen, die Seesterne haben sie am Ende ihrer Arme, die Medusen am Rande des glockenförmigen Körpers d. h. immer an Orten, wo die Augen auch frei benutzt und einer allseitigen freien Ortsbewegung dienstbar gemacht werden können. Eine über die südliche Hemisphäre weitverbreitete Gattung von Nackt- schnecken, Oiichidium, hat über den Rücken zerstreut bis zu 100 Augen. Warum? Das Tier besitzt auf dem Rücken Drüsen, deren Inhalt es seinen sich nähernden Feinden entgegenspritzt; bei der trägen Beweglichkeit des Tieres würden ihm diese Drüsen nichts nützen, besäße es eben nicht jene Rückenaugen, die ihm den rücklings nahenden Feind verraten u. s. f. u. s. f. Auch die Ohren linden wir bei manchen Tieren an den Beinen. Im allgemeinen pflegen wir die Gesichts- und Gehörorgane am Kopfe der Tiere zu finden; die Geschmacksorgane liegen natürlich im Munde oder doch in dessen unmittelbarer Nähe und ebenso pflegen sich die Geruchsorgaue zu lokalisieren. Der Tastsinn nimmt die gesamte Körperoberfläche ein, nur hier mehr, dort weniger vollkommen. II. Niedere sog. vegetative Sinne : Tastsinn, Geschmackssinn, (iieruchssinn. Wir kommen jetzt zur Beantwortung der Frage, welche Art von Sinnesthätigkeit jene primitiven, gleichförmig gebauten Sinueszellen der niedersten Tierwelt zu vermitteln imstande sind. Hier müssen wir zunächst zugestehen, daß wir uus überhaupt keine ganz klare und sichere Vorstellung von deren Sinnesthätigkeiten machen können ; allein wir sind doch wohl zu der Annahme berechtigt, daß es sich nur um Tast-, vielleicht auch Geschmacks-Empflndungen handeln kann. Bei dem einförmigen Bau jeuer Sinneszellen kann es sich auch nur um eine Sinnesthätigkeit handeln (Ursinnesthätigkeit) ; indes könnte die dadurch vermittelte Empfindung sehr wohl eine gemischte — 42 — Tast-, Geschmacksempfindung sein (unsere Mundhöhle!). Gleich wie bei den Protozoen die sie konstruierende einförmige Sarkodemasse (Protoplasma) allen zu ihrem Leben nötigen Funktionen entspricht (Atmung, Ernährung, Fortpflanzung, Em- pfindung, Bewegung), ohne daß also noch diese einzelnen Funk- tionen je besonderen Organen entsprechen, welche sich erst bei höher stehenden Tieren differenzieren, so entspricht bei den niederen Tieren auch die eine Art von Sinneszellen aller zu ihrem Leben nötigen Sinnesthätigkeit, die wir bei den höher stehenden Tieren sich allmählich in fünf gesonderte Sinnesfunk- tionen differenzieren sehen, gebunden an fünf verschiedene Sinnes- organe. Ein eine Sinneszelle treffender Reiz kann indes bei den niederen Tieren eine Misch- oder Doppelempfindung aus- lösen (Tast -Geschmacksempfindung). Ja auch das Licht wirkt sicher wie auf die Sarkodemasse der Protozoen, so auch auf diese Sinneszelleu ein und veranlaßt diese Tiere zu besonderen Lebens- äußerungen d. h. bewirkt, daß sie das Licht aufsuchen oder meiden. Natürlich dreht es sich hier so wenig wie bei der Pflanzenzelle, die bekanntlich ebenfalls auf Licht reagiert (Helio- tropismus und Thermotropismus) um wirkliches räumliches Sehen, sondern nur um einen Einfluß von Hell und Dunkel sowie von Farben, vielleicht also bloß um eine physikalisch -chemische Wirkung des Lichtes (chemotaktisch). Gleichsam als ob die Natur bei der nur in beschränktem Maße möglichen Sinnes- thätigkeit der niederen Tierwelt einen Ersatz für eben diese Beschränkung bieten wollte, sehen wir die Tastorgaue vieler dieser Tiere in einer so vollendeten Weise entwickelt und aus- gebildet, wie wir es bei den höheren Tieren mit ihren 5 Sinnen niemals wiederfinden. Gleich die nach den Schwämmen kom- mende höhere Unterabteilung der Cölenteraten, die Nesseltiere (umfassend Schwimmpolypen , Hydromedusen , Scheibentiuallen, Seeanemonen oder Aktinien, Korallen etc.) besitzen wunderbar konstruierte sog. Nesselkapseln oder Nesselzellen. Jede Nessel- kapsel enthält einen Nesself aden, der wie ein umgestülpter Strumpf in der Kapsel eingezogen liegt, bis an die Spitze mit Widerhaken versehen und wahrscheinlich mit giftiger Masse gefüllt ist ; häufig sind die Nesselzellen zu Gruppen, sog. Nesselbatterien vereinigt. Ein einziges Tier besitzt eine große Zahl solcher Nesselzelleu. „Die in der Nordsee lebende gemeine rote Seerose (Actinia mesem- — 43 — biyanthemiim) hat in einem Fangarme von mittlerer Größe mehr als 4 Millionen reifer Nesselkapseln nnd in all' ihren Fangarmen znsammen wenigstens 500 Millionen. Ein Fangarm der pracht- vollen sammtgrünen Seerose (Authea cereus) enthält fiber 43 Millionen Nesselkapseln, also besitzt ein Tier mit 150 Fang- armen den ungeheuren Vorrat von 6450 Millionen." Diese Tiere können sehr gefährlich werden. Die Physalia pelagica verursacht Olmmachtsanfälle, Fieber bis zur Lebensgefahr. Bei den Rippen- (jualleu treten an Stelle der Nesselzellen Greifzellen, d. h. halb- kugelförmige kleine Hervorragungen der Faugfäden mit einem elastischen, spiralisch aufgerollten Stiele, aber ohne Giftapparat; die halbkugelförmigen Hervorragungen sind mit starkklebenden Körnchen besetzt, an denen leicht kleinere Crustaceen hängen bleiben. Die auf die Cölenteraten folgende nächste Abteilung der niederen Tiere, die Echinodermata oder Stachelhäuter (um- fassend die See walzen, Seeigel, Seesterne, Schlangensterne und Haarsterne) besitzen Ambulacralfüße oder kurz Ambnlacren, die sich um den Mund herum zu Tentakeln herausbilden ; außerdem besitzen die Seeigel und Seesterne noch Pedicellarien und Stacheln. Die AmbulacralfUßchen sind häutige Hohlzylinder mit einer Saugscheibe am Ende und dienen hauptsächlich der Fortbewegung, sind zugleich aber auch fähig, sehr zarte Ein- drücke von gewissen Eigenschaften der Körper, an welche sie sich heften, zu empfinden. Die Tentakeln dienen nur dem Tasten, die Pedicellarien sind teils Tast-, teils Reinigungs- organe. Die Stacheln benutzen die Seeigel wie Stelzen. — In der gesamten niederen Tierw^elt sehen wir Tast- und Gefühlsorgane in der mannigfachsten Weise ausgebildet als Wimperepithel, Bündel hervorstehender Haare oder Borsten, Warzen, Rückenanhäuge oder Rückenzirren, Rüsseln, Tentakeln (alles besonders bei W^ürmern) , ferner als Fühler (Krebse, Insekten etc.). Ich gehe des näheren hierauf nicht weiter ein. Nochmals kurz zusammengefaßt haben wir uns also die Sinnesthätigkeit der gesamten im Wasser lebenden Tierwelt im wesentlichen als auf dem Tast- und Geschmackssinn beruhend vorzustellen, ohne daß sich anatomisch ein Unterschied einzelner Sinneszellen herausfinden ließe ; es scheint hier ein und dasselbe Sinnesendorgan zwei Sinnen zugleich zu dienen (Mischempfindung), d. h. die Ursinnesthätigkeit der niederen Tierwelt entspricht ~ 44 — einer gemischten Tast- Geschmacksempfindung. Der Tast- Geschmackssinn ist die erste und älteste Sinnes- empfindung in der Tierwelt und im gesamten Tier- reiche vom niedersten bis zum höchsten Tiere vor- handen (Ursinn). Obwohl der Tastsinn zu den niederen Sinnen gerechnet wird, ist doch kein Sinn im gesamten Tier- reiche von gleich großer Wichtigkeit. Ohne ihn ist das tierische Leben undenkbar. Durch ihre freie Bewegung unterscheiden sich die Tiere wesentlich von den Pflanzen ; die freie Bewegung bedurfte aber eines Sinnes, der dem Tiere über die Beschaffen- heit seiner Umgebung Nachricht gab und es zugleich vor äußerer Beschädigung schützte, und so führte die freie Bewegung zum Tastsinn als Ursinn. Jedem unserer Sinne steht ein Bewegungs- apparat zur Seite, der es ihm ermöglicht, die ihm zukommende Funktion zweckentsprechend zu erfüllen : Dem Gesichtssinn die Augenmuskulatur, dem Gehörsinn die Sprachmuskulatur, dem Geruchssinn die Atmungsmuskulatur, dem Geschmackssinn die Zungen- und Kaumuskulatur, dem Tastsinn die Gesamt- körpermuskulatur. Aus dem Tastsinn haben sich durch Um- bildung und Differenzierung der Endorgane alle übrigen Sinne entwickelt, und dem entspricht auch unsere heutige physikalische Auffassung der Sinnesthätigkeit. Denn jede Sinnesthäligkeit setzt Reize, jede Wirksamkeit der Reize aber physikalisch eine Berührung voraus, ob nun diese bewirkt werde durch den An- prall der Moleküle eines hypothetischen Mediums des Äthers, der Luftteilchen oder sonstiger wirklicher ponderabler Massen ist insofern unwesentlich, als die wissenschaftliche Auffassung nur die logische Kontinuität der Vorstellungen zu wahren hat (Albrecht Rau). Kein Sinn ist beim Neugebornen bereits so entwickelt wie der Tastsinn, an ihn schließt sich die erste Verstandesthätigkeit der hirnbegabten Tiere an, vom niedersten bis zum höchsten. Der Tastsinn ist der Erzieher der höheren Sinne, insbesondere unseres höchsten Sinnes, des Gesichtssinnes. Dem Blinden ersetzt der Tastsinn den Gesichtssinn. Ja man nehme dem Menschen alle Sinne und lasse ihm allein den Tast- sinn : er bleibt immer noch erziehungs- und bildungsfähig. (Laura Bridgemann, Oliver Caswell, Helene Iv eller). Fiele auch der Tastsinn noch weg, so wäre das betr. Geschöpf nur noch eine rein vegetierende blödsinnige organische Masse, die mau — 45 — nur mit Hülfe einer künstlichen Ernährung am Leben erhalten könnte. — Der Geruchssinn ist im Wasser ganz unmög- lich , und das bei den Fischen anatomisch ausgebildete Ge- ruchsorgan muß noch eine unserem Geschmack vergleichbare Sinnesempfindung vermitteln. Erst mit dem Erscheinen von Lufttieren konnte der Geruchssinn zur Ausbildung kommen (Steinkohlenformation: Spinnen, Insekten, Amphibien). Die Sinnesthätigkeit der im Wasser lebenden Tiere entspricht dem- nach im wesentlichen den sog. niederen Sinnen der höheren Säugetiere (Tastsinn, Geschmackssinn, Geruchssinn), nur daß der Geruchssinn noch nicht vom Tast-Geschmackssinu ab- getrennt ist, und dies ist auch ganz selbstverständlich, denn wenn wir die fünf Sinne der Säugetiere in niedere und höhere einteilen, d. h. Gehör- und Gesichtssinn als die beiden höheren Sinne bezeichnen,, so geschieht dies darum, weil unsere drei niederen Sinne zu den sog. niederen, vegetativen Thätig- keiten unseres Körpers in Beziehung stehen, zu der Er- nährung und Fortpflanzung, während die beiden höhereu Sinne (Gehör und Gesicht) den höheren, sog. animal en Thätigkeiten, d. h. der geistigen Wahrnehmung, Empfindung und willkürlichen Bewegung, vorstehen. Nun ist aber die ganze Lebensthätigkeit der niederen Tierwelt (Protozoa, Coelen- terata, Echinodermata und Mollusca) eine wesentlich vege- tative, auf Ernährung und E'ortpflauzung gerichtete, wo- für eben die niederen Sinne bestimmt sind. Von den beiden höheren Sinnen kommt der Gehörsinn als solcher bei Wasser- tieren kaum in Betracht, sie sind alle ganz oder doch nahezu taub ; dagegen ist der Gesichtssinn insoweit möglich , als die Tiere in höheren Wasserregionen leben, in die die Schwingungen des Lichtäthers noch eindringen, ungefähr 200 Faden; unterhalb dieser Tiefe herrscht völlige E'insternis. Die in diesen Tiefen ewiger Nacht lebenden Tiere haben keine oder doch nur rudimentär entwickelte Augen, während andere sehr wohl ausgebildete Augen besitzen; dann sind diese Tiere aber auch im stände sich selbst zu leuchten, indem sich an ihrem Körper ganze Reihen von Leuchtorganen befinden, die sie nach Willkür leuchten lassen können. Bei Photichthys argenteus liegt das bedeutendste dieser Leuchtorgane gerade unterhalb jedes Auges, sodaß dieser Fisch geradezu mit einer Blendlaterne ver- — 46 ~ sehen ist; er läßt sein Licht leuchten, eine Beute zu erhaschen, er läßt es wieder erloschen, wenn er sich unsichtbar vor Ver- folgern machen will. Bei anderen Arten mag das Licht auch als Verteidiguugsmittel dienen ; so haben manche Arten der Gattung Scopehis große Leuchtorgane am Schwänze, sodaß ein von hier aus gleichsam abgeschossener Lichtkegel einen Feind blenden und verscheuchen kann. Bei wieder anderen mögen sie als Lockmittel dienen, Cercdias hispinosiis z. B. hat einen roten Faden über dem Maule am Kopfe hängen mit einem Leucht- organe am freien Ende zum Anlocken von Beutetieren. .Was wir bei Wassertieren von anatomisch ausgebildeten Geruchs- und Gehörorganen finden, entspricht in seiner physio- logischen Funktion noch nicht der späteren endgültigen bei Lufttieren. Die Cephalopoden z. B. zeigen hinter dem Auge je ein sackförmiges, 2 — 2^2 mm langes Grübchen mit spaltförmiger Öffnung nach außen. Das Innere dieser Grübchen ist mit großen cylindrischen Wimperzellen ausgekleidet, zwischen welchen keulen- förmige Sinneszellen mit großen Kernen eingestreut sind, deren gegen die Höhle gekehrtes Ende ein starres Stäbchen trägt, während das entgegengesetzte mit Astchen des Riechnerven zusammenhängt, also Riechzellen wie bei den höheren Tieren. Die Fische besitzen ein anatomisch wohl ausgebildetes Riech- organ: eine Nasenhöhle (Riechsack), von der der Riechnerv zum Riechlappen am Vorderhirn emporsteigt ; die Nasenhöhle (Riech- sack) endet, sei es, daß sie wie bei den Cyclostomen oder Rundmäulern (Petromyzontidae und Myxinidae) einfach medial liegt, oder wie bei den übrigen Fischen doppelseitig ausge- bildet ist, mit wenigen Ausnahmen (Myxinidae und Dipnoi oder Lungenfische) nach hinten blind, d. h. ohne alle Verbindung mit der Mund- oder Gaumenhölile. In Wasser gelöste Stoffe kann man aber nun einmal nicht riechen, sondern nur schmecken, also können es auch nur Geschmacksempfindungen sein, welche diese anatomischen Riechorgane der Wassertiere vermitteln. Erst der Aufenthalt an der Luft ermöglicht den Geruchssinn, hier erlangt er aber alsbald eine Bedeutung, die Aveit über die des Geschmackssinnes hinausgeht. Während bei den Wasser- tieren die feine Ausbildung des Geschmackssinnes überwiegt, und dieser Sinn gleichsam die Funktion des späteren Geruchs- sinnes einstweilen noch mitversieht, tritt bei den Lufttieren — 47 — gerade der Geruchssinn immer mächtiger hervor und überwiegt den Geschmackssiun an Bedeutung. Bei Lufttieren erliält der Geruchssinn gerade umgekehrt wie bei den Wassertieren das Übergewicht über den Geschmackssinn. Schon bei den niederen Lufttieren, den an der Luft lebenden Weichtieren, den Land- und Lungenschnecken, ferner den Lisekten — bei den Spinnen sind bis jetzt Geruchsorgane noch nicht mit Sicherheit nacligewiesen — ist der Geruchssinn von hoher Bedeutung; er dient hier zum Auffinden der Nahrung, zum Finden der richtigen Fährte, zum Erkennen anderer Individuen, zur Unterscheidung von Freund und Feind, zur Vermittlung der Fortpflanzung. Es kann gar keinem Zweifel unterliegen, daß die Insekten ein sehr feines Geruchsvermögen besitzen, weit feiner wie wir Menschen. Der anatomische Sitz des Geruchssinnes bei den Landschnecken wie bei den Insekten kann aller Wahrscheinlichkeit nach nur in den Fühlern gesucht werden. Die Nervenendigungen des Riech- organes sind kaum von solchen des Tastorgan es zu unter- scheiden: eine Sinneszelle mit Riechstift in Riechgruben oder hörner- und keulenförmige Gebilde neben den Tastorganen. Der Geruchssinn scheint bei den Insekten alle anderen Sinnes- thätigkeiten zu überragen und gerade mittelst dieses Sinnes sind sie befähigt, uns in gerechtes Staunen zu versetzen. Sie gebrauchen ihre Fühler wie die Säugetiere (Elefant, Tapir, Schwein, Maulwurf) ihren Rüssel oder (Hund, Katze) ihre Schnautze benutzen. Insofern der Geruchssinn sowohl bei den Landschnecken als bei den Insekten in keinerlei Beziehung zur Atmung steht, unterscheidet er sich noch voii dem Geruchssinn der an der Luft lebenden Wirbeltiere und verrät damit nur zu deutlich seine nahe Verwandtschaft zum Tast -Geschmackssinn. Erst bei den durch Lungen atmenden Wirbeltieren übernimmt der Geruchssinn noch die besondere Mission eines Wächters des Atmungsprozesses. Wie wichtig der Geruchssinn aber auch für viele an der Luft lebenden Wirbeltiere in Bezug auf Erhaltung ihrer Existenz, ihre Ernährung und Fortpflanzung ist, beweist die hohe Ausbildung des Geruchsorganes bei vielen derselben, selbst solchen, die noch auf sehr niederer Stufe der Entwicklung stehen, wie bei den Reptilien, bei denen zuerst im Tierreiche eine wirkliche Hirnrinde zur Ausbildung gelangt. E ding er ist es gelungen, den Nachweis zu führen, daß z. B. bei — 48 — der Riesenschildkröte (Cheloue midas) wesentlich an den Riech- apparat sich die erste Eutwickelimg der Hirnrinde anschließt, daß somit der phylogenetisch mit am älteste Rindenteil nnd somit auch die phylogenetisch älteste psychische Thätigkeit des Tieres an den Riechapparat, resp. an den Riechakt anknüpft (Tast-, Schmeck-, Riechsinn). Gleichwie bei den Insekten muß also auch noch bei den niederen Wirbeltieren der Geruchssinn als höchststehender Sinn bezeichnet werden. Aber auch noch hoch in die Reihen der Wirbeltiere hinauf können wir die feine Ausbildung des Geruchssinnes bewundern, ich brauche nur an den wunderbaren Geruchssinn unserer Hunde zu erinnern. Eine Ausnahme machen die Vögel : ihr Geruchsinn ist wenig entwickelt, dagegen übertreffen sie alle anderen Geschöpfe an Schärfe des Gesichtes. Ich kann die Betrachtung der sog. niederen Sinne (Tast-, Geschmacks- und Geruchssinn) nicht verlassen, ohne nochmals auf deren nahe gegenseitige Verwandtschaft aufmerksam zu machen. Bei der niederen Tierwelt geht diese Verwandtschaft schon daraus hervor, daß sich die Siunesendapparate für den Tastsinn, Geschmackssinn und Geruchssinn anatomisch meist gar nicht unterscheiden lassen; sie läßt sich aber des weitereu bis zum Menschen hinauf anatomisch nachweisen. Die Tastzellen in der Haut, die Geschmackszellen auf der Zunge, die Riech- zellen in der Nasenschleimhaut sind ja alle nichts anderes als die Nachfolger jener uralten Sinneszellen, die sich als ein- fachstes Sinnesorgan und nur noch eine einzige Ursinnes- empfindung vermittelnd bei jenem niederst stehenden Kalk- schwämmchen (Leucandra penicillata), rings um das Osculum gelagert, vorfindet. Noch bei den oligochaeten Würmern (Lumbri- cus) bilden dieselben Sinneszellen, zwischen die Epithelzellen der Haut eingelagert, die Endigungen des sensiblen Nervensystems (M. von Lenhossek, G. Retzius u. a.). Sensibles und sen- sorisches Nervensystem haben aber doch wohl denselben Ur- sprung (der Regenwurm reagiert auf Licht- und Geruchsreize und hat doch keine eigentlichen Sinnesorgane). Speziell in Bezug auf die Endigungsweise des Riechnerven, der diesen ursprüng- lichen Verhältnissen noch heute am nächsten steht, sagt G. Retzius in seinen „Biologischen Untersuchungen" (Bd. III, 1892): „Die noch bei den höchsten Tieren, den Säugern, vorhandenen Ver- — 49. — liältnisse des Riecliorganes erweisen sich nach ihrem histologisch- morphologischen Bau als sehr primitive, auf einem niedrigen Standpunkte stehen gebliebene." Bei den höheren Säugetieren und den Menschen ist es allein der Riechnerv, der in einer Sinneszelle im Schleimhautepithel der Nase endigend noch an die älteste ursprüngliche Konstruktion sensibler und senso- rischer nervöser Organe der niedersten mehrzelligen Wasser- tiere erinnert. Tast- und Geschmacksorgane der höheren Tiere stehen, wenn wir weiter den Auseinandersetzungen von G. Retzius folgen, bereits auf einer höheren Stufe der Entwicklung : Der Zellkörper der früheren Siuneszelle ist zentralwärts vom Epithel in die Tiefe abgerückt und sendet einen Ausläufer weiter nach dem Zentralorgan, dagegen einen zweiten Ausläufer peripher- wärts zum Epithel, wo er die dem Tast-, resp. dem Geschmacks- sinn dienenden Sinneszellen umspinnt und in frei aus- laufenden Spitzen endet, d. h. mit denselben in keinerlei direkte Verbindung tritt, wie es bei der ursprünglichen (primären) Siuneszelle der Fall war. Retzius bezeichnet daher die Tast- und Geschmackszellen der höheren Tiere als sekundäre Sinneszellen. Anticipando sei hier gleich bemerkt, daß es sich bei den Haar- oder Hörzellen im Epithel des Hörorganes gerade so verhält, d. h. auch sie sind solche sekundäre Sinneszelleu, umsponnen von den Endausläuferu der Gehörnerven. In der Retina finden wir in der Stäbchen- und Zapfenschicht nebst den dazu gehörigen Körnern der Körnerschicht die Repräsentanten der alten Sinneszelleu, die allmählich in Sehsinneszellen oder Stäbchenzellen übergingen, wieder. Gleichwie alle unsere verschiedenen Sinnesorgane aus der ursprünglich einheitlichen Form der Sinneszelle hervorgegangen sind, so war ursprünglich auch nur eine Form von Nerven- fasern vorhanden, die eben die Sinneszelle mit ihrem Zentral- organe, d. h. ursprünglich einer einfachen subkutan gelegenen Nervenzelle, verband. Die Nervenfaser war ursprünglich nichts anderes als ein Leiter des in der Sinneszelle zu einem Nerven- reiz umgewandelten, von außen kommenden Sinnesreizes zum nervösen Zentralorgan. Erst allmählich durch Arbeitsteilung haben sich die verschiedenen Arten von Nerven herausgebildet. Ob eine Nervenfaser sensible oder sensorische oder motorische 4 — 50 — Reize leitet, das hängt einzig und allein davon ab, mit welchem Endapparate sie eben in Verbindung steht. Die Spezifizität einer Sinnest hätigkeit beruht auf deren dem äuße- ren Sinnesreize augepaßten Sinnesapparate (Sinnes- organ). Daß der Sehnerv auch auf ihn unäquate Reize stets mit einer Lichtwahrnehmung, der Gehörnerv mit einer Gehör- wahruehmung antwortet, ist eine erst im Leben anerzogene uud erworbene Eigenschaft, beruht aber nicht auf einer Spezi- fizität des betreffenden Nerven. Anatomisch sieht eine Nervenfaser aus wie die andere : Achsenc3^1inder und Markscheide, nur ist ein Nerv dicker wie der andere; auch zeigen alle die- selben physikalisch-chemischen und physiologischen Eigenschaften (Leitungsgeschwindigkeit des Reizes 100 Fuß in der Sekunde). Mit dieser materialistisch-empiristischen Auffassung (v. Helmholtz) stimmt allerdings nicht das Johannes Müller'sche Gesetz von der spezifischen Sinneseuergie : „Die Empfindung ist nicht die Leitung einer Qualität, eines Zustandes unserer Nerven zum Bewußtsein, veranlaßt durch eine äußere Ursache." (Desgl. duBois-Reymond, A. Lange, Rosenthal etc.). Demnach wären unsere Sinnesnerven schuld an der Wahrnehmung von Licht, Schall etc., während diese in der Außenwelt gar nicht existierten, und es könnten umgekehrt in der Außenwelt Vorgänge statt- finden, von denen wir gar keine i^hnung haben, w^eil wir keine besonderen Nerven dafür besitzen. Diese idealistische vitalistisch- spiritualistische Anschauung ist, wenigstens meiner persönlichen Überzeugung nach, heute gegenüber der materialistisch-empi- ristischen Auffassung (v. Helmholtz) nicht mehr haltbar. Unsere Nerven gleichen den Telegrapheudrähten : „Ein solcher Draht," sagt von Helmholtz, „leitet immer nur dieselbe Art elektrischen Stromes, der bald stärker bald schwächer oder auch entgegengesetzt gerichtet sein kann, aber sonst keine qualitativen Unterschiede zeigt. Demnach kann mau, je nachdem man seine Enden mit verschiedenen Apparaten in Verbindung setzt, tele- graphische Depeschen geben, Glocken läuten, Minen entzünden, Wasser zersetzen, Magnete beAvegen, Eisen maguetisieren, Licht entwickeln u. s. f. Ähnlich in den Nerven. Der Zustand der Reizung, der in ihnen hervorgerufen werden kann und von ihnen fortgeleitet wird, ist, soweit er sich an der isolierten Nervenfaser erkennen läßt, überall derselbe, aber nach ver- — 51 — schiedenen Stelleu teils des Gehörs, teils der äußeren Teile des Körpers hiugeleitet, briugt er Beweguugeu hervor, Absouderuugeu von Drüsen, Ab- und Zunahme der Blutmenge, der Röte und der Wärme einzelner Organe, dann wieder Liclitempfindungen, Ge- hörempfinduugen u. s. w. Wenn jede qualitativ verschiedene Wirkung der Art in verschiedenartigen Organen hervorgebracht wird, zu denen auch gesonderte Nervenfasern hingehen müssen, so kann der Vorgang der Reizung in den einzelnen Fasern überall ganz derselbe sein, wie der elektrische Strom in den Telegraphendräliten immer derselbe ist, was für verschieden- artige Wirkung er auch an den Enden hervorbringen möge. So lange wir dagegen annehmen, daß dieselbe Nervenfaser ver- schiedenartige Empfindungen leitet, würden auch verschiedene Arten des Reizuugsvorganges in ihr vorhanden sein müssen, die wir bisher nachzuweisen noch nicht imstande gewesen sind." Der Nerv ist also sensorisch, wenn er mit einem Sinnesapparate, motorisch, wenn er mit einem Muskel, sekretorisch, wenn er mit einer Drüse, vasomotorisch, wenn er mit einem Blutgefäße in Verbindung steht. Seine Funktion ist in diesen vier Fällen immer dieselbe ; sie besteht in der Reiz-Leitung und -Über- tragung; aber die Wirkung dieses Reizes hängt ab von dem damit verbundenen Apparat. Das steht, wie man leicht einsieht, in denkbar größtem Gegensatze zur Auffassung von Johannes Müller, welcher jedem Nerv eine bestimmte, nur ihm zukommende Funktion zugestehen will. Es muß hier hervorgehoben werden, daß der B e g r ü n d e r d e r I d e e v o n d e r G 1 e i c h - artigkeit aller Nervenfasern unser Landsmann Hermann von Meyer war („Untersuchungen über die Phy- siologie der Nervenfasern" ; aus der Zeit seines Privat-Dozentums in Tübingen, 1839—44). Unter dem Einfluß der äußeren Sinnesreize zur Ent- wickelung gekommen, geben somit die Sinne die zuverlässigste Auskunft über die umgebende Außenwelt und regulieren dem- gemäß die Thätigkeit der gesamten Tierwelt. So lange noch kein Gehirn vorhanden ist ; d. h. so lange die Sinnesempfindungen anfänglich nur einer subkutan gelegenen Nervenzelle, dann einer Zusammenhäufung von Nervenzellen oder einem Nerven- ganglion, wie dem Schlundganglion, zufließen, ist diese Thätigkeit nur eine einfach mechanisch-reflektorische, unbewußte und un- 4* — 52 — willkürliche, die infolge angeboruer Intelligenz oder Instinktes den Stempel auffälliger Zweckmäßigkeit an sich tragen und uns dadurch irrtümlicli zur Annahme von bewußter Verstandesthätig- keit verleiden kann. Will man das Schlundgangliou der niederen Tiere mit einem Gehirn vergleichen, so könnten doch nur die sog. niederen Hirnteile, die sich zwischen die beiden Großhirn- hemisphären und dem Rückenmarke einschieben d. h. verlängertes Mark nebst Anhängen, Kleinhirn und Vierhügel, und Teile der Großhirnganglien in Betracht kommen, aber nicht die darüber sich legenden sog. höhereu Hirnteile, die beiden Großhirnhemisphären mit der grauen Hirnrinde. Je vollkommener die Ausbildung der Sinnesorgane und je höher zugleich die Entwickelung des eigent- lichen Gehirns, desto mehr tritt auch die Befähigung zu Tage, aus den dem Gehirn von der Außenwelt zufließenden Sinnesempfiu- dungen bew^ußte Begriffe, Vorstellungen und Schlüsse abzu- leiten, d. h. zu denken und demgemäß auch willkürlich und zweckmäßig zu handeln. Für den Menschen als dem ent- wickeltsten organischen Wesen unserer Erde sind die Sinnes- empfinduugen die festen Grundpfeiler, auf denen sein ganzes Denken und Handeln beruht, und hier stehen die zwei höheren sog. animalen Sinne, d. h. Gehör- und Gesichtssinn, in erster Reihe. III. Höhere, sog. animale Siime: Gehörsinn und Gesichtssinn. Was wir bei Wassertieren von Gehörorganen finden, ent- spricht zunächst noch wenig dem Gehörorgan der höheren Tiere. Unser Gehörorgan besteht bekanntlich aus drei Teilen : 1. dem die Schallbewegung empfangenden und übertragenden Apparat, bestehend aus dem äußeren und mittleren Ohr, 2. dem die Schallbewegungen analysierenden und in Nervenerregung um- setzenden Apparat, dem Labyrinth, und 3. dem diese Erregung weiter leitenden Apparat, dem N. acusticus und dessen Ver- breitnngsbezirk im Gehirn. Bei allen Wassertieren, Fische einbegriffen, fehlt das äußere und mittlere Ohr. Was wir im Tierreich als erste Andeutung des Gehörorganes finden, ent- spricht dem LabjTinth der höheren Tiere und besteht aus einem kleineu, mit einer Konkremente enthaltenden Flüssigkeit gefüllten Säckchen, der sog. Otocyste (Hörsäckchen). An diese Otocyste läuft der Hörnerv heran und tritt mit den die Otocyste auskleidenden Haarzelleu (Wimperzellen) in Verbindung; in dem — 53 — zentralen, von diesen Haarzellen eingeschlossenen nnd mit Flüssigkeit gefüllten Hohlranm schwimmen ein oder mehrere Otolithen, die mit den Wimpern der Haarzelleu in Beziehung treten. Solche Otocysten finden sich bei Cölen teraten, z. B. den Medusen am Rande der Umbrella oft in beträcht- licher Menge und hier einem Nerveuringe aufliegend. Bei den E chin oder men fehlen sie. Dagegen besitzen die Mollusken alle Otocj^sten. Bei den Muscheln finden wir zwei Hör- bläschen an der Fußbasis, bei den Schnecken liegen die Otocysten in der Nachbarschaft der Fußganglien, bei den Ruderschnecken auf dem Unterschlundganglion; bei den Ce- phalopoden zeigen die Hörkapseln Vorsprünge, vermutlich die ersten Andeutungen der halbzirkelförmigeu Kanäle. Die im Wasser lebenden Würmer besitzen hie und da Otocysten, so in seltenen Fällen die Strudelwürmer oder Turbellarien (Unter- ordnung der Plattwürmer) und die Sandwürmer oder Arenicolae (Unterordnung der Ringelwürmer mit zwei Otocysten). Die Krebse haben im Basalgliede der Innenfühler Gehörsäckchen und erweisen sich gegen Geräusche sehr empfindlich ; bei Mysis liegen die Gehörorgane merkwürdigerweise seitlich in den in- neren Lamellen des Schwanzfächers. (Über die Gehörorgane der übrigen an der Luft lebenden Gliedertiere : Insekten, Spin- nen, Tausendfüßer ist nichts Sicheres bekannt). Was Wasser- tiere wirklich an Gehör besitzen, kann vermutlich nur durch die Körperleitung selbst zu stände kommen und ent- spricht unserem Gehör, soweit es durch sog. Knochenleituug ermöglicht wird; jedenfalls kann es sich nur um eine sehr un- vollkommene Gehörleistuug handeln. Die meisten Physiologen schreiben heutzutage dem Teil unseres inneren Ohres, der aus den halbzirkelförmigen Kanälen besteht, keinen wichtigen An- teil beim Vernehmen von Schallwellen mehr zu und betrachten diesen Teil des inneren Ohres vielmehr als dazu bestimmt, uns einen genauen Begriff von unserer Körperlage zu geben, sodaß wir bei Erkrankung dieser Teile unseres inneren Ohres, wenn wir uns bewegen, sofort in den Zustand des Schwindels ver- fallen (Meniere'sche Krankheit, Ohrensausen mit Schwindel). Dasselbe scheint nach den Untersuchungen von D e 1 a g e s bei den mit Otocysten versehenen Wassertieren stattzufinden. Zerstört mau einem Cephalopoden seine Otocysten, so sind die Bewegungen — 54 — des Tieres, wenn es zu schwimmen anfängt; zunächst noch nor- mal; aber es dauert nicht lange, dann kommt das Tier ins Schwanken und schließlich liegt die Unterseite des Tieres nach oben gekehrt; vergeblich sucht es sich zu drehen und seine nor- male Stellung wieder zu gewinnen. Cephalopoden; die man ihrer Augen beraubt hat, bewegen sicli zwar langsam und vorsichtig, aber doch vollkommen korrekt. Dasselbe kann man auch bei anderen solchen Tieren beobachten z. B. bei den Medusen. Die Otocysten haben demnach bei den Wassertieren den Hauptzweck von Organen, welche die Bewegung regeln, indem sie vermut- lich durch Reflex entsprechende Muskelwirkungen hervorrufen, durch welche der Körper in der beabsichtigten Richtung und in normaler Orientierung während der Dauer der Bewegung erhalten wird. — Bei den Fischen können wir am inneren Ohre schon eine weitere Ausbildung in einen Sacculus (später Schnecke, deren erste Andeutung als Lagena oder Lagenula bezeichnet wird) und einen Utriculus mit den daraus entspringen- den halbzirkelförmigen Kanälen unterscheiden; aber auch bei ihnen fehlt, wie gesagt, äußeres und mittleres Ohr. — Erst bei den Amphibien und von ihnen aufwärts bei den übrigen auf dem Lande lebenden Wirbeltieren findet sich ein mittleres Ohr : bei den Amphibien und Reptilien Trommelfell in einer Haut- einsenkung, dann zwischen Trommelfell und Fenestra ovalis ein hanteiförmiger Gehör knocken, Columella genannt, Pauken- höhle und Tuba Eustachii; äußeres Ohr fehlt. Dazu tritt bei den Vögeln ein äußerer Gehörgang ohne äußeres Ohr. Erst bei den Säugetieren kommt die Ohrmuschel als phylo- genetisch jüngster Teil zum Auffangen der Schallwellen hinzu, sie fehlt nur bei den Monotremen, Cetaceen, Sirenen und See- hunden, ferner besitzen die Säugetiere drei Gehörknöchelchen an Stelle der früheren einfachen Columella zwischen Trommel- fell und Fenestra ovalis, welches zum Vorhofe des Labyrinthes führt (die Fenestra rotunda geht zur Schnecke). Das häutige Labyrinth zerfällt in zwei Hauptteile, den Utriculus und den Sacculus, beides kleine Säckchen, die in dem Zentralteile des knöchernen Labyrinthes, dem Vestibulum, eingeschlossen sind. Die Außenfläche des Vestibulum ist der Trommelhöhle zuge- wendet und zeigt das ovale Fenster, die obere Fläche ist mit dem spiralförmigen Anhange der Schnecke in Beziehung und — 55 — die hintere setzt sich in die halbzirkelförmigen Kanäle fort. Hijrleisteu der Ampullen, Hörflecken im Utriculus und Sacculus, Hurzellen mit Hürhärcheu; letztere ragen in die Endolymphe hinein. Um die Hörflecken im ütriculus und Sacculus, den sog. Otolithensäcken, sammeln sich Häufchen von kohlensaurem Kalk, Otolithen. Die Endiguugen der Schneckennerven zeigen weit verwickeitere Bildungen, die mau das Corti'sche Organ genannt hat. Indem sich allmählich aus dem ursprünglichen Otolitheu- sacke (Otocyste) als erster Andeutung des Labyrinthes eine Scheidung in Schnecke und halhzirkelförmige Kanäle ausbildet, könnte man an eine Trennung früher im Otolitheusacke ver- einter, natürlich noch nieder entwickelter Funktionen, Gehör- und Gleichgewichtsorgan, denken. Jedenfalls stellt die Schnecke den höchstorganisierten, am spätest entwickelten Teil des inneren Ohres dar, der für unser Gehör am wichtigsten ist. Auf ihr beruht die in der ganzen Tierreihe höchst stehende Entwicke- lung des Gehörs beim Menschen, der er den Hauptunterschied von den ihm nächststehenden Säugetieren verdankt, die artiku- lierte Sprache und die musikalische Ausbildung. Von höchstem Interesse ist das Studium der Entstehung und Entwickelung des Gesichtssinnes, resp. des Sehorganes, im Tierreiche. Einmal kommt dieser Sinn von den Wirbeltieren an bis tief in das Bereich der niederen, im Wasser lebenden Tierwelt hinab, soweit eben die Schwingungen des Licht- äthers in das Wasser hineindringen, zur Entwickelung; dann aber auch ist das Sehorgan von seiner ersten Entwickelung an wohl charakterisiert und kaum mit einem anderen Sinnes- organe zu verwechsein. Wir können seine Geschichte genau verfolgen von der ersten Differenzierung der Sehsinneszelle ab bis zu unserem eigenen komplizierten Sehorgan herauf. — Welche charakteristische Veränderung bemerken wir zunächst an derjenigen Stelle der Körperoberfläche, wo sich Sinneszellen unter dem Einflüsse des sie treffenden Lichtreizes zu Sehsinnes- zellen umzuwandeln anschicken'? Die Stelle wird pigment- haltig. Das Pigment begünstigt eben den Lichteinfluß: es läßt das Licht nicht durch, sondern absorbiert es und hält zu- gleich das Seitenlicht ab. Das Pigment liegt entweder in der Sehsiuneszelle selbst oder in den sie umgebenden Stützzellen — beide ektodermen Ursprungs — oder, wenn wir gleich auch die — 56 — Arthropoden berücksichtigen wollen, in niesodermalen Pigment- zellen. Eine Ansammlung solcher pigmentierten Zellen (Pigment- fleck) repräsentiert die erste Anlage eines Sehorganes bei den niederen Tieren. Dazu tritt dann ein liclitbrechender Körper, sei es als Griaskörper, sei es als Linse oder beide zusammen. Es versteht sich von selbst, daß die ersten noch unvollkommenen Anlagen von Sehorganen in der niederen Tierwelt nur den niedersten Grad von Sehvermögen, d. h. die Unterscheidung von Hell und Dunkel, zu vermitteln vermögen. So sehr also auch die niederen Tiere mittelst der Ausbildung ihrer T as t organ e die Wirbeltiere und den Menschen übertreffen können, so wenig ist dies in betreff des Gesichtssinnes der Fall. Bei den Cölenteraten, Echiuodermen, Lamellibranchiaten (Muscheln) läßt sich die Bildung des Sehorganes aus den im Epithel zerstreuten Sinneszellen auf das deutlichste verfolgen. Es findet eine Anhäufung von Sinneszelleu an einem bestimmten Platze der Körperoberfläche statt ; diese Sinneszellen sind derart von Epithel- oder Stützzellen umgeben, daß keine einzelne Siunes- zelle die andere berührt. Diese Einrichtung bezweckt natür- lich die Isolierung der Sinneszelle, um so eine genauere Siunes- wahrnehmung zu ermöglichen. (Dieselbe Einrichtung findet sich nebenbei gesagt übrigens auch bei den Sinneszellen des Ge- schmacks- und Geruchsorganes und besonders auch des Gehör- organes wieder). Das Pigment liegt zunächst bei- den niederst stehenden Tieren in den Stützzellen, die Sehsinneszellen sind pigmentfrei; das lichtperzipierende Ende der letzteren ist der Körperoberfläche des Tieres zugekehrt, das Nervenende von derselben abgewendet. Am einfachsten verhält sich die Sache bei der Sehgrube von Quallen, wie der Äurelia aurita (Fig. 68 und 70, Carriere *) ; dazu kann noch ein linsenförmiger Körper (Verdickung der Caticula des Epithels) hinzutreten, wie beim Auge einer anderen Qualle, Lixxia köUikeri (Fig. 69, Carriere), wodurch sich die Sehgrube noch mehr vertieft. Diese sog. Ocellen stehen immer auf der Basis der Ten- takeln und zwar auf der Seite, welche beim ruhigen Schwimmen (Schweben) nach außen gerichtet ist, oder zwischen den Ten- *) Die Sehorgane der Tiere, vergleichend anatomisch dargestellt von Dr. Justus Carriere. München und Leipzig, 1885. — 57 — takeln nächst dem Gehörorgan. Bei den Seesternen stehen sie auf einem Wulste des am Ende jedes Armes befindlichen Ten- takels. Bei den Muscheln sieht gewöhnlich nur der Mantelrand oder die Mündung der Atemröhren (Sipho) etwas aus den Schalen heraus und nur hier konnten sich Organe der Lichtempfindung entwickeln. Solche Organe finden sich bei Pectuncidus und Area, sowie bei Fecten und Spondylus, und zwar zeigen die beiden ersteren einen anderen Typus wie die beiden letzteren. Bei Pectunciilus und Area stellen die Selizellen langgezogene Kegel dar, die Spitze nach innen gekehrt; das Pigment ist in der Peripherie der Zelle abgelagert und uragiebt wie ein Mantel den Zellkörper; jede Zelle besitzt eine von ihrer Cuticula ge- bildete Konvexlinse; das ganze Organ zeigt eine nach außen konvex her vorgewölbte Fläche (B'ig. 78 und 79, Carriere). Die Zellen, welche den Sinneskörper bilden, sind nicht scharf gegen das Epithel des Mantels abgegrenzt, sondern gehen durch lange und schmale Zwischenformen in die Cyliuderzellen desselben über, so daß diese Sinnesorgane von Area und Pectunculus zu den schönsten Beispielen für die Entstehung von Sinnesorganen aus Epithelzellen gehören. Recht kompliziert und sehr merk- würdig sind die Augen von Pecten und Spondylus. Der Seh- nerv schlägt sich hier wie um den Eand einer Schüssel von außen her um die Schale der Sehsinneszellen herum und tritt so an deren der Körperoberfläche zugekehrtes Nervenende heran, während das lichtperzipierende Stäbchenende der Körper- oberfläche abgewendet ist, also gerade umgekehrt, wie bei Peetuneulus und Area und den Augen der Cölenteraten und Echinodermen, sowie aller anderen Wirbellosen, aber ganz wie bei den Wirbeltieraugen (^ig. 80, Carriere). Aus dem bisher Auseinandergesetzten haben wir eine Basis gewonnen für den Aufbau des Sehorganes in der gesamten Tier- reilie: das Sehorgan der Aurelia aurita und Lkxia köllikeri bietet die Grundlage für die sog. Camera obscura-Augen, die Augen von Peetuneulus und Area die Grundlage für die sog. zusammengesetzten Fächeraugen der Arthropoden. Das Auge von Peeten und Spondylus ist ein Camera obscnra-Auge, das bereits an das Wirbeltierauge erinnert. Unter Camera obscura- Augen versteht man solche, die nach dem Prinzip einer Camera obscura gebaut sind, so daß in denselben ein reelles Bild der — 58 — Außenwelt entworfen und auf der im Hintergrunde des Auges ausgebreiteten Retina aufgefangen werden kann; sie stellen eine schwarze Hohlkugel dar, in der vorn eine pigmentfreie, durchsichtige Stelle den Lichtstrahlen Eingang gewährt (Fig. 1, Carriere) und finden sich hei den Gastropoden (Schnecken), Cephalopoden, Würmern und Wirbeltieren, auch gehören die Napf- augeu der Insekten hierher, sowie die Augen der Myriapoden und Arachniden. Unter zusammengesetzten oder Fächeraugen versteht man solche, bei welchen die Sehzelleu fächerförmig angeordnet sind und einen Kegel bilden, dessen Basis gewölbt über die Körperoberfläche hervorzuragen pflegt (Fig. 2, Carriere). Hier kann kein reelles Bild im Augenhintergrunde entstehen. Diese Augen finden sich bei den Arthropoden. Gast rop öden (Schnecken). Die einfachsten Augen in Form von Sehgruben finden sich bei Patella und Haliotis. Beim Auge der Patella (im Meere lebende Napfschnecke) setzt sich das Epithel des Tentakels direkt in die Grube hinein fort und verwandelt sich allmählich in Sehsinneszellen oder Stäbchenzellen und in Stützzellen oder Sekretzellen um. Die feine Cuticula des Epithels breitet sich über die Einsenkung als ein dicker galertiger Überzug, der wahrscheinlich von den Sekretzellen abgesondert wird und als Schutz der sehr em- pfindlichen freien Enden der Stäbchenzelleu gegen das Wasser dienen mag (Fig. 8, Carriere). Bei Haliotis tuber culata ist das Auge fast vollkommen zu einer Kugel geschlossen (E'ig. 9, Carriere), noch vollkommener ist dies bei Fissurella und Trochus der Fall (Fig. 10 und 11, Carriere), am voll- kommensten bei Tritonium (Fig. 12, Carriere, deutlicher Correal) Ebenso ist das Auge der am Lande lebenden Lungenschnecken gebaut, z. B. das Auge von Helix pomatia (B'ig. 14, Carriere). — Bemerkenswert für das Auge der Schnecken ist das Auftreten resp. das Eiiigeschobensein gang- liöser Massen oder eines wirklichen Ganglions in den Sehnerven vor dessen Eintritt in das Auge oder doch vor dem Übergang der einzelnen Nervenfasern des N. opticus in das Nervenende der Stäbchenzellen. Dieses sog. Ganglion opticum periphericum ist für alle Augen im gesamten Tierreiche, auch für die zu- sammengesetzten oder Fächeraugen der Crustaceen und Insekten charakteristisch. Es bildet den Vorläufer der Ganglienschicht — 59 — in unserer Retina und zeigt zuerst im Auge der Cephalopoden, wie wir gleich sehen werden, die Umgestaltung in eine besondere Schicht der Retina (Ganglienzellenschicht). — Überall finden sich in der Retina der Schnecken die beiden Zellformen, Stäb- chen- und Sekretzellen, das Pigment liegt in den Stäb- chen Zellen und umgiebt deren zentralen, erregbaren Teil wie einen Mantel; die Sekretzellen sind pigmentlos. Überall läßt sich auch beim Schneckenauge wieder auf's deutlichste der direkte Übergang der Zellen des Ektoderms in die Stäbchen- und Sekretzellen nachweisen. — Meist besitzen die Schnecken zwei Augen am Vorderende des Körpers, oft auf Stielen (Ouia- tophoren). Wie bei den Muscheln finden sich auch mehr als zwei Augen. Die Onchidien (nackte Lungenschnecken) haben zwei normale Augen am Kopfe und noch ca. 80 Augen außer- dem auf dem Rücken ; letztere besitzen eine Cornea, eine äußere und eine innere Linse, der Opticus tritt in der Mitte der Retina ein, seine Fasern laufen nach innen der Körperoberfläche zu über die Stäbchenzellen hinweg und das Stäbchenende ist nach außen gekehrt, der Körperoberfläche abgewendet, ganz wie bei dem Wirbeltierauge (Fig. 17, Carriere). Bei den höher entwickelten Schneckeuaugen (Pteroceras) tritt das früher in der Achse der Stäbchenzellen gelegene Stäbchen über das Pigment aus der Zelle hervor. — Würmer. Ich übergehe die primi- tiven Bildungen von Sehorganen der niederen Würmer, auch die Bildungen, deren Auffassung als Auge sehr fragwürdig ist, wie die sog. Augen der Blutegel: Becherförmige Organe am Kopfe, außen von Pigmentzellen umgeben, innen die sog. Inneu- körper, durch deren Mitte ein Nerv verläuft (Fig. 22, Carriere), und wende mich gleich zu den wohlentwickelten Augen der frei lebenden Borstenwürmer: Nereiden und Alciopiden. Die Augen der Nereiden schließen sich vollkommen an die der Schnecken an (Fig. 26 und 27, Carriere). Das Auge der Alciopiden erreicht die höchste Stufe der Entwickelung aller bis jetzt be- trachteten Augen mit wohl ausgebildeter Linse. Die Stäbchen- zellen enthalten das Pigment an der Grenze zwischen vorstehen- dem Stäbchen und Zellkörper (Fig. 28, Carriere und Greef*). Sowohl bei den Nereiden wie bei den Alciopiden finden wir auch *) Über das Auge der Alciopiden von Richard Greef. Marburg, 1876. — 60 — (las Ganolion opticum wieder. — Cephalopoden. Sie besitzen das hüchsteiitwickelte Auge aller Mollusken mit Cornea (dieselbe ist bei einer Eeihe von Decapoden in der Mitte durchbohrt), Iris, Corpus epitheliale (ciliare), Linse. Die Retiua zeigt nach Carriere (Grenacher faßt die Sache etwas anders auf) zu innerst, d. h. der Körperoberfläche zugekehrt, die Stäbchenzellen von ganz gleicher Konstruktion wie bei den Alciopiden und nach außen davon eine Gauglienzellenschicht. Letztere ist als das zu einer Schicht ausgebreitete Ganglion opticum periphericum der Schnecken und Würmer aufzufassen. Dadurch nähert sich das Auge der Wirbellosen sehr dem Auge der Wirbeltiere, zu- mal sich an die Ganglienzellenschicht noch weiter nach außen die Ausbreitung der Seimervenfasern (Nervenfaserschicht) an- schließt, auf welche dann die Sclera folgt (Fig. 30, Carriere). Meist fehlt sonst dem Auge der Wirbellosen eine eigentliche Sclera, wie denn auch die Augenmuskeln in der Eegel vermißt werden. Ebenso kommt es nii-gends zur Ausbildung einer eigent- lichen Chorioidea, selbst nicht bei Anwesenheit einer wohlent- wickelten Iris. — Wirbeltiere. Das Wirbeltierauge schließt sich direkt an das Auge der Cephalopoden an mit dem Unter- schiede, daß die einzelnen Retinalagen gerade umgekehrt wie bei den Mollusken liegen : die Schicht der Sinneszelleu liegt bei dem Wirbeltierauge am meisten nach außen, die Stäbchenendeu von der Körperoberfläche abgewendet, darüber ist der sog. cerebrale Teil der Retina ausgebreitet, in specie die Ganglien- zellenschicht, am meisten nach innen, d. h. der Körperoberfläche zugekehrt liegt die Nervenfaserschicht (Ausbreitung des N. opti- cus). Nach außen sind die Stäbchenenden der Stäbchenzellen von einer Pigmentzellenlage umgeben, welche aus dem äußeren Blatte der primären Augeublase hervorgegangen ist (Pigment- schicht oder Pigmeutepithel der Retina). Noch weiter nach außen folgt dann die Gefäßschicht der Chorioidea, welche von der Sclera umschlossen wird. Die umgekehrte Lage der Sinnes- zellen im Wirbeltierauge beruht auf der Entwickelungsgeschichte desselben und erklärt sich zur Genüge aus dem Umstände, daß die Augenblase der Wirbeltiere sich nicht direkt aus der Haut- schicht bildet, sondern zunächst durch Ausstülpung aus dem Medullarrohre hervorgeht, das erst seinerseits als ein Anhangs- organ der epidermoidalen Anlage seinen Ursprung genommen — 61 — hat. Daß bei den Wirbeltieren die Stäbchen- und Zapfeuschicht der Retina (Neuroepithelschicht) zu äußerst liegt, bietet den Vorteil, sie in nähere Beziehung- zur Chorioidea zu bringen, d. h, ihr eine gesicherte Ernährung zu bieten und ihr dabei doch die Charaktereigenschaft aller Epithelschichten, d. h. der eigenen Gefäßlosigkeit, zu wahren. Die Natur bietet hier eine besonders geschickte Leistung, um dem höherstehen- den Wirb eitler äuge ein besonders gutes Sehver- mögen zu ermöglichen (vergl. die Carriere'sche Tafel, betr. Schema zur Entwickelung des Auges). Die Eetina fast aller Wirbeltieraugen besitzt als Stelle des schärfsten Sehens eine sog. Fovea centralis; sie fehlt nur bei den nackten Amphi- bien und den Fischen (Leuckart). Die Vögel als besonders scharf sehend besitzen sogar noch eine zweite, exzentrisch ge- legene Fovea centralis (Wirbeltierauge, s. Carriere Fig. 36). Die Bewegungen des Auges werden bei allen Wirbeltieren durch sechs äußere Augenmuskeln : vier recti und zwei obliqui bewirkt. — Bei den sog. blinden Wirbeltieren, unter denen sich keine Vögel befinden, sind die Augen klein, dem Lichte wenig zu- gänglich, mit schwachen Muskeln versehen und auch im Innern mehrfach abweichend : Maulwurf (Talpa) , Bliudmaus (Spalax), die beide unter der Erde leben, der 01m der Adelsberger Grotte (Proteus anguinus) und die blinden Fische der Tropf- steinhöhle in Kentucky (Amblyopsis). Im übrigen zeigen die Augen der verschiedenen Klassen der Wirbeltiere die nach- folgenden Modifikationen. — Fische. Bei den Cyclostomen, meist Schlammbewohner, sind die Augen nur rudimentär ent- wickelt und liegen unter der Haut zwischen Muskeln und Binde- gewebe eingebettet; sonst besitzen die Fische wohleutwickelte Augen, deren Sclera nächst dem Opticuseintritt ins Auge mit der Orbitalwand durch ein fibröses oder knorpeliges Band ver- bunden ist (Fig. 44, Carriere). Bei den Knochenfischen findet sich zwischen Chorioidea und Pigmentschicht der Retina die Argentea, in deren Zellen zahllose irisierende, stäbchenförmige Krystalloide eingelagert sind, ferner zwischen Argentea und Retinalpigment an der Eintrittsstelle des Sehnerven und diesen ring- oder hufeisenförmig umgebend ein aus Arterien und Venen bestehendes Wundernetz, die sog. Chorioidealdrüse. Trotz ihres Glanzes ist die Argentea der Knochenfische für das Sehen be- — 62 — deutimgslos. da sie nach iuueii so dick von Pigment bedeckt ist, daß sie durch dasselbe nicht hindurch schimmert; nur in der Iris tritt sie zu Tage. Dagegen leuchtet bei den Knorpel- flschen das gleich der Argentea gebaute Tapetum lucidum durch das Pigment hell hindurch, sodaß die Stäbchen von demselben Lichtstrahle zweimal getroffen, also auch stärker gereizt werden. In den Augen vieler Fische zieht sich von der Eintrittsstelle des Sehnerven gegen den Ciliarkörper eine dünne, schmale, schwarz pigmentierte, sichelförmige Falte hin, welche — um das Bild beizubehalten — mit dem Rücken in der Retina liegt, mit der Schneide in den Glaskörper hineinragt. Dieser Processus falciformis biegt vor der Iris quer ab zur Augenachse und befestigt sich mit seiner knopfförmigen Anschwellung, der Campanula Halleri, an den Äquator der Linsenkapsel. Die Membrana hyaloidea enthält bei Amphibien, Reptilien und Fischen reich- lich Blutgefäße. Der Processus falciformis findet sich auch bei den Reptilien wieder, doch nicht bei allen, dagegen erreicht er bei den Vögeln eine ganz besondere Ausdehnung und wird hier als Kamm oder Pecten bezeichnet (Fig. 50, Carriere). Der Pecteu der Vögel hat jedoch nichts mit der Linse zu schaffen und ist nur Ernähruugsorgau für das innere Auge. Processus falciformis und Pecteu liegen an Stelle der fötalen Augenspalte ; sie haben dieselbe Bedeutung wie das Corpus cihare. Fische und Schlangen besitzen eine besondere, aus dem N. opticus stammende Art. hyaloidea, dafür fehlt das Corpus ciliare. Während bei den Reptilien, Fischen und Vögeln nur durch den fötalen Augenspalt Gefäße in das Auge eintreten, welche den Processus falciformis und Pecten bilden, und die Ernährung der au sich gefäßlosen „anangischen" Retina hauptsächlich diesen und den Gefäßen der Membrana hyaloidea (Vasa hyaloidea) überlassen ist, tritt bei den Säugetieren dicht au dem Augenstiel in die von ihm gebildete Rinne eine Arterie in das Auge ein, welche bei dem Verwachsen der Rinne in dieselbe eingeschlossen wird und auf diese Weise in das Zentrum des N. opticus und durch diesen hindurch zur Retina gelaugt (Art. centralis retinae). Nachträglich entsteht dann neben ihr das rückführende Gefäß, die Vena centralis retinae. Auch unter den Säugetieren hat das Tapetum, welches wir bei den Kuorpelfischen bereits kennen gelernt haben, das aber bei den Amphibien und — 63 — Vögeln zu fehlen oder doch nur vereinzelt vorzukommen scheint, eine große Verbreitung: Raubtiere, Wiederkäuer, Beuteltiere, Pferd, Elefant, fleischfressende Cetaceen. Es beschränkt sich bei der Mehrzahl der Säugetiere (bei den Fischen : ganzer Augengrund bis Corpus ciliare) auf eine Zone, die sich oberhalb der Eintrittsstelle des Sehnerven nach außen hinzieht, d. h. die Stelle des schärfsten Sehens. Das Tapetum macht die Augen lichtempfindlicher und die damit ver- sehenen Tiere besonders zum Sehen im Dämmerlicht geeignet. Indem bei allen Tieren, denen mit und denen ohne Tapetum, die Hinterfläche der Iris samt Corpus ciliare intensiv pigmentiert sind, wird hier alles aus dem Aiigenhintergrund reflektierte Licht verschluckt (d. h. nicht wieder zurückgeworfen, wie bei den Albinos) und somit ein gutes Sehen gesichert. — Iris und Ciliar- muskel bestehen bei den Säugetieren, Fischen und Amphibien aus glatten Muskelfasern, bei den Reptilien und Vögeln aus quergestreiften Muskelfasern. Die Beweglichkeit der Iris ist bei den Vögeln äußerst lebhaft, bei den Fischen äußerst träge. Die Form der Pupille ist im Ruhestande stets kreisförmig, im Zustande der Verengerung verschieden : q u e r o v a 1 bei Pferden, Wiederkäuern, Känguruh, Murmeltier, Walfisch, Robben, senkrechte Spalte bei Katze, Füchsen, Krokodil, einigen Schlangen, Haifischen, rund bei den meisten Vögeln mit Aus- schluß der Eulen (mehr senkrecht) und der hühnerartigen Vögel (mehr quer), herzförmig: Delphin, rhombisch quer oval bei Frosch, Salamander, Gecko. Die Robben besitzen ein schirm- förmiges Operculum pupillae, das sie wie einen Vorhang vor die Pupille herunterschlagen können. Ähnlich sind die sog. Trauben- körner bei Pferden und Wiederkäuern. Die Pupille von Anableps telrophtlialmus ist durch eine quere Brücke in zwei Hälften ge- teilt. — Bei Fischen und Amphibien ist das Auge gewöhnlich für die Nähe eingestellt. — Außer Mensph und kfie besitzen die übrigen Säugetiere einen IVEusc. retractor oculi (nach innen von den vier recti) ; ihre Augenhöhle ist nach der Schläfenseite zu offen, so daß der Inhalt der Orbita hierhin ausweichen kann. Uoter den übrigen Wirbeltieren wird der Rückziehmuskel nur noch bei den Schildkröten, den Krokodilen, Eidechsen und den ungeschwäuzten Batrachiern gefunden. — Die Fische besitzen als Augenlider Haut- falten, aber ohne Muskulatur und sind daher unbeweglich ; auch — 64 — die Lider der Amphibien, Reptilien und Vögel sind niclit viel höher entwickelt. — Außerdem findet sich bei den Knorpelfischen, sowie bei den am Lande lebenden Wirbeltieren als drittes Lid die Nickhaut, eine Falte der Conjunctiva, welche bei Anuren, Reptilien und Vögeln so stark entwickelt ist, daß sie über das ganze Auge weggezogen werden kann. Ihre Bewegung wird bei Reptilien und Vögeln durch zwei Muskeln, M. quadratus und pyramidalis, vermittelt. — Bei den Schlangen und Ascalaboten verwächst das obere Augenlid mit dem unteren, sodaß die Con- junctiva einen glatten, vor dem Auge liegenden Sack (die sog. „Brille") bildet, über welche die glatte durchsichtige Oberhaut wegzieht. Die wirkliche Cornea kommt also hier mit der Außen- welt iu gar keine Berührung und ist gegen Luft und Feuchtigkeit abgeschlossen (Fig. 65 und 66, Carriere). Das Epithel der Cornea wird bei den Wassertieren durch das äußere Medium selbst feucht erhalten, bei den Landtieren sind verschiedene Drüsen vorhanden, welche diesen Zweck erfüllen. Die Thränendrüse findet sich bei den landlebendeu Wirbeltieren mit Ausnahme der Amphibien. Die Harder'schen Drüsen mit schleimigem, fettem Sekret und in inniger Beziehung zur Nickhaut stehend, fehlen den Menschen, Affen, Cetaceen, Schlangen und unter den Arten mit Nickhaut auch den Schildkröten und Haifischen. Wir kämen nun zur Besprechung der zusammenge- setzten oder Fächeraugen der Arthropoden, als deren Vorstufe wir bereits bei den Muscheln das Auge von Area und Fcctuucidus kennen gelernt haben (Fig. 68 und 69, Carriere). Während bei den Gastropoden, Cephalopoden und Wirbeltieren die Augen je nach einem Typus gebaut sind, herrscht bei den Arthropoden hierin große Mannigfaltigkeit. Wir begegnen ver- schiedenen Formen von Sehorganen, von denen in den einzelnen Familien teils ausschließlich eine, teils mehrere zusammen vor- kommen. Die Augen der Myriapoden (Fig. 91, 92, 93, Carriere) und Spinnen (Fig. 97, 98, 99, 100, Carriere) sind noch nach dem Typus der Camera obscura-Augen gebaut, desgleichen die Ocellen (Stirnaugeu) der Insekten, welch letztere sich hier neben den beiden zusammengesetzten Hauptaugen vorfinden (Fig. 114, Carriere). In diesen einfachen, mit nur einer Linse ver- seheneu Augen besteht die Retina aus einem Epithel gleich- artiger Sinneszellen, deren jede einzelne für sich ein lichtem- — 65 — pfindendes Endorgan darstellt (Fig. 85, Carriere). Die Mittel- augen der Skorpione sehen äußerlich ebenso aus, d. h. sie sind einlinsig; aber die Retina zeigt den wichtigen Unterschied, daß die sie zusammensetzenden Elemente resp. Sinneszellen in Gruppen (Retinulae) zusammengeordnet sind, deren jede physio- logisch einer Sinneszelle in der ungruppierten Retina entspricht (Fig. 89 und 90, Carriere). Bei den Hauptaugen (Seitenaugen) der Insekten und Crustaceen besitzt jede Retinula auch noch ii)re besondere Cornea und Linse (Krystallkegel) und bildet so ein für sich abgeschlossenes Ganzes. Damit geht zugleich eine Gestaltveränderung des ganzen Auges vor sich ; dasselbe stellt ein nach außen gewölbtes größeres oder kleineres Kugelsegmeut dar, dessen Radien die einzelnen Retinulae bihlen (Facetten- oder Fächerauge, vergl. Fig. 86 und 87, Carriere). Die Zahl dieser Retinulae mit zugehöriger Facette kann bis zu 25000 betragen. Bei den Augen ohne Retinulabildung ist das Pigment in den Retinazellen enthalten (autochrome Augen) und die Zellen sind dadurch isoliert, in den Retinula - Augen aber in da- zwischenstehenden Pigmentzellen, welche entweder von Hypodermiszellen oder von eingewanderten mesodermaleu Zellen gebildet werden können (exochrome Augen). Die eine Retinula zusammensetzenden Sinueszellen senden nicht an ihrem einen peripheren Ende Stäbchen aus; sie scheiden vielmehr diese Stäbchensubstanz, das Rhabdomer, an ihrer einander zu- gewendeten Innenseite ab. Indem die Rhabdomere der einzelnen, eine Retinula zusammensetzenden Sinneszellen einander berühren und miteinander verschmelzen, kommt das Rhabdom der Reti- nula zu Stande (Fig. 95, 103, 104, 105, Carriere). Die Retinula der Insekten und Crustaceen besteht aus 4 — 8 dicht aneinander liegenden oder teilweise miteinander verwachsenen Sinneszellen ; doch kommt letztere Zahl selten vor und für die Insekten sind sieben Zellen die Regel. Das Rhabdom ist durch seine Wider- standsfähigkeit gegen die zur Konservierung der Augen benutzten Reagenzien bedeutend von den Stäbchen der Wirbeltiere ver- schieden. In manchen Fällen sind die Rhabdome der Arthro- poden rot gefärbt; diese Farbe ist jedoch viel lichtbeständiger als der Sehpurpur der Wirbeltiere. Die Form und Gestalt der Rhabdome ist verschieden: röhrenförmig, trichterförmig, stab- förmig, spindelförmig (Fig. 113, Carriere). W^o hinter der Cornea 5 — 66 — noch ein Krystallkegel liegt, stößt der Rhabdom mit seinem vorderen Ende au diesen (Fig. 115, 124, 130, 133, 116, 119 und 122, Carriere). Der Ganglienapparat zeigt neben dem peripheren noch ein zentrales Ganglion opticum, zwischen welchen beiden sich die Opticnsfasern kreuzen und ein Chiasma bilden (Fig. 112 und 118, Carriere). Letzteres fehlt bei dem Libellenauge (Fig. 117, Carriere). Eine Reihe von Krebsen (Scliizopoden, Stomatopoden und Decapoden) besitzen im Augen- stiele nicht weniger als vier Ganglien hintereinander, alle vier durch Chiasmen, deren Kreuzung bei den dem Auge näheren Ganglien am vollständigsten ist, miteinander verbunden (Fig. 129 Carriere). Ich kann die vorstehende Beschreibung des Sehorganes im Tierreiche nicht abschließen, ohne einer ziemlich rätselhaften Bildung niederer Wirbeltiere zu gedenken. Das primäre Yorder- hirn , später nach Ausstülpung des sekundären Vorderhirnes (Corpus striatum, darüber Pallium als erste Andeutung der späteren Hemisphären) als Zwischenhirn bezeichnet, verlängert sich nach oben dorsalwärts in den Epiphysenschlauch (ventral- wärts Infundibulum). Bei Vögeln und Säugetieren finden wir als rudimentären Rest dieses Schlauches tief im Gehirn, von den Hemisphären überlagert, zwischen den Vierhügeln ein kleines, ungefähr haselnußgroßes Gebilde , die Zirbeldrüse (Glandula pinealis). Bei einigen Knorpelfischen und bei vielen Reptilien dagegen, bei denen die Hemisphären (Pallium) noch wenig ent- wickelt sind, tritt der Epiphysenschlauch, resp. die Epiphyse, nach rückwärts vom Pallium durch ein Loch des Schädeldaches hindurch zu einem unter der Haut liegenden Sinnesorgan empor, das auffällige Ähnlichkeit mit einem Auge hat; denn man kann an ihm eine Cornea und Linse, sowie eine Retina samt Pigmentschicht unterscheiden (sog. unpaariges Parietaiauge). Das vollständigste Parietaiauge unter den noch lebenden Reptilien besitzt die Gattung Hatteria (auf Neu - Seeland) ; sie bildet ein Bindeglied zwischen Eidechsen und Krokodilen. Der un- paare Sehnerv durchbohrt jedoch nicht die Retina, um sich an deren Innenseite zu verbreiten, wie es bei den Seiteuaugen der Wirbeltiere der Fall ist, sondern tritt nach Analogie der Augen der Wirbellosen von außen an die Retina heran. Wir hätten also hier bei ein und demselben Wirbeltiere zweierlei — 67 — Augen, die nach zwei ganz verschiedenen Typen gebaut sind. Das Parietalauge der jetzt noch lebenden Tiere ist nicht mehr zum Sehen geeignet; dagegen war dies offenbar bei den ge- waltigen ausgestorbenen fossilen Reptilien (Ichthyosauren und Plesiosauren) der Fall, wie deren großes Scheitelloch im Schädel- dache andeutet. Auch das Lanzettflschchen (Amphioxus), einziger Vertreter der niedersten Klasse der Wirbeltiere, der sog. Acranier, besitzt einen unpaaren Augenfleck am abgestumpften Vorder- ende seines (bekanntlich gehirnlosen) Medullarrohres; allein dieser Angenfleck ist mit dem Parietalauge nicht zu vergleichen, weil der anatomische Bau beider ganz verschieden ist. Es kann demnach nicht zweifelhaft sein, daß die Zirbeldrüse der Säuge- tiere der Vertreter jenes Hirnlappens ist, der bei den Reptilien das rudimentäre Scheitelauge trägt und daß dieses letztere selbst wieder der entartete Nachkomme eines Organes ist, das in früheren Zeiten die Arbeit eines wahren Sehwerkzeuges ver- richtete. Wie haben wir uns wohl das Sehen der Tiere vorzustellen? — Nur da wo ein lichtbrechender Apparat, insbesondere die Linse, ein scharfes Bild auf der Retina, resp. den peripheren Enden der Sehsinneszellen entwirft, kann von einem scharfen Sehen die Rede sein; dazu bedarf es noch außerdem einer be- sonders gebauten Fovea centralis retinae, während unsere Re- tinaperipherie mehr zu unserer Orientierung, insbesondere zum Erkennen von Bewegungen, befähigt. Demnach läßt sich an- nehmen, daß die Wirbellosen kein scharfes Sehen in unserem Sinne (Erkennen von Formen, Raumsinn) besitzen können, daß sich ihr Sehvermögen auf das Erkennen von Hell und Dunkel sowie Bewegungen beschränkt. Ja selbst bei Wirbeltieren, die doch alle eine Fovea centralis retinae besitzen, hilft die Be- wegung eines Gegenstandes sehr dazu , ihn auch zur Wahr- nehmung zu bringen. So lange die Fliege stille sitzt, kümmert sich der Laubfrosch nicht um sie, d. h. er bemerkt sie nicht; sowie sich die Fliege bewegt, wird er erst aufmerksam und schnappt nach ihr. Unter den Wirbellosen können wir allein den Alciopiden und Cephalopoden ein schärferes Sehen zuge- stehen. Je freier das Leben dieser Tiere und je lebhafter ihre Bewegungen sind, desto besser entwickelte Sehorgane pflegen sie zu besitzen ; das ist eben eine notwendige Konsequenz ihrer 5* - 68 — Lebensweise. Augen, die nicht nach dem Prinzipe einer Camera obscura gebaut sind, also die zusammengesetzten oder Fächer- oder Facettenaugen, können kein scharfes Sehen in unserem Sinne, d. h. Erkennen von Formen, vermitteln. Das Rhabdom einer Retinula vermag nur einen einzelneu Lichtreiz zur Wahr- nehmung zu bringen: diese die Rhabdome treffenden Lichtreize können aber niemals ein scharfes Retinalbild erzeugen, dazu fehlt es an der nötigen Flächenausdehnung der Retinulae, dem steht ferner auch gerade die B^ächerform des Auges entgegen. Dagegen sind die Fächeraugen sehr geeignet, in weitem Um- kreise Bewegungen von Gegenständen wahrnehmen zu lassen, indem das Bild dieser Gegenstände, rasch hintereinander immer neue Facetten treffend, immer neue intensive Lichteindrücke verursachet und somit die Aufmerksamkeit des Tieres auf sich ziehen wird. Hierin liegt der Hauptzweck des zusammenge- setzten Fächer- oder Facetteuauges. Eine Wespe z. B., die auf Fliegen Jagd macht, erkennt die Fliege sofort, wenn sie sich bewegt ; sitzt die Fliege dagegen still, so ist die Wespe imstande, einen benachbarten gleich großen Nagelknopf für eine Fliege zu halten und auf ihn statt auf die Fliege loszufliegeu. Der Formen- oder Raumsinn der Gliedertiere mit zusammengesetzten Augen kann kein großer sein, ihre Stärke beruht vielmehr auf dem Erkennen von Bewegungen; dagegen ist der Farbensinn wohl vorhanden: sie ziehen bestimmte Farben anderen vor, lichtliebende Tiere scheinen die blaue, lichtscheue die rote vor- zuziehen, auch werden die Augen dieser Tiere von den für uns unsichtbaren ultravioletten Strahlen affiziert. Auch die Glieder- tiere mit nur einfachen Augen (Myriapoden, Spinnen, Skorpione) besitzen ein nur sehr mangelhaftes Sehvermögen. Spinnen ver- mögen Bewegungen ihrer Beutetiere auf höchstens 20 cm, diese selbst nur auf 1 — 2 cm mit ihren Augen zu erkennen ; dagegen sind sie sehr empfindlich gegen Erschütterungen ihres Netzes (Tastsinn als Ersatz für den mangelhaften Gesichtssinn). Noch schlechter sehen die Skorpione, am schlechtesten die Tausendfüße; letztere scheinen nur Hell und Dunkel unter- scheiden zu können. Was die einfachen, zwischen den zusammen- gesetzten Seitenaugen sitzenden Stirnaugen (Ocelli, Stemmata) mancher Insekten (Ameisen, Wespen, Bienen u. a.) betriö't, so ist deren Bedeutung für das Sehen sehr untergeordnet. Zer- — 69 — Störung der einfachen Stirnaugen hat gar keinen Einfluß auf das Benehmen der Tiere, dagegen tritt ein solcher sofort zu Tage, wenn die zusammengesetzten Augen gebrauchsunfähig gemacht werden. Die einfachen Stirnaugeu scheinen demnach von noch geringerer Bedeutung für das Sehvermögen zu sein wie die einfachen Augen der Myriapodeu, Spinneu und Skorpione. — Nach diesem Überblick über die Ausbildung des Sehorganes im Tierreiche ist es von hohem Interesse, sich nochmals die nachfolgende Thatsache in das Gedächtnis zurückzurufen. Durch die gesamte Tierreihe hindurch ist es ein Gebilde des Auges, das sich mit geringen Veränderungen immer wiederfindet; von ihm geht der weitere Aufbau des Auges aus, es bildet den Grundpfeiler unseres Gesichtsorganes. Es ist dies die Seh- sinneszelle, aus welcher sich zunächst die Retina als licht- percipierendes Organ aufbaut. Diese Sinneszellen sind Abkömm- linge der ursprünglichen Ektodermzellen (diifereuzierte Ekto- dermzellen) und zeichnen sich dadurch aus, daß sie an ihrem peripheren Ende (Stäbchen) oder an der Seite (Rhabdomer) einen stark lichtbrechenden Körper (Kutikularbildungen = Riech- uud Gehörhärchen) ausscheiden, und daß von ihrem zentralen Ende eine Nervenfaser zum Ganglion opticum, resp. Ganglien- zellenschicht der Retina abgeht. Die Sehsiuueszellen sind ent- weder selbst pigmentiert oder das Pigment ist in gleichfalls epithelialen Zellen enthalten, welche bei vielen Wirbellosen zwischen den Siuneszellen stehen, bei den Wirbeltieren über denselben liegen, so daß nur die Stäbchen von den Fortsätzen der Pigmeutzellen umhüllt werden. — Das Auge, gleich wie unsere übrigen Sinnesorgane, geht in letzter Linie aus der durch den äußeren Sinnesreiz bedingten Differenzierung der das Ekto- derm nach außen begrenzenden Zellschicht in spezifische Sinnes- zellen und einfache Epithelzellen hervor. Durch diese Spezifi- zierung der Ektodermzellen wird die Möglichkeit geschaffen, den die Sinneszelle treffenden, ihr adäquaten Sinnesreiz in Nervenreiz umzusetzen und dem Tiere zur entsprechen- den Wahrnehmung zu bringen. Auf solche Weise sehen wir im Tierreiche die verschiedenen Sinnesorgane und Sinnesthätigkeiten sich ausbilden und die zur Erhaltung der Existenz der Tiere nötige Wechselwirkung zwischen Tier und Außenwelt herstellen. Bcr. d. Sen ch cub. uaturf. GcscIhcJi. i8g8 Taf. II. LiJiUnuk ,/,r 1 .,:, — 71 Die zAveizeilige Smiipfcypresse am Recliiiei- grabeii in Frankfurt a. M. Von J. Blum. Mit Tafel II und III. Der malerisch gelegene RechneigTaben im östlichen Teile der Frankfurter städtischen Anlagen ist von einer Reihe schöner Bäume umkränzt. Etwa fünfzig Schritte in ungefähr südsüdöst- licher Richtung von dem dort befindlichen Schopenhauer-Denk- mal steht frei am Rande des Wassers eine Sumpfcypresse, zweifellos der stattlichste Baum an dem ganzen Weiher und wohl auch das schönste Exemplar seiner Art in weitester Um- gebung von Frankfurt a. M. Von erwähnenswerten Taxodien aus unserem Gebiete seien genannt die etwa siebenzigjährigen am Großen Weiher hinter dem Kurhause in Wiesbaden und zwei beisammenstehende Exemplare mit besonders schöner Krone im Schloßgraben in Darmstadt, die aber wohl nur als ein Baum aufzufassen sind, indem mit ziemlicher Sicherheit angenommen werden kann, daß der zweite aus einem Wurzelschoß des ersten entstanden ist. Die Einführung der Sumpfcj^presse in Europa geschah vor 1640. John Parkinson beschreibt sie und bildet sie zuerst ab in seinem Theatrum botanicum, London 1640, unter dem Namen Cupressns americmm und bemerkt, daß Samen von „Master Trade scant" aus Yirginien mitgebracht wurde und hier (in London, vermutlich in den Gärtnereien der Herren Tradescant) sehr gut treibe. Die älteren Hauptwerke, in denen die Sumpfcypresse unter verschiedenen Namen wissenschaftlich behandelt wird, lasse ich in chronologischer Reihe hier folgen. — 72 — 1. Cupressus am eric ana Parkinson. Theatrum botaniciim. London 1640. 2. Cupressns virginianaTraclescanti Ray. Hist. pi. II, 1693, pag. 1408. 3. Cupressus virginiana fol. Acaciae coruigerae paribus et de ci du is. Plukenet Almag. 1696, pag. 125. „ Pbytogr. tab. 85, fig. 6. 4. Cupressus virginiana foliis Acaciae deciduis. Commelin Hort. Med. Amstel. I. 1697, p. 113, tab. 59. 5. Cupressus americana Catesby. Natur-Hist. of Carol., Flor, and Bahama-Isl.I. London 1731, pag. 11, tab. 11. 6. Cupressus disticha L. Sp.pl. IL 1753, p. 1003. 7. Tax odium disticlium Eichard. Ann. Mus. XVI. Paris 1810, p. 298. 8. Schubertia disticha Mirbel. Mem. Mus. XIIL Paris 1825, pag. 75. 9. Tax odium disticlium Eicliard. Mem. sur les coniferes et les cycadees de L. C. Richard et Achille Richard fils. Stuttgart und Paris 1826, pag. 143, tab. 10. 10. Cuprespinuata disticha (Nelson) Senilis. Pinaceae 61. 1866. Die gebräuchlichen Volksnamen für Taxodium distichum sind in Deutschland: Zweizeilige Sumpfcypresse oder Taxodie, Vir- ginische Sumpf cy presse, Eibencypresse. Amerika: Bald Cypress. (Bald = kahl, sommergrün). Frankreich: Cypres cliauve. Cypres de TAmerique. (Chauve = kahl). Italien: Cipresso gaggia. (Gaggia = Akazie — Akaziencypresse). Unsere Sumpfcypresse wurde im Jalire 1812 von dem da- maligen Stadtgärtner Rinz gepflanzt und hat somit heute ein Alter von 86 Jahren. Ihre Höhe (von Forstmeister Rurig gemessen) beträgt 23,5 m. Sie ist vom Boden an verzweigt und erweckt den Eindruck, als bestände sie aus mehreren verwachsenen Stämmen, besonders auch weil der Stamm oben mehrere Neben- stämme bildet, die senkrecht aufwärtsstreben. An der Wasser- seite sind die Äste bis zu 3 m Höhe abgehauen, wahrscheinlich weil sie beim Schlittschuhlaufen^ wozu der Weiher bei genügender -^ 73 — Eisdicke gerne benutzt wird, störten. Über den drei untersten Ästen gemessen, 75 cm von dem Boden entfernt, liat unser Baum einen Stammiimfang von 3,70 m und am Boden einen solchen von 5 m. Die Borke der Sumpf cypresse ist braun, längs- rissig. Nach den Beobachtungen H. Mayrs an amerikanischen Stämmen bedeckt sie einen 4 cm breiten Splint und ein schmutzig- braunes Kernholz. Die Aste sind an unserm Exemplar seitlich zusammengedrückt. Die oberen gehen steil oder schräg auf- wärts, die unteren sind mehr wagrecht, sperrig ausgebreitet, zum Teil abwärts geneigt. Ein Ast zeigt Fäulnis ; wahrschein- lich ist früher einmal ein Zweig au ihm abgebrochen, wodurch Fäulniserreger Zutritt nach innen gefunden haben. Das Geäst in seiner Gesamtheit bildet eine stumpfkegelförmige Krone, die trotz ihrer Mächtigkeit infolge der feinen Zweigchen mit den schmalen Nadeln den Eindruck des Weichen, Zarten erw^eckt. Die Taxodieu in den Morästen Nordamerikas breiten ihre Äste, von denen oft fädige, graue Tillandsienstränge (Tillaiidsia usneoides) ähnlich der Bartflechte an unseren Tannen herab- hängen, hoch oben auf einem geradschaftigen Stamme weit und sparrig aus, tragen spärliche Belaubung und zeigen nicht jene schöne kegelförmige und dichte Krone, die sie am Rande von Flüssen oder kleinen Seen zu bilden pflegen. Eigentümlich ist den jüngeren Taxodien in den Morästen auch die flaschen- förmige Anschwellung an der Basis ihrer Stämme, wie aus der Abbildung in H. Mayr „Die Waldungen von Nordamerika. München 1890 •' ersichtlich ist. Die Nadeln sind freudig grün, flach, linealisch, in eine Spitze auslaufend, bis 1,5 cm lang und über und unter dem Mittelnerven von einer Rinne durchzogen (s. Taf III, Fig. 9). An den Langtrieben (den unbegrenzten Zweigen) stehen sie in spiraliger Anordnung um die Achse, während sie an den letzten Seitenzweigen, den Kurztrieben, abwechselnd, gescheitelt (zwei- zeilig) und wagrecht gestellt sind. Im Herbste färben sich die Blätter braun und fallen dann bald ab, besonders nach einem Froste, die an den Langtrieben stehenden einzeln^ die au den Kurztrieben mit diesen selbst. Die Blüten sind einhäusig, erscheinen Ende April, kurze Zeit vor den Blättern (s. Taf. III, Fig. 1), die männlichen Blüten in hängenden Rispen am Ende vorjähriger Zweige, die weib- — 74 — liehen, in der Zahl von 1 — 3, am Grunde der Rispen oder an besonderen Zweigen. Im Herbar des Senckenbergischen Museums befinden sich Blüten, die in dem wärmeren Florida im März gesammelt worden sind. Die grünen Blutenknospen sind schon Ende des Sommers sichtbar, die männlichen etwas früher als die weiblichen, und beide erweisen sich bald nach ihrem Er- scheinen als verhältnismäßig groß. An der männlichen Blüten- knospe umschließen 16 — 18 spiralig gestellte Hüllschuppen 12 — 14 Staubgefäße, wovon jedes aus einer wenig excentrisch ge- stielten, schildförmigen Schuppe besteht, an deren Unterseite meistens 5 PoUensäckchen in ringförmiger Anordnung hängen, ähnlich etwa wie bei den Schachtelhalmen die Sporensäcke an den Schildchen (Taf. III, Fig. 4). Die Staubgefäße sitzen mit ihren Stielen an einem Sänlchen, das sich zur Blüteuzeit streckt und sie über die Hüllschuppen erhebt (Taf. III, Fig. 3). Der Zapfen ist kugelig oder kugeligoval, von 20 — 30 mm Durch- messer. Die Fruchtschuppen sind gekerbt und die Deckschuppen mit Dornenspitzeu besetzt; beide sind miteinander verwachsen und spiralig augeordnet. Im Winkel der Fruchtschuppe stehen zwei zackige, kantige Samen, die aber bei uns nicht zur Reife gelangen. Kotyledonen sind es 5—9, meistens 6. Der Zapfen bedarf zu seiner Entwickelung ein Jahr und fällt als Ganzes ab. In den neueren Werken sind die Abbildungen, die den Blütenbau der Sumpfcypresse veranschaulichen sollen, fast sämt- lich der Tafel 10 in Richards, Vater und Sohn, Mem. s. 1. conif. et 1. cycad., Stuttgart und Paris 1826, entnommen. Die Ver- hältnisse der männlichen Blüten sind dabei nicht sehr klar und nicht durchweg der Wirklichkeit entsprechend gegeben. Herr Professor Dr. M. Möbius hat sich deshalb der Mühe unter- zogen und die Blüten naturgetreu nach frischem Materiale ge- zeichnet und mir zur Verfügung gestellt. Tafel III giebt diese Zeichnungen wieder , aus denen das Wissenswerte über die Blüten leicht zu ersehen ist. Herrn Professor Möbius spreche ich meinen verbindlichsten Dank aus. Die Wurzeln, die sich in wagrechter Richtung weithin er- strecken und vielfach verzweigen, treiben eigentümliche hohle, knieförmige Schößlinge (Cypress knees) über die Erde und zwar an ganz freistehenden Bäumen gerne nach der Südseite zu, wie an unserem Exemplare. An diesem sind die Schößlinge — 75 — nur bis 35 cm hoch, aber immerhin auffallend und auch auf der Abbildung, Taf. II, sichtbar. Im Giardino pubblico in Mailand stehen am Rande des Weihers mehrere Sumpfcypressen, die lange nicht an die Schönheit der Sumpfcypresse am Rechnei- graben heranreichen, dagegen Wurzelausschläge von 52 cm Höhe aufweisen. In Amerika werden sie noch bedeutend höher und zuweilen von den Eingeborenen als Bienenkörbe benutzt. Welche Rolle diese Schößlinge im Leben des Baumes spielen, ist noch nicht mit Sicherheit festgestellt. Sehr wahr- scheinlich dienen sie, wo die Wurzeln ganz oder teilweise von Wasser umgeben sind, der Befriedigung des Atembedürfuisses. Ähnliche Bildungen zeigen sich auch bei anderen wasser- bewohnendeu Bäumen. Herbert J. Webber schreibt im Year- book of the U. S. Departm. of Agric. 1896, p. 94, daß die schwarze Mangrove {Avicennia nitida Jacq.) und die Sumpf-Mangrove (La- giincularia racemosa Gaertn.), die zahlreich in den der Ebbe und Flut unterworfenen Morästen (swamps) Süd-Floridas vor- kommen, in Menge besondere Wurzeln entwickeln, die nicht in normaler Weise abwärts, sondern so hoch aufwärts wachsen, daß sie die längere Zeit über der Luft ausgesetzt bleiben und nur bei Hochflut von Wasser bedeckt sind. Die Höhe dieser Wurzeln über dem Boden wechselt von 2 — 18 Zoll; sie sind besonders in den Salzmorästeu dicht beisammenstehend zu be- obachten. Taxodien, die an trockenen Orten wachsen, bilden keine knees. Den Innern Promenadenweg neben dem Rechuei- graben in südlicher Richtung fortsetzend, gelangt man in der Nähe von Guiolletts Grab an eine solche Sumpfcypresse, die, obwohl gleichaltrig mit der eben beschriebenen, doch eine ganz andere Tracht darbietet. Ihre Höhe beträgt 19,20 m (Rörig) bei einem Stammumfang von 1,14 m in Brusthöhe und von 1,50 m am Boden. Der Stamm erhebt sich senkrecht, verästelt sich erst weit oben und trägt eine kleine kegelförmige Krone. Allerdings muß bemerkt werden, daß diese Sumpfcypresse früher von Bäumen umstanden war. Wurzelschößlinge haben sich, wie schon angegeben, keine entwickelt. In dem Günthersburg-Park steht eine Sumpfcypresse mit Wurzelschößlingen frei in einer trockenen, flachen Mulde, die aber früher mit Wasser angefüllt war. Der betreffende Baum war in diesem Jahre über und über mit Blüten bedeckt, so daß er ganz braun aussah. Dieser — 76 — Baum ähnelt übrigens in seiner Tracht unserem Exemplare am Kechneigraben ; die unteren Aste liegen auf dem Boden aus- gebreitet. Bei uns wird Taxodhmi distichum aus importiertem Samen gezogen ; jedoch kann die Zucht auch durch Ableger und junge Triebe geschehen. In den Morästen Amerikas scheinen die Ab- leger das wesentlichste Mittel zur Selbstvermehrung zu bilden. Die Sumpfcypresse ist in Nord-Amerika zu Hause. Ihr Verbreitungsgebiet erstreckt sich vom 39'' bis zum 30° nördl. Breite und von der Küste des Atlantischen Oceans bis zum 100° w. Länge von Greenwich, namentlich findet sie sich in den Staaten Delaware, Virginia, Missouri, Tennessee, Mississippi, Ca- rolina, Louisiana und Texas. In letzterem Staate kommt sie mehr an den Ufern der Flüsse, in den übrigen Staaten meistens in Sümpfen, morastigen Seen (swamps) vor und bildet darin große Wälder. „Sie rückt von allen Bäumen am weitesten in den weichen Schlamm der Moräste vor, in demselben ein unge- heueres Wurzelwerk bildend. Sie gedeiht am besten da, wo der Boden stets vollständig mit Wasser getränkt ist, so in den Bassins und Buchten an den Ufern des Mississippi, wie au den kleinen Landseen in der Mitte der unermeßlichen Moräste Virginiens und Carolinas ; wenn die Bäume größer werden, sinken sie allmählich ein und füllen dann die Wasserbecken nach und nach aus, manche ihre aufrechte Stellung beibehaltend, andere nach verschiedenen Richtungen durcheinauderliegend und den Boden bedeckend. Es stehen öfter ganze Gesellschaften von 100 bis 800 solcher vierzig bis siebenzig Fuß hoher Bäume beisammen, welche während eines Zeitraumes, der mehrere tausend Jahre umfassen kann, die Seebecken mit organischer Masse erfüllen. Zuweilen bricht aber der Fluß in dieselben ein und unterwühlt den Boden; die Cypressen werden dann samt ihrem Wurzelwerk weggeschwemmt und bilden jene den Dampf- schiften des Mississippi so gefährlichen schwimmenden Bäume (snakes), welche an der Ausmündung des Flusses in großen Massen zusammengeschwemmt werden und ganze Holzlagen im Schlamme bilden".^) Ein Frankfurter, Ferdinand Lindheimer, der mehr als ') Heer, die Urwelt der Schweiz. Zürich 1865, p. 307. — 77 — vierzig Jahre im fernen Westen weilte (er starb als hoher Siebziger in New - Braunfels, West - Texas), der sich um die Er- forschung der Flora von Texas sehr verdient gemacht hat, liefert in einem kleinen Buche (Aufsätze und Abliandlungen von Ferdinand Lindheimer in Texas. Herausgegeben von einem seiner Schüler. Gedruckt bei Theodor Wentz in Frankfurt a. M. 1879) eine reclit anschauliche und originelle Beschreibung des Taxodium disticham. „Die Cypresse," sagt er, „steht in West -Texas, wo keine Sümpfe sind, reihenweise am Wasserrande klarer, fliessender Bäche und Ströme, oft so dicht gedrängt, daß zwischen zwei Stämmen kein gleicher dritter mehr Raum hätte. Wollte ein Maler solche Partien zeichnen, wie an der oberen Guadalupe, am Spring -Creek, au der Sabina, an der Medina vorkommen, wo oft in dichter Reihe 3 bis 7 Fuß dicke Cypi'esseu sich linden, deren nackter Schaft allein 60 — 80 Fuß erreicht, man würde sein Bild unwahr und überladen nennen." Von einer Cypresse in der Nähe seines Wohnorts New - Braunfels erzählt Lindheimer, daß sieben Mann sie kaum zu umklaftern vermögen, was einem Umfang von ungefähr 12,25 m und einem Durchmesser von etwa 4 m entspräche. Er hat sie auf über tausend Jahre geschätzt. Sehr interessant sind in diesem Aufsatze die Beobachtungen über die Beziehungen des Puters (Meleagris gal/opavo) zur Cypresse. „Die Lieblingsschlafstellen für Putei-, Turkey roost," heißt es darin, „sind die Cypressen und das aus mehreren Ur- sachen. Die Cypresse ist ein sehr hoher Baum, auf welchem der Puter sich sicher fühlt; die Cypresse hat sehr lange wag- rechte Äste, auf welchen ein Vogel bequem sitzen kann ; die Cypresse steht oft nahe an Felsen, über die der Puter, der sich mehr auf seine Beine als auf seine Flügel verlässt, sich leicht durch Flucht retten kann. Die Cypresse steht ferner nahe an dem Wasser und Wasser will dieser Vogel wegen der Hitze, die sein starker Verdauungsprozeß erzeugt, des Tages wenigstens dreimal u. s. w." Über die Bildung der Sumpfmoore mit Hilfe des Taxodium distichum und über die Cypressensümpfe schreibt Schieiden (Die Pflanze und ihr Leben, 5. Aufl., Leipzig 1858, S. 384): „Wo dichte Belaubung den Einfluß der Sonne und den er- frischenden Luftwechsel hindert und so die Zersetzung der vegetabilischen Massen verlangsamt , wo der Boden flach und ohne Gefälle ohnehin schwer seines Wasserreichtums sich entledigt, und um so weniger, wenn die aufgehäuften Püanzeuleichen beständig den Abfluß hemmen, und der entstandene Humus begierig die Feuchtigkeit ansaugt, da bilden sich die ausgedehnten Sumpf- nioore. Durch die fortwährende Zunahme der Vegetationsreste erhebt sich der Boden nnd oft liegt eine solche wasserdurch- tränkte, halbflüssige Masse zuletzt weit über dem Niveau der umgebenden Ebene, ohne daß jetzt noch die Sonne im stände wäre, auch wenn Stürme das schützende Dach entfernen, den Sumpf auszutrocknen oder auch nur sein Fortwachsen zu be- schränken. Ein solcher Sumpf erhebt sich bis zu 12 Fuß über die umgebende Ebene in Virginien zwischen den Städten Suffolk und Waldou, von den Einwohnern „the great dismal" (der große Unselige) genannt, der nicht unbeträchtlichen Flüssen den Ur- sprung giebt und sie mit Wasser versorgt. Es ist besonders die nordamerikanische Cypresse, welche mit ihrer feinen aber dichten Belaubung zur Bildung desselben Veranlassung gegeben. Derselbe Baum ist es, welcher die furchtbaren, verrufenen Cy pressensümpfe Louisianas an den Ufern des Redriver und Mississippi bildet. Eiesenstämme von unerhörter Mächtig- keit drängen sich aneinander, ihre Zweige ineinander flechtend und am hellsten Tage ein düstres Dämmerlicht verbreitend. Der Boden besteht nur aus halbverfaulten, übereinander ge- türmten Blöcken und dazwischen aus einem unergründlich tiefen, flüssigen Schlamm, in welchem sich gefräßige Alligators und die beißende Schildkröte umherwälzen, die alleinigen Herren dieser unter der Glut der fast tropischen Sonne qualmenden Hölle ; so im hohen Sommer, während im Frühling sich brausend die trüben, schlammigen Fluten der austretenden Ströme in meilen- weiter Ausdehnung durch diese feindselige Vegetation ergießen. — • So entsprechen diese Cypresseusümpfe, von denen uns Seals field ein so lebendiges Bild entworfen, im Binneulande, den Mangrove- wäldern, welche die Flußmündungen fast aller Tropenströme umsäumen." Taxodium disüchum war zur Pliocäu- und Miocänzeit über ganz Europa, nordwärts bis zum 82*^, und wahrscheinlich noch weiter, verbreitet. Auch aus Asien, aus der Gegend von Orenburg, aus dem Amurland, der Insel Sachalin und von Alaska ist die fossile Art bekannt. In Deutschland ist sie häufig und bildet — 79 — zuweilen große Braimkohlenlager. Das pliocäne Taxodiitm ist von Geyler und Kiukelin in der Nähe von E^rankfurt, in dem Klärbecken bei Niederrad, nachgewiesen worden. Taxodium distichum liefert ein vorzügliches Nutzholz von 0,45 spec. Gewicht. Es spaltet tangential und wird daher be- sonders zur Herstellung von Schindeln verwendet, andererseits eignet es sich nach Liudheimer wegen seines Widerstands gegen radiale Spaltung in hohem Grade zum Bau vonKanoes; „denn gerade am Hinterteil und am Vorderteil, wo die Jahrringe von den Flächen des Kanoes durchkreuzt werden, würde fast jede Holzart, die Platane allenfalls ausgenommen, in der Sonne spalten. Vor der Platane hat aber die Cypresse den Vorzug, daß sie als ein harzhaltiges Holz der Fäulnis nicht leicht ausgesetzt ist." Es werden alljährlich ungeheure Mengen von Cypressen- stämmen gefällt, besonders seitdem die früher als unerschöpflich gehaltenen Wälder außerhalb der Moräste in bedenklicher Weise verschwunden sind. So berichtet Dr. Karl Mohr, Mobile, in einem Aufsatze „Wälder der Sumpf cypresse" (Natur 1895, No. 27), daß das während des Jahres 1892 — 1893 in den an den Atcha- falaj^a-Fluß in Louisiana grenzenden Cypressen -Wäldern ge- schlagene handelswerte Stammholz von Sachverständigen auf 270 Millionen Fuß (Oberfläche -Maß) geschätzt wurde. Diese Wälder zählen allerdings zu den ergiebigsten ; sie umfassen aber einen verhältnismäßig nur kleinen Raum im Vergleiche mit dem ganzen Verbreitungsgebiete der Sumpfcypresse. 80 — Tafel -Erklärung. Tafel II: Taxodium distichnm am Rechneigralben, einem Weiher in den städtischen Anlagen in Frankfurt a. M. Tafel III: Fig. 1. Eine Blütenrispe in natürlicher Größe. Bei iv zwei weihliche Blüten, h = Blattknospen. Fig. 2. Ein einzelnes Astchen mit männlichen Blüten, wenig vergi üßert. Fig. 3. Eine einzelne männliche Blüte, stärker vergrößert. Fig. 4. Ein abgeschnittenes Pollenblatt von innen gesehen, s das durchschnittene Stielchen, seh die Schuppe, p die Pollensäcke. Fig. 5. Längsschnitt durch ein Pollenblatt mit dem Ansatz an die Achse der Blüte. Bezeichnungen wie in Fig. 4. Fig. 6. Einige Pollenkörner, in Wasser liegend. Fig. 7. Eine weibliche Blüte, vergrößert. Fig. 8. Ein Fruchtblatt aus dem oberen Teile der weiblichen Blüte mit den zwei achselständigen Samenknospen, von innen gesehen. Fig. 9. Querschnitt durch ein Blatt. Bei h der Harzgang, bei sp Spaltöffnungen. Ber. (l.Senckenh natmf.Geselbch. 1898. Taf.m. lith. Anst. V. Werner & Mntei; Rankfart W. 81 — Über ein eigeiitümliclies Blühen von Banibnsa vnlgaris Wendl. (Mitteilung aus dem botanischen Garten zu Frankfurt a. M. III.) *) Von M. Möbius. Mit Tafel IV. Im Botanisclieu Garten zu Frankfurt a. M. begann im Sommer 1894 ein in einen Topf gepflanztes, etwa mannshohes Exemplar von Bambusa vulgaris Wendl. zu blühen, indem sich an den beblätterten Zweigen große Blütenrispen bildeten. Früchte gingen aus diesen Blüten nicht hervor, sie vertrockneten, fielen zum Teil ab, zum größeren Teil aber erhielten sie sich und im nächsten Jahre (1895) kamen an denselben Rispen zwischen diesen alten Blüten vielfach neue hervor, welche sich wie die des vorigen Jahres verhielten. Im folgenden Jahre (1896) wiederholte sich dieselbe Erscheinung. Die vegetative Entwickelung des Stockes stand in dieser Zeit ziemlich still und im folgenden Winter ging der stärkere Stamm, dessen Rest noch bei 6-^ in Fig. 1 zu sehen ist, zu Grunde. Der schwächere Stamm, der ebenfalls Blüten getragen hatte, erhielt sich noch im Sommer 1897, ging aber allmählich noch in demselben Jahre zu Grunde und wurde etwa 1 m über dem Boden abgeschnitten. Im Frühling 1897 aber erschienen zwei junge Triebe aus der Erde, die gar keine Blätter, sondern nur Blüten bildeten. Der eine kam direkt aus dem Rhizom und wurde etwa 60 cm hoch, der andere entsprang seitlich einem älteren Halm und wurde •) Die erste Mitteilung ist: Beitrag zur Anatomie der Ficusblätter (Ber. d. Senckenb. naturf. Ges. in Frankfurt a. M. 1897 p. 117—138. Taf. II, III) ; die zweite : Über Wachsausscheidung im Innern von Zellen (Ber. d. deutsch, botan. Ges. 1897, Band XV. p. 435—441). 6 — 82 — etwas über 30 cm hoch. Am 9. Dezember 1897, als diese Triebe mit ihren Blüten noch g'anz friscli aussahen, wurde die Pflanze aus dem Topfe genommen und photographiert, nach welcher Aufnahme die Fig. 1 der Tafel gezeichnet ist. Die Pflanze wurde dann wieder in ihren Topf in Erde gesetzt und nachdem sie den Winter über im Gewächshaus gestanden hatte, traten an den beiden neuen Sprossen in diesem Frühling (1898) wieder einzelne neue Blüten zwischen den Resten der alten, von denen viele abgefallen waren, auf. Neue vegetative Triebe haben sich in dieser letzten Periode nicht gebildet und das Rliizom ist nun auch selbst im Absterben begriffen. Der vStock ist schon min- destens 30 Jahre im Garten und hat früher, als er in freier Erde im Gewächshaus kultiviert wurde, ein sehr üppiges Wachs- tum gezeigt und starke Sprosse gebildet. Wegen Mangels an Raum wurde er von da schon vor längerer Zeit ausgepflanzt und in einen Topf gesetzt, wo er zurückging und gerade da- durch wohl zum Blühen veranlaßt wurde. ^) Ein anderes Exemplar, übrigens ein Teil desselben ursprünglichen Stockes, hat noch nicht geblüht, obgleich es unter denselben Bedingungen gehalten wird und nur wenig kleiner als jenes blühende ist. Ich weiß nicht, ob man in anderen Gärten eine solche Erscheinung, wie die hiervon dem blühenden Bambus beschriebene, schon beobachtet hat; mir scheint die Sache doch interessant genug zu sein, um sie einmal zu beschreiben und abzubilden. Daß die Bambusen ganz eigentümliche Verhältnisse in Beziehung auf das Blühen zeigen, ist bekannt; die ausführlichste Zusammen- stellung darüber findet sich in Schröters Arbeit über den Bambus (Neujahrsblatt der Züricher naturf. Gesellsch. auf das Jahr 1886, No. LXXXVIII), auf die hier verwiesen sei, in der aber Bcunhusa vulgaris nicht besonders erwähnt wird. Auch ist es nicht unbekannt, daß solche nur Blüten tragende Triebe aus dem Rhizom herauskommen. Schröter berichtet, daß im Jahre 1867 alle Exemplare von Amndinaria japonica Sieb, et Zucc, die in den europäischen Gärten von Paris, Sceaux, Mar- seille und anderen Orten, sowie im botanischen Garten von Hamma bei Algier kultiviert wurden, in Blüte kamen, „und zwar ^) Vergl. hierzu meine Beiträge zur Lehre von der Fortpfianzung der Gewächse (.Jena 1897, \). 123). — 83 — so, daß die ältesten imd jüngsten Triebe ganz gleichmäßig er- griffen wurden; sogar die eben aus der Erde hervorgetretenen Knospen verwandelten sich sofort in blühende Triebe." Ferner heißt es in Mun roe's Monograph of the Bambuseae (Transact, of the Linn. Soc. vol. 26, p. 107): Inflorescentia variabilis „scapus vel panicula radicalis aphylla" etc. (teste Schult es). Der Scapus radicalis aphyllus ist also ein Rhizomsproß, der nur Blüten trägt. Dagegen ist mir keine Angabe darüber bekannt, daß sich neue Blüten au den Ährenresten der vorjährigen Blüten bilden und daß so derselbe Stock mehrere Jahre hinter- einander, hier also 4 Jahre, blüht. Im allgemeinen gehen ja die Plalme, wenn sie geblüht haben, worauf sie dann meistens auch Früchte anzusetzen scheinen, zu Grunde, und so heißt es auch von der oben erwähnten Arundinaria ja-ponica^ daß die fruchtenden Triebe abstarben. Wahrscheinlich ist gerade der Umstand, daß sich in dem von uns mitgeteilten Falle keine Früchte aus den Blüten entwickelten, also kein Material zur Fruchtbildung verbraucht wurde, die Ursache, daß aus den kleinen Knospen, die schon im Vorjahre augelegt waren, sich auch wirklich neue Blüten ausbilden konnten. Die Entstehungsweise dieser neuen Blüten ist, soweit ich es ermitteln konnte, eine zweifache: teilweise nämlich sind es Blüten, bezw. ganze Ährchen, die im ersten Jahre schon bis auf die einzelnen Blütenteile angelegt, aber sitzen geblieben waren und sich erst im zweiten Jahre entwickeln, die vor- jährigen Spelzen einfach auseiuanderschiebend (Fig. 2) ; auch mit den Endblüten der Ährchen kann dies offenbar der Fall sein, wie Fig. 3 oben zeigt; teilweise aber werden in den Achseln der unteren Hüllspelzen eines Ährchens, dessen Blüten sich im ersten Jahre entfalten, junge Ährchen angelegt, die dann eben- falls im zweiten Jahre zur Eutwickelung kommen. Im letzteren Falle steht die Blattstellungsebene der jungen Ährchen senk- recht auf der der alten, wie es bei j in Fig. 3 zu sehen ist. Hierauf bezieht sich vielleicht, was Mun roe (1. c. p, 87) bei der Charakterisierung der Gattung Bambusa sagt : „glumae duae aut numero indefinitae, inferiores plerumque gemmiparae." Wir sehen auch in einem reifen Ährchenknäuel die einzelnen Ährchen von ziemlich verschiedener Größe, sodaß die deutlich hervor- tretenden zwischen 0,5 und 2 cm lang sind. Das hängt damit 6* — 84 — zusammen, daß die Zahl der Blüten in einem Älirclien ver- schieden ist, indem bei den kleineren Ährchen die unteren Spelzen alle steril sind und nur die obersten Blüten tragen, bei den größeren dagegen nur wenige, nämlich 2 — 3, sterile Hüll- spelzen vorhanden sind, die folgenden aber fertil sind, also zu Deckspelzen werden und dann bis zu sechs Blüten im Ahrchen vorhanden sind. Nach Munroe ist bei Bamhiisa vulgaris die Zahl der Blüten in einem Ährchen 4—9 — 12. Die untersten Spelzen sind immer die kürzesten, die Deckspelzen also länger als die Hüllspelzen, welch' letztere auch von unten nach oben an Größe zunehmen. Die Vorspelze (Fig. 5) ist ungefähr eben- solaug wie die Deckspelze (Fig. 4) in derselben Blüte ; letztere ist zugespitzt und oben mit ganz kurzen, spitzen Haaren ver- sehen (Fig. 6), erstere ist oben zweispitzig und besonders an den Spitzen, sowie auf deu beiden Kielnerven mit etwas längeren ^ spitzen. Haaren versehen, die an den beiden Endspitzen der Vorspelze aneinanderstoßen (Fig. 7). Von den drei Lodiculis, die bekanntlich bei Bambusa vorhanden sind, sind die beiden vorderen, nach der Deckspelze zu stehenden, kürzer und breiter ; die dritte, nach der Vorspelze zu stehende, ist länger, spitziger und schmäler, ein Unterschied, der auch von Munroe (1. c. p. 108) für Bambusa vulgaris mit folgenden Worten angegeben wird: „Squamulae tenuiter membranaceae, diaphanae, apice pilis sat longis ciliatae, inaequales, duae obovato-oblongae, tertia longior et multo angustior." Fig 8 und 9 zeigen eine vordere und die hintere Lodicula aus einer Blüte, deren Staubgefäße sich bereits gestreckt haben, und der Unterschied in der Gestalt und Größe ist daran deutlich zu sehen. Alle Lodiculae sind am vorderen Rande mit langen, steifen, spitzen, einzelligen Haaren dicht be- setzt. Die Länge der vorderen Lodiculae mit den Haaren be- trägt etwas über 2 mm, die hintere Lodicula ist nahezu 3 mm lang. Eigentümlich ist, daß die vorderen Lodiculae ihre definitive Größe und Gestalt eher erlangen als die hintere, denn bei einer jungen Blüte, wie der, deren Staubgefäße und Pistill in Fig. 10 und 11 dargestellt sind, finden wir die 3 Lodiculae von fast gleicher Länge, die dritte aber etwas schmäler und spitziger; in der letzteren sind auch noch keine Gefäßbündel zu erkennen, während sie in den ersteren schon vorhanden sind. Erst wenn die Blüte älter geworden ist, sehen wir dann die hintere Lodi- — 85 — cula länger als die vorderen geworden und mit Gefäßbimdelu versehen. Es scheinen gewöhnlich vier solcher, natürlich äußerst feiner Gefäßhündel vorhanden zu sein, die ein Stück unterhalb des vorderen Randes verschwinden. Das Mesophyll der Lodi- culae besteht aus etwa zwei Schichten von parenchymatischen, langgestreckten, dünnwandigen Zellen, die kein Chlorophyll enthalten. Die Zellen der Oberhaut sind denen des Mesophylls ähnlich, etwas schmäler und häufig auch an den Enden zugespitzt ; im älteren Zustande läßt sich an den Längswänden eine feine Wellung erkennen; Spaltöffnungen fehlen. Die drei Lodiculae bilden drei voneinander ganz getrennte Blättchen und aus diesem Umstände, sowie aus ihrer Struktur, besonders dem Fehlen des Chlorophylls Avürde man annehmen können, daß sie als die Perigonblätter der Blüte aufzufassen sind. Hackel^) könnte dagegen für seine Auffassung, nach der bekanntlich die beiden vorderen Lodiculae einem gespaltenen zweiten Vorblatte entsprechen, die hintere, wenn sie vorhanden ist, einem dritten Vorblatte entspricht, die verschiedene Gestalt und das ungleiche Wachstum der Lodiculae, wie es eben geschildert wurde, geltend machen. Wir wollen hier die Sache dahingestellt sein lassen und nur noch erwähnen, daß den Lodiculis hier keine besondere biologische Bedeutung zuzukommen scheint: die Blüten öffnen sich ja bei Bambiisa überhaupt nicht, d. h. die Spelzen treten kaum auseinander, und die Lodiculae würden bei ihrer großen Zartheit keine Rolle für den Öffnungsmechanismus spielen können, wie sie es, ebenfalls nach Ha ekel, in anderen Grasblüten thuen. Die sechs Staubgefäße stehen rings um den in der Mitte befindlichen Fruchtknoten; die farblosen, anfangs kurzen Fila- mente (Fig. 10) strecken sich bei der Geschlechtsreife und schieben die rotgefärbten Antheren zwischen den Spelzen heraus. Die Antheren sind nicht versatil wie bei den meisten Gräsern, d. h. der Staubfaden ist nicht nahe der Mitte an der Anthere befestigt, sodaß die Antheren leicht aus ihrer aufrechten Lage umkippen, sondern der Staubfaden ist am Grunde der Anthere, zwischen den nach unten gerichteten hornartigen Fortsätzen der Pollensäcke befestigt, die Antheren sind basiflx. Das Connectiv verlängert sich in eine Spitze über die Pollensäcke ^) Engler's botan. Jahrbücher, Bd. I, p. 336. — 86 — hinaus, die ebenfalls rot gefärbt und mit einigen einzelligen spitzen Haaren besetzt ist. Au dem Griffel sieht man nur in ganz jungen Blüten, daß er oben in drei Aste gespalten ist ; die drei Gefäßbündel dieser Äste lassen sich durch den ganzen Griffel bis zum Fruchtknoten verfolgen (B^ig. 11). Später scheint der Griffel, wie auch Muuroe angiebt (1. c. p. 108), durch das frühzeitige Schwinden der Narben und Äste einfach zu sein. Die Griffeläste sind dicht zottig be- haart, weiter unten ist der Griffel nur mit einfachen spitzen Haaren besetzt, die am Fruchtknoten ganz verschwinden. Eine Frucht habe ich au unserem Stocke niemals entstehen sehen und glaube, daß überhaupt eine Bestäubung gar nicht statt- gefunden hat. Ich muß mich also mit diesen Angaben, welche die früheren Beschreibungen der Blüten von Bamhusa vulgaris in einigen Punkten ergänzen mögen, begnügen. Der Bau des Halmes und des Blattes ist bei den Bam- busen bekannt genug und die hier besprochene Art bietet darin nichts Besonderes. Über den Bau des Halmes findet sich auch einiges in der citierten Arbeit von Schröter (1. c. p. 13), was auf den Angaben Seh wendeners beruht; eine Abbildung von dem Querschnitt eines Bambusblattes findet man in Kerners Pflanzenlebeu, Bd. I. p. 272 (I. Auflage). Ich benutze aber die Gelegenheit, um noch einiges über den Bau des Rhizomes und der Wurzel zu sagen, worüber mir keine anderen Angaben be- kannt sind. Das Rhizom hat einen fast kreisförmigen Querschnitt und in seinen dickeren Theilen einen Durchmesser von etwa 3 cm. Unter der kleinzelligen Epidermis liegt eine im Verhältnis zum ganzen Durchmesser zwar schmale, aber doch mehr als 20 Zell- schichten breite Rindenzone, in der nur einzelne nach den Niederblättern abgehende Gefäßbündel auftreten. Der innere Teil, innerhalb dieser Riudenschicht , ist von außerordentlich zahlreichen Gefäßbüudeln durchzogen, die teils längs, teils quer verlaufen. Die ersteren sind in der äußeren Region zahlreicher, sodaß man hier die meisten Bündel auf dem Querschnitte auch wirklich querdurchschnitten sieht; dicht unter der Rinde sind die Bündel am kleinsten und am dichtesten aneinander gelagert ; weiter innen sind die querverlaufenden Bündel häufiger, sodaß dadurch das querdurchschnittene Rhizom hier schon dem bloßen — 87 — Auge wie mit vielen feinen Adern durchzogen eischeint ; da- zwischen treten aber auch viele längsverlauf ende , also quer- durchschnittene Bündel auf. Die Anzahl der querverlaufenden Bündel nimmt in der Nähe der Knoten zu und ist in der Mitte der Interuodien am geringsten. Der Querschnitt durch die Bündel zeigt überall ungefähr dasselbe Aussehen und entspricht dem eines typischen Grasbündels, also auch dem in den Halmen, jedoch sind die beiden großen Holzgefäße weniger weit als die im Halme. Vor dem Phloem liegt ein halbkreisfijrmiger Belag aus Bastfaserzellen, der so groß oder, bei den äußeren Bündeln, größer ist, als Phloem und Xylem zusammen, auf der Xylemseite ist der Bastfaserbelag bei den äußeren Bündeln viel schwächer als auf der Phloemseite, bei den inneren Bündeln fehlt er ganz. Die Wände dieser Bastfaserzellen sind weniger verdickt, als dies im Halme der Fall ist und bei den inneren Bündeln noch etwas dünn- wandiger als bei den äußeren. Die Parenchymzellen haben nur schwach verdickte Wände und sind reich an Stärke, die besonders in dem peripherischen Teile des Rhizoms aufgespeichert ist. Von den Wurzeln hatten die dicksten eiueu Durchmesser von 3 — 4 mm ; in ihrem anatomischen Bau stimmen die dicken und die dünnen Wurzeln im wesentlichen überein und der Quer- schnitt zeigt Folgendes. Die Epidermis besteht aus dünnwandigen, senkrecht zur Oberfläche gestreckten Zellen, von denen viele zu Wurzelhaaren ausgewachsen sind. Die Zellen der darunter liegenden Ectodermis sind annähernd quadratisch und haben nur schwach verdickte Wände. Unter ihr liegt eine Zone von 3—5 Lagen kleiner Zellen mit stark verdickten und verholzten Wänden, sie geht nach innen zu in das großzellige Rindenparenchym über, dessen Zellen nach innen zu wieder kleiner werden und in der Nähe des Zeutralstranges eine sehr schöne Anordnung in radiale Reihen zeigen. Die innersten kleinen Rindenzellen haben wieder dickei-e und verholzte Wände. Die Wände der Schutzscheidezellen sind ringsum gleichmäßig stark verdickt, bei den dünneren Wurzeln noch mehr als bei den dickeren und dort treten dann auch die Poren viel stärker hervor. Die Zellen des Pericambiums und die des darunter liegenden Gewebes vom Zentralstrang bekommen ebenfalls ver- dickte und verholzte Wände, sodaß das erstere wenig deutlich zu unterscheiden ist. Auch einzelne alternierende Xylem- und — 88 — Pliloeniteile lassen sich nicht erkennen. Deutlich hervor treten etwa 20 große Gefäße, die in einen Ring um das innere in- differente Gewebe, das sogenannte Mark, angeordnet sind. Bis über diesen Ring hinaus nach innen scheint auf dem Quer- schnitte das Gewebe des Zentralcylinders aus lauter dick- wandigen Elementen zu bestehen, die dann in die weniger dick- wandigen und größeren Zellen des innersten Teiles übergehen. Besonders in den dünnereu Wurzeln treten außer den weiten, in den Ring geordneten, hier in etwas geringerer Anzahl vor- handenen Gefäßen andere kaum hervor, aber in den dickeren Wurzeln bemerkt man außerhalb der weiteren auch zahlreiche engere. Die Phloemgruppen sind im ausgebildeten Zustande kaum zu erkennen. Die Entwickelungsgeschichte, zu deren Untersuchung mir allerdings nur wenig geeignetes Material zur Verfügung stand, ergiebt, daß jene großen Holzgefäße schon sehr frühzeitig angelegt werden, vor der Differenzierung des übrigen Gewebes, und daß dann außen zahlreiche alternierende Xylem- und Phloemgruppen entstehen, ohne daß aber jemals deutliche Xylemstrahlen, die sich bis zu jenen großen Gefäßen verfolgen ließen, zu erkennen wären. Soviel läßt sich ferner feststellen, daß die engsten und äußersten Holzgefäße nicht, wie bei vielen anderen Gräsern, direkt unter der Schutzscheide, das Pericambium unterbrechend, entstehen, sondern, daß sie sogar noch zwei bis drei Zellen weit vom Pericambium nach innen zu angelegt werden.^) — An absterbenden dicken Wurzeln finden sich in den weiten Holzgefäßen gelbe schleimartige Massen und im Zentrum ein durch Zerstörung des „Markes" gebildeter weiter Hohlraum. Zum Schlüsse sei noch darauf hingewiesen, daß sich ein dem oben beschriebenen ganz ähnlicher Bau der AVurzelu, nach der Untersuchung des ausgebildeten Zustaudes, auch bei anderen Gräsern, welche derbere, holzige Wurzeln be- sitzen, findet und zwar nicht nur bei den verwandten Formen, wie Phyllostachijs bambusoides Sieb, et Zucc. und Arundinaria japonica Sieb, et Zucc. {Bambusa Metake Hort.), sondern auch bei fernerstehenden Formen, wie Gynerkwi argenteum Nees ^) Diese Zellen scheinen alber aus dem Pericambium hervorgegangen zu sein, das also durch frühzeitig auftretende Teilungen mehrschichtig wird. — 89 — und Ericuithus Bavcmiae Beauv., sodaß es sich enipfelilen dürfte, über diese Graswurzelu noch genauere eutwickehingsgeschiclit- liche Studien anzustellen. Frankfurt a. M., Botanischer Garten. Juni 1898. Erkläviing der Tafel IV. Fig. 1. Rhizom mit Halmen uml Wurzeln. Rechts das Ende, wo das Rhizom von der Mutterpflanze abgetrennt worden ist, links die wachsende Spitze, welche den größeren Blütentrieb geliefert hat. st = Stelle, wo der größte der blühenden Halme angesessen hat. h = Halm, welcher ebenfalls geblüht hat und oben abgeschnitten ist. Fig. 2. Junges Ahrchen (1898), das zwischen den vorjährigen Spelzen herauskommt. (Nat. Gr. = 2 cm Länge). Fig. 3. Ein Ahrchen mit vorjährigen (1897) und diesjährigen Blüten (1898) ; die vorjährigen Teile grau, die diesjährigen Aveiß. (Nat. Gr. = 2 cm Länge). Fig. 4. Deckspelze (vergr.). Fig. 5. Vorspelze (vergr.). Fig. 6. Oberes Ende der Deckspelze (vergr.). Fig. 7. Oberes Ende der Vorspelze (vergr.). Fig. 8. Eine der beiden vorderen Lodiculae. Fig. 9. Die hintere Lodicula, beide aus derselben alten Blüte in richtigem, gegenseitigem Größen Verhältnis (vergr.). Fig. 10. Ein Staubgefäß (vergr.). Fig. 11. Fruchtknoten mit Griffel und dreiteiliger Narbe, aus derselben jungen Blüte wie Fig. 10 (vergr.). Ber. d.Senckenb.naiurf.Gesellsch. i89S. Taf.W. läJLß.nstvlVenieri '.'/ö:ur, Fra.'.ifirt'^M. — 91 — Über den Geliörsiiiii. Vortrag, gehalten beim Jaliresfeste der Senckenbergisclieii naturforschenden Gesellschaft am 22. Mai 1898 von Dr. Karl Vohsen. Die Redner, denen die ehrenvolle Aufgabe wurde, vor dieser Festversammlung bei der Jahresfeier unserer Gesellschaft ein ihnen vertrautes Gebiet der Naturwissenschaft gemein- verständlich darzustellen, pflegen mit berechtigtem Stolz auf die gewaltigen ITortschritte hinzuweisen, die auf dem Boden natur- wissenschaftlichen Denkens dem rastlosen Forschereifer gelungen sind. Wir haben in den letzten Jahren von dieser Stelle die kühnen Hypothesen der Biologie in Pflanzen- und Tierreich, die Resultate der Gehirnforschung, die staunenswerte Ent- wicklung unserer Kenntnisse von der Netzhaut des Auges be- handeln hören. Wir haben Hutten's Worte : „Die Wissenschaften blühen, es ist eine Freude zu leben" in uns nachfühlen können, die wir die Renaissauce unserer Tage erleben, die Geburt einer neuen Welt aus dem Geist naturwissenschaftlichen Denkens, das immer tiefer in die Methoden aller Wissenszweige ein- dringt. — Was uns umgiebt, wir selbst, sind Teile eines großen Ganzen, das wir als Natur bezeichnen und jede Wissenschaft ist in diesem Sinne eine Naturwissenschaft. Dieses Bewußtsein drängt immer mehr in unserem geistigen Leben den Begriff der Philosophie als einer besonderen, über den anderen thronenden Wissenschaft zurück und immer allgemeiner tritt zu Tag: an Stelle einer Philosophie als solcher das philosophische Denken — 92 — auf dem Gebiet der Erfaliniugswisseiiscliaften. Wir können es dahin definieren, daß die Resultate der Einzelwissenschaft zur Bildung einer Weltanschauung verwendet werden. Philosophisch denken heißt den Blick aufs Ganze richten, und in diesem Sinne wird auch die echte Naturforschung Philosophie genannt werden müssen. Die Siunesphysiologie nun nimmt in dieser naturwissen- schaftlichen Welterkeuutnis einen ganz besonderen Platz ein. Seit Kant in seiner unsterblichen erkenntnis-theoretischen That, die Gedankenarbeit eines Berkeley und Hume vollendend, unser Erkenntnisvermögen auf die einfache Formel brachte, daß wir das Ding an sich nicht erkennen, sondern die Dinge nur so- weit verstehen, als sie vermöge der eigentümlichen, einmal ge- gebenen Erkenntniswerkzeuge von uns verarbeitet werden — mögen wir diese gegebenen Voraussetzungen nun mit ihm aprioristische Formen unserer Vernunft nennen, oder sie als gegebene Bestandteile unserer einfachsten Sinnesthätigkeiten be- trachten — seitdem erwächst für jeden Denkenden die Pflicht, die Sinnesthätigkeiten als die Erschließer der Welt zu verstehen — für den Naturforscher aber ist es geradezu eine prinzipielle Frage, sich kritische Rechenschaft abzulegen über die Sinnes- werkzeuge, deren Daten den Ausgangspunkt seiner Unter- suchungen bilden. Wenn ich Ihnen heute in der kurzen Zeit eines Vortrags vorführen möchte, was die Erforschung unseres Gehörsinnes an Thatsächlichem zweifellos festgestellt hat, so muß ich von vornherein bitten, jede höher gestimmte Erwartung zu dämpfen. Des thatsächlich Feststehenden wird sich wenig ergeben — die mehr oder weniger wahrscheinliche Hypothese muß mehr, wie erwünscht, die Lücken füllen, die in der Reihe der Thatsachen noch weit klaffen — und die wissenschaftliche Genugthuung wird für uns mehr darin liegen, die festgestellten Thatsachen zu betrachten unter Berücksichtigung der u u g e h e u r e n S c h w i e r i g - k ei ten, die gerade der Erforschung dieses Sinnes sich ent- gegentürmen. Es umgiebt uns ein Ozean bewegter Luft. Kein Körper, der in geeigneter Weise bewegt, nicht in dem umgebenden Medium Schallphänomene hervorrufen könnte. Die physikalische Untersuchung hat als Ursache der Schallw^ahrnehmungen Ver- — 93 — dichtiiügen und Verdünnungen der Luft nachgewiesen, die wir uns am einfachsten unter dem Bild einer Wasserwelle veran- schaulichen. Auf der überreichten Tafel finden Sie den Ge- samtbereich der als Töne wahrnehmbaren Schwingungen zu- nächst als Oktaven eingetragen. Von 11 bis 55,000 Schwingungen sollen unserem Ohr wahrnehmbar sein, wenn auch den Grenzen nach unten und oben wenig von musikalischem Ton anhaftet. Denn, wie Sie sehen, ist der musikalisch brauchbare Teil der Skala auf die Schwingungen von 41^4 dem Ei des Kontrabasses bis zu dem dv der Pikkoloflöte mit 4752 Schwingungen be- schränkt. Der Grund dieser Beschränkung wird Ihnen sofort klar, wenn Sie die auf einen Teil der Skala beschränkte Fähig- keit unseres Gehörs betrachten, feinere Unterschiede der Ton- höhe zu erfassen. So arm, wie es bei den halben Tönen des Klaviers scheint, jede Oktave nur 12 Töne umfassend, ist nun die Skala für unser Gehör nicht. Der deutlich unterscheid- baren Töne sind es viel mehr. Wir sehen beim Auge die Farben des Spektrums ohne scharfe Grenzen ineinander über- gehen, während unser Gehör eine ungemein viel größere Menge von Tönen als scharf, qualitativ unterschiedene Tonhöhen auf- zufassen vermag. Das musikalich geschulte Gehör unterscheidet nach den Untersuchungen Preyer's in den tiefen Oktaven Töne, die um 8 — 16 Schwingungen in der Sekunde voneinander ge- trennt sind, in den mittleren Oktaven von ai — cn wird sein Unterscheidungsvermögeu so fein, daß es eine Drittel-Schwingung in der Sekunde als eine Tondifferenz erkennen kann, höher in der Skala nimmt dies Unterscheidungsvermögen wieder ab und über dem Cv sind, auch bei musikalischen Menschen, Irrtümer von 100 — 1000 Schwingungen nicht selten. Diese physikalisch zerlegte Tonwelt ist nun in Wirklichkeit ebenso gemischt, wie es die Wellen eines brandenden Meeres für unser Auge sind. Das Auge versagt und die Phantasie er- lahmt, wenn wir versuchen in dem bewegten Meere die zahl- losen Wellensysteme zu verfolgen, auf und ab schwankend, zu Bergen getürmt, zu Thälern vertieft, von wechselnden Kräften zersplittert und zerstäubt! — Nur in großen Zügen nimmt das bewundernde Auge das mächtige Schauspiel auf, das Helmholtz als treffendes Beispiel des ästhetischen Wohlgefallens an der Musik heranzieht. Unser Ohr aber, ungleich dem Auge, findet — 94 — sich in dem umgebenden Ozean der Luftwellen zureclit, es ver- mag die uuendlich feinen und komplizierten Scliwingungsformen zu analysieren, die ihm die bewegte Luft zuträgt. Was unser Gehör in feiner Differenzierung der Laute leistet, offenbart uns am besten das wichtigste Gebiet seiner Thätig- keit, die menschliche Sprache. — Was der Mensch durch Kultur geworden, verdankt er der Sprache. Sie ist die Trägerin des Gemeiusinns, sie kündet die Gefühle, sie ermöglicht die Bildung abstrakter Begriffne, durch die der Menschengeist sich die Welt erobert. Worte sind akustische Zeichen für Be- griffe. Wir können uns vorstellen, daß eine Sprache aus Ge- berden au die Stelle der Lautsprache tritt, wie sie das soge- nannte französische System des Taubstummenunterrichts in der That ausgebildet hat. Aber eine Geberdensprache eignet sich nur mit unsäglicher Mühe und Uubeliolfeuheit das au, was die Menschheit sich in Jahrtausenden an Begriffs- und Wortschätzen erworben hat, denn ihr fehlt gerade das, was den Gehörsinn so geeignet machte, die Geburts- und Aufnahme-Stätte der Zeichen für die abstrakten Begriffe zu werden. Die Geberdensprache verhält sich zur Lautsprache, wie der optische Telegraph zum Telephon. Die Übermittluug des Lichtpunktes erfolgt wohl rasch, aber Form und zeitliche Aufeinanderfolge der Zeichen, deren sich der optische Telegraph bedient, erfordert als Voraus- setzung eine umständliche Verabredung, wenn seine Zeichen Worte oder Sätze bedeuten sollen, — und einer größereu Be- weglichkeit, wie sie durch optische Buchstaben -Zeichen er- reicht wird, entspricht wieder ein größerer Zeitverlust. Der telephonischen Mitteilung folgt das Verständnis sozusagen im Momente der Wahrnehmung. Geben wir uns Rechenschaft über die Eigentümlichkeiten, die gerade den Gehörsinn befähigen, Träger der Verständigung zwischen den Geschöpfen zu werden und die abstrakte Begriffs- bildung zu ermöglichen. Alle Dinge können tönen! — So suchte man sich früher die Entstehung der Sprache zu erklären, daß man Schall- nachahmuug als Ausgangspunkt der Bezeichnung durch Laute annahm. Wohl spielt die Schallnachahmung im Leben der Sprache eine Rolle — aber die Worte , die auf sie hinweisen , sind, nach Max Müller's treffendem Wort, Spielzeug nicht — 95 — Werkzeug der Sprache. Nicht die Dinge, die tönend be- wegt werden, erzeugen die Sprache, sondern das Geschöpf, das Laute äußert. Wohl kann der Klang von Dingen in die lautliche Bezeichnung verwoben werden — aber das geschieht erst, nachdem der Mensch auf anderem Wege bereits Sprache und abstrakten Begriff erworben hat, und das Ding benennt, das er bereits kennt. Auch auf dem Gebiete der Sprachforschung ist in den letzten Jahrzehnten au Stelle willkürlicher, mehr weniger geist- reicher Theorien die naturwissenschaftliche, empirische Methode getreten, die das geheimnisvolle, mehr wie jedes andere Problem für die Selbsterkenntnis des Menschen wichtige Eätsel des Spracli- ursprungs zu lösen versucht. Der bahnbrechende Geist des Frank- furter Gelehrten Lazarus Geiger erwies zuerst den Lihalt der Sprachwurzeln als sichtbare Objekte, während man bis zu ihm immer nur an tönende Objekte als Inhalt der primitiven sprachlichen Bezeichnung dachte. Er verlangte zuerst neben den von Grimm, Pott und Anderen ergründeten Lautumwandluugs-Gesetzen nach den Gesetzen der Begriffs- oder Bedeutungs-Umwandlung. Sein umfassendes Genie aber ließ, wie Theodor Neubürger^) treffend sagte, den Bogen des Odysseus zurück , den bis heute kein Berufener gleich ihm zu spannen vermochte. Geiger starb schon im 42. Lebensjahre. — Auf seinen Schultern ruht die Theorie des Sprachursprungs, die mir naturwissenschaftliches Denken am ehesten zu befriedigen geeignet erscheint , die Ludwig Noire 's. Geiger fand das sichtbare Objekt, an das die sprachliche Bezeichnung sich anlehnte, in dem „An- blick eines heftig bewegten, menschlichen oder tierischen Ge- sichts, den Schrei auslösend als Ausdruck der Teilnahme und inneren Erregung." (Neubürger.) Noire nimmt, dem Inhalt der Sprachwurzeln entsprechend, die stets auf diemenschliche T hat ig- keit hinweisen, die gemeinschaftliche Arbeit einer Stammes- gemeinschaft, von unwillkürlichen Lauten begleitet, wie wir sie auch beim Tiere beobachten, als Ausgangspunkt der Sprach- bildung an. Das von Geiger zuerst postulierte Gesichtsbild er- scheint ungezwungen mit dem Laute vereinigt als das Produkt der schaffenden Thätigkeit. *) Anthropologenkongreß 1882: Das Verhältnis iler Sprachforschung zur Anthropologie. — 96 — Auch Max Müller hat sich dieser Theorie angeschlossen, die alle Elemente aufweist , welche Sprach- und Begriffsbildung voraussetzen. Erstens der unwillkürliche Laut, der künftige Träger der Sprache, die Thätigkeit begleitend, zweitens das Geschaffene, die gemeinsam gegrabene und bewohnte Höhle, der gemeinsam überwundene Feind, als der Inhalt des zukünftigen Wortes, den es vermöge der rückeriunernden Kraft der Gehörswahr- nehmung im Gefühl der Gemeinschaft hervorruft, — und drittens die Verständlichkeit und Mitteilbarkeit für eine größere Zahl von Individuen, deren jedes mit diesem jederzeit erzeugbaren Laut die Fähigkeit hat, in seinem Nächsten durch dessen Ge- hörsinn die gleiche Erregung hervorzurufen, die es selbst be- wegt. — Von diesem Keime aus mag der Wunderbaum mensch- licher Sprache und Begriffsbildung vielleicht entstanden sein ! — Möge aber auch an Stelle dieser so anschaulichen Theorie, die Noire in seinem tief durchdachten Werke „Logos, Über Ursprung und Wesen der Begriffe" durchgeführt hat, eine andere An- schauung treten — so bleibt doch immer die gleiche Bedeutung des Gehörsinns für die Sprache und Begriffsbildung. Denn das Wesentliche für die abstrakte Begriffsbildung, in der die Über- legenheit des intelligenteren Geschöpfes besteht, beruht in der raschen Aufeinanderfolge der Vorstellungen, für die eben nur solche Zeichen brauchbar sind, die sich selbst rasch folgen könneu, mannigfaltigster Wandlungen fähig sind und rascheste Auf- fassung ermöglichen. Wir verdanken unserem Mitbürger Herrn Oskar Wolf in seinem ausgezeichneten, 1871 erschienenen Werk über Sprache und Ohr eine genaue Analyse der Sprachlaute in physikalischer und musikalischer Beziehung. Er zeigte darin zum erstenmale, daß Vokale sowohl wie Konsonanten, die man wesentlich als bloße Geräusche zu betrachten geneigt war, ihre bestimmte in kleinen Grenzen schwankende Tonhöhe haben. Diese erstreckt sich vom R als tiefstem Laut mit 16 Schwingungen bis zum S (civ — cv) mit 4032 Schwingungen in der Sekunde. — Neben der Aufnahme dieser in ihrer Zusammensetzimg, in Form, Zahl und Stärke unendlichen Verschiedenheiten unterworfenen Laute beweist unser Gehör eine außerordentliche Schnelligkeit der Auffassung. Während unser Auge eine Reihe von Eindrücken, deren Einzeldauer unter Vio Sekunde liegt, nicht mehr vonein- — 97 — ander sondern kann, unterscheidet unser Gehör in der Sprache mit Leichtigkeit 20 und mehr qualitativ verschiedene Laute in der Sekunde. Diese große Beweglichkeit der Gehörs Wahr- nehmungen eignet sie dazu, erstens den an sie gebundenen Be- griffen eine rasche Aufeinanderfolge zu gestatten und zweitens stellt sie eine unendliche Fülle der Bezeichnungen zu Gebote. Gesichts Wahrnehmungen, und solche sind ja auch die Ele- mente der Geberdensprache, wechseln für unser Auffassungs- vermögen viel langsamer, ein Gesichtsbild verdrängt das andere und hinterläßt einen Eindruck, der erst wieder von einer ähnlichen Wahrnehmung geweckt werden muß, welche Wahrnehmung wir aber nicht aktiv, künstlich hervor- rufen können — das Gehörbild aber ist ein reines Symbol für das, was es bezeichnet — (zwischen dem Worte „Haus" und einem Haus besteht gar kein Zusammenhang) — und bindet so die geistige Repräsentation oder Abstraktion an eine sinnliche Wahrnehmung, den Laut, der all- zeit aktiv reproduzierbar ist. Das Wort Vernunft schreibt sich vom Vernehmen her und deutet schon auf die Wichtigkeit der Gehörs Wahrnehmungen für die Bildung abstrakter Begriffe hin. — Diese Gesichtspunkte werden zu leicht außer Acht ge- lassen in der so aktuellen Frage des Taubstummenunterrichts. Wie irrtümliche Anschauungen über das Wesen der Sprache und ihre Beziehungen zum Laut herrschen, zeigt unter Anderen Arthur Hartmann, der in seinem Buch über Taubstummheit und Taubstummenbildung, das die Frage in sonst trefflicher und klarer Weise behandelt, noch annimmt, daß die Geber den die ursprüngliche Sprache des Menschengeschlechts gewesen und durch die phonetische Sprache verdrängt worden seien. „Auf je tieferer Stufe ein Volksstamm steht, je weniger die phonetische Sprache entwickelt ist, um so mehr finden sich Geberden im Gebrauch, wie wir dies von den Forschungsreisenden aus den lange Zeit von der Kultur unberührt gebliebenen Gegenden Asiens, Afrikas und Amerikas berichtet bekommen." ^) Es dürfte dem Verfasser schwer fallen diese Behauptung zu belegen. Ein so gründlicher Forscher, wie Waitz in seiner Anthropologie, weiß nichts davon, 0 ja, das Mienenspiel, die „darstellenden Zeichen", ») Hartmann 1. c. S. 109. — 98 — wie sie Waitz iieuut : Zeichen des Grußes, der Verehrung, Ver- achtung-, des Friedens, der Feindschaft, die Standesmerkmale mögen bei niederstehendeu Völkern besonders ausgeprägt sein — aber das ist keine Sprache, keine begrift'liche Mitteilung, die dieser voranging, sondern erst Ergebnis sprachlich erreichter Kultur. — Wir selbst leiden ja keinen Mangel an solchen Zeichen, nur treten sie mit der fortschreitenden Herrschaft der Vernunft und Sitte, soweit sie Äußerungen spontanen Gefühls sind, zurück. Aber darüber ist kein Zweifel, daß sie zum wesentlichen Cha- rakteristikum des Menschen erst als sekundäre Merkmale ge- hören — das primäre aber ist allüberall Laut spräche und kein Volk, das ohne diese gefunden wäre. — Sie erinnern sich noch einer jüngst stattgehabten öfient- lichen P(jlemik, in der der Altmeister des Taubstummenunterrichts, unser Landsmann Vatter mit überzeugter Begeisterung seine erfolgreiche Methode des L a u t -U n t e r r i c h t s vertrat. Li ihm ver- leihen wir dem Taubstummen nicht nur die Möglichkeit sich mit dem VoUsinuigen zu verständigen, sondern wir geben ihm in den Bewegungsempflndungen, die das Sprechen auch des nichthörenden Taubstummen begleiten, eine Art von Ersatz für die aktiv reproduzierbaren Laute und verhelfen ihm so zu einem Teil der Beweglichkeit des Denkens, die seine hörenden Brüder in so hohem Maße besitzen. — Die Geberden sind un- beholfen und arm, wenn der Taubstumme mit ihnen auf eine Nachahmung der Gegenstände ausgeht — dienen ihm die Ge- berden als Zeichen für die Schrift, so wird sein Ausdrucksver- mögen wohl reicher, aber schwerfällig und unvollkommen, und bei dem nötigen raschen Wechsel der optischen Buchstaben- zeichen, die doch ursprünglich als ein zur Dauer fixierter, räum- lich ausgedehnter Sinneseindruck gedacht sind — wird die Mit- teilung unendlich viel schwieriger zu erlernen und aufzufassen. Die Wechselwirkung zwischen Gehör und Sprache, die sich aus dem Gesagten ergiebt und die sich in der innigen Wechsel- beziehung zwischen schallwahrnehmeuden und lautbildenden Or- ganen ausdrücken muß, findet ihren deutlichen Ausdruck in geradezu frappanter Weise in dem Verhalten der Organe in der Tierreihe. Die Entwicklungsgeschichte zeigt uns die erste Anlage des Gehörorgans, wie die jedes anderen Sinnnesorgans, aus dem Ektoderm sich entwickeln. Die einfachste Form ist in einer Kehlkopf zurückgebildet. Stimmlos. Kehlkopf auf niederster Stufe (hyoidealer Teil vom thyreoidealem nicht ge- schieden). Stimme nach Brehm schwaches Knurren, Schnau- len, Stöhnen. iJeutlich vom Lnltriihren- skelett abgesetzter Eing- und Stcllknorpel. Euckgebihlet : Stimm- lippen fehlen. Zischen mit der Zunge oder erzeugen Laute mit dem Schwanz (Klapperschlangen). Sjrinx an der Theilungs- stelle der Luftröhre. Ent- wickeltes Lautbildungsver- mögen. Entwickelter Kehlkopf. Beginn einer Kehlkopf- bildung. Primitive Stimm- lippen. Es beginnt sich ein Eingknovpel zu differen- zieren. Wenige Fischarten ver- mögen Laute zu erzeugen, die durch die Schwimmblase oderBewegung den Kiemen, meist nur ausser Wasser ent- stehen (Umberftsche, Knurr- hahne), 1 g 1 n Bei Ocypoda arenaria, einer Krabbenart, geriffte Leisten am rechten Scheeren- hein, nur bei Männchen und wahrscheinlich nur zur Brunstzeit in Thätigkeit. o 1 » s 1 a Wale und Mouotremen (Kloaken u. Beuteltiere) 1' 1 1 1 1 i 2. e) Aiuuiota (mit Eihüllen geborene Wirbeltiere) 1. Reptilien ■Sonderstellung nehmen ein : Sclilaugen u. Amphi- sliäniden (Doppel- schleichen) > 3 ZI z^ [I. Crauiota (Schädel- tiere) ivj Cydostomata (Eundmäuler) Vertebraten (Wirbel- tiere) !. Aci-auia(Scliädellose) H 1 o 1 1 00 a a) Orustaceen (Krebse) und > 1 o w 3 a Echinodermen (Stachel- häuter) i i S.E. 1 Coelenteraten (Pflanzentiere) a) Spongiae (Schwämme) 1 O 1 1 1 1 1 SP 1 1 s 'S s " i 1 Is ri f Ofiene und ge- schlossene Hör- blasen mit Hör- härchen und Oto- lithen. — Hör- haare sind mirMo- dificationen ande- rer Nervenendig- ungen bergender Haare der Haut- decke (Taststäb- chen). E" Bläschen am Rand des Schirms in Verbindung mil dem Nervensys- tem; häiiftg Con- cremente (Oto- lith V) enthaltend aber nicht von Hörhaaren oder Stäbchen getra- gen, sondern der Wand anlagernd Bei einigen Fa- milien Bläschen mit von Härchen getragenen Oto- lithen. Der Zu- sammenhang mit dem Nervensys- tem nicht immer nachweisbar. Bei Synapta einer Holothu- roide, sind fünf Bläschenpaare be- schrieben, ebenso problematisch wie ihre sogen, Seh- organe. «'S 9 ""'s. c- sr O! © s i.&-f Sacculus, Utri- culuB und halb- zirkelförmige Ka- näle. III m Sacculus, Utri- culus und halb- zirkelfürmige Ka- näle. Sacculus, Utri- culus und halb- zirkelförmige Ka- näle. ■1:1 i g.f Sacculus, Utri- culus und halb- zirkelförmige Ka- näle, B §.§■ Ill Kleinste Schne- cke im Verhältnis zur Kürpergrösse Spiralige Schne- cke mit Corti- schem Organ und Pfeilerbildung in diesem. Höhere Entwick- lung der Schnecke mit spiraliger Drehung (ohne Cortische Pfeiler), 1 Schnecke und lagena mit pars basilaris, die beim Krokodil schon spiraligeDreh- ung zeigt. III. »1 II ■°fii n-S' II ?g:if Pauke knöche liger (bei Sc ganz k Pauk einfach lig-k Cülume knöche Tympan Sinnesorga ganglionar venausbrf von welche tümliche J endigunge stalt kl keulenför Stäbchen i feiner Fäd springen. 5* a II 11 bId-s gSg:? » g- S-gg^- 1 - hlemit norpe- erner QehSr- n). hlemit mella" kröten lern). öhle eher «er la. ä&|.5-i-S2.|-S = i- 1 o Ig QBJ III > §1 t 1 r I ^ 1: I e I m in ni füi eir Br be] Na bei mö bei zei< licl teil aus bez gau fraj Gel Ekt a 03 -tJ ,- — ^ ^ e^-i o 1 — 1 O « > rt y^ 1—1 o d Ü ;h ;d- a Oi •1— ( a >-s a bD OJ bf) !S f^H f:3 ;5 bD A Ö a a> OJ ^ «2 sä CO ^ Si! a © N Co -M a O) O ,.^ ;h a:) a> »■■— ' a r/) 3 ^ a a ra Co 15 rr 'Ö o o CO Ä N P CD "^ m Co Q a;) O — 99 — Einstülpung des Ektoderms gegeben, die bald offen, bald ab- geschlossen, als Gehörbläschen, neben ihrem Zusammenhang mit dem Nervensystem als charakteristisches Merkmal Hör- haare, entsprechend den Fühlhaaren der äußeren Decke und einen Hürstein oder Otolithen, oder auch eine Otokonie genannte Konkrementanhäufung enthält. Homologe Gebilde können wir durch die ganze Tierreihe bis zum Menschen verfolgen. Die überreichte Tafel zeigt Ihnen das Auftreten der so- genannten Gehörorgane in der Tierreihe im Zusammenhang mit dem Auftreten der lauterzeugenden Organe. Sie sehen auf der ersten Abbildung die kleinen konkrementlosen Bläschen in der Randzone der Qualle, die als hypothetische Gehörorgane ange- sprochen werden. Den Zusammenhang der haarartigen Bildungen in der Otocyste mit den gleichen der äußeren Decke sehen Sie noch ganz deutlich ausgesprochen bei der Meduse, die Ihnen die zweite Abbildung wiedergiebt. Die dritte Abbildung zeigt Ihnen das otolithenhaltige , mit Hörhaaren versehene Bläschen, die Otocyste, das uns nun durch die ganze Tierreihe bis zu den Wirbeltieren begleitet. Die einzige Ausnahme bilden die In- sekten, denen die Otocyste fehlt und die ein paukenhöhlen- artiges Sinnesorgan mit ganglionärer Nervenausbreitung, in keulenförmigen Stäbchen endigend, besitzen. Und gerade diese Tiere sind es auch, die ein Integumentgebilde, aus Zähnen und Leistchen bestehend, aufweisen, mit denen sie die wohlbekannten, brummenden, zirpenden, schrillen Laute erzeugen. — Bei den Krebsen, deren vielleicht Schall wahrnehmende kompliziertere Organe die Abbildungen Ihnen wiedergeben, kommt ein lauter- zeugendes Organ an den vorderen Gliedmaßen vor, das nur bei Männchen vorhanden, zur Zeit der Brunst zur Anlockung der Weibchen benutzt zu werden scheint. — Bei den Wirbeltieren ünden wir die Acranioten ohne lauterzeugende und touwahr- nehmende Organe. Bei den Cranioten aber entwickelt sich das otolithenhaltige Organ in besonderer Weise. Es gestalten sich allmählich die halbzirkelförmigen Kanäle in Verbindung mit einem doppelten Vorraum , dem Sacculus und Utriculus , von denen aus zunächst bei den Fischen als lagena leicht au- gedeutet und ohne entwickeltere , besonders differenzierte nervöse Gebilde, mehr vorgeschritten schon bei den Amphibien, der Anhang des nun Labyrinth genannten Organs entwickelt, 7* — 100 — der sicli zu immer größerer Selbständigkeit gelangt, eine spiralförmige Drehung annimmt und endlich als Schnecke in dem Labyrinth unterschieden wird. Ein weiteres Gebilde tritt bei den Amphibien zuerst auf: die Paukenhöhle. Sie bildet einen Hohlraum, dem Labyrinth vorgelagert und enthält zunächst einen knorplig knöchernen Stab, die Columella. Diese wird vorwiegend knöchern bei Reptilien , ganz knöchern bei den Vögeln. Reptilien und Vögel haben als weiteren Fortschritt ein äußeres Ohr, zunächst in einem Gehörgang und Ansatz zu einer Ohrmuschel bestehend. Die Säuger endlich haben 3 Gehör- knöchelchen, Gehörgang und entwickelte Ohrmuschel. Dieser Entwicklung entspricht nun aufs genaueste die des lauterzeugenden Organs von der Stelle an, wo eine Schnecke als selbständigeres Gebilde auftritt. Die Fische gelten als stumm. Nur von den Umberfischen, den Maigres der Franzosen, wissen wir, daß sie eine unter- seeische Musik machen, wahrscheinlich in der Schwimmblase erzeugt, welche von den Fischern benutzt wird, da man sie an der Oberfläche des Meeres vernehmen kann. Ob es richtig ist, daß, wie die Fischer behaupten, sie durch Pfeifen angelockt werden können, will ich dahingestellt sein lassen. Was sonst — besonders von Johannes Müller — von lauterzeugenden Fischen mitgeteilt wird, bezieht sich meist auf Laute, die accidentell erzeugt werden, wenn der Fisch seinem Elemente entnommen ist, Geräusche, die zufällige Bewegungen, wie das Öffnen der Kiemen begleiten und etwa den Geräuschen in den Därmen gleichzustellen sind. Bei Amphibien finden wir schon Stimmlippen als Wulste angedeutet, es differenzieren sich die Knorpel des Kehlkopf S; der sich bei den Reptilien schon als ein deutlich von der Luftröhre ab- gesetztes Gebilde zeigt. Die Vögel mit ihrem entwickelten Gesangs- vermögen zeigen den feingebauten Syrinx an der Teilungsstelle der Luftröhre und die Säuger endlich den mehr weniger vollkommenen mit kompliziertem Muskelapparat ausgestatteten Kehlkopf. Was aber den Parallelismus dieser Organe am meisten erhärtet, ist die Thatsache, daß er sich auch in den Rückbildungen ausgeprägt hat. Das zeigen Schlangen, Wale und Monotremen (Kloaken- und Beuteltiere), deren Ohr und Kehlkopf entsprechende Verkümmerungen aufweisen. — 101 — Diese Thatsachen ordnen sich vor nnserem Blick, wenn wir sie im Lichte unserer modernen Erkenntnis von der Doppel- funktion des Gehörorgans betrachten. Die Störungen des Körper -Gleichgewichts — die durch zahllose Versuche, zuerst von Flour ens und in unserer Zeit be- sonders durch die Forschungen Ewald's nachgewiesen sind — bei Verletzungen der zu den Otolithen in naher Beziehung stehenden halbzirkelförmigen Kanäle sprechen für eine statische Funktion des Labyrinthes, wenn wir auch dahingestellt sein lassen, ob wir diese als statischen Sinn bezeichnen dürfen. — Schon früh wurden die otolitheuhaltigen Gebilde von den Zoologen als Gehörorgane angesprochen, aber wesentlich per exclusiouem, man wußte nicht was sonst mit diesen Gebilden anfangen. Yves De lag es und später vorzüglich Chun und Verworn haben durch ihre Untersuchungen die Natur der Otocysten als Gleichgewichtsorgane sichergestellt. Für ihre Thätigkeit aber als Gehörorgane fehlt uns jeder zwingende Beweis. Theoretisch können wir sie als wohlgeeignet ansehen, geübt durch die Wahrnehmung gröberer Bewegungen allmählich auch die feineren Schwingungen des umgebenden Mediums dem Nervensystem zu übermitteln. Aber spärlich sind die Versuche, die dies festzustellen scheinen. Eigentlich sind es nur zwei Beobachtungen, ßanke's Beobachtungen an Pterotrachea und H e n s e u 's bei Mysis. Die zugeführten Töne bewirkten hier Be- wegungen der als Fühler, Wimpern oder Hörstäbe bezeichneten Gebilde. — Auf die spärlichen Beobachtungen können wir eine Erkenntnis nicht aufbauen. — Diese Beobachtungen aber wurden erst unternommen, nach- dem eine Hypothese unsere Wissenschaft befruchtet hatte, die zu den größten Errungenschaften der Physiologie zu rechnen ist und streng logisch aus physikalischen und physiologischen Thatsachen entwickelt wurde: Die Hypothese Helmhol tz von der Funktion des Corti'schen Organs! Wir haben doppelte Veranlassung bei der Jahresfeier der Senckenbergischen Gesellschaft dieser wissenschaftlichen That zu gedenken. In der Vorrede zur ersten Auflage seiner Lehre von den Tonempfindungen gedenkt Helmholtz in besonderer Dankbarkeit der Senckenbergischen Gesellschaft, die ihm durch Verleihung des Soemmerringpreises die Mittel gewährt habe, ein — 102 — Harmonium in reiner Stinmiuug bauen zu lassen und so einen Teil der Untersuchungen auszuführen, die seinem Werke zu Grunde liegen. Ich erlaube mir Ihnen die interessanten Schreiben vorzu- legen, die von dem großen Physiker und Physiologen bei dieser (Telegenheit an die Senckenbergische Gesellschaft gerichtet wurden.^) Helmholtz fand als Grundlage zu seinem Werke „Die Lehre von den Tonempfindungen" die Kenntnis der Obertöne, der Kombinationstöne und der Schwebungen schon vor. Aber er vervollkommnete zunächst die Methoden der Beobachtung der Obertöne durch Erfindung der sie verstärkenden Resonatoren ') Der erste Brief lautet: Herrn Dr. Ripps Sekretär der Senckenbergi sehen Gesellschaft zu Frankfurt a. M. Hochgeehrter Herr ! Bei meiner gestern erfolgten Rückkehr aus England fand ich die mir von Ihnen zugesendete Anzeige vor, daß die Senckenbergische Naturforschende Gesellschaft mir den Soemmerringischen Preis zuerkannt habe. Ich bitte Sie der Gesellschaft mittheilen zu wollen , daß ich diese ehrenvolle Aus- zeichnung mit der größten Freude und Dankbarkeit entgegennehme, und auf die Anerkennung meiner Leistungen, die mir in dieser Weise von einer so ausgezeichneten und berühmten Gesellschaft geschenkt Avird, stolz bin. Ich habe durch vielfältige Erfahrungen über Aussetzungen von wissenschaft- lichen Preisen u. s. w. mich überzeugt, daß Geldbewilligungen in der Art vertheilt, wie sie mit dem Soemmerringschen Preise verbunden sind, bei weitem am nützlichsten für die Wissenschaft sind. In meinem eigenen Falle kommt die mir ertheilte Bewilligung einem Bedürfniß entgegen. Ich Averde sie nähmlich verwenden, um ein musikalisches Instrument ausführen zu lassen, auf welchem der Versuch zu einem vollkommeren Stimmungssystem gemacht werden soll, als das bisherige war, und worüber Sie eine kurze Auseinander- setzung des Planes auf beiliegendem gedruckten Blatt finden. Es ist die Ausführung dieses Instruments für die Vollendung meiner akustischen Studien über physiologische und physikalische Theorie der Musik nöthig, deren Ver- öffentlichung ich eben vorbereite, und es wird mir diese Vollendung durch die Hülfe Ihrer Gesellschaft beträchtlich erleichtert. Mit der größten Hochachtung Ihr ergebener H. Helmholtz. Im zweiten Brief bestätigt Helmholtz den Empfang des Preises und des Diploms als korrespondierendes Mitglied. — 108 — und fand in diesen erst das Mittel, die Lehre von den Klängen, die sich ja durch die Kombination ihrer Obertöne voneinander unterscheiden, in vollendeter Weise aufzubauen. Er entdeckte zu den Kombinationstönen die Summationstöne, und so war eine breite Basis gewonnen, um die bis dahin verborgenen Ursachen der Konsonanz und Dissonanz in den bei naheliegenden Schwingungszahlen auftretenden Schwebuugen aufzudecken. — Zum Verständnis seiner Betrachtungsweise, wie auch für physio- logisch-psychologische Untersuchungen im Allgemeinen besonders wichtig und charakteristisch für die Denkart des großen Mannes scheint mir seine Darlegung der Kontroverse, die zwischen Ohm und Seebeck entstanden war. Schon vor Helmholtz hatte Ohm das Gesetz aufgestellt, daß unser Gehör nur eine pendelartige Schwingung der Luft als einfachen Ton auffassende, jede andere periodische Luftbewegung aber zerlege in eine Reihe von pendelartigen Schwingungen und die diesen entsprechende Reihe von Tönen empfinde. — Seebeck aber, der mangels geeigneter Methoden, diese ein- fachen pendelartigen Schwingungen als Obertöne in Klängen sehr oft nicht wahrnehmen konnte, behauptete, daß wir auch andere Schwingungen als peudelartige empfinden, indem der Grundton durch einen Teil der Obertöne verstärkt und nur als solcher empfunden, die Obertöne aber nur zum Teil wahrge- nommen würden. Helmholtz klärt nun diese Kontroverse wie folgtauf. Er unterscheidet zwei verschiedene Arten oder Grade des Bewußt- werdens: (Helmholtz 1. c. S. 107.) „Der niedere Grad des Bewußt- werdens ist derjenige, bei welchem der Einfluß der betreffenden Em- pfindung sich nur in der von uns gebildeten Vorstellung von äußeren Dingen und Vorgängen geltend macht und diese be- stimmen hilft. Dies kann geschehen, ohne daß wir uns dabei zur Erkenntnis zu bringen brauchen oder vermögen, welchem be- sonderen Teile unserer Empfindungen wir die Anschauung dieses oder jenes Verhältnisses in unseren Wahrnehmungen verdanken. Wir wollen mit Leibnitz den Ausdruck brauchen, daß der betreffende Empfindungseindruck perzipiert sei. — Der zweite höhere Grad des Bewußtwerdens ist der, wo wir die betreffende Empfindung unmittelbar als einen vorhandenen Teil der zur Zeit in uns erregten Summe von Empfindungen unterscheiden. — 104 — Eine solche Empfindung wollen wir als wahrgenommen (apperzipiert nach Leibnitz) bezeichnen. Beides muß sorgfältig voneinander geschieden werden. Seebeck und Ohm sind miteinander darüber einig, daß die harmonischen Obertöne der Klänge perzipiert werden, denn als perzipiert erkennt Seebeck sie an, indem er zugiebt, daß ihre Einwirkung auf das Ohr die Stärke oder Klangfarbe des betreffenden Schalls verändern. Der Streit dreht sich darum, ob sie auch in allen Fällen in ihrer gesonderten Existenz w a h r- genommen, apperzipiert werden können, ob also das Ohr auch ohne Unterstützung von Resonatoren oder anderen physi- kalischen Hilfsmitteln, welche die zu ihm gelaugende Klang- masse selbst verändern, durch bloße passende Richtung und Spannung der Aufmerksamkeit unterscheiden könne, ob und wie stark in dem gegebenen Klang die Oktave oder Duo- decime etc. vorhanden sei." Helmholtz verweist nun auf andere Sinne, wie z.B. den Geschmack, der auch den Menschen nicht fähig mache, die Be- standteile einer vorgesetzten Speise zu ermitteln, wenn er nicht selbst die Kochkunst praktisch ausgeübt habe, obschon die In- gredienzien unserer Speisen nicht gar so mannigfaltig seien und führt ähnliches auch für andere Sinne aus. Er kommt zu dem Schluß, daß die durch scharfe Aufmerk- samkeit und physikalische Hilfsmittel nachweisbaren, die Klang- farbe bestimmenden Obertöne, welche den einfachen Schwingungen eines zusammengesetzten Klanges entsprechen, empfunden (per- zipiert) werden, w^enn sie auch nicht immer zur bewußten Wahr- nehmung kommen (apperzipiert) werden. Wir stehen bei sinnesphysiologischen Untersuchungen über- haupt mehr, wie bei anderen, unter dem Bann der gewohnten Gesamtempfindung, d. h. der vielfachen Empfindungen, die zu gleicher Zeit auf uns wirksam sind und waren und die unser Apperzeptiousvermögen sich längst in Fülle angeeignet hat, ehe wir zu der Reife gelangen, die wissenschaftliche Unter- suchungen voraussetzen. Diese mannigfaltigen Erfahrungen können je nach dem gegebenen Fall unsere Erkenntnis ebenso unterstützen, wie sie erschweren. So hören wir die Klangmasse eines Orchesters, nachdem wir jedes einzelne Instrument oft gesehen und gehört oder auch — 105 — eines oder das andere gespielt haben. Infolge davon löst sich die Gesamtmasse des Klangs viel eher in imterscheidbare Einzelwahrnehmungen auf, als wenn wir etwa Orchestermusik zum ersten Male durch einen Phonographen vernehmen würden, ohne alle aus andersartigen sinnlichen Wahrnehmungen sich herschreibenden Erfahrungen. Andrerseits nehmen wir von Jugend auf als einfache Klänge den Grundton mit seinen Obertönen auf. In dieser ein- heitlichen Wahrnehmung kommen uns gar keine Obertöne zum Bewußtsein. Und doch sind diese, einmal als Ursache der Klangfarbe erkannt, durch geschärfte Sinne und geeignete In- strumente für unser Bewußtsein fixiert, der Kompaß in den un- zähligen Wandlungen periodischer und nicht periodischer Luft- schwingungen , der uns den Weg zeigt zu einem Verständnis des geheimnisvollen Vorgangs, mit dem unser Gehör sich in der umflutenden Ton- und Geräusch- Masse zurechtfindet. Die physikalische Analyse der Klänge, die physiologische Analyse der Klangempfindungen hatte zu den Obertönen, Kom- biuations-, Summationstönen und den Schwebungen als Elementen der Tonwelt geführt. Wo aber war das Organ, das diese Analyse in unserem Ohr vornahm? Der einfachste Nachweis der Mischung eines Klanges aus Grundton und Obertönen ist am Klavier zu erbringen, wo wir jeden Ton beliebig dämpfen können. Es zeigt sich hier, daß jeder angeschlagene oder auch bei gehobenem Pedal hineinge- sungene Ton eine Reihe bestimmter Saiten zum Tönen bringt. Dies erfolgt nach den Gesetzen des Mitschwingens. Wenn die kleinen regelmäßigen Anstöße der Luftteilchen in der richtigen Zeit erfolgen, beobachten wir an den Saiten dasselbe, was wir etwa an einer Schaukel beobachten, die sich immer ausgiebiger bewegt, wenn ihr im Momente des positiven oder negativen Aufschwungs der richtige Anstoß gegeben wird. Sind solche Teile im Ohr vorhanden, so wäre die Zerlegung der Klänge erklärt. Helmholtz sprach als solche das von dem Marchese Corti 1851 entdeckte Organ, das Endgebilde des Hör- nerven in der Schnecke an, in welcher eine von der Basis nach der Spitze an Breite zunehmende Membrana basilaris sich aus- spannt, die nach seinen Berechnungen der Tonskala ausreichende mitschwingende Fasern zur Verfügung stellt. — 106 — Veranschaulichen wir uns nun die Schwierigkeiten, die sicli der experimentellen Bestätigung dieser Theorie entgegenstellen. Die Hypothese bringt mit einem Male einen Zusammenhang in das geschilderte Verhalten der Tierreihe. Nun wissen wir, warum es gerade die Schnecke ist, deren Entwickelung mit der der lauterzeugenden Organe gleichen Schritt hält. Die Wechsel- wirkung, die uns theoretisch nahe lag, erhält ihre thatsächliche Bestätigung in der Organentwickelung. Der Forschereifer, neu befruchtet durch die Helmholtzsche Theorie, übertrug sie aber auch auf die niederen Tiere, die Otocysten- und Antennen- Fühler, und fand zwei Thatsachen, die der Hypothese eine Stütze zu verleihen schienen. Ranke zeigte die Bewegungen der Wimpern bei Pterotrachea, Hensen die Bewegungen der Hör- stäbchen bei Krebsen, die auf bestimmte Töne mit Bewegungen reagierten. Aber diese Versuche sind nicht eindeutig. Sie be- ziehen sich auf Tiere und, wie Weber Liel treffend bemerkt, auf die Frage: Was hört ein Tier? kann nur der Mensch ant- worten. — Daß Stäbchen von gewisser Länge entsprechend ihrer Größe und Gestalt zum Mitschwingen geeignet sind, ist ein physikalisches Gesetz. Die Folgen ihrer Bewegungen aber können ebensowohl nur Tastempfindungen sein, denn nichts verrät uns ihr Wesen. Da auch die Beziehung dieser Otocysten- und sogenannten Hörhaare zu einem Zentralorgan mit bestimm- barer Hörsphäre nicht nachzuweisen ist, geht der Wert dieser Thatsachen nicht darüber hinaus, als daß das Mitschwingen von Körperteilen bei Tieren nachgewiesen erscheint, und Hensen selbst will auch weitergehende Schlüsse daraus nicht gezogen haben. Die Untersuchungen bei Wirbeltieren, wo wir es mit einem Homologon der Schnecke oder entwickelten Schnecken zu thun haben, ergaben auch wenig befriedigende Resultate. Bei Fischen ist durch keine sichere Beobachtung Gehörvermögen nachge- wiesen. Und in den andeien Klassen ist gerade die Schnecke das einem operativen Eingriff am schwersten zugängige Organ. Während die halbzirkelförmigeu Kanäle einzeln zerstört, unter- bunden, ja plombiert werden konnten, wie uns dies die technisch so glänzenden Arbeiten Ewalds zeigten, und man so die Aus- fallserscheinungen zu studieren vermochte — können wir der Schnecke nicht ohne Eingriffe an sacculus, utriculus und meist — 107 — auch deu halbzirkelförmigeu Kanäleu beikomnien. Daß wir mit imsereu gegeuüber den fraglichen Gebilden plumpen Instru- menten, einmal vermöchten, gar Teile des Cortischen Orgaus zu zerstören, erscheint mir sehr fraglich. — Eingeschlossen in eine feste KuochenhüUe wird schon jede Zerstörung dieser das zarte Gebilde verletzen und von den Fenstern des Labyrinths aus zerstört, werden die Verletzungen nicht zu begrenzen sein. Wir müssen demnach hier das Werk der Zerstörung so feiner Gebilde anderen Agentien überlassen, die in Form krank- hafter Vorgänge Zustände schaffen, die wir mit unseren groben Fingern nicht zu erzielen vermögen. Wie in der Physiologie des Zentralnervensystems, speziell der Sprachbildungsvorgänge, die Beobachtung des kranken Menschen die wichtigsten Resultate gezeitigt hat, indem sie durch die Ausfallserscheinungen den Mechanismus unseres Denkens und Sprechens erkennen lehrte — so muß auch dieser Weg vor Allem beschritten werden, um zu einem Thatsachenmaterial zu gelangen, das die Helmholtzsche Theorie zu erhärten geeignet erscheint. Die Erfüllung dieser Beorderung setzt Zweierlei voraus: Eine einwandsfreie Prüfungsmethode für das Gehör des Menschen und eine genaue makroskopische und mikroskopische Unter- suchung des Gehörorgans am Lebenden und an. der Leiche. Die Fortschritte auf diesem Gebiete sind seit dem Erscheinen des Helmholtzschen Werkes großartige gewesen. Wohl werden wir nie die Endigungsstelle des Hörnerven in gleicher Weise experimentellen und histologischen Untersuchungen unterwerfen können, wie wir vor einigen Jahren durch Herrn Edinger uns von der Netzhaut des Auges berichten ließen; denn die Endigungs- stelle des Hörnerven ist nur nach umständlichen Vorbereitungen, Härtungs- und Färbungsmethoden untersuchbar, die den Nach- weis so feiner, nur am frischen Organ untersuchbarer Verhält- nisse unmöglich machen, wie die chemischen Reaktionen und elektrischen Spann ungsverhältnisse der Netzhaut. Doch aber reichen unsere heutigen Methoden schon aus, feinere Verände- rungen am Cortischen Organ nachzuweisen. In Bezug auf die Vorgänge im lebenden Nervenendorgan werden wir wahr- scheinlich für immer auf Analogien angewiesen bleiben, da die Grundlagen der Thätigkeit von Siunesnerven auf einheitliche Vorgänge zurückgeführt werden dürften. — 108 — Sell all lei ten de Teile des Olires, äußeres Ohr, Trommel- fell und Geliörkuüclielclien wollen "wir heute nicht in den Kreis unserer Betrachtungen ziehen. Es genüge, daß auch in Bezug auf diese Teile des Apparates die Helmholtzschen Untersuchungen bahnbrechend waren, wenn auch fleißige Arbeit hervorragender Männer wie Bezold, Hensen, Kessel, Lucae, Mach und Politzer die Helmholtzschen Daten vielfach ergänzt und ge- ändert haben. Das allgemeine Resultat ist, daß die genannten Apparatteile die Aufgabe erfüllen, die Schallwellen der Luft auf die kleine Steigbügelplatte zu übertragen, die sie auf die Flüssigkeit des Labj^rinths und der Schnecke fortpflanzt. In den Muskeln der Trommelhöhle ist ein Akkomodationsapparat gegeben, der durch feine Einstellung der Gehörknöchelchen die Übertragung der Schwingungen reguliert. Die funktionelle Prüfung, die uns nun zum Schlüsse be- schäftigen muß, wird in erster Linie berufen sein, die Daten zu liefern, ohne welche die pathologische Anatomie unsere Kennt- nisse nicht weiter fördern kann. Seit Bestehen einer wissen- schaftlichen Ohrenheilkunde ist au dieser Prüfung natui'gemäß von Ohrenärzten auf das eifrigste gearbeitet worden. Die Beurteilung der funktionellen Leistungen eines kranken Ohres ist durch mehrere Umstände sehr erschwert. Die Schall- wellen der Luft bewegen nicht nur das Trommelfell, sondern übertragen sich auch auf die Knochen des Schädels, die ihnen eine breite Fläche bieten. Die Hohlräume der Schädelknochen müssen auf mannigfaltige Weise den Schall beeinflussen, wenn auch noch genauere Untersuchungen darüber fehlen. Hat man doch diagnostisch die Resonanz der Warzeufortsatz-, Stirn- und Kieferhöhlen zur Beurteilung ihres Füllungszustandes heran- ziehen können. Sie beeinflussen die Schallleitung durch ihre Resonanz, wie durch die Vergrößerung der Fläche der Schädel- knochen. Die Resonanz der eigenen Stimme, die sich bis zur Schmerzhaftigkeit steigern kann, beruht darauf, wie auch auf der Knochenleitung die Unmöglichkeit beruht durch Verschluß der Ohröffnungen Schallwahrnehmungen auszuschließen. — Hier- aus erwächst für die objektive Gehörsprüfung die unüberwind- liche Schwierigkeit, bei einseitiger Schwerhörigkeit das gesunde oder bessere Ohr auszuschließen. Bei den tieferen Oktaven gelingt das noch, von der 2 gestrichenen Oktave aber hören — 109 — wir bei noch so fest verschlossenem Ohr die Töne. Sie wissen aus Erfahrung, wie hohe Töne dicke Mauern durchdringen, wie in Gefängnissen, wo jede Möglichkeit der Mitteilung unter Ge- fangenen ausgeschlossen werden soll, die akustische Übermitt- lung alle Hindernisse überwindet. — Oft überrascht uns ein einseitig schwerhöriger Mensch, wenn wir sein gesundes Ohr fest verschlossen wissen, daß er bei nunmehr erfolgendem Ver- schluß beider Ohren ebensogut hört, wie bei offenem kranken Ohr, ein Beweis, daß die Hörwahrnehmung fein genug war, den Verschluß zu umgehen. Eine weitere Schwierigkeit liegt in der Unfähigkeit mancher Menschen, Ton und eine schwirrende taktile Empfindung zu unterscheiden, wie sie durch tiefe Töne mit weiter Amplitude am Trommelfell und durch Erschütterung des Schädels beim Aufsetzen von Stimmgabeln im Kopf hervorgerufen wird. Be- sonders störend wirkt diese Empfindung bei Feststellung des Hörvermögens von Taubstummen, von dessen Wichtigkeit wir uns gleich noch zu unterhalten haben werden. Aus praktischen Gründen bildet das wichtigste Mittel für die Hörprüfung die Sprache. In dem Mangel ihres Verständ- nisses liegt das schwerste Leiden für den Kranken, das ihn zum Arzt führt — aber die Prüfung mit Sprachlauten hat auch hohes theoretisches Interesse. Wir wissen aus Oskar Wolfs schon angeführtem Werk, daß Vokale wie Konsonanten ihre bestimmte Tonhöhe haben. Sie sehen die Sprachlaute auf der Tafel eingereiht in die Tonskala und es liegt nach späteren Untersuchungen Dennerts und Barths, denen es allerdings auch nicht an Widerspruch, besonders Hensens, gefehlt hat, kein Grund vor, die Geräusche aus den Touwahrnehmungen auszu- schließen und für sie — wie Helmholtz — ein besonderes Nervenendgebilde in den otolithenhaltigen Endigungen des Hör- nerven im Vorhof anzunehmen. — So hat man schon lauge die Sprache als Hörprüfungsmittel benutzt und wir müssen sagen, daß wir ein feineres uns kaum auszusinnen vermöchten. Wir können bis zum S-Laut eine Reihe von Prüfungslauten und Worten zusammenstellen, die mit dem R von 16 Schwingungen schon beginnt und der geübte Diagnostiker kann aus der Hör- schärfe für gewisse Worte auf die Natur des Leidens Rückschlüsse ziehen. Wir sehen, daß auch die musikalische Skala so gut wie — 110 — ganz in diesem Tonbezirk vorhanden ist, wie wir denn die ganze Instrumentalmusik als erwachsen aus dem Gesang betrachten dürfen. Sie löste gleichsam die Stimme ab, um das Gehör zu jenem Grad von musikalischer Auffassungsfähigkeit zu erziehen, der die Quelle unserer reinsten Genüsse ist — und auf dem Gipfel der Vollendung reicher dem Gesang zurückzugeben, was sie ihm entliehen hatte. — Aber doch kann die Sprache als Prüfungsmittel bei aller praktischen und theoretischen Bedeutung nicht ausreichen, uns die Funktionen des Ohres zu analysieren. Diese Aufgabe galt es zu lösen nnd die letzten Jahre haben uns durch die unermüdlichen Arbeiten eines hervorragen- den Gelehrten und Arztes, Friedrich Bez olds in München, diesem Ziele wesentlich näher gebracht. — Sprachlaute und Klänge musikalischer Instrumente enthalten zalilreiche Obertöne und sind deshalb zur Prüfung in dem von uns verlangten Sinne nicht ausreichend, da wir dem Ohr ja einfache, peudelartige Schwingungen zuführen wollen, wie sie die Helmholtzsche Hypo- these von den Fasern der Basilarmembran allein aufgenommen werden läßt. Ausfallserscheinungen können, die Richtigkeit der Theorie vorausgesetzt, nur durch solche nachgewiesen werden. — Instrumente, die solche obertönefreien Klänge erzeugen können, sind Stimmgabeln und gedackte Pfeifen. Während wir bei den letzteren Obertöne nicht ganz aus- schließen können, gelingt uns dies bei Stimmgabeln durch Be- lastung ihrer Gabelenden mit Gewichten. Es gelang Bez old und Edelmann solche Stimmgabeln bis a 2 herzustellen, von diesem Ton ab folgen gedackte Pfeifen bis zu f 5, das schon oberhalb der musikalisch brauchbaren Töne liegt und von diesem ab das sogenannte Galtonpfeifchen, das wir bis zur Erzeugung eines Tones von zirka 55000 Schwingungen verstellen können. — Interessant ist die von Bezold mitgeteilte Thatsache, daß es dem Physiker Hagenbach -Bise hoff gelungen sei, noch über diesen höchst wahrnehmbaren Ton hinaus, an einer sensitiven Flamme Wirkungen des Galtonpfeifchens nachzuweisen. Das wäre ein Analogon zu den wirksamen Strahlen des Lichtes jenseits des Violetts, die wir durch thermoelektrische Experimente nachweisen können. Mit den Instrumenten dieser lückenlosen, die ganze wahr- nehmbare Skala umfassenden Tonreihe können wir nun dem Ohr — Ill — jene einfachen pendelartigen Scliwingungen zuführen , deren Wahrnehmung ausbleiben wird, wenn die entsprechenden Teile der Basilarmembran außer Thätigkeit sind oder die Nerveu- leitung zu denselben unterbrochen ist. Da, wie wir sahen, die Leitung durch den Kopfknochen und dadurch ein Hiuüberhören nach dem künstlich verschlossenen Ohr nicht auszuschließen ist, eignen sich zu Untersuchungen dieser Art nur solche Kranke, deren Hörvermögen beiderseits hochgradig herabgesetzt ist, also fast taube oder taubstumme Menschen. An solchen nun hat Bezold zahlreiche Untersuchungen vorgenommen, deren Ergebnisse Ihnen die vorgelegten Tafeln wiedergeben. Er hat die Kranken in Gruppen geteilt je nach- dem ihr Hörbereich inselförmig einzelne Tonwahrnehmungen er- halten zeigte, größere Lücken in der Tonskala aufwies, Defekte entweder am oberen oder unteren Ende oder Einschränkungen am oberen und unteren Ende darbot. Aus dem auffallenden, vielhundertfach erhärteten Befund, daß der Verlust von Trommelfell und Gehörknöchelchen ohne wesentliche Störung in der Sprachwahrnehmung ertragen werden kann, daß aber diesen Kranken die Töne vom großen A mit 110 Schwingungen abwärts verloren gehen, zieht Bezold den Schluß, daß es sich in der Schallleitungskette um einen Hülfs- apparat handele, der bei den Wirbeltieren durch sein Dazutreten eine Ausbreitung der wahrnehmbaren Tonskala um eine Reihe von Oktaven abwärts bewirke. Der sichere Nachweis — und gesichert wird er durch die vielfachen Wiederholungen der Versuche mit gleichem Ergebnis und von verschiedenen Untersuchern — dieser umschriebenen Ton- defekte bedeutet für die Helmholtz'sche Theorie die bedeutsamste Stütze. Denn nur dann können solche Erscheinungen vorkommen, wenn in der That ein Endapparat mit abgestimmten Elementen vorhanden ist, durch deren teilweisen Verlust sich der um- schriebene Tondefekt erklärt. — • Aber auch der direkte Befund des der Leiche entnommenen Gehörorgans hat in einer Reihe von Fällen umschriebene Zerstörungen am Corti'scheu Organ nachgewiesen, die der Helmholtz'schen Theorie entsprachen. In erster Linie sind hier die Hab er man n'schen Untersuchungen bei Kesselschmieden zu nennen, einer Klasse von Arbeitern, die durch ihre Beschäftigung alle mit der Zeit an Schwerhörigkeit — 112 — leiden. Es fand sich, entsprechend dem Verlust an der oberen Hörgrenze, eine Erkrankung der ersten Windung der Schnecke, welche die kürzesten Fasern des Corti'schen Organs enthält, die entsprechend den kürzeren Saiten des Klaviers oder der Harfe auf die höchsten Töne abgestimmt sein müßten. — Ein besonderes Verhalten einer Reihe von Taubstummen muß noch erwähnt werden. Trotz eines lückenlosen, wenn auch herabgesetzten Gehörs für die einfachen Töne der kontinuier- lichen Tonreihe, welche den Sprachlauten entspricht, zeigten sie sich für die Sprache taub. Der Zustand scheint in einer ge- störten Funktion des Zentralorgans begründet und gehörte bis jetzt zu den schwierigsten Aufgaben der ärztlichen Diagnostik. Es ist eine Wort- oder Sprach taub hei t, entsprechend der Seelenblindheit bei erhaltenem Sehvermögen. Es ist wahrschein- lich, daß dieser Zustand bei Kindern entsteht, die frühzeitig durch ein Leiden des Schallleitungsapparates schwerhörig wurden. Das Leiden blieb ungehoben und es bleiben die zentralen Bahnen ungeübt, die zur Ausbildung des Zentrums für die Sprachlaut- wahrnehmungen führen. Nach dieser Seite eröffnen die scheinbar nur theoretisch wichtigen Untersuchungen auch einen Ausblick auf praktische Nutzbarmachung, die den unglücklichen, von der menschlichen Gemeinschaft ausgeschlossenen und so oft verbitterten Taub- stummen zu Gute kommen wird. Dies Gebiet der Beziehungen zwischen Hirnrinde und peripherem Gehörorgan ist ein noch wenig geklärtes, und ich muß es mir versagen, darauf einzugehen. Wir wissen eine scharfe Grenze zwischen Leistung der beiden räumlich getrennten Teile noch ebensowenig zu ziehen, wie wir es bei dem sonst so viel genauer ergründeten Gesichtssinn vermögen. Hier bleibt zukünftiger Forschung noch das Meiste vorbehalten. Wie auf dem heute betrachteten Gebiet, so, dürfen wir hoffen, wird auch auf diesem, rastlose Arbeit langsam eine klare Einsicht anbahnen. 113 Die Porträtsammlung der Dr. Senckeiibergisclien Stiftung. Von Dr. Ernst Roediger. ^) Die Ausschmückung der Hörsäle der Senckenbergischeu Stiftung durch Porträts hiesiger Ärzte im vergangenen Herbste hat in weiten Kreisen lebhaftes Interesse erregt und von vielen Seiten den Wunsch wachgerufen, Nachrichten über die Ent- stehung dieser sowohl für die Kunstgeschichte wie für die der ärztlichen Geschichte unserer Stadt so wertvollen und bedeut- samen Sammlung zu erhalten. Daß die Erfüllung dieses Wunsches erst jetzt möglich geworden ist, lag in den Schwierigkeiten die erforderlichen genauen biographischen Nachrichten zu erhalten und in historischer Beziehung in dem Fehlen jeglicher Angaben über die Entstehung des größten Teils dieser Sammlung. Als im vergangenen Jahre dieses Gebäude einem Umbaue und einer umfassenderen inneren Reparatur unterworfen wurde, mußten die Bilder, welche seit der Erbauung des Hauses im Jahre 1867 die Räume der Bibliothek schmückten, von den Wänden abgenommen werden. Manche von ihnen zeigten stärkere Beschädigungen, fast alle waren reparaturbedürftig. Die Administration der Senckenbergischeu Stiftung beschloß bei dieser Gelegenheit, wohlbewußt des historisclien und zum Teil auch hohen künstlerischen Wertes der Bildersammlung, nicht nur die in der Bibliothek befindlichen, sondern die sämt- lichen vorhandenen Bilder einer genauen Prüfung zu unterziehen. ') Vortrag, gehalten den 2,3. April 1898, zu welchem von selten der Dr. Senckenbergischen Stiftungsadministration die Porträtsammlung im großen Hörsaale des Bibliotheksgebäudes aufgestellt war. 8 — 114 — Das Sitzungszimmer, verschiedene Räume des Hospitals waren mit Porträts g-esclimückt, ja es war sogar bekannt, daß noch eine weitere Anzahl auf den Böden des Hospitals aufbewahrt sei. Nachdem die vorhandenen Schätze zusammengebracht waren, zeigte es sich, daß, abgesehen von einigen nebensäch- licheren, oder wenigstens nicht zu unserer Betrachtung gehörigen, im ganzen 82 Porträts in Öl und Pastell und 3 Bildnisse in Wachs, unter diesen ein Doppelporträt, vorhanden waren. Zum Teil waren die Bilder in einem Zustande sehr schlechter Erhaltung und einer sofortigen Restaurierung dringend bedürftig. Die Administration beschloß, ungesäumt eine Wiederherstellung aller dieser Bilder vornehmen zu lassen und beauftragte den bekannten Künstler Herrn Ludwig Windschmitt hierselbst mit der Ausführung. Aus seiner Hand sind die Bikler verjüngt wieder auferstanden und Schäden, die unheilbar erschienen, so getilgt, daß sie kaum noch erkennbar sind. Die Administration ist Herrn Wiudschmitt für seine Leistungen zu besonderem Danke verpflichtet. Schon vor Inaugrifinahme der Wiederherstellung wurden die Bilder auf Bezeichnungen und Signaturen untersucht und ebenso sorgfältig auf diese bei den Arbeiten selbst geachtet. Trotzdem waren nach Abschluß derselben 12 Bilder vorhanden, über welche nicht die geringste Auskunft auf diesen zu finden war, w^en sie darstellten. Bei zweien der übrigen konnte die handschriftliche Bezeichnung als unrichtig nachgewiesen werden. Wie war nun hier Aufklärung zu bringen? Stricker hatte im Jahre 1858 im 8. Heft des Archivs für Frankfurts Geschichte und Kunst in einem Aufsatze über die Geschichte der vereinigten Dr. Seuckenbergischen Bibliothek im Anhang ein Verzeichnis der damals auf derselben befindlichen Porträts in Öl gegeben. Es waren im ganzen 26 Stück. Diese sind bis auf zwei, die beiden Ärzte Burggrave, Vater und Sohn, von welchen es zweifelhaft ist, ob sie überhaupt in unserem Besitze waren, vorhanden und zwar mit deutlichen Bezeichnungen. Über die anderen giebt er aber keine Nachricht. Ebensowenig war aus den kunstgeschichtlicheu und medizinischen Nachrichten aus älterer und neuer Zeit etwas Wesentliches zu finden. Hüsgen und G winner führen zwar eine kleine Zahl der bemerkenswertesten Bilder an, geben aber über das Zustande- — 115 — kommen der Sammlung und über weitere Einzelheiten keine Auskunft. Greschichtlicli bekannt war, dai5 beim Tode Senckenbergs außer den vorhandenen Familienporträts 25 Porträts hiesiger Ärzte die Wände des Versammlungssaales schmückten; wen die- selben aber darstellen, wird nicht gesagt und auch die zunächst angestellten Untersuchungen in der Nachlaßaufnahme Sencken- bergs führten zu keinem Ziele. Dagegen brachten die Durchsicht der Jahresberichte der Senckenbergischen Stiftung und der Sitzungsprotokolle wenigstens einige Ergebnisse über die spätere Zeit. Nach dem Tode Sencken- bergs waren durch Schenkung und Ankauf 18 Porträts in den Besitz der Stiftung gelangt, ferner aus der Klotz'schen Erb- schaft im Jahre 1795: vier. Somit lagen Nachrichten über 46 Bilder vor, wenn wir von den uns bekannten Senckenbergischen Familienbildern absehen. Eine genaue Durchsicht des Archivs der Stiftung brachte uns dem Kernpunkt der Frage über die Entstehung der Samm- lung etwas näher. Es fand sich eine handschriftliche Aufzeich- nung von der Hand Senckenbergs, in welcher er im Jahre 1745 beginnend den Bestand seiner Ölgemälde und Kupferstiche in diesem Jahre und weiterhin chronologisch den Zuwachs bis zum Jahre 1765 aufgezeichnet hatte. Wir bekommen in dieser Auf- zeichnung Nachrichten über 17 Porträts, von welchen wir aber leider 7 nicht mehr besitzen. Es sind dies: das Bild seines Söhnchens Gerhard, welches Bild im Jahre 1799 gestohlen wurde, ein Miniaturbild seines Bruders Reichshofrat v. Senckenberg, ferner ein Bild, dar- stellend die Herren Johann V. Meiern und Hermann Reck- mann, älteren und jüngeren Bürgermeister von Frankfurt im Jahre 1605, welches jetzt im Besitze des historischen Museums ist, das Porträt einer Frau Reckmann, zwei Bilder von Lucas Cr a nach, darstellend Martin Luther und den Theologen Justus loan, und das Porträt des Kardinals Anastasi us, ein Originalbild Alb recht Dürers. Letztere drei besonders wurden von den zahlreichen Besuchern der Stiftung bei Leb- zeiten Senckenbergs als hervorragend schöne Werke bewundert. Vielleicht haben sie mit anderen Schätzen unserer Stadt um die Wende des Jahrhunderts ihren Weg nach Frankreich gefunden. ^ -^C'^ — 116 — Es fehlen leider ferner zwei Wachsporträts, das des Arztes nnd Philosophen Franciscus Mercurius v. Helraont und des Theophrastus Paracelsus. Die Aufstellungen der Bilder in den Senckenbergischen Verzeichnissen sind mit Bemerkungen versehen und bei einem fand sich eine Notiz: „vide Haushaltbuch de hoc mense". Nach mühsamem Suchen in dem Archiv der Stiftung und unter alten Verwaltungs- und Geschäftsbüchern auf den Böden des Hospitals fanden sich endlich die Haushaltungsbücher Senckenbergs. Diese sind mit bemerkenswerter Genauigkeit geführt. Jede noch so kleine Ausgabe ist gewissenhaft, oft mit Aogabe des Grundes, notiert. Es fand sich die angezogene Notiz: eine Ausgabe für Restaurierung eines Bildes durch den Maler Juncker. Ebenso später der Preis für das von Tisch- bein gemalte Porträt Senckenbergs aus dem Jahre 1771, und zufällig in der Nähe dieses Eintrags die Notiz: „Dem Diener des Herrn so und so, der mir das Porträt des Dr. so und so brachte, ein Trinkgeld von 12 Kr." Eine genaue Durchsicht der Haushaltungsbücher förderte nun eine Reihe höchst interessanter Aufzeichnungen zu Tage, welche verglichen mit entsprechenden Stellen in seinen umfang- reichen Tagebüchern für die größere Zahl der Porträts nicht nur über die Herkunft derselben, sondern auch noch über manche Einzelheiten Aufschlüsse geben. Nun konnte man an die Be- stimmung der unbekannten Bilder denken, die aber wieder durch den Umstand erschwert war, daß wir jetzt eigentlich mehr Bilder haben sollten, als thatsächlich vorhanden sind, während wir anderseits immer noch einige wenige Bilder be- sitzen, über deren Herkunft gar nichts bekannt ist. Unter Benutzung aller einzelnen Daten und Angaben über die dargestellten Persönlichkeiten und unter der kritischen und kunstverständigen Mithülfe der Herren Konservator Otto Cor- nill, Ferdinand Günther, Professor Weizsäcker, sowie der Beihülfe des Herrn Stadtarchivars Dr. Jung bei den histo- rischen Arbeiten, für welche die Administration diesen Herren zu lebhaftem Danke verpflichtet ist, kamen die Untersuchungen jetzt zu einem gewissen Abschluß. Vielleicht helfen glückliche Umstände unseren weiteren Bemühungen, die noch fehlenden 7 Bilder zu bestimmen. — 117 — Bei dem engen Znsammenhange der Familie nnd speziell des Lebens nnseres Dr. Johann Christian Senckenberg, des Schöpfers der Senckeubergischen Stiftnng, mit der vor- liegenden Sammlung betrachten wir diese wohl am besten an der Hand der Lebeusgeschichte der Familie Senckenberg, welche Goethe in Wahrheit und Dichtung mit so treffender Zeichnung der Personen erwähnt, daß ich mir nicht versagen kann, sie Ihnen mitzuteilen. Er schreibt: „Einer bedeutenden Familie muß ich gedenken, von der ich seit meiner frühesten Jugend viel Sonderbares ver- nahm und von einigen ihrer Glieder selbst manches Wunderbare erlebte ; es war die Senckenbergische. Der Vater, von dem ich wenig zu sagen weiß, war ein wohlhabender Mann. Er hatte drei Söhne, die sich in ihrer Jugend schon durchgängig als Sonderlinge auszeichneten. Dergleichen wird in einer be- schränkten Stadt, wo sich niemand weder im Guten noch im Bösen hervorthun soll, nicht zum besten aufgenommen. Spott- namen und seltsame; sich lang im Gedächtnis erhaltende Märchen sind meistens die Frucht einer solchen Sonderbarkeit. Der Vater wohnte an der Ecke der Hasengasse, die von dem Zeichen des Hauses, das einen, wenn nicht gar drei Hasen vorstellt, den Namen führte. Man nannte daher diese drei Brüder nur die drei Hasen^ welchen Spitznamen sie lauge Zeit nicht los wurden. Allein wie große Vorzüge sich oft in der Jugend durch etwas Wunderliches und Unschickliches ankündigen, so geschah es auch hier. Der älteste war der nachher so rühmlich bekannte Eeichshofrat von Senckenberg. Der zweite ward in den Magistrat aufgenommen und zeigte vorzügliche Talente, die er aber auf eine rabulistische, ja verruchte Weise, wo nicht zum Schaden seiner Vaterstadt, doch wenigstens seiner Kollegen in der Folge mißbrauchte. Der dritte Bruder, ein Arzt und ein Mann von großer Rechtschaffenheit, der aber wenig und nur in vornehmen Häusern praktizierte, behielt bis in sein höchstes Alter immer ein etwas wunderliches Äußere. Er Avar immer sehr nett ge- kleidet, und man sah ihn nie anders auf der Straße als in Schuhen und Strümpfen und einer wohlgepuderten Locken- perücke, den Hut unterm Arm. Er ging schnell, doch mit einem seltsamen Schwanken vor sich hin, so daß er bald auf dieser bald auf jener Seite der Straße sich befand und im Gehen — 118 — ein Zickzack bildete. Spottvügel sagten : er suche dnrcli diesen abweichenden Schritt den abgeschiedenen Seelen aus dem Wege zu gehen, die ihn in gerader Linie wohl verfolgen möchten, und ahme diejenigen nach, die sich vor einem Krokodil fürchten. Doch aller dieser Scherz und manche lustige Nachrede ver- wandelte sich zuletzt in Ehrfurcht gegen ihn, als er seine an- sehnliche Wohnung mit Hof, Garten und allem Zubehör auf der Eschenheimer Gasse zu einer medizinischen Stiftung widmete, wo neben der Anlage eines bloß für Frankfurter Bürger be- stimmten Hospitals ein chemisches Laboratorium, eine ansehn- liche Bibliothek und eine Wohnung für den Direktor eingerichtet ward, auf eine Weise, deren keine Akademie sich hätte schämen dürfen." So weit Goethe. Die Familie Seuckenberg gehörte zu den vielen Familien, welche hier ursprünglich nicht einheimisch waren. Sie stammte aus Schlesien, von wo ein Apotheker dieses Namens nach unserer Nachbarstadt Friedberg auswanderte. Hier gelaugte er zu großem Ansehen und starb als älterer Bürgermeister. Der ältere der beiden Söhne pflanzte das Geschlecht in Friedberg fort, wo aber schon der Stamm 1750 erlosch. Der zweite Sohn, Johann Hartmann, welcher den ärztlichen Beruf erwählt hatte, ward in seiner Vaterstadt Physikus, Mitglied des Rats und 1685 Bürgermeister. 1681 hatte er eine Frankfurterin, die Tochter des Juristen von den Birghden, geheiratet, 1688 siedelte er nach Frankfurt über. 1695 ward er Physikus und 1700 Physicus Primarius, der Vorsitzende des Physikats. Nach dem Tode seiner ersten Frau, deren drei Kinder schon vor ihr gestorben waren, verheiratete er sich zum zweiten Male mit der Tochter des hiesigen Ratschreibers Raumburger. Aus dieser Ehe entsprossen vier Söhne, von welchen einer, der Apotheker ward, mit 30 Jahren starb. Die drei anderen werden wir später zu besprechen haben. Johann Hartmann Seuckenberg, den uns das erste Bild, 1690 von dem hiesigen Künstler Johann Valentin Grambs gemalt, zeigt, war als Arzt tüchtig und beliebt, von seinen Mitbürgern geachtet. Nach einem schweren Verluste seines Hauses durch ein Brandunglück, noch immer im Besitze eines Vermögens, das ihn wenigstens vor Nahrungssorgen schützte, — 119 — hätte er ein glückliches Leben führen können, wenn nicht seine zweite Gattin dasselbe getrübt hätte. Das zweite Bild giebt uns von dieser nicht gerade einen inv.-No. 2. ungünstigen Eindruck. Allein den Schilderungen nach zu ur- teilen, welche von ihr erhalten sind, muß sie das Abbild von Shakespeares bezähmter Widerspenstigen gewesen sein. Leider aber hat offenbar Johann Hartmann Senckenberg nicht des Dichters Urbild gekannt und aus dessen Darstellung das richtige Heilmittel, nämlich das von Anfang an in steigender Dosis zu gebende homöopathische, nicht erfahren können. Er starb 1 730. Seine Gattin überlebte ihn um 10 Jahre; Von den Söhnen hatte der älteste das Glück, in seinem dritten Lebensjahre aus diesen traurigen häuslichen Verhältnissen herausgenommen zu werden. Auf Bitten einer Schwester seiner Mutter, welche kurz vorher ihren Gatten verloren hatte, kam er nach Gießen und wurde dort erzogen. Es ist dies der spätere Reichshofrat v. Senckenberg. Die beiden andern, der spätere Arzt und der Senator, wuchsen bei den ewig hadernden Eltern auf und entbehrten jeder Erziehung. Johann Christian, der Arzt, war und blieb der Mutter ebenso verhaßt, wie er der Liebling des Vaters war. Allein dieses traurige Verhältnis entwickelte und stählte die sittliche Kraft dieses von der Natur bedeutend angelegten Mannes und er gewann es über sich, nach dem Tode seines Vaters noch volle 10 Jahre mit der Mutter zusammen zu leben. Der jüngere, Johann Erasmus, dagegen war der Liebling der Mutter und ward ein Muttersöhnchen, dem alles gewährt wurde, was er begehrte, und dem jede Unart verziehen wurde. Die Folgen der Erziehung zeigten sich in seinem späteren Leben, das ich als bekannt voraussetzen darf. Er starb 1795, nachdem er 26 Jahre lang als Staatsgefangener in Haft ge- wesen war. Der älteste der drei Brüder, Heinrich Christian, 1704 geboren, wurde, wie soeben bemerkt, in Gießen erzogen. Mit 15 Jahren begann er hier das Studium der Jurisprudenz, bezog später die Universitäten Halle und Leipzig. Nach abgelegtem Examen in Gießen ließ er sich in Frankfurt als x4dvokat nieder. 1730 erhielt er von dem Wild- und Rheingrafen von Dhaun die Stelle — 120 — eines ersten Rats. 1735 folgte er einem Rufe als Professor nach Göttingen. 1738 ging er in gleicher Eigenschaft nach Gießen. 1743 wurde er Geheimer Justizrat und Nassau-Ora- nischer Gesandter bei dem rheinischen Kreis und siedelte 1744 nach Frankfurt iiber. Bei Gelegenheit der Krönung Kaiser Franz I. wurde er von diesem zum Reichshofrat, zum Mitgliede des höchsten Reichsgerichtes und des kaiserlichen Staatsrates ernannt. Er war der erste Frankfurter, dem diese hohe Ehre zu teil ward. Im Herbst 1745 siedelte er nach Wien über. 1751 wurde er in den erblichen Reichsfreiherrnstand erhoben, in dem er auf 4 Ahnen geadelt wurde. Der letztere Umstand hat dazu geführt, daß man unserem Arzte Seuckenberg in späterer Zeit oft das Prädikat „von" beilegte. Er hat jedoch nie etwas davon wissen wollen. Reichshofrat v. Senckenberg starb zu Wien 1768. Er hinterließ zwei Söhne. Der ältere, Renatus Leopold Christian Karl^ geboren 1751, der sich als Gelehrter in denselben Fächern wie sein Vater auszeichnete und als hessischer Regierungsrat zu Gießen lebte, starb 1800, nicht wie fälschlich angegeben wird infolge eines Sturzes in seiner Bibliothek, sondern an den Blattern, nachdem er einige Tage zuvor seine einzige Tochter an derselben Krankheit verloren hatte. Der zweite Sohn, Karl Christian Heinrich, ward Militär, trat in sardinische Kriegsdienste und starb ohne Hinterlassung von Kindern 1842 in Eßlingen. Mit diesen beiden erlosch der Frankfurter Zweig des Senckenbergischen Geschlechts. Das dritte Porträt in der obersten Reihe links stellt den Reichs h of rat v. Senckenberg dar. Bei der Restaurierung fand es sich in einem Zustande, der darauf schließen läßt, daß es früher sehr schwer beschädigt gewesen sein muß. Es war viel- fach verkittet. Die Restaurierung mußte sich darauf beschränken, möglichst viel des Alten zu erhalten und nur soviel zuzufügen, daß nicht ein neues Bild daraus entstand. Daher der hölzerne, plumpe Ausdruck. Das Porträt erhielt Dr. Senckenberg nach dem Tode seines Bruders 1768. Das nächste Porträt stellt dessen Sohn Renatus Leo- pold V. Senckenberg als 16jährigen jungen Mann vor. Es — 121 — ist 1767 in Wien von Millitz gemalt. Senckenberg erhielt es 1768 zum Geschenk. Der uns nun am meisten interessierende zweite Sohn des Johann Hartmann Senckenberg, Johann Christian, der Arzt, wurde am 28. Februar 1707 hier geboren. Schon in früher Jugend sprach sich der ihm angeborene Beruf zu einer naturwissenschaft- lichen Lebensthätigkeit so aus, daß er sich bereits im 13. Jahre ein Kräuterbuch gesammelt hatte, dessen Inhaltsverzeichnis noch vorhanden ist. Sein Universitätsbesuch mußte aufgeschoben werden, weil sein Vater nach dem großen Verluste bei dem Brandunglücke die Kosten nicht dazu aufwenden konnte. Durch private Arbeiten bereitete er sich hier in Medizin und Natur- wissenschaften vor und bezog erst in seinem 23. Lebensjahre die Universität Halle. Auf der Heimreise von Halle ging er über Berleburg, woselbst er den später noch zu erwähnenden Separatisten D i p p e 1 kennen lernte, dessen Wesen und Wirken auf sein Inneres einen mächtigen Einfluß ausübte. 1732 kam er nach Frankfurt zurück und erhielt, obwohl er noch nicht den Doktortitel erworben hatte, die Erlaubnis Praxis auszuüben. Neben dieser studierte er fleißig weiter, ging 1737 nach Göttingen und erlangte dort nach ehrenvoll bestandener Prüfung den Doktortitel. Er kehrte nach Hause zurück und behielt, abge- sehen von einer kurzen Abwesenheit als Leibarzt des Land- grafen von Hessen - Homburg, Statthalters zu Tournay in den Niederlanden, seinen bleibenden Wohnsitz in seiner Vaterstadt, Im Juni 1742 verheiratete er sich mit Johanna Rebecca Riese, der Tochter eines reichen Frankfurter Juweliers, mit der er nur VU Jahr in der glücklichsten Ehe lebte. Sie starb, nachdem sie einem Töchterchen das Leben gegeben hatte, welches ebenfalls nicht ganz 2 Jahre alt starb. 14 Monate nach dem Tode der ersten Gattin verheiratete Senckenberg sich zum zweiten Male mit Catharina Rebecca Mettingh, der Tochter des Ysenburgischen Regierungsrates Johann Jakob Mettingh. 1747 wurde ihm ein Sohn geboren, der aber schon 4 Monate nach seiner Geburt starb. Zwei Monate nachher schied auch die Mutter aus dem Leben. Zum dritten Male verheiratete sich Senckenberg im Jahre 1754 mit der Witwe des Kurpfälzischen Rats Johann Christian Rupprecht geb. Bach. Doch auch diese Ehe, die für — 122 — Senckeuberg- eine nicht glückliche geworden war, löste der Tod schon nach 2 Jahren. Alle seine Lieben deckt das Grab — er selbst im fünf- zigsten Jahre alleinstehend, seine beiden vermögenden Brüder bedürfen seiner Habe nicht, — so reift in ihm der Entschluß, sein beträchtliches Vermögen dem Wohle seiner leidenden Mit- bürger zu weihen und der Wissenschaft eine Freistätte zu er- richten. Persönlich bedürfnislos und sparsam, im Besitze einer ausgezeichneten Praxis, die sich übrigens nicht nur auf Wohl- habende, sondern auch auf Arme erstreckte, im Besitze eines bedeutenden Vermögens aus den beiden ersten Ehen, dachte er von nun an an nichts anderes, als wie er dies zum besten seiner Vaterstadt nützen könne. Nachdem er sich hierüber mit seinen beiden Brüdern, mit denen er im innigsten Verkehr lebte, benommen und besonders seinen ältesten Bruder, den Reichshofrat in Wien, um seinen Beirat gebeten hatte, überreichte er seinen Hauptstiftuugsbrief, datiert vom 18. August 1763, als seine „wohlbedächtige Willens- verordnung und unwiderrufliche Stiftung", wodurch er bei Er- mangelung ehelicher Leibeserben und aus Liebe zu seinem Vaterlande mit Hintansetzung aller Auswärtigen Vorteile „seine Vaterstadt Frankfurt a. M. und deren gemeines Wesen" zum einzigen Erben seiner gänzlichen Habseligkeit einsetzte. Er übergab sogleich 95,000 Gulden dem Recheneiamte, wovon er sich für seine Lebzeit die Zinsen vorbehielt; nach seinem Tode solle diese Nutzniesung an das Collegium medicum übergehen, welches davon ^/s für öffentliche medizinische Zwecke, für be- stimmte Honorare, die jährlichen Schätzungen und Unterhaltung des Hauses, Vermehrung der Bibliothek etc. verwenden, das übrige Va aber an arme Kranke durch die Physici und Arzte nach ihrem besten Vv^isseu und Gewissen austeilen soll. Im Anfang des Jahres 1766 überreichte er der Stadt seine nötig erachteten Zusätze und Erläuterungen zu seiner ursprüng- lichen Stiftuug, die ebeuso wie die Zusätze \on selten der Vaterstadt bereitwilligst genehmigt wurden. Im wesentlichen zerfiel die Stiftuug in zwei Teile, in eine wissenschaftliche und eine mildthätige. Jene, das medizinische Institut oder Collegium medicorum genannt, erhielt ^/a der Ein- künfte zur Verwendung, diese Vs. Die erstere war, wie diese — 123 — Bestimmung zeigt, iirsprUnglicli die Hauptsache, auch war der zweite Zweck anfangs nur als Nebensache mit dem ersteren verbunden. Nach der anfänglichen Bestimmung nämlich sollte jenes Drittel durch die Physiker an arme Kranke verteilt, ein etwaiger Überschuß von den beiden anderen Drittel aber für medizinische Stipendien im weitesten Sinne (nämlich auch für Chirurgen, Apotheker und Hebammen, und nicht bloß zum Studieren, sondern auch zum Reisen) verwendet werden, sowie für alte, bedürftige Arzte und für Witwen und Waisen von Ärzten. In den Zusätzen jedoch bestimmte Senckenberg den Hauptteil dieses, Vs, als für die Gründung und Erhaltung eines Hospitales für hiesige Bürger. Die Verwaltung beider Stiftungen wurde so angeordnet, daß für das medizinische Institut, das aus 4 Ärzten bestehende städtische Phj^sikat allein, für das Spital aber ebendasselbe in Verbindung mit 4 anderen Frankfurter Bürgern die Administratoren sein sollten. Die Hauptaufsicht übertrug Senckenberg dem jedes- maligen ältesten Nachkommen seines ältesten Bruders. Für den Fall des Aussterbens dieses Zweiges seiner Familie, welcher Fall 1842 eintrat, substituierte er die beiden Dekane der juristi- schen und medizinischen Fakultät der Universität Gießen. Diesen Stellvertretern sowie dem jedesmaligen Stadtschultheiß, dem ältesten Syndicus und dem Senior des Bürgerkollegs sollte jedes Jahr Rechnung abgelegt werden. Nachdem er so alles Nötige für den Todesfall vorgesehen hatte, war er rastlos bemüht, seine großartige Schöpfung auch praktisch ins Leben zu rufen. Seine nächste Sorge war auf eine zweckentsprechende Liegenschaft gerichtet, welche er in dem Dr. Harms 'sehen Besitztum am Eschenheimer Thor ge- funden zu haben glaubte. Am 1. Februar 1766 kaufte er hier diesen Grund und Boden, der damals bis au die alte Radgasse, die Verlängerung des unteren Teiles der Stiftstrasse nach der Bleichstrasse zu, sich erstreckte, für die Summe von 23,000 fl. Sofort Hess er die vorhandenen Gebäude für seine Anstalten und Sammlungen herrichten und das Fehlende hinzubauen. Er richtete zunächst die Bibliothek, dann ein chemisches Labora- torium, Zimmer für die Sammlungen, ein weiteres für abzuhaltende Vorträge und ein Konferenz-Zimmer für die Physici und Ärzte — 124 — ein, 1111(1 in diese Zeit fällt der Beginn der Entstehung der Samm- lung von Porträts hiesiger Ärzte. Am 3. September schenkt die Stadt Frankfurt, die im Besitze des Sanitätsamtes befind- lichen Porträts dreier Physici primarii und die Bürgerschaft beweist ihre Teilnahme an der neuen Stiftung durch Über- lassung vorhandener Porträts Frankfurter Ärzte. Fast alle stammen aus Privatbesitz, aus den Familien der Dargestellten, nur ein einziges hat Senckenberg aus Privatbesitz gekauft. Nach vollendeter Einrichtung des Hauses geht Sencken- berg an den Bau der Anatomie, die in ihrer ursprünglichen Gestalt noch heute erhalten ist und an die Schaffung des botanischen Gartens. So war Senckenberg in den Jahren 1766 bis 1769 eifrigst bemüht, dem wissenschaftlichen Teile seiner Stiftung eine Wohn- stätte zu errichten, während das zu gründende Bürgerhospital vernachlässigt wurde. Von Freunden hierüber zur Rede ge- stellt, gab er die prophetische Antwort: „Wenn der Tod mich überraschen sollte, ehe mein Werk ganz vollendet, so wird das Krankenhaus nicht leiden, aber desto eher möchte man ver- gessen, daß ich der Wissenschaft hier einen Tempel gründen wollte." Im Jahre 1771 endlich ging er an den Bau des Bürger- hospitals und gegen Ende des Jahres 1772 hatte Senckenberg noch die Freude, den Bau bis zur Hälfte vollendet zu sehen. Die beklagenswerten Umstände seines Todes am 15. November 1772 sind bekannt. Seine Leiche wurde seinem Wunsche entsprechend im botanischen Garten beigesetzt, damit er auch noch im Tode, wenigstens dem Leibe nach, bei seiner Stiftung sein könne. Wie Senckenberg vorausgesehen, wurde durch die lebhafte Teilnahme und Unterstützung seiner Mitbürger der Hospitalbau 1779 vollendet. Die weitere Geschichte der Stiftung Senckenbergs gehört nicht mehr hierher. Zu erwähnen ist nur noch die Errichtung einer medizinischen Spezialschule, einer Art medizinischer Hoch- schule, im Jahre 1812 im engsten Anschluß an die von Sencken- berg geschaffenen Einrichtungen, die Verwirklichung eines Planes, den Frankfurt zu allen Zeiten gehegt hatte, vom Jahre 1384 an, wo man den Versuch gemacht hatte, die Pariser Universität hierher zu verlegen, bis in die neuesten Zeiten. — 125 — Leider war der medizinischen Spezialschule nur ein kurzes Leben beschieden. Sie hörte mit dem Weggange ihres Beschützers des Fürsten Primas auf. Die Geschichte der Stiftung teilte die Bildersammlung; in Kriegsjahren wurden sie teilweise schwer beschädigt, man schaffte sie auf die Böden des Hospitals, wo manche der jetzt aufge- fundenen seit jener Zeit verblieben sein mochten. Aber auch Zuwendungen wurden ihr zu teil bis in die neueste Zeit, die Sie an den angebrachten Schildern erkennen mögen. Werfen Sie nun zunächst einen weiteren Blick auf die Senckenbergischen Familienbilder, so haben Sie auf dem fünften inv.-No. 5. Bild in der oberen Reihe unseren Stifter im Jahre 1748 von Hauck nach dem Tode seiner zweiten Frau und seines Söhuchens gemalt. Senckenberg selbst und andere sagen, daß sein Ge- sichtsausdruck ein trauriger sei, gegen seine sonst heitere Miene. Die beiden nächsten sind die Porträts seiner ersten Frau. Das zweite, unmittelbar nach deren Tode von Anton Sturm inv.-No. 7. gemalt, hat offenbar Senckenberg nicht gefallen. Das erstere, inv.-No. 6. entschieden besser ausgefallene, von Lippold wohl gemalt, ist allein in dem Verzeichnisse seiner Bilder erwähnt. Das nächste, das seines Töchterchens, ist nach dessen inv.-No. s. Tode von E'ranz Lippold gemalt. Das folgende Bild ist das Senckenbergs zweiter Frau, mv.-No.g. geb. Mettingh, von der Hand Justus Junckers 1747 ange- fertigt. Das letzte in der Reihe ist ein Porträt unseres Stifters mv-No. 10. aus dem Jahre 1771, von dem Hanauer Tischbein gemalt. Senckenberg selbst schreibt hierüber: „1771 im Januar ließe mich abermal mahlen auf guter Freunde Antrieb, so von dem Herrn Geheimrath v. Barckhaus- Wiesenhütten von dem Maler August Wilh. Tischbein. Es war im Winter, item hatte ich einen starken Katarrh damals. Da ich stets mit dem Maler in seinem Quartier in der weisen Schlange, wo ich saß, disponirt und wir lustig waren, sagte er : Er wolle meine muntere Miene nehmen und die attra- pirte er auch. Ich ließ ihn seine Idee ausführen, wie er wollte. Morgens zwischen 10 und 12 Uhr malte er mich, da ich nichts im Magen hatte. Schmeichelte nicht, so ich nicht werth. Da ich ihm den Rock freigelassen, gab er mir schwarzen Sammet dazu. " — 126 — inv.-No. 11. Das zweite kleinere Porträt von Senckenberg ist ein Jahr später von demselben Tischbein gemalt worden, um als Vor- lage für einen Kupferstich zu dienen, welchen er auf Bitten seiner zahlreichen Freunde und Verehrer anfertigen lassen wollte. Er wollte diese Arbeit dem hiesigen Stecher Wicke r übertragen. Die Anfertigung ist aber unterblieben. Nothnagels Radierung ist später entstanden und giebt Senckenberg im Profil. luv.-xo. 12. Weiterhin haben wir die bekannte Wachsbüste Sencken- bergs hier auf der Staffelei, welche von R a u s c h n e r nach der inv.-No.si. Todenmaske Senckenbergs, die Sie hier auf dem Tische sehen, angefertigt worden ist. Inv.-No. 13 Das zweite und dritte Porträt sind die eines Vetters von Johann Christian Senckenberg, des Apothekers und Bürger- meisters in Friedberg, Otto Rudolph Senckenberg und seiner Ehefrau Anna Catharina, geb. Dietrich, im Jahre 1742 von J. Linck gemalt. Inv.-No. 15. Die Bestimmung des letzten Bildes in dieser unteren Reihe hat uns lange Zeit beschäftigt. Obwohl es durch die künst- lerische Schönheit und die feinen sympathischen Züge des Dar- gestellten eines der besten Bilder der Sammlung der Stiftung ist, fehlt jede Nachricht, wen es darstellt. Das Einzige, was bei der sorgfältigsten Untersuchung an Kennzeichen an ihm gefunden werden konnte, waren einige auf dem Rahmen auf- geklebte Zahlen. Die Nachforschungen ergaben schließlich, daß diese Katalognummern sind von früheren Frankfurter Kunst- ausstellungen, in welchen das Bild als eine Arbeit Franz Lippolds, als Bild eines unbekannten Frankfurter Arztes ausgestellt war, und als solches erwähnt es auch Gwinner in seinem Werke : „Kunst und Künstler in Frankfurt a. M.". Der Tracht und der Perücke nach dürfte nach der An- sicht von Kennern das Bild um das Jahr 1770 entstanden sein. Es stellt einen ca. 60jährigen Mann dar. Nun fehlte uns aber in den gewonnenen Nachrichten über die Porträts von Ärzten, welche die Stiftung besitzen sollte, keines eines Arztes, der um diese Zeit etwa 60 Jahre alt war. — Da fand sich in den Tagebüchern Senckenbergs unter dem 6. Mai 1766 die Notiz: „Es malt mich eben der Maler Juncker zum ersten Male, mich den angehenden Greis". Senckenberg — 127 — war damals im 60. Lebensjahre. Der Maler Juncker, der ge- nannt wird, ist Justus Juncker der ältere, welcher mit Sencken- berg eng- befreundet war. Von diesem Porträt Senckenbergs ist jedoch nirgends sonst die Eede. Und nach der jetzigen Kenntnis von den Beständen der Bilder in seinem Nachlasse erscheint es sehr zweifelhaft, daß er selbst dieses Porträt be- sessen hat. Nach sorgfältiger Prüfung dieses hier vorhandenen Bildes auf Grund jener Notiz Senckenbergs sind eine größere Zahl hiesiger Kunstkenner übereinstimmend zu der sicheren Überzeugung gekommen, daß hier dieses Bild thatsächlich ein Porträt unseres Stifters ist. Abgesehen von der Ähnlichkeit, die dieses Porträt mit den anderen Senckenbergs zeigt, und einer größeren Anzahl anderer Beweismomente, die hier anzu- führen zu weitläufig wären, fielen einige ganz charakteristische Merkmale besonders ins Gewicht, die beiden quer verlaufenden Falten auf der Nasenwurzel und das stärkere Hervortreten des linken Auges, das auf der Wachsbüste Rauschners ganz be- sonders scharf gezeichnet ist. Im engsten Anschluß au die B^amilie Senckenberg ist zu- inv.-No. ig. erst eines Mannes zu gedenken, welcher den Ausbau des Hospi- tales in wahrhaft fürstlicher und gleichzeitig vornehmer Weise förderte. In den Jahren 1775 bis 1779 erhielt die Sencken- bergische Stiftung von einem anonymen Wohlthäter nach und nach 33 600 Gulden. Erst nach seinem Ableben 1782, als er der Stiftung nochmals 50000 Gulden testamentarisch vermachte, erfuhr man, daß dieser großherzige Geber der hiesige Bankier Simon Moritz Bethmann war. Die Senckenbergische Stiftung verdankt das Bild ihres großen Förderers der Güte des Freiherrn Moritz v. Beth- mann, welcher es 1891 nach dem im Familienbesitze von Friedrich Ludwig Hauck gemalten Originale kopieren ließ. Das nächste Bild ist das Porträt eines früh verstorbenen inv.-No. g9. Söhnchens des hiesigen Bürgerkapitäns und Mitglieds des 51er Kollegiums Johann David Klotz und seiner Ehefrau A n n a Elisabeth, geborenen Kirsch. Letztere vermachte 1795 als Witwe testamentarisch dem Bürgerhospital eine Summe von über 50000 Gulden und dieses Bild, welches zum Andenken in dem Amtszimmer einen Platz finden sollte. — 128 — Frankfurter Ärzte. inv.-No. 17. Das älteste Porträt eines Frankfurter Arztes, welches die Stiftung besitzt, ist das des Johannes Schroeder. Derselbe war im Jahre 1600 zu Salzuffeln in Westfalen geboren, studierte an verschiedenen Universitäten Deutschlands, Frankreichs, Däne- marks und Italiens, trat nach seiner Promotion zu Caen in Frankreich als Militärarzt bei dem schwedischen Heere ein. Am 8. Dezember 1635 wurde er in Frankfurt als Arzt rezipiert, im Juni 1643 zum Physikus ernannt. 1658 wurde er Physicus Primarius und starb hier am 1. Februar 1664. Er war der Verfasser eines Lehrbuches der Arzneimittel- lehre, eines verdienstvollen, und wie die große Zahl der Auf- lagen und Übersetzungen in fremde Sprachen beweist, seiner Zeit sehr geschätzten Werkes. Das Bild kaufte Senckenberg im März 1770 nach längeren Verhandlungen von dem Urenkel des Arztes, dem Notar Johann Philipp Christian Lang, für einen Conventionsthaler = 2 fl. 24 kr. Es ist nach einer Signatur rechts oben im Jahre 1638 gemalt, also drei Jahre nach seiner Niederlassung in Frankfurt. Es folgen weiterhin auf drei Porträts die Repräsentanten einer sehr angesehenen ärztlichen Familie Horst. Der Vater Gregor Horst war in Torgau geboren, stu- dierte zu Wittenberg, Helmstädt und Basel, ging dann als Professor der Medizin nach Wittenberg, dann als Physikus nach Salzwedel, wurde darauf Professor zu Gießen und Leibarzt des regierenden Landgrafen und ging schließlich als Physikus nach Ulm. Er war ein berühmter Praktiker, den seine Zeitgenossen „den deutschen Aesculap" nannten. Inv.-No. 18. Sein Sohn Johann Daniel, welchen das erste Bild darstellt, war 1616 zu Gießen geboren. Er promovierte zu Tübingen, wurde 1637 Professor zu Gießen und landgräflicher Leibarzt. 1660 ließ er sich als Arzt in Frankfurt nieder und wurde 1663 erster Physikus. Außer anderen medizinischen Abhandlungen gab er eine Beschreibung der Heilquellen von Ems, Schwalbach und Selters heraus. Er starb 1685. Sein Bild wurde Senckenberg, ebenso wie das folgende, 1766 vom Sanitätsamte geschenkt. — 129 — Sein Sohn Georg, welchen das zweite Bild darstellt, ist inv.-No. 22. 1644 zu Marburg geboren, promovierte in Basel 1665, wurde 1666 hier Arzt und 1684 Physicus Ordinarius. Er starb 1688 an einem bösartigen Fieber. Das nächste Bild ward 1786 dem medizinischen Institute inv.-No 72. von dem damaligen Hospitalmeister Otto Wilhelm Maass geschenkt. Nach dessen Angabe sollte es seinen Vorfahren, den Arzt Johann Daniel Horst darstellen, und so war auch das Bild links oben, wie es schien von jüngerer Hand, signiert. Bei der Restaurierung schwand diese Aufschrift und es trat eine andere zu Tage, welche zeigt, daß das Porträt einen Bruder von Johann Daniel Horst, den ersten, darstellt, mit Namen Balthasar, welcher zu Ulm 1623 geboren, später Apotheker in St. Goar und Langenschwalbach war und an letzterem Orte 1678 verstarb. Das folgende Bild zeigt uns den Arzt Dr. Johann Lud- mv.-No. 19. wig Witz el. Er war als Sohn eines hiesigen Bürgers und Schuhmachers 1628 geboren, promovierte zu Straßburg 1651, ließ sich 1653 hier als Arzt nieder, wurde 1655 Physicus extra- ordinarius, 1667 zweiter und 1686 erster Physikus. Er starb 1692. Wie uns Senckenberg in seinem Tagebuche erzählt, wohnte er in der Schnurgasse, dicht bei der Borugasse neben dem Haus „zum Esel". Auf der anderen Seite des Esels wohnte ein Bäcker. Der Bäcker hieß der Eselsbäcker und Witzel der Eselsdoktor. Das Bild war früher auf dem Sanitätsamte aufbewahrt. Senckenberg erhielt es mit zwei anderen ärztlichen Porträts 1766 von jenem zum Geschenk. Die beiden nächsten Porträts zeigen uns zwei Mitglieder einer sehr angesehenen Familie de Spina, wie sie sich in lateinischer Übersetzung ihres alten Namens de l'E spine nannten. Die Familie de l'Espine stammte aus Flandern, ge- hörte zu dem alten Adel und verließ, wie so viele andere Fa- milien, welche der protestantischen Religion angehörten, unter der Herrschaft der Spanier ihr Vaterland. Der älteste der Familie, welcher nach Deutschland kam, war Peter de Spina, welcher in Aachen 1569 als sehr an- gesehener Arzt starb. Sein Sohn Peter II studierte ebenfalls Medizin, ließ sich als Arzt in Aachen nieder, erhielt die Würde 9 — 130 — eines Senatoren und wußte sich in seinem Berufe so auszu- zeichnen, daß er 1599 einen Ruf als Professor der Medizin nacli Heidelberg erhielt und sich hier nicht nur als akademischer Lehrer, sondern auch als praktischer Arzt und Leibarzt pfälzischer Fürsten auszeichnete. Von seinen 13 Kindern waren zwei her- vorragende Juristen und pfälzische Gesandten. Ein anderer, Peter III, widmete sich der Medizin und der akademischen Laufbahn und wurde schon mit 29 Jahren Rektor der Universität Heidelberg. Als nach dem Prager Frieden im Jahre 1635 die Rheinpfalz in bayerischen Besitz kam, erging an ihn von selten der Stadt Frankfurt der Ruf als Archiater oder Physicus Pri- marius. Die ausgestandenen Bedrängnisse während der Kriegs- zeiten und die neu geschaffenen, für ihn ungünstigen Verhältnisse ließen ihn jenen annehmen. Hier in Frankfurt gewann sein Wirkungskreis als ausübender Arzt bald die weiteste Aus- dehnung nicht nur unter der Bürgerschaft, sondern auch bei den benachbarten Fürsten von Mainz, Pfalz - Simmern, Zwei- brücken, Cassel, Darmstadt, Nassau etc. Von seinen Kindern zeichnete sich wiederum einer als tüchtiger Jurist, Professor und Syndicus der Universität Heidel- inv.-No. 20. berg aus, während Peter IV, welchen das erstere der beiden Bilder darstellt, Arzt wurde. 1()53 wurde er in Frankfurt als Arzt recipiert und genoß als solcher, gleich seinem Vorfahren, großes Ansehen. Von seinen Söhnen wird Peter V nicht Arzt, sondern Jurist. Er lebte hier als Resident der Generalstaaten bei den Rheinischen Kreisen. Ein anderer Sohn, David, ward Arzt, war einige Jahre hier als solcher thätig und später angesehener Professor der Medizin zu Heidelberg. Ein anderer, Johannes, inv.-No.G5. welchen das zweite Bild, 1721 von dem geschätzten Frankfurter Maler Fur ich angefertigt, darstellt, studierte zuerst Jurispru- denz, widmete sich dann aber dem Militärstande und starb 1742 als Kommandant der Nassauischen Feste Dilleuburg, als letzter seines Geschlechtes. Der sehr bedeutende Familienbesitz ging an einen Anverwandten, Herrn Major Friedrich Wilhelm von Malapert, über, von welchem Senckenberg im Jahre 1766 die beiden Bilder erhielt. inv.-No. 21. Das folgende Bild zeigt uns den Dr. Joachim Merlan, einen Sohn des bekannten Kupferstechers Mathäus Merlan — 131 — des älteren und seiner Ehefrau Maria Magdalena de Bry. Joachim Merian war hier im November 1635 geboren, studierte und promovierte zu Basel und ließ sich im November 1666, zur Zeit der großen Pestepidemie, hier als Arzt nieder. Zwei Jahre lang war er in den hiesigen Hospitälern thätig und wurde 1668 an Stelle des vierten Physikus Dr. S t e e b , welcher nach Speier floh, zum Physicus extraord. ernannt. Im Jahre 1675 wurde er Physicus Ordinarius. Das Porträt ist von dem älteren Bruder des Arztes, M a 1 1 h ä u s M e r i a n dem jüngeren, gemalt. Dessen Monogramm MF befindet sich auf der Rückseite des Bildes. Senckenberg erhielt es 1766 von dem Pfarrer Johann Matthäus Burgk zum Geschenk für das medizinische Institut. Es folgen vier Bilder einer anderen ärztlichen Familie Frankfurts, der Familie Kissner. Das erste ist das von Johannes Kissner, 1645 hier inv.-No. 23. geboren und nach seiner Promotion in Leyden 1670 als Arzt in seiner Vaterstadt aufgenommen. Seine Ehefrau Anna Elisa- beth, welche das zweite Bild zeigt, war eine Schwester des inv.-No. es. später zu erwähnenden Conrad Hieronymus Eberhard genannt Schwind. Seinen Sohn Johann Georg stellt das dritte Bild dar. inv.-N0.32. Er war 1673 hier geboren, promovierte 1699 in Leyden, wurde 1701 als Arzt hier aufgenommen, 1715 zum dritten, 1728 zum zweiten und 1734 zum ersten Physikus ernannt. Von ihm besitzen wir noch ein weiteres Porträt: das inv.-N0.33. erste in der untersten Reihe an derselben Wand, von der bekannten Wachsbossiererin Anna Maria Braun gefertigt. Das vierte Bild stellt den Enkel des ersten, J 0 h a n n inv.-No. 40. Christian Kissner als Knabe von 11 Jahren, dar. Er wurde 1748 als Arzt hier aufgenommen und starb 1786. Es ist 1728 von dem damals hier wohnenden Wiener Porträtmaler Jan neck gemalt. Die beiden ersten Porträts kamen durch die Schenkung einer Nichte der Dargestellten, E>au Dr. Fleischmaun, der Witwe eines hiesigen Arztes und Physici 1769 an Senckenberg. Die drei letzteren, einschließlich des Wachsbildnisses, wurden von dem letzten Dr. Kissner Senckenberg gegeben. Johannes von Flamme rdinghe, Sproß einer ange- inv.-No. 24. sehenen niederländischen Familie, ist 1647 als Sohn eines Kauf- 9* — 132 — maiines hfer geboren. Er studierte in Leyden und Amsterdam, ■promovierte in Leydeu 1671. In demselben Jahre wurde er hier als Arzt rezipiert. Er scheint jedocli nicht lange hier thätig 'gewesen zu sein, denn in demselben Jahre wird er zu Amster- dam unter die Zahl der Ärzte aufgenommen, und heiratet 1675 in Amsterdam als dortiger Arzt. Er starb daselbst 1691. Das vortreffliche Porträt, welches schon von Hüsgen als eine Perle der Gemäldesammlung der Senckenbergischen Stiftung beschrieben wurde, ist 1671 von David van der Plaes in Amsterdam gemalt, mit vollem Namen links unten signiert. Es wurde von dem Großneffen des Arztes, Herrn Carl Jordis, 1767 an Senckenberg geschenkt. inv.-No. 25. . Conrad Hieronymus Eberhard genannt Schwind, Sohn eines Kaufmannes, hier geboren 1653, studierte drei Jahre in Jena, ward dann durch den Tod seines Vaters gezwungen das Studium aufzugeben und sich dem Handelsgeschäfte zu widmen. Erst 1680 konnte er zu Leyden und Utrecht seine Studien fortsetzen. Nach Beendigung derselben ließ er sich 1683 hier als Arzt nieder, wai-d 1688 Physikus, kam 1698 in den Rat, wurde 1706 jüngerer und 1719 älterer Bürgermeister. Er bekleidete das Amt eines Bürgermeisters späterhin noch drei- mal. Außer ihm wurden nur noch drei Frankfurter Ärzten, nämlich Joh. Hartmann Beyer, Seiffart von Kletten- berg, dem Vater von Goethes schöner Seele und Schwiegersohn des Dr. Jordis, und Johann Jacob Grambs diese Aus- zeichnung zuteil. Eberhard starb in dem hohen Alter von nahezu 89 Jahren. Das Bild kam aus Familienbesitz durch Herrn Dr. Johann Christian Kissner 1767 als Schenkung an Senckenberg. Über die Lebensschicksale der auf den beiden nächsten Bildern dargestellten Ärzten, Le Cerf, sind wir etwas besser unterrichtet. Ein in dem Archiv der Stiftung befindlicher, von Senckenberg geschriebener Auszug aus Familienpapieren, schildert in lebhaften Farben die Schwierigkeiten, mit welchen der Vater Inv.-No. 20. Peter Le Cerf zu kämpfen hatte, der 1655 zu Caen in der Normandie geboren, späterhin wegen der Religions wirren als Lutheraner sein Vaterland verlassen mußte, und nach längeren Irrfahrten endlich hier festen Fuß faßte. 1686 wurde er als Arzt hier aufgenommen. Im Jahre 1700 reiste er, nachdem — 133 — seine Frau gestorben war, mit einem Töchterclien und seinem vierjährigen Söhnchen wieder in seine Heimat, da man ihm Hoffnung gemacht hatte, wieder in den Besitz seines väterlichen Vermögens zu gelangen. Allein schon gleich nach der Ankunft sah er sich getäuscht und außer stände nach Frankfurt zurück- zukehren. Er praktizierte einige Jahre in Honfleur, Orleans und schließlich in Paris, woselbst er die Kliniken und die Ana- tomie besuchte. Neben dem Schulunterricht besuchte der da- mals elfjährige Sohn mit seinem Vater die Vorlesungen über Anatomie und Chirurgie, und reichte ihm, wie er selbst be- richtet, „fleißig die Hände inter primos bei der Sektion von etwa 20 Cadavern beyderlei Geschlechts." Nach vielen Mühsalen kehrten sie endlich 1709 wieder nach Frankfurt zurück. Der Vater war bis zu seinem Tode als beliebter Arzt hier thätig. Der Sohn aber bezog schon im folgenden Jahre, im Alter inv.-No. 35. von 14 Jahren, die Universität Heidelberg, um zunächst Humaniora zu studieren. Seine weiterhin folgende medizinische Ausbildung in Heidel- berg, Jena und Straßburg war eine gründliche. Erst Ende des Jahres 1718, also nach neunjährigem Studium ließ er sich hier als Arzt nieder. 1735 wurde er vierter Physikus, 1739 dritter, 1742 zweiter und 1744 Physicus Primarius, oder Vorsitzender des Sanitätsamtes. Er starb 1755. Seine Witwe, eine geborene Prischwitz, schenkte 1766 die beiden Porträts. Johann Philipp Jordis, geboren hierselbst 1658, inv.-N0.27. studierte und promovierte zu Utrecht, ließ sich hier als Arzt 1685 nieder und starb 1725. Er war mit einem Fräulein de Neufville vermählt. Das Bild hat für uns ein besonderes Interesse dadurch, daß es von Fräulein Susanna Catharina von Klette n - berg, Goethes schöner Seele, einer Enkelin des Arztes, 1766 an Senckeuberg geschenkt wurde. Pierre Frederic d'Orville entstammte ebenfalls im.-No. 28. einer alten Brabanter Adelsfamilie, die 1574 hier ansässig wurde. Er ist 1662 geboren und praktizierte hier von 1686 bis zu seinem Tode 1739. Offenbar hatten die Ärzte damals bessere Zeiten als jetzt, denn er vermochte es gleichzeitig sowohl als — 134 — Arzt, wie als Bankier thätig zu sein und zwar, wie uns iiber- liefert wird, beides in gleich ausgezeichneter Weise. Das Porträt, welches vielleicht schon früher einmal im Besitze der Stiftung gewesen ist, wenigstens erhielt Senckenberg im Jahre 1766 ein Bild dieses Arztes, das jedoch schon Stricker nicht mehr als vorhanden erwähnt, ist die jüngste dankenswerte Vermehrung unserer Sammlung. Es wurde der Stiftung in diesem Jahre durch Herrn Reichard- d'Orville von der Familie d'Orville in Michelstadt verehrt. Die beiden nächsten Porträts sind die der Arzte Paulus von der Lahr, Vater und Sohn. inv.-No.29. Der ältere, Sohn eines hiesigen Handelsmannes, ist 1666 hier geboren. Er promovierte zu Leyden und war vom Jahre 1689 bis 1711 hier thätig. inv.-No.37. Sein Sohn Paulus, 1700 hier geboren, war hier Arzt von 1722 bis 1741. Über die Herkunft der Bilder ist nichts bekannt. inv.-No.3o. Jacob Frederic du Fay, Sproß eines brabanter Adels- geschlechtes, welches zur Zeit Albas aus Valenciennes hier einwanderte, ist 1671 hier geboren. Nach Beendigung seiner Studien war er von 1698 bis 1725 hier als Arzt thätig. Das Bild wurde von seiner Nichte Frau Maria Elisa- bethe de Neufville geb. de Bary 1767 Senckenberg ge- schenkt. Aller Wahrscheinlichkeit nach ist das sehr schöne Porträt von Savoye gemalt. inv.-No.3i. Nicola^^s Maximilian Wilhelmi, 1672 zu Langen- schwalbach geboren, studierte zu Marburg, Jena und Leyden. Er promovierte in Leyden 1694 und wurde schon nach zwei Jahren, also im Alter von 24 Jahren Leibmedicus des Grafen von Braunfels und Physicus Ordinarius. Drei Jahre später begleitet er längere Zeit den Landgrafen von Hessen-Eheinfels auf Reisen. 1710 zog er nach Frankfurt und ward hier ein Jahr später als Arzt aufgenommen. Er starb 1752. Sein Bild wurde Senckenberg 1767 von dem nachmaligen Administrator der Stiftung Herrn Schubart, einem Schwieger- sohne Wilhelmi's, für das medizinische Institut geschenkt. — 135 — Der nächste, Johann Michael Büttner, 1683 hier ge- inv.-No. 34. boren, 1710 als Arzt aufgenommen, wurde 1716 vierter, 1726 dritter, 1728 zweiter und 1728 erster Physikus. Er starb 1744. Das Bild kam wohl noch zu Lebzeiten Senckenbergs in seinen Besitz. Wenigstens finden sich unter seineu Aufzeich- nungen Verhandlungen mit Nachkommen des Dr. Büttner, welche ihm das Bild für das medizinische Institut schenken wollten. Philipp Heinrich Pistorius, 1697 zu Büdingen ge- inv.-No.se. boren, wurde 1723 hier Arzt und starb 1743. Das Bild wurde 1767 Senckenberg von dem Sohne, damals hiesigem Garnisonslieutenaut, verehrt. Johann Martin Starck, 1704 hier geboren, wurde zwei inv.-No.ss. Jahre nach seiner Promotion 1730 als Arzt in seiner Vater- stadt aufgenommen, 1742 wurde er vierter, 1744 zweiter Physikus und starb 1751 als kurz zuvor gewählter erster Physikus. Sein Bild, 1746 von F. Lippold geraalt, wurde im Jahre 1804 vom Sohne des Arztes, dem Advokaten Johann Balthasar Starck, der Stiftung geschenkt. Johann Adam 0er tel, 1709 zu Bayreuth geboren, inv.-No. 39. wurde 1734 hier Arzt. Er starb 1756. Das Bild schenkte seine Witwe 1787. K a r 1 W i 1 h e 1 m C h r i s t i a n W e i d m a n n , Sohn des fürst- inv.-No. 41. lieh Nassauischen Hof- Apothekers zu Weilburg, 1719 geboren, wurde 1746 hier als Arzt aufgenommen und starb hier 42 Jahre alt, 1761. Das Pastellbild, von A. W. Tischendorff 1755 gemalt, schenkte ein Anverwandter, Herr Trost, 1768 an Senckenberg. Johannes Lausberg war 1720 zu Elberfeld geboren. inv.-No. 42. Nach einem 4^2 jährigen Studium in Halle und einem einjährigen Aufenthalte in Paris, wo er Geburtshülfe trieb, ließ er sich hier 1745 als Arzt nieder. Er konnte jedoch nur kurze Zeit die Praxis ausüben. Schon nach nicht ganz zwei Jahren starb er in seiner Vaterstadt an der Schwindsucht. Sein Bruder, der hiesige Weinhändler Johann Rüttger Lausberg, schenkte 1781 das Bild, welches er schon bei Leb- zeiten Senckenbergs diesem für das medizinische Institut ver- sprochen hatte. Es ist im Jahre 1744 von Franz Lippold gemalt. — 136 — [nv.-No. 43. Jacob Friedrich de Neiifville, 1728 hier geboren, starb nach fünfjähriger Thätigkeit als Arzt hierselbst im Jahre 1755. Das Bild, eine verkleinerte Kopie nach dem 1753 von Er mel traut gemalten Originale, welches jetzt im Besitze der de Neuf V ill e 'sehen E'amilienstiftiing ist, wurde 1767 von der Mutter des Arztes, Frau de Neufville-de Bary, Sencken- berg geschenkt. nv.-No. 44. Johannes Grammanu, 1732 hier geboren, wurde 1757 als Arzt hier aufgenommen. 1760 bereits vierter Physikus, und dritter im Jahre 1772, ein Jahr vor seinem Tode. Er starb wenige Tage bevor er sein Amt als Administrator der Sencken- bergischen Stiftung antreten sollte. Das Bild, wahrscheinlich von JohannVolkmar Pader- born gemalt, vermachte er testamentarisch der Stiftung. nv.-No. 45. Johann Peter Nordmann, 1735 hier geboren, wurde 1758 hier Arzt. Er war Hoch- und Teutschmeisterlicher Hof- rat und starb 1772. Sein Porträt, welches von Johann Volk mar Pader- born 1772 hier gemalt ist, kam wohl noch zu Lebzeiten Sencken- bergs in Besitz der Stiftung. [nv.-No. 46. Johann Adolf B eh rends, zu Guntersblum in Hessen 1740 geboren, promovierte 1762 in Jena, wurde in demselben Jahre hier als Arzt rezipiert, 1772 vierter, 1773 dritter, 1781 zweiter und 1790 erster Physikus. Von Senckenberg selbst wui'de er zum Administrator der Stiftung ernannt. Er starb im Jahre 1821. Sein Hauptwerk ist die bekannte topographisch-statistische Schrift über Frankfurt : Der Einwohner in Frankfurt in Absicht auf seine Fruchtbarkeit, Mortalität und Gesundheit geschildert ; 1771 herausgegeben. In den Kriegszeiten machte er sich besonders durch vor- zügliche sanitätspolizeiliche Maßregeln um das Wohl der Stadt verdient. inv.-No.52. Von seinen 18 Kindern folgte sein Sohn Johann Beru- hard Jacob, 1769 geboren, dem Vater im Beruf. Er war von 1798—1816 Lehrer der Anatomie am Sencken- bergischen Institute. Ein Manu von wissenschaftlicher Bedeutung, dem 1793 bereits ein Ruf nach Altorf, und 1803 nach L od er 's Tode die Stelle als Professor der Anatomie in Jena angeboten — 137 -^ wurde. Aiicli eine dritte Berufung nach Würzburg lehnte er ab. Er starb 1823. Das Bild des älteren B ehr ends wurde 1811 im Auftrage der Stiftungsadministration gemalt. Das des jüngeren schenkte seine Schwägerin Frau Behrends geb. Passavant 1851. Beide sind von Perroux gemalt. Conrad Heinrich Hieronymus Rühle, 1741 hier inv.-No. 47. geboren, ein Sohn des Kaiserlichen Hofapothekers Rühle von Lilienstern, Besitzers der Kopfapotheke, promovierte in Jena 1764. Im gleichen Jahre wurde er hier unter die Zahl der Ärzte aufgenommen. Er starb 1776. Seine Witwe, die später verehelichte Frau Hof rat Koch, schenkte das Bild 1792 der Stiftung. Johann Jakob Reichard, 1743 hier geboren, wurde inv.-No. 48. nach Beendigung seiner Studien in Göttingen 1768 hier als Arzt rezipiert. 1773 wurde er als erster Arzt des Sencken- bergischeu Bürgerhospitales angestellt. Er starb 1782 und ver- machte außer seiner Bücliersammlung der Stiftung 4000 Gulden zur Vermehrung der botanischen Büchersammlung. Sein Bild wurde im Jahre 1782 im Auftrage der Stiftungs- administratiou angefertigt. Friedrich Sigismund Müller, 1746 hier geboren, inv.-No. 49. promovierte in Straßburg und wurde im gleichen Jahre hier als Arzt aufgenommen. Er war Arzt am Heiligengeist -Hospital, der erste Lehrer der Anatomie am Senckenbergischen Institute und von Senckeuberg selbst noch ernannter Koadministrator der Stiftung. Er starb 1778. Georg Friedrich H 0 f f m a n n , 1764 hier geboren, 1787 inv.-No. 50 in Marburg promoviert, wurde in demselben Jahre hier als Arzt aufgenommen. Er war als Schriftsteller sehr fruchtbar; gab u. A. die Frankfurter medizinischen Annaleu, später das Medizinische Wochenblatt heraus und machte sich um die Errichtung der neuen Friedhöfe verdient. Er starb 1848 und schenkte noch zu Lebzeiten sein Bild der Stiftung. Seligmann Joseph Oppenheim, 1766 hier geboren, inv.-No. 51, promovierte 1798 in Göttingen und wurde im folgenden Jahre hier als Arzt aufgenommen. In Anerkennung seiner Verdienste — 138 — ernaiiiite ihn Fürst Primas 1812 zum Oberschul- und Studienrat und etwas später zum Munizipalrat. Er starb schon 1817. Sein Bild wurde der Stiftung von den Erben der Frau Henriette Hanau, geb. Kulp, durch Herrn Dr. Fritz S tie bei 1867 geschenkt. Es ist eine Arbeit von Schöner aus dem Jahre 1810. Carl Wenzel, 1769 in Mainz geboren, studierte und promovierte 1791 in seiner Vaterstadt. Infolge der in Mainz durch die Einnahme der Stadt durch die Franzosen 1792 ein- getretenen Zustände siedelte er nach Frankfurt über. Mit Eintritt der fürstlich primatischen Herrschaft wurde er zum Leibarzt des Fürsten und zum Geheimrat ernannt. Er war es hauptsächlich, welcher die Errichtung einer medizinischen Spezialschule auf Grund des vorhandenen Senckenbergischen medizinischen Institutes veranlaßte, zu deren Direktor und Pro- fessor er ernannt wurde. 1824 wurde er zum Stadtgeburts- helfer ernannt. Er starb 1827. Das Porträt, von Thelott gemalt, wurde der Stiftung von seinem Schwiegersohne, dem hiesigen Arzte Detmar Wilhelm Soemmerring, dem Sohne des berühmten Samuel Thomas, 1853 der Stiftung geschenkt. In medizinischer Hinsicht ist Wenzel dadurch besonders hervorgetreten, daß er als erster in Deutschland die Operation der künstlichen Frühgeburt bei Beckenenge unternahm und empfahl. J 0 h a n n C 0 n r a d V a r r e n t r a p p , Sohn des hiesigen Buch- händlers Johann Friedrich Var reu trapp, war 1779 ge- boren. 1804 wurde er als Arzt hier rezipiert, von 1807 — 1808 Arzt im Bürger-Hospitale, von 1812—1813 Arzt an den Militär- lazareten und Professor der gerichtlichen Medizin und medi- zinischen Polizei an der medizinischen Spezialschule, von 1814—1841 Arzt am Hospitale zum heiligen Geist. 1814 wurde er Physikus und trat in die Administration der Senckenbergischen Stiftung ein, welcher er von 1818 ab, als er Physicus primarius wurde, bis zu seiner Resignation im Jahre 1851 als Vorsitzender angehörte. Er starb 1860. In dankbarer Anerkennung seiner großen Verdienste um die Stiftung ließ die Administration sein Bild 1853 von Carl Rennert malen. - 139 — Samuel Christian Lucae, 1787 hier geboren, promo- mv.-No.s . vierte 1808 in Tübingen, wurde 1809 als Arzt hier rezipiert, 1812 Privatdozent in Heidelberg und kurz darauf Professor der vergleichenden Anatomie und Physiologie an der medizinischen Spezialschule hierselbst. 1815 wurde er Professor der Patho- logie und Therapie und Direktor der medizinischen Klinik in Marburg und starb daselbst 1821. Sein Porträt schenkte der Stiftung sein Sohn, der hiesige Professor Christian Gustav Lucae, im Jahre 1851. Das nächste Bild, ein Porträt unseres verehrten Herrn inv.-No. 56. Geheimrat Weigert, schenkte im vergangenen Jahre die Künst- lerin Fräulein Ottilie Rode r stein der Stiftung mit dem Wunsche, daß es die Stätte der Thätigkeit des ausgezeichneten Forschers zieren möge. Wir gehen über zu den Porträts Frankfurter Persönlichkeiten. In der obersten Reihe an der Hinterwand das dritte, vierte und fünfte Bild von links sind Porträts der Familie 1 1 1 e r. Das erste darstellend: Antonius Itter, Sohn eines mv.-xMo. 58. Pfarrers in Langen. 1611 geboren, wurde 1635 Präzeptor der zweiten Klasse des hiesigen Gymnasiums, 1656 Konrektor. Er starb nach 60jähriger Lehrthätigkeit 1695. Seine Ehefrau, die das zweite Bild darstellt, war eine mv.-No.sg. Tochter des hiesigen Okulisten und Bruchschneiders Lorenz Meyer. Das dritte, der Sohn Johann Wilhelm, 1656 hier ge- inv.-xo. oo. boren, ward Advokat und starb 1691. Die drei Bilder sind von dem geschickten hiesigen Porträt- maler H. Boss, 1685 beziehungsweise 1691, gemalt. Das äußerste Bild in dieser Reihe an der Thüre, 1742 inv.-No.68. voll J. Diehl gemalt, stellt einen Johannes Sieg n er, Bier- brauer dar. Es ist für Frankfurt deshalb von Interesse, weil er in der damaligen Tracht eines Bürgerfähnrichs abgebildet ist. Hi ob Ludolf, ein berühmter Sprachgelehrter, war 1624 inv.-No.ei. zu Erfurt geboren, auf dessen Gymnasium und Universität er die erste Ausbildung erhielt, wobei sich an ihm großes philo- logisches Talent mit eisernem Fleiße gepaart bewährten. Er — 140 — studierte Jurisprudenz, zeichnete sich aber auch schon in seinem 20. Lebensjahre durch die Kenntnis der äthiopischen Sprache aus. Von 1647—1651 bereiste er Frankreich, England und Italien, Holland, Schweden und Dänemark, und fand überall bei den ausgezeichnetsten Gelehrten die beste Aufnahme. Herzog Ernst von Sachsen berief ihn 1658 nach Gotha, sein Nachfolger Herzog Ferdinand ernannte ihn 1675 zum Kammerdirektor und 1686 zum Geheimen Rat. Ludolf war wegen seiner wichtigen philologischen Publi- kationen oft und lange in Frankfurt und lebte zuletzt ganz hier. Er war zweimal mit Frankfurterinnen verheiratet. Die erste Frau war eine Tochter des Schöffen Johann Jacob Müller, die andere eine geborene von Lersner. Er starb hier 1704 und vermachte der Stadtbibliothek nicht nur einen großen Teil seiner Bibliothek und Handschriften, sondern auch einen großen Teil seiner gelehrten Korrespondenz, von über 1200 an ihn und von ihm an andere gerichteten Briefen, unter welchen sich u. a. 35 Originalbriefe von Leibnitz befinden. Das vorzügliche Porträt, welches 1686 von dem berühmten, aus Osnabrück stammenden Londoner Porträtmaler Clo st er- mann gemalt ist, erhielt Senckenberg von dem mit ihm be- freundeten Baron He ekel, dem Mäcen des älteren Schütz, im Jahre 1749. Das folgende Bild ist ein sehr schönes Porträt des Prädi- kanten Hartmann Beyer, welches der Tradition und einer handschriftlichen Bezeichnung auf dem Rücken nach, augeblich dessen Sohn, den Arzt Johann Hartman n Bej^er, vorstellen sollte. Wenn schon die Tracht und ein Vergleich mit den Bildern, welche von beiden in unserer Stadt vorhanden sind, sofort die Unrichtigkeit jener überlieferten Angabe beweisen, so giebt eine Signatur links oben, die nicht leicht zu übersehen ist, das Jahr der Anfertigung des Bildes au. Es ist im Jahre 1567 gemalt, stellt also den Prädikanten im 51. Lebensjahr dar und dürfte, da Hartmaun Beyer sich 1545 in Frankfurt nieder- ließ, wohl hier entstanden sein. Das nächste ist ein Doppelporträt des berühmten hiesigen Petschierstechers Johann Helfrich Riese und seiner Ehe- frau Johanna Magdalena geb. von Groll. Es ist von der bekannten Künstlerin Anna Maria Braun im Jahre 1705 — 141 — verfertigt. Über die Herkunft dieses vorzüglichen Stückes geben unsere Akten leider keine Auskunft Sicher ist es, daß es Senckeuberg nicht besessen hat. Das erste Bild in der untersten Reihe ist das des E s a i a s inv.-No. 62. Philippus Glock, eines Syndikus der Stadt Frankfurt, der von 1646 — 1710 lebte. Es ist eine Arbeit des Johann Philipp Fur ich. Die beiden nächsten kleinen Bilder sind die Porträts des inv.-No. gg und G7. bekannten hiesigen Sammlers Zacharias Conrad vonUffen- bach, des jüngeren, 1683 geboren, und seiner Ehefrau, einer Tochter des Schöffen Persbächer. Von nicht Frankfurter Persönlichkeiten haben wir zunächst an der Hinterwand oben in der Ecke ein luv -no. 70. schönes Porträt des Kaisers Leopold des Ersten. Das nächste Bild zeigt in der Mitte das Porträt des Jacob inv.-No.76. Böhm, umgeben von mystischen und allegorischen Figuren. Dieser merkwürdige Mann, von Beruf Schuhmacher, 1575 in Schlesien geboren, war eine philosophisch tief angelegte Natur, der sich mit besonderem Eifer theologischen Studien hingab und Schöpfer eines theosophischen Lehrsystems wurde, welches in weitesten Kreisen Beachtung und Interesse fand. König Karl der Erste von England veranlaßte eine englische Über- setzung seiner Schriften. Selbst noch in späteren Zeiten haben Männer wie Hardenberg, Schlegel und Tieck sich ein- gehend mit seinen Lehren befaßt und Hegel sprach mit größter Hochachtung von ihm. Er starb 1624 in Görlitz. Johann Conrad Dippel, 1673 aufschloß Franken- mv.-No. 71. stein bei Darmstadt geboren, studierte in Gießen zuerst Theo- logie, wurde Magister, später wandte er sich der Alchymie und dann der Medizin zu und wurde nach mannigfachen Irrfahrten 1711 in Leyden Doktor der Medizin. Er gehörte aber mehr der Geschichte der protestantischen Kirche, als der der Medizin an. Mit großem Eifer nahm er teil an den Kämpfen zwischen dem Pietismus und der lutherischen Orthodoxie, gehörte zuerst der letzteren an, trat nachher zum Pietismus über, verließ zuletzt auch diese Lehre, um sich mehr und mehr teils in religiösen — 142 — Mysticismus, teils in astrologische und alcliymistische Grübeleien zu vertiefen. Er führte eine umherirrende Lebensweise unter sehr wechselnden Verhältnissen. Vom Gerücht, ein ausgezeichneter Arzt und großer Alchymist zu sein, begleitet, wurde er überall, da die Leute damals wie heute Gesundheit und Geld nötig hatten, mit offenen Armen aufgenommen und gefeiert; bald jedoch wurde er wegen seiner scharfen Augriffe auf die Lehren der Kirche und die Politik der Regierungen verfolgt. Nachdem er flüchtig teils in Deutschland, teils in Holland und Dänemark umhergeirrt war, praktizierte er einige Zeit in Altona, trieb Alchymie und polemische Schriftstellerei, saß nachher 7 Jahre lang gefangen in der Festung Hammershus auf Boruholm und kam endlich 1726 nach Schweden, woselbst er anfangs sowohl als Arzt wie auch als Theologe freundlich aufgenommen wurde. Aber nachdem er gegen gewisse Lehrsätze der lutherischen Kirche aufgetreten war, wurde er aus dem Königreiche ver- bannt. Nach erneutem Umherirren in Dänemark und Deutsch- land fand er endlich eine Zuflucht bei dem Grafen Wittgen- stein in Berleburg, starb aber bald daselbst, im Jahre 1734. Mit diesem Manne, der trotz aller Schwärmerei und Theo- sophie ein sehr tiefes und ausgebreitetes Wissen besaß, stand Senckenberg in Verbindung. In vorgefundenen Briefen wird Senckenberg Dippels genauester Freund genannt; Senckenberg erbte nach Dippels Tode einen Teil seines Nachlasses und mit diesem wohl dieses Bild, von welchem Senckenberg sagt, es sei 1705 hier in Frankfurt gemalt worden. Dippel schrieb unter dem Namen „Christiauus Democritus." Viele gedruckte Schriften aber auch noch manche ungedruckten finden sich in unserer Bibliothek. Senckenberg hatte die Ab- sicht, alle von Dippel hinterlassenen Schriften herauszugeben und eine ausführliche Lebensbeschreibung denselben beizufügen. Die Materialien von Senckenberg hierzu finden sich noch vor, welche zum Teil, suweit sie Frankfurter kirchliche Streitig- keiten betreft'en, von erhöhter Bedeutung für unsere Stadt sind, weil Senckenberg die Namen der streitenden Persönlichkeiten zugesetzt hat. inv.-No.73. Mathaeus Wesenvecius oder Weseubeck war als Sohn eines angesehenen Juristen 1531 zu Antwerpen geboren und verließ 1552 als Protestant wegen der Religions wirren sein — 143 — Vaterland. Er ging zuerst nach Jena, später nach Wittenberg, wo er 1569 als Professor der Jurisprudenz eine Anstellung erhielt und 1586 starb. Das Bild, welches Senckenberg im Jahre 1766 von einer Frau Anna Christine Diester weg geb. Heeser erhielt, war leider in einem sehr schlechten Zustande der Erhaltung. Offenbar schon in früher Zeit einmal restauriert, war es im Laufe der letzten Jahrzehnte weiterem Verfalle ausgesetzt, und soll jetzt noch einmal einer gründlicheren Wiederherstellung unterzogen werden. Einzelne gut erhaltene Partieen verraten, daß es ein vorzügliches Bild gewesen sein muß. Es ist ein Bild der Holbeinschen Schule, vielleicht von Amberger. Michael Bernhard Valentini, zu Gießen 1657 ge- inv.-No.74. boren, studierte daselbst und erhielt 1687 den Lehrstuhl der Physik in seiner Vaterstadt, den er später mit dem der Medizin vertauschte. Bald machte er sich durch seine Erfolge in der praktischen und schriftstellerischen Thätigkeit so berühmt, daß er den ersten Rang unter den Professoren der Universität ein- nahm. Er wurde 1720 Senior und Ökonomie-Inspektor, 1728 Kaiserlicher Leibmedikus und des Heiligen römischen Reichs Comes palatinus. Er starb 1729. Er war einer der ersten, welche in Deutschland die China- rinde therapeutisch verwandten. Joseph Wenzel, ein älterer Bruder des Geheimrat Carl inv.-No. 75. Wenzel, war 1768 in Mainz geboren. Er studierte in Mainz und erwarb sich mit seinem Bruder an demselben Tage dort die medizinische Doktorwürde. Beide Brüder traten dann eine größere wissenschaftliche Reise nach Bayern, Österreich und Italien an und kehrten nach zwei Jahren in die Heimat zurück. 1804 wurde Joseph Professor der Anatomie und Physio- logie. Seine ausgezeichneten Leistungen fanden allgemeine An- erkennung; jedoch war ihm nur ein kurzes Leben beschieden, denn er starb bereits 1806. Es sind dann weiterhin zu erwähnen die beiden kleinen iiiv.-no.78 Porträts von Luther und M e 1 a n c h 1 0 n in der untersten Reihe der Hinter wand, zwei Originalbilder Lucas Cranach des Jüngeren mit dessen Signatur aus dem Jahre 1552, ein Ge- schenk des Fräulein von Mühlen aus dem Jahre 1760. — 144 — Ein medizinisches Kuriosum eigner Art stellt das folgende Bild dar. Es ist das Porträt eines Mannes, an welchem die erste historisch beglaubigte Eröffnung des Magens (Gastrotomie) vorgenommen wurde. Die Geschichte meldet von diesem folgendermaßen: „Den 19 Mai dieses 1635ten Jahres begab es sich, daß ein Bauersknecht von Grunwald, 7 Meilen von Königsberg Nahmens Andreas Grunheide sich übel in dem Magen befände, derohalben nahm er ein Messer, faßete solches bei der Spitze, und wühlete mit der Schale in dem Halse, in der Meinung sich also zu übergeben oder zu brechen: Aber das Messer entfuhr ihm und ging bis in den Magen. Darauff ward der arme Kerl nach Königsberg gebracht zum Doctor Daniel Becker. Derselbe ließ ihm den 9 Julii in Gegenwart anderer Medicorum auf ein Brett binden und auf vorhergehende Application des magnetischen Pflasters durch einen Wundarzt Daniel Schwabe operiren. Das herausgezogene Messer ward hernach auf Begehren Anno 1637 dem Könige in Polen Wladislaus zugeschicket. Hernach hat es der König Johannes Casimir dem Hertzogeu Boguslao Radzivilen gegeben, welcher es endlich wiederumb auf die Königsbergische Churfürstliche Bibliothek verehret, da es auch noch jetziger Zeit mit des Andreas Grunheide Bildnuß zu sehen ist. Dieser Grunheide hat nach der Zeit Anno 1641 geheirathet, und hat sich zu Landsberg in der Vorstadt wohnhaft niedergelassen." Soweit der Chronist. Der merkwürdige Fall wurde von dem kurbraudenburgi- schen Hofarzt und Professor in Königsberg, Daniel Beck her, im Jahre 1643 in einer Abhandlung ausführlich beschrieben. Zum Schlüsse darf ich mir erlauben, Ihnen noch ein Bild aus dem Besitze der Stiftung zu zeigen, welches zwar nicht in den Rahmen unserer heutigen Betrachtung gehört, welches Sie aber gewiß wegen seiner Schönheit interessieren dürfte. Es ist dies ein Triptychon, welches der Stiftung im Jahre 1795 von Frau Kapitän Klotz, geb. Kirsch, nebst anderen Bildern vermacht wurde. Nach dem Urteil eines hervorragenden Kunstkenners ist es dem Meister vom Tode der Maria zuzuschreiben. Werfen wir noch einen kurzen Rückblick auf die Samm- lung. Der Kernpunkt ihres historischeu Interesses liegt in den — 145 — Porträts hiesiger Ärzte vom Jahre 1638 bis in unsere Tage. Es sind im ganzen 46 Stück und unter diesen eine Reihe von Bildern der Vorsteher des Gesundheitswesens einer Stadt und eines Staates, das zu allen Zeiten nach außen hin einen guten Ruf hatte. Vom Jahre 1658, also 10 Jahre nach Beendigung des 30jährigen Krieges ab, bis znm Jahre 1851 fehlen uns nur vier Porträts von Vorstehern des Sanitätsamtes, nämlich : die Ärzte Johann Caspar Sparr, der im Jahre 1694 und 1695, Cornelius Gladbach, der vom Jahre 1755 bis 1781, Phi- lipp Bernhard Pettmann, welcher von 1781 bis 1790 und Johann Christian Altenfelder, welcher von 1811 bis 1818 jene oberste Würde bekleidete. Und von 1851 bis zum Verluste der Selbständigkeit des Sanitäts Wesens 1866 noch die Porträts der Ärzte Map pes und Kloss. Wir haben im Bilde eine größere Zahl Männer, welche als Ärzte oder als Forscher Hervorragendes geleistet haben, daneben aber bleiben Lücken, Es fehlen uns Bilder von Männern wie Lorenz Heister und S o e m m e r r i n g , andere aus späterer Zeit nicht zu nennen. Entstanden ist die Sammlung durch den Gemeinsinn und die Liebe eines Sohnes zu seiner Vaterstadt und durch die patriotische Unterstützung ihrer Bürgerschaft bis in die neuesten Zeiten. Möge dieselbe Teilnahme der Senckenbergischen Stiftung stets beschieden sein und diese Sammluug, die ihresgleichen in Deutschland nicht hat, durch Zuwendungen, sei es durch Ori- ginale oder Kopien vorhandener Bilder, vermehrt werden. Die Stiftungsadministration aber wird jeder Zeit eine treue Hüterin der ihr anvertrauten Schätze sein. 10 — 147 — Beitrag zur Geologie von Syrien. Von Prof. Dr. F. Kinkelin. Auf seiner Route durch Syrien wurde Herrn Albert von Reinach eine Kollektion von syrischen Petrefakten von Herrn Professor Alfred Ely Day am Syrian Protestant College der amerikanischen Mission in Beirut zum Zwecke der näheren Bestimmung übergeben. Nähere Notizen über die Fundstücke sind denselben außer einer allgemeinen Ortsangabe nicht bei- gegeben worden. Die Fundpunkte, welche auf den den Objekten angeklebten Papierstreifen notiert sind, sind folgende: I. Northern point of Aleppo road (Nord-Syrien).^) IL Side hill SW Beirut R Bridge sea road (Mittl. Syrien). III. Jebaea near Karietein (ONO von Damaskus am Saume der syrischen Wüste, Mittl. Syrien). IV. Hill E of Karietein (Mittl. Syrien). V. Aintäb (Nord-Syrien). VI. Aintäb and Saraskaja(?) (Nord-Syrien). VII. W NE of Beilan (Nord-Syrien). VIII. W of Kortol (wohl mit Kartal im Kurdengebirg [Blankenhorn, Zeitschr. d. deutsch, geol. Ges. 1890 S. 331] identisch). Die größte Anzahl von Fossilien wurde am Northern point of Aleppo road, also in Nord -Syrien, gesammelt. Besonders was die cretacischen Schichten und die ihnen eingelagerten Fossilien ') Zur näheren Ortsbestimmung habe ich die eingeklammerten Notizen beigefügt. F. K. 10* — 148 — angeht, bringen die folgenden Notizen fast durchaus Neues. Daß aber die hier aufgeführten cretacisclien Fossilien aus Syrien von keinem der Forscher, die sich mit der Geologie von Syrien beschäftigt haben, aufgeführt worden sind, rührt wohl davon her, daß die Aufschlüsse zum Teil neu sind und zum Teil nörd- licher liegen, als die bisher besuchten Lokalitäten. P^s gilt also, wenigstens was die cretacischen Aufsamm- lungen angeht, dasselbe, was Herr Dr. Blankenhorn in der Einleitung zu seinem größeren Werk ^) über die Entwickelung des Kreidesystems von Mittel- und Nord-Syrien sagt, daß näm- lich auch nicht zwei Forscher, die sich mit der Geologie von Syrien befaßt haben — ganz abgesehen von der Erklärung der Lagerungsverhältnisse — in der schließlichen Altersbestimmung der einzelnen Schichten zu einem übereinstimmenden Resultat gekommen sind. Wenn nun auch die hier mitgeteilten Notizen über syrische Fossilien des Wertes entbehren, welchen sie durch stratigraphische Studien besäßen, so dürfte doch ihre Mitteilung von Interesse sein, indem sie zu solchen weiteren Anlaß geben möchten. Vor allem fordern hierzu die Fossilien von Northern point of Aleppo road auf. Lokalitäteu I — IV incl. Die Gesteine, welchen die Fossilien aus den Lokalitäten I — IV incl. eingebettet liegen, sind Kalksteine. Unter denselben glaube ich wenigstens zwei Arten unterscheiden zu können, die wohl auch verschiedenaltrige Schichten darstellen. Diese Ver- mutung ergiebt sich, resp. bestätigt sich denn auch durch die organischen Reste. Der eine Kalkstein ist ein dichter, kleinkrystalliner, fein- zuckerkörniger, der andere ist ein weißer, von kalkigen Organis- menresten reichlich durchsetzter, durch Auflösung solcher löche- riger Kalkstein, der auch au einigen Stücken oolithisch erscheint. a) Aus dem dichten kleinkrystallinen Kalkstein liegen mir folgende Fossilien vor, von : ') Dr. Max Blankenhorn, Beiträge zur Geologie Syriens. Die Ent- wickelung des Kreidesj'stems in Mittel- und Nord-Syrien etc. Eine geo- gnostisch-palaeontologische Monographie. 1890. In Kommission bei R. Fried- länder & Sohn, Berlin. — 149 — I. Northern point of Aleppo road. 1. Inoceramus concentrictis Sow. Fig. 1. Das Fossil, auf das ich diese Art beziehe, ist ein Stein- kern (Fig. la) und zwar die vollständige Ausfüllmasse der Muschel ; es läßt daher nicht allein die innere Oberfläche der beiden un- gleichen Klappen erkennen, sondern auch die Art des Schloßrandes, näm- lich die kleineu, regelmäßig auf dem- selben sich folgenden Querrinueu (Fig. 1 b). Diesbezüglich verweise ich auf die eingehende Beschreibung und Abbildung in Goldfuß' Petrefacta Germaniae Bd. II S. 111 Taf. 109 Fig. 8 a b c. Die konzentrischen An- wachsstreifen der Klappen sind am Steinkern nicht zu beobachten. Inoceramus concentricus Sow. kommt in Menge im Grünsandstein der Alpen, im Grünsand Westfalens und dem Englands (Folkestone) vor, besitzt also schon in Europa eine außerordentliche Verbreitung. Es ist daher wertvoll, daß gerade ein charakteristisches Leitfossil des Gault zweifellos für Syrien festgestellt werden konnte. Daß die folgenden Fossilien, deren Bestimmung außer der Vola aequicüstata Lam. nicht sicher ist, demselben Horizont wie Inoceramus concentricus angehören, ist, der Gesteinsbeschaffen- heit nach zu urteilen, nicht unwahrscheinlich, aber auch nicht sicher. Vola aequicostata Lam., von welcher im Gegensatze zu den anderen Fossilien, die aus dem dichten, kleinkrystallinen Kalkstein von Northern point of Aleppo road stammen, die Schale erhalten ist, könnte wohl einem etwas höheren Horizont angehören, was übrigens auch bei den anderen als Steinkerne und Hohlabdrücke vorhandenen Bivalven möglich ist, da die Arten, mit denen sie verglichen sind, und denen sie nahe stehen, Fig. 1. Inoceramus concentricus Sow. a) Steinkern, h) Teil des Schlosses in sechsfacher Ver- größerung. — 150 — in der europäischen Kreide einen höheren Horizont einnehmen. Weiteres Sammehi und genaue Angabe der Lagerstätte wird liierin erst Sicherheit bringen. 2. cf. Mutiella vlngitierensis Mant. sp. Auch dieses Fossil ist ein Steinkern und zwar der einer rechten Klappe; es stimmt mit der Abbildung recht nahe über- ein, welche A. Fritsch (Studien im Gebiete der böhmischen Kreideformation III, im Archiv der naturw. Durchforschung von Böhmen V. 2, Geolog. Abteilung) von Mutiella ringmerensis Mant. sp. S. 101, Fig. 64 giebt. Die hier abgebildeten Muskel- eindrücke sind im Steinkern nicht erhalten; jedoch ist die Fältelung am Schalenrand mit der von A. Fritsch abgebildeten ganz übereinstimmend, v. Zittel führt übrigens nach A. Fritsch dieselbe Bivalve als Fimbria coarctata aus den Wernsdorfer Schichten an, also aus Schichten, die das unmittelbar Liegende von einer dem Gault zeitlich gleichgestellten Schicht bilden, während die Iserschichteu, aus denen der Steinkern von A. Fritsch stammt, dem Turon, also einer hangenden Schicht des Gault, angehören ; auch aus dem Unter-Turon von Malnitz etc. führt sie Fritsch (1. c. IL S. 115) an. Gestalt des Kerns und der Horizont machen also die annähernde Bestimmung wahr- scheinlich, da die vertikale Verbreitung dieser Bivalve ziemlich groß zu sein scheint. 3. Terebratula sp. In einem Stück krystallinen Korallenkalkes steckt der Steinkern der größeren Klappe einer jungen Terebratula, welche folgende Maße besitzt: Höhe 9 mm, größte Breite 6 mm. Die Wölbung ist gleichmäßig, aber genauer nicht bestimm- bar. Auf der unteren Hälfte des Kernes verlaufen zwei schmale, ziemlich konzentrische Rinnen — eine tiefere obere und eine weniger tiefe nach rechts und links auslaufende untere, sonst ist der Steinkern ganz glatt, läßt also keine Falten erkennen. Unter solchen Umständen kann eine nähere Bestimmung kaum stattfinden ; wahrscheinlich ist wohl, daß dieses Fossil zu Tere- bratula biplicata Sow. oder dutempleana d'Orb. gehört. — 151 - 4. Cardiuin dayi nov. sp. Fig. 2. Diese ziemlich stark konvexe Bivalve (Fig. 2) ist als Hohl- abdruck in ziemlich guter Erhaltung vorliegend ; sie kommt dem Cardium alutaceum Mst. (Goldf. 1. c. S. 222, Taf. 144, Fig. 5abc) aus der weißen Kreide durch die Körnelung der Rippen nahe; beim syrischen Cardium sind jedoch auch die Rinnen sehr fein geteilt, sodaß sie im Ab- druck einer sehr feinen Perlschnur gleichen, auch ist die Zahl der Rippen bei ihm — ungefähr 24 — wesent- lich geringer ; sie stehen weiter Pig 2. voneinander ab als bei Cardium Cardium dayi Kink. alutaceum Mst. Breite des Schalenabdruckes von vorne nach hinten 5 mm Höhe „ „ 5 mm Die ziemlich stark gewölbte, linke Klappe hat demnach kreisförmige Gestalt und ist gerippt; die Rippen sind mit 16 — 18 Körnern besetzt und in den zwischen den Rippen befindlichen, etwas schmaleren Rinnen finden sich sich aneinanderreihende Grübchen, deren Zahl viel größer ist als die der Körner auf den Rippen ; es kommen 4 — 5 Grübchen auf den Abstand zweier einanderfolgenden Körner. Ich benenne diese zierliche Bivalve zu Ehren des Herrn Professor A. E. Day in Beirut, der die hier beschriebenen Fossilien gesammelt hat. 5. Vota aequicostata Lam. Goldfuss, 1. c. II S. 54, Taf. 92, Fig. 6. Von einer pectenartigen Bivalve ist eine linke Klappe er- halten ; dieselbe ist geöhrt und stark gewölbt ; sie besitzt 23 — 25 ziemlich breite, abgerundete, glatte, gleichförmige Längsrippeu, zwischen welchen schmale, nicht halb so breite Rippen vom Wirbel nach dem Schalenrand laufen. Von den Ohren ist nur eines fragmentarisch erhalten ; es ist glatt und entsprechend der Wölbung der Klappe gebogen. — 152 — Gold fuß giebt diese Muschel aus dem Grünsand von Sachsen und Bayern an. 6. LitJiodonius cf. rostratus d'Orb. PalJran?. d'Orbigny, Lamellibranches, Terr, cretaces S. 292, Taf. 334, Fig. 16, 17. A. Fritsch, Studium im Gebiete d. böhm. Kreideform. Ill S. 105, Fig. 72 Ein Stück dichten kryptokrystallineu Kalksteines ist von drei Bohrlöchern durchsetzt, von denen das eine von dem Stein- kern einer Bohrmuschel erfüllt ist, während die beiden anderen noch Schalenstücke dieser Bivalve enthalten. Die Gestalt des Steinkernes, der Anwachsstreifen zeigt, hat große Ähnlichkeit mit dem von A. Fritsch abgebildeten, schmalen, nach vorue sich zuspitzenden Lithodomus cf. rostratus d'Orb. ; an unserem Stück ist zwar das eine Ende abgebrochen, während das andere im Gesteine steckt, auch kann man nicht erkennen, ob die Oberfläche der Schale so rauh skulpiert ist, wie es Fritsch in Fig. 72 d abbildet. Dieses Vorkommen von Bohrmuschelu im kryptokrystalliuen Kalkstein dürfte einen durch Hebung des Gebietes, resp. Zurückweichen der Küste veranlaßten Hiatus zwischen Gault- und Senonzeit andeuten. d'Orbigny führt den Lithoclormis rostratus aus dem Turon au (1. c. S. 292). Hierher dürfte, wenigstens der dichten, kryptokrystalliuen Gesteinsbeschaffenheit des Kalksteines nach zu urteilen, noch das Fragment eines Korallenstöckchens bez. des Steiukerns eines solchen gehören, der stark beschädigt ist, sodaß eine einigermaßen sichere Bestimmung kaum möglich sein wird. Hinten, oben und unten sind Bruchflächen, das Vorne bildet von rechts nach links eine konvexe Fläche, die von oben nach unten konkav ist. Auf dieser von Poren besetzten Oberfläche erheben sich ohne besondere Ordnung und nicht gerade dicht zahlreiche, von einem zentralen Kanal durchsetzte Höckerchen, die an ein paar weniger beschädigten Stellen eine sechsteilige Sterngestalt zeigen ; an den Seiten eines Höckerchens kann man sechs, bis zur porösen Basis reichende Rinnen unterscheiden. Man dürfte etwa auf die Ähnlichkeit mit den bei Gold fuß 1. c. Bd. I, Taf. 23, Fig. 8c abgebildeten Korallen hinweisen. Gold- fuß nennt sie Astraea geminata. An unserem Stück kann ich — 153 — jedoch keine Zweiteilung der sechs blattartigen Sternstrahlen erkennen, wie sie bei Goldfuß abgebildet ist. Nach Obigem sind die Kelche am Korallenstock ziemlich tief eingesenkt und von einem Säulchen durchsetzt ; sie besaßen 6 Sternleisten ; die Oberfläche zwischen den Kelchen war höckerig. b) Aus dem von zahlreichen kleinen Poren durchsetzten, weißlichen, zum Teil etwas weiß abfärbenden Gestein liegen folgende Fossilien vor: 7. Ostrea äff. prionota Gf. Von den einem kreideweißen Kalkstein reichlich einge- betteten Austern ist keine ganz frei. Sie gehören zu der Gruppe des Genus Ostrea, die aus mehr oder weniger schmalen, ge- streckten und mit einem etwas gebogenen Längskiel ausge- statteten Formen bestehen. Hierher gehören Ostrea carinata, serrata, pectinata und prioiiota. Dieser letzteren Goldfuß- schen Art (Goldf. 1. c. Bd. II S. 10, Tai 74, Fig. 8 od. 9) steht unser Stück von der Straße nach Aleppo am nächsten. Die Falten, welche von der Mitte des Rückens, also von dem Läugskiel auslaufen, sind scharfkantig und öfter gabelig; sie sind auf der hinteren Seite des Rückens zahlreicher als bei Ostrea prionota Gf., während sie auf der vorderen völlig zu fehlen scheinen. Ob die Schale eine ohrenförmige Verbreiterung hat, ist nicht erkennbar, da die Schloßpartie im Stein steckt. Ostrea 'prionota Gf. kommt im Senon von Frankreich, Eng- land und Belgien vor. 8. äff. Caprina aguiUoni d'Orb. Ein aus dem Gestein kegelförmig, zipfelartig hervorragendes, glattes Fossil, das einer Pileopsis, deren äußerste Spitze abge- brochen ist, ähnelt, möchte wohl die an ihrer Spitze festge- wachseue, kegelförmige, rechte Klappe eines kleinen resp. jungen Rudisten sein von der Gruppe von Caprina agnilloni d'Orb. (Turon) oder Caprina adversa d'Orb. (Cenoman) (Pal. Franq.. d'Orbigny, Brachiopodes Terr, cretaces Tome IV, Tab. 538 u. 537). Im Besitze von wulstförmigen Ringen oder peripherischen Wülsten auf der betr. Klappe stimmen diese zwei Arten mit der syrischen überein; letztere ist gedrungener als Caprina aguilloni und kommt dadurch der Capri?ia adversa näher; diese — 154 — letztere ist jedoch gebogen, die syrische und Caprina aguiUoni hingegen strack. So stimmen die beiden letzteren auch darin miteinander überein, daß sie einen von der abgebrochenen Spitze nach dem Schalenrand laufenden Wulst, also einen Längs- wulst, besitzen, der als schmaler hervorragender Rücken die drei auf dem syrischen Fragment vorhandenen ringförmigen Wülste quert. 9. Turritella äff. nejJtuni Münster. Fig. 3. Auf einem Korallenstock, den ich nicht determinieren kann, sind zwei Abdrücke, der eine gehört einer nicht be- stimmbaren Bivalve (? Peden), der andere einer turritellenartigen Schnecke (Fig. 3) an. Auf den 6 Windungen der letzteren, die sich durch scharfe Kanten resp. tiefe Nähte von- einander abheben, sieht man besonders in den unteren, der Mundöffnung zu liegenden Windungen deutlich die sichelförmigen, kräfti- gen Anwachsstreifen (Querstreifen), ferner in den oberen Windungen parallele Längs- streifen, die nicht immer gleichweit vonein- ander entfernt sind und auch in der zweiten und dritten Windung abwechselnd verschieden stark erscheinen. In der untersten (? letzten) Windung scheinen die Längsstreifen ver- wischt. Auf der zweiten Windung zählt man acht (mit acht schwachen Zwischenstreifen), auf der dritten sieben (mit sieben schwachen Zwischenstreifen), auf der vierten sechs (hier sind Zwischenstreifen nicht erkennbar), auf der fünften vier oder fünf, auf der sechsten drei? Längsrippen. Die Windungen sind flach, kaum gewölbt, nehmen an Breite nur langsam zu, so daß die Schale ähnlich wie bei Turritella acicularis Rß. aus dem Priesener Senon verlängert kegelförmig, fast cylindrisch ist. In der Skulptur erinnert die syrische Schnecke an Turritella neptuni Mst. (Goldf. 1. c. Ill S. 106, Taf. 196, Fig. 15) aus dem Grünsand von Tournay, bei der auch stärkere und schwächere Längsrippeu (Gürtelcheu) mit- einander abwechseln. Fig. 3. Turritella äff. nep- tuni Münster. — 155 — Bei der meist wenig günstigeu Erhaltung der Korallen, die von Northern point of Aleppo road vorliegen, beschränke ich mich darauf, nur. soweit sie Goldf uß'schen Arten nahe zu stehen scheinen, die von Goldfuß gegebenen Benennungen aufzuführen. Ein Teil der Stücke ist unbestimmbar. 10. äff. Stylina geminata Gf. sp. Ein ziemlich wohl erhaltenes Fragment eines Korallen- stockes scheint der Astraea geminata Gf. (Goldf. 1. c. I S. 69, Tai 23, Fig. 8a u. b) sehr nahe zu stehen, wenn nicht mit ihr identisch zu sein. In den kreisrunden Kelchen, die sich kaum über die Oberfläche erheben, sieht man deutlich 16 abwechselnd gleiche Lamellen. Die die Zellen bei StijUna verbindenden Rippen sind nicht zu beobachten, ebensowenig wie das Hervor- treten des zentralen Säulchens. Goldfuß führt Astraea geminata von der weißen Kreide am Petersberg bei Maestricht an. 11. Heliastraea äff. rotula Goldf. sp. Ober- und Unterfläche des dickplattig entwickelten Korallen- stockes sind nur die Abdrücke der wirklichen Korallenoberfläche. Die cylinderförmigen Füllmassen der Kelche lassen ziemlich deutlich eine 2X12-Teilung erkennen, also das Vorhandensein von 24 Sternleisten, welche abwechselnd von ungleicher Größe sind. Jene Füllmassen von einer ringförmigen Vertiefung um- geben, sind nicht exakt in Reihen gestellt. Die Grundmasse zwischen ihnen läßt an ein paar Stellen winkelig gestellt La- mellen erkennen, wie sie Goldfuß y on Astraea rotula abbildet. Die Kelche sind jedoch bei der syrischen Koralle doppelt so groß als bei der, welche Goldfuß vom Petersberg bei Maestricht unter obigem Namen dargestellt hat. An den seitlichen ßrucli- flächen des Korallenstockes sieht man einander sehr nahe liegende parallele Böden, jedoch nicht so deutlich wie bei einem zweiten Stock. Dieser ebenfalls in ebener Fläche ausgebreitete Polypen- stock zeigt auf seiner Oberseite in einer porösen Grundmasse, nicht besonders regelmäßig in Reihen gestellt, größere nicht immer ganz kreisförmig umgrenzte Kelche von ziemlich cylindrischer Gestalt ; sie scheinen ebenfalls wie das eben beschriebene Stück 2X12 ziemlich kräftige Sternleisten zu besitzen. Die Kelche, von — 156 — welchen übrigens höchstens einer die Septen zu beobachten ge- stattet, sind nicht überall gleich weit voneinander entfernt. An der abgebrochenen Seite sieht man, wie schon bemerkt, in ziemlicher Erhaltung mehrere Böden, welche also die Zellen nach unten abschließen, so daß parallele Etagen entstehen. Die Unterseite dieses Stückes bildet der stark abgeriebene, verwitterte Abdruck; aber auch bei solch schlechter Erhaltung zeigt sich eine gewisse Übereinstimmung mit Astraea rotula Gf., nur sind auch hier die Kelche bez. die durch Zerstörung als stark ab- genutzte Säulchen hervortretenden Steiukerue derselben wesent- lich größer, als sie G o 1 d f u ß von Astraea rotula abbildet ; sie sind von einer kreisförmigen Vertiefung umgeben, woraus her- vorgeht, daß die Zellen einen über die Grundmasse hervortreten- den Rand hatten. Die Zwischenräume zwischen den Säulchen lassen deutlicher als im ersteren Stück auch winkelig gestellte Lamellen erkennen. IL Side hill SW Beirut R Bridge sea road. Von dieser Lokalität sind zwei Stücke vorhanden: der Steinkern einer Muschel, Fig. 4, und ein Gesteinsstück mit dem Abdruck eines Muschel -Fragmentes. Das Gestein mit dem Ab- druck ist ein lockerer, weißlicher, kreideartiger Kalkstein, der dem weißlichen kreideartigen Gestein entspricht, das in Aintäb ansteht (siehe unten S. 160). Sicher ist es freilich durchaus nicht, daß der Steinkern aus demselben Horizont stammt, wie der Hohlabdruck, da er aus dichtem Kalkstein besteht. 12. äff. Venerupis sp. Fig. 4. Ein ziemlich gut erhaltener, loser, ziemlich flacher Steinkern (Fig. 4) ist von mehr quadratischer als kreisförmiger Gestalt. DerAbklatsch der linken Klappe, d. i. die Innenseite dieser Klappe, ist fast gleichseitig. Der Wirbel ist nur schwach nach hinten gebogen ; von ihm gehen nach dem Unterrand radiär Fig. 4. äff. Venerupis sp. verlaufende , wenig hervortretende, — 157 — feine Streifen, die auf eine radiär gerippte Skulptur der Schale schließen lassen. Eine konzentrische Streifung (Anwachs- streifen) sieht man besonders deutlich nahe dem Unterrande, bei genauer Betrachtung auch auf dem übrigen Teil der linken Seite des Kerns. Zwei vom Wirbel nach dem Unterrand diver- gierende Rinnen, die ziemlich symmetrisch liegen und also einen mittleren, schwach gestreiften, dreiseitigen Raum begrenzen, fallen besonders auf; sie erreichen den Unterrand nicht. Dieser dreiseitige Raum ist von einer auch radiär verlaufenden, sehr schwachen, mehr nach vorne zu liegenden Depression durch- zogen. Außerdem beobachtet man eine flache Querleiste, die nahezu dem Oberrand parallel ist. Es ist wahrscheinlich, daß sie zur Mantelbucht gehört: ich glaube auch zu erkennen, daß sich die Leiste an ihrem hinteren Ende spitzwinkelig nach vorne in der Linie eines Anwachsstreifens umbiegt. Dieser Mantel- bucht nach zu urteilen, wäre nicht an eine Lucinide zu denken, sondern an Venerupis mit tiefer, fast horizontaler Bucht; bisher kennt man das Genus Venerupis sicher bestimmt schon aus dem Eocän. — Die vor dem dreiseitigen Mittelfeld liegende Partie der linken Seite ist schmal und glatt, die dahinterliegende breiter und gestreift. Die rechte kleinere Seite des Kerns ist verdrückt; sie läßt auch radiäre Streifung erkennen. Der Kern scheint zu einem Venerupis nahestehenden Genus, wenn nicht zu Venerupis selbst zu gehören, dessen Schalen von oben nach unten und von vorne nach hinten ziemlich gleiche Dimensionen haben (Höhe 18,5 mm. Breite 18,5 mm). Der obere Rand (Hinterrand des Schloßfeldes) ist jedoch gerade und gestreckt, der Vorder- und der Oberrand, d. s. die Seiten des Schloßfeldes, stehen zu einander senkrecht und sind gerade, der Hinter- und Unterrand bilden zusammen ungefähr einen Halbkreis. in. Jebaea near Karietein. 13. Exogyra laciniata Gf. Goldfuss, 1. c. II S. 35, Taf. 86, Fig. 12. Von dieser sehr charakteristischen Ostreacee des west- fälischen senonen Grünsandes (Aachen — Coesfeld) liegt uns ein Prachtexemplar aus Syrien vor. Goldfuß bildet die Unter- — 158 — schale obiger Spezies in zwei Größen ab; unser Exemplar er- reicht fast die Größe desjenigen, welches mit Fig. 12 d bezeichnet ist, stimmt aber sonst in allen Teilen mit der in Fig. 12 a dar- gestellten Unterklappe überein und ist daher mehr kreisrund als länglich. Man kann sich ungefähr in der Mitte des Rückens einen unregelmäßigen Kiel verlaufend denken, von dem nach hinten drei, nach vorne zwei große, vom Kiel nach dem Schalen- rande divergierende Falten abgehen, so daß diese Schale also durch sechs kräftige Falten auf der Außenseite der Unterklappe ausgezeichnet ist; außerdem kann man noch zwei schwächere Falten unterscheiden. Am Schalenrand erkennt man auch bei unserem Exemplar die Falten mit etwas aufragenden Spitzen endigend ; letztere sind zwar nicht vollständig erhalten. Ob sie hohl sind, ist nicht zu beobachten. Die Schale ist außerordent- lich dick und zeigt inmitten der Innenseite einen sehr tiefen Muskeleindruck. Höhe (Wirbel bis zum Unterrand) 95 mm. Größte Breite 81 Größte Dicke 42,5 „ IV. Hill E of Karietein. 14. Pecten asper Lam. Goldfuss, 1. c. II S. 58, Taf. 94, Fig. 1. ' Von dieser in beiden Klappen gleichförmig gewölbten Bivalve liegen acht ziemlich gut erhaltene Schalen vor, die mehr oder weniger deutlich die Schalenskulptur erkennen lassen ; darunter sind drei Exemplare mit zusammengehöriger, gewölbter, rechter und linker Klappe. Die Gestalt der Klappen ist fast kreisrund. Bei zwei Doppelschalen und einer einzelnen Klappe, die die Maße genau zu nehmen erlauben, sind die Dimensionen folgende : Höhe 31 mm 41,5 mm 36 mm. Länge 30 „ 41 „ 35,5 „ Dicke 12 „ 19 „ — Von dem Wirbel laufen 17—18 Rippen, die ungefähr gleich breite Furchen zwischen sich haben. Auf den ganz gleich- förmigen Furchen, wie auch auf den Rippen, verlaufen in sehr geringem Abstand Streifen in großer Zahl, die sich aus spitzen - 159 — Höckerchen oder Schuppenstacheln zusammensetzen. Auf eine Furche und Rippe kommen 20 — 22 solcher Streifen. Die Ohren sind ungleich und gestreift; auch diese Streifen sind feiuge- körnelt. Goldfuß hat diese Muschel aus dem Grünsand von Essen beschrieben. 15. I*ecten serktto-2)unctatus Münster. Goldfuss, 1. c. II S. 52, Taf. 92, Fig. 1. Auf einem Kalkstück befinden sich zwei Schalen, die sich durch ihre Größe und Skulptur als zusammengehörig oder doch zur selben Art gehörig ausweisen; sie sind kreisförmig, beide flach konvex, doch die eine mehr als die andere. Vom Wirbel strahlen 16 Rippen gleichförmig aus. Furchen und Rippen sind von gleicher Breite. Deutlicher beobachtet man an der flacheren Klappe mit der Lupe an einigen Stellen, wo die Oberhaut noch leidlich erhalten ist, nicht nur das Vorhandensein von drei zarten Linien in den Furchen, sondern auch daß dieselben aus drei Reihen feiner, querliegender, ritzenförmiger Höckerchen hervor- gehen. Von den Ohren ist nur eines an der flacheren Klappe erhalten ; es ist gestreift und die Streifen sind quer gerunzelt. Von den Dimensionen ist nur die Höhe (41 — 42 mm) mit annähernder Sicherheit zu bestimmen, da die Klappen an den Seiten etwas abgebrochen sind, doch mag wohl die Breite der Höhe wenig nachstehen. Diese eben aufgeführten Charaktere stimmen völlig mit der Pecten- Art, die Gold fuß aus dem Kreidemergel von Quedlin- burg unter dem Namen Pecten seriato-pundatus beschrieben und abgebildet hat. V. Aintäb. Die mit Aintäb bezeichneten Fossilien stammen aus zwei Horizonten. a) Kreidiger Kalkstein. Während nach Blanken horn (Zeitschr. d. deutsch, geol. Ges. 1890 Bd. 42 S. 327) im Thale des Afrin das oberste senone Kreidegebirg als weißer, weicher Mergel etc. in zerstreuten Partien ansteht und auch im Osten von Aintäb schon bei Nisib (Blanken- horn 1. c. S. 335) in dem tieferen Flußthal des Kirsun Tschaj die — 160 — senone Kreide entblößt ist, scheint in Aintäb selbst dieser Horizont nicht zu Tage zu treten ; auch in „Die Entwickelung des Kreide- sj'stems in SjTien" S. 59 u. 60 giebt Dr. Blaukenhorn Mit- teilungen über die Verbreitung von Kreide und Eocän in Nord- Syrien. Blankenhorn führt an, daß das Grundstück des Syrian Protestant College auf den untersten Lagen des Eocän, auf weißem, weichem, erdigem, zuweilen kreideartigem Kalkstein stehe, der im großen eine schieferige, in Platten spaltbare Struktur besitze. Ich gehe wohl nicht irre, wenn ich annehme, daß die einen mit Aintäb bezeichneten und mir übergebenen Fossilien diesem Horizonte angehören, denn sie liegen in einem lockereu, abfärbenden, homogenen, kreideartigen, weißlichen, allerdings nicht schieferigeu Kalkstein und sind Pecten-F ormen, ähnlich denjenigen, die Dr. Blankenhorn von Professor Li- vonian aus dem oben nach seiner Gesteinsbeschaffenheit be- schriebenen untersten Eocän erhalten und als Peeten livoniani beschrieben und abgebildet hat (1. c. S. 351, Taf. XIX, Fig. la. b.). 16. Peeten äff. livoniani Blkhrn. Von Aintäb erhielt ich drei einzelne, fast völlig kreis- förmige Klappen, von denen besonders eine gut aus dem gelb- lich-weißen, kreideartigen Kalk, der, diesem Stück nach zu urteilen, dickplattig zu sein scheint, herauspräpariert werden konnte. So liegt bei ihr nicht allein der gesamte Umfang frei, sondern auch die zwei nicht völlig gleichen Ohren, die außer den zarten Anwachsstreifen nur ganz schwache Längslinien erkennen lassen. Die Anwachsstreifeu der Klappen sind je nach dem Grade der Abnutzung bei den drei Klappen ver- schieden gut erhalten; gegen den Unterrand sind sie natürlich deutlicher. Ich zähle auf ihnen 18 — 19 glatte, runde Kippen, deren Breite ungefähr l\/2mal größer ist, wie die zwischen- liegenden glatten Rinnen. Die Dimensionen scheinen nicht zu gestatten, daß sie mit Peeten livoniani Blkhrn. völlig identifiziert werden, da bei ihnen die Länge etwas größer ist als die Höhe ; bei Peeten livoniani ist dies Verhältnis ein umgekehrtes. Die Dimensionen der drei Klappen sind folgende: 1. Höhe 45 mm Länge 47,5 mm. 2. „ 48,5 „ „ ca. 50 „ 3. „ 40,5 „ „ 43 „ — 161 — Nicht allein in Klappe 1, sondern auch in Klappe 3 sind die Ohren leidlich erhalten ; sie setzen bei der letzteren Klappe etwas tiefer an der Klappe an als die Ohren der vollständig erhaltenen Klappe 1 ; auch bricht die Seite der Klappe bei der Klappe 3 vorne wie hinten steiler gegen die Ohren ab, als dies bei Klappe 1 der Fall ist. Klappe 1 und 3 dürften wohl, die eine die rechte, die andere die linke Klappe, von zwei ver- schieden großen Schalen derselben Art sein. b) Ein weiterer Horizont ist nur durch ein Gesteinsstück und außerdem durch vier lose Steiukerne vertreten; aus dem- selben hat Dr. Blankenhorn zahlreiche Fossilien beschrieben. Das Gestein ist ein schmutzig -weißer verkieselter Kalkstein, erfüllt mit zahlreichen Steinkernen und durchsetzt von vielen Hohlräumen, die durch die Auflösung der kalkigen Schalen von Gastropoden, Bivalven etc. entstanden sind. Die Oberfläche der Steinkerne und Hohlabdrücke haben durch Oxydation einen rötlich-braunen Überzug erhalten, was auch von den losen Stein- kernen gilt. Die Hohlabdrücke auf dem Gesteinsstück gehören zumeist zu einer Bivalve, die sich mit 17. Cardita alntabensis Blkhrn. Blankenhorn, Zeitschr. d. deutsch, geol. Ges. 1890. S. 332 u. S. 354 Taf. XIX Fig. 4—7. völlig deckt. Von einem Gastropoden sind vier Windungen des Stein- kerns erhalten, Windungen, die von oben nach unten nur wenig an Breite zunehmen ; der Naht entsprechen tiefe Rinnen, denen entlang steile, abgerundete Winduugsräuder verlaufen. Auf der Innenseite der Schale existiert ungefähr in der Mitte der Windung als Längsstreifen eine seichte, schmale Rinne, längs welcher oberhalb und unterhalb derselben gerundete, breitere, niedere Längsleisten parallel laufen. Es scheint mir wenig zweifelhaft, daß dieses Fossil der 18. TurriteUa angiilata Sow. D'Archiac & Haime Group, numinulit. de l'Inde. Taf. 27, Fig. 6—9. Blankenhorn, 1. c. S. 333 u. 357. angehört, welche Dr. Blankenhorn ebenfalls von Aiutäb aus gelblichen, kieseligen Lagen, die ganz den Kieselkalken und 11 — 162 — Hornsteinen des tieferen (?) Eocän südlich bei Tab entsprechen, anführt. Die losen Steinkerne gehören zu den herzförmigen Spa- tanginengattuDgen, bei welchen der After (Periproct) über dem unteren Schalenrand, also supramargiual liegt und die quere Mundöffnung (Peristom) weit nach vorne gerückt ist. Von den vier Steinkerneu sind zwei unter sich sehr ver- schiedene infolge ihrer schlechten Erhaltung kaum bestimmbar. Von dem einen derselben, den ich für dem Schixaster archiaci Cotteau nahestehend hielt, giebt Blanken horn (1. c. S. 349, Taf . XVIII, Fig. 3 a u. b) eine Abbildung und führt ihn als Schizaster cf. rimosn.s Ag. auf. Abgesehen von der schlechten Erhaltung glaubt Dr. Oppenheim, daß er weder mit Schixaster archiaci, noch mit Schixaster rimosus zu identifizieren sei. Von den zwei leidlich erhaltenen Steinkernen gehört der eine zu 19. Schizaster vlcinalis Ag. Cotteau, Pal. fran§. S. 328, Taf. 98-99. Dames, Palaeontogr. Bd. 25 S. 63, Taf. 9, Fig. 4 a und b. Bittner, Beiträge z. Paläont. (Jsterreichs-Ungarns, Bd. I S. 93, Taf. 11, Fig. 5. Die ProflUinie und Anordnung der vorderen Furchen und die durch sie veraulaßte Ausbuchtung führten zu obiger Be- stimmung. Ein spezifischer Unterschied ist es kaum, daß die hinter dem Scheitel (Apex) liegende Partie relativ etwas kürzer ist als bei dem von Dames abgebildeten Stück. In der Größe stimmt der Steinkern mehr mit Schixaster rimosus Ag. überein. Die Erhaltung des Steinkerues ist so gut, daß sich nach ihm die Anordnung der blattförmigen Ambulakren (Petalodien) und der Interambulakralplatten ziemlich gut geben ließe. Dr. Blankenhorn (1. c. S. 348) führt von Aintäb auch Schixaster vicinalis auf: das betreffende Stück besitzt aber eine wohl- erhaltene Schale und stammt aus einem weißen, weicheren Kalk- steine. Das Lager der beiden Stücke, obwohl beide von Aintäb oder der Umgegend von Aintäb kommend, ist demnach ein ver- schiedenes. Aus dem weichen Kalkgestein und dem verkieselten Kalk- stein führt Dr. Blankenhorn noch mehrere Echiniden auf. Die Stücke aus dem letzteren haben auch fast durchaus keine nähere spezifische Bestimmung erfahren. — 163 — Über das von mir als Schixaster viciyialis kg. bestimmte Stück schreibt mir Herr Dr. Oppenheim: „Bezüglich des Schixaster vicinalis stimme ich mit Ihnen nach Vergleich mit meinen vicentiner Typen überein. Wenn Blankenhorn sagt: „die Art ist sonst nur aus dem Obereocän bekannt", so ist dies irrig. Schon Dames giebt die Form von der Purga di Bolca, also aus typischem Mitteleocän an ; die Fundpunkte von Verona sind zudem, wie Bittner zuerst nachgewiesen hat, und ich bestätigen kann, sämtlich mitteleocän, und die Art geht hier z. B. in Valpolicella, wo ich sie selbst gesammelt habe, bis an die Basis herab und liegt im gleichen Niveau, wie in Syrien." Den anderen wohlerhaltenen Echinidensteinkern, der in meine Hände kam, glaubte ich dem Pericosmus montevialensis V. Schaur. sp. nahestehend. Unterschiede von der Dame s'schen Art erkannte ich auch u. a. darin, daß der Scheitel im Stein- kern nicht soweit nach vorne gerückt erscheint, wie dies Dames vom Schixaster montevialensis abbildet, so daß der von den beiden vorderen paarigen Ambulakralf urchen gebildete Winkel nicht so nahe einem gestreckten Winkel ist, wie ihn Dames abbildet und beschreibt. Herr Dr. P. Oppenheim, dem ich diese Bestimmung zur Beurteilung vorgelegt habe, hat ihn als 20. Pevicostnus MankenJiorni Oppenh. n. sp. Fig. 5 a, b, c, d. benannt und beschrieben.^) ') 20. Pericosmus ? blankenhomi Oppenh. n. sp. Blankenhorn I. c. p. 351. ? Pericosmus sp. Der Umriß des Steinkerns ist gerundet sechsseitig, vorne tief aus- gerandet , hinten horizontal abge- schnitten, die größte Breite liegt auf den Endigungen einer durch den Scheitel parallel zum Hinterrand ge- zogenen Linie. Das Profil ist stark gewölbt. Die größte Höhe liegt in dem etwas hinter dem Zentrum gelegenen Apex, an welchem die Schale nach vorne jäh, nach hinten allmählich abfällt. Das vordere, zu- Fig- ö a. Pericosmus ? blankenhomi erst ganz flache und mit großen ein- Oppenh. n. sp. zelnen Poren besetzte Ambulacrum Ansicht von hinten. 11* 164 VI. Aintäb und Sarakaia. Von Aintäb und Sarakaia, wohl von dem Schichtglied ab- stammend, das nach Blankenhorn den Hügel im Süden von Aintäb bildet, kommt ein Stück eines grauen, kleinkrystallinen Nummuliten führenden Kalksteines, das nach der Abrundung der Kanten, wie auch nach der Ansiedelung von Flechten zu urteilen, schon länger vom anstehenden Fels abgelöst war und auch von fließendem Wasser transportiert worden ist. Besonders auf einer fast ebenen Seite des Stückes treten die Nummuliten infolge der ungleichen Verwitterung etwas hervor. Herrn Dr. Fig. 5 b. Pericosums? hlankenhorni Oppenh. Ansicht von oben. Fig. 5 c. Pericosmus? hlankenhorni Oppenh. Ansicht von unten. vertieft sich in einer Entfernung von 15 mm vom Scheitel ganz plötzlich und schneidet den Vorderrand noch stärker ein, als dies bei E. monte- vialensis der Fall ist. Hier so- wohl wie auf der Hinterseite springt die Schale wie bei E. montevialensis in zwei starken Buckeln nach außen vor. Die paarigen Petalodien sind beinahe gleich lang ; sie sind viel breiter und tiefer als bei der vicentiner Art; die vorderen sind keulenförmig und in ihren En- digungen leicht gekrümmt. Der Winkel, welchen sie bilden, ist bei den vorderen kleiner, bei den hinteren größer als bei E. montevialensis; auch liegen alle vier Petalodien bei der syrischen Art gleichmäßig t i e f ; die vorderen zeigen jederseits 25, die hinteren 18 Paare von ungejochten Einzelporen, welche durch ein enges Band getrennt werden. Die Inter- p 0 r i f e r e n zone ist schmaler als der p 0 r e n t r a g e n d e Schalenteil. Die vier paarigen Inter ambulakren laufen im Scheitel spitzer und keil- förmiger zusammen. Das Periprokt scheint breiter zu sein, als bei der vicentiner Art; seine Lage ist die gleiche. Die Lage des Peristom und die Verhältnisse der nur im Plastron leicht gewölbten, sonst flachen Unter- — 165 — P. Oppenheim in Chaiiottenburg, der sich um die Klärung der paläontologischen und stratigraphischen Verhältnisse des Vicentiner Tertiärs etc. die größten Verdienste erworben, ver- danke ich die nähere Bestimmung der aus Syrien stammenden Nummuliten. Hiernach sind die von Aintäb mit genetzten Septalverlängerungen resp. Oberfläche versehen , und kommen also nur Nummulites laevigatus Lam.-/a/«arcÄ;^ d'Arch. und inter- medius-fichteli d'Arch. in Frage. Dr. Oppenheim äußert sich hierüber weiter: „Das sehr dichte im Zentrum mit ganz feinen Maschen versehene Netz, die Seite entsprechen genau bei beiden Arten. Länge und Breite 47 mra. Höhe 28 mm, Länge der Vorderfurche 22 mm. Länge der vorderen paarigen Pe- talodien 18, Breite 6 mm. Länge der hinteren 16, Breite 6°^"^- Fig. 5d. Da die Zahl der Genitaltäfel- Pericosmus? blankenJwrni Oppenh. chen, von denen Pericosmus nur drei,*) ^ , . -r ■ ^, ■ ■ ■, -^ 1^ j Längsschnitt. Lmthia vier besitzen soll, an dem vor- ° hegenden Steinkern nicht mit Sicher- heit erkannt werden kann — ich glaube vier Poren im Scheiteschilde erkennen zu können, von denen die hintere rechte sich weiter nach außen entfernt als die vordere — so ist die generische Stellung dieser auffallenden Form nicht gesichert. Der allgemeine Habitus , die starke Ausrandung der Vorder- seite, die vier Buckel an den Spitzen, die fast vollständige Gleichheit der *) D a m e s giebt 1. c. p. 65 vier Genitalporen bei P. montevialensis V. Schauroth an; ein gut erhaltenes Stück, welches mir von Castelsies vorliegt, läßt im Einklänge mit der Diagnose von C o 1 1 e a u nur drei erkennen, die vordere rechte Pore fehlt hier. Ich bin übrigens nicht ganz überzeugt, daß Laubes Periaster capelUnii (Laube, Einleitung zur Kennt- nis der Echinodermen des venetianischen Tertiärgebietes, Denkschr. d. k. Wiener Akad. 29. Bd. 1868 p. 29, Taf. 6, Fig. 3), wo in der Beschreibung übrigens der Genitalapparat nicht erwähnt wird, mit Pericosmus montevialensis v. Schau- roth in der D am es' sehen Fassung übereinstimmt. Vielleicht sind hier zwei Arten vorhanden, jedenfalls würde sonst die Type in Umriß und Profil sehr auffallend variieren, — Auch B i 1 1 n e r : Beitr. zur Kenntnis alter tertiärer Echinidenfaunen, Beitr. zur Palaeont. Österreich-Ungarns I, Wien 1880, zeich- net übrigens bei P. spatangoides Desor sp. auf Taf. IX, Fig. 3 vier Genital- poren, während er im Text ausdrücklich auf pag. 100 nur drei angiebt. — 166 — flache Gestalt der großen und die kugelige in der Mitte ange- schwollene der kleinen Formen, die einfachen Septalverlängerungen am Rande bei den letzteren, die großen Pfeiler, die Gestalt des Längsschnittes bei der großen Form (cf. d'Archiac u. Haime Monographie Taf. lY) — alles dies spricht für Nummulites laevigatus Lam. und lamarcki d'Arch. Beide sind Leitfossilien für die untere Abteilung des Mitteleocäus, des unteren Grob- kalkes des Pariser Beckens." Oppenheim vermutet, daß Nummulites intermedins und cf. /?c/?ifeZ/, welche Blank enh or n (Z. d. deutsch, geol. Ges. 1890 p. 318 ff. und p. 341) von Aiutäb angiebt, auf die älteren Nummulites laevigatus - lamarcki zurück- zuführen sein werden. Nach der im allgemeinen herrschenden May er 'sehen Ansicht sind die Schichten von Priabona mit Nummulites intermedius von obereocänem Alter. VIT. IV|t- NE of Beilan. Dieselben Nummulitenspezies kommen an der Lokalität vor, welche Professor Day mit M*' NE of Beilan bezeichnet hat. Sie erfüllen hier Stücke von dichtem, grauem, mergeligen vier Petalodien, endlich die große, unleugbare Ähnlichkeit mit der vicentiner Art, deren Zugehörigkeit zu Pericosmus mit Sicherheit erwiesen wurde, lassen auch bei ihr den Anschluß bei dieser Gattung als sehr wahrscheinlich er- kennen. Die spezifischen Unterschiede von Pericosmus montevialensis v. Schau- roth sp. wurden durch den gesperrten Druck hervorgehoben. Es sei, daCotteau, dessen stratigraphische Angaben überhaupt äußerst ungenau sind, in der Pal. fran^aise Ech. tert. I p. 442 den Pericosmus monte- vialensis aus dem Eocän eines mir nicht bekannten Mt. Pilato aus dem Vicentino angiebt, hier noch darauf hingewiesen, daß diese Art noch nie- mals unterhalb der Schioschichten gefunden wurde, deren charakteristisches Leitfossil sie ist. Wie man sich auch zur Altersfrage dieses Komplexes stellt, ob man in ihm ein Oberoligocän oder ein üntermiocän sieht, für Cotteau, welcher anscheinend das Oligocän nicht anerkennt, Wcäre die Type jedenfalls als ,,miocän" anzuführen gewesen. Der große Altersunterschied der beiden Arten, der syrischen und der vicentinischen Tji)e, ließ eine spezifische Identi- tät von vornherein sehr wenig plausibel erscheinen. Auch zu den von Cotteau aus Algier (P. nicaesi Pom.) und Süd-Frankreich beschriebenen Pericosmus- Arten bietet die syrische Form, deren Habitus sehr auffallend ist, keine Berührungspunkte dar. Sie sei Herrn Dr. Blanke nhorn gewidmet, dem die Wissenschaft wertvolle Untersuchungen über die Geologie Syriens verdankt. — 167 — Kalkstein und treten auch hier auf der angewitterten Ober- fläche mehr hervor, als auf den frischen Bruchfl.ächen. VIII. W of Kortol. Aus der Gegend von Kortol stammen zwei Stücke eines gelblichen porösen Kalksteines, der fast nur aus Numrauliten besteht. Über letztere schreibt Oppenheim: „Auch hier ver- bot sich infolge der Umkieselung eine Untersuchuug durch Schnitte, trotzdem sind aber bei der günstigen Erhaltung der Oberfläche folgende Foraminiferenarten mit ziemlicher Sicher- heit festzustellen: Nurmnulites Imnarcki d'Arch. Nimimulites guettardi d'Arch. Nummulites murchisoiii Brun. Assilina subgranulosa Oppenh. Orbitoides 7iummiditicus Gümb | vergl. Blankeuhorn Orhitoides cf. papyraceus Boubee J 1. c. p. 342. Von diesen wird Nunimiilites guettardi bereits von L artet erwähnt. Die Orbitoides hat Blanken horn augenscheinlich bei seiner Beschreibung vor Augen. Heterostegina assilinoides Blankenh. konnte ich in den Stücken nicht auffinden. Das Niveau dieser verkieselten Gesteine von Kortol scheint das gleiche zu sein, wie das von Aintäb etc., also die Basis des Mitteleocäns." Nach den Bestimmungen der von den verschiedenen in Nord- und Mittel-Syrien befindlichen Lokalitäten stammenden Fossilien zu urteilen, gehören solche mindestens vier geologischen Horizonten an: dem Gault und der oberen mittleren Kreide, (krystalliner Kalkstein), der Oberkreide — Oberturon und Senon (poröser Kalkstein, reichlich mit Schalentrümmern durchsetzt), dem Unter-Eocän, (weißlicher, kreideartiger Kalkstein), dem Mittel-Eocäu, (verkieselter Kalkstein und grauer und gelber dichter Kalkstein). Vorausgesetzt, daß Inoceramus concentricus Sow. in Syrien nicht in einen höheren Horizont eintritt, als in Europa, so liegen aus dem Gault folgende Fossilien vor: Inoceramus concentricus Sow. von N. point of Aleppo road. — 168 — Welchem Schichtenglied oder welchen Schichtengliedern Terebratula sp. N. point of Aleppo road cf. Mutiella ringmerensis Mant. sp. „ „ „ „ „ Cardiimi dayi mihi „ „ „ „ „ Vola aequicostata Lam. „ „ „ „ „ augehören, ist ohne Kenntnis der Schichtenfolge an der betr. Lokalität nicht festzustellen ; sie kommen doch wohl aus Sedi- menten, die sich lückenlos dem Gault anschließen, also wohl von cenomanem Alter sind. Das Cenoman kommt kalkig ent- wickelt in Palästina vor. (Blankenhorn 1. c. S. 17.) In ein Gesteinsstück von krystallinem Kalkstein haben sich Bohrmuscheln eingebohrt, die mit dem aus den Iserschichten (Oberturon) von A. F r i t s c h beschriebenen Lithodomus cf . rostratus d'Orb. ziemlich übereinstimmen. Es hat somit zwischen der Ablagerung des Gault einerseits und der der Oberkreide, vielleicht des Oberturons, anderseits eine Unterbrechung in der Wasserbedeckung stattgefunden; das Meer hat sich also hier zurückgezogen oder das Land hat sich gehoben; erst zur obercretacischen Zeit scheint das Meer wieder in N. -Syrien von dem Gebiet, das es inne gehabt hatte, Besitz genommen zu haben. Ebenfalls von Northern point of Aleppo road, woselbst obige Fossilien aufgesammelt worden sind, stammen und zwar aus einem lithologisch sehr verschiedenen (porösen, z. T. kreidig abfärbenden) Kalkstein, folgende Fossilien: Ostrea cfr. prionota Goldf. äff. Caprina aguilloni d'Orb. Turritella äff. neptuni Münster Heliastraea äff. rotula Fauj. sp. äff. Stylina geminata Goldf. sp. Demselben oder einem sehr nahestehenden Horizont ge- hören ferner an: Exogyra laciniata Goldf. von Karietein Pecten asper Lam. „ „ Pecten seriato-punctatiis Münst. „ „ Es sind dies zumeist Fossilien, welche aus dem west- fälischen und böhmischen und auch aus dem englischen Turon und Senon bekannt sind. Zeigt das Auftreten dieser Fossilien im mittleren und nörd- lichen Syrien die außerordentliche Ausdehnung des europäischen — 169 — Kreidemeeres nach Osten, so ist nicht minder hervorhebenswert, daß dieselben Organismen eine solch weite Verbreitung hatten, so besonders Inoceramus concentricus Sow. Vola aequicostata Lam. Exogy?'a lacmiata Goldf. Pecten asper Lam. Pecten seriato-punctatus Münster und Stylina geminata Goldf. sp., was nur verständlich ist durch die Beweglichkeit dieser Tiere in ihrer Jugendzeit, sowohl der Ostreen und Pectiniden, als auch der Korallentiere. Ein weiterer Umstand scheint mir noch hervorgehoben werden zu sollen, daß eben diese Fossilien fast durchaus der nordeuropäischen Kreidefacies angehören, wie sie in England, Nordfrankreich, Westfalen und Böhmen auftritt, und nicht, wie es z. B. vom Libanon berichtet wird, der mediterranen Hippuriten-Facies. Die Verbindung jener Facies von England, Nord-Frankreich, Westfalen und Böhmen mit Nord-Syrien wird wohl über Ost-Galizien und Süd-Rußland stattgefunden haben, von wo die Oberkreide in solcher Entwickelung bekannt ist. Wie in der nordeuropäischen Kreide die Rudisten verhältnis- mäßig selten sind, so auch in Nord-Syrien, wo sich die Capri- niden nur durch ein Fossil verraten, die Glauconien, Nerineen, Actaeonelliden etc. aber ganz fehlen. Von den Senonfossilien der Krim (Karassubazar), die wir Herrn Staatsrat 0. Retowski verdanken, stimmt übrigens keines mit den syrischen überein. Die Krimfossilien gehören dem obersenonen Mucronatenkalk an und sind: Belem7iitella mucronata Schloth. sp. Ostrea mwabüis Demidoff Ostrea vesicularis Lam. Inoceramus cuvieri Sow. Änatichytes ovatus Leske sp, Spatangus cfr. granulosus Gf. sp. Spatangus cfr. bitfo Cuv. sp. Die syrischen Fossilien, die wir oben aus der Oberkreide aufgeführt haben, werden etwas tiefereu Schichten der Ober- kreide augehören, als die Fossilien von Karassubazar, In der — 170 — Gegend von Beirut existierte aber doch das Obersenon in Form eines feiiersteinführeuden, kreideartigen Kalksteins. (Blanken- horn, Entwickelung der Kreidebildung in Mittel- und Nord- Syrien, S. 6 nnd 16 ff.) Nach dem westlichen Asien — Nord-Syrien — führte dem- nach zur Zeit der Oberkreide von Westen resp. Nordwesten aus dem nordischen Kreidemeer eine Meeresstraße. Von Nord- Syrien noch weiter nach Osten scheint eine Fortsetzung des nordeuropäischen Kreidemeeres durch Fossilien angedeutet zu sein, die au der Süd -Ostküste von Dekhan bei Pondichery vorkommen und nordeuropäische Anklänge besitzen sollen. Die aus den hier beschriebenen Fossilien und Gesteinen gezogenen Schlüsse gebe ich natürlich nur mit Vorbehalt, da ich die Lagerungsverhältnisse der verschiedenen Gesteine etc. nicht von Augenschein her kenne nnd, wie schon erwähnt, die Ortsangaben nur ganz kurze, allgemeine sind. Anders hat sich für Nord-Syrien die Verbindung der meerischen Wasser zur frühen Eocänzeit gestaltet. Die Fossilien zeigen z. T. spezifische Übereinstimmung mit solchen, welche aus dem Mitteleocän des Vicentins bekannt sind ; bei reichlicherem und besser erhaltenem Material wird die Übereinstimmung wohl eine wesentlich größere werden. Mit dem eocänen Mittelmeer stand also zur Mitteleocänzeit ein Teil Nord-Syriens im Zu- sammenhang, der noch nördlicher liegt als Northern point of Aleppo road, wie es auch aus den Bestimmungen Blanken- horns hervorgeht. Die weite Verbreitung von Schixaster vicinalis erklärt sich auch aus der pelagischen Lebensweise der jugend- lichen Echiuiden. In welchem Altersverhältnis die Echiniden führenden Kiesel- kalke von Aintäb etc. zu den Nummulitenkalken stehen, ist aus den hier vorliegenden Daten nicht ersichtlich. Nach den Oppenheim'schen Bestimmungen der Nummuliten etc. gehören die Nummulitenkalke, welche, von Prof. Day gesammelt, hier besprochen worden sind, dem frühesten Mitteleocän an. Dr. Blanken horn bemerkt (1. c. Nord-Syrien S. 323), daß die Schichtensysteme konkordant zu folgen scheinen. In einem Falle konnte er aber an einem sehr guten Aufschlüsse auf der Ostseite des Gebirges (Nusairiergebirg) eine ganz unzweifelhafte, wenn auch geringe Diskordanz der Lagerung wahrnehmen — 171 — zwischen senkrecht zerklüftetem Kalk mit vielen Nnmmnliteu oben nnd weichen dünugeschichteten Senonmergeln nnten. Offen- bar habe dort mit Ende der Kreideperiode eine kurze Unter- brechung in der Sedimentation und später eine Transgression stattgefunden, worauf auch der sonst beobachtete plötzliche Übergang in petrographischer Hinsicht (siehe auch u. a. Blauken- horn 1. c. S. 322) hinweise. Zusammenfassend sagt Blauken- horn (1. c. S. 325): Diese Hornsteiu-Schichteu und Kieselkalke bilden fast im ganzen südlichen Nord-SjTien die Basis des Eocäus direkt über den senonen Kreidemergeln. Nach der Gliederung des Eocäns, welche Blank enh or n (1. c. S. 335 — 337) giebt, zu urteilen, sind in unserem Material die beiden Hauptabteilungen vertreten und auch die beiden von Blankenhorn unterschiedenen Unterabteilungen der unteren Hauptabteilung. Hiernach ist die höhere Hauptabteilung von den Nummulitenkalken gebildet, die untere Hauptabteilung aber durch den kreidigen Kalk mit Pecte7i äff. livoniani Blkhrn. und dem hangenden, Echiniden etc. führenden Kieselkalk. Da es den Anschein hat, daß in den verschiedenen Teilen Nord- Syriens die geologischen Vorgänge zur cretacischen und eocänen Zeit nicht gleichen Schritt gehalten haben, so w^erden weitere stratigraphische Studien und fortgesetztes Aufsammeln von Fossilien noch nötig sein, um zur völligen Aufklärung jener Vorgänge zu führen. — 173 — Über Dreikaiiter aus der Umgegend von Frankfurt. Von Dr. E. Wittich. Mit Tafel V und VI. Das genaue Studium des Diluviums lieferte uns eine über- raschende Fülle interessanter Aufschlüsse über die geologischen Verhältnisse dieser zuletzt vergangenen Epoche. Die Be- deckung der norddeutschen Ebene mit mächtigen Eisströmen, und die Vergletscherung unserer Mittelgebirge gehören zu diesen Resultaten. Hand in Hand mit diesen Entdeckungen ging auch die Erkenntnis des wichtigsten diluvialen Gebildes, des Losses resp. Flugsandes. Es bedurfte langer und genauer Untersuchung, bis die äolische Entstehung dieses eigenartigen Sedimentes sicher festgestellt werden konnte. Mit der Erklärung der Bildung des Losses war auch die der nicht weniger eigentümlichen Kanten- geschiebe gegeben, ja letztere sind jetzt wichtige Argumente bei der Betrachtung der Lößfrage. Diese Kautengeschiebe sind Gerolle der diluvialen Schotter (in Norddeutschland oft Ge- schiebe der Moränen), die während der Zeit der Flugsand- und Lößbildung durch Sandwehungen ihre eigenartige Bearbeitung resp. Deformierung erfuhren und an geeigneten Stellen wohl heute noch derselben Wirkung unterliegen. Als Sedimente sind die Dreikanter also mittel- oder altdiluvial, hinsichtlich ihrer Umformung gehören sie jedoch der folgenden jungdiluvialen Epoche, der Lößzeit, teils sogar noch der Gegenwart an. Dreikanter, Kanten- oder Pyramidengerölle resp. Geschiebe sind Gerolle oder Geschiebe, an denen mindestens eine von — 174 — scharfen Kanten ganz oder teilweise umgrenzte, glatte Fläche an- geschliffen wurde. Nicht selten kommen jedoch Dreikanter vor mit mehreren polierten Flächen, die in scliarfeu Kanten zu- sammenstoßen, wodurch dann drei-, vier- und mehrseitige Pyra- miden entstehen können, die zum Namen Dreikanter Veranlassung gegeben haben. (Die Bezeichnung „Dreikanter", ursprünglich nur für eine bestimmte Varietät der Kantengerölle gebildet, hat sich so eingebürgert, daß sie jetzt für Kantengerölle im all- gemeinen Anwendung findet). Meist zeigen solche Stücke mit sehr scharfen Kanten auch einen ausserordentlich hohen Speck- glanz. Die einzelnen Facetten bilden stets stumpfe Winkel mit- einander, nur bei annähernd parallelepipedischen Gerollen resp. Geschieben kommen Winkel von 90" vor. Oft sind auf den Facetten der Kantengerölle eigentümliche rundliche Eindrücke bis etwa 2 cm Durchmesser und von wech- selnder Tiefe zu beobachten, die gleichfalls geglättet und speck- glänzend sind. Nicht selten erwecken solche Vertiefungen den Anschein, als seien sie in das Gestein eingedrückt worden. Zu- weilen führen zu diesen Löchern hin flache Rinnen von ver- schiedener Länge (bis zu 10 cm) ; treten an einem Kantengerölle mehrere solcher vertiefter Streifen auf, so sind sie meist alle parallel gerichtet. Werden Sediment-Gerölle, die nicht durchweg aus gleichem Material bestehen zu Dreikantern geschliffen, so wechseln oft parallele Rillen und Erhebungen, beide gleichfalls geglättet, mit- einander ab und zwar derart, daß die Rillen immer in den weicheren oder lockeren Zonen des Gerölles liegen, während die härteren oder festeren Partieen die vorspringenden Kanten bilden. Tritt eine derartige Erscheinung an einer aufsteigenden Facette auf, so entsteht ein treppenartiger Aufbau. Zuweilen kommen auch solche polierte Gerolle vor, bei denen wohl auf der ganzen Oberfläche, oder auf beiden Seiten eine starke Glättung zu erkennen ist, die aber dennoch keine Kanten oder Facettieruug zeigen, statt deren jedoch mit zahl- reichen Löchern und Rinnen bedeckt sind, so daß sie ein eigen- tümlich blatternarbiges Aussehen haben. Die Gestalt eines Kantengerölles, die Zahl und Lage seiner Facetten hängt natürlicherweise vor allem ab von der ursprüng- lichen Form des Geröllstückes selbst. So besitzen lange, nach — 175 — einer Richtung besonders ausgedehnte Gerolle meist auch nur eine dieser Längsrichtung entsprechende scharfe Kaute, die eine ebenso gerichtete Schlifffläche abgrenzt. Bei flacher und mehr- eckiger Form des ursprünglichen Gesteinstückes treten mehrere nach dem Innern gerichtete Kanten auf. Dicke, resp. hohe Stücke zeigen meist eine Glättung ihrer vertikalen Seiten, die oben und unten von scharfen, dem äußeren Umriß etwa parallelen Kanten begrenzt werden. Erklärungsversuche der Entstehung der Dreikanter. Solche eigenartige Gesteine mußten begreiflicherweise schon frühe aufmerksamen Beobachtern auffallen und sie zur Er- klärung ihrer Entstehung veranlassen. Die ersten Mitteilungen über Pj-ramiden-Gerölle stammen von A. V. Gut hier. Er beobachtete im Diluvium in Sachsen Geschiebe und Blöcke, die außerordentlich glatt und facettiert waren; manche Stücke sahen aus „als wären Massen aus dem Stein herausgeschnitten, manchmal als wäre der Ausschnitt oder Eindruck nicht ganz vollendet worden." Gutbier dachte sich die Entstehung dieser facettierten Steine durch Abschleifung der Geschiebe an irgend einer festen Unterlage z. B. einem Eels- block. Die Kantengeschiebe sollen an der Sohle eines Eisberges festgefroren und dann über den felsigen Boden geschleift worden sein. Veränderte sich die Lage des im Eise gefaßten Steines, so mußte eine neue Fläche angeschliffen werden, und zwischen dieser und der früheren Facette entstand eine Kante. Die Ver- tiefungen und Löcher sollten durch allmähliches Aushobeln entstanden sein, wobei kleinere Steine auf größereu längere Zeit hin- und hergeschoben wurden. In einer späteren Notiz vergleicht Gutbier Kautengeschiebe aus der Gegend von Klotzscha mit manchen roh bearbeiteten Feuersteinen. Wirk- lich wurden auch manche Dreikanter für Artefakte des dilu- vialen Menschen gehalten. (Sitzungsbericht d. Anthropol. Ges. Berlin 1870, 71, 74). Als später an Stelle der Drifttheorie die Ansicht einer Inlaudseisbedeckung der norddeutschen Ebene trat, mußte auch an eine andere Ursache der Entstehung der Dreikanter ge- dacht werden. — 176 — Berendt glaubte dieselbe in dem gegenseitigen An- einanderstoßen der durch circulierendes Wasser bewegten Ge- rolle gefunden zu haben. Nach seiner Ansicht sollten Pyramidalgeschiebe entstehen, wenn in einem Haufwerk von Gerollen durch das zwischen den einzelnen Steinen fließende Wasser einzelne gehoben werden und dann wieder auf die Unterlage fallen. Durch öfteres Wiederholen dieses Vorganges soll sowohl die Unterseite des aufschlagenden als auch die Oberseite des angestoßenen Steines geglättet werden. Wird ein Gerolle gleichzeitig auf verschie- denen Seiten von mehreren Steinen bearbeitet, so sollen auf dem Geröllstück ebensoviele glatte Flächen entstehen. Ob hier- bei jedoch spiegelnde Flächen erzeugt werden können, scheint recht zweifelhaft ; auch müßten die Kanten nicht immer gerade sein, sondern den Umriß des härteren Steines annehmen. Ebenso dürften auf diese Weise niemals die eigentümlichen Vertiefuugen und der treppenähnliche Aufbau mancher Kantengerölle ent- stehen. Daß ein Geröll trotz wiederholten Aufschiagens stets wieder in dieselbe Lage zurückfällt, wie es nach Berendts An- sicht sein müßte, ist wohl nur in wenigen Ausnahmefällen möglich. Die richtige Erklärung der Bildung der Dreikanter, wonach dieselben als durch äolische Erosion und Korrosion bearbeitet an- zusehen sind, verdanken wir Gottsche, der 1883 die Dreikanter in Schleswig -Holstein als „Sandcuttings oder Sandcratschers" ansprach. Allerdings hatte M. Travers die Kantengerölle von Neu-Seeland bereits 1869 für Sandwornstones gehalten, also für Steine, die durch gewehten Sand geschliffen wurden, doch blieb seine Erklärung bei uns sehr lange unbekannt; ebenso das Referat hierüber im Quarterly Journal. Dreikanter sind also GeröUe, die durch den gewehten Sand augeschliffen und poliert wurden; die Zeit ihrer Bildung fällt für die Dreikanter unserer Gegend zusammen mit der des Losses und Flugsandes. Löß und Flugsand, örtliche und zeitliche Äquivalente, sind bekanntlich äolische Sedimente, d. h. vom Wind zusammen- gewehte Ablagerungen, die sich nur während eines trockenen, kontinentalen Klimas bilden konnten, später vielfach jedoch eine z. T. recente Umlageruug erfuhren. Unter geeigneten Verhält- nissen werden daher wohl heute noch Windschliffe bei uns ent- — 177 — stehen können (cfr. Chelius, Flugsand auf Rheinalluv und zur Jetztzeit). Entstehung der Dreikanter. Wenn man die zur Lößzeit herrschenden Verhältnisse be- trachtet, so erkennt man auch, daß dieselben wohl geeignet waren zur Bildung der Kantengerölle. Weit und breit waren damals das obere Rheinthal, sowie das untere Mainthal bedeckt mit den groben Schottermassen, die die Flüsse zur mittleren und älteren Diluvialzeit hier abgelagert hatten. Vielfach in der nächsten Nähe von Frankfurt treffen wir diese Geröllbildungen an, so an der Main-Neckar-Bahnlinie südlich von Louisa bis zum Nord-Eangier-Bahnhof Isenburg, an der Schwanheimer-Kelster- bacher Terrasse etc. Sie bestehen aus einem wenig geschichteten, groben Sande, in dem zahlreiche Gerolle von Buntsandstein, ferner Quarz, Lydit etc. liegen, die von Walnußgröße bis zu Blöcken von fast 0,25 cbm und über 50 Pfund Schwere variieren. In- folge des beigemischten Limonites sind sie gelblich bis rotbraun, wo derselbe fehlt, also besonders nach oben hin, sind sie weiß, wie gebleicht. Zur Besiedelung mit Vegetation war dieser sandige Boden wenig geeignet. Dazu kam noch die für eine üppige Flora un- günstige Änderung der meteorologischen Verhältnisse, da an Stelle des vorher feuchten oceanischen nunmehr das trockene kontinentale Klima trat. Infolgedessen war die Pflanzendecke nur sehr gering, Wald im allgemeinen wohl gar nicht oder nur als schmaler Saum an den Uferräudern vorhanden, manche Striche mögen einförmige Steppe oder gar eine öde Sandwüste gewesen sein. B^ssile Pflanzen fehlen im Löß und Flugsand völlig, nur die Relictenflora von Mombach giebt uns noch ein ungefähres Bild von dem spärlichen Pflanzenwuchs jeuer Zeit (cfr. Jännicke 1. c). Es ist interessant, daß hier überwiegend Formen der süd- russischen Steppen vorkommen. Flüchtige Steppeutiere, wie die Saiga-Antilope und das wilde Pferd bewohnten die spärlichen, monotonen Grasflächen, kleine Nager wie Ziesel und Pfeifhase, Murmeltier und Springmaus wühlten ihren unterirdischen Bau in das lockere Erdreich ; und als echte Steppenräuber machten Wolf und Korsak Jagd auf die scheuen Bewohner der Einöde. Auch die Konchylienfauna unserer 12 — 178 — Steppenbildungen zeigt nach Böttgers Untersuchung wesentliche Übereinstimmung mit derjenigen des Gouvernements Orenburg (cfr. Kinkelin, Vor und während der Diluvialzeit pag. 65). Es erscheint nicht unwahrscheinlich, daß mit Beginn des kontinentalen Klimas die Wasserflächen unserer Landschaft mehr und mehr abnahmen, diese durch das Vorrücken der Schutt- kegel und Deltabildungen der Zuflüsse versandete und die Steppe den jungfräulichen Boden rasch eroberte. Ähnlich mögen diese Vorgänge gewesen sein, wie sie Czerny 1. c. schildert aus der asiatischen Steppe, wo der Aral- und der Sarykupa-, ferner der Balschasch- und Alakul-See ständig abnehmen ; auch die Seen von Colorado, das Tote Meer, der Bevevero-See in Argentinien zeigen die gleiche Erscheinung. Die geringe Feuchtigkeit der Luft und die spärlichen Niederschläge konnten von keiner Bedeutung sein für die Ge- staltung der Oberfläche und an Stelle der Thätigkeit des fließen- den Wassers trat hier die Wirkung des Windes. Wie noch jetzt in Steppen und Wüsten wird wohl auch zur Diluvialzeit unsere Steppe die Stätte heftigster Luftströmungen gewesen sein, die mit ziemlicher Konstanz über die Einöde hinbrausten, und denen weder Baum noch Strauch Widerstand boten. Wenn nun der Sturm mit ungebrochener Gewalt über die dürre Sand- wüste dahineilte, so wirbelte er die kleineren Teile des lockeren Bodens auf und trug sie in mächtigen Staubwolken oft meilen- weit fort. Größere Körner, die der Wind nicht in die Höhe heben konnte, wurden auf dem Boden weiter geschleift oder gerollt und so über die Unterlage hinweggefegt. Leichtbewegliches Material hierzu boten die Gerolle und Sande in großer Masse, und sie sind es daher auch, aus denen der Wind nicht nur die staubfeinen Teile, sondern selbst größere Sandkörner ausblies, um sie dort zusammenzutragen, wo seine transportierende Kraft nachließ. Wir finden daher in solchen, vom Winde zusammengewellten Ablagerungen eine Sonderung nach der Größe und Schwere der einzelnen Bestandteile. In nächster Nähe von der ursprünglichen Lagerstätte treffen wir die größeren und schwereren Sandkörner als Flugsand ange- häuft zu mächtigen Dünen. Weiterhin nach den unsere Ebene umgebenden Höhen wird das Korn des Sandes immer feiner; mehr und mehr häufen sich die staubförmigen Partikeln, während — 179 — die größeren Körner allmählich verschwinden. Schließlich gehen diese äolischeu Sedimente in den Löß über, jenen feinen dilu- vialen Staub, den der AVind noch hoch in die Eandgebirge der Ebene hinauftragen konnte. Daß außerordentliche Massen von Staub und Sand aus den diluvialen Schottern herausgeweht wurden, beweist die große Mächtigkeit des Flugsandes und Losses, sowie ihre außerordent- liche räumliche Verbreitung. In jenen Schottern mußte nach Entführung der kleineren Partikel eine relative Anreicherung an gröberen Steinen stattfinden, die nun, von Sand und Staub befreit, vielfach die Oberfläche des Bodens bedeckten. Wurde durch die Steppenstürme der Sand über jene Geröllstücke hinweggefegt, so mußten diese eine beträchtliche abschleifende Wirkung durch das gewehte Material erfahren. Bei längere Zeit konstantem Winde wird diese Abscheuerung sich auf den Gerollen bemerkbar gemacht haben durch eine zunehmende Glättung der dem Winde zugekehrten Seite. Schließ- lich mußte diese Fläche derart poliert worden sein durch das stetige Anschleifen des scharfen Quarzsandes, daß sie jenen charakteristischen Speckglanz erhielt, der jetzt noch die Kanten- gerölle auszeichnet. Wandte ein solches Geröllstück dem Winde eine flache Seite zu, so mußte dieselbe allmählich völlig glatt poliert werden ; über den vorspringenden Ecken konnten sich dagegen Kanten bilden. Traf der gewehte Sand jedoch auf eine erhabene Fläche, so mußte auch hier durch den Anprall des Schleifmaterials eine glatte Facette entstehen, ringsum aber, wo das Gestein umbog, wurden Schneiden angeschliffen, ebenso auch nach oben und an der Unterlage nach unten hin. Es bildete sich also hier eine polygonale Facette, die von scharfen Kanten umgrenzt wird. Da die bei uns vorkommenden Buntsandsteinstücke meist parallel- epipedische Gestalt haben, so sind solche Schi iff flächen gewöhn- lich rechteckig. Dadurch, daß mehrere Gerolle nahe bei einander lagen und sich so teilweise schützten oder die Richtung des schleifenden Sandes ablenkten, wurde die Lage und Gestalt der Flächen modifiziert. Welchen Einfluß die wechselnde Härte auf die künftige Gestalt eines Dreikauters hat, zeigen Fig. 3 und 4. Hier erkennt man deutlich, wie die vorspringenden Kanten den dichteren und 12* — 180 — festeren Teilen entsprechen, während in den weicheren der Sand tiefe Rinnen ansgefiircht hat. Andere Formen des Windschliffes lassen Fig. 1 nnd 2 er- kennen. An diesen Gerollen treten kaum scharfe Kanten auf, dagegen ist die ganze geglättete Fläche mit Gruben bedeckt. Vielfach werden hier, wie so häufig im Buntsandstein, Thongallen gesessen haben, oder es waren, wie im Pseudomorphosensand- stein, hier schon vor dem Anschleifen Hohlräume vorhanden, entstanden durch Wegführung des ursprünglichen Kalkspates. Natürlich sind auch sämtliche Vertiefungen glatt gescheuert. Sehr interessant sind die Vertiefungen auf der Schliffseite des größten Dreikanters, die mit den Zufuhrrinnen des Schleif sandes erhalten blieben. Es sind sieben Gruben von 0,5 cm Länge mit nach unten gekehrter Ausmündung. Zu ihnen führt je eine fast 1 cm breite Rinne, so daß im ganzen sieben solcher Furchen vorhanden sind, die alle miteinander parallel laufen. Ähnliche Rinnen und Kanten beobachtete Chelius bei Schneewehen. Eine andere Art der äolischen Erosion zeigen die groben Konglomerate des oberen Buntsandsteins (im Maindiluvium bei Frankfurt gehören dieselben stets dem als sm4 bezeichneten Horizont an). An solchen Stücken ist nicht eine Fläche in toto geschliffen und poliert, sondern es sind die einzelnen Gerolle des Konglomeratstückes jedes für sich besonders geglättet ; in- folge der verschiedenen Härte derselben zeigt ein solches Konglo- merat einen in den einzelnen Teilen wechselnden Grad der Bearbeitung. Die weichere Zwischenmasse ist oft tief aus- gescheuert. Bei Kantengeröllen, die aus Buntsandstein bestehen, sind die geschliffenen Seiten oft schon an der roten Färbung zu er- kennen. Beim Wassertransport wie an der Luft wurde wohl das aus Roteisen bestehende Zwischenmittel des Buntsandsteins gelockert und dann leichter durch den Steppensand abgescheuert, so daß allmählich wieder das frische Gestein mit seiner blut- roten Farbe zum Vorschein kam. Die dabei abgeschliffenen Teile vermehrten das Material an Sand, während das entstandene Schleifpulver sich dem Lößstaub zugesellte. Wurde durch den Wind der die Unterlage eines Dreikanters bildende Sand im Laufe der Zeit allmählich weggeweht, so konnte der Stein leicht umfallen. Er bot alsdann dem Winde die seit- — 181 — her vor der Abschleifung geschützte Seite dar, die die gleiche Glättimg erfuhr, wie die früher exponierte Partie. So konnte ein Gerolle auf beiden Seiten angeschliffen und facettiert werden, und unter unseren Dreikantern finden wir nicht selten solche doppelseitig polierte Kanter, meist von rundlicher Gestalt, selten flache, plattige, da bei ersteren die Ausblasung der Unterlage leichter vor sich ging. Schon lange sind den Geologen solche Gesteine als äolische Tische bekannt, deren Unterlage durch den Wind immer mehr erodiert wird, bis die Grenze ihres stabilen Gleichgewichts über- schritten wird, und der Stein umstürzt (cfr. Neumayr, Erdgesch. Bd. I. Figur auf pg. 528). G. Schweinfurth erwähnt in „Im Herzen von Afrika" I. pg. 40 einen solchen Felsen von 35' Höhe, dessen Gestalt er mit einer Feige oder Birne vergleicht. Eine Ungleichheit im Grade der Glättung beider Seiten dürfte auf eine verschieden starke und ungleich lange Wind- erosion zurückzuführen sein. Während nun so der Wind die Unterlage eines Kanten- gerölles ausblies, wurde gleichzeitig die freiw^erdende Seite desselben vom Sande angeschliffen. Die erwähnten äolischen Tische sind daher durchweg nach untenhin spitzer, da gerade an ihren unteren Teilen die Schleifwirkung sich besonders geltend machte. Fig. 5 zeigt ein Kantengerölle, das oberflächlich geglättet ist und ebenso hat auch ein Teil seiner Unterseite Windschliff erfahren; hier ging jedoch die Winderosion nicht soweit, daß das Kantengerölle umfiel, sondern es blieb vielmehr auf einer kleinen elliptischen Fläche noch aufsitzen, die ihre ursprüngliche Rauhigkeit bewahrte, da sie vom Abschleifen verschont blieb. Neben der Dauer der Windwirkung ist die Ausarbeitung eines Dreikanters noch sehr vom Schleifmaterial selbst abhängig. Überall, wo grober Flugsand als solches diente, sind die Gerolle stark geglättet und die Kanten scharf ausgeprägt. Mit der Abnahme der Korngröße werden die Kanten weniger scharf und die Facetten matter. Je mehr wir uns den Stellen nähern, wo nur die staubfeinen Teilchen, der Löß, hingetragen wurden, um so undeutlicher und seltener werden Kantengerölle; im reinen Lößgebiete fehlen sie. So finden wir z. B. unter dem groben Flugsande von Messel noch Gerolle mit deutlichen Wind- — 182 -- schliffen recht häufig, während einige Kilometer südwestlich davon bei Darmstadt, wo feinkörniger Flugsand ansteht, schön bearbeitete Kanter selten sind (cfr. Chelius, Notizbl. d.V. f. Erdkde., 1892, pg. 34). Es muß daher bei Betrachtung der Dreikanter auch die Korngröße des bei ihrer Bildung wirksamen Flugsandes beachtet werden. Im allgemeinen nimmt das Korn dieses Sandes vom linken Mainufer nach Süden zu ab. Im unteren Mainthal, be- sonders in der Umgegend von Frankfurt, treffen wir daher den grobkörnigsten Flugsand, der hier aus den zerfallenen groben Buntsandsteiugeröllen entstand. Nachstehende mechanische Sand- analysen mögen obige Worte bestätigen. Aus einer Sandgrube SW von Neu-Isenburg wurden Flugsandproben dicht über hier an- stehenden Dreikantern entnommen und einer Sonderung nach Korngrößen unterworfen. Der Sand enthielt Körner im Durch- messer von < 5 mm < 3 < 2 < 1 < 0,5 > 0,5 3,90/0 6,0 4,4 17,4 18,5 49,8 staubfeines Material 2°/o, aus der Differenz bestimmt. Die Teile von über 0,5 mm Durchmesser betragen hier also über bO^lo] die gröberen Körner über 1 mm Durchmesser sogar mehr als 30°/o. Finden wir Dreikanter noch in ihrer ursprünglichen Lage, so müssen die einzelnen Facetten denjenigen Richtungen zugekehrt sein, aus denen der Sand, das Schleifmittel, herangeweht wurde. Gottsche beobachtete, daß bei pyramidalen Greschieben in Schleswig - Holstein die Hauptschliffflächen den Hauptwind- richtungen parallel seien. Ferner fand M. Verworn, daß die sich jetzt bildenden Dreikanter der Sinai -Wüste am Djebel Naküs fast alle ihre Kanten von WSW nach ONO, ihre angeschliffenen Facetten nach NNW und SSO richten; die vorherrschende Windrichtung ist dabei NNW und N; zuweilen abwechselnd S. Ebenso berichtet Mack witz, daß die meisten Dreikauter in der Umgegend von Nömme nahe bei Reval ihre Schlift'flächeu der hauptsächlichsten Windrichtung zukehren. Auch ich hatte Gelegenheit noch einige Dreikanter in zweifellos ursprünglicher Lagerung, in diluvialen Schottern unter Flugsaud ca. 1 m unter Terrain anzutreffen in einer Sandgrube am städtischen Elektrizi- tätswerk in Isenburg. Diese Stücke richteten ihre am stärksten — 183 — polierte Seite alle nach SW, eine zweite Schlifffläche nach NO, die dritte nach NW. Vermutlich war demnach die südwestliche Richtung die des vorherrschenden Windes. Weitere Beobach- tungen hierüber sind noch sehr erwünscht. Neben der Bildung der Dreikanter haben wir noch vielfach Gelegenheit uns von der starken Erosions wirkung des vom Winde getriebenen Sandes zu überzeugen. — So erwähnt u. a. Graf Baudissin in der Beschreibung der Insel Sylt, daß dort viel- fach Fensterscheiben durch den gewehten Dünensand ange- schliffen wurden. Wie kürzlich berichtet wurde, sollen in der russischen Steppe die Telegraphendrähte durch den Sand in kurzer Zeit durchschnitten worden sein. Auch die große Sphinx verdankt die starke Glättung ihrer einen Seite der Wirkung des Wüstensandes. Diese Vorgänge in der Natur hat sich nun auch die Technik zu nutze gemacht und sie bedient sich des Sandgebläses, um eine Reihe kräftiger Schleifwirkuugen zu erzielen. So wird z. B. in der Mattglasfabrikation das Glas angeätzt durch einen an- haltenden Strom von Sandkörnern. Auch die Steinindustrie macht jetzt vielfach Gebrauch von der erodierenden Kraft des geblasenen Sandes. Bei diesem soge- nannten Sandstrahlgebläse werden meist in weicheres Gestein, z.B. Marmor, Hoch- oder Tiefreliefs durch den Saud ausgeschliffen, indem man auf die betreffende Gesteiusplatte harte Schablonen auflegt zum Schutze der bedeckten Teile und dann einen Sand- strom unter einigen Atmosphären Druck auf die Platte wirken läßt. Zeigt eine solche Schablone eine nur wenig vorragende Ecke, so schützt sie die dahinter liegende Partie der zu schleifenden Platte, und es entsteht so eine erhabene Kante, genau wie bei unseren Dreikantern. Bei allen diesen Vorgängen ist die Dauer der Einwirkung bis zur Erzielung einer intensiven Wirkung relativ kurz. Es liegt nahe, zu vermuten, daß auch die Bildung eines Dreikanters in einer geologisch-kurzen Zeit vor sich ging. Verbreitung der Dreikanter. Vorkommen in der Main- Rheinebene. In der Umgebung von Frankfurt treffen wir Dreikanter nur auf der linken Mainseite, hier aber recht zahlreich an. — 184 — Sie gehören überall zum Diluvium, teils den älteren Schichten, wie auf der Kelsterbach - Schwanheimer Terrasse , teils den mitteldiluvialen Schottern an. Bei weitem am häufigsten sind Einkanter, daneben finden sich jedoch auch Mehrkanter und doppelseitig geschliffene Pj'ramidalgerölle. Soweit das Maindiluvium reicht, treffen wir überall an geeigneten Orten Buutsandsteinschliffe an ; stets liegen sie an der Oberkante der Gerolle oder Schotter, oft in größerer An- zahl zusammen unter einer Flugsanddecke oder an der Sohle einer Düne, wofern letztere Schichten nicht wieder denudiert wurden. So sind die Dreikanter im ganzen Frankfurter Unterwald und dem südlichen Teile des Oberwaldes zerstreut; ebenso treffen wir sie bei Schwanheim-Kelsterbach u. s. w. an; an allen diesen Punkten dürften die Kantengerölle aus den unteren diluvialen Schichten stammen. Weiter nach Süden finden sich zahlreiche Dreikanter in der Gemarkung von Isenburg. Hier bildet die Oberfläche der diluvialen Schotter vielfach ein Steinpflaster, in dem jedes Stück deutlich Windschliff zeigt. Eine größere Anzahl besonders interessanter Kanter wurden kürzlich beim Legen der Rohre der Isenburger Wasserleitung gefunden. Durch das gütige Ent- gegenkommen der Herren Fässler & Amend, Unternehmer der betr. Anlage, wurden diese Stücke mir überliefert, wofür ich beiden Herren sehr zum Dank verpflichtet bin. Westlich reichen die Dreikanter bis in die Gegend von Walldorf. Mainaufwärts kommen Kantengerölle vor bis nach Niederroden und Babenhausen, im eigentlichen Maiuthale bei Obernburg und selbst in der Umgegend von Miltenberg. An allen diesen Orten lieferte meist Buutsandstein das Rohmaterial. Auf der rechten Mainseite scheinen Dreikanter zu fehlen, wenigstens wurden bis jetzt noch keine rechts des Maines gefunden; gleichzeitig fehlt hier im allgemeinen auch der Flugsand. Möglicherweise bildete der Main für den schweren Flug- sand eine Grenze, die nur von dem leichteren Material über- schritten werden konnte. Selbst wenn jedoch durch die nördlich des Mains auftretenden Sande Dreikanter gebildet wurden, so — 185 — sind dieselben jetzt überall mit dejectivem Löß bedeckt und so völlig unzugänglich. Näher gegen den Odenwald hin stellen sich im Diluvium Gerolle der dortigen Gesteine immer zahlreicher ein, während Buntsandstein mehr und mehr abnimmt. Bei Sprendlingen, Dietzenbach, Urberach etc. finden sich vielfach Kantengerölle, die aus dem nahen Rotliegenden stammen und meist aus Quarzen, Pegmatiten, seltener Apliten bestehen. Besonders die Pegmattie sind hier schön geschliffen, da sie bei hohem Feldspatgehalt, infolge der etwas geringereu Härte desselben, leichter und besser bearbeitet werden konnten. Seltener sind die Quarzgerölle zu schönen Kantern modelliert. Auch von dem problematischen Eruptivgestein vom Häsengebirge bei Urberach fanden sich Ge- rolle mit gutgegiätteter Oberfläche (cfr. Chelius, Blatt Messel). Direkt am Fuß des Odenwaldes stellen sich auch Diabase, Diorite etc. als Dreikanter ein. Gut geschliffene Stücke hier- von finden wir südlich von Messel, an der dortigen Braunkohlen- grube, wo eine Steinsohle aus solchen Kantengeröllen bestehend unter starker Flugsanddecke ansteht. Weiter südlich finden wir noch Dreikanter bei Darmstadt, an der Ludwigshöhe bis nach Malchen a. d. B. hin. Südlich von diesem Punkt fehlen an der Bergstraße die Kantengerölle, da von hier an entweder grobe Gerolle, also das Rohmaterial der Kanter, überhaupt nicht mehr vorkommen, oder von gelben Sauden völlig verdeckt sind. Dagegen treten weiter südlich in der Rheiuebene bei Freiburg i. B. wieder Dreikanter auf, die Steinmann 1. c. beschreibt. Dreikaiiter außerhall) der Rhein-Maiiiebene. Überall, wo wir jetzt Dreikanter antreffen, sind oder waren ähnliche klimatische und geologische Verhältnisse. Als Ursprungsmaterial bedarf es stets geröllführender Sande, Schotter, Geschiebelehms oder dergl., die wenig oder gar nicht mit Vegetation bedeckt sind; ferner eines trockenen Klimas und heftiger Winde, die eine Bewegung des Sandes und Staubes veranlassen. Wo solche Bedingungen erfüllt sind, dürfen wir füglich die Bildungen von Dreikantern erwarten. Nirgends wo treffen wir aber dies in extremerer Weise als in den Wüsten. Hier — 186 — entstehen heute noch vor den Augen des Beobachters die Drei- kanter, genau wie bei uns zur Dihivialzeit. Eine anschauliche Schiklerung derartiger Vorgänge verdanken wir J. Walther, der sie in der Galalawüste, zwischen dem Roten Meere und dem Nile, beobachten konnte. Dort treten in den Wadis größere Gerolle auf, über die die Chamsinstürme den Wüstensand hinwegtreiben, wobei fast alle Gerolle geglättet werden, so daß sie die eigenartige Facet- tierung, die scharfen Kanten und den charakteristischen Speck- glanz erhalten. Völlig regelmäßige Dreikanter sind allerdings selten, dagegen, wie bei uns, alle Übergänge von matten bis zu glänzenden Flächen und von flachen Kanten bis zu scharfen Schneiden. Die gleiche Erscheinung bemerkte M. V er worn in den Wüsten der Sinai-Halbinsel. Der eingehenden Darlegung sei kurz Folgendes entnommen. An der Westküste der Halbinsel, am Fuße des Djebel Naküs zieht ein aus reinem Quarzsande bestehender vegetationsloser Flugsandrücken entlang. Wo dieser Sandstreifen an den Felsen herantritt, liegen zahlreiche Kanten- gerölle. Auch hier sind vollkommen dreiseitige Dreikanter selten, meist zeigen die Gerolle eine einzige Längskante, mit einer oder zwei Schliffflächen; es sind sogenannte Eiukanter, die, wie erwähnt, zur Windrichtung orientiert sind. Auch die beiderseitige Anschleifung beobachtete Verworn, ferner macht er auf die Wichtigkeit der ursprünglichen Gestalt aufmerksam; ebenso konnte Verworn KantengeröUe mit rund- lichen, ausgeblasenen Löchern sammeln. Auch die großen Wüsten Inner-Asiens bergen zahlreiche Windschliffe, über die Richthofen in Neumayer's „Anleitung zu wissenschaftlichen Beobachtungen" berichtet. Ebenso finden wir sie in dem Wüstengürtel Nord- Amerikas, in Colorado, Nebrasca, den Mauvaises terres. Aus der Kieswüste der Kalahari in Südwest-Afrika brachte Stapf vom Sand polierte GeröUe mit, u. a. auch KantengeröUe mit ausgeblasenen Hohlräumen. Als Hauptbedingung zur Bildung der Wiudschliffe erkannte Stapf ständige, starke Winde, die die losgelösten Teilchen wegführen und die GeröUe damit scheuern. Unter ähnlichen Verhältnissen kommen auf der Nordinsel von Neu-Seeland nahe der Küste gleichfalls Dreikanter vor. Bef. d. ScDckeuh. uatiiif. Ge.s. J89S. 7hf. V. Fig.i. 1:10 Fig.2. 1:5 ^^-^■'S^^S^*^^., •-^ jMA.Jirjt.v.Wema iifhrta-, FrmkfiirtfM. Dreikanter von 1 sen burg. Ben d. Senckcnh. natuif. Ges. /89S Taf'.VI. Fig/i. 1:7 Fig.5. i:i Lith-Aist-vWana iWmUr, Frcaikftai^M. Drcikdnte.r von Isenhiirq. — 187 - Die meisten dieser erwähnten Kantengerölle gehören hin- sichtlich ihrer Bearbeitung der Gegenwart an, es sind also recente Dreikanter. Nicht minder verbreitet finden wir aber auch diluviale Kanter. Außer im unteren Main- und Rheinthal sind sie in der norddeutschen Tiefebene außerordentlich zahlreich, ebenso in Sachsen. In gleicher Häufigkeit kommen Kantengei'ölle in den russischen Ostseeprovinzen, besonders bei Reval, in Schleswig- Holstein und Jutland und sogar in Island vor. Außer den Dreikantern im Diluvium wurden bis jetzt nur in zwei anderen Formationen Kantengerölle gefunden. Aus dem mittleren Buntsandstein (Eck'sches Konglomerat) von Radheim im östlichen Odenwald erwähnt Chelius das Vorkommen von Kantengeröllen. Es sind Quarzgerölle, die auf einer oder auf allen Seiten geglättet und mit scharfen Kanten versehen sind. Wegen ihrer frappanten Ähnlichkeit mit den diluvialen Drei- kantern wurden sie von Chelius sofort für Wind schliffe an- gesprochen (cfr. Erläuterungen zur geologischen Karte von Hessen, Blatt Neustadt-Obernburg pg. 13). Die geologisch ältesten Dreikanter dürften wohl die des Cambriums von Lugnäs in Schweden sein, die Lind ström und Nathorst im cambrischen Eophytonsandstein fanden. Noch an vielen Orten dürften diese interessanten Kanten- gerölle gefunden werden, wenn erst der Blick der Sammler darauf hingelenkt und an ihr Aussehen gewöhnt ist. Nicht vereinzelt oder auf kleine Fundstellen lokal be- schränkt finden wir Dreikanter, sondern über große und weite Strecken hin verbreitet. Die Umstände, die zu ihrer Entstehung führten, müssen daher wohl ebenfalls eine allgemeine Bedeutung haben. Die Annahme einer ausgedehnten diluvialen Steppen- landschaft in unserer Gegend wird durch die Funde von Kanten- geröllen bestärkt, das frühere Vorherrschen eines excessiven kontinentalen Klimas bestätigt und unsere Vorstellung über die äolische Entstehung des Losses und Flugsandes wesentlich gefördert. So geben uns die Dreikanter einen neuen Beitrag zur Erkenntnis der geologischen und geophysikalischen Verhältnisse unserer Landschaft zur jüngeren Diluvialzeit, — 188 — Litteratur. V. Giltbier. Geogn. Skizze der Sächsischen Schweiz. Isis 1865, p. 64, 84. W. T. L. T ravers. On the sandwornstones of Evans Bay. Transactions and Proceedings of the New Zealand Institution, 1869, Vol. 2. Enys. On sandwornstones from New Zealand. Quarterly Journal Geol. Soc. 1878. Gottsche. Sedimentärgeschiebe der Provinz Schleswig-Holstein, 1883. Berendt. Über Pyramidalgeschiebe oder Geschiebe- Dreikanter. Jahrbuch der Kgl. preußischen Landes-Anstalt, 1885. Hei m. Über Kantengeschiebe aus dem norddeutschen Diluvium. Viertel- jahresschrift der Züricher naturforschenden Gesellschaft, 1888. Sauer & Chelius. Die ersten Kantengeschiebe im Gebiete der Rheinebene. Neues Jahrbuch f. M., 1890, Bd. IL Sauer. Die äolische Entstehung des Löß am Rand der norddeutschen Ebene. 1889. „ Gegenwärtiger Stand der Lößfrage in Deutschland. Globus, 1892, p. 24. J. Walther. Die Entstehung von Kantengeröllen in der Galala-Wüste. Sitzungsbericht der Kgl. sächsischen Gesellschaft der Wissenschaften. Leipzig 1887. „ Denudation in der Wüste. 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Über die Gliederung des Pleistocän im badischen Ober- lande. Mittig. d. gr. bad. geolog. Land.-Anst., XXL, 1893. - 191 — Kleine Notizen ans der geologiscli-paläontologisclien Sektion. Von Prof. Dr. F. Kinkelin. 1. Hyaena spelaea Goldf. im Löß von Sossenheim bei Höchst a. M. Von einem Tier, das bisher aus dem Diluvium hiesiger Gegend noch nicht bekannt war, von der Hyaena sjjelaea Goldf. hat sich im Löß von Sossenheim ein fragmentärer Oberkiefer gefunden. In diesem Oberkiefer sind erhalten : auf der rechten Seite der große, kegelförmige, äußerste Incisiv, der Cauin, der zweite und der dritte Praemolar und nur ein Stück der Wurzel des Reißzahnes oder vierten Praemolar, auf der linken Seite die Wurzel des großen lucisiv (is), der Canin, die drei vorderen Praemolareu und auch das vordere Wurzelstück des vierten Praemolar. Dieser letztere Zahn, der gerade durch seine Ge- stalt für das Genus Hyaena charakteristisch ist, fehlt also leider, und mit ihm der kleine Molar, dessen geringe Größe der Haupt- unterschied ist zwischen der H. spelaea und der H. prisca M. de Serres, deren oberer Molar relativ groß und dreiwurzelig ist. Da beiderseits die Alveolen, in welcher die äußersten Incisivs (is) sitzen, erhalten sind, so läßt sich der zwischen ihnen liegende Raum, in dem die vier kleinen Incisiv s. Z. steckten, bemessen; er ist so klein, daß man kaum glauben möchte, daß sie hier Platz hatten. Von ihnen sind weder Alveolen noch Wurzelbruchstellen zu beobachten; sie müssen früh ausgefallen oder ausgebrochen, hernach aber die Alveolar- 192 räume verwachsen sein. Ein Älmliclies gilt wohl auch für den vordersten rechten Praemolar: liier sieht man zwar noch eine flache kleine Grube, wo die Alveole dieses Zahnes war. Die bedeutende Größe der fossilen Hyaena ist ersichtlich aus dem Vergleiche einiger Maße mit denen einer ausgewachsenen, nach der Abnutzung der Zähne zu urteilen, etwas älteren Hyaena crocuta Zimmerm. des Senckenbergischen Museums: bei bei der nach Goldfuß Hyaena spelaea recenten (Döderlein-Steinmann) S^ ossenheim H. crocuta H. spelaea mm mm mm Länge von p2 18 15,5 — » » P3 25 23 — „ der Zahnreihe von pi, p2 u. p3 der linken Seite 51 46 44,2 Distanz der Spitzen resp. der Mitten der Abnützungsflächen der beiden C 75 52,5 — Distanz der Spitzen resp. Mitten der Ab- nützungsflächen der beiden ps 110 78,5 — Distanz der Mitten des Inneurandes der beiden ps 86,5 68 — Hiernach war die Hyäne, die sich bis ins untere Main- thal verirrt hat, ein ganz gewaltiges Tier; bekanntlich hat Hyaena spelaea, die man auch mit Hyaena crocuta identisch hält, in großer Menge u. a. in Höhlen und Klüften des eng- lischen, belgischen, fränkischen etc. Kalkgebirges zur Diluvial- zeit gelebt. Ich erinnere nur an die Bewohner der Linden- thaler Höhle bei Gera und der Ofnet-Höhle bei Utzmeramiugen am Rande des Ries (Senckenb. Ber. 1880/81 p. 89 u. 97). Seinen Ausgangspunkt hat das Genus Hyaena wohl von Südosten, Griechenland und Indien (Sivalikschichteu) genommen, wo es zur früheren Pliocänzeit schon existiert hat. Heute ist es auf Afrika und West-Asien beschränkt, Hyaena crocuta auf Süd- und Ost-Afrika. — 193 — 2. Cervus eiiryceros AI dr. Aus der Umgegend von Berlin, z. B. von Rixdorf, und zwar aus dem Kies, der den unteren Geschiebemergel direkt über- lagert, ist die Existenz des Riesenhirschen {Cervus euryceros Aldr.) längst bekannt, also aus Diluvialschichten, die älter sind als der Löß. Aus dem unter dem interglacialen Torflager von Klinge bei Berlin liegenden Thon hat N eh ring eine nahverwandte Form, Cervus ruffii, bekannt gemacht. Aus der Rhein-Maingegend sind solche Nachrichten rar; so berichtet v. Gümbel von Resten des Riesenhirschen aus einem unter dem Torf von Grafenrheinsfelden liegenden Sand. Von Herrn Inspektor Gräff dahier wurden 1872 in einer Kiesgrube am Nieder Wald Geweih- zacken entdeckt, die dem Riesenhirschen zugeschrieben wurden (Senckenb. Ber. 1889 p. 110). Die Angaben von Sandberger (Land- und Süßwasser-Konchylien d. Vorwelt p. 826) und C. Koch (Erläuterungen zu Blatt Wiesbaden p. 50), die den Cervus euryceros Aldr. bez. Cervus hiberniciis Owen sogar aus den Mosbacher Sauden, die jedenfalls älter sind als das Rixdorfer Lager dieses Tieres, aufführen, habe ich als auf Irrtum beruhend im Senckenb. Ber. 1889 p. 104 dargethan. Die Geweihe, die von Mosbach bis dahin als Megaceros hibernicus Owen gedeutet worden sind, ge- hören hiernach einem Elen (Alces latifrons Johns .^ an, dessen Reste in großer Zahl in diesen altdiluvialen Sauden und Kiesen (Elefas antiquus-Stufe Kink.) eingebettet sind. Aus dem Löß besitzt das Senckenbergische Museum sichere Reste. Bei Breckeuheim hat Dr. 0. Boettger eine Hinter- hauptpartie eines Cervus euryceros aufgefunden und ganz neuer- dings sind Stirn und Rosenstockpartien von zwei Tieren im Löß von Sossenheim gefunden worden, die in der Sammlung des Altertumsvereins von Höchst a. M. liegen. Sandberger giebt auch zahlreiche Fundstellen (1. c. p. 909 u. 948) an. Volle Gewißheit, daß auch in unserer Landschaft schon in den den Löß unmittelbar unterlagernden Flußgeröllen (Elefas primigenius-Stufe Kink. in Abhandlungen zur geolog. Spezial- karte von Preußen Bd. IX, Heft 4, p. 264—266) Reste vom Riesenliirsch liegen, hat ein Fund von Rein ach 's in der Seeger 'sehen Ziegelei in Rödelheim gebracht. Die besten Stücke unter denselben sind ein fragmentärer Unterkieferast und ein Rosenstock mit einem Teil des Stirnbeins. Bei der Auf- 13 "T^, — 194 — findung dieser Knoclienstücke ist jedenfalls der vollständige Kopf zertrümmert worden, denn au den verschiedeneu Trümmern ist keine Spur eines Trausportes zu beobachten. Im Unterkieferast sind leider auch die Zahnkronen alle abgebrochen. Die Dimensionen der Zähne, besonders aber die für Cervus euryceros so sehr charakteristische, nahezu walzen- förmige Gestalt der Unterkieferäste, liefern den ganz zuver- lässigen Nachweis, daß die bei Rüdelheim zusammengefundenen Skeletteile dem Rieseuhirschen augehören, was denn auch der niedere und mächtige Roseustock bestätigt. Vom Unterkieferast ist nur der die Backenzähne ent- haltende mittlere Teil erhalten, aber auch davon fehlt noch die Partie, welche den vordersten Praemolar enthält. Wie schon er- wähnt, sind die Kronen aller Backenzähne abgebrochen, sodaß ihre gegenseitige Stellung, ihre Gestalt und Dimensionen nur aus den Bruchflächen der Wurzeln zu erkennen sind. Beim Vergleiche des Rödelheimer Fossils mit dem Unter- kiefer eines Riesenhirschen aus irischem Torf (Senckenbergisches Museum) ergiebt sich folgendes: von Rödelheim von Irland Länge der Zahnreihe von p2 incl. mm mm bis ms incl 153 142 Höhe des Unterkiefers vom vorderen Rand des ms aus gemessen . 54 50 Breite des Unterkiefers, ebenda ge- messen 38 37 Höhe des Unterkiefers vom hintei-en Rand des p2 aus gemessen Breite des Unterkiefers, ebenda gem. Länge vou ms r «12 1 » r niij n « P3 •n r P2 Größte Breite d. hint. Hälfte von nis » ii « » n n "'2 n « n « V n "^"^ •n n » n » « P^ n » n » n 55 P2 48.5 45 26 24 43 „ j. 41,5 29 56 27 22,5 22 22 21,5 21 20 22 22 18(?) 16,5 13 20 16,5 14,5 — 195 — Die große Übereinstimmuug der nahezu walzenförmigen Gestalt des Unterkiefers ist hieraus ersichtlich. Der RiJdel- heimer Unterkiefer hat allerdings einem etwas größeren Tiere angehört, als der irische Riesenhirsch unseres Museums war. An entsprechenden Stellen des Rosen Stockes finde ich: von Rödelheim von Irland mm mm Die Höhe des Rosenstockes ... 33 30 Den größten Durchmesser der dis- talen Endfläche des Rosenstockes 88 80 Den kleinsten Durchmesser der dis- talen Endfläche des Rosenstockes 85 80 3. Ainx>hitrag Ullis ponieli Filh. Kürzlich habe ich es wahrscheinlich gemacht, daß im oberen Hydrobienkalk (Untermiocän) der Dyckerhoff'schen Brüche bei Biebrich-Mosbach entdeckte Geweihstücke ^) (Senckenb. Abh. XX p. 24ff. Taf. VI Fig. 1, 2, 3, 4, 5, 6) zu Tieren gehören, von welchen auch andere Skeletteile von Zweihufern oder Solenodonten in diesem Lager gefunden worden sind. Vor allem war es ein Unterkiefer, der noch erlaubte, auch die Species zu bestimmen. Hiernach zähle ich zwei jener Geweihstücke (Fig. 3, 4, 5 und 6) zu Dremotherium feig?wuxi Pomel. Mit diesem ziemlich vollkommenen Unterkieferast kam auch ein kleineres, derselben oder einer nahverwandten Gattung angehöriges, nur von zwei Molaren besetztes Unterkieferfragment (1. c. p. 31 u. 34 mit Anm. unten) vor, ebenfalls begleitet von ') Zu meiner Verwunderung spricht Herr Dr. 0. Roger im 33. Ber. d. Augsburger naturw. Ver. S. 3-t von ,im Untermiocän .... noch geweihlosen Cervuliden (Amphitragulus und Dremotherium)'' , obwohl er meiner Publikation über untermiocäne Geweihe in der Anmerkung Erwähnung thut. Was „dieser jedoch bis jetzt vereinzelte Fund" — derselbe besteht aus 4 zu verschiedenen Geweihen gehörigen Fragmenten — durch die Vereinzeltheit an seiner Existenz verlieren soll, ist mir absolut unverständlich. Es wird mich sehr freuen, wenn Herr Dr. 0. Roger sich persönlich von der F^xistenz jener Geweihe überzeugt, wie dies derweilen eine große Zahl von Paläontologen gethan hat. Daß in Beckenabsätzen die Säugerreste selten sind, wesentlich seltener als in Kalksinter und auch in fluviatilen Absätzen, ist leicht ver- ständlich. 13* — 196 — entsprechend kleineren anderen Skeletteilen. Mit Bestimmtheit habe ich dieselben, auch nicht generisch, determiniert, ließ es also unentschieden, ob diese Skeletteile zu AnrpJiitraguhis oder zu Dremothernmi gehören, habe aber die Vermutung ausge- sprochen, daß ihnen wohl das kleine Rosenstöckchen (1. c. Taf. VI Fig. 2) angehören möchte. Die generische Bestimmung war durch die Unvollkommeuheit der Reste und das Unzureichende an denselben ausgeschlossen. Die Runzelung der Backenzähne, welche nach Rü time}" er für Dremotherhim charakteristisch sein soll, während der Mangel derselben dem Genus Amphitra- gulus eigen sei, fehlt zwar nicht an den zwei Backenzähnchen des kleinen Unterkieferfragmentes, ist aber nicht so deutlich wie bei den Unterkiefer- und Oberkiefermolaren des größeren Tieres {Dremotherium feignouxi); eine völlige Glätte ist jedoch nicht zu konstatieren. Neuerdings kam uns aus demselben Steinbruch der Herren Dyckerhoff ein sehr viel vollkommeneres, ebenfalls rechtes Unterkieferfragment aus demselben Schichtenkomplex zu. Durch die sorgfältige Arbeit unseres Präparators Herrn August Koch kamen alle Kronen der Backenzähne, die im festen splitterigen Kalk gesteckt haben, unverletzt mit ihren Kau- flächen zum Vorschein. Daß in diesem Kieferchen nur 6 Backenzähne, also nur 3 Praemolaren sich befinden, ist voll- kommen sicher. Vor dem im Kalkstein steckenden vordersten Praemolar ist nämlich noch eine kurze, zum Kiefer gehörige Strecke vorhanden, die weder die Spur eines Zahnes noch einer Zahnwurzel erkennen läßt. Jener vorderste Praemolar ist dem- nach auch der erste Praemolar und die Zahl der Praemolaren also nur drei. Diese Zahl schließt übrigens das Genus Amphiira- giilus nicht aus, wohl aber würde das Vorhandensein von 4 Praemolaren das Genus Dremothermm ausschließen. Was die Runzelung der Backenzähnchen angeht, so gilt fast dasselbe, was ich oben von dem nur mit 2 Molaren be- setzten Unterkieferfragraent mitgeteilt habe. Leider ist über die Dimension des Diastemas nichts zu ermitteln, da der Ab- bruch hinter den Incisiven stattgefunden hat. Ein Kennzeichen, das für Ainphitragulus gelten soll, trifft bei den beiden kleinen Unterkieferfragmenten zu, daß nämlich deutliche Mittelrippen und Randfalten auf der Innenwand der — 197 — unteren Molaren kaum hervortreten, während sie bei I)remo- therium kräftig" sind. Die Länge der Zahnreihe des Unterkiefers ist 48 mm, entspricht also fast völlig derjenigen (50 mm 1. c. p. 31), welche V. Meyer von Palaeomeryx medius {= 7ni7ior =^ pygmaeus) an- giebt. V. Zittel führt diese Palaeomeryx- Art unter Amphitra- gidus auf und Schlosser h-cit sie als mit Amjj hi Iragulus j^orneli Filhol. identisch bestimmt. Auch daß das Palaeomeryxwülstchen fast nur bei ms, aber kaum bei m2 und mi zu erkennen ist, möchte nach der der- zeitigen Charakteristik der beiden Genera mehr für die Zu- gehörigkeit dieses Unterkieferastes zu Anipkitraguhis sprechen. Soll ich rekapitulieren, so wären die für das Genus maß- gebenden Charaktere, die wir an dem besprochenen Unterkiefer- ast beobachten können : 1) Zahl der Praemolaren ist nur 3, 2) Backenzähne fast völlig glatt, 3) Mittelrippen auf der Innenwand der unteren Molaren fehlen, 4) Palaeomeryxwülstchen nicht sehr deutlich entwickelt. So ist es nach alledem kaum zweifelhaft, daß das Kieferchen Amphitragulus ijomeli zugehört, also dem anderen Palaeomeryx, den H. v. Meyer noch von Weisenau aufführt, dem Palaeomeryx medius (= minor v. Meyer. = pygmaevs v. Meyer). Es ist aber auch kaum zu zweifeln, daß das 1. c. p. 31 Anm. 2 aufgeführte Kieferfragmentchen, von dem auch oben die Rede war, demselben Tiere angehört, da die in ihm er- haltenen Molaren ganz dieselben Dimensionen haben, wie die Molaren in dem im Kalkstein z. T. steckenden Unterkieferast; ein kleiner Unterschied existiert nur in der etwas gröberen Oberflächenstruktur des ersteren. So stellt sich schließlich heraus, was freilich von vorne- herein zu vermuten war, daß die beiden Wiederkäuer vom Heßler dieselben sind, wie die vom nahen Weisenau, nämlich: Palaeomeryx scheuchzeri v. Meyer = Dremotherium feignouxi Geoffr. und Palaeomeryx medius v. Meyer = Amphitragulus ponieli Füll. Auch das möchte als wahrscheinlich gelten, daß schon beide Arten und Gattungen zur Untermiocänzeit Geweihe besaßen. — 198 — 4. Eine Tiefboliruug im westlichen Frankfurt a. M. Die Verüffentlichung des Ergebnisses einer Tiefbohrung ist bei den zahlreichen Verwerfungen, die unsere Landschaft durch- setzen, auch dann von Interesse, wenn die schon gewonnenen Kenntnisse über Schichtenstörungen durch sie nicht vermehrt werden, sondern schon bekanntes nur bestätigt wird. Zum Zwecke der Herstellung eines Brunnens auf dem Terrain der hier zu errichtenden Garnisonswäscherei an der Schwalbacher Straße, zunächst der Mainzer Landstraße, ließ die königl. Garnisonsverwaltung dahier, bezw. die königl. Intendantur des XI. Armeekorps in Kassel, eine Bohrung vornehmen. Ausreichende Wassermengen wurden erst in ca. 120 m Teufe erreicht, die wasserführende Schicht scheint hier eine zer- brochene Bank verhärteten Mergels zu sein. Auf eine wasser- führende Schicht traf man aber schon in 21- — 22 m, wo pliocäne Sande auf pliocänera Thon ruhen; außerdem führt das Bohr- register noch wasserführende Schichten an im untermiocäuen Schichtenkomplex in einer Teufe von 65 — 66 m. Ich lasse mm die Beschreibung der durchbohrten Schichten folgen und bemerke, daß meine aus den Bohrproben gewonnenen Notizen aus dem Bohrregister des Bohrunternehmers besonders da ergänzt sind, wo im Register Braunkohlen notiert sind, die sich in den Proben nicht fanden, die also vom Bohrunternehmer nicht aufgehoben worden sind. Die Tiefenangaben sind den Notizen entnommen, welche an den Fächern der Schieblade angebracht sind, in denen die Bohrproben aufbewahrt wurden. Wo eine ge- nauere Tiefenangabe aus dem Bohrregister ersichtlich war, ent- nahm ich sie natürlich diesem. Ich entledige mich hier der angenehmen Pflicht, der königl. Intendantur des XI. Armeekorps, wie den Herren königl. Baurat P i e p e r in Hanau, königl. Major D o r g u t h und Ingenieur Lachmann dahier, die mir hierbei durch Überlassung der Bohrproben, Mitteilung des Bohrregisters und anderer auf die betreffende Bohrung bezüglichen Notizen gefällig waren, meinen verbindlichsten Dank auszusprechen. Terrain 96,0 m über Amsterdamer Pegel. Muttererde und Lehm bis 2,0 ml 2 Lehmiger, schmutzigbrauner Sand mit gröberen Geschieben „ 3,0 m 11 — 199 4,0 m 5,0 m 6,0 m Schmutzigbrauner Sand mit größeren Ge- schieben bis Gelber Letten „ Ziemlich grober Sand (Quarzkörner gerundet) mit kleinen Geschieben (Quarz und fester Sandstein) „ Lichtgrauer Thon mit feinem Quarzsand und kleinen Eisenkonkretionen „ Lichtgrauer, feinsandiger Thon .... „ Feinsandiger Thon mit kleinen Eisenkon- kretionen, rot gefleckt „ Thoniger Sand, erfüllt mit zahlreichen Braun- eisenknöUchen „ Feinsandiger Thon mit gelben und roten Flecken „ Feiner schlichiger Sand „ Lichtgrauer Thon mit roten Flecken, wechsel- lagernd mit schlichigera Sand .... „ Schlichiger Sand und lichtgrauer Thon mit gelben und roten Flecken und holziger Braunkohle „ Schlichiger Quarzsand .... Bräunlicher, feiner Quarzsand, wasser- et was verbunden führend Heller, sehr feiner reiner Quarzsand Hellgrauer, gleichförmiger Thon, mit zahl- reichen, sehr kleinen Eisenkonkretioneu und etwas Quarzsand Fast völlig reiner, sehr feiner Quarzsand Dunkler, schiefriger Letten mit Hydrobien Feiner Kalksand, untermischt mit feinem Quarzsand Sandiger Mergel , bestehend fast nur aus kleinen Kalkknöllchen, Quarzkörnern, sinterigen Kalkpartikeln und wenig Thon . . . . „ 28,0 m Kalksandiger Mergel, voll von kleinen Kalk- konkretionen und Algenkalkpartikeln, da- rin wenig Hydrobien, aber ziemlich viel Cyprissteinkerne und -Inkrustationen . . „ 29,0 m 7,5 m 13,0 m 14,0 m 15,0 m 18,0 m 19,0 m 20,0 m 20,3 m 21,0 m 22,0 m 22,5 m 23,0 m 24,35 m 25,0 m ] ^ 27,0 m w — 200 — Dimkler, schalig-schiefriger Letten, schwer- löslich bis 80,75 m Dimkler, schiefriger, schwerlöslicher Letten mit wenig Kohlenpartikelchen. Darunter ein Fragment von Folliculites kaltennord- heimensis Zenk „ 32,0 m Hellgrauer Letten, leichtlöslich, durchmeugt mit ziemlich viel feinem Quarzsand . . „ 33,0 m Schiefriger, ziemlich schwerlöslicher Letten mit viel Kohleupartikelu, mit Hydrobien und Quarzkörnern „ 34,0 m Schwerlöslicher, schiefriger, dunkler Letten mit einigen Hydrobien (H. ventrosa u. H. aturensis) „ 35,0 m Dunkelgrauer, schiefriger, ziemlich löslicher Letten mit einigen Hydrobien und Fisch- resten (darunter Schlundzähne, Wirbel und 2 größere Otolithen {Gobius franco fur tanus Kok.), sehr wenig Braunkohle .... „ 39,0 m Schiefriger, ziemlich löslicher Letten, ziemlich l^ voll von Hydrobientrümmern (H. ventrosa g. u. H. aturensis) und Fischresten ; außer- § dem ist er von Quarzsand durchsetzt und & enthält schwarze Braunkolileustückchen . „ 40,0 m Schwerlöslicher, schiefriger Letten mit sehr wenig Hydrobien und Fischresten (Schlund- zähne und kleine Otolithen [Otolithus (Gobius) franco fur tanus Kok.7) .... „ 41,4 m HellgrauerTlionm.uichtzahlreichenHydrobien „ 42,0 m Lichter, grünlichgrauer Letten, erfüllt mit reichlichen Quarzsandköruern und vielen sehr kleinen Brauneisenkonkretionen . . „ 43,8 m Lichtgrauer, sandiger Letten, sandig von den ihm beigemengten, in ihm ausgeschiedenen, kleinen Kalk- und Mergelpartikeln, mit wenig Brauneisen „ 44,3 m Bröckliger, schiefriger Letten, nicht leicht- löslich, mit wenig Hydrobien (H. ventrosa u. H. aturensis) und wenig Fischresten . „ 47,0 m 47,9 m 49,0 m 50,0 m 50,4 m 51,0 m — 201 — Liclitgrauer Letten mit ziemlich viel kleinen Algenkalkpartikeln bis Grauer, schwer zerfallender Letten . . . „ Lichtgrauer Letten „ Lichtgrauer Letten, durchsetzt von Algen- kalkteilchen und kantigen Kalkkörnern . „ Lichtgrauer, verhärteter Mergel . . . . „ Heller Letten, voll kleiner Mergelkonkretionen (ca. 1—3 mm) „ 52,0 m Fetter Thon, schwerlöslich, fossillos, wie alle Schichten, in denen keine Fossilien ange- führt sind „ 55,0 m Lichtgrauer Letten mit kleinen, kalkigen Partikelcheu „ 56,3 m Letten, voll kleiner, kalkiger und mergeliger Ausscheidungen und daher sandig er- scheinend „ 58;3 m Schwerlöslicher, fetter Thon mit sehr wenig Trümmern von Hydrobien und Helices und dem Schneidezahn eines Nagers .... „ 59,4 m [^ Mergelbank „ 60,1 m Letten mit reichlich beigemengten Stückchen kleiner, kalkiger und mergeliger Aus- scheiduugen, wohl Algenkalkstückchen . „ 61,7 m Feste Kalkschicht, mit reichlich eingebackenen C?/pm-Schälchen „ 62,3 m Zarte Letten mit ziemlich vielen sehr feinen Mergelkörnchen, Wasser führend . . „ 65,0 m Lettige Sandschicht (den meist gerundeten Quarzkörnchen sind auch ziemlich zahl- reiche weiße, sehr kleine Kalkkonkretionen beigemischt) mit ein paar C^^m-Schälchen, stark Wasser führend „ 66,0 m Eine Bank vei'härteten Mergels . . . . „ 66,9 m Dunkler, schwerlöslicher Letten mit vielen kleineu Kalk- und Mergel-Ausscheidungen „ 78,0 m Dunkelgrauer, nicht leicht löslicher Letten mit wenig, meist inkrustierten C W im Bruch muscheliger, verhärteter Mergel 1 1 o n ,^ o- Dunkler, fetter, schiefriger Letten, schwer löslich, mit wenig Hydrobien und Fischresten, ziemlich viel roten Eisenausscheidungen . bis 118,0 m I | Ebensolcher Letten mit zwischeugelagerten, Icerith verhärteten Mergelbänken ; i7//c?ro6m o6^ma .' „ 122,4 m p^''^''*«" Da das Bohrloch durch hineingeworfenes oder hineinge- fallenes Material verstopft war, so wurde die Bohrung von neuem begonnen ; es ergeben sich aus den herausgespülten Ge- steinsstücken in der Teufe von 119 — 120 m: am 8. — 19. Juli Trümmer von schwarzgrauem, zum Teil oolithi- schem Kalk und lichtgrauem Mergel (aus verhärtetem Mergel und Septarien) ; die zahlreichen, schwarzen, oolithi- schen Kügelchen stammen wohl zum Teil aus Letten, dem sie eingemengt sind (siehe bei 78 — 95,6 m und 100 — 107 m), zum Teil auch aus zertrümmertem, oolithi- schem Kalk; hier Hydrobia obtusa selten, häufiger Pota- mides plicatus jmstulatus, welche zum Teil verkiest sind. Am 11. August dunkler, oolithischer Kalk und hellgrauer, nicht oolithischer, verhärteter Mergel; dabei auch etwas weniges fremdes Material (Sandstein, Quarz und Frag- mente von gebranntem Thon) ; die Menge der Oolithkörner ist groß, aber auch die der Stückchen des bei der Bohrung zertrümmerten, hellgrauen Mergels. Fossilien : Hydrobia obtusa (zum Teil verkiest), sehr zahlreich, Potamides plicakis pustulatus (zum Teil verkiest), zahlreich, Tympanotomiis conicus^ nicht selten, Mytüus faujasi, ziemlich häufig, Dreissensia brardi, selten, Paludina sp. (phasianella?), selten, Fischreste. o — 203 — Am 19. August heller, verhärteter Mergel rait muscheligem Bruch, wahrscheinlich von Septarieu ; auf einem Stück klein- krystallisierter Braun spat, wie in den Zwischenräumen der durch Druck zertrümmerten Mergelbänke in der Hafen- baugrube 1885. Die Stücke der Mergelbank in dieser Probe sind größer ; unter ihnen ist auch ein Stück oolithi- sclier Kalk. Einiges fremdes Material besteht aus Bunt- sandstein, gelbem Hornstein und Ziegelstückchen. Am 22. August sind die Hauptmasse die schwarzen Oolith- köruer, außerdem etwas hellgrauer, verhärteter Mergel. Fremdes Material ist ein Quarzstück. Fossilien: Hijdrobia obtusa, nicht häufig, Potamides plicatus jJustulatus, ziemlich häufig, Tympanotomus conicus, ziemlich häufig, Cijpris inkrustiert, oolithische Körner, B^ischreste. Die Bohrung durchsetzt somit Mutterboden und Diluvium 6,0 m Oberpliocäne, kalkfreie Sande und fleckige Thone, fossillos 18,35 m Untermiocäne , meist schiefrige Letten, wechsel- lagernd mit kalksandigen Schichten und Bänken verhärteten Mergels. Fossilien : Hydrobien und Cijpris ca. 94,0 m Oberoligocäne Cerithienschichten, nicht durchbohrt 2—4 m Die einzelnen Schichtenstufen heben sich sehr deutlich von- einander ab, besonders auch die kalkfreien Sande und Thone des Pliocäns gegen die mergeligen Letten der untermiocänen Hydrobienschichten, aber auch letztere von denen der Cerithien- schichten (thonige Facies), die hier zugleich mit den zwei Ceri- thienarten durch die Hydrobia obtusa Sandb. angezeigt sind; diese Art kommt übrigens auch noch in den tieferen Hydrobien- schichten (kalkige Facies) vor. In Beziehung auf das Niveau, in welchem obige Schichten- komplexe — Oberpliocän, Untermiocän, Cerithienschichten — nach oben abschließen, ist vorerst hervorzuheben, daß bezüglich des ausgehenden Pliocäns von nachbarlichen Bohrlöchern und Aufschlüssen nur die Schichtenfolge im Kleyer'schen Brunnen (Senkenb. Ber. 1894 p 123) mit der im Bohrloch der Garnisons- — 204 — Wäscherei übereinstimmt; in allen anderen fehlt das Pliocän zwischen Diluvium und Untermiocän völlig. Im Kleyer'schen Brunnen ist das Pliocän 22 m, im benachbarten Bohrloch der Garnisons -Wäscherei 18,35 m mächtig. Über die betreffenden Verhältnisse an einigen im Westen Frankfurts bekannten Aufschlüssen gilt folgendes: Garnisons- Wäscherei Kleyers Brunnen Brönners Brunnen Gasfabrik Bocken- heim Tiefe der Cerithienschicht unter dem ausgehenden Untermiocän Tiefe der Cerithienschicht unter Terrain ca. 94 m 118—120 m sehr bedeutend unter 14 m sehr bedeutend unter 49 m sehr nahe unter 96 m nahe unter 102,4 m noch bedeutend unter 34 m bedeutend unter 40 m Fabrik Peter 6 Frank- furter Gasfabrik Hafenbau nahe sei- nem west- lich. Ende Wöhler- straße 9 Cron- berger Straße Tiefe der Cerithienschicht unter dem ausgehenden Untermiocän Tiefe der Cerithienschicht unter Terrain noch bedeutend unter 40 m bedeutend unter 47,8 m ca. 43 m ca. 50 m ca. 2 m 0,2 m 0 m 4 m Om 4 m Anmerkung. 3) Abb. d. preuß. geol. Landes-Anstalt IX p. 35—41; 4) Senck. Ber. 1894 p. 26 ; 5) Senck. ßer. 1894 p. 23 ; 6) Senck. Ber. 1894 p. 27 ; 7) Senck. Ber. 188485 p. 177—190; 8) Senck. Ber. 1884/85 p. 184; 9) Abh. d. preuß. geol. Landes-Anstalt IX p. 72. Was uns die erste Tabelle über die Tiefe der Cerithien- schicht unter dem ausgehenden Untermiocän zeigt, ist, daß die Denudation des Untermiocäns auch im westlichen Frank- furt in sehr ungleichem Maße stattgefunden hat; schon hier- aus geht hervor, daß wahrscheinlich eine Senkung, die die — 205 — westlichsten Orte erfahren haben, daran schuld ist, daß an ihnen die Denudation in wesentlich geringerem Maße sich geltend gemacht hat, sich hat geltend machen können. Bezüglich der Angaben in der zweiten Tabelle erinnere ich daran, daß ich (Abh. d. preuß. geol. Landesaustalt IX p. 206, 211) nachgewiesen habe, daß die Schichten, in denen die Ceri- thien in unserem Tertiärbecken zuletzt, und zwar in großer Menge, auftreten, einen weitverbreiteten Horizont bilden, mit dem die Cerithienschichten nach den Hydrobienschichten ab- schließen. Aus dieser Zusammenstellung erkennen wir, daß die west- lichsten der in ihr genannten Lokalitäten — Bohrloch in der Garnisons-Wäscherei, Kleyers Brunnen, Brunnen in der ehe- maligen Brönner'schen Fabrik, Bohrloch in der Gasfabrik in Bockenheim und das Bohrloch in der ueuerbauten Peter'schen Gummifabrik zunächst der Galluswarte — einer Scholle ange- hören, einer westlichen Scholle, welche an einer östlichen ab- gesunken ist, auf welcher u. a. folgende Örtlichkeiten liegen: Frankfurter Gasfabrik, Frankfurter Hafen, Wöhler- und Cron- berger Straße. In der westlichen Scholle liegt die betr. Cerithien- schicht — und zwar wohl an allen 6 aufgeführten Lokalitäten — in ungefähr gleicher Tiefe, so daß Schichtenstörungen, wie sie in der östlichen vorkommen, und die wir sofort besprechen werden, hier wohl nicht vorhanden sind. In der östlichen Scholle, der sog. Frankfurter Teilscholle (Abh. d. preuß. geol. Landesanstalt IX p. 30—73) treffen wir nämlich z. B. nahe dem westlichen Ende des Frankfurter Hafens die Cerithienschicht fast unmittelbar unter dem Mainschotter, während sie in der nahen Gasfabrik circa 41 m tiefer liegt. Erinnern wir uns, daß uns während des Baues des Hafens in dem ostwestlich verlaufenden , circa 600 m langen, offen vor- liegenden Profil der Hafenbaugrube (Senck. Ber. 1884/85 p. 179 ff. mit Tafel) die seltsame Thatsache vor Augen stand, daß die Tertiärschichten auf dieser ganzen Länge in Mulden und Sättel gelegt waren (Abh. d. preuß. geol. Landesanstalt IX p. 4 — 9), und daß dadurch u. a. der Cerithienhorizont nahe dem westlichen Ende der Grube fast bis zur Terrainhöhe heraufgedrückt war, während wir ihn am östlichen Ende der betr. Baugrube, also nur etwa V2 km östlich, in circa 40 m Tiefe (Senck. Ber. 1884/85 — 206 — p. 183) unter dem Niveau des hier ausgehenden Untermiocän wissen. Ich erkläre mir diese eben beschriebene Faltung der zum größten Teil plastischen Schichten durch einen von Osten resp. von den hangenden Schichten ausgeübten Druck, dem jene nach Westen auswichen. Der NS laufende Basaltgang Luisa- Pol war es, der dem Ausweichen als querliegendes, festes AVider- lager ein Ende setzt und zur Stauung und dadurch zur Faltung geführt hat (Senck. Ber. 1884/85 p. 173). Es ist kaum anzu- zweifeln, daß die ungefähr NS laufende Verwerfungsspalte zwischen den beiden hier besprochenen Schollen die nördlichste Fortsetzung einer östlichen Rheinthalspalte ist, und auch die- jenige ist, in welcher der Basalt Luisa-Pol-Bockenheim empor- gedrungen ist (Senck. Ber. 1884/85 p. 241). Die westliche Scholle (Unteres Niddathal, Abh. d. preuß. geol. Landesanstalt IX p. 119ff) scheint nicht gefaltet. Der Betrag der Verwerfung zwischen den beiden Schollen ist zum mindesten 80 m, wahrscheinlich nicht unbeträchtlich größer (circa 120 m). Inhalt. Seite Bericht über dieSenckenbergische natu r for sehen de Gesellschaft vom Juni 1897 bis Juni 1898. Erstattet von Dr. med. E r n s t B 1 u m e n t h a 1 Ill Verteilung der Ämter im Jahre 1898 XVII Verzeichnis der Mitglieder: Stifter XIX Ewige Mitglieder XX Mitglieder des Jahres 1897 XXI Neue Mitglieder für das Jahr 1898 XXVIII Außerordentliche Ehrenmitglieder XXVIII Korrespondierende Ehrenmitglieder XXVIII Korrespondierende Mitglieder XXVIIl Rechte der Mitglieder XXXIV Bibliothek-Ordnung XXXIV Geschenke und Erwerbungen: Naturalien XXXVI Bücher und Schriften LVIII Bilanz per 31. Dezember 1897 LXXXIV Übersicht der Einnahmen und Ausgaben LXXXV Sektionsberichte: Herpetologische Sektion LXXXVI Sektion für Insekten LXXXVIII Botanische Sektion LXXXIX Mineralogische und Petrographische Sektion .... XC Geologisch-paläontologische Sektion XCI Protokoll-Auszüge XCVIII Dr. George Kolb, Zwei Expeditionen zum Berge Kenia in Englisch-Ost-Afrika C Hofrat Dr. B. Hagen, Die Eingeborenen von Deutsch- Neu-Guinea CVI Professor Dr. M. M ö b i u s , Über das Stärkemehl . . . CVIII Professor R. Burckhardt, Die Riesenvögel der süd- lichen Hemisphäre CXII Oberlehrer J. Blum, Dr. Jean Valentin f CXIV 'r-Ö Seite Dr. med. F. Blum, Zur Physiologie der Schilddrüse . CXVII Dr. G. Gre im, Über Bergstürze GXIX Geh. Reg.-Kat Professor J. Rein, Über Steppen und Wüsten von Transkaspien und Turkestan .... CXXI Prof. M. M ö b i u s , Eine keimende Kokosnuß .... CXXVIII Vorträge und Abhandlungen. Über Sericitgneiße im Taunus, mit besonderer Berücksichtigung der Vorkommnisse in der Sektion Platte. Von W. Seh auf. (Mit Tafel I) 3 Über das optische Verhalten von Globigerinen-Schalen. Von W.Schau f. 27 Entstehung und Entwickelung der Sinnesorgane und Sinnesthätig- keiten im Tierreiche. Drei populär-wissenschaftliche Vorträge, gehalten am 12. und 19. Februar und 12. März 1898 von Dr. med. Ph. Steffan 29 I. Allgemeine Einleitung 29 II. Niedere sog. vegetative Sinne : Tastsinn, Geschmacks- sinn, Geruchssinn 41 III. Höhere sog. animale Sinne : Gehörsinn, Gesichtssinn 52 Die zweizeilige Sumpfcypresse am Rechneigraben in Frankfurt a. M. Von J.Blum. (Mit Tafel II u. III) 71 Über ein eigentümliches Blühen von Bamhusa vulgaris Wendl. (Mitteilung aus dem botanischen Garten zu Frankfurt a. M. III) VonM. Möbius. (Mit Tafel IV) 81 Über den Gehörsinn. Vortrag, gehalten beim Jahresfest am 22. Mai 1898, von Dr. K a r 1 V o h s e n. (Mit 2 Übersichtstabellen) . 91 Die Porträtsammlung der Dr. Senckenbergischen Stiftung. Von Dr. Ernst Roediger 113 Frankfurter Arzte 128 Frankfurter Persönlichkeiten 139 Nichtfrankfurter Persönlichkeiten 141 Beitrag zur Geologie von Syrien. Von Prof. Dr. F. K i n k e 1 i n. (Mit Textillustrationen) 147 Über Dreikanter aus der Umgegend von Frankfurt. Von Dr. E. Wittich. (Mit Tafel V und VI) 173 Kleine Notizen aus der geologisch-paläontologischen Sektion. Von Prof. Dr. F. Kinkelin 191 1. Hyaena spelaea Goldf. im Löß von Sossenheim . . 191 2. Cervus euryceros Aldr 193 3. Amphitragulus pomeli Filh 195 4. Eine Tiefbohrung im westlichen Frankfurt .... 198 — »♦-s»-»-«-*« Bericlit der Senckenbergischen naturforschenden Geseilschaft Frankfurt am Main. 1898. Mit sechs Tafeln und mehreren Textfiguren. Frankfurt a. M. Druck von Gebrüder Kuauer. MBL WHOI Library Serials 5 WHSE 00188