41. BERICHT der SENCKENBERGLSCHEN NATÜRFORSCHENDEN GESELLSCHAFT FRANKFÜRT AM MAIN Frankfurt am Main Selbstverlag der Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft 1910 Nachdruck nur mit Quellenangabe gestattet Übersetzungsrecht vorbehalten V — Inhaltsverzeicliiiis. Neues aus der S c h a u s a m m 1 u n g : Seite Das Flußpferd (mit 1 Abbildung) von E. Wolf 1 Riesenhirsch und Höhlenbär (mit 2 Abbildungen) von F. Drever- mann 7 Das indische Nashorn (mit 7 Abbildungen) von E. Marx u. A. Koch 161 Der afrikanische Elefant (mit 9 Abbildungen) von E. Wolf . . 171 Der Riesenalk (mit 2 Abbildungen) von 0. zur Strassen . . 184 Ein fossiler Hai (mit 1 Abbildung) von F. Drevermann . . 191 Im Grönländischen Eismeer (mit 8 Abbildungen) von R. v. Gold- schmidt-Rothschild 241 Geschenke aus der Ausbeute der J. Deutschen Tiefsee-Expedition (mit 6 Abbildungen) von F. W. W i n t e r 254 Verteilung der Ämter im Jahr 1910 12 V e r z e i c h n i s d e r M i t g 1 i e d e r 14 Rückblick auf das Jahr 1909 (Mitteilungen der Verwaltung) . 35 Kassenbericht über das Jahr 1909 41 Museumsbericht über das Jahr 1909 44 Zoologische Sammlung 47 Botanische Sammlung 56 Mineralogische und petrographische Sammlung 58 Geologisch-paläontologische Sammlung . 60 Lehrtätigkeit im Sommerhalbjahr 1909 und Winterhalbjahr 1909/10 : Zoologie 68 194 Botanik 70 195 Mineralogie, Geologie und Paläontologie 72 196 Wissenschaftliche Sitzungen : 0. zur Strassen: Psychologie der Insekten .... 197 K. Esche rieh: Über Termiten 199 R. Volk: Biologisches aus der Unterelbe, insbesondere die Beziehungen des Planktons zur Selbstreinigung des Stromes bei Hamburg 201 K. D e n i n g e r : Ergebnisse seiner Reise nach den Molukken 205 H. S c h u b 0 t z : Zoologische Ergebnisse und Beobachtungen während der Zentralafrika-Expedition des Herzogs Adolf Friedrich zu Mecklenburg 208 L. Grünhut: Die Beziehungen zwischen physikalischer Chemie und Biologie 210 E. Strauß; Tierische Farbstoffe 211 R. Richter: Die Entstehung des Rheintals von der Quelle bis Mainz 213 E. Kaiser: Die Entstehung des Rheintals von Mainz bis Köln 214 ollZo^ — VI — Seite R. Goldschmidt: Das Problem der Geschlechtsbestimmung 216 ß. Kahn: Über schlagende Wetter 217 G. Greim: Die Zirkulation der Ozeane 218 H. Sachs: Die Reaktionsfähigkeit des Organismus gegen- über artfremden Stoffen 219 F. W. Winter: Neuere Untersuchungen über Biologie und Fortptlanzung der Foraminiferen, ein Bild aus der Kleinlebewelt 222 W. Schau f: Über den Odenwald 225 K. P r i e m e 1 : Über den wissenschaftlichen Wert der Pflege und Schaustellung lebender Tiere .... 225 E. Wolf: Die Inseln der Südsee und ihre Bewohner . . 228 Wissenschaftliche Beiträge: M. Möbius: Eine botanische Exkursion nach Algier und Tunis (mit 8 Abbildungen) 76 A. Knoblauch: Unsere einheimischen Salamander und Molche im Kreislauf des Jahres fmit 7 Abbildungen) 104 F. D r e V e r m a n n : Eine geologische Forschungsreise in die Sierra Morena 123 P. Prior: Die Diamanten Deutsch-Südwestafrikas (mit 2 Ab- bildungen) 133 P. Sack: Aus dem Leben unserer Zuckniücken (Chironomiden) (mit 8 Abbildungen) 229 A. Hand Urs eh: Fossile Wespennester (mit 1 Abbildung) . . 265 J. Ziehen: Die Darstellung der Tiere in der antiken Kunst (mit 11 Abbildungen) 267 Nekrologe: F.W. Winter: Anton Do hm und die Zoologische Station in Neapel 142 F. Kinkelin : Lu d wig Becker 152 A. Libber tz: Robert Koch (mit Porträt) 306 Besprechungen: L Neue Veröffentlichungen der Gesellschaft : Abhandlungen der Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft in Frankfurt a. M. : Band 31 Heft 1 : Riechbahnen , Septum und Thalamus bei Diclelphis marsupialis von Dr. Paul Röthig (L. Edintjer) 155 Die Farnpflanzen in der Umgegend von Frankfurt a. M. von J. M ü 1 1 e r - K n a t z (A. Knoblauch) .... 319 Band 32 : Festschrift zum siebenzigsten Geburtstag von Wilhelm Kobelt am 20. Februar 1910 (F.Haas) . . 156 IL Neue Bücher: F. Kinkel in: Vorgeschichte vom Untergrund und von der Lebewelt des Frankfurter Stadtgebietes. Eine geologische Skizze fA. Knoblauch) 158 Neues aus der Scliausammlmio-. Das Flußpferd. Mit einer Abbildung. Wer erinnert sich nicht der alten treuen Hüter, die links und rechts den Eingang unseres früheren Museums geziert haben. Der eine dieser Kolosse, das Nilpferd, hat unterdessen den Flammentod erlitten ; der andere, ein suraatranisches Nashorn, mußte sich in unserem neuen Museum bescheiden in eine Nische des Obergeschosses zurückziehen. So haben wir gerade die Riesen unserer Tierwelt, die Dickhäuter, entbehren müssen, bis hochherzige Schenker es uns ermöglicht haben, diese Lücke mit Prachtexemplaren ihrer Art auszufüllen: ein mächtiges Fluß- pferd, das ein Kunstwerk der neueren Dermoplastik genannt werden darf, hat bereits Aufstellung gefunden ; Rhinozeros und afrikanischer Elefant werden in Bälde folgen. Rudolf von Goldschmidt-Rothschild, dem unser Museum in neuerer Zeit so manche wertvolle Schenkung ver- dankt, hat das Flußpferd für uns erworben; im westafrikanischen Oberguinea wurde es erlegt, und englische Präparatoren haben aus ihm ein lebenswahres Schaustück geschaffen. Die Zoologie stellt das Flußpferd, Hippopotamus amphibius L.; zu den Paarzehern, also in die Nähe der Schweine. An jedem Fuß, vorn wie hinten, trägt es vier mächtige Zehen, die beiden vorderen etwas näher zusammengerückt, die seitlichen weiter abstehend, aber alle den Boden berührend. Sein fast 3 m langer Magen zerfällt in drei ziemlich scharf gesonderte Abteilungen, ein Hinweis darauf, daß dieses Tier auch mit den Wiederkäuern nahe verwandt ist. Seine Beine sind plump und kurz; der Bauch hängt tief herab; der massige Kopf mit den 1 — 2 — zugespitzten unscheinbaren Ohren, den kleinen, mit stark ge- wölbter Hornhaut versehenen Augen und den S-förmigen, ver- schließbaren Nasenlöchern nimmt nahezu ein Dritteil der Körper- länge ein. Auf der Oberlippe zerstreut stehen wenige Borsten, die sich sonst nur noch als winzig kleiner Haarbüschel an dem kurzen Schwänze finden. Die schwarzgraue, an einzelnen Stellen hellere Fleischtöne aufweisende Haut ist rissig. Das ganze Äußere des Tieres sowie seine unnachahmliche Stimme mit ihren brummenden, grunzenden und pustenden, oft trompetenartigen Tönen lassen diesen Dickhäuter nicht gerade als eine Schönheit erscheinen. Aber so, wie er uns hier entgegentritt, macht er durchaus nicht den Eindruck der Plumpheit oder Schwerfällig- keit, ist er nicht der träge, im Wasser ruhende Fettkoloß, sondern ein wutschnaubender, kraftstrotzender Riese, der trotz der ge- ringen Gliederung seines Körpers, die eigentlich nur durch die Falten an den Oberschenkeln und in der Nackengegend zum Ausdruck kommt, einen nicht zu verachtenden Gegner darstellt. So mag er im grauen Altertum in den Arenen Roms seineu Widersachern — Löwen, Bären und anderen Bestien — ent- gegengetreten sein; so mögen sich die Bullen, wenn sie im Frühjahr um die Weibchen kämpfen, gegenüberstehen; so soll das Flußpferd auch in Augenblicken blinder Wut auf seine Gegner losstürzen, Menschen und Tiere mit seinem fürchterlichen Gebiß zermalmend. Noch immer ist es uns ein Rätsel wie die alten Römer trotz ihrer primitiven Hilfsmittel eine große Zahl dieser Tiere bis nach Rom transportieren konnten: denn selbst heutzutage gelingt es nur selten, einen dieser Dickhäuter, zumal ein erwachsenes Exemplar, in die europäischen Tiergärten zu bringen. Ist aber die Überführung erst einmal gut vonstatten gegangen, so werden die Tiere bald zahm und halten sich oft jahrzehntelang; ja sie können sogar in der Gefangenschaft zur Fortpflanzung gebracht werden. 3^2 m mißt unser Bulle von der Schnauze bis zur Schwanz- wurzel; 3,20 m ist sein Leibesumfang, selbst sein Hals weist einen Umfang von 2V2 m auf; 1500 kg mag wohl das Gewicht des lebenden Tieres betragen haben. Es ist also im wahren Sinn des Wortes ein Koloß. Und doch sind schon Tiere von 4 — 5 m Länge und mit einem Gewicht von 2000 — 3000 kg er- legt worden. Schon die 2 cm dicke Haut mit der darunter p^ p^ _ 4 — liegenden 8— 16cm mächtigen, melir flüssigen als festen Fett- schicht, die als sogenannter „Seeknhspeck" für die Eingeborenen einen hochgeschätzten Leckerbissen bildet, wiegt bei diesen Riesen 500 — 600 kg. Nilpferdpeitschen, aus Längsstreifen der abgezogenen Haut hergestellt, haben schon zur Pharaouenzeit eine bedeutsame Rolle gespielt, und durch die Buren lernten die Eingeborenen wie die Zugtiere Südafrikas diese Marterwerk- zeuge in gleich unliebsamer Weise kennen. Aus dem weitaufgerissenen Rachen starrt uns ein Gewirr von Zähnen entgegen, die aber in der sichersten Weise ineinander- greifen und für ihre Zwecke vortrefflich angepaßt sind. Oben und unten sehen wir jederseits zwei wurzellose, nach vorn ge- richtete Schneidezähne, von denen der innere, bei unserem Exemplar 22 cm lang, den äußeren überragt, und je einen Eck- zahn, von welchen der untere, hier 30 cm messend, die drei- bis vierfache Länge des oberen besitzt. Die Backenzähoe, jederseits sechs bis sieben oben und unten, sind im Unterkiefer von dem Fleischwulst der Zunge nahezu vollständig verdeckt und treten deshalb nur im Oberkiefer deutlich hervor. Wie arbeitet nun dieser absonderliche Mechanismus? Der untere Eckzahn, der ein Gewicht von 2 — 3 kg erreichen kann, erscheint außen tief gerieft und ist ziemlich stark nach ein- wärts gebogen. An der Spitze zeigt seine Innenseite eine spiegel- glatte Fläche; die entsprechende Gegenfläche findet sich auf der Außenseite des oberen Eckzahns. Beide Zähne sind fort- während im Wachsen begriffen ; doch durch die andauernde Be- nützung werden sie auch in gleicher Weise wieder abgeschliffen. Hierdurch weist jede Seite ein vorzüglich funktionierendes Scherenpaar auf, mit dem das Tier selbst die zähesten Stengel der verschiedenartigen Wasserpflanzen, die es täglich zentner- weise verzehrt, abzuschneiden vermag. Die Schneidezähne, deren untere ebenfalls die oberen weit an Größe übertreffen, greifen nicht über-, sondern zwischeneinander und weisen deshalb auch die abgenutzten Flächen an den Seiten auf. Ihnen fällt das Ausreißen und Festhalten der Nahrung zu, so daß nur noch das Zerkleinern und Zermalmen derselben den Backenzähnen vor- behalten bleibt. Paläontologische Funde bezeugen, daß das Flußpferd zur Tertiär- und Quartärzeit in noch gewaltigeren Arten, wie auch in Zwergformen, sogar Süd- und Mitteleuropa — auch unsere Mainebene — , ja selbst das ferne Indien bevölkert hat. Eine noch lebende Zwergform, die höchstens eine Länge von 2 m erreicht, wurde im Innern von Liberia in Westafrika aufgefunden. Heutzutage ist das Flußpferd auf Zentralafrika zuiückgedrängt. Noch vor ungefähr hundert Jahren hat dieses Riesentier ganz Afrika bewohnt und sich vereinzelt selbst noch im Unterlauf des Nils gezeigt. Daher rührt auch der Name Nilpferd. Nicht so einfach ist der zweite Teil dieses Namens zu erklären ; denn mit einem Pferd hat das Tier nicht die geringste Ähnlichkeit. Noch früher war es bis hinab nach Südafrika der unumschränkte Herrscher der afrikanischen Flüsse und Seen, vor dem selbst die gierigen Krokodile zurückschreckten, und dem auch auf dem Lande kein Geschöpf entgegenzutreten gewagt hat. Nur der Mensch suchte seit alten Zeiten auch hier seine Oberhoheit durchzusetzen. Aber weder die Jäger der Pharaonen, die, wie noch heute manche Eingeborenenstämme, das Tier unerschrocken mit Harpunen angriffen, noch die Fallgruben oder vergifteten Fallhölzer der westafrikanischen Völker konnten es in seiner Existenz bedrohen. Erst das Feuergewehr, Pulver und Blei, haben unter den Flußpferden in verheerender Weise aufgeräumt. Haut und Zähne, namentlich die Eckzähne, die, nachdem die Schmelzschicht abgebeizt ist, ein sehr hartes Elfenbein liefern, bilden vielbegehrte Handelsartikel, und so haben bereits in wenigen Jahrzehnten Jagdlust und Geldgier diese gewaltigen Tiere dezimiert. Bald werden wir auch sie, wie schon so manchen anderen ihrer ehemaligen Heimatgenossen, auf die schwarze Liste derjenigen Tiere setzen müssen, von denen die Krone der Schöp- fung sich rühmen kann, sie vollständig vernichtet zu haben. Als ausgezeichnete Schwimmer und Taucher, die es dank ihrer gewaltigen Lungen bis zu fünf Minuten unter Wasser aushalten können, sowie infolge der ihnen eigenen Scheu und Schlauheit werden die Flußpferde aherdings noch einige Zeit ihr Dasein fristen; aber ihr völliger Untergang scheint unabwendbai". Auch die neueste Entdeckung Robert Kochs, daß wie die Krokodile so auch diese Tiere als Zwischenwirte der Erreger der Schlafkrankheit in Betracht kommen, läßt uns dieses un- aufhaltsame Schicksal nicht weniger bedauerlich erscheinen. Möge es den gegenwärtigen, eifrigen Bestrebungen gelingen, für Riesenhirsch, Cerviis (Megaceros) euryceros Aldrovandi. — 7 — die bedrohte Tierwelt Afrikas Schutz reservate zu schaffen, in denen die verschiedenen Vertreter dieser einzigartigen Fauna in voller Freiheit, ähnlich wie die letzten Reste der großen Büffelherden in Nordamerika, leben können und so wenigstens vor der vollständigen Ausrottung bewahrt bleiben. E. Wolf. Riesenhirsch und Höhleubär. Mit 2 Abbildungen. Zwei stattliche Tiere der Vorzeit sind in den letzten Monaten im Lichthof neu aufgestellt worden : der Riesenhirsch, tiefdunkel gefärbt von dem irischen Torfmoor, unter dem er gelegen hat, stolz aufgerichtet mit dem mächtigen Schaufelgeweih, und ein alter, ausgewachsener Höhlenbär, dessen Skelett an Frische mit dem eines rezenten Tieres wetteifert, hell gefärbt von dem Hühlenlehm der Tiroler Kalkalpen. Beide sind Charakter- tiere (Leitfossilien) der Diluvialzeit; beide mögen oft genug miteinander gerungen haben ; beide sind sie schließlich vom Menschen gejagt und ausgerottet worden. Der Riesenhirsch, Cervus {Megaceros) eui'ijceros Aldro- vandi,*) war zur Diluvialzeit weit verbreitet. Seine Reste finden sich in besonderer Menge in Irland und zwar in einer mergeligen Süß Wasserschicht direkt unter den gewaltigen Torflagern, die große Teile der Insel bedecken. Mehr vereinzelt sind die Funde in Großbritannien, in ganz Frankreich und Deutschland (auch in unserer Gegend ist der Riesenhirsch mit Sicherheit nach- gewiesen), Belgien, Dänemark und Österreich ; wieder häufiger sind sie in Ungarn und Oberitalien, endlich im europäischen Rußland, besonders im Wolgagebiet, und als äußerster östlicher Vorposten in Sibirien. Bei einer so großen Verbreitung ist es natürlich, daß sich auch beim Riesenhirsch wie bei seinen rezenten Verwandten eine Anzahl von Rassen herausgebildet hat, die sich besonders nach der Gestalt des Geweihes voneinander unterscheiden lassen. Dieses besteht beim männlichen Tiere (das weibliche trug kein Geweih) aus gewaltigen Schaufeln mit lang auslaufenden Spitzen am Rande, deren größter Abstand ') Literaturangaben in der hier besonders benutzten Arbeit von K. Hescheler „Der Riesenhirsch". Neujahrsblatt der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich. 1909, 111. Stück. bei unserem Skelett fast 3 m beträgt, bei dem riesigsten bisher bekannten Exemplar aber fast 4 m erreicht. Selbst dieser im- posante Kopfschmuck, neben dem jeder Hirsch oder Elch der Gegenwart uns klein erscheint, wurde jährlich abgeworfen und in wenigen Monaten neu gebildet; denn die tiefen Furchen und Eindrücke auf den Schaufelflächen rühren von Blutgefäßen her und stammen aus der Zeit, als das Geweih während der Neu- bildung noch mit Bast bedeckt war. Fast alle in europäischen Museen aufgestellten Skelette und Geweihe des Riesenhirschs stammen aus Irland, wo sie sich an einzelnen Stellen so häufig finden, daß es besondere Sammler gibt, die mit langen Eisenstaugeu den Torf und Letten durchstechen und da, wo sie auf einen Widerstand stoßen, nachgraben. Wie kommen diese Mengen der großen Tiere nun gerade in die eine Lettenschicht? Da sich außerdem Süßwasser- schuecken und -Muscheln darin finden, läßt sich leicht feststellen, daß die Schicht am Grunde von flachen Seen abgelagert wurde, die zur Diluvialzeit weite Strecken von Irland bedeckten. Mau darf vielleicht annehmen, daß ganze Rudel von Rieseuhirscheu, vielleicht von Wölfen (oder vom Menschen?) gejagt, im Wasser Zuflucht gesucht haben und in dem zähen Lehm versunken sind. Der schwei-e Hauptschmuck hinderte durch sein Gewicht die Tiere, sich aus dem Morast herauszuarbeiten. So erklärt sich leicht auch die Tatsache, daß die Überreste weiblicher Tiere viel seltener als die der männlichen gefunden werden. War der Riesenhirsch ein Zeitgenosse des Menschen ? Man hat eine durchlöcherte Rippe des Tieres aus Irland als Beweis für eine Verwundung durch Lanze oder Pfeil ansehen wollen; sicherer ist ein Fund in England, wo in der gleichen Schicht Riesenhirschknochen mit Steinwerkzeugen gefunden worden sind. Die Annahme, daß der Mensch das prachtvolle Tier gejagt hat, ist also gerechtfertigt. Als reine Vermutung muß es aber bezeichnet werden, daß der Riesenhirsch in Deutsch- land bis ins Mittelalter hinein gelebt haben soll. Im Nibelungen- lied erschlägt Siegfried auf der Jagd auch ,, einen grimmen Scheich", und da man kein Tier des deutschen Urwaldes kennt, das etwa mit dieser Bezeichnung gemeint sein könnte, hat man an den Riesenhirsch gedacht. Die große UnWahrscheinlichkeit dieser Annahme geht jedoch schon daraus hervor, daß ein Ge- — 10 — weihträger von so gewaltiger Gestalt niemals ein Waldbewoliner gewesen sein kann, wie das übrige in derselben Strophe des Nibelnngenliedes erwähnte Wild, Wisent, Elch und Auerochs. Irland war wohl die letzte Zufluchtsstätte des Riesen- hirschs. Er gelangte dorthin über die Landbrücken, die da- mals noch England mit dem Kontinent und mit Irland ver- bunden haben. Hier hat er bis an die Grenze der Gegenwart gelebt ; in Deutschland wie überhaupt in Mitteleuropa aber muß er als ein Charaktertier der Diliivialzeit gelten. Das gleiche gilt von dem Höhlenbär, ürsus spelaeus Rosenmüller. ^) Seine Reste haben sich in manchen Höhlen, ganz besonders in Schwaben, in solcher Menge gefunden, daß man viele Wagenladungen fortfahren konnte. Auch die Tisch- oferhöhle bei Kufstein, aus der unser Skelett stammt, enthielt die Reste von zahlreichen Individuen, unter denen diejenigen von ganz alten, sowie von weiblichen und jungen Tieren stark vorwiegen. Der Erforscher der Höhle Prof. M. Schlosser in München glaubt, daß nur ganz alte Bären die Höhle aufgesucht haben, um darin zu verenden, und ferner weibliche Individuen, um zu Wölfen. Denn der schlechte Zugang zur Höhle er- schwerte das Einbringen der Beute ganz außerordentlich, und es wurden in der Tat nur wenige Reste von Beiitetieren ge- funden (Rentier, Steinbock u. a.). Hier haben die Höhlenbären also wohl nicht dauernd gehaust, wie man dies bei vielen an- deren Höhlen für ganze Reihen von Generationen annehmen darf. Trotz seiner mächtigen Größe, welche die des Eisbären und des grauen Bären Nordamerikas erreicht und übertrifft, war der Höhlenbär wie die Mehrzahl seiner jetzt lebenden Ver- wandten vorzugsweise ein Pflanzenfresser. Außerdem fand er aber mit seinen Zeitgenossen, dem Höhlenlöwen, der Höhlen- hyäne und dem Höhlenwolf, reiche Beute in den undurchdring- lichen Wäldern Mitteleuropas. Sicherlich hat auch der Mensch der Diluvialzeit mit ihm gekämpft, und oft mag er ihn in hartem Ringen aus den Höhlen des Kalkgebirges vertrieben haben, um selbst darin Schutz vor den Unbilden der Witterung zu suchen. ^) Vergl. die Arbeit von M. Schlosser „Die Bären- oder Tischofer- höhle im Kaisertal bei Kufstein." Abhandl. der Kgl. Bayer. Akademie der Wissenschaften. XXIV, 2, München 1909. — 11 — Man findet über der Schicht des Höhleolehms, in der die Skelette und Einzelknochen der Raubtiere und ihrer Beute gefunden werden, häufig- eine andere mit menschlichen Artefakten, mit Feuerstätteu, mit den Beutetieren und Resten des Menschen. Ja in einzelnen Höhlen geben uns mehrere über einander folgende Ausfüllungsschichten mit ihren Einschlüssen ein ganz genaues Bild langer Zeiten wieder und werden zu wichtigen Dokumenten längst verschwundener Klimaperioden und ihrer Tierwelt. Der Mensch benutzte alles vom Höhlenbären ; sein Fell diente zur Kleidung, sein Fleisch als Speise (man kennt an- gebrannte Knochen des Höhlenbären, auch unser Museum be- sitzt einen solchen); seine Zähne wurden durchlöchert und als Halsschmuck aufgereiht getragen, und dem Unterkiefer schlug der Mensch den hohen Gelenkfortsatz ab, benützte diese Stelle als Griff und spaltete nun durch einen geschickten Schlag mit dem spitzen Eckzahn die markhaltigen Röhrenknochen seiner Beute. Ob der Höhlenbär durch den Menschen ausgerottet worden ist, ist nicht erwiesen ; jedenfalls tritt zu Beginn der Gegenwart überall der viel kleinere braune Bär an seine Stelle. F. Drevermann 12 Protektoriii : Ihre Majestät die Kaiserin. Verteilung der Ämter im Jahre 1910. Direktion : San. -Rat Dr. E. lloedi^er, I. Direktor 1 >V. Melber, Kassier Dr. A. V. AVeiiiberg-, II. Direktor i Gen. -Konsul Stadtrat A. v. Metzler, Dipl.-Ing. P. Prior, I. Schriftführer Kassier A. Siebert, II. Schriftführer Jnstizrat Dr. F. Berg, Konsulent VerAvaltiiug : Die Verwaltung besteht satzungsgemäß aus den arbeitenden Mit- gliedern, deren Namen im Mitgliederverzeichnis mit * versehen sind Abgeordu. zur Kommissiou der vereinigten Bibliotheken: Prof. Dr. H. Reicheubach Bücher-Kommission : Prof. Dr. F. Richters, Vorsitzender Prof. Dr. Vi. Scliauf Prof. Dr. M. Möbius ' Prof. Dr. 0. zur Strassen Prof. Dr. H. Reich enbacli \ Dr. (i. Wahl Redaktion der Abhandlungen : W. Melber, Vorsitzender I Prof. Dr. M. Möbius Prof. Dr. 0. Boettger Prof. Dr. H. Beichenbach Prof. Dr. L. v. Hejden | Prof. Dr. 0. zur Strassen Redaktion des Berichts: Prof. Dr. A. Knoblauch, Vorsitzender Dipl.-Ing. P. Prior Dr. A. y. Weinberg F. W. Winter Lehrkörper: (Prof. Dr. H. Reichenbach Zoologie Prof. Dr. 0. zur Strassen I Dr. E. Wolf Botanik Prof. Dr. M. Möbius Mineralogie Prof. Dr. W. Seh auf ,, , . , T. V . , • f Pr«^- Dr. F. Kinkelin Geologie und Paläontologie r^ ^ ,x ^ " \ Dr. F. Drevermaun — 13 — Miiseums-Kommission: ^^?o ^y^s Die Sektionäre und der II. Direktor ^^^^ 9 Sektionäre: „,.,-. . , Ol 1 x^ [ Pi'of- Dr- H. Reichenbacli Vergleichende Anatomie und fekelette . . . . ^ _ t,, c, ,, , * l Frau M. Soudheim Säugetiere Prof. Dr. W. Kobelt Vögel Komm. -Rat R. de Neufville Reptilien und Batrachier Prof. Dr. 0. Boett^er Fische A. H. Wendt ^, , .,, . f Prof. Dr. L. y. Heyden Koleopteren und Allgemeines 1 i w • \ .A.9 TT \?lö Hymenopteren A. Weis Lepidopteren Dr. J. Guide Dipteren Dr. P. Sack Neuropteren, Orthopteren und Hemipteren . . Dr. J. Guide Krustazeen Prof. Dr. F. Richters Mollusken Prof. Dr. W. Kobelt Wirbellose Tiere mit Ausschluß der Arthro- poden und Mollusken Prof. Dr. H. Reichenbacli ( Prof. Dr. M. Möbius Botanik { nw n.- \ M. Durer Mineralogie Prof. Dr. W. Schauf ^ , . , ^ , , . ( Prof. Dr. F. Kiukeliu Geologie und Paläontologie p^.^j_ P^. ^^ g^^^^ Direktor des Museums: Prof. Dr. 0. zur Strassen Eustos d. zool. Sammluug: Dr. E. Wolf Kustos d.geol. -pal. Sammlung: Dr. F. Drevermann Bibliothekar : Dr. G. Wahl Bibliotheksekretär ; Th. Hassler Konservatoren : Adam Koch August Koch Christian Strunz Techniker : Rudolf Moll Handwerker : Markus Burkhard Lehrlinge Christian Kopp Joseph Lengle Bureau : Frl. M. Pixis, Vorsteherin „ M. Göbel , M. Eiider Hausmeister Berthold Diegel 14 — Verzeichnis der Mitglieder. I. Ewige Mitglieder. An Stelle der Entrichtung eines Jahresbeitrages haben manche Mitglieder vorgezogen, der Gesellschaft ein Kapital zu schenken, dessen Zinsen dem Jahresbeitrag min- destens gleichkommen, mit der Bestimmung, daß dieses Kapital verzinslich angelegt werden müsse und nur die Zinsen für die Zwecke der Gesellschaft zur Verwendung kommen dürfen. Solche Mitglieder entrichten demnach auch über den Tod hinaus einen Jahresbeitrag und werden nach einem alten Sprach- gebrauch als „Ewige Mitglieder" der Gesellschaft bezeichnet. Vielfach wird diese altehrwürdige Einrichtung, die der Gesellschaft einen dauernden Mitgliederstamm sichert und daher für sie von hohem Werte ist, von den Angehörigen verstorbener Mitglieder benützt, um das Andenken an ihre Toten bleibend in dem Senckenbergischen Museum wach zu halten, zumal die Namen sämtlicher „ewigen Mitglieder" nicht nur den jedesmaligen Jahresbericht zieren, sondern auch auf M a r m 0 r t a f e 1 n in dem Treppenhause des Museums mit goldenen Buchstaben eingegraben sind. Simon Moritz v. Betlimaiiu 1827 G. H. Hauck-Stee^ 1848 Georg Heinr. Schwendel 1828 Dr. J. J. K. Buch 1851 Joh. Friedr. Aut. Helm 1829 G. v. St. George 1853 Georg Ludwig Goiitard 1830 J. A. Gruiieliiis 1853 Frau Susanna Elisabeth Bethmann- P. F. Chr. Kroger 1854 Holweg 1831 I Alexander Gontard 1854 Heinrich Mylius sen. 1844 M. Frhr. v. Bethmann 1854 Georg Melchior Mjlius 1844 | Dr. Eduard Riippell 1857 Baron Amschel Mayer v. Roth- Dr. Th. Ad. Jak. Em. Müller 185» Schild 1845 Julius Nestle 1860 Joh. Georg Schmidhorn 1845 Eduard Finger 18G0 Johann Daniel Sonchay 1845 Dr. jur. Eduard Souchay 1862 Alexander v. Bethmann 1846 J. N. Grällendeich 1864 Heinrich v. Bethmann 184(5 E. F. K. Büttner 1865 Dr. jur. Rat Fr. Schlosser 1847 K. F. Krepi) 1866 Stephan v. (iuaita 1847 Jonas Mylius 1866 H. L. Döbel in Batavia 1847 Konstantin Fellner 1867 Anmerkung: Nach dem Mitglieilerbestand vom 1. Januar 1910. 15 Dr. Herniauii v. Meyer 1869 W. D. Soemnierring 1871 J. G. H. Petsch 1871 Beruhard Dondorf 1872 Friedrich Karl Rücker 1874 Dr. Friedrich Hesseuber? 1875 Ferdinand Laiiriu 1876 Jaliob Bernhard Rikoff 1878 Joh. Heinr. Roth 1878 J. Ph. Nikol. Manskopf 1878 Jean Noe du Fay 1878 Gg. Friedr. 3Ietzler 1878 Frau Louise Wilhelmine Euiilie Gräfin Bose, geb. Gräfin von Reichenbach-Lessonitz 1880 Karl August Graf Bose 1880 Gust. Ad. de Neufville 1881 Adolf Metzler 1883 Joh. Friedr. Koch 1883 Joh. Wilh. Roose 1884 Adolf Soenimerriuj? 1886 Jacques Reiss 1887 Dr. Albert von Reinach 1889 Wilhelm Metzler 1890 *Albert von Metzler 1891 L. S. Moritz Frhr. v. Bethniann 1891 Victor Moessinger 1891 Dr. Ph. Jak. Cretzschmar 1891 Theodor Erckel 1891 Georg Albert Keyl 1891 Michael Hey 1892 Dr. Otto Ponfick 1892 Prof. Dr. Gg. H. v. 3Ieyer 1892 Fritz NeumüUer 1893 Th. K. Soemmerring 1894 Dr. med. P. H. Pfefferkorn 1896 Baron L. A. v. Löwenstein 1896 Louis Beruus 1896 Frau Ad. von Brüning 1896 Friedr. Jaenuicke 1896 Dr. phil. Willi. Jaennicke 1896 P. A. Kesselnieyer 1897 Chr. G. Ludw. Vogt 1897 Anton L. A. Hahn 1897 Moritz L. A. Hahn 1897 Julius Lejeune 1897 Frl. Elisabeth Schultz 1898 Karl Ebenau 1898 Max YOU Guaita 1899 Walther vom Rath 1899 Prof. D. Dr. Moritz Schmidt 1899 Karl von Gruuelius 1900 Dr. jur. Friedrich Hoerle 1900 Alfred von Neufville 1900 Wilh. K. Frhr. v. Rothschild 1901 .Marcus M. Goldschmidt 1902 Paul Siegm. Hertzog 1902 Prof. Dr. Julius Ziegler 1902 Moritz von Metzler 1903 Georg Speyer 1903 Arthur von Gwiuner 1903 Isaak Blum 1903 Eugen Grumbach-Mallebrein 1903 *Robert de Neufville 1903 Dr. phil. Eugen Lucius 1904 Carlo Frhr. v. Erianger 1904 Oskar Dyckerhoff 1904 Rudolph Sulzbach 1904 Johann Karl Majer 1904 Prof. Dr. Eugen Askenasy 1904 D. F. Heynemaun 1904 Frau Amalie Kobelt 1904 *Prof. Dr. Wilhelm Kobelt 1904 P. Hermann v. Mumm 1904 Philipp Holzmanu 1904 Prof. Dr. Achill Andreae 1905 Frau Luise Yolkert 1905 Karl Hoff 1905 Sir Julius Wernher Bart. 1905 Sir Edgar Speyer Bart. 1905 J. A. Weiller 1905 Karl Schaub 1905 W. de Neufville 1905 Arthur Sondheimer 1905 Dr. med. E. Kirberger 1906 Dr. jur. W. Schöller 1906 Beued. M. Goldschmidt 1906 A. Wittekind 1906 Alexander Hauck 1906 Dr. med. J. Gutteuplan 1906 Gustav SteUwag 1907 Christian Knauer 1907 Jean Joh. Val. Andreae 1907 Hans Bode 1907 16 Karl von Metzler 1907 Moritz Ad. Ellissen 1907 Adolf vou Grunelius 1907 Conrad Binding 1908 Line. M. Oppenlieiiner 1908 W. Seefried 1908 Ch. L. Hallgarten 1908 Gustav Schiller 1908 Rosette Merton 1908 Carl E. Klotz 1908 Julius von Arand 1908 Georg Frhr. v. Holzliausen 1908 Dr. med. J. H. Bockenlieimer 1908 J. Creizenach 1908 *A. H. Wendt 1908 Paul Reiss , 1909 Hermann Kahn 1909 Henry Selignian 1909 Wilhelm Jacob Rohmer 1909 Deutsche Gold- und Silber-Scheidc- Anstalt 1909 Heinrich Lotichius 1909 Frau Marie Meister 1909 Dr. med. Heinrich Hoffmann 1909 Dr. med. Karl Kaufmann 1909 Fritz Hauck 1909 Kom.-Rat Eduard Oeliler 1909 Sara Bender 1909 August Bender 1909 Eugene Hoerle 1909 Theodor Alexander 1909 Leopold Sonnemann 1909 Moritz Ferd. Hauck 1909 II. Beitragende Mitglieder. (Die arbeitenden Mitglieder sind mit * bezeichnet.) Abraham, Siegmund, Dr. med. 1904 Abt, Jean 1908 Adam, W., Zollinspektor 1909 Adelsberger, Paul S. 1908 Adler, Arthur, Dr. jur. 1905 Adler, Franz, Dr. phil. 1904 Albert, August 1905 Albert, K., Dr. phil., Amöneburg 1909 Albrecht, Julius, Dr. 1904 Alexander, Franz, Dr. med. 1904 Almeroth, Hans, stud. rer. nat. 1905 Alt, Friedrich 1894 *Alten, Heinrich 1891 " ♦Alzheimer, A., Professor Dr. med., München 1896 Amschel, Frl. Emy 1905 Amson, L. S., Dr. jur. 1907 Andre, C. A. 1904 Andreae, Albert 1891 Andreae, Frau Alharda 1905 Andreae, Arthur 1882 Andreae, Heinrich Ludwig 1904 *Andreae, Hermann. Bankdir. 1873 Andreae, J. M. 1891 Andreae, K., ßapallo 1906 Andreae, Richard 1891 Andreae, Richard jr. 1908 Andreae, Rudolf 1878 Andreae, Viktor 1899 *Andreae-v. Grunelius, Alhard 1899 Andreae-Lemrae, Frau Elise 1891 Andreas, Gottfried 1908 Andresen, Job. Karl, Konsul 1906 Antz, Georg, Zahnarzt 1908 Apfel, Eduard 1908 Apolant, Hugo, Prof. Dr. med. 1903 Armbrüster, Gebr. 1905 Askenasy, Alexander 1891 Auerbach, L., San. -Rat Dr. 1886 Auerbach, M., Amtsger.-Rat Dr. 1905 *Auerbach, S., Dr. med. 1895 Auffarthsche Buchhandlung 1874 Anmerkung. Es wird höflichst gebeten, Veränderungen der Woh- nung oder des Titels u. dergl. dem Bureau der Senckenbergischen Natur- forschenden Gesellschaft, Viktoria-Allee 7, mitzuteilen. 17 — Aumhammer, Julius 1903 Avellis, Georg, San. -Hat Dr. 1904 Bacher, Karl 1904 Baer, Jos. I^Ioritz, Stadtrat 1873 Baer, I\Iax, Generalkonsul 1897 Baer, M. H., Justizrat Dr. 1891 Baer, Simon Leop., 1860 Baer, Theodor, Dr. med. 1902 Baerwald, A., Dr. med. 1901 Baerwindt, Franz, San. -Rat Dr. 1901 Bangel, Rudolf 1904 V. Bardeleben, Fr., Generalmajor z. D. 1900 *Bardorff, Karl, San. -Rat Dr. 1864 Barndt, Wilhelm 1902 de Bary, August, Dr. med. 1903 de Bary, J., Geh. San.-Rat Dr. 1866 de Bary, i^arl Friedrich 1891 de Bary-Jeanrenaud, S. H. 1891 de Bary- Osterrietb, Job. Heinr. 1909 *Bastier, Friedrich 1892 Bauer, Max 1906 Bauer, Moritz Tob. 1908 Bauer-Weber, Friedrich 1907 V. Baumgarten, A., Kaiserl. Russ. Kanimerherr u. Generalkonsul, Wirkl. Staatsrat, Exzell. 1904 Baumstark, R., Dr. med., Homburg V. d. H. 1907 Baunach, Robert 1900 Baur, Karl, Dr. med. 1904 Bechhold, J. H., Dr. phil. 1885 Beck, Karl, Dr. med. 1905 Becker, F. Ph., Dr. med. 1905 Becker, H., Prof. Dr. phil. 1903 Beer, Frau Berta 1908 Beer, Emil 1908 Beer, Gustav, stud. med. 1908 Behrends, Robert, Ingenieur 1896 Behrends-Schmidt, Karl, Konsul 1896 Behringer, Gustav 1905 *Beit, Eduard, Kommerzienrat 1897 Benario, Jacques, Dr. med. 1897 Bender, Gustav 1909 Bender, Otto, Dr. med., München 1908 Berend, Frau Paula, Dr. 1905 Berg, Alexander, Dr. jur. 1900 *Berg, Fritz, Justizrat Dr. 1897 Berghaus, W., Stabsarzt Dr. 1907 Berlizheimer, Sigmund, Dr. med. 1904 Bernus, Louis 1909 Berthold, Frl. Berta 1903 Bessunger, Karl 1909 Besthorn, Otto 1908 v. Bethmann, Frhr. S. Moritz 1905 Beyfuß, Leo 1907 Bibliothek, Kgl., Berlin 1882 Binding, Gustav 1904 Binding, Karl 1897 Binding, Theodor 1908 Bing, Albert 1905 Bingel, Adolf, Oberarzt Dr. 1907 Bischheim, Bernhard 1907 Bittel-Böhm, Theodor 1905 Bittelmann, Karl 1887 Blank, Oskar 1909 Bleibtreu, Ludwig 1907 Bleicher. H., Stadtrat Prof. Dr. 1903 *Blum, Ferd., Prof. Dr. med. 1893 Blum, Frau Lea 1903 Blumenthal, Adolf 1883 *Bluraenthal, E., San.-Rat Dr. 1870 Blümlein. Viktor B. 1909 Bode, H., Gerichtsassessor Dr. 1908 Bode, Paul, Dr. phil., Direktor der Klingeroberrealschule 1895 Boeckh, A., Generaloberarzt Dr. 1906 *Boettger, Oskar, Prof. Dr. phil. 1874 Böhm, Henry, Dr. med. 1904 Böhme, John 1904 Boller, Wilhelm, Prof. Dr. phil. 1903 V. Boltog, Hans 1908 Bonn, Sally 1891 Bonn, William B. 1886 Borchardt, Heinrich 1904 Borgnis, Alfred Franz 1891 Borgnis, Karl 1900 Brach, Frau Natalie 1907 Braun, Franz, Dr. phil. 1904 Braun, Leonhard, Dr. phil. 1904 Braun, Wunibald, Kom.-Rat 1903 Braunfels, 0., Geb. Kom.-Rat 1877 Brechenmacher, Franz 1906 Breitenstein, Walter, Ingenieur 1908 2 18 Brenilel, Martin. Prof. Dr. phil. 1908 Brendel, Wilhelm 1906 Brentano-Brentano, Josef 190ß Briel, Heinrich 1906 Brodnitz, Siegfried, Dr. med. 1897 Brönner, Frau Pauline 1909 Brück, Richard, Rechtsanwalt 1906 Brückmann, Karl 190:5 Brugger, E., Generaloberarzt Dr., Kassel 1904 V. Brüning, G.. Dr. phil.. General- direktor, Höchst 1903 Bucher, Franz 1906 Bücheier, Anton, Dr. med. 1897 Budge, Siegfried 1905 Buecking, Wilhelm 1908 Bullnheimer, Fritz, Dr. phil. 1904 Burehard, Karl, Bergassessor 1908 Burchard, Kurt. Prof., Dr. jur. 1904 Burgheim, Gustav, Justizrat Dr. 1905 V. Büsing-Orville, Frhr. Adolf 1903 Bütschly, Wilhelm 1891 Büttel, Wilhelm 1878 Cahen-Brach, Eugen, Dr. med. 1897 Cahn, Albert 1905 Cahn, Heinrich 1878 Cahn, Paul 1903 Cahn, S., Konsul 1908 Canne, Frau Anna 1905 Canne, Ernst, Dr. med. 1897 Cante, Cornelius 1906 *Carl, August, San.-Rat Dr. 1880 Cassel, B. B. 1905 Cassian, Heinrich 1908 Cayard, Karl 1907 Cayard, Frau Louise 1909 V. Chappuis , Hermann , General - leutnant z. D., Exzellenz 1904 Christ, Fritz 1905 Cnyrim, Adolf, Dr. jur. 1909 Cnyrini, Ernst 1904 Cohen, Eduard 1900 Creizenach, Ernst 1906 -^ Cullmann, Rudolf 1905 Cunze, D., Dr. phil. 1891 Curti, Theodor 1905 Curtis, F., Prof. Dr. phil. 1903 Dambitsch, Arthur 1907 Dannehl, P., Oberstabsarzt, Dr. 1909 Daube, (i. L. 1891 Daube, Kurt, San.-Rat 1906 Deckert, Emil. Prof. Dr. phil. 1907 Degener-Böniiig, Emil 1906 Deguisne K , Prof. Dr. phil. 1908 Delkeskamp, Rudolf, Dr. phil. 1904 Delliehausen, Theodor 19U4 Delosea, S. R., Dr. med. 1878 Demmer, Theodor, San.-Rat Dr. 1897 Deutsch, Adolf, Dr. med. 1904 Diener, Richard 1905 Diesterweg, Moritz 1883 Dietze, Karl 1870 Ditmar, Karl Theodor 1891 Ditter, Karl 1903 Doctor, Ferdinand 1892 Dondorf, Karl 1878 Dondorf, Otto 1905 Donner, Karl Philipp 1873 Dreves, Erich, Justizrat Dr. 1903 Drory, William, Direktor 1897 Drory, William, Dr. phil. 1904 Drüner, L., Stabsarzt Dr., Trier 1904 Du Bois, Georg, Dr. phil. 1906 Duden, P., Prof. Dr. phil.. Höchst 1906 Duracke, Paul 1909 Duncan, Frl. Elisabeth 1909 * Dürer, Martin 1904 Ebeling, Hugo, Dr. med. 1897 Ebenau, Fr., Dr. med. 1899 Eberstadt, Albert 1906 V. Eckartsberg, Emanuel, Major 1908 Eckert, Frau Marie 1906 Eckhardt, Karl, Bankdirektor 1904 *Edinger, L., Prof. Dr. med. 1884 Egan, William 1891 *Ehrlich, P., Geh. Ober- Med. -Rat Prof. Dr. 1887 Eichengrün, Ernst 1908 V. Eichhorn, Hermann, Kommandieren- der General d. XVIII. Armee- korps, Exzellenz 1905 Eichmeyer, Hermann. Generaldirektor, Bensberg 1907 Eierniann. Arnold, Dr. med. 1897 19 *Ellinger. Leo, Kommerzienrat 1891 Ellinger, Philipp, stud. rer. nat. 1907 Ellinger, Rudolf, Dr. jnr. 1907 Embden, Gustav, Prof. Dr. med. 1907 Emmerich, Friedrich H. 1907 Emmerich, Jakob 1907 Emmerich, Otto 1905 Emlers, M. Otto 1891 Engelhard, Karl Phil. 1873 Engelhardt, Otto, Hofheim i. T. 1908 Engert, Heinrich, 1907 Epstein, Jak. Herm. 1906 Epstein, Jos., Prof. Dr. phil. 1890 Epstein, Wilhelm, Dr. phil. 1907 Eschelbach, Jean 1904 Ettlinger, Albert, Dr. med. 1904 Euler, Rudolf, Direktor 1904 Enrich, Heinrich, Dr. phil. 1909 Ewald, W., Privatdozent Dr. med. 1907 Eyssen, Remigius Alex. 1882 v.Fabricius, Ph., Geh. San.-Rat Dr. 1907 Fade, Louis, Direktor 1906 Fay, 0. F. 1904 Feis, Oswald, Dr. med. 1903 Feist, Fr., Prof. Dr. phil., Kiel 1887 Feist, Louis 1906 Fellner, Johann Christian 1905 Fellner, Otto, Dr. jur. 1903 Fester, August, Bankdirektor 1897 ♦Fischer, Bernh., Prof. Dr. med. 1908 Fischer, Karl 1902 Fischer, Ludwig 1902 Flaecher, F., Dr. phil., Höchst 1908 Fleck, Otto, Oberförster 1903 Fleisch, Karl 1891 Flersheim, Albert 1891 Flersheim, Martin 1898 Flersheim, Robert 1872 Flesch, Karl, Stadtrat Dr. jur. 1907 *Flesch, Max, Prof. Dr. med. 1889 Flinsch, Heinrich, Stadtrat 1866 Flinsch, W., Kommerzienrat 1869 Flörsheim, Gustav 1904 V. Flotow, Frhr. Theodor, 1907 Flügel, Josef, Limburg 1907 de la Fontaine, Ernst, Reg.-Rat 1907 Forchheimer, Arthur 1908 Forchheimer, Frau Jenny 1903 Forst, Karl, Dr. phil. 1905 *Franck, Ernst, Direktor 1899 Frank, Franz, Dr. phil. 1906 Frank, Heinrich, Apotheker 1891 Fresenius, A., San.-Rat Dr., Jugen- heim 1893 Fresenius, Eduard, Dr. phil. 1906 Fresenius, Philipp, Dr. phil. 1873 *Freund, Mart., Prof. Dr. phil. 1896 Freyeisen, Willy 1900 *Fridberg, R., San.-Rat Dr. 1873 Fries, Heinrich 1905 Fries Sohn, J. S. 1889 Fries, Wilhelm, Dr. phil. 1907 Fries-Dondorf, Jakob 1906 Fritzmann, Ernst, Dr. phil. 1905 Frohmann, Herbert 1905 Fromberg, Leopold 1904 Fuld. Adolf, Dr. jur. 1907 Fulda, Heinrich, Dr. med. 1907 Fulda, Karl Herm. 1877 Fulda, Paul 1897 Fünfgeld, Ernst 1909 *Gäbler, Bruno, Landger.- Direkt. 1900 Gans, Adolf 1897 Gans, Fritz 1891 Gans, L., Geh. Kom.-Rat Dr. phil. 1891 Gans, Ludwig, W. 1907 Gaurn, Fritz 1905 Geelvink, P., Dr. med. 1908 Geiger, B., Justizrat Dr. 1878 Geisow, Hans, Dr. phil. 1904 Geist, George, Dr. med. dent. 1905 V. Geldern, Frau Gräfin Friederica, Dr. med. . 1904 *Gerlach, Karl, Dr. med. 1869 Gerlach, Karl 1903 Gerth, H., Dr. phil. 1905 Getz, Moritz 1904 Gillhausen, Karl 1905 Gins, Karl 1906 Glöckler, Alexander, Ingenieur 1909 Glogau, Emil August 1904 Gloger, F., Dipl.-Ing. 1908 Goering, Viktor, Direktor des Zoolog. Gartens 1898 2* — 20 — V. Goldammer, F. 1903 Goldschmid, J. E. 1901 Goldschmidt, Edgar, Dr. med. 1908 Goldschmidt, Julius 1905 Goldschmidt, M. S. 1905 Goldschniidt, R. , Prof. Dr. phil., München 1901 V. Goldschmidt - Rothschild , Frhr. Max, Generalkonsul 1891 *v. Goldschmidt-Rothschild, R. 1907 Goll, Richard 1905 Gombel, Wilhelm 1904 V. Gordon, R., Hauptmann a. D. 1908 Gottschalk, Joseph, 8an.-Rat Dr. 1903 Graebe, Karl, Prof. Dr. phil. 1907 Grandhomme, Fr., Dr. med. 1903 Graubner, Karl, Höchst 1905 Greb, Louis 1903 Greef, Ernst 1905 Greif!, Jakob, Rektor 1880 Grieser, Ernst 1904 Grimm, Otto, Geh. Reg.-Rat Bürger- meister 1907 Grosch, K., Dr. med , Offenbach 1904 Grosse, Gottfried 1907 Groß, Otto, Dr. med. 1909 Großmann, Emil, Dr. med. 1906 Grüder, Paul, Referendar 1906 V. Grunelius, Eduard 1869 V. Grunelius, Max 1903 Grünewald, August, Dr. med. 1897 Grüters, August, Prof. 1907 *Gulde, Johann, Dr. phil. 1898 V. Günderrode, Frhr. Waldemar 1905 Günther, Oskar 1907 Günzburg, Alfred, Dr. med. 1897 Guttenplan, Frau Lily 1907 Haack, Karl Philipp 1905 Haag, Ferdinand 1891 Haas, F., stud. rer. nat., Heidelberg 1906 Haas, Ludwig, Dr. 1906 Häberlin, E. J., Justizrat Dr. 1871 Haeckel, Georg, Mil.-Int.-Rat 1907 Haeffner, Adolf, Direktor 1904 *Hagen, B., Hofrat Dr. med. 1895 Hagens, K., Wirkl. Geh. Ober-Justiz- rat u. Oberlandesgerichts-Prä- sident Dr., Exzellenz 1900 Hahn, Julius 1906 Hahn, Otto, Baurat 1908 Hahn-Opiticius, FrauM., Dr. med. 1907 Hahne, A., Stadtschulrat, Hanau 1908 Hallgarten, Fritz, Dr. phil. 1893 Hamburger, K., Geh. Justizrat Dr. 1891 Hamburger, Frl. Klara, Dr. phil., Heidelberg 1906 Ilappel, Fritz 1906 Harbers, Adolf, Direktor 1903 V. Harling, Oberförster, Rod a. d. Weil 1906 v.Harnier, E., Geh. Justizr. Dr. 1866 Hartmann, Eugen, Professor 1891 Hartmann, Johann Georg 1905 Hartmann, Karl 1905 Hartmann, M., Geh. 8an.-Rat Dr., Hanau 1908 Hartmann-Bender, Georg 1906 Hartmann-Kempf, Rob., Dr. phil. 1906 Haßlacher, Franz 1905 Hauck, Georg 1898 Hauck, Max 1905 * Hauck, Otto 1896 Haurand, A., Geh. Kom.-Rat 1891 Haus, Rudolf, Dr. med. 1907 Häuser, Adolf, Justizrat 1909 Hausmann, Franz, Dr. med. 1904 Hausmann, Friedrich, Prof. 1907 Hausmann, Julius, Dr. phil. 1906 Heerdt, Rudolf, Direktor 1906 Heichelheim, Sigmund, Dr. med. 1904 Heicke, Karl, Stadtgartendirektor 1903 Heilbrunn, Ludwig, Dr. jur. 1906 Heilmann, Heinrich 1906 Heinemann, Frau Adele 1909 Heintzenberg, Erwin, Offenbach 1908 Heinz, Philipp 1907 Heinz-Jung, Frau Emmy 1907 Heister, Ch. L. 1898 Hemnierich, Wilh., Hauptmann 1907 Henrich, K. F., Geh. Kom.-Rat 1873 Henrich, Ludwig 1900 Henrich, Rudolf 1905 — 21 — Heraus, Heinrich, Hanau 1889 *Hergenliahn, Eugen, Dr. med. 1897 Hertzog, Adolf, Gerichtsassessor 1907 Hertzog, Frau Anna 1908 Hertzog, Georg 1905 flerxheimer, Frau Fanny 1900 Herxheinier, G., Prof. Dr. med , Wies- baden 1901 *Herxheimer, Karl, Prof. Dr. med. 1898 Herz, Alphonse J. 1906 Herz-Mills, Ph. Jak , Direktor 1903 Herzberg, Karl, Konsul 1897 Herzog, Ulrich, Dr. med. 1908 Hesdörffer, Julius, Dr. med. 1903 Hesse, Hermann 1900 V. Hessen, Prinz Friedrich Karl, Hoheit 1907 Hessenberg, Walter 1908 Heß, Arnold, Dr. phil., Höchst 1908 Heuer, J'rl. Anna, Cronberg 1909 Heuer, Ferdinand 1909 Heuer & Schoen 1891 Heußenstamm, Karl, Bürgermeister a. D. Dr. jur. 1891 *v. Heyden , Lukas, Prof. Dr. phil., Major a. D. 1860 V. Heyder, Georg 1891 Hinkel, August 1906 Hirsch, Ferdinand 1897 Hirsch, Frau Lina 1907 Hirsch, Raphael, Dr. med. 1907 Hirschberg, Max, San.-Rat Dr. 1892 Hirschfeld, Albert 1909 Hirschfeld, Otto H. 1897 Hirschhorn, Fritz 1905 Hirschler, Leopold 1903 Hobrecht, Frl. Annemarie 1907 Höchberg, Otto 1877 Hochschild, Leo 1908 Hochschild, Philipp, Dr. 1907 Hochschild, Salomon 1906 Hochschild, Zachary, Kom.-Rat 1897 Hock, Fritz, Architekt 1907 Hoerle, Fräulein Cecile 1907 Hoerle, Julius 1907 Hoff, Alfred, Konsul 1903 Hoff mann, Paul 1908 Hofmann, Otto 1905 Hohenemser, Frau Mathilde 1908 Hohenemser, Moritz W. 1905 Hohenemser, Otto, Dr. med. 1904 Hohenemser, Robert, Dr. jur. 1905 Höhne, Fritz, Oberarzt Dr. 1908 Hell, Joseph & Co. 1905 Holland, Frau Dora 1908 Holz, August 1909 Holz, Wilhelm 1907 Holzmann, Eduard 1905 Homberger, Ernst, Dr. med. 1904 Homburger, A., Dr. med., Heidelberg 1899 Homburger, Michael 1897 Homm. Nikolaus 1906 Hopf, Karl 1909 Horkheimer, Anton, Sladtrata.D. 1906 Horkheiraer, Fritz 1892 Horn, Hans, 1906 Horstmann, Frau Elise 1903 Horstmann, Georg 1897 V. Hoven, Franz, ßaurat 1897 *Hübner, Emil, Dr. med. 1895 Huck, August 1900 Hupertz, Eduard, Oberstaatsanwalt, Geh. Oberjustizrat Dr. 1905 Hüttenbach, Frau Lina 1909 Jacobi-Borle, Frau Sophie 1909 Jacquet, Hermann 1891 Jaffe, Gustav 1905 Jaffe, Theophil, San.-Rat Dr. 1905 Jaeger-Manskopf, Fritz 1897 Jäger, Alfred, Dr. phil. 1903 *Jassoy, Augusr, Dr. phil. 1891 Jassoy, Frau Ida 1908 Jassoy, Julius 1905 Jassoy, Ludwig Wilhelm 1905 Jay, Frau Sophie 1903 Jelkmann, Fr., Dr. phil. 1893 Jenisch, C, Dr. phil, Mainkur 1908 Hlig, Hans, Direktor 1906 Job, Wolfgang, Konsul 1907 Jordan - de Rouville, Frau L. M. 1903 Josephthal, Karl 1908 Istel, Frau Charlotte, Paris 1908 Jung, Frau Emilie 1907 — 22 Junge, Bernhard 1907 Jungmann, Eduard 1897 Junior. Karl 1903 Jureit, J. C. 1892 Kahn, Bernhard 1897 Kahn, Ernst, Dr. med. 1897 Kahn, Julius 19Ü6 Kalb, Moritz 1891 Kalberiah, Fritz, Dr. med. 1907 *Kallmorgen, Wilh., Dr. med. 1897 Käßbacher, Max 1909 Katzenellenbogen, Albert, Dr. jur. 1905 Katzenstein, Edgar 1906 Kauleu, Ernst, Amtsrichter 1908 Kaj'ser, Heinrich, Dr. med. 1903 Kayser, Karl 1906 Kaysser, Fritz 1899 Kaysser, Frau Georgine 1909 Keller, Adolf 1878 Keller, Ernst, Direktor des Lehrerin- nenseminars 1907 Keller, Otto 1885 Kessler, Hugo 1906 Kilb, Jean, Skobeleff 1909 Kindervatter, Gottfried 1906 *Kinkelin, F., Prof. Dr. phil. 1873 Kirchheim, S., Stadtrat Dr. med. 1873 Kissner, Heinrich 1904 Klein, Walter, Amtsgerichtsrat 1906 Kleinschnitz, Franz 1909 Kleyer, Heinr., Kommerzienrat 1903 Kliewer, Job., Gewerberat 1907 Klimsch, Eugen 1906 Klinghardt, Franz, cand. geol. 1908 Klitscher, F. Aug. 1878 Knauer, Jean Paul 1906 Knickenberg, Ernst, Dr. med. 1897 ^Knoblauch, A., Prof. Dr. med. 1891 Knoblauch, Frau Johanna 1908 Knoblauch, Paul, Dr. med. 1905 Knodt, Georg 1909 Koch, Karl 1902 Koch, Louis 1903 Koch -V. St. George, Frau A L. 1891 Köhler, Frl. Emilie, Hofheim i. T 1907 Köhler, Hermann, Kom.-Rat 1891 Kohn, Julius, Dr. med. 1904 Kohn, Karl, Direktor 1909 Kohnstamm, 0., Dr. med., Königstein 1907 KöUe, Karl, Stadtrat 1905 Kömpel, Eduard, Dr. med. 1897 König, Albert, San.-Rat Dr. 1905 König. Ernst, Dr. phil , Höchst 1908 König, Karl, Dr. med. 1904 V. Königswartcr, Baron H., 1891 Königswerther, Heinrich 1906 Könitzers Buchhandlung 1893 Könitzer, Oskar 1906 Künitzer-Jucho, Frau Lisa 1907 Körner, Erich, Prof. 1907 Köster, E. W., Direktor 1908 Koßmann, Alfred, Bankdirektor 1897 Koßmann, Heinrich 1908 Kotzenberg, Karl, Konsul 1903 Kovvarzik, Joseph 1898 Kraemer-Wüst, Julius 1908 Kramer, Frau Emma 1908 Kramer, Robert, Dr. med. 1897 Krekel, E., Forstmeister, Hofheim i. T. 1904 V. Kremski, Maximilian, Major 1908 Kreuscher, Jakob 1880 Kreuzberg, August 1905 Küchler, Eduard 1886. Küchler, Fr. Karl 1900 Kugler, Adolf 1882 Kuhlmann. Ludwig 1905 Kulimann, Karl 1904 Künkele, H. 1903 Kutz, Arthur, Dr. med. 1904 Labes, Philipp, Dr. jur., Direktor 1905 *Lachmann, Beruh., San.-Rat Dr. 1885 Ladenburg, August 1897 Ladenburg,Ernst, Kommerzienrat 1897 Lampe, Ed.. San.-Rat Dr. 1897 Lampe, J. D. W. 1900 Landauer, Fredy 1905 Landauer, Max 1907 Lapp, Wilhelm, Dr. med. 1904 *Laquer, Leopold, San.-Rat Dr. 1897 Lauch, Jean 1909 Laurenze, Ad., Großkarben 1903 Lauter, W., Dr. ing. h. c. 1908 — 23 — Lauterbach, Ludwig 19U3 Lehmann, Leo 1903 Lehranstalt für Zollbeamte d. Provinz Hessen-Nassau, Kgl. 1907 Leisewitz, Gilbert 1903 Leitz, Ernst 1908 Lejeune, Adolf, Dr. med. 1900 Lejeune, Alfred 1903 Lejeune. Ernst 1905 V. Leonhardi, Frhr. M., Großkarben 1904 *Lepsius, B., Prof. Dr. phil., Berlin 1883 Leser, W., Oberlandesger.-RatDr. 1907 Leser, E., Geh. San.-Rat. Prof. Dr. 1908 Leuchs-Mack, Ferdinand 1905 Levi, Adolf 1907 *Levy, Max, Prof.Dr. phil, 1893 *Libbertz, A., Geh. San.-Rat Dr. 1897 Liebmann, Jakob, Justizrat Dr. 1897 Liebmann, Louis, Dr. phil. 1888 Liermann, Otto, Dr. phil., Direktor des Wöhler-Realgymnasiums 1907 Lilienfeld, Sidney, Dr. med. 1907 V. Lindequist, Oskar, Generaloberst u. Generaladjutant Sr. Majestät d. Kaisers u Königs. Exzellenz, Berlin 1900 Lindheimer, L., Justizrat Dr. 1905 Lindley, William, Baurat 1904 Linke, Franz, Dr. phil. 1909 Lipstein, Alfred, Dr. med. 1908 Lismann, Karl, Dr. phil. 1902 Livingston, Frau Emma 1897 Livingston, Frl. Rose 1903 Loew, Siegfried 1908 Lorentz, Guido, Dr. phil.. Höchst 1907 *Loretz, Wilh., San.-Rat Dr. 1877 Lotichius, Alfred, Dr. jur. 1908 Löwe, Hermann 1908 Löwenstein. Simon 1907 zu Lövvenstein- Wertheim-Rosenberg, Prinz Johannes, Kleiaheubach 1907 Lucae, Frl. Emma 1908 Lucius, Frau Maximiliane 1909 Luraschi, Frl. Ernesta 190B Lüscher, Karl 1905 Lust, Heinrich Friedrich 1905 Lußmann, Konrad 1907 Maier, Herrn. Heinr., Direktor 1900 Maier-Livingston, E., Dr. med. 1909 Majer, Alexander 1889 Manskopf, Nicolas 1903 Mappes, Heinrich, Generalkonsul 1905 Marx, Eduard 1907 *Marx, E., Stabsarzt Prof. Dr. 1900 Marx, Hermann, Dr. pbil. 1908 Marx, Josef 1907 Marx, Karl, Dr. med. 1897 V. Marx, Heinrich, Falkenhof 1908 V. Marx, Frau Mathilde 1897 Matthes, Alexander 1904 Matti, Alex., Stadtrat Dr. jur. 1878 May. Adam 1908 May, Franz L., Dr. phil. 1891 May, Hans Robert 1909 May, Martin 1866 May, Martin, jun. 1908 May, Robert 1891 Mayer, Frl. J., Langenschwalbach 1897 Mayer, Ludo, (ieb. Kom.-Rat 1903 Mayer, Martin, Jnstizrat Dr. 1908 Mayer, Norbert 1908 V. Mayer, Freiherr Adolf 1903 V. Mayer, Eduard, 1891 V. Mayer, Freiherr Hugo 1897 Mayer-Dinkel, Leonhard 1906 V. Meister, Herbert, Dr. phil., Sind- lingen 1900 V. Meister, Wilhelm, Reg. -Präsident Dr. jur., Wiesbaden 1905 Melber, Friedrich, Konsul 1903 *Melber, Walter 1901 Meuges, Joseph, Buchschlag 1909 Merton, Alfred, Direktor 1905 Merton, Eduard, Rittnerthaus 1909 *Merton, Hugo, Dr. phil., Heidelberg 1901 Merton, Walter, Direktor 1906 Merton, W^ilhelm Dr. phil. h. c. 1878 Mettenheimer, Beruh., Dr. jur. 1902 *v. Mettenheimer, H., Dr. med. 1898 Metzger, L., Dr. med. 1901 — 24 — Metzler, Hugo 1892 Meyer, Otto 1907 Meyer, P., Ober-Re^.-Rat Dr. jur. 1903 Meyer, Richard, Dr. jur. 1909 *v. Meyer, Edward, Dr. med. 1893 Meyei-Petsch, Eduard 1906 Michels, Eduard 1909 Minjon, Hermann 1907 Minjon, Frau Sophie 1898 Minoprio, Heinrich 1907 Minoprio, Karl Gg. 1869 *Möbius, M., Prof. Dr. phil. 1894 Moessinger, W. 1891 Moricinski,(j., Oberstabsveterinär 1909 Mosessohn, Sally, Dr. phil. 1904 Mouson, August 1909 Mouson, Jacques 1891 ,^ Müller, Adolf, Isenburg 1907 Müller, Eduard 1909 *Müller, Karl, Berginspektor 1903 Müller, Max, Fabrikdirektor 1909 Müller, 0. Victor, Dr. med. 1907 Müller, Paul 1878 Müller-Knatz, Frau Hedwig 1909 Müller Sohn, A. 1891 Mumm V. Schwarzenstein, A. 1869 Mumm V. Schwarzenstein, Fr. 1905 Nassauer, Max, Dr. phil. 1905 Nassauer, Frau Paula 1909 Nathan, S. 1891 ♦Naumann, Edmund, Dr. phil. 1900 Nebel, August, San .-Rat Dr. 1896 Neher, Ludwig, Baurat 1900 Neisser, Frau Emma 1901 *Neisser, Max, Prof. Dr. med. 1900 Nestle, Hermann 1900 Nestle, Richard 1891 Nestle, Wilhelm 1903 Neubauer, Josef, Dr. med. vet. 1908 Neuberger, Julius, Dr. med. 1903 Neubronner, J., Dr. phil., Cronberg 1907 Neubürger, Otto, Dr. med. 1891 Neubürger, Th., Geh.San.-RatDr. 1860 de Neufville, Eduard 1900 *de Neufville, Robert, Kom-.Rat 1891 de Neufville, Rud., Dr. phil. 1900 v. Neufville, Adolf 1896 V. Neufville, G. Adolf 1896 V. Neufville, Karl, 1900 V. Neufville, Kurt 1905 Neumann, Paul, Dr. jur. 1905 Neumann, Theod., Dr. phil. 1906 Neustadt, Adolf 1903 Niederhofheim, Heinr.A., Direktor 1891 Nies, L. W. 1904 v. Obernberg, Ad., Stadtrat a. D. Dr. jur. 1870 Obernzenner, Julius 1905 Ochs, Hermann 1873 Ochs, Richard, Direktor 1905 Oehler, Rudolf, Dr. med. 1900 Oehmichen, Hans, Dipl. Berging. 1906 Oelsner, Hermann, Justizrat Dr. 1906 0hl, Philipp 1906 Oppenheim, Eduard, Bankdirekt. 1905 Oppenheim, Moritz 1887 Oppenheim, Paul, Dr. phil. 1907 Oppenheimer, Benny 1903 Oppenheimer, Joe, Dr. jur. 1905 Oppenheimer, Frau Leontin 1909 Oppenheimer, 0., Dr. med. 1892 Oppenheimer, Oskar F. 1905 Opperaiann, E., Dr. phil.. Höchst 1907 d'Orville, Eduard 1905 Osann, Ernst, Dr. med. 1908 Osann, Fritz, Oberstabsarzt Dr. 1909 Osterberg, Frl. D., Königstein 1908 Osterrieth - du Fay, Robert 1897 Ostreich, Frau Anna, Utrecht 1901 Oswalt, H., Justizrat Dr. 1873 Pabst, Ciotthard 1904 Pachten, Ferd., Dr. jur. 1900 Paehler, Franz, Dr. phil. 1906 V. Panhuys, Henry, Generalkonsul 1907 Parrisius, Alfred, Dr. phil. 1904 Passavant, Philipp 1905 Passavant, Rudy 1905 V. Passavant, G. Herm. 1903 V. Passavant -Gontard, R., Geh. Kom- merzienrat 1891 Peipers, August 19Ü5 Peters, Hans 1904 Petersen, Ernst, Dr. med. 1903 — 25 — ♦Petersen, Th., Prof. Dr. phil. 1873 Pfaff, Frau Maria 1906 Pfeffel, August 1869 Pfeiffer, Ludwig 1901 Pfeiffer-Belli, C.W. 1903 Pfungst, Arthur, Dr. phil. 1900 Philippsohn, Frl. Paula, Dr. lued. 1907 Picard, Lucien 1905 Pinner, Oskar. San.-Rat Dr. 1903 Plieninger, Th., Gen.-Üirektor 1897 Pohle, L , Prof. Dr. phil. 1903 Ponfick, Wilhelm. Dr. med. 1905 Popp, Georg, Dr. phil. 1891 Poppelbaum, Hartwig. 1905 Posen, Eduard, Dr. phil. 1905 Posen, Sidney 1898 *Priemel, Kurr, Dr., Direktor des Zoo- logischen Gartens 1907 *Prior, Paul, Dipl.-Ing. 1902 Propach, Robert 1880 Prösler, J. Wilhelm 1906 Przyrembel, Julius, Direktor 1908 Pust, H , Oberstabsarzt Dr., Offen- bach 1908 Quincke,H.,Geh.Med.-RatProf.Dr.l90S Quincke, H , Oberlandesger. -Rat 1903 Raab, A., Dr. phil. 1891 Ransohoff, Moritz, San.-Rat Dr. 1907 Eatazzi, Karl 1905 Ravenstein, Simon 1873 Rawitscher, Ludwig, Landgerichtsrat Dr. 1904 Reh, Robert 1902 *Rehn, H., Geh. San.-Rat Dr. 1880 Rehn,L., Geh. San.-Rat Prof. Dr. 1893 Reichard, A., Dr. phil., Helgoland 1901 Reichard, Frl. E. 1907 Reichard-d'Orville, Georg 1905 *Reichenbach, H., Prof. Dr. phil. 1872 V. Reichenbach-Lessonitz, Frau Gräfin Amelie, geb. Freiin Göler v. Ravensburg 1903 Reidenbach, Friedr. Wilh. 1908 Rein, Frl. Ella 1908 V. Reinach, Frau Antonie 1905 Reinartz, Karl, Dipl.-Ing. 1908 Reinert, Frau Martha, 1909 Reiss, A., Gerichtsassessor Dr. 1906 Reiss, Ed.. Dr. med., München 1903 Reiss, Emil, Dr. med. 1907 Reiss, Frl. Sophie 1907 Rennau, Otto 1901 Reutlinger, Jakob 1891 Richter, Johannes 1898 Richter, Rudolf, Dr. phil. 1908 ♦Richters, F , Prof. Dr. phil. 1877 Riese, Frau Karl 1897 Riese, Otto, Baurat 1900 Riesser, Eduard 1891 Rintelen, Franz, Dr. phil., Swakopmund 1904 Ritsert, Eduard, Dr. phil. 1897 Ritter, Hermann, Baurat 1903 Roediger, Frl. Anna 1908 *Roediger, Ernst, San.-Rat Dr. 1888 Roediger, "Paul, Justizrat Dr. 1891 Roger, Karl, Bankdirektor 1897 Böhmer, AVilhelm 1901 Rolfes, Werner 1908 Kollmann, Ludwig 1906 Ronnefeld. Adolf 1905 Ronnefeld, Friedrich 1905 Roos, Heinrich 1899 Roos, Israel, Dr. phil. 1905 Roques, Adolf., Dr phil. 1900 Roques-Mettenheimer, Etienne 1897 *Rörig, Ad., Dr. med. b.c., Forstmeister a. D. 1897 Rose, Christian 1905 Rosenbaum, E., San.-Rat Dr. 1891 Rosenbaum-Canne, Frau Marie 1907 Rosenbusch. Eduard 1907 Rosengart, Jos., Dr. med. 1899 Rosenhaupt, Heinrich, Dr. med. 1907 Rosenthal, Rudolf, Dr. jur., 1897 Rößler, Frl. Charlotte 1907 Rößler, Friedrich, Dr. phil. 1900 Rößler, Heinrich, Prof. Dr. phil. 1884 Rößler, Hektor 1878 Roth, Karl, Medizinalrat Dr. 1903 Rother, August 1903 Röthig, Paul, Dr. med., Charlotten- burg 1908 Rothschild, D., Dr. med., Soden 1904 26 — Rothschild, Otto, Dr. med. 1904 Rover, August 1909 Rühle, Karl 1908 Riiland, Karl, Offenbach 1908 Rumpf, Gustav Andreas, Dr. phil. 1905 Ruppel, Sigwart, Prof. 1908 Ruppel, W., Prüf. Dr. phil., Höchst 1903 Sabarly, Albert 1897 Sachs, Hans, Prof. Dr. med. 1903 Sachs-Hellmann, Moritz 1909 *Sack, Pias, Dr. phil. 1901 Salomon, Bernhard, Prof. 1900 Saloschin, P., Ingenieur 1909 Sandhagen, Wilhelm 1873 Sarg, Francis C. A., Konsul 1906 ♦Sattler, Wilh., Stadtbauinsp. 1892 Sauerländer, Robert 1904 *Schäffer- Stuckert, Fritz, Dr. dent. surg. 1892 Schaffnit, Karl, Dr. phil., Rödelheim 1903 Scharff, Charles A. 1897 Scharff, Julius, Bankdirektor 1900 Schaub, Alfred 1909 *Schauf, Wilh., Prof. Dr. phil. 1881 Schaumann, Gustav, Stadtrat 1904 Scheib, Adam 1905 Scheller, Karl 1897 Schepeler, Hermann 1891 Schepeler. Remi 1909 Scherenberg, Fritz, Polizei-Präsident 1905 Scherlenzkj-, Karl August 1905 Scheuermann, W., Geh. Justizrat 1909 Scheven, Otto, Dr. med. 1907 Schiechel, Wax, Dipl.-lng. 1909 Schiermann -Steinbrenk, Fritz 1903 Schiff, Ludwig 1905 Schild, Eduard 1904 Schild, Rudolf. Dr. med. 1903 Schleich, Wilhelm 1908 Schlesinger, Theodor Heinrich 1907 Schleußner, Friedr., Direktor 1900 Schleußner, Karl, Dr. phil. 1898 Schloßmacher, Karl. jiin. 1906 Schlund, Georg 1891 Schmick , Rudolf, Geb. Oberbaurat, München 1900 Schmidt, Frau Anna 1904 Schmidt. H., Kloppenheim 1908 Schmidt, J. J., San. -Rat Dr. 1907 Schmidt- Benecke, Eduard 1908 Schmidt-de Neufville, Willy, Dr. med. 1907 Schmidt-Diehler, W. 1908 Schmidt-Polex, Anton 1897 *Schmidt-Polex, Fritz, Dr. jur. 1884 Schmidt-Polex, K., Justizrat Dr. 1897 Schraiedicke , Otto , Generalarzt Dr. 1906 Schmitt, H., Dr. med., Arheiligen 1904 Schmitz, Ernst. Dr. med. 1908 Schmölder, P. A. 1873 *Schnaudigel, Otto, Dr. med. 1900 Schneider, Gustav M. 1906 Scholl. Franz, Dr. phil.. Höchst 1908 Scholz, Bernhard, Dr. med. 1904 Schott, Alfred, Direktor 1897 Schott, Sigmund 1906 Schott, Theod., Prof. Dr. med. 1903 Schrauth, Heinrich 1908 Schrey, Max 1905 Schuenemann, Theodor 1908 Schüler, Max 1908 Schulz, Karl 1905 Schulz-Euler, Karl Fr. 1906 Schulze-Hein, Hans 1891 Schumacher, Peter, Dr. i)hil. 1905 Schuster, Bernhard 1891 Schuster, Bernhard, Dr. meil. 1908 Schuster, Paul, Dr. med. 1908 Schuster-Rabl, F. W. 1905 Schwarte, Karl 1909 Schwartze, Erich. Dr. phil. 1907 Schwarz, Arthur 1909 Schwarz. Ernst, stud, jihil. 1908 Schwarz, Frau Ernestine 1907 Schwarz, Georg Ph. A. 1878 Schwarzschild, Martin 1866 Schwarzschild-Ochs, David 1891 Scriba, Eugen, Dr. med. 1 lO L^ a: T^J -X O -f L^ L^ L^ •^ uu CM CD' 'X! CD ■_J cC' O X, lO o CO o CO CO CO o CD r- CM CO t— 1 CD ■X! 1—1 tH CM 1— I CO -* tH l^ 1—1 tad ° k^ >V C O O S)0^1e-SWc^^c2 S i ? ■?• T 2 'f -E 1 ^ .5 -IS > o m =c g- ^ jr .^- „- Co -s^ • 2 > ■ ■ W Of: ^ p 3 « M be cQ S is CO I |!1lliiä-3li = lit' 5 " 'll-i-i s i e 111:1 s-il. 11 aPMPc«,^ -^ Äoj .^ aa+3 o ? Oh o- •ra o CO [> 00 X O 1— I CO lO cvi o [^ O lO ^ -^ lO -^ CD — 42 — Übersicht dei* Eiiiiialiiiieii niid Ansoaben Eiunahmeii j M. Pf. Saldo des Zinseu-Kontos • 21212 15 Beiträge-Konto ... 24 092 25 Erträarnis der Bosestiftnne in 1908 .... M 901 27 Eintrittsgelder-Konto 1 385 50 Abhandinngen und Berichte 8 890 09 (inkl. Geschenk von Frau ßaron von Erlanger M. äöOO) Sonstige Einnahmen 281 81 Ferner wurden verbraucht zu Lasten olgender Konten ; V. Reinach-Stiftnng-Konto 1 212 57 V. Söiumerring-Freis-Konto 521 1027 109 Saninilunt>'en-Konto 50 Versicherungs-Reserve-Konto 70 Reparaturen-Konto 6 782 82 An Geschenken und Legaten gingen ein und wurden in Obligationen angelegt : Justizrat Paul Reiss, ewig. Mitgl. . . . M. 1000.— W. Jakob Rohnier, „ „ . . . „ 1000.- Henry Seligiuann, „ „ . . . „ 1000.— Hermann Kahn, „ „ . . . „ 1000.— DeutscheGold-u. Silber-Scheide- Anst..ew.M. „ 1000.— Heinrich Lotichius, ew. Mitgl. . . . „ 600.— Frau Marie Meister. „ „ . . . „ 1000.- Geh. RatDr.H. Hoffmann, „ „ . . . „ 500 — Geh. Korn. -RatE. Oehler. „ „ . . . „ 5000.— San. -Rat Dr, Kaufmann, „ „ . . . „ 1000.— Eugene Hoerle, „ „ . . . , 1000.— August Bender u. Frau Sara Bender, „ lOüO.— Theodor Alexander, ewig. Mitgl 1000.— M. 1()1( HJ.— An Geschenken für Naturalien gingen ein um wurden für 1910 zurückgestellt: Sir Julius Wernher M 5000.— Theodor Alexander „ 850.— Zurückvergütung einer Erbschaftssteuer 800.— M. S 500.— M 6650.— 95 416 66 — 43 — vom 1. Januar bis 31. Dezember 1909. Ausgaben Unkosten-Konto Saldo des Gehalt-Kontos „ „ Vorlesungen-Kontos „ „ Bibliothek-Kontos Abhandinngen und Berichte Naturalien- Konto V. Reinach-Stiftung-Konto V. Sömiuerring-Preis-Konto Sammlungen- Konto Versicherungs-Reserve-Konto Reparaturen- Konto Ferner Rücklagen auf folgende Konten : Versicherungs-Reserve-Konto Sammlungen-Konto Pensions-Konto Reparaturen- Konto Überschaß an Gewinn- und Verlust-Konto M. Pf. 23 559 24 716 3 910 8 604 10 031 7 714 1212 521 99 90 '?^ 06 1H 36 57 1027 50 109 70 0 782 82 1 000 1000 — 2 200 2 000 — 1 1026 37 95 416 66 — 44 — Miiseiiiusbericlit. Welch reges Interesse das Publikum fortdauernd unserem Museum entgegenbringt, geht deutlich aus der Zahl der Besuche)- im verflossenen Jahre hervor: vom 1. Januar bis Hl. Dezember 1909 wurden 68012 Personen gezählt. Auch zahlreiche Studenten verschiedener Fakultäten, meist unter Führung ihrer Lehrei-, sowohl von unseren Nachbaruniversitäten Heidelberg und (-Jießen als auch von entfernter gelegenen wie Göttingen, Stuttgart und 'riiV)ingen besichtigten eingehend unser Museum. Für viele Vereine von hier und aus der Umgegend wurden, namentlicdi auf Wunsch des Ausschusses für Volksvorlesungen, wie in früheren Jahren besondere Führungen veranstaltet. Der Besuch von Seiten der hiesigen Schulen hat sich außerordentlich gesteigei't, da viele Lehrer dazu übergegangen sind, ihren naturgeschicht- lichen Unterricht durch Demonstrationen im Museum zu er- gänzen. Aber nicht nur die ausgestellten Schauobjekte sondern auch der Museumsbau in seiner inneren Einrichtung, seine Schränke sowie unsere Aufstell ungspriuzipien veranlaßten in vermehrter Zahl einzelne Sachverständige wie auch mehrgliederige Kommissionen, unser Museum aufzusuchen. Zahlreiche Fach- gelehrte (siehe die einzelnen Abteilungen) benutzten unsere wissenschaftlichen Sammlungen zu eingehenderen Studien. Während der Ferienzeit war in allen Abteilungen eine größere Anzahl von Studierenden der Naturwissenschaften beschäftigt. Ihre Tätigkeit, die für uns eine willkommene Hilfe bildet, kam zugleich ihrer eigenen weiteren Ausbildung zustatten. Nachweis von Literaturangaben wurde siebenmal erteilt; Bestimmung eingesandter Tiere und Pflanzen, namentlich von Schädlingen aus der Insektenwelt bezw. PÜanzenkrankheiten, erfolgte in 24 Fällen. Auf technische Fragen bezogen sich neun Auskünfte. — 45 — Mannigfaltige Veranstaltungen wie Sängerfest, IIa, wissen- schaftliche Kongresse und Kurse, die im vergangenen Jahie in Frankfurt abgehalten wurden, nahmen die Räumlichkeiten des Museums (Festsaal, Hörsäle und Laboratorien) oft in weit- geliendem Maße in Anspruch. Zu besonderer Freude gereichte es uns, daß die Deutsche Zoologische Gesellschaft in der Pfingstwoche vom 31. Mai bis 4. Juni ihre XiX. Jahresversammlung in unserem Museum abhielt, um nach 19jäliriger Pause zum zweiten Male an dem Orte ihrer Gründung zu tagen. 79 Vertreter der Zoologie aus allen Teilen Deutschlands und aus dem Auslande waren hier zu ernster Arbeit vereinigt. In besonderen Führungen wurden unsere Sammlungen und sonstigen Einrichtungen eingehend be- sichtigt. Konnten wir auch der Prüfung unserer Arbeit in den letzten Jahren durch diese berufensten Sachverständigen ruhig entgegensehen, so erfüllte es uns doch mit hoher Befriedigung, daß (las Urteil von allen Seiten günstig und anerkennend ausgefallen ist. Die Übernahme einer besonderen Ausstellungsabteilung in der Ha (Juli bis Mitte Oktober) nahm für mehrere Monate alle verfügbaren Kräfte des Museums in Anspruch. ITuter der sach- kundigen Leitung Dr. H. M er tons gelang es trotz der kurzen zur Verfügung stehenden Zeit, eine Ausstellung zu schaffen, die den Erwartungen in jeder Weise entsprochen hat. Au einer großen Zahl präparierter rezenter wie vorweltlicher Tiere, sowie an Pflauzensamen, an zahlreichen Modellen, Erklärungskarten und Tafeln, durch Wort und Bild, wurden die Entwickelung des Flugvermögens im Pflanzen- und Tierreich, sowie die ver- schiedenen Flugarten wie Gleitflug, Segelflug usw. vorgeführt. Durch diese Zusammenstellung ist es nicht nur gelungen, die Ausstellungsbesucher in die Flugprobleme einzuführen; sie hat auch den Praktikern und Theoretikern der Aeronautik manche fruchtbare Anregung gegeben. Da sich namentlich für die geologisch- paiäontologische Abteilung die Anschaft'iing verschiedenartiger Schränke als not- wendig erwiesen hat, unternahm Dr. F. Dr ever mann ins- besondere zum Studium dieser Fi-age eine Besichtigungsreise an das naturhistorische Museum in Brüssel. Des Ablebens des Direktors Prof. Römer und der Be- rufung Prof. zur Strassens an seme Stelle, sowie der Er- — 46 — neununo; Dr. Wolf s zum Kustos der zoologischeu Abteilung des Museums haben bereits die Mitteilungen der Verwaltung gedacht. Im Bureau trat am 15. April Frl. M. Göbel zur Unterstützung der Vorsteherin ein. Größere bauliche Veränderungen fanden nur in den Kojen statt, indem zwei der bestehenden kleineren Kojen zu einer größeren vereinigt wurden. In verschiedenen Abteilungen unserer Schausammlung sind die Schränke überfüllt, worunter die Übersichtlichkeit sehr zu leiden hat. Auch in der Lehrsammlung ist ein eiheblicher Raummangel eingetreten, so daß sich die Neuanschaffung einer großen Anzahl von Schlanken als ein immer dringenderes Be- dürfnis erweist. Leider stehen uns vorderhand nicht die nötigen Mittel zur Verfügung, um diesem Übelstande abzuhelfen. Durch die Schenkung eines E'ensterschrankes für Planktontiere nebst dem dazugehörigen Material hat sich Dr. H. M er ton ein großes Verdienst um diesen Teil der Sammlung erworben. Dank der Geschicklichkeit unseres Technikers ß. Moll war der Bau eines zweiten Projektionsapparates möglich, der im kleinen Hörsaal Aufstellung gefunden hat. Derselbe kann infolge seiner leichten Transportfälligkeit auch bei den wissen- schaftlichen Vorträgen im Festsaal zu den verschiedenartigsten Projektionen Verwendung finden. Im kleinen Laboratorium wurde in Anbetracht seiner vermehrten Benützung durch Lehrer und sonstige freiwillige Mitarbeiter eine Ergänzung des Inventars und der wissenschaftlichen Ausrüstung notwendig. Für die lusektenabteilung wurde in unserer Werkstatt ein Schwefel- kohlenstoffapparat konstruiert, der es ermöglicht, 54 Insekten- kasten gleichzeitig zu desinfizieren. Auch sonstige Inventarstücke, wie Tische, Tritte, kleinere Schränke usw., wurden in größerer Anzahl von unserem Handwerker angefertigt. Im Hofe hat sich die Anbringung eines Verschlages unter dem schon vor- handenen Glasdach als nützlich erwiesen. Auch unsere Druckerei war lebhaft in Anspruch genommen. Aus derselben gingen allein 60000 Adressen, 24000 Einladungs- karten, 4000 Postkarten mit Aufdruck, 1000 Zirkulare und über 10000 größere und kleinere Etiketten hervor. Ein Bild unseres verstorbenen Direktors Prof. Römer für das Sitzungszimmer verdanken wir der Malerin Fräulein ~ 47 — B. Sondheini. Das Direktiouszimnier erhielt von Professor Dr. A. Knoblauch durch ein aus den dreißiger Jahren des vorigen Jahrhunderts stammendes, kleines Aquarell unseres alten Museums einen künstlerischen Wandschmuck. 1. Zoologische Sammlung. Die Vermehrung der Schau- und der Lehrsammlung bewegte sich im verflossenen Jahr in engen Grenzen. Einerseits sind die wenigen zur A^erfüguiig stehenden Schränke in allen Abteilungen zum großen Teil überfüllt ; andererseits waren die verfügbaren Arbeitskräfte, die ohnehin infolge des Todes von Prof. Römer und der Abwesenheit Dr. Wolfs stark überlastet waren, auch noch durch unsere Ausstellung auf der IIa und die Vorbereitungen zum Zoologentag in hohem Maße in Anspruch genommen. Umsomehr ist es anerkennend hervorzuheben, daß unsei'e freiwilligen Mitarbeiter Frau L. Cayard (Histologie), Frl. E. Fellner (Insekten), Frl. E. Pf äff (Histologie und vergl. Anatomie), E. Cnyrim (vergl. Anatomie), E. Creizenach (Skelette), E. Müller (Lepidopteren), Lehrer A. Noll (Haus- bibliothek) und Lehrer H. Stridde (Histologie) auf ihren Ge- bieten überaus dankenswertes geleistet haben und auch jederzeit bei allen anderen vorkommenden Arbeiten zur Hilfe bereit waren. Auch Frau Geheim rat Leser, Frl. G. Oswalt und Frl. A. Roe- diger haben sich tatkräftig an den Museumsarbeiten beteiligt. Dr. Wolf begleitete als Zoolog die Hanseatische Südsee- Expedition und brachte nach ^/4Jähriger Abwesenheit von allen größeren Inselgruppen der Südsee reiches Material mit, das zum größten Teil sortiert vorliegt, dessen abschließende Bear- beitung aber wohl noch Jahre beanspruchen wird. Besonders reich ist die Ausbeute an Reptilien, z. T. auch an Amphibien, unter den Insekten vor allem an Orthopteren, ferner an Spinnen, Krus- tazeen, Würmern und Coelenteraten. Unter den letzteren sind namentlich die Korallen und Schwämme gut vertreten. In den meisten der erwähnten Gruppen dürfte uns also später leichliches Tauschmaterial zur Verfügung stehen. Vor allem wird das gesammelte Material auch in Hinsicht auf die Tiergeographie wünschenswerte Aufschlüsse ergeben. Unsere Konservatoren Adam Koch und August Koch unternahmen eine mehr wöchentliche Saramelreise nach Helgoland — 48 — und erlangten in mühevoller Arbeit eine reiche Ausbeute der dort brütenden nordischen Vögel für unsere das Nordpolarleben veranschaulichende Koje. Unter ausschließlicher oder teilweiser Benützung von Ma- terial aus unseren wissenschaftlichen Sammlungen sind folgende Arbeiten veröffentlicht worden : F. Haas: Neue und wenig bekannte Lokalformen unserer Najaden. Nachrichtsblatt der Deutsch. Malakozoologischen Ge- sellsch., Jahrg. 1909, Heft 1, Beil. 2 und Heft 3, Beil. 3. L. von Hey den: Coleoptera, gesammelt von 0. Bam- berg 1908 in der Mongolei. Entomologische Blätter, 5. Jahrg., S. 157—161, Schwabach 1909. W. K 0 b e 1 1 : Genus Vivipara Moutf . in M a r t i n i - C h e m - nitz: System. Konchylienkabinett, 2. Aufl. Nürnberg 1909. Derselbe: Roßmäßlers Iconographie der Land- und Süßwassermollusken, Neue Folge Bd. 15, Lief. 1 — 4, Wies- baden 1909. Derselbe und G. Winter: Die Philippinischen Land- schnecken, Genus Cochlostyla in Semper: Die Philippinen (unter Benützung unserer v. Möllendorff sehen Cochlostylen- sammlung). M. J. Surcouf: Tabanides nouveaux de l'Afrique occi- dentale. Bulletin du Museum d'histoire naturelle, Paris 1909. Derselbe: Tabanides nouveaux de Madagascar; ebenda. Zahlreiche Zuwendungen, die den verschiedenen Abtei- lungen unserer zoologischen Sammlung zugegangen sind, ver- danken wir folgenden Schenkern : I. A m seh el -Melbourne, R. Andreae, Ingenieur A. Askenasy, Generalkonsul M. Baer, Frl. B. Bagge-St. Blasien, 0. Bagge, Dr. F. Brancsik, Prof. E. Brau dis-Traonic, Geh. Kommerzienrat 0. Braunfels, Generalobeiarzt R. B r u g g e r - Kassel, Förster L. B u d d e - Schwan- heim, M. Burkar d, Kommandant E, Caziot-Nizza. S. Clessin- Regensburg, E. Drevermann -Battenberg, M. Dürer, Frl. E. B^ellner, Geh. Regierungsrat EMtzau- Kassel, Prof. M. Flesch, C. Franz- Breslau, Flersheim-Heß, Dr. W. Fries, D. G eye r -Stuttgart, R. von Goldschmid t-Roth- schild, A. von Grunelius. L. von Guaita, F. Haag, cand. rer. nat. F. Haas, stud. rer. nat. Hägemeier-Heidel- berg, K. Hagen beck- Stellingen, F. Hashagen- Bremen, — 49 — K. Hebeling, Frau W. Heerdt, Dr. W. Hein -München, Prof. K. H e 1 1 e r - Dresden , Landrat F. von Heimburg- Wiesbaden, Prof. L. von Heyden, H. Jacquet, W. Israel- Gera, W. Jungraann, J. Kilb-Skobeleff, Prof. W. Kobelt- Schwanheim, A. Koch, C. Koch, Dr. H. Krapf, Dr. G. Krapf, F. Külz- Marburg, Frau Krebs, Prof. R. Lauter- bor u - Ludwigshafen , J. L e n g 1 e , Freiherr M. von L e o n - hardi- Großkarben, Dr. H. Lotz- Berlin, Dr. E. Luring, Stabsarzt Prof. E. Marx, J. M enges, Dr. H. Merton, A. L. Montandon-Bukarest, E. Müller, W. von Möllen- dorff, Baurat L. Neher, Kommerzienrat R. de Neufville, Dr. B. Pari si -Mailand, von PI oennies-Buitenzorg, Dr. A. R e i c h a r d - Helgoland, Dr. F. R i n t e 1 e u -Swakopmund, Sanitäts- ratE.Roediger, Dr. Ruby-Marburg, Intendanturrat L. Schal- lehn -Straßburg, A. Schiff er li-Sempach, Dr. E. Schreiber- Gürz, Oberleutnant Schulze -Bonn, J. Seeth, Prof. A. Seitz- Darmstadt, F. Simon, F. Sommerlad, Dr. P. Stern, Frl. E. Strebel -Zweibrücken, Prof. H. St re bei- Hamburg, H. S u t e r - Auckland , Prof. E. Van hoffen- Berlin , Lehrer Völker-Moicht b. Marburg. Stadt. Völkermuseum, T. Ulrich- Pforzheira, A. Weis, A. H. Wendt-St. Goar, F. Winter, Zoologischer Garten. Unsere Hausbibliothek, speziell die Separatensammlung, wurde auch im letzten Jahre wieder bedeutend vermehrt und zwar durch Zuwendungen von : Akademie für Sozial- und Handels- wissenschaften, Dr. C. Apstein-Kiel, F. Bastier, Dr. Bi ed er- mann-Imhoof- Eutin, Prof. F. B lochmann- Tübingen, C. Boettger, Dr. F. Dr ever mann. Geh. Med. -Rat Prof. W. E n g e 1 m a n n - Berlin , Dr. V. Franz- Helgoland , Freies Deutsches Hochstift, Geh. Hof rat Prof. M. Für bring er- Heidelberg, Dr. E. Gaupp-E'ieiburg i. B., Dr. Grüner- Bern, Prof. A. Gutzner, Prof. L. von Heyden, Dr. A. Jassoy, Kaiser-Friedrich-Gymnasium, Dr. P. Kammerer- Wien, Prof. F. Kinkel in, Prof. C. B. Kinn zing er -Stuttgart, Prof. A. Knoblauch, Prof. W. Kobelt-Schwanheim, Prof. E. Kor- s che It- Marburg, Piof. M. Künike-Bonn, Prof. A. Lang- Zürich, Dr. A. Li v ersidge- Sidney, Mein hold & Söhne- Dresden, Prof. Me unier- Antwerpen, L. A. Montandon- Bukarest, Prof. M. Möbius, Dipl. -leg. P. Prior, Sanitätsrat 4 - 50 — E. Roediger, Dr. P. Sack, Prof. G. 0. Sars-Christiania, Dr. F. Sarasiu-Basel, Dr. R. S. Scharf f- Dublin, Dr. C. Sclileußner, Dr. 0. Sclimidtgeu-Mainz, W. Seiffert- Stuttgart, Geh. Rat I. W. Speu gel -Gießen, Prof. 0. L. zur Strassen, Prof. G. Steinmann- Bonn, Dr. 0. Thilo -Riga, G. B. Teubn er -Leipzig, Dr. G. Tornier-Berlin, Dr. K. W. Verhoeff-Bonn, Dr. G. Wahl, A. Weis, F. W. Winter, A. Wo er 1- Leipzig, Prof. 0. Zacharias -Plöhn. Im Tausch erhielten wir Schriften von: Dr. P. Adloff- Königsberg, Dr. Breßlau -Straßburg, Dr. E. Gaupp-Freiburg i. B., Dr. V. Hack er- Stuttgart, Dr. R. H es se- Tübingen, Prof. A. Jakobi- Tübingen, Prof. E. Marenz eller- Wien, Dr. G. von Mark- tanner-Turner et scher- Graz, Prof. J. Meisenheimer- Marburg, Dr. 0. Schmidtgen -Mainz, Prof. H. Spemann- Rostock, Dr. A. St euer- Innsbruck, Prof. W. Voigt-Bonn Dr. B. Wan doli eck- Dresden. 1. Säugetiere. Die in der Schausammlung zur Verfügung stehenden Schränke sind vollkommen besetzt, so daß vorläufig nur noch an die Aufstellung größerer Tiere, die im Lichthof Unterkunft finden, gedacht werden kann. Hierfür kommen vor allem die großen Dickhäuter in Betracht, von denen wir ein prächtiges Flußpferd Rudolf v. G o 1 d s c h m i d t - R o t h s c h i l d verdanken . Von seinen zahlreichen Schenkungen fanden ferner ein Zebra, ein schwarzer Wolf aus Canada und ein Zobel sowie der Kopf eines männlichen Wapiti mit sehr starkem Geweih in der Schau- sammlung Aufstellung. Von Baurat L. Neher wurde uns ein Pärchen des amerikanischen Bibers zum Geschenk gemacht, das längere Zeit im hiesigen Zoologischen Garten lebte und durch seine Nagearbeit an Stämmen allgemeines Interesse erregte. Unsere Sammlung an anthropoiden Affen ist durch ein Geschenk von Direktor J. Seeth um ein Männchen und Weibchen des Cliimpansen {Anthropopithecus troglodytes L.) ver- mehrt worden ; durch Kauf erlangten wir vom Naturhistorischen Museum in Wiesbaden Männchen und Weibchen einer anderen Chimpansenart (Anthropopithecus tschego Duvern). Einen höchst interessanten Bastard zwischen Löwe und Tiger verdanken wir unserem korrespondierenden Mitglied Karl Hagenbeck- — 51 — Stellingen. Unsere Beuteltiersammlungerhieltvon Freiherrn M. von Leouliardi einen willkommenen Zuwachs durch zwei Männchen von Peragale lagotis Reid aus Australien. Die übrigen Neuerwerbun- gen stammen größtenteils aus dem hiesigen Zoologischen Garten. Unsere Konservatoren sind, den neuesten Fortschritten der Dermoplastik Rechnung tragend, zur direkten Abmodellierung des abgehäuteten Tierkörpers tibergegangen, um dadurch den zu präparierenden Tieren die größte Naturtreue zu sichern. In der wissenschaftlichen Abteilung wurde die Sammlung der Bälge revidiert und katalogisiert. Eine Koje für nordisches Polarleben ist in Angriff genommen worden. Das Tiermaterial, das in ihr Verwendung findet, verdanken wir fast ausschließlich R. von Gold sc hmidt-Roth Schild. 2. Vögel. Der Sektionär war im Verein mit den Konservatoren in erster Linie darauf bedacht, die Bälgesammlung zu ordnen. Unsere sämtlichen Vogelbälge sind jetzt in 50 nummerierten Pappkasten eingereiht und katalogisiert. Diese Bälgesammlung bildet nunmehr mit den in den Schränken untergebrachten aus- gestopften Vögeln die wissenschaftliche ornithologische Abteilung. Hiermit ist die Aufstellung dieser im 4. Stock unseres Museums untergebrachten Sammlung beendet. Konservator Adam Koch hat einen Katalog der ornithologischen Schausammlung fertig gestellt. Aus der Reihe der Schenkungen sind hervorzuheben : eine große Anzahl von Vögeln aus allen Erdteilen als Geschenk des Sektionärs, eine reichhaltige Kollektion von Bälgen aus dem asiatischen Rußland (Audishan) von Jean Kilb-Skobeleff und eine Sammlung ausgestopfter deutscher Vögel von Leo von Guaita. Auch von der Neuen Zoologischen Gesellschaft haben wir als Geschenk oder durch Kauf eine Reihe wertvoller Vögel erworben. Von W. S chlüt er- Halle wurden aus Mitteln der Cretzschmarstiftung mehrere uns fehlende Vogelarten angekauft. Durch Tausch mit J. Mich el- Bodenbach in Mähren und A. Fischer- Augsburg erlangten wir eine größere Zahl der dortigen Lokalformen. 3. Reptilien und Batracliier. Durch Geschenke, Tausch und Kauf floß der Sammlung reiches Material zu, das zum großen Teil vom Zoologischen 4* — 52 — Garten stammt. Auch Freiherrn M. von Leon hard i verdanken wir wieder eine ansehnliche Kollektion australischer Reptilien. Verschiedene Arten aus Dalmatien erhielten wir von Dr. E. Schreiber in Görz. Leider konnte das eingelaufene Material wegen Erkrankung des Sektionärs noch nicht bestimmt und eingereiht werden. 4. Fische. Die Sammlung der deutschen Süßwasserfische wurde durch den Sektionär um mehrere Arten vermehrt. Dr. W. Hein- München schenkte interessante biologische Präparate. Zahlreiche Zuweisungen aus dem Aquarium des Zoologischen Gartens ver- anlaßten uns, eine besondere Abteilung für Aquarien- fische anzulegen. 5. Tunikateu. Gut konservierte Exemplare von Salpa zonaria verdanken wir Dr. W. Hein -München. Dr. H. M ertön stiftete für die Planktonsammlung zahlreiche Salpen und Pyrosomen. 6. Mollusken. Die Neuordnung der wissenschaftlichen Sammlung wuide begonnen, wobei uns C. Boettger behilflich war. Doch reichte der neue dreiteilige Schrank nur für einen Teil der europäischen Heliciden aus den Sammlungen Roßmäßlers, von Möllen- dorffs und Kobelts. F.Haas ordnete die Zentralsammlung der Najaden, die durch zahlreiche Geschenke in erfreulicherweise gewachsen ist. Durch die Arbeiten von Prof. Kobelt und F.Haas (s. S. 48) vermehrten sich die Originale unserer Sammlung in den Genera Vhnpara, Cochlosti/la und Unio. Von H. Suter- Auckland erwarben wir käuflich eine vollständige Kollektion kleiner neuseeländischer Seekonchylien und Endodontiden, unter denen sich viele Kotypen Suters befinden. Im Tausch mit einer größeren Anzahl von Sammlern konnte vor allem unsere Najadensammlung bedeutend vergrößert werden. D. Geyer- Stuttgart hatte die Freundlichkeit, die Vallonien unserer Samm- lung zu revidieren. Um die im letzten Bericht erwähnten wissenschaftlichen Bestrebungen weiter fördern zu können, ist die Vervollständi- gung unserer Zentralsammluug der Najaden durch Mate- rial aus dem ganzen paläarktischen Gebiete, besonders aber aus — 53 — Nord- und Ostdeutschland, unerläßlich. Wir bitten um Über- lassung derartigen Materiales, eventuell im Tausch. Durch die Neuordnung der von MöU end orff sehen Dublettensammlung sind wir imstande, den Tauschverkehr in vollem Maße wieder aufzunehmen ; auch Separata der Arbeiten Prof. Kobelts können auf Wunsch im Tausch abgegeben werden. Den Zuwachs der Handbibliothek der konchyologischen Sektion verdanken wir den Herren: P. Bartsch, G. Bollinger, E. Caziot, H. Dali, Ph. Dankenberg, P. Ehrmann, W. Evans, L. German, F. Haas, W. Kobelt, T. Kormos, Melville und Ponssonby, C. Po Hon era, M. Shepman, E. A. Smith, H. Strebel und 0. Wohlberedt. 7. Insekten. Auch im verflossenen Jahre konnte die Aufstellung einer Insekten-Schausammlung noch nicht in Angriff genommen wer- den, da für die nötigen Schränke keine genügenden Mittel zur Verfügung stehen. Es konzentrierte sich daher die Arbeit der Sektionäre auf die wissenschaftliche Sammlung. Der Sektionär für Koleopteren Prof. von Hey den revidierte nnd ordnete in der paläarktischen Abteilung die Dyticiden und Staphyliniden. Das im vorigen Jahre von 0. Bamberg gekaufte Käfer- material aus der Mongolei wurde vom Sektionär bearbeitet (s. S. 48). Unter den zahlreichen Geschenken sind einige Typen von Prof. K. Heller-Dresden hervorzuheben, nämlich RJdnoscapha dolosa Heller von Kaiser-Wilhelms-Land, Gymnopholus weiskei Heller von Neuguinea und Mecopiis kühni Heller von den Key- Inseln. Von Prof. von Heyden wurden fünf fehlende Staphy- linidengattungen durch Tausch erworben; fünf weitere seltene Staphjiiuiden konnten im Tausch mit Lehrer Luze in Wien er- langt werden. Eine Anzahl unbenannter Staphylinen bestimmte Dr. Beruhauer-Grüuburg in Oberösterreich. In der Abteilung für Hymenopteren wurde durch den Sek- tionär A. Weis das unbestimmte Material, in der Hauptsache aus der Ausbeute Dr. Mertons von den Key-Inseln und den Schenkungen des Freiherrn von Leonhardi bestehend, an eine größere Anzahl von Spezialisten zur Bearbeitung übersandt. Es übernahmen Dr. H. Friese- Schwerin die Bienen (neu Mega- — 54 — chile mertom), Kustos A. H a n d 1 i r s c h - Wien die Bembexarten, Dr. E. Strand -Berlin Cerceris, Sphex und Sceliphron (neu Sphex mertofd), Yicomte R. du Buys son- Paris die Falteu- wespen (neu Belotiogaster leonhardii und Folistcs ineriojii)^ E. Frej'-Geßner-Genf die Scoliiden und Prof. 0. Schmiede- knecht-Blankenburg i. Th. die Ichneumoniden. Den interessantesten Zuwachs verdankt die Abteilung Freiherrn M. von Leonhardi durch eine Reihe von Arten (iihis, die an den vertrockneten Sprossen ansitzend scheinbar frei auf dem Sand oder im Sand vergraben lagen. Unser arabischer Führer grub einige Wurzeln dieser Pflanze aus dem Boden aus : sie waren bis etwa auf Fig. 3. Ästeriscus pyguuieus, die kleine Jerichorose. 1 Blühendes Exemplar mit Blättern und einem Blütenküpfchen. 2 Köpfchen im Längsschnitt. 3 Hüllblatt. 4 Randblüte. 5 Kelchblatt derselben. G Scheiben- blüte, noch geschlossen. 7 Tragblatt derselben. 8 Staubgefäß. 9 Griffel mit Narbe. (Vom Verf. nach d. Nat. gez.) ^2 m Länge dick rübenförraig angeschwollen und von weißer Farbe. In Wirklichkeit gehen sie wohl mehrere Meter tief hinab und bilden ein Beispiel für solche Wüsteupflanzen, die sich ihren Wasserbedarf mit Hilfe überaus langer Wurzeln aus der Tiefe des Bodens verschaffen und dadurch imstande sind, die lange Trockenheit zu ertragen. Ein anderer Ausflug galt dem Col de Sfa, der Paßhöhe, auf der die alte Straße nach El-Kantara und Batna das Ge- birge überschreitet, während die Eisenbahn jetzt mehr östlich geht. Doch wird auch die alte Straße noch viel benutzt, und beständig begegnet man einzelnen Reitern zu Esel oder zu Pferd, Herden und Karawanen mit Kamelen: diese stilvolle — 89 - Staffage verleiht der öden Landschaft einen ganz eigentümlichen Reiz. Sehr bald erreicht man im Norden von Biskra die felsig- steinigen Höhen, über die der Weg auf- und abwärts nach dem Col führt. Die Vegetation scheint bei oberflächlicher Betrach- tung nur aus ganz vereinzelten dornigen Büschen zu bestehen, aber zwischen den Steinen kommen jetzt im Frühjahr verschiedene kleine und zierliche Pflanzen, auch solche mit helleuchtenden Blumen heraus. Besonders sind Kompositen vertreten, und von Fig. 4. Ästerisciis pygmaeus, die kleine Jerichorose. Links eine Pflanze mit drei Fruchtköpfchen, rechts dieselbe Pflanze nach viertelstündigem Eintauchen in Wasser, in der Mitte ein einzelnes Früchtchen mit gespreiztem Kelch. (Vom Verf. nach d. Nat. gez ) diesen sei erwähnt die kleine Jerichorose, Asteriscus pygmaeus, deren vorjährige Fruchtstände neben den diesjährigen blühenden Exemplaren (Fig. 3) gefunden werden; letztere, nur einige Zenti- meter hoch, ragen mit einigen ungeteilten, wolligen Blättchen, zwischen denen ein paar gelbe Blütenköpfchen sitzen, über die Erde. Die Hüllblätter des Köpfchens werden lederig und schließen über den Früchten zusammen, wenn es trocken ist; bei Benetzuug durch den Regen aber öffnen sie sich ebenso wie beim Eintauchen in Wasser (Fig. 4), so daß dann die Früchtchen herausgespült werden und auf dem feuchten Boden keimen können.^) Die anderen auf diesem Ausflug gefundenen Pflanzen will ich nicht ^) Die große Jerichorose, Änastatica hierochuntica L., eine Kruzifere kommt ebenfalls in der Umgebung von Biskra vor, wurde aber nicht von uns gefunden. 3 crc' W z hj — 91 — weiter erwähnen und nur noch bemerken, daß der Col de Sfa eine wundervolle Fernsicht über die Wüste im Süden und über die mehr angebaute Ebene von El-Outaj'a im Norden bis gegen El-Kantara hin gewährt (Fig. 5). Schließlich sei auch des Besuches der Oase Sidi Okba ge- dacht, die etwas über 20 km östlich von Biskra liegt. Man fährt mit dem Wagen zwei Stuuden über die teils sandige, teils steinige Ebene. Eine der häufigsten Pflanzen hier wie auch in der tunesischen Wüste, sogar auf den Wegen, ist die Harmelraute, Pega?ium harmala, die, wie der deutsche Name sagt, mit unserer Raute, Ruia graveolens, verwandt ist und durch ihre feinzer- schnitteuen Blätter auch äußerlich an sie erinnert. Damals fanden wir nur das Kraut, ganz selten noch vorjährige Stengel mit den dreiteiligen Fruchtkapseln, deren kleine schwarze Samen in der Türkei als Gewürz dienen. In der Medizin der Araber spielt die unangenehm riechende Pflanze eine wichtige Rolle. An salzreicheu Stellen fanden wir einige niedrige, vom Vieh ver- bissene Tamarisken. Ganz besonders aber fiel durch ihre Größe und lebhaften Farben eine auf Salsolaceen schmarotzende Orobanche, Phelipaea violacea, in die Augen, die eine Höhe von mehr als V2 m erreichen kann. Der dicke weiße Stengel dieses Parasiten ist mit bleichen Schuppeublättern besetzt und trägt oben in dichter Traube die zahlreichen violett und gelb gefärbten Blüten ; man muß sie als die schönste Pflanze der ganzen Wüstenflora bezeichnen (Fig. 6). Der Palmeuwald von Sidi Okba ist viel kleiner als der von Biskra ; aber das Eigentümliche jenes Ortes liegt darin, daß er bis auf einige europäische Wirtshäuser seinen arabischen Charakter rein bewahrt hat: die Straßen und Häuser, die Bewohner und ihr Treiben treten uns hier in aller Ursprünglichkeit entgegen, besonders auf dem Marktplatz, wo ein lebhafter Verkehr herrscht, wo Brennholz, Kohlen, Fleisch, Früchte, Gemüse, Brod u. a. bunt durcheinander feilgeboten werden. Außerdem besitzt Sidi Okba die älteste Moschee in Algerien, die aber nur ihres Alters wegen sehenswert ist, denn sie ist wenig besser gebaut als die Lehmhütten der Bewohner. Das Minareh bietet eine schöne Aussicht über die Gegend und über die flachen Dächer der Häuser, auf denen meistens noch eine Laube angebracht ist, um bei der sommerlichen Hitze wenigstens des Nachts einen annehmbaren Aufenthalt zu gewähren. Die Fig. 6. riieJijKiea violacca, violette Orobanche. liinks der obere Teil mit Blüten, rechts der untere Teil des Stengels. Die Verbindung mit der Nähr- pflanze liegt noch tiefer. (Nach d. Nat. u. nach Desfontaines vom Verf. gez.) — 93 — Araber, die nicht in den Oasen wohnen, sind Nomaden und be- gnügen sich mit Zelten zur Wohnung. Man sieht häufig solche niedrige, mit vielerlei Lappen zusammengeflickte und mit einer Dornhecke umgebene Zelte, einzeln oder zu mehreren beisammen. Um sie weiden die Tiere der Herde, Schafe, Esel und Kamele, Ist die Weide erschöpft, so werden die Zelte mit dem geringen Hausrat auf die Kamele gepackt, Männer, Weiber und Kinder, begleitet von den schakalähnlichen, bissigen Hunden, ziehen mit ihnen weiter. Gelegentlich sieht man auch einen Jagdfalken an einem Kamele angebunden, oder man begegnet einem Araber mit einem Jagdfalken auf der Hand. Man sagte uns aber, daß es besonders ein Vergnügen wohlhabender Araber sei, mit diesen Vögeln auf Hasen zu jagen, denn das Wild ist in dem Lande jetzt sehr spärlich geworden. Für den Fremden hat der An- blick dieser Nomaden und Kamelkarawanen natürlich einen großen Reiz ; doch muß es ihn mit Bedauern erfüllen, wenn er von der großen Armut hört, die meistens in der arabischen Be- völkerung herrscht, und die in diesem Jahre noch dadurch ge- steigert war, daß im vergangenen Herbst die Wanderheuschrecken die Gegend heimgesucht hatten. Aber selbst wenn er bettelt, zeigt der Araber eine gewisse Würde und Grazie, die uns über- haupt sein Wesen so sympatisch erscheinen läßt. Nur ungern schieden wir von diesem interessanten Land und seinen Be- wohnern und verließen am Morgen des 29. März Biskra. Durch Wüste und Steppe brachte uns die Bahn in 2 V2 Stunden nach El-Kantara; während der Fahrt regnete es etwa zehn Minuten lang, aber kaum so, daß der Sonnenschein dabei be- einträchtigt wurde. Mit Recht wird von allen Reisenden der imponierende Eindruck und die wunderbare Schönheit von El- Kantara gepriesen; glaubt man es doch zu sehen, wie hier die mächtige Felswand krachend auseinanderreißt, um dem kleinen Flüßcheu in steilabfallender Rinne einen Durchgang zu gewähren. Noch imposanter als für uns, die wir von Süden kamen, muß der Anblick für den sein, der von Norden her durch das Ge- birge hierher gelangt und nun zum ersten Mal die Wüste vor sich ausgebreitet sieht und in El-Kantara die erste Oase begrüßt. Von jeher ist die Straße, die durch das enge Felsentor führt, weit und breit der einzige Weg gewesen, der das „Teil", die fruchtbare Zone am Nordrand des Atlas, über das Gebirge — 94 — hinüber mit der Sahara verbindet. Sie wird heute noch ebenso- viel benutzt wie vor Jahrhunderten, aber erst seit zirka 20 Jahren geht nun auch die Eisenbahn hindurch. Wir hielten uns einige Stunden hier auf und fuhren dann in fast derselben Zeit wie von Biskra hierher weiter nördlich nach Batna. Dieses Städtchen liegt in zirka 1000 m Meereshöhe prächtig in einem weiten Tal, das von mehr oder weniger bewaldeten Bergen eingefaßt wdrd. In jenen Bergwäldern soll auch gelegentlich noch der Berber- löwe vorkommen: wahrscheinlich ist die Gefahr, ihn zu treffen, nicht größer als die, einem Bären in der Schweiz zu begegnen. Für den Botaniker aber bieten diese Berge ein großes Inter- esse, weil hier die Atlaszeder, Cedrus atlantica,^) wächst, nach der der höchste Berg in der Umgebung den Namen Zederupik trägt. Der nächste Tag wurde zu einem Besuch der Zedern- wälder bestimmt, und dazu w^urden ein Führer und Maultiere be- stellt. Ein herrlicher, frischer Morgen empfing uns, als war aus Batna hinausritten. Die nähere Umgebung mit den noch nicht grünen Feldern und blühenden Obstbäumen machte einen recht europäischen Eindruck, dann aber trat doch mehr ein steppen- artiger Charakter hervor. Nach etwa zwei Stunden war der Fuß des Berges erreicht und nun ging es auf schmalem Pfade in die Höhe durch einen Wald, der größtenteils aus immergrünen Eichen und Wachholder besteht und eine Bodenflora trägt, in der stachelige, polsterförmige Pflanzen, also solche der Steppen- formation, vorherrschen. Erst in einer gewissen Höhe fangen die Zedern an aufzutreten, und dieser Zedernwald ist mehr eigentümlich als wirklich schön zu nennen. Die Atlaszedern sind unregelmäßig gewachsene Bäume, und bei vielen von ihnen breiten sich die obersten Zweige in der Form eines flachen Daches aus, was wahrscheinlich eine Folge der Verletzung der Spitze ist. E'erner sieht man einzelne ganz abgestorbene Bäume, die ihrer Rinde gänzlich beraubt wie weiße Gerippe dastehen, wie ich es nie bei anderen Bäumen gesehen habe. Unter den ^) Die drei Cerfr^s- Arten: C. Liliuni Barrel, (auf dem Libanon, in Kleinasien und Cypern), C. Beodara (Roxb.) Loud, (auf dem Himalaya) und C. athdüicd Mannetti (im Atlas) sind wahrscheinlich nur drei Standorts- varietäten derselben Art. Die letztgenannte zeichnet sich vor den anderen durch steifere, meergrüne und etwas silberglänzende Nadeln, etwas kleinere und mehr walzenförmige Zapfen aus (Fig. 7j. - 95 — Zedern wachsen die erwähnten Eichen, Quercus vireiis, und Wachholder, Jtinipenis oxi/cednis; letztere tragen hie und da einen mit unserer Mistel verwandten Parasiten, Arceuthobium oxycedri, der aber viel kleiner als die Mistel ist und nur winzige Schuppenblätter besitzt. Auf dem Kamme des Berges fanden wir in einer Lichtung des Waldes eine kleine Wiese, die an eine Alpenmatte erinnerte, und aus deren schönem Grün die reizenden violetten Sterne eines granz niedrig bleibenden krokus- Fig. 7. Cednis atlantka, Atlaszeder. Zweig mit Zapfen und Blättern. (Vom Verf. nach d. Nat. gez. artigen Gewächses , Romnlea, InilhocodiiLm , hervorleuchteten. Auch ein kleines Schneefeld hatte sich hier oben noch erhalten. Wir lagerten an einer Quelle, wo wir unsere mitgenommenen Vorräte verzehrten und die Maultiere grasen ließen. Nachdem eine Skizze des Zedernwaldes aufgenommen (Fig. 8) und etwas botanisiert worden war, ritten wir denselben Weg zurück und trafen abends in uuserm Hotel des Etrangers wieder ein, wo wir die freundlichste Aufnahme und beste Verpflegung gefunden hatten. Der nächste Tag war dem BesiK:h der römischen Ruinen in Lambessa und Timgad gewidmet. Als wir gegen acht Uhr im Wagen abfuhren, war es so kalt, daß wir uns in unsere Mäntel und Decken hüllten und uns des Kalorifers freuten, einer langen — 96 — großen Wärmflasche, die man auf den Boden des Wagens gelegt hatte. Jene berühmten Ruinen will ich hier nicht schildern, obwohl sie äußerst interessant sind und ihr Besuch jedem Reisenden, der nach Algerien kommt, sehr zu empfehlen ist. Auf dem mehr als dreistündigen Weg von Lambessa nach Timgad über hügeliges Weide- und Ackerland trafen wir keine einzige Ortschaft an, nur Viehherden und Nomadenzelte. In dieser Einsamkeit ruft ein halbverfallener römischer Bogen, durch den der Weg nicht weit hinter Lambessa führt , eine umso eindrucksvollere W^irkung hervor, als er durch ein bewohntes Storchennest gekrönt ist. Überhaupt war die Menge von Störchen, die sich in Batna und seiner Umgebung aufhalten, bemerkenswert. Wegen seiner hohen Lage hat der Ort recht kalte Winter und ist auch im Sommer noch ein recht gesunder Aufenthalt für Europäer. Wir mußten ihn leider schon am Abend des zweiten Tages verlassen, um nach Constantine zu fahren, das wir nach 4 — östündiger Fahrt erreichten. Diese Stadt, deren größte Sehenswürdigkeit die Rummel- schlucht ist, hat schon so viele Beschreiber gefunden, daß ich ihre Zahl nicht zu vermehren brauche; auch von Tunis will ich nur soviel sagen, daß wir die Stadt bedeutend interessanter als Algier fanden. Die Entfernung von Constantine nach Tunis beträgt etwa 15 Balmstundeu : es geht durch gebirgiges Terrain, das teils mit Steppe oder Maquisformatiou, teils mit Wald be- deckt, aber wenig angebaut ist. Auch Tunis besitzt einen Ver- suchsgarten, der sich an die Kolonial- und landwirtschaftliche Schule mit ihren Plantagen anschließt; er enthält viel Inter- essantes und Sehenswertes, kann sich aber mit dem Akklimati- sationsgarten von Algier nicht an Schönheit messen. Am 5. April versammelte sich in Tunis die französische botanische Gesellschaft, die unserem Wunsch, an ihrer Sitzung und der sich anschließenden Expedition teilzunehmen, freund- liche Zusage gewährt hatte. Am 6. April begann die P]xkursion mit 20 — 30 Teilnehmern, die zunächst mit der Eisenbahn nach dem südlicher gelegenen Sousse, dem alten Susa, fuhren. Auf jeder Station, die einigen Aufenthalt bot, wurde ausgestiegen und was von Pflanzen zu erreichen war, gepflückt, untersucht und bestimmt. Da die Bahn noch nicht weiter nach Süden als bis Sousse geht, wurde die Reise von da an mit Automobilen v-*»V ,^'"'ii >:^i »tV ^ 1. — 98 — fortgesetzt und in etwa fünf Stunden Sfax erreicht, das eben- falls an der Küste liegt. Man sieht aber das Meer während dieser Fahrt meistens nicht, weil die Küstenlinie hier eine Ausbiegung nach Osten macht und die Straße quer durch das Land geht. Lange Strecken weit führt sie in schnurgerader Richtung über das wellige Terrain, das teils Steppen- und Wüstencharakter zeigt, teils mit Gerstenfeldern bedeckt ist. Reichlicher als in Algier sieht man hier die Opuntien oder Kaktusfeigen angebaut. Es ist nur eine Art, Opuntia ficus indica, die kultiviert wird, aber in verschiedenen Sorten, und zwar unterscheiden sich diese einerseits nach den Früchten und deren Farbe, andererseits nach der Bestachelung, also in stachelige und unbestachelte. Hauptsächlich die letzteren dienen zum Vieh- futter und werden namentlich von den Kamelen gern gefressen. Die stacheligen Formen werden als Hecken um Gärten und Felder gezogen ; doch sieht man auch große Felder, die ganz mit Kaktusfeigen bepflanzt sind, offenbar der Früchte wegen. Bei unserer Anwesenheit im Frühling aber trugen diese Pflanzen weder Blüten noch Früchte. Hire Kultur ist äußerst einfach, da ein abgebrochenes und in die Erde gestecktes Glied, wenn es auch nicht mehr ganz frisch ist, sich leicht bewurzelt und weiterwächst. Die weit über mannshoch werdenden Büsche nehmen sehr groteske Formen an und rufen durch den Glanz der Oberfläche, indem ein Glied je nach seiner Stellung bald silbergrau bald gelbgrün erscheint, sowie durch den schaifen Schlagschatten eine malerische Wirkung hervor. Die unteren, stammbildenden Glieder wachsen an den anfangs flachen Seiten allmählich so stark in die Dicke, daß sie sich zu Z3'lindrischer Gestalt abrunden, wobei sie sich mit graubrauner Borke um- geben und demgemäß die grüne Farbe verlieren. Die Glieder werden über V2 m lang, und den Umfang eines starken Stammes habe ich nach einer Messung bei Tunis IV4 m groß gefunden, was einem Durchmesser von etwa 40 cm entsprechen würde. Man findet übrigens die Opuntie nicht nur in der Sahara, sondern auch im Teilgebiet, also an der Nordküste angepflanzt, und es ist ja bekannt, daß sie auch in Südeuropa vielfach kultiviert und verwildert vorkommt; daß sie dort nicht ein- heimisch, sondern aus Amerika eingeführt ist, braucht wohl kaum erwähnt zu werden. — 99 — Nach dieser Abschweifung kehren wir zu unserer Reise- route zurück. Nicht weit hinter Sousse sahen wir einen großen See glänzen, der auch zu jenen Schotts genannten Salzbecken gehört, die von dem ehemals von Osten weit nach Westen vor- dringenden und nach der Tertiärperiode ausgetrockneten Meer- busen des mittelländischen Meeres übriggeblieben sind^). Etwa in der Mitte zwischen Sousse und Sfax erscheint plötzlich ein gewaltiges Gebäude am Horizont; mit Erstaunen erkennt man beim Näherkommen die ßuinen eines kolossalen Amphitheaters, von dem etwa noch die Hälfte erhalten ist und stellenweise noch drei Bogenreihen übereinander stehen; an Größe soll es nur von dem Kolosseum in Rom übertroffen werden. Man ver- mutet, daß hier die Römerstadt Thysdros gestanden hat; jetzt heißt die Araberstadt, die sich bescheiden an den Fuß der gewaltigen Ruine schmiegt, Eldjem. Bald verschwindet dieser bedeutsame Ort wieder hinter uns, und nach einigen Stunden ist Sfax erreicht. Hier wurde übernachtet und am nächsten Morgen ging es weiter nach Gabes, wohin man durch die Schnelligkeit der Automobile in vier Stunden kommt. Auf dieser Strecke führt der Weg nun fast immer durch die Wüste, die hier direkt an das Meer grenzt, und man sieht dieses zur linken Hand am Horizonte glänzen, wenn der Ausblick nicht durch eine Bodenerhebung begrenzt wird. Man muß sich wundern, daß die Nähe des Meeres dem Lande keine größere Feuchtigkeit zuführt, kann sich aber die Erscheinung dadurch erklären, daß einesteils westliche Winde vorherrschen, andernteils die feuchte Luft, die bei Ostwind über die warme Bodenfläche streicht, ihren Wassergehalt nicht eher abgibt, als bis sie an die kühleren Höhen gelangt. Die Vereinigung von Wüste und Meer macht einen eigentümlichen und gewaltigen Eindruck; bei großen Gegensätzen haben beide doch auch manches Gemeinschaftliche, vor allem den Charakter der Unermeßlichkeit und Erhabenheit. Wer einen empfänglichen Sinn für die Schönheit des Meeres hat, wird auch die Wüste schön finden, nirgends aber habe ich sie schöner als auf dieser Strecke gesehen. Freilich waren auch die äußeren Umstände besonders günstig; lachender Sonnenschein von oben und vom Boden her der Glanz leuchtender Frühlings- blumen, die sich gerade ihres kurzen Daseins erfreuen durften. ^) Vergl. Martins „Von Spitzbergen zur Sahara" (s. oben), 2. Bd. S. 276. 7* — 100 — Da waren großblumige, rote Winden, orangerot leuchtende Ringelblumen, violette Strandnelken und viele andere, die nicht alle einzeln genannt werden können. Auf und am Wege wuchsen überall die grünen Büsche der Harmelraute, und weiterhin sah man verschiedene kleinere und größere Sträucher zerstreut über die Ebene, darunter die mit leuchtend gelben Blüten bedeckten Stechginster {Ulex spec). Gelegentlich erhebt sich aus einem niederen Strauch eine hohe Staude, die man im schnellen Vor- überfahren für eine Königskerze halten könnte: es ist eine große, gelbblüheude Orobanche, Phelipaea lutea, die ebenso wie die bei Biskra gefundene violette Art über V2 m hoch wird. Einzelne Büsche sind mit einer Menge bunter Läppchen behängt, und besonders scheint der mit der Harmelraute verwandte, stachelige Neterstrauch, Nitraria trideiitaia, dessen weiße Blüten sich eben entfalteten, in dieser Weise bevorzugt zu werden ; denn es sind den Arabern heilige Büsche, die jeder der Vorübergehenden mit einem solchen Schmuckstück behängt. Die Araber mit ihren Kameleu und Eseln beleben die Straße und bringen sich und ihre Tiere schleunigst in Sicherheit vor den dahersaußenden Automobilen. Dazu kommt ein reiches Vogelleben: Steinschmätzer und große, silberglänzende Würger fliegen von Busch zu Busch oder von Stein zu Stein. Falken schweben über dem Boden, Zwergtrappen huschen über die Straße, prachtvoll gefärbte Mandelkrähen erheben sich von den Telegraphendrähten : kurz das Auge ist kaum imstande, die Fülle der sich darbietenden Mannigfaltigkeit zu fassen'). Manchmal fliegt auch ein großer, schwarzer Käfer in den Wagen: es ist ein Scarabaens oder sogenannter Pillendreher, dessen interessante Tätigkeit wir beobachten können, wenn zu kurzer Rast gehalten wird. Wir sehen dann, wie der Käfer rückwärts gehend eine aus Schaf- oder Kamelmist gebildete Kugel mit den Hinterbeinen mühsam vor sich herschiebt, da sie viel größer als sein eigener Körper ist ; sie wird dann in eine dazu gegrabene Röhre versenkt, um dort zur Bereitung: einer das Ei enthaltenden Umhüllung zu ^) Auch in Algier ist ein reiches Vogelleben, wenn ich es bei Biskra auch nicht so bemerkt habe. i\lan vergleiche die prächtigen Schilderungen, die Professor A. König in seinem großen Werke davon geliefert hat ; der erste Teil „Reisen und Forschungen in Algerien" ist separat, der zweite Teil „Beiträge zur Ornis Algeriens" ist im Journal für Ornithologie 1ÜU5 erschienen. — 101 — dieneu. Beladen mit solchen Eindrücken und den gesammelten Pflanzen kommen wir Mittags in Gabes an. Dies war mit dem 34. Grad der südlichste Punkt, den wir erreichten, und hier mußten wir uns leider von den fran- zösischen Kollegen trennen, da wir keine Zeit mehr hatten, sie noch weiter ins Innere zu begleiten. Es wäre auch zu be- dauern gewesen, wenn wir Gabes sogleich wieder hätten ver- lassen sollen; denn diese weitausgedehnte Oase bot mit ihrer Umgebung und dem Meere im Hintergrund einen prächtigen Anblick dar, als wir dies alles vom flachen Dache unseres Hotels aus überblickten. Sobald als möglich suchten wir denn auch den Strand auf und waren erstaunt zu sehen, wie ähnlich er dem unserer Xordseeküste ist. Ein flaches, sandiges Ufer wird in geringer Entfernung durch niedere Dünen begrenzt und trägt einen ganz ähnlichen Pflanzenwuchs wie der Strand der Nordsee: der Queller, Salicornia herbacea, der Meersenf, Cakile maritima, der Strandhafer, Psaiinna. arenaria, treten hier wie dort als Charakterpflanzen auf. Dagegen zeigen die anderen Muscheln und Tange, die Strünke des Seegrases, Posidonia ocean ica, und die zahlreichen Schulpe des Tiutenfischs, von den Wellen ans Ufer gespült, die fremdartige Küste an, während die der Benutzung noch harrenden Badekarren nicht anders wie die unsrigeu aussehen. Steigt man aber auf die Düne hinauf, so erscheinen auf ihrer inneren Seite bereits einzelne Dattelpalmen als Ausläufer der nahen Oase. Diese ist von zahllosen schmalen Wegen und kleinen Kanälen durchzogen, und man kann stundenlang in ihr umherirren, da mau bei gehindertem Ausblick und bei der Gleichförmigkeit der Umgebung schnell die Richtung verliert. Ein wesentlicher Unterschied gegenüber der Oase von Biskra, der sie an Schönheit nicht nachsteht, ist nicht zu bemerken: dieselben Fruchtbäurae und Gemüsepflanzen werden unter den Palmen gezogen, sind aber hier, in etwas späterer Zeit, schon ein wenig weiter in der Entwicklung fort- geschritten. Dagegen sahen wir hier etwas, was in Biskra nicht beobachtet wurde, nämlich die Gewinnung des Palmen- weins. Dazu benutzt man männliche Bäume oder solche Frucht- bäume, die schlecht tragen, und verfährt auf folgende Weise: Man schneidet die Blätter bis auf die äußersten weg und das sogenannte Herz in der Mitte glatt ab. spitzt dann den mittleren — 102 — Teil zu, macht unterhalb dieser Spitze eine Einne rings um den oberen Kegel mit einem Ausfluß, und vor diesem befestigt man einen Tonkrug, in den der Saft läuft. Die Ausscheidung ist so reichlich, daß ein Baum an einem Tag mehrere Liter liefert, der Krug also öfters gewechselt werden muß. Wenn dies wirklich, wie mau uns versicherte, drei Monate so fort- geht, so kann man nicht genug staunen über die große Menge von Saft, die hier geliefert wird, und über die enorme Leistung des Wurzeldrucks, wie die das Wasser in den Pflanzen empor- treibende Kraft von den Physiologen genannt wird. Merkwürdig ist auch, daß sich später eine neue Knospe bildet und der Stamm weiterwächst, so daß er wiederholt der Anzapfung unter- worfen werden kann. Wie oft dies an einer Palme geschehen ist, sieht man an den tiefen Furchen unter der spärlichen Krone, die ein solcher Baum in gewissen Abständen aufweist; die Ab- stände zwischen zwei Furchen dürften aber mehr als einem Jahrestriebe entsprechen. Während der Weingewinuung postiert sich eine Wache am Fuße des Baumes und ruht auch des Nachts hier unter einer leicht zusammengestellten Hütte. Der frische Wein, den wir probierten, schmeckt angenehm süß, aber etwas fade. Ein sehr gewandter arabischer Führer machte uns nicht nur mit dieser Prozedur und anderen Beschäftigungen der Oasen- bewohner in Garten und Haus bekannt, sondern führte uns auch durch das arabische Quartier der Stadt, das viel größer und origineller als das in Biskra ist. Wir passierten eine Straße, die ganz überdeckt und infolgedessen stockdunkel war : das Bedürf- nis, wenigstens stellenweise die Sonnenhitze auszuschließen, scheint so dringend zu sein, daß die mit der Dunkelheit verbundenen Nachteile nur wenig angeschlagen werden. Während der paar Tage unseres Aufenthaltes hatten wir freilich nicht von Sonnen- hitze zu leiden ; es war vielmehr kühl und regnerisch, ein den Arabern in Hinsicht auf die Ernteaussichten sehr willkommenes Wetter. Der europäische Stadtteil von Gabes ist weit weniger elegant als der von Biskra. Daß aber außer der ziemlich großen Garnison auch eine tätige und angeregte französische Bevölkerung hier zu finden ist, zeigte schon der Umstand, daß gerade während wir dort waren, eine Ausstellung von Natur- und Kunstprodukten des Landes, sogar mit einer kleinen Gemäldeausstellung ver- — 103 — bimden, abgehalten wurde. Auch die Verpflegung in unserem Hotel ließ kaum zu wünschen übrig. Am Morgen des 10. April verließen wir Gabes in Be- gleitung eines französischen Botanikers und seiner Familie, der gleich uns verhindert gewesen war, sich an der Fortsetzung der gemeinsamen Exkursion zu beteiligen. Auf demselben Weg, den wir gekommen waren, ging es nun wieder im Automobil zurück. Wir konnten uns jetzt aber Sfax und Sousse etwas näher an- sehen : beide sind kleine Hafenstädte mit sehr eleganten fran- zösischen Häusern und mit Araberviertelu, die vollkommen einer kleinen Festung mit vier nach den vier Himmelsrichtungen ge- legenen Toren gleichen. In Sfax hatten wir Gelegenheit, die reiche Sammlung römischer Altertümer zu bewundern, die aus dem alten Thyna in der Nähe hierher gebracht worden sind. Auch eine innerhalb des Hafengebiets frei im Meere errichtete Station zur Aufzucht von Badeschwämmen wurde uns gezeigt und verschaffte uns eine sehr interessante Besichtigung, Doch darf ich mich mit der Beschreibung dieser Orte und der Fahrt nicht weiter aufhalten, da sie in botanischer Hinsicht nicht viel Neues boten. Am 12. April kehrten wir nach Tunis zurück und hatten hier noch Zeit, einige Ausflüge in die Umgebung der Stadt, besonders nach den berühmten Ruinen von Carthago, zu maciien, bevor unser Schiff nach Palermo abging. Die Ver- bindung von Tunis nach Palermo ist nämlich höchstens zweimal in der Woche gegeben. Von da fuhren wir nach Neapel und nach Genua ebenfalls zu Schiff und kamen am 24. April glück- lich zurück. Wir trafen es dabei hinsichtlich der Witterung so eigentümlich, daß es immer wärmer wurde, je weiter wir vom 34. bis zum 50. Grad nach Norden kamen. Von Genua an war kaum eine Änderung im Zustande der Vegetation zu bemerken, was die sommergrünen Gewächse betrifft, d. h. es war in Deutsch- land ebenso weit wie südlich der Alpen. Bei uns drängt sich eben die Entwicklung auf kürzere Zeit zusammen und gewährt dadurch den Eindruck einer Fülle, den die südlichen Länder nicht bieten : den Anblick der grünenden Wiesen und der mit neuem Laub sich schmückenden Wälder muß der Italiener ent- behren. So entschädigte auch uns die Freude an der herrlichen deutschen Frühlingslandschaft für den Reiz des Schönen und Fremdartigen der südlicheren Regionen, die wir verlassen hatten. — 104 Unsere einlieimischeii Salamander und Molche im Kreislauf des Jahres. Mit 7 Abbildungen von August Knoblauch. Bevor im ersten Frühjahr unsere Tümpel und Teiche völlig eisfrei sind, erwachen Salamander und Molche nach langem Winterschlaf zu neuem Leben. Allmählich verlassen sie die verborgenen Schlupfwinkel, die ihnen im vergangenen Herbst Schutz vor der herannahenden winterlichen Kälte gewährt haben, und schreiten oft schon in den ersten schönen Tagen eines trügerischen Vorfrühlings zur Paarung. Freilich ist die Witterung ihrem Fortptlauzungsgeschäft nicht immer sonderlich günstig. Gar manchesmal bedeckt noch frischer Schnee das junge Grün, und Nachtfröste überziehen die stehenden Gewässer noch oft genug mit einer dünnen Eiskruste, die erst im Lauf des Tages unter dem erwärmenden Strahl der Frühlingssonne schmilzt. Aber der gebieterische Drang des trächtigen Weib- chens zum Aufsuchen geeigneter Laichplätze zwingt unsere Feuersalamander und Molche zur Wanderung nach dem Wasser, und wenn wir sie auch selten und nur zufällig auf dieser Wan- derung selbst antreffen, im Wasser finden wir wenigstens die Molche im ersten Frühjahr in größeren Mengen beisammen als zu jeder anderen Zeit im Wechsel des Jahres. So sehen wir schon Ende März und im April in geeigneten Tümpeln und Lachen Dutzende von Molchen sich tummeln, die im Schmuck — 105 — des farbenprächtigen Hochzeitskleides ihre giaziöseu Liebes- spiele ausführen. Auch Feuersalamauderlarveu beleben in reicher Zahl die kleinen Bachläufe und Wiesengräbeu und selbst mulden- förmige Pfützen im Waldesdunkel, wie sie die Schneeschmelze zurückläßt. Erwachsene Salamander dagegen treffen wir auch zur Frühjahrszeit in der Regel nicht im Wasser an, sondern nur in dessen Nähe, weil sie es nur zur Paarung und zum Ab- setzen ihrer Larven aufsuchen, um es gleich nachher wieder zu verlassen. Die eigentümliche Art der Fortpllauziing des Alpensalamanders bringt es mit sich, daß er zu keiner Zeit des Jahres an das Wasserleben gebunden ist. In Deutschland sind die Schwaiizlurche nur durch eine einzige Familie, die Salamandriden. vertreten, deren Gattungen Salamandra und Molye in mehreren Arten unserer heimischen Fauna angehören. Zur ersten Gattung zählen der auf schwarzem Grund gelb gefleckte Feuersalamander des deutschen Mittel- gebirgs, Salajnmidra maculosa Laur., der neuerdings auch in unserem Stadtwald und auf der rechten Mainseite nachgewiesen worden ist, und der einfarbig schwarze Salamander der deutschen Alpen, S. atra Laur. Zur Gattung der Wassermolche gehören drei in der nächsten Umgebung Frankfurts vorkommende Arten: der Kammolch, Molge cristaia (L&wr.). der Bergmolch, M. alpestris (Laur.) und der Streif enmolch, M. vulgaris (L.), sowie eine vierte Art, der Leisten- oder B^adenmolch. M. palmata (Schneid), der in der Maiuebene zu fehlen scheint, aber schon im nahen Taunus und an dessen südlichen Abhängen regelmäßig angetroffen wird. Führt uns zur ersten Früh] ahr szeit ein Spaziergang in unserem Stadtwald durch das junge, kaum sichtbare Grün der knospenden Buchen nach der Grastränke oder ein Weg von der Mainkur nach Bergen an den überschwemmten Wiesen bei Enkheim vorüber, so können wir mühelos das Leben und Treiben unserer einheimischen Molche im Freien beobachten. An einer tieferen Stelle des kristallklaren Wassers erblicken wir auf dem Grunde fast unbeweglich ein kleines Tierchen etwa von der Gestalt und Größe einer Eidechse, mit einem hohen, zackigen Kamm auf dem Rücken und mit einem silberglänzenden Streifen in der Mitte des breiten Ruderschw^anzes. Es ist ein prächtiges Kammolchmännchen im Schmuck des sogenannten pr; B ^ C, ft) ö ■-! O I a- td CD n> ►- - — 107 — „Hochzeitskleides" (Fig. 1)^). Behende und graziös schwimmt es auf ein Weibchen seiner Art zu; es macht vor ihm Halt, um- schwimmt es und peitscht sekundenlang mit dem breiten Schwänze seine Flanken. Jetzt flüchtet das weibliche Tier, und mit ihm entschwindet auch der schmucke Kammolch unseren Blicken. Hier tummelt sich ein Pärchen der kleineren Streifenmolche in feurigem Liebesspiel (Fig. 2)^}. Sie sind dem Leistenmolch sehr ähnlich, jedoch zur B'rühjahrszeit im männlichen Geschlecht durch einen hohen Kamm und durch das Fehlen des faden- förmigen Anhangs, der dem abgestutzten Schwanzende des y^ '/^^'k ^ Är'^-^.n.f7''-r">r'" ~~'ä '^ •■'i^ '»jT-ilA''-' '»O^-^- . ^ Fig. 2. Streifenmolche, M. vulgaris (L.) im Liebesspiel (etwa ^2 der natürlichen Größe), Originalaufnahme von Douglas English. Leistenmolches eigentümlich ist, von diesem unterschieden. Dort sehen wir ein dickleibiges Weibchen des farbenprächtigen Berg- molchs in eigenartiger Stellung unbeweglich im Wasser ruhen. Während es mit den Vorderbeinen hin und her balanziert oder sich auf eine Pflanze, auf einen untergetauchten Grashalm auf- stützt, hat es mit den Hinterbeinen einen frischen Trieb winkelig umgebogen und in dem Winkel ein eben abgesetztes Ei angeklebt. Denn nicht in Klumpen oder Schnüren wie die Frösche und Kröten ihren Laich, sondern einzeln legt das Molchweibchen seine zahlreichen Eier (60 — 300) ab. Es wählt hierzu geschützte ^) Aus Köhler „Das Photographieren lebender Tiere im Aquarium". Blätter für Aquarien- und Terrarienkunde. 17. Jahrg., S. 223. Magdeburg (Creutzsche Verlagsbuchhandlung) 1906. ^) Aus Douglas English „How to know the Amphibians. The Newts". The Nature Book. Part 15, p. 449. London (Cassell & Co., Ltd.) 1908. — 108 — Stellen in den Blattwinkeln junger Wasserpflanzen, an einem geknickten Grashalm, stets aber nicht in der Tiefe des Wassers, sondern nur wenig unterlialb der Oberfläche, wohin der wärmende Strahl der Frühlingssonne noch zu dringen vermag. In unserer Gegend lebt der Bergmolch, der durch den Mangel an dunkleren Flecken auf seiner prachtvoll orangerot gefärbten Bauchseite gekennzeichnet ist, oft in denselben Tümpeln und Gräben mit den anderen Molcharten zusammen; doch steigt er höher im Gebirge auf als sie, und noch in einer Höhe von 27(30 m ist er auf den baumlosen Matten des Hochgebirgs gefunden worden. Wohin wir blicken, überall die munteren Tierchen, einzeln oder in Paaren, manchmal auch mehrere Männchen in heißem Liebeswerben um dasselbe Weibchen. Bald schreiten sie lang- sam am Grunde des Wassers dahin, ab und zu behende nach einem aufgescheuchten Elohkrebs, einer Wasserassel, einer vorüberschwimmenden Kaulquappe schnappend, oder quer im breiten Maul einen ringelnden Wurm, der sich verzweifelt ab- müht, dem gefräßigen Molche zu entrinnen. Von Zeit zu Zeit steigen die flinken Tierchen fast senkrecht zur Oberfläche des Wassers empor, um Luft zu schöpfen, — denn sie atmen durch Lungen — und lassen sich alsdann wieder langsam in die Tiefe sinken. Werden sie aber durch den jähen Sprung eines Frosches aufgescheucht, der sich vor unseren Schritten ins Wasser flüchtend in den Schlamm einwühlt, so verschwinden sie blitzschnell im Pflanzengewirr: denn alle Molche sind während ihres Wasserlebeus ausgezeichnete, äußerst gewandte Schwimmer. Verlassen wir jetzt die Grastränke und folgen dem Laufe des Bächleins, das sie durchfließt. Unter prachtvollen Buchen- beständen machen wir Rast und blicken sinnend in die klare Flut. Was liegt dort am Grunde auf den modernden Blättern abgefallenen Laubes? Es scheint ein kleines Stückchen Holz zu sein, kaum 2 — 3 cm lang, von dem jederseits zwei kleine, stämmige Seitenästcheu ausgehen. Unwillkürlich berühren wir es mit unserem Stock: ein kurzer Ruck! Blitzschnell ist es verschwunden, und jetzt sehen wir das vermeintliche Ästchen wieder ebenso regungslos wie zuvor, etwa einen halben Meter von der ersten Stelle entfernt, auf dem dunklen Grund des Bächleins liegen. Wir blicken genauer zu und erkennen deut- lich, daß die kleinen Ästchen an der Stelle, wo sie aus dem — 109 — Stückclien Holz liervorzukommen scheinen, einen kleinen, lichten Fleck tragen. Es sind die hellen Flecken an den Extremitäten der Salamanderlarve, und was wir anlänglich fhr ein Ästchen gehalten haben, ist die nengeborene Larve unseres Feuer- salamanders. Nnr an vereinzelten Stellen unseres wasserarmen Stadt- waldes werden Salamanderlarven gefunden. Häufiger sind sie schon im Gebiet des Hengstbaches, der die angrenzenden hessi- schen Waldungen in der Richtung von Dreieichenhain nach der Alitteldick durchfließt, im ]\Iesseler und Groß-Gerauer Park, und im nahen Taunus, in der Bergstraße und im Spessart sind zahlreiche Wald- und Wiesenbäche von ihnen belebt. Durch die Art ihrer Fortpflanzung unterscheiden sich Salamander und Molche in bezeichnender Weise voneinander. Während die Molche Eier legen, bringen unsere beiden Sala- manderarten lebende Junge zur Welt. Indessen ist auch bei ihnen je nach den äußeren Verhältnissen, unter denen sie leben, die Art der Fortpflanzung verschieden. Der Feuersalamander ist ein Bewohner des wasserreichen Berg- und HtigHllaudes, der an einzelnen Stellen seines Verbreitungsgebietes auch in die Ebenen der großen Flußläufe hinabsteigt, aber nur selten hiJher im Gebirge als 800 m augetroffen wird. Der Alpensalamander dagegen ist ein ausgesprochener Bewohner des Hochgebirgs, der am liebsten innerhalb eines sich zwischen 1000 und 2200 m hinziehenden Höhengürtels lebt und bis zu 3000 m aufsteigt. Er fristet also sein Dasein und schreitet zur Fortpflanzung noch in einer gewaltigen Höhe, in der es keine Bachläufe, keine Wasseiiachen mehr gibt, in der vielmehr das Gewässer der Gletscher über nackte Felsen rieselt und einer Fauna ent- behrt, die seiner Larve zur Nahrung dienen könnte. Sie voll- endet deshalb ihre Metamorphose im mütterlichen Organismus und kommt als lungenatmendes Landtier zur Welt, au Gestalt und Farbe ganz der erwachsene Alpensalamander im Kleinen. Unser Feuersalamander setzt dagegen seine lebendigen Jungen als kiementragende Larven ab, die mitunter noch von der Eihülle umgeben, dieses dünne Häutchen erst während oder unmittelbar nach der Geburt sprengen, und zwar wählt er mit Vorliebe klare Quellen, Gebirgs- und Waldbäche zum Laichen. Er vermeidet aber auch stehendes W^asser nicht, selbst enge — 110 — BruiinenstubeD, dicht bewachsene Tümpel und Lachen, wie sie sich mitunter in verlassenen Steinbrüchen und Tongruben finden. Wo aber Salamanderlarven leben, treffen wir sie gewöhnlich in größerer Menge an; denn meistens setzt das einzelne Feuer- salamanderweibchen zahlreiche Larven — bis 70 Stück — hintereinander ab, während der Alpensalamander in der Regel nur zwei Junge gebiert. Wenn bei einer solch großen Fruchtbarkeit des Feuer- salamanders anscheinend nur eine beschränkte Anzahl von In- dividuen zur vollen Entwickelung gelangt, so rührt dies daher, daß zahlreiche Larven anderen Tieren zum Opfer fallen. Die wichtigsten Feinde der Salamanderlarven sind zugleich auch die hauptsächlichsten Schädlinge der Larven unserer Molche und dieser selbst, so lange sie im Wasser leben. Es sind vor allem die Raubfische — Forelle, Groppe und Stichling — , Ringel- und Würfelnatter und auch manche Amphibien, namentlich der gefräßige Kammolch und der Wasserfrosch. Zu ihnen gesellen sich der Flußkrebs und die räuberischen Libellenlarven hinzu, Wasserwanzen, Wasserskorpion und die großen Schwimmkäfer mit ihrer mordgierigen Brut, von der schon ganz kleine Exem- plare die Molch- und Salamanderlarven anfallen und töten. Auch die Larven der Köcherfliegen müssen zu den Schädlingen der Molchbrut gezählt werden, insofern sie gelegentlich die an den Blättern der Wasserpflanzen abgelegten Molcheier zerstören und die Embryonen auffressen. Im Taunus und in der Bergstraße sind die Forellen die gefährlichsten Feinde der Salamander- larven ; in manchen Taunusbächen ist neuerdings der wieder- eingeführte Flußkrebs hinzugetreten. Für die nähere Umgebung Frankfurts kommt hauptsächlich der Stichling in Betracht, weil er wie die Salamanderlarve fließendes Wasser dem stehenden vorzieht. Und so mag gerade das massenhafte Auftreten des Stichlings in dem Luderbach, sowie in den Tümpeln und Lachen seines Überschwemmungsgebietes ein Grund sein, weshalb in unserem Stadtwald trotz des regelmäßigen Vorkommens der Salamauderlarven die Landform des Feuersalamanders recht selten angetroffen wird. Bei den Molchen dauert die Entwickelung der Embryonen im Ei bis zum Ausschlüpfen der kleinen Larven je nach den Temperaturverhältnissen und der Belichtung des Wassers ver- Ill schieden lange Zeit, im Durchschnitt 14 Tage. Die frisch aus- geschlüpfte Molchlarve ist etwa 6 — 10 mm lang; sie hat bereits deutlich ausgebildete äußere Kiemen, aber noch keine Beine (Fig. 3)^) Sie unterscheidet sich durch ihre geringe Größe und durch den völligen Mangel an Extremitäten ausreichend von der neugeborenen Salamanderlarve. Denn die letztere mißt bei der Geburt bereits 24 — 30 mm und hat schon vollständig aus- gebildete, sogar recht plumpe Vorder- und Hinterbeine. Während nun bei den Larven unserer Frösche und Kröten, den Kaulquappen, zunächst die Hinterbeine und erst später die Vorderbeine hervorbrechen, treten bei den Molchlarven die Fig. 3. Molchlarve unmittelbar nach dem Ausschlüpfen. Darüber eine zweite Larve noch von der durchsichtigen Eihülle umgeben (natürliche Größe) , Originalaufnahme von Douglas English. vorderen Gliedmaßen früher als die hinteren hervor und zwar schon in der ersten oder zweiten Woche nach dem Verlassen des Eies, während die Hinterbeine etwa 14 Tage später zum Vorschein kommen (Fig. 4)^). Die Gliedmaßen der Molchlarven sind viel graziler als die stämmigen und robusten Gliedmaßen der Feuersalamanderlarve. Auch ist der Flossensaum des Ruderschwanzes bei den Larven beider Gattungen von verschiedener Form. Bei unseren Molch- larven ist er am hinteren Ende mehr oder weniger zugespitzt, bei der Kammolchlarve sogar mit einem fadenförmigen Anhang ^) Aus Douglas English „How to know the Amphibians. The Newts«. The Nature Book. Part 15, p. 452. London (Cassel & Co., Ltd.) 1908. 2) Ebenda, p. 453. — 112 - verseilen, und außerdem ist er wesentlich liühei- und überzieht fast den ganzen Eücken bis zum Nacken in die Gegend der Kiemenwnrzeln. Bei der Larve des Feuersalamanders dagegen ist der Flossensaum des Schwanzes breit ziigerundet und leicht nur etwa bis zur Mitte des Rückens. Diese rein morphologischen Unterschiede haben einen sehr charakteristischen biologischen Unterschied in der Art dei- Fort- bew^egung der Larven der Molche und Salamander zur Folge. Die Feuersalamauderlarve bewegt sich auf ihren stämmigen Gliedmaßen kriechend am Boden, und aufgescheucht schwimmt sie ruckweise durchs Wasser, um sich alsbald wieder auf den Fig. 4. Junge Molchlarven in verschiedenen Stadien der Entwickelung (natürliche Grüße), Originalaufnahme von Douglas English. Boden niedersinken zu lassen. Die Molchlarve dagegen bewegt sich schwimmend im Wasser umher, während ihr die grazilen Extremitäten das Kriechen am Boden erschweren, und entwickelt namentlich auf der Jagd nach Beutetieren eine ganz erstaunliche Behendigkeit im Schwimmen. Feuersalamander und Molche sind während ihres ganzen Lebens, sowohl im Larvenzustand wie als entwickelte Lurche, Fleischfresser, und zwai- ernähren sie sich ausschließlich von lebenden Tieren, unmittelbar nach dem Ausschlüpfen aus dem Ei beginnt die Molchlarve ihre Jagd auf Hüpferlinge und Wasserflöhe, und die gleichen kleinen Krebsclien und junge Wasserasseln sind auch dei- neugeborenen Salamauderlarve eine willkommene Beute. Daneben fallen die Larven und Puppen unserer verschiedenen Schnakenarten, der Eintagsfliegen, einzelner — 113 — Arten von Wasserkäferu nnd anderer Insekten in großen Mengen den gefräßigen Salamander- nnd Molchlarven znm Opfer, ebenso kleine Wassersclinecken und Muscheln, Schneckeneier, Würmer, Flohkrebse und selbst junge Kaulquappen und kleinere Larven der eigenen Art. Die Lebensweise der schwerfälligen Salamandei- larve am Grunde der Gewässer bringt es indessen mit sich, daß ihr vorwiegend die Bodenfauna zur Nahrung dient, während die schwimmgewandte Molchlarve auch auf die planktonisch lebenden Arten Jagd macht. Da die Paarungszeit der Molche sich durch viele Wochen hinzieht und der Feuersalamander den ganzen Frühling und Sommer hindurch seine Jungen absetzt, treffen wir in den ersten Sommermonaten an geeigneten Ortlichkeiten Larven in den verschiedenen Stadien ihrer Eutwickeluiig an. Allein mit Beginn der heißen Jahreszeit trocknen viele Tümpel und Gräben, die nach der Schneeschmelze im Frühjahr reichlich Wasser enthielten, allmählich aus; die kleineren Bäche beginnen zu versiechen, und so werden an vielen Orten unsere Molch- und Salamanderlarven zu einer frühzeitigen Metamorphose genötigt. Sie wird be- günstigt durch das Sinken des Wasserstandes, das eine stärkere Er^värmung des Wassers zur Folge hat und zugleich den heran- wachsenden Larven die Möglichkeit einer reichlicheren Ernährung bietet, indem auch ihre Beutetiere auf ein dichteres Zusammen- leben angewiesen sind. So sehen wir unsere Larven je nach der Örtlichkeit zu verschiedenen Zeiten zur Metamorphose schreiten ; doch vollenden sie ihre Entwickelung zum Landtier im allgemeinen in einem Zeitraum von 2—372 Monaten. Schickt sich nun die Feuersalanianderlarve zur Verwandlung an, so machen sich an ihr sehr auffällige Veränderungen bemerk- bar, vor allem in bezug auf die Färbung und auf die Gestalt der Kiemenbüschel und des Flossensaums am Schwänze. Die erwachsene Salanianderlarve ist etwa 5 — 6 cm lang und von grau- brauner Farbe mit einer unregelmäßig angeordneten, dunkleren Fleckung am Rumpf und Schwanz, wählend die charakteristischen hellen Flecken an der Wurzel aller vier Extremitäten bereits deutlich eine gelbliche Farbe angenommen haben. In den letzten Wochen vor der Verwandlung treten auch am Kopfe über den Augenlidern und in der Ohrgegend helle E'lecken auf, die manch- mal jederseits zu einem schmalen Bande zusammenfließen. All- — 114 — mälilich werden diese Flecken mattgelb mit einem eigenartigen Bronzetou, während die Grundfärbung der Larve am Kopf und Rücken dunkler wird und die vorher rosafarbene Bauchseite einen Stich ins Stahlblaue annimmt. Die Kiemenbiischel der Salamanderlarve haben in den letzten Wochen vor der Verwandlung ihre größte Entwickeliing erlangt und sind zu einem prachtvollen „Federkragen" geworden. der den Hals des Tieres umgibt (Fig. 5)^). Kurze Zeit, bevor die Larve ans Land geht, bilden sie sich jedoch ziemlich schnell Fig. 5. Salainanderlarve kurz vor »1er Verwandlung fetwa '^jj der natürlichen Größe), Originalaufnahme von H. Hin t er b er ger -Wien. zurück, schließlich soweit, daß sie nur noch ganz kurze Stummel darstellen. Jetzt sehen wir die Larve sich meist an der Ober- fläche des Wassers aufhalten odei- mit dem Kopf auf einem den Wasserspiegel überragenden Stein oder am flachen Uferrande liegen, so daß die Kiemenreste gerade noch vom Wasser um- spült sind. Annähernd gleichzeitig mit ihrer Rückbildung wird auch der Flossensaum am Schwänze schmäler und schwindet allmählich mehr und mehr. Der typische Ruderschwanz verliert dadurch seine seitliche Abplattung, wenn er auch, so lange die Larve im Wasser bleibt, noch nicht die volle Rundung an- M Aus Fahr „Versuche über Neotenie bei Salaniandra maculosa'^. Wochenschrift für Aquarien- und Terrarienkunde. 4. Jahrg., S. 536. Braun- schweig (Gustav Menzel & Sohn) 1907. — 115 — nimmt, die dem drehruuden Schwanz des erwachsenen Salaman- ders eigen ist. Ganz ähnliche Vei'änderuugen hinsichtlich der Färbung, sowie der Rückbildung der Kiemen und des Flosseusaums am Schwänze treten bei der Molchlarve auf, bevor sie sich an- schickt, das Wasser zu verlassen. Der Akt der Metamorphose stellt an den Organismus der Larven unserer Schwanzlurche offenbar ungeheure Anforderungen, wie dies erklärlich ist, wenn man bedenkt, daß ein bisher kiementragendes Wassertier sich in wenigen Tagen zu einem lungenatmenden Landtier entwickelt. Während der Verwand- lung ist die Freßlust der Larven stark vermindert, vielleicht ganz aufgehoben, und ist die Metamorphose vollendet, so ist der junge Laudsalamander etwa 1 — 1^2 cm, der kleine Molch ^2—1 cm kleiner, als es wenige Tage zuvor die Larven ge- wesen sind. Nicht sämtliche Larven unserer einheimischen Molcharten entwickeln sich indessen zur Landform. Unter besonderen Ver- hältnissen, die uns im einzelnen noch nicht genügend bekannt sind, verbleiben manche Individuen wie der Axolotl der mexi- kanischen Seen dauernd im Wasser und erreichen im Larven- zustand die Geschlechtsreife. Es handelt sich bei dieser interes- santen Erscheinung also offenbar nicht um eine Entwickelungs- hemmung, sondern um eine Anpassung an äußere Lebens- bedingungen. Solche fortpflanzungsfähige Larven , die man neotenische nennt, werden beim Bergmolch am Südabhang der Alpen und in den kleinen Seen Oberitaliens ziemlich häutig ge- funden, und auch an den verschiedensten Orten Deutschlands kommen sie bei sämtlichen Molcharten vereinzelt vor. Beim Feuersalamander dagegen scheint eine vollständige Neotenie noch nicht beobachtet worden zu sein. Inzwischen ist es Hochsommer geworden. Die wasser- lebenden Larven zahlreicher Insektenarten, die den Molchen und Salamandern während ihres Jugendstadiums zur Nahrung dienten, haben gleichfalls ihre Entwickelung vollendet und sich zu geflügelten Formen umgewandelt, die der unbeholfene und schwerfällige, kleine Schwanzlurch nicht mehr zu erhaschen vermag. Wohl aber trifft er auf seiner Landwanderung kleine Beutetiere genug an, die ihn durch ihre Bewegung zur Jagd 8* — 116 — anlocken. Es sind Blattläuse, Spinnen und Milben, Asseln und Tausendfüßer, Nacktschnecken, kleine Würmcheu, unbehaarte Räupchen u. a., und gelegentlich mag ihm auch eine stillsitzende Mücke oder eine kleine Heuschrecke zum Opfer fallen. In den feuchten Waldungen, die er sich zum Aufenthalt erkoren hat, sprossen zu Ende des Sommers Pilze in Menge aus der Erde ; sie beherbergen Fliegen- und Käfermaden genug, die den kleinen Molchen und Salamandern eine willkommene Beute sind. Es sind dieselben Arten — Würmer, Nacktsclmecken und Kerfe nebst ihren Larven ~ , die auch den erwachsenen Lurchen zur Nahrung dienen. Auch die alten Molche haben inzwischen ihr Hochzeits- kleid abgelegt und zu verschiedenen Zeiten je nach der Örtlich- keit, an der sie zur Paarung geschritten sind, das Wasser mit dem Lande vertauscht, um während der heißen Jahreszeit in feuchten, kühlen Verstecken ein beschauliches Leben zu führen. Nur vereinzelte Individuen verweilen an geeigneten Orten auch im Spätsommer noch im Wasser, ja überwintern selbst in ihm. Die übergroße Mehrzahl der Molche hat sich auch im äußeren Habitus dem Landleben angepaßt. Der hohe Rückenkamra, der die Männchen einzelner Arten zur Brunstzeit auszeichnet, hat sich zurückgebildet; der Flossensaum des Ruderschwanzes, dessen die Landtiere nicht mehr bedürfen, ist geschwunden, und die vollen, leuchtenden Farben, die ihr Hochzeitskleid im ersten Frühjahr geschmückt haben, sind verblaßt. Auf dem Lande scheint auch das Nahrungsbedürfnis der Molche viel geringer zu sein, als es während der Zeit ihres Wasserlebens gewesen ist. Unmittelbar nach dem Verlassen des Wassers verkriechen sie sich in ähnliche Schlupfwinkel, wie sie die Landform des Feuersalamanders zeitlebens bewohnt, in das lockere Erdreich unter freiliegenden Wurzeln oder in den Mulm morscher Baum- strünke, unter moosbewachsene Steine, in altes Mauerwerk und Felsenritzen, in verlassene Mauslöcher und andere Verstecke, die ihnen tagsüber genügenden Schutz vor der Hitze des Sommers gewähren. An solchen Orten werden gewöhnlich mehrere Exemplare zusammenliegend angetroffen. Molche und halbwüchsige E^uersalamander verlassen diese Schlupfwinkel, in denen es ihnen an reichlicher Nahrung nicht fehlt, anscheinend selten und nur, um sie mit anderen, nahe gelegenen zu ver- — 117 - tauschen. So kommt es, daß sie überhaupt nicht häufig außer- halb ihrer Verstecke gefunden werden. Den erwachsenen Feuer- salamander dagegen treibt der Hunger gelegentlich hervor. In der Abenddämmerung, wenn feuchte Nebel sich auf Wald und Wiesen lagern, verläßt er seinen verborgenen Schlupfwinkel, um zu jagen, bis der Morgentau im ersten Strahl der aufgehen- den Sonne erglänzt. Nur wenn nach längerer Tiockenheit warme Regenschauer niederfallen , treffen wir ihn auch am hellen Tage oft in großer Zahl selbst auf freien Plätzen und mitten im Wege an. Jetzt wird das grelle Gelb des Feuersalamanders, das ihn zwischen dem fahlen Laub des Waldbodens so leicht den Blicken des Spaziergängers verbirgt, zur Trutz- und Warnungsfarbe für seine Feinde. B'reilich sind Feuersalamander und Molche während ihres Landlebens nicht vielen Nachstellungen ausgesetzt. Nur gelegentlich fallen sie nächtlich jagenden Vögeln und Säuge- tieren zum (Ipfer, der Eule, dem Dachs, Iltis und Igel und vielleicht auch wohl einer Wasserratte und Spitzmaus. Auch Ringelnattern, große Eidechsen und Frösche werden manchmal den jüngeren Exemplaren gefährlich. Farbe und Zeichnung des Feuersalamanders sind recht verschieden, je nach der Ortlichkeit, an der seine Larven zur Entwickelung gekommen und die jungen Landtiere herange- wachsen sind. Schon die Salamanderlarven zeigen eine außer- ordentlich große Anpassung ihrer äußeren Erscheinung an die Verhältnisse der Umgebung. Fließt das Bächlein, in dem die Larve lebt, im Waldesdunkel dahin, wo sein Boden mit moderndem, dunklem Laube bedeckt ist, so ist auch sie dunkel gefärbt, während in souuenbeschienenen Wiesenbächen mit lehmigem Boden auch ihre Grundfärbung fast lehmgelb ist. Und je vor- herrschender der gelbe Ton in der Färbung der Larve, desto zahl- reicher und größer gestalten sich die gelbe Fleckuug und Streifung des erwachsenen Tieres, zumal wenn es in recht feuchter Um- gebung auf lehmhaltigem Boden lebt. Dunkle Humuserde und Trockenheit dagegen bewirken ein Zurücktreten der gelben Zeichnung hinter der schwarzen Grundfarbe des Feuersalamanders. Doch wechselt auch die Farbe der Flecken vom grellen Schwefel- gelb durch Orange zum lebhaften Rot, obwohl derartig tiefrot gezeichnete Salamander nur an vereinzelten Orten gefunden — 118 — worden sind.^) Als Abnormitäten kommen gele(?entlicli auch beim Feuersalamander wie bei anderen Lurchen und Kriechtieren einerseits pigmentarme Exemplare, selbst Albinos (E^ig. 6)-), und andererseits melanotische Individuen vor. Bisweilen werden sogar beide Farbenspielarten an dem gleichen Fandort an- getroffen. Anscheinend übt auch die Meereshölie, iu der der Feuer- salamander lebt, einen Einfluß auf seine Färbuug aus. Das grelle Gelb, das sich bei Tieflaudstieren findet, tritt mehr und Fig. 6 Feuersalamander-Albino (natürliche Grüße), Originalaulnahnie von F. Maue- Magdeburg. mehr zurück, je höher der Wohnbezirk des Salamanders über dem Meeresspiegel liegt. So sind Exemplare aus der subalpinen Region oft vorwiegend schwarz gefärbt und tragen nur wenige und kleine, mattgelbe Flecken. Sie nähern sich also in der Färbung dem einfarbig-schwarzen Salamander des Hochgebirgs, der indessen an Länge mehrere Zentimeter hinter unserem ^) V. Schwel z er bar th „Eine rote Farbenvarietät \o\\ Salamandra maculosa Laur." Bericht der Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft. 1906, S. 119. Frankfurt a. M. (Selbstverlag der Gesellschaft) 1906 und „Der rotfleckige Feuersalamander {Salamandra maculosa Laur. var. (■occinea)"' . Blätter für Aquarien- und Terrarienkunde. 20. Jahrg., S. 382. Stuttgart (Fritz Lehmann) 1909 (mit farbigen Abbildungen). -) Aus Wolterstorff „Über einen Albino von Salamandra triaculosa Laur. (Feuersalamander)". Blätter für Aiiuarien- und Terrarienkunde. 20. Jahrg. S. 380. Stuttgart (Fritz Lehmann) li)09. — 119 — Feuersalamander zurückbleibt. Wohl führt der Alpensalamander im allgemeinen ein ähnliches Leben wie unser Feuersalamander, versteckt unter hohlliegenden Steinen und dergl. auf Viehtriften, Matten und auch im Walde; doch lebt er geselliger als der Feuersalamander, so daß in der Regel mehrere Exemplare in demselben Schlupfwinkel gefunden werden. Den ganzen Sommer hindurch bis in den Herbst hinein bietet sich den Salamandern und Molchen Gelegenheit zu reich- licher Ernährung. Mit dem herannahenden Winter aber wird die Zahl ihrer ßeutetiere immer kärglicher ; doch nimmt mit dem Sinken der Außentemperatur zugleich auch das Nahrungs- bedürfiiis unserer Lurche ab. Und wenu die ersten Nachtfröste die Reste des sommerlichen Insektenlebens erstai-ren lassen, wenu fallender Schnee die Erde deckt, dann ziehen sich auch Salamander und Molche in tiefer gelegene Schlupfwinkel zurück, die ihnen Schutz vor der vviuterlichen Kälte gewäJiren. Jetzt finden sich auch die ungeselligen Feuersalamander scharenweise zusammen, und zu Dutzenden und Hunderten können wir sie im Spätherbst an geeigneten Orten antreffen, die ihnen als Winterquartiere dienen sollen. So ist es Forstassessor Maisch^) zu Wilhelmsdorf im Württembergischen Schwarzvvald zwei Jahre hintereinander gelungen, die Feuersalamander bei dem Beziehen ihrer Winter- quartiere zu beobachten. Eine Wegböschung im Walde mit überhängenden Wurzeln und Felsenritzeu war ihr Ziel. In milden Nächten, die auf die erste, kurze Frostperiode im November folgten, wanderten die Salamander ihrem erwählten Versteck entgegen und zwar in solchen Mengen, daß das lauschende Ohr des Beobachters ihre Schritte im abgefallenen, dürren Laube der alten Eichenbestände rascheln hörte. Mit jeder Nacht zogen neue und größere Scharen heran und ballten sich zeitweise in dichtem Durch- und Übereinander vor den engen Eingängen der Erdlöcher und Felsenritzen zu wirren Knäueln zusammen. Wochenlang wiederholte sich derselbe Vor- gang, bis auch die letzten Nachzügler ein sicheres Unterkommen in dem frostfreien Erdreich gefunden hatten. Maisch hat die Zahl der Feuersalamander, die er Mitte November tagelang ^) Floericke „Kriechtiere und Lurche Deutschlands". S. 18—20. Stuttgart (Kosmos) ohne Jahreszahl. 5 cf5' w °2. 5' ^ — 121 — hintereinander vor ihren Winterquartieren sich zusammenfinden sah, auf etwa 200 Individuen täglich geschätzt. Nur vereinzelte Molche verbleiben, wie erwähnt, auch während des ganzen Winters im Wasser und zwar außer den geschlechtsreifen neotenischen Larven auch vollentwickelte Tiere. Gelegentlich werden aber auch junge Molchlarven beobachtet, deren Verwandlung zur Landform bei später Eiablage sich in- folge ungünstiger Witterungsverhältnisse, von Mangel an Licht und Wärme und von unzureichender Nahrung verzögert hat, und die deshalb zur Überwinterung im Wasser gezwungen sind. Freilich ist dies nur möglich in tieferen Wasserbecken, deren Bodentemperatur während des ganzen Winters annähernd die gleiche (4 — 5" C) bleibt, und in denen durch einen ständigen oder nur vorübergehend unterbrochenen Wasserzufluß auch unter der schneebedeckten, dicken Eiskruste eine genügende Sauer- stoffzufuhr ermöglicht wird. In solchen Teichen ist eine aus- reichende Winterfauna voihanden, die offenbar unseren Molch- larven zur Fristung ihres Daseins und zu einer langsamen Weitereutwickelung in der dunklen Tiefe genügt. In milden Wintern sind an besonders warmen Tagen gelegentlich auch Feuersalamander außerhalb ihrer Verstecke beobachtet worden. Doch ist dies selten. In der Regel ver- harren unsere Molche und Salamander in einer langen Winter- ruhe, in der ihre . gesamte Lebenstätigkeit auf ein Minimum herabgesetzt ist, und in dieser Starre, die ihnen die Nahrungs- aufnahme erspart, schlafen sie dem kommenden E'rühling ent- gegen, bis der wärmende Strahl der höher steigenden Sonne sie zu neuem Liebesleben erweckt. In der systematischen Schausammluug des Museums sind die Schwanzlurche im ersten Obergeschoß des Nord- flügels in dem zweitletzten Doppelschrank aufgestellt und zwar von deutschen Arten nur 3IoIge cristaia (Laur.), Kammolch, vom Grafenbruch bei Offenbach, und Salamandra atra Laur., Alpen- oder Mohrensalamander, von Oberstdorf im Algäu, (Weibchen mit Embryonen, aus dem mütterlichen Eileiter aus- geschnittener, kiementragender Embryo, junge und erwachsene Exemplare). Von S. maculosa Laur., Feuersalamander, sind — 122 — zwei südeuropäische Varietäten ausgestellt : var. Corsica Savi aus dem Prunellital bei ßastelica (Korsika) und var. molleri de Bedr. aus der Serra de Gerez (Portugal), sowie die nalie- verwandte, langscliwänzige Art aus dem Kaukasus, S. caucasia (Waga), vom Lomis-Mta bei Borzom, die im männlichen Ge- schlecht durch ein eigentümliches sexuelles Reizorgan, den „Schwanzwurzelhöcker" gekennzeichnet ist^)." Von ausländischen Arten sind in der systematischen Schausammlung ferner vertreten: Spelerpes fascns B\)., Höhlen- molch, aus Sardinien ; Salamandrina perspicülata (Savi), Brillen- salamander, aus Italien: Molge inarnwra.ta (Latr.), marmorierter Molch, aus Spanien ; M. (E/iproctus) v/o^ita/ia (Savi), korsischer Bergmolch, aus Korsika; M. (Flevrocielcs) icalili Michail.. Rippen- molch, aus Tanger (Marokko); M. viridesceiis (Ratin.), Tüpfel- molch, aus Nordamerika ; M. pijrrhogastm Boie, Feuerbauch- molch, aus Japan; sowie Nectunis ifiacidattis R-dün., Farchen- molch, aus Nordamerika. In der v e r g 1 e i c h e n d - a n a t o m i s c h e n und e n t - w i c k e 1 u n g s g e s c h i c h 1 1 i c h e n S c h a u s a m ni 1 u n g im zweiten Obergeschoß des Nordtiügels sind aut'gestelU: Salaiuandra maculosa Laur., Feuersalamander, Weibchen mit reifen Eiern und Embryoneu, sowie eine Reihe von Larven in verschiedenen Stadien der Entwickelung, z. T. mit verstümmelten Extremitäten infolge von Verletzungen durch Flußkrebse, aus den Bächen bei Niedernhausen im Taunus, und S. atra Laur., Alpen- oder Mohrensalamander, aus dem mütterlichen Eileiter ausgeschnittene Embryoneu mit äußeren Kiemen, junge und erwachsene Exemplare. ^) K n 0 b 1 a u (; h „Der Kaukasische Feuersalamander, SnUnnandra caucasia (Waga)". Mit einer farbigen Tafel und 4 Texttigiiren. Beriebt der Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft. 1905, S. 8*J. Frankfurt a. M. (Selbstverlag der Gesellschaft) 1905. — 123 Eine geologische Forschungsreise in die Sierra Morena. Von Fritz Drevermann. Man liest so vieles von den glänzenden Bildern der Alhambra mit ihren sagenumwobenen Trümmern maurischer Pracht, von dem lachenden Leben in Sevilla, von den Zigeunern, die in Granada in Erdlöchern hausen und ihre wilden Tänze den Fremden vorführen, von Stiergefechten mit ihrem Schimmer und ihrem Jubel unter dem südlichen blauen Himmel. Immer wieder taucht die Erinnerung an solche Schilderungen Spaniens in uns auf und weckt unsere Sehnsucht nach dem wunderbaren Lande. Wenn man aber hört, daß all diese Herrlichkeiten durch Tagereisen mit der Bahn voneinander getrennt sind, und daß die Reise selbst durch ödes, unbewässertes Land, durch Wüsten ohne Baum und Strauch, ohne Leben, ohne Vogelsang führt, daß in kahlen, wilden Gebirgen noch die Wölfe hausen, da treten die Kontraste zwischen den landläufigen Schilderungen des Landes und der Wirklichkeit recht scharf hervor. Und erzählt schließlich der Reisende, der die Heerstraße der Cook sehen Touristen verläßt und einsame Wege wandert, von Gegenden, in denen man tagelang kein Haus, nur die elenden Hütten der Hirten sieht, wo man nur diesen Hirten und ihren Ziegen be- gegnet, so will dies schlecht zu dem fröhlichen Bilde passen, das man sich von Spanien gemacht hat. Aber gerade die Schilderung einer solchen Reise gibt eine rechte Vorstellung von dem Lande, das einst die Herrscherin einer Welt gewesen ist und heute jammervoll darniederliegt, und von seiner gast- — 124 — freien Bevölkerung, die in den großen Städten — wahrhaften Oasen in der Einöde — durch die immer wachsende Fremden- industrie den gleichförmigen Charakter aller Großstadtbewohner angenommen hat. Wir hatten als Ausgangspunkt für unsere Forschungen Alraaden gewählt, die alte, berühmte Quecksilberstadt, deren reiche Zinnoberbergwerke auch heute noch den größten Teil des tlüssigen ]\[etalls liefern. Gerade die Umgegend von Almaden sollte nach der Literatur eine Fülle von Versteinerungen bergen und zwar besonders solche, die mein Interesse seit meinen ersten Studien im rheinischen Gebirge gefesselt hielten. Fran- zösische Forscher hatten in den fünfziger Jahren des vorigen Jahrhunderts dort gesammelt und ihre Ausbeute, sowie die von dem ehemaligen Almadener Bei'gwerksdirektor Prado ge- sammelten Fossilien beschrieben Außer einer Menge von Krebsen aus dem Altertum der Erdgeschichte, den Trilobiten, waren es ganz besonders Versteinerungen, die denen unseres rheinischen Devons ungemein nahe verwandt schienen. Wenn solch eine Ähnlichkeit bei einer einzelnen Form auftritt, kann sie zufällig sein und oft den Forscher täuschen; wenn aber die ganze Tier- welt, die in den Schichten der Sierra Morena begraben liegt, mit deijenigen unseres rheinischen Devons übereinstimmt, — und so schien es in der Tat — so konnten sich aus ihrer gründlichen Erforschung wichtige Folgerungen über Verbreitung, Gestaltung und Tiefenveihältnisse der Meere zur damaligen Zeit ergeben. Außerdem waren einige verdächtige Versteinerungen beschrieben worden, die neues verhießen, und nicht zuletzt lag ein großer Reiz auch in dem Umstand, daß bisher nur das Pariser Museum sich rühmen konnte, aus jener Gegend Petre- fakten zu besitzen. Dies war die wissenschaftliche Begründung der Reise, und da unser korrespondierendes Mitglied Herr A. von G winner in Berlin die Mittel zu ihrer Ausführung in freigebigster Weise zur Verfügung gestellt hatte und mir außer- dem durch seine Vermittlung die Unterstützung der spanisclien Behörden in Aussicht stand, mußte nur noch eins hinzukommen : das rechte Sammelglück. Bei unserer Ankunft in Almaden konnten wir wenig Spa- nisch. Unsere Kenntnisse beruhten im wesentlichen auf zwei kleinen Taschenlexikons ; aber sie reichten hin, um bis zum — 125 — „Hotel" durchzudringen, und nach einigem energischen Auf- treten erhielten wir sogar ein Zimmer mit Fenstern. AVas dies in der dortigen Gegend heißen will, weiß jeder, der einmal dort gewesen ist. Kein Schlafzimmer hat Fenster ; der Inhaber läßt abends seine Tür offen und vermeidet auf diese Weise das Eindringen der Moskitos, die sich sonst mit Gier auf ihre Opfer stürzen. Wir wollten aber Luft haben; also hieß es, die Mos- kitos mit in Kauf nehmen. Manches Dutzend dieser blut- saugenden Insekten hat sein Leben gelassen ; aber neue Kämpfer füllten die Reihen, und bald mußten wir den ungleichen Kampf aufgeben. Unser Bankier verstand unser Spanisch zwar offenbar nicht übermäßig gut; aber er kannte einen Trilobiteu, und dies genügte, um eine Verständigung mit ihm zu ermöglichen. Ich empfehle jedem Forschungsreisenden, eine Versteinerung, wie er sie besonders sammeln will, bei sich zu tragen ; dieses Mittel half immer sehr gut. Es gab einen Mann in Almaden, der Versteinerungen sammelte und die Fundorte kannte; er war im Hauptfach Agent für Singer-Nähmaschinen und verkaufte nebenbei Klöppelspitzen, Grammophone, Obst, reparierte alle feineren Maschinen — kurz er machte alles — und er war wegen seiner vielen Talente auch noch auf der staatlichen Grube angestellt. Dies war Don Qu in tin Fernandez, und diesen Mann empfehle ich jedem, der Almaden besucht, um dort zu sammeln. Er war schnell gewonnen, uns zu begleiten, und mit einem Empfehlungsbrief des Ministerpräsidenten Moret konnten wir ihm sogar drei Wochen Urlaub erwirken. Schon am ersten Nachmittag nach unserer Ankunft saßen wir auf dem Feld und klopften Steine, mit mäßigem Erfolg, aber doch die ersten, guten Petrefakten. Und nun gingen drei Wochen hin, reich an Funden, voll Jubel über neue, schöne Versteinerungen ; wäre aber auch die Ausbeute nicht so glän- zend gewesen, wir hätten es nicht länger als einige Tage dort ausgehalten! Am nächsten Tag war unser trefflicher Führer schon um vier Uhr morgens auf dem Markt. Er kaufte Me- lonen, Zwiebeln, Knoblauch, Weintrauben und was sonst noch zum Lebensunterhalt während einer mehrtägigen Exkursion gehölt. Seine prächtige Frau kochte und briet Fleisch und Kartoffeln, füllte den großen Schlauch aus Ziegenfell mit feurigem Rotwein, und alle Vorbereitungen zur Reise waren getroffen. — 126 — Drei Esel und ein Maultier warteten vor der Türe, und ein Damensattel für meine Frau war schnell aus einem Kopfkissen und aus vier Stöcken hergestellt, deren zwei kreuzweise zu- sammengebunden wurden (allerdings mußte ein Eselstreiber be- ständig dieses Kunstwerk festhalten). Dann luden wir die Eßwaren, die Hämmer und das Einwickelpapier auf, und unter dem Jubel der halben Stadt ging die Kavalkade los. Drei bis vier Stunden im Sattel ist auf einem Pferd und auf guter Straße keine Anstrengung; auf unseren Reittieren indessen war der Ritt nicht sonderlich erfreulich. Zudem weit und breit kein Baum, kein Strauch, abgesehen von vereinzelten Eucinen (immergrünen Eichen mit laugen , süßschmeckenden Eicheln), 30 — 35° Wärme, und dabei gings querfeldein über Steingeröll (unsere Begleiter sprachen fortwährend von einem Weg; aber wir vermochten erst in den allerletzten Tagen unseres Aufent- haltes in Spanien einen Weg oder einen Acker von einem Ab- hang voll abgerollter Steine zu unterscheiden). In der Ferne sahen wir unser Ziel, einen blauen Höhenzug mit ragenden Felsen, daran augeklebt ein einziges kleines, weißes Haus. Als wir es erreicht hatten, fanden wir einen alten Hirten, der sofort für uns und unser Mittagsmahl Platz machte. Schnell einige Weintrauben, eine Melone, und dann gings auf den Höhenzug los, glücklicherweise zu Fuß; denn wir waren wie gerädert. Unsere Reittiere weideten in der Nähe mit zusammengebundenen Vorderbeinen die kümmerlichen Grashalme ab. Das Blockmeer, das uns schon von weitem entgegenge- leuchtet hatte, war den „Rossein" täuschend ähnlich, wie sie am Rhein und im Taunus als wirre Schotterhalden von den Quarzithöhen herabrollen. Und die erste Versteinerung, die wir auflasen, war eine wohlbekannte Muschel des Taunusquarzits. Jeder Schlag mit dem Hammer lieferte neues Material, und immer wieder waren es die rheinischen Formen. Bald saß meine Frau da und wickelte ein ; unsere Begleiter und ich sammelten und trugen immer von neuem zu, bis der Abend hereinbrach. Dann gings weiter, — ■ ein Esel hatte in seinen Seiteukörben vollauf genug zu tragen von den Steinen — und unser Nachtquartier war bald erreicht. Ein einsames Haus, indessen geradezu luxuriös ausgestattet (es gab sogar Betten darin und ein Zimmer mit Tisch und Stühlen), das uns der — 127 — freundliche Bankier in Almaden zur freien Verfügung gestellt hatte, umgeben von einer rohen Steinmauer, in die abends das Vieh zum Schutz gegen Wölfe getrieben wurde, bewacht von mehreren riesigen Hunden und bewohnt von einfachen, freund- lichen Leuten. Solche Abende bleiben unvergeßlich : ein Abendessen aus einem großen gemeinsamen Topf, der vom Feuer schwarz gefärbt aufgetragen wurde, — es gab „carne con patatas" , Fleisch mit Kartoffeln — und aus dem wir mit unseren Messern herausfischten, was darin schwamm ; dann Aus- teilung von reichlich mitgenommenen Zigarren und ein stilles Abendstündchen unter dem sternklaren Himmel in lautloser Ruhe; zuletzt ein fröhlicher spanischer Sang zur Guitarre, zu dem die Kinder des Verwalters tanzten ; dabei die lauwarme Nacht, die Freude über die glücklichen Funde, die vorauseilenden Pläne für den nächsten Tag und endlich eine Ruhe ohne Moskitos ! Nach einigem Suchen gabs am nächsten Morgen sogar ein Waschbecken en miniature mit Wasser, ein seltener Luxus. Ein Handtuch war nicht aufzufinden, wurde aber durch eine Schürze ersetzt, die uns fünf Tage lang treue Dienste geleistet hat. Dann tranken wir Kaffee im Freien und zogen zu neuen Funden aus. Heute sollte es Trilobiten aus den ältesten Silur- schichten geben, wie ich sie vor Jahren in Böhmen und in der Montague noire gesammelt hatte. Im Dorf, durch das wir zogen, wurden der aus Frankfurt mitgenommene Trilobit herumgezeigt und Kupfermünzen versprochen für alle, die sich am Sammeln beteiligen wollten. Nach dreistündigem Ritt waren wir an Ort und Stelle: 5 Peseten für den ersten Trilobiten ! — kaum hatte ichs gesagt, da rief ein Hirt „Don Federico, un trilobita!" Wahrhaftig, und noch dazu das Prachtstück einer Art, von der wir nur zwei Exemplare gefunden haben. Und nun hagelte es förmlich Trilobiten. In langer Linie verteilten wir uns am Ab- hang und suchten die festen, schwarzen, kieseligen Knollen auf, die aus dem weichen Bröckelschiefer herausgewittert waren. Ein Schlag mit dem Hammer genügte fast immer, um sie zu spalten, und oft waren gute Dinge darin. Überall wurden Depots angelegt, um Zeit zu sparen; hoch am Busch flatterte die Frankfurter Zeitung als Zeichen der Kostbarkeiten, die dort lagerten, und laugsam zog meine Frau von Niederlage zu — 128 — Niederlage, um einzupacken. Glüliend heiß wurden die Steine; immer wieder lief unser Kocli, der Eselstreiber, bis wir schließlich kamen: glücklich, müde und hungrig. Leider waren unterdessen die Ameisen über unser Fleisch hergefallen, und ein Esel hatte unsere schönste Melone gefressen ; aber das andere reichte doch aus, um den Hunger zu stillen. Zwei gefährlich aussehende Hirten, bewaffnet mit alten Vorderladern und Messern, begleitet von mächtigen Hunden mit Stachelhalsband, leisteten uns mit einer Riesenherde von braunen Ziegen Gesellschaft, und gegen ein paar Zigarren gabs einige Becher schäumender Ziegenmilch zum Kaffee. (Über diesen Kaffee können meine Frau und ich uns nicht einigen ; sie behauptet bis heute, es seien Eicheln gewesen, während ich Eichelkaffee besser finde.) Nachher wurde in der ärgsten Mittagshitze Siesta gehalten. Der einzige Baum meilenweit gab uns seinen Schatten ; auf seine Zweige hatten wir unsere Röcke gelegt, um ihn dichter zu gestalten, und so hörten wir nichts als das Trappeln der Ziegen und das Schnarchen unseres Führers. Der Nachmittag brachte wieder Trilobiten und andere Versteinerungen in Menge und außerdem ein Novum für uns: ein Hirt schoß ein Kaninchen und verkaufte es uns. An diesem Tag begrüßten wir das Tierchen als Abwechselung in unserem Küchenzettel noch mit Freude; heute denken wir mit Grauen an das „conejo con patatas" zurück. Kaninchen gab es von jetzt ab jeden Abend, und da wir unvorsichtiger Weise erklärt hatten, es schmecke hervorragend, um unseren prächtigen Wirten Freude zu machen, gabs auch in Alraaden nach unserer Rückkehr bei zwei Einladungen „conejo^. Das Rezept bietet wohl Interesse genug, um hier niedergeschrieben zu werden : Man zieht dem conejo das Fell notdürftig ab, zerhackt es in große Stücke und wirft es in einen Topf voll siedenden Öls. (Da wir in Spanien sind, muß das Ol ranzig sein; sonst behagt es dem verwöhnten Gaumen des Spaniers nicht.) In das gleiche Gefäß kommen zerschnittene Kartoffeln, zwei handvoll spanischen Pfeffers, je eine handvoll Knoblauch, Zwiebeln und zuletzt Safran, damit das Gericht schön gelb werde. So kommt es auf den Tisch, und nun suchen sechs, sieben oder mehr Messer in der Schüssel herum, um ein zusagendes Stück zu erwischen. Daß auch hierbei die spiichwörtliche Ritterlichkeit des Spaniers den Gästen die besten Stücke läßt, ist selbstverständlich ; ja ~ 129 — unser Eselstreiber, derselbe, der den „Damensattel" meiner Frau zu halten hatte, ging in seiner Galanterie so weit, daß er be- sonders hervorragende Stücke nach längerem Suchen auf der Spitze seines fußlangen Dolches meiner Frau direkt in den Mund schob. So lebten wir das erste Mal fünf Tage im gleichen Haus, jeden Abend müde, aber in froher Stimmung zurück- kehrend, jeden Morgen frisch hinausziehend in die Berge, in jeder Weise unterstützt von prächtigen Menschen. Der leiseste Wunsch wurde uns erfüllt, fast ehe er ausgesprochen war; wohl hundertmal am Tag fragte der Eselstreiber, der den schönen Namen Don Juan Rosas führte, ob wir irgend etwas ent- behrten. Als meine Frau unvorsichtigerweise eines Abends sagte, sie hätte wohl gerne einen Brief aus der Heimat, da ruhte er nicht, bis ich ihm den Wunsch übersetzt hatte. Wenige Minuten später war er verschwunden, und am anderen Morgen über- reichte er uns, strahlend vor Glück, ein Paket, die Post aus Almaden. Wohl fünf Stunden Weg hin und ebensoviel zurück hatte er, ohne viel Worte zu verlieren, zurückgelegt, den Post- verwalter mitten in der Nacht herausgeholt and war ausgelassen vor Freude, als meine Frau ihn lobte. Und all der Jugend des Dorfes, durch das wir zogen, muß ich gedenken: wie wurden wir jeden Abend belagert, wie eifersüchtig waren die schmierigen kleinen Kerle auf ihre Samraelerfolge, und wie strahlten sie, wenn es reichlich Kupfermünzen gab. Als wir zurückkehrten in unser Hotel in Almaden, eine staubige, müde Truppe, alle Tiere schwer bepackt mit Ver- steinerungen, da glaubten wir einige Tage Ruhe zu finden. Aber der sofort beginnende Kampf mit den Moskitos und der entsetzliche Schmutz ließen uns nicht ruhen. Schon am nächsten Morgen zogen wir wieder hinaus, ausgerüstet wie das erste Mal, jedoch nach einer anderen Richtung. Noch einsamer gelegen, ganz isoliert im Gebirge, auf recht gefährlichem Saumpfad nur mühsam zu erreichen, aber umgeben von zahlreichen, guten Fundorten, die der treffliche Quintin kannte, und wieder bewohnt von schlichten, einfachen Leuten, die uns alles gaben, was sie besaßen. Diesmal hieß es allerdings auf der blanken Erde schlafen, — nur einmal fand meine Frau eine Lagerstatt — und wiederholt hörten wir nachts auch in weiter Ferne die Wölfe heulen. Aber dafür waren auch die Erfolge gut, und — 130 — da wir reichlich Melonen mitgenommen hatten, brauchten wir nicht ausschließlich von dem gräßlichen „conejo" zu leben. Am meisten vermißt haben wir den Wald und das Wasser in jeg- licher Form : zum Kochen, Trinken und Waschen. Oft gab es meilenweit keine Quelle, und mehrfach haben wir Wasser aus grünen Pfützen, die verdächtig genug aussahen, trinken müssen. Auch diesmal war der Rückzug nach Almaden eine lauge und schwierige Reise. Die Esel legten sich mit Vorliebe, wenn wir sie gerade gut bepackt hatten, einfach um, warfen die Steine wieder ab und mußten nun von neuem beladen und unter beständigem Prügeln nach Hause gebracht werden. Aber es gelang schließlich doch, und in der folgenden Nacht hat uns kein Moskito erwecken können, und längst stand die Sonne hoch am Himmel, als wir anderen Morgens aufwachten. Ich übergehe die Schilderung eines Stiergefechtes in dem elenden Nest — es bot nichts anderes als derartige Veran- staltungen, die zwar ärmlich waren, aber umso begeisterter bejubelt wurden, weil sie nur selten stattfanden — und er- wähne nur kurz zwei Einladungen, die wir annehmen mußten, und die zu denjenigen Erinnerungen gehören, von denen man nur selten und erst nach Jahren ohne schmerzliches Unbehagen in der Magengegend spricht. Aber der eine Gastfreund war unser trefflicher Quintin und der andere war der Drogist des Ortes, Don Felipe Alcazär, ein einflußreicher Mann, auf den wir zugleich als den Besitzer der einzigen — Badewanne in Almaden Rücksicht zu nehmen hatten. Er hat uns viele Ge- fälligkeiten erwiesen, ist oft mit uns hinausgezogen und hat „conejo con patatas" gekocht, hat uns sogar eine Konserven- büchse mit Lachs mitgebracht, die uns nachher noch mehrere Tage als Trinkgefäß gedient hat (man gewöhnt sich an alles ; wir haben zuletzt den „Kaffee" mit leisem Geschmack nach Lachs und — Odol gerade so gern getrunken, wie E. Fr a as in Ägypten seinen Tee mit Petroleumgeschmack). Solchen Leuten hieß es schon ein Opfer bringen, und so mußten wir ein Diner von fünf Gängen mitmachen. Eine Fundstelle in der Nähe von Alamaden zeichnete sich dadurch aus, daß sie auf einer richtigen, guten Straße mit Wagen und Maultieren zu erreichen war. Da gleichzeitig gerade hier die besten Funde von ganz neuen und unbekannten Petrefakten zu — 131 — erwarten waren, so benützten wir jedesmal diejenigen Tage zu einer solchen Reise, die uns zwischen den anstrengenden, mehr- tägigen Gebirgstouren übrig blieben. Ein großer, poröser Ton- krug enthielt gutes Wasser ; der Wagen konnte all das gesammelte bergen ; der Kutscher konnte kochen — kurz es war ein Luxus- fundort. Ein Berg mit flachen Abhängen, dicht mit klebrigem Gebüsche bewachsen, überschottert von oben bis unten von aus- gelaugten Kalksandsteinblöcken, an der Seite angeschnitten von einem fast wasserlosen Flußtal, so sah etwa dieser Fundort aus. Fast alle Blöcke enthielten Versteinerungen, manche in Hülle und Fülle ; der Fluß hatte die Schichten freigelegt, und an seinen Ufern sahen wir Schieferschichten wechseln mit petre- faktenreichen Sandsteinbänken, die nun alle untersucht wurden. Und bei jedem Besuch gabs neues zu finden ; immer häufiger wurden die Versteinerungen der oberdevonischen Zeit, die in einem flachen Meer mit sandigem Boden gelebt haben mussten, wie es gleichzeitig nur aus Belgien und Nordamerika bekannt ist. Wie deutlich führt ein solcher Fund vor Augen, daß all die Meereskarteu längst vergangener Zeiten nur Stückwerk sind, daß jede Forschungsreise sie umwerfen kann. Wie groß ist aber auch die Freude des Sammlers, dem es vergönnt ist, solch einen frohen Fund zu machen, von dem er schon im fernen Land ohne Bücher und Abbildungen voraussieht, daß er neu sein, daß er die Wissenschaft ein gutes Stück vorwärts bringen wird. Der letzte Sonntag in Almaden war Packtag. Der Schreiner hatte uns sieben Kisten gebaut, und in diese wurden die Funde verstaut, sorgfältig getrennt nach Fundorten und Schichten, immer mit dem frohen Gedanken an das Auspacken in Frankfurt. Der Erholung sollten die letzten Tage dienen : Cordoba, Granada, Sevilla und auf dem Heimweg Paris haben uns allmählich wieder mit den Freuden der Zivilisation bekannt gemacht. Doch diese letzten Tage waren eigentlich keine geologische Reise mehr. Nur noch ein kurzer Abstecher brachte uns gerade mit dem Einsetzen der Regenzeit eine reiche Beute. Von Cordoba aus gings ins Innere des Landes, und das kleine Städtchen Cabra beherbergte uns eine Nacht. In einem alten maurischen Hause, mit leise rieselndem Brunnen im Hofe und mit leidlich sauberer Küche, konnte man sich nach Almaden schon wohl fühlen. Ob- 9* — 132 — wohl es am nächsten Tage in Strömen regnete, beschlossen wir, in die Berge zu fahren und an einem Fundort zu sammeln, der nach der Literatur Ammoniten und andere Versteinerungen der jüngsten Juraepoche bergen sollte. Zu unserer Freude weideten dort einige Ziegen, und die Hirten, kleine fixe Buben und Mädels, halfen uns fleißig sammeln. Wir hätten lange nicht so reichen Erfolg gehabt, wenn diese Hilfe nicht gewesen wäre. So konnten wir die ärgsten Regenschauer in einer kleinen Hütte abwarten, und immer wieder brachten die kleinen Gehilfen uns Hände voll Petrefakten, die sie mit ihren Spitzbubenaugen trotz der Nässe der Steine schnell gefunden hatten. So oft die Sonne wieder durchblitzte, sammelten wir gemeinsam, und als wir nach wenigen Stunden abzogen, hatten wir etwa 250 gute Ammonshörner der verschiedensten Arten und etwa 100 andere Versteinerungen gesammelt. Damit schloß die Geologie ab; unser braver Quin tin, der uns bis hierher begleitet hatte, fuhr in seine Heimat zurück, und wir reisten nach Granada, um über Sevilla, Madrid, Bordeaux und Paris die Heimfahrt anzutreten. Langsam gewöhnte sich unser Magen wieder an die Tatsache, daß es Butter gibt, daß sogar ein Mittagessen ohne conejo möglich ist, und langsam traten in der Erinnerung die erlebten Unbequemlichkeiten und kleinen Leiden vor der Freude über das Neue und Schöne zurück, das uns die Reise nach Spanien gebracht hatte. — 183 Die Diamanten Dentsch-Südwestafrikas. Mit 2 Abbildungen von Paul Prior. Von allen Mineralien erfreut sich der Diamant der all- gemeinsten Wertschätzung. Durch seine auffallende Erscheinung nötigt er auch dem mineralogisch gänzlich Unbewanderten be- sondere Beachtung ab, und selbst dem, der gar keinen Sinn für die seltenen Eigenschaften des prächtigen Steines hat, wird er durch seinen hohen Handelswert imponieren. Lebhaft interes- siert die materielle Wertschätzung dieses Steines bei dem Vor- kommen, von dem hier die Rede sein soll, da eine unserer Kolonien, deren Sandreichtum berüchtigt war, durch eben dieses Vorkommen zum Märchenland geworden ist, in dem man den kostbaren Stein nur aus dem Sande aufzulesen braucht. Wodurch ist nun eigentlich die Sonderstellung des Dia- manten berechtigt? Die Eigenschaft, die ihn vor allen anderen Steinen auszeichnet, ist seine Härte. Durch sie ist er den anderen Mineralien so überlegen, daß er trotz seines hohen Preises in der Bohrtechnik Verwendung findet. Der Karbonat, eine schwarze, zu Schmuck gänzlich untaugliche Varietät des Diamanten, erzielt sogar die höchsten Preise, da er den farb- losen Schmuckstein an Härte noch etwas übertrifft. Neben der Härte ist das Lie htbrechungs vermögen des Diamanten seine auffälligste Eigenschaft, die man durch kunstvollen Schliff zu besonderer Wirkung zu bringen gelernt hat. Für den Mine- ralogen nimmt der Diamant außerdem noch durch seine Sub- stanz an sich eine Sonderstellung ein. Er ist kristallisierter ^ 134 — Kohlenstoff; kein anderer Edelstein ist von so einfacher Zusammensetzung. Alle anderen Elemente, die als solche mine- ralisch vorkommen, können leicht als Kristalle dargestellt werden, in derselben Form, die wir auch in der Natur finden. Anders der Kohlenstoff, der so außerordentlich weit verbreitet ist, der als kohlensaure Salze viele Mineralien bildet und auch keinem einzigen organischen Gebilde mangelt. Ihn in Kristallform zu erhalten, ist bis jetzt nur in mikroskopisch kleinen Stückchen gelungen. Auch sein Vorkommen in der Natur als Diamant hat der Erklärung seines Ursprungs lange Zeit die größten Schwierigkeiten bereitet. Alle älteren Vorkommen des viel- begehrten Steines sind sogenannte Seifen, d. h. sekundäre Ab- lagerungen. Auch die ersten Diamantfunde in Südafrika im Jahre 1867 und die 1869 entdeckten Lagerstätten in dem Tal des Vaalflußes waren solche Seifen, sogenannte River-Diggings. Erst 1870 entdeckte man bei Kimberley und Jagersfontein pri- märe Lagerstätten, die Dry-Diggings, und nannte sie, nachdem ihr vulkanischer Ursprung erkannt worden war. Pipes (Röhren). Diese Lagerstätten sind von sehr verschiedener Mächtigkeit; sie bedingen auch eine veränderte Gewinnungsmethode, da sie sich mehr nach der Tiefe ausdehnen, während die sekundären Lager sich flach an der Oberfläche ausbreiten. In den Pipes sind die Diamanten in Blaugrund oder in Gelbgrund gebettet. Daher hat man auch in Südwestafrika, wo man schon lange gehofft hatte, ähnliche Diamantvorkommen zu entdecken, wie sie in den benachbarten Ländern abgebaut werden, vor allen Dingen nach Blaugrund gesucht. Bei Gibeon am großen Fisch- fluß, bei Berseba und. neuerdings auch bei Windhuk, im ganzen an etwa 15 Stellen, hat man in der Tat auch Blaugrund gefunden ; leider konnten in diesen Vorkommen aber noch keine Diamanten nachgewiesen werden. Auch in Südafrika enthalten nicht alle Pipes den Edelstein , und in den Pipes selbst sind die Dia- manten sehr ungleich verteilt. Die als reich geltenden de Beers- und Kimberley-Gruben enthalten etwa 55 Karat, andere, noch immer abbauwürdige Gruben nur etwa 14 Karat pro Tonne. Gegenüber den reichen Schätzen, welche die südafrika- nischen Diamantvorkommen bergen, ist die Bedeutung der an- deren Fundorte in den Hintergrund gedrängt worden. Ganz besonders günstig für das südafrikanische Vorkommen ist auch — 135 — der Umstand, daß die Pipes mehr große Steine enthalten als die Seifen. Die größten bis jetzt anfgefundenen Diamanten gehören ebenfalls diesem Vorkommen an, so der schwerste, der berühmte Gull in an (so benannt nach dem damaligen chairman der Premier Company). Er wurde am 25. Januar 1905 im „Yellow ground" 18 Fuß unter der Oberfläche der Premier Mine gefunden. Als Geschenk der Kolonie Transvaal in den Besitz des Königs von England gelangt, wurde der Cullinan in Amsterdam geschliffen und aus ihm mehrere Steine von großer Schönheit hergestellt, von denen zwei mit 5I6V2 und 309^/i6 Karat die größten existierenden geschliffenen Diamanten sind. Der rohe Stein wog 3024^/4 Karat oder ^/4 Pfund. Der zweitgrößte Stein, der Excelsior, mit einem Rohgewicht von 971^2 Karat ist in Jagersfontein ebenfalls in einer Pipe gefunden worden. Wie in Transvaal die Entdeckung der ersten Fundorte Zufälligkeiten zu verdanken ist, so war es auch in unserer Kolonie. Im Mai 1907 brachte ein „Cape-boy", der wohl schon früher Rohdiamanten gesehen hatte, den ersten Diamanten seinem Herren, dem Bahnmeister Stauch. Hierdurch aufmerksam geworden, entdeckte man bald, daß diese Steine dort gar nicht so selten sind, und es will uns heute fast unbegreiflich er- scheinen, daß die kleinen glitzernden Dinger nicht schon früher ent- deckt worden sind, wenn man bedenkt, daß ein Bahnbau mit den erforderlichen Erdarbeiten durch diese Gegend geführt worden ist. Selbstverständlich bemächtigte sich sehr bald der Bewohner von Lüderitzbucht das Diamantfieber, und so wurden in kurzer Zeit die kostbaren Steine durch emsige Nachforschungen an vielen Punkten der Kolonie gefunden. Wie dies bei derartigen Entdeckungen unvermeidlich ist, tauchte auch bald die wilde Spekulation auf. Indessen ergriff die Regierung zeitig genug die nötigen Maßnahmen, um derartige Auswüchse zu unter- drücken, so daß sich heute schon die Gewinnung und Ver- wertung der südwestafrikanischen Diamanten in ziemlich ge- ordneten Verhältnissen vollzieht und dem Lande hieraus ein beträchtlicher Nutzen erblühen wird. Die Erforschung der Lager- stätten auf wissenschaftlicher Grundlage hat ebenfalls eingesetzt, und verschiedene Versuche sind schon gemacht worden, die Vor- gänge zu erklären, denen diese Ablagerungen ihre Entstehung verdanken. — m — Die Schicht, in der Diamanten gefunden werden, ist ziemlich dünn, nur etwa 10 — 40 cm stark, und besteht aus einem Sande, dessen einzelne Kürner liauptsächlich Bandachat, Eisenkiesel, Jaspis, ferner Granat, Olivin und Magneteisen sind. Ungefähr 70°/o des Sandes bestehen aus Feinsand; der Rest ist ein Kies von etwa 2 — 6 mm Korngröße. Der Gehalt dieses Sandes an Diamanten ist recht verschieden und wohl noch nicht genau anzugeben, da es nicht erwiesen ist, wieviel Steine bei dem heutigen Gewinnungsverfahren ungewonnen bleiben. Das Gewicht der einzelnen Diamanten aus der Zeit der ersten Funde schwankte zwischen ^3 und Vs Karat ; jetzt hat man auch wesentlich größere Steine aufgelesen. So wurde am 11. November 1909 bei Bogenfels (27"^ 30" südlicher Breite) ein Diamant von über 17 Karat gefunden. Über die E n t s t e li u n g der deutsch-südwestafrikanischen Diamantlagerstätteu sind verschiedene Theorien aufgestellt worden. Nach Merenskis Ansicht liegt die ursprüngliche Lagerstätte der Diamanten in einem Gebiet von Mandeldiabas, das jetzt durch das Meer unseren Augen verborgen ist. Diese primäre Lagerstätte wurde in der Kreidezeit denudiert ; ihre Produkte wurden durch das Meer wegtransportiert und in ruhigerem Wasser wieder abgesetzt. Diese Kreideschichten, in denen der Diamant nur spärlich vorkommt, wurden seit der Hebung des Festlandes durch Regen und Wind zerstört, und durch den Wind wurde alsdann das Konzentrat geschaffen, das die jetzigen abbauwürdigen Lager darstellt. Andere Theorien führen den Ursprung der Diamanten teils auf Kimberlitvor- kommen in der Nähe ihrer jetzigen Fundstellen zurück; teils nehmen sie an, daß die Diamanten durch Flüsse aus dem Innern oder durch den Wind vom Süden fOranje River) hertransportiert seien. Lotz spricht die Ansicht aus: „Die Lüderitzbuchter Diamantvorkommen sind ältere, z. T. wieder durch den Wind aufbereitete und verlagerte Küsteubildungen. Die Verknüpfung der Diamanten mit den begleitenden Feinkiesen und die AchatgeröUe einer jüngei'en Strandterrasse lassen vielleicht Bezielmngen zum Stromgebiet des Oranje, also zu den Vaal- river-Diamanten zu, denen die Lüderitzbuchter Diamanten in ihrer Beschaffenheit und ihrem Begleitgestein außerordentlich ähneln." — 137 -- Die Ausdehnung- des Gebietes von Südwestafrika, auf das die bis jetzt gefundenen Diamantlager verteilt sind, ist recht beträchtlich; die nördlichsten und südlichsten Felder liegen etwa 450 km voneinander, die östlichsten Felder ungefähr 20 km von der Küste entfernt. Das Gebiet, in dem sich augenblicklich die Diamantgewinnung entwickelt hat, ist in dem wasserarmen Küstenstreifen gelegen, der unserer Kolonie bei vielen den Ruf vollkommenster Unfruchtbarkeit verschafft hat. Wenn hier nun auch tatsächlich große Armut an Trinkwasser herrscht, so ist doch überall die Möglichkeit zur Beschaffung von Brackwasser gegeben, das in geringer Tiefe unter der Oberfläche angetroffen wird. Dies ist von größter Wichtigkeit für den Abbau der Diamantfelder; denn ohne Wasser wäre die Aufbereitung des Sandes mit den größten Schwierigkeiten verknüpft. Dagegen erfüllt das Brackwasser für den technischen Betrieb der Diamant- aufbereitung vollständig seinen Zweck. Der Aufbereitungs- betrieb ist, wenigstens vorläufig noch, ein sehr primitiver. Der Sand wird gesiebt, um das feine Material von dem grob- körnigen, diamanthaltigeu zu trennen; das grobkörnige Material kommt sodann auf einfache Handsiebe. Durch wiederholtes stoßweises Eintauchen der Siebe in Wasser wird ein Stauchen des aufliegenden Sandes bewirkt und hierdurch eine sogenannte Setzwirkung erzeugt. Durch das Setzen werden die spezifisch schwereren Körner nach unten gebracht, d. h. es sammeln sich Diamant (spezifisches Gewicht 3,5), Granat (spez. Gew. 3,4—4,3), Olivin (spez. Gew. 3,2 — 3,5) und Magneteisen (spez. Gew. 4,9—5,2) unten auf dem Siebe an, während sich die übrigen Bestandteile des Sandes, die verschiedenen Quarzvarietäten (spez. Gew. 2,7) darüber lagern. Die Siebe werden alsdann auf einen Tisch umgestürzt, so daß die nach unten gesetzten Mineralien oben aufzu- liegen kommen. Der rote Granat, der schwarze Magnetit und der grüne Olivin bilden eine Schicht, die sich durch ihre lebhafte Färbung scharf abhebt und als Herz bezeichnet wird. In diesem Herz finden sich auch die Diamanten, die dann mit der Hand ausgelesen werden. Die Prozedur des Setzeus und Auslesens wird mit dem Herz so oft wiederholt, bis keine Diamanten mehr in dem Material gefunden werden. Bei der Einfachheit des ganzen Verfahrens läßt es sich natürlich nicht vermeiden, daß noch einzelne Diamanten — 1B8 — in den Abgängen verbleiben und so der Gewinnung entgehen; jedoch erleichtert der außerordentliche Glanz der Steine die Auslese ungemein. Eine der beigegebenen Abbildungen (Fig. 1) zeigt einen Tisch mit dem aufgeschichteten Siebinhalt während der Auslese der Diamanten, die andere Abbildung (Fig. 2) ein Diamantfeld bei Kolmanskop; die darauf ersichtlichen Sandhaufen sind durch den Abbau entstanden. In der mineralogischen Fitf. 1. Auslese der Diamanten. Schau Sammlung unseres Museums sind südwestafrikanische Diamanten sowohl in dem Originalsande liegend, als auch im Herz des abgesiebten und gesetzten Sandes ausgestellt, wie sie sich bei der Arbeit des Auslesens zeigen. Ein unliebsamer Verlust, dessen Vermeidung bei der Diamantengewinnung stets besondere Beachtung gefunden hat, ist der durch Betrug entstehende. Die Art des Vorkommens und der Gewinnungseinrichtungen in Deutsch - Südwest be- günstigen natürlich Unterschlagungen in hohem Maße. Des- — 139 — halb ist eine strenge Aufsicht des Diamantenhandels in Kraft getreten, die wohl manchem unbequem erscheint, aber bei den örtlichen Verhältnissen unbedingt erforderlich ist. In den südafrikanischen Diamantgruben, die man ganz anders ab- schließen kann wie die offenen Sandfelder Südwestafrikas , hat man mit großem Erfolg das „compound system" eingeführt. Bei diesem System verpflichten sich die Arbeiter auf drei Monate Fig. 2. Diamantfeld bei Kolmanskop. dem Grubenunternehmer. Während dieser Zeit leben sie voll- ständig von dem Verkehr mit der Außenwelt abgeschnitten in den zur Grube gehörigen Gebäulichkeiten und erhalten dort Kleidung und Nahrung geliefert. Wird der Kontrakt nach Ablauf von drei Monaten nicht erneuert, so werden die Arbeiter vor ihrer Entlassung einer peinlich genauen körperlichen Unter- suchung unterworfen. Daß von jeher alle erdenkliche List auf- geboten wurde, um unrechtmäßig erworbene Steine in Sicher- heit zu bringen, ist verständlich, und interessant ist es, auf welche Schliche manche Schmuggler verfallen sind. So waren — 140 — 1888 die Polizisten eiuem Kaffer auf den Fersen, der im Ver- dacht des Eidibi (Idb = illicit diamond buying) stand. Der ver- folgte Kaffer schoß plötzlich einen seiner Ochsen nieder. Er hatte statt der Kugel Diamanten im Gewehrlauf, die er seinem Ochsen in den Leib jagte, um sie später wiederfinden zu können. Die Steine, die auf den südwestafrikanischen Feldern ge- funden werden, sind im Durchschnitt von guter Qualität. Die meisten Stücke sind klar und von heller Farbe; gelbliche, rötliche, grünliche und bräunliche Kristalle treten auf, daneben aber auch in beträchtlicher Menge schöne farblose Stücke, Ihre Kristallformeu sind die bekannten, in denen der Diamant auch an seinen anderen Fundorten auftritt. In Bezug auf die Menge der Steine, die von den verschiedenen Fundorten in Deutsch- Südwestafrika zu erwarten sein wird, gehen die Schätzungen weit auseinander. Eine einigermaßen zutreffende Schätzung dürfte auch noch kaum möglich sein ; daß wir es aber mit sehr beträchtlichen Mengen zu tun haben, ist wohl sicher. Die Produktion der ersten Monate hat folgende Zahlen erreicht: von der ersten Entdeckung bis September 1908 : 2720 Karat, September 6644, Oktober 8621, November 10228 und Dezember 11549 Karat. Im Jahre 1909 trat die Diamantenregie in Kraft, die seit März regelmäßig die Produktion nach Europa verschickt und zwar ungefähr 36000 Karat in jedem Monat. Um diesen Zahlen gegenüber einen Maßstab zu geben, wieviel Diamanten überhaupt in den Handel kommen, sei er- wähnt, daß 1907 Südafrika allein rund eine Tonne (5002962 Karat) gefördert hat. Nach den Angaben von Reunert, Bergeat und der De Beers-Gesellschaft sind aus den Kimberley-Gruben seit 1870 ungefähr 90347 750 kg Diamanten im Werte von 2644 553 400 M. gefördert worden. Trotz dieser großen Mengen ist der Preis der Diamanten gestiegen, und zwar betrug nach George F. Kunz der Wert eines Karats im Mittel des Gesamt- exportes und Gesamterlöses: 1893 M. 26.— 1898 M. 26.50 1903 M. 43.— 1894 ,. 24.— 1899 „ 28.3U 1904 „ 39.95 1895 , 25.5U 1900 „ 33,15 1905 „ 40.90 1896 „ 26.75 1901 „ 36.90 1906 „ 43.— 1897 „ 26.90 1902 „ 41.95 1907 „ 44.75 — 141 — Die Produktion au deutscli-südvvestafrikanischeu üiamanteu ist gegenüber der Aufnahmefähigkeit des Weltmarktes nicht so groß, daß sie einen ungünstigen Einfluß auf den Preis erlangen wird. An dem Erfolg dieser Industrie hat der Staat ein großes Interesse: er erhält ein Drittel des Wertes als Ab- gabe, was bei der jetzigen Produktion bereits eine Einnahme von mehreren Millionen im Jahre bedeutet. Auch verursacht die einfache Art der Diaraantgewinnung in Deutsch-Südwest- afrika so niedere Gestehungskosten, daß aus den Funden ein außerordentlich großer Nutzen für unsere Kolonie zu erwarten ist. 142 — Anton Dolirn und die Zoologische Station zu Neapel. Von F. W. Winter. Am 4. Oktober vorigen Jahres hat die Seuckenbergische Naturforschende Gesellschaft den Lorbeerkranz an der Bahre eines Forschers niedergelegt, der seit 9. April 1892, dem 75. Jubiläumsjahr der Gesellschaft, zu unseren korrespondierenden Mitgliedern zählte. An der Stätte seines ersten Wirkens in Jena, wie es Anton Do hm gewünscht hatte, fand die erhabene Totenfeier statt. Obwohl in vierzigjähriger Arbeit das sonnige Italien ihm ein zweites Vaterland geworden schien, war Do hm doch ein deutscher Geist geblieben. Zahlreiche Forscher Deutschlands und des Auslandes waren hier in Jena zusammengekommen, um dem Manne, dem die gesamte Naturwissenschaft so unendlichen Dank schuldet, eine letzte Stunde zu widmen. Anton Dohrn und die Zoologische Station in Neapel sind eine Einheit. — Eine kurze Schilderung seines Lebens bis zur Gründung seiner Station mag vorausgehen. Anton Dohrn wurde am 29. Dezember 1840 in Stettin geboren. Sein Vater, Karl August Dohrn, war Doktor der Kechte, ein Manu von ungewöhnlicher Vielseitigkeit in Wissen- schaft und schönen Künsten, namentlich Musik, ein begeisterter Anhänger Goethes, der mit Vorliebe spanische Dramen C al- der ons und schwedische Lieder ins Deutsche übersetzte, ein anerkannter Entomolog, der selbst eine entomologische Zeitschrift gegründet und sie redigiert hat. Auf seinen vielen Reisen lernte — 143 — Karl August D o h rn Italien mit seiner Fülle von Eindrücken einer gewaltigen Geschichte kennen und bewundern. Diese reiche Atmosphäre war die geistige Keimstätte, in der Anton Dohrn groß wurde, das geistige Protoplasma, wo die Begeisterung für die Welt der Gedanken erwuchs, das Bedürfnis groß wurde, den Punkt zu finden, wo Wollen und Handeln dem Denken zu Hilfe kommen können, wie Anton Dohrn selbst erzählt. Es folgten die Studienjahre an den Universitäten Königs- berg, Bonn, Jena und Berlin, wo Dohrn 1865 die Doktorats- prüfuug mit einer Arbeit über die Entwickelung des Insekteu- flügels ablegte. Es ist verständlich, daß seine ersten Forschungen das Gebiet der Arthropoden betrafen, von denen ja ein kleiner Teil die väterliche Domäne bildete. Mit einer Embryologie der Arthropoden habilitierte sich Anton Dohrn 1868 als Privat- dozent in Jena. Bei seinen entwickeluugsgeschichtlichen Unter- suchungen hatte Dohrn bald herausgefunden, daß ohne Heran- ziehen der Beobachtungen an Jugendformen auf ein Eindringen in die Probleme des Aufbaues der Organismen nicht zu rechnen sei. Zum Studium der lebenden Jugendformen begab sich Anton Dohrn nach einer kleinen Exkursion an verschiedenen Küsten Westeuropas im Herbst 1868 nach Messina, dem Mekka der deutschen Privatdozenten, wie die Italiener scherzend sagten, wo seit Lazzaro Spalanzanis Zeiten 1787 wiederholt zahl- reiche Naturforscher den faunistischen Reichtum des Siziliauischen Meeres gerühmt hatten. Hier vertiefte sich Dohrn in das Studium der Entwickelung der Krustazeen und knüpfte vielfache Beziehungen zu anderen Gelehiteu an ; hier wurde auch der Keim zu mancher tiefen Freundschaft gelegt, die sich später bewähren sollte. Bis Frühjahr 1869 verweilte Dohrn an der Messinesischeu Straße, und nachdem er einmal erkannt hatte, welche Fülle von Problemen das intensive Studium der marinen Organismen nach sich zog, trug er sich mit dem Gedanken, hier ein zoologisches Laboratorium zu errichten. Solche Unternehmungen waren schon früher in kleinen Anfängen verschiedentlich augebahnt worden, und heute noch steht in Portovenere an der Halbinsel bei La Spezia das Haus Spalanzanis, das einst ein kleines Laboratorium des italienischen Forschers enthielt, die älteste zoologische Station. Auch Carl Vogt hatte schon in den sechziger Jahren die Absicht, ein großes zoologisches Laboratorium an dem herrlichen — 144 — PiiDkt Miramare in der nördlichen Adria zu errichten; die eingeleiteten Verhandluugeu mit dem damaligen Kaiser von Österreich zerschlugen sich indessen. Verschiedene Buchten der westitalienischen Küste wurden von Anton Dohrn auf seiner Rückreise besucht; der Aufent- halt in Deutschland mit seinen jungen Freunden und Anhängern und nicht zum wenigsten mit seinem Vater bot reichlich Ge- legenheit über die tief empfundenen Eindrücke sich auszu- sprechen. Und nachdem Dohrn in Hamburg und Berlin die Seewasseraquarien besichtigt hatte, kam ihm eines Tages, — er erzählt es selbst — als er im Februar 1870 in der Post- kutsche von Apolda nach Jena fuhr, der Gedanke, eine marine zoologische Arbeitsstätte, verbunden mit einem Schauaquarium für Forscher und Publikum, an Italiens Küste zu errichten. Eins jener großen Produkte einer Zeit, in der die Wogen der geistigen Hochflut bei uns besonders brandeten und die deutschen Heere siegreich gegen Westen vordrangen. Für die Stätte hatte sich Anton Dohrn auf Grund von Informationen und eigener Erfahrung bald entschieden : es sollte der herrlichste Punkt an dem faunistisch reichen Golf der Bella Napoli sein. Hier beginnt Anton Dohrns großes Lebenswerk. Die Art und Weise, wie er seine großen Pläne zielbewußt verfolgte, seine ungewöhnliche Energie, sowie die diplomatischen B'ähigkeiten, ohne die es ihm oft nicht möglich gewesen wäre, vorwärts zu kommen, dies alles zwingt uns hohe Bewunderung ab. Es ist leicht zu verstehen, daß das Munizip in Neapel keineswegs geneigt war, Anton Dohrn für seine Wünsche, die mau zunächst nicht verstand, die Mitte des herrlichen Parkes der Villa Reale zu überlassen mit dem prächtigsten Ausblick nach Süden auf den Golf, nach Westen auf den Posilipp, nach Osten auf die Silhouette des Vesuvs ; eine Stätte, an der die vor- nehme Welt Neapels allabendlich bei untergehender Sonne ihren Korso abhielt. Mancher seiner Freunde und Verehrer stand damals mißtrauisch und kopfschüttelnd beiseite, und es bedurfte der Überwindung vieler Widerwärtigkeiten und des Einflusses erst zu gewinnender Freunde, um Munizip und Regierung von der hohen Bedeutung seiner vornehmen Aufgabe zu überzeugen und den ersten Vertragsabschluß durchzusetzen, nach welchem das — 145 — Eigentumsrecht der zu erbauenden Station auf die Stadt überging und das Nutznießuugsrecht für 30 Jahre Anton Dohrn bleiben sollte. In den ersten Apriltagen 1872 konnte der Grundstein zu dem Monumentalbau der Stazione Zoologica gelegt werden. Von vornherein war sich Dohrn darüber klar, daß eine Stätte, lediglich wissenschaftlicher Forschung dienend, ganz außer- ordentlicher Mittel bedurfte; er verknüpfte deshalb die rein wissen- schaftliche Arbeitsstätte mit dem öffentlichen Schauaquarium. Die Einnahmen aus den Aquarien sollten einen Teil der Kosten des wissenschaftlichen Betriebs decken. Dieser Umstand mußte bei der Auswahl des Platzes berücksichtigt werden. Freilich verlangte die Stadt dagegen hier ein monumentales Gebäude, so daß die Kosten über die ursprünglich vorgesehenen weit hinausgingen. Aber Anton Dohrn hatte keineswegs die Absicht, sein Unter- nehmen auf beschränkter Basis aufzubauen ; er hatte die Not- wendigkeit, entsprechend dem Bedürfnis, der Naturwissenschaft eine Stätte intensivster Forschungsmöglichkeit zu schaffen, erkannt und hat dieser großen Forderung, getreu seinem wissenschaftlichen Denken, Rechnung getragen. Dies war die hohe Aufgabe, die er sich gestellt hatte! So entstand der vor- nehm-einfache, majestätische Bau mit einem Kostenaufwand für Bau und innere Einrichtung von 369136,11 Frs. (I. Jahresbericht der Zoologischen Station 1876). Im September 1873 konnte der erste Forscher, der jetzige Geheimrat Waldeyer in Berlin, seine Tätigkeit beginnen; die Aquarien wurden gerade eingerichtet. Als zweiter folgte von Februar bis Juni 1874 Francis Balfour. Der Zuzug zu der Station war überraschend ; 1874 arbeiteten bereits 30 Biologen verschiedenster Nationalität an dem neuen Institut. Das Aquarium ergab schon im ersten Jahre seiner Eröffuung eine Einnahme von mehr als 20000 Frs. Um das Interesse für die Station zu wecken und ihre Einnahmen zu vermehren , ver- schickte man schon frühzeitig konserviertes Material. In der ersten Versandliste finden wir eine uns angehende Notiz; am 2. April 1873 steht an zwölfter Stelle die Bemerkung „Senckenbergisches Museum Frankfurt a. M. alle Klassen", eine Bemerkung, die sich am 2. Juni 1875 wiederholt. Die so prächtig angelegte Aufgabe wuchs indessen unter der Hand dergestalt riesenhaft, daß die Einnahmen des Aqua- 10 — 146 — liums ducli nur einen kleinen Teil der Unterhaltungskosten des großen Unternehmens deckten. Um die notwendigen pe- kuniären Mittel für die Aufrechterhaltung des wissenschaftlichen Betriebs der Station zu erlangen, griff Anton Do hm zur weiteren Ausgestaltung seiner schon früher angebahnten Wege, der Vermehrung der jährlichen Subventionen durch erhöhte Vergebung von Arbeitsplätzen an die verschiedenen europäischen Regierungen. Das Bedürfnis nach Erlangung eines Arbeitstisches machte sich mehr und mehr bemerklich, und so verdoppelten die italienische und die deutsche Regierung bald ihre gemieteten Tische. Bayern, Württemberg, Baden, Hessen-Darmstadt und Hamburg, das Kgl. Sächsische Hausministeriuni, die holländische Regierung, die Universitäten Cambridge und Straßburg, die British Association, die Berliner Akademie der Wissenschaften, sie alle hatte Anton Do hm nach und nach dauernd oder vorübergehend für sich gewonnen. 1877 betrug die Zahl der jährlich gemieteten Arbeitstische 26, und da ein großer Teil der Inhaber den Tisch mit M. 1500 jährlich zahlte, so wurden die Einnahmen wesentlich erhöht. Seit dieser Zeit ist ihre Zahl ständig gewachsen. Aber das große Unternehmen verschlang doch zu reichlich Mittel durch die vielen Bedarfsartikel an Reagenzien und Instrumenten, die in liberalster Weise zum Arbeiten seitens der Station gestellt werden, durch die zahlreichen Beamten, durch die Bibliothek, welche die Arbeitsmöglichkeit wesentlich erleichterte, aber um- somehr pekuniäre Lasten brachten, und so wies das Budget des Institutes oft ein Defizit auf, obgleich Dohrn in uneigennützigster Weise seine eigenen Mittel weiter und weiter hereinzog und auch seine Gemahlin „lieber die Tische der Gelehrten gut gedeckt wünschte, als den häuslichen". So war es in den ersten Jahren oft ein heißes Ringen um die Existenz von Anton D 0 h r n s großartiger Schöpfung. Und Männer wie Helmholtz, Du Bois-Reymond, nicht zum wenigsten Charles Darwin, Werner und William Siemens, Karl Ernst von Baer, Huxley, Francis Balfour, Carl Theodor von Siebold, Carl Vogt, Carl Ludwig, Theodor Billroth und viele andere Freunde Dohrns machten ihren Einfluß zur Förderung des Unternehmens geltend. Mit besonderem Interesse nahmen regen, wohlwollenden Anteil an — 147 — dem Gedeiheu der zoologischen Station der König nud die Königin von Italien, viele Fürsten, sowie drei den t sehe Kaiser. Und Kaiser Wilhelm I. hat wiederholt in kritischen Zeiten aus seiner Tasche große Zuwendungen gemacht. Bald konnte Anton Dohrn einen Wunsch in Erfüllung bringen, der für die Be- wegungsfreiheit auf dem Golf und zum Einbringen von reich- lichem Tiermaterial von großer Wichtigkeit war, und für den er immer mit unermüdlichem Eifer gearbeitet hatte: die Anschafiung eines für die Spezialzwecke der Fischerei eingerichteten Dampfers. Infolge einer Eingabe au die Akademie der Wissenschaften zu Berlin und mit Unterstützung des Unterrichtsministeriums wurden Anton Dohrn endlich die Mittel zur Beschaffung eines solchen zur Verfügung gestellt. Am 21. Mai 1877 langte der nach Dohrn s besonderen Angaben auf der Thornj^croft- Werft in London gebaute Stahldampfer „Johannes Müller" wohlbehalten in Neapel an. Gleichzeitig mit diesem äußeren, für die Station nach verschiedenen Richtungen großen Vorteil konnte Dohrn in seinem zweiten Bericht über die Station (1876 — 1878) einen weiteren, wichtigen Erfolg verzeichnen: die Verlängerung des Vertrags mit der Stadt Neapel auf 90 Jahre. Langsam aber stetig schritt so Anton Dohrn von Erfolg zu Erfolg, beständig bestrebt, den Wirkungskreis der Station zu größerer Leistungsfähigkeit zu erweitern und die Mittel hierzu zu erlangen. Die wiederholten Gesuche an die deutsche Regierung um Zuschüsse zu den Betriebskosten der zoologischen Station führten endlich zum Ziel. Das Auswärtige Amt ordnete eine Unter- suchung der Station seitens des kaiserlichen Botschafters in Rom au und stellte auf dessen Bericht hin weitere Mittel zur Verfügung. Dieses Gutachten war aber von noch größerer Be- deutung, als nämlich jene Petition der Professoren Helmholtz, VirchowundDu Bois-Rey mond, begleitet von den Worten „es hat die Zoologische Station in Neapel die Wissenschaften vom tierischen Leben in ein neues Stadium der Entwickelung empor- gehoben," an die deutsche Reichsregierung ging, mit der Forderung, der Zoologischen Station in Neapel einen jährlichen Zuschuß von M. 30000— zu gewähren. Diese Petition, eine Auszeichnung, die der Station gewissermaßen „ein Ritterschlag" war, fand, unterstützt vom Fürsten Otto von Bismarck, wohlwollende 10* — 148 — Aufnahme bei der Aufstellung des Reichshauslialtsetats 1879. Der jährliche Zuschuß wurde später auf M. 40000 — eihöht. Wenn auch trotz der neuen Einnahme die Station anfangs noch wegen Begleichung alter Verpflichtungen immerhin äußerst sparsam wirtschaften mußte, so trat sie doch frühzeitig „als Zentralgebiet für die biologische Erforschung des Mittelmeeres" als publizierendes Institut in eine neue Aera ein. Ein Zentral- organ, als Sammelstelle der Literatur, in Gestalt des Zoologischen Jahresberichts, übernahm bereitwilligst Victor Car us, bis ihn 1882 Paul Mayer in der Redaktion ablöste. Um öffentlich Rechenschaft abzulegen — wie es Anton Dohrn immer gehalten hatte — über das, was geleistet und erreicht wurde, dazu sollten zwei nebeneinander herlaufende Zeitschriften dienen. Gestreng dem gestellten Programm sollte in umfassender Weise zusammengetragen werden, was auch immer „zum Feststellen und Begreifen des organischen Lebens im Mittelmeer dienen kann." Anton Dohrn legte sein Unternehmen auf großer Basis in großen Zügen an. Unter dem Titel „Fauna und Flora des Golfes von Neapel und der angrenzenden Meeresabsclinitte" werden kleinere Gruppen monographisch bearbeitet in vorbildlicher Weise und so erschöpfend als irgend möglich, ferner mit Illu- strationen versehen, die aufs sorgfältigste dem Leben in den Aquarien abgelauscht sind, so daß bis zu einem gewissen Grade das konservierte Objekt entbehrt werden kann. Ein naturwissen- schaftliches Inventar für ein bestimmtes Gebiet ist hier in groß- artiger Weise angelegt und wird so zusammengetragen. Eine der ersten Monographien ist diejenige Anton Dohrns über Pycno- goniden. Neben dieser Publikationsreihe, die bis jetzt 32 Mono- graphien aufweist, auf deren Besitz die Bibliotheken mit be- rechtigtem Stolz blicken, gehen die ,. Mitteilungen" einher, die zugleich ein Repertorium für Mittelmeei'kunde darstellen. Sie sollten kleinere Arbeiten und Ergebnisse bringen, wie sie in einem solchen Großbetrieb wissenschaftlicher Tätigkeit in Fülle abfallen; eine Sammelstelle sollte solchen Arbeiten geboten sein. Heute zeigen die Mitteilungen die stattliche Reihe von 19 Bänden mit Arbeiten von hoher wissenschaftlicher Bedeutung. Daneben enthalten sie die Jahresberichte über die geschichtliche Eut- wickelung, das allmähliche Werden der Station, von dem Leiter — 149 — selbst geschrieben. Sie reden eine schöne Sprache von der reichen Gedankenwelt des Verfassers und seinen besten Absichten für die Forscher und ihre Wissenschaft, aber auch von dem heißen, nie verzagenden Ringen nach den gesteckten Zielen. Als Krone zieren die „Mitteilungen^ jene Ergebnisse eines vornehmen Gebietes der Forschung, das sich Anton Dohrn an der wissenschaftlichen Zentrale am Mittelmeer selbst vorbehielt, seine „Studien zur Ur- geschichte des Wirbeltierkörpers" . Einen gewissen Vorläufer haben diese Studien in Anton Dohrn s „genealogischen Skizzen", „Der Ursprung der Wirbeltiere und das Princip des Funktions- wechsels", 1875. In 25 Einzeluntersuchungen, die zusammen einige Bände der Mitteilungen repräsentieren, erstrecken sie sich vom 3. bis 18. Band derselben von 1882 bis 1908, an sich die umfassende Lebensarbeit eines tiefen, großen Forschers dar- stellend. Die histogenetischen Probleme des Kopfes und Aufbaus der Spinalnerven, die Metamerie des Kopfes und die Neuromerie des Gehirns werden an hunderttausenden von Schnitten der Embryonen von Haien und Rochen entwickelungsgeschichtlich behandelt. Es kann nicht im Bereich der hier gespannten Grenzen liegen, in die Forschungen Anton Do h ms in der stillen Stube einzutreten gegenüber der im Vordergrunde stehenden, impulsiven Tätigkeit nach außen zu Gunsten der Station und ihrer welt- umfassenden Bedeutung. Es mag genügen, zu betonen, daß die Ergebnisse seiner Forschung grundlegende sind für alle Zeiten, berufen, für die Entstehung, sowie den Bau des Kopfes des höheren Wirbeltiers in fundamentaler Weise aufklärend zu wirken. Es spricht für die Größe Anton Dohrns, daß er auch in der Beschränkung sich als Meister zeigte und beharrlich mehr als 30 Jahre lang sich in ein Gebiet und das schwierigste ver- tiefte, das, eng begrenzt, um so intensiver bepflügt wurde. Nach Ende der 80er Jahre ging die Zoologische Station schnell immer größerer Blüte entgegen. Die zahlreichen Publi- kationen, die Erweiterung der Regierungsverträge zur Vermehrung der Arbeitstische, der gesteigerte Versand des konservierten Materials, das technisch höchst vollendet war und für die Schau- sammlungeu vieler Museen diente, dies alles sprach dafür, daß eine geniale Anlage, glänzend geleitet, sich glänzend bewährt hatte. Im ersten Jahrzehnt der Stationstätigkeit hatte sich die ^ 150 — Zahl der Forscher, die in den Mauern des Instituts gearbeitet hatten, auf nahezu 300 belaufen. Von Jahr zu Jahr nahm sie zu, und bald machte sich der Platzmangel geltend. Auch der Ausspruch Dohrns, den er 1872 in den preußischen Jahr- büchern in freudiger Hoffnung niedergelegt: die Zoologische Station in Neapel mache hoffentlich den ermutigenden Anfang zur Herstellung eines Netzes zoologischer Stationen über die ganze Erde, ist berechtigt gewesen: wir zählen heute an marinen Stationen über fünfzig, die über dem ganzen Erdball verteilt sind. In den Jahren 1886 bis 1892 geschahen die ersten großen baulichen Erweiterungen in der Station, durch Höherlegung des Daches und durch Errichtung eines zweiten Gebäudes neben dem ersten. Ganz anders wie vor 15 Jahren stellten Stadt und Regierung bereitwilligst einen Platz von 400 qm für einen Bau im gleichen Stil zur Verfügung und unterstützten das Zustande- kommen durch erhebliche Mittel. Hatte die Tätigkeit der Station sich bis dahin mehr auf den Gebieten der Morphologie und der Biologie bewegt, so konnte nunmehr die Erforschung des feineren Baues der tierischen Zelle und ihrer Funktionen mehr in den Kreis der Betrachtung gezogen werden, durch erhöhte Heranziehung der Phj'siologie und der physiologischen Chemie in den eigens dazu eingerichten Laboratorien. Zugleich wurde auch der Botanik eine selbständige Institutsabteilung eingeräumt. Am 14. April 1897 konnte die Zoologische Station zu Neapel das 25 jährige Jubiläum ihres Bestehens feiern. Die Feier gestaltete sich zu einem B'est, an welchem die Kulturvölker aller Nationen, Männer in den höchsten Stellungen, hohe Staats- beamte und gekrönte Häupter warmen Anteil nahmen. Ein Beweis von dem hohen wissenschaftlichen Wert und der Be- deutung, welche die Station als internationales geistiges Band um die verschiedenen Völker schlingt, konnte nicht geeigneter erbracht werden, als durch eine mit begeisterten Begrüßungs- worten eingeleitete Adresse an den Leiter der Zoologischen Station. Mehr als 1900 Namen von Gelehrten und wissenschaft- lichen Korporationen aller Länder waren unterzeichnet. In feiernden Worten sprachen Vertreter der Wissenschaften und der Regierung Anton Do hm ihre Anerkennung und ihren Dank aus für die Großtat, die er in ernster Arbeit in einem Vierteljahrhundert zustande gebracht hat. — 151 -- Ira Jahre 1906 konnte der dritte Bau der Zoologischen Station auf der Ostseite des ersten Gebäudes im gleichen Stil wie die früheren bezogen werden. Das neue Gebäude besitzt Arbeitsräume für physiologische Zwecke im großen Stil. Die Resultate, die aus diesem Zweig des Unternehmens einst hervor- gehen werden, lassen sich heute nicht übersehen; aber der Stab von Gelehrten unter Leitung seines dritten Sohnes, Rein- hard Dohrn, die alle bestrebt sind, den Manen Anton Dohrns getreu in dessen Sinne und Geiste weiter zu arbeiten, lassen mit freudiger Zuversicht erwarten, daß die so aufsteigende Ent- wickelung eine ununterbrochene bleibt. Wollte man die Frage aufwerfen, welche Bedeutung hat die Zoologische Station gehabt, so können wir keine andere Antwort darauf geben, als die : es gibt kein biologisches Gebiet, das nicht durch die Arbeiten der Zoologischen Station in einer nicht abzuschätzenden Weise gefördert wurde. Wir Deutsche aber sind stolz darauf, daß Anton Dohrn ein deutscher Forscher gewesen und daß seine internationale Großtat eine deutsche ist. — 152 — Ludwig Becker geb. 4. I. 1837 zu Darmstadt, gest. 22. XI. 1909 zuWandsbek. Von Friedrich Kinkelin. Ludwig Becker war nicht etwa durch die korrespon- dierende Mitgliedschaft nur lose mit unserer Gesellschaft ver- bunden ; er ist ein t a t k r ä f t i g e r F ü r d e r e r unseres Museums gewesen und hat durch eigene Sammeltätigkeit in den ver- schiedenen Gegenden Deutschlands, wohin er als Bauleiter berufen war, mit größtem Eifer und Erfolg au der Vervollständigung unserer geologisch-paläontologischen Sammlung mitgearbeitet. Das Andenken des tüchtigen und jovialen Mannes, der uns älteren ein lieber, treuer Freund gewesen ist, soll unvergessen bleiben ! Vorbildlich möge sein verdienstlichesWir ken allen Frankfurtern sein, denen Beruf oder Erholungsreisen die Möglichkeit zum Sammeln gewähren, die das Geschick hinaus- führt in fremde Ländei' und Zonen, wo sich ihnen reiche Ge- legenheit bietet, durch eigene Sammeltätigkeit der Wissenschaft zu dienen und unserem Museum zu nützenl Nach Absülvierung der Technischen Schule seiner Vater- stadt war Becker zunächst beim Bau der Hessischen Ludwigs- bahn Frankfurt -Mainz -Darmstadt beschäftigt und leitete als Sektionsingenieur den Bau der Strecke Bingen-Alzey. Später baute er als führender Ingenieur bayerische Bahnen. Im Jahre 1872 wurde er als Direktor der Internationalen Baugesellschaft nach Frankfurt berufen. 1877 trat er unserer Gesellschaft bei und wurde bereits im folgenden Jahre zum arbeitenden Mit- glied ernannt. In dieser Eigenschaft war er uns nicht — 153 — nur als Berater in baulichen Angelegenheiten recht nützlich; er brachte auch auf vielen sonntäglichen Exkursionen, die wir gemeinsam unternommen haben, den diluvialen Bildungen unserer Landschaft großes Interesse entgegen und führte dem Museum aus hiesigen Baugruben manche Säugetierreste von hohem Lokal- wert zu. Infolge seiner Übersiedelung nach Hamburg trat Becker 1885 in die Reihe der korrespondierenden Mitglieder über. Er betätigte aber nach wie vor seine treue Anhänglich- keit an unser Museum durch reiche und wertvolle Zuwendungen aus den verschiedenen Stätten seiner beruflichen Wirksamkeit. 1885 — 1889 baute er den Barkenhafen mit Zollanschluß und die großen Lagerhäuser am Haupthafeu in Hamburg ; 1889 — 1893 führte er beim Bau des Nord- Ostsee-Kanals die Strecke Levensau- Achterwehr aus. Von dort aus sandte er reichliche Auf Samm- lungen von interessanten Fossilien aus den glazialen Schutt- anhäufungen unserem Museum. In den Jahren 1893 — 1896 führte er die Kanalisation der Fulda mit sieben Schleusen aus und wurde hierfür dekoriert. 1896 ging Becker im Auftrag der Deutschen Bank (South African Contracting Association) in Berlin als Direktor für alle von letzterer geplanten, weitausschauenden Unternehmungen nach Südafrika. Durch Trazierung von Eisenbahnen und die Ermittelung von Bezugsquellen für die notwendigen Baumaterialien war er veranlaßt, weite Reisen ins Innere des Landes zu unter- nehmen. Doch bald machte der Ausbruch des Burenkriegs dem großzügig augelegten Unternehmen, das aus Hoch- und Tief bauten bestehen sollte, ein jähes Ende und damit auch dem von uns geplanten Samraelu südafrikanischer Fossilien und Gesteine. Während der gezwungenen Muße in Johannisburg wandte Becker sein Interesse dem Studium eines bedeutsamen Problems — der Ermittelung der Ursache von Ebbe und Flut — zu und setzte nach Hamburg zurückgekehrt, wo er in den letzten Jahren als Aufsichtsrat bei der Leitung des Erweiteriings- und Neu- baues der Lübecker Maschinenfabrik tätig war, diese Studien fort. Das Resultat derselben, seine Gezeiten theorie, hat er am 14. März 1906 im Naturwissenschaftlichen Verein zu Hamburg vor die Öffentlichkeit gebracht (Verhandlungen d. Natur- wiss. Vereins, Hamburg, 1906, S. LX— LXIV). — 154 — Hiernach sind kosmische Verhältnisse von keinem Einfluß auf den Verlauf der Gezeiten ; vielmehr ist es die Revolution der Erde um die Sonne, deren Einfluß, durch die Rotation der Erde um ihre Polachse bald vermehrt, bald verringert, Ebbe und Flut bedingen soll. Auch die topographische Gestaltung von Meeresufer und Meeresboden scheinen von Bedeutung zu sein. Leider hat Becker die ausführliche Abhandlung über seine Gezeitentheorie wohl zum größten Teil, aber nicht ganz druckfertig zum Abschluß gebracht. Sein Manuskript ist der Kaiserl. Seewarte in Hamburg übergeben worden. — 155 Besprecliuiigen. I. Neue Veröffeutliclmugeu der Gesellschaft. Abliandlungeu der Senckenbergischen Natiirforschendeu Ge- sellschaft in Frankfurt a. M. Band 31, Heft 1, Seite 1 — 19. „Riechball nen, Septum und Thalamus bei Didelplm marmpialis'- von Dr. Paul Roth ig. Mit 2 Tafeln und 12 Abbildungen im Text (zunächst nur als Sonderabdruck er- schienen). 4*^. Frankfurt a. M. (Selbstverlag der Gesell- schaft) 1909. Preis broschiert M. 5,50. Die Beutelratte, deren Gehirn R ö t h i g untersucht hat, ist für ihre Lebensweise wesentlich auf den Geruch- und den Oralsinn angewiesen. Dementsprechend sind die Riechlappen und die dem Oralsinn dienenden Lobi parolfactorii ganz enorm entwickelt. Es war deshalb, zumal die übrigen Gehirnteile relativ klein sind, eine verlockende Aufgabe, hier die Riech- und Oralsinnbahnen einmal genau zu studieren und ein Gehirn, an dem die ent- sprechenden Zentren und Bahnen so kräftig ausgebildet sind, mit den anderen Säugergehirnen zu vergleichen, welche die reiche Sammlung des Neurolo- gischen Instituts besitzt. In der Tat ist es Röthig gelungen, eine große Anzahl von Kernen und Verbindungen, über die man bisher nicht völlig ins klare hatte kommen können, an diesem überaus günstigen Objekt genau festzustellen. Wir können sie jetzt bei allen anderen Säugern, auch bei solchen, wo sie schlecht entwickelt sind, leicht wiederfioden, und uns so ein viel voll- kommeneres Bild von dem Mechanismus des Riechens und Schnauzentastens machen, als es bisher möglich gewesen ist. Zahlreiche Schemata und zwei treffliche Winter sehe Tafeln erleichtern das Verständnis und das Nacharbeiten. Das gleiche Gehirn hat der Verfasser auch zur genaueren Untersuchung der Kerne des Seehügels und ihrer Verbindungen benützt, die man gleich- falls noch nicht genau genug kennt, weil sie hauptsächlich an dem außer- ordentlich kompliziert gebauten Gehirn des Menschen studiert worden. Auch hier ist es Röthig vielfach gelungen, unbekanntes klar zu stellen. So haben wir jetzt wenigstens für ein niedriges Säugetier eine vollständige Kenntnis dieses wichtigen Gehirnteils. L. Edinger. — 156 — Abhandlungen der Senckenbergischen Natiirforschenden Ge- sellschaft in Frankfurt a. M. Band 32. „Festschrift zum siebenzigsten Geburtstag von Wilhelm Kobelt am 20. Fe- bruar 1910". VII u. 463 S. mit einem Porträt, 28 Tafeln und 51 Abbildungen im Text. 4°. Frankfurt a. M. (Selbst- verlag der Gesellschaft) 1910. Preis broschiert M. 75. — . Den 32. Band ihrer „Abhandlungen" bringt die Gesellschaft dem lang- jährigen Sektionär der konchyologischen Abteilung des Museums, Proi. W. Ko- be 1 1 in Schwanlieim, als Festschrift zu seinem 70. Geburtstag dar. Der stattliche Band enthält malakologische Studien von Schülern, Freunden und Verehrern des Jubilars und als besonderen Schmuck auch eine größere Arbeit von ihm selbst. Ein Teil der Abhandlungen ist systematisch-morphologischer Art. So liefert der bekannte Zephalopodenforscher W. E. H oy le eine sehr brauchbare Zusammenstellung der Gattungen und Arten der zweikiemigen Kopffüßer. P. Pallary beschreibt morphologisch die nordwestafrikanischen Spezies der Gattung Alhea. Über eigentümliche Formunterschiede der Ge- häuse männlicher und weiblicher Heliciniden, ferner über zwei neue Arten von Acme und eine neue VitreJki aus Steiermark berichtet A. Wagner. F. Borcherdings Beitrag „Monographie der auf der Sandwichinsel Kauai lebenden Molluskengattung CareJia'^ enthält die Originaldiagnosen und Ab- bildungen aller bisher bekannten Arten. W. A. Lindholm beschreibt eine neue Betinelhi, B. Iwbelti, aus der Krim, die alle übrigen südrussischen Hyalinien an Größe übertrifft. Die anatomische Untersuchung dieser Hya- linia (Betinella) Jcobelti ergab P. Hesse einige bemerkenswerte Resultate. Nach J. Thieles Untersuchungen an Hydrocena cattaroensis durchbohrt bei dieser Form der Enddarm zwar nicht die Herzkammer, doch liegt die Aorta dem Enddarm auf, was an die primitiven Verhältnisse der nahe verwandten Neritiden erinnert. Andererseits gibt sich im Bau des Geschlechts- und Respira- tionsapparats zu erkennen, daß die Hydroceniden primitiver als die Neritiden sind. Mehrere Forscher haben ihr Material von tier geographischen Gesichtspunkten aus bearbeitet. So vor allem Kobelt selbst : sein Beitrag, der die Molluskenausbeute der v. Er 1 an g er sehen Reise in Nordostafrika behandelt und unter anderem 50 neue Arten schildert, liefert in seinem zweiten Teil ein Verzeichnis der aus Ostafrika, Madagaskar, Mauritius. Bourbon, Sokotra, Abd-el-gouri und von den Seychellen bekannten Binnen- konchylien, das Museen und Sammlern als Besitz- und Desideratenliste sehr willkommen sein wird. In seiner Schrift „Die Binnenkonchylien von Deutsch- Südwestafrika und ihre Beziehungen zur Molluskenfauna des Kaplandes" teilt 0. Boettger die Diagnosen von 9 neuen Arten und einigen Varietäten mit. Da es infolge des Vorkommens der Mollusken in jungen Sedimenten, trockenen Flußbetten usw. oft unmöglich war, zu entscheiden, ob die be- treffenden Arten zu den noch heute dort lebenden zu zählen seien oder nicht, hat Boettger von der Trennung des Materials in lebende, subfossile und fossile Formen ganz abgesehen. Von drei Arten weist er nach, daß sie ein- geschleppt sind. H. V. J h e r i n g kommt durch das Studium der Najaden- - 157 — faunen des Rio Paraguay, des Rio Parana und des Rio San Francisco zu interessanten Resultaten über die Beziehungen dieser Flüsse zueinander. In einer zweiten Arbeit teilt er nach Beschreibung einiger neuen Arten einen Bestimmungsschlüssel der südamerilüanischen Formen des Genus Helicigona mit und schließt mit Betrachtungen über die Beziehungen der altweltlichen zu den amerikanischen Heliciden. F. Haas vergleicht die Najadenfauna des Uberrheins mit denen der benachbarten Flußgebiete und findet dabei die Kobalt sehe Ansicht über die Entwickelungsgeschichte des Rheingebietes vollauf bestätigt. Hierher gehört auch D. Geyers Studie „Die Mollusken- fauna der schwäbischen Alb". Der Verfasser schildert zunächst eingehend die biologischen Verhältnisse der Alb und beschreibt sodann die Verteilung der Schnecken auf die einzelnen biologischen Bezirke (Täler, Abhänge u. dergl.), während ein letzter, geographischer Teil die Schneckenfauna der Alb auf ihre Herkunft untersucht. In einer sehr interessanten Arbeit „Zur Natur- geschichte der Campylaea plialerata"' stellt P. Ehr mann für die genannte Form, die übrigens nach Maßgabe der Anatomie mit Arianta ar6»sio?-?<)H nächst- verwandt ist, die ganze horizontale Verbreitung fest. Ihre lokalen Ver- änderungen in den einzelnen Teilen ihres Heimatgebietes wie auch ihre Lebens- verhältnisse werden eingehend dargestellt. Ähnliche Ziele verfolgt H. Simroths Beitrag „Nacktschneckenstudien in den Südalpen ". Er folgert aus der gegen- wärtigen horizontalen und vertikalen Verbreitung der Limaeiden, daß diese Familie älter als die Alpen ist, und daß ihr Schöpfungszentrum in den Ostalpen liegt. Besonders bemerkenswert ist Simroths Angabe über einen Fall von echter Mimikry : eine große Nacktschnecke, Limax maximus, ahmt die Aspisviper nach. Erfreulicherweise ist auch die Entwickelungsmechanik in dem Festband vertreten. H. Rolle berichtet über einige abnorme Landschnecken, K. Schmalz über abnorme Gehäuse von Land- und Süßwassergastropoden und über die Ursachen ihrer Entstehung. Zuchtversuche mit Campylaea cimjulata haben K. Kunkel gezeigt, daß hier der Albinismus erblich ist. Außerdem enthält seine Schrift interessante Beobachtungen über die Eier, die Embryonalentwickelung, die Fortpflanzung und Lebensdauer der Campyläen. Endlich hat C. F. J i c k e 1 i , der Verfasser des bemerkenswerten Buches „Über die Unvollkommenheit des Stoffwechsels als Entwickelungsprinzip" den Nachweis versucht, daß der gleiche Faktor auch am Werden und Vergehen der Schneckenschalen in erster Linie beteiligt ist. Die Unvollkommenheit des Stoffwechsels belastet die Individuen von Generation zu Generation mehr und mehr und zwingt sie endlich zur Rückbildung. Auf diese Anschauung gestützt, erklärt der Verfasser die Schalenrückbildung bei den verschiedenen Molluskenklassen, die durch Selektion, wie er sagt, nicht zu deuten ist. Eine besonders feine Ehrung des Jubilars stellt schließlich ein frisch geschriebener Artikel des Frankfurter Volkswirtschaftlers A. Ph. Stein über „Sozialpolitik und Heimat" dar. Was Stein hier als Pflicht des Gebildeten schildert : soziale Heimarbeit, das hat K o b e 1 1 in seinem Kreise, in Schwan- heim und in der „Provinz Groß-Frankfurt", wie er sie nennt, sein Leben lang mit ebensoviel Eifer als Erfolg getan. Die Ausstattung des Werkes, dem ein Porträt des Jubilars beigegeben ist, ist eine vornehm würdige. F. Haas. — 158 — II. Neue Bücher. Vorgeschichte vom Untergrund und von der Lebe- welt des Frankfurter Stadtgebietes. Eine geo- logische Skizze von Prof. Dr. Friedrich Kinkelin, Dozent und Sektionär der Geologie und Paläontologie am Senckenbergischen Museum in Frankfurt a. M. VIII u. 96 S. mit 9 Tafeln. 8". Frankfurt a. M. (J. Rosenheim) 1909. Preis broschiert M. 2.40. In den einleitenden Abschnitren dieses Buches, das für viele unserer Mitglieder von großem Interesse sein wird, zeigt der Verfasser, wie der Frankfurter Stadtbezirk (vor den Eingemeindungen im Jahre 1895) in West und Ost durch zwei Verwerfungen , die als vertikale Bewegungen nachbarlicher Schollen gegeneinander aufzufassen sind, natürlich begrenzt ist. Auch wird die Art und Weise eingehend beschrieben, in der sich Tier- und Pflanzen- reste ungezählte Jahrtausende im Boden erhalten können. Namentlich die in den letzten 25 Jahren im Stadtgebiet und in seiner Nachbarschaft ausgeführten T i e f b a u t e n haben es ermöglicht, ein zuver- lässiges Bild vom Boden und von der ehemaligen Lebewelt Frankfurts zu geben. Von diesen sind die geologisch wichtigsten : die Braunkohlenwerke, die Kanalisation des Mains — besonders die Schleusenbauten — , die Her- stellung des Westhafens, die Bohrungen und Grabungen im Interesse der Wassergewinnung (im Unterwald, Hattersheimer Feld, unteren Niddatal und in Sachsenhausen), die Ausräumung von drei großen Wasserbehältern, die Kanalisation der Stadt, auch die Aushebung des Offenbacher Hafens und schließlich die des Oslhafens. Diese Geologie des Frankfurter Stadt- gebietes ist in den* folgenden Abschnitten des Buches in einer auch dem Laien verständlichen Weise zusammengefaßt. Zahlreiche Abbildungen von Petrefakten, Schnitte und Profile, sowie eine Karte der Verbreitung der alluvialen Moore in unserer Gegend sind dem Text beigegeben. Die Landschaft, in deren Mitte Frankfurt liegt, ist größtenteils von Absätzen in Meeren oder Seen erfüllt, die in der Tertiärzeit erfolgt sind. Sie ist im Westen und Osten von zwei alten, stark abgetragenen Gebirgen, vom Taunus und Vorspessart, begrenzt und hat als Unterlage rötliche Sandsteine, das sogen. Rotliegende, das geologisch gesprochen nahezu vom Alter der Steinkohle ist. Senkungen zwischen den beiden Gebirgen lassen zu Beginn der Mittel- oligozänzeit in unsere Landschaft von Süden und bald auch von Norden her das Meer eindringen, in dem eine mannigfaltige Tierwelt — Seekühe, Fische, Krebse, Mollusken u. a. — lebt. Das subtropische Klima jener Zeit spiegelt sich in einer reichen, auf zartem Tonmergel eingebetteten Flora wieder. Spätere Wandlungen machen die rheinische Meeresstraße zu einem brackischen Becken; da und dort schließen sich auch die Wasser zu Süßwasser- Seen, deren Absätze u. a. die Reste uralter Paarzeher bergen. (Auch pracht- volle, in Eisenkies umgewandelte Schalen von Weichtieren sind bei dem Bau — 159 — des Offenbacher Hafens gefunden worden.) Das Klima behält trotz beträcht- licher Schwankungen seinen subtropischen Charakter bis in die Zeit hinein bei, in der die Letten und Kalkschichten entstanden sind, auf denen unsere Stadt erbaut ist. Viel reicher als heute ist zu dieser Zeit die Welt der Wirbeltiere, besonders der Säuger, Reptilien und Fische. Aber auch Schalen von Muscheln, Schneckchen und Muschelkrebsen liegen in ungeheurer Menge jeduch in geringer Mannigfaltigkeit, in diesen Ablagerungen, die der Geolog Oberoligozän und Untermiozän nennt. Daß im brackischen Wasser auch kalkabsondernde Algen in großer Menge lebten, hat man in den Stöcken bewundern können, die im Westen der Stadt (Niederräder Schleuse etc.) den geschichteten Letten durchsetzen. Einen Einblick in Bewegungen, die im Untergrund Frankfurts vorgegangen sind und wohl auch noch vorgehen, hat die Baugrube des Westhafens gestattet. in der sich infolge solcher Bewegungen die Letten und Mergel in weiten flachen Mulden und Sätteln gelegt zeigen. In Verbindung mit der Schilderung der Lagerungs weise und Folge der Schichten im Westhafengebiet wird auch der Entstehung der Grindbrunnen (kalte Schwefelquellen) gedacht. Ganz eigenartig ist die Bildung von Hohlräumen im kalkigen Mergel des Frankfurter Gebietes (gegenüber der Sachsenhäuser Warte, links der Darmstädter Landstraße). Diese Hohlräume sind zum Teil von unregel- mäßiger Form und mit diluvialem Sand erfüllt ; zum Teil zeigen sie eine ausgesprochene Gewölbebildung und sind im Letten gleichsam' durch Kalk- mauern abgeschlossen und völlig leer. Von nun an bis zur Eiszeit liegt die seither weit von Wasser bedeckte Gegend trocken wie heute, nur durchflössen von einem mächtige GeröUe mit sich führenden Strom, an dessen Ufer Mastodonten, die Ahnen unserer heutigen Elefanten, weiden. Erst bei dem Herannahen der Eiszeit wird die rheinmainische Land- schaft wieder zu einem See, in dem sich die Abwässer der Alpen und der mittelrheinischen Gebirge sammeln. Das Klima kühlt sich bedeutend ab. Dies ist aus der — noch immer mannigfaltigen — Flora zu erkennen , die hauptsächlich an der westlichen Grenze Frankfurts bei Aushebung der Klärbeckenbaugrube in einem in Sand und Ton eingebetteten Braunkohlen- flözchen zutage getreten ist. Viele Formen dieser untergegangenen Flora finden wir heute nur noch in weit entfernten Weltteilen, manche sind ganz ausgestorben; aber eine ziemlich beträchtliche Zahl von ihnen hat sich, mehr oder weniger verändert, in späteren Zeiten wieder in unserer Landschaft angesiedelt. Trotz der Mannigfaltigkeit dieser Flora, die demnach noch tertiären Charakter hat, scheint die Jahreswärme — nach Maßgabe der eine höhere Wärme, als sie heute im Untermaintal herrscht, heischenden Pflanzen — die jetzige Jahresisotherme nur um 0,5" übertroffen zu haben. Im Westen Frankfurts zog sich der Ostrand des Oberpliozänsees hin. Durch ihre Kalk- losigkeit unterscheiden sich die Absätze dieses Sees — ein Grund, weshalb sich fast keine tierischen Beste in ihnen erhalten haben — von fast allen älteren tertiären Sedimenten. Besonders lebendig haben sich im Untermaintal die unterirdischen Gewalten während der Pliozänzeit geäußert, indem Lavaströme, die inzwischen — 160 — zu Basalt erstarrt sind, auf Spalten emporstiegen, sie erfüllten und sich da und dort noch weiter ausbreiteten. Mit dem Eintritt der Eiszeit schwindet in unserer Landschaft die oberpliozäne Flora bis auf wenige Bäume , die ein kaltes Klima ertragen können. Der Main beginnt sich eine Rinne zu graben ; er erweitert und vertieft sie mehr und mehr und setzt in seinem Bette auch aus seinem Ober- lauf stammende Trümmer ab. Auf Eisschollen trägt er mächtige Blöcke abwärts. Bis zu einer Höhe von 150 m trifft man Main sand aus der ältesten Zeit des diluvialen Flusses ; die jüngsten diluvialen Mainsande sind es, in denen die heutige Mainrinne liegt. So haben sich die Fluten des Stroms im Laufe der Zeit nicht nur ein weites (bis 6 km) sondern auch tiefes Tal (BO m) ausgeräumt. Während der Aufschüttung der Mainsande, die in drei Stufen erfolgt ist, erfährt die Fauna sehr beträchtliche Änderungen. Spiegelt sich in den Resten der wunderbaren Säugetierwelt, die besonders in den Mosbacher Sauden liegen (früheste Zwischeneiszeit), mindestens ein Klima wieder, wie es heute um das Mittehueer herrscht, so tritt in der mittleren Mainterrasse eine Fauna auf, der das Rentier beigesellt ist. Zahlreicher sind die Rentierfunde in der letzten Zwischeneiszeit, als Mitteldeutschland zu einer Steppe wird, in der fast nur von der Luft — von Wind und Sturm — bewegte Absätze (Löß) zustande kommen. Im jüngsten Mainabsatz felilen nun alle die großen Dickhäuter und Wiederkäuer (Mammut, Rhinozeros, Bison, Riesenhirsch u. a.j, die zuvor unsere Landschaft belebten ; das Ren aber ist nach dem Norden verzogen. In großer Menge liegen hingegen in diesen Absätzen die Geweihe des Edelhirschs. An die Stelle der Steppe ist der Wald getreten. In dem Bau von Ein- bäumen verrät sich nun auch die Existenz des Menschen am Untermain. In der frühen Alluvialzeit bilden sich in den verlassenen Stromstrecken Moore. Sie weisen uns den Weg, den damals Main und Nidda eingehalten haben. Das größte Tier aus dieser Zeit, dessen Reste uns überliefert sind, ist der Urochs {Bos pHmigenius Boj.); weit und breit scheint sich auch der Biber an den Flußufern angesiedelt zu haben. Auch menschliche Skeletteile liegen im Enkheiraer Moor begraben. Mit dem oberflächlichen Aulehm schließen die geologischen (lebilde in unserer Landschaft ab ; er ist der Absatz von jüngeren Überschwemmungen. Im letzten Abschnitt des Buches bringt ein Prolildurchschnitt durch die Sohle, auf der sich der Main bewegt, — von Dietesheim bis über Flörs- heim — die vielfachen Schichtenstörungen in diesem geologisch noch dem Rheingraben zugehörigen Gebiet zur Darstellung. Die meisten fossilen Dokumente der beschriebenen Vorgeschichte vom Untergrund des Frankfurter Stadtgebietes birgt das Senckenbergische Museum. Die besterhaltenen unter diesen Tier- und Ptianzenresten sind in der geo- lügisch-paläontologischenSchausaramlung ausgestellt. A. Knnl)l(U(cli . — 161 — Neues aus der Schausammlung. Das indische Nashorn. Mit 7 Abbildungen. Dem indischen Nashorn, Rhinoceros unicornis L., geht es wie allen Riesen der Tierwelt: sein Wohnbezirk wird ständig kleiner, und sein Geschlecht wird durch die modernen Hand- feuerwaffen immer mehr dezimiert. Heute lebt es in größeren Mengen nur noch in Nepal, dem Maharadscha als jagdbares Wild vorbehalten. Auch nach Europa ist es zu allen Zeiten weit seltener als das afrikanische Nashorn gelangt; 61 v. Chr. wurde es zum ersten Male von Pompe jus den Römern bei Tier- kämpfen vorgeführt, und erst 1503 kam wieder ein Exemplar nach Portugal: es ist von Dürer verewigt worden, der es allerdings nur aus einer Zeichnung kennen gelernt hat. Selbst in den letzten Dezennien des vorigen Jahrhunderts, als Tierhandel und Tierimport unter Jamrachs und Hagenbecks zielbewußter Leitung in so ungeahnter Weise aufblühten, blieb das indische Nashorn eine kostbare Rarität auf dem Markt, und es ist zu erwarten, daß es auch in Zukunft immer seltener zu uns ge- langen wird. x4.ugenblicklich leben nur noch zwei Vertreter der Art in Europa, das eine Tier in Antwerpen, das andere in London. Von dem zweihörnigen afrikanischen Nashorn ist das ein- hörnige indische schon äußerlich ganz wesentlich verschieden. Während die dicke Haut des afrikanischen Nashorns sich bis auf wenige, nicht stark hervortretende Falten dem Körper an- schließt, ist beim indischen Nashorn die Haut in einen Panzer verwandelt, der durch gewaltige Falten in ganz bestimmte Schilder geteilt ist. Da in diesen Falten die Haut verhältnis- 11 — 162 — mäßig dünn ist, kann hier eine Bewegung der Hautmassen statt- finden. Die Haut der einzelnen Schilder ist wieder durch netz- artige Zeichnungen und kleine polygonale Felder, die sich buckel- artig erheben, in äußerst feiner Weise modelliert. Das Wesen des Nashorns ist im allgemeinen weder in der Wildnis noch in der Gefangenschaft ein gutmütiges. Zu trauen ist ihm niemals, und so plump es in der Ruhe erscheint, so Fig. 1. Gipsabguß des irischen Kadavers. gewandt zeigt sich das gereizte Tier im Angriff. Über seine Lebensweise in der freien Wildbahn sind wir auch heute noch nicht in allen Einzelheiten unterrichtet, besonders nicht über die des indischen Nashorns, da die Beobachtung mit großen Schwierigkeiten verknüpft ist. So viel scheint jedoch festzustehen, daß die Nashörner ungesellige Tiere sind, die wohl nur die Brunst für kurze Zeit vereinigt. Bei Tage meist schlafend, be- nutzen sie die Stunden der Nacht und des frühen Morgens, um gestärkt durch ein Schlammbad Äsung zu suchen. Zärtliche Mütter sind aber die Nashornweibchen ; wer das — 163 — Junge erbeuten will, muß die Alte erlegen. Es ist der einzige Weg, dieser Tiere für die zoologischen Gärten habhaft zu wer- den; denn bei ihrer ungeheuren Kraft ist es ausgeschlossen, andere als ganz junge Exemplare einzufangen und zu trans- portieren. Da nun aber die Aufzucht dieser Kleinen mit großen Schwierigkeiten verknüpft ist und weite Wege bis zu der Küste zurückgelegt werden müssen, versteht man den hohen Preis, Fig. 2. Provisorische Zusammensetzung des Skeletts. der auch für das verhältnismäßig noch leicht zu erlangende afrikanische Nashorn in Europa gezahlt werden muß. Die Farbe der Tiere erscheint in der Wildnis meist dunkler, als sie in Wirklichkeit ist. Das indische Nashorn ist hellgrau, das afrikanische gelbbraun; aber die dicke Schlammschicht, mit der sich die Tiere, wie man glaubt, zum Schutz gegen Blut- sauger bedecken, läßt sie wesentlich dunkler erscheinen. Unser Nashorn, ein weibliches Exemplar, ist, wie Noll*) *) Noll, „Die Rhinocerosarten". Der Zoologische Garten, 14. Jahrg., S. 47. Frankfurt a. M. 1873. 11* — 164 — berichtet, zusammen mit einem Männchen am 19. September 1872, etwa drei Jahre alt, für den Preis von 8000 Talern vom Ber- liner Zoologischen Garten erworben worden. Es war damals 2,80 m lang und 1,33 m hoch. Die Hoffnungen, daß dieses Paar sich fortpflanzen würde, erfüllten sich nicht, und so wurde schließ- lich das weibliche Tier am 10. April 1896 an den hiesigen Zoologischen Garten verkauft. Es gedieh ausgezeichnet, bis im Fig. 3. Anfertigung des Tonmodells. Winter 1907/08 schwere Krankheitszeichen (Blutung aus den Genitalorganen) auftraten. Da es trotz sorgsamer Pflege all- mählich immer mehr abnahm, wurden alle Vorbereitungen ge- troffen, das Tier zu töten, sobald an seinem bevorstehenden Ab- leben nicht mehr zu zweifeln sein würde; denn seine wertvolle Decke sollte der Wissenschaft erhalten bleiben. Am 24. August 1909 war dieser Zeitpunkt gekommen. Das Nashorn war vormittags in seinem Auslaufkäfig zusammen- gebrochen und schien sich nicht mehr erheben zu können. Es wurde deshalb nachmittags zwei Uhr durch Einspritzen von 2 g — 165 — Skopolamin in wenigen Minuten getötet. Da unser Museum sich entschlossen hatte, den Kadaver zu erwerben, wurde sofort mit der Präparation begonnen. So war es möglich, mit allem Raf- finement vorzugehen, dessen sich die moderne Präparationskunst bedient, um als Endresultat ein Objekt zu erhalten, das nicht nur im allgemeinen die Gestalt eines Nashorns wiedergibt, sondern auch in allen Einzelheiten dem Individuum entspricht. Wie hierbei Fig. 4. Tonmodell, halb im Gipsmantel. vorgegangen wurde, sei in Wort und Bild geschildert, um zu zeigen, wie solche Schaustücke entstehen, die durch ihren wissenschaft- lichen und künstlerischen Wert in gleicher Weise bedeutend sind. Gleich nach der Tötung wurde das Tier auf die Seite ge- legt und mit dem Abformen in Gips begonnen. Es war ein schweres Stück Arbeit. Der Abguß einer Seite des Tieres ge- nügte ; er konnte aber wegen der Größe des Objekts nur stück- weise vorgenommen werden, wobei auf das Abformen der gewal- tigen Hautfalten besondere Sorgfalt verwandt werden mußte, weil gerade ihre exakte Wiedergabe für die spätere Präparation — 166 — von größter Wichtigkeit war. Endlich war das Werk vollbracht : numeriert lagen die einzelnen Stücke der Form wohlgelungen nebeneinander. Nun wurden die Maße vervollständigt, mit deren Notierung schon während des Abgießens begonnen worden war. Es ergab sich unter anderem, daß das Tier eine Gesamtlänge von 3,25 ra und eine Höhe von 1,68 m erreicht hatte. Fig. 5. Tonmodell, ganz im öipsmantel. Hierauf begann der zweite und schwierigste Teil der Prä- paration, das Abbalgen. Mit vereinten Kräften ging es flott ans Werk; galt es doch, schnell zu arbeiten, denn es war keine Zeit zu verlieren, wenn das Fell noch vor der Nacht geborgen sein sollte, und dies war nötig, da bei der warmen Witterung die Decke unter dem gewaltigen Druck des Kadavers sicher gelitten haben würde. Alles ging gut; nur das Abhäuten des Kopfes bot an der Ansatzstelle des Hornes ungeahnte Schwie- rigkeiten. Kurz entschlossen löste man den Kopf im Zusammen- hang mit dem Fell vom Rumpfe los, und noch am Abend konnten — 167 — Fell und Kopf nach dem Museum geschafft werden. Dort wurde zunächst das Fell in ein AA asserbad gelegt, um es von Schmutz und Staub zu befreien, und schon bei sinkendem Licht wurden noch Abgüsse der Muskulatur der Vorder- und Hinterbeine, der Schulter und Hüfte genommen. Am frühen Morgen des nächsten Tages kamen die Ana- tomen zu ihrem Recht ; es begann die Zergliederung des Tieres. Fig. 6. Zusammensetzen der einzelnen Fornistücke. Durch Stricke wurde es in Rückenlage fixiert, so daß die Ob- duktion ohne allzu große Schwierigkeiten vorgenommen werden konnte. Es fand sich eine gewaltige Geschwulst der Gebär- mutter, deren genaue Untersuchung in der Senckenbergischen Anatomie für das krankhaft vergrößerte Organ ein Gewicht von 1 Zentner ergab. Es lag ein Fibromyom des Uterus und ein Krebs der Uterusschleimhaut vor. Erwähnt sei aber, daß der Tod des Tieres in erster Linie wohl durch Altersschwäche bedingt gewesen ist ; denn auch das eingangs erwähnte männliche Nas- horn in Berlin, das gleichzeitig mit unserem Tier nach Europa — 168 — gekommen war, ist vierzehn Tage später verstorben. Die Lebens- dauer des Nashorns in der Gefangenschaft scheint demnach nur etwa vierzig Jahre zu betragen. Nach Bergung alles dessen, was für die wissenschaftliche Bearbeitung von Wert war, wurde mit dem Abfleischen der Knochen begonnen. Schon am Abend konnte das ganze Skelett, in einzelne Teile zerlegt, nach dem Museum verbracht werden, wo es alsbald in die Mazerationsbehälter wanderte. Inzwischen hatte aber auch im Museum die Bearbeitung des Felles begonnen. An Ketten und Flaschenzügen mußte das 15 Zentner schwere Fell bewegt werden, und es galt nun, es so herzurichten, daß es sich einer Form anschmiegen konnte, die das Modell des Tieres darstellen würde, d. h. es mußte von dem Unterhautzellgewebe herausgeschnitten werden, was nur irgend herausgeschnitten werden konnte. Nur wenn das Fell dünn genug war, konnten Alaun und Salz durchdringen und das Fell für alle Zeiten vor dem Verderben schützen. Nur dann konnte es später möglich sein, die Haut über das anzufertigende Modell des Tieres zu ziehen. Drei Wochen lang wurde Tag für Tag diese schwierige und anstrengende Arbeit vorgenommen. Neun Zentner sind auf diese Weise heruntergeschnitten und geschabt worden. Nun konnte das Fell dem Gerbungsprozeß überlassen und zur Herstellung des Modells geschritten werden. Während man früher bekanntlich die Tiere „stopfte" und sich mit den wenig naturgetreuen Präparaten begnügte, die auf solche AVeise hergestellt waren, beansprucht man heutzutage, daß auch das tote und präparierte Tier uns ein naturwahres Abbild des Lebens gibt. Dies läßt sich nur dadurch erreichen, daß zunächst ein genaues Modell des Tieres in natürlicher Größe hergestellt und daß alsdann über dieses Modell das präparierte Fell gespannt wird. Sobald es sich der Form anschmiegt, muß ein Stück entstehen, das in allen Einzelheiten den anatomischen Eigentümlichkeiten des lebenden Tieres entspricht. Da mußte nun zunächst das Gipsnegativ — ein solches war ja der im Zoologischen Garten gewonnene Abguß — zu- sammengesetzt werden, um durch Ausguß desselben als Modell für alle weiteren Arbeiten ein Positiv zu erhalten, wie es uns Fig. 1 zeigt. In wunderbarer Schärfe treten hier alle Felde- rungen und Zeichnungen der Haut des lebenden Tieres hervor, be — 170 — so daß danach eine bis ins kleinste gehende Kontrolle bei der weiteren Arbeit möglich war. Die Unterlage für ein anatomisch richtiges Modell mußte das Skelett abgeben. Inzwischen war nun auch die Mazeration und Präparation der Knochen soweit vorgeschritten, daß die Skeletteile getrocknet und provisorisch, wie es Fig. 2 zeigt, zusammengesetzt werden konnten. Auf Fig. 3 sehen wir, wie auch der Leib des Tieres nach innen durch Holz faßdauben- ähnlich abgedeckt worden ist, und wie nun unter beständiger Anlehnung an den Gipsabguß begonnen wurde, über dieses Skelett das Tier vollständig in Ton zu modellieren. Doch dies durfte nicht die bleibende Form sein, über die später das Fell kommen sollte; denn sie enthielt in ihrem Innern noch das wertvolle Skelett, dessen besondere Aufstellung für später in Aussicht genommen ist, und Ton ist auch kein geeignetes Material zur Herstellung einer leichten und dauer- haften Form. So mußte also von diesem Modell zunächst ein neuer Abguß genommen werden. Auf Fig. 4 sehen wir das halbe Tonmodell im Gipsmantel, und Fig. 5 zeigt uns eine Seite desselben ganz und gar in Gips gehüllt. Natürlich mußte der Abguß aus einzelnen Formstücken zusammengesetzt werden. 21 solcher Teilstücke waren hierzu nötig. Nach ihrer Abnahme wurde das Toumodell auseinander- gebrochen, um das Skelett wieder zu gewinnen, dessen feinere Präparation noch nicht beendet war. Jetzt galt es, die einzelnen Stücke der Gipsform Seite für Seite aneinanderzusetzen und durch Ausguß der ganzen Form das endgültige Positiv, eins von der rechten und eins von der linken Seite, zu gewinnen. Fig. 6 zeigt uns, wie man angefangen hat, auf einer Lage von nassem Sand die Formstücke zusammenzusetzen, die dann noch gut verbunden werden mußten, bevor sie definitiv aus- gegossen werden konnten. Durch ein besonderes Verfahren ist es gelungen, die endgültige Form nur 3 cm dick zu gestalten, so daß die miteinander verbundenen Hälften, d. h. das voll- ständige Modell, so leicht wurden, daß sie ein starker Mann wenigstens anheben konnte. Spannende Augenblicke waren es, als nun die geschmeidige Haut wie ein Handschuh über die gewaltige Form gestülpt wurde. Würde alles genau passen? Ein einfaches schematisches Arbeiten, — 171 — das sich sklavisch nach dem Abguß hätte richten können, war nicht möglich gewesen; denn da das Tier lange krank und sehr abgemagert war, hing ihm die Haut in seinen letzten Lebens- tagen in großen Lappen um den abgefallenen Körper. Dies mußte bei der Herstellung des Tonmodells berücksichtigt werden, und gar manche abgemagerte Stelle war nach photographischen Aufnahmen des lebenden Tieres aus früheren Jahren auszu- gleichen, um die Spuren des langen Siechtums zu verwischen. Aber alles war gut geraten; das Werk war gelungen. Als die Haut auf das mit Leim bestrichene Modell übergezogen, vernäht und mit vielen tausend kleinen Nägeln befestigt war, stand das Tier in voller Lebenswahrheit vor uns (Fig. 7). Sieben Monate harter Arbeit hat es erfordert, um unsei' Nashorn wieder aufleben zu lassen. Mit Stolz sehen wir es jetzt neben dem Elefanten und dem Flußpferd als eins der gewaltigsten und schönsten Schaustücke in unserem Lichthof E. Marx und A. Koch. Der afrikanische Elefant. Mit 9 Abbildungen. Früher, als wir gehofft, ist unser Wunsch, die Gruppe der Dickhäuter durch hervorragende Exemplare in unserem Museum vertreten zu sehen, in Erfüllung gegangen. Über das Fluß- pferd wurde im letzten Heft berichtet, das Rhinozeros ist vor- stehend erwähnt; hier soll das größte und bedeutendste neue Schaustück, der afrikanische Elefant gewürdigt werden. Wiederum ist es der eifrige Förderer unserer Sammlungen, Rudolf von Goldschmidt-Rothschild, dem wir diesen gewaltigen Vertreter der afrikanischen Tierwelt verdanken. Im belgischen Kongogebiet ist der Riese erlegt worden ; Rowland Ward in London, der Schöpfer so mancher hervorragender Schaustücke der Dermoplastik, hat ihn präpariert. Mag es schon erhebliche Schwierigkeiten verursacht haben, die Haut eines solchen Riesen aus dem Innern Afrikas nach Europa zu transportieren, so stellten sich der Überführung des fertigen Schaustücks von London nach Frankfurt noch weit größere Hindernisse in den Weg. Ein Transport auf der Eisenbahn war 172 — aiisgescblossen, und so mußte der Elefant, in einer 4 m hohen und über 7 m langen Kiste sorgfältig verpackt, nachdem er auf einem Frachtschiff nach Rotterdam überführt worden war, auf einem der großen Mainkähne der Firma Altschüler & Co. verladen werden. Doch für solch umfangreiche Güter waren die Luken nicht vorgesehen, und deshalb konnte die weit dar- über hinausragende Kiste nur durch wasserdichte Tücher gegen Fig. 1. Im Hafen. Aufnahme von Carl Neithold in Frankfurt a. M. die Unbilden der Witterung geschützt werden. Nach zwölf- tägiger Fahrt kam sie glücklich in Frankfurt an. Um die nahe- zu 90 Zentner schwere Last an Land zu bringen, bedurfte es des riesigen Portalkrahnens im Hafen, und eine große Zu- schauermenge umstand die Verladestelle, um den Koloß in den Lüften schweben zu sehen. Doch war es eigentlich eine Ent- täuschung, konstatieren zu müssen, daß sich der ganze Vorgang mit solch selbstverständlicher Ruhe und Sicherheit abspielte, als ob es nur gegolten hätte, wenige Kilo aus dem Schiff zu heben. Auch die zwei kräftigen Pferde schienen die Last nicht — 173 — ungewöhnlich zu finden, denn in ungestümer Hast nahmen sie die erste scharfe Ecke, und schon kam die Kiste in unliebsame Berührung mit einem Güterschuppen. Aber es lief günstig ab; nur eine geknickte Dachrinne warnte vor weiterer Übereilung. Sodann schien alles gut zu gehen, bis ein eiserner Steg den bedenklich schwankenden Wagen mit seiner hohen Last umzu- werfen drohte. Obwohl die Kiste streifte, passierte sie glücklich. Fig. 2. Beim Auskrahnen. Aufnahme von Carl Xeithold in Frankfurt a. M. Das Schwanken der unsanft in Bewegung gesetzten Telephon- drähte am Bahnübergang brachte uns nicht mehr aus unserer Ruhe, und so langte das wertvolle Gut nach ungefähr drei- viertelstündiger Fahrt unbeschädigt vor dem Museum an. Ein halbes Dutzend Zimmerleute mit Balken und Winden stand schon bereit. Doch nahm es 12 Stunden in Anspruch, bis der Elefant aus seinem überaus widerstandsfähigen Gefängnis be- freit und an seineu Aufstellungsort verbracht war. Unser Bau- meister hatte beim Abmessen des Portals entschieden eine glückliche Hand, denn auch hier konnte der Elefant gerade ~ 174 — hindurch transportiert werden, ohne anzustreifen. Noch war er sorgfältig in Strohmatten verpackt, nur die mächtigen Stoß- zähne ragten frei hervor. Aber bald fielen auch diese Hüllen, und vor uns stand er in seiner imponierenden Größe, ein Bild der Stärke, ein unangreifbarer Herrscher der Tierwelt. Die Zoologie bezeichnet den afrikanischen Elefanten als Elephas afncanus Blumenbach. Doch die große Ausdehnung Fig. 3. Eine bedenkliche Belastungsprobe. Aufnahme von Carl Neithold in Frankfurt a. M. Afrikas, die verschiedenen khmatischen Zonen und die ab- weichenden Lebensbedingungen haben mit der Zeit eine Reihe von Unterarten herausgebildet, die namentlich an der ver- schiedenen Gestalt der Ohren zu unterscheiden sind. Die größten Ohren besitzt die nahezu ausgerottete Abart im Kaplande, E. a. capeiisis. Mehr von ovaler Gestalt, aber auch noch von bedeutender Größe sind die Ohren des westafrikanischen Ver- treters, E. a. cyclotis. Der Sudanelefant, E. a. oxyotis, zu dem wohl auch unser Exemplar zu zählen ist, fällt durch die be- deutend kleineren Ohren auf, die halbkreisförmig abgerundet — 175 — sind, nach vorn und unten jedoch eine deutlich ausgeprägte Spitze aufweisen. Die ostafrikanische Unterart, E. a. knocken- haueri, besitzt noch kleinere Ohren von deutlich dreieckiger Form. Im Kongogebiet findet man eine Zwergforra, E. a. putnilo, die kaum über 2 m HiJhe erreicht. Früher über ganz Afrika verbreitet ist der Elefant jetzt nur noch südlich vom Tsadsee anzutreffen. In Südafrika soll Fig. 4. Ein kritischer Augenblick. Aufnahme von Carl Neithold in Frankfurt a. M. er noch in wenigen Exemplaren vorhanden sein ; namentlich ist er auch aus allen Küstengegenden mit Ausnahme von Kamerun vollständig verschwunden. Der Elefant ist der einzige noch lebende Vertreter der Rüsseltiere (Proboscidea) , wenn wir nicht das Mammut, Elephas jjritnigenius, auch noch zu den rezenten Formen rechnen wollen. Mastodon und Dinotherkim waren ihre Vorläufer. Nach den paläontologischen Funden zu schließen, müssen namentlich die drei letztgenannten Vertreter der Familie früher eine weite Verbreitung gehabt und vor allem auch in der Frankfurter — 176 — Gegend — im Mainzer Becken — in großer Menge gelebt haben, wie dies schon die reichen Funde, die sich in unserem Museum befinden, zur Genüge beweisen. Betrachten wir unser Schaustück etwas eingehender, so fällt uns vor allem die ungeheuere Größe dieses Exemplars in die Augen. Bei einer Schulterhöhe von 3,28 m, einer Länge von der Rüsselspitze bis zum Schwanzende gemessen von 7 m Fig. 5. Beim Öffnen der Kiste. Aufnahme von Carl Neitliold in Frankiuvt a. M. und einem Leibesumfang von 5,40 m stellt es wohl das größte auf dem Kontinent befindliche Exemplar dar. Das Gewicht des lebenden Tieres mag über 100 Zentner betragen haben. Ein Vergleich mit der darunter aufgestellten Spitzmaus läßt uns erst so recht die enorme Größendifferenz zwischen diesen ex- tremen Vertretern der Säugetiere erkennen. Die rissige ge- felderte Haut ist nur an wenigen Stellen in mächtige Falten gelegt. Von dem rotwollenen Pelz, den das Mammut getragen, oder von dem feineren, aber dichten Haarkleid des neugeborenen Elefanten ist hier nichts wahrzunehmen. Aber immerhin finden — 177 — sich noch viele Haare über die ganze Oberfläche zerstreut, die nur am Ende des Schwanzes als dicke Borsten eine ziemlich lange Quaste bilden. Der Rüssel, also die verlängerte Nase des Tieres, erreicht die stattliche Länge von 2,80 m. Seine ungemein vielseitige Verwendung ist durch ein reiches und kompliziertes Muskelsystem ermöglicht. Auf der Vorderseite ist die Haut des Rüssels in zahlreiche Falten gelegt, die eine Fig. 6. Vor dem Portal des Museums. Aufnahme von Carl Neithold in Frankfurt a. M. für diese Art charakteristische Ringelung hervorrufen. Er endigt in zwei beweglichen Fortsätzen, die ein äußerst ge- schicktes Greiforgan darstellen. Der verhältnismäßig kleine Kopf zeigt eine auffallend abgerundete Stirn. An die kleine Ohröffnung schließen sich die Ohrmuscheln an, deren größter Durchmesser 1,20 m, deren kleinster 0,90 m beträgt. Sobald das Tier in Aufregung versetzt wird, stellt es die Ohren auf, so daß sie senkrecht vom Körper abstehen und sich in der Nackengegend nahezu berühren. Der Hals ist kurz und gedrungen, die Schultergegend auffallend hoch, der Rücken steil abfallend. 12 • — 178 — Der gewaltige Rumpf wird von vier mächtigen säulenförmigen Beinen getragen, von denen uns am lebenden Tier namentlich die hinteren Extremitäten bei der Bewegung auffallen, da hier im Gegensatz zu den meisten anderen Tieren das Knie frei aus der Muskelmasse hervortritt. Während wir am Skelett vorn und hinten fünf wohlgegliederte Zehen antreffen, ist am lebenden Tier hiervon nichts wahrzunehmen, denn die Haut überzieht die Fig. 7. In dem Portal des Museums. Aufnalime von Carl Neithold in Frankfurt a. M. Zehen vollständig gleichmäßig; nur die am Vorderfuß in der Vierzahl, am Hinterfuß in der Dreizahl vorhandenen platten, nagelartig nur die äußerste Zehenspitze umschließenden Hufe weisen auf eine innere Gliederung hin. In der Nähe der Vorderbeine befinden sich zwei Brustwarzen. Am meisten imponieren uns die langen Stoßzähne, die 1,90 m aus dem Oberkiefer hervorragen, von denen jedoch noch ein bedeutendes Stück als hohle Wurzel in den sogenannten Zahnbüchsen eingeschlossen ist. Die hohle Wurzel nimmt z. B. beim indischen Elefanten ^'5— V4, beim abessinischen V* — ^3, — 179 — bei der Zambesiform sogar Vs — V2 der Gesamtlänge des Stoß- zahns ein; beim Mammut dagegen betrug sie nur Vs— Vs. Der größte bis jetzt exportierte Zahn wies eine Länge von 3,27 m bei einem Gewicht von 94 kg auf. Das Gewicht der Stoßzähne unseres Exemplares beträgt 73 kg. Schmelz und Zement fehlen, und so stellen sie in ihrer gleichmäßigen, nicht zu großen Härte das geschätzte Elfenbein dar. Stetig fortwachsend können sie Fig. 8. Ankunft im Lichthof. Aufnahme von Carl Xeithold in Frankfurt a. M. bei einer längeren Lebensdauer ihres Trägers eine Länge von über 3 m erreichen. Bei dem asiatischen Elefanten sind sie lange nicht in derselben Stärke ausgebildet wie bei dem afrikanischen Vertreter der Gattung; das Weibchen weist ge- wöhnlich überhaupt keine Stoßzähne auf, und es gibt auch viele Männchen, bei denen sie zeitlebens nicht mehr zur Aus- bildung kommen. Die Stoßzähne des Elefanten haben sich aus Schneidezähnen entwickelt und zwar bei unseren rezenten Arten aus den Schneidezähnen des Oberkiefers, während der Unterkiefer keine 12* — 180 — Schneidezähne aufweist. Auch unter den Vorfahren der heutigen Elefanten finden sich Arten, bei denen nur im Oberkiefer Stoß- zähne zur Entwickelung gekommen sind, z, B. beim Mammut. Ein großer Teil der Mastodonarten trug dagegen sowohl im Oberkiefer als auch im Unterkiefer Stoßzähne, während bei Dinotherium nur im Unterkiefer zwei gewaltige, nach unten und innen gebogene Stoßzähne vorhanden waren. Abnorm ist auch das übrige Gebiß ; Eckzähne fehlen, und gewöhnlich linden v/ir in jeder Kieferhälfte nur einen Backen- zahn, manchmal vor demselben noch das Rudiment eines abge- nützten zweiten, der jedoch schließlich von dem nachgewachsenen Zahn aus dem Kiefer hinausgedrängt wird. Demnach liegt hier ein kontinuierlicher Zahnwechsel vor: sobald ein Backenzahn abgenützt ist, wird er durch einen neuen ersetzt. So konnten bis zu sechs einander folgende Backenzähne konstatiert werden. Die Oberfläche eines solchen Zahns weist rautenförmige Leisten, die sogenannten Schmelzfalten, auf, die zwischen und neben sich weichere, tiefer liegende Partien einschließen. Bei dem asiatischen Elefanten stehen diese Schmelzleisten viel dichter als bei der afrikanischen Art, so daß die einzelnen Leisten nahezu parallel zu einander verlaufen. Ihr Aussehen nähert sich hierdurch der Zahnbildung des Mammut. Beim jungen Zahn sind die einzelnen Platten, von der harten Schmelzschicht vollständig überzogen, nebeneinander gelagert; durch die fort- schreitende Abnutzung verschwindet allmählich die obere Kante, und an ihrer Stelle treten zwei gesonderte Schmelzlinien auf, die, je weiter die Abnutzung vor sich geht, um so weiter aus- einander rücken. Aus der Zahl der Schmelzplatten kann man am besten das Alter der Backenzähne feststellen : beim ersten Zahn treten drei, beim zweiten sechs, beim dritten und vierten sieben, beim fünften acht und beim sechsten zehn solcher Platten auf. Außer der erwähnten Verschiedenheit in der Gestaltung der Backenzähne unterscheiden sich die beiden rezenten Elefanten- arten durch die Mächtigkeit der Stoßzähne, die Form des Kopfes, die Größe der Ohren und die Gestalt des Rüssels, sowie durch das Profil des Rückens und durch die Zahl der Hufe. Die Stoßzähne des asiatischen Elefanten bleiben an Länge weit hinter denjenigen des afrikanischen zurück. Die Seitenpartien seines Kopfes treten infolge mächtiger Knochenauftreibungen rt ^ Pi pa CO f^ be. Si — 182 — als gewaltige Stirnhöcker hervor, während die Stirn des afrikanischen Elefanten gleichmäßig gewölbt ist; auch sind seine Ohren bedeutend kleiner. Bei dem asiatischen Elefanten hat der Rüssel an der Oberseite seiner Spitze eine ziemlich große fingerförmige Verlängerung; bei der afrikanischen Art zeigt die Rüsselspitze an der Ober- und Unterseite derartige, gleich große, aber kleinere Fortsätze. Bei dem asiatischen Elefanten ist der ganze Rücken annähernd gleich hoch; bei dem afrikanischen stellt die Schulterhöhe weitaus die höchste Partie dar. Schließlich finden wir bei der ersten Art am Vorderfuß fünf, am Hinterfuß vier Hufe, bei der afrikanischen Form dagegen nur vier und drei Hufe. Bei dem großen Nahrungsbedürfnis des Elefanten ist es selbstverständlich, daß er ein ungebetener Gast in der Nähe der Ansiedlungen ist, in denen er gewaltige Verwüstungen an- richten kann. Doch in den Urwäldern Afrikas findet er an Früchten, Baumzweigen und Blättern nie versagende Vorräte, und selbst in den Steppen, wo er nur auf Baumrinde oder Knollen und Wurzeln angewiesen ist, die er mit seinen mäch- tigen Stoßzähnen aus der Erde herauspflügt, findet er noch vortrefflich sein Fortkommen. Er ist aber durchaus nicht auf die heißeste Region angewiesen, obwohl ihm brennende Hitze mehr zuzusagen scheint als z. B. dem sumatranischen Vertreter, der sich tagsüber in den dichten, schattigen Busch zurückzieht. In Afrika geht er zu gewissen Zeiten, z. B. in den Bergländern des Kilimandjaro, bis zu einer Höhe von 2700 und 3000 m hinauf. Auch in Abessinien kann man ihn noch in 2400 m Meereshöhe antreffen. Er unterniaimt oft weite Wanderungen, bewegt sich, sobald Gefahr droht, in seinem Paßschritt sehr rasch vorwärts und ist sogar im Erklettern felsiger ^Abhänge äußerst geschickt. Der afrikanische Elefant ist wohl ebenso klug wie sein asiatischer Verwandter, aber keineswegs so gutmütig wie dieser. Es sprechen viele Gründe dafür, daß schon Hannibal seinen Sieg über die Römer mit afrikanischen Elefanten errangen hat. Sicherlich verwandten ihn die Römer bei ihren Tierkämpfen. Dann ist es fast zwei Jahrtausende lang überhaupt nicht mehr gelungen, ihn lebend nach Europa zu bringen. Heutzutage ist er jedoch in vielen zoologischen Gärten vertreten. — 183 — Er lebt gewöhnlich gesellig in Herden von zwanzig bis zu mehreren Hundert Stück, die Weibchen immer an Zahl über- wiegend. Nur alte Männchen scheinen sich manchmal als förm- liche Einsiedler abzusondern. Von Menschen und Tieren ge- fürchtet, konnte er sich so in der günstigsten Weise vermehren, denn obwohl das Weibchen nach einer Tragzeit von 2OV2 Monaten nur ein Junges zur Welt bringt, gleicht sich dieser geringe Zuwachs durch eine mehr als 100jährige Lebensdauer wieder aus. Begnügten sich früher die Eingeborenen damit, unseren Riesen in großen Fallgruben zu fangen oder durch vergiftete Fallspeere zu tüten, so gingen sie, als auch für sie das Elfen- bein zu einem lohnenden Handelsartikel wurde, zur Massentütung über. Indem große Steppengegenden an verschiedenen Stellen in Brand gesetzt wurden, fanden die eingeschlossenen Elefanten durch Feuer und Rauch und durch die Speere der Eingeborenen, die von den geängstigten, matten Tieren keine Gefahr mehr zu befürchten hatten, zu Hunderten ihren Tod. Interessanter ist die Jagd einiger Nubierstämme, bei der mehrere berittene Jäger das gefährliche Wild zu stellen suchen, während ein einzelner das Tier von hinten anschleicht, um ihm mit einem Hiebe seines breiten Schwertes die Achillessehne durchzuhauen, so daß der Koloß wie vom Blitz getroffen zusammenstürzt. Die modernen Feuerwaffen der berufsmäßigen Elefantenjäger und der Sportsleute scheinen jedoch sein Schicksal vollends besiegelt zu haben. Wie uns die Statistik lehrt, wird von den 1 200000 kg Elfenbein, die jährlich zur Verarbeitung kommen, etwa ein Drittel aus den fossilen Zähnen des Mammut gewonnen, ganz unbedeutende Mengen liefert der asiatische Elefant ; 800 000 kg werden dagegen schon seit Jahrzehnten Jahr für Jahr aus Afrika exportiert, und wenn man bedenkt, daß diese Menge jährlich etwa 65 000 Elefanten das Leben kostet, kann es uns nicht wundern, wenn dieser interessante Vertreter der Tierwelt bald nur noch in Museen anzutreffen sein wird. Mit um so größerer Freude begrüßen wir es deshalb, daß uns durch die verständnisvolle Fürsorge unseres Gönners ein solch vorzügliches Exemplar überwiesen worden ist. Denn nur zu bald wird die Zeit verstrichen sein, in der es überhaupt noch möglich sein dürfte, derartig riesige Vertreter dieser Art zu erlegen. E. Wolf. — 184 — Der Rieseualk. (Mit 2 Abbildungen.) In den Museen beginnt neben den Vertretern der gegen- wärtig lebenden Fauna und den versteinerten Resten vorzeit- licher Geschöpfe eine neue Kategorie von Objekten mehr und mehr in die Erscheinung zu treten : Bälge, Skelette und sonstige Präparate von Arten, die in historischer Zeit erloschen sind. Noch ist ihre Zahl gering, aber sie wächst unaufhaltsam; denn die menschliche Kultur führt einen vernichtenden Krieg gegen die Tierwelt. Wie lange wird es noch dauern, bis Elch und Luchs, Steinbock, Wisent und Bison, Beutelwolf und See- otter, Bartgeier, Kiwi, Brückenechse und viele andere, schon jetzt schwer bedrängte Arten endgültig verschwinden? Durch eifrige Schonung, zu der man sich aufzuraffen beginnt, wird der Untergang verzögert, aber nicht verhindert werden. Die Pflicht der Museen aber wird es sein, als unentbehrliches Material für künftige Forschung von den erlöschenden Formen zu bewah- ren, was sich nur irgend bewahren läßt. Diese Aufgabe ist keineswegs immer leicht. Arten erlöschen, ehe man die Gefahr bemerkt, und wird sie bemerkt, so sind die Tiere oft schon so selten geworden, daß Präparate von ihnen kaum mehr zu erhalten sind. Hier heißt es also für ein Museum, das auch in dieser Hinsicht an erster Stelle stehen will, gut aufpassen, rasch zugreifen und wegen der Kosten nicht allzu ängstlich sein. Je länger man zögert, um so teurer wird das Objekt, und ist der Untergang einer Spezies erst einmal perfekt, sind alle vorhandenen Reste in festen Händen, dann glückt es nur noch äußerst selten, eines Stückes habhaft zu werden. Am schlimmsten steht es in dieser Hinsicht natürlich mit denjenigen Tieren, deren Erlöschen schon längere Zeit zurück- liegt. Wie ging man damals mit den kostbaren Objekten um! Dronte und Solitär, die flugunfähigen, plumpen Riesentauben von Mauritius und Rodriguez, sind Ende des 17. Jahrhunderts ausgestorben, und außer Bildern und ein paar kümmerlichen Fragmenten besitzt die Wissenschaft nichts von ihnen. Der letzte existierende Drontebalg, der sich im Oxforder Museum befand, wurde 1755 verbrannt, weil die Motten hineingekommen — 185 — waren ; heute würde jede Feder ein Kleinod sein. Und wie hat man sich durch den Untergaug der Arten überrumpeln lassen! Das Quagga starb so unvermutet aus, daß nur ganz wenige Museen — gleichsam durch Zufall — sich mit brauchbaren Stücken versehen hatten, obwohl das Tier in unseren zoologi- schen Gärten lauge genug das häufigste Zebra war und die Buren Südafrikas gewohnheitsmäßig sein Fell zu Kornsäcken be- nützten. Im Senckenbergischen Museum befindet sich ein Stück; aber wir haben gute Gründe, es oben im gnädig verhüllenden Dunkel der „wissenschaftlichen Sammlung" stehen zu lassen. Um so erfreulicher ist es, daß unser Museum von einer anderen, höchst interessanten und vielbegehrten Art, deren Untergang in die erste Hälfte des vorigen Jahrhunderts fiel, nicht nur einen gestopften Balg sondern auch ein tadelloses Skelett besitzt: vom Riesen- oder Brill enalk, Plautus im- penitis L. Die Riesenalke waren nordische Meeresvögel aus der Ver- wandtschaft der Lummen, speziell dem Tordalk nahestehend, aber viel größer als dieser, etwa so groß wie eine Gans. Ihr Federkleid war unten schneeweiß, am Rücken, Hals und Kopf dunkel braunschwarz ; ein großer ovaler weißer Fleck vor jedem Auge gab dem Vogel ein Ansehen, als wenn er eine Brille trüge; ein weißer schmaler Randstreifen zierte die Flügel. Wie beim Tordalk war der schwarze Schnabel hoch und seitlich stark zusammengedrückt und trug eine Anzahl schräg verlaufender Furchen. Die Schwimmfüße saßen weit hinten am Rumpf, so daß der Vogel nach Art der antarktischen Pinguine mit beinahe senkrecht gehaltenem Leibe stand und nur mit kurzen Schrittcheu, aufrecht wie ein Mensch, einhertrippeln konnte. Bei weitem das Aufialleudsie waren die im Verhältnis zu einem so großen und schweren Vogel winzigen Flügel, deren Länge nicht mehr als 17 — 20 cm betrug. Daß sie zum Flug in der Luft gänzlich untauglich waren, ist selbstverständlich. Dagegen haben sie dem schwimmenden Vogel als Ruder vorzügliche Dienste geleistet ; denn der Riesenalk schwamm — auch hierin spricht sich voll- kommene Übereinstimmung mit den Pinguinen aus — mit Hilfe seiner Flügel, als wenn er durchs Wasser flöge. Und wie voll- endet er dieses, sein wahres Element zu beherrschen wußte, ist uns von alten Seefahrern, die ihn darin gesehen haben. Unser Riesenalkskelett. Unser Riesenalk nach der Umstopfung. — 188 — geschildert worden. Die Beute, die das fischreiche Meer den Vögeln lieferte, verdauten sie am Land in beschaulicher Ruhe, scharenweise auf den felsigen Klippen stehend. Dort legte auch das Weibchen sein einziges, 120 bis 130 mm langes, kreisel- artig geformtes, auf grünlichem Grunde braun geflecktes Ei ohne besondere Sorgfalt auf den moosigen Boden. Der Wohlgeschmack dieser großen Eier war einer der Gründe für den Untergang der Art. In grauer Vorzeit be- wohnten die Riesenalke, wie aus einzelnen Knochenfunden geschlossen werden kann, ein weites Gebiet, das sich von Grönland und Neufundland im Norden und Westen bis Norwegen, Dänemark und England nach Osten und Süden erstreckt hat. Aber die Menschen machten eifrig Jagd auf die fetten Vögel und ihre Eier, — findet man doch auf Irland öfters Knochen von Riesenalken in „Kitchen middens", den vorhistorischen Küchenabfällen — so sank ihre Zahl und verengte sich ihr Wohngebiet, und gegen Ende des achtzehnten Jahrhunderts lebten sie in einiger Häufigkeit nur noch auf ein paar Klippen bei Island und Neufundland. Um 1830 herum galten sie bereits als selten, und 1844 ist das letzte lebende Stück, von dem man weiß, auf Island erschlagen worden. Die damals ver- breitete Ansicht, daß man im höhereu Norden noch viele von ihnen antreffen werde, fand keine Bestätigung. Die Art ist erloschen. Das Schicksal der schönen und auffallenden Vogelform rief eine ganze Literatur hervor; wir kennen jetzt dank der rastlosen Bemühungen von Steenstrup, W. Blasius, Bid- well u. a. jedes einzelne in den Sammlungen befindliche Stück und von den meisten auch die Geschichte. Es sind im ganzen nur 80 Bälge vorhanden, 20 in Deutschland und einer davon im Senckenbergischen Museum. Freilich war unser Exemplar bisher keine Augenweide. Sein Gefieder war zer- zaust und blutig, an einigen Stellen infolge ausgeschwitzten Fettes schmutzigbraun statt weiß, und der gewaltsam auf die Brust herabgebogene Kopf gab ihm ein jämmerliches und un- natürliches Ansehen. Aber unter den geschickten Händen unserer Konservatoren Adam und August Koch ist der Alk, wie ein Phönix aus der Asche, neu erstanden. Mit Pfeifeuerde, Benzin, Persil und Wasserstoffsuperoxyd ist alles Fett und Blut aus — 189 — dem Gefieder herausgewaschen worden, so daß seine Brust jetzt wieder glänzt wie frischgefallener Schnee. Die ganze Haut wurde vorsichtig erweicht, aufgetrennt und umgewendet und dann in anmutiger Haltung neu präpariert Jetzt kann unser Stück den schönsten überhaupt vorhandenen beigezählt werden. Dunkel ist die Herkunft unseres Riesenalkes. In dem von Hartert 1891 angefertigten Katalog unserer Vogel- sammlung steht die Notiz „getauscht von Prof. Fries in Stockholm im November 1837". Da aber in den alten Tausch- listen und Protokollen hierüber kein Wort zu finden ist, dürfte der Angabe H arter ts nur eine Vermutung und unbestimmte Äußerung des früheren Präparators Er ekel zugrunde liegen. Dennoch wird sie ungefähr das Richtige treffen. Im Jahre 1831 sind auf der Insel Eldey bei Island zwei Dutzend Riesenalke getötet, in einer ganz besonderen Weise — nämlich durch einen Längsschnitt unter dem rechten Flügel — abgebalgt und größtenteils nach Kopenhagen verkauft worden. Da unser Stück auf die gleiche Art präpariert worden ist, stammt es wahrscheinlich von Eldey und mag über Kopenhagen und Stock- holm nach Frankfurt gekommen sein. Begreiflicherweise stehen Riesenalkbälge sehr hoch im Preis. Schon 1869 hat Wilh. Schlüter in Halle nach Mit- teilung des jetzigen Inhabers der Firma Herrn Schlüter jr. einen Balg für 1500 Dollar an das Museum in Washington verkauft. Den jetzigen Geldwert aber schätzt Herr Schlüter auf nicht weniger als 20000 Mark. Sicher ist, daß wir unser Stück auch für diese Summe nicht hergeben würden. Noch spärlicher als Bälge sind vollständige Skelette des Riesenalkes — es sind im ganzen nicht mehr als 23 — in den Museen vertreten. Frisch aus dem Kadaver herauspräparierte Skelette gibt es überhaupt nur zwei : in Paris und im Londoner College of Surgeons. Alle übrigen hat die Funksinsel bei Neu- fundland geliefert. Hier muß eine starke Kolonie der Vögel ge- wohnt haben ; denn unter dem torfigen Boden, oft mehrere Fuß tief, sind zahlreiche, durch die Einwirkung des Humus tiefbraun gefärbte Einzelknochen, ferner auch eine kleine Anzahl mumi- fizierter Körper und nahezu kompletter Skelette gefunden worden. In einem Falle war eine Wurzel durch den ganzen Wirbelkanal — 190 — hindurch gewachsen und hielt so die losen Wirbel zusammen. Aus Einzelknochen hat man eine Reihe vollständiger Skelette künstlich zusammengesetzt, an den übrigen das Fehlende er- gänzen können. Von dort stammt auch das tadellose, nur wenig ergänzte Skelett, das kürzlich der Senckenbergischen Gesellschaft von Ch. Girtanner in Ciarens für den Preis von M. 2850 ange- boten wurde, — in Anbetracht der Schönheit des Stückes ein recht geringer Preis — und es ist sehr erfreulich, daß die Ver- waltung sich rasch entschlossen hat, die Summe vorläufig zu bewilligen, ehe noch ein großmütiger Spender (auf den wir aber immer noch hoffen) dafür gefunden war. Unser prächtiges Stück läßt erkennen, daß die durch gleiche Lebensart bestimmte Ähnlich- keit („Konvergenz") zwischen Riesenalk und Pinguin sich auch auf das Innere erstreckt. Wie die Pinguine besaß der Riesenalk einen hohen Brustbeinkamm, der sonst als Ansatzfläche der Brustmuskulatur nur flugbegabten Vögeln zukommt, bei fluglosen aber — Strauß, Kiwi, Eulenpapagei u. a. — durch Rückbildung verschwindet. Daß dieser Kamm bei Riesenalk und Pinguin trotz ihrer Flugunfähigkeit erhalten geblieben ist, erklärt sich durch den Gebrauch der Flügel als Ruderorgan : zu ihrer Be- wegung im Wasser dienen die gleichen Muskeln und sind dieselben Ansatzflächen erforderlich wie bei den Fliegern. Auch die Ab- flachung des ganzen Arm- und Handskeletts, die bei den Pinguinen so auffallend ist, findet sich angedeutet. Leider besitzt unser Museum kein Ei des Riesenalkes, nur eine Nachbildung. Von den 72 in der Welt vorhandenen echten Eiern hat England sich weitaus den Löwenanteil — nicht weniger als 49 — gesichert, vor allem auch durch den Eifer privater Sammler. Ganz Deutschland besitzt nur fünf. Die Summen, die für Riesenalkeier bezahlt werden, sind freilich schon jetzt enorm ; erzielten doch die letzten Stücke, die ihren Besitzer gewechselt haben, Preise zwischen 4000 und 6000 M. Dennoch erscheint es fast als eine wissenschaftliche Ehrenpflicht des Senckenbergischen Museums, die nächste sich etwa bietende Gelegenheit zum Erwerb eines solchen Eies und damit zur völligen Komplettierung seines Besitzes an Riesenalkresten un- gesäumt zu ergreifen. 0. zur Strassen. — 191 — Ein fossiler Hai. Mit einer Abbildung. Die lithographischen Plattenkalke des oberen Jura von Solnhofen und Eichstätt in Bayern, Nusplingeu in Württemberg und einigen wenigen anderen Orten sind bekannt wegen der Fülle prachtvoll erhaltener Fossilien, die sie bergen. Es gibt kaum eine zweite Schicht auf der Erde, in der die zartesten Tiere der Vorzeit in gleicher Vollständigkeit erhalten sind. Die dünnsten Insektenflügel mit ihrem Geäder und die äußerst feine Flughaut des Pterodactylus hinterließen scharfe Abdrücke in den Plattenkalken; ja selbst die zartesten aller Tiere, die Medusen, sind so ausgezeichnet erhalten geblieben, daß mau ihre Reste recht gut in das System der jetzt lebenden Quallen einzureihen vermag. Gerade dieser Umstand ermöglicht die Vergleichung der damaligen Fauna mit der heutigen, und diese hat gezeigt, daß zahlreiche Meerestiere der Jurazeit kaum verändert noch in den heutigen Meeren leben. Ganz eigenartige Lebensbedingungen herrschten zu jener Zeit in den genannten Gegenden. Mächtige Korallenriffe wuchsen aus dem tiefen klaren Meerwasser empor, und zwischen ihnen hatten sich stille Lagunen gebildet, in denen nur ein ungemein feiner Kalkschlamm zur Ablagerung kam, genau so wie in den ruhigen Wasserbecken, die heute von einem Atoll umkränzt werden. Nur bei Stürmen brachen die Meeresfluten in die Lagunen herein; aber bald wurden sie wieder abgeschnitten, und die tropische Sonne trocknete das Wasser schnell ein. Jeder Einbruch des Meeres brachte Schwärme von Quallen und Tintenfischen, Krebsen, Fischen und anderen Meerestieren mit sich, und der weiche Kalkschlamm bewahrte ihre Reste aufs sorgfältigste. Vom nahen Festland trieb der Wind Blätter, Zweige und viele Insekten auf den klebrigen Schlick, und nun flatterten und hüpften die Flugsaurier und der Ärchaeopterix heran, um die allenthalben reich vorhandene Beute zu erhaschen. Wie ein großes Buch hat der Plattenkalk alle Zeichen des Lebens aufbewahrt, das in jenen Lagunen geherrscht hat; die Fährte des Urvogels, die letzten hastigen Bewegungen des Limulus, der dem drohenden Verderben zu entrinnen suchte, sie sind deutlich zu erkennen. Und doch ist uns dieses reiche Tierleben Co Q 5' 0 - 193 — nur zum Teil bekannt geworden : denn von sehr vielen, nament- lich den großen Formen sind nur ganz wenige oder gar nur Einzelexemplare gefunden worden, die der Zufall in die flache Lagune verschlagen hat, in der sie verendet sind. Zu diesen Tieren gehört auch ein Hai Sqiiatina alifera (Münster) von breitem flachem Körper, mit mächtigen, nach außen gerichteten Brust- und Bauchflossen. Sein nächster Ver- wandter, der Meerengel {Squatina angelus) lebt noch heute in Menge im Atlantischen Ozean und besonders im Mittelmeer auf dem Meeresgrund, wo er sich von Schollen und Eochen nährt. Die beiden durch Millionen von Jahren getrennten Arten unter- scheiden sich nur durch das etwas stärker verknöcherte Skelett der Juraform. Das prachtvolle Stück unseres Museums ist eins der zahl- reichen Geschenke unseres korrespondierenden Mitglieds A. v. G winner in Berlin. Es wurde bei Nusplingen in einem jetzt verfallenen Steinbruch gefunden, und seine Erwerbung ist schon deshalb mit großer Freude zu begrüßen, weil weitere Exemplare von der früher hervorragenden Fundstelle nicht zu erwarten sind. Außerdem aber ist die Erhaltung des Stückes geradezu glänzend. Selbst die dreieckige Rückenflosse ist deutlich zu erkennen; der Hautsaum, der sich auf dem langen Schwanz hinzieht, ist körperlich erhalten, und die zahllosen kleinen Chagrinkörnchen in der rauhen Haut sind schon mit bloßem Auge sichtbar. Unser Museum hat mit diesem Stücke einen der schönsten, bisher überhaupt bekannten fossilen Haie erhalten. F. Drevermann. 194 — Lehrtätigkeit im Winterhalbjahr 11)09/10. I. Zoologie. In den Monaten Oktober bis Dezember wurde von Prof. Dr. M. Flesch ein Vortragszyklus von 13 Stunden über die Entwickelungsgeschichte des Menschen gehalten. Zunächst wurden Zellteilung und Befruchtung behandelt. Es wurden die neueren Feststelluugeu über die Geschlechtsbestimraung bei niederen Tieren besprochen, besonders die Untersuchungen aus der jüngsten Zeit über den Einfluß, den die Zahl der Chromo- somen bei einigen Insekten auf die Entstehung des Geschlechts ausübt. Daß ein Mehr an Chromosomen weibliche Sprößlinge be- wirkt, steht im Einklang mit den Tatsachen, daß anderwärts aus unbefruchteten Eiern Männchen, aus befruchteten Eiern Weibchen ausschlüpfen, und daß experimentell bei Kaninchen durch reichlichere Ernährung ein Überschuß au weiblichen Jungen gegenüber den Ergebnissen bei Unterernährung bewirkt ward. Ferner wurde auf die Forschungen L o e b s hingewiesen, dem es gelungen ist, lediglich durch chemische Beeinflussung der Eier niederer Tiere lebensfähige Embryonen zu entwickeln, ohne daß eine Befruchtung vorausgegangen war. Weitere Vorträge be- handelten die Bildung der primitiven und sekundären Keim- blätter, der Primitivrinue und des Canalis neurentericus, ferner die Organentwickelung unter besonderer Berücksichtigung des Nervensystems und der Sinneswerkzeuge und schließlich die Bildung der Sexualorgane und der Eihülleu beim Menschen und in der Wirbeltierreihe. An Demonstrationsmaterial standen in erster Linie mikrosko- pische Präparate des Vortragenden, besonders Schnitte aus frühen Stadien der Embryonalentwickelung des Hühnchens und der Katze, sowie Präparate und Wachsmodelle aus der Lehr- und Schau- samnilung des Museums zur Verfügung. Auch waren dem Vor- tragenden von dem Dr. Senckenbergischen anatomischen Institut — 195 — weitere Modelle und von Prof. Edinger einige Präparate aus der Entwickelung des Gehirns leihweise überlassen worden. Diaposi- tive aus der Sammlung des Ausschusses für Volksvorlesungen und epidiaskopische Vorführungen von Abbildungen ergänzten das reiche Anschauungsmaterial zu möglichster Vollständigkeit. Vom Januar bis März hielt Prof. zur Strassen die an- gekündigten Vorlesungen. Montags und Mittwochs las er über die Naturgeschichte der Vögel. Er gab zunächst eine all- gemeine Schilderung der Vogelklassen, wobei nicht nur auf Bau und Entwickelung, sondern vor allem auch auf physiologische und psychologische Verhältnisse Wert gelegt wurde. Hierbei be- nutzte der Vortragende anatomische Präparate, Modelle und Bilder, die zum Teil neu gekauft, zum Teil eigens für diesen Zweck im Museum angefertigt worden waren. Im zweiten Teil der Vorlesungen wurden die wichtigsten einheimischen und aus- ländischen Vogelarten nach G a d o w s System besprochen und unter Verwendung der Schausammlung in natura vorgeführt. Donnerstags las Prof. zur Strassen über den gegenwär- tigen Stand der Abstammungslehre. Hier wurden die Gründe für die Annahme einer stammesgeschichtlichen Entwickelung und die verschiedenen Möglichkeiten, sie mechanistisch zu begreifen, dar- gelegt. Darwins Zuchtwahlhypothese wurde mit einigen neue- ren Korrekturen und Zusätzen als zureichende Erklärung an- erkannt. Auch füi" diese Vorlesungen stand eine Anzahl neuer Bilder, von freiwilligen Hilfskräften hergestellt, zur Verfügung. Beide Kollegien waren gat besucht, das über Abstammungslehre so stark, daß es im Festsaal abgehalten werden mußte. II. Botanik. Prof. M ö b i u s behandelte in seinen Vorlesungen das Thema „Spezielle Pflanzengeographie oder Beschreibung der Pflanzenwelt der verschiedenen Länder". In 39 Stunden wurden die pflanzengeographischen Gebiete der Erde geschildert: zu- nächst das arktische Gebiet, dann die Gebiete der alten Welt, Australiens, Amerikas von Norden nach Süden und zuletzt das antarktische Gebiet. Es handelte sich natürlich nicht nur um das Aussehen der Vegetation in diesen verschiedenen Gegenden, sondern auch um die Bestandteile der Flora, deren Unterschiede und Beziehungen von und zu den Floren anderer Gebiete und 13* — 196 — vor allem auch um die Abhängigkeit der Pflanzenwelt von den klimatischen und anderen äußeren Verhältnissen ihres Landes. Früher war der Dozent zur Unterstützung des mündlichen Vortrages auf AVandtafeln, aufgelegte und herumgereichte Ab- bildungen und Präparate angewiesen; diesmal konnte neben diesen Hilfsmitteln auch das Epidiaskop verwendet werden. So wurden am Schluß jeder Stunde etwa 20 Projektionen vor- geführt: Vegetationsbilder, Abbildungen einzelner Pflanzen, ge- trocknete Pflanzen, kartographische Darstellungen, Tabellen und dergl. Die Vorlesung war von 43 Hörern und Hörerinnen besucht. Praktische Übungen wurden nicht abgehalten; doch war einzelnen Herren Gelegenheit geboten, auch im Winter- halbjahr mikroskopisch zu arbeiten. Der Kursus über Pflanzenbiologie für die Frauenschule wurde fortgesetzt und beendigt. In 20 Vorlesungen wurden die Be- ziehungen der Pflanzen zu einander und zu den Tieren, die verschie- denen Arten der Vermehrung und Reproduktion, die Bestäubung und die Verbreitung der Früchte durchgenommen, und mit einem Blick auf den Stammbaum der Pflanzen wurde der Kurs geschlossen. TU. Mineralogie, Geologie uud Paläontologie. Im geologisch-mineralogischen Seminar, das Prof. Schauf gemeinsam mit Dr. Dr ever mann abhielt, wurden wichtige Neuerscheinungen aus der Literatur von den Leitern und Teil- nehmern besprochen. An neun Abenden fanden die verschie- densten Seiten der Wissenschaft Berücksichtigung, und oft zeigte eine rege Diskussion den Wunsch, tiefer in die behandelten Fragen einzudringen. Es nahmen 25 Hörer teil, darunter 17 Lehrer und 8 Lehrerinnen. Die Vorlesungen Dr. Drevermanns über die Entwicke- lung der Wirbeltiere im Laufe der Erdgeschichte wurden Donners- tags von 7 — 8 Uhr im kleinen Hörsaal abgehalten und von 73 Hörern und Hörerinnen besucht. Es wurden die Fische, Amphibien, Reptilien und Vögel der Vorzeit unter Zugrunde- legung des Sammluugsmaterials durchgesprochen, wobei zahl- reiche Lichtbilder zur Ergänzung der Lücken dienten. Die Vorlesung findet ihre Fortsetzung im laufenden Sommerhalbjahr, in dem die Entwickelung der Säugetiere in ähnlicher Weise vorgetragen wird. — 197 — IV. Wisseuschaftliche Sitzungen. 1. Sitzung am 16. Oktober 1909. Prol Dr. 0. zur Strassen, Leipzig: „Psj^chologie der Insekten." In Fragen der Tierpsychologie haben von jeher nächst den Wirbeltieren die Insekten die Hauptrolle gespielt, da sie durch Häufigkeit und Schönheit das menschliche Interesse auf sich zogen und in ihrem Verhalten in der Tat mehr als andere Wirbellose merkwürdig sind. Dabei wurde und wird noch manchmal der Fehler begangen, menschliche Bewußtseinsvor- gänge und psychische Leistungen ohne genügende Kritik auf die Insekten zu übertragen. In dieser Hinsicht verlangt viel- mehr das „Prinzip der Sparsamkeit" die größte Vorsicht. Die inneren Vorgänge, die unser eigenes Verhalten bewirken, stellen eine ganze Stufenleiter von steigender Kompliziertheit dar, die mit unbewußten, den physiko- chemischen Prozessen ähnlichen, ja im Prinzip auf solche zurückführbaren Leistungen beginnt und bis zum bewußten intelligenten Denken emporsteigt. Es dürfen nun innere Vorgänge einer bestimmten Komplikations- stufe nur dann beim Tiere angenommen werden, wenn das Verhalten des Tieres nicht schon durch einfachere erklärt werden kann. Auf der niedersten Stufe stehen die vollkommen ange- borenen, unbewußten Bewegungen unserer inneren Organe (Darm, Herz) und die ebenso unbewußten, durch äußere Reize ausge- lösten Reflexe, wie die Iriskontraktion auf Lichtreiz. Derartige Vorgänge genügen, um beim Insekt die Lauf-, Flug-. Freß- bewegung usw. an sich zu erklären, desgleichen die zweckmäßige Auslösung solcher Bewegungen durch den Reiz einer Berührung, Belichtung des Auges, Geruch der Nahrung und ähnliches. Sehr oft sind nun die Bewegungen der Insekten zweckmäßig gerichtet. Überwinternde Räupchen kriechen auf das Licht zu und gelangen so an die Zweigenden, wo sie Nahrung finden ; Schmetterlinge fliegen zu duftenden Blüten, Aasinsekten zum Aas; die Männchen finden auf enorme Distanz ihre Weibchen. Solche Richtungs- bewegungen (Tropismen) sind als besondere Art des Reflexes leicht zu erklären. Auch der menschliche Säugling findet die Brust der Mutter. — 198 — Wenn angeborene zweckmäßige Bewegungen der Insekten nicht durch einfachen Reiz (Druck, Geruch usw.) ausgehest wer- den, sondern durch eine bestimmt geordnete Kombi- nation von Reizen, die von einer „Form" ausgehen, wie dies z. B. bei den kunstvollen Bauten der Insekten geschieht, so könnte mau denken, hierzu sei eine bewußte „Vorstellung" der betreffenden Form unentbehrlich. Dies trifft aber nicht zu. Beim Menschen wird das Vorhandensein und die Wirksamkeit unbewußter „Vorstellungen" angenommen. Also kann auch beim Insekt die „Form" als eine entsprechend geordnete und in sich verknüpfte Gruppe physiologischer, d. h. unbewußter Reizvorgänge wirken, was sparsamer ist. Übrigens sind die Reize, die das angeborene Verhalten der Insekten bestimmen, oft andere, als man nach menschlicher Analogie vermuten möchte. Ameisen „erkennen" Freund und Feind lediglich nach dem Geruch, ebenso ihren Weg. wobei sie durch einen „Formgeruch" für die Richtung der Fährte reizbar sind. Bienen und Hummeln werden beim Heimweg durch optisch eingeprägte Landschaftsbilder geleitet, wobei aber das Bild des Zieles selbst keine Rolle spielt. Äußerst wertvoll für die Insekten ist ihre Fähigkeit, je nach den Umständen ihr Veihalten zweckmäßig zu modifizieren. Die Räupchen, die dem Lichte folgend an die Zweigspitzen ge- langt sind, wandern vom Lichte fort, sobald die Futterquelle erschöpft ist; die Bienen ändern ihr Verhalten weitgehend, je nachdem eine Königin im Stock vorhanden ist oder nicht. Vom menschlichen Standpunkte aus könnte man hierin den Beweis einer Intelligenz erblicken wollen. Allein die genannten und zahl- reiche andere Fälle von zweckmäßiger Verhalteusmodifikatiou sind vollkommen angeboren. Sie können darum nur mit den unbewußt-zweckmäßigen Modilikationen im Verhalten etwa un- seres Herzens verglichen werden, das je nach Temperatur usw. seine Tätigkeit regelt. Aus Reflexen und ihren angeborenen Modifikationen setzen sich alle, auch die kompliziertesten „Instinkte" der Insekten zusammen. Somit ist dieser weitaus größte und wichtigste An- teil ihres Verhaltens relativ sparsam erklärt. Aber manche In- sekten besitzen nachgewiesenermaßen auch die Fähigkeit, ihr Verhalten auf eine nicht angeborene Weise zweckmäßig zu modifizieren: sie lernen aus Erfahrung. NachForel lernte — 199 — ein Schwimmkäfer, zur Fütterung an die Oberfläche zu kommen. Hummeln befliegen an einem Tage nur Blüten einer bestimmten Art, die sich als honigreich erwiesen hat. Bienen lernten die Stunden kennen, zu denen auf Foreis Veranda Konfitüren zu stehen pflegten. Nach v. Büttel besuchen Bienen, die in Fen- stern Nahrung gefunden haben, danach auch fremde Fenster. Was mann berichtet, daß die blutrote Raubameise (Formica sangiimea) lernte, die sonst geduldeten Dina?-da- Gäste (kleine Käferchen aus der Familie der Staphyliniden) zu fangen und zu fressen. Dies sind erstaunliche Leistungen, jedoch nicht „in- telligente". Zu ihrer Erklärung genügt vielmehr die Annahme, daß die Insekten der „Assoziation" von Sinneseindrücken mit Bewegungen fähig sind. Assoziationen geschehen auch im Men- schen ohne intelligentes Zutun „von selbst", sogar unbewußt. Fälle eigentlicher Intelligenz bei Insekten sind unbekannt. Was als solche berichtet wurde, beruht auf falscher Deutung. Künst- lich gestellten kleinen Aufgaben gegenüber versagen auch höchste Insekten. 2. Sitzung am 23. Oktober 1909. Prof. Dr. K. Escherich, Tharandt: „Über Termiten." Die Termiten sind in den Tropen als furchtbare Schädlinge überall bekannt, die, in Massen auftretend, Holz, Papier, Leder, Kleider, Pflanzen usw. zerstören. Man kann den von ihnen angerichteten Schaden jährlich auf viele Millionen schätzen. Gewöhnlich werden die Termiten „weiße Ameisen" genannt; dies ist aber nicht ganz gerechtfertigt, da sie mit den echten Ameisen verwandtschaftlich nichts zu tun haben, sondern in die nächste Nähe der Küchenschaben zu stellen sind. Biologisch zeigen sie allerdings viel Übereinstimmung mit den Ameisen. Sie leben in Staaten, in denen die Arbeitsteilung in weitgehendem Maße durchgeführt ist; es gibt Geschlechtstiere, Arbeiter und Soldaten. Letztere können wieder in verschiedenen Formen und Größen auftreten und dienen entweder zur Verteidigung nach außen oder zur Aufrechterhaltuug der Ordnung im Innern, Die Arbeiter haben es völlig in der Hand, die Individuenzahl der einzelnen Kasten nach Bedarf zu regulieren; wie sie dies machen, ist größtenteils noch ein Rätsel. — 200 — Höclist interessant ist die Koloniegründung der Termiten, die wie bei den Ameisen durch das Ausschwärmen der geflügelten Individuen eingeleitet wird. Zu Tausenden, ja zu Hundert- tausenden, verlassen die letzteren ihren Bau, um sich in die Lüfte zu erheben und eine Zeitlang sich dort zu tummeln. Doch bald hat dieses Vergnügen ein Ende. Erschöpft fallen sie auf den Boden herab, um ihn nie wieder zu verlassen, da sie sich jetzt ihrer Flügel entledigen. Zuerst wimmelt alles regellos durcheinander; allmählich jedoch kommt etwas (3rdnung in die Gesellschaft, indem die Tierchen sich zu Paaren ordnen und so, das Weibchen voraus, das Männchen dicht hinterdrein, nach allen Richtungen auseinander laufen („Liebesspaziergang"), bis sie einen passenden Platz zur Gründung eines neuen Heims ge- funden haben. Dann gräbt sich das Pärchen, Rücken gegen Rücken gekehrt, gemeinsam in die Erde ein. So verbleiben sie vier bis fünf Monate; es ist dies eine Art Brautzeit, eine Er- scheinung, wie sie im Tierreich einzig dasteht. Erst nach dieser Zeit findet die Hochzeit statt, da erst dann die Geschlechtsorgane voll entwickelt sind. Nun dauert es ein Jahr, bis junge Brut vorhanden ist, die den Eltern zur Seite steht. Es ist leicht er- klärlich, daß der größte Teil der ausschwärmenden Termiten verloren geht, da ihnen Vögel, Schlangen, Eidechsen, Spinnen und Ameisen eifrig nachstellen. Die kunstvollen Termitenbauten zeigen nach Größe (6 — 7 ra Höhe) , B'orm , Konstruktion und Härte des Materials große Mannigfaltigkeit. Im Innern der Bauten, die von Höhlen und Gängen durchzogen sind, ist auch das königliche Gemach, in dem die mit einem etwa 10 cm langen Hinterleib aus- gestattete Königin täglich gegen 20 000 Eier legt. Die Nahrung, die, wie erwähnt, aus allem besteht, was zernagt werden kann, wird von den meist augenlosen und lichtscheuen Termiten größten- teils auf Gängen in der Erde geholt; auch werden Vorräte an- gelegt. Man hat in den Kammern auch schwammartige Gebilde aus fein verarbeitetem Holz gefunden, auf denen Pilze wachsen, die als konzentrierte eiweißhaltige Nahrung namentlich den Lar- ven gegeben werden. Untereinander sind sich die Termiten feindlich ge- sinnt; trotzdem leben verschiedene Arten, aber durch Scheide- wände getrennt, in einem Bau, die kleineren Arten, um bei — 201 — größeren zu stehlen, sogar als Pilzdiebe. Als Termitengäste finden sich Käfer, Käferlarven und Fliegen, die sich allmählich dem Termitenleben anpassen und geduldet werden, weil sie Sekrete absondern, die den Wirten behagen. Merkwürdig ist, daß sich alle diese Gäste durch dicke Bäuche auszeichnen, also gut genährt sind. Auch Schlangen und Eidechsen kommen in den Bauten vor ; Eidechsen legen ihre Eier hinein, Vögel nisten darin. In manchen Gegenden werden die Termiten roh, geröstet oder gebacken gegessen; auch finden ihre Bauten zum Brot- backen oder als Hochöfen Verwendung. 3. Sitzung am 30. Oktober 1909. R. Volk, Vorstand der biologischen Elbe-Untersuchungen, Hamburg : „Biologisches aus der Unte reibe, insbesondere die Beziehungen des Planktons zur Selbstreinigung des Stromes bei Hamburg." Die fauuistische Durchforschung des Niederelbe-Gebietes war von der Direktion des Naturhistorischen Museums zu Hamburg schon seit langem geplant, und der Vortragende selbst hatte bereits im Sommer 1898 versuchsweise Beobachtungs- und Fangfahrten auf dem Strom und in den Häfen unternommen, als im Frühjahr 1899 die Staatsbehörde den Auftrag erteilte, mit diesen faunistischen Studien auch solche über die Einwirkung der Sielwässer von Hamburg und Altona auf die Eibtiere zu verbinden. Da aber Tier- und Pflanzenleben aufs innigste mit einander verknüpft sind und sich in gegenseitiger Abhängigkeit von einander abspielen, mußte auch die Eibflora, insbesondere die Mikroflora, in den Kreis dieser Untersuchungen einbezogen werden. Weil ferner Wohl und Wehe aller Wasserbewohner von der Beschaffenheit ihres Lebenselementes abhängig ist, waren auch chemische Wasseranalysen auszuführen. Eine Eigentümlichkeit des Eibwassers von Magdeburg abwärts ist sein hoher Gehalt an Chloriden. Dieser Salzgehalt entstammt der Wasserhaltung der Mansfelder Gruben und den Mutterlaugen der Kaliindustrie des Saalegebietes ; er regelt sich nach dem jeweiligen Betriebe dieser Montanindustrie und der — 202 — Menge der atmosphärisclieu Niederschläge (bei Hamburg wurden bis zu 698 Milligr. Chlor im Liter Eibwasser gefunden). Er- höhter Salzgehalt aus der Nordsee kommt aber niemals bis Hamburg; er läßt sich selbst bei Hochwasserstand nur bis etwa 50 Kilometer unterhalb der Stadt nachweisen. Mit der Einrichtung eines Laboratoriums und der Leitung des Unternehmens wurde der Vortragende beauftragt ; die syste- matische Bearbeitung des gesammelten Materials übernahm eine größere Anzahl von Spezialforschern. Die Vielgestaltigkeit und große Ausdehnung des Arbeitsgebietes, die sich heute auf rund 180 Kilometer von Süßwasser oberhalb der Stadt durch alle Grade der Salinität im Brackwasser bis zum hohen Salzgehalt der Nordsee erstreckt, bereitete besondere Schwierigkeit, zumal das ganze Gebiet unter der tief eingreif enden Wirkung der Ge- zeiten steht. Es mußten zur Aufklärung der biologischen Ver- hältnisse und zur Lösung der von der Behörde gestellten Auf- gaben eigene Methoden ausgearbeitet und dazu auch neue Apparate konstruiert werden, zumal Erfahrungen über derartige Stromuntersuchungen noch gänzlich fehlten. Die Methoden richten sich im großen und ganzen nach Art und Lebensverhältnissen der Wasserbewohner. Diese scheiden sich in zwei große Gruppen, in Bewohner des Ufers und Grundes und solche, die schwebend oder schwimmend das freie Wasser bevölkern. Die Gesamtheit der im Süßwasser meist mikroskopisch kleinen Schwebewesen, die weniger durch eigene Kraft wie die Fische schwimmen, sondern vielmehr durch geringes spezifisches Gewicht, innere Reibung des Wassers oder mancherlei mechanische Vorrichtungen ihres Körpers schweben, hat Hensen „Auftrieb" oder „Plankton" genannt. Unter den Wassertieren und -ptianzen gibt es solche, die nur im reinsten Wasser gedeihen, andere, die in mäßig ver- schmutztem Wasser ihr Fortkommen finden, und wieder andere, die zu ihrer Existenz ein stark mit fäulnisfähigen Stoffen ver- unreinigtes Wasser nötig haben. Da man aber zuweilen im E-einwasser durch Zufall dahin verschlagene Abwasserorganismen findet und andererseits auch Reinwasserbewohner einige Zeit in mehr oder weniger verschmutztem Wasser leben können, mußte neben der Feststellung der Formen auch deren Mengenbe- stimmung angestrebt, d. h. es mußten qualitative und quantitative — 203 — biologische Analysen ausgeführt und dabei ganz besonders auf charakteristische Lebensgenossenschaften, Biocönosen, geachtet werden. Weil sich in jenem Gebiet eine brauchbare Mengen- bestimmung der Ufer- und Grundbewohner nicht erzielen ließ, wandte der Vortragende nach dieser Richtung hin seine Auf- merksamkeit besonders dem Plankton zu. Nur die aus wöchent- lichen Fangfahrten jahrelang durchgeführten quantitativen Planktonbestimmungen aus dem „Reinwasser" verglichen mit solchen aus der Abwasserregion konnten zu sicheren Schlüssen und zur Aufklärung über Einwirkung des Planktons bei den Selbstreinigungsvorgängen führen. Die Unbrauchbarkeit der sogenannten „quantitativen" Planktonnetze zur Ermittelung des Planktongehalts im Wasser hatte der Redner bereits im Sommer 1893 erkannt. Darum konstruierte er für seine Zwecke eine „Planktonpumpe", die aus jeder beliebigen Tiefe des Stromes genau gemessene Wasser- mengen mit ihrem vollen Planktongehalt zur Untersuchung bringt. Im Laboratorium werden die mit Formalin fixierten Organismen durch Sedimentierung vom Wasser getrennt und dann, mit Quittenschleim sehr genau gemischt, auf ein be- stimmtes Gewicht gebracht. Von diesem Quittenschleimgemenge, das eine erkennbare Entmischung durch Absetzung der Or- ganismen verhütet, werden Stichproben auf Objektträgern mit der Analysenwage gewogen und dann die Mengen der ver- schiedenen Planktobionten unter dem Mikroskop ausgezählt. Die Zählungsergebnisse, stets auf einen Raummeter Wasser be- rechnet, liefern dann die angestrebten Vergleichszahlen. Zu den Qualitativfängen werden die bekannten Netze aus feinster Müllergaze verwandt. Neu eingeführt hat der Vortragende ferner noch qualitative Streckenfänge, die in ununterbrochener Kette von 5 zu 5 Kilometern in Einzelproben vom gleichen Tage ein Bild der Verteilung der Planktonorganismen auf der ganzen Strecke bis zur Nordsee liefern. Mit jedem dieser Fänge wird eine Wasserprobe zur Salzbestimmung entnommen. Außer ihrem abnormen Salzgehalt bringt die Elbe aus ihrem Oberlauf, neben ihrem gewöhnlichen Gehalt an organischen Stoffen, zur Zeit der Zuckerkampagne noch außergewöhnliche Mengen fäulnisfähiger Substanz, die den Abwässern von mehr als 300 Zuckerfabriken entstammen. Selbstverständlich erhält — 204 — das Eibwasser dann noch durch die Effluvien der ausgedehnten Sielnetze von Hamburg, Altona und Wandsbek eine weitere Anreicherung von Abwasserbestandteilen. Doch bewirkt hier das Einsetzen der Flut eine so energische Verdünnung und Ver- teilung in der gewaltigen Wasserraasse des Stromes, daß diese Anreicherung nur in größerer Nähe der Sielmündungen und während der Ebbe auch unterhalb derselben nachweisbar ist. Wie die Untersuchungen gezeigt haben, werden diese Abwässer von dem Strom nicht nur ohne Schädigung seiner Bewohner verdaut; sondern sie führen überdies noch zu einer gewaltigen Vermehrung der Lebewesen, indem eine hochgradige Wieder- belebung toter organischer Stoffe stattfindet, die als ein Teil der Selbstreinigung angesehen werden muß. Diese Selbstreinigung besteht in dem Zusammenwirken einer Reihe von physikalischen, chemischen und biologischen Vorgängen, durch die Fremdkörper, besonders organische fäul- nisfähige Stoffe, die das Wasser aufgenommen hatte, wieder aus diesem ausgeschieden werden. Die biologische und zum Teil auch die chemische Reinigung werden durch die Lebens- prozesse von Bakterien eingeleitet (seßhafte Abwasserpilze spielen bei Hamburg keine nennensw^erte Rolle) und vielfach bis zur Mineralisierung und Vergasung der Fäulnisstoffe fort- geführt. Erst bei einer gewissen Verdünnung setzt die Wirkung der Planktonalgen ein, von denen bis über 80 Milliarden im Raummeter Hafenwasser gefunden wurden. Einerseits assimi- lieren sie Kohlensäure unter Entwickelung von freiem Sauerstoff', wodurch sie zu Durchlüftern des Wassers werden, und anderer- seits absorbieren sie gelöste organische Substanz. Auch Proto- zoen sind befähigt, organische Substanz zu absorbieren ; sie fressen aber auch Bakterien, darunter Erzeuger von Infektions- krankheiten, andere Protozoen, Planktonalgeu und selbst kleine Metazoen. Die Metazoen des Planktons, Rädertiere, Kruster usw., ernähren sich von denselben Organismen. Unter ihnen sind die Kopepoden der Unterelbe wahre Mastschweinchen, Omnivoren, die neben Lebewesen auch noch Detritus verschlingen und sich im Siel Wasserbereich in kaum glaublicher Weise vermehren. Auch die Bodenfauna ist im Sielwassergebiet eine überreiche, besonders an Mollusken und Würmern (Tubificiden) ; sie sind in ihrer Masse gewaltige Detritusvertilger. Selbst die winzigen — 205 — Planktonkruster, von denen im Durchschnitt eine Eurytemora 0,064, eine Bosmina gar nur 0,0084 Milligr. wiegen, bewirken Erstaunliches durch ihr Massenvorkommen. Durch Kombination von Zähl- und Gewichtsanalysen wurden z. B. in 315000 Raum- meter Wasser des Indiahafens 30000 Kilogr. Bosminen und an einem anderen Tag in 12 Millionen Raummeter Wasser unter- halb der Städte 4 800000 Kilogr. Eurytemoren (volle Ladung eines fünfmastigen Seeschiffes) festgestellt, während an denselben Tagen im „ Reinwasser " noch keine 2 Zentigramme Bosminen im Raummeter und Eurytemoren überhaupt nicht gefangen wurden. Aus alledem erkennen wir eine weitgehende Inkarnation von Sielwasserbestandteilen, eine Wiederbelebung von Stoff- wechselresten unseres eigenen Lebensprozesses und von Abfällen unseres Haushaltes. Da nun aber alle hier genannten Wasser- organismen, seien sie Schwebewesen oder Grundbewohner, von größter Wichtigkeit als Fischnahrung sind, so erkennen wir ferner, daß die Dungstoffe, die wir durch die Siele in den Strom schicken, statt sie auf den Acker zu fahren, wirtschaftlich durchaus nicht verloren sind. Wenn auch nicht in Gestalt von Feldfrüchten und Mastvieh, gelangen sie doch zum großen Teil als wertvolles Fischtleisch wieder in unseren Besitz; denn in der Tat gehört die Niederelbe zu den fischreichsten Gewässern Deutschlands. Ausdrücklich aber warnt der Redner davor, von dem günsti- gen Abbau organischer Abwässer bei Hamburg Schlüsse auf die Entwässerung volkreicher Uferstädte im Binnenlande zu ziehen, weil dort der überaus wichtige Einfluß der Gezeiten gänzlich fehlt. Der Vortrag wurde durch Karten und eine größere Anzahl von Lichtbildern erläutert. Unter diesen befanden sich Mikro- photogramme von Eiborganismen bis zu 8200facher Linearver- größerung auf den Originalplatten, Erzeugnisse der Mikro- photographie, die der Vortragende mit Hilfe Ze iß scher Apo- chromate erzielt hat. 4. Sitzung am 6. November 1909. Privatdozent Dr. K. Deninger, Freiburg i. B, : „Ergebnisse seiner Reise nach den Molukken." Die Expedition, die der Vortragende im Herbst 1906 nach der Molukkeninsel Buru unternommen hat, war durch eine — 206 — Nachricht veranlaßt, die ilim durch einen Freund und Kollegen, Dr. Wanner, zugegangen war. Während seiner Reise inNieder- ländisch-Indien hatte Wann er von Eingeborenen gehört, daß auf jener Insel merkwürdige primitive Menschen leben sollten. Obwohl diese interessante Nachricht sehr bestimmt klang, war sich der Vortragende darüber klar, daß er in dieser Frage keines- wegs mit einem sicheren Erfolg rechnen durfte, daß er vielmehr bestrebt sein mußte, einen möglichen Mißerfolg durch ander- weitige Forschungsergebnisse auszugleichen. Mit Ausrüstung und Proviant für ein halbes Jahr versehen, landete der Vortragende in Tifu auf Buru. Die Insel Buru, eine der größten Molukkeninseln mit einem Längendurchmesser von 140 Kilometern, ist sehr gebirgig und fast ganz mit Urwald bedeckt. Streckenweise ist der Wald durch hohes Savanneugras unterbrochen, während nur ganz unbedeutende Flächen von den Eingeborenen in Kultur genommen sind. Die höchsten Erhebungen mit dem Kapalamatang, der sich als stolzer Gipfel von 2800 m direkt am Meere erhebt, liegen in der Landschaft Fogi im Nord- westen der Insel. Dies war auch das Gebiet, dem zunächst die Untersuchungen des Vortragenden galten, da von dort die Nach- richten über die „Waldmenscheu" ausgegangen waren. Zunächst wurden die geologischen Verhältnisse dieses Ge- bietes eingehend untersucht. Die Westhälfte von Buru stellt ein vorherrschend aus mesozoischen Kalksteinen aufgebautes, stark gefaltetes Gebirge dar, dessen Erforschung wegen der dichten Waldbedeckung große Schwierigkeiten bereitet. Allgemeineres Interesse gewinnt jedoch die Geologie der Molukken dadurch, daß in den letzten Jahren in diesem entlegenen Gebiet Versteine- rungen gefunden wurden, die in überraschender Weise mit sol- chen aus anderen Weltgegenden, namentlich aus der europäischen Juraformation, übereinstimmen. Vielfach ist auch die Ähnlich- keit des umschließenden Gesteins so groß, daß es an dem ein- zelnen Stück nicht möglich ist, festzustellen, ob es aus Schwaben oder von den Molukken stammt. Nach den gebräuchlichen Anschauungen über Leitfossilien stellt man unbedenklich Ablagerungen mit ähnlichem Fossilinhalt zeitlich einander gleich. Die Beobachtungen im Gelände, die der Vortragende über die Aufeinanderfolge der verschiedenen fossil- führenden Schichten auf Buru anstellen konnte, scheinen indessen — 207 — dafür zu sprechen, daß die Schichtenfolge in den Molukken eine andere ist wie in Europa, so daß vielleicht die Anschauung der Geologie über die Bedeutung der Leitfossilien in ihrer jetzigen Ausdehnung einer Revision bedarf. Sollte diese Auffassung sich bestätigen, so würde dies auch für die Stammesgeschichte der Organismen von großer Bedeutung sein. Besonderes Interesse bietet die Insel Buru auch vom tier- geographischen Standpunkt aus, weil sich in den Molukken das Verbreitungsgebiet der Beuteltiere mit dem höherer Säugetiere berührt. Von letzteren kommen eine Hirschart, Wildschweine, der Hirscheber (Babirusa), Zibethkatzen und Mäuse vor, während die Beuteltiere durch einen kleinen Kletterbeutler (Kuskus) ver- treten sind. Da verschiedene dieser Formen durch den Menschen eingeführt sein können, ist es von Wichtigkeit, daß der auf Buru vorkommende Hirscheber von der auf Celebes lebenden Form stark abweicht und somit als ursprünglicher Bewohner der Insel angesprochen werden darf. Wie die Tierwelt stellen auch die Menschen eine Mischung von westlichen malayischen und östlichen papuanischen Elementen dar. Die Küstenbewohner sind zumeist Mohammedaner, und nur im Südwesten der Insel ist die Landschaft Masarete bis weit in das Innere christlich. Hier ist durch tüchtige Missionare, die die Bevölkerung zur Ordnung und Arbeit erzogen haben, viel geleistet worden. Bei der übrigen Bevölkerung herrscht ein Geisterglaube wie bei allen malaj'ischen Völkern, hier zumeist verbunden mit einem Schädelkult, einer Verehrung der Schädel der verstorbenen Angehörigen. Kopf jagd wird nirgends betrieben, und nur im Süden der Insel werden von den bergbewohnenden Alfuren in seltenen Fällen Küstenleute zu religiösen Zwecken erschlagen. Die Nachforschungen nach den Waldmeuschen stellten sich als sehr schwierig heraus. Monatelanges Umherstreifen hat kei- nen positiven Anhalt dafür gebracht, daß diese „Orangutan" oder „Gebba boho" (böse Menschen), wie sie bezeichnet werden, reale Wesen sind. Sie sollen sich durch starke Behaarung, kräf- tiges Gebiß, Mangel einer verständlichen Sprache, Fehleu aller Werkzeuge und anderes mehr auszeichnen. Endlich ist es dem Vortragenden gelungen, in der Landschaft Masarete in Höhlen Skelette aufzufinden, die von solchen Waldmenschen herrühren — 208 — sollen. Die im anatomischeu Institut der Universität Freiburg aus- geführten Untersuchungen haben ergeben, daß sich darunter tat- sächlich Angehörige einer von der übrigen Bevölkerung ver- schiedenen Rasse befinden. Sie zeigen Verwandtschaft mit den Weddas von Ceylon, die eine der am tiefsten stehenden lebenden Menschenrassen sind. Mit ihnen in Beziehung stehende Völker sind bisher in Malakka, Sumatra und Celebes nachgewiesen worden, so daß das Vorkommnis auf Buru nur den am weitesten nach Osten vorgeschobenen Posten darstellt, wo sich Angehörige dieser Rasse zwischen den vordringenden übrigen Völkern noch erhalten haben. Wie anderwärts sind sie auch in Buru einem baldigen Verschwinden ausgesetzt. Die vordringende Kultur ist der schlimmste Feind alles ursprünglichen Volkslebens, und die anthropologische und ethnographische Erforschung der durch sie bedrohten Gebiete ist deshalb eine der dringendsten Forderungen der Wissenschaft. 5. Sitzung am 13. November 1909. Dr. H. Schubotz. Berlin : „Zoologische Ergebnisse und Beobachtungen wäh- rend der Zentralafrika-Expedition des Herzogs Adolf Friedrich zu Mecklenburg." Der Vortragende gibt einleitend eine kurze Übersicht über die Reiseroute und die Ziele der Expedition des Herzogs, an der er als Zoolog teilgenommen hat. Ihr Arbeitsgebiet lag zu beiden Seiten des zentralafrikanischen Grabens in seiner Aus- dehnung vom Kiwu-See bis zum Albert-See. Die Bedeutung dieser geologisch sehr merkwürdigen Erdspalte in tier- und pflanzengeographischer Hinsicht galt es insbesondere aufzuklären. Zu diesem Zweck wurden umfangreiche, jetzt dem Berliner Zoologischen Museum überwiesene Sammluugen, die sich auf alle Stämme des Tierreiches erstreckt haben, in der Nordwest- ecke des deutsch-ostafrikanischen Schutzgebiets, auf der Graben- solile selbst zwischen Kiwu- und Albert-See und im nördlichen Teile des zentralafrikanischen (Kongo-) Urwaldes angelegt. Der afrikanischen Süßwasserfauna wurde besondere Aufmerksamkeit gewidmet. Sie erwies sich, namentlich in Bezug auf das Plankton, auffällig artenarm bei einem sehr großen Individuenreichtum. Im Kiwu-See fehlen beispielsweise Cladoceren (Flohkrebse) ganz. — 209 — Auch Schwämme, Moostierchen, ja selbst Muscheln scheinen in diesem landschaftlich sehr schönen, geologisch offenbar jungen zentralafrikanischen See nicht vorzukommen. Fische sind zwar reichlich in ihm vorhanden; aber auch sie beschränken sich auf die verhältnismäßig geringe Zahl von zehn Arten. Der Albert -See und der Albert - Eduard - See, die sich in vielen Punkten ähneln, weisen etwas reichere faunistische Verhältnisse als der Kiwu-See auf. Die zentralafrikanischen Hochgebirge, die Virunga -Vulkane am Nordende des Kiwu-Sees und der Ruwenzori, wurden bis zu einer Höhe von mehr als 4000 Metern bestiegen. Dabei ergab sich eine auffallende Übereinstimmung der räumlich weit entfernten, durch den Albert-See und die tiefliegende Rutschuru- Ebene voneinander getrennten Gebirge in faunistischer Hinsicht. Von allgemeinerem Interesse ist die Feststellung, daß der Elefant sich bei seinen Wanderungen bis nahe an die Schneegrenze verläuft. Wenig unterhalb des Gipfels des 4500 Meter hohen Karissimbi, des höchsten der Virunga- Vulkane, in einer sehr unwirtlichen Region, in der nur noch Senecios (baumartige Kräuter) und Alchemillen gedeihen, fand der Vortragende frische Elefantenfährten. Von höheren Tieren wurden in dieser Region nur noch einige Vögel beobachtet und zwar die stahlblau gefärbte Nectarinia johnstoni, einer der kleinsten und dabei farbenprächtigsten Vertreter der afrikanischen Ornis, die nahe unter dem Gipfel des Muhawura -Vulkans und am Ulimbi im Ruwenzori-Gebirgsstock auf einer von ihr be- sonders bevorzugten Schaftlobelie vorkommt. Dem großen zentral- afrikanischen Urwald ist naturgemäß eine ganze Anzahl Arten eigentümlich; indessen finden sich sogenannte „ westafrikanische " Formen auch in den Wäldern östlich des Grabens bis an den Viktoria-See und noch über diesen hinaus. Andererseits nimmt die dem östlichen Steppengebiet eigentümliche Fauna von Osten nach Westen an Artenzahl ab, so daß der Schluß nahe liegt, Äqua- torialafrika sei in früherer Zeit viel weiter nach Westen hin vom Ur- wald bedeckt gewesen, als es heute der Fall ist. Die in den relativ kleinen Urwaldparzellen Ostafrikas vorkommenden westlichen For- men wären danach als Relikte eines früheren Zustandes aufzufassen. Interessante Mitteilungen macht der Vortragende schließlich über die Möglichkeit der Domestikation afrikanischer Wildarten. Hieraus sei hervorgehoben, daß der Kongostaat in jüngster Zeit 14 — 210 — erfolgreiche Versuche gemacht hat, den afrikanischen Elefanten zu zähmen. In einer Station des Uelle-Distrikts befindet sich zurzeit eine Herde von etwa 30 Stück, allerdings durchweg jungen Tieren, von denen einige schon zu Feldarbeiten verwendet werden. Diese Zähmuugsversuche sind von großer wirtschaft- licher Bedeutung, weil der Elefant nicht empfänglich für die verheerenden Viehseuchen ist, denen in Afrika sowohl Rinder als Pferde in ungeheurer Zahl zum Opfer fallen. 6. Sitzung am 20. November 1909. Dozent Dr. L. Grünhut, Wiesbaden: „Die Beziehungen zwischen physikalischer Chemie und Biologie." Physikalisch-chemische Anschauungen sind zuerst von medi- zinischer Seite zur Erforschung der Vorgänge am lebenden Organismus herangezogen worden, und zwar wurden zunächst Fragen der menschlichen Physiologie bearbeitet wie die Probleme der Entstehung bestimmter Sekrete und Exkrete, des Ablaufs bestimmter physiologischer Vorgänge u. dgl. Nachdem durch diese Arbeiten eine gesicherte Grundlage gewonnen war, konnte hierauf nun auch die Erörterung allgemeinerer Phänomene auf- gebaut werden, so daß, weit über die Fragen der menschlichen Physiologie hinausgehend, heute die gesamte Biologie in wesent- lichen Punkten physikalisch-chemisch beeinflußt ist. Vier Ab- schnitte der physikalischen Chemie sind es, die nützliche Fun- damente der Biologie geworden sind und zweifellos in Zukunft noch eine erhöhte Bedeutung gewinnen werden. Es sind die klare Fassung des Begriffs vom osmotischen Druck und die Möglichkeit seiner exakten Messung, die Theorie der elektro- lytischen Dissoziation, die präzisereu Vorstellungen über die Beschaffenheit der Kolloide und endlich die Wiederbelebung der Beschäftigung mit dem Problem der Katalyse. An einer Anzahl vortrefflich gewählter Beispiele erläutert der Vortragende die Bedeutung dieser vier Momente für die Biologie. So werden die Beziehungen des osmotischen Drucks des Milieus, in dem ein Wesen lebt, zu dem osmotischen Druck seiner Körperfiüssigkeit besprochen. Es werden die Beziehungen der Junenpioteide zu Leben und Tod der Zelle erörtert, Be- ziehungen, für deren Aufklärung Jonentheorie und Kolloidchemie - 211 — die gleiche Bedeutung besitzen, und bei denen vielleicht auch die Katalyse eine gewisse Rolle spielt. Ein ähnliches Zusammen- wirken mehrerer Faktoren ergibt sich weiter bei den bemerkens- werten Forschungen von Jacques Loeb über die künstliche Parthenogenese, als deren Resultat feststeht, daß Seeigeleier beim Verbringen in gewisse Salzlösungen sich zu teilen beginnen und zu Larven entwickeln, ohne daß vorher eine Befruchtung erfolgt ist. Wesentlich bestimmend für diese Erscheinung ist die Art und die osmotische Konzentration der in der Salzlösung vorhandenen Jonen. Vom Standpunkt der Kolloidchemie wird ferner eine Reihe von Erfahrungen über die Beeinflussung des Lebensvorganges durch minimale Spuren fremder Substanzen erörtert, und schließlich werden die Fermentwirkungen zu den katalytischen Erscheinungen in Beziehung gebracht. 7. Sitzung am 27. November 1909. Dr. E. Strauß: ,,Tierische Farbstoffe." Bei der großen Mannigfaltigkeit der im Tierreich vor- kommenden Farbstoffe können nur einzelne Vertreter dieser Körperklasse besprochen werden, und zwar wählt der Vor- tragende hauptsächlich diejenigen aus, denen eine allgemeine biologische Bedeutung zukommt. Substanzielle Farben finden sich normalerweise in den Körperflüssigkeiten kreisend, als Se- krete besonderer Drüsen und als Ablagerungen in den Geweben. Das pathologische Auftreten gewisser Farbsubstanzen kann als spezieller Fall der letzteren Art des Vorkommens aufgefaßt werden. Die wichtigsten Farbstoffe der ersten Gruppe sind die Blutfarbstoffe. Ihre Aufgabe ist es, als Überträger des ein- geatmeten Sauerstoffs in den Geweben Oxydationen im weitesten Umfang einzuleiten. Die im Tierreich verbreitetste Art von Blut- farbstoff ist das Hämatin, ein an einen Eiweißkörper, das Globin, gebundener eisenhaltiger Komplex. Die Verbindung beider Stoffe, das Hämoglobin, gibt dem Wirbeltierblut seine rote Farbe. Bei den niedrigsten Formen, beim Lanzettfisch und bei der Jugend- form des Aals, scheint es jedoch zu fehlen. In Bezug auf seine Verbreitung bei wirbellosen Tieren herrscht offenbar eine große Regellosigkeit. Es spielt z. B. bei den Würmern eine wichtige Rolle ; bei Schnecken und Muscheln findet es sich nur in wenigen 14* — 212 — Arten, und während es bei den Krebsen sehr verbreitet ist, fehlt es wieder fast vollständig bei den Insekten. Bei jenen Tieren nun, bei denen das Hämoglobin vermißt wird, scheint die respiratorische Tätigkeit von anderen Farbstoffen übernommen zu werden, so bei einigen Würmern von dem Chlorocruoriu und dem Hämerythriu, bei den Mollusken und Krustazeen von dem Hämocj-anin, einem blauen Farbstoff, der an Stelle des Eisens Kupfer enthält. Im Blute einiger Muscheln finden sich auch farblose respiratorische Stoffe, sogenannte Achroglobine, die Mangan enthalten. Eine für die Entstehung der tierischen Farb- stoffe überhaupt höchst wichtige Erscheinung bietet das Insekten- blut. Diese fast farblose sogenannte Hämolyraphe wird nämlich an der Luft unter Einwirkung eines oxydierenden Fermentes schwarz gefärbt, ein Vorgang, den man als Melanose bezeichnet. Eingehende Untersuchungen haben auch eine auffallende Ver- wandtschaft zwischen dem Blutfarbstoff' der Tiere und dem Blatt- grün der Pflanzen ergeben, obwohl zwischen beiden ein wichtiger funktioneller Unterschied vorhanden ist, indem das eisenhaltige Hämoglobin analytisch, das Magnesium enthaltende Chlorophyll synthetisch wirkt. Über Bildung und Zerfall des Hämoglobins im Tierkörper sind wir noch recht spärlich unterrichtet. Bekannt ist als Umwandlungsprodukt des Hämatins der in der Leber gebildete Gallenfarbstoff, das eisenfreie Bilirubin, das, leicht oxydierbar, in alkalischer Lösung an der Luft in das grüne Biliverdin übergeht. Von sekretorischen Farbstoffen verdienen die Purpursäfte einiger Meeresschnecken {Äplysia, Purpura u. a.) und das schwarz- braune Drüsensekret des Tintenfischs (Sepia), das Sepia-Melanin, wegen ihrer technischen Verwendung besondere Erwähnung. Die größte Anzahl verschiedener Substanzen, aber auch die größte Unklarheit in chemischer Hinsicht, bieten die Fär- bungen der tierischen Gewebe. Hier sei nur kurz erwähnt, daß sich möglicherweise in den Tegumenten grüner Insekten Chloro- phyll findet, daß bei einer Reihe wirbelloser Tiere sogenannte Lipochrome (fettlösliche Farbstoffe) auftreten, zu denen die blauen und roten Farbstoffe des Krebspanzers zu zählen sind, und daß die weißen Farbstoffe in den Flügeln des Kohlweißlings der Harnsäurereihe angehören. Dies sind nur einige Beispiele aus der Fülle von Substanzen, von denen zumeist weiter nichts zu nennen ist als der Name. Der einzige bis jetzt genauer studierte — 213 — Gewebsfarbstoff niederer Tiere ist die Cochenille, das pracht- volle rote Pigment einer Pflanzeulaus {Coccus cacti) ^ dem die Karminsäure zugrunde liegt. Die weiteste Verbreitung als Ge- websfarbstoffe der Wirbeltiere besitzen die sogenannten Melanine, braune oder schwarze, meist schwefelhaltige Substanzen, die sicher Eiweißabkömmlinge sind und die Färbung der Haare, der Haut, der Horngebilde, des Auges usw. bedingen. Sie bilden auch die schwarzen Pigmentkörner mancher Geschwülste (Mela- nosarkome). Ihre chemische Konstitution ist noch fast völlig unaufgeklärt. Während man früher annahm, daß sie Zersetzungs- produkte des Blutfarbstoffes seien, glaubt man jetzt, mit einiger Sicherheit behaupten zu dürfen, daß sie in den Zellen selbst entstehen und zwar unter der Einwirkung von Fermenten auf bestimmte, vom Zellkern ausgehende Chromogensubstanzen. Wahrscheinlich bilden für die Entstehung aller oder doch der meisten Farbstoffe des Organismus die chromogenen Gruppen der Eiweißmoleküle den Ausgangspunkt. 8. Sitzung am 4. Dezember 1909. Oberlehrer Dr. R. Richter: „Die Entstehung desRheintalsvon der Quelle bis Mainz." Die Talbildung ist erst auffällig spät zum Gegenstand wissenschaftlicher Forschung gemacht worden. Als man über den Gebirgsbau längst gute Vorstellungen hatte, bestanden über sie noch ganz unhaltbare Auffassungen, obgleich die Talbildung auf den Charakter vieler Gebirge keinen geringeren Einfluß ausübt, als es die gebirgsbildenden Vorgänge selbst tun. In letzter Linie war es erst die Untersuchung der schweizerischen Täler und vor allem des Rheintals durch Rütimeyer, die die Täler allgemein als Werke des fließenden Wassers erkennen lehrte. Die talbildende Kraft ist überall dieselbe. Wenn trotzdem die Täler, selbst die einzelnen Strecken unseres Rheintals, ver- schiedene Formen annehmen können, so wissen wir heute, daß hierbei eine ganz bestimmte Gesetzmäßigkeit obwaltet. So sind alle Längstäler rasch zur Reife gelangt und zeigen ruhige, ausgeglichene Formen, während die Quertäler noch im Kampf mit dem größeren Gesteinswiderstand stehen und sich mit ihren Engen und Fällen alle Merkmale der Jugend bewahrt haben. Andere Talstrecken sind wirklich jugendliche Bildungen, die der — 214 — Rhein erst später begonnen und bis heute noch nicht bis zur Reife der älteren, zu ihren Gunsten verlassenen Talstrecken fertig gestellt hat. Endlich hat auch die Eiszeit die von Glet- schern durchströmten Talstrecken umgestaltet und in den Jugend- zustand der unausgeglichenen Gegensätze zurückversetzt. Aus solchen Elementen, die bei aller Verschiedenheit das eine gemeinsam haben, daß es vom Wasser selbst ausgeräumte Hohlformen sind, setzt sich das Rheintal von der Quelle bis Basel zusammen. Die Hohlform von Basel bis Mainz dagegen ist nicht vom Rhein geschaffen , überhaupt nicht oberflächlich aus- geräumt worden. Ihr Boden, ein schmaler Streifen der Erdkruste, ist vielmehr in die Tiefe versenkt worden, und der Rhein hat diese Hohlform schon offen vorgefunden. Es handelt sich also hier gar nicht um ein Tal im eigentlichen Sinne, vielmehr ist dieser Begriff auf die vom Rhein geschaffene Rinne am Boden des Grabens einzuschränken. Das Rheintal hat sich also aus sehr verschieden gebauten Stücken nach und nach zusammen- gefügt, und seine Geschichte ist wohl zu unterscheiden von der Geschichte des Rheinlaufes. 9. Sitzung am 11. Dezember 1909. Prof. Dr. E. Kaiser, Gießen: „Die Entstehung des Rheintals von Mainz bis Köln." Unter Benützung einer Reihe von Tafeln und von sehr instruktiven Lichtbildern schildert der Vortragende in großen Umrissen die Entstehungsgeschichte des Rheinischen Schiefer- gebirges und bespricht sodann eingehender die Talbildung. Zu Ende des Miozäns oder zu Beginn des Pliozäns war das ganze Gebiet des jetzigen Rheintals von Mainz bis Köln ein flacher Schild, der nur wenig über den Meeresspiegel hervor- ragte. Eine gleichmäßige Emporhebung des Gebirges oder ein Absinken der vorlagerndeu Teile bedingte zusammen mit den allgemeineren Erscheinungen der Vergletscherung Nord- und Süddeutschlands ein gleichmäßiges und allmähliches Einschneiden des Tals. Dieses Einschneiden erfolgte aber nicht auf einmal sondern in Intervallen, in denen Zeiten der Talvertiefung mit solchen der Aufschüttung von Kies und Sand in den bisherigen Hohlformen des Tals miteinander wechselten. Dadurch wurde ein terrassenförmiger Bau der Talflanken bedingt. Die einzelnen — 215 — Talstufen lassen sich auf weite Strecken verfolgen und sind mit besonderen Namen belegt worden. Es zeigt sich, daß ähnliche Talstufen auch im Gebiet des oberen Rheintals auftreten, und daß bei der Entstehung einzelner von ihnen ein Zusammenfallen mit bestimmten Zeiten der diluvialen Vergletscherung zu ver- folgen ist. Die Zahl der Stufen innerhalb des Rheinischen Schiefer- gebirges scheint von Norden nach Süden zuzunehmen. Während man in der Gegend von Köln nur drei Stufen deutlich von- einander unterscheiden kann, ist ihre Zahl oberhalb Koblenz am Rhein und an der Mosel scheinbar sehr viel größer, und gegen den Südrand des Rheinischen Schiefergebirges in der Gegend von Bingen scheint eine größere Zahl von einzelnen Terrassen am Gehänge aufzutreten. Dabei sind die gleichalt- rigen Terrassen in den anstoßenden Teilen des Oberrheintals in einem sehr viel tieferen Niveau abgesetzt, so daß in diesem Gebiet besondere tektonische Bewegungen angenommen werden müssen, die ein Absinken des Oberrheintals auch noch in jung- diluvialer Zeit bedingt haben. Damit steht eine relative Empor- hebung des Rheinischen Schiefergebirges selbst in Zusammen- hang und zwar in der Weise, daß sein südlicher Teil stärker, dabei aber nicht gleichmäßig sondern in Zwischenpausen ge- hoben worden ist. Hiermit hängt auch die größere Zahl der Terrassen im Süden zusammen. Auf vulkanische Erscheinungen der Tertiärzeit sind die Kuppen zurückzuführen, die zu den Seiten des Rheintals die Hochfläche des Schiefergebirges überragen. Auf vulkanische Erscheinungen der Diluvialzeit deuten Schlackenkegel, Lava- ströme und Bimssteinüberschüttungen hin, die namentlich in der weiteren Umgebung des Laacher-See-Gebietes auftreten. Abgesehen von diesen jungen vulkanischen Aufschüttungen ist die Talbildung innerhalb des Rheinischen Schiefergebirges, also etwa von Bingen bis Linz, allein ein Werk der Erosion, des Einschneidens des Flusses. Die Widerstandskraft der ver- schiedenartigen Gesteine zeigt sich nur in der Form der Tal- hänge, in der Enge und Weite des Tals. Erst weiter draußen, von Linz an rheinabwärts, tritt der Rhein in das Gebiet der Niederrheinischen Bucht und ist hier von dem tektonischen Ein- brüche derselben abhängig. Er verändert aber auch hier wieder durch Erosion seine Lage und die Form der Aufschüttung. — 216 — Der Mensch hat den größten Teil der Talentwickelung des Rheins auch hier mitangeseheu, zum Teil in primitivstem Natur- zustand, unter wechselnden klimatischen Verhältnissen und von den mannigfachsten Naturerscheinungen bedroht. 10. Sitzung am 8. Januar 1910. Prof. Dr. R. Goldschraidt, München: „Das Problem der Geschlechtsbestimmung." Unter Hinweis auf die in dem Problem selbst liegenden Schwierigkeiten erwähnt der Vortragende kurz die zahllosen, vergeblichen Versuche zu seiner Lösung. Wie in der gesamten Biologie können auch hier nur exakte Beobachtung und ein- wandfreies Experiment zum Ziel führen. Der Ausgangspunkt des Organismus ist die Eizelle. Nun wirft sich sofort die Frage auf: ist das Geschlecht des zukünftigen Individuums schon im unbefruchteten Ei festgelegt, wird es erst durch die Befruchtung bestimmt, oder ist auch noch eine nachträgliche Geschlechts- bestimmung des befruchteten Eies möglich? Außerordentlich zahlreiche Beobachtungen und die sorgfältigsten Experimente haben seither zu keinem sicheren Entscheid geführt; vielmehr lassen sich für die Berechtigung der Annahme sämtlicher drei Möglichkeiten gewisse Gründe anführen, wenn auch die Hypothese einer nachträglichen Bestimmung des Geschlechts auf den schwächsten Füßen steht. In neuester Zeit hat mau das schwierige Problem durch eine sorgfältige Anahse der Eigenschaften der Geschlechtszellen selbst zu klären gesucht. Unter dem Einfluß der modernen Vererbungsforschung, die in dem Mendelschen Bastardierungs- gesetz gipfelt, ist man dazu gekommen, „Männlichkeit" und „Weiblichkeit" als zwei Elementareigenschaften der Geschlechts- zellen und die Fortpflanzung als eine Bastardierung zu betrachten, wobei das Ergebnis der Befruchtung in Bezug auf das Geschlecht den gleichen Gesetzen unterliegen muß, w^ie sie für die Bastar- dierung überhaupt gelten. Im Gegensatz zu dieser Anschauung, die qualitative Verschiedenheiten in den Geschlechtszellen annimmt, stehen Vorstellungen, die aus den zellulären Untersuchungen abgeleitet werden. Sie scheinen zu zeigen, daß ein Quantitäts- unterschied in der chemisch wichtigsten Substanz der Zelle, dem Chromatin, über die Frage „männlich oder weiblich" ent- — 217 — scheidet, und zwar in dem Sinne, daß das gewissermaßen besser ausgestattete Laboratorium zu einem Weibchen, das weniger gut eingerichtete zu einem Männchen führt. Mit einem bedeutungsvollen Ausblick auf die praktischen Konsequenzen der Lösung des Problems der Geschlechtsbe- stimmung schließt der Redner seinen interessanten Vortrag. 11. Sitzung am 15. Januar 1910. Dr. R. Kahn : „Über schlagende Wetter." Die erschreckende Anzahl von Menschenleben, die alljähr- lich in den Kohlengruben den schlagenden Wettern zum Opfer fällt, rechtfertigt das große Interesse, das diesen Erschei- nungen allgemein entgegengebracht wird. „Schlagende Wetter" sind ein besonderer Fall der in der Chemie unter dem Namen „Knallgasexplosionen" bekannten Erscheinung. Solche Explo- sionen treten immer ein, wenn ein brennbares Gas mit einem Gase, das die Verbrennung zu unterhalten imstande ist, in be- stimmten Verhältnissen innig gemengt einer Entzündung unterliegt. In den Kohlenbergwerken ist natürlich genügend Luft vorhanden, um den zu einer solchen Verbrennung notwendigen Sauerstoff zu liefern. Das brennbare Gas entsteht aber bei dem langsamen Zer- setzungsprozeß, dem die Kohle bei ihrer Umwandlung aus Holz in Anthrazit, die älteste bekannte Form der Steinkohle, unterliegt. Das Gas, das sich hauptsächlich in den Kohlengruben findet, ist ziemlich einheitlicher Natur und wird Gruben- oder Sumpf- gas genannt, da es auch häufig in Sümpfen entsteht, in denen sich Holz unter Luftabschluß zersetzt. Es besteht vorwiegend aus dem niedrigsten Kohlenwasserstoff, den die Chemiker Methan nennen. Dieses Gas verbrennt angezündet ruhig an der Luft mit schwach leuchtender Flamme, mit Luft oder Sauerstoff ge- mengt aber unter heftiger Detonation. Die verheerende Wirkung der schlagenden Wetter ist größtenteils in der kolossalen Hitze zu suchen, mit der die Verbrennung vor sich geht, so daß alles, was sich im unmittel- baren Gebiet der Explosion befindet, verbrennen muß. Daß die Wirkungen gewöhnlich noch viel weiter greifen, ja öfters das ganze Bergwerk umfassen, liegt zum Teil daran, daß durch die Wärmeentwickelung eine plötzliche und außerordentlich starke — 218 — Ausdehnung der Luft stattfindet, die solche Gewalt ausüben kann, daß Menschen direkt weggeschleudert, an die Wandungen ge- worfen, zermalmt und erdrückt werden. Findet die sich aus- breitende Luft, wie es in den engen Gängen und Winkeln der Bergwerke fast immer der Fall ist. Widerstände, die sie am raschen Entweichen nach außen hindern, so wird die Gewalt ihres Stoßes die Holz- und Eisenstützen einreißen, durch die die Stollen und Gänge gesichert sind, ja das Gebirge selbst kann unter ihrem Druck zum Einsturz gelangen. Man hat natürlich eine Reihe von Mitteln erdacht, um vor den schlagenden Wettern zu warnen und ihre Entzündung zu verhüten. Hauptsächlich kommt ausgiebige Berieselung der be- drohten Felder mit Wasser in Betracht, wodurch der feine Kohlenstaub aus der Luft niedergeschlagen wird, so daß bei Eintritt einer Explosion die Flamme keine weitere Nahrung finden kann. Denn in der Regel sind die schlagenden Wetter mit einer Reihe darauf folgender „Kohlenstaubexplosionen'' ver- knüpft, die häufig die Ursache der großen Ausdehnung der Explosionen bilden. Gute Dienste können der auf der hohen Dif- fusionsgeschwindigkeit des Grubengases beruhende An sei Ische Gasindikator und die verschiedenen Formen der Grubenlampen leisten. Daß diese Apparate indessen oft versagen, hat seine Ursache in der Unvollkommenheit alles Menschenwerks und in den besonders ungünstigen Bedingungen, die derartige empfind- liche Instrumente im Innern der Kohlengruben finden. Wenn die kolossalen Mengen Grubengas, die täglich den Kohlenflözen entströmen, aufgefangen werden könnten, so würde man durch ihre Verbrennung enorme Kraftleistungen vollbringen können. Man könnte Gasmaschinen mit ihnen treiben und Erze mit ihrer Hilfe verhütten. Auch als Ballongas wäre das Gruben- gas verwendbar, da es viel leichter als Luft ist. Vielleicht mag es einer fernen Zukunft gelingen, die schlagenden Wetter zu bändigen und sie zugleich unseren Kulturzwecken dienstbar zu machen. 12. Sitzung am 22. Januar 1910. Prof. Dr. G. Greim, Darmstadt: „Die Zirkulation der Ozeane." Von der besonderen Eigenart der Meeresströmungen aus- gehend, die sich von den auf dem Festland vorhandenen Strö- — 219 — miingen wesentlich unterscheiden, erwähnt der Vortragende die in dieser Eigenart begründeten Methoden zur Untersuchung der Oberflächeuströmungen, um sodann die Theorien zur Erklärung der Strömungen genauer zu erörtern. Bis vor kurzem galt, zwar von manchen Seiten widersprochen, doch bei den meisten Ozeanographen fast allgemein anerkannt, die von Zoeppritz 1878 genauer begründete Wind- (Trift-) theorie, die den Wind (oder besser die großen Systeme in der Zirkulation der Atmo- sphäre) als Ursache für die Entstehung der Meeresströmungen ansieht. Zoeppritz hatte die Fortpflanzung der Impulse der Atmosphärenbewegung, die natürlich nur auf die Oberfläche wirken können, in die Tiefen des Wassers sehr plausibel gemacht und durch Rechnungen gestützt. Dieser Theorie trat in den letzten Jahren eine andere gegenüber, die unter Führung Nansens von einer Reihe hauptsächlich nordischer Forscher auf die Ver- hältnisse in den Nordmeeren und die Ergebnisse ihrer Unter- suchung gestützt und experimentell und rechnerisch verfolgt wurde. Sie verneint die Atmosphärenbewegungen als Ursachen der großen Meeresströmungen und erklärt die Zirkulation der Ozeane für einen von der Atmosphäre unabhängigen, selb- ständigen Kreisprozeß der Wärme, in dem die warmen Wasser der tropischen Meere und die Eisschmelze in den arktischen Gewässern die Hauptfaktoren sind. Durch die Eisschmelze werden danach in erster Linie die Strömungen erzeugt und die Wärme dadurch in Bewegung verwandelt. Über beide Theorien hat sich neuerdings unser deutscher Ozeanograph Krümmel geäußert, der insofern einen vermittelnden Standpunkt einnimmt, als er rät, vorläufig überhaupt nicht von Ursachen, sondern von Konstituenten der großen Strömungen in den Ozeanen zu sprechen. 13. Sitzung am 29. Januar 1910. Prof. Dr. H. Sachs: „Die Reaktionsfähigkeit des Organismus gegenüber artfremden Stoffen." Der unermeßlichen Mannigfaltigkeit äußerer Formen, denen wir in der belebten Welt begegnen, steht in weiten Grenzen eine merkwürdige Monotonie gegenüber, wenn man den Aufbau der einzelnen Organe und Gewebe sowie ihre Anordnung verfolgt — 220 — oder mit den Hilfsmitteln der Chemie ihre Bausteine analysiert. Obwohl man bei rationeller Betrachtungsweise aus zahlreichen naheliegenden Gründen bereits annehmen mußte, daß mit den auffälligen Ähnlichkeiten auch tiefgreifende Differenzen gepaart sind, ist es doch erst dem letzten Jahrzehnt vorbehalten ge- blieben, die Mittel und Wege aufzufinden, durch die es mit Sicherheit gelingt, die Gewebsbestandteile verschiedener Tierarten zu differenzieren. Die hierzu dienenden Methoden beruhen auf der Reaktions- fähigkeit des Organismus gegenüber artfremden Stoffen. Der Teil der biologischen Wissenschaften, der sich mit dem Studium dieser Reaktionen beschäftigt, die Immunitätsforschung, trägt ihren Namen heute nicht mehr ganz zu Recht. Ursprünglich hatte man nämlich diese Reaktionsfähigkeit des Organismus bei der Einverleibung von krankheitserregenden Bakterien oder ihren giftigen Stoffwechselprodukten entdeckt. Man hatte fest- gestellt, daß der Organismus, falls es nicht zum tödlichen Ausgang kommt, eine Immunität zurückbehält, die ihm gegenüber dem erneuten Eindringen der gleichen Krankheitsursache einen Schutz verleiht, und daß die Blutflüssigkeit (das Blutserum) dabei eine neue Eigenschaft gewinnt, die es befähigt, auf die Bakterien oder ihre Gifte so einzuwirken, daß sie ihre krankheits- erregende Funktion einbüßen. Man nennt daher solche Sera (Antisera) „Immunsera". Mit der Zeit hat sich aber immer allgemeiner ergeben, daß die nämliche Reaktion sfähigkeit des Organismus nicht nur gegenüber schädlichen Agentien besteht, sondern gegenüber artfremden Stoffen im allgemeinsten Sinne. Werden z. B. einem Kaninchen menschliche Eiweißbestand- teile, etwa Blutserum, eingespritzt, so erfolgen im Kaninchen- organismus tiefgreifende Umwälzungen, die wir daran erkennen, daß das Kaninchenblutserum neue Eigenschaften annimmt. Diese Eigenschaften können wir in sinnfälliger Weise nachweisen. Mischt man nämlich ein derart gewonnenes „Anti" -serum mit einer Lösung von menschlichem Eiweiß, so entsteht ein Nieder- schlag, der beim Mischen des gleichen Antiserums mit einer andersartigen Eiweißart (etwa Pferdeserum) ausbleibt. Man nennt diesen Vorgang Präcipitation und die im Antiserum ent- haltenen wirksamen Stoffe Präcipitine. Ein anderes Verfahren, das die besondere Beschafi'enheit des Antiserums zum sichtbaren — 221 — Ausdruck bringt, beruht auf dem Prinzip der sogenannten „Komplementbindung". Die beim Zusammentreffen einer eiweiß- haltigen Flüssigkeit mit dem entsprechenden Antiserum erfolgende Reaktion führt nämlich zu einem Produkt, das die Fähigkeit besitzt, gewisse blutzerstörende Stoffe, die Komplemente genannt werden, zu binden. Man erkennt also die stattgehabte Wirkung daraus, daß schließlich die Zerstörung (Hämolyse) von roten Blutkörperchen ausbleibt, während sie dann, wenn die eine der beiden erforderlichen Komponenten fehlt, eintritt. Das Gemeinsame beider Methoden, die von dem Vortragenden demonstriert werden, ist die Spezifität der Wirkung. Hierdurch unterscheiden sich die in den Antisera enthaltenen Reagenzien, die „Antikörper", von allen anderen bekannten Stoffen. Daher gelingt es, mit diesen Stoffen, die uns die Reaktionsfähigkeit des Organismus an die Hand gibt, die Differenzen in der Kon- stitution der Materie verschiedener Arten, die man früher nicht nachweisen konnte, mit Sicherheit aufzudecken. Andererseits ist daraus eine erfolgreiche Methode entstanden, um die Ver- wandtschaft im Tierreich zu verfolgen und neues Material im Sinne der Deszendeuzlehre aufzufinden. Die Reagenzien, welche die Antikörper darstellen, haben aber auch eine vielseitige praktische Bedeutung. So sind sie mit größtem Erfolg der gerichtlichen Praxis nutzbar gemacht worden, indem es auf die geschilderte Weise gelingt, die Herkunft von Blutspuren zu bestimmen. Das Verfahren kommt ferner auch in der Fleischbeschau und zum Nachweis von Fleisch- und Wurstverfälschungen (Pferdefleisch) zur Anwendung. Auch zu zahlreichen anderen Zwecken (Honigverfälschungen, Unter- scheidung verschiedener Milcharten, Nachweis von Blut in blutsaugenden Insekten usw.) ist die Methode herangezogen worden. Obwohl man das Studium der Reaktionen des Organismus, die zu dem Auftreten der Antikörper im Blutserum führen, allgemein als Immunitätsforschung bezeichnet, ist diese Bezeich- nung für die hier behandelten Reaktionen, wie schon anfangs erörtert, nur in einem stark übertragenen Sinne zu verstehen. Ja, bei geeigneter Versuchsanordnung tritt sogar, wie die Er- fahrungen der letzten Jahre gezeigt haben, mit großer Regel- mäßigkeit eine Zustandsänderung im Organismus ein, die das _ 222 — Gegenteil von Immunität darstellt. Die mit artfremdem uu- giftigem Material vorbehandelten Tiere werden nämlich „schutzlos" gegenüber der sonst für sie gefahrlosen Einverleibung des gleichen Materials, indem sie nunmehr mit den schwersten Krankheits- erscheinungen reagieren. Man hat die derart veränderte Re- aktionsfähigkeit des Organismus „Anaph3iaxie'' genannt. Da auch die Anapli3'laxie spezifisch ist, hat man sie ebenso wie die Antikörper zu praktisch -diagnostischen Zwecken heran- gezogen. Man kann also in diesem Fall nicht mehr von Immunisierung und Immunität sprechen. Wenn trotzdem nach Einverleibung artfremder Stoffe, gleichgültig ob es sich um Bakterien oder völlig uugiftiges Material handelt, Reaktionsprodukte im Blut- serum, die Antikörper, entstehen, die im Reagensglas prinzipiell gleichartig wirken, so ergibt sich, daß die Entstehung von Immunsera, die wir zu Heil- oder Schutzzwecken verwenden (wie das Diphtherieserum), nur den Spezialfall eines allgemeinen biologischen Grundgesetzes darstellt, das in der Reaktionsfähigkeit des Organismus gegenüber artfremden Stoffen begründet ist. 14. Sitzung am 5. Februar 1910. F. W. Winter: „Neuere Untersuchungen über Biologie und Fort- pflanzung der Foraminiferen. ein Bild aus der Kleinleb e weit." Die Gruppe von Organismen, die der Vortragende bespricht, ist ein Seitenzweig des Stammes der Einzelligen, der an dessen Basis entsprungen ist und sich selbständig weiter entwickelt hat. Bei dem hohen Wert, den diese schalentragenden kleinen Organismen für die Zusammensetzung unserer Erdkruste gehabt haben und durch ihr massenhaftes Auftreten auch für die Bil- dung der Sedimente und den Aufbau unserer Korallenbänke und vieler geologischer Ablagerungen heute noch besitzen, ver- lohnt es sich wohl, sich in das Studium ihrer Gestalt, ihrer Lebensweise und ihrer Fortpflanzung zu vertiefen. Es über- rascht bei näherer Betrachtung, wie hier vielfach Gehäuseformen auftreten, die äußerlich den Schalen der verschiedensten Or- ganismen aus höhereu Tiergruppen ähnlich, „konvergent" sind. Wurmröhren aus Sand gebildet oder die Röhren der Köcher- — 223 — fliegenlarven gleichen auffällig den Gehäuseröhren , die Fora- miuiferen aus Saud aufbauen. Die langgezogenen, spitzkegeligen, kalkigen Schalen dieser Organismen erinnern an manche Schnecken- und Belemnitenschalen ; spiral aufgerollt, ähneln sie dagegen ge- wissen Wurmschaleu, von denen sie sich zum Teil äußerlich nur bei genauer Untersuchung unterscheiden lassen. Wenn solche Röhren durch Querwände in einzelne Kammern geteilt sind, erscheinen Schalenformen, die ausgestorbenen kleinen Ammoniten- schalen so ähnlich sind, daß die Wissenschaft eine Zeitlang beide Gruppen zusammenfaßte. Diese Konvergenz der gleichen Reaktionen auf gleiche äußere Faktoren zeigt sich weiter bei den vollständig freischwebenden Formen, die je nach ihrem Gewicht und der Beschaffenheit des Meerwassers wie viele andere planktonische Organismen verschieden starke Schwebe- strahlen ausbilden. Die Bedeutung der Foraminiferen für die Geologie und Paläontologie ist schon lange bekannt. Schon in den frühesten Zeiten der Erdgeschichte, in denen lebende Organismen auf- treten, finden sich Vertreter der Gruppe, die nun in allen marinen Ablagerungen angetroffen wird. Eine der Perioden ihrer Haupt- entwickelung fällt in die Kreidezeit, wie die Zusammensetzung der hoch aufgetürmten Gebirge jener Schichten zeigt; ihre Bezeichnung „Kreidetierchen" ist diesem Vorkommen entnommen. Eine weitere, ganz plötzliche Eutwickeluug zeigt ein Seitenzweig der Foraminiferen, die Nummuliten, zu einer Zeit, als die Haupt- entwickelung der Säugetiere im Früheozän begann. Während die heutigen Formen höchstens bis zu Zentimetergröße heran- wachsen, besaßen die Nummuliten Talergroße. Das Nummuliten- gebiet, auf das wir jetzt in den Mittelmeerläudern überall bis in hohe Erhebungen hinauf stoßen, zeigt seine westlichen Spuren in Amerika und erstreckt sich nach Osten an dem Südrande Asiens hin bis nach Java. Während die Nummuliten durch ge- waltige Bodenerhebungen rasch untergehen, schreiten die Ab- lagerungen der Hochseeforaminiferen seit der Kreideformation unabänderlich und gleichartig weiter; besonders ist hieran die Gattung Globigerina beteiligt, die sich bei zunehmender Kammer- zahl unter Auflösung der übrigen Kammern in eine einzige Kugelschale, Orbidma, umwandelt und in ungeheurer Zahl heute noch alle wärmeren Meere bewohnt. Hier haben hauptsächlich — 224 — die modernen Tiefsee-Expeditionen aufklärend gewirkt und ge- zeigt, daß der Boden des Meeres ein getreues Abbild seiner an der Obertläche lebenden schalentragenden Organismen ist. In größerer Tiefe lösen sich die Globigeriuenschalen, die beim Sinken immer dünner werden, schließlich mit anderem Material zu einem grauen Kalkschlamm auf, den wir vielfach auf unserer Erde antreffen. Das Studium der Fortpflanzung dieser Organismen erklärt die Möglichkeit ihrer massenhaften Entwickelung. Im Durch- schnitt betrachtet zeigen sich die Foraminiferen einerseits als Formen, die mit einer kleinen Aufangskammer beginnen, anderer- seits als solche mit einer großen Anfangskammer. Von außen gesehen sind die Schalen gleich. Die kleinkammerigen Formen zerfallen nach Ende des Wachstums unter Verlust der Schalen in über hundert Teilstücke, die der Aufangskammer der groß- kammerigen Formen entsprechen und zu solchen heranwachsen. Ist dies geschehen, so bilden die großkammerigen in Form von Gameten die Geschlechtsprodukte, von denen sich zwei zu einer amöbenähnlichen Zelle vereinigen, die sich mit einer Hülle um- gibt und so die erste Kammer der kleinkammerigen Formen dar- stellt. Von Interesse sind im besonderen die Verhältnisse des Kerns, der wie bei allen Organismen auch hier aus einem absterbenden Ernährungschromatin und einem Fortpflanzungschromatin be- steht. Das letztere läßt aus sich das erstere wieder hervor- gehen. Sehr merkwürdig ist, daß viele Foraminiferen Parasiten enthalten, von denen gewisse kommensale Algen außerordentlich häufig in einer einzigen Foraminifere vorkommen, bis über hunderttausend, obwohl das Wirtstier nur 2—3 Millimeter groß ist. Daß eine einzige Zelle an sich allerdings unschädliche Parasiten in solcher Menge enthält, steht einzig da. Die kommensalen Algen, die außerhalb des Wirtstieres eine andere Lebensweise führen, vererben sich bei der Zerfallsteilung, so daß die durch diese Fortpflanzung hervorgegangenen Jugendformen hierdurch infiziert werden. 15. Sitzung am 12. Februar 1910. Prof. Dr. M. Möbius: „Eine botanische Exkursion nach Algier und Tunis." (Siehe diesen Bericht, Heft 1 u. 2 S. 76.) — 225 — 16. Sitzung am 19. Februar 1910. Prof. Dr. W. Sc häuf: „Über den Odenwald." Während sich die Vorträge vom 4. und 11. Dezember 1909 mit dem Rheingraben und der Entstehung des Rheindurchbruches beschäftigten, bittet der Redner die Versammlung, ihm heute auf einem Ausflug in eins der Glieder des oberrheinischen Gebirgs- systems, in den Odenwald, zu folgen. Das alte Faltengebirge hat durch Abtragung, Auflagerung von Schichtgesteinen, Ein- bruch des Rheingrabens, damit in Verbindung stehende Ver- werfungen und weitere Abhobelung seinen heutigen Charakter erhalten. Am Bau des „kristallinen" Odenwalds beteiligen sich außer Eruptivgesteinen (Granit, Gabbro, Diorit) Reste der auf- gefalteten Schichten, die durch den Einfluß der Granite usw. in „kristalline" Schiefer übergeführt worden sind. Ein Teil der sogenannten „Gneiße" ist aber durch Gebirgsdruck während der Erstarrung geschieferter Granit. Granite und ihre Verwandten sind aus Schmelzmassen hervorgegangen, die bei ihren Ausbruchs- versuchen in der Tiefe stecken blieben; Quarzporphyre, Mela- phyre, Basalte dagegen haben sich über die Erdoberfläche er- gossen, und wir treSen sie heute als Decken oder Kanalaus- füllungen an. Staubstürme haben während einer Trockeuperiode der Diluvialzeit die Täler mit Löß angefüllt und die Berge bis zu bedeutenden Höhen damit bedeckt. 17. Sitzung am 26. Februar 1910. Dr. F. D r e V e r m a n n ; „Eine geologische Forschungsreise in die Sierra More na." (Siehe diesen Bericht, Heft 1 u. 2 S. 123.) 18. Sitzung am 5. März 1910. Dr. K. Priem el: „Über den wissenschaftlichen Wert der Pflege und Schaustellung lebender Tiere." Zunächst tritt der Redner der Meinung entgegen , daß Beobachtungen an gefangengehaltenen Tieren, sofern sie bei einer richtigen, möglichst naturgemäßen Haltungsweise angestellt 15 — 226 — werden, Schlüsse auf deren Freileben nicht zulassen, und führt als Beispiel die Zuchtversuche an, die Dr. Heinroth-Berlin mit empfindlichen, wenig bekannten deutschen Vögeln im Zimmer vorgenommen hat. Die Zucht des Ziegenmelkers (Caprinmkjiis europaeus) wird in Lichtbildern vorgeführt. Auch der heutige Stand der Vivarienkunde wird eingehend besprochen; sie geht von dem Grundsatz aus, den gefangenen Tieren so weit als möglich die gleichen Lebensbedingungen zu bieten, wie sie in der Natur gegeben sind, die Tiere also gewissermaßen in einem nachgeahmten Naturausschnitt zu pflegen. Die Bedeutung des Vivariums als Hilfsmittel der biologischen Forschung wird durch Beispiele aus der Entwickelungsmechanik , der Vererbungs- forschung und der Tierpsychologie dargelegt. Auch auf den hohen pädagogischen Wert des Vivariums wird hingewiesen und die Anlegung von Schul-Aquarien und -Terrarien zur Ergänzung des naturwissenschaftlichen Unterrichts empfohlen. Der zweite Teil des Vortrages behandelt die wissenschaft- liche Bedeutung der zoologischen Gärten und Tierparks. Nach der Ansicht des Redners sollen bei der Anlegung eines zoo- logischen Gartens, der Anspruch auf Wissenschaftlichkeit machen will, im großen und ganzen systematische Grundsätze leitend sein; andererseits sollen überall da, wo es ungezwungen möglich ist, die Gehege „biologisch eingerichtet", also den Lebens- bedingungen ihrer Bewohner angepaßt sein. Das Bestreben, den gefangeneu Tieren im zoologischen Garten soweit als möglich natürliche Verhältnisse zu bieten, ist jedoch keineswegs neu, wie in den letzten Jahren oft behauptet worden ist. Eingehend verbreitet sich der Vortragende über die Aufgaben der zoo- logischen Gärten als Volksbildungsstätten und als wissenschaft- liche Institute und führt an zahlreichen interessanten Beispielen aus, wie ein richtig zusammengesetzter Bestand lebender Tiere mög- lichst nutzbringend für die Wissenschaft verwendet werden kann. Dem vielfach falsch verstandenen Begriff „Akklimatisation" werden längere Ausführungen gewidmet. Als völlig „akklimati- siert" betrachtet der Keduer nur solche fremdläudischeu Tiere, die sicii in unseren Breiten in freier Wildbahn ohne Zutun des Menschen durch eigene Nahrungssuche selbst erhalten, wie z. B. von alters her den ursprünglich ostasiatischen Jagdfasan und neuer- dings den sardiuisch-korsikanischen Mufflon. Als „in beschränktem — 227 — Maße akklimatisationsfähig" kann z. B. der afrikanische Strauß gelten, der, wenn er in unserem Klima zur Fortpflanzung schreiten soll, sich in einem gewissen Abhängigkeitsverhältnis zum Menschen befindet, von dem er Pflege und Nahrung erhält. Der größte Teil der Tiere in den zoologischen Gärten ist nicht als „akklimatisiert", sondern als „eingewöhnt" zu bezeichnen, da ihnen außer einer oft recht komplizierten Ernährungsweise zum dauernden Wohlbefinden auch unbedingt bestimmte Temperaturen geboten werden müssen, trotz aller, neuerdings so häufig auf- gestellten gegenteiligen Behauptungen. Versuche in den zoo- logischen Gärten geben den besten Aufschluß, welche fremd- ländischen Tiere sich für eine rationelle Domestikation durch den Menschen aus volkswirtschaftlichen Gesichtspunkten und welche sich für das Leben in freier Wildbahu zur Ergänzung unseres Wildbestandes eignen. Voreiliges Aussetzen fremd- ländischer Tiere kann zu einer schweren Plage werden. Da man durch Akklimatisation fremdländischer Tiere gewissermaßen Fälschungen vornimmt, zu denen der Rückgang unseres heimischen Wildbestandes allerdings nötigt, ist es im höchsten Grade zu wünschen , daß die heimische Natur wenigstens in genügend großen Reservaten, in sog. Naturschutzparks, in unverfälschter Reinheit erhalten werden möge. Weiter behandelt der Redner die Wichtigkeit der zoo- logischen Gärten als Lieferanten von frischem , häufig mit wichtigen biologischen Notierungen versehenem Material für anatomische, histologische und embryologische Studien. Enge Zusammenarbeit der Gärten mit zoologischen Museen und Labora- torien ist in jeder Beziehung zu erstreben. Beobachtungen über Wachstumsverhältnisse besonders größerer Tiere, über Balz- und Begattungsvorgänge, über Bastardierungen u. a. m. sind in den zoologischen Gärten leicht anzustellen. Auch manche Frage der zoologischen Systematik ist in den zoologischen Gärten geklärt worden; denn lediglich aus der dauernden Beobachtung des gefangenen Tieres lassen sich jahreszeitliche Neufärbungen, Jugend- und definitive Kleider erkennen. Der Redner schließt seine interessanten Ausführungen mit dem Wunsche, daß ein gleich gutes Verhältnis der zoologischen Gärten mit den naturwissenschaftlichen und medizinischen In- stituten wie hier in Frankfurt auch in anderen Städten Platz 15* — 228 — greif eu möge, und mit einer kurzen Vbersicht über die während des letzten Jahres im hiesigen Zoologischen Garten ausgeführten wissenschaftlichen Arbeiten. 19. Sitzung am 12. März 1910. Dr. E. Wolf: „Die Inseln der Süd see und ihre Bewohner." Der Vortragende hat sich im verflossenen Jahr im Auftrag der Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft als Zoolog an der Hanseatischen Südsee-Expedition beteiligt. Die Reise führte von Singapore aus über die Molukken nach den Palau- Inseln, Neu-Guinea und dem Bismarck- Archipel, die als deutsche Besitzungen besonders eingehend untersucht wurden : von hier aus erstreckte sie sich über die Neu-Hebriden, Fidji- und Tonga- Inseln, Samoa, Cook- und Austral-Inseln und Tahiti bis zu den Niedrigen Inseln (Paumotus) und berührte auf dem Rückwege nochmals Samoa, sowie die S. Cruz-Gruppe, die Salomonen, West- Karolinen und Philippinen, um schließlich wieder in Singapore zu endigen. Die geologischen Verhältnisse dieser Gebiete werden eingehend erörtert ; der Vulkanismus und die Tätigkeit der Korallen spielen beim Aufbau dieser Inselgruppen die Hauptrolle. Zahlreiche Beobachtungen, die auf der Reise gemacht wurden, geben der Theorie Darwins von der Entstehung der Korallen- riffe eine neue Stütze. Fauna und Flora lassen im westlichen Teil der durchforschten Gebiete an Üppigkeit und Schönheit nichts zu wünschen übrig, während der äußerste Osten als sehr arm an Tieren und Pflanzen angesprochen werden muß. Immer- hin sind gerade die deutschen Gebiete, namentlich auch Samoa, im allgemeinen sehr fruchtbar, so daß die Arbeit der Ansiedler nach einigen Jahren reich belohnt wird. Die Bewohner der Südsee-Inseln kann man als Melanesier, Mikronesier und Pol3'nesier auseinander halten, die sich in der Hautfarbe, dem Haarwuchs, der Sprache, in Sitten und Gebräuchen deutlich unterscheiden. Von den Tausenden von Inseln ist bis jetzt nur ein kleiner Teil der Kultur zugänglich gemacht worden, so daß hier noch weite Gebiete vorhanden sind, in denen uns Land und Leute in voller Naturwüchsigkeit entgegentreten. 229 — Aus dem Leben unserer Zuckmücken (Cliironomiden). Mit 8 Abbildungen von P. Sack. Bei einem Spaziergang, den man an einem scliönen, sonnigen Sommertag in die Umgebung Frankfurts, etwa nach der Königs- wiese, nach Wilhelmsbad oder nach den sumpfigen Wiesen des Niddatals unternimmt, fallen stets größere oder kleinere Schwärme von Mücken auf, die im Sonnenschein ihren Reigen aufführen. Über Wiesengräben tanzen Scharen langbeiniger Tipuliden und zarter Limnobien; an Büschen, die recht stark von der Sonne beschienen werden, schweben Tausende von plumpen schwarzen oder ziegelroten Haarmücken (Bibioniden), und über sonnigen Wegen schwärmen an schwülen Tagen winzige, nur 1 — 2 mm große Kribbel mucken oder Simuliden. Die großen dichten Schwär- me aber, die hauptsächlich in den Strahlen der Abendsonne „geigen" und durch ihren stoßweise auf- und abwiegenden Flug auffallen, bestehen aus Zuckmücken oder Chironomiden. Es sind fast ausschließlich die mit mächtigen Federbüschen geschmückten Männchen, die sich zum Hochzeitstiuge zusammenfinden, während die trägen schmucklosen Weibchen in der Nähe an Baumstämmen, auf Blättern oder au Grashalmen des Gemahles harren. Nach einer Reihe von Regentagen kann die Zahl der ausgeschlüpften, hochzeitsfähigen Männchen eine ungeheure werden, so daß sich unter besonders günstigen Bedingungen turmhohe Säulen bilden können, wie von einwandfreien Biologen wiederholt beobachtet — 230 — worden ist. Schöne geschlossene Mückenschwärrae werden im Volke als Verkünder guten Wetters angesehen und daher von alt und jung freudig begrüßt. Die Zuckmücken sind den Stechmücken (Culiciden) sehr ähnlich und müssen wohl auch als deren nächste Verwandte angesehen werden. Gleich diesen besitzen die Männchen piusel- oder büschelförmige Fühler (Fig. 1 u. 2), die die Träger eines außerordentlich scharfen Geruchsinnes sind und den Tieren das Fig. 1. Chironomus spec. .^, (Dorsalansichtj. Vergr. A^>-A. Aufsuchen der Weibchen ermöglichen. Diese können einen Kopfschmuck leicht entbehren, da weder die Sorge um Nahrung noch um die Nachkommenschaft eine feinere Ausbildung der Sinne erfordert; sie tragen daher nur schlichte geißeiförmige Fühler. Auch in ihrer ganzen Tracht stimmen die Chironomiden mit den Culiciden so überein, daß beide Familien für den Laien nur schwer voneinander zu unterscheiden sind. Der kurze, auffallend hoch gewölbte Mittelleib (Thorax) und der schlanke achtringelige Hinterleib machen die meisten Arten beider Gruppen zum Ver- wechseln ähnlich. Die Chironomiden kann man daran erkennen, daß sie im Sitzen nur auf den beiden letzten Beinpaaren ruhen, dabei die Vorderbeine über den Kopf emporstrecken und damit — 231 — ohne Unterlaß zuckende Bewegungen ausführen (Fig. 2). Die Stechmücken dagegen stützen sich auf die beiden vorderen Bein- paare und strecken die Hinterbeine in die Höhe. Für die toten Tiere liefern die Flügel das beste Unterscheidungsmerkmal. Während sie bei den Chironomiden nur ein sehr blasses zartes Geäder zeigen, besitzen die Culicidenflügel sehr kräftige Adern, die durch die reihenweise augeordneten Schuppen noch besonders auffallen (Fig. 3). Fig. 2. Chirononms S JQ sitzender Stellung'. Vergr. 4x1. Fig. 3. Culex, Flügel. Vergr. 8x1. Unsere einheimischen Chironomiden sind zum größten Teil recht harmlose Tieie, da ihr Rüssel meist sehr kurz oder rudi- mentär und zum Stechen ungeeignet ist. Eine Ausnahme bilden nur die kleinen Ceratopogonarten, die stets einen etwas ver- längerten Rüssel haben und gelegentlich recht lästig werden können. Wer im EMihsommer auf dem Lande bei offenem Fenster schläft, wird häufig durch ein Kribbeln und Jucken auf der Haut , besonders im Gesicht und an den Händen , im Schlafe gestört werden. Die Ruhestörer sind am Morgen an den oberen Fensterscheiben zu finden. Es sind winzig kleine, oft nur 1 mm große Mücken aus der Gattung Ceratopogon, die nachts von einer benachbarten Wiese durch die offenen Fenster in die Wohnräume gekommen sind. Da diese Tiere mit ihrem kurzen Rüssel nicht tief stechen können, sind die Folgen des — 232 — Stiches meist nach kurzer Zeit wieder verschwundeu. In den wärmeren Ländern gibt es aber unter den Chironoraiden auch echte Blutsauger, die wegen ihrer Blutgier eine Plage für Men- schen und Tiere sind. Manche Ceratopogonarten sind dort mehr gefürchtet als die Moskitos (Culiciden), da sie infolge ihrer Kleinheit durch die feinmaschigen Moskitonetze schlüp- fen, so daß man sich gegen diese Quälgeister überhaupt nicht schützen kann. Berüchtigt ist der in Italien lebende Myctei'otiipiis Noe. Die Larven und Puppen der Chironomideu leben fast alle im Wasser. Daher trifft man auch die entwickelten Tiere im Freien vorwiegend in der Nähe von Gewässern an. Da die meisten das helle Licht scheuen, sieht man nur wenige in der Sonnenhitze fliegen und kann sie deshalb am besten in den Morgen- und Mittagstunden in ihren Verstecken aufsuchen. In feuchten Gebüschen findet man den großen CJtironomus plumostis und seine Verwandten, ferner den durch eine Flügelbiude aus- gezeichneten Ch. flexills und den grün und schwarz gebänderten Ch. pedeUus, der ebenso wie der hellgrüne Ch. rindis abends nach dem Lichte fliegt und oft in unglaublicher Zahl unter der Lampe auf dem Tische gefunden wird. Auf der Unterseite von Blättern, namentlich in der Nähe kleiner Tümpel, trifft man die sammetschwarz und zitronengelb gebänderten Cricotopusarten ; an Sumpfrändern streift man Arten der Gattung Tanypus, die durch ihre schwarz-weiß geringelten Beine und ihre gescheckten Flügel auffallen. An Grashalmen sitzen meist die kleinen ein- farbigen (schwarzen oder braunen) Camptocladiusarten {aterrimus und byssus), die dann beim Schöpfen massenhaft in das Netz geraten. Über Waldbächen schwebt im Spätherbst eine unserer kleinsten Mücken, Coryoneura atra, die massenhaft von den Fischen, namentlich von den jungen Forellen, weggeschnappt werden. Die größeren Arten werden in Unzahl von insekten- fressenden Vögeln verzehrt und von Fröschen erbeutet, und da die Zuckmücken zuweilen in unglaublicher Menge vorkommen, so ist es leicht begreiflich, daß viele Fische und Frösche zu gewissen Zeiten sich fast ausschließlich von Chironomideu ernähren. Die Zuckmücken sind demnach als Nahrung für kleine Nutztiere von nicht zu unterschätzender wirtschaftlicher Bedeutung. — 233 — In viel höherem Maße gilt dies aber für die Larven und Puppen dieser Insekten, deren Entwickelung für jeden Natur- freund recht viel Interessantes und Merkwürdiges bietet. Nur verhältnismäßig wenig Cliironomidenlarven leben außerhalb des Wassers. Die Larven der schwarzen Camptocladiusarten hat man z. B. im Dung und in faulendem Laube gefanden. Einige Ceratopogonarten leben als Larven bei Ameisen. Auch unter der Rinde abgestorbener Äste, in verwesenden Pilzen, im Moose und in feuchter Erde trifft man die charakteristischen Larven von Zuckmücken an; eine Art (Ceralopogo)i resinicola) lebt sogar im flüssigen Harze unserer Kiefer. Die bei weitem über- wiegende Zahl der Arten bewohnt jedoch das Wasser. Fast in keiner Wasseransammlung, sei sie noch so klein, fehlen die Chironomiden. Jeder Teich, jed^r Bach, der kleinste Wasser- tümpel, ja jede Pfütze in der Umgebung Frankfurts enthält solche Larven. Die Schlammbänke des Luderbaches und des Metzgerbruches wimmeln oft von diesen Geschöpfen; in den Wiesengräben bei Ginnheira und Seckbach ist der Grund zu- weilen wie eine Bienenwabe von den Gängen dieser Larven durchlöchert. Die Algenpolster in den Enkheimer Sümpfen und im südlichen Teile des Buchrainweihers sind oft dicht mit ihnen besetzt. Und da mehrere Generationen während eines Jahres zur Entwickelung kommen, trifft mau sie im Februar ebenso häufig wie in den Sommermonaten. Unglaublich geradezu ist die Menge, in der sie vorkommen können. Thumm berichtet, daß er ein- mal aus 12 Liter Bodenschlamm fast 3 Liter reine Mückeularven aussieben konnte. Dabei ist ihr Vorkommen nicht etwa auf die Ebene beschränkt ; in den Wasseransammlungen der uns umgebenden Mittelgebirge, vor allem in denen des Vogelsberges, fehlen sie ebensowenig wie in den Alpenseen, wo sie noch in einer Höhe von 2000 m in Menge gefunden werden. Daß die fetten, nur schwach chitinisierten Larven der Zuckmückeu für unsere Wassertiere ein recht willkommener Leckerbissen sind, ist längst bekannt ; aber erst in neuerer Zeit hat man die Bedeutung der Chironomiden als Fischnahrung richtig erkannt. S3'stematische Untersuchungen des Mageninhaltes haben gezeigt, daß über die Hälfte unserer deutscheu Nutzfische sich aus- schließlich oder fast ausschließlich von Chironomuslarven nährt. Für viele Hj'drobiologen ist daher die Quantität der im Grund- — 234 — schlämm vorkommenden Zackmückenlarven geradezu ein Grad- messer für die Nutzfähigkeit des betreffenden Gewässers. In den letzten Jahren hat man auch gelernt, die C'hirono- midenlarven als Nahrung für Aquarienfische zu verwenden. Seitdem einzelne Handlungen diese Tiere das ganze Jahr über lebend versenden, hat dieses billige „lebende Fischfutter" die Daphnien zum großen Teil verdrängt, da diese nur einen Teil des Jahres über in genügender Menge zu erhalten sind. In dem Aquarium unseres Zoologischen Gartens kann man beobachten, mit welcher Gier die Fische sich auf die blutroten Mückenlarven stürzen, die ihnen als Futter gereicht werden. Auch die Aktinien nehmen dieses Nahrungsmittel gerne an, so daß auch sie jetzt vorwiegend damit gefüttert werden. Es ist erstaunlich, wie lange die Mückenlarveu, die, nur wenig befeuchtet, in kleinen Kästchen verschickt werden, am Leben bleiben. Viele von ihnen zeigen allerdings auch in der freien Natur ein außerordentlich zähes Leben. Einzelne Arten sind Bewohner von Abwässern, denen durch Fäulnisvorgänge fast aller Sauerstoff entzogen wird, und die oft einen so hohen Chlorgehalt zeigen, daß fast alles organische Leben in ihnen erloschen ist. Im Luderbach haben sich zwischen der Königs- wiese und Neu-Isenburg an vielen Stellen schwarze Schlammbänke gebildet, die beim Umrühren sehr stark nach Schwefelwasserstoff riechen. Dort findet man das ganze Jahr hindurch gewisse Arten von Chironomidenlarven in großer Zahl. Da sie zu Gattungen gehören, von denen man nur pflanzenfressende Arten kennt, kann man wohl mit Recht annehmen, daß sie fortgesetzt an der Beseitigung der verwesenden Stoffe im Wasser arbeiten und mithin für die Reinigung der übelriechenden Abwässer von größter Wichtigkeit sind. Nachdem man erkannt hat, welche wirtschaftliche Be- deutung die Larven der Zuckmücken für die biologischen Ver- hältnisse unserer Binnengewässer besitzen, beginnt man jetzt auch, die Ent Wickelung dieser Tiergruppe genauer zu beobachten. Man weiß allerdings noch herzlich wenig davon ; aber dieses Wenige enthält so interessante Tatsachen, daß es sich wohl verlohnt, näher auf sie einzugehen. Die kleinen zigarrenförmigen Eier der Chironomiden werden von den wasserbewohnenden Arten — es ist im folgenden aus- — 235 — schließlich von diesen die Rede — in oder unmittelbar an das Wasser gelegt. Sie bilden entweder Schnüre, in denen die Eier in einer oder in mehreren Reihen nebeneinander angeordnet und durch eine gallertartige Masse miteinander verbunden sind, oder sie werden ungeordnet in Klumpen abgesetzt. Nach ein paar Tagen schlüpfen die kleinen wurmförmigen Larven, die sich von den köpf- und fußlosen Maden der Fliegen dadurch unterscheiden, daß sie einen deutlichen Kopf und ein bis zwei Paar Fußstummel besitzen, von denen das erste Paar an dem vordersten der zwölf Körpersegmeute, das zweite Paar am Fig. 4. Chironoiims-Lavve. Vergr. 3x1. letzten Körperring sitzt (Fig. 4). Am Kopfe lassen sich schon bei schwacher Vergrößerung zwei AugenÜecken, ein Paar Fühler und beißende Mundwerkzeuge erkennen. Ein Unterschied zwischen Brust- und Hinterleibsringen, den die Culicidenlarven zeigen, ist bei den Larven der Zuckmücken nicht wahrzunehmen. Sehr deutlich ist dieser Unterschied dagegen bei den Puppen, deren Kopf meist durch ein Paar auffallender, heller Kiemenbüschel geziert ist (Fig. 5). Die Puppe schwimmt entweder frei umher, oder sie hält sich in dem von der Larve verfertigten Gehäuse ver- borgen, das sie dann erst unmittelbar vor dem Ausschlüpfen der Imago verläßt. Den merkwürdigen Bauten der Chironomidenlarven haben in den letzten Jahren die Biologen ihre Aufmerksamkeit mehr und mehr zugewendet, nachdem hauptsächlich Thienemann*) darauf hingewiesen hat, daß, von den Trichopteren abgesehen, keine Insektengruppe eine solche Mannigfaltigkeit von Bautypen aufweist wie die Larven der Zuckmücken. Aber nicht alle Arten bauen Gehäuse ; den räuberischen Tanypusarten, die sich vorwiegend von kleinen Krustern und Würmern nähren, wäre *) Thienemann „Die Metamorphose der Chironomiden". Zeitschr. f. wissensch. Insektenbiologie. 4. Bd., S. 95. 1908. — „Die Bauten der Chirono- miden''. Zeitschr. f. d. Ausbau der Entwickelungslehre. 3. Bd., S. 1. 1909. — 236 — ein Kücher bei der Jagd nur hinderlich. Diese Larven besitzen ebensowenig wie die fleischfressenden Trichopteren ein Gehäuse. Nur diejenigen Formen, die sich von Detritus oder von Pflanzen nähren, bauen zum Schutze ihres weichen Körpers ein Gespinst. Den Baustoff liefern zwei Spinndrüsen, die in der Mundhöhle Fig. 5. Chrrononms-I'\iT^i>e. Vergr. 6x1. münden und ein dickflüssiges klebriges Sekret absondern, dessen chemische Zusammensetzung man noch nicht kennt. Bei der Berührung mit Wasser erhärtet dieses Drüsensekret, so daß die Larve aus den entstandenen Fäden ein regelrechtes Gespinst herstellen kann, das oft noch durch die Aufnahme von Fremd- körpern, wie Sandkörnchen oder Diatomeenschalen, verstärkt wird. Das Sekret scheint nicht bei allen Arten von derselben chemischen Beschaffenheit zu sein. Bei einer kleinen Gruppe von Zuckmücken erhärtet es nämlich nicht vollständig, sondern quillt zu einer gallei'tartigen Masse auf, die keiu festes Gehäuse bildet. Dem verschiedenartigen Baumaterial entsprechend ist auch die Form der Gehäuse eine verschiedene; die Gallertgehäuse weichen in ihrem Bau von den Gespinstgehäusen nicht unbe- deutend ab. Die einfachste Form der Gehäuse ist eine an beiden Enden offene, überall gleichweite Röhre, die entweder ihrer ganzen Länge nach auf einer Unterlage angeheftet oder so in den Schlamm eingebettet ist, daß nur die beiden aufwärts ge- bogenen Enden etwas über dem Boden liegen (Fig. 6). In solchen — 237 — Röhren leben z. B. die bekannten roten Mückenlarven aus der Gattung Chironomiis. In den langsam fließenden Gewässern sind die Bauten so angelegt, daß der Wasserstrom durch die Rühre hin- durch fließt. Durch fortwährendes Schwingen des Körpers können Fig. 6. Längsschnitt durch ein Larvengehäuse von Chironomus. Natürliche Grijße. die Larven aber auch einen künstlichen Strom erzeugen, der ihnen frisches Atemwasser und neue Nahrung zuführt. Das Gewebe dieser Röhren ist so locker, daß die Larve die Röhre jederzeit erweitern und ausbessern kann. Daher kommt es, daß diese überall gleich weit sind. Ganz anders ist dies bei Röhren, die ein sehi- festes Gefüge besitzen. Bei ihnen muß Fig. 7. Larvengehäuse von Tanytarsus. Vergr. 1^2x1- naturgemäß der Teil, den die junge Larve gebaut hat, am eng- sten sein, so daß das Gehäuse sich ganz allmählich erweitert. Diesen Bautypus finden wir z. B. bei den Tanytarsuslarven. Ihre Röhren sind in der Regel nicht der ganzen Länge nach festgewachsen, sondern am freien Ende etwas aufgebogen. Die Wände der Röhren sind außerdem durch ein Gerüst von starken Längsfäden, die noch über die Mündung hinausragen, und durch eingelagerte Fremdkörper gefestigt; das ganze Gebilde sieht deshalb einer Hydra, die ihre Tentakeln ausstreckt, nicht un- ähnlich (Fig. 7). In den klaren Bächen des Odenwaldes und des Vogelsberges kann man oft ganze Kolonien solcher Röhren zu- sammen mit den Bauten der Kribbelmücken mitten in der Strö- — 238 ~ mung au Steinen sitzen sehen. Das festsitzende Gehäuse gibt diesen Tieren offenbar einen sicheren Halt gegeu die reißende Strömung. Es hindert sie aber daran, bei der Nahrungssuche freiwillige Ortsbewegungen auszuführen; die Tiere müssen vielmehr mit dem vorlieb nehmen, was ihnen das Wasser zuführt. In stehenden Gewässern fällt natürlich der Vorteil, den das festsitzende Haus gewährt, weg; dagegen kann unter Umständen die freie Orts- beweguug vorteilhaft, ja unentbehrlich sein. Hier linden wir deshalb auch Larvenformen mit frei beweglichen Gehäusen. So trifft mau im dichten Algengewirre der Enkheimer Sümpfe ge- Fig. 8. Larvengehäuse von Fsectrodadius. Vergr. 3\'2><1. legentlich Gallertröhren, die eine gewisse Ähnlichkeit mit einer Tonne besitzen und an ihrer Oberfläche ganz mit Algenfäden besetzt sind (Fig. 8). Die Bewohner dieser Röhren (Psectro- cladius- und Trichocladiusarten) nähren sich von den Algen, zwischen denen sie mit Hilfe ihrer Fußstummel ganz geschickt umherklettern, wobei sie nach Art der Trichopterenlarven das Gehäuse stets mit sich herumschleppen. Die kleine Gruppe der blattminieren den Chironomidenlarven bedarf natürlich keines besonderen Köchers ; die zähe Oberhaut der Blätter, in denen sie leben, bietet ihnen genügend Schutz gegen Feinde. Bis jetzt kennt man nur wenige Formen. Die Blätter des Laichkrautes (Poiamogetoti natans), das in den Ab- wässern der Nied nicht selten vorkommt und an einzelnen Stellen die ganze Oberfläche des Wassers bedeckt, zeigen oft recht merkwürdige Fraßgänge, die von kleinen grünen Chiro- nomidenlarven {Cricotopus brevipalpis) verursacht werden. Die junge Larve dringt von der Unterseite in das Blatt und frißt sich allmählich in raäanderartigen Windungen durch das Mesophyll des Blattes, wobei die Oberhaut sorgfältig geschont wird. Auch die Längsrippen des Blattes werden nicht durchgefressen. Da- her können mehrere Larven nebeneinander in demselben Blatte — 239 — miniereD und dieses ganz und gar zerfressen. Eine zweite Cliironomidenlarve (Tamjtarsus stratiotis) wurde in der Wasser- aloe (Stratioies aloides) gefunden. Die Minen haben die Form langgestreckter Höhlen, die mit ihrer Längsachse parallel zur Blattachse gerichtet und mit kleinen blutroten Larven besetzt sind. Auch aus den Blättern der Wasserschwertlilien und aus Sargcmium ramosmn, sowie aus den Blattstielen der Wasser- rosen sind minierende Chironomidenlarven bekannt geworden. Jedenfalls aber ist damit die Zahl der blattminierenden Zuck- mücken bei weitem nicht erschöpft; denn wie bereits oben erwähnt wurde, ist die Kenntnis dieser biologisch so interessanten Larven bis jetzt überhaupt nur eine sehr lückenhafte. Nur von etwa ö^o aller beschriebenen Chironomiden ist die Eut- wickelung genau bekannt: von vielen Larven weiß man nicht einmal, zu welcher Gattung sie gehören. In jüngster Zeit hat sich nun Dr. A. Thienemann in Münster in Westfalen ein- gehender mit dem Studium dieser Tiergruppe befaßt und bereits für eine Reihe von Arten die Entwickelung festgestellt. Aber in der richtigen Erkenntnis, daß nur das Zusammenarbeiten vieler in absehbarer Zeit ein befriedigendes Ergebnis liefern kann, hat er sich in einem Aufrufe*) an alle Biologen mit der Bitte um Unterstützung gewendet. Yor allem gilt es, die Metamorphose unserer einheimischen Chironomiden durch Zucht festzustellen, und dies ist nicht schwer, wenn sich viele in die Arbeit teilen ; denn die Aufzucht der Zuckmücken ist eine verhältnismäßig recht einfache Sache. Die Larven findet man ja überall im Wasser und meist in großer Zahl. Da aber oft mehrere Arten zusammen leben, muß man natürlich zunächst die einzelnen Arten, die sich meist durch Form, Farbe und Größe sehr gut unterscheiden, voneinander trennen. Einen Teil der Larven wird man durch Übergießen mit kochendem Wasser und Überführen in Alkohol konservieren, die übrigen aber in ein Zuchtglas bringen. Recht gut eignen sich hierzu niedrige Einmachgläser, die so weit sein müssen, daß man bequem mit der Hand hineinfassen kann. Am besten gedeihen die Tiere, wenn man in das Glas etwas von dem einoetragenen Schlamm *) Thienemann „ Die Metamorphose der Chironomiden (Zuckmücken). Eine Bitte um Mitarbeit.'' Verhandl. d. Naturhist. Ver. d. preuß. Rheinlande u. Westfalens. 65. Jahrg., 1908. ~ 240 — bringt und diesen mit einer etwa 5 cm hohen Wasserschicht bedeckt. Einige Wasserpflanzen verhüten das Faulen des Wassers. Man hat dann die Gläser nur noch mit einem Gaze- oder Mullstück zuzubinden und vor allzu starker Erwärmung zu schützen ; im übrigen kann man die Zucht sich selbst über- lassen. Bald werden sich auch die Puppen zeigen, von denen man gleichfalls mehrere in Alkohol konserviert. Männchen und Weibchen einer Art schlüpfen oft zu verschiedenen Zeiten aus: man wird daher die Zucht so lauge fortsetzen, bis man von jedem Geschlecht mehrere ausgefärbte Stücke erhalten hat, die man dann ebenso wie Gehäuse und Puppenhüllen in Alkohol konserviert. Entomologen werden wohl stets eine Anzahl Tiere nadeln, um sie trocken aufzubewahren. Damit ist für gewöhnlich eine Zucht beendet, denn die Entwickelung aus dem Ei wird nur in den seltensten Fällen gelingen. Für die wissenschaftliche Verarbeitung solcher Zuchtergebnisse ist natürlich eine genaue Buchführung nötig. Sie soll in Form kurzer Notizen Angaben über Fundort, Datum des Einsetzens in das Zuchtglas, Farbe der Larve, Geliäusebilduug und das Datum des Ausschlüpfens der Mücke enthalten. Diese einfachen Zuchtversuche, die jedem Laien Gelegenheit zu wissenschaftlicher Betätigung geben, können dem Naturfreund ebensoviel Vergnügen bereiten wie die oft recht schwierige und langweilige Aufzucht exotischer Aciuarientiere. Für die wissenschaftliche Erforschung unserer einheimischen Süßwasser- fauna aber wäre es von größter Bedeutung, wenn recht viele Einzelbeobachtungen eine systematische Durchforschung unserer Chironomidenfauua ermöglichten. Die Senckenbergische Natur- forschende Gesellschaft wird gern die Bestimmung und wissen- schaftliche Bearbeitung: von solchem Material vermitteln. — 241 Neues aus der Scliausammlung. Im Grröuläudischeu Eismeer. Zur Erläuterung der „Arktischen Gruppe". Mit 8 Abbildungen. Nachstehende Schilderung soll kurz erklären, wie unsere arktische Gruppe entstanden ist, und wo die darin ausgestellten Stücke erlegt worden sind. Eine kurze Beschreibung meines Jagdausflugs nach Ostgrönland habe ich in der Zeitschrift „Wild und Hund" vom 11. Juni 1909 veröffentlicht. In den fol- genden Zeilen möchte ich versuchen, einen arktischen Sommer- monat zu schilderu, wie ihn Kunstmaler Nebel in dem Bilde, das uns jetzt die fertige Koje zeigt, vortrefflich wiederzugeben verstanden hat (Fig. 1 und 2). Als ich im Frühjahr 1908 den leider allzufrüh verstorbenen Prof. Römer im Museum auf- suchte, um ihm meinen Reiseplan mitzuteilen, war er es, der schon damals den Gedanken angeregt hat, in unserem Museum eine arktische Gruppe als Gegenstück zu der ostafrikanischen aufzustellen, vorausgesetzt, daß es mir gelingen sollte, das nötige Tiermaterial zu erlegen und in präparierbarem Zustande zu- rückzubringen. Prof. Römer selbst ist auf Tiefseeforschungen im hohen Norden gewesen und hat mir noch manchen guten Rat mit auf die Reise gegeben. So geschah es, daß ich am 21. Juni 1908 von dem kleinen norwegischen Hafenstädtchen Tromsö aus meine Fahrt nach der Küste Ostgrönlands antrat. Nach fürchterlichem Sturm, wobei unser Segelschiff, das für das Eismeer noch eine kleine Hilfsmaschine führte, stark aus dem vorgeschriebenen Nord- westkurs getrieben wurde, kam erst am fünften Tage nach 16 ^ o S — 244 — unserer Abfahrt von Tromsü das Treibeis in Sicht. Das Meer wurde ruhiger, sobald wir uns dem Eise näherten, und schon am folgenden Tage war es spiegelglatt. Die Sonne schien präch- tig, und weiß glitzernd gaben die schneebedeckten Eisschollen ihren strahlenden Schein wieder. Wie oft bin ich gefragt worden, ob es nicht recht kalt „dort oben" gewesen sei; ich kann darauf nur antworten, daß ich Kälte nicht empfunden habe. Während der Sommermonate geht ja bekanntlich im hohen Norden die Sonne nicht unter und erwärmt die Luft ununterbrochen, wenn nicht gerade Nebel oder Schneewehen von kurzer Dauer auftreten. Von den sechs Wochen, die ich im Eismeer gekreuzt habe, waren nur drei bis vier Tage ungünstig, der Nebel so dicht, daß unser SchiS an einer Eisscholle verankert werden mußte und an ein Jagen nicht zu denken war. Freilich war es unter solchen Umständen draußen sehr ungemütlich ; doch gegen diese feuchte Kälte konnte man sich durch warme Kleidung schützen, auch ließ sich unser kleiner Schiffssalon recht gut heizen. Ende Juli war ich bereits wieder im Hafen von Tromsö. Aber ich hörte von einer Expedition, die im Jahre vorher bis gegen den 25. August im Eise nahe der Grönlandküste kreuzte und, durch Nebel festgehalten, langsam von den Eisschollen eingeschlossen wurde, bis sich endlich, kurz vor dem Beginn der ewigen Nacht des arktischen Winters, das Eis noch einmal teilte und der wackere Kapitän das offene Meer zu erreichen vermochte. Wenn heute unser Blick auf die sonnige Sommerlandschaft der arktischen Koje fällt, will es uns kaum glaublich scheinen, daß es nicht immer gelingt, die Küste Grönlands zu erreichen. Und doch ist dies oft genug der Fall, und die Rückkehr von dort ist manchmal mit noch größeren Schwierigkeiten verbunden als die Hinfahrt. Manche Stunde habe ich auf dem Festland an der Küste Ostgrönlands verbracht, doch lange durfte man nie ausbleiben ; immer mußte das Schiff zwischen den Eisschollen hin und her kreuzen, um das Eingeschlossenwerden zu vermei- den. Treibende Eismassen können auch dem auf dem Lande Weilenden gar leicht den Rückweg zum Schiff abschneiden. Auf meiner Expedition habe ich eine ganze Anzahl Eisbären erlegt (Fig. 8), auch zwei Junge lebend gefangen — 245 — und mitgebracht. Sie sind in unserem Zoologischen Garten untergebracht worden und haben sich inzwischen prächtig weiter- entwickelt. Was das Tiermaterial unserer Koje anbelangt, so ist von den Robben die große Klappmütze, Cystophora cristata Erxl., die zahlreich nur noch in der Danemark-Straße zwischen der Westküste Islands und der Südostküste Grönlands vorkommt, durch ein recht gutes Exemplar vertreten (Fig. 1). Es ist ein erwachsenes altes Männchen, das unweit der Insel Jan Mayen Fig. 3. Eisbär auf einer Scholle treibend. ungefähr auf 74" nördlicher Breite und 15 '^ westlicher Länge erbeutet wurde. Es lag auf einem mächtigen Eisblock, als sich das Schiff näherte, und sicherte bereits, als ich ihm die tötliche Kugel gab. Die Klappmütze nährt sich hauptsächlich von Fischen, und ihre starken Raubtierzähne und kräftigen Kieferladen zeigen deutlich, daß sie sich auch großer Exemplare bemäch- tigen kann. Die eigentümliche Kappe mit ihrem samtartigen Überzug, der die Art ihren Namen verdankt, sitzt über der Nase und dient dazu, Luft einzunehmen, damit das Tier beim Tauchen in die Tiefe (manchmal bis zu 300 m) lange genug mit Sauerstoff versorgt bleibt. Bei jugendlichen Individuen ist — 246 — die Kappe noch nicht entwickelt; auch weichen die Jungen während der ersten drei Jahre ihres Lebens in der Färbung von den erwachsenen Tieren wesentlich ab. Sie sind gelblich- grau gefärbt mit einem schwärzlichen Streifen auf dem Rücken, während das Fell der erwachsenen Klappmütze zahlreiche gelb- schwarze Flecken aufweist (Fig. 1). Die jungen Tiere sind wegen des Specks und des weichen Fells besonders gesucht. Sie sind auch viel leichter zu erlegen als die Erwachsenen, die mit der Zeit vorsichtiger geworden sind und selten etwas Fremdes wie ein Schiff oder Ruderboot an sich herankommen lassen, ohne rasch in der Meerestiefe zu verschwinden. Die jungen Tiere dagegen erkennen in ihrem jugendlichen Leichtsinn oftmals zu spät das Raubtier „Mensch "^ und machen gar keinen Versuch, der drohen- den Gefahr zu entrinnen. Die Jagd auf alle Seehunde hat ihren besonderen Reiz; — die Annäherung ist schwierig und kann nur unter Be- rücksichtigung des Windes und bei Vermeidung möglichst jeden Geräusches geschehen ; gut treffen muß man auch — doch entbehrt sie meist jeglicher Gefahr, wie ich dies später bei meinem Zusammentreffen mit Walrossen empfunden habe. Wie zäh und wild jedoch die Klappmütze unter Umständen sein kann, beweist mir ein Erlebnis, das einer der Matrosen meiner Besatzung aus seinen Erfahrungen erzählt hat. Das Tier wurde von dem Matrosen eines Fangschift'es schwer angeschossen, und als dieser sich anschickte, seine Beute mittels eines kräftigen Stockes vom Eise in das Ruderboot zu befördern, fuhr die Robbe plötzlich mit letzter Kraft auf und riß dem Matrosen mit ihren starken Fängen die Eingeweide aus dem Leibe, worauf derselbe alsbald verstarb. Am nächsten in der Größe kommt der Klappmütze die Grönländische Bartrobbe, Phoca harhata Fabr., die gleich- falls bis zu 3 m Länge erreicht. Ihr graubraunes Fell ist sehr gesucht, und besonders der Speck wird bewertet. Ich habe mehrere Exemplare dieser Art erlegt, eins davon ist in unserer Koje aus- gestellt (Fig. 4 und 5). Die Bartrobben leben nie in allzu großer Entfernung von der Küste, wohl weil sie dort am leichtesten ihre Nahrung an kleinen Fischen finden. Bei schönem Wetter sieht man sie gelegentlich auf Eisschollen gelagert sich sonnen. Eine solche Situation muß der Jäger ausnützen, um sich seine Beute 247 durch einen Kopfschuß zu sicliern ; sonst, wenn auch schwer getroffen, rutscht sie vom Rand des Eises ins Wasser und ver- sinkt. Auf diese Weise sind aucli mir einige schöne Exemplare verloren gegangen. Überhaupt ist es ein recht unsicheres Schießen aus schwankendem Boote und weiter Entfernung, wenn man keinen größeren Zielpunkt hat als den Kopf der Bart- robbe. Oft sieht man auch die Robben im Wasser schwimmen, Fig. 4. Arktische Gruppe: Grönländische Bartrobbe. zeitweilig mit dem Kopfe untertauchend und dann in weiter Entfernung unverhofft wieder über der Wasserfläche erscheinend. Ich habe diese Tiere immer nur einzeln gesehen, während die anderen Seehunde gewöhnlich in größerer Anzahl auftreten und namentlich die Walrosse nur in Herden vorzukommen pflegen. Für meinen Geschmack ist die schönste Seehundsart der ge- fleckte „Snad", wie er allgemein von den Norwegern genannt wird, oder die Ringel rob be, Phoca foetida Fabr. (Fig. 1). Der Snad dient besonders den Eisbären als Nahrung. Er lebt unter den großen Eisschollen, die sich auf Kilometer hinaus, nur durch kleine Rinnen unterbrochen, auf dem Meere hinstrecken. Die — 248 — Oberfläche einer solchen endlosen Eismasse ist von zahllosen Eis- und Schneehügeln bedeckt und insbesondere voll kleiner Löcher, durch die der Snad auftaucht, um Luft zu schöpfen oder um auf das Eis zu gelangen und dort ausgestreckt sich der Sonne zu erfreuen. Dies ist jedoch oft sein Verderben; denn der Bär lauert vor solchen Löchern auf das plötzliche Auftauchen des nichts ahnenden Seehundes und erfaßt ihn mit seinen Zähnen oder Pranken. Auch von den Robben Jägern wird diesen Tieren wegen ihres schönen Fells eifrig nachgestellt. Der Riese der nordischen Tierwelt ist nicht, wie viel- fach geglaubt wird, der Eisbär sondern das Walroß, Triche- chus rosmarns L., das sich hin und wieder noch in größeren Herden vorfindet, wenn auch seine Existenz durch die zahl- reichen Fangschiffe immer mehr bedroht wird. Eines Tages kreuzten wir auf 75*^ nördlicher Breite und 14° westlicher Länge ganz nahe der Küste entlaug und waren bei der Claverings Bay angelangt, als der Kapitän mit aufgeregter Miene in meine Kabine stürzte und meldete, er habe Walrosse gesehen. Als ich mit dem Fernglas in der Hand auf Deck eilte und den Horizont in der Richtung der Bai, wo nach den Angaben des Kapitäns die Walrosse liegen sollten, nach allen Richtungen hin musterte, konnte ich nichts von den Tieren entdecken, wie sehr ich auch den flachen Küsteurand und die dahinter liegenden E'elsklippen abspähte. Nur einige braune Felsmassen sah ich nahe am Wasser, wo der Küstensaum sich im Meere verläuft. Die Küste war an dieser Stelle ziemlich eisfrei, nur einige größere Schollen trieben umher. Als der Kapitän immer erregter nach der Stelle hinwies, wo die Fels- massen lagen, erkannte ich schließlich diese Gebilde, die ich vorher für Felsen gehalten hatte, als eine Herde mächtiger Walrosse. Das Schiff wurde sofort gestoppt und zwei Boote ausgelassen; laugsam ruderten meine Leute der etwa 1 Va km entfernt liegenden Herde zu. Je näher wir kamen, um so laut- loser wurden die Ruderschläge ; fast unhörbar tauchten die Riemen ins Wasser. Ein Gefühl von Machtlosigkeit überkam mich, als ich mich auf 150 m vierzehn dieser Kolosse gegen- über sah. Sie lagen eng beieinander und schienen zu schlafen, ein Bild der Ruhe und des E'riedens, bis plötzlich ein starker Bulle uns bemerkte und sofort durch einen mächtigen Trompeten- Fig. 5. Arktische Gruppe, rechte Seite. Walroß und Bartrobbe, Lummen und Krabbentaucher. — 250 — stoß die ganze Herde in Bewegung brachte. Doch in diesem Augenblick hatte ich bereits geschossen, und des Mächtigen Haupt, der eben noch den Warnungsruf ausgestoßen hatte, sank nach vorn, und seine Hauer gruben sich in den weichen Sand. Jetzt hieß es schießen ; das Wasser spritzte hoch empor, als die auf dem Lande so unbeholfenen Tiere das Meer erreichten. Rings um unsere Boote tauchte Kopf auf Kopf auf, mit den langen weißen Hauern und dem wilden Blick, und immer wieder Fig. (j. JJer Verfasser mit dem erlegten Walruß. gaben die wutschnaubenden Tiere ihrem Zorn über die Störung ihres friedlichen Zusammenseins in trompetenartigen Tönen Ausdruck. Was mich jedoch besonders wunderte, war, daß keins der Walrosse unsere Boote angriff, daß sie sich vielmehr eiligst zur Flucht wandten, wohl durch das Schießen und den Verlust ihres Anführers erschreckt und entmutigt. Schneller, als ich imstande bin, die Lage zu beschreiben, hatte ich zwei der in nächster Nähe meines Bootes auftauchenden Tiere er- legt ; doch gab ich bald die Verfolgung der nach allen Richtungen hin flüchtenden Herde auf. — 251 — 24 Stunden verbrachten wir an der Stelle, wo die bei- den gesunkenen Walrosse mit großer Mühe ans Land gezogen wurden (Fig. 6). Obwohl ich dem Kapitän und der Besatzung des Schiffes ganz besonders ans Herz legte, die Häute gut einzusalzen und recht sorgfältig mit Alaun einzureiben , ist doch nur einer der Kolosse leidlich unversehrt zurückgebracht worden, und dieses Exemplar ist der Stolz unserer Koje. Die Fig. 7. Arktische Gruppe: Lummen. Decken der anderen Tiere erwiesen sich leider als unbrauchbar. An denjenigen Stellen, au denen sie nicht genügend mit Salz und Alaun eingerieben worden waren, sind sie gefault und wie ein von Motten zerfressener Teppich auseinander gefallen. Die Sonne brannte freilich in vollster Kraft, und es ist nicht zu verwundern, daß damals bei der Riesenarbeit — dem Abziehen der Walroßhäute und dem Abspecken dieser kolossalen Decken — die Mannschaft nicht gewissenhaft genug eingesalzen hat. Immerhin war es mir eine große Befriedigung, wenigstens eins der Walrosse unserem Museum erhalten zu haben. — 252 — An manchen Tagen, an denen wenig jagdbares Wild zu sehen war, habe ich auch einige Vögel erbeutet. Am zahl- reichsten ist die B ü r g e r m e i s t e r m ö V e , Lariis gJaucus Brunn, die unserer Move ähnelt. Eine interessante Jagd gab es bei Gelegenheit einer Landung auf der Sabineninsel, wo Tausende von Eissturmvögeln, Fulmarus glacialis L., ihre Brutstätten haben. Wir erklommen einen steilen Felsen, dessen Wände senkrecht in das Meer abfallen. Ein Ruderboot mußte FlL^ 8. Der Verfasser niic dem erlegten Muschusochseii. tief unten die Felswand umfahren, und während wir hoch oben standen, flogen die durch die Störung, die das Ruderboot verursachte, erregten Vögel auf, so daß wir manches gute Exemplar erlegen konnten. Die geschossenen Möven wurden sodann von dem Boote aufgelesen. Auch einige Eiderenten, Somatcria nwUissima L., kamen zur Strecke ; doch sind diese Vögel besonders vorsichtig und deshalb schwierig zu erlegen. Je mehr man sich dem Lande nähert, um so zahlreicher um- fliegen die verschiedenartigsten Vögel das Schiff, verfolgen es stundenlang; und stürzen mit Gier auf die Abfälle, die ins Meei- — 253 — geworfen werden. Kaum daß man einen Seehund erlegt hat und sich entfernt, den Kadaver auf dem Eise zurücklassend, so sieht man schon in kurzer Zeit die schneeweiße Elfenbein- möve, Pagophila eburnea (Phipps), wegen ihres lichten Gefieders kaum vom Eis zu unterscheiden, sich gierig dem Aase nähern. Gelegentlich kann man auch einen Raubfalken, Hierofalco candi- cans Gmel, sehen; doch gelang es mir nicht, ein Stück zu erlegen. An der Küste Grönlands selbst habe ich einige Schwalben- möven, Xema sahhiei Sab., erbeutet; sie haben ihre Brut- stätten an den steilen Felswänden der Küste ebenso wie der Seepapagei, Fratercula ardica (L.), und die zahllosen Alken, Älca torda L., T eis ten, Cepphus gnjUe L., und L um men, JJria lomvia (L.), von denen die letzteren zum Brüten bis nach Helgoland herabziehen (Fig. 1, 5 und 7). Der von mir besuchte Teil Grönlands ist unbewohnt, da wegen des Polarstromes die Küste vom Eisgürtel nie ganz frei wird. Eskimos leben nur an der West- und Südküste und an der Nordostküste bis zum 70. Breitengrad. Das einzige jagdbare Wild des Festlandes ist der Moschus- ochs, Ovibos moschatus Blainville, von dem ich auch ein Exem- plar erlegt habe (Fig. 8). Er lebt auf den öden Bergen, die im Sommer von etwas spärlichem Gras, von Moos und verein- zelten Blumen bewachsen sind. Doch mit dem Beginn des langen Winters schwindet auch dieses ewige Einerlei der Vege- tation, und es ist mir ein Rätsel geblieben, wie diese stattlichen Tiere während des langen Winters ihr Dasein fristen. Wer nach dem Lesen dieser kurzen Schilderung die ark- tische Gruppe in unserem Museum betrachtet, wird es empfinden, welch eigener Reiz in dieser schimmernden Eismeerlandschaft liegt : ein mächtiger Zauber, der alle, die dort gewesen, wieder hinlockt, ebenso wie die Buschsteppe Afrikas mit ihrem Tro- penzauber jeden umfangen hält, der einmal davon ergriffen worden ist. R. von Goldschmidt-Bothschild. — 254 — Geschenke aus der Ausbeute der ersten Deutschen Tiefsee-Expedition. Mit 6 Abbildungen. Von der seitens des Reiclisamts des Innern im Jahre 1898/99 ausgesandten ersten Deutschen Tiefsee-Expeditiou ^) ist durch ihren Leiter, Geh. Rat Prof. Dr. Carl Chun in Leipzig, unserem Museum vor einiger Zeit eine Auswahl der heimgebrachten Tief- seeorgauismen, soweit ihre Bearbeitung schon in den „Wis- senschaftlichen Ergebnissen" vorliegt, überwiesen worden. Die geschenkten Objekte stellen für unser Museum eine solche Be- reicherung an auserlesenen und seltenen Stücken dar, daß es an- gebracht ist. wenigstens die Hauptschaustücke mit einigen Worten zu charakterisieren. Es sind 1918 hundert Jahre, seitdem bei einer Lotung in der Bafiinsbai Sir John Ross rein zufällig aus 1500 m Tiefe einen Schlangenstern emporbrachte und damit zum ersten Male in gewichtiger Weise der damals herrschenden Ansicht von dem Fehlen jeglicher Lebewesen in tieferen ozeanischen Wassermassen Abbruch tat. Wenn auch einige Forscher später gelegentlich den Nachweis erbracht haben, daß in mehreren hundert Metern der Boden des Meeres eine reiche Lebewelt enthält, so setzt doch die systematische Erschließung der abj'ssaleu Gründe des Meeres erst mit der Legung der submarinen Kabel ein, die, aus tausenden von Metern zur Reparatur gehoben, sich reich besetzt mit Organismen fanden, teils mit fremdartigen Lebewesen, teils mit solchen, deren Verwandten längst geologisch eingebettet sind. Rasch trat eine ungeahnte Begeisterung für die marine Forschung ein, und seit der Mitte des vorigen Jahrhunderts mehren sich größere und kleinere Expeditionen von Forschern vieler Nationen und hochgesinnter Privater. Bald galt es nicht mehr, den Boden des Meeres abzudredgen, sondern die ganzen Wassermassen vertikal zu durchfischen. Heute wissen wir. daß das gewaltige Gebiet, das Dreiviertel unseres Planeten bedeckt, und dessen größte Tiefe 9644 m beträgt, nicht azoisch sondern überrall belebt ist. Den tiefsten Dredgezug führte Alexander ^) F. W. Winter , „Einiges über die Deutsche Tiefsee-Expedition". Bericht der Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft. 1900, S. 45. Frankfurt a. M. (Selbstverlag der Gesellschaft) 1900. — 255 — Agassiz aus: in über 7000 m konnten lebende Seesterne nach- gewiesen werden. Es ist nicht das geringste Verdienst der Deutschen Tiefsee-Expedition, gezeigt zu haben, daß auch eine reiche und vielfältig geartete pelagische Fauna in größeren Tiefen, tausende von Metern über dem Boden, lebt. Dank der bevorzugten Verwendung großer Vertikalnetze, die von dem Leiter der Expedition auf Grund seiner früheren Erfahrungen besonders zweckmäßig konstruiert waren und eine gute Er- haltung der heraufgezogenen Organismen sicherten, ist die Aus- beute gerade dieser in mittleren Tiefen schwebenden Lebewelt eine besonders reiche und wertvolle geworden. Das uns bis jetzt überwiesene Material besteht vorzugs- weise aus Schwämmen und Fischen. Unter den sessilen Formen der Tiefsee sind es vorwiegend die Glasschwämme [Hexactinellidae), deren duftig zarte, zierlich gebaute Kieselgerüste schon von Anbeginn der Forschung immer wieder das Erstaunen der Zoologen erweckten. Lange dünne Glasfäden, die zu kleineren oder größeren Schöpfen ver- einigt im Bodenschlamm wurzeln, verfilzen sich dicht aber gesetzmäßig zu einem engmaschigen Netzwerk, das, durch modifizierte und mikroskopisch kleine Nadelgebilde gestützt und vom Weichkörper umspannt, den Schwamm aufbaut. Immer aber sind die Grundformen der Nadeln, wenn auch noch so mannigfaltig ausgebildet, Sechsstrahler, denen die Gruppe ihren Namen verdankt. Unter den Hexactiuelliden aus 362 — 4990 m Tiefe war es der Expedition vorbehalten, nicht nur von bereits bekannten Formen ungleich mächtigere und außerordentlich gut erhaltene Exemplare zu erbeuten, sondern auch Vertreter ganz neuer Familien aufzufinden. Wir führen einige der selten schönen Exemplare an, die jetzt in unseren Besitz gelangt sind. Aus der Unterordnung der Ämphidiscophora^ ausgezeichnet durch zierliche, mikroskopisch kleine Doppelanker, verdienen besondere Beachtung je ein prächtiges Exemplar der verwandten Formen Pheronema raphanus F. E. Schulze und Platylistrum platessa F. E. Seh. Sie gehören zu den schönsten der Aus- beute. Pheronema besitzt eine gedrungene rettigartige Ge- stalt, deren Breitendurchmesser ungefähr der Höhe von 15 cm entspricht. Von der Basis geht ein mächtiges, leicht verfilztes Nadelbüschel von etwas geringerer Breite zur Bodenverankerung ~ 256 — ab, während das obere Ende mit der quergestellten Siebplatte abschließt, die peripher von fünf bis sechs Büscheln linear an- geordneter Marginalnadelschöpfe von IV2— 2 cm Höhe eingefaßt ist. Unser unverletztes Exemplar stammt von der Südwest- küste der Nikobaren aus 805 m. Bei dem ebenso schönen, in Eig. 1 abgebildeten Exemplar aus 863 m bei Sansibar, dem Genus Flatj/listrtim mit der Schöpflöffelgestalt zugehörig — daher der Name — , steht die Siebplatte vertikal, und der Nadelschopf bildet die Verlängerung des Stieles. Eine wahre Überraschung bot die neue Gattung Monorhaphis F. E. Schulze, gleichfalls ein Amphidiscophore, deren annähernd zylindrischer Körper der Länge nach durchzogen wird von einer etwas exzen- trisch gelegenen „Pfahhiadel" von einer Größe, wie man sie nicht im entferntesten erwarten würde. Die beiden sich laugsam ver- jüngenden Enden der Nadel ragen über den Schwaramkörper hinaus; von dem unteren Ende nimmt man an, daß es tief in den Meeresboden eingegraben ist. Begreiflicherweise erreichten die gefischten Schwämme mit ihren gebrechlichen Nadeln fast niemals ganz unversehrt die Oberfläche; doch messen die längsten Pfahlnadel-Bruchstücke von M. chuni, wie die Art zu Ehren des Expeditionsleiters genannt wurde, bis 70 cm bei einem Durch- messer von 0,6 — 8,5 mm, und bei der nahestehenden M. dives ist eine Nadel von 1,50 m erhalten, die nur 4,5 mm Dicke zeigt. Die Rekonstruktionen lassen vermuten, daß die Pfahlnadelu über 3 m lang werden, der Schwamm selbst 1,50 m hoch. Fig. 2 zeigt das uns überwiesene Stück: das obere Ende eines Schwammes mit der Pfahlnadel und den sie umgebenden Komitalien, den schwächeren Begleitnadeln. Das Gitternetz g, das die großen inneren Lakunen ähnlich einer Siebplatte gegen die sogenannten Nischen, große modiflzierte Osculaöffnungen, abschließt, kommt neben den eigentlichen Osculis 0 deutlich zum Ausdruck. Weiter sind wir in den glücklichen Besitz einer 80 cm langen und etwa 4 mm dicken Pfahlnadel von M. dives gekommen : ein Schau- stück, das neben so manchen anderen, die uns jetzt zuge- gangen sind, außer dem Berliner Museum kein anderes Museum der Welt aufweist. In unserer Schausammlung werden diese Schenkungen durch wohlgelungene, früher erworbene Photo- graphien ergänzt: die des größten gefundenen Schwammbruch- stückes, das das spiralige Wachstum um die 70 cm lange Nadel Fig. 1. PJati/listruin. pla- tessa F. E. Schulze, An- sicht auf die Siebplatte ^5 n. Gr.). Fig. 2. Monorhaphis cliuni F. E. Schulze, obe- rer Teil, seitlich geöffnet C/ö n. Gr.) g = Gitternetz, 0 = Oscula. — 258 — zeigt, ferner durch die Photographie einer kräftigen Glasnadel, die von einer Amphihelia umwachsen ist, wodurch der Eindruck erweckt wird, die Nadel sei die zentrale Ausscheidung der stark- kalkigen weißen Koralle. Südwestlich von der Insel Groß-Nikobar aus 296 und 362 m sind von der Expedition sechs Exemplare der dem vor- erwähnten Schwämme nahestehenden SempereUa cucumis F. E. Schulze gedredgt worden, wovon uns eins überwiesen ist, das neben der guten Abbildung in unserem Hexactinellidenschranke, nach dem einzig existierenden vollständigen Exemplar von 62 cm Höhe aus den „Ergebnissen", uns ein deutliches Bild dieses prächtigen Glasschwammes abgibt. Wir übergehen die interessanten neuartigen Vertreter gestielter Polypen, sowie schöner Gorgoniden und er- wähnen von den am Boden lebenden Formen der Tiefsee aus der Gruppe der kurzschwänzigeu Krebse (Brachyuren) drei schöne Vertreter, die jetzt in unserem Besitz sind. Zwei Geryon afflnis Milne Edwards u. Bouvier, im Leben stark rot gefärbt, ent- stammen einer von der Expedition aufgefundenen Untiefe von 936 m im südatlautischen Ozean, zur Erinnerung an den Expe- ditionsdampfer „Valdivia-Bank" genannt, 8 Breitengrade von der Walfischbai entfernt. Die neue Spezies hertivigi Doflein des Genus Scyramathia, von der zahlreiche männliche und weibliche Indi- viduen vorliegen, ist in 300 bis 500 m auf der Agulhas-Bank sehr verbreitet, und was schließlich die uns überwiesene Platymaia wyvüle-thomsoni Miers betrifft, so handelt es sich wohl um die interessanteste der uns bekannten Tiefsee-Krabben. Die außer- ordentlich hochbeinig gestelzte Form zeichnet sich durch Scheren- finger aus, die messerartig schmal und nach innen gebogen sind ; aber vor allem imponieren uns die furchtbaren Waffen des Tieres in Gestalt langer dornartiger Stacheln, die mehrreihig an den vorderen Extremitäten sitzen und dem erbeuteten Opfer ein Entrinnen unmöglich machen. Nicht unwesentlich tragen bei zur Charakterisierung der auf dem Boden oder wenig darüber lebenden benthonischen Lebewelt neben anderen noch nicht in unserem Besitz befind- lichen Formen die meisten Arten der Macruren, jene auffallend langgeschwänzten Fische, die vorwiegend in dem warmen Gürtel weitverbreitete Tiefseefische darstellen. Der dicke Kopf — 259 — mit einem kurzen Körper wirkt fremdartig durch die gewaltig vergrößerten Augen; das gelegentlich weit unterständige quer- gestellte Maul mit einem stark verlängerten Rostrum zum Auf- wühlen des Schlammes, auf dem die Fische leben, läßt auf eine ähnliche Lebensweise schließen, wie sie unsere Acipenseriden führen, was auch der Mageninhalt, bestehend aus Echinodermen- resten, kleinen Schnecken, Foraminiferenschalen u. a., verrät. Zufolge ihrer Lebensweise fangen sich die Macruren fast aus- schließlich in dem Trawl, auch gelangen sie leicht in die Netze. Unsere Expedition brachte 205 Exemplare in 16 Arten an die Oberfläche, von denen 10 Arten aus Tiefen von 178, 465, 628 und 900 — 1134 m in unser Museum gekommen sind. Fünf Arten kommen der Hauptgattung Macrurus zu, die übrigen den Sub- genera Coelorhi/nchus, Whjstaconums und Malacocephalus. Die Exemplare sind meist sehr gut erhalten; dasjenige von Malaco- cephalus laevis (Lowe) besitzt eine Länge von 40 cm. Unsere Schau- sammlung enthält, beiläufig bemerkt, einen schönen Macrurus von etwa 70 cm Länge, rupestris Gunner, aus dem unteren Litoral, der von Prof. Römer 1904 bei der Insel Alvaerströmmen mit der Grundangel erbeutet worden ist. Neben diesen Macruren sind uns weiter einige Vertreter aus verschiedenen Familien und Unterordnungen übermittelt, so daß jetzt die Hauptrepräsentanten der benthonischen Tiefen- fischfauna unserer Sammlung einverleibt sind. Sie entstammen Tiefen um 1000 m und sind meist dem nordwestlichen indischen Ozean entnommen. Es seien hervorgehoben Bathygadus longi- filis Goode u. Bean, dessen erster Strahl der Rücken-, Brust- und Bauchflossen zu einem laugen dünnen Faden ausgezogen ist; die dunkelblaue Färbung der Bauchseite, der Kiemen und des Maules kontrastiert auffällig gegen das grünlich schillernde Auge. Ferner Bathygadus melanobranchus Vaillant von der deutsch- ostafrikanischen Küste, noch erheblich dunkler gefärbt mit tief- schwarzen Kiemen ; seine Überführung aus 1289 m an die Ober- fläche ging so rasch vonstatten, daß durch die plötzliche Druck- verminderung bei unserem Exemplar der Magen weit in den gewaltigen Rachen vorgepreßt worden ist. Eine ähnliche Tinten- farbe, aber noch mehr nach blau über den ganzen Körper ziehend, zeigen Lampogrammus ?iiger Alcock aus 1024 m bei den Nikobaren und die neue Art Aleposomus lividus A. Brauer, 17* — 260 — von der nur fünf Exemplare heimgebracht wurden. Diese Form erhebt sich schon weit über den Boden und tritt in die pela- gische Lebensweise ein. Eine ähnliche Teilung der Lebensweise hat unter der Gruppe der Pediculaten stattgefunden , die sich teils in den Schlamm einwühlen, teils aber eine bathypelagische und pela- gische Lebensweise angenommen haben. Zu den Pediculaten zählen höchst merkwürdige Formen : es isolieren sich bei einigen die ersten Strahlen der Rückenflosse und rücken nach der Schnauze zu vor, um Funktionen als Lockaugeln anzunehmen. Das knopfförmige Ende kann außerdem noch ein Leuchtorgan und Tastfäden enthalten. Die Herkunft eines solchen Tentakels und seines Endorgans verrät jedoch der an der Spitze des Tentakels sich aufsplitternde Nerv, der weit hinten als dorsaler Ast eines Spinalnerven entspringt. Von den interessantesten dieser Familien, den Ceratiiden, konnte die Expedition kein Exemplar abgeben, da von den einzelnen Arten höchstens zwei Tiere gefangen wurden. Um so freudiger begrüßen wir es, daß uns von den übrigen vier Familien der Pediculaten Vertreter überwiesen worden sind : zunächst ein neuer Lophius quinquera- diatus A. Brauer; diese Gattung kann gewissermaßen als die Stammform der verschiedenen Pediculaten -Familien ange- sehen werden. Weiter gehören hierher Aceratias, der Vertreter einer Familie, bei der der Tentakel zwar wieder verschwunden, seine Rudimente aber innerlich noch nachzuweisen sind ; ferner die Antennariiden, repräsentiert durch C/immax pictus Lowe und die Malthiden mit der vielseitig interessanten Form Haliemetus ruber Alcock, die im Leben eine schöne rosa Färbung zeigt. Diese beiden Familien besitzen Tentakel höchst merkwürdiger Gestalt; bei Chaimax ist das Organ troddelartig, bei dem ab- geplatteten Haliemetus ist es flach und liegt in einer Nische. Ehe wir in einige Bemerkungen über die rein pelagischen Fische eintreten, wollen wir zwei Arten derjenigen Formen berücksichtigen, die voraussichtlich eine große vertikale Ver- breitung besitzen und gelegentlich benthonisch sich finden, wenn sie auch bis jetzt selten erbeutet wurden. Zunächst das un- versehrte prächtige Exemplar von Avocettina infans (Günther) von 30 cm Länge, das mit dem bis 8070 m hinuutergesenkten Vertikalnetz zwischen Sierra Leone und Kamerun gefischt s m a '^ 5s Ö &2 tq 1^ 3 o M - 262 - wurde, zuzuzählen den bandartigen Kemtchthyidae, Formen, die bei 2 cm Höhe und 60 cm Länge nur wenige Millimeter Dicke erreichen. Der Körper verjüngt sich gleichmäßig bis zur faden- dünnen Schwanzspitze, die Brustflossen sind klein, Bauchflossen fehlen, die Rückenflosse, die mit der Afterflosse in die Schwanz- flosse ohne Unterbrechung übergeht, besitzt 325 — 340 Flossen- strahlen, die Afterflosse 240—260. Langgezogen, wie der ganze Fisch, stellen sich auch die Kiefer dar (Fig. 3); beide ziehen sich fadenartig aus und gleichen divergierenden, sehr elastischen Spangen. Ihre Innenseiten sind mit scharfen, nach hinten ge- richteten, in rhombischen Feldern angeordneten Zähnchen besetzt, ebenso die knopffürmigen Enden ; vergrößert erscheinen die Innenseiten der Kiefer wie kreuzweise aufgeschlagene E'eilen. Der funktionelle Wert dieser Widerhaken für den Nahrungs- erwerb leuchtet ohne weiteres ein. Die andere Art, die noch erwähnt sein mag, Neoscopelus macrolepidotus Johnson (Fig. 4), gehört zu einer großen Gruppe von Leuchtflschen, den Scopeliden, die eine fast durchaus pela- gische Lebensweise führen. Neben der prachtvollen Färbung im Leben — rote Flossen, grüne Augen, zart rosavioletter Körper mit silberglänzenden großen Schuppen — fallen vor allem auf die ventralen und lateralen, auf starkpigmentiertem Hintergrund hell aufblitzenden großen Leuchtorgaue, deren Leuchtwirkung durch einen mächtigen silberglänzenden Reflektor erhöht wird. In Reihen ziehen sie sich auf Bauch und Seiten hin bis auf den Isthmus und seltsamerweise auch auf die Unter- seite der Zunge (Fig. 5), eine Erscheinung, die für sich steht. Weitaus die interessantesten Formen kommen den unend- lichen Wassermassen des Pelagials zu, dem größten belebten Raumgebiet unserer Erde. Durch die erwähnte reichliche Verwendung der großen Vertikalnetze hat die Kenntnis auch der dem Boden vollständig fremden Fische der Tiefsee eine überraschende Erweiterung erfahren. Diese mehr oder weniger bathypelagisch lebenden Fische zeichnen sich vielfach aus durch die hohe Zahl von Leucht- organen und die oft gewaltige Vergrößerung der Augen, deren schrittweise zu verfolgende Ummodelung zu der höchst aberranten gestreckten Form der „Teleskopaugen" führt, eine Umwandlung, die konvergent nicht nur bei verschiedenen Familien der Fische — 2G3 — sondern auch in anderen Tiergruppen ganz unabhängig wieder- kehrt, z. B. bei Zephalopoden. Dabei verlagert sich die Linse des Auges mehr und mehr rostrad oder dorsad, gleichzeitig tritt eine Verlängerung des Augapfels und unter Umständen auch eine funktionelle Teilung der Netzhaut ein. Ausgebildete Tele- skopaugen können rein nach vorn oder nach oben gerichtet sein. Die Befunde der Expedition haben hier ganz neuartige Familien zu unserer Kenntnis gebracht. Unser Museum ist in den Besitz von drei Arten der Gattung Argyropelecus gekommen, die zum teil die Träger typischer, dorsad gerichteter Teleskopaugen sind. A. affin/s (Garman), bei den Chagos-Iuseln im indischen Ozean aus 1900 m gehoben, zeigt die dorsale Ausbildung, während sein Verwandter olfersi (Cuvier) aus 2200 m des südlichen in- dischen Ozeans nur die dorsale Verschiebung der Linse erkennen läßt, ein fertiges Teleskopaug-e also noch nicht besitzt. Eine Form, die ebenfalls auf einer Zwischenstufe dieser Bildungsrich- tung steht, zeigt uns ein kleines Exemplar aus dem südatlan- tischen Ozean, Dissomma anale A. Brauer. Von Fischen mit Leuchtorganen besitzen wir nun eine stattliche Reihe in Vertretern der Stomiatiden, Sternoptychiden und Scopeliden. Während aus dem Formenkreis der Stomiatiden die Repräsentanten meist einzeln erbeutet wurden — wir sind nur im Besitz eines Cliaidiodus slouaei Bloch u. Schneider ge- kommen — , sind die Sternoptychiden an Individuenzahl und die Scopeliden an Artenzahl sehr reich vorhanden. Von ersteren besitzen wir ein größeres Exemplar von Sternoptijx diaplmna Herrmann ; ebenso wie sein schon genannter naher Verwandter Argyropelecus zeichnet sich diese Form durch beilförmige Gestalt, prächtigen Silberglauz und außerordentlich große Leuchtorgane aus, die aus mehreren zusammengelegten Leuchtdrüsen aufgebaut sind. Unter allen Tiefseefischen ist die hierher gehörige Gattung Cydotlione mit ihren sieben zum Teil kosmopolitischen Arten wohl die verbreitetste ; auf der Valdivia-Expedition wurden etwa 2000 Stücke erbeutet. Jede Art ist unserem Museum in mehreren Exemplaren zugekommen. Von der ebenso bedeutenden Familie der Scopeliden haben wir den prächtigen Neoscopelus schon ange- führt, den Verwandten der umfassenden Hauptgattung M/yc/o/^/mw. Von den 31 von der Expedition heimgebrachten Arten der ins- gesamt 52 Spezies der Untergattungen Myctophum^ Lampadeiia, — 264 — JDiaphns und Lawpanycies sind uns die überwiesenen deshalb besonders interessant, weil es sich hier um Fische handelt, deren Einordnung in das System sich bei großer äußerlicher Ähnlichkeit wesentlich auf die Konstanz der Leuclitorgane, deren Stelhing zu einander, das Auftreten von Leuchtplatten und Leuchtschuppen als Artcharaktere stützt. Diese Andeutungen über die pelagischen Fische wären indessen unvollständig, wenn wir die merkwürdigen Funde der Expedition mit der ansprechenden Bezeichnung „Stielaugeufische" übergehen wollten. Hier handelt es sich um Larven, die in älteren Stadien Leuchtorgane zeigen. Brauer hat diesen Jiigend- formen den Namen Stißophthahmis paradoxus g%gt\)Q\\\ vermutlich kommen sie Stomiatiden zu. Das unserem Exemplar entsprechende Stadium ist in Fig. 6 abgebildet. Vergegenwärtigen wir uns die Art der Bedingungen, unter denen pelagische und benthonische Organismen leben, so sind sie wohl eigen und fremdartig. Sie sind indessen, namentlich in dem Pelagial. erheblich gleichmäßiger als diejenigen der uns umgebenden Organismenwelt. Wir lernen daher verstehen, daß an den Tiefseeorganismen, wohin wir auch blicken, immer wieder konvergente Anpassungen der Organe, vor allem der Sinnes- apparate, auftreten und zu einem Grade der Vollkommenheit gelangen, die die übrige Lebewelt nicht erreicht. Die hoch- gradige Adaption an eigenartige Bedingungen ist es, die den Tiefseeorganismen und Dämmerungsformen die fremdaiiige Ge- stalt gibt. Trotz der großen Fortschritte auf diesem Gebiet der Forschung sind wir jedoch auch heute noch weit davon entfernt, ihre Biologie restlos zu erkennen. Wenn wir jetzt den Besuchern unseres Museums und den Hörern unserer Vorlesungen von diesen so abseits stehenden Naturobjekten prächtige Exemplare vor Augen führen können, so verdanken wir dies dem Geschenk der Deutschen Tiefsee- Exp edit ion. Daß durch diesen köstlichen Schatz eine empfind- liche Lücke unserer Sammlung ausgefüllt worden ist, wollen wir gern und dankbar hervorheben. F. ir. Winter. — 265 — Fossile Wespennester Mit einer Abbildung von Anton Handlirsch (Wien). Im Oberoligozän von Flörsheim wurden zusammen mit Landschnecken, Insektenlarven, Eidechseneiern und Säugetier- resten einige Gebilde gefunden, die auf den ersten Blick eine auffallende Ähnlichkeit mit den bekannten kugelförmigen Lehra- Fossile Wespennester aus Flörsheim (natürliche Größe). nestern der solitären Vespiden aus der Gattung Eumenes zeigen. Friese, der diese Objekte gesehen, hat keinen Augenblick an ihrer Eumenidennatur gezweifelt. Nachdem jedoch einige Paläontologen, denen diese Gebilde vorgelegt wurden, meinten, es sei doch möglich, daß es sich um Spongien handle, und nachdem ich selbst ein äußerlich ganz ähn- liches miozänes Fossil gefunden habe, das dem Bryozoon CeUepora — 266 — rjlohdaris (det. TIi. Fuchs) angehitrt. liabe ich eine chemische und mikroskopische Untersuchung der fraglichen Gebilde vor- genommen, durch die nun wohl alle Zweifel behoben werden. Es sind Hohlkugeln von 18—22 mm Durchmesser und 2 — 3 mm Wandstärke. Sie tragen an der oberen Seite das charakteristische Flugloch und bestehen aus Lehm, in dem Kalk- sandkörnchen eingebettet sind. An manchen Stellen sind in der Wand kleine Hohlräume sichtbar. Von geformten Hartgebilden (Kalk- oder Kieselnadeln) ist keine Spur zu finden, und das Material entspricht vollkoramem jenem rezenter £'?M,. //-«^^^^^^H^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^H 1 k"- 1 \ nT^H^^^H^^^^^H ■H V _-.) Vergl. M. Collignon, Lysippe (Paris v. I.) S. 93 f. mit Fig. 22 auf S. 113; Heibig, Führer durch die Antikensammlung in Rom II Nr. G09, der mit Recht das Pferd der Reiterstatue Alexanders des Großen aus Herculanum im Neapler Museum zum Vergleich heranzieht. — Über das von Löschcke zuerst in seiner Bedeutung erkannte Relief des Lonvre s. Collignon S. 59f. mit Fig. 12 auf S. 57. "^) Vergl. Collignon, Histoire de la Sculpture Grecque Bd. I (Paris 1892) S. 475 f. mit Fig. 245. ") Vergl. H. B. Walters Catalogue of the Bronzes Greek, Roman and Etruscan, in the British Museum (London 1899), vor allem Nr. 1751 — 1928. Über die Tierbilder der römischen Feldzeichen, von denen der Wüstenroder Leopard mit das beachtenswerteste ist, vergl. die Zusammenstellungen bei A. V. Domaszewski, Religion des Römischen Heeres. '2) Eine Kröte in Rosso antico bei Amelung Nr. 105 (Taf. 30), ein Taschenkrebs ebenda Nr. 229 (Taf. 43). Aus dem Kreise der neueren Funde von Kreta soll wenigstens auf die Fische der Fayenceplatte aus Knossos und auf ein ähnliches Wandbild aus Phylakopi hingewiesen werden ; beide sind gut abgebildet bei E. Per nice in G. Lehner ts Illustrierter Geschichte des Kunstgewerbes Bd. I zu S. 70. 'ä) Es mag hier der Wunsch ausgesprochen werden, daß die Kataloge der Antikensammlungen einmal von selten eines Zoologen systematisch einer gründlichen Revision unterzogen werden möchten, die die vielen Fragezeichen und zweifelhaften Benennungen tun- lichst beseitigt. Die Sala degli animali enthält u. a. die plastische Wiedergabe eines Fettschwanzschafes (Nr. 118, Taf. 31 bei Amelung): der weiße Kopf des Tieres ist zoologisch unrichtig ; einen genau entsprechenden Kopf von der geforderten schwarzen Farbe hat Amelung in Florenz (Nr. 129 seines Katalogs der Florentiner Antiken) nachgewiesen. !■*) Vergl. Keller , Antike Tierwelt I S. 113. Collignon, Lysippe 8.84 f. mit Fig. 23 auf S. 117. Über das Gesamtgebiet s. B. Beckmann, Geschichte und Beschreibung der Rassen des Hundes, II. Bd. mit Illustration, Braunschweig 1894. Wir bedürfen einer eingehenden, mit dem vollen antiken Material arbeitenden Monographie für die Hunde des Altertums in ganz — 303 — besonderem Maße. Bemerkenswert wegen des Materials, aus dem er her- gestellt ist, ist u. a. der Hund aus Serpentin im Konservatorenpalast (Heibig I Nr. 575). ^^) Über den Luchs und den Sumpfluchs s. Keller, Tiere des Alter- tums I. S. 71f. und 81 f. mit Fig. 21 und 27. Zum Panther und Gepard vergl. Keller, Antike Tierwelt I S. 62 ff. und Tiere des klassischen Alter- tums S. 147 ff. Schon für das Tier des Dionysos auf dem Relief des Lysikrates- Denkmals ist die Frage aufgeworfen worden, ob der unbekannte Künstler einen Panther oder einen Löwen hat darstellen wollen. Gelegentlich benützte man die Naturfarbe des Steines, um auch die Färbung der Tiere wiederzu- geben oder wenigstens anzudeuten ; eine Ibisfigur der Villa Albani in Rom besteht aus Rosso antico (Heibig, Führer II Nr. 842 [682]). Am bedeut- samsten ist der aus Alabaster mit eingelegtem nero antico und giallo antico bestehende „Leopard" der Sala degli animali, Nr. 154 (Taf. 36) bei Ame- lung (Fig. 9). ^^) Abbild, u.a. bei Colli gnon (Lysippe S. 84), der schwerlich mit Recht an Lysipp als Schöpfer des Originals denkt (S. 76) und dem Kopisten die Wahl eines Hirsches statt der Hindin zuzuschreiben geneigt ist. ") Die Becher von Vaphio sind außer bei Keller, Antike Tierwelt I S. 344 Fig. 121 abgebildet u. a. bei Collignon, Sculpture Grecque I S. 47f., ebendort S. 53 Fig. 28 das Wandgemälde des fälschlich so genannten Stier- bändigers aus Tiryns und S. 28 Fig. 10 der silberne Stierkopf, den S ch He- rn a n n in Mykenä gefunden hat. '^) Über die Viverre s. Keller, Antike Tierwelt I. S. 157 Fig 55, über den Serval ebenda I S. 66 Fig. 17, über die Frage des mykenischen Schafes ebenda I S. 310. ^^) Paus an., X 13, f. ; ein Exkurs über die „Bison"- Jagd ist aus un- bekannter Quelle, vielleicht nach der Erzählung des Fremdenführers von Delphi, beigefügt. ^°) Den Zebu behandelt eingehend Keller, Tiere des klassischen Altertums S. 66 — 72. "^) Vergl. Keller , Tiere des klassischen Altertums S. 106 ff. Über das Relief von Vienne Stark, Städteleben und Altertum in Südfrankfeich S. 578. Die Bärengruppe der Sala degli animali bei Amelung Nr. 108 (Taf. 39) ; die Berner Bronze ist abgebildet bei J. Bachof en , Der Bär in den Religionen des Altertums (Basel 1863) Taf. I Fig. 1. Zur Aachener Bärin s. Friederichs- Wolters Gipsabgüsse des Berliner Museums Nr. 1702. ^^) Vergl. im allgemeinen Keller, Tiere des Altertums I S. 24ff. Die Monographie von J. B. N o r d h o f f , Über den Gebrauch und die Bedeutung des Löwen in der Kunst, vorzüglich in der christlichen (Münster 1864, Freiburger Dissertation) bedarf sehr der Erneuerung. Keller ist geneigt, auch in den Löwendarstellungen der späteren antiken Kunst im wesentlichen die Nachahmung des altorientalisch-asiatischen Löwentypus zu erkennen ; ich glaube nicht, daß sich diese Anschauung bei genauerer Prüfung der ein- schlägigen Bildwerke aufrecht erhalten läßt. Über die Löwen des Regens- burger St. ülrichsmuseums , schlechte Provinzialarbeit, s. 0 r t n e r , Das römische Regensburg. — 304 — ^') Th. Schreiber, Die hellenistischen Reliefbilder (Leipzig 1894), dort vor allem Taf. 1 Säugende Löwin ; Tai. 2 Säugendes Mutterschaf ; Taf. 74 Bauer und Kuh am Brunnen ; Taf. 75 Rinderherde ; Taf. 77 Hirt, eine Ziege melkend ; Taf. 78 Löwe, einen Stier zerfleischend ; Taf. 108 a Elefant und Panther (s. S. 305 Anm. 36). 2*) Das Nilmosaik bei Keller, Antikes Tierleben I S. 158 Fig. 57, das Wandbild mit den Wüstentieren ebenda I S. 293 Fig. 96. -'") Das Mosaik der Vatikan. Bibliothek bei Hei big, Führer II 955. t'Jber farbige Terrakottaplatten mit Nillandschaften Hei big, Führer II S. 368 und die dort angeführte Literatur. Die vatikanische Nilstatue (Heibig I Nr. 47) zeigt auf ihrem ßasisrelief Kämpfe zwischen Krokodilen und Nilpferden, zwischen Krokodil und Ichneumon, außerdem Wasservögel, darunter vielleicht den viel umfabelten Trochilos. ^*) Das Treibjagdmosaik von Utica ist farbig abgebildet bei Th. Morgan, Romano-British Mosaic Pavements (London 1886) auf Taf. zu S. 247 ; ebenda, gleichfalls farbig, zu S. 275 das Fischfangmosaik. Mit dieser Darstellung des Fischfanges läßt sich am ehesten vergleichen das kleine Silberrelief bei Th. Schreiber, Alexandrinische Toreutik (S. 325 Fig. 63), wo neben den Fischen ein Seepolyp erscheint, der von einem Fischer mit der dreizackigen Gabel durchbohrt wird, ferner Seekrebse und ein Seevogel (schwerlich eine Ente, wie Schreiber annimmt). -'•) S. Keller, Tiere des klassischen Altertums S. 82 Fig. 24. Über die Mosaiken des Bardo - Museums berichtet an der Hand des Supplement- bandes zum Musee Alaoui A. Schulten im Archäol. Anzeiger 1909 S. 190 ff. mit Abbildungen 1 und 2. '-**) Abbildungen bei Keller, Tiere des klassischen Altertums S. 133 Fig 30 und S. 145 P'ig. 32, doch steht meines Wissens leider nicht fest, wie weit das Spiegelbild des Panthers, das in dem Käfig des letzteren Bildes erscheint, auf richtiger Wiedergabe des Originals beruht. Den Bericht Allans (Nat. anini. XIII 10) kann man jedenfalls nur den Hauptzügen nach zum Ver- gleich heranziehen. 29) Vergl. J.W a cht 1er, Die Blütezeit der griechischen Kunst im Spiegel def Reliefsarkophage (Leipzig 1910), der S. 59f. die Eberjagdszene gut erörtert, dagegen in bezug auf die Längsseite mit der Löwenjagd m. E. nicht im Recht ist. ^°) Auch hier wende ich mich gegen W a c h 1 1 e r s Ausführungen a. a. 0. S. 91 f. Als Lockspeise für den Löwen ist der Hirsch allerdings nicht zu denken. Die Äußerung gegen die unwaidmännische Rohheit, mit der der Perser mit der Axt auf das geängstigte Tier losschlägt, trägt wohl ein kaum dazu gehöriges Moment in die Interpretation des Bildwerkes hinein. ^1) Über die pompejanischen Reliefs s. Overbeck-Mau, Pompeji (Leipzig 1884) S. 191 ff. mit Fig. 110—114 und H. Lamer, Die Römische Kultur im Bilde (Leipzig 1910), S. 18. Die Terrakottaplatte des Museo Kircheriano bei Hol big 11 S. 368. Als Beispiel für den Jagdsport als integrierenden Bestandteil im Leben des vornehmen Römers mag der Sar- kophag im vatikanischen Cortile del Belvedere Nr. 93 Taf. 7 bei A m e I u n g antjeführt sein. — 305 — 3^) Vergl. Hei big II S. 134 ff. und besonders W. Henzen, Expli- catio rausivi in Villa Borghesiana asservati (Rom 1845); der letztere hat auch ein Relief der Sammlung Torlonia mit Tierkämpfen gelehrt erläutert in Annal. deir Instituto Archeologico XIV (1842) zu Monum. dell' Inst. Taf. XXXVIII. 33) Vergl. K. Humann, Altertümer von Hierapolis (Berlin 1898), S. 63 ff. mit Fig. 12 und 13. Ein Stier im Kampfe mit einer Bärin (?) er- scheint auf einem Gemälde der Brüstungsmauer des Amphitheaters von Pom- peji, s. 0 V e r b 6 c k - M a u a. a. 0. S. 181 f. mit Fig. 105. ^^) Der römische Mosaikfußboden in Westerhofen (vergl. I. von H e f - n e r in dem Oberbayer. Archiv Bd. XIII Heft 1) zeigt uns, wie ein Bär an einen Stier heranschleicht. Das Mosaik von Nennig (s. Springer- Michaelis, Handbuch der Kunstgeschichte 7 I S. 437 Abb. 768) zeigt u. a. einen vom Bestiarius erlegten Panther, der mit der linken Vordertatze den einen Speer, der ihn durchbohrt hat, herauszureißen sucht. Den Trierer Glasbecher hat herausgegeben und interessant erläutert E.Krüger in den Bonner Jahr- büchern Heft 118 (Bonn 1910) S. 353 ff. mit Taf. XXV— XXVII. Das Eich- hörnchen auf dem Bilde ist gewiß nicht bloße Füllfigur; vergl. den Hasen des Reliefs bei U verbeck- Mau a. a. 0. S. 192 f mit Fig. 114. Die Gruppe des Ebers mit dem Panther bei H e 1 b i g I Nr. 558. ^^) Eine gute Wiedergabe bei P. Hermann, Denkmäler der Malerei des Altertums (München 1906 ff.) Taf. 9. *') Den Panther mit der Schlange hat Keller, Tiere des Altertums S. 152 Fig. 34 abgebildet. ^^) Zur Zähmung der Tiere vergl. u. a. P. Hachet-Souplet, Dres- sur der Tiere mit besonderer Berücksichtigung der Hunde, Affen, Pferde, Elefanten und wilden Tiere, deutsch von Marschall von Bieber stein (1898). Eine erschöpfende Bearbeitung des antiken Materials fehlt meines Wissens noch. ^^) Über die Kunstdarstellungen des Dionysossiegeszuges vergl. Hel- bigs Führer I Nr. 676 und Benndorf-Schoene, Katalog des laterani- schen Museums (Leipzig 1867) Nr. 408. Über Eros auf dem Panther s. u. a. Hei big I Nr. 137, auf der Bärin I Nr. 678. *") Der lateranische Sarkophag in Benndorf-Schoenes Katalog Nr. 421; eine Abbildung u. a. bei R. Garrucci, Monumenti del Museo La- teranense (Rom 1861) I 2 — 4 ; Wettfahrten von Eroten auf Wagen, die mit wilden Tieren bespannt sind, z. B. bei Reinach, Repertoire I S. 57. •* ') Vergl. S p r i n g e r - M i c h a e 1 i s , Handbuch der Kunstgeschichte 7 I ' S. 292 f. mit Fig. 517. Exemplare der nicht travestierten Grappe finden sich z. B. im Rheinland (Kölner Museum), siad aber auch sonst offenbar zahlreich zu finden gewesen. 20 — 306 Robert Kocli geb. 11. XII. 1843 zu Clausthal, gest. 27. V. 1910 zu Baden- Baden. Mit Porträt von A. Libbertz. Robert Koch ist auf Grund seiner epochemachenden Arbeit „Die Ätiologie der Tuberkulose" am 10. März 1883 Träger des Tiedemann-Preises und korrespondierendes Mitglied unserer Gesellschaft geworden. Als erste von einer wissenschaftlicheu Korporation ihm zuteil gewordene öffentliche Anerkennung wurde diese Auszeichnung von ihm stets besonders hoch gehalten. Zwei Jahre zuvor hatte Koch seine Methode zur Unter- suchung von pathogenen Mikroorganismen bekannt gegeben. Die von ihm beschriebene Kultur auf festem durchsichtigem Nähr- boden war allen anderen Methoden der Reinkultur an Sicher- heit und leichter Handhabung überlegen. Für die Reinzüchtung der Tuberkelbazillen hatten indessen die bisher bewährten Nähr- böden versagt. Da fand Koch, daß Blutserum bei längerer Erwärmung auf 65'^ fest wird und durchsichtig bleibt. Auf diesem Nährboden gelang es, die Stäbchen in Reinkultur zu züchten, und durch die Wiedererzeuguug der Krankheit mit der gewonnenen Reinkultur war die ätiologische Bedeutung der ge- fundenen Bazillen erwiesen. Es war zum ersten Male gelungen. den Beweis für die parasitische Natur einer menschlichen In- fektionskrankheit, und zwar der wichtigsten von allen, voll- ständig zu liefern. „Meine Untersuchungen," sagte Koch, „habe ich im Inter- esse der Gesundheitspflege unternommen, und dieser wird auch, wie ich hoffe, der größte Nutzen daraus erwachsen". Und in — 309 — der Tat, von der Entdeckung Kochs datiert die neue Ära der Gesundheitspflege, die ihre Maßnahmen auf die Erkenntnis der Biologie der Krankheitserreger und deren Verbreitnngsweise mit glänzendem Erfolge zu basieren vermochte. Das Vorbild für die Bekämpfung aller anderen Krankheiten ist die von Koch in die Wege geleitete zielbewußte Bekämpfung der Tuber- kulose geblieben. Mitten aus dieser so viel versprechenden Tuberkulosearbeit wurde Koch im Jahre 1883 zur Erforschung der Cholera ab- gerufen, die in Ägypten ausgebrochen war und Europa bedrohte. Die Seuche war, bald nachdem die von Koch geführte Kom- mission ihre Arbeit begonnen hatte , in Ägypten erloschen ; aber Koch, der bereits in einigen Fällen wichtige Beobach- tungen in den Darmausleerungen Kranker gemacht, folgte ihr .nach Indien, ihrem Heimatlande, und fand dort ihren Erreger, ein schraubenförmiges Stäbchen, den sogenannten Kommabazillus. Die Studien über die Biologie des in Reinkultur gewonnenen Mikroorganismus führten zum klaren Verständnis der Verbrei- tungsweise dieser wegen ilires akuten Verlaufs so gefürchteten Krankheit und damit zur Erkenntnis der zu ihrer erfolgreichen Bekämpfung notwendigen praktischen Maßnahmen. Der kranke Mensch ist der Träger, Vermehrer und Verbreiter der Cholera- keime: die ersten Krankheitsfälle müssen daher rechtzeitig er- kannt, isoliert und unschädlich gemacht werden, um eine Ver- breitung der Krankheit wirksam zu verhüten. Die hierauf gerichteten Vorschläge Kochs wurden von der internationalen Sanitätskonferenz zu Dresden 1883 angenommen und bewährten sich 1893 beim Ausbruch der Cholera in Hamburg in glänzender Weise. Ihnen verdankt es Deutschland, daß es damals von einer allgemeinen Epidemie verschont geblieben ist. Nachdem die Cholerauntersuchungen zum Abschluß gelangt waren, wandte sich Koch wieder seinen Tuberkulosestudien zu. In jahrelangen Versuchen war er bemüht, ein Mittel zu finden, um die außerhalb des Körpers leicht zu tötenden Para- siten auch innerhalb des lebenden Organismus zu vernichten. Auf dem X. internationalen Kongreß zu Berlin 1890 machte er die Mitteilung, daß dieses Mittel von ihm gefunden sei, und bald darauf folgte seine grundlegende Publikation über das Tuber- kulin, mit Hilfe dessen die Tuberkulose in ihren ersten Stadien — 310 — nicht nur erkannt, sondern auch, wie er hoffte, geheilt werden könne. Diese Veröffentlicliung wurde von Ärzten und Laien mit beispiellosem Enthusiasmus aufgenommen, und überall wurden die übertriebensten Hoffnungen an das neue Wundermittel ge- knüpft. Die notwendig folgenden Enttäuschungen wären der Welt erspart geblieben, hätte man sich nur an das gehalten, was Koch versprochen hat, und wäre das Mittel nicht in zahl- losen gänzlich ungeeigneten Fällen zur Anwendung gebracht worden. Als nun die übertriebenen Hoffnungen sich nicht ver- wirklichten, als sogar manche der mit Tuberkulin behandelten Kranken infolge zu heftiger Reaktion zugrunde gingen, war Robert Koch, der gefeierte Forscher, der Wohltäter der Menschheit, bald einer der bestgehaßten Männer des In- und Auslandes. Und doch hatte er recht und hat recht belialten! Das Tuberkulin hat sich bewährt als das beste Diagnostikum. der Tuberkulose in ihren ersten Stadien : es hat auch als Heil- mittel gehalten, was Koch von ihm gesagt, und sich bewährt in der Hand sorgsamer Ärzte. Die Ungerechtigkeit der Welt hat Koch mit Gleichmut getragen, und unentwegt hat er an der Vervollkommnung seiner Tuberkulinpräparate weiter gearbeitet. Er erkannte, daß die Leiber der Tiiberkelbazillen das heilende Agens darstellen, und um sie aufzuschließen, unternahm er das gefährliche Experiment, die scharf getrockneten lebenden Kulturen im Achatmörser zu zerreiben. In Emulsion gebracht stellt dieses Präparat das „neue Tuberkulin" dar. Abermals wurden diese Studien unterbrochen. „Gerade jetzt," schrieb mir Koch im November 1896, „wo ich mich ausschließlich mit der Ausarbeitung des neuen Verfahrens für die Praxis beschäftigen möchte, wird mir ein Strich durch die Rechnung gemacht. Die Regierung der Kapkolonie hat sich an unser Auswärtiges Amt mit dem Ersuchen gewendet, mich zur Untersuchung der Rinderpest nach Südafrika zu senden. Anfangs verhielt ich mich ablehnend ; aber die Sache gestaltete sicli immer mehr zu einer Art Ehrensache, der ich mich nicht mehr entziehen konnte, namentlich da auch politische Gründe ins Feld geführt wurden." Am 1. Dezember 1896 traf Koch in Kapstadt ein, und Ende März 1897 konnte er seine Unter- suchungen in Kimberley abschließen, die zwar nicht zur Ent- — 311 — deckling des Erregers der Rinderpest, wohl aber zur Auffindung eines Verfahrens geführt hatten, um die Tiere gegen die Seuche zu immunisieren. Die Gallenimpfung wurde zum größten Segen für Südafrika. Inzwischen war in Bombay die Bubonenpest ausgebrochen, und die deutsche Regierung hatte beschlossen, eine wissen- schaftliche Mission dorthin zu entsenden ; es war selbstverständ- lich, daß Koch zu ihrem Führer ernannt wurde. Da aber die direkten Dampferlinien wegen der Pestquarantäne die Fahrten eingestellt hatten, konnte Koch nur auf Umwegen über Ost- afrika und Aden nach Bombay gelangen. So kam es, daß er erst im Mai B(jmbay erreichte, wo, wie er in seinem Bericht bescheiden sagte, die deutsche Pestkommission unter Führung seines Stellvertreters Gaffky den größten Teil ihrer Arbeiten bereits erledigt hatte. Indessen waren sehr wichtige Fragen offen geblieben, insbesondere die Fragen der künstlichen Immuni- tät gegen Pest und der Verwendbarkeit des von hochimmuni- sierten Tieren gewonnenen Serums zu Schutz- und Heilzwecken. Koch ging von Indien wieder nach Afrika zurück und zwar nach Ostafrika zur Untersuchung einer westlich vom Viktoria- Njansa im Sultanat Kisiba ausgebrochenen pestartigen Krankheit. Dort bot sich ihm ein reiches Feld der Tätigkeit. Während sein Assistent Zupitza den Herd der Seuche aufsuchte, um das erforderliche Untersuchungsmaterial zu beschaffen, konnte Koch sich ungestört den Studien über tropische Malaria, über Texasfieber, über Tsetse- oder Surrakrankheit der Rinder und über die sanitären Verhältnisse des für Besiedelungszwecke und zur Anlage eines Sanatoriums in Aussicht genommenen Usam- baragebirges widmen. Die Untersuchung des von Zupitza ge- sandten Pestmaterials führte zu dem einwandfreien Ergebnis, daß die fragliche pestartige Krankheit echte Bubonenpest war. Auch hier wie in Indien erkannte Koch die Ratten als Haupt- überträger der Seuche. Vor allem war es die Malaria, die wichtigste Menschen- krankheit der Tropen, deren Studium Koch mit gewohnter Energie in Angriff nahm, und deren Entstehung und Verbreitung trotz Laver ans Entdeckung in Dunkel gehüllt war. Koch neigte sich schon damals der Ansicht zu, daß die Übertragung der Infektionskeime durch Moskitos wahrscheinlich die einzige — 312 — sei. „Wohin man sich auch wendet, überall findet man ein örtliches und zeitliches Zusammentreffen in bezug auf das Vor- handensein der tropischen Malaria und der Moskitos." Den Beweis für die Moskitotheorie als erster zu führen, war ihm indessen nicht vergönnt. Der indische Militärarzt Ross war ihm zuvorgekommen, eben als er auf Grund eigener Unter- suchungen zu beweisenden Ergebnissen gelangt war. Die Be- stätigung durch Koch verschaffte der Entdeckung von Ross sogleich die weiteste Verbreitung und Anerkennung. Ganz hervorragende Verdienste erwarb sich Koch nicht nur um die Erkenntnis der Malaria sondern vor allem auch um ihre Bekämpfung. Er stellte fest, daß es drei Malariaarten gibt: die Tertiana, die Quartana und die von ihm so benannte Tropica, deren jede durch einen wohl charakterisierten Parasiten hervorgerufen wird. Zum Nachweis der Malariaverhältnisse einer Gegend bewährte sich Koch die Untersuchung der Kinder, die später in Batavia in großem Maßstabe angestellt wurde. „Wir brauchen nur ein Blutpräparat anzufertigen", sagt Koch, „dann finden wir die Malariaparasiten darin und haben damit den un- umstößlichen Beweis dafür, daß der betreffende Mensch den Infektiousstoff in sich trägt. Auch das Unscliädlichmachen der Malariakranken ist nicht schwierig. Wir haben im Chinin ein ausgezeichnetes Blutdesinfektionsmittel, und wir sind imstande. mit demselben die Parasiten zu beseitigen. Werden nun alle Parasitenträger an einem Orte von ihren Malariaparasiten be- freit, dann ist derselbe malariafrei gemacht." Dies war das Prinzip, nach dem Koch in Batavia, Neu-Guinea, auf den brio- nischen Inseln und an anderen Orten erfolgreich die Malaria bekämpfte. In Ostafrika waren es außer der Malaria die seuchen- artigen Rinderkrankheiten, die durch Trypanosomen verursachte Surrakrankheit und das Texasfieber, dessen Erreger ebenfalls ein Blutparasit, das Pt/rosot/ia bnieminiini^ ist, denen Koch seine Studien widmete. Vom Texasfieber stellte er fest, daß es mit der in Amerika von Smith und Kilborne sorgfältig studierten Viehseuche übereinstimmt. Sie wird durch die Rinderzecke übertragen, aber nicht direkt, sondern durch die Nachkommen der infizierten Zecke. Dies war bereits von Smith behauptet worden, aber den Beweis dafür hat erst Koch durch sein be- — 313 — rühmt gewordenes Experiment erbracht. In Daressalam wurden Rinderzeeken von einem texasüeberkranken Kalbe abgenommen und in Gläsern unter Watteverschluß aufbewahrt. Die Zecken legten ihre Eier ab, und bald entwickelten sich daraus die jungen Zecken. Diese brachte Koch auf einem zwei Wochen dauernden Steppeumarsch nach W^estusambara an einen Ort, wo niemals Texasfleber vorgekommen war, und setzte dort die jungen Zecken auf gesunde Tiere aus. Zweiuudzwanzig Tage später fanden sich bei der Blutuntersuchung zum ersten Male Pyrosomeu in den roten Blutkörperchen der Versuchstiere. Durch weitere Versuche stellte Koch fest, daß das Überstehen des Texasfiebers in der leichtesten Form vollkommene Immunität gegen eine Infektion mit erheblichen Mengen von Texasfieber- blut verleiht. Im Jahre 1908 folgte Koch noch einmal einer Einladung der englischen Regierung nach Rhodesia in Südafrika zur Er- forschung und Bekämpfung einer dort die Rinderherden dezi- mierenden Seuche. Er erkannte sie als das durch einen Blut- parasiten — Pyrosoma — erzeugte Küstenfieber. „Es war", schrieb er mir aus Bulawayo (Rhodesia) im Oktober 1903, „eine recht schwierige Aufgabe; die ich hier zu bewältigen hatte, und ich bin auch jetzt eigentlich noch nicht damit fertig. Das Schutzimpfungs verfahren, welches ich herausgefunden habe, hat auf unserer Versuchsstation recht gute Erfolge gegeben ; aber es fragt sich nun, wie es sich in der Praxis bewähren wird. Auf jeden Fall hat es zwei ausgezeichnete Eigenschaften: es ist ganz ungefährlich und kostet so gut wie nichts. Anfangs hatte ich meine ganze Hoffnung auf Serum und Korabination von Serum und Infektion gesetzt ; aber die Verluste sind dabei zu groß. Jetzt lasse ich das Blut der immun gewordenen oder auch der künstlich immunisierten Tiere, welches regelmäßig eine geringe Anzahl von Parasiten enthält, wiederholt einspritzen. Es folgen dann kaum merkliche Reaktionen und eine mit der Zahl der Einspritzungen immer höher und fester werdende Immunität. Es ist eine gewisse Ähnlichkeit mit der Malaria- immunität. Überhaupt sind mir bei diesen und anderen zu gleicher Zeit in Angriff' genommenen Untersuchungen, welche sich alle auf Protozoeninfektionen beziehen, meine Kenntnisse der Malaria außerordentlich zugute gekommen." — 314 — Zum weiteren Studium der Protozoenkranklieiten ging Koch 1905 abermals nacli Ostafrika. Diesmal galten seine Studien besonders dem afrikanischen Rekurrens , einer dem europäischen Riickfalltieber nahestehenden Krankheit. Beide werden, wie bekannt, durch Spirochäten verursacht. In Ost- afrika erkrankten fast alle Europäer, welche die Karawanen- straße benutzten, an Rekurrens, und besonders infektiös schien die Strecke von Daressalam bis nach Morogoro zu sein. Als Überträger der Krankheit erkannte Koch eine besondere Zecken- art, Ornithodotus moubata. Die Übung im Päpariereu der Zecken, die er sich bei seinen Untersuchungen über Texasfieber erwor- ben hatte, kamen ilim hier ausgezeichnet zustatten. Er ließ sich aus verschiedenen Ortschaften der Karawanenstraße Zecken kommen und zerlegte sie, ihre Organe einzeln mit verdünntem Serum auf Deckgläser ausgestrichen, jedes für sich, also den Magen, auch den Inhalt des Magens, dann die Malpighischen Körper, die Speicheldrüse, die Ovarien, die Ovidukte usw. Als Koch die nach Giemsa gefärbten Präparate mikroskopisch durchsah, fand er in einigen von diesen Zecken Spirochäten, und was besonders merkwürdig war : sie befanden sich nur an den Ovarien. Die Zecke lebt ausschließlich in menschlichen Wohnungen ; sie findet sich auch regelmäßig in den Rasthäusern der Karawauenstraße und lebt ausschließlich von Menschenblut. Den Tag über tief in der Erde versteckt kommt sie nachts hervor, saugt sich am schlafenden Menschen voll und geht dann schleunigst wieder in die Erde hinein. Kochs Forschungen wurden für die Prophylaxe auch dieser Kranklieit maßgebend. Es genügt, daß man, namentlich zur Nachtzeit, von den Stellen entfernt bleibt, von denen man weiß, daß sich dort Zecken aufhalten. So schützten sich Koch und seine ihn begleitenden Europäer auf iliren Märschen nach Morogoro und Iringa durch diese einfache Vorsichtsmaßregel, während die eingeborenen Diener, die mit den Trägern zu- sammen unter Schutzdächern schliefen, an Rekurrens erkrankten. Im August 1905 schrieb mir Koch: „Nun bin ich doch eher zu einem Abschluß meiner Arbeiten gekommen, als ich erwartet hatte, und ich kann an die Rückreise denken. Vorher will ich aber noch einen Abstecher an den Viktoria -Njansa machen, in das von der Schlafkrankheit verseuchte Gebiet. Ich muß — 315 — diese Reise machen, weil ich in bezug auf die Eutwickelung der Trypanosomen in der Tsetsefliege so interessante Dinge gefunden habe, daß ich daraufhin noch die Glossina palpalis, die Überträgerin der Schlafkrankheit, untersuchen muß." Diese Studien waren die Vorbereitung zu der großen Ex- pedition Kochs zur Bekämpfung der Schlafkrankheit, die der 62jährige im nächsten Jahre (1906) ausgeführt hat. Nach mehrmonatlichem Aufenthalt in Amani, der biologischen Ver- suchsstation in Ostusambara, begab sich die Expedition auf die im Viktoria-Njansa gelegenen Sese-Inseln, den schlimmsten Herd der Schlafkrankheit. Hier beständig bedroht von der Gefahr, infiziert zu werden, verbrachte Koch über ein Jahr. Von den Schwierigkeiten, mit denen dieses Leben verbunden war, mögen Stellen aus seinen Briefen ein Bild geben. Er schrieb: Sese bei Entebbe, November 1906 „Ich wohne in einer Grashütte, die mein Zelt einschließt, in fortwährendem Kampf mit Moskitos und Ameisen. Die Verpflegung ist jämmerlich. Ziegenfleisch, Hühner und gedämpfte Bananen bilden den Grundstock. Aber in welcher Zubereitung! Ich kann schon viel vertragen, aber das geht auch über meine Nerven." Und aus einem späteren Briefe: Sese bei Entebbe, August 1907 „Unterbrochen wurde dieses Einsiedlerleben durch eine fast füufwöchentliche Krank- heit, die in einer Lymphangitis bestand, von vernachlässigten Sandflohwunden an den Füßen ausgehend, und die mich zwang, den ganzen Tag sitzend oder liegend zuzubringen. Es war eine gräßliche Zeit." Die mit Trypanosomen behafteten Menschen wurden in Lagern, die ein großes Krankendorf bildeten und natürlich frei von Glossinen waren, konzentriert; dann, für ihre Umgebung ungefährlich gemacht, wurden sie zum großen Teil durch Atoxyl von ihrer absolut tödlichen Krankheit befreit. Für den oft sehr schwierigen Nachweis der Trypanosomen im Blut und im Drüsen- saft mußten besondere Methoden ausgearbeitet werden. Die Untersuchungen über die Lebensweise und die Lebensbedingungen der Glossina yalpaUs forderten eingehende Beschäftigung. Es wurde festgestellt, daß außer den Menschen die Krokodile die wichtigsten Blutlieferanten für die Glossina sind, und daß viel- leicht auch das Flußpferd in Frage kommt. Bei keiner anderen der verschiedensten darauf untersuchten Tierarten — bis auf — 316 — einen Affen — wuideu Trypanosomen gefunden; bei Hunden blieb das Ergebnis der Untersuchung zweifelhaft. Die Olossina palpulis ist die alleinige Verbreiterin der Schlafkrankheit, und zu ihrer Bekämpfung wurden die energischsten Maßregeln ergriffen. Da ihr Vorkommen an das Wasser gebunden ist — so zwar, daß oft schon in einer Entfernung von hundert Metern vom Ufer der vSeen und Flüsse keine einzige Glossina mehr gefunden wird — und auch hier nur an Stellen, wo Buschwerk die Ufer umsäumt, so wurde dieses in großer Ausdehnung durch Abholzen entfernt, besonders an den Plätzen, die den Menschen als Zugang zum Wasser dienten. Eine weitere Maßregel, den Glossinen Ab- bruch zu tun, besteht darin, daß die Tiere, deren Blut sie saugen, die ihnen also die unentbehrliche Nahrung liefern, beseitigt werden. Durch die Untersuchung des im Magen der Glossinen befindlichen Bluts ist leicht zu ermitteln, welche Tiere dies sind. Für den Viktoria- Njansa kommt, wie erwähnt, vorwiegend das Krokodil in Betracht, und dessen Vernichtung wird nach Kochs Ansicht durch die von ihm vorgeschlagenen Maßregeln (Aufsuchen der Nester, Zerstörung der Eier usw.) zu erreichen sein. Im Oktober 1907 kehrte Koch, nachdem er seine Auf- gaben mit glänzendem Erfolg zu Ende geführt, nach Deutsch- land zurück. „Ich habe mich gleich nach meiner Rückkehr", schrieb er mir, „daran begeben, die Tuberkulosestudien, welche ich nun schon jahrelang wegen der Auslandsreisen liegen lassen mußte, wieder aufzunehmen. Es war dies dringend notwendig, weil inzwischen manche Dinge entdeckt und namentlich neue Untersuchungsmethoden entstanden sind, mit deren Hilfe man voraussichtlich ein ganzes Stück weiter kommen wird." Diese Tuberkulosestudien beschäftigten Koch in unermüdlichster Ar- beit, die es dem Jüngsten zuvortat, bis seine letzte Krankheit ihn niederwarf. Und auch da, als er schwer krank, verließen ihn die Gedanken daran nicht. Noch an seinem Todestage setzte er mir ausführlich auseinander, was er mit seinen letzten Tuberkulosearbeiten erreicht und welche Fragen er noch zu lösen hoff'te. Das Bild, welches ich von Robert Koch zu entwerfen versuchte, konnte nur sehr unvollkommen wiedergeben, was er für die Wissenschaft und für die Menschheit gewesen ist. Die unendliche Arbeit, die in seinen wissenschaftlichen Leistungen — 317 ~ steckt, wurde nur angedeutet, und Großes, was er zur Be- kämpfung der Seuchen getan, wie die bewundernswerte Organi- sation und Leitung des Kampfes gegen den Typhus an Deutsch- lands westlicher Grenze, die den Erfolg hatten, daß die Zahl der Erkrankungen auf Va gesunken ist, fand keine Erwähnung. Es wurde nicht davon gesprochen, daß er uns die Unterscheidung der menschlichen Tuberkulose von der Rindertuberkulose gelehrt hat, die nach hartnäckigem Kampf, insbesondere gegen die Tierärzte, jetzt fast allgemein anerkannt ist. Auch seine Stu- dien über Lepra, bei der Koch die für ihre Verbreitung wich- tige Tatsache festgestellt hat, daß die Leprabazillen vorzugs- weise durch die Absonderung der Nase und des Rachens nach außen entleert werden, seine Studien über die sogenannte ägyp- tische Augenkrankheit, deren Erreger er entdeckte, über die tropische Dysenterie, als deren Erreger er Amöben erkannte, — alle diese Ergebnisse seiner Arbeiten sollen nur genannt werden. Die Zahl der Auszeichnungen, die Robert Koch zuteil wurden, war eine große. Er war Ritter des Ordens pour le merite, der höchsten Auszeiclmung, die einem Gelehrten für wissenschaftliche Leistungen verliehen werden kann. Für seine Forschungen über die Ätiologie und Bekämpfung der Cholera erhielt er als ersten Orden überhaupt den Krouenorden II. Klasse am schwarz-weißen Band mit dem Stern, eine nur ihm zuteil gewordene Auszeichnung, und eine Dotation vom Deutscheu Reich. Füi- seine Tuberkuloseforschungeu wurde ihm das Groß- kreuz des roten Adlerordens verliehen, zu welcher Auszeichnung ihn Minister von Goßler mit den Worten beglückwünscht hat, daß diese bisher nur einem Gelehrten, Alexander von Humboldt, zuteil geworden sei. Koch besaß den Wilhelms- orden und verschiedene ausländische Ordenssterne. 1905 er- hielt er den Nobelpreis, 1907 wurde er Wirklicher Geheimer Rat mit dem Titel Exzellenz. Koch war Mitglied des Staats- rates und der Akademie der Wissenschaften ; er war Ehren- bürger von Berlin und gehörte der Armee als Generalarzt ä la suite an. Ich kann die Erinnerungen an Robert Koch nicht schließen, ohne der Persönlichkeit gerecht zu werden. Was soll man au diesem einzigen Manne mehr bewundern"? War es — 318 ~ sein durchdringender Verstand, mit dem er oft die scheinbar schwierigste Frage mit einem Schlage zu der denkbar einfachsten gestaltete? War es seine große Beobachtungsgabe, der auf dem Wege seiner Forschungen nichts entging, die ihn scheinbar wenig Wichtiges verfolgen ließ und zu unerwarteten Eutdek- kungen führte? Waren dies seine größten Eigenschaften, oder war es seine Herzensgüte, mit der er die Verdienste anderer stets neidlos anerkannte und für die ihm erwiesene Freund- schaft dankbar blieb sein Leben lang? War es seine große Einfachheit, die er sich bei allen Erfolgen bewahrte? Seine Unersclirockenheit vor Gefahren? Koch war ein außerordent- lich fleißiger Arbeiter, der an seine Körper- und Geisteskräfte Anforderungen stellte, die seine Begleiter und Mitarbeiter oft erlahmen ließen. Wenn er unter den drückendsten Einflüssen der Tropensonue von früh bis spät tätig war, dienten ihm die Werke Kants und der höheren Mathematik, ständige Begleiter auf seinen Reisen, zur Erholung. Koch hatte in seinem ersten Universitätsjahr Mathematik und Naturwissenschaften studiert, und er ist ein sehr fleißiger Student gewesen. Dies hat ihm die sichere Grundlage für sein späteres, so außerordentliches Wissen auf allen naturwissen- schaftlichen Gebieten gegeben. Was Robert Koch geworden ist, verdankte er seinem Genie; andere haben ihn wenig gefördert. Sohn eines höheren Bergbeamten in Clausthal wurde er praktischer Arzt, ein un- gemein beliebter Arzt, und ist es geblieben sein ganzes Leben. Die Schwierigkeiten, die sich seinen Arbeiten im Anfang ent- gegenstellten, waren groß ; er hat sie mit eiserner Energie über- wunden. Nun ist er dahingegangen; seine Werke aber sind un- sterblich. — 319 — Besprecliungen. Neue Veröffeutlichiingeii der Gesellschaft. Abhandlungen der Senckenbergischeu Natuif ersehenden Ge- sellschaft in Frankfurt a. M. Band 31, Heft 1, Seite 21—72. „Die Farnpflauzen in der Umgegend von Frank- furt a. M." von I. Müller-Knatz. 4^ Frankfurt a. M. (Selbstverlag der Gesellschaft) 1910. Preis broschiert M. 3,50. Der hiesige Kaufmann I. Müller-Knatz, ein ausgezeichneter Kenner der heimischen Gefäßliryptogamen, hat in zwanzigjähriger eigener Sammel- tätigkeit und durch regen Austausch mit anderen Sammlern ein ungewöhnlich reichhaltiges Herbarium dieser formenreichen Gruppe blütenloser Pflanzen zusammengebracht, das nach seinem am 5. Mai 1909 erfolgten Tode gemäß letztwilliger Verfügung von seiner Witwe dem Senckeubergischen Museum überwiesen worden ist. Das Herbar enthält in 25 Faszikeln nahezu sämtliche in der näheren und weiteren Umgebung Frankfurts vorkommende Farn- pflanzen nebst zahlreichen Monstrositäten und zwar die meisten Arten nicht nur in einzelnen Exemplaren sondern in großen Reihen, aus denen ihre Variabilität und ihr außerordentlicher Formenreichtum aufs deutlichste zu erkennen sind. Manche von ihnen, z. B. der gemeine Rippenfarn, BJechnum Spicant, und der Tüpfelfarn, jfolypodiiDn vulgare, sind in ganz verschiedeneu Formen vertreten , von denen man kaum glauben sollte, daß sie zu der gleichen Art gehören, wenn nicht eine große Anzahl von Zwischenformen den fließenden Übergang der extremen Formen ineinander illustrieren würde. In seiner hinterlassenen, erst wenige Monate vor seinem Tode abge- schlossenen Arbeit zählt Müller-Knatz die von ihm beobachteten und in seinem Herbar enthaltenen Arten, Formen und Mißbildungen der Farnpflanzen auf ; er beschreibt sie kurz unter Hinweis auf die in der Literatur enthaltenen Abbildungen und gibt ihren Standort an, ohne sich mit Mutmaßtingen über die Ursachen der Variation der Arten aufzuhalten. Man wird dem Verfasser hieraus keinen A^orwurf machen, zumal unsere Kenntnisse über diese Dinge noch nicht über die ersten Anfänge hinausgekommen sind. Nachdem aber neiterdings, besonders nach den Untersuchungen von Klebs, die Forschung — 320 — auch in dieser Richtung fortschreitet, läßt sich hoffen, daß durch eine Arbeit wie die vorliegende das wissenschaftliche Studium über den entwickelungs- mechanischen Zusammenhang der Variation der Arten mit den Faktoren der Außenwelt angeregt und gefördert werde. Denn gerade eine erschöpfende Zusanuiienstelluiig der verschiedenen Formen einer Art, wie sie Müller- Knatz in seinem Herbarium und in seiner Arbeit für die Farnpflanzeii eines umschriebenen, aber in klimatischer und geologischer Hinsicht in seinen einzelnen Bezirken sehr verschiedenen Gebietes gegeben hat, liefert wichtiges ]^Iaterial zur Bearbeitung der Frage. So ist die vorliegende Schrift weit mehr als von rein deskriptivem Wert und lokalflori- s t i s c h e r Bedeutung. Ihre Veröffentlichung, durch die der Verstorbene jüngere Sammler zur Furtsetzung der von ihm begonnenen Studien anregen wollte, ist auf seinen Wunsch in den Abhandlungen der Gesellschaft erfolgt ; die Kosten ihrer Drucklegung sind aus den Zinsen der Askenasy-Stiftung für Botanik und von Herrn Ingenieur Alexander Askenasy bestritten worden. Das Müller- K n atzsche Pteridophyten-Herbarium , durch das die botanische Sammlung eine wichtige Bereicherung erfahren hat, kann im Museum zur Besichtigung vorgelegt werden. A. Kiioblaiidi. Die Verfasser sind für den Inhalt ihrer Arbeiten allein verantwortlich. Für die Redaktion verantwortlich: Prof. Dr. A. Knoblauch in Frankfurt am Main. Druck von Gebrüder Knauer in Frankfurt am Main. 41. Bericht der Senckenbergischen llaturforschenden Gesellschaft in Frankfurt am Main Heft 1 n. 2 :ai Ans^egeben mit 20 Abbildungen SU ^"^^BF März 1910 Inhalt: g^.,^ Vorwort III Neues aus der Schausammlung 1 Verteilung der Ämter im Jahre 1910 12 Verzeichnis der Mitglieder 14 Rückblick auf das Jahr 1909 (Mitteilungen der Verwaltung) .... 35 Kassenbericht über das Jahr 1909 41 Museumsbericht über das Jahr 1909 44 Lehrtätigkeit im Sommerhalbjahr 1909 68 M. Möbius: Eine botanische Exkursion nach Algier und Tunis . . 76 A. Knoblauch: Unsere einheimischen Salamander und Molche im Kreislauf des Jahres 104 F. Drevermann: Eine geologische Forschungsreise in die SierraMorena 123 P. Prior; Die Diamanten Deutsch-Südwestafrikas 133 F. W. W i n t e r : Anton Dohrn und die Zoologische Station in Neapel 142 F. Kinkelin: Ludwig Becker f 152 Besprechungen : I. Neue Veröffentlichungen der Gesellschaft 155 II. Neue Bücher 158 Nachdruck nar mit Qaellenangabe gestattet, Übersetznngsreeht vorbehalten. Frankfurt am Main 1910 Selbstverlag der Senckenbergi sehen Naturforschenden Gesellschaft. Preis des Jahrgangs (4 Hefte) M. 6. — . Einzelpreis des Doppelhefts M. 4. — . Seockeobergische Natnrforschcude Gesellschaft. (Gegründet 22. November 1817) Viktoria-Allee 7, Tel, No. 1054 — ab 1. April 1910 Amt II No. 954. Direktion für das Jahr 1910. I. Direktor San.-Rat Dr. Ernst Roediger II. Direktor Dr. Arthur von Weinberg I. Schriftführer Dipl.-Ing. Paul Prior II. Schriftführer Gartenbaudirektor August Siebert Direktor des Museums: Prof. Dr. Otto zur Strassen (Sprechstunde im Museum an Wochentagen von 11 bis 1 Uhr.) Öffnungszeiten des Maseums. Sonntags von 11 — 1, am ersten Sonntag eines jeden Monats auch nach- mittags im Sommer (April bis September) von 2 — 5, im Winter (Oktober bis März) von 2—4 Uhr, Dienstags von 10—1 Uhr, Mittwochs im Sommer von 3 — 5, im Winter von 2 — 4 Uhr, Donnerstags von 10—1 Uhr, Freitags von 11 — 1 Uhr, Samstags im Sommer von 3^5, im Winter von 2 — 4 Uhr. (Montags und an den hohen Feiertagen bleibt das Museum geschlossen.) Mitgliedschaft. Der jährliche Mitgliedsbeitrag beträgt mindestens M. 20. — ; durch die einmalige Zahlung eines entsprechenden Kapitals wird die ewigeMitglied- schaft erworben. Die Mitglieder und ihre Angehörigen haben freien Zutritt zu dem Museum, zu den Vorlesungen, praktischen Kursen und Vorträgen (wissen- schaftlichen Sitzungen) ; doch wird von den Teilnehmern am Zoologischen Praktikum eine Gebühr von M. 10. — für Materialverbrauch erhoben. Die Mitglieder erhalten ferner von den Veröffentlichuugen der Gesellschaft den „Bericht" unentgeltlich und gelegentlich erscheinende Beihefte zu demselben sowie die „Abhandlungen" und Kataloge zu ermäßigten Preisen. Nichtmitglieder zahlen am Dienstag, Donnerstag und Samstag 50 Pf. Eintritt in das Museum, für den Besuch jeder Vorlesung M. 5. — im Halbjahr, für die Teilnahme am Zoologischen Praktikum M. 20. — einschließ- lich der Gebühr für Materialverbrauch. In den wissenschaftlichen Sitzungen können Nichtmitglieder als Gäste eingeführt werden. Abhandlungeil. Nachstehende Arbeiten aus den „Abhandlungen der Sencken- bergischen Naturforschendeu Gesellschaft" können zu den bei- gefügten ermäßigten Preisen von dem Bureau, Viktoria-Allee 7, bezogen werden. Daselbst ist auch das vollständige Verzeichnis der „Abhandlungen" vom XIII. Band, 1883, an erhältlich. Ley dig, Über die einheimischen Schlangen (mit 2 Tafeln). 1883 M. 3. — Probst, Natürliche Warmwasserheizung als Prinzip der klima- tischen Zustände der geologischen Formationen. 1884 . . , 2. — fleichenbach, Studien zur Entwickelungsgeschichte des Fluß- krebses (mit 19 Tafeln). 1886 „ 15.— Mö schier, Beiträge zur Schmetterlingsfauna von Jamaica (mit 1 Tafel). 1886 . „3.— — Beiträge zur Schmetterlingsfauna der Goldküste (mit 1 Tafel). 1887 „ 3.— Blum, Die Kreuzotter und ihre Verbreitung in Deutschland (mit 9 Textfiguren u. 1 Karte). 1888 „ 2.— Möschler, Die Lepidopterenfauna von Portorico (mit Porträt u. 1 Tafel). 1890 « 5-— Saalmüller, Lepidopteren von Madagaskar I (mit 7 Tafeln). 1884 \ — und V. H e y d e n , Lepidopteren von Madagaskar II (mit Porträt [ » 30. — u. 8 Tafeln). 1891 J Andreae, Zur Kenntnis der fossilen Fische des Mainzer Beckens (mit 1 Tafel). 1894 » 1 — K i n k e 1 i n , Einige seltene Fossilien des Senckenbergischen Museums (mit 2 Textfiguren u. 6 Tafeln). 1896 , 3.— Küken thai, Ergebnisse einer zoologischen Forschungsreise in den Molukken und in Borneo, Reisebericht (mit 63 Tafeln). 1896 „ 25.— Möbius, Der Japanische Lackbaum, Ehus vernicifera D. C. (mit 29 Textfiguren u. 1 Tafel). 1899 » 2.— H a g e n , Schmetterlinge von den Men tawej -Inseln (mit 2 Tafeln). 1902 „ 3.— Bösenberg und Strand, Japanische Spinnen (mit 14 Tafeln). 1906 „ 32.— Ferner sind erschienen und von dem Bureau zu beziehen : K 0 b e 1 1 , Reiseerinnerungen aus Algerien und Tunis (mit 13 Voll- bildern u. 11 Abbildungen im Text). 1885 M. 3.— V. Hey den, Katalog der Käfer von Nassau und Frankfurt a. M. 2. Auflage. 1904 , 6 — Vorlesungen und praktische Kurse im Sommerhalbjahr 1910. Prof. Dr. 0. zur Strassen: 1) Vergleichende Anatomie des Skelettsystems Montag und Donnerstag abend von 6—6^/4 Uhr, Beginn: Montag, den 25. April 1910 (großer Hörsaal). 2) Tierpsychologie Dienstag abend 7 — 7^/4 Uhr, Beginn: Dienstag, den 26. April 1910 (großer Hörsaal). 3) Leitung wissenschaftlicher Arbeiten für Vorgeschrittene Täglich vor- und nachmittags, Beginn: Montag, den 25. April 1910. Dr. E. Wolf: Zootomisches Praktikum über Wirbeltiere Mittvi'och und Samstag nachmittag 4—6 Uhr, Beginn: Mittwoch, den 27. April 1910 (großes Laboratorium). Dr. P. Sack: Entomologische Exkursionen Sonntag vormittag (etwa alle drei Wochen), Beginn: wii'd den Teilnehmern bekannt gegeben. Prof. Dr. W. Seh auf : Geometrische und physikalische Eigenschaften der Kristalle Mittwoch abend 6V4— 7 Uhr, . Beginn : Mittwoch, den 27. April 1910 (kleiner Hörsaal). Dr. F. Drevermann: 1) Die Entwickelung der Säugetiere im Laufe der Erdgeschichte Donnerstag abend 7 — 7^/4 Ubr, Beginn : Donnerstag, den 28. April 1910 (kleiner Hörsaal). 2) Geologische Exkursionen in die nähere und fernere Umgebung Frankfurts Samstags oder Sonntags nach Vereinbarung Begleitworte zu den Exkursionen Montag abend 7—73/4 Uhr, Beginn : Montag, den 25. April 1910 (kleiner Hörsaal). Prof. Dr. M. M ö b i u s (im Auftrag des Dr. Senckenbergischen Medizinischen Instituts) : 1) Ausgewählte Pflanzenfamilien Dienstag und Freitag abend 6 — 6^/4 Uhr, Beginn: Dienstag, den 26. April 1910 (kleiner Hörsaal). (Im Anschluß an die Vorlesung Exkursionen am Samstag). 2) Botanisch-mikroskopisches Praktikum (für Anfänger) Donnerstag nachmittag 3—6 Uhr, Beginn : Donnerstag, den 28. April 1910 (großes Laboratorium). (Bei Kursen und Exkursionen vorherige persönliche Anmeldung beim Dozenten erbeten). Die Verfasser sind für den Inhalt ihrer Arbeiten allein verantwortlich. Für die Redaktion verantwortlich: Prof. Dr. A. Knoblauch in Frankfurt am Main. Druck von Gebrüder Knaner in Frankfurt am Main. 41. Bericht der Senckenbergischen Naturforsctienden Gesellschaft m Frankfurt am Main Heft 3 mit 27 Abbildungen Ausgegeben Jnni 1910 Inhalt: s,i^ Neues aus der Schausammlung: Das indische Nashorn 161 Der afrikanische Elefant 171 Der Kiesenalk 184 Ein fossiler Hai 191 Lehrtätigkeit im Winterhalbjahr 1909/10 194 P. Sack: Aus dem Leben unserer Zuckmücken (Chironomiden) . . . 229 Naohdmck nnr mit Qaellenangabe gestattet, Übersetzungsrecbt vorbehalten. Frankfurt am Main 1910 Selbstverlag der Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft. Preis des Jahrgangs (4 Hefte) M. 6.—. Preis des einzelnen Hefts M. 2.—. Senckenbergische Naturforsclieude Gesellschaft. (Gegründet 22. November 1817) Viktoria-Allee 7, Telephon Amt 11 No. 954. Direktion für das Jahr 1910. I. Direktor San.-Rat Dr. Ernst Boediger II. Direktor Dr. Arthur Ton Weinberg I. Schriftführer Dipl.-Ing. Paul Prior II. Schriftführer Gartenbaudirektor August Siebert Direktor des Museums: Prof. Dr. Otto zur Strassen (Sprechstunde im Museum an Wochentagen von 11 bis 1 Uhr.) Öffnungszeiten des Museums. Sonntags von 11 — 1, am ersten Sonntag eines jeden Monats auch nach- mittags im Sommer (April bis September) von 2 — 5, im Winter (Oktober bis März) von 2 — 4 Uhr, Dienstags von 10—1 Uhr, Mittwochs im Sommer von 3 — 5, im Winter von 2 — 4 Uhr, Donnerstags von 10 — 1 Uhr, Freitags von 11 — 1 Uhr, Samstags im Sommer von 3 — 5, im Winter von 2 — 4 Uhr. (Montags und an den hohen Feiertagen bleibt das Museum geschlossen.) Mitgliedschaft. Der jährliche Mitgliedsbeitrag beträgt mindestens M. 20. — ; durch die einmalige Zahlung eines entsprechenden Kapitals wird die e w i g e M i t g 1 i e d- schaft erworben. Die Mitglieder und ihre Angehörigen haben freien Zutritt zu dem Museum, zu den Vorlesungen, praktischen Kursen und Vorträgen (wissen- schaftlicheu Sitzungen); doch wird von den Teilnehmern am Zoologischen Praktikum eine Gebühr von M. 10. — für Materialverbrauch erhoben. Die Mitglieder erhalten ferner von den Veröffentlichungen der Gesellschaft den »Bericht" unentgeltlich und gelegentlich erscheinende Beihefte zu demselben sowie die „Abhandlungen" und Kataloge zu ermäßigten Preisen. Nichtmitglieder zahlen am Dienstag, Donnerstag und Samstag 50 Pf. Eintritt in das Museum, für den Besuch jeder Vorlesung M. 5.— im Halbjahr, für die Teilnahme am Zoologischen Praktikum M. 20,— einschließ- lich der Gebühr für Materialverbrauch. In den wissenschaftlichen Sitzungen können Nichtmitglieder als Gäste eingeführt werden. Abhandlungen. Nachstehende Arbeiten aus den „ Abhandlungen der Sencken- bergischen Naturforschendea Gesellschaft" können zu den bei- gefügten ermäßigten Preisen von dem Bureau, Viktoria-Allee 7, bezogen werden. Daselbst ist auch das vollständige Verzeichnis der „Abhandlungen" vom Xni. Band, 1883, an erhältlich. Ley dig, Über die einlieimischen Schlangen (mit 2 Tafeln). 1883 M. 3. — Probst, Natürliche Warmwasserheizung als Prinzip der klima- tischen Zustände der geologischen Formationen. 1884 . . „ 2. — ßeichenbach, Studien zur Entwickelungsgeschichte des Fluß- krebses (mit 19 Tafeln). 1886 „ 15.— Mö schier, Beiträge zur Schmetterlingsfauna von Jamaica (mit 1 Tafel). 1886 „3.— — Beiträge zur Schmetterlingsfauna der Goldküste (mit 1 Tafel). 1887 „ 3.— Blum, Die Kreuzotter und ihre Verbreitung in Deutschland (mit 9 Textfiguren u. 1 Karte). 1888 „ 2.— Möschler, Die Lepidopterenfauna von Portorico (mit Porträt u. 1 Tafel). 1890 , 5.— Saalmüller, Lepidopteren von Madagaskar I (mit 7 Tafeln). 1884 ] — und V. H e y d e n , Lepidopteren von Madagaskar II (mit Porträt [ » 30. — u. 8 Tafeln). 1891 J Andreae, Zur Kenntnis der fossilen Fische des Mainzer Beckens (mit 1 Tafel). 1894 » 1 — K i n k e 1 i n , Einige seltene Fossilien des Senckenbergischen Museums (mit 2 Textfiguren u. 6 Tafeln). 1896 , 3.— Kükenthal, Ergebnisse einer zoologischen Forschungsreise in den Molukken und in Borneo, Reisebericht (mit 63 Tafeln). 1896 „ 25.— M ö b i u s , Der Japanische Lackbaum, Bhtis vernicifera D. C. (mit 29 Textfiguren u. 1 Tafel). 1899 n ^^— Hagen, Schmetterlinge von den Mentawej-Inseln (mit 2 Tafeln). 1902 „ 3.— Bösenberg und Strand, Japanische Spinnen (mit 14 Tafeln). 1906 , 32.— Ferner sind erschienen und von dem Bureau zu beziehen : K 0 b e 1 1 , ßeiseerinnerungen aus Algerien und Tunis (mit 13 Voll- bildern u. 11 Abbildungen im Text). 1885 M. 3.— V. H e y d e n , Katalog der Käfer von Nassau und Frankfurt a. M. 2. Auflage. 1904 ,6.— V. Reinach-Preis für Mineralogie Ein Preis von M. 1000 soll der besten Arbeit zuerkannt werden, die einen Teil der Mineralogie des Gebietes zwischen Aschaffenburg, Heppenheim, Alzey, Kreuznach, Koblenz, Ems, Gießen und Büdingen behandelt; nur wenn es der Zusammen- hang erfordert, dürfen andere Landesteile in die Arbeit ein- bezogen werden. Die Arbeiten, deren Ergebnisse noch nicht anderweitig veröffentlicht sein dürfen, sind bis zum 1. Oktober 1911 in ver- siegeltem Umschlage, mit Motto versehen, an die unterzeichnete Stelle einzureichen. Der Name des Verfassers ist in einem mit gleichem Motto versehenen zweiten Umschlage beizufügen. Die Senckenbergische Naturforschende Gesellschaft hat die Berechtigung, diejenige Arbeit, der der Preis zuerkannt wird, ohne weiteres Entgelt in ihren Schriften zu veröffentlichen, kann aber auch dem Autor das freie Verfügungsrecht überlassen. Nichtpreisgekrönte Arbeiten werden den Verfassern zurück- gesandt. Über die Zuerteilung des Preises entscheidet bis spätestens Ende Februar 1912 die unterzeichnete Direktion auf Vorschlag einer von ihr noch zu ernennenden Prüfungskommission. Frankfurt a. M., April 1910. Die Direktion der Senckenbergisehen Naturforsclienden Gesellschaft. Die Verlasaer sind für den Inhalt ihrer Arbeilen allein verantwortlich. Für die Redaktion verantwortlich: Prof. Dr. A. Knoblauch in Frankfort am Hain. Druck von Oebrüder Knaner in Frankfurt am Main. 41. Bericht der Senckenberpclien Naturforschenden Geseliscliaft m Frankfurt am Main Heft 4 mit 27 Abbildungen Ausgegeben September 1910 Inhalt: s^.,^ Neues aus der Schausammlung : Im Grönländischen Eismeer 241 Geschenke aus der Ausbeute der I. Deutschen Tiefsee-Expedition 254 A. Handlirsch: Fossile Wespennester 265 J. Ziehen: Die Darstellung der Tiere in der antiken Kunst . . . 267 A. Libbertz: Bobert Kochf 306 Besprechungen : Neue Veröffentlichungen der Gesellschaft 319 Nachdruck nur mit Quellenangabe gestattet, Übersetzungsrecht vorbehalten. Frankfurt am Main 1910 Selbstverlag der Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft. Preis des Jahrgangs (4 Hefte) M. 6.—. Preis des einzelnen Hefts M. 2. — . Senckenbergische Naturforscheude Gesellschaft. (Gegründet 22. November 1817) Viktoria-Allee 7, Telephon Amt II No. 954. Direktion für das Jahr 1910. I. Direktor San.-Rat Dr. Ernst Roediger II. Direktor Dr. Arthur von Weinberg I. Schriftführer Dipl.-Ing. Panl Prior II. Schriftführer Gartenbaudirektor Augnst Siebert Direktor des Museums: Prof. Dr. Otto zur Strassen (Sprechstunde im Museum an Wochentagen von 11 bis 1 Uhr.) Öffnungszeiten des Museums. Sonntags von 11 — 1, am ersten Sonntag eines jeden Monats auch nach- mittags im Sommer (April bis September) von 2 — 5, im Winter (Oktober bis März) von 2 — 4 Uhr, Dienstags von 10—1 Uhr, Mittwochs im Sommer von 3 — 5, im Winter von 2 — 4 Uhr, Donnerstags von 10 — 1 Uhr, Freitags von 11 — 1 Uhr, Samstags im Sommer von 3—5, im Winter von 2 — 4 Uhr. (Montags und an den hohen Feiertagen bleibt das Museum geschlossen.) Mitgliedschaft. Der jährliche Mitgliedsbeitrag beträgt mindestens M. 20. — ; durch die einmalige Zahlung eines entsprechenden Kapitals wird die e w i g e M i t g 1 i e d- schaft erworben. Die Mitglieder und ihre Angehörigen haben freien Zutritt zu dem Museum, zu den Vorlesungen, praktischen Kursen und Vorträgen (wissen- schaftlichen Sitzungen) ; doch wird von den Teilnehmern am Zoologischen Praktikum eine Gebühr von M. 10. — für Materialverbrauch erhoben. Die Mitglieder erhalten ferner von den Veröffentlichungen der Gesellschaft den „Bericht" unentgeltlich und gelegentlich erscheinende Beihefte zu demselben sowie die „Abhandlungen" und Kataloge zu ermäßigten Preisen. Nichtmitglieder zahlen am Dienstag, Donnerstag und Samstag 50 Pf. Eintritt in das Museum, für den Besuch jeder Vorlesung M. 5. — im Halbjahr, für die Teilnahme am Zoologischen Praktikum M. 20. — einschließ- lich der Gebühr für Materialverbrauch. In den wissenschaftlichen Sitzungen können Nichtmitglieder als Gäste eingeführt werden. Abhandlungen. Nachstehende ältere Arbeiten aus den „Abhandlungen der Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft" können zu den beigefügten Preisen von dem Bureau, Viktoria- Allee 7, bezogen werden. Daselbst ist auch das vollständige Verzeichnis der „Abhandlungen" vom XIII. Band, 1883, an erhältlich. Ley dig, Über die einheimischen Schlangen (mit 2 Tafeln). 1883 M. 3. — Probst, Natürliche Warmwasserheizung als Prinzip der klima- tischen Zustände der geologischen Formationen. 1884 . . „ 2. — Reichenbach, Studien zur Entwickelungsgeschichte des Fluß- krebses (mit 19 Tafeln). 1886 „ 15.— Möschler, Beiträge zur Schmetterlingsfauna von Jamaica (mit 1 Tafel). 1886 »3.— — Beiträge zur Schmetterlingsfauna der Goldktiste (mit 1 Tafel). 1887 , 3.— Blum, Die Kreuzotter und ihre Verbreitung in Deutschland (mit 9 Textfiguren u. 1 Karte). 1888 „ 2.— Möschler, Die Lepidopterenfauna von Portorico (mit Porträt u. 1 Tafel). 1890 , 5.— Saalmüller, -Lepidopteren von Madagaskar I (mit 7 Tafeln). 1884 1 — und V. H e y d e n , Lepidopteren von Madagaskar II (mit Porträt \ » 30. — u. 8 Tafeln). 1891 J Andreae, Zur Kenntnis der fossilen Fische des Mainzer Beckens (mit 1 Tafel). 1894 » 1 — K i n k e 1 i n , Einige seltene Fossilien des Senckenbergischen Museums (mit 2 Textfiguren u. 6 Tafeln), 1896 » 3.— Kükenthal, Ergebnisse einer zoologischen Forschungsreise in den Molukken und in Borneo, Reisebericht (mit 63 Tafeln). 1896 „ 25.— Möbius, Der Japanische Lackbaum, BMis vernicifera D. C. (mit 29 Textfiguren u. 1 Tafel). 1899 « 2.— Hagen, Schmetterlinge von den Mentawej -Inseln (mit 2 Tafeln). 1902 „ 3.— Bösenberg und Strand, Japanische Spinnen (mit 14 Tafeln). 1906 „ 32.— Ferner sind erschienen und von dem Bureau zu beziehen : K 0 b e 1 1 , Reiseerinnerungen aus Algerien und Tunis (mit 13 Voll- bildern u. 11 Abbildungen im Text). 1885 M. 3.— V. H e y d e n , Katalog der Käfer von Nassau und Frankfurt a. M. 2. Auflage. 1904 »6 — R. June, HEIDELBERG 6. m. b. H. MIKROTGME •-• Paraffin-Gefen v ThermostatE sowie alle sonstigen npperete und Instrumente für Mikroskopie U/achspIatten- apparate ZEntriTugen : HämokoIorimEter m nacti Prot, flutenrieth und Prot. Königsbergep MIRROSKQPE jeder flrl, Grö&e u. flusstattung Kataloge kostenfret Mikroskope •.• Mikrotome neue Spiegel-Kondensoren und UltFa- Kondensoren *.* MikFoptiotographisctie und Projektions-fippaFate E. LeitZ Optische U/eFke WetzIOF Berlin, Luisenstrahe 45 Frankfurt a. M., neue I^ainzerstrabe 24 London, St. Petersburg, Hew York, Chicago Die Verfasser sind für den Intialt ihrer Arbeiten allein verantwortlioh. Für die Redaktion verantwortllcli: Prof. Dr. A. Knoblanch in Frankfort am Hftin. Dmck von Gebrüder Knaaer in Frankfort am Main. MBL WHOI Librarv - Senals 5 VVHSE 00195