xp*^ '^A*" t "W ;t^- «"C V^:'^ r 1.:^r\ -*-?t;^*^^^'t.j^ . v-t;; \ -^ r ...#:-S^ri ' ..V, ■*' ^ -:f . ^^''^'. V-^-"^*' '^' J^:^. '^>-. ..^■^.''''v?^ ■ 1^ -'^ 1 '^' ttiG^ ■*->«■ :v4-«li.. J«^> Redigiert von Dl*. II. Potonie. ZWEITER BAND ^ (April 1888 bis September 1888). ■^- ->— H^H"»-^' BERLIN. Verlag von Hermann Riemann. Inhalts-Verzeiehnis. Seite Allgemeines und Verschiedenes. Dreher, Der Zweck der Natiu*- wissenscliaft und die Art und Weise, wie sie betrieben wird ... 73, 83 Müller, Karl, Die Verwertbarkeit des His'schen Embryographen . . 171 Pütz, Die künstliche Beleuchtung in der Photographie 121 Raab, Ueber Verwendung des Torfs 140 Amerikanisten Kongress 205 Ansiclit Darwin's von der Er- scliaffung der ersten Wesen . . 47 Anthropologen-^'ersammlung . . . 151 Anwendung der lateinisclien Nomen- klatur 143 Brücke über ilen Kanal 22 Chamisso's Stellung zur Lehre von der Verwandlung der Arten . . 182 Chamisso, Adalbert von 161 Fixierung des Stickstoffs durcli den Pflanzenboden 118 Humboldt-Akademie 14 Klub- u. Vereinsliaus-Aktienge.sellscli. 8 Lombroso, Studie über den Hypno- tismus 174 Mannesmann'sches Eölu'enwalzver- fahreu 31, 39 Naturgeschiclite des Verbrechers 81 Neues Mittel gegenKesselsteinbildiuig 103 Papiei'ertindung, Zur Geschiclite der 14 Pliotograpliische Aufnalime eines Eegenbogeus 150 Spencer's Ablehnung eines Eliren- doktorats 181 Spiritus, Denatui'irter 62 LXI, Versammlung deutscher Natur- forsclier und Aerzte zu Köhi 1888 181 Zoologie. Dewitz, Aufgaben grosser zoolo- gischer Landesmuseen 158 G r i e s b a c h , ungebetene Gäste unserer Tafel 90, 98 Kolbe, Aus dem Gesellschaftsleben der Ameisen 173 — Ueber die Entwicklungsgeschichte der spanischen Fliege und anderer Blasenkäfer 137 Mährenthal, von, Wie benutzen die Zoologen die Einbettungswinkel . 199 Melsheimer, Abnorme Schnabel- bildung bei Vögeln 57 Nehring, Das Skelett eines weib- lichen Ur. (Bos primigenius) . . 130 Seite Neliring, Wolf und Htmd . ... 1 Peiter , Zwei seltene Gäste des hohen Erzgebtrges 180 Schaff, Zum Seelenleben der Tiere 39 Schneider, Robert, Descendenz- frage und Urweltsforschimg . . 135 Staby, Das Schweben und Kreisen der Vögel 196 Alpenlämmergeier, Vorkommen des- selben 23 Bastard zwischen Wolf und Hund . 69 Biber an der Elbe 134 Byssusorgang derLamellibranchiaten 7 Gloake beim Hausscliwein .... 62 Coruiiirautischen in Japan .... 118 Fauna der Azoren 125 Giftige Fische der Marschall-Insebi . 157 Giftige Spinnen Russlands .... 45 Hausente mit Entevichgefieder . . 77 Käfei' auf Ulex europaeus .... 31 Kegelrobbe in der Gefangenscliaft . 54 Lebenszähigkeit unserer gemeinsten Süsswasserfisclie 125 Leuchtende Insekten ... .93, 103 Massenvertilgung von Vögeln ... 61 Miesmuscheln, giftige 55 Milben auf Nekropliorus germanicus 62 Missbildungen an niederen Tieren . 181 Moscliusochse , geographische Ver- breitung desselben 69 Nahrung des ;Maulwurfs 103 Parasiten in Hülinereiem .... 142 Physiologische Wirkung des Methaus und seiner Chlorderivate .... 142 Spargelfliege 126 Steppenhttliner in Deutschland . 69 Verein von Aquarien- u. Terrarien- Liebhabern 207 Vertreibung von Ameisen .... 207 Verwandschaft der Flölie .... 151 Wie stellt man Skelette dar . . . 205 Botanik. Ascherson, Der Farbeuwechsel des Saftmals in den Blüten der Eoss- kastanie 129 C a m ]i b e 1 1 , Paraffin - Einbettungs- nietliode für pflanzliclie Objekte 61 Frank, Ueber die Symbiose der Pfianzenwurzeln mit Pilzen . 3, 10, 76 Hennings, Ueber das Konservieren imd Präparieren fleischiger Hutpilze 20 Huth. die Verbreitung der Pflanzen durcli Meeresströmungen .... 105 Klein, Eine neue Kraftquelle niederer Pflanzen 28 Seite Kohl, Arbeitsteihiiig und Geuossen- schaftsleben im Pflanzenreicli 153, 163. Ludwig, Die Feigen und ihreLiebes^ boten 113, 123, 159 — Einige Notizen über die Doppel-, natur der Flecliten 29 Potonie, Praktisclie Winke über das Pflanzensammeln 52 — Praktische Winke über die An- legung eines Herbariums .... 188 Soll wendener, Rede zur Gedächtnis- ' feier König Friedricli Wilhebns III. in der Aula der Universität Berlin am 3. August 1888 .... 177, 185 Algen auf den Haaren von Faultieren 103 Aufbewalirung von Pilzen .... 23 Bedeutung und Ursaclie des Honig- taues auf Laubblättern .... 176 Bezieluuigeu zwiselien Funktion und Lage des Zellkernes bei den Pflanzen 44 Düngung von Zimmer- und Garten- pflanzen 78 Ein neuer Flechtentypus .... 166 Entdecker der insektenfressenden Eigenscliaften der Pflanzen ... 39 Flora der egyptiscli-arabischen ^Vüste 142 Generalversammlung der Deutschen botanischen Gesellschaft .... 199 Keimung von durch den Verdauungs- kanal gegangenen Samen . . . 190 Latliraea squamaria und Bartsia al- pina keine „fleisclifresseude" Pflanzen 77 Pilze als Weinveredler 22 Eaphiden, Physiologisclie Bedeutung der 7 Sarracenia piu'purea 117 Ueber den Getreidekrebs . . . . 111 Unterschied zwischen Raps-, Rübsen-, Rüben- imd Kolilsamen .... 198 Ursprung der baumlosen Grasprärien Nordamerikas 166 ^Veshalb reclmet man die Flechten jetzt zu den Pilzen? .... 55, 71 Mineralogie, Geologie und Palaeontologie. Berendt, Die Soolquelle im Admi- ralsgarteubad zu Berlin .... 9 — Die südliche baltische Endmoräne des ehemaligen skandinavischen Eises in der Uckermark und Mecklenbiu-g-Strelitz 130 Frech, Ueber die Entstehung der Alpen 86 — Ueber Eiszeiten in früheren geo- logischen Perioden 109 Seite Heim, Zur i'roiihezeiluuig der Erd- beben 193, 201 Krause, Anrel, Fossiles Eis . . 7, 23 Foto nie, lieber Stigmaria ... 74 W a li u s c h a t'fe , Die Entwicklung der Glazialtheorie in Nord- deutschland 4 — lieber die Einwirkung des vom Winde getriebenen Sandes auf die an der Oberfiäcbe liegenden Steine 145 Zimmermann, Zeclistein auf dem Kamm des Thüringer Waldes und seine Bedeutung für die Frage nacli dem Alter des Gebirges . . 65 Ammonit, Der grüsste 46 Ausbreitungsgeschwindigkeit unter- h-discher Erscliütterungen ... 93 Bildung von Haarsilber . . . 134, 198 Diamant in einem Meteorstein . . 78 Fortptlanzungsgescliwindigkeit des Erdbebens bei Charlestone . . . 126 Gneiss mid Granit 14 Hüttinger Breccie 149 Internationaler Geologen-Kongress . 139 Kubine, Künstliche 22, 39 Physik. Dessau, Nene Phonographen. . . 116 Dreher, Das Beharrimgsgesetz . . 70 Gutzmer, Ueber die Klangfiguren quadratischer Platten .... 51, 95 — Ueber einen Fernsprech- apparat 156 J 0 r d a n . Die Wirksamkeit der dynamo- elektrischen Maschinen . . 107, 198 Apparat tüi- Experimente bei hoher Temperatur in Gasen unter hohem Druck 118 Apparat zur Darstellung einfacher Schwingungen 14 Astatische Nadel, Eine neue Foi-m der 30 Ausbreitungsgeschwindigkeit des Sclialles 150 Ausnützung des Niagarafalles zur Elektricitätserzeugung 46 Beobachtungen über Höhe, Länge und Geschwindigkeit der oceani- schen Wellen 205 Beziehungen zwischen der Elektricität und dem Licht 174 Brechungsexponent der Metalle . . 7 Die Grösse der Sterne und das psycho- physische Grundgesetz .... 94 Durchgang des elektrischen Stromes durch Schwefel ...... 110 Eindringen des Lichts in das Wasser des Genfer Sees 69 Einüuss der Intensität des Lichts auf die Fortpflanzungsgeschwindigkeit desselben 8 EiuÜuss der Temperatur auf die Magnetisierung des Eisens . . . HO Elektrische Erscheinung an Berg- kiystall und Glasgewichten . . 70 Elektricität und Mathematik ... 70 Entstehungsgeschichte der Spektral- analyse HO Seite Härte von Sletallen 30 Ist die Fortpflanzungsgeschwindigkeit des Lichtes von der Bewegung des Mittels, in welchem die Licht- scliwingungen vor sich gehen, ab- hängig'? 135 Konstitution der I>ösungen .... 150 Leitungsfähigkeit des Vakuums für Elektricität HO Leitmigsvermögen beleuchteter Luft für Elektricität 30 Lichterscheinungen durch mecha- nische Einwirkung 175 Mathematisches Pendel 174 Messmig niedriger Temperaturen 204 Seefischerei mit elektrischem Licht . 23 Seismograph mit elektrischem Ee- gistrierapparat 30 Totah-eflexion, Eine neue Erschei- nung der 109 Ueber den infraroten Teil des Sonneu- spektrums 93 Versuche über die elektrische Ab- stossung 198 Warum bleibt die von der Sonne ausgestrahlte Wärmemenge be- ständig dieselbe trotz des infolge der Strahlung stattfindenden Wärme- verlustes, den die Sonne erleidet? 166 Welches ist die geringste Lichtstärke, welche ein normales Auge noch wahrzunehmen vermag? .... 126 ^Virk^^Ilgen des elektrischen Stromes auf feine Wagen 134 Zerstäuben glühender Metalle ... HO Mathematik. Schlegel, Ueber den sogenannten vierdimensioualen Eaum 41, 49, 58, 67 Schubert, Die Quadratur des Zii-kels 97 — Die vermeintliche Herrschaft des goldenen Schnitts in Natur und Kunst .33 Astronomie. Albrecht, Einrichtung zur öffent- lichen Zeitregulierung . . . . 17, 25 Bestimmung der Bewegiuig von Sternen im Visiousradius ... 86 Das grösste astronomische Fei-nrohi- der Erde 46 Fixsternhimmel, Populärer Führer durch den 22 Helligkeitszunahme von „i;" Argus . 198 Kalender, Astronomischer 8, 14, 22, 31, 46, 54, 62, 71, 78 Komet Sawerthal ... 22, 31, 62, 175 Mondfinsternis, Totale 14 Nachrichten vom Lyck-Observatory 167 Neuer Planet 31, 62, 71, 87 Ueber den „neuen" Stern" im Schwan 167 Veränderlichkeit zweier Sterne . . 71 Veränderungen auf der Oberfläche des Mars 135 A'ei-such, welcher die Axendi-ehung der Erde beweist 159, 207 Vomntersuchungen zur Herstellung photographischer Himmelskarten . 22 Seite Meteorologie. Bendt, Ueber die niedrigste Tempe- ratur der folgenden Nacht und die Mittel - Temperatur des künftigen Tages 68 Jordan, Unter welchen Umständen und in welcher Weise geschieht die Bildung von Sclmeekrvstallen? 27 Less, die Erhaltungstendenz im Wittermigscharakter aufeinander- folgender Winter 8 Wagner, Das Aspirations-Thermo- meter 22 — Polymeter 70 — Wolken und Nebel 169 Abgeprellter Meteorit 167 Atmospliär.-optische Störung, Ueber die Entstehung und den Verlauf der 54 Beeinflussung der Eichtung von Ge- wittern durch Flüsse und den Mond 119 Blitzableiterfrage 86 Donner und Blitz 46 Drehung der Windbahnen .... 93 Föhn luid Bora 181 Polarlichtes, Eine neue Erklärung des 62 Eegenverhältnisse der westlichen Staaten der Nordamerikanischen Union 62 Wetterprophet 23 Zur Vorausbestimmung der Tempe- ratur HO Chemie. Koppe, Ueber die Eaoult'sche Methode der Molekulargewichts- bestimmung 89 Bleikannuerprozesses, Theorie des . 38 Braunkohlenbildung in Dampfkesseln von Zuckerfabriken 167 Chlorstickstoffes, Zur Kenntnis des . 175 Knallgas-Explosion . 21 Langsame- Verbrennung organischer Substanzen 126 Liebreich's „toter Eaum" .... 78 Saccharin 29 Theophyllin 166 Umwandlung von Hyoscyamin in Atropiu 109 Ursprung der chemischen Grundstoffe 38 Zur Kenntnis des Färbnugsvorganges 118 Geographie. Beschaffenheit der algierischen Sahara 204 Bestimmung der geographischen Länge und Breite der Schneekoppe 7 Deutscher Geographentag .... 8 Hilfsmittel für den geographischen Unterricht 14 Miclucho Maclay 151 Eeise nach dem Janalande und den neusibh'ischen Inseln .... 4.5, 71 Eio Xingü, Erforschung des . . . 108 Medizin, Hygiene und Verwandtes. Bischoff, Arsen in Bierkouleur . 8 Gutzmer, Eine pathologische Wirkung des elektrischen Lichts 115 38812 Seite N u s s b a u m , Körperliche imd geisti ge Arbeit im üleichgewiclit .... 12 Schmitz, Wirkuugsart der krauk- heiterregeiideu Mikroorganismen im tierischen Körper 148 British niedical association .... 151 Deutscher Aerztetag 199 Deutscher \'erein für öffentliclie Ge- sundlieitspflege 190 Einüuss der Genussmittel auf die Magenverdauuug 134 Einwirkung von Gasen auf den Organismus 93 Gesundheitsscliädlichkeit melu-erer hygienisch und teclmiscli wichtiger Gase und Dämpfe 134 Giftigkeit der mensclilicheu Aus- dünstung 166 Kongress für innere Medizin ... 14 Krankljeitskeim des gelben Fiebers und Schutzimpfung gegen dasselbe 85 Medizinalbeamtenverein, Preussisclier 205 üphtlialmologischer Kongress . . . 151 Tuberkulose-Kongi-ess 135 Seite Vermeintliclie Giftigkeit der ver- nickelten Gebrauchsgegenstände 181 Litteratur und Bücherschau. Beetz, Leitfaden der Physik . . . 143 Claus, Lamarck als Begründer der Descendenzlehre 151 Der kleine Pilzsammler 167 Engler und Prantl, Die natürlichen Ptlanzenfamilien 78 Fritsch, Allgemeine Geologie . . 55 Gizycki, Autoritäten 206 Hölzel, Geograpliische Cliarakter- bilder 23 Jordan, Goethe — und noch immer kein Ende 190 Kerner, PÜauzenleben 119 Nussbaum, Neue Heilmittel für Nerven 95 Potonie, Elemente der Botanik . 87 Remseu, Einleitung in das Studium der Chemie 8 Riese, Wolinungsgärtnerei . . . 207 Runge, Die Mineralogie in Schule und Haus 111 Seite Schaff, Leitfitden der Zoologie für Studierende der Naturwissenschaf- ten und der Medizin 103 Schubert, Pflanzenkunde für höhere Mädchenschulen und Lehrerinnen- seminare 63 Schwalbe, Griech. Elementarbuch 47 Urbanitzky, von, Elektricität des Himmels und der Erde ... 39, 199 V ihn or in ' s Illustrierte Blumengärt- nerei. II.Autl. Ergänzungsband, Die Neuheiten des letzten Jahrzehnts 176 Weiss, Die Sigillarien der Preus- sischen Steinkohlengebiete . . . 135 Wittwer, Grundzüge der Molekular- physik u. d. matlieraatischenCliemie 31 — Die thermischen Verhältnisse der Gase mit besonderer Berücksichti- gung der Kohlensäure 31 Zenker, Die Verteilung der Wärme auf der Erdoberfläche 159 Bücherscliau 23, 31, 47, 55, 63, 71, 79, 87, 95, 103, 111, 127, 136, 143, 152, 159, 167, 176, 183, 191, 199, 207. ■v^ ujCI^-IB Verlag von Riemann & Möller, Berlin SW. 48, Priedricli-Strasse 226. IL Band. Sonntag, den 1. April 1888. Nr. 1. - Abonnement: Mau abonniert bei allen Buclihaudlungen und Post- ^ Inserate: Die _ viergespaltene Petitzeile 30 4. Grössere Aufträge anstalteu, wie bei der Expedition. Der Vierteljahrspreis ist M 2.— ; elp entsprechenden Rabatt. Beilagen nacli üebereinkunft. Inseraten- Bringegeld bei der Post 15 -j extra. Jl annähme bei allen Annoncenbureaux, wie bei der Expedition. Abdruck ist nnr mit vollständiger ttHellenanoabe gestattet. Inhalt: Pml'. Dr. A. Neliring: Wolf und lUiiiJ. — Prof. Dr. B. Frank: Uelier die Symbiose der Pflanzenwurzeln mit Pilzen. (Mit Abbild.). — Dr. F. Wahn schaffe: Die Eutwickelung der Glacialtheorie in Norddeutschland. (Mit Abbild.). — Kleinere Mit- teilungen: Fossiles Eis. — Ueber da.s Byssusorgan der Lamellibranchiaten. — Die physiologische Bedeutung der Raphiden. — Ueber die Brechungsexponenten der Metalle. — Bestimmung der geographischen Länge und Breite der Schneekoppe. — Astronomischer Kalender. — Die Erhaltnngstendenz im Witterungscharakter aufeinander folgender Winter. — Arsen in Biercouleur. — Deutscher Geographentag. — „CUib- und Vereinshaus-Aktien- Gesellschaft". — Fragen und Antworten: Fortpflanzungsgeschwindigkeit des Lichtes. — LItteratur: Ira Remsen; Einleitung in das Studium der Chemie. — Briefkasten. — Inserate. Wolf und Hund. Von Prof. Dr. A. Nehring. Ueber die Abstammung der Haushunde und über ihr Verhältni.s zu den Wölfen und Schalialen ist schon sehr viel geschiieben und gestiitten worden. Viele namhafte Autoi-en betrachten den Haushund mit Linne als eine besondere zoologische Species (Canis familiaris), andere nehmen für die verschiedenen Gruppen von Hunderassen verschiedene fossile Stammarten an, welche schon im Diluvium als wilde Arten ausgestorben sein sollen, andere betrachten die noch jetzt lebenden Wölfe und Schakale oder doch gewisse Arten derselben als die Stammväter der Haushunde. Manche Autoren glauben auch die Füchse als Stammväter gewisser Rassen mit in Rechnung ziehen zu müssen. Langjährige Studien an reichem Materiale haben mich zu der Ueberzeugung gebracht, dass Wolf und Schakal oder genauer gesagt: mehrere der noch jetzt lebenden Wolfs- und Schakal-Arten als die Stammväter der Haushunde zu beti'achten sind. Selbstverständlich filUt die Domesticierung der betreffenden Wölfe und Schakale in eine weit entlegene Vorzeit*), und nur selten wird heutzutage gelegentlich eine direkte, selbständige Domesticierung junger Wölfe und Schakale ausgefühi-t. *) Also genau genommen betrachte ich die diluvialen und altalluvialen Vorfahren der heutigen Wölfe und Schakale als die Stammväter der Haushunde. Dass die Zähmung und Abrichtung junger Schakale keine besonderen Schwierigkeiten bietet, steht fest; aber auch mit jungen Wölfen hat man noch kürzlich manche erfolgreiche Versuche gemacht. Abgesehen von den dressierten Wölfen, welche vor wenigen Jahren hier in Berlin dem grossen Publikum vorgeführt wurden und welche thatsächlich einen hohen Grad von Zähmung resp. Ablichtung zeigten, sind mir mehrere sonstige Fälle bekannt geworden. Besonders interessant erscheint in dieser Hinsicht eine Mitteilung von C. Ronge, welche kürzlich unter der Ueberschrift : „Zähmbarkeit der Wölfe" in Hugo's Jagd-Zeitung, 1887, Nr. 8, S. 243—245 ver- öffentlicht wurde. Heir Ronge schildert in sehr an- sprechender, anschaulicl;er Weise, wie er einen jungen Wolf aufgezogen und derart gezähmt hat, dass er ihm folgte, wie ein Haushund. Wir können hier die sogenannte „Hundefrage", d. h. die Frage nach der Herkunft der Hunde-Rassen, nicht näher verfolgen; wir woUen nui' die vielfach angeführten und als specifisch betrachteten TJntei'schiede zwischen den Wölfen und den grösseren Haushunden ein wenig ins Auge fassen. Blasius sagt in seiner Naturgeschichte der Säuge- tiere Deutschlands: „Will man den Haushund als Art von den übrigen Wölfen ti'ennen, so giebt es auch noch Natiu wissenscliaftliche Woclienschrift. Nr. l. kein besseres Kennzeichen, als das des links gekrümmten Schwanzes der lakonischen Diagnose Linnes: C. cauda sinistrorsum recurvata." Ist diese Schwanzlialtung wirklich ein specifischer Unterschied zwischen Hund und Wolf? Durchaus niciit. Denn erstens giebt es zahlreiche Haushunde, welche den Schwanz fin- gewöhnlich abwärts hängen lassen und ihn nur im Affekt aufwärts krümmen, zweitens tragen ihn viele Hunde nicht nach links, sondern nach rechts ge- ki'üramt, und drittens gewöhnen sich fast alle Wölfe, welche in der Gefangenschaft aufwachsen und lange Jahre mit Menschen verkehren, das Wedeln und Auf- wärtskrümmen des Schwanzes an. Ich habe letzteres bei den meisten Wölfen, welche in Menagerien oder zoolo- gischen Gärten aufgewachsen waren, beobachtet, nament- lich dann, wenn ihr Wärter mit ihnen sprach. Ein alter Wolf, welcher fünfzehn Jahre im Berliner zoologischen Garten gelebt hat und von mir Jahre lang beobachtet worden ist, trug den Schwanz fast immer nach links aufwärts gekrümmt. Eine noch jetzt im hiesigen Garten vorhandene Wölfin, welchß schon über sieben Jahre in Gefangenschaft lebt, richtet regelmässig den Schwanz auf und wedelt mit ihm, wenn der Wärter oder ein ihr sonst Bekannter sie freundlich anspiicht. — Dasselbe berichtet Professor Landois von den Wölfen des zoologischen Gartens in Münster. Wo bleibt da der specifische Unterschied in der Haltung des Schwanzes? Ebenso hinfällig erscheinen die übrigen Differenzen zwischen den Wölfen und den grösseren Hunderassen, namentlich, wenn man nicht nur den Lupus vulgaris von Europa, sondern auch die zierhcheren, schwächei'en Arten resp. Lokalrassen, wie Lupus pallipes (den indischen Wolf), Lupus japonicus (den Wolf von Nippon), Lupus mexicanus (eine kleinere Varietät des Lupus occidentalis), Canis latrans (den Prairiewolfj, C. anthus etc. zum Ver- gleich heranzieht, und wenn man vor allem die tief- eingreifenden Wh-kungen einer Jahrtausende währenden Domestication berücksichtigt. Es ist vollkommen richtig, dass bei den Haushunden das Gebiss durchweg schwächer und namentlich die so- genannten Reisszähne (Sectorii) kleiner sind, als bei Wölfen gleicher Grösse; ebenso weicht die Schädelform bei manchen Hunderassen (z. B. beim Bulldog) wesentlicli von derjenigen der Wölfe (und Schakale) ab. Ich habe aber vor einigen Jahren nachgewiesen, dass diese Ab- weichungen sich auf die AVirkungen der Domestication (Beschränkung der Freiheit, veiänderte Nahrung, Inzucht etc.) zuiückführen lassen, da die in der Gefangenschaft geborenen und aufgewachsenen Wölfe meist eine deut- liche Verkleinerung der Reisszähne und nicht selten auch Abweichungen in der Form des Schädels, wie z. B. ein gewisses Uebergreifen des Unterkiefers über den Ober- kiefer zeigen. Auch felilt nicht selten der vorderste oder der letzte Backenzahn im Gebiss solcher, in der Gefangen- schaft geborener Wölfe, was ausnahmsweise auch wohl bei freilebenden Exemplai'en vorkommt, bei Haushunden aber relativ häufig beobachtet wird. Wenn man ferner die grössere Länge des Darm- kanals als ein wichtiges Merkmal der Haushunde gegen- über den Wölfen angeführt hat, so kann ich auch diesen Unterschied nicht als specifisch betrachten. Die grössere Länge des Darml^-anals bei den Haushunden gegenüber den freilebenden Wölfen erklärt sich ebenso, wie die gi'össeie Darmlänge der Hauskatzen im Vergleich mit den Wildkatzen, der Hausschweine im Vergleich mit den Wildschweinen ; sie ist lediglich eine Folge der mehr oder weniger vorwiegenden vegetabilischen Nahrung bei den genannten Haustieren gegenüber der fast ausschliess- lichen Fleischnalu'ung bei Wolf und Wildkatze, beziehungs- weise der lelativ stark in Betracht kommenden animaüschen Kost des Wildschweins. Landois glaubt in der unersättlichen Fressgier und in dem hastigen Hinabschlingen der Nahrung einen charak- teristischen Unterschied zwischen Wolf und Hund gefun- den zu haben. Ich kann aber auf diesen Punkt kein besonderes Gewicht legen; die Art des Fressens ist im wesentlichen Sache der Gewöhnung, des Temperaments, der Besorgnis vor neidischen Konkurrenten und der- gleichen. Ich besass früher einen Hund, der seine Nahrung stets, auch ohne starken Hunger zu haben, mit wahrer Wolfsgier verschlang, obgleich ihm Niemand die- selbe streitig machte; anderseits habe ich gefangene Wölfe beobachtet, welche ohne Hast mit aller Gemäch- lichkeit ihr tägliches Futter verzehrten. Da nun ferner beobaclitet ist, dass sich Wölfe mit grösseren Hunden fruchtbni- vermischen, und auch die Bastarde sich durchweg wieder fortpflanzungsfähig er- weisen, so bestellen meines Erachtens keine anderen Unterschiede zwischen den oben genannten Wolfsarten und den gi'össeren Hunderassen, als solche, welche dui'ch langdaueinde Domestication unter vielfacher Kreuzung der entstandenen oder absichtlich produzierten Rassen hervorgebracht sind. Dass bei dem Zustandekommen der zahlreichen, mannigfaltigen Hunderassen, welche wir bei den Cultur- völkern finden, Liebhaberei und Spoit neben den prak- tischen Bedürfnissen eine Hauptrolle gespielt haben, ist unverkennbar. Die Naturvölker, welche auf der Stufe des Jäger- oder Hirtenlebens verblieben sind, haben sich im Allgemeinen mit ihren primitiven wolfs- oder schakal- ähnlichen Hunden begnügt und sich nicht bemüht, die- selben umzumodeln. Ich schliesse meine Betrachtung mit dem Ausspruche Cardaus: ,, Lupi cicures post multas generationes in Canes transeuut." Nr. 1. Natufwissenschaftliclic^ Wodiensclnift. Ueber die Symbiose der Pflanzenwurzeln mit Pilzen. Von Professor Vor drei Jahren liabe icli nachgewiesen, dass ganz allgemein die Wurzeln unserer wichtigsten Waklbäume eine wesentlich andere Organisation besitzen als die ge- wöhnlichen Wurzeln der anderen Pflanzen, indem sie regelmässig mit einem Pilz vergesellschaftet sind, welcher wie ein lückenloser Mantel die ganze Obeifläche der Saugwurzel bis zu deren Spitze nicht nur überzieht, sondern dabei auch in fester organischer "Verwachsung mit der Wurzel sich befindet. Die letztere ist daher hier auch kein einfaches, nur der Pflanze angehöi'iges Organ, sondern ein aus zwei heterogenen Wesen zusammen- gesetztes Gebilde, dem ich deshalb den Namen Pilz- wurzel oder Mykorhiza gegeben habe. Genauere Untersuchung überzeugt uns, dass hier Pilz und Wurzel ein gemeinsames Ganze bilden, dass sie in gegenseitiger Abhängigkeit zusammen leben und zusammen weiter wachsen und augenscheinlich auch gemeinsame Punktionen ausüben. Es ist also einer der in anderen Formen schon bekannten Fälle von Symbiose zweier heterogenen Lebe- wesen. In welcher Weise hier die beiden Symbionten, die Baumwurzel und der Pilz, vereinigt sind und mit- einander loben, soll in nachstehendem beschrieben werden. Es ist bekannt, wie die gewöhnlichen unverpilzten Pflanzenwurzeln gebaut sind: ihre äusserste von der Wurzelhaube bedeckte Spitze ist aus lauter in Vermeh- rung begriffenen Zellen zusammengesetzt und bewirkt daher lediglich das weitere Längenwachstum der Wurzel. Die rückwärts von der Wurzelspitze liegenden Partieen der Wurzel sind oberflächlich mit zahllosen Haarbildungen, den Wurzclhaaren, bekleidet, welche hauptsächlich die Nahrungsstoft'e aus dem Erdboden in gelöster Form auf- saugen. Pei der Mykorhiza dagegen ist die ganze Oberfläche von einem dichten Pilzgewebe eingehüllt, welches, eben weil es die Oberfläche einnimmt, auch allein die Ueber- tragung der Nahrung in die Wurzel vermitteln muss, so dass die letztere dafür auch ihre eigenen Aufnahme- organe gar nicht ausbildet; denn die Mykorhiza ist völlig ohne WurzeUiaare, die sich unter dem dichten und fest angewachsenen Pilzmantel auch nicht würden bilden können. Auch gestaltlich erscheinen die Mykorhizen ab- weichend von den gewöhnlichen Pflanzenwurzeln, indem sie bei einer verhältnismässig dicken und kurzen Gestalt eine hohe Neigung zur Verzweigung zeigen, so dass sie mehr oder weniger korallenförmig oder büschelförmig aussehen. Fig. 1 unten. AVenn wir diese Gebilde stärkerer Vergrösse- rnng unterwerfen, so sehen wir ihre ganze Obeifläche von einer verworrenen, filzigen oder feinzelligen Masse gebildet, Fig. 1 oben, die bei genauerer Betiachtung von pilzlicher Natur sich erweist, d. h. aus Pilzfäden besteht, die ent- weder so verwoben sind, dass man ihre Fadenstruktur noch unterscheiden kann, oder auch so innig sich zwischen- Dr. B. Frank. einander pressen, dass ein sogenanntes Pseudoparenchym entsteht, in welchem man den Verlauf der Fäden nicht mehr verfolgen kann. Eine genügende Vorstellung von dem Ganzen gewinnen wir erst, wenn die Mykorhiza im Längs- durchschnitte betrachtet wii'd. Fig. 2, links. Man unter- scheidet innerlich den Wurzelkörper, welcher, wenn man von dem Fehlen dei- Wurzelhaare absieht, in der Haupt- sache einer gewöhnlichen Wurzel gleich gebaut ist. Aus- Fig. L Onten : Wurzelstück mit Mykorhizen. NatürUclie Grösse. Oben: Spize einer Mykorhiza. 146fach vergrössert. Fig. 2. Links: Längsschnitt durch die Spitze einer Mykorhiza von Hainbuche. p Pilzmantel, r Kinde, f Fibrovasalstrang. 240facli vergrössert. Rechts: Stück eines Längsschnittes durch einen älteren Teil derselben Mykorhiza. p Pilzmantel. e Epidermis, darunter Itindezellen. 240 fach vergrössert. wendig geht ringsherum eine bald dickere, bald dünnere kon- tinuierliche Lage des Pilzgewebes, welche auch nicht einen Punkt der Wurzel frei lässt. Die Oberfläche dieses Pilz- mantels ist manchmal ziemlich glatt, häufiger gehen zahlreiche seiner Fäden in freiem Verlaufe weit in die umgebende Bodenmasse hinein, so dass die Mykorhiza oft eine dichte Naturwissenschaftliche Woclipn^;cliiift. Nr. 1. faserige Belileidung zeigt. Bei genauerer Verfolgung sieht man, dass diese Pilzfaden wie gewöhnliche Pilz- mycelien die umgebenden Bodenteilchen, den Humus, besonders allerhand verwesende Pflanzenreste, wie Laub, Zweigstückciien etc., offenbar um aus ihnen Nälustofte zu holen, durchwucliern. Fig. 3. Sie sind also die nahrung- aufuehraenden Organe des Pilzmantels und veitreten da- her geradezu die fehlenden Wurzelhaare. Sogar darin sind sie den letzteren ähnlich, dass man sie vielfach mit Brd- oder Humusteilchen verwachsen findet und dass sie Fig. 3. StücU-Humus mit My- korlüzcn iind von diesen ausgeliendeii Mycel- strängen, die sicli im Humus verbreiten. Natürliche Grösse. daselbst anschwellend diese Teilchen mclii' odei- minder umwachsen. Andi'isolts überzeugen wii' uns aber auch, dass zwischen dem l'ilzinantel und dem Wurzelkern eine innige Vei'einignng besteht. Denn die Pilzfäden diingen auch zwischen die luei' besondei's weiten Epideiraiszellen ein und umsiiinnenrtieselben ziemlich allseitig, Fig. 2, rechts. Durch diese Einriclitungen ist oltenbar ein iebliaftei- Stoif- austauseh zwischen Pilz und W'uizel ermöglicht. Beide Teile, Wurzel und Pilz, wachsen auch Schritt haltend miteinander foi't: denn auch die äussei'ste die Verlänge- rung des Wui'zelkörpers liewirkende Wurzelspitze ist . von dem IMlzmantel umzogen; aber der letzteie ist an dieser Stelle auch wachstumsfähig, d. h. aus jüngeren in lebhafte!' Veimehrung begrilfenen Fäden zusammen- gesetzt. El' dehnt sich hiei' also in -dem Maasse mit weiter aus, als der wachsende Wurzelkei'n es verlangt. So kann sich die wachsende Wurzel nicht aus dem Pilzmantel befreien, beide wachsen zusammen gleichsam wie ein einheitliches Organ, und auch durch diese That- sache erweisen sich beide Symbionten als Teile eines höheren Ganzen. (Schluss folgt.) Die Entwickelung der Glacialtheorie in Norddeutschland. Von Dr. F. Wahnschaffe. Kol. Laiidesgeologe und Privatdocent an der Universität Berlin. Die lockeren Ablagerungen von Gebirgsschutt, welche das norddeutsche Flachland bedecken, wurden in den ersten Anfängen der geologischen Wissenschaft nm- wenig beachtet. Man hielt sie für Absätze einer grossen katastro phonartig hereingebrochenen Flut, welche man meist mit der biblischen Sintflut in Zusammenhang brachte. Aus dieser Zeit stammt die Bezeichnung Diluvium für das sogenannte „aufgeschwemmte Land". Die erratischen Blöcke (AVanderblöcke. Find- linge), jenes bunte Gemisch von Trümmern der verschieden- artigsten Felsarten, welche im ganzen norddeutschen Flachlande verbreitet sind, lenkten zuerst die Aufmerk- samkeit auf sich und gaben Veranlassung zu vielfachen Hypothesen über ihre Herkunft. Obwohl einzelne Forscher schon sehr früh zu der Erkenntnis gelangt waren, dass die Hauptmasse dieser Blöcke und „Gerolle" aus Skan- dinavien und den übrigen baltischen Gebieten zu uns gelangt sein müsse, hat es doch noch langer Zeit be- dui'ft, bis diese ^''liatsache allgemeine Anei'kenniuig fand. Wir begegnen im letzten Viertel des vorigen Jahrhunderts noch zwei andei'en Ansichten, welche sich Geltung zu verschafien wussten. Nach der einen sollten die Blöcke südlicher Herkunft sein und von den deutschen Mittel- gebii'gen stammen, während sie nach der anderen Trümmer der im Unteigiunde Norddeutschlands vermuteten an- stehenden Gesteine waren, folglich einheimischen Ur- sprunges hätten sein müssen. Diese zweite Auffassung wurde in betreff der versteinerungsfühienden Geschiebe noch um die Mitte dieses Jahrhunderts mit vielem Eifer von E. Bell vertreten, nachdem auch Klöden, der un- ermüdliche Durchforscher der Mark Brandenbung, 1834 ei'klärt hatte, dass die Fiage nach dem Vaterlande der Geschiebe der Lösung feinei' denn je sei und dass Schweden unmöglich als die Geburtsstätte unserer Pe- trefakten betrachtet werden könne. Gleichzeitig mit der Frage nach der Heimat der Geschiebe beschäftigte man sich auch mit der Art und Weise ihres Transportes und dieser Punkt musste haupt- sächlich füi' die Vorkämpfer der Ansicht von der nor- dischen Herkunft der Findlinge von Wichtigkeit sein. Die meisten der hier in Betracht zu ziehenden älteren Hypothesen kommen darauf hinaus, dass die Geschiebe durch eine grosse gewaltsame Flut oder durch Treibeis zu uns gebracht wurden. Bereits im .Jahre 1775 war Hauptmann v. Arenswald, welcher den ver-steinerungs- führenden Geschieben in Pommern und Mecklenbui'g grosse Aufmerksamkeit gewidmet hatte, durch Reisen in die das Diluvialgebiet umgrenzenden Länder zu dei' Auf- fassung gelangt, dass die Versteinei'ungen eine grosse Aehnlichkeit mit s c h w e d i s c h e n Vorkommnissen besässen. Er leitete daraus den zu damaliger Zeit leider zu wenig beachteten Schluss ab, dass ein grosser Teil unserer Ge- schiebe durch eine Flut in Schweden losgebrochen und zu uns herübergeführt worden sei. G. A. v. Winter feld wies im Jahre 1790 in einem Aufsatze „vom Vater- lande des mecklenburgischen Granitgesteines" darauf hin, dass der nächste anstehende Granit in Schweden zu finden sei und dass der Blocktransport bei einer allge- meinen Meeresbedeckung durch Treibeis stattgefunden habe. Wie weit jedoch die Anschauungen auseinander gingen, beweist ein von dem Berhner Gelehrten Silber- schlag im Jahre 1780 veröffentlichtes Buch, in welchem Xr. l. isatiu'wissenschauiiche Wochensclirift. derselbe ausfülulicli darzulegen suchte, dass die erratischen Blocke samt dem nordischen Sande durch vulkanische Kräfic aus grossen Kratern, welciie er in den kesscl- a;rg-en IMuhlen unseier Diluvialplateaus zu erkennen glaubte, hervoigeschleudert worden seien. Und noch im Jalire 1846 kommt der um die Geognosie der deutschen O-stseeländei' sehr verdiente E. Boll iiuf ähnliche An- sichten zurück, nur dass er den Herd der vulkanischen Thätigkeit nach Skandinavien verlegte. Bei dem daselbst stattgehabten Durchbrach der Gianite soll sich ein Regen vulkanischer Bomben im weiten Kreise über die luii- liegenden Länder verbreitet haben. Ais hervorragende Vertreter der Fluttheorie bei d'T ^"el■frachtung des nordischen Materials müssen wir noch L. V. Buch (ISll) und den schwedischen Geologen Sef ström (183G) erwähnen. Letzterer nahm eine grosse Rollst einsflut an, welche sich über Skandinavien und Norddeutschland fortwälzte und diu-ch die mitgeführten Steine die Schrammung auf dem Felsuntergrunde her- voig-erufen haben sollte. Dui-ch Lyell, der die geologischen Vorgänge ihres katastrophenartigen Charakters entkleidete, indem er zeigte, dass die Kräfte, welche noch heute wirksam sind, auch in früheren Erdperioden thätig waren und nur dui'ch die Länge der Zeit grosse geologische Veiänderungen hervorriefen, ist auch die erwähnte Fluttheorie für immer beseitigt worden. Nachdem durch die Glacialforschung in den Alpen, namentlich durch die Untersuchungen von Agassiz, die Lehre von der Eiszeit begründet w'orden war, iand die von Lyell zuerst 18.35 aufgestellte und später weiter ausgeführte Drifttheorie immer mehr An- hänger. Was insonderheit das norddeutsche Flachland betriift, so nahm Lyell eine allgemeine Meeresbedeckung desselben bis zum Nordrande der deutschen Mittelgebirge an, während zu gleicher Zeit Skandinavien von mächtigen Gletschern bedeckt war, die in dieses Meer ausliefen. Auf dem Rücken der von den Gletschern sich ablösen- den Eisberge sollte das nordische Material nach Nord- deutschland transjiortiert und bei der Strandung und Ab- schmelzung derErsteren abgelagert worden sein. Infolge der Autorität, welche Lyell wegen seiner grossen Ver- dienste um die geologische Wissenschaft besass, gelangte seine Drifttheorie bald zu unbedingter Herrschaft, und sie hat mehrere Jahizehnte hindurch alle im norddeutschen Flachland ausgeführten Forschungen beeinflusst. Diese Theorie, welche die ganzen Diluvialbildungen Nord- deutschlands, gleichgültig ob dieselben aus Geschiebe- meigeln, Sanden oder Thonen bestanden, als durch den Treibeistransport veimittelte Absätze des Diluvial- meeres ansah, hatte schliesslich einen gewissen Grad von Starrheit angenommen, sodass auf dieser Grundlage kein weiterer Fortschritt in der Entwickelung der Quartär- geologie mehr möglich war. Vom .Jahre 1875 an vollzog sich jedoch ein bedeut- samer Umschwung. Eine neue Theorie, die Gletscher- oder Glacialtheorie, die von Schweden aus zu uns herüberkam, hat äusserst befruchtend auf alle Forschungen im norddeutschen Diluvium eingewirkt und es sind so viel l'.eweise für die Richtigkeit derselben erbracht worden, dass wir die ehemalige Vereisung Norddeutschlands gegen- wärtig als eine feststehende geologische Tliatsache be- trachten können. Dem schwedischen Geologen Otto Torell gebührt das grosse Vei'dienst, diese Auffassung zuerst in Deutschland ausgesprochen und begründet zu haben. Allerdings hat er in dem dent>clien Foischer Bei'uhardi bereits einen Vorläufer besessen, doch blieben die schon im Jahre 1832 geäusserten Ansichten d^s Letzteren vollständig unbeachtet und unbekannt. Gestützt auf reiche Erfahrungen, die sich Torell durch ein eingehendes Studium der skandinavischen Glacial- bildungen, sowie auf grossen Reisen nach Sjiitzbergen, Grünland, Nordamerika und den Alpen erworben, halte er schon lange die Vermutung gehegt, dass Norddeutsch- land von Skandinavien aus mit Landeis überzogen w'orden sei, welches die Scluittmassen seines Ausgangs- gebietes im norddeutsdien Flachlande als Grundmoräne verbreitete. Diese Grundmoiäne stellt eine scliichtungs- lose, lehmig-sandige Masse dar, in der die nordischen • "'~<- Blöcke, welche bei • •:55j ihrer Fortbewegung ^ ilui'ch das Eis häufig ' * mit Schrammen und , :. Kritzen versehen wurden, eingebettet sind. Fig. 1 zeigt ein derartiges Ge- schiebe. Die kanten- gerundete Form die- __^^^^^^^ ses silurischen, dem tm.n« i\««ti, „Geschiebemergel " Fig. 1. von Hohenw^ai'the an der Elbe entstammenden Blockes ist für die Diluvial- geschiebe charakteristisch und beweist, dass sie nicht durch Wasser transportiert sein können, denn dieses ist stets bestrebt, die Steine bei der Fortbewegung gleich- massig abzurunden. War die Annahme Torell's richtig, so mussto an den Punkten, wo sich fester Felsuntergrund in Nord- deutschland fand, eine Schrammung durch die unter dem Eise transiiortierten Gesteinstrümmer hervorgerufen sein. Dieser Nachweis wurde von ihm 1875 durch die Auf- findung von typischen Gletscherschrammen auf den Schichtenköpfen des Rüdersdorfer Muschelkalkes geführt, und unter Vorlegung dieser Beweisstücke trug er an dem- selben Tage seine Ansichten in der Novembersitzung der deutschen geologischen Gesellschaft vor. Die beigegebene Abbildung Fig. 2 stellt ein Stück dieses in ost-westlicher Richtung geschrammten Muschelkalkes dar. Von deutschen Gelehrten waren es in der ersten Zeit besonders Berendt, Herm. Credner, Dames, Ortli und Penck, welche die Bedeutung der neuen Theorie erkannten, und wir woUen nicht unerwähnt lassen, dass Professor Dames Natunvissersc'Iiaftliche Woelienseliiift. Nr. 1. zuerst auf deutsclien Hochschulen die neue Lehre vor- getragen liat. w. ^ «0. /0!J!^>.>S''5i«5;'''*"^**''^^?^^ Nachdem durch Torell die Anregung gegeben war, meinten sich seit 1879 schnell die Beweise für die Richtig- keit seiner Ansichten. Zunächst war es Herrn. Credner, welcher durch eine Reihe wich- tiger Arbeiten über die Diluvialbildungen Sachsens die Giacial- tlieorie wesentlich ge- fördert hat. Er zeigte, dass die von ihm und Penck auf den Por- phyrkuppen bei Leipzig, später auch an anderen Punkten Sachsens von Dathe, Dalmer und Herrmann nachge- wiesenen Schliffe nur durch das Voirücken des Landeises und sei- ner Grundmoräne her- vorgerufen sein konn- ten. Er hob die Wichtig- keit der gekiitzten ein- heimischen Geschiebe hervor, welche sich nur durch eine Vereisung Norddeutschlands erklären lassen, beschiieb Schichten- störungen im Untergrunde des Gescliiebelehmes, die dui'ch den Druck der sich fortbewegenden Eismassen verursacht wurden und brachte den Geschiebetrans- port der dem sächsischen Unteigrunde entstammenden Gesteinsbruchstücke in Beziehung zu den Schrammen- richtungen auf anstellendem Gestein. Ausser diesen Untersuchungen Credner's brachten die nächsten Jahre noch mehrere Arbeiten, die für die Fortentwickelung dei' Glacialtheorie von Bedeutung waren. Fi.?. In dem „Gletschertheorie oder Drifitheorie in Nord- deutschland?" betitelten Aufsatze surlite Berendt eine Vermittlung zwischen jenen beiden Theorien anzubahnen, während Heiland, Penck und Dames die Bildungen des norddeutschen Flachlandes mit den glacialen Ab- lagerungen Skandinaviens verglichen und aus der voll- kommenen Uebereinstimmung derselben eine gleichartige Entstehung folgerten. Angeregt durch die Untersuchungen, welche der Verfasser im Herbst 1880 mit Torell und De Geer in Rüdersdorf ausführte und welche namentlich eine genaue Feststellung der Schrammenrichtungeu bezweckten, begab er sich nach dem bei Oebisfelde gelegenen braun- schweigischen Orte Velpke, um den daselbst im Abbau befindlichen Bonebed-Sandstein auf Glacialerscheinungen zu untersuchen. Es gelang ihm aucli alsbald, in ver- schiedenen Steinbrüchen eine deutliciie G 1 a c i a 1 - schrammung nachzuweisen, welche nach Abdeckung des Geschiebelehms überall auf den Schichtoberfläehen hervortrat und sich auf zwei Sj'steme zurückführen Hess. Eine durch den gewal- tigen Druck des sich vorschiebenden Eises hervoi'gerufene Erschei- nung zeigte sich hier besonders deutlich in dt'r Bildung der Lokal- raoräuen. Fig. 3 stellt dieselbe aus einem bei Danndorf unweitVelpke gelegenen Steinbruche dar. Man sieht zu Unterst den regelmässig abge- lagerten düunbänkigen Sandstein und darüber ein wirres Haufwerk von Trümmern des- selben, welche fest in- einander gepresst sind. Unter ihnen kommen zerstreut einzelne nor- dische Geschiebe vor. Eins derselben, welches absichtlich in der nach einer Photographie her- gestellten Zeichnung schwarz gegeben ist, war zwischen die noch ungestörten Schichten fest eingekeilt. Derartige Lokalmoränen, verbun- den mit Schichtenstüiungen, sind vom Verfasser später auch von Rüdersdorf und Gonimern beschrieben worden. An letztgenanntem, südöstlich von Magdeburg gelegenen Orte fand derselbe ausserdem deutliche Gletschersclu-ammen auf. Solche für die vormalige Vereisung Norddeutschlands hauptsächlich beweisende Glacialschrammen wurden ausser den schon erwähnten Fundorten noch bei Landsberg unweit Halle a. S. durch Luddecke, bei Osnabrück Nr. 1. Natui wissenschaftliche Wochensclirift. diiirli Hamm, auf den Sciitarien des Hermsdorfcr Sep- tariontliones bei Berlin durch Läufer und ebenfalls auf einer Septarie bei Joachinistal durch Berendt nach- gewiesen. Die g-enaue Durchforschung des norddeutschen Flach- landes von Seiten der geologischen Landesanstalt hat er- geben, dass die früher von Lyell angeuonnnene allgemeine Meeresbedeckung sich nicht bestätigt hat, denn abgesehen von einzelnen Gebieten in der Nähe der OstseekUste, wo Berendt, Jentzsch, Schröder u. A. eine marine Fauna nachgewiesen haben, sind in den sogenannten präglacialen, unter den Grundmoränen liegenden Ab- lagerungen ausschliesslich Reste von Pflanzen und Tieren gefunden worden, Avelche das Land und die süssen Gewässer bewohnen. Von grosser Bedeutung für die ganze Gliederung der glacialen Bildungen ist das Vorkommen von Pflanzen- und Tierresten in Schichten, die zwischen den Grund- moränen gelegen sind. Die Grandschicht mit diluvialen Säugetierresten, deren Lagerung zwischen zwei Geschiebe- mergeln namentlich bei Rixdorf klai- erkennbar ist, sowie ein Torflager bei Lauenburg in gleichem geologischen Niveau, sind zwingende Beweise für die Annahme einer wiedei'holten Eisbedeckung Norddeutschlauds. Keilhack welcher die fossile Flora jenes Torfes genau untersuchte, konnte den interessanten Nachweis führen, dass der Charakter dieser Pflanzen auf ein gemässigtes Klima hindeutet und dass mithin eine vollständige, durch eine Aenderung des Klimas bewirkte Abschmelzung der ersten Vereisung vorausgegangen sein musste, um die Ein- wanderung dieser Flora zu ermöglichen. Leider müssen wir es nns versagen, auf die von Dames, Nehring und anderen vielfach hervorgehobenen Beziehungen der Dilu- vialfauna zur Eiszeit sowie auf viele andere interessante Punkte, welche durch die Glacialtheorie eine Erklärung gefunden haben, hier näher einzugehen. Erwähnt sei nur noch, dass ausser der Eisbedeckung, auch die der zweiten Vereisung folgende Abschraelzperiode nach den Untersuchungen von Berendt, E. Geinitz und Klockmann das Relief des norddeutschen Flachlandes wesentlich beeinflusste. Wir schliessen hiermit unsere Betrachtung, deren Hauptzweck es war zu zeigen, durch welche Beweise die Torell'sche Glacialtheorie gestützt wird und wie dieselbe un- sere Anschauungen über die Entstehung der norddeutschea Quartärbildungen in ungeahnter Weise erweitert hat. Kleinere ^ itteiliing'en. Fossiles Eis. — Im Jahre 1860 wurden von Kotzebue und seinen beiden wissenschaftlichen Begleitern, Chaniisso und Escbsoholtz an der Nordküste von America jene merkwürdigen Eisklippen in der Escbscholtzbai entdeckt, über deren Bildung- und Entstehung nachmals sehr abweichende Ansichten aui'gestellt worden sind. Nacli der ursprünglichen Schilderung sollte dort ein ganzer Hügelzug' aus klarem festem Eise bestehen, überdeckt von einer dünnen Erdschicht mit einem ziemlich reichen Pflanzenwuchs. Im wesent- lichen ist auch diese anfänglich stark angezweifelte Auffassung durch die neuesten Untersuchungen bestätigt worden. Es ist nun Tcin hohem Interesse, dass ähnliche Bildungen auch auf den neu- sibirischen Inseln beobachtet worden sind Dr. A. Bunge und Baron E. Toll, welche im Auftrage der Kaiserlichen Akademie in Petersburg im Jahre 1886 die wissenschaftliche Erforschung jener Inseln unternahmen, fanden auf einer derselben, der grossen Ljaohow- Insel. das hügelige Land im wesentlichen aus ungeheuren Eismassen bestehend mit eingelagerten, 'J'ier- und Pfianzenreste führenden Erd- schichten. Nach Ansicht von Dr. Bunge sind diese Eisniassen, deren ■eine eine Jlächtigkeit von 22 m hatte, durch das Gefiieren des in Erdspalten eingedrungenen Wassers entstanden. J)urch die Ein- -wirkung der Sonne ündet eine jährliclie Abnahme der Eishügel statt, und die aufgethauten Eidmassen flie>spn als dicker Schlammbrei dem Meere zu. Ein starker Moder- und Eäulnissgeruch entströmt diesen Massen, herrührend von den fossilen Resten, unter denen sich nicht nur noch mit Mark gefüllte Knochen, die von den Hunden begierig verzehrt wurden, sondern auch Reste von Weichteilen. Fell und Haare ausgestorbener Säugetiere fanden Eine vorläufige Untersuchung ergab das Vorhandensein des Mamniuths, zweier (?) Nashornarten, des Rindes, Pferdes und Moschusochsen, dreier Hirsch- . arten, des Hasen und des Seehundes. Dr. Aurel Krause. Ueber das Byssusorgan der LamelUbranehiaten teilt ■stud. rer. nat. Ludwig Reichel im , Zoologischen Anzeiger" (1887 ;p. 488) eine interessante Beobachtung mit. Die Byssusoigane, jene aus der „Byssusdrüse" in der Fussgegend vieler Muscheln aus- gesonderten, erhärtenden Fäden, welche wie ein langer Bart zwischen den Schalen herausstehen, dienen ja den Tieren zu ihrer Befestigung .an fremde Gegenstände. Nun war man bisher der Meinung, dass •die Tiere zeitlebens den einmal gewählten Platz inne behielten, wenn man auch die Beobachtung gemacht hatte, dass gewaltsam abgerissene Tiere sich unter Umständen wieder festzusetzen ver- mögen. Der genannte Autor hat jedoch an der Dreissi-na polyniorpha beobachtet, dass diese Muschel zeitweilig wandert, und zwar wird der Byssus in seiner Gesamtheit abgestossen. worauf das Organ durch Neubildung ersetzt wird. Ein solcher Wechsel des Byssus T-findet regelmässig statu mit dem Eintritt der kälteren Jahreszeit. Im Sommer sitzen die Tiere dicht unter der Oberfläche des Wassers, im Spätherbst jedoch wandern sie unter Zurücklassung des Byssus in die Tiefe. Die physiologische Bedeutung der Raphiden. — lu den Zellen der Lauborgane vieler Pflanzen kommen lange, nadei- förmige Krystalle, Raphiden ans Kalkoxalat, vor, welche gewöhn- lich in grösserer Anzahl nebeneinander liegen und so ein dichtes ]5ündel herstellen. I)ie meisten Botaniker sehen in den Raphiden für die Pflanze nutzlose Exkrete. Stahl glaubt jedoch (Biolog. Centralblatt 1887, Nr. 16) dieselben auf Grund von Fütterungsver- suchen mit verschiedenen Tieren als Schutzmittel gegen Tierfrass betrachten zu dürfen, da zahlreiche Tiere raphidenführende Pflanzen überhaupt nicht oder nur ungern fressen, und einige Tiere — z. B. Schneckenarten — von Pflanzen, welche Nadeln aus Kalkoxalat führen, nur die nadelfreien Teile verzehren. Manche Pflanzen, welche für giftig gelten, z. B. der Aronstab (Arum maculatum), verdanken iliren brennenden Geschmack einzig den sehr zahlreichen Raphiden, welche durch den aufquellenden Schleim aus ihren Behältern liervor- getriebi'n werden und sicli in die weichen Teile der Mundwerkzeuge einbohren. Der durch Filtration gewonnene Saft hat durchaus milden Geschmack. Ueber die Brechungsexponenten der Metalle hat Prof. K undt in den Sitzungsberichten der K. Akademie der Wissen- schaften zu Berlin (16. Februar 1888) interessante Mitteilungen gemacht. Derselbe stellte sich eine grosse Zahl von Prismen aus .Silber, Gold, Kupfer, Platin, Eisen, Nickel und Wismuth mit sehr kleinen Winkeln lier und bestimmte durch sehr zahlreiche Beobach- tungen die Brechungsexponenten dieser Metalle und damit die Fort- pflanzungsgeschwindigkeit des Lichtes in denselben. Prof. Kundt kommt zu dem sehr interessanten und überraschenden Resultat, dass die Metalle sich in Bezug auf die Lichtgeschwindigkeit in dieselbe Reihe ordnen wie in Bezug auf die Leitung der Elektricität und Wärme; die besten Leiter für die letzteren besitzen den kleinsten Brechungsexponenten und somit die grüsste Lichtgeschwindigkeit, eine Beziehung, welche die Perspektive auf weitere interessante Untersuchungen eröffnet. A. Gutzmer. Bestimmung der geographischen Länge und Breite der Sehneekoppe. — Im näehsten Sonuner ist seitens des k. geo- daetisi-lien Institutes in Berlin die genaue Bestimmung der geo- grapliischen Länge und Breite der Schneekoppe in Aussicht ge- nommen. Die geographische Länge ist durch unmittelbare astrono- mische Beobachtungen überhaupt noch nicht bestimmt worden, da eine solche nur unter Benutzung des elektrischen Telegraphen er- folgen kann, die Schneekoppe aber erst seit einem Decennium mit Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 1. dem allgemeineu Telegraphennetz in Verbiiidiint gegen ist die geograpliisclie Breite zwar bereits wiederholt ermittelt worden, aber nicht in dem Umfange der Beobachtungen und daher nicht mit der Genauigkeit, welche für einen Punkt von der Be- deutung der Scbneekoppe als der höchsten Erhebung Deutschlands nürdlich der Donau nothwendig erscheint. Die Beobachtungen werden ca. 3 Monate Zeit in Anspruch nehmen. X. Astronomiselier Kalender. — Am 1. April Sonnenauf- gang 5 Uhr 33 Minuten, Sonnenuntergang 6 Uhr 33 Minuten; Slondaufgang 12 Uiir 4'2 Minuten, Untergang 9 Uhr 21 Minuten. Am 7. April Sonnenaufgang 5 Uhr 20 Minuten, Untergang 6 Uhr 43 Minuten; Mondaufgang früh 4 Uhr 24 Minuten, Untergang 1 Uhr 17 Minuten. Am 3. April 1 Ulir 35 Minuten letztes Viertel. Von Planeten sind sichtbar Mars und Jupiter. Fixsternbedeckungen finden in dieser Woche nicht statt. Um die bürgerliche Zeit aus der wahren Sonnenzeit zu erhalten, muss man zu dieser hinzufügen am 1. April 3 Minuten 46.15 Sekunden, am 7. April 2 Minuten 0,69 Sekunden. Dr. F. Plato. Die Erhaltungstendenz im Witterungscharakter auf- einander folgender Winter. — Bei der Untersiiclunig von Fragen nach der Wahrscheinlichkeit, dass der Witterungscharakter aufein- ander folgender Jahre oder Jahresabschnitte der gleiche bleibe oder sich ändere, begegnet man gewöhnlich der Schwierigkeit, dass in den dabei in Rücksicht zu ziehenden ausgedehnten Beobachtungsreihen niclit selten die Aufstellung der Instrumente, zuweilen auch diese selbst gewechselt haben, woraus sich systematische Fehler in der Berechnung ergeben müssen. Nach einer von solchen gänzlicli un- abhängigen Methode ist kürzlich durch J. Kleiber untersucht worden (vgl. Meteorologische Zeitschrift, Februarlieft 1888), in wie vielen von hundert Fällen auf einen strengen Winter in Russland wieder ein strenger und auf einen milden ein milder folge, nämlich aus der Zeit des Anfangs und Endes der Eisbedeckung der Newa, für welche fast lückenlose Beobachtungen seit 1706 vorliegen. Im Mittel aus allen Jahren fällt der Tag des Zuganges der Newa auf den ir>. No- vember, der des Aufganges auf den 10. April, und die Dauer der eisfreien Zeit beträgt 219 Tage oder seclis Zehntel des Jahres. Die wahrscheinliche Abweichung der letzteren von ihrem Mittelwerte beläuft sich für den einzelnen Jahrgang auf elf Tage, aber es ist wahrscheinlicher, dass dieselbe hei aufeinander folgenden Wintern im gleichen als im entgegengesetzten Sinne stattfinde. Hat die eisfreie Zeit schon zweimal hintereinander zu lange oder zu kurze Zeit ge- dauert, so wächst noch die Wahrscheinlichkeit, dass das gleiche auch im dritten Jahre der Fall sein werde; und wenn in drei oder vier .Jahren nacheinander die eisfreie Zeit in demselben Sinne von ihrer normalen Dauer abwich, so kann man fast zwei gegen eins wetten, dass auch in dem folgenden Jahre der Sinn der Abweichung derselbe sein wird. Die hierin ausgesprochene Tendenz zur Erhaltung des gleichen Witterungscharakters beschränkt sich jedoch keineswegs auf Russland, denn schon eine ältere Bearbeitung der Teraperatur- beobachtungen im preussischen Stationsnetz hat auch G. Hell- mann (vgl. Z. S. des k. .statistischen Bureaus 1883) das Resultat ergeben, dass die Jahre mit langen Wintern sehr liäufig gruppen- weise aufzutreten ,pfleg-en. Einen neuen Beleg dafür lieferten wie- derum die drei letzten Jahre, deren WinternifunJ dürfte kaum zweifel- haft auf die Verwendung unreiner Rohmaterialien zur Stärkezucker- fabrikation zurückzuführen sein. Da im verHosseneu Jahre auch von 0. Schweissinger für Zuckerconleur. die für Konditoreizwecke als Farbe dienen sollte, die gleiche Beobachtung mitgeteilt ist, dürfte das Vorkommen dieser gewiss niclit indifferenten Verun- reinigung weitere Verbreitung haben. Befunde dieser Art beweisen, \vie aus kaum geahnten Quellen in unsere täglichen Nalirungs- und Genussmittel Spuren von Giften einwandern können. Dr. C. IBischoff, vereideter Chemiker der Kgl. Gerichte u. des Kgl. I'ulizei-Präsidiums zu Berlin. Deutscher Geographentag. — In Folge der in ganz Deutschland herrsclienden tiefen Trauer um das Hinscheiden des Kai- sers ist der VIII. deutsche Geographentag, welcher vom 4. bis 6. April in Berlin abgehalten werden sollte, um ein Jahr vertagt worden. W. Eine „Club- und Vereinshaus Actien-Gesellschaft" ist in Berlin im Entstehen begriffen. Die Anregung ist vom Präsidium der Deutschen Chemischen Gesellschaft ausgegangen, welches die Bildung eines Consortiums aus Vereinsmitgliedern, Architekten und Finanzmännern zur Vorbereitung einer praktischen Lösung dieser Frage veranlasst hat. Das Consortium hat sich bereits die Er- werbung eines Grundstückes in geeigneter Stadtgegend (Mauer- Strasse 44—46) gesichert, Baupläne entwerfen lassen, eine Renta- bilitätsberechnung des Unternehmens aufgestellt und den gesamten Plan einer aus hervorragenden Vertretern der grösseren technischen und wissenschaftlichen Vereine und Finanzmännern bestehenden Versammlung zur Prüfung vorgelegt. Diese hat das Unternehmen als ein zeitgemässes und dem allgemeinen Bedürfnisse entsprechendes begrüsst und zur Förderung desselben aus ihrer Mitte ehien Ausschuss gewählt, der nach Prül'ung und a\if Grund des von den Vereinen eingeholten statistisclien Materials die Ueberzeugung von der Durch- führbarkeit des Planes gewonnen, und di(! Verwirklichung desselben auf dem Wege der Bildung einer Aktiengesellschaft innerhalb der Interessenten zur Ausführung zu bringen, beschlossen hat. Fragen und Antworten. Hat die Intensität des Lichtes Einfluss auf die Fort- pflanzungsgeschwindigkeit desselben ? Diese Frage war bis vor kurzem noch streitig, sie ist jedoch von Dr. Ebert in den Annalen der Physik 1887, N. F. B. XXXil durch genaue Untersuchungen dahin entschieden worden, dass die Wellenläno'e und folglich auch die Furtpflanzungsgeschwindigkeit Litteratur. Ira Remsen: Einleitung in das Studium der Chemie. Autorisierte deutsehe Ausgabe. Bearbeitet von R. Seubert. Laupp's Verlag in Tübingen, 1887. Preis geb. 7 JO. Unter den zum Teil ausgezeichneten Kompendien, Repetitorien, kurzen Lehrbüchern etc. der anorganischen Chemie nimmt die „Ein- leitung in das Studium der Chemie" von Remsen ohne Zweifel eine hervorragende Stelle ein. Es giebt wenige derartige Werke, die so klar, leicht verständlich und dabei doch streng wissenschaftlich die Grundbegriffe der Chemie erörtern. In der richtigen Erkenntnis, dass ein Uehermass von Einzelheiten sowie ein zu frühes Eing'ihen auf die Theorien geeignet ist den AnfUnger zu verwirren und das Ver- ständnis für den Gegenstand zu erschweren, beschränkt sich der Verfasser darauf, nur die wichtigsten Thatsachen mitzuteilen. Erst nachdem an typisclien Beispielen das Wesen der chemischen . Vor- gänge eingehend klargelegt, geht er zur Besprechung der wissens- wertesten theoretischen Grundlehren über. Das Werk ist durch- aus eigenartig und verdient die weiteste Verbreitung. Die vor- liegende deutsche Uebersetzung resp. Bearbeitung dieses zuerst in englischer Sprache erschienenen Buches ist als eine treffliche zu be- zeichnen. Dr. C. Baerwald. Zur Nachricht! Die Redaktion wird sich bemühen, zeitgemässe und soweit es der Gegenstand nur irgendwie zulässt allgemein -verständliclie — also vor allen Dini^en mit möglichster Fernhaltung von Fremdwörtern geschrie- bene — Aufsätze und kleinere Mitteilungen aiis dem Ge- samtgebiete der Naturwissenschaft und ihrer praktischen Anwendung zu bringen. Wir bitten alle diejenigen, welchen die Naturwissen- schaft am Herzen liegt, uns ihr Vertrauen zu schenken! Redaktion und Verlag. Briefkasten. Den Entwurf zum Titelkopf verdanken wir der kunst- geübten Hand des Kgl. Preuss. Hof- Dekorations- Malers Herrn Carl Slevers. Hierzu eine Beilag^e. Verlag: Riemann & Möller, Berlin SW. 48, Friedrich-Strasse 226. IJ. Band. Sonnlag, den 8. April 1888. Nr. 2. Abonnement: Mau alioiinifit bei all>'n Bucbliaudlungen und Post- aiistaltPii, wie bei der E.xiieditiou. Der Vierteljabrspreis ist Jl 2.— ; Briiigegeld bei der Post lö .j extra. ir Inserate: Die viergespalteue Petitzeile 30 ^. Grössere Aufträge c'utsiireclienden Rabatt. Beilagen nach Debereiukunft. Inseraten- annabme bei allen Annonceubureaux, wie bei der Expedition. Abdruck ist nur mit vollständiger (Quellenangabe gestattet. Die Soolquelle im Admiraisgarten-Bad zu Berlin. Voll Professor Dmvli die im Adrairalsgartenbade zu Berlin .statt- gehabte Eibohrung einer .seit dem 10. Dezember vorigen Jalires ununteibroehen tiie,s.senden Soolquelle hat wieder einmal die Geologie einen Tiiuraiih auf praktischem Ge- biete gefeieit und gleichzeitig die Intelligenz wohlver- diente Flüchte tjverntet. Nicht umson.st war nämlich von wi.ssen.'^cliaftlicher Seite sclion vor ■lahren, als die Anstalt, um sich von dem kost.spieligen Leitungswasser frei zu machen, sich durch eine erste Tiefbohrung in den Besitz eines Süsswasser- brunnens setzte, darauf aufmerksam gemacht worden, dass es nur einigen Mutes und eines gewissen Ver- trauens auf die Beobachtungen der Geologie bedürfe, um die Kosten einer grösseren Tietbohrung nach .spring-en- dem Wasser zu wagen. Des damals gegebenen Winkes wusste man sich zur rechten Zeit zu erinnern. Ein von dem Verfasser noch besonders ei-betenes schriftliches Gut- achten stellte bei einer Tiefe von 2.30 bis etwa 300 m springendes resp. sogenanntes artesisches Wasser in einiger- massen sichere Aussicht. Ob die Wasser aber sü.sse oder salzige sein würden — hiess es in dem Gutachten — müsse dahingestellt bleiben; jedenfalls dürfte jedoch auch die Erschrotung von Soole dem Bade nur zum Vorteil ge- reichen. Im Juli vorigen Jahres wurde die, nicht unbedeutende Vorkehrungen eifordeinde und mit den neuesten Mitteln der Wa.sserspülung ausgeführte Bohrung begonnen und schon im Dezembei" — unter der Leitung des Bohr- Dr. 14. Jiereiidt. technikers Beyer aus Fleasburg durch dessen Bohr- mei.ster Christian Jenssen — bei der angegebenen Tiefe von etwa 2.32 m eine zu Tage ausfliessende Sool- quelle glücklich erreicht. Die Soole ist 3procentig; .sie enthält nach einer von Dr. G. Bischoff ausgeführten voiliiutigen Analyse 27,01 Gramm im Liter Kochsalz, 0,1472 0,6631 0,9639 0,1882 Nati'iumsulfat, Chlorcalcium, Chlormaiinesium, Calciumsuifiit. Beiechnet 28,9724 Gramm Gewogen 29,62 „ Eingehendere, auch auf den Gehalt von Brom, Jod etc. gerichtete Analysen stehen in nächster Aussicht, einerseits durch Pi'ofessoi' Dr. Finkener in Berlin, andei- seits durch den Geheimrat Professor Dr. Fresenius in Wiesbaden. Die Bohrung durchsank 0 — 52 m Sande und Grande der Diluvialformation, 52— 88 m Letten, Sande und Kohlen der Braunkohlen- bildung. 88 — 135 m Glimmersande des marinen Oberoligocän, 135 — 230)» Septarienthon des marinen Mitteloligocän, 230 — 234 m Glaukonitische Sande und Sandsteinbänkchen, welche wohl dem marinen Unteroligocän zu- zusprechen sein dürften. 10 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 2. Ueber die Symbiose der Pflanzenwurzeln mit Pilzen. \'un rrufessur Dr. B. Frank. (Schluss) Das üeberraschende ist nun, dass diese Wui'zel- verpilzun;.;' kein vereinzeltes Vorkommen, sondern für die betreffenden Pflanzen allgemeine Regel ist. Zunächst bin ich bei Gelegenheit der Untersuchung der Trüffel- entwickelung, wobei es sich auch um ein genaues »Studium der r>eschatt'enheit der Wurzeln der Waldbiiume an den Trätt'elorten handelte, auf diese Eigentümlichkeit auf- merksam geworden. Wurzelproben, die ich dann aus den Oberförstereien des grössten Teiles der preussischen Monarchie erhielt, bestätigten die Allgemeinheit der Mykoi'hiza an den Wurzeln dei' wichtigsten Waldbäume. "Weitere Nachforschungen zeigten, dass auch in anderen Ländern Europas und auch in anderen Erdteilen z. B. am Kaji der guten Hoffnung die betreffenden Baum- gattungen ebenso verpilzte Wurzeln haben wie bei uns. Diese Mykorhiza ist auf bestimmte Pflanzenfamilien beschränkt. Vor allen ist sie den Kupuliferen in ilirem ganzen Umfange eigen, also den Buchen, Hainbuchen, Haseln, Eichen und Kastanien; daran schliessen sich die Betulaceen. Ferner ist sie unter den Koniferen, nament- lich unter den bestandbildenden Arten verbreitet: näm- lich bei der Fichte, Tanne, Lärche, gemeinen Kiefer, Krummholzkiefer etc. Auch die Linde gehört dazu. Dahingegen sind andere Holzpflanzen in ihren Wur- zeln constant unverpilzt, selbst wenn sie neben jenen Bäumen .stehen und ihre Wurzeln mit den Mykoihizen benachbarter Bäume verflochten sind; so z. B. die Esche, die Ahorne, die Rüstern, die Obstbäume. Auch die Wurzeln der kleineren Vegetation des Waldbodens sind nicht in dieser Weise verpilzt. Bei der Keimung der Samen jener Bäume im Boden ist natürlich die junge Keimwurzel zunächst unverpilzt. Aber nach verhältnismässig nicht langer Zeit flnden sich die Wurzelpilze ein. Oft sieht man schon an einjährigen Sämlingen fast alle Wm-zeln verpilzt, odei- erst mit ei- nigen ist dies der Fall, um erst im zweiten oder dritten Jahre vollständig zu werden. Augenscheinlich sind es also im Boden lebende Pilze, welche schneller oder lang- samer auf die im Erdboden sich entwickelnde Baumwurzel gelangen. Stei'ilisiert man vorher den Erdboden durch Erhitzen oder zieht man die jungen Pflanzen in Wasser- kulturen, wo die Nährsalze in reinem Wasser gelöst den Wurzeln dargeboten werden, so entwickeln sich die Wui'zeln pilzfrei und bilden Wurzelhaare, ernähren sich also selbständig. Sind einmal die Saugwurzeln einer jungen Baumpflanze zu Mykorhizen geworden, so setzt sich dies Verhältnis auch in die künftigen Lebensjahre fürt und das ganze Wurzelsystem des Baumes bildet Mykorhizen. Denn abgesehen davon, dass bei der Er- starkung der Wurzelentwickelung an immer neuen Punkten die Bodenpilze auf die Pflanzenwurzeln überwandern, folgt schon aus der Fortentwickelung einer Mykorhiza, dass der Pilz mit ihr selbst weitergebildet wird, indem er dem Längenwachstume folgt und auch die neuen Zweige, welche die Mykorhizen treiben von Anfang an bekleidet. Wird die Wurzel älter und stärker, so ent- steht an ihrer Obei-fläche das regelmässig in dieser Periode auftretende Kork]ieriderm , durch welches die Pilzhülle abgestossen wird; in diesem Entwickelungszustande, wo die Wurzel eine Korkhaut bekommen hat, ist sie über- haupt nicht mehr zur Aufnahme von Nähi'stoffen geeignet. Meine jüngsten Untersuchungen haben mich nun weiter gelehrt, dass eine constante Wurzelsymbiose mit Pilzen auch noch weiter in der Natur besteht, wenn auch in anderen Formen. Bedenkt man, dass bei der bishei' beschriebenen Art der Mykorhiza der Pilz ausser- halb der Wurzel sich befindet, weshalb man hier- von einer ectotrophischen Pilzwurzel reden kann, so ist nun auch der andere Fall denkbar, dass der die Nahrung füi' die Wurzel aufnehmende und zubereitende Pilz ins Innere der Wm-zel, wenigstens in ihre peri- pherischen Gewebeschichten sich zurückzieht, so dass man einen solchen Fall als endotrophisehe Myko- rhiza bezeichnen kann. Thatsächlich habe ich diesen Fall nachgewiesen in dem ganzen Umfange dei- Familie der Ericaceen, nämlich bei C'alluna vulgaris, Vacciniiun myr- tillus, vitis idaea, uliginosum, oxycoccus, Andi'omeda poli- folia, Ledum palustre, Azalea- und Rhododendron-Aiten. also bei Pflanzen, die teils auf humushaltigem Sand, teils auf Moorboden wachsen. Gestaltlich sind diese Myko- rhizen von den vorigen sehr verschieden. Die Wui'zel hat hier bei grosser Länge eine haarförmige Dünne und ist sehr spärlich verzweigt. Diese Wurzeln haben auf- fallend weite Epidermi-szellen , die aber wiederum niemals Wurzelhaare bilden. Wohl aber enthalten die meisten in ihrem Jnnern eine dichte, trübe Masse, die bei genauerer mikroskopischer Prüfung sicli als ein Komplex miteinander vei-flochtener Pilzfäden erweist. Fig. 4. Nicht selten wachsen einzelne dieser Fäden durch die Membran der Eiiidermiszelle nach aussen und sjiinnen sich weiter über die Wui'zel- oberfläche hin, ohne sie jedoch wirklich mit einem vollständigen Pilzmantel über- ziehen zu können, oder sie wachsen auch von der Wurzel weg in den Boden hinein. Als endrotrophische Mykorhiza muss auch der schon bekannte Fall des Vor- kommens von Pilzen in den Orchideen- wurzeln betrachtet werden. Diese Pilze "ilo-'* '^'^^^0 '^^^^*^^ hau])tsäclilichen Sitz in einer rhiza von^A.^^p^^ die ^(jg,. mehreren kontinuierlichen Schichten ^™tn eü zeigend '''" '^^'' äusscren Rindenzellen, welche wiederum i75fach vergJösseit. dureh grosse Weite ausgezeichnet sind und in ihrem Innern gewöhnlich einen mächtigen Knäuel locker Fig. 4. Oben: Epidermis- zell.-iKU-rMykorliiza von Amhome\isseiisL'luiftlicIie \^'Ol•llensl•ll^il 13 I Wir wissen, dass jodrs Organ, \velrlu>s linnut/.ti wird, biutn'iclier wii'd, dass sicli seine Adrrn i'rwcili'rn; und wenn l)ereits bewiesen ist, dass durcii einen arbeitendiui Muskel viel mehi' Blut läuft als durch einen rulienden, so gilt g-anz bestimmt das Gleiche beim (iehirn. Wird das Gehirn blutreiclier, so kann dit's nur auf Ko.sten anderer Organe gescliehen. Deshali) werden Arme und Filsse blutarm und kiliil, wenn das (iehirn vom Blute strotzt. .Te melw abei- dies Zenti'alorgan belastet und je blutäiiuei' die Peripherie wird, desto unbehaglicher ist unser Befinden. Je früher feiner solche Mis,sverhiiltnisse im mensch- lichen Körper auftreten, je jünger das Individuum ist, desto verderblicher sind die Folgen solch mangelnden Gleichgewichtes. Ist einmt.1 der Körper ganz fertig, sind seine Ge- webe bereits solidere geworden, so sind auch alle Mem- branen, alle Gefässhäute nicht mehi- so leicht ausdehnbar, wie bei ganz jungen zarten Naturen. Deshalb leistet der fertige Mann viel mehr Wider- stand als der Jüngling und das Kind. Kommt es schon beim Kinde zu solchen Missver- hältnissen, so ist der Schaden ein unverkennbarer und bleibender, und eine Rückbildung zum gesunden Gleich- gewicht nur durch Opfer an Zeit und Geld möglich, die selten gebracht werden können. Soll ich es mit klaren Worten sagen, so muss ich behaupten, dass die ganze Zukunft eines Menschen eine unbehagliche werden kann, wenn sich die angedeuteten Uebei'reizungen schon im kindlichen Alter einbürgerten. Es ist durcli und durch eine fehlerhafte Beobachtung, wenn man glaubt, dass ein neunjähriges Knäbchen in 7 — 8 Stunden täglich mehr lernt als in 4 — 5 Stunden. Ich habe sehr oft das Experiment gemacht und einem Kinde an einem Vakanztags-Moi'gen, nachdem es gut geschlafen, eine Stunde im Garten herumgelaufen, etwas ausgeruht und etwas genossen hatte, das in einer Viertelstunde eingelernt, was das arme Kind am Vorabende, trotz zehnmaligem Vorlesen, nach einei' Stunde noch nicht mei'ken konnte, nachdem es wähi'end des Tages sieben Stunden gesessen hatte und mit heissem Kopfe, blöden Augen, müde und erschlafft heimge- kommen war. Man spricht immer von Ueberbürdung, der Eine vei-steht dieses, der Andere jenes darunter. Einer meint, die Lehrgegenstände trügen die Schuld, ein Anderer glaubt, die Lelumethode. 0 nein. Beides ist unschuldig und biingt die Ueberbürdung nicht. Man gehe abends 9 Uhr in die Familie; dort findet man, was Ueberbürdung ist. Der Vater ist fort in seine Gesellschaft und unterhält sich gut, die Mutter und Töchter haben einen kleinen Kreis von Freundinnen bei sich und erheitern sich; das neunjährige Knäbchen, das nun in das Bett gehört, sitzt allein am Schreibtisch und hält mit seinen kalten Händchen den heissen Kopf, dem er nicht mehr iiineinl)ringt, was er morgen i'rüii 8 Uhr wissen soll. Mancinual fällt eine Thräne aufs Bucli, und das, was den kleinen Mann freuen soll, sein Studium, das ist ihm eine Marter. Das ist die Ueberbürdung. Wenn vom Abend bis zum Morgen Aufgaben gelöst werden müssen, welche vielleicht nui' von dem talentvollsten Zehntel der Schüler ohne Beeinträchtigung des absolut notwendigen Schlafes bezwungen werden können. Das heisst das Gehirn ruinieren, nervös machen. Man frage die Väter und Mütter, ob dies nicht Wahrheit ist, ob die .armen Kinder nicht bis 9 und 10 Uhi' am Schreibtische sitzen, früh 5 Uhi' schon wiedei' aufstehen, weil sie abends absolut nicht mehr auffassten. Leider aber wird es dann morgens oft zu schnell 8 Uhr, die Aufgabe ist nur halb fertig, die Strafe folgt auf dem Fuss und bringt für heute noch mehr Arbeit. Schon in den letzten Klassen der deutschen Schule, aber vorzüglich in Latein-, Gewerbeschulen und Gymnasien und in höheren Töchterschulen und Instituten kann man die erzählten Missstände überall finden. Kinder gehören nach 9 Uhr in das Bett, und vor 5 Uhr lasse man sie ja nicht aufstehen, sonst rulit ihr Gehirn nicht ge- nügend aus. Ein Bauer, ein Tagelöhner reicht bekanntlich leicht mit fünf Stunden Schlaf, aber wer Kopfarbeit leistet, soll mindestens sieben bis acht Stunden schlafen ; Kinder noch mehr. Ich halte das gegenwärtige Prinzip, ein Kind den ganzen Tag zu beschäftigen, für ein recht gutes; allein ein grosser Teil der Zeit sei der körperlichen Ausbildung gewidmet, wenn möglich in frischer Luft. Es war ein guter Anfang, das Turnen obligatorisch zu machen; allein, ich möchte die gegenwärtige Dosis dieser herr- lichen Arznei eine nahezu homöopathische nennen, die nur weniges nützen dürfte. Ich bin fest überzeugt, dass die Zukunft lehren wird, dass man täglich stundenlang körperliche LTebungen mit geistiger Arbeit wechseln muss, wenn ein Kind gesund bleiben soll. Ich bin ebenso überzeugt, dass das Lernen viel leichter geht, wenn der Körper mehr gekräftigt wird, wenn die geistige .Spannung nicht so viele Stunden beträgt, wie jetzt fast in allen Lehranstalten. Mit Ausnahme einzelner hervorragend talentierter Kinder tritt bei den meisten jetzt oft schon nach- mittags, aber fast immer abends, eine stumpfe, müde Hirnfunktion ein, womit sie nur wenig melir fassen, höchstens nach langer Marter mechanisch einlernen, ohne denn Sinn zu überdenken. Diese meine Ueberzeugung wurde ganz besonders auch durcli Erfahi'ungen in mehreren hohen Familien bestätigt, wo man schwächliche Kinder auf meinen Rat bis zum achten und neunten Jahre ganz frei aufwachsen liess, sich nur mühte, ihren Körper durch langen Auf- enthalt und Arbeiten in gesunder Luft zu stärken und höchstens spielend vom Hofmeister den älteren Knaben 14 Naturwissenschaftliche Wochensclirift. Nr. 2. lue und da eine von ilmen selbst erbetene kurze Lektion geben lies«. Als diese Kindei- im zehnten Jahre das Lernen mit Lust und Freude antingen, ging es so schnell vor- wärts, dass sie im sechszehnten Jahre so ausgebildet waren, wie ihre älteren Brüder im sechszehnten Jahre gewesen waren, nur, dass ihnen das Lernen Freude machte und ihr Körper nebenbei kiäftig war, wälu'end bei den älteien Brüdern das Zanken und Strafen vom sechsten Jaln-e nicht mein- aufgehört hatte und ihr Körper ein sehwächliclier geblieben war. Das Resume meiner Erfahrung geht also dahin, dass die Zukunft den Körper der Kinder durch Spiele und Arbeiten im Freien zum Lernen vorbereiten und während des Lernens die Ausbildung des Körpers energisch befördern wird, damit die Belastung des Gehirnes, welche bei Tausenden zur Ursache ihres un- behaglichen Betindens wird, verlündert weiden kann. Trotz dieser Zeitopfer darf nun aber keine geringeren Lernergebnisse befürchten. Hingegen wird das Lernen, das jetzt vielen eine Marter ist, den meisten Freude machen; und es wird nicht schon in der Kindheit der Grundstein zu dieser jetzt so sehr überhand nehmenden und unglücklich machenden Nervenerregungen gelegt werden. Man haut bekanntlich keinen Baum mit einem Streiche um. Die Einführung des Turnens war der erste glückliche Griff zum Bessern. Man wird nun alsbald die staubigen Turnhallen mit der freien Luft vertauschen und wii'd eine eingreifende Aenderung der Schulordnung anstreben müssen; aber ich bin der festen üeberzeugung, dass man es nie bereuen wird. Kleinere Mitteilungen. Einen neuen Apparat zur Darstellung einfacher Schwingungen, weldier sich sein- triit zur Demonstration bei Vorlpsnnui'n uiul in Sclnilen eignet, besclireibt Dr. Bergniaim in den „Mitteilnnaren ans dem iiaturwisseiiscbaftlicben Verein für Nen- Vor- pommern nnd Rügen in Greifswald". Der Apparat besteht .aus einer Tertil^alen, mittels einer Kurbel drehbaren Scheibe nnd einer Steuerunir. Diese letztere wird aus einem Kreuz, dessen Arme vertilial bezw. horizontal gerichtet und dnrcli Längsschnitte zu Schienen umgewandelt sind, gebildet. Die Vertil^alschiene ist ganz durchbroclien. wälirend die Horizontalscluene in der Mitte eine lr Mittelpunkt des Kreuzes sichtbar. Der erstere führt bei gleiclifOrniiger I)rehung der Kurbel eine gleichförmige Bewegung in dem Kreise ans. wäh- rend der letztere stets die Bewegung der Projektion desselben auf einer Horizontallinie versinnbildlicht. A. Gutzmer. Finsternis vom 4. Oktober 1884 sich beziehen. — Es wurden an 3.5 (41) vom Wetter begünstigten Orten von 83 (.46) verschiedenen Sternen 564 (399) Kontakte mit der Mondscheibe beobachtet, näm- lich '27(3 (234) Eintritte und 288 (10.5) Austritte; unter den Kontakten waren 128 (63) gepaarte, d. h. jedesmal Ein- uiul Austritt desselben Sternes notiert. Für den Durchmesser und eine etwaige Abplattung- der Mondscheibe, die nur minimal sein kann, lassen sich wahrschein- lich Anhaltspunkte aus diesen Beobachtungen gewinnen. — Ein neuer Planet, der 273. in der Reihe der kleinen, zwischen Mars nnd Jupiter kreisenden Gestirne, ist in Wien am 9. (10.) März von Palisa entdeckt worden. Plassmann. Zur Geschichte der Papiererfindung. — Professor Dr. .lulius Wii'siier in Wien hat in seiner .Schrif! „Die mikroskopische Untersuchung des Papieres" nachgewiesen, dass die allgemein ver- breitete Annahme, das Hadern- oder Lumpenpapier sei im 13. oder 14. Jahrhundert nach Christi Geburt in Fhiropa erfunden, ebenso grundlos sei wie eine zweite gleichfalls geläufige Annahme, nach welcher die früheren, älteren Papiere aus ruber Baumwolle herge- stellt sein sollten. Nacli der Untersuchung von Hunderten der alten Papiere kam er zu dem Schlüsse, dass jene alten Papiere, welche man als Baumwollenpapiere bezeichnete und aus roher Baumwolle erzeugt annahm, keine JJaumwollenpapiere, sondern meist ans Leinen- hadern, weit seltener teilweise aus Hanfhaderu liergestellt .sind, während Baumwollhadern hierzu nur selten liezw. in ganz unterge- ordneter Menge verwendet wurden. Die ältesten dieser Papiere stammen aus Aegypten oder dem Orient und es erscheint hierdurch festgestellt, dass die Ei-findung der Papiererzeugung aus Hadern orientalischer Herkunft ist. G. Brelow. Astronomische Nachrichten. — Leber die Beobachtung der totalen Mondfinsternis vom 28. Januar liegen jetzt zu- sammenfassende Notizen voi-. Wir geben dieselben nachstehend wieder und bemerken, dass die eingeklammerten Zahlen auf die Astronomischer Kalender. — Am 8. April Sonnenaufgang 5 Uhr 17 Minuten, Untergang 0 Uhr 45 Minuten; Mondaufgang morgens 5 Uhr 8 Minuten, Untergang nachmittags 3 Uhr 33 Minuten. Am 15. April Sonnenaufgang 5 Uhr 2 Minuten, Untergang 6 Uhr 57 Minuten; Mondaufgang morgens 7 Uiu' 51 IMinnten. Untergang abends 11 Uhr 7 Minuten. Am 10. April 10 Uhr 1 Minute vor- mittags findet Neumond statt. Eine richtig gehende Uhr zeigt mehr wie eine Sonnenuhr am 8. April 1 Minute 43,9 Sekunden, am 15. April weniger 5,9 Sekunden. Sternbedeckungen finden auch in dieser Woche nicht statt. Dr. Plato. An der Humboldt- Akademie zu Berlin werden im 2. Quartal dieses Jahres die fulgenden naturwissenschaftlichen nnd philosophischen Vorlesungen abgehalten: Dr. H. Loni/e: Die Bewegung und die Einheit der Natur- kräfte. (J^eginn 9. April, 7 Uhr abends), Dr. M. Wcifz: Experimentalchemie (Metalle). (Beginn 9 April, 8 Uhr abends), J?. Schneider: Die Umgestaltung der Erdoberfläche und ihre Ursachen (Beginn 10. April, 7 Uhr abends). H. Pofonir: Die Pflanzenwelt unserer Heimat. (Beginn 10. April, 7 Uhr abends), Dr. F. Kirchner: Psychologie. (I3eginn 11. April. 8 Uhr abends), Dr. H. Spatzier: Einführung in die Lektüre philosophischer Werke. (Beginn 10. April, 7 Uhr abends). — Hegels Leben nnd Lehre (Beginn 10. April, 8 Uhr abends). Die Vorlesungen linden in den Räumlichkeiten des Domtheen- städtischen Real-Gynmasiums (Georgenstrasse 30/31) statt. Anmel- dungen werden in der Buchhandlung in Berlin NW., Centralhötel, Laden 14 entgegengenommen. Jeder Cykhis besteht aus etwa 10 Vorlesungen. Das Honorar beträgt für den ersten belegten Cyklus 5 JC. für jeden weiteren, von demselben Hörer belegten Cyklus 4 JC. Dr. Dr. Der 7. Kongress für innere Mediein findet vom 9 — 12. April zu Wiesbaden statt. Vorsitzender; I'rof. Leube aus Würzl.iurg. Fragen und Antworten. Welches ist der Unterschied von Gneiss und Granit? Granit und Gneiss sind ihrer mineralogischen Zusammensetzung nach idente Gesteine; beide führen die gleichen Gemengteile: Feld- spat, Quarz, Glimmer, in einigen Abarten auch Hornblende und Nr. •_>. Naturwissenschaftliche Wochenscl i ril't. 15 Aiij;itals wcsciitlichi'. A]Kitit, /ii'kini, Mii^iictriscii. ('(irclicrit, (iraiiat 11. s. w. als iin\voseiitli<'lii' ndcr ziililllii^i' ( Ji'inongteili'. Nafli Apv Arr des (Jlimmtrs iiiul nach dem N'drliaiuli'iisiMM vim HorMljli'iidf und Augit gliedert man diesellien, den (iranit in Tüotitgranit. auch (iianitit genannt, Mnseovitgranit, Oranit im engeren Sinne mit Biotit und Jlnscovit. Hornblende- und Angitgranit; dem ganz entspre oder n hin durch Parallellagerung der Glimmerblättchen gneiss- artigen Habitus an, anderseits gehen Gneisse durch Abänderung im und einen Tiefstand V. Im Hochstand A'^ steht er ilher der Erdbahn i z E, wie das angelegte Lineal L L deutlieh angiebt. Der Schatten des Neumcuides N fallt darum, wie Fig. 4. I deutlicher zeigt, über die Erde /? hinweg nach 1, ohne sie zu verKnstern; ebenso geht der Vollmond V unter dem Erdschatten 2 unverfinstert hindurch, weil der Vollmond sich im Tiefstand, also unter der Erdbahn, ereignet. WS' jVi" s^ s-jr s-y s'A' y- IT M' m jr i Fig. 2. Verlauf einer totalen und ringförmigen Sonnenfinsternis. In Fig. 4. ir dagegen entsteht der Neumond N nicht über, sondern in der Erdbahn (also in seiner Mittelstellung). Der Schatten Hilfsmittel für den geographischen Unterricht. — Die von Adolf Mang erfundenen und durch den \'erlag von Fr. Ackennann in Weinheim (Baden) zu beziehenden methodischen Lehrmittel für den Unterricht in der astronomischen <.ieographie sowohl für die Beobachtung der Himmelskörper als auch für die plastische Darstellung der Himmelserscheinungen sind als sehr brauchbar und zweckmässig zu bezeichnen. Namentlich empfiehlt sich der einfachste zerlegbare Gesamtapparat für den Unterricht in den Grundlagen der astronomischen Geographie sowohl durch die sehr anschauliehe Darstellungsweise der kosnnschen ]5e- wegungen. als auch durch die leichte Ausführbarkeit der darzustellenden Versuche. Ausserdem ermöglicht die Billig- keit des Apparates <22 JC) die Anscliaf- iQ M fang in allen Ele- mentarschulen. Die hier zum Abdruck ge- brachten Figuren mö- gen einen Teil dieses 'Universal - Apparates Teranschaulichen und zeigen, in wie zweck- mässiger Weise uns hier beispielsweise die Entstellung der F' i n s t e r n i s s e vor Augen geführt wird. Der Verfasser giebt F'g' 1- Folgen, wenn die Mondbahn mit der Erd zu diesen Abbildun- gen folgende Erklärung: bahn zusammenfiele. von N fallt finsternii ^^ daher auf die Erde E und es entsteht eine .Sonnen- Z/Z ~IL Fis Hocli- und Tiefstand des Mondes. Von der Erde E aus gesehen tritt die schwarze Mond- scheibe 'N vor die helle Sonnenscheibe und bedeckt sie nach und nach so, wie Fig. 2 angiebt. Der Vollmond F Fig 4, II ereignet Seh Scfv der Finsternisse. sich ebenfalls in der Erdbahn und geht darum so durch den Schatten der Erde hindurch, wie dies auf dem Schirm Seh daneben gezeichnet ist. Finsterni.sse entstehen also, wenn der Neu- oder Vollmond sich weder im Hoch- noch im Tiefstand, sondern in der Erdbahn sich ereignen. Dr. F. Wahnsohaft'e. Briefkasten. Allerdings lautet der von der Redaktion benutzte Satz in Sohwendener's akademischer Antrittsrede anders als das nach diesem gebildete Motto unserer „Naturwissenschaftlichen Wochenschrift^' Mit welchem Rechte dennoch die Unterschrift des Herrn Professor Schwendener benutzt worden ist, zeigt die folgende Korrespondenz. Berlin, den 20. Februar 1888. Hochgeehrter Herr Professor! Würden Sie mir wohl gestatten mit Veränderung eines Wortes eine Stelle aus der Rectorats-Rede als gedrucktes Motto mit Ihrer Unterschrift zu benutzen? Ich meine den Satz auf Seite 28 — 29: „Was sie ... . schmückt", in welchem ich an Stelle des „sie" setzen möchte „die naturwissenschaftliche For- schung." Der Satz würde dann heissen: „Was die naturwissen- schaftliche Forschung aufgiebt .... schmückt." Ihr dankbarer Schüler Antwort: H. Potonie. Geehrter Herr Doktor! Ich habe nichts gegen die beabsichtigte Veränderung ein- zuwenden, obschon ich 1. c. nur von der mikroskopischen Forschung rede. Das Gesagte gilt aber von der Naturforschung überhaupt. Berlin, den 27. Februar 1888. Ergehenst Ihr Schwendener. 16 Naturwissenscliaft Helle WoeliPiisi lirit't. Xr. Herder'sche Verlagshandlung, Treiburg (Breisgau). Sdfbfii ist ersi'liit'iieii u, diii'rli ;illi' Hiirlili;iiiilliiiij;i'ii zu iM'zii'lii'ii ; Plüss, Dr. B., Unsere Bäume und Sträucher. ^ Führer durch Wald und Busch. Anlririnig' zum Hr-itiinuuMi unsiu-cr liiiunjr und Stniucbpr uacli ilirora Laube Zweite Auflage, mit 80 Holzschnitten. 12" (Vll u. 120 S.) .« 1. i:iegaiit ycli, in Halblfiu\v:iiia mit Goldtitel und Buohdi'urk- nder lirouze-rm^idda^; . If 1.20. Inhalt: I. Die Teile der Holzgewächse. II. Erklärung der bota- nischen Ausdrücke. III. Anleitung zum Bestimmen. IV. Bestimmungs- tabellen. V. Kurze Beschreibung der Kolzgewächse. 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Bei Benutzung der Band I (Okt. 1887-März 1888) unseres Blattes i^^erate bitten wir un- liefern vvü' gegen Einsendung von JC 4,20 (in Biiefinarken) fraii- \ sere Leser hoflicnst, aui ko, einzelne Quartale des Banties gegen Eiüseudung von M 2,10 , die „Naturwissenschaftliche EinzeiBÄimmenf kostln 25 .j. | Wochenschrift" Bezug neh- Die Expedition der „Naturwissensciiaftlichen Wochenschrift" men zu wollen. Berlin SW. 48. Friedrich-Strasse 225. ü««üü««ü«wüuww«««««« Inhalt: Prof. Dr. G. Behrendt: Die .Soohiuelle im Admiralsgarteiihad zu ISerlin — l'r.if Hr. li. Frank: Ueber die ^jymbiose der Ptlanzenwurzeln mit Pilzm. (Mit ,\hbild.) Schluss. — Gebeimrat von Nussliainn in Jlünclieii: Körperliche und geistige Ar- beit im Gleichgewicht. — Kleinere Mitteilungen: Einen neuen Apparat zur DarstolhiuL'- einfacher Schwingungen. —Zur Geschichte der l'apiererfindung. — Astruuomische Nai'hricliten. — Astroiiomisrhcr K'iilenilrr. - Verzeichnis von Vorlesungen an der Humboldt- Akademie zu Berlin. — 7. Kongrcss für innere Medicin. — Fragen und Antworten: unterschied von Gneis und Granit. — Unter- richtsmittel: Tlillsinittil für den gengraphischen rnterricht. — Briefkasten. — Inserate. Verantwortlicher Redakteur; Dr. Henry Potonit:'. — Verkag: Riemaiin & Möller. — Druck: Gebrüder Kiesau. SUmtlich in ]?erlin. Verlag: Riemann & Möller, Berlin SW. 48, Friedrich-Strasse 226. IL Hand. Sonntag', den 15. April 1888. Nr. 8. Abonnement: Jlaii abonniert bei allen Bucliliandlnngen und Post- aiistalTen, wie bei der i-]xiiedition. Der A'ierteljabrsiireis ist ^U 2. — ; Bringegeld liei der Post l."i .j extra. ir f Inserate: Die viergespaltene Petitzeile 3u ^. Grössere Aufträge entspreelienden Rabatt. Beilagen nach üebereinkunft, Inseraten- annahnie bei allen .\nnoneenbureaux, wie bei der Expedition. AImIi-iicU i!«t mir mit vollüitäiidijg^er ({uellenani>'abe ^OMtattet. Einrichtungen zur öffentlichen Zeit-Regulierung. « Von Professur J )r. Tli. Alljreclit, Sektion l)a.s Bedürfnis der Her.stellung von Einriclitiingen zur öltentliclien Zeit-Regiiliening- zu dem Zwecke, die Zeitangaben einlieitlicli zu gestalten, i.st be.sonders in den (ji'o.s.s.städten zu einem diingliclien geworden. Die Au.s- deluuing die.ser Städte und der be.stiindig wachsende Ver- kehr inneriialb derselben lassen es nicht mehr angängig erscheinen, die Zeitangaben auf eine einzige Noimaluhr zu basieren, soiuk-rn liaben eine Vervielfältigung der genauen Zeitangaben als ein unabweisbares Bedürfnis | hei'ausgestclit. Dieser Notwendigkeit ist bereits in ver- 1 scliiedenen Städten Recimung getragen worden; Berlin, Wien, Neufchätel, Paris, London und verschiedene \ amerikanische Grossstädte besitzen mehr oder minder ausgedelinte Systeme einheitlich regulierter öffentlicher ' Ulircn. Am weitesten ist man in dieser Bezieliung in Pai'is vorgegangen, indem daselbst an ein grösseres Netz öffentlicher' Lliren ein ausgedehntes System privater Uhren angeschlossen ist. In Berlin sind bereits im Ijaufe des vorigen Jahr- zelints auf Veianiassung des Direktors der Sternwarte Professor Dr. Foerster seitens der Stadtverwaltung auf öffentlii-liiMi Plätzen seclis Normaluhren aufgestellt worden, welche \"on der Sternwarte aus elektrisch reguliert werden und die richtige Zeit bis auf die Sekunde genau angeben. Doch hat sich gegenwärtig- mit dei' wachsenden Aus- dehnung di^r Stadt die Notwendigkeit einer noch weiter- g-ehenden ^'el■vi('Ifältigllng lierausge.stellt. Um eine der- artige En\('iteiung- der bestehenden Einrichtungen anzu- bahnen, hat Dr. Leman im Auftrage des Direktors der Sternwarte ein (iutaditen über die für die öffentliche fhef am k. geudätisclien Institut in lierlin. Zeit-Reguherung in Betracht kommenden technischen Einrichtungen ausgearbeitet, welches gegenwärtig in \'er- bindung mit Vorschlägen dos Herrn Professor Foerster, betreffend die künftige ( Jestaltung der öffentlichen Zeit- Regulierung in Berlin, publiziert worden ist. Diese Schrift ist zwar in erster Linie zur Information für die betreffen- den Interessentenkreise bestimmt, da es sich hierbei aber um Erörterungen von weitergehendem Interesse handelt, erscheint es angezeigt, im folgenden an der Hand dieser vSchrift eine für weitere Kieise bestimmte^ Darlegung der einschlägigen Verhältnisse zu geben. Je nach dem Pi-äzisionsgrad , bis zu welchem das Problem der Regulierung gelöst werden soll, sind drei verschiedene Arten von Uhren zu unterscheiden. Erstens die Präzisionsuhren, welche in ihien Angaben nur um Bruchteile einer Sekunde differieren; zweitens die öffent- lichen Uhren auf Türmen, Bahnhöfen u. s. w., bei denen dei' Fehler bis zu 1 0 Sekunden anwachsen kann ; drittens endlich die Llireu iiu Innern von Gebäuden, bei welchen selbst ein FeMer bis zu 20 — 30 Sekunden zulässig ist, da für den gewöhnlichen Verkehr die Minute als die kleinste Zeiteinheit angesehen werden kann. Als Mittel für die Regulierung ist bisher für die erste und zweite Art der Uhren ausschliesslich die Elektricität in An- wendung gekommen, als solches für die dritte Art aber neben der Elektricität auch komprimieite oder verdünnte Luft. Welches dieser beiden Hilfsmittel mit Vorteil an- zuwenden ist, häng-t wesentlich von der Ausdehnung der ganzen Anlage ab. Ist dieselbe bedeutend, so kann die Regulierung nur auf elektri.schem Wege eifolgen, weil Natiu-wissenschaftliclie Wochensclirift. Nr. 3. die Fortiitianzung piieumatischei- Wirkungen niclit mit derjenigen Präzision vor sich geht, welche erforderlich ist, um eine ausreichende Zuverlässigkeit der Zeitüber- tragung auch für grössere Leitungslängen zu sichern. Die älteste Methode der Zeitübertragung basiert auf der Anwendung der sogenannten elektrischen Zifferblätter. Die riir auf der Centralstation ist mit einei' selbstthätig wirkenden Vorrichtung versehen, durch welche im Ver- laufe einer jeden Sekunde ein elektrischer Strom ge- schlossen und wieder unterbrochen wird. Tn diesen Strom- kreis sind eine Anzahl P^lektromagnete eingeschaltet, deren Anker bei jedem Stromschluss angezogen werden und dni'ch Uebertragung dieser Be^\■egung auf die neben den Elektromagneten betindlichen Zeigerwerke die Se- kundenzeiger derselben jedesmal um eine Sekunde vor- wärts bewegen. Diese Einrichtung leidet aber an dem Uebelstande, dass es fast unmöglich ist, metallisclie Kon- takte für den Stromschluss herzustellen, welche bei der Kürze ihrer Zeitdauer (nur den Bruchteil einer Sekunde umfassend) und der stai'ken Inanspruchnahme (einmal während jeder Sekunde, also 86i00mal im Laufe eines Tages) nicht zeitweilig infolge Oxj-dation der sich be- rührenden Metallflächen versagen. Jedes Ausbleiben eines Stromsclilusses hat aber zur Folge, dass die Anker der Elektromagnete nicht angezogen werden und infolge- dessen die Sekundenzeiger nicht weiterrücken. Die An- gaben der elektrischen Ziiferblätter werden dadui-ch un- richtig und bleiben im Laufe einer gegebenen Zeit um so viele Sekunden zurück, als wähi'end dei'selben Kon- takte ausgeblieben sind. Man hat diesem Uebelstande dadurch abzuhelfen gesucht, dass man die Zahl der im Laufe eines Tages eintretenden Kontakte wesentlich ver- minderte und die Zeitdauei' eines jeden betiächtlich er- höhte, indem man die Anker nicht mit den Sekunden-, sondern mit den Minutenzeigern in Verbindung setzte. Man erhält dann eine springende Minute und bedarf im Laufe eines Tages nur 1440 Kontakte. Dieses System ist gegenwärtig vielfach auf Bahnhöfen in Anwendung und in ausgedehntem Masse auch bei dem J3etriebe der Berliner Stadtbahn eingeführt. Durch dieses Hilfsmittel ist allerdings eine Besserung erzielt, abei' eine volle Be- seitigung der Uebelstande dieses Systems auch auf diesem Wege nicht erreicht worden. Man hat auch eine pneu- matische Auslösung des Zeigei'wei'kes in Vorschlag ge- bracht, doch ist eine solche wegen der geringeren Zu- verlässigkeit in der Fortpflanzung pneumatischer Wirkungen nur bei Anlagen von geiinger Ausdehnung der Leitungen mit Erfolg anzuwenden. Im allgemeinen hat sich aber das System der elektrischen Zifterblätter nicht bewährt und nui- dort gute Resultate geliefert, wo für aufmerk- same Uebenvaehung und Unterhaltung der elektrischen Einrichtungen in umfassender Weise Sorge getragen ist. Dieser Unvollkommenheit des Ziflerblattsystemes ist in neuerer Zeit dadui'ch abgeholfen worden, dass man die zu regulierenden Uliren als wirkliche Pendeluhren konstruiert und den elektrischen Strom nur dazu benutzt, _*Vfl^/ej J^wf^ä, eine Synchronisation, d. i. eine volle Uebereinstunmung der Pendelschwingungen dieser Uhren mit denen dei' Hauptuhr herzustellen. Es entspiicht dies dem System der sj'mpathischen Uhren, welches für die Präzisions- bezw. die Noimaluliren in Berlin und l'aris adoptiei't worden ist und sich nach jeder Richtung hin bewährt hat. Die folgende Figui' stellt das System dar. welches bei den Berliner Normaluhren in Gebrauch ist und das abgesehen von einigen Modifikationen demjenigen ent- spricht, welches im Jahre 1858 von Jones in Chester angegeben wurde. Die Normal- uhi-en sind voll- ständige Pendel- uhren, welche in der gewöhnlichen Weise aufgezogen werden und so justiert sind, dass sie im Laufe des Tages bis auf eine geringe Anzahl Sekunden genau nach richtiger Zeit gehen. Die Pen- del tragen aber an Stelle der Linse einen Hohlcylinder, welcher mit iso- liertem Draht um- wunden ist, dessen Enden an der Pendelstange in die Höhe führen und mit der Telegraphenleitung nach der Sternwarte oder der Erde in Verbindung gesetzt sind. Ferner ist seitlich an jeder Normaluhr ein stab- förmiger permanenter Magnet so angebracht, dass ilin die Drahtrolle bei der grössten Amplitude des Pendels gerade umschliesst, ohne ihn aber zu berühren. Die Hauptuhr auf der Sternwarte, welche so genau als mög- lich (bis auf Bruchteile einer Sekunde) auf richtiger Zeit erhalten wird, ist mit einer Vorrichtung (zeitweilige Be- rührung eines am Pendel befestigten Metallstiftes mit einer seitUch aufgestellten Metallfeder) versehen, zufolge deren sie selbstthätig alle 2 Sekunden einen nur einige Zehntel -Sekunden andauernden Stromschluss bewirkt. Infolge dieser sich stetig wiederholenden Stromschlüsse umkreist im Verlaufe jeder Doppelsekunde ein elektrischer Strom die Drahtrolle der Normalulir und ruft dadurch eine magnetische Anziehung mit dem permanenten Magnet, über welchen die Rolle hinwegschwiugt, hervor. Diese magnetische Wechselwirkung wnd nur dann ohne Ein- fluss auf die Schwingungen des Pendels bleiben, wenn sich die Rolle im Moment des Stromschlusses genau in der Mitte des Magnet befindet, in allen übrigen Stellungen aber wird dieselbe die Schwingungen des Pendels be- schleunigen oder verzögern. Nimmt man an, das Pendel habe sich in der neutralen Lage befunden, die Uhr zeige Fig. 1. Nr. 3. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 19 aller iiilolgi' uiivollkoiiiiiieiier .iustirriHiü' oder aniler- weitlficr iiassero' Elntlüsse die Tendenz, gegen die lich- tiire Zeil vorzueilen oder zurückzubleiben. In diesem Falle wird das Pendel bestrebt sein, seine Öchwlugungs- liliase zu verändern: da aber bei jeder Aenderung cler- selben sofort die verzögernde oder beschleunigende mag- netische Anziehung zu wirken beginnt, wird das Pendel in seine richtige Lage zurückgcfühit und tiotz der Tendenz der Uhr. vorzueilen oder zurückzubleiben, eine voll- kommene üeberelnstunmung der Pendelschwingungen der Normaluhr und der Hauptuhr erzielt weiden. Aus diesen Dailegungen geht, ferner hervor, dass ein Ausbleiben eines oder selbst mehrerer Kontakte aus dem (i runde keine Beeinträchtigung der Ang-abe der Normaluhr be- wirkt, well die geringe Abweichung in der Schwingungs- phase des Pendels, welche infolge des Versagens selbst einer massigen Reihe von Kontakten eintreten kann, duii-li die folgenden Kontakte binnen kürzester Frist wieder beseitigt wird. Zur Sicheiung des Betriebes sind auf der Zentral- station in die nach den einzelnen Normaluhren führen- den Leitungen Galvanoskope eingeschaltet, an denen bei jedem Stiomschluss eine Bewegung der Nadel wahrzu- nehmen ist. Die regelmässige AMedei'kehr dieser Nadel- au>schläge nach Ablauf von je zwei Sekunden bietet eine Gewähr, dass die Leitung intakt ist und die Re- gulierung in vollem Pmfange erfolgt. LTm indess volle (iewissheit zu erlangen, dass die Angaben der einzelnen Normaluhi'en streng mit denen der Hauptuhr überein- stimmen, ist ferner die Einrichtung getrofi'cn, dass jede Uhr allstündlich nach der Sternwarte ein Kontrollsignal abglebt. Zu diesem Behufe ist auf der ;Mlnutenwelle jeder zu regulierenden Uhr ein Stift angebra(^ht, welcher einmal im J^aufe jeder Stunde bei einer im A'oraus be- stimmten Stellung des Zeigers eine Feder beiührt, hier- durch einen elektrischen Strom schliesst und durch Vei'- mittelung desselben auf der Sternwarte ein Signal ver- zeichnet. Trifl't dieses Signal zu der i'ichtlgen Minute und Sekunde ein, so gewährt dies eine volle Sicherheit dafür, das die Zoitregulierung vollkommen zuveiiässig funktionleit. Sollte jedo<'h infolge vorübeigehend wirken- der Hindernisse oder einer zeitweisen Unterbrechung der Leitung ein Zurückbleiben odei' Voreilen einer der Normaluhren erfolgt sein, so wird der Fehler der betreffen- den Uhi' \on der Sternwarte aus auf folgende Welse beseitigt. Die \'erbindung der Ncnuialuhr mit der Haupt- uhr wird aufgehoben und an Stelle der letzteien eine flilfsuhr eingeschaltet, deren Pendel, je nachdem die zu regulierende Uhi' zurückgeblieben oder vorgeeilt ist, etwas rascher bezw. langsamer schwingt, als das Pendel der Haui>tulu'. Dadurch wird die Normaluhr so lange zu einem rascheren bezw. langsameren Gange genötigt, bis der Fehler beseitigt ist, worauf die Hilfsuhr ausgeschaltet und die Verbindung mit der Hauptuhr a\ leder hei gestellt wird. Grössere Hindernisse werden freilich auch auf diesem Wege nicht zu beseitigen sein, wenn man nicht zu dem Hilfsmittel der Anwendung sehr starker gal- vanischer Batterieen seine Zuflucht nehmen will. Da aber dieses Auskunftsmittel anderweitige Unzuträglichkeiten im Ciefolge hat, und bei staikem Vorelleu oder Zurück- bleiben die Gefahr nahe liegt, dass es sich um eine dauernde Betnnflussung des Ganges dei' betieffendcn Uhr handelt, wird man bei Eintritt eines solchen Falles auf Beseitigung des Fehlers von der Sternwarte aus ver- zichten und statt dessen an Ort und Stelle die Ursache der Abweichung zu ermitteln suchen. In l'aris ist ein System der Reguhcrung in (iebrauch, welches im Jahre 1847 von Foucault angegeben wurde und gleichfalls daiauf basiert, unter Vermlttelung elektri- scher Stromimpulse eine volle Uebei-einstimnuuig der Pendelschwingungen der Normaluhren und der Hauptuhr zu erreichen. Die Pendel der Normaluhren tragen an Stelle der mit Draht umwundenen Hohlcylinder gewöhn- liche Pendellinsen, unterhalb derselben aber noch ein Stück weichen Eisens, welches sich bei den Schwingungen des Pendels an zwei zu beiden Selten aufgestellten Elektro- magneten in sehr geringer Entfei'nung vorbeibewegt. Der Stromimpuls wiid in diesem Falle nicht auf das Pendel selbst, sondern auf die feststehenden Elektromagneten übertragen, im übiigen aber in analoger Weise wie bei dem System .) ones durch die in jeder Sekunde wieder- kehrenden magnetischen Anziehungen eine volle Syn- chronisation der Pendelschwingungen eizielt. Auch bei diesem System ist es aber nicht unbedingt erfordei'lich, die regulierende AVirkung von beiden Seiten aus auf das Pendel ausüben zu lassen ; man kann den einen Elektro- magnet weglassen und daduirh die Anordnung gleichwie bei dem in Berlin angewandten S,ysteme zu emov ein- seitigen machen. Dadurch wird nicht allein eine Vei- einfachung der ganzen Einrichtung erzielt, sondern auch eine grössere Unemptindllchkeit geg-en Variationen in der Stromstärke erreicht, sowie an Kosten für die Erhaltung der Batterieen gespart, da bei einseitiger Anordnung die Stromimpulse nur alle zwei Sekunden erfolgen. Welches der beiden in Berlin bezw. Baris adop- tierten Systeme den ^■orzug verdient, ist schwer zu ent- scheiden; im allgemeinen wird nicht zu leugnen sein, dass das System Foucault in seiner Anordnung einen eleganteren und gefälligei'en Eindruck macht. Nicht allein, dass die Handhabung der ganzen Einrichtung bei dem letztgenannten System dadurch wesentlich \ereinfacht wird, dass der Strom nicht an der Pendelstange herab- läuft, sondern es wird auch eine etwaige Umkehrung der Stromrichtung bei demselben einflusslos sein, wäh- rend eine solche bei dem System Jones zu sehr empfind- lichen Störungen Anlass giebt.*) *) In neuester Zeit hat Cornu (Coinptes Rendus, Tome CV, pag. 1106) für die Synchronisation ein System vorgesclilagen, dessen Anwendung- gegenüber denjenigen von Jones und Foucault wesent- liche Vorteile in Aussicht stellt. Dasselbe ist in gewissem Sinne eine ümkehrung des Systems von .Jones, indem Cornu den seit- lich aufgestellten permanenten Magnet und die am Pendel be- festigte Drahtrolle miteinander vertauscht. Der etwa 15 c»i lange Magnet, welcher unterhalb der l'endellinse angebracht ist. bilder 20 Natiir\vis.senschaftliche Wuclieuschrift. Nr. 3-. Was übrigens die Aufstellungsweise der Normaluliren anbelangt, so wird in Berlin besonders bei einer Ei-wei- terung der Anlage eine Abänderung geboten sein, da die Uliren bei dei' gegenwärtigen Ai't der Aufstellung in zu hohem Grade störenden F]inttüssen ausgesetzt sind. einen Kreisbogen, dessen Mittelpunkt dem Anfliängepunkt des Pendels entspricht. Die Drahtrolle, welche alle 2 Sekunden vom Strura durch- laufen wird, ist soweit seitlich aufgestellt, dass im Moment der grüssten Amplitude nur die auf der zugewandten Seite gelegene Hälfte des Magnet von derselben umschlossen wird. Dieser Rolle gegenüber steht auf der anderen Seite eine zweite von gleichen Dimensionen, deren Drahtwindungen aber nicht mit der Hauptuhr in Verbindung gesetzt, sondern in .sich selbst geschlossen sind. Sobald das Pendel nach dieser Seite hin schwingt, tritt der andere Pol des Magnet in diese Rolle ein und induciert in derselben einen Strom, welcher infolge seiner Rückwirkung auf den Magnet eine Dämpfung der Schwingungen des Pendels herbeiführt. Der An- ziehung des einen Magnetpoles infolge der stetig wiederkehrenden Stromimpulse auf der einen Seite steht daher eine fortgesetzte Dämpfung der Schwingungen auf der anderen Seite gegenüber, wo- durch eine noch wesentlich präzisere S.ynchronisation erzielt wird als bei den Systemen Jones und Foucault. Selbst bei Anwendung nur schwacher Batterieen ist die Wechselwirkung zwischen der Rolle und dem Magnet eine so intensive, dass das Pendel aus voll- kommener Ruhe in Schwingungen versetzt werden kann und die Synchronisation ist eine so kräftige, dass es C'ornn selbst gelungen ist. eine pro Tag um 6 Minuten 30 Sekunden fehlerhaft gehende Uhr zu vollkommen übereinstimmendem Gang mit der Hauptuhr zu bringen, während bei den Systemen Jones und Foucault schon ein Fehler im täglichen Gange der Uhr von etwa einer lialben Minute die Grenze dessen bezeichnet, was bei Anwendung nicht zu starker Batterieen durcli diese Regulierungssysteme noch zu com- pensieren ist. Dieselben participieren nicht allein an allen Temperatur- schwankungen der freien Luft, sondern sind infolge der einseitigen Bestrahlung des Gehäuses durch die »Sonne und der Erwärmung durch die Ga.sflamnien, welche wäh- rend der Nacht zum Zwecke der Beleuchtung der Ziffer- blätter im Innern des Gehäuses angezündet werden, Temperaturdifferenzen in noch erhöhtem Masse ausgesetzt, und es ist bei der jetzigen Aufstellungsweise kaum mög- lich, die Uhren hinreichend voi' dem Verstauben zu schützen. Um diese nachteilig wirkenden Einflüsse auf ein möglichst geringes Mass abzuschwächen, schlägt Dr. Leman vor, das Ulu'werk unter das Strassenniveau in eine gemauerte und überwölbte Kammer zu legen, welche mit einem Einsteigeschacht versehen ist, und übei' diesei- Kammer ein Postament zu errichten, welches allein das Zifferblatt und Zeigerwerk enthält. Die Uhr wird dann einem geringeren Temperaturwechsel ausgesetzt, sowic^ \or äussei'en Störungen und dem Verstauben besser ge- schützt sein. Man wird indes denselben Erfolg in ein- facherer Weise und vielleicht noch erhöhtem Masse erzielen, wenn man dai'auf verzichtet, die Uhren auf öffentlichen Plätzen aufzustellen, und sie statt dessen in J'arterre-Lokalitäten so unterbringt, dass das Zifferblatt von der Strasse oder dem l*latze aus zu sehen und ab- zulesen ist. (Schluss folgt.) Ueber das Konservieren und Präparieren fleischiger Hutpilze/') Von P. Hennings, A.ssistent am Mit wie grossen Schwierigkeiten das Konservieren mancher ffutpilze für wissenschaftliche Sammlungen ver- bunden ist, weiss jeder, der Gelegenheit hatte, sich hiermit zu beschäftigen. Es wird auch wohl schwerlich jemals ein Verfahi'en ei'sonnen werden, durch welches die fleischigeren Ai'ten derselben völlig unverändert in ihrer Form und Farbe erhalten bleiben. Der ungemein grosse Wa.ssergehalt vieler Pilze bedingt schon eine grosse Veiänderung beim Trocken- werden. Ausserdem sind die einzelnen Arten sowohl, als auch grössere Gruppen dei' Hutpilze, so die Corti- narien, Maiasmien, Russuleen, Lactarien von der eigent- lichen Gattung AgaricHS durch Merkmale verschieden, die wohl im frischen Zustande recht gut kenntlich sind, durch das Trocknen oder Aufbewahren in Spiritus aber zum Teil oder ganz verschwinden. Hierzu kommt noch, dass eine und dieselbe Pilzart häutig infolge Witterungs- einflüsse, des Standortes, Substrates u. s. w. in Form und Farbe sehr variieit, und ein und dasselbe Individuum ausserdem, je nach seinem Entwicklungs-Stadiura, sekr verschieden sein kann. Ich will hier niu' au den be- kannten Fliegenpilz erinnern. Während \iele Arten, besonders aus den Familien der Helvellaceen, Pezizeen, Phalloideen, Tuberaceen u. s. w. sich ziemlich gut in Alkohol konserviei'en lassen, ohne ihre charakteristischen Kennzeichen we.sentlicli zu verändern, werden die meisten *^ Vcrgl. iiiirli li:ind I iliescr /eilscliril't. Seite 147. Red. Kgl. biitaiiischen (iarten zu ]5erliii. Boletus- und .Vgaricus-Arten hierin völlig unkenntlich. — Eine Amanita- oder Kussula-Species zu konservieren, ist mir bishei' nicht gelungen. Manche Art liis.st sich dadurch ziemlich unverändert eihalten, dass ich sie sehi" kurze Zeit in sch\\'ache schwefelige Säurelösung lege, sie dann auswässere und in Spiritus setze. — Derartig pflege ich fast sämmtliche Helvellaceen, Pezizeen und manche Agaricineen zu behandeln. Selbst Russula adusta und R. nigricans, die in Alkohol tief schwarz werden, bleiben auf diese Weise jiräpaiiei-t, nebst der Flüssigkeit unver- ändert. Was nun das Präparieren fleiscliiger Hutpilze für das Herbar anbelangt, so verfahre ich mit diesen in fol- gender Weise: Jede Pilzart wird möglichst in mehreren Exemplaren und in verschiedenen Entwickelungs- Stadien gesammelt. Die Hüte einzelner sporenreifer Exemplare werden an der Ansatzstelle \on den Stielen abgeschnitten und be- hufs Erlangung von Sporenjiräparaten auf entsprechende Papierstückclien gelegt. Von den übrigen Pilzen suche ich möglichst dünne Längsschnitte zu fertigen. Nachdem ich mehrere gut erhaltene, sich gegenüberstehende La- mellen auf der Unterseite des Hutes aufgesucht, führe ich mittelst flachei', scharfer Messerklinge einen Schnitt von oben durch den Hut und Stiel aus und zerspalte damit den Pilz in zwei gleiche Längshälften. Von beiden «erden dann ein odei' mehreie dünne Längssclinitte, Nr. 3. Natiirwissenschaftliclie Woclienschrift. •21 wi'k-lie inügliclist nur rinr Lamelle besitzen, yefertigl. Diese Schnitte werden auf einen glatten Seiden- oder l-'üesspapieiiiogen geleg-t und dann zwiselien Flie.ssi)a])iei- lag-en geti'oclinet. Die beiden Hutluilften löst man vom Stiele ab und entfernt dui'cli Ausselineiden und Aus- schaben die Lamellen und das Fleisch soweit als möglich, iiline die Oberhaut zu verletzen. Ist letztere schmierig oder mit Waizen bedeckt, wie es beim Fliegenpilz der Fall ist, so leg-e ich die ausgefleischten Hüte mit der Fnterseite auf Fliesspapier und lasse die Oberseite ent- weder in der Luft etwas trocken werden, oder erziele dieses durch sorgfältiges Abtupfen mit einem weichen Tuche. Alsdann werden die einzelnen zusammengelegten Teile auf Bogen zwischen Fliesspapierlagen gebracht und getrocknet. Fiü' gewöhnlich ist nui- ein einmaliges Wechseln der Lagen erforderlich. In manchen Fällen ist es rätUch, einzelne Exemplaie nur zu halbieren, die Lamellen nicht zu entfernen und sie schwächerem Diuck auszusetzen, um sie später lose in Papierkapseln beizufügen. Klei- nere Arten mit wenig fleischigen Hüten, wie viele My- cenen, Omphalien, Marasmien u. s. w. sind ebenfalls teils halbiert, teils ganz, ohne dass Fleisch und Lamellen aus- geschnitten werden, einzulegen. Die trockenen Exemplare werden, wenn nötig, mit der Scheere etwas beschnitten und auf der Unterseite mit in Alkohol gelöstem (Queck- silber-Sublimat mittelst eines feinen Pinsels bestrichen. Seilten Papierreste an den Hüten festgeklebt sein, so lösen sich diese beim Durchdringen der Sublimatlösung gewöhnlich ab, oder sie lassen sich leicht abziehen. Um die Pilze auf Papierbogen zu befestigen, ver- wende ich am besten einen gut zerriebenen Stärkemehl- kleister, der mit einem \'ierteil aufgelösten Gummi ara- bicum gleichmässig gemischt wird. Zuerst wird der Stiel und dann der Hut aufgelegt, so dass das Präiiarat die Form des lebenden Pilzes im Profil zeigt. — Gewöhnlich klebe ich die verschiedenen Entwickelungsstadien der Reihe nach auf, und daruntei- in gleicher Weise die Längs- schnitte, alsdann die Sporenpräparate und etwaige Kapseln mit losen Exemplaren derselben' Ai't. — Am besten ist ein starkes, festes Papier oder Kartonpapier zu ver- wenden und zwai- in entsprechenden Formaten. Die aufgeklebten Pilze werden zwischen Papierlagen gut ge- presst. Was nun die Anfertigung dei- Spoi'enpräparate be- trifft, so wende ich je nach der Sporenfäi-bung verschie- dene Methoden an. Die vom Stiel getrennten Hüte mit unveiletzten Lamellen werden, falls sie farbige Sporen besitzen, auf weisses Schreibpapier gelegt, dagegen die mit weissen Sporen auf blaues Papier, dessen Farbe aber konstant sein muss und dann mit einer Glasglocke und Schachtel bedeckt. Kleinere Arten, die leicht trocken werden, kann man auf Blumentöpfe odei' Schüsseln, die etwa 1 oder -2 an unteihalb des Randes mit feuchtem Sand gefüllt sind, legen und diese dann mittelst einei- Gla.sscheibe oder eines Brettes bedecken. WäJuend grössere Pilze gewöhnlich schon nach 6 — 12 Stunden so viele Spoi'en abgi'worfen haben, dass auf dem Papier- blatte ein deuthches Abbild des Hyni(;niums sichtbar ist, dauert dieses bei sehr kleinen Pilzen oft 1 bis 2 Tage. Um fai'bige Sporen auf dem Papier zu fixieren, so dass sie nicht verwischbar sind, nehme ich soviel Kolophonium, als sich im Alkohol bestei' Qualität auflöst, und bestreiche mit dieser Lösung das Papier mit dem Sporenpräparat von unten. Die Flüssigkeit muss das Papier und die Sporen hinreichend durchdiingen. — G. Heipell in St. Goar, welcher das Fixieren dei' Sporenpräjiarate zu- erst bekannt gemacht hat, wendet zu diesem Behufe compliciertere Lösungen von verschiedener Stäi'ke an, doch dürfte das einfachei-e Verfahren, wenn es den Zwet'k gleich gut erfüllt, das bessere sein. Für die weissporigen Pilze ist in manchen Fällen die Heipell'sche Fixierungs- flüssigkeit, bestehend in einer Auflösung von einem Teil Mastic, in dreissig Teilen Aeter ganz vortrefflich. Bei vielen Tricholoma-, Clitocybe-, Mycena-, CoUybia-Arten aber wei'den die Sporen durch diese Behandlung meistens durchsichtig oder durch zu starken Zusatz von Mastic gelblich gefärbt. — Für diese Arten verwende ich letzt- zeitig ein besonders präpariertes Paiiier, welches mit der oben beschiiebenen Kolophonium-Lösung ein- oder mehr- mals getränkt whd. Dieses Papier kann man stetig vor- rätig halten und in Benutzungsfällen ein entsprechendes Stück abschneiden. Der Pilzhut wird darauf gelegt und wenn genügend Sporen abgeworfen sind, sorgfältig ab- gehoben. — Das Papier wird von unten über einer Gas- flamme gleichmässig erwärmt. — Hiei'durch wird das im Papier enthaltene Harz flüssig und bindet beim Erkalten die Sporen, welche ihre Farbe unverändeii bewahren und schwer verwischbar sind. Kleinere Mitteilungen. Ueber die Knallgas -Explosion liattc Bnnseii bereits 1867 auf i-irund experimenteller und tbeoretischer Untersueliungen die Behauptung aufgestellt, dass dieselbe aus einer Reihe aufein- ander folgender Partial-Explosionen bestehe, (regen dieselbe war von einigen Seiten Widerspruch erhoben worden, so dass man über diesen Punkt unklar war. I)aber haben A. v. Oettingen und A. V. (iernet neue Versuche zur Feststellung des Vorganges liei einer Knallgas-Explosion unternommen, und sie kommen (Ann d. Phys. u. t'hem.) zu dem Resultat, dass die Pefunde der experimen- tellen Untersuchungen sich mit Bunsen's Aimahme gut deuten lassen. L)ie Explosion wurde dabei mittels eines elektrischen Funkens hervorgebracht und auf einem rotierenden Spiegel, welcher mit einer photographischen Camera in Verbindung stand, beobachtet. Die pbotographischen Aufnahmen zeigen drei verschiedene Arten von Lichtwirkungen, welche sich als Wellenzüge zu erkennen geben. Ferner ergiebt sich, dass die Kxplosion selbst lichtlos vor sich geht; die beobachtete gelbliche Lichterscheinung rührt von anderen Teilen (Natrium) her, welche bei der liolien Temperatur aufleuchten. Der fehlenden Licbter.scheinung wegen kann die Kxplosion auch keine AVirknng auf die photographische Platte ausüben, während man durch Hinzufügen von Metallsalzen gute Aufnahmen erhält. Die Explosion geschieht von der Funkensfelle aus in einer Reihe auf- einander folgender Partial-Fjxplosionen, welche sich auf dem photo- graphischen Pilde in den sogenannten „Nebenwellen" erkennen 22 NatinTV'issenschaftliche Wochenschrift. Nr. 3. lassen. ]>ie nähere quantitative \'ei\venung der Resultate (läe- stimmung- der Explosionsgeschwindigkeit u. s. w.) können wir in diesem kleinen Rahmen nioht ausführlich angeben und müssen auf das Original selbst verweisen. A. (iutzmer. Künstliehe Rubine. — Die Bedeutung, welche die Ver- suche, Mineralien künstlich darzustellen, lür die Wissenschaft haben, liegt hauptsächlich darin, dass dieselben geeignet sind, eine Erklärung der natürliclien Entstehung der Mineralien und Gesteine anzuhahnen und zu geben, über die Art ihres Auftretens und endlich über die genaue chemische Zusammensetzung gewisser Mineralien Licht zu verbreiten. Dass die Darstellung der Edelsteine für das praktische Leben von hoher Bedeutung sein muss. liegt auf der Hand. Nach- dem die künstliche Erzeugung von Korund (AI- 0') schon auf ver- schiedene Weise gelungen ist, hat im letzten Jahre Freniy in Paris in Gemeinschaft mit dem Chemiker Verneuil (V'ergl. l'omptes rendus) eine schon früher von ihm und Feil angewandte Methode weiter verv(]llk(imranet. Dieselbe beruht auf der Anwendung von Fluoriden, die sich bei der künstlichen Erzeugung verschiedener Mineralien- fruchtbar erwiesen hat vermöge der erkannten niineralbildenden Kraft der Flusssäure. Fi-i-my erhitzte Fluurbaryum und Thonerde, der winzige Mengen von doppelchromsauren Kali beigemischt waren, zusammen etwa 50 g, in einem Tiegel. Das Chrnuisalz hat nur den Zweck, die rote Farbe des entstehenden Korunds hervorzurufen, die Vdii Spuren von Chromoxyd herrührt. Die Höhe der Temperatur und die Zeit des Erhitzens ist genau abzumessen (aber zunächst noch nicht bekannt geworden). Aus der weissen, porösen Schmelze sind die gebildeten roten Korunde (Rubine) durch Ausschütteln mit Wasser leicht zu isolieren. Die Grösse der Krystalle erreichte 0,6 bis 0,75 mm. Die chemische Analyse ergab nur Thonerde mit Spuren von Chrom. Die Krystalle gleichen in Schwere, Härte, Farbe, Glanz, Durchsichtigkeit und Lichtbrechung durchaus den natürlichen Rubinen, gleich denen sie auch rhomboedrisch krystalli- sieren. Interessant ist dabei, dass nach den krystallographischen Untersuchungen, welche Des tüoizeaux vornahm, ausser Rhomboeder und Basis sich Flächen vorfinden, die wohl an dem mit dem Korund isomorphen lOisenglanz (Fe^ 0-''), aber nicht am natürlichen Korund beobachtet worden sind. l'",s sollen nun Versuche angestellt werden grössere Krystalle zu erzielen. in einer der folgenden Numniern der Naturw. W. werde ich mich über die Bedeutung und die Ergebnisse der künstlichen Er- zeugung Von Mineralien aussprechen. Dr. It. Scheibe. Das Aspirationsthermometer. — Eine der schwierigsten Aufgaben der meteorologisi'hen Beobachtungskunst, nämlich die Ermittelung der wahren Lufttemperatur eines gegebenen ( )rtes ist neuerdings durch die Untersuchung-en des Dr. R. Assmann, Ober- beamten des Königlich Preussischen Meteorologischen Instituts, einer völlig befriedigenden Lösung nahe gerückt worden. Da die An- gaben der Thermometer in festen Aufstellungen, d. h. in melir oder wein'ger gut ventilierten Gehäusen resp. Hütten durch vielfache Fehlerquellen störend beeiiitlusst werden, ferner das von Arago an- gegebene „Schleuderthermometer" neben seinen Vorzügen leichter Handhabung und grosser EmpKndlichkeit dennoch erhebliche Mängel besitzt, erscheint die Konstruktion eines Thermometers das von den Nachteilen sowohl der festen Aufstellung als auch des Thermometers „fronde" frei ist. als ein erheblicher Fortschritt. Da die erste Bedingung zur Erhaltung der wahren Luft- temperatur die beständige Berührung des Thermometergeflisses mit den der freien Atmosphäre angeliörendeu Luftmasseu ist. erwies sich als einzig zum Ziel fülirendes Verfahren die Aspiration der zu untersuchenden Luft, indem diese durch ein liöhrensystem an dem Thermometer vorbeigeführt wird, ohne vorher durch Wärme- wirkung fremder, grössere Masse besitzender Körper beeinflusst werden zu können. Der zweiten Beditigung, nämlich der Fern- haltung jeglicher Erwärnmng durch Strahlung wurde nach langen Versuchen durch Anwendung hochp(dierter MetallHlichen genügt, welche zur Umhüllung des Thermometers verwendet werden. Danach besteht das Aspirationsthermometer aus zwei Haupt- teilen: dem Thermometer, umschlossen von einem hochpolieiten Metall- rohr und dem Aspirator, der mit demselben durch einen (Jummi- schlauch verbunden wird. Als bequemster Aspirator dient ein mit sehr exakt schliessenden Ventilen versehener .Saugebalg (als um- gekehrt wirkender Blasebalg zu denken), mittelst dessen ein Luft- strom von konstanter Geschwindig-keit aus der freien Atmosphäre durch die Umhüllung des Thermometers hindurchgesaugt wird. Zur Verhütung eines etwaigen Ilestes von Strahlung kann das Thermo- metergefUss mit einer zweiten polierten Metalllrälse versehen werden, durch welche gleichfalls die Aspiration stattfindet. Ein so kon- struiertes Instrument zeigt bei gleiohmässiger Aspiration im Schatten und im vollen Sonnenschein keinen wahrnehmbaren Unterschied seines Standes — die Verwendung desselben Instruments als Psychro- meter, indem ein ebenso konstruiertes befeuchtetes Thermometer da- eben geschaltet wird, ermöglicht es, endlich zuverlässige und brauch- bare Bestimmungen der Feuchtigkeit der Luft zu erhalten, was mich den bisherigen Methoden nanientlii-h bei Frostwetter oft unaus- führbar ist. Wir hoffen die Eigenschaften des neuen Apparates spater ein- gehend durzulegen, und bemerken nur, dass er wegen seiner grossen EmpfiiuUichkeit. mit welcher er jede Aenderung der Temperatur sofu't anzeigt, bei Ballonfahrten und auf Reisen als einzig biauchbar erscheint, aber auch für die gewöhnlichen Aufgaben klimatohjgischer Forschung der ausgedehntesten Verwendung fähig ist. Dr. Ernst Wagner. Astronomisches. — I. Astronomische Neuigkeiten; Voruntersuchungen zur Herstellung photographisclier Himmelskarten. Bei dem im Frühjahr 1887 stattgehabten astronomischen Kongress in Paris wurde liesclilossen, photographische Aufnahmen des gesamten Sternenhimmels zu machen. Einen grossen Teil der hierzu tiötigen Vorarbeiten übernahm das Potsdamer astrophysikalische Observatorium zu Potsdam. Die bezüglichen Aufgaben waren die folgenden: 1. Herstellung pliotographisrher ( iitter zur Ausmessung der Plat- ten. — Diese Gitter sollten zunächst dem Zwecke dienen, Verzerrunpen der lichtempfindlichen Schicht nachzuweisen, um bei den Messungen dieselben in Rechnung stellen zu können. Während der Unter- suchung zeigte es sich, dass sie aiicli direkt zu Messungszwecken sich vorzüglich verwenden Hessen. Bei der Ausführung der Netze versah man zunächst Glasplatten mit verschieden gefärbten Lack- überzügen, in welche feine Linien eingerissen wurden. Allein die Kopien fielen nicht zur Zufriedenheit aus, ebensowenig wie die von Netzen, die dadurch hergestellt wurden, dass man feine Platin- drähte über einen Rahmen spannte. Vorzügliche Gitter dagegen wurden von Dr. Scheiner bei der Verwendung stark vei-silberter Glasplatten erhalten, allerdings auch ntir bei besonderer Form und Anwendung des Reissers. 2. Untersuchungen über die Veränderung der empfindlichen Schicht in Folge der durch Hervorrufung und Fixierung bedingreu Manipulationen. — Die Untersuchungen des Dr. Scheiner haben gezeigt, dass trotz des hohen Genauigkeitsgrades der Messungen, der Betrag der Verziehnngen ein ausserordentlich geringer sei bei der Anwendung von Gelatineschicliten, dass er dagegen bei Kol- lodiumschichteu unter gewissen Umständen recht erheblich werden kann. — Komet Sawerthal. Dieser Komet ist nun auch in Europa, gesehen und zwar auf der Sternwarte in Palermo am 13. März. Der Kern erscheint glänzend, der Schweif breit, divergent und nach AVSW gerichtet. Populärer Führer durch den Firsternhimniel. Unter diesem Namen bringt Vogtherr in Bamberg ein Instrument in den Haiulel. das in der einfachsten Weise dem Laien eilaubt jeden Stern am Himmel aufzufinden. Der Apparat ist von Lieldiabern der Astronomie und aucli für Unterrichtszwecke recht gut zu verwertheu. IL Astronomischer Kalender. — Am 10. April Sonnenauf- gang 4 Uhr 59 Minuten, Untergang 6 Uhr 59 Minuten; Mondaiifgang morgens 8 Uhr 32 Minuten, Untergang abends 12 Uhr 5 Minuten. Am 23. April Sonnenaufgang 4 Uhr 44 Minuten, Untergang 7 Uhr 11 Minuten; Mondaufgang nachmittags 3 Uhr 18 Minuten. Unterg-ang früh 4 Uhr 22 Minuten. Am 19. April mittags 12 Uhr 45.8 Minuten erstes Viertel. Von Planeten sind Mars die ganze Nacht und Jupiter sechs Stunden sichtbar. Um liürgerliche Zeit aus der waliren Sonnenzeit zu erhalten muss man von letzterer abziehen am 16. April 20.3 Sekunden, am 23. April 1 Minute 50.1 Sekunden. In der Zeit vom 19. bis 23. April findet ein verhältnismässig bedeutender Stern- schnuppenfall mit mehreren Sfrahlung.spunkten statt, dessen Bahn mit der des Kometen I von 1861 ziemliche Uehereinstimmung zeigt. Dr. F. Plato. Pilze als Weinveredler. — Unsere Kenntnis derjenigen Pilze, die durch ihre Lebensprozesse bei der Bildung unserer Genuss- mittel sich beteiligen, ist neuerdings vermehrt worden durch eine Arbeit von Dr. H. Müller - Thurgau über den Traubenpilz Botrytis cinerea. (Landwirtschaftliche .Jahrbücher 1888.) Dieser Schimmelpilz, eine Conidienform der zu den Ascomyceten gehörigen Peziza Fuckeliana, befällt die reifen Trauben und versetzt sie in einen Zustand der Fäulnis. Während nun andere Schmarotzerpilze der Trauben . wie das Oidium Tuckeri oder selbst der gemeine Pinselschimmel (Penicillium glaucum), den Ertrag der Beeren er- heblich schädigen, kann die Botrytis cinerea unter günstigen Um- ständen im Gegenteil eine wesentliche Verbesserung des Weins zur Folge haben. Dass die faulen Trauben vielfach bedeutend edlere Weine liefern, wissen die Winzer der deutschen Rhein- und Mosel- gegend längst, sie lassen daher in guten Jahren die Trauben am Stock, bis sie faul geworden sind, und lesen die faulen Beeren ans, um .sie gesondert zu verkelteru. Müller-Thurgau hat nun nach- gewiesen, dass die Ursache der Veredlung in den Lebensprozesseu des Pilzes zu suchen ist, und dass diese Fäulnis, die „Bdelfäule", eine au.sschliessliche Wirkung der Botrvtis cinerea ist, nicht aber Nr. ;?. Naturwissenscliaf'tliclie Wochenschrift. 23 diiroli aiidi're I'ilze. 7. V> iiiclit dmcli reiüpilliiim trlauoiim. das auch auf den Trauben vorkuniint, liervdiijeriileii werden kann. Der Pilz verlirauclit zu .«einer Ernillirun!,' /ucker. Siiure und Stiekstnii' aus der Heere, die beiden letzteren aber in viel liüliereiu Verliältni.>i, und da zugleich au.s den edell'aulen Beeren mehr Wasser verdun.«tet, als aus den g'esunden. so erhält man aus jenen zwar eiiii' g-pi-jHcrere Menpe Most, aber einen solchen von viel edh-rer Besehatt'enheit, mit höherem Zucker- und viel geringerem .Säure- und .StiekstoffgehaU. Daraus entstehen mildere und zugleich langsamer und weniger voll- ständig vergährende, daher süssere Weine. Dieses Resultat wurde durch chemische l'iitersueliung gesunder und fauler Trauben, sowie durch üeinknltur des liotrytispilzes in vorher sterilisiertem Most gewonnen. Iteinkultureii des renicillium brachten im Gegensatz zu solchen der Hotrytis eine erhebliclie \'er.schlechteruiig hervor. Die Veredlung des Weines dureli den Pilz betriti't nielit mit die (übrigens nach Müller von dem „Aroma" zu unterselieidendeii) eigentümlichen „Bouquetstoffe", die den deutschen Uieslingweinen den lieblichen Duft und liesclnnack geben; im Gegenteil wirkt die Fäulnis auf diese zerstörend ein. aber um so weniger, je edler die Traube, d. h. je zuckerreicher sie ist. Ueberliaupt machen sieh die günstigen Wirkungen der Fäule nur bei edlen Reben, in guten Lagen und bei günstiger Witterung voll geltend; weniger gnte Trauben werden von der Fäulnis leicht zu sehr ergriften, und bei feuchter Witterung kann leicht ein erheblicher Schaden durch Aus- waschen der faulen Beeren tntstehen. Der Winzer wird daher mit den Verhältnissen seines Weinbergs und insbesondere mit dem Wetter zu rechnen haben, wenn er sich entscheidet, ob er seine Trauben gesund oder edelfaul ernten will. Dr. IP Klebahn. Eine Brücke über den Kanal ist neben dem unterseeischen Tunnel schon ein altes Projekt, um England mit Frankreich zu verbinden. Dasselbe musste früher mit Recht für unausführbar gehalten werden, soll aber nach den neuesten Erfahrungen über Eisenkonstruktionen als vollkommen möglich zu betrachten sein. Xach dem Plane des Unternehmers der Arbeiten heim Suezkanal. Hersent, würde diese Brücke in Frankreich am Kap Gris-Nez be- ginnen und in zweimal gebrochener Linie bei der Länge von 37,5 A'r» bei Folkestone in England enden. Die Kosten dieses Riesenprojektes ■werden im ganzen auf etwa eine Milliarde Franks geschätzt — wird es ausgeführt werden? wird sich eine solche Summe durch den Ver- kehr verzinsen? Seefischerei mit elektrischem Lichte wird jetzt in Ame- rika in grösserem Masse betrieben. Zu dem Zwecke wird in dem Xetz eine Glühlampe angebracht, durcli deren Lichtschein die Fische angelockt und so leicht gefangen werden. — Aehnlich hat man das elektrische Licht zur Aufiuchnng von Gegenständen verwendet, welche sich auf dem Grunde des Wassers befinden. Fragen und Antworten. 1 . In der Fragebeantwortung Seite 210—211, Band I, bezüglich des Vorkommens des Alpenlämmergeiers oder Bartgeiers geht uns folgende Ergänzung zu: Vom Bartgeier Bosniens und der Herzegowina habe ich ein alti's Paar und einen jungen Vogel, von jenem des Kaukasus ein altes Männchen in Händen gehabt; alle diese Exemplare stimmten mit solchen aus den Alpen, aus Siebenbürgen und Spanien bis auf die durch das Alter bedingten Verschiedenheiten vollständig überein. Der afrikanische Bartgeier, von dem ich selbst je ein Männ- ehen ad.. Männchen und Weibchen med. und Männchen juv. besitze, unterscheidet sich konstant vom europäischen durch etwas geringere Grösse und durch die Befiederung der Tarsen, welche bei ihm nicht so tief an die Zehenwurzel hinanreicht, wie bei jenem. Aber auch er bildet nur eine klimatische Varietät (Gypaetus barbatus, var. meridionaliä .Schlegel), keine Art. In den österreichischen Alpen Iiat das letzte Paar im Jahre 1880 gehorstet, [m Retyezat, dem Grenzgebirge zwischen Rumänien und Siebenbürgen, wo alljährlich 1—2 Stücke geschossen werden, ist der Bartgeier noch regelmässiger Brutvogel. E. Ritter v. Dombrowski, Chefredakteur der Zeitschrift „Der Weidmann." 2. i\ach eiller Angabe soll ein Witferungswcchsel auf eine luft- dicht abgeschlossene Mischung von Salmiak: Sal2>eter, Kampher. Spiritus, Wasser, mehrtägig digeriert und dann abgegossen, derartig verändernd einwirken, dass man das kommende Wetterviei-undztcanzig St)(nden vorher bestimmen kann. Es wurden genau nach Vorschrift zweiWettergläser hergestellt ; aber absolut keine Veränderung infolge von Witfenuigswechsel an denselben wahrgenommen. Wie stellt sich die Wissenschaft zu dem geschilder- ten Wetterpropheten? Derartige Hausmittel zur Vorausbestimmung der Witterung pfle- gen meistens auf mangelhafter Statistik oder Beobachtung zu beruhen. Auf eine luftdicht abgeschlossene .Salzlösung könnten, abgesehen von der Temperatur, hüclistens Aenderiingeu iu der Intensität oder Qualität der Sonnensfralilung Einfluss üben, aus denen sich jedoch nach unseren heutigen Kenntnissen noch keinerlei Schlüsse auf das kommende Wetter ziehen lassen. Dr. E. Less. 3. Bezüglich der Frage: In welcher Flüssigkeit kann man Pilze aufbewahren? Oder kann man sie auch noch auf andere Weise konservieren? vergl. den Artikel des Herrn Hennings in dieser Nummer der „Xaturwissenschaftlicheu Wocliensclirift." Litteratur. Hölzel's Geographische Charakterbilder. Kleine Hand- ausgabe. 30 Chromolithographische Tafeln mit beschreibendem Text von Prof. Dr. Fr. Umlauft und V. v. Haardt. Wien. Eduard Hölzel. Preis 7,50 Mark. Die vor kurzem erschienene und für den Handgebrauch bestimmte kleinere Ausgabe von Hölzel's Geographischen Charakterbildern kann als eine vortieffliche litterarische Gabe bezeichnet werden. Auf 30 Tafeln werden uns die hauptsächlichsten geographischen Landschafts-Typen vor Augen geführt, deren Farben- gebung zum Teil eine so ausgezeichnete ist, dass uns die eigen- tümlichen Charaktere der Landschaft in voller Naturwahrheit ent- gegentreten. Von diesen Darstellungen zeichnen sich durch be- sondere Schönheit aus ; der Canon und Wasserfall des Shoshone aus der nächsten Nachbarschaft des Nationalparks in Nordamerika, die Wüste Sahara mit dem gelblichen Ton ihrer Sanddünen, das Pano- rama des Bemer Oberlandes, der heisse Sprudel Ütukapuarangi in Neuseeland mit seiner rosarothen Sinterterrasse, das Panorama des Golfes von Neapel, der Gross-Glockner mit dem Pasterzengletscher, das Säulenkap auf Kronprinz Rudolfs-Land, der Hafen Nagasaki auf der japanischen [nsel Kiu-Siu, die eigentümlichen Erosionsformen der Weckelsdorfer Felsen, das Stettiner Haff, der Tafelberg mit der Capstadt und der Grand Cafion des Colorado. Eine allgemein ver- ständliche kurze Beschreibung macht uns auf die Eigentümlichkeiten jedes einzelnen Bildes aufmerksam. Auf diese Weise stellt das Buch ein treifliches Hilfsmittel für den geographischen Anschauungs- unterricht dar und kann überhaupt jedem Freunde der Erdkunde auf das Wärmste empfohlen werden. Möge es bei seiner grossen Wohlfeilheit die weiteste Verbreitung finden. Dr. F. Wahnschaffe, Kgl. Landesgeologe und Privatdocent an der Universität Berlin. Archiv der natiirivissenschaftlichen Landesdurchforschung von Böhmen. 6. Bd. Nr. 6. (Botanische Abtlg.) gr. 8". Preis QM-. Inhalt: Prodromus der Alpenflora von Böhmen. 1. Tl. (Enthält die Rhodophyceen, Phaeophyceen u. Chlorophyceen). Von A. Hans- girg. 2 Hft. (m. lUustr.) Fr. Rivnäe in Prag. Goldschmidt, V., lieber krystallographische Demonstrationen mit Hilfe von Korkmodellen mit farbigen Nadelstiften, gr. 8". (20 S. m. 6 Taf) Preis 3 JC. Julius Springer in Berlin. — Index der Krystallformen der Mineralien. 2. Bd. 1. — 3 Hft. u. 3. Bd. 1. Hft. gr. 8». Preis 12^ 80 -j Inhalt: H. 1. Pahl- erz— Frieseit. (64 S.) Preis 3 JC 60 -^. — 2. Gadolinit— Gyps. (S. 65—128) Preis 3 JC- 60 -j. — 3. Haidingerit — Jarosit. (3. 129—192). Preis 3 M 60 -j. — III. 1. Quarz. (25 S.) Preis 2 JC. Julius Springer in Berlin. — lieber Projektion und graphische Krystallherechnung. gr. 8'. (IV, 97 S. m. lUustr.) Preis 6 Jt. Julius Springer in Berlin. Gegen Einsendung des Betrages (atich in Brief- marken) liefern wir vorstehende Werke franko. Zur Besorgung lifterarischen Bedarfes halten wir uns bestens e)nj)fohlen. Berlin S\V. 48. Die Expedition der „Xatnrwissensciiaftiichen. \%'o<'liensohrift". Briefkasten. Herrn Lehrer 0. Bick. — Vielleicht genügt Ihnen; H. Wendt, Ueber Schul-Excursioneu mit besonderer Rücksicht auf grössere Städte. Verlag von Appelius in Berlin. Preis 0,30 JC. Berichtigung. Die Reise um die Welt mit der Romanzotfischen Entdeckungs- Expedition, an der Chamisso und Eschscholtz als Naturforscher be- teiligt waren, fand bekanntlich 1815 — 1818 statt: auf Seite 7 Bd. II. „Fossiles Eis" muss es daher in der ersten Zeile nicht 1860 sondern 1816 heissen. 24 Natiirwissenscliaftliche Wochenscluift. Ni'. 3. S^^Q^a^'b© namentlich Anzeigen allei' optischen, chemischen, physikalisclien etc. Gerätschaften, Naturalien, Chemikalien, sowie Büchei-anzeigen finden weiteste und passendste Verbieitung. Seit Aufang dieses Jalires ersclipint 'lip PFaktisehe Physik Zeitschrift für Experimentalphysiker, Studierende der Physik. Mechaniker. Optiker u. s. w uiiil Organ für den physikalischen Unterricht. Unter Jlitwirliung liervorra;^eiuler Autoritiiten uiul bewülirtev Faclimänuer lierausgegeli. vnn Dr. M. Krieg. Mouatlicli 1— IV2 Bogen. Preis lialhjilhrlicli 3 M. Die „Pralitisclie Pliysili" enthält Original-Artikel, welehe sich auf die Praxis der Pliysik beziehen, unterstützt die Verött'entlieimng guter und brauchbarer, teils verbesserter, teils neu konstruierter Aiiparate und ist eine Central.stelle aller Bestrebungen zur Förderung der physikalischen Technik und der physikalischen Demonstrationen. Trotz ihres kurzen Bestehens erfreut sich die „Praktische Physik" bereits grosser Beachtung in den Kreisen der Dozenten der Universitäten und tech- nischen Fachsclmlen und der höheren Schulen, der Studierenden, Mechaniker, Optiker «. s. w. »•^ Bestes Insertions-Organ. Inserate die einmal gespaltene Petitzeile 4i) .j ; sprechenden Rabatt; Beilagen nach Vereinbarung. Probennmmern gratis und franko durch die Vi'rhigshiiehhaiidluiiL' Faber'sche Buchdruckerei, A. u. R. Faber, Magdeburg. grössere -\^lfträge ent l'^xpiMlitiun ilrr „Praktischen Physik" Magdeburg, Poststr. im.jm'jw~jm'jm-jmJ9-J9-j^jim-J9-^M-^-.w-M-^:^-^:m-^-w-^^-^-M'^-m^jm-^.^-^-^-f^.^-m:W-M''^F^^.^^ Deutsche Chemiker-Zeitung (■r.sclu'int im Verlage von EUGEN GROSSER in BERLIN uiul bcrii'btPt aiLS folgenden Iliszipliiicn regclniiis.^ii;. sclnii'll und drn ( 1 i'nen.-itand i'r.«:eliöpfend : Theoretische, physikalische, allgemeine anorganische und organische, analytische, technische, Agrikultur- u. Pflanzen- Chemie, Elektrotechnik, Berg- u. Hüttenwesen. Medizinische u. physiologische Chemie u. Physiologie, Gerichtliche Chemie u Toxikologie, Pharmakognosie, Pharmakologie u. Pharmacie, Nahrungsmittel-Chemie, Bakteriologie, OefTentliche Gesund- heitspflege, Gesetzgebung u. Rechtsprechung, Mikroskopie. Walinnif/ drr SftnidrxijilffcxKrn. Bcrirhtfrsfatfiiiii/ uns IVr- i'iiioi. (Tcfn'llnchaf'fi'it 11111} Utifi'):vuclinni/x(ii)ifcni sind 1 liiuiitanf- Uiiljcn drr Di-utsclien ('liemikHr-Zeitnng. — Antragen an.s .\li(innentrnkreisi'n werden .sacligemä.ss beantwortet. Uelirr Patent-Annii'ldunsen. -Krteilungen. -KrlO.selnmüen und -Versagunucn. Marken- n Muster- iMutiaL'ungeu. Firmenregister uihl Konkursnachrichten, Submissionen und Handelsverkehr, Vakanzen, Personalien und Fainilien-Xachrieliten ete. etc. wird miiglii hst schnell lieriehtet; dein Angebot sowie der Nachfrage ist der Anzeigenteil gewidmet. Bestes Insertions-Organ liir Stellen-Angeliote und liesnelir. 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Friedrichstrasse 226 emptiehlr sieh zur Besorgung von naturwissenschaft- lichen Werken und Zeitschriften. ♦( Ansichtssendungen stehen jederzeit zu Diensten. )* liehufs anhaltender Verbindung wolle man sich mit der Firma in Korrespondenz setzen. Band I (Okt. 1887— März 1888) unseres Blattes liefern wir gegen b^iiiseuduiig von JC 4,20 (in liriefinarkeu) fran- ko, einzelne Quartale des Bandes gegen Emsendiing von .//f 2,10 (in Briefmarken.) Einzelne Nummern kosten 25 ,j. Die Expedition der „Naturwissenschaftliciien Wociienschrift" Berlin SW. 48. Friedrich-Strasse 226. [nserate für Nr. 5 Bei Benutzung der der „Naturwissenschaftlichen Inserate bitten Wir un- Wochensehrift" müssen späte- sere Leser höfliclist, auf stens bis ^Sonnabend, 21. April in die „NaturwiSSeDSChaftÜChe "" ' Wochenschrift" Bezug neh- unseren Händen sein. Die Expedition. men zu wollen. Inhalt: l'rof. I)r. 'J'li. All)recht; Einrichtung zur OIFeutlichen Zeit-Regiiliernug. (Mit .Abbild.) unil l'riiparieren fleisebiger Mutpilze. — Kleinere Mitteilungen: Ueber die Knallgas-Kxplosion. r. Hennings: Ueber das Konservieren Künstliche ilubine. — Das Aspiration.s- therniometer. — Astronomisches. — Pilze als Weinveredfer. — Eine Brücke über den Kanal, — Seefischerei mit elektrischem Lichte. Fragen und Antworten. — Litteratur: Hiilzel's Geographische Charakterbilder. — Bücherschau. — Briefkasten. — Berichtigung. Inserate. Verantwortlicher Redakteur: Dr. Henrj' Potonie. — Verlag: Riemann & Möller. — Druck: Gebrüder Kiesau. Sämtlich in Berlin. Dr. H. Potonie. Verlag: Riemann & Möller, Berlin SW. 48, Friedricli-Strasse 226. IL Band. Sonntag-, den 22. April 1888. Nr. 4. Abonnement: Man abonniert bei allen Buchhandluugeu und Post- Änstalten. wie bei der Expedition. Der Vierteljahrspreis ist JC 2. — ; Bringegeld bei der Post lö-f extra. 1 Inserate: Die viergespalteiie Petitzeile 30 -j. Grössere Aufträge eiatspreclieiulen Rabatt. Beilagen nach Uebereinkanft. Inseraten- annahnie bei allen Annoncenbureaiix, wie bei der Expedition. Abdrnck it nur mit vollüitänclijfer 4{nellenans:al>e g;e!!itattet. Einrichtungen zur öffentlichen Zeit- Regulierung. Von I'rofpssnr Dr. Tli. .\lbrpclit, Spktion.schef am k. geodätischen Institut in Berlin. Wähieiul für die Piäci.siuii.suliii.'ii uQstreitig das System der sympathischen Uhren als die beste Lösung des Pi'oblenis der Zeit-Regiiliei'ung anzusehen ist, wird man für die in viel grösseiei- Zahl vorhandenen öffent- lichen L'hien zweiter Art, bei denen ein Fehler bis zu 10 Sekunden zulässig ist, entsprechend diesem geringeren Genauigkeitsgrade einfachere Lösungen de.s Problems in Anwendung bringen können. Im Vordergrunde stehen in dieser Beziehung die sogenannten Stundensteiler, welche dai-auf basieren, dass allstündlich oder nach Ablauf einer gewissen Anzahl von Stunden durch Aermitthing eines elektrischen oder pneu- matischen Stromes dei' Minutenzeiger richtig eingestellt (Scliluss) .Je nach der Art und Grösse der zu regulierenden Uhr sind für den Regulierungsmechanismus sehr ver- schiedenartige A'orrichtungen in Vorschlag gebracht woiden. Am einfachsten ist die in neben.stehender Figur dargestellte Einrichtung. Auf der Achse des Minutenzeigers ist dicht hinter dem Zifferblatt ein Arm angebracht, der zur Zeit der Regulierung d. i. bei Beginn einer jeden vStunde senkrecht nach abwärts gerichtet ist. Unter demselben befindet sich, um eine horizontale Achse drehbar, ein Ankerhebel, des.sen freies Ende nach oben hin gabelförmig aus- geschnitten ist. Sobald nun zur vollen Stunde die Centraluhr den Kontakt schliesst, wiid dieser Ankerhebel und somit der in der Zwischenzeit entstandene Fehler ! durch den Elektromagnet nach oben gezogen, die Gabel wiederum beseitigt wird. Da der Minutenzeiger nur durch Reibung auf seiner Achse aufsitzt, kann diese Manipulation vor sich gehen, ohne dass hierdurch eine Störung auf den Gang des Uhrwerkes ausgeübt wird. Fig. 2. umfasst den Hilfsarm und fülirt üin, falls er um diese Zeit nach der einen oder der andern Seite geneigt steht, genau in die senkrechte Lage zurück. Da bei dieser Konstruktion die Kraft des Elektromagnet unmittelbar zur Zeigerstellung benutzt wird, kann diese Einrichtung nui' zur Regulierung kleinerer Uhren angewendet werden, wenn man nicht unverhältnisraässig starke und grosse Elektromagnete benutzen will. Dieselbe lässt sich aber ohne Schwierigkeit auch auf grössere Uhren übertragen, wenn man davon absieht, den Elektromagnet direkt auf den Ankerhebel wirken zu lassen und ihn niu- zur Aus- lösung eines Hilfsmechanismus verwendet, welcher unter dei- Wirkung eines Gewichtes oder einer Feder die Richtigstellung des Minutenzeigers bewirkt. Das Auf- zieJien dieses Mechanismus erfolgt gleichzeitig mit dem 2(1 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 4. Aufzielien der Uhr in analogei' Weise wie das des Schlagwerkes bei den gewöhnlichen LThren. Ausser dieser einfachsten Vorrichtung zui- Regulierung sind noch andere mehi- oder mindei' komplizieite Ein- richtungen in Vorschlag gebracht worden, welche gleich- falls auf dem Prinzip basieren, den voigeeilten oder zurückgebliebenen Minutenzeigei' nach Ablauf bestimmter Zeitintervalle wiedei' in seine richtige Lage zurück- zuführen. Andere Einrichtungen gehen von der Er- wägung aus, dass es einfacher ist, eine Uhr von Zeit zu Zeit richtig zu stellen, bei der die Abweichungen immei' nur nach deiselben Seite gerichtet sind, welche also von Hause aus so justiert ist, dass sie täglich um ein bis zwei Minuten voreilt odei' zurückbleibt. In diesem Falle wird die Regulierung an das [Rädeiwerk verlegt; dasselbe wird entweder so lange angehalten bis der durch die Voreilung entstandene Fehler wiederum beseitigt ist, oder bei jeder Regulierung das P^chappement ausgelöst, bis dei' fehlende Betiag wieder eingeholt ist. Bei der Beurteilung des Wertes derartiger Einiichtungen ist zu bedenken, dass es unnatürlich ist, ein Pendel gleich von vornherein mit einem Fehlei- zu behaften. Alle Vor- richtungen dieser Art sind überdies ziemlich kompliziert und funktionieren kaum mit g-rösserer Zuverlässigkeit als die Regulierung mittelst dh-ekter Einstellung des Zeigers, bei der eine unrichtige Justierung des Pendels nicht vorausgesetzt ist. Endlich giebt es noch Systeme, bei denen jeder Eingrilf auf die Zeiger und das Räderwerk vennieden wird und die Regulierung durch ein kleines längs der Pendelstange verschiebbares Gewicht erfolgt. Im PrinzriJ sind Einrichtungen dieser Art deshalb am vorteilhaftesten, weil sie auf möglichst natürlichem Wege die Aufgabe zu lösen suchen; ob sie aber auch in dei' praktischen Ausführung am besten funktionieren, ist gegenüber der Einfachheit in der- Konstruktion und Wirkungsweise der eigentlichen Stundensteller um so mehr in Zweifel zu ziehen, als die bisher in Vorschlag gebrachten Ein- richtungen dieser Art der wünschenswerten Einfachheit entbehren. Ein System (Redier-Tresca), welches sich auf dieses Prinzip gründet, ist bei der Regulierung der öffentlichen Uhren in [Paris eingeführt. An jeder Uhr sind zwei durch Windflügel regulierte Laufwerke an- gebracht, welche sich in entgegengesetzten Richtungen drehen und durch Vermittlung einer Rolle eine Hebung oder eine Senkung des an der Pendelstange verschieb- baren Gewichtes bewirken. Bei richtigem Gange der Uhr laufen am Schlüsse jeder Stunde beide Laufwerke nacheinander je 15 Sekunden lang, das Gewicht wh-d unter der Wiikung dieser Bewegungen um ebensoviel gehoben als gesenkt und infolge dessen keine Aenderung dei' Schwingungsdauer des Pendels hervorgebracht. Wenn aber die Uhr voreilt oder zurückbleibt, findet das Anhalten des einen und das Auslösen des anderen Laufwerkes nicht in der Mitte der Zeit, sondern um so viel früher oder später statt, als dei' Fehler [der IThr beträgtj; das Gewicht verändert infolge dessen seine Stellung, und das Pendel schwingt in der Zwischenzeit zwischen dieser und der nächstfolgenden Regulieiungsepoche langsamer oder rascher, wodurch der Fehler allmählich wieder ein- gebracht wird. Ein anderes System (Aron) schliesst sich mehr dem- jenigen an, welches bei der Regulierung der Berliner Normaluliren in Gebrauch ist. Das Pendel trägt an seinem unteren Ende an Stelle der Linse eine Drahtrolle, welche bei jeder Regulierungsepoche, sobald ein Fehler der Uhr eingetreten ist, je nach der Glosse dieses Fehlers kürzere odei' längere Zeit von einem konstanten positiven oder negativen elektrischen Strom duichlaufen wird. Da die Rolle über einen permanenten Magnet schwingt, der aber in diesem Falle nicht seitlich sondei'n senkrecht unter dem Aufliängepunkte des Pendels aufgestellt i.st, erfährt das Pendel für die Zeildauer der Einschaltung des Stiomes eine konstante Verzögerung oder Beschleuni- gung, durch welche der Fehler der Uhr allmählich wieder beseitigt wird. Diese Einrichtung hat den Uebelstand, dass die Regulierung in hohem Grade von der Intensität des elektrischen Stromes abhängig ist und daher bei einer Aendeiung der Stromstärke leicht einmal versagen kann; auch ist die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, dass in- folge der magnetischen Anziehung zwischen der Draht- rolle und dem Magnet eine so staike Dämpfung auf die Pendelschwingungen ausgeübt wird, dass das Echappe- ment nicht mehr auslöst und die Uhr stehen bleibt. Was die Anordnung der ganzen Anlage betrifft, so wird man bei allen Systemen der zweiten Art von dem Verfahren Gebrauch machen, eine grössere Anzahl Uhren in ein und dieselbe Stromschleife zu legen; anderseits Avird man aber die Uhren nicht von einem einzigen Centralpunkte aus leguheren, sondern sie an die einzelnen Noimaluhren anschliessen, weil hierdurch der Umfang der Leitungen und somit auch der Kostenbetrag der ganzen Anlage wesentlich herabgemindert wird. Endlich sind noch die Uhren im Innern von Ge- bäuden zu erwähnen, welche für den Privatgebrauch bestimmt sind. Zur Regulierung dieser Uhren ist, ab- gesehen von dem nicht sehr zuverlässigen System der elektrischeil Zift'erblätter, nui' das System von Mayrhofer mit wirklichem Erfolg in Anwendung gebracht. Bei diesem System wird die Regulierung durch den Druck komprimierter oder verdünnter Luft bewirkt, und diese Kraft ausser für die Zwecke der Regulieiiing auch zum selbstthätigen Aufzielien der Uliren verwendet. Hier- durch wird der grosse Vorteil erlangt, dass die nach diesem System regulierten Uhren gar keiner Beaufsichti- gung bedürfen. Als Motor ist in einfacher und sinn- reicher Weise der Druck der Wasserleitung in der Art verwendet, dass die Centraluhr selbstthätig zur betref- fenden Zeit einen Hahn öffnet und das Wasser in einen Windkessel oder einen Ejektor ausströmen lässt. Hier- durch entsteht eine Verdichtung oder Verdünnung der oberhalb des ausfliessenden Wassers befindlichen Luft, Ni'. 4. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. •27 welche sich in kürzester Fi'ist durch das stanze Küiu'en- system fortpflanzt, an das siimmtliclie Uhren angeschlossen sind. Die nach den einzelnen Ulu'en führenden Zweig'- rohre endigen in Metallkapseln, welche durch Membranen abgeschlossen sind. Wenn diese unter dem Di-ucke dei- Luft gespannt werden, tritt ein Hebel in Thätigkeit, der nach dem System der Stundensteiler den Minutenzeiger in seine richtige Lage zurüc^k führt. Sobald dies ge- schehen ist, gleitet der Hebel ab und fällt in seine Ruhelage zurück, worauf infolge der fortgesetzten Köm- pression oder Evakuation ein zweiter Hebel die Winde- oder Federtrommel der Uhr um soviel vorwärts bewegt, als sie seit der letzten Regulierungsepoche abgelaufen ist. Dieses System ist zwar in der Ausdehnung der An- lage gewissen Beschränkungen unterworfen, weil die Fortpflanzung pneumatischer Wirkungen nur bei massigen Leitungslängen mit der erforderlichen Präcision voi' sich geht; es gestattet aber anderseits, eine grosse Anzahl Uhren aü dieselbe Leitung anzuschliessen und diese Zahl beliebig zu verändern, ohne die Sicherheit im Betriebe der Anlage zu gefährden. Es können auch Uhren von sehr verschiedener Grösse in ein und dieselbe Leitung eingeschaltet werden, da man bei grösseren Uhren nur eines weiteren Zuführungsrohi'es und einer Membran von grösserem Durchmesser bedarf, um den zur Regulierung und zum Aufziehen derselben notwendigen Mehrbedarf an Kraft zu erhalten. Bei ganz grossen Uhren (Turm- uhren u. s. w.) ist es zweckmässiger, die Regulierung nicht mehr dii-ekt zu bewh-ken, sondern deü pneumatischen Impuls nur zur Auslösung eines mittelst Gewichtes be- triebenen Hilfsmechanismus zu benutzen, welcher letztere die richtige Zeigerstellung ausführt. Der Wasserverbrauch ist selbst für ausgedehnte An- lagen nur ein geringer und auf nicht mehr als 10 — 30 Liter pro Regulierung zu veranschlagen. Da das be- nutzte Wasser übei'dies in keiner Weise vei'unreinigt wird, ist es für die meisten gewerblichen und Haus- haltungszwecke noch weiter verwendbai'. Die Uhren sind als Pendelulu'en konstruiert, welche nach vollem Aufziehen acht Tage lang gehen und es wii'd daher eine zeitweise Absperrung der Wasserleitung kein Versagen der ganzen Anlage zur Folge haben, sondern nur bewirken, dass die Uhi'en während dieser Zeit uni-eguliert weitergehen. Um nichts desto weniger liinsichtlich des ungestörten Funktionierens der ganzen Anlage eine fortlaufende Kontrole zu haben, ist sowohl an der Centraluhr als auch an der entferntesten Stelle des Leitungsnetzes je ein Zählwei-k angebracht, von denen das Erstere von dei' Centraluhr direkt, das Letztei'e in ähnlichei' Weise wie die Stellvorrichtungen an jeder Uhi- mittelst einer Membran ausgelöst jwird. So lange die Angaben beider Zählwei'ke untereinander überein- stimmen, hat dei' Apparat ohne Störung gearbeitet; zeigt sich aber eine Dirterenz, so ist aus derselben zu ersehen, wie lange die Störung angehalten und innerhalb welcher Zeit weder eine Regulierung noch ein Aufziehen der Ulii'en stattgefunden hat. Es bedarf bei längeier Dauer des Versagens nur einei' nachträglichen Prüfung des Standes der Uhren und dines gelegentlichen dii'ekten Aufziehens dei' Uhi'werke bis zum vollen Betrage, um jeden nachteiligen Einfluss einer derartigen Störung zu beseitigen. Eine besonders ausgedehnte Veiwendung hat dieses System zum Betriebe der Privatuhren in Paris gefunden, aber auch in Berlin ist in der Börse seit dem vorigen Jahre eine ziemlich umfangreiche Anlage dieser Art, 30 gewöhnliche und 2 gi'osse mit Schlagwerk versehene Uliren umfassend, in Betrieb. Eingehende Prüfungen diesei' letzterwähnten Anlage haben einen Genauigkeits- grad ergeben, welcher die Anwendung dieses Systems sogar zum Betriebe öffentlicher Uhi'en als geeignet und zweckmässig erscheinen lässt. Die Vorzüge dieses Systems beruhen hauptsächlich darin, dass bei demselben drei Paktoren in sehr zweckentsprechender Weise verwertet sind: die Elektricität zui' Regulierung der Centraluliren, die komprimiei'te Luft zur Signalübertragung auf die einzelnen Punkte und zur Ausübung einer massigen Ej'aftäusserung, und der Druck der Wasserleitung als bequemer, billiger und zuverlässiger Motor. Das vorteilhafteste System der Zeitregulierung besteht daher darin, von einem Centralpunkte aus eine geringe Anzahl auf die einzelnen Stadtgebiete verteilte Präcisions- uliren nach dem System Jones, Foucault oder Cornu zu regulieren ; diese wieder als Ausgangspunkte einer grösse- ren Zahl öffentlicher Uhren anzusehen, welche gleichfalls unter Anwendung des elektrischen Stromes nach einem der hieifür angegebenen Systeme allstündlich in ihren Angaben berichtigt werden, und an Letztere endlich die nach dem System von Mayi'hofer regulierten Privatuhren anzuschliessen, welche unter Benutzung des Druckes der Wasserleitung auf pneumatischem Wege nicht allein reguliert, sondern auch aufgezogen werden. Unter welchen Umständen und in welcher Weise geschieht die Bildung von Schneekrystallen? Vuii Hr. K. Wenn in der Atmosphäre die Temperatur untei' den Gefrierpunkt gesunken ist, so hält sich das Wasser da- selbst im festen Zustande auf, vorausgesetzt, dass solche Umstände nicht felilen, welche eine Unterkühlung ver- hindern. (Vergl. darüber meine Mitteilung über Raulireif F. Jio'rdan. und Glatteis in Bd. I Ni'. 25 dieser Zeitschrift.j In den höchsten Luftschichten sind nach neueren Beobachtungen auf Luftschiffahi'ten wahrscheinlich immer Eiski-ystaUe vorhanden, auch wenn sie — ihrer Feinlieit wegen — von der Erde aus nicht gesehen werden, ebenso gut wie 28 Natunvissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 4. die niederen Schichten oft Wasserdunst oder Nebel, siclier aber stets Wasserdanipf füliren; diese Eiskrystalle schweben oberhalb einei- mannig-fach in ihrer Gestalt wechselnden, im ganzen wagerechten Fläche, in welcher die Luft die Temperatur 0 Grad besitzt — der soge- genannten Isothermfläche Null. Wenn in der kalten Jahreszeit oder in kaltei' Gegend die Isothermfläche Null sich gesenkt hat, so dass auch auf der Erdoberfläche negative Temperaturgrade henschen und wenn sich nun ein Niederschlag dei- Feuchtigkeit ereignet, so erscheint derselbe statt in der Form der Wassertropfen in der- jenigen der wohlausgebildeten Schneekrystalle, der dich- teren Schneeflocken oder der festen Graupelkörner; auf den Hagel woUen wir an dieser .Stelle nicht eingehen. Die schön ausgebildeten Schnee- oder Eiskrystalle treten in selteneren Fällen auf; meist hängen unvollkommen entwickelte oder zertrümmerte Eisnädelchen oder -blätt- chen in dichten Haufen aneinander und bilden so die Schneeflocken, welche wegen der lockeren Anhäufung der Bestandteile und der zahlreichen, zwischen ihnen eingeschlossenen lufthaltigen Zwischenräume die bekannte undurchsichtige, weisse Beschafl'enheit erhalten. Die Schneeflocken entstehen wahrscheinlich immer in Wolken, welche entsprechend ihrer dichten Beschafl'enheit in dem niedrigen Gebiete des Haufengewölks — dem Cumulus- gebiete — schweben; die anfangs vorhandenen kleineren Eiskrystalle werden durch fortwährende Verdichtung von Wasserdämpfen grösser, fügen sich aneinander und wachsen dann noch beim Herabfallen durch die untersten Luftschichten. Die Schneeflocken tieten meist bei reich- licherem Schneefall auf. Ihnen können die Graupelkörner zur Seite gestellt werden, da auch diese aus zusammen- gehäuften Eisnädelchen bestehen, die aber ziemlich fest zusammengeballt sind. Sie eischeinen hauptsächlich in der stürmisch bewegten Uebergangszeit vom Winter in den Fiühhng oder auch vom Herbst zum Winter. Wenn die Umstände in der Atmosphäre eine ruhige Krystallbildung vor sich gehen lassen, so werden feine, Karte Schneekiystalle von schönster Ausbildung gezeitigt. Aus ihnen besteht das hoch schwebende, wenig massige Feder- oder Cirrusgewölk. Bei spärlichem Schneefall und mehr oder minder trockener Kälte gelangen sie an Stelle der Schneeflocken zur Erdoberfläche herab. Einige trocken kalte, zugleich stark windige und fast heitere Tage im vei-flossenen Febiuar (der 22. und 24.) brachten den Niederfall von Schneekiystallen mit sich, welche nach dem, was ich beobachtete, die in Fig. 1 bis 6 ab- gebildeten Formen aufwiesen. Dieselben gehören dem drei- und einachsigen oder hexagonalen Kiystallsystem an, einesteils bestehen sie aus feinen Nadeln, die wahrscheinlich sechsseitige Säulen sind und zu sternartigen Figuren zusammentreten (Fig. 1 bis 3); andernteils sind sie sechseckige Täfelchen oder Blättchen, denen oft Verstärkungsrippen aufgesetzt sind, und die in verschiedenen Verbindungen beobachtet werden können (Fig. 4, 5 und 6). Wann die einen, wann die anderen Formen in der Atmosphäre entstehen, lässt sich bisher mit völliger Sicher- heit nicht sagen. Erwähnt sei, dass die grossen Mond- und Sonnenringe auf das Vorhandensein der Eisnadeln, die irisierenden Wolken auf dasjenige der Eistäfelchen in der Atmosphäre hinweisen. Die Eisnadeln beobachtet man ferner bei Schneefällen, die nicht bei allzu niedrigen Temperaturen auftreten, während bei strengei'er Kälte die Eisblättchen häufiger werden. In seltenen Fällen werden neben den genannten Formen auch körperliche Gebilde, sechsseitige Pyi-amiden und dergleichen gesehen. Kleinere Mitteilungen. Eine neue Kraftquelle niederer Pflanzen. — Allver- breitet in stehenden und fliessenden Gewässern, namentlich in solchen, in welchen organische Stoffe faulen, wie Fabrikabwässer, aber auch im Meere wie z. B. in dem sogenannten toten Grunde der Kieler Bucht, und ganz besonders in schwefelwasserstoffhaltigen Quellen finden sich grosse Spaltpilze, die Beggiatoen und ihre Verwandten, ausgezeichnet durch meist reichliche Einlagerung von stark licht- brechenden , dunkelcontourierten Körnchen, die durch Gramer' s Untersuchungen von 1870 als Schwefelkürnehen erkannt wurden Diese reichliche Schwefeleinlagerung in Verbindung mit dem Umstände, dass die Beggiatoen in schwefelwasserstofireichem Wasser am besten gedeihen und selbst dann noch am Leben bleiben sollten, wenn Schwefelwasserstoff bis zur Sättigung in dem betreffenden Wasser gelöst ist — Verhältnisse, die für alle anderen Organismen unbedingt tödlich sind — führte Cohn 1875 dazu, einen causalen Zusammenhang zwischen der Lebensthätigkeit der Beggiatoen und dem Schwefelwasserstoffgehalt des betreffenden Wassers anzunehmen. und bis in die neueste Zeit sah man allgemein die Beggiatoi'U als Organismen an, welche Sulfate unter Bildung von Schwefel und Schwefelwasserstoff zu reducieren vermöchten, wobei .sie den Schwefel in ihren Zellen aufspeicherten. Dabei blieb es zweifelhaft, ob Schwefel in den Beggiatoazellen direkt aus Schwefelsäure abge- schieden würde oder durch Oxydation von Schwefelwasserstoff ent- stände. Letzterer Annahme standen indess schwern-iegende Bedenken chemischer Natur gegenüber, da nicht wohl in einer und derselben Zelle neben energischer Sulfatreduktion, wie sie die Entstehung des Schwefelwasserstoffs voraussetzt, eine Schwefelwasserstoff Oxy- dation stattfinden kann. Hoppe-Seyler (1886) fand dann bei seinen Untersuchungen über Cellulosegährung, dass dieser Prozess im Sommer in jedem wasserdurchtränkten Boden stattfindet und als Produkte dieser Gährung Kohlensäure und Methan zu gleichen Teilen gebildet werden, dass dagegen bei Gegenwart von leicht re- ducierbaren Körpern wie Bisenoxyd, Manganoxyd und Sulfaten ein Teil des Methans im Status nascens Sulfate unter Schwefel- Nr. 4. Natiiiwissenschaftliche Wochenschi-ift. 29 wassprstoffiiusscheidung: reduciert. Dns gleiche gfilt auch fiir andere bei Luftausschluss voreichg-ehende Gähruiigeii, bei denen Methan und Wasserstoff gebildet werden. Demgemäss ist diese Reduktion der Sulfate „für sich allein nicht denkbar und stets ein sekundärer Prozess", kann also darum auch nicht ein von 15eggiatoen hervorgerufener Vorgang sein, wie er überhaupt nicht an irgend eine bestimmte Species geknüpft sein kann. Durch diese Resultate wurde natürlich die Schwefelfrage der Beggiatoen aufs neue verdunkelt, indess nur a«f kurze Zeit, denn die ganz vorzügliche Experimentaluntersuchung von Winogradsk.v (Botanische Zeitung 1887. Nr. 31—37) brachte auf einmal neues und unerwartetes Licht in die Sache. Diese Arbeit ist es, auf die sich vorliegende Mitteilung als Quelle stützt. Winogradsky fand unabhängig von Hoppe-Seyler und auf anderem Wege, dass die Beggiatoen, und die anderen, Schwefel- körnchen in ihren Zellen enthaltenden Bakterien, die er unter dem Namen Schwefelbakterien zusammenfasst, keinen Anteil an der Sul- fatreduktion und Schwefelwasserstoffentwickelung nehmen, vielmehr den Schwefel nur infolge von Oxydation des aufgenommenen Schwe- felwa.sserstoffs im Plasma der Beggiatoen eingelagert wird in Form von kleinen Kügelchen, welche aus amorphem, weichem Schwefel bestehen und innerhalb der lebenden Zellen w\e in den krystallini- schen Zustand übergehen. Er kam ferner zu dem überraschenden Resultate, dass freier Schwefelwasserstoff, fast für alle andere Orga- nismen ein heftiges Gift, nicht nur günstig auf die Beggiatoenent- wickelung einwirkt, sondern vielmehr für das Leben derselben ganz unentbehrlich ist, indess nur dann, wenn der Schwefelwasserstoff- gehalt des Wassers noch ziemlich weit von Sättigung entfernt ist. Dieser Konzeutrationsgrad tütet auch die Beggiatoen. Bei Schwefel- (resp. Schwefelwasserstoff-) Entziehung werden Lebensprozesse und Bewegung sistiert und es tritt früher oder später der Tod ein. Dem- gemäss kann auch der Sohwefelgehalt kein morphologisches Merkmal sein, wie frühere Beobachter glaubten und ebenso wenig kann davon die Rede sein, dass die Beggiatoen, wie Hoppe-.Seyler noch an- nahm, den Schwefelwasserstoff' unter .sonst fiir sie günstigen Be- dingungen „ertragen", indem sie Schwefel aufspeichern. Die Beggiatoen begnügen sich aber nicht damit, den Schwefelwasserstoff' zu Schwefel zu oxj'dieren. sondern dieser ( ).\ydationsprozess wird noch weiter gefiilirt der in den Zellen ausgeschiedene Schwefel wird noch weiter in denselben oxydiert bis zur höchsten Oxydation.sstufe, der Schwefel- säure und zwar weit (ungefähr 20 mal) energischer als die Oxydation von .Sehwefelpnlver im Wasser vor sich geht, so dass man sie hier- mit nicht vergleichen kann. Die so gebildete Schwefelsäure wird von den Zellen wieder ausgeschieden und verwandelt die kohlen- sauren Basen des Wa.ssiTs in schwefelsaure, hauptsächlich kohlen- sauri-n Kalk in schwcfi-lsaurpu Kalk, ein Vorgang, der sich höchst wahr>rhiMnlich schon innerhalb der ISeggiatoenzelle abspielt, denn mit dem Verbrauch der im Wasser gelösten Karbonate steht auch die ]Jeggiatoeneiitwickelung still und niemals lässi; sich dann freie Schwefelsäure im Wasser nachweisen. Darum ist auch das Leben der Beggiatoen an die Gegenwart von Karbonaten geknüpft. Ein starker Schwefelverbrauch findet auch bei langsamem Wachstum und sellist dann noch statt, wenn das Wachstum ganz stille steht. Die eingelagerten Schwefelmengen sind im Verhältnis zur Masse des Fadens und namentlich im Verhältnis zur Masse des Plasmas sehr gross und zwar um so grösser, je gerundeter und beweglicher der Faden ist; sie können sicher bis zu 80 mitunter vielleicht bis zu 9.5*'/o des Gesamtgewichtes betragen. Mit diesen Eigentümlichkeiten stehen die Sohwefelbakterien ganz vereinzelt da. Zur Synthese der Eiweissstoffe können diese Schwefelmassen nicht verbraucht werden, dazu sind sie viel zu gross und ausserdem werden sie fortwährend aufgelöst, die Beggiatoen verbrauchen täglich das 2 bis 4 und mehrfache ihres Gewichtes an Schwefel. Winogradsky's Versuche die Beggiatoen mit organischen Substanzen zu ernähren, gestatteten auch hierfür die Erklärung zu finden. Die Beggiatoi^n brauchen nämlich au.sserordentlich wenig organische Substanz zur Erhaltung ihres Lebens, so wenig, wie es bis jetzt für keinen chlorophj-llfreien Organismus bekannt ist, und können dabei als Kohlenstoffquelle noch solche Substanzen benutzen, wie Ameisen- und Propionsäure, welche das Leben anderer Organis- men nicht zu erhalten vermögen. Sie können leben und sich sehr üppig vermehren in einer Flüssigkeit, die kaum nac^hweisbare Spuren von organischer Substanz enthält, wie viele natürliche Schwefel- quellen. Dagegen sind die gewöhnlichen Bakterienkulturflüssigkeiten, überhaupt alle sogenannten „guten" Nährstoffe wie Kohlehydrate, in erster Linie Zucker, also Stoffe bei deren Zerfall resp. Verbrennung viel Wärme frei wird — • die Haupt-Kraft-Quelle für die übrigen Organismen — für die Beggiatoen geradezu schädlich. Sie be- günstigen eine rapide Vermehrung anderer Bakterien, deren Kon- kurrenz sie rasch erliegen. Die Erklärung für diese in ihrer Art einzig dastehenden Ver- hältnis.se findet Winogradsky wohl mit Recht die der oben er- wähnten Schwefeloxydation, Sie bildet hier die Kraftquelle, sie ersetzt hier die normale mit Kohlensäureausscheidung verbundene Athmung, iibwohl ein chemisch ganz verschiedener Prozess, physiolo- gi.sch doch vollkommen. Eine solch normale Atmung findet bei den Schwefelbakterien höchst wahrscheinlich überhaupt nicht statt und wenn, dann jedenfalls in ganz untergeordnetem Ma.sse, Die Sohwefel- bakterien passen eben nicht in das gewöhnliche ernährungsphysiolo- gische Schema und stellen eine eigenartige Anpassungserscheinung dar, die es diesen Pflanzen ermöglicht an Orten und unter Bedingungen zu leben, wo alles sonstige Pflanzenleben und damit auch jede Kon- kurrenz ausgeschlossen ist. Dies siiul aber nur die hauptsächlichsten Resultate, Bezüglich der zahlreichen interessanten Details und der sinnreich ausgedachten und kritisch durchgeführten Experimente, die zu obigen Resultaten führten, muss auf das Original verwiesen werden. Dr. L. Klein, Privatdocent in Freiburg i, B, Einige Notizen über die Boppelnatur der Flechten. — Auf Seite 78, Bd, I dieser Zeitschrift hat Herr Dr. Kienitz- Gerloff die Leser über den gegenwärtigen Stand der Flechtenfrage unterrichtet und über die wichtigen Arbeiten, welche neuerdings im Laboratorium Brefeld's ausgeführt worden sind, berichtet. Es ist hiernach festgestellt, dass durch geeignete Kulturen nicht allein der eine Bestandteil der Flechte, die Alge, sundern auch der Pilz für sich zu .selbständiger Entwickelung gebracht werden kann. Während jedoch die in den Flechtenarten aufgefundenen Gonidienbildner schon seit langer Zeit als selbständige freilebende Algen bekannt sind, hat man in freier Natur die Flechten-Pilze nur zusammenlebend mit ihnen gefunden. Eine Arbeit der letzten Jahre, an die mich die neueren Kulturen des Pilzelementes der Flechte erinnern, behauptet jedoch auch das isolierte Vorkommen eines Flechtenpilzes. Die Roesleria hypogaea Thüm et Pass., eine Discoraycetenform, die bald als Ursache, bald als Begleiterin der Wurzel faule des Weinstockes auftritt, ist nach den eingehenden Untersuchungen, welche der belgisc'ie Botaniker E. L;Hurent angestellt hat, nichts als ein unterirdischer go nidienloserZust an d des Flechten- konsortiums Coniocybe pallida Pers. Auch der berühmte englische Mykologe Cooke, zieht den Pilz in die Entwicke- lung der Flechte Coniocybe pallida Pers. (vgl, Laurent, E., Di- couverte en Belgique du Coniocybe pallida (Pers,) Fr. (Roesleria hypogaea Thüm. et Pass.) (Compt. rend. d. seances de la s, bot. Belg. T. XXHLII 1884 S. 17—27 u X. G i 1 1 o t , Notes mycologiques, Revue myc. VI p. 65 — 68). — Die bekannten einheimischen Flechten gehören ihren Pilzele- menten nach ausschliftsslich zu den Schlauchpilzen (Ascomyceten), während die grosse Gruppe der Basidioniyceten, die z. B in der Gattung Telephora die Pilze der von Mattirolo und Johow ent- deckten westindischen Hymenolichenen bilden, bei uns Flechten nicht zu bilden scheint. Dass sich indessen auch hier wenigstens Ueber- gänge irgend welcher Art finden müssten, vermutete ich öfters, wenn ich an feuchten Stellen des Waldes und nach anhaltend feuchtem Wetter Exemplare von Trametes, Daedalea, Telephora, Polyporus (z. B. versicolor) von grünen Algen üppig durchwuchert fand. G. V. Lagerheim hat nun thatsächlich in ähnlichen Fällen eine Beeinflussung der Algen seitens der Pilze Trametes Pini, Daedalea quercina, Polyporus lucidus beobachtet, die der in bekannten Flech- ten der Ascomyceten ganz gleich ist. Die Alge Stichococcus bacillaris Näg. nimmt nämlich auf und in jenen Pilzen eine Form an, wie sie von Neubner im Flechtenthallus der Oalicien bei derselben Alge beobachtet worden ist. Von Lagerheim hat diese Form, die er in Deutschland und Schweden antraf und welche De Toni und Levi neuerdings in Italien fanden (Intorno ad una Palmellacea nuova per la flora veneta. Notarisia 1887 p. 281) als Stichococcus bacillaris Näg. b. fungicola Lagerh. bezeichnet (vgl. Algologiska och mykolo- giska anterkningar fran en botanisk resa i Luleä Lappmark, Ofvers. af k. vet, Akad. Förhandl. 1884 p. 106. Flora 1888 Nr. 4). Prof. F. Ludwig. Das Saccharin. — Seit einiger Zeit wird von der Firma Fahlberg, List & Comp*, in Salbke a. Elbe ein chemisches Prä- parat unter dem Namen Saccharin*) in den Handel gebracht, welches durch seinen ausserordentlich süssen Geschmack und seine ander- weitigen physiologischen Wirkungen ausgezeichnet, die Aufmerksam- keit weiterer Krei.se auf sich gelenkt hat. Dasselbe, ein Benzol- derivat, wird unverändert vom Organismus wieder ausgeschieden und ist deswegen geeignet als Versüssungsmittel für die Nahrung der Diabetiker zu dienen. Auch wird es als Versüs.sungsmittel für Arzneien angewendet. Ferner zeichnet es sich durch seine anti- septischen Eigenschaften aus. *) Dieser Name ist insofern unglücklich gewählt, als bereits ein anderer organischer Körper diesen Namen führt. Es ist dies das Anhydrid der Saccharinsäure C^ Hio O.5, Dasselbe ist isomer mit Stärke. 30 Natui-wissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 4. Ueber die Darstellung'sweise dieses iiiteressaiiteii Körpers ist bisher folgendes bekannt geworden ; Tohiol wird bei einer Temperatur unter 100". unter starkem Rühren mittelst gewöhnlicher konzentrierter Schwefelsäure sulfuriert. Wird das entstandene Gemisch von Ortho- und Paratoluolsulfosäure mit Oxydationsmitteln behandelt, so erhält man ungefähr gleiche Teile von Ortho- und Parasulfobeiizoesäure. Die getrockneten Alkali- salze dieser Säuren gehen beim Behandeln mit Chlor liei Gegenwart von Phosphortrichlorid in die Dichloride C(, Hi (SO., Gl) (C O Ol) über. Setzt man zu diesen, nachdem das entstandene Phosphoro.xi- chlorid abdestilliert ist. Ammoniumcarbonaf, so wird das Dichlorid der Parasäure in das unlösliche Diamid übergeführt, während das Orthosulfobenzoesäuredichlorid in das wasserlösliche Ammouiumsalz der Ortho.sulfaminbenzoesäure übergeht. Laugt man nach beendeter Reaktion mit Wasser aus und setzt Salzsäure zu dieser Lösung. so erhält man das Saccharin. Dasselbe hat die Zusammensetzung C'e H4 • CO • SOo • NH, ist also das Anhydrodßrivat der Orthosul- faminbenzoi^säure. Von einigen Seiten ist die Ansicht ausgesprochen wurden, dass dieser Körper der Zuckerindustrie gefUbrIich werden konnte. Dies muss jedoch bezw^eifelt werden. Denn, abgesehen davon, dass noch keine Erfahrungen daräber vorliegen, ob nicht ein Antiseptikum wie das Saccharin bei fortgesetztem Gebrauch dem Körper schadet, so ist im Auge zu behalten, dass das .Saccharin stets nur als Genussmittel dienen wird, während dem Zucker doch als Nahrungsmittel ein beträchtlicher Wert zukommt. Dr. K. Baerwald. Neues aus der Elektrieitätslehre. — 1) Eine neue ■porm der astatischen Xadel. — Um sehr schwache elektrische Ströme nachzuweisen und zu messen, führt man bekanntlich den Strom in vielfachen Windungen \im eine Magnetnadel, wodurch die Wirkung desselben auf die letztere sehr verstärkt wird. An .Stelle der einfachen Magnetnadel verwendet man die von Nobili ange- gebene, viel emptindlicbere „astatiscbe" Nadel, welche aus zwei fest verbundenen, gleich grossen, gleich schweren und möglichst gleich stark magnetisierten Nadeln besteht, welche in derselben Ebene einander parallel sind, und deren Pole entgegengesetzt gerichtet sind, wie (}ie schematisehe Figur erkennen lässt. J£ S_ Eine neue Eorm der astatischen Nadel j giebt nun Herr- Oberlehrer A. H e m p e 1 1 in der wissenschaftlichen Beilage zum -^ ■ ^ Programm der Priedrichs-Werderscben '- Ober-Realschule zu Berlin: „über elektrische Induktion" an. Die- selbe besteht aus einem Paar hufeisenförmiger, magnetischer Stahl- nadeln, die in ihren indifferenten Teilen fest miteinander in der Weise verbunden werden, wie es die Figur darstellt. Ein solches Nadelpaar von Hufeisenmagneten lässt sich natürlich auch als eine obere und eine untere Nadel auti'assen, so dass dasselbe wie- der eine astatische Nadel darstellt. ■ Es gelang A. Hempel durch geeig- netes Abschleifen der Schenkel u. s. w. ein nahezu vüUi} N S N symmetri- sches Nadelpaar herzustellen, das nur sehr langsame Schwingungen machte. Die so konstruierte Nadel zeigt, wenn sie in das Galvano- meter eingehängt wird, eine sehr grosse Empfindlichkeit und giebt sogar bei dem Strom einer Holtz'schen Maschine einen Ausschlag. Als Hauptvorteile dieser neuen Form der astatischen Nadel bezeich- net A. Hempel a. a. O.: 1) dass die Nadel auf die Dauer nahezu gleich stark astatisch bleibt; 2) dass dem Nadelpaar leicht ein vor- geschriebener Grad von Astasie erteilt werden kann derart, dass das Paar an einem Coconfaden von gegebener Länge aufgehängt in der Zeiteinheit eine vorgeschriebene Zahl von Schwingungen macht. 2) Ueber das Leitungsvermögen beleuchteter Luft hat Arrhenius im neuesten Heft von Wiedemann's Annalen d. Phys. u. Chemie interessante Mitteilungen gemacht. In einem Glas- rohre, welches mit Luft gefüllt war .und zur Regulierung des Druckes mit einer Luftpumpe in Verbindung stand, waren zwei Platindrähte eingelohtet. Dieselben waren durch eine Leitung verbunden, in der ein empfindliches Galvanometer eingeschaltet war. Die in dem Glas- rohre befindliche Luft konnte nach Belieben durch elektrische Funken von au.ssen beleuchtet werden, welche von einer Holtz'schen Maschine erzeugt wurden. Die Versuche von Arrhenius zeigen nun. dass der Druck sowohl als auch die Beleuchtung auf die elektrolytische Leitung der eingeschlossenen Luft von starkem Einfluss ist. Es ergiebt sich nämlich, dass bei Drucken von etwa 1 — 20 mm die Luft bei Bestrahlung mittels geeigneten Lichtes sich wie ein Elektrolyt verhält. Dies wurde noch in einer etwas veränderten Versuchsan- ordnung bestätigt, indem hier ein Draht aus Platin und einer aus Zink verwendet wurden. Es wurde in allen Fällen beobachtet, dass in der durch Beleuchtung leitend geraachten Luft ein Strom vom Zink zum Platin ging, ganz in derselben Weise als ob statt der Luft Wasser zur Vereinigung von Zink und Platin verwendet worden wäre. Wie Ar rhenius selbst hervorhebt, ist es ihm nicht gelungen, diese Erscheinung bei höheren Drucken zu beobachten, doch unterliegt es seiner Ansicht nach keinem Zweifel, dass eine solche Wirkung der Beleuchtung auf die Leitnngsfähigkeit der Luft auch dann stattfindet. Es sprechen allerdings die interessanten Versuche von Hertz für eine solche An.sicht: denn aus denselben geht mit Sicherheit hervor, dass in Luft von gewöhnlichem Druck die elektrischen Funken sich leichter ausbilden, wenn die Funkenstrecke beleuchtet wird, als wenn dies nicht der Fall ist. Es ist mit diesen Versuchen ein neues Feld schöner Unter- suchungen eröffnet worden, welche vielleicht geeignet sein werden, uns nähere Aufschlüsse über das Wesen der Elektricität zu geben, wie sich auch erwarten lässt. dass die Lehre von der Elektricität der Atmosjjhäre und die Meteorologie ihnen Fortschritte verdanken werden. 3) Seismograph mit elektrischem Registrierapparat, — Dr. Carl Pröhlicli giebt in Exner's Repertorium der Physik, Bd. 24 Heft IL die Beschreibung eines neuen, von ihm selbst er- fundenen Seismographen. Das Wesentliche desselben besteht in folgendem. An einer Spirale hängt frei ein Gewicht aus Metall, welches mit einer Spitze in ein Quecksilbergefäiss taucht und da- durch mit einem Elemente verbunden ist. Dem Gewichte stehen, den vier Himmelsrichtungen entsprechend, vier Kuntaktfedern gegen- über. Bei der geringsten Erschütterung des Bodens wird das Ge- wicht eine oder zwei der Kontaktfedern berühren, dadurch wird aber eine elektrische Leitung geschlossen, denn jede der Federn steht in Verbindung mit je einem Elektromagneten , welche Auslösevor- richtungen besitzen, ähnlich den in Hotels und Wohnungen üblichen elektrischen Einrichtungen. Ebenso wird eine Hebung oder Senkung des Gewichtes .angegeben. Der Apparat steht ferner mit einer Regulatoruhr in Verbindung, welche bei einer eintretenden Er- schütterung sofort zum Stillstehen gebracht wird. Dadurch wird die Zeit des ersten Anstosses und durch die an einem Elektm- magneten herabfallende Signalscheibe die Richtung desselben ange- geben. Damit wird zugleich ein Läutewerk geschlossen, das so lange ertönt, bis die Hemmungsvurriclitung der Uhr -wieder zurückgestellt ist. Die nähere Einrichtung des Apparates können wir hier nicht ausführlich angeben. Wir wollen nur bemerken, dass der Apparat 1) die Himmelsrichtung der horizontalen Erdbewegung (und zwar die Richtung, in welcher eine Senkung stattfindet), 2) die vertikale Richtung (aber nur falls der Apparat sich zufällig gerade über der Zentralstelle der Bewegung befindet) und 3) die Zeit des ersten Stosses angiebt. Sind mehrere solcher Apparate an verschiedenen Stellen aufgestellt, so lässt sich aus ihren Angaben der Ort einer Senkung oder Hebung bestimmen. — Da der Apparat die kleinsten, sonst gar nicht bemerkten Erschütterungen der Erdoberfläche an- giebt, so empfiehlt Dr. Fröhlich denselben in vereinfachter Form als Warnungssignal für vulkanische Gegenden, wobei dann auf die Richtungsbestimmungen kein Gewicht gelegt zu werden braucht. A. Gutzmer. Die Härte von Metallen. — Wenn man nach der älteren Methode, welche Calvert und Johnson (1859) und Bettone (1873) zur Bestimmung der Härte fester Körper angewendet haben, eine belastete Stahlspitze bis zu einer bestimmten Tiefe in den KOrper eindringen lässt, so ergiebt das zur Verwendung gelangte Belastungs- gewicht kein reines Mass der Härte; sondern eines Widerstandes, der sich aus der Härte und der Zähigkeit zusammensetzt; denn zum Eindringen der Stahlspitze gehört nicht nur ein Vorsieh herschieben, sondern auch ein Seitwärtsdrängen der kleinsten Teilchen des festen Körpers Th. Turner (Beibl. z. d. Annal. d. Phys. u. Ch. 1887. Bd. XI. S. 752.) hat sich daher eines anderen, schon von See- beck, Franz und Pfaff vorgeschlagenen Verfahrens bedient, um die Härte unabhängig von der Zähigkeit zu bestimmen. Ueber die polierte Fläche des zu untersuchenden Metalls wird eine belastete Diamantspitze geführt, welche einen Strich einritzt; alsdann wird die Belastung so weit vermindert, bis kein Einritzen mehr zu be- obachten ist. Die letzte Belastung, welche noch einen Strich hervor- brachte, gilt als Mass der Härte. — Aus den nach diesem Verfahren vorgenommenenUntersuchungen ergab sich die interessante Beziehung, dass bei den Metallen im amorphen Zustande die Härte proportional dem Quotienten s/a ist, worin s das specifische Gewicht, a das Atom- gewicht bedeutet. Derselben Grösse zeigte sich auch die Zähigkeit proportional, für welche die absolute Festigkeit als Mass genommen wurde. Bei krystallinischen Materialien findet keine Proportionalität zwischen Härte und Zähigkeit statt. — Was lehrt dies Ergebnis? Die Grösse s/a ist, wenn wir s und a auf dieselbe Einheit beziehen, nichts anderes als die relative Anzahl der in der Volumeinheit enthalte- nen chemischen Atome des untersuchten Metalls. Je grösser die.se An- zahl ist, je dichter also die chemischen Atome in einem Metall bei- einander ' liegen, desto grösser ist — sofern der amorphe Zustand vsrhanden ist — die Härte und auch die Zähigkeit des Metalls. Dr. K. F. Jordan. Nr. 4. Naturwissenschaftliche "Wochenschrift. 31 Mannesmann'sches Röhrenwalzverfahren. Kin neues Heiirlieituiipsvei't'iihreM für delnibare Metalle. (Las sof^-eiiuinite Maniies- maiin'srlie Külireinvalzverfahreii veiilieiit wes«! seiner fast ans Wuiiderliare grenzenden Leistungen auch über den engeren Kreis der Teelmiker liinaus bekannt zu werden. Mittelst desselben ist man niinilich im Stande volle Metallstiibe dbne ein ins rnnere der- selben dringendes Werkzeug, nur iluroh Kimvirkung auf die äussere Öberrtitelie in Röliren von beliebigen äusseren und inneren Durch- messer zu verwandeln. niese dem Uneingeweihten ganz unmöglich erscheinende Wir- kung wird dadureb hervorgebracht, dass der Oberflache des Metall- stahes. der sich in dehnbarem oder teigartigem (z. B. als Eisenstab in glühendem") Zustande befinden muss, mittelst zweier sich unter spitzem Winkel kreuzender, in Umdrehung versetzter Walzen von Kegelstunipf-Oestalt eine schrauhentormig fortschreitende Bewegung erteilt wird, deren Geschwindigkeit in der Richtung der Fort- Schreitung zunimmt. Hierbei muss notwendiger Weise eine Dehnung oder Streckung der OberfSche in derselben Richtung erfolgen und das darunter liegende Metall vermiige seiner Kohäsion an dieser Dehnung teilnehmen. Wenn Jedoch ein Körper in einer Richtung ausgedehnt wird, so ist damit stets eine Zusammenziehung in der Querrichtung verbunden, wie man an jedem angespannten Gummi- band oder -Schlauch beobachten kann. Diese Zusammenziehung er- folgt nun bei unserem Metallstabe in der zu allen Windungen der schraiibenformigen Fortschreitungslinie senkrechten, d. i. in der ra- dialen Richtung derart, dass das Metall sich rings um die Stabachse nach aussen etwas zurückzieht. Da nun alle .Stellen der Stabober- flftche, nacheinander zwischen den Walzen hindurchgehend, gleich stark gedehnt werden, so wird auch überall im .Stabe eine gleiche radiale Zurückweichung des Materials von der Achse stattfinden oder mit anderen Worte» im Innern ein cylindrisches Loch und aus dem Stab eine Röhre gebildet werden. Durch Vorstellung der Walzen lässt sich der äussere und innere Durchmesser des Rohres verändern, so dass man mit einem und demselben Walzenpaare Rohren von den ver.schiedensten Durch- messern, oder Röhren mit beliebig abwechselnden Verengungen und Erweiteningen oder auch mit eingeschalteten vollen Stücken her- stellen kann. Das ist in kurzen Worten das Princip des Walzverfahrens, welches, eine deutsche Erfindung, bestimmt zu sein scheint, eine vollständige Umwälzung in der Metallindustrie, soweit sie auf der Walzarbeit beruht, hervorzurufen. G. Brelow, Ingenieur und Docent an der Kgl. Bergakademie zu Berlin. Astronomisches. — I. Astronomische Neuigkeiten. — Wiederum ist die Anzahl der kleinen Planeten zwischen Mars und .lupiter um ein Exemplar vermehrt worden. In der Nacht vom 3. zum 4. April entdeckte Palisa in Wien den 274. Stern dieser Gattung im Sternbilde der Jungfrau. Das Objekt ist aus.serordent- lich lichtschwaeh und nur 13. Grösse, seine Bewegung ist nach Nord- westen gerichtet. — r»er Komet 1888 (Sawerthal) ist Ende März und Antkng April in Turin, Nizza, Rom, Strassburg und Kiel be- obachtet. Da seine Nordpoldistanz sich immer mehr verringert, so nimmt die Dauer seiner Sichtbarkeit für die nördlichen Gegenden zu, leider aber nimmt seine Helligkeit in gleichem Masse ab. Schon Ende März war sein Kern nur noch so hell wie ein Stern fünfter Grösse. II. Astronomischer Kalender. — Am 24. April Sonnen- aufgang 4 Uhr 42 Minuten, Untergang 7 Uhr 13 Minuten; Mond- aufgang nachmittags 4 Uhr 42 Minuten, Untergang morgens 4 Uhr 46 Minuten. Am 1. Mai Sonnenaufgang 4 Uhr 28 Minuten, Unter- gang 7 Uhr 25 Minuten; Mondaufgang nachts 1 Uhr 22 Minuten, Untergang abends 9 Uhr 56 Minuten. Am 25. April abends 7 Uhr 15,7 Minuten findet Vollmond statt. Um die bürgerliche Zeit aus der wahren .Sonnenzeit zu erhalten, muss man von diesen abziehen am 24. April 2 Minuten 1,2 Sekunden, am 1. Mai 3 Minuten 4,9 Sekunden. Dr. F. Plato. Fragen und Antworten. Kommen auf Ulex europaeus L. Käfer vor, welche nur diese Pflanze beherbergt? Nur auf Ulex europaeus L. lebt Apion Ulicis Schh.; auf Ulex nanus L. Apion scutellare Kirby (=ulicicola Perr.), der nach Kalten- bach aufU. europaeus vorkommt. Wahrscheinlich ist auch das nur aus Frankreich bekannte Apion uliciperda Pand. ein alleiniger Be- wohner von Ulex. Man vergl. E. Perris. (Jbservations sur les insectes qui habitent les galles de l'Ulex nanus et du Papaver dubius (Ann. .Soc. Ent. France 1840 S. 89—99 Taf. 6). — und Goureau, Note pour servir ä l'histoire des insectes q\ü vivent dans les gousses du genet epineux (Ulex europaeu.s) (Ann. Soc. Ent. France 1847 S. 245—253 Taf. 3 Nr. U). H. .T. Kolbe. Litteratur. 1) W. C.Wittwer: Grundzüge der Molekular -Physik und der mathematischen Chemie. — Stuttgart, Verlag v(ni K. Wittwer. l'reis 5 , K 2) W. C.Wittwer: Die thermischen Verhältnisse der Gase mit besonderer Berücksichtigung der Kohlensäure. — 8". 56 Seiten. — Verlag von K. Wittwer. Stuttgart. 1887. Preis 1 ./«^ 80 .j. 1) Obwidil dieses Werk, welches uns soeben von der Verlags- handlung zugeht, bereits vor lilngerer Zeit (1885) erschienen ist, wollen wir doch nicht unterlassen, unsere Leser auf dasselbe auf- merksam zu machen. Verfasser sucht tiefer in die Erkenntnis der Konstitution der Materie einzudringen und studiert zu dem Zwecke ganz besonders den „Aether" im Verhältnis zu den „Massenteilchen". D.ahei wird manche der bisherigen Anschauungen über den Aether, als, mit den Erfahrungsthatsachen im Widerspruch stehend, durch neue ersetzt. Besonders bemüht sich Verfasser, den Aether in der Chemie einzubürgern, wo er bisher gar nicht berücksichtigt worden ist. WeTingleich Verfasser teilweise auf dem älteren Standpunkte der Physik steht und z. B. dem Gesetze der Wärmeäquivalenz keine allgemeine Bedeutung zuerkennt, bietet das Werk doch manche An- regung, und empfehlen wir dasselbe der Beachtung. — Die Au.s- stattung in l'apier und Druck seitens des Verlages muss als vor- züglich bezeichnet werden. 2) Dieses Heft bildet gewisserniassen eine Fortsetzung der „Molekulargesetze" (Leipzig 1871) und der vorstehend besprochenen „mathematischen Chemie" desselben Verfassers. Es wird hier der Aether in die Wärmelehre eingeführt und besonders bei den ther- mischen Verhältnissen der Gase berücksichtigt. Die Kohlensäure studiert Verfasser eingehender, weil dieselbe das bestbekannte Gas ist. Verfasser steht nicht auf dem Standpunkte der kinetischen Gastheorie und nimmt deshalb nur „Oscillationen" der Atome inner- halb enger Grenzen als Grundlage der Wärmeerscheinungen der Gase an. Der originelle Versuch eines tieferen Eindringens in das Verständnis der noch so wenig aufgeklärten Molekularverhältni,s.se enthält mancherlei Anregungen und ist der Beachtung sicher wert. A. Gutzmer. Anton, F., Specielle Störungen u. Ephemeriden für die Planeten Cassandra u. Bertha. gr. 8". Preis 60 ^. G. Preytag in Leipzig. Beiträge zur Antliropologie u. Urgeschichte Bayerns. Organ der Münchener Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie und Urge- schichte. Red.: J. Ranke u. N. Rüdinger. 8. Bd. 1. u. 2. Hft. gr. 8". (105 S. m. lUustr.) Preis pro kplt. 24 JC. Literarisch- artistische Anstalt (Theodor Riedel) in München. Ellenberger, "W., Grundriss der vergleichenden Histologie der Haussäugetiere, gr. 8". (VL 270 S. m. Illustr.) Preis geb. IM. Paul Parey in Berlin. Grofe, G., Ueher die Pendelbe^vegtmg an der Erdoberfläche. 4". Preis 1 JC 20 -j. E. J Karow in Dorpat. . Pinner, A., Bepetitorium der organischen Chemie. 8. Aufl. gr. 8". Preis 6 Jt 50 4. Robert Oppenheim in Berlin. Bath, G. vom, Durch Italien und Griechenland nach dem heiligen Land. Beisebriefe. 2. Ausg. 2 Bde. 8". Preis 6^. geb. SJt: C. Winter in Heidelberg. Reich, E., Das Heilbestreben der Natur im Organismus der Ge- sellschaft, gr. 8". Preis 2 JC. Verlagsverein für Wissenschaften, (Rothermel & Co.) in Karlsruhe. Sarasin, P., u. F. Sarasin, Ergebnisse naturioissenschaftlicher Forschungen auf Ceylon in den Jahren 1884 — 1886. 1. Bd. 2. Hft. Fol. (Mit 4 Taf.) Preis in Mappe 14 JC. C. W. Kreidel's Verlag in Wiesbaden. Sitzungsanzeiger der kaiserl. Akademie der Wissenschaften in Wien. Mathematisch-naturwissenschaftliche Klasse. Jahrg. 1888. Nr. 1. (gr. 80.) pro kplt. Preis 3 JC. G. Freytag in Leipzig. Sitzungsberichte und Abhandlungen der naturivissenschaft- lichen Gesellschaft Isis in Dresden. Jahrg 1887. Juli — Decbr. gr. 8". Mit 1 Taf. Preis 3 JC. Warnatz & Lehmann in Dresden. Steinbruch, Der Darwinismus und seine Folgerungen. Ein Vor- trag, gr. 8". Preis 30 ..f. Ludwig Wiegand in Hilchenbach. Tollens, B., kurzes Handbuch der Kohlenhydrate. 8". (M. Illustr.) Preis geb. 9 JC. Eduard Trewendt in Breslau. Zaengerle, M., Gnmdriss der Mineralogie. Anh. zum Grundriss der anorgan. Chemie. 3. Aufl. gr. 8". Preis 1 JC. 20 ..f. Gustav Taubald in München. Gegen Einsendung des Betrages (auch in Brief- marken) liefern wir vorstehende Werke franlto. Zur Besorgung litter arischen Bedarfes halten urir uns bestens empfohlen. «eilin S\V. 48. Die Kxiteflitioii der „KatnrM issensohaftlifhen VVocliensclirift". 32 Naturwissenschaftliche Wochenscliiift,. Nr. i. X^^m^^^%& namentlich Anzeigen aller optischen, chemisclien, physikalischen etc. Gerätschaften, Naturalien, Chemiivalien, sowie Bücheranzeigen finden weiteste und passendste Veibieitung-. Im Bruhn's Verlag (Inhaber: Eugen Appellians) in Hraiin- sfhweig ist soeben ersoliieiien : NaturpscMclite für k mkk Yolksscliiile, Naturkürper der Heimat innerhalb natürlicher (iruppen vorgeführt und von einheitlichem «Tesichtspunkte aus be- trachtet. Xebst Anleitung: zu zahlreichen Beobaehtungen. Ein Handbuch für Lehrer. In ;; Kursen zu je 40 Lektionen bearbeitet von I>r. FraiiK Kiesüf^ling: u. l^s:niont Pfalz. Mit zahlreichen Holzschnitt-Abbilctungen. Preis 2 J{ . geb. 2.50 .//. Das Buch ist In demselben Geiste gearbeitet wie das riihmlichst bekannte grössere Handbuch derselben Verfasser, des ersten, welches den gesamten naturgeschicbtlicben Unterrichtsstoff innerhalb naturlicher Gruppen (Lebensgemeinschaften) auf Jahreskurse verteilt brachte. Wie das grossere Handbuch sucht auch das oben angezeigte das Verständ- nis der Gesetzmassigkeit in der Natur, zu deren Beobachtung es an- leitet, sowie eine sinnige Naturbetrachtung zu fordern. HHmH Zu beziehen durch alle Buchhandlungen, sowie ^gm auch direkt gegen Franko-Einsendung des Be- trages von der Verlagshandlung. , Brockhaus' ConversationS' Lexikon. Mit Abbildungen Tund Karten. > , 76 Bände und 1 Supplementband. 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Preis pro Quartal durch Post oder Buchhandel bezogen 3 Marl(. Probehefte sind durch jede Buchhandlung, sowie direkt vom Verleger gratis und franko zu beziehen. ll@mi.li & MiUii Buchhandlung für Naturwissenschaft und verwandte Fächer Berlin SW. 48. Friedrichstrasse 226 empfiehlt sich zur Besorgung von natiirv.nssenschait7 liehen Werken und Zeitschriften. 'V, Ansichtssendungen stellen .jederzeit zu Diensten 5» Behufs anhaltender Verbindung vrolle man sich mit der Firma in Korrespondenz setzen. Band I (Okt. 1887— März 1888) unseres Blattes liefern wir gegen Einsendung von JC 4,20 (üi Briefraaiken) fran- ko, einzelne Quartale des Bandes gegen Einsendung von ,/? 2,10 (m Briefmarken-) Einzelne Nnniniern kosten 25 .'. Die Expedition der „Naturwissenschaftlichen Wochenschrift" Berlin SW. 48. Friedrich-Strasse 226. Bei Benutzung der Inserate bitten wir un- sere Leser höflichst, auf die „Naturwissenschaftliche Wochenschrift" Bezug neh- men zu wollen. S N \ S N N N VV>N,»ÖI Der heutigen Nummer der .Naturwissensch.aftlichen Wochen- schi'ift" liegt ein vierseitiger Pro- .'^pekt der Verlagsbuchhandlung von Ferdinand Hirt i. Breslau üb. „Natur- geschichtliche Lehrbücher" bei. \ s s s \ v;.«K;«','n Uebergang von der Natur zur Kunst vei'mittelt, und die Natur, besonders abei- auch die menschliche Hand, den goldenen Schnitt zeigt, so muss ihn auch die Kunst zeigen". In der Ai'chitektur ist es den Aposteln des goldenen Veiliältnisses nicht schwer geworden, Bauwei'ke, namentlich all-rlnistiiclie Kirchen, auslindig zu machen, bei denen die Breite und die Länge, letztere, wie es am besten passte, teils mit Vorhalle, teils ohne Vorhalle ge- messen, das gewünschte Verhältnis haben. Auch in Auf- rissen lassen sich natürlich Längenpaaie finden, die dem Gesetze gehoi-chen. Um zu zeigen, wie in der Plastik und Malerei die passenden Beispiele mit den Haaren heibeigezogen werden, wählen wii' folgendes Beispiel. Auf dem „Abendmalü" von Leonardo da Vinci befinden sich rechts und links vom Heiland zwei Grappen von je drei Aposteln. Der Raum nun, welchen auf jeder Seite die Köpfe der di'ei näheren Apostel einnehmen, hat zu dem Räume, welchen die Köpfe der drei entfernteren Apostel einnehmen, das Verhältnis 3 : 5, also ein Ver- hältnis, das als Näherungswert des goldenen Schnittes aufgefasst werden kann. In der Musik will Pfeiffer den goldenen Schnitt schon durch die Schwingungszahlen der Töne eines gewöhnlichen Akkordes bestätigt finden. Diese Zahlen verhalten sich aber bei c, e, g, & wie 4:5:6:8. Besser passt daher nach des Referenten Ansicht der erweiterte Akkord c, g, e', e", dessen Schwingungszahlen sich wie 2:3:5:8 verhalten, also vier aufeinanderfolgende Zahlen der Lame' sehen Reilie geben. In der Poesie sieht Pfeiffer den goldenen Schnitt in dem Gesetze der ,.Vermittelung''. Die vermittelnde Rolle spielt z. B. in der antiken Tragödie der Chor, in Schiller's „Bürgschaft" der Freiind, der also nicht bloss mittlere Proportionale zwischen Moros und dem Tyrannen, • sondern auch gleich der Differenz beidei' ist. Gegen die Unteisuchungen, die den goldenen Schnitt als morphologisches Naturgesetz hinstellen wollen, lassen sich manchei-lei Bedenken geltend machen. Die wesent- lichsten Bedenken sind wohl folgende. Erstens ist das Vorherrschen des goldenen Schnittes in Natur und Kunst so lange nicht bewiesen, als nicht durch Beobach- tungen und Messungen klargelegt ist, dass nicht auch jedes andere N'erhältnis, etwa 1 : 2, wenn man es nur ebenso eifrig sucht, ebenso häufig zu finden ist. Zweitens sind alle solche l'ntersuchungen so lange mehi- Spielereien als wissenschaftlich wertvoll, als sie nicht von dem Streben begleitet werden, den inneien Giund dieses Vorkommens mechanisch oder biologisch zu erklären, d.h. das vermeintliche Gesetz mit den feststehenden Natui'gesetzen in logischen Zusammenhang zu bringen, um dadurch dem Vorherrschen des goldenen Schnittes den Charakter des Zufälligen und Unbegi'eiflichen zu nehmen. Descendenzfrage und Unterweltsforschung. Vdii |)r. Rober Bekannthch gipfelt die moderne Naturanschauung, wie sie besonders durch Darwin und seine Schule zur Geltung gekommen ist,^ im Prinzipe der Descendenz, d. h. in der Auffassung, dass alle heute lebenden Tier- und Pfianzen- arten allmähUch im Laufe der unendlich langen geologi- schen Zeiträume aus anderen, meist niedriger organisierten t Seh neider. Formensich auf natürlichem Wege entwickelten; dass nahe verwandte Formen (Gattungen, Arten) auch stets in gene- tischem Zusammenhange stehen, d.h. von geraeinsamen Vor- fahren abstammen müssten. Die „Veränderlichkeit der Ar- ten" ist die fundamentale Voraussetzung, die „Entstehung der Arten" die nächste Konsequenz dieses Natursystemes. 36 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. .5. Es liegt nun nahe, dass die Aniiänger und Verfech- ter dieser natürlichen Entwickelungslehre in ei'ster Linie darauf bedacht sein müssen, nicht nur auf dem Boden eines Theoremes stellen zu bleiben, sondern ein möglichst reiches Beweismaterial für die Richtigkeit ihrer Anschau- ung im einzelnen beizubringen. Solches Beweismaterial erglebt sich aber der exakten Forschung in erster Linie da, wo es gelingt, Vermittel ungs- und Uebergangsformen zwischen mehreren sich verwandtschaftlich nahestehenden, i aber doch artlich unterschiedenen Organismen nachzu- weisen, sodass der Weg, welchen die Entwickelung, die Abänderung im einzelnen Falle genommen, gewisser- massen aufgedeckt und beleuchtet erseheint. Je mehr derartige Fälle von genetisch verwandtschaftlicher Be- ziehung, also positiver Beweiskraft, bekannt werden, desto besser für die Begründung und Sicherung der Descendenz- lehre. Dieselbe kommt insofern lediglich auf eine Zeit- frage, auf ein Additionsexempel hinaus. Bis jetzt nun freilich ist es der Wissenschaft erst gelungen, eine relativ geringe Zahl solcher wh'klich be- weiskräftigen Bindeglieder zwischen bestimmten sich nahe- stehenden Tier- oder Pflanzenarten aufzufinden. Darwin selbst legt seinen eigenen Erwägungen und Entwickelungen in dem berühmten Werke : „ On the origin of species" als Ausgangspunkt die Thatsache zu Grunde, dass die mancherlei im Laufe der Kulturent- wickelung dem Menschen zu eigen gewordenen Haustiere und Kulturpflanzen, von ursprünglich wild lebenden, die als solche meist nicht mehr vorhanden, also ausgestorben, abstammen; dass deren gezähmte und gezüchtete Nach- kommen ihrerseits wieder unter dem verschiedenartigen Einflüsse der Menschen in eine oft grosse Zahl ver- schiedener sogenannten Rassen und Spielarten ausein- ander gegangen seien, — und das alles in — mindestens geologisch gesprochen — kurzen, zuweilen nachweisbar sehr kurzen Zeiträumen. Was aber der Mensch, der hier gewissei-massen selbst neue Arten gemacht hat, innerhalb verhältnismässig beschränkter Zeitdauer vermag, sollte dies nicht, fragt Danvin, durch die allmächtig und un- aufhaltsam wirkende Werde-Eneigie der Natur innerhalb der ungeheueren geologischen Zeitspannen weit gross- artiger zm\ege gebracht worden sein? Wir hätten also hier eine Gruppe von Thatsachen, welche die Abstammung, die Abänderungs-Fähigkeit, ja -Notwendigkeit der Lebewesen unter vei-änderten äusseren BedÜQgungen darthun. Indessen wird hiergegen von ge- wisser Seite mit einer Art Recht der Einwand erhoben, dass es sich hier gar nicht um spontane Abänderungen, um natürliche Entwickelungsprozesse einer Art in eine andere und neue handele, sondern um künstlich er- zwungene, auf dem Wege der sogenannten künstlichen Zuchtwahl zu Stande gebrachte, was sich mit dem Ver- laufe der Dinge im Frei- und Natiuleben gai' nicht ver- gleichen lasse. Ja, man hat sogar überhaupt alle Hausrassen schlechthin als krankhafte Missbildungen — im Vergleiche zu ihren wildlebenden Vorfahren — hinstellen wollen! Mag man nun diese Bedenken teilen oder nicht, — von besonderem, durchgreifendem Werte werden jeden- falls im Frei- und Naturleben beobaclitete Uebergangs- und Vermittelungsstadien sein, — und auch solche auf- zudecken ist der Forschung der letzten Decennien mehr- fach gelungen. So hat man, um einige Beisi)iele zu er- wähnen, in der Krebsgattung Art emia (Blattfusskrebse) zwei Arten kennen gelernt, welche früher als völlig selbst- ständig und getrennt galten, von denen in Wahrheit aber die eine durch eine natürliche und allmähliche Reihe von Zwischenstadien in die andei'e übergehen kann, und zwar, was in diesem Falle besonders interessant, unter dem rein physischen Einflüsse salzhaltigen Wassei's, in welches sie versetzt wird oder worden ist. Ferner entdeckte man bei einer südamerikanischen Erd-Orchideen-Gruppe, dass drei äusserst verschiedene Angehörige derselben, die sogar als gänzlich verschiedene Gattungen beschrieben worden waren, (Gatasetum, Monachanthus und Myanthus) ineinander übergehen können, oder wie laienliafte Berichte schon vorher erwähnt hatten, Neigung hätten, „sich in- einander zu verwandeln". Es ist begreiflich, dass, nachdem die ersten Anre- gungen dieser Art einmal gegeben waren, besonders die Vorwesenkunde es sich angelegen sein liess, bei ihrem Durchforschen der im Laufe geologischer Vergangenheit abgelagerten Erd- und Gesteinschichten nach fossilen Tier- und Pflanzenresten, die x\hnen und Urahnen unserer heute lebenden Geschlechter aufzusuchen und auch hier womöglich die heute fehlenden, weil ottenbar ausgestor- benen Bindeglieder zwischen verwandten, aber nicht mehr direkt vermittelten Organismengruppen ausfindig zumachen. Da ist es besonders den unermüdlichen Anstrengungen amerikanischer Forscher neuerer Zeit gelungen, in ihren weiten, bisher nur wenig aufgeschlossenen Gebieten die wichtigsten und wertvollsten Funde ans Tageslicht zu fördern. Da hat man in den unzähligen dort aufge- häuften Knochenresten und Versteinerungen der palaeo- und mesozoischen Formationen die üeberbleibsel von Ge- schöpfen erkannt, welche die grossen, heute völlig zu- sammenhangslos erscheinenden Hauptäste des Wh'bel- tierstammes in schönster Weise vermitteln und zu ihrem gemeinsamen Ursprünge wieder zusammenleiten: so direkte Uebergänge zwischen Vogel und Reptil, zwischen Am- phibium und Säugetiei' etc., wie solche heutzutage nicht mehr vorkommen. Nachdem man schon vorher in unserem Vateiiande den berülimten Archaeopteryx, ein direktes Mittelglied zwischen Vogel und Eidechse, aufgefunden hatte, unterlag es keinem Zweifel mehr, dass die Vor- wesenkunde ganz besonders dazu auserlesen war, in Zu- kunft eine der vornehmsten Stützen der modernen Ent- wickelungslehre zu werden. Neuester Zeit scheint auch die Untersuchung der unterirdisch, also in Höhlen, Grotten, Brunnen und Schächten lebenden Wesen dazu berufen, eine gewisse Rolle in der Descendenzfrage zu spielen und Beiträge im obigen Sinne zu liefern. Nr. NTatuiwissenscliaftliche Wocliensclnift. 37 Schon Danvin widmet diesem Gcirenstande eine wenn auch nui' kurzgefasste Besitrechung-. Es musste füi- ihn uusseroidentlicli naiie liegen darauf hinzuweisen, dass jene lieutzutage im Dunkel der Untei-welt ein- heimischen Tiere, meist durch Kön)erbleichheit und ver- kümmerte Sehorgane gekennzeichnet und von den nächst- verwandten oberirdischen Arten somit scharf unterschieden, nicht gleich von Anfang an dort gelebt haben konnten, sondern ursi>rünglich von normalen, oberirdisch lebenden P'ormen abstammen raussten, welch letztere in alter Zeit durch verschiedene Ursachen in jene, zum Teil Schutz gewährenden Tiefen der Erde liinabgeführt worden waren. Die Bedeutung dieseV Erscheinung für die Abstammungs- lehre liegt also klar zu Tage. Dass alle jene merkwürdig abgeänderten Untenveltsbewohner in der That erst von obenher hinabgelangt sein werden, dafür spricht schon der Umstand, dass jene Grotten, Höhlen etc., in denen sie besonders vorkommen, vorwiegend Tropfsteingebilde sind und als solche erwiesenennassen einer nicht allzu- weit zurtickgelegenen geologischen Vergangenheit ihre Entstehung verdanken. Ferner hat man bei genauerer Untersuchung gefunden, dass viele jener bleichen und blinden Höhlenbewohner noch deutlich nachweisbare Reste eines Gesichtsorganes besitzen; so hat der berülimte Grottenmolcb der Ki-ainer Kalksteinhöhlen, der 01m oder Proteus, in seinem verkümmerten, unter der Haut ver- steckten Auge noch alle Teile aufzuweisen, nur die Linse fehlt. .Jene vorhandenen Bestandteile aber können nicht wohl vom Organismus bei stetem Leben im Dunkel er- worben worden sein, sondern nur als verkümmerte Reste ursprünglich noimal, d. h. im Lichte funktionierender Organe erklärt werden. Gerade hier haben wir also schlagende Beispiele einer wirklichen natürlichen Neu- Entstehung von Arten innerhalb geologisch nicht allzu bedeutender, wenn auch nicht näher bestimmbarer Zeit- räume. Trotzdem ist es äusserst schwierig, die unmittelbare Abstammung solcher stark und eigentümlich abgeänderten Unterweltsarten von bestimmten noch vorhandenen und bekannten oberweltlichen Foimen nachzuweisen. Kein Mensch weiss bis jetzt, von welchem oberirdischen Molche der 01m, von welchem Ahnen der merkwürdige Blind- fisch (Amblyopsis) aus der Mammuthhöhle von Ken- tucky abstammt: die nächsten oberirdischen Verwandten dieser einzig dastehenden Gattungen sind eben allem Anscheine nach nicht mehr am Leben. Nur- auf Um- wegen oder durch glückliche Fossilfunde dürfte man vielleicht den hier fehlenden Mittelgliedern noch auf die Spur kommen können. Nähei- lag die Möglichkeit eines Abstammungs-Nach- weises bei einigen typischen Vertretern unserer vater- ländischen Höhlenfauna, besonders dem bleichen und blinden Grotten-Flohkrebs (Niphargus puteanus) und der Höhlen-Wasserassel (Asellus cavaticus). Beide, obwolü als selbständige Arten völlig bestimmbar, haben eine entschieden nahe Veiwandtschaft mit zwei ganz bekannten oberirdischen Arten aufzuweisen: ersterer mit dem gewöhnlichen Bachflohkrebse (Gammarus pul ex), letztere mit der gewöhnlichen Wasserassel (Asellus aquaticus). So allgemein verbreitet diese beiden Tiere bei uns in ihren oberirdischen Bezirken, sind auch jene in ihren unterirdischen. Die Haupt- Eigentümlichkeit beider Dunkelbewohner besteht auch hier wieder in der vollkommenen Köi-perbleichheit, d. h. dem Fehlen von Haut-Farbstoffen, und dem Mangel der Gesichtsorgane, während die beiden oberirdischen Arten sehr lebhafte Färbung und wohlentwickelte Augen be- sitzen. Dazu kommen noch feinere, weniger ins Auge springende x^bweichungen. Sollte sich, nun in diesem unserem Falle eine Ab- stammung der beiden Höhlenarten von der entsprechenden oberirdischen Form oder einer ihr sehr nahestehenden mit annähernder Sicherheit erweisen lassen? — sollten irgendwo vermittelnde Uebergangsstufen zwischen den je zwei entsprechenden Extremen zu finden sein? Diese Fragen sind durch Untersuchungen der letzten Jahre im bejahenden Sinne entschieden worden. Die Stollen und Bauten unserer ältesten Bergwerke haben für beide Tierformen solche Zwischenstadien geliefert, Clausthal im Oberharze für die Flohki-ebse, Freiberg im Erz- gebirge für die Wasserasseln. So leben in den alten Stollen von Clausthal Scharen bleicher Gammariden, die seit ca. 300 Jahi'en dort eingebürgert sein' müssen und, wie die noch deutlich vorhandenen Augenflecke und der übrige Körperbau zeigen, vom gewöhnlichen Flohkrebse abstammen. Die Bleichheit aber weist sie wieder mehr zu den Höhlentieren hin, und die genauere Untersuchung des Auges lehrt, dass dasselbe schon un- verkennbare Spuren von Verkümmerung, speziell der Linsenkörper, an sich trägt. Bezeichnend ist es dabei, ' dass die auch in den jüngeren Stollenstrecken lebenden Flohkrebse diese Abweichungen erst in weit geringerem i Grade aufzuweisen haben und schliesslich stufenweise zu der normalen oberirdischen Form übergehen. Eine ganz entsprechende Mittelstellung zwischen den beiden Extremen nimmt auch die im „Alten tiefen Fürstenstollen" von Freiberg entdeckte bleiche Wasserassel ein; auch sie zeigt uns, in welcher Weise die Dunkeltiere aus den gewöhnlichen Formen entstanden 1 sind. Grabenbewohner, soweit sie in sehr alten Schächten nachzuweisen, dürfen also ganz allgemeinhin als Mittel- stufen zwischen der oberudischen und der Höhlenform gelten und bieten ausserdem den wichtigen Anhalts- punkt, dass man bei ihnen mit annähernder Genauigkeit die Dauer ihrer unterirdischen Existenz ermitteln kann, was bei Höhlenbew^ohnern kaum möglich ist. Uebrigens ist es gleichzeitig auch gelungen, andere dem kleineren Tierleben angehörige Schachtbewohner als Anpassungs-Mittelglieder zwischen den entsprechen- den oberirdischen und den unterirdischen Arten zu er- kennen, so gewisse dort lebende Cyclopenkrebse, Daphniden oder Wasserflöhe u. a., bei welchen allen 38 Natunvissenscliaftliclie Wocliensclirift. Xi auch vorherrschend Auge und Körperfarbstoff die be- Avussten Anklänge an Höhlenformen verraten. Auf die stark umgestaltende Kraft jener wichtigen Verhältnisse, welche dort in den dunklen Erdtiefen so unverkennbar auf den Organismus einwirken, kann ich hier nur hindeuten; so auf den bedeutsamen Eintluss der Finsternis an sich, den Fortfall jahreszeitlicher Unter- schiede, den iibernormalen Eisen- und Kalkgehalt dei- Grund Wässer. Mag die jüngst von einem Forscher ausgespiochene Hoffnung in immer reicherem Masse in Erfüllung gehen : dass einer jenei' zur Autheilung der natürlichen Sciiöpfungs- geschichte beitragenden Lichtstralileu aus dem Dunkel heiaufzudringen bestimmt sei. Kleinere Mitteilungen. Der Ursprung der chemischen Grundstoffe. — Ueber dieses Thonia bat ili;r eiiglisclie Forscher WiUiam Crookes. der durch die Erfindun g des Radiometers und noch mehr durch die Ent- deckung Afv „strahlenden Materie" auch in weiteren Kreisen hekannt geworden ist, in der „Royal Institution" zu London einen Vortrag*) gehalten, iu welchem er die gemeinsame Herkunft aller unserer chemischen Grundstotte aus demselben Urstoft' verkündet. Der Ge- danke, den er hiermit vertritt, ist nicht neu; schon Hingst hatte man vermutet, dass den Elementen jene starre Unveriinderlichkeit. welche wir als ihre Griindeigenschaft ansehen, nicht von^ Ewigkeit her zu- kommt, da.ss sie nicht das schlechtliin und in letzter Hinsicht Ein- fache in der Welt des Stolfes sind; auf diese Vermutung war man dnrch die Thatsache hingewiesen worden, dass die Spektren der Gi-undstoffe aus einer grösseren oder kleineren Anzahl von Licht- liuien zusammengesetzt sind und diese Linien sich verschiedenen Bedingungen gegenüber verschieden verhalten. JJem genannten Gedanken, der indessen bisher nur ein loser, tmsicherer war, geben die C'rookes'schen Versuche über die Yttrium- Metalle eine neue wissenschaftliche Stütze. — Die Scheidung dieser Metalle, die sich im Samarskit. Gadolinit und einigen anderen Mine- ralien finden, ist eine äusserst schwierige, weil die Eigenschaften der ]'',leiiiente wie ihrer als „seltene Erden" bezeichneten Sauer>;toi}- verbindnngen nur wenig verschieden voneinander sind. Man glaubte bishei- dre^ jener Metalle zu kennen: Yttrium, Erbium und Ytterbium, doch wurde neben ersterem wohl noch das Samarium als besonderer Grundstoff genannt; und im Jahre 1866 hatte Nordenskjüld dazu die merkwnidige Entdeckung gemacht, dass sich jene drei Elemente nicht nur immer in Gesellschaft, sondern auch stets in demselben Mengenverhältnis vorfinden : das in den verschiedenen Mineralien ent- haltene Gemisch der Oxyde der drei Elemente zeigte nämlich stets das gleiche Molekulargewicht. Deswegen war Nordenskjüld auch berechtigt, ihm einen einheitlichen Namen — Gadoliniumoxyd — zu geben. Jetzt aber ist Crookes zu dem Ergebnis gelangt, dass das „alte Yttrium" aus neun Korpern besteht, welche sich durch ihr phosphoreszierendes Spektrum in so bestimmter Weise unterscheiden, dass man genötigt ist, sie als ebenso viele Grundstoffe anzusprechen. Crookes stellte seine Versuche in der Weise an, dass er die Losung der Yttriumerde mit schwachem Amraoniakwasser versetzte und einen Teil des gelösten Oxydes austollte. Das in der Lösung bleibende Oxyd musste dann etwas, aber nur ganz wenig, stärkere basische Eigenschaften haben als der Niederschlag. Wurde nun das Oxyd wieder gelöst und in beiden Lösungen eine abermalige teil- weise Fällung vorgenommen, so erhielt der Versuchsansteller 4 Oxyde (zwei als Niederschlag, zwei gelöst), welche eine regelmässige Stufen- folge der Basicität einhielten. Auf diesem Wege der „Fraktionie- rung" konnte Crookes solche Oxyde erhalten, die in ihren Eigen- schaften so weit als möglich auseinander gehen. Den Yttrium-Metallen gegenüber scheinen wir nach dem Ge- sagten den Begriff des chemischen Grundstoft'es nicht aufrecht er- halten zu können. Das Nordensk jöld'sche Gadolinium benimmt sich wie ein Element und besteht doch aus drei anderen : Yttrium. Erbium. Ytterbium, von denen sich aber das erste wiederum aus neun anderen zusammengesetzt erweist. Crookes erklärt dieses Verhalten durch die Annahme, dass die Atome, aus denen sich das „alte Yttrium" (und ebenso das Gadolinium) zusammensetzt, nicht alle gleicher Natur sind; dass vielmehr verschiedene Arten der Atome jener für Grundstoffe ge- haltenen und in gewissem Sinne ja auch als solche auftretenden Körper unterschieden werden müssen, welche wahrscheinlich in ihrem Gewichte, sicher aber in ihren inneren Bewegungszuständen von- einander abweichen. Letzterer Umstand bewirkt es, dass gewisse Atome diese, andere wieder jene Linien und Bänder des Gesamt- Spektrums des Elementes liefern, so dass bei einer Trennung der Atome verschiedene Spektren erhalten werden. *) Als eigene Schrift erschienen unter dem Titel : „Die Genesis der Elemente", deutsch von Dr. A. Delisle. Vieweg & Sohn in Braunschweig 1888. Soweit stützt sich die Crookes'sche Hypothese fest und sicher auf die beobachteten Thatsachen. Aber auch der weitere Ausblick, den sie uns auf alle übrigen Grundstoffe und auf das periodische System derselben gewährt, scheint mir ein rfurohaus klarer und be- friedigender zu sein, wenn auch mit ihm noch nicht das Rechte ge- troffen sein sollte. Nicht nur das Gadolinium und das „alte Yttrium", sondern alle Grundstoffe sollen aus Atomen von verschiedener Be- schaffenheit, aber in feststehenden Verhältnissen zusammengesetzt sein; aus ihnen entspringen die verschiedenen Spektralstrahlen, wel- che in ihrer Gesamtheit erst das Spektrum des Elementes, wie wir es zu sehen bekommen, bilden. Aber auch diese Bestandteile sind nicht das Letzte, sie bringen uns demselben nur näher. Die letzten Bestandteile alles Stoft'es sind gleichartig beschatt'ene Atome (ver- gleichbar den „i)hilosophischen Atomen" Fechner's), welche in ver- schiedener Anzahl und Lagerung zusammentreten, um so die Atome der Elemente zu bilden. Den Stoff, welchem jene Atome angehören, nennt Crookes „Protyle" oder „Protyl"; ich möchte den deutschen Namen „Urstoff" wählen. Dieser Urstofl^ erfüllte einst den Welt- raum, und er ist es vielleicht, der noch heute als Welt- oder Licht- äther uns Kunde von den übrigen Himmelskörpern giebt, denn ohne ihn würden die Strahlen, die sie aussenden, nicht zu uns gelangen. Aus ihm haben die chemischen Grundstoffe ihren einstigen Ur- sprung genommen und zwar infolge fortschreitender Abkühlung und Verdichtung- und unter Mithilfe elektrischer Erregungen. Nachdem eine gewisse Anzahl von Atomen der Grundstoffe entstanden war — und zwar derjenigen mit den niedrigsten Atomgewichten: des Wasser- stoffs, Lithiums, Berylliums, Bors, Kohlenstoffs, Stickstoft's, Sauer- stoffs, Fluors, ferner des Natriums, Magnesiums, Aluminiums, Sili- ciums, des Phosphors, Schwefels und Chlors — kehrten ähnliche Bedingungen der Stoff bildung wieder; nun aber war die Temperatur gesunken und so ist anzunehmen, dass die dann entstehenden Elemente jenen zuerst aufgetretenen zwar ähnlich wurden ('so Kalium dem Lithiurn etc.), aber eine Abänderung in gewissem Sinne aufwiesen, vor allem geringere molekulare Beweglichkeit und ein höheres Atom- gewicht hesassen. Später wiederholte sich die Stoffhildung noch öfters, so dass nach und nach Elemente das Dasein gewannen, die in Reihen eines periodischen S3'stems — wie es ja von Mendelejeff und L. Meyer begründet wurde — eingeordnet werden können. Die zuerst gebildeten Grundstoffe hatten die grOsste chemische Energie, welche indess im Verlaufe der Zeit ebenso wie die Wärme abnahm. Erfolgte in einem gewissen Zeitpunkte der Bildung der Grund- stoffe der Abkühlungsvorgang rasch und unregelmässig, so entstand nicht ein einzelnes Element, sondern es schlugen sich verschiedene Arten von Atomen gleichsam nieder, die zwar Elementen mit ähn- lichen Eigenschaften, aber doch mehreren besonderen Elementen zu- zuweisen sind, welche eine Gruppe wie die Yttrium-Metalle oder wie Eisen, Nickel und Kobalt bilden. — Wieder ist es somit in erster Linie die Spektralanal.vse, welche — wie sie uns vor mehr als einem Vierteljahrhundert lehrte, dass die gleichen Stofl'e, welche die Erde zusammensetzen, auch in den fernsten Himmelskörpern angetroffen werden — uns nun auf die Einheit alles Stoffes in Bezug auf seine Herkunft und seine wahren Elemente mehr oder weniger deutlich hinweist, Dr. Karl Friedr. Jordan. Die Theorie des Bleikammerprozesses. — Prof. Lunge in Zürich hat vor kurzem die von Raschig aufgestellte Theorie in den Berichten der Deutschen Chemischen Gesellschaft einer Kritik unterzogen und sich überhaupt sehr eingehend mit diesem theoretisch so interessanten und für die chemische Technik so wichtigen Gegen- stand beschäftigt. Raschig nahm im Gegensatz zu seinen Vor- gängern, welche die Theorie des Bleikammerproze.sses aufzuklären versuchten, eine neue unbekannte Substanz an. welche durch Zu- sammentreten von salpetriger und schwefliger Säure entstehen soll. Im Augenblicke des Entstehens soll .sie .sich in Berührung mit mehr salpetriger Säure in Stickoxyd, Schwefelsäure und Wasser spalten. Das Stickoxyd .soll mit Sauerstoff und Wasser wieder salpetrige Säure geben. Lunge hält die von Raschig angegebene Nr. Naturwissenschaftliche Wociienschrift. 39 Erklärung des Prozesses iiiclit iiufrecht, zei^t vielmehr, tlass diese 'J'lieorie auf imlmltbareii VoraussetziingHii beruht und erkUirt seiner- seits den Prüzess, ohne irgend eine unbekannte Substanz anzunehmen. Luno-p's Ansicht ist die: Das .S «ouenen. 381-383. - II. epfliiiidje ^3tooel= len. 384-386. - m. ataiij5iii(i)e 9!ci. OtDell. 387-389. - IV. 3t(ilitni die 5lo. uellcn. 390 392. - V. (Snglif(i)C 9(o»el. len. 473. 474. - VI. StutWie SRoDellen. 47.5. 476. «fir8tr,®cbiit)lE. 272.273. - 5Diünd)t)üujen§ iHeiicn u. VIbtilt. 30a 801. Sgion, gljilbe ^aroIbS '4)ilgfrtat)tl.398.399. - Sic Snjel. - »elJDO. - SJtaui ton 'JlbijDoS. 188. 189. - ^onSuaiu 192-194. - S).«ot(ai.-Siata.87.88. - TOonfnl). - floin. 133. 13.3. [159.1 - iHiQjeliba.- SJ.eiiaut./ - SarConapül. 451. -152. eamcrmi, 3)aS gfejima^l tiEä «tltajer. 334. tf Qatnlfl«, ISebii4le.263 - 268. - !IJetet etlemil)!. 92. S^alcoubrianli, 'iltala. - Sene. 163. 164. - DttSeSlebttSlbencic tagtn. 418. Sanle, %(^tev. 432. «3. - »ieincIt.^udiS. 186.187. - SleUo. 394. - Sorgualoidfio 89.90. - Sit MüWl'cnuanbt. IdiajltiL 103-106. @octliesSil|iUtr, itcnien. 208. ©tobbt, Üiapoleon. 3;is- 339. @riromeUtiaufcn, Sim> lUicijflnniä 278/283. ^ageborn. (fabeln u. (*t= jQtllmigeii 425-42?. ßuuff, i^it iteltlerin »om SBontbeSSlrtl. 00.61. - 3ub güfe. - OlljeHo. 95. 96. - SD.Ratawane. 137.138. - i;i*lenftein. 34-38. - 3!et Monii im ÜJIonb. 415-417 - 5Die ©ängerin. - l'e^te SRittet »on Woticn. bürg. 130. 131. - 3^er©c^eiIu.ir^lleMan- btia- 139. 140. - 2!08 SBittsljauS Im Sbeliatt 141. 142. ^tlitl, 6dia^[äfUiin be$ r^eini)d)en ^aitl» fteunbiS. 286-288. getne, »tia Itoa. 410 - Sucllb.l'iebtt.243-245. - SCeutidilanb. 411. - 9!eue®ebid)te.246.247. - Sie tiatjteiie. 250. - 35.>)lorb|ce. 2o6Sud) L'c (Sianb 4»5 486. - Momanieto. 248. 249. gfrber.TecCSib. 100. 101. - Über bcn Ursprung ber gprnibe. 321. 322. - »oltllieber. 461-464. eiffel. Über bie (51|t, 441-443. ^affmoiin, %ai (Vräulcin oon €cuberi. 15. - 5i>.golb2o()f. 161.162. - SDaS Majorat 153. - 5Mci|'ler TOartin. 46. - 3;er un^einilidie ©aft - Eon 3uan. 129. ^Olbtro, Seppe »om SJerge. 308. etlberltn, «ebli^te. 190. 191. - J;i)perion. 471. 472. ©«mtr, 3lia8. 261-256. - Obl)!lec. 211-215. Sumbolbt, 9D. D., »riefe on eine greunbin. 802-307. aül»«". S>ie 3dger, 3iü. 341. - 2 er Siiitlcr. 395.396. 3mmermaiiii, Xer Cbec* bot. 81-84. - 1'.iiEUeitt)gniaIiDn.85. - Irifloii unb ;jioIbe. 42S-43a - Suliriinldien, 477 478. Srbtiig, Äaqen uüu 0er SlUiainbra. 180. 3con <(aul, i^legeljalire. 28-33. - SEier Romet. 144-148. - Siebent.iä. 115-120. 3une = Stllliiiae vttien. 310-314. Kam, Son ber;e(0(|t, Irr timlenbeSeu- feL 69-71. [39.1 £e||)ng, emilia^alDlti.j - iSebii^te. 241. 242 - l'oofoon. 25-27 - ^linna öon 9?am' beim. 1. - 3)ii6 8ara Sainbion. 209. 210. [63.1 - 9!atl)anberiffieife. 62.| - SOabemetumfiirliajtor Vange. .■!48. üllUtr. ai|*rebeii. 400. •mattliifion.Wtbidite 484. 'J«erimtt,(äclombo.93.ii4. - RlEiiic vlinifUtii- 13«. Dülton, TaS oerlonif 'iiarabieS. 121-124. höhere, Xte gEleljtteii Srauen 109. - Xer Dliiant^rop. Iii5. - Ter Inrliitf 8 SllB(tr,1iülrioli(c6eHtian. taRen. 422-424. OtufSut, l'egenben Don »Ubeta^L 72. - 3)olHmdr*en I. 225. 226. [228.1 - »olläraärdieii IL 227.) - SBolfämäri^en llt 229. 230. 9!oDall9. ^einridibon Of- terbiiigcn. 497, 498 Cel]leHirl]liigcr, (iorreg. gio. 4ü9. 470 ipeftaliijjl, iiiEiiljorb unb ®crtriib. 315-320. qsioten.ojiöidiie. 269.270. <))ufit|tin,'J3oriS(iiobunof. 29:1. 'flocUit, «llialia. 172. - !i'ritaniiicu§. 409. - '|tl)dbra. 440. Woimnnb. 5Det Souer als OTiUionär. 436. - XerSBcridnüenbEr.437. 438 9(0111)0«, Xer liüiarr u. fein Siiiib. 435, Satitt:^icrrr, ^taul unb ißirginie. 51. 52. .wallet, "2aien = öpange. lium 487-490. ÄanB,tVraiii,ber (Scampi. 97. 98. - Xer ^EutelSjumpf. 47. Silicnicnbiirj, i^ebii^tc. 336. 337. sibillcr, Xie Sraut Bon TOejfina. 184. 1S5. - XoM .(lorlos. 44. 45 - (»rjdljlungen. 91. - öie-r-Io. 55. 56. - ytuSQEludlilte läJebid)te. 169. 170 - XetWciflEtWet 21.22. - iie Jungfrau bon Or- leans. 151 152. - < ^■' -^yw^i ; =^0. ' — — IT z!" 2 0 £ o z:. =- =■ ^ ff" Tägliche Zuschriften bestätigen, dass der seit IS.Sü um- vnn mir fabriz. Holland. Taliak (10 Pfd. lose in eiu. Beutel Ico. 8 Mk.) in Güte von kein. Nachahmer erreicht wird. B. Becker in Seesen a. Harz. [31] Inserate für Nr. 7 der „Naturwissenschaftlichen Wochenschrift" müssen späte- steus bis Sonnabend, 5. Mai in imseren Häiulen sein. Die Expedition. Bei Benutzung der Inserate bitten wir vm- sere Leser höflichst, auf die „Naturwissenschaftliche Wochenschrift" Bezug neh- men zu wollen. Inhalt: Dr. H. Sohnbert: Die vermeintliche Herrschaft des goldenen Schnittes in Natur und Kunst. (Mir Abbild.) — Dr. Ro- bert Schneider; Descendenzfra- g-e und Unterweltsfurschunt;. — Kleinere Mitteilungen: Der Ui- .spriing- der chemischen Grundstotfe. — Die Theorie des Bleikamiin-r- jirozesses. — Das Seelenleben der Tiere — Fragen und Antworten: Wer hat die „insektenfressenden" Eigenschaften der Pflanzen ent- deckt und wie viele und welche Pflanzenarten in Deutschland ge- hören zu den insektenfressenden? — Litteratur: Dr. A. Ritter von Urbauitzky: Die Elektricität des Himmels und der Erde. — Berichtigungen. — Inserate. Verantwortliclier Redakteur: Dr. Henry Potoni6. — Verlag: Riemann & Möller. Druck; Gebrüder Kiesau. Sämtlich in Berlin. Dr. H. Potonie. Verlag: Riemann & Möller, Berlin SW. 48, Priedricli-Strasse 226. 11. Band. Sonntag-, den 6. Mai 1888. Nr. 6. Abormement: Mau abonniert bei allen Bucliiiandlungen und Post- anstalten, wie bei der Kxiieditiou. Der Vierteljahrsiireis ist Jt 2.— ; Bringegeld bei der Post 15 ^ extra. Inserate; Die viergespaltene Petitzeile 3U ^. Grössere Aufträge entsprechenden Rabatt. Beilagen nach üebereinkunft. Inseraten- annahme bei allen Annoncenbureaux, wie bei der Expedition. Abdruck ist nur mit vollständiger 4{nellenang;abc gestattet. Ueber den sogenannten vierdimensionalen Raum. \mi Dr. V Wenn wir die P'oit.scinitte betrachten, welche die g-eometiisclie \Vissen.schaft gemacht liiit, seit sie durch Euklid in die Form eines logisch begründeten Systems gebracht wurde,' so lallt uns auf, wie sehr die Bereiche- rung ihres Inhalts diircli neue Waiirheiten und die Er- kenntnis des Zasammenlianges derselben jedeizeit ab- hängig gewesen ist von der Ausbildung ihrer Methoden. Welche Fülle neuer Resultate verdankt sie nicht dem genialen Gedanken des Descartes, die Operationen der Aritliraetik und Algebra, deren sie sich vorher nur zu dem beschränkten Zwecke von Messungen bediente, ihr zum Zwecke systematischer Durchforschung von noch unbekannten Gebieten dienstbar zu machen! Wie sehr wurde nicht die Einsicht in den inneren Zusammenhang dieser Resultate gefördert durch Steinei's erfolgreichen Versuch, die Geometrie auf ganz neuer Grundlage aufzu- bauen, unabhängig, wie das System des Euklid, von den inzwischen schon oft zur drückenden Fessel gewordenen Rechnungsmethoden, umfassend, und aus dem engen Ge- dankenkreise der Euklidischen Forschung liinausfülirend, wie das System des Descartes ! Wir sehen aber auch, wie bei allen diesen Fort- schritten die Geometrie in einer bestimmten Hinsicht den Charakter einer Erfahrungswissenschaft bewahrt. Wenn sie auch längst über das in ihrem Namen liegende be- .schränkte Ziel, die Thatsachen der Ebene zu erforschen, hinausgegangen war und den Raum in den Kreis ihrer Betrachtung gezogen hatte, unseren Weltraum mit der FüUe dei- in ihm teils wirklich existierenden, teils ge- dachten körperlichen Gebilde: aus diesem a priori g^gQ- .Schlegel. benen Gebiete war sie nie herausgekommen, ja man würde, selbst in den Kreisen der Mathematiker, bis in die neuere Zeit jeden Gedanken einer aus.serräumlichen Geometrie als absurd verworfen haben, wie man noch vor 30 Jahren in den Lehrbüchern die imaginären Grös- sen, die jetzt ein Gemeingut unserer Rechnungen sind, als unmögliche bezeichnete. Auch die philosophischen Spekulationen und wechselnden Ansichten über das Wesen dieses Weltraumes hatten auf die Richtung und den Charakter der geometrischen Forschung keinen Ein- fluss gehabt; aus der Erfahrung nahm man die Grund- lagen der Geometrie, in dem Erfahrungsraume vollzogen sich ihre Operationen, entstanden und blieben ihre Gebilde. Wenn nun trotzdem in verhältnismässig kurzer Zeit Begriffe wie „vierte Dimension des Raumes" und ,,vierdimensionaler Raum" nicht nur in der Wissen- schaft sich eingebtü'gert, sondern sogar die Aufmerksam- keit des grossen Publikums, welches doch sonst von den Spekulationen der reinen Mathematik sich fernzuhalten pflegt, in dem Masse auf sich gezogen haben, dass sie ihm trotz ihrer Rätselhaftigkeit wenigstens geläutige Ausdrücke geworden sind, so drängen sich von selbst die Fragen auf: Woher stammen diese anscheinend so widerspruchsvollen Begriffe? wie konnten sie so populär werden? wie sind sie zu verstehen? und welche wissen- schaftliche Berechtigung haben sie ? — Elin Versuch, diese Fragen von dem hier allein massgebenden mathematischen Standpunkte zu beantworten, düifte auch den Lesern unserer Zeitschrift nicht unwillkommen sein, zumal da in 42 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. G. der Regel jeder, der über die.sen Gegenstand Belehrung sucht, nicht nur den in der Natur der Sache liegenden Schwierigkeiten, sich daiüber klar zu weiden, gegenüber- steht, sondern auch einer teils durch weitverbreitete, unabsichtliche Missverständnisse, teils durch bewusste Täusclunigen herbeigeführten argen Verwirrung der Vor- stellungen und Begriffe. Schon die doppelte Ausdrucksweise: „vierte Dimen- sion des Raumes" und „vierdimensionalei' Raum" ist ein Zeichen dieser Verwirrung. Wenn man von einer vierten Dimension des Raumes spricht, so stellt man sich vor, dass unserem Welträume neben den drei Ausdehnungen der Länge, Breite und Höhe, noch eine mysteriöse vierte Dimension von gleichartiger Natur mit den anderen zu- geschrieben werde. Dies ist aber ein Unding, und die ganze Ausdrucks weise „vierte Dimension des Raumes" beruht auf einem Missverständnis und ist zu verwerfen. Spricht man dagegen von einem vierdiuiensionalen Räume, so hat zu diesem Begriffe die folgende Ueberlegung ge- fühlt: In der Geometrie wiid uns gezeigt, dass der Punkt keine Ausdehnung hat, die gerade Linie eine einzige, die wir Länge nennen, die ebene Fläche deren zwei, nämlich Länge und Breite, der Raum dagegen, wie jeder Körper, der ja nur einen Teil desselben vor- stellt, deren drei, wie schon oben bemerkt. Da nun die Gerade, die Ebene und der Raum in gleicher Weise Gebiete sind, in denen wir allerlei geometrische Gebilde konstriüeren und deren Eigenschaften untersuchen können, \ so können wir auch den Begriff' des Raumes erweitern, indem wir die Gerade einen eindimensionalen Raum nennen und die Ebene einen zweidimensionalen, während unser Weltraum ein dreidimensionaler Raum bleibt. Und wir können uns, zwar nicht in anschaiüichei', aber doch in abstrakt denkender Weise zu dem Begriffe eines vier- dimensionalen Raumes erheben, in welchem unser Welt- raum (Erfahrungsraum) neben beliebig vielen anderen seinesgleichen ebenso Platz hätte, -vde beliebig viele Ebenen in unserem Welträume, oder beliebig viele Ge- raden in einer Ebene. Dieser ,,vierdimensionale Raum" ist also ein reines Produkt mathematischer Spekulation, dient nui' mathematischen Zwecken, und um die Frage nach seiner etwaigen wirklichen Existenz kümmert sich kein Mathematiker. Dies rausste zur Klarstellung des Begriffes vorange- schickt werden. Man wird nun fi'agen: Wenn die Ge- ometrie sich 2000 Jahre lang mit den Räumen zufrieden gab, die nur mit einer, zwei oder drei Dimensionen be- dacht sind, und wenn doch von diesen allein praktische Anwendungen auf die Gebilde der realen Welt zu machen sind, wie kam man in dem nach piaktischen Anwendungen alles Wissens gierigsten aller .Jahrhunderte dazu, die Geometrie auf ein so nebelhaftes Gebiet auszudehnen, und lüermit einen Schritt ins Abstrakte zu thun, wie er in gleicher Kühnheit in der Wissenschaft selten dage- wesen? — Die Erklärung ist leicht, wenn man bedenkt, dass zwar die angewandten Wissenschaften in ihrer Ent- wickelung durcli die Forderungen der Zeit beeinflusst, hier gehemmt, da gefördert werden, dass aber eine reine Geisteswissenschaft, wie die Mathematik, in ihrer Aus- bildung unentwegt vorwärts schreitet, da die treibenden Kräfte nur in ihr selbst wirken. Wie diese Kräfte nun gerade in unserem .Jahrhundert zur Entstehung einer Geometrie des vierdimensionalen Raumes drängten, sei der nächste Gegenstand unserer Betrachtung. Schon lange war es den Mathematikern aufgefallen, dass für einen der elementarsten geometrischen Sätze, betreffend die Winkel, welche eine Gerade mit zwei Parallelen bildet, ein strenger Beweis nicht erbracht werden konnte, so dass derselbe als eine unbewiesene Thatsache unter dem Namen „Parallelenaxiom" (IL Axiom des Euklid) in den Lehrbüchern seine Stelle fand. Dieser Umstand führte schliesslich mehrere Geometer auf den Gedanken, die Grundzüge einer Geometrie zu entwickeln, in welcher dieses Axiom nicht galt, also auch nicht be- wiesen zu werden brauchte. Natürlich wurden in dieser „nichteuklidischen" Geometrie alle diejenigen Resultate, die sonst aus jenem Axiome folgten, durch neue, unseren gewohnten geometrischen Anschauungen und Begriffen widersprechende ersetzt. Namentlich zeigte sich, dass in der nichteuklidischen Geometrie die Winkelsumme eines Dreiecks kleiner als 180" war. Später fand man, dass noch eine dritte Geometiie erdacht werden konnte, in welcher jene Summe grösser als 180° gefunden wurde. Theoi'etisch erschienen alle drei Arten der Geometrie als gleichberechtigt, aber es mussten die beiden neu gefun- denen Arten so lange als widersinnig betrachtet werden, als man nicht ein Gebiet angeben konnte, in welchem sie wii'klich galten. Nun stellte sich aber heraus, dass die letztgenannte Geometrie keine andere war als die der (konstant positiv geki'ümmten) Kugelfläche, vorausgesetzt, dass man die grüssten Kugelkreise als gerade Linien der Kugelfläche auffasste; und auch für die nichteuklidische Geometrie wuixle eine (konstant negativ gekrümmte) Fläche gefunden, auf welcher sie unter entsprechenden Voraussetzungen Geltung fand.*) Diese Flächen erliielten nun durch die besonderen Geometrieen, die man für sie gefunden, g-ewissei'massen gleichen Rang mit der Ebene (Fläche mit der Krümmung Null); und wenn man nun alle drei Flächen als zweidimensionale Räume bezeichnete, die sich nur durch die Beschaffenheit ilrrer Krümmung unterschieden, so konnte es nicht ausbleiben, dass man diese neuen Vorstellungen auch auf den dreidimensionalen Raum zu übertragen suchte, und neben den bisher allein betrachteten Weltraum, der jetzt als einziges uns be- kanntes und zugängliches Exemplar der Gattung „drei- dimensionaler Raum mit der Krümmung Null" erschien, *) ]Seispiele für die oben erwähnten Dreiecke liefern: 1. im Falle der ziiletzfgenannten Geometrie ein Dreieck auf der Erdkugel, begrenzt von einem Aerinatorbogen und zwei aus seinen Endpunkten nach einem l'ol gellenden Meridianbogen; 2. im Falle der nicbt- euklidischen Geometrie ein ebenes Dreieck, gebildet aus drei Kreis- bogen, welche einem in der Dreiecksfläche gelegenen Punkte sämt- lich ihre convex gekrümmte Seite zuwenden. Nr. 6. Natunvissenschaftliclie Wochensclirift. 43 noch zwei Arten von Räumen setzte, einen positiv und einen neg-ativ g-ekriimraten. Selbstverständlich verzichtete man hier von vornherein auf jeden Versuch, einen der- aitigen Raum wirklich aufzufinden; auch war man in der Erkenntnis der Bedeutung- der abstrakten Geometrie schon weit genug vorgeschritten, um diese Räume nicht deshalb als widersinnige Denkprodukte zu verwerfen, weil unsere Erfahrung über die Existenz eines einzigen krümraungslosen Raumes uns verbot, diese Räume als wii-klich existierend anzusehen. Dieselben waren eben Produkte mathematischer Ueberlegung, wie tausend an- dere geometiische Gebilde, nur dass sie der Anschau- lichkeit entbehrten. Nun lehrte aber die Geometrie, dass alle ebenen und gekrümmten zweidimensionalen Flächen in unserem dreidimensionalen krümmungslosen Welträume existierten, oder konstruiert, oder wenigstens gedacht werden konnten, und es lag daher wieder nahe, für die drei Arten des dreidimensionalen Raumes ein gemeinsames krümmungs- loses vierdimensionales Gebiet anzunehmen, in welchem sie alle Platz finden konnten, und zwar nicht in je einem, sondern in beliebig vielen Exemplaren. Dieses Gebiet ist der vierdimensionale Raum der Mathematik. Die Methode der Analogie, welche uns hier aus dem Gebiete des dreidimensionalen Raumes in das des vier- dimensionalen geführt hat, gestattet sofort den Schluss. dass dieser abstrakte Piozess der Raumbildung beliebig weit fortgesetzt werden kann, und in der That besitzen wii' schon zahlreiche Resultate der Geometrie, welche für einen Raum von beliebig vielen Dimensionen gelten. Neben den Betrachtungsweisen der nichteuklidischen Cieometrie boten sich aber auch noch andere Wege, um zu einer Ausdehnung des Raumbegriffes auf mehi' als drei Dimensionen zu gelangen. Namentlich hätte die von alters her bekannte und seit Descartes, wie im Ein- gange erwähnt, zur Auffindung neuer Wahiheiten plan- inässig ausgenutzte Anwendung des Zahl- und Massbe- griffes auf die Geometrie schon längst zur Ausführung jener Verallgemeinerung führen können, wenn nur irgend eine zwingende Veranlassung dazu sich geboten hätte. Bedenkt man nämlich, dass eine einfache Zahl a die ]^änge einer gemessenen Strecke darstellt, die zweite Potenz dieser Zahl, a-, den Flächeninhalt des über der Strecke a als Seite errichteten Quadrates, und die dritte Potenz a^ den Rauminlialt des über diesem Quadiate als Grundfläche konstruierten Wüi-fels, so entsteht naturge- niäss die Frage nach der geometrischen Bedeutung dei- folgenden Potenzen a*, a^ u. s. w., und man sieht leicht, dass diese Grössen die Resultate der einfachsten Inhalts- bestimmungen in den Räumen mit 4, 5 und mehr Di- mension sind, sobald man sich nur entscUiesst, diesen Räumen und den für sie geltenden Geometrieen das Bürgeirecht in der Geometrie zu gewähren, trotzdem dass die Anschauung uns hier überall im Stich lässt. — Da ferner eine Gleichung als algebraische Ausdrucksform für einen Punkt, eine Linie oder eine Fläche angesehen werden kann, je nachdem sie 1, 2 oder 3 veränderliche Grössen enthält, so ergiebt sich von selbst die Frage nach der geometrischen Bedeutung einer Gleichung mit 4 und mein- Vei'änderlichen. Und auch diese Bedeutung wird in den Räumen mit 4 und mehr Dimensionen ge- funden. Wenn nun auch, wie gesagt, diese Uebeile- gungen nicht die Veranlassung zur Aufstellung des Be- griffs mehrdimensionaler Räume geworden sind, so sieht man doch, wie einfach diese Räume sich in den Rahmen geläutiger geometrischer Vorstellungen einfügen, und wie brauchbar sie sind, um die sonst nur in beschränkten Grenzen mögliche gegenseitige Verwandlung algebraischer und geometrischer Betrachtungen und Resultate beliebig weit auszudehnen. Wir haben oben g-esehen, dass die Geometrie ur- sprünglich den Charakter einer Erfahrungswissenschaft besitzt, und zwar nicht nui', weil die Ausgangspunkte ihrer Betrachtungen in dem Erfalirungsraume und der in demselben verteilten Körperwelt liegen, sondern auch, weil sie beständig in der Lage ist, die Richtigkeit ihrer Ergebnisse durch die Uebereinstimmung derselben mit den Thatsachen der Wirklichkeit messend zu kontrolieren. Da aber anderseits die geometrischen Gebilde neben ihrer Verkörperung (wozu auch Zeichnungen und alle sonstigen Hilfsmittel der Anschauung zu rechnen) auch eine ideale Existenz in unserem Geiste besitzen, und sogar erst in diesen gedachten und vorgestellten Gebilden ihre Eigen- schaften in voller Reinheit zum Ausdruck kommen, so muss es nicht nur möglich sein, die Geometrie, wie längst üblich, in dem Sinne als reine Geisteswissenschaft auf- zufassen und zu entwickeln, dass man, den Begriff des Weltraums und die Grundaxiome abgerechnet, von der Erfahrung gänzlich Abstand nimmt, sondern es muss auch möglich sein, die Anzalü der Dimensionen des betrach- teten Gebietes (Gerade, Ebene oder Raum) als neben- sächlich anzusehen und eine Geometrie zu entwerfen, deren Wahrheiten in jedem Gebiete von beliebig vielen Dimensionen gelten. Zu dieser abstrakten Wissenschaft würden dann unsere Geometrieen der Ebene und des Raumes in dem Verhältnis stehen, dass sie specielle Fälle derselben darstellen, welche in den Erscheinungen unserer Körperwelt ein reales Geltungsgebiet besitzen. Diese abstrakte Auffassung der geometrischen Wissenschaft ist nun in der That vor mehr als 40 .Jahren durch Grass- mann begründet und zur Durchführung einer solchen n-dimensionalen Geometrie, der „Ausdehnungslelu-e", ver- wendet worden, wozu allerdings eine besondere analy- tische Methode erforderlich war, die schliesslich von dem parallelen geometrischen Gedankenprozesse sich niu' durch die äussere Form der Darstellung und die Terminologie unterscheidet. Es ist demnach im Ganzen ersichtlich, dass es sich bei diesem Unternehmen nicht nur um einen vierdimensionalen Raum, sondern um ein Gebiet mit be- liebig vielen Dhnensiouen handelt, und dass in dieser abstrakten Geometrie der anscheinende Widerspruch, in welchen sich der Begriff eines mehr als dreidimensionalen 44 Natunvissenscliaftliche Woclienschrift. Nr. 6. Raumes mit den sonstigen Tliatsachen der Geometrie setzt, völlig vei'schwindet. Aus der Art und Weise, wie man zu dem Begritie eines vier- und meln'dimensionalen Raumes gelangt, er- giebt sich nun auch die Methode, wie man diese anfäng- lich leeren Gebiete mit widerspruchsfreien geometrischen Gebilden füllen und an diesen Gebilden Eigenschaften erkennen kann. Es ist einfach die Methode der Ana- logie, die freilich mit umso grösserer Vorsicht gehandhabt werden muss, da die Kontrole der Anschauung, durcli die wir in der Geometrie gewisserraassen verwöhnt sind, liier fehlt. Da wo man eine algebraische Grundlage für die geometrischen Untersuchungen hat, also namentlicii in der analytischen Geometrie des Descartes, ist diese Methode der Analogieschlüsse eine ganz leichte und sichere; denn die Ausdeluiung der algebraischen Be- trachtungen auf mehrdimensionale Gebiete erfolgt nach bestimmten, allgemein anerkannten Gesetzen, und im Uebrigen kommt es nur noch daiauf an, die Eigebnisse der Rechnung in die Sprache dei' Geometrie zu über- tragen. Denn ebenso, wie man aus melireren aufein- andei'folgenden Gliedern einer gesetzmässig gebildeten Zahlenreihe, z. B. 1, 4, 9, 16 . . . oder 1, 3, 6, 10 . . . auf die Grösse aller folgenden scliliessen kann, ebenso ist auch das Verfahren, durcli welches man aus der Ge- stalt der (Jleichungen mit 1, 2 oder 3 veränderlichen Grössen auf die Existenz und die Eigenschaften der ihnen entsprechenden geometrischen Gebilde scliliessen kann, vorbildlich für die Untersuchung von Gleichungen mit noch mehr Veränderlichen und die durch sie darge- gestellten Gebilde. (Fortsetzung folgt.) Ueber die Beziehungen zwischen Funktion und Lage des Zellkernes bei den Pflanzen. Professor G. Haberlandt in Graz hat über das im Titel genannte Thema ein interessantes Buch (.Jena 1887) veröffentlicht. Er bietet in demselben eine Zu- sammenfassung und abgerundete ausführliche Dai'stellung desselben Gegenstandes, über den er schon in der ersten Hälfte des vorigen Jahres in den Berichten der Deutschen botanischen Gesellschaft eine vorläufige Mitteilung ge- macht hat. Der berühmte Botaniker C. Nägel i hat in seinem Werke „Mechanische Theorie der Abstammungslehre" den Begriff des Idioplasma aufgestellt mit der Vorstel- lung, dass dieses derjenige Teil des Gesamt-Plasmas sei, dui'ch welcheu der Organismus die Gesamtheit seiner Eigenschaften bei der Fortpflanzung verei'be: das Idio- plasma ist also der Träger der vereiljlichen Eigenischaften des Organismus. Nach Nägel i tritt das Idioplasma strang- förmig, je nach der Form der Zelle verschiedengestaltig auf. Es wird in den grösseren Pflanzenzellen gewöhnlich innerhalb der Membran die Oberfläche überziehen, ferner auch häufig durch den Zellraum verlaufen und besonders auch im Kern zusammengedrängt sein. Dem Idioplasma gegenüber steht das Ernähiungsplasma. Der Kern wird als ein Magazin von Idioplasma und Ernährungs- plasma angesehen. Die vom Kerne ausgehenden und zu demselben zurückkehrenden Plasma -Strömchen deuten nach dem genannten Autor ohnehin darauf, dass sich hier ein Centrum von Stofl" und Kraft befindet. Sehr bald sprachen sich jedoch mehrere Gelelute: 0. Hertwig, Wasmann, Kölliker, dahin aus, dass das Idioplasma ausschliesslich in den Zellkernen vorhanden sei, eine Ansicht, die sich auf Grund der Beobachtung gebildet hat, dass der Befruchtungsvorgang allein auf dei- Ver- schmelzung des Eikernes mit dem Spermakerne beruht. Dazu kam dann noch die Entdeckung Pflüger 's, dass der Körper des Eies aus gleichartigen Teilen besteht, so dass also nicht bestimmte Organe des Embryos aus ganz bestimmten Teilen des Eiköi'pers hervorgehen. Haberlandt glaubt ebenfalls, dass die Zellkerne die alleinigen Träger des Idioplasmas sind. Sie sind es, welche die besondere Entwickelungsrichtung in den Organismen bedingen und die besondere Ausgestaltung jedes einzelnen Organes, Gewebes und jeder Zelle an- regen und beheiTschen. Wenngleich nicht ohne weiteres behauiitet werden darf, dass in einem künstlichen keinlosen Teilstück einer Zelle der Einfluss des Zellkernes auf das kernlose Plasma aufgehoben ist, da er ja möglicherweise eine „Nach- wirkung" ausübt, so sprechen doch N'ersuche, welche zeigen, was solche ihres Kernes befreite Plasmateile leisten können, ein gewichtiges Wort mit. M. Nuss- baum und A. Gruber haben solche künstliche Teihmgs- versucho an Infusorien voi genommen, und es hat sich als Hauptresultat ergeben, dass kernlose Teilstücke von Infusorien unfähig sind, verloren gegangene Teile zu ersetzen, Neubildungen zu erzeugen und so eine voll- ständige Regeneration zu einem normal gebauten Indi- viduum zu erfahren, daher Gruber den Kern als den „arterhaltenden Bestandteil der ^elle" bezeichnet. Mit Pflanzen sind entsprechende Experimente von G. Klebs ausgeführt worden. Ei- brachte meist Algen-Zellfäden in 16 bis 25iirozentige Rohrzuckerlösung, in welcher Plasmolyse der Zellen eintritt, d. h. der Zellsaft giebt einen grossen Teil seines Wassers an die Lösung ab, was sich durch Zusammenballen des Plasmas und Zurück- ziehen desselben von der Wandung kund tliut. Bei dieser Zusammenziehung des Plasmaköipers durchschnürt sich derselbe häufig und zerfällt in zwei Teüe, von denen der eine den Kein enthält, der andere kernlos ist. Es zeigte sich nun, entsprechend den Beobachtungen an Infusorien, dass nur die kernhaltigen Teilstücke im Stande sind, Sich mit einer neuen Zellwandung zu umkleiden, in die Länge zu wachsen und überhaupt die ganze Zelle voll- ständig wiederzubilden. Was nun die jeweilige Lage des Kernes in seiner Ni-. Naturwissenscliaftliclie Wochensclirift. 45 Zellr anbetiiift, so ist diese iceineswegs beliebig- sondern stellt mit seiner Punktion in Bezielumg, ebenso wie aucli die Lage der ClüoiopliyHkürper in den assimilierenden Zellen von bestimmten Verhältnissen abhängig ist. Mit Nägeli stellt sich Haberlandt die Wirkungsweise des Idiojilasmas im Kern auf das übrige Plasma ausserhalb des Kernes, das Cytoplasma, dynamisch vor, nnd berück- sichtigt man, dass eiue Uebertragung von Bewegungs- zuständen um so gesicherter und vollständiger sein nuiss, je kleiner die Entfernung zwischen den in Bewegung gesetzten Teilen und dem dynamisch wirkenden Apparat ist, so kann es keineswegs gleichgiltig sein, welche Lage der Zellkern in der sich entwickelnden Zelle einnimmt. In der That zeigt denn auch Haberlandt au vielen Beispielen im „speciellen Teil" seines Buches, dass sich der Kein in grösserer oder geringerer Nähe jener Stelle in der Zelle findet, wo besondere Wachstumsvorgänge einzuleiten sind. Die Lage des Kernes in sich ent- wickelnden Zellen ist also häufig keineswegs regellos — wie man stiUscln\'eigend früher annahm — , vielmehr nimmt der Kern in jungen Geweben und Zellen eine je nach der Ali derselben verschiedene, ganz bestimmte Lage ein. Er betindet sich in grösserer oder geringerer Nähe derjenigen stelle, wo das Wachstum der ganzen Zelle und speciell auch — wie unsere Figuren zeigen — wo ein Dicken- oder Flächenwachstum der Zellhaut Fig. 1. Stark versriJssevtfe Kpidtnmiszelleii des Laubblattes von Cypripediuiu in- signe. stark vergrösserte, nahezu vollkommen ausgebildete Epi- dermiszelle der Sameuschale von Scopolina atropoldes. Innenwand und teil- weise auch die Seiten- wände sehr stark verdickt. statttindet. Ist iiielir als eine Stelle im Wachstum be- vorzugt, so nimmt der Kern eine solche cen- trale Lage ein, dass er von den Orten aus- giebigsten Wachstums ungefähr gleich weit ent- fernt ist. In der aus- gebildeten Zelle zeigt der Kern meist eine unbestimmte La- gerung. Bezüglich der Funktion des Zell- kernes schliesst Haberlandt aus den beobachteten Tiiatsachen, dass dieselbe liauptsächlicli mit den Entwickelungsvorgängen zusammenhängt, und dass der Kern beim Wachstum der Zelle, speciell beim Dicken- und Flächenwachstum der Zellhaut eine Rolle spielt. Da- mit ist nicht ausgeschlossen — bemerkt unser Autor aus- drücklich — , dass er in dei' ausgebildeten Zelle eventuell noch andere Funktionen zu erfüllen hat. Als Hauptergebnis seiner Arbeit stellt Haberlandt den Satz auf: ,.Die Lage des Kernes in sich entwickelnden Pflan- zenzellen steht in der Regel in Uebereinstimmung mit der Funktion des Zellkernes als Trägers des die Ent- wickelung beherrschenden Idioplasmas." H. P. Kleinere Mitteilungen. Eine Reise nach dem Jana -Lande und den Neu- Sibirischen Inseln. — Blu-oh Eduard v. Toll bericlitetc in der ' am 3. März d. J. abgelialteiien Sitzung der Gesellschaft für Erd- kunde zu Berlin über seine, in Begleituntr des Dr. Bunge nach ; den Neu-Sibirischen Inseln unternommene Reise. Die Reisenden ' verüessen im Dezember 1884 Petersburg, am .5. März des folgenden Jahres Irkutsk am Baikal-See. gelangten über Jakutsk die Lena i abwärts bis zu dessen östlichem Zuflüsse Aldaii, den sie eine Strecke weit verfolgten, nnd passierten dann nordwärts einen Pass, um da.s noch wenig bekannte Tlial der Jana, welche in das Eismeer mündet, zu besuchen. Das Tliermometer zeigte hier am 26. April — .38" 0. '. Im Winter sinkt das (Quecksilber oft bis tief unter — 50" herab. Für die weitere Reise nordwärts, die schnell im Schlitten zurückgelegt wurde, musste die l'elzbekleidung der zunehmenden Kälte wegen bedeutend vermehrt werden, [n der von Jakuten .spärlich bewohnten Gegend sind Stationen nur alle 20 bis 24 Stunden anzutreffen. Am L Mai war Wercho.jansk erreicht, welcher Ort schon jenseits des Polarkreises liegt. Die Jana wurde am 1. .Juni eisfrei. Im August befanden sich die Reisenden an der Mündung dieses Flusses und an der Küste des Eismeeres. Hier liegt der Ort Kasatsclije. Von demselben aus wurde in westlicher Richtung ein Ausflug quer durch die Tundra nach Bnlun an der Lena unternommen. Der arktische .Sommer machte sich hier durch die unermesslich vielen Mücken in empfindlicher Weise bemerkbar. Die Reisenden schützten sich gegen diese Plage durch Rauch und doppelte Schleier. Zurückgekehrt nach der Jana richteten sie ihre Winterquartiere ein. Die Nähe des Meeres milderte die Kälte, welche im Binnenlande viel inten- siver ist; nur zweimal im Winter stand das Thermometer tiefer als — 50" C. Im April 1886 wurde die Reise fortgesetzt, zunächst um den Mammutplatz aufzusuchen, der unter 71" n. Br. 35 Meilen Ostlich von Kasatsclije liegt. Man sah den wohlerhaltenen Kadaver eines Mammuts teilweise in gefrorenem Lehm steckend auf einer mächtigen Bisschicht liegen; die Weichteile waren so gut erhalten, dass einer von den Eingeborenen Fleischstücke von den Gelenk- kapseln der Ulna behaglich verspeiste Vermittelst Hundeschlitten fuhr man alsdann zum Kap Swjatoi Noss und erreichte von hier aus bald die 10 Meilen vom Kap entfernte Ljachofski-Insel, die nächste der Neu-Sibirischen Inseln, wohin die Schlitten in neun Stun- den gelangten. Die Expedition blieb auf den Inseln bis zum Winter und benutzte die Zeit zu wissenschaftlichen Sammlungen und Beob- achtungen. Am 10. Juli war das Thermometer auf -f- 10" C. ge- stiegen. Der Pfl.mzenwuchs der Inseln ist sehr gering. Insekten sind zahlreich. Auch die Vogelwelt ist reich vertreten. Von Säuge- tieren wurden Bisbären, Eisfüchse und wilde Renntiere gefunden. Auf der Ljachofski-Insel befinden sich die Kiwchenlager ausge- storbener Tiere, die namentlich vom Mammut. Nashorn und Moschus- ochsen herrühren. Die Mammutzähne locken viele Elfenbeinsammler nach den Inseln, die den ganzen Sommer auf diesen zubringen. Mitte Dezember 1886 kamen die Reisenden wieder in Kasatschje auf dem Kontinent an und kehrten nach Petersburg zurück. Das über diese Reise ausgearbeitete Werk, betitelt „Expedition nach den Neu-Sibirischen Inseln und dem .Jana-Lande", bildet den in diesem Jahre in St. Petersburg erschienenen III. Band der dritten Folge der „Beiträge zur Kenntnis des russischen Reichs" und ent- hält sechs Karten. H. J. Kolbe. lieber die giftigen Spinnen Russlands, von denen drei ein besonderes Interesse haben, hielt Prof. Dr. Kobert in einer der letzten .Sitzungen der Dorp. Naturf -Ges. einen Vortrag. I. Die Solpuge, Galeodes araneoides Pall.. wird, da es kein eigentliches russisches Wort dafür giebt. vom Volke Phalaug genannt, ein Wort, welches Aristoteles für giftige Spinnen über- haupt eingeführt hat, und das von Linne dafür acceptiert wurde. Die erste genaue Kunde und zugleich leider auch die letzte stammt von dem Akademiker Pallas (1778). Danach soll sie ausserordent- lich giftig sein und Menschen und Tieren gefährlich werden. Es ist aber jetzt wieder in Frage gestellt, ob sie giftig ist oder nicht. Experimente wurden über die Giftwirkung wenigstens nie angestellt und von keinem Zoologen die Anwesenheit der Giftdrü.se nachge- wiesen. Dass ihr Biss eine starke Verwundung setzt, ist bei der Grösse des Tieres natürlich selbstverständlich und soll nicht be- stritten werden. IL Die Tarantel. Trochosa singoriensis Lax., ist mit der italienischen nicht identisch und scheint weniger giftig als diese zu sein. In Berichten des vorigen Jahrhunderts wird zwar oft von der „giftigen Tarantel" gesprochen, es ist jedoch nur sehr selten 46 Naturwissenschaftliche Woehenschi-ift. Nr. 6. darunter die Trochosa zu verstehen. Wenn sie überhaupt dem Menschen gefährlich wird, so ist dies in den Monaten Juli und August der Fall. In anderen ist sie so wenig bösartig, dass in manchen Gegenden die Kinder mit ihr spielen können. An der Existenz ihrer Giftdrüsen ist nicht zu zweifeln ; pharmakologische "V'ersuche über das Gift liegen aber nicht vor. Hofi'entlioh findet sich noch Gelegenheit, solche in Dorpat anzustellen. III. Die Malmignatte, Lathrodectus tredecimguttatus Walk., kommt in Russland in einer bunten und einer schwarzen Varietilt vor. Letztere wird Kara kurt, d.h. schwarzer Wolf, in anderen Gegenden auch schwarze Wittwe genannt, llit Un- recht hat Prof Kessler dieses Tier als ungiftig bezeichnet, da.sselbe ist vielmehr, wie beispielsweise MotschuLski behauptet hat. enorm giftig und ist dadurch schon den Schriftstellern des Altertums auf- gefallen. 1839 wurden von ihr an der unteren Wolga 7000 Rinder getötet. Pur Pferde und Kamele ist sie aber noch viel gefährlicher, so dass in manchen Gegenden 33 Prozent aller Kamele daran zu Grunde gehen. Auch Berichte über Todesfälle nach ihrem Biss bei Menschen liegen bereits aus Spanien. Italien und Russland (z. B. von Ucke) vor. Vortragender untersuchte die Wirkung des Giftes der leben- den und der toten Spinne an Ratten, Vögeln, Katzen, Hunden und Fröschen. Für alle diese Tiere ist dasselbe gleich gefthrlich; selbst der Igel kann demsalben nicht widerstehen. Ob das .Schaf es ver- mag, ist noch nicht ausgemacht, nach den Berichten der Reisenden aber denkbar. Kobert verbreitete sieh weiter über das Zustande- kommen der Wirkung, die das Blut und das Herz .sowie wahrschein- lich auch das Zentralnervensystem betrifft. Das Gift lähmt die ge- nannten Organe noch bei mehr als millionenfacher Ver- dünnung und ist hinsichtlich der Stärke seiner Wirkung nur mit dem Schlangengift zu vergleichen. Wie dieses, ist es bei innerlicher Darreichung ganz unwirksam. Wahrend aber das Schlangengift sich nur in der Giftdrüse und nicht im übrigen Körper findet, wird das Malmignattengift im ganzen Körper und selbst in den Beinen und in den unentwickelten Eiern ange- troffen. Seiner chemischen Zusammensetzung nach ist es eine Ei- weisssubstanz und zwar ein sogenanntes Ferment. Daher wird es durch Kochen vernichtet, während das Schlangengift selbst bei mehr- minutlichem Kochen seine Wirksamkeit behält. An eine Identität beider Gifte kann also gar nicht gedacht werden. s. Der grösste Ammonit. — Im Münsterlande ist, wie Prof Landois in derZeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. mitteilt, im vorigen Sommer ein Ammonit (Ammonites Coesfeldensis) gefunden worden, der durch seine Grösse gerechtes Staunen erregt und das grösste bekannte Weichtier überhaupt bilden dürfte. Während die grö.ssten bisher gefundenen Ammoniten etwa 1 m Durchmesser hatten, zeigt dieser bei 35 cm Dicke 1,50 m Durchmesser. Da daran nun auch noch die mindestens V2 Umfang einnehmende Wohukaramer fehlt. ,so muss das Gehäuse des lebenden Tieres mindestens 2,40 m Durch- messer besessen haben. Das Gewicht des versteinerten Restes be- trägt 25 Centner 1 Denkt man sich das ausgewachsene Gehäuse gestreckt, so ■würde schon der letzte Umgang eine Länge von mehr als 7,5 m haben. Was wollen gegen solche Rie.senformen die grössten, versteinerten Formen der zweiten Cephalopodenabteilung, die 2 ni langen Orthocer>^n sagen? — Der genannte Riesenanimonit fand sich in der obersten Kreide, und es hat von je Wunder genommen, dass gerade in dieser Schichtengruppe. in welcher die Ammoniten auf der ganzen Erde plötzlich ausstarben, die grössten Individuen auftreten. Eine Erklärung hierfür ist bisher nicht gegeben. Vermutungsweise hat Carus Sterne ausgesprochen, dass diese Tiere einen Meister in der Gefrässigkeit gefunden haben könnten in dem verwandten Stamm der gehäuselosen Tintenfische, welcher sich seitdem mannig- facher entfaltete und sie aus dem Felde drängte. Sind doch von diesen Tintenfischen („Polypen") Exemplare beobachtet worden, die mit ausgestreckten Armen 30 Fiiss mästen. Dr. B. Zimmermann. Donner und Blitz. — Bekanntlich kann aus der Zeit, welche zwischen dem Sichtbarwerden eines Blitzes und dem Hörbar- werden des darauffolgenden Donners verstreicht, auf die Ferne der heranziehenden Entladungssteile (die Entfernung des Gewitters) ge- schlossen werden. .Jede Sekunde, die nach einem Blitze donnerlos verläuft, entspricht nach dem Gesetze der Schallbewegung annähernd einer Entfernung von 330 m, so dass -- da man mehrfach 40 Se- kunden zu zählen vermochte — der Halbmesser des ganzen Schall- kreises eines Blitzschlages eine Länge von nahezu 2 Meilen ^ 15 fcw haben kann; nach einigen Angaben betrug derselbe bisweilen sogar 3, ja 4 Meilen; der Kreis des Blitz seh ein es in der Nacht ist bei weitem grösser (sein Halbmesser kann 30 Meilen = 225 km betragen), da das Licht der Gewitterwolke von den höchsten Cirruswolken zurückgeworfen werden kann. Da der Donner längs der ganzen Blitzbahn entsteht und zwar wegen der grossen Blitzgesohwindig- keit, die sich für 1 km nur auf zehntausendstel Sekunden belauft. inneihalb sehr kurzer Zeit, weil aber ferner die Fortplianzung des Schalles verhältnismässig langsam geschieht, so werden wir das- jenige Donnergeräusch zuerst hören, welches an der uns zunächst gelegenen Stelle der Blitzbahn entsteht, während die weiteren Schall- wellen in drm Masse später nachfolgen werden, als sie an ferneren Stellen ihren Ursprung nehmen. Deswegen können wir auch aus der Dauer eines Donnerschlages einen gewissen Schluss auf die Länge der Blitzbahn machen (genauer zunächst nur auf die Länge des Teiles der Bahn von dem dem IJeobacliter am fernsten bis zu dem ihm am nächsten gelegenen Punkte), wenn wir ausserdem die Richtung der Bahn in Betracht ziehen. Als grösste Länge hat sich so SdOOm, als durchschnittliche 1000 m ergeben. — Die Ursache der Lufter- schütterung, welche sich uns als Donner kundgiebt, hat man in der Wärmeausdehnung der Luft erblicken wollen. Ueber eine solche selbst ist aber nichts bekannt; es ist noch sehr zweifelhaft, ob der Blitz, welcher in festen Körpern eine grosse Erhitzung zu erzeugen ver- mag, wie es insbesondere die Blitzrühren lehren, in dünnen oder lockeren Stoffen, welche ausweichen können, auch nur entfernt ähn- liche Wirkungen nach sich zieht. So wird z. B. trockenes Schiess- pulver durch einen Blitzschlag auseinander gestreut, ohne zu zünden. Zudem müsste, damit ein Schall entstehen konnte, die Luft nach der Ausdehnung plötzlich wieder an Dichte zunehmen, die Wärme also plötzlich verlieren, was nicht anzunehmen ist. In dem vorigen Jahr- gange (1887) der Zeitschrift „Das Wetter" wird daher die Ansicht ausgesprochen, dass die Ursache des Donners in der plötzlichen mechanischen Ausdehnung und in dem ebenso plötzlichen Zu- sammenschlagen der Luft längs der ganzen Bahn zu suchen ist. Diese Ansicht stützt sich auf die Thatsache, dass der Blitz auf die von ihm getroffenen Körper mechanisch zerreissend, zersprengend wirkt. — Käme es bei der Entstehung des Donners bloss auf Er- hitzung an, so müsste derselbe auch bei Meteoriten zu hören sein, die in der Atmosphäre bis zu 6000" C. erhitzt werden, während bei ihnen doch nur ein kurz dauerndes Geräusch unterschieden werden kann, das vielleicht von einer Explosion herrührt. Dr. K. F. Jordan. Ausnutzung des Niagarafalles zur Elektricitäts- erzeugung. — Die von Dr. William Siemens vor längerer Zeit gegebene Anregung, die Wassertalle zum Betriebe von dynamo- elektrischen Motoren zu benutzen, ist nach dem „Centralblatt für Elektrotechnik" bei den berühmten Niagarafällen ausgeführt worden. Die Anlage wird den umliegenden Ortschaften gi'ossen Vorteil ge- währen, da die Kosten sehr geringe sind. Dabei ist der Bezirk, welcher von dieser Stelle aus mit Elektrioität versehen werden soll, ein sehr ausgedehnter, denn sogar das 32 h» entfernte Buft'alo ver- langt allein ein Zehntel der gesamten Kraft zum Betriebe der elek- trischen Beleuchtung. Vorläufig wird den Fällen nur ein Prozent des Wassers entzogen, doch wird man wohl in kürzerer oder längerer Zeit eine neue Anlage machen müssen, da die Anfragen wegen des Anschlusses an das elektrische Stromnetz sich ausserordentlich häufen. A. G. Das grösste astronomische Fernrohr der Erde. — Für die Lick-.Sternwarte in Kalifornien ist von den Mechanikern Warner und Swassey in Cleveland (Nord-Amerika), wie die Zeitschrift für Vermessungswesen mitteilt, ein Ferni'ohr hergestellt worden, dessen Grösse alles ähnliche in den Schatten stellt. Das Fernruhr wird von einer quadratischen gusseisernen Säule getragen, die nicht weniger als 360 Zentner wiegt und für sich die Höhe eines dreistöckigen Gebäudes besitzt. Diese Säule trägt zunächst einen 80 Zentner schweren Aufsatz, innerhalb dessen sich eine 28 Zentner wiegende Stahlaxe von 10 Puss Länge befindet, welche der Erdaxe parallel gerichtet ist. An dieser befindet sich wieder die 10 Puss lange und 23 Zentner schwere Deklinationsachse. Die letztere wieder hat das Rohr zu tragen, welches, bei einer Länge von 50 Puss, aus dünnem Stahlblech hergestellt ist. Das Objektivglas, dessen Durchmesser 36 Zoll und dessen Gewicht 638 Pfund beträgt, lässt eine 4000fache Vergrösserung zu. Die verschiedenen Teilkreise werden durch elek- trisches Glühlicht beleuchtet und können vom Okularende des Fern- rohres abgelesen werden. Desgleichen kann man jede dem Instru- mente zu erteilende Bewegung vom Okularende aus bewirken. Damit der beobachtete Himmelskörper immer in der Mitte des Sehfeldes bleibt, wirä das Fernrohr durch ein genau reguliertes Uhrwerk um seine Achse gedreht, so dass es der Bewegung des Objekts folgt. Wenn das Instrument nach dem Zenith gerichtet ist, so hat das Objektivglas eine Höhe von 22 m über dem Säulenfuss. Das Ge- wicht des ganzen In,strumentes beträcr 650 Zentner. A. Gutzmer. Astronomischer Kalender. — Am 2. Mai geht die Sonne auf um 4 Uhr 26 Minuten, sie geht unter um 7 Uhr 26 Minuten; Mondaufgang 2 Uhr 0 Minuten früh, Untergang mittags 11 Uhr 5 Minuten. Am Ö. Mai geht die Sonne auf um 4 Uhr 14 Minuten, sie geht unter 7 Uhr 38 Minuten; Moudaufgang nachmittags 4 Uhi- 14 Minuten, Untergang abends 7 Uhr 38 Minuten. Am 2. Mai nachts Nr. 6. Naturwissenschaftliche Wocliensclirift. 47 12 Uhr 40,7 Jliiuiton Irrzres Viertel. Um ilie biiri^rrliclic Zeit aus der wuhrt'U Sinmenzeit zu erluilteii, muss man vmi der letzteren ab- ziehen am '2. Mai '■^ Minuten 15.9 Sekunden, am 9. Mai .'! Minuten 44.4 .Sekunden. Dr. V. I'latü. Fragen und Antworten. An welcher Stelle sagt Darwin in seinen Werken von dem ersten oder den ersten Wesen, von welchen die übrigen abstammen sollen, „dass diese von Gott geschaffen worden seien"? (Vergl. „Naturwissensehaftliche Woehenschrit't" Bd, 1 .Seite 181). Auf .Seite 488 der ersten deutschen Uebersetzung des Darwin- schen liuche.'i über die Entstehung der Arten, die wir H. G. Bronn verdanken (E. Schweizerhart. — .Stuttgart 1860), findet sich der folgende Satz: .... Daher ich annehme, dass wahrscheinlich alle organi- schen Wesen, die jemals auf dieser Erde gelebt, von irgend einer Urform abstammen, welcher das Leben zuerst vom Schöpfer einge- baucht worden ist." In späteren Auflagen (z. B. Seite .57.3 der 6. deutschen von J. Victor Carus besorgten Auflage. — Stuttgart 1876) lässt Darwin an dieser Stelle jedoch den Schöpfer weg und der ent- sprechende Satz lautet hier folgendermassen : „ . . . . Und wenn wir dies zugeben, so müssen wir auch zu- geben, dass alle organischen Wesen, die jemals auf dieser Erde ge- lebt haben, von irgend einer Urform abstammen." Allein der Anfang des Schlusssatzes des ganzen in Rede .stehenden Werkes lautet in allen Auflagen : „ .... Es ist wahrlich eine grossartige Ansicht, dass der .Schöpfer den Keim alles Lebens, das uns umgieht, nur wenigen oder nur einer einzigen Form eingehaucht hat, ...."" Litteratur. Prof. Dr. B. Schwalbe: Griechisches Elementar- buch, Griindzüge des Griechischen zur Einführung in das Verständnis der aus dem Griechischen stammenden Fremd- wörter. Berlin, S. Reimer 1887. Preis gebunilen 3,20 JC. Das vurliegende Buch enthält eine praktische und theuretische Widerlegung der Ansicht, dass ohne die auf den humanistischen Gj-m- nasien gebotene Kenntnis der griechischen Sprache die Erklärung und das Verständnis der wissenschaftlichen Nomenklatur überhaupt unmöglich sei. Es wäre ja auch kläglich, wenn man eines so rein äusserlichen Zweckes willen die edle Sprache der Hellenen auf den Gymnasien 6 .Tahre hindurch gelernt würde. Ist ja doch auch in jeder Wissenschaft die Sachkenntnis das eigentlich wesentliche und wichtige, während die Wortkenntnis nur V'okabelwert besitzt. Schwalbe zeigt, dass die Deutung der aus demGriechischen stammen- den termini technici auf einfachere und leichtere, aber doch rationelle Weise erreicht werden kann. Er zeigt aber auch, dass in der Medizin, Mathematik, Naturbeschreibung, besonders aber in der Chemie und Physik neugebildeten Worte keineswegs alle mit dem Primaner- griechisch zu erklären sind, dass die meisten Klassizisten „sich mit der Empfindung begnügen, da.ss das Wort aus dem Griechischen stammt." (_Wie viele Philologen werden in diesen Wochen um die Erklärung des Wortes „Perichondritis" auch von „klassisch Ge- bildeten" angegangen worden sein!'?). Es ist sehr dankenswert, dass Schwalbe mit grosser Sorgfalt und Umsicht „aus der Summe der griechischen Sprachkenntnis heraus, ■wie sie auf dem Gymnasium erlangt wird, dasjenige zusammenstellt, ■was für das Wort Verständnis des gewöhnlichen Lebens und der wissenschaftlichen Nomenklatur von Wichtigkeit ist"; er leistet damit auch uns gymnasial Gebildeten einen grossen Dienst. Aber noch mehr haben ihm diejenigen für das Buch zu danken, welche einen realistischen Bildungsweg zurückgelegt haben; denn sie gewinnen daraus jedes wünschenswerte Wortverständnis für die dem Griechi- schen entlehnte Nomenklatur Diese Nomenklaturen sind übrigens grossenteils recht willkürlich -gewählt und erfordern die Kenntnis der verschiedensten Sprachen, wie Schwalbe u. a. in seinem Vortrage auf der deutschen Naturforscherversamralung 1886 dargethan hat. Die Grundsätze, nach welchen er sein Elementarbnch ausge- arbeitet hat, legt der Verfasser im Vorworte ausführlich dar; wir können denselben nur beistimmen. Auch an der Ausführung des Planes im Einzelnen dürfte wenig auszusetzen sein Die Beispiele für die Lese- und Uebersetzungsübungen sind recht passend gewählt; erwünscht aber wäre die Hinzufügung einer kurzen Quellenangabe. Die interlineare Uebersetzung könnte für wissenschaftlich Gebil- dete etwas freier gestaltet sein. Und so hätte der eine vielleicht dieses, der andere jenes zu wünschen. Aber jeder wird den grossen Wert dieser ebenso mühevollen als verdienstlichen Arbeit freudig und bereitwillig anerkennen. Das zuverlässige Register macht das Ele- menrarliiieh übrigens auch zu einem wertvoMen Nachschl.agebuch für jeden höln'r Gel)ildetcn. insbesondere für den .Jünger der Natur- wissenschaft. Dr Th. Bach. Direktor des Falk-Real-Gymnasiums zu Berlin. Amsel, H., (Imndzüijc der anorganischen und organischen Chemie als Leitfaden und zu Uepetitionen für Mediziner, Pharmazeuten, Chemiker etc. 8'\ Preis i JC 60 .f. R. Friedländer & Sohn in Berlin. Bungartz, J., Kaninchen-Rasse^}. Illustriertes Handbuch zur Be- urteilung der Kaninchen-Rassen. 8". Preis 2 JC. Creutz'.sche Buchh in Magdeburg. Emmerig, A., Unser nächtlicher Sternenhimmel. 8". M. lUustr. u. 1 Karte. Preis kart. 2 JC. Buchner'sche Verl. -Buchh. in Bamberg. Erde, die, in Karten nnd Bildern. Hand-Atlas in 60 Karten u. 800 lllustr. 25. Lfg. Fol. M. 1 Karte. Preis 80 ,j. A. Hart' leben's Verlag in Wien. Hoppe, J. J., Erklärung der Sinnestäuschungen (Hallucinationen und Illusionen aller fünf Sinne) bei Gesunden und hei Kranken. Beitrag zur Lehre von den Geisteskrankheiten. 4. Aufl. gr. 8". Preis 5 JC. Adalbert .Stuber's Verlagsh. in Würzburg. Israel-Holtzwart, K., Beiträge zur Änu-endung unendlicher Reiheti im Gebiete der Bahnhercchnung der Planeten u. Kometen, gr. 8". Preis '2JC 40 ..f .J. F. Bergmaiui in Wiesbaden. Krieger, R., Gnmdriss der Zoologie. Für höhere Lehranstalten. 2. Aufl. gr. 8^V M. lllustr. Preis 1 JC 60 4, kart. 1 JC 80 4. F. A. Brockhaus in Leipzig. Krist, J., Anfangsgründe der Naturlehre. Ausg. f. Rejilschulen. 5. Aufl. gr. 8*). 264 S. Preis geb. 2 JC 50 4. Wilhelm Brau- müller in Wien. Leuckart, R., u. H. Nitsche, Zoologische Wandtafeln zum Ge- hrauche an Universitäten und Schulen. 26. Lfg. Taf. 57, 62 u. 63. ä 4 Blatt. Lith. u kolor. Fol. Mit Text. 4". Preis 9 .■«•. F. Aufziehen auf Leinw. m. Rollen ^ Taf. 3 JC. Theodor Fischer in Kassel. Pietsch, J., Herleitung und Aussprache der wissenschaftlichen Namen in dem E. F. v. Komeyer'schen Verzeichnisse der Vögel Deutschlands, gr. 8". Preis 2 JC. Carl Gerold's Sohn, Ver- lagsbuchh. in Wien. Rabenhorst's L., Kryptogamen-Flora von Deutschland, Oester- reich und der Schweiz. 2. Aufl. 3. Bd. Die Farnpflanzen oder Gefttssbündelkryptogamen v. Ch. Luerssen. 11. Lfg. gr. 8". Preis "2 JC 40 ..(. Eduard Kummer in Leipzig. Rahmer, S., Physiologie oder die Lehre von den Lehensvorgängen im menschlichen und tierischen Körper. 8. u. 9. Lfg. gr. 8". M. lllustr. Preis pro Lfg. .50 4. Otto Weisert in Stuttgart. Schubert, A., Pflanzenhunde für höhere Mädchenschulen und Lehrerinnen-Seminare. 1. Teil. gr. 8". M". lllustr. Preis geb. 2 JC. Panl Parey in Berlin. Settegast, Die Lehre der Tierzucht, vertreten in der zootechnisoheu Abteilung d. Museums der konigl. landwirtschaftl. Hochschule in Berlin durch Sammlungen. 3. Aufl. gr. 8". M. lllustr. Preis 1 JC. Paul Parey in Berlin. Steinthal, H., L>er Ursprung der Sprache im Zusammenhange mit den letzten Fragen alles Wissens. 4. Aufl. gr 8". Preis 8 JC. Ferd. Dümmler's Verlagsbuchh. in Berlin. Vogel, H., Schulnaturgeschichte. Ausg. B. Ein Wiederholungs- buch für Schüler. 2, Heft. gr. 8". Preis 36 .^. H. W. Schlimpert in Meissen. Wächter, Gh., methodischer Leitfaden für den Unterricht in der Zoologie. 1. u. 2, Tl. gr. 8". Preis 3 jfC 50 4. Inhalt: 1. Die Wirbeltiere. (XIX, 215 S. m. lllustr.) Preis 2 JC. — 2. Die wirbellosen Tiere. (IX, 140 S. m. lllustr.) Preis l JC 50 4. Friedrich Vieweg & Sohn in Braunschweig. Gegen Einsendung des Betrages (mich in BiHef- niarken) liefei'n wir vorstehende Werke franko. Zur Besorgung litterarischen Bedarfes halten wir uns bestens empfohlen. Berlin S>V. 48. Die Expedition der „Naturwissenschaftlichen Wochenschrift". Briefkasten. Herrn L. u. a. — Wir beschränken uns — der Richtung unseres Blattes entsprechend — in unserer Rubrik „Fragen und Antworten" auf die Beantwortung von Fragen aus den Gebieten der Naturwissenschaften. 48 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. fi. Sm^^g'a'b© namentlich Anzeigen aller optischen, chemischen, physikalischen etc. Gerätschaften, Naturalien, Chemikalien, sowie Bücheranzeigen linden weiteste und passendste Verbreitung", Ifir empfehlen unser Jilatt zur Insertion von Stellen- Gesuchen und -Angeboten, sowie zu Anzeigen, welche An- gebote Sachfruge und Tausch n€Uurwis8€nschaftlicher Sammlungen ete. vermitteln. In Ernst Günther's Verlag in Leipzig rrsclninr; Tkie iiieiiNciilicIic M^aiiiilie naoii ihrer Entstehung' und natürlichen Entwir-khing von Hellwald. eferungen zu 1 Mark. wir folgende Uebersicht folgen: 9) Exogamie und Clanbilduiig. 10) Das Matriarchat etc. 11) Polyandrie u. verw. Erscheinungen. 12) Der Frauenraub und seine Folgen. 13) Die Kaufehe und ihre Verbreitung. 14) Das Patriarchat. 15) Die antike Familie. 17) Die vaterliche Familie der neueren Zeit etc. etc. Die Expedition der „Naturwissenschaftliehen Wochen- schrift'' ist in den Stand gesetzt, die erste Lieferung vorzulegen und Bestellung auf die Fortsetzung entgegen zn nehmen. Friedr, v. In 10 monatlichen Li Aus dem reichen Inhalt lassen 1) Die Geschlechter u. d. Paarungstrieb. 2) Werbesitten, Geschlechtsverkehr im Tierreich. 3) Die Familie im Tierreich. 4) Natur- und Urmensch. 5) Das Schamgefiihl u. dessen Aeusse- rungen. 6) Kuss und Liebe. 7) Der Geschlechtsverk. in der Vorzeit. Grundzttge der Meteorologie. Die Lehre von Wind und Wetter nach den neuesten Forsolmngen gemeinfasslich dargestellt von H. MOHN Professor der Meteorologie an der Universität zu Christiania, Direktor des norwegischen meteorologischen Instituts. I>ent$ehe Original-Ansgabe. Vierte verbess. Auflage m. 23 Karten u. 36 Holzschnitten. 1887. ■^^-^^■a Preis gebunden ö Mar Je. : Zu liahen hei der Expedition der „Naturwissenschaftlichen Wochen- schrift", Berlin SW. 48. Gegen Einsendmii; von 1 ^1/ 20 ,( pro Band (:iiieli iu Brief- marken) liefern wir franko: Klein, Dr. Herrn. I., Allgemeine WitternngskundH. Eleg. geb. Taschenberg, Prof. Dr. E., Die In.sekten nach ihrem Nntzen und •Si'hadi'ii Mit 70 Alibildnngen Eleg. geb. Taschenberg, Dr. Otto, Die Verwandlungen der Tiere. Mit 88 Ab- liildiin<;('n. I'^lfg. geb. Becker, Dr. Karl Emil, Die Sonne und die Planeten. Mit 68 Ab- l)ilduiit;en. Eleg. geb. Gerland, Dr. E., Li.lit «nd Wärme. Bieg. geb. Peters, Prof. Dr. C. F. W., Di»' Fixsterne. Mir 69 Abbildungen. Kleg. gell. Lehmann, Paul, Die Erde und der Mond. Eleg. geb. Hartmann, Prof. Dr. R., Die Xillimder. Eleg. geh" Valentiner, Kumeten und Meteore. Mit 62 Abbildungen. Eleg. geb. Wassmuth, Prof. L, Die Elektricitat und ihre Anwendung. Mit 119 Abbildungen. Eleg. geb. Hansen, Dr. Adolf, Die Ernährung der Pflanzen. Mit 74 Abbildungen. Eleg. geb, Berlin SW. 48. Riemann & möller. Neue Preisliste über Coleopteren ist erschienen u. wird an kauti'nde SanunlHrgriiti.'; m. fraiiku eingesandt. K. V. Steigerwald, Entomologe [80] in Choteboi- (P.uhemia). Von Aqiiariefl, Terrarieö, Fontänen, Felsen, Fischen, ReDlilien, Pflanzen, Laubfrosch- u. Wetterliäusclien, Bienenzuchtge- rätlien vers. iihistr. Preisliste gratis W. Siebeneck, Blannheim. (.m) Verbreitung durch Empfehlung treuer Kunden an Freunde fand tausendfach der vorziigl. Holland. Tabak. 10 Pfd. franko 8 M bei B. Becker in Seesen a. Harz [32] MP~ Der heutigen Xuramer unserer „Naturwissenschaftlichen Wochenschrift" liegt ein Prospekt von A. Pichler's Wwe. & Sohn in Wien über empfehlenswerte Bücher, Lehrmittel etc. bei. Band I (Okt. 1887— März 1888) unseres Blattes liefern wir gegen Einsendung von JC 4,20 (in Briefmarken) fran- 1 ko, einzelne Quartale des Bandes gegen Eüiseudimg' von M 2,10- (In Briefmarken.) Einzelne Nummern kosten 25 -j. Die Expedition der „Naturwissenschaftlichen Wochenschrift" Berlin SW. 48. Friedrich-Strasse 226. über 500 Illustrationstafeln und Kartenbeilagen. = Unentbehrlich für jeden Gebildeten. ^^ g MEYERS Konversations-Lexikon Z VIERTE AUFLÄGE. Das 1. Heß und den 1. Band liefert jede Buchhandlung ^\ zur Ansicht, 25G Hefte ä 50 Pfennig. 16 Halbfranzbände ä 10 Mark. Zu hezieheii dur< ii Riemann & nöller in Berlin SW. 48. Friedrichstrasse 22fi. Inserate für Nr. 8 Bei Benutzung der der „Naturwissenschaftlichen Inserate bitten Wir un- "Woehenschrift" müssen si)äte- Sere Leser höflichst, auf stens bis Sonnabend, 12. Mal in die „Naturwissenschaftliche unseren Händen sein. WOChenSChfift" Bozug neh- Die Expedition. man zu wollen. Inhalt: Dr. V. Schlegel; Ueber den sügenannten vierdimensionalen Raum. — Ueber die IJeziehnng-en zwischen Funktion und Lage des Zellkernes bei den Pflanzen. (Mit Abbild.) — Kleinere Mitteilungen: Eine Reise nach dem Jana-Lande und den Neu-Sibirischen Inseln. — Ueber die giftigen Spinnen Russlands. — Der grosste Ammunit. — Donner und Blitz. — Ausnutzung des Niagarafalles zur Klektricitäts-Erzeugung. — Das grös.ste astronomische Fernrohr der Erde. — Astronomischer Kalender. — Fragen und Antworten : An welcher Stelle sagt Darwin in seinen Werken von dem ersten oder den ersten Wesen, von welchen die übrigen abstammen sollen, „dass diese von Gott geschaffen worden .seien"? — Litteratur: Prof. Dr. B. Schwalbe: Griechisches Elenieutarliui.di, (iriindziige des Griechischen zur Einführung in das Verständnis der ans dem Griechischen stammenden Fremdwörter. — Bücherschau. — Briefkasten. — Inserate. Verantwortlicher Redakteur: Dr. Henry Potonie. — Verlag: Riemann & Moller. — Druck: Gebrüder Kiesau. Sämtlich in Berlin. Verlag: Riemann & Möller, Berlin SW. 48, Friedricli-Strasse 226. IL Band. Sonntag, den 18. Mai 1888. Nr. 7. Abonnement: Mau abonniert bei allen Buchhandlungen und Post- -^i- Inserate: Die viergesjialtene Petitzeile 30 -;. Grössere Aufträge anstauen, wie bei der Expedition. Der Vierteljahrsjireis ist M 2.— ; G^p entsprechenden Rabatt. Beilagen nach üebereinkunft. Inseraten- Bringegeld bei der Post 1.') ^ extra. A annähme bei allen Aunoncenbureaux, wie bei der Expedition. Abdruck iüit nnr mit vollständiger <{nellenang;abe getütattet. Ueber den sogenannten vierdimensionalen Raum. Von Dr. V. Schlegel. (Fortsetzung) Schwieiif,'er wird der Fortschiitt in.s Mehrdimensionale i und Kanten jede.smal gleich viele Grenzkörper zusammen- da, wo die rechnerische Begründung dieses Fortschrittes ' treffen. Solcher Gebilde giebt es sechs, und zwar sind nach der Natur der Sache ausgeschlo.ssen oder nur kün.st- die Grenzköi-per in drei Fällen Tetraeder, in je einem lieh zu erlangen ist. Ein Beispiel für diesen Fall bietet > Falle Hexaeder, Oktaeder und Dodekaeder. Dehnt man die Frage nach der Anzahl und Beschaffenheit der so- genannten regulären Gebilde, zunächst im vierdimen- sionalen Räume. Man weiss, dass es in der Ebene re- guläre Vielecke von jeder behebigen Seitenzahl giebt, die das gemeinsame Merkmal haben, dass ihre Flächen von lauter gleichlangen Strecken begrenzt werden, von denen immer je zwei in einem Eckpunkte, und zwar unter lauter gleichen Winkeln zusammenstossen. Die entsprechenden Gebilde des Raumes sind die regelmässigen Körper, die von kongruenten regelmässigen Vielecken begrenzt werden, von welchen in jeder Ecke des Körpers eine gleiche Anzahl zusammenstösst, Avährend in allen Kanten je zwei Flächen unter gleichen Winkeln zu- sammentreffen. Solcher Körper giebt es bekanntlich nur fünf. Unter diesen werden drei von gleichseitigen Drei- ecken begrenzt, von welchen in jeder Ecke drei (beim Tetrai'der) oder vier (beim Oktaeder l oder fünf (beim Ikosaeder) zu.sammenstossen ; einer (der Würfel oder das Hexaeder) wird von Quadraten, einer (das Dodekaeder) von regelmässigen Fünfecken begrenzt, wobei jedesmal drei Grenzflächen um eine Ecke gelagert sind. Es ist nun nachgewiesen, dass auch der vierdimensionale Raum ganz analoge regelmässige Gebilde besitzt, die ihrerseits wieder von regelmässigen Körpern begrenzt werden, und zwar so, dass bei jedem dieser Gebilde in allen Ecken diese Betrachtungen auf Räume von beliebig vielen Dimen- sionen aus, so findet sich, dass drei Arten regelmässiger Gebilde in jedem dieser Räume vertreten sind. Die erste Reihe von Gebilden beginnt in der Ebene mit dem gleichseitigen Dreieck, begrenzt von drei kon- gruenten Strecken ; dann folgt im dreidimensionalen Räume das regelmässige Tetraeder (Vi er flach), begrenzt von vier kongruenten gleichseitigen Dreiecken, und im vier- dimensionalen Räume das sogenannte Fünfzeil, begrenzt von fünf kongruenten regelmässigen Tetraedern. Die zweite Reihe beginnt in der Ebene mit dem Quadrat (Viereck), begrenzt von vier kongruenten Strecken, setzt sich im dreidimensionalen Räume fort mit dem Würfel (S echsflach I, begrenzt von sechs kongruenten Quadraten, und im vierdimensionalen Räume mit dem Achtzeil, begrenzt von acht kongruenten Würfeln. Die dritte Reilie beginnt in der Ebene ebenfalls mit dem Quadrate; es folgt im gewöhnlichen Räume das Oktaeder (Achtflach), begrenzt von acht kongruenten Dreiecken, und im vierdimensionalen Räume das Sechzehnzell, begrenzt von sechzehn Tetraedern. Das Bildungsgesetz dieser drei Reihen von Gebilden Ist nach diesen Angaben auch für die höheren Räume leicht zu erkennen. Aber so einfach auch für das abstrakte Denken der Fortschritt in den vierdimensionalen Raum sich oft ge- 50 Natuiwissenscliaftliche Wochenschrift. Nr. 7. staltet, immer wieder macht, sich dt-v Mangii an An- schaulichkeit bei allen Begriffen und Sätzen, welche diesen Raum betreffen, auf das Störendste geltend, und selbst geübte Forscher sind Irrtümern aus diesem Anlass nicht entgangen. Man hat daher auch nach verschiedenen Richtungen überlegt, wie wohl diesem Mangel abzuhelfen sei. Die gründlichste Abhilfe wäre freilich die, dass es uns gelänge, unsei'e geometrische \'()r>tellungskraft in der Weise auszubilden, dass es uns mögiicii A\ürde, vier- dimensionale Gebilde uns im Geiste ebenso vorzustellen, wie es mit den dreidimensionalen Gebilden der J*'all ist. Mau könnte nämlich so argumentieren: Dasjenige Sinnes- organ, welches in erster Unie uns geometrische An- schauungen vermittelt, das Auge, giebt uns ursiirünghch auch nur die Eindrücke von Flächen, also zweidimen- sionalen Grössen. Nicht anders steht es mit dem das Auge unterstützenden Tastsinn. Trotzdem erwerben wir uns vom Beginn unseres Lebens au allmählich die Fähig- keit, die uns umgebende Körperwelt als eine dreidimen- sionale zu erkennen, und ebenso auch nach Belieben, ohne Zuhilfenahme des Auges, uns di-eidimensionale Ge- bilde aller Art so anschaulich vorzustellen, wie wir es zum Zwecke geometrischer Einsicht nur \ erlangen können. Dass im übrigen diese letztere Fähigkeit, sich räumliche Dinge vorzustellen, je nach dem dai'auf verwandten Masse von Hebung eine sehr verschiedene sein kann, thut hier nichts zur Sache. An diese Thatsache Hesse sich nun die Ei'wartung knüpfen, dass, w(;nn nicht das Auge, so doch vielleicht die geometrische IMiantasie das ei'\\ähnte Vorstellungsvermögen so ausbilden könnte, dass zu dem hinzuerworbenen Sinne für die dritte Ausdehnung auch noch der für die vierte treten könnte. Es ist aber leicht einzusehen, dass dieser Gedanke gänzlich hoff- nungslos ist. Dasjenige nämlich, was unsere Wahr- nehmungsfähigkeit für dreidimensionale Dinge erzeugt und ausbildet, ist erstens die Erfahrung, welche wir teils mittelst des Auges durch die Bewegungserschei- nungen unseres eigenen Körpers und der uns umgebenden Welt, teils mittelst unseres Tastsinnes erlaugen, zweitens unser Urteil, welches die durch Sehen und Fühlen ge- «'onnenen Erfahi'ungen combiniert, und die immer nui' zweidimensional bleibenden Wahrnehmungen des Gesichts- nnd Tastsinnes zu einem der objektiven Wirklichkeit entsprechenden Bilde vereinigt.*) Alier erst diese ge- steigerte Fähigkeit des Gesichtssinnes befähigt uns auch *) Die Hilfe, welche das stereo.skopisohe Sehen mit zwei Augen gewährt, kommt natürlich ehentalLs in Betracht. — Wie sehr übrigens selbst für ein normal ausgebildetes Auge in besonderen Fallen der Mangel jener Erfahrung und jenes Urteils das objektive Sehen beeinträchtigen kann, und wie unbehilliich das Auge in solchen Fällen wird, bemerken wir am besten, wenn wir vom Gipfel eines hohen Berges eine tief unter uns liegende Landschaft betrachten. Dieselbe wird unserem Auge verhältnissmässig eben erscheinen, und so überraschend der durch diesen Umstand gesteigerte Eindruck der Hülii' unseres eigenen Standpunktes ist, ebenso überraschend wird beim Abstieg die Entdeckung von allerlei förmlich unter unseren Augen anwachsenden Unebenheiten sein, von deren Vorhandensein wir oben keine Ahnung hatten. Aehnlichen Täuschungen ist namentlich das Auge des Bewohners der Ebene im Gebirge auch beim horizon- talen Sehen ausgesetzt. zur Bildung von \'orstellungen dreidimensionalen Inhalts, denn mit der Wahrnehmungsfähigkeit wiid gleichzeitig unser Voi'stellungsvei'mögen ausgebildet, welches beständig Veranlassung hat, die Gegenstände dei' Wahrnehmung- innerlich (vor dem „geistigen Auge") zu reproduzieren. Vergleichen wir mit diesen Thatsachen die Bedingungen, unter welchen eine Vor.stellung von vierdlmensionalen Gebilden möglich wäie, so ist vor allem klar, dass hier die wesentliche Grundlage vollständig fehlt, nämlich das Vorhandensein einer vierdlmensionalen Aussenwelt, aus welcher wir die Erfahrungen schöpfen könnten, welche die ursprüngliche Thätigkeit unserer Sinneswerkzeuge ergänzen würden. Es ist daher auch dem Geiste un- möglich, sich irgend welche Voi'stellungen auf diesem Gebiete zu bilden. Denn wenn der Geist auch frei schaffen und sich Dinge vorstellen kann, die das Auge nie gesehen hat, so bleibt doch dieses Schaffen stets in die aligemeinen Grenzen gebannt, die auch der Wahr- nehmung des Auges gesteckt sind. Mit anderen Worten: wiv können uns nur solche Gegenstände und Gebilde vorstellen, von denen wu', wenn wiv sie nicht schon ge- sehen haben, doch ^\•enigstens begreifen, dass wir sie sehen könnten. Muss nun auf eine direkte Wahrnehmung und Vor- stellung von Gebilden mit mehr als drei Dimensionen endgilti.g verzichtet werden, so kann man zunächst ver- suchen, die vierte Dimension durch irgend ein Surrogat der Vorstellung näher zu l)ringen. Gesetzt, wir betrachten die gewöhnliche pei'spektivisehe Zeichnung eines undurch- sichtigen Würfels, bestehend aus einem Quadrat mit zwei anstossenden Parallelogrammen. Ein im Betrachten solcher Zeiclmungen ungeübtes Auge wird im vorliegenden Falle vielleicht nur die eben erwähnten ebenen Figuren sehen, nicht aber eine Darstellung des räumlichen Körpers. Denn es ist eben bei dieser Abbildung eines Körpers auf einer Ebene eine Dimension verloren gegangen. Erscheint aber etwa das Quadrat in hellgi'auer Färbung, und die beiden Parallelogiainme in zwei abgestuften dunkleren Farbentönen, so kann die Färbung jedes einzelnen Punktes der Zeichnung gewissermassen als ein Surrogat der fehlen- den dritten Dimension angesehen werden, so dass wh' statt mit Länge, Breite und Dicke 'nunmehr zu thun haben mit Länge, Breite und Farbe. Der Nutzen dieses Surrogats bewährt sich sogleich darin, dass es dem Auge dadurch leichter wird, in der Zeichnung die Dai'stellung eines körperlichen Gebildes zu erkennen, weil ein wirk- Ucher Würfel untei' gewöhnlichen Beleuchtungsverhält- nissen ähnliche Abstufungen in der Färbung seiner sicht- baren Flächen zeigt. In ähnlicher Weise könnte man allgemein sagen, dass bei einem in Farben ausgefülnten Gemälde die fehlende dritte Dimension für das Auge durch die Farben ersetzt wird, bei einem Holzschnitt oder Kupferstich durch die Schattierungen, wähi-end eine nui' die Umrisse der Gegenstände bietende Skizze die Vorstellung des Körperhöhen am unvollkommensten her- vorrufen wird. Wenn trotzdem solche Skizze, von der Nr. 7. Natiirwissenscliaitliclie Wo(,-lieiiscliiii't. 51 Flaiul eines Meisters hervorgebracht, grossen W(!rtii haben i >■ »- »- >- »- >■ »- »- » »- »- »- »- »- »- •« -< •« -c •« -€ -« -C -C -€ -« -« < mikroskopische Präparate und Mikroskope [73] sämtliehe Utensilien zur Milirosliopie. Kataloge grati)«. Gegen Einsendung von 1 M 20 ..( pro Band (auch in Brief- marken) liefern wir franko: Klein, Dr. Herrn. I., Allgemeine Witterungskunde. Eleg. geb. Taschenberg, Prof. Dr. E., Die Insekten nach ihrem Nutzen und Schaden, Mit 70 Abbildungen. Eleg. geh. 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Im Oktober 1884 beobiu- (Stuniiis vulgiuis I..) und es fiel mir dabei auf. dass einer daranter \on einem andern gefüttert wurde. Da das Füttern der jungen Staare dureli die .Uten um diese Zeit langst auf- geiiört liat, so vermutete ich gleicli, dass der also gefütterte Staar in innera Zustande sich befinden müsse, der iiim eine Selbst- ernährung unmöglich mache. Um mir Gewiss- heit darüber zu vei'schaffen, schoss ich ihn, leider abei- mit so dickem Schi-ot, dass nui' der Kopf unversehrt blieb. Der untere Sclmabel weicht um 32" nach rechts ab, wodurch sich meine obige Vermutung bestätig- te. Bei der Untersuchung /.u Hause stellte sich her- aus , dass es ein altes Weibchen war. Das ^Jänn- chen hatte also schon seit .lahren nicht nur seinem ATeibchen, sondern auch den itete Vdii Oberfurster Melsheimev ich einen Fliifi- Staaiv Mit in Linz um Rhein. Avi'lcjiem Eifer es SICH Liebesarbeit unterzog CL^ l Tungen Nahrung zugetragen. Manne dieser ging aus dem überaus wolil- genälnten, feisten Zustan- de des Weibchens hervor, wie ich es früher beim Staare nie Avahrgenommen liabe. Fig. a stellt den Kopf dieses Staarweib- chens in natürlicher Grösse dar. Nachdem ich vorstellen- des in der Herbstversamm- lung des Naturhistorischen Vereins der preussischen Rheinlande und Westfalens vom Jahre 1886 unter Vor- zeigung des betreffenden Kopfes mitgeteilt hatte, kam tags darauf, am 4. Oktober, mein Sohn Leo- pold zu mir und sagte, es sitze ein Spatz (Passer domesticus L.) auf einem Baume, der von einem an; deren gefüttert würde. Ich liess ihn den gefütterten Spatz mittelst einesFlobert- tiintchens herabschiessen und fand, dass es ein altes diesmal von seinem Weibchen ge- 58 Natiin\-isäen.sc]iaftliche Wochenschrift. Nr. S. füttert worden i>t. Her obere Schnabel ist fast ganz verkümmert, so dass eine Selbsternährung auch hier ganz ausgeschlossen erscheint, wie Fig. '< in natürliche)- Grösse veranschaulicht. Später im Dezember erliielt ich von meinem Bruder aus Andernach eine Saatkrähe (Corvus frugilegus L.) zu- geschickt, deren Kopf in natürlichei' Grösse in Fig. /■ abgebildet ist. Hier erscheint der Oberschnabel 1 ^ 2 cn> über den untenan herabgebogen, der untere aber gegen den oberen linksseitig kahnförmig heraufgebog'en, so dass zwischen beiden eine rechtsseitig 1 mm, linksseitig 2 mm weite nach vorn und hinten spitz zulaufende Oetfnung sich befindet. Allem Anscheine nach war auch diese '< Krähe nicht im Standr-, sich selbst zu ernähren und er- ! hielt ihre Nahrung ebenfalls von einer anderen zugetragen. Ueber den sogenannten vierdimensionalen Raum. Von Dr. V. Schlegel. (Fortsetzung) Gleichwohl Ijraucht man das eben beschriebene Ver- fahren nur von der überflüssigen und störenden Zuthat dessen zu befreien, was die vierte Dimension ersetzen soll, um ein auf dem Boden der reinen Mathematik >vurzelndes Anschauungsmittel zu erlangen, welches alles das leistet, was man Mer der Natur der Sache nach überhaupt von einem solchen verlangen kann. Es ist bei'eits hervorgehoben worden, wie eine ebene Zeichnung sehr wohl als Abbildung eines gewöhnlichen Körpers gelten kann, wobei zwai' eine Dimension verloren geht. aber durch unser Yorstellungsvermögen wieder hineinge- tragen wird. Das Verfahren, durch welches eine solche Zeichnung zu stände kommt, ist die Projektion, über deren Begriff hier wohl nichts erörtert zu wei'den brauc-ht. — Nehmen wir nun die schon oben erwähnte Zeichnung des Würfels wieder vor, nur mit dem Unterschiede, dass der Würfel jetzt als durchsichtig gelten soll, wodurch also sämtliche Ecken und Kauten in der Zeichnung zum Vorschein kommen. Gesetzt, es sei jemand, der diese Zeichnung betrachtet, nicht im stände, sie als Abbildung eines Körpers zu erkennen, indem sein räumliches Vor- stellungsvermögen ihn lüerbei im Stich Hesse. *) Er wird gleichwohl, wenn er wenigstens weiss, was sie vorstellt, aus der Zahl der Ecken, Kanten und Flächen, und der Art ihier Verteilung aneinander im stände sein, allerlei Angaben über den Körper zu machen, und so von der Figiu- Nutzen zu ziehen. Werden, wie es in der dar- stellenden Geometrie geschieht, in gesetzmässiger Weise zwei oder drei solcher Projektionszeichnuugen hergestellt, so können dieselben sogar überhaupt zur wissenschaft- llcheu Erforschung der Eigenschaften des dargestellten Körpers benutzt werden. In ganz entsprechender Weise kann nun auch von einem vierdimensionalen Gebilde, namentlich wenn es von gewöhnlichen, ebenflächigen Körpern begrenzt ist, eine Projektion im dreidimensionalen Räume hergestellt werden. Wie bei der gewöhnlichen ebenen Projektionszeichnung eines Körpers, so werden auch bei der Hei'stellung der Projektion eines vierdimen- sionalen Gebildes nur die Kanten, und zwar dui-ch Drähte, resp. Fäden zui' Darstellung gebracht, so dass die Pro- jektion sich als ein räumliches Liniennetz darstellt. Auf *) Dies kann auch einem geübteren Beobachter leicht begegnen, wenn die Zeichnung den Körper in einer ungewohnten Stellung zeigt. diese Weise hat z. B. der Verfa.ssei- die oben erwähnten regelmäs.sigen Körper des vierdimensionalen Raumes zur Anschauung gebracht. Das einfachste dieser Projektions- modelle besteht aus einem Draht-Tetraeder, in ^\'elchem ein innerer Punkt durch Fäden mit den vier Ecken ver- bunden ist. Wie es nun überhaupt möglich ist, von Gebilden, die man sich nicht einmal vorstellen kann, erstens die theoretische Existenz zu beweisen, und zweitens zuverlässige Projektionen dei'selben herzustellen, diese Frage kann in dem Räume dieses Aufsatzes nicht be- antwortet werden, würde auch zu sehi' in das specielle Gebiet der Mathematik hinübergreifen. Es ist im all- gemeinen von diesen räumlichen Projektionsgebilden nur noch zu sagen, dass genau so, wie bei den oben be- schriebenen Projektionszeichnungen, eine Dimension des dargestellten Gebildes verloren geht, dass aber diese Dimension nicht durch unser räumliches Vorstellungs- vermögen ersetzt werden kann, weil uns eben dieses Vermögen hinsichtlich der vierten Dimension im Stich lässt. Sie leisten also dem Beobachter dieselben Dienste wie jene Zeichnungen, vorausgesetzt, dass die letzteren vom Verstände als richtige Abbildungen begriöen, vom Auge aber nicht als solche erkannt Averden. Die im Vorstehenden gelegentlich mitgeteilten Proben Aierdimensionaler Gebilde können als Bausteine zu einer Geometrie des vierdimensionalen Raumes angesehen werden. Und nachdem wir in der Projektion dieser Gebilde auf den dreidimensionalen Raum auch ein Hilfsmittel der Anschauung gewonnen haben, wie wir es in analoger Weise auch in der Stei'eometrie benutzen, wenn wir ebene Zeichnungen der betrachteten Raumgebilde anfertigen, so sehen wir, dass die wissenschaftliche Entwickelung einer solchen vierdimensionalen Geometrie keineswegs ausser dem Bereich der Möglichkeit liegt. Thatsäclüich ist auch in den letzten beiden Jahrzehnten auf diesem Gebiete nach allen Richtungen, sowohl in niederer wie in höherer Geometrie, so vieles geleistet worden, dass der Abschluss wenigstens der elementaren Geometrie des viei'dimen- sionalen Raumes nicht mehr fern zu liegen scheint. Diese „Zukunftsgeometrie" wird allerdings mangels jeder Anwendbaikeit auf Verhältnisse der Wirklichkeit niemals die Wichtigkeit und Bedeutung der Geometrie der Ebene und des Raumes erlangen, und auch in ihi'er Nr. 8. Natui'wissi'iiscliartlielii' Woclieiisclirif't. Kigensehaft als loiniales liilclunirsmittel unseren Öchulen fernbleiben, fs niü^stc d''nn sein, dass in einei- künt'tiiien (ieneration die Mntlastun,ü' von unmodernem Lehrstoff eine norli un.ü-eahnte Steigerung des \'orstellungs- und Abstraktions\erni()gens zur Folge hätte. Dahingegen ist der rein wissenscliat'tiiche Nutzen dei- geometrischen Betrachtungen und Resultate auf vier- wie auf mehrdimensionalem (Jebiete keineswegs gering anzuschlagen. Denn nicht nur wiid der Zusammenliang analoger Wahrheiten in den (Tebieten dei' geraden Linie, dci' Kiiene und des gewöhnlichen Kauiiu's besser be- iiritfen, wenn wir diese Gebiete als Anfangsglieder einer ganzen Keihe von (iebieten kennen lernen; wir vermögen aucli aus Resultaten der melu'dimensionalen Geometrie durch Specialisieiung und andere Mittel neue Wahrheiten der ge- wöhnliclien Geometrie abzuleiten, zu denen ein andererWeg n\u- schwer aufzutinden wäre. Dazu kommt, dass jede Fort- entwickelung eines Zweiges der nwthematischen Wissen- schaft auch auf andeie Zweige befiuchtend und fördernd einwirkt, die mit jenem, sei es als Anwendungsgebiete, sei es als Hilfswis-senschaften, zusammenhängen. Ans dem, was wir bisher übei' den vierdimensionalen Raum gesagt liaben, ist nun wolil ersichtlich, dass er das Interesse des Mathematikers erregen kann; allein die weite Verbreitung, welclie wenigstens die Kenntnis seines Namens im gi'össeren Publikum eilangt hat, wüide sich hieraus noch lange nicht erklären. Denn naturgemäss sind es niclit die Resultate der reinen Wissenschaft, sondern erst ihre Anwendungen auf Verhältnisse der Wirklich- keit, welclie die Aufmerksamkeit weiterer Kreise auf sich zielien. Und es ist vorhin ausdrücklich betont worden, wie sehr gerade die vieidimensionale Geometrie von ] iraktischen Anwendungen entfernt ist. Wie nun trotz- dem der Begriff des vieidimensionalen Raumes mit ge- wissen Problemen, die uns im Welträume begegnen, theoretisch zusanuiienhängt, diesei' Fi'age wollen wii- im Folgenden näher tiefen. Zimächst giebt es Probleme der ebenen Geometiie, die sich nicht in der Ebene allein erledigen lassen, sondern nur unter Zuhilfenahme des di'eidimensionalen Raumes. Legen wir z. P. zwei einseitig schwarz gefärbte ]-'apier- blätter so auf einander, dass die schwarzen Seiten oben liegen, schneiden gleichzeitig aus beiden ein ungleich- seitiges Dreieck aus, und legen dann diese beiden Drei- ecke, die schwarzen Seiten wieder nach oben gewendet, auf eine Ebene, so können dieselben durch einfaches Verschieben in der Ebene zu vollständige]- Deckung ge- bracht werden. Man nennt sie in diesem Falle kon- gruent. Lagen dagegen die Pajjierblätter etwa so auf- einander, dass die schwarzen Seiten einander von innen berühilen, so können die beiden (in diesem Falle sym- metrisch genannten) Dreiecke, wenn sie ebenso wie oben auf die Ebene gebracht worden sind, nicht mehr durch blosse Verschiebung zur Deckung gelangen. Man muss vielmehr das eine derselben vorher so umklappen, dass die weisse Seite oben liegt, und diese Umklappung ist nur dadurch möglich, dass das Dreieck aus der Ebene in den Raum hinaus gebracht, dort umgewendet, und endlich wieder in die Ebene zurückversetzt wird. — Eine ganz analoge Anfgabe bietet der Raum selbst. Ziehen wir nämlich auf den weissen Seiten zweier Rapier- blätter der vorigen Art von einem Punkte des Randes aus zwei Linien, welche mit dem Rande auf beiden Blättern gleiche Winkel bilden, falten dann beide Blätter längs dieser Linien so, dass die schwarzen Flächen nach aussen kouunen, und befestigen die offenen Ränder jedes Blattes aneinander, so entstehen z\\ei kongiueute drei- seitige E(;ken, die so in einander geschoben werden können, dass Scheitelpunkte, Kanten und Flächen der einen sich mit denen der andern vollständig decken. Faltet man dagegen das eine der beiden Blätter längs derselben Linien so, dass die weisse Fläche nach aussen kommt, so sind die beiden Ecken symmetrisch, d. h. sie lassen sich trotz Gleichheit allei' ihier Winkel nicht mehr in einander schieben. Man schliesst nun durch Analogie wie folgt: Geiade so, wie eins von zwei symmetrischen Dreiecken dadurch zui- Deckung mit dem andern gebracht werden kann, dass man es erst aus der gemeinschaft- lichen Ebene herausnimmt, in den dreidimensionalen Raum bringt, dort umkehrt (d. h. Ober- und Unterseite ver- tauscht) und dann wieder in die Ebene zurücktransportiert, geradeso könnten wir, wenn uns ein vierdimensionaler Raum zur Verfügung stände, und die Möglichkeit, Gegen- stände in denselben hinein zu veisetzen, gegeben wäre; die eine von zwei sjTiimetrischen Ecken erst aus unserem Welträume in diesen vierdimensionalen Raum bringen, dort umkehren (d. h. Innen- und Aussenseite vertauschen) und dann in unseren Raum zurückbiingen, worauf die Deckung der beiden Ecken durch Ineinandeischieben gelingen würde. Diese Operation würde möglich sein, ohne irgendwie die Gestalt der Ecke zu ändern und nachträglich wieder herzustellen. Wenn freilich dieses letztere Verfahren zugestanden wird, dann kann eine solche Papierecke, selbst ohne den Zusammenhang ihrer Oberfläche zu zerstören, auch im gewöhnlichen Räume umgekehlt werden. Sehr nahe liegt hier der Vergleich der beiden symmetrischen Ecken mit einem Handschuh- paar, dessen ebenfalls sjTmnetrisch gestaltete Glieder dadurch kongruent gemacht werden können, dass man durch Umkehrung die Innenseite des einen zur Aussen- seite, und so z. B. aus dem linken Handschuh einen zweiten rechten macht. Ein geschickter Taschenspieler könnte, indem er den linken Handschuh verschwinden lässt, und dann statt desselben einen zweiten rechten produziert, uns glauben machen, er habe die Umkehrung auf die vorher beschriebene Weise im vierdimensionalen Räume vollzogen oder vollziehen lassen, wohin unser Blick natürlich nicht reicht. Alles selbstverständlich unter der Voraussetzung, dass wii- entweder den Glauben an die wirkliche Existenz des vierdimensionalen Raumes schon mitbringen, oder durch dieses Experiment uns in diesen Glauben versetzen lassen. Theoretisch wäre unter dieser 60 Naturwissen.-icliaftlicliP Wochenschrift. Nr. S. Toraiissetzuiig- nichts gegen die voi'gebraclite Erklärung einzuwenden. Ein anderes Beispiel. Zeichnen wir einen Kreis auf der Ebene, setzen die Spitze der Feder, die uns einen Punkt bedeuten soll, in das Innere des Kreises, und lassen, indem wir die Spitze der Fedei' auf dem Papier \'orwärts rücken lassen, diesen Punkt sich bewegen. Wollen wir den Punkt aus dem Innei'n des Kreises herausbringen, ohne dass er die Ebene verlassen soll, so rau-ss er notliwendig irgendwo die Kreislinie passieren, d. h. die Spitze der Feder muss die Kreislinie kreuzen. Heben wir aber die Feder vorher auf und setzen ihre Spitze ausserhalb der Kreisfläche auf dem Papier nieder, so ist Unser Punkt von innen nach aussen gekommen, ohne die Kreislinie zu passieren, er hat dieselbe offenbar dadurch umgangen, dass er sich aus der Ebene in den Raum hinausbewegte, um nach erfolgter Umgelunig in die Ebene zurückzukehren. Dabei ist zu beachten, dass der Uebergang in den Raum an jeder beliebigen Stelle der Kreisfläche erfolgen kann, und dass dei' Punkt für ein Auge, welches ihn nur in der Ebene sucht, so lange verschwindet, als er ausserhalb derselben im Räume ver- weilt. — Denken wir uns jetzt eine vollständig geschlossene hohle Glaskugel, und innerhalb derselben einen beweg- lichen Punkt; derselbe mag durch ein Schi'otkorn dar- gestellt sein. Offenbar kann diesei' l*unkt aus dem von der Kugelfläche eingeschlossenen Räume nur dadurch nach aussen kommen, dass die Kugelfläche irgendwo durchbrochen wird. Hätten wir aber einen vierdimen- sionalen Raum, so würden wh' dieselbe Wirkung ohne Verletzung der Kugelfläche erzielen können, wenn wir den l'unkt da. wo wir ihu gerade vorfänden, in den vierdimensionalen Raum versetzten, ihn hier die Kugel- fläche umgehen lies'sen, und ihn endlich ausserhalb der- selben irgendwo in den gewöhnlichen Raum zurückver- setzten. Ohne Schwierigkeit ist liieraus das Receipt zu entnehmen, nach welchem de)- Taschenspieler, der uns dieses Wunder vorfühi-en will, zu verfahren hat, indem er nämlich zwei äusserlich ganz gleiche Kugeln, von denen die eine das Schrotkorn enthält, mit einander ■\'erwechselt. Eine dritte, sehr bekannt gewordene und viel- umstrittene Aufgabe möge als letztes Beispiel dienen. Man kann in einem mit zwei offenen Enden versehenen Stück Band eine einfache Sclüinge oder einen Knoten anbringen, und ebenso diese Gebilde wieder auflösen. Sind dagegen die beiden Enden an einander befestigt, so dass das Band die Gestalt einer geschlossenen oder in sich zurückkehrenden Linie hat, so ist weder das eine noch das andere möglich. Auch diese, im di'eidimen- sioualen Räume unlösbaren Aufgaben könnten, natürlich ohne die Geschlossenheit des Randes aufzuheben, oder sonst hgendwie den Kern der Aufgabe zu umgehen, im vierdimensionalen Räume gelöst werden, und das in den Weltraum zurück\'ersetzte Band wüi'de im ersten Falle mit dei- Schlinge versehen, im zweiten von derselben befreit, wieder in die Erscheinung treten. Dei' Beweis für die theoretische Richtigkeit dieser Behauptung ist auf streng mathematischem Wege erbracht worden, und jeder Mathematiker kann sich ohne Schwierigkeit durch Verfolgung der gar nicht weitläuftigen, allerdings lüer nicht mitteilbaren Rechnung davon überzeugen. Auch sonst hält es eben nicht schwer, mancherlei im gewöhn- lichen Räume unlösbare Raumprobleme anzugeben, die unter Zuhilfenahme des vierdimensionalen Raumes ihre Erledigung flnden würden. Aber ebenso leicht ist auch einzusehen, dass alle diese Lösungen nur in der geometrischen Phantasie be- stehen können. Dort freilich sind sie gleichwertig mit zahllosen anderen Konstruktionen und Lösungen von Aufgaben, die man eben auch nur in Gedanken ausführt, wie (um nur einige ganz einfache Beispiele anzuführen) das Legen einer Ebene durch drei ] 'unkte des Raumes, die Konstruktion einer Kugelfläche mit gegebenem Radius aus einem Punkte des Raumes. Ja selbst unsere Zeich- nungen von Linien und Figuren auf einer Ebene ent- sprechen ja keineswegs genau den reinen geometrischen Konstruktionen unserer Phantasie, sondern sind nur mehr oder wenigei- grobe Verauschaiüichungsmittel für das Auge. Und der einzige Unterschied zwischen den eben genannten Arten von Konstruktionen und denjenigen, welche den vierdimensionalen Raum zu Hilfe nehmen, besteht darin, dass wir uns die letzteren eben nicht vorzustellen und daher auch nicht, ihrer richtigen Beschaffenheit ent- sprechend, zu veranschaulichen im Stande sind. — Indem wir nun insbesondere die mathematischen Gesetze, welche wir an den von uns ausgedachten und durch Zeichnungen oder Modelle veranschaulicliten Körperformen entdecken, in der uns umgebenden Körperwelt \er^virklicht und bestätigt finden, so geben auch umgekehrt die noch un- erklärten Erscheinungen dieser Körperwelt uns Anlass, verborgenen mathematischen Gesetzen nachzuspüren, und j ebenso veranlassen uns Aufgaben, welche A\irklich vor- handene Kör])er aller Art betreflen, die Lösungen dieser Aufgaben an den entsprechenden mathematischen, d. h. gedachten Körpern auf mathematischem Wege zu suchen. SoU nun eine so gefundene Lösung in die Wirklichkeit umgesetzt, d. h. an wirklich vorhandenen Körpein aus- geführt werden, so ist es eine unerlässliche Voraus- setzung, dass dazu nur das uns allein zugängliche Gebiet des Weltraums in Anspruch genommen wird. Reicht dieses Gebiet zur Lösung einer solchen i iraktischen Auf- gabe nicht aus, muss vielmehi- der vierdimensionale Raum dazu herangezogen werden, so ist die Aufgabe eine für uns absolut unlösbare. — Werden dennoch vor unseren Augen solche im \^'eltraum unlösbai'e Aufgaben, wie die oben beschriebenen, gelöst, so handelt es sich eben um eine Täuschung unserer Gesichtswahrnehmung, d. h. um ein mehr oder weniger interessantes Taschenspieler- kunststück. (Scliluss folgt.) Nr. K; Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 61 Paraffin-Einbettungs-Methode für pflanzliche Objekte. Villi Dl'. Dniigla In der letzten Zeit sind Versuclie gemacht worden [ dit^ von den Zoologen mit so grossem Erfolge gebrauchte I Methode der Paraffin-Einbettung solcher zarteren Organe, die zur anatomischen Untersuchung dui'chschnitten werden müssen, auch für das Durchschneiden zarter jiflanzlichei' (rewebe zu verwenden. Bei embryologischen Untersuchungen, die ich an- gestellt habe, envies sich mir die genannte Methode als äusserst brauchbar, jedoch habe ich weder die von S. S'-hönland (Bot. Centralblatt 1S87 Nr. 22), noch die von .1. W. Moll (Bot. Gazette. Jan. 1888) angegebenen Verfahren allein benutzen können, sondern habe beide verbunden und modifiziert. Wenn die ZeUmembran nicht cuticularisiert ist, kann man Alkohol-Mateiial benutzen, ist sie aber cuticula- risiert — wie bei der Macrospore von Pilularia — . so ziehe ich dem Alkohol eine einprozentige Chromsäure- | Lösung odei- das auch von Moll empfohlene Flemming- sehe Gemisch von Chromsäure, Osmiumsäure und Essig vor; mit Alkohol gehärtete Sporen machen das Durch- dringen des Paraffins durch das Exosporium fast un- | möglich. Zur Einbettung empfelile ich ein Paraffin mit dem ' Schmelzpunkt von etwa 50" C, weil das leichter schmelz- bare zu wenig fest ist, um gute Schnitte zu bekommen s H. CanipliHll. Im Gegensatz zu Schönland habe ich nie gefunden, dass eine Temperatur von .50 — .5.5" C. im inindesten schädlich auf die Pflanzenobjekte wirkte. Das Verfahren der Einbettung, das ich anwende, ist das folgende: Ich nehme zur Herstellung eines Papierkästchens für die Einbettung, einen Papierstreifen, wickele diesen um einen Flaschenkorken und klebe das freie Ende mit Gummi fest: bis das Gummi trocken geworden ist, be- festige ich das freie Ende mit einer Stecknadel. Zur Fertigstellung des Kästchens entfernt man den Koi'k und legt ein kreisförmiges, festes Stück Papier als Boden in den l'apiercylinder hinein. Der einzubettende Gegen- stand wird dann auf den Boden gebracht und das Käst- chen mit geschmolzenem Paraffin gefüllt. Darauf stellt man das Ganze in ein mit Paraffin gefülltes Schälchen, welches 8 — 10 Stunden lang in einem Wärmschränkchen in einer Temperatur von 50 — 55" C. verbleiben muss, um ein vollständiges Eindringen des Paraffins in das zu untersuchende Objekt zu erreichen. Um Luftblasen zu vermeiden, muss die Abkühlung möglichst plötzlich er- folgen. Sobald daher die Obeifläche des Kästcheninhaltes mit einer dünnen Paraffinhaut bekleidet ist, tauche man dasselbe in kaltes Wasser. Kleinere Mitteiliingen. Ueber MassenvertUgung von Vögeln. — Als das nun- mehr erschienene und demnächst in Kraft tretende Reichs-Vogel- schutzgesetz Gegenstand der Verhandlungen des Reichstages war, liildete den am meisten besprochenen und von allen möglichen Seiten erörterten Punkt derjenige Paragraph, welcher vom Fang der Krammets- vögel handelte. Von den Cxegnern des Krammetsvogelfanges wurde besonders hervorgehoben, dass durch die ausserordentlich grosse Zahl der gefangenen Drosseln diese nützlichen Vögel stark vermindert werden müssten. Von anderer Seite wurde geltend gemacht, dass es barbarisch und unästhetisch sei, einen Singvogel massenweise in Schlingen zu fangen und zu verspeisen. Es müsste ferner besonders dies dem Zustandekommen eines internationalen Vogelschutzgesetzes hinderlich sein; denn wenn z. ß. von den Italienern verlangt würde, sie sollten keine Singvögel und Wachteln in der bisher üblichen Weise fangen, so dürften in Deutschland auch keine Drosseln auf dem Dohnenstrich gefangen werden. In vielen Zeitschriften und Tagesblättern kam man bei dieser Gelegenheit wieder auf das un- erquickliche Thema des Vogelfanges in den Mittelmeerländern. All- bekannt, genugsam beklagt und (umsonst) bekämpft ist die Art und Weise, in der speciell in Italien den Zugvögeln nachgestellt wird. Ob eigentlicher Jagdvogel oder Singvogel, das ist dem Italiener gleich- giltig. Was Federn trägt, sei es Drossel, Schwalbe, Xachtigall, das wird erlegt, in Netzen gefangen, erschlagen und wandert in die Küche. Unzählbar sind die Scharen der auf diese Weise getöteten Vögel und mit Recht schreibt man es diesem Verfahren zum grossen Teil zu. wenn von ,Jahr zu Jahr die Zahl vieler Vogelarten bei uns abnimmt. Wenn wir aber anderen Nationen vorwerfen, dass sie in über- triebenem Masse zur Verminderung der Vögel beitragen, so müssen wir auch im eigenen Lande Umschau halten, ob sich nicht ähnliches auch in Deutschland findet. Zwar sind Finlienherde und eine ganze Reihe anderer Einrichtungen zum Fange kleinerer und nützlicher Vögel wohl für immer verschwunden; vom Dohnenstrich ist mit Sicherheit und zahlenmä.ssig nachgewiesen, dass er eine Verminderung der Drosseln nicht herbeigeführt hat. Aber wir haben noch an unseren Küsten besonders in Ostfriesland, ferner auf den Inseln an den Küsten Schleswig-Holsteins in den Entenkojen Vorrichtungen, in denen ein wichtiger Vogel der Niederjag-d, die Stockente, nebst vielen ihrer Verwandten (Pfeif-, Krick-, Eis-, Samt-, Trauerenten etc.) in geradezu erstaunlichen Mengen gefangen wird. E . Pfannen- s c h m i d führt in einem kleinen Aufsatz im „Weidmann" (1888, Nr. 27) Zahlen an, für die in einem Jahr durch die Entenkojen und durch unter Wasser an den Küsten errichtete Netze gefangenen Enten. (Es werden nämlich vielfach die Tauchenten durch unter der Ober- ' fläche des Wassers befindliche Netze gefangen, in welche sie beim Tauchen geraten, um darin zu ersticken). „Nach einer glaubwürdigen Notiz sind auf Föhr im vergangenen Jahre gegen 32000 Stück er- beutet worden. AufFehmarn und an verschiedenen Orten der Küste, wo „unter Wasser" gefangen wird, dürfte die Kopfzahl mindestens 50,000 betragen; wir hier an der ostfriesisohen Küste nehmen unser bescheidenes Teil. d. h. weidmännisch, wenn es hoch kommt alles in allem mit ungefUhr 10,000 Stück weg. Streiche ich auf Sylt und Föhr selbst diverse Tausende und schätze ich den Fang auf den beiden Inseln zusammen jährlich auf 50.000. Fehmarn mit der Küste auf 50,000, in Ostfriesland auf 10,000, so beläuft sich die Gesamt- ausbeute an der deutschen Nord- und Ostseeküste auf 110,000 Stück Enten .... Muss es da nicht Wunder nehmen, wenn es überhaupt noch Enten giebt?" .... In der That ist es klar, dass die Entenkqjen zur Verminderung der Enten ausserordentlich viel beitragen, und es erscheint gerecht- fertigt, wenn die Frage angeregt wird, ob nicht etwa dieser Älassen- fang etwas eingeschränkt werden könne oder müsse, etwa durch Ver- kürzung der Fangzeit oder vielleicht durch ein Verbot des Unter- Wasser-Fangens. Nicht nur, dass diese Methode durchaus unweid- männisch ist, sondern das Wildpret wird sehr oft durch das lange Liegen im Wasser für die Küche total unbrauchbar. Freilich ist der Entenfang ein altes friesisches Recht, welches die zähen Küsten- bewohner nicht werden aufgeben wollen. Es könnte aber schliess- lich dahin kommen, dass die Kojen von selbst ausser Betrieh gesetzt werden, weil es an genügender Beute fehlt. Dr. Ernst Schaff. 62 Natuiwissensi-liaftllehe Woohenschiift. Nr. 8. „Kloake" beim Haussehwein. — G. Lurze teilt in dem „Zoologischen (iarteii" (März 1888) die Beobachtung', einer Miss- bildung am Verdanungskanale eines Haiissch weines mit. Das Tier, vielleicht ein halbes Jahr alt, 150 Pfd. schwer und zum Schlachten bestimmt, hatte keine besondere Afteroftnung, sondern der Mastdarm mündete etwa einen Zoll von der Vulva in die .Scheide ein. so dass in dieser Vereinigung ein Analogon zur Kloake der Monotrematen erblickt werden kann. Eine neue Erklärung des Polarlichtes. — Auf .Seite 30 Bd. II der „Naturw. Wochenschrift" habe ich kurz über die inter- essanten Versuche von Arrhenius über das Leitungsvermögen beleuchteter Luft lieriohtet und am Schlüsse angedeutet, dass diese Untersuchungen mit denen von Hertz und Wiedemann neue Aufschlüsse über die Elektricität der Luft erwarten Hessen. Dieses hat sich nun überraschend schnell schon während des Drucks jener Nummer bestätigt, denn in Nr. 16 des „Naturforscher" benutzt l>r. P. Andries die erwähnten Thatsachen zur Erklärung des Polarlichtes. Neuere Untersuchungen haben mir Sicherheit dar- gethan. dass unsere Atnio.sphäre stets Eisnadelschichten enthält und diese verwertet nun Dr. Andries für seine Auti'assung. Es lässt sich nämlich experimentell nachweisen, dass die Sonnenstrahlen im Eise Elektricität hervorrufen, und daher kann man wohl schliessen, dass durch die Bestrahlung der Eisnadelschichten durch d-ie Sonne elektrische Strome in denselben erregt werden. Die Luftsiliicht auf derjenigen Seite, welche von der Sonne beleuchtet wird (Tag- .seite), befindet .sich, da Beleuchtung und Leitungsvermögen eines fiases ja in Zusammenhang stehen, im Zustande grösster Leitungs- fähigkeit. Zur selben Zeit findet aber in den Eisnadelschichten die Elektricitiitsentwicklung .statt und zwar am stärksten da, wo die Sonne im Zenitli steht. Von dieser Stelle der stärksten Beleuchtung und Elektricitätsentwicklung wird daher die Elektricität nach allen Dichtungen strömen, so dass an der Beleuchtungsgrenze die Dichtig- keit derselben wächst. Denkt man sich nun die Erde als aus zwei zum Erdmittelpunkt konzentrischen Kugelschalen bestehend, von denen die eine mit freier positiver Elektricität geladen ist. und sich an der Grenze der Atmosphäre befindet, während die andere, mit negativer Elektricität geladene, sich in der Erdrinde befindet, so kann man sich von den elektrischen Vorgängen der Erde und Luft eine Vorstellung machen. Unter dieser Annahme erklärt Dr. An- dries das Nordlicht als den „Ausgleichungsprozess zwischen der ErdobeiHäche und jener elektrischen Kugelschicht der Atmosphäre". Hat die Elektricität in der Luft eine gewisse Spannung erreicht, so wird dieser Ausgleich vor sich gehen, wobei die untere At- mosphäre durch ihren Widerstand hemmend wirkt. Die Folge ist, dass in höheren Schichten Strahlen auftreten, die Nordlichtstrahlen, welche also nur die Strome darstellen, die den Ausgleich bewirken. Bei dieser sehr interessanten iM'kläiiing des Nordlichtes ist das Auftreten lokaler Polarlichter ohne weiteres erklärlich, es wird dies dajin gescheheji, wenn der Leitungswiderstaiul der Luft aus irgend welchen Gründen an einem Orte verringert ist, hier wird alsdann jener Ausgleich stattfinden, d, h. ein Nordlicht zum Vorschein koinmen. Nimmt man diese Erklärung an, so sieht man sofort ein. dass einerseits die Erdströme sehi' stark vom Nordlicht beeintlusst werden müssen, und dass anderseits das letztere von den Veränderungen der Beleuchtungsgrenze und der Beleuchtungsintensität alihängt. Die Grenze ändert sich sowohl täglich als auch jährlich, es wii'd also der Nordlichtgürtel, d. h. das Gebiet, in welchem Nordlichter auftreten, eine tägliche und jährliche Veränderung oder Verschiebung erleiden. Von der Beleuclitungsintensität hängt ferner die mehr oder minder grosse Stärke und Häufigkeit des Polarlichtes ab, und zwar weiss man, dass hierin eine eltjährige Periode herrscht. Da aber die Inten.sität der Sonnenstrahlen ohne Zweifel mit der grösseren oder geringeren Zahl der Sonnenflecken in Zusammenhang steht und in dem Auftreten der letzteren eine eltjährige Periode kon- statiert ist. so wird jedem der hier herrschende ursächliche Zu- sammenhang einleuchten. Wir müssen es uns versagen, diese interessante und einfache Erklärung jener geheimnisvollen und rätselhaften Lichterscheinung weiter zu verfolgen, wie dies Dr. Andries in seinem Aufsatze thut. Der .Schleier des Geheimnisvollen ist von dem Phänomen des Polarlichtes gezogen worden, welches dazu bestimmt sein sollte, dem Bewohner der Polargegenden während der langen Nacht des Winters das rosige Licht zu ersetzen, — ist aber der „Zauber der Wirklichkeit" dadurch verringert worden? A, Gutzmer. Ueber die Regenverhältnisse der ■westliehen Staaten der nordamerikanischen Union .sind von dem General Greely Untersuchungen angestellt worden, welche vor allen Dingen beweisen, dass es in Nordamerika keine regenlosen Gebiete giebt, wie so oft behauptet worden ist. Je mehr Stationen in Thätigkeit traten, desto mehr zogen sich die Trockengebiete auf den Karten zusammen und das Gebiet des mit weniger als 125 mm geschätzten jährlichen Niederschlages ist fast ganz verschwunden. Dass überhaupt die Existenz umfangreiclier Troekengvbiete so lange als sicher angenommen wurde, hat zum Teil seinen Grund darin, dass man von der irrigen Ansicht ausging, zur Kulturfähig- keit der beregten Landstrecken gehöre eine jährliche Niederschlags- menge von mindestens 500 mm Höhe, .ledocli ist die Regenhöhe allein nicht massgebend, wie die Erntestatistik von Dakota beweist, woselbst die durchschnittliche Kegenhöhe 1885 und 1887 nur 3^0 resp. 384 mm betrug. Der Schluss von der Kulturtahigkeit des Landes auf das notwendige Minimum des Niederschlages ist daher unzulässig, da sehr viel von der Jahreszeit abhängt, in welcher die Hauptmasse des Niederschlages fällt, sowie von der grösseren oder geringeren Verdunstungsfahigkeit des Bodens. Die in früheren Jahren gemeldeten niedrigen Ilegeinnengen erklären sich zum Teil durch den Umstand, das,'; eine gr^s^«^ Zahl der Stationen an der Zentral-Pacitic-Eisenbahn gelegen war. welche gerade den allertrockensten Teil des Landes durchschneidet, sodass der Durchschnitt für das Land infolgedessen viel zu gering ausfallen musste. l)r. Ernst Wasner. Astronomisches. — 1. Astronomische Neuigkeiten. — Neuer Planet. — l)er uneimüdliche Planetenentdecker, Palisa hat die Anzahl der kleinen Planeten wieder um ein Exemplar vermehrt, es ist dies bereits der 276. seiner Gattung. Aufgefunden wurde er am 17. April im Sternbilde der Jungfrau. Seiner Helligkeit nach ist er der elften Grössenklasse zuzuzählen. — Komet Sawerthal. — Der neue Komet gewährt einen ausser- ordentlich schönen Anblick im Fernrohr. Engelhardt berichtet aus Dresden nnterni 15. und 19. April, der Komet ist sehr hell. Der Schweif welcher am 15. eine Länge von 40 Bogeuminuten hatte, ist am 19. bereits bis auf 75 Bogeuminuten angewachsen. Anlang- lich schmal, erweitert er sich allmählich und ist an dem Ende etwa dreimal breiter als am Kopfe. Vom Kopfe bis zur Mitte des Schweifes ist in demselben ein heller, linienfOrmiger Streifen sicht- bar, welcher genau in der Schweifaclise liegt. Der Kern war am 15, von gelblich-weisser Farbe und doppelt. Der Hauptkern ist scheibenförmig, sein Begleiter ist kleiner, sternartig und geht dem Hauptkerne südlich voran. Die Kerne liegen in einer kleinen, ge- meinschaftlichen, ov.ilen, hellen Hülle, welche von einer zarten Nebel- hülle umgeben ist. Am 19. war die Hülle gelblich und so hell, wie die Kerne selbst, dass die 1'eilkerne in unscharfer Trennung erschie- nen. Die Entferiumg der beiden Kerne betrug 6,3 Bogensekunden. H. Astronomischer Kalender. — Am 18. Mai Sonnenauf- gang 4 Uhr 1 Minute, Sonnenuntergang 7 Uhr 52 Minuten; Mond- aufgang nachts 1 Uhr 4 Minuten, Untergang mittags 10 Ühr 23 Minuten, Am 25, Mai Sonnenaufgang 3 Uhr 52 Minuten, Unter- gang 8 Uhr 2 Minuten; Mondaufgang abends 7 Uhr 53 Minuten, Untergang nachts 4 Uhr 9 Minuten. Am 18. Mai 11 l'hr 58.7 Minuten erstes Viertel, am 25. Mai 2 Uhr 33.7 Minuten A'ollmond. Um die bürgerliche Zeit aus der wahren Sonnenzeit zu erhalten, muss man von letzterer abziehen am 18. Mai 3 Minnten 47.2 Sekunden, am 25. Mai 3 Minuten 15,5 Sekunden. Dr. F. I'lato. Denaturierter Spiritus. — Die unter dem Publikum noch immer bestehende Abneigung gegen den Gebrauch von denaturiertenj Spiritus im Haushalte, sowie zu gewerblichen Zwecken, lülirt, wie die Chemiker-Zeitung vom 18. April d. J. ausführt, zum grossen Teil daher, dass anfangs die zur Ungeniessbarmachung dienenden Zusatzstoffe in einem anderen Mischungsverhältnis und in zu grosser Jlenge angewandt wui'den und dass der so denaturierte, ziemlich stark riechende Spiritus gegenwärtig noch nicht völlig im Kleinhandel abgesetzt worden ist. Das zuerst angewandte Verfahren bestand darin, dass man zwei Raumteile Holzgeist mit einem Raumteil Pyridin mischte und von diesem Gemisch 3/ auf 100 ! 100 prozentigen Alko- hol anwandte. Das Pyridin (C5H5N). eine farblose, stark basische, bei 117" ('. siedende Flüssigkeit, ist nebst anderen Pyridin-Basen namentlich in dem durch trockene Destillation entfetteter Knochen gewonnenen animalischen Teer enthalten. Es ergab sich nun schon nach den ersten Monaten, dass die zugesetzte Menge des Pyridins zu hoch gegriffen war. Infolgedessen hat man durch Bundesratsbeschluss vom 15. Dezember v. J. ab das Denaturierungsverfahren derartig abgeändert, dass man 4 Teile Holz- geist mit einem Teil Pyridin mischt und den Zusatz auf 2V2 ' für 100 / lOOprozentigen Alkohol ermässigt. Auf diese Weise untrink- bar gemacht, dürfte er den billigen Anforderungen des Publikums entsprechen, da er durch den Zusatz die Verwendbarkeit zu allen sonstigen Zwecken behält, während der gegen früher weit schwächere Holzgeist- und Pyridin-Geriic-h bei einiger Lüftung ziemlieh rasch verfliegt. W. Fragen und Antworten. Gesammelte Exemplare von Neerophorus germanieus fand ich mit einer Menge von Milben besetzt. In welchem Ni'. s. Natiu'wLssenschaftlidie Wocliensclirift. 63 Verhältnis stehen diese zu dem Käfer? An Schmarotzer ist doch wohl kaum zu denken. Dil' aiil iliT Körpi>robfrrtäclu' Vdii Necruphorus ,i;eMii:uii<'us uiid alliieren Aiteii ilersellioii (iattmig lii'tiiiillii'luMi MiHii'ii neliiirT'ii zu (ramasus coU'optratd rum L. (Uaniusiilae, Klasse Arai'linoiilea"). Es sind keine eiyt'iitlielien Sclimarotzer, da sie aiit' dem Ivilrper der Käfer -iitzen, oliiie sioli t'estzusaug'en. Sie leben vielnielir in faulen- den Substanzen (Aas. Kotauswurf) und benutzen die an gleichen Orten lebenden KUfer, z. B. die eben j^enanuteu. nur als Vehikel. Aui'h Mistkäfer ((xeotrypes) sind si'wOhnlii'h mit diesen Milben be- haftet. Kiillie. Litteratur. A. Schubert: Pflanzenkunde für höhere .Mädchen- schulen und Lehrerinnen-Seminare. 'IVil I. (Erster und zweiter IvursusV Mit 104 Holzschnitten. — Verlag von Paul Parev in 15erlin. 1888. Preis geb. 2 J(. Weitgehender Arbeitsteilung verdankt unsere Zeit die raschen Fortschritte auf vielen Gebieten der Kultur. Aus unzähligen Quellen Hies.^t der Strom unserer naturwissenschaftlichen Erkenntnis. Die l'ädagogik kann uiul darf sich nicht der allenlinu iwierigen Auf- gabe entziehen, die leitenden Ideen ihrer Zeit für die T<>ziehung und Bildung der .lugend soweit fruchtbar zu machen, als aus ihnen ein gesicherter Bildungsinhalt von bleibendem Werte sieb gewinnen liisst. An der Verniittelung dieses Bildungsinhaltes nimmt heutzutage das weibliche Geschlecht einen stets wachsenden Anteil. Dass aber die derzeitige Mädchenerziehung dafür überall genügende Grundlagen geschati'en hätte, wird kaum jemand zu behaupten wagen. Am schwächsten ist es erfahrungsmässig mit der Befähigung bestellt, auch nur die Elemente naturkundlichen Brkennens richtig und zweck- mässig der Erziehung- dienstbar zu machen. Die Schuld trägt häutig eine Art der Unterweisung, welche die Natur nicht beim Geiste zu fa-ssen versteht. Wie wenig insbesondere der liotanisclie Schulunter- richt den modernen Standpunkt der Wissenschaft berücksichtigt, lehrt zur Genüge ein Blick auf die noch vielfach in Jlädchensoliulen demselben zur Grundlage dienenden sogenannten Leitfäden, welche meist den Eindruck hervorbringen, als hätte die botanische Forschung seit Linne's Zeiten einen hundertjährigen Schlaf geschlafen und nie- mals Männer wie Darwin, Müller, Nägeli, Sachs. Bichler, Schwendener u. a. in ihren Reihen gehabt. Diesem Mangel ab- zuhelfen, den unerschüpdichen Bildungsgehalt der Pflanzenwelt dem Teile der Menschheit besser zu erschliessen, dem mehr und mehr die Aufgabe zufallen muss, den heranwachsenden Geschlechtern schon vor der Schulzeit durch die erste Anleitung und Beleh- rung die Grundlagen einer vernünftigen Weltanschauung vorzu- bereiten: das ist der Zweck des im Titel genannten Buches. Es sucht denselben zu erreichen durch Unterstützung bei einer ein- gehenden und gründlichen Betrachtung pflanzlicher Individuen, durch mannigfaltige Anregung zur Naturbeohachtung, durch stete Bezugnahme auf den Zusammenhang zwischen Form und Punktion der Organe, durch Hinweis auf die Wechselwirkungen in der organischen Welt, durch Anbahnung des Verständnisses der die Veränderungen in der organischen Gestaltuiig bedingenden lokalen und klimatischen Verhältnisse u. s. w. Die Form, in welcher der angedeutete Inhalt dargeboten wird, berücksichtigt in geschickter Weise die Mädchennatur und trägt dem jugendlichen Verständnisse Rechnung, ohne sich soweit zu verriachen. dass sie aufhörte, be- ständige Denkarbeit herauszufordern. Schubert hat mit Begeisterung für seine Sache die Arbeit aufgenommeu und bei den gediegenen Kenntnissen, die ihm zur Verfügung stehen, trefflich ausgeführt. Für die Schule, welche die Zukunft des Men.schengeschlechtes in Häiulen hat. hst „das Beste gerade gut genug'". Schubert's Pflanzenkunde ist das dem Rezen- senten bekannte beste Buch seiner Art: müchte es den Schund (ich linde kein besseres Wort), den man den Kindern vielfach zu bieten wagt, verdrängen helfen I Breuer, A., Konstruktive Geometrie der Kegelschnitte auf Grund der Fokaleigenschafien. gr. 8". (V, 110 S.) Preis \ jW m ^. .1. Bacmeister in Eisenach. Ceechi, A., Fünf Jahre in Ostafrika. Reise durch die südlichen Grenzländer Abes.siniens von Zeila bis Kaffa. gr. 8*^. (XI, 541 S. :n. Illustr.) Preis 15 Jt.\ geb. 17 JC. Julius Bohne in Berlin. Damm, L. A., Xeura Handbuch der Medicin für Aerzte und gebildete Nichtärzte. 1. Bd. 6. Lfg. gr. 8". (S. 145—176.) Preis SO ..j. Staegmayr'sche Verlagsh.-(Ant. Carl Staegmeyr) in München. Darwin, Gh., Gesammelte Werke. Aus dem Engl, übersetzt von .1. V. Carus. 112. u. 113. (Schlus.s-)Lfg. gr. 8". (10 Bd. S. 2-57 Ins 402.) l'reis a 1 JC 20 ..j. E. Schweizerbart'sche Verlagshdlg. (E. Koch) in Stuttgart. Drechsel, E., Leitfaden in das Studium der chemischen Reaktionen und :ur qualitativen Analyse. 2. Aufl. gr. 8". (VIII, 126 S.) Preis geb. 3 M. Johann Ambrosius Barth in Leipzig. Engler, A., u. K. Prantl, Die natüvliehen Pßntizenfamilien nehst ihren Gattungen und wichfigeren Arten, insbesondere den Xuttpflanzen. 18. Lfg. gr. 8". (3 Bog. m. Illustr.) Sul)3kr.-Pr. 1 .K ."i(l .(; Kinzi'lpr. 3 Jt'. Wilhelm Engelmann in Leipzig. Ettingshausen, C. Frbr. v., u. F. Krasan, Beiträge zur Er- forschung der atavistischen Formen an lebenden P/lanzen und ihrer Beziehungen :u den Arten ihrer Gattung. (Sep.-Abdr.) gr. 4". (12 ,S. m. 4 Taf.i In Komm. Preis 2 JC 20 „j. G. Freytag in Leipzig. Everett, J. D., l'hgsikalisrhe Einheiten und Konstanten. Den deutschen Verhältnissen angepasst durch P- Chappuis u. I>. Kreioh- gauer. gr. 8". vV, 120 S.) Preis 3 JC. J. A. Barth in Leipzig. Erk, F., Der Föhn. Eine meteorolog. Skizze. (Sep.-Abdr.) gr. 8". (19 S- m. 4 Karten.) Preis 1 JC. Literarisch-artistische Anstalt (Theodor Riedel) in München. Griebsch, P., Beiträge zur Keiuitnis der physikalischen Isomerie einiger Hgdro.rgUiminderivate. 8". (44 S.) Preis 1 •.'(C. Gräfe und Unzer in Königsberg in Pr. Haeekel, E., Sijsteni der Sipltonophoreii. auf phylogenet. Grund- lage entworfen. (Sep.-Abdr.) gr. 8". (46 S.) Preis 1 JC 20 4. Ciustav Fischer in .lena. Hansen, A., u G. Köhne, Die Pfaiizemoelt. 9. Lfg. gr. 8". (2 Bog.) Preis 40 .(. Otto Weisert in Stuttgart. Hauck, G., Lehrtiuvh der Stereometrie. Auf Grund v. F. Kommerell's Lehrbuch neu bearb, 6. Aufl. gr. 8». (XVI, 226 S. m. Illustr.^ Preis 2 JC 40 .j. H Laupp'sche Buchh. in Tübingen. Hertwig, O., Lehrbuch der Entivickehingsgeschichtc d. Menschen u. der Wirbeltiere. 2 Aufl. gr. 80. (XII, 519 S. m. Illustr.) Preis 11 JC. Gustav Fischer in Jena. Hann, J., Resultate d. L .Jahrganges der meteorologischen Be- obachtungen auf dem Sonnhlick (3095 m.) (Sep.-Abdr.) gr. 8". (34 .S.) In Komm. Preis 60 ..j. G. Frevtag in Leipzig. Hempel, A., Ue/;-r elektrische Induktion.' i^. (18 S.) Preis U<^. R. Gärtner in Berlin. Hollenberg, A., Stücke aus der Physik. Ein Wiederholungsbucli für Schüler der Vidk.sschulen. 3. Aufl. 8". (32 S.) Preis 20 .4. J. W. Spaarmann in Moers. Kölscher, F. M. A., Die naturwissenschaftliche Weltansicht in Beziehung auf Religion und Staat, Erwerb und Ehe. Kritik V. M. Nordau's konventionelle Lügen etc. gr. 8". (127 S.) Preis 2 JC 40 .(. Friedrich Andreas Perthes in Gotha. Hüttmann, Jastram, Märten, Weltkunde. Leitfaden d. Geographie, Geschichte, Xatur>;eschichte, Physik und Chemie 12. Aufl. Be- arbeitet V. Hüttmann, Märten, Renner, gr, 8". (394 S.) Preis l ^'IC 00 -.11. Helwing'sche Verlags-Buchhandlung (Th. Mierzinsky) in Hannover. Hoesch, L., lieber die Koefficienten d. Ausdrucks z]"x'' u. einige ni. ihnen verwandte Zahlenverbindungen. 4". (22 S.) Preis 1 JC. R. Gärtners Verlag in Berlin. Kerner v. Marilaun, A., Studien über die Flora der Diluvial- zeit in den östlichen Alpen. (Sep.-Abdr.) gr. 8". (33 S.) In Komm. Preis 60 .j. G. Freytag in Leipzig. Kleneke, H., Das Weib als Gattin. Lehrbuch über die physischen, seel. u. sittl. Pflichten, Rechte u. Gesundheitsregeln der deutschen Frau im Eheleben. 9. Aufl. 8». (XV, 506 S.) Preis 6JC; geb. 6 JC. Eduard Kummer in Leipzig. Krebs, G., Grmidriss der Physik für höhere realist. Lehranstalten. 2. Aufl. gr. 8". (VI. 524 S.) Preis 5 JC. Veit & Comp, in Leipzig. Landois, L., Lehrbuch der Phi/siologie der Menschen. 6. Aufl. 3. Abt. gr. 8". (S. 481—720.) Preis b JC. Urban & Schwarzen- berg in Wien. Mitteilungen, Botanische, aus den Tropen, hrsg. v. A. F. W. Scliimper. 1. Heft. gr. 8». Preis 4 ./^^ bO 4 Inhalt: Die Wechselbeziehungen zwischen Pflanzen u. Ameisen im tropischen Amerika, Von A. F. W. Schimper. (96 S. m. Illustr.) G. Fischer in Jena. Gegen Einsendung des Betrages (auch in Brief- marken} liefern tvir vorstehende Werke franko. Zur Besorgung litterarischen Bedarfes halten tvir uns bestens euijifolilen. Berlin 8W. 48. Die Kxpedition der ,,iratnrwisseiischaf'tlichen Woehensflirift". Briefkasten. Herrn William Baer. — Denaturierter Spiritus kann auch zum Konservieren naturhistorischer Objekte verwendet werden. Vergl. die kleinere Mitteilung in dieser Nummer der Naturw. Wochenschr. Herrn Hayn. — Die Beantwortung Ihrer Frage finden Sie in dem Buch von G. A. Ziegeler: ,Die Analyse des Wassers" (Stutt- gart 1887). 64 NatnrwissetiÄi'haftlii'he Wodit^nschritt. s. 1^P©^©.%,© namentlich Anzeigen aller optischen, chemisclien, physikalischen etc. Gerätscliaften, Naturalien, Clit-mikalien, sowie Bücheranzeigen linden weiteste und passendst<^ Yeibre'itiini.'-. H'ir ftnitt'chlcH unser liUitt xiif Insertion von Stellen- Gesuchen iinil -Angeboten, sowie xu Anseigen. u-elrhe An- gebot. XaefiJ'ruffe und Tausrli naturu-issensrhuftlieher Saintnlunf/en etr. vermitteln. Herder'sehe Verlagshandlung, Freiburg im Breisgau. Siirhfii ist ersihiciit'ii u. ilmcli allf IJuclihaiulliiii^^fii zu luv-ii-hfii : Jahrbuch der Naturwissenschaften, "lü'^^^tr Eiitlialtoml die liei-vürragt'iidsteii Furtsflirittc auf ili'U (ieliieteu : Physik, t'heniie und i-iieiiiisohe 'iVi-lmologie; Jleohaiiik; Asrro- uuniie und mathematische Gengraphip; Meteorohjgie nnil physi- kalische (ieograpliie; /oohigie und Jiotanik. Forst- und Land- wirtschaft; Mineralogie und (ieologie; Anthropologie und g^i t^rgeschiclite; Gesundheitspflege. Medizin und l'liy •Biologie; £0, liiindcr- und Völkerkunde; Handel, Industrie und Verkehr. T^nter Älitwirkung von FachniJinnern herausgegeben von Dr. Max Wildermann. Mit 24 in den Text gedruckten Holz- schnitten. 8". (XX u. Ö6.5 S.) J(!- (j; in Original-Einhand. Lein- wand mit Deckenpressung i/^ 7. — Die Einbanddecke alleiTi 10 4. hieses Jahrbuch führt in gemeinverständlicher, anregender Sprache die wichtigsten Errungenschaften vor, die das verflossene Jahr auf dem Gesomtgebiet der Xatnrwissenschaften gebracht hat. Die beiden früheren Jahrgänge haben eine überaus günstige Auf- jrahnie gefunden. L^uj gg mehr ist dies von dem vcjrliegenden. in mehr- facher Tir-ziel: ziehuna' verv üllkomnineten neuen Jahrgang zu erwarten. Balbi-ArendS, Allgemeine l^Irdbi-srhreibung oder Hausbuch des gengr. Wissens, (i Aufl. '2 starke Hände. Lex. 8". 2424 Seiten mit vielen lllustr. 187s. In 2 eleg. Ganzleinenbänden. Statt M. 30, — nur M. 10,—. Bernstein, A., .Naturkraft und Geisteswalten. 1876. broch. Statt M .".,— nur M. 3,—. Diercks, 6., thitwicklungsgeschichte des Geistes der Menschheit. 2 Bde. 1882 Statt M. 10,— nur M. 5,—. Haeckel, E., (iesammelte populäre Vorträge aus dem Gebiete der Ent- wickelungslehre. 2 Bde. mit 82 Abbild. Lex. 8". 1879. broch. Statt n. 8— nur BI. 5,—. Harms, F., Die l'bilosophie in ihrer Geschichte. 2 Bde. 1879/80. Statt .AI. 18.50 nur 111. 7,—. — , (leschichfc der I'svchologie. 2. Aufl. 1879. Statt M. 7.50 nur M. 5,-. — , Gescliichte der Logik. 1881. Statt M. Ü.— nur M. 4,—. Horaeyer, E. F. V., Die Wanderungen der Viigel. 1881. broch. Statt M s. - nur M. 4,—. — , Ornitliologische Briefe, gr. 8». 1881. broch. Statt M(i.— nur 111.2,— . Vorstehende Bücher sind zu den beigesetzten — bedeutend ermässigten — Preisen von uns franko zu beziehen. Berlin SW. 48, Rieiiiaiin &. Möller. l-'riedrichstrass,- 22ii. Buchliandl'jnp für Naturwissenschaft und verwandte Fächer. Über 500 Illustrationstafeln und Kartenbeilagen. = Unentbehrlich für jeden Gebildeten. =^ " MEYERS KONVERSAriONS-LEXIKON Xotariollo Kewtäti;;aiig i'S tausendfarhcn Lolies ül>er den lolUind. Tabak v. B. Kecker in Seesen a. Harz 10 1'fd. f ko. S Mk., haben die versch. Zeitungsexpedi- tioneii eineespheii. r.=?4] ti. — 10. 'Tausend. Dr. "Wilh. 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(.Mit Abbild.) — Dr. V. Schlegel: Ueber den sogenannten vierdiniensionalen R;iuni. (Fortsetzung.) — Dr. Douglas H. Campbell: Paraftin-Einbettungs-Jlethode für pflanzliche Objekte. — Kleinere Mitteilungen: Ueber Massenvertilgung von Vögeln. — „Kloake" beim Hausschwi'in. — Eine neue F>klarung des Polarlich- tes. -- Teller die Regenverhilltnisse der westlichen Staaten der nordamerikanischen Union. — Astronomisches. — Denaturierter Spmtus. — Fragen und Antworten: Gesammelte Exemplare von Necrophorus germanicus fand ich mit einer .Menge von Milben besetzt. In welchem Verhältnis stehen diese zu dem Käfer? An Schmarotzer ist doch wohl kaum zu denken. — Litteratur: A. Schubert: J'flanzenkunde für höhere Mädchenschulen und Lehrerinnen-Seminare, Tl. 1. — Bücherschau. — Briefkasten. — Inserate. Verantwortlicher Redakteur: Dr. Henry Potonie. — Verlag: Riemann &, Müller. — Druck: (irbrüder Kiesau. Sämtlich in Herliu. Verlag: Riemami & Möller, Berlin SW. 48, Friedrich-Strasse 226. ü. Band. Sonntag, den 27. Mai 1888. Nr. 9. Abonnement : Man abonniert bei allen Buclihan.llungen iiuil Post- x Inserate : Die viergespaltene Petitzeile 30 ..j. Grössere Auftrag» austalteu, wie bei der Expedition. Der Vierteljahrsj)reis ist Je 2.— ; (Sä entspreeliemlen Rabatt. Beilagen nach Uebereinkunft. Inseraten- Bringegeld bei der Post lö ^ extra. Jl annähme bei allen Annonceubureaux, wie bei der Expedition. Abdruck i!^t nur mit vollständiger i^uellenangabe gestattet. Zechstein auf dem Kamm des Thüringer Waldes und seine Bedeutung für die Frage nach dem Alter des Gebirges. \'üii Dr. Er II .st Das eigentllclie Thüringer Waldgebiige scheidet sich, wie jedem seiner zahlreichen Besucher sofort bei der An- näherung an dasselbe oder bei einem Au.sbliok vom Kamm aus auf das Vorland aufiaUt, von letzterem sehr scharf ab, sowohl durch die Höhe und Bodengestaltung, wie auch duich die Vegetation: Das Gebirge ist ein mächti- ger Körper aus hohen, dichtbewakleten Kegeln und Kuppen, die zum Teil nooii hoch über den etwa 2300' hohen Kamm emporragen und durch tiefe Thalschluchten geti-ennt sind; das Vorland i.st ein feldbedecktes, flaches Tafelland von etwa 1400 bis weniger als 1100' Meeres- höhe, und von flachen TJialrinnen durchfurcht. Die Ur- sache dieses scharfen Untersclüedes beruht auf dem eben- so sclu'oö'en Gegensatz, den der geologische Bau beider Landesteile zeigt: Das Vorland ist lauter „sedimentäres Gebräu", wie es V. v. Scheffel in seinem bekannten „Lied vom Granit"' nennt, gebildet aus weithin horizon- ; talen oder schwachgeneigten Schichtentafeln der Trias (Buntsandstein, Muschelkalk und Keuper), im Gebii-ge aber sehen wh- Eruptivgesteine, jenen Granit und die, wie j es im selben Liede, aber freilich wenig naturwahr heisst, \ von ihm „zu Hilfe gerafenen wackeren Porphyre" mäch- | tige Bergmassen zusammensetzen, und daneben noch deren j Epigonen, d. h. die aus ihrer mechanisciien und chemi- ' sehen Zertrümmerung und Veiarbeitung hervorgegangenen Tuffe, Konglomerate und Sandsteine in hervorragender, ! manchmal fast ausschliesslicher Weise am Gebirgsbau sich ! beteiligen ; es haben diese Bildungen Rotliegendalter, sonst waren im eigentlichen Thüringer Walde bisher nur noch / iiiiiiifirmann. ältere, keinejüngeren Gesteine bekannt. — Der geologischen Bildungszeit nach ist nun zwischen RotUegend- und Bunt- sand.stein das Bindeglied der Zechstein, und dieser Rolle entsprechend findet sich dieser denn auch als fast un- unterbrochenes, wenn auch oft recht schmales Band am ganzen Fuss des Gebirges, d. h. also an der Grenze gegen das Vorland. Auch um den Harz herum bildet der Zechstein ein ebensolches Band. Er ist eine der ältestbekannten Formationen, ja von ihm ist ein gutes Teil der ersten geologischen Wissenschaft au.sgegangen, da in seiner untersten Schicht, dem Kupferschiefer, ein reicher Kupfei'- und Silbergehalt sich findet, seit alters der „Segen des Mansfelder Bergbaues", von welch' letz- terem viele Bergleute und Geologen sich ihre Ausbildung geholt haben. Dieser Zechstein nun besitzt, wenn man nur wenig- stens ^/-i bis 1 hu vom Fuss des Gebirges entfernt ihn durch Bergbau aufgeschlossen vor sich sieht, ebenso wie die Trias eine ziemlich horizontale oder nur schwach vom Gebirge weg geneigte Lagerung, und so schloss man, dass das letztere vor .seiner Bildung entstanden war und nun als Festland aus dem Meere herausragte, dessen er- härtete Kalk- und Mergelschlammabsätze eben nun als Zech- stein bezeichnet weiden. Bei dieser Annahme ist aber schAver zu erklären, woher dann die steile bis senkrechte Schichtenaufrichtung des Zechsteines, ebenso aber auch der Trias an der unmittelbaren Grenze gegen das Rot- liegende komme; ebenso ist schwer zu erklären, warum nicht Gerolle, welche die Flüsse aus jenem Festland doch 66 Naturwissenschaftliclie Wochenschrift. Nr. 9. bringen mussten, nicht im Zechstein, Buntsandstein u. s. w. ; zu finden sind; endlich liätten doch, wenn das jetzige Thüiinger Waldgebirge Festland von der Zechsteinzelt an war, die Wittemngseintlüsse (Frost und Hitze, Luft, Regen und Flüsse) im Laufe der seitdem verflossenen Milüonen von .Tahien Zeit genug gehabt, das Gebirge zu zerstören, wo doch die Flüsse jetzt noch aUjährlich ungeheuere Mengen von Schutt daraus fortfüliren. Man sah sich deshalb zur Aufstellung einer anderen Theorie über das Alter des Gebirges genötigt. Man sagte : das- selbe habe zur Zeit des Zechsteines und der ganzen Trias noch nicht als solches existiert, sei vielmehr damals unter i Meer getaucht gewesen und von dessen Sclüamm- und i Sandabsätzen überdeckt worden, sodass man sich das in : Fig. 1 dargestellte schematische Bild des Schichtenbaues , machen könne, wie es etwa am Ende der Triaszeit in j dem Gebiete, wo heute der Thüringer Wald sich ei'hebe, I bestanden habe. Man nahm dann weiter an, dass später (man hat Grund zu der Vermutung, dass es zur Zeit der Norddeutschen Braunkolüenbildung geschehen sei) entlang von zwei gewaltigen, am ganzen jetzigen Gebkge beider- seits hinlaufenden Spalten .4,1 und BB in Fig. 2 das jetzige Vorland um wenigstens 2000 bis 2500' in die Tiefe gesunken und so das Gebhge erst als Hervorragung entstanden sei. Ursprünglich war es dann natürlich noch von der ganzen Sclüchtenreihe des Zechsteines und der Trias bedeckt, aber diese Decke ist im Laufe der oben erwähnten Jahrmillionen abgespült worden; ebenso hat die Abspülung auch im Vorland gewirkt, wenngleich natürlich nicht so mächtig, und so mussten in der Zeich- nung durchpunktierte Linien die eliemals vorhandenen Lager, die jetzt nicht mehr vorhanden sind, ergänzt werden. Bei Gelegenlieit des Niedersinkens wurden die Rand- partien dei- Senkungsfelder geschleift und so ihre Schichten in steile Stellung gebracht. Man muss dieser Theorie, welche den Thüringer Wald als einen zwischen gesunkenen Tafeln stehen ge- bliebenen „Horst" ansieht, grosse Einfachheit und üeber- einstimmung mit allen beobachteten Thatsachen, also grosse Wahrscheinlichkeit zusprechen ; aber sie bheb doch einigermassen immer noch Theorie gegenüber der anderen, dass der Thüringer Wald schon zur Zechsteinzeit aus dem Meere emporgeragt habe, bis nicht zusammenhängende Lager oder wenigstens einzelne Reste der vorauszusetzen- den ehemaligen Sedimentärdecke auf der Höhe des Ge- birges gefunden waren. Diese erst konnten Beweis für die Richtigkeit der Horsttheorie üefern. Und solche Reste finden sich in der That. Bekanntlich ist eine sehr charakte- ristische Tierform, welche zur Zechsteinzeit gelebt hat, ein muschelartig, zweiklappiges Tier mit langen Stacheln, welches den Namen Productus horridus führt. Die von mir bewirkte geologische Aufnahme des beliebten herr- lich gelegenen Luftkurortes Oberhof unweit des grossen Brandleitetunnels lehrte auf einem IS-IO' hohen Berg- gipfel bei dem Chausseehaus Wegscheid nördhch von Oberhof, und in einigen Thälchen, die von da nach ver- schiedenen Richtungen ausgehen, überaus zahlreiche und bis über centnerschwere Gesteinsblöcke kennen, von denen einzelne ziemlich häufig jenen Productus samt seinen Stacheln enthielten. Diese Blöcke lagen also ungefähr 450' über dem Fuss des Gebirges, und nur etwa 250' unter dessen Kamm ; und ihre Beweiskraft war eigentlich schon gross genug; aber es fanden sich später im Schnabel- bach südöstlich von Oberhof noch ebensolche Blöcke in nur 1 km Entfernung vom Kamm, mussten also gerade- zu auf diesem selbst ursprünglich gelegen haben, wenn man in Betracht zieht, dass sie nicht mehr fest anstehen und somit schon ein Stück am Bergabhang von den Wässern hinabgeführt worden sind. An letzterem Orte fanden sich freilich keine Productus im Gestein vor, und zudem zeigt dieses — und das ist der zweite Grund, warum der Zechstein auf dem Kamm des Thüringer Waldes ein ganz besonders hohes Interesse verdient — eine solch himmelweit abweichende Ausbildung, dass wohl selbst kein Geolog, wenn er nicht die Gesteinsübergänge in die ebenfalls sehr stark, aber doch noch nicht ganz so stark abweichende Muttermasse der oben erwähnten Productus sehen könnte, an die Zechsteinnatur jener Blöcke glauben wüide. Es ist näm- lich im Schnabelbach ein sehr grobkrystallinischer, dunkel- brauner, dem Eisenkiesel älinlicher Quarzit, der äusserst hart und zäh ist, am Stahl Funken giebt und nicht die Spui' von Kohlensäure enthält, während alle sonst be- kannten Zechsteingesteine ziemlich weich, kalkig, dolo- mitisch oder mergelig sind, und mit Salzsäure befeuchtet stets lebhaft aufbrausen und Kohlensäure entwickeln. Auch das produktusfühiende Gestein au der Wegscheid ist ein solcher Quai-zit, aber nicht so grobkrystallinisch. Unter dem Mikroskop zeigt das Gestein beider Fund- orte eine überraschende, überaus charakteristische Struktur, auf die hier nicht näher eingegangen werden kann; aber diese ist so eigentümlich, dass der Beweis für das Zech- steinalter der Schuabelbacher Blöcke trotz des Productus- mangels unumstösslich ist. — Es ist nicht anzunehmen, dass der Quarzit ursprünglich als solcher entstanden, sondern durch kieselhaltige Quellen aus Kalkstein um- gewandelt ist. — Näheres über die interessanten Blöcke findet man in den Erläuterungen zur geologischen Special- karte \on Preussen und den Thüringischen Staaten, Blatt Crawinkel. Nr. 9. Naturwissenscliaftliche Wocliensclirift. G7 Ueber den sogenannten vierdimensionalen Raum. Von Dr. V. Sclilegel. (Schlussj Diircli die letzten Betracht ung-en liaben wir uns der (Jrenze genähert, wo die Kompetenz der exacten Wissen- schaft in Sachen des vierdimensionalen Raumes aufliört, und das freie unbegrenzte Feld beginnt, auf welchem sich willkürlich und ohne zwingenden Grund erdachte Hypothesen tummeln, abergläubische Vorstellungen, welche den Inhalt dieser Hypothesen als Wahi'heit beti-achten, und endlich gewissenlose Spekulationen, welche sich be- mühen, wider besseres Wissen jene abergläubischen Vor- stellungen zu verbreiten. ■ Ist nämlich der Mann, welcher vor unseren Augen das Schrotkorn aus der geschlossenen Kugel heraus- eskamotiert, ehrlich, so zeigt er uns entweder, wie er die Täuschung durch natüiiiche Handgriffe in unserem Räume zu stände gebracht hat, oder er lässt uns wenig- stens die Ueberzeugung, dass er unsere Wahrnehmung auf eine wenn auch von uns niclit begriffene Weise ge- täuscht hat. — Will er sein Kunststück würzen, so kann er dazu einen Vortrag halten, etwa wie folgt: „Verehrtes Publikum, Thr gesunder Menschenverstand sagt Ihnen, dass weder ich noch ein anderer Sterblicher im Stande ist, das Schrotkorn, welches Sie in dieser Glaskugel liegen sehen, oder, wenn ich schüttle, klappern hören, aus der Kugel heraus zu bringen ohne irgendwo die Kugel zu öffnen. Ich würde es können, wenn ich im Stande wäre, die Kugel mitsamt ihrem Inhalt für einen Augenblick in den vierdimensionalen Raum zu versetzen." (Folgen die oben mitgeteilten Gründe.) „Dieser vierdimensionale Raum existiert nun allerdings, und wiid, geradeso wie unser Weltraum, von denkenden und fühlenden Wesen bewohnt, welche einen vieidimensionalen Körper besitzen, geradeso wie Sie selbst einen dreidimensionalen. Diese Wesen sind keine anderen als die Geister unserer Ab- geschiedenen, welche dort in einer höhei'en Existenz weiter leben. Für einen solchen Geist ist es ebenso leicht, unsichtbar für uns, an jeder beliebigen Stelle in unseren Raum einzugreifen, und dort Dinge zu voll- bringen, die uns, weil sie die Gesetze der natürlichen Weltordnung verletzen, als Wunder erscheinen, wie es für uns selbst ist, in jedem beliebigen Punkte der Papier- fläclie die Federspitze aufzusetzen, daselbst Zeichnungen auszuführen, und die Spitze der Feder wieder von der Papiei-fläche verschwinden zu lassen. Wäre die Papier- Häche von zweidimensionalen Wesen bevölkert, so würde diese Zeichnung für sie ein ganz gleiches Wunder sein." (Folgt als Vorbereitung auf das zu erwartende Kunst- stück die Schilderung des oben beschriebenen zweidimen- sionalen Wunders, wie ein Punkt aus dem Innern eines Kreises herauskommt, ohne die Kreislinie zu passieren.) „Ja noch mehr, ebenso, wie Sie selbst auf einer Ebene einen zweidimensionalen Schatten werfen, so vennögen auch die vierdimensionalen Leiber jener Geister sich in unseren dreidimensionalen Raum zu projizieren, und so als dreidimensionale Gebilde Ihnen sichtbar zu werden. — Es giebt nun besonders veranlagte Menschen, zu denen auch meine Wenigkeit gehört, welche im stände sind, die Geister zu solchen Eingriffen in unseren Raum zu veranlassen. Ich werde demnach die Ehre haben, diese Kugel einem von mir eigens zu diesem Zwecke citierten Geiste zur Vei'fügung zu stellen, der Geist wird sie, uns selbst unsichtbar, ebenfalls zum Verschwinden bringen, indem er sie in den vierdimensionalen Raum versetzt, dort wird er sie von dem Schrotkorn befreien, und dann wird beides, die Kugel und das herausgenom- mene Schrotkorn, plötzlich wieder vor Ihren Augen er- scheinen." — Ist nun nach dieser Vorbereitung das Kunst- stück geglückt, und hat der Künstler seinen Vortrag mit dem Humor und dem Tone der leisen Selbstironie ge- halten, welcher dem Zuschauer die Ueberzeugung giebt, dass der Künstler zwar im Ernste seine Augen, aber nur im Scherz seinen Verstand habe täuschen wollen, so werden die Zuschauer die oratorische Zugabe als eine passende geistige Würze des Kunststückes betrachten. — Sollte aber einer unter ihnen sein, der dem Redner alles aufs Wort geglaubt hat, und dem nun eine vorher un- geahnte Perspective in eine vierdimensionale Geisterwelt und einen möglichen Verkehr mit derselben aufgegangen ist, so ist dieser' Mann ein Spiritist geworden, und zwar' ein ehrlicher, der wirklich glaubt, was er' gesehen und gehört, und was er' sell)st vielleicht andere glauben machen will. — Wenn endlich der' oben erwähnte Künstler den Anspruch erliebt, dass alles, was er' zur' Erklär'ung seines Kunststückes sagt, von den Zuscharrer'n für- wahr- gehalten werden soll, und wenn er' diese seine vermeint- lichen Ueberzeugungen auch im Ernste anderen bei- zubringen sucht, so ist er' ebenfalls ein Spir'itist, aber' einer' von der schlimmen Sorte derjenigen, welche unter' dem Deckmantel der Wissenschaft das in dieser Wissen- schaft nicht genügend bewanderte oder' sonst leicht- gläubige Publikum zu täuschen ver'suclien. Wir können jetzt die Popularität des vierdimensionalen Raumes begreifen. Denn wir sehen ja diesen Begriff dur'ch den Spiritismrrs in Zusammenhairg gebr'acht mit derjenigen Frage, die von jeher den denkenden Geist wie keine an- dere beschäftigt hat und beschäftigen wird, so lange es Menschen giebt: mit der Frage nach unserer' Fortexistenz nach dem Tode. Fassen wir' lediglich die eine Behaup- tung des Spiritismus, dass die Seelen im vierdimensionalen Räume weiterexistieren, als eine der zahlreichen Hypo- thesen auf, welche zur Beantwortung dieser Fr'age auf- gestellt worden sind, so ist die Annahme dieser Hypo- these, wie so vieles Andere, wofür kein direkter Beweis erbracht werden kann, eben Sache des Glaubens. Wenn aber wirklich jemand im Ernste die Verbreitung dieses Glaubens sich wollte angelegen sein lassen, dann würde er' besser thun, ein ehrliches ignorabimus auszusprechenj 68 Naturwissenschaftliche Wochenschi'ift. Nr. 9. als wie der Spiiitist es macht, ein aller Wissenschaft und Erfahrung hohnsprechendes Beweisverfahren einzu- schlagen, welches nicht nur alle Augenblicke als Täuschung entlarvt wird, sondern selbst dem (iläubigen die Aussiclit auf eine Zukunft veileiden müsste, in der er keinen Augenblick sicher wäre, von seinen ehemaligen Mit- menschen citiert und zur Verübung von allerlei Unfug und Albei'nlieiten missbraucht zu werden. Ueberlassen wii' also den vierdiniensionalen Raum den Mathematikern, die schon seit einer ganzen Reihe von Jahren sich in demselben häuslich eingerichtet und eine wahrhaft fruchtbringende und für die Fortentwicke- lung der Wissenschaft nützliclie Thätigkeit darin ent- faltet haben. Unterscheiden wir aber vor allen Dingen zwischen diesem rein abstrakten Gebilde geometrischer Ueberlegung, welches uns nirgends in Widersprüche mit anerkannten Gesetzen verwickelt, und dem Raum der Spiritisten, welcher ohne weiteres als wiiklich existierend angenommen und mit unserem Weltraum in einen Zu- samuienhang gesetzt wird, der zwar zum Teil theoretisch richtig begiiindet ist, dagegen in seinem Anspruch auf wirkliclie Existenz mit den durch jahrtausendelange Er- fahrung bestätigten Gesetzen unserer Weltordnung in Widerspruch gerät und daher zu verwerfen ist. Mit dieser Gegenüberstellung dürfte der Begriff des vier- dimensionalen Raumes hinreichend geklärt sein. Ueber die niedrigste Temperatur der folgenden Nacht und die Mitteltemperatur des künftigen Tages. Von Franz Bendt. Es ist eine bekannte Erscheinung, dass durch eine einzige kalte Nacht zuweilen die gesamte Ernte der Weinberge einer Gegend vernichtet werden kann. Auch der Gärtner hat jene launige Eigentümlichkeit der Witte- rung zu fürchten, diu'ch welche besonders im Frühling und im Herbst nach einem milden Tage die Temperatur der Nacht plötzlicli unter den Gefrierpunkt sinkt. Es dürfte daher von Interesse sein, mit einer voi' kurzem von dem Genfer Astronomen A. Kammermann gegebenen Me- thode bekannt zu werden, welche es ermöglicht, die tiefste Tempei-atur der folgenden Nacht schon am Nachmittage vorausbestimmen zu können. — „Eine für die Land- whtschaft höchst bedeutungsvolle Frage", schreibt der- selbe, „ist im Frühling unzAveifelhaft die Vorausbestim- mung der tiefsten Nachttemjjeratur, und gei'ade diese können die meteorologischen Centralstationen für einen bestimmten Ort unmöglich beantworten. Es ist ja längst bekannt, dass zwei nui- wenige Meilen oder noch weniger von einander entfernte Orte zwei sehr verschie- dene Nachtminima aufweisen können und meist auch aufweisen. Diese Bestimmung ist also nur durch örtliche Beobachtungen möglich, und zwar, wie ich zeigen werde, mit ziemlich grosser Annähe- rung, schon um 1 Uhr Nachmittags." Es erschien anfangs, als ob der Beobachter, welcher sich der Kammer man n'schen Methode bedienen wollte, gezwungen sei, eine bestimmte Konstante für seinen Ort zu ermitteln. Durch spätere Untersuchungen von Troska ist aber festgestellt worden, dass die Zaiden für Genf allgemeine Giltigkeit haben. Wir gehen nun zur Schilderung des höchst einfachen Verfahrens über: Man bedient sich zur Vorausbestiinmung der tiefsten Temperatur des „feuchten Thermometers", welches folgende Einrichtung hat. Ein gutes Celsius-Thermometer mit möglichst grosser Gradeinteilung wird an seiner Kugel mit einer Hülle von Musselin oder Leinwand in einfacher Lage umwickelt und aus einem daninter aufgestellten. mit Wasser angefüllten Gefässe andauernd feucht ge- halten. Dies auf dem Wege kapillarer Leitung zu ver- mitteln, dient ein entsprechend langes Bündel von etwa zehn Baumwollenfäden, welche oberhalb der Thermometer- kugel zusammengescWungen. im übrigen Verlaufe zu- sammengeflochten werden und in das mit Wasser gefüllte Gefäss hineinhangen. Die Musselinhülle, sowie die Baum- wollenfäden müssen vor dem Gebrauche in warmem, weichen Wasser ausgewaschen und fernerhin sehr sauber gehalten werden; gut ist ein monatlicher Wechsel. Das feuchte Thermometer ist sodann an einem Orte auf- zustellen, wo es vor den Sonnenstrahlen und auch vor der Ausstrahlung des Hauses geschützt ist, am besten inneihalb eines weiss angestrichenen Kastens, dessen Inneres mit der Luft möglichst frei zirkuliert, wie solcher zu diesem Zwecke von den Mechanikern verfertigt wird. Man wird bemerken, dass ein feuchtes Thermometei' um einige Grade tiefer steht, als ein trockenes und zwar um so mehr je trockener die Luft ist. Die wichtige Thatsache nun, welche Kammer mann fand und auf welche sich die Prognose gründet, ist, dass die tiefste Temperatur der nächsten Nacht um 4°C. niedriger ist, als die Temperatur, welche das feuchte Ther- mometer am Nachmittage des vorhergehenden Tages zeigt. Um die Prognose für die kommende Nacht zu stellen, hat man daher von der Temperatur, welche das feuchte Thermometer am Nachmittage zeigt 4 " zu subtrahieren; ergiebt die Differenz eine Temperatur unter Null, dann ist Nachtfrost zu erwarten. * Durch eine ähnliche Methode, wie die soeben ge- schilderte ist es Dr. Troska, dem oben bereits ge- nannten Gelehrten, auch gelungen, die „mittlere Tem- peratur" des nächsten Tages vorausbestimmen zu können. Er zeigte nämlich, dass die niedrigste Tempe- ratur der Nacht im allgemeinen in bestimmter gesetz- Nr. !t. Natiiiwissensdiaftliche Woclieiischrift. 69 massiger Beziehung zu der Temperatur um 8 Uhr moigens des darauf folgenden Tages stellt. Die Temperatur um 8 Uhr morgens ist aber erfahrungsgeniäss gleich der mittleren Temperatur desselben Tages. — Zur Bestimmung des nächtlichen Minimums bediente sich Tros'ka der Taupunktmethode. Unter Taupunkt versteht man bekanntlich den Temperaturgrad, bei welchem sich die atmosphärische Feuchtigkeit kon- densiert: in jedem Elementarlehibueh der Physik findet man Methoden zu seiner Bestimmung. Wir wollen uns merken, dass beim oben be.schriebenen feuchten Ther- mometer die Temperatur des Taupunktes in der warmen Jahreszeit i" C, in der kalten Jahreszeit 3" C. unter dem Stande desselben liegt. Es zeigt sich also, dass die niedrigste Temperatur der Nacht gleich der Temperatur des Taupunktes ist. — Gehen wir nun zur Schilderang der Vorhersagung selbst über. . Es ist eine bekannte Regel, dass auf eine kalte Nacht ein kühler Tag und auf eine warme Nacht ein noch wärmerer Tag folgt. Kann man aber, wie soeben gezeigt, schon am Nachmittage oder am Abende das Minimum dei- Nacht bestimmen, dann muss es auch möglich sein, die wahrscheinliche Temperatur für 8 Uhr am Morgen des nächsten Tages zu ermitteln. Das nächt- liche Minimum tritt regelmässig etwas vor Sonnenaufgang ein und von da an bemerkt man ein Ansteigen dei' Temperatur. Dr. Troska fand liierfür folgende Regel: Die Temperatur um 8 Uhr morgens (= der mitt- leren Tagestemperatur) übersteigt die des nächt- lichen Minimum um soviel Grade, wie Stunden seit dem Aufgange der Sonne verflossen sind. An einem Beispiele mag jetzt gezeigt werden, wie eine Prognose mit Hilfe dieser Regel zu stellen ist: Man bestimme die Temperatui' des nächtlichen Minimum (Tau- punktes) am Nachmittage; sie sei gleich 9 " G. — Die Sonne gehe um 6 Uhr auf. Dann ist die Mitteltempe- ratur des folgenden Tages = 9 + (8—6) = 11" C. Kleinere Mitteilungen. TJeber die geographische Verbreitung des Moschus- ochsen (Ovibus moschatus) in Europa während der Quartärzeit machte Struckmanii geli-gHutlich eines Fundes von Resten dieser Art bei Hameln iliifeihing (Zeitseljr. d. deutscl). geolog. Gesellsi'h. 1888 S. 6U1- 604). Hier wurde in einer 10 m unter der l Oberfläche befindliehen Kiessehicht ein Scliädelt'rogment entdeckt, i welches liotisclie als zum JJoschusoch.-en gehörig erkannte. Die- | selbe Schicht enthielt Reste des Mammuts (Elephas primigenius), des wdllhaarigen Nashorns (Rbinoceros ticliorhinus), des Kdelbirsches (Cervus ehtphus), des Wisent (Bison priscus). des Auerochsen (Bos primigenius) und des Pferdes (Eqiius caballus). l)iese Fauna gehorte der älteren Diluvialzeit an. Fossile Reste des Moschusochsen sind in Deutschland nur selten, aber weit auseinanderliegend gefunden. Man kennt Knochen desselben vom Kreuzberge bei Berlin, aus Schlesien, von Merseburg, Dömitz, Jena, Unkelstein am Rhein, Langen- brunn im oberen Donauthale, JInselwciss bei (.'oblenz, V'allendar am Rhein und jetzt auch von Hameln an der Weser, Nach Dawkins ist die Art auch über eineu grossen Teil von Frankreich und Eng- land nnd über Sibirien verbreitet gewesen. Höchst wahrscheinlich ist es, dass der Moscliusuchs noch zur Zeit des Menschen in Mittel- europa vorhanden war. Man schliesst das aus Funden in der Höhle von Thayingen und aus den von Boyd-l>a wkins nach englischen Hühlenfunden zusammengestellten TiiatsachcMi, sowie aus den von S chaaflhausen an einem Schädel von Moselweiss beobachteten künstlichen Einschnitten, Gegenwärtig lebt der Moschusochs nur noi-h in den hnclinordisi-hen Ländern und Inseln Nordamerikas, Die Vergesellschaftung von jetzt nur in der Nähe des Nordpols lebenden Tieren mit dicht behaaj-ten Verwandten (Mammut, Rhinozenjs) von Solchen, die gegenwärtig nur der heissen Zone angehören, weist auf ein sehr raulies Klima in unseren Breiten hin, was durch die gleich- zeitige Ausdehnung grosser Gletscher bestätigt wird. H. J. Kolbe. Steppenhühner in Deutschland. — Ein für ÜrnithL logen höchst bemerkenswertes Ereignis vollzieht sich in den letzten Wochen in Deutschland, Es wandern nämlich, wie schon einmal in grösserer Zahl im Jahre 1863, Steppen- oder Fausthühner (Syrrhaptes paradosus Fall.) bei uns in Deutschland ein. Diese eigentümlichen Vögel haben ihre Heimat in den Steppengegenden Asiens, östlich vom Kaspischen Jleer, in den tartariscüen Steppen bis hinauf zum Altai, . östlich bis nach China hinein. Hier leben sie im Frühjahr in kleinen, im Herbst aber in grossen Flügen von oft mehreren hundert Stück; sie nähren sich von Sämereien und zarten, grünen l'Hanzenteilen. In ihrer äusseren Erscheinung bieten die Steppenhühner manche Eigentümlichkeiten, Der ganze Habitus erinnert teils an Tauben, teils auch an Feldhühner, hinsichtlich der .spitzen Flügel an dieBrach- scliwalben (Glareola). Die erste Schwinge ist wie das mittlere Paar der Schwanzfedern sehr lang und dabei äusserst lein zugespitzt, weit feiner noch als bei der Rauchschwalbe. Die Beine sind einschliess- lich der Zehen befiedert; eine Hinterzehe ist nicht vorhanden, die drei Vorderzehen sind in eigentümlicher Weise miteinander ver- wachsen, so dass der Fuss von unten gesehen eine einzige Sohle bildet, aus welcher vorn die drei stumpfen Krallen hervorragen. Die Färbung der Vögel passt sich vortrefflich der des Bodens an: sie ist auf der Oberseite sand- oder lehmfarbig mit kleinen, dunklen Flecken, unten isabellfarben, am Bauch dagegen schwarz. Am Kopf finden sich rostbraune Partien, welche beim Weibchen weniger schön und kräftig sind, als beim Männchen, Letzteres ist ausserdem noch durch ein feines, schwarzes Band quer über die Unterbrust kenntlich. Im Fluge sollen die Steppenhühner nach Berichten, welche mir durch Augenzeugen zugingen, viel Aehnlichkeit mit Regenpfeifern haben; auch lassen sie während des Fliegens beständig ein eigentümliches Geschrei hören, welches sich schwer beschreiben lässt. Die asiatischen Gäste sind seit den letzten acht Tagen in Posen, Schlesien, der Mark, Sachsen, Hannover, Westfalen etc, bis nach dem Elsass und Lauenburg beobachtet worden. Bei Liegnitz wurden mehrere Ketten bemerkt, welche sich schliesslich zu einem Fluge von etwa 150 .Stück zusammenschlugen. Eine Anzahl der Steppenhühner hat sich durch Anfliegen an Tele- graphendrähte tütlich verletzt. Die Kgi. landwirtschaftliche Hoch- schule in Berlin erhielt durch die Redaktion der „Deutschen Jäger- zeitung" (Neudamm) ein Weibchen, welches in der erwähnten Weise den Tod gefunden hatte. Der Eierstock war ziemlich stark ent- wickelt, sodass anzunehmen ist, das Tier würde in einiger Zeit reife Eier produziert haben. Es wäre von grossem Interesse, wenn die Steppenhühner dies- mal bei uns brüteten und es muss daher mit allen Kräften danach gestrebt werden, dass sie möglichst wenig beunruhigt, besonders nicht beschossen werden. Jeder, welcher Gelegenheit hat, in dieser An- gelegenheit thätig zu sein, sollte auf möglichste Schonung der .Steppenhühner dringen. Dr. Ernst Schaff. Ein fruchtbarer Bastard zwischen Wolf und Hund. — Ein Bastard zwischen Wolf und Hund, der in dem Londoner Zoo- logischen Garten erzielt worden war, starb, wie „The Field" vom März d. J. mitteilt, dieser Tage, ohne dass er sechs vollständig aus- gebildete Junge wegen eines Fehlers im Becken hätte zur Welt bringen können. Schon während der Zeit der Trächtigkeit war es dem Beobachter W. Lort aufgefallen, dass das trächtige Tier nur geringen Umfang in den Flanken hatte, dass aber die Rippen stark ausgedehnt waren. Der Vater der ungeborenen .lungen war ein Skya Terrier von der ungefähren Grösse des Bastards. Ueber das Eindringen des Lichtes in das Wasser des Genfer Sees hatte Forel bereits 1873 auf photographischem Wege festgestellt, dass die Grenze absoluter Dunkelheit für das Chlorsilber im Sommer 45 w, im Winter lüO m unter der Oberfläche liegt. .Seitdem sind von Asper, Pol u. a. teils ebenfalls im Genfer See, 70 Naturwissenschaftliche Wochensclirift. Nr. 9. teils in anderen schweizerischen Seen diese Versuche wiederholt worden, nnd sie sind dabei zu dem Ergebnis g-eliommen, dass für die ausserordentlich empfindlichen Platten von Monckhoven die Grenze erst in fast doppelter Tiefe liegt. Während der letzten Zeit hat Forel nun alle zwei Monate diese Versuche, welche für die Tiefenfauna ein ganz besonderes Interesse haben, wiederholt. Er hat sich dabei wieder des durch Chlorsilber empfindlich gemachten Papiers bedient, welches sich für diesen Zweck leichter anwenden lässt, als empfindliche Platten. Um eine Reihe von gleichzeitigen Beobachtungen in verschiedenen Tiefen zu erhalten, befestigte Forel an einem Tau. welches mit einem Senkblei versehen war, immer von 10 zu 10 m die photographischen Apparate; dieses Ganze wurde dann während der Nacht in 3,5 km Entfenmng vom Ufer bis zu 130 m Tiefe in das Wasser des Genfer Sees versenkt. Die Apparate blieben dort bis zu einem klaren, sonnigen Tage und wurden in der darauffolgenden Nacht wieder emporgeholt. Aus den Zahlen, welche Forel in den „Comptes Rendus" veröffentlicht, ergiebt sich, dass für das Chlorsilber die Grenze absoluter Dunkelheit im März 100—110»», im Mai 75 m. im Juli 45 w. im September 50 »/, im November — Februar 85 w( unter der OberfiUche des Wassers liegt. Dass die Durch- lässigkeit des Wassers für Licht im Sommer beträchtlich kleiner ist als im Winter, schreibt Forel wohl mit Recht dem im Sommer in ausserordentlich grosser Menge suspendierten organischen „Staube" zu. Ausserdem ergab sich noch, dass die photographisclie Wirkung nahe der Grenze absoluter Dunkelheit im Sommer in stärkerem Grade abnimmt als im Winter. A. Gutzmer. Elektrische Erseheimingen an Bergkrystall und Glas- gewiehten. — Bei Gelegenheit der Prüfung von Gewichten aus Bergkrystall (Quarz) hat die Normal-Aichungs-Kommission eine eigen- tümliche Wahrnehmung gemacht. Diese Gewichte werden im all- gemeinen in Kästen aufbewahrt, die mit Leder, Sammet oder Seide gefüttert sind. Nimmt man nun die Gewichte aus dem Kasten, so zeigen sich dieselben, wohl infolge der Reibung an der Stott'fütterung, elektrisch erregt, und zwar kann ihre Ladung so stark sein, dass selbst Körper mit kleiner Oberfläche und einem Gewichte bis zu 50 ni[i an jeder Stelle der C4ewichtsstücke getragen werden. Da diese Ladung auch das Wagengehäuse und die einzelnen Teile der Wage elektrisch erregt, treten fremde Kräfte in Wirksamkeit, welche die Wägungsresultate unter Umständen erheblich verfälschen. Es empfiehlt sich daher, solche Gewichte, die wegen ihrer Un- veränderliol.keit mit Recht geschätzt werden, auf einem Glasteller unter einer illasglocke aufzubewahren, wenn man nicht genüthigt sein will, nach Herausnahme der Gewichte aus dem Kasten mit der Benutzung so lange zu warten, bis die Ladung sich zerstreut hat. Das Letztere kann je nach dem Feuchtigkeitsgehalt der Luft und der Unterlage, auf welcher das Gewicht steht, bis zu zehn Stunden und länger dauern. Von Vorteil wird auch sein, vor der Benutzung die Oberfläche des Gewichtes mit einem frei in der Hand gehaltenen Staniolblatt zu umfahren. Auf Glasgewiclite erstrecken sich die Wahrnehmungen der Kommission nicht, doch iverden sich diese ähnlich verhalten. Aehnliche Beobachtungen sind früher gemacht von Regnault. Dumas, Boussignolt und Stas. Die Stärke der Elektrisierung scheint noch von weiteren Umständen abzuhängen, denn Wild und andere Forscher wollen bei der Anwendung von Quarzgewichten wenig von Störungen durch Elektrisierung empfunden haben, aller- dings olme dass erhellt, ob dies besonderen Vorsichtsmassregeln zu danken war. Dr. F. Plato. Elektrieität und Mathematik. — Die Elektricität, die in unserem Jahrhundert sicherlich eine sehr grosse Rolle spielt, nimmt bekanntlich auch mathematische Kenntnisse von ihren Jüiigern in Anspruch. Dafür scheint sie jetzt auch den Mathematikern etwas bieten zu wollen. Nicht zufrieden mit dem Nebengebiet der Elektro- therapie, hat sie nun auch das der reinen J\Iatheniatik betreten — sie löst nämlich G 1 eich un gen auf — In den „Comptes rendus" der Pariser Akademie der Wissenschaften vom 5. März d, J. wird ein Verfahren von P. Lucas veröffentlicht, durch welche sich alle algebraischen Gleichungen jedes Grades mit reellen, numerischen Coefficienten vermittels der Anwendung von Elektricität auf graphi- schem Wege ohne irgend welche Rechnungen losen lassen, und zwar dergestalt, dass alle Wurzeln, reelle wie imaginäre, bestimmt werden. Das wesentliche Resultat der Methode lässt sich in die Worte fassen: Die Knotenpunkte der äquivalenten Potentiallinien sind die Wurzel- punkte eines Polynomes vom selben Gleichung,sgrad. — Lucas sagt am Schluss seines Aufsatzes: So hoch auch der Grad einer alge- braischen Gleichung sein möge, eine einzige Operation genügt, um alle, reellen oder imaginären, Wurzeln zu erhalten. Dr. C. Ochsenius. Das Beharrungsgesetz. — Auf Seite 184—186 von Bd. I der .Naturwissenschaftlichen Wochenschrift" finde ich einen Artikel: »das Trägheitsgesetz — ein Grundgesetz der Physik" von Dr. K. F. Jordan, in welchem der Verfasser die Unhaltbarkeit der Gründe nachweist, welche J. Hensel in seinem Buche; „Das Leben, I.Teil: Die Fortdauer der Urzeugung", gegen das Gesetz der Beharrung geltend macht. Nach genanntem Artikel kulminieren die Einwände, welche J. Hensel gegen das in Frage stehende Axiom erhebt, in der Betrachtung: „dass Bewegung ein K raft-Aequi valent sei und daher für ein endliches Mass von Kralt (im besonderen etwa Stosskraft) keine ewig dauernde Bewegung, d. b. kein unendliches Mass von Bewegung geleistet werden könne; wenn dennoch ein Korper in die Welt hinausgestossen werde, so könne er nur so lange fliegen, bis für die angewendete Kraft genug Bewegung geleistet worden sei. — " Im Anschluss an die Widerlegung des Herrn Dr. Jordan erlaube ich mir noch zu bemerken, dass, wenn Hensel die Bewegung für ein Kral't-Aequivalent ausgiebt, dies in der theoretischen Mechanik nur insofern einen Sinn hat, als die Bewegung eines Körpers auf eine bestimmte Zeiteinheit bezogen wird, womit gerade das Gesetz der Beharrung und das der Erhaltung oder Energie in Kraft treten würde, da ein xmal so grosser „Stoss" denselben Körper in derselben Zeitgrösse auch xmal soweit bewegen müsste. — Dieser Voraussetzung gemäss würden wir nicht berechtigt sein, eine Ab- nahme der Geschwindigkeit bewegter Körper, viel weniger noch einen einstigen Stillstand derselben im absolut leeren Raum anzunehmen, indem kein Widerstand, auch nur ein Minimum des treibenden Agens, der aktuellen Kraft vergeht. — Anders verhält es sich, wenn wir nachfolgende ]5etrachtuug anstellen, die ich, ganz unabhängig von irgend welcher Beeinflussung Hensel 's, wie der Gang meiner Studie erweist, in der „Natur" (Halle a,/S.) im vorvorigen Jahre veröflentlicht habe. In dieser Studie: „Erweiterungen im Kalkül der theoretischen Mechanik" betitelt, heisst es: „Bei der Annahme des Axioms, dass ein im absolut leeren Raum sich bewegender Körper seine Geschwindigkeit ungeschwächt beibehält, übersieht man jedoch, dass auch der innere Widerstand, den eine Materie als solche ihrer Fortbewegung entgegensetzt, dazu beitragen inuss, ihre Bewegung zu hemmen oder allmählich zu vernichten, selbst wenn diese Hemmung oder diese Vernichtung auch rein phänonieneller Natur sein sollte. Füi' unsere Zwecke genügt es hier zu zeigen: wie die den Körper bewegende Kraft und sein Widerstand bei der Bewegung eine Resultierende veranlassen, die kleiner und immer kleiner wird, während nach den bisher üb- lichen Ansichten in der Physik keine Bewegungsabnalime zulässig ist," Es folgt alsdann der auf dem Kalkül der theoretischen Mechanik fusseude Beweis für die ganz allmähliche Abnahme der Geschwindig- keit eines sich im völlig leeren Räume bewegenden Körpers, wobei der Widerstand der bewegten Materie, wie es allein geboten ist, als eine unter ISO" kontinuierlich wirkende Kraft gvg'^n das den Körper vorwärts zu treiben suchende Agens aufgefasst wird. Ich muss diejenigen Leser dieser Zeitschrift, welche sich für dieses Problem der theoretischen Mechanik interessieren, auf die Lektüre der genannten Studie verweisen und greife hier nur noch den auf das in Frage stehende Problem Bezug nehmenden Schhiss- satz dieser Arbeit heraus, welcher das Resume meiner Spekulationen enthält, nachdem ich den theoretischen Nachweis geliefert habe, dass das Trägheitsgesetz, obwdhl in Anbetracht sich bewegender Korper nicht mathematisch zutreffend, dennoch für praktische Zwecke als giltig erachtet werden muss: „Die angestellten Betrachtungen lehren also, dass zur Fortbewegung eines Körpers im völlig leeren Räume sowohl der rückwärts wirkenden Widerstandskraft der bewegten Materie ein Gleichgewicht zu halten als auch ein die Masse fortrückendes Agens erforderlich ist. Weil aber, wie gesagt, der Widerstand als eine kontinuier- lich wirkende Kraft un der der Materie mitgeteilten (momentanen) Kraft beständig zehrt, so muss dem bisher angenommenen Beharrungsgesetze zuwider auch im völlig widerstandslosen Räume die Geschwindigkeit eines bewegten Körpers, wenngleich unmerklich, den- noch mit jedem Zeitteilchen abnehmen. — " Dr. Eugen Dreher, weil. Dozent a. d. Universität Halle. Unter dem vielversprechenden, aber eigentlich wenig bezeichnen- den Namen „Polymeter" empfiehlt der bekannte Göttinger Mecha- niker Lambrecht ein Instrument, das der lokalen Wetterprognose besondere Dienste leisten soll. Dasselbe besteht aus einem Hygro- meter, welches in Verbindung mit einem Thermometer die relative Feuchtigkeit, den Dunstdruck und den Taupunkt durch einfache Ablesung der an dem Instrumente angebrachten Skalen zu bestimmen gestattet. Die Einfachheit der Handhabung lässt dieses Instrument für meteorologische Dilettanten ganz nützlich erscheinen, und wer ohnehin von der Unfehlbarkeit der Lokalprognosen überzeugt ist, findet in den der Gebrauchsanweisung beigegebenen Wetterregeln die nötige Stärkung seines Glaubens. < »b jedoch nach denselben die Nr. 9. Naturwissenschaftliche Wochensclirift. 71 Aufstellung einer Prognose bei den vielen „wenn und aber" so über- aus einlach sein dürfte, ist eine andere Sarhe. Im übrigen würden wir auf das Polymeter nicht näher ein- gehen, da es durchaus nichts neues bietet, wenn nicht die Bemer- kungen des Herrn Lambrecht über die Rsychroinetrie einige auf- klärende Worte niitig machten. Es macht auf Dilettanten bekannt- lich stets den Eindruck der .Schneidigkeit, wenn man den „Meteoro- logen von Fach" eins anhängen kann. Letztere wissen aber sehr genau, dass das bekannte vielverbreitete Psychrometer nach August nur ein Nj. ' Hermann Schultze. Verlags-Cto. in Leipzig. Martini & Chemnitz, St/sfematisches Conchylien-Cahinet. Neu herausgegeben u. vervollständigt von H. 0. Küster u. W. Kobalt. 358. Lfg. 4". (64 S. m. 6 Taf.) Preis 9 ^«. Bauer & Raspe in Nürnberg. Medieus, L., Kurze Anleitung zur Mussanalyse. gr. 8". (IX, 144 S.) Preis iJC 40.^; geb. i JC. Buchh. in Tübingen. Michaelis, C. Th., Stuart Mills Zahlhegriff. 4». 1 ..tC. R. Gärtners Verlag in Berlin. Nussbaum, J. N. v.. Neue Heilmittel für Nerven. Vortrag. (Sep.-Abdr.) gr. 8". (16 S.) Preis 60 .j. Eduard Trewendt in Breslau. Peschel, O., Physische Erdkunde. Nach den hinterlassenen Manuskripten selbständig bearb. u. hrsg. v. G. Leipoldt. 2. Aufl. Neue Ausg. 1. I>fg gr. 8". (96 S.) Preis 1 JC 40 .j. Duncker und Humblot in Leipzig. Potonie, H., Elemente der Botanik, gr. 8". (323 S ra. 539 Illstr.) Preis 2.«. .'^0^.; geb. 3 JC HO 4. Moritz Boas, Veri.-Buchh. in Berlin. Rausenberger, O., Lehrbuch der analytischen Mechanik 1. Bd. Mechanik d. materiellen Punkte. gr.S». (VIH, 316 S.) Preis 8 c^. R. G. Teubner in Leipzig. Schmidt, E., Anthropologische Methoden. Anleitung zum Beobachten und .Sammeln für Laboratorium und Reise. 8". (IV, 336 S.) Preis () Jt. Veit & Co. in Leipzig. Seelhorst, G., Katechismus der Galvanoplastik und Galvanostegie. 3. Aufl. V. G. Langbein. (Webers illustr. Katechismen Nr. 62.) 8°. (X, 187 S m^ Illustr.) Preis geb. 2 Jt. J. J. Weber in Leipzig. Semler, H., Die tropische Agrikultur. Ein Handbuch für Pflanzer und Kaufleute. 3. Bd. gr. 8». (XII, 806 S.) Preis 15 JC. Hinstorfl'sche Hofbuchh., Verl.-Cto. in Wismar. SpeeiaUtarten, Geologische, des Königreichs Sachsen. 1 : 25000. Hrsg. vom k Finanz-Ministerium. Bearb. unter der Leitg. v. H. Credner. Sect. 18—20. Chromolith. gr. Fol Mit Eriäutergn. gr. 8". Preis kHJC. Inhalt; 18. Grossenhain-Skässchen. Bearb. von O. Klemm. (27 S.) — 19. Schönfeld-Ortrand. Bearb. von 0. Herrman. (57 .S.) — 20. Schwepnitz. Bearb. von E. Weber. (23 ,S.) Wilhelm Engelmann in Leipzig. Stein, S. Th., Das Licht im Dienste vissenschaftlicher Forschung. 6. Heft. Die photographische Technik f. wissenschaftl. Zwecke. gr. 8". (2. Bd. XI u. S. 339—462 m. ülustrat.) Preis 3 JO. Wilhelm Knapp in Halle. Steiner, J., Grundriss der Physiologie der Menschen. 4. Aufl. gr. 8». (VIII, 452 S.) Preis '9 Jt\ geb. 10 JC. Veit & Co. in Leipzig. Still mark, H., Ueber Eicin. e. giftiges Ferment aus den Samen V. Ricinus comm. L. u. einigen anderen Euphorbiaceen. gr. 8". (121 S.) Preis 2 JC. E. J. Karow, Veri -Cto. in Dorpat. Gegen Einsendutig des Betrages (auch in Brief- marken) liefern wir vorstehende U'erke franko. Zur Besorgung litterarisehen Bedarfes halten wir uns bestens empfohlen. «erlin SW. 48. I>ie Kx-pedition der „IVatnrwissenscliaftlicheii Wochenschrift". Berichtigung. 1. Auf .Seite 55 ist in der Fragebeantwortung für Famitzin zu setzen: Famintzin. 2. Da (Quecksilber bei — 40'' C. erstarrt, muss es aufSeite45 in der Zeile 12 der ersten kleineren Mitteilung heissen: Im Winter sinkt die Temperatur oft bis tief unter — 50" herab. Briefkasten. Unsere Post-Ahoiinenteii machen wir hierdurch darauf aufmerksam, dass die Post bei Bestellungen, die ihr nach dem 1. Tage im Quartal zugehen, die Nach- lieferung der bereits erschienenen Nummern nur auf Verlangen besorgt und dafür tarifmässig 10 Pfennig für Porto erhebt. Sollten einige unserer Post -Abonnen- ten noch nicht alle Nvunmern des laufenden Quartals besitzen, so bedarf es nur einer diesbezüglichen Rekla- mation bei der Bestell-Postanstalt. Naturwissenschaftliche Wochenschiift. Nr. 9. £^p©^^%© namentlich Anzeigen allei- optischen, chemischen, phj'sikalischen etc. Gerätschaften, Naturalien. Chemikalien, sowie Bücheranzeigen finden weiteste und passendste Verbreituna-. lyir etHpt'chlen unser Blatt zur Insertion von Stellen- Gesttchen iintl -Angeboten, soirie zu Anzeigen . u-etehe An- gebot, Xae/ifruffe und Tausch naturu-issenschaj'tlicher Sannnlunffen etc. vermitteln. >|MMMMMMJ ^^MMM % Ein Seiteiistück zu Brelims Tierleben. Soeben erscheint in 28 Lieferungen zu je 1 Mark: Pflanzenleben von Prof. Dr. A. Kerner v. Marilaun. Das Hauptwerk lies berühmtenPflanzenbiologen! Glänzend t'esch rieben, ausgezeichnet durch hohen inneru Gehalt und !^'escliiiiiickt mit nahezu 1000 originalen Abbildungen im Text und 40 Aquarelltafeln von wisseuschaftlicbur Treue und künstlerischer Vollendung, bildet es eine prächtige Gabe für alle Freunde der Pflanzenwelt, ein Hausbuch edelster Art. das in der populärwissenschattlichenLitteratur ohnegleichen dasteht. Preis in 2 Halbfranzbände gebunden 32 Mark. Prospekte gratis durch alle Buclihanähingen. Verlag des Bibliograph. Instituts in Leipzig. ^flllfffffffff^ CD ; ^ ©■ ® « M w B " i's^ s CD .— ; Briugegeld bei der Post 15 .j extra. 'r Inserate: Die viergesiialtene Petitzeüe 30 -j. Grössere Aufträge e;i5 entsprechenden Rabatt. Beilagen nach Uebereinkunl't. Inseraten- JL annähme bei allen Annoucenbureaux, wie bei der Expedition. Abdruck ist niu- mit voIlKtäiidlg'er <{iiellenaii«;al>e gestattet. Der Zweck der Naturwissenschaft und die Art und Weise wie sie heute betrieben wird.*) Dozent an di.T Iniversität Halle. Haben nun die Naturwissenschaften unseren Geist in dem Masse gefördert, wie unsere materielle Wolilfahrt durch sie gehoben worden ist? Die Frage muss leider verneint werden. Der geistige Gewinn bleibt weit, weit liinter dem materiellen zurück. Es wtn-de nicht schwer fallen, diese Behauptung nach allen Seiten hin zu begründen und durchzuführen. Für unsere Zwecke genügt es hier, sie dm-ch einige in die Augen fallende Beispiele zu stützen. Man denke an die vielen, weitreichenden Entdeckungen auf dem Gebiete der Elektricität und an den sich jedem Fachmann auf- drängenden Mangel einer Theorie, sie m'sächlich zusammen zu fassen. Man bücke sich um in der Chemie, welche fast täglich Stoife entdeckt, die füi- unsere Kultur in mannigfachster Beziehung von ganz hervorragender Be- deutung sind, und man beachte dabei die scliwachen, hinfälligen Säulen des theoretischen Lehrgebäudes, welche die Wucht des vorliegenden empü'ischen Materials tragen sollen. Man überzeuge sich von der Reichhaltigkeit unserer- heutigen Heilmittel und deren üben-asch ender Wirkung, und frage nach dem Wie des Zustandekom- mens der ungealinten Erfolge. Man betrachte die inter- essanten Produkte der Tier- und Pflanzenzucht und be- merke, wie wenig noch der darwinistische Gedanke, vor allem bei dem Systematiker, Eingang gefunden hat! — Mit Recht erwecken die uneiwarteten Aufschlüsse der Spektralanalyse, welche ihre Macht auf die Sternenwelt wie auf den Mikiokosmus ausdehnt, das grösste Staunen. — Die Vorgänge jedocli, welche die charakteristischen Licht- phänomene, die verschiederartigen Spektren erzeugen, ob \'on Dr. Eugen Dreher, weil. Die grossartigen emiiirischen Eriungenschaften, welche die Naturwissenschaft fast" in allen ihren Zweigen in den letzten Decennien aufzuweisen hat, Erfolge von derartiger Tragweite, dass unser ganzes Kulturlelien dadurch eine wesentliche Förderung und Hebung eifahren hat, legen dem besonnenen Denkei- um so mehr die Pflicht auf, zu fragen: ob auch der liierdurch erworbene rein geistige Gewinn diesen glänzenden äusseren Vorteilen eutsiiricht. Dass die Naturwissenschaften als ihre Hauptaufgabe die Klärung des LTteils, die Herausbildung des Verstandes, die Erweiterung unserer Erkenntnis, die Befreiung vom Aberglauben und von den mit uns nur zu oft verwachseneu Vorurteilen zu betrachten haben, wozu .sich noch das Erwecken der Lust zu einem sinnigen und gemütsvollen Vertiefen in die Wunder der Schöpfung gesellt, unterliegt für denjenigen keinem Zweifel, welcher das Streben nach dem Ideal als die höchste Aufgabe des Lebens erachtet. Dass aber diese rein ideale Besti-ebung uns nicht der Wirklichkeit entfremdet, sondern vielmehr darauf hinweist: wie auch die äussere Seite des Lebens an- genehm und vorteilhaft zu gestalten ist, die wir wegen ihrer (Quellen reichhaltigen Genusses und wegen ihrer Rückwirkung auf unseren Geist nicht unterschätzen düifen, leuchtet jedem ein, der nicht, in blöder Einseitig- keit befangen, überall diejenigen Gi'enzlinien schaut, die er sich seiner Bequemlichkeit halber selbst gezogen hat. *) In dem obigen Artikel kämpft \'ert'a.sser gegen einige all- gemein angenommene Principien der Naturwissenschaft ; wir glauben aber der ehrlich gemeinten Kritik — so lange sie rein sachlich bleibt — unsere .Spalten nicht verschliesseii zu dürfen. lied. 74 Natui-wissenschaftliche VVocliensclirift. Nr. 10. atomistische, ob molekulare Prozesse sie bedingen, sind in Dunkel gehüllt. Fragen wir jetzt nach dem Grundi^ für die That- sache: dass die Praxis der Tlieorie so unverhältnismässig voiausgeeilt ist, so könnte es auf den ersten Blick scheinen, dass dies seine volle Begründung in dem Wesen der Forschung finde, insofern der Foischer angewiesen ist, der Natur ihre Gesetze abzuspähen und abzulauschen, was nur langsam und mühevoll geschieht, und den ge- fundenen Thatsachen gemäss s'eine Hypothesen und Theorien aufzustellen, und nicht, wie viele Naturphilo- sophen bedauerlicher Weise gethan haben und noch thun: Gesetze. Phänomene und das ihnen zu Grunde liegende Weltprinzip zu erdichten, wo es sich um die heiligsten Fragen handelt. Wie sehr diese in der Philosophie häufige Entweihung der Wissenschaft : vor- zugeben, das Rätsel des Daseins g^j^st zu haben, die nur aus grösster Selbsttäuschung oder aus uiederera Egoismus fliessen kann, den Fortschiitt der Wissenschaft nicht nur hindert, sondern auch demoralisierend wirkt, ist leicht zu beweisen. Dass in der angeführten Entschuldigung der Thai- sache, dass „die Theoi'ie der Praxis nachhinkt" ein gut Teil Wahrheit liegt, kann niemand in Abrede ^stellen, der auch niu' eine Ahnung von dem übeiaus reichhaltigen widerstrebenden Stoff hat, welchen der Forseher ursächlicl; verknüpfen soll, und der die Schvvieiigkpit zu würdigen weiss, befriedigende, zeitgemäss erschöpfende Erklärungen für Naturerscheinungen auszusinnen. Sehr würde man jedoch irren, wollte man diesem Umstände allein die Ungleichheit des praktischen und theoretischen Fort- schiittes beimessen. Ein viel mehr Aussehlag gebender Grund, warum die Praxis der Theorie vorausgeeilt ist, hegt zweifelsohne in dem geringen wissenschaft- lichen Idealismus unserer Zeitrichtung, die in wissen- schaftliclier Beziehung den äusseren Erfolgen den Vorzug vor den Innern einräumt und im mühelosen Fluge die geistigen Güter als nicht gerade zu entbehrendes Bi'i- werk zu erhaschen wähut. Dass unserer Zeit der Schwung dei- wissenschaftlichen Geistesbewegung fehlt, die, Ende des vorigen Jaliriuinderts mit veralteten Traditionen brechend, eine der Vernunft entspringende moralische Weltordnung zu gründen traclitete, kann nicht geleugnet werden; und der Umstand, dass dieser hohe Ideenflug, den an ihn gericliteten Anforderungen nicht gewachsen, in den seichten Materialismus umschlug und so den Stoff statt des Geistes zum Träger der Weitordnung ei'hob, kann mit zur Entschuldigung dienen, dass unsere Zeitrichtung mit wenig Zutrauen dem Idealismus ent- gegen kommt. Die Tliatsache ferner, welche namentlich für- unser Vaterland gilt: dass der blosse Idealismus dem Volksbewusstsein entfremdet ist, indem er uns von den durch Geburt und ^^aterland zunächst Stehenden mehr als thunlich isoliert, insofei'n er die Ideenwelt als das einzig Schätzenswerte vorspiegelt, kann gleichfalls mit zur Recht- fertigung unserer Zeitlichtung angeführt werden. Was aber an völlige)' Reclitfertigung noch fehlt, muss den Irrtümern und der in mancher Beziehung oberfläclilichen und denkträgen Richtung unserer Zeit zugeschrieben werden, die gern anerkannten Autoritäten ohne Vor- behalt glaubt, um sie!) die Mü])e zu spaien, selbst prüfen und urteilen zu müssen, die den Eiwob idealer Güter vernachlässigt, um dem materiellen um so besse)' nach- jagen zu können. Sehr zutreffend sagt E. du Bois-Rey]i)ond in seinem Vortrage: „Kultui'geschichte und Natuiwissenschaft", wo ei' von der in Ame]ika horschenden enghei'zigen Nütz- lichkeitslehre spricht: „Aber wie? Sehen wi)' nicht, indem wir über amoikanische Kultur uns eiheben, den Sytlitter in unseres Binders Auge, und \\-eiden nicht gewahr des Balkens in unserem Auge? Wie steht es mit dem Widerstände, den die im Vergleich zur ameri- kanischen so alt gesiche)te, so fest gegründete deutsche Kultu)' jenen bediolilichen Stiebungen entgegensetzt? Wollen wir uns nicht einer der neuerlich bei uns beliebt gewoi'denen Selbsttäuschungen hingeben, so müssen wir gestehen, dass wir in der Ameiikanisierung schon be- unruhigende Fortschritte gemacht haben. U. s. w." Es soll in der folgenden N)'. der NatuiAv. Wochenschr. meine Aufgabe sein: die nicht genügende Gründlichkeit unserer modernen wissenschafthchen Rich'.ung an einigen Fällen, die zu den hervorragendsten gehören, eingehend nachzuweisen. ■ (Schluss folgt.) Ueber Stigmaria. V"on Dr. Henry P o t o n i e. Unsere liycopodiaceen, Bärlappgewächse, sind kleine ' alles nur kleine Gewächse Pflanzen. Die meisten Arten dauern zwar mit ihren obei'ii'dischen Organen aus, erreichen aber niemals auch nur annähiernd die Grösse von Bäumen; in den Tropen können sie mehrere Fuss hoch werden, unsere ein- heimischen Arten jedoch erheben sich nicht weit über den Erdboden, auf welchem .sie meist als „Schlangen- moos" weit hinkriechen. Ihnen nahe verwandt sind die Psilotaceen, seltene Gewächse der Tropen, die Selaginella- ceen und die häufig unter Wassei' lebenden Isoetaceen: Diese vier Familien fasst man als Lycopodineen zusammen, da sie sich von den anderen Pteiidophyten (Farugevvächsen im weitesten Sinne) durch besondere gemeinsame Merkmale wohl abgliedern. Ihre Lauliblätter sind einfach; die Sporenbehälter sitzen meist einzeln auf der Obeiseite oder in den Winkeln von Blättein, und die Wurzeln sind gabelig verzweigt. Diese chaiakteristisclien Meikmale besitzen auch jene baumförmigen Pteiidophyten der Vorwelt, besondei's der Steinkohlenzeit, welche namentlich die Gattungen Lepi- Nr. 10. Natuiwissenschaltliclie Woclienschrift. 75 dodendron und Sii^illaria bilden. Die meisten Autoren rech- nen denn aueli diese schon so Vduge vom p]idboden verscliwundenen und uns nur in i-n ;prenkelt. der Rücken dunkel grün- schillernd. Zugleich nahm die Ente die (.Tewo!uilieiteii eines Enterichs sogar den übrigen Enten gegenüber an Die Sektion ergab eine starke Verkürzung und Vi-rkünimerung des Eileiters. Der Eierst'jck •war zu einem 15 mm langi'ii und 4 mm breiten Kürper am oberen Rande der Niere gewoidi-n; er bestand in seiner Hauptsache aii.s dichtem Bindegewebe, E Zellen waren ni<-ht mehr vorhanden. Der Eierstock konnte also knine Eier mehr erzeugen und die „Hahnen- fedrigkeit'" hängt hier demnach mit der bei liohem Alter eingetretenen Unfruchtbarkeit der Ente zusanunen Dieser Fall erinnert an die Wirkungen der Kastration, bei der ebenfalls eine Veränderung des einen Geschlechts nach dem anderen hin stattfindet. Ancli bei Krabben, deren innere Geschlechtsorgane durch die Einwirkung V(m Schmarotzerkrebsen (Bopyrus u. a.) eine Rückliildung erfahren, nähern sich infolgedessen die Weibchen in ihrer äusseren Gest:ilinng de» Männchen und umgekehrt. Das- selbe findet bei manchen Erdbienen (Andrena) statt, die von Stvlops befallen werden. A Giard, der die letzterwähnten Erscheinnngen beschreibt, be- zeichnet dieselben als „paras'tilre Kastration". Darwin behauptete das Vorbandensein „laienrer Gesehlecl tscharaktere". Danach würden beim Männchen die weililiclien, beim Weibchen die männlichen Charaktere latent vorhamlen sein, und diese latenten Geschlechts- charaktere können erst dann zur Au-bildung gelangen, wenn die eigentliche vorherrschende Gesclileehtsfnnktion des betreffenden Tieres aus irgend einem Grunde erloschen ist; bei der erwähnten Ente ■würde dies mit der Entartung des Eierstocks infolge des Alters eingetreten sein. Dass aber auch die Hahnenfedrigkeit bei jungen, eierlegenden Vögeln vorhanden sein kann, lehrt z B. die in der Zeitsi'hrift „Der zoologi.sche Garten" (.Talirg. VIJ. S IfjT) beschriebene und abgebil- dete Henne sowie die weiteren Notizen über ähnliche Vorkommnisse in Bd. IX, S. 94 und Bd. X, S. 63 und 9(1. Lathraea squamaria und Bartsia alpina sind keine „fleischfressende" Pflanzen. — A. Kerner und lt. Wettsteiu glaubten in einer in den .Siizung^beriiliien der Wiener k k. Aka- demie der Wissenscliafren (Die rhizoiKjdoiden Verdauungsorgane tier- fangender l'fianzen) nachgewiesen zu hahen. dass die in der Ueber- schrift genannten i'flanzenanen Tiere fangen und verdauen. Lathraea sqnaniaria, die Scliuppeiiwurz, blüht von März bis Mai und ist, wenn auch nicht gerade häufig, so doch auch nicht selten in ganz Deutschland anzutretieii und in Europa weit ver- breitet. Man sieht der l'tiauze sogleich an, dass sie zu den Schma- rotzern gehört, da ihr ein Kohlensäure- Assimilations-Apparafc, näm- lich grüne Laubblätter vollständig fehlen, und mau kann sich leicht überzeugen, dass sie in der That mit Baumwurzelu, vorzugsweise mit denen des Haselstrauches in organischer Verbindung steht. Ausser einer Aufnahme von Nahrung durch die Wurzeln nimmt nun die Lathraea nach den beiden genannten Autoren organische Nahrung durch Tierfang, welchen die dickfieischigen, .schuppigen Blätter des Uhizoms be.sorgen, zu sich. Die Rhizomschuppen werden nämlich (vergl. die Figur auf Seite 15 Bd. I der N. W.) von 5—13 in der Längsrichtung des Blattes verlaufende, längliche Kammern durch- zogen, welche am Grunde, an der Rückenseite der Schuppen Bin- gangsöffnungen für den Eintritt kleinerer Tiere, vorwaltend Infu- sorien, besitzen. Sobald ein Tierchen in die Kammer gelangt ist, soll dasselbe (ähnlich wie die Pseudopodien der Rhizopoden ihre Beute festhalten) von l'rotoplasmafäden, die von besonderen Drüsen ausgehen, umklammert und am Entschlüpfen verhindert werden. Die Eiweissteile sollen verdaut und nur z. B. Chitinsubstanzen zurück- gelassen werden. A. Scherffel weist nun in einer kürzlich erschienenen Ab- handlung, betitelt „Die Drüsen in den Höhlen der Rhizomschuppen Von Lathraea squamariaL." (Mitteilungen des botanischen Instituts zu Graz, Heft II), nach, dass .jene Deutung intümlich ist. Die vermeintlichen Plasmafäden haben sich nämlich als Ketten von Stäb- chen-Bakterien erwiesen, sodass nach Scherffel die Hohlen der Rhizomschuppen mit dem Tierfange nichts zu thun haben. Es ist hingegen eine offene Frage, ob die der Hühlenwand ansitzenden liakterien nicht irgend eine Rolle bei der Ernährung der Lathraea spielen oder ob nicht gar ein symbiotisches Verhältnis zwischen beiden Organismen besteht. Es ist nicht so unwahrschein- lich, dass in den Höhleu Stofi'e ausgeschieden werden, die diese Bakterien veranlassen, sich hauptsächlich auf den Höhleuwänden an- zusiedeln, ntid dass sie vielleicht chemische Vorgänge einleiten, aus denen die Lathraea dann Nutzen zieht. Dann niüsste man die Drüsen der Hühlenwand in der That nicht nur als secernierende, sondern auch als absorbierende Organe ansehen. Auch Bartsia alpina, die im arktischen Gebiete und in der Flora der Hochgebirge durch fast ganz Europa verbreitet ist und bei uns nicht selten in den höheren Regionen des Riesengebirges vorkommt, wo sie im Juni und .Tuli blüht, ist nacdi Kern er und Wettstein's Darstellung dadurch besonders bemerkenswert, als sie ihre Nahrung auf viererlei Weise zu sich nimmt: nämlich durch Aufnahme von Kohlensäure vermittelst der Laubblätter, ferner durch die Wurzeln, die sowohl aus der Erde als auch schmarotzend aus Pflanzen ihrer Umgebung Nährstoffe beziehen und endlich durch Tierl'ang, Letzterer soll ebenfalls von unterirdischen Schuppen be- werkstelligt werden, welche im Herbste entstehende Sprössehen be- kleiden, die im nächsten Frühjahr zu einem oberirdischen Stengel auswachsen. Der Tierfang soll in derselben Weise von statten gehen, wie bei der Lathraea, nur werden die Schuppen nicht in ihrem Innern von Kammern durchzogen, sondern besitzen ihre „rhizopoiden" Zellen an den nach rückwärts riunig zurückgebogenen beiden seitliclien Rändern. Die so entstehenden Rinnen werden von den tieferstehenden Schuppen gedeckt, sodass auch hier von oben 78 Naturwissenscliaftliche Wochenschrift. Nr. 10. Ijer zugangliehe, niorpliologisch allerdings mit denen von Lathraea nicht vergleichbare Käramerchen gebildet werden. Auf Veranlassung des Herausgebers der Mitteilungen des bo- tanischen Instituts zu Gr.iz, des kürzlich verstorbenen Prof. Lei t geb. hat nun der Assistent desselben, Dr. Heinriclier, auch die Bartsia einer Nachuntersuchung unterzogen, der nunmehr ebenfalls zu dem Resultate kommt, dass die der Bartsia alpina zugeschriebene , tier- fangende" Eigenschaft in hohem Grade unwahrscheinlich ist. Es scheinen dieser Pflanze selbst die vermeintlichen „rhizopoVden V'er- dauungsorgane". welche bei Lathraea also als den Drüsen aufsitzende Bacterien erkannt wurden, zu fehlen. Die einzige Uebereinstimmung zwischen Lathraea und Bartsia bestellt in dem Besitz der gleichen Drüsentypen auf ihrer Blattunterseite; diese tindet aber in der nahen Verwandschaft der beiden Rhinantideen. welche von Bentham als Angehörige der gleichen Gruppe, der Euphrasieae. betrachtet werden, ihre genügende Erklärung. H. P. Ueber Liebreieh's „toten Raum". — Auf der öJWeutschen Naturforscher- Versammlung zu Herlin machte Liebreich Mitteilung von einigen Erscheinungen, für welche er eine Erklärung gab, die, im Falle ihrer Richtigkeit, im stände gewesen wäre, eine totale Um- wälzung unserer Anschauungen über chemische Reaktionen hervor- zurufen. Er glaubte gefunden zu haben, dass einige Reaktionen nicht völlig gleichmässig durch die ganze Reaktionsmasse hindurch verlaufen, sondern dass ein Teil der Mischung, der „tote P>aum", sich der Reaktion entziehe. Den experimentellen Nachweis suchte er durch zwei Reaktionen zu führen: a) Umsetzung von Chloral- hjdrat und Natriumcarbonat zu Chloroform und Xatriumformiat, b) Jodausseheidung durch überschüssige .Todsäure auf schweflige Säure. Seine Ansichten fasst er folgendermassen zusammen: 1. In Flüssigkeiten wird der Raum der chemischen Reaktion durch eine reaktionslose Zone (den toten Raum) begrenzt und zwar da. wo die Flüssigkeit mit der Luft in Berührung oder von der Luft durch eine feine Membran getrennt ist, 2. In engen Röliren tritt die Reaktion langsamer ein als in weiten Rühren. 3. Kapillai-räume sind im stände, chemische Reaktionen vollkommen aufzuheben. Nachdem v. Fuchs die betreffenden Erscheinungen ohne Ex- perimente matliPiratisch-physikalisch zu erklären versucht hatte, weist neuerdings Dr. R. G arten meister (Liebig's Annalen der Chemie, Band 245, 230) nach, dass sie sich vollkommen durch bekannte Gesetze erklären lassen, und die Hypothese Liebreieh's über- flü.ssig sei. Gleiche Volume 20prozentige Chloralhydrat- und 14prozentige Natrinmcarbonatlo.sung wurden im verschlossenen Gla.se miteinander gemischt, dann das Reagensglas umgekehrt und stehen gelassen. Es findet eine Zerlegung des Chloralhydrats statt, gemäss der Formel: 2CCI3 . CHÖ . H2O + Na.,C03 = 2CCI3 . H + 2CHC ) . ONa -f H/i + COo. Chloralhydrat. Chloroform. Natriuniformiat. Die gebildete Kohlensäure wii'd von dem überschüssigen Na- triumcarbonat absorbiert, so dass keine Gasentwickelung sichtbar wird. Nach 5 Minuten beginnt die nebelartige Ausscheidung von Chloroform, Es bleiben aber die der r)berfläche zunächst gelegenen Schichten (der „tote Raum") zuerst völlig klar, trüben sich aber allmählig, so dass die klare Zone immer kleiner und kleiner wird und endlich dauernd verschwindet. Die Erscheinung erklärt sich folgendermassen: Die Reaktion geht allmählig vor sich; das Chloro- form wird zuerst in der Flüssigkeit gelöst und scheidet sich nach vollendeter Sättigung derselben aus. In den oberste]) Schichten finden zugleich zwei physikalische Vorgänge statt: Verdunstung des Chloroforms von der Oberfläche atis, und Diffusion desselben ans den tieteren nach den oberen Schichten. In letzteren tritt bei Gleichheit von Verdunstung und Neubildung des Chloroforms ein konstanter Zustand ein. .lede Schicht wird durch Diffusion um dieselbe ' 'hloroformmenge ärmer, die sich durch die chemische Zer- setzung neu bildet. In den tieferen Schichten nimmt der Gehalt an Chloroform zu, bis der Sättigungsgrad erreicht ist, und dann die sichtbare Ausscheidung beginnt, und zugleich die Diffusion aufhört. Die Höhe der klar bleibenden .Schicht wird kleiner mit der Abnahme der in der Zeiteinheit gebildeten (.'hloroformmenge und mit der Ab- nahme der Verdunstung zu der Obeiiiäche. Ist die über dem Ge- menge befindliche Luftschicht mit Chloroform gesättigt, so hört die Verdunstung desselben auf. statt dessen findet seine Ausscheidung in der bis dahin klar gebliebenen Schicht statt; es ist dann die Flüssigkeit glei<-hmässig getrübt. Feine Membranen heben die Verdunstung nicht auf; daher findet die Bildung von Liebreieh's totem Raum auch in diesem Falle statt. Dass in der That im toten Raum Chloroformbildung stattfindet, weist Gartennieister in der Weise nacli, d.ass er die verdünnten Losungen in einer Höhe von 2 nini in ein weites Gefäss mit ebenem Boden bringt und das Gettlss versehliesst. Die Flüssig- keit bleibt völlig und dauernd klar, während die ( 'h'oroformbildung sich unzweifelhaft an dem Geruch kenntlich niai'ht. Auch in Kapillarnihren konnte G artenmeister die Chloroform- bildung unter dem Mikroskop au dem .auftreten von Tröpfchen erkennen. Aehnlich wie bei der Chloroformbildung erwiesen sich die Ver- hältnisse bei der Reaktion von .lodsäure auf schweflige Säure. .\uch hier können die von Liebreich zur Begründung seiner Hypothese geltend gemachten Erscheinungen mit Hilfe bekannter physikalischer Gesetze erklärt werden, so dass die Hypothese vom „toten Raum" als abgethan angesehen werden Kann. Dr. M. Bragard, Assistent am chemischen Laboratorium der Kgl. Bergakademie zu Berlin. Diamant in einem Meteorstein. — In den Verhandlungen der Russischen Kaiserl. .Alineralog Gesellschaft veröft'ent liehen M. Jetofe.jeff und P, Latschinoff eine Arbeit über den im .Sep- tember 1886 bei Nowo-Urei, Gouv, Pensa in Russland, gefallenen Meteorstein, der ausserordentliches Interesse wegen seines Gehaltes an Diamant beansprucht. Der Stein, etwa 190U g schwer, besteht zum grösseren Teil aus Olivin; geringer treten Augit und Nickel- eisen auf und 2,26 Prozent beträgt der Gehalt an Kohlenstoff, wo- von 1.26 Prozent auf Kohle, 1 Prozent auf Diamant kommen. Der- selbe tritt in Form von sogenanntem Carbonat auf, d. h. nicht in Krystallen, sondern in derben, schwärzliehen Körnern von rauher Oberfläche. Chemische Natur (^C), specifisches Gewicht (= 3,1 im Mittel), Härte (^ 9) und opti.sches Verhalten charakterisieren diese Körner als Diamant. Partsch und Haidinger haben 1846 in dem Meteoreisen von Arva kleine Würfel aufgefunden, die aus graphit- artiger Substanz bestanden und über die Gustav Rose bemerkte, dass sie vielleicht Pseudomorphosen nach Diamant seien. Neuerdings fand L. Fletscher ganz entsprechende Würfel im Meteoreisen von Joundegin (Westaustralien), deren specifisches Gewicht = 2,12, deren Härte = 2,5 sie vom Graphit .scheiden. Er nannte den Stoff Cliftonit, eine reguläre Form des Graphitkohlenstoffes. Diese Funde gewinnen nun neues Interes.se. Wir wissen, dass Diamant bei starker Er- hitzung und unter Luftabschluss in Graphit übergeht. Es liegt sehr nahe, in den Würfeln graphitischer Natur umgewandelten Diamant zu sehen. Dr. R. Scheibe. Astronomischer Kalender. — Am 3. ,Iuni Sonnenaufgang 3 Uhr 43 Minuten, Sonnenuntergang 8 Uhr 13 Minuten; Mondauf- gang niichts 1 Uhr 42 Minuten, Untergang mittags 1 Uhr 27 Mi- nuten. Am 9. .Juni Sonnenaufgang 3 Uhr 40 Minuten, Untergang 8 Uhr 18 Minuten; Mondanfgang vormittags 3 Uhr 53 Minuten. Unter- gang nachmittags 7 Uhr 55 Minuten. Um die bürgerliche Zeit aus der wahren Sonnenzeit zu erhalten, muss man von letzterer abziehen am 3. .Juni 2 Minuten 3 Sekunden, am 9. .Tuni 0 Minuten 57 Se- kimden. Am 9. .luni 5 Uhr 28 Minuten nachmittags Neumond. Dr. F. Plato. Fragen und Antworten. loh erbitte eine Vorschrift zur Düngung von Zimmer- und Gartenpflanzen. Die „I'hario. Zeit." vom 26. März 1887 giebt die folgende Vorschrift. Man nehme 40 Teile Ammonium nitricum = NHjNO,, 20 „ „ phosphoricum = (NH4)3 PO4 25 „ Kali nitricum ^ KNO3 5 „ Ammonium chloratum = NH4CI 6 „ Calcium sulfuricum = •-'aS04 4 „ Ferrum sulfuricum = FeS04 oder: 5 „ Kali nitricum = KNOg 5 „ Calcium carbonioum = CaCOg 5 „ Natrium chloratum = Na Ol 5 „ Calcium phosphoricum = Ca3(P04)2 5 „ Natrium silieum = Na2Sir)3 1,5 „ Ferrum sulfuricum = FeS04, Die einzelnen Präparate werden als grobe Pulver mit einander gemischt. Auf eine Giesskanne von etwa 5 Liter Inhalt beinitzt man einen Theelött'el voll und begiesst die Blumentöpfe etwa 2 — 3 Mal wöchentlich mit der Lösuns-. Litteratur. Engler undPrantl: Die natürlichen Pflanzenfamilien. — Verlag von Wilhelm Engelmann in Leipzig. Bis jetzt 18 Liefe- rungen. 1887 — 1888 ii 1,50 ^li als .Subskriptionspreis und 3 ..H als Einzelpreis. Dieses ausgezeichnete Werk mit seinen zahlreichen, trefflichen Abbildungen (von denen die Figuren 2 und 4 in dieser Nummer der „Naturw. Wochenschr." I'roben geben) soll etwa 300 — 330 Bogen Nr. 10. Naturwissenschaftliche Woclienschrift. 79 in IjcxikDii S" iuisniachiMi, vdii dcMU'ii J;ilirHch i'twa M liogen in Lit't'eruiisi'" ^'"" '^ Bogen ersclieinen. Dil' Hfliandlmig der einzelnen Faniilini erfolgt im wesentlichen nach folgender Vorlage; 1. Wichtigste Litteraturangaben. 2. Merknulle jeder Familie in knapper Form und allgemeinverständ- licher Darstellung. 3. Hesprcchung der Vegetationsorgane mit llücksicht auf die Existenz- bedingungen. Hervorhebung besonders wichtiger anatomischer N'erhältnisse. 4. Jiesprechung der HlütenverhUltnisse mit Rücksicht auf Fjntwicke- lung und Hcstäuhungseinrichtungen. 5. ISesprechung von Frucht und .Samen mit llücksicht auf Ent- wickelung und namentlich auf \'erbreitungsmittel. ti. (ieographi.sche Verbreitung. 7. Kurze Erörterungen über die verwandtschaftlichen Beziehungen der F'amilie. 8. Einteilung der Familie in Unterfamilien, (irup|)en und Gattungen. 9. Anführung aller bekannten Gattungen, zwar ohne Diagnosen, aber mit kurzer Angabe der wirklich unterscheidenden Merkmale, Sowie des Vorkommens und der Artenzahl. 10. Anführung der Arten, welche an der Vegetationsdecke der Erde hervorragenden Anteil nehmen, der Nutzpflanzen und schäd- lichen Arten. 11. Ausführliche Besprechung der Nutzpflanzen und ihrer l'rodukte, sowie der besonders schädlichen Arten. Die Reihenfolge der I'flanzenabteilungen geschieht nach dem von Engler in einigen Punkten zeitgemiiss umgestalteten natürlichen System, welches wir hier in seinen grosseren Abteilungen anführen; I.Abteilung. i\l ycetozoa. Klassen: Acrasiei. Myxogasteres, Phytomyxini. 11. Abteilung. Thallophyta. i. Unterabteilung Schizophyta. 2. Unterabteilung Algae. Klassen: Bacillariaceae ([>iatoma'-eae), t'hlorophyceae inkl. Characeae, I'haeophyceae, Rhodophyceae (Florideae). 3. Unterabteilung. Fungi. Klassen ; l'hycomycetes. Ustilaginei, Ascomycetes (inkl Lichenes z. T.), Uredinei, Basidioraycetes (inkl. Lichenes z T ). in. Abteilung. Embryophyta zoidiogaraa (Archegoniatae). 1. Unterabteihmg. Bryophyta (Muscinei). Klassen; Heparicae. Miisci foliosi. 2. l'nterabteilung. Treridophyta. Klasse: Filicinae. Unterklassen: Filicinae isosporae und Filicinae heterosporeae (Hydrupterides). „ Equisetinae. l'nterklassen: Equisetinae isosporae und hetero- sporae (letztere fos-^il). „ .Sphenophyllinae (fossil). Lycopndinae. Unterklassen: Lycopodinae isosporae und heterosporae IV. Abteilung. Embryophyta s ipli onogama. 1. l'nterabtei- lung. Gymnospermae Klassen; Cycadinae, CordaVtinae (fossil), lloniferinae. Gnetah'.s. 2. Unterabteilung. Angiospermae. Klasse : Monocotyledoneae. „ Dicotyledoneae. 1. Unterklasse: Arehichlamydeae. 2. Unter- klasse; Sympetalae Besonders wichtig erscheint die Teilung der Arbeit unter be- Avährte Systematiker. von denen die meisten monographisch gearbeitet haben; es kann somit vieles zuverlä.ssiger geboten werden, als z. B. in der von einem einzigen — wenn auch sehr tüchtigen — Autor bearbeiteten, prächtig illustrierten Histoire des plantes des uner- müdlichen Baillon. Uass andererseits aus diesein (Trunde der Gegen- stand in den natürlichen l'tlanzenfamilien im (iegensatz zu der Histoire des i)hintes eine ungleichmässigere Hearbeitung findet, ist erklärlich aber nur von untergeordneter Jiedeutung Es dürfte geboten sein, eine Uebersicht von dem zu geben, was bis jetzt erschienen ist: 'An Ende gebra<-ht sind die Familien der Juncaceen (durch Buchenau). Stemonaceen. Liliaceen. Flagellariaceen , Mayacaceen, Xyridaceen. Rapateaceen. Tyjihaceen. Sauiurai-een, Piperaceeii, ('hlo- ranthaceen. Ijacistemaceen, (.'asuarinaceen, .Inglandaceen. Myrica<'een, Leitneriaceen. t'eratophyllaceen, Lactoridaceen, Philydiaceen. Ulmaceen (durch Enirler). Cycadaceen, Coniteven und Gnetaceen (durch Eichler). Palmen und Cyclanthaceen (durch IJiude). Haeinidoraceen, Amarj'Ili- d: ceen, \'i-lloziaceen, Tarcaceen, Dioscoreaceen. Salicaceen, Cyperaceen. Iridaceeii (durch Pax), Restionaccen. rVntro|c]iidaceen, F^riocaulaceen (durch Hieronynuis). P.andanacecu (diiich H. (irafi-n .Sohns), Betula- ceen, Magnoliaceen, Trochodendraceen. Myristicaceen, Fagaceen (durch l'rantl). Nymphaeacecn (durch Caspary), (iraniineen (durch Hackel). Bromeliaceen (durch Wittniack). Coinmelinaceen u. Pontederiaceen •(durch .Schünland). Angefangen sind die F""amilien der Araceen, Sparganiaceen, Moraceen (durch Engler), Ranuuculaceeu (durch Prantl). Ausserdem bieten uns die bisher erschienenen Lieferungen zwei Abschnitte allgemeineren Inhaltes aus der Feiler Engler's, über- schrieben: „Embryophyta siplioiHjgaina" (das sind also die l'hanero- gamen) und Angiospermae. In dein erstg'enannten Abschnitt bietet der Verfasser auch einen IJeberhlick des von ihm angewandten Systemes bezüglich der grosseren Abteilungen, welches wir oben zum Abdruck gebracht haben. Die Autoren und die Verlagshandlung halten — wie das übri- gens bei dem guten Klange der Namen derselben nur erwartet worden ist — voll, was sie versprochen haben. Es wird immer mehr zur Gewissheit, dass die natürlichen Ptlanzenfamilieu ein unentbehrliches Handbuch der systematischen Botanik zu werden bestimmt sind, H. P. Bock, C. E., Hand-AflaH der Anatomie der Menschen. 7. Aufl. umgearb u. hrsg. v. A. Brass. 4 Lfg. 4". (M 8 Taf.) Preis pro Lief. 3 JC. Renger'.sche Buchh. (( tebbardt & Wilisch) in Leipzig. Claus, C, Lamarck als Begründer der Descendenzlehre. Vortrag, gr, S". (35 S.) Preis 1 'JC Alfred Holder in Wien. Gramer, C, Ueher die rerficiUierten Siphoneen besonders Neomeris und Ct/mnpolia. (Separat-Abdr.) 4". (M. 5 Taf.) Preis 4 v^fC. H. (ieiirg, Verlag in Basel. Daniel, H. A., Leitfaden für den Unterricht in der Geoc/raphie. 1(56. Au«., hrsg. v. B. Volz. Preis 8(t ,j. Einhd. 20.^.' Buch- handlung d. Waisenhauses, \^erl.-t 'to. in Halle. Dietlein, W., i)(e Prorinz Sachsen in yeschichfUchen u. geogra- phischen Bildern, gr. 8". Preis 40 ..j; als Anh. zum vaterländ. Lesebuch v. Keck u. .lohansen. Preis 25 .?. Ruohhdlg. d. Waisen- hauses in Halle a .S. Fol, H.. et E. Sarasin, Penetration de la lumiere du jour dans les eaux du lac de. Geneve et des Celles de la Mediterranec. 4". (M. 1 Taf.) Preis 1 JC m 4. H. (ieorg, Verlag in Basel. Früh, J. J., Beiträge zur Kenntnis der Nagelfluh der Schweiz. 4". (Jil. 4 Taf.) Preis 8 JC. H. <4eorg. Verlag in Basel. Hartmann, E. v., Moderne Probleme. 2. Aufl. gr. 8". Preis 5 JL Wilhelm Friedrich, K. R Hofbuchh. in Leipzig. Hartmann, Die Chemie für ttik und specielh'n Pllanzenmorph(dogie. — Hofmeister; Allgemeine Morphologie der (iewächse. — A. St. Hilaire: Morpliologie vegetale. — Potonii-: „Elemetite der Botanik" und „Illustrierte Flora von Nord- und Mitteldeutschland". 3. Für anatomische Untersuchungen bestimmte Pflanzenobjekte bewahrt man in Alkohol auf. K. Preise, Stettin. — Die von uns eingeführte Verpackung der Nummern ist rallen sie zurück und zittern. Dieser zitternden Beivegung geben wir den Namen Wärme." John Tyndall übersieht zunächst hiei', dass Atome unserei' modernen Theorie zufolge sich wegen der ihnen innewohnenden abstossenden Kraft gar nicht berühren können, dass ferner Atome, falls sie „aufeinandei' prallen" könnten, mit einer unendlich grossen Kraft aneinander gekettet sein würden, mit einer Kraft, die keine Aethei- welle, kein physikalisches noch chemisches Agens zu überwinden vermag. Derartige Atomgruppen würden Nr. 11. Naturwissenscliaftliclie Wochensclirift. 85 gewissermassen als absolut unteilbar neue Atome bilden. Ferner ist es doch widersinnig, ron elastischen Atomen m sprechm. da ilif Ehmfidfät auf der Mui/Iicli- keit der Versdiwhung ron Masseni eilchen beruJtt. Mit en Rechte könnte man von ciiwr Zetstihdnmc] drr Atome lt. *•. w. reden, iras nicht minder gec/en den Begriff der Atome Verstössen, als denselben Elasticität zuziisjn-echen. Derartige Behauptungen streiten nicht nur gegen das Gesetz der Undurchdj-ingliclikeit der Materie, sondern entziehen auch der ganzen „exakten Naturwissenschaft" ihren Boden. Sie tragen nicht zur Aufklärung des Geistes bei, die ich als wesentlichstes Merkmal aller Naturwissenschaft erachte. Deswegen will ich es nicht unterlassen, hier zu erwähnen, dass sich in dem bekannten Werke: ,, Ausführliches liehrbuch der anoi'ganischen Chemie von Dr. A. Michaelis, auf Grund von Otto's aus- führlichem Lehrbuch der Chemie neu bearbeitet, fünfte umgearbeitete Auflage" (Braunschweig. Vieweg & Sohn.) Seite 62 nachfolgende Stelle findet: „Wir heben hier ausdrücklich hervor, dass diejenigen Atome, welche die Chemie annimmt, noch die allgemeinen Eigenschaften der Materie vor allem Raumerfüllung, Zusammendrückbarkeit und Ausdehnbarkeit be- sitzen. Absolut harte Atome sind ein Unding, da zwischen diesen jede Wechselwirkung unmöglich ist." Der Verfasser ahnt nicht: wie unverträglich Raum- eifüllung (Undurchdringlichkeit) mit Zusammendrückbar- keit und Ausdehnbarkeit Ist. — Atome sind als die Elementarbestandteile dei' Körper stets als Kraftcentren zu erachten, während Moleküle u. s. w. ihrer zusammen- gesetzten Beschaffenheit wegen als Kraftsysteme auf- gefasst werden müssen. Dass John Tyndall die Wärme für eine ato- mistische, statt für eine molekulare Bewegung erachtet, fällt zu wenig den angeführten Unrichtigkeiten gegenüber ins Gewicht, als dass es hier Beachtung ver- diente, wo vorher schon von der Wärme als Molekular- bewegung gesprochen wurde. Das Angefühlte mag einen Beweis dafür liefern: wie höchst erforderlich es ist, dass der Schülei- nicht bloss lernt, was in anerkannten Büchern steht, sondern dass er beständig selbei' prüft und urteilt. Jeder von uns ist und bleibt aber „Schüler", wie dies die englische Sprache durch das Wort: „scholar", welches Schüler und Gelehrte)' bezeichnet, zutreö'end ausdrückt. Kleinere Mitteilungen. TTeber den Krankheitskeim des gelben Fiebers und die Schutzimpfung gegen dasselbe sind in den letzten Jahren interessante Untersuchung-en angestellt worden, über welche Kreis- physikus Dr. med. Schmitz in dem „Jahrbuch der Naturwissen- schaften 1887—1888" wie folgt berichtet: Dr. Dumingos Freire in Rio de Janeiro machte bereits im November 1884 Mitteilungen über einen Mikro-Organismus, welchen er sowohl in den Organen als auch in den erbrocheneii Massen der am ffelben Fieber erkrankten Personen aufgefunden hatte und welchen €r als den Ki-ankheitserreger dieser so gefithrlichen Krankheit er- achtete. Seine Entdeckungen begegneten mannigfaltigen Anzweife- lungen sowohl seitens europäischer als brasilianischer Aerzte. Neuer- dings legte derselbe die weiteren Ergebnisse seiner Forschung der französischen Akademie vor. welche folgende sind: „Untersucht man mikroskopisch das Blut eines im letzten Stadium •des Gelben Fiebers belindliclien Kranken, so erkennt man zwischen den Blutkörperchen eine grosse Menge sehr feiner, glänzender, lie- weglicher Mikrokokken; dieselben Mikro-Organismen findet man in der Magenschleimhaut, sowie in den erbrochenen schwarzen Massen der Erkrankten. Entnimmt man mittels einer sterilisierten Pipette eine kleine Menge Blut aus dem Herzen eines am Gelben Fieber Gestorbenen und bringt dasselbe in ein mit sterilisierter Bouillon heschicktes Kulturglas, so findet man, dass die Kultiirflüssigkeit sich innerhalb der nächsten Tage immer mehr trübt, währenddessen sich die Blutkörperchen zu Boden des Glases setzen. Späterhin bildet sich dann eine anfangs kitsig aussehende, hernach dunkel ge- färbte Substanz im Kulturglase, welchem zu dieser Zeit ein eigen- tümlicher Geruch entsteigt, ähnlich dem der von den Kranken er- brochenen Massen. Jfikroskopisch untersucht, enthält die Kulturflüssigkeit eine Menge Mikrokokken vnn gleicher Art, wie sie im Blute der Er- krankten vorkommen. Ideselben hängen aneinander und bilden lange, bewegliche, immer wechselnde Ketten. Bringt man von dieser Masse in eine gute Nährflüssigkeit, so geht die Entwickelung des Älikro- kokkus in Kolonien vnr sich, welche von Anilinfarben leicht gefärbt werden. In Gelatine wach.sen die Mikro-Organisnien in Nagelform, unter allmählicher Verflüssigung drs Nährbodens. Die chemische I ntersuchung der dunkel gefärbten Massen, welche sich auf dem Boden des Kulturglases abgesetzt haben, zeigt, da.ss diese Pt omaine enthalten von gleicher Art, wie sie sich in den erbrochenen Massen vorfinden. Es lässt sich das Gelbe Fieber auf Tiere — Kaninchen, Meer- schweinchen. Vögel — durch Injektion sowohl mit den erbrochenen Massen, als auch mit Kulturtlüssigkeit übertragen." Zu gleichem Ergebnisse gelangten Rang^, Finlay tmd Mänzel. „Bemerkenswert ist, dass die Giftigkeit der Kulturflüssig- keit nur 8 — 10 Tage andauert. Wenn man mit einer älteren Kulturflüssigkeit Tiere impft, so gehen dieselben nicht zu Grunde, sondern erlangen umgekehrt eine Sc hu tz kraft gegen das G elbe Fieber, so dass eine Impfung mit unter sonstigen Verhältnissen sicher wirkender Kulturflüssigkeit wirkungslos bleibt. Die Heftigkeit der Wirkung der Kultui-flüssigkeit nimmt mit dem zunehmenden Alter derselben ab. Demnach hat man es in der Hand, sich einen Impfstoff gegen das Gelbe Fieber zu bereiten, dessen Ein- impfung gefahrlos bleibt und den Geimpften gegen die Krankheit immun macht." Das gew(mnene Resultat hat Freire in der Art verwertet, dass er von Januar 1885 bis September 1886 in Rio de Janeiro 4949 Brasilianer und 1575 Ausländer impfte. Von den Geimpften ver- starben seitdem acht Personen an Gelbfieber (0,12%), Von den nicht Geimpften, deren Zahl auf 160,000 geschätzt wird, welche unter gleichen Verhältnissen und an denselben Orten lebten, gingen innerhalb desselben Zeitraumes 1675 Personen am Gelben Fieber zu Grunde (1,05%). Aus den angeführten Zahlen lässt sich folgern, dass die Wirksamkeit der Impfiuig über allen Zweifel erhaben sein dürfte. Freire machte auf dem im September 1887 zu Washington abgehaltenen internationalen Kongresse noch folgende Einzelheiten über seine Entdeckungen bekannt: „Die speeifische Mikrobe des (reiben Fiebers ist das Am a ri 1 hi s- Bakterium von 1 — IVä/^ (1 /./ = 0,001 »m«) Länge. Dasselbefindet sich in einer einzelligen Form, anfangs als kleiner runder Punkt beginnend, vor und ist bei einer Vergrösserung von 700 linear knura zu erkennen. Die Punkte vergrössern sich ganz allmählich und brechen stark das Licht. Die Zellen haben sphärische Gestalt, sind von einem graulichen oder schwarzen Rande umgeben und enthalten Protoplasma in ihrem Innern. Wenn die Zellen grösser geworden sind, dann platzen sie. worauf das Bakterium heraustritt. Gleich- zeitig gehen aus der Zelle zwei verschiedene Pigmente hervor, ein gelbes, welches alle KOrpergewebe des Krauken iiitiltriert und dadurch die gelbe Farbe desselben hervorruft, und ein schwarzes, welches, in den Blutstrom geleitet, zu Verstopfung der Blutkapillaren und zu Blutstauungen innerhalb der Korperorgane führt. Die schwarze Farbe der erbrochenen Massen rührt von dem schwarzen Pigment her." Der Mikrokokkus des Gelben Fiebers scheint demnach ein chromogener. d. i. einen Farbstofl^ hervorbringender zu sein. Der- artiger Organismen sind bereits verschiedene bekannt und näher 86 Natunv^issenschaftliche Wochenschrift. Nr. 11. untersucht, wie z. B. der Bacillus oyanog-eiius, welcher ein blaues Pigment, und der Microcoecus prodigiusus, welcher ein rotes Pigment produziert. Freire demonstrierte auf dem Washingtoner Kongresse Präpa- rate seines Bacillus. Die Einimpfung dieses Bacillus bewirkte das Gelbe Fieber. Meerschweinchen und Kaninchen wurden dadurch in 2— 10 Tagen getötet. Die Einatmung der mit dem genannten Mikro- organismus erfüllten Luft hatte denselben Erfolg. Durch successive Kulturen wird der Amarillus Bacillus 'weniger giftig. Die vierte Ueberpflanzung wird von Freire in der letzten Zeit als Impfstoff benutzt. Die Kultui-flüssigkeit wird in 4 — 8 g fassende Rührchen gebracht, durch Hitze sterilisiert und verschlos.sen. 2 — 15 Tropfen, je nach dem Alter des Impflings, werden mittels einer Pravaz- .schen Spritze unter die Haut bei der Impfung injiziert. Die nach der Impfung auftretenden Symptome sind starkes Fieber, Kopfschmerz, bisweilen Erbrechen und leichte Gelbsucht; jedoch werden diese Krank- heitserscheinungen niemals gefährlich und schwinden in 2 — 3 Tagen. Die Mortalität der geimpften Personen an Gelbsucht betrug nach Freire' s Angabe 0,001 %. Die Gestorbenen seien Arme gewesen, ■welche unter schlechten hygieinischen Verhältnissen gelebt hätten. lieber die Entstehung der Alpen. — Bekanntlich sind die hüchsten Gebirge der Erde, die Alpen, der Himalaya, die Anden, vor einer — geologisch gesprochen — kurzen Zeit entstanden (Mitte der Tertiärperiode). Auch Apenninen und Pyrenäen sind nur um ein weniges älter. Es wäre jedoch unrichtig, hieraus den Sohluss zu ziehen, dass in den früheren Abschnitten der Erdgeschichte, der- artige hohe Gebirge gefehlt hätten. Man muss vielmehr annehmen, dass zum Teil durch Verwitterung und fliessendes Wasser, zum Teil durch die Brandungswelle des vordringenden Meeres die älteren Ge- birgserliebungen wieder eingeebnet worden sind. Der Geologe vermag nun aus dem Gefüge der Schichten, aus der Architektur der Erdrinde zu erkennen, wo früher Gebirge ge- standen haben. Gebirge bilden sich entweder durch Runzelung der Erdrinde, durch Faltung und Aufwülbung der Schichten, oder durch Bruch und Absenkung ausgedehnter Schollen in die Tiefe; die zwischen den Bruchfeldern stehen bleibenden Stücke werden ebenfalls als Gebirge bezeichnet. Wo nun die Schichten stark gefaltet sind, die Oberfläche des Landes aber eben ist — wie z. B. im südlichen Russland — oder wo gewaltige Brüche durch Höhenunterschiede sich an der Oberfläche nicht mehr bemerkbar machen, pflegt der Geologe das Vorhandensein eines „erloschenen" Gebirges anzunehmen. Z. B. deuten die Faltungserscheinungen, die man im rheinischen Schiefer- gebirge und den angrenzenden belgischen Kohlenrevieren beobachtet, auf das Vorhandensein einer uralten GebirgsKette, die wahrschein- lich die Alpen an Höhe übertroff'en hat. Die Rinebnung ist hier durch das N'ordringen des Meeres erfolgt und die heutige Oberflächen- gestaltiing durch die Erosion des fliessenden Wassers geschaflen. Von Wichtigkeit sind nun die von mir gemachten Beobachtungen (Zeitschrift der deutschen geologischen Gesellschaft 1887, p. 239 ff. [Ueber Bau und Entstehung der Karnischen Alpen]), welche darauf hinweisen, dass schon am Ende der paläozoischen Aera ein später eingeebnetes Gebirge an der Stelle der heutigen Alpen gestanden hat. Der südliche Teil der heutigen Ostalpen trägt das Gepräge eines Schollen- oder Bruchgebirges; nun fand sich, dass die paläo- zoischen Schichten der Karnischen Alpen innerhalb der von Brüchen begrenzten Schollen in der mannigfachsten Weise gefaltet und ver- schoben waren. Es ist der Natur der Sache nach undenkliar, dass diese Falten gleichzeitig mit den Brüchen entstanden sind, denn bei der Faltung verhält sich die Erdrinde gleichsam elastisch, bei der Entstehung von Bruchgebirgen hingegen als starre Masse; bei der Faltung findet eine Kompression und Baumverminderung, bei Brüchen und Absenkungen hingegen eine Zerrung und Raumerweiterung statt. Da nuTi heute die Brüche das formgebende Element des Gebirgs- banes sind, muss die Faltung in früherer Zeit erfolgt sein. Die Altersbestimmung der Faltungsperiode ergab sich aus der Beobach- tung, dass die jüngsten paläozoischen Schichten (Perm) auf den Schiefern der Steinkohlenperiode ungleichförmig (mit abweichendem Neigungswinkel) aufgelagert sind. Die Faltung und Aufrichtung des alten Gebirges, das den heutigen Alpen an Höhe wahrscheinlich gleichkam, hat also in der Zwischenzeit, im Beginn der jüngsten paläozoischen, der Perniperiode. stattgefunden. Aehnliche Beobach- tungen über ungleichförmige Auflagerung waren sihon früher in den Westalpen (Dauphine) gemacht; es ist also im höchsten G'rade wahr- •scheinlich, dass die Längserstreckung der „paläozoischen Alpen" mit der des heutigen Gebirges übereinstimmte. Jedoch ist der Umstand von Bedeutung, dass die Centralkette des alpinen Urgebirges süd- licher (in der Zone der heutigen Südalpen) lag; aus den heutigen Nordalpen sind keine Anzeichen älterer Faltung bekannt. Die Beobachtung, dass die gebirgsbildende Kraft an bestimmte Regionen der Erde auf unendlich lange Zeiten hin gewissermassen gebunden ist, wurde schon in früherer Zeit gemacht, wichtig, aber leicht erklärlich, ist der Umstand, dass innerhalb dieser Regionen die Zone der stärksten Faltung nicht beständig bleibt. Denn der Teil der Erdrinde, welcher einmal durch heftigen .Seitendrurk ver- festigt und gewissermas.sen komprimiert ist, wird sich gegenüber späteren Aeusserungen der gebirgsbildenden Kraft passiv verhalten. Möglicherweise liegt in diesem letzteren Umstand die Erklärung für den abweichenden Bau der Südalpen. Die heutigen Nord- und Centr.alalpen bilden den Typus von Faltengebirgen, die Südalpen sind ein .Schollengebirge soweit sie noch sichtbar geblieben und so- weit sie nicht an einem kolossalen Bruch am Rande der Lombardei abgesunken sind. Hier stossen nämlich die Centralalpen (Monte Rosa-Gruppe) unvermittelt an die Ebene. Erwägt man nun, dass das Centrum der uralten Faltung eben in den Südalpen lag, so ist die Vermutung nicht ungerechtfertigt, dass das Vorhandensein eines alten gefalteten Gebirges in der Tiefe (unter den mesozoischen Schich- ten) den abweichenden Bau der Südzone bedingt hat. Dr. F. Frech Privatdozent in Halle. Zur Blitzableiterfrage. — Gegenüber der bereits seit Jahr- zehnten beständig zunehmenden Blitzgefahr*) ist es von grösster Wich- tigkeit, nicht nur möglichst vollkommene Blitzschutz- Vorkehrungen zu treffen, sondern auch auf eine wirklich verlässliche, regelmässige Prüfung derselben bedacht zu sein. Was die ersteren anbetrifft, so richtete man bisher bei der Anlage eines Blitzableiters das Haupt- augenmerk auf Dinge, die keineswegs zuerst berücksichtigt zu werden brauchen. Schon der elektrotechnische Verein zu Berlin bezeichnete in der von ihm herausgegebenen Schrift „Die Blitzgefahr" die An- wendung vergoldeter, silberner oder platinierter Spitzen als keines- wegs unumgänglich notwendig zu einem ausreichenden Blitzschutz. Die gleiche Meinung vertritt jetzt in entschiedenster Weise A. Herricht in seiner Schrift „Zur Blitzableiterfrage, Lübeck 1887, Selbstverlag d. Verf., Preis 60-^", indem er ausführt, dass eine doch keinesfalls sehr dicke Oxydschicht, welche sich an der Oberfläche verzinkter, eiserner oder kupferner Spitzen bildet, nicht im stände sei. bei dem Ausgleich der bedeutenden Spannungen der Gewitter- elektricität eine störende Einwirkung auszuüben. Viel wichtiger sei es, dafür zu sorgen, dass der Abieiter selbst in allen seinen Teilen genügend stark, leitungsfUhig und unversehrt ist, sowie dass der Uebergangswiderstand der Erdleitung, der entsteht, wenn die Elek- tricität aus der Erdplatte in das sie umgebende, verschieden be- schaftene, insbesondere nicht immer gleich gut vom Grundwasser durchsetzte Erdreich abfliesst, ein möglichst geringer ist. Diese Widerstandsverhältnisse sind besonders einer regelmässig zu wieder- holenden, messenden Prüfung zu unterziehen. Die bisherigen Prüfungen, welche sich meist darauf beschränkten, den oberirdischen Abieiter in den Stromkreis einer Batterie einzuschalten und fest- zustellen, ob danach beim Ingangsetzen der Batterie ein merklicher Strom vorhanden ist, sind durchaus ungenügend. Keineswegs unter- lassen darf man es ferner, metallische Eöhrenleitungen mit dem Blitz- ableiter zu verbinden. Da nämlich der Uebergangswiderstand einer Rohrenleitung auf jeden Fall geringer als der des Abieiters ist, die elektrische Entladung aber unter allen gebotenen Wegen stets den kürzesten und bestleitenden wählt, so wird der Blitz von dem Ab- ieiter auf die Röhrenleitung überspringen, wenn beide nicht mit- einander verbunden sind und — sei es auch nur in einem Punkte — nahe bei einander liegen; die Folge davon wird die Zerstörung oder Entzündung der zwischen beiden liegenden Hindernisse sein. — Als (wenigstens für zahlreiche Fälle) höchst zweckmässiges Blitzschutz- System empfiehlt der genannte Verfasser, ebenso wie in einem jüngst in Magdeburg gehaltenen Vortrage Herr Dr. Assmaun, das des holländischen Prof. Melsens, welches darin besteht, eine grosse Anzahl weniger hoher Spitzen mit zahlreichen Ableitungen und Erdleitungen zu einem -weitmaschigen Netze zu verbinden, und welches vergleichbar den städtischen Fernsprechnetzen sein würde, deren auf den Dächern betindliche Träger sowohl untereinander, als mit der Erde in leitender Verbindung stehen, sodass dergestalt die Fernsprechnetze als Schutzmittel gegen die Blitzgefahr gelten können. Dr. K. F. Jordan. Astronomisches. — Astronomische Neuigkeiten. — Ueber die Bestimmung der Bewegung von Sternen im Visionsradius. Im Jahre 1842 machte Doppler darauf aufmerksam, dass gleichwie die Höhe eines Tones sich ändert, wenn die Entfernung zwischen dem Beobachter und dem tönenden Körper sich mit einer im Ver- hältnis zu der des Schalls merklichen Geschwindigkeit vergrössert (jder verkleinert, so auch die Farbe eines leuchtenden Körpers sich ändern müsse, sobald derselbe sich in Bezug auf den Beobachter *) Die Opfer, welche der Blitz alljähriicli an Blut und Gut fordert, sind viel beträchtlicher, als man gemeinhin annimmt. Im Königreich Preussen werden durchschnittlich im Jahre mehr als hundert Jlenschen vom Blitze getötet, in Deutschland Brandschäden im Betrage von 6—8 IMillionen Mark durch den lilitz hervorgerufen. Von 15 Bränden überliaupt, im Könii^reich Sachsen .aber schon .von 5 Bränden, ist einer auf Blitzschlag zurückzuführen. Nr. 11. Naturwissenschaftliclie Wocliensclii-ift. mit ciiiiT Cifscliwindigkeit bewegt, welclc in nicssl)areiii Verliilltnissft zu (lor dfs Lichtes stellt. Die.se P'arliiMiilndeniiig: macht .sich im Spcktriira des Sternes durch eine Versrliicliunjj; der SpeUtrallinieii geltend und zwar werden, wenn der Kürper in der Richtung der Gesichtslinie sich vom Beobachter fortbeweg-t. Wellen grlisserer Liinse ankommen, die Spektrallinien sich nach dem weniger brech- baren Knde des Spektrums verschieben und iUinlich umgekehrt beim Kähi'rknmmen des Sternes. Diese Versebiebungen bieten daher ein Büttel an die Hand, Sternbewegungen im Visiunsradius direkt zu bestimmen, wie dies schon früher von Huggins und Vogel ge- .scbelien ist. Indessen stellte sich bei den Beobachtungen derUebel- stand heraus, dass bei den geringen Geschwindigkeiten der Sterne auch die Verschiebungen so geringe sind, dass die Messungen, die ausserdem vom Zustande der Atmosphäre stark beeintiu.sst werden, ausserordentlich schwierig sich gestalten. Anfang dieses .Jahres machte Professor Vogel den Versuch, die Photographie auf diese ]tsinsHBf^i^tdr:so .gilt die Gleichung: C.L . A ^ Von Dl- :M Die Metlioden, nach demn man gewöhnlich das Molekulargewicht einer Substanz bestimmt, setzen vor- aus, dass dieselbe ohne Zersetzung verdampfbar sei. Hat man es nun mit einer Substanz zu thun, bei welcher dies nicht der Fall ist, so sucht man .sie zunächst in ein flüchtiges Derivat flbei zuführen. Gelingt dies nicht, so bleibt ihr Molekulargewicht unbekannt, und ihre walire Formel kann nur durch das Studium \on Spaltungen und Umsetzungen wahrsclioinlich gemacht werden. Um- somehr Interesse muss daher ein Verfahren beanspruchen, welches gestattet, die Molokidargrösse nicht unzersetzt tiüchtiger organischer Substanzen festzustellen. Ein solches st im Jahre 1883 von Prof. Raoult angegeben und in den folgenden Jahren von ihm weiter ausgebildet worden. ..Die Raoult'sche Methode der Molekulargewiclitsbe- >timmung", .sagt Prof. V. Meyer in den Berichten der Deutsch, ehem. Gesellscl». 1888 S. 5.39, „ist ohne Zweifel die bedeutungsvollste Bereicherung, welche der Vorrat an physikalischen Hilfsmittehi , über den die chemische Forschung verfügt, seit der Entdeckung der Dulong- Petit'schen Methode der Atomgewichtsbestimmung er- fahren hat." Das Priuzip ders^•lbell ist kurz etwa folgendes: Raoult hatte gefunden, dass ganz aUgemein jede Auf- losung eines festen, flüssigen oder gasfömiigen Kürpers eine Erniedrigung des Erstarrungspunktes des lösenden Mediums bewirkt und ferner, dass diese Depression der Menge des gelösten Stofl'es direkt, der Menge des Lösungs- mittels aber umgekehrt pr(^portional sei. Ist C die De- pression, welche P y Sub.-itanz in L (/ Lösungsmittel P. 100 Multipliziert man die Grösse A, welche Raoult „Depressionscoefflcient" nennt, mit dem Molekulargewicht der gelösten Substanz, so erhält man nach der Gleichung: M . A = T die sogenannte „molekulare Depression" des betreifenden Körpers. Für jeden Körper ändert sich der Wert von A und folglich auch von T mit der Natur des Lösungsmittels; wie aber Raoult fand, ist — bei Anwendung desselben Lösungsmittels — der Wert von T für Verbindungen von analoger chemischer Konstitution (nahezu) konstant, d. h. also, solche Verbindungen besitzen gleiche Mole- kidardepressionen . Bezeichnet man nun weiter mit A nicht mehr die durch 1 g Substanz in 100 (j Lösungsmittel hervor- gerufene Depression, sondern diejenige Depression, welche durch Auflösen von 1 Molekül der betreffenden Substanz in 100 Molekülen des Lösungsmittels bewirkt wird, so besteht die Gleichung: M T Ml Ml in welcher M wie oben das Molekulargewicht des ge- lösten, Ml das des lösenden Körpers ausdrückt. Die- selbe lehrt uns, dass Ti, so lange T konstant bleibt, einen konstanten Wert hat. Dehnt man diese Berechnungen aber auf verschiedene Lösungsmittel aus, so ergiebt sich 90 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 12. das bemerkenswerte Resultat, dass, obwohl T veränderlich ist, Ti dennoch mit grosser Annäherung- konstant bleibt und nach "Versuchen von Raoult im Mittel = 0.63" ist. Raoult drückt sein Gesetz — „das allgemeine Gesetz der Erstarrung" — folgendermassen aus: „Löst man 1 Molekül einer beliebigen Substanz in 100 Molekülen eines beliebigen Lösungsmittels, so wird der Erstarrungsi:)unkt des letzteren um 0.63" herab- gedrückt" (Ann. chim. phys. [6] 11, 92). Will man nun nach diesem Gesetz das Molekular- gewicht eines Körpers bestimmen, so muss man zunächst dui'ch Versuche mit Substanzen von bekanntem Mole- kulargewicht den Wert der molekularen Depression T für eine bestimmte Körperklasse und ein bestimmtes Lösungsmittel feststellen. Ist dies geschehen, so findet man das Molekulargewicht jeder beliebigen Substanz derselben Körperklasse, indem man experimentell für sie den Wert A bestimmt und mit diesem in T dividiert: T M = A In der von Raoult angegebenen Form bietet die Ausführung der Methode mannigfache Schwierigkeiten, weshalb dieselbe auch in Deutschland fast gai-nicht in Anwendung gekommen ist. Herrn Prof. V. Meyer ge- bührt das Verdienst, die Aufmerksamkeit der Chemiker derselben wieder zug^lenkt und der Anwendung der- selben die Wege geebnet zu haben. Auf Veranlassung des Genannten hat sich Dr. Karl Auwers mit der Methode des französischen Forschers eingehend beschäf- tigt und durch geschickte und zweckmässige Anordnung des von diesem angegebenen Apparates es ermöglicht, nach dem Raoult'schen Verfahien bei einiger Uebung und soi-gfältiger Beobachtung eine hinreichend genaue Bestimmung des Molekulargewichtes zu erzielen. Bei der Ausführung derselben muss man aber daiauf Bedacht nehmen, dass zwischen der gelösten Substanz und dem lösenden Körpei- keine chemische Wirkung stattfindet, und ferner für eine passende Konzentration der Lösung Sorge tragen. Von den in Anwendung gekommenen Lösungsmitteln sind Wasser, Benzol und Eisessig am genauesten studiert worden. Auwers empflelüt, wo es nur immer angängig ist, letzteren zu benutzen, da er infolge seines hohen ErstaiTungspunktes das Arbeiten bei Temperaturen ge- gestattet, die von der mittleren Tagestemperatur wenig oder garnicht abweichen, und ferner, da er bei allen organischen Körpern ohne Ausnahme anwendbar ist und selbst im allgemeinen nicht völlig \\asserfrei zu sein braucht, hauptsächlich aber, da Lösungen von Substanzen in Eisessig bereits von den kleinsten Erniedrigungen des Erstarrungspunktes an dem Raoult'schen Gesetz folgen. Die Raoult'sche Methode giebt natürlich keine ab- solut genauen Werte für die Molekulargewichte, sondern nur Näherungswerte, welche aber doch, wie die folgenden Beispiele zeigen, völlig ausreichend sind. Name: Mol.-Gew.: Berechnet: Gefunden: Naphtalin Gio Ha 128 % 137—143 %, Pikrinsäure Co Hs N3 O7 229 "/o 220—233 "/o, Acetanilid Cs Ha NO 135 % 152—158 7o, Benzil Cu Hio O2 210 "/o 200—207 "/o. Aus dem Gesagten erhellt, dass die Raoult'sche Methode in vielen Fällen, wo eine Dampfdichtebestim- mung unmöglich ist, als einziges Mittel zur Molekular- gewichtsbestimmung völlig brauchbare Dienste leisten wird, sobald es sich nur darum handelt, zwischen irgend einer Formel und einem Vielfachen oder einem Bruch- teil dei'selben zu entscheiden. Seit Auwers" Mitteilung haben auch andere For- scher, insbesondere Beckmann und Holleraan, ihre Erfahrungen über diesen Gegenstand veröffentlicht, so dass diese Methode der Molekulargewichtsbestimmung in Bälde allgemeine Anwendung in unseren Laboratorien finden wird. Für diejenigen Leser, welche sich ein- gehender mit derselben beschäftigen wollen, gebe ich zum Schlass ein Verzeichnis der einschlägigen Litteratur, soweit mir dieselbe bekannt geworden ist. Raoult: Ann. chim. phys. [5] XX, 217; XXVIII, 133; [6j IT, 66, 93, 99, 115; IV, 401; VIII, 289, 317; Compt. rend. GH, 1307. Agend. du chim. 1888, 475. van t'Hoff: Zeitschr. f. phys. Chem. I, 496. Ostwald: Ebend. II, 79; Allg. Chem. I, 406 ff. Meyer: Ber. d. Deutsch, chem. Ges. XXI, 536. (1888). Auwers: Ebend. 701. Auwers u. Meyer: Ebend. 814 u. 106S. Beckmann: Ebend. 766 u. 1163. HoUeman: Rec. trav. chim. VI, 65; Ber. d. Deutsch. chem. Ges. XXI, 860. Tollens u. Mayer: Ebend. 1566. Gattermann u. Wichmann: Ebend. 1634. Ungebetene Gäste unserer Tafel. Von Dr. med. et pliil. H. Griesbach, Privatdozent an der Universität in Basel. Von den Anfängen der Naturwissenschaft, ins- besondere der Zoologie, bis auf die neuere Zeit findet man wohl nirgends soviel Fabelhaftes, soviel Unklarheit und geheimnisvolles Dunkel als in der Geschichte der menschlichen Parasiten. Es hat sich vor allem stets bei Gelehrten und Laien um die Frage gehandelt: Wie di-ingen Parasiten in das Innere des lebenden Organis- mus, der sie als Wirt beherbergt, wie kommen speciell Bandwürmer oder andei-e Eingeweidewüi'mer zu ihrem Wohnort, dem menschlichen Darm? Die anatomische Untersuchung eines mit Eingeweidewürmern Behafteten welche von Aerzten und Naturforschern aller Zeiten wenigstens an Tieren angesteDt wurde, Hess über die Anwesenheit der Schmarotzer überhaupt keinen Zweifel Nr. 12. NaturwissenscluiftlicliH Wocliensdirift. 91 zu; aber nirgends vermochte man aucli nur die geringst« zurückgelassene Spur einer Einwanderung zu entdecken. Durcli diesen dunklen l'unkt gewann der Gegenstand immer mehr an Interesse und bei der Bedeutung, welche die schmarotzenden Organismen im Haushalte der Natui' spielen, bei dem Eintluss, welchen sie oft auf den menscli- lidien und tierischen Leib ausüben, schien es unisomehr gereclitfei-tigt, dass man von jeher dei- Entstehung dieser geheimnisvollen Tiere auf die Spur zu kommen suchte. — Aristoteles mit seinen weitgehenden naturwissen- scliaftlichen Kenntnissen liess Frösche und Aale aus dem Schlamme der Gewässer, in denen sie leben, hervorgehen. Das ganze Altertum und weiter noch das Mittelalter nahm solche und ähnliche Entstehungsakte durch ,, Ur- zeugung" an. Man glaubte somit an elternlose Zeugung eines organischen Individuums, man hielt es für möglich, dass die Entstehung eines organischen Wesens unabhängig von einem lebenden mütterlichen Organismus vor sich gehen könne. Nach solchen Voraussetzungen war für das Vor- kommen der Eingeweidewürmer (Entozoen) ein Grund gefunden. Man stimmte überein, die Bewohner des Darmes, sowie die anderer Organe, einfach an Ort und Stelle werden zu lassen, ob sie dort aber aus Blut, Lj'mphe odei' Gewebe, odei- aus den genossenen Speisen mit Zu- that von Absonderungssubstanzen durch eine Alt Fäulnis- prozess ihre Existenz eihielten, darüber war man sich selbst nicht einig. Unsere Entscheidung hinsichtlich dieser Frage geht jetzt dahin, dass von einer Urzeugung nicht mehr die Eede sein kann. An ihre Stelle setzen wir die Fort- pflanzung. Freihch giebt es unter Laien, namentlich- unter der Landbevölkerung, noch immer einige, die da glauben, durch den reichlichen Genuss von schwarzem Roggenbrot erzeuge .sich beim Kinde der Spulwuim, und in gewissen Gegenden, wo grenzenloser Aberglaube herrscht, mag es vorkommen, dass der Baud-noirm mit allerhand verderb- lichem Zauberspuk in Verbindung gebracht oder auch als eine vom Körper ausgehende Krankheit betrachtet wird. Wohl jedem dürfte es bekannt sein, dass das Fleisch eines sogenannten tinnigen Schweines von Menschen ge- nossen, unter Umständen den Bandwurm hervorrufen kann. Da wirft sich dann die Frage auf: Was ist denn eigentlich der Bestandteil des betreffenden Fleisches, welcher, nachdem dieses unserem Verdauungstraktus ein- verleibt, dort nach einer gewissen Zeit einen langen Wurm heiTorbringt ? Auf diese Frage antwortet der mit Messer und Lupe versehene, zergliedernde Beobachter: Jene auch für den Ungeübten bald erkennbaren, dem Schlächter sehr wohl bekannten, hier und dort in dem roten Fleische auftretenden Knötchen von weisslichem Aussehen sind es, welche, so unschuldig scheinend, in ihrem Innern den verderbenbringenden Keim bergen! Beti'achten wir ein solches Gebilde, das oft die Grösse eines Hirsekornes erreicht und welches wir als Finne oder mit wissenschaftlichem Namen als Cysticercus be- zeichnen, ein wenig genauer. Die kleinsten Finnen erkennen wir als feine, weisse, im Muskelrteische verstreute Pünktchen; um die Grösse und die etwas längliche Gestalt eines Hirsekornes an- zunehmen, welche letztere durch den Druck der um- gebenden Muskulatur bewerkstelligt wird, muss der Cysti- cercus etwa zwei und einen halben Monat an seinem Aufenthaltsort verharren. Die Finne, gleichgiltig in welcher Grösse sie vor uns liegt, wird durch ein Bläs- chen dargestellt, welches mit einer hellen Flüssigkeit, über deren Ursprung wir nichts genaues wissen, angefüllt ist. Die Wand desselben besteht, obwohl anfangs sehi- dünn, doch aus zwei Zeil-Schichten, von denen die innere, wie wir unter dem Mikroskope erkennen, aus sternartigen Zellen gebildet wird. Dieser einfache Bau aber erleidet mit fortschreitendem Wachstum des parasitären Organis- mus mehrfache Abänderung. Von einer bestimmten Stelle der Bläschenwand geht alsbald nach innen zu eine ZeUen- wucherung vor sich, die nach und nach die Gestalt eines kleinen, in das Lumen hineinragenden Zäpfchens annimmt. Dieses mikroskopisch kleine, eingestülpte Zäpfchen stellt den Kopfteil des später nach Ellen messenden Bandwurms vor. Ist dieses kleine Zäpfchen einmal angelegt, so ent- wickelt es sich mehr und mehr und füllt bald als wesent- lichster Bestandteil des ganzen Finnenleibes die nicht in demselben Masse sich vergrössernde Blase aus. Der in das Innere der Blase hineinragende Kopf- zapfen ist hohl. Die Höhlung, von einer ansehnlichen Wandung umschlossen, mündet auf der Aussenfläche der Blase — an dem vollendeten Finnenstadium als kleiner Schlitz erkennbar — so dass die äussere Zellschicht der Blasenwand, die Cuticula, zugleich den Innenraum des Zäpfchens auskleidet. Wenn der eingestülpte Kopfzapfen, an dessen in das Bläschen hineinragenden Ende man eine flaschen- oder keulenföimige Erweiterung wahrnimmt, eine gewisse Grösse erreicht hat, so beginnt daran ein eigentümlicher Zer- klüftungsprozess. Die Zapfenwand spaltet sich in zwei Lagen, deren eine von der anderen zwar umschlossen wird, im Uebrigen aber keinerlei Verbindung mehi- damit zeigt. Wir haben jetzt also drei wesentliche Teile an dem Cysticei'cus zu unterscheiden. Erstens : die äussere Umhüllung des ganzen Bläschens, mit anderen Worten die Bläschenwand selbst, zweitens: die durch Spaltung entstandene dünne Umhüllungsschicht des Kopfzapfens und drittens: den Zapfen selbst. Von jetzt ab bildet letzterer Bestandteil den Aus- gangspunkt aller weiteren Veränderungen. Verbunden mit einfachem Wachstum, treten zugleich mancherlei Differenzierungen daran auf, während die beiden ge- nannten Umhülluugsschichten keinen weiteren Umgestal- tungen in ihrem Baue unterliegen, und sich nui- dem Grössenverden ihres für spätere Zeiten so wichtigen Inhaltes anpassen. Zunächst macht der Kopfzapfen, um sich besser und 92 Naturwissenscliaftliclu^ ^\'o(•ln■nscll^ift. Nr. 12. schneller ausdehnen zu können, eine Knickung, so dass das untere, enveiterte Ende, der eigentliche Koiifteii, mit dem übrigen als Halsteil zu bezeichnenden Abschnitt einen Winkel bildet. An dem tlaschenföimig erweiterten, umgelegten Ende nehmen alsbald die zum Festhalten des Tieres hernach so wichtigen Haken und Saugenäjife ihren Ursprung und zwar folg'endermassen : Auf dei- Innenwand, im Grunde des Kopfteiles, treibt die auskleidende Cuticula mehrere im Kreise stehende Erhebungen, die einerseits unter sichelförmiger, nach aussen gerichteter Krümmung in die Höhlung hineinwachsen, andererseits in der ver- dickten Wandung mit zwei ungleich langen Ausläufern Wurzel schlagen. Dabei nehmen diese Gebilde duicii Aufnahme anorganischer Substanz — Kalk — bedeutend an Härte zu, wodurch sie heinach fähig ^\■el•den, als Anker zu wirken. Die verdickte Stelle im Grunde des Kopfteiles, in welcher die so gebildeten Haken wurzeln, stellt eine wulstige, \on Muskelschichten über- zogene, Erhebung dar. Weiter bemerken wh- gleichzeitig mit der Hakenbilduug einen anderen Diüerenzierungs- prozess, welcher an ebendemselben Orte an vier seitlich, im griechischen Kreuz einandei' gegenüberliegenden Stellen der Innenwand vor sich geht. Es bilden sich, diesmal aber nicht in die Kopfhöhle hineinragend, sondern in deren Wandung grubenförmig sich vertiefend, lialbkugel- förmige, mit Eiugmuskeln versehene Saugnä] ife, die eben- falls den Zweck haben, den fertigen Bandwui-iii hernach an seinen Wirt zu befestigen. Der andere bisher in der Entwicklung mehr zurück- gebliebene Schenkel des Winkels, der Halsteil des zapfen- förmigen Gebildes hat unterdessen auch Veränderungen erfahren. Er hat sich bei seinem Wachstum schärfer von dem Kopfteil abgegrenzt, sich gleich diesem mit an- organischer Substanz imprägniert und, um sich den engen Raumverliältnissen anzupassen, mehrfach wellig zusammen- gelegt. Beide Teile — das ist wesentlich — behalten während dieses Eutwicklungsstadiums aber ihre oben beschriebene, hohle Beschaffenheit durchaus bei. Nach diesen Vorgängen sehen wir den Cysticercus fertig vor uns. Bevor wii' aljer zu weiteren Betrachtungen über seine fernere Lebensgescliichte fortschi'eiten, erübiigt es noch von seiner Lage und F^inbettung im Fleische mit einigen Worten zu reden. Wenn ein Fremdkörper auf irgend welche Weise in einen lebenden Organismus gelangt und in einem be- liebigen Organe desselben sich absetzt, so ist dieses be- müht, sich desselben zu entledigen. Die Ausscheidung gelingt aber nur insofern, als eine direkte Gemeinschaft zwischen Organ und Einwanderer ausgescMossen bleibt, des Fremdlings Anwesenheit überhaupt vermag dei' Organismus aus eigener Macht nicht zu beseitigen. Als- bald tritt in dem betreffenden Organ ein Reizzustand ein. welcher stets einen pathologischen Prezess nach sich zieht. Solcher Fall kann unter Umständen Funktionsstörungen des betreffenden Organes und dadurch sogar den Tod des Gesamtorganismus herbeiführen. Die Bildung von Harnsteinen ist ein solcher J^iozess, bei welchem ein fremder Körper, sei es ein Parasit, sei es ein Blut- koagulum u. s. w., als Mittelpunkt der Konkretion er- scheinend, den Tod des Gesamte iganismus herbeizuführen imstande ist. Dies dürfte vielen bekannt sein; bekannt- lich sind ja auch die kostbaren echten Perlen unserer Geschmeide nichts anderes als pathologische Neubildungen der betreffenden Muscheltiere, zwischen deren Schalen sie entstanden. Immer findet sich als Mittelpunkt der Perle ein fremder Körper, sei es ein anorganischer Be- standteil, den das Wasser in das geöffnete Gehäuse trug, sei es irgend ein Paiasit, der sich den Muschelieib zu seinem Wohnsitz auserkoren. Gleiche ^"erhältnisse treten uns an den in den einzel- nen Organen und vor allem in den Muskeln des Schweines eingelagerten Cysticercen entgegen. Sobald sich dei' bläschenförmige Finnenleib beispielsweise in der Musku- latur zur Ruhe gesetzt hat, so beginnt in den Muskel- kernen eine lebhafte Wucherung und die zunächst liegende Substanz degeneriert. Die Muskelfaser, in welche die Finne geraten ist, erweitert sich schlauchförmig und es bildet sich um letztere herum eine von dem infizierten Organe ausgesclüedene Exsudatmasse, welche im wesent- lichen aus kohlensaui'em Kalk besteht. Diese Umhüllung, an der noch das Bindegewebe Anteil nimmt, ist anfangs sehr weich und zart, in kurzer Zeit aber verdickt sie sich diu'ch weitere Schichtung mehr und mehr und wird zu einer festen allmählich ganz verkalkenden Kapsel oder ("ystt', welcher der Parasit seinen Namen Cysticercus verdankt. Kehren \\ir zur Entwicklungsgeschichte des Cysti- cercus zurück und erinnern wir uns des schon beschriebenen vollendeten Finnenstadiums, so sind wir damit an einen Punkt gelangt, an welchem der weiteren Entwicklung des eingekapselten Parasiten zum Bandwurm Sclu-anken gesetzt sind, die nur dadurch beseitigt werden können, dass derselbe unter günstigen Bedingungen in einen anderen Ti-äger gelangt. Die Natur des zukünftigen Wirtes ist dabei nicht gleichgiltig. Verfüttern wir finniges Schweinefleisch an einen Hund oder eine Ratte, so bleiben unsere Bemühungen, auf diese Weise einen Bandwurm zu züchten, erfolglos. Im menschlichen Organismus aljei' ist eine solche Umwandlung- möglich. Gelangt die Schweinefinne nicht auf diesen einzig günstigen Boden, so bleibt sie einstweilen was sie ist und fällt endlich über kurz oder lang dem Ilntergange durch Verkalkung anheim. (Sclüuss folgt.) Nr. 1: Naturvv'issenscliaftliclie WocliRnsdirift. 93 Kl »'iriere Mitteilun«2;en. Einwirkung von Gasen auf den Oi-sani.siuus. — Unter- suchunn-eii. welcln' uiitiT Li'ining vuii Jl. \, l'rt icnknt'rtr über Gesumilipitssc'liiidlii'hkeit einiger liygieiiiisch uuil (i'i'linis(;li wichtiger Ga,se und Dumpfe angestellt wurden (Sitzungstier. d. k. bavr. Akad. 1887. 170 tr.. dureh iove die vom theoretischen Standpunkt sehr einleuchtende Behauptung auf, dass das Fortschreiten einer kälteren, tieferen Luftmasse vom Pol gegen den Aequator hin, indem sie in Breiten sehnellerer Rotation gelange, ein stetig ver- langsamtes, gewissermassen zurückbleibendes sein müsse, während hoher befindliche, wärmere Luft, der Südwestwind der nördlichen und der Nordwestwind der südlichen Halbkugel, in vorauseilender Bewegung vom Aequator polwärts ströme. Diese Theorie, in dieser Form und als alleinige Erklärung für die Bahn jener Winde gänz- lich veraltet, hat durch Dr. .Sprung eine wesentliche Ergänzung erfahren, die den thatsächlichen Vorgängen besser entspricht als alle anderen die.sbezüglichen Erklärungsversuche. Denkt man sich als sinnfällige Verkörperung einer gewissen Luftmasse eine schwere, absolut runde Kugel unweit des Nordpols auf der völlig glatten, unbeweglich verharrenden Erdoberfläche auf- ruhend und ohne Reibung auf ihr beweglich, so wird dieselbe als- bald dem Zuge dei' .Schwere folgend, die durch die Abplattung der Polgegend bedingte schiefe Ebene gewissermassen hinabrollend, dem Pol, als tiefstem Punkt, beschleunigt zusteuern, über ihn, dem Ge- setze der Pendelschwingung folgend, hin-iusschiessen und mit stetig verlangsamter Bewegung bis zu demselben Breitengrade „hinauf- roUen", um wieder umzukehren und das Spiel von neuem zu beginnen. Denken wir uns. auf dem Nordpol stehend, nun die Erde für einen Moment in ihrer Bewegung- von rechts nach links und der Kugel davon mitteilend, so wird offenbar zu jener Pendelschwingung eine neue Bewegung hinzutreten, indem die Kugel nunmehr in elliptischer Bahn den Pol umschlingt. Wie gestaltet sich dieselbe aber, wenn wir uns die Erde rotierend und ihre volle Bewegung der Kugel mitgeteilt denken? Alsdann kommt zu jener, die Kugel polwärts treibenden Schwerkraft die Zentrifugalkraft hinzu, welche die Kugel dein Aequator zuzuführen bestrebt ist. Wie nun aber, wenn der Kugel, ähnlich dem Südwestwinde, eine vorauseilende Bewegung mitgeteilt wird? Alsdann wird die von rechts nach links in die Nähe des Pols strebende Kugel eine stetig zunehmende Ablenkung nach rechts, äquatorwärts, erfahren, welche jene zu ihrem Ausgangs- punkte zurückführt, indem sie ihre Bahn zu einem vollkommenen, rechts herumziehenden Kreise gestaltet. Bei entgegengesetzter, also wie bei den Polarwinden zurückbleibender Richtung der Bewegung umschlingt die Bahn in weit bedeutenderem Bogen den Pol. Auf der südlichen Hemisphäre sind beide Kreisbewegungen natürlich links- läufig. Man kann sich leicht von der Wahrheit des über die relative Kreisbahn Gesagten überzeugen, wenn man eine runde Pappscheibe, deren INIittelpunkt den Ei^dpol darstellt und deren Rand 24 Kerben (= Stunden) trägt, schrittweis unter einer hineinpassenden elliptischen (als absoluten Bahn der Kugel) mit ebenso versehenem Rande links bezw. rechts herumdreht und schrittweise rechts bezw. links herum vordringend von letzterem aus auf jene die Bahn des Körpers durch 12 zu einem Kreise zusammenlaufende Punkte markiert. Es ergiebt sich hieraus, dass die Kugel an einem Tage ihre sogenannte Träg- heitsbahn zweimal in gleichtcirmiger Bewegung durchlaufen würde. Die Grösse des Trägkeitskreises wächst mit der Geschwindigkeit der vorauseilenden Kugel; ist diese gleicli Null, so fällt die Bahn in einen Punkt zusammen, weshalb man die Bahn, die jeder ruhende Körper auf der Erde theoretisch beschreibt, durch seinen Standpunkt zum Ausdruck bringen kann. In der Nähe des Aequators wird die Bahn spiralig, am Aequator selber tUllt sie mit diesem zusammen. Im Bereich der Winde liegt das Bewegungsmoment stets in der Höhe, und finden die Strömungen, die bei stillstehender Erde kaum merklich wären, von den Gebieten hohen nach denen niederen Luft- druckes statt. Die Ablenkung der Windbahnen aber aus ihrer ge- raden Richtung und ihre I>rehung wird durch die erörterten Ver- hältnisse bedingt. W. P. Optisches. — Bei Gelegenheit seiner berühmten Unter- suchungen über die Intensität der Sonnenstrahlung wurde Langley zuerst darauf aufmerksam, dass der infrarote Teil des Sonnen- spektrums eine weit grössere Ausdehnung besitzt, als man sie ihm bisher zuzuschreiben pflegte. Das für unser Auge sichtbare Spektrum liegt bekanntlich zwischen den Wellenlängen /t=0,00036mm oder 0.36 ß (1 ,u=0.001 mm) und 0,75 ß, urafasst also kaum mehr 94 -Natunvissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 12. als eine Oktave; im ultravioletten Teile des Suniieiispektranis hat die Photographie Wellenlilng-en liis zu 0,295 ß erkennen lassen und die kürzesten Wellen . welche von dem zwischen Aluminiumelek- troden übergehenden elektrischen Funken ausgesandt werden, haben eine Länge von 0,185 ß. AVährend diese sogenannten chemisch wirksamen Strahlen den Gfegenstand vielfacher Untersuchungen bildeten, sind die infraroten dunklen Wärmestrahlen bis in die letzte Zeit hinein ziemlich vernachlässigt worden. Nach 1880 gab Drap er die äusserste mit Sicherheit beobachtete Grenze des infraroten Spektrums zu 1 ß an. Langley hat nun die Untersuchung mit Hilfe des von ihm konstruierten Bolometers fortgesetzt; dasselbe besteht im wesentlichen aus einem Platin-, Eisen- oder Kohlefaden von 1 cm Länge und Viooo bis Vs wo» Durchmesser, der in den Stromkreis eines Oalvanonieters eingeschaltet und den Strahlungen ausgesetzt wird; der geringe Durchmesser des Fadens gestattet es, jedesmal nur einen sozusagen linearen Teil des Spektrums, also vollkommen homogenes Licht von einer bestimmten Wellenlänge, zu untersuchen. Die autfallende Strahlung verändert den Widerstand des Drahtes nach einer komplizierten Funktion, welche jedoch inner- halb kleiner Grenzen — und um solche handelt es sich bei den vor- liegenden Untersuchungen — direkt als den Energieschwankungen proportional angenommen werden darf. Zur Messung dient ein be- sonders konstruiertes Spiegelgalvanometer von hoher Empfindlichkeit, welches bei 20 Ohm Widerstand noch einen Strom von 0.000 OOu 000 5 Ampere anzeigt, was einer Temperaturvariation im Drahte von 0,000 000 001» C. entspricht, 0,000 01" C. kann gemessen werden. Mit Hilfe dieses Apparates erkannte nun Langlej", dass, entgegen der bisherigen Annahme, ein Flintglasprisraa für Sonnenstrahlen bis 2,7 y. Wellenlänge vollkommen durchlässig ist; hier hört allerdings das Spektrum plötzlich auf, als ob eine Absorptionsbande vorläge. Es blieb nun die wichtige Frage, welche Wellenlängen im Maximum von irdi sehen Quellen ausgesandt werden. Als solche strahlende Quellen dienten Langley*) der heisseste Teil der positiven Kohle des elektrischen Lichtbogens, ein Platinstreifen zwischen Dunkelrot- glut und Schmelztemperatur, Kupfer bei allen Temperaturen unter- halb der Rotglut, ferner ein Lesl in "scher Würfel mit Anilin bei 100" und 178" (Siedepunkt des Anilins) oder mit Wasser unter 100", und endlich die Banden des Bolometers selbst für Temperaturen unter 0". Von den von diesen Quellen ausgehenden Strahlen wurde ein Spektrum entworfen, wozu freilich weder Glasprismen dienen konnten, die diese Wellenlängen völlig absorbieren, noch auch Re- flektionsgitter .allein, da die Spektren verschiedener Ordnung sich bei so grossen Wellenlängen übereinanderlagern; Prisma und Linsen mussten vielmehr aus Steinsalz hergestellt werden. Mit dem Prisma wurden zunächst die Brechungsexponenten und die Energie in den verschiedenen Teilen des Spektrums gemessen; das Maximum der Strablungsenergie rückt mit steigender Temperatur, wie dies auch früher schon gefunden wurde, nach der violetten Seite des Spektrums hin, da die Energie zwar allenthalben zunimmt, jedoch gegen das Violett hin stärker als gegen die Grenze des l'ltrarot. Die Messung der Wellenlängen geschah dann durch Verbindung von Gitter und Prisma, Es ergab sich zunächst, dass keine der bisherigen Dispersions- formeln (diejenige von Ketteier wurde allerdings von Langley nicht untersucht) für diese Wellenlängen noch giltig ist; der Brechungs- exponent wird in diesen Teilen des Spektrums nahezu lineare Funk- tion von X, so dass u. a. theoretisch eine Grenze für x X nicht ab- zusehen ist. Die Grösse der beobachteten Wellenlängen stellt Lang- ley, ohne dabei Anspruch auf grosse numerische Genauigkeit zu erheben, folgendermassen zusammen : Aeusserste Strahlen des Funkenspektrums zwischen Aluminium- elektroden nach M. A. Cornu 0,185 /it Grenze des ultravioletten Sonnenspektrums am Meeresniveau nach Cornu 0,295^ Violette Grenze des für normale Augen sichtbaren Spektrums 0,360// Grenze des sichtbaren Spektrums im Dunkelrot .... 0,810 /i Aeusserste mögliche Wellenlängen im Infrarot nach Draper 1881 1,000// Von Becquerel den äussersten Absorptionsstreifen im Sonnenspektrum zugeschriebene Wellenlänge .... 1,500// Aeusserste Grenze des infraroten Sonnen Spektrums nach Langley 2,700// Strahlungen irdischer Quellen: Mit Steinsalzprisma 1886 beobachtete Grenze 6,300// Intensitätsmaximum einer irdischen Wärmequelle von 100" C. 7,500 // von 0» C. 11,000// Grüsste durch das Bolometer noch angezeigte Wellenlänge (ungefährer Minimalwert) .... 30,000// Bedenkt man, dass die Länge der kürzesten durch das Ohr wahrnehmbaren Schallwellen (von Savart mit 48 000 Schwingungen *) Die Untersuchungen über das .Sonnenspektrum sind 1884 als gesonderte I'ublikation, diejenigen über die Wellenlängen irdischer Quellen 1886 im American Journal of Science erschienen. pro Sekunde bestimmt) 14 mm oder 14 00(1// beträgt, so ist jetzt, wie Langley sagt, „die Kluft zwischen der kürzesten Schallwelle und der längsten bekannten Aetherwelle einigermassen überbrückt." Dr. Dessau. Die Grösse der Sterne und das psychophysische Grundgesetz. — Wenn in der Astroncjmie von der Grösse der Sterne gesprochen wird, so bezieht sieb dies bekanntlich auf ihren Helligkeitsgrad und nicht auf ihren Durchmesser, da derselbe (bei den Fixsternen) nicht mehr zu messen ist. Nach dem, was man von der Geschichte der Astronomie weiss, war H ipp arch (um 150 v. Chr ) der erste, welcher alle mit blossem Auge sichtbaren Sterne in sechs Klassen teilte, wobei er die Lichtstärke mit seinen Augen „schätzte". Die hellsten Sterne, z. B. Sirius und Wega, sind darnach erster Grösse, die, welche dem Auge nur halb so hell erscheinen, zweiter Grösse u. s. f. Eine solche Klassifikation hängt natürlich ganz von der Beschaffenheit des Auges ab und wird ähnliche Willkürlichkeiten enthalten wie die Härteskala in der Mineralogie. Seitdem man aber Methoden besitzt, Licht auf seinen Helligkeits- grad zu untersuchen, und zwar Methoden, welche „Messungen" und nicht nur „Schätzungen" zu machen erlauben, hat man auch die Intensität des Lichtes von Sternen der verschiedenen Grössen ge- messen. Wenn wir ein Licht von bestimmter Leuchtkraft haben, so wird dasselbe eine gewisse Lichtmenge in unser Auge senden; stellen wir nun zwei Lichte von genau derselben Baschatfenheit an derselben Stelle und in denselben Entfernung von unserem Auge auf, so senden dieselben doppelt so viel Licht aus, werden uns daher theoretisch doppelt so hell erscheinen müssen. Der Physiker Steinheil war nun der erste, welcher fand, dass in derThat ein bestimmtes Zahlenverhältnis zwischen den Licht- mengen von Sternen der verschiedenen Grössenklassen besteht; er fand, dass die zu uns gelangende Lichtmenge eines Sternes einer be- stimmten Grösse 2,83 mal so gross ist als die eines Sternes der nächsten Grössenklasse. Diese Bestimmungen wurden später mehr- mals wiederholt und namentlich konnte Zöllner mit seinem Polari- sations-Astrophotometer sehr genaue Messungen vornehmen, aus denen hervorging, dass die von Steinheil gefundene Zahl zu gross war, dass dieselbe näher an zwei, dem theoretischen Werte liegen müsste. Es ging aber auch daraus hervor, dass unter den Sternen erster Grösse mehrere sich betUnden, welche nach der zu uns ge- langenden Lichtmenge theoretisch in eine noch höhere Grössenklasse gehören müssten, während das Auge keinen sehr merklichen Unter- schied emptindet. In neuerer Zeit sind namentlich von Pickering in Cambridge, Nord-Amerika, genaue Messungen vorgenommen worden, bei denen die Sterne in MeridiansteHung untersucht wurden, wobei manche Fehler der früheren Methoden vermieden wurden. Die Resultate dieser Messungen verwertet Dr, Jastrow in dem neugegründeten American Journal of Psychology" (herausgegeben von Prof, Hall) für das psycho-physische Grundgesetz von Fechner. Dasselbe sagt bekanntlich aus, dass die Reize in geometrischer Reihe zu- oder abnehmen müssen, damit unsere Empfindungen derselben in arithmetischer Reihe zu- i.der abnehmen; wenn also dem Reize von der Stärke R die Empfindung E entspricht, so entspricht dem Reize von der Stärke R . R = R- eine Empfindung von der Intensität E-f B = 2E u, s, f. Wenn wir also eine gleichförmig abgestufte Reihe von Licht- eindrücken oder Helligkeitsgraden empfinden, so muss nach jenem Gesetz das Verhältnis der von zwei aufeinander folgenden Stufen ausgehenden Lichtmengen eine bestimmte Zahlengrösse sein. Wenn also umgekehrt durch genaue Messungen sich ergeben würde, dass die Lichtmengen beim Uebergang von einem Helligkeitsgrade zum nächsten stets ein konstantes Verhältnis besitzen, so wäre damit eine vorzügliche Bestätigung des Fechner'schen Gesetzes gewonnen. Dr. Jastrow schliesst nun a. a. O. aus Pickering's Messungen, dass diese Zahl nicht konstant ist, sondern mit der Helligkeit g-leich- zeitig abnimmt; er giebt dann eine empirische Formel an, aus der man den Multiplikator, wenn die mehrfach bezeichnete A'erhältnis- zahl so genannt wird, berechnen kann im Einklang mit Pickering's Resultaten. Indessen ist damit noch nicht das letzte Wort in dieser Frage gesprochen. Denn aus den Untersuchungen von Dorst geht her- vor*), dass bei den photometrischen Messungen die Helligkeits- unterschiede ganz verschieden aufgefasst worden sind und dass Pickering dieselben bei .schwächeren Sternen kleiner fand als die Mehrzahl der übrigen Beobachter. Es wird also weiterer genauer Untersuchungen zur Entscheidung dieser Frage bedürfen. Aber das scheint sieh aus allen bisherigen Bestimmungen zu ergeben, dass das Pechner'sche Gesetz — soweit die Helligkeitsgrade der Sterne in Frage kommen — bei mittleren Intensitäten der auf das Auge ausgeübten Reize mit sehr grosser Annäherung gilt. — r. *) Vgl, a, „Naturw. Wochenschrift". Bd. I, S. 154: Astronom. Arb. u. Entd. Nr. 12. Natunvlssenscliaftliclie Woclicnsclii'ift. 95 Litteratur. J. N. vonNussbaum: Neue Heilmittel für Nerven. Ein pcjpiiliir-wisspiisdiat'tliolior Vortrag-. '2. Aiiti. Verlag von Kiluard Trewcndt in Breslau. 1888. Preis 0,00 JC. Wir geben au.s dieser allgemeinen interessanten Sclirit't itn folgenden ein ansfiihrliclies Referat. Nach einigen einleitenden Hemerknngen über die Bedeutung der verschiedenen Teile des Nervensystems und der Physiologie des- selben geht Verfasser zunächst auf ein aus dem Turnen hervor- gegangenes Heilmittel für Nerven ein: auf die schwedische ITeil- jrymnastik. Die schwedische Heilgymnastik ver;inlasst passive, aktive und duplizierte Bewegungen. Die passiven Bewegungen , von denen viele den bei der Massage vorkonmienden ganz gleicli sind, erzeugen „Nerven- Vibrationen". die ein neues bedeutendes Heilmittel für die Ner- ven sind. l)ie aktiven Bewegungen der schwedischen Heilgymnastik werden langsamer ausgeführt als die beim Turnen und sind für den Stoffwei'hsel auch wirksamer. lOine (hiplizierte Bewegung ist eine .solclie. die der Patient macht, während ein Widerstand geleistet wird. Um die Bewegungen möglichst dem Zweck entsprechend aus- zuführen, hat man eine Maschinen-Gymnastik ersonnen. I)er Ergostat ist z. B. eine Äfaschine die bei Entfettungskuren gebraucht wird: oiiiieineiiti§»-l']i*iieuei*uns- filr das III. Quartal ISSS bitten wir gefälligst bei den betreffenden Bezugsstellen reclit bald bewirken zu wollen. Die Post erhebt für Bestellungen, die ihr erst nach dein 1. ,Tuli zugehen, vorschvißsniüssig 10 Ff. für Nachlieferung der bereits erschienenen Nummern. Wir glauben mit Befriedigung auf das verflossene Vierteljahr zurilckschauen zu können, da wir kein Mittel unversucht Hessen, durch Heranziehung be- währter Kräfte als Mitarbeiter und Vorführung mög- lichst vieler Illustrationen unser Unternehmen unsern Lesern recht wertvoll zu machen. — Bei dem Reich- tum an gediegenem Inhalt und guten Illustrationen ist es uns aber leider nicht möglich, den bisherigen so billigen Abonnementspreis künftig beizubehalten, und haben wir uns deshalb entschlossen, denselben vom nächsten <{iiartal ab nni ]VIark 1. — , also anf Blark 3. — pi'o t^iiartal. zu erhöhen in der Hoffnung, dass unsere Leser diese kleine Mehrausgabe nicht scheuen und unserm Blatte treue Abonnenten bleiben werden. Den beiliegenden Bestellzettel empfehlen wir güti- ger Beachtung. Die Redaktion und Verlagshandlung. Berichtigung. In der kleineren Mitteilung des Herrn H. J. Kolbe; „Leuch- tende Insekten' muss es in Zeile 11 von oben heissen 360. 104 Naturwissensdiaftliclip AVorlifuscliiift. Nr. 13. namentlich Anzeigen aller optischen, chemischen, physikalischen etc. Geiiitscluiften. Nataialien, Chemikalien, sowie Bticheranzeigen finden weiteste und ])assondste Verbreitung. II ir cDipJ'c/i/rn imsfr lilatf zur Insertion (iesiichen und -Angebofen, .soirie zu Anzeigen gebot, Suehfrnge iintl Taii.se/i Saininliinf/eii ete. vermitteln. von Stellen- irelche An- natiiricissense/iaj'tlieher Band I (Okt. 1887— März 1888) unseres Blattes liefern wir gegen Einsendung von JC 4,20 (in IJriefinarken) fran- ko, einzelne Quartale des Bandes gegen Emsendung von Ji- 2,10 (in ]iriefniarken.) — Einzelne Nummern kosten 2.5 ^. Die Expedition der „Naturwissenschaftliclien Woclienschrift" Berlin SW. 48. Friedrieh-Strasse 226. 1 J( 20 -j pru Band (auch in Brief- und die Planeten. Eleg. JMit 68 Ab- jeb. Mit 74 Abbildungen. geb. rjpgen Einsendung vun luarkeu) liefern wirjranko: Becker, Dr. Karl Emil, Die Sonne bilduiigen. Eleg. geb. Gerland, Dr. E., Licht und Wüime. Hansen, Dr. Adolf, Die Ernährung der Pflanzen l'h-L". gt'b. Hartmann, Prof. Dr. R., Die XilUinder. Eleg. geb. Klein, Dr. Herrn. I., Allgemeine Witternngskunde. Eleg. Lehmann, Paul, Die Eide und der Mond. Eleg. geb. Peters, Prof. Dr. C. F. W., I^ie Fix.sterne. Mit 69 Abbildungen. Eleg. geb. Taschenberg, Prof. Dr. E., Die Insekten nach ihrem Nutzen und Siliad™. i\lit 70 Abbildungen Eleg. geb. Taschenberg, Dr. Otto, Die Verwandlungen der Tiere. Mit 88 Ab- liildinigen. Kleg. geb. Valentiner, Kmneten und Meteore. Mit 62 Abbildungen. Eleg. geb. Wassmuth, Prof. A., Die Elektricitat und ihre Anwendung. Mit 119 Aliliildungen. Eleg. geb. Berlin SW. 48. Rieiiiaiin & llöller. Über 500 Illustrationstafeln und Kartenbeilagen. = Unentbehrlich für jeden Gebildeten. =^ " MEYERS Konversations-Lexikon VIERTE AUFLAGE. Das l Heft und den 1. 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JL annähme bei allen Annoncenbureaux, wie bei der Expedition. Abdrnck ist iinr mit vollständiger ijnelleuanjjabe gestattet. Die Verbreitung der Pflanzen durch Meeresströmungen. \'oii Dr. \\enn der Seefalirer die weiten Flächen des Stillen Ozeans duiclifiircht, muss er beim Anblicke manclier Inselgruppen von Staunen ergriffen werden: hunderte von Meilen trennen sie oft vom nächsten Kontinente, unbewolint und Iceine Spur eines menschlichen Kiütur- \ersuches aufweisend liegen sie da und doch sind ihre Lfer von Palmen und anderen Gewächsen begrünt. Wer hat die Samen dieser tropischen Wälder ausgestreut? Viele leichte, mit einem Flugapparat versehene Samen mag wolü der in jenen Gegenden mit grosser Regel- mässigkeit wellende Wind herbeigetragen haben, manche Steinkerne können sodann durch Vögel dorthin versclileppt sein, aber die grossen und oft schweren Früchte der Palmen, wie die Kokosnuss oder die einem Hüliuerei an Grösse gleiclikommenden Samen der Riesenhülse können von beiden nicht lierbeigeführt sein. Hier sind es die Strömungen des Meeres gewesen, die oft hunderte von Meilen weit Früclite und Samen vom Heimatsorte wegtrieben und mit den brandenden Wellen auf die oft nur wenige Fuss den Meeresspiegel überragenden Ufer der Atolle und anderer Inseln werfen. Es ist diese Thatsache seit langer Zeit bekannt, doch haben erst die neueren Entdeckungsfahrten, besonders die der Challenger-Expedition, bewiesen, dass diese Art der Pflanzenverbreitung eine wirklich sehi- häufige ist. Schon Rumpf führt 1741 in seinem „Herbarium am- boinense" ein hübsches Beispiel dafür an: „Wenn die reifen .X.ste der strauchartigen Nipapalme (Nipa fruticans Thubg.) ins Wasser fallen, werden sie weit und breit durch das Meer getrieben; werden sie dann an ein !•:. Hutii. sumpfiges Ufer geworfen, so keimen sie dort und wachsen zum Strauch__auf^_der dann selber sich wieder vermehrt. Ich selbst fand einst auf der Küste von Hitoe einen solchen im Keimen begriffenen Fruchtballen." Ebenso berichtet derselbe Autor von einer Epheuart Amboinas (Hedera umbellifera D. C): „Oft fand ich grössere Zweige dieser Bäume, ja selbst halbe Bäume hier und dort auf dem Ufer, von welchen die Einwohner genau wussten, dass sie dort nicht gewachsen waren: auch konnte ich an ihnen beobachten, dass sie eine Zeit lang im Meere getrieben hatten. An der Küste von Hitoe lag zu meiner Zeit ein derartig angetriebener Baum, dessen Zweige die Frauen als Räuchermittel abhieben, und in späterer Zeit fanden wir an jener Stelle derartige Bäume, die an anderen Stellen der Insel unbekannt waren." Auch von Barringtonia speciosa L., einer auf den Inseln des Indischen und des StUlen Ozeans heimischen Myi'tacee, berichtet Rumpf dasselbe und dass er Recht hatte, beweisen neuere Beobachtungen, denn ihre Früchte werden nach Thiselton Dyer an alle Küsten des Malayischen Meeres angespült und vor kui-zem erst wieder am Strande der „Christmas Island" auf- gefunden;*) dieselben sind nach Betche,**) der sie auf einzelnen Atollen der Marshalls -Inseln antraf, be- sonders zu dieser weiten Verbreitung diu'ch das Meer durch den dicken Korkmantel der Fruchte geeignet. Auch Casuarina equisetifolia Forst, verdankt *) Flora of Christmas Island in ,Nature" 1887, Nr. 917 pag. 78. **) Vegetationsskizze der Marshalls-Inseln. (G.-Z. EQ. 1884. pag. 133.) 106 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 14. jedenfalls den Meeresströmungen ihie weite Verbreitung, für welche sie dui'ch den leichten, holzigen Pruchtstand befähigt wird. Decandolle (Prod. XVI. 2. pag. .339) giebt als Fundorte dieser Pflanze unter anderen Orten folgende an: Madagaskar, Mauritius, Bourbon, Ceylon, Sumatra, Java, Borneo und Celebes, Timoi', Araboine und andere Mollucken, Plülippinen, Mariannen, Freundschafts- und Gesellschafts-] nseln, Marqueses, Tahiti etc. eine" ■geographische Verbreitung, die bei dem gänzlichen Mangel von Kletter-, Flug- oder Lockvorrichtungen für Tiere einzig durch die Wirkungen der Meeresströmungen erklärlich ist. Ebenso war es Linne bekannt, dass verscliiedene Früchte von Amerika her bis an die Küsten Norwegens getrieben werden und dort im keimfähigen Zustande an- kommen. Zweifellos ist es hier der Golfstrom, welcher vom Golf von Mexiko aus nach Noiden fliesst, in seinen Verzweigungen die Küsten der Hebriden, Islands, Nor- wegens und Spitzbergens berührt und tropische Früchte dorthin versclüeppt. Auch den Japanern war ähnliches seit längerer Zeit bekannt, denn wie von Siebold berichtet, meldet ein japanisches Werk, dass der Mais, dessen Kultur die Europäer in Japan schon antrafen, obschon er in Amerika zu Hause ist, vor 1200 Jahren dort angeschwemmt sei. Aus Holmann" s Reisewerk citiert Darwin eine Stelle, aus welcher hervorgeht, dass Samen und Pflanzen von Sumatra und Java von den Wellen an der vor dem Wind gelegenen Seite der Keeling-Islands angetrieben woi'den sind. Darunter befanden sich die Kokosnuss, der Ricinus, die Sagopalme und andere. Er vermutet, dass dieselben sämtlich von dem Nordwest-Monsun nach der Küste von Neu-Holland und von dort durch den Südost-Passat nach den genannten Inseln getrieben worden sind. In ähnlicher Weise äussert sich Chamisso indem Bericht über seine Weltumseglung, dass das Meer die Samen und Früchte vieler Bäume zum Radek-Archipel liinbringe, von welchen die meisten dort früher nicht wuchsen. Eugen Robert fand Samen amerikanischer Pflanzen an den Küsten Islands un(J sogar an denen des weissen Meeres. Aehnliche Thatsachen erfahren wir aus dem Berichte über die Weltumseglung durch die „Uranie" und die „Physicienne", welche 1817 bis 1820 stattfand, am ausfühi'lichsten aber eilialten wii- aus dem erst neuer- dings erscliienenen Berichte der „Challenger-Expedition", welcher nicht weniger als 97 Arten aufführt, die als „Treibfrüchte" beobachtet wurden, Kunde hierüber. Manche dieser Früchte sind von vornherein zum Schwimmen ausgerüstet; so besitzt die Kokos in der die eigentliche Nuss umhüllenden, stark lufthaltigen Faser- schicht einen guten Schwimmappaiat. Die meisten Früchte aber erhalten erst durch das Austrocknen die zum Schwimmen nötige Leichtigkeit. Wie nämlich Darwin experimentell bewiesen, gehen viele Samen im frischen Zustande zu Grunde, die, wenn sie vorher genügend aus- getrocknet sind, oft sehr lange schwimmen. Reife Hasel- nüsse z. B. sanken, getrocknete schwammen 90 Tage, eine Spargelpflanze mit reifen Beeren sank nach 23 Tagen, wurde sie getrocknet, erst nach 85 Tagen. Unwillkürlich werfen wir diesen Beobachtungen gegen- über die Frage auf: Muss denn eine tagelange Bin- wii'kung des Seewassers nicht verderblich für die Keim- fähigkeit der Samen sein"? Auch nach dieser Richtung hin hat Darwin Versuche angestellt und seine Resultate veröffentlicht, von denen wir einige als Beispiel anführen. Hafer wui-de 85 Tage dem Seewasser ausgesetzt und keimte ausgezeichnet, nach 100 Tagen keimten schon weniger, nach 120 Tagen nur noch einzelne Körner; ganz ähnlich verhielt sich Kartoffelsamen, welcher nach 90 Tagen gut keimte, nach 120 Tagen aber völlig ab- gestorben war; bei der Lupine lebte ein Drittel nach 22 Tagen, ein Sechstel keimte nach 36 Tagen, nach 50 Tagen wai-en alle abgestorben. Schon die Widerstandsfähigkeit dieser Pflanzen, die übrigens als Landpflanzen dem Seetiansporte noch gar nicht angepasst sind, würde genügen, sie keimungsfähig durch die Meeresströmungen weit zu verbreiten, denn der Haupt - Aequatorialstrom durchfliesst tägüch eine Strecke von 60, der Kapstrom sogai' eine Strecke von 90 Meilen, so dass wenige Tage genügen wiü'den, eine schwimmende Fmcht von einem Kontinente zum anderen oder nach weit gelegenen Inseln zu führen. Damit stimmen denn auch die Erfahrungen anderer Forscher überein. Ijinne teilt in seinen Amoen. acad. VIII. pag. 3 ausdrücklich mit, dass die nach Norwegen durch das Meer verschleppten Früchte (Cassia Fistula, Anacai'dium occidentale, Mimosa scandens und Cocos nucifera) keimten und sich entwickelten, und ähnlich berichtet der oben erwähnte Holmann: „Alle kräftigen Samen, wie die der Kletterpflanzen, behalten ihre Keimkraft, aber die zarteren Sorten, unter denen sich die Mangostine beflndet, werden auf dem Wege zerstört.'" In der That giebt es auch viele Früchte, die den Wassertransport nicht er- tragen, wie z. B. Rumph von Canarium decrunanum Willd. erwähnt, dass seine Samen vom Meere oft ans Ufer geworfen werden, aber ilne Keimfälügkeit dann eingebüsst haben. Da es nun besonders zwei grössei'e Familien sind, welche zahlreichere Repräsentanten mit „Treibfrüchten" aufweisen, nämlich die Palmen und die Leguminosen, so will ich zum Schlüsse einige derselben hier als Beispiele autt'ühren. Von ersteren hatten wir die Kokos und die Nipapalme bereits erwähnt: wir nennen als dritte im Bunde die fälschlich „Maldivische Nuss" genannte Lo- doicea Sechellarum. Ihre Heimat sind nämhch nicht, wie man lange glaubte, die Malediven, sondern allein die Sechellen, wo sie La Boud'onnaie 1743 entdeckt hat. Hier wachsen sie meist am Strande, \on wo die Früchte oft ins Meer fallen und nach den Malediven, der Mala- barküste und anderen Gegenden hingetrieben werden. Die .Javaner haben daher die Tradition, dass diese Frucht nur auf einem einzigen Baume mitten im Meere wachse, in dessen Krone der Vogel Greif niste. Das merkwürdigste Nv. 14. Natiinvissenscliaftliche Wochenschrift. 107 ist wohl liei ilirei \>iliieitunys\veise die aiittailende (Jiös.se und Scluvere der Frucht, welche 20 — 25 IM'und schwei' wird. Trotzdem trat' sie sclion ihr Entdecker ijabiliar- dic'ie mitten ira Meere treibend. Ausser den l'almen sind es, wie bereits gesagt, l)e- sonders viele Arten der Leginninosen, welche durch das Meer vertiieben werden: der Bericht der Challenger-Ex- pedition führt deren nicht weniger als 29 Spezies auf. Zu ihnen gehört die Riesen hülse (Entada Pursaetha DO, welche im tropischen Asien, Afrika und Amerika verbreitet ist und tarnen von der Grösse eines Hühner- eies hat, ferner die Röhren-Cassie, Cassia Fistula, deren rundliclie, 2 Fuss lange Hülse in zahlreiche Fächer geteilt ist, die zwar anfangs mit einem süssen Marke er- füllt sind, beim Austrocknen desselben aber eben so viele llolilräume bilden, und so die Schwimmfähigkeit der Frucht erhöhen. Die runden Samen des Kugelstrauches ((iuilandina Bonduc), welche die Gestalt und Grösse einer Flintenkugel haben, wurden aus dem Golf von Mexiko bis nach England vertrieben, wo sie zwar noch keimten, dann aber der Ungunst des Klimas erlagen. Die wenigen hier aufgefülirten Beispiele könnten nun vielleicht beim Leser die Idee erwecken, dass dies Vertreiben der Früchte durch das Seewasser immerliin ein sehr vereinzeltes, und im grossen Haushalte der Natur von sehr ungeordneter Rolle sei. Dass dies aber, wenig- stens für die tropischen Strandgegenden nicht der Fall ist, erhellt aus Helmsley's Beobachtungen, nach welchen über 37% aller Phanerogamen der Beimudas-Inseln zu den Treibpflanzen gehören. Die Wirksamkeit der dynamo-elektrischen Maschinen. Von Dr. K. ,1 >ie dynamo-elektrische Maschine, auch kuiz Dynamo- maschine genannt, ist eine jener Ertindungen der Neuzeit, bei welchen — wie beim Telephon, Mikrophon und beim Phonographen — der einfache und doch so wunderbare unmittelbare Umsatz physikalischer Bewegungsformen eine Rolle spielt. Bei der dynamo-elektrischen Maschine handelt es sich um die Venvandlung von gewöhnlicher Massenbewegung in Magnetisnnis und strömende Elektiici- tät. Wenn wir uns die Wirksamkeit einer solchen Maschine klar machen wollen, so gehen wir am besten von der Thätigkeit der magneto- elektrischen Maschine aus, von der sich die dynamo-elektrische dadui'ch unter- scheidet, dass sie nicht wie jene einen im voraus vorhandenen Magneten, z. B. einen durch einen besonderen elektrischen Strom hergestellten Elektromagneten enthält, sondern dass der von der Maschine gelieferte Strom selbst zur E)- zeugung eines Magneten benutzt wird. Bekanntlich entsteht in einem Stromleiter, z. B. einer Drahtspirale ein elektiischer Strom, wenn ein in ihrer Nähe betindlicher Magnet seine Lage' zu ihr ändert oder wenn sie gegen den Magneten bewegt wird; und zwar ist der Strom nach der Lenz' sehen Regel derart, dass er die entgeg-engesetzte Bewegung zu jener hervorzurufen strebt, durch welche er selbst entstanden ist. Denken wir uns. dass in Fig. 1, welche eine Form der Dynamomaschine schematisiert darstellt, NS und NiSi zwei Elektromagnete sind, an deren Polen eiserne Arma- turen M und Ml angebracht sind, zwischen denen ein starker Eisenring R oder bessei' ein ringförmiges Bündel zahlreicher dünner Eisendrähte in Umdrehung (um die Achse A) versetzt werden kann. Dieser sich drehende Ring ist von einem Drahtgewinde umgeben. Sobald man den Ring in dem Sinne des grossen, getiederten Pfeiles dreht, werden die einzelnen Windungen desselben gegen die Pole N und Si und die durch die- selben in dem Eisenkern des Ringes erzeugten entgegen- gesetzten Pole verschoben; die Folge ist, dass die Win- F. Jo]rdaii. düngen von einem elektrischen Strom durchflössen werden, dessen Richtung duich die kleinen Pfeile angedeutet wird; dieselbe ist auf dei' linken Hälfte des Ringes deijenigen auf der i'echten entgegengesetzt. Suchen wir diese Richtung für die obere Hälfte des Ringes festzustellen! — Den ganzen Eisenkern des Ringes können wir uns aus zwei Magneten — einem oberen und einem unteren — zusammengesetzt denken; beide haben ihren Nordpol auf der rechten Seite (gegenüber Si), ihren Südpol auf der linken (gegenüber N). Die Lage beider Pole an sich (im Räume) bleibt bei der Drehung des Ringes unverrückbar dieselbe, weil sie den festliegenden Polen N und Si der Elektromagnete NS und NiSi ihre Entstehung \erdanken ; den sich drehenden Ring dagegen durchwandern die Pole, oder sagen wir: der Ring dreht sich über die Pole hinweg. Nach der Ampere 'sehen Vorstellung von der Natur des Magnetismus können wii' uns einen Magneten als einen Eisenstab vorstellen, den ein elektrischer Strom von solcher Richtung umfliesst, dass — wenn wir mit dem Strome schwimmen und den Stab ansehen — der Nordpol sich linker Hand befindet; diese Richtung würde für den unteren Magneten durch den Pfeil p angegeben werden. Dem Nordpol dieses Magneten nähert sich nun die rechte Hälfte des den oberen Magneten lun- gebenden Drahtgewindes fortdauernd; nach der Lenz- schen Regel muss daher in den Windungen derselben ein Strom von solcher Richtung erzeugt werden, dass er den den Magnetismus des unteren Magneten darstellenden Strom von der Richtung p abstossen würde. Da aber entgegengesetzt gerichtete Ströme einander abstossen, so muss die Richtung des in dem" rechten oberen Viertel des Drahtgewindes erzeugten Stromes die entgegengesetzte von p sein; sie wh-d durch die Pfeile pi angegeben. Die die linke Hälfte des oberen Magneten umgeben- den Windungen entfernen sich von dem Südpol des unteren Magneten; daher muss der sie durchfliessende lOS Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 14. Strom dem den Magnetismus darstellenden Strom von der Richtung p gleich gerichtet sein, d. h. so, wie es die Pfeile angeben. In. gleicher Weise, wie hier entwickelt, findet man die Richtung des Stromes in der unteren Hälfte des Ringes. — An den beiden oben und unten befindlichen Punkten des Ringes, welche um 90° von den links und rechts befindlichen Polen entfernt liegen, also Inditi'erenzpunkte sind, fliessen die Ströme der linken und rechten Hälfte des Drahtgewindes zusammen bezw. auseinander. Oben gehen sie auf die Speichen, welche sich zwischen dem Ringe und einem die Achse umgebenden Holzcylinder H ausspannen, über und von hier auf Metallstreifen des Holzcylinders selbst (siehe Fig. 2, welche den Ring mit den zunächst daran sitzenden Teilen von oben gesehen zeigt). Mit den letzteren steht ein bürstenartig geformter Stromsammler B in Berührung, von welchem ein Leitungs- di-aht den (positiven) Strom fortfülu-t. In den rechts befindlichen Stromsammler Bi tiitt der Strom ein und geht auf die Windungen der unteren Hälfte des Ringes über und nach beiden Seiten auseinander, wie die Pfeile zeigen. Hätten wir es nun mit einer mag neto- elektrischen Maschine zu tluin, so würde der an Bi befindliche Leitungs- draht gleich dem an B befindlichen frei endigen. Bei der dynamo -elektrischen Maschine sind aber die beiden Bisenkerne NS und NiSi von diesem Drahte umwickelt, so dass der Strom des letzteren ihren Elektromagnetismus erzeugt. Die freien Enden des Diahtes sind durch + und — bezeichnet. Nach dem Gesagten entsteht durch die blosse Um- drehung des Ringes : erstens in den Windungen des Ringes der bei + austretende und bei — eintretende positiv elek- trische Strom, und dieser Strom ist es zugleich zweitens, welcher NS und NiSi zu Elektromagneten macht. Dagegen könnte der Einwand erhoben werden, dass die Magnete NS und NiSi vorher vorhanden sein müssen, damit dann der das Diahtgewinde durchfliessende Strom entstehe, dass man daher nicht erst mittelst des letzteren Stromes die Magnete erzeugen könne. Allein es ist an- zunehmen, dass in NS und NiSi eine gewisse Menge — wenn auch nui' eine Spur — von Magnetismus zurück- geblieben ist; infolgedessen entsteht beim Drehen des Ringes in dem Stromleiter, sobald er geschlossen ist, zunächst ein schwacher Strom. Dieser verstärkt nun den Magnetismus der Pole N und Si und wh'd dadurch selbst wiederum stärker. So steigern sich gegenseitig Strom und Magnetismus bis zu einer Grenze hinauf, welche eintritt, wenn NS und NiSi bis zur Sättigung magneti- siert sind. — Die dynamo-elektrische Maschine liefert nicht nur auf Kosten mechanischer Arbeit einen elektrischen (Strom, der zu versclüedenen Zwecken, z. B. zur Speisung elek- trischer Lampen, benutzt werden kann, sondern sie kann auch die umgekehrte Thätigkeit entfalten. Wird nämlich durch den bei + und — endigenden Draht ein elektrischer Strom geschickt, so bewirkt derselbe eine Umdi-ehung des Ringes*). In diesem Falle kommt der Maschine der Name „elektro-dynamischei- Motor" zu. Wendet man zwei dynamo-elektiische Masclünen an, so kann man eine Uebertragung von Kraft auf weite Strecken in's Werk setzen. Es liefert dann die eine Maschine den Strom, welcher zu der anderen Maschine, die als elektro-dynamischer Motor wirkt, geführt wird und dieselbe in Thätigkeit versetzt. *) Wenn der positive Strom die in der Fig-ur angegebene Ricli- tung einschlägt, so dreht sich der Ring in umgekehrter Richtung, als es der gefiederte Pfeil anzeigt. Kleinere Mitteilungen. Elektricität als Naehrichter. — In New- York wurde in den letzten Tagen gesetzlich beschlossen, die zum Tode verurteilten Verbrecher mittelst Elektricität hinrichten zu lassen. Im Anschlüsse hieran machte man den Vorschlag, die Exekution in folgender Weise zu vollziehen. Der Delinquent wird auf einen Sessel gesetzt, welcher mit den Polen einer galvanischen Batterie derart in Verbindung steht, dass der elektrische Strom, welcher der Stärke des Blitzes gleichkommt, durch den Kürper des Hinzurichtenden hindurchgehen muss. Die Drahtleitung ist an einer Stelle durch das Einschalten einer Wage in der Weise unterbrochen, dass, wenn die Wage in Ruhe verharrt, der elektrische Strom nicht in Thätigkeit tritt, während hingegen durch das Hinabgehen einer Wageschale, infolge des Herstellens eines Kontaktes, der elektrische Strom sich auslöst. Der Richter, welcher dem Delinquenten sein Urteil ver- kündet, zerbricht dabei einen Stab und wirft die Stücke auf eine Wageschale, worauf diese hinabsinkt und sofort das Urteil vollstreckt. Kreis-Physikus Dr. L. Schmitz zu Malmedy. Ueber die Erforschung des Rio Xingü teilt Dr. Max Wildern]anii in dem von ilim herausgegebenen „.Jahrbuch der Naturwissenschaften lti87 — 1888" folgendes mit. Auf unseren Atlanten und Karten sind auch die centralen Teile Brasiliens sehr detailliert mit Flüssen und Gebirgen ausgefüllt; und doch sind diese Gegenden so unbekannt, wie es bis vor kurzem Nr. 14. Naturwissenschaftliche Wocliensclirift. 109 die centralwi Teile Afrikas waren. Die grosse, äusserst erfolgreiclie Xingrü-Expeilition der Gebrüder von den Steinen im Jahre 1884 hat das für das (iuellgebiet und den Oberlauf eines der grössten Nebenflüsse des Amazonas gezeigt. Die Reisenden fuhren von Montevideo aus den l'araguay aufwärts über .\sunoJon naeh Corumba und Cuj'aba. Vom Präsidenten der Provinz Mato Orosso erhielten die Herren eine militärische Begleitung von 30 Mann, mit deren Befehlshaber Dr. von den Steinen aber bald in Differenzen geriet. Die Expedition fand, dass der Xingi'i aus drei (^uellflüssen entstehe, dem Konuro (westlich), dem Kuliseu (östlich) und dem Batovy (in der Mitte zwischen den beiden ersteren). Die Reisenden fuhren den durch fast zahllose .Stromschnellen ausgezeichneten Batovy auf selbst- gemachten Rindenkähnen hinunter. Die Vereinigung der genannten (^uellflüsse erfolgte auf 11" 55' s. Br. Der Batovy ist hier 65 m. der Ronuro 450 in und der Kuliseu 380 m breit. Nach der Ver- einigung fliesst der Xiugü in einer Breite von 500 m und mit einer Geschwindigkeit von 40 — 45 m weiter. Nach den bisherigen An- gaben sollte der Xingü erst auf dem elften Grade südlicher Breite entspringen, während er auf dem zwölften Grade schon eine Breite von 500 m hat. Die Weiterfahrt auf dem Hauptstrome war sehr beschwerlich wegen zahlreicher Stromschnellen und WassertUUe. Die Reisenden trafen folgende Indianerstämnie an. Bevor die- selben den Batovy erreicht hatten, stiessen sie auf zwei Dörfer mit zahmen Bakairi-ludianern. Während der Fahrt auf dem Batovy trafen sie wilde Bakairi und die Kustenau. Am obern Lauf des Xingü wohnen die Trumai. Suya und Manitsauä. Diese drei Indianer- stämme waren noch niemals mit Europäern in Berührung gewesen und kannten noch kein Metall. Etwas unterhalb der Wohnsitze der Manitsauä befindet sich ein grosser Wasserfall, den die Reisenden den „Martius-Katarakt" nannten zum Andenken an den grossen deutschen Brasilienforscher. Dieser Wasserfall ist ethtiologisch von grösster Bedeutung als Scheidewand zwischen den nördlich und südlich von ihm wohnenden Indianerstämmen. Mehrere Tagereisen nördlich vom Katarakt sind die Ufer des Xingü und wahrscheinlich auch die hinter demselben liegenden Landstrecken gänzlich unbewohnt. Die Indianer oberhalb des Kataraktes haben von den unterhalb des- selben wohnenden nicht die mindeste Kenntnis. Diese letzteren sind zunächst die Yurunas. bei denen man schon verschiedene An- zeichen der Civilisation antrifft. Die Yuruna haben statt der leichten, zerbrechlichen Rindenkähne starke Baumkähne, die sie Ubäs nennen. Bei der Weiterfahrt halfen verschiedene Yurunas der Expedition die zahlreichen Stromschnellen und WassertUlle überwinden. Nach einer sehr anstrengenden und gefahrvollen Reise, die ohne die Yurunas kaum möglich gewesen wäre, langte die Expedition in Piranhaquara an, dem Endpunkte der denkwürdigen Xingüfahrt des Prinzen Adalbert von Preussen. Damit war eines der grössten geogra- phischen Rätsel, an denen Süd-Amerika noch so sehr reich ist, glücklich gelöst. Die Erforscher konnten eingehende Studien über die Körper- beschaffenheit, die Wohnungen. Gerätschaften, Waffen, die Sitten und Gebräuche der angetroffenen Indianerstämme anstellen. In dem ausführlichen Reisewerke von Dr. Karl von den Steinen sind diese Studien, wie auch die meteorologischen Beobachtungen und die Ortsbestimmungen von Dr. Claus s mitgeteilt. Augenblicklich weilt Dr. von den Steinen in Begleitung von Dr. P. Ehrenreich auf einer zweiten Expedition wieder in Brasilien. Während die erste Expedition hauptsächlich geographische Ziele verfolgte, handelt es sich bei dieser zweiten wesentlich um ein genaueres, eingehendes Studium der unbekannten Indianerstämme am Xingü. Die Verwandtschaftsverhältnisse der grossen südameri- kanischen Indianer-Gruppen sind noch nicht ganz klar; wir können die Beziehungen der verschiedeneu südamerikanischen .Sprachen noch nicht hinreichend übersehen; die Heimat der Karaiben, die Ein- führung der Banane, dieser so wichtigen Tropenfrucht: alles das sind ethnologische Probleme, welche nach der Meinung Dr. von den Steinen's und seines sprachkundigen Begleiters gerade hier im Innern Brasiliens am ersten — wenn überhaupt — gelöst werden können. Freilich, das eine betrübende Resultat der ersten Expedition wird keine Aenderung erleiden; dass der gewaltige, wasserreiche Xingü wegen der Unzahl von Katarakten niemals Handels-, Verkehrs- und Völkerstrasse gewesen ist und niemals eine solche werden kann. lieber Eiszeiten in früheren geologischen Perioden. — Die Frage, ob die Eiszeit, welche der jetzigen Periode voranging, die einzige ihrer Art in der Entwicklungsgeschichte der Erde gewesen sei. hat seit langer Zeit die Geologen beschäftigt. Schon vor Jahren glaubte Ramsay in England eine öftere Wiederholung der Eiszeit nachweisen zu können. Da er jedoch jede mächtigere Konglomerat- bildung auf glacialen Ursprung zurückführte, fanden seine Ansichten keine weitere Beachtung. Neuerdings hat man jedoch in Südafrika, Ostindien und, wie es scheint, auch in Australien Ablagerungen mit zahlreichen, un- regelmässig gelagerten, gekritzten Blöcken gefunden, deren glacialer Ursprung (? Eisberge) sehr wahrscheinlich ist. Die Altersbestimmung dieser Schichten machte niaiiuigfaohe Schwierigkeiten und galj zu interessanten Erörterungen über die verschiedene Entwicklung der Lebewesen im Wasser und auf dem Lande Anlass. Man fand in den mit den glacialen Konglomeraten in Zusammenhang stehenden Bildungen eigenartige Reptilien, sowie eine Flora, die durchaus an die in Europa vorkommenden mesozo- ischen Pflanzen erinnert. Es erschien damit die Zurechnung dieser mächtigen terrestrischen Schichten zu Trias und Jura geboten. Jedoch fand man später, eingelagert in den oberen Teil der Land- pflanzen führenden Bildungen eine Schichtengruppe marinen Ursprungs mit zweifellosen paläozoischen (karbonischen) Tierresten. Die An- nahme, dass die älteren Meerestiere in der Südhemisphäre länger ausgedauert hätten, als im Norden, ist höchst unwahrscheinlich. Es bleibt somit nur die Möglichkeit, dass im paläozoischen Zeitalter auf einem Kontinent, der das heutige Ostindien, Südafrika, Australien, sowie die zwischenliegenden Meere umfasste, eine Pflanzenwelt von mesozoischem Charakter gleichzeitig mit den paläozoischen Pflanzen des Nordens lebte. Die schneller entwickelte, höher stehende Flora ist dann später nordwärts gewandert. Zur Erklärung dieser sonder- baren Verhältnisse hat nun Waagen an die glacialen Ablagerungen gedacht, die gleichzeitig mit den Pflanzenschichten auftreten. Er hat die Ansicht ausgesprochen, dass der paläozoische .Südkontinent, dessen Zusammenhang durch die nahe Verwandtschaft der afrikani- schen, indischen und australischen Floren erwiesen wird, von einem, riesige Gletscher tragenden Hochgebirge erfüllt war, und dass die hierdurch bedingte Temperaturerniedrigung den abweichenden Charak- ter der Flora erkläre. Die Bestätigung dieser geistreichen Hypothese muss ferneren Forschungen vorbehalten bleiben. Dr. Fr. Frech. Die Umwandlung von Hyoscyamin in Atropin. — Die .Solanumbasen Hyoscyamin und Atropin finden ihrer mydriatisi;heu Wirkung wegen ausgebreitete Anwendung in der Augenheilkunde und werden infolgedessen in grösserem Massstabe technisch dargestellt. Bei der Verarbeitung von Belladonnawurzel auf die genannten Alka- loi'de unter verschiedenen Bedingungen hatte sich nun das bemerkens- werte Resultat ergeben, dass das Verhältnis der ausgebrachten Menge von Atropin und Hyoscyamin je naeh der Art der Verarbeitung ein ganz verschiedenes war. Diese wechselnde Ausbeute an dem einen oder anderen Alkaloid sclu-ieb man fi'üher entweder einem von vornherein verschiedenen Gehalt der Wurzel an beiden Basen zu oder aber dem Umstände, dass je nach der angewandten Methode bald die eine, bald die andere derselben der Wurzel vollständiger entzogen werde. Sorgfaltige, in der chemischen Fabrik auf Aktien vormals E. Schering angestellte Beobachtungen dieses Prozesses haben nun gezeigt, dass man es völlig in der Hand hat. aus der- selben Wurzel bei zweckmässig geleiteter Extraktion überhaupt niu- Hyoscyamin. bei weniger vorsichtig geleiteter Extraktion dagegen ein atropinreiches Produkt zu erzielen. Diese Erfahrung führt notwendig zu der Annahme, dass das Hyoscyamin während der Verarbeitung in Atropin umgewandelt werde, imd in der That haben Versuche, welche Dr. W. Will auf Wunsch der genannten Fabrik angestellt und welche er in den Ber. d. Deutsch, ehem. Ges. 1888 .S"; 1717—17-26 mitgeteilt hat, das interes.sante Ergebnis geliefert, dass sich wirklich Hyoscyamin auf verschiedene Weise leicht in Atropin um wandeln lässt. Diese Umwandlung erfolgt z. B. schon, wenn man Hyoscyamin in einem ausgepumpten Gefäss einige Stunden auf die Temperatiu' seines Schmelzpunktes (109 — 110") erhitzt. Sie tritt ferner, und zwar li ei gewöhnlicher Temperatur, ein, wenn man alkoholische Hyoscyaniinlösung mit etwas Natronlauge versetzt. 1 g in etwa zehnprozentiger Lösung wird so durch einen Tropfen Natronhydrat in zwei Stunden völlig in Atropin umgewandelt. Ammoniak wirkt ebenso, aber langsamer. Wie es scheint, geht diese L'mwandluug auch bei längerem Erwärmen mit verdünnter Salzsäure vor sich. Da bei der Verarbeitting. der Belladonnawurzel das Alkaloid aus dem sauren Extrakte stets durch ein Alkali abgeschieden wird, und die alkalische Flüssigkeit längere oder kürzere Zeit mit dem AlkaloYd in Berühning bleibt, so ist dadurch das Mengenverhältnis, iu welchem Atropin und Hyoscyamin aus der Wurzel gewonnen werden, bedingt. Dr. Mas Koppe. Eine neue Erscheinung der Totalreflexion hat Dr. C. Pulfrich beobachtet und in den „Verhandlungen des naturhistori- schen Vereins der preussischen Rheinlande, Westfalens und des Reg.- Bez. Osnabrück" beschrieben. Füllt man einen rechtwinkligen Glaskasten mit Wasser und lässt dasselbe aus einiger Höhe (etwa der Wasserleitung) in das Gefäss strömen, um die mitgeführ- ten und mitgerissenen Luftteilchen im Wasser zu verteilen, setzt man dann das Getass den horizontal einfallenden .Sonnenstrahlen aus und blickt unter 90" etwa gegen die Richtung der letzteren nach dem GefUsse. so erblickt man nach kurzer Zeit einen rötlichen Schein und bald auch die anderen Farben des Spektrums. Bald zeigen sich auch die sogenannten „überzähligen" Bogen. Sobald die letzten 11" Naturwissenschaftliche Wocliensciiiift. Nr. U. Luftkiigelehen zur OberÜäche aufgestiegen und das Wasser verlassen haben, liört die Ersoheiming auf. Wir haben hier also einen Regen- bogen, hervorgebracht durch die Grenzstrahlen der Totalreflexion der Sonnenstrahlen an den Luftkügelchen im Wasser — so dass hier die Luftteilchen dieselbe Rolle im Wasser übernehmen, welche die WasserbUischen in der Luft bei der Hervorliringung der Regen- bogen spielen. i'- Neues aus dem Gebiete der Elektricität und des Magnetismus. — 1. Ueber die Leitungsfähigkeit des Vakuum.s für das Durchströmen der ElektricitUt herrschte bisher vielfach die Goldstein-Edlund'sche Ansicht, dass das Vakuum an und für sich ein guter Leiter der Elektricität sei und dass der bemerkte Widerstand "nur entweder von einer Polarisation der Elek- troden oder von dem Uebergang von diesen zu den verdünnten Gasen des Vakuums herrühre. In Wiedemann's Annalen ver- öffentlicht jetzt A. Foeppl eine neue Untersuchung, aus welcher hervorgeht J dass die eben ausgesprochene Anschauung nicht zu- treffend ist. Bei seinen Versuchen benutzte A. Foeppl nicht wie gewöhnlich ein Paar Elektroden, welche sich im Vakuum betinden. sondern er stellte sich, um von allen sekundären Vorgängen und Erscheinungen unabhängig zu sein, einen homogenen geschlossenen Stromkreis aus Glasspiralen her, in welclien ei' durch eine grosse Kupferdrahtspirale Induktionsstrüme hervorzurufen suchte. Es zeigte sich nun bei allen diesen Versuchen kein Induktionsstrom, wie an einem Magnetspiegel beobachtet werden konnte, hingegen entstand, wenn ein Kupferdraht statt der Glasspiralen verwendet wurde, sofort ein grosser Ausschlag, aus welchem man sehliessen kann, dass das Vakuum sicher 4400 mal schlechter als Kupfer leitet. 2. Ueber den Durchgang des elektrischen Stromes durch Schwefel. — Bekanntlich ist der Schwefel bei gewöhn- licher Temperatur ein äusserst schlechter Leiter für Elektricität. dagegen wird derselbe, wieE. Duter in den „Comptes Rendus" vom 19. März angiebt, sehr gut leiteiul, wenn er auf die Siede- temperatur gebracht wird. Um diese Eigenschaft nachzuweisen, wurde ein Glastubus in ein Sandbad gestellt und in denselben reiner krystallisierter Schwefel eingeführt, zunächst ohne ihn zu kochen. In den Schwefel wurden zwei Platinelektroden gebracht, während ein Kommutator die Elektroden mit einer galvanischen Säule oder mit einem Elektrometer in Verbindung setzte. Auf diese Weise stellte Duter fest, dass die Flatinelektroden polarisiert wurden, doch nuisste er sie, da der Schwefel das Platin angriff, durch Elektroden aus reinem Golde ersetzen; dabeiwar zu beachten, dass das Metall das Glas nicht berührte, weil das erwärmte Glas ebenfalls ein Leiter wird. Es zeigte sich, dass wieder eine Polari- sation der Elektroden eintrat, ohne dass indessen der Schwefel die- selben angriff. Es wurden nun Versuche mit reinem kochenden Schwefel gemacht, durch welchen jetzt ein starker Strom geschickt wurde. Um die Stärke des Stromes zu schätzen, wurde ausserdem in den Stromkreis eine Lösung von Kupfervitriol eingeschaltet, in welche zwei Platinelektroden tauchten. Solange der Schwefel nicht kochte, wurde nichts bemerkt, aber sobald das Sieden eintrat, sah man. wie die eine Platinelektrode sich mit Sauerstoffbläschen be- deckte, während auf der anderen eine Schicht metallischen Kupfers angesetzt wurde, woraus hervorging, dass ein Strom durch den Stromkreis, also auch durch den kochenden Schwefel ging, oder mit anderen Worten, dass der Schwefel während des Siedens die Elek- tricität leitete. Nach 8 Stunden wurden die Goldelektroden aus dem Schwefel entfernt; sie zeigten sich gleichfalls mit einer Schicht be- deckt, die noch genauer untersucht werden soll. 3. Ueber das Zerstäuben glühender Metalle hat A. Berliner Versuche angestellt, über welche er in den Annalen der Physik berichtet. Es war nämlich von Nahrwald bei Unter- suchungen über die elektrische Leitungsfthigkeit der Luft die An- sicht geäussert worden, dass der schwarze Spiegel, welcher auf der Glaswand entsteht, wenn ein Platindraht in einem abgeschlossenen Glasraume glüht, von abgeschleuderten Metallteilchen herrühren, welche die Träger und Leiter der Elektricität bilden. In seiner Arbeit zeigt nun Berliner, dass hier die in Metall eingeschlo.ssenen und beim Glühen wieder frei werdenden Gase die eigentliche Ursache für das Zerstäuben bilden; beim Freiwerden reisst das Gas, wahr- scheinlich rein mechanisch, kleine Partikelchen mit sich fort, welche sich an der Getasswand ansetzen. Die Versuche wurden sowohl mit Platin als auch mit Palladium gemacht, und es zeigte sich ganz zweifellos, dass der Spiegel auftrat, wenn in dem Metalle Gas eingeschlossen war, dagegen trat derselbe sehr schwach oder gar nicht auf, wenn dem Metalle vorher durch Glühen u. s. w. das Gas entzogen worden war. 4. Ueber den Einfluss der Temperatur auf die Magnetisierung des Eisens. — Seit langer Zeit ist bekannt, dass Eisen in der Rotglut seine magnetische Eigenschaft vollständig verliert. Coulomb und nach ihm viele andere Forscher untersuchten das Eisen darautliin in systematischer Weise, wobei sich das er- wartete Resultat ergab, dass der Magnetismus sich nicht plötzlich, sondern nur sehr schnell bei einer dem Dunkelrotglilheii naben Tem- peratur verliert. Aber die bisherigen Untersuchungen bezogen sich nur auf Hitzegrade bis wenig über 300", wo die Veränderungen im Magnetismus des Eisens noch nicht bedeutend sind. In einer im Journal de Physique erschienenen Arbeit vtröttentlicht Ledeboer die Resultate seiner Untersuchungen, die sich von der gewohnlichen Temperatur bis zu der der Rotglut durch alle Zwischengrade er- streckten. Die von Ledeboer angewendete sinnreiche Methode und die theoretischen Erörterungen, auf welchen dieselbe beruht, lassen sich indessen hier nicht kurz auseinandersetzen, und müssen wir unsere Leser auf das Original verweisen. Es sei nur bemerkt, dass die Erhitzung des Eisens durch eine dasselbe umgebende Platindrahtspirale geschah , welche durch einen Strom von ver- scliiedener Intensität das Eisen auf verschiedene Temperatiirgrade bis zum Kirschrot zu bringen im Stande war. Es ergiebt sich aus Ledeboer's Resultaten, dass bis nahe 680" die magnetische Per- meabilität des Eisens fast konstant bleibt. Von 680*' an findet eine äusserst starke Abnahme derselben statt, und bei 760" hört das Bisen gänzlich auf, magnetisch zu sein. Ledeboer schliesst seine Mitteilung mit dem Hinweis auf eine Arbeit Pionchon's über die speciiischen Wärmen bei hoher Temperatur. Dieser Forscher sohloss aus seinen Untersuchungen, dass das Eisen zwischen 600 " und 720 " eine „allotrope" Veränderung erfährt. V'ielleicht stimmen beide Temperaturen, die Ledeboer's und Pionchon's, überein. A. Gutzmer. Ueber die Entstehungsgeschichte der Spektralanalyse wird in der ..Praktischen Physik" (Sr. 4, 1888) das Folgende mitge- teilt. Mögen die Fachgelehrten über die wissenschaftliche Bedeutung der Spektralanaly.se schreiben, die Entstehungsgeschichte wurde von Gustav Kirchhoff bei dem Abschiedessen, welches dem scheiden- den Kollegen gelegentlich seiner Uebersiedelung nach Berlin von der Heidelberger Universität gegeben wurde, in folgender Weise erzählt — ohne dass es möglich ist, die feine, liebenswürdige, humoristische Darstellung getreu zu kopieren. Robert Bunsen war in Breslau mit Kirchhoff bekannt und bald vertraut geworden ; beide wussten. was sie aneinander hatten und für einander sein konnten. Auf einem der täglichen gemeinsamen Spaziergänge nach dem Mittagessen blieb der berühmte Chemiker — in seiner bekannten Art — plötzlich stehen und sagte: „Kirchhott', man müsste einmal eine Entdeckung machen, bei der man sich sagen müsste: nein, das ist doch zu dumm!" Beide lachten und setzten, diesen Gedanken weiter ausspinnend, ihren Weg fort. Jahre waren vergangen. Bunsen und Kirchhoff" lehrten an der Ruperto-Carola und arbeiteten zusammen in einem engen Stübchen der oberen Etage des sogenannten „Riesen" gegenüber dem heutigen physikalischen Institute. Eine Lampe wurde durch Zufall in den Bereich der einfallenden Sonnenstrahlen gesetzt. Kirchhoft' bemerkte, dass eine der hellen Stellen sich verdunkelte. Er glaubte au eine Sinnestäuschung, nahm die Lampe fort — der Streifen wurde wieder hell. Er wiederholte dasselbe Experiment mit gleicher Wirkung. Jetzt rief er Bunsen herzu, und beitle überzeug- ten sich von der Richtigkeit des Gesehenen. Aber wie ist das mög- lich?! Beide sannen, sprachen, rieten lange hin und her. Endlich meinte Bunsen : „So kommen wir nicht weiter. Wir wollen in Ihre Wohnung hinübergehen, eine Cigarre rauchen und von ganz anderen Dingen sprechen, dann wird uns vielleicht nach einiger Zeit das Rich- tige einfallen". Gesagt, gethan. Bunsen streckte sich in seiner ganzen Länge auf die ihm wohlbekannte Chaiselongue, Kirchhoff sass in seinem Lehnstuhl, und sie qualmten heftig, über alles mög- liche plaudernd und scherzend, scheinbar gleichgiltig, aber in Wahr- heit tief erregt und in Gedanken nur mit der merkwürdigen That- sache beschäftigt. Eine Stunde etwa mochte vergangen sein, da sprang Bunseu plötzlich auf: „Kirchhoff, ich hab's! Die Flamme der Lampe wird von demselben Stoft'e gespeist, welcher in der Sonne brennt!" Sie eilten wieder nach dem „Riesen", stellten wieder eine Anzahl Versuche an, und — die riesige Entdeckung war gemacht und konstatiert ! Zur "Vorausbestimmung der Temperatur. — Auf Seite 68 und 69 Bd. II der „Naturwissenschaftlichen Wochenschrift" hat Herr Fr. Ben dt die Frage der Temperatur- Vorausbestimmung er- örtert und dabei auch meiner Methode zu diesem Zwecke gedacht. Sie erlauben mir nun wohl die Mitteilung, dass ich die Methode in letzter Zeit bedeutend habe vereinfachen können. Die verbesserte Regel lautet dahin: „Die Temperatur, welche das feuchte Thermo- meter eine Stunde vor Sonnenuntergang Im Freien und int Schatten anzeigt, ist, wtnn man xwn Abweichungen bis zu 1^ C. als un- erheblich absieht, in .Vf 'Vo Mer Fälle gleich derjenigen Temperatur, welche dasselbe Thermometer trockeH um 8 Uhr des nächsten Vor- mittags im Schatten zeigen wird. Letztere Temperatur ist aber der Regel nach die Mittel-Temperatur des Tages, so dass diese schon am Nachmittage des vorhergehenden Tages bestimmt werden kann." Diese Regel trifft glücklicherweise in der wärmeren Jahreszeit — vom April bis Oktober — . wo sie am meisten gebraucht wird. Nr. 14. Natuiwlssenscliaftliclie Wochensclirift. 111 am lipsten zu. wUhreiul man in ileii Wintermonaten uocli Ü" von ileni Stande des t'enchten Tlieniionieters aliziehen muss, nni die Mittel- Temperatur des nächsten Tages zu erlialten. Die Gründe für diese prak- tische Leben, die Verwendung, der Zii>aiiiiiiciilmng mir audereu Gebieten der Xatur hervorgehoben. Die Bildung der Urdrinde, Erd- beben, Vulkane, Erdrutsche, die Formationsylieder und charakteristische Versteinerungen, die geographische Verbreituni; wichtiger Soliicliteu, die Gletscher und die Eiszeit der Erde und endlich die Abschnitte der vorgeschichtlichen Zeit seit dem Auftreten des Menschen findeu Berücksichtigung. Man erkennt, dass Liebe zur .Sache und Beherrschung des Stotfes das Werk gefördert haben. Einzelnes, so die Darstellung der Krystallsysteme, die Begründung der Krystallforni, die hier und da eintretende Häufung des .Stoffes wird mancher anders wünschen. Im ganzen erfüllt aber das gute Werk seinen Zweck recht wohl. Es wird den Lehrern ein willkommener Leitfaden sein und ihn und die Schüler anregen. Bemerken will ich noch, dass als ein Buch, in welchem die Mineralien nicht trocken und kalt beschrieben werden, die Quenstedt'sche Jliiieralogie zu nennen und zum tieferen Ein- dringen zu empfehlen sein dürfte. Das Korr - Kenngotfsclie IMineralreich in Bildern wird wohl gerade durch manche Abbildungen falsche Anschauungen hervorrufen. Dr. R. .Scheibe. Block, F., nOOO Fülle von Hautkrankheiten aus der dermato- loginchen Klinik von H. Kühner . Klinische Analyse nebst the- rapeut. Bemerkg. gr. 8". Preis 1 Jt 80 4. Fischers medicin. Buchh. (H. Kornfeld) in Berlin. Braune, W., u. O.Fischer, Ueber den Anteil, den die einzelnen Gelenke des Scindtergürtels an der Beweglichkeif des menschlichen Hnmenis haben. (Sep. -Abdruck.) Lex. -8". Mit -3 Tafeln. Preis 1 ,l( 60 .(. S. Hirzel in Leipzig. Clessin, S., I)ie Mollnsken-Fauna Oesterreich-Ungams und der Schweiz. 3. Lfg. 8". (S. 321— 480.) Vifis S JC. BiiuerÄ Raspe in Nürnberg. Coordes, C, Die klimatologische Karte von Europa, gr. 8". Preis 75 .j. Carl Chiin in Berlin. — II. K. Bamberg, Klimatologische Wandkarte roti Europa. 1:3000000. 16Bl;itt. Chroniolitli. Fol. Preis 15 .«; auf Leinw. in Mappe 20 JC; mit Stäben •22 JC. Carl Chun in Berlin. Czermak, P., Ueber das elektrische Verhalten d. Quarzes, gr. 8". Preis 7n ,(. G. Freytag in Leipzig. Davis, J. il. A., A tcrtbook of biology. S". Preis ca. 15 ^fC. Griftin & Co. in London. Döring, W., Feuer im Schiff'. Selbstentzündung von Steinkohlen- ladiingen und Kohlengas-Explosionen, sowie Mittel zu. deren Verhütung, gr. 8". Preis 1 ^t. Eekardt & Messtorff in Hamburg. Dubief, H., Manuel de mierobiologie. Avec 162 figures dans le texte et 8 planches en couleur liors texte. Kart. 8". Preis ca. 8 JC. 0. Doin in Paris. 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(Mit Abbild.) — Kleinere Mitteilungen: ElektricitUf als Nachrichter. — Ueber die Erforschung des Rio Xingti. — Ueber Eiszeiten in früheren geologischen Perioden. — Die Umwandlung von Hyosc.vamin in Atropin. — Eine neue Erscheinung der Totalreflexion. — Neues aus dem Gebiete der Elektricität und des Magnetismus. — Ueber die Entstehungsgeschichte der Spektral- analj'se. — Zur Vorausbestimmung der Temperatur. — Fragen und Antworten: Was versteht man unter Getreidekrebs, und wo findet man Näheres über denselben. — Litieratur: Dr. Wilh. Uunge; Die Mineralogie in Schule und H.aus. — Bücherschau. — Inserate. Verantwortlicher Redakteur: Dr. Henry l'otonic. — Verlag; Hermann Riemann. — Druck: Gebrüder Kiesau. Sämtlich in Berlin. Dr. H. Potonie. Verlag: Hermann Riemann, Berlin SW. 48, Priedrich-Strasse 226. IL Band. Sonntag, den 8. Juli 1888. Nr. 15. Abonnement: Man abonniert bei alle« Butliliaiulhmgen und Post- anstalteii, Avie bei der Expedition. Der Vierteljalirspreis ist ^IC 3. — ; Briiigegeld bei der Post lö .j extra. Y Inserate : Die viergespalteue Petitzeile 3t) ^. Grössere Aufträge eiS) entspreclienilen Rabatt. Beilagen nach Uebereinkunft. luseraten- jL annähme bei allen Annonceubureaux, wie bei der Expedition. Abilrnek ist nur mit volliitäiidiger CJnellenaugabe gestattet. Die Feigen und Von Prot'. Dr Wie Galiliii einst die Ansiclit, da.s.s unser Planet das Centrura des Weltalls sei, um das sich alles andere drehe, als eine inig-e erwies, so haben die Sprengel, Fritz und Hermann Müller und andere uns die Meinung genommen, dass die Erde ausschliesslich des Menschen halber da sei, indem sie die Wunder der Blumenwelt, die wir so gerne als Schöpfungen zu Freud und Ergötzen des Menschen betrachteten als Anpassungen an andere Wesen, die Insekten erlilärten. Freilich gelang es Ihnen ebensowenig ohne ein gewisses Martyrium, ihre Mitwelt dieses anthropocentrischen Standpunktes zu berauben, als dem grossen A.stronomen die Verrückung des geocentri- schen Standpunktes ohne dasselbe möglich ward. Und welch' wunderbare Klarheit hat diese moderne Blumen- lehre in das Chaos der Blumengestalten gebracht! Welch' zweckmäs.siges Walten tritt uns da überall entgegen, wo wir vordem nichts als ein launenhaftes Spiel der Natur zu erkennen vermochten! Da erscheinen uns nicht nur die merkmürdigen Blütenmechanismen der Orchideen, der Osterluzei, der Schwalbenwurz und tausend anderer Pflanzen erklärlich, nein jedes Strichel- chen und Härchen in der Blüte erscheint uns wie eine wohlbedachte Einrichtung, die zu den Insekten in Be- ziehung steht. In der ganzen Pflanzenwelt dürfte es kaum ein besseres Bei-spiel füi- das Ineinanderleben von Blumen und Insekten geben, kaum auch ein anderes die Frucht- barkeit der neuen Anschauungen schlagender erweisen als das der Feigen und ihrer Liebesboten: der bestäubungs- veimittelnden We.spen. Die Geheimnisse, welche der ihre Liebesboten. . J>\ Ludwig:. Bltttenboden der Feige birgt, sollen uns im Folgenden etwas näher beschäftigen. *"^c]ü'ön"'deri"Alten war ein Verfahren bekannt, das noch heute in Griechenland, dem früheren Königreich Neapel etc. bei der gewöhnlichen Feige, Ficus Carica, geübt wird, um reichlicheren Ertrag zu erzielen. Herodot, Theoplirast und Plinius berichten darüber. Theophrast schrieb: „Dem Abfallen der Früchte des Feigenbaumes beugt man, durch die Kaprifikation (Eiinasmosj vor. Mau liängt nämhch an den zahmen Baum wilde Feigen (Erineos, Caprificus), au.s denen Gallwespen hervorkommen, die in die zahmen Feigen von deren Aussenende aus hinein- kriechen. . . Die Gallwespen kommen nur aus wilden Feigen und zwar aus den Kernen. Den Beweis dafür liefert der Umstand, dass die Kerne fehlen, wenn dii' Gallwespen ausgeschlüpft sind". — Der Entomologe Low hat im Jahre 1843 Studien über dies Verfahren der „Kaprifikation" auf der Insel Leros gemacht. Nach seinem Berichte werden nach Mitte Juni die halbreifen von Wespen befallenen und an ihrer nicht so vollkommen geschlo.ssenen Oeffnung kenntlichen Früchte der wilden Feige gesammelt, je zwei derselben durch Binsen vereinigt und in gleichmässiger Verteilung auf die Zweige der kultivierten Feige gehängt oder ge- schickt geworfen. Beim Einschrumpfen der aufgeliängten Früchte brechen die Wespen daraus hervor und legen ihre Eier in die Früchte der Kulturfeige, die aber reift, bevor sich die junge Brut entwickelt. Im Jahre 1881 hat der Professor Graf zu Solms-Laubach in einer grö.sseren Abhandlung „die Herkunft, Domestikation und 114 NatuiTvissenschaftliche Woehenschi'ift. Nr. 15. Verbreitung- des gewölmlichen Feigenbaumes (Abli. d. Kgl. Ges. d. Wiss. Göttingen, Bd. XXVIIl)" über Wesen Ursprung und Verbreitung der Kapriflkation die Resultate eingehenderer Studien niedergelegt, ohne indessen die Zu- gehörigljeit des Kaprifikus, der Ziegenfeige, richtig zu erfassen. Wähi-end bei der Feige der ganze Blütenstand saftig wird, Blütenhülle und Blütenstiele anschwellen und sich mit süssem Saft füllen, bleibt das Fruchtgehäuse des Kaprifikus hart und milchend bis zur Fruchtreife und vertrocknet schliesslich. Fritz Müller kam erst 18 82 hinter die Bedeutung der zur Kapriflkation verwendeten Ziegenfeigen — Graf zu Solms-Laubach hatte die Essfeige als Kulturform der letzteren betrachtet. Fritz Müller wies nach, dass die Ziegenfeige und Ess- feige, von welchen letztere nur weibliche Blüten ent- hält, erstere nur im Grunde weibliche, um den Blüten- eingang herum dagegen männliche, die sich erst monatelang nach den weiblichen entfalten, zusammengehörige Formen derselben Art sind, wie sie die Biologen in den kleinblütigen, weiblichen Stöcken des Thymians und vieler anderen Lippenblütler, Nelkengewächse etc. oder in den lang- und kurzgritieligen Stöcken der Primeln etc. erkannt haben, er verglich den Kaprifikus den männ- lichen, die Essfeige den weiblichen Exemplaren anderer Pflanzen. Damit war eines der wichtigsten Rätsel gelöst — es war diese Deutung, wie Solms-Laubach selbst sich ausdrückt, das Ei des Columbus. Solms- Laubach fand dann auch bei javanischen Feigen- arten eine ähnliche Geschlechterverteilung, so bei Ficus hirta Vahl., wo er bereits nach dem äusseren Aussehen der Feigen zweierlei Büsche unterscheiden konnte: die einen trugen kugelige, später kirschrot und saftig werdende Feigen, die anderen aus kugeliger Basis gegen die Spitze verschmälerte, birnen- förmige, die ihre grüne Farbe und lederzähe Kon- sistenz behielten. Die ersteren enthielten stets nur weibliche Blüten, aus denen normale Früchtchen sich entwickelten. Die anderen, die männlichen Feigen, enthielten oben die männlichen Blüten (mit 1 — 2 Staub- gefässen) darunter ausschliesslich (bis zur Mitte der Feige) weibliche Blüten, welche unfruchtbar blieben. — Es war hierdurch die Zwiegestalt der Feigen und das Wesen der Kapriflkation klargestellt. Die Feigenwespen — bei der gewöhnlichen Feige Blastophaga grossorum Gasp. — müssen den Blütenstaub des Kapriflkus in den weiblichen Blütenstand der Essfeige übertragen, wenn Samen gebildet werden sollen. Auch bei der Sykomore, Ficus Sycomorus, bei der nach Valentiner in Unter- ägypten eine Kapriflkation vorgenommen wird, war es nicht anders, nm- besorgt hier Blastophaga Sy- comori die Bestäubung. Eine weitere Entdeckung machte zuerst an den javanischen Feigen Graf Solms-Laubach 1885. Schon länger war es bekannt, dass die Feigen- wespen — die geflügelten Weibchen, die Männchen sind ungeflügelt — ihren Besuch den Feigen zu dem Zwecke machen, um in die Fruchtknoten, die darauf gallenartig anschwellen, ihre Eier abzu- legen, nicht wie andere Insekten dem Honig und dem Pollen nachgehen. Wie bei manchen Pollenblumen zweier- lei Antheren, Beköstigungs- und Befruchtungsantheren gebildet werden, so sind bei den Feigen zweierlei weibliche Blüten vorhanden, Gallenblüten und Samenblüten, von denen die ersteren der Ei- ablage dienen, die letzteren dagegen eben durch jene vor dem Angriff der bestäubenden Insekten geschützt bleiben. Auch bei der gewöhnlichen Feige erwiesen sich die weiblichen Blüten des Kaprifikus als Gallenblüten, die der Essfeige als Samenblüten. Diese beiden Blütenformen haben wesentliche Untei'schiede. In den Samenblüten der weiblichen Bäume (Essfeige), der Ficus Carica, sind die Griffel etwa zweimal so lang, als die Fruchtknoten und konstant gebogen, in den Gallen- blüten sind sie ohne Narbenpapillen, kürzer als der Frucht- knoten und aufrecht, so dass der Legestachel der Blasto- phaga grossorum bequem in die Samenknospe gelangen kann, wogegen dies bei den Samenblüten wegen der Länge und Krümmung der Grift'el nicht möglich ist. Wir nennen hier einige der javanischen Feigen, bei denen gleichfalls zweierlei Stöcke vorkommen, von denen die einen in ihren Feigen nur weibliche Samen- blüten, die anderen (männlichen Stöcke) in dem oberen Teile unter der Ausgangsmündung männ- liche Blüten und darunter früher zur Entwick- lung kommende Gallblüten erzeugen. Ficus hirta Val. Bestäubungs- ) Blastophaga javanica vermittelnde Gallwespe) G. Mayr F. diversifoha Bl. ,, .. B. quadiatipes G. M. F. Ribes Miq. „ „ B. crassipes G. M. F. subapposita Miq. ,. ,, B. constricta G. M. F. canescens Kurz ,. „ B. Solmsi G. M. F. lepicarpa Miq. ,. „ B. bisuluata G. M. Die Inquilinen kommen hier also nur auf den männlichen Stöcken in den Gallblüten zur Ent- wicklung. Sie finden beim Verlassen ihrer Feigen reifen Blütenstaub vor, den sie nach den weib- lichen Feigen anderer Stöcke tragen. In letz- teren können sie aber nur Bestäubung vollziehen; die Versuche Eier daselbst abzulegen misslingen. Bei der gemeinen Feige, Ficus Carica, fanden sich an dem männlichen (Gallenblüten-) Baum, dem Kaprifikus, mehrere Generationen von Inflorescenzen vor, deren wichtigste die überwinternden „Mamme" und die später sich entwickelnden „Profichi" sind. Die Mamme enthalten nur weibliche Gallblüten und in ihnen die über- winternde Generation dei' Blastophaga grossorum, während die Profichi nur in ihrem unteren Kessel (etwa -/s) Gall- blüten (für die befruchtende Wespengeneration), darüber unter dem Ausgang zahlreiche wochen- oder monate- lang später aufspringende männliche Blüten erzeugen. Um die Zeit der Entwicklung der letzteren sind die Samenblüten der weiblichen Stämme der Essfeige empfängnisfähig. Nr. 15. Natunvissenscliaftliohe Wochenschi'ift. 115 Ueber die Ausbildung dieser eigentümlichen Ge- s-chleelitsauordnung und der Doppelgestalt der weiblichen Blüten der Feigen scheinen einige andere Arten Licht zu verbreiten. Bei dem Gummibaum, Ficus (Ürostigma) elastica (bestäubende Wespe Blastophaga clavigera G. M. ), und anderen Urostigmaarten, die dem ältesten Feigen- typus anzugehören scheinen, stehen noch in ein und derselben Feige männliche und weibliche Blüten regellos durcheinander und die letzteren zeigen keinen Unterschied, so dass es zufällig erscheint, ob aus ihnen samenbergende Früchte oder wespenbergende Gallen werden. Bei anderen J'icus- und Urostigma- arten, z. B. bei Ürostigma religiosum (Wespe: B. ((uadraticeps G. M.) hat sodann eine Scheidung in eine vordere männliche und eine hintere weib- liche Blütenzone stattgefunden. Im weiteren findet eine Scheidung in langgriffelige und damit dem Einstich dei' Inquilinen entzogene Samenblüten und kurzgiiffelige, dei' nun übei-flüssigen Narbenpapillen entbehrende Gallblüten statt, die aber bei Ficus (Sycomorus) glomerata (Wespe: B. fuscipes G. M.) u.a. noch regellos durcheinander stehen. Hieraus dürfte sich dann erst die vollkommene Geschlechts- trennung (eine diöcische — die monöcische ist weder beobachtet noch wahrscheinlich) der oben genannten Feigen herausgebildet haben, indem für die weiblichen IJlüten durch gesteigerte Griffelverlängerung die Möglichkeit der Gallenbildung verloren ging. — Die hochgradige An- passung der Feigen an ihre Inquilinen wh'd noch auf- fälhger, wenn man berücksichtigt, dass inneihalb der Familie noch ein der Windbestäubung angepasster Zweig in der Gattung Sparattosyce existiert. (Schluss folgt.) Eine pathologische Wirkung des elektrischen Lichtes. Von A. AMe grosse Sonnenhitze während des Sommers häufig den sogenannten Sonnenstich veranlasst, so übt auch elektiisches Lieht von grosser Intensität eine ganz merk- würdige, ähnliche pathologische Wirkung aus, die man geradezu als ..elektrischen Sonnenstich" bezeichnet hat, obwohl dieser Name etwas sonderbar klingt. In den grossen französischen Eisenschmelzwerken zu Creuzot verwendet man seit einiger Zeit die Elek- trieität in grossem Massstabe zum Schmelzen und Schweissen von Metallen. Man verfährt dabei so, dass man das zu bearbeitende Metall mit dem einen Pole, und einen Kohlenstab mittels eines Kabels mit dem anderen Pole einer elektrischen Batterie von entsprechen- der Stärke verbindet. Der Kohlenstab wird alsdann für kurze Zeit mit dem Metall in Berührung gebracht und darauf wieder entfeint: es entstellt infolgedessen zwischen Metall und Kohle ein elektrischer Lichtbogen von so bedeutender Hitze, dass in ihm die Metalle augenblicklich schmelzen. Nichtsdestoweniger ist selbst in nur 5 m Entfernung von einer solchen Schmelzvorrichtung keine merkliche Temperaturerhöhung wahrzunehmen. Der auf- tretende Lichtbogen besitzt eine. Stärke von über 100000 Kerzen, und dieser ist es, welcher noch in 10 bis 12 m Entfernung dem Sonnenstich ganz gleiche pathologische Wirkungen auf den Körper ausübt. Dieselben wurden von dem Arzt der Eisenwerke, Dr. Defontaine, der Gesellschaft für Chirurgie zu Paris in einem ausführlichen Berichte mitgeteilt und verdienen allgemeinste Aufmerk- samkeit, da sie zeigen, welchen aussei-ordentlichen Einfluss das Licht haben kann. Die auftietenden Erscheinungen geben sich für- einen in etwa 10 m Entfernung von dem Lichtbogen befind- hchen Menschen zunächst darin zu erkennen, dass der- selbe nach kurzer Zeit eigentümliche Stiche und ein heftiges Brennen empfindet, trotzdem er keine Temperatur- Gutzmer. erhöhung wahrnehmen kann. Die Stellen, wo der Schmerz sticht — und zwar findet dies am Halse und im Gesicht, namenthch an der Stirn, statt — werden kupferrot bis bronzefarben. Die Augen werden gerade so wie vom Sonnenlicht, selbst bei Anwendung geschwärzter Gläser, geblendet, so dass minutenlange Blindheit eintritt; die Retina wird ganz ausserordentlich gereizt, das sogenannte „Gelbsehen" tritt ein, das Auge thränt stark, und Ent- zündungen der Bindehaut folgen, begleitet von der Empfindung, als befänden sich Sandteilchen unter den Lidern. Kopfschmerz und Schlaflosigkeit stellen sich ein, und bisweilen treten Fieberanfälle auf. Diese Erschei- nungen halten in der Regel zwei Tage an, um dann nachzulassen. Die Haut löst sich alsdann in grossen Stücken ab, während das Gesicht eine hellrote Farbe behält. Wie man sieht, sind dies sehr ähnliche, wenn nicht gleiche Krankheitserscheinungen, wie man sie beim Sonnenstich beobachtet. Zieht man die Umstände in Betracht, so sieht man, dass es einzig und allein das ausserordentlich starke Licht ist, welches die geschilderten unangenehmen Wirkungen hervorbringt, denn auch die von diesem „elektrischen Sonnenstich" betroffenen Personen haben deutlich die Empfindung, dass sie Stiche, aber keine Hitze empfinden. Die Arbeiter schützen sich gegen den verderblichen Ein- fluss, wenn auch nur in unvollkommener Weise, indem sie Gesicht und Hals bedecken und sich geschwärzter Gläser bedienen. Da man über die Ursachen des Sonnen- stichs selbst noch nicht Gewissheit besitzt, so ist wohl denkbar, dass derselbe gleichfalls von dem von der Sonne ausgestrahlten Lichte und weniger von der begleitenden grossen Hitze herrülnt, wie man gewöhnlich annimmt. Dr. Defontaine selbst stellt keine Erklärung der von ihm beobachteten „elektrischen Sonnenstiche" auf, und es bleibt daher noch zu untersuchen, welche Strahlen — 116 Naturvvissenscliaftlifhe Woclienschrift. Nr. 15. die gelben und roten oder die violetten und ultravioletten (sogenannten chemischen) — die Ursache bilden. In- teressant ist es jedenfalls, hierüber Aufschluss zu erhalten und ähnliche Einflüsse des elektiischen IJchtes auf Oi- ganismen testzustellen, was bei der grossen Verbreitung und Verwendung desselben muss ohne Schwierigkeit ge- schehen können. Neue Phonographen. Villi Dr. B. Dt'ssau. Die gi'ossen Hoffnungen, welche sich seinerzeit an die Erfindung des Edison'schen Phonographen knüpften, haben sich, wie bekannt, in keiner Weise erfüllt; der Apparat, der das Briefschreiben übei-flüssig machen und die Glanzleistungen berühmter Sängerinnen verewigen sollte, ist zur Rolle eines interessanten Schaustückes physikalischer Kabinete herabgesunken. Trotzdem hat die Technik das einmal aufgeworfene Problem nicht wiedei' aus dem Auge verloren, vielmehr sind eine Reihe Erfindungen aufgetaucht, welche die Mängel des Edison- schen Phonographen beseitigen sollten. Bei dem letzteren war vor allem, um eine möglichst laute Wiedergabe zu erzielen, die Deutlichkeit zum Opfer gefallen, da die Eindrücke, welche eine schwingende Spitze in einem widerstehenden Metall hervorbringt, unmöglich das ge- treue Bild dieser Schwingungen sein können. Diesen Uebelstand hat nun Graham Bell in seinem ,,Graphophon'' oder „photischen Phonographen", einem auch in rein ph.ysikalischer Hinsicht sehr interessanten Apparate zu vermeiden gewusst. Die Aufgaben des Empfängers und des Gebers sind getrennten Vorrichtungen übertragen. Soweit aus den unvollständigen Beschrei- bungen zu erkennen ist, dienen als Empfänger sogenannte empfindliche Flammen, welche durch Töne in Schwin- horizontaler Verschiebung ihres Mittelpunktes. Die Glas- scheibe ist auf ihrer unteren Fläche mit einer Kohlen- schicht bedeckt, welche auf folgende Weise hergestellt wird. Mit Hilfe einer Druckerwalze wird zunächst eine Seite der Scheibe mit einer dünnen I^age von Drucker- schwärze bedeckt, darauf wird jene Fläche einer stark russenden Flamme ausgesetzt. Es bildet sich dadurch auf derselben eine zähe, beinahe feste, gleichmässige un- durchsichtige Schicht. Die so präparierte Platte ist dazu bestimmt, das Phonogramm aufzunehmen. Zu diesem Zwecke ist die Membrankapsel wie gewöhnlich mit einer Schreibspitze versehen. Die Bewegung derselben jedoch findet nicht senkrecht zur berussten Fläche statt, sondern parallel dazu. Die Schwingungen der Membran bringen daher eine Furche in der Kohlenschicht hervor, deren Hauptzüge die einer archimedischen Spirale sind; die einzelnen Teile derselben sind wellenartig gezackt und ilire Tiefe ist über'all gleichmässig dieselbe. „Eben dieser Punkt bildet den principiellen Unter- schied des Giamophons von den übrigen Phonographen. Während bei den letzteren die Schwingungen der Mem- bran in einer Richtung durch den Gegendruck der Folie oder der Kolilenschicht gehemmt werden, in der anderen aber fi'ei stattfinden, ja \^on jenem Gegendruck unterstützt gungen geraten, oder vibrierende, gefärbte Flüssigkeits- i werden, erfährt der Stichel und mit ihm die Membran schichten, durch welche ein Lichtstrahl fällt. Vermittelst beider Einrichtungen werden den Schallwellen entsprechend schwankende Lichtintensitäten erhalten, welche man auf einer kontinuierlich bewegten photograplüschen Platte (etwa einer CyUnderfläche) nebeneinander abbildet. Als lichtempfindliche Substanz fungiert dabei vei'mutlieh Chromgelatine, welche an den vom Lichte getroffenen Stellen erhärtet und so bei nachheiigem Waschen mit Wasser eine Art von Reliefbild de)- Schallschwingungen liefert. Auf diesem lässt man behufs Reproduktion der Töne einen Miki'ophonkontakt gleiten, welcher, in den Stromkreis eines Telephons eingeschlossen, in bekannter Weise dieses zum Tönen bringt. Die ganze Einrichtung ist jedenfalls sehr sinnreich; ob der Apparat jedoch in der Praxis dem Edison'schen überlegen ist, bleibt vor- erst abzuwarten. Von den zahlreichen anderen Apparaten zur zeit- lichen Aufbewahrung und Wiedergabe von Tönen ist namentlich Berliner's ,,Gramophon" bemerkenswert. Die „Elektrotechnische Zeitschrift" (Jan. 1888, Nr. 59) entwirft von demselben folgende Beschreibung: „Ein LTirwerk bewegt eine Glasscheibe horizontal um ihre vertikale Axe unter gleichzeitiger geradliniger in Berliner's Gramophon stets denselben, übrigens sehr geringen Widerstand, so dass die Form der Schwingungen eine regelmässigere ist und diese nicht deformiert werden. „Das erhaltene Phonogramm ist direkt nicht ver- wendbar, sondern muss erst in haltbarerem Material re- produciert werden. Dies geschieht entweder durch Abguss mit Wachs oder leichtschmelzbarem Metall oder durch Galvanoplastik, odei' endlich vorzugsweise auf chemischem Wege durch das Chromgelatine -Verfahi-en. Aus den derai't erhaltenen Negativen werden dann die eigentlichen Phonogramme in beliebiger Zahl meist durch Galvano- plastik hergestellt. „Die Wiedergabe der Sprache wird ebenso wie beim Phonographen durch Umkehrung des Vorganges erzielt, wobei Berliner die Methode empfiehlt, ein scharf zu- gespitztes Bambusstäbchen zwischen die Zähne zu nehmen und unter Zuhaltung der Ohren die Scheibe rotieren zu lassen, während man die Spitze leicht in die Furche presst; man soll dann die Stimme vollkommen deutlich wieder hören." Neuerdings ist nun Edison selbst mit einer wesent- lich verbesserten Auflage seines alten Phonographen her- vorgetreten; auf die Intensität des Tones ist verzichtet Nr. 15. Natiirwissenscliaftllclie Woclienschrift. 117 und dafür soll eine grössere Schärfe und (Jenauigiceit der Wiedeigabe erzielt sein. Das zu wenig- naciigiebige Stanniol des alten Apparates ist durch einen l^eberzug von besonders präpariertem Wachs auf dem Cylinder ersetzt. Dieses Material ist jedenfalls für Eindrücke ^empfänglicher, dafür aber dürften nunmehr die Leistungen des Apparates sehr von der Temperatur abhängig sein. Wählend früher der Cylinder sicli drehte und dabei zu- gleich eine Längsverscliiebung erhielt, erfährt er in der neuen Anordnung nui' di(^ Drehung, wogegen der Schall- trichter sich versciiiebt — eine Veränd(>rung, die für den Sprechenden oder Hörenden kaum vorteilhaft sein düifte. Die Bewegung des Medianismus geschieht nicht mehr von der Hand, sondern mittelst eines elektromagnetischen Motors von sehr einfacher Konstruktion und, wie es heisst, sehr regelmässigem (iange. Als wesentliche Ver- besserung muss es gelten, dass zur .Vufnalmie und Wiedergabe der Töne Diaphragmi>n von versdiiedener Kinrichtung dienen, welche, an dem Apparate befestigt, sich rasch gegeneinander auswecliseln lassen; eine einfache Vorrichtung dient ferner dazu, die Wachstläche jedesmal vor dem Gebrauche zu glätten. So die Beschreibungen amerikanischer Quellen, nach welchen ferner besondere Kästen zum Postversandt der Wachscylinder konstruiert worden sind. Man ist drüben des Lobes voll füi' die neue Erfindung, welche wieder einmal Telegrai)li, Telephon etc. verdräng-en soll. Dem ist aber doch entgegenzuhalten, dass eine phonographische Mitteilung im besten Falle den Wert eines durch die Stimme beglaubigten Briefes haben, aber niemals die Schnelligkeit des Telegraphen oder die Vorteile der tele- plionischen Unterhaltung im sofortigen Austausch von Eede und Antwort bieten kann. Kleinere Mitteilungen. Sarraoenia purpurea. — Um ein kleines Beispiel aus dem weitei- hinten be- spioi-lienen Ker- ne r 'sehen Werke „rilanzenleben" 7.U bieten, geben wir hier eine Ab- bililuntr der in Sümpfen des öst- lirhen Xord- anierika von der Hiidsoiisb;ii herab bis Florida vor- koninipiiden, tier- fanffenden San'a- cenia purpui'ea, von der Keiner das Foleeiide sagrt. Die in Sclüäuche metamorpho- sierten Blätter .sind rosettig: ge- stellt, liegen mit ihrer Basis der feuchten Erde auf, krümmen sich von da bogenföiTnig empor, sind un- gefähr in der Mitte etwas blasig aufgetrielien, an der Mündung da- gegen wieder ver- engert und gehen dort in die ver- hältnissmässig kleinelilattspreite über. Die Blattspreite ist von roten Striemen wie von Bliitadeni durchzogen, hat eine miischelformige Gestalt und wendet ilire konkave Seite dem einfallenden liegen zu. Sie dient zum Auf- fangen der Regentropfen, welche von ihr in den Gnmd des Schlauches hinabfliessen und diesen mehr oder weniger hoch uiit "Wasser füllen. Aus den bogig gekrümmten Schläuchen verdunstet das Wasser nm- sehr langsam. Selbst dann, wenn es eine Woche lang nicht geregnet hat, findet man in der Tiefe von früher her noch immer etwas Wasser angesammelt. Die Zellen, welclie die Innenseite des Schlauches auskleiden, sind wie die Schmelzschuppeu auf dem Rücken eines Hechtes angeordnet; die gegen den Hohlraum vorspringende Wand jeder dieser Zellen gestaltet sich zu einer starren, nach abwärts gerichteten Spitze, und je weiter nach ab- wärts, desto länger werden diese Spitzen. Die muschelformige Blattspreite über der verengerten Mündung des Sehlauches dagegen ti-ägt Drüsenhaare, welche Honig ausscheiden, so dass die Umgebung der Schlauchmülldung mit einer dünnen Schicht des süssen Saftes überzogen ist. Durch diesen Honig werden nun zahlreiche kleine Tiere an- gelockt, teils ge- flügelte, welche angeflogen kom- men, teils unge- flügelte, welche eine eigentüm- liclie, an der kon- kaven Seite des Schlau dies vor- springende Leiste zum Empor- kriechen benut- zen. Gelangen diese Näscher des Honigs von der Blattspreite weg in jene Region der schlauch- förmigeu Kanne, welche mit den nach abwärts ge- richteten glatten und schlüpfrigen Zellen tapeziert ist, was sehr leicht geschieht, so sind sie auch so gut wie ver- loren ; sie gleiten über diese Zellen nach abwärts; jeder Versuch, wieder in die Höhe zu kommen, wird durch die tiefer unten die Wand bekleidenden, abwärts starrenden nadel- fonnigen Spitzen vereitelt, und schliesslich fallen sie in die mit Wasser gefüllte Tiefe, wo sie ertrinken und verwesen. Die Pro- dukte der Verwesung aber werden von den Oberhautzellen im Grunde des Schlauches als Nahrung aufgesaugt. Manchmal ist die Menge derartig verunglückter Tiere so gross, dass sich von den zerfallenen Leichen ein widerlicher Geruch entwickelt, der den Schläuchen ent- steigt und sich auf ziemliehe Entfeniung bemerkbar macht. Im Freien sollen die kannenfiirmigen Schläuche oft bis ziu- Mitte mit ersäuften Tieren erfüllt sein, und es wird erzählt, dass sich dami auch Vögel einstellen, welche einen Teil der toten Tiere aus den Schläuchen herauspicken. Ob die Flüssigkeit, welche den Grund der Schläuche erfüllt, nur aus Regenwasser besteht, oder ob dieses Regenwasser nicht doch vielleicht durch eine aus den drüsenartig gruppierten Zellen her- 118 Naturwissenschaftliche Wocliensehrift. Nr. 15. stammende Ausseheiihiiij,^ des San-aeenia-Blatteti veräiidei't wird, ist noch zweifelhaft. Ein über 4 cm langer Tausendfnss, welcher im Laufe der Nacht in einen der Schläuche der Sarracenia purpurea fielj war nur zur Haltte unter "Wasser gekonmien. die ohere Hälfte des Tieres ragte über die im Schlauchgrunde antresammelte Flüssig- keit empor und machte lebhafte Versuche zu entkommen : der untere Teil aber war nach wenigen Stunden nicht nur bewegungslos ge- worden . soiulern erhielt infolge des Euiflusses der umgehenden Flüssisrkeit auch eine weisse Farbe, war wie maceriert und zeigte Teränderungen. welche an den in gewöhnliches Regenwasser ge- fallenen Tanseudfüssern in so kurzer Zeit nicht beobachtet werden. Sind einmal nirlnere in die Falle gegangene Tiere in Zersetzung übergegangen, dann färbt sich che FUissigkeit braun und liekonimt ganz das Ansehen einer Jauche. (Vergl. auch die Mitteilung über S. p. in Bd. 1 der „Xaturw. Woi'henschr." Seite 23.) Kormoranflsehen in Japan. — Im Januarheft d. J. des „American Naturalist" findet sich eine interessante Besehreibung einer neuen Art und Weise des Fischfanges vermittelst abgerichteter Kor- morane, wie sie von .long in Japan gesehen wurde. Gewöhnlich wird die Fischerei mit Kormoranen in der Weise betrieben, dass der Fischer sich in einem Boot befindet, auf dessen Band eine Anzahl Ton gezähmten Kormoranen sitzen. Die A'Ogel sohiessen von hier aus in das Wasser und fangen in gewohnter Weise Fische. Damit sie dieselben nicht verschlingen können, ist ihnen ein Messingring um den Hals gelegt! Oft sind die Vögel gewöhnt, auf einen Pfltf oder ein ähnliches Zeichen ihres Herrn zum Boot zurückzukehren. Manchmal jedoch niuss der Fischer sehen, wie er seine Beute erlangt'; er wirft, wie Doolitle erzählt (cf. Brehm, Tierleben) einen an einer Stange befestigten, netzartigen Beutel über Vogel und Fisch und zieht so beide zu sich heran, worauf er dem Kormoran den Fisch abnimmt. In dieser lange bekannten Manter benutzen die Oliinesen auf ihren ruhig messenden Gewässern die gelehrigen beschwingten Fischer, Ganz anders ist dagegen das Fischen mit Kormoi-anen in den reissenden Berg-Strömen Japan's, Man fischt hier des nachts und zwar je ein Fischer mit nur einem Kormor.an. .long schildert in seinem Tagebuch den Fang in folgender Weise: „ . . . Der Mann erwartete uns an dem steinigen Ufer des Flusses mit seinem Vogel und mit einer hell brennenden Kienfackel. Der Vogel war sehr zahm und sass auf einem Felsen dicht dabei. Eine Leine war ziemlich straff um den unteren Teil der Kehle und zwischen den Schultern befestigt; an derselben war ein Stück Bambusrohr (mit einem Wirbel an jedem Ende) angebracht, laug genug um über des Vogels Flügel hinauszuragen und zu verhindern, dass die Leine sich verwickelte, während der Vogel im Wasser war. Der IMann trug einen Korli an der Seite, um die Fische hineinzutlmn, und eine Art Schürze, in welcher er Kienspäne hatte, um Licht zu maclien. Die Laterne war ein an einer langen Stange befestigter Drahtkäfig oder -Korb, Diese, sowie die an dem Vogel befestigte Leine, welche jenem einen .Spielraum von ungefUhr 20 Fuss giebt, wird in der linken Hand gehalten, während die rechte damit beschäftigt ist, den Vogel zu lenken, das Feuer anzufachen und die Fische einzustecken. Wenn Alles bereit ist, nimmt der Fischer die Fackel in die linke Hand, wickelt die Leine frei, welche den Vogel hält und watet in den Strom. Der Vogel folgt ihm und nachdem er eilig Toilette gemacht hat, indem er Kopf und Hals ins Wasser taucht und sich putzt, beginnt die nächtliche Arbeit. Der Fischer hält das Feuer gerade nacli vorn uiul über den Kopf des Vogels, so dass er den Fisch in dem klaren Wasser sehen kann. Der Vogel scheint völlig furchtlos zu sein und wenn er empor kommt fallen Feuerfunken ihm beständig auf Kopf und Rücken, Das Fischen geschieht strom- aufwärts uncl der Mann hat genug daran zu thun, mit dem Vogel Schritt zu halten, da das Wasser beinahe bis an seine Schenkel reicht. In der Tliat war es für uns an der Küste ein hartes Stück Arbeit, in dem ungewissen Licht über die Felsen weiter zu kriechen und gleichzeitig auf den Vogel zu achten. Der Vogel taucht, schwimmt 8 oder 10 Ellen weit unter Wasser, kommt herauf und ist wieder hinunter; er .Trbeitet sehr schnell und ergreift beständig Fische, Wenn diese klein sind, darf er 2 oder 3 gleichzeitig in seiner Kehle behalten, aber ein Fisch von guter Grösse wird ihm sofort abgenommen und in den Korb gethan. Während einer halben Stunde wurden 15 Fische gefangen, was für einen guten Fang erklärt wurde in Anbetracht der Hellig- keit der Nacht. Die grössten dieser Fische, welche alle derselben Art angehörten, waren 9 bis 10 Zoll lang und kaum verletzt, da sie dem Vogel sofort aus dem Schnabel genommen waren .... Die Vögel werden besonders für diese Arbeit abgerichtet und fischen am Tage nicht. Unser Vogel war 2 Jahre alt und wurde als vorzüglicher und eifriger Fischer angesehen, da er in guten Nächten, wenn die ganze Nacht gefischt wurde, nicht weniger als 400 Fische gefangen hatte, während 300 als gute Leistung angesehen wurden. Nur ruhige Nächte sind günstig und je dunkler, desto besser. Der Fang erstreckt sich auf einen besonderen Fisch aus der Familie der Salmoniden, den Plecoglossus altivelis T. und S. Dieser Fisch, der „Ai" der .Japaner steht seinem Aeussern nach zwischen einer Forelle und einem Stint, wird 12 bis 14 Zoll lang und ist von silberglänzender Farbe mit einem goldigen Fleck an jeder Schulter. Er ist von ausgezeichnetem Geschmack und für die Tafel sehr ge- sehätzt. In einem Lande, welches durch die Mannigfaltigkeit und Vortrefflichkeit seiner Fische berühmt ist. nimmt diese Art den ersten Platz ein und erzielt den höchsten Marktpreis. Sie wird auf viele sinnreiche Art und Weise gefangen, von denen die mit dem Kormoran die interessanteste ist. Dr. Ernst Schaff. Ueber die Fixierung des StiekstofFs durch den Pflanzenboden hat sich zwischen den französischen Forschern Schl(]esing und Berthelot ein Streit erliuben, der sich in den Sitzungen der Academie des Sciences und in den Comptes Rendus abspielt, ohne bisher zu einer Erledigung der streitigen Frage zu führen. Ks handelt sich dabei natürlich nur um die Fixierung des in unserer Atmosphäre enthaltenen Stickstoffs durch die Pfianzen- decke. Während Schloesing und mit ihm Boussingault diese Fixierung leugnen, behauptet Bertlielot. dass dieselbe unter ge- wissen Bedingungen stattfinde. Die Wichtigkeit der Fragestellung ist ohne weiteres einleuchtend, und schon seit 1884 hat Berthelot eine Reihe von einschlägigen Versuchen angestellt. Er glaubt nach- gewiesen zu haben, dass manche Thonböden und Sandarten durch Fixierung des Stickstoffes der Atmosphäre sich mit stickstoffhaltigen organischen Verbindungen anfüllen können. Und zwar geschieht dieses — nach Berthelot — unter dem Eiiifiuss gewisser Mikro- organismen, welche den Boden durchsetzen. Ein weiteres Moment, das gleichfalls günstig auf die Aufnahme des Stickstoffes durch den Boden einwirken soll, ist die Zirkulation der atmosphärischen Luft im Boden, also Porosität desselben u. s w. Demgegenüber behauptet Schloesing, dass diese „.stickstoftfixierende" Mikrobe vorläufig nur eine Hypothese sei. Der von Berthelot gemachten Angabe, dass dieser Mikroorganismus bis zu 1200 kg Stickstoff auf 1 ha fixieren könne, stellt Schloesing die Frage gegenüber, warum die Land- wirte alsdann für grosse Summen Ammoniumnitrate u. s. w. kaufen, um schliesslich nur 40 bis 60 kg Stickstoff auf den Hektar zu haben, — Wie bemerkt, ist die so entbrannte Frage noch nicht zu einer völlig zufrieden- stellenden Erledigung gelangt; wir wollten aber nicht verfehlen, die Aufmerksamkeit unserer Leser auf den Gegenstand zu lenken. A. (;. Apparat für Experimente bei hoher Temperatur in Gasen unter hohem Druck. — In „La Nature" (11. Februar) beschreibt L. Cailletet einen von ihm erfundenen und bereits seit, mehreren .Tahi'en benutzten Apparat, welcher das Experimentieren in Gasen bei hohem Druck und hoher Temperatur gestattet. Der- selbe besteht aus einer cylindri«ch geformten Stahlraasse, welche innen einen Hohlraum besitzt. Dieser steht einerseits mit dem Be- hälter des komprimierten Gases, andererseits mit einem Metall- manometer in Verbindung und erlaubt die Vorgänge im Innern durcli ein sehr dickes, kleines Glasfenster von aussen zu beobachten. Diesem gegenüber befindet sich innen der zn untersuchende Körper entweder zwischen zwei Platinplatten, die wie Schmelztiegel gehöhlt sind, oder in einer Spirale von Platindraht oder auch zwischen zwei Kohlen- spitzen. Diese stehen durch Kupferdrähte mit einem Akkumulator in Verbindung. Geht ein Strom durch die Drähte, so wird der innen befindliche Korper in Glühen versetzt, geschmolzen u. s. w. und kann dabei bequem beobachtet werden. Die erreichte Temperatur kommt der des Schmelzpunktes von Platin ziemlich nahe. Mit diesem Apparat hat Cailletet Versuche über elektrisches Licht unter Druck und über das Verhalten gewisser JNIineralien bei hohem Druck und hoher Temperatur angestellt und empfiehlt denselben für chemische und raineralogische Untersuchungen. — r. Zur Kenntnis des Färbungsvorganges. — LMmi chemische Vorgänge, welche beim Färlien der Wolle und Seide mir basischen Theerfarben stattfinden, berichtet Edm. Knecht (Ber. d. d. ehem. Ges. 21, 1.556) auf finnul quantitativer Versuche. Die Erklärung der Thatsache, dass WoUe oder Seide in Lösung basischer Theerfarben (Fuchsin, Methylviolett) den Farbstoff anziehen und so gefärbt werden, war bisher die, dass entweder der Farbstoff' mechanisch von der Faser absorbiert werde oder damit eine chemische Ver- bindung eingehe. Um den Vorgang klar zu stellen, löste Knecht abgewogene Mengen basischer Farbstoffe, nämlich Fuchsin, Chrysoldin imd Krystallviolett in Wasser auf, brachte zu den Lösungen Wolle oder Seide, und kochte, bis die Lösmigen entfärbt waren. Die WoUe oder Seide hatte dann den Farb.sfoff aufgenommen. Doch stellte es sich heraus, dass nicht der gesamte Farbstoff', sondern nur ein Theil von der Faser aufgenommen wird. Besagte Farbstoffe sind die Chloride von Basen der allgemeinen Formel X . OH. Die an sich farblosen Basen gehen in Farbstoft'e über, wenn sie sich unter Wasseraustritt mit Säuren verbinden. So ist Fuchsin das Chlorid des Rosanilins. Knecht untersuchte die durch Wolle oder Seide entfärbten Lösungen auf Chlor und fand, dass der Gesamt- chlorgehalt des Farbstoffs in Lösung geblieben war. Daneben Hess Nr. 15. Natiu-wissenschaftliche Wochenschi'ift. 119 >ich auoli Aimiiiiiiiiik ninliwri^i'n. I'N li;inili'lr ^i■■ll iImIut l.i-i der Färliiimr ticrisi-lirr Kuser nur Ijasisflirii 'riMTt'ailii'ii iiiilit um i'iui- mpi'hiinisclii' Alisor])fion, soudfni riiio iiuuutirativi' rliriuisclic Uni- sptzuus', Vfrliuiiili'ii mit Si)alnni2- dt's l'"arlistiirt's. Das ilarin ent- luiltriii' Cliloi' vci-liiiuli't sii'h mit Aunuouiak, das walu-sclifinlich von fuvr trilwinseii Zcrsi't/.uui!- der Fa.sor liiTriihrf. wälu-cnd die ]'"arli('n- liasc sii'li mit dvv Wolle vei-liiudet, unter Fäi-l)U!iS' letzterer. Dafür, ilass in der That luu' die liase an sieh aut'yeuiinnnen wiril, sprieht der l'nistaud, dass sich Wolle in tarhioser Hosaniliulüsunn- oluu' Säure intensiv fuehsinrot t'iirht. Was alier für Verliindunyen sieh auf der Faser lieim Färben mit diesen Farhstotfen bilden, ist eine Frage, die sieh vorläutiy noeh nicht entscheiden lässt. F. Knecht lieahsichtig-t den Oe;renstanil noch trenauer zu untersuchen. Dr. M. HraLiard. Fragen und Antworten. 1. Wird die Richtung eines Gewitters, wenn es auf seinem Wege an einen grösseren Fluss kommt, durch denselben beeinflusst? 2. Es wird behauptet, dass ein Gewitter nicht über einen Ort heraufziehen könne, wenn derselbe im Mond- schein hegt. Inwiefern könnte ein Gewitter in dieser Weise von dem Monde beeinflusst werden? 1. Die Zni^riehtuUL; eines Cewitters wird im allyeneiuen durch einen sri'Ossereii Fluss nicht geändert, wohl aber haben die grossen Wasserläufe einen entscheidenden Anteil an der Verbreitung de.s Gewittei's. da der über Flüssen und Seen vorherrschende absteigende Luftstroni der Weiterverbreitung- eines Gewitters ein Hindernis zu bieten geeignet ist, und das Fortschreiten des Gewitterzuges an die T!eding\uig aufsteigender Luftströnie geknüpft ist. Es kommt sehr- häufig vor, dass ein Gewitterzug an der Elbe Halt macht, imd nicht auf das jenseitige Ufer tritt, oder dass bei stärkeren Gewittern Iilötzlich auf beiden Seiten des Fliisses, aber in grösserer Entfernung von demselben die Linien gleichzeitigen ersten Donners parallel verlaufen. Dieser Einfluss lässt sich mit Sii-herheit nicht durch Beobachtungen an einem einzelnen Ort wohl aber durch die synop- tische Methode entscheiden. 2. Dass der neuerdings wiederum lietoute, immer noch sehr jiroblematische Zusaumieuhang zwischen Mondumlauf und Gewitter- iiäufigkeit sich in der geäusserten Weise zeigen sollte, ist eine so -sonderbare Ansicht, dass sie deswegen bei manchen Anklang finden dürfte; die Behauptiuig selbst beruht nur auf ungenügenden Be- obachtungen. . Dr. E. Wagner. Litteratur. Anton Kerner von Marilaun: Pflanzenleben. I. Bd.: Gestalt und Theben der l'tlanze. Mit 5.53 Abbildungen im Text imd 20 AquarelltafeLn. Verlag des Bibliographischen Instituts. Leipzig 1888. Preis IG JC. Die Entwicklung aller naturwissens haftlicher Disdplinen ist wesentlich von zwei Faktoren abhängig, die sich unbedingt erfordeni und deren Ineinandergreifen zum guten Teile diesen Disciplinen den l'harakter inductiver Forschung verliehen hat. Die unendliiiie ZaU von Xaturobjekten, deren verschiedene Verbreitung und Veränderlich- keit hat nämlich seit Beginn wissenschaftlicher Forschung stets fine grosse Zahl von Menschen angezogen und beschäftigt. Von momentanen und oft zufälligen Einflüssen beherrscht, arbeitet der einzelne und sammelt Thatsachen bis endlich der kommt, der diese Unsumme von Einzelbeoliachtungen sammelt, in Verbindung- bringt, aus ihnen Gesetze allgemeinen Charakters aVileitet und endlich die Bahnen vorzeichnet, auf denen die Forschung zu wandern hat. So war es auch zu allen Zeiten auf dem Felde der Botanik als Gesammtwissenschaft wie ihrer einzelnen Disciplinen; neben der grossen Zahl eifriger Forscher ragen dann die Namen einzelner Männer, wie Linne. Jussieu, Utiger, Darwin u. a. hervor, die die Resultate ihrer Vorgänger sammeln, verwerten und Epochen in der Geschichte der Wissenschaft kennzeichnen. — Im Laufe dieses Jahrhunderts halten sieh die einzelnen Zweige der Botanik ent- wickelt, und sie alle. ^Morphologie und Entwicklungsgeschichte, Anatomie und Physiologie etc. haben es bis heute zu einem hohen Grade der Ausbildung gebracht. Xeben diesem hohen Werte der Aj'beitsteilung lirachte dieselbe auch den Schaden weitgehender Specialisierung; die Zahl der Botaniker wü-d immer kleiner, jene der .Pflanzenanatomen", „Physiologen", „Systematiker" etc. immer grösser. In einer solchen Zeit muss es einem Bedürfnisse entspri'chen, wenn ein Buhepunkt geschaffen wird, von dem aus wir Rückblick halten können auf die zurückgelegten Wege, in dem diese alle zu- sammenlaufen, und von dem aus wir nach allen Seiten Ausblicke auf die einzuschlagenden Richtungen erhalten können. Einen solchen Ruhepunkt kennzeichnet in der Entwicklung der Wissenschaft ein soeben erschienenes Werk: „Das Pflanzenleben" von A. von Kerner, von dem uns der I. Band vorliegt, der jedoch vollkommen die Be- deutung desselben abschätzen lässt. Es ist das erste Mal, dass man durch Zusammenfassung der Resultate aller einschlägigen D'sciplinen ein anschauliches Bild von dem Zusammenhange äusserer Kiu-m und innerer Organisation, zwischen Form, Bau und Funktion erhält, mithin Einblick in all' das, was wir Pttanzeideben nennen können. Durch Kerner's Werk ersieht der Fachmann, welchen Wert die wissenschaftlich testgestellte einzelne Thatsache durch Verbindung mit anderen erhalten kann, lernt der Laie die Pflanze als ein lebendes, für die niannigfachen Erfordernisse des Lebens ausgerüstetes Wesen kenneu. Wir entnehmen demselben aber auch allerorts Weisungen, welche Wege die Wissenschaft zunächst zu gehen hat, um Lücken in der Erkenntnis auszufüllen. Die lieicldialtigkeit des Inhaltes und der Gedankengang des vorlieoenilen 1. Bandes wird am besten aus einer kurzen Uebersicht des behandelten StoH'es hervorgehen. Nach einer dem Entwicklungsgange der botanischen Forschung gewidmeten Einleitung, die insbesonilere eine Darlegung der gegen- wärtiijen Ziele und Aufgalien enthält, wendet sich der Verfasser zur Schilderung des „Lebendigen in der l'flanze". Die Lebensthätigkeit des Protoplasten, in Bewegungen, Ausscheidungen \md Bauthätigkeit, ferner in den wechselseitigen Beziehungen sich äussernd, fimlen wir im Zusammenhange mit den l'rinzipieu der Pflanzeuanatomie ge- schildert. Das nächstliegende Ziel des Lebens der Pflanzen ist die Aufnahme der Nahrung, welche den Gegenstand des 2. Abschnittes bildet. Derselbe gliedert sich naturgemäss in eine Besprechung der Aufnahme organischer Störte, da Aufnahme organisclier Stoffe au.s verwesenden Pflanzen und Tieren, der Aufnahme der Nahnmg durch Schmarotzer, der Aufnahme des Wassers, der Ernährungsgenossen- schaften, sowie der durch die Ernährungstätigkeit der Pflanze be- dingten Veräiulerungen des Substrates. In diesen Abschnittten finden wir insbesondere die lebendige Schilderung der mannigfachen Einrichtungen zur Versorgung der Pflanze mit der nötigen Nahrung, dei- Tierfänger und Schmarotzer u. s. w., erläutert durch zahlreiche prächtige Illustrationen.*) In natürlicher Folge schliesst sich an diesen Abschnitt des Werkes jener über die Leitung der Nahrung an die Stellen des Verbrauches, in welchem die verschiedenen Ur- sachen der Nalu'ungsleitung, vor allem die Transpiration geschildert wird, sowie die Regulierung und Abhängigkeit derselben von äusseren Faktoren. Der i. Alischnitt behandelt die Bildung organischer Stoffe aus der aufgenommenen anorganichen Nahrung durch Ver- mittlung der Chlorophylls, die Bildung und Verteilung der grünen Blätter," die f^eziehungen der Blattform^ z\ir ]51attstellung, endlich die Schutzmittel des Blattes. In einem weiteren Abschnitte finden wir die Besprechung der Stoffwandlung in der lebenden Pflanze, der Zu- luid Ableitung der Stofle, der Bedeutung des Anthocyans für die Stott'wandlung, sowie der die Wandlung und Wanderung der Stoffe beeinflussenden Kräfte (Licht, Wärme etc.). Die Aufnahme und Umwandlung der Nahi'ung bedingt das weiterlun abgehandelte Wachstum luid den Aufliau der Pflanze. Nach einer Darlegung der Theorie des Wachstums zeigt Verfasser die mannigfachen Beziehungen des Wachstums der Pflanze, resp. dieser sellist zur Wärme. Den Abschluss des Werkes bildet eine allgemein morphologische Dar- stellung, in der wir von der Entstehung und Ausbildung des Keim- blattes ausgehend einen Ueberblick über die mannigfachen Organe der Pflanze, sowie des innigen Zusammenhanges der Form derselben mit ihrer Funktion erhalten. In allen Teilen des Werkes tritt die umsichtige Benutzung der früheren Litteratur hervor, zum gi-ossen Teile enthält es aber neue Thatsachen als Resultate der Untersuchungen des Verfassers. Als Kapitel, die sich dvu-ch die Fülle neuer, wichtiger Beobachtungen auszeicluien, nenne ich insbesondere jene über die Aufnahme der Nahrung, besonders mit Rücksicht auf die Aufnahme organischer Substanz, von Wasser und auf den Einfluss der Pflanzenernähruug auf den Boden, das Kapitel über die Bildung organischer Stofle in der Pflanze, jenes über Wachstum und Aufliau u. s. w. Einen erhöhten Wert gewinnt das Werk durch die prächtige Sprache liei wirklich populärer Schilderung. Dort, wo wir zur Be- zeichnung von Objekten und Vorgängen deutsche Worte haben oder haben können, sind dieselben angenommen oder gebildet vuid kon- sequent durchgeführt. Die Ausstattung kann die höchsten Ansprüche befriedigen; ganz besonders sind die bildlichen Darstellungen hervor- zuheben, die ZTim Teil in Farbendruck, zum Teil in geradezu muster- haftem Holzschnitte ausgeführt Schönheit der Darstellung mit grösster wissenschaftlicher Genauigkeit vereinigen. Ausserdem sind es durchweg Originalabbildungen nachUntersuchimgen des Verfassers, die vielfach überhaupt noch nicht illustrirte Gegenstände und Vorgänge darstellen. Wenn ein englisches Fachblatt in jüngster Zeit den Ausspruch that: „Es ist dies ein Werk, um das wir die Deutschen beneiden", SO' mochte ich mit den Worten schliessen : Es ist ein Werk, auf das wir Deutsche stolz sein können, das einen IMarkstein auf dem Boden wissen- schaftlicker Entwicklung zu. bilden berufen ist. Dr. B. v. Wettstein. *) Vergl. die kleinere Mitteilung über Sarracenia pm-purea und die dazu gegebene Figur in dieser Nummer der „Naturw. Wochen- schrift". Red. 120 Natiirwissensehaftlielii^ "WocliPiisclnift. Nr. 15. l^©©^a,fe© namentlich Anzeigen aller optischen, chemischen, physikalischen etc. Gei-ätscliafteii, Naturalien, Bücheranzeig-en finden weiteste und passendste Vei'bivitunsr. Chemikalien, sowie Band I (Okt. 1887— März 188) unseres Blattes liefern wii- gegen Einsendung- von JC 4,20 (in Briefmarken) fran- ko, einzelne Quartale des Bandes g-egen Eiusendiing; von .-/^ 2,10 (in Briefmarken.) — Einzelne ^'nmmern kosten 25 .,/. Die Expedition der „Naturwissenschaftlichen Wochenschrift" Berlin SW. 48. Friedrieh-Strasse 226. Be = •9 S Buchhandlung für Naturwissenschaft und verwandte Fächer Berlin SW. 48. Friedrichstrasse 226 eraplielilt sich zur IJesorgung von uaturwissensebaft- liohpii Werken und Zeitschriften. ^ Ansichtssendungen .stehen jederzeit zu Diensten. )^ Beliufs anhaltender Verbindung wolle man sich mit der Firm;i in Kurn'.sii'indi'nz setzen. r- Q D = g "-HC ^. *- aß W H ^ n K 2_ o « g C'eiitral"Aiizei}»or für Epd- und Völkenkunde JJ Wegweiser durch d. geograph. Litteratur alter u. neuer Zeit. Neueste Nactirichten für alle Freunde der Erdkunde. fnter ^lirwiikuiii;- dt-r llerreii rrotessnr 1 ir. K. W. v. Dalla Torre, Doz. a. d. l'niv. Innsbruck; Dr. 0. Feistmantel, i^rof a. d. techn. Hoch- schule in Prag; Dr. Günther, I'rnf. d. lirdkunde a. d. techn. Hochschule in Münschen; Dr. Jentzseh, Dir. d. .geol. l'rovinzialraus. u. Doz. a. d. Univ. Köuiffsherg; lir, K. Keilhack, kul. J3ezirksgeol. in Berlin; Dr. 0. Kriimmel, Pnit'. d. ErJk. a. d. Univ. Kiel; Dr 0. Lenz, Prof. d i;rdk. n. d. Univ. Prag; Dr. F. Regel, Doz. d. Erdk. a. d. Univ. Jena; Dr. RIggenbach, Doz. a. d Univ. Pjasel; Dr. F. Wahnschaffe, kg Landesgeol. u. Doz. a. d. Univ. Berlin u. a. lierau.sgegcbeu von Dr. PanI Itnchholx. Monatlich erscheint ein Heft von 1— ■_' linpen. Der Jahrgang beginnt im April — Zu beziehen durch aUe Huchhandlungen zum Preisi- von 3 ^Ik. pro Hnibjalir. Willi. Scliliiteriii Halle aS., Naturalien- und Lelirmlttelhanillung. Reichhaltiges Lager aller uatur- historischen Gegenstände, sowie sämtlicher Fang- und Präparier- werkzeuge, künstlicher Tier- und Vogelaugen, Insektennadeln und Torfplatten. Kataloge kostenlos und portofrei. [86] Naturwissenschaftlich.Sammlungen verweisen wir auf unsere reichen VerkaufsvorräteinSäugetieren (Bäl- ge, Skelette U.Schädel), Vogelbälgen, Eiern, Reptilien u. Batrachier, Con- chylien, Insekten etc. Interessenten erhalten die Kataloge frko. u. gratis. Leicht transportiible Naturalien sen- den wir auch zur Ansicht u. Aus- wahl. Auch Lager in Fossilien. besonders der Tertiär-Formation. Schulen u. sonst. 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Dessau; Neue Phonographen. — Kleinere Mittellungen: Sarracenia purpurea. (.Mit Abliihl.) — Kormoranfischeu in .Japan. — Ifeber die Fixierung des .Stickstoffs durch den l'tianzenboden. — Apparat für Experitneute liei liolier Temperatur in Gasen unter hohem Drucke. — Zur Kenntnis des Färbungsvorgange.s. — Fragen und Antworten. — Litteratur: Anton Kerner v.ni Marilaim: I'tlauzenleben. — Inserate. Verantwortlicher Redakteur: Dr. Henry Botonie. — Verlag: Hermann Riemann. — Druck: Gebrüder Kiesau Sämtlich in Berlin. Verlag: Hermann Riemann, Berlin SW. 48, Friedrich-Strasse 226. IL Band. Sonntag, den 15. Juli 1888. Nr. 16. Abonnement: Man abonniert bei allen Buehhandlungen und Post- -»r austalten, wie bei der Expedition. Der Vierteljalirsju'eis ist Jl 3.— ; ei^s BringegelJ bei der Post 15 -j extra. JL Inserate: Die viergespaltene Petitzeile 30 -j. Grössere Aufträge entsprechenden Rabatt. Beilagen nach üebereinkunft. luseraten- annahnie bei allen Annoncenbureau.x, wie bei der Expedition. Abdruck ist nur mit voll!«tiindiger <{uellensingabe gestattet. Die künstliche Beleuchtung in der Photographie. Von W. Pütz. PLotograph und Zeichner ai Seitdem die Photographie sich aus ihren besclieide- nen Anfängen zu der heutigen Vollkommenlieit empor- geschwungen und für die verschiedensten Zwecke dienst- bar g-emacht worden ist, war man bestrebt, sie auch von dem, besonders in nördlichen Khmaten, häutig ungenügen- den Tagesliclit mittelst künstUcher Beleuchtung unabhängig zu machen. Der Wert eines solchen künstlichen Ersatz- lichtes hängt naturgemäss von der Sonnenähnhchkeit des- selben, mit anderen Worten, von dem Spektrum und der intensität ab. Bei dem elektrischen Licht, der stärksten künstlichen Beleuchtung, die der Menschengeist in weiser Benutzung geheimer Naturkräfte schuf, werden jene Be- dingungen in so reichem Masse erfüllt, dass dasselbe für photographische Zwecke noch einer Abscliwächung bedarf, jedoch steht seiner grösseren Verbreitung die kostspiehge und umständhclie Einrichtung entgegen. Man war daher unablässig bemülit, neue billigere und einfacher zu hand- liabende Lichtquellen zu entdecken, oder bekannte zu ver- bessern. Versuche mit Gas-, ja selbst mit Kerzenlicht seien liier nur der Vollständigkeit wegen erwähnt, dagegen scheint dem Magnesium, welches schon lange vor dem elektrischen Lichte zu photographischen Beleuchtungs- zwecken diente, neuerdings noch eine bedeutende Rolle vorbehalten, nachdem die Brennvorrichtung mittelst eigens zu diesem Behufe konstruierter Lampen wesentliche Ver- besserungen erfalu'en hat. Diese Lampen, welche von ü. Ney in Berlin und dem Eisenwerk Gaggenau in Baden gefertigt werden, bestehen aus einem Uhrwerk, welches in Thätigkeit gesetzt, das auf di-ehbarer RoUe aufgerollte Magnesiumband successive austreten lässt, so der Kgfl. Preuss. geologischen Landesanstalt. ■ dass es, entzündet, eine andauernde Flamme bildet, welche, je nach dem zu erreichenden Zwecke entweder mittelst Reflektors auf eine grössere Fläche, wie in der Porträt- photographie, oder mittelst Linsenkombination auf einen bestimmten Punkt konzentriert wh'd, wie dies in der Mikro- photographie, d. h. der Darstellung stark vergrösserter photographischer Bilder von tierischen und pflanzlichen Gewebsteilen, Gesteins-Strukturen u. dergl. der FaU ist. Für letztgenannten Zweck hat diese Beleuchtung vielfache Anwendung gefunden, dagegen steht ihi-er Ein- führung in die Porträtphotograpliie die verhältnismässig lange Expositionszeit entgegen. Gleichwohl dürfte, wenn nicht alle Zeichen trägen, gerade im Porti'ätfach sich das Magnesium bald ein weites Gebiet erobern, nur in anderer Form und zwar in Pulverform und (zur Erhöhung der Entzündbarkeit) mit chlorsaurem Kali gemischt. Die Anwendung dieser neuen und originellen Beleuchtungs- methode, womit im vei-flossenen Jahre Vogel und Gaedicke die photographische Welt überraschten, und deren ersten staunenerregenden Versuchen Referent bei- wohnte, geschieht auf folgende Weise. Zunächst wird das aufzunehmende Objekt mittelst einer gewöhnlichen Lampe oder Kerze in die richtige Beleuchtung gebracht, und die Schattenseite dui'ch Aufstellen einer weissen Wand etwas aufgelichtet. Nachdem sodann das Bild auf der Visierscheibe eingestellt worden, wird die Lampe entfernt und an ihrer Stelle das vorher aufgeschüttete geringe Quantum Magnesiumpulver mit einem Wachsstock oder dergleichen entzündet, welches den dunklen Raum auf einen Moment fast sonnenhell erleuchtet und so die Auf- 122 Natunvissenschaftliche Wochensclirift. Nr. 16. nähme bewirkt. Die Vorzüge dieser Beleuchtung-methode drängen .sich .sofort auf, wenn man sich die grossartige Entwicklung der heutigen Poiirätphotographie infolge Erfindung der jetzt ausschliesslicli dazu benutzten schnell wü-kenden Trockenplatten vergegenwärtigt. Jene Porträts mit dem starren, ermüdeten Gesichtsausdruck, jene steifen, durch Kopf- und Rückenhalter erzwungenen Stellungen und Haltungen, wie sie das Ergebnis der langsam wirkenden, sogenannten nassen Platten waren, haben läng.st einem freien, ungezwungenen Aussehen und einer natürlichen Köi-perhaltung Platz gemacht, und lieb- liche Kinderaufnahmen, die früliei' fast zu den Unmöglich- keiten gehörten, erfreuen allenthalben mit köstlicher An- mut das Auge. Aber das Bessere ist stets der Feind des Guten, und da es in unserer sehr an Nervosität leidenden Zeit sehr viele Menschen giebt, die, ein Schrecken für den Photographen, namentlich bei, infolge trüben Wetters erforderlicher längerer Expositionszeit auch nicht einige Sekunden sich absolut ruhig zu verhalten im Stande sind, so wild eine möglichst kui'ze Beliclitung, oder, wie es bei vorgenannter Beleuchtungsmethode geschieht, eine Momentaufnahme im Atelier sets anzustreben sein. Ein weiterer, dei' künstlichen Beleuchtung im allgemeinen zu gute kommender Umstand betrifft die Einrichtung des Ateliers; das Publikum, namentlich in Grossstädten wäre nicht mehr gezwungen, vier bis fünf Etagen hoch zu klettern, sondern die Aufnahme könnte in jedem dunklen Parterre-Hinterzimmer vor sich gehen. Eine dritte in jüngster Zeit zu grösserer Vervollkomm- nung gediehene Art künstlicher Beleuchtung geschieht mittelst Zirkonlicht. Dieselbe ist besonders für Re- produktionen, Vergrösserungen und mikrophotographische Aufnahmen geeignet und beruht im wesentlichen auf einer Verbesserung des bekannten, zu ähnlichen Zwecken sowie auf Leuchttürmen etc. angewandten Drumond'schen KalkUchtes, die sich sowohl auf das dazu benutzte Leucht- gas-Sauerstoffgebläse, als auch auf das zum Glühen zu bringende Kalki^lättchen (hier also Zirkon) bezieht. Während die bisher gebrauchten Knallgas-Brenner sämtlich den Fehler hatten, dass die Verbrennung der Gase schon innerhalb der Düse stattfand, hat Professor Linnemann diesem Mangel durch Konstruktion eines neuen Brenners in erfolgreicher Weise abgeholfen. Der Sauerstoff tritt lüerbei unter fünfzehnmal stärke- rem Drucke wie das Leuchtgas in den Cylinder des Brenners und entzündet sich erst beim Austritt an der Gasflamme, wodurch eine solche Hitze erzielt wird, dass die bisher üblichen Kalkplättchen zwar im ersten Augen- blick auch ein gutes Licht gaben, aber binnen kurzem unbrauchbar wurden. Dagegen gelang es Linnemann ausZirkonerde (ZrOa), dauerhafte Plättchen herzustellen, was freilich jahrelange Schwierigkeiten verursachte. Die Zirkonerde wird in Platin gefasst und in den heissesten Punkt der Flamme gebracht; .sie giebt ein prachtvolles, weisses Licht, dessen kontinuierliches Spektrum den besten Ersatz für Sonnenlicht bietet. ZirkonpltUtrben In Fig. I ist der neue Knallgasbrenner, wie der- selbe von der optischen Werkstätte von Franz Schmidt & Haensch in Berlin gefertigt wird, mit Stativ in ein Fünftel natür- licher Grösse, in Fig. II der Längs- schnitt des Brenners selbst in natür- licher Grösse dargestellt. — Das in o (Fig. II) einströmende Leuchtgas tritt in den hohlen Raum der Düse, um- kreist den Cylinder, welcher durch die Schraube c verstellbar ist und tritt aus der Düse aus. In h tritt Sauerstoff unter fünfzehnmal höherem Druck wie das Leuchtgas durch vier Löcher in das Innere der vorher erwähnten Schraube c ein, um dann mit grosser Vehemenz aus der kapillaren Dui'ch- bohrung D dieser Schraube zu ent- weichen und nun in gemeinsamer Ver- brennung mit der Leuchtgasflamme das bei Fig. I sicht- bare Zirkonplätt- chen zum Glühen zu bringen. Diese neueste Beleuchtungsme- thode findet z. B. bei den mikropho- tographischen Ar- beiten an der Kgl. Preuss. geologisch. Landesanstalt und Bergakademie be- hufs einer vom Ministerium der öffentlichen Arbei- ten angeordneten mikroskopischen Eisenuntersuchung ihre erste Anwen- dung, wobei der eigenartigen, einer besonderen Besprechung vorbehaltenen Beleuchtung wegen Tageslicht nicht benutzt werden kann. Wenn es somit auch der Erfindungsgabe des Men- schen gelungen ist, die Hilfe des Tagesgestirns bei Ausübung einer Kunst zu entbehren, die nur seinen Zaubei-strahlen ilire Entstehung verdankt, so wird das- selbe dennoch, namentlich in der von künstlerischem Blick geleiteten Porträt-Photograplüe, wo es gilt, die feinsten Nuancierungen von Licht und Schatten mit weisem Ver- ständnis auszunützen, wohl stets der Urquell bleiben, der Licht und Leben in reichster Fülle und Vollkommen- heit spendet. Nr. Iß. Naturwissenschaftliclie Wochenschrift. 123 Die Feigen und ihre Liebesboten. Von Prof. Dr. F. Ludwig. (Scliluss) r Nocli rätselhafter fast, als die Feigen selbst, waren ihre zahlreichen Bewohner und vor allem ihre Liebes- boten, die zur Familie der Agaoniden (Clialcidix) ge- hörigen Gallwespen, über welche besonders von Paul Mayer, Gustav Mayr, und Fritz Müller merkwürdige Thatsachen zu Tage gefördert worden sind. Nachdem schon früker von Rudow, Valentiner, Solms-Lau- bach u. a. der sexuelle Dimorphismus von Männchen und Weibchen der Blastophaga grossorum der gemeinen Feige und der Blastophaga Sycomori und Blastophaga crassipes der Sycomore nachgewiesen worden die Männchen sind gelb, ungeflügelt, die Weibchen schwarz, geflügelt, mit Punktaugen versehen — , hat Paul Mayer Begattungsweise und Entwicklung der Blastophapa gi'osso- lum genau geschildert (Mitt. d. zool. Stat. Neapel Bd. III Heft 4 1882, p. 551—590 Tf. XXV, XXVI). Betreffs der Zahl und Folge der Generationen hat er darauf hin- gewiesen, dass nicht alle Feigenbäume ihre Insekten zu gleicher Zeit entlassen. Die Neapolitanischen Gärtner unterscheiden bereits zweierlei Kaprifikusformen, eine frühreife und eine spätreife C. „tempestivo" und „tardivo"). Von den drei zeitlich verschiedenen Blütenständen des Kaprifikus, den Mamme, Profichi, die bereits früher erwähnt wurden und den Mammoni (welche zur Aufnahme, Entwicklung und Ueberwinterung der Bestäuber der Essfeige dienen) werden die Mammoni eines frühreifen Baumes von den Insekten aus den Profichi eines spätreifen Baumes und um- gekehrt aufgesucht. Paul Mayer hat an der Ficus Carica nun noch eine zweite Wespe — „Ichneumon ficarius Carolini" untersucht, die Fritz Müller gleich- falls als Bestäubungsvermittler betrachtet. Ein ständiger Gast der Feige Anguillula Caprifici Gasp. lässt sich von der weiblichen Blastophaga von den alten zu jungen Feigen tragen, ähnlich wie der ständige Gast der gährenden Eschen, das Eichenälchen , über welches wir kürzlich berichteten durch Hornissen von Baiun zu Baum getragen wird. Die flügellosen Männchen der Feigenwespen .sind zuweilen mundlos, so die der yykomore, bei denen der sehr dehnbare Hinterleib ein Paar seitlich ab.stehende, sehr lange Fortsätze trägt, an denen Luftröhren münden. Sie dienen nach Mayers N'ermutung zum zeitweiligen VerscMuss der grossen im sechsten Hinterleibsringe befindlichen Luftlöcher, die sonst von dem braunroten, klebrigen Saft der Sykomore an- gefüllt würden. In den Feigen und Sykomoren der alten Welt ist die Zahl der Wespenarten eine sehr geringe. Ganz anders sind die Verhältnisse die Fritz Müller (1885—1887) und G. Mayr (1885) an den brasilianischen Feigenarten vorfanden. Wie bei den Feigen anderer Länder sind zwar auch hier die Blastophagaarten die hervorragendsten Bestäubungs- vermittler. Wähi-end aber in der alten Welt — ab- gesehen von Blastophaga grossorum, der den Alten bereits bekannten Wespe, welche auf verschiedenen nahe ver- wandten Feigenarten in Kleinasien, Persien, Afghanistan, am Nil und in Abessynien auftritt — jede Blastophaga- species zu einer besonderen Feigenspecies gehört, ist Blastophaga brasiliensis in fünf bis sieben Fikusarten des Itajahy besonderer Be.stäubungs- vermittler, nur eine zweite Blastophaga, B. bifossuluta fand sich in einer einzigen Feigenart. Neben den Blastophagaarten (von denen fa.st ausschie.s.slich nur eine Species in einer Feigenart sich findet) kommen in den brasilianischen Feigen — bisher als Parasiten derselben betrachtet, nach Fritz Müller aber gleichfalls Gallenerzeuger und Bestäubungsvermittler — noch schlanke Wespen mit langer Legescheide vor, Tetragonaspisarten, deren ungeflügelte Männchen von G. Mayr als Ganoso ma be,schrieben worden .sind. — (Bei Ficus Carica: Phitotrypesis Garicae, der früher erwähnte „Ichneumon ficarius" Cavolini,s). Tetra- gonaspis flavicollis mit seinem Männchen (Ganosoma robustum) kommt allein in sieben von den neun untersuchten Feigenarten des Itajahy vor. Um- gekehrt sind zuweilen bis sechs verschiedene Tetra- gonaspisarten in derselben Feige enthalten und dann ist es schwer zu verstehen, wie die flügellosen Männchen (Ganosoma) die GaUen der zugehörigen Weib- chen finden, in welche sie ein Loch beissen, um die Weibchen zu befruchten. Während bei den meisten brasilianischen Fikusarten — der Untergattung Urostigma Blastophaga und die ihnen geselligen Tetragona.spis — Ganosoma die Liebesboten sind, felilen diese Wespen bei der Gattung Pharmacosycea (P. radula), die sich überhaupt am frühesten von dem Fikusstamm abgezweigt zu haben scheint. Blastophaga ist bei dieser Feige vertreten durch Tetrapus americanus G. Mayr und Tetragonaspis-Ganosoma durch Trichaulus, dessen ungeflügeltes Männchen von G. Mayr als Critogaster beschrieben ward. Oft finden .sich die di'ei Arten Critogaster singularis, C. piliventiis, C. nuda G. Mayr mit den zu ihnen gehörigen Weibchen Trichaulus versicolor in derselben Pharmacosyceafeige. Andere Inquilinen fehlen der Pharmacosycea, da .sie be- sondere Schutzmittel gegen ungebetene Gäste zu haben scheint, während es bei anderen Feigen noch von allerlei Wespenarten wimmelt, deren Verhalten in der Feige nur teilweise bekannt ist. In einer der von Fritz Müller untersuchten Feigenarten fanden sich z. B. nach G. Mayr: Blastophaga brasüiensis, Physothorax disciger und annuliger, Tetragonaspis flavicollis, T. gracili- cornis, T. forticornis, Ganosoma parallelum, G. attenuatum Diomorus variabilis, Plesiostigma bicolor, Decatoma aequiramulis , D. breviramidis, Heterandium longipes, Colyostichus longicaudus, Aipocerus excavatus, A. amar- 124 Naturwissenschaftliche Wocliensclirift. Nr. 16. ginatus, A. simplex, A. flavomaculatus, A. piinctipannis, A. inflaticeps. — G. Mayr hatte in seinem Werk über Feigeninsekten (Wien 1885) im Ganzen 67 Arten (21 Genera) von Feigenwespen (66 Chalcidier und 1 Braconidus, Psenobolus pygmaeus Reinh. aus brasil. Urostigma) be- schrieben, von denen 63 (15 Gattungen) neu waren, 25 aus der alten Welt, 38 vom Itajahy in Brasilien stammten, — dabei ist zu berücksichtigen, dass man erst kaum den zwanzigsten Teil der bekannten Feigenarten und von diesen die meisten höchst ungenau untersucht hat. Die fortgesetzten mit ausserordentlichem Eifer betriebenen Untersuchungen der Inquilinen der neun erwähnten Feigenarten durch Fritz Müller haben von diesen ver- meintlichen Arten allerdings manche beseitigt und zu sehr merkwürdigen Resultaten geführt. Er schrieb mir darüber: „Die Feigen und mehr noch ihre Bestäubungs- vermittler und sonstigen Insassen haben mich während der letzten Monate fast ausschliesslich beschäftigt, und es haben schon die recht zeitraubenden und langweiligen Untersuchungen der letzteren einen über Erwarten günsti- gen Erfolg gehabt. So hatte G. Mayr aus den Feigen eines Baumes nicht weniger als zwanzig verschiedene Arten beschrieben, darunter neun ö" ohne 9 und vier ? ohne cf ; dadurch, dass ich aus 40 Feigen dieses Baumes die Wespen gesondert sammelte und die jeder Feige ge- sondert untersuchte — es waren im ganzen über 2000 Wespen — gelang es mir fast für alle diese Fälle die zusammengehörigen cf und ? herauszufinden. Der Ueber- schuss der cf erklärt sich daraus, dass in mehi-eren Fällen dasselbe 9 zweierlei cf hat: geflügelte, die ihm sehr ähnlich sind, und ungeflügelte, die nicht die geringste Aehnlichkeit mit ihm haben. So ist Physothorax disciger G. M. das flügellose cf von Diomorus variabüis (9 cf). [Diomorus variabils G. M. und Diomorus n. sp. finden sich bei Ficus (Urostigma) doliaria nicht selten beide in derselben Feige. Sie ent- wickeln sich in grossen Gallen, die nichts mit den Blüten der Feige zu thun haben; die der D. variabilis sind sitzend Seepocken (Baianus) ähn- lich, die der zweiten Art gestielt, Entenmuscheln (Lepas anatifera) ähnlich]. Heterandrium longipes G. M. das flügellose ind gelblich weiss; die Älundteile schwarz; die rrothorakalslJigmen gelb. Das Afterende bildet, einen grossen hornartigen, etwas ausgehöhlten, schwarzen Stigmenträger, auf welchem die beiden gekrümmten, keglig zugespitzten Stigmen stehen. Die Länge des Körpers beträgt 4 Linien. Die Verpuppung findet im Herbst innerhalb der Gänge statt. Im Api'il und Mai des folgenden Jahres fliegt die Fliege aus. Die Puppe ist nach demselben Beobachter ein langgestrecktes hellbraunes Tönnchen ; das Kopfende ist oben flach gedi-iickt, wulstig <:erandet nnd auf der Unterseite jederseits mit einem tiefen Längs- eindrucke versehen; der Mund ist vorn schwarzbraun. An dem .■schwarzbraunen Afterende stehen die beiden einander genäherten Stigmen auf einem gemeinschaftlichen pj'raraidalisohen Träger. Die Länge des Körpers beträgt 3 Linien. H. J. Kolbe. Litteratur, 1. Im \'erlage von Vandenhoeck & Ruprecht in Göttingen ist erschienen : Ambronn, L., Beifrag zur Bestimmung der Refraktions-Kon- sttmfen. 4". <28 S. m. 2 Taf.) Preis 2 JC. Becker, E., Beiträge zur Geschichte der Aspirationapneumonie. gr. 8". (75 S.) Preis \ JC- 9,0 4. Berggreen, H., Zur Kenntnis der Thiophosgens. Anh.; Zur Kenntnis der Isunitrosokörper. gr. 8''. (45 S.) Preis 1 ^H. Drude, P., TJelier die Gesetze der Reflexion und Brechung des Lichtes ati der Grenze absorbierender Krystalle. gr. 8". (47 S.) l'reis 1 M. Erlenmeyer, E., Zur Kenntnis der Phemjl-aJijha und der Phenyl- nlpliii-licla-o.ri/propionsäure. gr. 8". (48 S.) Preis 1 M. Gerland, J., Üeber intrathoracische Tumoren, gr. 8". (23 S.) l'reis 60 .(. Hermann, A., Ueber m. — Nitro — p. Tolylglycerin beztv. deszen Reduktionsprodukt: ..Oxydihydrotoluchinoxalin". gr. 8". (42 S.) l'reis 1 M. Herzberg, W., Ueber die Einwirkang von Phenylcyanat auf OrllK'tohiylrndiamin und Orthoamidophenot. gr. 8 ". (86 S.) l'reis 80 .J. Hess, W., Üeber die Eimvirkung von Hamstoffchloryd auf Phenol- üther bei Gegemvart von Älbuminiumchlorid. gr. 8. (56 S.) Preis 1 JC 60 4. Hildebrandt, W., Ueber den therapeutischen Wert der Borsäure hei Mitlelnhreitemngen. gr. 8". (27 S.) ' Preis 80 4. Hörn, E., Beiträge zur Kenntnis der EntwicUungs- und Lebens- qe.seliiehtc des Piasmakiirpers einiger Kompositen. 8". (46 S.) Vreis 1 JO. Huff, Ph., Uetjer den jährlichen und täglichen Gang der erd- magnetisclien Kräfte iri Tiflis während der Zeit der internatio- naie.n Polarerpeditionen 1882 und iS8.9. 4». (35 S. mit 1 Taf.) Preis 2 JC 40 ,(. Irish, P. H., Üeber die Einwirkung von alkalischen Ferricyan- knliiiiii/iisuiigen auf Ketone. gr. 8". (37 S.) I'rei.s 80 4. Lueder, J., Beiträge zur Lehre ron der Leukämie mit besonderer lurii|, Billige Freise. Beste Referenzen. Präparator Berlin N. Invalidenstrasse Nr. 38 und 42 empfiehlt sich zum naturgetreuen und zoolog-isch richtigen Ausstopfen von Säugetieren und Vögeln. -$^*f«— p -H-- t.^ !=;"ö : « ' SS 5 =r^^S%^~' Wi. Scliliiter in Halle aiS., Naturalien- und Lelirniittellianillung. Reichhaltiges Lager aller natur- historischen Gegenstände, sowie sämtlicher Fang- und Präparier- werkzeuge, künstlicher Tier- und Vogelaugen, Insekten nadeln und Torfplatten. Kataloge kostenlos und portofrei. 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Bei Benutzung der Inserate bitten wir un- sere Leser liöflichst, auf die „Naturwissenschaftliche Wochenschrift" Bezug neh- men zu wollen. Inlialt: \V. Pütz: Die künstli.he Bi leu<'htung in der Photographie. (.Mit Abbild.) — Prof Dr. F. Ludwig: Die Feigen und ihre Liebes- boten. (Schliiss). — Kleinere Mitteilungen : r)ie Fauna der Azoren. — Ueber die Lebenszähigkeit unserer gemeinsten Süsswasserfische. — Langsame Verbrennung organischer .Substanzen. — Ueber die Fortpflanzungsgeschwindigkeit des Erdbebens zu Charlestone. — Welches ist die geringste Lichtstärke, welche ein normales Auge gerade noch wahrzunehmen vermag? — Fragen und Antworten: Was wissen wir über die Spargelfliege? — Bücherschau. — Inserate. . Verantwortlicher Redakteur: Dr. Henry l'otonie. — Verlag: Hermann Riemann. — Druck: Gebrüder Kiesau. Sämtlich in Berlin. Redaktion: ' Dr. H, Potonie. '_.-'^' "" V^.^, Verlag: Hermann Riemann, Berlin SW. 48, Friedrich-Strasse 226. IL Band. Soiintao-, den 22. Juli 1888. Nr. 17. Abonnement: Man abonniert bei aUen Buchliandlungen und Post- anstalten, wie bei der Expedition. Der Vierteljahrspreis ist JC 3.— ; Bringegeld bei der Post 15 -f extra. Inserate: Die viergespaltene Petitzeile 30 ^. Grössere Aufträge entsprechenden Rabatt. Beilagen nach Debereinkunft. Inseraten- annahme bei allen Annoncenbureaux, wie bei der Expedition. Abdruck ist nar mit vollständiger ({nellenangabe gestattet. Der Farbenwechsei des Saftmais Vüii Prof. i)r. Tor einer Reihe von .Jahren wies ich auf die mir damals neue Thatsache hin, dass der als Saftmal dienende Fleck am Grunde der Blumenblätter der Rosskastanie (Aesculus Hippocastanum L.) unmittelbar nach dem Auf- blühen gelb ist, später diese Farbe aber allmählich in Carminrot ändert. (Sitzb. bot. Verein Brandenb. 1877 S. 11 4 j. Diese Beobachtung war anf einem der von mir geleiteten botanischen Ausflüge von einem meiner Zuliöier, dem jetzigen Gymnasiallehrer 0. Ohmann ge- macht worden; Herin Di'. Koehne war dieser Sachverhalt seit Jahren bekannt. Selbstverständlich unterliess ich es da- mals nicht, mich in der Litteratur umzusehen, ob diese so leicht festzustellende Thatsache auch schon früher auf- gezeichnet sei ; durch einen eigentümlichen Zufall versäumte ich, das Werk zu vergleichen, in dem ich in erster Linie hätte eiTvarten dürfen, Aufschluss zu finden : das klassische Buch Konrad Sprengels über das „Entdeckte Geheimnis der Natur im Bau und in der Befruchtung der Blumen", in dem diese Erscheinung S. 210 — 212 eingehend be- sprochen wird. Es ist charakteristisch, dass mit dem SprengeTschen Werke auch diese auffällige Thatsache so völlig in Vergessenheit geriet, dass sie fast hundert Jalu-e später für neu gehalten werden konnte. Sprengel spricht a. a. O. mit Recht sein Erstaunen aus, dass das Saftmal in dem zweiten Stadium, das doch den Insekten verkünden soll, dass für sie nichts mehr in der Blüte zu holen ist, wenigstens für ein menchliches Auge auffäUiger ist als im ersten.*) Dagegen ist seine *) Die Blüten verhalten sich also entgegengesetzt wie die der Macrotomia echioides (L.) Boiss. (= Arnehia e. Alph. D. C), bei der, in den Blüten der Rossitastanie. P. Ascherson. Bezugnahme auf den ihm nur aus der Litteratur (Leers Flora Herbornensis, S. 66) bekannten Umstand, dass bei Ribes alpinum L. die Krone der männlichen Blüten gelb, die der weiblichen Blüten aber rot gefärbt sei, in doppelter Hinsicht unzutreffend. Die Annahme Sprengeis, dass die Blüten der Rosskastanie proterandrisch seien, dass also die rote Färbung des Saftmals das weibliche Stadium anzeige, wird durch die Beobachtungen von Hildebrand und H. Müller, nach denen sie vielmehr proterogynisch sind, nicht bestätigt. Jedenfalls aber Ist ein Vergleich der lebhaft purpui-nen Saftmale der Rosskastanie mit den weiblichen Blüten von Ribes alpinum L. kaum berechtigt. Bekanntlich wird die Augenfälligkeit der Ribes-Blüten hauptsächlich durch den Kelch hervorgebracht und die Kronblätter sind nui' in ganz untergeordneter Weise dabei beteiligt. Ob die Leers' sehe Angabe zutreffend ist, davon konnte ich mich an dem mir jetzt allein zu Gesicht stehenden trockenen Material nicht überzeugen. Dass die Blumenblätter der weiblichen Blüten, wenn überhaupt deut- lich rot gefärbt, jedenfalls sehr unscheinbar sein müssen, geht aus der Angabe von H. Müller hervor, der (Befruch- tung der Blumen dui'ch Insekten, S. 94) die Blüten von Ribes alpinum beschreibt und abbildet aber, wie die meisten Floren, die weiblichen nur im Gegensatz zu den auffälligeren, gelblich grünen, männlichen als „mehr grün" bezeichnet. Auch bei Besprechung der Blumen von Saxifraga umbrosa L., deren Saftmal aus mehreren kleinen roten und zwei grösseren gelben, am Grunde der Blumenblätter befind- nach der schönen Beobachtung von E. Loew (Berichte D. Bot. Ges. 1886, S. 165). „die Honigsignale eingezogen" werden. 130 Naturwissenschaftliche Woclienschrift. Nr. 17. liclien Fleclieii besteht, spriclit Sprengel (Sp. 247) noch einmal unter Bezugnahme auf die Rosskastanie die Ver- mutung aus, jjdass die gelbe Farbe für die Insekten mehr Reiz liaben, oder denselben stärker in die Augen fallen müsse, als die rote." Die richtige biologi.sche Deutung des auf den ersten Blick paradox erscheinenden Farben- wechsels bei Aesculus ist aber sicher nicht in dieser Rich- tung zu suchen, sondern ohne Zweifel die von H. Müller für farbenwechselnde Blumen im allgemeinen, wie Ribes aureum, Lantana, Weigela (Bot. Zeit., 1882, Sp. 280) und Pulmanaria (Kosmos XIII, 1883, S. 214, Nature XXVIII, S. 81) gegebene. Durch das gleichzeitige Vorhandensein auffälligei-er abei' ausbeuteloser und un- scheinbarer Blumen, die die Vermittler der Bestäubung durch Ausbeute belohnen, wird eine Auslese der Besucher bewirkt, indem die dümmeren und nutzlosen auf die auf- fälligeren abgelenkt werden, die intelligenten und nütz- lichen aber den unscheinbaren sich zuwenden. Denselben Farbenwechsel des Saftmals wie bei den Rosskastanien*) finden wir auch bei dem zu derselben Familie (Sapindaceen) gehörigen cliinesischen Zierstrauche Xanthoceras sorbifolia Bunge (vgl. Wittmack, Garten- zeitung, 1884, S. 247). I *) Auch an Aesculus carnea Willd. und A. flava Ait. hat Martelli dieselbe Farbenänderung des Saftnials beobachtet (Giorn. bot. it. 1888 p. 402). Das Skelet eines weiblichen Ur (Bos primigenius). Von l'i'of. Dr. Am 12. Mai 1887 wurde auf der Sohle des Torf- moores von Guhlen unweit Goyatz, also westlich von dem Südende des Schwieloch-Sees in der Niederlausitz, das Skelet eines grossen Rindes gefunden, welches sich dem- nächst bei genauerer Untersuchung als zu Bos primigenius gehörig erwiesen hat. Die betreffenden Skeletteile lagen nahe bei einander, meistens noch in natüilichem Zu- sammenhange, so dass man unzweifelhaft annehmen darf, dass sämtliche Knochen an dem Fundorte vorhanden waren; da aber der ganze Fund spät abends, als die Arbeiter schon nach Haus gehen wollten, gemacht wurde, hat man einige Stücke übeisehen; es fehlen die unteren Knochen des rechten Vorderbeines, die unteren Knochen des linken Hinterbeines, die Mehrzahl der Schwauzwirbel, sowie einige kleine Knöchelchen der Hand- und Fuss- wurzeln. Auch sind einige Zähne abhanden gekommen. Die übrigen Teile sind vollzählig vorhanden und aus- gezeichnet erhalten. Durch Vermittlung des Herrn Pastor Overbeck in Zaue (am Schwieloch-See) kam der Fund bald in den Besitz des Herrn Baumeister Overbeck zu Berlin. Nachdem dieser die Skeletteüe durch Herrn J. Wickers- heimer kunstgerecht hatte montieren lassen, (wobei die fehlenden Knochen aus Holz ergänzt wui'den), ist das Skelet kürzlich von dem Curatorium der Königl. land- wirtschaftlichen Hochschule in Berlin angekauft und der zoologischen Sammlung der letzteren eingereiht worden. Aus der Schmalheit des Schädels, aus der Schlank- heit der Extremitätenknochen und manchen anderen Verhältnissen ergiebt sieh, dass wir das Skelet eines A. Xehring. weiblichen Bos jirimigenius, also einer Urkuh, vor uns haben. Die Widerristliöhe beträgt bei der jetzigen annähernd richtigen Aufstellung 168 cm; die Länge des Schädels 65 V2 cm, die Länge eines der Hornkerne, aussen der Krümmung nach gemessen 70 an, die grösste lichte Weite zwischen den inneren Ki'ümmungen der Hornkerne 74 cm, die Entfeinung ihrer Spitzen voneinander 67 cm. Zur Vergleichung sei erwähnt, dass das in unserer Sammlung befindliche Skelet einer sehr grossen Kuh hollän- discher Rasse eine Wideiri-sthöhe von 148 cm, eine Schädel- länge von 54 V2 cm. zeigt, und dass die Hornkerne des Schädels viel kürzer und schwächer sind, als die jener Urkuh. Der Gesamthabitus des subfossilen Skelets von Guhlen erinnei't stark an die Steppenrinder von Podolien und Ungarn, namentlich auch in der Form und Grösse der Hornkerne. Das Steppenklima scheint ganz allgemein einen fördernden Eintluss auf die Hornbildung der Rinder auszuüben; in vielen Steppengegenden der Erde, welche überhaupt frachtbar genug für die Zucht von Rindern sind, findet man sehr ansehnliche Hörner bei den letzteren, so in Podolien, in Ungarn, in Südafrika, in den Campos von Brasilien. Die sogenannten „Franqueiros" der Cam- pos von Brasilien gehen in ihrer Hornentwicklung noch über Bos primigenius hinaus; ihre Hörner erreichen eine fast unglaubliche Grösse. Da jene Franquekos von euro- päischen Rindeni abstammen, welche keineswegs so gross- hörnig waren, so dürfen wir annehmen, dass die eigen- tümlichen Lebensbedingungen der Campos von Brasilien die Hornentwicklung der Rinder ganz besonders fördern. Die südliche baltische Endmoräne des ehemaligen skandinavischen Eises in der Uckermark und Mecklenburg-Strelitz. Von Prof. Dr. G. Berendt, Kgl. Preuss. Landesgeologe. Es ist immer und immer die alte Eifahrung, die der Mensch von neuem zu machen hat, dass er in oft weiter Ferne sucht oder schon kennt, was er im eigenen Vater- lande hat, aber nicht kennt; dass er sich die Lösung fernliegender Rätsel zur Aufgabe macht und die nächst- liegenden Fragen nie gestellt hat. So gehen auch wir Norddeutsche bis jetzt, um alte Gletschermoränen kennen zu lei-nen, in die Alpen oder nach Norwegen und haben Ni-. i: Naturwissenscliaftliche "Wochenschrift. 131 niclit g-ewusst, (hi.ss wir sie in Nortldeutscliiantl in der schönsten Ausbildung besitzen, ja im stände sind auf einer dreitägigen Fussreise uns ein Bild alter End- moränen zu verschaö'en, wie es grossartigei' kaum in der Ferne zu finden. In der Mai -Sitzung der Deutschen geologischen Gesellschaft entrollte ich ein Bild der alten südbaltischen Endmoräne des giossen einstmaligen skandinavischen Eises die ich im voiig'en Herbste auf eine Erstreckung von vollen acht deutschen Meilen in ununterbrochenem Zu- sammenhange duicli die Uckermark hin verfolgt hatte. Zweck dieser Zeilen war es anfanglich nur, auch hier einen kurzen Bericht über jenen Vortrag zu geben. Da ich jedoch inzwischen Gelegenheit genommen habe, zum Teil in Gemeinschaft mit Herrn Dr. Wahnschaffe, den weiteren Verlauf dieser grossartigen Endmoräne bis ins Mecklenburgische hinein, also nunmehr auf über zwanzig Meilen hin, zu verfolgen, so kann ich mir das Vergnügen nicht versagen, den Lesern auch hierüber zu berichten. Es wii'd , dadurch an dieser Stelle zum ersten Male ein Ueber- blick über dieses grossartige und unwiderlegliche Zeug- nis von der zusammenhängenden ehemaligen Eisdecke unseres engeren Vaterlandes gegeben*). Endmoränen sind bekanntlich die, vor dem stetig abschmelzenden Gletscherrande noch heute unter den Augen des Hochgebirgsbewohners sich bildenden bezw. vei'grössernden Hügel oder Kämme von Gesteinsschutt, zum Teil auch grossen Blöcken, welche das Gletschereis auf, in und unter sich mitführt. Ganz in derselben Weise mu-sste das skandinavische Eis der Diluvial-, Glaeial oder Eiszeit, welches einst von den skandinavischen Gebiigen heiab bis an die Deutschen Mittelgebirge hinan unser Vaterland bedeckte, falls es abschmelzend auf seinem Rückzuge irgendwo längere Zeit Halt machte, so dass an seinem scharfen Südende Nach- schub und Abschmelzen, wie beim Gletscher der Jetztzeit, in der Wage gehalten wurde, sich ein mehr oder weniger deutlicher Kamm, eine mehr oder weniger zusammen- hängende Linie von Schutt- und Steinhügeln bilden, welche diese zeitweise Südgrenze bezeichnet. In überraschender Weise hat sich diese immer wieder von den verschieden- sten Seiten angezweifelte, noch in den jüngsten Tagen aufs entschiedenste geleugnete Steinmoräne nun derartig verfolgen lassen, dass sie in ihrer Längenausdehnung bereits auf dem kleinsten Kartenbilde Deutschlands zum deutlichen Ausdruck gebracht werden kann. Ich sage in überraschender Weise ; denn es ist, wie so oft hinter- fher, kaum glaublich, wie es möglich war, dass diese End- moräne in ihrer Deutlichkeit bisher übersehen werden konnte. Zwar ist ein Teil der Endmoräne unter dem Namen der Steinberge durch die Steinlieferungen für das Berliner Strassenpflaster aus der Gegend von Joachimsthal, von *) Eingehendere Nachrichten geben zwei im Drucke befindliche Abhandlungen über diesen Gegenstand im Jahrbuche der Kgl. Geolog. Landesanstalt für 1887. Chorin und von Liepe bei Oderberg bereits seit langem bekannt geworden und auch von Geologen vielfach besucht worden — hatte Berichterstatter doch selbst die Ehre den Deutschen Geologentag im Jahre 1880 zu einem der schön.sten Aufschlüsse des sogenannten Geschiebewalles bei Liepe zu fühlen — immer aber war es nur der innere Aufbau des Geschiebewalles, die Verschiedenartigkeit der Gesteine u. dgl. fast nie aber die eigentliche Längs- erstreckung desselben, welche Beachtung fand*). Zwar spricht ferner schon BoU, dessen Verdienst um die Geologie . Mecklenburgs unvergessen bleiben wird, im Jahre 1846 von mehreren Geschiebewällen, welche in nordwestlicher Richtung Mecklenburg und die Uckermark durchsetzen und werden seine Angaben nunmehr in ge- wissem Grade glänzend gerechtfertigt. Aber diese An- gaben sind doch auch wieder so unbestimmt, vermengen so oft den grösseren Geschiebereichtum einer Gegend mit Anhäufungen von Geschieben zu einem wirklichen Geschiebewall und umgekeln-t, ja ziehen ganze Feldmarken, welche als steinarm bezeichnet werden können, in die Streifen hinein, während andere, durch welche der Stein- rücken hindurchzieht, ausserhalb liegen bleiben, dass man sieht, auch er hat nie den Geschiebewall als eine schmale, fortlaufende Endmoräne wirklich verfolgt, sondern zum grcssen Teil auf Mitteilungen ortskundiger Bewohner über besonderen Steinreichtum einzelner Gegenden, wie solcher in der Nähe der Endmoräne vielfach bemerkbar wird, mehr oder weniger breite Streifen erkannt, welche einiger- massen gleichlaufend das Land durchsetzen. Die aus dem beigegebenen Kartenbild ersichtliche Erstreckung der Endmoräne von Oderberg bis Strelitz, zum Teil mit einer zweiten ein paar Meilen dahinter gelegenen voji Gerswalde bis Fürstenwerder und bezw. Wendorf bis Neuhof bei Feldberg, ist nun endlich das Ergebnis thatsächlicher Beobachtungen, wie ich sie teils im vorigen Herbste, teils in diesem Frühjahr zunächst allein, hernach zum Teil in Gemeinschaff mit Dr. Wahnschaffe gemacht habe. So hatte ich im vorigen Herbste Gelegenheit, den Verlauf der Endmoräne aus der Gegend von Oder- berg und Liepe über Kloster und Doif Chorin bezw. Chorinchen bis Senftenhütte mit einer Rückbiegung bis in die Gegend von Schmargendorf und zurück, vorbei an Amt Grimnitz, bis Alte Hütte, sowie weiter über Joachims- thal, Friedrichswalde und Ringenwalde, mit einer aber- mahgen Rückbiegung nach Alt-Temmen zu, und weiter bis Gross- und Alt-Kölpin in ununterbrochenem, mit der jedesmaligen Oberfläche auf- und absteigenden Zuge volle 8 deutsche Meilen oder etwa 60 km genauer zu verfolgen**). Die Breite des Geschiebewalles oder der eigent- *) Prof. Remele in Eberswalde, Bergassessor Busse, in seiner derzeitigen geognostischen Arbeit zum Bergreferendarexaraen, und Dr. Heiland in Christiania waren bisher die einzigen, welche mit mir für die Endmoränennatur des bisher bekannten Teiles des Qeschiebe- walles eintraten. **) Siehe die demnächst erscheinende Abhandl. im Jahrb. d. Kgl. Geolog. Landes-Anstalt für 1887. 132 Naturwissenscliaftliche Woi-hi^nsclirift. Nr. 17. liehen Endmoräne sehwankt auf diese ganze Erstreckung hin in der Hauptsache nur zwisclien 100 und 400 m. Das Doppelte, also 8 — 900 m, erreichende Verbreiterungen kommen nur ganz vereinzelt an zwei Stellen, einerseits bei Senftenhütte, andererseits bei Ringenwalde vor. Was die Höhe dieses Kammes oder der einzelnen ihn zuweilen zusammensetzenden Kegelberge betrifft, so überragen sie ihre Umgebung um durchschnittlich etwa 5 — 10, abei- anch zuweilen bis 20 m mit mehrfach 35 und 40 Grad erreichendem Böschungswinkel. Ihre innere Beschaffen- heit lassen schon oberflächlich die zuweilen diclit bei dicht aus der Gras- und Moosdecke des sie vielfach bedecken- den Waldes hervor- blickenden oder nament- lich kleine Kuppen und Vorsprünge unverhüllt bildenden Geschiebe- blöcke erkennen. Auf- geschlossen und bis auf eine Tiefe von 8 und 10 m aus richtiger Stein- packung bestehend, in welche nur untergeordnet eine Mergel- oder Sand- bank eingelagert ist, zeigen diese innere Be- schaffenheit der End- moränen alle die zalü- reichen Steingruben einerseits bei Joachims- thal, andererseits bei Senftenhütte und Chorin- chen und drittens in der Gegend von Liepe und Oderberg. Ueberblickt man den soeben angedeuteten Verlauf des Ge- schiebewalles an der Hand des beigegebenen Kärtchens genauer, so sieht man, dass man es auf der in Rede stehen- =-■"■'=•="•"'"• ^üEnomo™« den Strecke mit zwei grossen gegen W. bezw. WSW. vorgeschobenen bogenartigen Ausbuchtungen der grossen Endmoräne zu thun hat, innerhalb welcher, also gegen O. bezw. ONO., der Geschiebemergel, die alte Grund- moräne, in der Hauptsache die Oberfläche bildet, während ausserhalb der Bogen weite, anfangs wellige, weiterhin zum TeU völlig ebenflächige und nur von aufgesetzten Dünenkämmen durchzogene Sandflächen, nach Art der aus Island vor dem Eise bekannten Sandes, sich vorlegen. Diu-ch solche Sandüberschüttungen auf längere Strecken verhüllt und nur in seinen höchsten Kuppen hervorragend setzt nun der bei Alt-Temraen beginnende und bis Gross- und Alt-Kölpin in seiner Moränennatur scliön ausgeprägte dritte Bogen, an Kieuzkrug, Kloster- walde und Wartlic vorbei foi't. Nordwestlich Warthe bei Malllendorf, wo die Endmoräne über die Senke des Küstrin- und des Boitzenburger Haus-Sees setzt, verliert man auf kurze Strecke ihre Spur, findet dieselbe jedoch schon westlich Brüsenwalde wieder, westlich an Thomsdorf vorbei, wo sie längs des sogenannten Alten-Grundes bei Charlottenthal und im Priesterholze die volle Deutlichkeit wiedererlangt, geht sie auf kurze Strecke in der Halbinsel nordwestlich Thomsdorf in eine breitere Steinbeschüttung über, taucht dann aber bei Karwitz in voller Urwüchsig- keit aus dem gleichnamigen See wieder auf, um in ge- schlossenem Zuge und südbaltische Endmoräne scharf nördlicher Rich- tung in die grossherzog- lich mecklenburgische Porst Hullerbusch ein- zutreten. Ja die kammartige Ausbildung der End- moräne kommt hier so- gar in dem Grade zur Erscheinung, dass man sich in der Mitte des Hullerbusch mit dem Fahrwege auf einem kaum mehr als 30 Schritt oder 20 m breiten, beider- seits steil abfallenden Kamme befindet. Während nun , gerade von dieser schmälsten Stelle aus, einerseits eine Fortsetzung in nordöst- licher Richtung auf Wittenhagen zu zu ver- folgen ist, auf die ich demnächst zurückkomme, setzt die eigentliche älteste Moräne, einen vierten Bogen beginnend, spitzwinklig zurück / ///o«-.eitig. fi.ci.ok.. G., .. M poil ,J^,■ch deu Schmalcu Luzin See, welcher hier nicht nur seine schmälste, sondern auch, durch Steingeröll bekannte, flachste Stelle hat, er- scheint auf etwa Vs Meile südhch Feldberg dui'ch deut- liche Wasserwirkung in eine Reihe ziemlich kegeliger, flacher Hügel zerlegt, setzt dann aber längs des Feldberg- Neuhöfer Weges in gesclüossenem Kamme und fast genau westlicher Richtung zur Lüttenhagener Forst fort. Die Ausbildung der Moräne hier beiNeuhof als schma- ler, im Ganzen vielleicht 50m breiter, nur mit Schleh- dorn und Besenginster bewachsener Steinwall mit- ten im fruchtbaren Felde, ist so in die Augen sprin- gend, dass es kaum verständlich ist, wie sein Bekanntwerden gerade den Geologen so lange sich hat entziehen können. Nr. 1- Natni'«'isspn>;(ii;iftliche Wocliensclirift. 133 Der in genau westlicher Richtung in der genannten Forst beginnende sogenannte Herrenweg läuft sodann etwa eine lialbe deutsehe Meile unmittelbar auf dem Rücken der Moräne entlang und trägt, nach Aussage der Leute, seinen Namen davon, dass anfänglich bevor die Steine allmählich zu Steinmauern beiderseits aufgepackt waren, höchstens Herren im stände waren zum Besuche der prachtvollen Buchenwaldung, der sogenannten Heiligen Hallen, Pferde und Wagen auf demselben aufs Spiel zu setzen. Hinter einer sandigen Unterbrechung am Dolgener Teerofen Hess sich der Geschiebewall der Endmoräne sodann durch die Warsberge, über die Steinberge bei Goldenbaumer Mühle und zwischen dieser und dem Dorfe Goldenbaum stets in westlicher Richtung aufs schönste weiter verfolgen bis in die Gegend der Willerts- oder Judenmülüe. Jenseits derselben biegt die Endmoräne, etwa eine Meile vor den Thoren von Alt-Strelitz, ziem- lich scharf wieder nördlich über den Aussichtsturm und das Denkmal beim Schweizerhaus und verliert sich, nach Aussage des dortigen Försters, nach Dianenhof zu, um wahrscheinlich, ähnlich wie zwischen Fürstenwerder und Feldberg, vor dem noch breiteren durch die dortigen grossen Seen gekennzeichneten Schmelzwasser-Abfluss von Alt- und Neu-Strelitz abermals auf eine Strecke aus- zusetzen. Kehren wir jetzt noch einmal zu jenem flachen, mittleren Bogen von Warthe, zwischen Feldberg einer- seits und Alt-Temmen andererseits, zurück, so sehen wir demselben parallel, etwa zwei Meilen nordöstlich zurück- gelegen, einen zweiten ebenso flachen Endmoränenbogen verlaufen und erkennen hier mit Leichtigkeit die Ursache des scheinbar geringeren Zusammenhanges des Moränen- kammes von Warthe. Haben wir es doch bei letzterem oifenbar mit der eigentlichen ersten Endmoräne zu thun, welche von dem der Zeit nach späteren Eisrande der Fürstenwerder — Gerswalder Endmoiäne aus zum Teil mit Sandmassen überschüttet oder durchwaschen wurde. Diese zweite Endmoräne, welche sich in der Hauptsache immer längs der, nur einmal von dem Tliale des Boitzenburger Fliesses oder sogenannten Stromes unterbrochenen, fast nördlich streichenden Hauptboden- erhebung verfolgen lässt, beginnt schon nördlich der etwa meilebreiten Gerswalder Senke zwischen Gerswalde und Buchbolz deutlich in die Erscheinung zu treten. An- fangs die eigentliche Höhe der genannten Hauptboden- erhebung beherrschend, bleibt sie in der Folge mehr auf dem westlichen Gehänge und wird von dahinter liegenden Sandkämmen noch üben-agt. Nördlich Hasleben vorüber noch in einem einfachen Kamme, beginnt sie sich schon vor dem Boitzenburger Thale in mehrere ParalleLketten zu spalten, welche nach der Unterbrechung des Thaies in der grossen Zenveliner Forst westlich Berkholz und Naugarten nach den Beobachtungen Dr. Wahnschaffe's zu vollster Entwickelung kommen. Die von dem Ge- nannten ausgeführte Kartenaufnahme der Sektion Boitzen- burg, deren nordöstliche Ecke die Endmoräne durch- setzt, verzeichnet hier sechs deutlich unterscheidbare Hauptkämme und einige Nebenkämme. In der Gegend des Forsthauses Zerwelin, südlich Arendsee, westlich Naugarten, wo ich in diesem Früh- jahr in Gemeinschaft mit Dr. Wahnschaffe die Beobachtungen wieder aufnahm, haben sich diese Para- lellkämme jedoch bereits wieder zu einem schmalen, kaum mehr als 100 m breiten Walle vereinigt, welcher nun nur auf kurze Strecken oberflächlich mit Sand bedeckt oder von, nach Westen ihn durchquerenden Wasserzügen unterbrochen, sich mit seiner Steinfülle über Arendsee (südwestlicher Rand des Parkes) an Parmen vorbei über die Parmener Mühle und Schulzenhof bis unmittelbar vor das Südthor von Fürstenwerder verfolgen lässt und hier verläuft. Dass letzteres in der That der Fall ist, zeigt sich schon etwa 7* Meile südlich Fürstenwerder, wo er nur noch eine 1,50 m mächtige Geröll- imd Geschiebebeschüt- tung auf dem Geschiebemergel ausmacht, welche bei genanntem Städtchen selbst sogar auf 0,5 in zusammen- schmilzt. Nördlich von Fürstenwerder bis Woldegk und bis Idnauf auf die Höhe des den baltischen Höhenrücken hier beherrschenden Helpter Berges überschreitet man fast nichts weiter als die welhge Fläche des gewöhn- lichen, sogar als verhältnissmässig fett und steinarm zu bezeichnenden Geschiebemergels. Erst nach einer, ungefähr eine deutsche Meile breiten Unterbrechung, in welcher eine Anzahl grosser Seen unschwer einen Hauptabfluss namhafter Schmelzwasser des alten Inlandeises, und gleichzeitig der Blockreichtum der echten Moränenlandschaft zwischen Wrechen und Neugarten auch wieder die Fortsetzung erkennen lassen, beginnt die Endmoräne in fast gleich unscheinbarer, der Hauptsache nach nur in einer dünnen Beschüttung des Geschiebemergels bestehenden Weise, wie sie bei Füi'sten- werder geendet hat, genau westlich bei Wendorf von neuem. Schon eine halbe Meile weiter südUch ist sie jedoch wieder unverkennbar, setzt in fast genau nord- südlicher Richtung mit deutlicher Unterlagerung durch den Geschipbemergel , durch den Breiten Luzinsee, ver- breitert sich dann zwar namhaft bei Tornowshof und Wittenhagen, wodurch sie an wallartiger Erscheinung einbüsst, gewinnt aber südlich genannten Dorfes im sogenannten Hullerbusch diese Ausbildung in solchem Masse wieder, dass bereits oben auf die besonders schmale und scharfe Kammausbildung in dieser Gegend des An- schlusses an die erste Endmoräne aufmerksam gemacht werden musste. Es wird nun in der Folge Aufgabe des Geologen sein, die beiderseitige Fortsetzung sowohl nach Westen wie nach Osten aufzusuchen. Nach Westen, für Mecklen- burg, geben dazu die bereits erwähnten Mitteilungen Bolls über die nordwestliche, besser westnordwestliche Richtung der durch Geschiebereichtum ausgezeichneten Landstriche, sowie das in dem vorUegenden Uebersichts- 134 Natiii-wissen.scliaftliclie Wochenschrift. Nr. 17. kärtchen gebotene Bild der eigentümlichen Art des Ver- laufes der Endmoräne den besten Anhalt. Oestlich der Oder dagegen, bis zu welcher der Geschiebewahl sich von Oderberg an in einem Bogen bis Lunow noch ver- folgen liisst, während Geschiebeanhäufungen auf der Oderinsel bei Brahlitz auch in dieser Richtung ein Fort- setzen vermuten lassen, fehlt es dagegen bisher noch an jeder sicheren Nachiicht. Zu vermuten ist, dass die Hauptstreichrichtung der Endmoräne, die auch hier sicherlich nicht fehlt, dem geänderten Streichen der poniraerschen Seenplatte ent- sprechend, ebenfalls eine mehr östliche beziehungsweise ostnordösthche Richtung annimmt. Gewaltige Geschiebe- anhäufungen, echte Steinpackung, wie ich sie gerade auf den höchsten Kuppen der Gegend von Bublltz schon vor Jahren zu beobachten Gelegenheit hatte, deuten darauf hin und bieten zu recht baldiger Auffindung die beste Aussicht. Kleinere Mitteilungen. Aus der Hygiene. — 1. Ueher den Einfiuss der Getmss- mittel auf die Mai/envcrdaKung hat Herr A. Henczynski, Assistenz- arzt der Rostocker Medizinist:hen Klinik neuerding-s Versuche angestellt, indem er nach vier Stunden den Magen von rersoneii aus- pumpte, welclie gewisse Speisen in Verbindung mit Genussmitteln zu sich genommen hatten, und dann den unverdauten lüickstand untersuchte. Die Versuchstabellen hat der Genannte in einer Inau- guraldissertation (Rostock 1887j niedergelegt. Wir entnehmen der grossen Reihe von Untersuchungen folgende Ergebnisse. 1) Wasser übt in einem (Quantum bis zu 650 y einen merklichen Eintluss nicht aus 2) Alkolische Lösung in massiger Konzentration von ca. 4% und in massiger JMenge — bis zu ^/^ l — hat, wenn auch keine direkt befördernde, so doch sicherlich keine hemmende Wirkung, da- gegen verzögert sie in einer Konzentration von IO^/q schon merklich, in einer solchen von SU"/,, sehr erheblich die Verdauung. 3) Dem Biere ist, bis etwa % l getrunken, eine gleiche Wirkung wie einer schwachen alkoholischen Lösung zuzuschreiben. Bei mangelhafter Magenbewegung befördert es sogar die Verdauung. 4). Rotwein, bis zu i,'.2 / einverleibt, steht dem Biere gleich. Weisswein wirkt liefördernd. 5j Am günstigsten auf die Verdauung wirken Kaffee luid Thee und (bei Rauchern) massiges Rauchen, während starkes Rauchen die Verdauung verzögert. 2. Einem Vortrage M. v. Pettenkofer's, geh. in der bayer. Akademie der Wissenschaften (Sitzungsber. 1887, 11, 179—194), womit die Hauptresultate einer von dem Doc. Dr. Lehmann im hygienischen Institute ausgefülu'ten Untersuchung ,,über Gesundheits- schadlichkeit mehrerer hygienisch und technisch wichtiger Gase und Dämpfe" dargelegt werden, entnehmen wir folgendes: Die gewöhn- lichen currenten Anschauungen , welche , in Mer Litteratur über die Menge gewisser schädlicher Gase, welche, in der Ateraluft vorhan- den, schon Gefahr bringen, sind von der Wahi'heit weit entfernt und bedürfen sehr der Berichtigung. 1) Salzsäuredampf. Schon 0,1 pro mille erzeugt bei Kaninchen, Katzen etc. lebhafte Unruhe, Speichel- und Kasensekretion; bei 1,5 bis 2%o treten Dyspnoe, Thränen, Canjunctivitis und Trübung der Cornea auf und sekundäre Katarrhalpneumonien führen oft zum Tode. Der Mensch scheint noch empfindlicher gegen HCl zu sein, als die Tiere. 2) Amoniak. Die Wirkung ist in mancher Beziehung ähnlich, nur schwächer als bei HCl. Lehmann giebt nach Versuchen an Menschen und an Tieren 0,3''/ix, als Grenze für die Gesundheitsschädlichkrit und hält 0,5''/(X) für die äusserste bei Gewöhnung längere Zeit zu ertragende Konzentration für Menschen. 2,5 bis 4^/00 geben bei mehrstündiger Einwirkung Anlass zu gefähi-lichen Lungenentzündungen! 3) Chlor. Schon sehr- geringe Mengen (0,01 "/oq) bringen Reizsymptome in den Atmungsorganen hervor; 0,015 bis 0,030/00 lebhafte Reizsymptome, Bronchitis, katarrhalische I'neumonien. Gaben von 0,04 bis 0,06 "/qq sind lebensgefährlich; 0,6 "/o^ tütet rasch. 4) Brom wirkt genau wie Chlor. Die Angaben in Büchern (z. B, in Hirt's Gewerbekrank- heiten) überschreiten die zuläs-sig^en Mengen von Amoniak Chlor und Brom um das 100-, ja lOOOfache. 5) Schwefelwasserstoff. ' Die grosse Giftigkeit von Hp ist allgemein bekannt; doch wird sie ge- wöhnlich höher angenommen, als die von Cl und Br, was sich aber nicht bewahrheitet. Dosen von 0,7 %o wirken tötlich. 6) Schwefel- kohlenstoff. Verschiedene Schwefelkohlenstoffe erweisen sich als verschieden giftig. Während einer si^hon bei einem Gehalt von 0,2 mg in 1 / Luft sehr- heftig wirkte, verm-sachte ein aus einer anderen Quelle bezogener bei 0,84 mg in 1 l Luft keine ernsteren Symptome. 7) Anilin und N i t r 0 b e n z 0 1. Anilin, in 0,84 mg in 1 1 (=0,10/00 des Volums) zeigen sich schon gefährlich. Katzen und Menschen sind dafür fast gleich empfänglich, Kaninchen und Meer- schweinchen dagegen merkwürdigerweise fast unempfindlich. Nitro- benzol scheint dui-ch die Lungen nur sehr- wenig aufgenommen zu werden, anders verhält es sich dagegen, wenn es vom Magen aus verabreicht wird. Pettenkofer spricht am Schlüsse seines Vortrages die Meinung aus, dass die Schädlichkeit der genannten Gase und Dämpfe nicht liloss auf lokalen Veränderungen des Blutes berulien, sondern auch auf Wirkungen auf das Nervensystem und namentlich seine Centralorgane. Weiterhin scheint festzustehen, dass, je höher ein Organismus entwickelt ist, desto empfindlicher er für schädliche Gase und Dämpfe ist. Bakterien ertragen giftige Gase in der Luft so lange und in so grosser Menge, wie sie für Menschen und warm- blütige Tiere sieher und in kürzester Zeit tötlich sind. Das .sei auch vielleicht der Grund, warum gerade der lyiensch in seiner Woh- nung eine reinlichere Luft braucht als alle seine Haustiere. Dr. Ackermann. Biber an der Elbe. — Oberhalb Ranies am Gegenwehrs- berg unweit Schönebeck a. E., Provinz Sachsen, haben sich seit Mitte März etwa 30 Biber eingefunden, die in Ermangelung von Burgen vorläufig in dem den Eibdamm bekleidenden Buschwerke Schutz suchen. Gegenwärtig beginnen sie den Damm zu unter- wühlen, so dass dieser leicht gefährdet werden kann, weshalb es fraglich erscheint, ob man die Gäste auf die Dauer wird dulden dürfen. Für den Zoologen und Naturfreund ist diese in Nr. 30 des Weidmann (Jahrg. 1888) sich findende Notiz von hohem Interesse. Der Biber ist in Deutschland eine ausserordentlich seltene Erschei- nung, und es ist daher sehr erfreulich, zu hören, dass sich noch eine Gesellschaft von 30 Stück dieser Tiere zusammenfindet. Leider giebt es in denjenigen Gegenden, wo noch Biber \'orkommen, Leute, welchen es ruhmvoller erscheint, die seltenen Tiere zu erlegen als zu ihrer Erhaltung dm-ch Schonung beizutragen. So wird in Nr. 28 der oben genannten Zeitschrift gemeldet und — wie wir mit Genug- thuung lasen — getadelt, dass zwei Jagdberechtigte hei Griebo in Anhalt zwei Biber an der Elbe erlegten. Die anfangs erwähnten Biber werden möglicherweise durch Hochwasser veranlasst worden sein, ihre bisherige Heimat zu verlassen. H'oft'entlich gelingt es ihnen, neue Wohnsitze zu finden, an welchen sie ungestört ihr Da- sein fristen können. Dr. E. S. Bildung von Haarsilber. — Opificius (Chem. Ztg. 1888, 649) macht darauf aufmerksam dass man durch Glühen von pulvri- gem Schwefelsilber im Wasserstoffstrom das Silber in Form feiner Haare erhält, die aus der Masse emporschiessen. Es entsteht zuletzt ein dichter Wald von centimeterlangen feinen Fäden metallischen Sübers. Wendet man das Schwefelsilber in Stücken an, so dauert die Reduktion etwas länger, aber man erhält stärkere Fäden von Silber, darunter Exemplare von 7 cm Länge und 2—3 mm Dicke. Man kann auf diese Weise dem natürlichen dendrytischen Silber ähnliche Bildungen künstlich darstellen. Steine mit passenden Ver- tiefungen werden mit dem Schwefelsilber im Wasserstoft'strom erhitzt. Die entstehenden Silberfäden schmiegen sich genau den Vertiefungen des Steines an. Durch Erhitzen im Kohlensäurestroni wird das SUber aus Schwefelsilber in derselben Form genommen. Die grös- seren Fäden wachsen dabei entgegengesetzt zur Richtung des Gas- stromes. Wie Schwefelsilber verhält sich auch Kupfersulfür, welches schon ausgebildetes Haarkupfer liefert. Diese Versuche sprechen für die Annahme, dass das in der Natur vorkommende haarfürmige Silber aus Schwefelsilber entstanden sei. Dr. M. B. Wirkungen des elektrischen Stromes auf feine Wagen. — Da feine Wagen oft durcli geringe Wirkungen sehr stark beein- flusst werden, sei es dm-ch kleine Temperatm-schwankungen oder geringe Erschütterungen u. dgl. , so ist auch die Frage berechtigt, inwieweit dieselben — da sie Eisen oder Stahl enthalten, — durch elektrische Ströme in ihi-er Empfindlichkeit gestört werden. Da ver- • schiedene amerikanische Fabrikanten, so schreibt die Centralzeitung für Optik und Mechanik, die Einführung des elektrischen Lichtes in ihren Fabriken abgelehnt haben, weil sie von dem elektrischen Strome eine nachteilige Einwirkung auf ihre Wagen fürchteten, Nr. 17. Natiirwissenscliaftliche Wochensclirift. 135 so liat (i. 11. Torrey in Xew-Voik eiiif Uiitersiiihiiii!; iibrr ili-niitisri' Eintliissf ann:estellt. Zu diesem Zweeke .stellte er l'räei.sionswa'.fen in der Niihe sehr starker Ströme auf und liemühte sich, etwai^^e VeräiiderunLren an denselben zu entdeeken. Doch hat er iiiehts tiudeii können, was den vermuteten l'^intluss naehsrewiesen hätte 1 Die Wuijen enthielten nur sehr wenitr Kisen oder Stahl. Um sieh zu verge- wissern, weli'hen Kinrtuss der Strom auf Waijeu mit frrüsseren Risen- teilen hat, le;;te Torrey ein Stück Kisen in eine Wag-schale und brachte einen stromdurclitlosscnen Leiter in die X:ihi> desselben. Der nierUliare Kintluss entstand erst, als die Entfernung' des Eisens vom Tjciter auf •'! mm vermindert worden war. Aus diesen Untersuchuns'en geht hervor, dass die Strome de» IJeleuchtung-sanlan^eu einen EinHuss auf die Pracisionswagen nicht haben kiinnen. A. G. Veränderungen auf der Oberfläche des Mars. — Unter allen Planeten ist iMars unstreitiir der interessanteste, nicht nur weil er schon Nr. 18. Natiirwissenscliaftiiche Wochensclinft. 139 das Tierclien nur einige Augenblicke zu betraclilen wagte, aus Furclit, es zu stören. Er liatte die Geduld, bis zum l'olgenden Tage zu warten und dann von neuem naeli- zusehen. Da liatte er die Freude, zu sehen, dass die junge Larve sich deutlich ausgedehnt hatte. Am 31. Juli hatte sie sich zum ersten Male gehäutet. Dieselben l^eobachtungen wurden an mehreren Larven gemacht, welche in die Zellen von.Osmia gesetzt waren; es waren im ganzen zehn Larven, welche nunmehr Aussicht auf weitere Entwicklung gewährten. Die mit Megachilehonig gefütterte Lai've war am 4. August schon 6 mm lang. Aber, sie war mit ihrem Vorrat an Honig ungefähr zu Ende gekommen und es wurde ihr eine halbe Honigzelle von Osmia geieicht und sie darin in eine Glasröhre ge- sperrt, deren Grund mit Erde angefüllt war. Nach zwei Tagen war auch das neue Futter veizehrt. Die Larve mass jetzt 10 )iii)i. Eine weitere halbe Honigzelle von Osmia war gleichfalls nach zwei Tagen ausgeleert. Da- nach häutete sich die Larve zum zweiten Male und war 14 nun lang. Es war am 10. August. In zwölf Tagen hatte die Länge der Larve, nachdem sie die erste Nah- rung bekommen, um 13 mm zugenommen. Hiermit war sie auf der Höhe ihrer Entwicklung angelangt; denn am folgenden Morgen, als sie nicht mehr frei zu sehen war, fand sie sich am Grunde der Glasröhre, zusammen- gekrümmt in einer aus Erde angefertigten Zelle liegend. Sie verwandelte sich jetzt nach einer nochmaligen Häutung in die Pseudonymphe, um zu überwintern. Letztere ist von strohgelber Farbe, kurz kahnförmig, mit drei Paar kurzen Beinen, Antennen und sehr reduzierten, kurze Stummel bildenden Mundteilen versehen. Sie verbleibt den Winter über in absoluter Rulie bis ziun Frühling. Alsdann tritt sie nach einer Häutung wieder in gewöhn- licher Larvenform auf, um sich wie andere Käfer in eine Nymphe und dann in das vollkommene Insekt zu ver- wandeln. Also ausgerüstet mit der Kenntnis der verschiedenen Verwandlungsstadien der Cantharis reiste Beauregard im Oktober nach Aramon, einem kleinen Dorfe bei Avi- gnon, wo die spanischen Fliegen jedes Jahr sehr häufig sind, und woher er auch im Juni die lebenden Tieie be- kommen hatte. Anfangs wurde hier und auch bei Seri- gnon nichts gefunden. Schliesslich aber fand sich bei Aramon eine sandige Böschung, welche wie ein Sieb durchlöchert und wie ein Schwamm von den Minirgängen unterirdisch lebender Bienen durchzogen war. Die Böschung wurde umgegraben und untersucht. In der Tiefe eines Metei's fand sich endlich eine Pseudonymphe, nur eine einzige; sie hatte alle Charaktere von derjenigen der Canthaiis. Aber zugleich wurden gegen hundert Stück einer Art kleiner eiförmiger Puppen gefunden, welche gelbbraun und dem Entdecker ganz unbekannt waren, der aber mit dieser freilich geringen Ausbeute nach Paris zurückkehrte, letztere bestmöglichst unterbrachte und den Frühling erwartete. Die Pseudonymphe, welche derjenigen von Cantharis so ähnlich sah, lieferte Cerocoma Schreberi; die kleinen eiförmigen Körporchen Stenoria apicalis, die auch zu den Vesicantien gehört. Die Entwicklungsgeschichte dieser beiden Arten war bisher noch unbekannt. Die Hyme- nopterenart, bei der sie ihre parasitische Lebensweise führten, war Colletes signata. Im Dezember 1884 reiste Beauregard wiederum nach Aramon, um dort seine Eidarbeit fortzusetzen. Zwei Pseudonymphen wurden gefunden, welche deijenigen der Cantharis glichen. Diese wurden unter Beobachtung grösster Vorsicht mitgenommen und entwickelten sich, zur Genugthuung ihres Finders, im folgenden Frühling zu Larven, die nach ihrer Umwandlung in Nymphen die offizineile Cantharis lieferten. Beauregard hatte auch diese Pseudonymphen in Zellen von Colletes signata gefunden, einer kleinen Bienenart, welche zu lausenden ihre Nester in der Erde einige Meter von der Oberfläche entfernt baut. Es war kein Zweifel, dass der Honig dieser Zellen den Larven zur Nahrung gedient hatte, seitdem wir wissen, dass der Honig ihre Nahrung bildet. Die Kleinheit der Zellen gestattet den Schluss, dass sie nacheinander mehrere Zellen angreifen. Zudem liegen immer mehrere Zellen, fünf oder sechs, zusammen. Dass die Cantharislarven im natürlichen Zustande aber auch in den Nestern anderer Bienenalten schmarotzen, wie schon die obigen künst- lichen Zuchten nicht unwahrscheinlich machen, bewies demnächst eine direkte Beobachtung. Denn es wurden Pseudonymphen von Cantharis in der Nähe von Zellen einer grossen mit Meliturgus verwandten Imme gefunden, und ebenso entwickelte sich eine Cantharis in einem Tu- bus, welcher Megacliilezellen enthielt. Die Entwicklungsgeschichte der Cantharis vesicatoria lässt sich demnach in folgender Weise zusammenfassen: Die Eier werden in die Erde gelegt; die daraus hervorkommenden Triungulinen graben sich Dank ihrer Behendigkeit in den Boden ein und suchen nach Zellen unterirdisch lebender Bienen. Sicher werden die Eier von den Käfern in die Nähe solcher Honigzellen gelegt; wenn nicht, und wenn der Triungulin stirbt, bevor er seinen Lebensunterhalt gefunden hat, so genügt die Zahl der Eier, welche jedes Weibchen legt, um in jedem Falle einige Nachkommenschaft zu sichern. Wenn der Triun- gulin die gesuchten Zellen von Colletes, Meliturgus oder Megachile gefunden hat, verzehrt er den Inhalt dieser Zellen und häutet sich unterdessen einige Male. Als- dann, ohne in einer Bienenzelle zu verbleiben, wie die Larve von Meloe und Sitaris, verlässt er dieselbe, gräbt sich in den Boden ein, häutet sich nochmals, worauf sie zur Pseudonymphe wird und überwintert in diesem Zu- stande. Dieses beständige Leben in der Erde erklärt die frühere Hyiiothese, dass die Cantharislarven von Pflanzenwurzeln lebten. In der That kommt auch erst das entwickelte Insekt aus der Erde hervor. Die Cantharis lebt also parasitisch bei mehreren Hymnenopterenarten aus der Gruppe der einsam lebenden 140 Natui-wissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 18. Bienen, und diese Thatsache bring-t sie Meloe und Sitaris nahe, entfernt sie aber von Epicauta, welche Gattung früher häufig mit Cantharis (Lytta) vereinigt wurde. Da von amerü^anischen Epicautaarten bekannt ist, dass sie als Larve in Locustidennestern leben^ so galt es, die noch unbekannte Lebensweise einer europäischen Art dieser Gattung, Epicauta verticalis, zu untersuchen. Beauregard beschäftigte sich also nunmehr mit der Aufzucht der Larven der europäischen Epicauta. Er bekam die Larven aus Eiern von Käfern, die er lebend zu Hause hielt. Das Glück war diesem Forscher auch in diesem Falle günstig. Anfangs gab er den aus- geschlüpften Larven ein Eiernest der Gottesanbeterin, Mantis rehgiosa, und hatte das Vergnügen, dass sich die kleinen Larven nicht zweimal bitten Hessen und mit Appetit die Eier verzehrten. Danach nahmen sie auch die von anderen Orthopteren (Dasypoden) gelegten Eier an. Die Larven gediehen gut, und alle Entwicklungs- stadien wurden erzielt. Es war nun festgestellt, dass der einzige europäische Repräsentant von Epicauta dieselbe larvale Lebensweise hat, wie die amerikanischen Arten. Dies genügt, um diese Gattung von Cantharis zu unterscheiden. Der französische Forscher hat somit die Kenntnis der Entwicklungsgeschichte der Vesicantien um vier typische Beispiele vermehrt. Er hatte das eigentümliche Glück, eine wahrhaft merkwürdige Anomahe aus der Welt zu schaffen. Ein weltbekanntes Insekt, seit Jahr- hunderten gebraucht, über einen grossen Teil Europas verbreitet, erschien jedes Jahr in grossen Scharen, ohne dass es möglich war, zu wissen, woher es kam. Es kommt aus der Erde, hiess es; und das war alles, was man wusste, bis auf Lichtenstein, welcher versuchte, den Schleier zu heben. Aber erst Beauregard gelang es, diesen Punkt der arzneiwissenschaftlichen Natur- geschichte vollends aufzuhellen. Die Publikationen des letztgenannten Forschers finden sich in den „Comptes-Rendus" der Pariser Aka- demie der Wissenschaften (Band 99, 1884; 100, 1885 und 101, 1886); im Auszuge auch in den „Annales" der französischen P^ntomologischen Gesellschaft (6. Ser., 5. Band p. 118 — 119) und in den „Annais and Magazine of Natural History" (5. Ser., 16. Band p. 74ff.); schliess- lich ein Resume in dem „Journal de Pharmacie et de Chimie" (Paris 1888). Ueber Verwendung des Torfs. Von R. Eaab, Königlich Torf ist in erster Linie Feuerungsmaterial. Die Hausfrauen werfen ilim vor, dass er leicht zerbröckele, einen hässlichen Geruch verbreite und eigentlich nur glimme. Jene Uebelstände haften nur dem gewöhnlichen Torf, nicht aber dem steinkohlenartigen Presstorf an, der aus gestochenem und mit Messern zerschnittenen Torf durch Maschinen gewonnen wird und durch seinen Heiz- wert die besten Steinkohlen aus dem Felde schlägt. Er brennt wie Buchenholz mit gleichmässiger Flamme, voll- kommen geruchlos, und eignet sich für jeden Ofen. Als Brennmaterial verdienen auch Presstorf briketts*) und Pi'esstorfkoks Beachtung. Der letztere ist gepresster Torf, welcher in Meilern oder Koksöfen in Koks (Torf- kohle) verwandelt worden ist. Die Torfkolüe wird wegen ihrer Porosität, ähnlich wie Holzkohle, zum Entfärben von Flüssigkeiten, zur Entfuselung von Branntwein u. s. w. verwendet. Bei dem Verkohlen (Verschwelen) des Torfes destil- lieren Dämpfe und Gase ab, die sich zum Teil verdichten lassen. Aus dem hierbei erhaltenen Teer stellt man Photogen, Solaröl, Paraffin, Schmieröle, Asphalt dar. Diese Substanzen unterscheiden sich wenig von den gleich- namigen Produkten der Braimkohlendestillation. *) Das Dictionnaire de TAcadOmie giebt folgende Erklärung; „Briquette; Petita masse faite de houille, ou de tourbes. ou de tan qui sert de combustible". Hiernach darf man, obwohl als Briketts zuerst solches Brennmaterial auftrat, dem ein Bindemittel zugesetzt war, auch Kohlenziegel, Holzkohle und sogar Lohkuchen, dem französischen Sprachgebrauche gemäss, zu den Briketts zählen. Preussischer Post-Direktor Wenn man den Torf wie Steinkohlen in von aussen stark erhitzten Retorten bei gänzlichem Luftabfluss trocken destilliert, so bildet sich unter anderem auch Torfgas, für Heizung sowohl als Beleuchtung. Die obere Lage der Moore bis zu 1 m Tiefe, frülier ein lästiger, wegen seines Gehaltes an unzersetzter Pflanzen- fasei' zum Brennen unbrauchbarer Abraum, wird jetzt an der Luft getrocknet und zu Torf st reu und Torfmull verarbeitet. Die Torfstreu hat als Einstreu in Viehställe für die Landwii'tschaft eine hervorragende Bedeutung erlangt. Der Staub odei- Mull, wie er allgemein heisst, wird bei Bereitung der Torfstreu durch Siebwerke von der aus den Zerreissmaschinen kommenden Streumasse getrennt. Die Torfstreu ist ebenso wie der Torfmull ein leider bei weitem nicht gebührend gewürdigtes Desinfektions- mittel. Durch die Aufsaugungsfähigkeit des Materials wird jede Flüssigkeit festgehalten und ein Versickern in den Boden, welcher häufig zufolge der Durchlässig- keit der Senkgruben ein Herd von Miasmen ist, ver- hindert. Die Humussäure des Torfes bindet das Ammoniak. In einigen Städten — in Christiania schon vor dreissig Jahren — ist den Hausbesitzern die Verwendung von Torfabfällen zum Desinfizieren der Gruben durch i'olizei- verordnung vorgeschrieben. Möchte doch die in sani- tärer Hinsicht so aussei'ordentlich wichtige Massregel an vielen Ort^en Nachahmung finden und auch auf Schulen, Krankenhäuser, Kasernen und andere öffentliche Gebäude ausgedehnt werden! Nr. 18. Natunvissenschaftliclie Wacliensclirift. 141 Eine rülirig-e und segensreiche Tiiiitigkeit entfaltet der Verein zur Förderung der Moorlcultur im Deutschen Reiche, von welchem im Februar d. J. in Berlin eine Ausstellung, die erste dieser Art, veranstaltet wurde. Rittergutsbesitzer Ringau auf Cuniau (Provinz Sachsen) ist der Begründer einer rationellen Niedenings- moorkultur. Nach seinen Feststellungen lässt sich der kalkreiche Moorboden durch Bedecken mit einer Sand- schicht in ein Kulturmedium umwandeln, welches ledig- lich der Zufuhr von Phosphorsäure und Kali bedarf, um hohe Erträge an allen Früchten zu liefern. Als schlechter Wärmeleiter wird der Toifmull zur Ausfüllung der Doppelwände bei Eisschränken benutzt. In jüngster Zeit hat sich die Presse vielfach mit der Beraudine beschäftigt, welche ja die Damenwelt be- sonders- interessieren muss. Ich habe micli mit dem Erfinder direkt in Verbindung gesetzt und noch andenveit Erkundigung eingezogen, bin daher in der Lage, sichere Auskunft zu geben. Die Beraudine ist eine nach dem Erfinder benannte, dem Torf entnommene, präparierte, zum Verweben ge- eignete Pflanzenfaser, zu deren Fabrikation und Aus- nutzung sich in Maastricht (Holland) eine Gesellschaft H. Berauld Fils & Cie. gebildet hat. Den bisher un- benutzten und infolgedessen weillosen Grundstoff giebt diejenige Faser ab, welche den Torf wie eine Art Füll- haar einschliesst und die entfeint werden muss, bevor man den Torf als Brennmaterial verwenden kann. Das Herstellungs- Verfahren wird geheim gehalten. Die Gesellschaft beabsichtigt, nach und nach in Holland zehn Fabriken zu errichten, und lässt gegen- wärtig zwei grosse Fabriken in Italien und in Russland bauen. Nach dem mir von Berauld Fils & Cie. zugegange- nen Schreiben verkaufen sie die Faser nach fünf ver- schiedenen Nummern. Da der Verlust beim Spinnen ein höchst gering- fügiger ist, so erklärt sich die geradezu verblüftende Billigkeit der Beraudine-Stofle. Aus den Faser -Abfällen gewinnen Berauld Fils & Cie. einen Kohlenstofi", welcher das weit teurere Bein- schwarz beim Klären des Zuckers in den Zuckerfabriken ersetzt, und ein Oel für die Färbereien. Chemiker haben aus der Beraudine fluorescierende Farben in allen Schattierungen ausgezogen. Bedenken sind gegen die Beraudine als Spinnfaser laut geworden. Der niederösterreichisclie Gewerbeverein, Abteilung für Textil-Industrie , hat nach Untersuchung der Faser und einiger daraus erzeugter Stoffe ein wissen- schaftliches Gutachten abgegeben. Dasselbe bezeichnet die Beraudine als ein stark von l'itumen durchiränktes, spissiges, sprödes Material von voi-wiegend holzigem Charakter und gelangt zu ddii Schluss, dass sie nicht berufen sei, eine hervorragende RoUe unter den Spinn- fasern einzunehmen. Dem gegenüber habe ich hervor- zuheben, dass die von Berauld Fils & Cie. mir über- mittelten Proben eines aus Beraudine gewebten Tuchs an Festigkeit nichts zu wünschen übrig lassen und auch gut aussehen. Aus einem Stück gemusterten Tuchs habe ich ein Kleidungsstück anfertigen lassen, das unverwüst- lich zu sein scheint. Auch der an der Königl. landwirtschaftlichen Hoch- schule in Berlin unterrichtende Professor Dr. H. Grüner hegt kein Vertrauen zu der neuen Erfindung. Er schreibt mir u. a.: „Da die Torffaser als Zusatz zur Pappe sich nicht- eignet, diese also brüchig macht, so bezweifle ich die erfolgreiche Verwendung. Die von Berauld empfangenen Garne erschienen ziemlich grob und kann ich mir Halt- barkeit nicht vei'sprechen." Das freundliche Entgegenkommen der Aktiengesell- schaft für Torfstreu-Fabrikation vorm. Fedor Wolff & Co. in Bremen hat mich in den Stand gesetzt, den ganzen Entwicklungsprozess des Garnes aus der Torffaser zu überblicken. Das vor mii- ausgebreitete Bündel roher, der Torfstreu entnommener Fasern erinnert an einen zerzausten Lockenkopf, dessen ausgetrocknetes Haar jede Geschmeidigkeit eingebüsst hat. Das mir von der Ge- sellschaft zugegangene gefärbte, mit Wolle versetzte Garn ist ebenfalls recht massiv. Aus dieser „Grobheit" lässt sich doch aber nicht auf mangelhafte Haltbarkeit, sondern nur auf Derbheit des Gewebes ein Schluss ziehen. Mag sein, dass die Beraudine es mit anderen Spinn- fasern, namentlich mit der Baumwolle und Jute, in Bezug auf Qualität nicht aufnehmen kann. Selbst wenn alles, was Berauld Fils & Cie. mir von den feinen torfge-' borenen Damenkleidern erzählen, in das Reich der Fabel gehören, selbst wenn nur gröbere Waare aus dem Neuling emporspriessen sollte, will es mich bedünken, dass die Beraudine auch als Spinnfaser für torfreiche Gegenden eine erhebliche Bedevitung erlangen wird. Der niedrige Preis dürfte ihr die Unterstützung des Unbemittelten und in vielen Fällen die Ueberlegenheit sichern. Speziell für Holland, dessen Torfmoore nicht weniger als 216000 ha Oberfläche einnehmen, ist es doch wahrlich in volks- wirtschaftlicher Hinsicht von grosser Tragweite, dass durch die Ausnutzung des Berauld'schen Verfahrens der Wert der Torfländereien eine namhafte Steigerung erfährt. Auf der Berliner Ausstellung erregten Man- schettenknöpfe, Eierbecher, Cigarrenspitzen, Kegelspiele, Dosen, Thei'mometersäulen, Bilderrahmen, Briefbeschwerer, Dolche und Messer aus Torfmasse, sowie in Torf ge- stochene Wappen begreifliches Aufsehen. Das Material ist Presstorf vom Torfwerk Kolbermoor in Oberbayern, welchen der Verwalter Schill durch eigenartige Be- handlung in eine harte, feste Masse verkehrt. Die Hand des Drechslers oder Bildhauers verleiht die Gestalt. Apotheker Herold in Rosenheim hat ein Verfahi-en erfunden, aus Moorschlamra und zwei ihr Inkognito ge- wissenhaft wahrenden Helfei'shelfern allerlei ebenholz- schwarze Geräte hervorzuzaubern. Allerdings nicht wie beim Tischchen-decke-dich. Der Schlamm bedarf mehrerer 142 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 18. Wochen zum allraäliliclien Trocljnen unter beständiger Luftziiführung. Die von Henn Herold für mich be- sonders angefertigten und mir zugescliickten Nippsachen aus Eburit — so hat er das Präparat getauft — sehen den schwarzlackierten Papiermache-Artikeln von Gebr. Adt in Farbach täuschend ähnlich. Gegenwärtig handelt es sich um wenig mehr als eine Spielerei. Wer wollte bestreiten, dass hier ein Boden sich darbietet, worin ein neuer Industriezweig zu ge- deihen vermag? Zu den in Torflagern auftretenden Mineralien ge- hört der Fiehtelit, ein Kohlenwasserstoff. Das Mineral findet sicli amorph im Kolbcrmoor an den Stöcken der sogenannten Mooskiefer. Apotheker Herold lässt die formlosen Stücke zu zarten, weissen Krystallen zusammen- wachsen. Mehr und mehr in Aufnahme kommen -die Moor- bäder gegen Rheumatismus. Auf den Hochebenen von Schottland bauen; sich die Bauern Hütten von Torf. Auf Schonen werden Dächer mit Beihilfe von Rohr und Schilf mit Torf gedeckt. In Norwegen wird bei der Erbauung von Dämmen der Raum zwischen zwei Mauern mit Torfziegeln ausgefüllt. Kleinere Mitteilungen. Physiologische Wirkung des Methans und seiner Chlorderivate. — Interessante Versuche über die physiologische Wirkung des Methans, der Grundsubstanz des Chloroforms, teilt Herter mit (Ber. d. d. ehem. Ges. XXI, Ref. 304). Ein Gemisch von ca. 21% Sauerstoif und 79% reinem Methan wurde in kon- tinuierlichem Strom durch eine Glasglocke geleitet, unter welche ein Kaninchen gebracht war. Das Tier verhielt sich darin nicht anders als in atmosphärischer Luft und hatte auch nicht an üblen Nach- wirkungen zu leiden. Eingehende Versuche von. Pouritz erwiesen, dass durch die Einatmung von Methan weder die Atmung noch Sauerstoft'aufnahme, noch der Blutdruck beeinHusst wird. Zu dem- selben Resultat führen Versuche, welche von J. Regnault und E. Villejean (Bull. gin. de th^r. 55) an Meerschweinen, Mäusen und Vögeln angestellt wurden. Das Methan ist daher als ein völlig indiiferentes G&s anzusehen. Ganz anders verhalten sich die gechlorten Methane; sie üben sämtlich eine anästhesierende Wirkung aus. Der Luft als Dampf beigemischt, ruft Methylchlorid, CH3 Gl, eine zwei bis drei Minuten andauernde, ^Methylchlorid, C'H.j CU, eine vollkommene Anästhesie hervor. Die Wirkung des Chloroforms, CH CI3. ist allbekannt. Tetrachlorkohlenstoff, CCI4, endlich wirkt wie Methylenchlorid, aber ungleich getShrlicher, da er leicht Herz- lähmung erzeugt. Dr. M. B. Parasiten in Hühnereiern. — Es mag wohl ^Manchem ein unbehagliche? Gefüht erregen, dass selbst in Hühnereiern Parasiten und zwar aus der Klasse der Würmer gefunden werden. Ein Trost ist es jedoch, dass dies nur in äusserst seltenen Fällen vorkommt. Im „American Naturalist". Januarheft 1888. findet sich eine Notiz von Edw. Linton (aus Proeeedings U. S. Nat Mus. 1887) über das Vorkommen von Distomum ovatum im Weissen eines Hühnereies. Der Wurm hält sieh gewöhnlieh in der Bursa Fabricü auf, jenem eigentümlichen Drüsensack an der Hinterwand der Kloake. Durch Zufall kann gelegentlich ein Individuum in die Kloake kommen und von hier aus in den Eileiter dringen. Wandert er in diesem auf- wärts, so ist es wohl möglich, dass er mit einem Eidotter gleich- zeitig von dem in besonderen Drüsen gebildeten Eiweiss umhüllt wird und, nachdem das Ei eine Schale erhalten, in dem fertigen Ei eingeschlossen bleibt. Ueber einen anderen Parasiten, einen Fadenwurm, Heterakis intiexa Rud., berichtet Prof. Mob ins in den Schriften des natur- wissenschaftlichen Vereins für Schleswig-Holstein, Bd. VII. Heft 1. Da.s Tier wurde lebend im Eiweiss eines frischen Hühnereies gefunden. Es war ein Weibchen der erwähnten Species, welche im Darm ver- schiedener V^ögel z. B. des Haushuhns, des Truthuhns, der Ente gefunden wird. Auch diese Art gelangt in das Ei, indem sie zu- nächst vom Darm in die Kloake wandert und dann von hier in den Eileiter dringt. Das vorliegende Exemplar hatte eine Länge von 84 mm bei einer Breite von 1,4 mm in der Mitte des fadenförmigen, nach dem Kopf- und dem Schwanzende etwas verjüngten Körpers. Dr. E. S. Die Flora der ägyptisch-arabischen Wüste ist von Dr. Georg Volknns untersucht worden; wir greifen aus seinen Mit- teilungen in den Berliner Akademie-Schriften einzelnes heraus, wohl geeignet , einen weiteren Kreis zu interessieren. Der Wechsel der Jahreszeiten zeigt im Ganzen in Beziehung zur Vegetation nur einen Gegen.satz zwischen der Regenzeit, die zu- meist in den Februar und März fällt, und der ganzen übrigen trockenen Periode des .Jahres. Eine Besonderheit der Wüstenflora, welche in direkter Beziehung zum Klima steht, zeigt sich darin, dass die ein- zelnen Arten sich nicht in so bestimmter Weise wie die unserigen in ein-, zwei- und mehrjährige gliedeni lassen,, da manche Arten in der Mehrzahl der Fälle zwar nach der Blüten- und Fruchtreife völlig absterben, jedoch, wenn ihre Wurzeln tief genug in den Boden gedi'ungen sind, unterirdisch dadurch überdauern, dass sie kurze und zunächst unentwickelt verbleibende Sprösschen treiben, wnlche die ganze trockene Zeit hindurch ruhen und erst bei Befeuchtung des Bodens schnell hervorwachsen. Besondere Eigentümlichkeiten im Bau werden bei den Wüsten- pflanzen vermisst, deren Dauer auf die Regenzeit beschränkt ist; ebenso verhalten sich die Zwiebelgewächse. Jedoch besitzen die anderen Gewächse besondere jMittel, um des für das Leben so notwendigen Wassers, namentüch durch Ab.sorption des Boden- wassers seitens der Wurzeln habhaft zu werden. Sie thun dies, indem sie ungemein lange, senkrecht in den Boden bis zum Grund- wasser hinabsteigende Wurzeln entwickeln, die um das •20fache an Jjänge die oberirdischen Teile übertreffen können. Fand man doch bei Gelegenheit der Ausgrabung des Suezkanals auf dessen Solüe Wurzeln!, die zu hoch oben auf seitwärts gelegenen Höhen wachsen- den Bäumen gehörten. Manche Erodien besitzen Wurzelknollen, die gegen Verdunstung durch einen starken, vielschichtigen Kork- mantel geschützt sind und Speicherorgane für Wasser darstellen. Was die Absorption von Luftfeuchtigkeit und Tau seitens oberirdischer Organe anbetrifft, so kann diese durch einen hygros- kopischen Salzkorper, der von Blattdrüsen ausgeschieden wird, be- wirkt werden, so dass z. B. Reaumuria hirtella sich durch eine während und unmittelbar nach der Regenzeit erfolgende Ausschei- dung eines solchen Salzes die Möglichkeit schafft, in der folgenden langen Periode der Dürre die in der Atmosphäre dampfförmig vor- handene Feuchtigkeit tropfbar flüssig niederzuschlagen und mit Hilfe der oberirdischen Organe für ihr Fortbestehen zu verwerten. Eine andere Gruppe von Arten nimmt den Tau direkt durch die ober- irdischen Organe in das Innere auf, indem z. B. Haare die Tau- tropfen auffangen und nach Stellen der Oberhaut führen, die für Wasser besonders durchlässig sind. Ebenso funktionieren zarte fadenförmige Wurzeln, die nach jedem stärkeren Taufall, nach dem geringsten Regenschauer zahlreich in kürzester Zeit an die Ober- fläche kommen, um die geringe Feuchtigkeitsmenge aufzunehmen, und schnell wiedei- verschwinden. Bin Schutzmittel gegen übermässige Verdunstung wird sehr oft durch verhältnismässige Herabminderung der Verdunstungsfläche geboten. Wachsbedeckungen, stark cuticularisierte Aussenwandungen dienen dem gleichen Zweck. Bei zahlreichen Arten sind die Epi- dermis-Lumina mit Cellulosesclüeim erfüllt, der einmal aufgenom- menes Wasser mit grosser Kraft festzuhalten vermag. Auch Gerb- stoffinhalt hat wohl dieselbe Bedeutung. Zuweilen zeigen sich die oberirdischen Organe von einem dichten Haai-filz bekleidet, der wohl geeignet ist, die Verdunstung herabzudriicken ; ausserdem hält ein Filz am besten von allen Apparaten, ohne hygroskopisch zu sein, geringe Mengen auftropfenden Wassers fest. Häufig scheiden ge- wisse Drüsen unter dem Filz ätherische Oele aus, und dies bietet insofern einen Vorteil, als eine mit den Dünsten eines solchen Oeles geschwängerte Luftschicht die strahlende Wärme weit weniger durch- lässt als reine Luft. Der Spaltoffnungsapparat liegt immer beson- ders geschützt, luid das Gewirr feiner mäandrischer Intercellularen bei Gramineen befreit die aus dem Innern kommenden Gase mög- lielist von dem Wasserdampf. Die ohnelün als Speicherorgan für Wasser bei den Pflanzen überhaupt aufzufassende Epidermis ist dieser Funktion bei den Wüsten- pflanzen besonders angepasst. Nicht selten finden sich im Innern der Organe besondere Wasserspeicher-Gewebe. H. P. Nr! 18. Nntiirwissfiiscliaftliche Wochenscliiift. 143 Fragen und Antworten. Warum gebrauchen die Mitarbeiter der „N. W." in der Benennung der Tiere und Pflanzen nicht stets deutsehe Namen; die Anwendung von Namen aus dem Lateinischen und Griechischen macht doch wohl eine weitgehende Kenntnis dieser beiden Sprachen notwendig? Wir antworten auf ilieso P^rage mit den Wurten aus einem in der Tag-lichen Kundsohau vom 2G. Februar 1888 erschienenen Auf- satze Carus Sterne's „Vom Standesanite der Natur". Carus Sterne sagt; Naclidem die lateinische Sprache in unserer Zeit aufgehört hat, zur notwendigen Ausrüstung des Gebildeten zu geliüren. haben die Einen behauptet, auch die lateinischen Namen der Naturdiiige müssten niuimehr abgeschafft und füi' uns durch deutsclie ersetzt werden, während andere wieder aus der Unentbelirliclilieit der lateinischen Namen die unbedingte Notwendigkeit des lateinischen Unterrichtes für jedermann beweisen wollten. Beide Anforderungen sind aber gleich unberechtigt, denn man bedarf notwendig für jedes Natur- ■wesen eines von allen Völkern anzuerkennenden internationalen Doppelnamens, dem der erste Besclireiber seinen eigenen Namen i meist in Abkürzung z. B. L. für Linne) mit genauem .Steckbrief Diagnose) hinzufügt, damit es immer wieder darnach erkannt werden kann, und welche andere Sprache als die lateinische könnte dazu gewählt werden? Etwa Volapük'? Das wäre überflüssig, weil diese Namen, wie wir gleich sehen werden, gewissermassen die älteste Form des Volapük darstellen; lateinisch ist an den meisten von ihnen überliaupt nur die Endung. Aber diese Einhüllung in eine tote, starre, unveränderliche Sprache hat den Vorteil, sie selbst unantast- bar zu machen. Der Vorschlag, den man öfter gemacht, an ihre Stelle die oft hochpoetischen und sinnigen Volksnamcn zu setzen, ist schon darum nicht ausführbar, weil diese Volksnamen nach Zeit, Land und ( irt fortwährend wechseln, daher keinerlei Sicherheit und Beständigkeit darbieten. Unter Butterblumen versteht m.an in sechs preussischen Provinzen ebensoviele grundverschiedene Dinge, die Pfingstrose hat mit der Weihnachtsrose und eigentlichen Rose, das Gelbveilchen mit dem Mondveilchen oder dem blauen Veilchen gar nichts zu thun. Lateinisch zu lernen, um Tier- und I'flanzennamen zu ver- stehen, wäre verlorene Liebesmüh, denn die meisten der sogenannten lateinischen Pflanzen- und Tiernamen entstammen in ihrem ersten Teile dem Griechischen, nur der zweite oder Artnamen ist meist wirklich lateinisch. Aber wenn man auch Griechisch und Latein be- herrscht, ist damit nicht viel gewonnen, denn ein sehr ansehnlicher Teil der wissenschaftlichen Namen entspringt nicht den klassischen, sondern den barbarischen Sprachen, bis auf die gurgelnden und schnalzenden .Sprachen der Wilden herab. Wie der Menscli ihres Vaterlandes sie nannte, so hat man es bei unzähligen Pflanzen und Tieren, auch in den wissensehaftliclien Namen, aufgenommen. Wenn wir z. B. auf unsere Zierpflanzen einen flüchtigen Blick werfen, so "werden wir finden, dass sogar in Europa wildwachsende Pflanzen, wie Tulpen. Traubenhyazinthen, Gemswurz und Stechapfel, barba- rische Namen empfangen haben: Tulipa stammt aus dem Türkischen, Muscari, Doronicum, .Tasminum und Datura aus dem Arabischen. Gingko, Akebia und Kadsura sind Pflanzennamen japanischen Ur- sprungs, Araucaria, Dammara, Inga, Puja, Tacsonia, Teeoma und Yucca den amerikanischen Ursprachen entlehnt, und bei den Heil- pflanzen würde man noch viel mehr solcher aus barbarischen Spraclien stammenden Namen antreffen; ganz ebenso verhält es sich aber mit den Tiernamen. Manche andere „lateinische" Pflanzennamen, wie Beccabunga, Bovista, Prunella u. a. sind in ihrem Ursprünge sogar deutsch. Bedenkt mau ferner, dass ein sehr grosser Anteil, vielleicht ein Drittel der naturwissenschaftlichen Namen aus latinisierten Personennamen besteht, eine beträchtliche Anzahl heute überhaupt nicht mehr enträtselbar ist, so ergiebt sich leicht, wie vergeblich es wäre, Latein zu lernen, um die wissenschaftlichen Namen zu verstehen. Namen sind da, um gerufen zu werden, oder um Personen und Dinge damit zu bezeichnen, nicht aber, um zergliedert und ver- standen zu werden. Wenn Eltern ihre Kinder Friedrich, Hans und Grete taufen lassen, so wird ihnen wenig daran liegen, zu wissen, dass nur erstererName deutschen Ursprungs, der zweite hebräischer und der dritte griechischer Herkunft ist, oder was ihr Sinn wäre. Im Gegenteil ist das Wortableiten eine für Ungelehrte liöchst be- denkliche Leidenschaft, weil dazu nicht allein Sprach-, sondern auch .Sachkenntnis gehört. Von hundert .Sprachkundigen werden vielleicht neunundneunzig den Namen der Bern;amottbirne auf die Stadt ]5erganio in Gber-Italien, oder gar auf Pergamon zurückfüln-en, bis der hundertste, allein wohlberatene kommt und uns sagt, es sei ein türkisches Wort (heg armödi) und bedeute „Herr der Birnen". Leipzig 1888, Th. Grieben's Verlag (L. Fernau). 8". 354 S. " Preis brochiert 3,60 J('. Nach dem am 22. .Januar 1886 erfolgten Tode des Dr. W. von Beetz, weil. Professor der Physik an der Technischen Hoch- schule zu München, liat Professur Henrici die Bearbeitung und Herausgabe der 9. Auflage des „Leitfadens der Physik" übernommen, der sich in seinen ersten 8 Auflagen eines guten Rufes erfreute und mit der „grüssten Bündigkeit des Ausdrucks" eine ausserordentliche Fülle physikalischer Thatsachen zusammenfasste. Auch die jetzt vorliegende Bearbeitung gewährt in gedrängter Kürze einen Ueber- blick über die hauptsächlichsten Errungenschaften der Physik Bei der Reichhaltigkeit sind die Erklärungen allerdings bisweilen etwas zu kurz geraten, so z. B. beim Radiometer S. 308 u. a., .aber man muss im Auge behalten, dass man einen „Leitfaden" und kein aus- führliches Lehrbuch vor sich hat. Als einen Vorzug der jetzigen Bearbeitung möchten wir hervorheben, dass in dieselbe die Zusätze der letzten Auflagen in den übrigen Stoff Verflochten worden sind, wodurch eine grössere Einheitliiihkeit erreicht worden ist; es betrifft dies besonders die Einführung des absoluten Masssystems und die Erklärung elektrischer Erscheinungen durch den Begriff des Potentials. Wie der Wortlaut kurz und treffend ist, so sind auch die 339 Holzschnitte in einfachen Linien und schematisch gehalten; so vortreffliche Abbildungen, wie sie z. B. das bekannte Lehrbuch der Physik von Müller-Pfaundler enthält, kann man natürlich nicht erwarten. Dennoch sind die gegebenen Figuren im allgemeinen zweckentsprechend. .Jedenfalls dürfte kaum ein zweites Werk dieser Art von gleicher Reichhaltigkeit bei solcher Kürze und einem so massigen Preise vorhanden sein. Die Gliederung des .Stoffes er- giebt sich am besten aus der folgenden Einteilung; Einleitung: Körper und Kräfte im allgemeinen. I. Abschnitt: Von den Kräften, welche auf die ganzen Körper wirken. II. Abschnitt: Von den Kräften, welche auf die Molekel wirken. III. Abschnitt: Von der Wärme. IV. Abschnitt; Von dem Magnetismus und der Elektricität. V. Abschnitt: Wellenlehre. VI. Abschnitt: Vom Schalle. VU. Abschnitt: Vom Lichte. Wenn wir für die 10. Auflage einen Wunsch äussern dürften, so würde derselbe die Aufnahme eines historisch oder alphabetisch geordneten Verzeichnisses derjenigen Forscher, welche fördernd auf die Entwickelung der Physik eingewirkt haben, und der wichtigsten Entdeckungen derselben betreffen. Wir sind überzeugt, dass vielen damit ein angenehmer Dienst erwiesen werden würde. A. Gutzmer. Litteratur. W. von Beetz: Leitfaden der Physik. 9. Auflage, nach Grünfeldt, Die Zimmergymnastik. Ihr Wesen, ihre Bedeutung und Anwendung. (64 S. m. Illustr.) — Medizinische Hausbücher. 35 Bd, 8". Preis 1 JC. Martin Hampel in Berlin. Handwörterbuch der Zoologie, Anthropologie und Ethnologie. Herausgegeben v. A. Reichenow. 5. Bd. gi. S"' (640 S.) Preis 16 M. Eduard Trewendt in Breslau. Hettner, A., Reisen in den columbianischen Anden, gr. 8". (X, 3'JS S. m. 1 Karte.) Preis 8 J(^. Duncker & Humblot in Leipzig. Hof meier, M., Grundriss der gynaekologischen Operationen, gr. 8". (X, 8.52 S. m. Illustr.) Preis " 9 ^^. Franz Deuticke, Verlag in Wien. Holzapfel, E.,' Die Molhishm der Aachener Kreide. 1. Abteil. Oephalopoda und Glossophora. (Sep.-Abdr.) gr. 4". (IV, 150 S. m. 18 Taf.) Preis 40 Ji-. E. Schweizerbart'sohe Verlag.sbuchh. in Stuttgart. Hutchinson, J., Syphilis. Deutsche Ausg., bearb. und durch Erläuterungen und Zusätze vermehrt v. A. Kollmann. 8". (XV, 606 S. ni. 3 Taf.) Preis geb. 9 M. Anioldische Buchhandlung in Leipzig. Igel, B , Ueber einige algebraische Reciproritäts-Sätze. (Sep.-Abdr.) 4". (.20 S.) In 'Komm, l'i-eis 1 .//f. G. Freytag in Leipzig. Jacob, J. , Ueber simvlirte AugenkranMieiten. gr. 8". (29 S.) Preis 1 JC. Lipsius und Tischer in Kiel. Plassmann, J., Beobachtungen veränderlicher Sterne, angestellt in den .Jahren 1SSI—18S8. Beilage zum .Jahresbericht der math,- phvsik.-chem. Sektion des Westf. Pro vinzial -Vereins für Wissen- .scliaft u. Kunst. Münster i. W. 1888. Gegen Einsemlung des Betrages (auch in Brief- marken) liefern nur vorstehende Werke franlco. Zur Besorgiim/ litterarischen Bedarfes halten wir uns bestens empfohlen. Berlin S^V. 4S. Die Expedition der „STatnrwissenschaftlichen Wochenschrift". 144 Naturwissenschaftliche "Wochenschrift. Nr. 18. Imp^^^ib© namentlich Anzeigen aller optischen, chemisclien, physikalischen etc. Gerätsciiaften, Naturalien, Chemikalien, sowie Büclieranzeigen finden weiteste und passendste Verbreitung. g^~" HemerK-iinff für t:iiidiger <|Helleniing;abe gestattet. Ueber die Einwirkung des vom Winde getriebenen Sandes auf die an der Oberfläche liegenden Steine. Von Dr. Felix Wahn schaffe, Königlicher Lande Diuch .sorgfältige Beobachtungen in der Natur ist in den letzten Jahien eine Erscheinung endgiltig erklärt worden, welche früher Veranlassung zu mehrfachen Deu- tungen gegeben hatte. Es handelt sich um die Ent- .stehuDg der .sogenannten Pyramidalgeschiebe, Ge- schiebe-Dreikanter oder Kantengerölle. Es .sind dies Geschiebe oder Gerolle von sehr verschiedener Grösse und Gesteinsbeschaffenheit, deren eine Seite meist das gewöhnliche Aussehen zeigt, während die entgegen- gesetzte ZAvei oder mehrere glatte, schwachgewölbte Flächen besitzt, die sich häufig in scharfen Kanten schneiden, wie dies die beigefügten Abbildungen deutlich erkennen lassen. Treten drei solcher Flächen an einem Geschiebe auf, so erhält dasselbe eine pyramidale Zu- spitzung, ein Umstand, der F. Meyn bestimmte, den derartig gestalteten milchweissen Quarzen, welche er 1872 im Holsteinsehen aufgefunden, mit dem Namen „Pyramidalgeschiebe" zu belegen. Jedoch schon zuvor hatte A. von Gutbier ganz entsprechende Gebilde in der Gegend von Dresden beobachtet und in den Jahren 1858 und 186Ö beschrieben. Als Anhängei' der damals all- gemein hen'schenden Drifttheorie nahm er an, dass diese Steine an der unteren Seite des Di'ifteises eingefroien waren und durch die Bewegung der Meere.swellen an darunter hegenden Steinen abgeschliffen worden. Da- durch nun, dass sie sich lockerten, ihre Lage veränderten, von neuem festfroren und wiederum über steinigen Grund fortgeführt wurden, soll die Abschleifung der anderen Flächen bewkkt sein. geologe und J'rivatdozeiit an der Universität Berlin. Es kann nicht befremden, dass man anfangs, ehe die gi-osse Verbreitung der Dreikanter nachgewiesen worden war, bei Auffindung derselben in der Näh(^ von alt- heidnischen Grabstätten^ in der Lausitz (1870) und später auch in sogenannten Hünengräbern auf dem Fläming (1874) an menschliche Erzeugnisse dachte, eine An,sicht, welcher anfangs auch R. Virchow zuneigte, ihr jedoch bald nachher lebhaft entgegentrat. Schon im Jahre 1871 hatte sich Braun dahin ausgesprochen, dass die Drei- kanter durch gegenseitige Reibung nebeneinander liegen- der Gesteinsstücke entstanden seien, welche durch das Wasser hin und her bewegt, jedoch nicht von der Stelle gerückt worden wären. Er glaubte sich hierbei auf ge- wisse von Schimper an RheingeröUen gemachte Beobachtungen beziehen zu können. G. Berendt legte in der April-Sitzung des Jahres 1876 der deutschen geologischen Gesellschaft eine Samm- lung von Dreikantern aus der Umgegend von BerUn, sowie aus der Altmark voi- und veranlasste in betreff ihrer Entstehung einen sehr lebhaften Meinungsaustausch, ohne dass jedoch eine wirklich befriedigende Erklärung von irgendeiner Seite abgegeben worden wäre. Da nun in der Folge im norddeutschen Flachlande die Kanten- Geschiebe fast immer und oft in grosser Anzahl an der Oberfläche des oberen Geschiebe.sandes .sich fanden, der von den Anhängern der TorelTschen Inlandeistheorie (Vergleiche die Naturwissenschaftliche Wochen.schrift Bd. n, 1888, S. 4—7) als Rück.stand der duich die Schmelzwasser des Inlandeises ausgewaschenen Grund- 140 Naturwissenschaftliche Wochensclirift. Nr. 19. moräne ang-esehen wurde, so veranlasste dieser Umstand G. Berendt zur Aufstellung einer der Braun'schen Auffassung nahestehenden Theorie über die Entstehung der Geschiebe-Dreikanter oder Pyramidal-Ge- schiebe. Seine im Jahrbuche der königl. preuss. geolo- gischen Landesanstalt für 1884 (Berlin 1885) veröffent- lichte sogenannte Packungstheorie kommt im wesent- lichen darauf hinaus, die Schmelzwasser des Inlandeises zur Hervorbringung der bewegenden Kraft in Anspruch zu nehmen, durch welche die in natürlicher Packung auf- einander liegenden Geschiebe in eine derartig rüttelnde Bewegung versetzt sein sollen, dass sie sich gegeneinander kantig zuschliffen. Der schwache Punkt der Berendt'- schen Erklärung, welcher auch F. E. Geinitz anfangs beitrat, liegt darin, dass bisher niemals in der Natur durch die Wirkung strömenden Wassers ein den Drei- kantein xollig entsprechendes Gebilde hervorgerufen worden ist und ferner bleibt die häufig zu beobachtende narbig-grubige Oberflächenbeschafl'enheit der Dreikanter und das Auftreten von warzigen Hervorragungen bei der angenommenen gegenseitigen Absclüeifung durch bewegtes Wasser völlig unerklärt. Auch Fontannes glaubte im Gegensatz zu der schon früher ausgesprochenen Flugsandtheorie die an Gerollen in Sand- und Geröllablagerungen auf den Abhängen der Hügel im Rhonetal zwischen Lyon und dem Mittelmeer beobachtete Kantenbildung nicht auf eine Wirkung des Windes, sondern vielmehr des strömenden Wassers zurück- führen zu müssen. Demgegenüber hebt jedoch De Lap- parent mit Recht hervor, dass die Einwendungen Fon- tannes, sich zum grössten Teile nur dagegen richten, dass die Schliäflächen an den Gerollen sich unter den gegen- wärtigen Verhältnissen durch Wind dort nicht mehr bilden können, dass dagegen dem nichts entgegensteht, in einer frülieren geologischen Periode im Rhonetal wüsten- artige Verhältnisse anzunehmen, während welcher die Gerolle durch Flugsand angeschliffen worden seien. Keilhack berichtet, dass er auf seiner Reise durch Island (188.3) in den recenten Moränen Pyramidal- geschiebe gesehen habe, von denen einzelne an der Gletscherstirn auf dem Eise selbst lagen. Aus ihrem Vorkommen in der Moräne schliesst er, dass sie echte Gletscherbildungen sein müssten. Da nur die liärtesten Gesteine (Dolerite und Basalte) sich dort in der Form von Pyramidalgeschieben finden, so meint er, dass die erste Veranlassung zu ihrer Bildung dadurch gegeben sei, dass bei der Zertrümmerung dieser Gesteine Bruch- stücke mit mehreren annähernd ebenen Flächen entstanden, die dann nachhei- bei dem Eistransporte eine weiteie Abarbeitung und scharfkantige Zuschleifung erhalten hätten. De Geer hat darauf aufmerksam gemacht, dass Keilhack gleich nach der Beschreibung der Pyramidal- geschiebe die Wirkungen heftiger Stürme in den dem ausschlämmenden Einflüsse der Gletscherwasser entzogenen kahlen Geschiebesandflächen scliildert. Nach De Geer' s Annahme, der auch ich mich anscliliesse, sind die Drei- kanter, welche bisher und doch nur immer in verhältnis- mässig seltenen Fällen in Moränen beobachtet sind, im Vorlande des Gletschers gebildet und nachhei' beim Vor- lücken des letzteren in die Grundmoräne aufgenommen. In entschiedenem Widerspruch mit den thatsächlichen Beobachtungen im sächsischen Eibgebiete steht die der Keilhack'schen Auffassung .sehr ähnliche Ansicht Dr. F. Theile's, nach welcher die Dreikanter unter dem Drucke der Gletscher in der Grundmoräne ent- standen seien. Sie finden sich nämlich dort vorzugsweise an der Oberfläche sandiger Bildungen und sind hinsichtlich ihrer Gestalt von den kantengerundeten, häufig geschliflenen und gekritzten Geschieben des als Grundmoräne aufzufassenden Geschiebemergels sehr scharf zu unterscheiden. (Siehe die Abbildung in dieser Zeit- schrift 1888, Nr. 1, S. 5.) Leider waren die bereits im Jahre 1869 von Tra- vers gegebenen Mitteilungen über die Bildung sand- geschliffener Steine in dem Dünengebiet an der Evans- Bay auf Neu-Seeland,*) welche einen Fingerzeig für die Bildung der Dreikanter hätten geben können, den meisten deutschen Geologen unbekannt geblieben. Dasselbe war der Fall mit den von Enys 1878 in demselben Gebiete angestellten Untersuchungen, durch welche die Entstehung kantiger Gerolle durch die abschleifende Wii-kung des vom Winde getriebenen Dünensandes zweifellos fest- gestellt wurde. Unter den norddeutschen Geologen gebühit Gott- sche das Verdienst, die Bildung der Pyramidal-Geschiebe zuerst auf dieselbe Ursache zurückgeführt zu haben. In seiner Schrift über „Die Sedimentär-Geschiebe der Pro- vinz Schleswig-Holstein. Yokohama 1883" findet sich die nachstehende wichtige Bemerkung: „Die sogenannten pyramidalen Geschiebe, welche im Gebiete des Decksandes häufig auftreten, können dennoch weder für diese noch für eine andere Schicht des Diluviums als chai-akteristisch gelten. Sie finden sich vielmehr überall, wo lockere Sande und Kiese der Einwirkung des Windes unterliegen (besonders schön auf grossen Halden, wo die Hauptsclüff- flächen dann stets in derselben Weise nach der Haupt- windrichtung orientiert sind) und müssen daher als „sand- cuttings", als Produkt der vereinigten Wind- und Sand- erosion betrachtet werden." *) Man hatte elienso wie in Europa die dort aufgefundenen KantengeröUe anfang-s für (von den Maoris g:efertlg-te) Kimstprodukte gehalten. Nr. 19. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 147 Der schon erwähnte schMedische Gculoge De Geer, welcher bei einem Besuche Gottsche's in Kiel 1880 dessen Ansicht über die Bildung der Dreikanter kennen lernte, konnte bereits im .Jahre 1883 der geologischen (Jesellschaft in Stockholm einige windgesclilitiene Steine vorlegen, die er in Flugsandgebieten Schönens aufgefunden hatte. Von besonderer Wichtigkeit war jedoch eine von ihm im Jahre 1885 entdeckte Lokalität 9 Jim westsiid- westlich von Kristianstad , woselbst am Fusse einer in nordwestlicher Eiclitiing sich erstreckenden Düne an der Erdoberfläche eine Menge Gerolle lagen, die durch Fort- wehung des Sandes daselbst angereichert zu sein schienen. Dieselben sassen fest in der Grasnarbe und nur- ihr über die Erdoberfläche hervoiragender Teil war wind- geschliffen und glänzend. Die meisten dieser Steine be- sassen nur eine deutlich ausgeprägte Kante, deren mittlere mit dem Compass bestimmte Richtung N22''W ergab. Durch besonders günstige Teri'ainverhältnisse ist dieses Gebiet derartig geschützt, dass nur die Winde der daselbst herrschenden mittleien Windrichtung (SSöoW) dasselbe ungehindert bestreichen können. Da nun die mittlere Windrichtung ungefähr senkrecht auf der mitt- leren Richtung der Kanten steht, so folgerte De Geer, dass letztere der abschleifenden Wirkung des vom Süd- west wehenden Windes ihre Entstehung verdanken. Ein von ihm im Verein mit H. Lundbohm an einem Sandgebläse ausgefühlter Versuch zeigte ausserdem, dass die frische Bruchfläche eines Quarzitsandsteins schon nach 1.5 Minuten langer Einwirkung die für die Drei- kantei' so charakteristische schwachgrubige Politur annahm. Durch Wind geglättete Gerolle waren auch von dem schwedischen Geologen G. Holm auf seiner geologischen Reise diu-ch Estland in dem Flugsandgebiet bei Nömme unweit Reval 1884 aufgefunden worden, den Nachweis wirklicher KantengeröUe daselbst verdanken wir jedoch erst dem Ingenieur A. Mickwitz in Reval. lieber die Entdeckung des letzteren gab zuerst der Akademiker Friedrich Schmidt — St. Petersburg im Neuen Jahr- buche für Mineralogie und Geologie (1885. Bd. IT. S. 177) eine kurze Mitteilung, an welche sich 1886 ein sehr interessanter Aufsatz von Mickwitz selbst anschloss. Derselbe trägt die Aufschrift: „Die Dreikanter, ein Produkt des Flugsand-schliffes, eine Entgegnung auf die von Herrn G. Berendt aufgestellte Packungstheorie." Auf meiner geologischen Reise durch die rus.sischen Ostseeprovinzen im Frühjahr 1887 hatte Herr Mick- witz die Freundlichkeit, mich zu jenem Fundoit zu führen und ich konnte mich an Ort uud Stelle von der Richtig- keit seiner .sorgfältigen Beobachtungen überzeugen. Zwei von mir daselbst entnommene Dreikanter sind in der beigegebenen Abbildung an zweiter und dritter Stelle zur Daistellung gebracht. Das eine Gerolle ist von einem kleinen Quarzgange durchzogen, welcher der Ab- schleifung grösseren Widerstand entgegengesetzte, als das übrige Ge.steinmaterial , sodass er nun als eine schmale leistenförmige Erhebung aus demselben heivortritt. Die an der Reval-Baltischporter Eisenbahn gelegenen blauen Berge bestehen aus einem Geröll-führenden Diluvialsande. Die im Sande selbst liegenden Gerolle, welche in den Aufschlüssen unmittelbar an dem Bahnstrange beobachtet werden können, zeigen keine Spur von Kantenbildung oder Glättung. An der Oberfläche dieses Diluvialsandes finden sich jedoch an einer Stelle, an welcher der feine Sand durch den Wind fortgeweht ist, zahlreiche Gerolle, welche nur an dem aus dem Boden herausragenden Teile geschlift'en sind und alle Uebergänge der Kantenbildung bis zur echten Dreikanterform zeigen. Vielfach treten warzenförmige Erhebungen und grubige Vertiefungen auf den Schlitt'flächen hervor. Die mit dem Kompass ge- messene Lage der Kanten ergab, dass sie mit grosser Regelmässigkeit nach drei mittleren Richtungen, nämlich N, S60"O und S50"W orientiert sind, ein Umstand, der Mickwitz veranlasste, die Kantenbildung auf drei herrschende Windrichtungen, welche senkrecht gegen die Richtung der Kanten wirkten, zurückzuführen. In dieser Hinsicht stimme ich nicht mit ihm überein, da nach meiner Auflassung nur zwei herrschende Windrichtungen erforderlich sind, um als Duichschnittselemente der ge- * bildeten Ebenen drei scharfe Kanten hervorzurufen. Jm Jahre 1885 sprach sich auch Professor A. G. Nathorst in Stockholm entschieden für die Entstehung der Dreikanter durch Winderosion aus, indem er die Berendt 'sehe Packungstheorie durch schlagende Gründe zu widerlegen suchte. Von besonderer Bedeutung jedoch war seine Mitteilung über das Vorkommen echter Pyramidalgerolle in dem eambrischen Eophyton- sandstein von Lugnäs. Unter der ^'Voraussetzung, dass sich Dreikanter nur durch die Einwirkung des vom Winde getriebenen Sandes bilden können, lässt sich aus diesem Vorkommen der wichtige Schluss ableiten, dass während der eambrischen Periode dort bereits ein Fest- land vorhanden war. Es ist sehr wahrscheinlich, dass der Entstehungsort der eambrischen Pyramidalgerolle einen mit Dünen besetzten Strand bildete, welcher zeit- weilig vom Meere überflutet wurde, so dass auf diese Weise die Dreikanter in Schlamm eingebettet und er- halten werden konnten. Nathorst hebt hervor, dass die von ihm beschriebenen Pyramidalsteine meist auf beiden Seiten Schlifl'flächen zeigen und mithin den sogenannten Doppeldreikantern entsprechen, wie sie auch bisweilen im norddeutschen Flachlande beobachtet worden sind. Es lässt sich diese Erscheinung am besten auf folgende Weise erklären. Durch den Wind wurde der Sand in gewissen Fällen soweit vor dem bereits gebildeten Drei- kanter weggeblasen, bis der Schwerpunkt desselben nicht mehr senkrecht über dem Unterstützungspunkte lag. Die Folg-e davon war, dass das Gerolle umschlug und nun auf der unteren Seite zum Dreikanter zugeschliffen werden konnte. Wie so häufig, wenn erst einmal die Aufmerk- samkeit auf einen Gegenstand gelenkt worden ist, 148 Natui'wissenschaftliche Woclienschrift. Nr. 19. sich in schnelles Aufeinanderfolge die Beweise für die Kichtigkeit einer Auffassung mehren, so auch hier. In der Februarsitzung 1887 konnte ich der deut- schen geologischen Gesellschaft eine Anzahl von Pyra- midalgeschieben aus dem oberen Geschiebesande der Gegend von Rathenow vorlegen, deren Lagerung (nur der aus dem Sande hervoiragende Teil zeigte die Ab- schleifung) und Gestalt unzweifelhaft auf Windwirkung hinzudeuten schien. Das an erster Stelle abgebildete Kantengerölle stammt aus diesem Gebiet. Hieran an- schliessend besprach Professor Dames ein sehr be- merkenswertes Vorkommen von Kantengeschieben, bei welchem die Wirkung von Sand, der durch Wind daran getrieben ist, nach seiner Autfassung die allein annehm- bare P]rklärungsweise darstellt. Unter dem Senon-Sand- stein-Felsen des Regensteins am Harz befindet sich nämlich ein früher fast völlig vegetationsloses, jetzt mit Nadelholzschonungen bestandenes Gebiet von lockerem weissen Sand, auf dessen Oberfläche mehr oder minder dicht Diluvial-GeröUe von weitaus grösstenteils Harz- Gesteinen liegen. Dieselben sind fast ausnahmslos Kantengeschiebe und zwar zeigen sie die Kanten nur auf dem aus dem Sande herausragenden Teile. In vielen Fällen Hess sich beobachten, dass die nach Süden gewen- deten Seiten der Steine nicht angeschliffen waren, weil sie hier durch den steilen Nordabfall des Regensteins vor der Einwirkung südlicher Winde geschützt sind. Zu erwähnen ist noch eine wichtige Mitteilung über die Entstehung von Kantengeröllen in der Galalawüste, welche Dr. J. Walther — Jena der königl. Gesellschaft der Wissenschaften zu Leipzig im November 1887 machte. Auf seiner Reise durch die sogenannte arabische Wüste z\\ischen Nil und Rotem ^leer hatte ei- melirere mit Gerölllagern erfüllte Täler beobachtet, die auf einen früher weit grösseren Wasserreichtum dieses Gebietes hindeuteten. An der Obei'fläche der älteren Fussablage- rungen nun, in welche das hevitige Rinnsal etwas einge- schnitten war, zeigten sich zahlreiche GeröUe, welche, soweit sie aus der Erde herausschauten, jenen speckigen Glanz besassen, welchen das Sandgebläse der Chamsin- stürme fast allen Gesteinen der Wüste giebt. Unter ihnen befanden sich alle möglichen Uebergänge von völ- lig runden Flächen zu kaum bemerkbaren Kanten und endlich bis zu schneidenden Schärfen. Einige vom Ver- fasser dui-ch Lichtdruck wiedergegebene Dreikanter sind den im norddeutschen Flaehlande sich findenden zum Verwechseln ähnlich, sodass nunmehr kein Zweifel über die Entstehung dieser früher so verschiedentlich gedeu- teten Gebilde bestehen kann. In einer jüngst ersclüencnen theoretischen Betrachtung über Kantengeschiebe aus dem norddeutschen Diluvium spricht sich Professor Albert Heim dahin aus, dass es sich hier nicht um Gletscher- oder Gletscherbach- wh'kung, sondern nur um die Wirkung von Sandwind- erosion handeln kann. Dagegen ist er der Ansicht, dass die verschiedenen Pyramidalflächen der Kanten- gei'ölle nicht auf ebensoviele heri-schende Windrichtungen zurückgeführt werden dürfen, da die Form der geschlif- fenen Pyramiden von der ursprünglichen Umrissform des Gesteinsstückes abhängt. Mag der Wind von irgend- einer Seite blasen, stets wird ihn der bi'eite Umriss des Gesteinsstückes derartig ablenken, dass er über denjenigen Umrissseiten als leitende Basis Ebenen anschleifen muss, welche dem Winde quer oder schief entgegenstehen. Wirkungsart der krankheiterregenden Mikroorganismen im tierischen Körper. A'on Kreisphysikus Von allgemeinem Interesse ist ein Hinweis daiauf „in welcher Weise die in den tierischen Körper hineingeratenen pathogenen (krankheiterregenden) Mikroorganismen ihre schädliche Wirkung entfalten''. Man kann die pathogenen Spaltpilze bezüglich ihrer Wirkungsart in vier Gruppen einteilen. Die erste Gruppe umfasst solche Mikroorganismen, welche nur im Blute der Erkrankten ihr Leben ab- spinnen, während dieselben die Blutgefässe nicht ver- lassen und keinen direkt schädigenden Einfluss auf die Körpergewebe ausüben. Hierzu gehören von den bis jetzt als Kranklieitserreger bekannten Mikrobien der Milzbrandbacillus, der Bacillus der Mäusesepti- ämie, der Micrococcus tetragenus und sepsis, welche gleichfalls bei Mäusen eine tötliche Krankheit erzeugen. Nur äusserst selten vermögen diese Mikro- organismen auch an der Eingangspforte, durch welche sie in den tierischen Körper gelangen, in den Körper- geweben eine krankhafte Stöi'ung zu veranlassen, welche dann ajjer gegen den sich im Blute abspinnenden Pi'o- Dr. L. Schmitz. zess sehr zuilicktritt. Von den angeführten Mikrobien wird infolge ihrer Lebensthätigkeit ein Giftstoff heivor- gebracht, dessen Anhäufung im Blute die Erscheinungen der betreffenden Krankheit und schliesslich den Tod bewirkt. Zu derselben Gi'uppe gehöi'en noch einzelne Mikro- organismen, welche intermittierend im Blute auf- treten. Es sind diese die Obermeier'sche Recurrens- spirille, welche das Rückfallfieber herbeiführt, und der Malariabacillus, welcher das Wechselfieber hervorruft. Die zweite Gruppe begreift solche Mikroorganis- men, welche nur in Geweben wuchern und daselbst einen Zerstörungsprozess veranlassen. Von manchen dieser Organismen werden giftige Substanzen — Pto- maine — liervorgebracht, deren Uebergang in das Blut alsdann ausser lokalen auch allgemeine Krankheits- erscheinungen hervorrufen kann. Diesem Umstände ist es daher zuzuschreiben, dass sich aus einem anfäng- lich lokalen Leiden später ein allgemeines entwickelt. Die genannte Gruiipe umfasst eine grosse Anzahl Nr. 19. Natiirwi-sseiiscliartliclie. Woclieuscihrift. 149 patliogencrMikrobien. Der Kocli'sclie CholiM-abacillus sowie der Typliusbacillus bewirken Eiitzümhuiir-ser- sflieinunsren im Darmkanale, welche sicii diireii Diai'iliöe kundgeben. Die diiit^li die Lebenstliätiirkeit dieser Ba- cillen hervorgebrachten Toxine, welche in das Blut gelangen, rufen die ausgeprägten Erscheinungen der riiolera und des Typhus liervor. In älinliclier Weise verhält es sich mit dem Bacillus des Wundstarr- krampfes, welcher am Orte seiner Ansiedelung ein Gift erzeugt, dessen Aufnahme in das Blut die Erscheinungen des Starrkrampfes bewirkt. Einfache Entzündungen veranlassen in der Regel der Micrococcus erysipelatosus, welcher Rotlauf, der Diplococcus pneumoniae Friedländer, welcher croupöse Lungenentzündung, und der Bacillus oedema- tosus, welcher das malinge Oedem hervorruft. Zu dieser Gruppe gehören ferner die verschiedenen Mikroorganis- men, welche Eiterung bewirken: Staphylococcus pyo- genes aureus, albus und citreus, Streptococcus pyogenes und Bacillus foetidus. Alle die zur zweiten Gruppe zugehörigen Mikro- organismen besitzen die Eigenschaft, nicht nur lokal, sondern auch temporär beschränkt zu sein, indem sie nach einiger Zeit iiires Bestehens in ihrer Lebenskraft erlahmen. Die dritte Gruppe bilden Miki'oorganismen, welche vorerst im Blute kreisen und darauf, nachdem sie sich entsprechend vermehrt haben, in die verschiedenen Köipergewebe übertreten, um daselbst lokale Störungen zu veranlassen. Hierzu gehören die Mikroorganismen der akuten Exantheme (Röteln, Scharlach, Pocken), über welche die Untersuchungsakten noch nicht vollgiltig abgeschlossen sind, sowie die Krankheitserreger der Hühnercholera, des Rauschbrandes, der Pyämie und Osteomyelitis. Zur vierten Gruppe sind Mikroorganismen zuge- hörig, welche Infektionsgeschwülste erzeugen: Die Mikrobien der Tuberkulose, des Rotzes, der Sy- philis, des Aussatzes (Lepra), des Krebses u. a. m. Durch ihre Thätigkeit entsteht vorerst ein Zerfall des betreffenden Gewebes, worauf dann die benachbarten Gewebszellen in lebhafte Thätigkeit geraten, indem sie gleichsam gegen das AVeiterumsichgreifen des feindlichen Mikrooiganismus einen Schutzwall bilden, infolgedessen immer mehr an Umfang zunehmende Geschwülste ent- stehen. Der Vorgang, welchei- sich in dem von pathogenen Mikroorganismen befallenen Köi-per abspinnt, ist ein Kampf um's Dasein zwischen den mikroskopiscli kleinen Köi'i)erzellen und den noclj kleineren, feindlich ein- gedrungenen Mikrobien. Hierbei hängt es wesentlich von der Superiorität und grösseren Resistenzfähigkeit der einen oder anderen Art von lebenden Wesen ab, ob die feindliche Mikrohie das Feld i'äumen muss, oder ob der in seinei- Gesamtheit weit stärkere tierische Körper Schaden nehmen resp. zu Grunde gerichtet wird. Dieser Kampf en miniature lässt sich bisweilen mit Hilfe des Miki'oskopes beobachten. Bestimmte Zellen des tierischen Körpers sind bestrebt, den eingedrungenen miki'oskopisch kleinen Feind durch Umzingelung und Absperrung vom weiteren Vordringen in die Gewebe abzuhalten und den- selben kamitfunfähig zu machen dadurch, dass sie die pathogenen Mikroorganismen in ihren Leib aufnehmen und gleichsam verspeisen (Phagocyten). Wesentlich hängt es bei diesem Kampfe und daher bezüglich des Krankheits Verlaufes davon ab, bis zu welcher Menge die pathogenen Mikrobien sich innerhalb des tierischen Organismus vermehrt haben. Da näm- lich die als Krankheitserreger bekannten Schimmel- Spross- und Spaltpilze im tieiischen Körper die Bedin- gungen für ihre Existenz vorfinden, so nehmen sie als- bald durch Teilungsvorgänge an Menge zu. Daher kommt es, dass sich aus einer ursprünglich winzigen An- zahl von Infektionskeimen nach und nach eine Legion herausbildet. Diese Vermehrung erfordert eine bestimmte Zeitdauer, während welcher häutig die Anwesenheit des verderbendrohenden Feindes im tierischen Organismus nicht geahnt wird (latentes Stadium der Krankheit). Die bezüglich der Vermehrungsgeschwindigkeit der Bak- terien neuerdings angestellten Beobachtungen haben er- geben, „dass mit Wahrscheinlichkeit die Zeit von 15 Minuten als das Minimum bezeichnet werden muss, unter welches die Generationsdauer in keinem Falle und bei keinem Spaltpilze herabsinkt." Man kann liieraus folgern, dass die Zaldenzunahme der eingewanderten Krankheitskeime inneihalb einei' Stunde jedenfalls sich nicht höher be- ziffert als das 16 fache der ursprünglich in den tierischen Körper gelangten Menge, innerhalb zwei Stunden nicht höher als das 256 fache u. s. w. Hieraus ergiebt sich für die Thei-apie, wie wichtig es ist, die auf einer Infek- tion mit Miki'oorganismen beruhenden Krankheiten so bald als möglich in Behandlung zu nehmen, um der Weiter- vermehrung der Infektionskeime möglichst Einhalt zu thun, indem es ja um so leichter gelingt, einem Feinde wirk- sam entgegenzutreten, in je geringerer Anzahl derselbe voi-handen ist. Kleinere Mitteilungen. Die Höttinger Breceie. — Die Umgebung von hiHsbriick bietet i'iinii iiiterpssaiireii I'nHkr. der solioii lange zwischen Phyto- paliiontologen und Geologen ein Gegenstand des Streites war. nun aber, wie es scheint, endgiltig ausgetragen ist. Wandert man am nördlichen 'J'algehänge bei Innsbruck längs des Hottinger Grabens und tritt aus dem „Mittelgebirge" in das eigentliche Gehänge des inntales, so gelangt man zu der Stelle, wo der Graben sich teilt; der Hauptzug steigt nach NT^W. an, ein Arm liist sich nach O. los, und am linken Gehänge des letzteren kaum 500 m von der er- wähnten Gabelungsstelle trifft man den die Flora einschliessendeu Kalktuff und die Breceie in etwa 1200 m Meereshöhe an. Schon in den fünfziger Jahren beschäftigten sich die Gelehrten mit derselben. 150 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 19. Persea, Laurus, Lauri-^ nea, Quercus. } Ulmus BroDDÜ Heer, i Carpinus ? ? Rhamnus Frangula L. A'iburnum Lantaua L. Acer trilobatum AI. Br. Acer Pseudoplatanus L. F. U liger erklärte die l'Hanzen der Hottiiiger Breccie für keines- wegs jünger als die miocenen Pflanzen von Parschlug in Steiermark, wogegen die Geologen Penck, Blaas. Böhm die Breccie auf einer Moräne ruhend fanden, die in ihm eingeschlossene Flora für inter- glacial , daher diluvial hezeichneten. Der Ansicht der Geologen schloss sich auch C. r. Ettingshausen an, der in seiner Arbeit über die fossile Flora der Hüttinger Breccie dieselbe ebenfalls als der r)ihivialperiode angehürig ansprach. Um so überraschender musste daher die im Vorjahre erschienene Arbeit D. Stur's sein, der mit seiner bekannten Gründlichkeit die von Unger und C. v. Ettingshausen benutzten Originale und andere Funde einer neutn Untersuchung unteiwarf und darauf auf den Standpunkt Unger's zurückkehrte. Die auffallende Abweichung der drei so geübten Phytopal;i<:intülogen in ihren Bestimmungen wird am besten aus der folgenden Zusammenstellung sichtbar. Unger. v. Ettingshansen. Stur. Arundo Cjoepperti Heer. — .irunilo Goepperti Heer. Cyperu.s Siremim Heer.i ^ Chamaerops f. Helvetica C. pjicatus Heer, f Heer. Salix arbuscula L. } — S. nigricans Sm. \ Sali.\ sp. pl. S. Caprea L. ) Actinodapline Hoettin- gensis Ettgsh. sp. Actinodaphne Frangula Ettgsh. sp. Viliurnum cf. LantanaL. (an : Eucbauania sd. scu Semecardus sp.). Acer f.trilobatuniAl.Br., A. f Ponzianum Gaud. A. f. Pseudo-PlatanusL.' — — CnestisV sp. — Ledum palustre L. Dalbergia bella Heer. Stur erklärt daher den Kalktutf und die mit ihm innig ver- bundene gelblieh-weisse Breccie für gleichartig mit der Flora von Oeningen; den darüber liegenden Tegel mit Zapfen von Pinus Pu- milio als glacial; die rote Breccie der Tegelgrube, von der er selbst sagt, dass sie sich nicht wesentlich von der pflanzenführenden Kalk- breecie unterscheide, sie aber dennoch petrographisch auseinanderhält, als interglacial und keine Pflanzen führend. Es wäre dies daher ganz gewLss von grossem Interesse gewesen, die Zeugen einer in der Tertiärzeit thätig gewesenen Kalkquelle gefunden zu haben; aber die jüngsten Untersuchungen haben der .Sache eine andere Deutung verliehen. Es ist schon von vornherein ersichtlich, dass sich die drei ausgezeichneten Phytopaläontologen in ihrem Urteile kaum so weit von einander hätten entfernen können, wenn nicht die Pflanzenreste in einem nur zu fragmentarischen Zustande wären , wie dies .schon ein Blick auf die Tafeln Stur's lehrt, und deren Ursache, wie wir sehen werden, von Penck richtig erkannt, von den Phytopaläon- tologen aber unberücksichtigt blieb. Vor allem fand nun E. Palla nach eingehender Untersuchung, dass Stur's Falmenblatt durchaus nicht als solches gelten kann, sondern dass dies vielmehr eine Mono- kotyle sei, die dem Formenkreis der Juncaceeii. Cyperaceen oder Gra- mineen angehören mag. Er nennt sie Cyperites Hoettingensis und spricht dabei den wohl hinlänglich gerechtfertigten Wunsch aus, dass man den Namen Cyperites zu einer Collektivbenennung erweitere, da es sieh bei einem schmalen parallelnervigen Blattfragment in vielen Fällen unmöglich entscheiden lässt, welcher der drei erwähnten Gruppen es angehören mag. "Wurde schon dnrch diese Untersuchung eine bedenkliche Lücke in den vermeintlichen tertiären Charakter der Höttinger Flora gerissen , die durch die Aeusserung eines anderen Fachmannes, dass Actinodaphne Höttingensis auch mit Rhododendron Ponticum verglichen werden kann, nur erweitert wird, so haben die gründlichen stratigraphischen Untersuchungen Penck's die Lücke zur Bresche erweitert. Entgegen der Ansicht Stur's konnte er konstatieren, dass die weisse und rote Breccie zusammen ein Ge- stein bilden, denn die weisse lagert über der roten und ist zwischen beiden keine scharfe Grenze zu ziehen. Ebenso ist es sicher, dass die rote Breccie nicht nur auf Moränen liegt, sondern in ihren unteren Partieen mit solchen wechselt, wie es auch nicht richtig sei, dass sie petrefaktenlos sei, denn Prinzinger, Pichler und Blaas fanden Pflanzenreste in ihr, so wie solche von Penck auch in den gelblichen Zwischenmitteln des roten Gesteins gefunden wurden. Schliesslich fand man das letztere anderwärts auch auf dem zähen, die schon erwähnten Zapfen enthaltenden Tegel lagern. Die weisse Breccie ist somit das oberste und jüngste des fraglichen Schichten- komplexes, und dass sie daher interglacial sei, wird auch durch diese Thatsache bestätigt, dass sie selbst gerötete Gesteine führt. Die Lagerungsverhältnisse erklären aber auch nach Penck die ab- weichenden Genusbestimmungen der Botaniker. Die Hüttinger Brec- cie ist nämlich ein von einem "Wildbach aufgehäufter Schuttkegel und seine die Ptianzenreste einschliessende I'artie erinnert weit eher an verfestigten zähen Schlamm, welchen Murgänge herabzuwälzen pflegen, als an den wohlgeschiehteten, sichtlich im stehenden Wasser abgesetzten Kalk von Oeningen. Die in ihr enthaltenen Pflanzen- reste liegen nicht auf Schichtflächen, sondern durchsetzen das Gestein oft der Quere nach, wobei sich vielfach eine parallele Anordnung der einzelnen Formen geltend macht. Diese Verhältnisse mahnen lebhaft an die Schleppungeii , welche der Pflanzenteppich einer ver- murten Wiese aufweist. Penck möchte daher die in der Breccie- eingeschlossenen Ptianzenreste am ehesten als Reste einer Wiesen- vegetation ansehen, während man sonst bei paläophytologischen Untersuchungen ganz mit Recht geneigt ist, zuerst eine Waldvege- tation beim Vergleiche in Betracht zu ziehen. (Staub: Referat über Penck „Die Höttinger Breccie" in Bot. Ceutralbl. XXXIU). Durch eine ganz neuerdings erschienene Arbeit des Botanikers R. V. Wettstein: ..Rhododendron Ponticum L., fossil in den Nord- alpen" findet die Ansicht Penck's eine wesentliche Stütze. Wett- stein fand nämlich in der Höttinger Breccie nur Reste von solchen Pflanzen, die noch gegenwärtig — wenn auch nicht mehr an jenem Standorte — leben. „In seinem Referat der Wettstein'scheu Arbeit (Bot. Centralbl. XXXV) sagt Fritsch: „Die auflfallendste- Pflanze ist Stur's Actinodaphne Hoettingensis, die von anderen Paläontologen als Laurus, Persea etc. bestimmt worden war. Ver- fasser weist auf Grund eingehender Untersuchungen (in Bezug auf Blattstellung. Blattform und Nervatur) mit Bestimmtheit nach, dass diese Reste von Rhododendron Ponticum L. herrühren. Die übrigen Reste gehören fast durchweg solchen Pflanzen an, die auch heute in Gesellschaft des Rhododendron Ponticum wachsen. Es muss also zur Zeit der Bildung dieser Breccie am Südabhange der Innsbrucker Kalkberge in einer Hohe von 1100 — 1200 m eine Flora gelebt haben,, die mit der heutigen der pontischen Gebirge in gleicher Höhe über- einstimmt. Berücksichtigen wir das Vorkommen des Rhododendron Ponticum (und anderer Pflanzen des Orientes) in Südspanien, und andererseits das Vorhandensein von Inseln mediterraner Flora an den Nordabhängen der Alpen, so sind wir wohl zu der Annahme be- rechtigt, dass diese letzteren Vorkommnisse eben nur die letzten Reste aus einer längst entschwundenen Zeit darstellen, in welcher in unseren Gegenden ein weit milderes Klima herrschte, welche.s. die Entwicklung von Pflanzenarten ermöglichte, die sich inzwischen nach südlicheren Gegenden zurückgezogen haben." ITeber die Ausbreitungsgeschwindigkeit des Schalles. haben .1. Violle und Th. Vautier neue Versuche angestellt, über welche sie in den „Coraptes Rendu.s" berichten. Von der Versuchs- anordnung wollen wir nur bemerken, dass in einer 0,70 m weiten Röhre eine Pistole abgeschossen wurde und nun die Zeiten bestimmt wurden, welche die Welle gebraucht, um einmal, zweimal u. s. f. die Wellenlänge zu durchlaufen. Es wurde dabei die Pistole verschieden stark geladen , und zwar wurden Ladungen von 3 gr, 2 gr und 1 gr beziehungsweise verwendet . um so den Einfluss der Intensität zu bestimmen. Aus den Zahlen, welche die beiden Forscher fanden, geht hervor, dass die Fortpflanzungsgeschwin- digkeit der Schall welle sich mit der Intensität vermindert. Es zeigt sich hier also ein anderes Resultat als bei der Ausbreitung der Lichtwellen, für welche Dr. Ebert feststellte, dass hier die In- tensität ohne Einfluss ist (vgl. Frage in N. W. Bd. II S. 8). Indem nun andererseits zahlreiche Versuche mit verschiedenen Instrumenten (DanipfpfeifHii , Orgelpfeifen u. s. f.) angestellt wurden , konnten "V'iolle und Vautier konstatieren, dass die Höhe des Tones auf die Au sbr ei tu n gsge s ch windigkeit der Schallwelle keinen Einfluss hat. A. G. Photographische Aufnahme eines Begenbogens. — Professor Dr. H. Kayser zu Hannover, welcher vor einigen Jahren vom Dache des physikalischen Instituts zu Berlin aus ganz vorzüg- liche Blitzphotographien aufnahm, welche in den Sitzung.sberichten der mathematisch-naturwissenschaftlichen Kla.sse der Akademie zu Berlin veröflen flicht wurden, hat neuerdings einen Regenbogen photographiert. Es geschah dies vom Rigikulm aus mit Beachtung besonderer \''orsichtsmassregeln und mit Anwendung einer gefärbten Azalin-Trockenplatte. Die photographische Aufnahme eines Regen- bogens ist deshalb von ganz hervorragendem Interesse, weil man dieselbe bi.sher nicht für möglich hielt; man war allgemein der An- sicht, dass ein Regenbogen keine .Strahlen besä.s.^e, welche auf die photographische Platte eine Wirkung ausüben. Diese Meinung ist jetzt durch die Thatsache widerlegt worden, und zugleich ist dar- gethan, dass auch farbige Ersi'heinungen eine pliotographische Auf- nahme erlauben, obwohl man hierin noch nicht vieles erreicht hat. A. G. Zur Konstitution der Lösungen. — Professor Dr. Rü- dorff hat (Ber. d. D. ehem. Ges. 1888, S. 4—11 und 1882—85) Diftiisionsversuche mit Lösungen von Doppelsalzen angestellt und dabei gefunden, dass die von Graham, Marignac, Ingenhoes u. a. ausgesprochene und in viele Lehrbücher übergegangene An- sicht, dass Doppelsalze in Lösungen nicht bestehen, sondern in ihre Komponenten zerfallen, in dieser allgemeinen Form nicht zutre.fl'end ist. Vielmehr difl'undieren bei gleicher Zeitdauer gewisse Doppel- Nr. 10. Naturw'issenschaftliclie Wochenschrift. 151 >ial7,e als molekiilaiv Vorliindungen, \valir''iiil arnJcii' in iliiv Kinzi-I salze zerlegt in der Lösung' zur Ditl'usion 'j:i'lanf;eu. Zu den von Rudorff untersucliten Kürpi-rn der ersten Gruppe gebildet zu haben schien. Maclay hatte ihren Nationalreichtuni vermehrt, hatte friedlichen Verkelir gepflegt, und dadurch der Bonguspraehe die Bedeutung der Handelssprache auch für Bocadji, Bili-Bili, Maragun und die nahen Orte der Berge verschattt. Ganz begeistert war der alte Saul in Bongu, als er mir die erste Papaia zeigte, welche der russische Forscher dort gepflanzt habe, und aus deren Kernen weiter, als er anzugeben vermöchte, diese Fruchtbäume im L'anzen Lande erwachsen seien. Die Gurken und Kürbisse werden .angebaut und gesehärzt. Von dem Vieh, welches Maclay in Bongu lie>s, war ein Kinderpaar mit Kalb noch erhalten. Die früheren Kälber ~ind regelmässig, wenn .sie gross ge- nug waren, cretötet worden. Wenig fortgekommen sind der Mais, ^derselbe gedeiht in den Kulturen der X. G. C. sehr gut), und ein zarteres Gras, welches man heute nur an dem Platze der einstigen Niederlassung des russischen Forschers sieht. Auch ■wo er selbst nicht ge-tt-esen ist, blieb sein Xame in dankbarer Erinnerung. Ich bin nicht der einzige, der in einem neu besuchten Dorfe als Mac- lay begrüsst wurde und die Versicherung, ich sei Maclay ati (wie Jlaclaj') beruhigte die misstrauischen Schwarzen bald und bewies ihnen meine friedlichen Absichten zur Genüge. Charakteristisch ist, dass man ihm trotz alledem eine Ohrfeige nicht vergessen kann, die er einmal im Zorn einem seiner schwarzen Begleiter in Maragee ge- geben hat. denn so wenig der l'apua sich über verdiente .Strafe beklagt, so schwer erträgt er eine ilini uni.'ereclit erscheinende iie- handlung. Es ist seilen, dass die ethnograpliischen Zustände eines Volkes einmal eingehend studiert, dann dieses 1.5 .Tahre hindurch. abi.'esehen von gelegentlichem und sehr seltenem Anlegen eines Schiffes, sich .selbst überlassen ■wurde, ehe sich wieder Weisse dort niederliessen. Es ist begreiflich, dass sii.h die Sitten und Gebriniche der l'apuas jener Gegi'ud nur wenig gcämlert haben, aber es wäre interessant, zu verfolgen, wie weit Veränderungen eingetreten sind. Leider hat Maclay nur kleine Abhandlungen veriifl'entlicht und diese sind meist in holländisclien Zeitschriften zerstreut. Auf .späteren Reisen hatte er auch den englischen und holländischen Teil von Neu-Guinea be- sucht und seit langen .lahren sich nur der Ausarbeitung seiner Tage- bücher gewidmet. Sein Tod ist der Veröffentlichung eines umfang- reichen Werkes, welches er versprochen hatte, zuvorgekommen. Hott'entlich unterbleibt die Herausgabe nicht ganz, da sie nach ver- schiedenen Seiten hin Vergleiche ermöglichen dürfte. Dr. Karl Schneider. Congresse. — 1. Der Ophthalmologische Congress wird au.s Anlass des '25jährigen Bestehens der Ophthalmologischen Gesellschaft in Heidelberg daselbst am 9. August abgehalten werden. — 2. In den Tagen vom 7. — 10. August wird in Glasgow die 56. .lahres- versammlung der „British medical Association"* unter dem Präsidium von Prof. (Jairdner tagen. — 3. Vom 6. bis 9. August findet Anthropologen-Versammlung in Bonn statt. Fragen und Antworten. Wo haben die Flöhe ihre natürliche systematische Stellung? Trotzdem sie ungeflügelt sind und keineSch'wing- kölbchen haben, ■werden sie in manchen Lehr-Büchern zu den Dipteren gerechnet. Die Abteilung der Flöhe, Pulicidae (Siphonaptera) bildet nach Brauer und Kräpelin eine selbständige und der der Dipteren gleichwertige Ordnung. .Jene unterscheiden sich von liiesen nament- lich durch die typisch verschiedene Bildung der Mundteile, des Thorax und der Ausmündung der Speicheldrüsen. Bei den Puli- ciden ist das Saugrohi' aus der Oberlippe und den Mandibeln ge- liildet, während die Unterkiefer hierzu nicht oder nur teilweise seit- lich am (irunde verwendet werden. Der Hypopharynx fehlt. Der Thorax besteht aus drei freien Segmenten und ist ohne Spur von Flugorganen. Der Ausfuhrungsgang der Speicheldrüsen ist paarig in den Oberkiefer- Rinnen. Die Augen sind keine Facettenaugen; nur eine einfache Cornea ist vorhanden. Bei den Dipteren be- steht der Rüssel aus der zu je einem Halbrohre ausgebildeten Ober- und Unterlippe , und die Kiefernpaare sind borsten- oder messer- formige Stechorgane. Die drei Segmente des Thorax sind mit- einander verwachsen ; der Abschnitt des Mesothorax ist am grössten und trägt mit wenigen Ausnahmen Flügel, der Metathorax Schwing- kolbchen (Halteren I. Der Ausführungsgang der Speicheldrüsen ist an der unteren Schlundwand in eine unpaare Stechborste (Hypo- pharynx) verlängert. Die Augen sind meist gross und bestehen aus Facetten. Die Verwandlungsstadien in beiden Ordnungen bestehen aus Larve und Nymphe. Brauer meint, dass die Puliciden Beziehungen zu den Käfern haben. H. J. Kolbe. Litteratur, Prof. Dr. C. Claus: Lamarek als Begründer der Deseendenzlehre. Alfred Holder in Wien 1888. Preis 1 Mk. Allgemein ist jetzt die von Darwin in seinem 1859 erschienenen Werke „Die Entstehung der Arten" wissenschaftlich begründete Des- eendenzlehre, welche die Blutsverwandschaft aller Lebewesen so gut wie gewiss macht, angenommen; anders aber ist es mit dem „Dar- vinismus im engeren .Sinne", der Selektionstheorie, Theorie der Zucht- wahl, mit deren Hilfe Darwin die Entstehung neuer Arten erklärt: die Meinungen über den Wert der Selectionstheorie gehen nach ver- schiedenen Richtungen auseinander. Die Descendenz- oder Transmutation-slehre ist bekanntlich keineswegs neu. *) Der hervorragendste und auch durch die Ergeb- nisse seiner Forschungen verdienstvollste dieser Männer ist .Jean Baptist de Lamarek, der die Grundsätze seiner Abstammungslehre zuerst im Jahre 1802 in der Schrift: „Considerations sur l'organisa- tions des corps vivants" bekanntgab, aber erst in der 1809 er- schienenen „Philosophie zoologiiiue" ausführlicher begründete. Die Lehren dieses so hervorragenden Forschers sind durch Darwin's Schriften stark in den Schatten gestellt und keineswegs in dem Masse, als sie es verdienen, gewürdigt worden. Lamarek, am 1. August 17-44 als das 11. Kind eines Edel- manns in der Picardie geboren, war zum geistlichen Stande bestimmt, entzog sich aber den Händen der Jesuiten zu Amiens, die seine spätere Erziehung leiteten, nach dem Tode seines Vaters durch die Flucht, um .Soldat zu werden. Er kämpfte als solcher gegen *) Vergl. H. Potonie : Die Geschichte der Darwinschen Theorie (Naturwissenschaftliche Wochenschrift Bd. I Seite 181 — 183 und 189—192). 152 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 19. die verl)üiideten deutschen Heere, zeichnete sich durch Mut und Tapferkeit aus und avancierte zum Oflizier. Nach Reendiguna' des Krieges kam er nach Toulon und Monaco in (Jarnison. Die Pflanzen der rniiieliung- der.-elben machten ihn zum Botaniker, nachdem er aus dem Militärdienst ausgetreten war. Alier nur in seinen Musse- stunden konnteer studieren: seinen Lebensunterhalt erwarb er durch Arbeit bei einem Bankier in Paris. Als Frucht seines Studiums erschien 1778 die „Flore fraii(;aise" in drei Bande)), u))d ausserdem bearbeitete La)narck botanische Artikel für die von Diderot und D'Alembert herausgegebene Encj'clopedie methodique. Aber es wollte ihm nicht glücken, eine gesicherte Stellung im Staatsdienste zu erringen; seine besten Lebensjahre vorbrachte er in Sorge und Kot. Erst beinahe öOjährig wurde ihm 'an dem neu gegründeten Musee d histoire naturelle eine Professur für Zoologie verliehen, die er nach einjähiiger Vorbereitung 1794 antiat. Er beschäftigte sich nanie))tlich mit dem System der Tiere, das vo) .Jahr zu Jahr durch ihn verbessert wurde. Die mühevollen Studien, dieLajuarck zu den Vobesserungen führten, sind in seiner 7 bändigen „Histoire natu)-elle sur les animaux sans vertebres" niedergelegt, das ein Werk ersten Ranges ist und auch lange Jahre für die Formkennt))is der niederen 'l'iere massgebend blieb. Seine früher erschienene ,.Phil(i- sophie zoologiipie" geriet jedoch bald in Vergessenheit. Die an- gestrengte Thätigkeit bei Unti'rsuohung kleiner Objekte hatte Lamarck's Augen derartig geschwächt, dass sie zuletzt vollständig erblindeten. Die letzte)) zehn Jahre lebte er „in Finsternis versenkt" und materiell beschränkt, bis er am 18. Dezen)ber 1821) i)n Alter von iSf) .Tahren starb. Die weitesten Erfahrungen haben La)narck zu seiner Theorie geführt, die er in der u)nsichtigsten Weise begründete. Zur Erklärung der Verschiedenheit der Arten bildet er auf (irund zahlreicher Beobach- tungen und thatsächlicher Vorgä))ge eine Theorie aus, welche auf dem Principe der direkten Anpassu))g be)'uht. Er geht davo)) aus, dass die Verhältnisse auf die Lebewesen einen Einfluss ausüben, und da die ersteren sich ändern, so wirken sie a)ich umgestaltend auf die letzteren.- Besonders bemerkenswert ist der schon in seinen „Recherches sur les corps vivants" von La)uarck ausgesprochene Satz: „Nicht die Organe, d. h. die Natur und Cestalt der Körper- teile eines Tieres haben seine Gewoh)iheiten und seine besonderen Fähigkeiten hervorgerufen. sonde)n unigekehrt seine (lewohnheite)). seine Lebensweise und die Verhältnisse, in de))en sich das Individuum, von denen das Tier abstam)nt, befanden, haben )nit der Zeit seine Körperteile, die Zahl und den Zustand seiner Organe und seine Fähigkeiten besti)umt." Also der Wille des Tieres, zu leben, hat die besonderen Einrichtunge)) hervorgerufen. Ausser der Erwerbung neuer Eigenschafte)) durch den Gebrauch und Vererbung derselben auf die Nachkommen, nahmLa)narck die gleichzeitige Wirkung organischer Bildungsgesetze an, die von einer onerforschlichen erste)) Ursache, von dem Willen des Urhebers aller Dinge ausgehen. Diese Entwicklungsgesetze sollten die Stufenfolge bewirkt haben, in welcher sieh 'i'iere und Pflanzen in fortschreitender Ausbild))ng der Organisation von) Einfachen zum Verwickelteren ausbildeten. Wäre die unaufhörlich auf Verwirklichung der Oroani- satio)) binstrebende Ursache die einzige, welche Abänderungen jener hervorruft, so würde die Stufenfolge der Tiere eine regehnässige sein ; inWahrhe.it aber erscheint dieselbe sehr unregelmässig, und zwar in- folge der zweiten, auf Abänderungen hinwirkenden Ursache, des Einflusses einer grossen Zahl verschiedener Ve)-hältnisse, welche die Anpassung im einzelnen vermitteln und bestrebt sind, Störungen in der durch die Bildungsgesetze bedingten Aibeit der Natur, sowie Abweichunge)) in der continuierlichen Stufenfolge der Organisation herbeizuführen. Die einfachsten Lebewesen entstehen nach Lamarck unter günstigen Beding)ingen durch Urzeugung. Lamarck nimmt also vom Schöpfer gegebene Bildungsgesetze in Anspruch und Darwin lässt den Schöpfer das erste oder die ersten Lebewesen erschaffen: die Grenze unseres ErkenntnisvernjOgens wird liierrait .gekennzeichnet. Schon von Kant war diese bestimmt worden: dieser stellt es zwar als Aufgabe aller Naturwissenschaft hin, einer mechanischen Erklärung aller Nat))rprodukte soweit als möglich nachzugehen, aber das Vermögen, damit allein auszulangen, spricht er dem menschlichen Geiste ab. H. P. Kerschbaum, G., Beweis, dass es eine Quadratur des Kreises yiebt, und dass die bisher zur Berechnung des Kreises benützte Ludolph'sche Zahl elu-as zu klein ist. 2. Aufl. 8". (16 S. m. 1 Taf.) Preis 1 M. E. Riemann jr. in Koburg. Kiefer, A., lieber die geraden Kegel und Cylinder, welche durch gegebene Punkte des Raumes gehen, oder gegebene gerade Linien des Raumes berühren. 4". (30 S.) Preis 1 JC 60 .j. J. Huber in Frauenfeld. Köstler, H. , Leitfaden der ebenen Geometrie für höhere Lehr- anstalten. 2 Heft. Lehre vom Flächeninhalt. Construktionslehre. 2. Aufl. 80. (42 S.) Preis 75 .j, kart. 80 ^. Louis Neberfs Verlag in Halle. Eossei, A., Leitfaden für medizinisch-chemische Kurse. 2. Aufl. g)-. 8». (63 S.) Preis 2 M; geb. 2 JC 50 .j. Fischer's med. Buchh. in Berlin. Kramer, E., Uilfsbuch für den ersten geographischen Unterricht. 1. und 2. Teil. 5. Aufl. S". Preis 70 4. Inhalt: 1. Geographie von Schlesien. (32 S. m. 1 Karte.) Preis 30 .^ ; 2. Kurze Ueber- sicl)t der Erdteile. (59 S.) Preis 40 -j. E. Morgenstern, Verl.- Biuhh. in Breslau. Krenzler, E., Ein Jahr in Ostafrika. 8°. (124 S. m. 1 Karte.) Preis 2 ^IC 50 -j. J. Ebner'sche Buchhandlung in Ulm. Kronfeld, M., lieber vergriinte Blüten von Viola alba Bess. (Sep.-Abdr. ) gr. 8\ (10 S. m. 1 Tafel.) In Komn). Preis 40 -j. Z. Freytag i)) Leipzig. Kürzel, R. , Ueber die Lage des Uterus und die physiologiscke Bedeutung des Sphincter ani tertius. gr. 8 ". (42 S. m. 5. Taf.) Preis 2 M. M. Waldbauer's Buchhandlung (Max Coppenrath) in Passau. Lagrange, P. , Physiologie des exercices du corps. 8". Preis kart. 6 fr. Felis Alcan in Paris. Land, R., Ueber die Berechnung und die bildliche Darstellung von Trägheits- und Centrifugalmomenten ebener Massenfiguren. (Sep.-Abdr.) gr. 8». (66 S.) Preis 1 JC 80 -j. Arthur Felix in Leipzig. Lehmann, P., Die veränderlichen Tafeln des astronomischen und chronologischen Teiles derkgl. j^^euss. Normalkalenders für IS 89. Nebst einem allgemeinen statistischen Beitrage vo)) B. Blenck. gr. 8". Preis 5 JC. Verlag d. kgl. Statist. Bureaus in Berlin, Liznar, J., Die tägliche u. jährlidie Periode der magnetischen Inklination. (Separat-Abdr.) gr. 8". In Komm. Preis 40 .4, G. Freytag in Leipzig. Lock, C.Gc., Coffee ifs culture and commerce. 8". Preisl2sh6d, E. & F. N. Spon in London. Loewenthal, W., Deutsche Zeit- u. Streit-Fragen. Herausgegeb. von F. V. Holtzendortf. Inhalt: Die Aufgaben der Medizin in der Schule. Preis 80 -j. J. F. Richter in Hamburg. Gegen Einsendtaig des Betrages (auch in Brief- marken) liefern irir vorstehende It'erke franko. Zur Besorgung litterarischen Bedarfes halten unr tins bestens empfohlen. Berlin SW. 48. Die ^Expedition der ,,9fatnrwi$sen!;cliaftlicheD Wochenschrift". Briefkasten. Herrn Leube. 1. In der 3. Auflage meiner Ulustrierten Flora finden Sie die bei uns i)n Freien aushaltenden häufigeren u])d ge- wöhnlichen Zier- und Kulturpflanzen, in weiterem Un)fange als e.s sonst in Floren gebräuchUch ist, angeführt, )ind zwar sowohl die Holzgewächse, sowie auch die einjärigen und Staudenpflanzen. Die Arten sind nach de)n Buch bestimjubar und syste)natisch a))geordnet. Die Flora ist 1887 erschienen und kostet 5 Mk. — Wollen Siesich eingehender mit Gartenpflanzen beschäftigen, auch mit solchen, die bei uns ))ur in Töpfen gehalten werden, so kann ich Ihnen für die einjährigen und Stauden-Gewächse „Vilmorins illustrierte Blumen- gärtnerei" (2. Auflage, bearbeitet und he)-au.sgegeben von Rümpler 1879. Preis 20 Mk.) empfehlen nebst dem 1888 erschienenen Er- gänzungsband (Preis 7 Mk.) Ueber den letzteren wird de)n))ächst eine Besprechung in der „N. W." erscheine)). Die Arten sind in der Blujuengärtnerei alphabetisch a)igeordnet. — Für eine eingehendere Kenntnisnah)ne der Geholze en)pfehle ich Ihnen Karl Koch 's Den- drologie, Bäujne, Sträucher und Halbst)-äueher, welche in Mittel- )ind N'ordeuropa im Freien kultivie)-t werden. Das Werk erschien 1869—187:1 und kostet 33 JC. Wie ich höre, sind zwei gewiegte Autore)) )uit der Abfassung neuer Dendrologieen beschäftigt; sobald eine derselben erschienen ist, werde ich auf den Gegenstand zurück- kommen. H. P. Inhalt: Dr. Felix Wahnschaffe: Ueber die Einwirkung des vom Winde getriebenen Sandes auf die an de)' Obei-fläche liegenden Steine. (Mit Abbildung.) — Dr. L. Schmitz: Wirkungsart der krankheiter)-egenden Mikroorganismen im tierischen Körper. - Kleinere Mitteilungen: Die Höttinger Breccie. — Ueber die Aus hreitungsgesch windigkeit des Schalles. — Photographische Auf- nahme eines Regenbogens. — Zur" Konstitution der Lösunge)). — Miclucho Maclay. — Kongresse. — Fragen und Antworten. — Litteratur: Professor Dr. C. Claus: Lamarck als Begründer der Descendenzlehre. BUcherschau. Briefkasten. — Inserate. Verantwortlicher Redakteur: Dr. Henry Potonie. — Verlag: Hermann Riemann. — Druck: Gebrüder Kiesau. Sämtlich in Berlin. Hierzu eine Inseraten-Beilase. Redaktion: ^ Dr. H. Potonie. Verlag: Hermann Riemann, Berlin NW. 6, Luisenplatz 11. IL Band. Somitao-, den M. Ano-nst 1888. Xr. 20. Abonnement : Mau abonniert bei allen Buelibaudlungen und Post- anstalten, wie bei der Expedition. Der Vierteljalirs])reis ist M 3.— ; Bringegeld bei der Post 15-) extra. Y Inserate: Die viergespaltene Petitzeile 30 -(. Grössere Aufträge ÖE) entsprechenden Rabatt. Beilagen nach Uebereinkunft. Inseraten- Jt annähme bei allen Annoncenbureaiix, wie bei der Expedition. Abdruck ist nur mit vollständiger C^uellensmjjabe gestattet. Arbeitsteilung und Genossenschaftsleben im Pflanzenreich. Von Dr. F. G. Kolil, Den freundlichen Leser ersuclie ich, mit mir auf kurze Zeit einzutreten in eine grossartige "Werlistatt, gefüllt mit Legionen emsiger Arbeiter. Man fürchte nicht sinnverwirrendes , nervenangreifendes Geräusch , sondern lasse sich im voraus versichern, dass diese Werlf statt den Vorzug vor anderen hat, dass in ihr eine fast lautlose Stille herrscht, es sei denn, dass etwa die schwere Büide oder ein heftiger Windstoss einem alten Arbeiter ein Stöhnen abpresst, oder dass ein Geräusch wie Blättersäuseln heimliches Zwiegespräch verrät oder dass reife Früchte mit Knall die samen- bedeckende Hülle zersprengen. Sonst kein Ton, der von den Arbeitenden selbst herrührte. Die Werkstatt, in die mich zu begleiten ich bitte und von dei-en Einrichtungen ich einige von einem besonderen Standpunkte aus hier auseinanderzusetzen versuchen wUl, ist, es wird längst erraten sein, die Natur, soweit sie von Pflanzen belebt ist. Welche sind die Erzeugnisse dieser "Werkstatt, fragt man mich vielleicht beim Eintreten? — Es sind nicht nur die das menschliche Auge entzückenden, duftspen- denden Blüten, nicht nur die gaumenletzenden Früchte, die Kleidung liefernden Fasern oder die zum Bauen ver- wendeten Hölzer, sondern diese und alles Organische, mit einem Wort die gesamte organische Substanz, welche wir auf dieser Erde kennen, welche fortwährend produziert wird und in den mannigfachsten Formen in die Erscheinung tritt, die organische Substanz, welche im eigentlichsten Sinne des Wortes „das Weltgetriebe erhält." Die Rohmaterialien, aus welchen sie bereitet wird. l'rivatdoCHiit in Marljuig'. sind die Kohlensäure der Atmosphäre und das Boden- wasser mit seinen Mineralsalzen, die winzig kleinen Maschinen, welche die Rohstoffe verarbeiten, sind grüne Plasmaköiperchen, Chlorophylkörnei', die sich in den Blattzellen der Pflanzen angehäuft finden, und die treibende Kraft ist die Energie des Sonnenlichtes. Der Kohlenstoft' der atmosphären Kohlensäiue wird durch die mechanische Kraft der Lichtwellen vom Sauerstoft' losgerissen und mit den Elementen des Bodenwassers vereinigt zu Stärke, welche in Form mikroskopisch-kleiner Körnchen mit Leichtigkeit in den Chlorophylkürnein ge- sehen werden kann. Aus dieser Stärke gehen alle Bestandteile des Pflanzenkörpers hervor; jeder neue Spross, jedes junge Blatt, jede Frucht, jede Holzfaser entsteht in letzter Linie aus der in den Blättern erzeugten Stärke, denn diese wird, kaum gebildet, verflüssigt und als Zuckerlösung überall hingeleitet, wo die Pflanze an ihrem Körper baut oder zu späterer Verwendung in irgendeinem Reservestotfbehalter abgelagert. Man liebt es, die Bedeutung des Wassers im Haus- halt der Natur zu veranschaulichen, indem man die ein- zelnen Phasen seines ewigen Kreislaufs kennzeichnet. Auch der Kohlenstoft' zeigt mutatis mutandis solchen Kreislauf. x\_nfangs gasig, ein Bestandteil der Atmosphäre wird er durch die mechanische Kraft des Sonnenlichts und die Thätigkeit des Blattgrüns der Pflanzen in or- ganische Substanz verwandelt, aus welcher die Pflanze zunächst ihren Körper autbaut. Hat die letztere den Gipfel ihrer Entwicklung erreicht, so stirbt sie ab und ihre Leiche verwest, wenn Luft zutreten kann, sie v er- 154 Natui'wi.ssenschaftlielie Wodiensclirift. Nr. 20. kohlt, wenn diese fehlt. Im ersten Fall wird der Kohlenstoff der organischen Substanz langsam wieder zu Kohlensäure verbrannt und der Atmosphäre zuiück- gegeben, im letzteren bleibt er in dem Toif, der Bi'aun- oder Steinkohle so lange in der Erde deponiert, bis der Mensch diese ausgräbt, um sie in seinen Oefen zu ver- brennen. Auch hier wird wieder Kohlensäure erzeugt, raschei- als dort, und in die Luft geführt und die mit Recht so gehassten Schornsteine sind Kanäle, welche die vieltausendjähi'ige Vegetation vergangener Zeiten mit der heutigen verbinden, denn dieselben Kohlenstoff- Atome, welche vor tausenden von Jahren aus der Atmosphäre in die damalige Pflanzenwelt übergingen, strömen jetzt dem Luftmeer wieder zu. Doch nicht immer ist die Wanderung des Kohlenstoffes eine so kurze. Nicht alle Pflanzen sterben eines natürlichen Todes. Menschen und Tiere vernichten bei einer einzigen Mahlzeit grosse Mengen von Pflanzenleben, ja sie bauen aus Pflanzen- stoffen ihren ganzen Körpei- auf, stammt doch das Fleisch, welches sie neben Vegetabilien geniessen, zuletzt immer von Pflanzenfressern lier. Nur einen Teil des ver- schluckten Kohlenstoffs atmen sie als Kohlensäure wieder aus, wenn Tier und Mensch nicht mehr atmen, geben sie der Erde zurück, was sie auf die Dauer ihres Lebens von ihr geliehen, daruntei' allen nicht bereits veratmeten Kohlenstoff. Man sieht, welche eminent wichtige Rolle die Pflanzen in diesem Kreislauf des Kohlenstoffs spielen. Ihre grünen Blätter, mit denen sie das Sonnenlicht auf- saugen, sind die Werkzeuge, die uneimesslichen Mengen des gasförmigen Kolilenstoffs gleichsam zu condensieren, damit er in fester Form in's Leben eintrete. Doch nicht alle Pflanzen haben grüne Blätter. Auch nicht alle Gewächse sind in dieser Weise aktiv und selbstschöpferisch. Es giebt unter ihnen auch Raubgesindel, zu eigenem Schaffen unfähig, im Verborgenen oft auflauernd, selbst den Mord nicht scheuend, um die Beute auszuplündern. Diesen Gesellen der Finsternis ist der Stempel der Ver- worfenheit gleichsam auf die Stirn gedrückt. Sie prangen nicht im grünen Gewand; sie sind meist von bleicher Farbe, ihr spinnewebartiges Fadengeflecht schleicht oft im Dunkeln dahin, lebende Organismen zu befallen — dann nennen wir sie Parasiten, — oder in bereits ab- gestorbenen Pflanzen und Tieren ihre Nahrung zu suchen (Saprophyten). Der Verlust des Chlorophylls, welches auch sie früher besassen, ist die Strafe ihrer Trägheit und die Ursache ihrer jetzigen Unselbständigkeit und dependenten Stellung. Ihnen ist im Laufe der Zeit die Fähigkeit, organische Substanz zum Aufbau ihres Körpers sich selbst zu bereiten, abhanden gegangen, sie müssen fertige organische Substanz in sich aufnehmen, Stoffe, welche im Körper eines Tiei-es oder einer Pflanze noch dienen oder gedient haben. — Die soziale Stellung dieser farblosen Geschöpfe des Pflanzenreichs ist sehr ver- schieden. Viele sind herabgesunken zu bedeutungslosen Kreaturen, denn kurz, kaum einen Tag mitunter, ist ihr Dasein, unschädlich aber auch nutzlos ihr Leben. Das Pilzreich weist genug derartiger Eintagsfliegen auf! Viele (voran ein grosser Teil der Bacterien) sind verderbliche Feinde andei'er Lebewesen geworden, sie töten und vernichten alles, was sie befallen, sie kämpfen und besiegen meist, sie schwärzen das Pflanzen- blatt, sie machen dem Fisch das Atmen schwer, sie vei'- giften den Kuss, sie lassen die Lungen erkranken, sie fliegen wie die ai)okalyptischen Reiter von Land zu I^and, Pest, Hungeisnot, Tier- und Völkersterben im Gefolge. Vielen endlich, und sie sind es, welche uns hier zu- nächst interessieren, ist ein Wirkungskreis bestimmt, der ihnen eine, wenn auch völlig verschiedene, doch nicht minder grosse Wichtigkeit verleiht, als ihren grünen Genossen. Sie haben eine Arbeit zu verrichten, durch welche sie in eine Art Antagonismus zu den grüngefärbten Pflanzen tiefen und es dokumentiert sich hier eine Arbeitsteilung im Pflanzenreich von fundamentaler Bedeutung. Die gesamte Naturordnung ist darauf ge- gründet, dass die Körper, in welchen das Leben erloschen ist, der Auflösung anheimfallen, damit ihre Bestandteile neuem Leben dienstbar werden können. Die Seelen- wanderung der alten Indier, Aegypter und Griechen ist ein Mythus, die Stoff'wanderung ist eine längsterkannte naturwissenschaftliche Thatsache, sie ist eine unabänder- liche Notwendigkeit, weil die Masse des Stoffes, welcher sich zu Lebewesen ausgestalten kann, auf Ei'den be- schränkt ist. „Neues Leben blüht nur aus Ruinen!" Den in Rede stehenden pflanzlichen Wesen ist nun die grosse Aufgabe zuerteilt, jeden abgestorbenen Tier- und Pflanzenleib wieder zur Erde weiden zu lassen, von der er genommen. Brauche ich wohl zu sagen, dass die Bacterien zum Teil und die Gährungspilze es sind, die hier in Frage kommen. Man pflegt sie wohl auch Spalt- und Sprosspilze zu nennen, weil sie sich, um sich zu vermehren, fort- gesetzt spalten; auch ihre Thätigkeit müsste iiinen diesen Namen einbringen, denn sie spalten fortwährend, sich selbst ernährend und vermehrend, die komplizierten Verbindungen ihrer Substrate in einfache und bewirken und beschleunigen den totalen Zerfall der letzteren und helfen in hervorragender Weise den sozusagen leben- digen Kohlenstofl" als toten der Atmosphäre wieder ein- veiieben, damit er von neuem seinen Kreislauf beginne. Kann man wohl einen grösseren Gegensatz denken, als ihn die grünen Pflanzen und genannte Pilze in ihrer Lebensarbeit aufweisen. Jene bauen zeitlebens aus Ele- menten organische Substanz auf, diese sind ununter- brochen thätig, letztere wieder in ihre Elemente zu zer- legen, eine Arbeitsteilung, deren Bedeutung ohne weiteres einleuchtet. Betrachtet man einen jener Spaltpilze unter dem Mikroskop, so findet man nichts weiter als ein mit farb- losem Plasma erfülltes Zellhautbläschen. Alle Lebens- einrichtungen, (Ernährung, Stoffwechsel, Fortpflanzung) Nr. 20. Natiirwissenschaftliclie Wochenschrift. 155 gellen in dem einen l'iasmatröpfclien vor sicii, das in der sie einschliessenden Zeihvand eine g-eniigende Stütze hat. Jede Zelle ist ein Individuum, sortrt allein füi- sich und schenkt nach kurzem Dasein seinen Leih seinen Kindern. Anders, wenn wir eine hochentwickelte Pflanze unter- suchen. Ein vielzellig-es Gebilde liegt vor uns, ein Ganzes, wie jeder Vogel, jeder Kater, jeder Fisch ist, und doch hininielweit von diesen verschieden. Der tiei'ische Körjjer ist (mit wenigen Ausnahmen ) ein einheitliches, unteilbares (ianze, zusammengesetzt aus Organen, welche — sit venia verbo — gezählt sind. Nur durch ihre Wechsel- wirkung erhalten sie das Leben des Ganzen wie ihr eigenes. Aus dem Verband gelöst atmet die Lunge nicht, hört das Herz auf zu schlagen, leitet der Nerv, zuckt der Muskel nicht mehr. Anders bei den Pflanzen! Im viel loserem Zusammenhang stehen ihre Glieder, die wir tVeilich auch Organe nennen. Wir können vom Baum viele ßliitter i'eissen, viele Zweige und Aeste ab- schneiden, das übrige lebt weiter; wir können eine Weide über der Wurzel abhauen, der zurückgebliebene Stumpf treibt neue Sprosse, wir können die wurzellose Krone in feuchte Erde setzen, sie bewurzelt sich wieder. Eine Zweigspitze, ein Stück Blatt, ja oft nur ein paar Zellen oder gar nur eine einzige ist lebens- und entwicklungs- fähig. Das Tier ist ein einheitliches Wesen, dessen Glieder nur Organe, nicht selbst Individuen sind; die Pflanze ist ein Organismus, dessen Organe selbst wieder Organismen darstellen. Es ist nicht neu, die Organismen mit Staaten zu vergleichen und ich würde mich dieser Vergleichung nicht bedienen, hätte sie nicht den Vorzug leichter Verständlichkeit, wenn sie auch hinkt. Thue ich es, so kann ich das Tier mit einem zentralisierten Einheitsstaat vergleichen, dessen Glieder von einem einzigen Willen beherrscht werden, die Pflanze aber mit einem freier organisierten Bundesstaate, dessen Bürger bei aller Hingebung an die Gesamtheit eine gewisse Selbständigkeit und Selbstverwaltung bewahrt haben. Wie der Staatsbürger in berechtigtem Egoismus zunächst die Förderung seines eigenen Wohles im Auge hat, und damit zugleich fördernd in das Getriebe des Staats- oi'ganismus eingreift, so führt jede Pflanzenzelle (das ist der Bürger des Ptianzenstaates) ein individuelles Leben, hilft aber dadurch das Leben der Gesamtpflanze erhalten. Der Zellenstaat der Pflanze ist, wie der geistvolle Sozial- politiker Herbert Spencer gelegentlich sagt, nach dem Typus eines Industrietstaates organisiert, in welchem zahllose Arbeiter in demokratischer Gleichberechtigung nebeneinander thätig sind, wertlose Rohstoffe der toten Natur zu veredeln und in kostbare Erzeugnisse umzu- wandeln, nach dem Typus eines Staates, in dem wir das Princip der Arbeitsteilung in ausgedehnter Weise in Anwendung finden. Die Zellen der Pflanze sind nicht ordnungslos in ihrem Körper zerstreut, sondern sie gruppieren sich je nach ihrer besonderen Befähigung zu dieser oder jener Verrichtung miteinander zu Verbänden, sie bilden Ge- webe, welche man eben nach ihren Vei'richtungen zu sondern pflegt. Das Grundgewebe, das sich anatomisch scharf von allen übrigen unterscheiden lässt, repräsentieit den eigentlichen Arbeiterstand, den Nährstand. Grund- gewebezellen verrichten die ihnen vorhin charakterisierte Kohlensäurespaltung, sie erzeugen die organische Grund- lage der Pflanze, in ihnen gehen alle wichtigen Prozesse des Stoffwechsels vor sich, ohne welche die "\\'achstums- und Fortpflanzungsvorgänge unmöglich wären. Die Ele- mente eines anderen Gewebes, des Leitgewebes, übernehmen den Transport der Stoffe, sie vei'körpern den Handel. Auf sinnreich gebauten Communications- wegen führen sie die organische Substanz von ihren Entstehungsorten den Blättern, zu den entlegensten Teilen des Pflanzenkörpei's, das Bodenwasser mit den darin gelösten Mineralsalzen leiten sie von den äussersten Wurzelspitzen durch den Stamm hinauf in die Aeste, Zweige und Blätter, in welchen uns die Strombahnen, unendlich fein verzweigt, als „Nervatur" entgegentreten. Aber kein Staat darf wehrlos sein, auch nicht der Zellenstaat. Endlos ist die Reihe seiner Feinde; zahl- lose Pilzsporen suchen ihre Keimschläuche in ihn ein- zutreiben, trockene Luft strebt ihn auszutrocknen. Regen, schädliche Gase, Tiere bedrohen fortwährend seine Grenzen und so schaff't sich denn jede Pflanze in seinem Haut- gewebe eine lebendige Mauer, einen festgeschlossenen Grenzkordon, einen Wehrstand, der in fort«-ährender Defensive verharrt. Die Zellen dieses Hautgewebes schliessen fest aneinander, so dass sie wie die Glieder einer tapferen Phalanx eher zerreissen als sich voneinander trennen lassen. Manche dieser Hautgewebszellen wölben sich nach aussen vor und werden zu Haargebilden, die einen dichten wärmenden und zugleich die Transpiration verringernden Filz zusammensetzen, andere erstarren zu scharfen Stacheln, die wie der Stachel der Biene, in die Haut des berührenden Feindes eindringen und oft noch ein scharfes Gift in die Wunde ergiessen lassen, welches unerträgliches Biennen verursacht. (Die Loasaceen odei- Brennwinden, und unsere Nesselgewächse!). Nach Bedarf wird die Oberhaut widerstandsfähiger gemacht durch Ver- kieselung und Verkorkung ihrer Zellen, das Hautgewebe vermehrt die Zahl seiner Zellschichten und wird zum Korkmantel, der vor unseren Mänteln den unschätzbaren Vorzug hat, dass er mit dem Träger fortwächst! Allein ganz abgeschlossen darf das Innere der Pflanze durch die Oberhaut nicht sein, denn die Pflanze will atmen und sich dadurch wie das Tier seine Lebenswärme er- zeugen, sie will ferner kohlensäurereiche Luft in sich aufnehmen, sie muss durch ihie oberirdischen Organe fortwährend Wasser in Dampfform abgeben, damit neues Bodenwasser von unten her in sie eintreten könne. Dazu ist der Zellenpanzer von kleinen Oeffnungen, Spalt- öffnungen (stomata), durchbrochen, welche die Zwischen- zellräurue der Pflanze mit der Aussenluft verbinden, oder durch ein Zellenpaai' wie durch Thorflügel geschlossen werden können; den Thorwächter spielt das Sonnenlicht. 156 Naturwissenschaftliche Wochenschiift. Nr. 20. Jeder auffallende Sonnenstrahl öffnet schnell die mikros- kopisch-kleinen Eingänge, bei Dunkelheit werden sie wie die Thore mittelalterlicher Städte geschlossen. Bis 700 solcher kleiner Pforten auf 1 (jwm Blattfläche hat man bei manchen Pflanzen gezählt, kein Wunder deshalb, dass sie trotz ihrer Kleinheit eine beträchtliche Gesamt- arbeit leisten, kein Wunder aber auch, dass durch sie viele Feinde, besonders Pilze, ihren verderbenbringenden Eintritt nehmen. Trotz dieser nui- flüchtigen Skizze sieht man schon an diesen einfachen, beliebig heraus- gegriffenen Beispielen, wie das Prinzip der Arbeits- teilung in jedem Zellenstaate zum Ausdruck kommt, aber es ist, so klar es auch entgegentritt, nicht das einzig herrschende Prinzip, sondern es ereignet sich oft, dass es mit anderen in Konflikt gerät — davon ein Beispiel. Die Natur hat etwas von einer „Ober- rechnungskammer", sie sieht in ihren Gesamt- und kleinen Einzelstaaten auf möglichste Sparsamkeit, so dass wir überaü auch im Pflanzenreich auf Erscheinungen treffen, welche der Pflanzenphysiolog unteiordnet dem Prinzip Es wird ge- des geringsten Materialaufwandes, spart, wo es geht, und so kommt es, dass ein Gewebe ausser seiner Hauptfunktion auch noch Nebenfunktionen aufgebürdet erhält: ad exemplum. Das Leitgewebe hat, wie der Name sagt, den Hauptzweck, Stofte zu leiten, aber gewissen Elementen desselben kann zugleich die Festigung des Pflanzenkörpers übertragen sein. So wie im vorliegenden Falle gerät das Prinzip der Arbeitsteilung oftmals mit andei'en den Zellenstaat be- herrschenden in Konflikt, aber auch da, wo es beein- trächtigt und zu Gunsten eines anderen in den Hinter- grund gedrängt wird, drückt es doch der ganzen Pflanze das Gepräge auf. An jeder Pflanze, mag sie am Grund der Gewässer vegetieren, wie die Meeresalge, mag sie stolz ihren Scheitel in den Luftraum erheben, wie der Eichbaum oder haltlos andere Gewächse umschlingen, wie die Liane des Urwalds, an jeder finden wir das Princip der Arbeitsteilung in allen Abstufungen ver- wirklicht. (Schluss folgt.) Ni Hl fx, lieber einen neuen Von A. G Die jetzt allgemein in Gebrauch befindlichen Fern- sprechapparate sind bekanntlich .so eingerichtet, dass man sich einer (oder zwei) Hörmuschel zum Empfangen der Worte, als Empfänger, be- dient, während man zum Sprechen ein an der Wand fest angebrachtes Mikrophon be- nutzt. Bei dieser Anordnung ist es viel- fach, namentlich bei häufigem Gebrauch, wie auf den Veimittlungsämtern, als eine grosse Unbequemlichkeit empfunden worden, dass man sich erst zu dem feststehenden Apparat begeben und zum Sprechen eine bestimmte Stellung einnehmen muss. Ein Apparat, welcher diese Unbequem- lichkeiten besei- tigt, ist daher mit Freuden zu be- grüssen. Der von der Firma Mix & Genest zu Berlin Fig. 1 hergestellte transportable Fernsprechapparat mit Mikrophon entspricht den gestellten Forderungen vollkommen. Der- selbe ist auf verschiedenen Vermittlungsämtern Deutsch- lands, in Berlin, Hamburg u. s. w. erprobt und als sehr brauchbar befunden worden, und da dieser Apparat nicht nur für die Vermittlungsbeamten äusserst bequem und bei denselben bereits vielfach in Gebrauch ist, sondern auch für private Zwecke, bei Luftschiftahrten, in Krankenzimmern u. s. w. grosse Bequemlichkeiten bietet, so dürfte eine Be- schreibung desselben das Interesse unserer Leser finden. Der neue Fernsprechapparat von Mix & Genest vereinigt das Mikrophon und das Hör-Telephon zu einem Fernsprechapparat. utzmei-. Ganzen und gestattet, denselben in jeder beliebigen Lage zu benutzen, ohne die Klarheit und Deutlichkeit zu be- einträchtigen. Fig. 1 stellt einen Schnitt dui'ch diesen Apparat dar und zeigt die innere Einrichtung desselben. Unten sieht man zunächst das Mikrophon. Zwischen dem Mund- stück F und dei- Messingdose D ist die Membran m ein- geklemmt, und zwar ist dieselbe aus Tannenholz her- gestellt und durch Lackanstrich gegen den Einfluss der Feuchtigkeit geschützt. Die so verfertigten Membranen haben sich sehr gut bewährt, während die aus künst- licher Kohle hergestellten Membranen ähnlicher fran- zösischer Apparate leicht zerbrachen. Auf der Membran m sind die beiden Kohlenlager h h angebracht, zwischen denen sich die Kohlenrolle K befindet, welche durch eine Bremsfeder /' gegen die Membran gepresst wird. Die beiden Kohlenlager h h stehen mit den Stromzuführungs- di'ähten in Vei'bindung. Dieses Mikrophon ist auf dem Messingbügel C angebracht und kann in einem Schlitz desselben verschoben werden. Dei' Bügel C trägt an seinem obeien Ende zugleich den Empfänger. Die Hör- öft'nung 0 und die aus Eisenblech gefertigte Membran N befinden sich in der Messingbuchse E, welche ihrerseits durch ein auf der Innenseite befindliches Muttergewinde auf die Platte i? aufgeschraubt ist. Dieses Gewinde ermöglicht zugleich eine Regulierung des Telephons durch Annäherung bezw. Entfernung der Membran X von den Magnetkernen, während mittels eines kleinen Druckhebels *■ die gefundene Stellung fixiert werden kann. Schlies,slicli ist um den Messingwinkel C und um den Hufeisen- magneten /( /< ein Handgrift" // angebracht und ausser- dem durch Schrauben ermöglicht, die Entfernung der Nr. 20. Natundssenscliaftliche Woclienschrift. 157 Teleptionört'nuiii,' <> vom P.ügel (' der Kopfform ent- sprechend zu verändern. Zur vollständigen Ausrüstung des Fernsiirech- apparates g-eiiören nun noch Wecker, Taster, Induktions- weiches auf dem Tische angebracht ist und entweder direkt oder durch Vermittlung eines Apparates, der sich auch in einem anderen Zimmer betinden kann, an das Fernsprechnetz angeschlossen ist. rolle, Umschaltvorrichtung und Blitzfänger. Dieselben sind in einem Schränkchen untergebracht, wie es Fig. 2 zeigt. Eine andere Anordnung stellt Fig. -3 dai'. Der ge- samte Zubehör befindet sich in einem zierlichen Kästchen, Fig. ;5 Diese Anordnung ist sehr bequem und ermöglicht die Benutzung des Telephons vom Tisch, Krankenbett u. s. w. aus, eine Annehmlichkeit, welche dem neuen Instrument eine grosse Verbreitung sichei-n wird. Kleinere Mitteilungen. lieber giftige Fische der Marschall-Inseln macht Dr. Johannes MüUi-r einig-p ReniHrkinifren in der „Gaea" (V. Heft 1888). — Das Interesse, sagt Dr. Müller, welches in den letzten Jahren die Miesmuschel grenomnien liat, sowie die von Zeit zu Zeit immer wieder auftretenden Vergiftungsersclieinungen, die besonders bei den Muschehi vorl,'-rsanilf wini, wenn dir I>uft nicht existierte, also das sogenannte solare Klima der Plrde abgeleitet. Weitere mathematische Betrachtungen zeigen den Anteil, den die Atmosphäri' an der Er- wärmung der Erdoberfläche nimmt, wobei die selektive Absorption, welche von Langley für die verschiedenen Strahlengattungen in der Atmosphäre festgestellt wurde, in Rücksicht gezogen wird. Für die Untersuchung, wie sich die der Sonne durch die Atmosphäre entzogene Energie in letzterer verteilt, bedient sich Verfasser im wesentlichen der Methode, welche von Claus ins für die Verbrei- tung der Lichtstrahlen in der Atmosphäre angegeben wurde. Auch die schwer zu verfolgenden Reflexionen der Sonnenstrahlen an der Oberfläche des Meeres sind vom Verfasser in geistreicher Weise in Rechnung gezogen worden, um keinen Teil des Mechanismus der Lufterwärmung unberücksichtigt zu lassen: ebenso die Wärniewirkung der Dämmerung. Die erhaltenen Resultate werden nun zur Darstellung des wirk- lichen Klimas verwendet, indem die beobachteten Lufttemperaturen über dem Lande und der See mit den berechneten Werten ver- glichen werden. Hierbei ergiebt sich die Notwendigkeit, die Temperaturen des Landes von denen des Meeres zu unterscheiden, da sie nicht ohne weiteres miteinander vergleichbar sind, insofern die Erwärmung des Meerwassers bis in grosse Tiefen Strömungen er- zeugt, welche die aufgenommenen Strahlenmengen weithin entführt, und grössere Wärmemengen in Breiten hervorruft, als ohne diese Beweglichkeit des Wassers dort zu erwarten wären. Zenker be- rechnet nun für die verschiedenen Breiten die solaren Landklimate und Seeklimate um aus der Vermischung dieser Wirkungen die wirk- lichen lokalen Verhältnisse zu rekonstruieren. Während das reine solare Seeklima in der ungeheueren Wasserwüste der südlichen Halb- kugel leicht zum Ausdruck kommt, ist es weit schwieriger eine Gegend von durchaus kontinentalem Charakter zu finden. Da das charakteristische Zeichen der Kontinentalität sich in der starken Temperaturschwankung vom Winter zum Sommer ausspricht, ergeben die von Zenker nach einer neuen Formel berechneten Linien gleicher relativer Temperaturschwankungen drei Punkte absoluter Kontinentalität, nördlich von .lakutzk unter 65" n. Br., nördlich von Pecking unter 45" n. Br. und in der südlichen Hälfte der Sahara. Diese Linien geben mit etwas anderen Werten sogleich auch eine Karte der Kontinentalität, welche der Abhandlung beigegeben ist, bei welcher die l'rozentzahleii der Karte bedeuten, dass die an einem bestimmten Orte zirkulierende Luft im .Jahresmittel x% reiti konti- nentaler (lokaler) Luft und (100— x)% reiner Seeluft desselben Breitengrades enthalte, .Sodann wird noch der Begrift' der „accessori- schen" Temperatur eingeführt, um festzustellen, wie gross der rech- nungsmässig noch nicht genau darstellbare Betrag dieser Strömungs- wirkungen der Luft sein dürfte. Die plausiblen Werte derselben bestätigen die Annehmbarkeit der für die solaren Temperaturen theoretisch gefundenen Werte. Schliesslich zeigt der Verfasser noch, dass eine etwaige Aenderung der Sonnenstrahlung, eine Variation in dem Werte der sogenannten Solarkonstante in den Jahrestemperaturen der Tropenstationen etwa dreimal so stark hervortreten würde, als in den höheren Breiten, ein Prozent Zunahme derselben würde die Jahrestemperatur am Aequator um ca. 1,1" C erhöhen. Dr. Ernst Wagner. Karte des Grossherzogtums Baden. Chromolith. Fol. Preis in Leinw. -Karton 1 JC .50 ^. J. Bielefeld's Verl. in Karlsruhe. Kelbe, W., Grundzüge der Massanalyse, gr. 8". (VIH, 136 S. m. Illustr.) Preis 4 .^K- 50 ^. G. Braun'sche Hofbuchhandlung, Verl.-Cto. in Karlsruhe. Marsh, H., Gelenkkrankheiten. Deutsche Ausgabe von W Kinder- vater. 8". (.VIII, 504 S m. Holzschnitten.) Geb. Preis 7 JC. Anioldische Buchhandlung in Leipzig. Masing, E., Die Luft in ihrem Einfluss auf unsere Gesundheit. Vortrag. 8" Preis 1 ^l(. Carl Ricker in St. Petersburg. Mattel, Graf C, Etekfrohomöopathische Arzneiwissenschaft oder neue auf Erfahrung begründete Heilkunde. 2. Auflage gr. 8". Preis 7 JC 50 ~j: geb. 9 JC. Verlags-Anstalt in Regensburg. Mehnert, E., Ueber Glacialerscheinungen im Eibsandsteingebiet. 4". (42 S) Preis 1 JC 25 .4. C. Diller & Sohn in Pirna. S. 123 1. Spalte Zeile Berichtigung. 3 muss es heissen Chalcidier 7 „ „ „ früher 31 „ „ 36 „ „ 11. 18 Cavoliiii gärende Eichen biffossulata Philotrypesis 124 29 ist — zu streichen letzt. Zeil, muss es heissen Aepocerus Zeile 4 „ „ „ Braconiden 11. 42 Press Werkzeuge. 160 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 20. l^^Q^SI,«^© namentlich Anzeigen allei' optischen, chemischen, physikalischen etc. Gerätschaften, Naturalien, Chemikalien, sowie Büclieranzeigen finden weiteste und passendste Verbreitung-. g^"- RemerlCHiig für CO '5 Preis hi. 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(Mit Abbild.) — Kleinere Mitteilungen: Ueher giftige Fische der ]\Iarschall-Liseln. — Ueber die Aufgaben grosser zoologischer Landesmuseen. — Ein einfacher Versuch, welcher die Axendrehung der Erde beweist. — Litteratur: Dr. Wilhelm Znnker: Die Verteilung der Erdoberfläche. — Bücherschau. — Berichtigung. — Inserate. Verantwortlicher Redakteur: Dr. Henry Potonie. — Verlag: Hermann Riemann. — Druck: Gebrüder Kiesau. Sämtlich in Berlin. Redaktion: ^ Dr. H. Potonie. Verlag: Hermann Riemann, Berlin NW. 6, Luisenplatz 11. '1 IL Band. Sonntag-, den 19. August 1888. Nr. 21. Abonnement: Man abonniert bei allen Biichbandhmgen und Post- y Inserate: Die viergespaltene Petitzeile 30 -f. Grössere Aufträge anstauen, wie bei der Expedition. Der Vierteljahrspreis ist M 3.— ; (5?) entsprechenden Rabatt. Beilagen nach Uebereinkunft. Inseraten- Bringegeld bei der Post 15 j e.\tra. JL annähme bei allen Annoncenbureaux, wie bei der Expedition. Abdruck isiit nur mit vollstäiidig:er Quellenangabe gestattet. Adalbert von Chamisso. Am 21. August .sind 50 Jaliie seit dem Tode des Naturforschers und Dichters Adalbert von Chamisso, oigentlicli Louis Cliarles Adelaide de Chamisso de Boncourt, verflos.seu. Seinen Haupt-Lebensberuf fand er bekanntlich in der Förderung der Botanik, und es soll daher hier diese Seite seiner Thätigkeit mit einigen Worten besprochen werden, die P. Ascherson*) bei Gelegenheit des hundertjährigen Geburtstages Chamissos veröffentlichte. Lassen wii- an der Hand der schlichten Er- zählung des Freundes'^'*) die Scenen an uns vorüber- gleiten, wie der Jüngling zuerst auf dem Jjandsitze der geistreichen Frau von Stael in Goppel in ihrem Sohne den ersten Lehrer in der Botanik fand, wie die lieblichen Gestalten der Alpenbluraen sein Künstlerauge entzückten, wie die so geweckte Liebe zur Pflanzenwelt auch nicht erkaltete, als sein Lebensweg ihn wieder in die sandigen Gefilde dei- Mark Brandenburg führte! Diese Peiiode ist für die botanische Erforschung unserer Provinz bedeutungs- voll geworden. Dei'selbe Aufenthalt auf dem Itzenplitz- Friedland'schen Gute Cunersdorf bei Wrietzen, welcher den Peter Sclileraihl entstehen sah, der seinen Verfasser mit einem Schlage zu einem berühmten Schriftsteller machte, gab auch durch die Bekanntschaft mit D. von Schlechtendal die er.ste Veranla.ssung zur Herau.sgabe 'Mnes Werkes, das den grössten Fortschritt bedeutet, den *) Vergl. Verhandl. des Botauisclieii V^ereins der Prov. Branden- burg. Sitzung vom 28. 1. 1881. **) D. F. L. V. Schlechtendal. Dein Andenken an Adalbert von Chamisso als Botaniker. Linnaea XUl. 1839. S. 93—112. die Erforschung unserer Landesfloi'a je erfahren hat: die Flora Berolinensis et Mesomaiehica, welche von dem jüngeren der beiden Freunde verfas.st, dem älteren ge- widmet ist. Der Name des Dritten im Bunde, des gräf- lichen Obergärtners F. Walter, der im Verein mit den beiden berühmteren Fr'eunden damals begann, das mitt- lere Oderthal zu durchforschen, darf um so \\'eniger über- gangen weiden, als der einzige direkte Beitrag Cha- missos zur heimischen Flora, seine Adnotationes quaedam ad Floram Berolinensem C. S. Kunthii, als Anhang zur dritten Auflage von Walters Verzeichnis der auf den Friedländischen Gütern kiütivieiten Gewächse 1815 erschienen. In dieser kleinen, aber wertvollen Arbeit spricht sich bereits jene Vorliebe für Wasserpflanzen und speziell für die Gattung Potamogeton aus, die später (mit Schlechtendal) zu der bis jetzt umfassendsten und gründlichsten Bearbeitung dieser Gattung (Linnaea Bd. IL S. 157—2311 führen sollte. Die Widmung der Schlechtendarschen Flora giebt Chamisso den .stolzen Titel des Weltumseglers. Inder That bewährten sieh die Studien der Botanik und der verwandten Fächer, denen Chamisso seit 1812 an der Berliner Universität obgelegen hatte, aufs glänzendste auf der Reise um die Erde, welche er in demselben Jahi'e 1815 auf dem russischen Schiffe Rurik unter Führung des Kapitäns Otto von Kotzebue und in Be- gleitung des Zoologen Esclischholtz aus Dorpat antrat. Die Wecliselfälle dieser Reise sind durch seine meister- hafte Reiseschilderung jedem Gebildeten bekannt geworden. Von den vielen Ländern und Völkern, die der Reisende 16-2 Natunvissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 21. während der dreijährigen Faini liennen lernte, hat ihn keines melir angesprochen als die kalten Gestade des nördlichen Stillen Oceans und des angrenzenden Eis- meeres, wo der Kotzebue-Sund und die Chamisso-lnsel das Andenken der Reise für alle Zeiten bewahi'en, und wo er eine an das Gebiet seiner ersten botanischen Studien, die Alpentloi'a erinnernde Vegetation antraf, und die Südsee-lnselgrappen, namentlich Radak, wo ei' mit seinem Kadu ein Freundschaftsbündnis schloss, in das allerdings die Phantasie des Dichters idealisierende Züge hineingetragen haben mag, und Hawai, wo er prophetischen Blickes den Untergang der damals noch scheinbar in voller Lebenslust befindlichen aboriginen Kultur unter der tötlichen Berührung der euiopäischen Zivilisation verkündete.*) Nach der Rückkehr von dieser Expedition fand Chamisso in Berlin bald zwar eine bescheidene, aber seinen Wünschen und Neigungen entsprechende Stellung als „Gehilfe für das Fach der Botanik an den botanischen Anstalten", in der er mit seinem Freunde v. Schlechten- dal, dem ersten Beamten des Kgl. Herbariums, an der ersten Eini'iclitung dieser schon damals unter den bota- nischen Museen eine heivorragende Stelle einnehmenden Sammlung thätigen Anteil nahm. Die Bearbeitung der reichen Pflanzenschätze, die er auf seiner Weltreise ein- geheimst, hat ihn, obwohl er zahlreiche Materialien un- eigennützig anderen Fachgenossen überliess, bis an sein Lebensende beschäftigt. Die meisten dieser Arbeiten, die wie fast alles, was er über Pflanzen veröttentlichte, in V. Schlechtendals Zeitschrift Linnaea erschienen, wiu'den in Gemeinschaft mit diesem Phytographen aus- geführt, indem die Freunde, „an einem Tische einander gegenübersitzend, Pflanzen untersuchten und beschrieben, wobei einer dem anderen durch seine Kenntnisse und Erfahrungen zu Hilfe kam; es war ein schönes, ruhiges Verhältnis." Nach Schlechtendals Berufung an die Universität Halle (1833) rückte Chamisso in dessen Amt am Herbarium ein und hat noch fünf Jahre die begonnenen Arbeiten, bei denen er, wie schon früher mit seinem Gefährten, die inzwischen eingegangenen Sammlungen aus verwandten Gebieten, namentlich von Schiede und Deppe aus Mexiko und von Sello aus Brasilien mit in den Bereich seiner Studien hineinzog, aüein fortgesetzt. Ein von der vorgesetzten Behörde erhaltener Auftrag, eine Anzahl kleinerer Herbarien für Schiden zusammenzustellen, fühlte ihn dazu, die „Ueber- sicht der nutzbarsten und schädlichsten Gewächse, welche wild oder angebaut in Norddeutsclüand vorkommen. Nebst Ansichten von der Pflanzenkunde Und dem Pflanzen- *) Vergl. den gedankenreichen Vortrag von A. Bastian in der Februar-Sitzung der Berliner anthropolog. Gesellschaft 1881. reiche. Berlin 1827 •' gleichsam als „Catalogue raisonne" abzufassen, eine Arbeit, über die er sich in seinen Briefen mit unverdienter Geringschätzung ausspricht, da der allgemeine Teil manche gute Bemerkung enthält. Das Verhältnis des Dichters und des Natuiforschers gestaltete sich bei Chamisso anders als bei seinem grossen Zeitgenossen Goethe, in dessen naturwissen- schaftlichen Arbeiten die Intuition, aber auch die Phan- tasie des Dichters sich nirgends verleugnen; es ist das ihre Stärke, aber auch ihre Sciiwäclie. Chamisso hielt im Leben den Dichter und den Gelehrten nicht ängstlich auseinander. Er hat seinem Peter Schlemihl manche Züge seines eigenen Selbst geliehen, nicht nur seine alte schwarze Kurtka und seine grosse Botanisierkapsel. Auf dem damals noch über Wiesen und Felder führen- den iialbmeiligen Wege zwischen der Stadt und dem Herbarium in Schöneberg lauschte er nicht selten den Eingebungen der Musen; manches unsterbliche Gedicht wurde in den unserer Wissenschaft geweihten Räumen zu Papier gebracht, und der ernste botanische Freund war der erste Sterbliche, der diese Himmelsgabe geniessen durfte. In der Wissenschaft aber wusste er alle Lok- kungen der Phantasie fernzuhalten. In einer Zeit, wo natur- pliilosophische Spekulation mehi' galt als exakte Be- obachtung, gab der Dichter Chamisso das rühmlichste Beispiel nüchterner und gewissenhafter Forschung. War es ihm auch nicht vergönnt, Werke zu schaften, die in den Entwicklungsgang der Wissenschaft entscheidend eingrifl'en, so sind doch seine zalilreichen phytographischen Arbeiten treffliche Bausteine, die in einem Weike, das jede Generation, auf den Schultern der Vorgänger stehend, weiterführt, noch heut ihren vollen Wert be- halten. In der That zeichnen sieh die Beschreibungen Chamissos, und zwar, wie Schlechtendal freimütig urteilt, nicht weniger die letzten, die er allein abfasste, als die in Gemeinschaft mit dem Freunde bearbeiteten, durch tieftende, auf sorgfältiger Untersuchung beruliende Auffassung nicht minder als durch geschmackvolle Dar- stellung aus. Man kann mit meinem Freunde August Kanitz, der in seiner Magyar növenytani lapok Jan. 1881 Chamisso aus Anlass des Jubiläums seiner Gebuil eine warm empfundene Erinnerung widmete, mit Recht sagen, (und hiei' können wir wohl zugeben, dass es dem Ge- lehrten zu gute kam, dass er ein grösserer Künstler war), dass Chamissos Descriptionen ein so lebendiges und plastisches Bild der Pflanzen liefern wie die weniger anderer Fachgenossen. Und so behält Schlechtendals Ausspruch auch heute, fast nach einem halben Jahi'hun- dert noch volle Geltung: Auch unter den Botanikern wird Chamissos Andenken ein bleibendes sein. Nr. 21. Natiinvissenscliaftliehe Woc-hensclii'ift. 163 Arbeitsteilung und Genossenschaftsleben im Pflanzenreich. \ciii Dr. F. (;. Kühl. Jr'riviitdoot'iit in Miirliuiv. (Sohluss) Ich gehe zum zweiten Teil meines Themas übei-, weicher das Genossenschaftslehen im Pflanzen- reich zum Gegenstande liaben soll. Der rote Faden, welcher die Genossenschaftserscheinungen mit denen der Arbeitsteilung verbindet, ist leicht zu erkennen. Die Akkomodation einer Zelle, eines Gewebes, einer Pflanze an eine bestimmte Thätigkeit, aus ihr resiiltieit eine ein- seitige Kelahigung dieser Gebilde: die Genossenschaften sind Verbindungen solcher »^inseitig ausgebildeter Wesen zur Förderung ihrei' gemeinschaftlichen und Ein- zelinteressen. Die Wissenschaft bezeichnet das Genossen- schaftsleben mit dem Namen Symbiose, die einzelnen Mitglieder als Symbionten. Im grossen Haushalt der Natur bemerken wir, wie manche Pflanzen und Tiere zu ihrem Leben noch eines Organismus anderer Art so sehr bedürfen, dass sie ohne ihn entweder rasch zu Grunde gehen odei', schwer ge- schädigt und gehemmt, nui- noch ein ktimmeiliches Dasein fiisten. Was ihnen fehlt, was sie sich nicht beschaffen können, ersetzen sie und ei weihen sie sich durch das Zusammenleben mit einem zweiten Organismus, von dem sie sich meiir oder weniger abhängig machen. Diese Abhängigkeit kann nun verscliiedenaitig sein. Häufig ist sie einseitig, nur das eine der zusammenlebenden Geschöpfe, dei' Parasit, zieht Nutzen aus der Symbiose, das andere, der Wirt, geht leer aus, hat sich allerdings mei.'.t volle Selbständigkeit bewahrt, wird aber in vielen Fällen arg g-eschädigt. Dei' Brandpilz auf unsei'en Maispflanzen, der Eost unseiei' Gräsei-, der Mehltau auf dem Laube der Rose oder des Weinstocks sind lästige Para.siten, Gä.ste, die sich auf Ko.sten ihrer Wirte (Maispflanze. Gias, Rose, Wein.stock) ernähren, bei diesen Wirten wohnen, ohne auch nui' den geiingsten Gegen- dienst zu leisten, ja, manche untei' ihnen sind schändlich genug, das Leben odei- die Gesundheit des Wirtes zu beeinti ächtigen oder zu vernichten, denn selten ist ein Para.sit so rücksichtsvoll wie beispielsweise die Mistel, Viscum albiim, auf unseren Laubbäumen, die die Wasser- leitung des Wirtes anza]ift und mitbenutzt, im nbiigen aber sich selbst ernährt. Doch es giebt auch „anständige Gäste," welche ihren Wirten die Zeche bezahlen, ein Aequivalent i eichen. Dann veihalten sich beide, Gast und Wirt, mehr wie zwei Socii in einem wohlg'eordneten Geschäft, welche sich in ihrer Aibeit untei stützen und fördern und in den erzielten GcAvinn redlich teilen. Die.se Art dei- Symbiose, welche auf vollkommener Gegenseitig- keit beruht, nennen wii' Mutualismus, die Geno.s.sen Mutualisten. Leicht verständliche Beispiele dieser Art der Symbio.-^e bietet uns das Tierieich, eines derselben werde ich mit einigen Woiten in Erinneiung bringen, um mit den pflanzlichen Sj'mbiosen daran anknüpfen zu können. Der Bernhaidskrebs Eupagurus Bernhardus, auch Einsiedler genannt, hat, wie seine Kollegen im Mittelmeei', die Eigentümlichkeit, seinen Hinterleib in einer Schneckenschale zu beigen, während er den Kopf mit den mächtigen Scheeren aus der Eingangspforte herausstreckt. Diese Gewohnheit ist eine so alte, dass jetzt sein Hinterleib nicht mehr fest beschalt wird, sondern weichhäutig bleibt und ohne den Schutz der Schneckenschale eine bedenkliche Achillesferse darstellen würde. Wie ein Ritter in schwerer Rüstung zieht der Bernhardskrebs mit der Schale als Kürass auf Beute aus. Auf dieser Schale setzt sich nun sehr bald und fast regelmässig eine Seerose, Adamsia palliata, fest und lässt sich, selbst unfähig, weite Wanderungen auszuführen, vom geharnischten Herrn auf seinen Raubzügen mit- nehmen und hat so Gelegenheit, in bequemster Weise viele Leckerbissen anzutretfen und zu erha,schen mit ihren langen Fangarmen, wenn der Krebs, selb.st Nahrung suchend den Meeressand mit seinen Füssen aufwühlt. Also ist die Seerose Adamsia eine sich aufdrängende Rei.sebegleiterin, die nur geniesst? — Doch nicht, sie lohnt die Mühe des Transports und die Erleichterung des Nahrungserwerbs ihrem Ritter, denn mit langen Fäden, welche aus dicht nebeneinander liegenden Ne.sselkapseln einen brennenden, Schmerz erzeugenden Saft ausscheiden, vertreibt sie die Feinde des Krebses und schon bei ihrem Anblick suchen jene ängstlich das Weite. Also eine volle Gegenseitigkeit, ein Fall von Mutualismus. Sollte es im Pflanzenreich wirklich ähnliche Fieund.schafts- bündnisse geben? — Gewiss, wir kennen schon eine lange Reilie, und noch immer werden neue entdeckt. Das am längsten bekannte und zugleich lehrreichste Bei- spiel liegt uns in den Flechten vor, jenen über die ganze Erde verbreiteten Organismen, welche jedermann kennt, mögen sie nun in Form dünner Krusten Felsen und Baum- .stämme überziehen, oder laubartig über ihre Unterlage sich ausbreiten oder als .stattliche strauchige Gebilde von grünlicher, grauer oder gelber Farbe auf ihrem Substrat sich erheben oder wie die Bartflechte in langen Strähnen von den uralten Aesten der Waldriesen herabhängen. Diese Flechten sind nicht einheitliche Wesen, für welche man sie früher hielt. In ilinen leben zweierlei Pflanzen aus ganz verschiedenen Grappen des Pflanzen- reichs innig vereint, nämlich Pilze und Algen, und bilden ein Convivium zu gegenseitiger Förderung. Der Pilz macht die Hauptmasse aus, er bildet lange farblose verästelte Fäden, welche, aus aneinandergereihten Zellen bestehend, sich nach allen Richtungen des Raumes zu einem dichten Geflecht durchkreuzen, nach unten als feine Härchen wio Wurzeln in die Unterlage dringen, nach oben durch g-egenseitige innige Verwachsung eine Art Haut- gewebe erzeugen, in die Masse dieses farblosen Flecht- werkes .sind kuglige, grüne oder blaugrüne, einzellige, mitunter zu Fäden oder Kolonien vereinigte Algen- zellen eingebettet. Indem beide Organismen durch fort- 164 Natui'wissenschaftliche Wochenschi'ift. Nr. 21. gesetzte Zellteilung wachsen, vei'grössert sich die ganze Flechte. Wie ich bereits erwähnte, stehen farblose und grüne Pflanzen in Bezug auf Ernährung und Stoffwechsel in einem scharfen Gegensatz, also auch Pilz und Alge, und der Nutzen, welchen beide Genossen aus ihrem Zusammenleben ziehen, ist eben darauf zurückzuführen, dass Organismen mit sich ergänzenden I>ebensansprüchen vereint sind; Kohlensäurekonsumenten, die Algen, haben sich zusammengethan mit Kohlensäuieproduzenten, den Pilzen. Die Pilze können für sich allein nur auf einer Grundlage, welche organische Stoffe enthält, vegetieren; die Fälligkeit, auch auf nackten Felsen zu gedeihen, ge- winnen sie erst durch den Bund mit Algenzellen, welche für den nötigen organischen Proviant soi'gen. Die Algen aber gemessen den Vorteil einer bequemen Kolilensäurezufuhr, einer nie vei'siegenden Zuleitung von Bodenwasser und darin gelösten Mineialsalzen, alles zur Ernährung der Algen so nötig, wie das Licht, dem sie sich in ihrer Wohnung zwischen den ausgebreiteten Pilzfiiden in ausgezeichneter Weise exponieren können. Auf Grund dieser gegenseitigen Unterstützung hat sich ein zusammengesetzter Organismus entwickelt, welcher durch eine erstaunliche Lebenszähigkeit und Genüg- samkeit alle übrigen Pflanzen übei'trift't, und dadurch wieder sind die Flechten zu Pionieren geworden, welche die organische Natur voraussendet, um den unwirtlichsten Boden für andere anspruchsvollere Pflanzen voi'zubereiten. Im eisigen Norden, auf den höchsten Alpengipfeln, wo den grössten Teil des Jahres der Boden von Kälte starrt, auf nacktem, wasseilosem Fels, auf trockenei' Rinde oder wo sich sonst nichts Lebendes zu erhalten im stände ist, da vermögen die Flechten lustig zu vegetieren auf grund ihres wohleingerichteten, auf Gegenseitigkeit der Genossen beruhenden Haushalts. Ganz ähnlicher Genossenschaftsverhältnisse zwischen zwei Pflanzen sind während der letzten Jahrzehnte noch mehrere entdeckt worden, aber ihre biologische Bedeutung ist noch „Geheimnis." Es würde wenig Zweck haben, wollte ich ausführlich schildern, dass wir in den Höhlungen der Unterseiten der Blätter einer winzigen schwimmenden Wasserpflanze — Azolla — immer Ko- lonien einer mikroskopisch kleinen blaugrünen Alge — Anabaena — finden, ohne dass wir uns bisher auch nur eine leise Vorstellung von der Bedeutung dieser Vergesellschaftung machen könnten, und doch ist diese so regelmässig, dass wir sagen dürfen, kein Blatt der Azolla ohne Höhlung, keine Höhlung ohne Anabaena, und was noch auffälliger ist: Wir kennen von der Gat- tung Azolla vier scharf zu unterscheidende Spezies, zwei in Amerika und Australien weit verbreitet, die dritte in Australien, Asien und Afrika, die vierte aus- schliesslich dem Nilgebiet eigentümlich, und trotzdem — in allen dieselbe Alge, dieselbe Anabaena. In den Wurzeln unserer Cycadeen odei- Palmfarne, von denen wir unsere sogenannten „Palmenzweige" ent- nehmen, siedelt sich mit ähnlichei- Konstanz eine Alge an. Die chilenische Gunneia scabra, eine fast stamra- lose, aber mit ungeheuer grossen Blättern ausgestattete Zierpflanze unserer Gärten, beherbergt in ihren schenkel- dicken Wurzelstöcken in ähnlicher Weise ganze Kolonien einer Alge. Das sind Associations-Erscheinungen, mit denen selbst die kühnsten Teleologen noch nichts anzu- fangen wissen. — Neuerdings macht in Fachkreisen eine Symbiose-Erscheinung viel von sich reden, die man kurz als Pilzwurzel oder Mycorhiza bezeichnet, welche, wenn sich die jetzt gegebene Deutung derselben als lichtig erweist, zu den interessantesten Beispielen von Symbiose gehört, da es sich nicht mehr blos um niedere Organismen, sondern um die höchstentwickelte Pflanzen- form, um Bäume, handelt. Der Wurzelkörper sehr zahl- reicher Bäume (ich nenne besonders Buche, Hainbuche und Eiche) ist (vergl. ,,Naturw. Wochenschr.", Bd. IT, Nr. 1 u. 2) von einem aus Pilzfäden bestehenden Mantel lückenlos übeizogen, welcher mit jenem fortwächst und mit ihm in organischer Verwachsung sich befindet und welcher gewissermassen Ammendienste leisten und die Ernährung des Baumes aus dem Boden übernehmen soll. Der Pilz nimmt (nach dieser Erklärung) die mine- i'alischen Bodennährstofte nicht nur zu seiner eigenen Ernährung, sondern zugleich auch für den Baum auf, ist Amme des Baumes. Die Mycorhiza ist demnach den Flechten pilzen, der Baum den Flechtenalgen analog, jene absorbiert die Bodennahrung und führt sie der Baumwurzel zu, diese versorgt den Wurzelpilz mit der ihm notwendigen organischen Substanz. Ueberraschend ist es, dass, nach neuesten Beobachtungen, der Pilz, welcher in der bisher bekannten Form auf der Oberfläche der Wiu'zel sich befindet, sich in anderen Formen immer tiefer ins Innere derselben zurückziehen kann, wie bei den Ericaceen oder Heidegewächsen, bei welchen er im Innern der Wurzelepidermiszellen sich ansiedelt und auf den Laien den Eindruck machen kann, als .sei er ein Bestandteil der Oberhautzellen. Soviel über die rein pflanzlichen Genossenschaften. Sind nun damit die symbiotischen Beziehungen der Pflanzen erschöpft? Noch nicht, denn es fehlt noch eine Art von Associationen, welche man am spätesten ent- deckte und lange Zeit für nicht möglich hielt, nämlich solche zwischen Pflanze und Tier. Die gelben und giünen Farbstoff'körper im Leibe zahlreicher Wassertiere, Radiolarien und Infusorien, See- rosen, Polypen und Medusen, Stachelhäuter, Würmer und Schnecken haben sich bei genauer Untersuchung als wahr- haftige Algenzellen entpuppt, welche im Tierkörper eine ganz ähnliche Rolle spielen wie ihre Schwestern im Flechtenthallus. Im sogenannten Entodeim dicht neben- einanderliegend und dem betreffenden Tier seine Gesamt- farbe verleihend, arbeiten sie dem tierischen Bundes- genossen in die Hände, denn sich selber ernährend durch Spaltung der im Wasser absorbieilen Kohlensäure, pro- duzieren sie Sauerstoff' in Menge, welche der tierische Teil der Genossenschaft zum Atmen verwendet. Dank- Nr. -Jl. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 1(55 bar gewülirt das Tier seinen lirektors einen photographischen Apparat für das 36züllige Telaskop angeschafl!'f. diese Neuerung wird bei der bekannten vor- züglichen Luft auf dem Mount Hamilton von grossem Wert sein für die Erforschung des Mondes, der Planeten, Kometen, Nebel etc. ; hauptsächlieli aber von doppelten und mehrfachen Sternen, schwächeren .Sternen, Sternhaufen. Zunächst wird man eine bestimmte Zahl von Sternen auswählen und diese in regelmässigen Intervallen photo- graphieren; durch vergleichende Messungen an den Platten lassen sich alsdann Parallaxenbestimmungeu ausführen, ebenfalls wird man ■wichtige Aufschlüi;se über die innere Konstitution von Sternhaufen erhalten können; die Nachbarschaft von helleren Sternen soll in Bezug auf Begleiter derselben genau untersucht werden. — An der Her- stellung des auf dem Pariser Kongress im vorigen Jahre vereinbarten Stern-Atlas kann jedoch nicht teilgenommen werden, weil hierfür eine ganz bestimmte Brennweite vorgeschrieben ist, die in diesem Falle weit überschritten werden würde. — Im Anschluss hieran mag bemerkt werden, dass binnen kurzem ein neues amerikanisches Observatorium, zur Denver Universität in Colorado gehörig, sieben Meilen von der Stadt Denver entfernt, in einer Höhe von 5000 Fuss, also noch 4200 hoher als die obengenannte Sternwarte, errichtet werden wird. Ein Herr C'hamb erlin aus Denver hat diesem Institut einen neuen 20z0lligen Refraktor ge- schenkt, der an Mächtigkeit die fünfte Stelle in Amerika einnimmt. Dr. B. Matthiessen. Ueber den „neuen Stern" im Schwan. — Der von Herrn Espin. Wolsingham Observatory Darlington, am 8, M.ai entdeckte neue Stern im Schwan wird nach neueren Untersuchungen in die Klasse der Veränderlichen einzureihen sein. Er ist nämlich schon im Jahre 1858 in Bonn beobachtet als O" 5; seit dem Wieder- auffinden in diesem Jahre hat er schon etwas an Helligkeit verloren; seine Farbe ist auttallend rötlieh. Nach einer Strassburger Bestimmung lautet die Position des Sternes: 1888.0: A. R = 20''42"' 12" .00 Dekl. = +44» 27' 35". 1. Kr ist leicht aufzufinden, ungefähr '/.j" südlich von dem hellen Stern Deneb. a (!ygni; mit zwei anderen Sternen 8.-9. Grösse, von denen der eine ein Doppclstern, bildet er ein fast gleichseitiges Dreieck und zwar ist er, im Fernrohr gesehen, die südliche Spitze desselben. Or. R. Matthiessen. Litteratur. Der kleine Pilzsammler ein Leitfaden für Jung und Alt, zum Kennenlernen, Einsammeln und Zubereiten von 26 der besten Esspilze. Bearbeitet von Kinem Praktikus. Würzburg, A. Stuber 18S8. Preis ,80 >j. Dieses kleine ]}üchlein hält ganz und voll, was der Titel ver- spricht, und ich möchte dasselbe besonders den Hausfrauen sowie allen, welche die gewöhnlichsten essbaren Pilze kennen lernen wollen, warm empfehlen. — Die dem Texte eingefügten unkolorierten Ab- bildungen sind fast sämtlich naturgetreu und scheinen mir, mit Rück- sicht auf die Farben-Versi'hiedenheit der meisten Pilzarten an dieser Stelle viel wertvoller als farbige Bilder zu sein. Die Beschreibung der Arten ist klai- zutrefi'end und für den Laien verständlich, ebenso das Kapitel über die Zubereitung essbarer Pilze. Von den giftigen Arten ist nur der Knollen-Blätterschwamm (Anianita phalloides) ab- gebildet, und dieser scheint mir genügend, da die sämtlichen Russuleen, welche zwar mehrere essbare, aber auch viele giftige Arten enthalten, die leicht mit ersteren verwechselt werden können, gänzlich ausge- schlossen sind. P. Hennings. Messtischblätter dex Preiissischen Staates. 1 : 25000. Künigl. preuss. Landesaufnalime 1.S86. Hrsg. 1888. Nr. 680. 768. 771. 865. 960. 1058. 1150 1.325 1326. 2419. 2421. 2567. 2568 2758. 2760. 2814. 2815. 2884 2886. 3350 3400. 3401. Lith. u kolur. I'ol. Preis ä 1 JC. Inhalt: 680. Lassan. — 768. Caseburg. — 771. Dobherphul. — 865. Pribbernow. — 960. Althagen. — 1058. GoUnow. — 1150. Gr Christinenberg. — 1325. Woltin, — 1326. Neumark. — 2419. Bosatschin. — 2421. Raschkow. — 2567. Adelnau — 2568. Jlixstadr. — 27.58. Bunzlau. — 2760. Haynau. — 2814. Reichenbach (in der Oberlausitz). — 2815. Görlitz. — 2884. Lälin. — 2886. Ki.lbnitz. — 3359. Mürlenbach. — 3396. Waxweiler. — 3400. Alf. — 3401. Zell. R. Bisenschmidt in Berlin. Miller, A., Ueber die Grundlagen der Bestimmungsmethode des longttudinalen Elastizitätsmoduls. (.Sep. - Abdr.) 4". (58 S.) Preis 1 M 70 4. G. Franz'sche Verlagsh. (.1. Roth) in München. Minnich, F., Ueber den Croup und seine Stellung zur Diph- theritis. (Sep.-Abdr) gr. 8». (82 S.) Preis 2 JC. Urban & Schwarzen berg in Wien. Mordhorst, C, Der Rheumatismus und seine Behandlung mittelst elektrischer Massage etc. in Verbindung mit einer Bade- und Trinkcur in Wiesbaden. (Sep.-Abdr.) gr. 8". (20 S.) Preis 80 ^l( . Georg Thienie in Leipzig. Morgenthaler, J., Der falsche Mehlthau, sein Wesen und se.ine Bekämpfung, gr. 8". (48 S.) In Komm. Preis 1 <^*. Schröter & Meyer, Verl.-Buchh. in Zürich. Nehring, A., Ueber das Skelet eines weiblichen Bos primigenius aus einem Torfmoore der Provinz Brandenburg. (Sep.-Abdr.) gr. 8». (10 S.) Preis 80 -j. R Friedländer & Sohn in Berlin. Neil, A. M., Fünfstellige Logarithmen der Zahlen und der trigo- nometrischen Funktionen nebst den Logarithmen für Summe und Differenz ziveier Zahlen, deren Logarithmen gegeben sind, sowie einiger anderen Tafeln. 6. Aufl. gr. 8°. (XIX, 104 S.) Preis geb. I -IC 80 ..j. Arnold Bergstraesser in Darmstadt. Noltenius, H., Beitrag zur Statistik und pathologische Anatomie des Diabetes mellitus, gr. 8". (23 S.) Preis IJC. Lipsius & Tischer. Verl.-Cto. in Kiek Penard, E. , Recherches sur le Ceratium macroceros avec obser- vritions sur le Ceratium cornutum. 4". (43 Seiten m. 3 Tafeln.) Preis 3 M 20 4. Henri .Sfapelmohr in (ienf Pettenkofer, M., v.. Der epidemiologische Teil des Berichtes üb. die Thätigkeit der zur Erforschung der Cholera im Jahre 188S nach Aegi/pten und Indien entsandten deutsehen Kommission. gr. 8". (iV. 164 S.) Preis 4 M. R. Oldenbourg in München. Profanter, P., Die manuelle Behandlung der Prolapsns uteri. gr. 8". (28 S.) Preis 1 JC 20 4. Wilhelm Braumüller, k. k. Hof- u. 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Kohl: Arbeitsteilung imd Genossenschaft,sleben im Pflanzenreich. (Schluss). — Kleinere Mitteilungen: Warum bleibt die von der .Sonne ausa-estrahlte Wärmemenge beständig dieselbe trotz des infolge der Strahlung statt- findenden Wärmeverlustes,, den die Sonne erleidet? — Ein neuer Flechtentypus. — Ueber eine neue Base aus dem Pflanzenreiche. — Ursprung der baumlosen Grasprärien Nordamerikas. — Ueber die Giftigkeit der menschlichen Ausdünstung. — Braunkohlenbildung in Dampfkesseln von Zuckerfabriken. — Abgeprallter Meteorit. ^ Nachrichten vom Lick-Observatory. — Ueber den „neuen Stern" im Schwan. — Litteratur: Der kleine Pilzsammler, ein Leitfaden für .Timg und Alt, zum Kennenlernen, Einsammeln und Zubereiten von 26 der besten Esspilze. — Bücherschau. - Inserate. Verantwortlicher Redakteur: Dr. Henrv Potonie. Verlag; Hermann Riemann. Druck: Gebrüder Kiesau, Sämtlich in Berlin. Redaktion: ' Dr. H. Potonie. Verlag: Hermann Riemann, Berlin NW. 6, Luisenplatz 11. IL Band. Sonntag, den 26. August 1888. Nr. 22. Abonnement: Mau abonniert bei allen Bachhandlungen und Post- -,r anstalten, wie bei der Expedition. Der Vierteljahrspreis ist JC 3.— ; g;^) Bringegeld bei der Post lö ^ extra. JL Inserate : Die viergespaltene Petitzeile 3(> ■^. Grössere Aufträge entsprechenden Rabatt. Beilagen nach Uebereinkunft. Inseraten- annahme bei allen Annoncenbureaux, wie bei der Expedition. Abdruck i«!>t nur mit vollsttändiger C^ellenaiig;abe gestattet. Wolken u Von iJr. Em „Durch HoAvaid.'^ g-lückliclien Gedanken, die Wolken- büdungen zu sondern, zu cliarakterisieren, zu benennen, sind wir melir als man glauben könnte, gefördert." Die.ser Ausspiuc-li Goethes aus dem .Tahre 1820 tritft heute noch weit mehr zu, als zu dei' Zeit, wo er gethan wurde, denn erst neuerdings hat man die Notwendigkeit und Zweckmässigkeit systematisch angestellter Wolken- beobachtungen genügend gewürdigt, seitdem man den Zusammenhang der Wolkenformen mit der jeweiUgen Witterung und das Auftreten gewisser wohlcharakteri- sierter Gestalten am Wolkenhimmel als zuverlässige Vor- boten von Witterungsändeiungen erkennen lernte. Dass man erst im Beginn unseres Jahrhunderts den Erschei- nungen am Wolkenhimmel nähere Aufmerksamkeit zu- wandte, dürfte verwunderlich erscheinen, wenn es nicht durch eine oft gemachte Erfahrung bestätigt würde, dass den beständig vor unseren Augen liegenden, alltäglichen Dingen am wenigsten Aufmerk.samkeit zugewandt wiid. l';s war ein glückliche-r Griff Howards, durch vier Grundformen die sämtlichen, scheinbar so regellosen und vielgestaltigen Formen der Wolkenbildiingen einer ein- fachen Klassifikation einzuordnen, deren Bezeichnungen durch Goethe's poetische Verherrlichung Ho ward's auch ausserhalb der B'achkreise geläufig wurden. Mit diesen Grundformen Cirrus, Kumulus, Stratus, Nimbus und ihren Kombinationen iiat man bisher alle vorkommen- den Typen noch genügend zu charakterisieren vermocht, was schon daraus hervorgeht, dass verschiedene neu vor- geschlagene Bezeichnungen sich nicht zu allgemeine)' Aufnahme hindurchgeaibeitet haben. nd Nebel. st Wagner. Während man sich nun in dem regelmässigen Beobachtungsdienst lange Zeit begnügte, in den nieteoro- logischFn .fonrnalen der Stationen kurze Notizen über die Form der gerade vorwiegend vorhandenen Wolken- gattung zu machen, allenfalls auch noch die Zugrichtung anzugeben, ohne dass das so angesammelte Material zu weiteren Schlü.ssen Verwendung geboten hätte, ist es dem Eifer einzelner unermüdlicher Forscher zu danken, dass wir durch ihr dem Wolkenhimmel ausschliesslich zugewendetes Interesse über die Vorgänge in den höheren Schichten der Atmosphäre nähere Aufklärung erhalten haben. Der zunächst wichtig.ste Zweck der Wolkenbeobach- tungen ist es jedenfalls, die Windrichtungen in den Höhen der Atmosphäre bestimmen zu können. Dazu bedarf es vor allen Dingen einer genauen Messung der Höhen, in welchen die verschiedenen Haupttypen der Wolkenformen anzutreffen sind. Dieser Aufgabe hat sich namentlich Dr. Vettin gewidmet, dessen Mes.sungen sämtlich in Berlin angestellt wurden, und zwai- gelang es ihm durch .sinnreiche, wenn auch umständliche Methoden durch Messungen von einem Punkte aus Geschwindigkeit und Höhe der Wolken zu bestimmen. Die auf Anregung von Professor Hildebrandson in Upsala von Ekholm und Hagström ausgeführten Messungen wurden an den Endpunkten einer Basis von 490 m, später von 1300 m Länge angestellt, welche Methode weit leichter ausführ- bar ist und dabei eine grössere Genauigkeit der Me.ssungen zulässt, als es die Beobachtung von einem Standpunkte aus gestattet. Die Resultate der Beobachtungen in Berlin 170 Naturwissenschaftliclie Wochensclii-ift. Nr. 22. und Upsala sind ziemlich übereinstimmende, und er- geben vor allen Dingen, dass die verschiedenen Wolken- formen in bestimmten Schichten sich bilden, deren Höhe jedoch sowohl während des Tages wie während der ver- schiedenen Jahreszeiten innerhalb bestimmte)- Grenzen auf- und absteigt. Die vonDr. Vettln unterschiedenen fünf Regionen, in denen sich vorzugsweise Wolken bilden, sind folgende: 1) Unteres Gewölk mit unbestimmten Um- rissen, mittlere Höhe 490 ni, 2) Wolken mit bestimmteren geballten Formen, tiefen Schatten und hellen Lichtern, 1170 m, 3) Wölkchen mit zarteren Schatten und Lichtern, meist truppweise auftretend und regelmässig gruppiert, dem Himmel bisweilen ein marmoriertes Aussehen ver- leihend, 2260 w, 4) unterer Cirrus in Streifen, Federn, Schäfchen u. s. w. von weisser Farbe, 4020 ni, 5j oberer Cirrus 7200 m. Hingegen findet sich der am deutlichsten seine Entstehung aus aufsteigenden Luftströmen verratende Cumulus in allen Höhen, er steigt sogar über den Cirrus; die höchst gemessene Höhe betrug 4700 m. Hierbei ist Region 1 etwa durch Stratus und Nimbus, 2 durch nied- rigen Cumulus und Cumulostratus, 3 durch hochliegenden Cumulus und Stratocumulus nach der ältei'en Termino- logie wiederzugeben. Die Beobachtungen in Upsala in den Jahren 1884 und 1885 haben untei- Voraussetzung einer viel detail- lierteren Terminologie genauere Abstufungen für die ein- zelnen Etagen geliefert, vor allem aber zuerst sicher festgestellt, dass die tägliche Veränderung der Wolken- höhen einen sehr beträchtlichen Weit besitzt. Die mitt- lere Höhe der einzelnen Gattungen erreicht folgende Werte: 1) Gehobener und zerris- sener Nebel: Stratus 620 m 2) Niedr. Wolkenschleier: Nimbus 1530 „ 3) Wolken im aufsteigen- den Luftstrom: Cumulus (Basis) 1390 „ (Gipfel) 1860 „ 4) Cumulostrat. (Basis) 1400 „ (Gipfel) 2850 „ 5) „Falsche Cirn" 3900 „ 6) Detachierte od. geballte Wolken: Stratocumulus 2330 „ 7) Niedrige Altocumuli 2770 ,, Hohe „ 5590 „ 8) Niedrig. Cirrostratus 5200 „ 9) Cirrocumulus 6470 „ 10) Cirrus 8900 „ 11) Hohe Wolkenschleier: Cirrostratus 9250 ,, Die unter 4 aufgeführten Cumulostratuswolken, deren Dicke nach obigen Messungen über 1400 m beträgt, sind die hochgetürmten Gewitterwolken, über deren Gipfel cirrusartiges Gewölk, die sogenannten „falschen Ch-ri" schweben, deren Höhe unter 4000 m aber beweist, dass sie nicht zu den höheren Wolken zu rechnen sind, während der feinste Ciirus noch in einer Höhe von 13376 ni beobachtet wurde. Eines der interessantesten Resultate der Beobachtungen zu Upsala ist jedoch die Thatsache, dass die Etagen, in welchen die verschiedenen Wolkenformen vorzugsweise sich bilden, im Laufe des Tages eine aufwärts gerichtete Bewegung besitzen. Es befindet sich z. B. die unterste Etage morgens in 500 bis 1000 m Höhe, mittags auf etwa 1500, abends auf 2800 — 3000 m. Die höhei'en Wolken steigen in gleicher Zeit etwa von 9000 auf 10 000, bis Abends sogar auf 10 500»?, sodass das Ansteigen der mittleren Höhe aller Wolken durchsclinittlich 2000 m im Laufe eines Tages betragen dürfte. Hieiaus folgt aber auch mit Notwen- digkeit, dass namentlich die höchsten Wolken im Laufe des Tages ihre Form wechseln, so zwar, dass die Cirras- wolken morgens als Cirrocumuli. abends dagegen vor- zugsweise als Cirrosti'ati erscheinen werden. Dieses Ueberwiegen dei- Cirrostrati am xlbend lässt sich aus einer 20jährigen Beobachtungsreihe in Upsala mit Sicherheit nachweisen. Wenngleich es noch sehr an Bestimmungen von Wolkenhöhen aus anderen Erd- teilen mangelt, welche doch notwendig sind, um durch den Wolkenzug ein zuverlässiges Bild der oberen Luft- strömungen zu erhalten, ist wenigstens soviel festg&stellt, dass die Wolkenformen in allen Teilen des Erdballes dieselben sind, was die von Abercromby auf zwei Reisen um die Erde gesammelten Wolkenphotographien beweisen. Die synoptische Methode der modernen Meteo- i'ologie hat auch in der Verwertung des den Wolkenzug betreffenden Materials sich fruchtbringend erwiesen, in- dem es gelungen ist, zwischen den Abweichungen des Zuges der obeien Wolken von dem zugleich heirschenden Unterwinde einen bestimmten Zusammenhang festzustellen, wodurch die Einsicht in die Mechanik der grossen Luft- wirbel wesentlich gefördert wurde. Es ist namentlich der Zug der oberen Cirri, welcher am meisten Licht zu verbreiten geeignet ist über die Luftströmungen, welche aus dem Gebiete einer Depression nach Gebieten höheren Luftdruckes wehen. Dem unermüdlichen Eifer von Cle- ment Ley verdanken wir eine Reihe von Regeln über den Zusammenhang des Zuges der Oberwolken mit der jeweiligen Verteilung des Luftdruckes , so dass dei- Zug und die Beschaffenheit der Cirri dem erfahrenen Be- obachter ein äusserst zuverlässiges Mittel zu Pi'Ognosen- zwecken darbietet. Von diesen Oberwolken ist dem von Clement Ley neubenannten ,,Cirro-flhim" der „faden- förmigen Eiswolke", besondere Aufmei'ksamkeit zugewendet worden, da sie an»» Rande des Regengebietes aufzutreten pflegt, welches gewöhnlich die Vorderseite einer fort- schreitenden Depression einnimmt. Die Richtung der feinen Fäden, welche in aussergewöhnlich grosser Höhe als Vorboten der kommenden Depression erscheinen, lässt einen ziemlich sicheren Schluss auf die Verbreitung des Regengebietes zu, da sie mit dem äusseren Rande desselben parallel verläuft. Da die Wolken aus tropfbar flüssigem oder fest ge- wordenem Wasser bestehen, ist natürlich die untere Grenze dei' Wolkenregion immer durch die Höhe be- Nr. 22. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 171 stimmt, in welclier dei' aufsteigende Luftstrom, der die Bildung,' der Wolken überhaupt veianlasst, den Taupunkt ei reicht hat, indem durch den nach der FUilie abnehmen- den Druck eine Ausdehnung- der aufsteigenden Luft- mengen bewirkt wird, welche wiedeium Abkühlung zur Folge hat. In den Höhen jedoch, in welchen die oberen Wolken schweben, ist die l^ufttempeiatui- bereits unter dem Gefrierpunkte, und das niitgeführte Wasser wird in fester Form ausgeschieden. Dass die Ciiruswolken aus feinen Eisnadeln bestehen, wiid auch duich die optischen Erscheinungen bewiesen, denn die grossen Ringe um iSonne und Mond, die in hohen Breiten oftmals sehr glänzend erscheinenden Nebensonnen und Lichtstieifen um die ISonne sind nur durch die stark lichtbrechenden und letlektierenden Eisnadeln von bestimmter Form er- kläilicli. In den tieferen Scliichten bestehen die Wolken aus iiiiniraalen Wassertröpfchen, wie dies in den letzten .Jahren unzweifelhaft dargethan worden ist, während man bis dahin vorwiegend an der schon im Beginne vorigen .lahrhunderts von Haller und Leihnitz aufgestellten Theorie festhielt, dass die Wolkenelemente aus überaus kleinen Wasserbläschen beständen. Besser begründete theoretische Erwägungen haben dazu geführt, keine un- nütz erschwerenden Hypothesen festzuhalten, indem die Unmöglichkeit dei- älteren Theoiie sowohl durch Rech- nung wie auch durch Expeiimente von Kiessling, namentlich aber durch direkte mikroskopische Beobachtung der Wolkenelemente von Assmann erreicht wurde. Die auf dem Blocken im November 1884 angestellten Beobachtungen ergaben für die Durchmesser der Wasser- kügelchen, aus denen die niedrigen Wolken bestehen, Werte von 0.006 bis 0.035 tum, während die im .Jahre 1880 von Dines an Nebeln in England angestellten mikroskopischen Beobachtungen Durchmesser von 0.016 bis 0.127 nun für den dichtesten Nebel ergaben. Wenn nun auch klar ist, dass durch Kondensation in der mit Dampf gesättigten Luft Nebel entsteht, so zeigen doch die Versuche von R. v. Helmhol tz, dass noch etwas hinzukommen muss, um die Vei-flüssigung des Wasserdampfes einzuleiten. Da Nebel nämlich nicht entsteht, wenn die Luft von allen Staubteilchen völlig befreit ist, selbst wenn die gesättigte Luft unter dem Druck nur noch einer halben Atmosphäre stand, so dass zehnfache Uebersättigung eintreten musste, so ist klar, dass es gewisser Ansatzkerne bedarf; wodurch die Theorie von Aitken eine feste Stütze erhält, derzufolge zur Bildung tropfbar flüssigen Wassers in der Luft not- wendig Staubteilchen überall vorhanden sein müssen. Pliernach also müsste in den Höhen der Wolken fein verteilter Staub anzutreffen sein, da sonst die Existenz von Wolken nicht möglich sein würde. Die auffallend starken und dichten Nebel über grossen Industriestädten sprechen anderseits ganz besonders zu Gunsten dieser Theoiie, während eine völlig befriedigende Erklärung für die Herkunft des überaus feinen Staubes in den höheren Schichten der Atmosphäre noch nicht gegeben worden ist. Die Verwertbarkeit des His'schen Embryographen. Von Dr. Karl Eines der vorzüglichsten und nützlichsten Hilfsmittel der beschreibenden Naturwissenschaften ist seit jeher das wissenschaftliche Bild, veimag es doch oftmals mehr als die Beschreibung zu erläutern, vielmehr diese geradezu zu ersetzen. Wenn nun auch dieser Ersatz nicht immei' empfehlenswert ist, so liegt dies in der Natur der Sache. Zunächst stellt das Bild immer nur eine Ansicht des Gegenstandes dar, dann aber auch nur einen Gegenstand, der im allgemeinen als ein „sichtbarer Begriff" dem Beschauer entgegengebracht werden soll. Dem Mangel der Einseitigkeit der Ansicht, welche das Bild darstellt, sucht man gewöhnlich dadurch abzuhelfen, dass man den- selben Körper von veischiedenen, charakteristisch er- scheinenden Seiten aufnimmt, dem Beschauer die Kombi- aation der Einzeldarstellungen (Projektionen) zu einem stereometrischen Gebilde überlassend. Setzen wir nun auch die höchste Schulung der konstruktiven Befähigung voraus, welche der Beurteiler des Bildes in den seltensten Fällen als angeborne mathematische Begabung mitbringt, welche vielmehr erst gemeinhin diu'ch den mathematischen Unterricht anerzogen worden ist — oder anerzogen sein sollte — so ist die Jndividuallität des Bildes schwer zu beseitigen. Darin liegt aber geiade die Bedeutung des Müller (Berlin). wissenschaftlichen Bildes, dass es nicht individuell sein will, ausgesclilossen in den Fällen, wo es sich um einen Fall, etwa um die Darstellung eines Originales, eines Abdruckes, eines Einschlusses, einer Abnormität etc. handelt. Diese Fälle sind immerhin die selteneren. Viel häufiger ist das wissenschaftliche Bild der Inbegriff' einer Reihe von bildlichen Eindrücken des Beobachters, der die gleichartigen Gegenstände mit seinem Auge kiitiscli mustert, bis mit der logischen Extraktion, welche uns in der Beschieibung als das Resultat der Beobachtung dar- gebracht wird, auch der optische Extrakt, das Bild, oder wie ich eben sagte, der „sichtbare Begriff'" geboten werden kann. *) Genau genommen, müssten also wissen- schaftliche Beschreibung und wissenschaftliches Bild simul- tan nebeneinander entstehen, sie verlangen also dasselbe beobachtende (denkende) und gleichende (konstruktive) Subjekt. Daher denn der, wie wir sagen, naturgemässe Wunsch jedes Gelehrten, seine Beobachtung durch das Bild von seiner Hand illustriert zu sehen, daher der Wert der Originalzeichnung. Hier tritt nun wieder eine *) Was in der formalen Logik der Begriff ist. ist in der beschreibenden Naturwissenschaft die Art. Dem Aitbegritf soll das Bild aequivalent sein. 172 Naturwissenschaftliche Wochensciii'ift. Nr. 2l>. Schwierigkeit entgegen, die Frage nach der technischen, der liandlichen Fertigkeit, der gegenüber sich leider mancher tüchtige und schätzenswerte Forscher das Ge- ständnis machen muss: Wollen habe ich wohl, aber vollbringen finde ich nicht. Die Not macht aber erfin- derisch, das Dilemma wird überwunden. Man lässt einen Zeichner kommen und spart sich durch ihn obenein seine Zeit. Dieser Aussweg ist nicht übel, und wo er zum Ziele führt, gewiss empfehlenswert; aber im all- gemeinen ist die Schwierigkeit nur auf andere Schultern übergegangen und nicht immer zum Vorteil für die Sache. Denn ist die bildschaffende Hand wirklich ge- funden, ist der Zeichner mit allen Feinheiten der Technik vertraut, dann ist die Frage immer noch die offene, ob derselbe nun begabt genug ist, den Intentionen des Auf- traggebers folgen zu können, gleichsam das denkende Sub- jekt in sich aufzunehmen. Der Zeichner sollte eigent- lich in sich die ganze logische Entwicklungsfolge wieder abspielen lassen, welche sich in dem Auftraggeber bereits abgespielt hat. Die Schwierigkeit sinkt dabei wieder auf ein Minimum herab, wo es sich um eine einfacheDarstellung handelt. Anders, wo dieser Fall, wie es eben häufiger ist, nicht vorliegt. Hier bemüht sich der Auftraggeber durch eine Art Instruktion dem Zeich- ner seine Intentionen ein- zuimpfen. Ist nun der Zeichner geschickt*) und verständig, dann wird das Bild befriedigend ausfallen, selten aber erreicht es in allen Punkten das Ideal, welches sich der Auftragsgeber gebildet hatte, ohne dass den Zeichner ein Vorwurf treffen kann. Sollen sich ideelles und reelles Bild annähernd völlig decken, dann müssen sich auch die logischen Vorstellungen des Auftrag- gebers und des Zeichners annähernd völlig decken, d. h. beide müssen annähernd auf gleicher Stufe stehen. Wie selten dies der Fall, lehrt die Erfahrung, noch mehi- abei- die Existenz und die immer mehr sich vervollkommnende Produktion von Apparaten, welche darauf hinzielen, die technischen Schwierigkeiten des wissenschaftlichen Zeich- nens herabzumindern und den Gelehrten vom Zeichnen *) Mau bezieht das geschickt g-ewohnlich nicht nur auf die handliche Fähiglieit. dadurch unabliängig zu machen, dass der Gelehrte selbst entwirft und sein eigener Zeichner wird. Es bedarf hiei' kaum eines Hinweises auf die aus solchen Bedürf- nissen hervoi'gegangenen bekannten Zeichenapparate, auf das einfache Zeichenprisma, auf die Camera lucida, die Spiegelappaiate etc. Hier soll nur auf einen Zeichenappaiat hingewiesen vverden, dessen Verwertbar- keit, wie es scheint, noch nicht genügend geschätzt worden ist, wenigstens nicht im Kreise der Botaniker. Die Schuld hieran tiligt vielleicht der Name des Appa- rates, vielleicht auch der immerhin die Beschreibung eines derartigen A])parates nicht vermuten lassende Ort der Publikation, welche denselben betrifft, ich meine den von His konstruierten Embryographen, der in der nebenstehend veranschaulichten kompendiösen Foi'm von der rühmlichst bekannten Firma E. Hartnack (Potsdam) in vorzüglicher Ausführung geliefert wird. His iiat diesen Zeichenapparat be- reits 1880 in seiner „Anatomie menschlicher Embi-y- onen" beschrieben, und Hartnack brachte bald darauf einen erläuternden Aufsatz unter dem Titel: „Ueber einen neuen Zeichnungsapparat (Embryo- graph)" in der „Zeitschrift für Tnstrumentenkunde" (Sept. 1881). Wie aus der Figur ersichtlich, stellt der Embryograph, — wii- möchten ihn lieber einen Auxanograjihen nennen — eine Kombination eines einfachen Mikroskopes (Simplex) und einer Oberhäuserschen Camera dar. Er besteht dem- entsprechend aus dieser, einem Objektivsystem, einem Objekttische und einem Beleuchtungssiuegel. Wesentlich ist an dem Appa- rate die Verschiebbarkeit dei- drei erstgenannten Teile, be- sonders des Objektivsystems und der Camera. Letztere bewegen sie!) auf einer drei- kantigen in Millimeter geteil- ten Triebstange von etwa 280 »IM Länge unabliängig voneinander. Die Wirkung des Appa- rates lässt sich nun aufs Einfachste verständlich machen. Nehmen wir an, die Objektivlinse (lesp. eine Linse, welche dem Systeme op- tisch aequivalent ist, sei in der Entfernung e (welche grössei' ist als die Biennweite der Linse) von dem Objekt- tische auf der Triebstange festgestellt, dann entwirft die- selbe von einem auf dem Objektische liegenden Objekte ein Bild in einem bestimmten Abstände E (wo E > e) hinter der Linse. Soll das Bild mit der Camera ent- worfen werden, so muss die Camera gerade so weit von der Linse entfernt festgestellt werden, dass das bild- empfangende Prisma der Camera in der Entfernung E von der Objektivlinse absteht. Die Zeichenebene wird dann durch die Cameia nach G verlegt. Verschiebt man Nr. -22. Naturwis.sensijhaftliL'lie WocluMisdirift. 173 mm die Objektivlinse so, dass der Al).stand e von dem Objekte grösser wird, dann versciiiebt sicli aucli das (nun bekanntiidi kleiner werdende) Hild hinter der Linse und zwar derart, dass die Entfernung K des Bildes von der Linse kleiner wird. Um das neue, kleinere Bild mit dem Trisma der Caraeia aufzufangen, muss also diese näher an das Objektivsystem herangerückt werden, was durch Verschieben auf der Triebstange leicht ermöglicht wird. Man erhält also das möglich kleinste Bild, wenn das Objektivsystem seine weitest zulässige FJntfernung vom Objekttische hat ; dann ist die Camera dicht über dem Ob- jekte einzustellen. .Jeder Stellung des letzteren entspricht eine Stellung der Camera. Das Hartnack'sche ist nun so eingei'ichtet, dass es alle Vei'grösseningen zwischen der vierfachen und der TOfachen zulässt. Die Voi'grösserungs- zitfer lässt sich in der bekannten Weise durch Zeichnen eines Objektes von bekannter absoluter Grösse (etwa eines Glasmikrometers) feststellen und regulieren. Für annähernd normale Augen giebt Hartnack übrigens eine leichtver- ständliche Einstellungstabelle, auf welche hier nicht ein- gegangen werden soll, weil sie mit der hier interessierenden Theorie nicht in direktem Zusammenhange steht. Die Nützlichkeit des Apparates liegt nun vor allem darin, dass derselbe die Möglichkeit bietet, genaue Kon- tourzeiclinungen bei sehr schwachen Vergrösserun- gen zu entwerfen, während die schwächsten Objektiv- systeme an zusammengesetzten Mikroskopen wohl niemals gestatten, unter die 20 bis 30 malige Vergrösserung lierabzugehen , meist ist sogar das noch nicht möglich. Die allgemein gebräuchlichen schwächsten Objekte liefern zumeist 4.5 bis 60fache Vergrösserung. Der His'sche Apparat erspart also oft das so lästige Verkleinern von wissenschaftlichen Zeichnungen zum Zweck der litho- graphischen Reproduktion desselben. Ein weiterer nicht minder schätzbarer Vorteil des Apparates ist aber darin zu erblicken, dass er die Vergrösserung der Zeichnung auf ein bedeutendes Intervall und zwar mit allen Zwischenstufen (4 bis 70 fach) gestattet und die Ver- grösserung ganz nach Belieben von dem Beobachter be- herrscht wird. Auf diese Vorteile aufmerksam gemacht zu haben, sollte der Zweck dieser Zeilen sein. Möchten sie dazu beitragen, dem Ajjparate Freunde in weiteren interessierten Kreisen zu erwerben. Aus dem Gesellschaftsieben der Ameisen. Von H. .J. Kolbe, Assistent der zoolog. Abteilung des Kg\. Museums für Naturkunde zu Berlin. Seitdem der englische Naturforscher Lubbock die so merkwürdige Lebensweise der Ameisen der Mitwelt näher vor die Augen geführt hat, haben andere Beob- achter das Leben und Treiben dieser Tierchen noch weiter erforscht. Die Kenntnis dieses Gebietes ist aus leicht erklärlichen Gründen noch nicht erschöpft. Diejenigen Archive, welche vornehmlich eine Fülle von Aufzeichnungen aus dem Gesellschaftsleben dei- Ameisen enthalten, sind .John Lubbock 's „Obser- vations on Ants, Bees and Wasps" (Journal of the Lin- nean Society. Zoology. 7 Teile 1874 — 80). — Ferner A. Forel's „Etudes myrmecologiques". 3 Teile (Lau- sanne 1876 — 81) und „Les fourmis de la Suisse" (Geneve 1874). Professor Vitus Graber hat demselben Thema ein Kapitel in seinem Werke „Die Insekten" (München 1874, IL Teil S. 22.5—261), gewidmet. Küi'zlich teilte von zur Mühlen einiges aus dem Leben der Ameisen in den Sitzungsberichten der Dor- pater Naturforschergesellschaft (Sitzb. 1887 S. 327—333) mit. Dieser Forscher untersuchte zu Beginn des Winters einen Haufen der roten Waldameise, Formica rufa. In- folge der Störung, welche die Untei'suchung verursachte, kamen einige Ameisen trotz des kalten Wettei's (es hatte bereits gefroren) aus dem Innern des Haufens hervor, waren aber sehr träge in ihren Bewegungen und blieben bald erstarrt an der Luft liegen. Einige Tage später, als die wärmende Sonne die Temperatur gemildert hatte, waren einige andere Ameisen derselben Art aus dem Haufen hervorgekommen und krochen zwischen ihren noch immer bewegungslos daliegenden Genossen umher. Interessant war es nun, zu beobachten, wie die kräftigeren Tiere ihre halberstarrten Bmder wegzutragen bemüht waren. Ihr Beobachter fing einige ein, sperrte sie in ein Glas und stellte dieses in sein Zimmer. Darauf setzte er ihnen etwas Honig vor. Augenblicklich stürzten sich die kräftigeren Exemplai'e gierig auf das vorgesetzte Futter, leckten einige Zeit an demselben und kehrten zu ihren ermatteten Genossen zui'ück, die sie mit den Fühlern sti'eichelten und zu füttern begannen, worauf letztere sich bald erholten. Wie anziehend ist es, dass die Ameisen ihren leidenden Genossen zuweilen behilflich zu sein bestrebt sind. In anderer Weise bethätigen sich die Ameisen, in- dem sie Sklavenjagden veranstalten, auf Sklavenraub aus- gehen. So verfährt Formica sanguinea, eine ziemlich grosse Waldameise. Zu dieser Art gehören freilich schon Arbeiter, doch ist deren Zahl gering. Deshalb führen jene alljährlich Raubzüge aus, überfallen die Ko- lonien schwächerer Alten, nämlich der Formica fusca und rufibarbis, vertreiben dieselben, rauben deren Puppen und tragen diese entweder in ihren alten Bau oder nehmen, was auch nicht selten vorkommt, von dem neuen Besitz. Die bald auskriechenden fremden Ameisen verwenden sie als Arbeiter (Sklaven), worin diese sich bald finden. Ihre Thätigkeit, die mannigfaltig genug ist, besteht im Heranschleppen von Baumaterial, im Auf- und Ausbau des Haufens, im Anlegen der labyrinthartig verlaufenden Gänge und Stege, im Aufspeichern von 174 Naturwissenschaftliche Wochenschiift. Nr. 22. Lebensmitteln, in der Beaufsichtigung der Lar\en und Puppen, in der Fütterung jener und auch in der Fütte- rung der Herren selbst. Dadurch, dass letztere sogar sich füttern lassen, geraten diese in ein Abhängigkeits- veihältnis von ihren Sklaven , das unter Umständen für sie verhängnisvoll wird. Lubbock hat beobachtet, dass Angehörige einei- Polyergus-Art, die gewohnheitsmässig sich von ihren Sklaven die Nahrung zutragen und in den Mund stecken Hessen, verhungerten, wenn die Sklaven ihnen weggenommen wurden, obgleicli Speisevorräte (Honig) ringsum in Fülle vorhanden waren. Sie hatten also verlernt, selbst Nahrung zu sich zu nehmen. Indess erhielt er ein Individuum derselben drei Monate am Leben, indem er täglich auf kurze Zeit einen Sklaven zu ihm liess, der ihn fütteite. Dass die Ameisen recht mordlustig sind und sogar grössere Tiere, wie Eidechsen, Insektenlarven, anfallen und überwältigen, kann man gelegentlich beobachten. Um so auffallender ist es daher, dass sie eine Anzahl sehr kleiner Insekten in ihren Kolonien wohnen lassen. Doch das ist erklärlich; denn von einigen dieser kleinen Mitbewohner weiss man ja, dass sie aus ihren Hinter- leibsringeln einen angenehm schmeckenden Saft absondern,, den die Ameisen mit Begier ablecken. Kleinere Mitteilung'en. Eine bedeutende „Studie über den Hypnotismus" von Prof. Cesare Lombroso in Turin liegt uns in dritter Auflage vor. Das epochemachende Werk desselben Verfassers über „die Natur- geschichte des Verbrechers" wurde schon auf Seite 81- 83, Bd. 11 der „Naturw. Woehenschr." einer eingehenden Besprechung unter- zogen. I»er Verfasser unterwirft die Ursachen, Erscheinungen und Wirkungen des Hypnotismus den .scharfsinnigsten Bstrachtungen; er berichtet über die Empfindungs- und ]5ewegungsstürungen, die Beherrschung der einzelnen Muskeln, über das Erinnerungsvermögen, die Feinheit der Sinne und die Reflexerregbarkeit in den verschie- denen Stadien. Ganz besonders bespricht er die Gefahi' einer Be- einflussung des menschliehen Körpers durch künstlich erregten Hyp- notismus zumal bei wiederholter Einwirkung, wozu er ein umfassen- des Beweismaterial beibringt und verbreitet, sich in eingehendster Weise über die stattfindenden psychischen Vorgänge, woraus wir folgendes entnehmen: Hypnotische Erscheinungen werden durch gr:.sse fühlbare oder sinnliche Eindrücke oder auch durch starke Ermattung hervorgerufen. Wird die Netzhaut der Augen zu lange oder zu lebhaft von der roten Farbe gereizt, so kommt die Empfindung von Grün, welches die Komplenientärfarbe ist. Hat man zu lange auf ein Bad, welches sich bewegt, auf eine Karte, die gedreht wird, überhaupt auf einen stetig bewegten Gegenstand den Blick gebettet, so entsteht eine fortwährende Täuschung, welche uns die Dinge im entgegengesetzten Sinne bewegt erscheinen lässt. Daraus ist zu schliessen, dass, wenn ein Organ einer längeren Erregung ausgesetzt wird, es derselben einen Widerstand entgegensetzt, welcher durch die Dauer der Ein- wirkung vermehrt wird. Wird nun plötzlich ein Organ einer er- regenden Wirkung unterworfen, so versucht es seinen normalen J^ustand wieder zu erlangen und zwar mit einer Bewegung, welche der einer Feder zu vergleichen ist, die mit abnehmenden Schwankungen in ihre vorige Lage zurückzukehren strebt. Aehnliche Erscheinungen begegnen uns im Wahnsinn; so wurde ein Mädchen wahnsinnig durch den Tod der iSrutter und glaubte diese stets glücklich zu sehen. Ueberhaupt ist festgestellt, dass angenehme Täuschungen aus schmerzlichen Ursachen hervorgehen. Die Träume liefern uns dazu ein stetiges Beweismaterial. Man nennt diese höchst merkwürdige Erscheinung im weiteren Sinne Transfert. d. h. eine Umwandlung der Wirklichkeit in das Gegenteil. Durch die hypnotische Einwirkung wird bewiesen, wie gering die freie Willenskraft des Menschen ist, da sie von einem glänzen- den Gegenstande, von einer Glasscherbe oder einem Magneten ab- hängig sein kann. Augenscheinlich bringt der Magnet eine Ver- änderung im Gehirn hervor, welche als analog derjenigen der Moleküle des Eisens betrachtet werden kann, denen ein Magnet sich nähert. Die neuesten Forschungen von Rochas haben ergeben, dass den verschiedenen Polen des Magneten besondere Wirkungen eigentümlich sind, so traten mit dem positiven Pole Erregungen der Muskeln, Täuschungen und Taubheit ein. welche verringert wurden, sobald man das negative Ende anwendete. Das gleiche wurde erreicht, wenn man anstatt eines Magneten Körper positiver oder negativer Elektricität verwendete, beide zugleich waren inaktiv. Der Abschnitt endet mit dem ■.vichtigen Schlüsse, dass das Denken eine Molekularbewegung des Gehirns ist, und dass uns die hypnotischen Zustände bisher nur deshalb so geheimnisvoll geblieben sind, weil man die Erklämngr derselben auf unverständlichste Weise in den kompliziertesten Gesetzen gesucht hat, während sie einfach unter das Gesetz der Bewegung zu rechnen sind. Es ist zu beklagen, dass das nur in italienischer Sprache erschienene Werk des hervorragenden Verfassers nur einem verhältnis- mässig geringen Teile der wissenschaftlichen Welt zugänglich ist. um so mehr aber glaubten wir, wenigstens dies Wenige aus der Fülle hochinteressanten Materials herausgreifen zu sollen. ' Th. Waage. Das mathematische Pendel lässt sich bekanntlich nicht in Wirklichkeit herstellen , man kann demselben nur mit mehr oder minder grosser Vollkommenheit nahe kommen. Das vollkommenste leistet wohl in dieser Beziehung das von Bottomley (Philosophical Magazine) .angegebene Pendel. Dasselbe besteht aus einem halbierten Coconfaden, welcher also keine Torsion mehr besitzt, von 1 Fuss Länge, an welchem ein Schrotkorn von ''/lo engl. Zoll Durchmesser befestigt ist. Dieses Pendel befindet sich in einem Glasrohre, welches mittels einer Luftpumpe auf ein Zehnmilliontel-Atmosphäre evakuiert ist. Erteilt man diesem Pendel eine Anfangsschwingung von 1/2 Zoll Amplitude und sorgt natürlich dafür, da*s keine Erschütterungen u. s. w. störend einwirken, so lässt sich noch nach 14 Tagen eine Bewegung des Pendels wahniehnien. was bisher von keinem der- artigen Pendel geleistet wurde. A. G. Neue Beziehungen zwischen der Elektrizität und dem. Licht. — Unter diesem Titel hat C. Marangoni in den „Rendi- conti della R. Academia dei Lincei 1887" Beobachtungen veröffent- licht. Der Verfasser liess Glas- und Krystallplatten in der Weise von dem elektrischen Funken durchbohren . da.ss er die Platten, umgeben von einer isolierenden Flüssigkeit (meist Petroleum), auf Quecksilber schwimmen liess, welches als negative Elektrode diente, während eine auf die Platte aufgesetzte Drahtspitze mit dem positiven Pole eines Induktoriums verbunden war. Auf diese Weise war nur die Eintrittsstelle der Entladung bestimmt, die im übrigen frei der Linie des geringsten Widerstandes folgen konnte. Der erste Ver.^uch geschah mit einer Platte von isländischem Doppelspat, welche durch Abspaltung parallel den Rliomboederflächen erhalten war. Es ergab sich folgendes: Die Entladung erzengte im isländischen Spat ein geradliniges Loch, während dasselbe im Glas schlangenförmig ist. Die Entladunng folgte nicht, wie anzunehmen, der Richtung der Spaltungsflächen, d. h. einer den Kanten parallelen Geraden, sundern der Hauptachse des Rhomboeders, d.-h. der optischen Achse. Längs dieses gerad- linigen Loches beobachtete man zwei zu einander senkrechte Sprünge, deren einer im Hauptschnitt lag. Versuche mit einer parallel zu den Würfelflächen rechteckigen Steinsalzplatte ergaben eine gerade, zu den Endflächen senkrechte Durchbohrungslinie und zwei grosse Risse, die zu ein.ander senkrecht und parallel zu den Würfelflächen standen, ferner zwei sehr kleine Sprünge, welche die von dem ersten Paare gebildeten Winkel halbierten und sonach parallel zn den Flächen des Rhombendodekaedern lagen. Im Nürremberg'schen Polarisa- tionsapparat im dunklen Felde betrachtet, zeigt die Platte ein weisses Kreuz, dessen Schnittpunkt im Durchbohrungszentrum liegt, und welches am hellsten erscheint, wenn die Ebenen der grossen Risse die Winkel zwischen den Polarisationsebenen halbieren. Ein zweites, weniger intensives Maximum tritt auf. wenn man den Krystall um 45" dreht, so dass die kleinen .Sprünge nunmehr die frühere Stelle- der grossen einnehmen. Dreht man dann das Steinsalz um V4 eines rechten Winkels, so erscheint ein schwächerer heller Stern mit acht Strahlen, entsprechend den beiden Sprungsystemen. Bei Drehung- des Nicols um 90", also im hellen Felde, erhält man die Oomple- mentärerscheinungen zu den vorigen. I»urchbohrtes Glas dagegen zeigt bekanntlich im dunklen Felde ein helles Kreuz, dessen Arme die Winkel der Polarisationsebenen halbieren, und welches, wie man auch die Platte drehen mag, die- selbe Lage gegen die Nicols beibehält. Durch Vergleich dieser Er- Nr. 22. Natui-wissenschaftliche Woclienschrift. 175 sclipiiiungen mit ilen vuii einer gepresstcn Cilas- oder Stcinsalzplatte icht ist jedoch das Verhalten der Elektrizität verschieden von dem des Lichtes, insofern letzteres die Krystalle nach allen lüchtungen durchsetzt, die Entladung nur nach bestimmten; femer fehlt ein der Doppelbrechung analoges elektrisches Phänomen. K'ach dem Durchgang durch Kalkspat bleibt endlich d.as Licht polari- siert, die Entladung aber nicht; sie geht durch eine unter dem .Spat liegende Glasplatte und bildet dabei .Sprünge nach allen Azimuten. Dr. B. Dessau. Ueber Lichterscheinungen dtirch mechanische Ein- "wirkung. — Eine namentlich an anorganischen .Substanzen, aber ;iuch ah KohlenstotlVerbindungen wie z. B. Weinsäure und Zucker, beobachtete', jedocli noch nicht genügend aufgeklärte Eigenschaft fester Körper ist die Erzeugung von Lichterscheinungen durch den Einfluss mechanischer Einwirkungen, welche der Kohä.sion entgegen- wirken, wie das Zerbrechen oder Zerstossen. Schon im Jahre 1811 betrachtete Heinrich derartige Lichterscheinungen als Folge auf- gehobener Kohäsion und bezeichnete dieselben mit dem Nemen , Trennungslicht. " (Juielin bemerkte 1844, _dass die meisten farb- losen oder schwachgefärbten starren Körper beim Reiben oder Schlagen leuchten," und zählte in seinem „Handbuch der Chemie" «ine ganze Reihe hierher gehöriger Beispiele auf. Seitdem hat aber dieses ganz eigenartige Phänomen nur wenig Beachtung mehr ge- funden, und erst in jüngster Zeit hat Professor F. Krafft in Heidelberg bei seinen rntersuchungen über hochmolekulare Benzol- derivate (Ber. d. D. ehem. Ges. 1886, S. 2982; 1.S.88, S. 2205—227 1) Gelegenheit gehabt, eine Reihe von Körpern kennen zu lernen, welche diese interessante Eigenschaft in besonders hohem Grade besitzen. Es sind dies gewisse Ketone, welche durch Einwirkung •der Chloride hochmolekularer Fettsäuren auf aromatische Kohlen- -wasserstotfe ent-stehen. Von den Beobachtungen des genannten Forschers seien hier die folgenden kurz erwähnt: Wenn man Pentadecylphenylketon (aus Palmitylchlorid und Benzol dargestellt) in etwas grösserer Menge schmilzt und die wieder erstarrte Masse zerbricht oder zerschneidet, so treten an den TrennungsHächen intensive Lichterscheintingen auf, die im dunklen «der halbdunklen Räume den Eindruck eines blaugrünen Funken- sprühens machen. Das Pen tadecy Itolylketon (aus Palmityl- chlorid und Toluol) ist noch besser zur Demonstration jener Er- scheinung geeignet. .Schmilzt man> dasselbe auf erwärmtem Wasser in einer Porzellanschale zu einer mehrere mm dicken Schicht und stellt hierauf die .Schale in kaltes Wasser, so geht der grösste Teil des Ketons an die Wan■ Botanik Vertraute weiss, dass Mehltau eine Krank- hefESh«!/' kultivierten und auch wildwachsenden Pflanzen ist. Die -Uiijache der Krankheit ist ein Pilz, Erysiphe. Seine Mycelt^den ..ii^erspinnen die grünen Blattfläohen so dicht, dass dieselben oft schneeweiss erscheinen, eine Erscheinung, welche den Bauersmann auf die Idee hraclrtrr-'^ Jiabe sich ein Tau von Mehl auf die Pflanzen niedergelassen; ''--, Dr. Carl Müller (Berlin). ,' L i 1 1 e r a t u r. Vilmorin's illustrierte Blumengärtnerei. Zweite Aufl., neu'bearb. und venneh-rt von Th. Rümpler. Ergänzungsband: Die Neuheiten des letzten Jahrzehnts. Mit 300 in den Text ge- druckten Holzschnfften. Verlag von l'aul Parev in Berlin. 1888. Preis 7 Mk. '^IJei'—^oriiegende Ergänzungsband zu der im Jahre 1879 er- schienenen zweiten Auflage der von Rümpler bearbeiteten Vilmorin- schen illustrierten Blumengärtnerei bildet eine wesentliche Ergänzung dieses Buches, welches nicht allein jedem Gärtner und Blumenlieb- haber, sondern ebensowohl dem allseitigen Botaniker wertvoll ist. Die Arten, und zwar einjährige und Stauden-, Garten- und Topfpflanzen werden in alphabetischer Ordnung ihrer wissenschaft- schaftlichen Namen aufgeführt. Von jeder erfahren wir die wich- tigsten Synomyme, es wird das Vaterland genannt, die Pflanze wird äusserlich beschrieben und endlich finden sich Winke über gärtne- rische Verwertung und Kultur. Die Spielarten finden begreiflicher- weise eingehendste Berücksichtigung. Wer eine bestimmte Art nach dem Buche zu bestimmen wünscht, wird gewiss in vielen Fällen durch die zweckdienlichen Abbildungen den Namen finden oder doch auf die Spur der Verwandtschaft geleitet werden. H. P. Pichon, 6., Les maladies de Vesprit. 8". 7 fr. Röder j., Medizinische Statistik der Stadt Würzburfi für das Jahr lliS.') mit Einschluss des Jahres 1SS4. (Sep.-Abdr.) gr. 8". (65 S. mit 2 lith. Taf.) Preis S.^bO^. Stahel'sche Univ.-Buchh., Verl.-(Jto. in Würzburg. Rokahr, G., Wandkarte des Reg. -Bez. (Landdrostei) Hannover samt den a7igrenzenden Gebietsteilen. 6 Blatt: 1:100,000. Chromo- lith. Fol. Preis 6 JC. Th. Fuendeling, Verl.-Buchh. in Hameln. Büdorff, F., Grundriss der Chemie für den Unterricht an höheren Lehranstalten. 9. Aufl. gr. S". (VIII, 277 S.) Preis 3 J( 70 ^. — Dasselbe. 1. Tl. Anorganische Chemie. 9. Aufl. gr. 8". (VII, 186 S.) Preis 2JC 80.^. H. W. Müller in Berlin. Sadebeck, R., Untersuchungen über die PUzgattung Exoa.scus u. die durch dieselbe um Hamburg hervorgerufenen Baumkrankheiten. (Sep.-Abdr.) gr. 8". (32 S. mit 4 Tafeln.) Preis 3.«. Gebr, Born- traeger (Ed, Eggers) in Berlin. Sammlung klinischer Vorträge. Herausgegeben von R. v. Volk- mann. Nr. 309-311. gr. 8". Inhalt: .309. Die Arthropathien und iSpontanfrakturen bei Tabes v. L. Kr edel. (42 S.) — 310. Beiträge zum Mechanismus der Geburt bei Schädellagen von W. Sutugin. (14 S.) — 311. Beiträge zur Verhandlung der sub- kutanen, in die Gelenke penetrierenden, und der paraartikulären Knochenbrüche von M. Oberst. (15 S.) Subskr.-Preis .50 -), Einzel- Preis 75 -j. Breitkopf & Härtel in Leipzig. Sohickler, E., Ueher Haematoceh retrouterina. gr. 8". (38 S.) Preis 80 -}. H. I^aupp in Tiiliingen. Schreiber, J., Praktische Anleitung zur Behandlung durch Mas- sage und methodische Muskelübung. 3. Auflage, gr. 8". (XD, 388 S. mit Illustrationen.) Preis 8.«; gvh.ldJC. Urban & .Schwarzenberg in Wien. Schwimmer, E., Die Grundlinien der heutigen Syphilistherapie. gr. .S>'. (119 S.) l'reis 2 ,//& 40 4. Voss in Hamburg. Inhalt: Dr. Ernst Wagner: Wolken und .N'ebel. — Dr. Karl Müller: Die Vcrwertbarkeit iles Hissrben Kmbrvographen. (Mit Abbild.) — H. J. Kolbe: Aus dem Gesellschaftsleben der Ameisen. — Kleinere Mitteilungen: Eine bedeutende ..Studie über den Hypnotismus". — Das mathematische Pendel. - Neue Beziehungen zwischen der Elektrizität und dem Licht. — lieber Lieht- erscheinungen durch mechanische Einwirkung. Zur Kenntnis des Chlorstickstotfs. - Ueber den Kometen IWS: .Sawerthal. — Fragen und Antworten. — Litteratur: Vilmorin s illustrierte Bhnnem.'^ärtnHrei. Bücherschau. Verantwortlicher Redakteur: Dr. Henry Potonie — Verlag: Hermann Riemann. — Druck: Gebrüder Kiesau. Sämtlich in 13erlin. Hierzu eine Beilage, welehe wir besonder!« kii beachten bitten. Beilage zu Mr. 22, Band II, der Jalurwissensdiattlichen WochenschrHt". nanientlidi Anzeigen allpr optischen, chemisclien, pliysikalisrlien etc. Gerätschaften, Naturalien, Chemikalien, sowie Büi^heranzcigen linden weiteste und passendste Verbreitung. Bemerkung für > Behufs antialtender Verbindung w(]lle man sicli mit der Firma in Korrespondenz setzen. (legen Einsendung von 1 Ji 20 ._( pro Band (aucli in Brief- marlien) liefere franko: Becker, Dr. Karl Emil, Die Sonne und die I'laneteii. Mit 68 Ab- bildungen. Eleg. geb. Gerland, Dr. E., Licht und Wärme. Eleg. geb. Hansen, Dr. Adolf, Die Ernährung der Pflanzen. Mit 74 Abbildungen. Eleg. geb. Hartmann, Prof. Dr. R., Die Nilländer. Eleg. geb. Klein, Dr. Herm. I., Allgemeine Witterungskunde. Eleg. geb. Lehmann, Paul, Die Erde und der Mond. Eleg. geb. Peters, Prof. Dr. C. F. W., Die Fixsterne. Mit 09 Abbildungen. Eleg. geb. Taschenberg, Prof. Dr. E., Die Insekten nach ihrem Nutzen und .Scliaden. Mit 70 Abbildungen. Eleg. geb. Taschenberg, Dr. Otto, Die Verwandlungen der Tiere. Jlit 88 Ab- bildungen. Eleg. geb. Valentiner, Kometen und Meteore. Mit 62 Abbildungen. Eleg geb. Wassmuth, Prof. A., Die Elektricitat und ihre Anwendung. Mit 119 Abbildungen. Eleg. geb. Berlin NW. 6. Herniaiin Rieinann. C. A. Koch's Verlagsbuchhandlung In Leipzig. Archiv der Mathematik und Physik mit besonderer Rücksicht auf die Bedürfnisse der Lehrer an höheren Unterrichts-Anstalten. Gegründet von J. A. Grunert, fortgesetzt von R. Hoppe. Tl. Reihe. VI. Teil, ä 4 Hefte I'reis 10c/ o ® S' a £ K " ,_.ind ihnen manche Schwierigkeit bereitet. Ist man sich nun auch jetzt über die Ursache des Föhns klar, so möchte doch die der Bora und vor allem die Beziehung, in welcher diese beiden Winde zu einander stehen, nicht allgemein bekannt sein. — Der Föhn ist ein warmer trockener Wind, der von der Höhe der Centralalpen nach Norden herunt*rweht, den Schnee im Winter „weg- frisst", wie die Einwohner der von ihm betroffenen Gegenden sagen, das Heu trocknet, die Trauben reift und insofern gefährlich wird, als er alles Holzwerk ausdörrt, so dass leicht Feuer durch ihn an- gefacht werden kann. — Winde mit föhnartigem Charakter kommen noch anderwärts vor. — Im Gegensatze zum Föhn ist die Bora ein kalter, aber zunächst gleichfalls trockener Wind, der aber durch Aufrühren des Meeres, auf das er sich stürzt, und durch Mischung mit wärmerer feuchter Luft auch dichten Nebel erzeugen kann. Das Gebiet der Hauptwirksamkeit der Bora ist Istrien und Dalmatien und der nordwestliche Kaukasus am Schwarzen Meere. Beide Winde — Föhn wie Bora — bezeichnet H. Meyer in Göttingen als Fallwinde, weil beide auf den Gebirgen ihren Ursprung nehmen und in die Niederungen herabwehen. Früher hielt man den Fühn wegen seiner Wärme für einen weit nach Norden vorgeschrit- tenen Sirocco, jenen Wind, welcher die über der heissen Sandfläche der Sahara aufgestiegene und über den nackten Felsen von Sicilien -aufs neue erhitzte Luftnia-sse polwärts und zunächst nach Italien führt. Indes.sen hat bereits Dove darauf hingewiesen, dass die von der Sahara aufsteigende trockene Luft infolge der Erdumdrehung im allgemeinen nicht nach Norden, sondern Nordosten abflies.len und daher nii-ht die Alpen, sondern das östUche Europa und Westasien tretlen müsse. Der Föhn liiir vielmehr auf den Höhen der Alpen seinen Ausgangspunkt. An dem Nordrande der Alpen zieht nämlich einer der Zweige (der südlichste) der .amerikanisch-europäischen Sturmbahnen entlang, nachdem er zuerst am Meerbusen von Biskaya das europäische Ge- biet betreten hat. Alle Cyklone üben nun, da sie Luftmassen nied- rigen Druckes enthalten, auf die umgebende Atmosphäre eine saugende Wirkung aus; es tliesst daher der erwähnten Sturmbahn die Luft aus den (iebirgstlüllern und dem nördlichen Vorlande der Alpen zu, und hierdurch wird — da ein seitliches weiteres Zu- fliessen durch die (Jebirgszüge verhindert wird — die Luft aus der Höhe veranlasst, in die Tiefe nachzustürzen. Dabei erwärmt sie sich durch Zusanimendrü^-ken oder Kompression und gelangt, während ihre Temperatur ursprünglich niedriger war als diejenige der niedrigen Schichten, als warme Luft herab. Dadurch wird sie zu- gleich befähigt, mehr Wasserdampf aufzunehmen, -iie entfernt sich mehr und mehr von dem Sättigungspunkte und erscheint daher als trockener Wind. Die Bora entsteht zwar auch auf Gebirgen, doch nur, wenn sich abgeschlossene Hochflächen i l'lateaus) daselbst befinden, wie sie z. B. der Karst in Istrien besitzt. Die auf diesen lagernde Luft kühlt sich durch Ausstrahlung stark ab und wird hierdurch beträcht- lich kalt und schwer. Gelangt sie nun — sei es durch vorüber- kommende Luftdepressionen angezogen, sei es infolge Ueberfliessens über den Rand des von ihr erfüllten Beckens — ins Thal, so reicht die dabei eintretende Erwärmung nicht aus, um ihr eine höhere Temperatur zu geben, als in der Tiefe herrscht: -sie erscheint somit als kalter Wind. Da die erwähnte amerikanisch-europäische Sturm- bahn von Ober-Italien nach dem Balkan verläuft, so erklärt es sich, warum die Adria (das adriatische Meer) so oft voa der Bora heim- gesucht wird. Dr. K. F. J. Ablehnung eines Ehrendoktorats. — In der Zeitung für das höhere Unterrichtswesen wird berichtet: Der berühmte englische Gelehrte Herbert Spencer, dessen Erziehungslehre, eine durch die Ergebnisse der heutigen Naturwissenschaften modifizierte Wieder- holung Rousseaus. durch die vortreffliche Uebersetzung von Fritz Schultze (Jena 1874) auch den deutschen Lehrern nahegebracht wurde, hat die Würde eines Ehrendoktors, die ihm von der Universitä' Bologna verliehen werden S(dlte, dankend abgelehnt. Er that dies in einem Schreiben au den Dekan der juristischen Fakultät, welches wie folgt lautet: „Werter Herr! Es ist natürlich, dass Ihre liebens- würdige Meldung betrefl's meiner Promotion zum Ehrendoktor mir sehr angenehm war. Von meiner persönlichen Freude abgesehen, war es mir lieb, so einen sicheren Beweis für meine Annahme zu bekommen, dass meine Bücher beträchtliche Verbreitung in Italien gewonnen haben Nichtsdestoweniger versetzt mich die mir gewor- dene ehrenvolle Ernennung in eine schwierige Lage. Bis auf den heutigen Tag habe ich gewohnheitsmässig auf alle Ehrengrade und auf alle akademischen Würden verzichtet. Als Motiv dafür gab ich an. dass diese Ehrenbezeugungen im ganzen und grossen nicht zum Fortschritte der Wissenschaft beitragen, sondern ihr indirekt zum Nachteile gereichen, da so künstliche Hindernisse denjenigen in den Weg gelegt werden, die sich in der Wissenschaft auszeichnen und gleichwohl nicht solche Ehren erlangt haben. Ich hatte Gelegenheit, ein halbes Dutzendmal mich so zu verhalten, und ich kann auch jetzt nicht umhin, anders zu thun Wenn ich diesmal an- nehme, nachdem ich andermal verzichtet habe, beleidige ich wi.ssen- schaftliche Körperschaften, die mich bei anderen Gelegenheiten aus- zeichnen wollten. Es ist drei oder vier Jahre her. dass ich auf den Sitz eines ausländischen Korrespondenten der französischen Akademie der Wissenschaften verzichtete. So muss ich denn auch heute, vor das Dilemma gestellt, zwischen meinen Empfindungen und meinen Ueberzeugungen zu wählen, mich für die letzteren entscheiden." Programm der 61. Versammlung deutscher Natur- forscher und Aerzte zu Köln 1888. — Durch Beschluss der im vorigen .lahre zu Wiesbaden tagenden \'ersammlung deutscher Naturforscher und Aerzte ist Köln zum Ort für die diesjährige 61. Naturforscher-Versammlung gewählt worden. Dank der rührigen Thätigkeit der einzelnen Ausschüsse und dem Entgegenkommen der städtischen Verwaltung sind die Vorarbeiten zum Empfange der Gäste so weit gediehen, dass die Geschäftsführer in der Lage sind, hiermit die Einladung an alle Naturforscher, Aerzte und Freunde der Natur- wissenschaften ergehen lassen zu können. — Das Programm für die Versammlungstage i.st wie folgt festgestellt worden: ' • ■ Montag, den IT. September: Abends 8 Uhr: Gegen.seitige Be- grüssung der Gäste im Kasino am Atigustinerplatze. ■ • Dienstag, den 18. September: Ym. 9— 12 Uhr; I- AUgsemeinei Sitzung im grossen trürzenicb-Saalei I2V2 Uhr: • Einführung un(| 182 Natiinvissenscliaftliche Wochenscliiift. Nr. 23. ]5ildung der A))teilungeii. Nrn. o— 5 Ihr: iSitzunf^en der Aliteikingen. r)Uhr: Besueh der Flora-Ausstellunf; und Fest in der Flora. Mittwoch, den 19. September: Vm. 8—1 Uhr: Sitzungen der Abteilungen. Nrn. 2 — 5 Uhr: Besiclitigung der Krankenhiiu.ser, des Hohen.staufenbades, derWa.s.serwerke. derKanalisations-Einrichtuiig-en, de.s Domschatze.s und der Donikapelle. (i Uhr: Feste.sse.n im Giirzenic.h. Donnerstag, den 'JO. September: Vni. 9—1 Uhr: II. Allge- meine Sitzung. Nm. 2—5 Uhr: Sitzungen der Aliteilungen. Ti Uhr: Jiesueh des? Zoologi-sehen Gartens. 7 Uhr: Festvorstellung im Theater. Freitag, den 'Jl. September: \m. 8 — 1 und nm. 3-5 Uhr: Sitzungen der Abteilungen. 6 Uhr: Fest auf der Marienburg. Sonnabend, den 3S. September: Vm. 8—12 Uhr: 111. All- gemeine Sitzung. Nm. 3-6 Uhr: Sitzungen der Abteilungen. 8 Uhr: Festtrunk der Stadt KPln im grossen Gürzenieh-Saale. Sonntag, den S3. September: Vm. 9 Uhr: Austlug zu Schiff nach dem Siebengebirge, Kückkunft abends 9 Uhr. Der Kurator der Königlichen Universität Bcmn. Herr Geheimer Oberregierungirat Dr. Gandtner und die Herren Direktoren der medizinischen und naturwissenschaftlichen Institute haben die gros.se, Frenndlichkeit gehabt, den Besuch der ihnen anvertrauten InstiTute den Mitgliedern und Teilnehmern der Versammlung zu gestatten, desgleichen die Herren Direktoren des zoologischen, botanischen, mineralogischen, paläontologisc.hen Institutes und der Sternwarte. Die Vorsteher der letztgenannten Institute drücken dabei den Wunsch aus. dass sie über Tag und Stunde des Besuches vorher in Kennt- nis gesetzt werden. \Vir ersuchen die Herren Einführenden der be- treffenden Abfeilungen, im Falle sie von diesen dankenswerten An- erbietungen Gebrauch machen wollen, sich direkt an die betreffenden Herren Direktoren in Bonn zu wenden. : Die Besichtigung des Museums Wallraff-Richartz, des Kunst- gewerbe-Museums, des historischen Museums wie des Rathauses in Köln ist den Teilnehmern für die ganze Dauer der Versammlung gegen Vorzeigung ihrer Karte unentgeltlidi gestattet; desgleichen die Besichtigung des Domes. — Die ( fesellschaften Kasino und Er- holung haben die Teilnehmer freundlichst zum Besuche ihrer Räume eingeladen. Die allgemeinen statutarischen Bestimmungen der Gesellschaft deutscher Naturforscher und Aerzte sind: 1. Die Versammlung besteht aus Mitgliedern und Teilnehmern. Mitglied mit Stimmrecht ist jeder Schriftsteller im natur- wissenschaftlichen oder medizinischen Fache. Teilnehmer ist, welcher sich wissenschaftlich beschäftigt oder sich für die Wissenschaften interessiert. 2. Alle deutschen Naturforscher und Aerzte sind berechtigt, an der Versammlung teil zu nehmen ; der Beitritt der aus- ländischen fielehrten ist in hohem (irade erwünscht. 'S. Die Mitglieder und Teilnehmer erhalten I'ersonalkarten gegen Zahlung von 12 Mark und können lür ihre Damen Karten zu je 6 Mark lö.sen. 4. Stimmrecht besitzen ausschliesslich die bei der Versamm- lung gegenwärtigen Mitglieder, und Beschlüsse werden nur in den Allgemeinen Sitzungen durch Stimmenmehrheit der Mitglieder gefasst. Es finden drei Allgemeine Sitzungen, am IK., 20. und 22. Sep- tember, im grossen Gürzenich-Saale statt : die Sitzungen der 3(t Ab- teilungen vom 18. — 22. September werden in den Räumen des Real- g'ymnasiums, Kreuzgasse 2 — 4 und der höheren Tochterschule. St. Apemstrasse .53 — 59, abgehalten. Die Abteilungssitzungen werden vom Einführenden erütfnet; die Mitglieder wählen aus ihrer Mitte den Vorsitzenden. Es steht jeder Abteilung frei, ausser dem schon bestimmten einheimischen Schriftführer je nach Bedürfnis noch einen zweiten oder dritten Schriftführer zu eniennen. — Die Anmeldungen zu A'orträgen in den Abteilungssitzungen beliebe man vor der Sitzung an den Ein- führenden einzureichen. Die Schriftführer der einzelnen Abteilungen werden gebeten, sich zur Vermeidung von Kollisionen, die durch gleichzeitiges Tagen mehrerer Abteilungen entstehen können, frühzeitig miteinander in Verbindung zu setzen. Das Anmelde- und AuskunftsbUreau wird vom 1. bis 12. Sep- tember die Mitglieder- und Teilnehmerkarten und, wenn erwünscht, auch die Karten für das Festes.sen am 19. September, letztere zum Preise von 5 Mark gegen Einsendung des Betrages übermitteln. — Vorausbestellung der Wohnung ist den Mitgliedern und Teilnehmern der Versammhnig dringend zu empfehlen. Während der Dauer der Versammlung erscheint das Tageblatt, welches die Liste der Mitglieder und Teilnehmer nebst Angabe der Wohnung, die angekündig'ten \' ertrage etc. sofort veröffentlicht. — Dahingegen ist es für zweckmässig erachtet worden, die Referate über die gehaltenen Vorträge erst später, etwa nach 14 Tagen bis 3 Wochen im wissenschaftlichen Teile des Tageblattes nach den Abteilungen geordnet zur Kenntnis der Teilnehmer zu bringen. Wir haben geglaubt, diese Anordnung im Interesse der korrekten Wieder- gabe und der besseren Uebersioht der Vorträge treffen zu sollen. Mit 0er \'ersammlung ist eine Ausstellung verbuiuleu, welche — Dank dnn emsigen Arbeiten des Ausstellungs- Ausschusses und der bereitwilligen und thatkräftigen Unterstützung des Berliner Lokal-Koiuites — eine erfreuliche Entwickelung nimmt und eine sehr reichhaltige zu werden verspricht. Die Ausstellungsräume befinden sich in der \'ulksschule Kronenirasse-Elogiusplatz. — Die Mitglieder und Teilnehmer haben gegen Vorzeigung der Legitiniations- karte unentgeltlichen Zutritt zu der Ausstellung. Während der \'ersammlungstage ist von 8 bis 11 Uhr morgen« die AusstelluiiL'' nur für die Mitglieder und Teilnehmer der Natur- forscher- und Aerzte- Versammlung ireüffnet; in der übrigen Zeit steht dem Publikum gegen Eintrittsgeld der Besuch offen. — Die Ausstellung wird vom 1(J. bis 24. September geöffnet bleiben. Wir sprechen hiermit die Bitte aus. dass die Naturforscher, Aerzte und Freunde der Naturwissen-schaften in grosser Zahl er- scheinen mögen und geben wir uns der Hoffnung hin, die hoch- ansehnliche Versammlung werde auch hier in Köln einen ihrer würdigen Kmpfang finden. Bis heute sind folgende Anmeldungen für die allgemeinen Sitzungen eingegangen: i'rof. Dr. Binswanger. .Jena, Thema vorbehalten. ,. Weismann, Freiburg, (ieheimer Hofrat, Thema vorbehalten. . Waldeyer, Berlin. Das .Studium der Medizin und die Frauen. yieynert, Wien, (iehirn und Moral. „ Eimer. Wieyi, Ueber die allgemeinen Denkfehler der Menschen. Dr. con den Steynen, Düsseldorf. Forschungsreisender, Ueber den Kulturzustand heutiger Steinzeit- völker in Central-Brasilien. (IL Schingü-Ex- pedition.) Die Anschreiben, die auf die Abteilungen Bezug haben, gehen an die Herren Abteilungs-Fjinführenden : alle die Ausstellung be- treuenden Korrespondenzen beliebe man an den Sekretär des Aus- stellungs-Ausschusses Herrn Dr. phil. Eltzbacher in Köln, unter Sachsenhausen 9, zu senden. — Die Vovausbestellungr von Legiti- mationskarten kann seitens der aiiswärtigen Mitglieder gegen Ein- sendung von 12 Mark für die Mitgliedkarte und 6 Mark für die Damenkarte an den Vorsitzenden des Finanzausschusses, Herrn Banquier Moritz Seligmann, Kasinostrasse 12 und 14 erfolgen. Das freundliche Entgegenkommen des Herrn Th. Deichmanu hat es uns möglich gemacht, alle Geschäftslokale in unmittelbare Nähe des C'entralbahnhofes, Bahnhofstrasse (i, zu legen. Dort be- finden sich die Büreaux des Empfangs-, Wohnuugs- und Auskunfts- Au.ssehusses. Dieselben sind vom 15. .September ab von 8 Uhr morgens bis 8 Uhr abends geöffnet. — In dem AuskunftsbUreau werden die Legitimationskarten nebst den Erkennungsschleifen für die Mitglieder und deren Damen, die Festschrift sowie das Tage- blatt etc. verausgabt; daselbst können auch die Karten für das Fest- essen, zum Theater und zu der Rheinfart in Empfang genommen werden . Es wird diing'end gebeten, dass die Mitglieder und Teilnehmer ihre Namen. Titel, ihren Heimatsort sowie die Adresse wähi'end des Aufenthaltes in Köln deutlich aufschreiben, da nur auf diese Weise eine korrekte Besorg^ung der Korrespondenz erwartet werden kann. Von dem Wohnung-sbüreau ■ aus wird auf Wunsch der nötige Wohnungs- Ausweis in Köln gegeben. Zur Erleichterung der Kon- trole wird die Vorzeigung der Legitimationskarten häutig notwendig sein, we.shalb die Herren Jlitglieder gebeten werden, dieselben stets bei .sich zu führen. Fragen und Antworten. Wie verhielt sieh A. v. Chamisso zur Lehre von der Verwandlung der Arten? Chamisso stellt im Jahre 1827 in seinem in Berlin erschieneneu Buche; ,Uebersicht der nutzbarsten und der schädlichsten Gewächse, welche wild oder angebaut in Norddeutschland vorkommen — Nebst Ansichten von der Ptianzenkunde und dem I'tianzeiireiche" die Frage (S. 41); „Finden in der organischen Natur Verwandlungen der Arten statt? Werden Pflanzen zu Tiere, und Tiere zu Pflanzen? Pflanzen von bestimmter Gattung und Art zu anderen, der Gattung und Art nach, verschiedenen Pflanzen? Bilden sich endlich die ein- facheren Lebensformen stufenweise zu vollkommneren Lebensformen aus?" — Chamisso antwortet sogleich: „Die von den Verfechtern der Verwandlungslehre zur Beglaubigung derselben angeführten Thatsachen scheinen uns, wir müssen es gestehen, aller Zuverlässig- keit zu ermangeln." In der That sind auch die Thatsachen, welche Chamisso an- führt, als solche, welche von den „Verfechtern der Verwandlungs- lehre" zur Begründung ihrer Ansicht vorgebracht würden, keines- wegs geeignet, bei vorsichtigen Forschern Eindruck zu machen. Hören wir Chamisso selbst: „Aus Wasserfäden scheinen In fusions- Nr. 2:$. Natura-iÄSonscliaftliche Wochenschrift. IS3 tiercheti hervorziirrelien . uiul iMclidem ihr (ieschltvlit aii.sgdstorben, geht der riickstilndige StnfF wiedenini in Was.'-eraIgPii iilier. Soll denn hier etwas Anderes vorgegangen .sein, als was wir fortwährend sii-h ereignen seilen, und w;vs Ge.setz ist in der organi- fichen Natur'' Denselben L'rstot}' eignen sieh an und beleben abwech- .selnd TersehiedeiKU'tige Wesen, Tiere oder l'tlanzcM. Ihre Gesebleehter verdrängen einander, wechseln nach einander ab. der StoH' hat sich verwandelt, sie aber sind unwandelbar geblieben. Soll der Mehl- wurm für eine Verwandlung des Weizeiikornes gelten'' Zwei I'flanzen . von deni'ii die eine oti'enbar auf der anderen wächst, sind für eine in der Verwandlung begriffene Pflanze an- gesehen und au.^gegeben worden. Soll die Mistel oder gar der Kpheu für eine Verwandlung der Eiche gelten'? Kndlich sind oft die Arten der einfacheren . geschlechtlosen Pflanzen noch nur mangelhaft bekannt. Es werden namentlich die- selben Pflanzen auf verschiedener Stufe ihrer eigentümlichen Ent- wicklung nicht selten als verschiedene Arten verschiedener Gattungen aufgeführt. Die Wurzeln unau.sgebildeter Pilze werden für eigene Pilze, aufkeimende Moose. Flechten und Algen vor dem Erscheinen ihrer Frucht für eigene Algen angesehen. Der Irrtum ist in vielen Fällen eingestanden und berichtigt worden; er scheint in andern den Anhängern der erneuerten Lehre Wafl'en an die Hand zu geben. Könnte man es dem Phikundigen verargen, der zuerst die Ver- Avandlnng einer Froschlarve in einen Frosch, einer Raupe in einen Schmetterling beobachtet hätte, zu glauben und zu verkünden, dass er die Verwandlung eines Fisches in ein Amphibium. eines Wurmes in ein Insekt zugeschauet habe'? Also unkundig und fremd sind wir noch in jenem Xaturgeliiete, welches ferne von uns liegt und in das wir meist nur durch das Mikroskop hineinzublicken vermögen. Man sieht mit diesem köstlichen Instrumente nur zu oft, was man zu sehen erwartet, was man zu sehen begehrt. — Wer mit vorgefasster Meinung beobachtet, der giebt sich der Täuschung bin. Wir glauben, nach dem Gesagten, den zweiten Teil der Frage: Ob die einfacheren Lebensformen sich stufenweise zu vollkommneren Lebensformen ausbilden'' beseitigen zu können. Wir beharren auf dem Gebiete der Erfahrung; die Naturgeschichte verweist hierüber an die Naturphilusuphie."" Zwei Jahre später hat sich Chamisso bewogen gefühlt. K. A. Agardh ausdrücklich zu widerlegen, in einem in den „'Verhandlungen der Gesellschaft naturforschender Freunde zu Berlin" (I, S. 173) er- schienenen ,Ein Zweifel und zwei Algen" betitelten Aufsatz. Agardh hatte behauptet (Dis.sertatio de metamorphosi Algarum. Lundae. 1820). dass .systematisch nicht zusammengehörige Wesen auseiimnder hervorgehen könnten: so würden in besonderen Fällen aus Tieren Pflanzen und umgekehrt; auch die verschiedenen Abtei- lungen der beiden organischen Reiche sollten untereinander über- gangsfähig sein. Das Interessanteste in dieser Beziehung, weil es au neuere epochemachende Forschungen erinnert, ist seine Meinung, dass Algen untereinander. Pilze in Algen und diese in Flechten sich zu verwandeln vermögen. Aber nichtsdestoweniger kommt Chamisso bei der Definition des Begrifl'es der Art nicht über die Worte hinaus (Uebersicbt S. 80): ,Wir haben eine Ahndung von dem was Art ist, und müssen lins hier bei dieser Ahndung beruhigen, eingestehend, dass wir eines I)estimmten Ausdruckes dafür ermangeln." .Später ist Chamisso auf diese Frage noch einmal zurück- gekommen, und zwar in der anziehenden Beschreibung seiner Reise um die Welt. In dem Abschnitt: „Von Manila nach dem Vorgebirge der guten Hofl^nung" sagt er nämlich: „Unter den Seepttanzen. die ich vom Cap mitgebracht habe, bat eine, oder nach meiner Ansicht haben zwei eine grosse Rolle in der Wissenschaft gespielt, indem sie für die Verwandlungen der Guttungen und Arten in andere Gat- tungen und Arten Zeugnis ablegen gesollt. Ich habe wohl in meinem Leben Märchen geschrieben, aber ich hüte mich, in der Wissenschaft die Phantasie über das Wahrgenommene binausschweifen zu lassen. Ich kann in einer Natur, wie die der Metamorphosler sein soll, geistig keine Ruhe gewinnen. Beständigkeit müssen die Gattungen und Arten haben, oder es giebt keine. Was trennt mich horao sapiens denn von dem Tiere, dem vollkommneren und dem unvoU- kommneren, und von der Pflanze, der vollkommneren und der un- voUkommneren. wenn jedes Individuum vor- und rückschreitend aus dem einen in den andern Zustand übergehen kann? — Ich sehe in meinen Algen nur einen Sphaerococcus , der auf einer Conferva ge- w.achsen ist, nicht etwa wie die Mistel auf einem Baume wächst, nein, wie ein Moos oder eine Flechte." L'nd d.abei citiert Chamisso seine oben genannte Abhandlung: „Ein Zweifel und zwei Algen", mit der er namentlich den Zweck verfolgt, sich gegen Agardh zu verwahren, der die von Chamisso gesammelten aufeinander haftenden Algen für seine Ansicht verwertet hatte. H. P. Litteratur. Sehott, Th., Die Pathologie und Therapie der Angina pectoris (Herzkrampf.) Sep.-Abdr. 8". Preis 1 M. Eugen Grosser, Berlin. Schrön, L., Si.-hevstellige gemeine Logarithmen der Zahlen von 1— KW 000 und iler Sinu:i. Cosiviis, Tangenten und Cotangenten aller Winkel der (Quadranten von 10 zu 10 Sekunden (Ungar.) Herausgegeben von .1. Sztoiaek. Tafel 1 und 2. Neue Ausgabe, gr. 8". (VI, TfiS.l Preis 1 .'« 80 ^. Friedrich Vieweg & Sohn in Braunschweig. - dassellte. Taf .'f. Neue Ausg. gr. 8'^. (VI, 7ti S.) Preis 1 ./*• Friedrich Vieweg & Sohn in Braunschweig. Seekrankheit. Ursache, Verlauf, Behandlung. 8». (15 S.) In Komm. Preis .SO h}. Rocco'sche Buchh., Heinrich Drewes in Bremen. Sievers, 'W. , Die Cordillere von Merida , nebst Bemerkungen über das karihische Gebirge. Ergebnisse einer 1884—1885 aus- geführten Reise. (VIII, 23il S. mit Karte.) — Geographische Abhandlungen. Herausg. von A. Penck. 3. Bd. 1. Heft. gr. 8". Preis VI JC. Eduard Hölzel's Verlag in Wien! Simonsen, J., Der Hauagarten. Eine praktische Anleitung zur Anlage, Pflege und Behandlung sämtlicher Gemüse- u. Küchen- gewächse, sowie der Blumen und Obstbäume, des Weinstocks etc. 2 Teile. 8°. Preis in 1 Bd. geb. 2 JC 50 4. Inhalt: 1. Der Küchengarten. 2. Aufl. (IV, 125 S.) Preis kart. \ Jt 20 4. — 2. Der Blumen- und Obstgarten. (V, 158 S.) Preis kart. 1 M 50 4. .Tai. Bagel in Mühlbeim a. d. • R. Stapff, E. M., Bodentemperaturbeobachtunqen im Hinterlande der Walfischliay. (Sep.-Abdr.) gr. 8". (2-3 S. m. 2 T.) In Komm. Preis 1 M :30 4. G. Freytag in Leipzig. Steiner, J., Die Funktionen des Zentralnervensystems und ihre Phylogenese. 2. Abteilung: Die Fische, gr. 8». (XII, 127 S. m. lllustr.) Preis 5 Jt-. Friedrich Vieweg &, Sohn in Braun- >ohweig. Strecker, W., Erkennen und Bestimmen der Wiesengräser. 8". I \'. 57 S. mit eingedr. Holzsohn.) Preis kart. 1 ^ 50 .^. Paul Parey in Berlin. Süssmilch-Hömig, M. v., Spezialkarte vom Königreich Sachsen. Chroniolith. Imp.-Fol. Preis 2 JC; auf Leinw. in Papp-Karton bar 4 Ji- 50 4. Warnatz & Lehmann in Dresden. Sumpf, K., Anhang zu den Anfangsgründen der Physik. 8". (24 S. m. lUnstr.) Preis 30 4. August Lax in Hildesheim. Tafel, E., Untersnchungen über den Bau und die Entstehung der endocarditischen Efflorescenzen. gr. 8". (28 S.) Preis 60 4. H. Laupp in Tübingen. Thaer-Bibliothek. 27. und 70. Band. 8». Inhalt: 27. Die (iartenblume, ihre Beschreibung, Anzucht und Pflege. Von Tb. Rümpler. 2. Aufl. (IV, 209 S.) Preis geb. ä 2 ^ 50 4. Paul Parey in Berlin. IJle, W., Die Mansfelder Seeen. gr. 8». (38 S. m. 1 Skizze.) Preis 1 JC 20 4. Ch. Graeger in Halle. 'Vogel, L., Ueber Bau und Entwicklung der Cysticercus fascio- Iuris (Rudolphi). gr. 8". (31 S.) Preis 1 Jt. A. W. Zickfeldt in Osterwick. Gegen Einsendung des Betrages (auch in Brief- marinen) liefern wir vorstehende Werke franJio. Zur Besorgung litterarischen Bedarfes haXten wir uns bestens empfohlen. Berlin XW. 6. Die Kxpedition der „Natnrwissensciiaftlichen Wochenschrift". Briefkasten. Herrn L. — Ein sehr empfehlenswertes zoologisches Buch, das auch Anatomie und Physiologie behandelt, ist Claus' Lehrbuch der Zoologie. 2. Aufl. Marburg und Leipzig 1883. Herrn H. in M. — Calla palustris kommt mit mehr als einem Hochblatt öfter vor, H. P. Herrn K. M. — Weisse Hirsche sind nichts anderes als Albinos, wie sie auch bei manchen anderen Tieren vorkommen. K. A1>oiiiioinditK-X)i*iieuei*un$i;'. Diejenigen utiserer geehrten Abonnenten, U'elche durch die Zeitungs-Üxpeditionen der Post beziehen, er- suchen wir höflichst, das Abonnement rechtzeitig erneuern zu wollen, damit keine Unterbrechung in der E.icpedition eintritt. Alle nach dem 1. Oktober bei den Zeitungs- Expeditionen der Post einlaufenden Bestellungen 10 Pfg. extra für Nachlieferung der bereits er- schienenen Nummern, Hochachtungsvoll Die Expedition der „Naturwissenschaft!. Wochenschrift." 184 Naturwissenschaftliche Worhenscluift. Nr. 23. l^©©^^%o namentlich Anzeigen aller optischen, chenüsclien, physikalischen etc. Gerätschaften, Natuialien, Chemikalien, sowie Bücheranzeigen finden weiteste und passendste Verbreitung. g^" Bemerkung für die Leser: Für den Inhalt der Inserate sind wir nieht verantirortlivh. "^^ Buchhandlung für Naturwissenschaft und verwandte Fächer ' Berlin NW. 6, Luisenplatz 11 empfiehlt sich zur Besorgung von naturwissenschaft- lichen Werken und Zeitschriften. «< Ansichtssendungen stehen jederzeit zu Diensten. » Behufs anhaltender Verbindung wolle man sich mit der Firma in Korrespondenz setzen. Gegen Einsendung von 1 Jl 20 ..j pro Band (auch in Brief- marken) liefere franko: Becker, Dr. Karl Emil, Die Sonne und die Planeten. Mit 68 Ab- bildungen. Bieg. geh. Gerland, Dr. E., Licht und Wärme. Eleg. geb. Hansen, Dr. Adolf, Die Ernährung der Pflanzen. Mit 74 Abbildungen. Eleg. gell. Hartmann, Prof. Dr. R., Die Nilländer. Eleg. geb. Klein, Dr. Herrn. I., Allgemeine Witterungskunde. Eleg. geb. Lehmann, Paul, Die Erde und der Mond. Eleg. geb. Peters, Prof. Dr. C. F. W., 1 »ie Fixsterne. Mit G9 Abbildungen. Eleg. geb. Taschenberg, Prof. Dr. E., Die Insekten nach ihrem Nutzen und .'schaden Mit 70 Abbildungen Eleg. geb. Taschenberg, Dr. Otto, Die Verwandlungen der Tiere. Mit 88 Ab- bildungen. Eleg. geb. Valentiner, kumeten und Meteore. Mit 62 Abbildungen. Eleg geb. Wassmuth, Prof. A., Die Elektricität und ihre Anwendung. Mit 119 Abbildungen. Eleg gpli. Berlin IfW. 6. Hermann Kieniann. CO von Dr. "\V. t^ehnlz. » J l'reis 50 »s J |! wieder vorrätig in derExpeditiou < J der „Naturw. Wochenschr." J _ _ Inserate für Nr, 25 müssen späte- stens bis Sonnabend, den S.September in an- seren Händen sein. Die Expedition, Bei Benutzung der Inserate bitten wir un- sere Leser höfliclist, auf die „Naturwissenschaftliche Wochenschrift" Bezug neh- men zu wollen. Inhalt: S, Schwendener; Bede zur (Jedachtnisfeier König Fiiedrirli Wilhelms III. in der Aula der Königlichen Friedrich-Wilhelms- Universität zu Berlin am S.August 1888. — Wenzel Peiter: Zwei seltene Gäste des hohen Erzgebirges. — Kleinere Mitteilungen: Ueber die vermeintliche Giftigkeit vernickelter Gebrauchsgegenstände. — Missbildungen an niederen Tieren. — Föhn und Bora. — Ablehnung eines Ehrendoktorats. — Programm der 61. Versammlung deutscher Nnturforsclier und Aerzte zu Köln 1888. — Fragen und Antworten: Wie verhielt sich A. v. Chamisso zur Lehre von der Verwandlung der Arten? — Litteratur. — Briefkasten. — Abonnements-Erneuerung. — Inserate. Verantwortlicher Redakteur; Dr. Henrj Potonie. — Verlag: Hermann Riemann. — Druck: Gebrüder Kiesau Sämtlich in Berlin. Verlag: Hermann Riemann, Berlin NW. 6, Luisenplatz 11. IL Band. Sonntag, den 9. September 1888. Nr. 24. Abonnement: Mau abonniert bei allen Buchhandlungen und Post- y anstalten, wie bei der Expedition. Der Vierteljahrspreis ist M 3.— ; c;S) Bringegeld bei der Post 15 -j extra. JL Inserate: Die viergespaltene Petitzeile 30 ^. Grössere Aufträge entsprechenden Rabatt. Beilagen nach Debereinkunft. Inseraten- annahme bei allen Annoncenbureaux, wie bei der Expedition. Abdruck ist nur mit vollständiger (Quellenangabe gestattet. Rede zur Gedächtnisfeier König Friedrich Wilhelms III. in der Aula der Königlichen Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin am 3. August 1888. Gehalten von S. Schwendener, z. Z. Rektor der Universität. (Sohluss.) Die Reorganisation des Schöneberger Gartens fällt also, wie sich aus dem Vorhergehenden ergiebt, gerade in die Zeit, wo die Anforderungen in Bezug auf Dar- stellung des Pflanzenreiches ein sehr hohes Mass erreicht hatten, und der erste Direktor Professor Willdenow, folgte nur der herrschenden Strömung, wenn er die Zahl der kultivierten Pflanzen von Jahr zu Jahr höher steigerte. Neben dieser mehr und mehr in die Breite gehenden systematischen Strömung traten nun aber bald andere hervoi'. welche von neuen Quellen der Ein.sicht genährt und auf neue und höhere Ziele gerichtet waren. Einige der bedeutendsten Forsclier, denen die Mehrung von Einzelheiten wenig Befriedigung bot, richteten ihr Augen- meik auf die Verteilung der Gewächse über Länder und Zonen und schufen die Grundlagen derPflanzengeogiaphie; andere, welciie die Bedeutung der verbesserten optischen Hilfsmittel erkannt hatten, förderten die bis dahin noch geringen Kenntnisse über den inneren Bau und die Elnt- wicklung der Pflanzenorgane: wieder andere befassten sich mit der Ernährung, dem Wachstum und den Lebens- eischeinungen überhaupt. Damit war im Entwicklungs- gange der Botanik eine neue Periode eingeleitet, und es ist bekannt, dass dieselbe in Deutscliland binnen wenigen Jahrzehnten reiche Früchte brachte. Fragen wir jetzt, wie die botanischen Gärten sich dieser neuen Richtung gegenüber verhielten, so ist nicht zu bestreiten, dass sie im allgemeinen hinter den Fort- schritten der Wissenschaft zurückblieben. Sie zeigen auch heute noch, von unerheblichen Veränderung'en ab- gesehen, das Gepräge einer früheren Zeit, nur dass die Bezeichnung der Gewächse häufig genug fehlerhaft, hin und wieder sogar bis zur Trostlosigkeit vernachlässigt ist. Gewisse Modeiiflanzen, wie Orchideen, Camellien, Azaleen, Cacteen, Ericeen und dergl. werden in über- grosser Anzahl kultiviert; sie grünen, blühen und ver- blühen, ohne für die Wissenschaft Früchte zu tragen: Wo Spezialisten vorhanden sind, welche die eine oder andere Pflanzengruppe monographisch bearbeiten, mag eine möglichst reiche Vertretung derselben durch lebende Exemplare gerechtfertigt sein; man darf aber auch in diesem Falle nicht vergessen, dass grössere .systematische Arbeiten sich in der Hauptsache doch immer auf Herbar- material stützen müssen, da die Gesamtzahl der kulti- vierten Poi'men ja nur einen Bruchteil der bereits be- schriebenen bildet. Die grö.s.sten Sammlungen lebender Gewächse in den Gärten der Grossstädte mögen etwa 16 — 18 000 Spezies umfa.ssen, die Floren der ge.samten Erdoberfläche abei' das Zehnfache. Ueberdies verlassen sich die Phytographen nicht gerne auf Gartenexemplare, weil dieselben von den in der Natur gesammelten zu- weilen merklich abweichen und bezüglich ihrer Herkunft keine sicheren Garantien bieten. Es ist deshalb nicht daran zu denken, auf dem Wege der Kulturen den An- forderungen der neueren Systematik genügen zu können. Und so lässt .sich von der Zukunft kaum etwas anderes 186 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 24. erwaiten, als dass die enormen Bestände an lebenden Pflanzen, welche gegenwärtig alle grössei'e Gärten noch aufweisen, eine allmählige Reduktion erfahren werden. Aber wenn der Pflanzenreichtum seinen Reiz, den er so lange ausgeübt, mein- und mehr einbüsst, was soll an die Stelle treten? Mit der jetzt herrschend gewor- denen miliroskopischen und experimentell-physiologischen Forschung steht der Garten als solcher in keiner anderen Beziehung, als dass er die nötigen Materialien und etwa noch eine gewisse Anzahl von Versuchspflanzen zu liefern hat, — und dazu bedarf es keinei' besonderen Anstrengungen. Nach dieser Richtung wird also voraus- sichtlich Niemand gesteigei'te Leistungen veilangen oder neue Ziele aufstecken wollen. Ebensowenig liegt es im Bereiche der botanischen Gärten, pflanzengeographische Probleme zu fördern. Was bis dahin in dieser Richtung durch Aufstellung geogra- phischer Gruppen geschehen ist und natui-gemäss auch in Zukunft einzig und allein geschehen kann, gehört in das Gebiet der populären Demonstration und der Belehrung fiii- weitere Kreise, nicht in dasjenige der Wissenschaft. Es mag für das gartenbesuchende Publikum ein wirk- liches Interesse gewähren, japanische, amerikanische, australische Pflanzen etc. in grösserer Anzahl beisammen zu finden, und es soll in keiner Weise getadelt wei-den, wenn die Gartenverwaltungen diesen volkstümlichen Be- strebungen thunlichst entgegenkommen; nui' bilde man sich nicht ein, damit eine wissenschaftliche Aufgabe zu lösen. Das Einzige, was den botanischen Gärten übrig bleibt, wenn sie dem Entwicklungsgange der Wissenschaft folgen und etwas mehr sein wollen, als blosse Magazine lebender Pflanzen, ist die Beteiligung an den Fragen, welche die Yariabilität der organischen Formen, den Ein- fluss veränderter Lebensbedingungen auf die Gestaltung, die Kreuzungserscheinungen und Rückschläge, überhaupt die Faktoren betreffen, welche für den Weiterbau des Pflanzenreiches und somit auch für die Geschichte des- selben massgebend sind. In dieser Richtung sind denn auch bereits bemerkens- werte Anfänge gemacht worden, welche wenigstens über einige Grundprobleme neues Licht verbreiten. So haben z. B. die Hieracien-Kulturen, welche Nägeli im botani- schen Garten zu München in grossem Massstabe aus- führte, indem er im Ganzen etwa 4400 Nummern aus- pflanzen liess und während kürzerer oder längerer Zeit, zum Teil durch eine Reihe von. Jahren hindurch beo- bachtete, die wichtige Thatsache ergeben, dass die Ver- änderungen, welche die einzelnen Pflanzen unter solchen Verhältnissen erfahren, stets nur die individuelle Er- scheinungsform, niemals die erblichen Merkmale betreffen. Die kleinen Alpenhieiacien z. B. werden im Garten viel grösser, „stärker verzweigt und reichblütig, so dass man sie oft kaum wieder erkennt". Verpflanzt man aber solche Formen auf einen mageren Kiesboden, so erhält man wieder die ursprünglichen alpinen Typen. Die be- obachteten Veränderungen sind also nicht eiblich, sondern bloss durch Standortsverhältnisse bedingt und darum vorübergehend. Auf solche Erfahrungen gestützt, zieht Nägeli den weitgehenden Schluss, dass die klimatischen und Stand- ortseinflüsse, auch wenn dieselben durch noch so lange Zeiträume zur Geltung kommen, keine ei'blichen Merk- male und daher auch keine neuen Varietäten erzeugen. Andere Forscher jedoch, welche nach dem Vorgange A. de Candolle's die Frage der Veränderlichkeit da- durch zu lösen suchten, dass sie Samen der nämlichen Arten aus verschiedenen Gegenden Europas aussäeten und die Zeit des Keimens und Aufblühens beobachteten, gelangten zu Ergebnissen, welche zuweilen auf erbliche Veränderungen infolge der klimatischen Einflüsse hin- zuweisen schienen, und ich kann hinzufügen, dass die vergleichende Anatomie der Wüsten- und Steppenpflanzen uns gleichfalls moi'phologische und histologische Eigen- tümlichkeiten vor Augen führt, welche nur unter dem Einfluss des trockenen Klimas entstanden sein können und deren Erblichkeit ausser allem Zweifel steht. Schon dieses eine Beispiel würde genügen, um die wissenschaftliche Bedeutung der Kulturversuche klar zu legen. Es giebt abei- noch eine Reihe anderer Fragen, welche in gleicher Weise nur durch Beobachtung lebender Pflanzen im Verlaufe der Generationen gelöst oder doch gefordert werden können. Ich ei'wähne zunächst die von der chemischen Bodenbeschaffenheit bewirkten Formen- veränderungen, über deren Vorhandensein meist nur das P^xperiment Auskunft giebt. Man kennt z. B'. ein Farn- kraut, w:elches in den Floren die Bezeichnung Asplenium Serpentini führt, weil es eine selbständige, auf Serpentin- gestein vorkommende Form zu sein schien. Seit kurzem ist indess durch wiederholte Aussaat der Sporen erwiesen, dass diese vermeintliche Species oder Varietät auf serpen- tinfreiem Substrat in der sechsten Generation zur Grund- form Asplenium Adiantum nigrum zurückkehrt. Ich erinnere feiner an die Folgen der Konkurrenz, welche zwischen nahverwandten Formen zur Geltung kommt, wenn sie nebeneinander auf dem nämlichen Boden J vegetieren. Es ist bekannt, dass in diesem Falle die » Verdrängung der einen Form durch die andere eine her- vorragende Rolle spielt, indem dieser Vorgang neben den klimatischen Faktoren die Verteilung der Gewächse und ebenso die Verbreitung der Arten in vertikaler und horizontaler Richtung mitbeherrscht. Zwar bietet hierüber die freie Natur wohl die besten Anhaltspunkte; aber einzelne Fragen, welche den Zusammenhang der Er- scheinungen und die Wirksamkeit der massgebenden Momente betreffen, können ohne Zuhilfenahme des Ver- suchs nicht entschieden werden. Ebenso bedarf das , Verhalten der hybriden Formen im Zustande der Iso- | lierung, ilire Variabilität und die etwaige Annäherung an die Stammform bei ausgeschlossener Vermischung mit dieser einer fortdauernden Prüfung. Es handelt sich bei diesen: Fragen nicht etwa nur Nr. lM. Naturwissenscliaftliclie Woehenscliiift. 187 um einzelne Thatsachen oder um die Ausfülluiitr kleiner [rücken in dei' Wissenschaft, sondein um die Kenntnis der emilirischen Grundlagen, auf welche die Leln-e von der Entstehung der organischen Formen sich stützen muss. Darum ist eine allgemeine Mitwirkung der bota- nischen Gärten als der natürlichen Versuchsfelder auf diesem Forschungsgebiete wünschensweit und im Hin- blick auf den Entwicklungsgang der Wissenschaft von der Zukunft auch sicher zu erwarten. Aber wie in der Zeit der herrschenden Systematik die Aufgabe der Gärten doch immer nur eine bestimmt umgrenzte wai-, durch welche weder die Arbeit der Floristen und wissenschaftlichen Eeisenden, noch das Studium der Herbarien ersetzt werden konnte, so wird auch die physiologische Foi-schung ausser den bereits bestehenden Instituten Mittel und Wege suchen müssen, welche das organische Leben der Meei'esküsten und der sudlichen, für Europäer weniger leicht zugänglichen Erd- striche an Ort und Stelle zu verfolgen gestatten. Die ersten Schritte in dieser Richtung sind denn auch bereits gellian. Unsere zoologischen Stationen, vor allem die- jenige in Neapel, welche mit gleichem Recht auch als botanische Station bezeichnet werden kann, haben seit .Tahren eine so erfolgreiche und allseitig anerkannte Wirksamkeit entfaltet, dass ich nicht nötig habe, ihre Bedeutung für die Erfoischung der Meeresorganismen noch besonders hervorzuheben. Warum aber, so könnte man fragen, fülilen sich die Forscher immer wieder zu diesem eigenartigen Leben des Meeres hingezogen? Die Tier- und Pflanzenwelt des Landes ist doch zweifellos nicht weniger mannigfaltig; sie ist beträchtlich reicher an Arten, dabei höher differen- ziert und sehr viel zugänglicher. Woher also diese wunderbare Anziehungskraft des Meeres? Die Erklärung einer so eigentumlichen Erscheinung liegt nicht etwa in der blossen Reiselust, nicht in dem Zauber, welcher dem Meer schon in seiner äusseren Erscheinung, im nie luhenden Spiel seiner Wellen und im Wechsel der Farben innewohnt; sie ist gegeben durch die historische That- sache, dass die Wissenschaft vom Leben zu allen Zeiten ihre besten Bausteine und ihren leichsten Perlenschmuck aus den Tiefen des Meeres gehoben hat. So ging, um in flüchtigem Ausblick nur auf wenige Punkte hinzu- weisen, die von Nägeli begründete entwicklungsgeschicht- liche Richtung der Botanik vom Studium der Meeres- algen aus, an welche die Landkiyptogamen sich später- hin anschlössen. Ebenso hat die Lehre von der Keim- bildung ihre besten Belege den einfachst gebauten und darum leichter verständlichen Wasserbewohnern zu ver- danken. Und blicken wii' erst auf die deutsche Zoologen- schule der Neuzeit, so erscheint dieselbe so innig mit dem Tierleben des Meeres verknüpft, dass man ohne Uebertreibung sagen kann, ihre besten Arbeiten seien vonviegend den Geschöpfen der Salzflut gewidmet. Unter solchen Umständen ist vorauszusehen, dass die Meeresküsten mit ihrem reichen Tier- und Pflanzen- leben das Interesse der Forscher noch für lange Zeit von unseren Gärten und Museen, den zoologischen wie den botanischen, abwenden und auch die verfügbaren finan- ziellen Mittel teilweise für sich beanspruchen werden. Neue Stationen, nach dem Vorbilde der Neapolitanischen eingerichtet, sind bereits im werden begriflFen; andere werden folgen. In diesen marinen Pflegestätten der Wissenschaft und in den botanischen und zoologischen Universitäts-Instituten, welche ebenfalls Schöpfungen de)- Neuzeit sind, konzentriert sich jetzt schon der wichtigere Teil der Forschung, und die nächste Zukunft wird das Verhältnis voraussichtlich noch mehr zu Ungunsten der Gärten und Museen gestalten. Auch die Flora des Landes, zumal der entlegenen Zonen, wird gegenwärtig nach anderen Gesichtspunkten studiert, als in den ersten Dezennien dieses Jahrhunderts. Damals war es vor allem die Erweiterung der Formen- kenntnis, die immer reichere Ausfüllung des Systems, für welche die Botaniker ihre Kräfte einsetzten. Man sandte mit bedeutendem Kostenaufwande Reisende aus, welche die Schätze ferner Weltgegenden herbeischafften und unsere Gärten, Herbarien und Museen mit Selten- heiten und Novitäten bereicherten. Für den Schöne- berger Garten wirkten z. B. unter der Regierung Friedrich Wilhelms III., von 181.5 an, successive vier verschiedene Sammler, ein Gärtner und di'ei Pharma- ceuten, am Cap der guten Hoffnung, zwei der verdien- testen, Sello und Beyrich, in Brasilien, der letzteie auch in den Vereinigten Staaten; dazu kam die Reise Ehrenberg's nach Aegypten, Nubien, Abessynien, Ara- bien und Syrien, für welche der König selbst eine nach- haltige Beihilfe gewährte. Diese Sammelthätigkeit hat auch heute noch für alle Zukunft ihre Berechtigung; denn jede neue Form, die wir kennen lernen, ist doch immer ein kleiner Gewinn für die Wissenschaft. Aber das Hauptinteresse hat sich trotzdem auch in Bezug auf fremdländische Gewächse andeien Bestrebungen zugewendet, welche nur an Ort und Stelle, aber nicht durch die flüchtige Beobachtung eines Touristen, sondern allein durch das tiefer gehende Studium des Physiologen gefördert werden können. Von dieser Erkenntnis ausgehend, haben in neuester Zeit wiederholt fachwissenschaftlich ausgebildete Forscher sich zu längerem Aufenthalt in entfernte Länder begeben, um daselbst mit Benutzung lebenden Materials ganz be- stimmte Probleme zu lösen oder doch der Lösung näher zu bringen, und die Niederländische Regiei'ung hat auf Java, in Veibindung mit dem botanischen Garten zu Buitenzorg, ein Institut errichtet, welches für die Er- forschung der tropischen Vegetation die nötigen Hilfs- mittel liefeit und das auch bereits von deutschen Bota- nikern mit Erfolg benutzt worden ist. Noch steht dieses Institut isoliert da in der ganzen Tropenwelt; aber es ist zu hoffen, dass mit der Zeit auch anderwärts ähnliche Asyle, wenn auch mit einfacherer Ausstattung, ins Leben gerufen werden. 188 Natui-wissenschaftliche Wochensclii'ift. Nr. 24. Die Aufgaben, welche inmitten einer fremdländischen Vegetation und unter Vei-hältnissen, die eine regelreclite Untersuchung gestatten, ihre Lösung zu erwarten haben, .sind mannigfacher Art und beiühren die verschiedensten Gebiete der Botanik. Um nur einen Punkt, der dem allgemeinen Verständnis wohl am nächsten liegt, mit einigen Worten anzudeuten, sei an die Eigentümlichkeit des Wuchses, d. h. an die Ge.staltung der vegetativen Organe erinnert, auf welche schon Alexander von Humboldt seine physiognomische Einteilung gründete. Man weiss, dass die afrikanischen Wolfsmilcharten die gerippte Säulenform amerikanischer Cacteen zeigen, denen sie oft täuschend ähnlich sehen, obschon von systema- tischer Verwandtschaft nicht die Rede sein kann. Ebenso begegnet man unter den Steppen- und Wüstenpflanzen aller Länder gewissen stereotypen Foi-men, welche gleich- sam nach demselben Modell geschaffen sind, obschon sie den verschiedensten Familien angehören. Es sind das die „klimatischen Analogien" der Pflanzengeographen, die sich übrigens nicht bloss auf den Habitus, sondern auch auf den anatomischen Bau erstrecken. Und merk- würdigerweise tauchen diese physiognomischen Charakter- züge, die wir als x\usdruck des Wüsten- und Steppen- klimas zu betrachten gewohnt sind, auch in den Hoch- gebirgslandschaften der amerikanisclien Anden wieder auf. Da nun in der Wüste während dei- regenlosen Zeit drei Faktoren zusammenwirken, nämlich Trockenheit in der Luft, Trockenheit des Bodens und ein starker Lichtreiz, von denen jedenfalls der Letztere im Hoch- gebirge der äquatorialen Anden der häufigen Wolken- bildungen halber zurücktritt, während die Bodenfeuchtigkeit wahrscheinlich je nach den lokalen Veihältnissen variiert, so ist dadui'ch Gelegenheit geboten, den Einfluss jedes ein- zelnen Faktors oder doch der verschiedenen Kombinationen von je zwei derselben näher kennen zu lernen. Dazu ge- hört aber ein genaueres Studium der Vegetation und der bezüglichen Standortsverhältnisse im Lande selbst, — und das nämliche gilt noch für manche andere Frage, welche gegenwärtig im Vordergrunde der Forschung steht. Darum ist zu erwarten, dass neben den Küsten- stationen und den tropischen Garteninstituten auch Forschungsreisen in fernen Ländern, nicht zum Sammeln, sondern zur Bearbeitung bestimmter Fragen, in Zukunft mehr als bisher zur Geltung gelangen, und für die bota- nischen Gärten dürfte auch diese Konkuirenz fühlbar werden. Wenn wir zum Schlüsse noch die Frage aufwerfen, welche Folgen sich aus den angedeuteten Perspektiven für die botanischen Gärten ergeben werden, so ist zu- nächst für die kleineren, vorwiegend Unterrichtszwecken dienenden kaum zu befürchten, dass sie irgendwie nach- teilig davon berührt werden könnten, da ihr Pflanzen- bestand thatsächlich nicht über das vorhandene Demon- strationsbedürfnis hinausgeht. Auch für die grossen und grössten Anstalten dieser Art liegt einstweilen nur die Wahrscheinlichkeit nahe, dass die Etatserhöhungen, die bis dahin zum Teil in sehr reichem Masse und in auffallend rascher Folge stattfanden, künftighin etwas spärlicher aus- fallen werden. Denn dass das Gegengewicht anderweitiger Bedürfnisse, welches jetzt schon vorhanden, auf die Dauer ganz wirkungslos bleibe, ist nicht wohl anzunehmen. Aber eine tiefer gehende Veränderang , welche die wissenschaftliche Seite des Gartenbetriebes angeht, ist trotzdem von der Zukunft zu erwarten. Die Mode- pflanzen der Handelsgärtnereien und die monotonen Formen gewisser Gattungen, welche in zweckloser Arten- fülle ganze Häuser beanspruchen, verdienen eine solche Bevorzugung nicht, und es wäre jetzt schon an der Zeit, mit diesen alten Traditionen zu brechen und eine strengere Auswahl, verbunden mit der nötigen Kontrole der Nomenclatur, durchzuführen. Aber freilich, dazu gehört eine sachvei-ständige und energische Direktion, welche ihre Aufgabe kennt und die im Wege stehenden Hinder- nisse zu überwinden versteht. Auch der Schönebei-ger Garten könnte durch Vei-- besserungen und Vereinfachungen in dem angedeuteten Sinne nur gewinnen und da er der grösste und best- dotierte in Deutscliland ist, so würde ihm hierin, wie überhaupt in allem, was ziu' Förderung wissenschaftlicher Aufgaben dienen kann, der Vortritt wohl anstehen. Uebi'igens ist dieser Garten auch in seinem lieutigen Zustande eine Zierde der Residenz, ein gi'osses und schönes Institut, welches als Vorläufer der Univei'sität immer wieder genannt zu werden verdient, so oft wir jener bedeutsamen Epoche gedenken, da Friedrich Wil- helm in. die Wiederaufrichtung des Staates durch Hebung seiner geistigen Kräfte ins Werk setzte. (Aus den von d. Kgl. Akad. d. Wiss. zu Berlin herausg-eg-. Sehr.) Praktische Winke über die Anlegung eines Herbariums.^) Von Dr. H Ueber die Nützlichkeit eines Herbariums für den Floristen brauche ich wohl kein Wort zu verlieren, und so wende ich mich denn sofort zur Besprechung der zweckmässigen Einrichtung einer solchen Sammlung. Die Anordnung der Arten geschieht am allerzweck- mässigsten nach dem natüi'lichen System, und zwar ist *) Yergl. hierzu: H. Potonie. Praktische Winke über das Pflanzensamnieln (Naturw. Wochenschrift 11 Seite 52—54). Potonie. es gut, sich nach einem bestimmten Buche, welches man dann gewissermaassen als Katalog seines Herbariums behandelt, zu ordnen. Besteht die Absicht, sich nur mit der Flora seiner engeren Heimat zu beschäftigen, so benutzt man als solch einen Herbarkatalog eine Provinzialflora, wie z. B. für Schlesien die vorzügliche Flora dieser Provinz von Emil Fiek (Breslau 1881), oder für die Provinz Brandenburg die klassische Flora Nr. 24. N;itm\vis^;on.scliaftliL-iie Wochenscliiift. 189 der Provinz Biamlenburg von l'rof. Di-. F. Aschei'son (Berlin 1864). Kür ein weiteres Gebiet mag- die „Illustrieite Flora von Nord- und Mitteldeutschland mit einei' Einfülu'ung in die Botanik" des Schreibers dieser Zeilen (.3. Aufl., Berlin 1887) benutzt werden, und wer endlich ganz Deutschland ins Auge fassen will, nehme die Flora von Deutschland von Prof. Dr. A. Garcke (15. Aufl., Berlin 1885), in der allerdings aus „pflanzen- geographischen Rücksichten" die in den bayerischen Alpen vorkommenden Arten nicht mit aufgeführt werden. Will man daher auch die so interessanten und schönen Alpengewächse in Betracht ziehen, so müssen wir zu einem anderen Buche greifen und hier wird uns in der für die deutsche Floristik grundlegenden „Synopsis der deutschen und schweizer Flora" von D. J. Koch oder in dem „Taschenbuch der deutschen und schweizer Flora" desselben Verfassers ein vorzügliches Hilfsmittel geboten. Die den getrockneten Pflanzen- Arten beizulegenden Zettel müssen immer sorgfältige Auskuft geben 1. über den genauen Fundort einer Art, 2. über das Datum der Exkursion, 8. über den Namen des Sammlers. Das folgende Vorbild ist nach dem vorschriftsmässigen Schema verfasst: Potamogeton praelongus Wulfen. Provinz Brandenburg: In der Havel südlich von Potsdam. 3. Juli 1820. A. v. Chamisso. Die Pflanzen werden entweder lose und zwar jede Art und jeder Fundort in einen besonderen Bogen Papier gelegt, auf dessen Aussenseite in einer Ecke an der Rückenseite der wissenschaftliche Name gesetzt wird; oder man klebt die Specimina mit ihrem Zettel ver- mittelst schmaler geleimter Papierstreifen auf einzelne Papierblätter in Folioformat. Die letzte Methode hat den wesentlichen Vorteil, schnell durch einfaches Blättern seine Schätze bei einer Vergleichung duichsehen zu können und schützt überdies vor dem Herausfallen von Zetteln oder Pflanzenteilen. Samen und kleinere Dinge •überhaupt thut man in Papierkapseln, die ebenfalls dem Bogen angeklebt werden. Die Arten einer Gattung werden zusammen in einen Bogen gelegt, der wiederum in einer Ecke an der Rückenseite den Namen der Gat- tung trägt. Sind die Arten nicht aufgeklebt worden, so legt man die Artenbogen mit ihren Rücken nach rechts, die Rücken dei' Gattungsbogen nach links, durch welche Einrichtung ein schnelles Auffinden ei'möglicht wird und überdies ein Herausfallen von in den Rogen befindlichen Dingen erschwert wird. Sehr wichtig erscheint die Erhaltung der Schätze, die leider nur durch besondei'e, mehr odei- minder um- ständliche Manipulationen zu erreichen ist. Denn wei' seine Herbaipflanzen nicht vergiftet, dem werden bald genug vornehmlich von der Larve eines kleinen Käfers, des Anobium paniceum L., (wenigstens in meinem Her- barium nach Bestimmung des Herrn Kolbe) die mühsam zusammengebrachten Schätze zerfressen, und da dieser der Hauptfeind von Pflanzensammlungen ist, gilt es Mittel zu finden, ihn fernzuhalten. Im Kgl. botanischen Museum zu Berlin vergiftet man, um letzteres zu erreichen, die einzelnen Pflanzen mit Quecksilberchlorid (Sublimat), und so haben sich in diesem Institut die mit dieser Substanz vergifteten Pflanzen Humboldt' s, Willde- now's, Chamisso' s und solche aus noch weit älterer Zeit ganz vorzüglich erhalten. Die Vergiftung wird am besten in der Weise vorgenommen, dass man in etwa 80 Gewichtsteilen eines starken Alkohols einen Gewichts- teil des Sublimates auflöst und die bereits vollständig getrockneten Pflanzen-Exemplare in diese Lösung ein- taucht. Die Giftflüssigkeit wird in ein flaches (nicht metallisches) Gefäss gegossen und die zu vergiftende Pflanze vermittelst einer grossen Hornpincette eingetaucht. Einige vergiften ihre Pflanzen durch einfaches Bespritzen derselben vermittelst eines mit Giftlösung getränkten grossen Pinsels. Das nochmalige Trocknen der Pflanzen geht schnell von statten, da der Spiritus leicht verdunstet. Es wh'd auch empfohlen — wenn man sich die ange- deuteten Umstände nicht machen will — das Herbaiium- papier in eine konzentrierte Alaunlösung zu tauchen. Bespritzen des Herbarium-Papiers mit Petroleum oder zeitweilige Anwendung von Schwefelkohlenstolf vertreibt den „Kräuterdieb" ebenfalls. Wegen der Einfachheit des Verfahrens wende ich jetzt zur Abhaltung des unliebsamen Gastes Naphthalin an. Am besten bringt man diese Substanz in flache Papierkapseln, wie etwa Briefenve- loppen, die sich zwischen die Bogen des Herbariums gut unterbringen lassen und, da das Naphthalin allmälüich verdunstet, hin und wieder erneuert werden müssen. Es ist übrigens nicht nötig, alle Arten zu vergiften. Gräser und überhaupt grasartige Gewächse und merk- würdigerweise auch Farnkräuter leiden nur wenig durch Insektenfrass; am ärgsten mitgenommen werden u. a. die Compositen, Umbelliferen, Euphorbiaceen and Salicaceen. Kleinere Mitteilungen. Vierter intemationaler Geologen -Kongress. — Der internationale Geologen -Kongress, der sich 1885 zum dritten Male in Berlin versammelte, hat beschlossen, seine vierte Sitzung 1888 in London abzuhalten. Das Komite hat den Beginn auf den 17. Sep- tember festgesetzt. Diejenigen, die Mitglieder des Kongresses zu werden wünschen, werden ersucht, ihren Antrag baldigst zu stellen mit Angabe ihres Vor- und Zunamens, Standes und ihrer Wohnung an Herrn W. Topley, London. 28 Jermyn-. Street. Der Beitrag beträgt 10 Mark. Die Quittung des Schatzmeisters (Herrn F. W. Kudler) berechtigt zum Empfang der Mitgliedskarte, sowie derge- druckten Berichte und der übrigen Veröffentlichungen des Kongresses. Bei Abwesenheit haben die Mitglieder das Recht auf alle bezüglichen 190 Natunvissenscliaftliche Wochenschrift. Nr. 24. Schriften. — Ehrenpräsident: Professor T. H. Huxley. Präsident: Professur J. Pres t wich. Viceprüsidenten: Der Präsident der „Geological Society". Der Generaldirektor der „Geological Survey". Professor T. Mc. K. Hughs. Schatzmeister; F. W. Kudler. Generalsekretäre: J. W. Hulke. W. Toplev. Der Deutsche Verein für öffentliche Gesundheitspflege hält seine Versammhiiig in Frankfurt a. M. ab und zwar sind die Tage vom 13. bis 16. September in Aussicht genommen. Fragen und Antworten. Giebt es eine Erklärung für die in Bd. I S. 197 der „Naturw. Wochenschrift" von Prof. Kny erwähnte, so merkwürdige Thatsache, dass gewisse Pflanzensamen nur dann keimen, wenn sie durch den Verdauungskanal einer bestimmten Tierart gegangen sind? Hierauf kann ich erwidern, da.ss in der That zwei Erklärungs- versuche gemacht worden sind, und zwar von Liebig und von I'rof. G. Jäger. Ehe ich dieselben aber mit wenigen Worten andeute, möge die Thatsache selber noch in ein helleres Licht gestellt werden. Nicht nur der Weissdorn gedeiht leicht und schnell, wenn Trnthüner mit den Früchten desselben verfüttert werden, und nicht nur die Verbreitung einer niittelamerikanischen Duranta-Art ist von Tauben abhängig, sondern die hierin sich zeigende Beziehung zwischen Pflanze und Tier kann noch in so zahlreichen anderen Beispielen beobachtet werden, dass man nicht fehlgehen wird, der- selben eine ziemlich allgemeine biologische Bedeutung zuzusprechen. So scheint, wie G.Jäger*) ausführt, auch der Same der Mistel auf keine andere Weise zu keimen, als dadurch, dass ein Mistelbeeren fressender Vogel (Misteldrossel) die Früchte geniesst, das Frucht- fleisch verdaut und den unverdauten Samen mit seinem Dünger aus- sät. Aehnlich verhält es sich mit dem Wacholder und der Wacholder- drossel, dem Wacholder und dem Seidenschwanz, der Himbeere und der Mönchsgrasmücke, der Erdbeere und der Amsel, der Johannis- beere und dem Rotschwanz, und wahrscheinlich wird dasselbe wie für die genannten Ptianzen für alle diejenigen gelten, welche Beerenfrüchte mit Steinhüllen besitzen , weil bei diesen die Samen durch die Steinhülle geschützt und damit im Tierleibe unverdaulich sind. Uebrigens ist für das Gedeihen der Samen weniger der Um- stand von Wichtigkeit, dass sie sich in dem Verdauungskanal der Tiere aufgehalten haben, als dass sie mit dem Kote des letzteren auf die Keimstelle gebracht oder dass .sie mit diesem Kote gedüngt •werden. Dass dem so Ist. erweist die Thatsache, dass z. B. Cham- pignons nur auf Pferdemist künstlich gezogen werden können und auch im Freien nur da vorkommen, wo sieh Pferdedünger befindet: und die Obstbaumzüchter Württembergs verfahren bei der Gewin- nung junger Kernobstpflanzen (Apfel und Birne) aus Samen auf die Weise, dass sie die bei der Mostbereitung abfallenden Traber an Schweine verfüttern und deren Dung als einzigen Gegenstand in die Furchen des Saatbeets bringen. Die zur Entwicklung kommenden Pflanzen entstammen den S.amen, welche unverdaut den Dannkanal des Schweines durchwandert haben. Eine ähnliche Beziehung wie zwischen Champignon und Pferd waltet wahrscheinlich auch zwischen Trüflel und Sehwein und zwischen Steinpilz einerseits und Hoch- oder Kehwild andererseits ob. Von Jäger wird nun hervorgehoben, dass dieses eigenartige Verhältnis zwischen Pflanze und Tier ein in gewisser Beziehung gegenseitiges ist, d. h., das.'* das Tier diejenige Pflanze am liebsten frisst, welche auf seinem Dunge am besten oder gar einzig gedeiht. Dies gilt für alle angeführten Beispiele in mein- oder minder ausgesprochenem Mas.se. Dass der in Frage stehenden Natun'egel noch ein viel weiteres Wirkungsgebiet zukommt, mögen folgende Beispiele zeigen: Der Mist unserer Haustaube, die besonders lecker nach Mais, Erbsen und anderen Hülsenfrüchten ist. giebt den vorzüghchsten Dünger für die genannten Kulturgewächse ab; für Wiesen ist der beste Dünger der unserer gras- und heufressenden Haustiere; ebenso ver- halten sich auch der Mensch und diejenigen Pflanzen, welche er als Speise geniesst. Dagegen lassen z. B. die Exkremente des Hundes, der von Natur zu den Fleichfressern gehört und auch als Haustier kein Gras geniesst, das letztere nicht zu gedeihlicher Entwicklung gelangen. Die Richtigkeit der bisher besprochenen Thatsachen hat auch Liebig vollkommen anerkannt, indem er in seiner „Agrikulturchemie" sagt; , Die Exkremente eines Tieres haben als Dünger für diejenigen Pflanzen den höchsten Wert, welche dem Tiere zur Nahrung ge- dient haben." Seine Erklärung dieser Beziehung zwischen Pflanze *) G. Jäger, Lehrb. d. allgem. Zool. 3. Abteilung: Entdeckung d. Seele, Bd. IJ. S. l.S;3: femer ir. Jäger in seinem Artikel , Kreis- lauf der Appetitstoffe" in der Encyklopädie d. Naturwiss.; Abteil. Zoologie und Anthropologie, Bd. IV, S. 614 u. f. und Tier weicht aber von derjenigen .Täger's erheblich ab. Liebig- meint, diese Beziehung rühre nur daher, dass in dem Kote eine.? Tieres die Nährsalze enthalten seien, welche die von dem Tiere» gefressene Pflanze dem Boden entzogen habe. Indessen kommen in den Exkrementen eines PJndes keine anderen Salze vor, als in denen eines Hundes, und doch .sind die Exkremente des letzteren dem Grase nachteilig, die des ersteren aber zur Entwicklung förderlich. Weiter bringt die Düngung einer Pflanze mit den eigenen Wur- zeln nicht den besten Erfolg, wie es doch zu erwarten wäre, wenn es bei der Düngung nur auf die Nährsalze ankäme. Jäger versucht daher eine andere Erklärung. *) die freilich ganz auf dem Boden seiner vielfach verschrieenen und doch so geistvollen Lehre von der Art und der Ursache der Lebensvorgänge in den Lebewesen .steht. Da die in Rede stehende Beziehung zwischen Pflanze und Tier ohne Frage eine spezifische ist, so müssen diejenigen .Stotte dabei eine ursächliche Rolle spielen, welche die spezifische Eigenart der Lebewesen zustande bringen, das sind die Stoft'e, welche den Geruch oder Geschmack derselben ausmachen und die daher mit bezog hierauf als „Appetit- stofl'e" bezeichnet werden können. Da nun in den Exkrementen eines Tieres, welches eine bestimmte Pflanze mit Vorliebe geniesst, die Appetitstoft'e dieser Pflanze in verdünntem Zustande vorhanden sind, so wirken sie, dem Samen der Pflanze als Dünger dargeboten, anregend auf das Wachstum des Samens und weiterhin der daraus- hervorgegangenen l'flanze selbst. — Die Verdünnung ist dabei von Bedeutung, da der Appetitstoff in übermässig konzentriertem Znstande störend in das gedeihliche Wachstum des zugehörigen Lebewesen.'^ eingreift. In umgekehrter Weise ist es zu erklären, dass die Pflanze demjenigen Tiere liesonders zuträglich ist, ihm als Nährpflanze dient, mit dessen Exkrementen sie gedüngt worden ist. Jäger verkennt übrigens neben der Bedeutung der als Trieb- stofl'e wirkenden Appetitstoft'e diejenige der massigen Nährstoffe nicht; diese geben den Stoff zu dem Aufbau des Körpers, jene bringen sein 'Leben zustande und können daher auch als Lebens- agens, ja Lebenskraft bezeichnet werden (denn Kraft ist letzten Endes nichts als bewegter Stoff). - -_.^ --_-_--Dr. K. F. Jordan. *) Entdeck, d. Seele. Bd. H. :S. 133, 1.35, 142, 145 u. s. f. Litteratur. Dr. Karl Friedrich Jordan: Goethe — und noch immer kein Ende! Kritische Würdigung der Lehre Goethes von der ]Met amorphose der Pflanzen. — Samm- lung gemeinverständlicher wissenschaftlicher Vorträge, herausgegeben von Rud. Virchow und Fr. v. Hultzendorf. Hamburg, Ver- lagsanstalt und Druckerei A.-G. (vormal* J. F. Richter) 1888. Preis 1 M. Jordan gelit vorsichtig, saclilich und mit vollem Verständnis der Frage zu Werke; er leitet seine Arbeit mit den folgenden Sätzen ein. „Die naturwissenschaftlichen Arbeiten Goethes werden — von der Farbenlehre abgesehen, gegen die sich die Gelehrten ziemlich einstimmig erklärt haben — in unserer Zeit überwiegend günstig beurteilt. Besonders Häckel versucht es, Goethe so hinzustellen, als hät'e er den grossen Gedanken der Descendenztheorie schon voll erfasst. Des Dichters osteologisehe und botanische Leistungen werden von ihm und anderen fast ausnahmslos gefeiert. Stimmen, wie die des Botanikers Sachs und die des Berliner Physiologen Du Bois- Reyniond. der in seiner Schrift „Goethe und kein Ende" die Aeusserung thut: „Die Wissenschaft wäre auch ohne Goethes Be- teiligung heute SU weit, wie sie ist", bleiben vereinzelt. Haben diese von hervorragenden und philosophisch gebildeten Forschern ausgehenden Stimmen ganz und gar unrecht? ist es nur der beschränkte Geist der Schulgelehrten, der in ihnen dem Genius, dessen Fluge er nicht zu folgen vermag, in neidischer Absicht etwas am Zeuge flicken möchte? — Oder vielleicht doch nicht? Abgesehen von solchen Aussprüchen wie dem eben angeführten von Du Bois-Rey mun d. die wegen ihrer weitgehenden Allgemein- heit auf schwankem Grunde stehen und zudem mehr hingeworfene Schlagworte sind, schenit es von vornherein nicht unannehmbar, dass der Tadel Goethe'scher Leistungen wenigstens bis zu einem gewissen Grade gerecht sein möchte, da auch der vollkommenste Mensch schliesslich immer nur Mensch ist und als solcher seine Fehler hat. Will man freilieh ein bestimmtes bündiges l'rteil über den Wert der naturwissenschaftlichen Arbeiten Goethes fällen, so muss man dieselben im besonderen einer eingehenden Kritik unterziehen. Dass aber — wie es scheint — Publikum und Gelehrte von vornherein etwas Richtiges und Grosses in den wissenschaftlichen Erzeugnissen des Goethe'schen Geistes finden möchten, ist sehr ver- ständlich. Goethe ist ja unter unseren Dichtern mit Recht als „der Einzige" zu bezeichnen. Aus dem, was er geschafften, sprudelt uns ein ursprünglicher Quell echt dichterischen Empfindens und Könnens entgegen. Es spricht zu uns nicht blos eine edle Form, ein hoher Geist, sondern auch eine naive, aber tiefe und reine Seele Man I Nr. 24. Naturwissenscliaftliclie Wochenscliiift. 11)1 muss — sofern man. selbst tiefiM' und reiner Kmptiiidiing-en fiUiig- ist — soleir ein Wesen in sein Herz srliüessen. iniiis es von dieser Seite Iier lieb gewinnen. Und dass man nnn leiebt seneijjt ist, uucb die Seliwachen dess-dben sich gefallen zu lassen, ja son-ar iu ihnen etwa.s Gutes zu findiMi. dass man sieh mit allen Mitteln da- gegen zu wehren suelit. wenn dem Liebling Unvollkoinmenheiten lind Falschheiten naeligewiesen werden sollen — das liegt in der ■menschlichen Natur begrünilet. l'nd doch muss ein logischer Geist, ■dem die Sache über die Person geht, es wagen, auch an dem ver- götterten Liebling Kritik zu üben. Die wahren Leistungen desselben werden damit nicht angetastet, und seine Schwächen sind — sofern ihm welche nachgewiesen werden - auch ohne die Kritik vorhanden. Das.s er sie aber hat und dass sie erkannt werden, entwürdigt ihn nicht, denn es kommt nicht vor und ist unmöglich, dass ein Mensch auf allen Seiten seines Wesens eine über das Durchschnittliche weit hinausgehende Entwicklung besitzt, dass er ein T'niversalgenie ist, ■weil eine vorzügliche Beanlagung ein tnehr oder minder einseitig ausgebildetes (geistiges) Naturell voraussetzt; die Natur hat dem mensclilichen Wesen eine gi> wisse hervorragende Richtung gegeben. und nur im .Sinne dieser konnte eine hochentwickelte Anlage vor- handen sein. Bedeutende Denker z. B. waren niemals zugleich auch bedeutende Dichter und Musiker und Erfinder. Wie sollte darum nicht auch ("ioethe — ;iJs liervorragender Dichter — auf wissenschaft- lichem (iebiete bei .all' seinem Interesse für die Wissenschaft doch' von ungleich geringerer Bedeutung sein können'? — Es sind eben ganz verschiedenartige Gaben, ■welche der Dichter und welche der Denker nUtig hat". Nunmehr geht der Verfasser näher auf den Inhalt der Goethe- schen Abhandlung „Versuch die Metamorphose der Pllanzen zu er- klären" ein. Er zergliedert dieselbe eingehend in naturwissenschaftlich- logischer Weise und sucht den Kern derselben zu fassen. Das ist nun keineswegs ganz leicht, denn Goethes Au.sdrucksweisen genügen den Anforderungen, die der Naturforscher an wissenschaftliche Er- örterungen stellt, in keiner Weise: Goethe ist wenig scharf und bestimmt, also geradezu unklar. .Seine Feder wurde mehr von der Phantasie geführt als vom logischen Denken. Unter Metamorphose im weitesten Sinne versteht mau die Veränderung eines Objektes; bei der PÜanze insbesondere meint man gewohnlich etwas anderes, wenn man von der Metamorphose der Blätter spricht. Man hat hier nur die verschiedenen Formen im Auge, in welchen jene Blätter rtm weitesten Sinne) genannten .Seitengebilde der Stengelteile in die Erscheinung treten. Es lässt sich hier nur ■bildlich Von einer Metamorphose reden, insofern als sich oftmals extreme Formen durch eine Reihe von Zwischen formen verbinden lassen. Eine wirkliche Entwicklung, ein Hervorgehen der einen FoTm aus der anderen bis zur abweichendsten kann nicht gemeint sein. Nach .Jordans Untersuchung schwebt Goethe bei dem Worte Metamorphose allerlei vor; „die Idee, dass die verschiedenen Organe im Grunde dasselbe nur mannigfach veränderte Organ seien, die Veränderung selbst und eine sie bewirkende Tendenz". Es ist — wie man sieht — von einem klaren Begriffe nicht die Rede. Mit dem Worte „erklären" in dem Titel seiner Abhandlung will Goethe vermutlich hauptsächlich ausdrücken, dass gewisse Verhältnisse bei den Pflanzen als eine solche Metamorphose aufzufassen sind. „Die eigentliche Erklärung besteht darin, dass Goethe sagt, die Pflanze l)ereite in den Laubblättern verfeinerte Säfte zu, die nun — indem der Aufbau neuer Päanzenglieder vor sich geht — diese zarter ge- stalten, so dass auf diese Weise der Uebergang zum Blütenstand Terständlich werde.- — Gehen wir sogleich zur Erörterung der Gründe ■über, welche zu dieser Erklärung berechtigen. Als einen solchen Grund führt Goethe die Thatsache an. dass Pflanzen, welche ülier- mässige Nahrung erhalten, keine Blüten treiben, während kärgliche Nahrung die Anlage von Blüten begünstigt. Im ersteren Falle Ifönnen die zur Verarlieitung der d.argebotenen Nahrung gebildeten Laubblätter dieselbe nicht bewältigen; die Rohstoft'e werden also nicht genügend verfeinert, so dass nicht die zarteren Blütenteile, sondern nur fortgesetzt Laubblätter hervorgebracht zu werden ver- mögen. Im entgegengesetzten Falle gelingt den Laubblättern mit Leichtigkeit die völlige Verarbeitung der Rohstoffe, so dass die Pflanze bald zur ßlütenbildung fortschreiten kann. — Als einen anderen Grund für die Erklärung der Metamorphose können wir nach Goethe noch den Umstand betrachten, dass die Blüte erst spät von der Pflanze hervorgebracht wird, erst dann nämlich, ■wenn von den älteren Teilen der Pflanze und besonders von den früher erzeugten Laub- blättern die Verfeinerung der Säfte' bis zu dem erforderlichen Grade Tjesorgt worden ist". Nach gewi.s.senhaftem .Studium seines • Gegenstandes kommt der Verfasser zu der Erkenntnis, dass Goethe in seiner „Metamorphose der Pflanzen" — wie der Titel gewöhnlich fälschlich, auch in den meisten Ausgaben seiner Werke, lautet — „eine Leistung geschaffen hat, die. so sehr sie auch gelobt worden ist. doch in der That keinen ■wissenschaftlichen Wert, ja auch nicht einen rechten wissenschaft- lichen Sinn hat !" — Auch ich habe mich mehrmals vergeblich bemüht, «nen wissenschaftlichen Sinn in Goethes Abhandlung zu finden. Ja ich habe sjgar stets die Mein\ing vertreten, dass Goethe der Entwicklung der botanischen Morphologie durch den Einfluss. den seine unklaren Anschauungen au.sgeiiht haben, wesentlich geschadet hat, und dass diese Disziplin noch heute unter dem Druck leidet. Ich bin überzeugt, dass ein jeder den .Jordan'scheu Aufsatz nicht allein wegen seines interessanten und gediegenen Inhaltes, sondern aych wegen seiner hübschen und durchsichtigen Darstellung mit Genuss lesen wird. H. P. Jordan, K. F., (ioefhe — und nnch immer kein Ende. Kritische Würdigung der Lehre Goethes von der Metamorphose der Pflanzen. (48 .S.) Pr. 1 J(-. .Sammlung gemeinverständlicher wissenscliaft- licher Vorträge, herausgeg. von R. Virchow u. F. v. Holtzendorff. Neue Folge 3. Serie. 52. Heft. gr. S«. Subskr.-Pr. 50 ^. Ver- lagsanstalt u. Druckerei. A.-G. in Hamburg. Knothe, 'W., Erste iieographische Darstellung der Schutzländer und Kolonien des Deutschen Reiches. 8". (IV, 88 S.) Preis 1 ./^ 20 ,j. Brieger & Gilbers (Oskar Keil) in Schweidnitz. Krass, M., u. H. Landois, Lehrbuch für den Unterricht in der Zoologie. 2. Aufl. gr. 8«. (XV. 344 S. m. Illustr.) Preis 3 ./f 40 .^. Einband .50 ^. Herder'sche Verlagsh. in Freiburg i. B. Krause, 'W., Die gesamte Wasserheilkunde oder die Grundsätze! des Priessnitz'schen Heilverfahrens. 3. Aufl. 8". (317 ,S.) Preis; 2 ^IC 50 .j. Ernest Titze iu Freiwaldau. > Xiachmaun, H.. Die Giftschlangen Europas, heschriehen und in.' ihrer Lehensweise geschildert. 8". (105 S.) Preis 1 Ji- 50 4. Crentz'sche Verl.-Bnchh. (R. & M. Kretschmann) in Magdeburg. Löffler, C, Wichtige Stoffe zu 20 Unterrichtsstunden in der Pßan:enkunde. 8". (36 S.) Preis 30 4. August Helmich in Bielefeld. Lubarach, O., Elemente der E.cperimental- Chemie. 1. Teil. Die Meralloide. gr. 8". (X, 178S.) Preis 2 ^^^ 40 ,j. Julius Springer iu Berlin. Mako^wsky, A., Der Löss von Briinn und seine Einschlüsse an diliirialen Tieren und Menschen. (.Sep -Abdr..) gr. 8". (39 .S. m.- 7 Taf.) Preis 2 JC 60 -j. Carl Winiker in Brunn. Marshall, 'W., Spaziergänge eines Naturforschers. Mit Zeichn. von A. Wagen, gr. 8". (341 S.) Kart. Preis S.'fC; geb. 10 >/^. Verlag des Litterarischen Jahresberichts (Artur .Seemann) i. Leipzig. Medicus, W., Illustriertes Käferbuch. (2. Aufl.) S». (XV, 112 S. mit 10 Taf.) Gebunden Preis 1 JC 80 .^. Aug. Gotthold's Verl.- Cto. in Kaiserslautern. Meidinger, H., Geschichte des Blitzableiters, gr. 8". (230 S.) Preis 6 ..IC G. Braun'sche Hofbuchh.. Verl.-Cto. in Karlsruhe. Natorp, P., Einleitung in die Psi/chologie nach kritischer Methode. gr. 8". (in. 129 S.) Preis 2 JC 50 .^. J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) in Freiburg i. B. Neumayer, G., Anleitung zu wissenschaftlichen Beobachtungen auf- Reisen. 2. Aufl. 1. Bd. gr. 8". (XIII. 653 S. m. Illustr.). Preis 18.//^; geb. Preis 19 JC- 50 ..j. Robert Oppenheim in Berlin. Noe, H., Die Jahreszeiten. Naturbilder. 80. (IV. 411 S) Preis 3 J( 50 »j. Ferdinand Wokulat in Görz. Nordmann, A., Ueber klysmatische Laesionen des Mastdarms. gr. 8". (41 S. m. 2 Taf.) Preis 1 ^^1^ 50 >(. Gustav Fook, Verl.- Gto. in Leipzig. Norrenberg, J., Ueb. Totalreflexion an doppelbrechend. Krystallen. (Sep.-Abdr) 8». (45 S. m. 1 Taf.) Preis 1 M 20 ^. Hermann Behrendt in Bonn. Nussbaum, J. N. v., Ueber Unglücke in der Chirurgie. 2. Abdr. gr. 8°, (42 S.) Preis 90 ..j. Wilhelm Eugelmann in Leipzig. PauUtschke, Ph., Beiträge zur Ethnographie u. Anthropologie der Somäl. Galla und Harart. 2. Ausg. Fol. (105 S. m. 40 Lichtdr., 4 Testillustr. und 1 Karte.) Geb. Preis 24 JC. — Die geographische Erforschunq der Adäl-Länder u. Harar's in Ostafrika. 2. Ausg. gr. 8". (VL 109 S.) Preis 2 ^i»^. Eduard Baldamus in Leipzig. Gegen Einsendung des Befrages (auch in Brief- niarhen) liefern wir vorstehende Werke franko. Zur Besorgung litterarischen Bedarfes halten wir uns bestens empfohlen. Berlin ^W. 6. Die Expedition der ,,Xatnrwiisiseniiichaftlichen Wocliensclirift''. Briefkasten. Herrn Dr. W. — Ihre Frage finden Sie auf Seite 51 Bd. I. der „Naturw. Wochenschr." bereits beantwortet. Wir iviederholen, dass unter „Fragen und Ant- worten'" nur solche Fragen berilcksiehtigt werden können, die in den Mahnten der „Nafurwissenschaft- lichen Wochenschrift" passen, Red. 192 Naturwissenschaftliche AVochensclnift. Nr. 24. Xm@@S"€(»%'e namentlich Anzeigen aller optischen, chemischen, physikalischen etc. Gerätschaften, Naturalien, Chemikalien, sowie Bücheranzeigen finden weiteste und passendste Veibreitung-. Bemerkung für <1i€ Leser: Für den Inhalf der Inserate sind tvir nicht verantwortlich. "^Ü MilMill Buchhandlung für Naturwissenschaft und verwandte Fächer Berlin NW. 6, Luisenplatz 11 empfiehlt sich zur Besorgung von naturwissenschaft- lichen Werken und Zeitschriften. *< Ansichtssendungen stehen jederzeit zu Diensten. >♦ Behufs anhaltender Verbindung wolle man sich mit der Firma in Korrespondenz setzen. Gegen Einsendung von 1 M 20 4 pro Band (auch in Brief- marken) liefere franko: Becker, Dr. Karl Emil, Die Sonne und die Planeten. Mit 68 Ab- bildungen. Eleg. geb. 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Schwendener: Rede zur Gedächtnisfeier König Friedrich Wilhelms 111. in der Aula der Königlichen Friedrich-Wilhelms- Universität zu Berlin am 3, August 1888. (Schluss.) — Dr. H. Potonie; Praktische Winke über die Anlegung eines Herbariums.— Kleinere Mitteilungen: Vierter internationaler Geologen-Kongress. — Deutscher Verein für ütfentliche Gesundheitspliege. — Fragen und Antworten. — Litteratur: Dr. Karl Friedrich .Tordan: Göthe — und noch immer kein Ende. — Briefkasten. — Inserate. Verantwortlicher Redakteur; Dr. Henry Potonie. — Verlag: Hermann Riemann. — Druck; Gebrüder Kiesau. Sämtlich in Berlin. Verlag: Hermann Riemann, Berlin NW. 6, Luisenplatz 11. 11. Band. Sonntag, den l(i September 1888. Nr. 25. Abonnement: Man abonniert bei allen Buchhandlungen und Post- y Inserate: Die viergesiialtene Petitzeile 'M .j. Grössere Aufträge anstauen, wie bei der Expedition. Der Vierteljahrspreis ist Jt 3.— ; cjjs entsprechenden Rabatt. Beilagen nach üebereinkunft. Inseraten- Bringegeld bei der Post l.i v e.xtra. A annalime bei allen Annoucenbureaux, wie bei der Expedition. Abdruck i^t nur mit voll!«tiiii4li<;ei* 4^iiellenaiii;abe seistattet. Zur Prophezeiung der Erdbeben. N'oii l'rof. Dr. Die Ersclieinungen des g^rossen Eidbebens der Riviera vom 23. Februar 1887 sind nocii durchaus nicht voll- ständig- g-esanimelt und verarbeitet. Soviel ist aber sicher, dass die Erschütterung- am stärlvsten aufgetreten ist auf einer Zone, Nizza-Savona, von etwa 120 hm lAinge bei nur wenigen km Breite, welche zwis(;hen dem Appenin und der Meereskilste sicli erstreclit und eigentlich als der Siidrand des Appenin bezeichnet werden mu.ss. In einem weiteren Gebiete, das etwa dui'ch die Linie Maiseille- A vignon-Mont Cenis-Turin-Pavia-Cienua umschrieben wird, wurde die Erschütterung zwar noch ziemlicli allgemein walirgenommen, Karainluite stürzten ab, Mauern rissen, aber doch stürzten die Häuser nicht mehr ein, der 8to.ss war hier duichweg viel schwächer. Darüber hinaus in fast ganz Italien, einem Teile von Frankreich und durch die Schweiz bis an den Bodensee wurde nur noch ein schwacher Stoss empfunden. Was nach dem Beben an der Riviera langezeit jetzt die Gemüter erregte, das sind die Prophezeiungen für künftige Stiisse, und diese knüjifen sich an die Hy- pothesen über die Erdbebenursaclien an. Manche solche Ei'dbebentheorien sind älter als jede systematische Beobachtung der Erdbeben, und bedürfen heute so wenig einer Widerlegung, als etwa die naiven Erklärungsver- suche, welche in manchen Zeitungen dermalen von Laien produziert werden. Die geologische Erdbebenlitteratui- bildet schon eine ganze Bibliothek. Es wird seit einigen .lahrzehnten .systematisch zum Teil mit Hilfe von In- strumenten beobachtet, und wir sind bereits in \ielen Alliert Iteini. Punkten durch Beobachtung glücklich weit über die blosse Vermutung hinau.sgekommen. Bis jetzt können wir nach ihieni Auftreten ganz deutlieh drei Arten von Erdbeben unterscheiden. Dies sind: 1) Die Einsturzbeben, erzeugt durch unterirdische Höhleneinstürze. vSie sind von geringer Bedeutung und werden nur sehr lokal empfunden, am häufigsten in Gegenden mit Gyps oder Salz unter dem Boden. Oft erscheinen dann an der Oberfläche trichterföi'mige kleine Einbrüche. 2) Die vulkanischen Erdbeben. Sie gehen meistens den P]ruptionen voraus und liaben den alten oder neu sich bilden wolhuiden Vulkan im Centi'um; sie entstehen durch das allmählige Heraufzwingen der vul- kanischen Auswurfsmassen, besonders der Dämpfe, Sie sind ausschliesslich an vulkanische Gebiete gebunden, ihre Ausbreitung ist 'stets eine gelinge, die Zahl dei- Stösse aber oft sehr gro.ss. (Hawaii iin März 1868 allein über 2000 Stösse, am 16. bis 18. Januar 1887 ebendort 700 Stösse etc. Hierher gehören auch die Beben von Tscihia [Casamicciola] 1881 und 1883, sowie diejenigen, welche in den Jahren +63 und +79 Pom- peji zerstört haben.) 3) Zu den Dislokationsbeben oder „tektonischen Beben", „Stauungsbeben", gehört die weitaus über- wiegendste Zahl der Erdbeben. Sie haben keinen direkten Zusammenhang mit vulkanischen Erscheinungen. Sie betietl'en weite Regionen der Erdoberfläche und erfolgen auf Zonen oder Linien entlang den .schon vorhandenen 194 Natiii-wissensclmftliche Wochenschiift. Nr. 25. Lagerung-sstörung-en (Dislokationen) in der Erdiinde, ao das.s sie bei genauerer Prüfung .sich stets als dei'en riu-k- weise weitere Ausbildung darstellen. Die Hanptfoimen der Lageiungsstörungen sind die Verwerfung (Bruch mit ungleii;l:ei' vertikaler Verstellung der beidseitigen Gesteinsraas.sen), die Faltung, diuch liorizontale Stauung entstanden, sowie die horizontale Verschiebung' verschiedener Erdrindenteile entlang einei' steilen Kluft. Die in der Lageiung' stark gestörten Reg-ionen der Erdrinde .sind Gebirge. In Kettenge- birgen, wo die Erdlinde durch horizontalen Zusammen- schub gefaltet ist, sind die Erdbeben häulig, um so häutigei', je jünger die Gebirg-sketten sind. Schüttergebiete von diesem Charaktei' sind die Alpen, der Appennin, die südanK^rikanischen Anden etc. Ferner treten Erdbeben niassennaft an Küstengebieten mancher Meere, z. B. des Mittelmeeres auf, wo eingesunkene Stücke der Erdrinde (Meei'gründe) an stehengebliebene oder zusammenge- schobene Massen (Küstengebirge) gi'enzen. Tn Regionen liingegen mit wenig oder gai- nicht gestörtem Schichten- bau, wie dem grössten Teil von Russland und dem nörd- lichen Sibirien und in manchen Teilen von Deutschland sind die Erdbeben sehr selten. Ebenso sind sie .spärlich in alten, in der Ausbildung abgestorbenen Gebirgen (Allhegany's, England, zum Teil Skandinavien etc.) Die Erschütterungen der Dislokationsbeben nehmen mit der Tiefe lasch ab. Ein Stoss, welcher die Gebäude an der Erdoberfläche urawiift, ist schon in einem bloss einige hundert Meter tiefen Bei-gwerke oft nicht mehr bemerk- bar. Die tieferen belasteten Teile der Gesteine weichen eben einem Seitendrucke allmählig in Gestalt plastischer Formveiänderungen aus, die obeien nicht belasteten Teile verhalten sich spröde. Der langsamen kontinuierlichen Schichtenbiegung, die in der Tiefe entsteht, entspricht die erschütternde ruckweise von i^rüchen begleitete Be- wegung in den oberen Regionen. Die heftig-en harten Stösse gehören nur diesen oberen Schichten des Fels- gerüstes an. Manche Beben betreffen Zonen, welche mit den Ge- birgsfalten zusammenfallen und erscheinen als Längs- beben; andere, die Querbeben treten entlang den (^uervei'schiebungen auf, welche die Ketten ki'euzen und deren steile Flächen horizontale Rutschstreifen aufweisen, wähi'end die horizontale Verschiebung sich entsprechen- der Teile beiderseits der Kluft oft mehiere Kilometer erreicht hat. Ferner zeigt sich sehr oft, dass innerhalb einer Erdbebenpeiiode die Stellen stärkster Erschütterung sich auf diesen Dislokationslinien gesetzmässig nach be- stimmter Richtung von einem Stoss zum folgenden ver- schieben. Mit sehr vielen, vielleicht mit allen Dislokations- beben sind dauernde Stelhingsveränderungen (Dis- lokationen) verbunden, und zwar kommen plötzliche Hebungen oder plötzliche Senkungen vor, es entstehen Spalten mit vertikal oder horizontal verschobenen Rändern, es können sogar Hügelwälle aufgeworfen weiden und aucli die oft selu' bezeichnenden Bewegungen des Wassers an Küsten und in Binnenseen weisen auf dauernde, in einem Ruck erfolgte Verschiebungen hin. Ein -Erdbebcn- seiteni'uck, welcher instrumental gemessen einer dauern- den Verschiebung von einem Centimeter entspricht, ist schon stark und bringt Kamine zum Einsturz. Heutzutage darf es füglich als erwiesen gelten, dass die grosse Mehrzahl der Erdheb(>n ein ruckweises Fort- gehen der Lagerungsstörungen der Erdrinde, d. h. vor allem der Gebirgsbildung sind, und dass ihr(! letzte Ur- sache wahlscheinlich in dem Nachsinken der für den allmählig zusammenschrumpfenden inneren Teil zu weit werdenden Erdrinde zu finden ist. P]s ist der gleiche Vorgang, dtu' die Erdoberfläche in grossen Zügen in Land und Meer geschieden und die Gebirge getürmt hat und noch jetzt an der weiteren Ausbildung dieser Unebenheiten arbeitet. Heute ist es leicht, für die ein- zelnen Gli(!dor der hierzu führenden Gedankenreihe zahl- reiche unzweideutige Belege zu geben. Hier i-eicht der Raum dafür nicht. Auch können wir hier nicht aus- einandersetzen, welchen Anteil am Aufbau dieser aller- dings noch ziemlich jungen Erkenntnis die Arbeiten der zahlreichen einzelnen For.scher (Hörnes, Höfer, Suess, Credner, Bittner etc.) genommen haben, die schliess- lich übereinstimmend zu diesem Resultate geführt worden sind. Auch die schweizerische Erdbebenkoramission hat sich in nicht unbedeutendem Masse an diesen Forschungen beteiligt, und sie hofft, wenn die verehrlichen Freunde und Freundinnen der Naturwissenschaft nicht müde werden, auch fernerhin all ihre Wahrnehmungen über Erdbebenstösse so zahlreich als möglich uns zu melden und nichts derartiges als zu geringfügig zu verschweigen, auch noch manchen weiteren Beitrag zum Verständnis der Erdbeben, dank dieser Unterstützung, liefern zu können. Schon heute lassen sich die durch zahlreiche Erd- bebenstösse entstandenen dauernden Verschiebungen in der Erdrinde durch topographische Messung erkennen. So ist zum Beispiel die Lägern dem Riga und Napf in dem Zeitraum von etwas über 30 Jahren, welche zwischen der ersten genauen Messung dieses Dreiecks und der späteren Revision derselben lag, um ca. einen Meter näher gerückt, welche Vei'schiebungen in den Beob- achtungs- und Reclinungsfehlern durchaus nicht ihre Er- klärung finden können. Denken wir uns das gewaltige Faltensystem dei' Aljien wieder ausgeplättet, so eiiialten wir einen um ca. 120,000 m weiteren Erdumfang, d. h. vor der Stauung der Alpen muss der Erdumfang um etwa VäV" grösser gewesen sein, als jetzt, und in den Alpen erkennen wir die Wirkung einer entsprechenden Schrumpfung der Erde. Versetzen wir uns wieder um einige Jahrzehnte in der Geschichte der geologischen Wissenschaften zurück: Die Dislokationen sind erst zum geringsten Teile er- kannt, monographische Bearbeitungen einzelner Erdbeben auf Grund eines grossen J^.eobachtungsmaterials sind noch gar nicht vorhanden. Unter diesen Umständen war denn i Nr. Natunvissenschaftliclie Wochenschrift. 19.5 die ir.ilu'lii'ironilsti' Mctlioilc, um der VrAisv luirli der l'r- sadie der Erdbeben nälier zu treten, die statisti.sciie. Alexis l'errey aus Dijon, V. W. Fuchs in Meran, Kluf,^e, Peter Merlan haben sich löhen emporschrauben, dass ihnen der Mensch selbst mit bewaffnetem Auge kaum zu folgen vermag. Bei den Geiern sind die Flügel aussei'ordcntllch gross, dabei aber, weil die vierte Schwinge gewöhnlich die längste ist, breit und meist sehr abge- rundet. Die Adler, die ebenfalls vorzüglich ki-eisen, haben stets abgerundete Flügel. Unter unseren einheimischen Räubern sind nur die Bussarde und Milane als gut In'eisende Vögel zu er- wähnen. L'nser gewöhnliche Mäusebussard mit den grossen, breiten Flügeln fällt uns bei seinen Kreis- bewegungen am häufigsten auf. Er ist es, den wir im Frühling und Sommer, die prachtvollsten Kreise be- sclii'eibend, ruhig dahinschweben und ohne Flügelschlag in grosse fJöhen emporsteigen sehen. Dann sieht man an schönen Herbsttagen oft mehrere grosse Raub vügei langsam hintereinander sanft schwimmend dahinziehen und sich ohne jede sichtbare Bewegung und Anstrengung in Höhen emporschrauben, in denen sie dem Auge nur noch als Punkte erscheinen. Diese aus- gezeichneten Kreiser, an dem tief gegabelten Schwänze leicht kenntlich, sind Königsreiher oder Rotrailanc. Kleinere Mitteilungen. Unterschied zwischen Raps-, Rübsen-, Rüben- und Eoblsamen. Die Fiugi' ist vini jiraktisclier liedcutuiig, da die boideii prstjjiMiniiiiteii Sanienartt'ii als Oelsaaten beim Eingang ins Deutsche lleicli zollptliehtig sind, Rüben und Kohl niclit. Die feineren anatomischen Merkmale, welche das Mikroskop erfordern, sind für den Praktiker ohne Wert, deshalb gieht Prof. Wittmack in d. Sitzungsber. der Ges. nat. Fr. Berlin 1887, S. 83 etc. folgende mit blossem Auge oder mit einer Lupe bemerkbaren Unterschiede. Der Koblsame ist gewöhnlich grösser als Raps und Rübsen, doch kommen auch Ausnahmen vor, wie z. B. beim Grünkohl und Blumen- kohl. Die, Grösse der einzelnen Samen ist auch beim Kohl selbst in derselben Probe, viel wechselnder als bei den beiden anderen Arten. Ferner ist Kohl nie so kugelrund wie Raps und Rübsen, sondern plattrunder, öfter eckig, dabei matter in der Farbe, nicht braunschwarz wie der Raps oder braunrot wie Rübsen, sondern grauschwarz und vielfach mit weisslich grauen Schüppchen bedeckt (die abgelösten J*"etzen der Epidermis, deren Zellen öfter abblättern). — Ein weiterer Unterschied zwischen Kohl und Raps besteht noch darin, dass ersterer nach 24stnndigem Liegen im Wasser fast so hellbraun-rot wird wie Raps, während das Wasser eine leichte Gelbfärbung annimmt. Der Raps bleibt dagegen fast so dunkel wie er war. P\^rner sind Raps und Ivübsen entschält goldgelb, Kohl etwas blassgi'lber. JJies be- obachtet man auch schon beim Durchschneiden d(;r .Samen. Endlich hat Kohls.amen einen milderen, nicht so kratzenden Nachgeschmack als Raps und J{üb,sen, nur Grünkohl schmeckt auch sehr scharf. Dr. A. Bildung von Haarsilber. — Bezugnehmend auf die neuliebe N(itiz in Bd. II. S. 134 der „Naturw. Wocbenschr." über die von (Jpificius beobachtete Haarsilberbildung teilen wir noch mit, ilass die.st! Bildungen schon seit längerer Zeit bekannt sind und nach Ch. Winkler ( „Chem.-Ztg." 12. 721) mehrere Autoren die Auf- merksamkeit auf sie gelenkt haben. .So erhielt Bischof Haarsilber durch Erhitzen von Schwefelsilber in Wasserdampf, Patera durch gelindes (ilühen desselben Körpers in einer Muffel unter Luftzutritt. Scheerer fand es in der Spalte eines Freiberger Flammenofens, undGurlt beobachtete seine Entstehung beim Zubrennen eines silberreichen Rohsteines. Dr. M. B. Der Strom in einer dynamoelektrischen Maschine kommt, wie ich in meinem Aufsatz „Die Wirksamkeit der dynamo- elektrischen Maschinen" (Naturw. Wochenschr. 1888, 11. S. lÜ7j erörtert habe, auf grund des in den Eisenkernen vorhanden bleilienden (oder sog. remanenten) Magnetismus zustande. Bisher waren keine Untersuchungen darüber vorhanden, ob und in welcher Weise die Entstehung des Stromes von der Grösse dieses der Maschine eigenen und ihr vertilcibcnden Magneti.smus abhängig ist; man neigte sich alipr der — auch in dem eben erwähnten Aufsatze ausgesprochenen — Anschauung zu, dass der Strom immer erregt werden könnte, wenn auch nur eine Spur von Magnetismus ursprünglich vor- handen ist und wenn eine beliebige Drehgeschwindigkeit der Maschine in Anwendung kommt. Diese Meinung haben nun die Unter- suchungen von' F. Auerbach (Ann. d. Phys. 1888, N. F. Bd. XXXIV. S. 172.) als irrig' erwiesen. Damit es zur Erzeugung eines Stromes komme, ist es vielmehr erforderlich, dass die Zahl der Umdrehungen der Maschine in einer bestimmten Zeit einen gewissen Wert übeTsteigt, der von der Grösse des bleibenden Magnetismus abhängig ist. Es giebt also für eine jede dynamoelektrische Maschine eine je nach Grosse des bleibenden Magnetismus sich ändernde kritische Umdrehungszahl. Wenn die Maschine mit einer Umdrehungszahl läuft, die kleiner als die dem vorhandenen bleibenden Magnetismus entsprechende kritische ist, so wird ein dynanio- elektrischer Strom so gut wie gar nicht erregt. — Mit wachsen- dem bleibendem Magnetismus nimmt die kritische Umdrehungs- zahl all. ^ Dr. K. F. J. Ein Versuch über elektrische Abstosaung wird in „La Nature" beschrieben. Nähert man ein Metallgefäss, welches ge- schmolzenen Siegellack enthält, dem Konduktor einer Elektrisier- maschine, so verwandelt sich die Masse in zahlreiche feine Fäden und wird mit grosser Geschwindigkeit von di'm Konduktor abgestossoi und fortgeschleudert. Sehr geeignet ist nach C. V.Boys fiir dieses Experiment Canadabalsam. Bringt man eine Flamme in die Nähe der Schale, so werden die Fäden von derselben angezogen, so dass sie sicli auf dieselbe zu stürzen sclieinen; hierbei tritt eine Entladung ein, so dass die Siegellackfäden bisweilen zur Anfangsstelle zurück- kehren. C. V. Boys empfiehlt diese Erscheinung zum Zerkleinern von Substanzen, welche sich schwer pulverisieren lassen. A. G. HeUigkeitszunahme von i; Argus. Aus Windsor NSW. meldet der englische Astronom Tebliut, dass ihm am 19. Mai d. ,J. die Helligkeit von r^Argus aufgefallen sei; durch sorgfältige V^er- gleiche aii nu^hrcren AJiendeu findet er den Stern 7'". Ü, während derselbe in den letzten .lahriMi immer nur 7.5 gewesen war. Neben Mira Ceti ist r^ Argus wohl der interessanteste unter den Veränder- lichen mit irregulärer Periode; er bildet durch seinen Wechsel in der Helligkeit von 1""— 7'". 5 gewissermassen den besten Uebergang zu den sogenannten „Neuen Sternen", steht ausserdem in einem der grOssten uiul miukwürdigsten Nebel, mit welchem er jedoch wahr- scheinlich keinen physisciien Zusammenhang hat. Bei seiner starken südlichen Deklinatiiu'i ist er früher nur gelegentlich beobachtet worden; Halley sah ilui 1077 4"', Pater Noel 1G8Ö-89, 2"'; Lacaille 1751 ebenfalls 2'"; Burchell 1827 l™. John Herschel am Kap drei .Tahre konstant 1'"— 2'". Im Jahre 1843 erreichte der Stern si'in Alaxinium und war fast so liell wie Sirius; so blieb er bis 185Ü und sank dann allmählich: 1859 3"", 1861 4.3. 1867 war er dem \ Nr. 25. Natuiwi.ssenscliaftliclie Wocliensclii'ift. 199 blossen Aiii,'i' kiiiim iiii'lir siditliar. \'ii'llc'ii'lit .stehen wir vor einer neuen IVriDcie in der Lielitentwirklnnp: dieses rätselhaften Sternes, die aher liei der Venneliruntr der Sternwarten auf der südlichen Halb- knirel, jtjdenfalls reclitzeitigerkamit und eingehend studiert werden wird. Dr. B. M. Kongresse. — 1. Die alljälirlielie (ieiieralviTsaniniluiii^- der l)iiitschen liotani.sehen (iesellseliaft findet am 17. Seiiti'nilier in Köln .1. Kh. statt. 2. Der Deutsche Aerzteta^' wird am 17. Sejjlemlier in Uiinn al)i.'elialten werden. Fragen und Antworten. Wie benutzen die Zoologen die Einbettungs- Winkel? (Ver>;i. M. 11. S. »!1 der ..Natnrw. WiNhens.'hr. : „l'araftin-Kin- liettun^rs-Methiide für ]illanzliehe Objekte"). Die l'',inliettnn7 S.) Geb. Preis 2 ^<; 80 .^. l'niversitäts-Buchhandl. (I'aul 'i'oeche) in Kiel. Rabow, S., Arineiverordnungen zum Gebrauche für Klinicisten u. praktische Acrzte. 14. Aufl. 12». (VII. 104 S.) Gebunden u. durchschn. Preis 2 M H) .4. 0. F. Schmidt'.s Univ.-Buchhdl. (Friedr. liuU) in Strassburg. Beyer, E., Theoretische Geologie, gr. 8". (XIII, 8fi7 S. m. 111. u. 8 Kartenskizzen.) Preis 20 .^t. E. Schweizerbart'sche Verlagsh. (E. Koch) in Stuttgart. Reynolds, J. E., Ijeitfaden ztir Einführung in die Eaperimenfal- Chemie. 12". (L\, 88.S S.) Geb. Preis 4 JC. G. F. Winter- sehe Verlagsbuehh. in Leipzig. Richter, V. v., Chemie der Kohlenstoff'rerbinduni/rn od. orqanisehe Chemie. 5. Aull. H". (XU, lol.s s m. Ilhistr.) Preis 10 M. Max Cohen iS; Sohn (Fr. Cohen) in Bonn. Riese, E., Die Seekrankheit. S«. (PJIi S.) Preis 1J( M .;. (lustav Foi-k, Verl.-Cto. in Leipzig. Rosenbaum, J., Geschichte der Lustseuche im Alt er turne. 4. Abdr. gr. S". (XII, 484 S.) Preis ti Jl. H. W. Schmidfs Verl.-liuchh. in Halle. Sehmiedeberg, O., Grutulriss der Arzneimittellehre. 2. Aufl. lis () JC\ geb. 7 M. V. C. W. Vogel .S". (X, .illO s.) ripzig Schnee, E., Die Zuckcrhurnrnhr. Ihre Crsachi' und dauernde Heilung, gr. S". (lS;i S.) Preis 5 M. Süddeutsches Verlag.s- Institiit (Kniil Ilänselmanu's Verlag') in Stuttgart. Schroeder's K., Lehrlmeh der Geburtshilfe mit Einseht nss der Selneangcrsehaft und des Wochenbettes. 10. Aufl., lU'u bearb. von U. 'Olshau.sen und .1. Veit. gr. 8". (X, S84 S. m. llliistr.) Preis 10 M. Älax Cohen ^'^ S(din (Fr. Cohen) in Bonn. Schücking, A., T>as Wesen der BteiehsHcht. gr. S". (fiS S.) G. l'shir in Pyrmont. Schwahn, P., lieber Aenderungen der Lage der Figur- und der Rofationsaxe der Erde snu-ie über einige m. d. Uotationsprotilem in Beziehung stehende geophysiselie Probleme. 4". (51 S.) Preis -IJC 50 -j. Mayer & Müller in Berlin. Senft, Der Erdimden nach Entstehung. Eii/enschaften u. Verhalten zur Pflanzenwelt, gr. 8». (X, 158 S.) ' Preis 3./« 2l) .j. llahn- sche Buchh. in Hannover. Siebeek, H, Untersuclmni/eyi zur Philosophie der Griechen. 2. Autl. gr. 8". (Vlil,27l)S.) Preis TM. .1. C. B. Mohr (Paul Siebeck) in Freiburg i. B. Sievers, W., Geognostische Karte der Venezolanischen Cordillere, bearbeitet und gezeichnet von L. Friederie.lisen. 1 : 1,000,000. Cromolith. Fol. Preis 4 JC. L. Friedericlisen Ä Co. in Hamburg. Special-Karte des gesamten Mulden- u. Zschopauthales. 1 : 125,000. 5. Aufl. ( 'hronudith. i-'ol. Bruno Troitzsch, Verl. -Buchh. i. ( 'hemnitz. Stilling, J., Sehädelbau u. Kurzsichtigkeit. Eine anthrupologisehe Untersuchung, gr. S". (124 S. m. 3 Tat'.) Preis 4 JO 60 -(. .1. F. Hergiuann in Wie.sbaden. Stuckenberg, A., Anfhozoen uud Brgozoen des oberen mittel- russischen Kohlenkalks. (Russisch und Deutsch.) (54 S.) Memoires du comite geologique. Vol. 5. Nr. 4. 4». i'reis 4 ^/i 50 ..^. pjügers & (Jo. in St. l'etersburg. Struck, C, lieber Steppen- od. Fausthühner (Syrrhapte.i parado.iiis Illustr.) (Sep.-Abdr.) 8". (ÖS.) Preis 4o' .j. Opitz & Co. in Güstrow. Suchannek, H., Ueber Nasenleiden und ihren Zusammenhang mit anderen Orgunleiden, sowie über lieflejneurosen. ■ Habilitations- rede. 8". (32 S.) 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Diejenigen un.serer geehrten Abonnenten, welche durch die Zeitungs- Expeditionen der Post beziehen, er- suchemvirhöfiirhst, das Abonnement rechtzeitig erneuern zu wollen, damit keine TJnterbrechting in der Ejc.pedition eintritt. Alle nach dem J. Oktober bei den Zeitutigs- Jijcpeditionen der Post einlaufenden Bestellungen 10 Pfg. e.rtra für Nachlieferung der bereits er- schienenen Nummern. Ifochachtiingsvoll Die Expedition der „Naturwissenschaft!. Wocliensciirift." 200 Naturwissenschaftliche Wochenschi'ift. Nr. 25. 1 namentlich Anzeigen aller optischen, chemischen, physikalischen etc. Gerätschaften, Naturalien, Chemikalien, sowie Bücheranzeig-en finden weiteste und passendste Verbreitung-. g^" Bemerkung für die Z,eser: Für den. Inhalt der Inserate sind wir nicht verantvorllich. Buchhandlung für Naturwissenschaft und verwandle Fächer Berlin NW. 6, Luisenplatz 11 empüclilt, sich zur Besorg-uiig von natuj-wissenschaft- liclieii Werken und Zeitschriften. '•^ AnsichtssendUDgen stehen jederzeit zu Diensten. 5» Reliufs anhaltender Verbindung wolle man sicli mit der Firma in Korrespondenz setzen. von 1 JO 20 4 pro ]Jand (auch in Brief Mit 68 Ab Gegfen EiTisendunj marken) liefere franko: Becker, Dr. Karl Emil, Die Sonne und die Planeten. bildungen. Eleg. geb. Gerland, Dr. E., Liclit und Wärme. Eleg. geb. Hansen, Dr. Adolf, Die Ernährung der THanzen. Mit 74 Abbildungen. Eleg. geb. Hartmann, Prof. Dr. R., Die Nillander. Eleg. geb. Klein, Dr. Herrn. I., Allgemeine Witternngskunde. Eleg. geb. Lehmann, Paul, Die Erde und der Mond. Eleg. geb. Peters, Prof. Dr. C. F. W., Die Fixsterne. Mit 69 Abbildungen. Eleg. geb. Taschenberg, Prof. Dr. E., r>ie Insekten nach ihrem Nutzen und Schaden. Mit 70 Abbildungen, Eleg. geb. Taschenberg, Dr. Otto, Die Verwandlungen der Tiere. Mit 88 Ab- bildungen. Eleg. geb. Valentiner, ICometen und Meteore. Mit 62 Abbildungen. Eleg. geb. Wassmuth, Prof. A., Die Elektricität und ihre Anwendung. Mit 119 Abbildungen. 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Staby: Das Schweben und Kreisen der Vogel. — Kleinere Mitteilungen: Unterschied zwischen Ilaps-, Rübsen-, Hüben und Koblsanien. — Bildung von Haarsilber. — Der btrom in fjiner dviiamuelektriscben Maschine. — Kin Versuch über elektrische Abstossung. — Helligkeitszunahme von ry ArgiLs. -- Kongresse. — Fragen' und Antworten. — Wie benutzen die Zocdogen die Binbettung.s-Winkel'^ (Mit Abbild) — Litteratur: Dr. A. Kitter von Urbanitzkv: 1 )ie Elektricitilt des Himmels und der Erde. — Bücherschau. — Briefkasten. — Abonnements-Erneuerung. — Inserate. Verantwortlicher Redakteur: Dr. Henry l'otonie. — Verlag: Herinann Hiemann. Druck: Üebrüder Kiesau. Sämtlich iu Berlin. Verlag: Hermann Riemann, Berlin NW. 6, Luisenplatz 11. IL Band. Sonntag, den 28. September 1888. Nr. 26. Abonnement: Man abonniert bei allen Bucliliandlun^en und Post- anstalten, wie bei der E.\|iedition. Der Vierteljalirsiireis ist JC 3.— ; Bringegeld bei der Post 15 j extra. Inserate : Die viergesi»altene Petitzeile 30 ^. Grössere Aufträge entsiireclienden Rabatt. Beilagen nach Uebereiniiunft. Inseraten- annahme bei allen Annoneenbureaux, wie bei der Expedition. Abdrufk iiüt nur mit vollNtäiidij^er <{iiellenangal>e gestattet. Zur Prophezeiung der Erdbeben. (.Scl.l Wenn man abeiiiials und niöglicli.st objektiv auf GiiinLllai,'-e de.s neueren MateiiaLs statistische Unter- sucliungen anstellt, so ergiebt sich bei gewissen Beben- gruppen gar kein Zusammenhang mit der Stellung des Mondes, bei anderen erscheint ein Mehr von wenigen Prozenten bei Neumond und Vollmond im Vergleich mit den Halbraondstellungen. Erdbeben, die mit Falb's Theorie stimmen, lassen eich bei der enormen Häufig- keit der Beben immer finden, und zwar nicht nur schwache Stösse, auch stärkere. Allein es ist doch durch diese Statistik in die Augen springend, dass der Mond nicht als Ursache der Beben, auch nicht als ein wesentlich beförderndes Moment angesehen weiden kann, sondern sein Einfluss darauf sich reduziert, dass die Ablösungen von Spannungen in der Erdrinde, welche durch ganz andere Ursachen in der Erdrinde entstanden sind, bloss um einige Prozente erleichtert sind zu den Spring- flutzeiten. Falb überschätzt noch in anderer Richtung die Wir- kung von seiner Flut und Ebbe des Erdkernes. Selbst wenn wir der etwas naiven und unbewiesenen Annahme einer dünnen festen Rinde und eines davon abgegrenzten flü.s.sigen Kernes folgen wollten, ergiebt die Rechnung, dass der angestrebte Niveauunterschied von Ebbe und Flut eines solchen Kernes nur einen Bruchteil eines Meteis (ca. 30 cm) beträgt. Die grösseren Fluthöhen lies Ozeans sind bedingt durch die Einengungen der Flutwelle zwischen konvei'gierendeu Küsten und über steigendem Meerboden, dergleichen käme aber beim flüs- Von Prof. i)r. Albert Ifeim. US.S.) sigen Erdkern wegen seiner Kontinuität nach unten nicht in Frage. Gewiss ist die „feste Rinde" reichlich plastisch genug, um einer solchen Flutwirkung nachzugeben und sich sanft unter deren Einfluss zu deformieren. Sie wird dies aber auch schon aus sich selbst heraus thuii müssen. Das Feste geht nach unten durch iilastische Zwischen- zustände in das FUlssige über; um eine scharfe Kollisions- grenze, wie Perry und Falb sie sich denken, kann es sich dabei nicht handeln. Ferner passt Falb's Theorie nur für die wärmereu Zonen der Erde, in den höheren Breiten müsste sich die Wirkung verheien. Nach Falb müssten unterirdische Eruptionen massenhaft vorkommen, dass solche aber eine sehr seltene Ausnahme sind („Ba- tholiten"), lehrt der Bau der Erdrinde, überall wo jetzt tiefere Schichten aufgeschlossen sind. Wenn Falb recht hätte, so müssten alle Erdbeben ein bestimmtes Zentrum .stärkster E]rscliütterung haben, unter welchem die „unter- irdische Eruption" zu denken wäre; anstatt dessen finden wir die Mehrzalü der Erdbeben ohne eng begrenztes Zentrum. Das Zentralgebiet der Dislokationsbeben ist meist eine lang hhigestreckte Zone, oft findet sogar auf einer enormen Fläche an allen Punkten gleichzeitig ein gleich gerichteter und ungefähr gleich starker Seitenruck .statt (z. B. schweizerisches Beben vom -1. Juli 1880). Nach Falb müssten alle Beben vertikale Zentralstö.sse mit radialer Wellenausbrcitung sein, wie es die vulka- nischen Beben thatsächlicli sind. Allein bei di^n Dislo- kationsbeben finden wir eine enorme Mannigfaltigkeit in der Bewegung.sart, aus der Schweiz allein sind aus den 202 Naturwissenschaftliclie Wochenschrift. Nr. 26. letzten sechs Jahren schon etwa zwölf g-anz verschiedene Typen konform den verschiedenen Arten von Dislol^ationen unterscheidbar geworden; sehr oft fehlt jede Andeutung- eines enger begrenzten Zentral herdes, Falb aber sucht einen solchen auch wo er nicht zu finden ist, wie z. B. beim Rivierabeben vom 23. Februar, und leitet eine be- zügliche Angabe etwa mit den beweisenden Worten „ohne Zweifel" oder dei-gleichen ein. Nach Falb müssten die Stösse in der Tiefe des Bodens stärker sein, wir haben aber schon oben gesehen, dass die harten, scliarfen Stösse nur den äussersten Teilen angehören. Falb 's Theorie entiiäit in dieser Beziehung die gleichen Felüer wie jene vor etwa 10 bis 15 Jahren geraacliten Versuclie, die Tiefe der Erdbebenherde zu berechnen. Jene Versuche gingen alle von der absolut falschen Voraussetzung aus, dass der Stoss an einem Punkte stattfinde und von da aus sich ela.stisch fortpflanze, während der Zusammen- hang mit den Dislokationen, sowie die neueren Beob- achtungen über Zeit und Art der Erschütterung be- weisen, dass es sich oft um gleichzeitige Bi'üche oder Verschiebungen auf weit ausgedehnten Fläclien Iiandelt, über welche hinaus allerdings die elastische Fortpflanzung der Erscliütteiung noch weiter gehen kann. Wenn Falb's Auffassung richtig wäre, so würde alles Dahin- laufen der Erdstösse auf Dislokationslinien, alle Horizontal- verschiebung derselben, aller Zusammenhang mit der Gebirgsbildung, wie es bereits hundertfältig erwiesen worden ist, und alle Mannigfaltigkeit in den Tj'pen ver- schiedener Beben unbegreiflich und zum mindesten blos ungeschickter Zufall sein. Jede weitere Forschung wäi-e überflüssig, denn Falb behauptet, dass für ihn alles auf- geklärt sei und seine Auffassung „in sorgsamer Ueber- legung und dem Zu-Ende- Denken der kosmisch -physi- kalischen Prozesse begründet" sei. Darin liegt eine arge Ueberhebung menschlicher Denkkraft, aber zugleich das Zugeständnis, dass Falb's Gebäude nicht auf induktiver Forschung, sondern blos auf Deduktion, auf Erraten- wollen beruht. Die Natur ist aber viel komplizierter in ihren Erscheinungen, als wir es zu erraten vermöchten. Was einzig von der ganzen Perrey-Falb'schen An- schauung auf die neuere Erkenntnis der Ei'dbeben über- tragbar bleibt, das ist die erwähnte, allerdings zu dem noch besserer Einhaltung bedürftige Beobachtung, dass die zu Beben führenden Spannungen in der Erdrinde durch die Deformationen der Erde bei Springflutzeiten eine etwas vermehrte Gelegenheit zur Auslösung finden, als an an- deien Tagen. Das betreffende Beben wäre aber schliess- lich auch ohne den Mond erschienen. Ein Prophezeien stärkerer Beben müsste sich vor allem auf Beoba(;htungen über die örtliche Zunahme dei' Spannungen stützen — diese lässt sich aber noch nicht bemessen. Hoernes fasst sein Verdikt am Schlüsse seines der Falb'schen Theorie gewidmeten Büchleins in die allerdings sehr scharfen Worte zusammen: dass Falb's „Erdbeben- theorie" eine haltlose, faule und frivole Hypothese, ein wissenschaftlicher Humbug- ist." Auf diese Theoi'ie hin, die in ihren Hauiitpunkten im direkten Widersi)ruch mit den Thatsachen steht und die statistisch ganz sclnvach begründet ist, wird i)ro- phezeiet! Als „Keulenschläge auf meine Gegner" bezeichnet Falb das Eintreffen seiner Prophezeiungen. Allein wie es sich hiermit vei'hält, wollen wir an zwei Beispielen andeuten: Der Aetna liefert seit ältester Zeit duich- schnittlich alle 8 bis 12 Jahre eine grosse Eruption. Seit 1865 war keine solche mehr erschienen. Nachdem nun Ende Juli 187-1 unverkennbare Anzeichen eines nahen Ausbruches sich zeigten, prophezeite Falb einen solchen auf den 27. August 1874, weil an diesem Tage die Springflut in Aussicht stand, und i'eiste hin. Schon vom 8. August ab war der Schlot geöffnet, die Lava ge- stiegen und der Vulkan in voller Thätigkeit begriffen. Am 29. erfolgte ein Seitenausbruch, wie dies unter Ab- nahme der Thätigkeit des Gipfelkraters oft geschieht. Das war eine Phase innerhalb des Ausbruches, aber nicht der Beginn desselben. Der Fall aber wurde als glänzendster Erfolg seiner Prophezeiung ausposaunt. Und doch dürfen wir der Anwendung von Falb's „Theoiie" auf die wirklich vulkanischen Erscheinungen noch be- deutend mehr Recht lassen, als für die Dislokations- beben. Von dem Erdbeben von Belluno 1873 be- hauptet Falb, es sei die glänzendste Bestätigung seiner Theorie. Allein von den 29 Tagen mit stärkeren Stössen fallen nur zwei mit Hochfluttagen zusammen; die sehr starken Stösse vom 1. August hat Falb ganz unbeachtet gelassen, sie fallen eben unbequemerweise gerade in die Mitte zwischen die Hochfluttage, und aus seinen eigenen Stosstabellen über dieses Beben sieht man dass die Stösse an Stärke und Anzahl sieben Tage früher oder später als die Hochfluttage gerade so bedeutend wie an den Hochfluttagen waren, und dass das Stoss- maximum nicht am Tage der Hochflut, sondern erst drei Tage später stattfand. Man könnte irgendeinen belie- bigen Tag der Zukunft annehmen, und man fände unter Anwendung gleicher Freiheiten, wie sich Falb dieselben gestattet, stets einige kräftigere Erdbeben, welche der Voiaussage wunderbar entsprechen; man schlägt über dieselben Lärm und die Zeitungsschreiber berichten von der glänzenden Bestätigung der Voraussage — von den zwei bis drei Beben mit vielleicht 30 bis 60 Stössen, welche alltäglich auch an den nicht zur Prophezeiung erkorenen Tagen zuckten, schweigt man, und dann schweigen auch die Zeitungsschreiber hiervon, und das liebe Publikum bleibt unbeirrter Anhänger des Erdbeben- propheten. Die Zeitungen haben z. B. im März 1887 davon Notiz genommen, dass Falb auf den 17. September und den 16. Oktober heftige Erdbeben geweissaget hat, allein darüber sind sie stumm geblieben, dass dann am 17. September und mehrere Tage vorher und nachher ungewöhnliche Erdbebenruhe herrschte, und dass auch am 16. Oktober keine besondei'en Stösse berichtet wurden. Tage ohne Erdbeben sind auf der Erde thatsächlich eine Nr. 20. Natiirwissenscliaftliche Woclienschrift. 203 Seltenlieit. Falb ist nicht bewusst iineiiiiicli gegen das l'ubiilviiiii, ev ist es gegen sicli selbst, ei' beti'iigt sich selbst! Man hat schon lange vor Falb die Firtahning notiert, dass bei jedem stärkeren Erdbeben zuerst einige si'lnvache oft kaum fühlbare vorbereitende Stösse bemerkt werden, dann der llauptschlag in einem oder wenigen rasch sich folgenden Stössen er- folgt, und hernach Tage, Monate oder sogar Jalire lang noch in grosser Zahl schwächere Stösse nachkommen, bis ganz allmälilig das Schieben und Rucken sein Ende findet und allmälilig alles der neuen LSaehlage sich angepasst hat. Es kann durch- aus als ein beruhigendes Moment für die Bewohner der Kiviera gelten, dass, so viele Stösse auch noch folgen mögen, es zum wenigsten sehr wahrscheinlich ist, dass dieselben alle an Intensität weit hinter dem ver- nichtenden Schlage zurückbleiben werden. Die Ausnahmen von dieser Regel sind sehr selten. Nachher kann die Riviera wiedei- viele Jahi-zehnte, vielleicht Jahrhunderte i'elativ luhig bleiben. Seit dem 23. Februar sind denn aucli alltäglich Stösse an der Riviera verspürt worden. In Mentone z. E. zählte man vom 23. Februar bis 11. März 150 Stösse, seither sind weitere hinzugetreten und es werden noch weitere folgen. Das war leicht zu prophezeien, und doch ist auch diese Pi'ophezeiung miss- braucht und missverstanden worden. Der Franzose Flam- marion verkündete nachfolgende Stösse für die Riviera im „^■oltaire", darauf neuei'dings grosser Schreck in Nizza, so dass die Leute Zelten und Baracken verliessen, um am 24. und 25. Februar die Nacht unter freiem Himmel zuzubringen, wodurch der Prophet sich genötigt sah, telegraphisch die Stösse als „leichte" zu signalisieren. Aber die von Falb auf den 9. März prophezeiten stär- keren Erschütterungen sind ausgeblieben, der 9. März verlief nicht anders als die vorangegangenen und nach- folgenden Tage. Hier treffen wii' wiederum auf einen grossen Irrtum der Falb'schen Theorie, der sich nun auch in den Prophe- zeiungen praktisch geltend macht. Die Spannungen in der Erdrinde rühren eben nicht von der Tendenz zu unter- irdischen Eruptionen her, sondern von dem Nachsinken der Rinde auf den langsam schwindenden Kein. Sind durch einen kräftigen Ruck die Spannungen in der Hauptsache ausgelöst, so wird alle weitere. Springflut des Erdkernes, so lange keine neue ähnlich grosse Spannung sich wieder ausgebildet hat, kein bedeutendes Beben mehr an dieser Stelle veranlassen können; denn sie ist nur aus- lösendes, veranlassendes, nicht bedingendes Moment. Die wirklich ursächlichen bedingenden Spannungen wachsen aber nur langsam. Aus ähnlichen Gründen bieten zahl- reiche kleinere Stösse, wie wir sie seit Jahrzehnten in der Schweiz fühlen, vermutlich eine Art Schutz vor grossen Stössen. Durch dieselben werden die Spannungen ausgelöst, bevor sie sehr gross geworden sind. Sollte hingegen einmal eine ganze Reihe von Jahren lang fast gar kein Stoss im Gebiete der Schweiz gefühlt werden, dann würde ich darin eher Grund zur Beunruhigung linden. Dermalen ist dazu kein Anschein vorhanden, das Jahr 1SS7 scheint stossreicher zu werden, als die drei vorang-egangenen Jahre. Indessen auch diese Auf- fassung ist nicht sicher, denn wir wissen nicht, wie der absolute Betrag der angestrebten Dislokation mit der Zeit für verschiedene Gebiete sich ändern kann. Geradezu unverantwortlich wäre es, wenn Falb wirk- lich, wie Zeitungsnotizen melden, gesagt haben sollte, es sei in nächster Zeit (Tagen oder Jahren?) für Basel schwere Erdbebenprüfung vorauszusehen. Trotz aller Xev- blendung und allem vermeintlichen Prophetenberuf traue ich solchen frechen Unsinn dem Rudolf Falb doch nicht zu! So viel aber steht fest: Eine solche Aussage wäre absolut unbegründet und eine Sünde an der Wissenschaft und an der Menschheit. In der Nähe von Basel (von Pfirt nach Ariesheim und von dort nörd- lich über Lörrach nach Kandern) finden sich allerdings grosse Flexuren (Schichtabknickungen) , und Basel liegt in einem Senkungsfelde nahe dessen Rande. Es sind dort desshalb Erdstösse stets möglich, und die Erde muss dort eher zu stärkeren Bewegungen disponiert sein, als z. B. in Zürich oder gar in Moskau oder in Berlin, aber nicht mehr, als etwa in St. Gallen, Luzern oder Wien. Allein die Bewegungen können sich in vielen kleinen, kaum fühlbaren Stössen erledigen, oder vielleicht sind jene Dislokationen zum dauernden Stillstand ge- kommen, wie dies für manche andere Dislokationen that- sächlich nachweisbar ist. Nichts, absolut nichts, keine wissenschaftliche Anschauung, sogar nicht einmal eine vernünftige Vermutung rechtfertigt einen solchen Verdacht auf Basels Untergrund, wie es als Pi'ophezeiung aus- gesprochen worden sein soll. Basel hat nicht mehr Grund zu Beängstigung, soweit heute vernünftige menschliche Voraussicht reicht, als es vor Jahrzehnten gehabt hat oder als hundert andere Orte sie haben. Wirklich absolut vor heftigen Stössen gesicherte Regionen gibt es vielleicht auf der ganzen P]rde nicht, das ist eine Unsicherheit, welcher wir alle ausgesetzt sind; es bleibt nichts anderes übrig, als dass wir uns hieran einfach gewöhnen. Kehren wir zum Schlüsse an die Riviera zurück. Das dortige Beben war ein ganz charakteristisches Longitu- dinalbeben, dem inneren Rande des Appennin angehörend, welcher zugleich der Einbruchsrand des Mittelmeeres ist. Es gehört zu demjenigen Typus, welcher z. B. v. Hoernes schon 1878 nach zahlreichen Vorkommnissen wie folgt präzisiert worden ist: „An der Innenseite von Ketten- „gebirgen ereignen sich Erderscliütterungen auf pheriphe- „rischen Bruchlinien, die durch das Wandern der Stoss- „punkte verraten werden. Diese Erderschütterungen „scheinen durch das Absitzen der inneren Zonen auf „wahren Verwerfungsspalten hervorgerufen zu werden". Es war ein Ruck im Prozesse der Stauung des Appennin und der Absenkung des Mittelmeergrun- des, wie es deren schon tausende früher gegeben -fett. iu^ Natiu'wissenschaftliche Woclienschrift. Nr. 26. nocli tausende hoft'eu wir srliwäcliere- — geben So entsetzlicli dieses Beben auch .a'ewcsen ist, so zählt es doch noch lange nicht zu den aussergewöhnlich heftigen. Wenn wir uns nur in den letzten 100 bis 150 Jahren in Europa und nächsten Umgebungen umsehen, treffen wir z. B. auf folgende, meistens noch weit entsetzlichere p]rdbebenkatastrophen : 17,5.5, 1. November. Erdbeben von Lissabon. 1783, dann wieder 185-1 und 1870 in Kalabrien. Die Erschütterungen von 1783 machten die Berggipfel auf- und abhüpfen, erzeugten zahlreiche Bergstürze, Häuser flogen in die Luft oder verschwanden in Spalten, Stadtquartiere, die Strassen, die Eigen- tumsgrenzen wurden völlig gegeneinander ver- schoben. 1870 bis 1873 Erdbeben von Phokis mit etwa 320 zer- störenden Stössen. Es entstanden zahlreiche grosse Bergstürze infolge der Ei'schütterungen. 1880, 3. April. Zei'störung von Chios, am ersten Tag fanden 6 Haupstösse, in den folgenden Tagen hun- derte von schwächeren Stössen statt. 3541 Menschen verloren das Leben, 1160 wurden verwundet, sehr viele erkrankten nervös (epileptisch). 1881 und 1883. Zerstörung von Casamicciola auf Ischia. 1884, 25. Dezember. Ausgedehntes Erdbeben in Spanien. Aber alle diese Beben werden an Grausamkeit weit übertroft'en durch manche südamerikanische und ostasia- tische Beben, da der Boden anhaltend wie ein vom Sturm gepeitschtes Meer wogte (Battang 1870, Caracas 1812), Menschen hin- und hergerollt und entsetzlich verstümmelt wurden (.Jamaika 1692) oder die Leichen aus den Gräbern geschleudert und Menschen zu Hunderten weit durch die lAift wie Bälle geworfen wurden (Riombamba 1797). Gewiss sind die Erdbeben die entsetzlichsten Erschei- nungen, welche die Erde aufweist, und von allen die- jenigen, welche am tiefsten das menschliche Gemüt und den menschlichen Geist erschüttein. Wii- erkennen in ihnen aber auch die Bewegungen, welche allmälig sich summierend das Land vom Wasser geschieden und da- durch die Existenz so vielen Lebens erst möglich ge- macht haben. Tausende und aber tausende von Stössen laufen kaum beachtet und bald wieder vergessen ab; es sind glücklicherweise stets nur eine ganz kleine Zahl, nur Ausnahmen, welche den Menschen und seine Interessen bedrohen. Ob wir jemals dazu gelangen wei'den, die letzteren nach Ort und Zeit voraus zu er- kennen, lässt sich, ehrlich gestanden, noch gar nicht beur- teilen. (Vierteljahrsschrift d. Nat. Ges. in Zürich XXXIL) Kleinere Mitteilungen. lieber die Messung niedriger Temperaturen haben die beiden franzüsischen Forscher L. Cailletet und B. Colardeau eingehende Untersuchungen angestellt ; sie sind dabei zu in- teressanten Resultaten gekommen , welche sie in den „Comptes Rendus" wie im „Journal de Physique" verüftentliehen und welche hier kurz niitgetheilt werden mögen. Wenn man ein Gas von der Eigenschaft besässe, welche die Physiker mit dem Namen „voll- kommener Gaszustand" bezeichnen, so würde darin eine thermometrische Substanz gefunden sein, welche diiekt die absolute Temperatur an- geben würde. Unter den Gasen besitzt, der Wasserstoff diese Eigen- schaft, wenigsten unter gewöhnlichen Druck- und Temperatur- verhältnissen, fast genau und zwar um so genauer, je hoher die Temperatur steigt. Demgemä.ss besitzt man auch Thermometer von sehr genauer Graduieruug für höliere Temperaturgrade, dagegen sind die niedrigen Temperaturen noch nicht in gebührender Weise festgelegt worden. Dass dies aber sowohl für die Wissenschaft als auch für die Praxis von Interesse ist, dürfte schon aus dem Hin- weise auf die vor einigen Jahren vorgenommene Verflüssigung der Gase, welche die Hervorbringnng grosser Kältegrade ermöglichte, hervorgehen. Bei der Ausfüllung der vorhandenen Lücke der Thermonietrie bietet sich jedoch die Schwierigkeit, dass der Wasser- stoff immer mehr den Charakter eines vollkommenen Gases verliert, je mehr sich die Temperatur dem Verflüssigiingspunkte nähert; die Angaben eines Wasserstoffthermometers werden dann nicht mehr mit der absoluten Temperatur übereinstimmen. Es tritt also die Frage auf, bis zu welcher Temperatur ist dies dennoch mit grosser Genauigkeit der Fall? Um diese Frage zu entscheiden, haben Cailletet und Colardeau die Angaben eines Wasserstoff- thermometers mit denen verschiedener linderer Apparate verglichen, welche gleichfalls von der Wärme abhängen, z. ]i mit den thermo- elektrischen Erscheinungen, dem elektrischen Widerstände eines Platindrahtes u. s. w. Solange die Angaben gut miteinander ver- träglich sind, wird man das Wasserstoft'thermometer verwenden können, unterhalb der Temperatur, bei welcher eine grössere Ab- weichung eintritt, mnss man das W^asserstoffthermometer verwerfen. Aus den Versuchen der genannten Forscher ergielit sich nun, da.ss das Wasserstotfgas bis — lOU " ein vollkommenes Gas ist. Interessant ist die Thatsache, dass ein Alkoholtliermometer. für welches die beiden Punkte 0" und 30" bestimmt worden waren, im kochenden Aethylen nur — 89,5'^ angab, während das Wasserstoft'- thermnmeter — 102,5" etwa angab, so dass also ein Unterschied von 13" sich ergiebt. Cailletet nnd Colardeau gedenken ihre Untersuchungen nocli auf niedrigere Temperaturen auszudehnen mittels verflüssigter Gase, welche bei noch geringeren Temperatur- graden sieden. A. G. Ueber die Beschaffenheit der algierischen Sahara teilt Henri de Saiissuri> nach seinen Erfahrungen während einer Exkursion in dieselbe folgendes mit. Die Sahara besteht aus Sand- Dünen nnd bewachsenem Flachland. Kleine Gebüsche, welche an ühododeiidron erinnern, und mannigfaltige niedere Pflanzen bedecken die Ebene. Von Tieren finden sich namentlich Eidechsen nnd Rennmäuse (Gerbillen). Insekten sind selten und nur in der Um- gebung der Quellen. Das die Ebene begrenzende Gebirge senkt sich gleichsam von der Hochebene von Batna hernieder, und man gewinnt den Eindruck, als ob dasselbe nur durch gewaltige Erosion der Ränder der Hochebene in Folge der Wirkungen eines die Sahara ehedem bedeckenden Wassers gebildet sei. Am Fusse des Gebii'ges entspringen Quellen, welche sich bald vereinigen und im Flachland mit Schilf bewachsene Lachen iiilden. Die Tiefebene der Cbots in der Gegend von ]3iskra liegt 20 m unter dem Meeresspiegel und ist salzhaltig. Wasser giebt es dort nicht, sondern die Ebene ist in den niedrigeren Partieen mit einer Salz- kruste und gefährlichem Schlamme bedeckt. Trockne Flussbette, welche von allen Seiten in den Chots zusammen laufen, sind nur nach heftigen Unwettern, die sich im Gebirge entluden, mit Wasser gefüllt, welches das mitgeführte Salz in den Chots sich ablagern lässt, nachdem die Wärme das Wasser schnell in Dunst verwandelt hat. Die in dieser Tiefebene anzulegenden artesischen Brunnen liefern eine reichliche Wassermenge. Obgleich das Wasser stets salzhaltig ist, .so ist es dennoch trinkbar und schadet der Vegetation nicht. Das am Fusse der Berge hervoi'quellende Wasser bringt häufig kleine Fisclie und Krabben (Telphusa) an die Oberfläche. Die Fische sind denen gleich, welche in den Gebirg.sbächen leben, nnd die Krabben kommen sonst nur in den Salzlachen am Meere vor. Es müssen also lange Kanäle im Innern der Bergmasse existiren, durch welche die Tiere den Weg nehmen, und nicht bloss durch- lässige Schichten. Die C)asen, welche um die künstlichen Brunnen und (Quellen entstehen, sollen miigliobst vermehrt werden, wozu sich eigens Gesellschaften gebildet haben. Herr deSaussure meint, es sei sinnlos, die Sahara, bew. das Nr. 26. Naturwissenschaftliche "Wochenschrift. 205 Gctiiet der Chots vom mittelländisilieii Meere aus vermittelst eines Kanals zu hewSssern, wie ehedem projektirt war; denn das Meer- wasser würde Iiald verdunsten, nnd die abgelatjerte i'ndlose Salzkruste das Land nur verschleehtern. Dass die .Saliara früher l)ew(ihnliarer trewesi'ii als jetzt, beweisen die ju'ähistorisehen Reste der Steinzeit, welche an den Itändern des Khiv und auf seinen gerinsjen Höhen gefunden werden. (Archiv. d. seienc. ph.vs. et natuV. 1888, Ser. 8. Tome XIX. S. 482.) K. Beobachtungen über Höhe, Länge und Geschwindig- keit der oceanischen Wellen wurden in früheren .Jahren viel liäuti^er anijrestellt als Jetzt, dliwcdd man damals nur Schätzungen der genannten Grössen anstellen konnte, während die heutigen ]5arometer l'nterschiede der Höhe von 1 his 2 Fuss und die Clu-ono- nieter Zeitditi'erenzen von '/.i Sekunde angehen, ohne dass man des- wegen nötig hat, das beobachtete Objekt aus den Augen zu lassen. .\n Bord des ..'l'ongariro" hat Kalph Abercromby, Mitglied der Koval Jleteorological Society, im ,Tuni 188.'> Beobaiditungcn an Wellen des stillen Oi'cans zwischen Xeu-.Seeland und Kap Hörn angestellt und hierüber am "2."). Februar d. J. in der „I'hysical Society of London" einen Vortrag gebalten. Er be.stinnnte die Höhe der Wellen mittelst eines sehr g-uten und genau funktionierenden Anervid- Banuneters, während die Länge und Geschwindigkeit ermittelt wurde, indem er sieh mit dem Clironometer in eine geeignete Stellung begab und nun die Zeit bestimmte, welche vertloss, wenn swei Wellenberge das Hinterteil des Schiffes erreichten, sowie die Zeit, welche die Erhebung der ersten Welle brauchte, um die Länge des Schiffes zu durchlaufen. Da nun die Länge nnd die Ge^ichwindig-keit, sowie der n^lative Lauf des Schiffes gegen die Richtung der Wellen- bewegung bekannt war, konnte mittels einfacher Formeln die Ge- schwindigkeit nnd Länge der Wellen berechnet werden. Allerdings sind hieibei auch noch Schätzungen unvermeidlich gewesen, jedoch glaubt Abercroniby, dass dieselben die Richtigkeit seiner Beob- achtungen wenig beeinflussen können. Nach den besten Beobachtungen Aliereromby 's , um nur etwas davon anzuführen, belief sich die Zeit zwischen zwei Wellenbergen zwischen 1.") und 19 Sekunden, während sich die Länge anf 3.")8 bis ."i07 engl. Fuss und' die Ge- schwindigkeit auf "28,5 bis 32 engl. Meilen berechnete. Wir wollen nicht weiter in das Detail der Beobachtungen eingehen und nur bemerken, dass die Wellen in dem genannten 'feile des stillen ( )ceans ziemlich unregelinässig sind, insofern grossen Wellen oft ganz unbedeutende Wellenzüge folgen. Als grösste von Abercroniby i>eobachtete ergiebt sieh eine Welle von 46 engl. Fuss Höhe, 7(i.'i Fuss Läng'e und 47 Meilen Geschwindigkeit in der Stunde und einer Zeitperiode von 16.5 Sekunden. Da kein aussergewöhnliehes Wetter herrschte, so hält Abercroniby es für sicher, dass die Wellen bisweilen wenigstens 60 Fuss Höhe erreichen müssen. Schliesslich sehlägt er für zukünftige Beobachtungen dieser Art folgende Methode vor, zu welcher drei Beobachter, A, B, C, er- forderlich sind. A bestimmt, wann die Instrumente beobachtet werden sollen und notiert die Höhe des Decks vom Wasser. B hat ein geeignetes Anervid- Barometer nnd beschränkt seine ganze Aufmerksamkeit auf dieses Instrument, während ('mit zwei Chrono- graphen ausgerüstet wird. Berühi't ein Wellenberg das Hinterteil des Schitl'es, so giebt A ein Zeichen, worauf B das Barometer ab- liest und (' beide Chronog'raphen in Gang .setzt. A notiert zunächst die Höhe des Decks mittels Zeichen, welcbe sich am Schiffe befinden. Erreicht der Berg die Spitze, so giebt A ein anderes Zeicdien, worauf C den einen Chronographen innehält, während B in dem Wellenthal das Barometer abliest Kommt dann eine zweite Welle, so beobachtet B das Barometer, C bringt den zweiten Chronographen zur Ruhe und A notiert die Höhe des AVassers nnd trägt alle Beobachtungen ein. Von dieser Methode ver.spricht sich Abercroniby genauere nnd bessere Resultate als sie die bisherigen Messungen ergeben haben. Wir wollen uns hier nicht in eine Kritik derselben einlassen, indessen scheint uns dieselbe, falls sie überhaupt brauchbar ist, nur für ganz lange Wellenzüge geeignet, da sonst der .Schiffs- körper die Wellenbewegrung, das Heben und Senken nicht voll- ständig mit ausführt , .so dass eine Messung der Wellenhöhe illusorisch wird. A. G. Der 7. internationale Amerikanisten - Kongress wird .seine Sitzungen vom 2. — .5. Oktober in Berlin abhalten. Der Thätigkeit des Kongresses liegt die .■Vbsii'ht zu (irunde, alle Zweige des Wissens zu pflegen, welche Kunde geben über den Zustand des amerikanischen Kontinentes und seiner Bewohner vor und zur Zeit der Entdeckung durch Columbus: zugleich einen Vereinigungspunkt zu schaffen für alle auf diesem Gebiete thätigen Forscher. Die Enfdeckungsgeschichte Amerikas, die soziale F^ntwicklung der, teils in wohlorganisierten Staaten lebenden Eingebornen, deren .Sprachen. Sitten und Gebräuche, die Fragte nach ihrer Abstammung und Ver- wandtschaft, nach den Rassenunterschieden u. s. w. sollen erforscht nnd nach den .Schilderungen der ersten Entdecker sowohl, wie nach den Beobachtungen neuerer Gelehrter kritisch behandelt werden. D.aran schliessen .sich Untersuchungen über das Auftreten und die Rassenbildung der amerikanischen Haustiere, über den Anbau der Nährptlanzen, über die aus ilem Tier- und Pflanzenreich gewonnenen Erzeugnisse, deren Verwertung zum täglichen Gebrauch, wie zur Anfertigung von Schmuckgeg'enständen, zur Verschönerung und Ver- edelung des Lebens. Die Geschichte der Seefahrten nnd Ent- deckungen, die (ieologie, die Anthropologie und Ethnographie, die l'aläographie und Linguistik bilden somit Hülfswissenschaften, deren Pflege der Amerikanisten-Kongress zur Erreichung des angestrebten Zieles oldiegt. Scddiesslich tritt als Hauptgesichtspunkt des Kongresses das Pr(ddem der altamerikanischen Kultur entgegen, die Durchforschung jener Gescbichtsvölker auf der nördlichen und südliijien Hälfte des neuen Kontinents, die, obwohl durch den Eingriff der F^ntdeckung dem I'ntergange geweiht, durch unvergäng^liche Monumente genugsam die hohe Stufe der Fintwickelung bezeugen, bis zu welcher auch auf der westlieben Hemisphäre eine dort einheimische Kultur empor- geblüht war. Für dieses Studium würden die grossen arcbäologisidien Sammlungen der Königlichen Museen eine gesicherte Unterlage bieten, und dieser Gesichtspunkt war deshalb auch maassgebend bei der Wahl Berlins als Sitz der VII. Session. Der er.ste Tag wird der Geschichte der Entdeckung der neuen Welt, der Geschichte des präcolumbischen Amerika nnd der Geologie Amerika's, der zweite Tag der Arohaeologie, der drifte Tag der Anthropolon'ie und Ethnographie, der vierte Tag der Linguistik und l'aläographie gewidmet sein. Mitglied des Kongresses kann ein .Teder werden, der an dem Fortschritte dieser Studien Anteil nimmt und den auf 10 Mark (12 Francs) festgesetzten Beitrag zahlt. Die Quittung des Schatzmeisters gilt als Mitgliedskarte; .sie berechtigt zum Empfang aller Publikationen des Kongresses. Die Herren, welche am Konsress Teil zu nehmen wünschen, werden gebeten, so bald als möglich ihren Beitrag dem Schatzmeister, Herrn Generalkonsul W. Schönlank, Berlin SO., Köpnickerstrasse71, einsenden zu wollen. Vom 29. September ab wird das Bureau des Kongresses im ]Museuni für Völkerkunde zu Bei'lin SW., Königgrätzerstrasse 120) geöffnet sein. Alle den Kongress betreffenden l^riefe und Zusendungen sind zu richten an Herrn Dr. Hell ni an n , Generalsekretär des Organisations- Komitees des VII. internationalen Amerikanisten - Kongresses, Berlin SW., Königgrätzerstrasse 120. Vorsitzender des Kongresses ist Dr. Reiss. Die 6. Hauptversammlung des preussisehen Medizinal- beamtenvereinea winl am 2(i. und 27. September im grossen Hörsaale des hygienischen Institutes in Berlin tagen. Fragen und Antworten. Wie stellt man Skelette dar? — Zur Herstellung osteolo- gischer Präparate d. h. von Skeletten. Skelett-Teilen und Scdiädelu giebt es verschiedene Methoden. Handelt es sich darum, möglichst schnell z. B. einen Schädel von allen Weichteilen zu befreien, so entfernt man zunächst mit Messer und Seheere die Haut und die grösseren Bluskelparfien, sowie die Augen und so gut es geht das Gehirn. Dann legt man den Schädel in ein Gefäss mit kaltem Wasser und erhitzt dasselbe zum Kochen. Von Zeit zu Zeit über- zeugt man sich, ob die noch haftenden F'leischteile, Sehnen etc. sieh leicht ablösen lassen und ob nicht etwa die einzelnen Knochen locker werden. Diese Gefahr ist besonders gross bei jugendlichen Schädeln. Sind die z\i entfernenden Teile genügend erweicht, so bürstet man mit einer scharfen Bürste den Schädel ab, zupft mit der Pinzette oder schneidet mit einer feinen Seheere die noch ge- bliebenen Sehnenstränge und dgl. ab und spült den Schädel mit reinem Wasser ab. Etwa noch vorhandene Gehirnreste spült man aus, indem man durch das Hinterhauptloch die Schädelhühle voll Wasser laufen lässt und nun den Schädel tüchtig schüttelt. Auf diese Weise erhält man einen Schädel zwar rasch, aber er wird nie schön weiss. Um möglichst schöne Präparate zu erhalten, ist es am besten, ziniächst wieder mit Skalpell und Seheere zu entfernen, was äus.serlich leicht abzuschneiden ist und dann den Schädel in ein Gefäss mit kaltem Wasser zu legen. Das (iefäss ist mit einem Deckel zu verschliessen nnd wird dann sich selbst überlassen. Das Fleisch fault dann ab, löst siidi teilweise von selbst oder lässt sich leicht abspülen oder abzupfen. Selbstverständlich entwickeln sich wenig angenehme Düfte bei dieser Art der Präparation. Ist man sehr empfindlich gegen dieselben, so muss man die Gefässe ins Freie oder auf den Boden, in Ställe und dgl. stellen, doch merkt man, so lange der Deckel nicht abgenommen wird, nichts von üblen Gerüchen. Wie lange ein Schädel oder Knochen in Wa.sser liegen muss, hängt von der Grösse des Gegenstandes sowie von der Temperatur ab. Genaue Vorschriften las-sen sich nicht geben; es muss ansprobirt weiden. Beim Spülen und Reinigen der durch Naturwissenschaftliclie Woclienschiift. Nr. 26. lis prUparii'i'ti'ii Si'hadi'l darf man sclbstverstäiullich keine oft'cnen eleu an den HiindiMi haln-n und ninss letztere nach der Arlieit ^'in mit Karbolwasser reinitTen. Ferner liat man darauf zu achten. dass aus Seliädeln keine Zähne herausfallen und verloren gehen. Ktwa ausofefalleiie Zähne werden, luaehdem Alles <,>-etrocknet ist, mit Fi>ehleim einiitdilebt. Durch möülichst g-enaue Angaben über nerkunft, Alter, Geschlecht, Todi^sursadie etc. wird der Wert eines präparierten Schädels oder Skelettes si-hr erhöht. Das Präparii^ren zusammenhängender Skelette ist ziendii^h mühsam. Jiei grösseren Tieren, etwa von Katzen- oder Hundegrösse aufwärts, thut man am besten die einzelnen Teile durch Draht künstlich zu befestigen, während man z. B. bei Eichhörnidien, Mäusen, kleinen \"ög-eln u. dgl. besser einen Teil der Jiänder sitzen lässt, welche dann 'die Teile zusammenhalten. Zu wissenschaftlichen l'ntersnchungen sind übrigens vollständige zerlecte Skelette weit besser als aufgestellte. Da.s Einlegen von Tieren in Ameiseniiaufen zum Zweck des Skelettierens ist nicht zu empfehlen, weil zu leicht Teile verloren gehen und man nicht genügend kontrollieren kann, wie weit die Arbeit vorgeschritten ist. Für ganz feine Gegenstände, etwa Skelette Junger Amphibien u. dgl. eignet sich gut ein Verfahren, auf welches'kürzlich Professor Fr. E. Schulze in einer Sitzung der Gesellschaft raturforscliender Freuiule zu Berlin aufmerksam machte. Man benutzt nämlich Froschlarven (Kaulquappen) zum Abnagen der Weichteile. Eine Anzahl lebender Froschlarven tlnit man in ein Gefäss mit frischem ^Vassl■r und bringt das zu benagende (^Jbjekt mit in das Gefäss. Dann nagen die Larven auf das Sauberste alles Weiche von den Knochen resp. Knorpeln ab. Man nniss darauf achten, dass nicht zu viel abgenagt wird und dass die Teile nicht auseinander fallen. Ein Nachteil, welchen dies Verfahren hat, beruht darauf dass nicht zu jeder Jahreszeit Froschlarveii zu lieschaffen sind. Aur'h ist diese Methode nm- bei kleinen und feinen Objekten anzuwenden, da bei grösseren zu viel Zeit in Anspruch genommen würde. ]{ehandlung mit Chlorkalk oder Aetzkali ist nicht zu empfehlen, da die Knoclien durch diese Substanzen ein unnatürliches, kreide- artiges Au.ssehen erhalten. Ist Blut in einen Knochen gezogen, so nni.ss man ihn so lange in Wasser legen, bis alles ausgezogen ist. Jst das Hlut erst einmal eingetrocknet und in die feinen Höldungen eingezogen, so ist es schwer zu entfernen. Hornscheiden von Ziegen, Rindern und Antilopen zieht man, sobald es geht, von den Stirn- zapfen ab, damit nicht durch die Fäulnis auch das Hörn angetiriften wird. Nach dem Trocknen des Schädels setzt man die' Hörner wieder auf. Schliesslich ist noch zu bemerken, dass man bei gleichzeitiger l'räparation von Skeletten genau darauf zu a<-hten hat, "dass die zu- sammengehörigen Teile z. B. Wirbel und Rippen zusammenbleiben und nicht verwechselt werden. Dr. E. S. Litteratur. Dr. Paul von Gizycki: Autoritäten. Berlin (Veriag von F. & P. Lehmann) 1888. l'reis 1 JC. Wie der V'eifasser im Voi'wort angiebt, bildet der Aufsatz „Autoritäten" den Bestandteil einer grösseren Arbeit. Diese selbst ist ein Versuch, die Jlethoden des Denkens, welche bisher vor- wiegend in den exakten Wissenschaften zur Anwemlung gelangten, auf die Fragen der Jloral und Politik zu übertragen und zu zeigen, dass diese Methoden auch über Gebiete, welche noch weit und breit im Nebel metaphysischer Phnisen und leerer Gemeinplätze daliegen, etwas Licht zu verbreiten im Stande sind. Der Einfluss der Autoritäten auf den Verlauf der Ge- schichte ist vom Geschichtsforscher bisher niclit gebührend gewürdigt worden. Unendlich oft führt er auf die Macht des Geldes, der Bestechung, eines niederen Ehrgeizes, auf den Einfluss weiblicher Reize und die Gewalt der Bajonette folgenschwere Begebenheiten zurück, welche in Wahrheit moralischen und intellektuellen Beweg- gründen ihre Entstehung verdanken. „Diese geistigen Mächte haben oft den gewaltigsten reellen Widerstand gebrochen. Reichtümer unterjochen sie nicht, denn sie vermögen Menschen hervorzubringen, welche Hab und Gut mit Freuden für die Verwirklichung ilirer Ideale opfern; Bayonnette schrecken sie nicht, denn sie besitzen Zaubersprüche, die Herzen der Leute zu gewinnen, welche die Bayonnette tragen; selbst Kerker und Schaffüt vermögen ihre Siegeslaiifbahn nicht zu hemmen, denn nicht selten sehen ihre Kämpfer den Kerker als einen Tempel ewigen Nachruhmes an und besteigen das Schatfot mit der froh- lockenden Miene des Märtyrers." Ruhige Erwägungen, klare Berechnungen scheinen verhältnis- mässig minder wiclitigen EinÜuss auf die geschichtlichen Ent- schliessiingen zu haben; denn sehr viele grosse Umwälzungen be- ruhten auf heftigen ]5egierden. wilden Leidenschaften, unklaren, gänzlich unkontnjllierten Gefühlen der Sympathie und Antipathie, auf früh eingeprägten Vorstellungen, lieh gewonnenen, nie der Kritik des Nachdenkens unterworfenen Gewohnheiten, unbewussten Schlüssen, unbestimmten Neigungen zu etwas Xeiiem. gepaart mit einer instinktiven Scheu vor den Gefahren eim^r Neuerung, endlich auf dem Triebe, hervorragenden Persönlichkeiten nachzuahmen oder sich ihnen blindlings zu unterwerfen. „(Jar oft griff die Menge die von Einzelnen dargebotenen (iedanken, wenn sie ihrem Geschmack zusagten und den Bedürfnissen ihrer Zeit entsiuMchen, mit Begeisterung aut und prägte sie dem Geiste ihrer Kinder als unerschütterliche Wahrheiten, (Jlaubenssätze nnd Lebensregelu ein. Beständig sehen wir im Getriebe der Ge- schichte Persönlichkeiten über die Millionen, die unbeachtet dahin- leben und unbekannt dahinschwinden, emporragen, Persönlichkeiten, welche durch ihr blosses Wort die Neigungen ihres Volkes, vielleicht eines giossen Teiles der Menschheit zu beeinflussen vermögen. Häufig erlischt ihr Einfluss mit ihrem Tode, oft aber überlebt er densi'lben, iniinchmal vererbt er sich in ihrem Geschlechte, öfter noch unter ihren .Tungern, Schülern, Anhängern und Nachahmern, zuweilen knüpft er sich an ihre Werke und liaftet wohl gar an ihren Gebeinen, den Geräten und Kleidungsstücken, welche ihnen im Leben zum Gebrauche dienten. Solche Persönlichkeiten nennen wir Autoritäten. Sie haben tausendmal die Handlungs- und Denkweise grosser Gemeinwesen bestimmt und geleitet, wohin sie wollten. Ihr Einfluss giebt den Schlüssel zu vielen Bewegungen und Umwälzungen, sowohl im politischen, wie im sozialen und intellektuellen Leben der Menschheit." Die Autoritäten sind keineswegs physisch und intellektuell immer bedeutender als die Menschen, welche sie beherrschen. Die Autorität kann, wie es scheint, der thatsäehlichen Stärke sehr wohl entbehren und verrichtet ihre Wunderthaten rein durch den Glauben ilirer Anbeter. Die natürlichen Quellen der so wunderbaren Macht einzelner Individuen liegen nicht notwendig in geistiger Ueberlegenheit der- selben. Denn wie oft hat nicht die Menschheit die tapfersten Ver- fechter segensreicher Reformen dem Scheiterhaufen oder dem Schaftot überantwortet oder verhungern lassen, um später, wenn sie unter Kummer und Not dahingegangen waren, ihre gramvollen Züge in Erz und Marmor nachzubilden und ibre sterblichen Ueberreste als wunderthätige Reliquien in köstlichen Schreinen zu bergen, während man ihre unbedeutendsten Aussprüche zu heiligen Formeln und fast zu Zaubersprüchen umschuf. Autoritäten Gewordene sind die grössteu Hindernisse für die Erfolge neuer lleformatoren, und es muss der Name eines grossen Mannes oftmals dazu dienen, das arbeitsame Leben eines verwandten Geistes, der in einer späteren Zeitperiode verwandten Zielen dient, mit Leid und Bitterkeit zu erfüllen. „Die primitivste (Quelle des Einflusses der Autoritäten scheint gar nicht so sehr in der Persönlichkeit der Autorität selbst zu liegen, als vielmehr in den natürlichen Neigungen und Bedürfnissen ihrer Verehrer." „Die Person, welche zur Autorität werden soll, muss durch irgend eine ungewöhnliche Eigenschaft geeignet sein, die Phantasie oder besser noch die Furcht ihrer Bewunderer anzuregen. Es ist eine Thatsache, von nicht zu unterschätzender Bedeutung, dass Fanatiker, Propheten, Wundertbäter, Leute, deren zerrüttetes Nervensystem ihre Verstandskräfte getrübt hatte, ein so grosses Kontingent zu den Autoritäten der Menschheit gestellt haben." Der Mann, der zu denken gewöhnt ist, prüft und wägt aPes ab, das Gros der Menschheit .aber geht nicht mit den Walfen der Logik vor, sondern lässt sich in vielen Fällen, wo nur diese ent- scheiden sollten, ausschliesslich von seinem Gefühle leiten, „Man kann durch logische Operationen und die Herbeiziehung der Erfahrung wohl für den Augenblick gewisse Ideenverbindungen und Schlüsse im Geiste eines Menschen erzwingen, aber man kann nicht so leicht tief eingeprägte, mit tausend Gefühlen des Hasses und der Liebe verwobene, mit tausend Bedürfnissen des Gemütes verknüpfie Anschauungen zerstören, besonders wenn diese An- schauungen schon früli dem Geiste der Jugend eingeprägt und so lange Jahre unerschüttert im Busen getragen worden sind," Der autoritätengläubige Mensch bedarf nicht immer der An- schauungen und Gedanken, er betet ebenso gern Worte, Formeln und andere Symbole an: „Wenn man die Geschichte der politischen und religiösen Verfolgungen betrachtet, so wird man finden, dnss weit öfter als die Ansichten und Ziele einer Partei, ihr Name, ihre Tiacht, ihre Symbole und Ceremonien der Grund waren, weswegen sie von den anderen Parteien mit unsäglichem Ilasse verfolgt wurde." Die Ursachen des Eintlusses der Autoritäten .sind — wie Gizycki ausführlicher begründet — 1. Furcht und 2. Un- fähigkeit der Gläubigen zu denken; diese Unfähigkeit hat ihren eirund in der sozialen Lage der meisten Menschen. Die kriegerischen und politischen Autoritäten sind haupt- sächlich auf das Gefühl der Furcht, die wissenschaftlichen Autoritäten mehr auf das Gefühl der Unwissenheit begründet; die religiösen Autoritäten nehmen eine Mittelstellung ein. Die grosse Menge sieht Beglaubigungen innerer Grösse einzig Nr. 26. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 207 im KrtVilfj, wt-il vr als Wirkung einer Maclit angesclicn wird, welche Furcht erweckt. Je nielir die V'orstelhinj;' von der Maclit von Kopf zu Kopf wandert, wird .sie iinljestiinniter, und das schieckt am meisten. Darum ist denn auch in nr.spriingliclieren Znsiiinden da.s Wunder eine.s der gewiihnliehsten Mittel, um Auturitllten /u begründen. In der Gegenwart ist ein Verfall der Au tori taten hemerkhar. Auf wissenschaftlicliem fiebiete bilden sie sich heute nielit mehr wie früher, sogar in politischen Dingen verbleichen sie jetzt sclinell, da sie stagnierender Civilisation. langer Perioden des .Stillstandes bedürfen, um zu gedeihrn. Es kommt hinzu, dass Furcht und Unfiiliigkeit zu denken an Einfluss bedeutend ver- loren haben. H. I'. Gramer, W., Die Aiiff/aben und das Ziel der anthmpuloyischcn ForscJiioiy. (Sep.-Abdr.) gr. 8". (31 S.) Preis 1 M O. Soriba, Uofbuchh'. in Metz. Congres geologique international. Comptc rendu de la ■ 1 iimc .sessiini a Berüit llStiö. Berlin 1888. Dessoir, M., Bihliogruphie d. modernen Hypnotismus. gr. 8". 1,94 S.) Preis 1 JC 80 ,(. Carl Dunker's N'erl. in Berlin. Edlbaeher, L., Landeslaimle v. Ober-Uesterr. Neue Ausg. der •1. Aufl. gr. 8». ((i-28 S.) Preis 4 JC. Carl Graeser in Wien. Ebermaier, A., Ein Fall v. Syfilis hereditarin tarda, gr. 80. (18 S.) l'rcis .SO .(. Esmareh, F. v., the surgeon's handhook, Tannlated hij F. Cnrtis. ür. SO. (WI. 3()(i S. mit Holzschnitten) l'reis geb. 24 JC. I.ipsius & Tischer, Verl.-Cto. in Kiel. Ewald, C. A., Klinik der Verdauungskrankheiten. Tl. Die Krank- heiten d. Magens, gr. 8". (X, 442 S. m. Holzschn.) l'reis 11 M. 'August Hirsch wald in Berlin. Fleischer, E., Gesunde Luft. Eine Ahhandl. über d. Feuchtigkeit der Luft als wichtigen Faktor unseres Wohlbef. 2. Aufl. gr. 8°. (2(1 .S.) Preis .So .(. Vandenhoek &, Ruprecht'« Verl. in Göttingen. Fleischer, R., Lehrbuch der inneren Medizin. 1. Bd. Infektions- krankheiten. — Hautkrankheiten. — Krankheiten d. Nase. — Kehl- kopfkrankh.. gr. 8». (XII, 337 S.) Preis 5 JC 40 -(. J. F. Berg- mann in Wiesbaden. Frank, A. B., Unters, üb. d. Ernähr, d. Pflanze m. Stickstoff u. üb. d. Kreist, desselben in d. Landwirtschaft. Sep.-Abdr. gr. 8". 1,137 S. m. 4 Taf.) Preis 4 Jf. Paul Parey in Berlin. Lindemann, F., lieber Molekularphysik, ^'ersuch einer einheit- li<'hen Behandlung der physikalischen und chemischen Kj'äfte. (,.Sonder-Abd. aus d. Sehr. d. physik.-ökon. Gesells, zu Konig.sb. i. Pr. XXIX. Jahrg. 1888.) In Kommis.sion bei Wilh. Koch in Königs- berg i. Pr. — Preis 1 JC 60 «j. Weiss, J. E., Vademecuni botanicorum. Verzeichnis der Pflanzen des deutschen Florengebietes. 8". (216 S.) Preis geh. 2 Ji 50 .j. M. Waldbauers Buchh. (Max Coppenrath) in Passau. 'WeTuicii.t'F., Durch Norda/rika u. Spanien. Keisestudien. 2. Aufl.. gr. 8". (457 S.) Preis 4 Ji. Feodor Reinboth, Verl.-Buchh. in Leipzig. Wigand, A., Das Protoplasma als Fermentorganismus. Ein Biitrag zur Kenntnis der Bakterien, der Fäulnis, Gähruug und Diastasewirkung, sowie der Molekularphysiologie (X, 2ü4 .S.) (Botanische Hefte. Forschungen a. d. botan. Garten, zu Marburg. Begründet von A. Wigand. 3. Heft. Heiausg. v. E. Dennert. gr. 8", Preis 7 JC. N. G. Elwert'sche Verl.-Buchh. in Marburg. Winternitz, W., Zur Pathologie und Hydrotherapie d. Fiebers. l'nter Mitwirkung von L. Schweinburg, A. Winternitz, J. Pollak u. 0. Pospischil. (78 S.) — Klinische Studien^ aus der hydriat. Abteilung d. allg. Poliklinik in Wien. Hrsg. von W. Winternitz. 3. Heft. gr. 8°. Preis 2 JC. Franz Deuticke, Verlag in Wien. Wolf, G., Das Erdbeben an der Kiviera am '^.i. Febr. 1887. be- schrieben nach seinem Verlauf, seinen Folgen u. beleuchtet nach s. Ursachen. 8°. (36 S. m. 2 Taf.) Preis 2 JC. Max Cohen & Sohn (Fr. Cohen) in Bonn. Zürcher, E., Die geburtshilfliche Landpraxis. Erfahrungen uud Becjbachtungen aus 10 Jahren praktischer Thätigkeit. 2. Aufl. gr. 8". (48 S ) Preis 1 Jt 20 4. F. B. Müller in St. Gallen. Gegen Kinsendang des Jiefrages (auch in Brief- marken) liefern tcir vorstehende K'erke franko. Zur Besorgung litterarischen Bedarfes halten wir uns bestens empfohlen. Beilin ^W. O. Die Expedition «ler ,,!Matnrwi!«MenMcliaf'tIiclien Woelienschrift"'. Briefkasten. Hr. Dr. H. — Ein wirklich empfehlen.swertes Buch als Rat- geber bei der Kultur von Zimmerpfian/.en ist „Rieses Wohnungs- gärtnerei. Leichtfassliche Anleitung Blumen uml HlattpHanzen mit Erfolg ohne umständliche und kostspielige Einrichfungi'n in unseren Wohnräumen zu halten, zu pflegen uud zu ziehen." (Vorlag von Paul Parey. lii'rlin 1.S.87. Preis 5 Mk.) Las Buch enthält 216 hübsclie Allbildungen, hat Oktav-Format und 344 Seiten. Der Der Inhalt zerfällt in die' folgenden Abschnitte: Einleitung. — Aus- wahl und Einrichtting der Räume. — Besondere Kultiuhilfsmittel. — Auswahl der Pflanzen. — Die Behandlung der Zimmerpflanzen im Allgemeinen. — Das Handwerkszeug. — Die Anzucht .junger Pflanzi'u aus Samen und die Vermehrung aus Stecklingen, Senker, durch Teilung. — Die Winter(|uartiere der Pflanzen und die Schutz- vorrichtungen im Garten. — Die spezielle Behandlung einer Anzahl beli<'bter, durch schöiu'. Bhnuen oder sonst ausgezeichneten PHanzen der Zimmergärtnerei. — Pflanzen mit schünen Blüten, Blatt- und Dekorationspflanzen. Schling'-, Rauken- (Ampel-) Pflanzen. — Arbeitskalender. — Register. Red. Hr. F. Karsch, — Ihre I'rage, wie man Ameisen am besten vertreibe, beantworten wir mit der folgenden, von dem Anhaltischeu Staatsanzeiger gegebenen Auskunft; „Am schnellsten vertreibt man die Ameisen, wenn man Honig, Syrup oder aufgelösten Zucker mit etwas Hefe oder Sauerteig vermischt, in Untersätze von Blumen- töpfen thut und diese an solche Stellen setzt, welche am meisten von den Ameisen aufgesucht werden. Mit dem Verschwinden der süssen Flüssigkeit werden auch die Ameisen verschwinden, denn die Hefe ist für sie ein tödtliches Gift. Noch ein anderes gutes Jlittel ist Benzin, das nuin im Hause in die Ritzen und Fugen des Holzes und im Garten in die Ameisenhaufen giessen niuss, um die lästigen Gäste fast augenblicddich zu tödten. Nicht weniger gut soll eine Mischung von gleichen Teilen Naphtalin und frischem Insektenpulver sein, die man im Hause in die von Ameisen bewohnten Fugen und Löcher zu streuen hat. Letzteres Mittel verdient sogar noch vor Benzin den Vorzug, weil es nicht feuergefährlich i.st. Der sonst häufig angewendete Chlorkalk ist deshalb weniger zu empfehlen, weil er, abgesehen von seinem durchdringenden Geruch, der seine Be- nutzung in geschlossenen Räumen sehr lästig macht, durch längeres Liegen gerne seine wirksamen Bestandteile einbüsst. Das Streuen von gepulvertem Borax an die von Ameisen besuchten Orte soll auch schon vollständig hinreichen, dieselben zu vertreiben." Red. X. — Ein Verein der Acpiarien- und Terrarien-Liebhaber ist erst ganz kürzlich in Berlin begrüiidet worden, welcher folgende Ziele verfolgt : Gegenseitige Belehrung durch Mitteilung von Er- fahrungen, Förderung der Liebhaberei durch Austausch uud Kauf von Tieren und Pflanzen, Verljreitung der Liebhaberei für A(iuarieu und Terrarien durch Einwirkung durch das grosse Publikum, Ent- gegentreten aller in weiten Ki'eisen herrschenden Vorurteilen und Aberglauben. Der Verein will dies auf folgende Mittel und Wege zu erreichen suchen : Vorzeigung und Besprechung interessanter Tiere und Pflanzen, besonders selbst gezogener, Vorträge, zumal über eigene Erfahrungen, Beschattung einschlägiger Bücher uud Zeitschriften, \Vranstaltung von Ausstellungen. Nähere Auskunft ertheilt Dr. Karl Russ, Berlin, Belleallianoestrasse Nr. 81. Red. Hr. Stoye. — Anleitung zum Ausstopfen von Vögeln und Säugetieren geben: W. Mewes, Kurzer Leitfaden zum Präparieren von Vogelbälgen und zum Konservieren und Ausstopfen der Vogel. Halle a. S. — Ph. L. Martin, Taxidermie oder die Lehre vom Präpariren, Konservieren und Ausstopfen etc. . . . Hl. Aufl. Weimar 1886. Letzteres Werk sehr zu empfehlen. S. Berichtigung. Berichtigung. — Der von uns (Bd. IL S. 159) nach der Grazer l'ädagogisclien Zeitschrilt wiedergegebene „Versuch, welcher die Axendrehung der Erde beweist", ist, wie sich durch einfache Ueberlegungeu sowie durch die Ausführung ergiebt, durchaus falsch. Derselbe ist uns trotz aller Vorsicht nicht gelungen und kann un- möglich geling-en, wie aucJi eine Zuschrift aus unserem Leser- kreise hervorhebt. Denn die Annahme, dass das Wasser infolge seines Beharrungsvermögens an der Bewegung nicht teilnehme, ist hinfällig, da die letztere eine verhältnismässig sehr langsame ist, so dass sicher eine Uebertragung derselben aut das Wasser stattfände, wenn dieses nicht schon zuvor dieselbe Bewegung besässe. Gleiches gilt natürlich von der Anwendung des Quecksilbers zu dem Versuche. G. Zur ]V a eil r i ch t. 1. Es dürfte unsere Leser und Milurheiter interessieren xu erfahren, dass die von Dr. }t', Sklarek gegründete und von Dr. Otto Schumann redigierte, be- tvährte V'oclienselirift „Der Naturforscher'' (Verl. der It. Laupp'sehen Buchh. in Tübingen) vom J. Oktober mit der „Naturivissensc)iaftlichen Woehetischrijt" vev- sclimolzen wird. '4. l>as Inhattsverzeichniss von Bd. II der Naturu: Wochensclir. wird mit Nr. 'i von Bd. III zur Ausgabe gelangen. , Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 2G. l^^QS'^l.ibQ f'« 5 ei Buchhandlung für Naturwissenschaft und verwandle Fächer Berlin NW. 6, Luisenplatz 11 empfielilt sich zur Besorgung vnn iiaturwissensohaft- liclipu Werken und Zeitschriften. *< Ansichtssendungen stehen jederzeit zu Diensten. >♦ Belnifs anhaltender Verbindung wolle man sich mit der Firma in Korrespondenz setzen. Gegen Einsendung von 1 M 20 -S pro Band (auch in ]5rief- marken) liefere franko: Becker, Dr. Karl Emil, Die Sonne und die Planeten. Mit 68 Ab- bildungen. Eleg. geb. Gerland, Dr. E., Licht und Warme. Eleg. geb. Hansen, Dr. Adolf, Die Ernährung der Pflanzen. Mit 74 Abbildungen. Eleg, gelt. Hartmann, Prof. Dr. R., Die Nilländer. Eleg. geb. Klein, Dr. Herrn. I., Allgemeine Witterungskunde. Eleg. geb. Lehmann, Paul, Die Erde und der Mond. Eleg. geb. Peters, Prof. Dr. C.F.W., Die Fixsterne. Mit 69 Abbildungen. Eleg. geb. Taschenberg, Prof. Dr. E., r>ie Insekten nach ihrem Nutzen und Schaden. Mit 70 Abbildungen. Eleg. geb. Taschenberg, Dr. Otto, Die Verwandlungen der Tiere. Mit 88 Ab- liildungeii. Eleg. geb. Valenliner, Kometen und Meteore. Mit 62 Abbildungen. Eleg. geb. Berlin NW. 6. Heriiiann Riemann. Band I (Okt. 1887— März 1888) unseres Blattes liefern wir gegen Einsendung von JC 4,20 (in Briefmarken) fran- ko, einzelne Quartale des Bandes gegen Einsendung von cM 2,10 (in Briefmarken.) — Einzebie Nummern kosten 25 ^. Die Expedition der „Naturwissenscliaftliclien Wochenschrift" Berlin NW. 6, Luisenplatz 11. P" ^ d -j o „ , Er<»9 2,» <« O I 'S » 1 ' " 3 J CA d? I STfn ■ namentlich Anzeigen aller opti.sclien, chemischen, physikaliselien etc. Gerätschaften, Naturalien, Cherailfalien, sowie Bücheranzeigen finden weiteste und passendste Verbreitung-. 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