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43. BERICHT

der

8ENCKENBERGISCHEN NATÜRF0R8CHENDEN GESELLSCHAFT

in

FRANKFURT AM MAIN

Frankfurt am Main

Selbstverlag der Senckenbergisclien Naturforschenden Gesellschaft

1912

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den Wiener Herpetologen P ] ungeheure Tatsachenmateria Brelim (1893) angesammelt zwei starke Bände statt des Es ist dies aber gelungen di und Veralteten, namentlich ' der früheren Auflagen, an d tungen und eine der heut Darstellung getreten sind. ^ der die Klasse der Amphibien kröten und Krokodile behani ausländischen Arten, vor alL dings im deutschen Tierhan beschrieben oder wenigstens merkwürdige Brutpflege Durch die Bedürfnisse ' Terrarienliebhaberei ist auch überseeischen Ländern mäch dem Gelehrten wie dem Küm der Untersuchung von Museu zu setzen, ist nicht zuletzt wesentlich größerer Zahl al Tiermalers J. Fleischman integrierender Bestandteil des beigegeben sind. Nicht mindf graphischen Aufnahme Sprüchen unserer Zeit, die Si der Schilderung der äußeren F über den Bau der Geschöpfe ist durch ausgezeichnete, z. T. getragen. Textlich stehen so daß wir uns auch von (Schlangen, Eidechsen usw.) Reihe Bilder des Münchenei Zoologischen Garten brintren

Die Verfasser sind Mr de

Für die Redaktion verantwortli

Druck von Gebi

44. BERICHT

der

8ENCKENBERGISCHEN NATÜRF0R8CHENDEN GESELLSCHAFT

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FRANKFURT AM MAIN

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Frankfurt am Main

Selbstverlag der Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft

1913

Nachdruck nur mit Quellenangabe gestattet Übersetzungsrecht vorbehalten

Ill

An unsere Mitglieder.

Der in erfreulicher Weise zunehmende Umfang unserer Samm- lungen gebietet eine Erweiterung unseres Museums. Auf verschiedenen wichtigen Gebieten sind unsere Sammlungen an den ersten Platz gerückt; zahlreiche und wertvolle Objekte liegen bereits aufgestapelt und harren ihrer Aufstellung in den erwei- terten Räumen. Die sich ständig mehrende Zahl der Besucher des Museums beweist das vorliegende Bedürfnis nach einer fort- schreitenden Ausgestaltung unserer Sammlungen, die der Vater- stadt zur Zierde und zum Anziehungspunkt gereichen.

Zur Ausführung der geplanten Ergänzungsbauten sind aber erhebliche Mittel erforderlich, die wir durch Schenkungen unserer Gönner zu erlangen nicht zu hoffen wagen. Auch hat der Plan der Geldbeschaffung durch eine Lotterie die Zustim- mung der zuständigen Ministerien nicht gefunden.

So hat die Verwaltung unserer Gesellschaft beschlossen, sich an unsere Mitglieder, Freunde und Gönner um Bewilligung eines unverzinslichen Darlehens bis zum Betrage von M. 500.000 zu wenden. Über das Darlehen werden einzelne Schuldscheine über je M. 1000 auf Namen ausgestellt, und jeder Schuld- schein trägt die Bescheinigung der Deutschen Bank, daß seine Rückzahlung zum Nennbetrage gemäß dem jedem Schuldscheine aufgedruckten Tilgungs- plan binnen 16 Jahren durch Hinterlegung eines Depots gewährleistet i s t.

Es werden demnach, vom April 1915 beginnend, alljährlich auf der Deutschen Bank Filiale Frankfurt vor Notar und Zeugen die zur Rückzahlung kommenden Schuldscheine ausgelost und die verlosten Schuldscheine unter Benachrichtigung ihrer Inhaber mit M. 1000 pro Schein zurückbezahlt. Sollten vor einer Ver- losung Schuldscheine unter dem Nennwerte angeboten werden, so darf die Tilgung auch durch Rückkauf unter dem Nennwert

IV

erfolgen; die Einhaltung des Tilgungsplanes ist auch in diesem Falle im April jedes Jahres unter Vernichtung der Schuldscheine notariell zu beurkunden.

Nach diesen Bestimmungen ist also die Rückzahlung jedes Schuldscheines zu M. 1000 binnen längstens 16 Jahren ganz unabhängig von unserer Gesellschaft sichergestellt, und wir bitten somit im Interesse unseres gemeinnützigen Unter- nehmens nur um Erlaß der Zinsen bis zur Heimzahlung des Kapitals.

So richten wir nun an alle unsere Mitglieder, an Freunde und Gönner unseres Museums die herzliche und drinoende Bitte, uns das erforderliche Kapital zur Aufführung des Erweiterungs- baues unseres Museums durch Übernahme von Schuldscheinen vorübergehend zur Verfügung zu stellen, und bitten, uns unter Benutzung des beiliegenden Formulars möglichst bald mit- zuteilen, wieviele Schuldscheine Sie übernehmen wollen. Die Einzahlung des Betrages werden wir durch Rundschreiben im März nächsten Jahres erbitten.

Die Direktion der Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft;

Geh. Regierungsrat Dr. A. von Weinberg, I. Direktor Oberstabsarzt a. D. Prof. Dr. E. Marx, 11. Direktor Dipl.-Ing. P. Prior, I. Schriftführer Dr. A. Lotichius, IL Schriftführer Albert von Metzler, Kassier Walter Melber, Kassier.

V

SENCKENBERGISCHE NATURFORSCHENDE GESELLSCHAFT, FRANKFURT A. M.

Schuldschein No. . . . M. 1000.—

Die unterzeichnete, mit juristischer Persönliclikeit ausgestat- tete Gesellschaft hat auf Beschluß ihrer Gesellschaftsorgane ein unverzinsliches Darlehen bis M. 500.000 aufgenommen und be- kennt hiermit durch ihre gesetzlichen Vertreter, von

Herrn

M. 1000.— als Teil dieses Darlehens bar erhalten zu haben und Herrn . . . .... diese Summe zu schulden.

Die Kündigung des Darlehens seitens des Darlehensgebers ist ausgeschlossen.

Die Rückzahlung des Darlehens erfolgt nach Maßgabe des umstehend abgedruckten Tilgungsplanes durch Auslosung oder Rückkauf von Darlehensscheinen.

Die Einhaltung des Tilgungsplanes ist durch ein bei der Deutschen Bank Filiale Frankfurt hinterlegtes Depot gewährleistet.

Frankfurt a. M., 1. März 1914.

Senckenbergische Naturforschende Gesellschaft:

Wir bescheinigen, daß die Tilgung dieses Schuldscheines gemäß dem umseitig gedruckten Tilgungsplan durch ein bei uns eingezahltes Barguthaben gewährleistet ist.

Deutsche Bank Filiale Frankfurt:

VI

Tilgungsplan

Rückzahlungstermin

1. April

1915

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1916

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1917

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1918

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1919

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1920

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1924

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1926

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1927

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1928

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1929

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1930

Zurückzuzahlender Betrag

M. 5.000.—

5.000.—

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5.000.—

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5.000.—

5.000.—

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5.000.—

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5.000.—

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5.000.—

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5.000.—

1

10.000.—

,

10.000.—

1

15.000.—

20.000.—

1

30.000.—

.

365.000.—

M. 500.000.

Sollten nicht alle 500 Schuldscheine untergebracht werden, so erfolgt die Auslosung pro rata der ausgegebenen Schuldscheine.

VII

Inhaltsverzeichnis.

Aus der S c h a u s a m m 1 u n g : Seite

Das Zwergflußpferd von Liberia (mit 3 Abbildungen) von E. Marx 1

Die Dronte (mit 2 Abbildungen) von E. Creizenach . . . . 5

Der Triceratops (mit 2 Abbildungen) von F. Drevermann . . . 10

Phenacodiis primaevus Cope (mit 1 Abbildung) von V. Drevermann lOo Die Veränderlichkeit der Schale von Ibcriis (/ualtcriauiis L. (mit 82

Abbildungen) von C. R. Boettger 183

Sinopa rapax Leidy (mit 4 Abbildungen) von F. Drevermann , 198

Der Schopfibis (mit 1 Abbildung) von F. Haas 283

Unser Planktonschrank. I. Radiolarien und Medusen (mit 13 Ab- bildungen) von L. Nick 286

Verteilung der Ämter im Jahre 1913 14

Verzeichnis der Mitglieder 16

Rückblick auf das Jahr 1912 (Mitteilungen der Verwaltung) . 38

Kassenbericht über das Jahr 1912 44

Museumsbericht über das Jahr 1912:

Zoologische Sammlung 46

Botanische Sammlung 57

Paläontologisch-geologische Sammlung 58

Mineralogisch-petrographische Sammlung 64

Lehrtätigkeit vom April 1912 bis März 1913:

Vorlesungen, praktische Übungen und Exkursionen:

Zoologie , 107

Botanik 111

Paläontologie und Geologie 113

Mineralogie 115

Wissenschaftliche Sitzungen :

R. Gonder: Die Spirochäten als Erreger von menschlichen und tierischen Krankheiten und ihre Beziehungen zu

den harmlosen Formen 117

E. Marx: Grundlagen der Schutzimpfungen 118

H. E. Boeke: Bildung und Bau der deutschen Kalisalz- lagerstätten 119

L. Heck: Lebende Tierbilder von nah und fern .... 120

H. Driesch: Das Problem des Organischen 121

A. Pütt er: Stoffwechsel und Ernährung 123

0 / 1 n

VIII

Seite

E. Göppert: Die Variabilität des menschlichen Körpers

und ihre stammesgeschichtliche Bedeutung .... 124

F. Richters: Altsteinzeitliche Funde aus dem nordischen

Gletschermergel 125

E. Strauß: Gifte der Wirbellosen 125

P. Ehrlich: Moderne Heilprinzipien 126

F. Doflein: Der Ameisenlöwe, ein Kapitel aus der Biologie

und Psychologie der Tiere 129

0. zur Strassen: Der Flug der Tiere 130

St. Kekule von Stradonitz: Die Entstehung der sog.

Habsburger Lippe 131

0. Kalischer: Die Bedeutung der Dressurmethode für die

Sinnesphysiologie und Psychologie 132

A. Fischel: Über Ursachen normaler und abnormer Ent- wicklungsvorgänge bei Tieren und beim Menschen . 134 Festsitzung zur Erteilung des Soemmerring-Preises: 134 M. Möbius: Über die neuen Vererbungsgesetze nach

der Corrensschen Schrift von 1912 137

Jahresfeier am 25. Mai 1913:

H. Siedentopf: Über ultramikroskopische Abbildung mit Erklä- rung kinematographischer Demonstrationen. Referat (L.Nick) 266 Nekrologe:

Philipp Steffan, mit Porträt (F. Baenvind) G6

Carl Hagenbeck, mit Porträt (Ph. Lehrs) 189

Friedrich Kinkelin, mit Porträt (F. Drevermann) 269

Carl Ger lach, mit Porträt (A. Knoblauch) 278

Vermischte Aufsätze:

E. Schwarz: Der Bali-Tiger (mit 7 Abbildungen) 70

R. von Goldschmidt-Rothschild: Aus dem Hochland von

Ostafrika (mit 6 Abbildungen) 74

A. Schnitze: Die afrikanische Hyläa, ihre Pflanzen- und Tier- welt (mit 13 Abbildungen) 143

A. von Weinberg: Das Eiweißmolekül als Unterlage der Lebens- erscheinung 159

G. Böttcher: Lionardo da Vinci als Naturforscher (mit 10 Ab- bildungen) 203

W. Kobelt: Der Schwanheimer Wald

IV. Landschaftliches (mit 12 Abbildungen) 236

M. Möbius: Beiträge zur Biologie und Anatomie der Blüten

(mit 1 Farbentafel) 323

H. Wüsthoff: Eine deutsche Geflügelfarm (mit 6 Abbildungen) 331 Besprechungen:

I. Neue Veröffentlichungen der Gesellschaft:

Abhandlungen, Band 31 Heft 4 (S. 341-462): Beiträge zur Kenntnis devonischer Trilobiten. 2. Beitrag. Ober- devonische Proetiden, von Dr. R. R i c h t e r (F. Drevermann) 180

IX

Seite

Die Gattung Merodon Meigen {Lampetia Meig. olim), von Prof.

Dr. P. S a c k f 0. ä; 181

IL Neue Bücher:

W. Kobelt: Heimatkunde und Heimatarbeit, mit Porträt

(H. Seckel) 93

M. M ö b i u s : Mikroskopisches Praktikum für systematische

Botanik. I. Augiospermae (E. G. Priiigsheim) 97

L. E dinger: Einführung in die Lehre vom Bau und den Verrichtungen des Nervensystems, 2. Auflage (G. Oppen- heim) 98

Adolf Friedrich Herzog zu Mecklenburg: Vom

Kongo zum Niger und Nil, mit 2 Abbildungen (Ä. Jassoij) 99

A. Siebert, W. Schölermann und 0. Kraus: Wie

lege ich einen Garten an? (M. Möbiiis) 102

K. Eckstein: Die Schmetterlinge Deutschlands mit be- sonderer Berücksichtigung der Biologie. i.Bdiad (E. Müller) 181

Aus der Schausammlung.

Das Zwergflußpferd von Liberia.

Mit 3 Abbildungen.

Das liberianische Zwergflußpferd, Choeropsis liberiensis Mor- ton, gehörte bis in die jüngste Zeit zu denjenigen Großtieren Afrikas, über deren Aussehen und Lebensweise wir nur äußerst unvollkommen unterrichtet waren. Erst 1844 kam die Kunde nach Europa, daß in den liberianischen Urwäldern ein Tier lebe, welches große Ähnlichkeit mit dem gewaltigen Flußpferd habe, aber viel, viel kleiner sei, so daß man es als Zwergflußpferd bezeichnen müsse. Dr. Morton brachte damals aus Liberia diese Kunde; zwei Felle und zwei Schädel konnte er erhalten und nach Phila- delphia bringen. Das seltene Tier wurde von ihm als „Hippo- potamus of Western Africa" beschrieben. Nach und nach gelang es, mehr Bälge und Skeletteile zu beschaffen, so daß zurzeit solche von etwa zwanzig Tieren in amerikanischen und europäischen Museen vorhanden sind, vor allem in Philadelphia, London, Berlin, Paris und Leyden. Aber Prachtexemplare waren die altmodisch gestopften Bälge nicht, und nur schwer konnten sie einen rechten Begriff von dem Aussehen des lebenden Tieres geben. Im Jahre 1873 hatten überhaupt zum ersten Male einige Europäer ein leben- des Tier wenigstens zu Gesicht bekommen, während man bis dahin ganz auf die Beschreibung der Eingeborenen angewiesen war. Damals gelang es auch, ein Zwergflußpferd lebend zu verschiffen. Es kam noch nach Liverpool, wo es zum Glück photographiert wurde; seinen Bestimmungsort Dublin erreichte es nur sterbend.

Dank der Großzügigkeit der Firma C. Hagenbeck in Stel- lingen ist jetzt endlich alles Dunkel gelichtet, das über diesen Tieren bisher schwebte. Der bewährte Afrikareisende Hans Schomburgk hat es im Auftrag Hagenbecks unternommen, in einer eigens zu diesem Zweck ausgerüsteten Expedition den

Tieren nachzugehen und zu versuchen, wenigstens einige Exem- plare lebend zu erbeuten. In der Arbeit fast eines Jahres gelang es, unter unsäglichen Strapazen im dichtesten Urwald Liberias in Fallgruben, von denen nach und nach mehr als zweihundert an- gelegt wurden, fünf Tiere lebend zu fangen. Ferner brachte Schomburgk Balg und Schädel eines erlegten Weibchens von 70 cm Schulterhöhe heim. Dieses wertvolle Stück wurde für uns von einem Freund des Museums erworben, und da es genau nach den lebenden Exemplaren des Stellinger Tierparks präpariert wer- den konnte, so ist das Senckenbergische Museum um ein Schau- stück bereichert worden, das in Erhaltung und Präparation alles übertrifft, was an Tieren dieser Art bisher vorhanden war.

Außer seiner geringen Größe erwachsene Bullen erreichen eine Länge von höchstens 180 cm bei 75 cm Schulterhöhe unterscheidet sich das Zwergflußpferd in seinem Habitus und in seinen Lebensgewohnheiten wesentlich vom Nilpferd. Es ist nicht wie dieses ein eigentliches Wassertier. Selbst wenn wir nicht durch Schomburgk über seine Lebensweise zuverlässig unter- richtet wären, lehrte dies schon ein Vergleich seines Kopfes mit dem des Hippopotamus. Während beim Nilpferd sofort die hoch- gewölbten Augen auffallen, sowie die auf hügeligen Wülsten sitzenden, nach oben sich öffnenden Nasenlöcher und die von Seite zu Seite und von vorn nach hinten konkave Gestalt des Vorderschädels, alles Eigentümlichkeiten, die es dem Hippo- potamus gestatten, im Wasser nur die Nasenlöcher und die Augen herausschauen zu lassen, während das ganze übrige Tier im Wasser verborgen bleibt finden wir nichts davon bei unserem Fluß- pferdchen von Liberia. Der Vorderschädel ist hier nach allen Rich- tungen hin konvex, die Augen stehen an normaler Stelle, und die schrägen Nasenlöcher liegen weit vorn an dem abhängenden Teil des Schädels dicht über der Schnauze und öffnen sich nach vorn. Also ein eigentlicher Wasserbewohner, wie der Hippopotamus, kann es nicht wohl sein. Allerdings liebt auch das liberianische Flußpferd das Wasser sehr, wie auch die Beobachtung der leben- den Tiere in Stellingen zeigte. Daß es aber in erster Linie ein Land-, und zwar ein Waldtier ist, das beweisen auch die verhältnis- mäßig schlanke Gestalt, die Höhe der Beine und der schlanke, wenig spreizfähige Fuß, der recht zum Wandern und nicht zum Schwimmen eingerichtet ist. In der Tat findet es sich auch ziem- lich weit von den Flußläufen entfernt.

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Seine Haut ist zart und glatt und hat nicht die starken Falten und Erhebungen wie die des Hippopotamus; nur am Hals, am Nacken und hinter den Vorderbeinen treten bei gewissen Be- wegungen größere Falten auf. Die Farbe ist dunkel schiefriggrau, ins Grünliche spielend, und geht an der Unterseite des Halses, an den Wangen und der Innenfläche der Glieder in schmutzige Fleischfarben über.

Sein Haarkleid ist nicht ganz so spärlich wie das des Hippo- potamus. Reichliche Borsten um die Schnauze, kurze Haare an den Rändern und der Innenseite der Ohren und schließlich eine ansehnliche Schwanzquaste zeichnen es aus.

Nicht in großen Herden lebt das liberianische Flußpferd, sondern nur paarweise dm'chstreift es die Wälder als ein scheues, stets zur Flucht bereites Wild, bei Tage ruhend imd bei Nacht auf Nahrungssuche gehend, so weite, immer wechselnde Gegen- den durchstreifend. Von Charakter ist es offenbar sehr sanft- mütig, denn auch die frisch gefangenen Tiere Schomburgks zeigten nichts von Wildheit und Angriffslust. Da es außerdem auch noch einen schmackliaften Braten liefert, so liegt leider die Befürchtung vor, daß dieser harmlose Bewohner der liberiani- schen Urwälder und Flußniederungen bald von den einheimischen Jägern ausgerottet sein wird. E. Marx.

Die Dronte.

Mit 2 Abbildungen,

Selten hat das Zusammentreffen mit dem Menschen einer Tierart so rasch den Untergang gebracht wie der Dronte (Didus ineptus h.), einem flugunfähigen, zu den Tauben gehörenden Vogel von Mauritius, dessen Skelett neuerdings in den Besitz unseres Museums gelangt und in dessen Schausammlung ausgestellt ist.

Noch lange nach ihrer Entdeckung durch die Portugiesen im Jahre 1505 war die Insel unbewohnt, und die Dronte fühi'te ein ruhiges Leben. Nahrung war reichlich vorhanden und leicht zu erlangen ; Tiere, die ihr nachgestellt hätten, gab es nicht. Als jedoch der Mensch auf der Insel erschien und die Dronte ver- folgte, wurde dem plumpen Vogel seine Hilflosigkeit bald ver- derblich, und in kurzer Zeit war er ausgerottet.

Die erste Nachricht über die Dronte finden wir in einem Bericht über die Reise des holländischen Admirals van Neck

6

nach den Molukken im Jahre 1598. Ein Teil seines Geschwaders wurde durch einen Sturm nach Mauritius verschlagen, und die nach frischem Fleisch verlangende Mannschaft erlegte die Dronte, die gar nicht scheu war, in Menge und plünderte die Nester. Ihr Fleisch war freilich zäh und schwer genießbar, und van Neck nennt sie deswegen „Walghvogel" (Walgh bedeutet im Hollän- dischen „Ekel"). Er gibt eine eingehende Beschreibung des gro- tesken Vogels nebst einer kleinen Abbildung, die aber offenbar phantastisch ist. Auch spätere, die Insel besuchende Seefahrer berichten, daß sie viele Dronten erbeuteten und als Proviant mit- nahmen. Die Holländer gründeten im Jahre 1644 auf der Insel eine Kolonie und brachten Hunde, Katzen und Schweine mit ; die Tiere verwilderten und vernichteten viele Junge und Eier der Dronte. Rasch ging es mit dieser zu Ende ; die letzte Kunde von ihr finden wir 1679 in Aufzeichnungen des Steuermanns Harry, der sie noch lebend sah; aber schon Legu at, der 1693 auf der Insel verweilte und deren Tierarten aufzählt, erwähnt sie nicht mehr. Als die Franzosen 1712 Besitz von der Insel ergriffen, wußte man dort nichts mehr von dem merkwürdigen Vogel.

Die Dronte ist sicher zweimal lebend nach Europa gelangt. Im Jahre 1626 wurde ein Exemplar durch holländische Schiffer nach Amsterdam gebracht. Clusius sah in Leyden einen Fuß, der wahrscheinlich zu diesem Tier gehörte ; über sein Verbleiben ist nichts bekannt. Im Jahre 1638 sah der holländische Maler Harn on l'Estrange eine lebende Dronte in einer Schaustellung zu London. Von diesem Exemplar soll der Balg herrühren, der später in das Ashmolean Museum zu Oxford kam, aber 1755 wegen eingetre- tenen Mottenfraßes verbrannt wurde. Zum Glück schrieb das Reglement des Museums vor, daß von jedem ausgemusterten Vogel der Kopf und ein Fuß aufzuheben seien ; dadurch sind diese wert- vollen Teile bis heute erhalten.*)

Über die Lebensweise der Dronte wissen wir wenig. Sie war wohl Pflanzenfresser, und ihr starker Schnabel hat sie gewiß be- fähigt, harte Nahrung, wie die reichlich vorhandenen Palmfrüchte zu verzehi'en. Daß die Flügel der Dronte verkümmerten und ge- brauchsunfähig wurden, war wohl eine Folge ihrer trägen Lebens- art. Ihr Nest soll sie aus Blättern hergestellt und nur ein Ei in der Größe wie das des gemeinen Pelikans gelegt haben. Im

^) Gipsabgüsse von Kopf und Fuß der Dronte sind bei unserem Skelett in der Schausammlung ausgestellt.

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Magen der erlegten Dronten wurden nach alten Angaben meist faustgroße Steine gefunden.

Besser sind wir über die äußere Erscheinung des Vogels durch Beschreibungen und durch eine Reihe von teilweise sehi' guten bildlichen Darstellungen unterrichtet.^) Die besten Bilder von ihm sind die des holländischen Tiermalers Roelandt Savery; sie stammen, soweit sie eine Jahreszahl tragen, aus den Jahren 1626 und 1628 und sollen nach dem Leben gemalt sein. Sie zeigen die Dronte teils als Einzelfigur, teils mit anderen Tieren vereinigt, mehrmals als Darstellung von „Orpheus, die wilden Tiere zäh- mend". Eins der schönsten Bilder von Savery, das Frau Konsul R 0 1 f e s für unser Museum naturgetreu kopiert hat, befindet sich in der Kgl. Gemäldegalerie zu Berlin.

Das Gefieder ist auf diesen Bildern schwärzlich dargestellt, die Unterseite hellbraun, die Flügel und Schwanzfedern sind gelb- lich. Das Auge ist klein mit weißgelber Iris, die Hornscheide des Schnabels gelblich, die Füße sind ebenfalls gelb. Das Federkleid war locker und bestand nur aus Flaumfedern; aus den Abbildungen geht dies jedoch nicht deutlich hervor. Am Hinterkopf bildete es eine Kapuze ; die vordere Hälfte des Kopfes war nackt „mit einem weißen Schimmer, als wenn ein durchsichtiger Schleier ihn be- deckte". Die Schwungfedern waren kurz, die des Schwanzes gekräuselt und hoch aufgerichtet; die Befiederung der Beine ging bis über die Fersen, die vierzehigen Füße trugen starke Krallen.

Der Knochenbau der Dronte, die selten weniger als 50 Pfd. wog, war sehr la-äftig. Der starke Schnabel war hakig gebogen, die Schädelkapsel deutet auf ein ganz kleines Gehirn. Das Becken war breit, der Schultergürte], der Flugunfähigkeit entsprechend verkümmert.

Weder Bälge noch Eier der Dronte sind erhalten ; lange Zeit kannte man von Überresten außer dem erwähnten Kopf und Fuß im Ashmolean Museum und einem Fuß im Britischen Museum nur

0 F. C. Noll hat in dem Jahresfest -Vortrag vom 27. Mai 1888 „Die Veränderungen in der Vogelwelt im Laufe der Zeit" (Bericht über die Sencken- berg. Naturf. Ges., Frankfurt a. M. 1889 1. Teil S. 77-143) auch die Dronte ein- gehend besprochen, sämtliche bekanntgewordenen Bilder des ausgestorbenen Vogels aufgeführt und drei der charakteristischsten von ihnen auf S. 115 und 116 seiner Arbeit abgebildet. Zwei dieser Gemälde stammen von Savery (im Britischen Museum zu London und in der Schön born sehen Galerie zu Pommersfelden in Oberfranken), das dritte von Jean Goiemare und de Heem (im Besitz des Herzogs von Northumberland).

9

vereinzelte Skeletteile. Im Jahre 1865 jedoch gelang es infolge von Nachforschungen, die auf Veranlassung Owens durch den Schullehrer George Clark auf Mauritius betrieben wurden, in einem Sumpf zahlreiche Knochen der Dronte zu finden, aus denen sich je ein Skelett für die Sammlungen von London und Paris herstellen ließ. Weitere Funde folgten, aber nie wurde ein Skelett

Unser Dronte-Skelett.

im Zusammenhang gefunden; auch gelang es trotz eifrigen Suchens nicht, an anderen Stellen Reste zu entdecken. Noch heute sind Skelette der Dronte nur in ganz wenigen großen Sammlungen vertreten. An dem in unseren Besitz gelangten Skelett sind ein- zelne Teile durch Abguß vorhandener echter Knochen ergänzt.

Über die Verwandtschaft der Dronte war man lange im un- klaren. Linne stellte sie wegen des lockeren Gefieders und der

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verkümmerten Flügel zu den Straußen, andere Zoologen zu den Pinguinen oder den Raubvögeln. Erst Reinhardt, der um 1845 einen Schädel der Dronte im Museum von Kopenhagen fand, hielt sie für den Tauben nahestehend. Dieselbe Ansicht vertraten auch Strickland und Melville, die in ihrer gemeinschaftlichen Arbeit „The Dodo and its Kindred" die Verwandtschaft der Dronte mit den Tauben eingehend begründeten. Auch die Arbeiten von Owen, sowie die von Milne Edwards über die 1865 gefun- denen Reste führten, trotz der von den Tauben stark abweichen- den Bildung mancher Teile, zu dem gleichen Ergebnis.

Die zur Unterordnung der Tauben gehörende Familie der Dronten, zu der die Dronte jetzt gestellt wird, umfaßt noch zwei weitere flugunfähige Vögel, welche die Mam'itius benachbarten Inseln Reunion und Rodriguez bewohnten und in der zweiten Hälfte des achtzehnten Jahrhunderts ausgestorben sind. Die Dronte von Reunion (Didus borbonicus Bonap.) war der von Mauritius fast gleich, nur soll ihr Gefieder weiß gewesen sein. Die andere Art, der Solitär von Rodriguez (Pezophajjs solitarius GmeL), war schlanker gebaut, mit kleinerem Kopf und Schnabel.

Von lebenden Taubenarten steht die samoanische Zahntaube (Didunciilus strigh^ostris Jardine) der Dronte einigermaßen nahe ; eine gewisse Übereinstimmung zeigt die Schnabelform beider Vögel.

Die Bedeutung des Namens „Dronte" ist unbekannt; ein anderer Name des Vogels „Dodo" soll aus dem Portugiesischen kommen und soviel wie einfältig heißen. E. Creizenach.

Der Triceratops.

Mit 2 Abbildungen.

Der abgebildete Schädel von Triceratops prorsiis Marsh verdient schon als der erste auf dem europäischen Festlande eine ausführliche Besprechung. Der Gesichtsteil des mächtigen Stückes ist nach einem zweiten, noch unpräparierten Schädel modelliert, bei dem gerade diejenigen Teile gut erhalten sind, die bei dem er- sten Exemplare fehlen. Nach der Präparation des zweiten Fund- stückes, die wegen dringender Arbeiten vorerst noch zurück- gestellt werden muß, werden beide Schädel zusammen für den Beschauer ein charakteristisches Bild dieses merkwürdigsten aller Dinosaurier abgeben.

Der Schädel zeigt auf den ersten Blick eine ganze Reihe

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bemerkenswerter Eigentümlichkeiten. Ein eigenartiger, stark ge- krümmter Schnabel, der im Leben wohl von einer Hornscheide umgeben war, xmd ein kurzes, gedrungenes Horn auf der Nase verleihen dem Gesichtsteil ein seltsames Aussehen. Dazu kommen zwei mächtige, nach vorn geneigte Hörner auf der Stirn. Vor allem aber bilden die Hinterhauptknochen ein gewaltiges Knochen- schild, das bei etwa 1^2 m Breite und 1 m Länge den ganzen Nacken und Hals des Tieres schützend überdacht und am Rande mit einer Reihe von Zacken geziert ist. Der ganze Schädel bildete einen einzigen unüberwindlichen Schutzpanzer, so daß der An- griff eines Raubdinosauriers auf Triceratops nur dann Erfolg ver- heißen konnte, wenn er überraschend und von der Seite kam. Von vorn war das gewaltige Tier unangreifbar; denn die einzigen verwundbaren Stellen, die Augen, sind an ihrem Vorderrand durch eine starke Knochenleiste geschützt.

Bei unserem Stück sind gerade die Ober- und Unterseite des Nackenschildes hervorragend gut erhalten. Tiefe Blutgefäß- eindrücke, die aus breiten Schläfendurchbrüchen entspringen, be- decken dieses Knochenschild und beweisen, daß es im Leben mit Haut überkleidet war. Das Gebiß bestand aus sehr zahlreichen, übereinanderstehenden und sich schnell ersetzenden dreikantigen Zähnen, die uns erlauben, Triceratops zu den Pflanzenfressern zu zählen. Das Gehirn des mächtigen Tieres war auffallend klein, ja im Verhältnis zur Größe des Schädels kleiner als bei irgend- einem anderen Wirbeltier. Geruch und Gesicht scheinen gut ent- wickelt gewesen zu sein, während Gehörorgane fast ganz fehlten.

Triceratops lebte in der jüngeren Kreidezeit in den aus- gedehnten Sumpfgegenden des westlichen Nordamerika. Die meisten Funde stammen aus den Sandsteinen dieser Epoche in Montana und Wyoming, die stellenweise durch ein kalkiges Binde- mittel ungemein hart geworden sind. So stellte das Heraus- meißeln des abgebildeten Schädels sehr große Anforderungen an die Geduld des Präparators, lieferte aber auch ein prachtvolles, der Sammlung zur hohen Zierde gereichendes Objekt. Das Senckenbergische Museum verdankt diesen und den ergänzen- den, noch unpräparierten Triceratops-'^Qhdi&el Herrn Geh. Kom- merzienrat 0. Braunfels, der beide dem Museum seiner Vater- stadt in großherziger Weise zum Geschenk gemacht hat.

F. Drevermann.

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Protektorin: Ihre Majestät die Kaiserin.

Verteilung der Ämter im Jahre 1913.

Direktion :

Dr. A. V. ^^'einberg, I. Direktor 1 W. Melber, Kassier

Prof. Dr. E. Marx, II. Direktor j Gen.-Konsul Stadtrat a. D. A. v. Metz-

Dipl.-Ing. P. Prior, I. Schriftführer 1 1er, Kassier

Dr. A. L<»tichiiis, II. Schriftführer | Dr. jur. H. Günther. Konsulent

Verwaltung :

Die Verwaltung besteht satzungsgemäß aus den arbeitenden Mitgliedern, deren Namen im Mitgliederverzeichnis mit * versehen sind.

Sektionäre :

,,,.,,.,. j ni 1 i.i. I Prof. Dr. H. Reichenbach

Vergleichende Anatomie und Skelette ... ., ,,, ,, .

° ( Frau M. Sondheim

Prof. Dr. W. Kobelt

^^"^"*^"^" lDr.A.Lotichius

Vögel Kom.-Rat R. de Neufville

Reptilien Dr. K. Prieme!

Amphibien Prof. Dr. A. Knoblauch

Fische A. H. Wendt

Wirbellose Tiere mit Ausschluß der Arthropoden

und Mollusken Prof. Dr. H. Reichenbach

T 1 i. T- 1 i. / j A 11 \ f Prof. Dr. L. v. Heyden

Insekten: Koleopteren (und Allgemeines) { * w •.

Hymenopteren A. AVeis

Lepidopteren E. Müller

Dipteren Prof. Dr. P. Sack

Hemipteren Dr. J. Guide

Krustazeen Prof. Dr. F. Richteivs

Mollusken Prof. Dr. W. Kobelt

Botanik jProf.Dr.M.Möbin.s

\ M. Dürer

Paläontologie { P^^^' ^''- ^- Kinkelin

I Dr. R. Richter

Geologie ( P"«^' °^- ^- Kinkelin

[ Dr. E. Naumann Mineralogie Prof. Dr. AV. Schauf

15 Lehrkörper :

, . I Prof. Dr. H, Reichenbach

^"^^^^S^" 1 Prof. Dr. O. zur Strassen

Botanik Prof. Dr. M. Möbius

Prof. Dr. F. Kinkeliu

Paläontologie und Geolosrie it^^^.

1 Dr. F. Drevermann

Mineralogie Prof. Dr. W. Schaut"

Redaktion der Abliaiidlungeii :

AV. Melber, Vorsitzender 1 Prof. Dr. F. Sack

Prof. Dr. L. v. Heyden | Prof. Dr. W. Schauf

Prof. Dr. M. Möbiu.s Prof. Dr. H. Reichenbach

Prof. Dr. O. zur Strassen

Redaktion des Berichts:

Prof. Dr. A. Knoblauch, Vorsitzender I Prof. Dr. E. 3Iarx Dipl.-Ing. P. Prior | Prof. Dr. P. Sack

Mnseum :

Direktor Prof. Dr. (>. zur Strassen

Kustos für Paläontologie und Geologie .... Dr. F. Drevermann

( Dr. F. Haas Assistenten für Zoologie I Dr. Ph. Lehrs

I Dr. L. Nick

[ August Koch Präparatoren | (xeorg Ruprecht

I Christian Strunz

Techniker Rudolf Moll

Bureau- Vorsteherin Frl. Maria Pixis

Hausmeister Berthold Diegel

Senckenbergische Bibliothek :

Viktoria-Allee 9.

Die Bibliothek der Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft ist mit den Bibliotheken der Dr. Senckenbergischen Stiftung, des Physikalischen Vereins, des Vereins für Geographie und Statistik und des Ärztlichen Vereins zur „Senckenbergischen Bibliothek" vereinigt. Bibliothekar Dr. G. AVahl

16

Verzeichnis der Mitglieder.

I. Ewige Mitglieder.

An Stelle der Errichtung eines Jahresbeitrages haben manche Mitglieder vorgezogen, der Gesellschaft ein Kapital zu schenken, dessen Zinsen dem Jahresbeitrag mindestens gleich- kommen, mit der Bestimmung, daß dieses Kapital verzinslich angelegt werden müsse und nur die Zinsen für die Zwecke der Gesellschaft zur Verwendung kommen dürfen.

Solche Mitglieder entrichten demnach auch über den Tod hinaus einen Jahresbeitrag und werden nach einem alten Sprach- gebrauch als „Ewige Mitglieder" der Gesellschaft bezeichnet.

Vielfach wird diese altehrwürdige Einrichtung, die der Ge- sellschaft einen dauernden Mitgliederstamm sichert und daher für sie von hohem Werte ist, von den Angehörigen ver- storbener Mitglieder benützt, um das Andenken an ihre Toten bleibend in dem Senckenbergischen Museum wach zu hal- ten, zumal die Namen sämtlicher „ewigen Mitglieder" nicht nur den jedesmaligen Jahresbericht zieren, sondern auch auf Mar- mortafeln in dem Treppenhause des Museums mit goldenen Buchstaben eingegraben sind.

Simon Moritz v. Bethmann 1827 Georg Heinr. Schwendel 1828 Job. Friedr. Ant. Helm 1829 Georg Ludwig Gontard 1830 Frau Susanna Elisabeth Bethmann-

Holweg 1831 Heinrich Mylius sen. 1844 Georg Melchior Mylius 1844 Baron Amschel Mayer v. Rothschild

1845 Joh. Georg Schmidborn 1845 Johann Daniel Souchay 1845 Alexander v. Bethmann 1846 Heinrich v. Bethmann 1846 Dr. jur. Rat Fr. Schlosser 1847 Stephan v. Guaita 1847 H. L. Döbel in Batavia 1847 G. H. Hauck-Steeg 1848 Dr. J. J. K. Buch 1851

G. V. St. George 1853

J. A. Grunelius 1853

P. F. Chr. Kroger 1854

Alexander Gontard 1854

M. Frhr. v. Bethmann 1854

Dr. Eduard Rüppell 1857

Dr. Tb. A. Jak. Em. Müller 1858

Julius Nestle 1860

Eduard Finger 1860

Dr. jur. Eduard Souchay 1862

J. N. Gräffendeicb 1864

E. F. K. Büttner 1865

K. F. Krepp 1866

Jonas Mylius 1866

Konstantin Fellner 1867

Dr. Hermann v. Meyer 1869

W. D. Soemmerring 1871

J. G. H. Petsch 1871

Bernhard Dondorf 1872

Anmerkung: Nach dem Mitgliederbestand vom 1. Januar 1913. Die arbeitenden Mitglieder sind mit * bezeichnet.

17

Friedrich Karl Rücker 1874

Dr. Friedrich Hessenberg 1875

Ferdinand Laiirin 1876

Jakob Bernhard RikofF 1878

Job. Heinr. Roth 1878

J. Ph. Nikol. 3Ianskopf 1878

Jean Noe du Fay 1878

Gg. Friedr. Metzler 1878

Frau Louise AVilhelmine Emilie Gräfin

Böse, geb. Gräfin von Reichen-

bach-Lessonitz 1880 Karl August Graf Böse 1880 Gust. Ad. de Neufville 1881 Adolf Metzler 1883 Job. Friedr. Koch 1883 Job. Wilh. Roose 1884 Adolf Soemmerring 1886 Jacques Reiss 1887 Dr. Albert von Reinach 1889 Wilhelm 3Ietzler 1890 *Albert von Metzler 1891 L. S. Moritz Frhr. v. Bethmann 1891 Viktor Moessinger 1891 Dr. Ph. Jak. Cretzschmar 1891 Theodor Erckel 1891 Georg Albert Keyl 1891 Michael Hey 1892 Dr. Otto Ponfick 1892 Prof. Dr. Gg. H. v. Meyer 1892 Fritz Neuniüller 1893 Th. K. Soemmerring 1894 Dr. med. P. H. Pfefferkorn 1896 Baron L. A. v. Löwenstein 1896 Louis Bernus 1896 Frau Ad. v. Brüning 1896 Friedr. Jaennicke 1896 Dr. phil. W. Jaennicke 1896 P. A. Kesselmeyer 1897 Chr. G. Ludw. Vogt 1897 Anton L. A. Hahn 1897 Moritz L. A. Hahn 1897 Julius Lejeune 1897 Frl. Elisabeth Schultz 1898 Karl Ebenau 1898 Max von Guaita 1899 Walther vom Rath 1899 Prof. D. Dr. Moritz Schmidt 1899 Kai'l von Grunelius 1900

Dr. jur. Friedrich Hoerle 1900

Alfred von Neufville 1900

Wilh. K. Frhr. v. Rothschild 1901

Marcus M. Goldschraidt 1902

Paul Siegm. Hertzog 1902

Prof. Dr. Julius Ziegler 1902

Moritz von Metzler 1903

Georg Spej'er 1903

Arthur von Gwinner 1903

Isaak Blum 1903

Eugen Grumbach-Mallebrein 1903

♦Robert de Neufville 1903

Dr. phil. Eugen Lucius 1904

Carlo Frhr. v. Erlanger 1904

Oskar Dyckerhoff 1904

Rudolf Sulzbach 1904

Johann Karl Majer 1904

Prof. Dr. Eugen Askenasy 1904

D, F. Heyneniann 1904

Frau Amalie Kobelt 1904

*Prof. Dr. AVilhelm Kobelt 1904

P. Hermann v. Mumm 1904

Philipp Holzmann 1904

Prof. Dr. Achill Andreae 1905

Frau Luise Volkert 1905

Karl Hoff 1905

Sir Julius Wernher Bart. 1905

Sir Edgar Speyer Bart. 1905

J. A. Weiller 1905

Karl Schaub 1905

W. de Neufville 1905

Arthur Sondheimer 1905

Dr. med. E. Kirberger 1906

Dr. jur. AV. Schöller 1906

Bened. M. Goklschmidt 1906

A. Wittekind 1906

Alexander Hauck 1906

Dr. med. J. Guttenplan 1906

Gustav Stellwag 1907

Christian Knauer 1907

Jean Job. Val. Andreae 1907

Hans Bode 1907

Karl von Metzler 1907

3Ioritz Ad. EUissen 1907

Adolf von Grunelius 1907

Conrad Binding 1908

Line. M. Oppenheimer 1908

W. Seefried 1908

18

Ch. L. Hallgarten 1908 Gustav Schiller 1908 Frau Rosette 3Ierton 1908 Karl E. Klotz 1908 Julius von Arand 1908 Georg Frhr. von Holzhausen 1908 Dr. med. J. H. Bockenheiraer 1908 J. Creizenaeh 1908 *A. H. Wendt 1908 Paul Reiss 1909 Hermann Kahn 1909 Henry Seligman 1909 Wilhelm Jacob Rohmer 1909 Deutsche Gold- und Silber -Scheide- Anstalt 1909 Heinrich Lotichius 1909 Frau Marie Meister 1909 Dr. med. Heinrich HoflFmann 1909 Dr. med. Kaid Kaufmann 1909 Fritz Hauck 1909 Eduard Gehler 1909 Frau Sara Bender 1909 August Bender 1909 Eugene Hoerle 1909 Theodor Alexander 1909 Leopold Sonnemann 1909

Moritz Ferd. Hauck 1909

Frau Elise Andreae-Lemme 1910

Frau Franziska Speyer 1910

Adolf Keller 1910 ^

Paul Bamberg 1910

Wilhelm B. Bonn 1910

Dr. med. Philipp von Fabricius 1911

Jakob Langeloth 1911

Frau Anna Canne 1911

*Prof. Dr. Karl Herxheimer 1911

Richard Nestle 1911

Wilhelm Nestle 1911

Dr. phil. Philiijp Fresenius 1911

Dr. jur. Salomon Fuld 1911

Dr. phil. Ludwig Belli 1911

Frau Anna Weise, geb. Belli 1911

Frau Caroline Pfeiffer-Belli 1911

Dr. med. Ernst Blumenthal 1912

Frau Anna Koch, gb.v. St. George 1912

Carl Bittelmann 1912

Eduard Jungmann 1912

Friedrich Ludwig von Gans 1912

*Prof. Dr. Ludwig Edinger 1912

Alexander Askenasy 1912

Hermann AVolf 1912

Wilhelm Holz 1912

IT. Beitragende Mitglieder.

Abel, August, Dipl.-Ing. 1912

Abraham, Sigmund, Dr. med. 1904

Abt, Jean 1908

Adam, W., Zollinspektor 1909

Adelsberger, Paul S. 1908

Adler, Abraham 1912

Adler, Arthur, Dr. jur. 1905

Adler, Franz, Dr. phil. 1904

Albert, August 1905

Albert, K., Dr. phil., Amöneburg 1909

Albrecht, Julius, Dr. 1904

Alexander, Franz, Dr. med. 1904

Almeroth, Hans, stud. rer. nat. 1905

Alt, Friedrich 1894

*Alten, Heinrich 1891

Alten, Frau Luise 1912

Altheimer, Max 1910

♦Alzheimer, A., Prof. Dr., Breslau 1896

Ambrosius, Karl 1912

Amschel, Frl. Emy 1905

Anders, Johannes 1912

Andre, C. A. 1904

Andreae, Albert 1891

Andreae, Alfred 1912

Andreae, Frau Alharda 1905

Andreae, Arthur 1882

Andreae, Carlo, Dr. jur. 1910

Andreae, Heinrich 1912

Andreae, Heinrich Ludwig 1904

*Andreae, Hermann 1873

Andreae, J. M. 1891

Andreae, Konrad 1906

Anmerkung. Es wird höflichst gebeten, Veränderungen der Wohnung oder des Titels u. dgl. dem Bureau der Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft, Viktoria-Allee 7, mitzuteilen.

19

Andreae, Frau Marianne 1910

Andreae, Richard 1891

Andreae jr., Richard 1908

Andreae, Rudolf, Kom.-Rat 1878

Andreae, Rudolf 1910

Andreae, Viktor 1899

*Andreae-v. Grunelius, Alhard 1899

Andreae-Hahn, Karl 1911

Andreas, Gottfried 1908

Antz, Georg, Zahnarzt 1908

Antz, Stephan 1910

Apfel, Eduard 1908

Apolant, Hugo, Prof. Dr. med. 1903

Armbrüster, Gebr. 1905

Askenasy, Robert, Dr. jur. 1910

Auerbach, E., Justizrat Dr. 1911

Auerbach, L., San.-Rat Dr. 1886

Auerbach, M., Amtsger.-Rat Dr. 1905

♦Auerbach, S., Dr. med. 1895

Aurnhammer, Julius 1903

Autenrieth, Karl F. 1912

Avellis, Georg, San.-Rat Dr. 1904

Bacher, Karl 1904

Baer, Jos. Moritz, Stadtrat 1873

Baer, Karl 1910

Baer, Max, Generalkonsul 1897

Baer, M. H., Justizrat Dr. 1891

Baer, Simon Leop. 1860

Baer, Theodor, Dr. med. 1902

Baerwald, A., Dr. med. 1901

Baerwald, E., Dr. jur. 1910

Baerwald, Frau Emma 1912

Baerwind, Franz, San.-Rat Dr. 1901

Bamberger, Karl 1912

Bangel, Rudolf 1904

Bäppler, Otto, Architekt 1911

v.Bardeleben, Fr., Gen.-Major z.D. 1900

♦Bardorff, Karl, San.-Rat Dr. 1864

Barndt, Wilhelm 1902

Barthel, Karl G. 1912

Bartheis, K.L.,Prof.Dr.,Aschaffbg. 1912

Bartsch, W., Buchschlag 1912

de Bary, August, Dr. med. 1903

de Bary, J., Geh. San.-Rat Dr. 1866

de Bary, Karl Friedrich 1891

de Bary-Jeanrenaud, S. H. 1891

de Bary-Osterrieth, Joh. Heinr. 1909

de Bary-Sabarly, Karl 1910

*Bastier, Friedrich 1892

Bauer, Max 1906

Bauer, Moritz, Dr. phil. et med. 1910

Bauer, Rudolf 1911

Bauer- Weber,Friedrich,Ober-Ing.l907

Baumstark, R., Dr. med., Bad Homburg

V. d. H. 1907 Baumstark, Frau Dr., Bad Homburg

V. d. H. 1911 Baunach, Robert 1900 Baur, Karl, Dr. med. 1904 Bechhold, J. H., Prof. Dr. phil. 1885 Beck, H., Dr., Offenbach 1910 Beck, Karl, Dr. med. 1905 Becker, F. Ph., Dr. med. 1905 Becker, H., Prof. Dr. phil. 1903 V. Beckerath, R., Rittmeister a. D. 1912 Beer, Frau Berta 1908 Behm, Franz, Oberst 1910 Behrends, Robert, Ingenieur 1896 Behrends-Schmidt, K., Gen.-Kons. 1896 Behringer, Gustav 1905 *Beit-v. Speyer, Ed., Kom.-Rat, Gen.- Kons.' 1897 Benario, Jacques, Dr. med. 1897 Bender, Georg, Inspektor 1909 Benkard, Georg, Dr. jur. 1912 Berend, Frau Paula, Dr. 1905 Berg, Alexander, Dr. jur. 1900 ♦Berg, Fritz, Justizrat Dr. 1897 Berg, Heinrich 1910 Bergmann, Elias 1912 Berlizheimer, Sigmund, Dr. med. 1904 Berndt, Louis, Dr., Griesheim 1910 V. Bernus, Louis 1909 Berthold, Frl. Berta 1903 Bertuch, August, Prof. 1910 Bessunger, Karl 1909 Besthorn, Otto 1908 V. Bethmann, Frhr. S. Moritz 1905 Beyfuß, Leo 1907 Bibliothek, Kgl., Berlin 1882 Biedermann, Geh. Rat Prof., Jena 1912 Bierbaum, Kurt, Dr. 1911 Binder, Oberstabsarzt Dr.,Darmst. 1912 Binding, Karl 1897 Binding, Theodor 1908 Bing, Albert 1905

20

Birnbaum, A., Bergrat 1912

Bischheim, Bernhard 1907

Bittel-Böhm, Theodor 1905

Blanke, Arnold 1912

Blankenburg, Max 1911

Bleibtreu, Ludwig 1907

Bleicher, H., Stadtrat Prof. Dr. 1903

Blothner, Frl. Elsa 1911

*Blum, Ferd., Prof. Dr. med. 1893

Blum, Frau Lea 1903

Blumental, R. H. 1910

Blumenthal, Adolf 1883

Blumenthal, E. H., Gen.-Direktor 1910

Blümlein, Viktor B. 1909

Bode, H., Gerichtsassessor Dr. 1908

Bode, Paul, Dr. phil., Direktor der

Klinger-Oberrealschule 1895 Bodewig, Heinrich, Dr. jur. 1911 Boehnke, Karl E., Stabsarzt, Dr. 1911 Boettiger, E., Dr., Offenbach 1910 Böhm, Henry, Dr. med. 1904 Böhme, John 1904 Boller, Wilhelm, Prof. Dr. phil. 1903 Bolognese-Molnar, Frau B. 1910 Bonn, Sally 1891 Bopp, Frau W. 1912 Borchardt, Heinrich 1904 Borgnis, Alfred Franz 1891 Borgnis, Karl 1900 Born, Erhard, Dr. jur. 1912 Brach, Frau Natalie 1907 Brandt, F., Hofrat Dr. 1910 Brasching, P. 1912 Braun, Franz, Dr. phil. 1904 Braun, Leonhard, Dr. phil. 1904 Braunfels, 0., Geh. Kom.-Rat 1877 Brechenmacher, Franz 1906 Breitenstein, W., Ing., Algier 1908 Brendel, Wilhelm 1906 Brentano-Brentano, Josef 1906 Briel, Heinrich 1906 Brodnitz, Siegfried, Dr. med. 1897 Brönner, Frau Pauline 1909 Brück, Richard, Justizrat 1906 Brückmann, Karl 1903 V. Brüning, G., Geh. Reg.-Rat Dr. 1903 Bucher, Franz 1906 Bücheier, Anton, Dr. med. 1897

Buchka, Ernst 1911

Budge, Frau Rosalie 1912

Budge, S., Dr. jur. 1905

Buhlert, Fritz, Ingenieur 1910

BuUnheimer, Fritz, Dr. phil. 1904

Burchard, K., Bergassessor, Goslar 1908

Burchard, Kurt, Prof. Dr. jur. 1904

Burgheim, Gustav, Justizrat Dr. 1905

Bürgin, James, Dr. phil. 1912

Burmeister, F., Dr., Offenbach 1912

V. Büsing-Orville, Frhr. Adolf 1903

Büttel, Wilhelm 1878

Caan, Albert, Dr. med. 1912

Cahen-Brach, E., San.-Rat Dr. 1897

Cahn, Albert 1905

Cahn, Heinrich 1878

Cahn, Paul 1903

Cahn, S., Konsul 1908

Canne, Ernst, Dr. med. 1897

Cante, Cornelius 1906

*Carl, August, San.-Rat Dr. 1880

Cassel, S. 1905

Cassian, Heinrich 1908

Cayard, Carl 1907

Cayard, Frau Louise 1909

Challand, Frl. M. 1910

Christ, Fritz 1905

Claus, Gottlob 1912

Cnyrim, Adolf, Dr. jur. 1909

Cnyrim, Ernst 1904

Cochlovius, F., Dipl.-Ing. 1912

Cohen, Frau Ida 1911

Cooper, Will. M., Dr. 1912

*Creizenach, Ernst 1906

Cullmann, R., Landger.-Rat a. D. 1905

Cuno, Fritz, Dr. med. 1910

Cunze, D., Dr. phil. 1891

Curti, Theodor, Direktor 1905

Curtis, F., Prof. Dr. phil., Homburg

V. d. H. 1903 Dahlem, H. V., Aschaffenburg 1911 Dambitsch, Arthur 1907 Daube, Adolf 1910 Daube, G. L. 1891 Daube, Kurt, Geh. San.-Rat Dr. 1906 Deckert, Emil, Prof. Dr. phil. 1907 Deguisne, K., Prof. Dr. phil. 1908 Delkeskamp, Rudolf, Dr. phil. 1904

21

Delliehausen, Theodor 1904 Delosea, R., Dr. med. 1878 Demmer, Theodor, San.-Rat Dr. 1897 Denzer, Heinrich, Vockenhausen 1911 Dettweiler, Frl. Thilli 1911 Deubel, Hans 1911 Deutsch, Adolf, Dr. med. 1904 Diehl, Adolf, Oppenheim 1912 Diener, Max, Konsul 1912 Diener, Richard, Konsul 1905 Diesterweg, Moritz (E. Herbst) 1883 Dieterichs, Fr., Apotheker 1912 Dietze, Karl 1870

Dingler, H., Prof. Dr., Aschaffenbg. 1910 Ditmar, Karl Theodor 1891 Ditter, Karl, Gerrard's Gross 1903 Doctor, Ferdinand 1892 Dondorf, Karl 1878 Dondorf, Otto 1905 Donner, Karl Philipp 1873 Dreher, Albert 1910 Drescher, Otto, Reg.-Rat 1910 Drevermann, Frau Ria 1911 Dreves, Erich, Justizrat Dr. 1903 Dreyfus, Willi 1910 Dreyfuß, Fritz 1910 Dreyfuß, Max 1912 Drory, William L., Dr. phil. 1904 Drory, William W., Direktor 1897 Du Bois, Georg, Dr. phil. 1906 Duden, G., Generaloberarzt Dr. 1912 Duden, P., Prof. Dr. phil.. Höchst 1906 Dumcke, Paul, Gen.-Direktor 1909 Duncan, Frl. E., Darmstadt 1909 *Dürer, Martin 1904 Ebeling, Hugo, Dr. med. 1897 Ebenau, Fr., Dr. med. 1899 Eberstadt, Albert 1906 Eberstadt, Fritz 1910 V. Eckartsberg, Emanuel, Major 1908 Eckert, Frau Marie 1906 Eckhardt, Karl, Bankdirektor 1904 Egan, William 1891 Egger, Edmund, Prof. Dr., Mainz 1911 *Ehrlich, P., Wirkl. Geh. Rat, Prof. Dr.

Exzellenz 1887 Ehrlich, Frl. Rosa 1911 Eichengrün, Ernst 1908

Eiermann, Arnold, Dr. med. 1897 *Ellinger, Leo, Kommerzienrat 1891 Ellinger, Philipp, Dr. phil. 1907 EUinger, R., Dr. jur., Heidelberg 1907 Embden, Gustav, Prof. Dr. med. 1907 Emmerich, Friedrich H. 1907 Emmerich, Heinrich 1911 Emmerich, Otto 1905 Enders, M. Otto 1891 Engelhard, Karl Phil. 1873 Engelhard, Otto, Hofheim i. T. 1908 Epstein, Jak. Herm. 1906 Epstein, Jos., Prof. Dr. phil. 1890 Epstein, Wilhelm, Dr. phil. 1907 Epting, Max, Direktor 1911 Erlanger, Frau Anna 1912 Erlanger, Frau H. 1911 Eschelbach, Jean 1904 Ettlinger, Albert, San.-Rat, Dr. 1904 Euler, Rudolf, Direktor 1904 Eurich, Heinrich, Dr. phil. 1909 Eysen, Anton 1912 Eyssen, Frau Elise 1910 Fade, Louis, Direktor 1906 Fahr, Frl. Aenny, Darmstadt 1912 Feis, Oswald, Dr. med. 1903 Feist, Fr., Prof. Dr. phil., Kiel 1887 Feist, Louis, Kom.-Rat 1906 Fellner, Johann Christian 1905 Fellner, Otto, Dr. jur. 1903 Fenner, Gottfried, Dr. 1912 Fester, August, Bankdirektor 1897 Fester, Hans, Dr. jur. 1910 Finck, August 1912 Finck, Karl 1910

*Fischer, Beruh., Prof. Dr. med. 1908 Fischer, Karl 1902 Fischer, Ludwig 1902 V. Fischer-Treuenfeld, A. 1911 Flaecher, F., Dr. phil. Höchst 1908 Fleck, Georg, Dr. med. 1910 Fleck, Otto, Oberförster 1903 Fleisch, Karl 1891 Flersheim, Albert 1891 Flörsheim, Ernst 1912 Flersheim, Martin 1898 Flersheim, Robert 1872 Flesch, Karl, Stadtrat, Dr. jur. 1907

22

*Flesch, Max, Prof. Dr. med. 1889 Flinsch, Heinrich, Stadtrat 1866 Flinsch, W., Kommerzienrat 1869 Flock, Heinrich 1911 Flörsheim, Gustav 1904 V. Flotow, Frhr. Theodor 1907 Flügel, Josef, Limburg 1907 de la Fontaine, Ernst, Reg.-Rat 1907 Forchheimer, Arthur 1908 Forchheimer, Frau Jenny 1903 Forst, Karl, Dr. phil. 1905 *Franck, Ernst, Direktor 1899 Frank, Franz, Dr. phil. 1906 Frank, Heinrich, Apotheker 1891 Frank, Karl, Dr. med. 1910 Franz, Viktor, Dr. phil. 1910 Fresenius, A., San.-Rat Dr., Jugenheim

1893 Fresenius, Eduard, Dr. phil. 1906 Fresenius, Ferdinand, Dr. phil. 1912 Freudenthal, B., Prof. Dr. jur. 1910 *Freund, Mart., Prof. Dr. phil. 1896 Freyeisen, Willy 1900 *Fridberg, R., San.-Rat Dr. 1873 Friedmann, Heinrich 1910 Fries, Heinrich 1905 Fries, Heinrich, Oberursel 1910 Fries, Sohn, J. S. 1889 Fries, Wilhelm, Dr. phil. 1907 Fries-Dondorf, Frau Anna 1911 V. Frisching, Moritz 1911 Fritsch, Karl, Dr., Zahnarzt 1910 Fritz, Jakob, Hanau 1910 Fritzmann, Ernst, Dr. phil. 1905 Frohmann, Herbert 1905 Fromberg, Leopold 1904 Fromm, Emil, Kreisarzt Dr. 1910 Fuld, Adolf, Dr. jur. 1907 Fulda, Anton 1911 Fulda, Heinrich, Dr. med. 1907 Fulda, Karl Herrn. 1877 Fulda, Paul 1897 Fünfgeld, Ernst 1909 Fünfgelt, Emil 1912 *Gäbler, Bruno, Landger.-Direkt. 1900 Galewski, H., Reg.- Baumeister 1912 Gans, L., Geh. Kom.-Rat Dr. phil. 1891 V. Gans, Ludwig W. 1907

Gaum, Fritz 1905

Geelvink, P., Dr. med. 1908

Geiger, B., Geh. Justizrat Dr. 1878

Geisow, Hans, Dr. phil. 1904

Geist, George, Dr. med. dent. 1905

Geiß, Willi 1912

Gelhaar, Erich, Dr. med. 1910

*Gerlach, Karl, Dr. med. 1869

Gerth, H., Dr. phil., Bonn 1905

Getz, Moritz 1904

Gieseke, Adolf, Dr., Höchst 1912

Gins, Karl 1906

Glimpf, Friedrich 1912

Glöckler, Alexander, Ingenieur 1909

Glogau, Emil August 1904

Gloger, F., Dipl.-Ing. 1908

Gneist, Karl, Oberstleutnant, Dieden-

hofen 1910 Göbel, August, Lehrer 1911 Göbel, Karl 1910

Goering, V., Dir. d. Zool. Gartens 1898 Goeschen, Frau Klara 1910 V.Goldammer, F., Hauptmann a.D. 1903 Goldschmid, Edgar, Dr. med. 1908 Goldschmid, J. E. 1901 Goldschmidt, Anton 1910 Goldschmidt, Julius 1905 Goldschmidt, Julius 1912 Goldschmidt, Frau Luise 1910 Goldschmidt, M. S. 1905 Goldschmidt,R., Prof.Dr.,München 1901 Goldschmidt, Saly Heinrich 1912 V. Goldschmidt-Rothschild, Frhr. Max,

Generalkonsul 1891 *v. Goldschmidt-Rothschild, R. 1907 Goll, Karl, Offenbach 1910 Goll, Richard 1905 Gombel, Wilhelm 1904 Gonder, Richard, Dr. phil. 1911 Gottschalk, Joseph, San.-Rat Dr. 1903 Graebe, K., Geh.Reg.-Rat Prof. Dr. 1907 Gramm, Friedrich Wilhelm 1912 Grandhomme, Fr., Dr. med. 1903 Graubner, Karl, Höchst 1905 Greb, Louis 1903 Greeff, Ernst 1905 Greiff, Jakob, Rektor 1880 Grieser, Ernst 1904

23

Grimm, Otto, Geh. Reg.-Rat Bürger- meister 1907 Groedel, A. M. Dr. 1912 Grosch, K., Dr. med., Offenbach 1904 Grosse, Gottfried 1907 Groß, Frl. Berta 1911 Groß, Otto, Dr. med. 1909 Großmann, August, Hofheim 1912 Großmann, Emil, Dr. med. 1906 Grumbach, Adalbert, Mannheim 1912 V. Grunelius, Frl. Anna 1912 V. Grunelius, Eduard 1869 V. Grunelius, Max 1903 Grünewald, August, Dr. med. 1897 Grünewald, Richard, Dettingen 1912 *Gulde, Johann, Dr. phil. 1898 Gumbel, Karl, Dr.jur. 1910 V. Günderrode, Frhr. Waldemar 1905 *Günther, Hermann, Dr. jur. 1912 Günther, Oskar 1907 Günzburg, Alfred, San.-Rat Dr. 1897 Gurke, Oskar 1912 Gutenstein, Frau Clementine 1911 Guttenplan, Frau Lily 1907 Haack, Karl Philipp 1905 Haag, Ferdinand 1891 Haag, Ph. 1912 Haas, Ludwig, Dr. 1906 Häberlin, J., Justizrat Dr. phil. h. c. 1871 Haeffner, Adolf, Kom.-Rat 1904 Hagenbach, R., Dr., Höchst 1910 Hahn, Julius 1906 Hahn, Otto, Baurat 1908 Hahn-Opificius, Frau M., Dr. med. 1907 Hallgarten, Fritz, Dr. phil. 1893 Hamburg, Karl 1910 Hamburger, K., Geh. Justizr. Dr. 1891 Hamburger, Fräulein Klara, Dr. phil.,

Heidelberg 1906 Hanau, Ludwig, Dr. med. 1910 Hankel, M., Dr. phil, Offenbach 1911 Hansen, A., Geh. Rat Prof., Gießen 1912 Happel, Fritz 1906 Harbers, Adolf, Direktor 1903 v.Harling, Oberförst.,Roda.d.Weil 1906 V. Harnier, E., Geh. Justizr. Dr. 1866 Hartmann, Eugen, Prof. Dr. ing. 1891 Hartmann, Gg., Niederhöchstadt 1912

Hartmann, Johann Georg 1905

Hartmann, Karl 1905

Hartmann, M., Geheimer San.-Rat Dr.,

Hanau 1908 Hartmann-Bender, Georg 1906 Hartmann-Kempf, Rob., Dr. phil. 1906 Hassel, Georg, Justizrat Dr. 1910 Haßlacher, Franz 1905 Hauck, Georg, 1898 Hauck, Max 1905 *Hauck, Otto 1896 Haurand, A., Geh. Kom.-Rat 1891 Haus, Rudolf, Dr. med. 1907 Häuser, Adolf, Justizrat 1909 Hausmann, Franz, Dr. med. 1904 Hausmann, Friedrich, Prof. 1907 Hausmann, Julius, Dr. phil. 1906 Heberle, August, Ingenieur 1911 Heberlein, Ferd., Direktor Dr. 1910 Heerdt, Rudolf, Direktor 1906 Heichelheim, Sigmund, Dr. med. 1904 Heicke, Karl 1903 Heidingsfelder, Ludwig 1912 Heilbrunn, Ludwig, Dr. jur. 1906 Heilmann, Heinrich 1906 Heintzenberg, Erwin, Offenbach 1908 Heinz-Jung, Frau Emmy 1907 Heister, Ch. L. 1898 Helferich, Frl. M. 1912 Helgers, E., Dr. phil. 1910 Hellmann, Albert, Dr. med. 1912 Hemmerich, Wilh., Hauptmann 1907 Henrich, K. F., Geh. Kom.-Rat 1873 Henrich, Ludwig 1900 Henrich, Rudolf 1905 Heraus, C. W., Hanau 1910 Herborn, Jakob 1912 *Hergenhahn, Eugen, Dr. med. 1897 Hermann, Karl 1911 Hertlein, Hans, Dr. phil.. Höchst 1910 Hertzog, Adolf, Gerichtsassessor 1907 Hertzog, Frau Anna 1908 Hertzog, Georg 1905 Herxheimer, Frau Fanny 1900 Herxheimer, G., Prof. Dr. med., Wies- baden 1901 Herxheimer, Hans, Dr. med. 1912 Herz-Mills, Ph., Direktor 1903

24

Herzberg, Karl, Konsul 1897

Herzberg, Frl. Resi 1912

Herzog, Ulrich, Dr. med. 1908

Hesdörffer, Julius, San.-Rat Dr. 1903

Hesse, Hermann 1900

Hesse jr., Hubert, Homburg v. d. H. 1910

Hesse, Fräulein J. 1911

V.Hessen, Landgraf Alexander Friedr., Kgl. Hoheit 1911

V.Hessen, Prinz Friedrich Karl, Hoheit 1907

Hessenberg, Walter 1908

Heß, Arnold, Dr. phil.. Höchst 1908

Heuer, Frl. Anna, Cronberg 1909

Heuer, Ferdinand 1909

Heuer & Schoen 1891

Heußenstamm, Karl, Dr. jur., Bürger- meister a. D. 1891

*v.Heyden, L., Prof. Dr. phil. h. c. 1860

V. Heyder, Georg 1891

Heyl, Karl 1912

Heyman, Ernst 1911

Hinsch, Gustav, Wiesbaden 1912

Hirsch, Ferdinand 1897

Hirsch, Frau Lina 1907

Hirsch, Raphael, Dr. med. 1907

Hirsch, Robert 1910

Hirsch-Tabor, 0., Dr. med. 1910

Hirschfeld, Albert 1909

Hirschfeld, Otto H. 1897

Hirschhorn, Fritz 1905

Hirschler, Leopold 1903

Hobrecht, Frl. Annemarie 1907

Hobrecht, Frl. EUy 1912

Hochschild, Leo, 1908

Hochschild, Philipp, Dr. 1907

Hochschild, Salomon 1906

Hock, Fritz 1907

Hoene, R., Oberlandesgerichtsrat 1912

Hoerle, Fräulein Cecile 1907

Hoerle, Julius 1907

Hof, C. A., Dr., Hanau 1912

Hoff, Adolf 1910

Hoff, Alfred, Konsul 1903

Hoffmann, Hans, Dr. phil. 1912

Hoffmann, Karl C., Mexiko 1911

Hoffmann, M., Dr., Mainkur 1910

Hoffmann, Paul, Königstein 1908

Hofmann, Otto 1905 Hofmann, Richard 1910 Hohenemser, Frau Mathilde 1908 Hohenemser, Moritz W. 1905 Hohenemser, Otto, Dr. med. 1904 Hohenemser, Robert, Dr. jur. 1905 Hohenemser, Willy, Dr. phil. 1912 Holl, Joseph & Co. 1905 Holz, August 1909 Holz, Otto 1910 Holzmann, Eduard 1905 Hornberger, Ernst, Dr. med. 1904 Homburger, A., Dr., Heidelberg 1899 Homburger, Michael 1897 Homm, Nikolaus 1906 Homolka, Benno, Dr. 1912 Horkheimer, Anton, Stadtrat a.D. 1906 Horkheimer, Fritz 1892 Horstmann, Frau 'Elise 1903 Horstmann, Georg 1897 v. Hoven, Franz, Baurat 1897 *Hübner, Emil, San.-Rat Dr. 1895 Hübner, Hermann 1912 v.Huene, Frhr., Hauptmann, Offenbach

1910 Hunke, L., Dr. phil. 1912 Hupertz, Eduard, Oberstaatsanwalt,

Geh. Oberjustizrat Dr. 1905 Hüttenbach, Frau Lina 1909 Hüttenbach, Otto 1910 Jacobi, Heinrich, Dipl.-Ing. 1911 Jacobi-Borle, Frau Sophie 1909 Jacquet, Hermann 1891 Jaeger-Manskopf, Fritz 1897 Jaffe, Frau Emilie 1910 Jaffe, Gustav, Justizrat 1905 Jaffe, Theophil, Geh. San.-Rat Dr. 1905 Jäger, Alfred, Dr. phil. 1903 *Jassoy, August, Dr. phil. 1891 Jassoy, Frau Ida 1908 Jassoy, Ludwig Wilhelm 1905 Jelkmann, Fr., Dr. phil. 1893 Jenisch, C, Dr. phil., Mainkur 1908 Jensen, Heinrich, Apotheker 1910 Jilke, Walter, Dr. phil. 1912 Illig, Hans, Direktor 1906 Job, Wolfgang, Konsul 1907 Jordan - de Rouville, Frau L.M. 1903

25

Joseph, Ludwig, Dr. jur. 1910 Josephthal, Karl 1908 Jourdan, Karl 1910 Istel, Alfred, Gerichtsassessor 1910 Istel, Frau Charlotte, Paris 1908 Jucho, Fritz, Dr. jur. 1910 Jucho, Hch., Dr. jur. 1910 Jung, Frau Emilie 1907 Jung, R., Prof. Dr. phil. 1910 Junge, Bernhard 1907 Jungmann, W., stud., München 1912 Junior, Karl 1903 Jureit, J. C, Kom.-Rat 1892 Jureit, Willi 1910 Kahler, August, Hanau 1912 Kahn, Bernhard 1897 Kahn, Ernst, San.-Rat Dr. 1897 Kahn, Julius 1906 Kahn, Robert, Dr. phil. 1910 Kahn, Rudolf 1910 Kahn-Freund, Richard 1910 Kalb, Moritz 1891 Kalberiah, Fritz, Dr. med. 1907 Kalischer, Georg, Dr., Mainkur 1912 *Kallmorgen, Wilh., Dr. med. 1897 Kcäßbacher, Max 1909 Katzenellenbogen, A., Justizr. Dr. 1905 Katzenstein, Edgar 1906 Kaufmann, G. 1910 Kaulen, Ernst, Amtsrichter 1908 Kayser, Heinrich, Dr. med. 1903 Kayser, Karl 1906 Kaysser, Frau Ehse 1911 Kaysser, Frau Georgine 1909 Kaysser, Heinrich 1911 Keller, Ernst, Direkt, des Lehrerinnen- seminars 1907 Keller, Otto 1885 Kellner, Frl. Marie 1910 Kessler, Hugo 1906 Keyl, Friedrich, stud., Göttingen 1912 Kilb, Jean, Skobeleff 1911 Kindervatter, Gottfried, 1906 *Kinkelin, F., Prof. Dr. phil. 1873 Kirchberg, Paul, Dr. med. 1912 Kirchheim, S., Stadtrat Dr. med. 1873 Kirchner, Karl, Alzenau 1912 Kissner, Heinrich 1904

Klein, A., Reallehrer, Haspe 1912

Klein, F., Dr. med., Idstein 1912

Klein, W. A. 1910

Klein-Hoff, Jakob 1912

Kleinschmidt, Emil 1912

Kleinschnitz, Franz 1909

Kleyer, Heinr., Kommerzienrat Dr. ing.

h. c. 1903 Kliewer, Joh., Gewerberat 1907 Klimsch, Eugen 1906 Klingelhöffer, W., Dr., Offenburg 1911 Klinghardt, Franz, Dr. 1908 Klitscher, F. Aug. 1878 Knauer, Jean Paul 1906 Knickenberg, Ernst, Dr. med. 1897 Knoblauch, Alex, Leutnant 1910 ♦Knoblauch A., Prof. Dr. med. 1891 Knoblauch, Frau Johanna 1908 Knoblauch, Paul, Dr. med. 1905 Knodt, Frau Marie 1912 Koch, Louis 1903 Koch, Walter 1912 Kochendörfer, Ernst, Dr. phil. 1912 Köhler, Hermann, Kom.-Rat 1891 Kohn, Julius, Dr. med. 1904 Kohn, Karl, Direktor 1909 Kohnstamm, 0., Dr., Köngstein 1907 Kölle, Gotthold, Dr. phil. Direkt. 1912 Kölle, Karl, Stadtbaurat a. D. 1905 Kollecker, Erich, Dr. med. 1910 Kolm, Rudolf 1910 Kömpel, Eduard, Dr. med. 1897 König, Albert, San.-Rat Dr. 1905 König, Ernst, Dr. phil., Sindlingen 1908 König, Karl, Dr. med. 1904 Königs werther, Heinrich 1906 Könitzers Buchhandlung 1893 Könitzer, Oskar 1906 Könitzer-Jucho, Frau Lisa 1907 Korff, Gustav jun., Hanau 1912 Körner, Erich, Prof. 1907 Köster, E. W., Direktor 1908 Koßmann, Alfred, Bankdirektor 1897 Koßmann, Heinrich 1908 Kotzenberg, Karl, Konsul 1903 Kowarzik, Frau Pauline 1911 Kraemer-Wüst, Julius 1908 Kramer, Frau Emma 1908

26

Kramer, Robert, Dr. med. 1897 Krekel, E., Forstm., Hofheim i.T. 1904 Krekels, Oskar, Dr. med. 1912 V. Kremski, M., Major, Mainz 1908 Kreuzberg, August 1905 Küchler, Eduard 1886 Küchler, Fr. Karl 1900 Kugler, Adolf 1882 Kuhlmann, Ludwig 1905 Kühne, Konrad, Oberst a. D. 1910 Künkele, H. 1903 Kurz, August 1912 Kutz, Arthur, Dr. med. 1904 Labes, Philipp, Dr. jur., Direktor 1905 *Lachmann, Bernh., San.-Rat Dr. 1885 Ladenburg, August 1897 Ladenburg, Ernst, Kommerzienrat 1897 Laibach, Friedrich, Dr. phil. 1911 Lampe, Ed., San.-Rat Dr. 1897 Lampe, Willy 1900 Landauer, Fredy 1905 Landauer, Max, Cronberg 1907 Langenbach, Ernst 1912 Lapp, Wilhelm, Dr. med. 1904 *Laquer, Leopold, San.-Rat Dr. 1897 Laurenze, Ad., Großkarben 1903 Lausberg, Georg 1910 Lausberg, Karl Friedrich 1912 Lauter, W., Dr. ing. h. c. Charlotten- burg 1908 Lauterbach, Ludwig 1903 Lehmann, Leo 1903 Lehranstalt für Zollbeamte d. Provinz

Hessen-Nassau, Kgl. 1907 Leisewitz, Gilbert 1903 Leitz, Ernst 1908 Lejeune, Adolf, Dr. med. 1900 Lejeune, Alfred 1903 Lejeune, Ernst 1905 *Lepsius, B., Prof. Dr. phil., Berlin 1883 Leser, E., Geh. San.-Rat Prof. Dr. 1908 Leser, W., Oberlandesger.-Rat Dr. 1907 Leuchs-Mack, Ferdinand 1905 Leupold, Frl. Frieda 1911 Levi, Ernst, Dr. jur. 1912 Levi, Max 1910 Levi-Reis, Adolf 1907 *Levy, Max, Prof. Dr. phil. 1893

Leykauff, Jean 1910 *Libbertz, A., Geh. San.-Rat Dr. 1897 Liebmann, Jakob, Justizrat Dr. 1897 Liebmann, Louis, Dr. phil. 1888 Liebrecht, Arthur, Dr. phil. 1910 Liefmann, Emil, Dr. med. 1912 Liefmann, Frau Marie 1912 Liermann, Otto, Dr. phil., Direktor des

Wöhler-Realgymnasiums 1907 Liesegang, Raphael Ed. 1910 Lilienfeld, Sidney, Dr. med. 1907 Lindheimer, L., Justizrat Dr. 1905 Lindheimer-Stiebel, W., Amtsrat

Schwalbach 1911 Lindley, Sir William 1904 Lindner, Bernhard 1910 Linke, Franz, Dr. phil. 1909 Lipstein, Alfred, Dr. med. 1908 Lismann, Karl, Dr. phil. 1902 Livingston, Frau Emma 1897 Livingston, Frl. Rose 1903 Loeser, Rudolf, Dr., Dillingen 1912 Loew, Siegfried 1908 Lorentz, Guido, Dr. phil.. Höchst 1907 Lorenz, Richard, Prof. Dr. phil. 1910 *Loretz, H., Geh. Bergrat Dr. 1910 *Loretz, Wilh., San.-Rat Dr. 1877 Lossen, Kurt, Dr. med. 1910 *Lotichius, Alfred, Dr. jur. 1908 Lotichius, August 1911 Lotichius, Otto 1911 Löw-Beer, Frau Hedwig 1912 Löw-Beer, Oskar, Dr. phil. 1910 Löwe, Hermann 1908 Löwenstein, Simon 1907 zu Löwenstein -Wertheim - Rosenberg,

Prinz Johannes, Haid 1907 Lucae, Frl. Emma 1908 Lucius, Frau Maximiliane 1909 Ludwig, Wilhelm 1911 Lüscher, Karl 1905 Lust, Heinrich Friedrich 1905 Lüttke, Hans, Dr. Direktor 1912 Lutz, Georg 1912 Lyzeum, Stadt., Höchst 1912 Mack, Frau Helene 1911 Maier, Frau Cecilie 1910 Maier, Herrn. Heinr., Direktor 1900

27

Majer, Alexander 1889

Majer, Hermann 1910

Manskopf, Nicolas 1903

Mappes, Heinrich, Generalkonsul 1905

Marburg, Gustav, 1911

Marburg, Robert 1912

Martin, Ernst, Senatspräsid. Dr. 1912

von Martins, Kurt, Dr. phil. 1912

Maruin, Arthur, Dr. med. 1910

V. d. Marwitz, F. Rittmeister a. D. 1912

Marx, Alfred V., Dr. med. 1912

Marx, Eduard 1907

*Marx, Ernst, Prof. Dr. med. 1900

Marx, Karl, Dr. med. 1897

V. Marx, Heinrich, Falkenhof 1908

V. Marx, Frau Mathilde 1897

Mastbaum, Josef, Hofheim i. T. 1911

Matthes, Alexander 1904

Matti, Alex., Stadtrat a. D. Dr. jur. 1878

May, Adam 1908

May, Franz L., Dr. phil. 1891

May, Martin 1866

May jun., Martin 1908

May, Robert 1891

Mayer, Frl. J., Langenschwalbach 1897

Mayer, Julius 1912

Mayer, Ludo, Geh. Kom.-Rat 1903

Mayer, Martin, Justizrat Dr. 1908

V. Mayer, Freih. A., Geh. Kom.-Rat 1903

V. Mayer, Eduard 1891

V. Mayer, Freiherr Hugo 1897

Mayer-Dinkel, Leonhard 1906

Mayerfeld, Anton 1910

Mehs, Claus 1912

Meister, Frau Josefine 1911

V. Meister, Herbert, Dr. phil., Sind-

lingen 1900 V. Meister, Wilhelm, Reg. - Präsident

Dr. jur., Wiesbaden 1905 Meixner, Fritz 1911 Melber, Friedrich, Konsul 1903 *Melber, Walter 1901 Merton, Alfred, Direktor 1905 Merton, Eduard, Rittnerthaus 1909 ♦Merton, H., Dr. phil., Heidelberg 1901 Merton, Walter, Direktor 1906 Merton, Wilhelm Dr. phil. h. c. 1878 Merzbach, Fritz 1911

Merzbach, H. Felix 1911

Mettenheimer, Bernh., Dr. jur. 1902

Mettenheimer, Theodor 1911

*v. Mettenheimer, H., Dr. med. 1898

Metzger, L., Dr. med. 1901

V. Metzler, Hugo 1892

Meyer, Franz 1911

Meyer, Karl, Dr., Höchst 1912

Meyer, P., Ober-Reg.-Rat Dr. jur. 1903

Meyer, Richard, Dr. jur. 1909

*v. Meyer, Edward, San.-Rat. Dr. 1893

V. Meyer, Otto, Rechtsanwalt 1907

V. Meyer-Petsch, Eduard 1906

Michel, Frau Hedwig 1911

Michel, Karl G., Bankdirektor 1912

Minjon, Hermann 1907

*Möbius, M., Prof. Dr. phil. 1894

V. Moellendorff, Frau Betty 1912

Moessinger, W. 1891

Mouson, August 1909

Mouson, Jacques 1891

Müller, Adolf, Höchst 1907

*Müller, Eduard 1909

Müller, H., Bankdirektor 1910

*Müller, Karl, Berginspektor 1903

Müller, L., Oberlehrer 1911

Müller, Max, Fabrikdirektor 1909

Müller, 0. Viktor, Dr. med. 1907

Müller, Paul 1878

Müller-Beek, George, Gen.-Kons. 1912

Müller-May, Georg 1911

Müller Sohn, A. 1891

Mumm V. Schwarzenstein, A. 1869

Mumm V. Schwarzenstein, Fr. 1905

Nassauer, Max, Dr. phil. 1905

Nassauer, Frau Paula 1909

Nassauer, Siegfried 1910

Nathan, S. 1891

♦Naumann, Edmund, Dr. phil. 1900

Nebel, August, San.-Rat Dr. 1896

Nebel, Karl, Prof. 1910

Neher, Ludwig, Baurat 1900

Neisser, Frau Emma 1901

*Neisser, Max, Prof. Dr. med. 1900

Nestle, Hermann 1900

Netzel, H. L. 1910

Neuberger, Julius, Dr. med. 1903

Neubronner, J., Dr. phil., Cronberg 1907

28

Neubürger, Otto, Dr. med. 1891 Neubürger, Th., Geh. San.-Rat Dr. 1860 de Neufville, Eduard 1900 *de Neufville, Robert, Kom.-Rat 1891 de Neufville, Rud., Dr. phil. 1900 V. Neufville, Adolf 1896 V. Neufville, G. Adolf 1896 V. Neufville, Karl, Gen.-Konsul Kom.- Rat 1900 V. Neufville, Kurt 1905 Neumann, Paul, Justizrat Dr. 1905 Neumann, Th., Prof. Dr. phil. 1906 Neustadt, Adolf 1903 Niederhofheim, Heinr. A., Direktor 1891 Nies, L. W. 1904 Noll, Johannes 1910 V. Obernberg, Ad., Dr. jur. Stadtrat

a. D. 1870 Obernzenner, Julius 1905 Ochs, Richard, Direktor 1905 Odendall, L., Dr. phil. 1912 Oehler, Rudolf, San.-Rat Dr. 1900 Oehler, Frau Viktoria 1910 Oehmichen, Hans, Dipl. Berging. 1906 Oelsner, Hermann, Justizrat Dr. 1906 Ohl, Philipp 1906

Oppenheim, Eduard, Bankdirekt. 1905 Oppenheim, Gustav, Dr. med. 1910 Oppenheim, Moritz 1887 Oppenheim, Paul, Dr. phil. 1907 Oppenheimer, Benny 1903 Oppenheimer, Joe, Justizrat Dr. 1905 Oppenheimer, Frau Leontine, Offen- bach 1909 Oppenheimer, Max, Dr. phil. 1911 Oppenheimer, Maximilian 1912 Oppenheimer, 0., Dr. med. 1892 Oppenheimer, Oskar F. 1905 Oppenheimer, S., Dr. med. 1910 Oppermann, E., Dr. phil., Höchst 1907 d'Orville, Eduard 1905 Osann, Fritz, Oberstabsarzt Dr. 1909 Osmers, Karl 1910 Osterrieth-du Fay, Robert 1897 Ostreich, Frau Anna, Utrecht 1901 Oswalt, Frau Marie 1910 Oswalt, H., Justizrat Dr. 1873 Pabst, Gotthard 1904

Pachten, Ferd., Justizrat Dr. 1900

Paehler, Franz, Dr. phil. 1906

V. Panhuys, Henry, Generalkonsul 1907

Panzer, Friedrich, Prof. Dr. 1912

Parrisius, Alfred, Dr. phil. 1904

Passavant, Philipp 1905

Passavant, Rudy 1905

V. Passavant, G. Herrn., Konsul 1903

V. Passavant-Gontard, R., Geh. Kom-

nierzienrat 1891 Peipers, August 1905 Peters, G., Dr., Höchst 1912 Peters, Hans 1904 Petersen, Ernst, San.-Rat Dr. 1903 *Petersen, Th., Prof. Dr. phil. 1873 Petsch-Manskopf, Eduard 1912 Pfaff, Frl. Agnes 1912 Pfaff, Frau Maria 1906 Pfeffel, August 1869 Pfeiffer, Franz 1912 Pfeiffer, Richard, Dr. med. 1912 Pfeiffer-Belli, O.W. 1903 Philantropin, Realschule und höhere

Mädchenschule 1912 Phihppi, Frl. Helene 1912 Philippsohn, Frl. Paula, Dr. med. 1907 Picard, Lucien 1905 Pilz, Ernst 1911

Pinner, Oskar, San.-Rat Dr. 1903 Plieninger, Th., Gen.-Direktor 1897 Pöble, L., Prof. Dr. phil. 1903 Ponfick, Wilhelm, Dr. med. 1905 Popp, Georg, Dr. phil. 1891 Poppelbaum, Hartwig 1905 Posen, Eduard, Dr. phil. 1905 Posen, Sidney 1898 *Priemel, Kurt, Dr., Direktor des Zoo- logischen Gartens 1907 *Prior, Paul, Dipl.-Ing. 1902 Pust, H., Oberstabsarzt Dr., Offen- bach 1908 Quendel, Chr., Rechnungsrat 1911 *Quincke, H., Geh. Med.-Rat Prof. 1908 Quincke, H,, Senatspräsident 1903 Raab, Frau Luise 1912 Raecke, Frau Emmy 1907 Ransohoff, Moritz, San.-Rat Dr. 1907 Rasor, August 1910

29

Rath, Julius, Dr., Offenbach 1911 Ratjen, Gustaf, Dr. jur., Bankdir. 1912 Ratzel, August, Prof. 1912 Rau, Henri, Konsul, Mexiko 1910 Rauch, Fritz, Dr. med. 1910 Ravenstein, Simon 1873 Rawitscher, L., Geh. Justizrat Dr. 1904 Reh, Robert 1902

Rehn, L., Geh. Med.-Rat Prof. Dr. 1893 Reichard, A., Dr. phil., Hamburg 1901 Reichard-d'Orville, Georg 1905 *Reichenbach, H., Prof. Dr. phil. 1872 Reichenbach, Josef 1912 Reichenberger, Frau Else 1912 Reidenbach, Friedr. Wilh. 1908 Reil, August, Lehrer 1911 Reil, Hermann, Dr. med. vet. 1911 Rein, Frl. Ella 1908 V. Reinach, Frau Antonie 1905 Reinartz, Karl, Dipl.-Ing. 1908 Reinemann, Paul 1910 Reinert, Frau Martha 1909 Reis, Ernst 1910 Reishaus, Frl. H., Hamburg 1910 Reiß, A., Dr. jur. 1906 Reiß, Ed., Dr. med., Tübingen 1903 Reiß, Emil, Dr. med. 1907 Reiß, Frl. Sophie 1907 Remy, Arnold 1911 Rennau, Otto 1901 Reutlinger, Jakob 1891 Rhein. Naturf. Gesellschaft, Mainz 1912 Richter, Ernst, Oberapotheker Dr. 1910 Richter, Felix, Bergwerksdir. a. D. 1912 Richter, Johannes 1898 ♦Richter, Rudolf, Dr. phil. 1908 ♦Richters, F., Prof. Dr. phil. 1877 Rickmann, W., Dr., Höchst a. M. 1912 Riese, Frau Karl 1897 Riese, Otto, Geh. Rat Dr. 1900 Risser, Eduard 1891 Rieß V. Scheurnschloß, Karl, Polizei- präsident 1912 Rintelen, F., Dr.phil.,Swakopraund 1904 Ritsert, Eduard, Dr. phil. 1897 Ritter, Hermann, Baurat 1903 Ritter, Wilhelm 1910 Roediger, Frl. Anna 1908

*Roediger, Ernst, San.-Rat Dr. 1888

Roediger, Konrad, Dr. jur. 1910

Roediger, Paul, Justizrat Dr. 1891

Roger, Karl, Bankdirektor 1897

Rolfes, Werner 1908

Rollmann, Ludwig 1906

Römer, Frau Marg., Buchschlag 1912

Ronnefeld, Adolf 1905

Ronnefeld, Friedi-ich 1905

Roos, Heinrich 1899

Roos, Israel, Dr. phil. 1905

Roques, Adolf., Dr. phil. 1900

Roques-Mettenheimer, E., Konsul 1897

Rose, Christian 1905

Rose, Ludwig, Dr. phil. 1910

Rösel, R., Fabrikdirektor Dr. phil. 1910

Rosenbaum, E., San.-Rat Dr. 1891

Rosenbaum, Emil, Dr. med. 1910

Rosenbaum-Canne, Frau Marie 1912

Rosenbusch, Eduard 1907

Rosengart, Job., San.-Rat Dr. 1899

Rosenhaupt, Heinrich, Dr. med. 1907

Rosenthal, Max 1910

Rosenthal, Paul 1910

Rosenthal, R., Justizrat Dr. 1897

Rößler, Frl. Charlotte 1907

Rößler, Friedrich, Dr. phil. 1900

Rößler, Heinrich, Prof. Dr. phil. 1884

Rößler, Hektor 1878

Rößler, Hektor, Dr. jur. 1910

Roth, G. G., Dr. med., Hanau 1912

Roth, Karl, Medizinalrat Dr. 1903

Rother, August 1903

Röthig, Paul, Dr., Charlottenburg 1908

Rothschild, D., Dr. med., Soden 1904

Rothschild, Otto, Dr. med. 1904

V. Rothschild, Freifrau Mathilde 1912

Rover, August 1909

Rühle, Karl 1908

Ruland, Karl, Offenbach 1908

Rullmann, Theodor 1912

Rumpf, Gustav Andreas, Dr. phil. 1905

Ruppel, Sigwart, Prof. 1908

Ruppel, W., Prof. Dr., Höchst 1903

Sabarly, Albert 1897

Sachs, Hans, Prof. Dr. med. 1903

Sachs-Hellmann, Moritz 1909

*Sack, Pius, Prof. Dr. phil. 1901

30

Salomon, Bernh., Prof. Generaldir. 1900 Salvendi, Frau Leni 1911 von Sande, Karl, Oberursel 1910 Sandhagen, Frau Marie 1911 Sarg, Francis C. A., Konsul 1906 Sasse, Franz, Dr. med. 1910 *Sattler, Wilh., Stadtbauinsp. 1892 Sauerländer, Robert 1904 Schaefer, P., Dr. med. 1910 *Schäffer-Stuckert, Fritz, Dr. dent.

surg. 1892 Schaffnit, K., Dr. phil. 1903 Scharff, Charles A. 1897 Scharff, Friedrich 1912 Scharff, Julius, Bankdirektor 1900 *Schauf, Wilh., Prof. Dr. phil. 1881 Schaumann, Gustav, Stadtrat 1904 Scheffen, Hermann, Dr. med. 1910 Scheib, Adam 1905 Schellens, Walter, Dr. 1912 Scheller, Karl 1897 Schenck, Rudolf, Dr. phil. 1910 Schepeler, Hermann 1891 Schepeler, Remi 1909 Scherenberg,F., Rg.-Präs.,Koblenz 1905 Scherlenzky, Karl August 1905 Schernitz, H. 1912 Schey von Koromla, Frhr. Philipp 1910 Schiechel, Max, Dipl.-Ing. 1909 Schiefer, Karl 1912 Schiele, Frau Auguste 1910 Schiele, Ludwig, Direktor 1910 Schiermann-Steinbrenk, Fritz 1903 Schiff, Ludwig 1905 Schiff, Philipp 1910 Schild, Eduard 1904 Schladebach, Arthur 1911 Schleich, Wilhelm 1908 Schlesinger, Hugo 1910 Schlesinger, Simon F. 1912 Schlesinger, Theodor Heinrich 1907 Schleußner, Friedr., Direktor 1900 Schleußner, Karl, Dr. phil. 1898 Schlieper, Gustav, Direktor 1910 Schloßmacher jun., Karl 1906 Schlund, Georg 1891 Schmick, Rudolf, Geh. Oberbaurat,

München 1900

Schmidt, Albrecht, Direktor 1912 Schmidt, Frau Anna 1904 Schmidt, J. J., San.-Rat Dr. 1907 Schmidt, W., Dr., Fechenheim 1911 Schmidt-Benecke, Eduard 1908 Schmidt-Diehler, W. 1908 Schmidt-Günther, G. H. Konsul 1910 Schmidt-de Neufville, Willy, Dr. 1907 Schmidt-Polex, Anton 1897 *Schmidt-Polex, Fritz, Dr. jur. 1884 Schmidt-Polex, K., Justizrat Dr. 1897 Schmidtgen, Otto, Dr., Mainz 1912 Schmiedicke, Otto, Gen.-Arzt Dr. 1906 Schmitt, H., Dr. med., Arheiligen 1904 Schmitt, Wilhelm 1910 Schmitz, Ernst, Dr. med. 1908 Schmölder, P. A. 1873 *Schnaudigel, Otto, Dr. med. 1900 Schneider, Alexander 1912 Schneider, Gustav M. 1906 Schöller, Frau W., Düren 1912 Scholderer, Frau A., Schönberg 1910 Scholl, Franz, Dr. phil., Höchst 1908 Scholz, Bernhard, Dr. med. 1904 Schöndube, Hermann 1912 Schott, Alfred, Direktor 1897 Schott, Frau Elisabeth 1912 Schott^ Theod., Prof. Dr. med. 1903 Schrauth, Heinrich 1908 Schreiber, Chr., Telegraphendir. 1912 Schrey, Max 1905 Schuenemann, Theodor 1908 Schüler, Max 1908 Schultze, Herm., Dr., Griesheim 1912 Schulze-Hein, Hans 1891 Schulzweida, Richard 1910 Schumacher, Peter, Dr. phil. 1905 Schürenberg, Gustav, Dr. med. 1910 Schuster, Bernhard 1891 Schuster, Paul, Dr. med. 1908 Schuster,W., Dr., Schloß Neubronn 1910 Schuster-Rabl, F. W. 1905 Schwarte, Karl, Fabrikant 1909 Schwartze, Erich, Dr. phil. 1907 Schwarz, Arthur 1909 Schwarz, Ernst, Dr. phil. 1908 Schwarz, Frau Ernestine 1907 Schwarz, Georg Ph. A. 1878

31

Schwarz, Georg, Direktor 1910 Schwarzlose, E., Pfarrer Dr. 1912 Schwarzschild, Alfred 1910 Schwarzschild, Martin 1866 Schwarzschild-Ochs, David 1891 Schweikart, Alex, Dr. phil. 1911 Schwenkenbecher, A., Prof. Dr. med.

1910 Schwinn, G., Marseille 1910 Scriba, Eugen, San.-Rat Dr. 1897 Scriba, L., Höchst 1890 Seckel, Heinrich 1910 Seckel, Hugo, Dr. jur. 1909 Seeger, G. 1893 Seeger, Willy 1904 Seidler, August, Hanau 1906 *Seitz, A., Prof. Dr., Darmstadt 1893 Seitz, Heinrich 1905 Seligmann, M., Amtsg.-Rat Dr. 1905 Seligmann, Rudolf 1908 Sendler, Alexander, Dr. phil. 1909 Seuffert, Theod., San.-Rat Dr. 1900 Sexauer, Otto 1910 Sichel, Ignaz 1905 *Siebert, A., Landesökonomierat 1897 Siebert, Arthur, Kom.-Rat 1900 Siebrecht, Hch., Bankdirektor 1910 Siegel, Ernst, Dr. med. 1900 Siesmayer, Ph., Gartenbaudirektor 1897 Simon, Emil 1910 Simon, Friedr., Prof. Dr. phil. 1908 Simon-Wolfskehl, Frau A. 1910 Simonis, Eduard, Konsul 1907 Simons, Walter, Major 1907 Simrock, Karl, Dr. med. 1907 Singer, Fritz, Dr. phil., Offenbach 1908 Sinning, Heinrich 1912 Sioli, Emil, Prof. Dr. med. 1893 Sippel, Albert, Prof. Dr. med. 1896 Sittig, Edmund, Prof. 1900 Solm, Richard, Dr. med. 1903 Sommer, Julius, Direktor 1906 Sommerlad, Friedrich 1904 *Sondheim, Frau Maria 1907 Sondheim, Moritz 1897 Sondheimer, Frau Emma 1910 Sondheimer, Joseph 1910 Sondheimer, Rieh. N. 1912

Sonnemann, Wilhelm 1910 Sonntag, Frau Emilie 1911 Spahn, P., Wirkl. Geh. Ober-Justizrat

Dr. 1912 Spieß, Gustav, Geh. San.-Rat Prof. 1897 Spieß, Frau Klothilde 1910 Spieß, Otto 1912 Stahl, Robert 1912 Stavenhagen, Julius 1909 V. Steiger, Baron Louis 1905 V. Steiger, Frau Baronin 1912 V. Stein, Frau Baronin Karoline,

Pröbstin 1909 Stendell, W., Dr. 1912 Stern, Adolf 1906 Stern, Frau Johanna 1901 Stern, Mayer 1905 *Stern, Paul, Dr. jur. 1905 Stern, Richard, Dr. med. 1893 Stern, Frau Toni 1911 Stern, Willy 1901 Sternberg, Paul 1905 Stettheimer, Eugen 1906 Stiebel, Gustav, Dr. med. 1912 Stiebel, Karl Friedrich 1903 v. Stiebel, Frau Hermine 1903 Stock, Wilhelm 1882 zur Strassen, Frau Cecilie 1910 *zur Strassen, O. L., Prof. Dr. 1910 Straus, F., Dr. med. 1904 Strauß, Eduard, Dr. phil. 1906 Strauß, Ernst 1898 Strauß, J., Tierarzt, Offenbach 1908 Strauß, Jul. Jakob 1910 Strauß-Ellinger, Frau Emma 1908 Strauß-Hochschild, M. 1910 Stroof, Ignaz, Dr. ing. h. c. 1903 Strupp, Louis, Geh. Kom.-Rat 1908 Sturm, Otto 1907 Süsser, Simon 1912 Sulzbach, Emil 1878 Sulzbach, Karl, Dr. jur. 1891 Szamatölski, Dagobert, Hofrat 1905 Tausent, Karl 1910 Tecklenburg, Wilhelm, Assessor 1907 *Teichmann, Ernst, Dr. phil, 1903 „Tellus", Aktiengesellschaft für Berg- bau und Hüttenindustrie 1907

32

Textor, Karl, W. 1908 Thalmessinger, H., Dr. jur. 1910 Thebesius, L., Gen.-Konsul Just.-Rat

Dr. 1900 Theis, C. Fr., Dr., Höchst 1910 Theiß, Wilhelm, Reg.-Baumstr. 1907 Theobald, Jakob 1910 Thilenius, Otto, Geh. San.-Rat Dr.,

Soden i. T. 1907 Thoma, Phil. 1893 Thoms, Heinrich, Dr. phil., Kreistier- arzt 1904 von Trenkwald, Frau M. 1910 Treupel, Gustav, Prof. Dr. med. 1903 Trier, Bernhard 1909 Trier, Frau Herta 1908 Trier, Franz 1911 Trier, Julius 1908 Tröller, Wilhelm, Dipl.-Ing. 1912 Trommsdorf, Wilhelm 1912 Turk, Frl. Herta 1909 Turk, Erich, London 1911 Ueberfeld, Jac. Jvon 1912 Ullmann, Karl, Dr. phil. 1906 Uth, Franz, Justizrat Dr., Hanau 1907 Varrentrapp, A., Geh. Reg.-Rat Dr. 1900 Velde, August, Prof. Dr. 1908 Velde, Frl. Julie, Oberlehrerin 1902 V. d. Velden, Wllh., Hankdirektor 1901 Veiten, Rudolf 1912 Versluys, J., Prof. Dr., Gießen 1910 Vogelsang, Ernst, Dipl.-Ing. 1911 Vogler, Karl, Prof. Dr. phil. 1903 Vogler, K. Frau 1912 *Vohsen, Karl, San.-Rat Dr. 1886 Voigt, Alfred, Direktor 1911 Voigt, W., Prof. Dr. phil., Bonn 1908 Vorster, Karl 1907 Vossen, Fritz 1909 Voß, Otto, Prof. Dr. med. 1907 Wachsmuth, R., Prof. Dr. phil. 1907 Wagener, Alex, H.-Homburgv.d.H. 1904 Wagner, August 1911 Wagner, Gottfried 1905 Wagner, Richard, Landgerichtsrat 1912 *Wahl, Gustav, Dr. phil. 1907 Walcker, Frl. Elisabeth 1912 Waldeck, Siegfried 1911

Walthard, Max, Prof. Dr. med. 1908 V. Wartensleben, Frau Gräfin Gabriele,

Dr. phil. 1902 Wassermann, Ernst, Dr. phil. 1910 Wasserzug, Detmar, Dr. 1910 Weber, Bernhard 1911 Weber, Eduard, Direktor 1907 Weber, Heinrich, Dr. med. 1897 Weber, 0. H., Dr., Griesheim 1910 Weber, Frau Thea 1910 Weidmann, Hans, Direktor 1905 Weill, David 1910 Weill, J. C. 1910 Weiller, Emil 1906 Weiller, Lionel 1905 *v. Weinberg, Arthur, Dr. phil. 1897 v. Weinberg, Karl, Gen.-Konsul 1897 Weinrich, Philipp 1908 Weinschenk, Alfred 1903 Weinsperger, Friedrich 1906 Weintraud, W., Prof. Dr. med., Wies- baden 1909 *Weis, Albrecht 1882 Weis, Julius, Montigny 1897 Weisbrod, Aug., Druckerei 1891 Weismann, Daniel 1902 Weismantel, O., Prof. Dr. phil. 1892 Weller, Albert, Dr. phil. Direktor 1891 Wendt, Bruno, Dr.jur., Buchschlag 1909 Wendt, Karl 1912 Wense, Wilhelm, Dr., Griesheim 1911 Wernecke, Paul, Baurat 1908 Werner, Felix 1902 Wertheim, Julius 1909 Wertheim, Karl, Justizrat 1904 Wertheim, Max 1907 Wertheimber, Eugen, Dr. jur. 1910 Wertheimber, Julius 1891 Wertheimber-de Bary, Ernst 1897 Wertheimer, Otto, Dr. phil. 1905 Wetzlar-Fries, Emil 1903 Wiederhold, K., Dr., Mainkur 1904 Wiegert, W., Dr. med. vet. 1910 *v. Wild, Rudolf, San.-Rat Dr. 1896 Wilhehni, Adolf 1905 Wilhelmi-Winkel, Gustav 1907 Willemer, Karl, Dr. med. 1905 Winheim, Wilhelm 1911

33

Winkler, Hermann, Direktor 1909 *Winter, F. W., Dr. phil. h. c. 1900 Winter, Frau Gertrud 1908 Winterhalter, Frl. E., Dr. med., Hof- heim 1903 Winterwerb, Rud., Justizrat Dr. 1900 Wirth, Richard, Dr. phil. 1905 Witebsky, Michael, Dr. med. 1907 Wohlfahrt, Ernst, San.-Rat 1912 Wolf, Eugen, Dr., Süssen 1911 Wolff, Ludwig, San.-Rat Dr. 1904 Wolff, K., San.-Rat Dr., Griesheim 1910 Wolfskehl, Ed., Regier.-Baumeister,

Darmstadt 1907 Wollstätter jun., Karl 1907

Wolpe, S., Zahnarzt, Offenbach 1910 Worgitzky, Georg, Prof. Dr. 1912 Wormser, S. H., Bankdirektor 1905 Wronker, Hermann 1905 Wüst, Georg 1908 Wüst, Hermann 1908 Zeh, Alexander 1912 Zeiß-Bender, Louis, Konsul 1907 Zeltmann, Theodor 1899 Zerban, Eugen 1908 Ziegler, Karl 1905 Ziemßen, Franz, Major 1912 Zimmer, J. Wilh., Stadtrat 1907 Zinn, Charles, Dr. med. 1910 Zisemann, Frau Mathilde 1912

III. Außerordentliche Ehrenmitglieder.

Adickes, Franz, Dr. med. et jur. h. c, Oberbürgermeister a. D. 1907

Ebrard, Friedrich, Geh. Konsistorialrat Prof. Dr. 1911

V. Erlanger, Freifrau Karoline, Nieder-Ingelheim 1907

*Hagen, Bernhard, Hofrat Dr. phil. h. c. et med. 1911

*v. Harnier, Adolf, Geh. Justizrat Dr. 1911

*v. Heyden, Lukas, Prof. D. phil. h. c. jub., Major a. D.

*Kobelt, Wilhelm, Prof. Dr. med., Schwanheim 1912

*v. Metzler, Albert, Stadtrat a. D. 1907

*Rehn, Heinrich, Geh. San.-Rat Dr. 1911

Reiss, L. H. 1908

Schiff, Jakob H., New York 1907

Ziehen, Julius, Stadtrat Dr. phil. 1908

1910

IV. Korrespondierende Ehrenmitglieder.

Adolf Friedrich Herzog zu Mecklenburg, Kais. Gouverneur, Togo 1912 Chun, Carl, Geheimer Rat Prof. Dr., Leipzig 1912 Rein, J. J., Geh. Regierungsrat Prof. Dr., Bonn 1866

V. Korrespondierende Mitglieder.

Ahlborn, Fr., Prof. Dr., Hamburg 1909

Albert I., Prince de Monaco, Altesse Serenissime, Monaco 1904

Bail, Karl Adolf Emmo Theodor, Prof. Dr., Danzig 1892

Barrels, Charles, Prof. Dr., Lille 1907

Beccari, Eduard, Prof. Dr., Florenz 1892

Becker, George, Direktor, Valencia 1900

V, Bedriaga, Jacques, Dr., Florenz 1886

Anmerkung. Es wird höflichst gebeten, Veränderungen des Wohn- ortes, oder des Titels u. dgl. dem Bureau der Senckenbergischen Naturfor- schenden Gesellschaft, Viktoria-Allee 7, mitzuteilen.

34

V. Behring, Emil, Exz., Wirkl. Geh. Rat, Prof. Dr., Marburg 1895

V. Berlepsch, Graf Hans, Erbkämmerer, Schloß Berlepsch 1890

Beyschlag, Fr., Geh. Bergrat Prof. Dr., Geol. Landesanstalt, Berlin 1902

Bolau, Heinrich, Dr., Hamburg 1895

Boulenger, G. A., F. R. S., Brit. Museum (N. H.), Dep. of Zool., London 1883

Boveri, Theodor, Prof. Dr., Zoolog. Institut, Würzburg 1902

Brauer, August, Prof. Dr., Zool. Museum, Berlin 1904

Breuer, H., Geh. Reg.-Rat Prof. Dr., Wiesbaden 1887

Brigham, W. T., Bernice Pauhi Bishop Museum, Honolulu 1910

Buchner, E., Geh. Reg.-Rat Prof. Dr., Chem. Institut, Würzburg 1907

Bucking, H., Prof. Dr., Geol. Landesanstalt, Straßburg 1896

Bumpus, H. C., Prof. Dr., American Museum of Nat. History, New York 1907

Bütschli, O., Geh. Hofrat Prof. Dr., Zool. Institut, Heidelberg 1875

du Buyson, Robert, Comte, Paris 1904

Conwentz, H., Geh. Reg.-Rat Prof. Dr., Staatl. Stelle für Naturdenkmalpflege

Beriin 1892 Credner, H., Geh. Bergrat Prof. Dr., Geol. Landesanstalt, Leipzig 1902 Darwin, Francis, M. A., M. B., L. L. D., D. Sc, Hon. Ph. D., Cambridge 1909 Darwin, Sir Georg Howard, K. C. B., Prof., Cambridge 1909 Dewitz, J., Dr., Stat. f. Schädlingsforschungen, Devant-les-Ponts 1906 Döderlein, L., Prof. Dr., Zool. Institut, Straßburg 1911 Douglas, James, Copper Queen Company „Arizona", New York 1894 Dreyer, Ludwig, Dr., Wiesbaden 1894

Dyckerhoff, Rudolf, Prof. Dr. ing. h. c, Biebrich a. Rh. 1894 Ehlers, E., Geh. Reg.-Rat Prof. Dr., Zool. Institut, Göttingen 1905 Engelhardt, Hermann, Hofrat Prof., Dresden 1891 Engler, H. G. A., Geh. Reg.-Rat Prof. Dr., Bot. Institut, Beriin 1892 Eulefeld, A., Forstrat, Lauterbach 1910

Fischer, Emil, Geh. Reg.-Rat Prof. Dr., Chem. Institut, Beriin 1891 Fischer, Emil, Dr., Zürich 1899 Fleischmann, Karl, Konsul, Guatemala 1892 Forel, August, Prof. Dr. med., phil. et jur. h. c, Yvorne 1898 Fresenius, Heinrich, Geh. Reg.-Rat Prof. Dr., Wiesbaden 1900 Fries, Theodor Prof. Dr., Upsala 1873 Friese, Heinrich, Dr., Schwerin 1901

Fritsch, A. J., Prof. Dr., Museum des Königreichs Böhmen, Prag 1890 Fürbringer, M., Geh. Hofrat Prof. Dr., Anat. Institut, Heidelberg 1903 Gaskell, Walter Holbrook, M. D., Physiol. Institut, Cambridge 1911 Gasser, E., Geh. Med.-Rat Prof. Dr., Anat. Institut, Marburg 1874 Geisenheyner, Ludwig, Dr., Kreuznach 1911 Geyer, D., Mittelschullehrer, Stuttgart 1910 V. Graff, L., Hofrat Prof. Dr., Zool. Institut, Graz 1901 Greim, Georg, Prof. Dr., Darmstadt 1896

V. Groth, P., Geh. Hofrat Prof. Dr., Mineral. Institut, München 1907 Günther, Albert, M. A., M. D., Ph. D., L. L. D., London 1873 V. Gwinner, Arthur, Direktor der Deutschen Bank, Berlin 1909 Haacke, Wilh., Dr., Lingen am Emskanal 1890 Haberlandt, Gottlieb, Prof. Dr., Bot. Institut, Berlin 1905

35

Habermehl, H., Prof., Worms 1911

Hcaeckel, Ernst, Exz. Wirkl. Geh.-Rat Prof. Dr., Jena 1892

Hagenbeck, Karl, Kom.-Rat, Stellingen bei Hamburg 1905

Hartert, Ernst, J. 0., Ph. D., Zool. Museum, Tring Herts 1891

Hauthal, Rudolf, Prof. Dr., Römer-Museum, Hildesheim 1905

Heller, Karl Maria, Prof. Dr., Zool. Museum, Dresden 1910

Hertwig, 0., Geh. Med.-Rat Prof. Dr., Anat.-biol. Institut. Berlin 1907

Hertwig, R., Geh. Hofrat Prof. Dr., Zool. Institut, München 1907

Hesse, Paul, Venedig 1887

Hornstein, F., Prof. Dr., Kassel 1868

V. Ihering, H., Prof. Dr., Museu Paulista, Sao Paulo 1898

Jickeli, Karl Fr., Dr., Hermannstadt 1880

Jung, Karl, Frankfurt a. M. 1883

Kaiser, Heinrich, Geh. Reg.-Rat Prof. Dr., Hannover 1897

Kammerer, Paul, Dr., Wien 1909

Kayser, E. F., Geh.-Rat Prof. Dr., Geol.-pal. Institut, Marburg 1902

V. Kimakoviez, Moritz, Hermannstadt 1888

Klemm, Gustav^, Prof. Dr., Landesgeolog, Darmstadt 1908

Klunzinger, Karl B., Prof. Dr., Stuttgart 1903

Knoblauch, Ferdinand, Sidney 1884

V. Koenen, A., Geh. Bergrat Prof. Dr., Geol.-pal. Institut, Göttingen 1884

König, Alexander F., Prof. Dr., Bonn 1898

Körner, Otto, Prof. Dr., Ohrenklinik Rostock 1886

Kossei, A., Geh. Hofrat Prof. Dr., Physiol. Institut, Heidelberg 1899

Kraepelin, K. M. F., Prof. Dr., Naturhist. Museum, Hamburg 1895

Kükenthal, Willy, Prof. Dr., Zool. Institut, Breslau 1895

Lampert, K., O.-Studienrat Prof. Dr., Nat.-Kabinett, Stuttgart 1901

Langley, John Newport, Prof., Cambridge 1905

Lankester, Sir Edwin Ray, M. A., D. Sc, L. L. D., Prof., London 1907

Lenz, Heinrich W. C, Prof. Dr., Naturhist. Museum, Lübeck 1899

Lepsius, R., Geh. 0. -Bergrat Prof. Dr., Geol. Landesanstalt, Darmstadt 1896

Le Souef, Dudley, Zool. Garten, Melbourne 1899

Liermann, Wilh., Prof. Dr., Kreiskrankenhaus, Dessau 1893

V. Linstow, Otto, Geh. Rat Dr., Gen. -Oberarzt a. D., Göttingen 1905

Liversidge, A., Prof. Dr., Hornton St. 1876

Loeb, Jacques, M. D., Prof., Rockefeiler Institut, Chicago 1904

Lucanus, L., San.-Rat Dr., Hanau 1908

Ludwig Ferdinand, Prinz von Bayern, Kgl. Hoheit, Dr., Nymphenl)urg 1884

Ludwig, H., Geh. Reg.-Rat Prof. Dr., Zool. Institut, Bonn 1900

de Man, J. G., Dr., lerseke (Holland) 1902

Martin, Ch. J., Dr., Lister Institute of Preventive Medizine, London 1899

V. Mehely, Lajos, Dr., Nationalmuseum, Budapest 1896

Möller, A., 0. -Forstmeister Prof. Dr., Forstakademie, Eberswalde 1896

Montelius, G. 0. A., Prof. Dr., Statens Hist. Museum, Stockholm 1900

di Monterosata, Marchese, Tommaso di Maria AUery, Palermo 1906

Murray, Sir John, Sc. D., Ph. D., Edinburgh 1895 "

Nansen, Fridtjof, Prof. Dr., Lysaker bei Kristiania 1892

Nies, August, Prof. Dr., Mainz 1908

3*

36

Nissl, Franz, Prof. Dr., Psychiatr. Klinik, Heidelberg 1901

Notzny, Albert, Heinitzgrube, Beuthen 1902

Oestreich, Karl, Prof. Dr., Utrecht 1902

Osborn, Henry Fairfield, A. B., D. So., L. L. D., Prof., Präsident d. American Museum of Natural History, New York 1909

Pagenstecher, A., Geh. San.-Rat Dr., Naturhist. Museum, Wiesbaden 1894

Pfeffer, W., Geh. Rat Prof. Dr., Bot. Institut, Leipzig 1907

Pfitzner, R., Pastor, Sprottau 1912

Preiss, Paul, Geometer, Ludwigshafen 1902

Ranke, J., Geh. Hofrat Prof. Dr., Anthropol. Institut, München 1883

Rayleigh, The right Hon. Lord, P. C, O. M. Prof., Kanzler der Universität Cambridge, Essex 1909

Reis, Otto M., Dr., Landesgeolog, München 1902

Retowski, Otto, Staatsrat, Eremitage, St. Petersburg 1882

Retzius, Magnus Gustav, Prof. Dr., Stockholm 1882

Reuss, Johann Leonhard, Kalkutta 1888

Roux, Wilhelm, Geh. Med.-Rat Prof. Dr., Anat. Institut, Halle 1889

Russ, Ludwig, Dr., Jassy 1882

Rüst, David, San.-Rat Dr., Hannover 1897

Rzehak, Anton, Prof. Dr., Brunn 1888

Sarasin, Fritz, Dr., Naturhist. Museum, Basel 1898

Sarasin, Paul, Dr., Basel 1898

Scharff, Robert, Ph. D., B. Sc, Nat. Museum of Science and Art, Dublin 1896

Schenk, H., Geh. Hofrat Prof. Dr., Bot. Garten, Darmstadt 1899

Schillings, C. G., Prof., Weiherhof bei Düren 1901

Schinz, Hans, Prof. Dr., Zürich 1887

Schlosser, Max, Prof. Dr., Paläont. Sammlung, München 1903

Schmeisser, K., Geh. Bergrat, Oberbergamts-Direktor, Breslau 1902

Schmiedeknecht, Otto, Prof. Dr., Blankenburg 1898

Schneider, Sparre, Museum, Tromsö 1902

V. Schröter, Guido, Wiesbaden 1903

Schnitze, Leonhard S., Prof. Dr., Marburg 1908

Schulze, F. E., Geh. Reg.-Rat Prof. Dr., Zool. Institut, Berlin 1892

Schweinfurth, Georg August, Prof. Dr., Berlin 1873

Schwendener, Simon, Geh. Reg.-Rat Prof. Dr., Berlin 1873

Sclater, Phil. Lutley, M. A., D. Sc, Ph. D., London 1873

V. Semenow.-Tian-Shansky, Peter, Exz., Präsident der Russ. Entomol. Gesell- schaft, St. Petersburg 1910

Simroth, Heinrich, Prof. Dr., Leipzig 1901

Spengel, J. W., Geh. Hofrat Prof. Dr., Zool. Institut, Gießen 1902

Speyer, James, New York 1911

Steindachner, F., Geh. Hofrat Dr., K. K. Nat. Hofmuseum, Wien 1901

Steinmann, G., Geh. Bergrat Prof. Dr., Geol.-pal. Institut, Bonn 1907

Sterzel, J. F., Prof. Dr., Naturw. Museum, Chemnitz 1908

Stirling, James, Government Geologist of Viktoria, Melbourne 1899

Strahl, H., Geh. Med.-Rat Prof. Dr., Anat. Institut, Gießen 1899

Stratz, Karl Heinrich, Dr., Haag (Holland) 1887

Stromer v. Reichenbach, Ernst, Freiherr, Prof. Dr., München 1908

37

Strubell, Adolf Wilhelm, Prof. Dr., Bonn 1891

Sueß, E., Prof. Dr., Präsident d. K. Akad. d. Wissenschaft, Wien 1892

Thilo, Otto, Dr., Riga 1901

Torley, Karl, Dr., Iserlohn 1910

Treboul, E., President de la Soc. nat. des sciences nat. et math., Cherbourg 1902

Urich, F. W., Government Entomologist, Port of Spain (Trinidad) 1894

Verbeek, Rogier Diederik Marius, Dr., Haag (Holland) 1897

Verworn, Max, Prof. Dr., Physiol. Institut, Bonn 1893

Vigener, Anton, Apotheker, Wiesbaden 1904

Voeltzkow, Alfred, Prof. Dr., Berlin 1897

de Vries, Hugo, Prof. Dr., Bot. Institut, Amsterdam 1903

Waldeyer, H.W. G., Geh. Med.-Rat Prof. Dr., Anat. Institut, Berlin 1892

Weber, Max 0. W., Prof. Dr., Zool. Museum, Amsterdam 1903

Weinland, Christ. David Friedr., Dr., Hohenwittlingen bei Urach 1860

Weismann, August, Exz. Wirkl. Geh.-Rat Prof. Dr., Zool. Institut, Freiburg 1860

Wetterhan, J. D., Freiburg 1876

V. Wettstein, Richard, Prof. Dr., Wien 1901

Wiesner, J., Geh. Hofrat Prof. Dr., Pflanzenphysiol. Institut, Wien 1907

Willstätter, Richard, Prof. Dr., Berlin 1911

Wittich, E., Dr., Mexiko 1912

Witzel, Louis, Comuna Prundu Jedetul Jefov (Rumänien) 1906

Wolterstorff, W., Dr., Naturhist. Museum, Magdeburg 1904

Zinndorf, Jakob, Offenbach 1900

38

Rückblick auf das Jahr 1912.

Mitteilungen der Verwaltung.

Das wichtigste Ereignis im abgelaufenen Geschäftsjahr, wie überhaupt in der ganzen 95-jährigen Geschichte der Gesellschaft, war die am 28. September 1912 erfolgte Unterzeichnimg des Ver- trags über die Gründung einer Universität in Frank- furt am Main, der zwischen der Stadt, der Akademie für Sozial- und Handelswissenschaften, der Carl Christian Jügelstiftung, dem Theodor Sternschen Medizinischen Institut, dem Institut für Ge- meinwohl, der Georg und Franziska Speyerschen Studienstiftung, dem Physikalischen Verein, der Dr. Senckenbergischen Stiftung, dem Carolinum, dem Neurologischen Institut und unserer Gesell- schaft geschlossen worden ist.

Die Frankfurter Universität wird eine Veranstaltung des Staates im Sinne der §§ 1, 2, 67 ff. II 12 des Allgemeinen Landrechtes sein und in ihren Verhältnissen nach den für die übrigen Universitäten geltenden Grundsätzen durch Königliche Satzung geregelt werden 5 des Vertrags) ; jedoch sind zu ihrer Verwaltung neben den sonstigen bei Universitäten vorhandenen Organen der Große Rat und das Kuratorium der Universität berufen 6). Die Verwaltung unserer Gesellschaft wird zwei Mitglieder in den Großen Rat entsenden 7), von denen eins in das Universitätskuratorium zu wählen sein wird 9).

Die Ernennung der ordentlichen Professoren wird durch Seine Majestät den König, die Ernennung der außerordentlichen Pro- fessoren durch den Unterrichtsminister erfolgen. Ein unmittel- barer Einfluß auf die Besetzung der Lehrstühle der von ihr ge- pflegten Wissenschaften steht demnach unserer Gesellschaft nicht zu, ebensowenig ein Einfluß auf die gutachtlichen Personalvor- schläge der naturwissenschaftlichen Fakultät. Wohl aber hat unsere Gesellschaft das Recht, durch das Universitätskuratorium

39

Bedenken gegen die üblichen Vorschläge der Fakultät bei dem Minister zur Geltung zu bringen 11). Auch sieht § 28 vor, daß die Übertragung und Leitung der der Universität zur Ver- fügung gestellten Anstalten der Institute für Zoologie, Pa- läontologie-Geologie und Mineralogie durch den Minister nach Benehmen mit dem Eigentümer erfolgt.

Im übrigen wird die Stellung der Gesellschaft zur Universität durch § 24 des Gründungsvertrags geregelt:

„Die Senckenbergische Naturforschende Gesellschaft verpflichtet sich, das ihi* gehörige naturwissenschaftliche Museum, insbesondere auch die Hörsäle, das Demonstra- tionsmaterial und die wissenschaftlichen Sammlungen nach einer mit der Direktion zu vereinbarenden Benutzungs- ordnung unentgeltlich, sowie das Kursmaterial gegen Er- stattung der Selbstkosten der Universität zur Mitbenutzung für Unterrichts- und Forschungszwecke dauernd unter der Bedingung zur Verfügung zu stellen, daß den Universitäts- professoren der Zoologie, der Mineralogie und der Geo- logie-Paläontologie die Verpflichtung auferlegt wird, auf Antrag der Direktion der Senckenbergischen Naturfor- schenden Gesellschaft für die Dauer der Leitung ihres Universitäts-Instituts die Leitung des Museums oder der ihrem Fach entsprechenden Abteilung desselben gegen eine jährliche Vergütung von 3500 Mark bzw. 1000 Mark, sowie die Abhaltung einer höchstens zweistündigen, für die Mitglieder der Gesellschaft bestimmten und für diese unentgeltlichen Vorlesung gegen eine Vergütung von je 500 Mark pro Stunde und Semester zu übernehmen. Von der Verpflichtung zur eventuellen Übernahme der Leitung des Museums kann der Universitätsprofessor der Minera- logie auf seinen Wunsch entbunden werden. Solange und insoweit die Senckenbergische Gesellschaft von diesem Rechte Gebrauch macht, hat sie den Betrag ihrer jetzigen Aufwendungen für die in Frage kommenden Dozenten, einschließlich der vertragsmäßigen Steigerung, aber ab- züglich der vorgenannten Vergütung, an die Universitäts- kasse abzuführen. Die Universitäts-Institute für Zoo- logie, Mineralogie und Geologie-Paläontologie nebst zwei Hörsälen werden auf dem der Dr. Senckenbergischen Stif- tung gehörenden Museumsgrundstück als ein Teil des

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Museumsbaues nach näherer Vereinbarung auf Kosten der Universität von der Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft erbaut, von der Gesellschaft auf ihre Kosten baulich unterhalten und dauernd der Universität zur aus- schließlichen Benutzung mit der Maßgabe übergeben, daß andere wie die gedachten Institute darin nicht unter- gebracht werden dürfen, und daß die Einrichtungs- und Betriebskosten der Institute, einschließlich Heizung, Be- leuchtung und Reinigung, von der Universität bestritten werden.

Im übrigen wii'd die Stellimg und Tätigkeit der Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft durch ihre vorstehend geregelte Beteiligung an der Universität nicht berührt. Insbesondere bleiben ihr die gesamte Ver- waltung und der weitere Ausbau ihres Museumsgebäudes imd ihres naturwissenschaftlichen Museums, die ausschließ- liche Beschlußfassung über dessen Leitung und Benutzung, über die Anstellung ihres Personals, Festsetzung der Ein- nahmen und Ausgaben, Erlaß und Handhabung der Haus- ordnung überlassen. Namentlich kann die Gesellschaft auf populärwissenschaftlichem Gebiet ihre Tätigkeit un- abhängig von der Universität fortsetzen.''

Um jedoch durch die Errichtung der Universitätsinstitute in dem Ausbau ihres eigenen Museums nicht behindert zu sein, war für die Gesellschaft eine Grundstücksvergrößerung vmerläß- lich. Sie wird nach § 14 Abs. 3 des Universitätsvertrags erfolgen, in dem sich die Stadt verpflichtet hat,

„der Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft das westlich an das Senckenbergische Museumsgrund- stück angrenzende städtische Grundstück in Größe von 3744 Quadratmetern unentgeltlich und dauernd für Zwecke des Museums oder der Universität im Erbbau zu über- tragen."

Durch die vertraglich festgelegten Bestimmungen glaubt die Verwaltung, die volle Selbständigkeit der Gesellschaft gewahrt zu haben, und erblickt eine ausreichende Gewährleistung für deren Unabhängigkeit, insbesondere auch bei Anstellimg ihrer wissenschaftlichen Beamten und in finanzieller Hinsicht, in folgenden Voraussetzungen :

41

1) in der bei jedem Dozentenwechsel aufs neue zu treffenden freien Entschließung der Ve r w a 1 1 u n g, ob sie dem neu- berufenen Universitätsprofessor die Leitung ihres Museums, bzw. einzelner seiner Abteilungen und die Abhaltung von Vorlesungen übertragen will oder nicht, wodurch insbesondere auch den Entschließungen späterer Generationen in kei- ner Weise vorgegriffen wird,

2) darin, daß der Gesellschaft aus dem Betrieb der der Uni- versität zur Verfügung gestellten Institute keinerlei Mehr- ausgaben erwachsen, und

3) in dem ausdrücklich vorbehaltenen Recht der Gesellschaft, ihre in den Statuten festgelegten Zwecke und Ziele unbehin- dert durch d i e U n i V e r s i t ä t weiterzuverf olgen, wie auch ihi'e gesamte seitherige Tätigkeit, namentlich auf populärwissenschaft- lichem Gebiet, unabhängig von der Universität fortzusetzen.

Schließlich wird die Gesellschaft den Vorteil genießen, daß bei eventueller Ausführung des geplanten Neubauprojektes ein erheblicher Teil des hinteren Traktes eines neuen Lichthofs auf Kosten der Universität erbaut wird.^)

In sehr erfreulicher Weise ist durch den Eintritt von 179 beitragenden Mitgliedern deren Zahl im Berichtsjahr von 1249 auf 1358 angestiegen, obwohl 15 beitragende Mitglieder ver- storben und 49 ausgetreten oder verzogen, sowie weitere 6 in die Reihe der ewigen Mitglieder übergetreten sind. Es sind dies : Ingenieur Alexander Askenasy, Carl Bittelmann, Prof. Dr. Ludwig Edinger, Friedrich Ludwig von Gans, Wil- helm Holz und Eduard Jungmann. Als ewiges Mitglied eingetreten ist Dipl.-Ing. Hermann Wo 1 f in Bad Homburg v.d.H. Auch Frau AnnaKoch geb. von St. George (f), die der Gesell- schaft durch letztwillige Verfügung ein Kapital von M. 20000. hinterlassen hat, wurde durch Verwaltungsbeschluß in die Zahl der ewigen Mitglieder aufgenommen. Schließlich haben die Kinder unseres verstorbenen arbeitenden Mitgliedes San.-Rat Dr. Ernst Blumenthal den Namen ihres heimgegangenen Vaters in pietät- voller Gesinnung in die Liste unserer ewigen Mitglieder eintragen

*) Siehe „Die Zukunft des Senckeubergischen Museums", 43. Bericht der Senckenberg. Naturf. Ges. 1912 S. 97-103.

42

lassen. Die Zahl der letzteren ist somit im Berichtsjahr von 172 auf 181 angestiegen.

Durch den Tod entrissen wurden uns ferner : die außerordent- lichen Ehrenmitglieder Adolf von Grunelius und Geh. Hof- und Baurat Prof. Dr. Paul Wallot in Biebrich a. Rh., die ewigen Mitglieder Frau Marie Meister und Sir Julius Wernher in London, sowie die korrespondierenden Mitglieder Geh. Med.-Rat Prof. Dr. W. Dönitz in Berlin, Geh. Reg.-Rat Prof. Dr. H. Munk in Berlin, Dr. Ph. Steffan in Marburg, Geh. Reg.-Rat Prof. Dr. E. Straßburger in Bonn und Geh. Rat Prof. Dr. F. Zirkel in Bonn.

Ernannt wurden: Zu korrespondierenden Ehrenmitgliedern: Adolf Friedrich Herzog zu Mecklenburg. Kais. Gouver- neur in Togo, und Geh. Rat Prof. Dr. Carl Chun in Leipzig.

Zu korrespondierenden Mitgliedern: Pastor R. Pfitzner in Sprottau und Dr. E.Witt ich in Mexiko.

Zum außerordentlichen Ehrenmitglied: Prof. Dr. Wilhelm Kobelt in Schwanheim.

Zu arbeitenden (Verwaltungs-) Mitgliedern: Ernst Crei- zenach und Dr. jur. Hermann Günther.

Zu Mitarbeitern: Dr. E. Bannwarth in Cairo, Bauunter- nehmer AdamGlockin Rödelheim, MaxGüldnerin Chemnitz, Lehrer August Kahler in Hanau und Dr. Pierre Murisier in Lausanne.

Zu unserem großen Bedauern hat sich unser verdienter Konsulent Justizrat Dr. Fritz Berg aus Gesundheitsrücksichten genötigt gesehen, sein Amt, das er seit 24. November 1897 be- kleidete, am 29. Juni niederzulegen. An seine Stelle wurde am 24. August Dr. Hermann Günther zum Konsulenten ernannt.

Konservator Adam Koch, der am 20. April 1857 als Ge- hilfe in den Dienst des Museums getreten war, ist nach fast 55-jähriger Wirksamkeit am 31. März aus seiner Stelle ausge- schieden. Nur kurze Zeit war es ihm vergönnt, sich des wohl- verdienten Ruhestandes zu erfreuen: am 4. Januar 1913 hat der Tod den pflichttreuen Beamten, dem die Gesellschaft über das Grab hinaus ein dankbares Gedenken bewahren wird, aus seinem arbeitsreichen Leben abberufen.

Am I.April wurde Georg Ruprecht als Präparator an- gestellt.

Die ordentliche Generalversammlung fand am 21. Februar statt. Sie genehmigte nach dem Antrag der Revisionskommission

43

die Rechnungsablage füi' 1911 und erteilte dem I. Kassierer W. Melber Entlastung. Der Voranschlag für 1912, in Einnahmen und Ausgaben mit M. 137480.65 balanzierend, wurde genehmigt. Nach dem Dienstalter schieden aus der Revisionskommission Charles A. Scharff und Moritz von Metzler aus; an ihre Stelle wurden gewählt Dr. Alfred Me r ton und Heinrich Andreae; an Stelle des am 28. Februar verstorbenen Mitgliedes der Kommission Wilhelm Rohmer wurde von der Verwaltung Eugen Grumbach-Mallebrein ernannt. Für 1912 gehörten der Revisionskommission ferner an: Justizrat Dr. PaulRoediger als Vorsitzender, Konsul Etienne Roques-Mettenheimer und Robert Osterriet h.

Das Stipendium der Askenasy- Stiftung für Botanik wurde am 5. Mai, am Geburtstag des verstorbenen Prof. Dr. Eugen Askenasy, an Geh. Hofrat Prof. Dr. Adolf Hansen in Gießen als Beitrag zu einer Studienreise nach Ceylon erteilt.

Am 29. Mai fand die Jahresfeier statt, bei der Dr. H. Schu- botz aus Berlin den Festvortrag hielt.

Anläßlich der Feier seines 50-jähi'igen Doktorjubiläums am 13. Dezember wurde Prof. W. K o b e 1 1 in Schwanheim mit den herz- lichsten Glückwünschen der Direktion und Verwaltung das Diplom als außerordentliches Ehrenmitglied überreicht.

Mit Ende des Jahres sind nach zweijähriger Amtszeit sat- zungsgemäß aus der Direktion ausgeschieden : der I. Direktor Prof. Dr. A. Knoblauch und der I. Schriftführer Dr. F. W. Winter. An ihre Stelle wiu-den für die Jahre 1913 und 1914 Dr. Arthur von Weinberg und Dipl.-Ing. Paul Prior gewählt.

44

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Museumsbericht.

Der Besuch des Museums war ein außerordentlich reger; unter den 65275 Besuchern des Jahres 1912 waren 1457 zahlende Personen. Auch viele Fachgelehrte und wissenschaftliche Kor- porationen, Studenten und Schulen besichtigten die Sammlungen. Außerdem fanden zahlreiche Führungen durch die verschiedenen Abteilungen des Museums für die Mitglieder der Gesellschaft, sowie für Vereine und Gewerkschaften statt.

In der Tischlerei wurden fünf große Schränke mit staub- dichten Kästen zur Aufnahme der Säugetier- und Vogelbälge an- gefertigt; weitere Schränke sind in Arbeit. Die Hausdruckerei lieferte neben den laufenden Arbeiten Etiketten für die zoolo- gische Lokalsammlung, die biologische Insektensammlung, die Schausammlung der Würmer, den Embryonenschrank und die Abteilung der fossilen Wirbellosen.

I. Zoologische Sammlung'.

Die Sammlung der einheimischen Wirbeltiere wurde im zweiten Stockwerk in vier freistehenden und vier Wandschränken neu aufgestellt und mit gedruckten Etiketten versehen.

Bei den Katalogisierungs- und Einordnungsarbeiten in den verschiedenen Abteilungen, sowie beim Anfertigen und Aufstellen neuer Präparate waren behilflich: Frl. L. Baerwald, Frl. C. Burg- heim, Frl. P. Haas, Frl. R. Herzberg, Frl. A. Hobrecht, Frl. E. Hobrecht, Frau Dr. Lehrs, Frau Dr. Löw-Beer, Frl. A. Reichenbach, Frau E. Reichenberger, Frl. H. Reishaus, Frl. A. Roediger, Frl. F. Schott, Frl. L. Waldeck und Frl. T. Wertheimer. Frau L. Cayard setzte ihre embryologischen Studien fort; E. Creizenach arbeitete in der Skelettsammlung und beteiligte sich mit Dr. E. Schwarz bei der Katalogisierung der Ausbeute der Innerafrika-Expedition des Herzogs Adolf

47

Friedrich zu Mecklenburg. E. Cnyrim war den größten Teil des Jahres mit der Präparation der Augen- und Augendrüsen- muskulatur eines indischen Elefanten beschäftigt; das Präparat ergibt wissenschaftlich wertvolle Resultate.

Einzig in ihrer Art dürfte unsere Sammlung von Wandtafeln sein, die eigens für die Vorlesungen angefertigt werden. Unter den zahlreichen neu eingereihten Tafeln sind künstlerisch ganz hervorragende, die wir Frl. B. Groß {Lychnaspis miranda, Calocyclas monmnentum) und Frau L. Holz-Baerwind (Plimia- tella, Ascidien) verdanken. Seit Oktober ist auch Frl. S. Hartmann an der Herstellung der Wandtafeln beteiligt. Zu der in einer Groß- stadt oft recht schwierigen Beschaffung von Unterrichtsmaterial für die praktischen Übungen waren die meisten Teilnehmer des Jugendkurses, insbesondere A. Schulze -He in, gern behilflich.

Mehrfach wurde Auskunft über Anfragen zoologischen In- halts erteilt. Material zu wissenschaftlicher Benutzung wurde ausgeliehen an: die Ausstellung „Der Mensch" in Darmstadt, H. Graf von Berlep seh- Schloß Berlepsch, Dr. C. Boettger, Prof. A. Brau er -Berlin, G. A. Boulenger-London, Prof. L. Edinger, Prof. H. Egge ling- Jena, Oberlehrer P.Ehrmann- Leipzig, Dr. W.Epstein, Dr. V. Franz, Dr. R. Gonder, 0. K r ö b e r - Hamburg, Prof. P. Matschie- Berlin, Prof. Th. M o r - t e n s e n - Kopenhagen, A. Müller- Höchst, Prof. Th. N e u m a n n, Dr. C. Fr. R 0 e w e r - Bremen, Frl.H. Reishaus, Dr.L. Scheuring- Gießen, Dr. J.W.Schmidt-Bonn, Dr.E. Schwarz, Dr.A.Send- 1er, Prof. F. Siebenrock-Wien, Prof. A. Steuer-Darmstadt, H. S t r i d d e, Dr. J. Vi g e n e r -Wiesbaden, A. We her- München, cand. geol. H.Wegele- Göttingen, Dr. E.Wolf- Süssen i. W., 0. Graf von Zedlitz-Trütschler-Berlin.

Von vielen Teilnehmern der im Sommer veranstalteten Ex- kursionen empfingen wir zur Vermehrung der einzelnen Abtei- lungen dankenswerte Beiträge, die namentlich der Ausgestaltung der Lokalsammlung zugute kamen.

Außerdem erhielt das Museum von den verschiedensten Seiten reiche Zuwendungen an zoologischen Objekten. Die Schenker, denen auch an dieser Stelle herzlich gedankt sei, sind: J. Anders, E. Andreae, Dr. A. Andres, Dr. E. Bannwarth-Cairo, Frl. L. Baerwald, H. Graf von Berlep seh- Schloß Berlepsch, A. Beuth- Oberreifenberg, Biologische Gesellschaft für Aquarien- und Terrarienkunde, Dr. C. Boettger, L. Bor char dt-Riga, E.

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Biichka, Dr. A. Bücheier, G. Biirkhardt, Frl. C. Burgheim, Prof. H. von Buttel-Reepen, Major W. von Br edow -Berlin, P. Cahn, E. Cnyrim, Geh. Rat C. Chun -Leipzig, W. M. Cooper, E.Creizenach, A. Diehl- Oppenheim, E.Diener, Dr.W.Drory,

E. Enslin-Fürth, Prof. P. Ehrmann-Leipzig, M. Eisemann, Forstrat E u 1 e f e 1 d - Lauterbach, E. E u r i c h, Frl. A. F a h r - Darm- stadt, E.Fischer, Prof. M. Flesch, Frl. M. von Forkenbeck, F.Fränkel, L Fries, H. Fruhstorfer-Genf, A. Göbel, Feld- schütz Göbel, R.v. Goldschmidt-Rothschild, Dr. R. Gonder, Frau H. Gottschalk-Buchschlag, Frl. B. Groß, Dr. J. Guide, Obergärtner R.Günther, 0. Gurke, A.Haas-Duala, Haas&Co.,

F. Haag, C. Hage nb eck- Stellingen, Geheimrat A. Hansen- Gießen, G. H a r t m a n n - Niederhöchstadt, K. Hashagen- Bremen, P. H e s s e -Venedig, Prof. L. von Heyden, Frl. A. Hobrecht, Frl. E. Hobrecht, K.Hopf, H. Jacquet, K. Jost, Frl. M. Kayßer, J. Kilb-Skobeleff, Missionar A. Kling, Prof. A. Knoblauch, Alex Knoblauch, Frl. H. Knoblauch, Prof. W. Kobelt- Schwanheim, A. Koch, H. Königswerther, H. Koßmann, H. Kr ah- Schwanheim, Fr. Krebs, Forstmeister E. Krekel- Hofheim, Förster L. Krohn, K. Küchler, Inspektor L. Lang, F. Lange-Haiffa, Zoologisches Museum in Lausanne, Prof. R. Lauterborn -Ludwigshafen, Dr. A. Lejeune, Dr. 0. Le Roi- Bonn, A. Levi-Reis, Dr. 0. Löw-Beer, Dr. A. Lotichius, August Lotichius, Otto Lotichius, Dr. H. Lotz-Berlin, W. Ludolph, Naturhistorisches Museum-Magdeburg, L. Mair, Prof. E. M a r X, Dr. F. M a y, J. M a y r, Dr. H. M e r 1 0 n - Heidelberg, Frl. E. Metzger, C. Molzahn, A. Müller-Höchst, E.Müller, Frau Ph. von Mumm, G. Nägele -Waltersweiler, Kom.-Rat R. de Neufville, Neurologisches Institut (Prof. E dinger), H. Pabst, W. Panzer, E. Parrot, C.Prior, Dipl.-Ing. P. Prior, Frl. A.Reichenbach, Frl.H.Reishaus, San.-Rat E.Roediger, Prof. F. Richters, Dr. F. Rintelen-Rosenstein, P.Rosenthal, Dr. H. Roß -München, Prof. P. Sack, A. Schädel, Dr. R. S. Scharf f-Dublin, Lehrer Schäfer, Lehrer Scheuring-Überau, 0. Schleifenbaum-Hofheim, W. Scholz, Frl. L. Scholz, Ju- stizrat K. Schmidt-Polex, M.Schlemmer, Prof. L.S. Schnit- ze - Kiel, Dr. E.Schwarz, Postsekretär K. Schwebel -Worms, A. Schulze-Hein, G. Schwinn-Marseille, A. Seidler-Hanau, Prof. A. S e i t z - Darmstadt, Landesökonomierat A. Siebert, M. Silb ermann, E. Sondheim, Frau M. Sondheim, Gartenbau-

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direktor Spohr, Deutsche Südpolarexpedition, E. Sulzbach, A. W. Stelf ox-Belfast, Lehrer H. Stridde, Sowerby and Ful- ton-Kew, FrauM.vonTrenkwald, Frl. L. Wald eck, A.Weber- München, Dr. A. vo n We i n b e r g, A. We i s, A. H. We n d t - St. Goar, Frl. T. We r t h e i m e r, C. We spy- Braubach, W. Wi e n e r - Eltville, Dr. F. W. Wi n t e r, E. Wi t e b s k y, Apotheker Wi 1 1 i c h - Kostheim, Dr. E.Witt ich- Mexiko, J. J. Wo op en, Dr. E. Wo If- Süssen, H. Wüsthoff & C 0. - Sprendlingen, A. Zirps-Neutitschein, Zoolo- gischer Garten.

Einen erfreulichen Fortschritt hat die Handbibliothek zu verzeichnen. Nachdem Tausende wertvoller Separata jahi'elang ungeordnet und darum kaum benutzbar aufgestapelt lagen, hat Frl. A. Hobrecht die große Arbeit übernommen, den ganzen Be- stand zu ordnen und zu katalogisieren. Die umfangreiche Rom er- sehe Separatensammlung und zahlreiche Neueingänge sind bereits fertig bearbeitet. Wertvolle Bereicherung erfuhren die Hand- bibliothek und die Separatensammlungen der einzelnen Sektionen von: Dr. W. Alt, Akademie für Sozial- und Handelswissenschaften, Dr. C. Boettger, H. Borcherding-Vegesack, M. E. deBoury- Paris, Dr. A. Dampf -Königsberg, Dr. W. Diensbach, Dr. G. End er lein- Stettin, Dr. L. Ger main-Paris, D. Geyer- Stutt- gart, Kaiserliches Gesundheitsamt-Berlin, Dr. R. G o n d e r, Dr. R. Gondermann-Leipzig, A. Günther t-Flensburg, Dr.F.Haas, Prof. H. Habermehl-Worms, Dr. D. Häberle-Heidelberg, Dr. E. C. Hellmayr-München, Prof. L. von Hey den, San.-Rat R. Hilb er t- Sensburg, Dr. C. Hossens-Berchtesgaden, Dr. Ch. Janet-Paris,W. Israel- Gera, Kaiser-Friedrich-Gymnasium, Dr. P. Kammerer-Wien, H. Kauff mann, A. S. Kennard-Becking- ham, Prof. F. Kinkelin, Prof. B. Klun zing er- Stuttgart, F. Koenike -Bremen, Prof. W. K ob elt- Schwanheim, Dr. R. LKo- warzik-Prag, Dr. P.Krüger-München, Liebig-Realschule, Dir. 0. Liermann, F. Mac Farland-Stenford, Dr. J. G. de Man- lerseke, Prof. P. Mühlen s-Hamburg, Prof. L. von Mehely- Budapest, Prof. M. Mob ius, F. Müller- Schönberg, L.Müller- München, Musterschule, Kgl. Naturalienkabinett-Stuttgart, Kom.- RatR.de Neufville, Dr. L. Nick, Dr. A. Ortmann-Pittsburg, H. Overton-Sutton, H. B. Preston-London, Prof. A. Pütter- Bonn, L. H. Reiß, Dr. C. Richters, Prof. F. Richters, Dr. L Riemenschneider-Dorpat, San.-Rat E. Roediger, Frl. H. Rörig, Dr. A. R u b b e 1 - Marburg, Dr. L. Scheuring-Gießen,

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Dr. M. Seebach- Heidelberg, Dr. A. S e n d 1 e r, Landesökonomierat A. Siebert, Prof. H. Simroth-Leipzig, Prof. 0. zur Strassen, Dr. W. J. Schmidt-Bonn, Dr. E. Schwarz, Sowerby and Fulton-Kew, A. W. Stelf ox-Belfast, Prof . W. S t e m p e 1 -Mün- ster, Dr. N. Stenshoff-Celle, E. Strand-Berlin, Dr. E. Teich- mann, G. B. Teubner-Leipzig, Verein für Geographie und Statistik, Verein für Naturwissenschaftliche Unterhaltung, A.We i s, Wöhler-Realgymnasium, Dr. W. Wo Iterstorff- Magdeburg, Zoo- logisches Institut-Basel.

1. Sängetiere.

Nachdem im Jahre 1911 durch Verlegung der Wirbeltier- Lokalfauna einiger Platz zur Ausdehnung der Säugetierschau- sammlung geschaffen worden war, wurde im Berichtsjahr die Neu- aufstellung mit den niederen Gruppen begonnen. Die Kloakentiere gelangten in neuen und besonders schönen Exemplaren zur Auf- stellung; die Beutler und Zahnarmen wurden durch eine große Anzahl hervorragender neuer Stücke ergänzt, während viele der vorhandenen alten Bälge umgearbeitet wurden, so daß auch dieser Teil der Sammlung, ohne schon vollendet zu sein, gegen den früheren Zustand ein recht erfreuliches Bild darbietet.

Von der Säugetierausbeute der Innerafrika-Expedition des Herzogs Adolf Friedrich zu Mecklenburg sind nunmehr sämtliche Felle gegerbt und die Schädel gereinigt. Ein großer Teil des Materials ist bereits in wissenschaftlicher Bearbeitimg. Okapi und Riesenschuppentier wurden in der Schausammlung aufgestellt.

Von den größeren Geschenken sind zu erwähnen: eine Sita- tunga und ein kapitales Wapiti-Haupt aus dem Atelier von Row- land Ward-London von Rudolf von Goldschmidt-Roth- schild, der Balg des großen Schimpansen „August", der nach fünfjährigem Aushalten im hiesigen Zoologischen Garten leider eingegangen ist, von August Lotichius, der Balg eines kost- baren Kamtschatka-Rotfuchses mit weißem Anflug von H. K ö- nigswerther, ein Riesenducker (Cephalophus sylvicultor) aus Nordwest-Kamerun von A. Diehl, sowie ein Zwergflußpferd aus Liberia, ein Mähnenwolf, eine Tibetantilope, ein Paar sibirische Steinböcke, zwei Schnabeltiere, zwei Arten von Schnabeligeln, ein Kugelgürteltier, mehrere Arten von Faultieren und viele Beuteltiere von dem Sektionär Dr. Alfred Lotichius.

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Außerdem verdankt die Säugetiersammlung noch wertvolle Zuwendungen einer großen Anzahl von Gönnern, die nicht alle einzeln aufgeführt werden können, deren Namen aber in dem vorhergehenden Gesamtbericht dankend erwähnt sind.

2. Vögel.

Die Vogelsammlung ist um über 3000 Bälge bereichert worden. Davon entfallen allein 2000 auf die von dem Münchener Ornithologen Dr. C. Parrot hinterlassene, an Typen reiche Samm- lung, die E. Parrot in Frankfurt, ein Verwandter des Verstor- benen, angekauft und dem Museum geschenkt hat. Unter den übrigen Zugängen, vielfach Geschenken des Sektionärs Kom.-Rat R. de Neufville, sind besonders hervorzuheben: 189 von Klages gesammelte und durch H e 11 mayr -München bearbeitete Bälge aus Venezuela, 120 aus Minas Geraes, 50 aus Indien, 20 aus Guatemala, 105 (von Dr. E.Witt ich geschenkte) aus Mexiko, 40 aus Neuguinea, 105 aus Venezuela. Für die Schausammlung erhielten wir u. a. einen riesigen Trapphahn von Major W. von B r e d 0 w, zwei durch ihre Flugunfähigkeit interessante südameri- kanische Vögel (Tachyeres und Centrojjebna) vom Grafen von Berlepsch und eine prachtvolle Rosen move, bekanntlich eine große Seltenheit, von E. Sulzbach. E. Greiz enach schenkte ein ziemlich vollständiges Skelett der ausgestorbenen Dronte von Mauritius.

Bei den Bestimmungen, besonders der amerikanischen Bälge fand die Sektion die liebenswürdige Unterstützung des Grafen vonBerlepsch. Die Umarbeitung der „wissenschaftlichen Samm- lung" in eine Balgsammlung wurde bedeutend gefördert; die Bälge wurden frisch etikettiert, katalogisiert und in die neuen Schränke eingeordnet. An dieser Arbeit beteiligten sich anfangs A. Koch, später Frau Dr. H, Löw-Beer und Frau E. Reichen- berger.

3. Reptilien und Amphibien. Zahlreiche Museums- und Privatexkursionen vermehrten das Material an mitteleuropäischen Kriechtieren und Lurchen. An Geschenken sind besonders hervorzuheben wiederholte prächtige Sendungen aus Kamerun von unserem rührigen Mitarbeiter A. Haas, Reptilien und Amphibien aus der Umgebung von Neapel (Dr. L. Nick), seltenere, besonders ostafrikanische Arten (Frl. A. Fahr) und zahlreiche schöne Formen vom Zoologischen Garten.

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Durch Kauf gelangten wir in den Besitz manches wertvollen Stückes aus dem Zoologischen Garten, so besonders der aben- teuerlich gestalteten Zottenschildkröte (Chelys fimbriata) aus dem Amazonas-Gebiet. Durch Tausch wurden seltene Stücke von Prof. Dr. Franz Werner-Wien erworben.

4. Fische.

Aus den reichen Zuwendungen des Jahres ist an erster Stelle ein besonders stattliches Exemplar des brasilianischen Lungenfisches Lepidosiren jxiradoxus zu nennen, ein kostbares Geschenk von Frau Geheimrat Ed. Oehler.

Der Sektionär A. H. Wendt läßt es sich mit unermüdlichem Eifer angelegen sein, die umfassend angelegte Sammlung der Süßwasserfische Mitteleuropas durch fortlaufende Zuwendungen aus den verschiedenen Gebieten zu bereichern. Bei der Be- schaffung von Material aus den südlichen Schweizer Seen und deren Umgebung wurde er durch unseren eifrigen Mitarbeiter Dr. P. Murisier-Lausanne unterstützt.

Weiteren Zuwachs verdankt die Sektion der Biologischen Gesellschaft für Aquarien- und Terrarienkunde (zahlreiche aus- ländische Zierfische) und Dr. Löw-Beer (eine umfängliche Kol- lektion aus der Bucht von Madras).

5. Tunikaten.

Die Gruppe hat im Berichtsjahr, namentlich an Synascidien erheblich zugenommen, vor allem durch die eifrige Sammeltätig- keit unseres Mitarbeiters Dr. E. Bannwar th und durch die uns als Geschenk überwiesenen Dubletten der Deutschen Südpolar- Expedition.

6. Mollusken.

Der Zettelkatalog der Sektionsbibliothek erfuhr dankenswerte Förderung durch die gütige Hilfe von Frl. P. Haas. Die Biblio- thek wurde durch Kauf und Tausch vermehrt, die Neuordnung der Sammlung, soweit bei dem Mangel an Schränken möglich, fortgesetzt.

Dr. F. Haas begann die Bearbeitung des sehr wichtigen Voeltzkowschen Materials aus Madagaskar und den benach- barten Gebieten.

Dr. C. Boettger bearbeitete die M e r t o n - Ausbeute und lieh, wie öfters, seine freiwillige wertvolle Hilfe in Sammlungs- angelegenheiten.

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7. Insekten.

Die Insektenschausammlimg ist durch die rege Arbeit der Sektionäre rüstig vorangeschritten. Die Aufstellung der deut- schen Koleopteren (Prof. von Hey den) wurde zu Ende geführt, nachdem die vorhandenen Lücken durch Kauf und durch Schenkung vieler fehlender Arten (Prof. von Heyden, Deutsch. Entomolog. Museum-Dahlem) möglichst ausgefüllt worden waren. Die Auf- stellung der allgemeinen Käfersammlung wurde mit Repräsen- tanten der Carabiden der ganzen Erde begonnen. Die Hyme- nopteren-Sammlung (A. Weis) wurde durch Ankauf einer Reihe von Apiden ergänzt. Die Sammlungen der einheimischen Mikro- lepidopteren (E. Müller) und Dipteren (Prof. Sack) wurden vollständig und in der Abteilung für Hemipteren (Dr. Guide) die deutschen Cicadinen neu aufgestellt.

In den Wandschränken des Insektensaales wurden anatomische Präparate und biologische Zusammenstellungen untergebracht. Sie stammen zum Teil aus der alten biologischen Sammlung, die im Vorraum aufgestellt war; großenteils aber sind sie neu erworben oder aus dem Material der Exkursionen usw. zusammengestellt. Einige Entwicklungen sind im Museum gezüchtet worden. Die Insektenbauten-Sammlung erfuhr einen wertvollen Zuwachs durch einen Termitenhügel {Termes redtemanni Wasmann), den Prof. H. von Buttel-Reepen aus Ceylon mitgebracht hat.

Ferner wurden die Kleinschmetterlinge der wissenschaftlichen Sammlung geordnet, die Zusammenstellung einer Schausammlung exotischer Schmetterlinge vorbereitet und mit der Aufstellung einer allgemeinen Dipteren-Sammlung begonnen, sowie in der Abteilung der Neuropteren und Orthopteren die großen Bestände an unbestimmten exotischen Stücken neu geordnet.

Zahlreiche wertvolle Geschenke sind der Sektion zugeflossen; besonders erwähnt seien eine Anzahl neuer oder dem Museum feh- lender Koleopteren-Arten von Mouhot bei Alexandria (A. Andres im Namen der Soc. Entomolog. d' Egypte-Cairo), einige weitere Arten aus Ägypten, darunter der neue Bockkäfer Macrotoma höhmi Reitter (Dr. E. B a n n w a r t h), ein Cerambyx batus L., aus Brasilien, lebend mit Holz in Frankfurt importiert (A. G ö b e 1), verschiedene Größen des Hirschkäfers, (durch Prof. von Heyden von Präpa- rator Kucharzik-Göblitz angekauft und dem Museum über- wiesen), zahlreiche Hymenopteren-Arten (A. Weis), eine große Sammlung 45 Kasten paläarktischer Schmetterlinge (C. S opp),

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sowie reichhaltige Kollektionen von Insekten verschiedener Ord- nungen aus Turkestan (K. Küchler), Paraguay (Hauptmann A. Fischer), Nordwest-Kamerun (A. Diehl), Ceylon und Indien, darunter seltene Termitengäste (Dr. Löw-Be er, 0. Lotichius und Geheimrat A. H a n s e n). Für eine Anzahl Insekten von Ker- guelen und St. Paul (aus dem Material der Deutschen Tiefsee- Expedition) schulden wir Geheimrat C. Chun besonderen Dank.

Außerdem sind größere und wertvolle Ankäufe von Kole- opteren aus Deutsch-Südwestafrika (von Fr. Schmitt), Südafrika (von Missionar A. Kling), Sumatra (von Missionar E.Schütz) und Brasilien (von F. Zikan), sowie an exotischen Syntomiden und Hepialiden (von H.Rolle-Berlin) erfolgt.

Für die Aphanipteren- Sammlung wurde im ganzen Jahr Material an den aus dem Zoologischen Garten eingelieferten Kadavern abgelesen. Zwölf Arten von Flöhen in mikroskopischen Präparaten wurden von A. C. 0 u d e m a n s-Arnhem erworben. Sehr zu begrüßen ist das stärkere Anwachsen der Apterygoten-Sammlung, der die Ausbeute verschiedener Exkursionen zugute gekommen ist.

Zur Bestimmung und wissenschaftlichen Bearbeitung wurde Material gesandt an: Prof. 0. Schmiedeknecht-Blankenburg (Ichneumoniden und Braconiden), Prof. H. H ab ermehl -Worms (die Ichneumoniden der vonHeyden sehen Sammlung) und Lehrer O. K r ö b e r-Hamburg (das gesamte Thereviden-Material). Die Typen folgender neuen Arten, die Kr ob er in seiner Monographie der Thereviden veröffentlicht hat, befinden sich in unserem Museum : Thereva algira, Th. semirufa, Gaenozona arcuatn und Xestomyza aureostria ta.

8. Krustazeen.

Weit über 200 Nummern wurden in diesem Jahre in die Sammlung der Zehnfußkrebse durch Dr. A. S endler eingereiht. Hauptsächlich gelangten die Dekapoden zur Bearbeitung, die von Dr. Bannwarth im Roten Meere, von Dr. Löw-Beer in Cey- lon, von Dr. Nick in Neapel, von Dr. Reichard auf den west- indischen Inseln und von Dr. S trüb eil in Amboina und der Java-See zusammengebracht wurden. Das Material ist so reich- haltig, daß eine völlige Sichtung noch geraume Zeit in Anspruch nehmen wird.

Mit dem Bestimmen und Ordnen der Maulfußkrebse wurde begonnen. Die Bearbeitung der Amphipoden hatte schon im

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vorigen Jahre Frl. H. Reishaus übernommen, die die Sammlung ordnete und den ganzen Bestand mit Ausnahme der Caprelliden und Hyperiiden revidierte oder neu bestimmte. Nach ihrem Wegzug hat Frl. R. Herzberg die definitive Neukatalogisierung der Amphipoden und die Neuordnung der übrigen Gruppen der Malakostraken mit Ausnahme der Dekapoden und Stomatopoden weitergeführt. An niederen Krebsen ist eine Anzahl parasitischer Copepoden aus dem Mittelmeer eingegangen.

9. Arachnoideen.

Das Eingangsjournal verzeichnet in dieser Gruppe für 1912 über 120 kleinere Eingänge von den verschiedensten Orten, mehr als das dreifache des Jahres 1911. Die auf den Expeditionen von Dr. J. E 1 b e r t , Dr. H. M e r t o n und Dr. E. W o 1 f gesammelten Spinnen sind von E. Strand-Berlin bestimmt worden. Derselbe bearbeitete auch vom 19. August bis 28. September im Museum die sämtlichen noch unbestimmten australischen und asiatischen Spinnen, unter denen sich zahlreiche neue Arten fanden. Die Katalogisierung und Einordnung des neu bestimmten Materials besorgte Frl. T. Wertheime r. Die Phalangiden hat A. Mülle r- Höchst zur Durcharbeitung übernommen und dem Museum sein eigenes Material zur Verfügung gestellt. Von A. C. Oudemans- Arnhem sind 39 für uns neue Milbenarten in mikroskopischen Präparaten gekauft worden. Unser gesamtes Gonyleptidenmaterial ist am Schluß des Jahres an Dr. C. Fr. Röwer-Bremen zur Revision uud Bestimmung gesandt worden.

10. Myriapotlen.

Die von Dr. H. Merton gesammelten Diplopoden sind von Dr. J. Carl-Genf bestimmt worden. Eine seit langer Zeit dringend nötige Katalogisierung und vollständige Etikettierung unserer über 1000 Nummern zählenden Myriapodensammlung ist von Frl. E. Hobrecht in Angriff genommen und großenteils schon durch- geführt worden.

11. Würmer.

Auch in der Abteilung der Würmer haben wir mehr als die doppelte Zahl der Eingänge des vorigen Jahres zu verzeichnen (93 gegen 36). Besonders erfreulich ist der Zuwachs an Chae- tognathen; von den 25 bekannten Arten erhielten wir 14 von 20 Fundstellen aus dem Material der Deutschen Südpolar-Expe- dition. Ebendaher stammen auch einige füi* uns neue Brachio-

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poden. Die Schausammlung der Würmer wurde vollständig um- gearbeitet, ergänzt und etikettiert; um die Aufstellung der neuen Präparate machte sich Frau M. Sondheim besonders verdient.

12. Ecliinodermen.

Den wichtigsten Zuwachs in dieser Abteilung, die im Be- richtsjahr ebenfalls im ganzen eine sehr erhebliche Bereicherung erfahren hat, verdanken wir Geh. Rat Chun, der eine größere Anzahl Seeigel von der Deutschen Tiefsee-Expedition schenkte. Unser Mitarbeiter Dr. Bannwarth verschaffte uns zahlreiche Echinodermen des Roten Meeres, meist nach einer die Farben gut konservierenden Trockenmethode behandelt; ein großes in der Schausammlung aufgestelltes Gorgonenhaupt gibt ein gutes Bild davon.

13. Coelenteraten.

Hier ist etwa das Fünffache von dem, was in den Jahren 1910 oder 1911 gekommen ist, eingereiht worden. Prachtvolle Formen verdanken wir Geh. Rat C. Chun aus dem Material der Deutschen Tiefsee- Expedition und Prof. Vanhöffen von der Deutschen Südpolar-Expedition. Eine große Anzahl von Stein- korallen aus dem indischen Ozean schenkte Dr. 0. Löw-Beer; Coelenteraten der verschiedenen Ordnungen, darunter gut er- haltene große Medusen, schickte uns Dr. Bannwarth vom Roten Meer; auch die Sammlung von Coelenteraten des Mittelmeeres erfuhr eine erhebliche Bereicherung. Die Schausammlung zeigt manches neue Präparat.

Hier sei auch die Aufstellung des von Dr. H. Merton ge- schenkten Planktonschrankes in der Schausammlung der niederen Wirbellosen erwähnt, wenn auch nicht alle der darin aufgestellten Organismen den Coelenteraten angehören.

14. Protozoen, Frau M. Sondheim setzte ihre Studien an den Kulturanlagen von Schlammproben aus Madagaskar (Reise Voeltzkow) fort.

15. Vergleichende Anatomie. Außer durch zahlreiche kleinere Objekte fand die ver- gleichend-anatomische Sammlimg einen bemerkenswerten Zu- wachs durch die Fertigstellung mehrerer äußerst instruktiver Präparate von verschiedenen Organen des im vorigen Jahre von

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Direktor Ch. Krone geschenkten indischen Elefanten. Beson- ders hervorzuheben ist die Hälfte des Unterkiefers mit fertigem und kommendem Backenzahn, durchschnittene Backenzähne, ein Stoßzahn mit Papille (von E. Cnyrim präpariert), sowie das Gehörorgan und verschiedene Skeletteile. Von Inspektor L. Lang erhielten wir eine Sammlung pathologisch-histologischer Präpa- rate, die uns als Vergleichsmaterial von großem Wert ist, von Dr. Bücheier einige menschliche Embryonen. E. Creizenach verdankt die Skelettsammlung die Weiterführung ihrer Ordnung und Katalogisierung.

II. Botanische Sammlung.

Die Sammlung ist jetzt fertig aufgestellt; eine besondere Vermehrung hat sie dadurch erfahren, daß ihr von Geh. Rat A. Hansen-Gießen ein reiches Material aus Ceylon überwiesen wurde : 36 Nummern von Alkoholpräparaten, 48 Nummern trockener Pflanzen und Pflanzenteile und 47 Nummern tropischer Hölzer. Durch Kauf wurden zwei Früchte der Kigelia africana von Dr. E. Bann war th-Cairo erworben. Geschenke wurden überwiesen von: Frl. M.Bauer, Dr. F. Becker, H.Berg, Dr. W. F. Bruck- Gießen, stud. K. Decke rt, A. Diehl, Dr. F. D r e v e r m a n n , Bot. Museum-Hamburg, Handelskammer, Prof. L. von Hey den, E. Hörten-Bad Homburg v. d. H., Frau M. Jung mann, Prof. W. Kobelt-Schwanheim, A. J. van Laren-Amsterdam, Lowitz- London, Amtsrichter A. M e y e r-Gummersbach, R. Moll, F. Mül- ler, Dr. L. Nick, Palmengarten, Dipl.-Ing. P. Prior, Dr. F. Ra- w i t s c h e r-Freiburg, Frl. H. Reishaus, J. Richter, Ingenieur R. Rintelen-Münster, San.-RatE.Roediger,Geh.RatH.Schenck- Darmstadt, Dr. R. Schenck, K. Schwebel-Worms, M. Seelig, Frau Stahl, Versuchsgarten, Frau A. Weber-van Bosse- Amsterdam, Dr. F. W. Winter. Unter diesen Geschenken sind besonders hervorzuheben eine reichhaltige Sammlung tropischer Früchte (Dr. W. F. Brück), ein prächtiges Exemplar von Sarco- caulon rigidum aus Südafrika (Ingenieur Rintelen) und zwei Stammscheiben einer Zeder, die Gärtner F. Müller aus seinem Garten gestiftet hat.

Das Herbarium wurde einer Durchsicht und Umordnung imterzogen. Durch Kauf erworben wurden: Merrill, Plantae Insularum Philippensium Cent. V-X, durch Tausch 2 Centurien

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südafrikanischer Pflanzen von Prof. H. S c h i n z-Zürich. Auch das cecidologische Herbarium von Grevillius und N i e s s e n wurde der botanischen Sektion überwiesen. An M. R. Hamet-Paris wurde ein Faszikel Crassulaceen zu wissenschaftlichen Unter- suchungen leihweise geschickt.

Die Lehrsammlung, die aus Pflanzenmaterial zur Unter- suchung und Demonstration, aus mikroskopischen Präparaten, Ab- bildungen und Wandtafeln besteht, wurde in allen Abteilungen vermehrt. Der Hilfsarbeiter Schell hat sich mit dem Mikrotom eingearbeitet und eine große Anzahl guter Präparate hergestellt. Beiträge zu dieser Sammlung haben ferner geliefert: Frau L. Cayard, Dr. F. Rawitscher, Geh. Rat H. Schenck und Dr. R. Schenck. Abbildungen haben geschenkt: B. Haldy-Geln- hausen, L. Hallbach, H. Jungmann und Dr. F. W. Winter. Auch eine Sammlung von Botaniker-Portraits ist angelegt worden und umfaßt bereits 100 Nummern. Frau K. Koch hat die einge- rahmte Photographie ihres verstorbenen Gatten, unseres früheren Mitarbeiters, geschenkt.

Die Sektionsbibliothek wurde vermehrt durch Schenkungen von: Brooklyn Botanic Garden, Chem. Fabrik Flörsheim Dr. Nörd- linger, Prof. E. Gilg-Berlin, Bot. Institut-Hamburg, Frl. Dr. Knischewsky, Prof. Th. Neumann, Fr. Schaefer, Prof. Schinz-Zürich, Dr. G. Schott, College of Agriculture-Tokio, U. S. National Museum-New-York.

Das Laboratorium wurde zu mikroskopischen Arbeiten be- nutzt von stud. Adler, stud. Jeidel, Dr. F. Meyer, Dr. F. Rawitscher und Dr. R. Schenck.

III. Paläontologisch-geologische Sanimluiig.

In der Schausammlung sind eine Anzahl neuer Objekte aus- gestellt, andere, besonders Säugetierreste, neu montiert worden. Den freundlichen Mitarbeitern Frl. L. Baerwald (Wirbeltiere), Dr. E. Helgers (tertiäre Zweischaler), Stadtschulinspektor A. Henze (Kreide), Frl. E. Hüther (Trias) und Frl. B. Turk (tertiäre Gastropoden) sind wesentliche Fortschritte in der Durcharbeitung der Sammlungsbestände zu danken. Frl. M.Kay ß er katalogi- sierte den größten Teil der Handbibliothek; Frl. I. und A. Lich- tenstein, Frl. A. Pfaff, Frau L Rolfes-v. Sachs, Frl. H.Sonn- tag, Frl. E.Walker und Frl. M. Weydt fertigten eine Fülle

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neuer instruktiver Wandtafeln für die Vorlesung und erklärender Bilder für die Schausammlung an.

Sammlungsmaterial wurde zur Bestimmung und wissenschaft- lichen Bearbeitung ausgeliehen an: Th. Crecelius-Lonsheim, (Ostracoden des Mainzer Tertiärs), Prof. H. Engelhard t-Dresden (Pflanzen von Salzhausen und Bilin), A.Franke-Dortmund (Fora- miniferen aus dem Mainzer Becken), Prof. F. Frech-Breslau (Carbonfossilien aus Kleinasien), C. J o o ß-Stuttgart, (Landschnecken aus dem Quercy, Miozänfauna von Undorf bei Regensburg), Dr. W. Paeckelmann-Marburg (oberdevonische Ostracoden), Prof. W. von Reich enau-Mainz (Pferde von Mosbach), Dr. von Schönau-München (Kieselhölzer und Blattabdrücke aus dem ägyptischen Tertiär), Dr. J. Schuster-München (Rätflora von Bayreuth), Dr. E. Schwarz (Schädel von Palhyaena), Prof. A. Steuer- Darmstadt (Zweischaler von Weinheim bei Alzey), Prof. E. Stromer-München (Wirbeltierreste und Gesteine aus dem Pliozän des Uadi Natrun), Prof. E. Studer-Bern {Hipparion- Schädel), cand. geol. H. We gele- Göttingen (Mastodonzahn aus Oberitalien, miozäne Süßwassergastropoden aus der Nachbarschaft), Dr. W. Wenz (Clausilien von Undorf und Mörsingen) und Dr. A. Wurm -Heidelberg (Pferdereste von Mosbach).

Eine Anzahl Publikationen beruht ganz oder teilweise auf Material aus dem Museum:

F. B r 0 i 1 i , Palaeontographica Bd. 59 (Schädel von Placodus aus dem Muschelkalk),

M. Coßmann, Essays de Paleoconchologie comparee Bd. 9 (Tertiäre Sealarien),

F. Kinkelin, Abhandlungen der Senckenb. Naiurforsch. Ge- sellschaft Bd. 31 (üntermiozäne Geweihreste Tiefbohrung bei Hattersheim),

R. Richter, ebenda (Devonische Trilobiten), 0. Schmidtgen: Zoologische Jahrbücher XV, 2 (Becken von Halitherium) und Notizblatt des Vereins für Erdkunde Darm- stadt Bd. 4,32 {Microtus von Mosbach),

W. So er gel: Palaeontographica Bd. 60 (Elefanten von Mosbach),

G. Ulm er: Beiträge zur Naturkunde Preußens Heft 10 (Trichopteren des Bernsteins), und

A. Wurm: Verhandlungen d. Naturhistor. Med. Vereins Hei- delberg Xn {Rhinoceros von Mosbach).

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Das schnelle Wachstum der paläontologisclien Sammlungen ist vor allem den nachstehend aufgezählten Gönnern zu danken: Sektionsingenieur H. Albrecht-Bagdad, Dr. R. Askenasy, Prof. I. H. Bechhold, Maschineninspektor G. Bender, Prof. 0. Blumenthal-Aachen, Dr. C.Boettger, Oberlehrer H. Busch- meyer, E. Creizenach, H. V. Dahle m-Aschaf f enburg, Frau L. Erlanger, Forstrat A. E u 1 e f e 1 d-Lauterbach, Baumeister E. Feil-Bagdadbahn, K.Fischer, Direktor E. Fran ck, Bau- unternehmer A. Glock, K. Graubner-Höchst, M. Güldner- Chemnitz, A. von G w i n n e r-Berlin, E. Heinz, Stadtschulin- spektor A. Henze, Seine Hoheit Prinz Friedrich Karl von Hessen, Frl. E. Hüther, C. Jooß-Stuttgart, A. K a h 1 e r-Hanau, San.-Rat C. Kaufmann, Missionar H. Kling-Namaqualand, Rek- tor A. Kuno, R. E. Liesegang, Prof. E. Marx, Berginspektor K.Müller, Bergingenieur H. Oehmichen, R. P a a 1 z o w-Nürn- berg, Dipl.-Ing. P.Prior, H. Reic h-Nerchau, Direktor O.Rhein- h 0 1 d-Hannover, Prof. F. Richters, Geheimrat O.Riese, Prof. F.Simon, A. von Steiger, H. Stiebel, Regierungsbaumeister W. Theiß, Städtisches Tiefbauamt, Sir Julius Wernher(t)- London.

Den starken Zuwachs der paläontologisch -geologischen Handbibliothek verdanken wir Oberbergrat L. von Ammon- München, Dr. Ch. W. Andrews-London, Prof. N. Andrussow- Kiew, Dr. Th. Arldt-Radeberg, Prof. G. von Arthaber-Wien, Prof, W. Ben ecke -Straßburg, Prof. L Bergeron-Paris, Prof. G. Bodenbender-Cordoba, Prof. J. hm -Berlin, Dr. A.Born- Freiburg, M. de Boury- Paris, Dr. J. von B u b n o f f - Freiburg, Prof. W. Deecke-Freiburg, Dr. G. Ender lein- Stettin, Prof. J. Felix-Leipzig, K. Fischer, Dr. C. Gaillard-Lyon, L Z. Gilbert- Los Angeles, Dr. M. Gortani-Turin, Dr. D. Haeberle-Heidelberg, Prof. A. Heim-Zürich, B. Helland-Hansen-Bergen, Prof. L. von H e y d e n , Dr. R. T. J a c k s o n-Boston, Dr. M. J o n g m a n s-Leyden, Prof. F. Kinkel in, Dr. F. K 1 u t e-Freiburg, Prof. W. Kobelt- Schwanheim, Dr. R. L Kowarzik-Weißkirchen, Geheimrat H. Loretz, Dr. R. Neumann-Freiburg, Dipl.-Ing. Dr. P. Neu- meiste r-Hamburg, Prof. H. F. 0 s b o r n-New York, Dr. M. R e m e s- Olmütz, Frau L R o 1 f e s , Prof. A. R z e h a k-Brünn, Dr. G. S c h 1 e- singer-Wien, Städtisches Schulmuseum, Dr. W. Soergel-Frei- burg, Dr. A. Spitz-Freiburg, Privatdozent Dr. H. von Staff- Berlin, Dr. H. G. Stehlin-Basel, Geheimrat G. Stein mann-

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Bonn, Dr. K. Stierlin-Freiburg, Prof. K. Stolz-Darmstadt, Hof- rat F. Toula-Wien, Dr. E. Vincent-Brüssel, Dr. W. Wenz, Prof. C. Wiman-Upsala, Dr. F. W. Winter.

Die Beschaffung einer Anzahl Separatenkästen wurde durch eine freundliche Spende von Ingenieur A. Askenasy und Frau A. Salin ermöglicht.

1. Säugetiere und Vögel.

Der Zuwachs stammt aus dem Diluvium von Weimar, dem Rheinland und Kalifornien, aus dem Tertiär des Westerwaldes, der Insel Samos, von Südfrankreich, Ägypten und Nordamerika. Hier ist vor allem als wertvollste Erwerbung des Jahres ein Skelett von Phenacodus primaevus Cope zu erwähnen, das nach dem Originalmaterial Copes in New York ergänzt und montiert und von Prof. 0. Blumen thai zum Andenken an seinen ver- storbenen Vater San.-Rat E. Blumenthal geschenkt wurde. Weiterhin sind die Erwerbungen aus dem ägyptischen Eozän hervorzuheben, besonders ein prachtvoller Zeuglodon-^QMidie\ ein Geschenk von San.-Rat C. Kaufmann, sowie einige seltenere Wirbeltiere aus dem Pliozän von Samos, die unser korrespon- dierendes Mitglied A. von Gwinner für uns erwarb.

Aus der Sammlung O.Emmerich wurde ein Skelett von Diceratherium minutmn Cuv. präpariert und teilweise ergänzt ; es wird im laufenden Jahre montiert und ausgestellt werden.

2. Reptilien und Amphibien.

Die Präparation des großartigen TVacAoc^o/z-Skeletts, eines kostbaren Geschenkes von Dr. A. von Weinberg, (vergl. 43. Bericht, Seite 51) war das ganze Jahr hindurch die Hauptbe- schäftigung des Präparators, der eine Vorderextremität und den prachtvoll erhaltenen Schädel fertigstellen konnte.

Als Geschenke sind hervorzuheben: ein ausgezeichneter Schädel von Tremaiosaurus aus dem Buntsandstein von Bern- burg (Prof. L. E dinger), eine große Zahl von Reptilresten aus dem Muschelkalk von Bayreuth, ein fragmentäres Plesiosaurier- skelett aus dem englischen Lias, sowie ein schöner Pelagosaurus- Schädel von Holzmaden (A. von Gwinner) und ein mächtiger Tomistoma-^ohMel aus dem Eozän von Ägypten (E. Heinz). Die kurz vor seinem Tode erfolgte Spendung eines beträchtlichen Geldbetrages durch Sir JuliusWernher ermöglichte den An-

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kauf eines guten 2^?//osr/7/?v/s-Skeletts und eines Platecarpus- Schädels aus der oberen Kreide von Nordamerika.

3. Fische.

Die Neuerwerbungen stammen aus der Kieseiguhr der Lüne- burger Heide, dem Jura von Holzmaden, der Trias von Süd- deutschland und der Karroo, dem Perm des Saarreviers, sowie dem Oberdevon von Wildungen und dem Dillenburgischen. Be- sondere Erwähnung verdienen die von A. von Gwinner ge- schenkten, ausgezeichnet erhaltenen Fische aus dem Muschelkalk von Bayreuth, sowie ein mächtiger Flossenstachel aus dem glei- chen Horizont von Crailsheim (Frl. E. Hüther).

4. Mollusken. Der Zuwachs kommt aus dem Diluvium von Weimar, dem Tertiär von Schleswig-Holstein, Süddeutschland, dem Westerwald, dem Wiener Becken, Frankreich und Kleinasien, der Kreide von Norddeutschland, dem Jura von Metz, von Norddeutschland, den Nordalpen und England, der Trias von Süddeutschland und der Herzegowina, dem Untercarbon des Rheinischen Gebirges und Kleinasiens, sowie dem Devon des Rheinlandes.

,5. Arthropoden. Die Neuerwerbungen stammen aus dem Tertiär Belgiens, dem Untercarbon von Herborn und Aprath, dem Devon von Dill, Lahn und der Gegend von Elberfeld, sowie dem Untersilur der baltischen Provinzen. Der Sektionär Dr. R. Richter sammelte im Oberdevon von Oberscheid und im Mitteldevon der Eifel. Die Ankäufe aus dem Devon der Eifel, eine durch Tausch erworbene Untersilur-Suite und die von Rektor A. Kuno geschenkten De- chenellen aus dem Devon des Rheinlandes verdienen besonders

genannt zu werden.

6. Brachio3)oden.

Ergänzungen aus dem Culm von Herborn und Aprath, dem Untercarbon Kleinasiens, dem Devon des Taunus und der Lahn- gegend, von Elberfeld, Belgien und Kleinasien, sowie aus dem baltischen Untersilur wurden eingereiht. Hervorzuheben ist eine große Sammlung aus dem Untercarbon von der Bagdadbahn, ein Geschenk von Geheimrat Dr. 0. Riese.

7. Echinodermen.

Eine prachtvolle Pentacrinus-PldiXiG von Holzmaden, sowie eine Muschelkalkplatte mit über 100 Dadocrinus gracilis von

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Gogolin, Oberschlesien, sind hervorragende Geschenke von A. von Gwinner. Eine Anzahl Seeigel stammt aus dem Miozän Kleinasiens.

8. Coelenteraten.

Die Sammlung vermehrte sich durch einige Stücke aus der Kreide Norddeutschlands, dem Jura von Schwaben, dem Devon der Rheinlande und dem Untersilur des Norddeutschen Erraticums.

9. Protozoen.

Ein riesiger Nummulitenkalkblock von der Cheops-Pyramide bei Gizeh wurde im Lichthofe aufgestellt, ein großes Stück Schreib- kreide von Rektor A. Kuno für die Schausammlung geschenkt.

10. Pflanzen.

Neue Pflanzenreste aus der Kieseiguhr von Lauterbach und der Lüneburger Heide, aus dem Tertiär des Vogelsbergs und aus Böhmen, dem Perm von Chemnitz und Böhmen, dem Carbon von Baden, Herborn und Osnabrück bedeuten eine wesentliche Bereicherung. Ein mächtiger verkieselter Baumstamm von Wo- dolow bei Nachod, Böhmen, wurde von Seiner Hoheit Prinz Friedrich Karl von Hessen überwiesen; ein prachtvoller angeschliffener Psaronius ist ein Geschenk von M. Güldner.

11. Lokalsammlung.

Die Zahl der Funde in der Nachbarschaft nimmt wieder einen großen Teil des Zuwachses ein. Zahlreiche diluviale und tertiäre Säugetierreste aus der näheren und ferneren Umgebung, Schildkrötenreste von Münzenberg und Weinheim, Fische von Flörsheim, sowie Vertreter der meisten Klassen der Wirbellosen bis zu den Protozoen hinab wurden eingereiht. Wir gedenken alljährlich dankbar der stets bereitwilligen Unterstützung durch das städtische Tiefbauamt und seine Beamten, sowie der zahl- reichen Privatsammler, durch die mancher wertvolle Fund in das Museum gelangte.

12. Allgemeine Geologie.

Einige Strandbildungen von der Küste des Roten Meeres wurden erworben, eine Anzahl Lichtbilder von Korallenriffen der Südsee von Bergingenieur Pilz geschenkt.

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IV. 3Iineralogisch-petrographische Saiiimliing.

Berginspektor K. Müller hat auch im verflossenen Jahr den Sektionär in der Instandhaltung der Sammlung bereitwilligst unterstützt; insbesondere hat er die Aufstellung der Stufen für die Erzlagerstättensammlung soweit gefördert, daß sie wohl bald vollendet sein wird.

Für Geschenke an Mineralien und Gesteinen dankt die Ge- sellschaft folgenden Gönnern auf das verbindlichste: Ing. A. As- kenasy, Prof. J. H. Bechhold, Direktor J. Bonhöte-Ober- Roßbach, Ing. 0. Brie de-Radauthein (Kärnthen), Dr. P.Burg er- Baumholder, Direktor Carrier-Paris, A. Chabaud-Murtany, Kommerzienrat Cloos-Nidda, Dr. F. Drevermann, R. Forst- ström, J.Fritz-Hanau, Ing. H. W. Engel-Hamburg, Frau von Gosen, A. von G winner-Berlin, Graf F. von Hochberg- Schloß Haibau (Niederschlesien), Frau Ch. Istel-Paris, Frl. E. von Jasmund, Dr. H. Lotz-Berlin, A. Liebreich-Weidenau a. d. Sieg, R. E. Liesegang, Dr. 0. Lotichius, F.Metzger, Berg- verwalter M ö b u s - Dillenburg, Berginspektor K. Müller, Kur- direktor A. Mulli-Rohitsch-Sauerbrunn, Dr. R. Mylius, K. Ochs, W. Papenkort-Rombach, Dipl.-Ing. P. Prior, Dr. Schloß- macher, der Schlesischen Aktiengesellschaft Lipine und der Zentrale für Bergwesen-Düsseldorf.

Unter den Geschenken zeichnen sich durch Reichhaltigkeit und Wert wieder die großartigen Zuwendungen des unermüd- lichen Gönners und Förderers der Museumssammlungen, unseres korrespondierenden Mitgliedes A. von Gwinner, aus, unter denen nur wenige an dieser Stelle genannt sein mögen: 50 El- baner Turmalinkristalle, 13 z. T. zonar gebaute Turmalinquer- schnitte verschiedener Fundorte, ein flächenreicher Beryll, eine ausgezeichnete Mineralserie von Tsumeb (Deutsch-Südwestafrika), eine ganz hervorragende Gangbreccie mit schaligem Kupfergrün und Malachit aus der Landschaft Katanga am Kongo, ein Riesen- block von Kupferkies mit Eisenspat u. a. von der Omorigrube (Japan) und eine Serie prächtiger, geschliffener Gesteinsplatten und Erzgangstufen verschiedener Fundorte.

Frau Ch. Istel verdanken wir durch Vermittelung ihres Bruders E. Creizenach einen 116 Karat schweren geschliffenen Topas, A. Chaubaud eine mexikanische Silbererzstufe, die für etwa Mk. 100. Silber enthält, A. Liebreich eine ausgezeich-

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nete Serie Sieger Gangstiifen, die den Übergang von Eisenspat in Roteisen vortrefflich erkennen lassen. R. E. Liesegang schenkte entzückende Platten zur Demonstration seiner Achat- bildungstheorie und zwei Präparate mit Goldkriställchen, die aus goldchloridhaltiger Kieselgallerte reduziert sind, Graf von Hoch- berg ausgezeichnete australische Edelopale und opalisierte Schneckenschalen.

Durch Tausch erhielten wir schwäbische Mineralien von Bau- rat S c h m i d t - Stuttgart und von Dr. Laub mann- München.

Dem Landesgeologen Prof. Dr. Klemm-Darmstadt hat die Gesellschaft wieder eine Reihe instruktiver geschliffener Gesteins- platten aus dem Odenwald zu verdanken, die von ihm gesammelt wurden, und für die wir nur die Schleifkosten zu tragen hatten.

Durch Kauf wurden neiie Mineralien von Dr. Krantz-Bonn, der Mineralien-Niederlage der Sächsischen Bergakademie-Frei- berg, Lehrer Wagner-Saarbrücken, Sonnt ag-Staßfurt, Seibert- 0. Lahr und Missionar Kling erworben. Auch wurde ein Abbe- Pulfrichsches Totalrefraktometer angeschafft.

A. von Gwinner hat einen ansehnlichen Betrag für die Erwerbung von Einschlüssen in den Eifelauswürflingen und Laven freundlichst zur Verfügung gestellt.

Mehrere Herren beschäftigten sich mit mineralogischen oder petrographischen Studien.

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Philipp Steffan

geb. 10. II. 1838 zu Frankfurt a. M., gest. 30. XII. 1912 zu Cassel.

Über ein halbes Jalirhundert hat Dr. Steffan unserer Senckenbergischen Gesellschaft angehört: am 28. Dezember 1861 wurde er zum arbeitenden Mitglied ernannt, 1899 trat er bei seiner Übersiedelung nach Marburg in die Reihe der korrespon- dierenden Mitglieder über.

Vor allem war es die Senckenbergische Bibliothek, der Steffan als Administrator der Dr. Senckenbergischen Stiftung, sowie als Mitglied unserer Gesellschaft und der Bibliothekskom- mission des Ärztlichen Vereins seine Fürsorge mit unermüdlichem Eifer zuwandte, und deren Geschichte er in unserem „Bericht" 1899 ausführlich geschildert hat. Sein großherziges Interesse an der weiteren Entwicklung der Bibliothek hat ihn bestimmt, in seinem letzten Willen die Dr. Senckenbergische Stiftung mit einer ansehnlichen Summe zu bedenken.

Dem großen Kreis unserer Mitglieder ist Steffan durch die anregenden Vorträge bekannt geworden, die er in unseren wissen- schaftlichen Sitzungen gehalten hat. Unvergessen ist sein interes- santer Vortragszyklus aus den Jahren 1896 bis 1898 über die Ent- stehung und Entwicklung der Sinnesorgane und Sinnestätigkeiten im Tierreich. Zur Erläuterung des Vorgetragenen hat sich Stef- fan dabei eines bis dahin in unserer Gesellschaft noch nicht ge- übten Verfahrens bedient, indem er selbstverfertigte, mit Tusche auf Glas gezeichnete Bilder mittels des Szioptikons projizierte.

In treuer Anhänglichkeit an unsere Gesellschaft hat Steffan schon schwer ki'ank am 13. Oktober 1907 der feierlichen Eröffnung unseres Museums beigewohnt: damals haben wir den alten Freund zum letztenmal in unserer Mitte gesehen!

Philipp Steffan war der Sohn eines Frankfurter Gold- schmieds. Er studierte in Erlangen Medizin und war bei den damals berühmtesten Augenärzten Graefe in Berlin und Arlt in Wien Assistent. 1861 ließ er sich in seiner Vaterstadt als Arzt nieder, und zwar als erster Arzt, der sich ausschließlich mit Augenkranken beschäftigte. Hier gründete er die Steffan-

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sehe Augenheilanstalt (Holzgraben 16) für Unbemittelte und seine Privatklinik (Krögerstraße 8). Beide Anstalten leitete er dreißig Jahre lang und hat gewissenhaft wie in seinem ärztlichen Han- deln auch statistisch genaue Angaben hinterlassen; nach diesen betrug die Zahl der unentgeltlich behandelten und operierten Augenkranken in diesen dreißig Jahren 66830: eine Leistung, füi- die ihm wahrlich die Bevölkerung Frankfurts und die Stadt- gemeinde eine Bürgerkrone schulden! Auch literarisch war Steffan tätig; zahlreiche kasuistische Mitteilungen aus seinem Spezialgebiet hat er im Archiv für Augenheilkunde und in den klinischen Monatsblättern, eine große Arbeit über Staroperation in Graefes Archiv veröffentlicht. Er war 1880 Vorsitzender des Ärztlichen Vereins, von 1884 bis 1899 Mitglied der Admini- stration der Dr. Senckenbergischen Stiftung; in zwei "Wahlperi- oden berief ihn das Vertrauen der Arzte des Regierungsbezirks Wiesbaden in die Ärztekammer unserer Provinz. Bei dem Publi- kum ebenso wie bei den Kollegen und Spezialkollegen stand sein auf reiche Erfahrungen gegründeter Rat in hohem Ansehen.

Steffan war eine markante, eigenartige und in seiner Eigenart populäre Persönlichkeit; er war ein Typus des Alt- frankfurters in Sprache, Sitten und Gewohnheiten. Durch die rauhe Schale konnte jedermann leicht den prächtigen Kern er- blicken, und da sah er einen festen Charakter, ein stark ausge- bildetes Rechtsgefühl, das vor Konflikten nicht zurückschreckte, humanes, aber bestimmtes Verhalten gegenüber den Kranken und eisernen Fleiß. Wer ihm näher trat, lernte noch seine glück- liche Ehe kennen Kinder waren ihm versagt , seine be- scheidene Lebensführung, die auf alles, was man so Lebensge- nüsse nennt, verzichtete, und in frohen Stunden eine fast kind- lich anmutende Heiterkeit. Erst an seinem Lebensabend haben die Schatten einer herannahenden Hirnerkrankung sein Gemüt ver- düstert. Als er 1899 nach Marburg übersiedelte, da war er schon nicht mehr der alte Steffan, wie wir ihn schätzten und liebten; da war schon die Alienation eingetreten, die zum schließlichen Verfall geführt hat. Wir aber wollen das Bild Philipp Steffans aus seinen Mannesjahren in Erinnerung behalten und der Nach- welt überliefern, das Bild des hervorragenden Augenarztes, des

treuen Kollegen und des aufrechten Mannes.

F. Baerwind.

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Der Bali-Tiger.

Mit 7 Abbildungen von

E. Schwarz.

Von der Sunda-Expedition des Frankfurter Vereins für Geo- graphie und Statistik hat Dr. I. Elbert Fell und Schädel eines weiblichen Tigers von der kleinen, östlich von Java gelegenen Sunda-Insel Bali mitgebracht. Dieses Exemplar, das im allge- meinen dem Java-Tiger sehr ähnlich war, fiel durch seine Klein- heit auf, die einen merkwürdigen Gegensatz zu der verhältnis- mäßig großen Form des javanischen Sunda-Tigers bildet. Die Formen kleiner Inseln sind ja nun freilich oft kleiner als ihre Ver- wandten vom Festland und von größeren Inseln; bei unserem Stück ergab indessen eine genaue Untersuchung des Schädels außer der geringen Größe seine obere Länge beträgt nur 254 mm gegen 290 mm beim Java-Tiger so charakteristische Unterschiede, daß die Abtrennung des Bali-Tigers als neue Lokalform notwendig erschien. Sie ist unter dem Namen Felis tigris balica Schwarz beschrieben worden.^)

Tiger von Bali sind bisher nicht in die Museen gelangt, obgleich die Insel bei ihrer geringen Entfernung von Java nicht allzu selten von dessen europäischen Bewohnern aufgesucht wird. Ein Frankfurter, Dr. Eugen Wertheim her, der selbst auf Bali gejagt hat, schreibt uns über den dortigen Tiger: „Frische Tigerfährten unter einem Felsvorsprung, unter dem noch vor verhältnismäßig kurzer Zeit Tiger gesessen hatten, habe ich wohl vorgefunden, dagegen kein einziges Exemplar zu Gesicht be- kommen. Doch glaube ich nicht, daß die Tiere auf Bali be-

*) E. Schwarz „Notes on Malay Tigers, with description of a new form from Bali." The Annals and Magazine of Natural History. London, Sept. 1912, No. 57 S. 324—326.

Bali-Tiger, Felis tigris balica (Typus) ? von Den Pasar, Süd-Bali. Geschenk von Dr. E. Wertheimber.

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sonders selten sind; ich hatte vielmehr aus den Schilderungen der Europäer und der Eingeborenen den Eindruck, daß sie ver- hältnismäßig häufig vorkommen, da beide mir angaben, daß man mit Hilfe einer Ziege ziemlich sicher sei, einen zu Schuß zu be- kommen. Über Schaden, den die Tiere anstiften, ist mir übrigens nichts bekannt geworden."

Die Insel Bali bildet die östlichste Verbreitungsgrenze des Tigers überhaupt. Er findet sich in der ganzen orientalischen und in Teilen der paläarktischen Region, wie in Persien, Tur- kestan und in weiten Gebieten Zentralasiens und Sibiriens bis zum Amur. Im westlichen Teil seines Verbreitungsgebietes kommt er zusammen mit dem Löwen vor, den er im allgemeinen geo- graphisch und biologisch ersetzt.

Der Tiger ist übrigens keineswegs in seinem ganzen Hei- matgebiet Tropentier, wie man vielfach glaubt; die nördliche alte Welt ist vielmehr wahrscheinlich seine eigentliche Heimat in Sibirien trägt er dem rauhen Klima entsprechend ein langes Haarkleid. Erst verhältnismäßig spät ist er nach Indien einge- wandert, und die Teile Indiens, die damals schon Inseln waren, wie Ceylon und Borneo, hat er nicht mehr erreichen können.

Die beigefügten Abbildungen zeigen Fell und Schädel unseres Bali-Tigers, sowie zum Vergleich die Schädel des Java- und des Sumatra-Tigers, welche die Unterschiede der drei Inselformen deutlich erkennen lassen.

Das typische Exemplar von Felis tigris halica wurde 1909 von K. Gründler in Den Pasar, Süd-Bali, geschossen und von Dr. Eugen Wertheimber dem Senckenbergischen Museum als Geschenk überwiesen.

Figiirenerklärimg.

Schädel von malayischen Tigern aus dem Senckenbergischen Museum: a von oben, b von hinten.

Fig. 1 ? ad. No. 1160, Sumatra. Fig. 2 ? ad. No. 4, Java. Fig. 3 ? ad. No. 2576 (Typus), Den Pasar, Süd-Bali.

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Aus dem Hochland von Ostafrika.

Mit 6 Abbildungen von

Rudolf von Goldschmidt-Rothschild.

Die modernen Bestrebungen nach erhöhtem Tierschutz in Deutsch-Ostafrika haben zu einem neuen Jagdgesetz geführt, das am 1. Januar 1912 in Kraft getreten ist und grundlegende Änderungen enthält. In ihm sind nicht allein die Wünsche her- vorragender Kenner der zentralafrikanischen Tierwelt berück- sichtigt, sondern auch die reichen Erfahrungen der britischen Nachbarkolonie verwertet worden. Unzweifelhaft hat die Zahl der Jäger, die alljährlich nach Ostafrika gehen, um in den bis vor kurzem noch jungfräulichen Gebieten zi. jagen, ungemein zugenommen. Während noch im Anfang dieses Jahrhunderts die Dampfer der Deutsch-Ostafrika-Linie im wesentlichen Kaufleute, Beamte und Schutztruppler hinausführten, bilden jetzt Sports- leute, namentlich Engländer und Amerikaner, einen großen Teil der Passagiere. In den Monaten Januar bis März, die durch Trockenheit und gleichmäßige Witterung ausgezeichnet sind, er- gießen sich Ströme Jagdlustiger über das Hochland im Innern von Ostafrika. Vom Küstenort Mombassa aus führt sie die Ugandabahn in vierundzwanzig Stunden nach Nairobi, dem Sitz der englischen Regierung, wo in etwa 1500 m Höhe ein gesundes, dem südeuropäischen ähnliches Klima herrscht. Da Malaria und andere Tropenkrankheiten dort fast unbekannt sind, so konnte sich in wenigen Jahren eine recht ansehnliche Stadt entwickeln, in der vor allem die Fremdenindustrie in Blüte steht. Die Zahl der Firmen, die sich speziell mit der Ausrüstung von Jagdexpe- ditionen befassen, ist in ständigem Wachsen begriffen ; schon an der Küste trifft man verschiedene derartige Firmen, unter ihnen auch mehrere deutsche. Es ist klar, daß die vielen Jäger, die

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mit einem Jagdschein ausgerüstet, sich von Nairobi aus in die Wildnis begeben, in ungünstigem Sinne auf den Wildstand ein- wirken müssen, nicht dadurch, daß sie denselben schon jetzt we- sentlich dezimiert haben ; denn dagegen protestieren die strengen Jagdgesetze, die von jeder Wildsorte nur eine bestimmte und geringe Anzahl zum Abschuß erlauben noch immer sind ge- wisse Gegenden von großen Mengen bevölkert , vielmehr zieht sich das Wild, durch die fortwährenden Angriffe beunruhigt, immer weiter in schwer zugängliche Gegenden zurück und ist stellenweise schon so scheu geworden, daß es schwierig ist, ihm auf Schußweite beizukommen. Die Folge davon ist, daß auf jedes wirklich erlegte Stück ein ziemlich hoher Prozentsatz ange- schossenes Wild kommt, das entweder dem Siechtum verfällt oder eine Beute der großen Raubtiere wird.

Auch ich machte manche ungünstigen Erfahrungen, als ich zum erstenmale im Winter 1908/1909 nach Britisch-Ostafrika ging. Es war schon ein Fehler, daß ich bereits auf der Ausreise nach Mombassa Plätze für die Rückfahrt auf einem Dampfer der Ost- afrika-Linie belegte, mit anderen Worten meine Expedition zeit- lich genau begrenzte. So mußte ich später Afrika wieder ver- lassen, ehe ich die Expedition als völlig gelungen ansehen durfte. Ich hatte geglaubt, Nairobi läge mitten im Jagdgebiet, und war nachher sehr erstaunt, zu sehen, daß es eines Rittes von mehre- ren Tagen bedurfte, um in wildreiche Gegenden zu gelangen. Des weiteren hatte ich die Ausrüstung meiner Expedition, d. h. Stellung von Trägern und Lieferung von Proviant, einer engli- schen Firma übertragen, die ihrer Aufgabe so wenig gerecht wurde, daß ich schon nach wenigen Tagen von Fort Hall, etwa 80 km von Nairobi entfernt, neuen Proviant holen lassen mußte. Auch war unser Pferdematerial minderwertig und versagte mehr- fach. Endlich befanden sich unter unseren Trägern manche un- brauchbaren Elemente, die nur mit äußerster Strenge im Zaum ge- halten, d. h. zum Gehorsam gebracht werden konnten. So brachte die Expedition viele Enttäuschungen, aber auch unvergeßliche Eindrücke zoologischer und jagdlicher Art. Daß sie trotz allem so günstige Erfolge hatte, verdanke ich nicht zum wenigsten der ausgezeichneten Führung eines landeskundigen Europäers.

Wie wenige Länder der Welt ist das zentralafrikanische Hochland zu Tierstudien geeignet; hier findet nicht allein der Jäger, sondern auch der Zoolog, vor allem der Entomolog, und

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der Photograph seine Rechnung. Aus Tagebuchaufzeichnungen will ich im Nachstehenden meine Beobachtungen über das Vor- kommen und die Lebensweise einiger großer Säugetierarten wiedergeben, die ich an den südöstlichen Abhängen des Kenia antraf, und zwar in einem weiten Gebirgstal, das sich zwischen dem Thika- und Tana-Fluß hinzieht.

Wir erreichten das Tal in einem zehntägigen Ritt von Nai- robi aus, nachdem wir bis dahin nur auf wenig und sehr scheues Wild gestoßen waren. Da wir hier zum erstenmale Rhinozerosse und Büffel sahen und auch sonst der lichte Buschwald von aller- hand Wild wimmelte, beschloß ich, eine Reihe von Tagen zu bleiben und ließ ein Dauerlager am Fuße eines mit großen Fels- blöcken bedeckten Berges aufschlagen. Wasser war in der Nähe vorhanden, ein schmutzig-bräunliches Rinnsal, das nur dem dur- stigen Afrikareisenden verlockend sein mag, sich aber mit Hilfe von Berkefeldfiltern in eine klare, trinkbare Flüssigkeit verwan- deln ließ. Die Vegetation bestand im wesentlichen aus den für das afrikanische Hochland typischen Schirmakazien und stach- lichen Mimosen, die in kleinen Gruppen angeordnet Dickichte bildeten, sowie aus 2 m hohem, verdorrtem Grase, das unser Vordringen sehr erschwerte und uns oft jede Aussicht auf jagd- bares Wild raubte. Auf der Bergkuppe wurzelten zwischen den Blöcken mächtige Kandelaber - Euphorbien, Agaven, Schling- pflanzen und Dornengestrüpp. Von ferne schimmerte die eis- starrende Alpenkette des Kenia zu uns herüber, umgürtet von dichtem, dunkelgrünem Urwald, der Heimat des Elefanten. Die Flußläufe waren eingesäumt von prächtigem Kulissenwald, in dem sich ein reiches Vogelleben abspielt. Während tagsüber die Tropensonne außerordentlich heiß herabbrannte, herrschte am Abend erfrischende Kühle; gegen Sonnenaufgang ging die Tem- peratur sogar mehrfach bis fast auf den Nullpunkt herab, so daß sich die Gräser mit Reif bedeckten. Unser Lager bestand aus vier großen Zelten, um die sich nach Westen hin zwischen den Büschen die primitiven Leinwandverschläge unserer Träger grup- pierten. Während der Nacht brannten große Holzfeuer, welche von den Askaris, die uns die Regierung gestellt hatte, unterhal- ten wurden, um das Raubwild vom Lager und von den Pferden zu verscheuchen. Das Gebrüll der Löwen aus nächster Nähe raubte uns so manche Stunde der Nachtruhe; wir hörten, wie sie von ferne näher und näher an unser Lager herankamen, wie

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sie sich von allen Seiten antworteten und dadurch das geängstig- te Wild gewissermaßen einkreisten. Erst bei Tagesgrauen ver- stummte das dumpfe Grollen. Unbegreiflich erschien mir der Leichtsinn einiger Neger, die weit außerhalb der Wachtfeuer zwischen den Büschen schliefen; offenbar rechneten sie damit, daß die Raubtiere in dieser an Wild überreichen Gegend nicht an Menschen herangehen wüi'den. So sehr uns die Löwen in der Nacht durch ihr Gebrüll belästigten, so wenig sahen wir am Tage von ihnen. Sie halten sich teils in dem dichten Gestrüpp, teils in den das weite Tal überall durchquerenden Erdspalten und ausgetrockneten Flußbetten verborgen, und auch sonst sind sie im hohen, sonnenverbrannten Grase vermöge ihrer Schutz- farbe schwer zu erkennen. Dem Menschen weichen sie aus, so- bald sie seiner ansichtig werden; nur gereizt und angeschossen sind sie ihm gefährlich. Wir stießen schon in den ersten Tagen auf zwei dieser Raubtiere; ihre gelblichbraunen Körper ver- schwanden jedoch im hohen Grase, ehe ich die Büchse in An- schlag bringen konnte. Später hatte ich Gelegenheit, vier Löwen in den südwestlich gelegenen Athi Plains zu beobachten; sie saßen wie große Katzen auf den Hinterbeinen und spielten mit- einander, etwa hundert Schritt von den Büschen des Athi-Flusses entfernt. Da nirgends Deckung war, konnte ich mich nicht an sie heranpirschen, sondern mußte mit unseren durch den langen Morgenritt ermüdeten Pferden 1000 m weit direkt auf die Löwen losgaloppieren, leider mit dem Erfolg, daß diese baldigst unser ansichtig wurden und fluchtartig in dem dichten Ufergestrüpp verschwanden. Diese Methode der Löwenjagd ist in den Ebenen von Britisch-Ostafrika die gewöhnliche ; man hetzt die Tiere mit Pferden solange, bis sie sich stellen, und schießt sie dann auf geringe Distanz nieder.

Von unserem Lager aus unternahmen wir jeden Morgen in aller Frühe, bisweilen auch in den späteren Nachmittagstunden, Jagdausflüge. Überall standen im hohen Grase vereinzelte oder kleine Rudel von Antilopen. Graziöse Impallas (Aepyceros me- lampus suara) mit ihrem schöngeschwungenen leierförmigen Ge- hörn belebten die Savannen; an lichten Stellen fanden wir oft in großen Mengen das Kongoni (Bubalis cokei), auch Hartebeest genannt, eine Kuhantilope mit schönem braunem Fell und win- kelig zurückgebogenen Hörnern. Neugierig äugten sie zu uns herüber, um, sobald ihnen die Sache nicht geheuer erschien, in

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merkwürdigen Sprüngen gesenkten Hauptes die Flucht zu er- greifen. Es war die erste Antilope, auf die ich in Afrika zu Schuß kam, mir insbesondere erinnerlich, weil ich mich von der außerordentlichen Lebenskraft dieser Tiere überzeugen konnte. Das Kongoni war zusammengebrochen und lag auf dem Rücken; ich hielt es für verendet und ließ es gerade auf wenige Schritte in aller Ruhe photographieren, als es sich plötzlich erhob und mit einigen Sätzen in den Büschen auf Nimmerwiedersehen verschwand. Weiter stießen wir täglich auf Rudel von Wasser- böcken (Cohus elUpsiprymnus) , oft fünfzig Stück zusammen- stehend; auch sie lieben offenes Gelände, halten sich gelegent- lich wegen der guten Deckung zwischen den Büschen auf, vielleicht auch wegen der besseren Äsung. Sie gehören zu den größten Antilopen und imponieren nicht allein durch ihr schönes, langhaariges Fell, sondern auch durch das kräftige Gehörn. Mehr- fach sahen wir die Köpfe und Hälse von Giraffen zwischen den Mimosenbäumen. Zebras belebten massenhaft das weite Tal; Warzenschweine tauchten im Grase auf; mit hocherhobenen Schwänzen huschten sie blitzschnell, wie Paviane oder schwarze Pudel aussehend, in langen Reihen durch die Büsche. Auch Dick- Dicks und Buschböcke kreuzten unseren Weg; vielfach konnten wir die verschiedensten Tierarten in friedlicher Gemeinschaft zu- sammenstehend beobachten: Zebras, Strauße, Impallas, Kongonis, Wasserböcke ästen nebeneinander ein prächtiges Schauspiel!

Nach Osten hin erweiterte sich das Tal zu einer fast baum- losen Steppe. Obwohl das Gras kurz und völlig verdorrt war, wimmelte es hier geradezu von Wild. Nicht mit Unrecht schien es die sonnendurchglühte Ebene mit ihrem freien Ausblick dem unübersichtlichen Buschterrain vorzuziehen, das den heranschlei- chenden großen Raubtieren und ihren noch gefährlicheren Fein- den, den Menschen, Deckung gibt. Es ist erstaunlich, mit welcher Schnelligkeit die Antilopen flüchtig werden, sobald sie eine Ge- fahr erkennen. In graziösen Sprüngen galoppieren sie dahin, mit ihren Hufen kaum den Erdboden berührend. Von ihrer jähen Flucht wird alles Wild mit fortgerissen ; erst kilometerweit kommt es wieder zum Stillstand.

Unter einem einsamen, weitschattigen Baume stehend, sah ich zum erstenmale Elenantilopen (Taurotragus oryx Pall.), die, was Körpergröße und Kraft anbetrifft, am meisten imponierende Antilope Afrikas. Sie erreicht eine Schulterhöhe von 1,75 m, hat

ein schiefer- bis silbergraiies, kurzhaariges Fell; Stirn und Nase sind dunkler gefärbt, Lippe und Kinn weiß. Der Hals ist kurz und äußerst kräftig, vom Kinn bis zur Brust zieht eine starke Wamme herab. Die gerade gerichteten und leicht um ihre Längs- achse gewundenen, kräftigen Hörner erreichen beim ausgewachse- nen Tier eine Länge von 90 cm und mehr. Das Gehörn der Kühe pflegt weniger hoch und dünner zu sein. Wie ich mich durch das Fernglas überzeugen konnte, hatte ich eine Unterart der oben beschriebenen Elenantilope, den T. o. livingstoni, vor mir, der sich durch acht bis zehn Querstreifen an beiden Seiten des Körpers auszeichnet. Diese Art lebt im zentralafrikanischen Hochland, während die Heimat der nicht gestreiften Hauptform Rhodesia, Angola imd Mozambique ist. Im achtzehnten Jahr- hundert wurde das Elen in ganz Südafrika bis in die Nähe von Kapstadt gefunden. Livingstons Elen kommt hauptsächlich im Kilimandjaro- und Kenia-Gebiet vor ; die am Weißen Nil lebenden Exemplare sind besonders kräftig und werden mit dem Namen gigas bezeichnet. In Britisch-Ostafrika scheint die Elenantilope den lichten Busch oder die spärlich mit Büschen bewachsene Steppe vorzuziehen; sie führt ein Wanderleben, indem sie in der trockenen Jahreszeit in die Täler hinabzieht, um in der Regen- zeit in die Abhänge des Hochgebirges zu steigen. Hier lebt sie in kleinen Herden oder vereinzelt, in Rhodesia dagegen noch in großen Mengen zusammen. In letzter Zeit haben eingewanderte Buren erfolgreiche Versuche gemacht, die an Zugkraft den besten Ochsen nicht nachstehenden Elen einzufangen und zu zähmen. Vorsichtig kreisen Berittene die Herden ein, sprengen auf ein ge- gebenes Zeichen auf die Tiere los und hetzen die jungen Kälber so lange, bis sie zusammenbrechen. Dann hüllen sie sie sorgfäl- tig in warme Decken und treiben sie nach einigen Stunden in die Krale.

Im Anfang glaubte ich, friedlich äsende oder wiederkäuende Rinder zu sehen, bis mich die geraden gewundenen Hörner eines andern belehrten. In ihrer Körperform und der Art und Weise, sich zu bewegen, mit dem Schweife die Fliegen zu vertreiben, erinnerten sie ganz auffallend an unser Rindvieh. Ein Zwischen- raum von etwa 2 km trennte mich von dem seltenen Wilde. Hinter einer flachen Erdsenkung, die von einem trockenen Fluß- bett durchzogen war, stand ein niedriges Gebüsch; dieses benutzte ich als Deckung beim Anpirschen. So gelang es mir und meinem

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Begleiter, unbemerkt auf 800 m heranzukommen, dann wurde das Terrain offen, und es blieb mir nichts anders übrig, als auf Händen und Füßen weiter zu kriechen, was in Anbetracht der kolossalen Hitze die Sonne stand fast im Zenit und der versengten, harten Grashügel eine Aufgabe war, der sich nur ein passionierter Afrikajäger unterzieht. Leider bemerkten uns die Elenantilopen, ehe wir nahe genug gekommen waren, wurden unruhig und setzten sich langsam in einen schwerfälligen Trab, der, nachdem ich ihnen eine Fehlkugel nachgesandt hatte, in wilde Flucht ausartete. Wie elektrisierend wirkte das Beispiel der Elen auf die Hunderte von anderen Antilopen, die eben noch träumend in der Sonne gestanden hatten. Einmütig stürmten sie dahin, eine dichte Staubwolke hinter sich lassend, und kamen erst in weiter Ferne zum Stillstand. Eine Verfolgung war in der Mittagshitze auf der offenen Steppe ausgeschlossen.

Zwei Tage später hatte ich mehr "Waidmannsheil; wie ge- wöhnlich brachen wir von unserem Standlager bei Sonnenaufgang auf und ritten zwei Stunden lang nach Süden in der Hoffnung, Giraffen anzutreffen. Unsere Gewehrträger voran, zogen wir schweigend durch den taufrischen Mimosenbusch; zahlreiche aus- getrocknete Flußläufe mußten wir durchklettern, hier und da traten uns Impalla- Antilopen entgegen. Wir ließen sie aber un- beachtet, um anderes Wild nicht durch Schüsse zu beunruhigen. Plötzlich blieb mein Gewehrträger stehen und deutete erregt mit der Hand auf ein Stück Wild, das in 500 m Entfernung stand und von mir alsbald als Elenantilope erkannt wurde. Vom Pferde herunter und die Büchse ergriffen war das Werk eines Augen- blicks. Vorsichtig Deckung suchend pirschte ich mich auf 150 m heran und gab dann knieend einen Schuß ab, mit dem Erfolg, daß das mächtige Tier zusammenbrach, um nach einigen Minuten wieder hoch zu werden. Noch zwei Kugeln sandte ich hinterher und brachte es von neuem zu Fall. Mühsam mußte ich mich durch das Grasdickicht winden, um an meine Beute heranzu- kommen. Es war ein gewaltiger Bulle, an Größe unsere stärksten Ochsen fast noch übertreffend. Welche Kraft muß die Elenanti- lope haben, um diesen schwerfälligen, fast plumpen Körper in wilder Flucht zu bewegen ! Nachdem wir das Tier von verschie- denen Seiten photographiert hatten, erteilte ich meinen Leuten den Befehl, das Haupt mit dem Gehörn und den Schweif abzu- setzen, und überließ ihnen alsdann das Fleisch. In den letzten

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acht Tagen hatten meine Träger kein Fleisch von dem geschos- senen Wilde erhalten, und zwar als Strafe für eine Meuterei, die am Tana-Fluß ausgebrochen, aber von meinem Führer durch exemplarische Bestrafung der Hauptschuldigen rechtzeitig ge- dämpft worden war. Die heutige glückliche Jagd brach den Bann. Während wir im Schatten einer Mimose den Schwarzen zu- schauten, die in Anbetracht des Fleisches einen Rieseneifer ent- wickelten, bot sich uns ein für afrikanische Verhältnisse typisches Schauspiel : von allen Seiten kamen Aasgeier und andere Raub- vögel herbei; erst in ungeheuren Höhen kreisend, ließen sie sich dann vorsichtig herab und nahmen auf den benachbarten Bäumen Platz. Bald gesellten sich Marabus und schwarze Raben hinzu. Sie blickten gierig zu uns herüber und schienen auf den Moment zu warten, wo sie sich des Aases bemächtigen konnten. Zu ihrem Leidwesen warteten sie vergebens, denn unsere Schwarzen ließen in ihrem Fleischhunger effektiv nichts von der Elenantilope übrig. Dafür aber holte ich mir mit der Kugel einen der „schäbigen" Marabus vom Baume. So konnten wir heute befriedigt ins Lager zurückkehren, und auch unsere Träger hatten einen großen Tag. Ein gewaltiger Buschbrand bezeichnete die Stelle, wo wir ge- jagt hatten. Er war durch die Unvorsichtigkeit der Schwarzen entstanden und kam erst am späten Nachmittag zum Erlöschen. Noch eines anderen Bewohners des buschigen Hügellandes muß ich gedenken, den ich zwischen Thika und Tana river häu- fig antraf: des Rhinozerosses. Während das weiße, breitmäulige Rhinoceros simus in Südafrika fast ausgerottet ist und nur noch in einigen Gegenden des südlichsten Sudan, z. B. in der Lado- Enklave, vorkommt, bewohnt das schwarze Rhinoceros bicornis noch in Mengen das Hochland Zentralafrikas. Nirgends tritt es in größerer Zahl auf, sondern lebt entweder einzeln oder zu zwei bis drei Stück. Grasige Halden, mit lichtem Busch bedeckt, scheint es der offenen Steppe vorzuziehen; hier sieht man oft die erd- farbenen Kolosse ruhig äsend stehen oder im Schatten von Ge- büsch zur Mittagszeit schlafen. Große, flache Mulden bezeichnen später die Lagerstätte der Tiere. Ihre treuen Begleiter sind kleine Madenhacker (Buphagus er^ythrorhynchus), die auf dem Rücken der Nashörner sitzen und sie von den zahlreichen Zecken be- freien. Sobald sie irgend eine Gefahr bemerken, flattern sie auf und warnen dadurch sowohl ihren Schützling wie den Menschen. Das Vorderhorn des Männchens ist kürzer und gedrungener als

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das des Weibchens. Die gewaltigen, über ein Meter langen Hör- ner, wie sie noch vor wenigen Jahrzehnten in Zanzibar bei den Händlern zu sehen waren, sind jetzt sehr selten geworden. Das Nashorn gilt als Dickhäuter gemeinhin als faul, träge und lang- sam; nichts ist unrichtiger als dies. Es ist kaum glaublich, mit welcher Geschwindigkeit und Leichtigkeit es aufspringen und laufen kann, wenn es verfolgt wird oder einen Angriff unter- nehmen will. Sein Auge ist wenig scharf, desto feiner jedoch die Nase. Über die Gefährlichkeit des Tieres werden von den verschiedenen Jägern ganz abweichende Angaben gemacht, je nach den mehr oder weniger üblen Erfahrungen. Nach Erzäh- lungen von Schillings ist das Nashorn an Böswilligkeit mit dem afrikanischen Büffel oder Elefanten auf gleiche Stufe zu stellen, während sich andere Jäger von seinem agressiven Wesen nicht überzeugen konnten. Ich selbst habe während meines etwa vierzehntägigen Aufenthaltes zwischen Tana- und Athi-Fluß meh- rere Dutzend Nashörner angetroffen, sowohl auf weite als auch auf kurze Entfernung, aber nur einmal hatte ich das Gefühl, attackiert worden zu sein, und mußte zu meinem Schutz zur Büchse greifen. Großen Respekt vor dem Nashorn hatten übri- gens meine Träger. Am Tage der Übersiedelung ins Dauerlager führte mein Diener die Karawane, während ich einen anderen Weg einschlug. Unterwegs tauchte plötzlich ein Nashorn auf, dessen Anblick den Schwarzen einen derartigen Schrecken einjagte, daß sie in demselben Moment ihre Lasten abwarfen und ungeachtet ihrer mangelnden Kleidung auf die Dornbäume kletterten.

Mein erstes Zusammentreffen mit Nashörnern gehört zu den schönsten Erinnerungen an meine afrikanische Expedition. Wir hatten am Tana-Fluß unser Lager aufgeschlagen und hofften, hier Krokodile, Flußpferde und Wasserböcke zu bekommen. Am Nachmittag um vier Uhr zogen wir aus, kehrten aber nach An- bruch der Dunkelheit ohne Erfolg heim. Während meiner Ab- wesenheit war eins der großen Zelte durch den Leichtsinn eines Schwarzen in Flammen aufgegangen, bei welcher Gelegenheit wollene Decken, einige Kleidungsstücke und andere Sachen mit- verbrannten; die in dem Zelt untergebrachte Munition wurde zum Glück rechtzeitig gerettet. Noch glänzte der Mond am Him- mel, als wir uns am nächsten Morgen in aller Frühe erhoben. Ein kalter, fast eisiger Wind strich durch das Gras und ließ uns in der leichten Tropenkleidung zittern. Mit reichlich Proviant und

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Wasser versehen ritten wir auf die Berge zu in ein breites Tal hinein. Der Weg führte anfangs durch lichten Savannenwald und Gras, das 2 bis 3 m hoch und dicht verfilzt uns nur langsam vorwärts kommen ließ ; später wurde er steiniger und der Busch dichter. Als die Sonne sich eben über den Horizont erhob, tauchte ein Rudel Wasserböcke auf, und kurz darauf wurden zwei Rhi- nozerosse bemerkt, die in einer Entfernung von wenigen hundert Schritt ruhig ästen. Ich legte auf das stärkere von beiden an, doch jagten nach dem Schusse beide Tiere in schneller Flucht fauchend und pustend los. So schnell es ging, folgten wir ihnen und fanden bald reichlich Schweiß, die Kugel meiner 450-Cordite- Büchse mußte also sehr gerissen haben. Nach ungefähr tausend Schritt erblickte ich eins der Nashörner am Rande eines Grabens; es witterte mich sofort und wurde eilends flüchtig; das zweite fand ich mit dem Schuß in der Lunge verendet im Graben. Das Vorderhorn maß 46 cm Länge. Die Präparierung dauerte über zwei Stunden; ein Schwarzer wurde ins Lager zurückgesandt, um ein Axt zu holen, mit der der Schädel herausgehauen wer- den sollte. Während einige der Leute mit dieser Arbeit be- schäftigt waren, schnitten andere Streifen aus dem Fell, die zu Stöcken (Kibokos) verarbeitet werden sollten. Wieder andere gaben sich der angenehmen Arbeit des Bratens und Essens von Nashornfleisch hin und schlangen große Stücke davon halb roh hinunter. Für uns Weiße wurden die Zunge und der Schwanz reserviert, letzterer zur Bereitung einer ausgezeichneten Suppe.

Um die Mittagszeit stießen wir wieder auf zwei Rhinos, die auf einer offenen, buschfreien Stelle im hohen Grase stan- den. Sie glänzten in der Sonne wie mit Fett beschmiert. Nach einer Viertelstunde hatten wir uns bis auf 50 m angepirscht, ohne bemerkt worden zu sein. Auf den ersten Schuß stürzte das eine zu Boden und wälzte sich auf dem Rücken, um sofort wie- der hoch zu werden und taumelnd noch einige Schritte zu laufen, ehe es vollends zusammenbrach. Es war ein Weibchen und leider tragend. Als wir am nächsten Morgen die Stätte aufsuchten, fan- den wir, von den großen Knochen abgesehen, nichts mehr übrig. Das 1 m lange Nashornbaby war völlig verschwunden. Zahlreiche Spuren am Boden deuteten auf nächtlichen Besuch von Hyänen, Schakalen und Aasgeiern hin.

Einige Tage später stieß unsere kleine Jagdkarawane die Träger blieben stets mehrere Kilometer zurück im dichten

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Busch abermals plötzlich auf zwei Rhinos. Hätten uns nicht die Madenhacker wenige Sekunden vorher durch ihr Auffliegen ge- warnt, so wäre das Zusammentreffen für uns vielleicht unan- genehm abgelaufen. So fanden wir Zeit, von den Pferden her- abzuspringen, die Büchsen zu ergreifen und ein Schnellfeuer zu eröffnen. Noch sehe ich die wutschnaubenden Dickhäuter mit ihren tückisch funkelnden Augen vor mir, wie sie gesenkten Hauptes auf uns losstürzten. Es war ein kritischer Moment! Meine schwere Büchse tat ihre Schuldigkeit; die Tiere wandten sich zur Flucht, und eins von ihnen brach nach hundert Schritt zusammen, während das andere, gefehlt, laut wehklagend das Weite suchte.

Rhinozerosse traf ich, wie gesagt, täglich. Einigemal stell- ten sie sich uns derart in den Weg, daß wir sie mit lauten Rufen, Steinwürfen, und wenn dies nichts half, mit Schreckschüssen ver- treiben mußten. Da die Regierung jedem Jäger auf seinen Jagd- schein nur den Abschuß von zwei Exemplaren erlaubt, so gingen wir diesen Tieren später nach Möglichkeit aus dem Wege. Un- zweifelhaft ist das Nashorn in dieser Gegend noch in großen Mengen vertreten, so daß seine Ausrottung in absehbarer Zeit wohl nicht zu befürchten ist.

Nach sechstägigem Aufenthalt in dem beschriebenen Lager zog ich weiter, überschi'itt zweimal den vielfach gewimdenen Thika-Fluß und gelangte an dem Donio Sabuk, einem mächtigen Bergkegel, der die ganze Gegend beherrscht, vorbei in die Athi Plains. In dieser weiten Ebene, die fast baumlos und mit kurzem verdorrtem Grase bedeckt war, wimmelte es von Wild. Kongonis, Wasserböcke, Grant- und Thomson-Gazellen, Elen, Impallas, Ze- bras und Strauße traten in ganzen Herden auf. Vereinzelt stießen wir auf Giraffen und Gnus. Von den Zebras abgesehen war das Wild außerordentlich scheu, wahrscheinlich, weil diese Ebene von der Bahn durchquert und häufig von Jägern aufgesucht wird, und weil außerdem an den Ufern des Athi-Flusses sich einzelne Buren angesiedelt haben, die nach südafrikanischer Art dem Wilde sehr nachstellen. Trotz des Wildreichtums durchzogen wir die Ebene in möglichst schnellen Tagereisen, und zwar we- gen einer Zeckenart, „Ticks" genannt, die hier in geradezu un- glaublichen Mengen vorkommt. An jedem Grashalm, an jedem Buschzweig saßen diese Blutsauger. Stiegen wir vom Pferde und gingen einige Schritte zu Fuß, so waren wir mit den Zecken

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wie übersät. Durch die Kleiderritzen krochen sie auf die Haut und verursachten durch ihren Biß heftiges Jucken, das uns na- mentlich in der Nacht unaufhörlich plagte. Zeitweise saßen die Zecken, speziell die kleinere Entwicklungsform, in solchen Men- gen in der Kleidung, daß sie nur mit einer Bürste entfernt wer- den konnten. Auch das Wild fanden wir mit Zecken förmlich überdeckt. "Wie in dieser Gegend Farmer sich ansiedeln können, ist mir ein Rätsel geblieben.

Mein Begleiter, Dr. von Varendorff, sammelte auf der Expedition fleißig Insekten, namentlich Koleopteren; einen Teil der Ausbeute hat das Senckenbergische Museum erhalten. Wie er mir mitteilt, hat die Käferfauna, der Höhenlage des Sammel- gebietes entsprechend, ein fast europäisches Gepräge. Tropische, in die Augen springende Formen, Dynastiden und gigantische Rüsselkäfer fehlen fast gänzlich. Statt dessen fand er unschein- bare Formen, Rüsselkäfer, die der europäischen Form der Gat- tung Otiorrhij nchus gleichen, Igelkäfer (Hispa) mit bizarren Stacheln in mehreren Arten, die sich kaum von unserer Hispa (lira unterscheiden, zahlreiche Coccinelliden, rot mit schwarzen Punkten, ganz wie bei uns. Namentlich war das Vorkommen von Apfon-Arten, die für die europäische Fauna charakteristisch sind, auffällig. Prachtkäfer (Buprestiden) waren nur in einigen Sphenoptera-Arien, wie sie in Südeuropa leben, und in Agrüus- Arten vertreten; alles aber minuziöse Tierchen, so daß die Gesamtausbeute gerade keinen farbenprächtigen Anblick bot. Umso größeres Interesse hat sie Fachleuten gewährt, denn sie enthielt eine Anzahl neuer Arten; das kann nicht Wunder neh- men, da sich Entomologen in diese Gegend wohl noch nie mit dem Streifnetz verirrt haben.

So war das Resultat meiner Expedition nach vielen Seiten hin, wenn auch nicht glänzend, so doch in Anbetracht der Kürze der Zeit befriedigend. Ich gewann einen Einblick in die reiche Fauna der zentralafrikanischen Hochsteppe, in ein Tierleben, wie es wohl nur wenige Länder der Welt in so reichem Maße und so großer Abwechselung aufzuweisen haben. Es ist wahr, das Hinterland von Deutsch- und Britisch-Ostafrika wird immer mehr der Kultur erschlossen, immer tiefer dringt der Mensch in die Geheimnisse seiner Tierwelt, und doch harren noch manche Rätsel der Lösung, noch manche Tierarten werden entdeckt werden oder ihren Namen ändern müssen, ehe alles genügend erforscht

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sein wird. So z. B. unterliegt es keinem Zweifel, daß unter den großen Antilopen, die heute einen Sammelnamen führen, wie die Gruppe der Hartebeeste oder Wasserböcke, verschiedene Arten sich befinden, Arten, die sich durch Zeichnung, Farbe und Ge- hörn zwar ähneln, aber doch verschieden sind. Oft habe ich mir die jetzt so aktuelle Frage vorgelegt: „Wann werden die großen Säugetiere im Innern von Afrika verschwunden sein?" und sie mir in dem Sinne beantwortet: gelingt es, genügenden Schutz durch Jagdgesetze, Einfülirung von Schonzeiten und Anlegen von Wildreservaten zu schaffen, so wird eine Ausrottung in den nächsten Jahrhunderten nicht zu befürchten sein. Noch sind un- geheure Mengen Wild vorhanden, und es ist auch fraglich, ob sich jemals die weiten, sonnendurchglühten Steppen und dürren Mimosenwälder, die Heimat des Wildes, der Kultur ganz öffnen werden. Zu vergessen ist auch nicht, daß das Wild schon jetzt sehr scheu geworden ist und sich mehr und mehr in unwirtliche Gegenden zurückzieht. Britisch-Ostafrika speziell besitzt südlich der Ugandabahn bis dicht an die deutsche Grenze heran ein riesiges, fast unbevölkertes Wildreservatgebiet; hier darf bei Vermeidung von schweren Strafen nicht geschossen werden. Daß die englische Regierung aber auch das ihrige tut, um die Jäger wirksam zu kontrollieren, davon habe ich mich persönlich über- zeugen können.

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L J B R A R

Besprechungen.

Neue Bücher.

Heimatkunde und Heimatarbeit. Volkswirtschaftliche und sozialpolitische Aufsätze. Von Wilhelm Kobelt. 520 S. mit Porträt. Gr.-8°. Frankfurt am Main (Englert & Schlosser) 1912. Preis broschiert M. 10.—.

Wie Kobelt in seinen, in unserem vorjährigen „Bericht" erschienenen Aufsätzen über den Schwanheimer Wald nicht eine Aufzählung und Schil- derung einzelner Tiere und Pflanzen gegeben hat, sondern ein lebensfrohes Bild einer biologischen Gemeinschaft, so sind auch seine Arbeiten auf dem Gebiet der Volkswirtschaft und Sozialpolitik nicht trockene Berichte über Einzelforschungen aus irgendwelchen entlegenen Zeiten und Ländern, sondern es sind Ausschnitte aus dem Wirtschaftsleben Großfrankfurts. Auch in dem Volkswirtschaftler ist der Biologe zu finden.

Kobelt wird schon deshalb als Volkswirtschaftler nicht vergessen werden, weil er zuerst auf eine wirtschaftliche Einheit hingewiesen hat, die vor ihm niemand mit solcher Klarheit erkannt hat: die der Großstadt und ihrer Umgebung, soweit sie von dieser Stadt wirtschaftlich beherrscht wird und ihr die Arbeiter liefert. So hat er den Begriff „Groß-Frankfurt" geschaffen. Groß-Frankf urt in unserem Sinn reicht den Main entlang etwa von der bayerischen Grenze bis zum Lorsbacher Tal, im Taunus bis zur Wasserscheide und schließt im Norden das Usinger Land und die südliche Wetterau ein, ziemlich genau bis zum Pfahlgraben, der alten Römergrenze. Es schließt dann noch das Kinzigtal bis zum Distelrasen und einen Teil der bayerischen Rhön und des Spessartabhanges ein, südlich vom Main nur den Kreis Offenbach und die Walddörfer bis nach Kelsterbach." Für dieses Ge- biet insbesondere gibt nun Kobelt seit etwa vierzehn Jahren die „Gemein- nützigen Blätter für Hessen und Hessen-Nassau, Zeitschrift für soziale Heimatkunde" heraus, in denen seine nationalökonomischen Arbeiten haupt- sächlich erschienen sind. Gewiß mögen die grünen Heftchen gar viele zum Nachdenken angeregt haben; aber in unserer von Druckschriften überfluteten Zeit fehlt den meisten die Muße, alles, was an periodischen Schriften auf den Schreibtisch flattert, zu genießen.

Man muß darum dem Rhein-Mainischen Verband für Volksbildung und dem Sozialen Museum Dank wissen, daß sie zu Kobelts fünfzigjährigem Doktorjubiläum am 13. Dezember 1912 die in den „Gemeinnützigen Blättern"

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zerstreuten Arbeiten zusammen mit einigen anderswo erschienenen Aufsätzen zu einem stattlichen Bande vereinigt haben, als Festgabe und Dank dar- gebracht, ihm „der über vierzig Jahre als Gelehrter, als Mann der selbstlosen werktätigen Liebe, als schöpferischer Organisator und als Mensch Vorbild und Führer gewesen ist."

Die größere Hälfte des Buches enthält Aufsätze über die Heimatkunde im engeren Sinn, und es gibt kaum eine Sparte dieses Gebietes, die K o b e 1 1 nicht behandelt. Aufsätze aus der zoologischen Heimatkunde („Der Lachs in unserem Gebiet", „Unsere Mäuse") stehen neben botanischen („Die Eichen der Hanauer Forsten", „Pflanzenschutz"), mineralogischen („Eine Sammlung heimatlicher Gesteine aus angeschwemmter Ebene"), geologischen („Die Torf- und Braunkohlenlager in der unteren Mainebene und dem Ried") und meteo- rologischen („Gewittergeographie"). Abhandlungen über die prähistorische und historische Entwicklung unserer Gegend und insbesondere unseres Wald- gebietes finden sich wohl nirgends in solcher Vielseitigkeit zusammengestellt. Wir greifen nur „Die wirtschaftliche Urgeschichte der Mainebene" heraus. Hier wird die geologische Entstehung der Gegend von Hanau bis Mainz seit dem Beginn des Tertiärs geschildert, die Steinbruch-, Kalk- und Ziegel- industrie aus den stratigraphischen Vorbedingungen heraus erklärt, über die Besiedelung der Landschaft von der älteren Steinzeit bis zu den Römern berichtet. Die Lektüre der Aufsätze über die Niederlassung der Franken und die Schicksale der Dreieich braucht nicht besonders empfohlen zu werden. Ist doch Kobelt als der beste Kenner dieser Materie bekannt!

Im zweiten Teil des Buches sind zunächst unter dem zusammenfassen- den Titel „Volkswirtschaft" Fragen hauptsächlich landwirtschaftlicher und genossenschaftlicher Natur behandelt. Hier ist es neben dem vielseitigen Gelehrten der warmfühlende Mensch, der besonders hervortritt. Denn je mehr Kobelt sich selbst bescheiden in den Hintergrund stellt und viele von ihm geschaffene Institutionen wie mühelos von selbst geworden schildert, umso- niehr merkt man seine vielseitige Tätigkeit, die immer wieder, von den engen Grenzen Schwanheims ausgehend, auf alle gemeinnützigen Bestrebungen im Maingau befruchtend gewirkt hat. Es ist rührend zu sehen, wie ein Mann, den seine wissenschaftliche Tätigkeit auf den Gebieten der Zoologie der Weichtiere und der Tiergeographie in den ersten Rang lebender Naturforscher stellt, Ratschläge erteilt, die die Bauern der Umgegend befähigen sollen, einen möglichst großen Vorteil aus der Anwendung von Düngemitteln zu ziehen, wie er Vorschläge zu rationeller Ziegenzucht gibt. Die näheren Kenner der Konsumvereinsbewegung werden sich freuen, seine Vorschläge zu lesen, die geeignet sind, eine Vertiefung des Genossenschaftswesens herbeizuführen. Er hat in sich die manchesterliche Auffassung überwunden, die in einem Verein lediglich eine Summierung von Einzelindividuen zu irgendwelchen Zwecken erblickt; er will keine Vereine, sondern Genossenschaften, bei denen sich jeder als Teil einer höheren Einheit fühlt, wo durch die Integration dieser ein neues sozialbiologisches Individuum hervorgeht. Deshalb bekämpft er auch die Richtung, die in dem Konsumverein lediglich den Lieferanten billiger Lebensmittel, verbunden mit einer Weihnachtskasse sieht; er will vielmehr, indem er die Nichtverteilung mindestens eines Teiles des Geschäfts- überschusses vorschlägt, ein Grundvermögen sammeln, das in der mannigfach-

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sten Weise Gemeinnütziges wirken kann. Kohlenkassen, Volksversicherung und Baugenossenschaften können sich so den Konsumvereinen angliedern.

Mit den Baugenossenschaften betreten wir ein weiteres Gebiet, das K o b e 1 1 beackert hat, das des Ansiedelungswesens. Der uns zur Verfügung gestellte Raum verbietet uns, ihm hier zu folgen. Wir wollen nur darauf hinweisen, daß der Verfasser mit seiner pessimistischen Beurteilung der Zu- kunft der Gartenstadtbewegung für unsere Gegend leider recht zu behalten scheint.

In den beiden letzten Abschnitten beschäftigt sich K o b e 1 1 mit Volks- bildung und Hygiene. Als echter Genossenschaftler widerlegt er den Vor- wurf der Vereinsmeierei und weist die Nützlichkeit auch sonst häufig ver- spotteter Musik- und Unterhaltungsvereine nach. Er legt auch ein gutes Wort für den natm-wissenschaftlichen Sammeleifer unserer Jugend ein. Seine Aufsätze zur Bekämpfung des Alkoholismus und der Tuberkulosegefahr sind der weitesten Verbreitung würdig.

Mit der Ausdehnung und Verbreiterung des Gebietes der Naturwissen- schaften in unserer Zeit sind neben großen Vorteilen auch unleugenbare Nachteile verbunden. Die Spezialisierung der Forscher auf einzelne Teilge- biete und deren stetes Wachstum verhindert manchmal den Überblick über das Ganze und ist ungünstig für die Kenntnis der Grenzgebiete. Sie er- leichtert dem eingeschworenen Fachmenschen gegenüber dem schöpferischen Forscher das Fortkommen. Notwendig ist für den Fortschritt, daß von außen die Befruchtung diu-ch neue Ideen an die einzelnen Wissenschaften heran- tritt. So hat Kobelt, von Hause Arzt, sowohl Naturwissenschaften als Volkswirtschaft in ihrem Innersten bereichert, indem er den Begriff der Wohngebietsgemeinschaft in sie eingeführt hat. Eine naturwissenschaftliche Heimatkunde wird bisher an keiner Universität gelehrt. Es wäre der Mühe wert, hier in Frankfurt einmal den Versuch zu machen und eine Vorlesung , Biologie des Maingaus" einzuführen. Wir glauben, die Ausführung dieser Anregung wäre die schönste Ehrung unseres Kobelt.

Und nun zum Schluß ! Die Gemeinde, in der Kobelt wirkt, hat seine Verdienste gewürdigt, indem sie ihn zum Ehrenbürger ernannt hat. Diese Ehrung gilt nicht nur nicht einmal in erster Linie dem Gelehrten, sondern dem so vielseitig hilfreichen Menschen. Möge ihm vergönnt sein, noch eine recht lange Reihe von Jahren zu wirken und viel des von ihm ausgestreuten Samens aufgehen zu sehen 1

H. Seckel.

Mikroskopisches Praktikum für systematische Botanik (I. Angiospermae). Von Prof. Dr. M. Mob ins. VIII u. 216 S. mit 150 Abbildungen im Text. 8°. Berlin (Gebrüder Born- traeger) 1912. Preis gebunden M. 6.80.

Das reizvolle Möbiussche Büchlein bietet etwas, was bisher noch nicht vorhanden war, nämlich eine Anleitung zu mikroskopischen Be- obachtungen im Dienste der Systematik. Dabei werden die Blüten- teiie auf ihre systematisch wertvollen Merkmale hin an einfachen, durch Hand- schnitte oder Zerlegung gewonnenen Präparaten demonstriert. Stärkere Ver-

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größerungen brauchen nicht angewandt zu werden. Die vegetativen Teile werden nur nebenher hier und da betrachtet. Alle, die einzelnen Arten kennzeichnenden Merkmale treten gegenüber den Gattungscharakteren in den Hintergrund, so daß die Grundtatsachen der Systematik klar hervor- gehoben werden. Dementsprechend findet auch die Verteilung von Idioblasten, Haaren usw., sowie die Zusammensetzung und der Verlauf der Leitbündel nebst ähnlichem kaum Berücksichtigung.

Somit ist der Kreis der vorgeführten Baueigentümlichkeiten ziemlich eng. Dafür ist aber die Anschaulichkeit um so größer. Es erscheint mir überhaupt neben dem vom Verfasser betonten Vorzug, die Systematik gewissermaßen prak- tisch zu lehren und so eine Ergänzung der Bestimmungsübungen zu bieten, sehr wertvoll, daß die vorgeschlagenen Übungen von der Betrachtung mit bloßem Auge zur mikroskopischen Untersuchung überleiten. Gerade diese, für die Anschauung so wichtige Überleitung wird in der Botanik vielfach ver- nachlässigt. Hier kann das Möbiussche Buch einen ebenso wertvollen Wandel schaffen wie bei der Art der Einprägung der in unseren pflanzen- physiologisch orientierten Instituten meist nur theoretisch vorgetragenen

systematischen Tatsachen.

Ervst G. Pringsheim.

Einführung in die Lehre vom Bau und den Verrich- tungen des Nervensystems. Von Prof. Dr. Ludwig E dinger. Zweite, vermehrte und verbesserte Auflage. VI und 234 S. mit 176 Abbildungen. 8°. Leipzig (F. C. W. Vogel) 1912. Preis brosch. M. 6.—, geb. M. 7.50. Die neue Auflage des Werkes bringt zu dem Inhalt der ersten einen Zuwachs von drei Kapiteln und vielen Abbildungen. Dem peripheren Nerven- system ist ein besonderer Abschnitt gewidmet, unter eingehender Berück- sichtigung des viszeralen (Eingeweide-) Systems, dessen Funktionen durch sehr instruktive Tafeln erläutert werden. Neu und dvu-ch Übersichtlichkeit bemerkenswert ist ferner ein Schema der Segmentinnervation der Muskulatur, das einem längst empfundenen klinischen Bedürfnis entgegenkommt. Aber abgesehen von solchen Einzelheiten wird das Ganze gekrönt durch die neu eingefügte Vorlesung über die Beziehungen zwischen dem Aufbau des Nerven- systems und seiner Tätigkeit, wodurch der Verfasser den Anschluß der Ana- tomie an die Psychologie erstrebt: Die aus der vergleichenden Anatomie sich ergebende Scheidung des Gesamtgehirns in Paläencephalon und N e e n- cephalon führt zu einer prinzipiellen Trennung der Funktionen beider. E d i n g e r schlägt vor, bei Leistungen des Paläencephalons nicht von Wahr- nehmungen und Handlungen, sondern von Rezeptionen und Motus zu sprechen und das Dazwischenliegende nicht als Assoziation, sondern als Relation zu bezeichnen. Den Begriff der Assoziation wünscht er für die Beziehungen zwischen den Funktionen des Neencephalons zu reservieren, die als Praxien und Gnosis gekennzeichnet werden. In den so geschaffenen Rahmen lassen sich die psychischen Vorgänge beim Menschen sowohl wie bei höheren und niederen Tieren zwanglos einordnen, in einer Weise, die an der Hand der

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Anatomie neue Gesichtspunkte für die Analyse und Beurteilung psychischer Erscheinungen eröffnet.

Das Werk nennt sich „Einführung". Wohl demjenigen, dem schon die erste Beschäftigung mit den Problemen des Nervensystems durch solchen Wegweiser vermittelt wird, der ihm statt bloßen Gedächtnismaterials eine Fülle von Anregungen gewährt! Aber auch wer sich tiefer in einzelne Pro- bleme hineingräbt, braucht ein Werk wie das vorliegende, um über der Detail- arbeit des Arztes oder Forschers nicht den Anschluß an das Ganze zu ver- lieren. Darin liegt wohl auch vor allem der didaktische Wert des Buches, daß bei keiner der zahllosen anatomischen Einzelheiten der Blick auf die dahinterliegenden Probleme verdunkelt wird. So bedeutet die Art der Dar- stellung an und für sich die vollkommene Lösung eines schwierigen Problems.

Gustav Oppenheim.

Vom Kongo zum Niger und Nil. Berichte der deutschen Zentralafrika-Expedition 1910/1911. Von Adolf Friedrich Herzog zu Mecklenburg. 2 Bände. XX u. 722 S. mit 512 bunten und einfarbigen Abbildungen nach Photographien und Zeichnungen, sowie mit 6 Karten. 8". Leipzig (F. A. Brock- haus) 1912. Preis gebunden M. 20.—.

Der Verlauf der Forschungsreisen, über die unter dem Titel: „Vom Kongo zum Niger und Nil" nunmehr ein reich illustrierter Bericht vorliegt, ist den Mitgliedern der Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft wohlbekannt. Am 15. Februar 1912 hat der Hohe Leiter der Expedition, der gegenwärtige Kais. Gouverneur von Togo, in dem bis zum letzten Platze mit einer gespannt lauschenden Menschenmenge besetzten Albert-Schumann- Theater über seine eigene Reise zur Erforschung des Schari- und Tschadsee- Gebietes unter Vorführung zahlreicher Lichtbilder berichtet.*) Zugleich hat eine Ausstellung im Völkermuseum Kunde von der reichen naturwissenschaft- lichen und ethnographischen Ausbeute der deutschen Zentralafrika-Expedition gegeben, und haben die Aquarellskizzen des Malers, der den Herzog begleitete, die Überlegenheit des Künstlerauges über die Augenblicksbilder der Kamera gezeigt.

Hinzu kam ein Vortrag, den der Zoologe Dr. Schubotz über seine erfolgreiche Sonder-Expedition in das Heimatgebiet des Okapi bei der Jahres- feier unserer Gesellschaft am 19. Mai 1912 gehalten hat.-) Schubotz hatte den Herzog bis zum Tschadsee begleitet; er wollte dann auf der Wasser- scheide zwischen Schari, Kongo und Nil sammeln, mußte aber wegen der Unruhen im Dar-Kuti-Gebiet einen südlicheren Weg nehmen und erreichte (siehe die Übersichtskarte im 43. Band unseres „Berichts"), am Uelle ost- wärts dringend, den Weißen Nil bei Lado. Das Reisewerk nimmt im IL Band S. 372 Anm. Bezug auf diesen Vortrag, der die zoologischen Ergebnisse der

') Adolf Friedrich Herzog zu Mecklenburg „Über seine II. Innerafrika-Expedition" (Referat). 43. Bericht d. Senckenberg. Naturf. Ges. 1912 S. 151—155.

2) H. Schubotz „Zoologische Ergebnisse usw." Ebenda S. 324— 858.

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Sonderexpedition zusammenfaßt. Schubotz verdankt die Gesellschaft das seltene Okapi, über dessen Aufstellung Prof. zur Strassen kürzlich be- richtet hat,') Es gereicht unserem Museum zur Ehre, daß der Herzog die Photographie unseres ruhig-äsend dargestellten Exemplares für würdig ge- halten hat, in seinem Reisewerk aufgenommen zu werden neben dem hübschen Aquarellbild auf der Einbanddecke des II. Bandes, das ein Okapi in dem ihm '^wahrscheinlich eigenen Paßgang zeigt.

Sodann haben wir am 30. November 1912 den Bericht des Oberleutnant a. D. Dr. Schnitze gehört. Ihn hat sein Sonderweg durch die nunmehr deutsch gewordene Hyläa des Ssanga geführt, in der er Pygmäen antraf, Kunde von einem Löwen des Urwaldgebietes erhielt und unter anderem einen alten Tschego erbeutet hat, der in unser Museum gelangt ist. Schnitze hat be- sonders den geographischen und geologischen Verhältnissen, dem Pflanzen - und Insektenleben des durchreisten Gebietes seine Aufmerksamkeit gewidmet.^)

Bekannt ist endlich, in wie tatkräftiger Weise viele Frankfurter, und gerade solche, die unserer Gesellschaft nahestehen, das große Unter- nehmen des Herzogs im Dienste der deutschen Wissenschaft finanziell unter- stützt haben, wodurch die hiesigen Museen bei der Ausbeute besonders be- rücksichtigt werden konnten.

Gerade durch die nähere Bekanntschaft mit Führern und Förderern der so überaus gefahr- und erfolgreichen Expedition gewinnt das Werk des Herzogs für die Mitglieder unserer Gesellschaft einen besonders hohen Wert. Neben den naturwissenschaftlichen Ergebnissen, die Fachgelehrte noch auf Jahre hinaus beschäftigen werden, findet der Leser viele ausgezeichnete Be- merkungen über die Geschichte und Kultur der Bevölkerung. Wie bald werden die alten Zustände, die manchmal an die Kreuzritterzeit gemahnen, durch den unaufhaltsam vordringenden europäischen Handel vernichtet, Flora und Fauna gänzlich verändert sein I Wir lesen treffliche Schilderungen des Hauptmanns von WieseundKaiserswaldau, der unter ungeheuren Schwierigkeiten durch von Kanibalen bewohnte Wälder zum mittleren Nil durchdrang, und des Botanikers Mildbraed, der entzückende Bilder der Hyläa und der Inseln im Golf von Guinea entrollt, sowie des Kunstmalers Heims, dessen Löwin Simba durch tolle Streiche die Sympathien des Lesers gewinnt.

Der Name des Verlags bürgte von vornherein für eine vorzügliche Aus- stattung des Werkes. Neben der scharfen Wiedergabe zahlreicher Photo- graphien aus Steppe und tropischem Regenwald, die oft unter großen Schwierig- keiten entstanden sein mögen, seien der Abdruck reizender Bleistiftskizzen der Expeditionsteilnehmer, sowie die schwierige Wiedergabe zahlreicher Aquarelle besonders hervorgehoben. Sechs ausführliche Karten vervollstän- digen das Werk ; in die Übersichtskarte, die mit Erlaubnis des Verlags unserem vorjährigen „Bericht" beigegeben ist, hat Schubotz das Verbreitungsgebiet des Okapi eingezeichnet.

Ä. Jassoif.

') O. zur Strassen „Die Aufstellung des Okapi". Ebenda S. 287— 292. ^) Der Vortrag erscheint ausführlich im 2. Heft dieses „Berichtes".

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Wie lege ich einen Garten an? Ein neues Gartenbuch. Nach Rogers Gartenbuch im Auftrage der Gesellschaft für Heimkultur e. V. herausgegeben von Landesökonomierat A. Siebert, Direktor des Frankfurter Palmengartens, Prof. W. Seh öl er mann und Garteninspektor 0. Kraus. 334 S. mit 202 Abbildungen. 8°. Wiesbaden (Westdeutsche Verlags- gesellschaft m. b. H.) ohne Jahreszahl. Preis geb. M. 7.50. In England sucht jeder, der einigermaßen dazu imstande ist, ein eigenes Häuschen mit einem Garten zu besitzen. Dort ist die Gartenkunst deshalb auch mehr zu Hause als in Deutschland, wo gegenwärtig verschiedene Par- teien mit den merkwürdigsten Theorien über diesen Gegenstand einander bekämpfen. Da war es ein sehr glücklicher Gedanke, das englische Buch von B. R o g e r s ins Deutsche zu übertragen, und so die deutschen Garten- liebhaber damit bekannt zu machen, nicht damit sie sich genau danach richten, sondern damit sie aus dem Geist des Buches gute Gedanken schöpfen. In einfacher Sprache, in der sich ebenso die Liebe des Verfassers zum Garten wie seine gründliche Kenntnis auf dem ganzen Gebiet ausdrückt, wird alles erörtert, was für die Gartenanlage in Frage kommt: von der Auswahl des Terrains und dessen Bewertung an bis zu den Gartengerätschaften und den einzelnen Pflanzen, von welch letzteren die empfehlenswerten in mehreren Listen zusammengestellt sind. Um den Standpunkt des Verfassers zu charak- terisieren, heben wir nur zweierlei hervor, nämlich daß er die Blumenzucht im Garten an die erste Stelle setzt, und daß er in der Gartenkunst das Zweckmäßige als entscheidend betrachtet, worunter er das Wohlergehen der Blumen und die Bequemlichkeit und Behaglichkeit des Gartenbenutzers versteht. Wie nun dies mit dem Malerischen zu vereinigen ist, das zeigen die einzelnen Abschnitte, auf die wir nicht näher eingehen können, und zwar nicht nur in dem gut übersetzten Text, sondern auch in den zahlreichen Text- figuren und Tafeln. Zu letzteren gehören 32 Gartenpläne, an denen beson- ders die Vermeidung von Kurven und spitzen Winkeln in der Wegführung, wenigstens bei den kleinen Gärten, auffällt. Und gerade für die Anlage kleinerer, einfacher Gärten kann das Buch recht empfohlen werden. Auch seine Ausstattung ist, was Druck und Abbildungen anbetrifft, sehr zu loben. Was zu tadeln ist die Einschiebung von Anzeigen im Text , fällt der Verlagsgesellschaft zur Last vnid kann bei einer zweiten Auflage, die hoffent- lich recht bald erforderlich sein wird, leicht beseitigt werden.

31. Möhius.

Aus der Schausammlung.

Pheiiacodus primaevus Cope.

Mit einer Abbildung.

Mit der Erforschung der Stammesgeschichte unserer Tier- welt geht es genau wie mit der Zusammenstellung eines Familien- stammbaumes. Die Vorfahren aus den letzten hundert oder zwei- hundert Jahren sind leicht festzustellen; dann wird die Über- lieferung immer spärlicher, die Kirchenbücher versagen, und vor dem Dreißigjährigen Krieg bietet nur noch der Zufall gelegentlich die eine oder andere Entdeckung. Um so freudiger aber werden solche Funde begrüßt, da sie oft ein Licht auf eigenartige ver- wandtschaftliche Beziehungen werfen, deren Kenntnis ganz ver- loren gegangen war. Auch in der Stammesgeschichte irgendeiner Tiergruppe ist es meist leicht, durch die eben verflossene geo- logische Epoche den Faden fortzuspinnen. Je weiter man aber in der Geschichte unserer Erde zurückblickt, um so größer werden die Lücken in der Überlieferung, und schließlich sind es auch nur Zufallsfunde, deren richtige Behandlung oft ungemein schwierig ist, die aber zui' Feststellung der Beziehungen zu anderen Tier- gruppen die allergrößte Wichtigkeit haben. Die Wertschätzung solcher Funde ist natürlich entsprechend hoch, und jedes Museum preist sich glücklich, wenn es z. B. einen einzelnen Zahn oder einen isolierten Knochen eines primitiven Ursäugetiers sein Eigen nennen darf. Denn vollständige Skelette existieren überhaupt nicht, und die Fälle, wo ein größerer Teil eines Skeletts gefunden worden ist, sind ganz vereinzelt geblieben.

Zu den primitivsten aller Säugetiere, und zwar in die Ahnen- reihe der Huftiere, gehört nun auch der Phenacodus, den unsere Abbildung zeigt. Man kennt von dieser Gattung bis jetzt zwei Arten, und von jeder Art war ein Skelett bekannt, beide stark ergänzt und beide in New York. In Europa werden einzelne

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Zähne in den Museen von München, Tübingen und London als Kostbarkeiten ersten Ranges aufbewahrt. Schon hieraus geht der ganz außerordentliche Wert eines dritten Skeletts hervor, dessen Erwerbung und Aufstellung uns nur durch das wirklich großartige Entgegenkommen des befreundeten New Yorker Mu- seums möglich geworden ist.

Alle echten Teile unseres Phenacodus stammen von einem einzigen Individuum, das im Jahre 1910 von W. Granger west- lich von den Big Horn-Bergen im nördlichen Wyoming (3 Meilen südlich von Otto) gefunden und mit äußerster Sorgfalt ausge- graben wurde. Die Ergänzungen sind exakte Abgüsse von dem einen gleich großen Skelett derselben Art in New York, so daß durch das Frankfurter Stück den europäischen Forschern zum ersten Male Gelegenheit gegeben wird, einen Phenacodus als den typischsten Vertreter der uralten Condylarthra selbst zu unter- suchen.

Unter diesem Namen faßt man die ältesten aller Huftiere zusammen, die sich bis jetzt wenn man von ganz dürftigen Funden in Europa absieht nur in den tiefsten Tertiärschichten Nordamerikas (Untereozän) gefunden haben. In den gleichen Schichten liegen auch die Ahnen der späteren Raubtiere, Insekten- fresser und anderer Ordnungen begraben. Wenn man dies aber nicht wüßte, wenn man nicht die Stammbäume bis in jene Zeit hätte zurückverfolgen können, so würde kein Forscher daran ge- dacht haben, in den Resten des Tierlebens der damaligen Zeit eine ganze Reihe verschiedener Tierordnungen zu unterscheiden. So ähnlich sind alle diese Tiere, so nahe verwandt erscheinen sie uns dadurch, daß sie alle auf einer primitiven Entwicklungsstufe stehen, und daß diese eben bei den meisten Säugetiergruppen sehr ähnlich ausgesehen hat. Sie haben alle einen niedrigen, langgestreckten Schädel, ein ganz vollständiges Gebiß mit der Zahnformel 3.1.4.3 im Ober- und Unterkiefer, die später bei den meisten Ordnungen stark reduziert wird, und fünfzehige Extremitäten. Später findet fast stets auch eine Reduktion der Zehenzahl statt, die z. B. in der besonders gut erforschten Pferde- reihe schließlich zur Herausbildung des einzehigen Fußes unseres Pferdes geführt hat. Es ist auch leicht erklärlich, daß es bisher nur in den seltensten Fällen gelungen ist, die spärlichen und stets stark zerstörten Funde irgendeines Vertreters der Condyl- arthra mit Sicherheit in den Stammbaum einer bestimmten

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Huftiergruppe einzureihen. Bei Phenacodus scheint der Bau der Füße, besonders das starke Hervortreten der mittleren Zehe, zu beweisen, daß das Tier zu den Ahnen der Unpaarhufer gehört; aber am Schädel z. B. ist eine ganze Reihe entschiedener Raub- tiercharaktere zu erkennen. So kommt es, daß bis heute nicht einmal Einigkeit darüber herrscht, ob wir in diesem seltenen Typus den Ahn einer jetzt lebenden Tiergruppe vor uns haben, oder ob hier, wie einer der besten Kenner, H. F. Osborn, meint, das Endglied einer Stammreihe vor uns steht, dessen unbekannte Vorläufer in viel früheren Zeiten gelebt haben und das selbst keine Nachkommen mehr hinterlassen hat, sondern ausgestorben ist. Mit unserem Phenacodus ist das erste Skelett aus dem Untereozän überhaupt in ein europäisches Museum gelangt. Kein Stück dürfte ein schöneres Denkmal für das rege Interesse sein, das unser verstorbenes Mitglied San.-Rat Dr. Ernst Blumen- thal stets für die Entwicklung der paläontologischen Abteilung unseres Museums gezeigt hat. Seinem Sohn, Prof. Otto Blumen- thal in Aachen, verdankt das Museum eins seiner wertvollsten Objekte und gleichzeitig ein verständnisvolles, einzigartiges Zei- chen der Erinnerung an den zu früh verstorbenen Freund des Tierlebens der Vorzeit.

F. Drevermann.

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Lehrtätigkeit von April 1912 bis März 1913.

I. Zoologie.

Sommerhalbjahr: Prof. zur Strassen führte Dienstags abends die im Winter 1911 12 begonnene Darstellung der „Ent- wicklungsmechanik" zu Ende. Es wurde gezeigt, daß die Er- scheinungen der Formregulation ebensowenig einer mechanisti- schen Erklärung entzogen sind wie die der normalen Entwicklung. Da auch in den früheren Vorlesungen über Tierpsychologie und über Abstammungslehre die prinzipiell-mechanistische Erklärbar- keit der dort behandelten Probleme nachgewiesen worden war, gelangte der Vortragende zu dem Gesamtergebnis, daß kein Grund vorliege, die Existenz vitalistischer, zielstrebiger oder gar über- natürlicher Geschehensgründe im Reiche des Organischen anzu- nehmen.

Mittwochs nachmittags von 4 6 Uhr fand ein makroskopi- scher Kursus über die Anatomie wirbelloser Tiere statt. Zur Präparation gelangten an je einem Tage: Regenwurm, Blutegel, Nacktschnecke, Weinbergschnecke, Teichmuschel, Tintenfisch, äußere Anatomie des Flußkrebses, seine Verdauungs- und Ge- schlechtsorgane, sein Nervensystem, äußere Anatomie der Heu- schrecke, Raupe, Küchenschabe, Libellenlarve, Biene.

Der im Winter 1911/12 begonnene Jugendkursus (Frau M. Sondheim) wurde miter Teilnahme von 24 Knaben und Mäd- chen während des ganzen Jahres fortgesetzt. Im Sommer wurde zunächst die Anatomie des Frosches wiederholt und alsdann zu den Arthropoden übergegangen, von denen Flußkrebs, Heuschrecke, Küchenschabe, sowie die Mundteile verschiedener Insektenfami- lien teils makroskopisch, teils mikroskopisch präpariert wurden. Außerdem fanden für die Teilnehmer des Jugendkurses zwei Exkursionen auf die Praunheimer Wiesen, eine Führung durch

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den Zoologischen Garten und eine durch die Insektensammlung des Museums statt.

Die zoologischen Exkursionen wurden von Prof. Knoblauch und Prof. Sack geleitet. Auf zwölf Ausflügen in die nähere und weitere Umgebung Frankfurts lernten die Teilnehmer zahl- reiche Vertreter unserer Wirbeltier- und Wirbellosen-Fauna in ihren charakteristischen Lebensbezirken beobachten und für Samm- lungszwecke eintragen.

Das Ziel der meist bei schönem "Wetter unternommenen Exkursionen war:

30. März: Seckbach-Mainkur

21. April: Münster-Lorsbach-Eppstein

28. April : Sprendlingen-Buchschlag-Mitteldick

12. Mai: Trebur-Nackenheim 25. bis 28. Mai: Idstein

2. Juni: Schwanheimer Wald 8. Juni: (abends) Schwanheimer Eichen 15. Juni: Offenbach-Mühlheim a. M.

22. und 23. Juni : Hoherodskopf im Vogelsberg

29. Juni: Schwanheimer Sand 6. und 7. Juli: Braubach a. Rh.

13. Oktober: Köpperner Tal.

An Reptilien und Amphibien durften wir nach den ergebnis- reichen Exkursionen des Vorjahres keine neuen Formen für unser Faunengebiet erwarten. Dagegen wurden neue Fundorte fest- gestellt : für Rana arvnlis Nilss. die Gegend von Mühlheim a. M., für Pelohates fuscus Laur. unser Treburer Terrain, wo wir jetzt alle bei uns auftretenden Anuren, außer Alytes ohstetricans Laur. und Bana agiUs Thomas, gefunden haben. Diesmal wurden dort sehr interessante Bastarde, offenbar von Rana esculenta L. und arvalis Nilss. in allen möglichen Zwischenfärbungen beobachtet; Alytes-hdiTYQn wurden im Frühjahr bei Eppstein gefangen. Eben- falls hier und bei Nieder- Auroff kam Molge j^ff^maia Sehn. vor. Unter Baumstämmen an der Trompeterstraße hatte sich eine größere Anzahl Feuersalamander versammelt. Von erbeuteten Reptilien verdient Lacerta viridis Laur. Erwähnung, die wieder- um bei Braubach in die Schlinge ging. Lacerta vivipara Jacq. kommt in der Umgegend von Sprendlingen vor.

Der größte Nutzen erwuchs den Insektensammlungen des Museums. Namentlich die dreieinhalbtägige Exkursion nach Idstein

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lieferte reiches Material an Plecopteren und Trichopteren, die im allgemeinen wenig gesammelt werden und auch bei uns noch sehr schwach vertreten sind. Wer die neuaufgestellte Schau- sammlung der sog. niederen Insekten aufmerksam durchmustert, findet unsere Exkursionsplätze als Fundorte für zahlreiche Arten, die für uns überhaupt neu sind oder bisher mangelhaft vertreten waren, wie Chloroperla grammatica Scop., hifasciata Pict., Tae- niopteryx trifasciata Pict., kempniji Klap., Nemnra lateralis Pict. (alle von Idstein), Nemura variegata Ol. (Braubach), Hemerobius nervosus F. (Braubach), Sialis fuligmosa Pict. (Idstein), Rhya- cophila vulgaris Pict. (Köppern), Limnop)hilus hipunctatus Curt. (Sprendlingen), Stenophylax concentricus Zett. (Idstein), Chaeto- pteryx ohscurata Mc. Lachl. (Köppern). Die wissenschaftliche Sammlung erfuhr noch beträchtlicheren Zuwachs an niederen In- sekten; für unsere allerdings noch sehr kleine Thripsidensamm- lung ist die bei Braubach auf Ackerwinden gefangene Aeolothrips fasciata L. neu. Auch Entwicklungsstadien, die auf späteren Exkursionen zu ganzen Biologien vervollständigt werden können, wurden eingetragen, so alle Stadien von Lhnuophüus bipuncfatus Curt, mit Ausnahme von jungen Larven und Eiern. Von Käfern wurden zahlreiche Larven, namentlich unter Rinde und im Mulm, erbeutet; die Zerlegung eines gefällten morschen Birnbaumes er- gab Käfer und Larven von Sinodendron cylindricum L. An der Lahn bei Runkel wurde unter anderen Bockkäfern die seltene kleine Phyfoecia molybdaena Dalm. gestreift. Einen Einblick in das Leben und Treiben unserer größten Käfer, Ceraynbijx cerdo L. und Lucanus cervus L., gewährte die Nachtexkursion nach den Schwanheimer Eichen. Interessante Bergformen brachte die Vogelsbergexkursion, wenn ihr koleopterologisches Ergebnis sich freilich auch nicht mit der Ausbeute messen kann, die L. von Hey den vor fast fünfzig Jahren im Vogelsberg erzielt hat (1867; siehe 12. Bericht d. Offenb. Ver. f. Naturk. 1871 S. 42—51), trotz der damaligen Unwirtlichkeit dieses großen Basaltkegels. Der schwarze Apollo, Parnassius mnemosyne L., den von Heyden zahlreich beobachtete, kam auch im vergangenen Sommer in einem Stück ins Netz, obwohl seine eigentliche Flugzeit schon vorüber war. Von weniger häufigen Faltern waren Melitaea parthenie Bkh., Chrysophaiius hijjpothoe h., Hemaris scabiosae Z. und Mamestra glauca Hb. vorhanden. Unter den gefangenen Hymenopteren befand sich damals auch die große Blattwespe

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Abia sericea L. mit dem grünseiden glänzenden Abdomen. Bei Schwanheim war die Afterraupe von Lophijrus pini L. stellen- weise wieder einmal häufig anzutreffen. An jungen Eichen des Schwanheimer Waldes, durch den uns sein berufenster Kenner, Prof. Kobe It, geführt hat, tritt die Schildlaus Kermes quercus L., namentlich an den Schneisen, sehr zahlreich auf. Eine aus einem alten Stollen bei Idstein herausgeholte Fledermaus (Rhino- lophus hipposideros Bechst.) gab Gelegenheit zur Jagd auf die interessanten und seltenen schmarotzenden Nycteribien. Die seltene Breme Cephenomyia stimulator Clark wurde im Vogelsberg oben auf dem Tauf steinturm in zahlreichen Exemplaren erbeutet ; ihre Larve lebt parasitisch im Rachen des Rehes. Von den niedersten Insekten gingen, wie im Vorjahre, wieder zahlreiche Collem- bolen ein, ferner einige Machiliden und Gampodea, fast regel- mäßig mit Scolopendrella vergesellschaftet; sie dürfte in unserer Gegend recht häufig, aber vielfach übersehen sein. Wenigstens wurde sie an einem Nachmittagspaziergang der Praktikanten des zoologischen Jugendkursus auf den Praunheimer Wiesen in Menge gefangen.

Unter den gesammelten Krustazeen (darunter sehr vielen Onisciden) fand sich wiederum Chirocephalus gruhei T)jh. von Seckbach, Enkheim und der Mainkur. Ein besonders günstiges Fangresultat war eine neue Lokalart von Bithijnella dunkeri Frfld. aus den Quellbächen des hohen Vogelsberges ; sie tritt mit Pisidiiini fontiiiale C. Pfr. zusammen auf. Von hier stammt auch, dem Faunencharakter dieses noch lange nicht genügend erforsch- ten Gebietes entsprechend, Planaria alpina Dana, ein Eiszeit- relikt in den Alpen und den höheren Mittelgebirgen Deutschlands.

Einen sehr interessanten Einblick in ihre großen, praktischen und schönen Anlagen gestattete den Teilnehmern gelegentlich der dritten Exkursion die Geflügelzüchterei H. Wüsthoff & Co. in Sprendlingen,

Ein Gesamtbild über die Vogelwelt gab die am 2. Mai füi* eine größere Anzahl von Damen und Herren veranstaltete Führung von Prof. zur Strassen durch diese Abteilung des Museums.

An den Nachmittagen des 18. Mai und 24. August fanden außerdem unter Leitung von Dr. K. Priemel Führungen durch den Zoologischen Garten statt. Bei dem ersten Besuch wurden die Papageien, Hühnervögel, die niederen Säugetiere, Nagetiere, Raubtiere und Affen besprochen und sodann die reichen Bestände

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des Aquariums, der Reptilien- und Amphibiensammlung einer eingehenden Besichtigung unterzogen. Die zweite Führung be- handelte die Bewohnerschaft der Vogelhäuser und der Teiche, ferner die Robben und die große Sammlung der Huftiere. Die anschließende Besichtigung des Insektenhauses erstreckte sich besonders auf die neuen Anlagen für staatenbildende Insekten. Soweit als möglich wurden bei den Führungen biologisch interes- sante Demonstrationen vorgenommen und dadurch den Teilneh- mern Lebensäußerungen und Gewohnheiten der Tiere vor Augen geführt, die der Besucher zoologischer Gärten sonst nur selten einmal durch Zufall zu sehen bekommt.

Winterhalbjahr: Prof. zur Strassen las Dienstags abends über „Das Tierreich". Damit begann ein Zyklus von Vor- lesungen, der den Bau, das Leben, die Entwicklung und Stammes- geschichte aller Tierklassen behandeln und über mehrere Jahre ausgedehnt werden soll. Im laufenden Semester kamen die Pro- tozoen, Schwämme, von den Coelenteraten die Hydrozoen zur Darstellung. Unser Besitz an farbigen Tafeln wurde durch den Fleiß von Frl. B. Groß und Frl. S. Hart mann wiederum be- deutend vermehrt.

Mittwochs nachmittags fand ein mikroskopischer Kursus statt, bei dessen Leitung Prof. zur Strassen von Dr. Nick und Frau Sondheim aufs beste unterstützt wurde. Folgende Tierformen kamen, die Mehrzahl in lebendem Zustande, zur Untersuchung: Daphniden, Copepoden, die Larven von Cor^clhra, Süßwasser- polypen, zahlreiche Protozoen des süßen Wassers, Foraminiferen, Radiolarien, Opalina, Gregarinen, freilebende Nematoden und ihre Entwicklung, Eingeweidewürmer aus dem Hechtdarm {Triaeno- phorus, Distomen, Echinorhynchen), Taenia^ Dicrocoelium lan- ceatum, Redien und Cercarien.

Im Jugendkursus (Frau Sondheim) wurde während des Wintersemesters vorwiegend mikroskopisch gearbeitet. Durch- genommen wurden eine Reihe von Protozoen, kleine Krustazeen, Hydra, Planarien, sowie verschiedene parasitische Plattwürmer, Nematoden, Regenwurm und Blutegel. Auch wurde eine Führung durch die Coelenteratensammlung des Museums veranstaltet.

II. Botanik.

Sommerhalbjahr: Prof. Möbius las Dienstags und Frei- tags über „Biologie der Pflanzen". Eingeschrieben waren 54

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Damen und Herren. Den ersten Teil der Vorlesungen bildete eine ausführliche Besprechung der Blütenbiologie und der Be- stäubungseinrichtungen ; im Anschluß daran wurden die Erschei- nungen bei der Bastardierung und den sog. Pfropfbastarden be- handelt. Mit der Biologie der Samen und Früchte, ihrer Ver- breitung, der Heterokarpie u. ähnl., der Keimung und vegetativen Vermehrung wurde die Biologie der Fortpflanzungsorgane ge- schlossen. Der nächste Abschnitt behandelte das Verhältnis zwischen Tier und Pflanze, und zwar folgende Kapitel : die Schutz- mittel der Pflanzen gegen die pflanzenfressenden Tiere, die Ameisenpflanzen, die Milbenhäuschen, die Gallen und die tier- fangenden und -verzehrenden Pflanzen. Die besprochenen Er- scheinungen wurden an lebendem und präpariertem Material, viel- fach mit Hilfe von mikroskopischen Präparaten, deren über 200 aufgestellt wurden, an Wandtafeln und anderen Abbildungen demonstriert. Auch die wichtigere Literatur wurde in den Vor- lesungen aufgelegt. Am 28. Juni 1912, dem zweihundertsten Ge- burtstag Rousseaus, wurde statt der eigentlichen Vorlesung ein Vortrag über „Rousseau als Botaniker" gehalten.

Das botanisch-mikroskopische Praktikum für Anfänger (Prof. Möbius) fand Donnerstags von 3 6 Uhr statt; es nahmen 20 Damen und Herren teil. Durchgenommen wurde derselbe Kursus wie vor zwei Jahren : Struktur der Zelle, des Blattes, des Stengels, der Wurzel und Blüte, Typen von den Farnen, Moosen, Algen und Pilzen. Die Präparate wurden von den Praktikanten aus dem frischen oder konservierten Material, das ihnen geliefert wurde, selbst hergestellt.

Die botanischen Exkursionen wurden ungefähr alle vierzehn Tage an Samstagnachmittagen unter gemeinschaftlicher Leitung von Prof. Möbius und M.Dürer veranstaltet. An den acht, die zur Ausführung kamen, beteiligten sich durchschnittlich 13 Personen. Die erste Exkursion (4. Mai) führte, wie üblich, durch den Stadtwald (Frühlingsflora des Buchenwaldes), die zweite (18. Mai) von Hofheim nach Eppstein über die Höhen, mit reicher und interessanter Ausbeute, die dritte (1. Juni) von Flörsheim nach Hochheim (Kalkflora in den Steinbrüchen und Sandflora), die vierte (15. Juni) von Seckbach über Bergen nach dem Enk- heimer Weiher mit seiner reichen Wasserflora, die fünfte (29. Juni) nach der Obertshäuser Viehweide und dem Hengster (interessante Sumpf flora), die sechste (31. August) nach dem Luhrberg bei

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Offenbach (Kalkpflanzen) unci den weiter östlich liegenden Wiesen, die siebente (7. September) von Wixhausen nach Arheilgen (Sand- flora), die achte (14. September) von der Sachsenhäuser Warte nach Isenburg durch den Wald zum Studium der reich entwickel- ten Pilzflora.

Am 8. Juni zeigte Prof. Möbius einer größeren Anzahl Damen und Herren die botanische Abteilung des Museums, die sonst dem Publikum nicht zugängig ist.

Mit freundlicher Erlaubnis des Verwaltungsrates der Palmen- garten-Gesellschaft fanden am 13. April und 15. Juni Besichtigungen des Gartens, namentlich der gärtnerischen Darbietungen in den Pflanzen-Schauhäusern, im Palmenhause und den Parkanlagen unter fachmännischer Führung (Landesökonomierat A. Siebert) statt. Es hat sich gezeigt, daß solche Besichtigungen durch die gegebenen Erklärungen von besonderem Wert sind, weil die Teil- nehmer dabei auf viele interessante Erscheinungen und Neuein- führungen von Pflanzen aufmerksam gemacht und auf Einzel- heiten sowohl inbezug auf die allgemeine Pflanzenkunde als auch auf die geübten Kulturmethoden hingewiesen werden.

Winterhalbjahr: Dienstags und Freitags las Prof. Möbius über: „Morphologie und Anatomie der Pflanzen". Es nahmen 52 Hörer teil. Die erste Hälfte der Vorlesung beschäftigte sich mit der Natur und den Bestandteilen der Pflanzenzelle, die zweite Hälfte mit den Zellkomplexen (Geweben) und dem äußeren und inneren Aufbau der vegetativen Organe des Pflanzenkörpers, der Blätter, Wurzeln und Stämme, wobei natürlich auch deren Ent- wicklung und Wachstum, so besonders zuletzt das sekundäre Dickenwachstum der Holzgewächse, besprochen wurde. Beson- deren Wert hat der Vortragende auf die Demonstration der natürlichen Objekte gelegt und deshalb in den meisten Stunden zwölf Mikroskope mit Präparaten und erläuternden Zeichnungen aufgestellt, während einzelne Stunden zur Projektion mikroskopi- scher Präparate und anderer Objekte benutzt wurden. Auch die einschlägige Literatur wurde nach Möglichkeit aufgelegt.

III. Paläontologie und Geologie.

Sommerhalbjahr: Die Vorlesungen Dr. Dre vermanns brachten das Thema des Winters über „Die Geschichte der Erde" zum Abschluß. Die einzelnen Abschnitte der Erdgeschichte fanden

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eine kurze Besprechung, wobei paläogeographisclie Fragen be- sonders berücksichtigt wurden. Die geologischen Verhältnisse Mitteleuropas waren stets der Ausgangspunkt, und andere Teile der Erde wurden nur zum Vergleich herangezogen.

Die Exkursionen (Dr. Drevermann) wurden zum Teil unter- nommen, um die Diluvialablagerungen der Umgegend kennen zu lernen. Am 11. Mai wurden die Kriftel-Hof heimer Kiesgruben besucht und von da über Weilbach das System der „Mittelter- rassen" überschritten. Am 18. Mai ergab ein Besuch der be- kannten Aufschlüsse bei Vilbel eine reiche Ausbeute von Sand- löß-Konchylien, und es wurden die Aufschlüsse im Rotliegenden, Meeressand und Rupelton besichtigt. Die Pfingsttage wurden wieder zu einer fünftägigen Exkursion benutzt, die diesmal in das Dillenburger Gebiet fülirte, wo der Gebirgsbau durch das Auftreten zahlreicher mächtiger Diabas-Ergüsse und komplizierter Faltungs- und Überschiebungserscheinungen schwierige Probleme darbietet. Die ausgezeichneten neuen geologischen Aufnahmen der Gegend gestatteten trotzdem ein Eindringen in die Lagerungs- verhältnisse. So brachte der erste Tag (25. Mai) das Studium der gewaltigen Deckdiabas-Massen und des wundervollen Schup- penstruktur-Aufschlusses bei Oberscheid, der zweite Tag den Be- such der neueren Bahnaufschlüsse und des altberühmten Culm- Fundortes bei Herborn, sowie am Nachmittag das Studium der Mittel- und Oberdevon-Kalke von Bicken und Offenbach. Am dritten Tag ging es nach Langenaubach, wo Riffkalk mit groben Breccien und eine Fülle der mannigfaltigsten Gesteine das Ober- devon vertreten; der Nachmittag brachte einen Aufstieg zu den tertiären Braunkohlen, Tonlagern und Basaltdecken des Wester- waldes und einen Abstieg durch ein wundervolles Trockental im Riffkalk, an dessen Ausmündung mächtige Wassermassen dem Boden entquellen. Am Dienstag durchquerten die Teilnehmer den breiten Silurzug bei Greifenstein und wanderten durch präch- tige Wälder über die Dianaburg und den Mitteldevonfundort von Leun nach Braunfels, das ein fröhlicher Abschiedsabend wohl noch lange in freundlicher Erinnerung erhalten wird. Am letzten Tag gings zur Bahn hinab nach Weilburg, wo immer noch fleißig gesammelt und die reiche Ausbeute vermehrt wurde. Am 9. Juni wurde die alljährliche Exkursion nach Flörsheim und dem Heßler unternommen, am 15. Juni das Wickertal mit seinen diluvialen Schottern untersucht. Der 30. Juni galt dem Besuch der Steinauer

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Höhle, wobei das Profil durch Röt und Wellenkalk, sowie der große prächtige Basaltbruch auf der anderen Talseite eingehend besichtigt wurden. Am 6. und 7. Juli war das Rheintal das Ziel einer größeren Exkursion. Von den ältesten Schichten des Taunus an, die bei Aßmannshausen studiert wurden, führte die Wanderung den Rhein hinab durch Taunusquarzit und Hunsrückschiefer, die dem Tal ein so wechselvolles Aussehen verleihen, bis St. Goar. Am zweiten Tag wurden zahlreiche Unterdevonpetrefakten im Schweizerbachtal gesammelt und vor allem die alten Talterrassen des Rheines von der Höhe bei Bornich eingehend betrachtet; dann gings über die Lurlei zurück nach St. Goar und in lustiger Dampferfahrt nach Bingen und weiter nach Hause. Nach den Ferien wurde noch einmal eine zweitägige Exkursion in den Taunus unternommen. Von Bad Nauheim führte der Marsch über Cransberg nach Usingen, unter häufigen Sammelpausen im Unter- devon und Besichtigung der gewaltigen Quarzgänge, die dort abgebaut werden; von dort gings in vollgepackten Wagen nach Neuweilnau. Am nächsten Tag wurden die reichen Fossilfund- orte des Weiltals mit gutem Erfolg besucht ; dann wanderten die Teilnehmer über die Tenne nach Idstein, wo sie gründlich durch- geregnet den Zug zur Heimfahrt bestiegen. Die Teilnehmerzahl schwankte regelmäßig zwischen 20 und 30 Damen und Herren.

Winterhalbjahr: Die Vorlesung (Dr. Drevermann) über „Die Tiere der Vorzeit und ihre Fundorte" war besonders der biologischen Seite der Paläontologie gewidmet. Alle paläon- tologisch wichtigen Tiergruppen wurden in ihrer Lebensweise betrachtet, unter beständiger Vergleichung der bekanntesten Fundorte und Hervorhebung der Tatsachen, die sich aus dem Tierleben der Gegenwart auf die Vorzeit übertragen lassen. Der Nutzen der Versteinerungen zur Lösung paläoklimatischer und paläogeographischer Probleme wurde nachdrücklich betont. Die Vorlesung fand ihren Abschluß in einem Vortrag über die Re- konstruktion der oft mangelhaft erhaltenen und stark zerdrückten Fossilreste, wobei das reiche neue Material an Wandtafeln be- sonders willkommen war.

IV. Mineralogie.

Sommerhalbjahr: Als Fortsetzung der Wintervorlesung besprach Prof. Schauf die „Silikate", von denen die gestein-

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bildenden und deren Umwandlungsprodukte besonders berück- sichtigt wurden. Zur Einleitung in die Petrographie (vulkanische Erscheinungen) reichte die Zeit nicht aus.

Exkursionen: 1) Steinheimer Basaltdecke: Säulenförmige Absonderung, Erstarrungsmodifikationen, Stricklava, scheinbare Durchbrüche, Braunkohle, verkohlte und verkieselte Hölzer (Halb- opal). Blasenzüge, kugelig-schalige Verwitterungsformen, Sphäro- siderit, Titaneisen.

2) Eberstadt-Frankenstein-Seeheim-Zwingenberg: Graphit- quarzit und Chiastolithschief er bei Eberstadt ; Hornblendegabbro, Diorit, Granit und Hornfelse im Mühltal; Aplit- und Pegmatit- gänge, Odinit. Frankensteiner Gabbro nebst seinen Ganggesteinen und Serpentin (Magnetfels). Beerbachit (Gabbro-Aplit) am Weg nach Seeheim, Schmirgel bei Seeheim. Von da mit der Bahn nach Zwingenberg. In dem großen Granitbruch beim Ort Gänge von Vogesit, Minette, Malchit und Alsbachit, Quetschzonen im Granit.

3) Hochstädter Tal (Auerbach): Injektionen von Granit in Schieferhornfelse. Vergrusung des Granites. Auerbacher Marmor- lager mit seinen Kontaktbildungen, Minettegänge. Auf alten Hal- den konnten noch einige Mineralien gesammelt werden. Pegmatit mit schönen Turmalinen oberhalb des Bruches.

4) Spessart: Staurolithschiefer bei Klein-Ostheim unterhalb Aschaffenburg, Pegmatit auf „Dahlems Buckel", Turmalin und Disthen führende Glimmerschiefer an der Bergmühle bei Damm. Granitbruch am Weg nach Gailbach : Granat, Turmalin, Titaneisen im Pegmatit, Schieferletten (Trias) auf Granit, injizierte Schiefer. Marmorlinse mit Phlogopit. Kersantit und Hornblendegranit in Gailbach und am Stengerts, Triaskappe des Stengerts. Horn- blende- und Glimmerschiefer am Weg nach Schweinheim, tief- greifende Verwitterung bei Unterschweinheim. Zechstein mit Kalkspatdrusen.

Als die Nachricht von dem Tode Ferdinand Zirkels, des Begründers der wissenschaftlichen Petrographie, eintraf, wurde in einer Ansprache an die Hörer der Verdienste des hervorragen- den Gelehrten und edlen Mannes gedacht.

Winterhalbjahr: Prof. Seh auf las über „Petrographie" (Ansichten über den Zustand des Erdinnern, die Tätigkeit heutiger Vulkane und ihre Produkte. Erguß- und Tief engesteine : Gabbro-

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Diabas-Melaphyr-Feldspatbasalt ; Granit-Quarzporphyr-Rhyolith- Obsidian. Beweise für die eruptive Entstehung des Granites).

Zur Einleitung in die Gesteinskunde wurden die heutigen Ansichten über den Zustand des Erdinnern mit besonderer Be- rücksichtigung der Ergebnisse seismologischer Studien erörtert. Daran reihte sich die Schilderung der Haupttypen und des Mechanismus heutiger imd tertiärer Vulkane. Bei der Betrachtung ihrer festen, flüssigen und gasförmigen Produkte wurde nament- lich der Widerspruch Albert Bruns gegen die übliche Auf- fassung des magmatischen Wassers betont und darauf hinge- wiesen, daß diese bedeutsamen Forschungen wohl noch der Revision bedürfen. An der Hand einer basischen (Gabbro-Feld- spatbasalt) und sauren Reihe (Granit-Rhyolith) wurden die Unter- schiede zwischen Tiefen- und Ergußfacies des nämlichen Magmas erörtert, und wurde der, namentlich in Deutschland immer noch gebräuchlichen Trennung zwischen vortertiären und späteren Ergußgesteinen gedacht.

V. Wissenschaftliche Sitzungen.

1. Sitzung am 26. Oktober 1912.

Dr. R. Gonder:

„Die Spirochäten als Erreger von menschlichen und

tierischen Krankheiten und ihre Beziehungen zu den

harmlosen Formen."

Die mit dem Namen „Spirochäten" bezeichneten, korkzieherartig ge- wundenen, flexiblen Mikroorganismen kommen in erster Linie als Erreger schwerer Krankheiten des Menschen in Betracht. So werden die Syphilis durch eine von Schaudinn entdeckte, neuerdings Treponema pallidum be- zeichnete Form und die in den Tropen Asiens und Afrikas, sowie in der Südsee weitverbreitete Framboesie durch Treponema pertenue hervorgerufen. Die schweren, besonders an den Extremitäten auftretenden Tropengeschwüre " werden durch Spirochaeta Schandinni erzeugt; das in den Tropen weitverbreitete und bis nach Europa, in den Balkan und nach Rußland, sich erstreckende Rückfallfieber (Rekurrens) hat ebenfalls Spirochäten als Ursache. Auch Vögel und Haustiere werden von ähnlichen Formen heimgesucht: ein dem Hühner- stand sehr gefährliches Fieber, die Hühnerspirochätosis, wird durch sie her- vorgerufen, und auch im Blut der Pferde und Rinder leben Fieber erzeugende Spirochäten.

Außer diesen schwer pathogenen Formen findet man in der Mundhöhle und im Darmtraktus von Mensch und Tier viele Spirochäten, die bei Krank- heiten anderer Ursache deren Verlauf sekundär beeinflussen können. Es sei an die Angina und an Zahnerkrankungen erinnert.

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Bei der großen Wichtigkeit dieser Mikroorganismen hat sich die Wissen- schaft natürlich eingehend mit ihrem Studium beschäftigt. Denn erst mit einer genauen Kenntnis über Bau, Fortpflanzung und allgemein biologische Eigenschaften kann auch eine rationelle Bekämpfung der pathogenen Formen erreicht werden. Schon die Entdeckung des Syphiliserregers allein war für Diagnose und chemotherapeutische Beeinflussung von eminenter Bedeutung. Über die Stellung und den morphologischen Bau der Spirochäten ist man jedoch immer noch nicht ganz im klaren. Erst mit dem Studium harmloser Formen, wie sie in dem Magen der Muscheln und auch freilebend vorkommen, wurde besonders im letzten Jahre die Kenntnis eine bessere.

Der Vortragende erläutert den näheren Bau und die Fortpflanzung der Spirochäten und anderer, sehr ähnlicher, z. T. aber grundverschiedener Mikro- organismen. Die Schwierigkeit, Spirochäten zu kultivieren, und das Ver- halten der pathogenen Formen im menschlichen und tierischen Körper können wohl in Einklang mit Protozoen gebracht werden; Bau und Fortpflanzung sprechen jedoch dagegen. Aber auch den Bakterien sind die Spirochäten nicht gut anzugliedern; deshalb ist es am zweckmäßigsten, vorderhand eine eigene Familie der Spirochäten unter den Protisten aufzustellen.

2. Sitzung am 2. November 1912.

Prof. Dr. E.Marx:

„Grundlagen der Schutzimpfungen."

Unter den vielen prinzipiellen Gegnern der Schutzimpfungen spielen diejenigen die größte Rolle, welche dieses Verfahren mit dem Schlagwort „naturwidrig" bezeichnen und verwerfen zu müssen glauben. Gerade diese Gegner sind aber vollständig im Irrtum, denn die Grundlagen der Schutz- impfungen sind ausschließlich aus der Natur abstrahiert. Der Zweck jeder Schutzimpfung ist Immunität, und jeder Vorgang oder Eingriff, der Immunität erzielt, ist in Wahrheit eine Schutzimpfung. Versetzt der Forscher ein Tier durch systematische Vorbehandlung, z. B. mit Schlangengift, in einen Zustand der Unempfänglichkeit gegen dieses Gift, so ist dies genau dasselbe, als wenn der Imker im Lauf seiner Beschäftigung durch Bienenstiche unempfindlich gegen Bienenstiche wird. Wie gegen Gifte, suchen wir auch gegen Krank- heitserreger die Natur in unserem Bestreben nach Schutzimpfungen zu kopieren, allerdings mit Modifikationen, wie sie erforderlich sind, da der Mensch nicht in derselben grausamen Weise vorgehen kann und darf, wie es die nicht der Erhaltung des Individuums, sondern nur der Arterhaltung Rechnung tragende Natur im größten und erfolgreichsten Umfang tut. Die scheinbare Malaria- Immunität des Negers in Malariagegenden und die eigentümlichen Verhält- nisse mancher Ortschaften und Gehöfte zum Typhus erläutern diese rein natürlichen Schutzimpfungen.

Die gelegentliche Abschwächung des infektiösen Agens, wie sie in der Natur oft spontan vorkommt (Masern), und die dadurch gebotene Möglichkeit, eine unvermeidliche Krankheit zu einer Zeit, wo sie weniger Gefahren mit sich bringt, durchmachen zu lassen, oder die Abschwächung, wie sie be- stimmte Tierpassagen mit sich bringen (Abschwächung der Menschenpocke

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durch Rinderpassage), sind die Methoden, die zunächst in Betracht kommen und z.B. bei der alten Pasteurschen Schutzimpfung gegen Rotlauf im größten Maßstab angewandt worden sind. Für viele Infektionskrankheiten ergab die experimentelle Forschung, daß es möglich war, diese uns gegebenen Grund- lagen der Abschwächung dadurch noch weiter zu modifizieren, daß man überhaupt auf ein lebendes Virus verzichtete und sich eines abgetöteten be- diente. Man erhielt so Methoden, die ohne jede persönliche Gefahr recht schöne Erfolge zeitigten (Typhus, Cholera, Pest). Gewisse Krankheiten (Diphtherie, Tetanus) gestatten sogar, bei der Schutzimpfung jede aktive Mitarbeit des Körpers und damit auch jede selbst hypothetische Gefahr vollständig auszuschalten.

3. Sitzung am 9. November 1912. Prof. Dr. H. E. Boeke, Halle: „Bildung und Bau der deutschen Kalisalzlagerstätten."

Die Gesteinschichten der Zechsteinformation bestehen im mittleren Teil Deutschlands nicht aus dem gewöhnlichen Material der Sedimentgesteine (Ton, Sand, Kalk), sondern aus löslichen Salzen (Kalziumsulfat als Gips oder Anhydrit, Steinsalz, Kalium- und Magnesiumsalzen). Salze dieser Art bilden die im jetzigen Meerwasser aufgelösten Bestandteile, und so erscheint der Schluß berechtigt, daß auch das Ozeanwasser der Zechsteinzeit eine ähnliche Zusammensetzung besaß wie das heutige. Die Eintrocknung eines Teiles des Zechsteinozeans hatte die Ablagerung der genannten Salze in einer Ge- samtmächtigkeit von 600 bis 800 m zur Folge. Während der abgeschnürte Binnensee, der bei der Eintrocknung die Salze lieferte, einen großen Teil des jetzigen Europas bedeckte, haben sich nur in der zentralen Partie des Areals (dem heutigen Mitteldeutschland) die untergeordnet im Meerwasser vorhandenen, sehr löslichen Kalium- und Magnesiurasalze so weit angereichert, daß sie zur Ausscheidung gelangen konnten. Gips-, Anhydrit- und Stein- salzablagerungen kommen in verschiedenen geologischen Formationen vor; dagegen scheinen die besonderen Bedingungen für die Bildung einer Kali- salzlagerstätte in großem Maßstabe nur einmal auf der Erde und in der ganzen geologischen Vorzeit vorhanden gewesen zu sein. Lokale Salzvor- kommnisse aus der Tertiärzeit, wie diejenigen von Kalusz in Galizien und von Elsaß-Lothringen, sind wohl aus" der Umkristallisation von Zechstein- salzen hervorgegangen.

Der Schatz der deutschen Kalisalzablagerungen wurde erst zu Anfang der sechziger Jahre des vorigen Jahrhunderts bei Staßfurt zwischen Magde- burg und Halberstadt entdeckt und bald darauf auch an vielen Stellen süd- lich vom Harz, südwestlich vom Thüringer Wald und in der Umgebung von Hannover bis nördlich nach Mecklenburg hinein. In den ersten Jahrzehnten beschäftigte sich die Wissenschaft nur oberflächlich mit dieser einzigartigen Naturbildung, bis das Problem der Kristallisation einer so verwickelt zu- sammengesetzten Lösung, wie sie das Meerwasser darstellt, von v a n ' t Hoff mit etwa dreißig Mitarbeitern vom physikalisch-chemischen Standpunkt aus in Angriff genommen wurde (1896). Ein Zeitraum von etwa zwölf Jahren

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war nötig, um diese Arbeit in großen Zügen zu Ende zu führen. Erst nach- dem die Bildung der Kalisalzlager induktiv, gewissermaßen theoretisch, er- forscht war, konnte das Studium der natürlichen Genese mit Aussicht auf Erfolg begonnen werden.

Es stellte sich heraus, daß die Salzablagerungen in ihrem „primären" Zustande nur in einem kleinen Bezirk, zwischen dem Harz und dem Flech- tinger Höhenzug (bei Magdeburg) erhalten geblieben sind. Überall sonst fand schon bald nach der Ablagerung eine Umkristallisation durch Überflutungen mit ungesättigter Lauge statt. Die so umgebildeten Salzlagerstätten werden nach dem Vorgang von E verding als „deszendent" bezeichnet. Über den primären und deszendenten Salzen findet sich im ganzen Kalisalzgebiet eine salzig-tonige Schicht von 4 bis 10 m Mächtigkeit, welche die Salze vor weiterer Laugeneinwirkung geschützt hat. Nach der Bildung dieses sog. grauen Salztons hat die Steinsalzkristallisation von neuem begonnen, stellen- weise auch begleitet von Kalisalzen, bis nach einer erneuten Salztonbildung schließlich die dürre, trockene Wüste des Bundsandsteins der Salzausscheidung ein Ziel setzte.

Infolge der Überlagerung durch die Schichten des Mesozoikums rückten die Zechsteinsalze immer tiefer unter die Erdoberfläche, und sie würden uns auch jetzt noch völlig oder größtenteils unbekannt sein, wenn nicht die ge- birgbildenden Kräfte der Kreide-, und namentlich der Tertiärzeit das Tief- lagernde emporgewölbt und nach Abtragung der Decke in erreichbare Ent- fernung gebracht hätten. Dadurch wurde dem Sickerwasser der Oberfläche Gelegenheit gegeben, die Salze stellenweise ganz oder nur zum Teil aufzu- lösen. Derartige Restsalze, die oft durch die Auslaugung des sehr löslichen Chlormagnesiums eine Anreicherung an Kaliumsalz aufweisen, werden als „posthum" bezeichnet.

4. Sitzung am 17. November 1912. Prof. Dr. L. Heck, Berlin :

„Lebende Tierbilder von nah und fern."^)

Wer kinematographische Vorführungen nicht mit ganz gedankenloser Schau- und Neugier besucht, wird es bei gediegeneren und gehaltvolleren Films nur zu oft beklagen müssen, daß die lebenden Bilder viel rascher am Auge vorbeiflimmern, als man sie voll erfassen und genießen kann. Auf Grund dieser Erfahrung sucht der Vortragende den Inhalt jedes einzelnen Films erst durch ruhige, von erklärenden Worten begleitete Lichtbilder dem Zuschauer bekannt und vertraut zu machen, ehe derselbe Gegenstand in vollem Leben auf dem Kinofilm vorüberzieht. Dieser lehrhaft-folgerichtige, der Leitung der Berliner Urania entsprungene Gedanke hat sich als außer- ordentlich wirkungsvoll erwiesen und hat die kinematographischen Vor-

*) Um möglichst zahlreichen Mitgliedern der Gesellschaft Gelegenheit zum Besuch des Vortrags zu geben, fand derselbe zweimal statt, wozu das Union-Theater seine prachtvollen Räume und seinen ausgezeichneten Pro- jektionsapparat in dankenswerter Weise zur Verfügung gestellt hat.

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führungen erst auf eine höhere wissenschaftliche und wirklich volksbildende Stufe zu heben vermocht.

Nach diesen einleitenden Darlegungen geht der Vortragende zu den zookinematographischen Rekordleistungen der Brüder Kearton über, die beim Familienleben unserer einheimischen Singvögel ebenso zum Herzen sprechen, wie sie beim afrikanischen Großwild Staunen und Bewunderung abnötigen. Die genialsten Einfälle haben die findigen Photographen ange- wendet, um zu ihrem schwierigen Ziel zu gelangen. Der originelle „Photo- graphierochse", in dessen hohlem Innern Mensch und Apparat verborgen sind, und andere Hilfsmittel haben herhalten müssen, um es zu ermöglichen, daß wir die Feldlerche, den Fliegenschnäpper, den Hänfling, ja sogar den scheuen, mißtrauischen Sperber dicht vor unseren Augen ihre Jungen füttern sehen, so arglos und vertraut, als ob wir unsichtbare Geister wären. Die kinemato- graphische Arbeit an den Brutstätten der SeevÖgel stellt aber auch an die körperliche Leistungsfähigkeit des Photographen hohe Anforderungen. Er muß völlig schwindelfrei und ein guter Turner sein, um von hoher, steiler Felsküste am Seile tief hinabzuklettern zu den Nistplätzen des Baßtölpels und anderer Küstenvögel. Dafür hat er aber auch von dort ganz einzige und großartige Lebensbilder heimgebracht. Noch ungleich größere und schwerere Strapazen und Gefahren mußten bewältigt werden, um das afrikanische Großwild trotz aller Flüchtigkeit oder Gefährlichkeit in den Kinofilm einzu- fangen. Mit dieser Leistung hat Kearton die Blitzlicht-Aufnahmen von Schillings und seinen Nachfolgern übertrumpft und historisch gemacht. Was vor wenigen Jahren noch im gewöhnlichen Lichtbild fast ungläubiges Staunen erregte, sieht man heute schon kinematographisch vor sich: Elen- antilopen, Gnus, Zebras und Giraffen laufen über die Steppe, Nashörner be- wegen sich im Busch, Flußpferde spielen auf der Sandbank im Urwaldstrom; zuletzt aber sehen wir eine Speerjagd der Masaikrieger auf Löwen in allen ihren Phasen, bis zum Todeskampf eines alten Mähnenlöwen, auf dem Kino- film an uns vorüberziehen. Man scheidet mit der Überzeugung, daß hier ein Archiv „lebender Natururkunden " geschaffen ist, das seinen vollen, un- schätzbaren Wert erst dann erlangen wird, wenn wirklich die traurige Zeit kommen sollte, daß der Mensch mit seinen Haustieren auf der Erde allein ist.

5. Sitzung am 23. November 1912. Prof. Dr. H. Driesch, Heidelberg:

„Das Problem des Organischen."

Das Organische ist gleichermaßen ein Problem der Logik und der Er- fahrungswissenschaft ; es kann daher die Frage nach seinem Wesen auf zwei verschiedenen Wegen behandelt werden. Der Redner wählt den Weg, der von der Empirie zur Logik aufsteigt, weil es der für die meisten zugänglichere Weg ist. Es handelt sich also zunächst um die Sachfrage: Ist das Lebendige und das Geschehen an ihm dem unbelebten Sein und Geschehen gegenüber etwas Neues, Eigenartiges, Eigengesetzliches, oder ist es dies nicht? Oder kurz: „Mechanismus oder Vitalismus"? Auf Grund der Analyse gewisser biologischer Tatsachengruppen hat der Vortragende drei Beweise der „Auto-

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nomie" des Lebens formuliert. Einer derselben gründet sich auf die Analyse des menschlichen „Handelns" als Naturphänomens und widerlegt zugleich die Lehre vom „psychophysischen Parallelismus " in seiner üblichen Form; die beiden anderen gründen sich auf größtenteils vom Redner selbst in früheren Jahren ausgeführte Experimente im Bereich der zoologischen Formen- physiologie („Entwicklungsmechanik" nach W. Roux), also im Bereich der eigentlichen biologischen Zentral Wissenschaft. Eier, junge Embryoteile, oft auch ganze Organismen sind nach Verstümmelung imstande, sich, ohne eigent- lich „regenerative" Vervollständigung, lediglich durch eine regulatorische Umarbeitung ihrer Substanz „verkleinert=ganz" auszugestalten : da die Ver- stümmelung ganz beliebig gesetzt war, widerlegt diese Tatsache die Annahme, daß eine „Maschine" die Grundlage der Formbildung gewesen sei (Lehre vom „harmonisch-äquipotentiellen System").

Der Vitalismus muß sich in doppelter Weise rechtfertigen, auf daß der von ihm aufgestellte nicht-mechanische Naturfaktor Redner nennt ihn im Anschluß an Aristoteles „Entelechie" aus einem bloßen Unbekannten, zu einem positiven Naturbestimmer werde. Der Vitalismus muß zeigen, daß er verträglich ist mit den Lehren von der anorganischen Natur, und daß er logisch möglich ist.

Entelechie darf weder als Energieart noch als irgend ein Akzidenz der Materie gefaßt werden; aber der Vitalismus braucht darum den Satz von der Erhaltung der Energie nicht zu verletzen. Ja, auch der „zweite Haupt- satz" der Energielehre läßt sich halten: Entelechie suspendiert eben das als möglich vorgebildete Geschehen und läßt es regulatorisch zu. Diese Hypothese verdient den Vorzug vor derjenigen Descartes' und Hartmanns.

Die logische Rechtfertigung des Begriffs „Entelechie" kann im Rahmen des Kant sehen Denkens erfolgen, d.h. es kann gezeigt werden, daß der Begriff „Ganzheit" eine echte Kategorie, eine Voraussetzung der Möglichkeit der Erfahrung ist; es kann auch gezeigt werden, daß diese Kategorie sich einer Form des Urteils zuordnen läßt, wenn nur vorher die „Tafel der Urteile" selbst revidiert ist (sog. „Deduktion" der Kategorie der Ganzheit). Einfacher und leichter verständlich ist es, von einer unbefangenen Erfassung der Be- griffe „Werden" und „notwendige Verknüpfung des Werdens in sich" (nach dem Schema „Grund-Folge"), auszugehen. Es zeigt sich alsdann, daß es durchaus nicht nur die eine Form des Werdens geben kann, die im anor- ganischen Geschehen verwirklicht ist, sondern daß sogar vier „Formen des Werdens" möglich sind; eine davon entspricht dem vitalistischen Werden.

Zum Schluß wendet sich der Vortragende den Aufgaben zu, die aus dem Dasein des Vitalismus erstehen: Es gilt, Ganzheit auch im Reiche des Unbelebten und in überpersönlichen Gemeinschaften zu suchen, in Sonderheit Phylogenie und Geschichte als echte „Evolution", d. h. als einen Ganzheits- verlauf zu begreifen; das Dasein des „Ethischen" bietet einen Anhaltspunkt dafür. Ja, das Ideal der Logik ist es, jeder Einzelheit des Seins und Wer- dens in der Natur ihren einen, eigenen Platz in einer großen Ordnungs- ganzheit zuzuweisen. Aber diese „ordnungsmonistische" Forderung bleibt ein „Ideal". Das Gebot der Gewissenhaftigkeit verlangt die Anerkennung des Zufalls neben der Ordnung, also den „Dualismus". Im Reiche des Ordnungsmonismus würde es letzthin nur „das eine Ordnungsgesetz", aber

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keine Naturgesetze in der Mehrzahl geben. Wir müssen uns aber begnügen mit gewissen „Gesetzen" inmitten des Zufalls. Nie freilich dürfen wir ver- gessen, daß wir mit der heutigen Wissenschaft nur etwas Vorläufiges erreicht haben, und wir dürfen nie aufhören, das eine Ganzheitsgesetz der Welt zu suchen und den Zufall, diesen größten Widersacher des Denkens, zu bezwingen.

6. Sitzung am 30. November 1912. Dr. A. Schultze, Bonn: „Die afrikanische Hyläa, ihre Pflanzen- und Tierwelt."

(Siehe S. 143.)

7. Sitzung am 7. Dezember 1912. Prof. Dr. A. Pütter, Bonn:

„Stoffwechsel und Ernährung".

Die vergleichende Physiologie sucht nach den Gesetzen, die den Ablauf der Stoffwechselprozesse bei den verschiedenen Organismen regeln. Als Maß für die Intensität des Umsatzes von Stoffen kann man die Menge Sauerstoff verwenden, die in einer Stunde von einer bestimmten Gewichtsmenge der Trockensubstanz eines Tieres verbraucht wird. Bestimmt man diesen Wert, so ergeben sich ganz ungeheure Unterschiede bei den einzelnen Organismen. Auf der Suche nach den Bedingungen, die den Stoffumsatz so verschieden gestalten, zeigt sich nun zunächst eine Beziehung zur absoluten Größe der Tiere und Pflanzen: kleine Exemplare verbrauchen in der Regel pro Ge- wichtseinheit mehr Stoffe als große derselben Art. Doch ist hiermit kein allgemeines Gesetz ausgesprochen, denn große und kleine Kieselschwämme zeigen z. B. pro Gewichtseinheit einen gleich lebhaften Stoffumsatz.

Als allgemeines Prinzip ergibt sich vielmehr hier, wie überhaupt bei Tieren und Pflanzen, eine Beziehung der Intensität des Umsatzes zur Größe der Flächen, durch welche die Sauerstoffaufnahme erfolgt. Diese Flächen sind nämlich bei großen und kleinen Schwämmen für eine gewisse Gewichts- menge die gleichen; dagegen sind sie im allgemeinen bei großen Tieren im Verhältnis zum Gewicht kleiner als bei kleinen. Führt man die Berechnung der Größe des Sauerstoffverbrauchs auf die Einheit der Flächen zurück, die den Sauerstoff aufnehmen, so erhält man da weitgehende Übereinstimmungen, wo man bei der Berechnung des Verhältnisses zum Gewicht die gewaltigsten Unterschiede fand. In der verschiedenen Größe der Lungenfläche liegt z. B. die Erklärung für die bekannte Tatsache, daß kleine Säugetiere einen viel lebhafteren Stoffwechsel besitzen als große.

Der vom Organismus verbrauchte Sauerstoff dient dazu, die Nahrungs- stoffe zu verbrennen; je mehr Sauerstoff verbraucht wird, um so mehr Nahrung muß aufgenommen werden. Während der tägliche Nahrungsbedarf des Menschen nur 2,7 °'o der Stoffmenge beträgt, die sein Körper enthält, ver- braucht die Maus täglich mehr als die Hälfte ihres Eigengewichts, und noch viel größer ist der Nahrungsbedarf bei den kleinen und kleinsten Lebewesen,

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unter denen z. B. die Kahmpilze das siebzehnfache, die Bakterien sogar das fünfhundertfache ihres Stoffbestandes verarbeiten.

Aus diesen Anforderungen an die Nahrungszufulir ergibt sich für sehr kleine Organismen die Unmöglichkeit, sich von anderen Lebewesen zu er- nähren, wie dies die größeren Tiere mit langsamerem Stoffumsatz zu tun vermögen. Die Kleinwesen können vielmehr ihren Nahrungsbedarf nur da- durch befriedigen, daß sie gelöste Stoffe aufnehmen, die, wie der Sauerstoff, durch große Flächen eintreten und mit genügender Geschwindigkeit aufge- nommen werden können, um die physiologische Verbrennung zu unterhalten.

8. Sitzung am 14. Dezember 1912. Prof. Dr. E. Göppert, Marburg:

„Die Variabilität des menschlichen Körpers und ihre stammesgeschichtliche Bedeutung".

Zahlreiche Varietäten des menschlichen Skeletts, der Muskulatur, des peripheren Nerven- und des Gefäßsystems reproduzieren in zum Teil ganz überraschender Weise Zustände, die bei niederen Säugetieren die Norm bilden, und zwar bei solchen, die unter die Ahnen des Menschen eingereiht werden. Diese Varietäten können nur als Atavismen gedeutet werden, indem innerhalb der Embryonalentwicklung des Individuums, die nach dem biogenetischen Grundgesetz die Stufen der Stammesentwicklung in großen Zügen durchläuft, ein Organ für sich auf embryonaler Stufe stehen bleiben kann. Da die Keim- entwicklung indessen die Stammesgeschichte nur auszugsweise wiedergibt, ist nicht jeder Atavismus auf die geschilderte Weise zu erklären, vielmehr sind zahlreiche Fälle nur vergleichend-anatomisch verständlich.

Den Atavismen steht eine zweite Gruppe von Varianten gegenüber, die in der Stammesgeschichte nie, auch nicht vorübergehend, die Norm ge- bildet haben können. Sie weisen in die Zukunft und können durch immer häufigeres Auftreten schließlich zur Norm werden oder mindestens die Wege einer zukünftigen Entwicklung vorzeichnen. Sie sind gegenüber den retro- spektiven die prospektiven Varianten. Über ihre embryonale Entstehung ist man noch nicht ausreichend unterrichtet : wohl zeigen günstige Fälle, daß innerhalb der Keimesgeschichte zunächst der Normalzustand erreicht und dann übersckritten werden kann; aber alle prospektiven Varianten dürften sich kaum in einem derartigen Sinne entwickeln.

Zu diesen beiden wichtigen Gruppen gesellt sich eine große Menge rein individueller Abweichungen, bedingt durch Zufälligkeiten, welche die Embryonalentwicklung störend beeinflussen. Es sind die sog. fluktuierenden Varietäten, die von der Unzahl der Mißbildungen oder Abnormitäten nicht scharf abgegrenzt werden können.

Die Lehre von der Variabilität des Körpers hat außer der Feststellung und der morphologischen Erklärung ihres Gegenstandes auch die kausale Erklärung und die Erörterung der Frage der Vererbung dieser Abweichungen zur Aufgabe. An die Bearbeitung dieser Fragen ist die experimentelle Forschung bereits herangetreten und läßt auch hier die wichtigsten Fort- schritte erhoffen.

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9. Sitzung am 4. Januar 1913. Prof. Dr. F. Richters: „Altsteinzeitliche Funde aus dem nordischen Gletscher- mergel."

Der Vortragende hat zahlreiche Feuerstein- Werkzeuge und -Waffen aus Labö und dessen Umgebung an der Kieler Föhrde ausgestellt. Diese Manu- fakte fanden sich auf der Oberfläche der Felder, am Strand und in den Kies- gruben, in dem Gletschermergel der Moräne des nordischen Gletschers und in deren Schlämmprodukten, den diluvialen Kiesen und Sauden, und lassen deutliche Gletscherschrammen in Form paralleler Kritzer erkennen. Der nordische Gletscher hat bekanntlich Eismassen von 1000 bis 2000 m Dicke geführt. Nur unter diesem gewaltigen Eisdruck konnte ein so hartes Material wie der Feuerstein bei seinem Transport durch den Gletscher von anderen harten Gesteinen geritzt werden. Feuersteinwerkzeuge, die solche Spuren auf den Schlagflächen zeigen, müssen also schon bearbeitet in den Gletscher geraten sein, und ihre Herstellung muß auf eine nordische Urbevölkerung zurückgeführt werden. Daß der hohe Norden in grauer Vorzeit bewohnt war, wurde durch den gelehrten Inder T i 1 a k in hohem Grade wahrscheinlich gemacht, der aus den Vedas, den heiligen Aufzeichnungen von Braminen, festgestellt hat, daß diese Kenntnis von den polaren Himmelserscheinungen, der Polarnacht, den Morgenröte-Erscheinungen gegen Ende derselben und den in Kreisen um den Polarstern sich bewegenden Sternen hatten. Zweifel- los haben die nordischen Urvölker eine Steinzeit durchgemacht; ihre Manu- fakte sind mit den anderen Gesteinsbrocken in den Gletscher geraten und finden sich in seinen nach Norddeutschland geschobenen Moränen.

Unter den Funden des Vortragenden sind Formen aus den Kulturen des Acheuleen, Moustörien und Aurignacien, die genau den Formen des fran- zösischen und belgischen Paläolithikums entsprechen. Der Redner demon- striert dies an Exemplaren aus den H a u s e r sehen Ausgrabungen im Vezere- Tal (Dordogne), neben denen Exemplare von Labö und Umgegend ausgestellt sind. ^)

10. Sitzung am 11. Januar 1913. Dr. E. Strauß:

„Gifte der Wirbellosen".

Die Betrachtung der Giftstoffe, die von den Wirbellosen produziert werden und zur Verteidigung wie zum Töten und Lähmen der Beute dienen, bietet dem Naturforscher eine Fülle der interessantesten Probleme. So sehr man sich auch zu allen Zeiten bemüht hat, die Eigenart dieser Stoffe und ihre sehr auffallende Wirkung zu ergründen, stehen wir doch heute noch im Anfang der Erforschung tierischer Gifte. Wir sind bei ihnen nicht wie bei den pflanzlichen Giften imstande, ein nach chemischen oder pharma- kologischen Gesichtspunkten geordnetes System aufzustellen, und daher ge-

^) Siehe auch den Aufsatz des Vortragenden „Nordische Urfaustkeile" (mit 15 Abbildungen) im vorjährigen „Bericht* S. 227-244.

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nötigt, sie nach Wesen und Wirkung einfach in der Reihenfolge der Tier- gruppen zu behandeln, bei denen sie auftreten.

Schon die Cnidarier führen Gifte als lebenswichtigste Angriffs- und Verteidigungswaffen. Sie vermögen mit Hilfe ihrer Nesselkapseln, deren giftiger Inhalt auf bestimmte Reize hin durch hervorgeschleuderte Nesselfäden übertragen wird, kleinere Tiere zu töten; die großen Siphonophoren können sogar dem Menschen äußerst unangenehm werden. Der Giftstoff (Hypnotoxin) bewirkt bei dem Opfer Somnolenz und schließlich Lähmung der Atmung. Die Echinodermen besitzen in ihren mit „Giftzangen" verbundenen Giftdrüsen sehr wirksame Waffen. Über die Natur ihres Giftes ist nichts bekannt. Giftige Eigenschaften haben auch viele Würmer, namentlich manche früher für verhältnismäßig harmlos gehaltenen Darmparasiten, wie Bandwürmer und verschiedene Rundwürmer. Ihre Stoffwechselprodukte gelangen aus dem Darm des Wirtes in die Blutbahn und rufen durch ihre hämolytische Wirkung Anämie hervor. Von alters her bekannt und gefürchtet sind giftige Spinnen und Skorpione. Der Stich des kleinen südeuropäischen Skorpions ist zwar ziemlich harmlos; dagegen vermögen tropische Formen, namentlich eine mexikanische Art, nach vielen Berichten den Menschen tötlich zu treffen; das Agens ist höchst wahrscheinlich stark hämolytisch. Während die ver- schrieene Tarantel ganz ungefährlich ist, sind andere Spinnen, darunter vor allem die Malmignatte oder der Karakurt {Latrodedus tredecimguttatns F.) aus dem Mittelmeergebiet und den südrussischen Steppen, mit Recht sehr ge- fürchtet. Nicht genügend geklärt ist die Giftigkeit der Tausendfüße, deren Hautdrüsen übelriechende und ätzende Stoffe ausscheiden. Viel untersucht sind die Insektengifte. Die heftige Entzündung, die nach einem Bienenstich auftritt, dürfte durch eine organische Base verursacht sein. Die Wirkung des Giftes der Ameisen, das bei manchen tropischen Formen schwere Folge- erscheinungen nach sich zieht, ist sicher nicht allein auf das Vorhandensein von Ameisensäure zurückzuführen. Unzweifelhaft giftig sind die Haare vieler Schmetterlingsraupen, besonders die der Prozessionsspinner (Cnethocampa) ; der Stoff, der lokale Entzündungen auf der Haut hervorruft, ist dem Cantharidin ähnlich. Das Cantharidin selbst, das sehr genau bekannt ist, findet sich im Blut der spanischen Fliege {Lijtta vesicatoria L.) ; es ist kristallisierbar und von der Konstitution eines aromatischen Ringes. Äußerliche Anwendung hat heftige Entzündungen und Blasenbildungen zur Folge; nach Resorption des Giftes treten neben Wirkungen auf das Nervensystem auch Nierenent- zündungen auf ; 0,03 g vermögen beim Menschen Konvulsionen und den Tod herbeizuführen. Auch andere Käfer scheiden sehr merkwürdige Sekrete aus : der Bombardierkäfer verpufft eine Substanz, die an der Luft Stickoxyd bildet, und ein Pausside soll eine Flüssigkeit ausspritzen, die freies Jod enthält. Dies wäre der einzige Fall, in dem ein Organismus freies Halogen ausscheidet.

11. Sitzung am 18. Januar 1913. Exz. Wirkl. Geheimrat Prof. Dr. P. Ehrlich: „Moderne Heilprinzipien."

In der ganzen Welt ist man jetzt bestrebt, die verschiedenartigsten Infektionskrankheiten chemotherapeutisch zu heilen. Der Weg ist kein ganz

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leichter: man muß sich bemühen, die Ätiologie der Erkrankungen genau festzustellen, was bei gewöhnlichen Bakterien- und Protozoenkrankheiten mikroskopisch möglich ist. Dagegen gibt es Krankheiten (Masern, Scharlach, Pocken), deren Erreger dem mikroskopischen Nachweis größte Schwierigkeiten bereiten. Weiterhin ist es erwünscht, die Erreger der Krankheiten in Rein- kultur zu züchten. Dies gelingt bei gewöhnlichen Bakterienerkrankungen, neuerdings auch bei Protozoenerkrankungen (tropische Kinderanämie, Kala- azar, Sumpffieber) und Spirillenerkrankungen (Rückfallfieber, Hühnerspirillose, Syphilis) ; aber nur ein Teil dieser Reinkulturen ist imstande, die Krankheit bei Tieren zu erzeugen. Offenbar können die Parasiten höherer Ordnung während des Kulturverfahrens so große biologische Veränderungen erfahren, daß sie für den tierischen Organismus nicht mehr pathogen sind.

Die Möglichkeit, Infektionen an Tieren künstlich zu erzeugen, bildet die Grundlage der Chemotherapie; denn heilkräftige Substanzen müssen zu- nächst an großen Reihen von Tierversuchen erprobt werden, bevor sie am Krankenbett Anwendung finden dürfen. Besonders geeignet sind solche Stoffe, von denen schon ganz kleine, von der schädlichen Grenze weitent- fernte Dosen im Tierexperiment heilen. Die Suche nach geeigneten Stoffen ist nicht ganz leicht. Der Vortragende ließ sich bei seinen Untersuchungen von der chemischen Vorstellung leiten, daß die Heilstoffe, durch bestimmte Gruppierungen dazu befähigt, mit den Parasiten eine chemische Verbindung eingehen, von ihnen verankert werden und sie dadurch abtöten. Fernwirkung ist nicht denkbar. Ehrlich vergleicht die parasitentötenden Substanzen mit einem Giftpfeil, dessen Spitze das verankernde Prinzip darstellt und die Parasiten zuerst trifft; der Schaft ist eine chemische Gruppierung, an den therapeutisch wirksame Radikale (Arsen, Quecksilber, Antimon) angehängt werden, also ein Bindeglied zwischen zwei wirksamen Komponenten. Die Schwierigkeit bei der Konstruktion von Arzneistoffen ist die Auffindung der Pfeilspitze. Wird dem Schaft eine Gruppe angehängt, die eine maximale Verwandtschaft zu Gruppierungen des Parasitenprotoplasmas, aber eine mög- lichst geringe Verwandtschaft zu den Körperzellen besitzt, so entsteht ein Heilmittel, das den infizierten Körper vollkommen sterilisiert, ohne ihm zu schaden. Bei der Hühnerspirillose ist dieses Ideal im Salvarsan') (Dioxy- diamidoarsenobenzol) erreicht, da der hundertste Teil der tödlichen Dosis zur Heilung ausreicht. Hier ist die Amidophenolgruppe die Pfeilspitze, das „verankernde Prinzip", das offenbar nicht nur für Spirillen, sondern auch für Amöben und Bakterien verschiedenster Art in Frage kommt; denn es sind viele Erkrankungsarten der therapeutischen Beeinflussung durch Sal- varsan zugängig. Ist die Pfeilspitze einmal an die Parasitenzelle fest ver- ankert, so kann auch das eigentliche Heilprinzip (in diesem Falle Arsen) an die Parasitenzelle gelangen und seine therapeutische Wirkung entfalten.

Der Redner wendet sich dann gegen die von einigen Stellen vertretene Anschauung, daß das Salvarsan als solches nicht imstande sei, Parasiten direkt abzutöten, sondern daß es indirekt wirke, indem die Körperzellen

^) Über Salvarsan („Chemotherapie der Spirillenerkrankungen, Rück- fallfieber, Syphilis und Tierkrankheiten") hat erstmalig Ehrlichs Mitarbeiter Dr. Hat a aus Japan beim Empfangsabend im Senckenbergischen Museum am 11. Juni 1910 gesprochen.

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stimuliert würden, parasitenabtötende Stoffe zu produzieren. Die Anschauung basiert auf der Beobachtung, daß unter dem Einflüsse des Salvarsans die Spirochäten unter dem Mikroskop ihre Bewegungsfähigkeit behalten. Der hieraus gezogene Schluß ist aber ein Trugschluß. Im Speyerhause wurde nachgewiesen, daß in einer mit Spuren von Salvarsan versetzten Serum- Spirochätenmischung nach Abzentrifugieren aller Flüssigkeit zwar die Spiro- chäten noch beweglich waren, daß sie aber, Tieren eingeimpft, eine Infektion nicht mehr auslösten. Dies beweist, daß das Salvarsan von den Spirochäten verankert wird, und daß schon minimale Quantitäten des verankerten Arznei- stoffes ausreichen, die Parasiten an ihrer Vermehrungsfähigkeit innerhalb des Körpers zu hindern. Eine zelluläre Funktion des Salvarsans ist unter diesen Umständen ganz ausgeschlossen, da überhaupt kein gelöstes Salvarsan mehr vorhanden war.

Der Vortragende bespricht ferner die Verankerung des Salvarsans an die Zelle. Wie erwähnt, wird dasselbe zunächst mit Hilfe der Orthoamido- phenolgruppierung an die Zelle verankert, und secundo loco tritt eine weitere Verankerung durch den Arsenrest ein. Nur ungesättigte Arsenreste, die dem dreiwertigen Typus entsprechen, sind dank der ihnen innewohnenden latenten Verwandtschaft zu dieser sekundären Verankerung, die die Heilwirkung aus- löst, befähigt. Vollkommen gesättigte Arsenreste, die fünfwertiges Arsen enthalten, können nicht mehr von den Bestandteilen der Zelle gefaßt werden. Der Heileffekt entspricht also gewissermaßen einer Kombinationswirkung mehrerer Komponenten. Dieser Erfahrung entsprechend hat Ehrlich stets die „Kombinationstherapie" empfohlen, worunter man die gleichzeitige An- wendung verschiedenartiger, einen bestimmten Parasiten abtötender Heilstoffe versteht. Für solche Zwecke sind nur Stoffe verwendbar, die von verschieden- artigen Rezeptoren der Parasitenzelle gefaßt werden. Zwei Gruppen derselben Klasse, z. B. der Arsenikreihe, zu kombinieren, hat keinen Zweck ; dagegen empfiehlt sich die Kombination eines Arsenstoffes (z. B. Salvarsan) mit ge- eigneten Farbstoffen (Trypaflavin, Trypanrot, Tryparosan). Durch solche Kombinationen kann der Heileffekt nicht nur addiert, sondern bei geeigneter Wahl potenziert werden, so daß mit kleinen, unschädlichen Mengen jeder einzelnen Komponente voller Erfolg erzielbar ist. Die Kombinationstherapie hat außerdem den Zweck, die bei langandauernder Behandlung häufig vor- kommende, die Therapie sehr störende Arzneifestigkeit der Parasiten zu ver- meiden. Wenn eine bestimmte Medikation (Arsenik bei Schlafkrankheit, Chi- nin bei Malaria, vielleicht auch Quecksilber bei Spirillenerkrankungen) lange Zeit gegeben wird, so werden die Parasiten fest gegen diese Stoffe und durch sie nicht mehr beeinflußt. Besonders interessant sind die Verhältnisse bei Malaria. In Brasilien kommen vielfach chininfeste Malariastämme vor, die im Gegensatz zum normalen Verhalten durch Chinin nicht im mindesten be- einflußt werden. Erfahrungen in Breslau und Hamburg haben aber gezeigt, daß eine zwischengeschaltete Salvarsankur die Chininfestigkeit der Malaria- parasiten beseitigt.

Der Redner zeigt schließlich an einer Reihe von Tafeln die Heilwirkung des Salvarsans bei den verschiedenen Krankheitstypen, besonders Spirillen- erkrankungen : Syphilis, Framboesie, Rückfallfieber, Hühnerspirillose, weiter- hin einer bösartigen, durch Spirillen verursachten Halsentzündung, der An-

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gina Vincenti, und gewissen tropischen Geschwüren. Am glänzendsten sind die Erfolge bei Framboesie, bei der eine Injektion gewöhnlich zur Dauer- heilung ausreicht. In Surinam kamen unter 1200 behandelten Fällen nur 12 Rezidive vor, und man hofft, daß es mit Hilfe des Salvarsans möglich sein wird, diese für die Arbeiterverhältnisse der Tropen höchst bedenkliche Krankheitsform ganz zum Schwinden zu bringen. Bemerkenswert ist weiter- hin, daß bei manchen durch Spirochäten bedingten Oberflächengeschwüren (Angina Vincenti, Mund- und Wangenschleimhauterkrankungen, den hart- näckigen Unterschenkelgeschwüren der Tropen) durch lokale Aufpinselung von Salvarsanlösungen oder Applikation einer Salvarsansalbe die Defekte zur Heilung gebracht werden können. Aber auch eine große Reihe anderer Er- krankungen, die mit Spirochäten nichts zu tun haben, wird durch Salvar- san günstig beeinflußt, z. B. eine Malariaform (die Tertiana), auf die Salvarsan mindestens so gut wirkt wie Chinin, die für die Armee so wichtige Brust- seuche der Pferde, dann die schwere, mit weitgehenden Eiterungen verbun- dene tropische Fferdekrankheit, der afrikanische Rotz. Bei einer weiteren Gruppe wichtiger Erkrankungen (Typhus exanthematicus, Scharlach und Pocken) scheint das Salvarsan ebenfalls günstig zu wirken.

Der Vortragende schließt mit dem kurzen Hinweis auf die in voller Bewegung befindlichen, wenn auch wesentlich noch auf Tierexperimente be- schränkten Heilversuche an den durch Spaltpilze (Pneumokokken, Staphylo- kokken, Streptokokken) verursachten Erkrankungen, die hoffnungsvolle An- fänge darbieten,

12. Sitzung am 25. Januar 1912.

Prof. Dr. F. D 0 f 1 e i n , Freiburg :

„Der Ameisenlöwe, ein Kapitel aus der Biologie und Psychologie der Tiere".

Der Vortragende schildert zunächst das Vorkommen der eigenartigen Neuropteren-Larve, die als Ameisenlöwe bezeichnet wird, und beschreibt, wie er sie seit langem im Laboratorium gehalten und beobachtet hat. Dabei sind ihm schon in den Schilderungen der älteren Autoren Unrichtigkeiten auf- gefallen, welche die Grundlage der Darstellung in Brehms Tierleben und vielen anderen wissenschaftlichen und populären Lehrbüchern bilden. Er wurde aber erst angeregt, das Tier genau zu untersuchen, als er in einem Lehrbuch der Tierpsychologie aus diesen Schilderungen ganz falsche Schlüsse abgeleitet fand.

Die Experimente des Vortragenden sind noch nicht vollkommen zum Abschluß gelangt; sie lassen aber immerhin schon eine Anzahl von interessan- ten Schlußfolgerungen zu. Im Gegensatz zu früheren Annahmen vollziehen sich die merkwürdigen Handlungen des Ameisenlöwen, seine Orientierung im Sand, der Bau seiner Trichterfallen, das Einfangen der Ameisen auf Grund von sehr einfachen Reflexen. Es sind nicht einmal sehr komplizierte Instinkte, die bei den Handlungen des Tieres in Frage kommen. Die genaue Unter- suchung der einzelnen Körperteile und der Funktion der Organe zeigt, daß das Tier eine zu ganz einseitigen Tätigkeiten differenzierte, kleine Maschine

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darstellt. In ungewöhnlich deutlicher Weise sieht man die Handlungen durch den Körperbau, die Sinnesorgane, die Muskelgruppen bedingt.

Trotzdem kann der Ameisenlöwe nicht als reiner Reflexautomat be- zeichnet werden. Wenn das Tier vor die Lösung von Aufgaben gestellt wird, die das gewöhnliche Leben ihm niemals bringt, so erkennt man eine deut- liche Modifizierbarkeit seiner Handlungen. Es hat die Möglichkeit, zwischen einer Anzahl von Lösungen zu wählen. Experimente zeigen, welche Einflüsse die Wahl bedingen. Bei diesen Experimenten zeigt der Ameisenlöwe nicht nur eine gewisse Regulationsfähigkeit seiner Handlungen nach dem Prinzip des Versuchs und Irrtums, sondern er zeigt auch gewisse mnemische Fähig- keiten. Eine öfters durchgeführte ungewöhnliche Handlung wird von ihm immer leichter und gewohnheitsmäßiger ausgeführt.

Trotz dieser etwas höher stehenden Fähigkeiten ist der Ameisenlöwe doch ein besonders interessantes Beispiel für die Tatsache, daß hoch diffe- renzierte Tiere mit einseitig funktionierenden Organen sich vielfach dem Be- griff der Reflexautomaten nähern.

13. Sitzung am 1. Februar 1918. Prof. Dr. 0. zur Strassen:

„Der Flug der Tiere".

Wenn Tiere „fliegen", d. h. länger in der Luft verweilen, als es durch bloßen Fall oder Sprung ermöglicht wird, so benutzen sie immer den Luft- widerstand, und zwar teils den der ruhenden Luft gegen eine bewegte Fläche, teils den Druck des Windes gegen eine ruhende. Um diese Wirkungen zu verstärken, haben die Flugtiere flächenhafte Organe (Flughäute, Flügel usw.) ausgebildet. Viele Tiere verlängern ihre Sprünge, indem sie mit schräg zur Bewegungsrichtung gestellten Flugflächen im „Gleitflug" niedergehen. So der Flugfisch Dactijlopterns, der Flugfrosch, Flugdrache und mehrere Säuger, be- sonders der Flattermaki (Galeopithecns). Um längere Dauer des Fluges, größere Freiheit und Geschwindigkeit zu erzielen, führen die eigentlichen Flieger aktive Bewegungen mit ihren Flugorganen aus. Manche, deren Flügel un- durchlässig und eben sind, gewinnen den Antrieb durch schnelles Hin- und Herbewegen der schräg zur Flugrichtung gestellten Flügel, ähnlich wie ein Propeller mit schrägen Flügeln auf das umgebende Medium wirkt. So die Insekten, der Flugfisch Exocoetns, ferner die Kolibris. Bei anderen wird nur der Niederschlag des quergestellten Flügels voll ausgenutzt, während der Aufschlag dazu dient, den nächsten Niederschlag vorzubereiten. Dann muß natürlich dafür gesorgt sein, daß der Aufschlag geringerem Widerstand be- gegnet als der Niederschlag. Dies geschieht bei den Fledermäusen durch leichtes Zusammenklappen und Schrägstellen der Flügel, Bei den Vögeln wird es durch die Wölbung des Flügels in Verbindung mit einer Art Ventil- vorrichtung der Schwungfedern bewirkt. Der sog. Segelflug der Raubvögel, des Albatros usw. ist durch Benützung geringer Schwankungen der Wind- stärke zu erklären. Hierzu bedürfen die Vögel einer überaus feinen Ma- növrierfähigkeit, die ihnen einerseits durch zweckmäßige Vorrichtungen zur Höhen- und Seitensteuerung, andererseits durch hochgradige Empfindlichkeit für Druckschwankungen gewährleistet wird.

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14. Sitzung am 8. Februar 1913. Dr. A. von "Weinberg: „Das Eiweißmolekül als Unterlage der Lebens-

erscheinung".

(Siehe S. 159.)

15. Sitzung am 15. Februar 1913. San.-Rat Dr. G. Böttcher, Wiesbaden:

„Lionardo da Vinci als Naturforscher". (Erscheint ausführlich in Heft 3.)

16. Sitzung am 22. Februar 1913.

Dr. St. Kekule von Stradonitz, Berlin-Lichterfelde:

„Die Entstehung der sog. Habsburger Lippe".

Über die Art und Weise, wie sich die „Habsburger Lippe" vererbt, sind in der neuesten Zeit mancherlei Sonderveröffentlichungen, auch von Me- dizinern, erschienen, namentlich seit der Wiederauffindung der „Vererbungs- regeln" des gelehrten Brünner Augustinerpaters Johann Gregor Mendel (f 1884), die lange Zeit unbeachtet geblieben waren. Der Vortragende ist der Ansicht, daß es zur förderlichen Untersuchung der Frage, wie sich die „Habs- burger Lippe" vererbt, der Klarstellung der Vorfrage bedarf, wie sie ent- standen ist, und besonders, ob sie sich als eine einfache oder eine zusammen- gesetzte Erscheinung herausstellt. Bisher ist man stets davon ausgegangen, sie sei eine einfache Erscheinung. Am meisten verbreitet ist die Ansicht, die sie auf Margarethe Maultasch, die letzte Herrin von Tirol (f 1369) zu- rückführt. Allein Margarethe Maultasch hatte nur einen Sohn, und dieser starb kinderlos. Auch ist ihr Name „Maultasch" nicht etwa ein Beiname, der von einer Gesichtsbildung herrührt, sondern der Name einer Burg, nach der sie genannt wurde. Ebensowenig begründet ist die Ansicht, die „Habsburger Lippe" stamme von Anna Jagello her, der Gemahlin Kaiser Ferdinands!., denn die in Frage stehende Gesichtsbildung findet sich schon bei Ferdinand I. und bei allen seinen Geschwistern, nämlich bei Karl V. und den vier Schwe- stern. Ottokar Lorenz leitet die „Habsburger Lippe", dem alten Geschichts- schreiber Johann Jakob Fugger folgend, von Cimburgis von Masso- vien, der Mutter Kaiser Friedrichs III. her. Graf Theodor Zichy hat im Jahre 1898 die Vermutung aufgestellt, die „Habsburger Lippe" rühre von den zwei Portugiesischen Urgroßmüttern Karls V. her, nämlich von Eleo- nore von Portugal, der Gemahlin Kaiser Friedrichs HL, und von Isabella von Portugal, der Gemahlin des Königs Johann IL von Kastilien. Zunächst hat aber Kaiser Friedrich III. selbst eine stark vorstehende Unterlippe gehabt, kann diese also unmöglich von seiner Gemahlin durch Übertragung bekom- men haben. Johann IL von Kastilien hatte vielleicht nicht nur selbst eine „Habsburger Lippe"; auch sein Urgroßvater Heinrich IL von Kastilien hat

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diese bereits sehr ausgebildet und stark gehabt, so daß auch hier die Ge- mahlin Johanns IL nicht die eigentliche Ursache sein kann. Die „Portu- giesische Theorie" Zichys scheidet somit aus. Galippe endlich hält, gestützt auf einen Bericht des alten französischen Memoirenschreibers Brantome, die , Habsburger Lippe" für ein altes Burgundisches Erbgut, dem Hause Habsburg durch die Abstammung von Maria von Burgund zugebracht. Schließ- lich hat der belgische Kunsthistoriker Dr. Oswald Rubbrecht im Jahre 1910 in einem umfangreichen Buch, gestützt auf vorzügliche Bildnisstudien, das Ergebnis gewonnen, die „Habsburger Lippe" sei keine einfache Erscheinung, sondern zusammengesetzt aus drei Bestandteilen : der dicken Lippe, dem vor- stehenden Unterkiefer und einem seitlich abgeplatteten Schädel. Das vor- stehende Kinn hat nach Rubbrecht das Habsburgische Haus von Kaiser Friedrich HI. ab; die dicke Lippe bringt das Burgundische Haus hinzu. Jo- hanna die Wahnsinnige endlich, die Gemahlin Philipps des Schönen, besitzt in gleicher Stärke den seitlich abgeplatteten Schädel, den vorstehenden Unter- kiefer und die dicke Unterlippe, und bei beider Nachkommenschaft ist dann die „Habsburger Lippe" in ihrer kennzeichnenden Form da.

Kekule von Stradonitz hat nun das von Rubbrecht beigebrachte Bildnismaterial genau nachgeprüft und es durch interessanten, bisher nicht in Betracht gezogenen Bildnisstoff vermehrt. Danach ergibt sich für die Ent- stehung der „Habsburger Lippe" folgendes: Der Habsburger Mannesstamm hringt das vorgebaute Kinn und eine etwas vorstehende, dicke Lippe. Eine in Maria von Burgund doppelt vereinigte, von ihrer väterlichen und gleich- zeitig mütterlichen Urgroßmutter Margarethe von Holland oder „von Henne- gau" herrührende starke Dicklippigkeit tritt als „Burgundische Dicklippigkeit" hinzu. Zu der Vereinigung beider in Philipp dem Schönen gesellt sich dann die doppelte, in Johanna der Wahnsinnigen vereinigte Erbmasse Heinrichs IL von Kastilien mit der sehr dicken, wulstigen Lippe, dem vorgebauten Kinn und dem langen, schmalen Gesicht. Die anscheinend besonders wichtige Erb- masse Heinrichs IL von Kastilien haben die Forscher bisher alle nicht genügend beachtet. Die „Habsburger Lippe" ist also keineswegs eine einfache, sondern eine aus verschiedenen Bestandteilen, die von ganz verschiedenen Seiten her- stammen, zusammengesetzte Erscheinung.

Ist dem aber wirklich so, so kann es nicht weiter erstaunen, daß ein Vererben der „Habsburger Lippe" nach den einfachen Mendelschen Regeln sich nicht nachweisen läßt. Es wird eben wohl ein selbständiges „Durchein- ander-Mendeln" der einzelnen Bestandteile der „Habsburger Lippe" statt- finden, und deshalb wird zunächst eine Untersuchung dieser Verhältnisse Aufgabe der Forschung sein müssen.

17. Sitzung am 1. März 1913. Prof. Dr. 0. Kalischer, Berlin:

„Die Bedeutung der Dressurmethode für die Sinnesphysiologie und Psychologie".

Der Vortragende berichtet über eine neue Prüfungsmethode der Sinnes- empfindungen bei Tieren, die es gestattet, die Sinnesempfindungen speziell

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der höheren Tiere in zuverlässigerer Weise zu prüfen, als man es bisher ver- mocht hat. Bisher stießen solche Empfindungsprüfungen auf mannigfache Schwierigkeiten. Die Temperaturempfindung entzog sich überhaupt der Fest- stellung. Berührte man z. B. den Rücken eines Hundes mit einem kalten oder einem warmen Gegenstand, so drehte in beiden Fällen das Tier den Kopf nach der berührten Stelle, und es fehlte die Möglichkeit der Entscheidung, ob das Tier einen Unterschied empfand. Aber auch die Empfindungen, die sich prüfen ließen, waren nur bruchstückweise zu erhalten ; die feineren Ab- stufungen der Empfindungen entgingen der Feststellung. Am brauchbarsten erwies sich noch die Pawlowsche Speichelreflexmethode, die in manchen Beziehungen sehr Gutes für die Feststellung der Empfindungen leistet, aber doch wegen mancher mit ihr verbundenen Schwierigkeiten nur in beschränktem Umfang brauchbar ist.

Die Methode des Vortragenden beruht auf der Dressur. Er beschreibt das Prinzip seiner Methode zunächst genauer beim Gehörsinn, der den Aus- gangspunkt seiner Untersuchungen gebildet hat. Die Tiere werden in der Weise dressiert, daß sie bei einem ganz bestimmten Ton (Harmonium oder dgl.), bei dem „Freßton", wie er diesen Ton nennt, nach den vor ihnen liegen- den Futterstücken greifen, bei allen anderen Tönen („Gegentönen") das Fressen verweigern. Die Hunde lernen es, diesen Freßton aus einer Anzahl von Tönen heraus zu erkennen ; sie greifen zu, wenn unter einer Anzahl gleich- zeitig angeschlagener Töne auch der Freßton ist, und verweigern das Fressen, wenn der Freßton nicht mit angeschlagen wird. Diese Fähigkeit der Ton- unterscheidung geht bei den Hunden, wenigstens in den tiefen Lagen, über die Fähigkeit der besten Musiker hinaus.

Der Vortragende schildert alsdann, wie er diese Hörprüfungsmethode dazu benützt hat, um eine Reihe von vielumstrittenen Problemen im Gebiet des Hörsinns der Lösung näher zu bringen.

Hierauf wendet er sich zu den anderen Sinnesgebieten, auf die er das gleiche Dressurprinzip mit Erfolg übertragen hat. Die Ausführung der Dressur, die sich entsprechend den einzelnen Sinnen etwas verschieden ge- staltet, wird für den Geruchsinn, den Farbensinn und den Temperatursinn beschrieben. In allen diesen Fällen läßt sich über Empfinden und Nicht- empfinden der Tiere mit Hilfe der Methodik in der leichtesten Weise Aus- kunft erhalten. Besonders bemerkenswert ist die Schnelligkeit, mit der die Dressuren auch bei anscheinend schwierigen Empfindungsunterschieden er- reicht werden. In etwa zwei bis drei Wochen ist die Dressur in den meisten Fällen beim Hunde in hinreichender Weise vollendet, wobei die täglich einmal stattfindenden Prüfungen der Tiere nicht länger als fünf Minuten in An- spruch nehmen. Aus den Versuchen und Ergebnissen geht hervor, daß die Methodik einer allgemeinen Anwendung für physiologische und psychologische Untersuchungszwecke fähig ist.

Zum Schluß demonstriert der Vortragende bei zwei von ihm dressierten Hunden das Prinzip seiner Methode.

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18. Sitzung am 8. März 1913. Prof. Dr. A. Fischel, Prag:

„Über Ursachen normaler und abnormer Entwick- lungsvorgänge bei Tieren und beim Menschen."

Das ebenso reizvolle wie schwierige Problem, in das Geheimnis der Entwicklung, d. h. der Umbildung des so einfach gebaut erscheinenden Eies in den so kompliziert organisierten Körper, einzudringen, hat seit jeher das Interesse der Menschen erregt. Während man sich bis in die jüngste Zeit damit begnügen mußte, den formalen Ablauf der Entwicklung festzustellen, geht man jetzt auch daran, die Ursachen zu ermitteln, die das komplizierte Getriebe des Entwicklungsprozesses beherrschen. Der Vortragende schildert zunächst eine Reihe von grundlegenden Versuchen, die angestellt wurden, um in das Wesen der Befruchtung und der ersten Entwicklungsvorgänge tiefer einzudringen. So ist es gelungen, das Ei durch physikalisch-chemische Mittel zur Entwicklung zu veranlassen und einzelne der Komponenten des Befruchtungsvorganges kennen zu lernen. Experimente an sich entwickeln- den Eiern ergaben sehr interessante Resultate hinsichtlich der Entwicklung der einzelnen Körperorgane, die im einzelnen näher geschildert werden. Doch ist es bis heute noch nicht gelungen, das allgemeine Gesetz, das hier waltet, sicher festzustellen und das Grundprinzip der Entwicklung auf einfache physikalisch-chemische Vorgänge zurückzuführen, so bedeutungsvoll auch die Schlüsse sind, die man aus diesen Versuchsresultaten ziehen kann.

Dagegen ließ sich im speziellen die Wirkungsweise zahlreicher Faktoren auf die Entwicklung feststellen. Physikalische und chemische Kräfte, die Funktion, gegenseitige Abhängigkeitsverhältnisse der embryonalen Gewebe u. a. m. kommen hier in Betracht. Mit solchen Mitteln gelang es, normale und abnorme Bildungsvorgänge und Organismen künstlich zu erzeugen und so nach mancher Richtung hin einen Einblick in die Gesetze der Formbildung zu gewinnen. Der Vortragende schildert derartige Versuchsresultate und er- örtert zum Schluß, daß sie nicht bloß ein rein theoretisches Interesse für den Naturforscher besitzen, sondern sich auch mit Vorteil zur Erklärung normaler und abnormer Entwicklungsvorgänge beim Menschen heranziehen lassen. Für die Erkenntnis der menschlichen Mißbildungen und Geschwülste ergeben sich hieraus Schlüsse, die heute schon wichtig sind, in der Zukunft aber, bei Fort- setzung dieser Versuchsart, eine weittragende Bedeutung gewinnen werden.

Festsitzung zur Erteilung des Soemmerring-Preises am 7. April 1913.

In dem mit der Büste Soemmerrings und mit frischem Grün ge- schmückten Festsaal eröffnet der I. Direktor Dr. A. von Weinberg die der Verleihung des Soemmerring-Preises gewidmete Sitzung mit einem kurzen geschichtlichen Rückblick.

Samuel Thoraas von Soemmerring, am 28. Januar 1755 zu Thorn geboren, widmete sich dem Studiimi der Medizin und wurde, kaum 24-jährig, 1779 auf den anatomischen Lehrstuhl des Collegium Carolinum zu Cassel, 1784

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an die Universität Mainz berufen. Seine hervorragenden anatomischen und physiologischen Arbeiten stempeln ihn zu einem der vornehmsten Gelehrten seiner Zeit.

Nachdem Soemmerring sich im März 1792 mit Maria Elisabeth Grunelius, einer Tochter des alten Frankfurter Patrizierhauses, vermählt hatte, ließ er sich 1795 unter die Zahl der hiesigen Ärzte aufnehmen und verblieb hier trotz mehrfacher Berufungen nach Jena, Halle, Würzburg und Heidelberg, bis er im April 1805 als Mitglied der Akademie der Wissenschaften nach München übersiedelte. Hier wurde er Leibarzt des ersten Bayernkönigs Maximilian Joseph, der ihm den persönlichen Adel und den Geheimrats- titel verlieh.

Physikalische und chemische Studien, die Soemmerring emsig neben seinen anatomisch-physiologischen Untersuchungen betrieb, führten ihn zur Erfindung des elektrischen Telegraphen, den er in der Sitzung der Akademie der Wissenschaften am Montag, den 28. August 1809 vorzeigte.^) Indessen geriet diese Tatsache gänzlich in Vergessenheit, und erst nahezu fünfzig Jahre später, längst nachdem das erste unterseeische Kabel durch den Kanal gelegt war, hat Soemmerrings Sohn, Hofrat Dr. Wilhelm Soemmerring, durch die Veröffentlichung von historischen Notizen und Auszügen aus den Tagebüchern seines Vaters im Jahresbericht des hiesigei) Physikalischen Vereins (1857 58 S. 23 ff.) den strikten Nachweis erbracht, daß Samuel Thomas von Soemmerring der Erfinder des ersten galvano- elektrischen Telegraphen gewesen ist. Sein Originaltelegraph befand sich im Besitz des Physikalischen Vereins, bis er am 26. Oktober 1905 dem Museum von Meisterwerken der Naturwissenschaft und Technik (Deutsches Museum) zu München als Geschenk des Vereins überwiesen worden ist.

Auf Anregung des Physikalischen Vereins hat sich bereits zu Anfang der sechziger Jahre des vorigen Jahrhunderts ein Komitee für Errichtung eines Soemmerring-Denkmals in Frankfurt a. M. gebildet, und in dessen Auftrag hat Eduard von der Launitz das Modell zu einer Statue Soem- merrings in Lebensgröße entworfen. Erst ein Menschenalter später ist die Aufstellung des Denkmals in den Anlagen am Eschenheimer Tor möglich geworden. Bei Gelegenheit der 68. Versammlung Deutscher Naturforscher und Ärzte hat am 20. September 1896 die Grundsteinlegung und am 8. August des darauffolgenden Jahres die feierliche Enthüllung des nunmehr von Hein- rich Petry vollendeten Denkmals stattgefunden.

Nachdem Soemmerring sich im Jahre 1818 nach Frankfurt zurück- gezogen hatte, ist er am 17. Oktober desselben Jahres zum wirklichen (arbeiten- den) Mitglied der Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft ernannt und unter die Stifter derselben aufgenommen worden. Am 7. April 1828 wurde von der Gesellschaft gemeinsam mit der Frankfurter Bürgerschaft und mit vielen deutschen und ausländischen Gelehrten Soemmerrings fünfzig- jähriges Doktorjubiläum gefeiert. Aus diesem Anlaß wurden dem Jubilar drei auf der Vorderseite mit seinem Porträt, auf der Rückseite mit einem Relief der „Basis encephali humani" gezierte Medaillen aus Gold, Silber und Bronze

1) Denkschriften der Kgl. Akademie d. Wissensch. zu München f. d. Jahre 1809 u. 1810. München 1811, S. 401.

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überreicht. Aus den Überschüssen, welche die Beiträge für Herstellung dieser Medaillen ergeben hatten, wurde am 9. September 1829 die Stiftung eines „Soemmerringischen Praemiums" beschlossen, wonach alle vier Jahre am 7. April, am Jahrestag der Promotion des Jubilars, ein Preis 300 Gulden (M. 500. ) samt einer silbernen Medaille zum bleibenden Andenken an Samuel Thomas von Soemmerring demjenigen deutschen Forscher zu- erkannt werden soll, der in diesem Zeitabschnitt „die Physiologie im weitesten Sinne des Wortes" am bedeutendsten gefördert hat.

Soemmerring starb am 2. März 1830 und wurde auf dem hiesigen Friedhof beerdigt. Sein Sohn, sein Enkel und sein Urenkel gehören zu den ewigen Mitgliedern der Gesellschaft.

Am 7. April 1837 wurde der Soemmerring-Preis zum ersten Male ver- liehen. Die seitherigen Preisträger sind Ehrenberg, Schwann, Bischoff, Rudolf Wagner, Kölliker, Johannes Müller, Helmholtz, Ludwig, de Bary, von Siebold, Voit, Sachs, Flemming, Roux, Verworn, Born, Nissl, Haberlandt und Kammerer.

Die erste fachmännische Beschreibung der Medaille ist durch Eduard Rüppell im Archiv für Frankfurts Geschichte und Kunst, 1855 S. 63 erfolgt:

„Hauptseite: Kopf im Profil nach rechts, davor ein Stab mit einer Äskulapschlange, darunter: G. Loos Dir. C. Pfeuffer fee.

Umschrift: S. TH. A SOEMMERRING NAT. THORUNI D. XXVIII JAN. MDCCLV DOCT. GREAT. GOTTINGAE D. VII APR. MDCCLXXVIII.

Kehrseite: Untere Ansicht des menschlichen Gehirns, an welcher be- sonders der Auslauf der Nerven hervorgehoben ist.

Umschrift: ANATOMICORUM PRINCIPI ANIMAE ORGANA QUI APERUIT ARTIS VIRIQUE CULTORES. D. VII APR. MDCCCXXVIII.

Durchmesser 23 Linien."

Als Vorbild bei der Herstellung des Porträts auf der Vorderseite der Medaille hat ein Medaillon Soemmerrings gedient, das von Johann Peter Melchior (1742—1825), seit 1796 Inspektor der Porzellan-Manufaktur zu Nymphenburg, nach dem Leben ausgeführt worden ist. Geprägt wurde die Medaille in der Berliner Medaillen-Münze, deren damaliger Dirigent Münzrat Gottfried Bernhard Loos, deren erster Münzmedailleur Christoph Carl Pfeuffer war.

Bei der ersten Prägung der Medaille im Jahre 1828 hat der Revers- stempel mit der Gehirnbasis derart gelitten, daß weitere Prägungen mit ihm nicht mehr vorgenommen wurden, um ihn nicht der Gefahr des Springens auszusetzen. An seiner Stelle wurden seitdem anscheinend seit 1849 Reversstempel mit einem blattreichen Kranz von Eichenlaub verwandt, in dessen leeren Raum die Jahreszahl der Verleihung und der Namen des Preis- trägers eingraviert werden. Neuprägungen der Medaille (mit verschiedenen Kranzmotiven) fanden ferner 1860, 1873, 1881/82, 1897 und 1913 statt. Bei der diesmaligen Neuprägung, die wiederum in der Berliner Medaillen-Münze von L. Ostermann, vorm. G. Loos vorgenommen wurde, ist für eine Me- daille in Silber M. 9.— berechnet worden. Die Stempel der Medaille (Porträt- seite, Rückseite mit Gehirnbasis und Rückseite mit Kranzmotiv) werden im Archiv der Gesellschaft aufbewahrt.

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Die für die diesjährige, 20. Preiserteilung ernannte Kommission hat aus Prof. E dinger (Vorsitzenden), Exzellenz Ehrlich, Prof. Embden, Prof. Fischer, Prof. Möbius, Prof. Reichenbach, Prof. zur Strassen und Dr. von Weinberg bestanden.

In den Kommissionssitzungen wurden die Arbeiten von drei Forschern in die engere Wahl gezogen. Es waren dies die von Prof. Goldmann-Frei- burg i. B., der es verstanden hat, durch differenzierte Färbung die Ablagerung bestimmter Stoffe im tierischen Gewebe nachzuweisen, ferner die Arbeiten von Prof. Kalischer-Berlin, der durch seine Dressurmethode an Tieren wichtige Aufschlüsse in der Sinnesphysiologie und Psychologie erreicht hat, worüber der Genannte in der Senckenbergischen Naturforschenden Gesell- schaft am 1. März selbst vorgetragen hat, und schließlich die Arbeiten von Prof. Correns-Münster i. W. über Vererbungslehre.

In Anbetracht der weittragenden Bedeutung, welche die Erforschung der Vererbungsgesetze für Tier- und Pflanzenwelt in den letzten Jahren ge- wonnen hat, und der führenden Stellung, die Correns durch die von ihm veröffentlichten Spezialuntersuchungen und Zusammenfassungen einnimmt, beschloss die Kommission einstimmig, ihn für den Preis vorzuschlagen.

Im Namen der Kommission berichtet nunmehr Prof. M. Möbius:

„Über die neuen Vererbungsgesetze nach der Corrensschen Schrift von 1912."

Die Erkenntnis gesetzmäßiger Erscheinungen bei der Vererbung beruht vorzüglich auf den Untersuchungen des Augustinermönchs Gregor Mendel, die 1866 veröffentlicht wurden, aber unbeachtet geblieben wären, wenn sie nicht im Jahre 1900 von Correns, Tschermak und De Vries neu ent- deckt worden wären. Seitdem ist das Studium des „Mendelismus", wie man das gesetzmäßige Verhalten der Bastarde in ihrer Nachkommenschaft nennt, im Pflanzen- und Tierreich zu großer Bedeutung für die Kenntnis der Ver- erbungserscheinungen überhaupt geworden.

Zunächst ergeben sich drei Hauptregeln oder Gesetze, und zwar als erstes das der Gleichmäßigkeit der Bastarde in der ersten Gene- ration. Wenn man also zwei Sorten oder Arten miteinander kreuzt, so ent- stehen aus den durch Kreuzung erzeugten Samen lauter ganz gleichartige Pflanzen. Wenn die Eltern nur durch ein Merkmal unterschieden waren, steht der Bastard in dieser Hinsicht in der Mitte, oder er gleicht ganz oder fast ganz einem der Eltern, indem das eine Merkmal des Paares über das andere dominiert.

Die Nachkommen des Bastards, durch Selbstbestäubung oder Kreuzung der gleichartigen Bastardpflanzen erzogen, geben, wenn es sich nur um die Differenz eines Merkmals handelt, dreierlei Pflanzen: solche, die dem Bastard (B), die dem Großvater (A) und die der Großmutter (A^) gleichen, und zwar in dem Verhältnis B : A : A' = 2 : 1 : 1. In der dritten Bastardgeneration trennen sich die B-Pflanzen wieder in derselben Weise ; die A- und A'-Pf lanzen aber ergeben sich selbst gleiche Nachkommen, wenn jede Gruppe wieder rein in sich fortgezüchtet wird. Das geht so fort und wird als Gesetz der Spaltung

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(zweites Gesetz) bezeichnet. An der Spaltung der Nachkommenschaft er- kennt man, daß die Eltern Bastardnatur besessen haben, während man früher diese Erscheinung als Rückschlag zur Stammform bezeichnet hatte.

Wenn bei der ersten Kreuzung mehr als ein Merkmalpaar den Unter- schied bedingt, so wird die Sache dadurch komplizierter, daß einerseits ein vom Vater und andererseits ein von der Mutter vererbtes Merkmal dominieren kann: daraus ergibt sich das dritte Gesetz, das der Selbständigkeit der Merkmale. Wenn z.B. weißblühende Erbsen mit gelben Samen und rot- blühende mit grünen Samen gekreuzt werden, so erhält man in der ersten Bastardgeneration rotblühende Erbsen mit gelben Samen, also eine neue Sorte. In der zweiten Bastardgeneration treten dann alle Kombinationen auf, die möglich sind. Wenn noch mehr als zwei Merkmalpaare gekreuzt werden, so ist, wenn auch die erste Bastardgeneration immer einförmig ist, die Spaltung in der zweiten Generation um so größer, je mehr Merkmalpaare vorhanden waren.

Diese Gesetze gelten gleichmäßig für die Kreuzung von Arten und Sorten oder Varietäten. Die Abweichungen von der Regel, die beobachtet werden, lassen sich zwar noch nicht alle erklären, aber doch z. T. durch Parthenogenese, wie bei den auch von Mendel gezüchteten Hieraciiim- Bastarden, z. T. dadurch, daß ein scheinbar einheitliches Merkmal auf zwei verschiedenen Anlagen beruht.

Wichtig für die Vererbung ist, daß nicht die Merkmale als solche sondern nur ihre Anlagen vererbt werden, wie sich schon aus dem sog. Domi- nieren eines Merkmales ergibt. Wichtig ist ferner, daß die Vererbungser- scheinungen im Einklang stehen mit dem an den materiellen Grundlagen Beobachteten, nämlich an den Keimzellen, ihren Kernen und deren Teilungen und Verschmelzungen, woraus wir den Schluß ziehen, daß die Anlagen an die einzelnen Teilchen der Chromosomen in den Kernen gebunden sind.

Im Anschluß an diese Ausführungen des Referenten, nach denen die interessanten Ergebnisse der besprochenen Arbeiten vollständig neue For- schungsgebiete eröffnen, verkündet der I. Direktor, daß auf den Vorschlag der Kommission der Soemmerring-Preis Prof. C. Correns-Münster i. W. zu- erkannt worden ist.

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Carl Hagenbeck

gest. 14. April 1913.

„Hagenbeck kommt!" Wer diese köstliche Zeichnung Adolf Oberländers aus dem Anfang der neunziger Jahre in den „Fliegenden Blättern" gesehen hat, dem muß- te ihr bezwingender Humor einen Begriff geben vom Wesen des menschlichen Königs der Tiere, der sich sein Reich aus eigenster Kraft erobert hatte. In jahrzehntelangem Schaffen hat Hagen- beck die Bedeutung seiner Unternehmungen den allerweitesten Kreisen zu erweisen verstanden, so daß sie gar nicht an ihm vorbeigehen konnten, daß auch solchen, denen Tierliebe und Tier- pflege fernliegende Begriffe waren, schließlich eine Idee davon aufdämmern mußte, was ein Mensch den Tieren sein kann, was die Tiere ihm werden können.

Aus ganz kleinen Anfängen heraus hat das begonnen. Als Carl Hagenbeck am 10. Juni 1844 in Hamburg-St. Pauli zur Welt kam, betrieb sein Vater dort ein Fischgeschäft. Nebenher hielt sich Vater Hagenbeck immer einiges lebende Getier: Papageien, Affen, Pfauen und verschiedenes Hausgeflügel. Die

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Freude daran muß sehr früh auf Carl übergegangen sein. Sein gleichermaßen frühzeitig ausgeprägter Erwerbssinn, der ihn als echten Hamburger charakterisierte, verband sich so glücklich mit dieser Neigung, daß er als kleiner Junge schon dem Vater ge- schickt an die Hand ging. Mit einem halben Dutzend lebender Seehunde, die er 1848 durch seine Störfischer erhielt, und die in Hamburg und Berlin ausgestellt wurden, begann für den Vater eine Reihe von ähnlichen Schaustellungen, die bald zum eigent- lichen Tierhandel führen sollten. Mit dem Sohn zusammen hat er diese „Branche" eigentlich erst geschaffen, und Carl hat sie dann zu jener Höhe ausgebildet, die den Begriff mit dem Namen Hagenbeck für alle Zeiten verbindet. Gelegenheitskäufe in deutschen Hafenorten wurden bald durch Ankaufreisen und direkte Importversuche abgelöst; trotz mancher anfänglicher Enttäu- schungen trat bald dauernder Erfolg ein. „Ein Tiergeschäft, sei es klein oder groß, ist ohne Passion für die Tierwelt gar nicht denkbar." „Man muß nur die Augen offen halten und jede Situation zweckentsprechend auszunutzen versuchen, to make the best of it . . .". Mit diesen zwei Sätzen, die Carl Hagen- beck am Abend seines rastlosen Lebens niederschrieb^), ist die Devise seines Werkes gegeben. Kaum der Schule entwachsen, trat er dem Vater als dessen beste Kraft zur Seite ; mit sechzehn Jahren schon machte er selbständig größere Geschäfte. Er kam mit Bodinus und Professor Peters, mit Martin, Wester- mann und Geoffroy St. Hilaire wiederholt in Berührung und eignete sich so auch eine nicht nur praktische Tierkenntnis an. Die Entwicklung der zoologischen Gärten, die zum Teil erst in jener Zeit einsetzte, ist mit der Entwicklung der Importe Hagenbecks Hand in Hand gegangen.

Das Kriegsjahr 1866 führte ihn nach Frankfurt a. M., wo er den gesamten Tierbestand des Gartens der Zoologischen Gesell- schaft übernahm. Von dieser Zeit an sind seine Beziehungen zu Frankfurt stets rege geblieben. Im Jahre 1905 wurde er zum korrespondierenden Mitglied der Senckenbergischen Naturforschen- den Gesellschaft ernannt, deren Museum seiner Freigebigkeit manches schöne Geschenk verdankt.

Mit Beginn der siebziger Jahre trat Hagenbeck dann auch mit jenen vielfältigen „Völkerausstellungen" auf den Plan,

^) In seinem 1908 erschienenen Buche „Von Tieren und Menschen". Vita, Deutsches Verlagshaus, Berlin-Ch.

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die seinen Namen mehr noch als der bisherige ausschließliche Tierhandel in aller Mund brachten. Auch diese Vorführungen, die bald in den meisten zoologischen Gärten Eingang fanden, sind in der folgenden Zeit auf lange Jahre hinaus zu integrieren- den Begleiterscheinungen der größeren Gärten geworden.

Aus diesen beiden Zweigen, dem ethnographischen und dem zoologischen, erwuchs Hagenbecks Unternehmen schließlich zu so gewaltigen Dimensionen, daß er zu Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts an die Schaffung eines eigenen, in großartiger Weise angelegten Tierparkes herantrat. Stellingen, der Name des Hamburger Vorortes, in dem die Verwirklichung seiner lange gehegten Wünsche sich vollzog, ist die Begriffsbezeichnung ge- worden für ein ganz eigenes Prinzip der Tierhaltung. Wie Hagenbeck mit unbestrittenem Erfolg bestrebt gewesen ist, die Bändigung der sog. „wilden Tiere", die bis dahin fast aus- schließlich mit Peitsche und Speer betrieben worden war, durch eine verständnisvollere Behandlung zu ersetzen, die auf das In- dividuelle des Tieres einging und damit in ganz anderer Weise menschliche Überlegenheit zur Geltung brachte, so hat er auch in Stellingen es verstanden, seinen Pfleglingen die Gefangenschaft durch Gewährung möglichster Freiheit weniger fühlbar zu machen. Damit hat er aber einen mächtigen Schritt vorwärts getan, der nicht zuletzt auch dem um die Erforschung der Tierwelt wissen- schaftlich Bemühten, dem Zoologen von Fach, wichtige Dienste geleistet hat. Man mag im einzelnen über Hagenbecks Prin- zipien der Tierhaltung urteilen, wie man will Prinzipien können und werden immer in einer oder der andern Richtung auf unfruchtbare Punkte führen , daß das Bestreben, jedes Tier in einer seinerNatur möglichst entsprechenden Umgebung zu halten, von ihm in hervorragender Weise in die Tat umgesetzt worden ist, das bleibt Carl Hagenbecks unbe- strittenes, vielleicht sein bedeutsamstes Verdienst.

Ich erinnere mich, nie etwas annähernd Überzeugenderes gesehen zu haben als die wundervolle Ausstellung lebender Reptilien aus allen Weltgegenden, die er in den Jahren 1897/98 im alten, einstmals von Friedrich Knauer geleiteten Wiener Vivarium zeigte. Sie war in gewissem Sinn ein Vorläufer Stel- lingens ; nur daß damals in Wien durch die besser zu übersehenden Raumdimensionen sich eine wohl unübertreffliche Geschlossenheit bot, die die BUdwirkung der einzelnen, mit bester Naturkenntnis

142

gegebenen Terrainausschnitte aufs schönste hervortreten ließ. Daß ein Mann wie Ernst Perzina das Ganze leitete, war auch ein besonderes Verdienst Hagenbecks, der eben überall auch die rechten Persönlichkeiten hinzustellen verstand. Mehr noch freilich gehörten dazu vor allem, wie Franz Werner damals in einem seiner prächtigen Referate^) so treffend gesagt hat, „die vier großen G: Geduld, Geld, Geschick und Glück"; sie sind gewiß eine der Grundlagen von Hagenbecks Erfolgen ge- wesen. Ihn zeichnete das aus, was dem echten Hanseaten eignet: Zielbewußtsein, Zähigkeit, Selbständigkeit.

Ph. Lehrs.

') In der Zeitschrift „Der Zoologische Garten", 38. Jahrgang 1897 S. 212.

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Die afrikanische Hyläa, ihre Pflanzen- und

Tierwelt.

Mit 13 Abbildungen 1)

von

A. Schnitze (Bonn).

Zu den schwer ausrottbaren geographischen Irrtümern hat bis vor kurzem die Annahme gehört, daß die afrikanischen Äqua- torialgegenden jene ausgedehnten tropischen Regenwaldungen vermissen ließen, die für Südamerika und die südasiatische Insel- welt so ungemein charakteristisch sind. Der Grund hierfür ist wohl darin zu suchen, daß die lebendigen Schilderungen, die der „Outsider" Stanley in seinem Werk „Im dunkelsten Afrika" von einem solchen Walde gibt, mit den Beobachtungen Schwein- furths und anderer Erforscher des Kongobeckens anscheinend im Widerspruch standen. Zufälligerweise waren alle Forscher, denen man von vornherein unbedingtes Vertrauen zubilligte, ge- rade in jenen Gebieten des tropischen Afrika tätig gewesen, in denen allerdings größere zusammenhängende Regenwaldungen nicht mehr vorkommen. Heute nun wissen wir, daß trotz Schweinfurth, Pogge und Pechuel-Loesche in Äqua- torial-Afrika eine Hyläa existiert, die sich mit der der Amazonas- Niederungen in vielen Beziehungen messen kann, diejenige Insul- indes an Ausdehnung sogar weit übertrifft.

Zweifellos hat die afrikanische Hyläa, deren Zentrum, wie Mildbraed nachwies, näher an der Ostküste als an der West- küste des Kontinents liegt, sich ehedem viel weiter ausgedehnt und vielleicht sogar, wie floristische und faimistische Reste er-

^) Sämtliche Abbildungen sind Reproduktionen von Originalaufnahmen des Verfassers. Die mit * bezeichneten Abbildungen sind mit Erlaubnis des Verlags aus dem Werk „Vom Kongo zum Niger und Nil" von Adolf Fried- rich Herzog zu Mecklenburg, Leipzig (F. A. Brockhaus) 1912 entnommen.

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kennen lassen, große Teile des heutigen Deutsch-Ostafrika be- deckt. Neben klimatischen Änderungen ist an diesem dauernden Rückgang des Waldes zweifellos die unvernünftige Waldwirt- schaft der schwarzen Rasse in erster Linie schuld.

Im Rahmen dieses Vortrages interessiert uns nur die afri- kanische Äquatorial-Hyläa in ihrer heutigen Ausdehmmg. Wenn wir von den ebenfalls ansehnlichen Waldungen absehen, welche die Guineaküste von Sierra Leone bis nach Ashanti hin bedeckt und die im Charakter durchaus mit dem großen Äquatorial- wald übereinstimmt , so umfaßt diese Hyläa eine sehr unregel- mäßig begrenzte Fläche, die im allgemeinen nicht über das rechte Kongoufer nach Süden hinausreicht. Sie beginnt im Nigerdelta mit einem durchschnittlich 250 km breiten, die Küstenebene be- deckenden Streifen, der etwa südlich des Sanaga zu dem ununter- brochenen Waldkomplex sich erweitert. Von der Kamerun- und Gabunküste reicht dieser, in der Breite von 300 bis 1000 km wechselnd, bis an den großen zentralafrikanischen Graben, er- streckt sich also über eine Entfernung von fast 2500 km.^)

Floristisch betrachtet besitzt dieser Wald alle Eigentümlich- keiten, welche die tropischen Regenwaldungen auszeichnen : große Verschiedenartigkeit der Zusammensetzung, gewaltige Dimen- sionen der Hauptwaldbäume mit ihren sonderbaren Wurzelbildun- gen (Fig. 1), mit Cauliflorie und „Ausschüttung des Laubes", großen Reichtum an Epiphyten und Lianen mannigfacher Art.

Wenn auch im großen und ganzen der Charakter dieses Waldes einheitlich ist, so zeigt sich doch, daß einzelne Arten an gewissen Stellen in großer Menge erscheinen, dann wieder auf Strecken vieler Tagemärsche hin vollkommen verschwinden, um ganz plötzlich wieder aufzutauchen, ohne daß vorläufig hier- für eine genügende Erklärung an der Hand der geologischen Verhältnisse gegeben werden könnte. Geschlossene Bestände gewisser Baumarten sind nichts Seltenes, wie z. B. solche des stattlichen Macrolobium Dewevrei (Fig. 2); auch die Sumpfwal- dungen der Flüsse sind von einer Einförmigkeit, die dem Charakter geschlossener Bestände sehr nahekommt.

Ganz falsche Vorstellungen herrschen über die undurch- dringliche Dichtigkeit des Urwaldes. Es liegt auf der Hand, daß gerade der unberührte Primärwald mit seinem geschlossenen

•) Vergl. die Übersichtskarte der Reisen der Deutsehen Zentralafrika- Expedition des Herzogs im vorjährigen „Bericht".

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Laubdach und dem ewigen Halbdämmer darunter gar nicht die Möglichkeit zur Bildung eines besonders dichten Unterholzes bietet. Die Lianenwirrnis findet sich vielmehr hoch über dem Boden in den Laubkronen oder aber dort, wo durch irgendwelche Verhältnisse das Licht durch das Laubdach Eingang findet und dadurch eine Möglichkeit zur Bildung dichten Unterholzes dar- unter ansehnliche Kräuter, meist gewaltige Ingwergewächse gegeben ist (Fig. 3). Solche Bildungen werden begünstigt durch künstliche Lichtungen etwa auf verlassenem Farmboden oder durch das Vorhandensein versumpfter Bachläufe (Fig. 4). An solchen Sümpfen finden sich vor allem in riesiger Entwick- lung die Raphiapalmen und in einer Meereshöhe von 500 Metern ab auch üppige Baumfarne, deren Verwitterungsprodukte offen- bar an der Braunfärbung des Wassers wie wir sie im ganzen Stromgebiet des Kongo vorfinden schuld tragen (Fig. 5).

Andere falsche Vorstellungen knüpfen sich an das Vor- kommen mancher Pflanzen, die man als charakteristisch für das Urwaldgebiet ansieht, die aber in den unberührten Gebieten überhaupt nicht vorkommen, wie z. B. Ölpalme und Wollbaum (Eriodendron). Diese beiden Bäume sind geradezu bezeichnend für sekundäre Bildungen und rechtfertigen durch die Art ihres Vorkommens den Verdacht, daß sie in Afrika wahrscheinlich überhaupt nicht heimisch sind.

Wenn abgesehen von der Vernichtung des Waldes durch den Menschen die Hyläa das ganze besprochene Gebiet über- zieht, so zeigen sich doch auch ganz vereinzelte Stellen von durchweg sehr geringen Abmessungen, die sog. Grasfelder (Fig. 6), wo entweder sumpfiger oder steiniger Boden unverwitterter Laterit, bzw. Urgestein die Bildung von Baumwuchs unmög- lich machen. Hier finden sich je nachdem ein mehr oder weniger üppiger Krautwuchs, darunter viele Farne, oder eine kurzhalmige Grasnarbe. Am Rande solcher Grasfelder steht dann vielfach eine besondere Strauch- oder Baumvegetation, auf den sumpfigen Stellen üppige Raphia- oder zierliche Phönixpalmen (Fig. 7). Auf künstlichen oder natürlichen Lichtungen werden in der Regel auch die wenigen blühenden Kräuter des Urwaldes sichtbar, meist Balsa- minen, Acanthazeen oder riesige Erdorchideen (Lissochilus, Fig. 8).

So imponierend sich auch die Flora des Urwaldes zeigt, so wenig tritt die Tierwelt wenigstens in ihren größeren Formen in Erscheinung. Die Gründe sind verschiedener Art. Das Heer

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Fig. 9. Tschego.

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der für die freien Steppen charakteristischen Wiederkäuer findet im Walde nicht die ihm zusagenden Lebensbedingungen, vor allem nicht genügende Äsung. Nur die Grasfelder oder die Nähe der Kulturgebiete sind der Entwicklung einer reicheren Tierwelt günstig (Antilopen und Büffel). Manche Tiere, so vor allem der Elefant, sind durch die Fähigkeit, weitere Wanderungen unter- nehmen zu können, von der Ungunst solcher Verhältnisse weniger

Fig. 10. Seidenaffen (Colobus).

abhängig. Manche Arten sind ausschließlich Urwaldbewohner, wie das eigentümliche Moschustier (Hijaemoschus) und die mei- sten Schopfantilopen.

Zu den interessantesten Vertretern der Fauna gehören die großen Menschenaffen, Gorilla, Tschego (Fig. 9) und Schimpanse, deren Lebensweise noch manche ungelösten Rätsel birgt. Sie, wie alle anderen Säugetiere, sind durch die umgebende Vege- tation geborgen, die besser, als alle immer noch gänzlich ungenügenden ! Schutzmaßregeln vor der schamlosen Vernich- tung der Tierwelt durch die „Bestie Mensch" schützt.

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Der Schutz, den der Wald seinen Geschöpfen gewälirt, ist so trefflich, daß die Fauna der Hyläa immer noch sehr ungenügend bekannt ist; so ist, um nur ein Beispiel anzuführen, noch nichts Näheres über die Löwenform bekannt, die zweifellos im Ur- waldgebiet, und zwar fernab von der Steppe, vorkommt.

Fig. 11*. Goliathkäfer.

Die meist gesehenen Tiere des Urwaldes sind die beweg- lichen Meerkatzen und Stummelaffen (Fig. 10), die Vögel mit ihren bunten und vielfach abenteuerlichen Formen (Papageien, Nashornvögel, Turakus), vor allem aber die Insekten in ihrer unendlichen Formenfülle und Farbenpracht. Man übertreibt nicht, wenn man sagt, daß sich das Tierleben des Urwaldes fast allein in dem der Insekten präsentiert.

Fig. 12*. Papilio antimachiis Drury an der Tränke.

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Die Insekten sind, wie in allen tropisch-feuchten Gebieten, prachtvoll entwickelt. Die riesigen Goliathkäfer (Fig. 11) werden von keiner anderen verwandten Form der Erde an Größe oder an vornehmer Pracht übertroffen. Sehr reich ist die Welt der Schmetterlinge. Während mancher Monate, hauptsächlich zu Beginn und zu Ende der Regenzeiten, ist der Wald stellenweise erfüllt von Wolken von Schmetterlingen, die sich zum Trinken an Bachufern oder Wassertümpeln niederlassen (Papilio Fig. 12), faulende Waldfrüchte aufsuchen (Euphaedra, Cymothoe und ver- wandte), oder sich an Tierlosung setzen (Charaxes u. a., Fig. 13).

Fig. 13*. Charaxes castor Cramer.

Da diese Tierformen, die zoogeographisch so bequeme An- haltspunkte bieten, besonders in die Augen fallen, sind sie oft weit besser bekannt als manche Gruppen der höheren Tiere ; aber auch viele der niederen Tiergruppen sind noch so gut wie gänz- lich unbekannt. Es bleibt hier der Forschung ein weites Feld offen, das dem Fachmann noch auf viele Jahre hinaus reiche Arbeit verspricht, und was die Biologie anlangt, so gilt dies wohl für fast alle Tiere des Urwaldes.

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Das Eiweißmolekül als Unterlage der Lebenserscheinung.

Von Arthur von Weinberg.

Überall, wo wir die Erscheinung des Lebens wahrnehmen, sei es bei einzelligen Lebewesen oder den kompliziertesten Or- ganismen, beobachten wir zugleich die Gegenwart von Vertretern einer Körpergruppe, die wir Eiweißkörper oder Proteine nennen. Daneben finden sich zwar meist auch Körper anderer Art, verhältnismäßig einfachere organische Substanzen wie Fette, Lipoide, Saccharide, Chlorophyll oder unorganische Substanzen wie phosphorsaurer Kalk, Kieselsäure. Aber es sind dies keine konstanten Bestandteile; sie können ganz oder teilweise fehlen. Leben ohne Eiweißkörper ist jedoch nie beobachtet worden, und man darf aus dieser Tatsache schließen, daß die Eiweißmoleküle zu den Lebensvorgängen in naher Beziehung stehen. Meist ist man noch an die Darstellung gewöhnt, daß die aus Protoplasma und Kern bestehende Zelle Träger der kleinsten Lebenseinheit sei. Aber schon vor zehn Jahren hat V er worn in seinem Buche über die Biogenhypothese wesentlich kleinere Einheiten ange- nommen, und eine Reihe anderer Forscher hat ähnlichen Gedanken verschiedenen Ausdruck gegeben, so z.B. Sachs und M. Hart- mann in der Energidentheorie. Nun haben sich in letzter Zeit durch die Arbeiten von Emil Fischer, Kossei, Abderhalden und vielen anderen Forschern unsere Kenntnisse über den Bau der Eiweißmoleküle ganz außerordentlich erweitert, und ich glaube, daß wir es nicht mehr nötig haben, uns mit Ver wo rns Biogen- molekülen, Altmanns Bioblasten und anderen Hypothesen zu behelfen, sondern daß wir die Eiweißmoleküle selbst als elementarste Träger der kleinsten Lebenseinheiten

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ansprechen dürfen. Es kann dabei ganz offen bleiben, was das Leben an sich ist, ob es als eine höchste Betätigiingsform der mechanistischen Energie oder als ein Zweckstreben, eine Entelechie im Sinne von D r i e s c h , zu denken ist. Es soll lediglich damit gesagt sein, daß es aus sehr kleinen Einheiten bestellt, und daß diesen die Eiweißmoleküle als Unterlage dienen, so wie etwa die Eisenraoleküle die Träger des Magnetismus und hierfür besonders befähigt sind.

Die Voraussetzung ist also, daß es außerordentlich kleine Elementarquanten des Lebens gibt. Diese Annahme steht zu- nächst in Einklang mit den Erscheinungen der biologischen Teil- barkeit. Man hat einzellige Lebewesen, z. B. Infusorien, in viele Teile geteilt, und jeder behielt, sobald nur ein winziges Stückchen des Zellkerns darin war, die Lebensfähigkeit, blieb ein lebendes System. Eine oft noch viel weitergehende Teilungsfähigkeit be- obachten wir, wenn Pflanzen oder Tiere Millionen winziger Sporen oder Keimzellen bilden. Besteht aber das Leben aus sehr kleinen Elementarquanten, so ist jede seiner sinnfälligen Erscheinungen eine komplizierte Summe von kleinen Einzelvorgängen, und das Studium der Enderscheinung muß der Erkenntnis große Schwierig- keiten bereiten, solange man die Elemente nicht kennt. Es liegt dies um bei dem elektromagnetischen Vergleich zu bleiben geradeso, wie wenn jemand das Wesen der elektrischen und magnetischen Naturkräfte durch Experimentieren an einer großen Dynamomaschine ermitteln wollte, statt die Gesetze der Elek- tronen zu erforschen. Wenn ich Sie also an dieser Stelle auf das schwierigste Gebiet chemischer Verkettungen und Schwin- gungen führe, so mag zu meiner Entschuldigung dienen, daß dies für die Lebenserforschung heute unerläßlich geworden ist.

Eine Körpergruppe, die den Lebensvorgängen als Unterlage dienen soll, muß ungemein vielseitig sein, da schon sehr ver- wickelte Anforderungen an sie gestellt werden, wenn sie auch nur den einfachsten Erscheinungen entsprechen soll.

Betrachten wir einen einzelligen Organismus primitivster Art, eine im Wasser lebende nackte Amöbe, so stellt dieselbe im ganzen ein aus Eiweißsubstanzen gebildetes Klümpchen dar. Um nun als Individuum bestehen zu können, braucht dieses Klümpchen einen Abschluß nach außen, eine wenn auch noch so dünne Grenzmembran, die verhindert, daß Teile der Ober- flächenschicht abgelöst werden. Die Substanz muß also die

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Fähigkeit haben, auf die Reize der Außenwelt, seien es chemische oder physikalische, dadurch zu reagieren, daß sie sich an der Berührungsstelle verfestigt, eine „Haut" bildet. Daraus ergibt sich zugleich die Möglichkeit, daß das Urwesen sich teilen kann, ohne daß Trennungswunden offen bleiben. Eine zweite Voraus- setzung des Lebens ist die Möglichkeit der Ernährung, einerseits um verbrauchte oder durch äußere Kräfte zerstörte Bestandteile des Plasmas zu ergänzen, anderseits um zu wachsen und so die Fortpflanzung vorzubereiten. Da nun aber die schützende Haut so beschaffen sein muß, daß die eigenen Körpersubstanzen nicht von innen nach außen hindurchtreten können, so läßt sie die gleichen Substanzen falls solche außerhalb vorhanden sind auch nicht von außen herein. Die zum Aufbau des lebenden Plasmas dienenden Substanzen müssen infolgedessen so gebaut sein, daß sie leicht in einzelne Bestandteile, in kleine Bausteine zerlegt und daraus wieder aufgebaut werden können, so daß sie in der Form von Teilstücken zu diffundieren vermögen. Wo es zu weiteren Differenzierungen innerhalb der Zellen kommt, müssen die diffusionsfähigen Teilstücke sich fernerhin in sehr verschieden- artiger Weise zusammensetzen lassen oder womöglich selber ver- schieden sein. Nehmen wir auch diese Voraussetzungen als er- füllt an, so würde alles höchstens dazu ausreichen, um das Dasein und die Erhaltung eines von Generation zu Generation sich gleichbleibenden Lebewesens zu gewährleisten. Das Leben hat aber im Lauf der Stammesgeschichte viel höhere Stufen, immer vollkommenere Formen erreicht, und zwar, wie wir hier annehmen dürfen, durch den Kampf ums Dasein. Die Urform dieses Kampfes besteht darin, daß eine Zelle eine andere, schwächere, aufzehrt. Da sie beide aus Proteinen bestehen, handelt es sich also um die Möglichkeit eines Kampfes der Eiweißmoleküle untereinander. Das eine Wesen muß ein Protein besitzen, das die Fähigkeit hat, die Substanz des anderen in diffundierbare, aufsaugbare Bestand- teile zu zerlegen. Zugleich darf aber eine solche Kampfsubstanz sich nicht gegen die Stoffe des eigenen Körpers richten können. Schließlich kann im Kampf ums Dasein eine Veränderung der Arten und Höherentwicklung nur dann zustande kommen, wenn das Substrat des Lebens selbst entwicklungsfähig ist, also eine entsprechende Zahl von Variationen zuläßt.

Inwiefern liefert nun das Strukturbild, das uns die Chemie von den Eiweißkörpern bis jetzt ergeben hat, Anhaltspunkte, um

11

162

diese grundlegenden und doch so vielseitigen Anforderungen der Lebenserscheinung daraus abzuleiten?

Die Eiweißkörper setzen sich aus vielen, relativ einfachen Teilen zusammen, denen allen eine Gruppe eigentümlich ist, bestehend aus einem zentralen Kohlenstoffatom (C), das verbunden ist erstens mit der Carboxylgruppe (COOH), die ihm den Charakter der Säure verleiht, zweitens mit der basischen Aminogruppe (NHa), drittens mit einem Wasserstoffatom (H) und endlich viertens mit einer wechselnden Gruppe, die vorläufig als X bezeichnet werden COOH

mag! X— C— H 1. Man nennt diese Körper a-Aminosäuren. Die

NH2 wichtigsten der in den Eiweißkörpern gefundenen Vertreter dieser Klassen sind die folgenden:

HC

COOH H— C— H

NH2 GlykokoU

COOH

I CH3— C— H

I NH2

Alanin

CH3

CHs

COOH CH— C— H ^ NH2

Valin

CH3

CH3

COOH

CH— CH2-

-C— H

NH2

Leucin

CH3— CH2. COOH CH— C— H CH3'^ NH2 Isoleucin

H__H

'C C

,C_C^ H H

COOH

^C— CH2— C— H

NH2

Phenylalanin

OH— C

H_H

'G C'

,c_c.

H H

COOH

^C— CH2— C— H

^ I

NH2 Tyrosin

COOH

OH— CH2— CH2— C— H NH2

Serin

COOH— CH

COOH

2— C— H

I NH2

Asparaginsäure

COOH— CH2— CH2

COOH

i-H

NH2

Glutaminsäure

COOH NH2— CH2— CH2— CH2— CH2— C— H

NH2 Lysin

163

NHjv cooh

C— NH— CH2— CH2— CH2— C— H

NH^ NH2

COOH COOH

HC— CH2— S— S— CH2— C— H NH2 NH2

Arginin

Cystin

CH— NH. COOH

C— CH2— C—

H

COOH CH2 C— H

N CH^

NH2

CH2

Histidin

CH2— NH

H

.Cs

Prolin

COOH

HC C C— CH2— C— H

All '

CH2

COOH

H

H NH2

T^Tj Tryptophan

OH— CH<

CH2— NH

Oxyprolin

Außer diesen wichtigsten bisher aufgefundenen Bausteinen •der Eiweißkörper existieren sicher noch andere, die seltener vor- kommen und sich daher bis jetzt der Isolierung entzogen haben. Die vierten Gruppen (X) sind äußerst verschieden. Manche ent- halten selbständige saure oder basische Gruppen, andere Schwefel, mehrfach sind Benzol und andere Ringe vertreten. Die Eiweiß- körper enthalten von diesen ihren Bausteinen eine wechselnde, aber immer große Zahl in wechselnder Auswahl. Die Amino- säuren sind in der Regel zu vielen Hunderten in der verschieden- artigsten Reihenfolge aneinander gesetzt. Eine unendliche Variations- und Permutationsmöglichkeit ist damit allein schon gegeben. Wie groß das ganze Molekül der Proteine ist, ergibt sich daraus, daß z. B. für Serumalbumin eine Formel gefunden wurde, die einem Molekulargewicht von 10166 entspricht. Manche Eiweißkörper besitzen aber noch höhere Molekulargewichte. Be- sonders genaue Bestimmungen lassen sich mit den kristallisieren- den, eisenhaltigen Hämoglobinen machen. Dabei wurde z. B. für das Hämoglobin des Rindes ein Molekulargewicht von etwa 16000 ermittelt; neuere Untersuchungen aber machen es wahrscheinlich, daß diese Zahlen noch zu niedrig sind, und daß das Molekular- gewicht der Hämoglobuline mit mindestens 30000 anzunehmen ist.^) Es ist danach begreiflich, daß die Chemiker noch nicht

1) Piloty. Ber. d. D. ehem. Ges. 1912. 2495.

11*

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imstande waren, die Strukturformel eines bestimmten Eiweißes vollständig zu ermitteln, und daß wir uns mit schematischen, typischen Formeln begnügen müssen. Um letztere aufstellen zu können, müssen wir zunächst wissen, in welcher Weise die Amino- säuren miteinander verknüpft sind. E.Fischer hat die Synthese von relativ einfachen Vertretern der Eiweißgruppe, der sog. Poly- peptide, ausgeführt. Der Aufbau gelang bisher bis zu einem Polypeptid aus 18 Aminosäuren, das die typischen Reaktionen der Eiweißkörper zeigt. Durch diese Synthese ist mit Sicherheit erwiesen, daß die Vereinigung derart zustande kommt, daß die Carboxylgruppe einer Aminosäure sich mit einer Aminogruppe einer anderen unter Abspaltung von Wasser vereinigt und so fort, so daß lange Ketten entstehen.

COOK X— C— H

X'— C— H

N

oL

I

X^— C— H

N

COH

X"— C— H

NH2 Labile Form

COOK

X— C— H

NH

c'o

X'— C— H

I NH

c'o

X^— C— H NH

CO

X"— C— H

I NH2

Stabile Form

Ob die Gruppe N=

gebildet wird, blieb zu-

=C- oder -N-C-

OH HO

nächst unentschieden. Diese Gruppen kommen bei organischen Körpern häufig vor, und man weiß, daß diese sog. desmotropen Formen ungemein leicht ineinander übergehen. Man nennt die erste die Lactim-, die zweite die Lactamform. Aus diesen Formelbildern erkennen wir zunächst, daß jedenfalls alle Eiweiß-

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körper, wie lang auch immer die Kette sein mag, am einen Ende eine saure freie Carboxylgruppe, am anderen Ende eine basische freie Aminogruppe besitzen. Sie sind gleichzeitig Basen und Säuren. Dies ist eine Eigenschaft von fundamentaler Wichtigkeit. Sie befähigt die Proteine, sich sowohl mit basischen wie mit sauren Körpern zu verbinden, Hydroxyl wie Wasser- stoffjonen abzutrennen. Besonders können sich aber auch mehrere Moleküle salzartig zu Molekularaggregaten aneinanderlagern, und die Eiweißkörper sind daher leicht polymerisierbar. Wir dürfen auf Grund umfangreicher Forschungen annehmen, daß hierauf ihre kolloidale Natur beruht. Ihr verdanken die Proteine charak- teristische physikalische Eigenschaften ; Viskosität, imiere Reibung und Oberflächenspannung hängen damit zusammen und ebenso die Eigenschaften der Quellung: alles für die Bildung von Lebe- wesen wichtige Vorbedingungen. Es würde aber zu weit führen, auf das wichtige Kapitel der Kolloidchemie der Proteine näher einzugehen. Die Doppelnatur der Eiweißkörper als Basen und Säuren ist es, die ihnen indirekt die Fähigkeit verleiht, jene eigentümliche, halbflüssige Form anzunehmen, die wir Proto- plasma nennen.

Was nun die beiden Bindungsformen innerhalb der Molekül- kette, die labile (mit COH) und stabile (mit CO) betrifft, so dürfen wir annehmen, daß im Eiweiß der lebenden Körper die labile Hydroxylform überwiegt. Darauf führt insbe- sondere ihre Wasserlöslichkeit, die bekanntlich bei organischen Körpern mit der Zahl der Hydroxyle zu steigen pflegt. Durch äußere chemische und physikalische Einflüsse tritt nun leicht eine Umlagerung der labilen in die stabile Form ein. Dieser Vorgang ist charakteristisch für alle Eiweißkörper. Wir nennen ihn Denaturierung oder Koagulation. Die Umlagerung der Kettenglieder braucht keine vollständige zu sein ; es ist sehr wohl denkbar, daß von den zahlreichen Gruppen nur eine ge- wisse Anzahl umgelagert ist, daher die Erscheinung der unvoll- kommenen und vollkommenen, der allmählich fortschreitenden Denaturierung. Lösliche Metallsalze verschiedener Art, Tempe- raturerhöhung usw. bewirken meist Koagulation und schließlich vollständige Denaturierung; mitunter genügen dazu schon Spuren von Kalksalzen und von gewissen Fermenten. Eine Eiweißart, die alle Übergänge vom Gerinnen bis zur vollständigen Dena- turierung zeigt, ist z. B. das Fibrinogen des Blutes. Durch die

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Koagulation bildet es einen Schutz offener Wunden und leistet im komplizierten Tierorganismus die gleiche membranbildende Tätigkeit, der die Urzelle ihre Isolierung, die Protisten ihre Pelicula verdanken. Auch die sog. Globuline, die sich in allen Lebewesen vorfinden, gehören in die Kategorie sehr leicht koa- gulierbarer Eiweißkörper.

Ich möchte hier die Bemerkung einschalten, daß es sehr wohl denkbar ist, daß mit der Denaturierung die merkwürdige Erscheinung des Alterns vieler Gerüst-Eiweiße, namentlich der Bindegewebe, zusammenhängt, die, ohne die chemische Zu- sammensetzung zu ändern, im Lauf der Zeit immer härter werden. Auch eine andere Beobachtung wird verständlich, die früher Verwunderung erregte. Man hat regelmäßig gefunden, daß in den unter 0^ abgekühlten arktischen Meeren ein erstaunlich reiches Leben kleiner Lebewesen herrscht, deren Menge die des Meeres in gemäßigten , und südlichen Gegenden weit übertrifft. Dies kann man jetzt damit erklären, daß die höhere Temperatur der Salzlösung die Denaturierung und damit das Altern der Lebe- wesen beschleunigt. Wie außerordentlich groß hier die Wirkung kleinster Temperaturänderungen ist, hat sich bei der Bestimmung der Lebensdauer von Seeigeleiern in Seewasser verschiedener Wärmegrade gezeigt. Vielleicht ist das Altern der Lebe- wesen überhaupt nichts anderes als eine Folge der Tendenz des labilen Zustandes, in den stabilen überzugehen, als eine lang- same Denaturierung.

Nach ihrem chemischen Bau eignen sich mithin die Eiweiß- körper zur Bildung von Protoplasma imd Zellhaut. Wie erklärt sich nun die Differenzierung und Anpassung zu den Zwecken der verschiedenen Organellen der Protozoen und der vielartigen Zellen der Metazoen? Wie aus den Strukturformeln S. 162 u. 163 ersichtlich, sind die Aminosäuren, aus denen sich die Eiweißkette zusammensetzt, unter sich sehr verschieden. Die Hauptkette selbst besteht allerdings (S. 164) aus gleichen Gliedern, aber jedes solche Glied trägt eine vierte Gruppe eigener Art. Wir können nun feststellen, daß je nach der Natur der in mehr oder weniger großer Zahl vertretenen Aminosäuren auch das Verhalten des Eiweißkörpers variiert. Es ist nicht möglich, an dieser Stelle die Fülle dieser Variationen zu schildern, und ich möchte nur einige Beispiele anführen. So sind die Eiweiß- körper, die haltbare elastische Fasern bilden, durch einen hohen

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COOK H— C— X

COOK

H-

N COH

-i-x

Gehalt der einfachsten Aminosäure, des GlykokoUs, ausgezeichnet. Die Substanz der Seide, das Fibroin, enthält davon durchschnitt- lich über 30°/o, während z. B. Kaseine überhaupt kein Glykokoll enthalten. Man kann sich dabei der Vorstellung nicht erwehren, daß die Kette um so fester und um so elastischer wird, je kleiner die einzelnen Glieder sind. So fand sich denn auch im Spinn- gewebe, z. B. dem Netz der großen Spinne Nephila madagas- cariensis, und ebenso in der Substanz des Byssus, der Fäden, mit denen sich manche Muscheln, z. B. Pinna nohilis, an ihre Unterlage fixieren, ein überwiegender GlykokoUgehalt. Auch das Elastin, aus dem unsere Sehnen bestehen, enthält 26°/o Glykokoll. Handelt es sich aber darum, das Eiweiß zu härten, es zum schüt- zenden Schuppenpanzer, zu Haaren zu verwenden, dann verfährt die Natur merkwürdigerweise genau so, wie wenn wir den zu elastischen und zu leicht schmelzenden reinen Kaut- schuk fester machen wollen. Wir er- hitzen ihn dann mit Schwefel, wobei mehrere Moleküle durch je zwei Ato- me Schwefel miteinander verbunden werden. Der Kautschuk wird „vul- kanisiert". Ganz analog bestehen alle organischen Gebilde, von denen be- sondere Widerstandsfähigkeit ver- langt wird, ohne daß sie ganz starr sein dürfen, aus Proteinen, die in großen Mengen das schwefelhaltige Cystin enthalten, während sich in anderen Eiweißkörpern nur ganz wenig davon findet. Solche vulka- nisierten Eiweißkörper, sog. Kera- tine, entsprechen etwa dem neben- stehenden Typus. Meist werden noch viel mehr solcher Schwefelbrücken vorhanden sein.

Aber noch in anderer Weise können die Eiweißkörper durch ge- eignete Auswahl der Komponenten ihre Eigenschaften ändern, nämlich

N

H-

H-

COH -CHi

COH

C— CH2— S— S— CH2— C-

N

COH -C— CH2

N

OH

N

-S— S— CH2— C-

NH2

COH

X— C— H

I N

OH

H

NH2

X— C-

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durch Benutzung der außerordentlichen Additionsfähigkeit der vierten Gruppen. Wir sehen in vielen der Aminosäuren, z. B. in der Asparaginsäure und der Glutaminsäure, seitliche Carb- oxylgruppen. Durch Häufung von solchen Bausteinen gelingt es manchen Eiweißarten, große Mengen von Calcium zu binden, oft wie bei Phosphorproteiden mit einer seiner zwei Valenzen, während die andere mit Phosphorsäure verbunden ist. Dies ist z. B. der Fall bei einem der wichtigsten Proteine, dem Kasein der Milch, das als phorphorsäurehaltiges Kalksalz gelöst ist und auf diese Weise dem zu ernährenden Organismus den erforderlichen anorganischen Körper zuführt. Auch das Kollagen, das Eiweiß, das zum Aufbau der Knochen dient und in ihnen enthalten ist, das wir als Leim extrahieren, enthält große Mengen Glutaminsäure und besitzt dadurch die Fähigkeit, phosphorsauren Kalk zu transportieren. Basische Seitengruppen sind imstande, Kieselsäure zu binden und durch Dissoziation wieder zu verlieren. Damit läßt sich der Aufbau von Kieselpanzern an der Oberfläche von Diatomeen und anderen Protisten erklären. Auch Vereinigungen mit anderen organischen Körpern spielen eine wichtige Rolle beim Aufbau komplizierter Organbestandteile ; so sind die Eiweiße in den Zellkernen als Nucleoproteide mit der wichtigen Nucleinsäure, im Hämoglobin mit dem zur Sauer- stoffaufnahme erforderlichen Hämatin, in den Mucinen, den Schleimeiweißen, mit Glukosamin verbunden. Aber es können sich auch verschiedene Proteinketten unter sich zu bestimmten Zwecken mit Hilfe der vierten Gruppen vereinigen. Wenn es im Organismus kompliziertere Funktionen zu erfüllen hat, zeigt das Molekül stets einen verwickeiteren Aufbau, eine Verästelung. Dies bewirken Aminosäuren, die eine weitere basische Gruppe in der vierten Gruppe tragen. In erster Linie sind das Arginin und Lysin zu nennen. Arginin ist bis jetzt in allen Eiweißkörpern gefunden worden, bei den zu einfachen Zwecken bestimmten Eiweißkörpern in geringen, bei den höheren Eiweißen in großen Mengen, z. B. in den Histonen, den Eiweißkörpern des Zellkerns der Blutkörperchen. Auch das Lysin findet sich fast in allen Eiweißen. Die Art des Aufbaues solcher verästelter Moleküle zeigt das Schema auf Seite 169.

Aus diesen schematischen Strukturbildern ist eine merk- würdige Eigenschaft der Proteine zu erkennen, die sie von allen anderen chemischen Verbindungen unterscheidet. Zerschneidet man

169

X— C— H COH

COOH

I X— C— H

N

N

I X— C— H

COH

N COH

I I

C— NH— CH2— CHo— CH2— C— H

NH (Arffinin) N

NH2 X— C— H COH

X— C— H COH COH

H— C— CH2— CH2— CH2 N

I N (Lysin)

COH

H— C— X

I NH2

sie in mehrere größere Teile, so bleiben die Stücke immer selbst wieder Eiweißkörper. Wir verstehen auf diese Weise, wie es möglich ist, daß komplizierte Eiweißkörper ver- schiedenartige Ketten mit wechselnden Funktionen abspalten können. Schon lange vorher, ehe man sich solche chemischen Bilder machen konnte, hat bekanntlich Paul Ehrlich die geniale und so ungemein fruchtbare „Seitenkettentheorie" aufge- stellt. Nunmehr finden wir sie im Einklang mit der nachhinken- den chemischen Erkenntnis.

Um die Spaltungsprobleme, die bei der Ernährung in Frage kommen, zu verstehen, müssen wir uns mit einigen

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weiteren wichtigen physikalisch-chemischen Eigenschaften der Aminosäuren und der daraus gebildeten Ketten vertraut machen. Wir müssen zu diesem Zweck die Ebene der Tafel verlassen und uns der Stellung der Gruppen im Raum, der Stereochemie, der Lehre von der Konfiguration, zuwenden. Bekanntlich ist anzunehmen, daß die vier Valenzen des Kohlenstoffatoms gleich- mäßig im Raum verteilt sind wie die Spitzen des regulären Tetraeders. Sind nun die vier Valenzen mit vier verschiedenen Gruppen verbunden, so existieren von einem solchen Körper zwei Modifikationen, deren eine das Spiegelbild der anderen ist.

Mit Ausnahme des Glykokolls ist in allen Aminosäuren das zentrale Kohlenstoffatom mit vier verschiedenen Gruppen verbun- den. Sie existieren also in zwei Formen. Man hat nun gefunden, daß derartige Kohlenstoffverbindungen die Eigenschaft besitzen, in Lösungen die Schwingungsebene des polarisierten Lichtstrahls zu drehen, optisch aktiv zu sein, und zwar dreht die eine Form die Schwingungsebene nach rechts, die andere ebenso weit nach links.

Hl H

Die Betrachtung der vorstehenden Zeichnung ergibt ohne weiteres den stereometrischen Unterschied der beiden Formen. Nun hat die Forschung eine weitere Tatsache ergeben, die für unsere Betrachtung von großer Bedeutung ist. Bei der Dar- stellung solcher Verbindungen mit sog. asymmetrischen Kohlen- stoffatomen im Laboratorium erhält man stets inaktive Verbin- dungen, z. B. inaktives Alanin, während das aus Eiweiß darge- stellte Alanin linksdrehend ist. Bringt man aber nun solche künstlich hergestellten inaktiven Stoffe mit ganz anderen optisch aktiven Stoffen zusammen, die sich damit locker, z. B. zu Salzen verbinden, so lagern sich die linksdrehenden an die linksdrehenden, die rechtsdrehenden an die rechtsdrehenden an, und wenn man

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z. B. eine linksdrehende Base zum inaktiven Säuregemisch setzt, kann man so die linksdrehende Säure daraus isolieren. Was be- deutet nun diese Erscheinung? Wir können uns bekanntlich die polarisierten Lichtstrahlen als in einer Ebene schwingende elek- trische Wellen denken, deren Richtung senki'echt zur Fortpflan- zungsrichtung steht, und die begleitet sind von magnetischen Wellen, die in einer zu dieser Schwingungsebene senkrechten Ebene mit gleicher Phase schwingen. Daß eine solche Wellen- bewegung in einem Kristall, etwa im Quarz, durch die Anordnung gleichförmig gelagerter Moleküle beeinflußt werden kann, ist zu verstehen; aber wie ist das in einer Lösung möglich? In dieser bewegen sich die Moleküle auch bei vollkommenstem Ausschluß äußerer Einwirkung beständig durcheinander, und mit dem Ultra- mikroskop können wir diese sog. „Brown sehe Bewegung" sogar sehen. Offenbar ist die Lage des Moleküls nur dann gleichgültig, wenn von einem oder mehreren Punkten desselben sich kugel- förmig ausbreitende Wellen ausgehen. Daraus läßt sich weiter die Theorie ableiten, daß die Körper mit unsymmetrischen Kohlen- stoffatomen befähigt sind, den polarisierten Lichtstrahl bald rechts, bald links, bald stärker, bald schwächer zu drehen, je nach der chemischen Konstitution der vier mit Kohlenstoff verbundenen Gruppen, weil diese Kohlenstoffatome bestimmte Schwingimgen ausführen und aussenden. Die Gesamtwirkung wäre dann also eine ähnliche wie die Drehung der Polarisationsebene im Magnet- felde, dem bekannten Faraday-Effekt. Alle in den natürlichen Proteinen vorkommenden a -Aminosäuren, mit Ausnahme, wie gesagt, des GlykokoUs, das zwei gleiche Wasserstoff-Gruppen besitzt, sind aktiv. Die meisten sind linksdrehend, einige aber auch rechtsdrehend. In den Ketten kombinieren sich diese Eigen- schwingungen der einzelnen Aminosäuren, und es resultiert eine Gesamtschwingung, die sich in einer Polarisationsdrehung äußert, die für jede Eiweißart verschieden ist. Aber wir wissen, daß innerhalb des Moleküls jedes Kettenglied dabei eine ihm eigen- tümliche Schwingung beibehält, und können mit gewissen Mitteln, wie Natronlauge, sogar einzelne Glieder stillstellen. Man nennt das die intraproteine Racemisierung. Diese Beobachtungen über die optische Aktivität sind von großer Bedeutung; denn ausge- rüstet mit der Vorstellung oszillierender und Schwingungen aus- sendender Kettenglieder können wir dem Problem der Verdauung und Ernährung näher treten.

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An der Oberfläche und auch im Innern einzelliger Lebe- wesen, wie der Protozoen, beobachten wir die Gegenwart eigen- artiger sehr aktiver Eiweißkörper, die imstande sind, fremdes Eiweiß zu zerlegen, während sie das des eigenen Körpers nicht angreifen. Man hat sie Fermente oder Enzyme genannt. Ihre spezifische Wirkung führt zu der Vorstellung, daß es Körper sind, die nur dann auf andere reagieren, wenn diese mit ihren eigenen Schwingungen in einem Verhältnis der Resonanz stehen. Treffen solche Resonanzeiweiße zusammen, so addiert sich die oszillierende Wirkung einzelner Gruppen, und es kann dann so weit kommen, daß ein in das Wirkungsfeld eines Ferments ge- ratenes Eiweiß an bestimmten Stellen auseinander gerissen wird. Die Spaltungsstücke, auch wenn sie noch aus mehreren Kettengliedern bestehen, sind dann in der Regel klein genug, um durch die Zellhaut zu diffundieren. Das Hauptziel wird natür- lich die Spaltung bis zu den Aminosäuren sein, da diese ja im Organismus in ganz anderer Reihenfolge und Auswahl zu neuen Proteinen aufgebaut werden sollen. Im Innern der Zelle sind es dann wieder Fermente, die diesen Aufbau zum zelleignen Eiweiß bewirken. Hiermit stimmt zunächst überein, daß der einzige inaktive Baustein, das Glykokoll, stets dem am schwersten spaltbaren Teil des Eiweißmoleküls angehört, daß also Körper wie Fibroin, Elastin, Kollagen nur wenig verdaulich sind, am leichtesten dagegen Kasein und Globin, die kein Glykokoll ent- halten. Die Fermente zeigen also eine selektive, aus- wählende Wirkungsweise. Um die weitgehende Bedeutung dieser Erscheinung klar zu machen, sei z. B. an das Verhalten eines einzelligen Lebewesens, der Vampyrella spirogyrae, er- innert, die von bestimmten Algen, den Spirogyren, lebt. Bringt man die Vampyrella in ein Gefäß mit verschiedenen Algenarten, so wandert sie herum, bis sie gerade die Alge gefunden hat, auf die ihre Fermente passen, legt sich an eine Zelle an und saugt sie auf. E. Fischer, dem wir den Gedanken des Zusammen- hangs von Fermentwirkung und Konfiguration verdanken, hat die Fermente und ihre Angriffs Objekte mit Schlüssel und Schloß ver- glichen. Er sagt (Untersuchungen über Kohlenhydrate und Fer- mente, 1909, S. 134):

„Der Grund dieser Erscheinungen (der selektiven Wirkung der Enzyme) liegt aller Wahrscheinlichkeit nach in dem asym- metrischen Bau des Enzymmoleküls. Denn wenn man diese Stoffe

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auch noch nicht in reinem Zustande kennt, so ist ihre Ähnlich- keit mit den Proteinstoffen doch so groß und ihre Entstehung aus den letzteren doch so wahrscheinlich, daß sie zweifellos selbst als optisch aktive und mithin asymmetrisch molekulare Gebilde zu betrachten sind. Das hat zu der Hypothese geführt, daß zwi- schen den Enzymen und ihren Angriffs Objekten eine Ähnlichkeit mit der molekularen Konfiguration bestehen muß, wenn Reaktion erfolgen soll. Um diesen Gedanken anschaulicher zu machen, habe ich das Bild von Schloß und Schlüssel gebraucht."

Diesen Auf- und Abbau durch abgestimmte Eiweißkörper, deren Wirkung sich übrigens auch auf andere optisch aktive organische Hülfsstoffe, wie Polysaccharide, erstreckt, beobachten wir nicht nur bei den einzelligen Lebewesen, sondern überall, wo überhaupt Leben herrscht. Im Samen der Pflanze sind sehr haltbare Eiweißstoffe aufgespeichert. Sobald sie zu keimen be- ginnt, treten Fermente auf, die alle diese fest gebauten Körper in kleine Teile spalten, sie leicht löslich machen, so daß sie leicht zu befördern sind und in den neu entstehenden Zellen dann wieder frisch zu anderen Kombinationen aufgebaut werden. Im Darm der höheren Tiere spielen namentlich die Fermente Pepsin, Trypsin und Erepsin eine Rolle. Es existieren aber noch viele andere. Jedes dieser Fermente ist auf bestimmte Gruppen ein- gestellt; sie helfen sich gegenseitig, komplizierte Moleküle zu zerspalten, indem das eine Ferment sich gegen diesen, das andere gegen jenen Angriffspunkt wendet. Ihre Wirkungsweise ist sehr eingehend studiert. Es zeigte sich dabei, wie verschieden die Verdaulichkeit der Proteine ist. Namentlich aber ergab sich, daß die Fermententwicklung keine stöchiometrische Wechselwirkung, sondern eine katalytische ist, d. h. daß die Fermente selbst bei der Reaktion nicht verbraucht und nicht verändert werden. Dies entspricht ganz der entwickelten Resonanz-Theorie. Es genügt daher auch eine ungemein geringe Menge Ferment, um allmäh- lich große Mengen der Angriffsobjekte zu zersetzen. Über die Vorgänge beim Aufbau im Tierorganismus wissen wir zwar we- nig, aber wir sehen, daß ein solcher stattfindet. Daraus geht hervor, daß auch die Tiere synthetisierende, aufbauende Wesen sind und nicht nur abbauende, wie man früher annahm.

Wir sehen somit, wie unsere Anschauungen über den räum- lichen Bau des Moleküls, seine Konfiguration, mit den tatsäch- lichen Beobachtungen der Verdauimgs- und Ernährimgserschei-

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nungen stimmen, und können uns nun noch den schwierigeren Vorgängen zuwenden, die stattfinden, wenn zwei mit Fermenten bewaffnete Organismen aufeinander stoßen, wenn also der Ele- mentarfall des Kampfes ums Dasein eintritt. Den Sieg wird das Lebewesen davontragen, das die meisten und aktivsten Fermente und die unverdaulichste Haut besitzt. Die Urform des Kampfes ums Dasein ist also ein rein chemischer Kampf, und chemische Gründe sind es auch, die zur ersten Bildung der Metazoen, der vielzelligen Organismen, führen. Die an der Außenseite der Haut befindlichen Fermente können leicht schon durch mechanische Wirkung verloren werden. Anderseits sind zur Absonderung aus dem Innern irgendwelche Offnungen er- forderlich, welche die Festigkeit der Hautstruktur beeinträchtigen müssen. Setzen sich die Zellen aber zu einer Hohlkugel zu- sammen, die eine kleine Öffnung besitzt, so sind im Innern der Kugel die Fermente geschützt, und die Absonderung kann sich auf diese Seite beschränken. So entsteht der Urtypus der Ga- strula, die Urdarmhöhle mit dem Blastoporus, dem Urmund.

Noch schärfer als wie bei Protisten läßt sich dieser chemische Kampf studieren, wenn in die Blutbahn der höheren Tiere fremde Zellen, seien es Blutkörperchen anderer Tiere oder Bakterien, gebracht werden. Wir verdanken in erster Linie Ehrlich die wissenschaftlichen Vorstellungen und grundlegenden Arbeiten auf diesem ungeheuer interessanten und schwierigen Gebiete, das ich auch hier nur soweit berühren kann, als es zum Verständnis des Zusammenhangs notwendig ist.

Im Blutserum und anderen Körperflüssigkeiten der Wirbel- tiere ist eine Anzahl von Eiweißsubstanzen als Schutzstoffe enthalten, die sog. Komplementeiweiße, die direkt aber keine Einwirkung auf artfremde Zellen, z. B. Blutkörperchen anderer Tiere, Choleravibrionen usw., haben, weil sie nicht darauf ein- gestellt sind. Um sie wirksam zu machen, sondert der Organis- mus Substanzen ab, die mit einem Teil ihres Moleküls abge- stimmt sind auf das feindliche Fremdeiweiß, mit dem anderen auf das eigene Komplementeiweiß. Ehrlich hat für diese Stoffe den Namen Ambozeptoren eingeführt. Er sagt von diesen Körpern, daß sie „gewissermaßen Zauberkugeln darstellen, welche ausschließlich diejenigen Stoffe treffen, zu deren Vernichtung sie der Organismus geschaffen" (Chemotherapie S. 8). Sie lagern sich mit dem auf das Fremdeiweiß abgestimmten Teil an dieses

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an, dann erst tritt die andere Molekülhälfte in Aktion und ver- bindet sich mit dem dazu harmonischen Komplement. Hierdurch scheint eine disharmonische Spannung des großen Gesamtmole- küls zu entstehen ; denn wir sehen es sofort vollständig zerfallen, so zu sagen explodieren. Das Fremdeiweiß, die fremden Blut- körperchen oder Bakterien verschwinden und zugleich die zu ihrer Bekämpfung benützten Stoffe. Dieser Vorgang ist also verschieden von dem Kampf mit den Fermenten; denn diese wirken katalytisch und bleiben selbst erhalten, während bei dem geschilderten Vorgange Komplement wie Ambozeptor selbst ge- opfert werden. Diese zweite Kampfmethode der Proteine ist also weniger vollkommen als die Fermentwirkung. Und da mit der letzteren die höheren Tiere im Darmkanal arbeiten, erklärt es sich, daß wir durch die Fermentwirkung gegen Fremdeiweiße im Darmkanal weit besser geschützt sind, als wenn sie von außen ins Blut gelangen.

In das Kapitel des Kampfes der Eiweißkörper untereinander gehört auch die Wirkungsweise der Präzipitine. Dies sind Eiweißkörper, die der Organismus von Fall zu Fall erzeugt, um in sein Inneres gelangte, besonders gefährliche, aber schwer spaltbare Proteine, die von einem artfremden Organismus her- rühren und für diesen charakteristisch sind, unschädlich zu machen. Die Präzipitine lagern sich an das feindliche Eiweiß an und machen dadurch das Molekül unlöslich und fällen es aus. Ein Präzipitin ist immer nur auf ein Protein einer besonderen Tierart eingestellt, seine Wirkung ist eine spezifische. Bringen wir also z. B. Kasein der Kuh in Form von Kuhmilch in das Blut- gefäß eines Kaninchens, so findet sich alsbald in seinem Blut- serum ein Körper, der mit Lösungen, die Eiweiß enthalten, das von irgendwelchen Organen der Kuh herrührt, einen Niederschlag erzeugt. Die Beobachtung ergibt, daß das in solchen Lösungen stets, wenn auch oft nur in relativ kleiner Menge enthaltene spezifische Kuheiweiß ausgefällt wird. Aber man erhält nur mit der Kaseinlösung der Kuhmilch einen Niederschlag, nicht mit einer Kaseinlösung etwa aus Frauenmilch. Man hat daraus ge- schlossen, daß den Kindern, die mit Kuhmilch genährt werden, doch etwas von wertvollem Arteiweiß fehlen müsse, da sie ja namentlich, wie Wassermann betonte, kein „homologes", sondern „heterologes" Arteiweiß (Präzipitogen) erhalten. Aber die Tat- sache, daß man nicht nur Kinder, sondern auch viele andere

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junge Säugetiere mit Kuhmilch ohne erkennbaren Nachteil auf- ziehen kann, spricht gegen diese Annahme. Man kann das damit erklären, daß das Präzipitogen, das Arteiweiß, ungemein beständig ist. Man kann seine Lösungen eine Viertelstunde lang kochen, ohne daß es sich verändert, während andere Eiweiße selten höhere Temperaturen als 60 bis 70° aushalten (z. B. auch nicht der Gegen- stoff, das Präzipitin). Daß diese Arteiweiße sehr schwer zu spalten sind, mag ja auch die Tatsache beweisen, daß der Or- ganismus sie nicht wie sonst mit Fermenten oder Ambozeptoren zu sprengen versucht, sondern durch Anlagerung unlöslich macht. Daß ein solcher Körper auch von den Fermenten im Darm des Kindes nicht gespalten würde, wäre verständlich, so daß das Arteiweiß für die Ernährung ohne erhebliche Bedeutung und also ob mit Kuhmilch, ob mit Frauenmilch genährt wird, ziem- lich gleichgültig wäre.

Die gleichen Unterschiede derArteiweiße beobachten wir bei den Pflanzen. Es ist das Verdienst Osbornes, ge- zeigt zu haben, daß jede Pflanzenart ein anderes spezifisches Eiweiß enthält. Morphologisch nahestehende Arten enthalten chemisch ähnliches, entfernte Arten ungleiches, so daß auch hier Chemie und Morphologie parallel gehen. Bei den höheren Tieren läßt sich das charakteristische Arteiweiß in allen Teilen des Or- ganismus nachweisen, mit einer merkwürdigen Ausnahme: der Kristall-Linse des Auges. Diese ist bei allen Tieren gleich zusammengesetzt und enthält kein Arteiweiß. Es läßt sich das aber verstehen, wenn wir bedenken, wie ausschlaggebend die optische Aktivität aller einzelnen Komponenten auf das optische Verhalten des ganzen Moleküls ist. Es ist klar, daß für die Licht- brechung bei gewissen Anordnungen im Molekül ein Optimum erreicht wird, und daß Einlagerung von Arteiweißen andersarti- ger optischer Aktivität zu Trübungserscheinungen führen würde. Auch diese Ausnahme von der Regel ist also im Einklang mit der stereochemisch-optischen Theorie.

Unseren Anschauungen über die allmähliche Änderung der Arten aber entspräche es nicht, wenn das spezifische Eiweiß nun von ein für allemal feststehender Konstitution wäre. Kommt ihm wirklich die bedeutende Rolle zu, die wir ihm zuschreiben, dann müssen auch individuelle Abweichungen möglich sein. Tatsächlich ist es Ehrlich und Morgenroth gelungen, die Existenz individueller Abweichungen in hohem Grade wahr-

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scheinlich zu machen. Ehrlich injizierte Blutflüssigkeit von Ziegen anderen Individuen der gleichen Art und fand, daß in einzelnen Fällen keine Reaktion auftrat, in anderen Fällen aber tatsächlich ein nicht ganz identisches Arteiweiß vorhanden war. Es bildeten sich dagegen reguläre Ambozeptoren, sog. Is o ly- sine. Allerdings mußten in diesen Fällen verhältnismäßig sehr große Mengen injiziert werden, um die Reaktion zu erhalten. Dies ist aber verständlich. Denn von dem variierten Arteiweiß kann zunächst nur wenig vorhanden sein. Diese Untersuchungen über Isolysine zeigen die Wandlungsfähigkeit der Eiweißmole- küle in ihrer höchsten Form, und es ergibt sich daraus ein wich- tiger Anhaltspunkt für die stammesgeschichtliche Entwicklung.

So sind wir denn von den einfachsten zu immer kompli- zierteren Funktionen der Proteine gelangt. Ich hoffe, dabei gezeigt zu haben, daß die physischen Lebensvorgänge mit der Eiweiß- chemie gut in Einklang zu bringen sind, und ich möchte zum Schluß noch einige allgemeinere Gesichtspunkte berühren, die sich aus den entwickelten Vorstellungen ergeben.

Zunächst sind alle die geschilderten Erscheinungen nur mög- lich bei Gegenwart von Wasser. Nur in Wasser bilden sich die kolloidalen Molekül-Additionen, nur in wässerigen Lösun- gen existieren jene intramolekularen Schwingungserregungen, die uns der Polarisationsapparat verrät. Und tatsächlich setzen ja die Lebensvorgänge auch der einfachsten Organismen aus, wenn ihnen das Wasser entzogen wird. Bakteriensporen, Räder- tierchen (Rotatoria), aber auch Moose, Flechten lassen sich trocknen und in diesem Zustande jahrelang aufheben. Sie sind dann scheintot, erwachen aber sofort vom latenten zum aktiven Leben, sobald man sie in Wasser bringt. Pflanzensamen, die man 150 bis 200 Jahre in Sammlungen aufbewahrte, sind keim- fähig geblieben. Im trockenen Zustand fehlt dem Leben die Unterlage, der Träger : das aktive Eiweiß ; das Leben selbst aber ist trotzdem etwas anderes als jene Funktionen des Trägers. Ich möchte dies an einem wenn auch plumpen Beispiel noch deutlicher machen, indem ich Protein und Leben vergleiche mit einer Lokomotive und ihrem Führer. Geht dem Kessel das Wasser aus, so bleibt die Maschine stehen, aber der Führer exi- stiert weiter. Erhält der Kessel wieder Wasser, so kann er die Fahrt wieder beginnen.

Ich habe diesen Vergleich gewählt, um, wie gesagt, der

12

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Vorstellung entgegenzutreten, als ob etwa die ge- schilderten chemischen Vorgänge oder die Schwin- gungen das Leben wären. Wir sahen nur, daß es höchst wahrscheinlich außerordentlich kleine Lebenseinheiten gibt, stoßen dabei aber sofort auf eine Schwierigkeit, wenn wir die mechani- sche oder die Fortpflanzungs- und Wachstumsteilung sehen und wahrnehmen, daß die Menge des Lebens trotz der Teilung nicht weniger sondern mehr wird. Eine geistreiche Erklärung dafür hat Jacques Lob versucht (Chem. Entwicklungserregung 1909 S.219). Er nimmt an, daß die Nucleoproteide, die Kerneiweiße, von denen Fortpflanzung und Vererbung ausgehen, in ihrem Molekül eine Seitenkette enthalten, die zugleich ein Ferment für ihre eigene Synthese ist. Er sagt wörtlich:

„Die Frage nach dem Mechanismus für die Kontinuität der Erbstoffe ist identisch mit dem eigentlichen „Rätsel des Lebens", denn das mystische Element in den Lebenserscheinungen ist die Kontinuität der Organismen. Ich glaube nun, daß dieser Mechanis- mus sich auf das Prinzip der Autokatalyse zurückführen läßt, nämlich daß der Zellkern ein Ferment für seine eigne Synthese ist."

(S. 233) „Die künstliche Herstellung lebender aus lebloser Substanz wird mit der künstlichen Synthese von Nucleiden be- ginnen müssen, welche die Fähigkeit haben, als Fermente für ihre eigene Synthese zu dienen."

Nun ist es richtig, daß in den Nucleoproteiden mehrere Ei- weißmoleküle mit Nucleinsäure verbunden sind, auch ist es ganz gut denkbar, daß eins dieser Moleküle oder eine Seitenkette der- selben ein Ferment für die Synthese des Gesamtmoleküls ist. Da- gegen spricht zwar, daß bisher nicht beobachtet ist, daß Kernsub- stanz ohne Protoplasma, auch nicht in Nährflüssigkeiten, lebens- fähig ist. Aber angenommen, es sei der Fall, so wäre damit lediglich gezeigt, daß die Substanzvermehrung, der Aufbau der Nucleoproteide in etwas anderer Weise zustande kommt wie bei sonstigen Proteiden, da sie nicht wie diese von einem unabhängi- gen Ferment aufgebaut werden, sondern ihr synthetisierendes Ferment im eigenen Molekül tragen. Mit der Annahme einer sol- chen Kombination ist aber das Rätsel des Lebens nicht gelöst.

Auch M. Hartmann (Die Konstitution der Protistenkerne 1911) verlegt die Lebenseinheit in den Zellkern, den er sich aus einzelnen oder mehreren Energiden zusammengesetzt denkt. Hartmann sagt (S. 49):

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„Diese sich nun durch polare Zweiteilung vermehrenden Energiden, die als die Hauptbildner atypischer Strukturen bei komplizierten Zellen (Flagellaten) erkannt sind, und auf deren Teilung und Funktion schon jetzt ein großer Teil morphogeneti- scher und physiologischer Prozesse sich zurückführen läßt, könn- ten eventuell geradezu als die eigentlichen elementarsten Lebens- einheiten selbst betrachtet werden, durch deren Wirkung in einem atypischen kolloidalen Magma die typische organische Gestaltung hervorgebracht wird und somit das, was wir Leben nennen, zu- stande kommt." Dieser einseitigen Betommg des Kerns werden wir nach allem, was wir von den Funktionen der Proteine gehört haben, nicht zustimmen können. Wir kommen vielmehr zu dem Schlüsse:

Nicht die Zelle, auch nicht einzelne Zellteile (wie der Kern) repräsentieren die kleinste Lebens- einheit, sondern alle Lebenserscheinungen sind Summen-Phänomene harmonischer, aus Elementar- quanten des Lebens zusammengesetzter Systeme. Die Träger dieser keinsten Lebenseinheiten aber sind die Eiweißmoleküle.

Die Zelle, das kleinste vollständige System, läßt sich von diesem Gesichtspunkte einem Bienenstaate vergleichen. In der Mitte der aus arteigenen Nucleoproteiden bestehende Kern, der einer Bienenkönigin gleich für die Vermehrung bestimmt ist; ihm tragen die belebten Eisweißmoleküle, wie die Arbeitsbienen, Nahrung zu, die einige von außen hereinholen, andere neu auf- bauen, und ganz wie die Arbeitsbienen häufen sie die Substanzen, die nicht im Kern verbraucht werden, als Vorratsstoffe in Form von Fetten und Zuckerarten auf, die wir in den Zellen abgelagert und dann verschwinden sehen, wenn der Kern sich vergrößert, um sich zu teilen. Wieder andere schleppen Kalksalze oder Kieselsäure herbei und erbauen Schutzpanzer. Kurz, vor unseren Augen entwickelt sich ein kleiner Staat voller Leben. Unser Ziel, auf chemischem Wege dem Problem des Lebens näher zu kommen, ist mit dieser Erkenntnis zwar in weite Ferne gerückt; aber wir dürfen das Vertrauen haben, daß es dem menschlichen Scharfsinn in Zukunft gelingen wird, auch die Gesetze zu er- mitteln, die diesen kleinsten Staat der Eiweißmoleküle regieren.

12*

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Besprechungen.

I. Neue Veröffentlicliuiigen der Gesellschaft.

Abhandlungen der Senckenbergischen Naturforschenden Ge- sellschaft in Frankfurt a. M. 4". Frankfurt a. M. (Selbstverlag der Gesellschaft) 1913.

Band 31, Heft 4, Seite 341-423: „Beiträge zur Kennt- nis devonischer Trilobiten. 2. Beitrag.^) Oberdevoni- sche Proetiden" von Dr. R. Richter. Mit 2 Tafeln. Preis broschiert M. 9,50.

Der Verfasser lehrt uns eine merkwürdige Kleinwelt kennen, die allen Erwartungen der Paläontologen vollständig widerspricht. Man weiß seit lan- gem, daß die Trilobiten in der zweiten Hälfte des Paläozoikums allmählich an Mannigfaltigkeit abnehmen, bis sie in der karbonischen und permischen Zeit erlöschen. Und nun tauchen an der oberen Grenze der devonischen Zeit mit einem Male in Ablagerungen des offenen Meeres ganz neue, fremdartige Formen auf, denen noch kein Forscher genügende Beachtung geschenkt hat und deren endgültige Klarlegung noch manches Rätsel lösen muß. Während man bisher erwartet hat, gerade hier ein allmähliches Ausklingen des reichen Trilobitenlebens zu finden, blüht der alte Stamm der Proetiden noch einmal auf, um schon kurz nachher, im Karbon, auf wenige spärliche Vertreter be- schränkt zu werden. Alle beschriebenen Formen sind winzig klein und die meisten sind blind; dabei aber zeigen sie eine solche Fülle absonderlicher Gestalten und eine so überraschende Artenmenge, daß die erwähnten Eigen- schaften durchaus nicht als Degenerationserscheinungen gedeutet werden dürfen, sondern daß sie wohl am besten durch ein Leben in lichtloser nah- rungsarmer Meerestiefe ihre Erklärung finden. Ein ausführliches Eingehen auf die interessante Arbeit verbietet der beschränkte Raum; es kann auch um so eher unterbleiben, als der Verfasser selbst demnächst im „Bericht" Näheres über die wichtigsten Fragen, deren Lösung ihn beschäftigt, mitteilen will. Es wäre besonders erfreulich, wenn es ihm gelänge, gerade jenen letz- ten Ausläufern des blühenden paläozoischen Lebens nachzuspüren und ihre seltenen und wertvollen Reste für die Wissenschaft und für das Sencken- bergische Museum dem Gestein zu entreißen.

F. Drevermann.

^) Die Besprechung des 1. Beitrags „Die Gattung Dechenella und einige verwandte Formen" siehe 43. Bericht 1912 S. 362.

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Seite 425-462: „Die Gattung Merodon Me igen (Lanipetia Me ig. olim)" von Prof. Dr. P. Sack. Mit 2 Tafeln. Gedruckt aus den Erträgnissen der Karl und Lukas von Heyden- Stiftung der Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft. Preis broschiert M. 5,50.

Ein sehr erwünschter Erfolg der modernen Systematik, die auf die Unterscheidung lokaler Varietäten besonderen Bedacht nimmt und zu diesem Zweck möglichst große Serien vergleicht, besteht darin, daß sie häufig zu einer Verringerung der Artenzahl führt: Tiere, die man für gänzlich ver- schiedene Arten hielt, lehrt sie, indem sie alle Übergänge zwischen ihnen nachweist, als Varietäten einer Spezies kennen. So hat auch P. Sack in seiner gründlichen Untersuchung der Schwebfliegengattung i/ero^/o/» eine erhebliche Zahl von Arten zum Range von Varietäten degradiert. Die Gattung war für eine solche Behandlung durch ihre ungewöhnlich starke Veränder- lichkeit in Farbe, Zeichnung und Größe besonders geeignet. Und Sack trifft wohl das Richtige, wenn er diese auffallende Variabilität mit den Lebens- verhältnissen der Gattung in Verbindung bringt. Die Merodon-hsiTven ent- wickeln sich nämlich in Zwiebelgewächsen Tulpen, Narzissen, Krokus usw. und sind mit diesen weithin verbreitet worden. Hierdurch kamen sie vielfach in neue klimatische und sonstige Verhältnisse, die auf ihr Keim- plasma einwirken und die Bildung neuer Variationen veranlassen konnten.

Sack hat aber auch konstante, plastische Artmerkmale aufgefunden und mit ihrer Hilfe die Zahl der wirklich „guten" Merodon-Arten von 32 (mit Ausnahme von 11 Exoten) auf 49 erhöht.

O.S.

II. Neue Bücher.

Schriften des Deutschen Lehrervereins für Naturkunde. 26.Band. Die Schmetterlinge Deutschlands mit besonderer Berücksichtigung der Biologie. I.Band. Von Prof. Dr. Karl Eckstein. 120 S. mit 16 Farbendrucktafeln und 26 Textillustrationen. 8°. Stuttgart (K. G. Lutz' Verlag) 1913. Wie der vorliegende erste Band der „Schmetterlinge Deutsch- lands" zeigt, hat sich der Verfasser mit großer Liebe an die Aufgabe ge- macht, in knapper Form ein lehrreiches Büchlein zu schaffen. Der Inhalt zerfällt in einen allgemeinen und einen speziellen Teil. Der letztere enthält die systematische Beschreibung der in Deutschland vorkommenden Tagfalter (Bhopalocera) und Dickköpfe (Gnjpocera) in annähernder Vollständigkeit, je- doch unter Weglassung der Varietäten und Aberrationen. Er ist bei aller Kürze klar und gründlich und gibt ein anschauliches Bild von der Lebens- weise und Entwicklung der Falter. Die beigegebenen Buntdrucktafeln sind ganz vorzüglich; sie sind von Dr. K. G. L u t z - Stuttgart zusammengestellt und teils nach der Natur (Schmetterlinge), teils nach Aquarellen von Prof. J. Griebel -Neustadt a. H. (Raupen, Puppen usw.) lithographiert worden. Fast jedem Falter sind auch die Raupe und Puppe beigefügt. Von großem Vorteil

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ist, daß die Ableitung der lateinischen Gattungs- und Artnamen und über- nommene Eigennamen erläutert werden.

Der sehr eingehende und von trefflichen Illustrationen begleitete all- gemeine Teil gliedert sich in sieben Kapitel. Im ersten, das der äußeren Erscheinung gewidmet ist, werden der Bau des Falters, der Kopf mit Mund- teilen, die Augen, der Thorax mit Beinen und Flügeln, die Bildung der Schuppen, Duftschuppen und Duftorgane, ferner der äußere Bau des Eies, der Raupe und Puppe geschildert. Das zweite Kapitel behandelt kurz den inneren Bau des Eies und die inneren Organe gleichfalls von Raupe, Puppe und Falter. Die Illustrationen stellen Schlund, Darmkanal, Drüsen usw. und Geschlechts- organe dar. Im dritten Abschnitt werden die Embryonalentwicklung im Ei, die Lebensweise, das Wachstum und der Fraß der Raupen, wobei auch die Fraßspuren einiger Schädlinge bildlich wiedergegeben sind, das Verpuppen, ferner das Schlüpfen und Leben der Falter besprochen. Das vierte Kapitel, „Fauna, System und Nomenclatur", handelt von der Verbreitung der Arten und ihrer Einreihung in das System. Im fünften werden die Feinde einzelner Schädlinge, z. B. der Nonnenraupe und des Kiefernspinners, aufgezählt, wobei bei letzterem allein etwa 25 verschiedene Parasiten genannt sind. Auch die Entstehung der Krankheiten, wie Flacherie, Grasserie und anderer Pilz- krankheiten, ist hier behandelt. Der sechste Abschnitt, „Stellung der Schmet- terlinge im Naturhaushalt und ihre wirtschaftliche Bedeutung", erläutert vor allem, wie sich der Mensch der Schädlinge erwehrt.

Das letzte Kapitel zeigt die verschiedenen Zwecke, die eine Schmetter- lingssammlung verfolgen kann. Es schildert das Anlegen einer entwick- lungsgeschichtlichen Sammlung (Beobachtung der Metamorphose der Schmetterlinge, Konservierung der Eier, Raupen und Puppen) neben der rein systematischen, die sich auch auf kleinere Paunengebiete (geographische Abgrenzung) oder auf bestimmte Gruppen (mit Einschluß der Aberrationen und Varietäten) beschränken kann, das Anlegen von Schmetterlings-Bio- logien (Futterpflanzen, Fraßspuren, Kot der Raupen, Parasiten neben den verschiedenen Entwicklungsstadien) u. a. m. Danach wird das Präparieren der Objekte und das Einrichten der Sammlung selbst eingehend besprochen.

Das kleine Werk ist jedem angehenden Sammler warm zu empfehlen. Der Deutsche Lehrerverein für Naturkunde aber verdient für das, was er sei- nen Mitgliedern für den geringen Jahresbeitrag bietet, das allerhöchste Lob.

E. Müller.

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Aus der Schausammlung.

Die Veränderlichkeit der Schale von Iberus gualterianus L.

Mit 82 Abbildungen.

In der Zeit, da man noch jede Landschnecke, die am Ende des Wachstums ihre Schale mit einem Mundsaum abschloß, und deren Höhe nicht größer war als ihre Breite, zur Gattung Helix rechnete, zu einer Zeit also, in der man die Schnecken lediglich nach Form und Aussehen ihrer Gehäuse unterschied, hielt man zwei spanische Heliciden, die rundliche, kiellose H. alonensis Fer. und die abgeplattete, scharf gekielte H. giialteriana L., für so wenig miteinander verwandt, daß man sie in zwei verschiedene Sektionen, Otala imd Iberus, der großen Sammelgattung Helix stellte. Von jeder dieser beiden Arten kannte man Verwandte, die sich nur durch Größen- und Höhenverhältnisse oder durch die verschiedene Ausbildung der Unterseite von ihnen unter- schieden ; so rechnete man H. loxana Rossm., H. carthaginiensis Rossm., H. campesina Ezq. und H. lorcana Rossm. zu dem Formen- kreise der H. {Otala) alonensis, H. laurentii Bourg. zu dem der H. {Iberus) gualteriana. Noch in dem modernsten Werke über die Landschnecken, dem Pilsbry sehen „Guide to the study of Heli- ces", ist diese Einteilung beibehalten; denn Pilsbry hatte über- sehen, daß A. Schmidt schon im Jahre 1853 darauf hingewiesen hatte, daß sich H. alonensis und H. gualteriana in gewissen Zügen ihrer inneren Anatomie, nämlich im Bau des Liebespfeiles, eng aneinander anschließen. Übergänge in der Schalenform zwischen den beiden äußerlich so grundverschiedenen Schnecken wurden auch bis in die neueste Zeit nicht bekannt, und erst 1910 konnte Kobelt in der „Iconographie der Land- und Süßwassermollusken N. F., Vol. 15, Fig. 2271-2280", einige Schneckenschalen abbilden,

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die, obwohl schlecht, da subfossil erhalten, als zweifellose Über- gänge zwischen den beiden Extremen aufgefaßt werden müssen.

Seit einer Keihe von Jahren sind mir nun große Mengen der in Frage kommenden Schnecken durch die Hände gegangen, und so ist es mir gelungen, nachzuweisen, daß alle diese Formen restlos durch Schalenübergänge lebend gesammelter Schnecken verbunden sind, ferner, wie sich die einzelnen Formen zueinander stellen. Teilweise unterstützt durch die Sam.mlungen der Sencken- bergischen Naturforschenden Gesellschaft (darunter Coli. E. A. Rossmässler und Coli. W. Kobelt), habe ich Verbindungs- serien aufgestellt, die auf S. 188 bis 197 abgebildet sind imd für sich sprechen. Die Formenreihen sind im Senckenbergischen Museum in der Schausammlung aufgestellt.

Die anatomische Untersuchung der Weichkörper hat gelehrt, daß die uns hier beschäftigenden Schnecken nicht zu der nur auf die Weinbergschnecke und deren nächste Verwandte beschränkten Gattung Helix gehören, daß sie vielmehr ein eigenes Genus bilden, das nach den zoologischen Nomenklaturregeln den Namen Iberits führen muß. Da ferner die früheren „Arten" alonensis und gualterianus samt ihren Verwandten durch Übergänge verbunden, also in Wirklichkeit gar nicht verschieden sind, so fassen wir sie unter dem ältesten der verschiedenen Namen zusammen und nennen sie Iherus gualterianus, dessen diverse Ausbildungsformen durch Anhängen eines dritten Namens bezeichnet werden können : so soll z. B. Ih. gualterianus alone?isis die Form angeben, die der ehemaligen „Art" Helix alonensis entspricht, Ib. gualterianus umbilicatus die, die sich vom typischen Ib. gualterianus durch Besitz einer Öffnung, eines sog. Nabels, in der Mitte der Schalen- unterseite unterscheidet. Anatomisch dürften diese Ausbildungs- formen nicht voneinander abweichen, vielleicht mit Ausnahme von carthaginiensis Rossm. und loxanus Rossm., die scheinbar im Begriff sind, sich im Bau des Genitalapparates etwas zu differenzieren.

Die verschiedenen Formen des Iberus gualterianus L. lassen sich folgendermaßen gruppieren, wobei bemerkt sei, daß das Bild nur die allgemeinen Richtlinien der Ausbildung von Formen dar- stellen soll. Es ist selbstverständlich, daß es bei der- großen Veränderlichkeit innerhalb der einzelnen Formen noch geringe Abweichungen geben kann, die aber nichts Neues darstellen und für die Systematik ohne Bedeutung sind. Als Grundform kann

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man Ib. gualt. alonensis Fer. betrachten. Dieser bildet drei Ver- kleinerungsformen aus, eine der Grundform in Gestalt sehr- ähn- liche, Ih. gualt. carthaginiensis Rossm., eine höhere, Ih. gualt. glohulosus C. Bttg., und eine flachere, Ib. gualt. loxanus Rossm. Ferner führt eine Reihe durch Aufrollen des Gewindes, so daß das Gehäuse genabelt wird, und durch Verbreiterung und Los- lösen des Mundsaumes über Ib. gualt. lorcanus Rossm. zu Ib. gualt. campesinus Ezq., bei dem das Extrem erreicht ist, und

Ib. giialterianns umbilicatus 11). giialterianns laiirentii

Ib. giialterianns pseudocampesiniis

Ib. giialterianns giialterianns

Ib. giialterianns campesinus

Ib. gnalterianns lorcanus Ib. gnalterianns intermedins

Ib. gnalterianns loxanns

Ib. gnalterianns globnlosns

Ib. gnalterianns carthaginiensis

Schema eines im Museum aufgestellten Präparates, das alle hier genannten Formen vor Augen führt.

der seinerseits wieder eine Zwergform, Ib. gualterianus pseudo- campesinus Kob., ausbildet. Zuletzt setzt Ib. gualt. aloriensis F6r. einen Kiel an, verflacht das Gewinde immer mehi' und erhält eine rauhere Skulptur. So gelangt man über Ib. gualt. intermedius C. Bttg. zu Ib. gualt. gualterianus L. Dieser hat wieder eine Verkleinerungsform, Ib. gualt. laurentii Bourg., und eine, die genabelt wird, Ib. gualt. umbilicatus Kob.

Die Formen des Iberus gualterianus L., vor allem Ib. gualt. alonensis Fer., gehören zu den Charaktertieren des südöstlichen

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Spaniens. Sie leben dort in den dürren Sierren oft in einer Trocken- heit, wo man gar keine so großen Schnecken vermuten sollte, meist unter Steinen und Geröll verborgen ; nur ein milder Regen und der frische Tau am Morgen locken sie aus ihren Verstecken hervor. Dies wissen die Caracoleras, die Schneckensammler, sehr genau und erbeuten sie am Morgen vor Sonnenaufgang in großer Menge dort, wo am Tage kaum eine einzige zu sehen ist. In Spanien bilden nämlich die Landschnecken eine beliebte Speise, von der kleinen Euparypha jnsana Müll, an bis zu den großen Iberus- und 0^«/«- Arten. Von den übrigen Schnecken, den Cara- coles, unterscheiden die Spanier sehr genau die Serranos, die Bergschnecken, Ib. gualt. aloriensis, lorcaniis und campesinus, die sehr geschätzt werden und auch höher im Preise stehen als die Caracoles. Ib. gualt. gualterianus L., „Chapa" genannt, wird dagegen nicht geschätzt.

Beschreibung der wichtigsten Formen der Reihe.

Iberns gnnUenaniis giialferianns L. (S. 189 Fig. 20; S. 190 Fig. 1; S. 191 Fig. 1). Die Schnecke stellt das Extrem in der Verflachung des Gewindes und in der Ausbildung des Kieles dar. Die Spitze der Windungen und die Gehäuse- kiele liegen in einer Ebene. Die Schale ist ungenabelt.

Iberus gualterianus laurentii Bourg. (S. 190 Fig. 7) ist die Verkleinerungs- form des Ib. gualt. gualterianus L. in der Sierra Elvira bei Granada und stimmt, mit Ausnahme der Größe, mit diesem überein.

Iberus gualterianus umbilicatus Kob. (S. 191 Fig. 8) unterscheidet sich von Ib. gualt. gualterianus L. durch den offenen Nabel. Vorkommen : um Almeria.

Iberus gualterianus intermedius nov. subspec. (S. 188 Fig. 9) ist ein Iberus mit bedeutend höherem Gewinde als Ib. gualt. gualterianus L. Er steht in der Mitte zwischen diesem und Ib. gualt. alonensis Fer. Er hat ein nicht so flaches Gewinde wie Ib. gualt. gualterianus L. und weniger rauhe Skulptur, jedoch wie dieser einen gut ausgebildeten Kiel und ist ungenabelt. Ich habe diese Über- gangsform hauptsächlich deshalb benannt, weil sie häufiger in den Verkehr kommt. Sie steht zwischen Ib. gualt. gualterianus L. und Ib. gualt. alonensis Fer., so wie Ib. gualt. lorcanus Rossm. zwischen Ib. gualt. alonensis Fer. und Ib. gualt. campesinus Ezq. Vorkommen: Prov. Almeria.

Iberus gualterianus alonensis Fer. (S. 188 Fig. 1 ; S. 192 Fig. 1). Dieser in Siidostspanien am weitesten verbreitete Iberus ist ungekielt, ungenabelt, nie- dergedrückt-kugelig.

Iberus gualterianus carthaginiensis Rossm. (S. 197 Fig. 12) ist eine Ver- kleinerungsform des Ib. gualt. alonensis F6r. in der Sierra de Cartagena bis unweit der Stadt Cartagena (Prov. Murcia). In seinen kleinsten Formen sieht er der Pseudotachea splendida Drap, sehr ähnlich, unterscheidet sich in der Schale jedoch von ihr sofort durch die ausgeprägten Spirallinien der Gehäuse- oberfläche.

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Ibenis gualterianns globulosus nov. subspec. (S. 196 Fig. 8) stellt ebenfalls eine Verkleinerungsform des Ib. gualt. alonerisis F^r. dar, bildet jedoch nicht derart kleine Formen aus wie die vorhergehende Subspezies. Sie ist bedeutend höher und kugeliger als Ib. gualt. alonensis Fer. und Ib. gualt. earth aginiensis Rossm. Vorkommen: um Almeria.

Ibenis gualterianns lo.xanns Rossm. (S. 195 Fig. 8). In der Sierra de Loja (Prov. Granada) bildet Ib. gualt. alonensis Fer. auch eine Verkleinerungsform aus, Sie ist bedeutend flacher als Ib. gualt. alonensis Fer. und Ib. gualt. carthagi- niensis Rossm. Letztere steht unter den Verkleinerungsformen des Ib. gualt. alonensis Fer., was die Höhe des Gehäuses anbelangt, in der Mitte zwischen dem hohen Ib. gualt. globulosus C. Bttg. und dem flachen Ib. gualt. lo.xanus Rossm.

Iberus gualterianus lorcanus Rossm. (S. 193 Fig. 8.) steht zwischen Ib. gualt. alonensis Fer. und Ib. gualt. campesinus Ezq. Der Mundsaum ist verbrei- tert, aber nicht ringsum losgelöst wie bei Ib. gualt. campesinus Ezq. Die Sub- spezies findet sich in der Umgebung von Lorca in der Provinz Murcia.

Iberus gualterianus campesinus^) Ezq. (S. 193 Fig. 12) ist von Ib. gualt. lorcanus Rossm. nur verschieden durch die Ausbildung eines verbreiterten, ringsum losgelösten, zusammenhängenden Mundsaumes. Das Gehäuse ist offen genabelt. Vorkommen : weitere Umgebung von Lorca (Provinz Murcia) bis in die Provinz Almeria hinein. Die Form millarensis Kob. '^) ist meines Erachtens nichts anderes wie ein gut ausgebildeter Ib. gualt. campesinus Ezq. Das Original- exemplar liegt im Senckenbergischen Museum und wurde von mir geprüft.

Iberus gualterianus pseudocampesinus Kob. (S. 194 Fig. 7) stellt die Ver- kleinerungsform des Ib. gualt. campesinus Ezq. vor. Vorkommen: Los Miliares (Prov. Almeria).

Sämtliche Abbildungen sind nach photographischen Aufnahmen in natürlicher Größe reproduziert.

Caesar R. Boettger.

^) Diese Schnecke wurde von Ezquerra del Bajo als Helix camp esin a bezeichnet. Das Wort campesina ist aber spanisch, und die maskuline Form dazu heißt campesino. Ich glaube aber, das Wort in dem lateinischen Namen als ein lateinisches behandeln zu müssen. Auch ist der Name schlecht gewählt, denn Ib. gualt. campesinus Ezq. ist eine Bergschnecke, während campesino, a dem lateinischen campestris gleichzusetzen ist.

^) Iconographie d. Land- u. Süßwasser-Mollusken. N. F., Vol. 15. Wies- baden 1910. No. 2284 S. 12.

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199 Sinopa rapax Leidy.

Mit 4 Abbildungen.

Die Raubtiere der Gegenwart bilden, wenn man von den Omnivoren Bären absieht, trotz aller Mannigfaltigkeit eine ein- heitliche Gruppe, deren Zusammengehörigkeit besonders im Gebiß und im Bau der Extremitäten hervortritt. Die mittleren Back- zähne dienen nämlich bei allen Räubern zum Zerschneiden des Fleisches man braucht nur einmal einer Katze beim Fressen zuzusehen, wie sie stets mit seitlich gestelltem Kopf ihre Nahrung zerkleinert ; daher sind der vierte obere Prämolar, sowie der ihm entgegenarbeitende erste untere Molar als „Reißzähne" mit scharfen Längskanten entwickelt und zeichnen sich durch besondere Größe aus. Die Endglieder der Füße sind als schmale und spitze Krallen ausgebildet, und in der Handwurzel verwachsen stets Radiale und Intermedium zu einem einheitlichen Knochen. Die gleichen Merkmale finden sich nicht nur bei allen Raubtieren der Gegenwart, sondern ganz allgemein auch bei ihren fossilen Vorläufern, und man kann wohl sagen, daß bis zum Oligozän hinab alle fossilen Räuber sich ohne Schwierigkeit in das zoolo- gische System einreihen lassen. Im Eozän dagegen finden sich keine echten Raubtiere mehr; hier werden sie durch eine ebenso geschlossene Gruppe von Tieren vertreten, durch die Creodontia, die sich in charakteristischer Weise unterscheiden. Bei ihnen tritt weder im Unter- noch im Oberkiefer ein Reißzahn hervor, sondern alle Backzähne haben im wesentlichen gleich starke Kronen. In der Handwurzel sind noch keine Verwachsungen vor- handen; vielmehr bleiben Radiale und Intermedium getrennt, ja es ist sogar oft noch ein Centrale vorhanden, das, wie bei einer Reihe anderer primitiver Säugetiere und bei den Reptilien, sich zwischen die beiden Reihen der Handwurzelknochen einschaltet. Als weiteres Merkmal verdienen die Kleinheit und die schwache Furchung des Gehirns genannt zu werden (man hat bei mehreren Creodontiern die Hirnhöhle durch Ausgießen abgeformt und so die äußere Form des Gehirns feststellen können) ; bei den echten Raubtieren ist es sehr gut ausgebildet und zeichnet sich besonders durch starke Furchung des Großhirns aus.

Die Creodontier lebten während der Eozänzeit, und ihre letzten Ausläufer erloschen im Oligozän. Ihre Gestalt war bei aller Einheitlichkeit in den genannten Merkmalen (nur eine Gruppe nähert sich durch die Ausbildung eines Reißzahns den echten

Schädel von Sinopa grangeri Matthew aus dem Mitteleozän von Wyoming

(Seitenansicht). 4 : 5 nat. Gr.

Nach W. D. M a 1 1 h e w. Reißzähne sind nicht ausgebildet.

Schädel von Palhgaena hipparionum (Gervais) aus dem Unterpliozän von Samos

(Seitenansicht). 2 : 3 nat. Gr.

Geschenk von Sir William Lindley.

Nach E. Schwarz. p4, ml Reißzähne.

201

Raubtieren) sehr mannigfaltig; von kleinen, kaum wieselgroßen Tierchen an sind alle möglichen Gestalten vertreten bis zu mäch- tigen, den Löwen an Stärke erreichenden Räubern. Sie waren in ihrer Blütezeit über die ganze Erde verbreitet; aber von der Mehrzahl der vielen beschriebenen Gattungen und Arten sind nur dürftige Kieferbruchstücke oder Knochenreste bekannt ge- worden. Vollständigere Funde Schädel oder gar größere, noch

Wolf

Handskelette, r Radiale, i Intermedium, c Centrale (Creodontier);

ric Radiale, Intermedium und Centrale verwachsen (Raubtiere).

Nach W. D.Matthew.

zusammenhängende Teile des Skeletts gehören zu den größten Seltenheiten, so daß bisher noch kein Museum in Europa ein Creodontier-Skelett aufstellen konnte. Das hier abgebildete zier- liche Skelett von Sinopa rapax ist daher von großer Wichtig- keit für die Schausammlung wie für den Unterricht. Sämtliche echten Teile mit Ausnahme des Schädels gehören einem Individuum an, das im Jahre 1903 von einer Expedition des Neuyorker Museums im Mitteleozän am Cottonwood Creek in

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Wyoming ausgegraben wurde. Die Ergänzungen sind nach einem zweiten Skelett modelliert worden, das in Neuyork steht (das dritte und beste bis jetzt bekannte wird in Washington aufbe- wahrt). Der Schädel war bei dem Funde nicht erhalten; jedoch konnte der zerdrückte Schädel eines gleich großen Individuums miterworben werden, der inzwischen von Präparator Strunz vorzüglich herausgearbeitet worden ist und das Skelett jetzt wesentlich ergänzt.

Ein auffälliger Charakter des Tieres, der im Bilde deutlich hervortritt, ist der starke und lange, wenig biegsame Schwanz, der im Leben wahrscheinlich ziemlich steif getragen wurde und daher dem Äußeren der Sinopa wohl eine gewisse Ähnlichkeit mit dem tasmanischen Beutelwolf Thijlacinus verlieh. Die eigen- artige starke Knickung der Wirbelsäule ist ein Merkmal, das sich auch bei dem Raubbeutler Sarcojjhiliis findet. Die Vergleichung der beiden abgebildeten, im Aussehen so ähnlichen Schädel von Sinopa und Palhyaena (der prächtige, von E. Schwarz^) be- schriebene Schädel ist ein Geschenk von Sir William Lindley und stammt aus dem Pliozän von Samos), sowie der Handskelette eines anderen Creodontiers (Hijaenodon) und eines Wolfes er- möglicht ohne weiteres die Erkennung der wichtigsten Merkmale der rezenten Raubtiere und der Creodontier.

Unser *S'?'/?o/jrt-Skelett ist, wie der im letzten Heft S. 105 abgebildete Phenacodus, ein kostbares Geschenk von Prof. Otto Blumenthal in Aachen zur Erinnerung an seinen am 9. Dezem- ber 1911 verstorbenen Vater Sanitätsrat Dr. Ernst Blumenthal.

F. Drevermann.

*) E. Schwarz ,Über einen Schädel von Palinjaena hwpanoniim (Gervais), nebst Bemerkungen über die systematische Stelhing von Icfithcrinm und Pal- hijaena". Archiv f. Naturgeschichte, 78. Jahrg. 1912, Abt. A. 11. Heft S. 69—75.

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Lionardo da Vinci als Naturforscher.

Mit 10 Abbildungen von

G. Böttcher (Wiesbaden).

Als vor etwa zwei Jahren die ungeheuerliche Kunde von dem spurlosen Verschwinden der Mona Lisa die Welt durchflog, da mag von denen, die mit den Schicksalen des Lebenswerkes Lionardos vertraut sind, manch einer sich resigniert gefragt haben: War es im Grunde nicht das größere Wunder, daß wir in jenem unvergleichlichen Porträt der schönen Gioconda einen zweifellosen „Lionardo" so lange besessen haben? Wo sind alle jene Schöpfungen, durch die der Florentiner Meister ganzen Ge- nerationen von Künstlern das vergötterte Vorbild wurde, in dessen Nachahmung sie sich nicht genugtun konnten? Verschollen das eine, verdorben das andere, manches vielleicht noch heute ver- kannt, dem Ruhme eines anderen Namens dienend. Was uns geblieben, reicht eben noch hin, um zu begreifen, warum der scheinbar unproduktivste Maler in Wahrheit der größte war seiner Zeit und einer der größten aller Zeiten.

Sind wir so in bezug auf die künstlerische Hinterlassenschaft Lionardos im Vergleich zu früheren Generationen an unserem Erbteil arg verkürzt, eine andere Seite im Wesen dieses rätsel- vollen Mannes kennen wir heute wohl sicher besser als seine eigene Zeit den Forscher, den Gelehrten, den Schrift- steller. Wenn des Künstlers Linke, die vielleicht soeben erst dem Gesicht eines Apostels in S. Maria delle Grazie mit einigen Pinselstrichen eine sorgfältig durchdachte Ausdrucksnuance ver- liehen, nunmehr in der Abgeschlossenheit des engen, mit Rädern, Schrauben, Retorten und allen möglichen Naturalien vollgestopf- ten Studierzimmers Blatt auf Blatt bedeckte mit kleinen, ver-

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schnörkelten, in Spiegelschrift^) von rechts nach links geschrie- benen Schriftzeichen, dann ahnten wohl kaum die nächsten Ver- trauten, welche Schätze an wissenschaftlicher Erkenntnis diese Hieroglyphen bargen. Was L'ionardo einst zu geben hoffte, das zeigen uns die klaren Dispositionen, mit denen er den Inhalt seiner Bücher skizziert. Fertig wurde keines. Was er hinterließ, war nichts anderes als eine ungeheure Menge von kaum not- dürftig geordneten Materialien und Fragmenten. Als verstüm- melte Bruchstücke wiederum jener Fragmente müssen wir leider die auf uns überkommene Erbschaft bezeichnen. Noch ist die Entzifferung nicht völlig beendet. Was heute bekannt ist, hat trotzdem vollauf genügt, um der staunenden Nachwelt zu be- weisen, daß in dem Schöpfer des Abendmahls, der Mona Lisa und der heiligen Anna Selbdritt ein ganz eminenter Natur- forscher gesteckt hat. So überragend an Kenntnissen, so klar, fast modern in der Methodik, so selbständig in bezug auf den allgemeinen Standpunkt tritt er uns entgegen, daß wir uns sagen müssen: Dies Universalgenie wäre berufen gewesen, ein gewal- tiger Bahnbrecher auch auf dem Felde der Naturwissenschaften zu werden, hätte er seine literarischen Werke vollendet und hinausgeschickt, und hätte man hoffen dürfen, daß die Zunft- gelehrten weitblickend genug gewesen wären, mit dem Outsider einen Riesenschritt hinaus zu wagen aus der altgewohnten Bahn. Werfen wir einen flüchtigen Blick auf den Lebensweg des großen |Florentiners, so sehen wir den Hang zur Naturbetrach- tung schon frühzeitig hervortreten. Das Schicksal hat Lionardo, dessen phänomenal allseitige Begabung es ihm freigestellt hätte, jede beliebige Karriere mit fast gleicher Aussicht auf Erfolg einzuschlagen, in die Künstlerlaufbahn geworfen. So werden denn diejenigen Betätigungen, die seiner stärksten und innersten Nei- gung entsprechen, zunächst in den Dienst der Kunst gestellt. Der Maler muß Bescheid wissen mit Optik und Perspektive, er muß Kenntnis haben vom Bau des Menschen, der Tiere und der Pflanzen. So vertieft sich Lionardo in physikalische Probleme, in anatomische, zoologische, botanische Studien. Er experimen- tiert, er seziert, er liest die Werke der Gelehrten. Überall stößt er, der sich mit keiner Phrase begnügt, der sich auf seine kla-

*) Die bekannte Linkshändigkeit Lionardos erklärt seine Vorliebe für die Spiegelschrift so ungezwungen, daß man nicht recht versteht, warum man so viel nach sonstigen Motiven hierfür gesucht hat.

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ren fünf Sinne mehr verläßt als auf die Behauptungen von zehn Autoritäten, auf klaffende Lücken. Von unzähligen Dingen der Natur, die ihm im allerhöchsten Maße der Erforschung wert scheinen, weiß die Wissenschaft seiner Zeit ihm nichts zu sagen. So beginnt er denn auf eigene Hand zu forschen und die Re- sultate seiner Beobachtungen zu sammeln. Immer noch sucht er sich selber einzureden, daß dies alles keinem anderen Ende diene, als ihm den Weg zu ebenen zur Erlangung der höchsten Meister- schaft in der Malerei. In Walirheit ist ihm die Betrachtung des Lebens in der Natur und die Ergründung der Gesetze, nach denen es sich vollzieht, längst reiner Selbstzweck geworden. Als der Ruf Lionardos im Zenit steht, als ihn die besten Maler seiner an Talenten so überreichen Epoche rückhaltlos als ihren unüber- trefflichen Lehrmeister anerkennen, da gönnt er seiner Kunst in seinem innersten Herzen nur noch einen bescheidenen Winkel. Unaufhaltsam ist er in aller Stille hinübergeglitten auf das Ge- biet der Wissenschaft. Ihr gehört er an mit Leib und Seele.

Versuchen wir nun, diesen merkwürdigen Entwicklungsgang mehr im einzelnen zu verfolgen, so erscheint schon der Umstand nicht ohne Bedeutung, daß Lionardo auf dem Lande heran- wuchs. Vinci bei Empoli, ein florentinisches Bergörtchen, ist der Tummelplatz seiner ersten Kinderjahre. Hier fand sich Gelegen- heit genug zum Streifen durch Wald und Flur, und was es an lebloser Natur wie an Pflanzen und Getier nur irgend zu beob- achten gab, hat der schöne, blonde Knabe sicherlich mit seinen neugierigen, hellen, blauen Augen betrachtet und untersucht, sehr bald auch, wie wir wissen, so gut er konnte, gezeichnet. Den ersten systematischen Unterricht läßt ihm der Vater, der junge Notar Ser Piero, der den illegitimen Sproß bald nach der Ge- burt ganz in seine Familie aufgenommen hat, in der hochange- sehenen „Scuola d'Abbaco" in Florenz erteilen. Die Republik war damals an Gelehrten von Ruf nicht minder reich wie an Künstlern. Lionardos Geburt (1452) und Kindheit fällt ja gerade in die Mitte des Quattrocento, in eine Epoche also, in der sich in Florenz jede Art schöngeistiger Kultur unter dem Mäzenaten- tum des Cosimo De Medici zu vollster Blüte entfaltet hatte.

Neben dem durch die Humanisten neubelebten Studium der alten Sprachen hatten sich damals Mathematik und Physik besonderer Pflege zu erfreuen. Diesen Fächern, die er in seinen Schriften immer wieder als die unentbehrliche Grundlage aller

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1. Lionardo da Vinci, Selbstbildnis (verkleinert). Kg). Bibliothek zu Turin.

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Naturerkenntnis bezeichnet, widmet sich denn auch Lionardo von Anbeginn mit voller Hingabe. Unter seinen Lehrern nennt man den berühmten Benedetto dell'Abbaco. Sicher von Einfluß, wenn auch wohl erst etwas später, waren außerdem der große Physiker Paolo dal Pozzo Toscanelli, dessen Theo- rien, wie man sagt, Columbus den Anstoß gaben für seine er- sten Reisen zur Entdeckung des direkten Seeweges nach Ost- indien, desgleichen der bedeutende Mathematiker, Physiker und Architekt Leon Battista Alberti.

Das frühzeitig hervortretende ausgesprochene Zeichentalent wird für die Berufswahl bestimmend. Ser Piero bringt den vierzehnjährigen Sohn in die Werkstatt des Verrocchio.^) Der Schüler findet bei diesem Lehrer, dessen Herz er durch die nicht alltägliche Vereinigung von außerordentlicher Begabung und per- sönlicher Liebenswürdigkeit sehr bald gewinnt, für seine spezi- ellen Neigungen volles Verständnis. Meister Andrea ist als Praktiker in allen Sätteln gerecht, er leistet Treffliches, nicht nur als Bildhauer und Maler, sondern auch als Holzschnitzer und Goldschmied. Er hat aber auch eine wahre Leidenschaft für die Theorie und liebt das Studium der Optik und Perspektive über alles. Lehrling und Meister scheinen demnach wie füreinander geschaffen. Auch Lionardo warnt ja stets vor Einseitigkeit, auch er strebt unermüdlich nach theoretischer Erkenntnis. Zu- nächst halten Theorie und Praxis einander die Wage. Die Natur- wissenschaft gilt ihm noch als Dienerin seiner hohen Kunst, der Malerei, die er aber gerade darum und das ist sehr charak- teristisch — so hoch über alle anderen stellt, weil es ihre Auf- gabe sei, Nachahmerin zu sein der gesamten Natur. ^) Sein gründ- liches Wissen auf dem Gebiete der Optik gestattet ihm eine Beherrschung der Perspektive auf seinen Bildern, wie man sie vordem kaum gesehen. Der Hang aber zur Betrachtung der

^) Man kennt den Schöpfer des weltberühmten Colleoni-Standbildes vor allem unter diesem Beinamen. Er führte denselben nach seinem Lehrer in der Goldschmiedekunst. Er selbst hieß Andrea di Michele di Francesco Cioni. Die Künstler jener Epoche, die meist aus dem Volke stammten und in ihrer sozialen Stellung als Handwerksmeister galten, wurden in der Regel mit ihrem Taufnamen genannt, dem man zur näheren Bezeichnung gern einen Beinamen, oft eine Art Spitznamen hinzufügte. In der Kunstgeschichte hat sich dann bald die eine, bald die andere der beiden Benennungen als Haupt- name für die berühmtesten Meister eingebürgert.

■^) Man vergleiche die einleitenden Kapitel im „Buche über die Malerei".

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belebten Natur spricht sich aus in der liebevollen Behandlung des landschaftlichen Hintergrundes. In einer prächtigen, eine Gegend im lucchesischen Apennin darstellenden Zeichnung^) tritt uns Lionardo sogar als reiner Landschafter entgegen etwas Unerhörtes in jener Epoche. Einen noch schärferen Hinweis aber auf den wissenschaftlichen Beobachter der Flora und Fauna gibt uns die Ausführung der einzelnen Pflanzen, Bäume und Tiere. Wenn wir die entzückende Veilchengruppe auf einem der Pariser Blätter^') oder die Sumpfdotterblume und die Anemone auf einer Handzeichnung von Windsor betrachten, so sagen wir uns un- willkürlich: Auf diesem Pflänzlein hat der Blick eines Malers geruht, der zugleich ein Botaniker war. Für die Freude an dem Leben der Tierwelt zeugt die Vorliebe, mit der Lionardo nicht nur Pferde, Katzen und Hunde, sondern auch Löwen, Leoparden, Kamele und andere fremdländische Tiere in den verschiedensten Körperstellungen gezeichnet, gelegentlich auch gemalt hat.

Schon in jenen Lehr- und jüngeren Meisterjahren widmet sich das heranreifende Genie nicht nur den sämtlichen bildenden Künsten und der Architektur ; er nutzt seine umfassenden Kennt- nisse in der Physik, vor allem in der Mechanik, auch dazu aus, um sich zu einem überaus vielseitigen Ingenieur und techni- schen Erfinder auszubilden. Aus Nützlichkeitsgründen bevor- zugt er dabei Pestungsbau und Geschützwesen, sowie alle Zweige der Wasserbautechnik. So kann er sich ohne Übertreibung, als es ihm trotz aller rasch wachsenden Berühmtheit in Florenz nicht gelingt, auf den grünen Zweig zu kommen, dem Ludovico Sforza jil Moro, der ihn nach Mailand zu rufen geneigt ist, in einem oft zitierten Schreiben'^) als einen wahren Tausend- künstler empfehlen.

Als der Moro ihn dann wirklich in seinen Dienst übernimmt, nähert Lionardo sich den Dreißig. Mailand wird so der Boden, auf dem sein in voller Entfaltmig begriffenes Ingenium ein schon sehr beträchtliches Wissen und Können zu unerhört allseitiger Meisterschaft steigert. Fast noch bewundernswerter muß es uns dünken, wie er gleichzeitig seine Persönlichkeit in jenem von wilden Leidenschaften durchtobten, unbändigen Zeitalter zu einem

') Handzeichnung mit der Aufschrift „Di di Sta Maria della neve addj 5 dagosto 1473." Florenz, Uffizien. ^) Manuscr. B. de l'Institut. ^) Codex Atlanticus, Pol. 382. Ambrosiana zu Mailand.

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so wahrhaft vornehmen, so sicher m sich ruhenden Charakter ent- wickelt, daß er wie ein antiker Philosoph erscheint und niemand ihm anders als mit Achtung zu begegnen wagt.

Als Maler schafft Lionardo in Mailand in dieser seiner Blütezeit das weltberühmte Abendmahl in Santa Maria delle Grazie. Der Bildhauer konstruiert in jahrelangem Ringen das Riesenmodell zu einem Reiterstandbild für Ludovicos Vater, den einstigen Condottiere, dann Herzog Francesco Sforza. Was kann für diesen Ausbund an Gründlichkeit charakteristischer sein, als daß er eine Anatomie des Pferdes schreibt, ehe er mit seinen Entwürfen beginnt ! Hier geht wohl neben dem vermeint- lichen bloßen Streben nach völliger Beherrschung des Problemes auch schon der Zoologe mit dem Künstler durch. Auf einen sehr modernen Zweig der Naturwissenschaften führt den Meister seine rege Betätigung im Tiefbau. Beim Graben der Kanäle gewinnt er einen Einblick in die Schichtungen der Erdrinde. Zahlreiche Versteinerungen werden zutage gefördert. So sammelt er sich das Beobachtungsmaterial, auf Grund dessen er jene kühnen Theorien über die Geschichte unseres Planeten und seiner Be- wohner aufzustellen wagt, mit denen er seiner Zeit um Jahr- hunderte vorauseilte.

Die Mitwelt bewundert und begreift in Lionardo da Vinci den Maler und Bildhauer, den Architekten, der im Rate der den Dombau zu Mailand leitenden Baumeister eine gewichtige Stimme hat, den Festungsingenieur, Artillerie-Inspekteur und Kanalbauer, desgleichen den geschätzten Festarrangeur, Musiker, Fabel- und Schwankdichter und D a n t e - Interpreten. Was der fast unheim- liche Alleskönner aber treibt, wenn er sich in seinen vier Wän- den wie ein Faust hinter Folianten und sonderbaren Instrumenten vergräbt, das ahnt die Menge so wenig, daß sie ihn mehr und mehr für eine Art Zauberer und Schwarzkünstler hält ihn, der jeden Mystizismus mit den schneidigen Waffen der Logik bekämpft, Nekromantie und Astrologie stets als Humbug und Torheit bezeichnet und bedauert, daß die Alchymisten, denen die ernste Wissenschaft so manche wichtige Entdeckung ver- danke, kein vernünftigeres Ziel verfolgten als die gänzlich aus- sichtslose Goldmacherei. Sucht aber ein berühmter Physiker, Mathematiker, Geograph oder Astronom die Bekanntschaft des großen florentiner Malers, so merkt er sehr bald mit wachsen- dem Staunen: der Mann, mit dem er disputiert, das ist kein in

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den Wissenschaften dilettierender Künstler, das ist ein echter schwerer Gelehrter, nur längst hinausgewachsen durch eigenes Forschen an der Quelle über die engen Grenzen der traditionel- len Zunftgelelirsamkeit.

An Ludovico il Moro, der von dem brutalen Condottiere, seinem Vater, wohl eine gute Portion Schlauheit und die skrupel- lose Moral, doch ohne dessen großzügiges Draufgängertum, er- erbt hat, hat Lionardo nicht gerade einen kongenialen Patron. Immerhin hat Mailand dem tatendurstigen Geiste fast zwei De- zennien hindurch ein breites Wirkungsfeld geboten. Als Moros Macht zusammenbricht, da schwankt auch unter den Füßen des herzoglichen „Kammerherren" Lionardo der Boden. Es hebt ein ruheloses Pilgern an von Ort zu Ort. Erst finden wir un- seren Meister in Venedig, wo er Ebbe und Flut studiert. Dann begegnet er uns als oberster Inspekteur des gesamten Festungs- wesens im Gefolge der glänzenden Bestie Cesare Borgia dem Reinen ist alles rein. Wiederholt weilt er in Florenz, der alten Vaterstadt, wiederholt in Rom. Doch hier herrscht der Buonarotti, und Michelangelo ist nicht der Mann, um mit dem älteren, ihm unter allen als Künstler allein ebenbürtigen, als Mensch recht weit überlegenen Rivalen eine Goethe-Schiller- Freundschaft zu schließen. Endlich treffen wir Lionardo noch- mals in Mailand, jetzt im Dienste des allerchristlichsten Königs, Ludwigs XII. von Frankreich. Überall hat er experimentiert, Leichen seziert, Himmel und Erde, Wind und Wetter beobachtet, gelehrte Werke gelesen und unzählige Blätter mit Figuren be- deckt und mit seiner Spiegelschrift bekritzelt. Auch die Mona Lisa ist noch entstanden und hie und da ein anderes Bild. Doch immer schwerer wird es jetzt, wo sein Ruf als Maler im Zenit steht, ein Werk von seiner Hand zu erhalten. Immer wieder läßt seine treue Gönnerin, die Markgräfin Isabella Gonzaga von Mantua, durch den Generalvikar Pietro di Nuvolaria bei Lionardo, der eben in Florenz weilt, schüchtern anklopfen, ob er wohl eine kleine Tafel für sie zu malen bereit sei. Stets gibt es Ausflüchte, und Nuvolaria schreibt an Isabella: „Im ganzen haben seine mathematischen Experimente ihn so sehr vom Malen abgezogen, daß er den Pinsel nicht mehr leiden kann." Der Wandlungsprozeß vom Künst- ler zum Forscher, dem nachzugehen wir hier bemüht sind, wird also schon damals von intelligenten Beobachtern klar erkannt.

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Wie sehr hätte man Lionardo für seinen Lebensabend einen Nobelpreis wünschen mögen, der ihn ökonomischer Sor- gen überhob. Verdient hätte er sie alle miteinander, sogar den Friedenspreis; er, der für eine Schlacht keinen treffenderen Ausdruck fand als „höchst bestialische Raserei", der in seiner Anatomie darauf hinweist, welches Verbrechen es sei, einen so wunderbar feinen Mechanismus wie den menschlichen Körper roh zu zerstören^), dessen Leben hingeht im Kampf für Auf- klärung und wahre ethische Kultur. So gut ward es ihm nicht. Teils an der immer bitterer werdenden Sorge um eine gesicherte Existenz, teils an der fast übermenschlichen Höhe der Ziele, die seine Prometheusnatur sich gesteckt, zerrieb sich die ursprüng- lich eiserne Konstitution des alternden Mannes. Wohl hat seine Philosophie ihn ausgerüstet mit der edlen Waffe der Geduld: „Die Geduld macht es mit den Kränkungen nicht anders, als es die Gewänder mit der Kälte machen," so lesen wir auf einem seiner Blätter „indem, wenn du dir die Gewänder vermehrst, je nach Vermehrung der Kälte, selbige Kälte dir nicht wird schaden können ; gleicherweise, gegenüber den großen Kränkun- gen erhöhe die Geduld, und selbige Kränkungen werden deinen Geist nicht verletzen können." Doch der Prüfungen werden es gar zu viele. Endlich winkt fern von der Heimat die so lange ersehnte Ruhe. Franz I. von Frankreich zieht den von ihm hochverehrten Meister an seinen Hof. Das Schlößchen Cloux bei Amboise wird sein Alterssitz. Zu spät! Die besten Kräfte sind verbraucht, nur noch zwei kurze Jahre sind dem müden Greise beschieden. Im Jahre 1519 ist auch für ihn jenes Ziel erreicht, dem, wie er sagt, alles Lebendige unbewußt zustrebt: „Und der Mensch, der mit unaufhörlichem Verlangen immer voll Festlich- keit den neuen Frühling erwartet und immer den neuen Sommer und immer die neuen Monde und neuen Jahre, wobei es ihm scheint, als ob die ersehnten Dinge im Kommen viel zu lang- sam seien und merkt nicht, daß er seine eigene Auflösung wünscht."

Alles, was an Manuskripten und Handzeichnungen Lionar-

>) „E tu, omo, che consider! in questa mia fatica Fopere mirabili della natura, se giudicherai esser cosa nefanda il distruggerla, or pensa esser cosa nefandissima il torre la vita deH'omo, del quale, se questa sua composizione ti pare di maraviglioso artifizio, pensa questa essere nulla rispetto all'anima che in tale architettura abita."

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3. Igelkolben (wenig verkleinert). Kgl. Schloß zu Windsor.

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dos zur Zeit seines Todes in Frankreich vorhanden ist, erbt sein Schüler und vertrauter Freund Francesco Melzi. Solange er lebt, wird der Schatz getreulich beschützt. Kaum aber hat er, hochbetagt, (1570) die Augen geschlossen, da beginnt schon das Schicksal an dem literarischen Werke des großen Florentiners das gleiche tückische Spiel zu üben wie an den Erzeugnissen seiner Kunst. Den Erben Melzis fehlt jedes Verständnis für den Wert des Schatzes, den ein Zufall ihnen in die Hände gespielt hat. Für die Mehrzahl jener Blätter voller Weisheit, in denen es von neuen, wichtigen Entdeckungen wimmelt, beginnt eine Reihe förmlicher Odysseusirrfahrten, ehe sie endlich in den Hafen öffentlicher und privater Bibliotheken landen, oft nach schwerer Havarie. Hier verträumen sie dann wieder Jahrhunderte in tiefem Dornröschenschlafe. Unserer Zeit erst war es vorbehalten, sie zu neuem Leben zu erwecken.

Liefern uns nun die endlich entzifferten Manuskriptfragmente wirklich den Beweis, daß Lionardo da Vinci ein großer Na- turforscher war? und, falls dem so ist, worin überragt er als solcher seine Zeitgenossen?

Wir wollen zunächst einmal ein beliebiges Beispiel heraus- greifen. Man weiß, daß die Wissenschaften der Geologie und Paläontologie erst auf eine verhältnismäßig recht junge Ge- schichte zurückblicken. Im fünfzehnten Jahrhundert gar, da kannte man für die Entstehung von Petrefakten nur zwei Mög- lichkeiten der Erklärung. Entweder war dieses muschel-, krebs- oder fischähnliche Steingebilde ein durch besondere „Konstella- tionen" hervorgerufenes „Spiel der Natur", oder es handelte sich um eine Verschleppung durch die Sintflut. Hören wir nun Lionardo! Er hat von der unaufhaltsam fortschreitenden Auf- füllung der Meere durch die Geröll- und Schlammassen der Flüsse gesprochen und die Vermutung geäußert, daß das Mittelländische Meer einst zu einem bloßen Nilbette einschrumpfen könnte. Dann fährt er fort:') „Der Mittelländische Busen, als Binnensee, emp-

*) Für die Zitate benutze ich in der Regel, soweit mir nicht der Urtext bzw, dessen Übertragung ins moderne Italienisch zur Verfügung stand, die Übersetzung von Marie Herzfeld. Das vortreffliche Buch der Verfasserin „Lionardo da Vinci, der Denker, Forscher und Poet'', 2. Aufl. Jena 1906, kann jedem, der sich für Lionardo als Mann der Wissenschaft interessiert, aufs wärmste empfohlen werden.

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fängt die Hauptgewässer von Afrika, Asien und Europa, die ihm zugewendet sind ; seine Wasser erreichten (einst) den Fuß der Berge, die ihn umgaben und ihm ein Gestade bildeten, und die Gipfel des Apennin standen in selbigem Meer in Form von Inseln, umgeben von salzigem Wasser, und auch Afrika drinnen bei seinem Atlasgebirge zeigte nicht dem Himmel entblößt den Boden seiner großen Ebenen von etwa 3000 Meilen Länge, und Memphis lag an der Küste solchen Mee- res, und auf den Ebenen Italiens, wo heute die Vögel in Scharen fliegen, pflegten die Fische in großen Rudeln zu wandern." Zwar gäbe es, da die Dinge älter seien als die Wissenschaft, keine Urkunden, die fih' Obiges zeugten. „Aber uns genügen die Zeugnisse der Dinge, die in salzigem Wasser geboren, sich auf den hohen Ber- gen finden, weit von den Meeren von damals ent- fernt." Von Veränderungen der Erdoberfläche durch katastro- phale Vorgänge hören wir nichts, dagegen entwickelt er die Entstehung der Sedimentgesteine mit großer Schärfe. Die Fal- tungen der Lagen, die ihm nicht entgangen sind, erklärt er sich durch Schwerpunktsverschiebungen in Folge der Wechselwirkung von Auflagerung und Abtragung durch die Flüsse, die „Verzehrer der Seiten selbiger Berge." Mit Entschiedenheit bekämpft er die beiden landläufigen Erklärungen für die Bildung von Versteine- rungen: „Und wenn du sagen wolltest, daß die Muscheln in dem Gebirge von der Natur durch die Konstellationen der Sterne her- vorgebracht seien, auf welchem Weg würdest du zeigen, bringt solche Konstellation die Muscheln von verschiedenem Alter und verschiedener Gattung in der gleichen Gegend hervor? Und wie würdest du mir den Kies erklären, der in verschiedener Höhe der hohen Berge in Stufen zusammengebacken ist, warum hier, und aus verschiedenen Regionen, Kies, vom Lauf der Flüsse aus verschiedenen Ländern in diese Gegend gebracht? Und dieser Kies ist nichts anderes als allerlei Stücke aus Stein, welche durch das ewige Um- und Umdrehen und durch verschiedene Stöße und Stürze, die sie durch den Lauf der Gewässer erlitten, welche sie an solchen Ort brachten, die Ecken verloren haben. Wie kannst du die große Anzahl Gattungen von Blättern klarlegen, die in den hohen Felsen solcher Berge eingebettet sind, und die Alge, eine Meerespflanze, die mit Muscheln und Sand vermischt lie- gend vorhanden ist? Und so wirst du allerlei Versteinerung zu-

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4. Tierstudien (verkleinert). Kgl. Schloß zu Windsor. Nach einem Kohledruck von Braun & Co., Dornach i. E.

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sammen mit Seekrebsen sehen, die in Stücke zerbrochen, getrennt und mit jenen Muscheln vermischt sind."

An anderen Stellen wendet sich Lionardo ebenso bestimmt gegen die Sintfluttheorie : „Wenn du sagtest, daß die Muscheln, die man in unseren Tagen innerhalb der Grenzen Italiens weit von den Meeren in solcher Höhe findet, von der Sintflut, die sie dort ließ, zurückgeblieben seien, antworte ich dir, nachdem du glaubst, die Sintflut habe den höchsten Berg um 7 Ellen über- troffen, wie er schrieb, der sie gemessen hat: Dergleichen Mu- scheln, die stets in der Nachbarschaft der Seeküste leben, sie mußten ganz droben auf den Bergen bleiben und nicht bloß so wenig über der Wurzel der Berge überall, Schicht auf Schicht, in der gleichen Höhe. Und wenn du sagtest, dergleichen Mu- scheln seien begierig, den Meeresküsten nahe zu bleiben, und daß, als es in solche Höhen wuchs, die Muscheln ihren ersten Sitz verließen und dem Anwachsen des Wassers bis zu dessen letzter Höhe folgten: hierauf ist zu erwidern, daß die Muscheln Tiere von nicht hurtigerer Bewegung sind, als es die Schnecke ist außerhalb des Wassers, und noch etwas langsamer als diese, weil sie nicht schwimmen, sondern im Gegenteil eine Furche im Sande machen und durch die Seiten dieser Furche, auf die sie sich lehnen, in einem Tage 3-4 Ellen wandern; also diese wer- den mit der gleichen Schnelligkeit nicht vom Adriatischen Meer bis nach Monferrato in der Lombardei, das 250 Meilen entfernt ist, in 40 Tagen gegangen sein, wie jener schreibt, der selbige Zeit gezählt hat^); und wenn du sagst, daß die Wellen sie hin- trugen, — wegen ihrer Dicke konnten sie sich nicht erhalten, außer auf dem Boden; . Und wenn du sagst, daß die Mu- scheln von den Wellen getragen wurden, als sie leer und tot waren, so sage ich, daß, wo die Toten gingen, sie sich wenig von den Lebenden trennten, und daß in diesen Bergen alle die Lebendigen gefunden werden, die man leicht erkennt, weil sie mit gepaarten Mänteln versehen sind, und sind in einer Reihe, wo es keine Toten gibt, und ein wenig höher werden deren ge- funden, wo von den Wogen alle Toten hingeschleudert wurden, die mit getrennten Schalen nämlich, Und wären die Mu- scheln von der trüben Sintflut hergetragen worden, so hätten sie sich, getrennt voneinander, im Schlamm doch gemischt, und

*) In diesem Hinweis auf den, der alles gemessen und gezählt hat, klingt die feine Ironie des Freidenkers durch.

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nicht in geordneten Graden zu Schichten, wie man sie in un- seren Tagen sieht." Schon diese kurzen Exzerpte aus langen Reihen von Blättern ähnlichen Inhaltes zeigen mit voller Deut- lichkeit die Art von Lionardos Argumentation. Aus scharf beobachteten Erfahrungstatsachen zieht er logische Schluß- folgerungen.

Wie stellt sich Lionardo nun die Entstehung der Ver- steinerungen vor? Zunächst behauptet er mit aller Bestimmt- heit, daß diese versteinerten Wesen einst gelebt haben müssen, und zwar dort, wo man sie, zu Schichten abgelagert, heute fin- det: „Wie andere Rotten Unwissender behaupten, die Natur oder die Himmel hätten sie durch himmlische Einflüsse an solchen Orten geschaffen, als ob sich an solchen nicht das Skelett von Fischen fände, die in der Länge der Zeit gewachsen waren, als ob man an den Schalen der Muscheln und Schnecken nicht die Jahre oder die Monate ihres Lebens abzählen könnte, wie an den Hörnern der Ochsen und Hammel ." Den Versteinerungs- vorgang denkt sich Lionardo für die Mollusken, „wie Muscheln, Schnecken, Austern, Jakobsmuscheln und ähnliche, die von zahl- losen Arten sind," etwa folgendermaßen : Angeschwollene Flüsse überschütten die in der Nähe der Meeresküsten lebenden Mu- scheln mit ihrem Schlamm ; die Tiere gehen aus Nahrungsmangel zu Grunde. „Als das Meer mit der Zeit sank und das Salzwasser abgeflossen war, begann jener Schlamm sich in Stein zu ver- wandeln und die Schalen selbiger Muscheln, deren Tiere schon hinweggeschwunden, wurden anstatt von diesen nun von Schlamm neu angefüllt; und so, bei der Umschaffung all des Schlammes ringsum in Stein, begann auch jener Schlamm, der innerhalb der etwas geöffneten Schalen der Muscheln geblieben und durch diese Öffnung mit dem übrigen Schlamm verbunden war, sich in Stein zu verwandeln, und so blieben alle Rinden solcher Mu- scheln zwischen zwei Steinen, d. h. zwischen dem, der sie um- schloß, und dem, welchen sie einschlössen : wie man sie noch in vielen Orten auffindet ."

In Sachen der Sintflut wagt Lionardo noch einen weiteren kühnen Schritt. Er wirft die Frage auf: Kann die Sintflut, die zu Noahs Zeiten kam, überhaupt eine allgemeine gewesen sein? und er muß diese Frage verneinen. „Wir haben in der Bibel, daß vorbesagte Flut sich aus vierzig Tagen und vierzig Nächten fortgesetzten und allgemeinen Regens zu-

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sammengesetzt habe, und daß solcher Regen um sechs Ellen sich über den höchsten Berg des Weltalls erhob; und wenn dem so war, daß der Regen allgemein gewesen sein würde, so beklei- dete er dmxh seine Wasser unsere Erde mit sphärischer Gestalt, und die sphärische Oberfläche hat jeden seiner Teile gleich weit entfernt vom Zentrum seiner Sphäre; daher, befand sich die Sphäre des Wassers in der Art des genannten Umstandes, so ist es unmöglich, daß das Wasser auf ihr sich bewegte, weil das Wasser in sich selber sich nicht bewegt, außer es steigt herab; also, das Wasser einer solchen Flut, wie ging es weg, wenn hier bewiesen ist, daß es keine Bewegung hatte? Und wenn es wegging, wie bewegte es sich, wenn es nicht abwärts ging? Und hier fehlen die natürlichen Ursachen, daher ist es notwendig zum Sukkurs solchen Zweifels das Wunder zu Hilfe zu rufen oder zu sagen, daß solches Wasser von der Hitze der Sonne weggedampft wurde." Als er das Wort „Wunder" niederschrieb, da mag jenes feine, kluge, leicht ironische Lächeln seine Lippen umspielt haben, das uns im Gesichtsausdruck der Mona Lisa so merkwürdig fesselt, wohl darum zumeist, weil wir einen Abglanz darin zu erkennen wähnen vom Geiste ihres Schöpfers. Er hat ja die gestellte Frage verneint, er braucht es also nicht noch zu sagen, daß er das Wunder nicht zu ak- zeptieren geneigt ist.

Welche Fülle sorgfältiger Beobachtung, welche tiefe Ge- dankenarbeit, welches Vertrauen zu der eigenen Intelligenz spricht sich allein in jenen wenigen Blättern aus, herausgegriffen aus den Tausenden und Abertausenden, die er hinterließ! Hat man nicht, während man Obiges liest, nach wenigen Sätzen den Maler Lionardo völlig vergessen? Muß nicht den Paläon- tologen von heute die Empfindung überkommen, als reiche ihm ein Fachgenosse über vier Jahrhunderte hinweg die Hand!

Ähnliches haben die Anatomen William Hunter und Blumenbach gefühlt, die so glücklich waren, als die ersten mit dem Auge des Fachmannes alle die Hunderte von wunder- vollen anatomischen Zeichnungen Lionardos betrachten zu dür- fen, die man in Windsor aufbewahrt. Etwas Maleranatomie hatten sie erwartet. Was sie fanden, das waren die weit in der Be- arbeitung vorgeschrittenen Materialien zu einem monumentalen Werke über wissenschaftliche Anatomie und Physio- logie, vollkommen genügend, um den Verfasser zu einem der

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größten Anatomen seines Jahrhunderts zu stempeln. Für Hunter und Blumenbach war der Text noch ein Buch mit sieben Sie- geln. Trotzdem war es ihnen, als sie den prachtvollen Darstel- lungen des Knochen- und Muskelsystems die kompliziertesten Nerven- und Gefäßpräparate und Abbildungen der verborgensten Eingeweide folgen sahen, ohne weiteres klar, daß hier der reine Forschertrieb den Künstler längst über seine ursprünglichen Zwecke hinausgedrängt hatte. Diese Nervenplexus gingen den Maler und Bildhauer genau so wenig etwas an wie die ver- steinerten Muscheln und Krebse den Wasserbauingenieur. Man durchblättere den „Mondino", der noch lange nach Lionardo da Vinci als anatomisches Lehrbuch im Gebrauch gewesen ist, ein kleines Büchlein, in dem auf etwa vierzig Seiten ohne Illu- strationen im wesentlichen die drei Körperhöhlen abgehandelt werden, und nun schaue man hinein in die beiden Folianten mit den Faksimilereproduktionen der Blätter Lionardos. Selbst spätere, bereits illustrierte Nachfolger jenes Lehrbuchs und diese erst halbfertigen Materialien verhalten sich etwa zueinander wie die Federzeichnungen des „kleinen Moritz" zu dem Porträt der Gioconda. In dem Texte, der uns jetzt in der Urform wie in mo- dernem Italienisch und in Französisch vorliegt, hört man gewiß hie und da den Künstler heraus; meist aber glaubt man, einen Anatomieprofessor sprechen zu hören, der an der Hand von raf- finierten Demonstrationsmethoden, wie man sie vielfach heute wieder benutzt, dem Schüler den Bau des menschlichen Körpers erläutert. Stets stellt sich dabei der Physiologe neben den Ana- tomen. Man weiß zuweilen nicht, was man mehr bewundern soll: die unglaubliche Menge positiven Wissens oder den Scharfsinn, der für jede Eigentümlichkeit im Bau eines Organs die Bedeu- tung für die Funktion zu ergründen sucht und oft genug schon richtig erkennt.

Wir haben gerade in dieser seiner Anatomie vielleicht den besten Gradmesser für den gewaltigen Wissensdrang, der diesen Mann beseelte. Das Sammeln von Pflanzen, Tieren und Petre- fakten, das mochte man wohl als eine Schrulle belächeln, aber man hatte keinen Grund, es zu hindern. Lebende Menschen räderte und vierteilte man in der guten alten Zeit lebendig auf offenem Markte; Tote aber aus bloßer Neugier zu zergliedern, das war damals selbst für einen Lionardo da Vinci, den Hofarchitekten und Kriegsingenieur des Herzogs, ein nicht un-

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5. Blutkreislauf (verkleinert). Kgl. Schloß zu Windsor.

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6. Situs viscerum (stark verkleinert). Kgl. Schloß zu Windsor.

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gefährliches Beginnen. Aber selbst, wenn der erste schwierige Schritt gelungen, die Leiche beschafft war und Gefahr nicht gerade drohte, so war doch die Arbeit an sich eine ganz anders ungemütliche Sache wie heute ein Sektionskurs auf dem Prä- parierboden einer Universität. Inonardo weiß denn auch ganz genau, daß kein anderer sobald wieder imstande sein wird, ana- tomische Kenntnisse so wie er an der Urquelle eigener Beob- achtung zu erwerben. Gerade darum will er seinen Traktat so überreich illustrieren, jeden Teil von drei bis vier verschiedenen Seiten gesehen darstellen, die Knochen zudem noch durchsägt. Man betrachte seine Serie von Schädelpräparaten. Wie schön werden da u. a. die durch zweckmäßige, in ilii'er Führung an einem Ganzbilde vorher angedeutete Schnitte eröffneten Neben- höhlen der Nase demonstriert, Dinge, die man wie hundert an- dere, die ihm ganz geläufig waren, erst nach vielen Generationen wieder in annähernd gleicher Korrektheit behandelt finden sollte.

„Und hättest du auch Lust zu dergleichen Dingen", so äußert sich Lionardo über die Vornahme von Sektionen „so könntest du durch Ekel daran gehindert werden. Auch Furcht könnte dich zurückhalten, in den Stunden der Nacht zu hausen mit diesen toten Menschenleibern, aufgeschnitten und schrecklich anzuschauen. Überwändest du auch diese Furcht, so möchte dir vielleicht die Kunst des Zeichnens mangeln und die Wissenschaft der Perspektive. Könntest du aber selbst zeichnen, so verstehst du vielleicht nicht die Methode, wie man berechnet der Muskeln Kraft und Stärke. Auch könnte Ausdauer dir fehlen und Geduld. Ob alle diese Dinge in mir waren oder nicht, darauf werden die 120 von mir geschriebenen Bücher (Kapitel) ja oder nein ant- worten. Und wenn ich hierin nicht so weit vorwärtskomme, wie man verlangen könnte, so ist nicht Gewinnsucht daran schuld, auch nicht Nachlässigkeit, sondern Mangel an Zeit."

Wer war es nun, der da immer noch mehr von ihm ver- langte? Kein anderer als er selbst. Immer höher schraubt er seine Ziele hinauf. Man lese die Disposition, die er für sein Anatomiewerk entwirft: „Dies Werk muß beginnen mit der Empfängnis des Menschen, und du mußt die Art des Uterus be- schreiben und wie das Kind ihn bewohnt,^) und in welcher Stufe es sich in jenem aufhält und die Art, lebendig zu werden und

^) Wir besitzen von Lionardo vortreffliche Zeichnungen von Föten in der Gebärmutter, und zwar in ihrer richtigen Stellung.

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sich zu nähren. Und sein Wachstum und welches Intervall sei zwischen einem Grad des Wachstums bis zum anderen, und was es hinausstößt aus dem Leibe der Mutter, und aus welchem Grunde es manches Mal aus dem Leibe seiner Mutter vor der gehörigen Zeit herauskommt. Dann wirst du beschreiben, wel- ches die Glieder seien, so nachher, wenn das Kind geboren ist, schneller wachsen als die anderen, und das Maß eines Kindes von einem Jahr. Dann beschreibe den erwachsenen Mann und die Frau und deren Maß und verschiedene Natur der Beschaffen- heit, Farbe und Physiognomie. Nachher beschreibe, wie er zusammengesetzt ist aus Adern, Nerven, Muskeln und Knochen. Dies wirst du im letzten des Buches tun." Seiner Anatomie wollte er also eine Entwicklungsgeschichte vorausschicken, sowie eine Physiologie der Geburt.

Doch Lionardo interessiert sich nicht nur für den gesun- den Organismus und den normalen Ablauf seiner Funktionen, er ist auch Patholog und pathologischer Anatom. Außer Gehenkten seziert er ja vor allem Leute, die in Spitälern ver- storben sind. Dabei stößt er auf krankhafte Veränderungen, die er sorgfältig notiert. Bewundernswert sind u. a. seine ausführ- lichen Erörterungen über Arteriosklerose. Er ist geneigt, hierin die Hauptursache des einfachen Alterstodes zu sehen. Die ver- dickten Gefäßrohre, meint er, erschwerten den Zustrom des er- nährenden Blutsaftes, und dadurch litte dann mehr und mehr die Lebenskraft aller Organe.

Immer weiter führt den Meister sein Forschertrieb. Schon ihm gilt der Mensch als Objekt naturwissenschaftlicher Be- trachtung — nur als ein Glied in der Tierreihe, So stellt er sich denn die Aufgabe, jeden Körperteil des Menschen mit dem entsprechenden der verschiedensten Tiere zu vergleichen, um festzustellen, worin sie übereinstimmen, worin sie sich vonein- ander unterscheiden. Er plant mit anderen Worten eine ver- gleichende Anatomie. Da stößt er aber auf eine neue Lücke, die er womöglich wieder selber füllen möchte. Er vermißt ge- nügende Beschreibungen der vielen Tierarten, die ihn interes- sieren. Eine Übersicht über die wichtigsten Säugetiere will er daher bringen, als deren Inhalt er aufführt: „1. Mensch. Die Beschreibung des Menschen, in der auch jene enthalten sind, die ungefähr von gleicher Gattung sind, wie Pavian, Affe und ähnliche, deren es viele gibt. 2. Löwe und sein Gefolge,

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7. Studien am Armskelett (verkleinert). Kgl. Schloß zu Windsor.

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wie Panther, Unze, Tiger, Leoparden, Wölfe, Luchse, Wildkatzen, Genetten und gewöhnliche Katzen und andere mehr. 3. Pferd und sein Gefolge, wie Maultiere, Esel und ähnliche, die oben und unten Zähne haben. 4. Rind und sein Gefolge, gehörnt und ohne Oberzähne, wie Büffel, Hirsch, Damhirsch, Rehbock, Schaf, Ziege, Steinbock, Moschustier, Gemse, Giraffe."

So gleitet Lionardo von der Anatomie auf das Gebiet der eigentlichen Zoologie hinüber. Auch bei seinen physiologischen Auseinandersetzungen zieht er gern das Tier zum Vergleich heran. Wie er im Anschluß an Zeichnungen des Kehlkopfes, der Zunge und der Mundmuskulatur die Theorie der Stimme und Sprache erörtert, fällt es ihm ein, der Entstehimg von allerlei tierischen Stimmlauten nachzugehen. „Die Fliegen haben ihre Stimme in den Flügeln. Das wirst du sehen, wenn du sie ihnen ein wenig beschneidest oder sie ihnen mit etwas Honig be- streichst, so daß es sie nicht gänzlich am Fliegen hindert. Der durch die Bewegung der Flügel hervorgebrachte Ton wird dann rauh geworden sein und die Stimme wird sich nach der Höhe oder Tiefe hin verändern je nach dem Grade der Behinderung." Da hat man den ganzen Lionardo! Beobachtung und Experi- ment, — nichts anderes läßt er gelten in dem, was er Wissen- schaft nennt. Auch das ist recht charakteristisch, wie er von der Zunge auf die Sprache und von der Sprache auf die Sprachen der verschiedenen Völker kommt. „Kein Muskel hat eine so große Anzahl von Muskeln notwendig wie die Zunge, von welchen 24 bekannt sind außer jenen anderen, die ich gefunden habe, und von allen Gliedern, die sich willkürlich bewegen, übertrifft dieses alle anderen an Zahl der Bewegungen. Nimm gut in Be- tracht, wie durch die Bewegung der Zunge, mit Hilfe der Lippen und der Zähne, die Aussprache aller Namen der Dinge uns be- kannt geworden ist, und die einfachen Wörter einer Sprache und die zusammengesetzten an unser Ohr nur vermittelst dieses In- strumentes gelangen : welche, wenn alle Effekte der Natur einen

Namen hätten, sich bis zur Unendlichkeit erstreckten ; und

dies würde die Zunge nicht bloß in einer einzigen Sprache aus- drücken, sondern in außerordentlich vielen, welche, auch sie, sich ins Unendliche erstrecken, weil sie beständig von Jahrhundert zu Jahrhundert und von Land zu Land sich verändern, wegen der Vermischung der Völker, so durch Kriege und andere Zu- fälle unaufhörlich sich mengen, und wenn wir unsere Welt

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als ewig zugäben, müßten wir sagen, daß solche Sprachen von unendlicher Mannigfaltigkeit gewesen sind und noch sein müssen, wegen der Unendlichkeit der Jahrhunderte,

die in der Unendlichkeit der Zeit enthalten sind ." Diese

Begriffe entfernen sich wieder recht weit von der Bibel und ihrer „babylonischen Sprachenverwirrung". Lionardo hat übrigens recht umfassende und eingehende Sprachstudien getrieben. Wir finden in den verschiedensten Manuskriptsammlungen, vor allem aber im Codice Trivulzio, ganze Seiten mit Vokabeln be- schrieben, lateinischen wie italienischen. Den letzteren sind oft Ausdrücke aus der Volkssprache gegenübergestellt.

Nicht minder wie die Zoologen, können auch die Botani- ker Lionardo da Vinci zu den ihren zählen. Das beweisen allein zur Genüge die umfangreichen Kapitel über Bäume und Pflanzen im Buche über die Malerei. Wie immer verliert er sich hier fortwährend in rein wissenschaftliche Einzelheiten. Zuweilen sucht er sich selber zu zügeln: „doch dies soll an einem anderen Orte abgehandelt werden. Ich will es hier nicht näher besprechen, da es der Maler nicht zu wissen braucht." Sicherlich hat ihm ein Werk vorgeschwebt, das wir heute etwa mit „Morphologie und Physiologie der Pflanzen" betiteln würden. An Materialien dazu fehlt es in seinen Aufzeichnungen nicht. Daß er auch den Problemen des pflanzlichen Lebens mit Experimenten beizukom- men gesucht hat, wird uns nach allem, was wir von ihm wissen, kaum noch überraschen. „Die Sonne gibt den Pflanzen Seele und Leben, und die Erde ernährt sie mit Feuchtigkeit. Was diesen Fall anlangt, so habe ich schon einmal probiert, einer Kürbis- pflanze nur eine ganz kleine Wurzel zu lassen, und die hielt ich mit Wasser gut in Nahrung. Diese Pflanze brachte alle Früchte, die sie zu zeugen vermochte, zur vollen Entwicklung, es waren ihrer ungefähr 60 Stück Kürbisse, von der breiten Sorte. Und ich achtete mit Fleiß dieses Lebens und erkannte, daß der Nachttau es war, der mit seiner Nässe reichlich durch die Ansätze ihrer großen Blätter eindrang zur Ernährung dieser Pflanze mit ihren Kleinen."

„Ich achtete mit Fleiß dieses Lebens!" Hier gibt uns Lionardo selbst das Wort an die Hand, mit dem wir ihn am treffendsten als Naturforscher charakterisieren können. Bio- loge ist er, wo immer er in die Geheimnisse der organischen Welt einzudringen bemüht ist, und gerade als solcher ragt er

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riesengroß aus seiner Zeit heraus, ein einsamer Pionier, der kommenden Geschlechtern die ersten Lichtungen rodet in der Urwaldwildnis von Unwissenheit und Aberglauben.

Ungeheuer ist der Umfang von Lionardos Betätigung in der Mathematik und den mathematischen Naturwissen- schaften. Sein ganzes Leben lang hat er Geometrie, Arith- metik und Algebra getrieben und physikalisch experimentiert, und die Zahl der Blätter, die er mit Figuren und Formeln be- deckt hat, geht eher in die Tausende als bloß in die Hunderte. Auf allen diesen Gebieten hat er jedoch bereits mit gewichtigen Vorarbeitern zu rechnen. Besonders die Araber studiert er fleißig und macht sich Auszüge aus ihren Werken, so daß es heute im einzelnen Falle oft nicht leicht ist, zu entscheiden, ob dieser oder jener Satz seine eigene Meinung ausspricht oder die eines Gelehrten, den er zitiert. Sollte einer der neuesten Kritiker^) recht behalten, so hat Lionardo da Vinci vielleicht gerade in diesen seinen Lieblingsfächern nicht so viel Originelles ge- leistet, als man beim ersten Bekanntwerden seines literarischen Nachlasses zu glauben geneigt war. Soviel steht in jedem Falle fest, daß er sich den Wissensschatz, über den seine Zeit ver- fügte, auch in diesen so schwierigen Materien so zu eigen ge- macht hat, daß berühmte Vertreter der Mathematik und Physik ihn überall suchen und sich gemeinsames Arbeiten mit ihm zur Ehre rechnen.

Einen breiten Raum nimmt naturgemäß die Optik in den Aufzeichnungen Lionardos ein. Ausführlich behandelt er die Theorie des Sehens. Über die Bedeutung des binokularen Sehens für die Erlangung eines stereoskopischen Bildes der Gegenstände gelangt er zu recht klaren Vorstellungen. Mehrfach beschreibt er die Lichtreaktion der Pupille. Auf einem der anatomischen Blätter sehen wir, wie die Augen mit den gekreuzten Sehnerven dem Boden der Orbita und der Schädelbasis aufliegen. Licht und Schatten, das perspektivische Sehen werden eingehend bespro- chen. Vollkommen vertraut ist Lionardo mit der einfachen (linsenlosen) Camera obscura, wenn er sie auch nicht er- funden zu haben scheint. Er kennt die Umkehrung des Bildes und erklärt sie richtig. Ganze Serien von Figuren und Text- anmerkungen beschäftigen sich mit der Reflexion an gera-

^) Dr. Otto Werner „Zur Physik Leonardo da Vincis". Intern. Verlag f. Kunst u. Lit., Berlin.

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9. Schädelhöhle und Blutgefäße der harten Hirnhaut (Originalgröße, beschnitten). Kgl. Schloß zu Windsor.

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10. Schädel mit eröffneter Stirn- und Oberkieferhöhle (Originalgröße, beschnitten). Kgl. Schloß zu Windsor.

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den und gekrümmten Flächen, mit allen denkbaren Arten von Spiegeln.

Praxis und Theorie stehen nun bei Lionardo in ständiger Wechselwirkung. Das Studium der Flamme führt ihn zur Kon- struktion des Zylinders. Neben den Beschreibungen und Dar- stellungen parabolischer Spiegel finden wir die Zeichnung einer Maschine zu ihrer Anfertigung. An die Betrachtungen über die größere Leichtigkeit und das Aufsteigen der erwärmten Luft schließt sich ein Wasserhebewerk durch Saugkraft und der oft zitierte selbsttätige Bratspieß mit einem Propeller im Schorn- stein. Das Ingenieurfach betrieb Lionardo stets mit größter Liebe zur Sache. Was Wunder, wenn ihn mit ganz besonderer Intensität diejenigen Zweige der Physik anzogen, die sich mit dem Spiele der Bewegung erzeugenden Kräfte befassen. Als vor- trefflich, wenn auch natüi'lich noch nicht in allen Einzelheiten korrekt, gelten seine Beobachtungen über den Fall und den Stoß. Die Hebelgesetze soll seit Archimedes nie wieder jemand mit solchem Erfolg bearbeitet haben. Wie tüchtig er als Hydrauliker war, ist allgemein bekannt. Die Techniker von Fach rühmen sein kinematisches Feingefühl, das ihn oft auch da das Richtige finden läßt, wo die theoretische Begründung nicht Stich hält. Trotz seines steten Strebens nach scharfer, ma- thematischer Durchdringung seines Gegenstandes überwiegt, wie No ether sagt, bei ihm die Fähigkeit intuitiver Erkenntnis das Talent für die reine Abstraktion. Das wird man gern glauben. Nennen wir doch Intuition eben jenes sprunghafte, fast unbe- wußte Durcheilen langer Kausalkettenreihen, durch das ein Genie das Resultat wie vermittelst höherer Eingebung zugeflüstert er- hält, während der schwerfälliger arbeitende Kopf es sich durch mühsames Fügen von Glied an Glied erkämpfen muß. Lionardo war überaus fruchtbar als Erfinder. Von seinen zahllosen Kon- struktionen seien nur einige von denen, die die Fachleute be- sonders rühmen, als Beispiel genannt: Bohrmühlen, Säge- und Hobelmaschinen, eine vortreffliche Feilenhauermaschine, Spinn- und Seilflechtmaschinen, Webstühle, Tuchscherapparate, Wasch- maschinen, Mühlen, Wagen, Zirkel, Pump- und Wasserhebewerke, Tauchapparate dies und sehr vieles Ahnliche, ganz abgesehen von alle dem, was er in der Vervollkommnung des Festungs- baues und der Belagerungstechnik geleistet hat.

Daß Lionardo da Vinci sich auch in jahrelangem, heißem

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Ringen um die Erfindung eines Flugapparates abgemüht hat, das ist ja bekannt genug. Etliches davon findet man am Schlüsse des höchst interessanten kleinen Büchleins über den Flug der Vögel. Man staunt, wie nahe der Meister auch bei der Behand- lung des so überaus schwierigen Vogelflugproblemes in vielen Punkten dem Kern der Sache kommt. Mitten in die Reihe von nüchternen wissenschaftlichen Erwägungen über die verschie- denen Veränderungen in der Stellung des Schwanzes und der Flügel, mit denen der schwebende Vogel bald die Kraft des Windes benutzt, bald seine Stöße, die ihn aus dem Gleichgewicht zu bringen drohen, pariert, finden wir, wie zur Entschuldigung des trockenen Tones, einen Hymnus an die Wahrheit eingestreut, die die kleinsten Dinge zu adeln vermöge, während die Lüge das Erhabenste, ja selbst die Gottheit in eine niedere Sphäre_hinab- zerrt.^) „Du aber, der du von Träumen lebst," so schließt er, „dir gefallen besser die sophistischen Argumentationen und die Schwindeleien der Schwätzer über große und ungewisse Dinge als sichere und natürliche, doch von nicht solcher Erhabenheit." Wenn Lionardo wiederkäme, um nachzuschauen, wie weit wir heute gekommen, dann würden ihm Kulturerrungenschaften wie „Christian Science" und „Okkultismus" einigen Schmerz bereiten. An dem Ausbau aller jener Wissenschaften, deren Ziele er nur vorahnend in ihren Grundrissen zu skizzieren vermochte, dürfte er allerdings wohl seine Freude haben.

Noch ist so mancher Wissenszweig, den Lionardo in den fast endlosen Bereich seiner Forschertätigkeit gezogen hat, nicht einmal genannt worden. Meteorologischen Studien hat er sich mit Eifer und Erfolg gewidmet, die verschiedensten ter- restrischen Vorgänge beobachtet. Er hat nicht nur zu prak- tischen Zwecken, wie im Dienste des Cesare Borgia, vor-

^) Ed e di tanto vilipendio la bugia, che s'ella dicessi be' gran cose dl dio, ella to' di grazia a sua delta; ed e di tanta eccellenzia la veritä, che s'ella baldassi cose minime, eile si fanno nobili. Senza dubbio, tal pro- porzione e dalla veritä alia bugia quale de la luce alle tenebre; ed e essa veritä in se di tanta eccellenza che ancora ch'ella s'astende sopra umili e basse materie, sanza conparazione ell'eccede le incertezze e bugie estere so- pra li magni e altissimi discorsi; perche la mente nostra, anchora ch'ell'abbia la bugia pel quinto elemento, non resta perö che la veritä delle cose non sia di somo nutrimento delli intelletti fini, ma non dei vagabundi ingegni. Ma tu che vivi di sogni, ti place piü le ragion soffistiche e barerie de' palari nelle cose grandi e incerte, che delle certe, naturali, e non di tanta altiu-a.

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treffliche kartographische Aufnahmen gemacht; aus reiner Wißbegier ist er den Flüssen, deren die Erdoberfläche ständig ummodellierende Erosions- und Kärrnertätigkeit sein größtes In- teresse erregte, bis zu den obersten Quellen gefolgt. Selbst zu den Eisregionen ist er im Monte Rosa-Gebiet emporgeklommen. Während er die Sterndeuterei verlachte, hat er die wissenschaft- liche Astronomie mit größter Liebe betrieben. Jedes Eingehen auf Einzelheiten verbietet sich hier von selbst. Als Kuriosum sei nur die Tatsache erwähnt, daß auf einem Blatte mitten zwischen geometrischen Figuren in besonders großen Buchstaben der Satz geschrieben steht: „Die Sonne bewegt sich nicht!"

Ein wichtiges Thema für sich allein wäre die von Lionardo da Vinci befolgte allgemeine Methodik. Wenige Worte darüber müssen hier genügen. Während die offizielle Wissen- schaft noch mit einem Fuße fest in der Scholastik steckt und vor Autoritätenglauben kaum erst die Augen zu öffnen wagt, über Gott und die Welt philosophiert und alles Wissen, das „nur" auf Sinneswahrnehmung beruht, in die zweite Rangstufe verweist, kommt da der scheinbar dem Naturforscher bloß ins Handwerk pfuschende Maler und ruft den überlegen die Nase rümpfenden Herren immer von neuem zu : Ihr Toren verachtet die Erfahrung durch die Sinne. Ich sage Euch, sie ist die einzige Quelle wahrer Wissenschaft. Was darüber hinausgeht, „das überlasset den Mön- chen, diesen Vätern des Volkes, die alles wissen durch höhere Intuition". Die im Weltall herrschenden Gesetze könnt jedoch auch Ihr erkennen und zwar vermittelst der Beobachtung und des Experimentes. Stellt Fragen an die Natur, variiert die Versuchsbedingungen und achtet auf die Folgen. Doch seid nicht voreilig im Schließen. Wohl, die Natur kann sich nicht irren, täuschen kann sich aber Euer Urteil. Erhaltet Ihi' auf die näm- liche Frage immer wieder die nämliche Antwort, dann erst dürft Ihr hoffen, das unabänderliche Gesetz gefunden zu haben.

Daß er das alles sagt, wäre sofort durch seitenlange Zitate zu belegen. Lionardo, der vollbewußte Vertreter der induktiven Methode, der erste fast moderne Experimen- talforscher, er war als Naturforscher wahrlich kein Dilet- tant. Mögen die heutigen Fachmänner bei weiter vorschreitender Kritik ihm noch manchen Irrtum nachweisen, mögen sie fest- stellen, daß er diese oder jene Wahrheit nicht, wie man glaubte, als erster ausgesprochen hat, daß er manche Entdeckung, die

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man ihm zuschreibt, von irgendeinem Vorgänger übernommen, all das kann seiner Größe ebensowenig Abbruch tun wie die Tatsache, daß wir ihn noch mit den scholastischen vier Elemen- ten sich abplagen sehen. Er war ein Mensch, also irrte er, und zwar ein Mensch des fünfzehnten Jahi'hunderts, dessen Schlacken ihm notwendigerweise anhaften mußten. Mit Originalität^) aber und Priorität braucht man es bei einem solchen Genie im ein- zelnen nicht allzu genau zu nehmen. Auch wo er sich eine fremde Melodie aneignet, bekommt dieselbe wie von selbst ihre neuen Noten. Noch ein anderes aber hat man eingewendet. Alles, was Lionardo für Aufklärung und Fortschritt gearbeitet und ge- dacht hat, blieb ja in seinen Manuskripten vergraben, all seine Entdeckungen mußten von neuem gemacht werden. Er hätte demnach die Wissenschaft wohl fördern können, es in Wirklich- keit aber nicht getan. Dies wäre nun ein recht kurzsichtiger Schluß. Lionardo war ja weder stumm, noch war er ein Ere- mit. Er war im Gegenteil sehr beredt, und er stand mit den besten Köpfen seiner Epoche in regem Verkehr. Mit diesen hat er doch auch von dem gesprochen, was sein Herz bewegte. Wer will es unternehmen, die Samenkörner, die er auf solche Weise ausstreute, auf ihren Wegen zu verfolgen, bis sie oft an einem ganz anderen Orte zu der schönen Frucht einer fest begründeten Wahrheit heranreiften. Dann kennen wir den Namen dessen, der sie pflückte, nicht aber den des Säemannes. Eins aber ist ganz sicher: Die eingehende Beschäftigung mit diesem reinen Wahrheitsucher und selten vornehmen Charakter hat auch für uns noch einen hohen, zum mindesten erzieherischen Wert. Auch für Lionardo hat das schöne Wort volle Geltung, das Goethe einst seinem Freunde Schiller ins Grab nachsandte: „Und hinter ihm, in wesenlosem Scheine, Lag, was uns alle bändigt, das Gemeine."

*j Man vergleiche den hübschen Aufsatz: „Über Originalität" von Egon Frieden (Wien) in Nr. 44 (1913) der Frankfurter Zeitung.

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Verzeichnis der Werke, ans denen die vorstehenden AbbihUmgen (mit Ausnahme von 4)

entnommen sind.

1: The literary works of Leonardo da Vinci compiled and edited from the original manuscripts by Jean Paul Richter, Vol.1. London (Sampson Low, Marston, Searle & Rivington) 1883. PI. I (Titelbild), Heliogravüre.

2 und 3: Leonard de Vinci, Croquis et dessins de Botanique etc. Feuillets inedits, reproduits d'apres les originaux conserves ä la Bibliotheque du Chateau de Windsor. Paris (Edouard Rouveyre, editeur) 190L Blatt 8 und 16, Lichtdrucke.

5 und 8: Leonard de Vinci, Croquis et dessins de nerfs et vaisseaux. Feuillets inedits, reproduits d'apres les originaux conserves ä la Bibliotheque du Chateau de Windsor. Paris (Edouard Rouveyre, editeur) 1901. Blatt 1 und 10, Lichtdrucke.

6: Leonard de Vinci, Notes et dessins sur le thorax et l'abdomen etc. Feuillets inedits, reproduits d'apres les originaux conserves ä la Bibliotheque du Chateau de Windsor. Paris (Edouard Rouveyre, editeur) 1901. Blatt 10, Lichtdruck.

7: I manoscritti di Leonardo da Vinci della Reale Biblioteca di Windsor. Dell' Anatomia, Fogli A. Publicati da Teodoro Sabachnikoff. Parigi (Edoardo Rouveyre editore) 1898. Blatt 1 Rückseite, Lichtdruck.

9 und 10: Ebenda, Fogli B. Torino (Roux e Viarengo editori) 1901, Blatt 41 Vorder- und Rückseite, Lichtdrucke.

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Der Schwanheimer Wald.

IV. Landschaftliches.^)

Mit 12 Abbildungen von

W. Kobelt.

•^ Betrachten wir uns mm zum Schluß den Schwanheimer Wald ein wenig vom Standpunkt des spazierengehenden Naturfreundes. Was dem Frankfurter dabei auffällt und ihn besonders anlockt, ist der Gegensatz zu dem in seiner ganzen Ausdehnung forstlich gepflegten und sorgsam bewirtschafteten Stadtwald, sind die noch nicht ganz von der Kultur ausgerotteten Reste des alten Naturwaldes. Im Anschluß an die vorzüglichen photogra- phischen Aufnahmen des Herrn Dr. Fritz Winter wollen wir einige derselben hier zu schildern versuchen.

Der lange, aber schmale Schwanheimer Wald wird seit ur- alter Zeit durch drei Längswege aufgeschlossen: die im ersten Abschnitt (I 77)^) erwähnte Bischofsstraße, die seine Süd- grenze bildet, die Lange Schneise, die dem Fuß der Kelster- bacher Terrasse entlang vom Poloplatz bis an die Kelsterbacher Grenze unter der Schwedenschanze zieht, und den Hart weg, der dem Nordrand des Waldes entlang läuft, sich aber jetzt an der hohen Sanddüne hinter den alten Eichen spaltet und einen Zweig geradeaus erst der Rechten Wiese entlang und dann ge- radeaus zwischen der Alten und der Neuen Wiese zum Sumpf- distrikt der „Sauros" schickt und schließlich in einen Fußpfad übergeht, der an der Grenze unmittelbar vor Kelsterbach endet. Alle drei Wege sind uralt, wenn sie auch hier und da eine Ver-

^) Die Abschnitte I bis III sind im vorjährigen , Bericht" erschienen. ^) Die römischen Ziffern beziehen sich auf die Hefte I bis III, die arabischen Ziffern auf die Seitenzahlen des vorjährigen „Berichtes".

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2. Hainbuchen.

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legung erlitten haben. Besonders der mittlere Weg lief früher näher am Fuß der Helle hin ; er ist dort noch an einzelnen Stellen erkennbar. In nordsüdlicher Richtung konnte der Wald westlich vom Sandgebiet früher, außer bei abnormer Trockenheit und bei strengem Frost, nur an zwei Stellen passiert werden: auf dem Waadweg, der von der Waldbahnstation Unterschweinstiege südlich läuft, und über den Wanzenweg. Der Waadweg folgte der im ersten Abschnitt erwähnten Kiesschwelle, die vom Ober- wald zum Dorf und weiter zum Sand im Dannewald zieht. Sein alter Lauf ist heute noch im Waldesdickicht erkennbar ; über ihn ging der Verkehr vom Taunus nach Mörfelden und zur Berg- straße. Der Wanzenweg aber ist ein in seiner Entstehung noch rätselhafter Damm durch die Riedwiese, der die Sindlinger Fähre mit der Bischofsstraße verband. Der Weg, der vom Dorf zur Station Schwanheim der Ludwigsbahn führt, ist erst nach 1859, nach Eröffnung der Bahn, fahrbar gemacht worden ; er heißt in Erin- nerung an seinen ehemaligen Zustand heute noch der Wasserweg. Die landschaftliche Physiognomie unseres Waldes wird im wesentlichen bedingt durch die Grenzen zwischen Sand, resp. Kies und Moorboden. Wie bereits im ersten Abschnitt erwähnt, schieben sich von dem großen Kies- und Sandplateau, das den Frankfurter Wald trägt, zwei schmale Rücken bis in die Wald- wiesen vor und scheiden den ehemaligen Schwanheimer Bruch in drei große Buchten, die nach Westen hin zusammenfließen und dort die Waldwiesen und nach der Grenze hin den Urwald und den umgebenden Bruch tragen. Geht man oberhalb der Wiesen durch eine der Schneisen von Norden nach Süden, so trifft man erst Eichen, dann mengen sich Birken dazwischen, dann kommt reiner Kiefernwald. Weiterhin senkt sich der Weg wieder; die Mulde füllt ein Dickicht von Kreuzdorn {Rhanums frangula), dann kommt ein Graben, von Erlenstämmen begleitet; dieselbe Abwechslung wiederholt sich noch einmal, bis jenseits der Langen Schneise am Abhang der Kelsterbacher Terrasse reiner Kiefern- wald in forstmäßiger Bewirtschaftung den Schluß macht. Weiter nach Westen hin verschwinden die Sandschwellen, und die Unter- schiede verwischen sich. Nur längs der Rechten Wiese zieht sich noch ein breiter, flacher Rücken bis zum Wasserweg; er wird gekennzeichnet durch einen prachtvollen Bestand der Hain- buche, wie man ihn weit und breit nicht zum zweitenmal findet. Die Bäume sind nur mittelstark und kennzeichnen sich durch den

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Wuchs in ringförmigen Gruppen als Ausschlag aus uralten Wurzeln. Ein paar viel stärkere Einzelstämme, aus übergeflogenem Samen erwachsen, stehen auf der anderen Seite der Wiese mit unseren schönsten Eichen und Buchen zusammen, bis 90 cm im Umfang.

Auffallend sind in diesem sumpfigen oder richtiger moorigen Wald die überall zerstreut stehenden prachtvollen Kiefern. Unter- sucht man genauer, so überzeugt man sich leicht, daß hier in geringer Tiefe unter dem Moorboden reiner Sand liegt, und daß die Kiefern überall auf kleinen Erhöhungen der Sandunterlage stehen. Nördlich der Wiesen, auf dem wenig fruchtbaren Aulehm der Ebene, findet man so gut wie keine Kiefer.

Aus diesem Teil des Waldes stammt ein Ausfuhrartikel, der den Namen Schwanheims in weiten Kreisen bis nach Holland hin bekannt gemacht hat, die Schwan heimer Blumenerde.

Lange, ehe ich wußte, wo Schwanheim liegt, war mir sein Name wohlbekannt. Meine Mutter war eine eifrige und glückliche Blumenzüchterin und tat, was sie konnte, um sich gute Blumen- erde zu verschaffen. Wenn die Zeit des Umpflanzens kam, wurde ich regelmäßig zu einem der Frachtfuhrleute geschickt, die damals allein den Verkehr mit dem für sie drei Tagereisen entfernten Frankfurt besorgten, und mußte ein Körbchen voll Blumenerde holen. Die Herren Frachtfuhrleute betrieben nämlich neben dem Lohnfuhrwerk immer auch einige Privatgeschäfte und brachten Sachen mit, die den Händlern nicht in den Kram paßten. Davon sind mir zwei in Erinnerung geblieben: Düsseldorfer Senf und Schwanheimer Blumenerde. Als mich dann die Laune des Zu- falls nach Schwanheim verschlug, erkundigten wir uns meine Frau war nicht minder große Blumenfreundin als ich natürlich auch nach der „Blumenerde". Unter diesem Namen kannte man sie allerdings nicht; hier heißt sie nämlich „Blumengrund" oder gewöhnlich einfach „Grund", und die Leute, die sie im Walde aufkauften und nach Frankfurt zu den Gärtnern brachten, hießen und heißen noch „Grundbauern". Sie waren damals zahlreicher als heute und lieferten Schiffsladungen voll „Grund" in die rheinischen und selbst holländischen und belgischen Gärtnereien. Es wurde dabei viel Geld verdient. Durch das unregelmäßige, planlose Grundgraben wurde aber der Waldboden ruiniert und noch ungleicher gemacht, als er von Natur war. So nahm schließ- lich die Forstbehörde die Verwertung des „Grundes" selbst in die Hand, und heute ist der Verkauf des Blumengrundes ein

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regulärer Teil des Forstbetriebes im Schwanheiraer Gemeindewald, der einen ganz hübschen Ertrag in die Gemeindekasse liefert.

Aber nicht überall besteht der Boden des Sumpfwaldes aus Blumengrund. Wenn man zwischen dem Poloplatz und dem Waadweg den Wald durchquert, trifft man vielfach auf Strecken, wo der Wald entsetzlich kümmerlich ist und mächtige, meterhohe Grasbüschel kaum einen Baumwuchs aufkommen lassen. Seit Jahrzehnten kämpft die Forstbehörde hier vergeblich gegen den Schindemann oder, wie der Schwanheimer sagt, den Schinder- hannes (Pfeifenschmiele, Molinia coerulea Mnch.). Der Frank- furter Forstbehörde geht es auch nicht besser; im Oberwald, namentlich im Kesselbruch, überzieht der Schindemann gleichfalls große Strecken und trotzt mit seinen tiefeindringenden Wurzeln jedem Ausrottungsversuch.

Einen besonders interessanten, aber nur sehr selten von Fremden benutzten Spazierweg bietet eben, solange die Trocken- periode anhält, der völlig ausgetrocknete Hauptgraben, der fast vom Poloplatz aus in ziemlich gerader Linie bis zur Schweden- schanze zieht. Reichlich anderthalb Stunden lang, führt er durch den üppigsten Teil des Waldes, dem die Trockenheit bis jetzt noch am wenigsten geschadet, den auch die Kultur noch am wenigsten beleckt hat. Auch in feuchteren Zeiten, wo die Sohle des Grabens unpassierbar ist, kann man an seinen erhöhten Rän- dern ziemlich bequem von einer Schneise zur anderen kommen, und der mit dem Wald nicht genau vertraute Spaziergänger fin- det an ihm einen sicheren Führer durch die intimsten Schönheiten des Waldes. Freilich, ganz ohne Hindernisse geht es nicht ab, und man muß darauf gefaßt sein, ab und zu einmal über um- gefallene Bäume, Kreuzdorn, Traubenkirsche, wohl auch einmal über eine Birke oder Kiefer hinüber zu voltigieren oder auch unter ihnen durchzuschlüpfen. Am lohnendsten ist die Partie vom Waadweg bis zur Waldwiese und dann wieder in einem wei- ter südlich liegenden anderen Zweig des Entwässerungssystems vom Wasserweg bis zur Riedwiese.

Wenn man von dem Schwanheimer Wald spricht, so denkt man in erster Linie immer an die alten Eichen, die „tausend- jährigen", die freilich, wie im vorigen Abschnitt erwähnt, diesen Namen nicht verdienen, aber doch als Reste des altberühmten Eichwaldes ein gewisses Interesse haben, ganz abgesehen davon, daß sie vielen Generationen von Malern als Studienmaterial ge-

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ö. Aus den „alten Eichen".

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dient haben und auf mehreren bekannten Bildern verewigt sind. Es ist ein kümmerlicher Rest geworden. Nicht viel über hundert sind noch vorhanden, darunter kaum ein Dutzend, die den alten Ruf einigermaßen rechtfertigen; gesund und kräftig ist keine einzige mehr. Sie stehen freilich zum größten Teil auf sehr ungünstigem Boden. Schon in geringer Tiefe, 40 bis 50 cm unter der Oberfläche, liegt in ihm eine Konglomeratschicht, ein Ortstein, durch Raseneisen verkitteter grober Mainkies, den auch die Pfahl- wurzel der Eiche nicht durchbrechen kann. Im Winter sammelt sich auf ihr das eindringende Wasser und trat früher in großen Lachen zutage. Im Sommer verschwindet es auch in normalen Zeiten fast ganz, und die Trockenperiode der letzten dreißig Jahre hat den Eichen den Rest gegeben. Nur wo im östlichen Teil des Eichwaldes Sand auf dem Konglomerat liegt und die Wurzeln etwas mehr Nahrung finden konnten, haben sich einige stärkere Stämme entwickeln, resp. erhalten können. Sie stehen unter Naturdenkmalschutz; im Jahre 1909 sind die schlimmsten Schäden ausgebessert, die Löcher mit Zement ausgefüllt worden; aber für lange wird es kaum helfen.

Von dem Wald, wie er noch vor fünfzig Jahren den Abhang der Helle bedeckte, hat sich noch ein kleiner Rest zwischen dem Waadweg und der Pumpstation im Goldsteinrauschen in einer Einsenkung erhalten, durch die in alten Zeiten der Weg von Schwanheim nach Mörfelden auf die Höhe hinauf führte. Die Stelle heißt heute noch „am alten Weg". Warum der Wald hier und auch weiter westlich bis zum Beginn der großen Ausschachtung geschont wurde, als der übrige Teil des Abhanges der Kelster- bacher Terrasse abgetrieben und mit Kiefern bepflanzt wurde, weiß ich nicht; aber wir müssen der Forstbehörde, die es ange- ordnet, dafür dankbar sein. Ein paar gewaltige Eichen, einige wunderschöne breitkronige Buchen und die stärksten Kiefern unseres Waldes bieten ein prächtiges Bild. Auf der Höhe liegt hier gerade eine Anzahl Hünengräber, die größten unserer Gemarkung. Das Plätzchen verdiente wohl, unter Naturdenkmal- schutz gestellt zu werden.

Ein interessantes Waldstück liegt hinter den Eichen zwischen diesen und der Dammschneise, früher nur in der trockensten Jahreszeit betretbar, jetzt leider der Austrocknung verfallen. Man erreicht es am bequemsten, wenn man von der Haltestelle Schwan- heim auf dem bequemen Radfahrweg der Waldbahn bis an den

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Pflanzgarten folgt, zuerst den Waldrand entlang, vorbei an der Bretzeleiche (III 266) und an der höchsten Sanddüne unseres Waldes, dem Pfingstberg, mit seinen prächtigen Kiefern, von denen ganz auffallend oft zwei und selbst drei mächtige Stämme aus einer Wurzel zu kommen scheinen, eine sonst nicht sehr häufige Erscheinung. Man achte hier auf die im vorigen Ab- schnitt erwähnten Mistelbüsche in den höchsten Wipfeln, die sich besonders im Winter deutlich abheben. Hinter dem Holzhäuschen am Pflanzgarten ^) dehnt sich ein prächtiger Mischwald, anfangs auf ziemlich trockenem Boden stehend, aus Hainbuchen, Eichen und einzelnen Buchen zusammengesetzt, dann immer üppiger werdend, mit Haselbüschen, Vogelbeeren und Kreuzdorn durch- wachsen, der Boden dicht mit Farnkräutern (Aspidiuni spinulosum und Asp. filix mas, seltener Asplenium filix fenima) bedeckt, von deren frischem Grün sich der Fingerhut (Digitalis purpurea) wundervoll abhebt. Geißblatt durchrankt das Gebüsch und hängt von den Baumwipfeln herab; es bietet namentlich am Südrand des Mischwaldes, an der Dammschneise, prächtige Bilder. Da- zwischen steht eine der schönsten Buchen unseres Waldes. An einem Entwässerungsgraben steht die (HI 256) abgebildete Erle. Auch sonst finden sich abenteuerliche Baum- und Buschformen genug. Wer sich im Wald nicht sicher zu orientieren weiß, folgt am besten einem Fußpfad, der vom nördlichen Ende des Forst- gartens ab im Bogen durch den Distrikt zieht und auf die Damm- schneise ausläuft; er kann sonst die Erfahrung machen, daß man im ebenen Wald gar zu leicht aus der Richtung kommt und im Kreis herumläuft, was übrigens hier ein harmloser Scherz ist. Geht man dann die Schneise in der Richtung auf die in der Ferne auftauchende Waldwiese entlang, so kommt man an der Kreuzungs- stelle mit der nächsten Schneise an eine unserer schönsten Eichen, die dem früheren Förster Diefenhardt zu Ehren benannt ist. Herr Dr. Fritz Winter hat von ihr eine prächtige Aufnahme gemacht. Hier ist der Boden bedeckt mit der wilden Balsamine (Ir}ipatiens noli längere L.), dem Kräutlein Rührmichnichtan, und in dem Graben stehen üppige Farnkräuter {Asplenium filix femina). Dem Wiesenrand entlang führt ein Fußpfad durch den pracht-

*) Ein Maler, der bei seinen Studien an den Eichen hier manchmal rastete, hatte an der Rückwand dieses Häuschens auf den Fensterladen einen Einsiedler in Öl gemalt, an dem Kunstliebhaber ihre Freude haben konnten. Das Bild ist leider im Lauf der Jahre arg beschädigt worden.

7. Mischwald.

8. Mischwald.

9. Diefenhardts-Eiche.

10. Die stärkste Hainbuche.

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vollen Hainbuchenwald, von dem wir oben gesprochen, Freund Winter hat auch von ihm eine vorzügliche Aufnahme gemacht, die seine Eigentümlichkeit getreu wiedergibt nach einer be- sonders geschützten Ecke am Waldrand,- wo der Krankenwagen- verein unter prächtigen Eichen eine Ruhestätte für Invaliden und Erholungsbedürftige unterhält und ein paar Anlagen gemacht hat. Die Stelle ist botanisch interessant durch das Vorkommen eines sonst im Frankfurter Wald fehlenden Kreuzkrautes (Senecio fuchsii). Im Frühjahr bedeckt der Knoblauchshederich den Boden und überrascht Unkundige, die ihn für Maiblumen halten, durch seinen unangenehmen Knoblauchgeruch. Nur vereinzelt stehen die echte Maiblume und das Schattenblümchen dazwischen, und die vielblütige Maiblume {Gonvallaria inultiflora) erreicht eine ungewöhnliche Höhe. Im Nachsommer treten für sie die Goldrute {Solidago virgaiirea), das nordische Habichtskraut (Hieraceiim boreale) und eine Galeopsis ein, und die Hecken durchrankt der Heckenknöterich {Polygonum dumetorum).

Auch der Mineralog findet hier in dem fast steinfreien Wald etwas nicht Uninteressantes. Die Gesteinsbrocken, die im Gebüsch der Ruhestätte zerstreut aufgestellt sind, bilden eine Gesteins- sammlung eigener Art: einen Teil des von dem Ausschuß für Volksvorlesungen zusammengebrachten Heimatmuseums. Sie ent- hält gegen fünfzig Nummern aus den verschiedensten Teilen Deutschlands und war früher im Garten der Turnhalle aufgestellt, wo sie aber wenig beachtet wurde. Bei der Übersiedelung des Museums in das alte Schulgebäude fand sie hier Unterkunft. ^) Wohl die schönsten Bäume unseres Waldes stehen links von dem zur Eisenbahn führenden Weg längs des Südrandes der Rechten Wiese, der Liegehalle gegenüber. Zu ihnen gehört die früher (II 177) abgebildete Vogeltränk -Buche; neben ihr steht noch eine Anzahl mindestens ebenso starker Genossinnen, mehrere Eichen, die den „Tausendjährigen" durchaus nichts nachgeben, und einige Hainbuchen von ungewöhnlicher Stärke. Sie bilden zusammen eine wunderbare Gruppe, die hoffentlich noch lange erhalten bleiben wird. Freilich, vor den Elementen kann man sie nicht schützen: im vorigen Jahre hat der Blitz eine dicht am Waldsaum stehende Eiche getroffen, und sie siecht seitdem lang-

^) Der Plan, hier auch die wichtigsten Pflanzen des Waldes zu ver- einigen, ist durch die andauernde Trockenheit und den Mangel an Mitteln seither vereitelt worden.

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sam dahin. Der Wald hinter dieser Baumgriippe bietet dem Naturfreund manchen Genuß. Auch rechts des Wasserwegs in dem schmalen Saum, der hier längs des Weges bei der Anlage der „Kameruner Wiesen" und des Spielplatzes für den Fußball- klub erhalten blieb, stehen einige prächtige Bäume. Was weiter westlich liegt, ist der Forstwirtschaft verfallen, wird aber, wie es der östlich angrenzende Distrikt bereits getan, bald als wohl- gepflegter junger Eichwald eine fröhliche Auferstehung feiern.

Geht man dem Südrand der Wiesen entlang, so trifft man einige hundert Schritte vor dem verfallenen Wellblechhäuschen, an dem früher bei den großen Treibjagden gefrühstückt wurde, eine Erscheinung, die wohl einen Spaziergang dorthin lohnt. Dicht am Waldrand findet sich ein Hexen ring, wie ich niemals einen ähnlichen gesehen habe. Völlig kreisrund, 25 bis 30 m im Durch- messer, liegt er da, der Ring selbst über 1 m breit, zwei Wiesenpar- zellen einnehmend, einer Rennbahn im kleinen so völlig gleichend, daß die Besitzer der Wiese bei dem Förster Beschwerde erhoben, daß die Rehe oder die Damhirsche dort ihren Tummelplatz hätten. Als ich im verflossenen Herbst zum erstenmal darauf aufmerksam gemacht wurde, war der ganze Ring dicht mit riesenhaften Pfefferpilzen {Laciaria piperata L.) bewachsen, einer am anderen, viele bis 30 cm im Durchmesser, ein wunderbares, auf Hunderte von Metern hin sichtbares Bild. Gerne hätte ich es photographisch verewigen lassen ; aber die eine Hälfte war schon abgemäht, und der Besitzer der anderen Hälfte stand mit der Sense daneben. Er sagte mir, daß er den Ring schon von seines Vaters Zeiten her kenne, daß derselbe früher viel kleiner ge- wesen und stetig nach außen gewachsen sei, daß aber die Pilze erst seit dem vorigen Jahre in solcher Menge aufgetreten seien. Erfreut war er nicht darüber, da das Vieh wegen des scharfen Pfeffergeschmackes derselben das Grummet nicht annimmt und er sie deshalb jedesmal sorgsam ausrupfen muß. Auffallend ist mir, daß ich den Pfefferpilz wohl am Waldrand, aber niemals auf der Wiese selbst gefunden habe.

Zwischen dem westlichen Ende der Waldwiesen und der Kelsterbacher Grenze liegt der interessanteste Teil unseres Waldes, dem die Trockenheit noch nichts hat anhaben können. Offiziell führt er den wenig poetischen Namen „Sauros". Er hat den Charakter des alten Sumpfwaldes noch unverfälscht bewahrt und ist auch heute noch bei einigermaßen feuchtem Wetter nur an

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zwei Stellen passierbar. Ein Gewirr von rankendem wildem Hopfen mit riesigen Blättern bildet den Rand gegen^ die Wiesen ; mit ihm mischen sich lianenartige Triebe des Geißblattes, oft tief in die Stämme einschneidend und schwächere geradezu er- würgend. Nur längs des Hauptgrabens, der als Cloaca maxima von Schwanheim alljährlich gepytzt wird und deshalb erhöhte trockene Ränder hat, kann man ihn durchschreiten. In den letzten beiden Herbsten freilich konnte man auch hier den Hauptgraben selbst als Weg benützen, und erst in der Nähe der Riedwiese zeigten sich Spuren von Wasser. Ich glaube kaum, daß sich irgendwo schönere Erlengruppen finden als längs des Haupt- grabens. Aber auch prachtvolle Eichen fehlen nicht, und auch Eschen, Aspen und Weiden haben sich erhalten. In geringer Ent- fernung rechts vom Graben steht auch eine der wenigen Ulmen, die unser Wald enthält, ein höchst sonderbares Exemplar mit sehr starkem, aber niedrigem Stamm, der sich dann in eine Menge verhältnismäßig schwacher Äste verteilt.

Wenige hundert Schritte weiter nördlich, dicht am Waldrand gegen das Feld hin, liegt die interessanteste unserer Waldabtei- lungen, jetzt in Frankfurt als Schwanheimer Urwald" be- kannt und viel von Naturfreunden und auch von Futter suchenden Aquarienbesitzern besucht. Auf den Generalstabskarten ist er als „Rodsee" bezeichnet, der Schwanheimer nennt ihn „Rosee" oder „Rohsee". Er hat mit den Entwässerungsgräben des Schwan- heimer Bruches nichts zu tun, ist vielmelir der letzte Rest eines alten Mainarmes, der in uralten Zeiten vom Dorf nach der Kelster- bacher Senke zog und im Feld wie am Waldrand noch an einigen Stellen nachweisbar ist. Die Klein wiesen Schneise zieht kaum 50 Schritte von ihm vorbei, das Feld ist nur durch einen vorwiegend aus mächtigen Haselbüschen bestehenden Buschwald von ihm getrennt; aber kein Unkundiger wird, wenn er vorbei- geht^ auf den Gedanken kommen, daß hier sich eine etwa zehn Minuten lange, allerdings schmale, seeartige Wasserfläche hin- zieht, die bis in die letzten Jahre ein getreues Bild der Sümpfe gab, die zur Römerzeit große Gebiete Deutschlands erfüllten. Die Abbildung im vorigen Abschnitt (III 258) und Fig. 1 1 geben eine gute Vorstellung von dem Randgebiet bei niedrigem Wasser- stand. Dann ragen aus dem seichten Wasser und seiner Um- gebung seltsame Wurzelgebilde empor, die erst in etwa einem Meter Höhe in eine Anzahl schwacher Erlenstangen übergehen

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und an der Übergangsstelle einen Absatz bilden, der meist Moos und Farnkräuter trägt. Aus der Wasserfläche ragten früher da- zwischen überall Schwertlilien und andere Wasserpflanzen empor, und ein dichtes Gewirre von Hottonia palustris erfüllte den Raum zwischen ihnen. Im Winter steigt das Wasser bis an den Absatz der Erlenstämme empor. In den letzten Jahren ist freilich der See in jedem Herbst ausgetrocknet; die Hottonia hat sich eine Zeitlang als dünner Rasen auf dem feuchten Boden erhalten; im vorigen Sommer erfüllte ein Dickicht von Wasserkerbel (Oenanthe phellandrium Lam.) das Hauptbecken, und man konnte den unteren, mehr flußartigen Teil des Sees an vielen Stellen trockenen Fußes überschreiten. Ein vielbegangener Fußpfad führt jetzt dem rechten Ufer entlang nach Kelsterbach und gestattet ein bequemes Betrachten, während am linken Ufer sich ein breiter bruchiger Saum hinzieht, der mit Vorsicht zu betreten ist.

Man kann sich kaum einen größeren Kontrast denken als den zwischen dem eben geschilderten „Urwald" und dem kaum zehn Minuten entfernten Sandgebiet des Tannenwaldes oder, wie der Schwanheimer sagt, des „Dannewaldes" (I 83). Ich möchte namentlich den Lehrern empfehlen, bei Schülerexkursionen in unseren Wald den Rückweg vom Rodsee nach Schwanheim durch den Sand zu nehmen. Er ist leicht zu finden. Vom Wald- saum führen mehrere Wege nach dem ihm parallelen Kelster- bacher Weg, und schon eine Ackerlänge jenseits desselben be- findet man sich auf einem Sandboden, der dem Märkischen Sand nur wenig nachgibt. Es ist ein Teil der ausgedehnten Sandfläche, die am Südrand des alten Nieddeltas sich nach Kelsterbach er- streckt. Ein alter Mainlauf, derselbe, der den Rodsee bildet, be- grenzt sie nach Süden ; heute schneidet der Main von Griesheim bis Sindlingen mitten durch sie hindurch. Es ist Spessartsand- stein, den der alte Main zerrieben und oberhalb der Nied ab- gelagert hat, eine alte Uferbildung, aber stellenweise vom Winde umgelagert und zu dünenartigen Bildungen umgewandelt. Zäher Bauernfleiß hat seinen größten Teil für die Kultur gewonnen. Aber in der Mitte ist ein großes Stück liegen geblieben, vielleicht noch zehn Hektar haltend, an das der Pflug noch kaum gerührt hat. Es hat früher einen geschlossenen Kiefernwald getragen, und die Gemeinde Schwanheim hielt streng darauf, daß die Boden- decke nicht aufgerissen wurde ; alte Erfahrung hatte sie offenbar gelehrt, was das unter Umständen für sie bedeuten könnte. Als

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aber zu Beginn des neunzehnten Jahrhunderts eine neue Zeit anbrach und die Menschen klüger wurden als ihre Vorfahren und gleichzeitig die Menschenzahl zunahm und mehr Land nötig wurde, beschloß die Gemeinde 1812, den mitten in ihrer Gemarkung liegenden Wald zu fällen, das Land anzureden und mit Obst- bäumen zu bepflanzen. Es mag damals wohl eine feuchte Periode im Maintal gewesen sein, die den Boden sich mit Vegetation bedecken ließ, und die Gemeinde konnte den Erlös für das Land, etwa 1000 Gulden, in den Kriegszeiten gut gebrauchen. Als aber dann wieder trockene Zeiten kamen, zeigte es sich, daß die Alten doch klüger gewesen waren, als sie das Pflügen im Sand ver- boten. Die Bodendecke verschwand, und der Sand begann zu wehen und lohnte den Ackerbau nicht mehr. Man ließ ihn als „Drieschland" liegen. Als ich 1869 nach Schwanheim kam, hatte sich in einer Reihe von feuchten Jahren der Boden wieder mit Heidekraut, Quendel und Sandimmortelle bedeckt, die Gemeinde- Schafherde weidete dort, und im Nachsommer brachten die Bienenzüchter ihre Völker an geschützte Stellen und machten reiche Honigernten. Hier und da standen noch riesige, meterstarke Kirschbäume und, wo es einigermaßen anging, waren junge Obst- bäume gepflanzt. Nur an einigen Stellen, auf den Dünen, war der Kiefernwald stehen geblieben und in ihm ein paar Eichen- gruppen, Überreste des älteren Waldes, in deren Schatten auf Himmelfahrt oder Pfingsten nach alter Sitte die Gesangvereine ihr Waldfest feierten. Nur eine einzige Stelle, wenige Quadrat- meter groß, war blanker Sand. Da setzte 1882 die Trockenperiode ein, die heute noch fortdauert. Die Bodendecke wurde immer spärlicher, die jungen Zwetschen- und Kirschenbäume verküm- merten, die alten starben ab, und die kahle Stelle wuchs mit unheimlicher Schnelligkeit nicht nur in der Flächenausdehnung sondern auch in der Tiefe. Aus der flachen Senke, in der sie lag, wurde ein breites, tiefes Tal, und nun erinnerten sich auch die alten Bauern, daß der Vorgang sich schon einmal abgespielt und eine ganze Anzahl Morgen guten Landes Gerstenboden mit Flugsand überschüttet hatte. Sie haben mir in den Sand- gruben gar manchmal die alte Kulturschicht unter dem Sand gezeigt. Wenn man an warmen Sommertagen bei Westwind dort vorbeikam, konnte man meterhoch über dem Boden den Sand in Bewegung sehen, das Bild eines echten Wüstensturmes im kleinen, und konnte den Fortschritt der Verwüstung beobachten.

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Die Kiefern des spärlichen Waldes, der die nicht in Kultur genommenen Teile des Sandes bedeckt, sind eigentümlich sparrig gewachsen, oft vielfach verzweigt, und die jüngeren und beson- ders die am Rande stehenden Bäume zeigen einen eigentüm- lichen latschenartigen Wuchs (III 264). Die unteren Äste kriechen 2 bis 3 m weit über den Boden hin; aber dann steigen die Stämmchen senkrecht empor, ohne sich wie bei dem echten Krummholz des Hochgebirges in der Richtung des vorherrschen- den Windes niederzubeugen. Bei ganz jungen Exemplaren er- kennt man deutlich, daß der unterste und oft auch der zweite Quirl sich ganz flach auf dem Boden ausbreiten und erst mit dem dritten die eigentliche Stammbildung beginnt. Es ist also nicht, wie im Hochgebirge und wie in den Dünen der Nordsee- inseln, der Sturm, der das eigentümliche Wachstum bedingt; dieses ist vielmehr als eine Anpassungserscheinung, als Schutz gegen die Austrocknung, zu betrachten. Wo der Mensch ein- greift, lassen sich auch in diesem Sand ganz hübsche Stämme erziehen; wo das aber nicht der Fall ist, behält jeder Stamm die Äste bis zum Boden. Ein besonders interessantes Bild bietet der Anblick von einer alten Krähenhütte aus, die auf dem nördlichen Dünenzug steht.

Auch die niedere Flora hat allerhand Eigentümliches. Die alte Bodendecke hat zwar in den letzten 31 Jahren schwer ge- litten, aber ausgestorben dürfte wohl kaum eine der Arten sein. Heidekraut, Quendel, die gelbe Sandimmortelle, die Zypressen- Wolfsmilch {Euphorbia cyparissias L.) sind noch überall zu finden und werden bei feuchteren Sommern bald wieder den Boden bedecken. An den Rändern der Sandgruben gedeiht üppig die Königskerze {Oenothera biennis L.), der Eindringling aus Nord- amerika, und die Hundszunge {Cynoglossum officinale L.), im Sommer von den Karpfenschwänzchen {Macroglossa stellatarum L.) umschwärmt. Auch die nur auf solche Standorte beschränkte blaue Jurinea cyanoides Bechst., ein Relikt aus der Steppenzeit, das sich hier wie auf dem Mombacher Sand bei Mainz erhalten hat, wird diese Trockenperiode, wie so manche vorher, unge- fährdet überstehen.

Merkwürdigerweise findet sich im bewaldeten Teil des Sand- gebietes eine ziemlich reiche Pilzfauna. Vorherrschend ist der Fliegenpilz, dem sich vereinzelt der Pantherpilz anschließt; an dem giftigen Knollenblätterpilz fällt die geringe Ausbildung der

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Wurzelknolle auf (III 280). Von den eßbaren Pilzen tritt der Butterpilz ausschließlich in der Form des Sandröhrlings {Boletus variegatus Swainson) auf, heller gefärbt, aber mit der charakte- ristischen schmierigen, leicht abziehbaren Oberhaut ; er wird auf- fallend selten von Maden angegriffen. Die Ziegenlippe vertritt der Rotfuß {Boletus chrijsentereon Bull.), ebenfalls heller gefärbt, mit zerrissener Oberhaut und wie die Stammform oft durch Maden ungenießbar. Auch der Parasolpilz ist von der gewöhnlichen Waldform einigermaßen verschieden.

Die Fauna des Sandgebietes ist natürlich eine sehr arme, schon wegen des absoluten Wassermangels. Nur in einer einzigen Sandgrube wird der Grundwasserspiegel erreicht und ist für den Menschen durch eine rohe Holztreppe zugänglich gemacht. In dem lockeren Flugsand finden selbst die Höhlenbewohner keine geeigneten Wohnplätze. Das Kaninchen, das früher vereinzelt vorkam, hat sich ganz in den Wald zurückgezogen; der Fuchs, an dessen Vorkommen einige Namen von Gewannen erinnern, ist verschwunden; Mäuse und Wühlmäuse gehen selbst in Mäuse- jahren nur ganz vereinzelt über die Grenzen des Ackerbaues herüber. Reptilien treten vollständig zurück ; doch scheint in den Sandgruben die Zauneidechse {Lacerta agilis L.) in neuerer Zeit etwas häufiger geworden zu sein. Nur noch für den Insekten- sammler findet sich bessere Ausbeute. Im Gegensatz zum übrigen Teil der Gemarkung (II 184) hat sich der Maikäfer {Melolotitha hippocastani Fabr.) erhalten; es ist ausschließlich die Form mit schwarzem Brustschild. Von Käfern hat ferner einiges Interesse der im Juli fliegende zottige Maikäfer {Anoxia villosa F.). Auf den Sand beschränkt, wenigstens in unserer Gegend, ist Cicin- dela hybrida L., die merkwürdigerweise auf den sandigen Wegen des Gemeindewaldes vollständig fehlt.

In den Sandgruben hat in den letzten Jahren Herr Dr. Guide eine reiche Ausbeute an Wanzen gemacht; darunter befindet sich eine ganze Reihe von Arten, die der pontisch-sarmatischen Steppenfauna angehören, einige davon bis jetzt in ganz Deutsch- land nur hier nachgewiesen, wie Camptotelus costalis H. S., Di- jnorphopterus spinolae Sign, und Derephysia foliacea Fall. var. hiroi Horv. Auch das eigentümliche Dünentier Chorosoma schil- lingi Schml. und die sonst nur in Steppen lebende Pentatomide Carpocoris Imiulatus Goeze kommen hier vor. Von seltenen Geradflüglern sind Sphingonotus cyanopterum Chrp., Phanero-

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ptera falcata Scop, und Calopiemis italicus L. zu erwähnen. Der Ameisenlöwe ist nach demselben Forscher als Larve recht häufig ; es ist Herrn Dr. Guide aber niemals gelungen, ein geflügeltes Exemplar das Tier fliegt gegen Abend zu erbeuten.

Ein nicht unwichtiger Charakterzug unserer Sandfauna ist das vollständige Fehlen aller Gehäuseschnecken, während in dem sonst so ähnlichen Mombacher Sand einige Ai'ten {Vitrina, Xero- phila costulata, Zehrina detrita) massenhaft auftreten. Dort ist eben der Sand eine alte Stranddüne, aus zerriebenen kalkhaltigen Tertiärschichten entstanden; unser Sand ist dagegen, wie schon erwähnt, zerriebener Spessartsandstein und deshalb vollständig kalkfrei, so daß Schnecken kein Material zum Aufbau ihrer Häuser finden.

Anhang: Die Schwedenschanze.

Die Schwedenschanze gehört zwar nicht mehr zur Gemar- kung Schwanheim, aber sie schließt sich untrennbar an deren Wald an und darf deshalb und wegen der Rolle, die sie bei der Festsetzung der Grenze unseres Waldes gespielt hat, nicht un- erwähnt bleiben.

An der Westgrenze unseres Gemeindewaldes liegt ein Be- zirk, der sich in vieler Hinsicht von den übrigen Teilen des Waldes unterscheidet und den besonderen Namen „der Hinkel- steiner Acker" trägt. Er ist bis in das vorige Jahrhundert hinein immer von Zeit zu Zeit kahl abgetrieben und dann eine Reihe von Jahren hindurch als Ackerland behandelt worden ; ließen die Erträgnisse nach, so säte man ihn wieder mit Kiefernsamen an und ließ die jungen Bäume schlagreif werden. Ein ähnliches Bewirtschaftungssystem galt auch an einigen anderen Stellen im Walde (z. B. am Alteberg). Am Hinkelsteiner Acker bricht die regelmäßige Einteilung des Waldes ab; er ist offenbar erst später demselben beigefügt worden, vielleicht, als das Dorf Husen (I 82), Sindlingen gegenüber, Schwanheim einverleibt wurde.

Ein tiefer Wasserriß am Westrand des Hinkelsteiner Ackers bildet heute die Gemarkungsgrenze und gleichzeitig die Landes- grenze gegen das Großherzogtum Hessen. An der Westseite seines Ausganges, der nach zwei Seiten steil abfällt, erhebt sich ein Ringwall, den nach der Tradition die Schweden im Dreißig- jährigen Krieg aufwarfen, um die „Wolfenburg" in Kelsterbach,

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das feste Residenzschloß des Fürsten von Isenburg-Langen, zu beschießen. Die Anlage dürfte aber sehr viel älter sein.

Der hessische Landeskonservator Herr Prof. Dr. Anthes bemerkt über die Schwedenschanze : ^)

„Vor Kelsterbach liegen in einer schnurgeraden Linie auf einer Strecke von über 25 km mindestens sieben größeren Hügel- gräber-Gruppen, an denen die alte Straße [unsere heutige Süd- grenze] vorbeigezogen sein wird. Im ersten Teil folgt ihr Verlauf dem Hochufer des Flusses (der Kelsterbacher Terrasse). Da wo sie den Main erreicht haben muß, liegt die Schwedenschanze, 20 Minuten vom Bahnhof, ganz nahe der Stelle, wo ein jetzt entfernter Hinkelstein-) stand. Die Nordfront der Umwallung schließt sich unmittelbar an das Steilufer an und ist hier am flachsten, nur noch ca. ^ji m hoch. Die Seiten schließen sich leicht gekrümmt an die Nordflanke an. Der größte Durchmesser von West nach Ost beträgt von den Wallkronen aus gemessen 56, der kleinste 40 m. Im Süden ist der Wall, von der Graben- sohle aus gerechnet, noch über 7 m hoch. Auf der dem Fluß zugekehrten Nordseite zieht sich etwas bergabwärts eine kleine Terrasse hin, deren Bestimmung im jetzigen Zustand unklar ist, denn die Anlage hat trotz ihres noch recht stattlichen Ansehens im Laufe der Zeit sehr gelitten; besonders das Innere ist wieder- holt aufgefüllt imd zur Herstellung eines Festplatzes eingeebnet worden. Die Schwedenschanze macht durchaus den Eindruck eines Ringwalles, obgleich auch hier ohne Ausgrabungen etwas Sicheres nicht gesagt werden kann. Cohausen kommt in seiner Beschreibung der 1883 in der Nähe aufgedeckten bronzezeitlichen Hügelgräber auch auf die Schanze zu sprechen, hütet sich aber, sie in unmittelbare Verbindung mit den Gräbern zu bringen oder überhaupt ein Urteil auszusprechen. Angesichts der oben er- wähnten Tatsachen muß aber auch diese Anlage unbedingt unter denen aufgeführt werden, die dringend eine Untersuchung mit dem Spaten erfordern."

Der genaueste Kenner der Ringwälle und ähnlicher Bau- ten in unserer Gegend, Herr Architekt Thomas in Frankfurt, schreibt mir:

„Meine Ansichten über die Kelsterbacher Schwedenschanze sind heute genau dieselben wie die gegenwärtigen von Prof.

1) In: Archiv Hessische Geschichte N. F., Bd. V, S. 516.

2) Nassauische Annalen XVIII S. 200 ff.

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Anthes. Wenn auch die bescheidene Anlage das Äußere eines Ringwalles zeigt, so ist sie immerhin den weniger auffälligen Besonderheiten nach als eine dem frühen Mittelalter zugehörige Burg zu erkennen. Bei einer solchen war die Wehrlinie genau wie bei einem Ringwalle als primitive Trockenmauer ausge- baut, in ebenem Gelände hinter einem möglichst breiten Wehr- graben, und erst in jüngerer Zeit trat, sofern ihr Bestand gesichert werden sollte, an Stelle der Trockenmauer (aus Erde oder Stein) die Mörtelmauer.

Bei meiner Untersuchung und sorgfältigen Aufnahme im Jahre 1904 fand ich die Merkmale ihrer Bedeutung, die ich kurz nachher dem Frankfurter Verein für Geschichte und Altertums- kunde an Ort und Stelle auseinandersetzte. Die Ansicht, daß an ihr eine Aptierung für Feuerwaffen vorgenommen sei ^), kann ich leider nicht teilen. Im Gegensatz weist alles darauf hin, daß sie schon sehr frühe ihre Bedeutung als Wehranlage verloren hat und aufgegeben worden ist. Das auf uns Überkommene darf somit ein erhöhtes Interesse beanspruchen. Die gegenwärtig noch er- kennbaren Einzelheiten verweisen überzeugend auf die Abwehr des Nahekampfes. Selbst die von Ihnen angeführte Besetzung der Schanze in jüngster Zeit (in den Revolutionskriegen, Ko.) hat keine Spuren von Änderungen zum Zweck der Feuerverteidigung hinterlassen, ebensowenig sind dort Spuren vielleicht älterer Nach- benutzung wahrzunehmen. Allerdings zeigen Wall und Graben starke Verschleif ung. Dies kann jedoch bei vielhundertjährigem Bestehen in Anbetracht der geringen Konsistenz der Bodenart nicht wundernehmen. Daß aber der Hof etwas planiert worden, ist mü- selbst erinnerlich. Dabei ist eine, im Burghof zentralge- legene, den festlichen Veranstaltungen um 1860 hinderliche mäßige Vertiefung ausgeglichen worden. Das ursprüngliche Bild der früh- mittelalterlichen Schöpfung konnte damit wegen der Kenntnis der Tatsache keine Beeinträchtigung erfahren ; denn bei der ver- gleichenden Berücksichtigung des vorliegenden Restbestandes an Elementen aus ihrer früheren Bauperiode neben den durch die neue Forschung an verwandten Anlagen gesicherten Ergebnissen, ist auch der verlorengegangene Ausbau in der Hauptsache kein

1) Ich hatte diese Ansicht bei einer Besichtigung zusammen mit dem Landesgeologen Dr. Albert von Reinach gefaßt und in einem Brief an Herrn Thomas ausgesprochen.

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Rätsel mehr. Von Funden weiß ich nichts; ein Bronzeschwert soll vor sehr langer Zeit gefunden worden sein."

Ein wohlerhaltenes Bronzeschwert (? Scramasax) mit kupfer- nen Nieten, in den achtziger Jahren bei Anlage eines Fußpfades am Steilhang gefunden, wurde mir von Herrn Oberförster Thurn- Mönchhof übergeben; ich gab es an Dr. von Reinach, und es dürfte wohl mit dessen Sammlung in das Saalburg-Museum ge- kommen sein.

Nachtrag.

(Zu I 86)

Zur Urgeschichte Schwanheims hat ein Fund, der bei der Anlage der Wasserleitung in der Neugasse gemacht wurde, einen wichtigen Beitrag geliefert. In anderthalb Meter Tiefe stießen die Arbeiter auf eine Grabstätte aus der Bronzeperiode. Der Finder war glücklicherweise ein geborener Heddernheimer, der mit derartigen Sachen Bescheid wußte, und der Aufseher sorgte dafür, daß alles geborgen und ich sofort benachrichtigt wurde. Unter den Scherben einer offenbar schon bei der Bestattung beschädigt gewesenen Tonurne lagen drei Arm- ringe, tadellos erhalten, zwei aus starken Bronzeperlen bestehend und an der Rückseite offen, der dritte aus Bronzedraht äußerst zierlich geflochten und noch elastisch und federnd, und ferner eine große durchbohrte Tonperle mit blauen eingebrannten Ver- zierungen, die von Spirallinien umgeben waren. Außerdem fan- den sich noch ein länglich viereckiger Metallrest, vielleicht die Einfassung einer Messerscheide, mid ein kleines scharfkantiges Kieselschieferblättchen, das offenbar zu dem Funde gehörte, da der Lehm des Fundortes völlig steinfrei ist. Brandspuren sind nicht gefunden worden. Der Fund ist in unserem Heimatmuseum geborgen; Herr Archivdirektor Dr. Brenner in Wiesbaden wird über ihn genauer berichten. Die Hoffnung auf weitere Funde ist leider bis jetzt unerfüllt geblieben.

(Zu m 253)

Die Angabe über das Vorkommen des Wasserschier- lings im Rodsee beruht nach einer freundlichen Mitteilung des Herrn M. Dürer, des gründlichsten Kenners unserer Flora, auf

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einer Verwechslung mit dem Wasserkerbel {Ocnanthe phel- laudriu7n Lam.), der wenigstens für den Menschen nicht giftig ist. Unser gelber Fingerhut ist nach demselben Digitalis amhigua Murray).

(Zu m 277)

Der Täubling der gewöhnlichen Hexenringe auf den Wiesen ist gelegentlich einer kleinen Pilzausstellung als der Masken- ritterling ( Tricholotna person atum Fries) erkannt worden und wird seitdem von den Schwanheimer Pilzfreunden als delikater Speisepilz eifrig gesammelt. Auch der zweifarbige Ritter- ling {Tricholotna bicolor Pers.) ist unter den guten Speisepilzen anzuführen. Beide konnten 1912 bis zu den ersten Frösten im November gesammelt werden.

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Jahresfeier am 25. Mai 1913.

Den Festvortrag hielt der Begründer der ultramikroskopi- schen Untersuchungsmethode Dr. H. Siedentopf- Jena: „Über ultramikroskopische Abbildung mit Erklärung kinematographischer Demonstrationen".

Da während des Vortrags eine große Reihe ultramikrosko- pischer Aufnahmen neben solchen Bildern, wie sie das gewöhn- liche mikroskopische Sehen liefert, gezeigt wurde, erläuterte der Redner zunächst kurz das Wesen der Ultramikroskopie, die im Jahre 1902 auf Anregung von Zsigmondy vom Vortragen- den gefunden wurde. Man kann dabei nicht, wie der Laie anzu- nehmen geneigt ist, durch besondere optische Einrichtungen über die stärksten bisher angewandten Vergrößerungen hinausgehen. Die Grenzen hierfür sind in der Wellennatur des Lichtes ge- geben: Durchdringen Lichtwellen die feinsten Strukturen eines miki'oskopischen Präparates, so treten Beugungserscheinungen auf, die eine richtige Abbildung von Einzelheiten unterhalb einer bestimmten Ausdehnung durch noch so vollkommene Linsen- systeme unmöglich machen. In der Ultramikroskopie aber hat man mit dem Prinzip der direkten Abbildung gebrochen. Einzel- heiten, die man beim gewöhnlichen Mikroskopieren nicht mehr erkennen kann, die ihre Anwesenheit aber durch Störungen im direkt abbildenden Strahlenbüschel verraten, erkennt man durch seitliches Betrachten dieses Strahlenbüschels im D u n k e 1 f e 1 d " an den Beugungserscheinungen. In der Praxis wird durch be- stimmte Blenden oder Kondensoren das beim gewöhnlichen Mi- kroskop durch das Objekt von unten hindurch gelangende zentrale Licht fortgenommen und das Objekt im Dunkelfeld nur von den Seiten beleuchtet, wodurch ein sog. Refraktionsbild erzielt wird. Damit werden bei allen gebräuchlichen Vergrößerungen unserer Mikroskope an den verschiedensten Untersuchungsgegen- ständen Teile im Dunkelfeld sichtbar und der Untersuchung zu- gänglich gemacht, die im Hellfeld ganz oder teilweise verloren gehen. Freilich muß die Ultramikroskopie dabei auf ein getreues Bild des Objektes mehr oder minder verzichten.

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Die im Verhältnis zur Hauptaufgabe des Vortrags wohlbe- messenen theoretischen Ausführungen des Redners ließen den kinematographischen Bildern den nötigen Raum ; möglich gemacht waren diese durch das freundliche Entgegenkommen des Zeiss-Werkes in Jena, das die wertvolle Apparatur kostenlos zur Verfügung gestellt hatte. Die Aufnahmen bewegten sich in den verschiedensten Zweigen der Naturwissenschaften und er- wiesen die ausgedehnte Anwendungsmöglichkeit dieser neuen Art der Projektion. Aus der Physik wurde die Brown sehe Mole- kularbewegung vorgeführt, aus der Chemie die Umwandlung von weißem in roten Phosphor. Den größten Anteil aber hatten die biologischen Wissenschaften durch die Vorführung lebender Organismen. Auf der Leinwand bewegt sich das Plasma in pflanzlichen Zellen, und die Pollenschläuche wachsen allerdings in stark beschleunigtem Tempo auf die weib- liche Narbe zu, solange die darunterliegende Eizelle noch nicht befruchtet ist. Wundervoll plastisch rollen die Volvoxkugeln in ihrer steten, ruhigen Bewegung; einige entlassen vor unseren Augen Tochterkolonien. Freunde der Protozoen und anderer „Lebewesen des Wassertropfens" müssen ihre helle Freude ge- habt haben an dieser Wiedergabe verschiedener Formen in allen Einzelheiten der fast für jede Art charakteristischen Bewegun- gen: dem Weiterschrauben der Paramaecien, dem ruckweise er- folgenden Aufrollen des Stieles, dem Schlag der Wimpern im Peristomfeld der Vorticellen, dem Marschieren der Stylonychien. Lebensvorgänge im Plasma der Einzeller, die sich bisher nur dem geübten Beobachter unter dem Mikroskop offenbarten, wie das Spiel der kontraktilen Vakuolen in Amöben und Paramaecien, Kern- und Zellteilung, Kopulation usf., können dreihundert Hörern auf einmal und denkbar anschaulich gezeigt werden. Die zunächst ganz auf individueller Beobachtung basierenden Angaben über das physiologische Verhalten der Einzeller gegen verschiedene Reize, wie z. B. den elektrischen Strom, erscheinen nun auf dem Lichtschirm eines Hörsaals!

Auch die Metazoen waren vertreten: die kleinen Krebse des süßen Wassers, Daphnien und dann Kopepoden, deren Nau- plien beim Auskriechen aus dem Ei auf den Film gebannt waren, Rädertiere, die zierlichen Plumatellen mit ihren äußerst sensiblen Tentakelbüschen und Hydra beim Verschlingen ihrer Beute. Freilich kann bei diesen größeren und dichteren Objekten auch

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das exakteste Fokiisieren während der Aufnahme die individuelle Beobachtung nicht ganz ersetzen; das kinematographische Bild bietet aber alles, was etwa ein Praktikant an einem lebenden Objekte sehen würde.

Sehr instruktiv sind die Aufnahmen der Trypanosomen im Blute, der Spirochäten und der Spermien, sowie die Einverlei- bung der Trypanosomen in weiße Blutkörper durch Phagocytose. Zwei Diapositive, welche die Apparate zur Herstellung von kinematographischen Aufnahmen im Ultramikroskop zeigen, wur- den zum ersten Male vorgeführt.

Der Vortrag hat nach zwei Seiten hin viel gegeben : Er ver- mittelte einmal eine klare Vorstellung über das Wesen und das Aussehen eines ultramikroskopischen Bildes und bewies sodann die hohe Bedeutung, die dem vielgeschmähten „Kino" zukommt, wenn er einmal als Unterrichtsmittel zugänglicher sein wird als heute. Schon die kinematographische Demonstration der See- igelentwicklung durch Prof. Fl e seh am S.November 1911, sowie die Vorführung „lebender Bilder" unserer einheimischen Sing- vögel und des afrikanischen Großwildes durch Prof. Heck am 17. November 1912^) hatten den weiteren Ausbau dieses Hilfs- mittels für den Unterricht vermuten lassen. Was aber jetzt ge- boten wird, zeigt, daß diese Art der Veranschaulichung von Naturform und Naturvorgang unentbehrlich für unsere bio- logischen Lehrinstitute werden wird, und daß ihr bald kein grö- ßeres Institut mehr wird entraten wollen. Begriffe, wie der der amöboiden Bewegung können damit im Augenblick klar gemacht sein; für manche populären Vorträge wird der Kinematograph schließlich conditio sine qua non werden. Freilich wird in der Biologie die Kamera kaum je imstande sein, das menschliche Auge zu ersetzen oder an Aufnahmefähigkeit zu übertreffen, wie in der Astronomie. Aber sie ist, namentlich jetzt in Ver- bindung mit dem Kinematographen, dazu berufen, die Re- sultate wissenschaftlicher Forschung durch die ursprünglichste und beste pädagogische Methode, die der eigenen Anschau- ung, rascher und klarer Allgemeingut werden zu lassen, als dies die übersichtlichste Abhandlung oder das beste Bild oder

der vollendetste Vortrag je vermögen.

L. Nick.

1) Siehe 43. Bericht 1912 S. 150 und 44. Bericht 1913 S. 120.

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Friedrich Kinkelin

gest. 13. August 1913 zu Frankfurt a. M.

Ein rastloses Leben liegt abgeschlossen vor uns; aber der Tod war ihm kein Zerstörer, er kam als Erlöser. Seit dem Ent- schlafenen vor Jahresfrist seine treubesorgte Gattin im Tode vor- ausgegangen war, erlosch sichtlich die bewundernswerte Stand- kraft, die trotz aller Leiden des Alters den zähen Körper erfüllte, und ein müder Greis sehnte sich nach Ruhe. Er hat sein Leben lang nicht allzuviel davon genossen!

Georg Friedrich Kinkelin war am 15. Juli 1836 zu Lindau geboren, wo sein Vater als Arzt praktizierte und er selbst im Kreise jüngerer Geschwister seine glückliche Kindheit und die ersten frohen Jugendjahre verlebte. Frühzeitig trat seine große musikalische Begabung zutage, die durch die Pflege der Musik im Hause seines Vaters, der lange Vorstand des Lindauer Liederkranzes gewesen ist, zur Meisterschaft im Gesang geför- dert wurde: ein kostbares Erbteil, das ihm und anderen viele Stunden des Lebens verschönt hat. Die prachtvolle landschaft- liche Umgebung seiner Vaterstadt, der Bodensee und die am Pfänderzug gelegene malerische Ruppburg, der Lieblingsschau- platz seiner frohen Jugendspiele, weckten früh den Sinn des lebhaften Knaben für die Schönheiten der Natur und ließen in ihm, der ursprünglich für den Beruf eines Landwirtes bestimmt war, immer eindringlicher den Wunsch wach werden, sich dem Studium der Naturwissenschaften zu widmen. Dieser, seiner innersten Neigung folgend, studierte er nach Absolvierung der Lateinschule zu Lindau und Augsburg und der Gewerbeschule daselbst an der polytechnischen Schule zu München und der Universität Berlin und hospitierte dann weitere zwei Semester an der Münchener Universität, indem er sich nebenher auch noch auf das Gymnasial -Maturitätsexamen vorbereitete. Im Herbst 1858 bestand er die Reifeprüfung am Maximilians-Gymnasium zu

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München. Die Staatsexamina in Naturbeschreibung und Chemie schlössen 1861 sein Universitätsstudium ab, das er noch drei Jahre lang in München fortgesetzt hatte.

Fritz Kinkelin ist ein strebsamer, ungemein fleißiger Stu- dent, aber auch ein flotter Bursch gewesen, der das grünweiß- schwarze Band der Algovia, das später durch die schwarzrot- goldenen Farben der Münchener Bm'schenschaft Arminia ersetzt wurde, froh und stolz getragen hat und für seine Überzeugung auch mit der blanken Klinge eingetreten ist.

Unter dem Einfluß seiner Münchener akademischen Lehrer Oppel, von Kobell und Buchner waren Paläontologie und Geologie, Mineralogie und Chemie die Lieblingsgebiete seines Studiums geworden; doch war es zunächst die Chemie, in der Kinkelin als Assistent an der Gewerbeschule zu Lindau und am chemisch-technischen Laboratorium (Prof. Bolley) zu Zürich seine weitere Ausbildung suchte, bis er 1863 die Leitung ei- ner Farbenfabrik in Berlin übernahm (bis 1866). Das rastlose Treiben und Drängen um die Rentabilität des Geschäftes und kaufmännische Anforderungen, die in seiner neuen Stellung an ihn herantraten, paßten jedoch schlecht zu dem auf ruhige, ernste Forschertätigkeit gerichteten Wesen Kinkelins, und nachdem noch dazu sein junges häusliches Glück dm-ch den Tod seiner ersten Gemahlin ein jähes Ende gefunden hatte, gab er seine einträgliche Stellung auf und widmete sich, nach vorübergehen- der Tätigkeit an einer anderen chemischen Fabrik in Staßfurt, dem Lehrerberuf, der ihm neue Aussichten auf die Befriedi- gung seiner innersten Neigungen eröffnete.

Am 6. Mai 1867 wurde Kinkelin als Bezirkslehrer für Arithmetik, Physik und Naturgeschichte an der Schule zu Zo- fingen im schweizerischen Kanton Aargau angestellt, eine Stel- lung, die ihm Muße genug ließ, die geologisch-paläonto- logischen Studien, die er schon als Student betrieben, mit neuem Eifer wieder aufzunehmen. Und mit welchem Ernst hat er sich neben seiner Berufstätigkeit diesen Studien gewidmet. Bald hatte er einen Kreis gleichgesinnter Freunde, „der Engere'' genannt, um sich versammelt. Allwöchentlich fanden im Hause eines der Mitglieder Zusammenkünfte statt, zu wissenschaftlichem Austausch und zu gemütlicher Pflege der Freundschaft. Kin- kelin war die Seele der Vereinigung. Er war der Lehrer der anderen, der Führer auf geologischen Exkursionen in den Schwei-

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zer Jura, die oft mehrere Tage, mitunter bis zu einer Woche dauerten. Die wenigen noch lebenden Freunde aus jenem Kreise zählen diese Exkursionen, auf denen sie Kinkel in begleiten konnten, zu ihren schönsten Erinnerungen aus einer fast ein halbes Jahrhundert zurückliegenden ZeitI In Zofingen hat Kinkelin auch ein neues Glück in der Ehe mit einer Schwester seiner ersten Gattin (1870) gefunden.

Als er nach sechsjähriger Tätigkeit seinen dortigen Wirkungs- kreis verließ, schenkte er ein gut Teil seiner reichen Sammlun- gen, namentlich Petrefakten aus dem Schaffhauser Jura, seinem Freunde H. Fisch er-Sigwart, dem verdienstvollen Beobachter des schweizerischen Reptilien- und Amphibienlebens. Sie sind jetzt mit dessen eigenen Funden als stattliche geologisch-paläon- tologische Sammlung dem Museum einverleibt, das von einem hochherzigen Zofinger Bürger seiner Vaterstadt geschenkt wor- den ist. Auch in späteren Jahren hat Kinkel in noch manches wertvolle Stück dem Museum in Zofingen zugewandt; dort ist in treuem Gedenken an sein rastloses Wirken auch sein Bild aufgehängt mit der Aufschrift

„Ein Freund und Gönner unseres Museums" .

Ostern 1873 wurde Kinkelin als Nachfolger Karl Kochs, des späteren Landesgeologen, an die Realschule und höhere Töchterschule der hiesigen Israelitischen Religionsgesellschaft berufen. Im Mai 1874 promovierte er in Basel und zu Ende des- selben Jahres wurde er vom Preußischen Unterrichtsminister vom Examen pro facultate dispensiert. Vom Herbst 1876 an wirkte er als Oberlehrer der Naturwissenschaften vorübergehend an der hiesigen Musterschule, dann an der Elisabethenschule und an dem mit ihr verbundenen Lehrerinnenseminar, bis er nach dreißigjähriger Dienstzeit an den städtischen höheren Schulen Frankfurts am 1. Oktober 1906 in den wohlverdienten Ruhestand trat. Im Herbst 1894 war ihm bereits der Professortitel ver- liehen worden.

Die warmherzigen Worte der Erinnerung, die dem erfolg- reichen Wirken des Entschlafenen an seinem Grabe von den Direktoren der Elisabethenschule und des Lehrerinnenseminars gewidmet worden sind, sie bekunden die hohe Verehrung, deren sich Kinkelin bei allen seinen Mitarbeitern zu erfreuen hatte, und zugleich die anhängliche Liebe und Dankbarkeit, die ihm

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aus weiten Kreisen seiner ehemaligen Schülerinnen über den Tod hinaus bewahrt werden!

Ja, er hat in vorbildlicher Treue sein hohes Amt ver- sehen, obwohl es ihm nicht den ersehnten Beruf brachte. Diesen fand er vielmehr hier, wie in Zofingen in den Stunden, die der Dienst des Tages ihm übrigließ, und er hat ihn mit aller Kraft ausgefüllt. Und hier ist auch die tiefe Dankesschuld abzu- tragen, die die Senckenbergische Naturforschende Ge- sellschaft und ihr Museum, damit aber zugleich ganz Frankfurt, dem Verstorbenen zollen muß. Unmittelbar nach seiner Übersiedelung hierher trat er der Gesellschaft als Mitglied bei; noch im gleichen Jahre (1873) wurde er zum arbeitenden Mitglied ernannt, nomen est omen in diesem Fall und dann bekleidete er nicht weniger als zehn Jahre lang (1875-1884) die Stelle des ersten Schriftführers der Gesellschaft. Niemand außer ihm hat in den letzten 70 Jahren diesen Posten so lange Zeit mit Treue und Unermüdlichkeit versehen; aber es kennzeichnet Kinkelin vollständig, daß er außerdem noch Zeit fand, in der Bibliotheks-Kommission, in den Redaktionen des Berichts und der Abhandlungen, der Ordnung des Archivs und den Kommissionen zur Erteilung des v. Reinach-Preises und des Askenasy-Stipen- diums fleißig mitzuarbeiten und sich trotzdem mit voller Kraft auf die Geologie der neuen Heimat zu werfen. Seine innige Freundschaft mit Karl Koch, dem frühverstorbenen Landesgeologen und hervorragenden Forscher, hat ihn wohl in diesem Vorhaben bestärkt, und fast alle seine zahlreichen Pu- blikationen im Bericht und in den Abhandlungen der Sencken- bergischen Gesellschaft dienen der geologischen Erforschung der Frankfurter Umgegend. Sie ist nicht zuletzt durch Kinkelin zu einer der bestbekannten Gegenden Deutschlands geworden. Aber wie hat er auch gesucht und geforscht! Keine Straßengrabung, keine Ausschachtung für einen Hausbau wurde jahrzehntelang geschaffen, ohne daß er sie gesehen hätte. Entstanden nun gar größere Aufschlüsse, wie sie z. B. für die Mainkanalisation, die Frankfurter Hafenbauten und die Wassergewinnung aus dem Stadtwald notwendig wurden, so war er täglich in Wind und Wetter draußen und schleppte alle Funde getreulich ins Museum. Seine Arbeiten sind eine wahre Fundgrube für wissenschaftliche Beobachtungen. Wo heute lange Straßenzüge die Erdschichten verhüllen, da hat er noch gesammelt, und so ist die Lokalsamm-

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lung aus der näheren und weiteren Umgebung Frankfurts, sein ureigenstes Werk, eine Zusammenstellung von bedeutsamen Do- kumenten geworden, die heute nirgends mehr erreichbar sind. Kein Wunder, daß er als der beste Kenner des geologischen Baues unserer Gegend oft um seinen Rat gebeten wurde, wenn es galt, die Wasserversorgung der wachsenden Großstadt Frankfurt auszubauen und zu verbessern.

Wie hat sich Kinkelin gefreut, 1882 zuerst Vorlesungen über die Geologie der Heimat halten zu können, und wie hat er Jahr für Jahr sich bemüht, seine Begeisterung für die Wissen- schaft anderen einzuflößen. Hier sei vor allem Albert von Reinachs gedacht, den er auf zahlreichen Exkursionen in die Geologie der Umgegend einweihte und ihn so befähigte, in selb- ständigem Schaffen seiner Lieblingswissenschaft zu nutzen.

Im Jahre 1884 wurde Kinkelin mit seinem Freunde Oskar Boettger Sektionär der geologisch-paläontologischen Abteilung des Museums, und sofort beginnen alljährlich im Bericht aus- führliche Mitteilungen über die Vermehrung „seiner Sektion" zu erscheinen. Überall in der Sammlung ist seine saubere, klare Handschrift zu sehen, und keine der zahlreichen Gruppen ist un- vermehrt geblieben, obwohl die Mittel zu Anschaffungen damals noch knapper waren als in der Gegenwart. Zwei Abteilungen aber waren seine Lieblinge: einmal die diluvialen Wirbel- tiere von Mosbach bei Wiesbaden und dann die reichen fossilen Floren des Mainzer Beckens. Besonders die letztgenannte Gruppe hat ihm Freude und Genugtuung bereitet und hat den größten Anteil an der wissenschaftlichen Bedeutung seiner Arbeiten. Die reichen Pliozän-Floren, die er zuerst in der Niederräder Schleusenkammer nachwies und mit unendlicher Mühe, von zahlreichen Freunden unterstützt, aus dem zähen, schmutzigen Letten gewann, sind ein einzigartiger Besitz des Senckenbergischen Museums geworden, und Kinkelins wissen- schaftliche Arbeiten darüber, die wahrhaft erschöpfend alle Fra- gen behandeln, haben den Wert der Sammlung ungemein erhöht. Niemand wird über das Pliozän der weiteren Umgebung Frank- furts, ja von ganz Westeuropa überhaupt, arbeiten können, ohne seine Arbeiten darüber zu studieren.^) Darum hat ihn auch die

^) Hervorgehoben seien aus der Fülle von Kinkelins Publikationen die beiden großen Arbeiten über die Oberpliozän-Flora der Frankfurter Gegend in den Abhandlungen der Senckenbergischen Naturforschenden Ge-

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Senckenbergische Naturforschende Gesellschaft zweimal mit dem V. Reinach-Preis ausgezeichnet (1893 und 1908).

Und als Kinkel in endlich im Jahre 1888 einige Räume zur Aufstellung einer geologisch-paläontologischen Schausammlung bekam, mit welcher selbstlosen Zähigkeit und welcher schier un- begreiflichen Arbeitskraft hat er jede freie Minute seiner Sektion gewidmet! In den unterirdischen Räumen am Eschenheimer Tor hauste er, umgeben von Kisten und Kasten, von Schlämmproben und fossilen Knochen, stets bereit, seine Sammlungen zu zeigen, und immer bedacht auf ihre Vergrößerung. Mit dickem Mantel und schweren Filzschuhen bekleidet, hat er im Winter in den ungeheizten Sälen gearbeitet und sich oft sein Mittagessen ins Museum schicken lassen, nur um vorwärts zu kommen. Kein Wunder, daß ihm seine Sammlung ans Herz gewachsen war, und daß es ihm schwergefallen ist, sich mit den vielen neuen Ideen abzufinden, die nach der Verlegung des Museums an die Viktoria-Allee kamen und kommen mußten. Zäh hielt er an dem für Recht Erkannten fest; war er aber einmal nach langem Ringen überzeugt, daß das Neue auch wirklich besser war, dann gab es kein Zögern und kein mißmutiges Beiseitestehen; dann war er der erste, der mit Feuereifer die Arbeit begann. Er hat das Aufblühen seiner Sektion bis zuletzt mit dem allerregsten Interesse verfolgt. Gern hat er bis in die letzten Monate seines Lebens hinein Freunden und Kollegen die Sammlungen gezeigt, und noch in den Ostertagen dieses Jahres hat er sich trotz aller Schwäche ins Museum bringen lassen, um die Süddeutschen Geo- logen noch einmal zu begrüßen und mit ihnen einen Händedruck zu tauschen.

So hat er die Grundlagen der geologischen Sammlung in Frankfurt in rastloser Tätigkeit geschaffen; so ist sein Leben ein Kette von Mühe und Arbeit für sein Ideal gewesen. Der Weg zu seinem Ziel führte ihn geradeaus, und dabei ist er gar manchmal mit seinem rücksichtslosen Draufgehen, mit seinem Haß gegen jede Diplomatie, hart angestoßen. Aber er hat nie

Seilschaft 15. Band 1886 und 29. Band 1908, sowie die abschließende Studie über den Oberpliozän -See, ebenda 31. Band 1912. Eine umfassende Zusammenstellung aller bisherigen Kenntnisse über das Tertiär und Diluvivim unserer Gegend enthält seine Arbeit „Die Tertiär- und Diluvialbildungen des Untermaintales, der Wetterau und des Südabhanges des Taunus" in den Abhandlungen zur geologischen Spezialkarte von Preußen luid den Thüringischen Staaten Bd. 9 Heft 4 1892.

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etwas nachgetragen, und immer wieder hat er den Gegner be- zwungen durch seine Energie, die alle Kraft seinem Museum widmete, und die vor allem keine Rücksicht gegen sich selbst kannte. Es ist ihm mit seiner Eigenheit im Leben nicht leicht geworden, und mancher, der ihn nicht kannte, hat nur die rauhe Außenseite seines Wesens kennen gelernt. Aber wer ihm näher trat, der erkannte den absolut zuverlässigen, warmherzigen Mann, der treu gegen andere war, der aber auch treu seiner Über- zeugung folgte, und dem jede Äußerlichkeit fremd war. Sein Leben galt dem Dienst der "Wissenschaft und der selbstlosen Arbeit zu ihrem Nutzen; so wird die Wissenschaft ihm durch ein warmes Gedenken über das Grab hinaus dankbar sein. Seine zweite Heimat Frankfurt aber darf den Namen Friedrich Kinkelin neben den ihrer besten Söhne eintragen!

F. Dreverrnann.

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Carl 6erlach

geb. 28. 2. 1843 zu Frankfurt a. M., gest. 15. 8. 1913 zu Freiburg i.B.

Dr. med. Carl Gerlach war der Unsere mit Leib und Seele! Von früher Kindheit an bis zu seinem Tode hat er der Sencken- bergischen Gesellschaft das lebhafteste Interesse entgegen- gebracht: als Knabe und noch als Greis ist er ein regelmäßiger Hörer unserer Vorlesungen gewesen, in seinen besten Mannes- jahren hat er unablässig für das Museum gesammelt, und noch über den Tod hinaus ist er durch ein großherziges Vermächtnis auf die weitere Entwicklung unserer Schausammlung bedacht gewesen.

Die Liebe zur Natur war ihm angeboren. Mit seinem fast gleichaltrigen Mitschüler und Freunde Oskar Boettger, dem Sohn des Dozenten der Chemie am Physikalischen Verein, war Gerlach ein täglicher Gast in Rudolf Boettgers Labora- torium, das sich damals in unserem alten Museum am Eschen- heimer Tor befand, und dadurch auch ein häufiger Besucher unseres Museums. Hier haben beide Knaben die erste An- regung zum Sammeln von Naturalien empfangen, und dieser Neigung sind sie ihr ganzes Leben treu geblieben. Als Primaner des hiesigen Gymnasiums haben sie die Vorlesungen unserer Gesellschaft und der Dr. Senckenbergischen Stiftung besucht: Lucae, Weinland, Georg Fresenius und Volger waren ihre Lehrer, die den jungen Ger lach für die Medizin und die Naturwissenschaften zu begeistern wußten.

Nach Absolvierung des Gymnasiums (1863) studierte Carl Gerlach in Tübingen, Freiburg, Greifswald und Marburg, über- all bedacht, seine Sammlungen zu vergrößern, er hatte sich unter dem Einfluß Otto Volgers besonders auf fossile und rezente Schnecken verlegt und die Ferienaufenthalte im Elternhaus stets fleißig zum Ai'beiten in der Senckenbergischen

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Anatomie und unter C. F. Nolls Anleitung in unserem Museum benutzend. Nachdem er 1868 in Marburg die medizinische Staats- prüfung abgelegt imd promoviert hatte, ließ er sich als prak- tischer Arzt in seiner Vaterstadt nieder und war zunächst als Armenarzt für die hiesige Deutsche reformierte Gemeinde tätig. Doch bald war ihm eine besonders günstige Gelegenheit geboten, sich in Hongkong als Arzt niederzulassen, und Carl Gerlach wäre der letzte gewesen, ein solches Anerbieten auszuschlagen, das seinem Sammeleifer ein neues, weites Feld der Betätigung eröffnete. Im Frühjahr 1869 verlegte er seinen Wohnsitz nach Hongkong, und dort hat er während eines Menschenalters eine reich gesegnete ärztliche Tätigkeit entfaltet. Indessen war er seiner großen Klientel nicht nur ein sorgsamer ärztlicher Be- rater, sondern auch der treueste Freund, und er ist es den vielen deutschen Familien, die er im fernen Osten kennen gelernt hat, geblieben, längst nachdem sie nach Europa zurückgekehrt waren, und nachdem er selbst die ärztliche Praxis aufgegeben hatte.

Stets eifrig bestrebt, den Fortschritten seiner Wissenschaft zu folgen, führte ihn die Kunde von Robert Kochs bahn- brechender Entdeckung des Cholera- und des Tuberkulose-Bazil- lus nach Deutschland zurück, wo er sich 1885 im hygienischen Institut zu Berlin mit den subtilen mikroskopischen und bakterio- logischen Untersuchungsmethoden bekannt zu machen suchte, um auf dem neu errungenen Gebiet wissenschaftlicher Forschung selbständig mitarbeiten zu können. Es war das einzige Mal wäh- rend seines zweiunddreißigjährigen Aufenthaltes in Hongkong, daß er vorübergehend in die Heimat zurückkam. Im übrigen nützte er die Zeit beruflicher Ferien stets zu längeren Studien- und Sammelreisen in das Innere von China und Japan aus, deren reiche Früchte sich zum großen Teil in unserem Sencken- bergischen Museum befinden. Vor allem ist es eine prachtvolle Kollektion von Kieselschwamm-Skeletten, darunter eine riesige Eupleciella imperialis aus der Sagami-Bai, alle in mustergültiger Erhaltung, die nur der Sorgfalt zu danken ist, mit der Gerlach persönlich den Transport dieser zerbrechlichen Gebilde über- nahm. Auch unsere geologische Sammlung aus dem Mainzer Becken ist durch ihn, in Verbindung mit Boettger, vielfach gefördert worden.

Im Jahre 1901 kehrte der 58jährige endgültig nach Frankfurt zurück und trat nun nachdem er bereits am 24. April 1869

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zum korrespondierenden Mitglied der Gesellschaft er- nannt worden war in die Reihe der arbeitenden Mit- glieder ein. Freilich hat er an den Arbeiten der Verwaltung nur selten teilgenommen; um so regelmäßiger aber hat er bis in die letzten Wochen seines Lebens hinein unsere zoologischen und paläontologischen Vorlesungen und alle wissenschaftlichen Sitzungen besucht, stets in einer der ersten Reihen des Hörsaals sitzend und mit gespannter Aufmerksamkeit den Ausführungen der Vortragenden folgend.

Nur wenige unserer jüngeren Mitglieder haben den schlich- ten, bescheidenen Mann noch kennen gelernt; kaum einem von ihnen ist er persönlich nahegetreten. Aber mit seinem alten Freunde, unserem Oskar Boettger, mit dem er während seiner langjährigen Abwesenheit in regstem Briefwechsel und wissen- schaftlichem Meinungsaustausch stand, ist er in enger Freund- schaft verbunden geblieben, bis Boettgers Tod im Herbst 1910 das Band zerrissen hat^ das beide Männer länger als ein halbes Jahrhundert aufs engste verknüpft hatte. Nun ist auch e r heim- gegangen, ein edler, guter Mensch, ein pflichttreuer Arzt, ein begeisterter Anhänger und Förderer seiner Wissenschaft, dem die Senckenbergische Naturforschende Gesellschaft und ihr Mu- seum in aufrichtiger Dankbarkeit über das Grab hinaus ein treues Gedenken bewahren wird!

A. K?ioblauch.

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Aus der Schausammlung.

Der Scliopfibis.

Mit einer Abbildung.

Der Schopfibis ist ein Charaktervogel der öden Gebirge Kleinasiens, Syriens, Arabiens und Abessiniens. Einzelstehende, steile Felsklippen sind sein Lieblingsaufenthalt, so daß der etwa haushuhngroße Vogel mit seinem metallisch schimmernden, raben- schwarzen Gefieder, dem nackten Kopf und dem mähnenartigen Schopf im Nacken schon auf weite Entfernungen in die Augen fällt. Die nackten Wangen, der Schnabel und die Füße dieses seltsamen Tieres, das, obwohl es Sumpf und Wasser überhaupt meidet, den Ibissen zuzurechnen ist, sind von purpur- bis braim- rötlicher Färbung; den nackten Oberkopf bedeckt im Alter eine bläulichschwarze hornige Platte.

Wie ein Märchen aus uralten Zeiten mutet es uns an, wenn wir erfahren, daß dieser Vogel oder ein ihm äußerst ähnlicher Verwandter, der Waldrapp, noch vor gar nicht allzulanger Zeit in den Alpen, ja sogar im Frankenjura nistete. Der vortreffliche schweizer Zoolog Conrad Gesner war es, der den Waldrapp am Ende des sechzehnten Jalu"hunderts zuerst als „corvus sil- vaticus" beschrieb und in seiner Historia animalium abbildete. Nach G e s n e r s Angabe nistete der Waldrapp Waldrabe {cor- vus süvaticus) nach heutiger Schreibweise auf isolierten Fels- schroffen im obersten Rheintal, im Schweizer Jura bei Mariastein und auf Juraklippen bei Kelheim und Passau. Er kam mit den Störchen, zog aber weit früher als diese, schon anfangs Juni, wieder nach Süden, nachdem er zwei oder drei Junge großge- zogen hatte. Die jungen Waldrappen galten, so lange sie noch nicht fliegen konnten, für einen besonderen Leckerbissen, wes- halb ihnen eifrig nachgestellt wurde. Die rücksichtslose Verfol- gung der Vögel mußte bald zu ihrer völligen Ausrottung führen.

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und tatsächlich wird schon im Jahre 1620 (in Rebmanns Na- turae magnalia) der Waldrapp zum letzten Male, und zwar aus dem „höchsten Birg" erwähnt. Nach Lauterborn und Killer- mann dürfen wir eine Stelle bei Plinius, Historia naturalis, Lib. X, als Beleg für das Vorkommen des Waldrapps in den Al- pen im ersten Jahrhundert n. Chr. ansehen; eine spätere Chronik erwähnt diesen Vogel aus der Zeit Friedrichs IL bei Bad Pfäfers in der Schweiz, so daß seine Existenz in Mitteleuropa durch sechzehn Jahrhunderte hindiu^ch als erwiesen gelten kann.

Linne benannte im Jahre 1758 den ihm selbst unbekannten, bei Gesner beschriebenen und abgebildeten Vogel als eremita und erkannte somit seine Existenz an, wähi-end spätere Forscher in dem restlos verschwundenen Waldrapp ein Fabelwesen oder eine Fälschung erblickten und Gesners und L inn es Angaben vollkommen vernachlässigen zu dürfen glaubten. So geriet der "Waldrapp gänzlich in Vergessenheit.

In den zwanziger Jahren des vorigen Jahrhunderts brachten nun Hemprich und Ehrenberg aus Syrien und Arabien und Rüppell aus Abessinien eine Ibisart mit, die den Namen Schopf- ibis {Geronticus comatus Rüpp.) erhielt, und deren Typus sich in unserem Senckenbergischen Museum befindet. Diesen Schopf- ibis glauben E. Hartert, 0. Kleinschmidt und W. Roth- schild in der Abbildung des sagenhaften Gesner sehen Wald- rapps zu erkennen, und schließen daraus, beide Tiere seien identisch, weshalb nach den Nomenklaturregeln für den bisher gebräuchlichen Rüpp eil sehen Namen comatus der vergessene Linne sehe eintreten und der Schopf ibis weiterhin Geronticus eremita L. heißen muß. Mit dieser Feststellung ist der Gesn er- sehe Waldrapp aus der Reihe der Fabelwesen wieder unter die wissenschaftlich belegten Tiere aufgerückt, und das Einzige, was noch gegen seine vollkommene Identität mit Rüppells Schopf- ibis sprechen könnte, ist der Umstand, daß Gesner für den letzteren charakteristische Merkmale, wie z. B. die den Hinter- kopf bedeckende blauschwarze Hornplatte, in der sonst vorzüg- lichen Beschreibung seines Waldrapps nicht erwähnt. Auch der Engländer Alb in gibt in seiner Natural History of the Birds, 1740, auf Taf. 18 die Abbildung eines schweizer Waldrapps, aus der Sammlung von Sir Th. Lowther, nicht mit der schwärz- lichen Hornplatte, sondern mit rötlicher Glatze. Jedoch glaubt (nach brieflicher Mitteilung) E. Hartert, der genaue Kenner

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der Vogelliteratur, die Beschreibung von Gesner und die Ab- bildung von Alb in nur mit äußerster Vorsicht aufnehmen zu dürfen, und meint, daß das Auslassen einzelner Merkmale in ihnen nie als Artkriterium betrachtet werden kann. Immerhin ist es aber möglich, daß die auf ein so weites Gebiet (Mesopotamien- Marokko und Abessinien- Bayern) verbreitete Art Geronticiis eremita in absehbarer Zeit in geographische Unterarten aufgespalten wird, und dann müßte die Alpenform (Gesner s Waldrapp) Geronficus eremita eremita L., die abessinische Form dagegen (Rüppells Schopfibis) Geronticus eremita coma^ws Rüpp. heißen. ^ ^^^^^

Unser Plaiiktonschrank.

I. Radiolarien und Medusen.

Mit 13 Abbildungen.

Einleitung.

Unsere zoologischen Museen sind heute über die Aufgabe hinausgewachsen, das Tierreich in gedrängter Übersicht allein systematisch vorzuführen und allenfalls noch die Morphologie an typischen oder charakteristischen abweichenden Formen durch anatomische Präparate zu veranschaulichen. Man versucht heute, auch „biologisch" auszustellen und dem Beschauer einen klaren Begriff vom Leben der Tiere selbst zu geben. Damit soll aber weniger, wie in einem der alten Schullehrbücher, eine Fülle von Einzelkenntnissen über die „Lebensweise", über Bauten und Nester, geographische Verbreitung, Zusammenleben usw., ge- geben werden, als ein Verständnis für den tierischen Organismus als Ganzes und seine Beziehungen zur Umwelt, die sein Aussehen und seine Verrichtungen als in ihr notwendig erklären.

Vollständig kann dieses Ziel freilich im zoologischen Mu- seum nie erreicht werden, da hier das Wichtigste für derartige Vorführungen, das lebende Objekt, fehlen muß. Es wird immer erste Aufgabe einer Schausammlung, die an eine große wissen- schaftlich-systematische Hauptsammlung angegliedert ist, bleiben, dem interessierten Laien den Überblick über die Formenfülle selbst zu geben. Die Eigenart einer für das Publikum bestimm- ten Sammlung verlangt aber auch die Erklärung der Form, und die heutigen Strömungen in Hochschul- und Schulunterricht wei- sen nachdrücklich darauf hin. So bleibt es für jedes naturhistori-

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sehe Museum ein Problem, das richtige Verhältnis zwischen bio- logischer und systematischer Schaustellung zu finden und sich auf der einen Seite von allerhand wissenschaftlich gewagten und oft auch geschmacklosen Spielereien, auf der anderen von trocke- ner Pedanterie fernzuhalten.

Versuche, Tierformen in ihrer natürlichen Um- gebung verständlich zu machen, sind seit langer Zeit angestellt worden; wohl jede Sammlung weist z, B. ältere Präparate von Insekten mit Schutzfärbung in der schützenden Umgebung auf. In den letzten Jahrzehnten hat man sich bemüht, dieses Prinzip ins Große zu übertragen, indem man die Tierwelt etwa einer bestimmten tiergeographischen Region in natürlicher Umgebung zu Gruppen zusammenstellte. Die beiden Kojen unseres Museums mit Ausschnitten aus der Landschaft Deutsch-Ostafrikas und aus der Arktis mit ihren Charaktertieren bezeichnen die Ziele solcher Bestrebungen, die mehr Wert auf einen „Ausschnitt aus der Natur'' als auf eine Gruppierung des gesamten faunistischen Materials legen. Sodann besitzen wir eine in ihrer Eigenart frei- lich kaum heraustretende Zusammenstellung planktonischer Lebe- wesen im Saal der Niederen Wirbellosen, die in einem Wand- schrank mit schwarzem Hintergrund untergebracht ist. Zu dieser ist seit mehr als Jahresfrist ein zweiter Planktonschrank in demselben Saal hinzugekommen, der seiner Aufgabe in viel glücklicherer Weise gerecht wird. Er steht vor einem Fenster, und seine vier Wände bestehen aus Spiegelglas. Das Licht kann so durch die „Glastiere" des Meeres hin durchtreten, und damit ist auf einfachste Art die hervorstechendste Eigenschaft, die Durch- sichtigkeit, der meisten Lebewesen des Planktons dem Beschauer sofort demonstriert.

Unser Planktonschrank soll kein Ausschnitt aus dem Leben des Meeres sein ; dies können wir nie in unsere Schränke bannen, und wer es genießen will, der muß es an Ort und Stelle schauen. Wohl aber bringt unser Schrank eine Veranschaulichung der charakteristischen Eigenschaften, die ein Tier zum Planktonten stempeln, und gestattet dem Lehrer, die allge- meinen Begriffe der Planktonkunde an einem geschlossenen Bilde zu erläutern. Die sehr wertvollen Objekte verdanken wir, ebenso wie den Schrank mit der ganzen Ausrüstung, Herrn Dr. H. Morton in Heidelberg.

Für die Zusammenstellung der Objekte durchsichtige

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Planktontiere des Golfes von Neapel war zunächst der praktische Gesichtspunkt maßgebend, nur große, in ihren Einzel- heiten dem bloßen Auge zugängliche Stücke zu wählen; dann, diese möglichst verschiedenen systematischen Gruppen zu ent- nehmen, um die Konvergenzen in der Anpassung an planktoni- sche Lebensweise vorzuführen, und schließlich auch die verschie- denen Wege dieser Anpassungen zu zeigen. Schranken gezogen waren nicht nur durch die Größe der in überwiegender Zahl mikroskopischen Angehörigen des Planktons; auch die Konser- vierungsmethoden sind für viele gerade der großen, schwer zu erhaltenden Formen noch nicht ausreichend, um die Objekte im durchfallenden, jede Trübung und Beschädigung unbarmherzig enthüllenden Licht aufstellen zu können, obwohl die ausgestell- ten Exemplare Zeugnis ablegen für den berechtigten Ruf der bewährten Neapler Technik (Fig. 1).

Der Begriff „Plankton" ist noch nicht sehr alt, obwohl die Beschäftigung mit dem „pelagischen Auftrieb" und dem zu seinem Fange verwandten „MüUerschen Netz" viel weiter zurück- reicht als die Prägung der Definition, und obwohl die Plankton- kunde heute bereits eine durchgearbeitete Spezialdisziplin ge- worden ist. „Alles, was im Wasser treibt, einerlei ob hoch oder tief, ob tot oder lebendig. Das Entscheidende ist, ob die Tiere willenlos mit dem Wasser treiben, oder ob sie dieser Triebkraft gegenüber in einem gewissen Grad die Selbständigkeit bewahren. Die Fische gehören daher höchstens in der Form von Eiern und Brut zum Plankton, aber nicht als erwachsene Tiere. Die Cope-

Erklärung der Abbildung.

Fig. 1. Unser Planktonschrank. Geschenk von Dr. Hugo Morton.

Obere Reihe : 1 Lampetia pancerina Chun 2 Diplujes siebolcU KöUiker 3 Vclella spirans Eschsclioltz 4 Cestus veneris Lesueur 5 Thalassicolla muieata Huxley 6 Tiedemannia neapolitmia Delle Chiaje.

Mittlere Reihe : 7 Pilema pulmo Linne 8 Cymbulia peroni Blainville. 9 Pelagia uoctilnca Peron et Lesueur 10 Pterotrachea coronata Forskäl 11 Aequorea forskalea Peron et Lesueur 12 Alciopa cantvaini Delle Chiaje 13 Lampetia pancerina Chun.

Untere Reihe: 14 Praya maxima Gegenbaur 15 Asterope Candida Delle Chiaje 16 Salpa maxima-africana Forskäl, Kette 17 Cotylorhisa tnbercnlata Linne 18 Carmarina hast ata Haeckel 19 Pyrosoma giganteiim Lesueur 20 Pilema pulmo Linne 21 Salpa maxima-africana Forskäl, Amme 22 Phy- sopliora hydrostatica Forskäl 23 Vanadis formosa Claparede 24 Haiistemma rubrum Vogt.

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poden, obwohl lebhaft schwimmend, werden doch willenlos mit dem Wasser fortgerissen und müssen daher zum Plankton ge- rechnet werden." So hat Hensen (1887) erstmalig das Plankton^) definiert, und Umfang und Inhalt des Begriffes sind bis heute wesentlich die gleichen geblieben. Das Charakteristische der Planktontiere des Meeres und auch des süßen Wassers ist also, daß sie hilflos im Wasser schweben und von jeder Woge oder Strömung mitgerissen werden, ob sie eine Eigenbewegung haben oder nicht. Sie finden ihre Lebensbedingungen in allen Tiefen, doch sind bestimmte Arten und Gattungen meist auch an bestimmte Tiefen gebunden; verbreitet sind die Planktonten von mehreren Tausend Metern Tiefe bis zur Oberfläche des Wassers herauf. Die wesentlichste Fähigkeit, die ihnen den Aufenthalt in ihrem Milieu ermöglicht, ist das Vermögen zu schweben. Rein physikalisch tritt ein Schweben ein, wenn das spezifische Gewicht eines eingetauchten Körpers gleich dem der betreffen- den Flüssigkeit ist. Der Planktologe erweitert den Begriff etwas, indem er das Schweben einer minimalen Sinkgeschwindigkeit gleichsetzt, vielleicht auch dann noch von Schweben spricht, wenn ein Planktontier sich durch schwache Eigenbewegung in der Schwebe hält. Die Bedingungen, unter denen beim Plankton ein Schweben eintritt, sind von Wolfgang Ostwald auf die einfache Formel gebracht

o. 1 u j- 1 -i Übergewicht

bmkgeschwmdigkeit = .? ^s-^i ^ —, -, r*

° ° Innere Reibung x Formwiderstand

Wird die Sinkgeschwindigkeit zum Minimum, dann tritt Schwe- ben ein. Daß eine direkte Proportionalität zwischen Übergewicht und Sinkgeschwindigkeit besteht, ist ohne weiteres klar. Je mehr ein Planktontier spezifisch schwerer als das Meerwasser ist, um so größer ist seine Sinkgeschwindigkeit. Damit also ein Schwe- ben herauskommt, muß vor allem das spezifische Gewicht der Planktonten sehr gering, im Meere annähernd gleich sein dem des Meerwassers (der Schicht, in der sich der Organismus auf- hält). Man hat also a priori Einrichtungen zu erwarten, die dazu berufen sind, das spezifische Gewicht herabzusetzen. In der Tat wird dies auch auf den denkbar verschiedensten, aber gleich zweckmäßigen Wegen erreicht. Vor allem findet sich außer- ordentlich verbreitet die Ausbildung von Substanzen im Orga-

*) TO nXayxTÖv = das Treibende.

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nismus, die spezifisch leicht sind, wie die sehr wasserreiche Gallerte, die z. B. den außerordentlich voluminösen Schirm der Medusen fast allein bildet. Sie findet sich überhaupt bei al- len größeren Planktontieren, so bei sämtlichen Stücken unseres Schrankes. Auch Schleimabsonderung kann denselben Zweck verfolgen. Daß die Gallerte übrigens ausnahmsweise den ganzen Organismus direkt leichter macht als Meerwasser, wird für Aurelia aurita, die häufige Ohrenqualle der Nord- und Ost- see, angegeben. Sie soll, wenn sie ihre gewöhnlichen Pump- bewegungen einmal sistiert, langsam nach oben steigen. Eine Erleichterung des spezifischen Gewichts tritt auch ein, wenn das Plasma, vorwiegend bei den planktonischen Protozoen, die Fähig- keit besitzt, Vakuolen auszubilden, deren Inhalt leichter ist als das Wasser, aber auch viel leichter als die Körpersubstanz selbst, die, ihrer Vakuolen beraubt, im Wasser untersinken würde. Sehr häufig, namentlich bei den prächtigen Siphonophoren, ist auch die Ausscheidung von Gasen im Körper oder in besonderen Gasbehältern, wie eben bei jenen. Dadurch wird natürlich ein außerordentlich wirksamer Auftrieb erzielt, der manche, wie die großen Seeblasen, die Physalien, dauernd an der Oberfläche hält. Eine andere Siphonophore, die Segelqualle Velella, schwimmt ebenfalls mit Hilfe von Gas an der Oberfläche; das Gas aber ist atmosphärische Luft, die von außen in einen Hohlraum auf- genommen wird. Während diese Gase, ausgenommen bei Formen wie Velella, diKch besondere Drüsen ausgeschieden werden, sind Fett- und Öltropfen, die das Gewicht des Plasmakörpers ebenfalls sehr wirksam kompensieren, in der Regel Produkte des Stoffwechsels. Dadurch ist ein direkter Zusammenhang zwischen Stoffwechsel und Schwebfähigkeit gegeben, eine Abhängigkeit des einen vom anderen, und damit wiederum eine Regulation des einen durch das andere. Überhaupt sind Vorrichtungen, die das Schweben im Wasser regeln und ein Sinken oder Steigen her- beiführen, wenn es für die Planktonten nötig ist, mit den mei- sten Schwebeeinrichtungen in überraschend zweckentsprechender Weise verbunden. Gasblasen können entleert werden, und ihr Träger muß sinken, bis neues Gas gebildet ist. Vakuolen werden ausgestoßen oder resorbiert, wenn irgend ein Reiz ihren Besitzer irritiert, und Flucht in die Tiefe ist die Wirkung. Sogar die an- scheinend so solide Gallerte ist nicht unveränderlich. Die Schirm- höhe mancher großen Medusen ist vom Zustand der Ernährung

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abhängig, und auf Änderungen im Salzgehalt erfolgt bei den Gallerttieren die Antwort in Vergrößerung oder Verkleinerung ihres Umfangs.

Von den beiden Faktoren des Nenners unserer Gleichung ist die innere Reibung eine rein physikalisch-chemische Größe. Es ist ja bekannt, daß Öl z. B. eine größere innere Reibung hat als etwa Äther, daß ganz abgesehen von den spezifischen Ge- wichten — in ersterem ein Körper infolge der größeren Vis- kosität (Klebrigkeit) der Teilchen viel langsamer sinkt als in letzterem. Ähnliche Unterschiede finden sich auch im Meerwasser, hervorgerufen wesentlich durch verschiedenen Salzgehalt, vor allem aber durch verschiedene Temperatur: je wärmer das Was- ser, desto geringer ist seine innere Reibung. Der zweite Faktor, der ebenfalls in umgekehrtem Verhältnis zur Sinkgeschwindig- keit steht, ist der Form wider st and oder äußere Reibungs- widerstand. Für ihn kommen in Betracht das Verhältnis der absoluten Oberfläche zum Volumen und die Größe der Vertikal- projektion. Der erste Punkt bedarf keiner Erläuterung. Und daß die maximale Oberfläche nicht in vertikaler Richtung ausge- bildet sein darf, sondern in horizontaler entwickelt werden muß, weil so dem Zug nach unten der größte Widerstand entgegen- gesetzt ist, daß es also auf die Größe der vertikal nach unten projizierten Fläche für das Sinken sehr ankommt, ist ebenfalls verständlich. Wenn wir planktonische Lebewesen auf die Aus- gestaltung ihrer Oberfläche durchmustern, so finden wir überall da, wo nicht verhältnismäßig kräftige Eigenbewegung oder aus- reichende Vorrichtungen zur Herabsetzung des spezifischen Ge- wichtes vorhanden sind, das Bestreben, die Oberfläche nach Möglichkeit auszudehnen. Daher die Ausgestaltung von Fall- schirmen in den Formen vieler Medusen oder von flachen Scheiben, die horizontal im Wasser stehen, daher die lang- gestreckten Ketten und Bänder, wie bei den Siphonophoren und Salpen. Am wunderbarsten und mannigfachsten ausgebildet aber sind die Vorrichtungen zur Vergrößerung der Oberfläche bei Formen, die ihrer Kleinheit wegen für unseren Schrank nicht in Betracht kommen, bei skelettragenden Protozoen und bei den kleinen Krebsen des Meer- und Süßwassers. Man kann hier an der Länge und Differenzierung der Schwebestacheln und -borsten und sonstigen Anhänge sofort erkennen, ob man Warm- oder Kalt- wasserformen vor sich hat: in warmem Wasser sind sie länger

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als in kaltem. Auch hier findet sich also die Möglichkeit, durch Verlängerung oder Verkürzung der Anhänge den Formwiderstand zu erhöhen oder zu erniedrigen, sich also der jeweiligen inneren Reibung, die mit jenem aufs engste korrespondiert, anzupassen und ihn zu regulieren.^) Die Temporalvariationen unserer Daph- nien sind ein bekanntes Beispiel für die Selbstregulation im tieri- schen Organismus gegenüber Veränderungen in der Umwelt.

Eine weitere Möglichkeit, sich schwebend zu halten, besteht für sehr viele der Planktonwesen in der Fähigkeit, aktive Schwimmbewegungen auszuführen, die jedoch immer so schwach sind, daß das Tier ein Spiel der Strömung oder der Wellen bleibt; andernfalls darf man es eben nicht mehr zum Plankton zählen. Alle diese verschiedenen Wege, ein Schweben zu erreichen, treten in der Regel nicht vereinzelt auf, sondern werden bei jeder Form mehr oder weniger kombiniert. Der ganze kunstvolle Organismus eines Planktonwesens fordert so förmlich die bio mechanische Anal3^se heraus.

Neben den Einrichtungen für die Bewegung sind seit langem die Schutzmittel der Planktonten aufgefallen. Es ist allbe- kannt, daß die Tiere nahe der Meeresoberfläche ganz glashell und durchsichtig sind. Daß hier ein Fall von Schutzfärbung vorliegt, scheint bei allen jenen ganz wasserhellen Tieren, die auch der Geübte im Schöpf glas nicht sogleich findet, außer aller Frage. Daß aber die Durchsichtigkeit der Glastiere dieser schüt- zenden Wirkung wegen entstanden sei, wurde mehrfach bestrit- ten (Hensen, Brandt, Doflein). „Weil die Gefahr einer Verletzung der Glaskörpergewebe in den wiegenden Wellen der hohen See sehr gering ist, konnte das Wasser welches keine Vermehrung des Stoffwechsels bedingt in ausgiebigstem Maße bei der Gewebebildung verwendet werden, um den Körper der Tiere möglichst zu vergrößern" (Hensen). Damit ist natürlich eine der wesentlichsten Vorbedingungen für die Aufhellung eines Planktontieres gegeben, wenn man bedenkt, daß ein solcher Or- ganismus in extremen Fällen bis zu 98*^/0 Wasser enthält. Einen anderen Grund führt Doflein ins Feld: „Wenn ich die ganze Fülle des Lichtes empfand, welches auf die unendliche Fläche niederstrahlt, stieg in mir der Gedanke auf, ob nicht die Kristall-

') Es gilt dies nicht ohne Einschränkung; auch andere Faktoren wie die Viskosität des Wassers haben Einfkiß auf die Form der Fortsätze. S. Woltereck 1913.

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klarheit der Tiere mit dieser Macht des Lichtes in Zusammen- hang stände. Ist es nicht für diese Tiere vorteilhaft, wenn die Mehrzahl der Sonnenstrahlen ihren Körper passieren muß, ohne gebrochen und reflektiert, ohne in besondere Energieformen um- gesetzt zu werden? Und werden vielleicht besondere Strahlen- gattungen ausgenützt, wenn sie auf die grellgefärbten Organe im Innern der Tiere fallen? Besteht etwa ein großer kausaler Zusammenhang, welcher Luft, Wasser und lebende Substanz in bestimmter Weise aufeinander zu wirken zwingt?" Wirklich ist es sehr auffällig, wenn man sieht, daß gerade manche der durch- sichtigsten Quallen lebhaft gefärbte Geschlechtsorgane haben oder der große durchsichtige Heteropod Pterotrachea einen ganz undurchsichtigen Eingeweideknäuel, daß also gerade die für die Art oder das Individuum wichtigsten Organe dem Auge eines Räubers gezeigt werden. Bei sehr lebhaften Farben, namentlich manchen stark nesselnden Quallen und Siphonophoren, hat man Schreck- und Warnfärbung zur Erklärung angenommen. Eine echte, ,um ihrer selbst willen entstandene Schutzfarbe ist aber jedenfalls das Dunkelblau, das vielen ausgesprochenen Ober- flächentieren eigen ist. Es läßt die Tiere, von oben gesehen, verschwinden und schützt sie gegen die Schnäbel der Albatrosse, sowie auch gegen Fische und Schildkröten an der Meeresober- fläche selbst. Man findet dieses Blau bei manchen großen Ra- diolarien der Oberfläche, dann bei pelagischen Krebsen und Schnecken, wie Glaiicus und der Veilchenschnecke Janthina, und vor allem bei der Siphonophore Velella, der stolzen Segel- qualle. — Eine der prächtigsten Naturerscheinungen, das Meer- leuchten, geht auch auf Planktonorganismen zurück, und zwei der am intensivsten leuchtenden Formen, Pijrosoma und Pelagia, haben auch bei uns Aufstellung gefunden. Über die biologische Bedeutung des Phänomens selbst sind die Meinungen geteilt. Begründete Theorien sind nur für das Leuchten der Tiefsee- organismen aufgestellt.

An der Zusammensetzung des tierischen Planktons nehmen Vertreter der verschiedensten Tierklassen teil. Wir haben zahl- reiche planktonische Protozoen. Unter den Coelente raten gehören ganze Klassen, wie die Siphonophoren und Ctenophoren, zum Plankton. Unter den Hydro- und Scyphozoen bilden viele Familien planktonische Geschlechtsgenerationen, Medusen, aus, oder sind überhaupt als Medusen ohne Polypengeneration

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rein pelagisch. Bei den Würmern sind es die Alciopiden, die zu „Glastieren" geworden sind. Von den Mollusken haben wir dabei namentlich die Pteropoden und Heteropoden, aber auch sehr charakteristische Cephalopoden. Im Gegensatz zur Lebens- weise der ausgebildeten Echinodermen treiben sich ihre ab- sonderlichen Larvenformen draußen auf der freien See herum, ebenso die Larven aus Familien festsitzender oder schmarotzen- der Krebse; andere Krebsgruppen enthalten nur Planktontiere. Alle Chaetognathen und ein großer Teil der Tunikaten gehören ins Plankton und schließlich auch Wirbeltiere, Fische, wenn auch hier die allermeisten sich nur im Jugendstadium vom Wasser treiben lassen, später aber in ihrer Bewegung selb- ständig werden.

Literatur: Brandt, K. Über Anpassungserscheinungen und Art der Verbreitung von Hochseetieren. Erg. Plankton-Exp. I. A. 1892. Chun, C. Die geographische Verbreitung der pelagisch lebenden Seetiere. Zool. Anz. 9. 1882. Ders. Die pelagische Tierwelt in größeren Meerestiefen. Bibl. Zool. 1. 1887. Haeckel,E. Plankton-Studien. Jena 1890. Hensen,V Einige Ergebnisse der Plankton-Expedition. Sitzgsber. Kgl. Preuß. Akad. Wiss. Berlin 1.1890. Ostwald,W. Zur Theorie des Planktons. Biol. Ztrlb. 22. 1902.— Ders. Zur Lehre vom Plankton. Naturw. Wochenschr. 18. 1903. Ders. Theoretische Planktonstudien. Zool. Jahrb. Syst. 18. 1903. Steuer, A. Planktonkunde. Leipzig. 1910. Wesenberg-Lund,C. Von dem Ab- hängigkeitsverhältnis zwischen dem Bau der Planktonorganismen und dem spezifischen Gewicht des Süßwassers. Biol. Ztrlb. 20. 1900. Woltereck, R. Über Funktion, Herkunft und Entstehungsursache der sog. „Schwebefortsätze" pelagischer Cladoceren. Zoologica 67. 1913.

A. Radiolarien.

Unter den Protozoen des Planktons treten vor allem die Kadiolarien durch einen geradezu fabelhaften Formenreichtum und die mannigfachsten Schwebeeinrichtungen hervor. Diese sind gerade hier Gegenstand grundlegender allgemeiner Arbeiten über die hydrostatischen Apparate gewesen. Mit Ausnahme einer Gat- tung sind die Radiolarien ausschließlich pelagisch und finden sich in allen Tiefen. Da bestimmte Formen durch ihre Organi- sation an bestimmte Tiefen gebunden zu sein scheinen, hat man den Vorschlag gemacht, gewisse Meerestiefen nach dort vor- kommenden Radiolarien zu benennen. Die oberste Schicht, von der Oberfläche bis zu 50 m Tiefe, wurde danach als Colliden- schicht bezeichnet, weil hier die CoUiden auftreten, mit einem

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Durchmesser bis zu mehreren Millimetern, große Einzelformen und Kolonien, Riesen unter den meist mikroskopisch kleinen Ra- diolarien. CoUiden allein kommen daher ihrer Größe wegen für unseren Planktonschrank in Betracht und sind durch eine An- zahl Exemplare von Thalassicolla nucleata Huxley (5),^) eine monozoische Form in der Familie, vertreten. Wie bei allen Ra- diolarien enthält der Protoplasmaleib eine hier sehr derbe, häu- tige Zentralkapsel, die den zentralen dichteren Teil des Plasmas mit seinen Körnchen, Fettropfen und Eiweißkörpern, sowie den Kern enthält und von zahlreichen Poren durchsetzt wird. Durch diese steht das intracapsuläre mit dem extracapsulären Plasma in Verbindung, von dem beim lebenden Tiere die Pseudopodien ausstrahlen. Auch an den konservierten Exemplaren unterschei- det man diese Schicht auf den ersten Blick von der dunklen undurchsichtigen Zentralkapsel mit ihrem Inhalt. Während die meisten Radiolarienfamilien Skelette ausbilden, die oft an Schön- heit ihresgleichen unter den organischen Gebilden suchen (Fig. 2) und die Radiolarien fast populär gemacht haben, treten solche bei den Colliden nur in sehr einfacher Form auf oder fehlen ganz, wie bei unserer Thalassicolla (Fig. 3).^) Die Hartgebilde der meisten übrigen Radiolarienfamilien stellen, vielfach in Ver- bindung mit muskulösen Teilen des extracapsulären Plasmas, einen ebenso einfachen wie zweckdienlichen hydrostatischen Apparat dar, mit dessen Hilfe der ganze Organismus auf die verschiede- nen Reize seiner Umwelt durch Sinken oder Steigen reagieren kann, wie es die Arbeiten von F. Dreyer und V. Hacker dar- getan haben. Bei den Colliden ist der ganze Schwebeapparat abgesehen von den Pseudopodien, die als Schwebefortsätze wirken durch das außerordentlich voluminöse extracapsuläre Plasma repräsentiert (s. Fig. 3), steht aber jenen Apparaten hin- sichtlich der mechanischen Vollkommenheit in keiner Weise nach. Die intracapsuläre Sarkode hat trotz ihres verhältnismäßig großen Fettgehaltes ein relativ hohes spezifisches Gewicht. Eine ihrer Rinde beraubte Zentralkapsel sinkt im Seewasser sofort unter, um dann gleich zur Regeneration des wichtigen fehlenden Teiles zu schreiten. Dieser hat im ganzen ein wesentlich geringeres

*) Die eingeklammerte Zahl entspricht der Nummer des Glases im Planktonschrank.

'^) Mangels einer brauchbaren Vorlage für Thalassicolla nucleata ist die naheverwandte Thalassophysa pelagica Haeckel dargestellt.

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spezifisches Gewicht als das Seewasser. Eine von seinem Plasma ausgeschiedene Gallertmasse ist allerdings meist etwa so schwer wie jenes, bei Thalassicolla sogar nach Verworn etwas schwe- rer; aber das ganze extracapsuläre Plasma ist von Vakuolen (Al-

Fig. 2. Calocyclas monnmenhim Haeckel. Nach Ha e ekel, gemalt von Frl. B. Groß.

veolen) durchsetzt, die ihren Ursprung im Plasma selbst haben. Ihr Inhalt, die Vakuolenflüssigkeit, weicht in seiner Zusammen- setzung nicht unerheblich vom Seewasser ab imd ist viel leichter. Durch die Größe des leichten Rindenteiles er übertrifft bei

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manchen Formen die Zentralkapsel um das Tausendfache an Vo- lumen — wird einmal der Reibungswiderstand im Wasser ver- mehrt, dann aber das hohe spezifische Gewicht des Binnenkörpers völlig kompensiert. Die beiden Teile des Thalassicolla-Köv^QYS,

<>>

Fig. 3. Thalassophysa pelagica Haeckel. Nach Haeckel.

sind nun so kombiniert, daß ihr gesamtes spezifisches Gewicht dem des Meerwassers fast gleich ist; ganz geringfügige Ände- rungen im Gewicht des Meerwassers oder bei dem Tiere genü- gen, um ein sofortiges Steigen oder Sinken hervorzurufen. Nach

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den Berechnungen Brandts, dessen schönen Untersuchungen wir die Kenntnis des Baues der Colliden im wesentlichen ver- danken, dürfte bereits die Vermehrung des spezifischen Gewich- tes einer schwebenden Collide um 0,0001 bis 0,0002 genügen, um ein sofortiges Untersinken herbeizuführen. Regulierbar ist dieser hydrostatische Apparat der Colliden mit dem denkbar ge- ringsten Kraftaufwand. Auf einen Reiz hin ziehen sich die über die Gallertschicht hinausragenden Pseudopodien ein; der Reiz überträgt sich auf das gleichfalls reizbare und kontraktionsfähige Plasma des Extracapsulariums, das die Vakuolenwände bildet; diese ziehen sich zusammen und reißen ein, so daß der Vakuolen- inhalt in das Wasser hinausgelangen kann. Das Tier wird klei- ner und spezifisch schwerer und muß sinken. In einer ruhigen Wasserschicht werden die Pseudopodien wieder ausgestreckt, die Sekretion neuer Vakuolenflüssigkeit im extracapsulären Plasma beginnt, und schließlich steigt die Thalassicolla wieder zur Ober- fläche. Ein Untersinken aus inneren Ursachen findet sich nur vor der Bildung der Schwärmer; in diesem Falle stirbt der hydro- statische Apparat ab, das Tier sinkt, und die Zoosporen schwär- men in der Tiefe aus, nach Brandts Berechnung für Thalassi- colla iiucleata etwa in 800 bis 1000 m. Normalerweise wird das Fluchtmittel des Sinkens durch stärkeren Seegang sowie durch thermische Reize, zu starke Abkühlung oder Erwärmung, her- vorgerufen.

Literatur: Brandt, K. Biologische und faunistische Untersuchungen an Radiolarien und anderen pelagischen Tieren I. Zool. Jahrb. Abt. f. Syst. 9. 1896. Ders. Beiträge zur Kenntnis der Colliden. Arch. f. Prot.-Kde. 1. 1902. Doflein, F. Lehrbuch der Protozoenkunde. Jena 1909. Dreyer, F. Die Principien der Gerüstbildung bei Rhizopoden, Spongien und Echinodermen. Jen. Ztschr. Naturwiss. 26. 1892. Haeckel,E. Die Radiolarien. Berlin 1862-1888. Haecker, V. Über die biologische Bedeutung der feineren Strukturen [^des Radiolarienskeletts. Jen. Ztschr. Naturwiss. 39. 1905. Verworn, M. Über die Fähigkeit der Zelle, aktiv ihr spezifisches Ge- wicht zu ändern. Arch. ges. Physiol. 53. 1893.

B. Medusen.

Planktontiere xai' e^oxvv sind die Medusen oder Quallen, jedem bekannt, der einmal am Seestrand geweilt hat. Ans Ufer geworfen sind sie formlose, flache Gallertklumpen, bei der Be- rührung im Bade erzeugen sie einen unangenehm nesselnden

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Schmerz ; wer sie aber kennt und richtig gesehen hat, dem sind sie in ihren regelmäßigen und doch äußerst zierlichen und zar- ten Formen ein ästhetischer Genuß. Ihre Gestalt läßt meist die Grundform einer mehr oder minder flachen Glocke erkennen, aus der ein Klöppel heraushängt. Trotz dieser einheitlichen, immer wiederkehrenden Form faßt man als „Medusen" Angehörige zweier nicht unmittelbar verwandten Klassen zusammen. Sie verdanken ihre Ähnlichkeit in der äußeren Form ihrer wesentlich gleichen Lebensweise in der gleichen Umgebung und sind ein altbekanntes Beispiel der Konvergenz.

Die eine Gruppe der Medusen, die Hydro me dusen, zu denen unter den im Schi^ank ausgestellten Formen Aequorea forscalea Peron et Lesueur (11) und Garmarina hastata Haeckel (18) gehören, stehen in allen ihren ursprünglichen Vertretern (zu denen aber z. B. Gar marina nicht gehört) mit sog. Hydro- polypen, höchst einfachen, nach dem Typ der bekannten Hydra gebauten niederen Meerestieren, in Generationswechsel und bil- den deren Geschlechtsgeneration; Pilema x)ulmo, Pelagia noctiluca und Gotijlorhiza iubercidata sind Scyphomedusen, in deren Entwicklung ebenfalls eine polypenartige Ammengeneration auf- tritt (nicht bei Pelagia). Dieses Scyphostoma weist aber einen ganz anderen und viel höher differenzierten Bau auf als der Hydropolyp.

Gemeinsam ist den Medusengenerationen der beiden Klassen natürlich das, was eben Anpassung an das planktonische Leben darstellt. Die überwiegende Mehrzahl aller Quallen ist fast ganz farblos und hat ein geringes spezifisches Gewicht. Beides wird vorwiegend bedingt durch den außerordentlich hohen Wasser- gehalt, der z. B. bei Aurelia aurita, der bekannten Ohrenqualle der Nord- und Ostsee, bis zu 97,99*'/o gehen kann (nach Möbius). Pilema besteht nach Untersuchungen von Krukenberg aus 95,392''/o Wasser, 3°/o anorganischen und l,608"/o organischen Ver- bindungen. Charakteristisch für alle Medusen ist ihre Bewegung. Durch heftige Kontraktionen des Schirmes, der bei den Hydro- medusen regelmäßig mit einem nach innen vorspringenden Rande, dem Velum, versehen ist, wird das Wasser aus dem Schirmraum ausgetrieben und das ganze Tier durch den Rückstoß mit der Schirmfläche voran weiterbewegt. Die Zusammenziehung ist ermöglicht durch eine ringförmig am Innenrande des Schirms und bei den Hydromedusen auch im Velum angeordnete quer-

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gestreifte Muskulatur, die Wiederausdehnung durch die Elasti- zität der Schirmgallerte. Die einzelnen Stöße erfolgen, solange das Tier nicht beunruhigt ist, in außerordentlich gleichmäßigem Khythmus und erzeugen bei vielen Arten eine sehr rasche Be- wegung. Eine große Pilema vermag im Seewasseraquarium trotz ihrer Zartheit förmlich an die Scheiben anzuprallen. Diu'ch diese pumpenden Bewegungen bleiben die meisten Formen ständig an der Meeresoberfläche, deren Sauerstoffreichtum ihnen Lebens- bedingung ist; im mangelhaft gelüfteten Aquarium verlangsamt sich der Schlag der Glocke sehr bald, wird unregelmäßig und erlischt mit dem Tode des Tieres. Erhöhtem Interesse begegnet die Bewegung der Medusen in neuerer Zeit, weil sich hier, in- folge des außerordentlich klaren und einfachen Aufbaues eines Medusenschirmes, die Rhythmik in der Bewegung eines Organes überhaupt leicht untersuchen läßt. Bei sehr vielen Arten ist er zudem histologisch recht gut erforscht und bietet den großen Vorteil, daß, anders wie etwa bei dem Wirbeltierherzen, die nervösen Elemente stellenweise frei von muskulären der Unter- suchung zugängig sind. Mit dem Rhythmus des Wirbeltierherzens z. B. stimmt der des Medusenschirmes in einer überraschenden Anzahl von Einzelheiten (Be the) vollkommen überein, und seine genaue Erforschung läßt praktischen Nutzen auch für die Kennt- nis der Herzphysiologie erwarten (Romanes, von Uexküll, Bethe, Veress).

Die Aufnahme der Nahrung geschieht bei den meisten Me- dusen mit Hilfe der bekannten, in den Einzelheiten des Mecha- nismus aber noch recht strittigen Nesselkapseln (man vergl. nur Will, Toppe, Jakobson aus neuester Zeit), die auch gleich- zeitig das wichtigste Verteidigungsmittel darstellen. Sie sind in den Randfäden oder an bestimmten Teilen der Mundarme zu ganzen Batterien angehäuft. Kommt irgend ein anderes Plankton- tier, das seiner Größe nach überwältigt werden kann, mit ihnen in Berührung, so entladen sich diese Kapseln. Je mehr sich das Beutetier bemüht, loszukommen, mit um so mehr Nesselkapseln kommt es in Berührung. Die Fangarme der Meduse, die eine hochentwickelte Muskulatur haben, legen sich zudem noch zu mehreren um das Opfer und können es förmlich verstricken. Festgehalten wird es außer durch die Fangarme vor allem auch durch die eingedrungenen Nesselfäden, deren basale große Stilett- haken, wie Toppe bei Hydra gesehen hat, den Eingang für den

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Faden öffnen, oft auch noch durch besondere Klebzellen. Bei anderen Medusen, wie bei Püema, erfolgt die Aufnahme auf andere Weise, wovon noch zu sprechen sein wird. Eine Zer- legung der gröberen Nahrungspartikel findet zunächst durch Fer- mente statt, die von Drüsenzellen des Entoderms oder bei den Scyphomedusen auch des ectodermalen Schlundrohres ausgeschie- den werden. Die so vorbereitete Nahrung wird dann durch Pha- gocytose aufgenommen: Entodermzellen nehmen, soweit bekannt, ganz allgemein bei den Coelenteraten, die kleineren Nahrungs- körper in sich auf und verdauen sie, etwa wie Amöben sich Algen einverleiben und in ihrem Plasma verdauen. Eine völlige Fermentverdauung scheint durch die Wasserzirkulation innerhalb des Darmsystems der Medusen ausgeschlossen (Jordan). Im einzelnen ist die Art der Nahrungsverteilung recht verschieden bei den verschiedenen Formen und oft ungenügend bekannt.

Literatur: Bethe, A. Die Bedeutung der Elektrolyten für die rhyth- mischen Bewegungen der Medusen I. Arch. ges. Phys. 124. 1908 II. ib. 127. 1909. Jordan, H. Vergleichende Physiologie wirbelloser Tiere I. Die Ernährung. Jena 1913. K r u k e n b e r g , C. Fr. W. Über den Wassergehalt der Medusen. Zool. Anz. 3. 1880. Maas, 0. Die Scyphomedusen. Fortschr. Erg. Zool. 1. 1909. Mob i us, K. Wassergehalt der Medusen. Zool. Anz. 5. 1882. Romanes, G. J. Further Observations on the locomotor system of Medusae. Philos. Trans. R. Soc. London 167. 1877. v. UexküU, J. Die Schwimmbewegungen von Rhizostoma pulmo. Mitt. Zool. Stat. Neapel 14. 1901. Veress, E. Sur les mouvements des M^duses. Arch. Internat. Physiol. Liege- Paris 10. 1911. Wolff, M. Das Nervensystem der polypoiden Hydrozoa und Scijphozoa. Ztschr. allg. Physiol. 3. 1903. Die sehr umfangreiche Literatur über Nesselzellen (darunter Hadzi, Toppe, Will) ist zusammenge- stellt bei Jakobson, A. Die Nesselzellen. Arch. Nat-gesch. 78. 1912. Für alle Medusen: Delage, Y. et Herouard, E. Traite de Zoologie concrete IL 2. Paris 1901. Haeckel,E. Das System der Medusen. Jena 1870-1881. Mayer, A. G. Medusae of the World. Carnegie Inst. Washington 1910.

Die eine der beiden aufgestellten Hydromedusen, Aequorea forskalea Peron et Lesueur (11, Fig. 4), eine Leptomeduse aus der Familie der Campanopsiden, erreicht unter diesen den größ- ten Glockendurchmesser; Claus hat Exemplare von 250 mm Breite gesehen, H a e c k e 1 gibt sogar 400 mm an. Im Gegensatz zu den meisten Hydromedusen fehlt ihr ein Magenstiel fast ganz. Der Mund öffnet sich auf der Unterseite des flachen, dicken, scheibenförmigen Gallertschirmes ; sein Rand ist bei jungen Indi- viduen einfach vierteilig und erscheint bei älteren vielfach ge-

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läppt, namentlich wenn er etwas kontrahiert ist: er ist als der innerste, zackige Ring in dem ausgestellten Exemplare deutlich sichtbar. Dieser weite Mund führt in den bei dem Stück des Planktonschrankes ebenfalls gut sichtbaren Magen, von dem strahlenförmig nach allen Seiten die Radiärkanäle auslaufen. Sie münden in einen Ringkanal, der nahe an dem scharfen Rand um die ganze Meduse herumläuft; leider ist der Rand bei unserem Exemplar nach der unteren Seite umgeschlagen. Bei jungen In- dividuen laufen erst vier, dann acht Radiärkanäle in den Ring- kanal, die primären und auch für die meisten erwachsenen Hydro-

Fig. 4. Aeqnorea forskalea Peron et Lesueur. Exemplar des Planktonschrankes (11), nat. Gr.

medusen in der Regel typischen Zahlen. Beim Heranwachsen der Aeqnorea vervielfachen sich diese wenigen Kanäle bis zu weit über hundert, die dann oft nicht mehr regelmäßig verlaufen ; es können Verzweigungen auftreten, oder zwei Kanäle vereinigen sich usw. Mit den Radiärkanälen pflegt die Zahl der Randtentakel bei den Hydromedusen gewöhnlich zu korrespondieren. Bei Aequorea ist dies bei jungen Exemplaren und oft auch noch im Alter der Fall; doch sind mehr oder weniger Tentakel als Radiärkanäle keine Seltenheit. Bei konservierten Exemplaren sind die Fangfäden stark kontrahiert und ganz unansehnlich; bei einem lebenden

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Tiere aber bilden sie zarte Anhänge, die hinter der großen, sich ruckweise zusammenziehenden Scheibe nachschleppen und den Scheibendurchmesser an Länge mehrfach übertreffen. An der Basis jedes der Tentakel findet sich an der Innenseite des Schirms je eine feine Öffnung, die auf einer kleinen Erhebung liegt und vom Ringkanal nach außen führt. Man betrachtet diese Poren als Ausfuhrstellen für Exkrete, die das Entoderm der Papillen ausscheidet; sie fungieren danach als Harnorgane. Außerdem haben auf dem Schirmrand bei Aeqiiorea zahlreiche geschlossene kleine Bläschen Platz gefunden, die in ihrem Innern je ein festes Konkrement enthalten: Sinnesorgane statischer Natur, die mit einem bei den freilebenden Medusen viel höher als bei den ses- silen Polypen entwickelten Nervensystem in Verbindung stehen. Nach innen vom Schirmrand ragt das für die Hydromedusen charakteristische Velum vor, verhältnismäßig sehr klein bei der großen Aequorea und in unserem Präparat etwas gefaltet, aber stellenweise sehr deutlich zu sehen.

Aequorea ist die Geschlechtsgeneration eines sehr kleinen und einfach gebauten Polypen, der Carnpanulina. Die Medusen sind, wie es die Regel ist, getrennt geschlechtlich. Gonaden von ectodermaler Herkunft liegen beiden Seiten der Radiärkanäle, als trübe Streifen deutlich sichtbar, an. Sie sind bereits bei Exemplaren von 35 mm Durchmesser in Entwicklung und wer- den bei großen recht ansehnlich. Doch variiert ihre Ausdehnung längs der Radiärkanäle; auch können sterile Kanäle zwischen fertilen liegen. Die Reifung und Ausstoßung der Geschlechts- produkte erfolgt bei der Aequorea des Mittelmeeres im März und April.

Aequorea muß sicherlich unter die schönsten Medusen ge- zählt werden. Junge Tiere sind absolut wasserklar und farblos, und ihre nachziehenden Tentakel sehen aus, als flössen sie von der Scheibe ab und das Tier löste sich im Wasser auf. Später erscheinen die Gonaden als mattweiße Streifen; ihre Färbung kann sich weiter in der Scheibe ausbreiten, meist aber bildet sich blaues Pigment, wie bei vielen Oberflächentieren, an Scheiben- saum und Tentakeln, bei Männchen auch an den Gonaden und in ihrer Umgebung. Die weiblichen Geschlechtsorgane sind im Reifestadium durch den Dotter der zahllosen, dicht gedrängten Eier gelblichrosa gefärbt, und auch das ganze Tier erscheint dann oft zartrot. Doch wechselt die Färbung innerhalb der Art

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sehr. Die Konservierung verändert die Form des Mundrandes, und zwar bei den einzelnen Individuen in ganz verschiedener Weise. Kein Wunder, daß bei älteren Systematikern, namentlich bei Haeckel, Aequorea forskalea nicht nur in eine ganze An- zahl Arten, sondern sogar in mehrere Gattungen zerspalten wor- den ist. Gefunden wurde die Meduse bisher im Mittelmeer sowie an den atlantischen Küsten Europas und Nordamerikas.

Literatur: Claus, C. Über Aequorea forskalea als Aequoride des Adriatischen Meeres. Arb. Zool. Inst. Wien 3. 1880.

Die zweite Hydromeduse unseres Planktonschrankes, die zu den Rüsselquallen (Geryoniden) gehörige Carmarina hastata Haeckel (18, Fig. 5), ist eine in vieler Hinsicht sehr abweichende Form. Vor allem fällt in ihrer Familie bei der Entwicklung der Generationswechsel aus : die Meduse erzeugt unmittelbar wieder die Meduse ohne Polypengeneration. Dann aber ist ihr Körper nicht vierstrahlig gebaut, wie es bei den Medusen die Regel ist, sondern sechsstrahlig. In dem Ringkanal münden sechs Radiär- kanäle, die in den sechs Kanälen der sechs hohlen Tentakel ihre Fortsetzung über den Ringkanal und die Scheibe hinaus finden. In der ganzen äußeren Form repräsentiert Carmarina dabei im Gegensatz zu Aequorea den Typ der Hydromedusen : ein richti- ger Schirm, aus dem ein langer konischer Stiel, der Magenstiel, herabhängt. Der Schirm, der bei den größten Exemplaren etwa 80 mm Durchmesser und fast zwei Drittel dieses Durchmessers an Höhe erreicht, besteht vollständig aus einer wasserklaren Gallerte (Fig. 6), der gegenüber das Kanalsystem mit den an- liegenden Organen an der Unterseite des Schirms an Masse ver- schwindet. Wie Haeckel beobachtet hat, ist die Schirmhöhe vom Ernährungszustand des Tieres abhängig: gut genährte In- dividuen haben einen höheren Schirm als solche, die gehungert haben. Der Stiel, der aus dem Schirm herabhängt und dessen Durchmesser an Länge übertrifft, ist ein ganz solider, ebenfalls durchsichtiger Gallertzapfen, an dessen Ende der Magen durch einen Einschnitt abgegrenzt ist. Dieser läßt sich übrigens auf den ersten Blick an seiner opaken, mattweißen Färbung und seiner runzeligen Oberfläche von dem prallen, glatten und glas- klaren Stiele trennen, auch beim lebenden Tier. Bei unserem konservierten Exemplar ist er zur Seite und nach oben abge- bogen. An den Magen schließt noch ein ebenfalls in der Regel

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etwas abgesetztes Mundrohr an, in dessen Bereich die Körper- wand höher gefaltet ist als beim Magen. Ein sehr eigentüm- liches Gebilde hat der Familie den Namen „Rüsselquallen" ver- schafft. Der gallertige Stiel, an dessen Ende der Magen liegt, schickt in diesen noch einen gleichfalls gallertigen Fortsatz hinein,

Fig. 5. Carmarina hastata Haeckel. Exemplar des Planktonschrankes (18), nat. Gr.

den Zungenkegel, der gewöhnlich im Innern ruht, aber auf Reize hin vermöge seiner subepithelialen Muskulatur aus dem Munde sich hervorschiebt und züngelnd nach der Seite des Reizes hin be- wegt. Vom Magen aus laufen die sechs Radiärkanäle an der Peri- pherie des Gallertstiels zum Schirm hinauf, durch ihre milchige

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Färbung bei unserem konservierten Exemplar leicht von den da- zwischen liegenden, heller erscheinenden Partien mit Epithel- muskulatur zu unterscheiden. Die Radiärkanäle biegen dann auf der Unterseite des Schirmes, der Subumbrella, um und wenden sich dem Ringkanal zu. Hier im Schirm liegen ihnen beiderseits die abgeplatteten Geschlechtsorgane an, bei den männlichen Tie- ren der Hoden als eine gleichmäßig trübe Masse, die Ovarien

Fig. 6. Carmarina hastata Haeckel. Schematischer Durchschnitt. Nach Haeckel.

Rechts ist ein Radialkanal in seinem ganzen Verlauf getroffen, links geht der

Schnitt zwischen zwei Radialkanälen durch, ga Gallerte der Glocke, ra Radiärkanal, ms Mantelspange, st Statocyste, kri Knorpelring, ve Velum, ri Ringgefäß, go Gonade, ma Magen, zk Zungen- kegel.

der Weibchen körnig und heller. Die breit-lanzenförmige Gestalt dieser sechs Organpaare die Spitze ist nach dem Rande zu gekehrt und liegt ein wenig oberhalb des Ringkanales hat die Veranlassung zu dem Speziesnamen „hastata^^ gegeben. Die Pro- dukte der Gonaden drängen sich zur Reifezeit, im Mittelmeer im April, durch die Subumbrellarmuskulatur unter das Epithel und bringen es zum Platzen (Haeckel). Aus dem befruchteten Ei

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entwickelt sich, wie bemerkt, eine Larve, die direkt zur Meduse wird. Außer den Radiärgefäßen gehen vom Ringkanal noch andere Gefäße aus, die ebenfalls nach dem Zentrum der Glocke hinziehen, aber bald blind enden, die sog. „Zentripetalkanäle". Zwischen je zwei Gonaden, also in jedem der sechs Sektoren, liegen sieben solcher Kanäle, drei größere und vier kleinere. Auch die Tentakelkanäle laufen in den Ringkanal ; im Gegensatz zu den larvalen Tentakeln sind nämlich bei der entwickelten Carmarina diese sechs radiären Fangfäden hohl. Die soliden Anhänge der Larven gehen in den Radien immer verloren und meist auch in den Interradien, weil sie sehr steif und spröde sind und leicht abgebrochen werden. Die in der Regel allein vorhandenen sechs hohlen Haupttentakel können durch Erschlaf- fen ihrer Muskulatur außerordentlich lang, bis viermal länger als der Mundstiel werden. Sie hängen von der im Wasser schweben- den Meduse herab und wirken wie Angeln. Wenn ein kleineres Tier sie berührt, wird es durch zahlreiche Nesselbatterien be- täubt, festgehalten und durch Verkürzung des Tentakels zum Munde geführt. Dieser ergreift die Beute ; der Zungenkegel wirkt dabei wahrscheinlich als eine Art von Geschmacks- und Geruchs- organ. Um größere Beute zu fassen, können sich Mundrohr und Magen ganz enorm erweitern. Auf jede Beunruhigung hin wer- den die Tentakel zusammengezogen, so daß die ringförmigen Batterien, wie Perlen in einer Kette, dicht aufeinander zu liegen kommen. Bei starken und andauernden Reizen beginnen die Fä- den sich zu verschlingen und wirr durcheinander zu Imechen, so daß man in einen Haufen jener gesellig lebenden marinen An- neliden zu blicken glaubt und den Knäuel für unlösbar hält, bis das beruhigte Tier ihn leicht wieder entwirrt. Das diffuse Nerven- system der Medusen ist natürlich auch hier wohl entwickelt ; von Sinnesorganen sind wie bei Aequorea nur Statolithen, zwölf an der Zahl, entwickelt; sie stehen am Rande des Schirms in den Radien und Interradien, sind aber in die Gallerte eingeschlossen. Das Velum ist kräftig ausgebildet und bei unserem Tier gut zu sehen. Der Schirmrand ist in eigenartiger Weise versteift durch einen Wulst aus knorpelartigem Gewebe; das Epithel darüber ist mit Nesselkapseln gespickt. Von dem Nesselwulst oder -säum gehen, entsprechend den zwölf Statolithen, zwölf Schirmspangen ab, schwach gekrümmte, kleine Haken aus dem gleichen Knorpel- gewebe, die auf der Außenseite am Schirm in die Höhe streben.

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Sie sind ebenso wie der Nesselwulst eine Art Skelett und damit eine Schutzvorrichtung für den Schirm. Die rhythmischen Kon- traktionen nämlich lassen den Scheitelteil des Schirms fast un- berührt, während die äußeren Partien so kräftig zusammenge- zogen werden, daß sie fast einen Zylinder bilden. Die elastische Gallerte des Schirmes wird dadurch heftig gepreßt, und der Schirmrand, der den stärksten Druck auszuhalten hat, ist durch diese Vorrichtung in der Lage, einen kräftigen Widerstand ent- gegenzusetzen, und so wird ein Aufreißen des Randes verhütet. Auch Carmarina ist im Leben ein wunderschönes Tier. In der Jugend ist sie glashell, und erst bei reifen Tieren treten die Geschlechtsorgane als eine Trübung hervor, die schließlich mattweiße oder Rosa -Färbung zeigt. Ebenso schimmern alle Teile, die Nesselkapseln oder Muskelzellen enthalten, mattrötlich, so die Tentakel, der Nesselsaum, die Muskelbänder des Magen- stiels usw. Die große, stolze Meduse hat von jeher die Auf- merksamkeit der Forscher auf sich gezogen. Ihre Entwicklung wurde von Fol und Metschnikoff bereits früh eingehend untersucht, und Maas ist neuerdings mit entwicklungsmechani- schen Fragen an dieses Objekt herangetreten. Auch für physio- logische Versuche (Be the, Nagel u. a.) ist sie ihrer Größe wegen sehr geeignet; ein sehr auffallender Befund ist, daß sich keine Phagocytose nachweisen läßt (Jordan); vielleicht verdaut sie nur durch Fermente, wenigstens scheint der von Haeckel beobachtete Reichtum des Magens an großen einzelligen Drüsen, die sich auf sechs Drüsenblätter verteilen, auf diese Möglichkeit hinzuweisen. Auch histologisch bietet Garmarina Eigentümlich- keiten, So entsenden die Muskelzellen durchgängig mehrere Muskelfasern, anstatt nur eine, wie gewöhnlich (Krasinska 1912). Erleichtert sind Untersuchungen an unserer Meduse durch ihre weite Verbreitung. Sie findet sich in den tropischen Teilen des Atlantischen, Indischen und Pazifischen Ozeans, sowie im Mittelmeer, wo sie am größten wird. Immer aber lebt sie draußen auf freier See an der Oberfläche und nicht in dem unreinen Wasser der Häfen. Ihre Entwicklung macht sie ja auch von der Landnähe ganz unabhängig.

Literatur: Fol,H. Die erste Entwicklung des Geryonideneies. Jen. Ztschr. Naturw. 7. 1873. Haeckel, E. Beschreibung neuer craspedoter Medusen aus dem Golfe von Nizza, ib. 1. 1864. Ders. Die Familie der Rüsselquallen, ib. 2. 1865. Krasinska, S. Beiträge zur Histologie der

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Medusen. Zool. Anz. 40. 1912. Maas, 0. Über den Bau des Meduseneies. Verh. D. Zool. Ges. 1908. Nagel, W. Versuche zur Sinnesphysiologie von Beroe ovata und Carmarina hastata. Arch. ges. Physiol. 54. 1893. Ders. Experi- mentelle sinnesphysiologische Untersuchungen an Coelenteraten ib. 57. 1894.

Die Scyphomedusen, zu denen die übrigen Medusen un- seres Planktonschrankes gehören, sind von den Hydromedusen durch ihre Organisation und namentlich durch ihre Entwicklung

Fig. 7. Pelafjia noctilnca Peron et Lesueur. Exemplar des Planktonschrankes (9), nat. Gr.

scharf getrennt, wenn sie der anderen Klasse auch im ausge- bildeten Zustande durch Konvergenzerscheinungen äußerlich sehr ähnlich werden. In ihrer Entwicklung tritt, wie bei den typischen Hydromedusen der Hydropolyp, normalerweise das Stadium des festsitzenden Scyphopolypen als der ungeschlechtlichen Genera- tion auf. Freilich kann es auch analog den Verhältnissen bei Carmarina bei einzelnen Gattungen wie bei Pelagia noctiluca, die wir ihres einfachen Baues wegen hier voranstellen, ausfallen.

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Die Entwicklung erfolgt bei dieser direkt über ein freischwim- mendes Larvenstadium, das indessen, wie Goette gezeigt hat, die Organisation eines Scyphopolypen in den Grundzügen auf- weist, aber infolge der Lebensweise nicht definitiv ausbildet. Pelagia noctiluca Peron et Lesueur (9, Fig. 7), die in einem

Fig. 8. Scyphomeduse vom Typus der Pelagia, schematisch. Um die Organi- sation zu zeigen, ist ein Teil des ganzen Körpers und ein Stück der Sub-

umbrella herausgenommen. Nach Delage-Herouard.

ga Gallerte der Glocke, ma Magen, sgo Subgenitalöffnung, rmu Ringmuskel,

sik Sinneskolben, te Tentakel, mda Mundarme, mta Marginaltasche, go Gonade,

sgh Subgenitalhöhle, gaf Gastralfilamente.

kleinen, aber gut erhaltenen Exemplare ausgestellt ist, ist eine im Mittelmeer und den warmen Teilen des Atlantischen Ozeans

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sehr verbreitete Form, die im Sommer oft große Schwärme bil- det. Im Golf von Neapel ist sie in manchen Jahren die häufigste große Meduse, in anderen wird sie kaum angetroffen. Seit alters berühmt ist sie ^noctüuca^ ! als eins der Tiere, die das Meerleuchten verursachen. Ihr intensives Licht geht nach Pan- c e r i von dem fettartigen Inhalt gewisser Epithelzellen der Ober- fläche aus, die zusammen mit zahlreichen Nesselzellen in den am konservierten Exemplar deutlich sichtbaren Nesselwarzen an- gehäuft sind. Diese kleinen Höcker werden am lebenden Tier durch ihr braunes Pigment sehr auffällig. Es vereint sich mit dem zarten Hellrot bis Purpurrot der ganzen Meduse und ihren intensiv rot gefärbten Gonaden und Tentakeln zu einem bunten, imgemein reizvollen Gesamtbild, lebhafter als es gewöhnlich bei Planktontieren getroffen wird. Die Farben sind durch verschie- dene Medien extrahierbar und von Griffith und Platt studiert. Die Medusenglocke der Pelagia, die bis 55 mm Durchmesser erreicht, besteht aus einer sehr festen, fast knorpelartigen Gal- lerte. Je nach dem Grade der Kontraktion erscheint sie etwas höher als breit oder breiter als hoch. Ihr Rand ist gelappt, ein Charakteristikum der Scyphomedusen, und trägt acht Tentakel und mit diesen alternierend acht sog. Sinneskolben, die als um- gewandelte Tentakel aufzufassen sind. Von der Mitte der Glocke hängt ein kurzes, vierkantiges Schlundrohr herab, das sich in vier längere, rinnenförmige Mundarme fortsetzt (Fig. 8). Die Ränder der nach innen offenen Rinnen sind faltig und reich ge- zackt und mit zahllosen Nesselbatterien versehen. Sie können ebenso wie die Tentakel durch Erschlaffen der Muskulatur sehr verlängert werden und dienen dann, genau wie diese, zum Er- greifen der Beute. Bei vielen verwandten Scyphomedusen mit reduzierten Tentakeln haben die Mundfahnen deren Funktionen vollkommen übernommen. Das kurze Schlundrohr mit einem den vier Hauptradien des Tieres entsprechenden kreuzförmigen Lu- men, nach allgemeiner, aber neuerdings (Hadzi) wieder bestrit- tener Ansicht ectodermal im Gegensatz zu dem entodermalen der Hydromedusen, führt in einen weiten linsenförmigen Magenraum innerhalb der Glocke, der allmählich in niedrigere Seitenteile übergeht. Nur draußen an der Peripherie ist der große Hohl- raum durch sechzehn Leisten in sechzehn Marginaltaschen ein- geteilt. In jede von ihnen ragt in der Mitte des Außenrandes eine tiefe Einbuchtung, in der abwechselnd ein Tentakel oder

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ein Sinneskolben sitzt. Es sind danach also acht Tentakel und acht Sinneskolben vorhanden. Die Hohlräume der Taschen setzen sich direkt in die ihrer Anhänge fort; denn die Tentakel und die ihnen homologen Sinneskörper sind ganz oder wenigstens großenteils hohl. Die Einbuchtungen, in denen diese Organe sitzen, gehen nach innen natürlich als Vorsprünge in die Mar- ginaltaschen hinein und teilen dadurch jede in zwei kleine Rand- taschen. Ein diese Räume verbindender Ringkanal fehlt völlig. Innerhalb des weiten Magens erheben sich, wie bei allen Scypho- medusen, auf der Unterseite vier Wülste, die mit eigenartigen wurmförmigen Anhängen, den Gastralf ilamenten, besetzt sind; diese liefern verdauende Sekrete.

Die Sinneskolben, die den Sinnestaschen ansitzen, enthalten bei den Scyphomedusen gewöhnlich einen ganzen Komplex von Sinnesorganen, außer den statischen Organen noch Ocellen und in einem den Kolben bedeckenden Lappen auch das Organ eines offenbar auf chemische Reize eingestellten Sinnes (Geruch und Geschmack?). Die Sinneskolben von Pelagia noctiluca, die unser Exemplar als feine Punkte am Rande zwischen den Tentakeln erkennen läßt, führen im Leben orangegefärbte, kristalline Kon- kretionen, die als Teile eines statischen Organes aufzufassen sind, aber keine weiteren Rezeptoren.

Betrachtet man den Schirm einer Pelagia von unten, so sieht man außer den Zügen eines großen Ringmuskels, der auch in sechzehn Blätter zerfällt, vier ovale Öffnungen; sie führen in ziemlich ansehnliche Säcke, die Subumbrellarhöhlen, über denen die Gonaden in der Magenwand liegen. Diese schimmern als dunkle, hufeisenförmig gebogene Wülste bei unserem Exemplar deutlich durch die Glocke durch. Die Geschlechtsprodukte gelangen nach Metschnikoff im Dezember, nach Goette aber während des ganzen Jahres durch Magen und Mund nach außen. Das be- fruchtete Ei, dessen Entwicklung durch Krohn, Kowalewski und Goette genau studiert ist, liefert direkt wieder die Meduse.

Literatur: Goette, A. Vergleichende Entwicklungsgeschichte von Pelagia nodilnca. Ztschr. wiss. Zool. 55. 1893. Krohn, A. Über die jüngsten Entwicklungsstufen der Pelagia noctilnca. Müllers Arch. Anat. Physiol. 1855. Metschnikoff, E. Embryologische Studien an Medusen. Wien 1886.

Pilema (Rhizostoma) pulmo Linne, die bei uns in einem größeren (20, Fig. 9), sowie in vier kleinen, in einem Glase ver-

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einigten (7, Fig. 10) Exemplaren ausgestellt ist, ist eine der häu- figsten und bekanntesten Scyphomedusen des Mittelmeeres. Sie wird außerordentlich groß; es sind Stücke bis zu 60, ja 80 cm Glockendurchmesser bekannt. Da sie ziemlich lebenszäh ist, findet sie sich fast regelmäßig in den Seewasseraquarien der Mittelmeer-

Fig. 9. Pilema pulmo Linne. Exemplar des Planktonschrankes (20), nat. Gr.

Stationen; in Neapel wurde vor etwa zwei Jahren ein wunder- volles Tier, eins der größten, die gefangen wurden, ungefähr zwanzig Tage am Leben gehalten.

Der Bau der Pilema (Fig. 11) ist wesentlich komplizierter als der von Pelagia, aber leicht verständlich und von dieser abzuleiten, wenn man die Entwicklung verfolgt. Innerhalb der-

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selben tritt ein Stadium mit einer im Prinzip ^jelagla-gleichen Organisation auf. An einer Scheibe sitzen vier rinnenförmige Mundarme. Darauf legen sich aber die Ränder der Rinne zu- sammen und verwachsen, so daß jeder Arm einen Hohlraum ein- schließt. Auch der ganze Mund wird verschlossen imd bleibt nur durch eine seichte Kreuzfurche markiert. Schon vor dem Ver- schluß der Rinne hat sich jeder der vier Arme an seinem Ende gespalten, und jeder dieser Teilarme trägt nun seinerseits eine

Fig. 10. Pilema pulmo Linne. Exemplare des Planktonschrankes (7), nat. Gr.

Rinne. Ein Längenwachstum der Mundarme findet nur in diesen acht Teilarmen statt, die zu den eigentlichen acht Mundarmen werden, während die ursprünglichen vier Anlagen lediglich dicker und durch Gallertgewebe, das sich von der Seite her zwischen sie schiebt, vereinigt werden. Sie bilden so schließlich einen kurzen Stamm, an dem die acht Mundarme hängen. Die Rinnen sind auf den acht Armen mitgewachsen und haben sich überall geschlossen bis auf sehr zahlreiche kleine Poren (Ostiolen), durch

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die das Tier jetzt seine Nahrung in die Armkanäle hinein auf- nimmt. Um diese aufnehmenden Stellen möglichst zu verviel- fachen, ist der untere Teil der Arme und damit die Verwachsungs- naht auf der Innenseite, der „Rinnenseite", vielfach zierlich gespalten und verästelt. Außerdem ist im Lauf der Entwicklung die Naht an jedem Arme in zwei Linien auf die Außenseite ge- wandert, und jede dieser hat sich wieder gespalten und ihrerseits

Fig. 11. Scyphomeduse vom Typus der Pilema, schematisch. Um die Organi- sation zu zeigen, ist ein Teil des Körpers herausgenommen. Nach Delage-

H^rouard. ga Gallerte der Glocke, ma Magen, go Gonade, akr innere Armkrausen, akn äußere Armkrausen, eko Endkolben, ski' Schulterkrausen, sik Sinnes- kolben, sgo Subgenitalöffnung.

zerklüftet. An der Umbiegungsstelle dieser inneren und äußeren Verwachsungsnähte tritt dann eine Trennung ein. Hier sprossen die Endkolben hervor, die bei Pilema pulmo dreikantig sind,

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mit geflügelten Kanten. Ein besonderes Merkzeichen der gan- zen Familie der Rhizostomiden, zu der Pilema gehört, sind die Schulterkrausen, die unabhängig von der ursprünglichen Mund- armnaht an dem Armstrunk hervorsprossen und sich durch Osti- olen nach außen öffnen, ebenfalls acht Paare, wie die unteren Außenkrausen, während die Innenkrausen nur achtmal in Ein- zahl vorhanden sind. Die „Scapuletten" liegen bereits unter dem Schirm und sind in der Seitenansicht des Tieres nur eben sicht- bar. Wie die unteren Krausen stehen sie mit den Armkanälen in Verbindung; von diesen gehen jedesmal Seitenkanäle an sie heran, spalten sich und öffnen sich dann in den zahlreichen Osti- olen sekundär nach außen (Delage). Alle Krausen sind mit zahlreichen kleinen Fäden, Lippententakeln (Digitellen), besetzt, die die Waffen der Meduse, die Nesselkapseln, tragen. Durch ihre große Anzahl und die reiche Verzweigung der Linien, in denen die Ostiolen stehen, erhalten die Krausen jene wundervoll feine, blumenkohlartige Oberfläche, die den Rhizostomiden unter allen Quallen einen besonderen Reiz verleiht. Außer den Lippen- tentakeln sind übrigens auch die terminalen Auftreibungen an den Endkolben mit Nesselbatterien versehen. Lange, nesselnde Tentakel am Schirmrande, wie bei Pelagia, fehlen hier und in den verwandten Familien vollständig.

Die Glocke von Piletna ist höher als eine Halbkugel, die mittlere Partie stärker gewölbt als der Rand und von ihm ab- gesetzt. Am Rande selbst sitzen nur die acht Sinneskörper, jeder mit einer im Leben orangefarbigen Anhäufung von Kon- kretionen, die statische Organe darstellen. Ein Ocellus fehlt daran auch bei Piletna. Jeder Kolben ist von zwei spitzigen Gewebelappen flankiert. Zwischen den Sinneskörpern ist der Saum wie normal gelappt, und zwar kommen auf jeden der acht Sektoren acht Randlappen. Auf der Unterseite der Glocke er- scheinen, beim konservierten Exemplar sehr deutlich auch oben durchscheinend, die konzentrischen Streifen des Ringmuskels, der in sechzehn Abschnitte zerlegt ist. Der Magen, der das Zentrum der von einer sehr derben Gallerte gebildeten Glocke einnimmt, ist auf der Unterseite (Armseite) durch die solide Mundscheibe völlig geschlossen. Eine kreuzförmige Vertiefung, die im Kreuz- punkt am tiefsten geht, ist der Rest des vierspaltigen Mundes. In diesen Zentralraum treten vier aus den vier primordialen Arm- rinnen entstandene Kanäle, und in diese münden wieder, ihrer

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Entstehung entsprechend paarweise, die acht Hauptarmgefäße. Der weite Magen liegt unter der zentralen Aufwölbung; die Seitenpartien sind im Gegensatz zu Pelagia geschlossen und von einem Kanalsystem durchsetzt. Sechzehn, an unserem großen Exemplare deutlich sichtbare Radiärkanäle gehen vom Magen bis zum Glockenrand ; acht davon korrespondieren mit den Rand- körpern, die übrigen liegen dazwischen. Vereinigt werden sie durch einen Ringkanal, der in ziemlicher Distanz vom Rande verläuft, sowie durch ein Netzwerk anastomosierender Gefäße zwischen Ringkanal und Rand, aber auch innerhalb des Ring- kanals. Höchst sonderbar ist die Art, in der die Nahrung in dieses komplizierte Hohlraumsystem, das A. Brandt bereits 1870 mit Hilfe von Injektionen genau untersucht hat, gelangt. Eine Aufnahme größerer Beutestücke in den Zentralmagen hinein ist natürlich ausgeschlossen, wenn auch die Ostiolen der Arme ziem- lich ausdehnungsfähig sind. Durch ihre überaus reiche Zahl über- treffen die vielen kleinen Mauler an Gesamtfläche für Nahrungs- einfuhr den großen Mund einer Pelagia ganz erheblich. Jedes Mäulchen hat außerdem seine eigene Tentakelbewaffnung, wie etwa eine einzelne Hydra für ihren Mund. Was an Tieren, namentlich an pelagischen Krebsen, die ja an der Meeresober- fläche, wo Pileina lebt, zu den häufigsten Organismen gehören, an die Mundkrausen gerät, ist verloren. Und nach diesen Mund- krausen hin geht nach jedem Schlag der Medusenglocke eine Wasserströmung, die solches Plankton mit sich reißen wird. Denn jeder Schlag treibt die Meduse vorwärts; der schwere An- hang der Glocke aber, die Mundarme mit ihren Krausen, können infolge der Trägheit nicht sofort nachfolgen; dadurch wird der Abstand zwischen Armen und Glocke im Voranschießen größer, d. h. auch der zwischen ihnen liegende Magen muß sich erwei- tern, und durch die Ostiolen und Armkanäle muß Wasser in ihn hineinströmen (Uexküll). Außer dieser mechanischen Fang- methode, die Pilema die Hauptnahrung liefern dürfte, kann sie auch große Tiere bewältigen. Diese werden durch die Nessel- kapseln der Endkolben und Digitellen betäubt, von den Armen umschlossen und außerhalb des Tieres durch verdauende Fer- mente aufgelöst; der Nahrungsbrei kann dann durch die Ostiolen leicht aufgeschluckt werden; unverdauliche Reste, wie die Panzer größerer Krebse, werden einfach durch Öffnen der Arme fallen gelassen (Hamann 1882). Die Geschlechtsorgane haben ahn-

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liehe Gestalt und Lage wie die der Pelagien. Auch bei Pilenia liegen sie im Dach von vier großen Subgenitalhöhlen, die sich über der Mundscheibe in die Meduse eingestülpt haben. Die Eier werden innerhalb des weiblichen Tieres durch eingedrungene Spermien befruchtet und durchlaufen hier auch ihre erste Ent- wicklung, deren weiterer Verlauf noch nicht in allen Stadien bekannt ist.

Pilenia pulmo ist ausgezeichnet durch eine zarte, durch- sichtig cremegelbe Farbe; die Mundarme sind dunkler gelb und ebenso die Gonaden, die beim lebenden Tiere deutlich durch- scheinen. Einen außerordentlich reizvollen Gegensatz zu dem Mattgelb bildet die Farbe der Randlappen, ein tiefes Kobaltblau, das bei den konservierten kleinen Tieren sogar zum Teil noch als Anflug erhalten ist. Ein blauer Anflug ziert häufig auch die Endkolben; nach Krukenberg ist die Farbe Cyanein.

Literatur: Brandt, A. Über Rhi^ostoma cnvieri. Mem. Acad. Imp. Sc. St. Petersbourg 7. ser. 16. 1870. Hamann, 0. Die Mundarme der Rhizostomeen und ihre Anhangsorgane. Jen. Ztschr. Naturwiss. 15. 1882. Hesse, R. Über das Nervensystem und die Sinnesorgane von Ehüostoma cmieri. Ztschr. wiss. Zool. 60. 1895. v. Uexküll, J. s. S. 302.

Sehr auffallend gefärbt im Gegensatz zu den meisten übrigen Medusen ist Cotylorhiza tuberculata Linne (17, Fig. 12), von der wir ein schönes, aber durch die Konservierung, wie fast immer, ganz ausgebleichtes Exemplar besitzen. Die Glocke der Meduse, etwa die Form eines Hutes mit erhöhter Krempe, ist lebhaft braungelb und wird nach dem Scheitel der stark gewölbten Mittel- partie hin dunkler. Auch die Unterseite der Glocke ist braungelb, und die Anhänge sind auffallend bunt, so daß man bei dieser und einigen anderen lebhaft gefärbten und zugleich stark nesseln- den Medusen (Chrysaora) Schreckfarben erkennen will, die ja in der Tierwelt sehr verbreitet sind.

Die Organisation von Cotylorhiza (Fig. 13) ist im wesent- lichen gleich der von Pileina\ sie ist wie diese eine Rhizostomee mit sehr zahlreichen kleinen Mundöffnungen an acht kurzen, an der Basis gespaltenen Mundarmen. Darin, daß ihr Schulterkrau- sen fehlen, ist sie niedriger organisiert als Pilema. Eine sehr auffallende Besonderheit ihrer Familie läßt ihren Bau aber we- sentlich komplizierter erscheinen. Die vier Genitalhöhlen, die bei Pilema über der Mundscheibe in die Meduse hineingebuchtet

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waren, sind hier außer bei ganz jungen Exemplaren über der Mundscheibe zusammengeflossen und bilden eine einzige große, vierstrahlige Subgenitalhöhle, die sich mit den vier primären Mündungen nach außen öffnet. Sie trennt Magen und Mund- scheibe nahezu vollständig. Letztere trägt die Arme; sie ist lediglich Armscheibe und hängt mit der Glocke durch die vier breiten Pfeiler zwischen den Subgenitalostien zusammen. In der Scheibe hat sich im Innern noch ein Hohlraum erhalten, der dem

Fig. 12. Cotijlorlilsa tuberculatn Linne. Exemplar des Planktonschrankes (17), nat. Gr.

gegen die Mundscheibe gelegenen Teile des PzYewzfz-Magens ent- spricht. In diesen treten die Armkanäle ein. Ihre Kommunikation mit dem Magen erfolgt durch vier in den Pfeilern auftretende Kanäle. Die Mundarme, die durch ihre Spaltung auf den ersten Blick fast verdoppelt erscheinen, besitzen reiche Krausen, die im Leben purpurn oder violett gefärbt sind, während Armscheibe und Arme selbst eine milchigweiße oder leicht cremegelbe Farbe aufweisen. Von den Mundarmen hängt eine große Anzahl ge-

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knöpfter Anhänge herab, die auch in unserem Präparat noch etwas von ihrem Purpur bewahrt haben. Es sind die Nessel- kolben, die nach Hamann auf Gruppen von verschmolzenen Digitellen zurückzuführen sind, den Enclkolben an den Armen von Pilema also morphologisch nicht gleichwertig. Außer diesen Kolben hat Cotylorhiza noch einige allmählich sich verjüngende Filamente an jedem Mundarm.

Die sehr feste Glocke ist wie bei Pilenia tentakellos und

Fig. 13. Scyphomeduse vom Typus der CotylorJiisa, schematisch. Um die Organisation zu zeigen, ist ein Teil des Körpers herausgenommen. Nach

Delage-Herouard. ga Gallerte der Glocke, ma Magen, ars Armscheibe, pf Pfeiler, sik Sinnes- kolben, mda Mundarme, akn äußere Armkrausen, akr innere Armkrausen,

di Digitellen, go Gonade.

besitzt acht Randsinneskörper, die auch nur statische Apparate enthalten. Die Sinneskolben werden von Seitenlappen eingefaßt; dazu trägt der Glockenrand jedes Oktanten normalerweise noch zehn Randlappen, die zum Teil wieder gespalten sind. Auf der

21

322

Unterseite sind die Ringmuskulatur des Randes und die weiter nach innen gelegene Radialmuskulatur bei unserem Tier gut zu sehen. Von dem großen Magen, der den Raum unter der Mittel- wölbung einnimmt, gehen sehr zahlreiche Radiärkanäle bis zum Rande und durchschneiden ein reiches Netzwerk von Kanälen, zwischen denen ein deutlicher Ringkanal nicht auftritt.

Die Geschlechtsorgane liegen auf der einheitlichen Genital- membran, die das Dach des Subgenitalraums bildet. Zur Zeit der Reife hat Claus bei weiblichen Tieren hier massenhaft Sper- mien gefunden, die die reifen Eier im mütterlichen Organismus befruchten. Auch die Entwicklung vertäuft bis zur Schwärm- larve in der Mutter. Die freie Larve setzt sich fest und liefert die Polypengeneration, das Scyphostoma, aus dem auf vegeta- tivem Wege die Medusenlarven entstehen. Cotylorhiza ist gerade eine der Formen, an denen die Entwicklung der Scyphozoen ein- gehend untersucht wurde (Gegenbaur, Claus, Goette, Hein).

Unsere Meduse findet sich im Mittelmeer zeitweise häufig, oft aber auch selten. Auch im Roten Meere hat sie Vanhöff en gesehen, und nach A. G. Mayer ist Haeckels Cotylorhiza ambu- lacrata von den Kanaren mit ihr identisch. Sie lebt wie Pilema, soll aber nur im Reifestadium ausgesprochenes Oberflächentier sein. Der Schirm erreicht einen Durchmesser von 15 bis 20 cm, sogar 30 cm nach einer Angabe von Will. Seine lebhafte Braun- färbung intra vitam ist durch parasitische Algen (Zoochlorellen) verursacht, die im Gastrovascularsystem flottieren und das ento- dermale Gewebe der Meduse besiedeln; Medusenlarven von 1,5mm Durchmesser zeigen sich bereits infiziert. Wie Pilema ist auch Cotylorhiza eine der am meisten für physiologische Unter- suchungen herangezogenen Medusen, da sie, eine große Form, auf den zahlreichen zoologischen Stationen des Mittelmeeres leicht zu erhalten ist.

Literatur: Claus, C. Über die Entwicklung des Scyphostoma von Cotylorhiza. Äiirclia und CJirijsaom. Arb. Zool. Inst. Wien 9. 1891. Gegen- baur, 0. Zur Lehre vom Generationswechsel und der Fortpflanzung bei Medusen und Polypen. Würzburg 1854. Goette, A. Entwicklungsgeschichte der Anrelia anrita und Cotylorhiza tiibercnlata. Hamburg und Leipzig 1887. Hamann, 0. s. S. 319. Hein, W. Untersuchungen über die Entwicklung von Cotylorhiza tiibercnlata. Ztschr. wiss. Zool. 73. 1903. Vanhöffen,E. Untersuchungen über semaeostome und rhizostome Medusen. Bibl. Zool. 3. 1888.

L. Kick.

323

Beiträge zur Biologie und Anatomie der

Blüten.

Mit einer Farbentafel

von

M. Möbius.

Die oft sehr merkwürdigen Formen und Farben der Blüten lassen sich mehr oder weniger gut als Anpassungen an die durch Insekten oder andere Tiere erfolgende Bestäubung erklären. Be- sonders auffallend ist es nun, wenn eine Blüte im ganzen oder einzelnen eine gewisse Ähnlichkeit mit einem Tier er- kennen läßt. Derartige Erscheinungen zeigen manche Orchideen, welche Familie sich überhaupt durch die oft sehr bizarr gestal- teten Blüten auszeichnet. So gibt es eine Art, die Oncidium Papilio genannt worden ist, weil die geöffnete Blüte einem flie- genden Schmetterling nicht unähnlich sieht. Beiden Ophrys- Arten derselben Familie kennen wir eine Bienen-, eine Fliegen- und eine Spinnen-0/?Är?/s, die ihren Namen daher haben, daß gewisse Teile der Blüte durch Gestalt und Farbe an eins dieser Tiere erinnern. Vor einigen Jahren hat Carl Detto^) die Er- scheinung zum Gegenstand einer besonderen Studie gemacht und ist zu derselben Ansicht wie Robert Brown gekommen, daß nämlich Bienen und Hummeln durch jene Tierähnlichkeiten vom Blütenbesuch abgeschreckt werden sollen. Das Nähere wolle man in der zitierten Abhandlung selbst nachsehen. Dort wird noch ein anderer Fall von Insektenähnlichkeit besprochen, bei dessen Deutung aber der Verfasser zu keinem bestimmten Ergebnis kommt: es handelt sich um die Mohrenblüte in der Dolde der wilden Möhre. Die weißen Dolden mit dem bekannten „Mohr" in der Mitte erwecken allerdings den Eindruck, als ob ein kleiner

1) Flora Bd. XCIV 1905 S. 287.

21-

324

Käfer oder eine Fliege auf ihnen sitze, imd man hat darin teils ein Mittel zur Anlockung von bestäubenden Insekten, teils ein Mittel zur Abschreckung von Weidetieren sehen wollen. Ich möchte mich lieber der ersten Anschauung anschließen und, ohne sie näher zu begründen, das, was Kronfeld ^) früher von der Beschaffenheit der abweichenden Mohrenblüte angegeben hat, durch einige Worte und Abbildungen ergänzen.

Sehr auffallend ist es, daß nur bei manchen Pflanzen die Dolden und auch nicht alle Dolden derselben Pflanze mit Mohren- blüten versehen sind: nach Detto finden sie sich bei 23 bis 53 ^/o. Äußere Einflüsse scheinen dabei nicht maßgebend zu sein, denn auf derselben Wiese findet man nebeneinander rein weiße Dolden und solche mit dunkler Blüte in der Mitte. Man muß aber genau zusehen; denn nicht immer ragt die Mohrenblüte über die Dolde hervor, sondern manchmal steht sie etwas tiefer als die anderen Blüten. Immer jedoch habe ich sie im Zentrum gefunden, und zwar teils so, daß das zentrale Döldchen ganz auf die Mohrenblüte reduziert ist, teils so, daß noch zwei bis drei andere Blüten neben ihr in diesem ausgebildet sind (Fig. 8). Die Schwesterblüten sind rein weiß oder besitzen einzelne dunkel- rote Kronblätter. Ferner findet man alle Übergänge zwischen normalen Blüten und echten Mohrenblüten, sowohl was die Form als auch was die Farbe betrifft (Fig. 10). Und in der Mohren- blüte selbst sind nur die Kronblätter dunkel oder auch die Staub- gefäße, die Griffel und das Griffelpolster. Die dunkle Färbung beniht nicht auf dem Farbstoff an sich; denn er ist das gewöhn- liche rote Anthocyan, wie man es sonst bei roten Blüten findet. Da aber nicht nur die Epidermis auf beiden Seiten, sondern auch die Zellen des inneren Gewebes den Farbstoff enthalten, und da zahlreiche Lufträume im Innern das Blütenblättchen undurch- sichtig machen, so wird äußerlich der Eindruck eines an das Schwarze grenzenden Rotes hervorgebracht. Übrigens finden sich auch alle Übergänge von dieser bis zu einer hellrosenroten Farbe.

Was die Form betrifft, so ist die Mohrenblüte insofern nor- mal ausgebildet, als sie fünf Kronblätter, fünf Staubgefäße und einen unterständigen Fruchtknoten mit zwei Griffeln besitzt. Die Form des Kronblattes ist aber eigentümlich und kann am besten beschrieben werden, wenn man sich denkt, es sei entstanden aus

') Kronfeld „Über Anthokyanblüten von Danviis Carota'^ (Bot. Zentral- blatt Bd. XLIX 1892).

325

einem fast kreisförmigen Blatt, das in der Mittellinie zusammen- gebogen ist: die beiden Hälften sind nach hinten gerichtet und einander mehr oder weniger genähert. In der Faltungslinie ist das Blatt nach vorn übergebogen, so daß der obere Endpunkt dicht über den unteren zu liegen kommt, mit dem es zwischen Fruchtknoten und Griffelpolster angewachsen ist. Die Abbildun- gen in Fig. 8 und 10 werden dies am besten klarmachen. Leider müssen wir uns mit dieser Beschreibung begnügen und können keinen Grund für diese abweichende Bildung angeben, die nach Kronfelds Vermutung vielleicht ursprünglich eine Gallen- bildung gewesen ist.

Ich komme nun zu einem anderen Fall von Insektenähn- lichkeit der Blüten, den ich vor kurzem als eine neue Beob- achtung in den Berichten der Deutschen Botanischen Gesellschaft (Bd. XXX 1912 S. 265) mitgeteilt habe, wo aber leider die zum rechten Verständnis erforderliche bunte Abbildung nicht beige- geben werden konnte. Er betrifft gewisse Ritt er sporn arten, deren Blüten den Anschein erwecken, als ob in ihnen eine Hum- mel sitze. Bei Delphinium ist nämlich der Kelch blumenartig entwickelt und gewöhnlich blau gefärbt, während die eigent- lichen Blütenblätter, in der Anzahl reduziert, teilweise in Nek- tarien umgewandelt sind. Als Typus mag D. elafmn, eine alpine Art, gelten, bei der die Farbe des Kelches ein helleres oder dunkleres Blau ist, das auf der Außenseite ins Violette spielt. Die Kronblätter, von denen nur die vier oberen ausgebildet sind, haben eine braune Farbe. Dieselbe Verteilung der Farben habe ich bei zwanzig anderen Arten der Gattung gefunden. Die brau- nen Kronblätter sind es nun, die durch Farbe und Form eine so merkwürdige Ähnlichkeit mit einem Hummelrücken zeigen, wie man an Fig. 2 sieht, wo eine großblütige Gartenvarietät abge- bildet ist, die es noch deutlicher als das echte D. elatum mit kleineren Blüten (Fig. 1) zeigt. Nun aber sind Hummeln die eifrigsten Besucher und Bestäuber der Delphinium-Blüten. Wenn man also der Ähnlichkeit eine biologische Bedeutung bei- legen will, so kann sie unmöglich in einer Abschreckung dieser Insekten, wie bei den Ophri/s-Arten, gefunden werden. Wir kön- nen uns vielleicht eher vorstellen, daß hier eine eigenartige An- lockung vorliegt, die darauf beruht, daß immer viele Blüten an einer Infloreszenz vorhanden sind. Wenn es also einer auf Blumenbesuch ausfliegenden Hummel scheint, daß bereits andere

326

ihrer Art in den Blüten einer Ritterspornpflanze sitzen, so wird sie vielleicht gereizt, auch hinzufliegen und sich eine noch un- besetzte Blüte zu suchen; kommt sie aber heran, so erkennt sie ihren Irrtum und kriecht in die erste beste Blüte hinein. Nicht ausgeschlossen ist dabei, daß andere Insekten durch die vorge- täuschte Hummel abgeschreckt und so die Blüten den Hummeln zum Besuch reserviert werden. Es ist schwer, die Ähnlichkeit für eine nur zufällige zu halten; denn erstens wird die Hummel gerade an der Stelle imitiert, wo sie wirklich ihren Platz in der Blüte beim Besuch einzunehmen pflegt, ebenso wie bei den Ophrys-Arten die Insektenähnlichkeit gerade auf dem Labellum, dem Anflugplatz für Insekten, zum Ausdruck kommt. Zweitens sind Gestalt, Färbung und Behaarung der die Hummel nach- ahmenden Blütenblätter so ungewöhnlich, daß man nicht umhin kann, diesen Gebilden eine biologische Bedeutung zu- zuschreiben. Man muß nur im Sommer an einem solchen Ritter- sporn beobachten, wie die Hummeln besonders ist es Bombus hortorum in die Blüte kriechen, und wie dann ihr dunkles Brustschild und der gelb und weiß behaarte Hinterleib, von oben und hinten gesehen, wieder im großen und ganzen das Bild dar- stellen, das die unbesetzte Blüte bot (Fig. 2 und 3).

Sehen wir uns nun die in Betracht kommenden Teile der Del- phininm-BWite, also die Kronblätter oder Fetalen, etwas näher an : Die zwei oberen sind zu Nektarien umgebildet, sie sind vollkom- men symmetrisch und bestehen aus einem hinteren spornförmi- gen und einem vorderen blattförmigen Teil (Fig. 5). Man könnte sie mit einer spitzen Düte vergleichen, die an dem erweiterten Ende aufgeschlitzt ist, so daß nur das hintere Ende, also ein Viertel des Ganzen, wirklich röhrig gestaltet ist. Die aufge- schlitzte Seite ist bei beiden der Medianlinie zugewendet, und ungefähr in der Mitte der Länge ist das Blatt dem Blütenboden aufgewachsen. Von da aus nach vorn und aufwärts ist die Mün- dung braun gefärbt; auch der Sporn ist dunkelbraun, die Mitte ist grünlich. Die beiden anderen Fetalen stellen schmale blatt- förmige Körper dar, die nach unten und hinten in einen hell- gefärbten Stiel verschmälert, vorn breiter und in zwei Zipfel gespalten sind. Der blattförmige und der stielförmige Teil stehen ungefähr in einem rechten Winkel gegeneinander, ersterer ab- wärts nach vorn, letzterer abwärts nach hinten gerichtet. Der braune Lappen ist auf der Fläche mit gelben und am unteren

327

Rand mit weißen Haaren besetzt. Die zwei Lappen der seitlichen Kronblätter hängen parallel nebeneinander und so dicht, daß sie mit den inneren Rändern etwas übereinander greifen. So bilden die nach oben gerichteten Lappen der oberen Fetalen und die nach unten gerichteten Lappen der seitlichen Fetalen, von außen gesehen, ein scheinbar einheitliches Gebilde, das, wie gesagt, einem Hummelrücken nicht unähnlich ist. Wenn wir Bomhus hortorum als Muster nehmen, so finden wir den dunklen Teil des Brustabschnitts und den Hinterleib nachgeahmt, während der vordere gelbweiße Rand des ersteren Abschnitts nicht nachge- ahmt zu werden braucht, da er nebst dem Kopf der nektarsaugen- den Hummel in der Tiefe der Blüte verschwindet. Aber sowohl die gelben wie die weißen Haare des braunen Hinterleibs (Fig. 4) haben ihr Gegenstück an denen der braunen Blütenblätter.

Besonders eigentümlich ist die Ursache der gelben Farbe der Haare. Denn sie wird weder durch Anthoxanthinkörner, noch durch gelben Zellsaft erzeugt; sondern die äußerste Schicht der dicken Wandung ist es, an welche die Farbe gebunden ist, wie man schon beim Einstellen auf den optischen Längsschnitt und noch besser an einem Durchschnitt des Haares sieht. Diese Schicht hebt sich zugleich in vielen kleinen Falten von der dickeren inneren Schicht ab und bewirkt dadurch die höckerig- rauhe Beschaffenheit der Außenseite des Haares (Fig. 7). Dieses ist immer einzellig, 15 bis 20 mal so lang wie breit, oben zuge- spitzt, unten mit schwach verbreiterter Basis der Epidermis ein- gefügt und mit körnigem Inhalt versehen (Fig. 6). Die Haare der Hummel sind bei ungefähr gleicher Länge viel dünner und außen mit zahlreichen, feinen, aufwärts gerichteten Stacheln besetzt.

Die braune Färbung wird durch einen wie das Anthocyan im Zellsaft gelösten Farbstoff bewirkt, den ich früher genauer beschrieben und Anthophaein genannt habe.^) Ich fand ihn zuerst bei der Pferdebohne, Vicia Faha, wo er die dunklen Flecken auf den Flügeln der Schmetterlingsblüte hervorruft. Da ich damals keine kolorierte Abbildung davon geben konnte, so möchte ich es bei dieser Gelegenheit nachholen (Fig. 11-13) und hinzufügen, daß solche dunklen Flecken auch bei anderen Vicia- Arten vorkommen, von denen ich nach Untersuchung an Herbar- material Vicia melaiiops, V. tricolor, V. Pannonica, V. Narhonen-

') Berichte der Deutschen Botan. Gesellsch. Bd. XVIII 1900 S. 346.

328

sis, V. truncatula und V. Pseudo-Orohus nennen kann; sie stam- men aus Süd- und Osteuropa und Sibirien. Das Anthophaein scheint keine große Verbreitung im Pflanzenreich zu haben; außer Vicia besitzt es also noch die Gattung Delphinium^ in der besonders eine Art, D. triste, zu bemerken ist, da bei ihr nicht nur die Krön- sondern auch die Kelchblätter braun gefärbt sind. Ferner kommen noch gewisse Orchideen aus der Verwandt- schaft von Coeloyyne in Betracht. Nachdem ich zuerst auf das Vorkommen von Anthophaein bei C. Massangeana hingewiesen hatte, ist dann von Schlockow gezeigt worden, daß unter den Orchideen nur die Arten aus der Unterfamilie der Coelogyninae in ihren Blüten Anthophaein führen, hier aber mit einer Ausnahme alle untersuchten Arten. ^) Bei der Bromeliacee Aechmea clavata fand ich, daß die in älteren Blüten schwarz gefärbten Kronblätter auf beiden Seiten in der Epidermis Anthophaein enthalten: das ist also noch ein vereinzeltes Vorkommen dieses Farbstoffes in Blüten. Schließlich enthalten auch die Blütentragblätter von Asphodelus albus in ihren Epidermiszellen den genannten Farb- stoff und erscheinen dadurch im frischen Zustand bräunlich, beim Trockenwerden schwarzbraun. Also nur in einzelnen, ganz ent- fernt voneinander stehenden Gruppen ist bisher das Vorkommen des Anthophaeins nachgewiesen: bei Delphinium unter den Ra- nunculaceen, bei Vicia unter den Papilionaceen, bei Coelogyne und Verwandten unter den Orchidaceen, bei einer Aechmea-Ait unter den Bromeliaceen und bei der Liliacee Asphodelus, hier aber nicht in den Blüten selbst, sondern in deren Tragblättern.

Noch merkwürdiger ist wohl, daß eine gewisse Blüten- färbung — soweit mir bekannt ist nur bei Arten einer ein- zigen Gattung auftritt: ich meine das fettglänzende Gelb der Ranunculus-Arten, die deshalb im Volksmund trefflich als „Butterblumen" bezeichnet werden. Ich habe vor längerer Zeit die Ursache dieser Erscheinung eingehend beschrieben-) und möchte jetzt darauf zurückkommen, um die damals nicht beige- fügten Abbildungen nachzuholen.

Wählen wir als Beispiel den scharfen Hahnenfuß, Ranuncu- lus acer. Hier ist die Oberseite eines jeden Kronblattes vom obe- ren Rand aus auf etwa zwei Drittel der Länge fettglänzend.

') Schlockow „Zur Anatomie der braunen Blüten." Inaug.-Dissertation, Heidelberg 1903.

0 Botan. Zentralblatt Bd. XXIII 1885 Nr. 29 u. 30.

329

Die Grenzlinie des oberen glänzenden und des unteren nicht glänzenden Teils verläuft im Zickzack, und zwar folgen die auf- wärts gerichteten Zacken den das Blatt durchziehenden Haupt- nerven, während die nach unten gerichteten zwischen den Nerven liegen (Fig. 14), Die Unterseite ist in ihrer ganzen Ausdehnung gleichmäßig mattgelb (Fig. 15). Die Ursache des Fettglanzes beruht auf zwei Umständen, nämlich erstens darauf, daß der Farbstoff nicht wie gewöhnlich in Form gelber Körner auftritt, sondern als eine die ganze Zelle erfüllende ölartige Substanz, die allerdings aus gelben Körnern (Anthoxanthin) entsteht, und zwar erst, nachdem die Blüte sich völlig aus der Knospe ent- faltet hat (Fig. 16). Der andere Umstand ist die Anhäufung kleiner Stärkekörner in der Zellschicht unter der Epidermis der Oberseite, wodurch ein undurchsichtiger Belag unter der wie ein gelbes Glas wirkenden Epidermis und folglich eine Spiegelung zustande kommt. Wir sehen dies am besten an einem Querschnitt durch ein Blütenblatt an der spiegelnden Stelle (Fig. 17). Die Epidermiszellen der Oberseite sind sehr niedrig und außen glatt; die nächste Schicht ist die Stärkeschicht, die auch nur so weit ausgebildet ist, als der glänzende Teil des Blattes reicht, an der Basis also fehlt. Dann folgen noch einige indifferente Schichten ohne Stärke und Farbstoff, und die Epidermis der Unterseite schließlich enthält das gewöhnliche Anthoxanthin, also die gel- ben Chromatophoren, durch die in den meisten Fällen die gelbe Färbung der Blüten entsteht, wie z. B. bei der Sumpfdotterblume {Caltha palustris) und der Trollblume {TrolUus europaeus). Sie sind den Butterblumen nahe verwandt, haben aber keine fett- glänzenden Blüten. Wenn also wirklich keine andere Gattung wie Ranunculus einen solchen Fettglanz der gelben Blütenfarbe zeigt, so ist dies auch insofern interessant, als hier eine nach morphologischen Merkmalen gebildete systematische Gruppe sich auch durch den Besitz gewisser chemischer Substanzen auszeichnet, woraus dann wiederum geschlossen werden kann, daß auch die letzteren eine gewisse systematische Bedeutung besitzen.^)

^) W i e s n e r hat dies z. B. für den Milchsaft in der Gattung Euphorbia nachzuweisen versucht.

330

Tafelei'klärung.

1. Blüte von Delphinium elatum (1 : 1)

2. Blüten einer anderen Delphinium- Kvi (1:1)

3. Dieselbe Blüte mit der Hummel Bombus hortorum (1 : 1)

4. Bombus hortorum von oben (1 : 1)

5. Eins der oberen Fetalen aus der Blüte Fig. 2 (vergr.)

6. Ein Haar vom Fetalum derselben Blüte (vergr.)

7. Der obere Teil eines gelben Haares (noch stärker vergr.)

8. Zentrale Döldchen von Daucus Carota mit Mohrenblüte (6 : 1)

9. Einzelne Mohrenblüte nach Entfernung von fünf Staubgefäßen und vier

Fetalen (10 : 1)

10. Übergang zwischen normaler Blüte und echter Mohrenblüte (5 : 1)

11. Blüte von Vicia Faba (2:1)

12. Der eine Flügel aus der Blüte (1 : 1)

13. Querschnitt durch den schwarzen Fleck an dem Blatt Fig. 12 (stark vergr.)

14. Ranunculus acer, Kronblatt von oben (vergr.)

15. Dasselbe von unten (vergr.)

16. Epidermiszellen aus dem glänzenden Teil von Fig. 14 (stark vergr.)

17. Querschnitt durch den glänzenden Teil des Blütenblattes von Ranunculus

repens (stark vergr.)

U. Bei: d. Seiickeiib. Naturf. Ges. 1913.

Taf. I.

6 \6

M. Möbius pinx.

Werner u. Winter. Frankfurt a. M.

Eine deutsche Geflügelfarm,

Mit 6 Abbildungen von

Hugo Wüsthoff.

Dicht hinter der von prachtvollem Hochwald umgebenen Villenkolonie Buchschlag liegt inmitten von Wiesen unsere vor zwei Jahren neugegründete Geflügelfarm. Das gesamte Ge- lände derselben umfaßt etwa 70000 qm und ist durch eine Weiß- dornhecke vollständig eingefriedigt. Die Gemeinde Sprend- 1 in gen, in deren Gemarkung der Besitz gelegen ist, hat bei der Anlage der Farm in zuvorkommendster Weise von der vom Bahnhof zum Ort führenden Landstraße aus eine 150 m lange, 6 m breite Fahrstraße bauen und Wasser- und Gasanschluß bis an die Besitzung legen lassen.

Die Einteilung des Geländes ist dem Zweck der Anlage ent- sprechend erfolgt. Außer Wiesen mit neuangelegten Weiden- kulturen, drei Teichen und Ackerland ist ein großer Obstpark vorhanden, der mit etwa 1100 Bäumen, meist Buschobst und Halbstämmen, besetzt ist. Die Bäume stehen in den Ausläufen für das Geflügel, dem sie im Sommer den notwendigen Schatten spenden ; das Geflügel dagegen liefert den Bäumen einen außer- ordentlich wertvollen Dung, der es möglich macht, die Grasnarbe in den Obstanlagen für die Tiere stehen zu lassen, ohne daß die Ertragfähigkeit der Bäume darunter leidet. Diese Kombination von Geflügelzucht mit Obstbau kann demnach für die Land- ausnutzung als sehr günstig bezeichnet werden.

n:

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CR

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335

Gleich beim Betreten der Farm fällt der Blick auf die Zucht- ställe für etwa 600 Pecking-Zuchtenten mit Ausläufen von 80x20 m für je 80 bis 100 Enten und mit einer großen Teich- abteilung. Die Teiche werden von dem das Grundstück durch- fließenden Hengstbach gespeist und enthalten deshalb stets frisches, den Tieren zuträgliches Bachwasser. Etwas weiter im Gelände fällt dem Besucher das malerisch gelegene Haupt- wirtschaftsgebäude auf, das in der Mitte das Büro, sowie die Privat- und Verwalterwohnung enthält. Im Ostflügel befindet sich hinter der auf der Nordseite gelegenen, kühlen Eierkam- mer der äußerst praktisch eingerichtete Brutsaal, der 40 Brut- maschinen für etwa 10000 bis 12000 Eier zu fassen vermag. Es kommen nur Cremat-Brüter zur Verwendung, die mit Gas ge- heizt werden und sehr sparsam arbeiten. Gegenwärtig sind 33 Maschinen im Betrieb, die im Lauf des Jahres etwa 20000 Ent- chen und Kücken liefern. Durchschnittlich kann auf etwa 60 ^/o Kücken der eingelegten Eier oder auf 80-90 °/o der befruchteten Eier gerechnet werden. Solche guten Erfolge sind natürlich nur bei aufmerksamer Behandlung der Brut zu erreichen, deren Tem- peratur in den einzelnen Perioden eine verschieden hohe sein muß. Der Verlauf des Brutgeschäftes läßt sich bei den Cremat-Brütern genau verfolgen, und Besucher, die gerade Glück haben, können das Aufpicken der Eier und das Ausschlüpfen der jungen Tiere beobachten. Unmittelbar an den Brutraum schließt sich das vortrefflich eingerichtete Warmhaus an, das im Früh- jahr oft bis 5000 Kücken in allen Altersstufen beherbergt. Nach dem Verlassen des "Warmhauses sieht man sich den Kolonie- ställen gegenüber, die inmitten der prachtvollen Obstanlagen überall zerstreut gelegen sind. Auf der Nordseite der Farm liegt schließlich noch der 76 m lange Mastschuppen, der Tausende von Schlachtenten aufnehmen kann.

Gezüchtet werden in erster Linie Pekingenten, deren Zuchtstämme aus reinrassigen Frühbruten (amerikanischen und deutsch-amerikanischen Pekingenten) bestehen. Außerdem aber werden auch weiße indische Laufenten gezüchtet. Bei guter Wartung und Pflege liefern beide Arten ausgezeichnete Resultate. Im Jahre 1912 waren fast durchweg 95-96 ''/o der Eier befruchtet; aus einer Brutmaschine mit 252 Eiern wurden z. B, nur zwei Eier als unbefruchtet ausgeschiert.

Das Hauptaugenmerk muß auf die Aufzucht und Auswahl

336

der Ziichtenten gerichtet sein. Tiere, die nicht aus einer ganz einwandfreien, vorzüglich ausgekommenen Brut stammen, kom- men für Zuchtzwecke überhaupt nicht in Betracht; denn die Er- fahrung hat gelehrt, daß solche Tiere selbst als Schlachtware stets einen Minderwert gegenüber glattgeschlüpften Enten be- sitzen. Der Zu cht stamm ist die Grundlage der ganzen Zucht; alle Mühen und Kosten sind vergeblich, wenn er nicht in jeder Hinsicht einwandfrei ist. Die Richtigkeit dieses Grundsatzes, den man wohl mit Recht auf die Geflügelzucht überhaupt ausdehnen kann, wurde uns auch von einer großen Anzahl namhafter Züch-

Ein Zuchtstamm weißer Reichshühner.

ter, die bei uns ihren Bedarf an Zuchtstämmen deckten, bestätigt. Der beste Beweis aber für die ganz besondere Leistungsfähig- keit einer solchen zielbewußten Züchtungsweise ist wohl die Tat- sache, daß wir bereits Anfang September mit dem Brüten von Enteneiern beginnen konnten, von denen schon 80°/o befruchtet waren, und daß bereits im Oktober die ersten jungen Peking- enten der neuen Saison schlüpften. Auch legte eine ganze Anzahl von Enten, die auf der Farm gezüchtet sind, in diesem Jahre schon über 100 Eier, während bis jetzt als höchste Leistung 80 Eier im Jahre angesehen wurde.

Außer Enten werden noch weiße Reichshühner gezüch- tet, von denen eine Reihe vorzüglicher Zuchtstämme vorhanden

Xi

338

ist, darunter Hennen, die schon im November je 18 bis 20 Eier legten. Das prächtige Reichshuhn, namentlich das weiße, dürfte eins der besten Nutzhühner sein, da es sowohl als Fleisch- wie als Legehuhn gut ist. Als Legehühner sind diese Tiere allen anderen Rassen vorzuziehen ; sie brüten freilich nicht so oft wie viele der schweren Rassen, sind aber gute und besonders sorg- same Mütter. Auch zu Schlachtzwecken sind sie sehr geeignet, da sie sich durch weißes Brustfleisch und weiße Beine auszeich- nen und einen saftigen, vollfleischigen Braten liefern. Gut ge- mästet können die weißen Reichshuhn-Poularden jeden Vergleich mit der besten französischen Ware aushalten.

Schließlich werden auf der Farm auch noch Schweine ge- halten, die sich mit den Schlachtabfällen und Rückständen aus den Trögen vorteilhaft mästen lassen. Sie sind im westlichen Teil der Farm untergebracht, wo sich die Schlacht-, Pack- und Versandräume und ein großer Futterboden nebst Futterküche befinden. Zum Transport der benötigten großen Mengen von Futtermitteln dienen etwa 1000 m Geleise, das die einzelnen Gebäude miteinander verbindet und nicht nur viel Arbeit, sondern auch viel Lohn erspart und deshalb eine sehr empfehlenswerte Einrichtung ist.

Die „Süddeutsche Geflügelfarm" wurde bereits von vielen Züchtern, Liebhabern, Tierärzten und Zoologen, sowie auch von zahlreichen Vereinen und wissenschaftlichen Gesellschaften besucht, darunter von Mitgliedern der Senckenbergischen Natur- forschenden Gesellschaft, die mit einer zoologischen Exkursion am 28. April 1912 die Besichtigung unserer Farm verbunden haben.

Die Verfasser sind für den Inhalt ihrer Arbeiten allein verantwortlich

Für die Redaktion verantwortlich: Prof. Dr. A. Kn o blauch in Frankfurt am Main

Druck von Werner u. Winter in Frankfurt am Main

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Ausgegeben April 1913

Inhalt : Seite

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Das Zwergflußpferd von Liberia 1

Die Dronte 5

Der Triceratops 10

Verteilung der Ämter im Jahre 1913 14

Verzeichnis der Mitglieder 16

Rückblick auf das Jahr 1912 (Mitteilungen der Verwaltung) .... 38

Kassenbericht über das Jahr 1912 44

Museumsbericht über das Jahr 1912 46

Nekrolog: Philipp Steffan 66

Vermischte Aufsätze:

E. Schwarz: Der Bali-Tiger 70

R. von Goldschmidt-Rothschild: Aus dem Hochland von

Ostafrika 74

Besprechungen :

Neue Bücher 93

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Für die Redaktion verantwortlich: Prof. Dr. A. Knoblauch in Frankfurt am Main

Druck von Werner n. Winter in Frankfurt am Main.

44. Bericht

der

Senckenbergischen llaturforsclienden Gesellscliaft

m

Frankfurt am Main

Heft 2 mit 15 Abbildungen

Ausgegeben Juni 1913

Inhalt : Seite

Aus der Schau^ammlung:

Phenacodus primaevus Cope 103

Lehrtätigkeit von April 1912 bis März 1913:

Vorlesungen, praktische Übungen und Exkursionen 107

Wissenschaftliche Sitzungen 117

Nekrolog: Carl Hagenbeck 139

Vermischte Aufsätze:

A. Schultze:Die afrikanische Hyläa, ihre Pflanzen- und Tierwelt 143 A, von Weinberg: Das Eiweißmolekül als ünteriage der Lebens- erscheinung 159

Besprechungen :

L Neue Veröffentlichungen der Gesellschaft 180

IL Neue Bücher 181

Nachdruck nur mit Quellenangabe gestattet, Übeisetzungsreclit Torbehalten

Frankfurt am Main

Selbstverlag der Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft

1913

Preis des Jahrgangs (4 Hefte) M. 6.—. Preis des einzelnen Heftes M. 2.—.

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Senckenbergische Naturforschende Gesellschaft

Jährlicher Mitgliedsbeitrag mindestens M. 20. .

Durch einmalige Zahlung eines entsprechenden Kapitals wird die ewi^e Mitgliedschaft erworben

Öffnungszeiten des Museums

Sonntags von 10-1, am ersten Sonntag eines jeden Monats auch nachmittags im Sommer (April bis September) von 2-5, im Winter (Oktober bis März) von 2-4 Uhr

Dienstags von 10-1 Uhr

Mittwochs im Sommer von 3-5, im Winter von 2-4 Uhr

Donnerstags von 10-1 Uhr

Freitags von 11-1 Uhr

Samstags im Sommer von 3-5, im Winter von 2-4 Uhr

Montags und an den hohen Feiertagen bleibt das Museum

geschlossen

Die Verfasser sind für den Inhalt ihrer Arbeiten allein verantwortlich

Für die Redaktion verantwortlich: Prof. Dr. A. Knoblauch in Frankfurt am Main

Druck von Werner u. Winter in Frankfurt am Main

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44. Bericht

der

Senckenbergischen Naturforschenden Gesellscliaft

in

Frankfurt am Main

Heft 3 mit 108 Abbildungen

Ausgegeben September 1913

Inhalt : Seite

Aus der Schausammlung:

Die Veränderlichkeit der Schale von Iberus gualterianus L. . . 183

Sinopa rapax Leidy 198

Vermischte Aufsätze:

G. Böttcher: Lionardo da Vinci als Naturforscher 203

W. Kobelt: Der Schwanheimer Wald IV 236

Jahresfeier:

H. Siedentopf: Über ultramikroskopische Abbildung mit Er- '■ klärung kinematographischer Demonstrationen (Referat) . . 266

Nachdruck nur mit Quellenangabe gestattet, Übersetzungsrecht vorbehalten

Frankfurt am Main

Selbstverlag der Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft

1913

Preis des Jahrgangs (4 Hefte) M. 6.—. Preis des einzelnen Heftes M. 2.

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44. Bericht

der

Senckenbergisclien Naturforsctienden Gesellscliaft

m

Frankfurt am Main

Heft 4

mit 1 Farbentafel u. 22 Abbildungen

Ausgegeben Dezember 1913

Inhalt : Seite

Nekrologe:

Friedrich Kinkelin 269

Carl Gerlach 278

Aus der Schausammlung:

Der Schopfibis 283

Unser Planktonschrank. I. Radiolarien und Medusen .... 286

Vermischte Aufsätze:

M. Möbius: Beiträge zur Biologie und Anatomie der Blüten . 323

H. Wüsthoff: Eine deutsche Geflügelfarm 331

Nachdruck nur mit Quellenangabe gestattet, Übersetzungsrecht vorbehalten

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Selbstverlag der Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft

1913

Preis des Jahrgangs (4 Hefte) M. 6, . Preis des einzelnen Heftes M. 2.

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