43. BERICHT der SENCKENBERGISCHEN NATURFORSCHENDEN GESELLSCHAFT in FRANKFURT AM MAIN Frankfurt am Main Selbstverlag der Senckenbergisclien Naturforschenden Gesellschaft 1912 Nachdruck nur mit Quellenang'abe gestattet Übersetzung'sreclit vorbehalten Ill Iiilialtsverzeiclinis. Aus der Schausammlung: Seite Mrs. Gray's Wasserbock (mit 1 Farbentafel) von R. von Gold- schmidt-Rothschild 1 Ein Riesenfisch aus dem Weißen Jura (mit 1 Abbildung) von F. Drevermann 4 Das Quagga (mit 1 Farbentafel u. 1 Abbildung) von A. Lotichius 104 Der Chiru oder die Tibet-Antilope (mit 2 Abbildungen) von A. Lotichius 211 Die großen Eisenmeteoriten aus Deutsch - Südwestafrika (mit 2 Abbildungen) von W. Schauf 214 Das Aussehen des Okapi (mit 1 Farbentafel u. 2 Abbildungen) von 0. zurStrassen 287 Verteilung der Ämter im Jahre 1912 7 VerzeichnisderMitglieder 9 Rückblick auf das Jahr 1911. (Mitteilungen der Verwaltung) . 30 Kassenbericht über das Jahr 1911 34 Museumsbericht über das Jahr 1911 37 Zoologische Sammlung 38 Botanische Sammlung 46 Paläontologisch-geologische Sammlung 48 Mineralogisch-petrographische Sammlung 54 Lehrtätigkeit von April 1911 bis März 1912: Vorlesungen, praktische Übungen und Exkursionen: Zoologie 108 Botanik 112 Paläontologie und Geologie 114 Mineralogie 115 Wissenschaftliche Sitzungen und Vorträge : M. Neisser: Über Tollwut 116 E. Leser: Die Erkenntnis der Störungen des Wund- verlaufs in ihren Beziehungen zu den Fortschritten der Chirurgie 119 L. Rhumbler: Physikalische Erklärung der Lebens- äußerungen der niedersten Urtiere 121 J.IZOS -- IV — Seite E. Was mann: Das Prinzip der Entwicklung in der Deszendenztheorie 123 E. Bircher: Die kretinische Degeneration in Beziehung zu den Bodenformationen 124 K. Schwarzlose: Eindrücke und naturwissenschaftliche Probleme vom Balkan 126 0. zur Strassen: Der Bau des fossilen Menschen . . 128 F. Drevermann: Aus den Tiefen des Jurameeres . . 130 L. Müll er- M a in z : Zoologische Beobachtungen am unteren Amazonas 131 H. Morton: Koloniebildende Protozoen 133 J. Versluys: Die Geschichte der Meeresfaunen in den Tropen 135 K. Lampert: Verschleppung der Tiere durch Handel und Verkehr 137 H. J. Lübbert: Der Walfang in früheren Jahrhunderten und zur Jetztzeit 138 K. Kroemer: Wege und Ziele des neuen Weinbaues . 140 C. F. Jickeli: Die Unvollkommenheit des Stoffwechsels als Grundprinzip für Werden und Vergehen im Kampf ums Dasein 142 L. S. Schultze: Urwaldwanderungen in Neuguinea . 144 M. Walter: Grand Canyon of Arizona und Yosemite Valley 145 L. Edinger: Bau und Verrichtung des Rückenmarks 147 M. F 1 e s c h : Kinematographische Vorführung der Ent- wicklung des Seeigeleies von der Befruchtung bis zum Pluteus-Stadium 150 S. H. AdolfFriedrich Herzog zu Mecklenburg: Über seine II. Innerafrika-Expedition 151 Die Zukunft des Senckenbergischen Museums 97 Nekrologe: Adolf Rörig, mit Porträt {W.) 56 Ernst Blumenthal, mit Porträt {L. Laquer) 62 Wilhelm Dönitz (.-i. A'»oW«Mc/0 293 Vermischte Aufsätze: A. Siebert: Utricularia montaua Jacq. (mit 1 Abbildung) . 68 W. Kobelt: Der Schwanheimer Wald (mit 1 Karte und 47 Ab- bildungen) : I. Topographisches und Geschichtliches 72 II. Die Tierwelt 156 III. Die Pflanzenwelt 255 (Ein IV. Abschnitt wird im nächstjährigen Bericht erscheinen) P h. L e h r s : Eine zoologische Sammelreise nach der Insel Pela- gosa und entlegeneren Küstengebieten der Adria (mit 16 Abbildungen) 189 — V — Seite A. Siebert: Zwei Erdorchideen, Stenoglottis longifolia Hook. fil. und Stenoglottis fimhriata Lindl. (mit 1 Abbildung) . 222 F. Richters: Nordische Urfaustkeile (mit 15 Abbildungen) . 227 A. Knoblauch: Der histologische Aufbau der quergestreiften Muskulatur der Wirbeltiere aus „hellen" und „trüben" Muskelfasern (mit 2 Farbentafeln) 245 W. Dönitz (t): Die Bekämpfung der Schlafkrankheit (mit 1 Karte und 15 Abbildungen) 295 H. Schubotz: Zoologische Beobachtungen während der IL Wis- senschaftlichen Innerafrika- Expedition S. H. des Herzogs Adolf Friedrich zu Mecklenburg 1910/11 (mit 1 Karte und 13 Abbildungen) 324 Besprechungen: I. Neue Veröffentlichungen der Gesellschaft: Abhandlungen. Band 81, Heft 2 (Schluß) und 3: Die in Deutschland aufbewahrten Reste des Quaggas, von Dr. M. H i 1 z h e i m e r (.1. Lotichius) 104 Über helle und trübe Muskelfasern bei Wirbeltieren und beim Menschen, von Dr. W. Ewald. — Über helle und trübe Muskelfasern im menschlichen Herzen, unter besonderer Berücksichtigung der spezifischen Muskelsysteme des Herzens, von Dr. P. Schaefer. — Über helle und trübe Muskelfasern beim Pferd, von Dr. P. Schaefer {A. Knoblauch) 245 Über Geweihreste aus dem untermiozänen Hydrobienkalk vom Heßler bei Mosbach-Biebrich, von Prof. Dr. F. K i n k e 1 i n (K) 359 Tiefe und ungefähre Ausbreitung des Oberpliozänsees in der Wetterau und im unteren Untermaintal bis zum Rhein, von Prof. Dr. F. Kinkelin {A. Askenasy) 360 Beiträge zur Kenntnis devonischer Trilobiten. 1. Beitrag. Die Gattung Dechenella und einige verwandte Formen, von Dr. R. Richter {F. Drevennann) 362 II. Neue Bücher: Brehms Tie rieben, 4. Auflage, herausgegeben von Prof. Dr. 0. zur Strassen. 10. Band: Säugetiere {E.-W.) . 209 4. Band : Lurche und Kriechtiere {K.-W.) 363 o 'o ^ -d o O SJ 1_ y 1) ^ t/J +- CO o M 0^ o Aus der Scliaiisammlung. Mrs. Gray's Wasserbock. Mit einer Farbentafel. Im mittleren Sudan, dort, wo der Sobat und Bahr el Ghazal ihre trüben Fluten in den Weißen Nil ergießen und zur Regen- zeit weite Strecken Landes in Sumpf verwandeln, ist die Heimat einer seltenen, praclitvollen Antilopenart. Von dem deutschen Naturforscher Theodor von Heuglin 1854 entdeckt, wurde sie einige Jalire später von Gray beschrieben und zu Ehren seiner Gattin Cohus m aria benannt, in der Sprache der Jäger „Mrs. Gray"s Wasserbock". Eins ihrer Hauptmerkmale sind die großen, stark hervortretenden Afterklauen oder falsclien Hufe. Die kräftig" entwickelten Hörner, die nur das Männchen trägt, sind S-förmig gewunden, beugen sich von der Basis an stark nach hinten zurück, treten in der Mitte auseinander und nähern sich wieder an den nach oben gerichteten Spitzen. Der Gesamteindruck des Gehörnes ist der einer schön gekrümmten, nach hinten überliegenden Leier. Der Schädel zeigt eine tiefe Depression an der Stirn. Das Fell ist rauh, langhaarig und bei älteren Exemplaren mit einer deutlichen Älähne versehen. Der Schwanz ist lang und gehuschelt. Der Rücken und die Seitenteile des Felles, sowie die Läufe sind goldbraun bis dunkel- rötlichbraun ; Kopf und Hals erscheinen erheblich dunkler; die Stirn, die Partien vor den Augen und Ohren sind weiß, des- gleichen die Ohren selbst und der Bauch; besonders auffallend ist vor allem ein großer, sattelartiger weißer Fleck am dunkel- braunen Nacken. An Körpergröße entspricht Cohus markt un- gefälir dem europäischen Damhirsch. Alle Reisenden, die diese interessante Antilopenart ge- sehen haben, geben als deren Heimat nur wenige Stellen am — 2 — Weißen Nil an, und zwar sind es hauptsächlich Gegenden, in denen Sumpf und niedrig-gelegene Steppen abwechseln. Dort lebt das Tier in größeren oder kleineren Rudeln. Seine breit angelegten Hufe und die wohlentwickelten Afterklauen befähigen es, sich über sumpfiges Terrain leicht und schnell fortzubewegen. Natürlich liegt jeder Jäger, der auf einem Segelboot oder Flußdampfer den Weißen Nil befährt, den Wunsch, ein so seltenes und interessantes Wild zu erlegen. Da nun die Zahl der Afrika- jäger von Jahr zu Jahr zunimmt, hat die englisclie Sudan- regierung zum Schutze des Cohus maria auf dem Jagdschein nur den Abschuß eines Exemplares gestattet. Auch ich hatte auf meiner Expedition nach dem südlichen Sudan im Winter 1910 das Glück, einen kräftigen Bock zu er- legen, und zugleich Gelegenheit, die Schwierigkeiten dieser Jagd kennen zu lernen. Vom oberen Nil lieimkehrend hoffte ich zuerst am Lake No, der breiten Mündung des Bahr el Ghazal in den Weißen Nil — übrigens an derselben Stelle, an der ich den in unserem Museum aufgestellten und im letztjährigen „Bericht" abgebildeten Schuhschnabel (Balaeniceps rex) erlegt habe — , Mrs. Gray"s Antilope anzutreffen. Eine Jagd war aber aus- geschlossen, da der ungewöhnlicli hohe Wasserstand die Ufer weithin versumjjft hatte und eine Landung unmöglich machte. Erst weiter stromabwärts, ganz nahe der Mündung des Bahr el Zeraf, wurde mir von den Missionaren der Station Tonga eine Stelle bezeichnet, wo auf trocknerem Gelände das scheue Wild zu finden sein sollte. So brach ich denn in der Frühe eines Februarmorgens zur Jagd auf, begleitet von meinen Shi- karis und einigen 'ortskundigen Schwarzen. Der Weg führte uns anfänglich über eine trockene, baumlose Steppe mit ver- dorrtem Grase, vorbei an einigen Schillukdörfern. Dann wurde der Boden sumpfig, und bald sanken wir bis an die Knie ins Wasser und mußten uns mühsam jeden Schritt erkämpfen. Von Wild war trotz scharfen Ausspähens nichts zu sehen. Die Sonne fing an zu brennen, und unsere Hoffnung, heute noch zu Schusse zu kommen, schwand immer mehr. Plötzlich nahmen die Schil- luks eine tiefgebückte Haltung an und deuteten auf einige schwarze Punkte, die ich mit meinem Glase als die Häupter vom Schilf fast verdeckter Antilopen und an dem schön ge- krümmten Gehörne eines Bockes als das ersehnte Wild erkannte. — 3 — Meine Büchse hochhaltend suchte ich möglichst lautlos und unbemerkt vorzurücken und geriet bald bis an die Hüften in den Sumpf, wobei sich meine sonst so bewährten hohen Stiefel mit Wasser füllten. Das Wild scliien uns aber bemerkt zu haben, und ehe ich noch zum Schusse kommen konnte, flüchtete es in zierlichen Sprüngen durch den Sumpf, so behende wie ein anderes Wild über festen Boden. Nach einigen Minuten mühseligen Watens hatten wir endlich den Sumpf passiert und standen auf hartem Gelände. Jetzt hieß es rasch vorwärts in der Richtung, in der wir zuletzt das flüchtige Wild gesehen hatten. Bald konnte ich auf eine Entfernung von ungefähr dreihundert Schritt den Bock in seinem Rudel mit dem Glase unterscheiden. Der Wind hatte sich gedreht, und gedeckt von dem hohen Gras schlich ich, einen Eingeborenen hinter mir, dem jetzt wieder ruhig äsenden Wilde näher. Nur nocli zwei- hundert Schritte trennten mich von den Antilopen. Deutlich sah ich das schön geformte Geliörn des etwas abseits von den Tieren stehenden Bockes. Als ich die Büchse anlegte, merkte ich, wie mein Arm zitterte; doch fürchtete ich, unbemerkt kaum näher herankommen zu können. Der Schuß krachte, und in hohen Sätzen flüchtig werdend war das Wild bald unseren Augen entscli wunden. Jede Vorsiclit außer acht lassend folgte ich so schnell, wie mich meine Füße, die in den halb mit Wasser ge- füllten Stiefeln steckten, tragen konnten. Es war Mittag ge- worden, und die Sonne brannte in unbarmherziger Weise auf den Schädel ; docli der Jagdeifei' und die ungeheuere Aufregung ließen alle Ermattung schwinden. Bald liatte ich den Bock, der mit dem ersten Schuß gefehlt war, wieder auf zweihundert Schritt vor mir; er verhoffte und äugte seine Verfolger an. Mein Schwarzer kniete am Boden nieder, und ich, den Arm mit der Büchse auf seine Schulter gestützt, drückte los. Diesmal hatte ich getroffen, und bald standen wir alle bei dem verendeten Wild. Seine prächtig gefärbte, goldbraune Decke mit der schönen Mähne glänzte in der Sonne ; das starke Gehörn war meine Beute und hat in meiner Jagdtrophäensammlung seinen Platz gefunden. Für unser Museum habe ich kürzlich in London das auf der Tafel dargestellte prächtige Exemplar dieser ebenso schönen wie seltenen Antilopenart erworben. Pi. von Goldschmidt-Rothschild. 1* — 4 — Ein Riesenfisch aus dem Weißen Jura. Mit einer Abbildung. Bei der Betrachtung" der ältesten Fische, die in den Scliicliten der Erdrinde erhalten geblieben sind, fällt vor allem die schwere Panzerung- ihres Körpers auf. Wenige diclit schließende, feste Platten umliüllen die Weichteile mit Ausnahme der beweglicheren Schwanzregion und machen das Tier nahezu unangreifbar. Ver- folgt man aber die Entwicklung des Fischstammes durch die Jahrmillionen der Erdgeschichte, so sieht man, wie die Panzer- platten allmälüich in kleinere Stücke zerlegt werden, aus denen endlich dicke, schmelzbedeckte Rhorabenschuppen werden. Und diese Gruppe der Fische, die sog. Ganoiden, herrsclien im ganzen Mittelalter der Erdgeschichte hindurch bis an die Schwelle der Neuzeit. Ihr Innenskelett zeigt alle Übergänge vom rein knor- peligen zum immer starrer werdenden Knochenskelett. Denn der außen schwer gepanzerte Körper brauchte keine inneren Stützorgane ; ein Bedürfnis nach solchen stellte sich erst nach und nach heraus, je dünner das Schuppenkleid wurde. Die Knoclienfische der Gegenwart zeigen deutlich die Fortsetzung des geschilderten Entwicklungsganges : ein leicht verschiebbares, aus dünnen, elastischen Schuppen bestehendes Kleid gestattet eine hohe Beweglichkeit; ein starkes inneres Knochenskelett stützt den Körper. Diese Entwicklung ging wie der gesamte Werdegang der Lebewesen langsam und ungleichmäßig vor sich ; einzelne Formen eilten voran, andere blieben zurück, und so ragen aus dem Mittelalter der Erdgeschichte noch einzelne Ga- noidfische in die Gegenwart herein. Zu diesen Ganoiden gehört der prachtvolle, 1,70 m lange Lepidotus, den unsere Abbildung zeigt. Er wurde vor mehreren Jahren bei Langenaltheim unfern Solnhofen in Bayern bei dem Abbau der lithographischen Kalke des oberen Weißen Jura gefunden und zerbrach beim Herausnehmen in zahlreiche Trümmer. Der Besitzer tat sein Möglichstes, um alles zu retten, und so gelang es, fast alle Stücke zusammenzuhalten. Ihre Wiedervereinigung war indessen eine recht schwierige Arbeit, zumal nur ein Teil des Fossils in Zusammenhang geblieben war, ein anderer aber an der Deckplatte festsaß. Es wurden daher zunächst alle Teile des Fisches wieder zusammengesetzt, dann die Deckplatte darauf geklebt, — nun lag also der Fisch ■W^W"' CD rf ^ C o CO > y=i o j5 CO 0) rt Ü to a; C C^^ ■« t^. i .i ^ \ Dr. R. Richter . I Prof. Dr. F. Kinkelin ° ■■ \ Dr. E. Naumann Mineralogie Prof. Dr. W. Schauf 8 — Lehrkörper : rj , . f Prof. Dr. H. lleicheubacli ^'''''^'' 1 Prof. Dr. 0. zur Strassen Botanik Prof. Dr. M. Möbius „ ^.. , , . , ,. , • [ P''*JJ- Dr. F. Kiukelin ralaontolooie uml Ueoloöie S t^ „ ^ "= " 1 Dr. F. Drevenuauii Mineralogie Prof. Dr. W. Schauf Redaktion der Abbaiidliingcii : W. Melber, Vorsitzender Prof. Dr. L. v. Heyden Prof. Dr. M. Möbius Piof. Dr. H. Reicheiibacli Dr. P. Sack Prof. Dr. W. Scliaiif Prof. Dr. 0. zur Strassen Kedaktiou des Berichts: Prof. Dr. A. Knoblancli, Vorsitzender Prof. Dr. E. Marx Dr. P. Sack F. W. Winter Museum : Direktor Prof. Dr. 0. zur Strassen Kustos für Paläontologie und Geologie . . Dr. F. Drevermann ( Dr. F. Haas Assistenten für Zoologie Dr. Ph. Lehrs I Dr. L. Nick ( Adam Koch Präparatoren | August Kocli ' Christian Strunz Techniker Rudolf Moll Bureau-Vorsteherin Frl. Maria Pixis ■ I Hausmeister Berthold Diearel Senckenbergische Bibliothek : Viktoria-Allee 9. Die Bibliothek der Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft ist mit den Bibliotheken der Dr. Senckenbergischen Stiftung, des Pliysikalischen Vereins, des Vereins für Geographie und Statistik und des Ärztlichen Vereins zur „Senckenbergischen Bibliothek" vereinigt. Bibliothekar Dr. 0. Wahl Verzeicliiiis der Mitglieder. J. Ewige Mitglieder. An Stelle der Eiitriclitimg eines Jahresbeitrages haben manche Mitglieder vorgezogen, der Gesellschaft ein Kapital zu schenken, dessen Zinsen dem Jahresbeitrag min- destens gleichkommen, mit der Bestimmung, daß dieses Kapital verzinslich angelegt werden müsse und nur die Zinsen für die Zwecke der Gesellschaft zur Verwendung kommen dürfen. Solche Mitglieder entrichten demnach auch über den Tod hinaus einen Jahresbeitrag und werden nach einem alten Sprach- gebrauch als „Ewige Mitglieder" der Gesellschaft bezeichnet. Vielfach wird diese altebrwürdige Einrichtung, die der Gesellschaft einen dauernden Mitglieder stamm sichert und daher für sie von hohem Werte ist, von den Angehörigen verstorbener Mitglieder benützt, um das Andenken an ihre Toten bleibend in dem Senckenbergischen Museum wach zu halten, zumal die Namen sämtlicher „ewigen Mitglieder ' nicht nur den jedesmaligen Jahresbericht zieren, sondern auch auf Marmor tafeln in dem Treppenhause des Museums mit goldenen Buchstaben eingegraben sind. Simou Moiitz v. «ethniann 1827 Dr. J. J. K. Buch 1851 fileor^ Heini'. Schweudel 1828 (i. v. St. Georg^e 1853 Joh. Friedr. Aut. Helm 1829 J. A. Grimelius 1853 Geor^ Ludwig Goutaid 1830 P. F. Clir. Kroger 1854 Frau Susanna Elisabetli Bethmann- Alexander Goutard 1854 Holwe^' 1831 M. Frhr. v. Betinnann 1854 Heinrich Mylius sen. 1844 Dr. Eduard Rüppell 1857 Georg- Melchior Mylius 1844 Dr. Th. A. Jak. Em. Müller 1858 Baron Amschel Mayer v. Roth- Julius Nestle 1860 Schild 1845 Eduard Finger 1860 Joh. Georg- Schuiidhoru 1845 Dr. jur. Eduard Souchay 1862 Johann Daniel Souchay 1845 J. N. Gräffendeich 1864 Alexander v. Bethmann 1846 E. F. K. Büttner 1865 Heinrich v. Bethmann 1846 K. F. Krepi) 1866 Dr. jur. Eat Fr. Schlosser 1847 Jonas Mylius 1866 Stephan v. Guaita 1847 Konstantin Fellner 1867 H. L. Döbel in Batavia 1847 Dr. Hermann v. Meyer 1869 G. H. Hauck-Steear 1848 W. D. Soemmerring- 1871 Anmerkung: Nach dem Mitgliederbestand vom 1. .Tanuar 1912. Die arbeitenden Mitglieder sind mit * bezeichnet. 10 — .1. a. H. Petsch 1871 IJcniliiua Doiidorf 1872 Friedrich Kari Kiicker 1874 Dr. Friedrich Hessenberg' 1875 Ferdinand Laurin 1876 Jakob Bernhard Rikoff 1878 .Toll. Heinr. Roth 1878 J. Ph. Nikol. Manskopf 1878 Jean Noe du Fay 1878 Gg. Friedr. Metzler 1878 Frau Louise Wilhelmiue Eniilie Gräfin Bose, geb. Gräfin von Reichenbacli-Lessonitz 1880 Karl August Graf Bose 1880 Oust. Ad. de Neufville 1881 Adolf Metzler 1883 Joh. Friedr. Koch 1883 Joh. Wilh. Roose 1884 Adolf Soemmerriug 1886 Jacques Reiss 1887 Dr. Albert von Reinach 1889 Wilhelm Metzler 1890 *Albert von Metzler 1891 L. S. Moritz Frhr. v. Bethmann 1891 Viktor Moessinger 1891 Dr. Ph. Jak. Cretzschmar 1891 Theodor Erckel 1891 (ieorg Albert Keyl 1891 Michael Hey 1892 Dr. Otto Ponfick 1892 Prof. Dr. Gg. H. v. Meyer 1892 Fritz Neuniüller 1893 Th. K. Soenimerring 1894 Dr. med. P. H. Pfefferkorn 1896 Baron L. A. v. Löwenstein 1896 Louis Bernus 1896 Frau Ad. von Brüning- 1896 Friedr. Jaennicke 1896 Dr. phil. >Vilh. Jaennicke 1896 P, A. Kcsselmeyer 1897 Chr. G. Ludw. Yogt 1897 Anton L. A. Halin 1897 Moritz L. A. Hahn 1897 Julius Lejcune 1897 Frl. Elisabeth Schultz 1898 Karl Ebenau 1898 Max von Guaita 1899 Walther vom Rath 1899 Prof. D. Dr. Moritz Schmidt 1899 Karl von Grunelius 1900 Dr. jur. Friedrich Hoerle 1900 Alfred von Neufville 1900 Wilh. K. Frhr. v. Rothschild 1901 Marcus M. Goldschmidt 1902 Paul Siegni. Hertzogr 1902 Prof. Dr. Julius Zieg-ler 1902 Moritz von Metzler 1903 Georg- Speyer 1903 Arthur von Gwinner 1903 Isaak Blum 1903 Eugen Grumbacli-Mallebrein 1903 *Robert de Neufville 1903 Dr. phil. Eug-eu Lucius 1904 Carlo Frhr. v. Erlanger 1904 Oskar Dyckerhoff 1904 Rudolph Sulzbach 1904 Johann Karl Majer 1904 Prof. Dr. Eugen Askenasy 1904 D. F. Heynemann 1904 Frau Anialie Kobelt 1904 *Prüf. Dr. Willielm Kobelt 1904 P. Hermann v. Mumm 1904 Philipp Holzmann 1904 Prof. Dr. Achill Andreae 1905 Frau Luise Yolkert 1905 Karl Hoff 1905 Sir Julius Wernher Bart. 1905 Sir Edgar Speyer Bart. 1905 J. A. Weiller 1905 Karl Schaub 1905 W^ de Neufville 1905 Artliur Sondheimer 1905 Dr. med. E. Kirberger 1906 Dr. jur. W. Schöller 1906 Bened. M. Goldschmidt 1906 A. Wittekind 1906 Alexander Hauck 1906 Dr. med. J. Guttenplan 1906 Gustav Stellwag 1907 Christian Knauer 1907 Jean Joh. Val. Andreae 1907 Haus Bode 1907 Karl von Metzler 1907 Moritz Ad. Ellissen 1907 11 — A-: ^_ 5- ?r aq' :ö^ ro 3 3 p CD s. -1- « IT \ \ \ \ \ p cr 2. P: o 3 o 3 2 '^■ 3 CD O 3 2 b c:> CD CD •-! 0^ w S (D CQ S W W CO o s 3 \ !r<- in- s O 3 \ Uq \ s P \ \ Ol 3' P cO' 0 3 CO -n1 h-i 4^ -1 (^ -1 -1 CO t\D 00 CO 32 Ol 4^ 4^ ^ •O ^a CJi -1 -1 O to 00 4^ (~. ■j:> ->■ -^ 00 o ^3 o c CO CO O 01 (— 1- ^1 1 CS 4i- Ci 1 ^ hi CO OS i__ CJi ■^ o L h- 1 ^ H « hj i^ CO w o w ^ = K c o CO p 2 o' a •-a p^ P P i-S rt> CO o P rt-' P^ O 3 p Ö o pi 2. p p P tr O 3 en 2 P ro . Rappsch iippell-Sti I'etzsclima en ro crq w a (TQ i-ri IT! hj ^ fn O 1-! 2. CfQ J»' 3 3 r<- 3 « CT* o o n r-1 *^ Ol h-i v'W -^ ^ü — ^ CO CO 1—1 OJ Ol to to w 1— 1 CO Ü0 CO h- i CO o 1—1 CO o< Ol 00 O CO ^ ^1 to Oi Ü1 ro o C~; 1— i w ro Ol on Ol 4- O 1—1 o OS ~.l O" o <] 00 o (-; üi K') rm (^ f/; Oi 4- *. o CD O' o lO 32 — ^ >—* -^1 J h- 1 o o CO CO Ol 4- o Üi CJi CO Ol CO -— o ~3 Ol ex CO h^ o *» h-' 1 C5 OS , TO t— ' 00 ro 1 l_^ •-.1 o 1 to 1 CO CD 4^ I l\S ^ 1 «o _ o« 00 _ CO _L O t» 4i- 1 4^ Ü' h- 1 1 •vj O Ü5 1 CD © to 00 CO CS3 CD 3 CO t-g CO a — 37 Miiseumsbericlit. Im verflossenen Jahr hatte das Museum, dessen Öffnungs- zeit an Sonntagen seit Oktober um eine Stunde verlängert worden ist, 67 0r38 Besucher zu verzeichnen, darunter 1641 zahlende Personen. Auch viele Fachgelehrte und wissenschaft- liche Korporationen, sowie hiesige und auswärtige Schulen besichtigten unsere Sammlungen. Für Vereine und Arbeiter- gewerkschaften wurden wie in den vergangenen Jahren zahl- reiche Führungen veranstaltet. Im Lauf des Frühjahrs ist der Insektensaal dem Pu- blikum geöffnet worden. Zum weiteren Ausbau unserer Schau- sammlung war wiederum die Anschaffung neuer Schauschränke unerläßlich; ihre Aufstellung hat eine starke Veränderung in dem Gesamtbild des Museums hervorgerufen, worüber die Berichte der einzelnen Sektionen Aufschluß geben. Die Montierung neuer Schauobjekte und die gleichmäßige Aufstellung der fossilen und rezenten Wirbeltiere im Lichthof auf schwarzpolierten Sockeln nahmen die Arbeitskräfte unserer Schreiner- und Schlosser- werkstätten stark in Anspruch, umsomehr als auch in vielen Arbeitsräumen eine weitere Ausstattung mit Tischen, Dreh- stühlen, Drehscheiben und Regalen nötig war. Von größeren Neueinrichtungen ist ein vertikal verschiebbarer, auf der Dreh- scheibe ruliender Arbeitstisch im Atelier der Präparatoren zu nennen. Die Hausdruckerei stellte neben laufenden Arbeiten eine große Zahl von Etiketten für die Objekte im Lichthof und für die Sammlung der einheimischen Fische her. Von Reparaturen im Museumsgebäude sei nur die Ersetzung des Plattenbodens der Terrasse durch Dachpappe und Kies erwähnt. Einen weiteren Schmuck haben unsere Arbeitsräume durch die Zuwendung verschiedener Bilder erhalten, unter denen wir — 38 — eine von dem U. S. National Museum in Washington überreichte Sammlung" von Porträts amerikanischer Naturforscher hervor- heben möchten. Im Sitzung'szimmer ist die Bronzeplakette unseres Ehrenmitg-lieds Prof. L. von Hey den aufgehängt worden. I. Zoologische Sammlung. Die Aufstellung- von sechs neuen Schauschränken ermög- lichte die Verlegung- der Lokalsammlung auf die Nordseite des z-weiten Obergeschosses ; die hierdurch freigewordenen Schränke im ersten Stockwerk kamen der Fisch- und namentlich der Säugetiersammlung zugute und gewähren besonders der letzteren den schon lange benötigten Raum zur Ausdehnung. Die Em- bryonen wurden in einem neuen Schrank in der vergleichend- anatomischen Sammlung aufgestellt. Der unermüdlichen Tätig- keit von Frl. L. Baerwind, Frl. B. Groß und Frau M. J u r e i t verdankt die Lehrsammlung einen reichen Zuwachs an instruktiven Wandtafeln, deren Katalogisierung bereits durch- geführt ist. Die Bergung und Registrierung der überaus reichen Ausbeute der IL Inner-Afrika-Expedition Seiner Hoheit des Herzogs Adolf Friedrich zu Mecklenburg nahm für einen großen Teil des Jahres alle Arbeitskräfte des ]\Iuseums in Anspruch. Während die von der Expedition gesammelten Vögel schon zur wissenschaftlichen Bearbeitung in Berlin sind, müssen die Säugerbälge erst noch einer gründlichen Aufweichung und Gerbung unterzogen werden. Frl. D. Hurt er und Frl. M. Kay ß er machten sich durch Katalogisierungsarbeiten in verschiedenen Abteilungen unserer wissenschaftlichen Sammlung verdient, und unsere altbewährten Mitarbeiter Frau L. Gay ard (Histologie), E. Cnyrim (vergl. Anatomie), E. Greiz en ach (Skelette) und Frl. E. Fellner (Insekten) liehen uns auch in diesem Jahre wieder ihre Kräfte. Frl. A. Roediger und Frl. F. Schott unterzogen sich der mühevollen Arbeit des Aufsteilens von Objekten der Scliau- und Lehrsammlung. Auskunft über Anfragen zoologischen Inhalts wurde mehrfach erteilt, und folgende Herren erhielten Material zu wissenschaft- lichen Arbeiten: Dr. G. Boettger, Dr. J. Garl-Genf, Dr. V. Franz, Dr. L. Germain-Paris, D. Geyer- Stuttgart, Dr. E. Hentschel- Hamburg, Dr. M. H i 1 z h e i m e r - Stuttgart, Lehrer — 39 — « 0. Kr ob er- Hamburg", 1. G. de Man-Ierseke, Dr. H. Merton- Heidelberg, Marchese di Monterosato-Palermo, H. F. Os- born-New York, Dr. C. L. M. Popta-Leyden, Dr. A. Reicliensperger-Bonn, Prof. H. Pib a iit- Toulouse, Baron 0. von Eosen- Jekatarinodar, stud. L. Seh euring- Gießen, Dr. A. Schmidt gen-Mainz, Dr. E. Schwarz, Gelieimrat Prof. G. Steinmann-Bonn, E. Strand-Berlin, Prof. J. Thiele- Berlin, Dr. A. Wagner- Brück a. d. Mur, sowie das Zoologische Institut in Göttingen. Die Teilnehmer der im Sommer veranstalteten zoologischen Exkursionen in die nähere und fernere Umgebung Frankfurts stellten uns großenteils ihre Sammelausbeute zur Verfügung, so daß in der Vervollständigung der Lokalsammlung ein großer Schritt vorwärts gemacht werden konnte. So kamen im Lauf des Jahres sämtliche einheimischen Reptilien und Amphibien in verschiedenen Entwicklungs- und Altersstufen zusammen, und auch die dem Museum fast gänzlich fehlende Insektengruppe der Apterygoten konnte durch systematisches Sammeln reichlich beigebracht werden. Unsere Sammlungen wurden in dankenswertester Weise mit vielen Zuwendungen bedacht, deren Schenkern wir an dieser Stelle unseren herzlichen Dank aussprechen. Es sind dies : R. Andreae, C. Andre as- Gonsenheim, Ing. A. Askenasy, Frl. L. Baerwind, Oberschwester I. Bald es, Justizrat F. Berg, H. Bickhardt-Erfurt, C. Binding, Dr. 0. Boettger, Prof. E. Brandis-Travnik, G. Brühl -Usingen, Förster L. Budde-Schwanheim, Frau L. Cayard, E. Creizenach, de Cuvry-Molundu, B. Diegel, F. E. Drevermann, Förster Dürrfeld, Prof. L. Edinger, 0. Engelhard-Hofheim, R. Eyßen, Frl. E. Fellner, stud. E. Ficus, Hauptmann A. Fi seh er- San Bernardino (Uruguay), Lehrer A. Göbel, Frl. stud. P. Goldberg -München, R. von Goldschmidt- Roth- schild, Dr. R. Gonder, M. von Go sen, Frau A. Götz- Koblenz, Dr. J. Guide, F. Haag, Lehrer A. Haas-Duala, B. Haas-Croydon, Dr. F. Haas, C. Hagenbeck-Stellingen, L. Hallbach, K. Hashagen -Bremen, Landrat F. von Heim- burg-Wiesbaden, Dr. W. Hein-München, C. Hermann, H. Heuer, Prof. L. von Heyden, K. Hopf, W. Israel-Gera- Untermhaus, H. Jacquet, Dr. C. F. Jickeli-Herraannstadt, — 40 — C. Jung', H. Kaufmann, Frl. M. Kayßer, A. S. Kennard- Beckenham, J. Ki lb-8kobeleff, A. Knoblauch, Prof. A. Knob- laucli, Frl. H. Knoblauch, Prof. W. K o b e 1 1 - Schwanheim, C. Kopp, Dr. C.Krapf-Shanghai, Dir. Ch. Krone, I. Kurz-Saar- brücken, Dr. A. Kutz, Dr. Ph. Lehrs, J. Lengle, E. Liedtke- Königsberg, Dr. A. Lotichius, 0. Lotichius, Fischereidirektor H. 0. L ü b b e r t - Hamburg, J. M a s t b a u m - Hof heim, Dr. F May , E. Menke, Dr. H. Mert on- Heidelberg-, Prof. M. Möbius R. Moll, E. Müller, Direktor Dr. E. Müller-Flix, H Müller, Frau E. von Mumm, Kom.-Rat R. de Neufville Dr. L. Nick, W. Ochs, H. Overton-Sutton, Dr. F Pähler, Dr. B. Parisi-Mailand, H. Petri- Wiesbaden, Frl E. Pf äff, Frl. M. Pixis, Major von PI oe mis -Freiburg H. Poppelbaum, Museum Pretoria, K. Prior, Dipl.-Ing P. Prior, A. Reichert, Frl. H. Reishaus, F. K. Richter L. Riedinger, Dr. F. Rintelen-Swakopmund, 0. Roediger San.-Rat E. Roediger, Konsul A. Rolfes-Port Elisabeth Baron 0. von Rosen- Jekatarinodar, Dr. A. Rub bei- Marburg Dr. P. Sack, stud. A. Schädel, städtischer Schlacht- und Viehhof, M. Schlemmer, Lehrer H. Schmidt- Kloppenheim Dr. 0. Schnaudigel, I. Schröder, A. Schultze-Hein Missionar Schütz-Bunga-Bondar, A. Schwab, Dr. E. Schwarz G. Seh winn- Hofheim, Direktor I. Seeth, Landesökonomierat A. Siebert, E. Sondheim, Frau M. Sondheim, W. Speyer Prof. 0. zur Strassen, Lehrer H. Stridde, C. Strunz H. Sulmann, Dr. Teidemann, W. Theiß, Frau von Tircks-Eltville, Dr. Tolle -Fliedern, Dr. von Varendorff- Hirschberg i. S., Prof. J. V er sluys- Gießen, Hauptmann L von Vigny, A. Vogt, Hegmeister Warl er- Schwanheim Pater E. Wasmann S. J. -Valkenburg, Dr. A. von Weinberg A. Weis, G. Weiß, A. H. Wendt, Dr. E. Wertheimber G. Wettig, Regierungsrat Dr. E. von Wiedenfels, F. W Winter, Landgerichtsrat Dr. B. Wolf-Elberfeld, I. F. Zikan- Mar de Hespanha, Zirps-Neu-Tetschin, Zoologischer Garten. Den bedeutenden Zuwachs unserer Hausbibliothek und Separatensannnlung verdanken wir der Freundlichkeit der Herren: N. Ann and ale- Calcutta, Dr. M. Baege-Berlin, P. Bart seh -Washington, F. Bastier, Justizrat F. Berg, Graf H. von Berlepsch, Dr. C. R. Boettger, Dr. J. Carl- Genf, — 41 — A. Caziot-Mzza, Geh. Rat C. C li u n - Leipzig, W. Dautzen- b erg- -Paris, Prof. F. Dof lein-Münclien, Prof. E. Egger- Mainz, Hof rat H. E n gel li a rdt- Dresden, Dr. E. Ewald- Königsberg, Prof. M. Fie sell, Prof. M. Freund, R. Fried- länder & Sohn-Berlin, Dr. C. Gerlach, Dr. L. Germain- Paris, D. Gey er- Stuttgart, Dr. R. Gonder, Hofrat L. von Graff- Graz, Dr. F. Haas, Dr. D. H ab er le- Heidelberg, Dr. W. Hein-München, Prof. L. von Heyden, C. Hof f niann- Mexiko, W. I. Jackson-Manchester, E. C. Joh an sen -Kopen- hagen, Dr. P. Kammer er-Wien, A. S. Kennard-Beckenham, Prof. C. B. Klunzinger- Stuttgart, Prof. A. Knoblauch, Prof. W. Kobe It- Schwanheim, Dr. Th. Krumbach-Rovigno, Prof. B. Lepsius- Berlin, Hofrat F. Ludwig- Berlin, Prof. 0. Maas-München, Dr. I. G. de Man-Ierseke, Prof. M. M arson - Berlin, Prof. L. von Mehely-Budapest, Dr. H. M er ton- Heidelberg, Prof. M. M obi us, F. Müll er -Berlin, Dr. A. E. 0 r t m a n n - Pittsburgh , Oberlehrer P a e c k e 1 m a n n - Barmen , H. B. Brest on- London, Dr. A. Reichar d-Helgoland, Prof. F. Richters, San. -Rat E. Roediger, Dr. 0. Le Roi-Bonn, Baron 0. von Rosen- Jekatarinodar, Dr. P. Sack, Prof. W. Salomon- Heidelberg, M. M. Scheepman-Huister Heide, Direktor S. Schnei der-Tromsö, Prof. L. S. Schultze-Kiel, Dr. E. Schwarz, Landesökonomierat A. Siebert, P. C. F. Snellen-Rotterdam, Geh. Rat G. Steinmann-Bonn, E. Strand- Berlin, Prof. 0. zur Strassen, Dr. T. Takaki-Dresden, Dr. E. Teichmann, Verlag G. B. Teubner-Leipzig, A. Weis, F. W. Winter. 1. Säugetiere. Die Schausammlung erhielt durch Ankauf des seltenen tibetanischen Bären (Ailuropus melanoleucus) einen wertvollen Zuwachs. Aus der großen Zahl weiterer Erwerbungen seien erwähnt: Mrs. Gray"s Wasserbock (Gobus niaria), geschenkt von R. von G 0 1 d s c h m i d t - R 0 1 h s c h i 1 d , und ein schönes Pärchen des Moschustieres (Moschus mosciäferus), von Dr. A. Lotichius. Als erstes Stück aus der Ausbeute der Inner-Afrika-Expedition des Herzogs zu Mecklenburg gelangte ein fast vollständiges Skelett des Okapi im Lichthof zur Aufstellung ; neben ihm wurde das Skelett einer gewaltigen, noch von Rüppell stammenden Giraffe aufgestellt. Die Pfeiler des Lichthofes und die Wände — 42 — der Eingangslialle erhielten diircli verschiedene Antilopen- und Büffelgehörne einen instruktiven »Schmuck. Von älteren Stücken der Sammlung' wurden einzelne wertvolle und unmodern aus- gestopfte Exemplare, wie das ausgestorbene Quagga, umgearbeitet und neu montiert. Durch Herstellung mächtiger Holzkisten erhielt die erst kürzlich begonnene wissenschaftliche Sammlung von Säugerbälgen eine Unterkunft. Die Katalogisierung der Sammlung wurde durch die lange Zeit in Anspruch nehmende Herstellung eines systematischen Säugetier-Kataloges nach Trouessart in die Wege geleitet, den Dr. Lotichius in dankenswerter Weise ausführen läßt. 2. Vögel. Durch wertvolle Zuwendungen des Museums in Pretoria, durch Erwerbungen aus dem Zoologischen Garten und durch zahlreiche Geschenke des Sektionärs R. de Neufville ist der Ausbau der Sammlungen bedeutend gefördert worden. Für die begonnene Zusammenstellung von A^ogelalbinos erhielten wir von H. Poppelbaum einen schneeweißen Turmfalken. Die wissen- schaftliche Sammlung hat sich außer durch Geschenke des Sektionärs durch die vom Verein für Geographie und Statistik überwiesene, 368 Bälge in ungefähr 120 Arten enthaltende Vogelsammlung vermehrt, die von Dr. J. Elberts Reise nach den kleinen Sunda-Inseln herrührt. 3. Reptilien und Amphibien. Dr. Ph. Lehrs, der für den größten Teil des Jahres mit der Instandsetzung und Katalogisierung der wissenschaftlichen Sammlung beschäftigt war, brachte von seiner Reise nach ent- legeneren Küsten- und Inselgebieten der Adria eine reiche Aus- beute mit. AVeitereu wertvollen Zuwachs verdanken wir Lehrer A. Haas-Duala, Missionar Schütz-Bunga-Bondar, der uns eine stattliche Kollektion sumatranischer Reptilien zukommen ließ, und 0. Franck, der unsere australischen Schlangen und Eidechsen durcli Zuwendung zahlreicher Stücke vermehrte. Die Schausammlung konnte durch den Ankauf eines Sphenodon um ein hervorragendes Objekt bereichert werden. Von dem Zoo- logischen Garten und von Ingenieur von Z w e r g e r n - Mannheim erwarben wir käuflich wertvolle Stücke, von Dr. F. Wem er- Wien — 43 — im Tausch einige Kotypen seiner Arten. Die Katalogisierung" der wissenschaftlichen Sammlung ging unter freundlicher Bei- hülfe von Frl. D. Hurt er und Frl. M. Kayßer rüstig vorwärts. 4. Fische. Wie im vergangenen Jalir erliielten wir wiederum vom Zoologisclien Garten zahlreiclie für uns brauchbare Objekte; außerdem wurde ein Scaphirhi/nchus aus dem Amu-darja käuf- lich erworben. Die wissenschaftliche Sammlung mit Ausnalnne der Wen dt sehen mitteleuropäischen Fische, die von stud. E. Ficus in einem besonderen Zettelkatalog eingetragen wurden, gelangte zur Katalogisierung und Neuaufstellung. Die von Geh. Rat C. Chun -Leipzig geschenkten, von der Yaldivia- Expedition erbeuteten Tiefseefische wurden zum großen Teil in der Schausammlung aufgestellt, ebenso die Wen dt sehen Süß- wasserfische aus Deutschland, die ihren Platz in der Lokal- sammlung fanden. 5. Mollusken. Die Neuordnung der wissenschaftlichen Sammlung w^urde fortgesetzt. Durch Kauf und Tausch gelangten wir in den Besitz vieler uns fehlender Arten, unter denen sich auch zahl- reiche Kotypen befinden. Dem Naturhistorischen Verein der Preußischen Pheinlande und Westfalens verdanken wir einen großen Zuwachs von Najaden aus dem Vereinsgebiet. Das Museum für Natur- und Heimatkunde in Magdeburg sandte die von Dr. A. Kreyenberg in Südchina gesammelten Mollusken an Dr. Haas zur Bestimmung und überließ uns dafür die erste Dublettenauswahl. Das von Dr. J. Elbert im malayischen Archipel gesammelte Material von Land- und Süßwassermollusken wurde gleichfalls von Dr. Haas bearbeitet. Dr. G. Wülk er- Heidelberg übernahm die Bearbeitung der M ertön sehen Cepha- lopoden. Die Handbibliothek der Sektion wurde durch Ankauf und Tausch wichtiger Werke vermehrt. 6. lusekteu. Die Aufstellung der einheimischen Insekten in der Schau- sammlung durch die Sektionäre — die der Odonaten besorgte Dr. F. Pähler — nahm den größten Teil des Jahres in An- spruch; die vielen vorhandenen Lücken wurden z. T. von den __ 44 — Sektionären in dankenswerter Weise durch Zuwendung von Material aus ihren Privatsammlung-en ausg-efüllt; andere felilende Schaustücke wurden durch Kauf erworben. Eine besonders wertvolle Bereicherung hat die wissen- schaftliche Sammlung erfahren : unser Ehrenmitglied Prof. Dr. L. von Hey den hat in den letzten Tagen des Dezember seine sämtlichen Insektensammlungen — mit Ausnahme der Käfer — und zwar die Hymenopteren, Dipteren, Hemipteren und Klein- schmetterlinge, dem Museum als Geschenk überwiesen. Die Sammlungen stannnen zumeist von seinem am 7. Januar 1866 verstorbenen Vater Senator Carl von Hey den, dem Mit- begründer unserer Gesellschaft. Sie bilden die Grundlage der Fauna von Frankfurt und Umgegend mit genauen Daten des Fundes und der Biologie. Ganze Gruppen sind von namhaften Entomologen bestimmt oder revidiert und enthalten viele Typen und Kotypen. Prof. von Hey den hat seine großherzige Schenkung mit den Worten begleitet : „Es ist mir eine Freude, dass diese wissenschaftlich tvertvollen Sammlungen meiner Vater- stadt und dem mächtig aufstrebenden Museum der Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft erhalten bleiben, in dem ich selbst mehr ivie 50 Jahre als SeMionär für Insekten gearbeitet habe." Mit ihrem herzlichsten Dank verbindet die Gesellschaft das Gelöbnis, eine treue Hüterin der ihr anvertrauten Sammlungen zu sein, in denen sich das Lebenswerk von zwei ihrer hervor- ragendsten Mitglieder widerspiegelt. Die wissenschaftliche Sammlung gelangte ferner durch Ankauf der Bastelb erger sehen Spannersammlung in den Besitz zahlreicher für uns neuer Arten, darunter vieler Typen. Mit lebliaftestem Danke em]ifing die Gesellschaft ferner von Prof. H. Habermehl in Worms die Mitteilung, daß er seine reichhaltige Sammlung einheimischer Ichneumoniden und anderer Hymenopteren nebst wertvoller Fachbibliothek dem Sencken- bergischen Museum testamentarisch vermacht habe. Pater E. Wasmann S. J.-Valkenburg überwies unserem Museum einige der seltenen Termitengäste aus der Gattung Termitoxenia, und Dr. P. Sack sclienkte eine Sammlung exotischer Museiden. An dieser Stelle sei auch des Geschenkes gedacht, das uns R. Friedländer & S o h n - Berlin in Gestalt des D i et z eschen Eupithecienwerkes machten, dessen herrliche Tafeln mehrere — 45 — Monate lang in der Scliaiisammlung- ausgestellt waren. Dr. B. Shelf or d- Oxford bestimmte die exotischen Blattiden des Museums. 7. Krustazeen. Die Krebssammlung- erhielt außer anderen Zuwendungen einen wertvollen Zuwachs durch die von Dr. A. Sen dl er in Rovigno gesammelten, aus dieser Gegend bisher nur spärlicli im Museum vertretenen Dekapoden, namentlich Anomuren. Ab- geschlossen wurde die Bearbeitung des von Dr. Elbert und Dr. Wolf gesammelten Materials. Unter letzterem fanden sich neue und seltene Arten. Die Neuordnung und Etikettierung der Sammlung, mit der Dr. Sen dl er beschäftigt ist, kam im Berichtsjahr noch nicht zum Abschluß. 8. Arachnoideen uud Myriapodeu. Die Spinnensammlung vermehrte sich durch verschiedene kleinere Geschenke. Die Etikettierung der Myriapodensammlung ist ihrer Vollendung nahe, nachdem die von Prof. K. W. Verhoef f- Pasing in früheren Jahren erworbenen Kollektionen, die viele seiner Kotypen einschließen, eingereiht worden sind. Die Be- arbeitung des unbestimmt gebliebenen Restes unserer Tausend- füßer hat Dr. J. Carl- Genf übernommen und bereits beendet. 9. Würmer. Wie früher, so wurden auch in diesem Jahre sämtliche eingelieferten Tiere auf Parasiten untersucht, und zahlreiclie Würmer, die auf diese Weise gefunden wurden, vervollständigten unsere ohnedies schon ziemlicli beträchtliche Parasitensammlung. 10. Ecliinodermen. Die Katalogisierung der wissenschaftlichen Sammlung wurde begonnen, und die im vorigen Jahre vom Cambridge Museum ertauschten Arten wurden eingereiht. Ein bedeutender Zuwachs, den wir Geh. Rat C. Chun -Leipzig verdanken, be- steht aus Echinodermen von der Valdivia-Expedition. Dr. A. Reichensp erger-Bonn übernahm die Bearbeitung der von Dr. M e r 1 0 n auf den Arn- und Kei-Inseln gesammelten Crinoideen. — 46 — 11. Coelenterateu. Audi hier müssen wir der Freundlichkeit des Geh. Rat C. C li u n - Leipzig gedenken, der uns mit zahlreichen Coelenteraten, hauptsächlich Atolla und Pennatuliden, von der Valdivia-Expedition bedachte. 12. Protozoen. Außer mit fortgesetzten Studien an einheimischen Gewässern beschäftigte sich Frau M. S o n d h e i m mit Kulturanlagen von Schlaramproben, die von Prof. A. Voeltzkow-Berlin in Madagaskar und von R. von Gold Schmidt- Roths child im Sudan gesannnelt worden waren, und in denen sich verschiedene neue Formen zeigten. 13. Vergleich ende Anatomie. Durch Aufstellung eines neuen Schrankes konnte die ganze vergleichend-anatomische und embryologische Schausammlung in einem Raum untergebracht werden. Sie hat reichen Zuwachs erfahren und erhielt ganz besonders hervorragende und instruktive Präparate durch die Zerlegungeines weiblichen indischen Elefanten, den Direktor Ch. Krone (Zirkus Charles) dem Museum in dankens- werter Weise überwiesen hat. Allerdings sind die meisten Objekte noch in Arbeit, und ihre Fertigstellung wird noch längere Zeit beanspruchen. Außer zahlreichen kleineren Präparaten wurden das Skelett eines Vollblutrennpferdes aus dem Gestüt Dr. A. von Weinbergs und einer 6 V2 m langen Riesenschlange, ein Geschenk von C. Hagenbeck-Stellingen, aufgestellt. Will- kommene Stücke für die Sammlung ergaben unter anderem auch die Kadaver eines großen Welses, zweier großer Varane und einer Straußenhenne. Einige in allen Einzelheiten sorgfältig ausgearbeitete Präparate verdanken wir auch in diesem Jahr der Mitarbeit von E. Cnyrira. E. Creizenach führte die Ordnung und Katalogisierung der Skelettsammlung weiter. II. Botanische Samnilimg. Die verschiedenen Zweige unserer Sammlung haben auch in diesem Jahr eine erfreuliche Vermehrung und Vervollkommnung erfahren. Dagegen haben wir den Verlust eines langjährigen — 47 — freiwilligen Mitarbeiters zu beklagen. Karl Koch war schon lange Jahre kränkelnd ; doch hat er sich immer noch, so viel er konnte, dem Museum gewidmet. Er hat zuletzt noch eine Neu- ordnung der getrockneten Moose vorgenommen und zu Ende führen können, bevor am 5. August 1911 der Tod seinem Wirken ein vorzeitiges Ziel gesetzt hat. Wir werden ihm stets ein dank- bares Andenken bewahren I Sein Mikroskop und andere Apparate, einige Bücher und Papiere wurden von seinen Hinterbliebenen dem Botanischen Institut überlassen. Dr. Schenk hat in dankenswerterweise die Neuordnung des alten Herbariums zu Ende geführt. Durch den Hilfsarbeiter F. Schell wurden Mikrotompräparate angefertigt, Wandtafeln gezeichnet und einige physiologische Apparate hergestellt; auch in der Schausammlung wurden mit seiner Hülfe verschiedene Verbesserungen vorgenommen. Durch die beiden Sektionäre wurden neben den laufenden Arbeiten auch Gutachten und Pflanzenbestimmungen in größerer Anzahl ausgeführt. Geschenke an Pflanzenmaterial, Präparaten, getrockneten Pflanzen, Abbildungen und Literatur gingen ein von: C. Abt, A. Askenasy, Prof. P. B a ccarini- Florenz, Botanischer Garten- Darmstadt, Botanischer Garten-Zürich, Frl. M. Challand, Denk- mann Memorial Library Augustana College and Theol. Seminar- Rock-IslandU.S. A.,Chem. Fabrik-Flörsheim Dr. H. Nördlinger, G. Fürst, Dr. L. Geisenheyner-Kreuznach, E. Grödel, A. von G winner- Berlin, Dr. F. Haas, B. Haldy- Wies- baden, Frau Jungmann, Dr. F. Kanngießer-Braunfels, H. Kaulfuß- Nürnberg, Prof. F. Kinkelin, C. Koch, C. Kopp, Dr. Ph. Lehrs, Freiherr von Leonhar di-Helden- bergen, Prof. M. Levy, Prof. E. Marx, H. Möbius, Garten- verwalter Müchler, A. Mülle r-Isenburg, Dr. M. Oppen- heim e r , Palmengarten, E. P e t s c h - M a n s k o p f , Dipl.-Ing. P. Prior, F. Rawitscher-Freiburg i. B., Justizrat P. Roediger, LehrerRoeßler, Dr. H. Rosenhaupt, Geh. Rat H. Schenk- Darmstadt, Baron Dr. von S ehr enk- Leipzig, C. Schutt, Frau M. Sondheim, Frau P. Uhlf eider, U. S. National Herbarium, G. V ö m e 1 , Architekt C. W i c h m a n n , Frau W i d 1 e , G. W i n k 1 e r - Mainkur, Frau Prof. J. Z i e g 1 e r. Allen Spendern sei auch an dieser Stelle der beste Dank für ihre Geschenke ausgesprochen Darunter sind vor allem erwähnenswert die — 48 — Bissaria-¥vy\c\\i^(Citrtismeäicaaiirantmni), von Prof. Baccarini aus Florenz übersandt, eine Sammlung sehr interessanter alter Zwergsträucher, teils vom Gebirge, teils aus Spitzbergen, von Dr. Kann gieß er geschenkt, das aus 96 Faszikeln bestehende Herbarium des verstorbenen Freilierrn von Leonhardi- Groß- karben, von seinem Bruder Freiherrn von Leonhardi-Helden- bergen geschenkt, und zehn große Pakete getrockneter Pflanzen, die H. Kaulfuß -Nürnberg dem Herbarium überwiesen hat. Außerdem wurden für das Herbarium durch Kauf erworben die Zenturien I — IV von Merrill, Plantae Insularum Philippi- nensium (gekauft von Th. 0. Weigel-Leipzig) und 66 Exem- plare Herbarpflanzen (gekauft von 0. Leonhardt-Nossen). Das Laboratorium wurde, abgesehen von den regelmäßigen Kursen, zu mikroskopischen und anderen Arbeiten benutzt von Dr. Schenk, Dr. Laibach, stud. K auf f mann und stud. Koch -Hanau. III. Paläontologisch-geologische Sammlung, Ln verflossenen Jahre sind vor allem große Objekte neu in der Schausammlung aufgestellt worden, und ein Teil der Wirbeltiersammlung ist in neue Schränke gerückt, eine Arbeit, die noch längere Zeit in Anspruch nehmen wird. In den Monaten Juni und Juli leitete der Kustos Aus- grabungsarbeiten in der Teufelslochhöhle bei Steinau, unterstützt von Präparator Strunz. Durch diese Arbeiten gelangte ein sehr reiches Material von Haustierresten, vor allem verschiedene Hunderassen, in den Besitz des Museums, deren Bearbeitung durch Dr. M. Hilz heim er- Stuttgart voraussichtlich manche Lücke in der Kenntnis der Entwicklungsgeschiclite unserer Haustierstämme schließen wird. Sammlungsmaterial wurde zur wissenschaftlichen Bearbei- tung, resp. Bestimmung ausgeliehen an : Dr. K. A n d r e e - Marburg (Spinne aus dem Saarbrückener Carbon), Prof. G. Böhm- Freiburg (das gesamte Material aus dem Dogger von Svinitza), M. de Boury -Paris (die tertiären Skalarien), Prof. F. Broili- München (vier Schädel und drei Unterkiefer von Placodus), cand. geol. W. Buch er- Heidelberg {Dorsanum und Ecphora des Mainzer Tertiärs), M. Cossmann- Paris (tertiäre Konchylien), — 49 — Prof. A. H a n d 1 i r s c h - Wien (Insektenbauten aus dem Olig'ozän von Flörsheim), C. J o o s s - Stuttgart (Land- und Süßwasser- schnecken des Mainzer Beckens), Dr. L. Krumb eck -Erlangen (obere Trias von Boekit-Kandoeng auf Sumatra), M. Leriche- Brüssel (die Fische aus dem Rupelton des Mainzer Beckens), C. Reid-London (Früchte aus den Paludinenschichten von Malino), K. von R 0 s e n - München (Termiten aus dem Bernstein), Dr. A. Schraidtgen-Mainz (Becken von Halitherium aus dem Rupelton von Flörsheim), Dr. W. Sörgel-Freiburg {Cervus- und Älces- Reste von Mosbach), Prof. Staudinger-Halle (Knochen aus dem Moor von Seckbach), Dr. H. G. Stehl in -Basel (Wirbel- tierreste aus dem Eozän von Buchsweiler), Prof. Dr. Th. Wegener- Münster (die Reste von Wasserschildkröten aus dem Mainzer Tertiär) und Dr. A. Wurm -Heidelberg (das gesamte Material aus der Trias von Mora del Ebro). Im Museum arbeiteten cand. geol. W. Buch er- Heidelberg (Tertiär des Mainzer Beckens), C. J o o s s - Stuttgart (desgl.), Prof. G. Tornier-Berlin (Dinosaurier), Prof. J. V er sluys- Gießen (Trias-Reptilien), Prof. Th. We gen er- Münster (Chelone von Flörsheim). Folgende Publikationen behandeln ganz oder teilweise Material aus dem Museum: H. Engelhardt, Über tertiäre Pflanzenreste von Flörs- heim am Main, und Über tertiäre Pflanzenreste von Wieseck bei Gießen. Mit 9 Tafeln. Abliandlungen d. Senckenb. Naturf. Ges., 29. Bd. Heft 4. 1911. C. Mordziol, Die Tertiärablagerungen der Gegend von Gießen und Wieseck. Ebenda. F. Kinkelin, Bären aus dem altdiluvialen Sand von Mosbach-Biebrich. Mit 1 Tafel. Ebenda. A. Till, Die Ammonitenfauna des Kelloway von Villäny (Ungarn). IL Paläontologischer Teil. Beitr. z. Geol. u. Pal. Österreich-Ungarns, Bd. XXXIV. 1911. Th. Wegener, Chelone givinneri n. sp., eine Meeresschild- kröte aus dem Rupelton von Flörsheim. Mit 1 Abbildung. 42. Bericht d. Senckenb. Naturf. Ges. 1911. Dr. E. Helgers (tertiäre Zweischaler), Rektor A. Henze (Mesozoikum) und Frl. B. Turk (tertiäre Gastropoden) haben in der wissenschaftlichen Sammlung ihre höchst dankenswerte — 50 — Tätigkeit fortgesetzt. Die Lelirsammlung erhielt reichen Zuwachs an Wandtafeln durch Frl. J. Lichten st ein und Frl. C. Grosser; für die Schausammlung' malte Frau Konsul J. Rolf e s- Sachs eine Reihe erläuternder Bilder. Beim Ordnen der Separatenbibliothek lialfen zeitweise H. Herxheimer, stud, rer. nat. Theobald und Frl. C. Wildberg-. Die reichen Geschenke, die auch in diesem Jahre der paläontologischen Abteilung zum Fortgang ihres raschen Wachs- tums verholfen haben, sind nachstehenden Gönnern zu danken: stud. rer. nat. Alirens, Sektionsingenieur H. Alb recht- Bag- dad, Ingenieur A. Askenasy, Bergingenieur W. B r e i t e n s t e i n- Constantine, H.V.Dahlem- Aschaffenburg, Direktor W. D r o r y , Fabrikbesitzer J. Epstein, Frl. E. Fellner, A. von Fischer- Treue nfeld, Prof. M. Fl e seh, Direktor E. Franck, cand. geol. Gläßner, Bauunternehmer A. G 1 o c k - Rödelheim, Bau- rat Gr ages -Dar es Salaam, A. von G winner-Berlin, B. Ha as- Croydon, Direktor Halber Stadt, E. Heinz, Bauunter- nehmer K. Hermann, Philipp Holzmann & Co., C. Jooss- Stuttgart, Lehrer A. Kahl er- Hanau, Sanitätsrat C. Kauf- mann, Ingenieur F. K i n k e 1 i n - Rudersdorf , A. Levi- Reiß, Reg.-Baumeister R. Lion, F. Metzger, Prof. C. H. Müller, Dr. L. Nick, Bergingenieur H. Öhmichen, Dr. Rath-Oft'en- bach, Direktor Ph. R e iß ert- Gewerkschaft Gustav bei Det- tingen, Prof. Fr. Richters, Reg.- und Baurat 0. Riese-Dar es Salaam, San. -Rat E. Roe dig er, H. Roos, L. Rosenlieim, Prof. W. Seh auf, A. Schulze-Hein, W. Simonis, J. Speyer-New York, M. Stern, J. Strunz -Bayreuth, Stadt. Tiefbauamt, Dr. A. von Weinberg, Dr. W. Wenz. Die Sektionsbibliothek erhielt reichen Zuwachs vor allem durch Tausch mit Fachgenossen und Gesellschaften. Besonders erwähnt seien die Memoires de la Societe geologique du Nord und die Abhandlungen der Physikalisch-ökonomischen Gesell- schaft in Königsberg, weiter die Arbeiten Lemoines über die berühmte Fauna von Cernay, die Fortsetzung des großen Barr and eschen Werkes usw. Als Schenkung ist vor allem eine Separatensammlung von nicht weniger als hundert eigenen Arbeiten hervorzuheben, die Prof. Osborn-New York dem Museum überwies, ferner eine große Zahl von Karten, Zeich- nungen und Bildern aus dem Nachlaß des verstorbenen Privat- — 51 dozenten Dr. Lorenz, ein Geschenk seiner Witwe, sowie die freundlichen Überweisungen von Prof. M. B 1 a n k e n h o r n - Berlin und San. -Rat R o g" e r - Aug-sburg. 1. Säugetiere und Vögel. Der g'eringe Zuwachs stammt aus dem Alluvium von Mada- gaskar und Südamerika, dem Diluvium der Lahn und von Eng'- land, sowie dem Tertiär von Buchsweiler. Die größte Lücke der paläontologischen Sammlung überhaupt liegt in der äußerst dürftigen Vertretung von solchen Resten tertiärer Säugetiere, die sich zu einer Aufstellung in der Schausammlung eignen. Die als Leihgabe im Vorjahre schon erwähnte Sammlung Emmerich hatte durch den Eifer ihres Besitzers ein gutes Wachstum zu verzeichnen. Prof. F. Kinkel in bestimmte Wirbeltiere aus westfälischen Höhlen für Landrichter Dr. B. Wolf-Elberfeld. 2. Reptilieu und Amphibien. Durch die Munifizenz Dr. A. von Weinbergs konnte ein nahezu komplettes Trachodon-Skelett aus der Kreide des west- lichen Nordamerika erworben werden, das als Mumie erhalten ist, also noch den Abdruck der Hautbekleidung zeigt. Die Präpa- ration dieses höchst wertvollen Stückes kann erst Anfang 1912 begonnen werden, da die im Vorjahre erworbenen Triceratops-- Schädel den Präparator den größten Teil des Jahres beschäftigten. Eine prachtvoll erlialtene Chelone, die nach ihrem freundlichen Schenker den Namen Ch. gwinneri Wegener erhielt, stammt aus dem Rupelton von Flörsheim. Der übrige Zuwachs kommt aus dem Perm von Lebach und dem Muschelkalk von Bayreuth. Einige Gipsabgüsse wurden zur Vervollständigung erworben. Ein Skelett von Mystriosaurus aus dem schwarzen Jura von Holzmaden ging als Geschenk der Senckenbergischen Natur- forschenden Gesellscliaft an das American Museum of Natural History in New York. 3. Fische. Die Neuerwerbungen stammen aus dem Perm von Lebach und Böhmen, dem Jura Schwabens und der Kreide Böhmens. Hervorzuheben sind wegen ihrer hervorragenden Erhaltung Pachycormus und Lepidotus^ Geschenke von A. von Gwinner, — 52 — Bapedius und Ptycholepis, Geschenke von Sanitätsrat Kauf- mann, sämtlich aus dem Lias von Holzmaden in Württemberg. 4. Molluskeu. Der Zuwaclis kommt aus dem Silur von Böhmen, dem Devon des hessischen Hinterlandes und Böhmens, der Trias des Vogelsberges, Westfalens, Thüringens, Schwabens und der Alpen, dem Jura von Schwaben, der Schweiz und des Apennins, der Kreide von England, Südfrankreich, Algier und Tunis, dem Tertiär von Undorf, der Voralpen, von Schleswig -Holstein, England, Algier, Oran, Australien und Französisch Indien. Hervorzuheben ist vor allem die Erwerbung zahlreicher Typen aus dem Tertiär von Französisch Indien. A. von G winner schenkte einen riesigen Pachydiscus aus der oberen Kreide Südfrankreichs. 5. Arthropoden. Die Neuerwerbungen stammen aus dem Obercambrium von China, dem Silur von England und Böhmen, dem Devon der Eifel und des hessischen Hinterlandes, dem Carbon des Saarreviers und Belgiens, sowie dem Tertiär von Budapest. 6. Brachiopodcn. Es wurden Ergänzungen aus dem Silur Böhmens, dem Devon der Eifel, des Siegerlandes und von Böhmen, dem Carbon von Moskau, der alpinen Trias und der Kreide von Algier eingereiht. 7. Echinodermen. Eine wundervolle, 6,5 qm große Platte aus dem Schwarzen Jura von Holzmaden ist als Geschenk von James Speyer in New York besonders hervorzuheben; sie zeigt in hervor- ragender Erhaltung zwölf Pentacrinen, die sich auf einem mit Muscheln dicht überzogenen, im Jurameer versunkenen Baumstamm angesiedelt haben. Einige Seeigel kamen aus dem Jura der Schweiz und der Kreide von Algier. 8. Coeleuterateu. Durch Vermittelung von Philipp Holzmann & Cie. erhielt das Museum zwei riesige Blöcke Korallenriffkalk von dem gehobenen Korallenriff am Strande bei Dar es Salaam. — 53 — 9. Protozoen. Kein Zuwachs zu verzeichnen. 10. Pflanzen. Zwei mächtige verkieselte Stämme aus dem Rotlieg'enden von Chemnitz wurden von E. Heinz geschenkt; ilire Aufstellung wird sich erst bei einer Vergrößerung des Museums bewerk- stelligen lassen. Der übrige Zuwachs kommt aus dem Carbon des Saarreviers und dem Wealden Norddeutschlands. 11. Lokalsammhiii}^. Wie alljährlich hat sich die Zalil der Fossilien aus der Nachbarschaft durch regelmäßige Ankäufe und zahlreiche Ge- schenke reich vermehrt. Diluviale und alluviale Säugetierreste von Rödelheim, Seckbach, Kriftel, Praunheim, aus dem Main und aus den vielen Grabungen in der Innen- und Außenstadt konnten eingereiht werden. Namentlicli sind die Grabungen im Moor von Seckbach hervorzuheben, wo durch das liebenswürdige Entgegenkommen des städtischen Tiefbauamtes zahlreiche Wirbel- tierreste geborgen werden konnten. Sämtliclie Beamten des ge- nannten Amtes hatten ihr Augenmerk darauf gerichtet, etwa vorkommende Reste uns zu melden. Weiterhin zeigte auch der Magistrat der Stadt Frankfurt am Main sein reges Interesse durch Zuweisung von M. 500. — , die später zu Nachgrabungen im Moor verwendet werden sollen. Besonders interessant sind die Funde von Kleinostheim bei Aschaffenburg, von wo uns durch das Interesse des Besitzers der Tongrube H. V. Dahlem zahreiche Pseudunio sinuatus und Wirbeltierreste zugingen. Auch die tertiären Schichten der näheren und ferneren Umgebung boten vielerlei Ausbeute, wobei besonders wieder der Flora von Salzhausen gedacht sei, die wir M. Stern verdanken. A. von G winner ermöglichte durch seine Freigebigkeit das Niederbringen eines Bohrloches bei Hattersheim, dessen Resultate Prof. Kinkelin später beschreiben wird. 12. Allgemeine Gteologie. Einige geologische Profile von Salzhausen und der Frank- furter Innen- und Außenstadt wurden geschenkt, eine Anzahl Photographien geologischer Vorgänge käuflich erworben. — 54 — IT. Mineralogisch-petrographische Sammlung. Berginspektor K. Müller hat die Sammlung „Senator F. J. Keßler" geordnet nnd einen Katalog dazu eingericlitet ; ihm verdankt die Gesellschaft auch ein sorgfältiges Verzeiclmis des Inhaltes der einzelnen Schubladen im Mineraliensaal. Für Geschenke von Mineralien und Gesteinen danken wir folgenden Gönnern auf das verbindlicliste : Ingenieur A. A s k e n a s y , Ingenieur R. H. Blumental, Direktor W. Br eitenstein- Constantine, Calumet and Hecla Mining Company, Canadian Copper Company-Ontario, H. Charb on ell -Paris, Compania Minera de Penoles-Mexiko, Cuba Copper Company, Direktor E. Franck, H. Fritz-Hanau, H. Groß-Neapel, Prof. F. Hausmann, Generaldirektor Dr. K. Heberlein-Mapimi (Mexiko), Hohenloher Hütte durch A. Askenasy, Prof. I. Fur- m a n Kemp- New York , A . Klein- Oberursel , L . Koch, Gelieimrat H. Loretz, Mansf eider Kupferschieferbauende Ge- werkschaft, K. Müller, Dipl.-Ing. P. Prior, San. -Pat E. R 0 e d i g e r , Frau A. Seymour- Bonn, Reichsmuseum Stock- holm, 0. Stoeß-Penzig, Bergassessor Direktor Troegel- Abbadia San Salvadore und Frl. B. Turk. Von den reichen Zuwendungen, die wir auch in diesem Jahr wieder unserem korrespondierenden Mitglied A. von G winner zu verdanken haben, seien besonders erwähnt: zwei große Stufen mit Rauchquarz, von denen die vom Riental bei Göschenen dicht mit Eindrücken eines weggeführten regulären Minerals, wahrscheinlich Fluorit, bedeckt ist. Das vor zwei Jahren durch Dr. H. Lotz geschenkte Meteoreisen von Deutsch- Südwestafrika hat nunmehr ein noch schöneres und größeres Gegenstück erhalten durcli einen von der Farm Goamus (Gibeon) stammenden Block im Gewicht von 328 kg, dessen schwarze Rinde nocli kaum angegriffen ist und tiefe napf- und schüssei- förmige Aushöhlungen zeigt. Auch wurde es der Gesellschaft durch A. von G winners Entgegenkommen möglich, eine pracht- volle Gesteinsplatte, die scliwerlich ihresgleichen hat, von der Großherzogl. Hess. Geol. Landesanstalt in Darmstadt zu erwerben. Diese angeschlift'ene und polierte Platte ist aus einem Block von Graphitschiefer vom Silbergrubenkopf bei Mittershausen im Odenwald geschnitten. Durch das metamorphe Schiefergestein — - 00 — schlängeln sich mehrere gewundene, 5 cm bis wenige Millimeter breite Bänder von injiziertem Granit, wozu sicli noch viele feine, meist geradlinige Streifchen gesellen, die eben noch mit bloßem Auge sichtbar sind. Die Gegenplatte zu diesem von Prof. Klemm gesammelten Block befindet sich in der Darmstädter Landesanstalt. Wir erhielten gegen ein Abbesches Refraktions- goniometer für Flüssigkeiten außerdem noch drei weitere große Odenwälder Gesteinsplatten und ein kleineres Stück verkieselten Zechstein. Durch Kauf wurde die Sammlung um eine Reihe guter Stufen vermehrt, die von Krantz und Stürtz in Bonn, Kusche in München und der Mineralienniederlage der säch- sischen Bergakademie in Freiberg bezogen wurden. Für die Aufstellung der Erzstufen stellt in der Gallerie hinter dem Lichthof ein großer Schrank zur Verfügung. Die Erzlagerstättensammlung zeigt das Yorkommen der Blei-, Zink-, Eisen-, Kupfer-, Quecksilber- und Zinnerze in ihrem Zusammen- hang mit den Gesteinen, nach ihren Lagerungsverhältnissen und nach der Gliederung in Tiefen- und Hutzone. Ligenieur R. H. Blumental hat sich weiter um die Aufstellung der Stufen verdient gemacht. Für Tauschzwecke erhielt Dr. Dr ever mann eine Serie von Dubletten. Gegen Monazitsand von der Farm Houtenbeck in Transvaal, eine Übergangsstufe von Quarzporphyr in Serizit- schiefer aus dem Taunus und Manganspat von Oberneisen schickte das British Museum in London ein Goldrhombendode- kaeder im Gewichte von 0,78 g. Dem Sektionär war durch die Liberalität unseres bewährten Gönners A. von G winner Gelegenheit geboten, im Juli 11)11 eine Studienreise nach London und auf die Isle of Wight zu unternehmen. 56 — Adolf Rörig g-eb. 28. IV. 1832 zu Berlin, gest. 19. X. 1911 zu Frankfurt a. M. Forstmeister Rörig- war der Sohn eines Bildhauers. Früh- zeitig- erwaclite in ihm die Liebe zur Natur, und es war be- sonders der Oberlehrer Koppen an der Dorotheen-Oberreal- schnle zu Berlin, der den Keim zu scharfer, vorurteilsfreier Naturbeobachtung in ihn legte. Rörig hat hierfür seinem Lehrer bis ins hohe Alter Dank und treue Verehrung bewahrt. Nach bestandener Maturitätsprüfung wandte er sich dem Forst- fach zu. Nach zweijähriger praktischer Lehrzeit in den Pro- vinzen Westfalen und Posen und nach Ableistung des Militär- dienstes in Lübben widmete er sich 1856 bis 1858 dem eigent- lichen Studium auf der Forstakademie zu Eberswalde. Nach dessen Abschluß wurde der junge Forstmann in staatliclien Vermessungsarbeiten beschäftigt, bis ihm 1866 eine eigene Revierförsterstelle in Todenhausen bei Marburg übertragen wurde. In diese Zeit (1867) fällt Rörigs erste wissenschaftliche Arbeit: „Die gemischten Holzbestände". Die hier so frühzeitig niedergelegten Beobachtungen über die Vorteile, die gemischte Holzbestände in forstlicher und volkswirtschaftlicher Beziehung bieten, hat Rörig sein ganzes Leben liindurch mit zäher Energie fortgeführt, und es gelang ihm auch, ihre folgerichtige An- wendung durchzusetzen. Es handelte sich darum, mit dem bestehenden System des „kahlen Abtriebs" bei der Forstverjüngung zu brechen und einer wirtschaftlich aussichtsvolleren Anpllan- zungsmethode Platz zu schaffen. Es sollten den jungen Pflan- zungen durch Stehenlassen einzelner größerer Bäume im Frühjahr Schutz vor Spätfrösten, im Sommer vor Austrocknung gewährt werden ; auch sollten die gemischten Bestände, deren Einführung Rörig vorschlug, epidemieartig auftretenden Insektenschädlingen weniger leicht zum Opfer fallen. An Berghängen empfahl er, ^.^. .fc^-^^ — 59 — Horizontalgräben zu ziehen, die den Abfluß des Wassers ver- zögern, bis die Bäume stark genug seien, um selbst durch Wurzelwerk und Krone die Feuchtigkeit zurückzuhalten. Erst nach langjährigen Kämpfen mit den vorgesetzten Behörden fanden Hörig s Vorschläge Beachtung; aber die nach seiner Wirtschaftsmethode angestellten Versuche ergaben so über- raschende Erfolge, daß heute nach vier Jahrzehnten die Rörigsche Anpflanzungstechnik als wirtschaftliche Kulturmethode allent- halben zur Anwendung gebracht ist. Die im Frühjahr 1873 erfolgte Übertragung der Ober- försterei Manche wurde für Rörig insofern bedeutungsvoll, als sie ihm Gelegenheit bot, mit Robert Koch in Beziehung zu treten, dem damaligen Kreisarzt des nahegelegenen Wollstein. Mit der Begeisterung des wahren Naturfreundes würdigte Rörig die ersten Erfolge des Altmeisters der Bakteriologie, die Ent- deckung des Milzbranderregers, und bald verband beide Männer eine innige Freundschaft. Rörig zählte zu den ersten, die weitblickend den Wert der Entdeckungen Kochs erkannten, und Robert Koch äußerte oft: „Wenn nur meine Kollegen ein ebensolches Interesse zeigten wie Sie!" Zu derselben Zeit führten archäologische Ausgrabungen bei Zaborowo Rörig mit einem anderen bedeutenden Zeitgenossen zusammen, mit Rudolf Virchow. Gelegentlich der Erschließung eines prähistorisclien Urnenfeldes sind alle drei Männer, Koch, Virchow und Rörig, einander nähergetreten. Die Übertragung der Oberförsterei Frankenau im Kreis Frankenberg versetzte 1878 Rörig in eine Gegend von ge- schichtlich reicher Vergangenheit. Hier konnte er seine schon zehn Jahre früher begonnenen historischen Arbeiten — ebenfalls eins seiner Lieblingsthemata — fortsetzen. Auf Grund intensiven Quellenstudiums verfaßte er eine umfangreiche Schrift : „Über die Geschichte der Stadt Frankenberg in Hessen". Die Druck- legung dieser ebenso fleißigen wie interessanten Schilderung eines mittelalterlichen Kulturbildes — die Stadt Frankenberg beherbergte in ihren Mauern wiederholt eine Universität — ist infolge ihres Umfangs leider noch nicht möglich gewesen; nur eine kleine Schrift: „Über die Kirche unserer lieben Frauen in Frankenberg i. H." erschien 1884 anläßlich des 400jährigen Jubiläums ihrer Erbauung. — 60 — Nach Übernalime der Oberförsterei Roßberg bei Ebsdorf 1886 wurde Rörig als Forstmeister 1891 in den Rang- der Räte ly. Klasse erlioben. Aus dieser Zeit datieren zahlreiche kleinere Aufsätze, die sich namentlicli mit der Jagd und ihrer geschichtlichen Entwicklung befassen. Bei der intensiven Tätigkeit, die R(3rig als pflichttreuer Beamter ausübte, streng und gerecht gegen seine Untergebenen, aber noch strenger in den Anforderungen an sich selbst, bei schwerem Dienst in Wind und Wetter, war es nicht erstaunlich, daß auch bei ihm die Gebrechen des vorrückenden Alters sich mahnend bemerkbar machten. Im Jahre 1896 kam er deshalb um seine Pensionierung ein, nach deren Gewährung er nach Frankfurt übersiedelte. Damit begann für den 64jälirigen Mann der zweite wichtige Abschnitt seines arbeitsreichen Lebens, die Zeit der streng wissenschaftlichen Forschung. Gleich nach seiner Übersiedelung trat Rörig unserer Gesellschaft bei, zu deren Verwaltungsgeschäften er ein halbes Jahr später als arbeitendes Mitglied berufen wurde. In den Jahren 1901 und 1902 bekleidete er das Amt des II. Direktors ; auch ward er ein fleißiger Besuclier unserer Vorlesungen und wissenschaftlichen Sitzungen. Die Möglichkeit, seiner innersten Neigung fortan ganz zu folgen, gab seinem Lebensabend einen frohen Inhalt, und mit der ihm eigenen Gründlichkeit arbeitete er sich bald in neue Gebiete ein, auf denen ihm die Erfahrungen seiner forst- lichen Laufbahn zu besonderem Vorteil gereichten. Um seine zahlreichen Beobachtungen an den Cerviden einem großen Problem dienstbar zu machen, trat Rörig in Beziehung zu Wilhelm Roux, dem Begründer der Entwicklungsmechanik. Von ihm angeregt publizierte er eine Reihe von Schriften, die meist in R 0 u X ' Archiv erschienen sind, und die 1899 mit einer Arbeit : „Welche Beziehungen bestehen zwischen den Reproduk- tionsorganen der Cerviden und der Geweihbildung derselben" eröffnet wurden. Es waren vor allem die Fragen der „Kor- relation", im besonderen der Wechselbeziehung zwischen Körper- verletzung und Organbildung, im Zusammenhang mit exakten vergleichend-anatomischen Untersuchungen über das Wachstum des Schädels bei den verschiedenen einheimischen Hirscharten, die seinen Arbeiten den Inhalt gaben. Die wichtigsten der- selben: „Über Geweihentwicklung und Geweihbildung" (1900 — 61 — und 1901), mit einer Betrachtung der abnormen Geweihbildungen und ihrer Ursachen, ferner „Das Wachstum des Schädels von Capreolus vulgaris, Gervus elaphus und Dama vulgaris''^ (1904) u. a. bestimmten die Medizinische Fakultät der vereinigten Friedrichs-Universität Halle -Wittenberg, Adolf Rörig 1905 die Würde eines Doctor medicinae et clürurgiae honoris causa zu verleihen. Einmal noch wurde Rörig in seinen früheren Beruf ver- setzt, als unsere Gesellschaft die Aufforderung erhielt, das „Forst- botanische Merkbuch" für die Provinz Hessen-Nassau zu bear- beiten. Sie hätte keinem Berufeneren diese Aufgabe übertragen können als Rörig, der nun nocli einmal als Forstmann die ihm zum großen Teil bekannten Waldungen der Provinz durcli- streifte. 1905 konnte die Zusammenstellung „der beachtens- werten und zu schützenden urwüchsigen Sträucher, Bäume und Bestände" dieses Gebietes in einem über 200 Seiten starken, reich illustrierten Büchlein erscheinen. Nachdem im Jahre 1908 die Arbeiten über die Cerviden zum Abschluß gelangt waren, zog Rörig die Gestaltung des Gesichtsschädels des Menschen in den Kreis seiner Betrachtungen. Fußend auf Erkenntnissen, die das eingehende Studium der Cervidenschädel ilim nahegelegt, zeigte er in einer Schrift, die den Jubiläumsband zu R o u x ' 60. Geburtstag schmückt, wie das Antlitz des Menschen sich durch funktionelle Anpassung bilden mußte. Ein letztes umfassendes Werk : „Beiträge zur Kenntnis der Vorgeschichte des Menschen und der Gesellschaft" sollte nicht mehr zum Abscliluß gelangen. Es liegt in 300 Manuskript- seiten beinahe fertig vor. Zum Teil sind sie auf dem Kranken- lager geschrieben, von dem sich Rörig nicht mehr erhoben hat. Die Senckenbergische Gesellschaft bewahrt ilirem arbeits- freudigen und verdienstvollen Mitglied Adolf Rörig ein ebenso treues Gedenken wie die Männer, die mit dem fleißigen Manne zusammen arbeiteten. W. 62 — Ernst Blmiienthal geb. 13. IX. 1846, gest. 9. XII. 1911 zu Frankfurt a. M. Unerwartet schnell ist Sanitätsrat Dr. B 1 u m e n t h a 1 nach schwerem Leiden im Alter von 65 Jahren dem engeren Kreis unserer Verwaltung entrissen worden, der er länger als vier Jahrzehnte angehört hat. Als Sohn eines Kaufmanns in Frank- furt a. M. geboren, hat er sich nach Besuch des hiesigen Philanthropins und städtischen Gymnasiums an den Universitäten Freiburg, Berlin und Göttingen dem Studium der Medizin ge- widmet, für die er wie viele ältere und jüngere Frankfurter Ärzte schon auf der alten Senckenbergischen Anatomie unter der Leitung Gustav Lucaes ein tiefgehendes Interesse gewonnen hatte. Nachdem Blumen thai Approbation und medizinischen Doktorgrad erworben und zu seiner weiteren Ausbildung mehrere Monate in Paris zugebracht hatte, trat er am 1. Oktober 1869 als Einj.-Freiw. Arzt bei dem in Frankfurt garnisonierenden Rheinischen Dragoner-Eegiment Nr. 5 ein. Bald nach Ablauf seiner Dienstzeit führte ihn das Kriegs- jahr 1870/71 nach Frankreich, nachdem er bei der Mobilmachung zum Feldassistenzarzt ernannt worden war. Seine Waffen- gefährten scliildern mit Bewunderung die aufopfernde Pflicht- treue des jungen Arztes und seine Tapferkeit vor dem Feinde, Nachdem sein Regiment, das der unter dem Befehl des Kron- prinzen stehenden III. Armee zugeteilt war, am 7. August 1870 die französische Grenze überschritten hatte, erlitt es alsbald auf dem Vormarsch gegen die Feste Bitsch durch feindliches Geschützfeuer die ersten schweren Verluste. Unbekümmert um das Einschlagen der französischen Granaten war Blumenthal um die Sterbenden bemüht und brachte mit einem Vizewacht- meister seines Regiments die Schwerverwundeten auf einem — 65 — requirierten Schäferkarren aus der Feuerlinie. Nach durch- wachter Nacht und elfstündigem Ritt durch das Gebirg-e kam er, selbst aufs äußerste erschöpft, mit seinen Schützlingen in Zweibrücken an. In den Schlachten bei Sedan, Orgeres, Orleans, Beaugency und Le Mans, sowie in zahlreichen Gefechten und Scharmützeln, an denen sein Drag'oner-Regiment teilnahm, ist Blumen thai im Feuer gewesen, stets bereit, den Kameraden seine ärztliche und persönliche Hilfe zuteil werden zu lassen. Einmal ist er auf dem Schlachtfeld beim Verbinden Schwerverwundeter von französischer Kavallerie überritten worden und hat sich mit bewundernswerter Unerschrockenheit durchgeschlagen. Als in der Schlacht bei Orgeres am 2. Dezember 1870 der Oberstabs- arzt seines Regiments gefallen war, ist er zum stellvertretenden Regimentsarzt ernannt worden. Am 23. Februar 1871 erhielten Blumen thai und sein treuer Waif engefährte C. Bittelmann — gleich ihm ein eifriges ^Mitglied unserer Gesellschaft — „wegen ihrer in allen Lagen vor dem Feind bewiesenen per- sönlichen Tapferkeit" das Eiserne Kreuz II. Kl. am schwarz- weißen Bande. Nach dem Friedensschluß braclite Blumentlial zu seiner weiteren Ausbildung noch einige Zeit in Wien zu, bevor er sich 1872 in seiner Vaterstadt niederließ. Hier ist er bald ein be- liebter und vielbeschäftigter Arzt geworden und bis zu seiner letzten schweren Krankheit geblieben. Trotz mühseliger Praxis, die sich namentlich auch auf die Armenklinik erstreckte, deren Senior er im letzten Jahre gewesen ist, und trotz aufreibender Behandlung und Pflege der Kranken in den Hütten der Armut, denen er mit besonderem Geschick und mit aufopfernder Hin- gebung zu nahen wußte, hat Bin m e n t h a 1 noch in den letzten Jahren Zeit und Muße gefunden, an den ärztlichen Fortbildungs- kursen regelmäßig teilzunehmen und auch weit über die Grenzen seines Faches hinaus die Fortschritte der Naturwissenschaften mit großer Begeisterung zu verfolgen. Auch hat er vor allem jederzeit seine hervorragenden persönlichen Eigenschaften und seine reiche Erfahrung in den Dienst der durch den Gemeinsinn der Bürgerschaft großgewordenen naturwissenschaftlichen Institute seiner Vaterstadt gestellt, deren Entwicklung und Blühen ihm, dem A 1 1 f r a n k f u r t e r , besonders warm am Herzen gelegen haben. — 66 — Schon vor Ausbruch des Kriegs ist Blumen thai als „arbeitendes Mitglied" in die Verwaltung- unserer Gesellschaft aufgenommen worden. Ohne persönlicli in den Vordergrund zu treten, hat er außerordentlich viel für sie geleistet und aucli in organisatorischen Fragen durch seine hohe Intelligenz, seine schnelle Auffassung und sein klares, mit Gewissenhaftigkeit ge- paartes Urteil vielfach eine führende Stellung eingenommen. In den Jahren 1876 und 1877, sowie 1880 und 1881 war er als II. Schriftführer Mitglied der Direktion, 1898 und 1899 II. Direktor. 1893 bis 1901 gehörte er der Kommission für das Eeisestipendium der Rüppellstiftung an (Prof. Kükenthals Reise nach den Molukken 1893/94, Herausgabe des vierbändigen Reisewerks) ; im Herbst 1909 hat er als Referent in der Verwaltung die Wahl des jetzigen Museumsdirektors vorbereitet. Noch in den letzten Monaten vor seinem Heimgang hat er sich mit jugendlichem Eifer an den Arbeiten unserer Universitätskommission beteiligt. Kaum jemals hat er in einer Verwaltungssitzung gefehlt; er hat aber aucli zu den regelmäßigsten Besuchern der Vorträge und Vorlesungen, sowie unserer Jahresfeste und geselligen Abende gehört, bei denen er sich als ausgezeichneter und liebenswürdiger Tischredner erwies. Noch auf einem anderen Gebiet ist Blumen thai für die Förderung unserer Gesellschaft und ihres IMuseums mit besonderem Erfolg tätig gewesen : er hat es mit Glück verstanden, wohl- habende Freunde und hochherzige Gönner für unsere Sammlungen zu interessieren. Nachdem er während seines Direktorates die Unzulänglichkeit der überfüllten Räume im alten Museum aus eigener Anschauung kennen gelernt hatte, ist er in seinen Jalires- festreden mit großer Wärme für die Errichtung des Neubaues eingetreten und hat persönlicli namhafte Beiträge zu dem Bau- fonds gesammelt. Seiner eigensten Anregung ist es zu danken, daß Frau Emma Säbel in Hove (England) unserem Museum 1901 die große, paläarktische wie exotische Schmetterlinge enthaltende Sammlung ihres zu London verstorbenen Gatten Ernst Säbel, eines Jugendfreundes Blumenth als, mit zwei zugehörigen reichverzierten Schränken überwiesen hat. Die Schenkung dieser Sammlung, die mehrere Wochen lang als Sonderausstellung dem Publikum zugängig war und damals all- gemeine Bewunderung fand, ist für die Gesellschaft um so wert- — 67 — voller gewesen, als das Museum durch sie in den Besitz einer bis dahin noch nicht vertretenen Reihe englischer Schmetterlinge gekommen ist. Blumen thai hatte aber auch seine helle Freude an der fortschreitenden Entwicklung unseres Museums. Besonders häufig konnte man ihn mit seiner verständnisvollen Gattin Eugenie, geb. Posen, die ihm nach vierzehn Tagen in den Tod gefolgt ist, im Museum treffen. Er freute sich mit ihr der neu auf- gestellten Objekte der Schausammlung; gern aber besuchte er auch die Werkstätten der Präparatoren und verfolgte mit leb- haftem Interesse, wie die wertvollen Fossilien aus dem Gestein herausgemeißelt wurden. Überhaupt hat ilim das Aufblühen unserer paläontologischen Sammlung besonders am Herzen gelegen. Wie hat ihn in den letzten Jahren die Aufstellung der großen Saurier, des Riesenhirsches, des Säbeltigers und Mastodons in unserem Lichthof gefreut! In der Erkenntnis, welch ungeahnten Einfluß auf unser ganzes Geistesleben die Weltmachtstellung des Deutschen Reiches unter Preußens Führung ausgeübt hat, hat sich Blumen- thal der Einsicht nicht verschlossen, daß eine Universität in Frankfurt nur unter staatlicher Aufsicht entwicklungsfähig sei. Wohl hat er den Stiftungsbrief Senckenbergs und andere Dokumente der Vergangenheit als ehrwürdige Zeugen von be- wundernswerter, weitblickender Geistesgröße hochgehalten; er ist sich aber darüber klar geworden, daß die Verwirklichung des Frankfurter Universitätsgedankens ein Verlassen des rein historischen Standpunktes und mancher Besonderheiten unseres Gesellschaftslebens erfordern würde. In diesem Sinne ist Blumen - thai in unserer Universitätskommission schließlich als eifriger Bewunderer und Förderer des Projektes, in dem er eine end- gültige Verwirklichung der ursprünglichen Pläne Senckenbergs erblickte, mit ganzem Herzen tätig gewesen. Die Senckenbergische Gesellschaft wird ihrem treuen Mit- glied Ernst Blumen thai, dem tätigen Förderer ihrer Be- strebungen und dem menschenfreundlichen, unermüdlichen und hilfsbereiten Arzte allezeit ein treues Andenken bewahren. L. Laquer. 5* 68 Utricu/ar/a montana Jacq. Mit einer Abbildung von August Siebert. Die zur Familie der Lentibulariaceae gehörige Gattung Utricularia, zu deutsch Wasserschlauch, umfaßt mehr als zweihundert Arten, die hauptsächlich der tropischen und nur teilweise der gemäßigten Zone angehören; im Norden fehlt sie gänzlich. Von diesen wurzellosen Gewächsen weist die deutsche Flora nur fünf Arten auf, die im Aufbau, in Größe und Blüten- farbe wenig voneinander abweichen ; am bekanntesten ist U. vul- garis. Man findet sie vorzugsweise in Moorgegenden in seichten stellenden Gewässern untergetaucht wachsend; nur die gelben Blüten erheben sich in den Sommermonaten über die Oberfläche des Wassers. Die tropischen Vertreter der Gattung sind da- gegen nicht ausschließlich Wasserpflanzen, sondern kommen zum Teil auch epi^jh^^tisch vor. Fast alle Utricularien sind mit ungefähr gieichgestalteten Schläuchen versehen, die dem Tierfang angepaßt sind, und deren Verteilung an den Vegetationsorganen verschieden ist. Die Schläuche sind immer mehr oder weniger gestielt und stellen abgerundete, kugel- bis eiförmige, von den Seiten etwas zusammen- gedrückte, blasenartige Hohlräume mit einer seitlichen, der Basis nahe liegenden Mundöffnung dar. Unsere einheimischen Utricularien sind zu unscheinbar, um kultiviert zu werden; nur zur Bepflanzung von Aquarien werden sie mitunter verwendet. Unter den tropischen Utri- cularien gibt es jedoch eine Anzahl schöner Arten, die es ver- dienen, mehr gezogen zu werden. Es sei nur an die lilablühende U. Endresü, an U. longifolia und montana erinnert. Freilich — 69 — sind manche Arten etwas eigen in der Beliandlung nnd lassen sich nicht immer zu den erwünschten Schauptlanzen heranziehen. Utricidaria montana ist aber nach meiner Erfahrung eine ebenso leicht wachsende wie schön und reich blühende Pflanze, die ich jedem Liebhaber, der sich nicht mit hundertfach vertretenen Alltagssachen zufrieden gibt, zur Anschaffung empfehlen möchte. Einige Angaben über Kultur und Vermehrung dieser interessanten Pflanze, wie sie mit Erfolg im Frankfurter Palmengarten gehandliabt werden, dürften daher nicht unangebracht erscheinen. U. montana ist in den Gebirgen Westindiens und Süd- amerikas heimisch ; sie wächst dort (nach Kerner vonMari- laun) zwischen Laubmoosen, Lebermoosen und Bärlappen in der feuchten Dammerde, welche die Spalten und Klüfte der Felsen und die Ritzen in der Borke alter Bäume erfüllt. Die tierfangenden Schläuche entwickeln sich an unterirdischen, faden- förmigen, die Danmierde und das (Jelilz der verwesten Moos- stämmchen durchspinnenden Sprossen, die stellenweise knollen- artige Verdickungen bilden. Letztere dienen zur Trockenzeit als Wasserspeicher. Diese Art ist also keine Sumpfpflanze wie die meisten ihrer Schwestern, wohl aber eine sehr feucht wachsende Pflanze. Die erwähnte Schilderung des natürlichen Standortes ist uns ein Fingerzeig für ihre erfolgreiclie Kultur gewesen. Unsere Utricidaria montana steht in flachen Orchideen- körben, die so gebaut sind, daß die Luft ungehindert an den Nährboden gelangen kann. Das Versetzen geschieht alle zwei bis drei Jahre nach der Blüte, wenn die unterirdisclien Sprosse das aus zwei Drittel Sumpfraoos (Sphagmnn) und einem Drittel Farnwurzeln bestehende Substrat vollständig durchzogen und ausgenützt haben. Die Pflanzen werden gänzlich auseinander gerissen, nach der Größe sortiert und nicht zu fest in die neuen Körbe eingepflanzt. Auch durch die Seiten- und Bodenstäbe des Korbes werden einige Triebe gesteckt. Scherben finden keine Verwendung ; sie würden nur dem nach allen Seiten gerichteten Wachstum hinderlich sein. In der ersten Zeit nach dem Ver- pflanzen genügt ein leichtes Überbrausen; nachdem die unter- irdischen Sprosse erst einmal Fuß gefaßt haben, muß gründlicli gegossen werden. Das Sumpfmoos bildet schnell neue Köpfe, und in diesem feuchten lebenden Material fühlen sich unsere Utricularien äußerst wohl. Neue, saftige Blätter treiben aus. hj — 71 — und von Ende Mai an prangen die Pflanzen wochenlang im Schmuck ihrer herrlichen langstengeligen Blüten, die etwas an Orchideen erinnern und von den Laien auch fast immer für solche gehalten werden. Die Blüten sind flach gebaut, schneeweiß mit hellgelbem Mittelfleck ; sie stehen zu zwei bis sechs an feinen, aber kräftigen Stengeln in armblütigen Trauben. Die einzelne Blüte ist sehr vergänglich; sie welkt nach wenigen Tagen und wird von der rasch anschwellenden Samenkapsel abgestoßen. Aber durch stets neu aufblühende Knospen zieht sich der Flor mehrere Wochen hin. Der Samen reift in kurzer Zeit und fällt durch einen Spalt der Kapsel aus. Die gebräuchliche Vermehrungsart ist die durch Teilung; handelt es sich jedoch darum, viele Pflanzen zu gewinnen, so erfolgt die Anzucht aus Samen. Die Aussaat ge- schieht sofort nacli der Reife auf feingehacktem Sumpfmoos, das vorher ausgekocht wird, um Pilzsporen usw. abzutöten. Nach kaum vierzehn Tagen keimt der feine Samen in großer Menge, und bald werden die jungen Pflänzclien verstopft, und zwar wieder auf Sphagnum. Einige Schwierigkeit macht die Überwinterung der Sämlinge ; sie sollen möglichst hell und nicht zu kalt stehen. Im zweiten Jahre nach der Aussaat beginnen die jungen Pflanzen zu blühen und werden dann gleich den alten weiterbehandelt. Unsere Utricularien haben den eingewöhnten Platz an der Ostseite der temperierten Orchideen-Abteilung und sind nahe dem Glase aufgehängt. Nur während der Blütezeit werden sie frei über einem Beete ausgepflanzter Farne und Selaginellen plaziert und bilden dann prächtige Schmuckstücke für sich. Unsere Abbildung, die nach einer im Juni vorigen Jahres aufgenommenen Photographie hergestellt ist, zeigt eine voll- blühende, in üppigster Entwicklung befindliche Pflanze. Sie könnte wohl Veranlassung geben, der interessanten „fleisch- fressenden" Pflanzengattung neue Liebhaber zuzuführen, und es will aucli scheinen, als wenn derartige Kulturpflanzen ein ausge- zeichnetes Demonstrationsobjekt für Lehrzwecke abgeben könnten, wie es für den Anschauungsunterricht nicht besser zu wünschen ist. — 72 Der Scliwaiilieimer Wald. I. Topographisches und Geschichtliches. Mit einer Karte und 12 Abbildungen von W. Kobelt. A. Urzeit und prähistorische Periode. Das ganze untere Maintal von dem Durchbrucli des Flusses zwischen Odenwald und Spessart ab ist ein weites, flaches, vom Main g-ebildetes und umg-earbeitetes Tal, entstanden am Ende der Diluvial- und innerhalb der Alluvialperiode, also in Zeiten, in denen aucli schon Menschen in Mitteldeutschland wolmten. Die näclisten älteren Clesteine finden wir in dem Rotliegenden des 185m holien Altenbergs bei Dreieichenhain, unter dem, wie Bohrungen bei Sprendlingen nachgewiesen, in 270 m Tiefe der rote Granit des (3denwaldes liegt. Auf das Rotliegende legt sich tertiärer Septarienton, dem mittleren Oligozän an- geliörend, und von da zum Sachsenhäuser Berg, der an der Warte die Höhe von 150 m erreicht, zieht ein Rücken aus tertiären Tonen, der eine wichtige Wasserscheide bildet und namentlich auch den Grundwasserstrom des oberen Maingebietes von Frankfurt absperrt. Seinen Westrand bezeichnet das Tal des Frauen- oder Luderbaches, das seinen Anfang am Neuhof bei Sprendlingen nimmt. Westlicli von ilnn beginnt die ausgedehnte Kiesschwelle, die der Main der älteren Diluvial- zeit aufgeschüttet hat. Geschiebe des Mains flnden sich bei Dietzenbach in etwa 60 m Höhe über dem heutigen Main- spiegel. Bohrungen für das Mainzer Wasserwerk haben für sie eine Mächtigkeit von 46,5 m ergeben. Über dieses Plateau floß der Main der Diluvialperiode, der schon ganz dem heutigen Main entsprach. In den Kies- — 73 — gruben am Rand der Kelsterbacher Terrasse liegen schon die charakteristischen Kieselschiefer (Lydite) des Fichtelgebirges, die Hornsteine aus dem Würzburger Muschelkalk, dann und wann ein Stück fossilen Holzes, sowie Massen von abgerollten Quarzkieseln aus dem ganzen Maingebiet. Die Hauptmasse aber hat der Buntsandstein des Spessarts geliefert, und zwar sind es nicht bloß Gerolle in allen möglichen Größen, vielfach finden sich auch große Blöcke, bis kubikmetergroß, die, wie Kinkelin bezeichnend sagt, ordnungsmäßig aufgebaut der Sandgrube das Ansehen eines Buntsandsteinbruches geben würden. Diese Blöcke sind aber durchaus nicht gleichmäßig verteilt; sie finden sich nur in bestimmten Horizonten ; in der Schwanheimer Kiesgrube z. B. sind sie in den beiden letzten Jahren nur sehr spärlich vorgekommen. Sie sind ausnahmslos nicht gerollt, sondern nur an den Kanten abgeschliifen, können also nur an mächtige Eis- schollen angefroren transportiert worden sein, und zwar zu einer Zeit, als der ]\Iain noch weiter südlich auf der Höhe der Kelster- bacher Terrasse floß und der Schwanheimer Wald auf dem rechten Mainufer lag. Daß dies einmal der Fall war, beweist auch der vor unserem Museum aufgestellte, mächtige, etwa 35 Zentner schwere Granitblock, der bei Kelsterbach gefunden worden ist und siclier aus dem Vorspessart stammt. Es ist im höchsten Grade unwahrsclieinlich, daß eine Scholle mit solcher Belastung den Main gekreuzt haben und auf dem anderen Ufer abgelagert worden sein sollte. Es läßt sich aus den geologischen Karten nicht mit Sicher- heit feststellen, wo der altdiluviale Main eigentlich seinen Lauf gehabt hat, obschon die Verbreitung der Gerolle aus dem Rot- liegenden, die vom Odenwald kommen, dafür ein Mittel an die Hand geben würde. Vielleicht steht der unterirdische Lauf des H e n g s t b a c h e s von der Gehspitz bis zum Gundhof mit dem alten Mainlauf in Verbindung. Jedenfalls befand er sich nördlich von Sprendlingen, wo die ersten Rheingeschiebe vor- kommen. Auch wann der Urmain in das sumpfige und viel tiefer liegende Niedgebiet durchbrach und das alte Niedbett von Frankfurt bis Kelsterbach in Besitz nahm, können wir nicht mit Sicherheit feststellen. Es ist hier auch wohl kaum der Ort, auf diese Frage einzugehen, zumal wir noch keine Karte der alten Wasserläufe des aus der Wetterau kommenden Flusses und — 74 — seiner eliemaligen Einmündungen in das Mainzer Becken be- sitzen.') In die Kiesraassen der Kelsterbacher Terrasse sind über- all Lag'er roten, sehr eisenreichen Tones eingelagert, nicht zur Freude des Kiesgräbers, der sie mühsam beseitigen muß. Größere Massen finden sich in der Nähe der Gehspitz im Firmen ; sie dienen dort als Material zur Anfertigung vorzüglicher Yer- blendsteine. Der S chwanlieim er Wald in seinem heutigen Umfang besteht aus drei großen Abteilungen : zwei Sumpfbrüchen und einer dazwischenliegenden Kies- und Sandmasse. Letztere zieht sich von der mächtigen Kiesschwelle, die der Urmain in der Diluvialzeit aufgeschüttet hat, der Kelsterbacher Terrasse, oder, wie der Schwanheimer sie nennt, der Hölle, zum Dorf, trägt Altschwanheim und geht dann in den sog. Dannenwald über, in das große Sandgebiet zwischen dem Höchster und dem Kelsterbacher Weg, das sich von einigen alten Mainläufen durch- brochen bis zum Main, Höchst gegenüber, erstreckt. Östlich davon zieht sich bis nach Niederrad ein jetzt freilich trockenes Sumpfgebiet, der N i e d e r r ä d e r B r u c h , der durch die Schwarz- bach und deren Zufluß, die Mühlbach, seinen Wasserüberschuß zum Main kurz oberhalb Schwanheim entsendet. Er ist heute eigentlicli kein Wald mehr; seine Hauptmasse steht seit dem 16. Jahrliundert unter Kultur und bildet das neuerdings von Frankfurt erworbene Hofgut Goldstein. Aber bis in die neueste Zeit erinnerten stattliche Eichen längs der Entwässerungs- gräben an das „Goldsteiner Wäldchen", das einst der schönste Wald im Kreise Höchst gewesen ist. Ein steil ab- fallender Rain, aus Flugsand bestehend und offenbar eine alte üferbildung, grenzt auf der ganzen Strecke von den Schwan- heimer Eiclien bis zum Oberforsthaus den Bruch gegen das Sand- gebiet ab und bildet streckenweise starke dünen artige Erhöhungen. Ob diesem Eande entlang einmal ein Arm des Mains geflossen, läßt sich nicht mit Sicherheit sagen; das Mainwasser erreicht heute unter normalen Verhältnissen die Senke des Bruchs, selbst ^) Dr. F. Haas hat neuerdings durch eine sorgsame Vergleichung der Formen von Unio batavus aus der Nied und der Lahn für meine Ansicht, daß die Nied der ehemalige Unterlauf der Lahn sei, eine sehr wichtige Stütze beigebracht. — 75 — bei den höchsten Fluten, nicht. Es ist nach den Karten nicht g-anz unmöglich, daß sicli in alter Zeit die Luderbach durch den Niederräder Bruch in den Main ergossen hat; aber das Terrain ist so vielfach umgewühlt, daß ein einigermaßen siclierer Anhalt dafür nicht mehr zu gewinnen ist. Nach den alten Karten von Buri (1740) bekam der Niederräder Bruch einen Zufluß aus der sog. „Nie d e r r ä d e r T r ä n k e '' , wo eine aus- gesprochene Senke die Kelsterbacher Terrasse durchschneidet. Das westliche Sumpf gebiet bildet den eigentlichen Schwan- h e i m e r Wald und trägt, von den Waldwiesen abgesehen, noch in seiner ganzen Ausdehnung Wald, mit Ausnahme eines schmalen Randstreifens nach dem Dorfe hin, der zu Anfang des neun- zehnten Jahrhunderts abgeholzt und in Ackerland umgewandelt wurde. Er bildet heute den unteren Teil des Dorfes, beweist aber seine Zugehörigkeit zum Sumpfwalde noch dadurch, daß sich in jedem feuchten Winter die Keller der Häuser mit Wasser füllen, was in Altschwanheim niemals vorkommt. Den oberen Teil des Sumpfgebietes scheiden zwei von Ost nach West streichende Sandschwellen in drei verschiedene Becken, die erst im unteren Teil miteinander und mit einem durch das Feld ziehenden ehe- maligen Mainarm verschmelzen. Sie werden durch drei ver- schiedene Grabensysteme entwässert, die sich erst in Kelster- bacher Gemarkung vereinigen und in ihrem unteren Teil auch in der gegenwärtigen abnormen Trockenperiode noch Wasser führen. In den siebziger Jahren des vorigen Jahrhunderts bildeten sie fließende Bäche mit reicher Fauna, und Hechte stiegen im Frühjahr zum Laichen bis in die „Rechte Wiese" empor. Am Westrande der Gemarkung vereinigen sich die Gräben mit dem Abfluß des „Rodsees", der in dem oben erwähnten alten Mainarm liegend das Zentrum des sog. „Schwan heimer Urwaldes" bildet. Zwischen den beiden Brüchen zieht sich eine Kiesschwelle vom Oberforsthaus und dem sog. „Platt köpf" bis ganz in die Nähe des Mains und scheidet scharf die beiden Sumpfgebiete. Sie gehört der Diluvialperiode und dem alten Alluvium an und ist der äußerste Ausläufer des großen Kiesplateaus, das sich an die Nordwestecke des Odenwaldes und die Tertiärkalke des Sachsenhäuser Berges anlegt und in der Diluvialzeit die Sohle des Mainbettes bildete. Seine Ostgrenze liegt in der Senke, in — 76 — der die Luderbach fließt. Nach Norden fällt dieses Plateau steil in das von dem jetzigen Main ausgefurclite, flache Tal ab. Die Geolog-en nennen es hier die Kelsterbacher Terrasse. Sie zieht in fast gerader Linie von der Frankfurter Grenze nach Westen, bis sie im hessischen Dorfe Kelsterbach auf den Main trifft und dessen Ufer bis gegen den Mönchhof bildet. Zweifellos ist sie durch den Main der jüngeren Diluvialperiode gebildet worden, der die alte Terrasse ansclmitt. Der Absturz im Schwanheimer Wald, die Helle oder Hölle genannt, hat außer einigen unbedeutenden, vom Regenwasser ausgewaschenen, mehr grabenartigen Einsenkungen nur zwei oder drei talartige Unterbrechungen, die ehemals etwas Wasser in den Sumpfwald führten und die sonst dicht an der Kante des Steilabfalles ent- lang laufende Wasserscheide ein Stück weiter nach Süden ver- legen. Die östlichste dieser Einsenkungen liegt an der Pump- station der Frankfurter Wasserleitung im Distrikt Goldstein- rauschen, an einer Stelle, die ehemals den Namen die „Tränke" führte, weil sich hier noch vor wenigen Jahrzehnten eine stets gefüllte Wasserlache befand, an der das von den Niederrädern in den Wald getriebene Vieh getränkt wurde. Wir haben diese Senke schon oben erwähnt; sie trennt den östlichen Teil der Hölle, den sog. Plattkopf, ab und wird von der Ludwigsbahn kurz vor der Station Goldstein auf einem ziemlich hohen Damm überschritten. Die zweite talartige Einsenkung befindet sich an der Stelle, wo die vom Wasserwerk am Hinkelstein ausgehende Wasser- leitung die Schwanheimer Grenze erreicht und sich ein mit einem kleinen Kuppelbau überdeckter Einsteigeschacht befindet. Sie führt den Namen „im lichten Tal" und ist zweifellos von einem ziemlich bedeutenden Wasserlauf ausgewaschen, der sich ebenfalls bis über die Ludwigsbalin zurückverfolgen läßt. Eine dritte Stelle, ein tiefer, aber schmaler Einriß ist da- durch merkwürdig, daß er den Namen „am Hei den weg" bewahrt hat und durch ihn wahrscheinlich eine alte, vielleicht vorrömische Straße quer durch den Sumpfwald nach der Main- fähre bei Sindlingen und auf der Höhe der Terrasse zum Heiden- schloß und zum Biscliofsweg geführt hat. Daß noch in den letzten Jahrhunderten Wasser durch das Lichtental floß, ist nicht wahrscheinlich. Auf der einen der — 77 — beiden Karten von 1742, die dem großen Werke von Buri über den Reclitsstreit zwisclien Lsenburg-, Frankfurt und Darmstadt um den Besitz der Dreieich beigegeben sind, gelit allerdings der Hengstbach, anstatt an der Pirmenwiese zu verschwinden, weiter bis zum Gundhof und wendet sich von da in einem rechten Winkel nach Norden, um zwischen Scliwanlieim und Kelsterbach in den Schwanlieimer Hauptgraben zu münden. Aber diese Karte zeigt noch allerhand andere „Unstimmigkeiten", die es unmöglicli machen, sie ernst zu nelnnen, obwohl man dies von der Belegschrift in einem juristischen Streit um ein sehr bedeutendes Objekt wolil verlangen könnte. So ist z. B. ein IMain- lauf gezeichnet, der sich an der Mündung der Schwarzbach ab- zweigt und dem Fuß der Helle entlang nach Kelsterbach fließt, so daß Schwanlieim auf einer Insel liegt.') Daß der Gundbach die direkte Fortsetzung des Hengstbaches sei, mag richtig sein, wenn auch ein entscheidender Versuch (mit Fluoreszin) noch nicht gemacht worden ist; aber vom Gundliof ist das Wasser wohl zu allen Zeiten dem Großgerauer Senkungsfeld zugeflossen. Ein ebensolcher Riß bildet die westliclie Grenze der Schwan- heimer Gemarkung und zieht sich bis zum Forsthaus Hinkel- stein und zu dem dort befindlichen dreieckigen Grenzzeichen hin, das einstmals die Grenze zwischen dem Frankfurter, Schwanheimer und Isenburgischen, heute hessischen Gebiete bezeichnete. Jenseits des Risses liegt auf der Ecke am Abhang der Kelsterbacher Terrasse die Scliweden schanze. Wir werden auf diesen interessanten Punkt, dem wohl einmal eine gründliche facli- männische Erforschung zu wünschen wäre, weiter unten zurück- kommen. Nicht genau über die Kante der Kelsterbacher Terrasse, sondern ihr parallel in einer Entfernung von 50 bis 100 m läuft die Südgrenze der Schwanheimer Gemarkung. Auf allen älteren Karten ist sie als Straße bezeichnet und trägt den Namen „Bischofsstraße". Bis zum Ende des achtzehnten Jahr- hunderts war dies die große Verbindungsstraße zwischen Älainz und dem Osten, wenigstens bis nach Hanau liin. Erst in den letzten Jahrzehnten des achtzehnten Jahrhunderts wurde die ') Bei der Hochflut von 1845 und bei einigen früheren, wo das Wasser noch höher stieg, ist dies allerdings vorgekommen ; im Jahre 1882 fehlten dazu nur einige Zentimeter. — 78 — jetzt „alte M a i n z e r 1 a n d s t r a ß e " genannte Straße vom Ober- forstliaus über die Unterscliweinsteige zum Hinkelstein angelegt ; sie wird auf der Thomas sehen Karte von 1790 noch als die „new gehauene Älainzer Landstraße" bezeichnet. Bestanden hat die Bischofsstraße sicher schon in grauer Vorzeit, denn ihr entlang reihen sich zahlreiche Hünengräber. Als um das Jahr 600 unserer Zeitrechnung die merowingischen Könige die Wald- dörfer rings um den Reichsforst Dreieich anlegten, wurde diese Straße zur Grenze zwischen dem freien Königswald und dem der Gemeinde Suenheim zugeteilten Gemeindewald bestimmt, war also damals schon in ihrer ganzen Länge festgelegt. Verödet ist sie erst seit der Anlage der rechtsmainischen Chaussee und der am Ende des achtzehnten Jahrhunderts vollzogenen Neu- vermessung und Neueinteilung des Frankfurter Waldes, die einen anderen Straßenzug, melir durch die Mitte des Frankfurter Unter- waldes, als Vorbedingung erforderte. Der Überlieferung nach hat übrigens die Bischofsstraße ihren Straßencharakter erst verloren, als gelegentlich der An- lage der Hessischen Ludwigsbahn eine Grenzregulierung zwischen Frankfurt und Scliwanheim vorgenommen wurde. Seitdem ist sie vielfach zu einem sclimalen Grenzpfad zusammengeschrumpft und an der Ausschachtung, der das Material zur Bodenerhöhung des Frankfurter Hauptbahnhofes entnommen wurde, sogar ganz abgegraben worden. Dann tritt sie aber vom Plattkopf ab wieder erkennbar auf. Hier hat offenbar einmal, und zwar ziemlich spät, eine Grenzregulierung stattgefunden, denn die Pumpstation im Goldsteinrauschen liegt ganz von Schwanheimer Gebiet umschlossen. Offenbar hat Frankfurt in einer Trocken- periode das Gebiet der „Tränke" erworben, um den Niederräder Herden Wasser zu sicliern. Weiterhin ist die alte Straße aber wieder deutlich, und auch bei Scharff („Straßen der Frankone- furt") ist sie eingezeichnet. Dann taucht sie in den neuen Straßen am Oberforsthaus unter ; aber von der Mörfelder Land- straße ab trägt sie sogar offiziell wieder den Namen Bischofs- straße und bildet als solche die Südgrenze des Parkes Louisa. Sie weiter östlich zu verfolgen, ist hier nicht der Ort. Nach Westen hin fällt sie von der Okrifteler Fälire oder dem sog. Münchstein ab mit der zweiten ostwestlichen Hauptstraße, der Aschaffenburo'er Straße, zusammen. — 79 — Hier möchte ich auf einen interessanten Unterschied in dem weiteren Verlauf dieser beiden Völkerstraßen aufmerksam machen, die seit uralter Zeit von den Fähren an der Main- mündung- nach Deutschland hineinführen. Die Aschaffen- burger Straße zweigt sich bei Bischofsheim an der Mainspitze von der Eömerstraße ab, die von Mainz nach Gernsheim führte ; sie wendet sich östlicli nach der Stelle des eing'eg-ang'enen Dorfes Seulfurt, wo nach manchen Altertumsforschern ein größeres römisches Lager gelegen haben soll, und von da nach Rüssels- heim, dessen heutige Hauptstraße sie bildet. Dann zieht sie südlich von ßaunheim vorbei durch den sogenannten Bischofs- heimer Wald nach dem Gundhof , dem Zentrum der westlichen Dreieich, wo von allen Mainübergängen her die Straßen zu- sammentreffen. Vom Gundhof führt sie nach Langen. Weiter östlich verschwindet sie heute; aber in 1^2 km Entfernung tritt eine Fortsetzung auf, die als Frankfurter Straße bezeichnet wird, und zwischen die beiden Endpunkte schiebt sich (nach dem Kartenblatt Kelsterbach) ein Stück der Aspenhügelschneiße. Wir werden also schwerlich fehlgehen, wenn wir annehmen, daß diese beiden Straßenstücke zusammengehören. Von Langen aus läuft die Straße dann nördlich an Offenthal und Urberach vorbei durch Oberroden, weiter an der Confurter jMühle südlicli von Babenhausen vorbei durch den Lettbusch und überschreitet den Main bei Stockstadt. Sie nimmt also auf Frankfurt nicht die geringste Rücksicht, sondern zieht in ziemlich gerader Linie von der Fähre bei Trebur nach Aschaffenburg. Die Bischofs- straße dagegen näliert sich Frankfurt auf eine ganz kurze Ent- fernung, und zwar gerade da am meisten, wo sie die von Süden kommende Fortsetzung der Bergstraße schneidet. Sollte dies nicht auf ein höheres Alter der Aschaffenburger Straße deuten und diese die eigentliche Völkerstraße der vorfränkisclien Zeit gewesen sein? Leider sind diese vorrömischen Völkerstraßen durch die Dreieich bis jetzt von den Altertumsforschern nocli sehr ver- nachlässigt worden, obwohl — oder vielleicht richtiger, gerade weil — sie zwischen Frankfurt, Darmstadt, Mainz und Wies- baden in der Mitte liegen. Wir wissen nicht einmal, ob an dem wichtigen und uralten Gundhof, wo die Straßen zu- sammenlaufen wie die Radiärfäden eines großen Kreuzspinnen- — 82 — gewebes, irgendwelche römische oder ältere Anlagen zu linden sind, und nach den Brunnen, die längs der Straße, wo das Wasser mindestens 20 m tief liegt, unbedingt vorhanden sein müssen, liat noch niemand ernstlich gesucht. Nur aus Rüsselsheim wissen wir mit voller Sicherheit, daß die Straße später den Unterbau einer römischen Militärstraße hatte. Von der Schwedenschanze geht die Grenze des Schwan- heimer Waldes in ziemlich gerader Linie zur Fähre gegenüber S i n d 1 i n g e n. Zwei schmale Wiesengründe, den Entwässerungs- gräben des Schwanlieimer Waldes und einem alten Mainbett entsprechend, schneiden in den Wald ein ; sie gehören noch zur Schwanlieimer Gemarkung, sind aber im Besitz von Kelsterbacher Landwirten. Durch den einen, die Ried wiese, führt ein alter, für Schwanheim völlig zweckloser Dammweg, der Wanzen weg oder die Schaf brücke. Er trifft auf den oben erwähnten Heidenweg, und an der Stelle, wo er die Bischofsstraße erreicht, haftet der Name Heidenschloß. Auch hier sind noch keine Nachgrabungen angestellt worden. An der Stelle aber, wo die Grenze auf den Main trifft und bis in die siebziger Jahre des vorigen Jahrhunderts eine Fähre bestand, bezeichnen ein Kreuz und eine krüppelige Linde die Stelle, wo einst die uralte Pfarrkirche ad Sanctum Martinum stand, bis zur Re- formation die gemeinsame Pfarrkirche für Schwanheim und Kelsterbach und die Niederräder katholischer Konfession. Sie galt für die älteste Kirche im unteren Maintal, in der schon der heilige Kilian gepredigt hatte, als er mainauf zog, die Ostfranken zu bekehren. Damals lag hier ein Dorf, Hu sen geheißen. Es hat nicht zu den fränkischen Walddörfern gehört, sondern muß älter gewesen sein. Wann es verlassen worden, wissen wir nicht ; der Name findet sich überhaupt nur an zwei oder drei Stellen. Daß hier ein uralter Mainübergang war und dabei ein Dorf lag, beweist ein ürnenfriedhof gegenüber der Höchster Anilinfabrik, der leider in dem vorletzten Jahrzehnt des vorigen Jahrhunderts verwüstet worden ist. Daß das Dorf zur Zeit der Frankensiedelung noch bestand, beweist der Umstand, daß der Urnenfriedhof zu keinem der fränkischen Gewanne gezogen, also als heilig angesehen worden war. Noch vorhanden ist auch die alte Gemarkungsgrenze, ein Feldweg, der fast in schnurgerader Richtung von der Höchster Fähre zur Kelster- — 83 — backer Fähre läuft und charakteristischerweise noch heute „die Straße" heißt. An ihm brachen früher alle die in radiärer Eichtung von Schwanheim nach Westen laufenden Feldwege ab ; erst die vorige (jeneration hat durch Ankauf von Äckern einen fahrbaren Weg zu der alten Kultusstätte geschaö'en. Nach dem Frankenfriedhof, der unbedingt zu der Martinskirche gehört haben muß, ist bis jetzt noch niemals ernstlich gesucht worden. Yon dem mittelalterlichen Friedhof, der bis zur Errichtung der Mauritiuskapelle in Schwanheim im Jahre 1410 sicher be- nutzt wurde, ist nicht das Geringste mehr bekannt. Die Mauer- steine und selbst die Fundamentsteine wurden 1682 zum Bau der neuen Kirche in Schwanheim verwendet. Zwischen der ., Straße" und den Vizinalwegen nach Höchst und Kelsterbach dehnt sich eine weite Fläche sandigen Bodens aus, teils Ackerland, das bei guter Düngung ganz leidliche Er- trägnisse bringt, teils blanker Flugsand, den der Wind hin und her treibt. Er hat in alten Zeiten zum Walde gehört und heißt deshalb immer noch der Dannewald. Kihnmerliche Kiefern, manchmal krummholzartig, bedeckten ilm früher, und seit alten Zeiten bestand ein Verbot, in ihm den Boden mit dem Pflug aufzureißen. Erst im vorigen Jahrhundert, als die Bevölkerung rascher zuzunehmen begann, gab man ihn dem Anbau frei, fällte bis auf ein paar unbedeutende Reste die alten Kiefern und pflanzte an ihre Stelle Steinobst und namentlich Kirschen. Die Herzkirschen gediehen zu mächtigen Bäumen ; ich habe noch solche mit meterdicken Stämmen gesehen. Aus dem Dannewald wurde ein „Kerschewald". Da kamen trockene Jahre, ganze Trockenperioden, 1857 bis 1862, schließlich die ganz abnorm regenarme Zeit seit 1882. Da verschwand die Bodendecke aus Heidekraut, Thymian, Sandimmortellen u. dgl., die den Schwan- heimer Bienen eine gute Sommerweide gegeben hatte ; der nackte Boden war dem Weststurm ausgesetzt, er begann zu wandern, der Wind höhlte eine breite Talfurche aus, ein wahres Schul- beispiel aerischer Talbildung, und türmte dünenartige Hügel auf, und von den Obstbäumen ist auf große Strecken hin wenig mehr übriggeblieben. Die etwas besseren Grundstücke aber sind mit Hilfe der Abfälle aus den Haarschneidereien, des Klärbeckenschlammes und anderer Düngemittel brauchbare Äcker geworden. Zu Lu- pinenbau und Tiefkultur nach Schultz-Lupitzschem System haben — 84 — sich die Schwanheimer Landwirte nocli nicht entschließen können. Die Akazie will auf dem absolut kalkfreien Boden nicht ge- deihen. Wald wird der Dannewald wohl niemals wieder werden. Die NordgTenze des Waldes folgte früher ziemlich genau der Scheidelinie zwischen dem ..melierten" lößlialtigen Boden und dem unfruclitbaren Aulehm. Am Dorfe lag die Grenze so dicht am Haingraben, daß unter der letzten mächtigen Eiche des Waldes die Kuliherde „unnern", d. h. Mittagsrast fast im Dorfe lialten konnte. Als aber um 1810 die Stadt Frankfurt das Recht Schwanheims, sein Vieh in den Stadtwald zur Weide zu treiben, ablösen wollte und das mit Kriegsschulden schwer belastete Dorf darauf einging, wurde, um die allgemeine Unzufriedenheit zu dämpfen, ein Streifen des Waldes am Nordrande abgeholzt und den Bürgern zur Nutznießung überlassen, anfangs unent- geltlich, dann gegen einen geringen Pachtzins, der leider die Eigenheit besaß, langsam, aber unaufhaltsam zu waclisen. Indes das abgeholzte Neufeld blieb Gemeindeeigentum. Ein kleiner Teil ist bereits Bauland geworden; sein Rest wird einmal das Südwestende von Großfrankfurt tragen. Ganz unbewohnt wird das Gebiet der heutigen Gemarkung Schwanheim wohl niemals gewesen sein, solange überhaupt Menschen in Mitteldeutschland wohnten. In dem kleinen Heimat- museum, das erst seit einigen Jahren besteht, liegt als ältestes Stück ein Schaber aus einem sonst in der Kelsterbacher Terrasse nur sehr spärlich vorkommenden Gestein mit starker Verwitterungskruste, ein echter, einseitig zugeschärfter Eolith; ich habe ihn selbst in der Gemeindekiesgrube, also in ganz altem Alluvium, gefunden. An ihn reilien sicli einige plumpe paläoli this che Beile mit mehr oder weniger roher Bear- beitung, aber aucli eine Anzahl geschliffener Beile und solche mit tadelloser Durchbohrung. Einige von ihnen bilden wir ab, da von derartigen Vorkommnissen jedes einzelne Stück seinen Wert hat. Fig. 1 ist ein sehr schön gearbeitetes Hammer- beil mit facettierten Kanten aus der späteren Steinzeit. Fig. 2 ist eine im Maintal anscheinend häufig vorkommende flache Form von über 20 cm Länge, prachtvoll geglättet und in der Mitte durchbohrt. Fig. 8 ist ein beilartig geschliffenes Stück glänzend schwarzen Kieselschiefers, nahe dem Hinterrande durch- Fig. 1. Facettiertes Hammerbeil ('/a n. Gr.) — Fig. 2. Geschliffenes Steinbeil ('/2 n. Gr.) — Fig. 3. Zierbeil (?) aus Kieselschiefer (V2 n. Gr.) — Fig. 4. Netz- beschwerer, am Hundeasyl gefunden (V2 n. Gr.) — Fig. 5. Steinerner Leuchter (?) aus der Gemeindekiesgrube (n. Gr.). — 86 — bohrt, von 10 cm Länge, das nach Prof. Wolffs Ansiclit nicht als Werkzeug, sondern als Schmuckstück zum Umhäng-en gedient hat. Fig. 4 ist ein flaches rohes Geschiebe, aber sorgfältig durchbohrt; es mag als Netzbeschwerer verwandt worden sein. Am Rande sieht man die Spur einer zweiten, ausgebrochenen Durchbohrung. Ein merkwürdiges Stück Sandstein, an beiden Enden zu- gespitzt, mit geschliffenen Flächen, in der Mitte von quadratischem Querschnitt, bilden wir auf S. 90 Fig. 6 ab ; es ist 19 cm lang und so schwer, daß es kaum als Hacke gedient haben kann. Ob es vielleicht, in ein flaches Holz befestigt, als primitivster Pflug zum Aufreißen des Bodens Verwendung gefunden hat? Völlig rätselhaft ist der in Fig. 5 abgebildete, auffallend regelmäßig geformte, glatte Stein mit einem genau zentrierten, aber nicht durchgehenden zylindrischen Loch an der flachen Oberseite. Für ein Geschiebe ist er zu merkwürdig regelmäßig ; aber zu welchem Zweck Mensclien eine so ungelieuere Arbeit auf die Herstellung eines solchen Stückes verwendet haben sollten, ist aucli niclit leicht einzusehen. Prof. Wolff hatte die Güte, mir brieflich mitzuteilen, daß ähnliche Artefakte aus der Rentierzeit als steinerne Leuchter gedeutet worden seien. Ein paar interessante Stücke habe icli früher, als man an ein Heimatmuseum noch nicht denken konnte, dem Frankfurter und dem Höchster Museum übergeben. Darunter sind mir zwei besonders in Erinnerung geblieben, ein in der Mitte durchbohrter Doppelhammer und eine hinten durchbohrte Hacke, beide aus zäher Grauwacke gearbeitet, sorgfältig poliert, etwa 150 mm lang, eins am Main in der Nähe der Martinskirche gefunden, das andere am Fuße der Helle im Gebiet der großen Kiesausschachtung. Auch bei dem Kanalbau sind einige schöne Stücke gefunden worden und haben schließlich ein gebührendes Plätzchen im Museum er- halten. Feuerstein ist verhältnismäßig selten vorgekommen; doch besitzt Herr Förster Bud de eine prachtvolle, sorgfältig gearbeitete Lanzenspitze, die bei der Anlage des Poloplatzes gefunden wurde. Es sind somit so ziemlich alle Haupthorizonte der Steinzeit in dem Heimatmuseum vertreten, obschon erst seit drei oder vier Jahren auf derartige Funde geachtet wird. An Bronze und Eisen hat sich bis jetzt nur wenig aufflnden lassen. Zur systematischen Nachforschung in den Hügelgräbern — 87 — längs der Biscliofsstraße sind noch keine Mittel anfznbringen gewesen. Der Inhalt der bei der großen Kiesansschachtung zerstörten Grabhügel ist zmn Teil nach Wiesbaden gekommen, sehr viel mehr aber zerstreut und verschleppt worden, ohne daß ich es liindern konnte, da der eifersüchtige Konservator des Wiesbadener Museums dafür gesorgt liatte, daß mir das Betreten der Arbeitsstelle verleidet wurde. Allzuviel ist es auch wohl nicht gewesen, was die armen Jäger besaßen, die an der Bischofsstraße wohnten und Eber, Elcli und Ur im Sumpfe unten jagten. Im Sumpfwald selbst finden sich nur wenige Hügel, und keiner von ihnen sieht aus, als ob er etruskische Bronzen u. dgl. entlialten würde, wie die Hügel der Sandliofgi-uppe bei Frankfurt, die 1875 abgegraben wurden. Das Heimatmuseum bewahrt als Renommierstück einen Spiralarmring, der bei der Aus- schaclitung gefunden wurde und nach verschiedenen Irrfahrten hier seinen richtigen Platz erhalten hat (Fig. 7). Vorrömisch, aber vielleicht noch in die Römerzeit hinein- reichend war der oben erwähnte Urnenfriedhof gegenüber der Anilinfabrik Höchst, ein kleiner, dreieckiger Raum, von drei verschiedenen Gewannen umgeben, aber zu keinem gehörend, mit einem eigenen Zugang von der „Straße" her. Er liatte charakteristischerweise keinen richtigen Eigentümer und wurde erst bei der Anlage des neuen Katasters dem damaligen Schultheiß Berz zugeschrieben. Er war voll von Urnenscherben; die flachstehenden Urnen wurden anscheinend einmal beim Kartoffel- hacken zerstört, der Rest bei der Anlage einer Sandgrube mut- willig zerschlagen. Die Scherben waren aus grobem Ton ge- brannt, anscheinend mit der freien Hand geformt. Eine einzige Urne konnte ich — ich war bei der Anlage der Sandgrube am Mittelmeer — noch bergen; sie war von feinerer Arbeit, an- scheinend importiert. Ich liabe sie und eine größere Quantität Scherben dem Museum des Höchster Altertumsvereins übergeben. Eisen hat sich meines Wissens nocli nicht gefunden. Aber in der Hallstätter Zeit lag bekanntlich in der Kobershardt bei Darmstadt eine ausgedehnte, wohl befestigte Anlage, deren Einfluß sich jedenfalls bis zum Main hin erstreckte. Am rechten Mainufer, auf Griesheimer Gebiet, wurde in einer Sandgrube ganz oberflächlich ein Grab gefunden, das neben groben Ton- scherben auch eine der charakteristischen eisernen Lanzenspitzen, ^-. A "'^ ^^ ^A"*"**"»^.,,.- x*^ 10 Fig. 7. Spiralarmring aus Bronze aus einem Hünengrab der Kel- sterbacher Terrasse (V2 n. Gr.) — Fig. 8. Terra sigillata vom Friedhof (n. Gr.) — Fig. 9. Bronzemünze ausDomitians Cäsarenzeit, vor 79 n. Chr. [\\. Gr.) — Fig. 10. Verzierte Tonscherbe, Karolingerzeit (n. Gr.). — 89 — eiserne Einge u. dgl. enthielt, die ich dem Frankfurter Archiv übergeben liabe. Ein gut erlialtenes Tongefäß ist verschleppt worden, und ich habe nichts Näheres über seinen Verbleib in Erfahrung bringen können. Römerreste sind erst in der neuesten Zeit bekannt ge- worden. Hamm er an ') kennt noch keine Funde aus der Schwan- heimer Gemarkung. Bildhauer Franz G a stell hatte vor Jahren ein Stück Terra sigillata gefunden; doch war es verloren gegangen. Aber im Jahre 190 . \ Fig. 1. Waldspitzmaus, Sure.r (traiicns L. in. Gr.) howinde (hauende) Swin", und unter den Gründen zur Anlage der landgräflichen Wildparke in der (^erauer Gegend wird hauptsächlich auch der Reichtum an Schwarzwild angeführt. In der Hanauer Gegend w^urde nach Fenn er das letzte Wild- schwein ISIG bei Niederrudenbach erlegt. Daß das wanderlustige Tier den Schwanheimer Sumpf- wald mied, ist sehr auffallend. Ob es wahr ist, daß die Wild- rassen die von ihren gezähmten Verwandten regelmäßig be- tretenen Gebiete meiden? Von den Raubtieren wird weder der Bär ]iucli der W()lf in den alten Weistümern genannt. Auch in den erhaltenen Gemeinderechnungen ist von Schaden, den die Wölfe getan, keine Rede. Trotzdem ist nicht daran zu denken, daß Wölfe — 163 — in der Dreieicli gefehlt haben. Sie müssen sogar in dem Dreißigjährigen Krieg recht häufig gewesen sein; denn aus den Yerliandlungen über die F ü n f d ö r f e r m a r k (Rüsselsheira, Raun- heim, Seulfurt, Bischofsheim und Flörsheim) ersehen wir, daß die hessischen Landgrafen alljährlich eigene Wolfsjagden ver- anstalteten. In der Gemarkung Schwanheim erinnert nicht ein- mal ein Name an den gefräßigen Räuber ; aber wenige Stunden von der Grenze liegt das großherzogliche Jagdschloß Wolfs- garten, das seinen Namen schwerlich ohne Grund trägt. '■N.' ?*>• 7^t Fig. 2. Feldspitzmaus, Crocidura leucodon Herrn, (n. Gr.) Der Fuchs liat sicli wie überall trotz der eifrigen Ver- folgung mit der Zivilisation abgefunden. Nach einer freundlichen Älitteilung des Herrn Förster Budde befinden sich in dem Schwanheimer Wald noch gegen 70 bewohnte Fuchsbauten. Auch in dem Sandgebiet des ehemaligen Tannenwaldes erinnern verschiedene Gewannamen an Meister Reineke; doch sind dauernd bewohnte regelrechte Baue dort meines Wissens nicht melir vorhanden. Meister Grimbart, der Dachs, bewohnt noch drei Baue, einen mit einem Fuchspaar zusannnen in bestem Einvernehmen; ein vorsichtiger Beobachter kann die Jungen beider Elternpaare vergnügt miteinander spielen sehen. Von der Wildkatze sind, seit ich in Schwanheim wohne, drei Exemplare .erlegt worden, die sämtlich in das Sencken- 11* — KU — bergisclie Museum gelangt sind. Seit etwa fünfundzwanzig- Jahren ist kein Stück melir gespürt worden; doch ist niclit ausgeschlossen, daß gelegentlich wieder einmal eins aus den anstoßenden ausgedelmten Waldungen herüberwechselt. Die marderartigen Räuber sind vorhanden wie in allen ausgedehnten Wäldern, Steinmarder und Edelmarder aller- dings selten, der Iltis häufiger, Hermelin und Wiesel ziemlich häufig. Von den Spitzmäusen kommt die Wasser spitz maus an den noch gefüllten Grabenpartien nicht gerade selten vor ; W a 1 d s p i t z m a u s (Fig. 1) und Z w e r g s p i t z m a u s sind nichts weniger als selten. Ob die beiden echten weißzähnigen Spitz- mäuse Grocidura russulus Herm. und leucodon Herm. (Fig. 2), die im Dorfe natürlich nicht selten sind, sich manchmal auch in den Wald verirren, kann ich nicht sagen. Der Igel findet sich nur selten au den Hecken am Waldrand gegen Kelsterbach hin. Der Maulwurf ist auf den Waldwiesen häufiger, als dem Bauer lieb ; auch im Walde findet man ihn häufig genug. Unser Gemeinde-Maulwurfsfänger versicherte mir, daß das Tier vorwiegend im Wald, unter dem Schutz des Wurzelgeflechtes, seine Familienwohnungen anlege, und daß er mir deshalb junge Maulwürfe nicht verschaffen könne. Was von Fledermäusen in unserem Wald lebt, habe ich noch nicht feststellen können. Wie mir unser Förster mit- teilte, finden sich in den meisten hohlen Eichen Kolonien ; doch habe ich Belegstücke noch nicht erhalten können. Eine Kolonie in einer der tausendjährigen Eichen, die durch einen Blitzschlag getötet wurde, bestand aus 25 bis 30 Exemplaren der gemeinen Fledermaus, Myoüs tmjotis Bechst. Als 1911 an den alten Eichen die dürren Äste abgeschnitten und die Löcher zementiert wurden, fand sich eine einzige Fledermaus. Daß die früh- fliegende Fledermaus, Nyctalus noctula Schreb., bei uns Stand- tier sei, bezweifle ich; ich sehe sie nur in den Zugzeiten und immer nur für kurze Zeit. Von der langohrigen Fledermaus, Plecotus auritiis L., wurde mir einmal ein totes Stück vom Waldrand gebracht. Die Hauptmasse der Säugetiere stellen die Kleinnager. Das Eichhörnchen, früher sehr häufig, wird neuerdings, da Schußgeld dafür gezahlt wird, sehr eifrig verfolgt und ist da- — 165 — durch seltener und weniger zutraulich geworden. Daß Schläfer in unserem Walde vorkommen, kann ich nicht mit Sicherheit behaupten. Boettger stellt ihr Vorkommen in den Waldungen der Ebene in Abrede; auch Borggreve kennt sie nur im Gebirge. Ich habe in meinem Garten eine Zeitlang nicht selten Häufchen von Aprikosenkernen gefunden, die am Rand in der charakteristischen Weise angeschnitten waren, wie dies der Gartenschläfer, Eliomys quercinus L., tut, habe aber Fig. 3. Haselmaus, ]\[uscardinus arelhmarius L. [-js n. Gr. das Tier selb.st nie zu Gesicht bekommen. Daß aber die kleine Haselmaus, Muscardmus avellanarius L. (Fig. 3), in unserem an Haselsträuchern so überreichen Walde fehlen sollte, ist mir sehr unwahrscheinlich. Der Hamster, Cricetus cricetus L., gehört zwar nicht eigentlich zu den Waldtieren; ich möchte aber hier erwähnen, daß man ihn seither nur dem Namen nach kannte als ein Tier, das in der ersten Hälfte der sechziger Jahre des vorigen Jahr- hunderts gesehen worden, aber wieder verschwunden sei. Im Jahre 1910 sind aber tatsächlich Hamster in unsere Gemarkung 13 fSq.' Q — 167 — eing'edrungen. Was ich von liier g-eselien, gehörte zu der hell- rückigeii Form des Rheintales, cancscens Nehring- (Fig\ 4). Fig. 5. Springmaus oder Waldmaus, Äpodemus sylvaticus L. (^/s n. Gr.) Die beiden häutigsten „Mäuse" in unserem Walde sind eine echte Maus, die Springmaus oder Waldmaus, Mus s. Äpodemus sylvaticus L., und eine Wühlmaus, die Rötelmaus oder Waldwühlmaus, Evotomys glareolus Schreb. s. liercynicus — 168 — Mehl. Die Spring-maus (Fig. 5) ist in unserem Walde liäiilig-, geht aber, namentlicli in Mäusejahren, massenhaft ins Feld und wird gar nicht selten in den Wohnhäusern gefunden; sie ist dreifarbig, oben grau mit einer dunklen Rückenlinie, unten weiß, die Pfötchen weiß, länger als bei der Hausmaus, mit einem dunklen Fleck am Fußgelenk. Man erkennt sie sofort an der Art ihrer Fortbewegung ; sie huscht nicht dahin wie die Hausmaus, sondern macht weite Sprünge. Fig. 6. Rötelmaus, Evotomys (jlareolus Schreb. (n. Gr.^ Die Rötelmaus (Fig. 6) ist im eigentlichen Walde noch viel häufiger und scheint den Wald kaum zu verlassen. Sie unterscheidet sich von der Springmaus durch die rötliche Rücken- färbung, die weiße Färbung des Bauches, den kurzen, auch deutlich zweifarbigen Schwanz und die kleineren, aber doch noch aus dem Pelz vorspringenden Ohren. Sie ist auch am Tage munter und hat eine entschiedene Vorliebe für tierische Nahrung, die sie mitunter in Insektenjahren durch Vertilgung der Puppen nützlich erscheinen läßt. Die dritte im Bunde ist die gemeine Feldmaus, Mi- crotus arvalis Pali. (Fig. 7), die zwar den Wald nur ausnahms- — 169 — weise betritt, aber auf den Waldwiesen um so häuliger ist. Sie ist schmutzig- gelbgrau, unten sclimutzig- weißgrau, der Schwanz einfarbig- grau, die Ohren sind noch kleiner als bei der Rötelmaus. Neben den beiden Wühlmäusen findet sich in unseren Waldungen noch eine dritte, etwas größere, die Er d Wühl- maus, Microtus agrestis L. (Fig. 8), etwas größer als die Feld- maus, obenher schmutzig graubraun, unten grauweiß, der Schwanz deutlich zweifarbig. Sie soll namentlich in jungen Fig. 7. Gemeine Feldmaus, Microtus arvalis Pali. (n. Gr. Kiefernsaaten manchmal großen Schaden anrichten, scheint aber gerade in unserer Gegend selten; daß sie vorkommt, wird überhaupt nur durch ein Exemplar des Senckenbergischen Museums bewiesen, das die Etikette „Frankfurter Wald" trägt. Ich habe sie bis jetzt vergeblich gesucht. Endlich kommt die kleinste unserer echten Mäuse, die Zwergmaus, Mus s. Apodemus pygmaeus Fall. (Fig. 9), nicht selten am Waldrande vor, gehört aber doch mehr dem Feld als dem Wald an. Ilir kunstreiches Nest, freistehend, kugelig, mit seitlicher Ölfnung, findet man namentlich zwischen den Halmen der Haferfelder. Hire geringe Größe, höchstens 7,5 cm, die Fig. 8. Erdwühlmaus, Microtus cKjrestis L. (^/s u. Gr.) ff^<^^^^ ^ Fig. 10. Große Reutmaus, Arvicola amphihius L. (^/s n. Gr.) Fig. 9. Zwergmaus, Apodemus pygmaeus Fall, mit Nest und Jungen, (-/a n. Gr.) — 172 — oben g-elblicli braunrote, unten weiße Farbe und der Wickel- schwanz unterscheidet sie sofort von allen anderen Klausen. Die große B r a n d m a u s kommt meines Wissens in unserem Ge- biet nicht vor. Über das Vorkommen der beiden Wühlratten oder Reutmäuse im Schwanheiraer Wald kann ich eigentlich nur berichten, daß sie häufiger sind, als dem Forstmann lieb ist, und in den Saatkämpen ebensoviel Schaden tun wie in den Gärtnereien und an den Zwergbäumen. Exemplare habe ich mir nicht verschaffen können. Die große Reutmaus, Ärvi- cola amphlbius L. s. terrestris IL. s. scherman Shaw (Fig*. 10), so groß wie eine stattliche Ratte, 20 cm lang mit 8,5 cm langem Schwanz, dunkel rotbraun, mit stumpfer Schnauze und ganz kurzen, nicht aus dem Pelz hervorragenden Ohren, muß nach der Häufigkeit ihrer Löcher nichts weniger als selten sein, aber welche ihrer Formen im Walde vorherrscht, ob die große dunkle Wasserform (amphihius) oder die kleinere hell- braune (terrestris), kann ich nicht sagen. Auch über das Vor- kommen der viel kleineren Wurzel maus, Pitt/nii/s suhterraneus Selys, kann ich nichts Genaueres berichten. Sie ist ebenso schwer zu erhalten wie die große Reutmaus und wird wegen ihrer rein nächtlichen Lebensweise noch leichter übersehen. Die Vogel weit bietet nicht viel Auffallendes und kann als reich nicht bezeichnet werden. Sie hat in letzter Zeit einige Verluste erlitten. Vor allem ist der große graue Reiher, Ardea cinerea L., verschwunden. Noch 1873 konnte ich in meinem „Führer durch den Frankfurter Wald" von einer Reiherkolonie von immerhin 60 bis 80 Nestern sprechen, die auf alten Eichen im Unterwald ein beschauliches Leben führte. Die Kolonie war nicht so reich an Individuen wie andere an großen Flüssen und Seen, selten mehr als vier bis sechs Nester auf einem Baum ; aber sie trug doch zur Belebung des Waldes und namentlich auch des Mainflusses bei. Der auf der Spitze einer „Buhne" regungslos stehende Reiher gehörte zur Staffage des Flusses. Die Vögel wurden, da Schwanheim an der Main- fischerei kein Literesse hatte, nicht weiter verfolgt, wenn auch hier und da einmal ein Sammler Eier aus einem Nest holte. Aber als der ]\Iain kanalisiert wurde, die seichten Buchten zwischen den Buhnen verschwanden und das Wasser überall — 173 — tiefer wurde, als der Reihersclmabel bequem reichen konnte, wurde es dem grauen Herrn immer scliwerer, sich ehrlich zu ernähren. Dazu kam noch die Verunreinig'ung des Flusses durch die Abwässer der chemischen Fabriken; die Fische wurden immer seltener, und was blieb, bekam einen Bei- geschmack nach Petroleum, der einem ehrlichen Reiher die Fischerei verleidete. Und da gab ein Reiherpaar nach dem anderen die altererbten Wohnsitze auf und wanderte zum Rhein und weiter, wo es noch genügende Nahrung fand. Auch die Wildenten, die sonst im Urwald regelmäßig nisteten, sind dem Reiher seit dem Beginn der Trockenperiode gefolgt. Der Storch war in Schwanheim niemals heimat- berechtigt; der Volksmund behauptet ja, daß er in der Main- ebene überhaupt die katholischen Dörfer meidet. Einzelne Exemplare sieht man mitunter auf den Waldwiesen herum- stelzen ; früher stellten sie den Fröschen nach, seit der Trocken- periode müssen sie sich mit Mäusen begnügen. Mehrere bei- sammen habe icli niemals gesehen. Fast verscliwunden sind auch die größeren Raubvögel. Früher gehörten die beiden Milane, Milviis Korschun Gm. und milvus (L.) geradezu zur Staffage des Mains; man konnte sie in den Mittagsstunden regelmäßig über der Wasserfläche schweben und allerlei dahintreibende Nahrung aufnehmen sehen. In den letzten Jahren sind sie verschwunden, angeblich weil ein paar alte Bäume an Gogels Gut bei Frankfurt, auf denen seit vielen Jahren ihre Horste standen, gefällt worden sind. Nur ganz ausnahmsweise verirrt sich einmal ein W a n d e r f a 1 k beim Durchzug an den Main, nocli viel seltener ein Fisch- adler. Auch die verschiedenen kleineren Räuber nisten kaum in unserem Wald, doch kann man Sperber, Turmfalken und Bussarde häufig über dem Wald schweben sehen. Auch der Kolkrabe ist lange verschwunden. Es ist mir auch nicht be- kannt, daß er in den Waldungen der Ebene überliaupt noch nistet. Jagdbare Vögel gibt es im Schwanheimer Walde fast gar nicht. Der Birkhahn mag zu allen Zeiten gefehlt haben, ob- wohl er in den Waldungen bei Hanau manchmal beobachtet wird. Der Auerhahn ist lange verschwunden. Früher muß er vorgekommen sein; alte Frankfurter Akten aus dem sieb- zehnten Jahrhundert melden nach Scharf f, daß die Isen- — 174 ~ burgische Regierung' die Bestrafung des Sachsenhäuser Kuh- hirten verhängte, weil er Auerliäiine ausgenommen. In den Weistümern aus dem vierzehnten Jalirhuiulert ersclieint ein zur höheren Jagd gehörender Vogel, des.sen Erlegung mit einer schweren Strafe gebüßt wurde, die „ßermeese". Was sie eigent- lich g'ewesen, weiß niemand. Jedenfalls hat man damals nicht daran gedacht, eine Meisenart oder die Meisen überhaupt ihres Nutzens für die Landwirtschaft, resp. für den im ersten Mittel- alter noch kaum existierenden Obstbau zu schützen, wie Schar ff im „Recht der Dreieich" meint. Es kann sich nur um den Auerhahn handeln, der immer zur hohen Jagd gehört hat; ich liabe aber niemals in Erfahrung bringen können, daß derselbe irgendwo mit einem ähnlich klingenden Namen belegt werde. Im Frankfurter Wald in der Nähe der Gehspitz haben wir einen Distrikt P i r m e n und den sumpfigen P i r m e n s e e , in dem der Hengstbach versinkt. Ob diese Namen mit Bermeese zusammen- hängen können, mögen die Herren Germanisten ausmachen. Übrigens spricht auch Buri 1740 dieselbe Ansicht aus. Der Fasan wurde wahrscheinlich im Beginn des acht- zehnten Jalirhunderts in die Mainzer Waldungen eingesetzt. Wir finden ihn zum erstenmal erwähnt in der Forstordnung von 1740, die der Amtmann Graf Stadion in Höchst erließ. „Wer der Fasanen oder der Feldhühner Eier aushebt, vertritt, oder sonst beschädigt, wird mit empfindliclier Schantzenstrafe oder auch mit Landesverweisung bestraft." So recht haben die Fasanen hier nicht gedeihen wollen. Nur in dem dichten ver- wachsenen Bruch an der Kelsterbacher Grenze kann man sie noch gelegentlich hören oder noch seltener sehen. Zum Schusse kommt der Fasan recht selten. Rebhühner liegen in einzelnen Ketten nicht selten auf den Waldwiesen. Die Schnepfe, einst im Bruch häufig, ist seit Jahren immer seltener geworden ; nur wenn zur Zugzeit im Taunus Schnee fällt, kann der Jäger auf Beute rechnen. Auch die Wildtaube kommt nur selten vor. Von den sonstigen größeren Vögeln sieht man die gemeine Rabenkrähe sehr häufig auf den Wiesen, wo sie den Mäusen und Engerlingen nachstellt, die Saatkrähe seltener. Verhält- nismäßig nur wenige nisten hier; ihre Kolonien, denen sie abends zufliegen, befinden sich jenseits des Mains. Da das Klärbecken und die städtischen Kehrichtjjlätze ihnen ein sicheres — 175 — Futter für eleu AVinter bieten, sind sie selir liäutig o■e^vo^(.len und werden dem Bauer durch ilire Vorliebe für die keimenden Maiskörner lästig, so daß mau die Feldhüter mit ihrer Ver- folgung beauftragt und dazu mit alten Jagdflinten ausgerüstet hat. Doch sind beide Rabenarten zu schlau und zu vorsichtig, als daß ihnen auf diese Weise sonderlich viel Abbruch ge- schehen könnte. Der Häher ist noch ziemlicli häutig; er scheint im Winter aus dem verschneiten Taunus zuzuwandern. Die Elster dagegen — liier „Geister" genannt, davon Kelster- bach — , noch vor vierzig Jahren in mehreren Paaren im Dorfe und seiner nächsten Nähe nistend, ist so gut wie voll- ständig verschwunden und nistet meines Wissens nicht mehr in der Gemarkung. Auch den Wiedeliopf sielit man nur selten, während man den Euf des Kuckucks überall, auch im Felde, häutig genug verninnnt. Verliältnismäßig sehr häufig ist der Pirol; in jedem Walddistrikt liört man seine cliarakteristischen Flötentöne, aber mir äußerst selten bekommt man ihn trotz seiner auffallenden gelben Färbung zu Gesicht. In den Höh- lungen der alten Eichen nisten in traulicher Gemeinschaft Stare, T u r m s c h w a 1 b e n und Fled e r m ä u s e in gro ßer Zahl. Versuche, den Star in ausgeliängte Xistkästchen ins Dorf zu locken, Ijleiben absolut erfolglos. Wohl aber hat seit einer Reihe von Jahren eine Anzalil Stare allwinterlich in dem Gewirre einer Glyzine unter meinem Hausdach Schutz gesucht und den Winter gut überstanden. Im Walde selbst sieht man Stare im Winter kaum. Die Kolonie von Uferschwalben in der Kiesausschachtung, von der ich in meinem „Führer" be- richtete, ist mit dem Aufhören der Kiesentnalmie und der Ab- witterung der steilen Wand wieder verscliwunden. Von den Singvögeln sind die gemeinen deutschen Arten so ziemlich vollständig vorhanden : Amsel, Drossel, Mönchs- grasmücke, Buchfink, die Laubsänger, vereinzelt auch die Bachstelze. Die Nachtigall soll vorkommen, aber ich habe ihren Schlag niemals gehört. Sehr reichlich sind die Meisen vertreten, für die in neuerer Zeit vielfach Nistkästen ausgehängt werden. Audi die Sumpf m eise baut einzeln im Urwald ihr kunstvolles Nest. Im Winter werden sie von vielen Obstzüchtern aus guten Gründen gefüttert und halten dafür be- sonders auch die vielen Spalicrbäume im Dorf von Ungeziefer — 176 — frei. Auch im Felde wird man in der iSchwanlieimer Ge- marliung selten so furchtbar zerfressene Obstbäume sehen wie um viele Dörfer der Wetterau. Nicht ohne Interesse ist, daß die Amsel erst in den letzten Jahren sich dazu bequemt hat, auch in den Dorfgärten ihr Nest zu bauen und die Nachbarscliaft durch ihren Gesang- zu erfreuen. In den Frankfurter Anlagen ist sie schon seit mehr als dreißig Jahren massenhaft angesiedelt. Eine Zunahme der Singvögel ist in den letzten Jahrzehnten durchaus niclit zu verzeiclmen gewesen, obwohl es hier mit dem Wegfangen und Ausnehmen der Jungen nicht so schlimm ist wie in manclien anderen Waldgegenden, da es fast nur von Neuzugezogenen geübt wird. Aber es fehlen die dichten Hecken an den Waldrändern, die den Singvögeln sichere Nistplätze bieten, und bis zur Anlage von Nistgehölzen ist man noch nicht vorgeschritten. Neuerdings fehlt es ihnen auch an dem nötigen Trinkwasser. Doch haben wir jetzt zwei Vogeltränken im Walde, die eine neben dem Forstgarten am Pfingstacker, die andere an der Liegehalle des Krankenwagenvereins an der Rechten Wiese. Eine dritte, in ihrer Art einzige, befindet sich am Fuße einer der riesigen Buchen gegenüber der Liege- halle. Von den mächtigen, aus dem Boden hervortretenden Wurzeln des Baumes hat sich eine wieder gegen den Stamm zurückgebogen und bildet hier ein Naturbecken, in dem sich das am Stamm herablaufende Wasser sammelt und merkwürdig lange frisch erhält (Fig. 11). An der Rückseite des Stammes aber springt halbkugelig ein Aststumpf vor, der oben ausgehöhlt ist und nun fast wie ein Weihwasserbecken aussieht, das auch meistens mit Wasser gefüllt ist. Die Stelle mag wohl auch Kleinsäugern bekannt sein ; mein Terrier versäumt es bei heißem Wetter nie, dort zu trinken. An der Liegehalle kann man übrigens oft genug beobachten, daß die Eichhörnchen von den Bäumen herabkommen und an der Tränke ihren Durst löschen. Von den Spechten war der große Schwarzspecht lange Zeit völlig verschwunden. Dann hörte man eine Zeitlang seinen unheimlichen Ruf, der mit einem gellenden Lachen schließt, häufiger; jetzt ist er wieder ziemlich selten geworden. Grünspecht, großer und kleiner Buntspecht sind häu- fig und kommen im Winter auch ins Dorf. Den reizenden 177 kleinen Banmläiifer sieht man ziemlich häiilig" an den Baum- stämmen auf und ab laufen: der Wendehals scheint ziemlich selten. Auch der Zaunkönig ist nicht allzuhäufig'. Unser Heimatmuseum besitzt ein Nest von ihm, das ganz aus Farn- kraut gebaut ist.^j Das Goldhähnchen habe ich nur zur Fig. 11. Natürliche Tränke am Stamm einer alten Buche. Zugzeit beobachtet. Der Zeisig kommt in ganzen Truiips und tut sich am reifen Erlensamen gütlich. Verhältnismäßig selten hört man den Ruf der Käuzchen. Namentlich der Steinkauz, Athene nodua Scop., ist mit den hohlen Obstbäumen aus den Baumstücken verschwunden. Den Waldkauz, Syrnium aluco (L.), hört man noch etwas häufiger, doch nicht melir so häufig wie vor dreißig Jahren; auch ihn bedrückt die Wohnungsnot. Die S c h 1 e i e r e u 1 e , Strix flammea L., habe ich nur ganz selten zu Gesicht bekommen, die Ohre nie, *) Kichtiger: besaß; das prächtige Nest ist im vorigen Jahre aus der kleinen Sammlung entwendet worden. 12 — 178 — Aegolius otus L., nie. Auch an Scheunentoren angenag'elt liabe ich sie niemals gesehen. Von dem Uhu weiß man natürlich g-ar nichts mehr ; er mag zu allen Zeiten liier gefehlt haben, wenig- stens als Nistvogel. Fig. 12. Große Trappe, Otis tarda L., bei Isenburg am 26. Januar 1893 erlegt, ('^/is n. Gr.^ Noch haben wir einen verschwundenen Vogel zu erwähnen, wenn er auch kein eigentlicher Waldvogel war. Noch voi' vierzig Jahren wurde die große Trappe gar nicht selten in unserer Gemarkung gesehen, in die sie aus der Riedebene ge- langte. Der schlaue Vogel wußte sich vor den Jägern wohl zu — 179 — bergen, den draußen beschäftigten Bauern aber kam er ungeniert nalie. Jetzt habe ich in vielen Jahren nichts mehr von ihm gehört. Außer einzelnen Exemplaren in den Museen der um- liegenden Städte zeugt von seiner früheren Existenz nur noch eine auch allmählich verschwindende Redensart; wenn einer recht geuzt werden soll, sagt man : „Mer wollenen uff de Trappefang scliicke." Im Ried soll der prächtige Vogel übrigens noch vorkommen, und es ist nicht ausgeschlossen, daß er gelegentlich auch bei uns wieder einmal auftaucht. M Recht arm, wie in einem moorigen Sumpfwald nicht anders zu erwarten, sind die Kriechtiere vertreten. Von Schlangen findet man ganz selten einmal nach der Kelster- bacher Grenze hin die gemeine Ringelnatter Tropidonotus ncctrix L. ; sie ist die einzige ihrer Klasse. Neuerdings ist zwar im Oberwald einigemal die glatte Natter, Coronella austriaca Laur. s. laevis Merr., gefunden worden; aber es ist nocli jedesmal gelungen, den Terrarienbesitzer festzustellen, der sie ausgesetzt hatte. ^) Häufiger ist die Blindsclileiche, doch kann man auch sie nicht gemein nennen. Selbst die Zaun- eidechse, Lacerta agilis Wolff, ist nicht überall allzu häufig, obwohl man sie an sonnigen Grabenrändern nur selten ver- geblich suchen wird. Die Bergeidechse, Lacerta vivipara Jacq., fehlt selbstverständlich. Von den F r o s c h 1 u r c h e n ist der Laubfrosch verhält- nismäßig recht häufig und wird von einigen Aquarienfreunden gezüchtet. Die beiden Frösche Rana fusca Rös. und esculenta L. waren früher ungemein häufig; aber seither fehlte ihnen im Frühjahr das Wasser zum Laichen, und so sind sie recht selten geworden, selbst in den feuchtesten Teilen des Waldes. Ver- einzelt unter ihnen findet sich die größte Merkwürdigkeit des Schwanheimer Waldes, der Springfrosch, Rana agilis T\\om. ^) Ein bei Offenbach im Winter 1829/30 von Hofrat Hauch ge- schossenes Exemplar wird in dem Senckenbergischen Museum aufbewahrt, ebenso das abgebildete Exemplar (c^, Fig. 12), das am 26. Januar 1893 von Schreinermeister J. Kraut bei Isenburg erlegt worden ist. ^) Im letzten Jahre sind übrigens die Funde so zahlreich geworden, daß wir eine Einbürgerung der Natter annehmen müssen. Die Verhältnisse sind ja für ihr Gedeihen sehr günstig und an Eidechsen ist im allgemeinen kein Mangel. 12* — 180 — (Fig. 13), kenntlich an seinen langen Hinterbeinen, die, wenn nach vorn geschlagen, weit über den Kopf hinausragen. Von den echten Kröten trifft man gelegentlich alle drei Arten: Bufo vulgaris Laur., calamita Laur. und viridis Laur., doch im Feld und in der Nähe des Mainufers häufiger als im Walde. Die Knoblauchkröte, Pelobates fuscus Laur., ist Fig. 13. Springfrosch, Bana agilis Thomas, (n. Gr.) in letzterer Zeit in einzelnen Exemplaren im Schwanheimer Feld gefangen worden; auch die Geburtshelferkröte, Alytes obstetricans Laur., soll daselbst vorkommen. Die beiden Unken, B omhinator pachi/2^us BonSiii. und igneus LiSiUr., fehlen. Von den S c h w a n z 1 u r c h e n ist der gelbgefleckte Feuer- salamander, Salamandra maculosa Laur., kaum als im Schwan- heimer Wald einheimisch zu betrachten ; doch ist in den letzten — 181 — Jahren einmal ein Exemplar in dem Walde nahe der Kelster- bacher Grenze gefunden worden. Die Wassermolche waren in den feuchten Zeiten massenhaft in den WaldgTäben vertreten; sie haben sich jetzt in die feuchtesten Partien zurückgezogen und sind auch dort nicht mehr häufig. Es kommen noch die drei Arten der Ebene vor: der Streifenmolch, 3foIge vul- garis L., der Bergmolch, M. alpestris Laur., und der seltene Kammolch, M. cristata Laur. Von einer Fischfauna kann man höchstens in dem untersten Teil der Schwarzbach und dem Hauptgraben auf Kelsterbacher Gebiet sprechen. Früher, wo die Gräben noch das ganze Jahr hindurch Wasser führten, fand man an manchen Stellen den Stichling, Gasterosteus aculeatus L., in großer Anzahl. Im Frühjahr aber bei höherem Wasserstand stiegen starke Hechte im Hauptgraben aufwärts bis zu dem Weg, der nach der Ludwigsbahnstation führt, um in den Gräben ihren Laich abzusetzen. Exemplare von 3 bis 4 Pfund Gewicht wurden noch in den siebziger Jahren fast in jedem Frühjahr gefangen. Daß wegen des Fischfanges in der Schwarzbach und in den Goldsteiner Gräben bis in die neueste Zeit ein erbitterter Rechtsstreit schwebte, habe ich oben schon erwähnt. Daß das Molluskenleben, was die Landschnecken an- betrifft, nicht sonderlich reich ist, kann keine Verwunderung erregen. Sand, Kies, Moorboden und Aulehm sind gleich un- günstig für die Weichtiere. Durch die lange Trockenheit sind sogar die Nacktschnecken selten geworden. Die gemeine Weg- sch necke, Ar ion empiricoruni ater L., kam früher außer auf dem Sand überall in Massen vor ; jetzt findet man sie nur noch ganz vereinzelt in und an faulenden Baumstämmen. Auch die Weinbergschnecke, Helix pomatia L., ist im Unterwald recht selten geworden, ebenso die W a 1 d s c h n i r k e 1 s c h n e c k e , Tachea nemoralis L., und die gesprenkelte Schnirkel- sch necke, Arianta arbustorum L. Etwas weiter verbreitet ist die rötliche Schnirkelschnecke, Monacha incarnata Müll., aber man findet sie in neuester Zeit nur ganz vereinzelt. Unter faulem Holz im Urwald trifft man bisweilen die gemeine Glanz seh necke, Hyalinia nitidiila Drap. Auch von den Wiesen ist das früher reiche Molluskenleben verschwunden. Früher brauchte man am Bande der Gräben nur ein wenig — 182 — Moos auszuraufen oder ein Stück Holz aufzuheben, so konnte man sicher sein, eine g'anze Anzahl allerding-s nur kleinerer Schnecken anzutreffen: Zonitoides nitidus Müll., Hyalinia cry- stallina suhterranea Bgt., H. hammonis Ström., Fatula rotundata Müll., Patida pygmaea Drap., Vallonia costata excentrica Sterki, Cionella luhrica Müll., Caryclüum minimum L., Papilla muscorum L., und verschiedene winzige Vertigo. Heute lindet man sie nur noch ganz vereinzelt an den feuchtesten Stellen. Die reiche Süßwasserschneckenfauna ist aus dem eigent- lichen Schwanheimer Wald eben anscheinend ganz verschwunden ; aber gerade dieses Jahr hat mir den Beweis geliefert, daß die beiden Charakterformen Linmaea ovata Drap, uiul L. glabra Müll. s. dongata Drap., die ich ausgestorben glaubte, sich an den feuchtesten Stellen des Unterwaldes und in dem unteren Teil des Hauptgrabens auf Kelsterbacher Gebiet erhalten haben und nur auf feuchtere Zeiten warten, um ihr altes Wohngebiet wieder in Besitz zu nehmen. Die sonst immer mit ihnen zusammen vorkommende Aplcxa hypnoruin L. ist mir in ganz jungen Exemplaren — die wegen ihrer nach links gerichteten Älündung unverkennbar sind — gebraclit worden, hält sich also auch noch. Limnaea ovata erreiclite frülier im Hauptgraben der Schwan- heimer Wiesen eine Höhe von 30 mm und war namentlich in dem Gewirre von Hottonia p)ah(,stris, das große Strecken erfüllte, sehr häutig. Ich habe solche Prachtexemplare in der Fort- setzung von „Roßmäßlers Iconographie" (Bd. V Nr. 1257) und in dem ersten Nachtrag zu meiner „Fauna von Nassau" abgebildet. Sie erreichen ihre höcliste Ausbildung im Frühjahr und laichen dann auch. Aber nicht in jedem Jahre wachsen sie zu derselben Größe. Im Jahre 1876 fand ich die abgebildeten riesigen Stücke (Fig. 14 a und c). Im Herbst trocknete der Fundort vollständig aus, aber tote Stücke fand ich kaum, während die mit ihnen zusammenlebende kleine Form der Posthornschnecke, Planorhis corneas L., massenhaft tot herumlag. Im Frühjahr 1877 aber, nach einem ziemlicli milden Winter, fand ich die Limnäe schon im März massenhaft; sie hatte also die Trockenperiode, im Schlamm tief eingegraben, ohne Schaden überstanden. Aber keins von diesen Exemplaren wurde größer als 18 bis 20 mm, sie hatten also im Winter das Wachstum, das sie im Herbst versäumt, nicht wieder einholen können. — 183 — Limnaea glabra Müll. (Fig. 14 b und d), eine der interessan- testen Wassersclinecken unseres Waldes, weil ihr Vorkommen in Süd- nnd Mitteldeutschland auf den Frankfurter Wald bescliränkt ist, erscliien früher regelmäßig schon in den ersten Frühlings- tagen, sobald die Eisdecke verschwand, und war immer gesellig und an der Oberfläche des Wassers freischwimmend. Ich habe sie schon Anfang März in copula und laichend beobachtet. Sie schien völlig verschwunden, wurde aber im Sommer 1906 in einem schlammigen Wiesenstück am Walde wieder aufgefunden. Auch die beiden kleineren Schlamm seh necken L. peregra ]\lüll. uiul L. fusca C. Pfr. werden sich wohl hier und Fig. 14. a mul c Limiutea ocata Drap., b und d Limnaea tjlahra Müll, e Flanorhis cornciis L. (n. Gr.) da erhalten haben, so daß beim Wiedereintreten feuchterer Witterung von der Gattung Limnaea wohl keine Art fehlen wird. Die große Schlammschnecke, Limnaea stagnalis L., habe ich in den (rräben des Schwanheimer Waldes nie beobachtet, während sie jenseits des Maines überall häufig ist. Von den Tellerschnecken war die Posthornschnecke, Flanorhis corneus L., früher im Hauptgraben der Schwanheimer Wiesen zahlreich vertreten, aber das moorige Wasser schien ihr nicht ganz gut zu bekommen. Sie blieb klein, flach und war an den innersten Windungen meistens melir oder minder angefressen, liäuflg sogar durchlöchert mit einem Mittelloch von 2 mm Durchmesser (Fig. 14 e). Viele Exemplare waren auch mehr oder minder unregelmäßig aufgewunden, andere enthielten — 184 — perlenartige Perlmutterkonkretioiien. Ob sie sicli nocli irg-eiidwo erhalten hat, weiß ich nicht. Auch die glänzende, durch innere Scheidewände ausgezeichnete Segmentina nitida ]\Iüller, die in einigen kleinen Wiesengräben massenhaft lebte, scheint der Trockenheit erlegen zu sein. Der Schwanheimer Wald war noch vor dreißig Jahren das gelobte Land für die Frankfurter Insektensammler. Die letzten drei Jahrzehnte haben seinen guten Ruf schwer beein- trächtigt. Die seit 1882 andauernde Trockenheit hat gar manche Pflanze verschwinden lassen, die zahlreichen Insekten Nahrung bot, so vor allen Dingen die Salweide, die sich nur noch ganz vereinzelt findet, die Zitterpappel und gar viele, Feuchtigkeit liebende niedere Pflanzen. Aber noch mehr zu dem Rückgang der Insektenfauna mögen die Dämpfe der Gries- heimer und Höchster Fabriken beigetragen haben, die bei trockenem Wetter als Staub, bei Regen und Schnee in gelöster Form auf die Blätter niederfallen und sie für Raupen und Larven ungenießbar machen. Die Trockenheit hat freilich auch eine angenehme Folge gehabt : Schnaken und graue Fliegen haben erheblich abgenommen und werden nicht lästiger als in anderen Teilen des Ebenenwaldes auch. Aber immer noch birgt der Wald gar manche Seltenheiten, die ein Sammlerherz erfreuen können. Es kann indessen nicht unsere Aufgabe sein, würde auch den zur Verfügung stehenden Raum weit über- schreiten, wenn wir die in unserem Walde vorkommenden In- sektenarten hier zusammenstellen wollten. Nur einige der auf- fallenderen und allgemein bekannten Arten seien kurz erwähnt. Der Maikäfer war vor vierzig Jahren außerordentlich häufig in dem Schwanheimer Eichwald, so häufig, daß die Wiesen unter den Verheerungen der Engerlinge fast zugrunde gingen und die Landwirte sicli mit dem Gedanken trugen, die Wald- wiesen zeitweise in Ackerland umzuwandeln. Manche schrieben den Schaden freilicli auch den Krähen zu, die massenhaft auf den Wiesen saßen und mit den Schnäbeln in den Boden stachen und dabei Grasbüschel ausrupften. Die Käfer verschwanden mit einem Schlag; das Jahr kann ich freilich nicht genau an- geben, da man auf solche Erscheinungen ja erst viel später aufmerksam werden kann. Aber seit mindestens drei Jahrzehnten ist der Maikäfer in der Gemarkung Schwanlieim eine Selten- — 185 — lieit geworden, und man wundert sicli, wenn an einem schönen Maiabend einmal ein Exemplar vorüberbrummt; die Kinder kennen ihn nur nocli aus den alten Liedern. Nur im Tannen- wald nach Kelsterbach hin wird er noch in starken Flugjahren häufiger beobachtet. Daß ein ähnliches Verschwinden des Mai- käfers in anderen Gegenden der Dreieich beobachtet worden, ist mir niclit bekannt. Der Taunus hat nacli wie vor seine Flug'jahre. in denen zu A])we]irmaßreg"eln gegriffen werden muß. Für die nähere Umgebung Frankfurts bemerkt übrigens auch der absolut zuverlässige Prof. ZieglerM ein Seltenwerden des Maikäfers. Er sagt : „In den letzten Jaliren ist der Maikäfer hier weniger häufig gewesen und sogar seinem vierjälirigen Massenersch einen untreu geworden. In einzelnen Jahren bekam icli liierselbst nicht einen einzigen zu Gesicht und konnte auch keine sichere Angabe erhalten, während er zur selben Zeit in der Umgegend verheerend auftrat." Wenn Ziegler dazu bemerkt, daß ausgedehnter Nadelwald oder baumarme Land- striche in einigen Fällen die Ursache der Begrenzung zu sein schienen, so dürfte dies für den Schwanheimer Wald ganz ent- schieden niclit zutreffen. Weniger bekannt dürfte das häufige Vorkommen des haarigen Älaikäfers, Anoxia villosa F., sein, der erst gegen Ende Juni fliegt ; er gleicht unserem gemeinen ]\Iaikäfer im Fluge vollständig, ist aber durch das zottig behaarte Brustschild und den Mangel des „Stachels" am Hinterende sofort von ihm zu unterscheiden. Der Walker, Polyphylla fuUo L., scheint in unserer Ge- markung nicht einheimisch zu sein. Aber es vergeht kaum ein Jahr, in dem mir niclit ein oder das andere Exemplar gebracht wird, jedenfalls aus der Darmstädter „Dann", immer als ein unbekanntes, den Leuten auffallendes Tier. Ich erinnere mich mit Vergnügen daran, daß mir gerade in den Jahren, in denen man die Einwanderung des amerikanischen Kartoffelkäfers be- fürchtete, mehrmals Exemplare gebracht wurden, mit der An- frage, ob das der Kartoffelkäfer sei. Die beiden Charakterkäfer des Schwanheimer Waldes sind der Hirschkäfer, Lucanus cervuslj.^\\\\(\. der langhornige ^) ,,Tierphänologische Beobachtungen zu Frankfurt am Main", Bericht der Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschait, 1892 S. 53. 186 Bockkäfer, Ceramhyx Äero.s Scop. s. cerdo L. Beide entwickeln sich in den alten Eiclien und deren WurzeLstöcken. Der Hirsch- käfer ist es aber niclit, der die alten Eiclien so furchtbar zurichtet, wie die beistehende photographische Abbildung (Fig. 15) zeigt; seine Entwicklung- erfolgt unter der Erdoberfläche, am ]\[ulm Fig. 15. Zerstörung der Eincle einer alten Eiche durch Bockkäfer. alter Stöcke und Wurzeln. Im gesunden Stamm bohrt nur der große Bockkäfer, der Eichenspießbock, wie man ihn wohl auch nennt. Er ist niclits weniger als selten, aber zu Gesicht be- kommt man ihn am Tage nicht oft. Wer ihn sammeln will, muß abends kommen imd die Stämme mit der Laterne ableuchten. Versuche, ihn mit Zigarrendampf aus den Gängen zu treiben, — 187 — haben uns schon ein paar interessante alte Eichen gekostet, in denen das Wnrmmehl in Brand geriet ; die alten Gänge wirkten dann wie Znglöcher, nnd das Feuer hatte den ganzen Stamm durchfressen, ehe es in hellen Flammen ausbrach. Die alten Eichen beherbergen noch ein paar von den Sammlern sehr geschätzte Käfer, die aber dem Nichtfachmann nicht leicht zu Gesicht kommen. So den Jnchtenkäf e r, Osmoäerma eremita Scop., und zwei schöne Rosenkäfer, Potosia speciosissima Scop. und marmorata F. Eine Anzahl alter Kirschbäume auf Kelsterbacher Gebiet, aber dicht an der Schwanheimer Grenze, sind dem Sammler als Fundstelle eines seltenen Prachtkäf ers, Anthaxia Salicis F., bekannt. An offenen, sonnigen Stellen des Schwanheimer Waldes lebt ein Insekt, das unbedingt zum Landschaftsbild gehört. Wenn man an warmen, hellen Sommertagen dem Geleise der Waldbahn, von der Unterschweinstiege nach Schwanheim zu, entlang geht, wird man allenthalben, besonders aber im niedrigen Grase unter den tausendjährigen Eichen ein schmetterlingsartiges Tier beobachten können, das mit blau und schwarz gezeichneten Flügeln in kurzem, niedrigem Fluge dahinschwirrt. An der Stelle, wo das Tier im Gras verschwunden, sucht man aber vergeblich nach einem Schmetterling; nur eine dicke, graue Heuschrecke wird sichtbar, die sich beim Herannahen des Be- obachters auf die Flucht begibt, ilire Flügel ausbreitet und dabei auf den ünterflügeln die bunte Färbung zeigt, die einen Schmetterling vorgetäuscht hatte. Dieser so sehr von seinen deutschen Stammesgenossen abweichende Grashüpfer ist die blaullügelige Feld heusch recke, Oedipoda caendescens L. , die übrigens im Schwanheimer Gebiet auch eine rotiiügelige, aber seltenere Form (var. miniata Pali.) ausbildet. Gerade unheimlich abgenommen an Arten- wie an Indi- viduenzahl haben in den letzten drei Jahrzehnten die Schmetter- linge. Den großen Eisvogel, den Schillerfalter, der früher sehr häufig war und selbst in die Dorfgärten hineinkam, sieht man kaum mehr; im Jahre 1911 war sogar der kleine Eisvogel, Limenitis sibylla L., der sich sonst massenhaft in den Schneisen herumtrieb, nur noch ganz vereinzelt zu beobachten, und auch die großen Perlmutterfalter sind seltener geworden. Ob den Raupen die mit Ruß und Niederschlägen überzogenen — 188 — Blätter niclit mehr munden? Forstschaden entstellt, wie es ja in der Regel im gemiscliten Walde der Fall zu sein pflegt, durch Eaui^en nur ausnalirasweise. Selbst in den Jahren, in denen sich in den ausgedehnten Darmstädter Wäldern die Nonne und die T a n n e n g 1 u c k e sehr unangenehm bemerklich machten, war nur die erste hie und da zu bemerken. Die Tannenglucke habe ich damals nur in wenigen Exemplaren in dem nun verschwundenen Kiefernwald an der Griesheimer Fabrik gefunden; die elektrischen Licliter der Fabrik mochten sie an- gelockt haben. Der häufigste Schädling war in der letzten Zeit der Schwamm spinner, Liparis dispar 1j., dessen schwamm- artige Eierhaufen man fast an jeder Eiche sah. Doch kann er allein dem Walde keinen großen Schaden tun. Noch zu erwähnen sind ein paar Insekten, die unserem Walde in Verbindung mit der Trockenheit schweren Schaden zugefügt haben. Die Kiefernblattwespe, Lophyrus pini L. , hat ein paar Sommer hindurch unserem Kiefernstangenholz schweren Schaden getan, indem sie die jungen Triebe, die ohnehin wegen der Trockenheit nur schwach ausfielen, abfraßen und dadurch die Bäume zum Absterben brachten. Zwei Winter hindurch durften nur dürre Bäume gefällt werden, zum schweren Schaden der Gemeindekasse, ganz abgesehen von der dadurch entstandenen Störung des Betriebs. In den abgestorbenen Stämmchen bürgerten sich aber die verschiedenen Borkenkäfer- arten in Masse ein und brachten auch ihrerseits manchen noch lebenden Stamm zum Absterben. Endlich sind noch zwei interessante Krebsformen zu erwähnen. In dem Rodsee im Urwald findet sich nicht selten ein Kiemen fuß, Cheirocephalus grübet Dyb., der schon ganz früh im Jahre erscheint und im vergangenen Winter schon im Dezember in jungen Exemplaren zu finden war, und der Kiefenfuß, Äpus eancriformis Schaff., der nur zeitweise auf- tritt, aber in den beiden verflossenen Jahren in den Gräben am Wald massenhaft beobachtet wurde. 189 Eine zoologische Sammelreise nach der Insel Pelagosa und entlegeneren Küstengebieten der Adria. Mit 16 Abbildungen von Philipp Lehrs. Mitten im Meer, italienischen wie illyrisclien Gestaden der Adria gleich fern, ragt einsam aus blauer Flut ein Eiland : Pelagosa. So vereinsamt und weltentrückt träumt es dahin, daß wohl die wenigsten von uns es auch nur dem Namen nach kennen. Und doch verdient es in mehr als einer Beziehung unser Interesse. Ist es doch mit den ihm vorgelagerten Inselclien und Riffen einer der wenigen Überreste aus längst entschwun- denen Zeiten, da die Verteilung von Land und Wasser im Mittelmeergebiet einen wesentlich anderen Anblick bot als heute. Was wir heute als die italienische oder Apenninhalbinsel anzusehen gewohnt sind, war damals ein sehr unhomogenes Landgebiet, ein Teil jenes fast gänzlich untergegangenen Kon- tinentes der „Tyrrhenis", dessen Hauptreste wir in den gewaltigen Gebirgmassiven der beiden großen Inseln Korsika und Sardinien noch vor uns haben. Eine Anzahl kleinerer Inseln — es seien ^) Ein * vor der Bezeichnung der einzelnen Abbildungen bedeutet: „Nach einer im Wiener botanischen Universitätsinstitut be- findlichen Photographie". Einige dieser von Dr. Egon Galvag ni (Wien) aufgenommenen Landschafts- und Vegetationsbilder sind als Illustrationen dem lesenswerten Aufsatz „Fünf Tage auf Österreichs fernsten Eilanden" von Dr. August Ginzberger (Wien), Adria, 3. Jahrg. Heft 5—7, Triest 1911, beigegeben. — 191 — nur Elba und Monte Christo g-enannt — ragt noch zwischen ihnen und dem Festland aus dem Meeresteil, der heute die Westküste Italiens bespült, und der den Namen des Tyrrhenischen Meeres trägt. Das Adriatische Meer, das heute die scheinbar so natürliche östliche Begrenzung Italiens darstellt, ist aber ebensowenig wie dessen Westküste als eine sehr alte Bildung anzusehen. Freilich erscheint die Ostküste der Apenninhalbinsel weit weniger ge- gliedert; Inselgebiete irgendwelcher Art gibt es hier fast gar nicht — mit einer Ausnahme : zwischen Ancona und Bari in der Provinz Foggia schiebt sich eine fast halbinself örmige, zudem stark gebirgige Landausladung ins Adriatische Meer vor, das Promontorio Gargänico oder der Monte Gargano, der „Sporn am italienischen Stiefel". Ihm vorgelagert sind in geringer Entfernung die Tremiti-Inseln, weiter draußen, nordostwärts, die winzige und, wie ihr Name sagt, selir flache Insel Pianosa, und weiterhin in gleicher Richtung erhebt sicli die Pelagosa- gruppe. Es folgen dann in erheblich größerem Abstand die ausgesprochen dalmatinischen Inseln Cazza, Cazziol, Lagosta, Lagostini und schließlich Meleda, das sich langhingestreckt dem dalmatinischen Festlande deutlich nähert. Und so dürfen wir in Pelagosa den Mittelpfeiler einer dereinstigen Land brücke erblicken, die Italien mit Dalmatien verbunden hat. Diese Annahme erfährt durch geologische, botanische und zoologische Befunde starke Stützen. Zunächst hat sich ergeben, daß das ganze Nordbecken der Adria eine Flachsee von höchstens 200 m Tiefe darstellt, während südöstlich von Pelagosa bald Tiefen von 1200 m und mehr gefunden werden. Das Nordbecken der iVdria dürfte somit lange Zeit ein Binnensee gewesen sein und nur das Südbecken schon länger mit dem Mittelmeer zusannnengehangen haben. Die in flachem Bogen verlaufende, vorhin bezeichnete Inselkette aber, früher ein zusammenhängender Landrücken, war dann der Damm, der beide Meeresteile schied. Beweise für die Richtigkeit dieser Annahme vermag außer den geologischen und botanischen Verhältnissen vor allem die genauere Kenntnis der landbewohnenden Tierwelt zu erbringen. Zu einer solchen Kenntnis waren aber bislang nur Ansätze vorhanden. Auch die bisherigen geologischen Fest- — 192 — Stellungen, meist Arbeiten italienischer Forscher, ließen an Zuverlässigkeit nianclierlei zu wünschen übrig. Immerhin ver- sprach die Erkundung der Landfauna noch am meisten, besonders, wenn die bisher nur sehr lückenhaft bekannte Tierwelt des entschieden in Betracht kommenden Garganogebietes damit verglichen werden konnte. Denn obwohl Pelagosa nahezu in- mitten der Adria gelegen ist und politisch jetzt zu Dalmatien, also zu Österreich, gehört, weisen doch mehrfache und deutliche Bezieliungen von hier auf Italien hin. Als daher im Frühling 1911 ein geologischer Kollege, Dr. W. von Seidlitz, Privatdozent an der Universität »Straß- burg, den Entschluß faßte, anschließend an ein anderes Mittelmeer- problem der Frage nach dem italienisch-dalmatinischen Festland- zusammenhang in den bezeichneten Grebieten näherzutreten, wurde begreiflicherweise in mir der Wunsch rege, bei dieser Gelegenheit auch die faunistischen Verhältnisse schärfer ins Auge zu fassen. Sehr zu begrüßen war es daher, daß die Senckenbergische Naturforschende Gesellschaft, indem sie mir den Anschluß an die Reise meines Freundes ermöglichte, dem Unternehmen tatkräftige Unterstützung lieh, und ich möchte nicht verfehlen, hierfür aucli an dieser Stelle meinen wärmsten Dank auszusprechen. Vor gerade zehn Jahren hatte ich Gelegenheit gehabt, mich über einige Vertreter der Landfauna Pelagosas zu orien- tieren, als der Wiener Botaniker Dr. A. Ginzb erger die Insel besuchte und die Freundlichkeit hatte, mir Einblick in das dort und namentlich auch auf Mellisello, einem gleichfalls meerfernen Eiland, gesammelte Eidechsenmaterial zu gewähren. Die damaligen Befunde weckten den lebhaften Wunsch nach ausgiebigerem Vergleichsmaterial. Für den einzelnen ist es aber nicht ganz leicht, diese entlegene Inselgruppe überhaupt zu erreichen. Regelmäßige Verbindungen existieren nicht, da nur eine der Inseln, Pelagosa Grande, wenn auch ganz spärlich, bewohnt ist, nämlich von der Mannschaft des 1875 hier errichteten Leuchtturmes. Vordem war auch sie ganz unbewohnt und von Seefahrern eher gemieden als aufgesucht. Schon frühzeitig aber erkannten die Sardellentischer von Comisa auf Lissa, der nächstgelegenen, wenn auch immer noch fast 75 km entfernten größeren Insel Dalmatiens, die Bedeutung der — 193 — PelagosagTuppe als Stützpunkt für den mit kleinen Segelbarken betriebenen Fischfang. Und als 1866 in der Seeschlacht bei Lissa der österreichische Admiral Tegetthoff die Übermacht der italienischen Flotte unter Conte P e r s a n o geschlagen hatte, kam Pelagosa, die bisher herrenlose oder wenigstens von Italien nie besetzte Insel, formell an Österreich, das 1873 davon Besitz ergrilf und in den folgenden Jahren den mächtigen Leuchtturm erbauen ließ, der jetzt den höchsten Punkt der Insel krönt. Eine Besatzung wurde notwendig und damit eine, wenn auch nur gelegentliche Verbindung mit der Außenwelt. Bald ist es ein Dampfer der Seebehörde in Triest, bald ein Proviantkutter, der den Leuten bringt, was not tut; denn außer ein paar Hühnern und dem bescheidenen Gemüsegärtlein steht ihnen auf der Insel selbst wenig zu Gebote. In der guten Jahreszeit, im Sommer, finden sich jetzt wohl zahlreicher als früher ganze Flottillen von Sardellenfischerbarken ein, um meist mehrere Wochen lang die Gewässer um Pelagosa abzufischen. Ihre Benützung bietet dann eine der wenigen Möglichkeiten, die Insel zu erreichen; aber abgesehen von der unter Umständen sehr langwierigen Überfahrt — von Comisa aus selbst im besten Fall etwa fünfzehn Stunden — und der Abhängigkeit von Wind und Wetter, ist man dann oft auf Wochen, und noch dazu auf ganz unbestimmbare Frist, förmlich „ausgesetzt". So ist es schon angenehmer und vorteilhafter, ein Dampf- fahrzeug zu benützen, und da von den oben erwähnten Schilfen der Seebehörde keins fällig war, wandten wir uns mit einem Gesuch direkt an die k. u. k. Marinesektion in Pola, die unseren Wünschen, sobald es ihr möglich war, auch in dankenswertester Weise entsprochen hat. Dies konnte jedoch erst später, gegen Anfang Mai hin, geschehen, und so sahen wir uns veranlaßt, unser übriges Programm vorher zu absolvieren. Am 1. April hatten wir Triest mit einem nicht eben sehr glanzvollen Schiff des Österreichischen Lloyd, dem ein wenig altersschwachen „Grafen Wurmbrand", verlassen und nach einer Fahrt von reichlich 32, statt knapp 16 Stunden Spalato erreicht. Allerdings war an dieser ausgiebigen Verzögerung vornehmlich das böse Nebelwetter schuld, das die Fahrt durch das Insel- gewirr vor Zara sehr erschwerte. Im Canal di Selve war außerdem ein größerer Küstendampfer der Ragusaea-Linie auf- 13 — 194 — gelaufen, den abzusclileppen unser Schiff rülimliclie, aber leider vergebliche und zeitraubende Versuche machte. Von Spalato aus wurde nun zunächst die Insel L i s s a in Angriff genommen. Von dem gleichnamigen, auf der Ostseite gelegenen Hafenort aus — Comisa ist der westliche Hafen- platz — , den wir zum Standquartier wählten, wurde die Insel nach Möglichkeit durchquert, wobei namentlich geologisch sclion Dörpfelds Kaiserhaus auf Leukas (Ostküste) mit der Bucht von Nidri und dem Stavrotas (1141 m) darüber, vom Eiland Maduri aus. v. Seidlitz phot. recht merkwürdige Einzelheiten beobachtet wurden. Auch die Ausbeute an eigenartigen Reptilienformen war befriedigend; nur wurde dem Sammeln durch bald eintretende Eegengüsse ein frühes Ziel gesetzt. Am 7. April kam endlicli der große Warendampfer des Lloyd, der auch eine begrenzte Zahl Passagiere befördert — die lediglich dem Personenverkehr dienenden Schiffe des Lloyd, besonders die sog. „Eildampfer", verkeliren nur bis Cattaro — und uns südwärts zu den Ionischen Insehi bringen sollte. — 195 — Bekannt nnd viel g-enannt ist, besonders seitdem der Deutsche Kaiser die Frühlings wochen auf dem von der Kaiserin Elisabeth von Österreich dort erbauten Schloß Achilleion zuzubringen pflegt, fast nur die nördlichste von ihnen, Corfu (griechisch: Kerkyra). Die übrigen vier, Leukas (neugriechisch Levkäs gesprochen, nach seinem Hauptorte auch Santa Maura genannt), ferner die größte: Kephallenia (=-- Cefalonia), die kleinste: Corfu. Westküste bei Palaeokastrizza. v. Seidlitz phot. Thiaki (= Ithaka), die fruchtbarste : Zakyntho (= Zante), sind bei uns weniger bekannt. Unser Ziel aber war Leukas. Dort hat seit einer Reihe von Jahren Wilhelm Dörpfeld, der bekannte Archäolog (der dann gerade in der Folgezeit vom Kaiser, als dort die neuen großen Funde gemacht wurden, nach Corfu berufen ward), aus eigener Initiative umfassende Ausgrabungen unternommen, die bedeutende Reste aus einer sehr frühen griechischen Kultur- periode zu Tage förderten. Nach seiner Auffassung handelt es sich dabei um die Auffindung der Heimat des Odysseus, so 13* — 196 — daß wir also in der heutigen Insel Lenkas das liomerisclie Ithaka zu erblicken hätten. Auf seinen Wunsch sollten von meinem Freunde Seidlitz g-enauere Untersuchungen an Ort und Stelle vorgenommen werden, um die Frage, ob Leukas auch schon in frühester historischer Zeit, wie Dörpfeld annimmt, eine ausgesprochene Insel gewesen sein kann, aucli vom natur- wissenschaftlichen Standpunkt aus zu beleuchten. Monte Gargano von Maufredonia aus. v. Seidlitz phot. In der Morgenfrühe des 7. April gingen wir in Lissa an Bord, trafen dort einen dritten Gefährten, den jungen Tübinger Prähistoriker Bersu, und am Abend stieß in Cattaro noch Prof. Dörpfeld selbst zu uns. Nach dreitägiger Fahrt wurde Leukas erreicht. Nahezu vierzehn Tage emsigen Sammeins und Beobaclitens folgten nun. Dann ging es über Corfu nach Brindisi und von dort mit der Bahn über Bari nach Foggia. Von Foggia führt eine Seitenbahn nach Manfredonia, das in einer Bucht am Fuß des Monte Gargano gelegen ist. Von hier aus sollte in etwa — 197 — fünf Tagen dieser merkwürdige, ganz isoliert aus der apulisclien Ebene aufragende Gebirgsstock durchquert werden. Alles war aufs sorgsamste vorbereitet ; durch die Behörden und Kommandos in Foggia und Ancona waren die Sindaci der kleinen Gebirgsorte und die jeweiligen Carabinieri-Stationen von unserem Kommen und unseren Zwecken verständigt, so daß wir ohne unnötigen Zeitverlust und in freundlichster Weise unterstützt uns unseren Monte Gargano. Ostküste bei Canjano. v. Seidlitz phot. Beobachtungen widmen konnten. Auch die Bevölkerung erwies sich allenthalben gefällig und hilfsbereit. Es kommt hinzu, daß die Leutclien durcli ihre Abgeschlossenheit vom übrigen Italien sich eine Naivität und Unverdorbenheit bewahrt haben, die man anderw^ärts im Königreich nicht so leicht wieder linden wird. Auch die Landschaft mutet oft, wiewohl südlich, doch recht „unitalienisch" an. Wo fänden wir wohl sonst noch auf der Apenninhalbinsel derart ausgedehnte Waldungen von herr- lichsten Buchen und Eichen, derart mächtig entwickelte Eiben- bäume, wie wir sie im nördlichen, dem Meere näher gelegenen Monte Gargano. Eibenbäume bei Vico. v. Seidlitz phot. Monte Gargano. Straße Vico — Rodi mit Opuntien, v. Seidlitz phot. — 199 — Teil des Gargano trafen. Gleichwohl ließen sich geologisch mancherlei Anklänge an das seiner Wälder freilich längst be- raubte Dalmatien nicht verkennen, und auch unter den Reptilien fanden sich wieder Eidechsenformen, die stark an dalmatinische erinnerten: besonders ein noch niclit allzulange gelöster Zu- sammenhang mit der Pelagosa-Rasse prägte sich deutlich aus. In den ersten Maitagen mußten wir uns leider trennen; Seidlitz und Bersu fuhren, da ihre Zeit um war, über Bologna und Mailand dem Gotthard zu. In Ancona nahmen wir Abschied, und ich reiste von dort aus zu Schiff noch am nämlichen Tage nach Zara, am nächsten ^lorgen nach Sebenico. Von hier aus sollte die Inselfahrt unternommen werden. Sebenico, in einer fjordartigen, geschützten Bucht etwa in der Mitte zwischen Zara und Spalato gelegen, wird von größeren Schiffen seltener angelaufen; es ist aber eine der wichtigsten Torpedobootstationen der Kriegsmarine. Die Teilnahme an einer der größeren Rondefahrten eines dieser prachtvoll fahrenden Boote war mir liebenswürdigerweise gestattet worden und somit eine Falirgelegenheit geboten, die wohl selten erreichbar ist. Die Wetterlage war keineswegs günstig. Aber schließlich wurde nach einigem Zuwarten die Fahrt am 5. Mai doch an- getreten, und zwar an Bord des „Tb. VII", eines ganz modernen, nach englischem Typ gebauten Torpedobootes, das mit Naphtha geheizt wird, also gar keine oder doch nur minimale Rauch- entwicklung aufweist. Der Kommandant, Linienschiffsleutnant John F 0 c k , und der zweite Offizier, Fregattenleutnant Anton Reich, zeigten sich in der liebenswürdigsten Weise nach jeder Richtung hin entgegenkommend und hilfsbereit. Ihrer ver- ständnisvollen Unterstützung und Berücksichtigung meiner Wünsche ist nicht zum geringsten Teil der in so kurzer Zeit erreichte Erfolg zu verdanken. Wir nahmen zunächst Kurs auf San Andrea, eine kleinere Insel, die etwa 23 km westlich von Lissa entfernt liegt, um das ihm südlich vorgelagerte Scoglio (:= Felseiland) Mellisello (serbokroatisch = Brusnik) zu erreiclien, das ganz aus vul- kanischen Gesteinsmassen besteht, während S. Andrea haupt- sächlich aus Kalkscliichten aufgebaut ist. Außerdem ist S. Andrea mit dichtem Buschwald bedeckt, Mellisello dagegen fast vege- tationslos. Die Jolle wurde ausgesetzt, und der zweite Offizier * Mellisello. Galvagni phot. : : ,_. "-"■ ..^ ■^■<:'£=?^IÄ-'^- ■ .' ■ ' -^-r- \M^ Wt^^^^ mmmmm-^ • ■ '■":■- .' ■ <-,' . '"i --f -■. -•..iil * Insel Lissa. Blick auf Comisa vom Berge Hum (die Landspitze weist die Richtung auf S. Andrea). Galvagni phot. üttifa»^ * Gestade von Mellisello. Galvagni phot. Ausfahrt aus dem Hafen von Lissa (im Hintergrund die langgestreckte Insel L^sina, davor ein Teil des Seeschlachtfeldes), v. Seidlitz phot. — 202 — betrat mit mir das schwärzliche Geklipp. Die Sonne stand schon schräg", sie war den ganzen Tag über nur wenig zum Vorschein gekommen. Aber beim Umwälzen verschiedener Steine wurden doch einige der schönen schwarzblauen Eidechsen {Lacerta serpa Rafin. var. mellisellensis Braun) erbeutet, die in solcher Ausprägung- bis jetzt nur dort gefunden worden sind. Einige Geckos {Hemidactylus turcicus L.) folgten, und dazu gesellte sich noch eine Anzahl Landschnecken. Mit diesen Tierchen, mit Pflanzen und Gesteinsproben kehrten wir an Bord zurück, um vor Dunkelheit noch das westlich vorgeschobene, aus dem gleichen Kalkgestein wie S. Andrea bestehende Scoglio Kamik zu erreichen. Hier fanden sich außer sehr vielen Landschnecken nur die Gelege unzälilbarer Mövenscharen (fast alles Larus argentatus Brünnich). Dann ging's bei sinkender Dämmerung mit östlichem Kurs nach dem Hafen von Lissa, wo übernachtet wurde. Um 6 Uhr morgens dampften wir aufs neue los und erreichten in 2^1 2 Stunden Fahrt (Segelbarken brauchen mindestens die sechsfache Zeit) P e 1 a g 0 s a Grande. Silberweiß stieg es im Glanz der Morgen- sonne vor uns auf. Mit der Jolle näherten wir uns seiner Nordwestbucht, einer immerhin auch nur bei ganz ruhigem Wetter möglichen Landestelle — wir hatten glücklicherweise „Bonazza", Windstille. Wieder ging der zweite Offizier mit mir an Land, diesmal in Begleitung eines Matrosen und mit einem guten Jagdgewehr versehen. Und in blendend weißem Lichte schimmerte uns das Gestein entgegen; weißlich-silbern glänzte seine eigenartige Pflanzendecke. Der alte Coda, der Kommandant des Leucht- turms, kam uns freundlich entgegen; wir begrüßten aucli seine Familie, und dann ging es an die Jagd, denn wir mußten unsere Zeit wohl ausnutzen. Die Rollen wurden verteilt: der Offizier botanisierte und pirschte einige Vögel an (ein Turmfalke und ein Würger wurden erbeutet), der Matrose half unter des guten Coda Leitung Steine schlagen, und ich selbst suchte möglichst viel kriechendes Getier einzuheimsen. Zahlreiche schöne Eidechsen jener zart-laucligrün getönten Pelagosa-Rasse {Lacerta serpa Rafin. var. pelagosae Bedr.) wurden erbeutet, daneben mannigfaltige Landschnecken. Aus der mit Gips und einer Kalkbreccie gefüllten „Cava" östlich des Leuchtturm- Pelagosa Grande von Pelagosa Piccola aus (von 0 nach W). Galvagni phot. Die Bucht „Stara Vlaka" (Landestelle im NW) auf Pelagosa Grande. Galvagni phot. * Artemisia arhorescens auf Pelagosa Grande. Galvagni phot. Pelagosa Grande. Blick vom Leuchtturm auf Pelagosa Piccola hin (von W nach 0). Galvagni phot. — 205 — liauses konnten auch einige fossile Sclineckengehäiise geborgen werden. Immer wieder wurden wir durch den ganz unvergleichlichen Anblick der zarten, lichten Farbentöne gefesselt, in die die ganze Insel wie eingetaucht erscheint. Das Gestein ist über- wiegend hellfarbig, die Pflanzendecke nahezu ausschließlich. Dabei ist der Farbton aller Blätter und Stengel ein fast edelweißartiger: zartestes Blaugrün mit einem Pelz weißlicher Härchen besetzt, was geradezu einen Silberton erzeugt. Bäume und Sträucher fehlen zwar ganz; doch bildet ein baumartiges Wermutgewächs {Artemisia arborescens) stellenweise, besonders an den Hängen der Nordseite, ein dichtes Gebüsch. Noch an vor Steilheit kaum zugänglichen Stellen wuchert die schöne Flockenblume (Gentaurea ragtisina), die auf Pelagosa Piccola durch die noch zierlichere C. friderici ersetzt wird, eine Pflanze, die von uns später auch noch auf dem Scoglio Pomo gefunden wurde. Außer auf Pelagosa Piccola und auf Pomo kommt dieses botanische Rarissimum auf der ganzen Erde überhaupt nicht weiter vor. Die Scheidestunde nahte. Es hieß eilen ; denn am gleichen Tage mußte noch Pomo erreicht werden, und die Witterung drohte wieder weniger günstig zu werden. Man geleitete uns zur Felsbucht hinab bis ans Boot. Die Herzlichkeit der ganz mit dem elementarsten Leben und Weben der Natur verwachsenen Inselbewohner hatte etwas Rührendes, als sie uns die Hand zum Lebewohl drückten. Wir stießen ab, das Torpedoboot nahm uns auf, die Maschine begann zu arbeiten, die Wasser kräuselten hinter uns auf, und mit nordwestlichem Kurs ging es davon — hinter uns tauchte in Licht und Meerflut zurück Pelagosa! Unser wackerer Kommandant hatte noch ein gutes Werk getan, indem er ein bei der absoluten Windstille hilflos an den Ort gebanntes „Trabakel", eins jener schwerfälligen Fischer- boote, ein gut Stück Weges von der Insel abschleppte; den armen Teufeln hat dies wohl einen halben Tag angestrengten Ruderns erspart. Im Westen hatte sich in der Ferne Gewölk verdichtet; eine Art Nebelglocke setzte ein, als endlich am Nachmittag die steile Pyramide des Pomofelsens aus der dunkelviolett ge- wordenen See vor uns auftauchte. Wir setzten die Jolle wieder S-L« — 207 — aus, umfuhren das turmartig auftrotzende Gefels und suchten nach einer Landungsmögiichkeit ; nur an einer Stelle schien sie gegeben. Und auch jetzt noch, nachdem der Ansprang gelungen, mußte dreimal der Versuch des Aufstiegs wiederholt werden, ehe wir eine begehbare Halde erreichten. Diesmal hatte der Kommandant selbst den Wunsch gehabt, mich zu begleiten, um das sogar von der Marine sehr selten erreichte Scoglio etwas kennen zu lernen. Wie die Bergziegen kletterten wir vorsichtig aufwärts; aber bei der feuchtigkeitgesättigten Atmosphäre des Tages, die alle Steinfläclien mit einem schlüpfrigen Überzug versah, war dies außerordentlich mühsam. Höher hinauf vor- zudringen ist, selbst ruhiges, trockenes Wetter vorausgesetzt, überhaupt nur geübten Kletterern möglich. Von den auf Pomo angeblich heimischen, ebenfalls dunkelgefärbten Eidechsen war nichts zu entdecken ; locker liegende, ausgedehnte Schutthalden wie auf Mellisello gibt es liier nicht ; ein Erbeuten durch Steine- umwälzen ist also ausgeschlossen. Aber Schnecken, ein winziger Skorpion, Mövengelege, darunter auch eins mit eben ausschlüpfen- den Jungen, deren piependen Lauten wir nachgegangen waren, fanden wir ; dazu die seltene Centaurea friderici und noch einige andere Pflanzen. Auch Gesteinsproben in beschränkter Zahl wurden mitgenommen. Als wir glücklich wieder im Boote angelangt waren, wurde noch einmal eine Höhlung an der Nordwestseite Pomos untersucht, wo man bis tief hinab ins indigo violette Wasser sah, in dem Seenelken, Seesterne und Schaltiere die jäh absinkenden submarinen Felswände besetzt hielten. Schließlich begann ein ausgiebiger Sprühregen; wir strebten unserem Torpedoboote zu, und in voller Fahrt dampften wir nordwärts, den letzten düsteren Felszahn jener unterseeischen Gebirgswelt immer weiter hinter uns im Grau entschwinden sehend. Der sonnige Eindruck aber, mit dem uns Pelagosa entlassen, vergoldete im Rückschauen alles andere. So ging unsere Insel- und Scoglienfahrt zu Ende. Daß sie überliaupt ausgeführt werden konnte, daß es möglich war, in so kurzer Zeit so viel zu sehen, zu beobachten, zu vergleichen und zu sammeln, war ganz besonders dem einzigartig freund- lichen Entgegenkommen aller beteiligten Faktoren der öster- reichischen Kriegsmarine zu verdanken. Ihnen allen auch an dieser Stelle meinen wärmsten Dank auszusprechen, besonders — 208 — dem k. ii. k. Haf enadmiralat in Pola, ferner dem Stations- kommandanten von Sebenico, Fregattenkapitän Kittel, dem Kommandanten des Tb. VII, Linienschiffsleutnant Fock, se-inem zweiten Offizier, Fregattenleutnant Reich, sowie der ganzen wackeren Mannschaft des Torpedobootes, ist mir eine liebe und ehrlich empfundene Pflicht. Der weitblickende Standpunkt, den die österreichische Marine einnimmt, wenn es sich darum handelt, direkt oder indirekt Zwecke der Landesdurchforschung zu fördern und zu unterstützen, kann gar nicht hoch genug eingeschätzt werden. Was ein Land wie Dalmatien überhaupt ohne diese Marine wäre — es sei hier nur an die Aufforstung an den Hafenstationen erinnert — , ist heute gar nicht mehr abzusehen. Daß immer noch genug ungelöste Aufgaben bleiben, auch hier an der Schwelle Europas, weiß niemand besser als diejenigen Forscher, die seit Jahren um die Erkundung mittelmeerischer Probleme sich mühen. Wir jüngeren Zoologen sind gewohnt, öfters die Ansiclit zu hören, daß es doch wohl unser heißestes Bemühen und Streben sein müsse, weit draußen in tropisclien Gebieten große Forschungs- und Entdeckungsreisen zu unter- nehmen; in unserem alten Europa sei ja docli alles Wissenswerte längst erforsclit und gut bekannt. Gewiß, es ist etwas Herrliches auch um jene großen Expeditionen in weiteste Fernen; aber nur zu oft und deutlich sehen wir, wie wenig wir noch im eigenen Hause, dem alten Europa, genauen Bescheid wissen, und jeder neue Versuch, weiter zu gelangen, bringt uns aufs neue die Erkenntnis, daß es vor der Schwelle dieser eigenen Behausung noch so unendlich vielerlei zu keliren und aufzuräumen gibt : daß es namentlich zur Ausbreitung und Vertiefung unserer Kenntnisse von der Natur der Mittelmeerländer noch lange Zeit erneuter gründlicher Forschungen und hingebender Studien bedürfen wird. 209 — Besprecliiiiigen. Neue Bücher. Brehms Tierleben. Vierte, vollständig neubearbeitete Auf- lage, herausgegeben von Prof. Dr. Otto zur Strassen.^) 10. Band. Säugetiere. Neubearbeitet von Ludwig Heck. 1. Band. XX und 580 S. mit 51 Tafeln und 100 Abbildungen im Text. Gr.-S*^. Leipzig und Wien (Bibliographisches Institut) 1912. Preis in Halbleder gebunden M. 12. — . Als zehnter Band des Gesamtwerkes ist nun nach drei Bänden „Vögel" — es sind im ganzen deren vier geplant — auch der erste der in Aussicht genommenen vier Bände „Säugetiere" erschienen, deren Bearbeitung Ludwig Heck, der Direktor des Zoologischen Gartens in Berlin, über- nommen hat. Entsprechend dem in den Vogelbänden durchgeführten Plan ist neben der Systematik der Entwicklungsgedanke überall zum Ausdruck gebracht. So beginnt der vorliegende Band unter Zugrundelegung des Trouessart sehen Katalogs mit den nieder st organisierten Ordnungen der Säugetiere : den Kloakentieren, Beuteltieren, Insektenfressern, Flattertieren und Zahnarmen (Erdferkel, Schuppentiere und Xenarthra) und gibt am Schluß eines jeden größeren Abschnittes einen kurzen Überblick über die Vorgeschichte der Ordnungen und ihre stamniesgeschichtliche Ent- wicklung, soweit dies die spärlichen paläontologischen Funde erlauben. Als Einleitung zu sämtlichen vier Bänden schildert ein mit zahlreichen anatomischen und histologischen Abbildungen ausgestatteter „Blick auf die Gesamtheit der Säugetiere" ihre ontogenetische Entwicklung und ihren Körperbau im allgemeinen unter Hervorhebung der besonderen, ihnen zu- kommenden Eigenschaften, durch die sich die Säuger von den übrigen Wirbeltieren, namentlich den Vögeln, unterscheiden. Ihre geistigen Fähig- keiten werden unter Hinweis auf E d i n g e r s vergleichend - anatomische Gehirnforschungen geschildert, ebenso ihr Träumen und Spielen, ihre Lebens- weise, ihre Wohnbauten und Brutpflege, wie auch ihre Wanderungen und ihre geographische Verbreitung. Auch bei den einzelnen Ordnungen werden 1) Siehe 42. Bericht 1911 S. 257. 14 — 210 — die charakteristischen Züge des anatomischen Baues und seiner Beziehungen zu den Lebensäußerungen ihrer Vertreter hervorgehoben und durch vor- treffliche Abbildungen illustriert. Neben der streng wissenschaftlichen Beschreibung der Gattungs- und Artcharaktere nehmen zahlreiche Einzelbeobachtungen, die in den verschiedenen Jagd- und Tierliebhaber-Zeitschriften des In- und Auslandes niedergelegt sind, den gebührenden Raum ein, vor allem aber die interessanten Be- obachtungen an gefangengehaltenen Tieren, zu denen unsere zoologischen Gärten auch dem Laien in immer höherem Maße Gelegenheit geben. So finden wir z. B. an mehreren Stellen die scharfsinnigen Beobachtungen Paul Cahns aus dem hiesigen Zoologischen Garten über verschiedene Känguruhs, u. a. die von ihm „Macropus rnfiis occidentalis" benannte rote Riesenkänguruh-Art und über das seltene Kugelgürteltier in den Text ein- gestreut. Auch die neuesten Tierimporte sind berücksichtigt, so der höchst eigenartige, hochbeinige Schwarzstacheligel {Proechidna nigroaculeata Rothsch.) des Amsterdamer Gartens und eine andere Proechidna-Art, die erst vor kurzem in die Schönbrunner Menagerie gekommen ist. Es ist wohl über- haupt kein einziges ,,im zoologischen Garten oder Museum nicht ganz ungewöhnliches Säugetier" im neuen B r e h m unerwähnt geblieben. Die im Verhältnis zu früher wesentlich bessere Gelegenheit zur Be- obachtung der Tiere in der Gefangenschaft ist auch von maßgebendem Einfluß auf die Herstellung der vorzüglichen Abbildungen gewesen, durch die die neue Auflage neben den beibehaltenen besten Textfiguren (Holzschnitten) des alten Brehm ausgezeichnet ist. Teils sind es in meisterhafter Technik ausgeführte Drei- und Vierfarbendrucke nach lebenswahren Originalen unserer ersten Tiermaler, wie Ha r tig, Kühne rt, Specht u. a, teils Natur- aufnahmen, zu denen auch die Amateur Photographie höchst schätzens- werte Beiträge geliefert hat (z. B. die Aufnahmen der verschiedeneu Känguruh-Arten von A. Ellin ger und K. Priemel, des Kugelgürteltiers von H. Gollischonn und des Weißbauch-Schuppentiers von Frau Dr. M. Roeßler und F. Winter aus dem Frankfurter Zoologischen Garten). So ist es gelungen, Brehms Ti erleben, das uns allen von Jugend auf ans Herz gewachsen ist, in seiner alten Form und seinem alten Geiste, aber verbessert durch die Errungenschaften der neuesten Forschungen und Technik, in einer Weise neu zu gestalten , die ihm seinen alten Weltruf sichert. K.-W. 211 Aus der Scliausammliing. Der Chiru oder die Tibet-Antilope. Mit 2 Abbildungen. Der Chiru, PaniJwlops lioclysoni Hoclg., erhielt seinen wissen- schaftliclien Xamen von und zugleich nach dem ersten Europäer, der ihn zu Gesicht bekommen hat. Mr. Hodgson, gleichzeitig Naturforscher und Sammler, kam als englischer Resident in dem nordindischen Reiche Nepal im Jalire 1824 oder 1825 in den Besitz des ersten lebenden Exemplares, dessen Decke und Schädel er später der Asiatic Society in Kalkutta schenkte. Eingeborene Jäger hatten schon früher von dem Chiru bericlitet. Den Namen Fantholops, der „Einhorn^' bedeutet, führt diese Antilope deshalb, weil die herrliclien, beinahe senkrecht stehenden Hörner sich von der Seite gesellen genau decken, und hierdurch mögen die Erzählungen tibetanischer Hirten und Jäger über das Vorkommen eines Einhorns in Tibet, womit sie den Chiru meinten, ihre Erklärung finden. Unsere Antilopen bevölkern das Hochplateau nördlich und südlich des Himalaja in einer Meeresliöhe von 4000 bis 5000 ni in Rudeln von fünf bis zwanzig, manchmal auch bis vierzig, höchst selten nur in großen Herden von einigen Hundert Stück. Zurzeit finden wir den Fantholops südlich des Himalaja nur noch im eigentlichen Tibet und auch dort nur selten; wie Przewalski jedoch berichtet, kommt er in den Hochländern Turkestans, nördlich des Himalaja, wo die Eingeborenen ihn Orongo nennen, noch häufiger vor. Die Höhe des ausgewachsenen Tieres beträgt etwa 80 cm am Widerrist; da es aber meistens den Kopf mit den langen Hörnern stolz erhoben trägt, erscheint es viel imposanter. 14* — 212 — Daß der Cliiru ein Bewohner kalter, rauher Gegenden ist, verrät schon sein Fell. Die Haare liegen nicht, wie bei den meisten Antilopen, glänzend glatt an dem Körper an, sondern stehen, dicht und wollig ineinander gewirrt, aufrecht auf der Haut, und jedes einzelne ist nochmals in feinem Zickzack gewellt, so daß es sich förmlich in sein Nachbarhaar einhaken kann. Die Farbe ist auf dem Rücken ein fahles Gelbbraun, das nach dem Bauch zu heller wird. Mehr originell als schön sieht der Kopf des Männchens aus: er hat, wenn ich so sagen darf, „geschwollene Backen", und ein naturgetreu „ausgestopftes" Stück wird immer den Ein- druck machen, als ob der Präparator sich mit den Backen einen Scherz erlaubt hätte. Die Hörner des Männchens — das Weibchen hat keine — sind lange, nur leicht geschweifte, seitlich etwas zusammen- gedrückte Spieße, vorn mit tiefen Einkerbungen und von schwarz- grauer Farbe ; die des Eekordstückes erreichen eine Länge von 70 cm, der Krümmung nach gemessen, während unser Exemplar solche von 54 cm hat; es darf also immerhin schon als gut angesprochen werden, da keins der fünfundzwanzig von General Kin loch erbeuteten Gehörne über 60 cm maß. Nach dem Bericht dieses eifrigen Jägers „Large Game of Tibet and North India" lebt der Chiru tagsüber auf den Hoch- ebenen in der Nähe von weiten, schluchtartigen Tälern der Gletscherflüsse. Hier schlägt er sich kleine Höhlungen im Boden aus, groß genug, um ihn selbst aufzunehmen, die ihn gleichzeitig vor kalten Winden und vor den Augen seiner Feinde schützen, wo- bei ihm auch noch die Farbe seiner Decke vortrefflich zustatten kommt, die sich beinahe vollständig der umgebenden Steppe anpaßt. Außerdem genießt er aber noch den Schutz einer merkwürdigen Erscheinung, einer Art von Fata Morgana : die dünne Atmosphäre jener Steinöden nämlich vibriert während der grell sonnigen Stunden des Tages einige Fuß über der Erde dermaßen, daß sie auf große Entfernung hin oft kräuselnde Wasserflächen vortäuscht, in denen der lagernde Chiru voll- ständig verschwindet. Morgens und abends steigt er dann zur Äsung in die Flußtäler hinab, wo er sich die dort spärlich wachsenden Gräser und Kräuter sucht. Die Brunftzeit beginnt nach Przewalski spät im November o a — 214 — und dauert ungefähr einen Monat. Zu dieser Zeit, ähnlich wie bei unserem Hirsch, äst der starke Bock nur selir wenig- und verliert schnell das Feist, das er während des Sommers an- g-esammelt hat. Mancher Bock hat ein Rudel von zehn bis zwanzig- Stück weibliches Wild, die er eifersüchtig- vor jedem Rivalen behütet. Mit gesenkten Hörnern stürmt er unter dumpfem Blöken g-egen den Nebenbuhler an, und die langen Spieße haben schon oft den Tod eines der Kämpfer herbeigeführt. Von seinem Harem darf sicli kein Stück ungestraft entfernen ; sollte ein Tier sich zu weit weg wagen oder versuchen, das Rudel zu verlassen, so eilt ihm der Bock nach und treibt es mit unsanften Hieben wieder zu den anderen zurück. Nach der Brunftzeit trennen sich die Böcke und Schafe, und die verschiedenen Ge- schlechter scharen sich manchmal in großen Rudeln zusammen. Die Jungen werden im Juli geworfen. Die Mongolen und Tanguten, ebenso die Lamas, halten den (Jrongo für heilig und verschmähen den, nach Przewalskis Bericlit, vorzüglichen Braten. Der Chiru wiegt zwischen 80 und 100 Pfund. Bis jetzt ist noch kein Exemplar lebend nach Europa gekommen, und auch in den Museen zälilt der Pantholops zu den Seltenheiten. , -r ,■ -,■ A. Lotichms. Die große» Eisenmeteoriteii aus Deutscli-Südwestjifrika. Mit 2 Abbildungen. Alljährlich stürzen aus dem Weltenraum unter Schall- und Lichterscheinungen zahlreiche — nach F. Berwerths Schätzung über 900 — Stein- oder Eisenmassen auf die Erde nieder, die man als Meteoriten bezeichnet. Das eingehende Studium der Stücke, deren Fall durch Augenzeugen bestätigt werden konnte, hat eine ganze Reihe für diese fremden Gäste charakteristischer Merkmale erkennen lassen, so daß man im- stande ist, auch für solche Exemplare, über deren Niedergang weder mündliche noch schriftliche Überlieferungen vorliegen, die kosmische Herkunft festzustellen. Hierher gehören auch die großen Schaustücke, die am Eingang des Mineraliensaales in der Mitte der vorderen Wand aufgestellt sind. Unter ihnen fallen besonders zwei mächtige o eri _S s i s TS p ^ pO s o CO o cS CO o O ft O OS CO CO eS o Ö Ol CO be _' -^ CO X o3 S-l >- ^ 2S ^ 13 hr :=! CO ^ CD O o 3 'S CO CO S !=l - tu 3 o Q 's o o s > CO 3 .,-^ Werner u. Winter, Frankfurt a. M. — 255 — Der Scliwanheimer Wald. III. Die Pflanzenwelt. Mit 20 Abbildungen von W. Kobelt. Der Schwanheimer Wald ist ein G e ra e i n d e w a 1 d , dessen Ertrag' für den Gemeindeliaushalt von der allergTößten Bedeu- tung ist. Er wird deshalb so stark in Anspruch genommen, als es die gestrenge Forstbehörde erlaubt, und es wird an ihn nicht mehr an Kulturkosten angewandt, als unbedingt nötig ist, und auch das erst seit verhältnismäßig kurzer Zeit. Rein- kulturen, das Ideal des Forstmannes, in denen ein Baum neben dem anderen steht, alle von gleichem Alter und möglichst gleicher Stärke, natürlich jede Holzart für sich, findet man deshalb nur ausnahmsweise: eigentlich nur bei der Kiefer, die jetzt ge- schlossen den größten Teil der Kelsterbacher Terrasse bedeckt. Ich habe vor vierzig Jahren auch da noch mächtige Eichen und Buchen stehen sehen, und der prachtvolle Buchenhochwald südlich der Grenze auf Frankfurter Gebiet beweist, daß auch anspruchsvollere Holzarten auf dem Kiesboden gedeihen. In der neueren Zeit aber wird auch ein Abschnitt des wunder- schönen Mischwaldes, der noch vor kurzem den Raum zwischen der Helle und den Waldwiesen bedeckte, nach dem anderen kahl abgetrieben und in regelmäßigen Reihen mit Eichen oder Buchen bepflanzt. Aber der weitaus größere Teil des Schwanheimer Waldes ist doch noch Mischwald, in dem nicht nur alle mög- lichen Laubhölzer, sondern auch Kiefern und Fichten bunt durch- einander stehen, und in dem man eine mehr oder minder rationelle sog. Plänterwirtschaft betreibt. Das heißt, man haut die Fig. 1. Tausendjährige Erle; in ihrem Schatten der Verfasser. — 257 — stärksten Stämme heraus und pflanzt in die entstehenden Lücken entweder jung-e, besonders herangezogene Pflänzchen, oder man überläßt die Ausfüllung der Natur und den von der Luft heran- getragenen Samen. Diese Art der Bewirtschaftung gilt im all- gemeinen für eine rückständige und ist es ja auch. Aber es kommen doch Verhältnisse vor, unter denen sie ihre sehr großen Vorzüge hat. Wo Erlen, Aspen, Birken und Hainbuchen einen wichtigen Teil des Bestandes bilden und ihr Holz als Brennholz mindestens ebenso wertvoll ist wie das Stammholz von Eichen und Buchen, wird es dem rationellsten Forstmann nicht ein- fallen, kostspielige Reinpflanzungen anzulegen. Er wird die Erlen und Hainbuchen fällen, sobald sie stark genug sind, und wird sie sich durch Stockausschlag verjüngen lassen, und er wird den Ersatz der Birken und Aspen dem anfliegenden Samen überlassen und die Zwisclienpflanzung von Eichen dem Häher, die von Buchen den Wühlmäusen. So ist es in den bruchigen Teilen unseres Waldes seit Jahrhunderten gehalten worden und nicht zu seinem Schaden. Das Ausschlagvermögen der Erlen und Hainbuchen ist ja ein nahezu unbegrenztes. Unsere ältesten Bäume im Walde sind nicht die weitberühmten und vielge- nannten „tausendjährigen Eichen", von denen kaum eine über 400 bis 500 Jahre alt ist; es sind vielmehr die kreisförmi- gen Gruppen von Erlen, Hainbuchen und Linden, manchmal zehn und mehr stattliche Bäume zusammen, 2 bis 3 m im Durchmesser. Sie sind die direkten Ausschläge eines und desselben Wurzelstocks, der vor tausend und mehr Jahren einen aus einem Samenkorn entstandenen Stamm trug, den vielleicht ein alter Frankensiedler als Brennholz fällte. Aus dem Stumpfe kamen ein paar Ausschläge,' von denen zwei dicht zusammenstehende zu Bäumen emporwuchsen; nach hundert Jahren waren sie stark genug für Scheitholz; sie wurden gefällt, und eine neue Generation sproßte aus der Wurzel. Dieser Vorgang mag sich bei manchen Stammgruppen mehr als zehnmal wieder- holt haben, ohne daß das Leben des Wurzelstockes einmal unter- brochen wurde. Im Schwanheim er Sumpfwald kann man alle Übergänge von dem einfachen, aus Samen entsprossenen Stamm bis zu uralten Stammgruppen beobachten. Nicht minder alt sind aber auch manche Einzelstämme oder auch Doppelstämme (Fig. 1), die sich über dem Boden nicht getrennt, sondern einen mäch- 17 — 258 — tigen, seltsamen Knorren gebildet haben, der zum Teil morsch und verfault ist und, mit präclitigen Farnkräutern und Moosen besetzt, ein wunderbares Bild bietet, wie man es in dem richtig bewirtschafteten Forst der Neuzeit kaum zum zweitenmal findet. Bei vielen solchen Bäumen, namentlich bei Erlen, haben die jungen Ausschläge schließlich eigene Wurzeln getrieben ; diese haben den alten Wurzeln des Mutterbaumes die Kraft wegge- lll\S;,'Vi I! " l-'t'lPI' Fig. 2. Stelzenerlen im „Urwald", Merte phot. nommen, und der Stock ist abgestorben und zwischen ihnen herausgefault, so daß die jungen Stämme und Stammgruppen wie auf Stelzen stehen, manchmal so hoch, daß man unter ihnen durchkriechen kann. Die merkwürdigsten derartiger Stelze n- bäume werden uns im IV. Abschnitt im Rodsee begegnen (Fig. 2). Sehr interessante Bildungen finden wir aber auch in dem Walddistrikt zwischen den alten Eichen und der Damm- sclmeise. Bei einzelnen von ihnen tragen die Stelzen sogar nicht nur die legitimen Ausschläge des alten Erlenstockes; — 259 — manchmal ist in dem mulmigen Stock eine Vogelbeere zum Keimen gekommen und zu einem stattlichen Stäramchen ge- worden. Ja, ich kenne eine mächtige Kiefer, die so auf Stelzen steht (Fig. 3). Auch sie ist aus einem Samenkorn er- wachsen, das auf einen Erlenstumpf gefallen ist und dort ge- Fig. 3. Stelzenkiefer mit stacheligem Schildfarn. Merte phot. keimt hat; jetzt ist der Stumpf lange herausgefault, und die weit über den Boden hinlaufenden Kiefernwurzeln tragen den Stamm freischwebend. Der Plänterwirtschaft verdankt der Schwanheimer Wald alle seine Eigentümlichkeiten, die den Naturfreund und den Landschafter entzücken, während der Forstmann wenig Freude 17* — 260 — an ilmen hat, das bunte Gemenge der Holzarten : Eiclien, Buchen, Birken und Erlen mit prachtvollen Kiefern und dazwischen Hainbuchen, Vogelbeerbäume, die Traubenkirsche, Hasel, Zitter- pappel und Linde; die Dickichte von Kreuzdorn, welche die feuchteren Mulden zwiscben den Sandhügeln erfüllen, die mäch- tigen Eichen und die breitkronigen Prachtbuchen, die einzeln zwischen dem niedrigen Holz stellen ; die Hecken von Weißdorn und Spindelbaum, durchrankt von wildem Hopfen, Geißblatt und rankendem Knöterich, die freilich nur der kennt, der von den betretenen Wegen abgeht. Früher war dies nicht olme Bedenken für den Unkundigen. Es gab zahlreiche geradezu un- durchdringliche Dickichte, in denen man sich stellen- weise kaum anders als kriechend fortbewegen konnte, und inner- halb derselben bruchige und sumpfige Stellen, die selbst im Hochsommer ihren Charakter nicht verloren, und in denen man sich noch im trockenen Herbst beim Haselnußsammeln nur schwer durcharbeiten konnte. Mit stillem Schmunzeln erinnere ich mich eines Sonntags, an dem ich eine Anzahl Mitglieder eines be- freundeten naturwissenschaftlichen Vereins durch unseren Wald führte und die Eiersammler unter ihnen — nicht ohne sie vorher ehrlich gewarnt zu haben — in eine solche Waldpartie hinein dirigierte. Als sie an der anderen Seite wieder herauskamen, haben sie das Eiersammeln im Schwanheimer Wald hocli und teuer für alle Zeiten verschworen. Jetzt, nach einer dreißigjährigen Trockenperiode, gibt es solche Dickichte kaum mehr, und man kann sich außer im ersten Frühjahr so ziemlich überall frei bewegen, ohne nasse Füße befürchten zu müssen. Folge der Plänterwirtschaft ist es auch, daß wenigstens der Bruchwald in unserer Gemarkung unbedenklich als „urwüchsig" im Sinne der Forstbeamten bezeichnet werden kann, entstanden durch natürliche Verjüngung ähnlicher oder gerade- zu gleicherWaldungen aus früheren Jahrhunderten. Wesentlich anders wie heute können die feuchteren Teile niemals ausgesehen haben. In Einzelheiten mögen ja Änderungen ein- getreten sein : in trockenen Perioden, wie wir sie eben durch- machen müssen, sind wohl Aspen und Salweiden etwas zurück- gegangen, in feuchteren wieder häufiger geworden. Nur die Samen von Eschen und Ahorn mögen von hier und da ge- — 261 — pflanzten Exemplaren übergeflogen sein; das Vorkommen des Maßholders kann jedoch auch auf diese Weise nicht erklärt werden ; auch die Linde ist hier sicher urwüchsig, wenn auch besonders starke Stämme nicht vorkommen. Eine interessante Erscheinung, die sicli namentlich im Distrikt Hirschländchen häufig findet, ist das diclite Zusammen- stehen verschiedener Baumarten; wie aus einer Wurzel gewachsen stehen namentlicli Eichen und Kiefern zusammen, oft beides mächtige, schlagreife Stämme, manchmal als Dritter im Bunde noch eine Erle, im lichten Hochwald durcli den scharfen Kontrast auch dem Nichtnaturforscher auffallend. Die Erklärung dieses Vorkommens, besonders der Vergesellschaftung von Eiclie und Kiefer, liegt nahe. Freund Margolf, der Häher, hat seine Hand — oder richtiger seinen Schnabel — im Spiel; er birgt seinen Wintervorrat an Eicheln oifenbar nicht ungern zwischen den Wurzeln junger Kiefern, die hier einzeln an sandigen Stellen stehen, und vergißt oft, sie wieder abzuholen. Aber auch manche Kleinnager bergen ihre Wintervorräte gern zwischen den Wurzeln von Baumstämmen und können zum Entstehen solcher „ungleichen Paare" Anlaß geben (Fig. 4). Eine scharfe Grenzlinie schneidet in Beziehung auf die Pflanzenwelt durch unseren Unterwald. Folgt man der von alten Eschen und Ahornstämmen gebildeten Allee, die westlich der Waldbahnstation dem Waldsaum entlang zieht, bis zu ihrem Ende und wendet sich dann links nach den Wiesen, so muß es auch einem blöden Auge auffallen, daß man auf einer Grenze hinwandelt, die zwei verschiedene Vegetationsgebiete scheidet: links, nach Osten, ein stattlicher Hochwald, zuerst aus Esclien, dann fast nur aus Eichen bestellend; von einigen Weißdornbüschen abgesehen, ist der Boden nur mit üppigem Gras bewachsen ; rechts, nach Westen, dichtes Stangenholz, am Waldrand mit zahlreichen Linden, die in kreisrunden Gruppen stehen und sich dadurch als Ausschläge uralter Wurzelstöcke kennzeichnen. Weiter nach innen, wo der Boden weniger sandig wird, treten Hasel, oft von baumartigem Wachstum, an ihre Stelle, und nach der Wiese hin bedeckt ein dichtes Unter- holz, aus allen möglichen Arten gebildet, den Boden, und aus ihm ragen einzelne mächtige Eichstämme auf, gesund bis in die höclisten Spitzen. Die Eichen östlich der Schneise sind Fig. 4. „Ungleiches Paar" (Kiefer und Eiche). — 263 — vor etwa 80 bis 90 Jahren gepflanzt worden, einer der ältesten Versnclie, den wilden Gemeindewald in einen regelrechten Forst umzn wandeln. Die scharfe Grenze ist aber keine Folge des verbesserten Forstbetriebes allein; das Gebiet w^estlich von ihr heißt seit uralten Zeiten die Feldbüsche im Gegensatz zum Eichwald und stand seit den ältesten Zeiten unter besonderem Recht. Seine Nutzung war unter die Schwanheimer „Nachbarn" ver- teilt; jeder „Stamm" besaß sein Stück, das von dem alten Kelsterbacher Weg, der am Waldrand entlang führte, quer durch Feld und Wald auf die Wiesen durchlief. Die Huben- eigentümer durften in iliren Stücken nach bestimmtem Herkommen „Wellen" hauen, deren Lieferung nach Frankfurt eine Spezialität Schwanheims war, und deren geringe Größe der „wohllöblichen Borjerscliaft" immer wieder Grund zu Beschwerden beim Magistrat gab. Die Feldbüsche wurden 1803 in der Weise geteilt, daß der Wald der Gemeinde zufiel, Feld und Wiese den Hubenbesitzern. Die Vegetation in diesen Büschen ist eine von der des übrigen Waldes völlig verschiedene : riesige Blätter der Pestwurz {Fetasites), massenhafter Aronsstab {Arum maculatum)^ der früher, als man noch auf alte Bräuche hielt, auf Himmelfahrt manchen Frankfurter hierher lockte ; dann die Eapunzel {Valerianella olitoria), deren Wurzel aber hier meines Wissens nicht in der Küclie verwendet wird. Im Juli tritt auch die Ulmenspierstaude {Spiraea ulniaria) in einer Entwicklung auf, die auf das Landschaftsbild einwirkt. Nach der Kelsterbacher Grenze hin wird diese Bodenvegetation immer üppiger ; es treten auch mehrere Orchideenarten auf, denen der alte „Wanzenweg" bei den Frankfurter Botanikern den Namen Orchideenschneise verdankt. Die Ursache dieser Ver- schiedenheit liegt in der Beschaffenheit des Bodens : bis an die Allee erstreckt sich der unfruchtbare Aulehm, unmittelbar unter ihr tritt ein altes Mainbett an den Wald heran, das sich vom Dorfe selbst aus über das große und das kleine „Siechen" (wohl richtiger „Seechen") durcli das ganze Feld verfolgen läßt und durch ein paar stärkere Senkungen, in denen früher immer Wasser stand, mit dem Rodsee und dem Urwald zu- sammenhängt und mit dessen Abfluß über die Riedwiese das heutige Mainbett in Kelsterbach erreicht. — 264 — Von den in unserer Gegend kultivierten Xadelliolzarten kommt in erster Linie die Kiefer in Betracht, welche die ganze Helle bedeckt, sich aber vielfach im ebenen Gebiet in den Laubwald eingesprengt findet, aber dann immer auf sandigen Grund deutet. Lii Distrikt Hirschländchen und am Pfingstberg stehen Prachtexemplare; die stärkste Kiefer dürfte eine an der Helle östlich vom Wartweg stehende sein, die einen Umfang von 250 cm hat. Am Pfingstberg tragen die Kiefern in ihren AVipfeln auffallend häufig Büsche der Mistel (Viscuin alhmn)^), die man bei einigermaßen scharfem Zusehen namentlich im Winter an ihrem lebhafteren Grün und ihrem Beerenschmuck leicht er- kennt. Die Beeren scheinen vom Wild geschätzt zu werden. Ln ver- flossenen Winter hatten Holzhauer ein besonders schönes Exemplar für mich beiseite gelegt; am anderen Morgen hatten die Rehe, ohne die Blätter zu beschädigen, auch die letzte Beere abgefressen. Auffallend sind besonders am Pfingstberg doppelte und dreifache Kiefern, die man sonst nicht allzu häufig beobachtet. Die stärksten Kiefern in unserem Walde mögen 120 bis 150 Jahre alt sein. Die jungen Pflanzungen, namentlicli auf der Helle, haben durch die Trockenheit und die Kief ernblatt- wespe (Lophtjrus pini L.) schwer gelitten. Seit drei Jahren hat die Gemeinde nur dürres Holz fällen lassen können. In dem Flugsand des Dannewaldes nimmt die Kiefer völlig den Habitus der Latschen des Hochgebirges oder der Meeresdünen an ; wir kommen in dem IV. Abschnitt hierauf zurück. Die Fichte, in neuerer Zeit der Lieblingsbaum der Forst- wirte, will im Schwanlieimer Wald nicht recht gedeilien. Man hat sie an verschiedenen Stellen in geschlossenem Bestand, noch häufiger zur Ausfüllung von Lücken in großer Anzahl gepflanzt, und doch hat der ganze Wald kaum einen gut entwickelten Stamm, und ein Bestand nach dem anderen wird lange vor Erreichung des normalen Alters gefällt. Die Fichte scheint übrigens auch ganz besonders unter den Einwirkungen der Dämpfe der chemischen Fabrik Griesheim zu leiden. Drei Reihen Fichten, die den Wald längs der Eichen einfaßten, sind sehr rasch wieder ein- ') Nach Conwentz im „Forstbotanischen Merkbuch für die Provinz Westpreußen" S. 70 ist die Kiefernmistel eine besondere Varietät mit schmä- leren, kürzeren Blättern und kleineren, grünlich weißen Beeren (var. laxum s. microphylliim). — 265 — gegangen. Eine Anzahl älterer Stämme hat vor etwa dreißig Jahren ein schwerer Sturm niedergelegt. Mit der Lärche sind in neuerer Zeit an der Schießhalle und in der Gemeindekiesgrube Versuche gemacht worden. Der erste mißlang; die Waldarbeiter hielten die Bäumchen, weil sie ihre Nadeln im Winter abwerfen, für abgestorben und rissen sie wieder aus. Zu Versuchen mit Edeltannen, Weymouths- und Schwarzkiefern, die man im Frankfurter Wald mehrfach in gutem Gedeihen findet, hat Schwanheim natürlich keinen Beruf empfunden. Seltsam ist, daß der im Frankfurter Eichwald so häufige Wacholder {Juniperus communis L.) sich nur an einer ein- zigen Stelle, auf dem Plattkopf, und auch da nur in wenigen vereinzelten Exemplaren, findet. Unter den Laubhölzern steht natürlich in erster Linie die Eiche. Der Schwanheimer Eichwald war schon in der ersten Frankenzeit berühmt, in ilmi mästeten sich in guten Jahren ganze Herden von Schweinen aus dem unteren Taunus. Von den beiden Eichenarten herrscht die Steineiche {Querciis rohur L.) mit ge- stielten Blättern und ungestielten Früchten vor. Die Eiche verliert aber melir und melir an Terrain, da der Boden für die anspruchs- volle Holzart nicht gut genug ist und der Zuwachs sehr langsam erfolgt, der Baum auch in den meisten Lagen, wo das Grund- wasser hoch steht und undurchlässige Schichten in geringer Tiefe liegen, in einem gewissen Alter wipfeldürr wird. Wirklich schöne, gesunde Eichen stehen fast nur noch einzeln im west- lichen Teile des Waldes nach Kelsterbach hin. Die „tausend- jährigen Eichen" an der Waldbahn sind eine poetische Fiktion. Eine der größten, bei der ich die Jahrringe zählen konnte, war nocli niclit einmal 500 Jahre alt. Eine solche Eiche reprä- sentiert übrigens ein hübsches Kapital ; ein Baum, dessen Stamm nach Oberursel als Welle in einen Kupferhammer wanderte, während die knorrigen Äste in einer Frankfurter Bootsbauerei Verwendung fanden, lieferte einen Barertrag von M. 900. — . Eine merkwürdige Doppelverwachsung zweier Eichstämme steht nalie der Haltestelle Unterschweinstiege am Wege nach Schwan- heim. Im Volksmund trägt sie den charakteristischen Namen „Bretzeleiche" (Fig. 5). Die jungen Eichen in unserem Walde leiden vielfach, außer unter den Angriffen zahlreicher tierischer Schädlinge, durch den — 266 — Eichen Schimmel, einen Pilz, der die ausgebildeten Blätter mit einer schimmelartigen Decke überzielit. Dann aber hat sie in den beiden letzten Jahrzehnten die Trockenheit sehr geschädigt. An den eintrocknenden Stämmen aber siedelt sich, namentlich am Waldrand nach Norden liin und an den Schneisenrändern, eine Fig. 5. „Bretzeleiche." Schildlaus {Lecaniiim quercus Tasch.) an, die zu Tausenden an den Rissen der Rinde sitzt (Fig. 6) und das Absterben beschleunigt. Die Buche (Rotbuche, Fagus silvatica L.) tritt im Schwan- heimer Wald gegenüber der Eiche in den Hintergrund. Nur nach dem Porsthaus hin, wo die Kelsterbacher Terrasse sich verflacht, haben wir einen wenig ausg-edehnten „reinen" Bestand — 267 — mit den glatten, silb ergrauen, säulenförmigen Stämmen und dem dichten Laubdacli, das kein Unterholz aufkommen läßt. Aber überall im Mischwald stehen einzelne breitkronige Pracht- bäume, wie man sie selbst in dem „Buchgau" mit seinen be- rühmten Buchenwäldern kaum sieht. Die schönste Buche stand seit Menschengedenken an der Südseite der Rechten Wiese ; sie war unter den Schwanheimer Waldfreunden allgemein als die Fig. 6. Schildläuse {Lecanium quercus Tasch.) an der Rinde einer jungen Eiche. „Wäldkönigin" bekannt; vor einigen Jahren ist sie der Aus- trocknung erlegen und eingegangen, hat aber in nächster Nähe eine kaum weniger stattliche Nachfolgerin gefunden. Das junge, frischgrüne Buchenlaub ist für unseren Wald der „Mai" oder „Maien", das Symbol des wirklich eingetretenen Frühlings. Seine Entfaltung erfolgt im Durchschnitt um den 20. April; es finden sich aber einzelne Bäume und an diesen wieder einzelne Äste, die in jedem Jahre den anderen voraus sind, oft acht bis zehn Tage. In diesem Jahre brachte ich freilich den ersten „Maienbusch" erst am 22. April nach Hause. — 268 — Neben der Rotbuclie spielt in unserem Wald die Hain- buche [Carpimis behaus L.) eine für mitteldeutsche Verhältnisse auffallend bedeutende Rolle. Sie findet sich nicht nur überall im gemischten Laubwald in manchmal recht ansehnlichen Stämmen, sondern es zieht sich auch ein geschlossener Bestand statt- lichen Stangenholzes über die ganze flache Sandschwelle hin, die sich längs des Nordrandes der Wiesen erstreckt. Dieser Bestand ist ausschließlich Wurzelausschlag, und zwar aus uralten Wurzeln; die Ausschläge bilden Ringe von 3 m und mehr Durchmesser und müssen, wie ich schon oben hervorgehoben habe, als die ältesten Bäume unseres Waldes angesehen werden, deren Vegetation ununterbrochen vielleicht seit länger als einem Jahrtausend dauert. Der Hainbuchenwald in seinem gegenwärtigen Bestand erinnert ganz auffallend an die Spitz- bogenwölbung der gotischen Dome, jedenfalls in einem ganz anderen Grade wie der Rotbuchenwald, in dem man so oft das Urbild des gotischen Stils erkennen will. Unsere Hainbuchen sind übrigens — außer durch den nichtzylindrischen, sondern immer ausgesprochen spannrückigen, d. h. durch spiral ver- laufende Längswülste im Querschnitt stumpfeckigen Stamm — auch durch eine ganz eigentümliche Rindenzeichnung (Fig. 7) charakterisiert, die ich in keiner Beschreibung erwähnt finde. In der dritten Linie an Wichtigkeit als Holzlieferant steht in unserem Wald die Erle (Scliwarzerle, Alnus gluUnosa Gärtner), die im eigentlichen Sumpfwald vorherrscht. Auch sie ist fast ausschließlich aus Stockausschlag entstanden; ihre Wurzelstöcke mögen mindestens ebenso alt sein wie die der Hainbuche, ilir Wuchs ist rasclier, und ilir Holz steht als Brennholz ebenso hoch im Preise wie das Eichenholz. Man kultiviert sie deslialb nur als Hochstamm mit etwa hundert- jährigem Umtrieb. Der Erle an wirtschaftlicher Bedeutung ungefähr gleich steht die Birke {Betula alba L.), deren weiße, unten gekrümmte und mit dicker Korkrinde bedeckte Stämme man überall einzeln oder in kleinen Gruppen im Mischwald, aber auch im reinen Kiefernwald sieht. Der Forstmann liebt sie weniger als der Naturfreund, in besonders gut bewirtschafteten Forsten rottet er sie sogar aus; für unseren Wald ist sie jedoch mit ihrem raschen Wuchs und bei dem guten Preise, den ihr Holz erzielt. Fig. 7. Rindenzeichnung der Hainbuche. — 270 — höher geschätzt. Aus den Wurzeln schlägt sie allerdings nicht aus ; aber um so leicliter keimt ihr Samen, den der Wind weithin trägt, so daß junge Pflanzen auf jeder Blöße baldigst zum Vor- schein kommen. Der Forstmann duldet dies sogar ganz gern in jungen Kiefernschonungen , denen die rasch wachsenden, jungen Birken in der ersten Zeit Schutz vor Sonnenbrand geben ; später werden sie freilich herausgehauen. Nennen wir zum Schluß noch die Esche (Fraxinus ex- celsior L.), die seit einem halben Jalirhundert an Schneisen und am Waldrande angepflanzt wird und sich durch den fliegenden Samen rasch ausbreitet, so sind wir mit der Aufzählung der forstlich wichtigen Holzarten des Schwanheimer Waldes zu Ende. Bis zum Beginn des Jahrhunderts hätten wir noch die Aspe oder Zitterpappel {Populus tremida L.) mitzählen können, die zahlreich in stattlichen Stämmen vertreten war und namentlich durcli die vor dem Laub erscheinenden raupenförmigen männ- lichen Blüten auch dem Unaufmerksamen auffiel. Sie ist seitdem der Trockenheit erlegen ; kaum daß sich irgendwo noch ein paar junge Ruten erhalten haben. Die Ahornarten sind bei uns wolil alle drei vertreten, spielen aber keine Rolle. Vom Maßholder (Feldahorn, Acer campestre L.) findet man am Rodsee einige ungewöhnlich holie Stämme, die niclit den Eindruck machen, als seien sie absichtlich angepflanzt. Die Ulme ist nur durcli ein paar mächtige Stämme im Distrikt Eichwald vertreten. Die in unserem Walde zweifellos alteinheimische Linde spielt forstwirt- schaftlich keine große Rolle. Stärkere Stämme sind gegen- wärtig meines Wissens nicht mehr vorhanden, wohl aber aus Wurzelausschlägen entsprossene Gruppen von einem Umfang, der auf ein sehr hohes Alter hindeutet. So namentlich im Unterwald am Rand der Feldbüsche in der Wanz, aber aucli an der Rechten Wiese und sonst hier und da zerstreut, an Stellen, die heute noch von der Forstwirtschaft unberührt sind. Neben den forstlich wichtigen Bäumen hat sich aber noch eine ganze Anzahl Arten, die man nicht überall findet, im Schwanheimer Wald erhalten, und gerade diese sind es, die unseren Wald dem Naturfreunde und auch dem Naturforscher besonders interessant maclien. Ich nenne in erster Linie die Traubenkirsche {Primus padus L.), die im Frühjahr mit ihren — 271 — fünf Zoll langen, weißen Blütentrauben die fencliteren Teile unseres Waldes mit betäubendem Wolilgeruch erfüllt und auch mit iliren im Anfang' zart-maigTünen Blättern ein Schmuck des Waldes ist. Gewöhnlich nur ein Busch, wächst sie an feuchteren Stellen zu einem stattlichen Baume heran ; Stämme mit über 30 cm Durchmesser habe ich mehrfach beobachtet ; unter der Trocken- heit scheint sie leider auch zurückzugehen. Die Beeren gelten für giftig-, aber im Norden scheint man anderer Ansicht zu sein. Wenigstens hat mir ein zuverlässiger Mann der Wissenschaft, der Geolog und Spitzbergenforscher Odo Torrell, mit dem ich manchen Gang durch unseren Wald gemacht habe, versichert, daß bei in Schweden veranstalteten Konkurrenzen feiner Schnäpse — als Schwede verstand er sicli darauf — einstimmig der mit den Beeren von Prunus padus bereitete den ersten Preis zuerkannt erhalten habe. Die Traubenkirsche ist übrigens nicht ganz ohne ökonomische Wichtigkeit; die stärkeren Stämmchen wurden wenigstens früher zeitweise abgehauen und, wie der Kreuzdorn, an die Pulverfabriken zur Herstellung von Kolile verkauft. Beide werden deshalb im Volksmund als Pulverholz oder Faul- baum bezeichnet. Eingesprengt im Ebenenwald findet man sehr häufig die Vogelbeere [Sorbus aucuparia L.), manchmal als recht statt- liche Bäume, häufiger als holie Büsche, im Frühjahr durch ihre Blütendolden, im Herbst durch die roten Beerentrauben ein Schmuck des Waldes. Hire beiden Gattungsgenossen , den Spei er ling (Sorhus domestica L.) und die Mehlbeere (Sorbus aria Gr.), kenne ich in unserem Walde nicht. Von den beiden Kreuzd or n arten der mitteldeutschen Wälder füllt bei uns Rhamnus frangida L. die feuchten Mulden zwischen den sandigen Rücken unseres Waldes aus und bildet hier fast undurchdringliche Dickichte. Seine Triebe finden bei der Herstellung grober Korbwaren Verwendung. Von Rhamnus cathartica L. kenne ich nur wenige Büsche. Der Weißdorn (Crataegus oxyacantha L.) bildet da, wo sich noch Hecken am Waldsaum erhalten haben — sie sind leider nicht sehr zahlreich — noch undurchdringliche Gestrüppe, findet sich aber vielfach als niederes, flaclikroniges Bäumchen freistehend oder in kleinen Gruppen im lichten Eichwald ; er bietet in der Blüte wie auch später durch seine dichte, giänzendgrüne Belaubung — 272 — einen prächtigTn Anblick. Auch die Schlehe (Prunus spinosa L.) ist auf verhältnismäßig- wenig- Stellen am Waldrand und einige kleine Dickichte im Eichwald beschränkt. Dem Gebirgsbe- wohner fällt es auf, wie selten er sie mit Früchten bedeckt findet, was docli in den rauhen Gebirgshecken alljährlich der Fall ist. Er wundert sich auch über die Seltenheit wilder Obst- bäume. Mir sind nur ein paar Wildkirschen bekannt, dar- unter allerdings ein mächtiger Stamm in geschlossenem Eich- wald, und ein einziges Büschchen des Holzapfels, eine Wild- birne überhaupt nicht, während im Taunus an manchen Stellen verwilderte Obstbäume geradezu überwiegen. Auch die wilde Eose {Rosa canina L.) ist von den Frankfurter Gärtnern bei- nahe ausgerottet worden. Hier und da zerstreut im Walde findet man den H o 1 1 u n d e r oder Flieder {Sambuciis nigra L.) ; sein Vorkommen deutet auf verfallene Menschenwohnungen oder abgeladenen Schutt. Ebenso vereinzelt tritt der wilde Schnee- ball {Viburnum opulus L.) auf. Zu den Seltenheiten gehört fernerauch nach der seit dreißig Jahren dauernden Trockenperiode die Salweide (Salix caprea L.); es ist den frommen Schwan- heimern kaum mehr möglich, regelrechte „Palmen" für den Palm- sonntag aufzutreiben. Einige Weidensträucher anderer Arten und ein paar stattliche Bäume finden wir am Hauptgraben an der Riedwiese und im Urwald am Rodsee. Endlich ist noch der Spindelbaum (Evonymus eiiro- paeus L.) zu erwähnen, der mit seinen abenteuerlichen Früchten, den Pfaffenhütchen, im herbstlichen Walde jedem auffällt. Er findet sich nur in Hecken am Waldrande. Eine merkwürdige Erscheinung bilden einige Exemplare der Felsenbirne in dem obersten Teile des Waldes, der heute zum Park der Villa Waldfried gehört, und in der Umgebung des Poloplatzes. Es ist aber nicht die europäische Art (Amelanchier rotundifoUa), sondern die amerikanische (Ä. canadensis), die durch einen Zufall eingeschleppt sein muß. Eine charakteristische Holzart des Schwanheimer Waldes ist der Hasel. Er kommt niclit nur an den Waldrändern als Busch vor, sondern bedeckt auch im Unterwald größere Strecken als geschlossener Wald und läßt dort auf feuchterem Boden kaum ein anderes Buschholz zwischen sich aufkommen. Früher, als der Wald noch feuchter war, war es eine fröhliche Zeit, wenn — 273 — im Herbst alt und jung hinauszog-, um Haselnüsse zu sammeln. Ein glänzendes Jahr war 1884, wo Säcke voll Nüsse eingetragen wurden. Bei der Obstausstellnng jenes Jahres hatte ich eine große Serie reifer Nüsse ausgestellt und war damals verblüfft durch die kolossale Mannigfaltigkeit und Variabilität derselben, die mich sogar in sehr ernsthafte Diskussionen mit verschiedenen Gärtnern verwickelt hat : sie erklärten es einfach für unmöglich, daß diese Formen in unserem Walde gewachsen sein könnten. Ich beabsichtigte damals, den Haselnüssen unseres Waldes ein be- sonderes Studium zu widmen; aber meine Hoffnung, daß eine ähnliche reiche Ernte sich wiederholen würde, hat sich nicht erfüllt. Warum? — ist niclit ganz klar. Die Blüte war manchmal sehr reich, die Nüsse setzten prächtig an, und im August fielen sie unreif von den Bäumen, und zwar in kurzer Zeit und immer die ganze Fruchttraube auf einmal, als habe irgend ein Schädling den Stiel angestochen. Der Haselnußrüßler (Balaninus nucum) kann die Ursache nicht sein ; er ist in unserem Walde durchaus nicht allzu häufig und greift nur die einzelnen Nüsse an, nicht aber den ganzen Fruchtstand. Wesentlich zum Charakter des Waldes tragen an manchen Stellen die Schlingpflanzen bei, die sich an den feuchteren Stellen in wunderbarer Üppigkeit entwickeln. Zwar der Efeu schleicht meist kümmerlich auf dem Boden hin und klettert nur ausnahmsweise, wohl oft von Menschenhand emporgericlitet, an Eichbäumen empor. Um so üppiger entwickelt sich das Geiß- blatt [Lonkera periclymemim L.). Mit manchmal zolldicken Strängen schraubt es sich lianenartig durch das Gebüsch und klettert selbst an höheren Bäumen, oft tief in die Rinde ein- schneidend, bis in die Wipfel empor und, abenteuerlich über- hängend, selbst darüber hinaus, den Wald mit einem betäubenden Wohlgeruch erfüllend; auch im Winter erfreuen seine Blatt- rosetten noch durch einiges Grün. (Sein strauchartig bleibender Gattungsgenosse Lonkera xylosteum L. findet sich vereinzelt im Distrikt Wanz und gehört zu den botanischen Seltenheiten.) Noch mehr in die Augen fällt besonders im Unterwald der wildeHopfen (Humuhts liipidus L.), der namentlich im Schwan- heimer Bruch manche Wegränder in geschlossene Laubwände verwandelt, die im Herbst mit ihrem reichen Behang von Frucht- trauben ein reizendes Bild bieten. 18 — 274 — Von gefährliclien Grift pflanzen findet sich im Schwan- heimer Wald eigentlich nur die Einbeere (Paris qiiadrif'oUa L.) und auch sie nur an wenigen Stellen. Die giftige Tollkirsche fehlt ganz; doch dringt sie — nach einer freundlichen Mit- teilung des Herrn Rektor Linker — eben von Süden her rasch durch den Frankfurter Wald vor. Im Unterwald und namentlich im Rodsee kommt der Wasserschierling {Gicuta virosa L.) nicht selten vor, und im Dannewald habe ich einmal, jedenfalls irgendwie eingeschleppt, den Stechapfel (Dattira stramonium L.) gefunden. Nicht selten in den Randhecken ist der bittersüße Nachtschatten (Solanum dulcamara L.), der sich manchmal wie ein Schlinggewächs ziemlich hoch in dem Buschwerk hinaufrankt. Von weniger gefährlichen Giftpflanzen sei in erster Linie der rote Fingerhut (Digitalis purpurea L.) genannt. Er ist nicht eigentlich in der Ebene einheimiscli ; vor vierzig Jahren habe ich ihn ganz bestimmt nicht gefunden, und sein Fehlen ist mir, der ich damals aus den Bergen an der oberen Lahn kam, sehr aufgefallen. Dann tauchte er auf einmal in einigen Schneisen an der Ludwigsbahn auf, sicher eingeschleppt mit Granitgrus aus dem Odenwald, der zum Auffüllen des Bahn- dammes verwendet worden war. Er verbreitete sich indessen nicht weiter und verschwand bald wieder. Aber ein paar Jahre später erschien er in der Nähe der Waldbahnhaltestelle Unterschweinstiege auf reinem Sandboden und liat sicli dort nicht nur erhalten sondern auch ausgebreitet, und zwar merk- würdigerweise in die Dickichte des Bruchwaldes hinter dem Pflanzgarten, wo er mit den Farnen mitunter wunderbare Gruppen bildet. Es ist eine ziemlicli hellrote Form, und vielfacli treten weißblühende Exemplare auf, wie bei den in Gärten kultivierten Fingerhüten, und ich glaube ganz bestimmt, annehmen zu müssen, daß sie von einem Gärtner absichtlich ausgesät worden sind. Der gelbe Fingerhut {Digitalis lutea L.) scheint dagegen einheimisch und fand sich früher nicht nur an der Ludwigsbahn, sondern auch zerstreut im Walde. Auch er ist seltener geworden. In der Ebene kenne ich nur noch einen Stand, am Pumpwerk der Wasserleitung im Goldsteinrausclien. Eine jedem auffallende Erscheinung ist der Mangel blühender oder richtiger schön blühender Blumen im Schwanheimer Wald — 275 — und besonders in seinem östlichen Teil und auf den Wiesen. Die Zierden der Kelsterbacher Terrasse, der Diptam {Dktamnus f raxinella Jj), die großblütig'e Griockenblume {Campanula persicifolia), der Ackelei (Aquilegia vulgaris)^ die Pulsatille (Pulsatilla vulgaris L.) und das Steinröschen (Daphne cneoruni L.) überschreiten die Grenze überhaupt nicht. Sie sind freilich auch auf dem Kiesboden im Frankfurter Wald selten geworden, und wer einen liübschen Blumenstrauß pflücken will, muß sie an den Böschungen und den Randstreifen der Ludwigs- bahn suchen. Das Steinröschen habe ich auch im Frankfurter Wald seit Jahren nicht mehr gefunden. Ein wunderbar schönes Exemplar, das ein Bahnwärter der Ludwigsbalm an seinem Häuschen jahrelang kultivierte, ist zugrunde gegangen, weil eine Reutmaus seine Wurzeln zerstört hat. Auch an Beeren ist der Schwanheimer Wald auffallend arm, und die Armut hat in der neueren Zeit ganz erheblich zugenommen. Erdbeeren finden sich nur an sehr wenig Stellen und auch da meist nur in kümmerlichen Exemplaren; die Heidelbeere findet kaum noch der Botaniker, obwohl sie im jetzt allerdings fast ganz abgetriebenen gemischten Hochwald längs der „Langen Schneise" noch in den siebziger Jahren des vorigen Jahrhunderts recht häufig vorkam. Himbeeren und Brombeeren sind ja sehr zahlreich vorhanden und bedecken stellenweise größere Strecken, aber sie blühen spärlich und tragen kümmerliche Früchte, die das Sammeln kaum lohnen. Namentlich wo der nahrungsarme Aulehm den Untergrund bildet, kriechen die Brombeeren auf dem Boden hin und kommen nicht oder kaum zur Blüte. An Pilze n ist der Schwanheimer Wald nicht entfernt so reich wie z. B. die Wälder des Taunus; nicht einmal mit den besseren Teilen des Frankfurter Waldes kann er sich messen, wenigstens was Häufigkeit anbelangt, und Pilzfreunde tun besser, ihrer Liebhaberei auf Frankfurter Gebiet nachzugehen. Im Sommer wenigstens finden sie auf der Kelsterbacher Terrasse höchstens den Kapuzinerpilz (Boletus scaher Bull.) vereinzelt im jungen Kiefernwald und im Eichwald den Kastanien- r Öhr ling (B. hadius Fr.), der die Stelle des Steinpilzes vertritt. Den echten Steinpilz (B. edulis Bull.) habe ich nur ganz ver- einzelt in manchen Jahren gefunden. Auch Ziegenlippe 18* — 276 — (B. subtomentosus Fr.) und Kuhpilz (B. bovinus L.) finden sich kaum irgendwo liäufig genug, um das Sammehi zu lohnen. Nur einmal habe ich im Dannewald den Butterpilz [B. Intens L.) so häufig gefunden, daß man Körbe voll hätte sammeln können. Von den giftigen Röhrlingsarten, besonders dem Satanspilz {B. satanas Lenz), habe ich in unserem Wald nie etwas bemerkt. In feuchten Jahren zeigt sich auf einigen Schneisen zwischen der Ludwigsbahn und dem Abfall der Kelsterbacher Terrasse der Pfifferling oder Eierpilz [Gantharelliis cibarius Fr.) ziemlich häufig, doch bleibt er gewöhnlich klein und kümmerlich. Morchel und Lorchel kommen im Schwanheimer Wald meines Wissens nicht vor. Im Herbst tritt der Parasolpilz (Lepiota procera Quelet) manchmal sehr zahlreich und in prachtvollen Exemplaren auf und liefert ein wohlschmeckendes Gericht. Mit ihm zusammen und stellenweise häutiger findet man den Schopf- tintling {Coprinus porcellaneus Schaeff.), der ihm sehr ähnlich sieht, aber sich durch den nicht ausgebreiteten und wackelig auf dem Stiel stehenden Hut unterscheidet. Er ist ebenfalls wohlschmeckend und gesund, aber man läßt ihn doch besser stehen ; denn wenn er niclit sofort zubereitet werden kann, färben sich seine Blätter sehr rasch, und wenn er dann gekoclit wird, merkt man, warum er „Tintling" heißt. Von minder wichtigen eßbaren Schwämmen findet man den honiggelben Hallimasch {Armülaria mellea Quelet) manchmal massenhaft auf den Wurzeln kranker Bäume; er liefert trotz seines im frischen Zustand unangenehmen Geschmacks ein wohlschmeckendes Gericht und wird, da er immer in großer Menge beisammen vorkommt, gern mitgenommen. Auch der kahle Krämpling (Paxilhis involutus Batsch) ist häufig und ein guter Speisepilz. Wenn wir dann noch den Eichliasen {Pohjporus fron- dosus Fr.) nennen, von dem ich im vorigen Jahre wahrhaft riesige Exemplare gesehen habe, die einen großen Henkelkorb füllten, die Kor allen schwämme, die sich vereinzelt finden und klein bleiben, und den Ft ichenl eh e r i) i\ z {FistuUna hepa- tica Fr.), der an den Eichen vorkommt und in der Jugend eine vorzügliche Speise abgibt, bleibt uns nur noch e i n eßbarer Pilz zu erwähnen, allerdings der wichtigste und wohlschmeckendste, der Champignon (PsalUota campestris L.). Es ist eine besondere, — 277 — in den mir zugänglichen Pilzbücliern nicht auf geführte Y a r i e t ä t des Feldchampignons, die auf unseren Waldwiesen in manchen Jahren massenhaft wächst, ausgezeichnet durch den auffallend dicken Stiel, das Zurücktreten des Ringes und durcli die häufig riesige Größe. ^) Exemplare, die in Faustgroße aus der Erde kommen und ungeöffnet 350 bis 500 g wiegen, sind keine Seltenheit; das größte Stück, das ich gefunden habe, hatte bei völlig ausgebreitetem Hut einen Durchmesser von beinahe 35 cm. Ich kenne keine Abbildung dieser merkwürdigen Form und gebe deshalb in Fig. 8 Skizzen einiger kleineren Formen in natürlicher Größe. Der Champignon erscheint auf unseren Waldwiesen in normalen Jahren zweimal, einmal unmittelbar nach der Heuernte und dann wieder nach der Grummeternte. Ich habe in warmen Jahren noch reiclie Ausbeute nach den ersten Frösten bis in den November hinein gemaclit, namentlich auf gut gedüngten Wiesen. Die Sommergeneration besteht hauptsächlich aus großen Exemplaren; bei der Herbstgeneration überwiegen die kleinen, doch kommen auch dann noch einzelne Riesen vor. Diese stehen meistens einzeln, die kleinen gesellig. In den sog. Hexenringen findet man den Champignon nach meinen Erfahrungen nur ausnahmsweise; sie werden von verschiedenen Täublingen gebildet, deren genauere Bestimmung mir noch nicht hat gelingen wollen. Vereinzelt im Walde findet sich auch der Schafcham- pignon (PsalUota arvensis Schaeff.) mit ziemlich hohem, meist gekrümmtem, auf dem Durclischnitt hohlem Stiel, der unten etwas verdickt ist und beim Herausnehmen an dieser Verdickung eine Erdkruste behält. Ich habe ihn schon im Mai gefunden. Auch der dunkel gefärbte, braunsclmppige , liolilstengelige Waldchampignon [PsalUota süvatica Schaeff.) kommt, aller- dings nicht allzu häufig, in unserem Walde vor. Er hat eine sehr ausgeprägte, bis zur vollständigen Lösung horizontal abstehende Manschette, die ich bei Exemplaren von 20 cm Durchmesser noch ausgespannt fand. Der Stiel ist bei dieser Art im senkrechten Durchschnitt auffallend kegelförmig. ^) Freund Möbius, den ich als Autorität um seine Meinung fragte, hält diese Form für unbeschrieben und fordert einen besonderen Namen. Ich möchte als solchen var. puchyims vorschlagen. Fig. 8. Dickfüßiger Felclcharapignon {PsaUiota cmupestris L. var. pacliypus Kobelt). Fig. 9. Knollenblätterpilz {Amanita hulbosa Bull.). — 280 — Man kann nicht von dem Champignon reden, ohne den ihm manclnnal niilieimlich ähnlichen Giftpilz zu erwähnen, auf den allein mindestens 90 "/o aller tötlich verlaufenden Pilz- vergiftungen zurückzuführen sind, und der haui)tsächlich die Pilze in den Ruf der Giftigkeit gebracht hat, den Knollen- blätterpilz (Amanita hulhosa Bull, oder phallokJes Fr.). Er ist im Schwanheimer wie im Frankfurter Wald fast der häu- figste Pilz; Geruch wie Geschmack sind vollkommen unver- dächtig, der Geschmack des rohen Pilzes sogar gut, und die Folgen des Genusses, auch im gekochten Zustand, treten erst nach einem halben Tage oder später ein, wenn der Pilz ver- daut, das Gift schon ins Blut übergegangen und eine Rettung unmöglich geworden ist. Dabei ist er ungemein veränderlich und in seinen Altersstufen sehr verschieden, und die Beschrei- bungen und meist schematischen Abbildungen genügen durchaus nicht für alle Fälle. Typische Exemplare mit dem abgesetzten, von einer häutigen Scheide umgebenen Knollen am Fuß des Stiels, der ausgebildeten, abstehenden Manschette und dem Haut- fetzen auf dem Hut sind ja nicht zu verkennen und werden von keinem halbwegs erfahrenen Pilzfreund mit dem Champignon verwechselt werden. Und trotzdem haben w^ir erst in den letzten Jahren erlebt, daß ein mit unseren Pilzen gut vertrauter Sammler mit seiner ganzen Familie einer Vergiftung durch den tückischen Pilz erlegen ist. Gerade dieser Fall hat mich veranlaßt, dem Knollenblätterpilz eine besondere Beachtung zu schenken und eine Anzahl von Alters- und Formvarietäten zu zeichnen, die eine Verwechslung minder auffallend erscheinen lassen. Zunächst ist der Knollen am Stielende, besonders auf Sandboden ohne Laubdecke, durchaus nicht immer so ausgebildet, wie die gewöhnlichen Abbildungen zeigen, und auch wenn er ausgebildet ist, kann er gerade von tüchtigen Pilzsammlern übersehen werden, weil diese der Grundregel folgen, daß man Pilze nicht ausrupft, sondern unter dem Hute absticht. Bei einem Exemplar, wie es 2 oder 3 der Fig. 9 darstellen, ist dann eine Verwechslung mit dem Champignon umso leichter möglich, als der Knollen meist durch Moos oder dürres Laub vollständig verdeckt wird. Von anderen giftigen Pilzen kommt höchstens noch der Fliegenpilz {Amanita muscaria L.) in Betracht, der gerade — 281 — nicht selten, aber ancli allgemein bekannt ist. Verg'iftung-en waren früher, als man ihn überall zum Vertilgen der Stuben- fliegen benutzte und in gekochtem Zustand in die Zimmer stellte, häufiger; sie sind jetzt selten geworden, aber es kommt immer noch einmal vor, daß Anfänger im Pilzsammeln sich durch das appetitliclie Aussehen der ganz jungen Exemplare, die weder in Geschmack noch in Geruch etwas Verdächtiges haben, ver- führen lassen. Die Vergiftungserscheinungen sind weniger ge- fährlich als beim Knollenblätterpilz. Der gefährlichere Königs- fliegenpilz (Amanita regalis Fr.) kommt meines Wissens in unserem Walde nicht vor. Die beiden Pantherschwämme {Amanita pustulata Fr. und A. umhrina Pers.), die von vielen als giftig oder verdächtig angesehen werden, geben, wenn man die lederartige Oberhaut abzieht, ein wohlschmeckendes Gericht. Den Giftreizker {Ladaria torminosa Sclin^^'^) kenneich aus unserem Walde so wenig wie seinen köstlich schmeckenden Bruder, den Birkenreizker (X. deliciosa L.), der sich von ihm sicher durch seinen nichtzottigen Hutrand und seinen orange- roten Milchsaft unterscheidet. Der Giftmorchel oder Gicht- morchel (Phallus impudicus Fr.) im ausgebildeten Zustand wird jeder weit aus dem Wege gehen. Im Jugendzustand, als Hexenei oder Satansei, ist sie jedenfalls nicht giftig; aber man soll sich wolil hüten, ein solches Ei mit nach Hause zu nehmen; schon nach wenigen Stunden schlüpft es aus, und der aashafte Geruch, den man im Wald auf ein paar Meter hin riecht, der sogar die Goldfliege täuscht und anlockt, reicht aus, um ein ganzes Haus für längere Zeit zu verpesten. Die hier und da als giftig verrufenen Stäublinge Bovista nigrescens Pers. und Lycoperdon gemmatum Batsch, ersterer stiellos, letzterer nach unten stielartig verlängert, können, solange das Innere noch weiß und fleischig ist, unbedenklich genossen werden, wenn sie auch etwas fade schmecken. Der mindestens verdächtige Kartoffelpilz oder Pomeranzen- b ovist (Scleroderma vulgare Fl. Dan.) ist durch seine harte Schale und sein tiefschwarzes Innere sehr wenig einladend. Er ist im Spätsommer und Herbst sehr häufig und wird ziemlich groß. Von der Riesenform des gemeinen Bovistes, die manch- mal die Größe eines Kopfes oder eines mäßigen Kürbisses er- reicht, habe ich einmal die unverkennbaren Reste erhalten. Wie — 282 — schnell sich solche Exemplare entwickeln, bewies mir ein Er- lebnis aus der Zeit meiner ärztlichen Praxis im Kreise Bieden- kopf. Bauern eines dortigen Dorfes hatten am Samstagabend noch rasch eine Waldwiese abgemäht, und, als sie am Montag- morgen zum „Wenden" kamen, lagen im Grummet zwei riesige Pilze, so groß, daß sie dieselben aus der Entfernung für Ferkel hielten. Die Sache war ihnen so merkwürdig und seltsam, daß sie mir gleich das eine Stück zuschickten mit der Frage, was das sei : in einem Tage war der riesige Schwamm aus dem Boden herausgewachsen. Als einen in unserer Gegend nur von wenigen Stellen bekannten Schwamm hätten wir noch den Lack schwamm {Fontes lucidus Fr.) zu erwähnen, einen im Alter holzartigen Schwamm, der wie mit Lack überzogen glänzt und mitunter eine erhebliche Größe erreicht. Er wurde mehrfach in dem sog. Urwald am Rodsee an Erlenstöcken gefunden. Ein Verwandter von ihm, der Birkenblattschwaram {Lensites betulinus 'Fr \ ist häutiger, als es der Forstbehörde lieb ist ; er siedelt sich an Birkenstämmen unter der Krone an, seine Mycelfasern dringen in das Holz ein und machen es mürb, und der erste scliwere Sturm bricht die Krone an der Ansatzstelle ab. In unserer Jugendzeit war uns der Schwamm für unsere Insektensammlung sehr wichtig ; wir steckten die Schmetterlinge und Käfer in aus ihm geschnittene Scheiben, da Korkplatten unerschwinglich und Torfplatten noch nicht erfunden waren. Als eine zweite Selten- heit mag der Erdstern {Geaster hygrometricus oder fimhriatus) genannt werden, der ein paar Jahre lang an der vom Dorfe Schwanheira nach der Ludwigsbahn führenden Straße dicht an der Station Schwanlieira im Buchwald auf einem kleinen Gebiet häutig war. Er ist dort aber seit vielen Jahren verschwunden ; den Frankfurter Faclimännern ist meines Wissens gegenwärtig kein Fundort in ihrem Gebiet bekannt. Die Farnkräuter spielen im Schwanheimer Wald land- schaftlich eine sehr wichtige Rolle ; ich kenne wenige Wälder, in denen sie in ähnlicher Massenhaftigkeit auftreten. Es sind freilich nur einige Arten. Nur vier kommen für den Nicht- f achmann in Betracht; ein fünftes, das Engelsüß {Polypodium vulgare L.), findet sich nur an wenigen Stellen, aber dann in Menge : so an einer kleinen Stelle am Pfingstberg, dem Pflanzgarten — 283 — gegenüber, an der Scliwedenschanze, besonders häufig an den Waldrändern derUnterschweinstiege-Lichtimg. Von zwei weiteren Farnen (Blechmim spkant Aschers und Aspidmm montanum Roth) hat Müller-Knatz bei jahrelangem Sammeln ein einziges Exemplar gefunden, und ein Stock des schönen Königsfarnes (Osmimda regalislj.) stand mehrere Jahre hindurch, wahrscheinlich absichtlich angepflanzt, in der Nähe der Waldbahnstation Goldstein. Von den vier häufigen Farnen ist am häufigsten und fällt am meisten in die Augen der Adlerfarn (Pteridium aquilinum Kuhn) (Fig. 10). Durch seinen hohen Stengel, der oben die breiten Wedel trägt, unterscheidet er sich auf den ersten Blick von den drei anderen Arten, deren Wedel direkt aus dem in der Erde sitzenden Rhizom hervorkommen. Er ist der Cha- rakterfarn der Kelsterbacher Terrasse und des Kieses, reicht aber hier und da auch in die Ebene hinab und erreicht stellen- weise selbst den Rand der Wiesen ; in der gegenwärtigen Trocken- periode ist er entschieden vorgedrungen. Hier, wo dichtes Unter- holz vorhanden, sind Exemplare von 4 m Höhe keine Seltenheit. Auf der Kelsterbacher Terrasse bleibt er durchschnittlich unter 2 m hoch, bedeckt aber um so größere Flächen, im Kiefernstangen- gehölz manchmal Morgen groß, innerhalb deren außer den Kiefern keine andere Pflanze aufkommt. Hier erfolgt die Ausbreitung ausschließlich durch die dünnen, an der Erde kriechenden Wurzel- stöcke. Fruchtorgane, Sporen, entwickelt der Adlerfarn nur an sonnigen Stellen und am Rande solcher Flächen. Auszurotten ist er kaum, und so wird er stellenweise zu einem lästigen forstlichen Unkraut, das nur sehr schwer zu bekämpfen ist und neue Anpflanzungen von Kiefern erschwert. Wo im Kiefernwald eine alte Eiche, ein „Überständer", gestanden hat und später gefällt worden ist, bildet der Adlerfarn inselförmige Horste, die den Rehen ein sicheres Versteck bieten. Der Adlerfarn herrscht, wo er einmal eingebürgert ist, gewöhnlich ausschließlich. Nur im westlichen Teil der Helle, nach der Kelsterbacher Grenze hin, behauptet sich, besonders in den feuchteren Wasserrissen, der echte Wurmfarn {Aspidium filix mas L.) und bildet ebenfalls Dickichte mit mächtigen, alten Wurzelstöcken, von denen mancher genügt, um einen Waschkorb zu füllen. Sonst findet man ihn einzeln unter anderen Farnen, besonders Asp. spinulosum Sw., eingesprengt, schon von weitem — 286 — an der regelmäßigen Triclitergestalt und dem strammen Wuchs erkennbar, charakterisiert durcli den bis unten hin mit Schuppen besetzten Stiel und die mit sechs bis acht, in zwei Reihen an- geordneten, kugeligen Sporenhäufchen besetzten Fiederchen. Der stachelige Scliildf am {Aspidium spinidosum Sw.) meidet den Kies, findet sich aber auf allen anderen Boden- arten und ist, abgesehen von dem Adlerfarn, die häufigste Art unseres Waldes. Er hat einen in derselben Weise gebauten, aber schwächeren Wurzelstock wie der Wurmfarn und erscheint nicht so ausgesprochen trichterförmig; seine Sporenhäufchen sind schwächer und stehen am Blattrande. Wir liaben in unserem Wald vorwiegend die typische Form (var. euspimdosum Aschers), daneben im Kiefernwald und auf faulem Kiefernholz schmarotzend eine Form mit viel breiteren Wedeln und hängendem Wuchs (var. düatata)^ die auch in die Gärten verpflanzt ihre Eigen- tümlichkeit bewahrt. Für eine durch ihre stärkeren, dunkelbraun gefärbten Wedelstiele auffallende Form, die mit Vorliebe an alten Erlenstümpfen wäclist, ist mir ein Varietätname nicht bekannt geworden. Der weibliche Schildfarn [Asplenium s. Äthyrhmi flUx femina Roth) (Fig. 11) wird durch seine strichförmigen Fruclit- häufchen in eine andere Gattung verwiesen wie die beiden letzt- genannten Arten. Er hat auch einen ganz anderen, nicht so grob- faserigen Wurzelstock, und dieser wird durch zahlreiche, senk- recht eindringende Wurzeln im Boden befestigt, so daß er schwerer auszureißen ist. Bei jungen Exemplaren steht der Wurzelstock senkrecht und bildet einen kurzen Stamm, an dessen Oberende die Wedel sitzen wie bei einem Baumfarn. Der weibliclie Schildfarn ist die Form der feucliten Waldteile, des Aulehms und des Moorbodens und ganz besonders der Graben- ränder ; Exemplare mit mehr als meterlangen Wedeln sind keine. Seltenheit. o -£ J. 3 n: — 287 — Aus der Scliaiisammlung. Das Aussehen des Okapi. Mit einer Farbentafel und 2 Abbildungen. Kein Stück der reichen Beute, die unser Museum, dank der Opferwilligkeit seiner Freunde, von der letzten Reise des Herzogs Adolf Friedrich zu Mecklenburg erhalten hat, war uns so hochwillkommen wie das von Schubotz aus dem Uelle-Urwald mitgebrachte und nunmehr fertig aufgestellte Okapi. Vielleicht noch nie ist eine so gute Haut des seltenen Tieres in den Besitz eines Museums gelangt ; sicher aber war die Möglichkeit, bei der Montierung die wirkliclie Form des lebenden Okapi zu erreichen, noch nie so nahegerückt. Stand uns doch außer dem Berichte des Forschers, der unser Exemplar in frischem Zustand, wenige Stunden nach der Erlegung vor Augen gehabt hatte, die damals von ihm aufgenommene vorzügliche Pliotographie zur Verfügung. Immerhin bleibt einiges ungewiß und kann nicht eher ent- schieden werden, als bis der erste Weiße ein lebendes erwach- senes Okapi gesehen haben wird. Unser Okapi ist ein Weibchen. Das stattliche, bisher noch nie beschriebene Euter mit vier in Form eines Trapezes geordneten Zitzen ist auf der Photographie von Schubotz gut zu erkennen. Dabei trägt unser Stück keine Spur von Hörnern, auch nicht etwa unter der Haut verborgene kegelförmige Knochen- plättchen, wie solche mehrfach (R. Dankest er^) gefunden worden sind. Und das ist lehrreich. Die naheliegende An- nahme, alle gehörnten Okapis seien Männchen, die hornlosen Weibchen, gilt neuerdings als mindestens ungewiß. Denn allen bisher bekannten Okapis waren, nach der Gewohnheit der ein- geborenen Jäger, die äußeren Geschlechtsteile weggeschnitten. ^) R. Lankester „Monograph of the Okapi". Atlas. 1910. — 288 — und was an den aufgestellten Tieren davon zu sehe« ist, das haben die Präparatoren aus eigener Machtvollkommenheit und gutem Glauben hinzumodelliert. Unser Stück ist nun hornlos und sicher weiblich. Auch für die offene Frage des Größenunterschiedes der Geschlechter kommt unser Exemplar in Betracht. Nach Lydekker ^) sollten die alten Weibchen größer als die Männchen sein, was E-idewood^) bezweifelt. Das unsrige bleibt mit 143 cm Schulterhöhe um 10 cm hinter dem grollten bekannten Weibchen zurück und ist nicht höher, als alte Männchen sind. Das liegt nun aber nicht etwa daran, daß unser Stück nicht ausgewachsen wäre. Nacli dem Zustande seines Euters zu schließen, hatte das Tier nicht lange zuvor gekalbt. Und wenn ich eine sehr auffallende Besonderheit seiner Färbung zutreffend deute, so war es sogar recht alt. An Hals, Rücken und Bauchseiten, stärker noch auf den Keulen und ganz be- sonders an den Schulterflächen trägt es, beiderseits ganz un- symmetrisch verteilt, weiße Spritzer und Flecken, von denen die kleineren etwa 5 mm breit und rundlicli, die größeren, 1 bis 2 cm langen, mehr strich- oder bogenfia'inig sind. Außerdem finden sich, besonders am Rücken, viele einzelne weiße Haare über den braunen oder schwarzen Grund zerstreut. Es liegt nicht fern, im Auftreten dieser weißen Melierung ein Alterssymptom zu er- blicken, das sich vielleicht über den Narben früherer, von Dornen des Urwaldes gerissenen Wunden und Schrammen besonders be- merkbar macht. Die Form der weißen Flecken, ihre regellose Zerstreutheit, ihre Häufung an Schultern und Schenkeln si)rechen dafür. Schade, daß das zugehörige Skelett, dessen Gebiß den sichersten Scliluß auf das Alter des Tieres gestattet haben würde, im Uelle versunken ist. Wenn der Kopf unseres Stückes, der über den Schädel eines genau gleichgroßen, ebenfalls weiblichen Individuums modelliert wurde, einen ganz anderen Eindruck macht wie bei den älteren Präparaten, so liegt dies wesentlich an der Bildung der mächtigen, mit dicken Röhren entspringenden und merk- würdigtief angesetzten Ohren: anderwärts sind die Ohren durch- ^) R. Lydekker „Hornless Okapies". Ann. Mag. Nat. Hist. 8. Ser. Bd. 6. 1910. 2) W. G. Ride wo od „Hornless Okapies". Ebenda 1910. — 289 — weg kleiner g-ehalten und höher am Kopfe, zuweilen dicht unter der Seheitelfläche angefügt. Unsere Aufstellung ist aber gewiß die richtige. Denn erstens liegt am Okapischädel die Öffnung des knöchernen Gehörgangs so tief, daß sie mit einem hoch oben angesetzten äußeren Ohre gar nicht kommunizieren könnte, zweitens staken in der Kopfhaut unseres Tieres die dicken Knorpel- röhren noch darin, und drittens beseitigt das Schubotzsche Bild den letzten Zweifel. — Bei den Okapi kälbern scheint allerdings, wie die bekannte Pliotographie eines in Angu kurze Zeit lebend gehaltenen zeigt, das Ohr von weniger auffallender Bildung zu sein. Auch in der Modellierung des Rumpfes entfernt sich unser Stück von allen älteren. Bisher wurden die Okapis recht schmal- brüstig und dünnschenkelig aufgestellt. Schubotz aber hat außer dem „großen Auge'- und den „kolossalen Ohren" vor allem die unerwartet „muskulösen Formen" des Tieres im Gedächtnis be- halten. Und seine Photographie zeigt deutlich, daß die Schulter des liegenden Tieres sich steil und hoch mit starken Muskelmassen vom Halse erhebt und ihre seitliche Fläche, perspektivisch gesehen, so hoch gelegen ist wie die des Bauches. Für den Querdurch- messer des Bauches aber gab uns das vorhandene gleichgroße Skelett sichere Maße an die Hand. Danach haben wir unserem Tiere eine breite, stark muskulöse Brust gegeben, deren Schulter- ecken, nach Art der Giraffe, zu beiden Seiten des Halses ein wenig vorgezogen sind. Problematisch war fernerhin die Bildung der Oberschenkel. Hat das Okapi, wie die Giraff'e und das Kamel, einen „freien" Schenkel, der sich bis hoch über das Knie hinauf durch einen Spalt vom Rumpfe scheidet und an der Innenfläclie, wie die gegen- überliegende Bauchwand, von eigener Haut bekleidet ist; oder liegt der Okapischenkel dem Bauche dicht an, wie bei der Mehr- zahl der Säuger, und geht die Haut von seiner Außenfläche unter Bildung einer „Spannhaut" direkt auf die äußere Rumpf seite über? Fast alle bisher präparierten Okapis, z. B. die im Kongo-Museum zu Tervueren befindlichen (Fraipont^) 1907), wurden mit anlie- gendem Schenkel und Spannhaut dargestellt. Daß ihnen das gut stände, kann man nicht sagen. Die einen tragen am vorderen Schenkelrande dicke, häßliche Falten, denen man ansieht, wie .T. F r a i p 0 n t ,. Okapia". Ann. Mus. Congo. 1907. 19 — 290 — sehr der Ausstopfer in Verlegenheit war, die Menge überschüssiger Haut noch unterzubringen; bei anderen ist das zwar geglückt, aber nun schiebt sicli zwischen das Rotbraun der Bauclihaut und das Schwarzbraun des Schenkelsaums ein breiter und hoher, un- harmonisch und unwahrscheinlich wirkender Keil von gelblicli- weißer Farbe. Und es ist fast verwunderlich, daß die betreifen- den Präparatoren nicht ganz von selbst — der Vergleich mit der Giraffe lag ja so nahe — auf den Gedanken gekommen sind, das überflüssige weiße Hautdreieck gehöre nicht neben oder auf, sondern unter den Sclienkel, weil eben das Okapi überhaupt keine Spannhaut sondern freie Schenkel habe. Aber diese sich aufdrängende Vermutung läßt sich auch beweisen. Die Photo- graphie von S c h u b 0 1 z , obwohl in diesem Punkte aus perspek- tivischen und anderen Gründen minder günstig, zeigt immerhin, daß der Schenkel ein gutes Stück über das Knie hinauf frei und die weiße Haut bis dorthin an seiner Innenseite gelegen ist. Ferner läßt die Bildung der „Haarströme", auf deren Zusammen- — 291 — hang mit der Bewegung' der Tiere W. Kidd^) die Aufmerksamkeit lenkte, kaum einen Zweifel. Wo sich bei Huftieren vom Knie aus eine Spannhaut zum Bauch hinüberzieht, pflegt der Haar- strom des Rumpfes in gleichmäßiger Flucht über die Flanke auf den Schenkel überzugehen : nur an der Bauchseite, dicht unter- halb der Spannhaut, tritt ihm ein kurzer Strom gegenüber, der mit dem oberen Kanten und Wirbel bildet. Beim Okapi aber zieht der im Bereich des weißen Keiles emporsteigende ventrale Gegenstrom so hoch hinauf, daß die Kontaktlinie der beiden Ströme in halber Rückenhöhe beginnt, um in weitem Bogen die Flanke entlang nach vorn zu ziehen : mit einer Spannhaut am Knie, die den aufsteigenden Haarstrom quer durchschneiden müßte, scheint diese Bildung ganz unvereinbar zu sein. Durch die erwähnte Photographie eines lebendigen Okapikälbchens wird die Frage entschieden. Dieses Bild zeigt in genauer Profilansicht ^) W. K i d d „Certain habits of the animals traced in the arrangement of their hair". Proc. Zool. Soc. London. 1904 n. 19* — 292 — zwischen Schenkel und Eumpf keine Spur von Weiß. Aber nicht etwa, weil der weiße Keil in frühester Jugend nicht vorhanden wäre; denn das liübsche, gleichfalls von Schubotz mitgebrachte Fell eines (Jkapikalbes, das wir besitzen, trägt ihn, wie zu er- warten war, in voller Entfaltung. Manche Okapis, z. B. das schöne Stück aus Rudolf Grauers Beute, das Kerz für das Wiener Hofmuseum präpariert hat, sind im Paßgang aufgestellt. Hierzu gibt die Verwandtschaft des Okapi mit der Giraffe eine gewisse Berechtigung. Doch schien uns der daraus abgeleitete Analogieschluß nicht sicher genug : wir zogen vor, unserem Tiere überhaupt keine schreitende, sondern die halb stehende, halb nachlässig dahinziehende Haltung zu geben, die dem im Dickicht nach Futter schnuppernden Wilde eigen ist und über die Art des Ganges nichts entscheidet. Dennoch neige auch ich der Ansicht zu, daß das Okapi ein Paßgänger ist. Erstens spricht der freie Schenkel einigermaßen dafür: Giraffe und Kamel haben die gleiche Schenkelbildung und gehen Paß — warum, ist freilich dunkel. Und zweitens hat mir Schubotz kürzlich mitgeteilt, daß das Okapikälbchen von Angu nach Aussage der Beamten, die es gesehen haben, ein Paßgänger gewesen sei. Ganz ungewiß bleibt zurzeit, wie das erwachsene Okapi den Hals trägt, ob hoch oder niedrig, giraffenartig steif oder S-förmig gebogen wie ein Nilgau. Auf die Verwandtschaft mit der Giraffe ist in diesem Punkte kein Verlaß. Denn in der Bildung der Halswirbel nimmt, wie R. Lankester\) gezeigt hat, die Giraffe eine Sonderstellung ein, wälirend das Okapi sich darin geradeso verhält wie andere Wiederkäuer. Immerhin ist zu bedenken, daß bei dem zwanglos hingestreckten toten Tiere des Schubotzschen Bildes der Hals in gerader Verlängerung der Wirbelsäule liegt, und daß auch das photographierte Kälbchen von Angu den seinigen nur schwach erhoben trägt. Die aus ästhetischen Gründen von uns gewählte leicht gesenkte Stellung des Halses ist dem Tier, nach Ausweis des Skelettes, jedenfalls möglich und dürfte ihm beim Futtersuchen sehr geläufig sein. 0. sur Strassen. ^) R. Lankester „On certain points in the structure of the cervical vertebrae of the Okapi and tlie GirafCe." Proc. Zool. Soc. London. 1908. — 293 — Wilhelm Dönitz geb. 27. VI. 1838, gest. 12. III. 1912 zu Berlin. Mit Gell. Med.- Rat Prof. Dr. Dönitz ist ein treuer, anhänglicher Freund unserer Gesellschaft heimgegangen. Ur- sprünglich Anatora, folgte er 1873 einem ehrenvollen Ruf der Kais. Japanischen Regierung als Lehrer der Anatomie an die neu errichtete Medizinschule zu Tokio nnd trat später zur ja- panischen Polizeiverwaltung über, als deren ärztlicher Berater er organisatorisch und praktisch unermüdlich tätig war. So leitete er namentlich die Bekämpfung der Typhns- und Cholera-Epidemien, von denen Japan wiederholt heimgesucht wurde, und entfaltete in den der Polizeiverwaltung unterstellten Krankenhäusern der Hauptstadt, wie auch während des blutigen Bürgerkrieges des Jahres 1877 in den zu Lazaretten eingerichteten Tempelbauten zu Nagasaki eine umfassende ärztliche, vorwiegend operative Tätigkeit. Nach Deutschland 1886 zurückgekehrt schloß sich Dönitz eng an Robert Koch an, dessen bahnbrechende Ent- deckungen der Erreger der Tuberkulose und Cholera ihm in Japan bekannt geworden waren, und widmete sich zunächst im Hygienischen Institut zu Berlin, seit 1891 in dem neu begrün- deten Institut für Infektionskrankheiten daselbst dem Studium dieser Seuchen. 1896 wurde Dönitz zum Mitglied des damals unter Ehrlich s Leitung- errichteten Instituts für Serumforschung- und Serumprüfung in Steglitz ernannt. Mit seiner Verlegung nach Frankfurt a. M. und Erweiterung zu dem Institut für experimentelle Therapie siedelte Dönitz im Herbst 1899 hierher über und trat in enge Beziehungen zu unserer Gesellschaft, die ihn, nachdem er schon wenige Monate später als Abteilungs- vorsteher an das Institut für Infektionskrankheiten in Berlin zurückberufen worden war, am 3. März 1900 zum korrespon- dierenden Mitglied ernannt hat. — 294 — Mit einem selten feinen Sinn für Naturbeobachtnng' und mit liolier künstlerisclier Begabung- ausgerüstet hat sich Don it z schon in jungen Jahren dem Sammeln und Präparieren von In- sekten zugewandt und mit minuziöser Grenauigkeit lebenswahre Zeichnungen und Aquarelle seiner Funde angefertigt. Während seines Aufenthaltes in Japan hat er eine großartige Spinnen- sammlung angelegt und jeder einzelnen der von ihm gefundenen 174 Arten nicht nur eine genaue Formbeschreibung und getreue Farbenskizze des lebenden Tieres, meist in charakteristischer Stellung und in seiner natürliclien Umgebung, sondern auch sorgfältige Aufzeichnungen beigegeben, in denen eine Fülle ausgezeichneter biologischer Beobachtungen und anatomischer Tatsachen niedergelegt ist. Diese wertvolle Sammlung hat Dönitz unserem Museum überwiesen; ihre Bearbeitung ist durch W. Bösenberg und E. Strand erfolgt und mit 14 Tafeln, die nach den kunstvollen Originalen des Schenkers zum größten Teil in Neunfarbenlithograpliie ausgeführt sind, 190(3 im 30. Band unserer Abhandlungen erschienen. Nach seiner Rückkehr in die Heimat hat sich Dönitz ganz besonders dem morphologischen Studium der inzwischen als Überträger von krankheitserregenden Protozoen erkannten einheimischen und tropischen Insekten und Zecken gewidmet und es im Präparieren der inneren Organe dieser kleinen Tiere zu einer ganz erstaunlichen Fertigkeit gebracht. Auf diesem schwierigen Spezialgebiet ist Dönitz der ständige Berater Kochs geworden und hat sich weit über Deutschlands Grenzen hinaus des höchsten Ansehens erfreut. Gern hat er im Kreis gelehrter Gesellschaften, so auch der unseren, über die Ergeb- nisse seiner emsigen Forscherarbeit in zusammenfassenden Vor- trägen gesprochen, noch zuletzt am 16. Dezember vorigen Jahres ! Kurz vor seinem Tode hat er uns das Manuskript seines in- teressanten Vortrags übergeben, dessen Drucklegung auf den nachstehenden Blättern erfolgt ist. Das Andenken des hervorragenden Gelehrten, des schlichten Menschen und treuen Freundes wird auch in unserer Gesell- schaft unvergessen und in Ehren bleiben ! A. Knoblauch. — 295 — Die Bekämpfung der Schlafkrankheit. Mit einer Karte und 15 Abbildungen ') von W. Dönitz (t). Die Sclüafkranklieit hat ihre Heimat recht fern von hier, in einem fremden Erdteil; nur selten wird ein Schlafkranker bis in unsere Gegenden verschlagen. Trotzdem wird man ihr besondere Aufmerksamkeit gerade in Frankfurt zuwenden, wo Paul Ehrlich sich die Aufgabe gestellt hat, gewisse Para- siten, zu denen auch die Erreger dieser Krankheit gehören, im Blut der von ihnen befallenen Menschen und Tiere durch eigens erfundene Arzneimittel zu vernichten. Auch für weitere Kreise wird es erwünscht sein, etwas über die mörderische Seuche zu erfahren, die bei der Beurteilung des M a r o k k o - A b k o m m e n s in den Vordergrund gestellt wurde. Allerdings ist ein Teil des neu erworbenen Gebietes von der Schlafkrankheit verseucht. Aber in welchem Teil des tropischen Westafrika ist dies nicht der Fair? Die Krankheitsherde erstrecken sich bis nach Sene- gambien und fehlen also auch unseren alten Besitzungen nicht. Trotzdem entwickeln sich Kamerun und Togo in erfreulicher Weise weiter, und letzteres wirft schon einen Überschuß ab. Dies sind Tatsachen, die von der Kritik nicht verschwiegen werden dürfen. Es sei nun an dem Beispiel der Schlafkrankheit gezeigt, welche mühseligen und weitausschauenden Untersuchungen nötig ^) Die mit * bezeichneten Abbildungen sind mit Erlaubnis des Verlags dem „Bericht über die Tätigkeit der zur Erforschung der Schlafkrankheit im Jahre 1906/07 nach Ostafrika entsandten Kommission, erstattet von R. Koch, M. Beck u. F. Kleine" (Arbeiten aus dem Kaiserlichen Gesund- heitsamte, 31. Bd., I.Heft), Berlin, Julius Springer, 1909 entnommen. — 296 — sind, um die Gnmdlag-en zu gewinnen, auf denen sich die ziel- bewußte Bekämpfung- einer Seuche aufbauen läßt. Eine jede Maßregel muß in dem Wesen der eine n Seuche begründet sein, die man bekämpfen will. Dazu ist Vorbedingung die genaueste Kenntnis nicht nur der Krankheit selbst, sondern auch alles dessen, was dazu führt, daß sie seuchenhaft auftritt. Die Parasiten der Schlafkrankheit gehören zu den Protozoen, und zwar zu einer Gruppe, der man den griechischen Namen Trypanosoma gab, weil man sie ihrer Ge- Trypanosoma gamhicnse Gast., der Erreger der Schlafkrankheit. (2''<"'/i n. Gr.) stalt und Bewegung wegen mit einem Bohrer verglich. Von diesen Tieren kennen wir nun schon eine ganze Anzahl von Arten, die im Blut vom Menschen und von Wirbeltieren gefunden wurden, aber einen Teil ihrer Entwicklung in einem wirbellosen Tiere durchmachen. Einige Arten erzeugen beim Menschen und bei unseren Haustieren sehr gefährliche Krankheiten, die manchmal als mörderische Seuchen auftreten. Meist werden sie durch Fliegen verimpft, doch gibt es Aus- nahmen. So hat man in den letzten Jahren festgestellt, daß im Innern von Brasilien und Argentinien eine große Wanze (Conorhinus megistns] den Kindern der Eingeborenen einen solchen Parasiten {ScMzotrypannm Crusi) einimpft und damit zahlreiche junge Menschenleben vernichtet. Als Vermittler der Schlafkrankheit hat man ge- wisse Fliegen erkannt, die dem Genus Glossina angehören, — 297 — das nur in Afrika vorkommt^) und an dem langen, starren Stechrüssel und einem hübschen Federbesatz der Fühler leicht erkannt wird. Der Name Schlafkrankheit beruht darauf, daß gegen Ende des mehrere Jahre dauernden Leidens die meisten der unglücklichen Opfer von unüberwindlicher Schlafsucht befallen werden und schließlich nicht einmal mehr zu den Mahlzeiten aufgerüttelt werden können. Manche verfallen in Tobsucht und verrichten allerlei Unfug, legen Feuer an, gehen ins Wasser Glossina paJpalis R-D., die Überträgerin der Schlafkrankheit, {^li n. Gr.) P. Sack phot. oder erliegen einem solchen Anfall. Im Beginn der Krankheit fehlt dagegen die Schlafsucht. Zu der Zeit, als sich der Zusammenhang zwischen Fliegen und Schlafkrankheit herausstellte, kannte man schon eine andere Krankheit des Menschen, bei der die Verhältnisse ähnlicli liegen : das Wechself ieber (Malaria), dessen Erreger ebenfalls Blut- parasiten sind, die durch die An oplieles mucken übertragen werden. Für das Wechsellieber hatte Eobert Koch gezeigt, daß die Seuche unter allen Umständen und mit Sicherheit durch Chinin vertilgt werden kann. Dies beweisen die großartig angelegten und mit äußerster Hingebung ausgeführten Unter- ^) Das Gebiet der Glossina tachinoides greift zwar nach dem süd- lichen Arabien hinüber; doch hat die dortige Fauna überhaupt afrikanischen Charakter. — Die Glossinen werden auch Tsetse genannt. Dieses Wort ist eine Umbildung der von den Kaffern gebrauchten Bezeichnung der Fliege 20 * Tobsüchtiger Schlafkranker, von seinen \'er\vandtcn mit Baststricken an den Armen gefesselt und in die Sklavengabel gelegt, um Unheil zu verhüten. * Schlafkranke Mutter mit Nahrung suchendem Kind. — 299 — nelimung-en von Koch selbst und von seinen Schülern in Neu- Guinea, Istrien, Südwest- und Deutsch-Ostafrika. Daher lag es nahe, daß Koch den Plan faßte, auch die Schlafkrankheit durch Arzneimittel zu bekämpfen, als er 1906 eine Expedition zur Erforschung- dieser Kranklieit in das Herz Ostafrikas, an den Viktoria-See, führte. Unter den ihm zur Wahl stehen- den Mitteln glaubte er, dem Trypanrot und dem Atoxyl den Vorzug- geben zu sollen. Das Trypanrot war von Ehrlich') mit ausgezeichnetem Erfolg im Experiment gegen die Trypanosomen der Tsetse- krankheit oder Nagana^) der Haustiere verwandt wor- den, und in England hatte man begonnen, das Atoxyl gegen die Trypanosomen der Schlafkrankheit experimentell zu prüfen. Koch überzeugte sich bald, daß gegen die menschliche Krankheit das Atoxyl den anderen Mitteln überlegen ist. Tau- sende von Negern sind damit behandelt worden, und als Koch sein Arbeitsfeld in Afrika verließ, hatten schon Hunderte von ihnen die Trypanosomen seit Monaten aus ihrem Blut verloren. Aber das Mittel entfaltete in einer Anzahl von Fällen die liöchst unangenehme Nebenwirkung-, daß es Erblindung ver- anlaßte, als eine Folge der Aufspeicherung des im Atoxyl ent- haltenen Arsens im Körper des Kranken. Dieser Übelstand hat es in Europa, wo es gegen andere Krankheiten versuchs- weise angewandt wurde, in Verruf gebracht. Aber in betreif der Schlafkrankheit muß man doch anders darüber urteilen; denn sie ist unter allen Umständen tötlich, wenn es nicht ge- lingt, sie durch Arzneien zu heilen. Wenn es also möglich ist, auch nur einen Teil der Kranken zu heilen, so muß das Mittel, so lange es kein besseres gibt, ^) P. Ehrlich „Die Trypanosomen und ihre Bekämpfung". Vortrag. 40. Bericht der Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft. Frank- furt a. M. 1909, S. 108*— 111*. ^) Der Erreger der Nag ana ist das von D.Bruce entdeckte und sofort in seiner Bedeutung erkannte Trypanosoma brucei. Die Fliege, die als Zwischenwirt dient, war von ihm als GJossina morsitans bezeichnet worden ; doch sagt Austen, erste Autorität auf diesem Gebiet, daß nähere Nachforschung ergeben habe, daß es Gl. xx^^Hdipes war. — Der Erreger der Schlafkrankheit ist das Trypanosoma gambiense, zuerst von Castellani beschrieben und wiederum von Bruce als der Krankheitserreger erkannt, dessen Zwischenwirt die Glossina palpalis ist. — 300 — rücksichtslos angewendet werden. Da kann die geringe Zahl der Erblindeten gegenüber der großen Zahl der vom Tode Er- retteten nicht in Betracht kommen. Man muß sich nur klar machen, wie schrecklich die Krankheit in Afrika haust. Allein im englischen Protektorat Zentralafrika (Uganda) sind ihr in vier oder fünf Jahren 500000 Menschen zum Opfer gefallen. Darüber, daß auch andere Mittel mit ähnlichem Erfolg wie das Atoxyl benutzt werden, gehe ich hinweg, denn die Arznei- behandlung entspricht überhaupt nicht den Erwar- tungen, die Koch daran geknüpft hatte. Seine eigenen Worte lauten: „Ich bin bei persönlichen Nachforschungen gewahr ge- worden, wie wenig Kranke aus der Bevölkerung der Sese-Inseln von der durch uns gebotenen Gelegenheit, ihre Krankheit ärzt- lich behandeln zu lasseii, Gebrauch gemacht hatten. Überall traf man in den Dörfern noch Kranke, welche von einer Be- handlung nichts wissen wollten, und hörte man von frischen Todesfällen bei Nichtbehandelten. Ich hatte nicht geglaubt, daß die Indolenz der Eingeborenen so weit geht, und ich habe mich bei dieser Gelegenheit davon überzeugt, daß man allein mit einer fakultativen Atoxylbehandlung gegen die Schlafkrank- heit nicht zu viel ausrichten würde." Es ist nicht allein die Indolenz der Eingeborenen, die unsere Fürsorge zuschanden macht, sondern auch das mangelnde Verständnis ; denn die Leute fühlen zunächst gar nicht, daß sie krank sind, und wenn sie später die ersten Krankheitszeichen bemerken, können sie sich einen Zusammenhang mit einem viel- leicht Wochen- oder monatelang zurückliegenden Fliegenstich nicht vorstellen, am allerwenigsten in Ostafrika, wo die Leute sehr wohl in der Erinnerung haben, daß es früher die Krankheit bei ihnen nicht gab , obgleich sie von denselben Fliegen gestochen wurden. Wie will man einem Neger klar machen, daß die Krankheitserreger, die Trypanosomen, von denen er sich keine Vorstellung machen kann, erst neuerdings in seine Heimat eingeschleppt wurden? Die ersten merklichen Zeichen der Krankheit sind gewöhnlich Schwellungen der Drüsen am Hals, Kopfschmerzen und unregelmäßiges Fieber; erst später treten Schwellung der Augenlider und Abmagerung hinzu. Dabei sind die Leute zunächst noch vollkommen leistungsfähio- und verrichten z. B. a s >1 fi C/J Ö C3 ^ ,iä1 t_, ;-l cu H TS a> Ö o Ö ^ iH Ö pq a s^ Eingeborener vom Viktoria-See mit geschwollenen Nackendrüsen als Symptom der Schlafkrankheit. HHHHHHMMHWMM^ 1 1 . ,/^^/ •* '' ^^^^^^^H^k'iIIh^ ' Yh^^ ^F ■ ■'^' f^ |^';*^iif'»^ 1 * Eingeborener, der, obwohl er den Keim der Schlafkrankheit schon in sich trug (in seinem Blute wurden Trypanosomen nachgewiesen), Robert Koch noch dreizehn Stunden lang von Entebbe nach den Sese-Inseln ruderte. — 303 — als Ruderer oder als Träger lange Zeit noch die schwerste Arbeit. Nimmt man dazu noch den Fatalismus des Negers, der in der Suahelisprache sagt: „Amri ya mungu", d. i. „Befehl von Gott", und dann sich in die Krankheit ruhig ergibt, so wird man nicht erwarten, daß er beim fremden Arzt Hilfe sucht. Wir müssen also selbst die Kranken aufsuchen; ja wir müssen sie unter anscheinend lauter Gesunden herausfinden, uocli bevor ihnen die Kranklieit ihren Stempel aufgedrückt hat ; denn gerade zu Anfang ist sie, wie alle Krankheiten, am leichtesten der ärztlichen Behandlung zugänglich. Eine Frühdiagnose läßt sich nur auf Grund sorgfältiger m i k r 0 s k 0 p i s c h e r B 1 u t u n t e r s u c h u n g e n stellen, die darum besonders mühselig sind, weil die Menge der im Blut vorhandenen Trypanosomen bei demselben Kranken an den verschiedenen Tagen wechselt. Daher kommt es, daß bei der ersten Unter- suchung der Bewohner eines Bezirkes nur ungefähr die Hälfte der wirklich mit Trypanosomen Behafteten entdeckt w^ird. Die Untersuchung sämtlicher Leute, außer den schon als krank er- kannten, muß also ein zweites und drittes Mal, ja bis zum siebenten und achten Male wiederholt werden, ehe man sicher ist, auch den letzten Krauken herausgefunden zu haben. Dies ist aber so mühselig und zeitraubend, daß es für größere ver- seuchte Bezirke gar nicht durclizuführen ist. Es müssen also andere Wege gesucht werden, und da drängt sich sofort die Frage auf: „Wie weit kommt man, wenn man die Fliegen bekämpft anstatt der Krankheitserreger im Blut des Menschen?" Sehen wir uns daraufhin einmal diese Fliegen und ihre Lebens- weise etwas näher an. Die Glossinen gehören zu einer Gruppe von Fliegen, die nicht Eier, sondern Maden ablegen, und sie legen jedes- mal nur eine Made, die vollständig ausgewachsen ist und des- halb gleich ein Versteck aufsucht, in dem sie sich verpuppt. Die Maden der Schlafkrankheitsfliege {Glossina palpalis) gehen einige Zentimeter tief in die Erde, meist am Fuße eines Baumes. Das Absetzen der Maden erfolgt durchschnittlich alle vierzehn Tage, und die Puppenruhe dauert etwa fünf Wochen ; doch kann die Witterung eine Beschleunigung oder Verzögerung bewirken. Hieraus ergibt sich ohne weiteres, daß man den Puppen nicht durch Abbrennen des Grases und Buschwerkes beikommen kann, 304 wie man es vorg-eschlagen hatte. Sie werden in der Erde von der Hitze des Feuers nicht erreicht, oder das Feuer gelangt gar nicht an die Bäume. Aber die Lebensweise der Fliege legt einen anderen Ge- danken nahe. Da nämlicli ilire Vermehrung eine so langsame Drei schlafkranke Mädclien, davon zwei bereits stark abgemagert. ist, sollte man meinen, daß man durch fortgesetztes Wegfangen ihre Zahl wesentlich vermindern könnte ; doch auch dies gelingt nicht. So berichtet Koch über einen derartigen Versuch : seine Leute brachten von einer kleinen, weit vorspringenden Halb- insel täglich Hunderte von Glossinen lieim; aber eine Abnahme wurde nicht erzielt, obgleich der Zuzug von der Hauptinsel her — 305 — nur höchst unbedeutend sein konnte, weil die Fliegen den freien Strand nicht lieben, den sie hätten entlang wandern müssen. Eine Beobachtung, die der bewährte Leiter der Schlaf- krankheitsbekämpfung in Ostafrika Prof. E. Kleine gemacht hat, dürfte das massenhafte Auftreten der Fliege trotz ihrer * Drei schlafkranke Kinder, davon zwei mit hochgradiger Schwellung der Augenlider. langsamen Vermehrung erklären. Kleine hat diese Fliegen, die er aus der Puppe gezüchtet hatte, durchschnittlich vier Monate am Leben erhalten, indem er sie alle ein bis zwei Tage Blut saugen ließ. Eine dieser Fliegen brachte es sogar bis auf acht Monate, und es ist wahrscheinlich, daß sie in der — 306 — Freiheit noch viel länger, vielleicht einige Jahre, leben. Eine solche Langlebigkeit könnte ja bei einer Fliege überrasclien ; aber man muß sich erinnern, daß Käfer und selbst Ameisen sieben Jahre und länger in der Gefangenschaft ausgehalten haben. Wenn nun die Reifung des Eies bis zur ausgewachsenen Made zwei Wochen, die Piippenruhe fünf Wochen dauert, so ergibt sich hieraus, daß mindestens alle zwei Monate eine neue Generation von Fliegen auftritt, die wiederum alle vierzehn Tage eine reife Made absetzen. Und wenn jede Fliege auch nur ein Jahr lang leben sollte, so potenziert sich doch ihre Vermehrung in Schrecken erregender Weise. Dazu kommt, daß sie keine auf sie angepaßten Feinde zu haben sclieinen, die ihre Vermehrung merkbar einschränken würden, und es macht wenig aus, wenn einzelne Puppen den Ameisen oder sonstigen Eäuberh zur Beute fallen. Dagegen wissen wir von den Affen, die in jenen Gegenden sehr zahlreich sind, daß sie bei der Annäherung einer Glossina in die größte Unruhe geraten und sie wegfangen, sobald sie ihnen anfliegt. Deshalb werden Affen, obgleich sie für die Schlafkrankheit so empfänglich sind wie der Mensch, nur äußerst selten mit Trypanosomen betroffen. Daran aber, daß die Neger sich die Vierhänder zum Muster nehmen und sich selbst lielfen würden, ist nicht zu denken. Alle am Wasser bescliäftigten Leute lassen sich unbekümmert stechen und sind jeder Belehrung unzugänglich. Dem Europäer gibt die Kleidung einen er- heblichen Schutz, zumal wenn sie weiß ist, weil die Fliegen an die dunkle Farbe der Eingeborenen gewöhnt sind. Aber un- gestochen wird dennoch kaum ein Europäer in Schlafkranklieits- gebieten davonkommen. Glücklicherweise sind die wenigsten Fliegen ansteckungsfähig. Immerhin wird man nicht fehlgehen, wenn man behauptet, daß die Schlafkrankheit schnell abnehmen würde, wenn die Neger sicli selbst gegen die Fliegenstiche schützten. Das Blutbedürfnis der Glossinen ist für das schnelle Umsichgreifen der Schlafkrankheit verhängnisvoll. Allerdings werden nicht alle Glossinen, die an einem schlafkranken Mensclien oder im Experiment an einem schlafkranken Affen Blut gesaugt haben, ansteckungsfähig, sondern nur ungefähr zehn vom Hundert, und dementsprechend lindet man in verseuchten Gegenden auch — 307 — nur bei zwei oder drei vom Tausend der gefangenen Fliegen die Erreger der Krankheit. Aber dieses für die Weiterver- breitung der Krankheit recht ungünstige Verhältnis wird reich- lich dadurch ausgegliclien, daß die Glossinen im Durchschnitt wenigstens alle drei Tage einmal Blut saugen und daher monat- lich wenigstens zehnmal Gelegenheit haben, gesunden Menschen die Krankheit einzuimpfen. Denn sie übertragen nicht etwa raechaniscli die von einem Kranken aufgenommenen und mög- licherweise noch an ihrem Saugrüssel haftenden Trypanosomen auf ihr Opfer, wie es die Mehrzahl der Forscher seit Jahren sicli bemühte nachzuweisen ; sondern die Trypanosomen ent- wickeln sich im Körper der Fliegen weiter, vermehren sich dort und werden dann erst reif und ansteckungsfähig, wie Koch schon auf Grund seiner Untersuchungen über die Try- panosomen im Körper der Fliegen annahm, und wie Kleine jetzt einwandfrei bewiesen liat. Außerdem fand Kleine die sehr wichtige Tatsache, daß die Fliegen ihre Ansteckungs- fähigkeit bewahrten, solange er sie am Leben erlialten konnte. Dagegen wurde von ilnn und seinen Mitarbeitern niemals eine Vererbung der Parasiten auf die nächse Generation der Fliegen beobachtet. Diese durch zahlreiche, äußerst mühselige Experimente im Innern Afrikas mit den einfachsten Hilfsmitteln gewonnenen Ergebnisse sind von großer wissenschaftlicher und praktischer Bedeutung, aber in Deutschland noch lange niclit hinreichend gewürdigt, sondern fast als selbstverständlich hingenommen worden. Alle diese Untersuchungen bezogen sich auf eine bestimmte Fliegenart, die Glossina palpaUs, in der Voraussetzung, daß nur sie die Schlafkrankheit verbreitet, und in der Tat lehrt ein Blick auf die Landkarte, auf der das Verbreitungsgebiet dieser Fliege sowohl wie der Schlafkrankheit eingetragen ist, daß die Krankheit nur da vorkommt, wo auch die Fliege lebt. Einige Ausnahmen fanden leicht ihre Aufklärung; es handelte sicli um Leute, die anderwärts angesteckt waren und die Krank- heit in ihre von der Fliege freie Heimat mitgebracht hatten, wo sie dann in vereinzelten Fällen auch noch Ansteckungen inner- halb ihrer Familie veranlaßten. Daß solche unmittelbaren An- steckungen von Person zu Person möglich sind, liegt in der 20* — 308 — Natur der Krankheit ; doch erlöschen solche kleinen Krankheits- herde bald, sind also für das seuchenhafte Auftreten der Krank- heit belaneios. =o {/ Verbreitung der Schlafkrankheit der Glossina palpalis in Afrika p Bangueolo/ v^, '^''"'ye^ Die Fliege nun, um die es sich handelt, braucht zu ihrem Gedeihen viel Feuchtigkeit; sie ist geradezu an das Wasser gebunden, an das Ufer von Seen und Flüssen oder an das Sicker- wasser im Urwald. Sie braucht aber in der Nähe des Wassers auch trockenen Boden, der nicht der Überschwemmung ausge- 309 setzt ist, damit in ihm ihre Maden sich ungestört verpuppen und entwickeln können.^) Einzelne Forscher haben allen Ernstes daran gedacht, die Puppen an solclien Stellen auszugraben und zu vernichten, ein Unternehmen, mit dem man eine Abnahme der Schlafkrankheit nicht herbeiführen wird, weil man immer * Uferpartie am Viktoria-See. Im Wasser wachsende Ambatschbüsche (Herminiera elaphroiyJon), deren Zweige mit Nestern von Webervögeln besetzt sind. Die Büsche bieten den Schlafkrankheitsfliegen vielbesuchte Ruheplätze. nur einen verschwindend kleinen Teil der Puppen findet, wie alle praktischen Sammler von Insekten wissen. ^) Im Gegensatz hierzu ist die überraschende Angabe gemacht worden, daß man in Togo häufig leere Puppenhülsen und, wenn auch selten, sogar lebende Puppen auf Palmen und anderen Bäumen bis zu einer Höhe von 3^2 na gefunden habe. Man könnte denken, daß die Puppen von insekten- fressenden größeren Tieren dorthin verschleppt waren, wenn es sich wirklich um die Glossina palpalis und nicht etwa um eine andere Art derselben Gattung handelt, die ja andere Gewohnheiten haben mag. Wie man sich aber überzeugt haben will, daß es sich gerade um faipctii.'^-Puppen handelte, wird nicht angegeben. Die Unterschiede der Puppen der einzelnen Arten sind sehr geringfügig. 310 Unsere Flieg'e bevorzugt solche Uferstellen, die mit nicht zu cliclit belaubten Bäumen oder Büschen bestanden sind, die ihr hinreichenden Schatten und Ruhe während der heißesten 1 ■1/ ^_^^ ^^■Hk^/ i ; I ^^^^^^^^^HH^^^^ -^T '4 L 1 H BE? '' iB''' Ü ^n AKV^O^gi* 1 c-^Hj \ >'^nHH * Uferpartie am Viktoria-See. Papyrus-Sum])i, in den zwei Neger vergeblich einzudringen versuchen. Pap?/rMS-Dickichte werden von Schlafkrankheitsfliegen gemieden. Mittagsstunden gewäliren, aber doch auch ermöglichen, leicht abzufliegen. Im PapyrusSnm-pi fehlt sie ständig, vielleicht weil das dichte Blättergewirr sie behindert; dagegen hält sie sich gern in Bananenhainen auf, wenn diese dem Ufer nahe sind. Das Bedürfnis (\.q^ Glossina palpalis nach besonders ge- arteten Ruheplätzen gibt uns das beste Mittel an die Hand, — Su- sie zu bekämpfen : die Abliolzung solcher Uferstrecken vertreibt die Fliege. Die ersten Erfahrungen verdanken wir der eng- lischen Regierung von Z e n t r a 1 a f r i k a (Uganda) in Entebbe, die kein Bedenken trug, den wundervollen Wald am Ufer des Viktoria-Sees zu opfern, der den Beamten zur Erholung gedient liatte, wo sie aber gar zu selir von den Fliegen leiden mußten. Nachdem auch Koch sich durch eigene Ver- suche an anderen Stellen des Seeufers davon überzeugt hatte, daß die bösartige Fliege regelmäßig verschwindet, wenn man das Ufer in Tiefe von 150 bjs 200 m abholzt, empfahl er dieses Verfahren als die Grundlage der Bekämpfung der Schlafkrank- heit in Ostafrika, weil dort die örtlichen Verliältnisse fast überall gestatten, es durchzuführen. Die See- und Flußufer sind dort meist von einem schmalen Waldgürtel umsäumt, über den hinaus die Fliegen selbst auf kleineren Inseln nicht ins Innere gehen, weil dort das Wasser fehlt. Die Abliolzungen werden nun seit drei bis vier Jahren in systematischer Weise am Tanganyika- und Viktoria -See vor- genommen, immer unter Heranziehung der ortsansässigen Be- völkerung, welche die Arbeit willig gegen angemessenen Lohn verrichtet. Dabei wird darauf gesehen, daß die Eingeborenen auch imstande sind, die Ufer auf lange Zeit hinaus frei zu halten ; so lange nämlich, bis die Schlafkrankheit erloschen sein wird, bis es keine mit Trypanosomen behafteten Menschen mehr gibt, an denen sich Fliegen, wenn sie wiederkommen sollten, anstecken können. Erscheint die Gemeinde dazu zu schwach, so wird sie an einem anderen, fliegenfreien Orte angesiedelt. Selbstverständlich ist es nicht möglicli, alle Ufer in ihrer ganzen Länge freizulegen; es würden allein beim Tanganyika- See ungefähr 700 km von Nord nach Süd sein ; aber es ist auch nicht nötig. Es genügt vielmehr, die Anlegestellen der Boote und die Stellen, an denen Wasser geschöpft wird, in einer Breite von einem oder mehreren Kilometern freizuhalten, weil die Fliege nicht gern über so lange schattenlose Uferstrecken hinwegfliegt. Stellenweise aber bringen es doch die Verkehrs- verhältnisse oder die dichte Bevölkerung mit sich, daß man weit längere Strecken in Angriff nehmen muß, so z. B. in der nördlichen Hälfte des Tanganyika-Sees, weil bei dem dortigen — 312 — außerordentlich regen Handelsverkehr nach dem westlichen kongolesischen Ufer hinüber die Eingeborenen ihre Einbäume in seichtem Wasser dem Ufer entlang staken. Da müssen sie ja den Glossinen zum Opfer fallen. Leider haben dort die deutschen Bemühungen noch nicht den vollen Erfolg, weil die Krankheit vom westlichen Ufer her immer wieder von neuem Einbaum vom Viktoria-See. Steinige, buschbewachsene Uferpartie an der südöstlichen Spitze der Insel Sijawanda. eingeschleppt wird, denn die Unterdrückung der Krankheit läßt im Kongostaat viel zu wünschen. Wir sind also dort in einer üblen Lage. Wenn es sich um Viehseuchen handelte, würde man einfach die Grenze sperren. Hier aber gilt es, eine alte Handelsstraße aufrecht zu erhalten, bis die Eisenbahn uns den Verkehr sicliern wird, der in ein weites Gebiet des reichen Zentralafrika hineinführt und auf einer sehr wertvollen Ein- und Ausfuhr beruht; denn die wichtigsten Artikel sind Elfen- bein und Kautschuk aus dem Kongo Staat und Salz, das — 313 — wir ausführen.^) Dieser Grenzhandel darf also in keiner Weise zugunsten der Bekämpfung- der Schlafkrankheit beeinträchtigt werden ; es steht wirtscliaftlich zu viel auf dem Spiel. Dagegen muß dankbar anerkannt werden, daß die Regierung im Interesse der Seuchenbekämpfung den scliwunghaften Schmuggel nicht unterdrückt; denn, wollte man streng gegen die Schmuggler vorgehen, so würden sie ihr Handwerk nach der Südhälfte des Sees verlegen, wo die steile Felsküste ihre Verfolgung nicht gestattet, während von dort aus die Schlafkrankheit immer wieder neuen Zuzug erhalten würde. Man zieht es deshalb vor, alle am Grenzverkehr Beteiligten mit Einschluß der Schmuggler nur insoweit zu beaufsichtigen, als man untersucht, ob sie Drüsenschwellungen am Halse haben. In diesem Fall verab- folgt man ihnen eine Dosis Atoxyl und läßt sie laufen ; denn das Mittel bringt binnen acht Stunden die Trypanosomen aus ihrem Blut zum Verschwinden. Und da dieser Zustand mehrere Wochen anzuhalten pflegt, sind die Leute während längerer Zeit ungefährlich; denn Fliegen können sich während dieser Zeit an ihnen nicht anstecken. Und da naturgemäß die Ein- spritzungen bei denselben Leuten immer wiederholt werden, weil sie immer wieder den Aufsichtsbeamten in die Hände laufen, so ergibt sich daraus ein bedeutender Gewinn für die Bekämpfung der Seuche. Mit der Abholzung allein und der nebenher laufenden Arzneibehandlung ist es aber auch in Ostafrika nicht getan. So kann man z. B. die Ölp aim enw aider, eine besonders gefährliche Brutstätte der Fliegen, nicht einfach umlegen, weil sie eine Haupterwerbsquelle der Eingeborenen sind. Aber man beaufsichtigt wenigstens die darin beschäftigten Arbeiter, so gut es geht, und verbietet Unbefugten den Zutritt. Doch fehlt es dem Neger an Verständnis für derartige Verbote. So wurde z. B. eine Handelsstraße, die durch einen solchen Wald führte, gesperrt und eine andere, fliegenfreie Straße angelegt. Da diese aber einen Umweg von andertlialb bis zwei Tagereisen bedingt. ') Da man von diesem Salz wenig bei uns weiß, sei bemerkt, daß es drei Tagereisen östlich von üdjidji in vorzüglicher Eeinheit von einer Saline geliefert wird, die der zentralafrikanischen Seengesellschaft gehört, einer Gründung des um die Entwicklung von Deutsch-Ostafrika sehr verdienten Hauptmanns Schloifer. — 314 — wird die Sperre einfach durchbrochen. Anderthalb Tagereisen sind den Negern, denen es sonst auf einen tüclitigen Marsch nicht ankonnnt, denn docli zu viel. Man liofft nun auf eine Besserung dieser Verhältnisse, sobald die Eisenbalm das Seengebiet erreicht haben wird, weil damit der Trägerbetrieb beseitigt wird, der es ja mit verschuldet hat, daß die Krankheit sich so schnell ausbreitete. Eine weitere Folge muß sein, daß die unausbleibliche Vermehrung der Bevölkerung veranlassen wird, daß man das Land besser unter Kultur nimmt und damit auch die Glossinen vertreibt. Sie verscliwinden, wo man den Boden bearbeitet, weil dadurcli ihre Brut gestört wird. So ist z.B. die ganze Umgegend von Tabora, das 30000 Einwolmer zählt, frei von Glossinen, soweit das Land angebaut ist. Die Fischerei auf den S e e n bedarf keiner besonderen Beaufsichtigung, sofern sie in der Naclit bei Feuerschein be- trieben wird; denn dann schlafen die Fliegen. Li dieser Be- ziehung gil)t Koch an, das die Glossina palpalis erst des Morgens gegen 9 Uhr erscheint, wenn die Sonne schon hocli am Himmel steht, und daß sie sich gegen 4 Uhr wieder zur Ruhe begibt. Da sie nicht nach dem Licht fliegt, sind die Fischer in der Nacht vor ihr sicher. Wer aber bei Tag im Wasser stehend angelt, wird von ihr gestochen. Wenn gelegentlicli in der Nacht Fliegen aufgestört werden und stechen, z. B. einen Jäger auf dem Anstand auf Elefanten und anderes Großwild, das an die Wasserlaclien zur Tränke kommt, so sind dies ganz vereinzelte Vorkommnisse, mit denen nicht gereclmet zu werden brauclit. Die eben besprochenen Maßnahmen laufen darauf hinaus, die Fliegen von den Menschen fernzuhalten. Man kann aber umgekehrt auch die Menschen von den Fliegen fern- halten, indem man die Kranken aufsucht und in sog. Kon- zentrationslagern unterbringt, die man in fliegenfreien Gegenden errichtet. Dabei ergibt sicli noch der Vorteil, daß man die Kranken regelmäßig behandeln kann. Dieses Verfahren leidet aber an zwei Übelständen. Erstens bleiben in den früheren Wohnorten der Kranken die Fliegen mit ihren Trypa- nosomen zurück und können weitere Ansteckung veranlassen, und zweitens lialten die Kranken, solange sie noch rüstig sind, in den Lagern nicht aus. Der an ein freies, ungebundenes Leben gewöhnte Neger läuft einfacli davon, wann es ihm be- be a be — 316 — liebt, und man muß schon zufrieden sein, wenn er sich wenigstens ambulant behandeln läßt. Die Aussicht auf kleine Geschenke, die man denjenigen gewährt, die sich eine Zeitlang regelmäßig gestellt haben, veranlaßt tatsächlicli viele Kranke, sich der Be- handlung zu unterziehen, obgleich die Einspritzungen recht schmerzhaft sein können. Alles in allem haben die geschilderten Maßregeln in Ost- afrika schon den Erfolg gehabt, daß die Zahl der Schlafkranken merklich abgenommen hat. Schwieriger liegen die Verhältnisse in Westafrika mit seinem geschlossenen Urwald, wo unzählige kleine Wasserläufe und Tümpel der gefährlichen Fliege die Möglichkeit gewähren, so tief in den Wald einzudringen, daß man nicht daran denken kann, sie durch Abholzen zu ver- treiben. So bleiben also hauptsächlich nur die Konzentrations- lager und die Arzneibehandlung übrig. Nun hat man zwar gesagt, daß dort die Krankheit milder auftrete, aber es ist nicht recht klar, was dies bedeuten soll. Jedenfalls läßt sich aus den Berichten niclit herauslesen, daß die Krankheit dort ohne Behandlung etwa zur Heilung käme, und ob die Arzneien dort besseren Erfolg haben als im Osten, ist auch nocli fraglich. Wir werden guttun, dem vermeintlich milderen Charakter der Schlafkrankheit in Westafrika zu mißtrauen und nach neuen Kampfmitteln zu suchen, die den örtlichen Verhältnissen ange- paßt sind. Da wäre vor allen Dingen daran zu denken, wenigstens die Reisenden auf den Wasserstraßen gegen die Fliegen zu schützen, und man hat auch schon auf den zahlreiclien Fluß- dampfern Einrichtungen getroffen, wie sie sicli in Amerika als Schutzmittel gegen die Gelbfiebermücken bewährt haben, nämlich Räume, die durch Draht gaze abgesclilossen sind. Solange die Reisenden sich darin aufhalten, sind sie sicher vor der Fliege, die in ihrem Bluthunger die Boote und Schilfe meilenweit verfolgt. Außerdem wird man sich oft zweckmäßig des Moskitonetzes bedienen können. Doch ist damit für die Eingeborenen leider nichts gewonnen, und zudem gehört dieser Schutz der einzelnen Person zu den kleinen Mitteln ; aber nimmt man sie alle zusammen, so kommt man doch allmählich vorwärts. Dies sehen wir ja in unserer eigenen Heimat bei der Bekämp- fung der Tuberkulose, die augenfällig und zahlenmäßig nach- — 317 — weisbar abnimmt, obgleich man nur mit unvollkommenen Maß- regeln gegen sie vorgeht. Denn das einzige durchschlagende Mittel, die Verhinderung neuer Ansteckung durch Absonderung aller derjenigen, von denen Ansteckung ausgehen kann, kommt nicht zur Anwendung ; kaum daß man davon zu sprechen wagt, denn wer es befürwortet, sticht in ein Wespennest. * Schlafkranker auf improvisierter Tragbahre. Ich habe noch eins von den kleinen Mitteln zu erwähnen, das aber abgelehnt werden muß. Ich meine die Ausrot- tung des Wildes, hauptsächlich der Antilopen; die Büffel kommen weniger in Betracht. Es gibt Forscher, die in den Antilopen und selbst in unseren Haustieren ein Reservoir für die Parasiten der Schlafkrankheit sehen, aus dem die Fliege sie immer wieder aufnehmen könnte. Diese Frage ist vielfach untersucht, aber nocli nicht endgültig gelöst worden. Die Experimente ergaben bisher, daß die Haustiere für diese Parasiten wenig empfänglich sind, d. h. in zahlreichen — 318 — Experimenten erkrankten nnr vereinzelte Tiere, obgieicli man dem Versuchstier Fliegen zu Dutzenden, ja zu Hunderten an- setzte, nachdem sie ungefähr drei Wochen vorher an einem kranken Tier sich anzustecken Geleg'enheit gehabt hatten, und von denen, wie sclion erwähnt, in dieser Zeit ungefähr zehn vom Hundert ansteckungsfähig- geworden waren. Nach englischen Berichten sollen die Antilopen im Experiment sehr emp- fänglich sein; aber in der Freiheit scheinen sie doch wenig zu leiden, denn Kleine und Taute haben bei zahlreichen Anti- lopen von verschiedener Art, die an den stark verseuchten Ufern des Tanganyika-Sees geschossen waren, niemals Trypanosomen gefunden, die denen der Sclilafkrankheit ähnlich sahen. Dies berulit wolil darauf, daß die Antilopen meist in der Nacht zur Tränke kommen, wenn die Fliegen schlafen. Demnach kommen die Antilopen für die uns beschäftigende Frage praktisch nicht in Betracht. Zu demselben Urteil kommen wir, wenn wir uns vergegen- wärtigen, in welcher Weise sich die Schlafkrankheit verbreitet hat. Hir ursprünglicher Sitz ist Westafrika gewesen, woher schon nachweislich vor hundert Jahren einzelne mit Trypano- somen behaftete Sklaven nach Amerika gebracht wurden. Es ist ja bekannt, daß zwar öfters importierte, aber niemals in Amerika geborene Negersklaven in Schlafsucht verfielen. Dann meinte man, daß sie sich in unstillbarem Heimweh verzehrten. Jetzt wissen wir, daß die Schlafkrankheit nachträglich bei ihnen ausgebrochen war. Von ihrer westlichen Heimat aus ist die Seuche, wie all- gemein angenommen wird, durch E m i n Pasc h a s Krieger, die z. T. vom Kongo stammten und sich später in Uganda an- siedelten, in das Seengebiet eingeschleppt worden, und dort spielt sich jetzt die Weiterverbreitung vor unseren Augen ab. Immer ist es der Mensch, der sie bewirkt. Als Beispiel seien nur die Kautschuksammler erwähnt, die den Handelsgesell- schaften von allen Seiten zuströmen, die im Schlaf krankheits- gebiet beschäftigt werden und dann mit Trypanosomen im Blut in ihre Heimat zurückkehren und sie bald genug verseuchen, wenn dort die Fliege vorlianden ist. Wenn aber Antilopen, die so leiclit ihren Standort wechseln, an der A^erbreitung der Krankheit beteiligt wären, so hätten sie schon vor Hunderten be m M ^ ^ — 320 — von Jaliren Uganda verseuchen müssen. Wir liaben also in unserem Kampfe weder mit den Haustieren noch mit den Anti- lopen zu rechnen und werden guttun, letztere als wertvolles Nationalvermögen anzuseilen, das geschont werden muß, um es richtig ausnützen zu können. Nun kommen noch die großen Reptilien in Frage, Kro- kodile und Varan e. Koch hatte nämlich in seinen am Viktoria-See gefangenen Glossinae pcüpcdes häufig Krokodil- blut gefunden, und als er darauf das Blut der Krokodile selber untersuchte, sah er darin verschiedenartige Trypanosomen, dar- unter solche, die in den Formenkreis derjenigen der Schlaf- krankheit zu gehören schienen. Die Varane verhielten sich ähnlich. Spätere Untersuchungen haben diese Ver- mutungen nicht bestätigt. Das Krokodilblut ist für die Glossina xmlpalis überhaupt nur ein Notbehelf; denn in West- afrika nährt sie sich anscheinend nur selten davon, und außer- dem hat Kleine bemerkt, daß seine gezüchteten Fliegen, die er an Krokodilen hatte saugen lassen, nur halb so lange lebten wie die an Säugetieren ernährten. Deshalb kann das Tnjpa- nosoma gamhiense auch nicht zur Erhaltung der Art auf das Krokodil angewiesen sein. Dazu bedarf es der Warm- blüter, und besser als aller anderen des Menschen. Die Kro- kodile aber soll man nicht nur schonen, sondern möglichst z ü c h t e n , um ihre Haut auf den Markt zu bringen. Krokodil- leder ist eine gesuchte Handelsware; aber es scheint, daß man noch gar nicht daran gedacht hat, wie reichlich unsere eigenen Besitzungen sie liefern könnten. Alle bisher besprochenen Maßregeln sind in der Annahme begründet, daß Glossina pal])alh die einzige Fliege ist, die die Schlafkranklieit bringt. Dieser Glaube wurde vor zwei Jahren schwer erschüttert, als plötzlich Fälle von Schlafkrank- heit aus Nordrhodesia gemeldet wurden, wo diese Fliege nicht vorkommt. Zudem waren die Kranken nie in einer Sclilafkrankheitsgegend gewesen und hatten angeblich nichts mit einem (vielleicht ausgewanderten) Schlafkranken zu tun gehabt. Sie mußten sich also im Lande selbst angesteckt haben ; aber auf welche Weise'? Dies ist aucli heute noch nicht auf- geklärt. Diese Verlegenheit suchte man zunächst durcli die Annahme zu beschwichtigen, daß es sich vielleicht um eine — 321 — andere Fliege und einen anderen Krankheitserreger handelte, der dem Trypanosoma gamhiense ähnlich sehe. Nun muß zuge- geben werden, daß manche Trypanosomen einander zum Ver- wechseln ähnlich sind und nur durch das Tierexperiment unter- schieden werden können, indem die betreffenden Trypanosomen auf eine Reihe verschiedener Tierarten verimpft werden. Dann erkranken von der einen Trypanosomenart diese Tiere, von der anderen jene, und somit ist ein Unterschied festgestellt. Doch diese recht mühseligen, langwierigen und nicht immer eindeu- tigen Experimente sind noch in der Schwebe. Daß der Über- träger der Krankheit in Rhodesia eine andere Fliege sein muß, ist selbstverständlich, nachdem die Suche nach Gl. palpalis dort vergeblich war. Aber es kommt dort Gl. morsitans vor,') die man mit dem Erreger der Schlafkrankheit künstlich infizieren und dann zur Übertragung der Krankheit auf Versuchstiere verwenden kann. Diese Experimente waren zwar am Viktoria-See nicht gelungen, aber als Stabsarzt Taute, Prof. Kleines Mitarbeiter, sie am Tanganyika-See wieder- holte, hatten sie Erfolg. Der verschiedene Ausfall der Experi- mente an verscliiedenen Orten weist darauf hin, daß diese andere Fliege nur unter gewissen, noch nicht bekannten Be- dingungen die Krankheit zu übertragen vermag. Nach alledem muß man mit der Wahrscheinlichkeit rechnen, daß es sich in Rhodesia um echte Schlafkrankheit handelt, die ausnahms- weise durch eine andere Fliegenart vermittelt wurde. Diese andere Fliegenart wird wohl Glossina morsitans oder eine Verwandte sein. Da diese aber in der Steppe lebt und niclit auf das Gebiet der Gl. palpalis übergreift, wird es kaum nötig sein, der Schlafkranklieit wegen besondere Maßregeln gegen sie zu ergreifen ; aber wünschenswert wäre es wegen der „Nagana" genannten Krankheit der Rinder und Pferde, die man neuerdings dadurch gegen den Fliegenstich zu schützen versucht, daß man ihnen mit Vogelleim bestrichene Zeugstücke um den Bauch bindet, an denen sich die Fliegen fangen sollen. Auch Menschen haben schon den Leim versucht. Der einzelne ^) Es gibt einige Tsetse-Arten, die der GJ. morsitans sehr ähnlich sehen und in der Praxis nicht von ihr unterschieden wurden. Deshalb ist es nicht ausgeschlossen, daß die obigen Ausführungen sich z. T. oder sämt- lich auf eine andere Art beziehen. 21 — 322 — wird sicli dadurch schützen können ; daß aber der Gang der Seuche dadurcli beeinflußt werden sollte, wird man mit Recht bezweifeln dürfen. Ziehen wir aus dem Gesagten die Schlußfolgerungen, so ergibt sich, daß der Erreger der Schlafkrankheit {Trtj- panosoma gambiense) geradezu an eine bestimmte Fliegen- art {Glossina palpaUs) und an den Menschen angepaßt ist. Andere verwandte Fliegenarten und einige Säugetiere sind für diese Krankheitserreger zwar nicht ganz unempfänglich, Affen sogar leicht empfänglich ; aber für die Verbreitung der Seuche spielen sie keine große Rolle. Somit liegt hier dasselbe Ver- hältnis vor, wie bei den anderen beiden altbekannten Proto- zoenkrankheiten des Menschen, dem Wechself ieber und dem gelben Fieber.^) Es sind Krankheiten, deren Erreger im Körper gewisser blutsaugender Fliegen oder Mücken eine Reifung durchmacht und dann von diesen Insekten weiterverimpft wird. Eine Vererbung der Krankheitserreger auf die Nachkommen- schaft der Zwischenwirte (Fliegen und Mücken) liegt bei der Schlafkrankheit nicht vor, ebensowenig beim Wechseltieber, doch soll sie beim gelben Fieber möglich sein. Die Ausrottung der Schlafkrankheit wird am sicliersten bewirkt, wenn man die betreffenden Fliegen aus dem Bezirk vertreibt, in dem sich der Mensch im Freien betätigt, ganz im Gegensatz zum Wechselfieber und gelben Fieber, wo die Mücken meistens zum Menschen ins Haus kommen und ihn hauptsächlich am Abend stechen, wenn er von der Arbeit ruht. Die Ver- treibung der Schlafkrankheitsfliegen erreicht man sowohl durch Abholzung der Ufer wie durch die landwirtscliaftliche Bebauung des Geländes. Wo dies nicht angeht, muß man die Menschen aus dem Bereich der Fliegen entfernen und daneben durch ge- eignete Arzneien möglichst viele Heilungen herbeizuführen suchen. So einfach dies alles klingt, so darf doch nicht übersehen werden, daß eine unsägliche Menge mühevoller Arbeit nötig ist, um erst die Unterlagen für die Bekämpfung einer bestimmten Seuche zu schaffen, um erst einmal klar zu sehen, worum es sich handelt, und was angestrebt werden kann. Man brauchte ^) Den Erreger des gelben Fiebers kennen wir zwar immer noch nicht; doch zeigt das eigenartige Verhältnis der Mücke [Stegomyia fasciata) zur An- steckung, daß es sich kaum um etwas anderes als ein Protozoon handeln kann. — 323 — eine genaue Kenntnis der schädlichen Fliegen nnd ihrer Lebens- weise, der Art der Übertragung, der Entwicklung der Parasiten im Z wischen wirt, des Verhältnisses der Haustiere und des Wildes zu der Fliege usw. Aber selbst jetzt noch harren so viele Fragen ihrer Er- ledigung, daß wieder eine englische Expedition unter dem rühmlich bewährten Sir David Bruce mit vier Assistenten hinausgeschickt wird, während auch unsere mit der praktisclien Bekämpfung der Seuche betrauten Ärzte mit regstem Eifer und hervorragendem Erfolge die wissenschaftlichen Aufgaben be- arbeiten. Eine fernere Bedingung, den Kampf mit Erfolg durchzu- führen, ist die Kenntnis der Bedürfnisse und Lebensgewohnheiten der Eingeborenen in den verschiedenen Bezirken, sowie der Be- dürfnisse des Innen- und Außenliandels und nicht zum wenigsten die Überzeugung der Eingeborenen, daß wir den Willen und die Mittel haben, unsere Absichten durchzusetzen ; denn nur dadurch läßt sich ihre Indolenz und Unwissenheit überwinden. Außer- dem ist zu beachten, daß Vereinbarungen über ein gemeinsames Handeln in den benachbarten Besitzungen verschiedener Staaten nötig sind. Daher wird aucli der Kampf überall mit den gleichen, hier angegebenen Mitteln geführt, am nachhaltigsten, wie es scheint, in Deutsch-Üstafrika, wo sich auch schon eine merk- liche Abnahme der Seuche zeigt. Die Kolonie selbst hat in zielbewußter Weise nicht weniger als 350000 Mark jährlich darauf verwandt, eine wirklich bedeutende Summe. Daß aber die von Koch empfohlenen Maßregeln in so umfassender Weise von Prof. Kleine und seinen Mitarbeitern ausgeführt werden konnten, verdanken wir der Einsicht des früheren Gouverneurs Freiherrn von Rechenberg, der sich auf den Standpunkt gestellt hat, daß wir unsere Besitzungen in den Tropen nur dann recht ausnützen können, wenn wir für eine gesunde und arbeitsfreudige Bevölkerung sorgen. 21=* — 324 — Zoologische Beobachtungen während der IL Wissenschaftlichen Innerafrika -Expedition S. H. des Herzogs Adolf Friedrich zu Mecklenburg 19101911. Vortrag" bei der Jahresfeier am 19. Mai 1912. Mit einer Karte und 13 Abbildungen von Hermann Schubotz (Berlin). Es ist mir eine Ehre und eine Freude, vor Ihnen, meine hochverehrten Damen und Herren, Bericht erstatten zu dürfen über die zoolog'isclien Beobachtungen und Resultate einer Expe- dition, an deren Zustandekommen die Senckenbergische Natur- forschende Gesellschaft einen so hervorragenden Anteil hat. Die Aufgaben, die wir uns in zoolog'ischer Hinsicht ge- stellt hatten, waren außer der Bereicherung der Museen in Frank- furt a. M. und Hamburg, die Kenntnis zweier wichtiger afri- kanischer Subregionen zu erweitern. Im Laufe der ersten von S. H. dem Herzog Adolf Friedrich zu Mecklenburg quer durch Afrika geführten Forschungsreise liatte sich mir die Ver- mutung aufgedrängt, daß die äquatorial - westafrikanische Ur- waldregion, für die ich die Bezeichnung „Hylaea" vorschlage, ursprünglich viel weiter nach Osten reichte, als es heute der Fall ist, vielleicht sogar bis an die Küste des Indischen Ozeans, und daß die schöne und mannigfaltige Fauna, die unsere ostafrika- nische Kolonie zu einem Eldorado für den Forscher macht, sekundären Ursprungs ist. Ihr außerordentlicher Reichtum an Arten, von denen keine hier autochthon ist, wird m. E. nur dann verständlich, wenn wir in ilmen teils Relikte der Hylaea — 325 — sehen, teils Einwanderungen von zwei anderen Entwicklungs- zentren, die im Nordosten und im Süden des Kontinents zu suchen sind. Wie die Grenze der Hylaea nun nach Norden ver- läuft, welches die Übergang-sgebiete nach dem Sudan sind, wollten wir im Laufe unserer zweiten, von der Kongomündung zum Nil führenden Reise zu erkunden versuchen. Die wechselvollen Schicksale der Expedition sind Ihnen wohl noch aus dem Vortrage in der Erinnerung, den unser hoher Führer am 15. Februar d. J. hier in Frankfurt gehalten hat.^) Ich kann mich deshalb darauf beschränken, Ihnen den Verlauf der Route ins Gedächtnis zurückzurufen, die mir persönlich zufiel. Ich erreichte mit dem Gros der Reisegesellschaft, von der sich die Herren Dr. Schnitze und Mildbraed bereits in Leopoldville getrennt hatten, um über den Sanga nach Süd- kamerun und durch diese Kolonie hindurch nach Fernando Po, St. Thome und Anno Bomm zu gehen, die belgische Station Libenge am mittleren Ubangi, blieb hier zunächst mit dem Herzog und dem Arzt Prof. Hab er er drei Wochen vereint, weitere drei Wochen allein und folgte dann diesen und den übrigen Herren in der allgemeinen Richtung auf den Tschadsee. Meine ursprüngliche Absicht war, das im Süden von Wadai und Dar Fur gelegene Sultanat Dar Kuti zu erreiclien und liier auf der Wasserscheide zwischen Schari, Kongo und Nil längere Zeit sammelnd zu verweilen. Allein die Kämpfe der Franzosen in Wadai und Ndele, der Hauptstadt von Dar Kuti, sperrten diesen Weg, und ich konnte meinen Plan, in den eigentlichen Sudan zu kommen, nur über den Schari durchführen, auf dem ich bis nach dem französischen Fort Archambault und den etwa 120 km nördlich davon gelegenen Hügeln von Niellim gelangte. Auf einem von Archambault aus gemachten Vorstoß in nordöstlicher Richtung zum Bahr Keeta gewann ich einen Einblick in die hier noch ganz jungfräuliche Fauna des Schari-Tschad-Gebietes, kehrte dann auf dem westlichen Ufer des Schari nach Fort Crampel und nach Fort Possei am Ubangi zurück. Diesen Fluß aufwärts fahrend reiste ich bis nach Yakoma an der Mündung des Uelle und zog dann über Land in sechzig Tagemärschen am Uelle entlang und durch die Lado-Enklave nach Redjaf am 1) Siehe S. 151—155. — 326 — Bahr el Djebel (Weißer Nil). Hier hatte meine Forschungsreise ihr Ende erreicht. Die auf diese Weise zurückgelegte Route zerfällt in mehrere faunistisch wohl voneinander unterschiedene Grebiete. Die süd- lichste ist die Hylaea oder das äquatorial-westafrikanische Wald gebiet, das von mir von der Kong'omündung- bis nach Libenge, resp. Bangi passiert wurde. Während die große Masse des Urwaldes sich nicht ganz so weit nach Norden erstreckt, sondern schon unter dem vierten Breitengrad der Steppe Platz macht, reicht am Ubangi ein Zipfel in Gestalt eines mächtigen Uferwaldes bis etwa zum fünften Grad nördlicher Breite hinauf. Hieran schließt sich ein Ü b e r g a n g s g ü r t e 1 , der charakterisiert wird durch die sog. „Galeriewälder", die zwischen dem siebenten und achten Breitengrade aufhören. Darauf folgt gen Norden der Sudan, die reine waldlose Steppe. Meine Eeise vom Ubangi zum Nil führte in ihrem längsten Teile durch das Gebiet der Galeriewälder. Nur in Angu, am Südufer des westlichen Uelle, tauchte ich noch einmal in dem großen afri- kanisclien Urwald unter und erreichte schließlich gegen Ende der Reise mit dem Überschreiten der Wasserscheide zwischen Kongo und Nil von neuem den großen Steppengürtel, der sich hier im Osten viel weiter nach Süden erstreckt als im Westen des Kontinents. Die Ufer des unteren und mittleren Ubangi sind, wie die aller Zuflüsse des Kongo, mit dichtestem Urwald bestanden. Es ist der durch Stanleys Schilderungen bekannt gewordene äquatoriale Urwald, dessen dichter Unterwuclis gleichsam kulissen- artig wirkt und alles in ihm vorhandene tierische Leben dem auf dem Flusse reisenden Forscher neidisch verbirgt. Fluß- pferde und Krokodile haben sich, beunruhigt durch die Dampfer und die schießwütigen, mit ihnen kommenden Europäer, weiter in das Innere zurückgezogen und sind hier im unteren Laufe des Ubangi ziemlich seltene Erscheinungen geworden. Von Säugetieren bemerkt man auf den Ufern beinahe nur die durch besondere Lebhaftigkeit ausgezeichneten Meerkatzen. Von Vögeln verdienen zwei Arten als charakteristisch für den mittleren Lauf des Ubangi besondere Erwähnung. Es sind Gypohierax angolensis, der Geierseeadler, der seinen Vetter, den schöneren und noch mächtigeren Schreiseeadler, Haliaetus — 327 — vocifer, in diesem Teile Afrikas ersetzt, und eine höchst anmutige Brach schwalbe, Glareola nuchalis, dunkelbraunen Gefieders, mit rotem Schnabel und roten Läufen. Diese drosselgroße Schwalbe bewohnt in Scharen die bei niedrigem Wasserstand freiwerdenden Riffe und Schären des Ubangi und ist durch ihre Flugkünste und ihre Anmut aucli den Eingeborenen eine ver- traute Erscheinung geworden. Ende April fand ich ihre Eier ohne jede Unterlage auf den nackten Felsen liegend. Meine Bootsleute wollten nicht, daß ich sie berührte, denn sonst würde es fortgesetzt regnen. Sie hatten recht ; es regnete sechs Monate lang beinahe jeden Tag. Aber daß die kleine, freundlich drein- schauende Brachschwalbe scliuld daran war, kann ich kaum glauben. Der untere und mittlere Ubangi ist ein berüchtigter Herd der Schlafkrankheit. Mehr als öO'^/o der Eingeborenen leiden hier nach den Feststellungen der französischen Schlafkrankheits- Expeditionen an der furchtbaren Seuche. Die in der Regenzeit weit überschwemmten Ubangiufer bieten der Glossina palpalis vorzügliche Brutplätze, und sie ist denn auch hier von erschrek- kender Häufigkeit. Trotz ihrer großen Gewandtheit und Schnellig- keit, welche die unserer Stomoxys- und Ta6awws- Arten weit über- trifft, fingen meine Leute melir als fünfzig Stück täglich in unserem Boot. Es ist seit längerer Zeit bekannt, daß Gl. palpalis nicht nur die Schlafkrankheit sondern auch die Nagana übertragen kann. Damit stimmt überein, daß in der Tat am Ufer des unteren Ubangi das Halten von Großvieh sehr erschwert ist. Neuer- dings ist nun die Schlafkrankheit in Deutsch-Ostafrika am Rowuma in einem Gebiete festgestellt worden, das durchaus frei von Gl. palpalis ist, und außerdem ist ja durcli Tautes in Usumbura angestellte Untersuchungen erwiesen, daß Gl. morsitans, die bekannte hauptsächliche Erregerin der Nagana, imstande ist, die menschliche Trypanosomenkrankheit zu übertragen. Aller- dings ist die Möglichkeit der Infektion, der nach den Experi- menten Kleines ein im einzelnen noch nicht festgestellter Ent- wicklungszyklus im Verdauungstraktus der Glossina vorangehen muß, durch morsitans geringer als durch palpalis. Immerhin ist diese Beobachtung für viele Teile Afrikas, so auch für das von mir bereiste Scharigebiet und für alte und neue Teile — 328 — Kameruns von größtem wirtschaftlichem Interesse. Nördlich vom siebenten Breitengrad nämlich, wo die Region der Galerie- wälder aufhört, fehlt Gl. palpalis vollständig' und mit ihr die Schlafkrankheit. Dagegen ist im ganzen Schari-Tschad-Gebiet Gl. morsitans ungeheuer gemein, und ebenso wie die Menschen am Ubangi an Schlafkrankheit leiden, ist das Vieh hier der verheerenden Wirkung der Nagana unterworfen. Es kann daher nur als eine Frage der Zeit betrachtet werden, daß die teil- weise deutsch gewordenen, reich bevölkerten Logoneländer durch Vermittlung der hier überall häufigen Gl. morsitans von Schlaf- krankheit heimgesucht werden, wenn nicht energische Absperrungs- maßregeln sie vor der Einwanderung Schlafkranker bewahren. In den Gegenden am Ubangi, wo es noch keine von den beteiligten Regierungen eingerichteten Konzentrationslager gibt, herrsclit die grausame Sitte unter den Eingeborenen, die Kranken auszusetzen, teils aus Furcht vor Ansteckung, teils aus Bequem- lichkeit, um sich ihrer Pflege zu entziehen. Man baut ihnen kleine, dürftige Hütten im Urwald, versieht sie mit Speise und Trank und überläßt sie ihrem Schicksal, das dann oft durch das Raubzeug abgekürzt wird. Duma, ein kleiner, nur von einem einzigen Weißen be- wohnter belgischer Posten auf dem linken Ubangiufer, in der Nähe der größeren Station L i b e n g e , war das erste Standlager der Expedition. Es liegt an der Grenze von Steppe und Urwald und zeichnet sich infolgedessen durch eine reiche Mischfauna aus. Diese Eigenscliaft wird durch nichts besser charakterisiert als durch das Nebeneinanderleben von zwei für Urwald, resp. Steppe charakteristischen Perlhühnern, einem Hauben- und einem Helmperlhuhn, welch letzteres sich als neu für die Wissen- schaft erwies und zu Ehren des Direktors des Senckenbergisclien Museums Numida strasseni genannt worden ist. Bemerkenswert ist hier ferner das Vorkommen einer ChrysocMoris-Art, eines G 0 1 d m u 1 1 s , der lange Zeit als Cliaraktertier der südafrikanischen Subregion angesehen wurde. Das, was mich in Duma besonders beschäftigte, waren Studien an Termiten, die hier in mehreren, sehr charak- teristischen Arten auftreten. Die hügelförmigen Bauten von Termes hellicosus erreichen 3 bis 4 m Höhe. Ihre etwa 50 cm starken Wände sind aus der roten, eisenhaltigen, in Afrika weit- Geöffneter Bau von Termes hellicosus. Basis des Kerns eines Baues von Termes hellicosus. — 880 — verbreiteten Erde aiifg-efülirt und unter dem Einfluß des Speichel- sekrets der Termiten steinhart g-eworden, so daß man sie nur mit Beilen und Picken öffnen kann. Sie bergen in ihrem Innern einen etwa 1 m liohen Kern, der in seinem Aufbau einem gewaltigen Badcscliwamme älmelt und den eigentlichen Wolm- raum des Termitenstaates darstellt. Zahlreiclie weiße Krusten durchsetzen ihn, die sog. Pilzgärten, in denen die von Tcrmc.s Angeschnittener Kern eines Baues von Termes hellicosus, mit Pilzgärten. helUcosus gezüchteten Pilze sich tinden, und die gleichzeitig der jungen Brut als Wohnraum dienen. Ursprünglich hellbraun bis dunkelbraun gefärbt, erscheinen sie wegen der zahlreichen, sich aus ihnen erhebenden Sphären- oder Konidienträger weiß. Diese Mycelköpfe sind hauptsächlich die Nahrung der jungen Brut. Die körnig erscheinende Grundmasse der Pilzgärten besteht aus Pflanzenzellen, und zwar aus mechanischen Elementen, wie Bastfasern, Tracheiden, Ringgefäßen und Steinzellen, die von den Termiten aneinandergekittet werden. Im frischen Zustande — 331 — sind sie feucht und bröcklig-, im g'etrockneten werden sie aber steinhart. Der zuckerhutförmige Kern des Baues von T. heUicosus ist am Boden mit einer Anzahl mächtiger Zapfen verankert. In seinem unteren Teil, exzentrisch gelegen, findet man ein läng- Königin mit König und Arbeitern in der geöffneten Zelle eines Baues von Termes heUicosus. liebes, steinhartes Gebilde von der Größe einer Kokosnuß. Es ist die Königinzelle, gewissermaßen das Allerheiligste des ganzen Baues. Ein vorsichtig geführter periplierer Schnitt durch sie gewährt uns Einblick in diese geheimnisvolle Quelle des Ter- mitenlebens. Es che rieh, der bekannte Termitenforscher, preist als das glücklichste Ereignis seiner Erythräareise, daß er das — 382 — Königspaar in seinem Gemach belansclien konnte. Icli war in der glücklichen Lage, vermöge einer von Scheff er angegebenen sinnreichen Konstrnktion einer Zeiß-Stereo-Kamera das Königs- paar in der Zelle, nmgeben von Arbeitern, in halber natürlicher Größe zu photographieren. Die Basis der Zelle ist ein wenig ausgehöhlt, und in dieser Delle liegt die Königin. Ihre Länge beträgt etwa zwei Drittel der Kammer, ihre Dicke ist Landschaft mit Bauten von Euterines fungifaber. derart, daß sie die ganze Kammerhöhe ausfüllt. Eine große Anzahl Arbeiter läuft unausgesetzt um sie herum, eifrig damit beschäftigt, die Königin zu pflegen. Infolge ihrer lebensläng- lichen Eingeschlossenheit hat die Königin die Fähigkeit der Ortsbewegung verloren. Sie muß von den Arbeitern ernährt und gereinigt werden, und diesen liegt auch ob, die zahllosen Eier in Emi)fang zu nehmen und durch die Poren der Zelle hinaus in die Brutstätten zu tragen. Die Königin von Termes helli- cosiis gehört zu den fruchtbarsten Tieren überhaupt. Esc her ich — 333 — beobachtete sie zwei Stunden lang-, ohne daß ihre Eierproduktion aussetzte, die in jeder zweiten Sekunde ein Ei betrug. Er berechnet auf dieser Grrundlage die Eiproduktion eines Tages auf 30000, die eines Jahres auf 10 Millionen und die sog. totale Fruchtbarkeitsziffer, das Leben der K(3nigin zu zehn Jahren angenommen, auf 100 Millionen Eier. Neben der Königin, einem , j,^ IST W^ ^ ■ -^ ^4-=- ,'*■ Längsschnitt durch einen Bau von Eutermes fungifaber. „ Riesen weibe", nimmt sich der König ganz zwerghaft aus, obwohl auch er an Größe selbst die größten Soldaten erheblich übertrifft. Er ist nicht im geringsten deformiert und sehr leb- haft, muß aber, da auch er die Zelle nicht verlassen kann, eben- falls von den Arbeitern ernährt werden. Oft sieht man ihn diese durch Püffe mit dem Kopf zu lebhafterer Tätigkeit ermuntern. Hier bei dem Termitenkönigspaar scheint der schon bei den Protozoen vorhandene Unterschied in der Verteilung der animalen — 334 — und vegetativen Funktionen, wobei die Weibclien durch ein Überwiegen der vegetativen, die Männchen durch das der ani- malen charakterisiert sind, das Extrem erreicht zu haben. Neben den Bauten von Tennes belUcosns sind die von Entermes fungifaber die bei weitem cliarakteristischsten für diese Teile Afrikas. Sie kommen ebenso wie jene in der Steppe und im Urwald vor, bevorzugen aber die Region der Galeriewälder. Ein Längsschnitt durch einen pilzliutförmigen Termitenbau, der bei der geringeren Härte des Materials unschwer zu führen ist, läßt die konzentrisclie Anordnung der BelUcosns-B'dwten vermissen. Die annähernd gleichgroßen Zellen liegen gleichmäßig verteilt im Stiel und im Hut des Baues. Pilzgärten fehlen dieser Art und ebenso eine besondere, durch harte Konsistenz ausgezeichnete Königinzelle. Die nicht so übermäßig große Königin ist infolge- dessen imstande, umherzukriechen. Man trifft sie meist im unteren Drittel des Baues, und zwar stets in Begleitung des Königs. Einen interessanten Parasitismus fand ich in einem abge- storbenen BeUicosHh-Bni\, der neuerdings von einer anderen Termes-Art bezogen war. Diese Art baut ihre dünnwandigen Kammern aus einer schwarzen holzartigen Masse. Sie liegen unregelmäßig im oberen Drittel des Baues zerstreut. Auffallend waren ihre Gäste, große schwarze Ameisen nämlich, die in be- sonderen, mit Erde ausgefütterten Kammern wohnten. Icli erwähne diese (iäste deshalb, weil Ameisen liekanntlich die gefürchtetsten Feinde der Termiten unter den wirbellosen Tieren siiul. Unter dem fünften Breitengrade, etwa in der Gegend der Stadt Bangi, dem Hauptplatz des französischen Moyen-Kongo, hat der zusammenhängende Urwald ein Ende. Sein Übergang in die „Sudan" genannten Steppengebiete gescliieht in Gestalt kleiner, schmaler Wäldchen, die dem Lauf der Flüsse folgen und, immer armseliger werdend, etwa bis zum acliten Breiten- grad liinaufreiclien. Scli weinf urth liat sie aus dem Niam- Niam-Lande genauer beschrieben und den ihnen von dem Italiener Piagga gegebenen Namen ,,Galerie wald" i)opulär gemacht. In bezug auf Flora und Fauna stimmen sie vollkommen mit der Hylaea überein. M a n g a b e n und Colobus -Affen, im Uelle- Gebiet auch Schimpansen, und zwar weißgesichtige, und von Meerkatzen mehrere Bhinostidus-Arten sind in ihnen zu Hause. Elefanten und Büffel suchen in ihrem Schatten — 335 — Kühlung vor den Stralilen der sengenden Sonne, und von Anti- lopen verdient vor allem die kleine, überaus zierliche, graubraune Scho])fantilope, Cephalophus äquatorialis, genannt zu werden, die in den Galeriewäldern, den ..Maregots" der Franzosen, sehr häufig ist. Die Banda und Mandja, die Bewohner jener Länder, fangen sie ohne Schwierigkeit in Netzen und Schlingen und bringen sie in die Faktoreien und die Stationen, wo ihr Braten als eine h()chst angenehme Abwechslung in dem Einerlei des täglichen Menüs sehr geschätzt wird. Auch für den Ornithologen sind die üppigen und dabei docli nicht unzugänglichen Graleriewälder ein Eldorado. Genau wie bei uns die meisten Viigel Haine und lichte Wälder großen zusammenhängenden Waldungen vorziehen, ist es auch in Afrika. Zahlreiche Angehörige der für die äthiopische Region charak- teristischen Tim alien und- Capitoniden machen sich in den Galeriewäldern viel eher bemerklich als in dem dichteren und dunklen zusammenhängenden Urwald. Tchitrea schiihotzi ist ein neuer Sänger, der von mir hier erbeutet wurde. Ein besonders lebhaftes Gepräge erhalten diese Waldinseln durch die schönen, grüngrau gefärbten Frucli 1 1 a üben, Viwtgo calnd, die in kleineren und mittleren Schai'en blitzschiu'llen Fluges von einem Galeriewald zum andern eilen, in den Wipfeln der bis zu 40 m lioch werdenden Bäume ihre Nahrung suchen und das Auge des Naturkundigen immer wieder durch die geschmack- volle Buntheit ihres Gefieders erfreuen. Weiter hinauf im (^uell- gebiet des Schari fehlt Vinago calva. Für sie tritt die ihr nahestehende Vinago icualia vikariierend auf. Weniger auf- fallend in der Färbung durch ein stumpferes Grau und das Fehlen der gelben Wachshaut an der Schnabelwurzel ist sie dem lichten graugrünen Baumbestand der Steppe besser angepaßt. Ein ähnliches Leben wie die Baumtauben führen die hier in der Galerie waldzone in vier Arten vorkommenden Turakus, Angehörige der auf Afrika beschränkten Familie der Muso- phagiden. Der meist pärchenweise lebende Riesen-Turaku, Gorytliueola major, die schöne stahlblau und rot gefärbte Muso- phaga violacca und der mehr gesellige, durch weißen Kopf und weiße Haube gekennzeichnete Turukus Iciirolojikns sind in den Galeriewäldern zu Hause, während die dazwischen gelegenen Buschsteppenstreifen von Schizorhis afruima bewohnt werden. — 336 — Diese kommt in allen Stepi)eng'ebieten Äquatorialafrikas vor, ebenso wie der Eiesen-Tnraku nnd Alusophaga violacea fast überall in der Hylaea zu finden sind. Nni" Turalnis Icitcolophiis hat eine mehr lokale Verbreitung und darf als cliarakteristiscli für das Gebiet des oberen Schari gelten. Die beste Gelegenheit, die reiche und schfhie Ornis dieser Gegenden zu beobachten, hatte ich auf einer Flußfahrt, die mich den Gribingi und Schari abwärts von Fort Crampel nach Fort Archanibault brachte. Es war im Januar, mitten in der Trocken- zeit ; das von der Sonne gedihTte Stei»pengras war von den Ein- geborenen niedergebrannt, und alles tierische Leben hatte die in diesem Teile des Sudans noch, wenn auch spärlich, bewal- deten, Schutz, Nahrung und Kühlung spendenden Flußufer auf- gesucht. Nach Tausenden zählten die Schmarotzer m i 1 a n e , welche die Nacht auf den Bäumen am Flußufer verliracht hatten und sich einer Wolke gleich vor den in der Morgendännnerung nahenden Booten erhoben. Kleine Flüge des schwarzen Hage- dasch-Ibisses stoben mit gräßlich klingendem Geschrei aus dem Uferwalde heraus, flogen ein paar hundert Meter vorauf und erwarteten das Boot, um sich dann von neuem zu erheben und mir so stundenlang Gefolgschaft zu leisten. Ähnlich wie sie trieben es Banden der schienen H a 1 s b a n d s i 1 1 i c h e , Palae- ornis cuhicularis, die pfeilschnellen Fluges über den Wipfeln der Uferbäume dahinschossen. Sie sind die scheuesten dei' hier in der Ste])])e lebenden Papageien und auch in den Sorghum-Feldern der Eingeborenen, wo sie ihre Nalirung finden, nur schwer zu überlisten. Die kleinen Rotköpfchen, Agapornis pullaria, Ihnen allen unter dem Namen ,.Unzertrennliche" bekannt, sind weit zutraulicher und werden mit leichter Mühe von den Ein- geborenen mittels Schlingen gefangen. Außer ihnen leben hier noch zwei Arten von Foicephalus^ virescens und schiibotzi, un- gesellige und pärchenweise auftretende Papageien, die sich mit Vorliebe auf den hohen, die Steppe überragenden Fkus-kvi^w und Adansonien aufzuhalten pflegen. Den gleichen Aufenthaltsort liebt der hier häufige Nashornvogel, Lopthoceros nasuüis, bekannt durch seine Gewohnheit, während der Brutzeit das Weibchen in tiefe, als Niststätten dienende Baumhöhlen ein- zumauern, l)is auf eine Öffnung, die groß genug ist, um den Schnabel hindurchzustecken. Aller Wahrscheinlichkeit nach ist — 337 — das Bestreben, das Weibchen und die Brut vor den Angriffen der Meerkatzen zu schützen, die Veranlassung zur Entwicklung dieses merkwürdigen Instinktes gewesen. Da, wo die Ufer des Gril)ingi steil abfallen, sind sie häutig von den Eingängen zu den Nestern der Bienenfresser siebartig durchlöchert. Wie unsere Erdschwalben nisten die MerojJS-ATten kolonienweise und graben zu diesem Zweck bis zu 6 Fuß tiefe und etwa 3 Zoll im Durchmesser betragende Röhren in die Steilufer der Flüsse. ]\Iehr als 60 solcher dicht nebeneinander liegender Öft'nungen zälilte icli gelegentlich. Als sicli unser Boot dieser Kolonie näherte, lugte hier und dort ein Köpfchen hervor, und im nächsten Augenblick schwang sich eine Wolke wundervoller, grün und rot gefärbter Vögel ängstlich schreiend in die Lüfte. Es war eine Schar der liier am oberen Scliari sehr häufigen Merops hullocU. Kaum eine unter den Vogelfamilien ist so charakteristisch für die Schari-Tschad- Region wie die Bienenfresser. Xicht weniger als vier verschiedene Arten kommen an den Ufern des Flusses nebeneinander vor; außei" dem schon erwähnten bidlocki noch der etwas kleinere, durch eine gelbe Kehle gekennzeiclinete jmsilliis. Dazu gesellt sich in der Trockenzeit der größte und schönste seiner Gattung, der durch karmoisinrotes Gefieder und einen prächtig erzgläiizen- den Kopf hervorstechende Merops nuhicus. Seine Gewohnheit, sich mit den ersten Steppenbränden einzufinden, hat ihm bei den Franzosen den Namen ,.Oiseau de feu" verschafft. Kaum etwas Schöneres kann man sich vorstellen als ein Pärchen dieser herrlich gefärbten Vogelart, das in dem Glast der afrikanischen Sonne über dem wogenden Grasmeer dahinschwebend, nach In- sekten jagt oder im Liebes werben seine Flugkünste zeigt. In noch höherem Maße als die Bienenfresser sind die nicht minder bunt gefärbten Fischer oder Eisvögel Uferbewohner. Die beiden perlgrau gefärbten Arten, die dohlengroße Ceryle maxima und die perlgraue Ceryle rudis, verlassen die Gewässer niclit, denn ihre Nahrung bestellt fast ausschließlich aus kleinen Fischen. Die wunderhübschen, kobaltblau mit grauschwarz und weißem Rücken und rostbraunem Bauch gefärbten Halcyon-Arten sind auch in einiger Entfernung von Gewässern, namentlich in der Nähe der Eingeborenenpflanzungen anzutreffen, denn ihre Haupt- nahrung besteht aus Insekten. 22 — 838 — Der Scliari verdankt seine Entstelning dem Znsammenfluß von (Iribingi und Bamingi und liat gleich eine stattliche, 1 km oder mehr messende Breite. Seine flachen Ufer sind in der Trockenzeit von Sandbänken eingefaßt, anf denen sich ein reiches Yogelleben entfaltet. Marabus und Pelikane, Nimmersatte, Löffler und Klaff schnäbel, der riesige und dabei schönste aller Störche, der Sattelstorch, Myderia senegahnsis, gvsbiie Gänse fCJienalopex aegyptiacus und Sarcidiornis ntelanotusj am Bahr Keeta. und Silberreiher haben auf den Sandbänken des Schari und Tschad ihre Standquartiere, die sie mit großer Regelmäßigkeit jeden Morgen aufsuchen, um auf ihnen, nach Beute spähend, tagsüber zu verweilen. Zwischen ihnen tummeln sich zahlreiche Vanellus- und Totew«s-Arten, Kiebitze und Regenpfeifer, M ö V e n und hier und da wohl auch der durch seine höchst ab- sonderliche Schnabelbildung bemerkenswerte Scherenschnabel, lihpnchojjs flavirostris. Die Familie der A n a t i d e n ist nur durch wenige Arten im Schari-Tschad-Gebiet vertreten. Die häufigste — 389 — ist die Wit wen eilte, Dendrocygna viduata, die von allge- meinerem Interesse ist, denn sie gibt der Zoogeographie durch ihr Vorkommen in Südamerika ein schwer zu lösendes Rätsel auf. Sie lebt außeiiialb der Paarungszeit in selir großen Scliaren, welche die Eigentümlichkeit haben, meist so dicht gedrängt zu sitzen, daß ein glücklicher Schuß oft mehr als ein Dutzend zur Strecke bringt. Die Hock erg ans, Sarcidiornis melanotus, und die Nilgans, Chenalopex aegijptiacus^ geben ihr an Häufigkeit wenig nach. Dieselben Sandbänke sehen morgens und abends während der kurzen Zeit der afrikanischen Dämmerung höchst sonderbare gefiederte Gäste. Es sind Völker eines schönen Sand- huhnes, FterocJes quadricindus, die blitzschnellen Fluges von weither herbeieilen und unter lautem Geräusch auf den Sand- bänken einfallen, um ihren Durst am Flußrande zu löschen und dann ebenso schnell und geräuschvoll zu verschwinden, wie sie gekommen waren. Die Pferoc?e5-Arten sind in den trockensten Steppengegenden heimisch. In der Galeriewaldzone, deren Steppen durch Terminalien charakterisiert sind, fehlen sie und treten erst auf, wenn die Mimosen vorlierrschend zu werden l)eginnen. Dieselbe Beobachtung betrift't audi die Trappen, die in zwei Arten, der großen Otis denhami und der kleinen 0. melanog aster ^ im Schari-Tschad-Gebiet vorkommen. Ich kann meine Scliilderung der Ornis dieses Gebietes nicht schließen, ohne des auffallenden Hornraben zu gedenken, Bucorax cafer, des einzigen, vor- wiegend auf dem Erdboden lebenden Mitgliedes der Familie der Nasliornvögel. Pärchenweise oder in kleinen Trupps pfiegt er an den frisch gebrannten Stellen der Steppe nach Nahrung zu suchen. Alle hier genannten Vogelarten haben eine weite Ver- breitung. Dieselben oder ihnen sehr nahestehende sind aus dem englisch-ägyptischen Sudan, aus Ostafrika und Südafrika bekannt. Eine Tatsache, die aufs neue die große Übereinstimmung in der Fauna Afrikas beweist, die mangels geographischer Barrieren überall da annähernd dieselbe ist, wo sich gleiche Lebensbe- dingungen finden, also im Urwald, in der Galeriewaldregion und in der trockenen Steppenzone. Auch in bezug auf die Säugetierfauna dieser Gegenden gab es für mich hier wenig Überraschungen. Ich stehe nicht auf dem Standpunkt Matschies, der a priori in jedem, oft 22* — 340 — sehr kleinen Abflußgebiet neue, diesem eigentümliche Arten er- warten zu müssen glaubt. Seine Gründe für diese Vermutung- vermag' ich nicht einzusehen. Ich gebe zu, daß für einen so hervorragenden Kenner der Säugetiere, wie es Matschie ist, Merkmale vorhanden sind, die ihn befähigen, die Säugetiere aus verschiedenen Teilen des Sudans oder Ostafrikas zu untersclieiden. Ob aber diese Merkmale in allen Fällen zur Aufstellung neuer Arten oder auch nur Rassen berechtigen, ersclieint mir zweifel- haft und walirscheinlicher, daß sie sich bei genauerer Kenntnis der Zwischenformen verwischen werden. Des Vorkommens der Elefanten und Büffel im Schari- Tschad-Gebiet habe ich bei meiner Scliilderung der Galerie- wälder bereits gedaclit. Beide sind überall zwischen dem Ubangi und dem See zu finden, die Elefanten besonders im Süden dieses Gebietes. Nördlich vom Bamingi sind sie infolge der unaus- gesetzten Jagden durch die arabisierte Bevölkerung der großen Sultanate Wadai, Bagirmi, Bornu und Dar Kuti selten geworden. Aber auch im Süden wird den Elefanten ein ähnliclies trauriges Schicksal bescliieden sein, denn die französische Regierung tut nichts zu ihrem Schutze. Die Gebühren, die ein Weißer für einen Waffenschein, mag er nun Elefanten oder Perlhühner jagen, zu zahlen hat, beträgt fünfzehn Franken. Dieser Schein bereclitigt ihn, so viele Elefanten und jedes andere Wild, beide Geschlechter und in jedem Alter, umzubringen, wie es ihm beliebt. Natürlich hat dies manche Abenteurer veranlaßt, die Elefanten- jagd gewerbsmäßig auszuüben. Während meines Aufenthaltes im französischen Kongo lernte ich zwei Elefantenjäger von Beruf kennen, von denen der eine in achtzehn Monaten hundertundsechs Elefanten umgebracht hatte. Von dem hundertundsiebenten wurde er selber geti"»tet, und es ist bezeichnend, daß dieser Elefant nicht mehr als 7 kg Elfenbein trug. Der Jäger schoß eben dieses edelste Wild niclit einmal nur des Elfenbeines wegen, sondern er begnügte sich zuweilen damit, das Fleisch an die Eingeborenen zu verkaufen, ein Geschäft, bei dem er, wie er mir selbst sagte, 400 bis 500 Franken pro Elefanten verdiente. Es ist eine Schmach, daß die französische Regierung eine der- artige Raubwirtscliaft gestattet. Vielleicht noch größer als der Schaden, den solche zum Glück seltene, scliießwütige und geldgierige weiße Jäger an- — 341 — ricliten, ist der Abbruch, den die Eingeborenen den Elefanten tun. Ihre ]\Iethode bestellt nämlich darin, zu Beginn der Trocken- zeit, wenn das zwei, drei und mehr Meter hohe Gras ausgedörrt ist und wie Stroh brennt, die Plätze, in denen sich die Herden auflialten, zu umzingeln und anzuzünden. Angsterfüllt rennt alles eingeschlossene Wild kopflos in solchem Feuei-kral durch- einander. Dann versuchen die alten Bullen — so erzählte mir der erwähnte Elefantenjäger Coquelin, der mehrere solcher Jagden mitgemacht hat — das Feuer zu löschen, indem sie mit abgerissenen grünen Zweigen darauf einschlagen. Aber nur in seltenen Fällen gelingt es ihnen, sich eine Gasse zu balinen. Meist werden sie durch Flintenschüsse, Speerwürfe und wahn- sinniges, das laute Prasseln der himmelanschlagendeu Lohe noch übertönendes Geschrei in den feurigen Eing zurückgetrieben, wo die stolzen Tiere schließlich, geblendet, verbrannt und vom Rauche erstickt, ein jammervolles Ende finden. Offiziell sind diese Jagden zwar verboten, aber die französische Begierung tut nichts, um ihrem Verbot den Erfolg zu sichern, und doch wäre dies auf sicliere Weise dadurch zu erreichen, daß sie vor Beginn der Jagden durch Soldaten die Steppe niederbrennen ließe. Anders als im französischen Kongo erfahren die Elefanten auf belgischem Gebiet und vor allem im anglo-ägyptischen Sudan wirksamen Schutz. Hier ist der Abschuß auf zwei männliche Tiere, die mindestens 15 kg Elfenbein tragen müssen, beschränkt. Der Jagdschein kostet 1000 ]\Iark, eine Summe, welche die Mögliclikeit, aus der Elefantenjagd ein Geschäft zu machen, ausschließt und sie nur wirklichen Sportsmen vor])ehält. Gelegentlich des Vortrages, den ich in Ihrer Gesellschaft über meine Beobachtungen auf der ersten Reise Sr. Hoheit des Herzogs Adolf Friedrich zu Mecklenburg halten durfte, habe ich bereits die Versuche erwähnt, welche die belgische Kongo-Regierung seit etwa zehn Jahren zur D omestikation des afrikanischen Elefanten angestellt liat.M Auf meiner dies- maligen Reise konnte ich die Station Api im belgischen Uelle- Distrikt, wo die mit diesen Versuchen betraute Kommission ihr Standquartier hat, selbst besuchen und bin daher in der Lage, aus eigener Anschauung über die Erfolge der Belgier zu berichten. 1) 41. Bericht d. Senckenberg. Naturf. Ges. 1910. S. 210. 342 Der Posten Api gleicht einem g-roßen Gutshof, und seine Anlage und Ausfülirung verrät den großen praktisclien Sinn seines Erbauers und Leiters, des Commandant Laplume, eines der ältesten Kongobeamten. Um eine geräumige Seriba, die an drei Seiten von hohen Schuppen flankiert, an der vierten durch einen mächtigen Pali- sadenzaun verschlossen ist, gruppieren sich die Wolm- und Zahme Elefanten im Bad. Wirtschaftsgebäude und eine Feldschmiede, sämtlich aus Back- steinen aufgeführt und mit Stroh bedeckt. Einige dreißig Ele- fanten werden dort gehalten, alles junge Tiere von etwa 1,50 bis 2,50 m Höhe. Ihnen dient die Seriba als Aufenthaltsort während der Nacht und der heißen Älittagsstunden. Tagsüber gehen sie unter der Obhut eingeborener Wärter, „Kornaks", in der Umgebung der Station auf die Weide und kehren bei Sonnen- untergang nach einem erfrischenden Bad in dem nahen Fluß in die Seriba zurück. Leider zeigte der in Abwesenheit des Com- — 343 — mandant Lapliime die Station leitende Offizier Iceine Xeigimg-, mich an einem Fang wilder Elefanten teilnehmen zn lassen. Ich mußte micli mit Erkundigungen begnügen, die ich darüber in Api einzog, und die durch einen offiziellen Bericht eines Inspec- teur d"Etat an den Gouverneur, in den ich Einsicht nehmen durfte, ergänzt werden. Danacli geschieht der Fang auf folgende Weise : Ein Dutzend geschulter Eingeborener, sog. Kornaks, von denen vier Scliützen, d. h. mit Gewehren bewaff"net, acht Fänger, d. h. mit mächtigen Stricken und Schlingen ausgerüstet sind, nähert sich soweit wie möglicli einer Elefantenherde, in der sie Kühe mit Kälbern festgestellt haben. Sind sie möglichst nahe lierangekonnnen, so stürzen sie mit lautem Gesclirei auf die Herde los, die in größter Bestürzung auseinanderstiebt. Die acht Fänger verfolgen das vorlier ausgewählte Kalb, einige packen es am Rüssel, andere an den Ohren und dem Schwänze. Sie legen ilnn ilire Schlingen um den Hals, den Bauch, die Hinterbeine und halten es so fest. Die Schützen lialjen inzwischen durch blindlings abgegebene Schüsse die Herde vertrieben und acliten nun auf die etwa zurückkehrende flutter des jännnerlich schreienden Jungen, die sie im Notfälle töten. Mit vieler Mülie wird das gefesselte Junge in das oft stundenweit entfernte Lager ge- bracht. Es sträubt sich natürlich zugehen, dann zerren die vorderen vier Schiingenträger an seinem Halse und die anderen ermuntern es mit Stockhieben. Versucht es, wütend und erbost, die vor- deren anzugreifen, so halten es die hinteren mit den Schlingen fest. Tötliche Unglücksfälle ereignen sich beim Fang der Ele- fanten höclist selten, Verletzungen der Fänger dagegen sind ziem- lich häutig. Aber dies hält die Kornaks, die sich hauptsächlich aus den kriegerischen und mutigen Asande rekrutieren, von ihrer gefährlichen Beschäftigung nicht ab. Sie finden allem Anschein nach großes Vergnügen daran, und während sie früher die kleinsten Kälber aussuchten, wagen sie sich jetzt schon an recht stattliche Tiere von etwa 1,50 m Höhe. Im Lager angekommen, wird der Gefangene in einen provisorischen Kral gebracht, der aus derben Baumstämmen aufgeführt und in melirere kleinere, zur Aufnahme je eines Elefanten bestimmte Zellen geteilt ist. Sind sechs bis zehn Stück beieinander, so werden sie nacli Api gebracht. Hier kommen sie in die Obhut der bereits gut ein- gewöhnten Zöglinge. Die am längsten in der Gefangenschaft — 344 — befiiidlic.lien, pflegen sich der jüng'sten in rührender Weise an- zunehmen, sie vor Belästigniigen anderer zu schützen und sie förmlich über den Verlust der Freiheit zu triisten. Nach läng- stens sechs Woclien sind die Neugefang-enen soweit g'ezälnnt, daß sie mit den Alten zusammen auf die Weide ziehen dürfen. Es ist erstaunlich, daß bei der großen Freiheit, welche die Elefanten in Api genießen, so verhältnismäßig wenige Ver- luste durch Flucht vorkommen. Ein einzelner Elefant wird tatsächlich höchst selten vermißt. Dagegen geschieht hie und da eine Katastroplie, d. h. es kommt vor, daß die ganze Herde durch irgendeinen nichtigen Zufall, wie das Krachen eines um- stürzenden Baumes, den Sprung eines Affen, ja das Herabfallen einer großen Frucht, beunruhigt wird und, kopflos geworden, davonläuft. Kurz vor meiner Anwesenheit in Api hatte sich ein derartiger allgemeiner Ausbruch ereignet, und erst nach wochenlangen Bemülnmgen war es gelungen, die in der Gegend zerstreuten Elefanten mit Hilfe der umwohnenden Eingeborenen bis auf acht wieder einzufangen. Weitere, leider häufige Ver- luste ereignen sich durch Tod infolge von A^erdauungsstörungen und anderen, noch nicht aufgeklärten Krankheiten. Auf diese Weise vermehrt sich die in Api gehaltene Herde nur sehr lang- sam, und obwolil das Unternehmen seit mehr als zehn Jahren besteht, beträgt die Kopfzahl nur einige dreißig. Die längere Zeit in Gefangenschaft befindlichen und unbedingt zuverlässigen Tiere werden zur Arbeit abgerichtet. Man si)annt sie vor Wagen und befördert mit ihnen die zum Bau der Stationen notwendigen Materialien. Ich unternahm gelegentlich eine Spazierfalirt mit einem solchen Elefantengespann. Sie zogen den Wagen sehr gutwillig und folgten ohne weiteres den Winken der auf ihnen sitzenden Kornaks, aber dadurch, daß sie alles auf dem Wege Liegende beschnupperten, hin und wieder ein Büschel Gras abrupften oder einen Zweig in ihrem Maule verschwinden ließen, war die Geschwindigkeit unserer Fahrt eine sehr geringe. Auch vor dem Pflug werden die Elefanten verwendet, aber ilire Leistungen sind vorläufig nocli mäl.)ig und eher Spielerei als ernste Arbeit zu nennen. Über die Aussichten des Unternehmens in Api lautet das Urteil der damit Betrauten skeptiscli. Der Beweis der Zähm- barkeit und der Verwendbarkeit des afrikanischen Elefanten, — 345 — die von vielen bezweifelt wurden, ist ja fragios geliefert. Prak- tisclien Nutzen aber haben die Versuche trotz der sich schon jetzt auf mehr als eine Million Franken belaufenden Unkosten in den zehn Jahren ihres Bestehens nocli nicht gebracht. Der Plan, die Tiere zur Beförderung- von Gütern zu verwenden und dadurch die Träger zu entlasten, ist bisher nur einmal verwirk- licht worden. Ein belgischer Offizier fuhr mit mehreren Elefanten- Arbeitende Elefanten in Api. gespannen, die mit seinem Gepäck beladen waren, nach einem entfernten Posten. Er gebrauchte dazu längere Zeit, als wenn er mit Trägern gereist wäre, und maclite außerdem allerlei übele Erfahrungen. Daß sich aus den afrikanischen Elefanten in nicht zu ferner Zeit in demselben Maße wie aus den indischen wird Nutzen ziehen lassen, halte ich für zweifelhaft. Abgesehen von der bekanntlich ganz anderen Fang- und Zähmungsmethode der Inder, die sich vielleicht dui'cli Einführung indischer Kornaks und Verwendung zalimer indischer oder ausgewachsener afrika- — 346 — nischer Elefanten auch hier einbürgern ließe, darf man nicht verg'essen, daß die Verkelirswege Indiens ganz andeiv sind als in Afrika, nämlich zum großen Teil mit Automobilen befahrbare Straßen, wohingegen es im Innern Afrikas kaum eine Brücke gibt, die mit einem Reittier, geschweige denn mit einem Elefanten- gespann passierbar ist. Auch sind die verhältnismäßig weichen, an das Stampfen durch Urwald und sumpfiges Gelände vor- züglich angepaßten Sohlen des Elefanten, auf steinigen oder kiesigen Wegen, wie sie in Afrika die Mehrzahl bilden, gar zu leicht Verletzungen ausgesetzt, und die Tiere werden schnell fußkrank und unbrauchbar. Man müßte daher erst gute Weg'e bauen, bevor man an die Verwendung des Elefanten in Afrika in großem Stil denken kann. Die Asande, in deren Gebiet der Elefant sehr häufig' ist, unterscheiden zwei nebeneinander lebende Rassen, und zwar sowohl in bezug auf ihren Habitus wie auf ihre Gewohn- heiten. Neben dem gemeinen, von ihnen „Bongo'' genannten Ele- fanten gibt es eine Form, die sie „Mborro" nennen. Dieser soll höher und kürzer gebaut sein, in kleineren Herden leben und im Alter mehr Elfenbein tragen als der Bongo. Auch soll er wilder sein und sich zur Zähmung durchaus nicht eignen, viel- mehr schon nach kurzer Gefangenschaft mit tötlicher Sicherheit eingehen. Diese Angaben wurden mir von den Europäern in Api bestätigt, die hinzufügten, daß sie auf Grund ihrer schlechten Erfahrungen die Mborros überhaupt niclit mehr fangen ließen. In der Tat befand sich auch kein ]\Iborro in der in Api gehal- tenen Herde. Ich selber habe diese Form nicht gesellen und kann deshalb nicht sagen, ob auch Abw eichungen in der Form des Ohres bestehen, auf denen ja bekanntlich die wissenschaftliche Unterscheidung der afrikanisclien Elefantenrassen beruht. Dahin- zielende Erkundigungen in Api haben zu keinem Resultat geführt. Nach diesem Ausflug ins Uelle-Gebiet bitte ich Sie, sich noch einmal für kurze Zeit an die Ufer des Schari zurück- zuversetzen, von dessen Säugetierleben ich Ihnen eine kurze Scliilderung geben will. In seinem mittleren und unteren Laufe präsentiert sich der Fluß an manclien Stellen in einer Breite von melireren Kilometern und wälzt sich mit mäßigem Gefälle zwischen Sanddünen dahin. Seine beiden Ufer sind reich an Wild, d. h. reich in bezug auf Individuenzahl, wohingegen die — 347 — der Arten weit hinter der aus Ostafrika bekannten zurückbleibt. Das auffallendste Tier der Tscliadsee-Länder ist unzweifelhaft die Giraffe. Sie findet sich vom neunten Breitengrade an bis über den Tschadsee hinaus und weit in die Sahara hinein. Die ziemlich fahle Färbung der Karos unterscheidet diese Giralfe, G. camdopardalis percdta, von der in Xigerien vorkommenden typica. Sie stellt in dieser Beziehung der nubischen Form ziemlich nahe. Von Antilopen ist die gemeinste des Gebietes die Gras- antilope, Adenota ; dann folgt eine Leierantilope, die von mir für Damaliscus corrigiim gehalten wird, und eine Kub- an t i 1 o p e , vermutlich Buhalis klwel. Der W a s s e r b o c k , Gohiis defassa, fehlt nirgends in der Nähe der Flüsse und war das- jenige Wild, das wohl am häufigsten meine Küclie versorgte. Die mächtige P f e r d e a n t i 1 o p e , Hippotragus equinus^ ist zwar sehr weit verbreitet, kommt aber überall nur gelegentlich vor. Ihre dunkler gefärbte, in Süd- und Ostafrika lieimische nächste Verwandte, die schöne Rappenantilope, H. niger, fehlt hier durchaus. Das Riesen -Elen, Taurotragus derbianus, ist im Schari-Gebiet zu Hause, aber nur in einigen wenigen Rudeln, die ein unstetes Leben führen und meinen wochenlangen Be- mühungen, sie zu finden, spotteten. Der Schädel eines von einem Löwen geschlagenen mächtigen Bullen ist alles, was ich auf diesen Streifzügen fand. Ich halte das Riesen- Elen für das- jenige Großwild, das schneller als jedes andere dem Aussterben entgegengeht. Meines Wissens existiert in keinem deutschen Museum ein Skelett oder eine Haut von ihm. Darum will ich es nicht unterlassen, die sportbegeisterten Herren, an denen Frankfurt ja nicht arm ist, auf die große und wertvolle Schenkung hinzuweisen, die sie mit diesem imposanten Tiere dem Sencken- bergischen Museum machen könnten. Von kleineren Antilopen kommt der Buschbock, Tragelaphus scriptus, in der Galerie- waldzone häufig vor. Weiter nördlich, vom achten Breitengrade an, lebt namentlich an trockenen Stellen der Riedbock, Be- dunca, ferner eine Ourehia und ein Ducker, Cephalophus coro- natus. Die Ufer des Tschadsee selbst besitzen eine sehr dürftige Vegetation, für die ein besenpfriemähnliches Gewächs, ein suk- kulenter Strauch und niedrige Mimosen bezeichnend sind. Hier stößt man zum ersten Male auf die für die Saliara charakteristi- schen Gazellen arten. G. dorcas^ rufifrons und dama leben — 34S — liier iiebeiieinaiider, und iii'u'dllcli und nordristlicli vom Tschad kommt die Mendesant ilope, Addax nasomacidata, in großen Rudeln vor. Auch der kStrauß, der an den Ufern des Schari vermißt wird, tritt hier auf und verbreitet sich dann über Wadai, Dar Fur und Kordofan ([uer duivh den ganzen Kontinent. In den Tschadsee-Ländern wird er seiner Federn wegen gehalten und alljährlich gerupft. Mit den Ihnen eben genannten Arten ist der Reichtum des Schari-Tschad-Gebietes an Antilopen erschöpft. Einhufer, Zebras oder Wildesel, fehlen ihm gänzlich. Dagegen kommen an beiden Ufern des Schari das Nashorn und der Büffel vor. Sie sind mehr vom Wasser abhängig als die meisten Antilopen- arten, andererseits aber in diesen Ländern, in denen Feuerwaffen seit Jahrhunderten eingeführt sind, besonders vorsichtig. Infolge- dessen meiden sie den Schari, die große Verkehrsader des Gebietes, und bevorzugen die Nachbarschaft der sog. „Mares" . Diese Gewässer sind nicht zu verwechseln mit den bereits erwähnten Maregots. Zwar sind auch ihre Ufer oft bewaldet, aber nicht mit dem großblätterigen Urwald der Maregots, sondern mit Allmosen oder Terminalien. Ihrer Entstehung nach sind sie Altw^ässer, d. h. durch Überschwemmung gebildete oder durch Abstauung ent- standene Flußarme. In diesem sehr heißen und trockenen Lande werden sie zu Mittelpunkten menschlichen und tierischen Lebens. Die nomadisierenden Araber besuchen sie mit VorlieI)e, um ihre Herden an ihren Ufern zu weiden, und in den späten Abend- und frühen Morgenstunden löschen Büffel und Naslifirner hier ihren Durst. Der Herzog hatte das seltene Waidmannslieil, aus einer einzigen Büft'elherde sechs Stück zu schießen, die sich ihrer Gehörnbildung nach als echte Steppenbüffel ei'wiesen und mit der uns vom Albert-Edward-See her bekannten Form große Ähnlichkeit besitzen. Das am mittleren Schari ziemlich häufige Nashorn ist das gewöhnliche Rh. hicornis, mit schmaler, rüssel- förmig verlängerter Oberlippe. Eine Eigentümlichkeit des Gebietes in geologischer Be- ziehung sind die aus Urgestein bestehenden, ..Kagas" genannten Erhebungen, die räumlich weit voneinander getrennt, hier und dort mehrere hundert Meter hoch über das sonst ganz Hache Land emporragen. In der Erwartung, dort vielleicht interessante Lokalformen zu treffen, besuchte ich die Hügel von Niellim, etwa — 349 — 100 km iiitrdlich von Fort Archambault gelegen. Sie bestehen aus gewaltigen Granit- und Gneisblöcken, die aussehen, als wären sie von eines Riesen Hand übereinandergetürmt. Die Mühen des Aufstiegs wurden belohnt. Einen von mir bis dahin noch nicht beobachteten Sänger, ThamnoJaea coronata, und einen gleichfalls sehr lokal verbreiteten Klippscliief er, Procavia sJiariensis, konnte ich in mehreren Exemplaren meiner Samm- lung einverleiben. Die im Schari-Gebiet lebenden Aifen sind ein dunkel gefärbter Pavian und zwei Meerkatzenarten, Cercopithecus patas, der Husarenaffe, und C. sahaeus äff., die gemeinste Meerkatze des Sudans. Unter den Raubtieren ist die durch eine schwache, fahle Mähne charakterisierte westafrikanische Form des Löwen in diesem wildreichen Gebiet nicht selten. Leopard, beide Hyänen, die die Steppe bewohnenden Vi verren fehlen nicht und ebenso wenig der interressante Hyänenhund, Canis pidiis, den der Herzog längere Zeit in der Gefangenschaft lialten konnte. Mit dieser Schilderung glaube ich Ihnen, meine Damen und Herren, eine Vorstellung von der Säugetier- und Vogelfauna des Schari-Tschad-Gebietes gegeben zu liaben. Kundige werden bemerken, daß alle hier angeführten Tiere auch im östlichen Sudan und in Deutsch-Ostafrika wiederkehren, wenn aucli in durch örtliche Verhältnisse Ijedingten Al)arten. Nachdem ich so eine hinreichende Bekanntschaft mit der Fauna dieses Teiles des Sudans gemacht hatte, trieb es mich, den Nil zu erreichen und auf dem Wege dortliin dem Frwald des Uelle-Distrikts, der Heimat des Okapi, noch einen kurzen Besuch abzustatten. Ich kehrte an den Ufern des Scliari und Gribingi über Land nach dem Ubangi zurück, fuhr von dort in Einbäumen flußaufwärts bis zur ]\Iündung des Uelle und ging dann wiederum über Land, dem Laufe des Uelle folgend, nach dem belgischen Posten Angu, der am Nordrande des äquatorialen Urwaldes liegt, und der, wie ich wußte, ein günstiges Stand- quartier für Jagden auf das Okapi ist. Die Erbeutung dieser seltenen Urwaldantilope war ja auch unserer, wie aller Äqua- torialafrika-Expeditionen sehnlichster Wunsch. Welche Hinder- nisse und Schwierigkeiten mich aber von seiner Erfüllung trennten, war mir dank meiner auf der ersten Expedition des Herzogs gesammelten Erfahrungen gut genug bekannt. — 350 — Der Urwald in der Umg-ebung' Angus stimmt mit dem mir bekannten des östlichen Kongo-Beckens, des Ttnri nnd Aruwimi, völlig' überein. Außerordentlicher Formenreichtum, gewaltig hohe, durch eigentümliche Bretterwurzelbildung ausgezeichnete Bäume und üppiger, großblätteriger Niederwuchs sind sein botanisches Charakteristikum. Für den Zoologen bietet dieser Urwald weit mehr Interessantes als die Steppe. Das große Reich der w^irbel- losen Tiere, das in den heißen, sonnendurchgiühten Steppen- Gruppe von Faltern (Charaxes). A. Scliultze phot. ländern Afrikas verhältnismäßig zurücktritt, findet in der feuchten Atmosphäre und der üppigen Vegetation der Hylaea alle Möglich- keiten einer höchst mannigfachen Entw^icklung. Es hieße den Rahmen dieses Vortrages weit überschreiten, wollte ich Ihnen auch nur eine oberflächliche Schilderung der hier vorhandenen wichtigsten Insekten, Mollusken, Spinnen und Krusta- z e e n geben. Nur der Schmetterlinge will ich kurz gedenken, die ja die auffallendsten Bewohner des Urwaldes sind, und denen mein Reisegefährte, Herr Dr. Arnold Schnitze, auf seiner durch Südkamerun führenden Sonderexpedition besondere Auf- merksamkeit gewidmet hat. Zahlreiche OÄaraa^es- Arten, mannig- — 351 — faltige P a p i 1 i 0 n i d e n und P i e r i d e n beleben mit ihren wunder- vollen Farben den sonst so eintönigen Wald und lieben es, sich namentlich auf den schmalen Pfaden und anderen vom Sonnen- licht erreichbaren Stellen zu tummeln, wo sie am Rande von Pfützen oder am Kot von Raubtieren Xalirnng- linden und hierbei oft so seßliaft sind, daß man sie mit der Pinzette aufnehmen oder sie photographieren kann. Auf diese Weise gelang es Schnitze, mehrere vorzügliche Bilder von Gharaxes- und Papilio- Gruppen, ja sogar von Drunja antimacJms zu erhalten, dem größten afrikanischen Schmetterling, der, wenn er ziemlich hocli und getragenen Fluges dahinstreicht, eher einem Flughund als einem Schmetterling gleiclit. Von menschenähnlichen Affen findet sicli nur der Schim- panse im Uelle-Distrikt. Der Gorilla lebt nur westlich des Ubangi, d. h. er kommt in unserem neu erworbenen Kamerun- gebiet vor, tritt dann aber erst wieder am Ostrande des Urwaldes, am Kiwu- und Tanganyika-See, auf. Der Scliimpanse hat ein viel weiteres Verbreitungsgebiet als der Gorilla. Ei- findet sicli überall im Kongo-Urwald, auch noch ziemlich häutig in den Galeriewäldern des Uelle-Distrikts und der südliclien Bahr-el- Ghazal-Provinz. Von dorther stammt ein großes Männchen, das mein Reisegefährte, Herr von Wiese, erbeutet hat. Stummel- affen leben in vier stark voneinander abweiclienden Arten in der Umgebung Angus. F,s aind Colobus occidentalis oder eine ihm nahestehende Form, angohnsis, satanas und der braune nigrimanus. Von allen diesen geht nur occidenfaiis in die Galerie- wälder, die übrigen verlassen den eigentliclien Urwald nicht. Ein großer, wie mir gesagt wurde, dunkelgefärbter Pavian, den ich selber leider nie sah, mehrere M angaben und Meer- katzen sind die übrigen im Uelle-Urwald lebenden Affen. Unter den kleineren Säugetieren sind drei Arten hier bei Angu besonders gemein und charakteristisch für den Wald, nämlich ein Flug- h ö r n c h e n, Anomalurus, ein R ü s s e 1 h ü n d c hen, Rhijnchocyon, und ein Baumschlief er, Dendrolujrax. Der ziemlich große Anomalurus ist an der Unterseite silberglänzend, Rücken und die sicli zwischen den Extremitäten ausspannende Flughaut sind ähnlich wie bei der bekannten südamerikanischen Chinchilla gefärbt. Die Haut wird nur als Fallschirm, sozusagen im Gleit- flug benutzt. Irgendwelche flatternde Bewegungen vermag das — 852 — Tier iiiclit ausziifiiliren. Der selir welirliafte D('n(lroJt//rax\ ver- mutlicli J), enimi, ist durcli seine in alien Altersstadien vor- handene, ins Flachsg-elbe sjdelende Färbung- ausg-ezeiclinet. Die Erkundigungen, die idi sofort nach meiner Ankunft in Angu bei dem einzigen dort wohnenden Europäer, dem Sta- tionsleiter Andersson, und bei den Eingeborenen v(mi Stamme der Mobatti, einem fast ausschließlich von der Jagd lebenden Volk, über das Okapi einzog, lauteten günstig. Das Tier war hier unter dem Namen ..Xdumbe" wohlbekannt. Es bewohnt den Wald zwischen ITelle und llubi, ist aber nicht häufig und dabei sehr scheu, so daß auch der lieste eingeborene Jäger, Etumba Mingi mit Namen, ein Elefantenjäger von Beruf, es für unmöglich hielt, mir ein Exemplar früher als nach etwa achttägiger Jagd zu beschaffen. Von ihm, der bereits mehrere Stücke erlegt hatte, erhielt ich meine Notizen über die Lebens- weise des Tieres. Es durchstreift den Wald einzeln, paarweise nur während der Brunstzeit, oder solange die Kuh das einzige Kall) führt. Alle Lichtungen, selbst die von der großen, „Bongo" genannteii Streifenantilope, Booceros euryceros^ aufgesuchten ver- lassenen Pflanzungen vermeidet es; denn es nährt sich nicht wie das Bongo von Gras, sondern ausschließlich von den Blättern und Schößlingen großblätteriger, zum Teil rankender Sträucher und Kräuter. Seine hauptsächlichsten Futter p f 1 a n z e n wurden mir von Etumba IMingi auf unseren gemeinschaftlichen Ex- kursionen gezeigt. Ich sammelte sie, und mein Reisegefährte Dr. M i 1 d b r a e d bestimmte sie folgendermaßen : Maniophnton africanuni, ÄlcJiornea cordifolia, Uragoga peduncidarls^ Uritparia africana und eine Geophüa-kvi. Diese zu den Euphorbiazeen und Rubiazeen gehörenden Pflanzen sind sämtlicli in der afrika- nischen Hylaea weit verlireitet, so daß sie nicht, wie ich hoffte, einen Hinweis geben auf die örtliche Begrenztheit des Vor- kommens unseres Tieres. Einen Wechsel hält das Okapi nur während der Trocken- zeit, um zum Wasser zu gelangen. Bei dieser Gelegenheit fangen es die Eingeborenen in Fallgruben; sonst folgen sie tagelang der frischen Fährte, um es, wenn das Glück ihnen günstig ist, mit einem auf nächste Entfernung abgegebenen Schuß aus ihren großkalibrigen Elefantenbüchsen oder durch einen Speerwurf zu töten. In der Regenzeit, wo große Teile des — 353 — Waldes in Sümpfe verwandelt sind, wandert es unstet hin und lier. Sein Yerbreitnng'sg'ebiet wird hier nih'dlich vom Uelle, westlich vom Likati , südlich vom Rubi und ()stlich vom Bima und Bomokandi begrenzt. Den Bima und Bomokandi überschreitet es nicht, wohl aber kommt es weiter südöstlich am Xepoko vor und verbreitet sich von dort nacli Osten und Süden im Quellg'ebiet des Ituri-Aruwimi, von wo ja be- kanntlich die meisten in Europa vorhandenen Stücke (Sir Harry Johnston, Major Powell Cotton) gekommen sind. Es ist also auf ein viel kleineres Gebiet beschränkt (s. Karte), als der ungeheuer große äquatoriale Erwald, der bei seiner Einförmig- keit ihm doch eigentlich überall dieselben Lebensbedingungen bieten sollte, vermuten läßt. Xach meinen Ermittelungen — sehr wichtige Daten verdanke ich Herrn A. F. de Calonne- Beaufaict — erreicht die Verbreitungsgrenze des Okapi west- lich nicht den Ubangi. Das Tier fehlt also, wie man mit ziemlicher Gewißlieit sagen kann, in Kamerun und in Franzitsiscli-Kongo. In südliclier Richtung erreicht es den Kongo nicht, audi in der belgischen Äqnatorialprovinz sclieint es zu fehlen. Diese, wie überhaupt die ganze belgische Kongo-Kolonie ist von so zahl- reichen, von Europäern geleiteten Posten gleichmäßig durchsetzt, daß diesen das Vorkommen des Okapi nicht entgangen sein kann, zumal die gestreiften Beine und Schenkelhäute des Tieres überall von den Eingeborenen als Schmuckgegenstände sehr begehrt und als (lürtel usw. zuj- Schau getragen werden. Das verhältnismäßig enge Verbreitungsgebiet, zusammen mit der nirgends großen Häufigkeit des Tieres bestätigt die Vermutung, daß das Okapi, wenn es niclit strenge Schonung erfährt, bald dem Schicksal seines nächsten A^erwandten, des im Pleistozän Griechenlands gefundenen Heüadotheriuin, anheimfallen wird, und daß damit die Familie der Giraff'idae wieder, wie vor seiner Entdeckung durch Sir Harry John st on im Jahre 1900, auf eine einzige Gattung reduziert sein wird. Der Chef de Poste von Angu hat ein junges Okapi lebend gesehen, das nach Erlegung seiner Mutter durch Eingeborene gefangen und kurze Zeit in Angu gehalten worden ist, bis es aus Mangel an Nahrung einging. Er behauptet, das Tier habe einen Paßgang wie die Giraffe gehabt. Da dieser Ge- währsmann zoologisch nicht soweit vorgebildet war, um von der 23 — 354 — auf anatomisclier Grundlage beruhenden Verwandtschaft des Okapi mit der (iiraflfe Kenntnis zu haben, ist seiner Beliauptung- Glauben zu schenken. Die gToße Vorsicht des Okapi erschwert seine Jagd un- gemein. Die Undurchsichtigkeit und Unwegsamkeit des Urwaldes Sumpfwald bei Angii im Uelle-Distrikt. maclit seine Verfolgung Europäern fast unmöglich. Das lehrten mich bald die zahllosen Streifzüge, die ich in dem Walde bei Angu unternahm. Sie haben mit dem, was man gewöhnlich Pirschen nennt, nichts gemeinsam. Man arbeitet sich hier vor- wärts im walirsten Sinne des Wortes, durch Gestrüpp kriechend, über Baumstännne kletternd oder bis zum Gürtel durch Sümpfe 355 watend. Mit seinen Dornen und Lianen scheint dieser Urwald den Eindringling- wie mit unsiclitbaren Armen festzuhalten. Die schwüle Temperatur treibt den Schweiß aus allen Poren, und das Herz klopft hörbar von der übermäßigen Anstrengung. Und nichts ist in dem Walde zu sehen, wenigstens nichts von dem er- sehnten Wilde, nichts als graue, triefende Baumstämme und grüne, lederne Blätter von auf die Dauer ermüdender Einförmigkeit. Okapia johnstoni. Meine Gesundheit litt bald durch den Aufenthalt in diesem kSumpf- walde. Die Fieberanfälle mehrten sich und erinnerten micli an das Schicksal meines Vorgängers in diesem Gebiet, des englischen Captain Gosling, Mitglieds der Alexander-Gosling-Expedition, der an den Folgen seiner übrigens ergebnislosen Okapi- Jagden in Mangara am Uelle an Schwarzwasseriieber starb. Ich war daher gezwungen, mich ganz auf die Hilfe meiner eingeborenen Jäger zu verlassen. Der beste von ihnen, der schon genannte Etumba Mingi, ließ mich nicht im Stich. Es gelang ihm, nach 23* — 856 — längerer Jag'd in der Nähe des Dorfes K o 1 o k a , süd()stlic]i von Ang'u, wohin ich übergesiedelt war, das erste Stück, ein erwach- senes Weibchen zu erlegen und acht Tage darauf ein zweites, ebenfalls ein erwachsenes Weibchen. Ein langer, mühseliger Marsch brachte mich zu diesem frisch getöteten Stück, und so wurde mir wenigstens die Genugtuung zu teil, als erster Weißer eine Photographie davon machen zu können. Bei der Präpa- ration dieses Stückes stellte ich fest, daß das Okapi eine Greif- zunge wie die Giraffe besitzt. Dieses Tier ist hier im Sencken- bergischen Museum in vorzügliclier Weise aufgestellt worden; das zweite ist im Hamburgischen Naturhistorischen Museum in Bearbeitung. Die Okapis waren zwar die wertvollsten, aber nicht die einzigen wertvollen Stücke, um die meine Sammlung in Angu vermehi-t wurde. Welchen großen Reichtum an zoologiscli inter- essanten Tieren der Urwald in Angu birgt, geht daraus hervor, daß icli in sechs Woclicn nicht weniger als 140 Säugetiere meiner Sammlung einverleiben konnte. Darunter drei Arten von Colohus, zwei von Cercocehus, drei von Cercopithccus, zwei verschiedene Nacht äffen, vier verschiedene Viverren und elf verschie- dene Huftiere. Allein sieben Schopf antilopen leben im Uelle-Urwald, und zwar Cepholoplms sylvicultor, castanens, aeqna- toriaUs, aJhiventris, ruhidior, wcijnsi und eine mir unbekannte, vermutlicli neue Form. Auch der kleine, ein halbami»hibisches Leben führende Hijoinoschas aquatkus, der einzige in Afrika lebende Traguli de, befand sich unter meinen in Angu gesam- melten Ungulaten. Ferner erbeutete ich hier das große und prächtige Booceros euryceros in drei Exemplaren und schließlich ein R i e s e n s c h u p p e n t i e r , Manis gigantea , von 1 ,65 Meter Länge. Audi meine Vogelsammlung erfuhr hier eine Vermehrung um mehrere hundert Nummern, unter denen sich nach Prof. Reichenows' Feststellungen zwei neue Arten: Äletlie ueUensis und A. poliporea, und drei neue Abarten: Guttera phimifera schuhotzi, Frankoliniis lathami schiihotsi und Cinnyris chloropygius ueUensis befanden. So wurde mein Aufenthalt in und bei Angu trotz der ungünstigen äußeren Umstände eine Quelle zoologisclier Genüsse. Als ich endlich den Urwald verließ, um weiter nach Osten zu wandern, war mein Herz leicht in dem angenehmen Gefühl, — 357 — eine erfolgreiclie Reise gemacht zu haben. Damals ahnte ich nicht, daß ich einen wertvollen Teil des in Ang'u mühsam Zu- sammengebrachten wieder verlieren sollte. Durch die Unzuver- lässigkeit eines belgischen Beamten wurde der Teil meiner Sammlung — sämtliche Skelette und Alkoholpräparate — , den ich in Angu aus Trägermangel zurücklassen mußte, gegen meinen Willen anstatt auf dem Landwege auf dem Wasserwege be- Riesenschuppcntier (Manis gigantea). fördert, und was ich vermeiden wollte, trat ein: das Boot scheiterte im Helle, und fünfzehn Lasten gingen verloren. Fünf davon sind wieder lierausgefischt und hierher gesandt worden, aber sie befanden sich in einem Zustand, der fast geeignet ist, die Freude über ihre Rettung zu ersticken. Zum Glück waren die Okapi- Skelette und ein i^ooceros-Skelett unter dem Wiedergefundenen, so daß auch diese schöne Antilope wird aufgestellt werden können. Über meinen Weg zum Nil brauche icli Ihnen nur wenig zu sagen. Ich müßte sonst die Schilderung wiederholen oder — 358 — erweitern, die ich Ihnen von der Fauna der Scliari- und Tschad- Region gab. Was ich dort vom Ubangi in nördlicher Richtung zum Schari vordringend beobachtete, begegnete mir hier in westöstlicher Richtung in derselben Reihenfolge und in denselben Formen, anfangs in der Region der Galeriewälder, später jen- seits der Wasserscheide von Kongo und Nil in der durch Mimosen charakterisierten offenen Steppe. Von Wichtigkeit ist allein das Vorkommen des breitmäuligen, sog. weißen Nashorns, Rhino- ceros simus, das im östlichen Uelle-Distrikt in der Umgebung von Faradje sein Verbreitungszentrum hat. Es ersetzt hier das im Uelle-Distrikt fehlende gewöhnliche Nashorn, Rh. bicornis, das hier im Süden erst westlich vom Nil, in der Mongalla-Provinz auftritt. Rh. simus teilt seinen Wohnsitz mit dem Riesen-Elen, Taurotragus derhianus gigas, und der nubischen Form der Giralfe. Bis zur Wasserscheide zwisclien Kongo und Nil bleibt sich die Landscliaft ziemlich gleich : eine weite, von geringen Erhebungen unterbrochene Terminalien -Steppe, deren (iraswuchs in der Regenzeit mehrere Meter Höhe erreicht. Je näher man dem Nil kommt, um so mehr treten die Terminalien zurück, Mimosen und Euphorbien nehmen ihre Stelle ein, und Hand in Hand damit nimmt die Fauna immer mehr den bekannten reinen Steppen- charakter an , der durch zahlreiche Expeditionen nach dem Weißen Nil bekannt geworden ist. Bemerkenswert ist, daß der Weiße Nil hier eine scharfe zoogeographische Grenze bildet, wie schon gesagt, für die beiden Formen des Rhinozeros, ferner für den Taurotragus. Auch das Zebra, das in der Mongalla- Provinz am Ostufer des Flusses sehr häufig ist, fehlt in der Lado-Enklave, und ähnlich verhalten sich noch andere Anti- lopenarten. Als ich nach einem fünfzig Tage langen Marsch am Nil bei Redjaf anlangte, hatte meine Arbeit ihr Ende erreicht. Eine nur noch dreiwöchentliche angenehme Reise über Khartum und durch Ägypten trennte mich von der Heimat. 43. Ber. d. Senckenb. Naturf. Ges. 1912. H. Schubotz: Zoologische Beobachtungen wlhrend der II. Wissen- schaftlichen Innerafrika-Expedition S. H. des Herzogs Adolf Friedrich zu Mecklenburg 1910/1911. Red. V. M. Moisel, gez. v. R. Reichelt. Aus: Adolf Friedrich Herzog zu Mecklenburg „Vom Kongo zum Niger und Nil". (Leipzig, F. A. Broclthaus, 1912.) 359 Besprecliiingen. I. Neue Teröffentlichuiigen der Gesellschaft. Abhandlungen der Senckenbergisclien Naturforschenden Ge- sellschaft in Frankfurt a. M. 4". Frankfurt a. M. (Selbst- verlag der Gesellschaft) 1912 : Band 31, Heft 2, Seite 83— 106: „Die in Deutschland aufbewahrten Reste des Quag-g-as" von Dr. M. Hilz- h e im er. Mit 6 Tafeln und 2 Textliguren. Preis broschiert M. 7. — . Besprechung siehe S. 104: ^Das Quagga" von A. Lotichius. Seite 107—150: „Über helle und trübe Muskel- fasern bei Wirbeltieren und beim Menschen" von Dr. W. Ewald. Mit 5 Tafeln und 1 Textligur. Preis broschiert M. 9.50. Seite 151 — 188: „Über helle und trübe Muskel- fasern im menschlichen Herzen, unter besonderer Berücksichtigung' der spezifischen Muskelsysteme des Herzens" von Dr. P. Schaefer. — Über helle und trübe Muskelfasern beim Pferd" von Dr. P. Schaefer. Mit 2 Tafeln und 2 Textfiguren. Preis broschiert M. 5. — . Besprechung siehe S. 245: „Der histologische Aufbau der quergestreiften Muskulatur usw." von A.Knoblauch. Band 31, Heft 3, Seite 189— 198 : „Über Geweihreste aus dem untermiozänen Hydr obienkalk vom Heßler bei Mosbach-Biebrich" von Prof. Dr. F. Kinkelin. Mit 1 Tafel und 1 Textfigur. Preis broschiert M. 2.25. Die kurze Arbeit behandelt Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Verfasser und Dr. H. G. St ehlin- Basel über die Natur der bereits früher beschriebenen und abgebildeten „Geweihreste" ^). St ehlin hatte neuerdings '^) Kinkelin „Einige seltene Fossilien des Senckenbergischen Museums". Abhandl. d. Senckenberg. Naturf. Ges. 20. Bd. 1896 S. 1. — 3G0 — Zweifel geäußert, ob die Objekte nicht vegetabilischer Herkunft seien, ob wir es einfach mit einer Tuff- oder Sinterbildung zu tun hal)en, oder ob irgendein niedriger Organismus mit im Spiele ist. Schließlich hat S t e h 1 i n die Gebilde als Knochen anerkannt, hält sie aber für die spongiösen Teile von Langknochen, die ihre harte Rindenschicht eingebüßt haben. Die der vorliegenden Arbeit beigegebenen Photogramme von Dünn- schliffen der umstrittenen Stücke lassen keinen Zweifel mehr an ihrer Knochen- struktur aufkommen; doch bleibt die Frage unentschieden, ol) es sich um Geweihfragmente oder um Reste von Langknochen handelt. K. Seite 199 — 238 : „Tiefen w d ii ii g e fähre A \\ s b reit u n g des Oberpliozänsees in der Wetter an nnd im nnteren Untermaintal bis znm Eh ein" von Prof. Dr. F. Kinkelin. Mit 1 Karte, 1 Proliltafel nnd 1 Skizze im Text. Preis broschiert M. 6.—. Eine ausgezeichnete Arbeit, in der die Ergebnisse von Beobachtungen während eines vollen Menschenlebens zusammengefaßt sind. Die Kanalisation des Mains und verschiedene, im Auftrag der Stadt im Westen Frankfurts ausgeführte Grabungen haben Seeabsätze von bedeutender Mächtigkeit freigelegt, die vom Verfasser als von oberpliozänem Alter bestimmt worden sind. Sie gehören also noch der wärmeren Tertiär zeit an, die dem Eis- zeitalter vorausging. Bestätigt wurde diese Altersbestimmung durch eine kleine, in den Sauden des Frankfurter Klärbeckenaushubs gefundene, eigen- artig zusammengesetzte Flora, mehr noch durch die einige Jahre später an der gleichen Baustelle gehobenen Schätze einer außerordentlich reichen fossilen Pflanzenwelt.') Eine von der Stadt ausgeführte Tief bohrung hat Kinkelin ferner den Nachweis gegeben, daß auch zu dersel))en Zeit die im Frankfurter Stadtgebiet freiliegenden vulkanischen Gesteine emporstiegen, daß also eben vor Eintritt der diluvialen Fluten in unsere Landschaft Lavaflüsse durch Sprünge der Erde sich aus deren Innern herausgedrängt hatten. Bohrungen, die auf die Erkenntnis der Mächtigkeit der fraglichen Schichtenfolgen abzielten, waren indessen stets erfolglos geblieben, und es war wohl das Erscheinen des von Kinkel in herausgegebenen Werkchens „Vorgeschichte vom Untergrund und von der Lebewelt des Frankfurter Stadt- gebietes usw." ^), das unserem korrespondierenden Mitglied, dem hochverdienten Förderer des naturhistorischen Museums seiner V'aterstadt, Herrn Arthur von Gwinner, Veranlassung gegeben hat, einen ansehnlichen Betrag für die Erforschung der Frankfurter Schichtenfolge zur Verfügung zu stellen. Zu diesem Zweck stellte sich K i n k e 1 i n vor allem die Aufgabe, d i e Maximalmächtigkeit der Absätze zu ermitteln, die westlich von Frankfurt sich in dem See aus jüngster Tertiär zeit ge- häuft haben. Dank dem Entgegenkommen der städtischen Baubehörden ') Eingehend beschrieben in H. Engel h a r d t u. F. K i n k e 1 i n „Ober- pliozäne Flora und Fauna des Untermaintales usw." Abhandl. d. Senckenberg. Naturf. Ges. 31. Bd. 1908 S. 149 u. ^. ^) Besprochen im 41. Bericht d. Senckenberg. Naturf. Ges. 1910 S. 158. — 361 — lionnten auf einer städtischen Parzelle zwischen Hattersheim und dem Main zwei Bohrungen vorgenommen werden, genügend weit vom Fuß des Gebirges wie von der östlichen Rheinspalte entfernt. Diese Bohrungen haben zu dem erstrebten Ziel geführt und das unter den Seeabsätzen liegende, durch die kalkige Gesteinsbeschaffenheit gut charakterisierte üntermiozän, und zwar in 126 m Teufe erreicht. Die Charakteristik der Seeabsätze hatte Kinkelin längst in ihrer Kalklosigkeit erkannt. Für die Vorgänge während und nach der Pliozänzeit haben die Bohr- proben manche interessante Aufklärung geboten. Aus zahlreichen Anzeigen hat sich ergeben, daß eine Bewegung nach der Tiefe — sie ist über- haupt in unserem Gebiet als herrschend erwiesen worden — den Hohlraum schuf, der diese mindestens 120 m mächtigen Absätze aufnahm. Aber auch der Beginn dieses Vorgangs konnte festgestellt werden: er war zu- gleich der Beginn der Seeabsätze selbst. Die tiefsten Absätze sind nämlich derart, daß sie nur in ganz seichtem Wasser stattgefunden haben können: es sind zarteste Tone, denen organische Spuren beigemengt sind. Leichte Regen schwemmten anfangs die aus der Verwitterung hervor- gegangenen Tone, Sandtone und feinen Sande fast ohne Unterbrechung in das nun sinkende Becken und füllten es allmählich wohl bis zur Hälfte an. Dann aber wuchsen die Wassermassen, die dem See die Geschiebe zuführten : neben Sauden und Kiesen auch größere, nur kantengerundete Quarze, die den Quarzgängen des Taunus entstammten. Das Schwarzbachtal und auch die anderen Quertäler des Taunus sind also nicht erst diluvialen Alters, sondern wurden schon zur Pliozänzeit ausgefurcht. Schwarze, mehr oder weniger gerundete Kieselchen, sog. Lydite, die den Hattersheimer Pliozängeschieben beigemischt sind, ließen ferner erkennen, daß dem Becken auch von Norden her, aus der G i e ß e n e r Gegend, Geschiebe zugeführt worden sind, also gleichsam von einer tertiären Nidda. Noch war ja der Zufluß vom Main her durch die zwischenliegenden Tertiärhöhen aus- geschlossen, und auch später, zur mittleren Diluvialzeit, als der Main längst ein Nebenfluß des Rheins geworden war, strömten mächtige Wassermassen aus dem Lorsbacher Tal hervor, so daß sogar der Main vom Gebirge weiter, östlicher, abgedrängt wurde. Aus der durch die Bohrung neu gewonnenen und aus schon früher bekannten Tatsachen war es möglich, an Hand der verschiedenen, in west- östlicher Richtung liegenden Aufschlüsse den Querschnitt des Ober- pliozänbeckens in ungefähr südlicher Richtung zu ermitteln : in Hofheim, über Kriftel, über das Hattersheimer Bohrloch, dann das Bohrloch il, im Gold- steinrauschen bis zur Louisa. Eingehender als früher konnte auch die nach dem Rheintal hin mehr und mehr zunehmende Senkung der Wetter au — der unteren Untermainscholle — dargelegt werden. Die Senkung betrug mindestens 127 m; immerhin erscheint das Becken als ein flaches. Nach dem nördlichen Ende des Beckens hin sind es seichte Buchten, die von Tonen und reichlicher jungtertiärer Braunkohle erfüllt sind. Dem Gebirge nach Soden zu sind Strandabsätze von vorherrschend kieseliger Be- schaffenheit aufgelagert. Auf dem östlichen Ufer zeigt sich, im südlichen Verlauf, ein ziemlich breiter, aus Tertiärschichten bestehender Vorsprung, — 362 — der das Becken, dessen völliger Zusammenhang- besonders durch die in ziemlich gleicher Höhe stehenden Strandanhäufungen auf dem Gebirge erwiesen wurde, etwas verengt, bis das Ostufer etwa von den permischen Klippen bei Vilbel an wieder ungefähr parallel dem Westufer verläuft. Südlich dehnt sich der See viel weiter aus, als der Eahmen der vorliegenden Abhandlung gezogen ist. Senkungen müssen die östliche Uferstrecke in eine wesentlich tiefere Lage gebracht haben, als sich das auf dem Gebirge liegende Westufer darstellt ; denn für eine Hebung des Gebirges in nachpliozäner Zeit konnte der Verfasser keine Anhaltspunkte gewinnen. Daß der Füllung des pliozänen Sees eine lange Zeit vorausging, in der das ehemalige, von salzigem und brackischem Wasser erfüllte Mainzer Becken völlig trocken lag ■ — abgesehen von Flüssen, die es da und dort durchzogen, — ist bekannt. Um von dieser Zeitdauer eine ungefähre Vor- stellung zu geben, verweist der Verfasser auf die mächtigen, einander fol- genden, zuerst marinen, dann brackischen und schließlich süßen Absätze, die er in Österreich-Ungarn zu beobachten Gelegenheit hatte. Es ist etwa die gleiche Zeit, da unsere Landschaft nur der Verwitterung frei lag; da- mit ist die tiefgreifende Lockerung des Gebirges, überhaupt der gesamten Oberfläche, wohl verständlich, die alsdann dem See zugetragen wurde. Kurz bevor die Hattersheimer Bohrung niedergebracht wurde, ließ die Gemeinde Kriftel bohren, uud zwar sehr nahe dem Fuß des Gebirges, überraschend war, daß die Sohle der etwa 90 m mächtigen Seeabsätze kalk- haltige Mergel und Quarzgeschiebe in beträchtlicher Menge führte. Also bis in dieses frühe Tertiär reicht mindestens die Geschichte des Lors- bacher Tales, von dessen Ausmaß eine Vorstellung gegeben ist. Und damit ist auch die tiefgehende Verwitterung des Taunusschiefers ver- ständlich. Eine vorzügliche Karte von Hans Raven stein im Maßstab 1:100000 gibt zum ersten Male ein ungefähres Bild von der Ausbrei- tung des Oberpliozän sees, dessen Grenzen westlich bis zum Rhein- tal, östlich nur bis etwa Dreieichenhain eingezeichnet sind. A. Ashenasy. Seite 239 — 338: „Beiträge zur Kenntnis devoni- scher Trilobiten. 1. Beitrag. Die Grattung Dechendla und einige verwandte Formen" von Dr. R. Richter. Mit 4 Tafeln und 9 Textfiguren. Preis broschiert M. 13. — . Der Verfasser beabsichtigt, in Einzeldarstellungen besonders die Tri- lobiten des rheinischen Devons zu beschreiben, ohne sich jedoch ganz an diesen Rahmen zu binden. Wer die vielen überraschenden Funde der letzten Jahre verfolgt hat, wird schon aus diesem Grunde eine neue Durcharbeitung der Trilobiten für wünschenswert halten. Dazu kommt aber, daß unter den bereits bekannten Arten eine grenzenlose Verwirrung herrscht, die an vielen Stellen ein gegenseitiges Verstehen selbst unter Spezialisten unmöglich macht. Mit dem vorliegenden ersten Teil seiner Arbeit hat der Verfasser in der eigenartigen Gattung Uechenella Ordnung geschaffen, deren Berechtigung zwar nur von wenigen Autoren bestritten, deren Arten aber — 363 — kaum von zwei Forschern im gleichen Sinne aufgefaßt werden. Nach Aus- scheidung zahlreicher, fälschlich hierhergezogener Arten und nach Gruppierung der übrigen, sowie der neuen Formen in mehrere Untergruppen ergibt sich ein Kreis von unbedingt verwandten Gestalten, deren Vorkommen im wesent- lichen auf die Flachmeerablagerungen des Mitteldevons beschränkt ist. Es ist außerordentlich dankenswert, daß die Senckenbergische Natur- forschende Gesellschaft die grundlegenden Arbeiten des Autors unterstützt hat und ferner unterstützen will, da auf diese Weise der große Fortschritt, den seine Studien für die Wissenschaft bringen werden, in erster Linie auch dem Museum zugute kommt. Der Verfasser hat fast alle früher beschriebenen Typen untersuchen können, fast alle in den verschiedensten Sammlungen vor- handenen Stücke in der Hand gehabt: das zeigt am besten den Nutzen, den die Besitzer dieser Stücke sich von derartig mühevoller Kleinarbeit versprechen. F. Drevermann. II. Neue Bücher. Brehms Tierlebeii. Vierte, vollständig neubearbeitete Auflage, herausgegeben von Prof. Otto zur Strassen.^) 4. Band. Lurche und Kriechtiere. Neubearbeitet von Franz Werner. 1. Band. XVI und 572 Seiten mit 25 Tafeln und 127 Abbildungen im Text. Gr.-S". Leipzig und Wien. (Bibliographisches Institut) 1912. Preis in Halbleder ge- bunden M. 12. — . Alfred Brehms fesselnde Schilderungen aus dem Leben unserer Kriechtiere und Lurche haben nicht zum geringsten Teil dazu beigetragen, allmählich Aberglauben und Vorurteile zu verdrängen, unter denen die „häß- lichen und ekelhaften" Schlangen, Molche und Kröten seit Jahrhunderten zu leiden hatten und in breiten Schichten des Volkes noch heute leiden. Weder die Einrichtung von großen Terrarien und von besonderen Reptilien- und Amphibien-Schauhäusern in den zoologischen Gärten, unter denen bekanntlich in Deutschland der Frankfurter Garten an der Spitze steht, noch die gelegent- lichen Veranstaltungen von Terrarien- und Aquarien - Ausstellungen durch Liebhabervereine haben diese uralten Vorurteile zu beseitigen vermocht, wenn sie auch im Laienpublikum ein wachsendes Interesse an den „verachteten" Tieren wachgerufen haben und ihm die beste Gelegenheit geben, einheimische und fremdländische Kriechtiere und Lurche in großem Artenreichtum kennen zu lernen. So muß es nach wie vor für ein Standardwerk wie Brehms Tier leben eine vornehme Aufgabe bleiben, an der Aufklärung des Volkes erfolgreich mitzuarbeiten und unsere Kenntnisse von dem Leben und Treiben der Reptilien und Amphibien zu erweitern und zu vertiefen. In vorbildlicher Weise sucht der neuerschienene vierte Band des Gesamt- werkes dieses Ziel zu erreichen. Freilich mag es für den Bearbeiter desselben, 1) Siehe 42. Bericht 1911 S. 257 und 43. Bericht 1912 S. 209. — 364 — den Wiener Herpetologen Franz Werner, nicht leicht gewesen sein, das ungeheure Tatsachenmaterial, das sich seit 0. Boettgers Bearbeitung des Brehm (1893) angesammelt hat, auf dem verfügbaren Raum — allerdings zwei starke Bände statt des einen von damals — zur Darstellung zu bringen. Es ist dies aber gelungen durch ein geschicktes Ausmerzen des Überflüssigen und Veralteten, namentlich der vielen märchenhaften Plaudereien und Zitate der früheren Auflagen, an deren Stelle in prägnanter Kürze exakte Beobach- tungen und eine der heutigen Tierpsychologie Rechnung tragende Darstellung getreten sind. So sind im ersten Band „Lurche und Kriechtiere", der die Klasse der Amphibien und von den Reptilien die Brückenechsen, Schild- kröten und Krokodile behandelt, sämtliche einheimische und die wichtigsten ausländischen Arten, vor allem aus unseren Kolonien und solche, die neuer- dings im deutschen Tierhandel eine Bedeutung erlangt haben, ausführlich beschrieben oder wenigstens kurz aufgeführt. Besonders anziehend ist die merkwürdige Brutpflege bei manchen Lurcharten geschildert. Durch die Bedürfnisse der zoologischen Gärten und durch die zunehmende Terrarienliebhaberei ist auch auf herpetologischeni Gebiet der Tierimport aus überseeischen Ländern mächtig angeregt worden, und dieser Umstand, der dem Gelehrten wie dem Künstler in vielen Fällen Gelegenheit gibt, an Stelle der Untersuchung von Museumsmaterial die Beobachtung des lebenden Tieres zu setzen, ist nicht zuletzt den Abbildungen zugute gekommen, die in wesentlich größerer Zahl als früher — vielfach Meisterwerke des Wiener Tiermalers J. Fleischmann — nicht zum äußeren Schmuck, sondern als integrierender Bestandteil des ganzen Werkes, dem Text der neuen Bearbeitung beigegeben sind. Nicht minder wertvoll sind die Reproduktionen von photo- graphischen Aufnahmen der Tiere nach dem Leben. Auch den An- sprüchen unserer Zeit, die sich auf morphologischem Gebiet nicht mehr mit der Schilderung der äußeren Form begnügt, sondern Belehrung und Aufklärung über den Bau der Geschöpfe und die Funktion ihrer inneren Teile verlangt, ist durch ausgezeichnete, z. T. farbige anatomische Abbildungen Rechnung getragen. Textlich stehen die Schilderungen Werners auf voller Höhe, so daß wir uns auch von dem zweiten Reptilienband, der die Squamaten (Schlangen, Eidechsen usw.) behandeln und — nach dem Vorwort — eine Reihe Bilder des Münchener Künstlers W. Heabach aus dem hiesigen Zoologischen Garten bringen wird, ganz Hervorragendes versprechen dürfen. K.-W. Die Verfasser sind iür den Inhalt ilirer Arbeiten allein verantwortlich Für die Redaktion verantwortlich: Prof. Dr. A. Kno blauch in Frankfurt am Main Druck von Gebrüder Knauer in Frankfurt am Main. 43. Bericht der Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft m Frankfurt am Main Heft 1 mit 1 Farbentafel IHB^^^BiilPlL^^^^J Aasgegeben n. 18 AbbUdnngen iI^^HRt/ ^^^H|r März 1912 Inhalt: seit« Aus der Schausammlung : Mrs. Gray's Wasserbock 1 Ein Riesenfisch aus dem Weißen Jura 4 Verteilung der Ämter im Jahre 1912 7 Verzeichnis der Mitglieder 9 Rückblick auf das Jahr 1911 (Mitteilungen der Verwaltung) .... 30 Kassenbericht über das Jahr 1911 34 Museumsbericht über das Jahr 1911 37 Nekrologe: Adolf Rörig 56 ErnstBlumenthal 62 Vermischte Aufsätze: A. Siebert: Utricularia montana Jacq 68 W. Kobelt: Der Schwanheimer Wald 72 Naohdraok nor mit Qaellenangabe gestattet, Übersetzangsreoht vorbehalten Frankfurt am Main Selbstverlag der Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft 1912 Preis des Jahrgangs (4 Hefte) M. 6.—. Preis des einzelnen Heftes M. 2.—, t* m m Im Inland und Ausland : a scti&tzt man 5 ■ RüHnscHerf *s *''Ta«bdicKte I Museums -ScHränKe t ■ a als denkbar bestem ScHutz § ..... für alle Sammlungen ..... ■ Kataloge,' KostenberecKnungen «isvir. Kostenlos von cler Dresdner MuseumsscHranK-FabriK Aug. Rühnscherf®. Söhne Dresden-A. iBBBBaaBBBBaaBBBBBBaaaaaaaaa a a BaaaBaaBBBBBaBBBBBBaaaaaBai IB» 8:. R. June, HEIDELBERB B. m. b. H. MIKROTGME *.• Faraffin-OEfen •/ ThermostatE sowie alle sonstigen Apparate und Instrumente für Mikroskopie U/achspIatten- apparate Zentrifugen Hämokalorimeter J nacti Prof. ftutenrieth und f'\ Prof. Königsberger MIKROSKOPE jeder firt, Grö&e u. Ausstattung Kaialoge kostenfFei Möbel und Einrichtungs-Gegenstände für Herrenzimmer und Büros : : Bürobedarfsartikel Kataloge kostenlos und portofrei Ausstellungsräume : 36 Kaiserstraße 36 Frankfurt a. M. 'mm Die Verfaasei^ sind für den Inhalt ihrer Arbeiten allein verantwortlich. Pur die Redaktion vtoantwortlioh: Prof. Dr. A. Knoblauch in Frankfurt am Hain. Dmci^Ton Gebrüder Knaaer in Frankfurt am Main. \ öebrüberHrmbröfter Frankfurt a. m. o- Spezialiften :: für IHufeums^Sdiränkc :: unb inufeunis=CinricI]tungcn „öranb Prix" für Sdiränke, Pitrinen ufip. IDeltausftellung Brüffcl 1910 Prima Referenzen im In- unb Buslanbe. 43. Bericht der Senckenbergisclien llaturforsclienden Gesellschaft in Frankfurt am Main Heft 2 mit 1 Farbentafel M^^^^^^WH!fc^f^^a[ Ausgegeben n. 32 Abbildungen \1^^^^HHB|^''^^^Hf Jnui 1912 Die Zukunft des Senckenbergischen Museums 97 Aus der Schausammlung: Das Quagga 104 Lehrtätigkeit von April 1911 bis März 1912: Vorlesungen, praktische Übungen und Exkursionen 108 Wissenschaftliche Sitzungen und Vorträge 116 Vermischte Aufsätze: W. Kobelt: Der Schwanheimer Wald II 156 P h. L e h r s : Eine zoologische Sammelreise nach der Insel Pelagosa und entlegeneren Küstengebieten der Adria . . . 189 Besprechungen : Neue Bücher 209 Naohdrnok nur mit Qaellenangabe gestattet, Übersetzongsreoht vorbehalten Frankfurt am Main Selbstverlag der Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft 1912 Preis des Jahrgangs (4 Hefte) M. 6. — . Preis des einzelnen Heftes M. 2. — . Im Inland und Ausland schätzt man RüHnscKerf *s '"Staubdichte Museums > ScHränke als denkbar besten Schutz für alle Sammlungen Kataloge, Kostenberechntingei» usw« Kostenlos von der Dresdner MuseumsschranK«^ Fabrik Aug. Kühnscherfea Söhne Dresden-A. R.JUnB. HEIDELBERG b. H. 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Bericht der Senckenbergisclien Naturforsclienden Gesellschaft in Frankfurt am Main Heft 3 mit 2 Farbentafeln W^^^^^^^^Kt^^^Kj Ausgegeben a. 40 Abbildiingen H^^^^H^^^^hP September 1912 Seite Inhalt : Aus der Schausammlung: Der Chiru oder die Tibet-Antilope 211 Die großen Eisenmeteoriten aus Deutsch-Südwestafrika , . . 214 Vermischte Aufsätze: A. Siebert: Zwei Erdorchideen, Stenoglottis longifolia Hook. fil. und Stenoglottis fimbriata Lindl 222 F. Richters: Nordische Urfaustkeile 227 A.Knoblauch: Der histologische Aufbau der quergestreiften Muskulatur der Wirbeltiere aus „hellen" und „trüben" Muskelfasern 245 W. Kobelt: Der Schwanheimer Wald HI 255 Nsohdraok nar mit Qaellenangabe gestattet, ÜbersetzTuigsreoht vorbehalten Frankfurt am Main Selbstverlag der Senckenbergischen Naturforscbenden Gesellschaft 1912 Preis des Jahrgangs (4 Hefte) M. 6.—. Preis des einzelnen Heftes M. 2. 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Die Verlasser sind für den Inhalt ihrer Arbeiten allein verantwortlieh Fär die Redaktion verantwortlioh: Prof. Dr. A. Knoblauch in Frankfort am Hain Druck von Gebrüder Enauer in Frankfurt am Main. 43. Bericht der Senckenbergisclien Naturforsclienden Gesellschaft in Frankfurt am Main Heft 4 mit 1 Farbentafel, 31 Abbildungen Q. 1 Karte Ausgegeben Dezember 1912 Inhalt: s.j,. Aus der Schausammlung : Das Aussehen des Okapi 287 Nekrolog: Wilhelm Dönitz 293 Vermischte Aufsätze : W. Dönitz (t): Die Bekämpfung der Schlafkrankheit . . . 295 H. Schubotz: Zoologische Beobachtungen während der IL Wis- senschaftlichen Innerafrika-Expedition S. H. des Herzogs Adolf Friedrich zu Mecklenburg 1910/11 ... 324 Besprechungen : I. Neue Veröffentlichungen der Gesellschaft 359 n. Neue Bücher 363 Naohdraok aar mit Qaellenangabe gestattet, Übersetzangsreoht vorbehalten Frankfurt am Main Selbstverlag der Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft 1912 Preis des Jahrgangs (4 Hefte) M. 8.—. Preis des 4. Heftes M. 3.50. Im Inland und Ausland schätzt man eisernct staubdicKte KühnscKerf's Museums- ScHränKe als denkbar besten ScHutz fur alle Sammlungen KAlaloge, Ko^tenberechntinKei» iksw« Kostenlos von der i Dresdner MuseumsschranK«rabriK I Aug* Kühnscherf est Söhne 5 Dresden -A* lU öebruberTlrmbrüfter Frankfurt a. III. Spezialiften :: für ülufcums^Sdiränke :: unb niufeums=einricl)tungen „3 Große Preife" für Sdiränke, Pitrinen uftp. IDcItausftcnung Brüffd 1910 Int. Inb.» u. öetp.'flusftellung Turin 1911 Prima Referenzen im \n= unb üuslanbe !:■ R.JUnB, HEIDELBERB B. m. b. H. MIKROTOME •-• Faraffin-Gefen •/ ThermostatE sowie alte sonstigen Apparate und Instrumente für Mikroskopie U/achspIatten- apparate Zentrifugen HämokalorimEißr -^ nach Prot, flutenrieth und h Prof. Königsberger MIKRGSKOPE jeder flrl, Qrö&e u. Russtattuna Kataloge kostenfrei Möbel und Einrichtungs-Gegenstände für Herrenzimmer und Büros : : Bürobedarfsartiice! 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