Redidi't von Dr. Potoiii^. Docenten der Pilanzeiipalaeontologie an der Kgl. Bei'gakademie zu Berlin und Geologen an der Kgl. Preuss, geologischen Landesanstalt. -^m^- ZWOELFTER BAND ^ (Januar bis December 1897). 4^ BERLIN. Ferd. Dünimlers Verlagsbuchhandlung. Inhalts -VeFzeiehniss. Die Orig-inal-Abliaudhingen, -Mittlieiluiis'fn und -Abbildungen sind diircli die Beifüg-ung der Abkürzung „Orig." gekcnn- zeiclmet: ausserdem sind viele Autoren an den Eeferaten über ihre Arbeiten dadureh betheiligt gewesen, dass sie die Correcturen gelesen haben. Seilf Allgemeines uiul Verschiedenes. DiMiuert, lieber die Natur der Ge- räusche 307 llennig, Charakteristik der Tonarten (Orig. mit einem Noten-Beispiel) . 121 Nansen auf der Wallross- nnd Bären- jagd _ 12.Ö, 20() Potonie und Raub er, Krystall uncl Organismus 65 Verworn, Erregung und Lähmung . 97 Wegen er, Webers Gesetz und seine Bedeutung für die Biologie (<-)rig.) 397 Bemerkungen zur Syuästhesie . . . 178 Philosophie. Hennig, Die Psychologie als Krbin der Pliilosophio (Orig.) 449 Schmidkuuz, Herrenmoral und ethi- sche Evolution (Orig.) 169 — Teleologie der Vorurtheile (Orig.) . 445 Anthropologie und VerM'andtes. Achelis, Völkerkunde und Psycholo- gie (Orig.) ■ ... 229 — Völkerkunde und Ethik (<-»rig.) . . 373 Brandt, Hundenionschen 246 — Bart des Menschen 273 Cohn, Sehleistungeu der Helgoländer 29 Flechsig, Gehirnrinde und geistige Vorgänge ,.-.••„• ^^^ Lepsius, Cultur und h^iszeit 73, Schneider, Rud., Bemerkungen dazu 330 Ljubimot'f, Geschmack der Elektri- cität 89 Martin, Rassenkunde in der Sclnveiz 79 Mercer, Durchforschung der nord- amerikanischen Plöhlen 7 Me wes, Die Abliängigkeit der Nerven- reizbarkeit der Völker von terrestri- schen und kosmischen Erscheinungen (Orig.) 541 Petri, Ursachen derAnthropophagie . 487 Wallis, Behaarung, Grösse und Stel- lung des menschliehen Ohres . . 464 Weiss, Die Zukunft der Menschheit (Orig.) 361, 395 Zoologie. Alberts, Die Entwiekelung des Ge- sichtssinnes (Orig.) 29 — Der Gehörsinn (Orig.) 139 Seite Alberts, Entwiekelung derchemischen Sinne (Orig.) ......... 211 Agassiz u. Woodworth, Unter- suchungen über Abnormitäten . . 56 Allen, Alter- und Krankheits- Wir- kungen auf Knochen 247 A u r i V i 1 1 i u s,Z wischenformen zwischen socialen und solitären Bienen . . 416 Baker, Wirkung der Musik auf ge- fangene Tliiere 429 Beaurcgard, Entstehung der grauen Ambra 500 Bell, Ein nestbauender Fisch . . . 478 Binney, Zucht von Amoeben . . . 477 Bitting, Pferdedassolfliege im Maul der Pferde 487 Bouvier, Krankheiten der Crustaceen 510 Chun, Theorie des Sehens in grossen Meerestiefen 91 Clayton u. Fergusson, Flugge- schwindigkeit der Ente 164 Glessin, Eintluss der Umgebung auf die Gehäuse der Mollusken . . . 477 C u u n i n g h a m , Hummerzucht in Eng- land 524 Dahl, Lebensweise des Ameisenigels 415 — Der Dingo 415 — Bedeutung der Copepoden für das marine Plankton 498 Decaux, Die Orchideen-Wespe . . 557 Dollfuss, Verbreitung einiger Land- asseln 575 Dürigen, Leben und Treiben der Makropoden 545 Edinger, Entwiekelung des Sehens 260 Fiscliel, Variabilität und Wachsthum des embryonalen Körpers .... 367 Gemmill, Hermaphrodit, bei Patella 283 Giard, Parasitismus einiger Monstril- liden 487 Goeldi, Lepidosiren paradoxa an der Mündung des Amazonas .... 319 Graff. System und Verbreitung der Landplanarien 261 Grassi, Fortpflanzung des Aales . . 212 Grieg, Arktische Vagabunden . . . 260 d'Hammon ville, Winter und Vögel 383 Hausmann, Zur Biologie der Süss- wasserfisch-Saugwürmer 465 Heger 1727 über" den Aal 283 He3'king, Biologisches vom Fluss- krebs 332 Hjort, Untersuchungen über die Or- ganismen und Stromverhältnisse im norwegischen Nordmeere (m. Karten und Schematas) 518 Ihering, Biologie der socialen Wespen Brasiliens 141 Ike da, Fortpflanzungs-Gepflogenheiten bei einem japanischen Laubfrosch 524 Seite Itzerodt, Molchfauna des Nieder- eibischen Gebirges 127 Jan et, Beziehungen der myrmeko- philen Lepismiden zu den Ameisen 105 — , Anthorophorus Uhlmanni .... 357 J anson. Scheinbare Geschlechts-Meta- morphose einer Henne 590 Johnson, Das Auge des Menschen und von Primaten 391, 431 Joubin, Ueber die Kopffüsser . . . 273 Karutz, Zweck und physiologische Bedeutung der Ohrmuschel . . . 509 Kathariner, Bildung und Ersatz der Giftzähne bei Schlangen .... 282 Keith, Schlafstellung des Orang-Utans 575 Kobelt, Zur Theorie der Protoplasma- und Zellstructur (Orig. mit Orig.- Abb.) 565 Krassilstschik, Gefährliche Krank- heiten der Seidenraupe 30 Kreide, Angebliches Hören eines Glockenzeichens durch Fische . . 17 Kükenthal, Litoralfauna von Ternate 103 Kuhn, Das Sterben der Individuen als Auslese-Vorgang (Orig.) . . . 193 Kundsen u. Ostenfeld-Hansen, Plankton und Sauerstoff'- Kohlen- säure-Gehalt dos Meeres .... 126 Lang, Dexiotrope und laeotrope Schneckenschalen 402 Lendenfeld, Neues über Korallen- riife (Orig.) 224 List er, Entstehung der Milioliden-Ge- häuse 415 Lorenzi'n, Aesculap-Natter in Däne- mark (Orig.) 250 Lucas, Die Tunicaten-Sammlung des Museums für Naturkunde zu Berlin (Orig. mit Abb.) 388 — , Die Crustaceen-Sammlung des Mu- seums für Naturkunde zu Berlin (Orig. mit Abb.; 457 Marchai, Parasitismus einer Hyme- nopt.- Larve in der Larve der Ge- treide-Gallmücke 308 — , Das numerische Gleichgewicht der Arten bei den Insecten und seine Bezieh, zu den Parasiten . . 465 V. Martens, Mollusken -Schausamm- lung des Museums für Naturkunde zu Berlin (Orig.) .253 — , Kobelt's Mollusken der paläarkti- schen Region (Orig.) 525 Matschie, Geographisches aus der Säugethierkunde 307 Meissner, Die Bryozoen-Schausamm- lung des Museums für Naturkunde zu Berlin (Orig. m. Abb.) .... 389 Merel, Bastard zwischen Haus- und Steinhuhn 224 'AHH'22 IV Tiilialts-Verzeichniss. Seile Mingaud, Der auf dem Biber woh- nende Platypsylhis cast 200 Moore, Zur Fauna des Tanganyika- Sees 430 Murray. Verbreitung der pelagiselien Foraminiferen 402 Nordenskiöld , Winterleben unserer Süsswasäermollusken 623 Osborn, Bedeutung der Nagethiere für die Entwickelungs-Lelire . . . 368 de Palluel, Stimmapparatd. Kuckucks 464 Penecke, Xerobdella Lecomtei . . 141 Raspail, Ueberwinterung der Schwal- ben 537 Rivel, Regeneration des Vorder- und Endarmes bei einigen Ameliden . 357 Rollinat und Trouessart, Fort- pflanzung der Fledermäuse .... 369 Schaudinn, Das Centralkorn dor Heliozoen 308 Schenkling-Prevöt, Die Fische der zoologischen Sammlung des königl. Museums für Naturkunde (Orig. m. Orig.-Abb.) . . . 14) — , Veränderungen im Kloide der Vögel (Orig.) 460 Schreiner, Ueber die Lebensweise des Strausses 22-1 Seourfield u. Brice, Mikro-Flora und -Fauna Spitzbergens .... .556 Simroth, Ueber Stimme und Gehör und ihre Abhängigkeit vom Land- leben (Orig.) . . . . . . ... 332 — , Landpflanzen und Thiere im heimi- schen Süsswasser . 402 Spengel, Neotenie und unvollständi- ger Albinismus bei Salamandra ma- culosa 319 Stadelmann, Die Reptilien der zoo- logischen Sammlung des königl. Mu- seums für Naturkunde (Orig. ni. Abb.) 13 Stone, Mimicry einer Käferlarve zu einer Flechte 23.3 Storm, Riesentintenfischc an der nor- wegischen Küste 370 S tu der, Zur Geschichte unserer Hunderassen (zum Tlieil Orig mit Abb.) 325 Tenishikawa, Augen der Plattfische 537 Thayer, Versuche über Schutz- färbung 590 Thomas ii. Lydckker, Anzahl der Backenzähne von Manatus .... 575 Tornier, Die Amphibien dns zoologi- schen Museum für Naturkunde zu Berlin (Orig. mit Abb.) 39 Vorill, Schutzftirbung der Thion' währeud der Nacht 378 Vorworn, Der körnige Zerfall ... 7 — , Polare Erregung der lebenden Sub- stanz cliireh den constanten Strom 79 — , Polare Wirkung des constanten Stromes auf Amocbon 234 Wasmann, Myrmecophylen und Ter- mitophilen 308 Weber, Hirngewicht der Säugethiere 249 Werner, Schuppenbekleidung des re- generirten Eidechsenschwanzes . . 116 Willey, Fortpflanzung von Nautilus armacromphalus 24C Winton, Zwei Arten von Giraffen . 404 Wiren, Selbstverstümmelung von Car- duus Maenas 437 Ziegler, Flug der Brieftaube . . . 510 Die zoologische Sammlung des Königl. Museums für Naturkunde zu Berlin (mit Abb.) 13 Malte's Fischzuchtanstalt (mit Abb ) . 547 Neuer Fund von Clilamydoselachus an- guineus 141 Sind die Anthropoden eine natürliche Gruppe? 24G Wamhitaube im Aussterben begriffen 344 Seite Botanik. Beyer, Europäische Ueborpflanzen (Orig.) 22 Bonnier, Absonderung von Zucker ni Tropfenform an den Blättern der Pflanzen 105 Brauer, Lodoicea Seycliellarum . . 152 Choda t. Die rothen Algen des Schnees 201 Davis, Flora der heissen Quellen des Yellowstonparks 512 Frank u. Krüger, Neueres aus dem Gebiet der Pflanzenpathologie und Physiologie (Orig) 605 Frenzel, Die Diatomeen und ihr Schicksal (Orig.) 157 Grisard, Ravensara 344 Godlewski u. Polzeniusz, Alko- holbildung bei der intramolecülen Athmung der Erbsen-Keimlinge . ."'12 Goebel, siehe Haberlandt. Haberlandtu. Goebel, Physiologie der Rhizomschuppen von Lathraea 344 Heckel, Ueber den Biitterbaum . . 439 Hennings, Vernichtung der Raupen von Liparis chrysorrhaea durch Em- pnsa (Orig.) 290 Hirase u. Ikeno, Samenfäden bei Phanerogamen 153 K 0 1 k w i t z , Ueber die Bewegung mikro- skopisch kleiner Organismen (Orig. mit Orig.-Nachb.) 277 Krabbe, Einfluss der Temperatur an den osmotischen Processen lebender Pflanzenzellen 18 Kraus, Bedeutuug des Oxalsäuren Kalkes in den Pflanzen 235 Kusnezow, Die russischen Steppen . 319 Lang, Prothallien mit Sporangien . 141 Lindau, Ueber Insectenbewohnende Pilze (Orig. mit Orig.-Abb.) . _. . 304 Loew, Neuere Forschungsergebnisse der Blütheubiologie 607 Loprior e, W^irkung organischer Säu- ren auf das Wacbsthum der Pflanzen- zelle 524 — , Einwirkung der Röntgenstrahlen auf Protoplasma 537 Nest I er, Ausscheidung von Wasser- tropfen an den Blättern 164 Oltmanns, Scheincopulation bei nie- deren Pflanzen 403 Potonie, Die Metamorphose der Pflanzen im Lichte pulaeontologischer Thatsachen (Orig. mit Abb.) ... 608 Prantl, Leclorc d u Saljlon, Stein- brinck u. s. w., Oeffnungs- und Schleuder -Mechanismus der Farii- Sporangien (mit Orig.-Abb. und Nachb.)' .' 629 Reid, Pflanzenverbreitung du: ch Vögel 69 Reinke, Phylogenetisches Flechten- system 7 — , Phylogenetische Untersuchungen bei den Leguminosen 161 — , Untersuchungen über die Assimila- tions-Organe der Leguminosen . . 392 Seourfield u. Brice, siehe Zoologie. Stahl, Der sogenannte Pflanzen^chlaf -103 Steinbrinck, Hygroskopischer Me- chanismus des Laubmoosperistoms 453 Townsend u. Haberlandt, Meni- branwachsthum und Zellkern (mit Abb.) 401 Thomas, Durch Englena sanguinea erzeugter Blutsee 225 Volkens, Die tropisclien Oultur- und Nutzpflanzen, unter besonderer Be- rücksichtigung unserer Colonien (Orig.) . 607 Webber, Eichhornia crassipes als Wasser-Wucherpflanze 499 Zinsser, Bacterien in pflanzlichen Ge- weben 358 Nomenclatur-Regeln für die Beamten des Königl. botanischen Gartens und Museums zu Berlin Womit beschäftigt sich die Phänologie? 563, Palaeoutologie. Boule, Cadurcotherium Forsyth Major, Neuer fossiler Affe Gaillard, Eine rniocäne Harpyie . . Nohring, Fossile Alactaga-Reste im Löss Nordböhmens (Orig.) .... Pabst, Thierfährten in dem mittleren Rothliegendon von Kabarz (Orig. mit Orig -Abb.) — , Fährten von Ichniotherium Cottae (Orig. mit Orig.-Abb.) Potonie, Eine Alethoptoris aus der Kreide (Orig.) — , Stammbaum der Filiccs .... Rothplctz, Flysch-Chondriten . . . Volz u. Leonhard, Elephautenreste und Elephantus trogontherii in Schlesien W o r t m a n , Stammesgoschichte der Edentaten Seite 280 603 345 56 576 333 85 313 119 287 309 127 556 Geologie und Mineralogie. Chalmers, Quartäre Vergletscherung von Neufundland und Neubraun- schweig 18 Dahms, lieber Bergmehl und Diato- meen führende Schichten in West- preussen (Orig.) 385 Dames, Ueber Gebirgsbildung . . 599 Derby, Vulkanähnliche Ausbreitung bei Santos in Brasilion 297 D rag h i e e n u , Erdbebenphänomene im Gebiete der unteren Donau . . . 117 Lacroix, Mineralbildung in Bli'i- särgen 358 Lang", Von Vulkanismus, Oberflächen- Gliederung unabhängige Bewe- gungen und Erschütterungen dos Erdbodens (Orig. mit z. Th. Orig. Abb.) 409 Michael, Alter der Sadewitzer Ge- schiebe 20 Rössel. Diamanten des Stahles . . 128 Rothpletz, Geologischer Bau des Glärnisch (Orig. init Orig.-Abb. "I . 31 Suess, Entwickelungsgeschichte der Oceano 165 Zache, Die Grundzüge einer Bildungs- geschichto der Erdrinde, erläutert an der geologischen Wand im Humboldthain zu Berlin (Oriü;. mit Abb.) . 141 Kanadische Mineralproductiou ... 32 Silberblock, grösster 404 Physik. Ba ndrowsky. Licherscheinungen bei der Krystailisation . . . . . . 142 Epstein, Elemente der elektrischen Arbeitsübertragung (Orig.) . . . 352 Foinm, Wellenlänge der Röntgen- strahlen 45 König, Neue physikalische Demon- strationen (Orig.) 339 Langer. Ueber Erzeugungvon X-Strah- len. IL (Orig.) ..:..... 188 Le vi -Dorn, Tiefenschätzungen bei Röntgeii-Aufnahmen 226 Lummer, Ueber Grau- und Roth- glutli 576 Lummer, Neuere Untersuchungen aus dem Gebiet der Lieht- und Wärme- strahlung mit besonderer Berück- sichtigung der Photometrie (Orig.) . 593 Inlialts-Verzeicliniss. Mewea, Uebei- Fernwirkungen und die Fortpflanzungsgesclnvinrligkeit der Scliwerkniftstrahlen (Orig.) . . . Ros e nb c i'ger, Aus der Eutwii-ke- lungsgeschichte der elektrischen Piincipieu (Orig.) Wellmann, Beziehungen zwischen Licht und Gravitation (Orig.) . . Seite 493 341 62(i Mathematik. Aruaudoau, Neue Hülfstat'el für numerisches Keclnien 153 Astronomie. Brenner, Thiltigkeit der Manora- Sternwarte 1896 (Original mit Abb) 181 — , Percival Loweli und dii» Venus- rotation 562 Gaudibert, Zur Keuntniss unseres Mondes (Orig.) 46 Hnatek, Percival Lowell und die Venus-Rotation (Orig.) 505 Seeliger, Vergrösserung des Erd- schattens bei Mondfinsternissen . 500 Meteorologie. Assmann, Die internationalen wissen- schaftlichen Ballonfahrten .... 8 van den Broeck, Mistpoeffer . . . 297 Errera, Demonstration von ßegen- bildung 18 E s c h e n h a ge n , Gegenwärtiger Stand der erdmaguetischon Forschungen (Orig,) 582 H a r i e s , Arktische Gewitter und Hagel- fälle 141 Hennig, Wolkenbruch im Riesen- gobirge (Orig.) 404 — , Ungewöhnliche Regen in Europa (Orig ) . . • 441, 455 Lancaster, Tropische Regen . . . 441 Lickfeld, Erklärungdes„Mistpoeffers" 430 ßosenbach, Beziehungen zwischen Luftdruck und elektrischen Ent- ladungen 406 Wendt. Eine Theorie des Polarlichtes _ (Orig.) • • • ^ 469 Niederschläge im Kreise Teltow . . 34 Wetter-Monats-Uebersichten mit graphi- schen Darstellungen 32, 80, 128, 189, 236, 285, 345, 392, 440, 501, 549, 615. Chemie. A b egg, Veränderung von Salzen durch Kathodenstrahlen 558 Barriere, Lucium 19 B er t h e 1 o t u. V i e 1 1 e , Explosive Eigen- schaften des Aeetj'lens 250 Bredichin, Helium im Schweif der Kometen 394 Buchner, Alkoholische Gähning ohne Hefezeflen 127 Charpy, Metalllegierungen .... 333 Dewar, Verflüssigung der Luft und Untersuchungen bei niederer Tempe- ratur 57 Drossbach, Monacitbestandtheile . . 165 Emnierling, Zersetzung von Fibrin durch Streptococcen 537 E r d m a n n , AmmoniakstickstoiF im Ur- gestein 106, 131 Fischer u. Ach, Synthese des Caffeius 116 — , Synthese der Harnsäure, des Hy- droxycaffeins und des Aminodioxy- purins . . 284 Seite Fischer u. Ach, Synthese des Theo- bromins , 512 — , Die 2 Methyltrichlorpurine . . . 568 Franck, Ueber einige Stickstoffmetalle (Orig.) 291 Freund, Chemische Vorträge . . . 355 Fritzsche, Künstlicher Alkohol . . 465 Gal, Castoreum 418 Hentschel, Chlorstickstoff •. ... 489 van't Hoff, Neues in der Stereo- chemie (Orig.) 598 van't Hoff's Theorie der Lösungen . 355 Kröhnke, Chemische Untersuchungen an vorgeschichtlichen Bronzen Schleswig-Holsteins 488 Lauger, Gift der Honigbiene . . . 318 Linde, Verflüssigung der Luft (mit Abb.) _ 81 Losanitschu. Jowitschitsch, Che- mische Synthesenmittels der dunklen elektrischen Entladung 214 Moissan, Darstellungen und Eigen- — Schäften des Urans 105 Olszewski, Helium-Verflüssigung . 261 Rössler, Die modernen Methoden der Goldgewinnung (Orig.) 363 Scholtz, Bebirin 32 Spiess, Neue Versuche mit flüssiger Luft 188 Wendt, Zur Theorie der Gälirungs- Erschcinungen (Orig.) 507 Argon und Helium 355 Elektricität und chemische Industrie . 356 Experimentiren mit flüssigem Gase . 356 Neue Methoden zu Molekulargewichts- bestimmungen 355 Geograpliie und A'ernandtes. B a s c h i n , Aussichton der Andree'schen Ballon-Expedition 536 Bluzet, See Faguibine, ein neuer afri- kanischer Landsee 56 David, Entstehung der Koralleninseln 538 V. Drygalski, Die Polargebiete auf Grund der neuesten Forschungen (Orig.) 599 Folgher alter. Magnetische Inclina- tionen zur Etrusker-Zeit .... 274 Kttkenthal, Das Reich Sarawak auf Borneo (mit Abb.) 109 Mewos. Aufgaben und Stand der Süd- polarforschung (Orig.) 208 Pettersson, Stand der Meeresfor- schung 213 Regel, Reisebriüfe aus Colonibia (Orig. mit Orig.-Abb.) 1, 37, 231, 265, 289, 301, 349 Reusch, Insel Andö 225 Rördam, Hydrographische Unter- suchungen in den dänischen Ge- wässern 379 Ryder, Eisgrenze zwischen Grönland, Island und Spitzbergen 560 Ule, Wasserhaushalt im Stromgebiet der thüringischen Saale (Orig.) . . 4 Walser, Veränderungen der Erdober- fläche im Kanton Zürich .... 56 Unterricht. Bodo, Der 2. naturwissenschaftliche Feriencursus für Lehrer an höheren Schulen in Frankfurt a. M. (Orig.) 337 Brendel, Botanische Modelle . . . 508 Scliwalbc, Der 7. naturwissenschaft- liche Feriencursus für Lehrer an höheren Schulen , abgehalten in Berlin (Orig.) 581 — , Zur Methodik des Experimentes (Orig.) 621 Seite Szymänski, Schul versuche aus der Elektricität mit Berücksichtigung der Elektrotechnik (Orig.) .... 597 Vogel, Lieber die Bedeutung der ge- schichtlichen Erkenntniss bei dem physikalischen Unterricht (Orig.) . Ausstelhing von Unterric'.itsmitteln im Dorotheenstädtischen Realgymna- sium Feriencurse in Jena Naturwissenschaftlicher Feriencursus für Li'hrer an höheren Schulen 382, 621 622 250 581 Medizin, Hygiene nnd Verwandtes. Arloing, Der Schweiss ist giftig . . GOO Below,' Praktische Ziele der Tropen- hygiene 1-1 B u c h n e r , Biologie und Gesundheits- lehre ... 49 Essipov, Aderlass und Immunität . 391 F i r k e t , Filariose bei den Congonegern 2 1 1 Fr ick er, Fremdkörper im mensch- lichen Magen •, ""^ Guiraud, IP'athogene Microben auf Hülsenfrüchten nnd Gemüse . . . 498 Heubner, Erreger der epidemischen Genickstarre 5ir Julien, Eine ParasitenkranUheit der Schafe '•-8 Kirchner, Tubcrkelbacillen im Staub einer Montirnngskammcr .... 102 Koch, Neue Tuberculiu-Präparate . 496 Kraepelin und Hoch, Wirkung des Thees '*^ Leyden, Behandlung Tuberculöser . 486 Megnin, Gefährliche Milbe von Mau- _^ ritius ^'° N c n c k i , S i.e b e r u. W y z n i k i e w 1 c z , Microben der Rinderpest .... 615 Nocard, Tetanus-Heilserum . . . ■ -1»' Pettenkofer, Eine wichtige directo Selbstreinigung der Flüsse . . • 57o Petri, Gegenwärtigerstand der Pest- frage ,.•, ■ ■ "^ Phisilix, Die immuuisirende Wn-kung des Salamandergiftes gegenüber dem Schlangengifte ^^fg Poehl, Spermin rflS Rodet und Nicolas, Gehalt des Holzpflasters an Bacterien . . ■ • "o Sabourand, Ursache der Kahlköpfig- keit f.r^ Sauer, Maltonwein ,' ^ S c h i e v e k , Sake, das Nationalgetränk der Japaner •. ■ Schumburg, Herstellung von kenn- _ freiem Trinkwasser '^1° Valiin, Pellagra j Weigert, Neue Fragestellung in der ^^ jiathologischen Anatomie . • ■ - ''*■' Wendt, Naturheilkunde und wissen- ^ schaftliche Medicin (Orig.) .... -»3 Zelle, Durch Aderlass verliehene Im- munität gegen lufectionskrankheiten (Orig.) ^■■^^ ■ Scharlach-Epidemie durch Genuss von Milch 6-^8 Nationalökononiisches, Laudwirth- schaft u. s. w. Baudouin, Seefischzuchtanlage zu Floedewig • • -1'^ Bell. Verheerung derCanadisehen « al- der durch Brände ■ -»'^^ d'Hammonville, Nützliche Vögel Frankreichs . • • '"^''^ Hennings, siehe Botanik. HoUrnng, Mageninhalt der Saat- krähe ^^- Jacob, Die Cichorie '^^^ VI Inlialt8-Vcrzeielini(>s. Seite Milne Edwards, Bebrüten der Eier durch Vogehnilnnclien 479 Morris, Haarausfall bei Tbieren naob Geuuss von Leueaena glauca . . ü9 P o u n d , Verniebtung der Kaninchen in Australien 3G9 Kaffray. Straussenzuebt 115 Kas))ail, Schutz der Feldlerche . . 379 Roche, Austernzucbt in Europa . . IJOl Selons, Heuschreckenplage In Süd- afrika 557 S p a 1 i k o w s k i , Vertilgung von Raupen 297 Venukoff, Sibirische Mineralkohlen 93 Badeschwanimkultur 102 Institut zur Erforschung der Maul- unil Klauenseuclie 536 Stickstofl' der Luft als Düngemittel . 453 Wanderbeuschreckenplage in Argen- tinien 68 Wasserstrassennetz in Canada . . . 106 Zubereitung des Opiums 30 Tecliuik und IiistrHmeiiteiikiiiKle. Archenhold's Riesenfornrohr . . . G2ö A n d r e o 1 i , Ozon 393 Bender, Die Wasserversorgung von Frankfurt a. M. (Orig) 363 Blum, Formol als Conscrvirungsflüssig- keit 394 Brenner, C'hronodeik von St. Re.ssel (<»ng-) 379 Frank, Uebcr Aluminium und seine Anwendung (Orig.) 433 Fräser, Herstellung der chinesischen Tusche 590 H e r r m a n n . Die cbi'mischen und mine- ralischen Grundlagen des Auer'schen Gasgiühiicbres (Orig) 61 M a r c o n i und P o a rc e , Telegraphiren ohne Draht 405 Palisa, Chronodcik von Ressel (Orig.) 310 Scbönfeld, Neue Gerbstoff liefernde Pflanz.'n 403 Tschirch, Conservirung der Hutpilze 166 Vertess, Ueber Acotylnn (Orig.) . . 217 Vogel, Ueber neuere Fortschritte der Photographie (Orig.) 595 Weber, Pliotouietriscbe Einheiten . 236 Chemische Fabiik Griesheim .... 365 Eloktricitäts-Act.-Gcs. Lahmeier & Co. 366 Fahrradwerke Kleyer 366 Gold- u.Silber.scheide-Anstalt, deutsche 366 Herstellung von Abgüssen von Fossilien im Geologischen Museum zu Göt- tingen 54 Ilöch.ster Farbwerke 3G6 Lithographische Aiistiilt von Werner & Winter 365 LöthkolbiMi mit Lichtbogen ■ Heizung (mit Al)b.) ....'....". 513 l'lanimeter von Eckert und Hamann (mit Abb.) 298 Spiegelcamera, zusammenlegbare, von Steckelmann 298 Historisches, Biographieen, Nekrologe, Personalien. Hildebrandt, Reinhard P.ernhardi _ (Orig. mit Orig.-Autograph) ... 481 Weismaun, Ein Vorläufer Darwin's und Weismann's 517 Emil du ßois-Kevmond f (mit Porträt) 21 Eugen Seil, t 177 Johannes Miilh'r 201 Julius Sachs f 495 Personalien, kurze Angaben von Er- nennungen, Versetzungen, Todes- fällen etc. finden sich unter der Rubrik „Aus dem wissenschaftlichen Leben" fast in joder Nummer. Seite Vereinswesen, Museen etc. Amberg's physikalisches Laboratorium 513 Aerzte-Congress, internationaler . . . 323 Allgemeine Gartenbau-Ausstellung in Hamburg 9 Anatomische Gesellschaft 154 Balneologen-Congress 47 Bibliographische Couferenz .... 323 British Association Advancement Science 328' Brüsseler internationale Ausstellung . 82 Congress für gerichtliche Medicin, in- ternationaler 347 Congres geologique internationale . . 323 Congres internationale coloniale . • 323 Deutsche Mathematiker-Vereinigung . 454 Deutsche otologische Gesellschaft . . 166 Deutscher Goographentag . . . 107, 130 Deutscher Aerztetag 347 Deutscher Verein für öffentliche Ge- sundheitspflege 347 Feier zur Erinnerung an Vasco de Gama 262 Gesellschaft für Völker- und Erdkunde in Stettin 577 Grosse allgemeine Gartenbauausstellung 69, 107 Kraft- und Arbeits -Maschinen -Aus- stellung 323 Mathematiker Congress, internationaler 323 Preisausschreiben 130, 347 Urania in Berlin: Der Kampf um den Nordpol 118 Versamndung der Gesellschaft Deut- scher Naturforscher und Aerzte, 68. Vers. 49, 69. Vers. . . . 347, 382 Versammlung mitteldeutscher Neuro- logen und Irrenärzte 419 Zoologische Sammlung des königl. Mu- seums für Naturkunde zu Berlin 13 und spater, Lltteratur. Achelis. Völkerkunde . . . .118, 1"? Acloque, Insectes uuisibles .... 238 Albrocht, Elektricität 275 Ammon, L., München, geologisch ge- schildert 190 A m m o n , 0., Gesellschaftsordnung . 95 Ascherson u. Graebner, Synopsis der mitteleuropäischen Flora . 431, 491 Bade, Süsswasseraquarium .... 131 Baer, Cuvier 190 Barnes, North-Americau Mosses . . 166 Bastian, Denkschöijfung 443 Bauer, Rubin und Saphir .... 49 1 B a u m h a u e r , Rlineralogie 227, Chemie 251 Behrens, Mikrochemische Analyse or- ganischer Verbindungen .... 227 Bendt, Differenzial- und Integral- Rechnung 119 Bergling, Stereoskopie 59 Bernthsen, Organische Chemie . . 119 Boistel, Flore dos lichens .... 383 Born er, Physik '91 Bouty, Chaleur, Acoustimie, Ojiti(jue 202 Braun, Umformung der Gliedmaassen bei den höheren Tbieren . . . . 311 B r o c k b a u s , Conversations - Lexikon 359 B r ö g g 0 r u. R o 1 f s e n , Fridtjof Nansen 107 Breuer, Matbemathische Vorschule der Astronomie 263 Brückner, Die feste Erdrinde und ihre Formen 591 Brunn er v. Watt o nwyl , Betrach- tungen über die Farbenpracht der Insecten 577 Busch, 100 Versuche über elektrische (irundgesetze 239 Cannizzaro, Leben und Werke von Ratfaelü Piria 94 Seit« Cbun, Beziehungen zwischen dem arktischen und antarktischen Plank- ton 617 Claus, Zoologie 131 Cohn, Die Pflanze 630 Cramer, Niigeli 118 Crepi eu X- J an in, Graphologie . . 95 Damm er, Aufzucht des Seidenspinners mit Schwarzwurzel-Blättern . . . 395 David, Rathgeber für Anfänger im Photographieren 558 — , Die Momentphotographie .... 59t Demoor, Massart, Vandervelde, L'evolution regressive en biologie et en sociologie 311 Dessoir, Das Doppelich 551 Detmer, Botanische Wanderungen in Brasilien 311 Dillmann, Das Realgymnasium . . 69 Dodel, Aus Leben und Wissenschaft 226 Dreher, Aesthetik der musikalischen Harmonie auf psycho-physikaliscber Grundlage 2S7 D ressel, Physik 20 du Bois ßoyinond, Helmboltz . . 274 Dürigen, Deutschlands Amphibien und Reptilien 143 --, Zierfiscbe 503 Eder, Pigment- Verfahren 215 Eiseier, Einführung in die Philosoi)hie 539 Ellis u. Symonds, Conträres Ge- schlechtsgefühl 47 Engler undPrantl, Die natürlichen Pflanzenfamilion 34, 131, 215, 359, 491, 631 Epstein, Helmboltz 143 Faye, Tempetos, Cyclones, Trombes ou Tornado 515 Fenchel, Zabnverderbniss 143 Ferri, Das Verbrechen als sociale Er- scheinung 47 F 1 ö r i c k e , Deutsche Sumpf- u. Strand- Vögel 311 Förster, Wissenschaftliche Erkennt- niss und sittliche Freiheit .... 83 Frank, Kampf buch 578 Frentzel, Tafel mit Bacterien . . . 527 Fr i e (1 h e i m - R a m m e 1 sb u r g, Quanti- tative chemische Analyse .... 251 Friedländer, B. u. J., Absolute oder relative Bewegung? 443 Fritscb, Flora für Oesterreich . . . 274 Fröhlich. Isolations- und Fehler-Be- stimmungen an elektrischen Anlagen 263 Frolow, L'axionie XI d'Euclide . . 20 Gessmann, Sterndeutekunst. . . . 118 Grätz, Elektricität und ihre Anwen- dung Ili7 - , Abriss der Elektricität 563 Gruber, Aufbau und Entwickeliing einiger Fucaceen 20 Guillaume, Les radiations nouvelles 95 Günther, Erd- und Himmels-Globen 274 Haacke, Entwickelungsmechanik . . 466 Ilaentzschel, Reisehandbuch für Amateurphotographen 263 H agen, Index operum Leonardi Euleri 20 H a n n , H o c b s t o 1 1 e r u. P o k o r n y , Allgemeine Erdkunde. ... 71, 591 — , Die Erde 71 Heck, Matschie, v. Mar'tens, Dürigen, Staby, Thierreicb . . 299 Hei m holt z. Physiologische Optik . 34 — . Elektromagnetische Theorie des Lichtes . ' . 239 II e r m a n n , Glacialerscheinungen in der geologischen Vergangenheit . . . 238 Hertwig, Zeit- und Streitfragen der Biologie II 179 — , Zoologie 262 Hesdörfer, Blumenpflege im Hauso 591 Heussi, Physik 311 Halevy, La theoric platonicienne des sciences 524 Inhalts -Verzeiehniss. Vir Seite Hock, Pflimzengeographie .... 479 Hollend er, Neue graphische Methode der Zu.sammensetzuiig von Kräften 347 Jaeger, l^ösung der Mondfrage . . 578 Johow, Estudios sobre \a. flora de las islas do Juan Fernandez .... 603 Kannonberg, Kleiuasiens Natur- schätze 562 Keil hack, Practische Geologie. . . 226 Kern er, Pflanzenleben 69 Kidd, Sociale Evolution 539 Kirchhoff, Mathematische Physik . 167 Klebs, Die Bedingungen der Fort- pflanzung bei einigen Algen und Pilzen :i Klein und Sommerfeld, Theorie des Kreisels 630 Kobelt, Mollusken der paläarktischen Region 525 Koken, Leitfossilien 155 Kraepelin, Excursions - Flora für Nord- und Mittel-Deutschland 202, 239, 275 Kroll-Perlia, Stereoskopische Bilder 630 K r a s c h u t z k i , Wasser - Versorgung kleinerer Städte u. s. w 155 Kuras, Les choses naturelles dans Homiire 502 Landsberg, Streifzüge durch Wald und Flur 237 Lassar- Co hu, Chemie im täglichen Leben 166 Laurent, Zwitterbildungen .... 47 Lazaru.s, J., Krankenpflege .... 154 Lazarus, M., Leben der Seele . . . 131 Lehmann, Elektricität luid Licht . 227 L e i t z m a n n , Jugendbriefe Alexander von Huniboldt's 166 L e V in , Anfangsunterricht in der Chemie 3H Leyst, Magnetismus der Planeten . 227 Lietz, Emlohstobba 406 Lob, Elektrolyse und -Synthese orga- nischer Verbindungen 238 — , Elektrochemie 311 Lombroso, Graphologie 95 Lüpke, Elektrochemie 47 Mach, Principien der Wärmelehre . 275 — , Mechanik 431 Mars hall. Die deutschen Meere und ihre Bewohner 95, 515 — , Bilderatlas zur Zoologie der Säuge- thiere 630 Martin. Praxis der Naturgeschichte 503 Migula, Characeen 131 Möbius, Fortpflanzuug der Gewächse 262 Molisch, Ei-frieren der Pflanzen . . 395 Möncke m ey er. Die Sumpf- und Wasserpflanzen 603 Mortillet, Origine de la Nation fran- (jaise ^ 323 Müller, J., Physik 11 — u. Pouillet, Lehrbuch der Physik u. Meteorologie 407 Mützel, Rontgen-Strahlen 167 Nansen, In Nacht und Eis .... 202 Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands 502 Ne bring, Herbersteiu und Hirsvogel 455 Netto, Algebra ' . 83 Neumann, Bernh., Elektrolyse in der analytischen Chemie 238 Neumann, Newton's Princip der Fernwirkungen 58 Oppenheim er. Anorganische Chemie 166 Ostwald, Wissenschaftliche Grund- lage der analytischen Chemie . . 591 Ostwald's Klassiker der exacten Wissenschaft 59, 431, 603 Papstein, Führer für die Auswanderer nach Brasilien 479 P ar c e r - M ü h 1 b a c li e r , Photographie und Projection mit Röntgen-Straiden 431 Penck, Verdunstung und Abfluss von grösseren Landflächen 275 Seite Petkovsek, Baugesteine Wiens . .491 Picard etSimart, Theorie des fonc- tions algebrique de deux variables independautes 551 Polis, Meteorologische Beobachtungen in Aachen 11 Pospichal, Flora der österreichischen Küstenländer 190 Potonie, Pflanzenpalaeontologie . . 286 Prahn, Pflanzennanien 460 Raschke, Giftige und verdächtige Pilze 394 Rauher. Regeneration der Krystalle . 34 Rammeisberg, Mineralchcmio . . . 58 — , siehe unter Friedheim. Rauff, Sachregister zu Dechen und Rauff's Verzeiehniss der geologischen und mineralogischen Litteratur der Rliein]ivovinz etc 203 Regel, Thüringen 539 Rehmke, Psychologie 524 — , Bildung der Gegenwart und die Philosophie 539 Reibmayr, Inzucht und Vermischung beim Menschen 490 Reiff, Theorie molecular-elektrisoher Vorgänge 263 Rieh t er- Gurke, Plantae europeae . 383 Roche, Culture des mers en Europe . 602 Rohrbach, 4 stellige logarithmisch- trigonometrisehe Tafeln .... 58 Romanos, Darwin . 630 Rosen fei d, Chemie 143 Roth, Unkräuter Deutschlands . . . 371 Ruvarac, Abfluss- und Niederschlags- verhältnisse von Böhmen .... 275 Saccardo, Sylloge fungorum ... 83 Schlegel, Grassmann's Ausdehnungs- lehre 12 Schmidt, Laubmoose 251 Schoop, Secundär-Elemente . . . 359 Schröter, Pilze 406 Schubert, Fünfstellige Tafeln und Gegeutafeln 467 Schnitze, Das letzte Aufflackern der Alchemie in Deutschland .... 502 Schumann, Kacteen 250 Schumann-Gilg, Pflanzenreich . . 238 Schüuemann, Pflanzen-Vergiftungen 311 Schweiger-Lerchenfeld, Atlas der Himmelskunde 238 Schwartze, Elektricität 11 ~, Elektrotechnik 143 Scliwippel, Erdrinde 119 Selenka, Zoologisches Taschenbuch 371 Sperber, Parallelogramm der Kräfte als Grundlage des periodischen Systems in der Chemie 107 Spielmann, Handbuch der Anstalten und Einrichtungen zur Pflege von Wissenschaft und Kunst in Berlin 251 Sprockhoff, Botanik 34 Stack el u. Engel, Theorie der Pa- rallellinien 551 Stolze u. Miethe, Photographischer Notiz-Kalender 12 Strasburger, Botanisches Practicum 119 — , Kleines botanisches Practicum . . 562 Sturm, Analysis 455 Tannery u. Molk, Elements do la theorie des fonctions elliptiques . 347 Tesla, Mehrphasenströme u. Wechsel- ströme von hoher Spannung und Frequenz 323 Thomson, Vorlesungen über Elektri- cität und Magnetismus 563 Ule, Erdkunde 95 — , Hydrographie der Saale .... 215 Valentin er, Handwörterbuch der Astronomie 263 Vorworn, Allgemeine Physiologie . 419 Vio 11 e, Physik: Geometrische Optik 563 Vogel, Handbuch der Photographie . 603 Vogt, Elektricität und Magnetismus . 263 Seite Voigt, Die botanischen Institute von Hamburg 395 Volkmann, Franz Neumann. . . . 262 — , Erkonntniss theoretischer Grund- züge der Naturwissenschaften . . 501 Wagner, Adolf, Grundprobleme der Naturwissenscliaften 513 Wagner, Franz v., Thierkunde . . . 479 Wagner, Gesundheitspflege .... 491 Wallentin, Elektricität und Magne- tismus 443 Warburg, Experimental-Physik . . .027 Wasmann, Zur neueren Geschichte der Entwickelungslehre 410 — , Instinct uu spreciienden Rabatt. Beilagen nach Uebereinkunft. Inseratenannahme BringeKeld bei der Post 15 -4 extra. Poatzeitunersliste Nr. 4954. •"• bei allen Annoncen bureaux wie bei der Expedition. Abdruck ist nnr mit voll8tändl8;er 4(nellenangabe gestattet. Reisebriefe aus Colombia. Von l'rof. Dr. Fritz Regel in Jena.*) 1. Voll Jena nach Barranquilla. Durch die hochherzige Unterstützung- seitens eines Thüringer Grossindustriellen wurde diese Reise ermöglicht. Die Wahl des Zieles, sowie die Ausführung der Reise selbst, waren ganz meiner Entscheidung überlassen. Nach reiflicher Ueberleguug und Bcrathnng mit sachkundigen Freunden, insbesondere den Herren A. Hettner in Leipzig, Geheiüirath W. Reiss auf Schloss Könitz bei Saalfeld, G. yteinmauu in Freiburg i. Br., A. Stttbel und L. Wolf in Dresden fiel meine Wahl auf die von deutschen Forschern noch weniger berücksichtigten Theile von Co- lombia, woselb.st namentlich die Central- und West- kordillere mit ihren mannigfachen Verzweigungen im Berglaudc von Antioquia interessante Ergebnisse zu liefern versprach. Im Laufe des Sommersemesters wurden die persön- lichen und sachlichen Vorbereitungen getroffen und am 23. Juli der bis zum Beginn des folgenden .Sommers ge- währte Urlaub angetreten. In Bremen und Hamburg mit guten Empfehlungen für die amerikanischen Küstenplätze, sowie für Medellin, Manizales, Cali Popayen und Bogota versehen, ging ich von Hamburg am 28. Juli auf der „Flandria" (Kapitän Mestermann), einem Kargodampfer der „Hamburg-Süd- amerikanischen Packetfahrt-Actiengesellschaft" in See und erreichte nach einer sehr günstigen Fahrt über Havre am 15. August die dänische Insel St. Thomas. Meine Wahl war trotz der längeren Fahrzeit auf diese Linie gefallen, weil dieselbe Gelegenheit bietet, auf der Hinreise ver- schiedene Häfen von Westindien und Venezuela kennen zu lernen. Ich wurde sowohl von Seiten der Direction in Hamburg, wie von dem trefflichen Kapitän und seinen Officieren auf das Zuvorkommendste aufgenommen und verfehle nicht hierfür auch an dieser Steife meinen ver- bindlichsten Dank abzustatten. Die Schiffe dienen in *) Der obige Brief ist d.atirt: Medellin den 4. Nov. 1896. — Red. erster Linie dem Waarenverkehr und können dalier-Wa--"^'^ sichtlich ihrer Einrichtung für rersouenbcförderung natür- lich nicht mit den heutigen Schuelldamprern wetteifern, mir war aber die Ruhe und Gemächlichkeit der Reise besonders erwünscht, da ich noch mancherlei litterarische Vorbereitungen auf die beabsichtigte grössere Landreisc hier vornehmen konnte. Ich gehe über die Einzelheiten der vom herrlichsten Wetter begünstigten Fahrt über den Atlantischen Ocean hinweg: dio fliegenden Fische, die zarten Qualleu, das Meeresleuchten, treibende Sargasso- tange wurden natürlich tlcissig auf der Ueberfahrt von Europa beobachtet; hohen Genuss boten die herrlichen Abende besonders bei Mondbeleuchtung. Bald Hessen die zunehmende Sonnenhöhe und der immer tiefer sinkende Polarstern, der stärkere Glanz der Gestirne, sowie die wachsende Luft- und Wasserteniperatur über die An- näherung an die Tropen keine Zweifel mehr. Die folgende kleine Zusammenstellung möge über die Temperaturzu- nahme eine Vorstellung geben. (Die Beobachtungen wurden früh und abends um 8 Uhr zwischen Havre und St. Thomas angestellt): Datum Zeit Luft Grad C. Wasser 1 Grad C. Datum Zelt Luft Grad C. Wasser Gra d C 2, August 8 a. m. 8 p. m. 19 19 9. August 8 a. m. 8 p. m. 26,5 26,5 26,5 26,5 3. n 8 a. m 8 p. m. 23 19 19 19,25 10. „ 8 a. m. 8 p. m. 26,25 26,25 27 27 4. n 8 a. m. 8 p. m. 20,5 21 20 21 11. „ 8 a. m. 8 p.m. 27 29 5. n 8 a. m. S p. m. 25 22,5 22 23 12. „ 8 a. m. 8 p. m. 27 30 29 28,5 (i. B 8 a. m. 8 p. m. 26- 23,5 23 24 13. „ 8 a. m. 8 p. m. 27 27 7. » 8 a. m. 8 p. m. 25 24 25 20 14. „ 8 a. m. 8 p. m. 29 28 28,2.1 28,5 8. » 8 a. m. 8 p. in. 27 26 26 26 15. „ ■ St.Thomas 8 a. m. 29,.5 28,75 Naturwissenschaftliche Wocheuschrift. XII. Nr. 1. Am Morgen des 15. Aui^ust kam zunächst die kleine Insel Sombrero mit dem Leuchtthurm liuker Hand in Sicht, dann von Mittag ab auf der rechten Seite Virgin Corda, mehrere kleinere Eilande der Jungfern-Inseln, im Hintergrunde die Berge von Tortola und St. John, bis sich der herrhche Naturhafen von St. Thomas in inmier deutlicheren Umrissen zeigte. Mir wird die Einfahrt in diesen Hafen, den ersten Platz im Tropenland nach der zweiwöchentlichen Seereise unvergesslich bleiben! Wir konnten nach Erledigiwg der üblichen Formalitäten noch an demselben Abend das Land betreten un, Die Niederschlags- und Abflussmengen wurden zu- nächst für die einzelnen Monate und Jahre bereclniet. Allein zur Bestimmung des Verhältnisses von Abfluss zum Niederschlag waren diese gleichzeitigen Werthe nicht verwendbar. Denn beide Vorgänge sind nicht gleich- zeitig, das Abströmen des Wassers vom Boden erfährt eine Verzögerung, ebenso das Fliessen im Strome selbst bis zur Messstelle. Ein genaues Maass für diese Ver- zögerung ist natürlich nicht zu erlangen; allein eine ficihe von Erwägungen und Untersuchungen der Wasserbewe- gung in der Saale führten zu der Annahme, dass ilie Dauer des Regenabflusses bis zur Messstelle rund zehn Tage beträgt. Es mag dieser Werth, so willkürlich wie er gewählt erscheint, von der Wirklichkeit nicht allzusehr abweichen. Das geht aus der guten Uebereinstinnnung zwischen der Zu- und Abnahme des Niederschlags und den Schwankungen der Wasserführung in der Saale recht deutlich hervor. Auf Grund dieser Annahme wurden auch die Abflussniengen der um 10 Tage verschobenen Monate festgestellt und diese Werthe dann in Proeenteu der Niederschlagsmengen in den zugehörigen Kalendermonaten berechnet. Das Ergebniss war folgendes: , S S j J3 D j^ ■^ ■;= tz^ Fi .= H fi ;!^ p. Ol) CS 1-5 0) S < «=« »-ä 3 < CD o O o Q '^ Mittlere Niederschlags- höhen im gesammten Stromgebiet in Milli- metern 30 25 45 41 60 76 92 57 44 59 48 45 606 Mittlere AbHusshöhen in Millimetern 17 15 26 23 16 11 U 10 8 12 12 18 177 Abfluss unter Dekaden- verschicbunt; in Pro- centen desNiederschla- 56 60 64 45 23 15 12 13 21 19 31 41 m Iliernach Verlast inPro- centen des Nieder- schlages 44 40 36 55 '77 85 88 87 79 81 69 59 VI In diesen Zahlenreihen gielit sich ein auffallender Gegensatz zwischen Winter und Sommer zu erkennen. Einem regenarinen Winter steht ein regenreicher Sonuiier gegenülier. Theilen wir das Jahr nach den Niedcrschlags- hüheu in den einzelnen Monaten, so müssen wir die Scheidung unabhängig vom Kalender und von dem meteorologischen Jahr vornehmen; denn wir haben deut- lich ein Halbjahr mit im allgemeinen geringer Nieder- schlagshöhe von November bis April und ein solches mit stärkerem Regen von Mai bis October. Auf ersteres Halbjahr fallen nur 37,5 7o) auf das zweite dagegen 62,5 "/o der Jahressumme. Dieselbe Scheidung ist auch nach den Abflusshöhen geboten. Aber da tritt umgekehrt einem abflussreichen Winter ein abflussariner Sommer gegenüber. Auf die Zeit November bis April fallen 62 "/„ der Jahressumme, auf Mai bis October 38 %. Dieses Bild wiederholt sich in der Zahlenreihe, welche dem Abfluss unter Dekaden- verschiebung in Procenten des Niederschlages darstellt. Wir finden im Mittel der bezeichneten 6 Monate einen sommerlichen Abfluss von nur 17 o,,,; einen winterlichen dagegen von 48 Vo- Hier liegt ein so schrofter Gegensatz vor, wie er uns nur in dem jahreszeitlichen Wechsel der gesammten Natur wieder begegnet. In den meteorologischen Erscheinungen kennen wir solche Unterschiede zwischen Sommer und Winter kaum. Es darf die Ursache dieser Gegensätzlich- keit der beiden Halbjaiire darum auch gewiss nicht in den meteorologischen Vorgängen allein gesucht werden, viel- ü Naturwissenscliaftlicbe Wocbcnsclirift. XI i. Nr. 1 inclir iiiuss dabei die Aufmerksamkeit sich von selbst auf die alli;emeiiieu biologischen Verbältnisse richten. In erster Linie kommt die Vegetation hier in Betracht. Durch die Ent Wickelung derselben wird weit mehr als durch die meteorologischen Factoren die Entwässerung beeinflusst. Einmal verbrauchen die Gewächse zu der Entfaltung- ihrer Organe sowie zum Wachsthum eine bedeutende Wasscrmenge, ferner veinicbrt sich durch die Pflanzen die Verdunstungsmöglichkeit und endlich erhält das Pflanzenklcid dem Boden die Feuchtigkeit. Dadurch nmss aber der Abflugs in hohem Maasse behindert werden. Natürlich tritt noch eine Reihe meteorologischer That- sachen hinzu, al)er in erster Linie scheint doch die Vege- tation für den Wasserhaushalt bestimmend zu sein. Es drückt sich in den obigen Zahlen eine Gesetzmässigkeit aus, die ihr Abbild recht gut in der Gesetzmässigkeit findet, mit welcher alljährlich sich die Pflauzenentvvicke- lung vollzieht. Der bedeutende Einfluss der \'egetation spricht sich wohl schon in dem Uebergang vom Winter zum Sommer und vom Sommer zum Winter aus. Vom April zum Mai be- steht ein Sprung von 22 " „, vom October zum November nur ein solcher von 12 7o- Im Früiijahr entwickelt sich eben die Vegetation ziemlich schnell, im Herbst stirbt sie allmählich al). Man dürfte nicht ohne Grund die rasche Abnahme des Abflusses im Frühjahr allerdings auch auf das Ende der Schneeschmelze beziehen. Allein diese tritt ja im März ein und ist im April sicher schon beendet. Etwas erklärt sich die hohe Procentzahl des Abflusses im März und April auch aus dem Umstand, dass in diesem Monat der Niederschlag gering ist, die Verhältnisse aber für einen starken Abfluss sehr günstig sind. Der Boden ist vom Winter her mit Feuchtigkeit gesättigt, vielfach noch ohne Vegetation und oft noch in der Tiefe gefroren. Aber alles das kann den so plötz- lichen Sprung zum Mai und Juni nicht allein hervor- bringen. x\uch die zunehmende Verdunstung kann incht die Ursache dieser Erscheinung sein. Denn in Mitteldeutsch- land fällt das höchste Maass der Verdunstung gar nicht in die eigentlichen Sommermonate, sondern auf April, Mai und Juni. Es müsste also auch der A\m\ schon den Ein- fluss erkennen lassen. Das ist aber nicht der Fall. Gleichwohl steht der Verfasser auch hier nicht an, in der zunehmenden Verdunstung ebenfalls einen betheiligten Factor zu erblicken. Als Hauptgrund der schnellen Aenderung der Ab- flussverhältnisse erscheint daher doch die Entwickelung der Vegetation. Man bedenke, welche ungeheure Menge von Wasser in den Maitrieben der Nadelhölzer und in den Blättern der Laubbilumc aufgespeichert wird und dass diese Aufspeicherung gerade im Mai am stärksten erfolgt. Auf die gleiche Zeit aber fällt das Wachsthum des Getreides sowie der Wiesengräser und Kräuter, die ebenfalls bedeutende Wassermengen verzehren. Die in- tensivste Pflanzencntwickelung hört dann im Juni auf, die Bedingungen des Abflusses, soweit sie von der Vegetation l)estimmt werden, bleiben von da ab während des ganzen Sonnuers die gleichen. Erst im Herbst mit dcnrLaub- lalle endet alimählich das vegetative Leben und damit die Vermehrung des Wasserverbrauches. Das spiegelt sieh in der allmählichen Zunahme der Abflussproccntc deutlich ab. Diese wird nur im October unterbrochen. Die Ursache davon ist zweifellos in er.ster Linie die Trockenheit im Herbst. Vielleicht dürften aber auch hier die vegetativen Zustände wenigstens zu einem kleinen Theil mitwirken. Sie können recht gut die Steigerung des Abflusses im Septcml)er erklären. Auf Juli und August fällt die Haupternte. Eine nicht unbeträchtliche Fläche Landes wird dann der wasserhaltendcn Pflanzen- decke beraubt und damit der Abfluss beschleunigt. Im September selbst aber treten häuflg längere Dürren ein. In Folge dessen trocknet der Boden sehr stark aus, namentlich dort, wo er bereits nicht mehr Vegetation trägt. Dadurch vermindern sich die Abflussi)rocente im October. Wenn sich dieser Einfluss der Vegetation auch an anderen Flüssen bestätigen sollte, so würde das von grosser Bedeutung sein. Es wäre damit der klare Nachweis geliefert, dass Aenderimgeu in dem Pflanzen- klcid Verschiebungen in dem ganzen Wasserhaushalt eines Gebietes hervorbringen müssen. In Ländern, die stark entwaldet worden sind, ist eine solche Umwandlung auch stets beobachtet worden. Mau hat dann aus der Aenderung der Wassermasse in den Flüssen oft auf eine solche des Niederschlags geschlossen. Dieser .Schluss ist jedoch nach unseren obigen Ausführungen nicht zulässig. Nicht der Niederschlag, sondern das Verhältniss vom Abfluss zum Niederschlag kann sich geändert haben. In diesem Gegensatz finden wir nun den gesuchten Anhalt zur Bestimmung der einzelnen Factoren, welche die Ausgabe im Wasserhaushalt ausmachen. Die Aus- gabe setzt sich aus dem Abfluss im Saalestrom, aus der Verdunstung und dem \'erbraucli durch die Organismen zusammen. Den Betrag der Verdunstung kennen wir zu- nächst nicht. Da jedoch im Winter von der Lebewclt nur wenig Wasser verbraucht wird, so dürfen wir annehmen, dass in dieser Jahreszeit der von der Niederschlagsmenge nicht im Fluss abgeführte Theil fast ganz der Ver- dunstung zuzurechnen ist. Es fliessen aber in der Zeit November-A])ril rund 5U })Gt. ab; 50 pCt. also fallen im Winter der Verdunstung anheim. Im Sommer, Mai-(Jc- tobcr, verdunstet nun nach Messungen mittelst eines Eva- porimeters in Chemnitz, deren Ergebnisse wohl als maass- gebend für Mitteldeutschland angesehen werden dürfen, etwa die doppelte Menge als im Winter. Das viürde für das Saalegebiet, in dem im Winter rund "2000 Jlill. Cbm. Wasser verloren gehen, für den Sommer eine Verdunstung von 4000 Cbm. oder 55 pCt. des Niederschlags ergeben. Erwägen wir jedoch, dass die Messungsergebnisse eines Evaporimeters den natürlichen Verhältnissen nicht voll- kommen eutsjjrechcn, dass vielmehr eine ganze Reihe von Umständen darauf hinweisen, dass die Verdunstung während des Winters wohl kaum in dem ^'erhältniss von 1 : 2 hinter derjenigen während des Sommers zurücksteht, so müssen wir den obigen Werth für den sommerlichen Verlust etwas herabsetzen und dürfen ohne grossen Fehler auch im Sommer die directc Verdunstung zu 50 pCt. des Niederschlages ansetzen. Damit sind uns aber thatsächlich die Mittel gegeben, den Wasserhaushalt im Saalegebiet zift'ernmässig zu be- stimmen. Im Jahresdurchschnitt fallen rund oO pCt. tlcr Niederschlagsmengen auf den Abfluss, 50 pCt. auf die Verdunstung, und etwa 20 pCt. werden bei der Ent- wickelung der Organismen verbraucht. Der letzte Ver- lust gehört haupfsäehlich dem Sommer an, wo er auf über 30 pCt. steigt. Der Abfluss von 30 pCt. in dem Flussbett der Saale setzt sich aus dem direct abfliessenden und dem als Quellwasscr hervortretenden Regenwasser zusammen. Auch hier ist es UKiglich, den Betrag der beiden Ab- flussmengen annähernd zu bestimmen. Das einsickernde Wasser speist den Fluss in Zeiten der Trockenheit ganz allein, es verhindert ein völliges Versiegen des Flusses, bewirkt somit das Vorhandensein eines constanten Niedrig- wassers. Aus den niedrigsten Wasserständen jeden Monats ergiebt sich nun nach der 10jährigen Periode etwa ein Niedrigwasserabfluss von 1500 Mill. Cbm., XII. Nr. 1. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. das sind aber rund M pCt. der Al)tiussnieng'e über- haupt. Denniach würden in der Saale von dem gesammten Niederschlag 15 pCt. direct abfliesseu und 15 pCt. durch Absickern, also als Queilwasscr zum Fluss gelangen. Die vorstehenden Ergebnisse haben natürlich nur einen sehr bedingten Werth. Man darf bei der ße- urtbeilung derselben nicht vergessen, dass das benutzte Material wie die Methode der Berechnung mit vielfachen Fehlern behaftet sind. Das Ganze ist eben nur ein Ver- such, den Wasserhaushalt innerhalb eines Stromgebietes in seinen einzeln im Beträgen zu ermitteln. Wie weit den gefundenen Resultaten eine allgemeine Gültigkeit zuo-e- sprochcn werden kann, werden weitere Unter.suchunnen an Flüssen zeigen. Mögen die vorstehenden Ausführungen dazu die Anregung geben! Der körnige Zerfall, ein Beitrag- zur Physiologie des Todes nennt Prof. M. Verworu eine Arbeit (PHüger's Archiv für ges. Physiologie, Bd. 63), welche die Er- scheinungen des körnigen Zerfalls oder der trüben Schwellung an dem homogenen Protoplasma der Pseudo- podien von Hyalopus (Gromia) duj'ardini, einem marinen Rlii/.opodcn, untersucht hat. Schneidet man von einem Individuum, das in einem flachen Schälchen reichlicii Pseudopodien ausgestreckt hat, eine grössere Protoplasma- masse durch einen scharfen Druckschnitt ohne Zerrung ab, so hat man einen Klumpen wasserklaren Proto- plasmas, der meist noch einige Stunden lang am Leben bleibt, seine Gestalt durch Pseudopodicnliildung und Ein- ziehung verändert und sich verhält wie die Pseudopodien eines intacten Individuums. Erst nach Verlauf mehrerer Stunden beginnt das bis dahin vollkommen homogene und hyaline Protoplasma in sich eine Flüssigkeit in Form äusserst feiner Vacuolcn auszupressen, so dass es eine feiuwabige Struetur annimmt. In den Wabenwänden sammelt sich das Protoplasma zu klumpigen Anhäufungen, deren Verbindungsbrücken zerreissen. In Folge dessen platzen die Vacuolen und das Protoplasma der Waben- wäude zieht sieh zu isolirtcn Klümpchen und Kügelchen zusammen, die nur noch durch eine feine, schleimartige, dem Inhalte der Vacuolen entstammende Substanz lose an einander gehalten werden. Das ist die typische Er- scheinung des körnigen Zerfalls. Bei mechanischer Reizung der Pseudopodien durch Berührung mit einer Nadel nimmt das Protoplasma ganz dasselbe höckerige und körnige Aussehen an, wodurch das gereizte Proto- plasma im Gegensatz zu dem ungereizten, hyalinen völlig undurchsichtig eischcint. Das Pseudopodium verkürzt sich ein wenig und die gereizten Massen gleiten ganz allmählich dem Zcllkörpcr zu. Dann aber, meist ehe sie noch den centralen Körper erreicht haben, beginnen sie sich wieder allmählich zu glätten, das Protoplasma wird durchsichtiger und schliesslich hat die Stelle ihre frühere Beschaft'euheit wieder. Verfasser hält daher die Vorgänge, welche zum körnigen Zerfall führen, für energische Contractions- vorgänge des Protoplasmas, in denen sich bis in alle Einzelheiten das allgemein aller Contraction und aller Nekrobien nackter Protoidasmamassen zu Grunde liegende Princip ausspricht, dass nackte Protoplasmamassen, falls nicht von Aussen her hindernde Momente einwirken, im Con- tractionszustande alisterben und denigemäss im Grossen wie im Kleinen die Neigung haben, mehr oder weniger vollkommene Kugelform anzunehmen. Der körnige Zer- fall i.st der Ausdruck einer übermaximalen contractorischeu Erregung. R. Das natürliche phylogenetische Flechtensysteni hat neuerdings durch Prof. Rein ke in Kiel eine umfang- reiche Bearbeitung erfahren. (Pringsheim's Jahrb. für wissenschaftliche Botanik 1896, S. 171.) Bei der Aufstellung desselben Hess sich R. durch folgende allgemeine Gesichtspunkte leiten. 1. Die Flechten als solche, also als specifische Ver- einigung von Pilz und Alge, haben schon eine phyloge- netische Entwickelung durchgemacht. Sie leiten sich phy- logenetisch von Pilzen ab, aber nicht alle Pilze vermögen Flechten zu bilden. 2. Die Flechten, wenigstens die meisten, sind aus Ascomycetenfamilien hervorgegangen und polyphyletischen Ursprungs. 3. Die Einthcilung der Eichenes in Strauch-, Laub- und Krustenflechten ist vom Staudpunkt der Blutsver- wandtschaft unhaltbar, weil sie nicht hauptsächlich auf morphologischer Basis (Homologien) beruht, sondern auf rein physiologischer (Analogien). Die Entscheidung dar- über, ob man es bei einem bestimmten Merkmal mit Ho- mologie oder Analogie zu thuu hat, kann nur durch um- fangreiche vergleichende Studien getroffen werden. 4. Das oberste Eintheilungsprincip bei der Aufstellung des Systems liefern die Apothecien, weil solche schon die erste Flechte, welche entstand, haben musste. „Erst in zweiter Reihe stehen die Merkmale, welche das Flechten- consortium als solches im Laufe seiner phylogenetischen Entwickelung erworben hat." Die Askosporen können nur dann zur Einthcilung und näheren Abgrenzung der Gruppen verwendet werden, wenn andere wichtige Merkmale nicht dagegen sprechen. Dasselbe gilt von den Gonidien. 5. Die einfachsten Flechten (Krustenflechten) sind die Urformen, also die ältesten; aber reducirte Formen dürften bei den Flechten auch vorkonnnen. Die treibenden Factoren bei der phylogenetischen Entwickelung sucht der Verfasser in der natürlichen Zuchtwahl. Natürliche Familien sind nach R. unter anderen die Graphidacei mitGraphis, Opegiapha, Roccella etc., die Lecideacei, Cladoniacei mit lemadophila, Stereo- caulon, Baeomyces, Cladonia, Sphyridium, die Parme- liacei mit Lccanora, Parmelia, Cetraria, Evernia, Usuea, Cornicularia, Ramalina, die Physciacci mit Physcia und Anaptychia, die Lichinacei, Ephebacei, Stictacei, Peltigeracei und Collemacci. R. K. Henry C. .Merccr, der sich in den letzten Jahren die Durchforscluiiig der nordamerikanischen Höhlen auf prähistorische Reste zur Hauptaufgabe gemacht hat, hat seine Untersuchungen im letzten Jahre auch auf Mittelamerika ausgedehnt und insbesondere Nachgrabungen in 29 Höhlen der Halbinsel Yukatan angestellt. In mehreren dieser Höhlen fand er die obere Bodenschicht auch reich an menschlichen Artefacten, besonders der Töpferei, sowie an Knochen. Die untere Schicht dagegen erwies sich allenthalben als völlig steril, und was den Culturtypus betrifft, den die Funde darstellen, so war derselbe durchgängig ein sehr vorgeschrittener, wie er nicht auf dem Boden der Halbinsel erwachsen sein kann, sondern von auswärts eingeführt worden sein muss. Die Reste weisen auf keine eigentliche vorhistorische Rasse hin, sondern die Höhlenmenschen von Yukatan sind geologisch blutjung, und man kann aus den Spuren keinen anderen Schluss ziehen, als den, dass es die unmittelbaren Vor- Naturwissenschaftliche Wochenschrift. XII. Nr. 1. fahren iler .jetzigen Mayas, der bekannten uiittelameri- icanischcn >Städteerbauer waren, die aus dem einen oder anderen Grunde i^elegeutiich in den Höhlen Zutluclit suchten. Zu einem ähnlichen Ergebnisse hatten bekanntlich auch die Ibihlcnforschungen in Virginien, Kentucky, Indi- ana etc. gefülut. Auch dort fand man in den H(ililen aus.'^chlicsslich Reste, die von den unmittelbaren Vor- fahren der heutigen Indianer herrührten — genau wie in den nordamerikanischen „Mounds". E. D. Die iiitc'riiatioualen wisseii.schaftlicben Ballon- fabrteu in der Nacht auf den 14. November waren der Gegenstand eines Vortrags, welchen Professor Dr. Richard Assraann am 26. November im „Deutschen Verein für Luftscbift'fahrt" und am 1. Dezember im Ber- liner Zweigverein der „Meteorologischen Gesellschaft" hielt. — Nach den äusserst ergiebigen Resultaten, welche die zahlreichen Luftfahrten der Ballons „Humboldt", „Phönix" und „Cirrns" ergeben hatten und über welche in dieser Zeitschrift mehrfach berichtet wurde, sollte zu- nächst eine längere Pause eintreten, um das gewonnene überreiche Material erst einmal gründlich zu verarbeiten. Doch wurde zwischen Professor Assmann in Berlin und den Herren Hermite und Besanyon in Paris abgemacht, noch einmal eine gemeinschaftliche Fahrt von unbemannten Ballons zu veranstalten. Auch Russland interessirte sich für diesen Plan und auf einer Zusammenkunft der Directoreu der meteorologischen Institute in Paris im September dieses Jahres wurde ein „internationales aeronautisches Conüte" gegründet zum Zweck der Veranstaltung gleichzeitiger Auffahrten. Russlaud erbot sieh, gleichzeitig mit den Auffahrten in Paris und Berlin einen bemannten und einen unbemannten Ballon in Petersburg, sowie einen bemannten Militärballou in Warschau steigen zu lassen. Auch der Münchener und der Oberrheinische Verein für Luftschitffahrt schlössen sich dem Projeet an; der erstere wollte einen bemannten, der letztere einen unbemannten Ballon steigen lassen. In Paris, wo zuerst die Idee der unbemannten Ballons (ballon perdu, ballou sondc) angeregt und verwirklicht wurde, sollte ein unbemannter, in Berlin ein unbemannter und ein bemannter Ballon steigen. So sollten denn an 6 Orten 8 gleichzeitige Fahrten stattfinden, von denen man allerdings mit Recht einen genauen Üeberldick über die Zustände und die Luft- strömungen der höchsten Atmosphärenschicliten in einem bestinnnten Moment erwarten durfte. Damit die Registrir- Instrumente vor jeder Sonnenstrahlung völlig geschützt seien, beschloss man, einer Anregung des Prof. Assmann folgend, die Fahrten zur Nachtzeit vorzunehmen. Paris machte nun den Vorschlag, das Experiment in der Nacht vom II-}. auf den 14. November vorzunehmen, weil man hoffte, durch die bemannten Ballons gleichzeitig über den Radiationspunkt des in dieser Nacht fälligen Sternschnup- ])enschwarmes der „Leoniden" genauere Beobachtungen zu gewinm'n, eine Hoffnung, die sich übrigens nicht erfüllt hat. Thatsächlich fand in dieser Nacht um 2 Uhr Pariser Zeit der gemeinsame Aufstieg- statt; nur in Jlünchen Hess man den Ballon erst um 7 Uhr Morgens steigen. Doch ist das Experiment als nur tlieilweise geglückt zu be- trachten. Mau hatte gehofft, dass die unbemannten Ballons ausnahmslos bis in Höhen von loÜOO— 20 000 Metern .steigen würden und glaubte aus früheren Erfahrungen, dass sie durchweg ziemlich weit (nach Osten) getragen werden würden. Thatsächlich aber erreichte "nur ein einziger Ballon die gewünschte Höhe. Der unbemannte Ballon, welcher in Berlin (auf dem Tempclhofer Felde) aufstieg, war der „Cirrus", der schon (iinal Fainteu über 12U00 Meter ausi^efülirt liattc. darunter eine bis zum Kloster Tavua in Bosnien (7. Juli IS'JI), eine zweite in die Gegend von Minsk (6. Sep- tember 1894) und eine dritte, die ihn bis auf eine Höhe von mehr als 20 000 Meter führte, nach den dänischen Inseln. In Folge dieser mannigfachen Abenteuer, auf denen er manche Wunde erlitten hatte, war er schon mehrfach gefliekt, und am 14. November nun bekam er bereits in etwa (5000 Meter Höhe einen Riss, trot/.deni er vorsichtshalber nur halb gefüllt worden war, und das ausströmende Gas Hess ihn nach nur einstündiger Fahrt schon im Grunewald, in der Nähe der Saubucht, herunter- sinken, wo er am 15. November in total demolirtem Zustande, aber mit unversehrten Instrumenten aufgefunden wurde. Es war die letzte Fahrt des berühmten Ballons gewesen. Der Petersburger unbemannte Ballon platzte gleich- falls in 5000 Meter, nach nur sehr kurzer Fahrt. Der Strassburger Ballon stieg dagegen bis fast zu SOOO Meter Höhe, sank dann aber auch ohne recht ersichtlichen Grund nach nur dreistündiger Fahrt im Schwarzwald nieder. Nur der Pariser Ballou erfüllte die gehegten Er- wartungen. Er erreichte eine Höhe von 15 000 Metern, wo er eine Temperatur von — 63° vorfand, und wurde erst nach wenigen Tagen in Belgien aufgefunden, nachdem man schon geglaubt hatte, er sei in die Nordsee ge- trieben und verloren gegangen. Der Münchener bemannte Ballon flog Anfangs nach SSE, änderte dann nördlich von Salzburg seine Richtung und landete schh esslich sUdöstHch von Linz; seine Maximal- höhe betrug o400 Meter. Der bemannte Petersburger Ballon flog in sUdsüdwestlicher Richtuug bis in die Gegend von Pskow, der Warschauer nach Galizieu. Am interessantesten gestaltete sich von den Fahrten der bemannten Ballons diejenige des Berliners. Es war ein Militärballon, der „Bussard", den man aufsteigen Hess. Die Führung hatte wieder der bewährte Herr Berson vom Berliner meteorologischen Institut über- nommen, welcher au diesem Tage seine vierzigste Luft- reise unternahm; ausserdem war noch Preniierlieuteuant von Kehler von der Militär-Luftschiftcr-Abtheiluug an Bord. Man hatte die Absicht, eine möglichst weite und hohe Fahrt zu unternehmen. Deshalb hielt sich der Ballon 4 Stunden lang in sehr geringen Höhen (unter 2000 Meter). Mit Sonnenaufgang erfolgte dann erst der eigentliche Aufstieg, welcher den Ballon bis in eine Höhe von 5700 Metern führte. Da der Ballon in nordnord- westlicher Richtung flog, hatte man die feste Absicht, die Fahrt bis auf die dänischen Inseln oder gar nach Südschweden auszudehnen. Da man einen ausser- ordentlich grossen Ballastvorrath bei sich hatte und bei Sonnenaufgang bereits die Ostsee in der Ferne erblickte, wäre jeuer Plan bei gewöhnlicher Windstärke unzweifel- haft geglückt. Gerade auf dieser Fahrt aber herrschte bis in grössere Höhen hinauf eine so geringe Luft- bewcjiung, wie sie Herr Berson auf seinen zahlreichen Fahrten noch nie zuvor angetroflen hatte. Nachdem daher der Ballon fast drei Stunden lang unbeweglich über dem Müritzsee gestanden hatten, sahen sieh die beiden Luftschiffer zu ihrem grössteu Bedauern genöthigt, ihren Plan fallen zu lassen und mit dem Ballon in der Nähe von Rybnitz an der mecklenburgischen Küste zu landen, wobei sie unerwarteter Weise in den untersten Regionen einen kräftigen Wind antrafen, so dass sie noch eine Schleiffahrt zu bestehen hatten. Das wichtigste meteorologische Ergebnis der ge- sammtcn Fahrten war, dass man über weite Strecken in gleichen Höhen fast genau die gleichen Temi)eraturcn antraf, in tieferen Kegionen fanden die beiden Berliner XII. Nr. 1. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Baiions eine ausgeprägte Temperaturumkehr: während in Berlin beim Aufstieg massiger Frost (durch starke Aus- strahlung des Erdbodens bei heiterem Himmel) herrschte, stieg das Thermometer in 2000 m Höhe über den Null- punkt, und erst in 3000 m fand sich wieder die gleiche Temperatur von — 4*^, die am Erdboden geherrscht hatte. Die Luftströmungen in den fast überall erreichten mittleren Höhen von 4000 — 7000 Jletern Höhe waren durchaus dieselben, welche nach der vorhandenen Wetter- lage am Erdboden bedingt werden mussten. Es erstreckte sich in der Nacht vom 13. auf den 14. November ein ausgedehntes Maximalgebiet in leichtem Bogen über Frankreich, Oesterreich, Deutschland, Jütland und Skan- dinavien. Ein tiefes Minimum lag bei Irland, ein zweites flacheres im westlichen Russland. Eine Zusammenstellung der AViudrichtungen, in welchen die Ballons sich be- wegten, ergiebt nun, dass der Pariser nach NE, der Ber- liner nach NNW (beide unter dem schwachen Einfluss des westlichen Minimums), dagegen der Petersburger nach SSW, der Warschauer nach SSE (beide unter dem Ein- fluss des östlichen Minimums) flogen, während die Richtung des Miinchener Ballons, welcher ziemlich im Centrum des Hochdruckgebietes aufstieg, wechselte und die im allge- meinen östlich gerichtete Fahrt des Strassburger Ballons eine zu kurze war, als dass man der Richtung eine be- sondere Bedeutung beilegen könnte. Der letztere Ballon hat noch besonders viel von sich reden gemacht in Folge seiner eigenthümlicheu Temperatur- kurve. Seine Registrirapparate zeigen nämlich die niedrigste Temperatur von — 30° bei 5900 m Höhe. Dann springt die Temperaturcurve ganz plötzlich beträchtlich, und zwar dermaasseu, dass sie für 8000 m Höhe den höchsten Temperaturwerth von -f- 7° aufweist. Es sind die ge- wagtesten Hypothesen aufgestellt, um diesen Aufzeich- nungen eine objective Berechtigung zuschreiben zu können. Doch kann absolut kein Zweifel darüber bestehen, dass das Registrirthermometer über 6000 m falsche Angaben gemacht hat, oftenbar weil es nicht für sehr niedrige Temperaturen genügend geaicht war. Dass die Apparate in der bezeichneten Höhe schadhaft und unzuverlässig geworden sind, beweist auch ein gleichzeitiger, sonst ganz unerklärlicher Sprung in der Barographencurve, vor allem aber die Thatsache, dass der Thermograph beim Abstieg des Ballons für 6000 m Höhe nicht etwa wieder — 30«, sondern etwa 0" registrirte. Dass die Apparate nach der Landung wieder richtig functionirten, ist nach früheren Erfahrungen durchaus kein Beweis gegen die Richtigkeit der geäusserten Vermuthung. Prof. Assmann bezeichnete die Fahrten vom 14. No- vember ausdrücklich als erstes derartiges Unternehmen. Es steht also mit Sicherheit zu erwarten, dass dem ersten, nur theilweise gelungenen Versuch eine Reihe von anderen folgen werden, welche allerdings in ganz hervorragender Weise zur gründlichen Erforschung der oberen Atmosphären- schichten beizutragen vermögen, zumal bezüglich der Luft- strömungen daselbst im Vergleich mit den gleichzeitigen Beobachtungen auf der Erde. Die zurückgelegten Strecken der einzelnen Ballons waren diesmal durchweg relativ klein; wenn man aber bedenkt, welche gewaltigen Strecken der „Cirrus" auf seinen ersten Fahrten zurücklegte, oder wenn man sich gar erinnert, dass von den Ballons, welche im Jahre 1870 aus dem belagerten Paris, mit Briefen beladen, in die Lüfte gesandt wurden, der eine bis nach Telemarken in Mittel-Skandinavien flog, ein anderer so- gar erst in Natal niederging, so wird man den weiteren internationalen Versuchen mit begründeter Zuversicht auf ein gutes Gelingen entgegensehen können. H. Aus dem wissenschaftlichen Leben. Gestorben: Geh. Ratli Emil Du Bois Keymoud, ordent- licher Professor der Physiologie au der Universität Berlin. Wissenscliaftliche Abtheilung der Allgemeinen Gartenbau- Ausstellung in Hamburg 1897. - Im Jahre 1897 findet in Hamburg vom Mai bis September eine Allgemeine Gartenbau- Ausstellung statt, für die schon seit längerer Zeit umfassende Vor- bereitungen getroffen und zahlreiche Preise ausgesetzt worden sind. Seit kurzem ist auch für dieselbe eine wissenschaftliche Abtheilung geplant, welche am "JS. Mai 1897 eröffnet werden soll und bis zum Schlüsse der Ausstellung Ende September dauern wird. Dem allgemeinen Programm, welches dieser wissenschaft- lichen Abtheilung zu Grunde liegen soll, ist seitens des hierfür gebildeten Ausschusses folgende Fassung gegeben. Zur Ausstellung sollen gelangen: 1. Durch mechanische, atmosphärische und Bodeneinflüsse hervorgerufene Erkrankungen der Culturpflanzen: Verwundungen (Aestung, Inschriften), Wundheilung (Ueberwallung, Verwachsung), Wundbehandlung; Pfropfung und Oculirung; Etiolirung, Rindenbrand, Frostrisse, Frostkrebs, Sturm- beschädigung, Hagelschlag, Blitzschlag, Rauchbeschädigung, Chlo- rose, Verzwergung etc. — 2. Die thierischen und pflanz- lichen Schädlinge des Garteubaues, Obstbaues sowie im Hin- blick auf die schwer zu ziehende Grenze des Land- und Forstbaues, eventuell mit Berücksichtigung exotischer Formen. Die von den Schädlingen hervorgerufenen Krankheiten, Missbil- dungen und Zerstörungen der Culturpflanzen. Die Vertilgungs- mittel der Schädlinge. — 3. Die der Pflanzencultur nützlichen Thiere und Pflanzen, a) Die wichtigsten blüthenbestäu- benden Thiere. Darstellung ihrer Thätigkeit an geeigneten Präparaten, Modellen, Tafeln etc. b) Die nützlichen Wurzel- pilze (Knöllchenbakterien, Mykorrhizen). c) Die Hauptfeinde der Cultui'schädlinge (Schlupfwespen, Braconiden, Tachinen etc.; insectentödtende Pilze). — 4. Bild ungsab weich ungen und Missbildungen der Pflanzen: Verhänderungen, Maserbildung, Verlaubung, Füllung, Durchwachsung etc. — 5. Vergleichende Düngungsversuche an lebenden Topfpflanzen: (Beginn der Ausstellung am 30. Juli). Culturen in Nährlösungen. — G. Wilde Stammformen unserer Culturpflanzen (getrocknet oder lebend). — 7. Lebende exotische Nutzpflanzen in Töpfen. — 8. Aus- wahlsammlungen der wichtigsten exotischen Nutzpflanzen in conseryirten Exemplaren (getrocknet, in Alkohol etc.), sowie in einzelne n Organ en und The ilen (Blüthen, Früchte, Samen). — 9. Nach morphologischen oder biologischen Gesichtsijunkten geordnete Auswahlsammlungen von Pflanzen und Pflanzentheileu (Blüthen, Früchte, Samen, Keimpflanzen etc.) — 10. Resultate wissenschaftlicher Bestäub ungs versuche, wo möglich unter Vorführung der Stammeltern. — 11. Wissen- schaftliche Hülfsraittel für den gärtnerischen Unterricht. a)Litteratur über Gärtnerei und Parkwirthschaft, Obstbau, Schädlinge, Bestäubung durch Insecten etc. (Dieselbe wird seitens des Ausschusses beschafft und zusammengestellt.) b) Tafeln. Mo d eile, mikroskop ische Präparate, Glasphotogramme u. s. w. c) Graphische oder körperliche Darstellungen über den Nährwerth des Obstes und der Gemüse. Platzmiethe oder Zulassungsgebühren werden für diese Aus- stellung nicht erhoben, jedoch behält sich der wissenschaftliche Ausschuss die Entscheidung über die Zulassung der angemeldeten Objecte vor. Für die von wissenschaftlichen Instituten oder Lehr- anstalten eingesendeten Ausstellungsgegenstände wird auf Wunsch sogar Fracht und Versicherung rückvergütet. Ausser einer grossen Zahl goldener und silberner Medaillen sind auch eine Reihe von Geldpreisen ini Betrage von 100—500 Mark z. B. für Zusammen- stellungen pflanzlicher oder thierischer Schädlinge der Cultur- gewächse, für Vertilgungsmittel von Pflanzenschädlingen, für Düngungsversuche an Topfpflanzen, für wissenschaftliche Pfropf-, Oculirungs- oder Bestäubungsversuche etc. ausgesetzt; weitere Geldpreise sind noch in Aussicht genommen. Der Ausschuss ist gerne bereit, Interessenten auf Wunsch das Programm zuzusenden. Dr. C. Brick, Hamburg (IBotan. Museum). L 1 1 1 e r a t u r. Prof. Dr. Georg Elebs, Die Bedingungen der Fortpflanzung bei einigen Algen und Pilzen. Mit 3 Tafeln und 1-5 Text- tigureu. Gustav Fischer in Jena. 1896. — Preis 18 M.*) Das umfangreiche Buch bildet den ersten Theil eines zwei- bändigen Werkes über die Fortpflanzungsphysiologie der niederen Organismen. *) Ueber den Gegenstand ist zwar schon mehrere Male ein- gehend in der Naturw. Wochenschr. referirt worden; bei dem Interesse des Gegenstandes seien aber im Zusammenhange auch die 'schon erwähnten Dinge mit herangezogen. 10 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. XII. Nr. 1. Nach 9jähriger ununterbrochener Arbeit tritt Klebs mit diesem Werke an die Oeffentlichkeit, das berufen erscheint, unsere Ansichten über die Physiologie der Fortpflanzung der niederen Pflanzen von Grund aus umzugestalten. Das Capitel über Fortpflanzung, -nie es in den meisten Lehrbüchern über Pflanzenphysiologie dargestellt wird, enthält eigentlich nur That- sachen der'Entwickelungsgeschichte, die unvermittelt neben ein- ander stehen. Das Weuige, was über Generationswechsel bekannt ist, ist zum Theil selbstverständlich, zum Theil aber werthlos, weil es nicht auf Experimenten beruht. In dieses dunkle Gebiet verbreiten nun die Untersuchungen des Verf. einiges Licht. Man mache sieh aber von vornherein klar, wie weit es zur heutigen Zeit überhaupt möglich ist, hier einzudringen. Wenn Verf. von der Fragestellung ausgeht, in welcher Weise die Organismen in Bezug auf ihre Fortpflanzung auf äussere Einflüsse reagiren, so constatirt er damit, dass die Organismen auf bestimmte Einflüsse in bestimmter Weise reagiren. Der eigeutliche Kernpunkt der ganzen Fortpflanzungslehre, nämlich zu erklären, wie die Beein- flussung vor sich geht und weshalb eine solche Beeinflussung gerade so uud nicht anders sich der Aussenwelt gegenüber kund giebt, wird natürlich nicht dadurch berührt. Das ist eben bei dem heutigen fragmentarischen Wissen über die Plasmavorgänge im Innern der Pflanze ganz unmöglich. Verf. hat sich deshalb auch nur auf das Erreichbare beschränkt; hier aber hat er Resultate erreicht, die so bedeutend sind, dass das Erscheinen des vorliegenden Werkes einen Markstein in der Lehre der Fort- pflanzungsphysiologie bildet. Der bis jetzt erschienene Band erhält nur die speciellen Resultate, also nur die durch die Experimentaluntersuchung ans Licht geförderten Thats-achen ; alle Folgerungen allgeineiner Natur, sowie den Ueberblick über die Fortpflanzung der niederen Pflanzen überhaupt bringt erst der demnächst zu erwartende allgemeine Theil. Einen Auszug daraus hat Klebs bereits in einem Vortrage gegeben, den er auf der Naturforscherversammlung in Lübeck im Jahre 1S95 gehalten hat. Dieser Vortrag ist in seinem wesent- lichen Inhalt in der Naturw. Wochenschr. 1895, S. 591 wieder- gegeben. Bei der ungeheuren Fülle des Stofi^es, den der specielle Theil enthält, kann natürlich nur eine begrenzte Zahl von Fällen hier zur Besprechung gelangen. Ref. möchte daher nur einige charakteristische Arten herausgreifen, um den Lesern der Naturw. Wochenschr. die Methodik und die erlangten Resultate vor Augen zu führen. Ganz allgemein sei noch über die Versuchsanstellung folgendes gesagt. Zur Verwendung kamen möglichste Reinkulturen der zu untersuchenden Organismen. Für die Pilze ist die anzuwendende Methodik bekannt, dagegen waren für die Algen neue Wege ein- zuschlagen. Wie man hierbei vorgeht, darüber verbreitet sich Klebs ausführlich in dem Capitel über Botrydium. Vor allen Dingen wollen die Algen eingehend in der Natur studirt sein, um die Bedingungen, welche ihnen zusagen, kennen zu lernen. Erst wenn diese bekannt sind, ist es möglich, eine Isolirung der Alge und eine Reinkultur vorzunehmen. Wie das anzustellen ist, muss in jedem speciellen Fall ausprobirt werden. Rathschläge allge- meiner Natur lassen sich dabei kaum geben. Erfahrung und Geduld sind die Haupterfordernisse für das Gelingen derartiger Experimente. Um nun die Bedingungen kennen zu lernen, unter denen die verschiedenen Algen ihre Frnctificationsorgane ausbilden, wurden die Culturen unter verschiedenen äusseren Verhältnissen gehalten. Es wurden also die Belichtungsverhältnisse, die chemische Zu- sammensetzung der Nährmedien, die Temperatur etc. geändert und nun die Veränderungen constatirt, welche dadurch auf die Algen hervorgebracht wurden. Dabei ergab sich, dass die Algen im Allgemeinen leicht und sicher auf äussere Einwirkungen rea- giren, während bei den Pilzen diese Reaction weniger prompt und unter viel verwickeiteren Verhältnissen eintritt. Ein sehr gutes und lehrreiches Beispiel bieten die Vaucheria- Arten, die hier genauer berührt werden sollen. Herausgegrifi'en sei Vaucheria repens. Diese Alge pflanzt sich ungeschlechtlich durch Zoospoi'en und geschlechtlich durch Anthoridien und Oogonien fort. Es galt nun, durch äussere Bedingungen eine dieser beiden Fortpflanzungsarten sicher hervorzurufen. Zur Erzeugung der Zoosporen sind folgende Methoden wichtig: 1. Die mehrere Tage feucht und hell cultivirte Alge wird mit Wasser begossen, 2. Die in 0.2 — 0,b " „ Knoopscher Nährlösung hell cultivirte Alge wird in reines Wasser übergeführt. 3. Kulturen in Wasser oder 0,1 bis 0,2 "/o Nährlösung werden verdunkelt. Die besten Resultate er- giebt Combination von Methode 1 oder 2 mit 3. Es wird nun in einer Reihe von Capiteln besprochen, wie die einzelnen äusseren Factoren auf die Alge einwirken. Mitgctheilt seien daraus folgende interessante Thatsachen. Im Dunkeln bildet die Alge noch eine geraume Zeit Zoosporen, wenn deren Bildung eingeleitet war, bis schliesslich ein solcher Mangel an Nährstoffen eintritt, dass zwar noch Wachsthum, aber keine Zoosporen- bildung mehr stattfindet. Der plötzliche Uebergang von Luft in Wasser wirkt zoosporenbildend, nur inuss vorher genügende Feuchtigkeit in der Luft gewesen sein. Bildet eine Kultur im Dunkeln Zoosporen, so hört der Process sofort auf, wenn die- selbe dem Licht ausgesetzt wird. Verminderung des Lichtes wirkt als Reiz für Zoosporenbildung. Es fragte sich nun, ob be- stimmte Farben einen solchen Einnuss ausüben. Hierbei ergab sich als Resultat, dass die hell erscheinenden Strahlen (gelb, roth) wenig oder nicht wirksam sind, während die dunkel er- scheinenden (blau) wie verringertes Licht wirken. Um mit Licht- quellen von constanter Intensität zu arbeiten, wandte Klebs Auer- glühlicht an. Dabei ergaben sieh ganz ähnliche Resultate wie für Sonnenlicht. Für die Zoosporenbildung liegt das Minimum bei 3", das Maximum bei 26" C. Durch starke Temperaturschwan- kungen kann bei Ausschluss aller anderen Reize die Bildung der Zoosporen veranlasst werden. — Bei der vom Verf. angewandten anorganischen Nährlösung wii-kte eine Steigerung der Concen- tration über 0,7 °/o als Hemmniss der Zoosporenbilduug. Der Auf- enthalt in der Nährlösung erzeugt mit Ausnahme einiger be- stimmter Fälle nur vermehrtes Wachsthum, findet aber plötzlicher Uebergang in Wasser statt, so wirkt dieser Wechsel als Reiz für die Auslösung des Processes der Zoosporenbildung. Der Ueber- gang von Wasser in organische Nährlösungen (Zuckerarten) wirkt für sich nicht zoosporenbildend, wird aber die Alge z. B. aus feuchter Luft oder Nährlösung in eine 2 — 4proc. Rohrzuckerlösung gebracht, so erfolgt die Zoosporenbildung wie im Wasser bei gleicher Abhängigkeit von Licht und Temperatur. Die Versuche über Einwirkung des Sauerstoft'es und der Luftverdünnung er- gaben keine genügend prägnanten Resultate. Plötzlicher Ueber- gang aus strömendem in stehendes Wasser erzeugt Zoosporen- bildung, freilich wird der Process wohl nur durch die Verminderung des Sauerstoffgehaltes des Mediums veranlasst. — Für die Er- zeugung der geschlechtlichen Fortpflanzungsorgane ist das Vor- handensein von hellem Licht unerlässlich. Am sichersten gelingt die Erzeugung dieser Organe bei Kultur in 2 — 4proc. Rohrzucker- lösung bei hellem Licht. Ueber den Einfluss der Lichtintensität sowie des farbigen Lichtes hat Verf, eine grosse Reihe von Ver- suclien angestellt, die hier übergangen werden können. Der Feuchtigkeitsgrad hat wenig Einfluss, es ist also gleichgiltig, ob die Kultur in feuchter Luft oder in Wasser sich befindet. Die Temperaturgrenzen sind dieselben wie für die Zoosporenbildung. Im Allgemeinen wirken organische Lösungen (Zuckerarten) för- dernd auf die Bildung der Geschlechtsorgane ein, während an- organische sie verhindern. Sauerstoff ist nur in beschränktem Maasse nothwendig. Fliessendes Wasser verhindert die Bildung gänzlich. Sehr interessant sind ferner die Versuche, wodurch es gelang, die Zahl der männlichen Organe gegenüber der der weib- lichen wesentlich zu erhöhen. Die Untersuchung des Wassernetzes, Hydrodictyon utricula- tum, hatte zuerst die Bedingungen der verschiedenen Propagations- arten aufgedeckt und zugleich bewiesen, dass ein regelmässiger Generationswechsel nicht stattfindet. Hervorgehoben sei nur Folgendes. Die Zoosporenbildung findet statt, wenn die Alge bei heiler Beleuchtung aus einer 0,.5 — 1 proc. Nährlösung in Wasser übergeführt oder wenn sie aus fliessendem in ruhiges Wasser ver- setzt wird. Den Einfluss des Lichtes, der Temperatur, der Nähr- medien etc. bespricht Verf. in ganz ähnlicher Weise wie bei Vaucheria. Für die Gametenbildung kommen andere Bedingungen in Betracht, vor Allem, wenn gesunde Netze in relativ weuig Wasser sonnig gestellt werden. Besitzen die Netze erst eine Neigung zur Zoosporenbildung, so sind die Bedingungen viel ver- wickelter, unter denen sie Gameten bilden. Deshalb gelingen auch die Versuche nach dieser Richtung hin nicht mit absoluter Sicherheit, da noch hauptsächlich die Gefahr hinzukommt, die Netze indift'erent zu machen. Ein sehr interessantes Capitel ist das über Botrydium. Nach den Untersuchungen von Rostafinski und "S'V oronin glaubte man die Kenntniss des Entwickelungsganges für vollständig zu halten. Klebs weist nun nach, dass die Art aus zwei sehr leicht zu ver- wechselnden Arten besteht, die sich aber wesentlich im Ent- wickelungsgang unterscheiden und auch auf äussere Reize ver- schieden reagiren. Während Botrydium granulatum sich nur durch eine Art von Schwärmern fortpflanzt und nie Stärke, sondern Oel bildet, hat Protosiphon botryoides (novum genus) unbeweg- liche Sporen und Gameten, ausserdem Stärke in den Zellen. Die Diagnose, die Klebs für Protosiphon giebt, kann als erstes Bei- spiel für die von ihm aufgestellte Forderung gelten, dass bei niederen Organismen, deren morphologische Merkmale nicht immer hervortreten, die physiologisclieu Merkmale zur Beschreibung herangezogen werden müssen. Ueber die Gruppe der Conjugaten soll nur weniges mitgetheilt werden. Spirogyra inflata schreitet zur Copulation, wenn sie in 2—4 proc. Rolirzuckerlösung hell sonnig steht. Die Haupt- bedeutung für die Conjusation kommt dem Lichte zu. Sehr interessant sind Versuche, die zur Erzeugung von parthenogenetisch gebildeten Dauersporen führten. Neben anderen Modificationen führte zum Ziele, wenn die Alge nach einer Cultur in 4 proc. Rohrzuckerlösung in 6 proc. versetzt wurde. Die Vorbedingung XII. Nr. 1. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 11 war, dass sich in der ersten Culturflüssigkeit bereits die Copu- lationsfortsätze gebildet hatten. Die Protoplasten, die im Begriff war zu copulireu, contrahirten sich, umgaben sich, soweit nicht völliges Absterben stattfand mit einer Membran und verhielten sich ganz so wie normale Zygosporen. — Cosmarium Botrytis trat in Copulation ein, wenn nach längerer Wassercultur an kühlem, schattigen Ort plötzlich helle Belichtung dargeboten wurde; daneben half Zuekerlösung sehr zur Beschleunigung des Processes. Bei Oedogonium diplaudrum kann durch Uebergang aus niederer in höhere Temperatur oder von fliessendem in stehendes Wasser Zoosporenbildung mit grösster Sicherheit erzeugt werden. Auch der Ersatz von Nährlösung durch Wasser wirkt meist zoosporenbildend. Licht dagegen übt hier gar keinen Einfluss auf diesen Process aus. Für die Erzeugung der geschlechtlichen Fortpflanzung sind ruhiges, stehendes Wasser, Licht und relativ geringe Zufuhr von Näiu-salzen die Hauptbedingungen. Ausser- ordentlich interessant ist, dass bei einer anderen Art derselben Gattung, Oedogonium capillare, die Bedingungen zur Zoosporen- bildung total verschieden sind. Hier wirkt der Aufenthalt im Dunkeln oder Cultur in Rohrzuckerlösung von 4 — 10 pCt. bei massigem Licht oder endlich nach langer Wassercultur der Aufenthalt in verdünnter Nährlösung (0,1 — 0,2 pCt.) bei Gegen- wart von Licht. Die Bedingungen dagegen für die Bildung der geschlechtlichen Fortpflanzungszellen sind fast dieselben wie bei Ü. diplandrum. Ulothrix zonata ist ebenfalls untersucht worden, doch ergaben die Versuche nur wenig sichere Resultate, da die Alge sich nur sehr schwer in künstlichen Culturen halten lässt. Bei Conferva bombycina konnte Verfasser feststellen, dass die Zoosporenbildung durch Verdunklung in Verbindung mit or- ganischen Substanzen hervorgerufen werden kann. Allerdings muss die Alge sich in reizbarem Zustande belinden, was durch längere Cultur in fliessendem Wasser zu erzielen ist. Sehr interessant sind die Experimente mit zwei Arten der Gattung Bumilleria, von denen die eine neu ist. B. sicula pflanzt sich durch Spaltung der Fäden in Theilzellen, durch Zoosporen und Dauerzellen fort. Die Spaltung lässt sich leicht hervorrufen, wenn die Alge eine Zeit lang fast trocken gehalten und dann mit Wasser bedeckt wird. Zoosporen werden ge- bildet, wenn die Alge aus feuchter Luft in Wasser oder aus Nährlösung in Wasser übergeführt wird; doch ist die Alge launenhaft und reagirt nicht immer mit absoluter Sicherheit. Um Dauerzellen zu erzeugen, braucht man blos eine Cultur der Alge auf Lehm bei hellem Licht langsam eintrocknen zu lassen. Auf Grund der von ihm gewonnenen Erfahrungen giebt Klebs dann eine neue Beschreibung der Gattungen der Ulo- tricheen. Es gehören dazu Ulothrix, Hormidium, Bumilleria, Conferva, Microspora und Schizogonium. Von den weiter behandelten Algen sei noch Draparnaldia herausgegriffen. Um Zoosporen zu erzeugen, genügt es, die Algen aus fliessendem in stehendes Wasser zu bringen. Ver- dunkelung befördert den Prozess ausserordentlich. Auch der Uebergang von Nährlösung in Wasser wirkt fördernd. Ausserdem erzeugt die Alge Mikrozoosporen, die Dauerzellen bilden. Bi.s- weilen geht dieser Bildung die Copulation zweier Schwärmer voraus. Der Copulationsaet ist von Klebs eingehend untersucht worden. Leider hat sich mit Sicherheit nicht feststellen lassen, unter welchen äusseren Einflüssen die Ausbildung dieser Mikro- zoosporen erfolgt. Die Volvocinee Chlamydomonas media Klebs bildet Gameten und Zygoten immer aus, wenn die Zellen von Nährlösung in Wasser übergeführt werden. Ausser den zur Untersuchung herangezogenen Algen hat Klebs auch einige Pilze verschiedenen Bedingungen unterworfen. Der allverbreitete Schimmelpilz Eurotium repens bildet Conidien- träger und Perithecien. Für die Bildung der Conidienträger ist die Temperetur und das Vorhandensein gewisser Nährstoffe maassgebend. Bei den Versuchen von Klebs lag das Minimum der Temperatur bei 7", das Maximum bei 37", während sich zwischen SG— 30° eine sehr reichliche und bereits nach kaum einem Tage auftretende Conidienbildung zeigt. Um die Be- dingungen für die Conidienbildung noch näher zu studiren, wurden Versuchsreihen mit allen möglichen Nährstofien ange- stellt. Es^ ergab sich daraus, dass der Pilz nur dann reife und normale Conidienträger erzeugt, wenn das Mycel seiner Umgebung das ^yasser mit einer grossen Kraft entziehen muss; es findet also dann nur eine beschränkte Wasseraufnahme statt. Es gelang sogar dem Verfasser, den Werth dieser Kraft durch den osmotischen Druck einer Traubenzuckerlösung von ca. 1.5 pCt bei einer lemperatur von iS" auszudrücken. Im Allgemeinen gilt hier wie tur alle Pilze, dass die äusseren Bedingungen für die Erzeugung einer Fruchtform ausserordentlich verwickelte sind. Während sich tur . Grössere AufträRe ent- sprechenden Rabatt. Beilagen nach üebereinkunft. Inseratenannabme bei allen Annoncenbureaux wie bei der Expedition. Abdrack ist nur mit vollständiger «Quellenangabe gestattet. Die zoologische Sammlung des Königlichen Museums für Naturkunde zu Berlin. ') Die Reptilieu-Schausammlung:. **) Von Dr. H. Stadelmann. Einleituug. Die Reptiliensehausammluug des Museums ist in dem Quersaal aufgestellt worden, welcher neben dem rechten Trepiienhause liegt. Dieser Saal enthält ausserdem die Amphibien- und Fischschausammlung. Die Reptilien- ausstellung beginnt gleich am Saal-Eingang und zieht sich von da nach rechts herum. Die Schaustücke sind in aufrechtstehenden Glasschränken untergebracht und sind entweder ausgestopft oder in Spiritusgläser ein- geschlossen. Den inneren Bau der Reptilien erläutern in der Schausammlung zahlreiche anatomische Präparate, Skelette und SkelettstUcke. Da einige Vertreter dieser Thierordnuug wegen ihrer riesigen Grösse in den er- wähnten Glasschränken nicht untergebracht werden konnten, so haben sie in dem benachbarten Treppen- hause ihre Aufstellung gefunden. Man sieht deshalb hier die schwarze Riesenschildkröte von den Galapagosinseln Testudo nigrita, die Suppenschildkröte Chelone mydas, die Lederschildkröte Dermochelys coriacea, das Nilkrokodil Crocodilus niloticus und den Mississippialligator, Alligator mississippiensis. Die Reptilien sind wechselwarme Wirbelthiere, d. h. Wirbelthiere, deren Blutwärme von der umgebenden Luft abhängt. In ihrer Haut liegen Hörn- oder Knochen- schilder. Sie athraen stets durch Lungen, legen Eier *) Fortsetzung von Band X, No. 45 Seite 541-544. — Red. **) Bei Zusammenstellung des obigen Führers dieser Abtheilung wurden benutzt: 1. Synopsis der Zoologie von Leunis, 2. Brehm's Thierleben, 3. die Cataloge des British Museum. oder werfen lebendige Junge und zeigen in der Jugeud- Entwickelung keine Gestaltsveränderuugen , haben also keine Metamorphose. Wie bei den Vögeln hat ihr Hinter- haupt nur einen Geleukhöcker. Erste Reptilieuordnung: Krokodile, Hydrosauria. Die Krokodile sind grosse, eidechsenähnliehe Thiere und sämmtlich Wasserbewohner. Ihre Haut ist derb, und in ihr liegen auf dem Rücken grosse, verknöcherte, meist gekielte Hautschilder. Die Hautschilder der übrigen Körperregionen sind kleiner. Der Schwanz ist sehr lang und seitlich zusammengedrückt. Durch Erhebung der Kiele der oberen Schwanzschilder wird auf der Schwanz- firste ein zuerst paariger, gegen das Schwanzende hin nnpaarer Zackenkamin gebildet. Die Nasenlöcher liegen vorn an der Schnauzeuspitze dicht bei einander und können durch eine Hautfalte gesaiilossen werden. Die Augen besitzen zwei Augenlieder und eine Nickhaut. Die vier Beine haben eine meist kurze, gedrungene Gestalt. Die Vorderfüsse besitzen fünf, die hinteren vier Zehen. Ge- wöhnlich sind nur die Hinterzehen durch eine Schwimm- haut verbunden. Vom Skelett ist zu bemerken, dass die Halswirbel rippenähnliche Fortsätze haben. Aehnlich wie bei den Vögeln tragen die Mittelbrnstrippen hakenförmige Fortsätze. Ausgezeichnet sind die Krokodile durch das Bauchsternuni. Dies ist eine dem Brustbein ähnliche Knoehenbildung, die hinter diesem in der Bauchwand liegt und nach oben hin, jedoch nicht bis zur Wirbelsäule rippenähnlichc Knorpelspangen entsendet. Die Kieferränder sind mit kegelförmigen Zähnen bewehrt, die in besonderen Hohl- räumen, Alveolen, sitzen. Vorstehend erwähnte Einzel- heiten sieht man in der Schausammlung am Skelett des Alligator mississippiensis, an den Kopfskeletten des Meer- 14 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. XII. Nr. 2. krokodiles, Crocodilus porosus und des Gaviais, Gavialis gangeticus und an Fig. 1. Die Krokodile können ihre Zunge nicht wie die Schlangen und Eidechsen hervorstrecken, da sie unten mit der Mundhöhle vollständig verwachsen ist. Der Darm, dem der Blinddarm fehlt, endet hinten in die längs-gestellte Cloakenötfnung. — Die Krokodile bewohneu die Flüsse und Seen der tropischen Gegenden. Einzelne gehen selbst in die Küstengewässer der Meere. Das Land betreten sie meist nur, um sich zu sonnen oder ihre Eier abzulegen. Die Eier, denen, wie das ausge- stellte des Nilkrokodiis, Crocodilus niloticus, zeigt, unsere Gänseeier ähnlich sind, werden im Sande vergraben uud von der der Sonne ausgebrütet. Die Jungen Mutter ausgegraben. Ihre Nahrung, werden Fische von und kleinere Landsäugethiere, erbeuten die Krokodile meist des Nachts. Zu den hervorragendsten Vertretern der Krokodile gehören : der Gavial. Er wird bis 6,5 m und ist bei den Indern Gavialis lang, lebt stand göttlicher rung. schnu wie die ist er gangeticus, im Gan^ Vereh- Er ist dem Wi- heilig. Ebenso folgende Art an dem langen Kopfe Gegen- an im 6 m lang, Amazonen- schnabelartigen kenntlich. Tomistoma schlegeli, der Sunda-Gavial, 4,8 m lang, lebt in den Flüs- sen der beiden Sunda- inseln Borneo und Java. Crocodilus cataphrac- tns, Schnauzenkrokodil, Panzerkrokodil. Diese Art wird über 9 m lang und lebt an der West- küste von Afrika vom Senegal bis zum Gabun. Crocodilus america- nus, Spitzschnauzeukro- kodil. Diese bis zu 6 m lange Art ist in der neotropischen Region weit verbreitet und findet sich in fast allen Ländern und grösseren Inseln vom 30. Grade nördlicher bis zum 5. (irade südlicher Breite. Crocodilus porosus, Leistcnkrokodil. Von dieser Art ist nur der Schädel aufgestellt. Diese Krokodile werden bis 9 ni lang und gehören zu den weitverbreitetsten den Mascarenen bis bis Korea und auch w^erden sie Fig. 1 Häufig angetroffen. m Krokodilarten. Man findet sie von zu den Fidjiinseln, von Vorderindien an der Nordküste von Australien, den Küstenmeeren dieser Gegenden Crocodilus palustris, Sumpfkrokodil. Diese Art hört zu den kleineren Formen. Sie wird nur 3—4 m lang und bewolint Indien, Ceylon, Birma, Malakka und die indischen Inseln. Crocodilus niloticus, das Nilkrokodil. Ist die bekann- teste Art. Es soll über 9 m lang werden. Es bewohnt das ganze tropische Afrika bis zum Kap. Die alten Egyjjter erwiesen dem Niikrokodil göttliche Ehren. Den Eiern wird vom Ichneumon und der Nileidechse nachgestellt. Alligator missi.ssippiensis, Mississippikaiman, Hecht- schnauzcnkrokodil. Lebt im Süden der Vereinigten Staaten von Nordamerika und wird bis zu 4,5 m lang. Die Haut wird verarbeitet. Aus dem Fett wird Wagen- schmiere gewonnen. Alligator sinensis, Yang-tse-Kiang. Chinesischer Alligator, lebt im Caiman niger, Mohrenkaiman, wird lebt im Norden Südamerikas, namentlich Strom und seinen Nebenflüssen. Caiman latirostris, Brillenkaimau, wird 2,5 m lang und lebt in Südamerika, östlich der Anden vom Amazonen- strom bis zum La Plata. Das weisse, fisehähnliche Fleisch wird gegessen. Zweite Reptilieuorduung : ß h y u c h o e e p h a 1 i a ,*B r ü c k e n - echsen. Zu dieser Ordnung gehört nur eine Art, die zugleich eine Familie ausmacht, die in Neu Seeland lebende Brückenechse, Sphenodon punctatus. Diese Art bildet die letzten Repräsentanten aus- gestorbener Reptilien. Sie hat Merkmale, die sowohl an die Eidechsen, als au die Krokodile, als auch an die Lurche erinnern. Das Quadratbeiu ist mit dem Schädel unbeweglich verbunden. Die Wirbel sind vorn und hinten trichterförmg ausgehöhlt. Die Rippen haben Seitenfortsätze, processus uncinati. Ein Trommelfell fehlt diesen Thieren. Schlüs- selbein und Gabelbein sind vorhanden. Auch ist eine Art Bauchster- num vorhanden. Da- durch, sowie durch den Bau ihrer Hinterglied- maassen schliessen sie sich den Krokodilen an. Dritte Reptiiieuordnung: Schildkröten, Che- lonia. Bei den Schildkröten sind auf Rücken und Bauch die Knochenschil- der der Haut zu einer festen Kapsel verwach- sen, aus der der Kopf, die vier Beine und der Schwanz hcrausge- streckt werden können. Die Kiefer sind innner zahnlos und mit einer Hornscheide verschen. Der Rückenschild ist mit der Wirbelsäule und den Rippen fest verbunden. Die den Rücken- und Bauchschild über- ziehende Haut verhornt meist und bildet das sogenannte Schildpatt, das aus einer Reihe von regelmässig ange- ordneten Platten besteht. Der Ko))f ist meist deutlich beschuppt, doch ohne regelmässige Anordnung. Die Augen haben Lider uud eine Nickliaut. Das Trommel- fell liegt frei und ist deutlich sichtbar. Da der Hals ein- und ausgestreckt werden kann, so ist die ihn umgebende Haut faltig und schlaff. Gliedmaassen sind stets vier vor- handen. Die Füsse sind entweder Gangfüsse ohne Schwimm- haut zwischen den Zehen (Landschildkröten) oder sie besitzen solche (Süsswasserschildkröten), oder der Fuss ist in eine Flosse umgewandelt (Seeschildköten). Die Zunge kann nicht vorgestreckt werden; sie ist am Boden der Mund- höhle festgewachsen. Die Schildkröten legen Eier, die sie im Sande des Strandes verscharren und von der Sonne ausbrüten lassen. Sie nähren sich von kleineren Thieren und Pflanzen. In ihrer Bewegung sind .sie meist plumpe Thicre. Einige von ihnen verfallen in einen Winterschlaf. Die Mehrzahl der Arten sind tropische Thicre. In den gemässigten Zonen leben verhältnissmässig wenige. Meh- rere Arten finden eine technische Verwerthung. So werden einzelne gegessen, aus den Eiern anderer wird Oel be- reitet. Am meisten jedoch stellt man ihnen ihres Schild- XII. Nr. 2 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 15 patts wegen nach, das zu allerlei Gegenständen verar- beitet wird. Von den Schildkrüten-Familien, Gattungen und Arten sind folgende von besonderer Wichtigkeit: Erste Familie: Spargidae. Dermochelys eoriacea, Lederschildkröte. Wird über 2 Meter lang-, lebt in allen tropischen Meeren. Aus den Eiern wird Oel bereitet. Zweite Familie: Chelydridae. Chelydra serpentiua, Alligatorschildkröte. Wird über ein Meter lang und lebt in den Gewässern des südlichen Nordamerika. Die Eier und das Fleisch junger Thiere werden gegessen. Macroclenmiys tcmminckii, Eierschildkröte. Lebt wie die vorige Art und wird bis 1,4 ni lang. Dritte Familie: Cinosternidae. Cinosternum ))ennsylvanicum , Nordamerikanische Klappscliildkröte. >Sie fällt durch den starken Moschus- geruch auf. Ihre Nahrung sind lebende Wasserthiere. Sie erreichl eine Länge von 1.'') cm. Vierte Familie: Platysternidae. Platysternum megacephalum, Grosskopfschildkröte. Zeichnet sich durch ihre merkwürdige Gestalt aus, lebt in Hiuterindien. Fünfte Familie: Testudiuidae. Unter ihnen sind die wichtigsten Arten: Testudo tabulata, Südamerikanische Waldschildkröte, ihr Panzer wird bis 55 cm lang. Sie ist über das ganze Südamerika verbreitet und vielfach sehr häutig. Ihr Fleisch dient als Nahrung. Testudo elegans, Sternschildkröte. Diese schöne Art lebt in der indischen Region und wird bis 35 cm lang. Testudo elephantina, IClephautenschildkröte. Sie wird über einen Meter lang und lebt auf den Inseln des Kanals von Mozambique. Testudo graeea, Griechische Landschildkröte. Wird bis 26 cm laug und lebt in Südeuropa, mit Ausnahme von Spanien. Ihr Fleisch wird in manchen Gegenden gegessen. Testudo geometrica. Eine kleine 15 cm grosse Art, die in Südafrika, Madagascar und Mauritius lebt. Testudo nigrita. Schwarze Riesenschildkröte. Wird bis 80 cm lang und lebt anf den Galapagosinseln. Pyxis arachnoides, Spiunenschildkröte. Wird 17 cm lang und findet sich in Ostindien und Madagascar. Cinixys erosa, Gezähnelte Gelenkschildkröte. Lebt in Westafrika und wird bis 33 cm lang. Cistudo Carolina, Nordamerikanische Dosenschildkröte. Wird 15 cm lang und lebt im südlichen Nordamerika. Die Eier werden gegessen. Eniys lutaria. Europäische Sumpfschildkröte. Diese bis 26 cm lange Art kommt in Deutschland vor. Sie ist in ganz Mittel- und Südcnropa, im nördlichen Afrika und westlichen Asien verbreitet. Ihr Fleisch wird gegessen. Sie ist der Fischzucht schädlich und hält Winterschlaf. Clemmys caspica, Caspische Wasserschildkröte. Wird 26 cm lang und lebt in Südosteuropa. Clemmys picta. Lebt in nordamerikauischen Sümpfen und wird 18 cm lang. Sechste Familie: Chelonidae. Chelone mydas, Suppenschildkröte. Wird bis zu 2 m lang und lebt im atlantischen Ocean. Nährt sich haupt- sächlich von Seetaug. Das Fleisch wird sehr geschätzt. Chelone imbricata, Carettschildkröte. Wird einen Meter lang, lebt im atlantischen, stillen und indischen Ocean. Aus den Platten des Rückenschildes wird das sogenannte Schildpatt gewonnen. Thalassochelys caretta. Wird über einen Meter lang. Lebt im Mittelmeer und atlantischen Ocean. Weder ihr Fleisch noch das Schildpatt tiudet Verwendung. Siebente Familie: Pelomedusidae. Sternothaerus derbianus. Lebt in Westafrika. Sie stösst kurze abgebrochene Laute aus. Achte Familie: Chelididae. Chelys finibriata, Matamata. Eine der der Gestalt nach merkwürdigsten und hässliehsten Schildkröten. Sie wird über 2 Meter lang, lebt in Guyana und Brasilien. Das Fleisch wird von den Eingeborenen sehr geschätzt. Hydromedusa tectifcra, Schlangeuhalsschildkröte. Ihr Panzer wird 20 cm lang. Sie lebt in Südamerika. Neunte Familie: Trionychidae. Trionyx ferox, Bissige Schildkröte. Wird über P/a m lang und lebt in Flüssen des südlichen Nordamerika. Nützt durch Fressen junger Krokodile. Trionyx triunguis, Nilschildkröte. Lebt in Afrika und lebt wie vorhergehende Art. Cyclodcrma frenatum. Lebt in Mozambique. Emyda granosa, Bungoma, Flussschildkröte. Lebt in Ostindien. Vierte Reptilienordnung. Eidechsen, Sauria. Der Körper der Eidechsen ist beschuppt oder be- scliildert und hat 4, 2 oder keine Gliedmaasseu. Die Zähne verwachsen mit ihrem Stützkuochen. Der Schulter- gürtel ist stets vorhanden. Die Kloakenöffnung bildet eine Querspalte. Die Kopfplatten der Thiere werden mit besonderen Namen belegt. Bei vielen Arten sind vor dem After und an der Unterseite der Oberschenkel Drüsenöffnungen in einer Reihe angeordnet, sie werden After- und Schenkclporen genannt. Die Ausbildung der Gliedmaasseu ist bei den Eidechsen eine sehr verschie- dene. Ausser den Eidechsen mit vollentwickelten Glied- maasseu, die 5 wohlentwickelte Zehen haben, giebt es solche mit schwachen, aber noch vollentwickelten Glied- maasseu. Ferner beginnen die äusseren Zehen zu schwin- den, dann sämmtliche, sodass nur noch Ober- und Unter- schenkel vorhanden sind. Endlich können auch diese gauz verschwinden, und das Individuum erlangt so das Aussehen einer Schlange. Immer aber bleibt dann bei den Thieren noch ein Theil des Brustgürtels erhalten. Auch dadurch unterscheiden sich die Gliedmaassen der Eidechsenarten von einander, dass sie entsprechend der Arbeit, die sie auszuführen haben, eine besondere Aus- bildung zeigen. So unterscheidet man Greif-, Klammer-, Lauf- und Schreitfüsse, dagegen kennt man Eidechsen mit Grabfüssen niclit, weil die Arten, welche vorwiegend im Boden leben, keine oder nur verkümmerte Extremi- täten besitzen. Sie bedürften der Gliedmaassen nicht, denn sie bohren sich vorwiegend durch Kürperbewegungen in den Boden ein, wobei der Kopf als Schaufel dient und desshalb als Wühlorgan ausgebildet ist. Der Lebens- weise angepasst ist auch die Zunge der Thiere und dess- halb ist auch sie von grosser Verschiedenheit. Man unterscheidet: Kurz-, Dick-, Wurmzüngler u. s. w. Die Nahrung der Eidechsen besteht besonders in lusecten und Würmern. Pflanzenfresser giebt es unter ihnen wenige, omnivore Individuen garnicht. Die Eier haben eine lederartige Schale und werden an feuchten Orten abge- legt. Die Eidechsen gehören vorwiegend den warmen und heissen Gegenden an. Sie sind Laudthiere, nur eine 16 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. XII. Nr. 2 Art lel)t auch im Wasser. viele Familien ein. Man tlicilt die Eidechsen in Erste Familie : Haftzeher, Geckonidae. Sie sind durch den Ilaftapparat an den Zehen aus- gezeichnet, vermittelst dessen sie an glatten Wänden und Decken herumlaufen können. Hemidactylus tauricus, Scheibenfinger. Wird bis 10 cm lang und lebt im Süden Europas. Ptychozoon homalocephalum, Falteugecko. Ist durch Hantfalten, die beiden Körpersciten ansitzen, aus- gezeichnet. Er wird 20 cm lang und lebt auf Malakka und den grossen Sundainseln. Tarentola mauritanica, Mauergecko. Er wird bis 16 cm lang und lebt in den Mittelmeerländern. Zweite Familie: Schuppenfüsser, Pygopodidae. Ihr Körper ist schlangenförmig. Die Vorderglied- niaassen fehlen vollständig und die hinteren sind zu flossen- artigen Gebilden geworden. Pygopus lepidopus, Flosseufuss. Wird 58 cm lang. Er lebt in Australien und Vau Diemensland. Dritte Familie: Agamen, Agamidae. Die Gestalt ihres Körpers ent- spricht der je- weiligen Lebens- weise der Thiere. Die Boden be- wohnenden ha- ben einen von oben nach unten, die Baumbewoh- ner einen seit- lich zusammenge- drückten Körper. Die meisten sind Insectenfresser, Uromastix nährt sich von Früch- ten und Kräutern, und einige andere Aganicn lieben gemischte Nahrung. Draco volans, Flugdrache. Er ist durch eine Flug- haut zu beiden Seiten des Körpers ausgezeichnet, die er durch die Rippen ausbreiten kann. Seine Länge be- träft 21 cm ^'^" '"'"* ""'' '' — >-;".-i": Erdagameu. Er nährt sich ausschliesslich von Pflanzen- kost. Sein Fleisch wird von den Beduinen gegessen und er zeigt wie der verwandte Stellio vulgaris einen gewissen Farbenwechsel. Eine der wunderbarsten Formen, deren Körper von Stacheln starrt, der aber ein ganz harmloses Thier ist, ist der australische Moloch, Moloch horridus. Er wird 22 cm lang. Vierte FamiHe: Leguane, Iguanidae. Diese Familie vertritt die Agamen in Amerika. Ausser- halb dieses Continents kommen Vertreter nur noch auf Madagaskar, den Fitschi- und Freuudschaftsinseln vor. Ebenso wie bei der vorigen Familie kann man hier von Baum- und Erdleguanen sprechen. Dementsprechend ist auch die Körperform verschieden. Als Vertreter mögen erwähnt werden: Anolis carolineusis, Rothkehlanolis, wird bis 22 cm lang und lebt im südlichen Nordamerika und auf Cuba. Die Anolisarten sind sehr häufig, leben auf Bäumen, Sträuchern u. s. w., sind sehr beweglich, zutraulich und leicht zähmbar. Sie haben, wie die Chamäleons, die Fähigkeit, ihre Farbe zu verändern. Basiliscus americanus, Helmbasilisk. Ein durchaus harmloses Ge- schöpf, das mit dem fabelhaften ungeheuer der alten Griechen und Römer nichts zu tbun bat. Auf dem Hinterkopf hat er einen Fig. Calotes 4 1 cm lang Baumthier. Er lebt auf den Sundainseln und 3Ialakka. versicolor, Blutsauger der Singalesen, wird und lebt in Südasien. Auch er ist ein Agama Länge Ein von im Leben 35 cm und lang den colonorum, Siedleragame sehr buntes Thier, erreicht eine lebt in West-Afrika. Agama armata, Stachelagame, wird 25 cm und bewohnt Südafrika. Sie ist ausgezeichnet durch Nacken- und Rückenkamm. Agama stellio, Sehleuderschwanz. Diese Art kommt auch in Europa vor. Sie lebt in der Türkei, auf den Inseln des ägäischen Meeres, in Kleinasien, Syrien, Nordarabien und Aegypten. Ihre Länge beträgt 28 cm. Chlamydosaurus kingi, Kragenechse. Besitzt an jeder Seite des Halses eine grosse gefaltete, kragen- artige Hautausbreitung, die sie bewegen kann. Sie ist eine Baunieidechse und bewohnt Queensland, Nord- und Westaustralien. Sie wird bis 81 cm gross. Lophura amboincnsis, Segelechse. Ist durch den segel- g erweiterten Rückcnkannn auf dem Schwänze aus- gezeichnet und bewohnt einen Theil der asiatischen Inseln. Uromastix spinipcs, Dornschwanz. Er gehört zu den artig dreieckigen und auf Rücken und Schwanz je einen gewöhnlichen Hautkamm. Er wird 80 cm lang und lebt in Pa- nama und Costa- rica. üraniscodon umbra, Stelzeuechse. Diese schön gezeichnete Eidechse lebt in Südamerika und wird 30 cm lang. Amblyrrhyuchus cristatus, Meerechse. Diese Eidechse steht dadurch im Gegensatze zu allen anderen, dass sie ins Meer geht, um ihre Nahrung zu suchen. Mit Hilfe des starken, seitlich zusannnengedrückten Schwanzes bewegen sie sich im Wasser fort. Diese Art wird beinahe IV2 hi lang und bewohnt die Galapagosinseln. Conolopbus subcristatus, Drusenkopf. Dies ist die zweite der die Galapagosinseln bewohnenden Eidechsen. Sic wird über 1 m lang. guana tuberculata, Leguan (Fi ö- 2). Meter. Das Thier erreicht eine Länge von über Vj., Meter. Es besitzt einen über Rücken und Schwanz hinreichenden Kamm und einen grossen, seitlich zusammengedrückten Kehlsack. Das Fleisch und die Eier werden gegessen. C}'clura carinata, Wirtelschwanz. Lebt auf den Ba- hamainseln, Cuba und .Jamaika und wird 1,3 ni lang. Phrynosoma cornutum, Krötenechse. Ist der Ver- treter der Dornsehwänze unter den Leguanen. Lebt in Nordamerika und Mexiko und wird 13 cm lang. Trotz des sonderbaren Aussehens — es ist mit zaidreichen Stacheln, besonders am Hinterkopfe versehen — ist das Thier doch ganz unschädlich. Es soll aus Nase und Augen eine blutrothe Flüssigkeit absondern, die es auch einige Centimeter weit wcgschleudern kann. XII. Nr. 2. NiituiwisBCUscliaftliche Woclieuschntt. 17 Fünfte Familie: Gürtelschweife, Zonuridae. Sie bewohnen Afrika vom Kap bis zur Saliara, bevor- zugen steinigen Boden und stützen sich bei ihren lang- samen Bewegungen wahrscheinlich auf ihren Stachel- schwanz. Es möge nur erwähnt werden der Zouurus cordylus, Gürtelschweif, der eiue Länge von 18 cm erreicht. Sechste Familie: Schleichen, Anguidae. Ophisaurus apus, Scheltopusik. Ein schlangenähn- liches, 1,1 m langes Thier, das keine Vorderfüsse und nur Stummel von Hinterfüsseu neben dem After besitzt. Es bewohnt Südosteuropa, Kleinasien und Nordafrika. Ophisaurus ventralis, Glasschleiche. Diese Art wird nur 80 cm lang und bewohnt das östliche Nordamerika und Mexiko. Der Schwanz bricht bei der Berührung auffallend leicht ab. Anguis fragilis, Blindschleiche, eine deutsche Art, die ausserdem noch in fast ganz Europa vorkommt. Sie wird bis 43 cm lang. Ebenso wie bei der vorigen Art bricht ihr der Schwanz sehr leicht ab.l Zu einer besonderen sechsten Familie gehört: Heloderma horridum, Krusteneidechse, Gilathier. Sie wird 60 cm lang und bewohnt Mexiko. Sie ist die einzig wirklich giftige Eideche. Die Zähne des Unterkiefers sind denen der Schlange ähnlich gebaut, gekrümmt, ge- furcht, unten etwas dicker, aber ohne hohle Wurzeln. Die Unterkieferdrüsen sind sehr entwickelt. In der Er- regung fliesst ihr der Geifer ans dem Maule, der sehr giftig wirkt. Kleinere Thiere, ja selbst Menschen, werden durch ihren Biss getödtet. Siebente Familie: Warane, Warneidechsen, Varanidae. Zu ihnen sowie zur folgenden Familie gehören unsere grössten Eidechsen. Zu bemerken sind: Varanus niloticus, Nilwarau. Wird P/i m lang und lebt in Afrika an Flüssen.^ Varanus salvator, Bindenwaran. Vertritt den Nil- waran in Indien und auf den indischen Inseln. Wird 2V4 m lang. Sein Fleisch wird gegessen. Varanus griseus, Wüstenwaran. Bewohnt die Wüsten Nordafrikas und Westasiens und wird 1,3 m lang. Varanus albigularis, Kapwarau. Bewohnt die süd- afrikanische Wüste und wird auch ca. 1,3 m lang. Achte Familie: Schieneuechsen, Tejidae. Tupinambis teguixin, Teju. Lebt in Südamerika und wird fast einen Meter lang. Wird dadurch schädlich, dass er in Hühnerhöfe eindringt. Sein Fleisch wird ge- gessen. Ameiva surinamensis, Ameive. Lebt wie die vorige Art; ist aber nicht schädlich und wird nur 53 cm laug. Neunte Familie: Ringelechsen, Amphisbaenidae. Zu dieser Familie gehören sehr wunderbare Formen. Sie sind extreme Grabthiere, die mit der Schnauze wühlen und deren Füsse entweder sehr verkümmert sind oder fehlen. Hierzu gehören: Chirotes canaliculatus. Handwühle. Sie besitzt nur zwei Vorderfüsse, die zwar stummelhafte, aber Krallen tragende Zehen besitzen. Die Art lebt in Mexiko und Califoruien und wird 20 cm lang. Amphisbaena alba, Ibijara. Wird 52 cm lang und lebt in Brasilien, ohne Beine. Amphisbaena fuligiuosa, Gefleckte üoppelsehleiche, lebt in Südamerika und Westindien und erreicht eine Länge von 39 cm. Blanus cinereus, Netzwühle. Lebt auf der iberischen Halbinsel, in Marokko und Algier unter Steinen und in Ameisenhaufen. Sie wird 22 cm lang. Zehnte Familie: Echte Eidechsen, Lacertidae. Zu dieser Familie gehören alle deutsche Eidechsen. Die hervorragendsten Vertreter sind: Lacerta ocellata, Perleidcchse. Lebt in Spanien, Südfrankreicli und Italien und wird 61 cm lang. In anderen Mittelmeerländern kommen Abarten dieser Ei- dechse vor. Lacerta viridis, Smaragdeidechsc. Wird bis 43 cm lang und lebt in Südeuropa. Kommt auch in Deutsch- land vor und ist selbst bei Berlin gefunden worden. Lacerta agilis, Zauneidechse. Eine unserer gemeinsten Eidechsen. Wird bis 25 cm lang. Lacerta vivipara, Bergeidechse. Fast ebenso häufig wie vorige Art. 18 cm lang. Lacerta muralis, Mauereidechse. Lebt vorwiegend in den Mittelraeerländeru und wird in Süddeutschland lü und im Süden 24 cm lang. Psammodromus algirus, Kielechse. Lebt in Südwest- europa und Nordafrika und wird bis 27 cm lang. Acanthüdactylus vulgaris, gemeiner Franzenfinger, kommt in einer südeuropäischen und nordafrikanischen Spielart vor. Wird 20 cm lang. Elfte B\amilie: Wühlechsen, Seincidae. Sie leben in allen Welttheilen, sind aber in Europa und Amerika schwach vertreten. Sie leben auf oder in der Erde. Klettern können sie nicht. Trachysaurus rugosus, Stutzechse. Eine 36 cm lange, einem Tannenzapfen ähnliche australische Art. Ablepharus pannonicus, Natterauge, Johannisechse. Metallglänzend, 11 cm laug, in Ungarn lebend. Sciucus ofticinalis, der gemeine Skink, der „Chaumcl" der Bibel, wurde früher auch bei uns als Heilmittel ver- wendet. Sein Fleisch wird von den Arabern gegessen. Wegen seiner Geschwindigkeit, mit der er durch den Sand gleitet, wird er auch Sandfisch genaunnt. Chalcides tridactylus. Erzschleiche. Sehr lang ge- streckt mit kurzen Füssen. Wird 26 cm lang und lebt in den Ländern um das Mittelmeer. Zwölfte Familie: Chamaeleontidae, Chamäleons. Diese Thiere sind wegen ihrer sonderbaren Körper- form, ihrer vorschnellbaren Zunge und der Fähigkeit, die Farbe zu wechseln und die Augen nach verschiedenen Richtungen zu drehen, bekannt, ausserdem haben sie Klammerfüssc und die meisten einen Greifschwanz. Die Männchen tragen oft hornartige Fortsätze am Kopf.^ Chamaeleon vulgaris, Chamaeleon. Wird 28 cm lang. Wohnt in Nordafrika und im östlichen Mittelmeer- gebiet. (Schluss folgt.) Das angebliche Hören eines Glockenzeichens durch die Fische stellt A. Kreide auf Grund seiner Versuche, die er an verschiedenen Fischen im Fischteiche zu Krems- münster in Oberösterreich angestellt hat, in Abrede. (Archiv f. d. ges. Physiologie Bd. 63.) Die Fische haben zwar einen ausgezeichneten Haut- und Gesichtssinn, ver- mögen aber den Ton einer Glocke nicht zu hören. Wenn die Fische scheinbar auf ein Glockenzeichen oder auf Pfeifen zur J'ütterung konnnen, so beruht dies darauf, dass sie erstens den Fischer, der sie füttert, sehen, dass sie ferner durch die Erschütterungen des Bodens und des Wassers beim Kommen des Fischers aufmerksam gemacht werden, und dass sie endlich, wenn sie hungrig sind, sehr gerne auf den geringsten Reiz hin zur gewohnten Futterstelle kommen 18 Naturwissenschaftliehc Wochenschnft. XII. Nr. 2 Zweifellos spielt aiicb 1 bis V/2, 17 S V/2 bis 2 und einer noch über doppelte Seh- schärfe. C. erinnert an die fabelhafte Sehschärfe der Natur- völker. Alexander von Humboldt erzählt von den In- dianern in Chillo unfern Quito, dass sie seinen Reise- begleiter Bonpland, der auf einer Expedition nach dem Vulkan Piehiuchra begriffen war, in 37,0 geographischen Meilen Entfernung als fortbewegenden Punct früher er- kannten mit blossem Auge, ehe ihn Humboldt mit dem aufgestellten Fernrohr auffand. Es entspricht das unge- fähr einer fünffachen Sehleistung.'' Directe Sehprüfungen bei Naturvölkern sind bisher nur selten, einige bei gelegentlicher Anwesenheit solcher in Breslau, München, Hamburg, von Cohn, Seggel, Kotel- mann u. A. angestellt. Dieselben ergaben, dass bei den uncivilisirten Völkern die Sehleistung im Allgemeinen eine grössere ist. Cohn beabsichtigt den Kriegsminister wie den Unter- richtsminister zu ersuchen, dass dieselben unsere ganze Armee und sämmtliche deutschen Schulkinder auf ihre Sehleistung prüfen lassen. Die Untersuchung kann auch von Laien in kürzester Zeit ausgei'ührt werden. Der Be- richt schliesst mit den nicht genug zu beherzigenden Worten: „Möchten unsere Bestrebungen für die Hygiene des Auges das tretfliche Sehvermögen der noch von Kurzsichtigkeit und Sehschwäche verschonten Deutschen auch für die Zukunft erhalten bleiben!" Mz. Ueber die Entwlckelung des Gesichtssinnes. — Form und Farbe, das unerschöpfliche Gebiet unseres Seh- organs, scheinen erst zu einer vorgerückten Zeit des Erden- daseins ihre grosse Mannigfaltigkeit angenommen zu haben. Zwar war zur Steinkohlenzeit das Leben schon längst vor- handen; indessen lassen weder Pflanzen noch Thiere aus damaliger Zeit in Form und Farbe einen nähereu Vergleich mit den heutigen zu.*) Blumen gab es noch nicht. Die Steinkohlenbäume, die eine enorme Höhe erreichten und grossartige Wälder bildeten, boten nicht die anmuthige Abwechslung, die wir au der heutigen Natur bewundern. Erst in der darauffolgenden Aera traten die Phanerogamen mit ihren gefärbten Blüthen und Früchten auf, und es kann mit Sicherheit angenommen werden, dass der Gesichtssinn sich nur nach Maass und in Wechselwirkung mit der sich vermehrenden und vervielfältigenden Pflanzenwelt ent- wickelte. Ein Analogen der damals aufeinander folgenden Perioden bietet das Nebeneinander der heutigen Schöpfung. So werden die niederen Thierformen der damaligen Zeit, wie auch heut noch, nicht viel mehr als eine Licht- empfindlichkeit, bezw. soweit ihre Haut von dunklen Pig- mentflecken bedeckt war, ein „Hautwahrnehmungsvermögen" besessen haben. Einen Körper nämlich, der das Licht als solches unverwandelt, ohne es zu absorbiren, weiterleitet, nennen wir „durchsichtig". Absorbirt ein Körper das Licht, ist er also empfindlich dafür, so nennt man ihn „undurchsichtig". Die lebendige Substanz ist in ihrer ursprünglichen Erscheinung nahezu farblos und durch- sichtig. Soll sie für Lichtstrahlen empfindlich gemacht werden, so kann dies nur durch Beschränkung der Durch- sichtigkeit, durch Einlagerung von Pigmentstoft'en bewirkt werden. Geschieht dies in P'orm eines oder einiger kleiner umschriebener Pigmentflecke, Farbstoffkörnern, so ist da- mit die Vorbedingung zur Entstehung eines bestimmt localisirten Sehorgans gegeben. Die geschwärzte Stelle wird sich zu einem immer vollkommeneren Lichtempfindungs- apparat weiter entwickeln, indem sie der übrigen Körper- oberfläche die Ausbildung anderer Sinnesorgane überlässt. Wird dann, auf einer höheren Stufe, die Lichtempfindlich- keit der geschwärzten Stelle durch Einlagerung einer Sammellinse in das Pigment verstärkt, so ist damit nicht nur die Möglichkeit der Zusammenfassung und Concentri- rung der Lichtstrahlen, sondern auch der Fixirung einer Sehrichtung gegeben. Bei den höchsten Formen tritt dann noch der Accomodationsapparat hinzu zur Rege- lung der Intensität, mit der die Lichtstrahlen ins Auge fallen sollen, und zur Einstellung des letzteren auf ver- schiedene Entfernungen. Wir haben aber schon erwähnt, dass bei den ersten resp. anderen Lebewesen nur von einem allgemeinen Lichtempfindungsvermögen die Rede sein kann, und zwar stehen auf dieser Stufe die ein-, wie auch mehrzelligen Thiere : Infusorien, Schwämme, Cölenteraten, Echinodermen. Mit den Würmern treten schon Sehfleckchen mit licht- brechenden Körpern und Eichen auf. Im Ganzen giebt es kaum eine Gruppe des Thierreichs, die so viele ver- *) Näheres darüber findet man in dem höchst interessanten Buche von Grant Allen: „Der Farbensinn. Sein Ursprung und seine Entwickeluug." Deutsche Ausgabe (Leipzig, Ernst Günther's Verlag). 30 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. XII. Nr. 3. schiedene Entwickelungsstufeu eines speciellen Sinnes- organs aufweisen, als die Würmer. Nach Darwin wissen die Regenwürmer, obwohl sie keine Augen besitzen, dennoch rasch zwischen hell und dunkel zu unterscheiden. Dagegen besitzen gewisse pelagische Formen der Ringel- würmer sogar hochentwickelte Sehwerkzeuge, die mit den Augen der höheren Thiere vergleichbar sind. Es bewährt sich hier, wie durch die ganze Schöpfung, in physischer wie psychischer Bezielnmg, dass die niederen Stufen eines höheren Stammes wohl ihrem Typus, nicht aber ihrer Ausbildung nach höher stehen, als die höchsten Stufen des vorhergehenden niederen Stammes, so dass derselbe Typus in mehreren Stufen der Ausbildung bestehen kann, und umgekehrt dieselbe Ausbildung in mehreren Typen erreicht wird. Von den Weichthieren besitzen manche Muscheln und Schnecken Augen, die mit Linse, Glas- körper und Netzhaut ausgestattet sind und fast die Voll- kommenheit des Wirbelthierauges erreichen. Die Facettenaugen der Gliederthiere sind in Wahrheit eine Vereinigung vieler Augen. Bei einigen längst ausgestorbenen Trilobiten früherer geologischer Schichten glaubt man eine Zusammensetzung von 15 bis 30 000 Linsen annehmen zu dürfen, deren jede eine Nervenabzweigung besass. Bei den Insecten liegen die Augen meist im Kopfe; manche Spinnen tragen sie je- doch an beiden Körperseiten und einige Krebsarten an der Spitze der Körperanhänge (gestielte Augen). Einige Gliedertiere besitzen ausser ihren Facettenaugen noch sogenannte Nebenaugen, die einem einfachen Element der zusammengesetzten entsprechen. Die Augen der Spinnen und Scorpione endlich stellen eine Mittelform zwischen jenen beiden dar: sie sind nämlich umfang- reicher, als die Nebenaugen, haben aber nur eine ein- zige Facette und sind daher als zusammengesetzte Augen mit einfacher Cornea zu bezeichnen. Die meisten fliegenden Insecten sehen besser als die kriechenden. Sehr gut sehen die Libellen, sehr schlecht die Ameisen und bei diesen das Männchen besser als das Weibchen. Sorgfältige Versuche haben ergeben, dass die Insecten hauptsächlich die Bewegung der äusseren Gegenstände, jedoch nur sehr unsicher deren Gestalt sehen, wie denn auch die Entfernung, aus der grössere Körper unterschieden werden, ziemlich gering ist. Sie beträgt für Schmetterlinge nicht mehr als 2 m, für Fliegen 60—70 cm. Auf dieser Stufe werden indessen schon die ver- schiedenen Farben des Spectrums wahrgenommen. Bienen scheinen eine Vorliebe für Blau zu haben; Ameisen sind äusserst empfindlich gegen Violett, doch scheinen die Empfindungen, welche die Farben bei diesen Thieren hervorrufen, andere zu sein als bei uns, wie wir uns denn von ihrer Art des Wahrnehmens kaum eine Vor- stellung zu machen vermögen. Bei den Fischen ist der Gesichtssinn ziemlich gut entwickelt, wie auch kein Angler an dem Farbensinn derselben zweifeln wird. Der Gesichtssinn der Reptilien bietet nichts bemerkenswerthes, ausser dass die Krystall- linse bei ihnen ein geringeres Lichtbrechungsvermögen hat, wie bei Fischen. Wenn nun auch das Sehorgan der obigen Thier- klassen, die im Wesentlichen die Lebewelt des primären und secundären Zeitalters bildeten, verhältnissmässig gut eingerichtet war, so ging es doch erst von der Tertiär- zeit ab seiner grösseren Vervollkommnung entgegen, denn erst in dieser Epoche begann die Herrschaft der Vögel, deren Augen sich der schärfsten Sehkraft erfreuen. In der That hat das Thierreich nichts, was sich dem Seh- organ so mancher hierher gehöriger Arten au die Seite stellen kann, sei es das Auge eines Falken, welches aus ge- waltiger Höhe ein schützlich gefärbtes Thier von der ihm stark ähnelnden Bodenoberfläche zu unterscheiden vermag, oder das Auge einer ßussardgans, die im Stande ist, lOOFuss in der Luft noch einen mehrere Faden tief im Wasser schwimmenden Fisch zu erblicken. Man kann Fische durch Angelköder, der nur aus Federn gemacht ist, täuschen, man kann Eidechsen fangen, wenn man sie in vorgehal- tene Grashalme beissen lässt, und die hungrige Schlange, die wüthend auf einen Frosch stürzt, sich ruhig wieder hinlegen sehen, wenn sie das Thier verfehlt hat und dieses sich nun still verhält (einen unbeweglich dasitzenden Frosch erkennt die Schlange nicht als das eben ihr entgangene Beutethier wieder), aber einen Vogel täuscht man auf diese Weise nicht; lernt doch der kleiuhirnige Sperling rasch die Vogelscheuche vom lebenden Menschen unter- scheiden. Die KrystalUinse bei den Vögeln ist bald flach, wie bei den weitsichtigen Falken, bald convexer, wie bei den wegen ihrer Kurzsichtigkeit bekannten Eulen, während sie bei Wasservögeln, ihrer Lebensweise ent- S])rechend, fast kugelig erscheint. Schliesslich theilt das Vogelauge mit dem der Säugethiere, einschliesslich des Menschen, noch den merkwürdigen Vorzug, das Gefühl der Furcht und der Freude, des Hasses und der Zuneigung auszudrücken. Das Rebhuhn, wie die Robbe am Meeres- ufer und das Reh unserer Wälder haben in dem Augen- blick, da der Jäger sich anschickt, ihnen den Tod zu bringen, ein so sanftes Auge, dass jener häufig eine Art Gewissensbisse darüber empfindet, da« harmlose Thier zu morden. - Alberts. lieber die gefährlichsten Krankheiten der Seiden- raupe, die Flacherie und die Grasserie, hat der rus.sische Gelehrte Isaak Krassilstschik zu Kischenew in Bess- arabien eingehende Studien gemacht und das Resultat deiselben der französischen Academie der Wissenschaften vorgelegt. Er hat alle Microben, welche in gesunden und kranken Seidenraupen leben, genau untersucht und dabei zwei Arten gefunden, welche er als Erzeuger der oben genannten Krankheiten ansieht. Der erste Bacillus ist ein Streptococcus, welchen er Strept. pastorianus nennt und dessen unbewegliche Coccen 1 — 1,1 n Durchmesser haben. Am häufigsten erscheinen sie unter der Form eines Diplococcus; dieselben verlängern sich in der Längsachse, bis sie EUipseuform haben und 1,5 fi in der Länge und 1 /x in der Breite messen. Dieser Körper zerfällt dann in zwei gleiche Theile, indem er sieh in der Mitte, senkrecht zur grossen Achse, einschnürt. Der Strept. pastorianus verflüssigt' die Gelatine nicht; er findet sich niemals in dem Verdauungskanal gesunder Raujien, stets aber in solchen, welche von der Flacherie befallen sind. Im Laufe der Krankheit nimmt die Zahl der Streptococcen bedeutend zu; später treten dieselben in den Blutkreislauf ein und bilden daselbst Colonien, während saprophytische Pilze ihre Stelle im Verdauungs- kanal einnehmen. Der Bacillus der Grasserie ist Micrococcus lardarius Krass., welcher 0,5—0,6 p Durchmesser hat und im Gegen- satz zum vorigen die Gelatine verflüssigt. Er fehlt niemals bei der Grasserie. Ini Beginn der Krankheit findet er sich stets im Darmtraetus, von wo er später ins Blut eindringt. Hier bildet er vollständig reine Culturen, aber diese Culturen werden unrein, wenn die Krankheit schon weiter fortgeschritten ist oder wenn die Flacherie hinzu- kommt, y. Seh. Ueber die Zubereitung des Opiums bringt die „Populär Science Monthly" nach einer Mittheilung des englischen Consuls zu Ispahan folgende Notiz. — Bekannt- XII. Nr. 3. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 31 lieh wird das Opium durch Anritzen der Kapseln des Schlafmohns (Papaver somniferum L.) gewonnen. Die Ernte geht Anfang Mai vor sich. Man schneidet am Nach- mittag die Mohnköpfe mit einem scharfen Messer au und lässt den Saft, welcher in kupfernen Gefässeu aufgefangen wird, die ganze Nacht fliessen. Derselbe wird nun einer etwas weitläufigen Behandlung unterworfen. Nachdem er etwas verdickt ist, was schon in kurzer Zeit geschieht, nimmt der Arbeiter etwa 400 Gramm aus dem kupfernen Gefäss und bringt die Masse auf ein glattes, weiches Brett von etwa 60 cm Länge und 30 cm Breite, auf dem er sie ausbreitet, indem er den klebrigen Stoff fest gegen das Brett driickt. Dann wird das Brett mit der Opium- schicht zum Trocknen zehn Minuten in die Sonne gestellt, hierauf setzt sich der Arbeiter mit dem Brett in den Schatten und zerreibt das Opium mit einem kleinen, spatenähnlichen, eisernen Instrument, bis es eine ziemlich trockene Masse bildet; diese bringt man nun kurze Zeit über eine kleine Flamme von Holzkohlen, um dem Opium eine gewisse Plasticität zu geben. Dann wird es in sehr kleinen Quantitäten noch einmal auf das Brett gebracht und von neuem geknetet, bis es die gewünschte Con- sistenz und eine schöne, goldgelbe Farbe erhalten hat. Hierauf wird es in Packeten zu 400 Gramm in Zinnkäst- eben verpackt, welche man noch mit Leinwand oder Per- gament umwickelt, und so in den Handel gebracht. S. Seh. lieber den geologischen Ban des Glärnisch sprach Prof. A. Rothpletz in der Sitzung vom 2. XIL v. J. der Deutscheu geologischen Gesellschaft in Berlin. — Redner hob zunächst den theoretischen Einfluss hervor, welchen der Glärnisch mit seinem verwickelten Baue sowohl an sich auf unsere Anschauungen über liegende Faltenbildung, als auch, als Theilstück der Glarner Alpen, auf die Begrün- dung der sog. Glarner Doppelfalte gewonnen hat.*) Nach kurzer Darstellung der Ergebnisse, zu welchen Baltzer 1873 in seiner auch heute noch für unsere Kenutniss dieses Gebietes maassgebenden Monographie des Glärnisch gekommen war, wird gezeigt, dass dessen Hypothese, wonach das Massiv aus 3 bezw. 4 grossen liegenden Falten bestehe, obwohl von den dazu erforderlichen Sattel- und Mulden - Umbiegungen nichts zu sehen ist, zwei von Baltzer selbst festgestellte Thatsachen unerklärt lasse. Die erste dieser Thatsachen besteht darin, dass sich im Sockel des Glärnisch-Massives die Jurahorizonte zwar'2- bis 3 mal übereinander wiederholen, aber stets in nor- maler, niemals in verkehrter Lagerung, wie es doch bei einem liegenden P^altensystem zu erwarten wäre. Die zweite Thatsaehe ist die merkwürdige Auflagerung der oberen Neocommergel (Drusbergschichten) längstes ganzen oberen Firnbandes auf den Berriasschichten, ohne dass die 100 — 200 Meter mächtigen Kieselkalke des unteren Neocomes dazwischen liegen. Freilich ist diese letztere Thatsaehe immer sehr zweifelhaft gewesen, weil die stratigraphische Gliederung der Kreide, auf welche sich Baltzer hierbei gestützt hat, dem Palaeontologen schwere Räthsel aufgicbt. Wenn z. B. die Schichten mit Pygurus rostratus als jünger wie diejenigen mit Toxaster complauatus angenommen werden, so suchen wir vergeblich nach einer Begründung dieser ungewöhnlichen Annahme und wenn wir in den Fossil- listen der unteren Valangien Desmoceras Matheroni, diffi- cile und Phylloceras calypso ohne weitere Bemerkung nebeneinander aufgeführt sehen, so kann es uns nicht anders erscheinen, als dass hier entweder unrichtige Be- *) Vergleiche Naturwissenscliaftliclie Wochenschrift Band V (1890) Seite 391 S. Stimmungen oder Aufsammlungen aus ganz verschiedenen Horizonten vorliegen. Revision des Baltzer'schen Materials wäre jedenfalls sehr wünschenswerth. Redner theilt nun die Gliederung mit, welche er durch seine Untersuchungen am Glärnisch für das Neocom gewonnen hat. Zu unterst direct auf den Mergeln und Kaiken der Berriasstufe mit Terebratula hippopoides liegen die unteren Valangienmergel mit stets un- verkieselten Gehäusen von Exogyra Couloni, Ostrea rectan- gularis, Mytilus Couloni und Gilleroni, Terebratula val- densis, Rhynchonella multiformis und Hoplites cf. ambly- gonius, darüber liegen die oberen Valangienkalke häufig mit verkieselten Petrefacten: Pygurus rostratus, Terebratula acuta, Spongien etc. Darauf ruhen die Kieselkalke mit Toxaster complauatus, in denen sich zu oberst einige glaukonitische und sehr fossilreiche Bänke und zuletzt auch weichere Mergel einstellen. Besonders zu oberst werden Gehäuse von Exogyra Couloni wieder häufig, sie sind aber stets verkieselt. Dieser obere Mergel mit den glaukonitischen Bänken, in denen Burck- hardt in der Nachbarschaft des Glärnisch Barreme- Ammoniten gefunden hat, dürfte zur Barremestufe gerechnet werden, die sich allerdings nicht sehr scharf gegen die tieferen Kalke des Hauterioien abgrenzt. Darüber folgen dann die massigen Schrattenkalke mit eingelagerten Mergeln, die häufig voll von Orbitulina lenticularis, Heteraster oblongus u. s. w. sind. Linthal Oberblagi so. Bächistock Steinthälistock Klönthal Q,uer8cbnitt durch das GtlSrnisch-Massiv. s Sernitit r Röthidolomit d Dogger !, Malm 'a Tithon'iUDd ßerrias c, Neocom C3 Aptian (Schrattenkalk) c^ Obere Kreide* e Eocän 0 Oligocän Auf Grund dieser Gliederung löst sich die angeblich 5 fache Wiederholung der Kreideschichten mit theils nor- maler, theils verkehrter Lagerung in eine nur zweifache Wiederholung auf, wobei sämmtliche Glieder in jeder der zwei Reihen normal gelagert sind. Die obere Serie liegt aber nicht concordant auf der unteren Serie, die Trennungs- fiäche fällt vielmehr ziemlich steil nachNW ein und schneidet je nachdem verschiedenalterige Schichten sowohl in der oberen als auch in der unteren Serie an. Sie ist eine echte Ueberschiebungsfläche. Das Gleiche gilt aber auch für die Trennungsflächen zwischen den dreifach sich über- einander wiederholenden Juraserien im Sockel des Glär- nisch, so dass dieses ganze Massiv aus 4 Ueberschiebungen entstanden erscheint, wie die beistehende Figur zeigt. Zu Unterst liegt gefalteter oügocäner Flysch. Darüber geschoben erscheint zuerst eine Serie von Röthi- Dolomit, Dogger, Malm, stellenweise auch Neocom und Schratten- kalk mit zu oberst eingefaltetem Nummulitenkalk. Dann eine weitere Schubnlasse von Sernifit und Dogger, darüber von Neuem eine Serie von Lias, Dogger, Malm, Tithon und Kreide und endlich die letzte üeberschiebungsmasse, fast nur aus Kreide bestehend, die zu oberst am Stein- thälistock zu einer liegenden Falte zusammengebogen ist, — als einzige Mulde, die sich in den Gipfelschichten des Glärnisch stratigraphisch wirklich nachweisen Hess. Neben diesen flacheren Ueberschiebungen treten im 32 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. XII. Nr. 3. Glärnisch-Massiv auch noch eine Reihe von steileren Quer- verwerfungen auf, von denen eine grössere sich ganz im Westen ungemein deutlich bemerkbar macht, durch welche das Gebiet der Steppelwand vom Milch blanken- stock abgetrennt wird. Eine andere liegt ganz im Osten, ist aber, obwohl von grosser orographischer Bedeutung, doch durch Schutt und Moränenbedeekung stark verdeckt. Zum Schluss weist Redner darauf hin, dass, wenn Baltzer seinerzeit die Kreide richtiger gegliedert hätte, er die Hypothese liegender Falten zur tektonischen Er- klärung wohl nicht aufgestellt haben würde, und dass dann später auch die bekannten Faltungstheorien Heim 's wahrscheinlich eine etwas andere Fassung erhalten hätten. (X). „lieber das Bebirin" theilt M. Scholtz in den Ber. D. Chem. Ges. 29,2054 folgendes mit: In der Rinde von Nectaudra Rodici (Heimath: Britisch Guyana) hat Mac- lagau im Jahre 1843 zwei Basen, das Sepeerin, einen braunen und harzartigen Körper und das Bebirin, ein gelbes, amorphes Pulver nachgewiesen. Später wurden das im Buxbaum aufgefundene Buxin und das aus der Wurzel von Cissampelos Pareira ge- wonnene Pelosin mit dem Alkaloid Bebirin identificirt und von Bödeker die Formel CigHäiNOg ermittelt. — Alle Autoren betonen die Unfähigkeit des Bebirins zu krystallisiren oder krystallisirte Salze zu bilden. Das heute als Bebirinum purum in den Handel kommende Präparat besteht nur zum kleinen Theile aus der reinen Base und enthält vermuthlich hauptsächlich Oxydationsproducte derselben. Aus diesem Handels- producte lässt sich das Bebirin durch wiederholtes Aus- ziehen mit sehr viel Aether als gelbes, amorphes Pulver erhalten, das sich leicht in Chloroform, Alkohol und Aceton löst, um sich beim Verdunsten wieder amorph abzuscheiden. — Auch in kaltem Methylalkohol löst er sich mit Leichtig- keit, scheidet sich aber merkwürdigerweise nach einer Minute so lebhaft in wohlgestalteten, farblosen Prismen aus, dass alsbald die ganze Flüssigkeit zu einem Krystallbrei gesteht. Die Krystalle schmelzen bei 214", sind schwer in heissem Methyl- und Aethylalkohol löslich und fallen beim Erkalten wieder krystallinisch aus. Die Analysen- werthe stinmien ndt der von Bödeker aufgestellten Formel überein. Mit Jodmethyl erhitzt, bildet die Base ein Jodmethylat von der Formel: CigHoiNOs • CH;jJ, das bei 208-270» schmilzt und in glänzenden Nadeln krystallisirt. Die Existenz einer Monoacetyl- und Monobenzoyl- verbindung von der Zusammensetzung: C.sHooNOg • COCH3 (Schmpkt.: 147-148") CisHooNOg . COCeHj (Schmpkt.: 139—140») beweist das Vorhandensein einer Hydroxylgruppe. Durch Oxydation mit Ferricyankalium in alkalischer Lösung und späteren Zusatz von Chlorammonium erhält Verfasser einen basischen Körper, der aus Alkohol kry- stallisirt, ohne zu schmelzen oberhalb 260" verkohlt und die Formel: CiyH,s,N04 besitzt. Das Bebirin dreht die Polarisationsebene stark links. Dr. A. Sp. Die kanadische Mineralprodnction (siehe L Jahrg. S. 419) bewcrthcte sich nach den Aufstellungen der Geo- logischen Landesuntersuchung zu Ottawa im Jahre 1895 insgesammt auf 22,5 Mill. Dollars, sie war also bedeu- tender als in irgend einem Vorjahre, und überstieg ins- besondere diejenige von 1894 um 1,6 Mill. Doli. Die Goldförderung stieg 1894 bis 1895 von 954 451 Doli, auf 1 910 921 Doli., sie verdoppelte sich also wieder, nach- dem sie lange Zeit stagnirt und nur noch etwa 25 pCt. von derjenigen zu Anfang der sechziger Jahre ausgemacht hatte. Einen ganz beträchtlichen Aufschwung nahm in den beiden letzten Jahren auch die Silberförderung (von 409 000 Doli, auf 1 158 633 Doli.). Die Ausbeute an Kupfer steigerte sieh dagegen nur massig (von 806000 Doli, auf 949 229 Doli, oder von 8482 Centner auf 8789 Ctr.), und diejenige von Nickel ging sogar bedeutend zurück (von 2 061120 Doli, auf 1360 984 Doli.), während die Platinausbeute (1891 für 10 000 Doli.) wieder ganz auf- hörte. Die Kohlenproduction ging im Zusammenhange mit der allgemeinen Geschäftskrisis ebenfalls gegen das Vorjahr zurück (von 3,9 Mill. Tonnen auf 3,5 Mill. T.) und desgleichen auch die Eisenerzproduction (von 112 000 T. auf 103 000 T.) sowie die Petroleumproduction (von 829 104 Fass auf 802 573 F.). Asbest wurde für 368 175 Dollar (8756 Tonnen) gewonnen, Phosphat aber nur noch für 9565 Doli. (1822 Tonnen). E. Deckert. Wetter-Monatsttbersicht. — Innerhalb der ersten Hälfte des vergangeneu December wiesen die Witterungs- verhältnisse in Deutschland beträchtliche Schwankungen auf, welche im Norden und Süden mehrmals entgegen- gesetzt verliefen; anhaltend trübe und unfreundlich aber war das Wetter gegen Ende des Monats. Während in Süddeutschland die Temperaturen in den ersten December- tagen bis zum 8. fast ununterbrochen anstiegen, trat im Norden zunächst eine starke Abkühlung ein, der eine ebensolche Erwärmung folgte. Der sinkende wie der steigende Theil der Temperaturcurven zeigen sich in der beistehenden Zeichnung weniger steil für die nordwest- lichen Landestheile als für diejenigen östlich der Elbe, wo in den Nächten zum 3. und 4. December die niedrigsten Temperaturen des ganzen Monats vorkamen. Dieselben gingen in den Provinzen Ost- und Westpreussen bis — 16 oder — 17" C. herab, und wenn auch im Laufe beider Tage, bei hellem Sonnenschein und massigen Südost- winden, der Frost sich bedeutend milderte, so blieb doch die durchschnittliehe Temperatur der nordöstlichen Sta- tionen auch Mittags 5 Grade unterhalb des Gefrierpunktes, wogegen dieser in Nordwest- und Süddeutschland an jedem Decembertage mit Ausnahme des 17. und 18. über- sehritten wurde. XII. Nr. 3. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 33 Vom 8. December bis Mitte des Monats herrschte in ganz Deutschland Tliauwetter, wobei die Temperaturen sich im Norden sehr langsam und gleichmässig ernie- drigten, im Süden liingegen mehrfach hin und her- schwankten. Dann erfolgte überall eine bedeutendere Ab- kühlung, welche abermals in den nordostdeutschen Laudes- theilen am stärksten war. Seit dem 17. fand in Süd- deutschland, zwei Tage später auch im Norden eine neue Erwärmung statt, und während des letzten Mou.itsdrittels befanden sich die Temperaturen in der Regel Nachts etwas unter, am Tage über dem Gefrierpunkte, ohne sich im Laufe des Tages oder von einem Tage zum anderen sehr erheblich zu ändern. Auch die Abweichungen von den Normaltemperaturen waren nur an wenigen Tagen des December beträchtlich. Im Monatsmittel deckte sich sogar die Morgentemperatur der süddeutschen Stationen genau mit ihrem normalen Werthe, während sie an den nordwestdeutschen um einen halben, an den nordost- deutschen um 1,2 Grad niedriger als der letztere war. Die Niederschläge, welche in der ersten December- hälfte hauptsächlich in der Form von Regen, in der zweiten mehr als Schnee auftraten, waren in Nord- deutschland bei ungewöhnlich hohem Feuchtigkeitsgehalte der Luft ziemlich gleichmässig über den ganzen Monat Hölit dei-NiidersthUg^e (n Dcjlsclilandi ah jednn I)tcfmlifTtd6f 1696'. 1 Dec. 6 li iSumme imBtcembtr 189695W_939531_90 18 9(, 95 9'! 93 92 91 90 vertheilt. Blieben nach beistehender Zeichnung auch nur sehr wenige Tage von ihnen gänzlich frei, so waren sie doch im allgemeinen nicht besonders ergiebig. Ihr vier- undzwanzigstündiger Ertrag erreichte im Mittel der nord- westdeutschen Stationen keinmal volle drei und öst- lich der Elbe nur an zwei Tagen fünf Millimeter. In Süddeutschland, wo der Monat trocken begann, fanden um Mitte desselben stärkere Regen- und Sehneefälle statt, die am 15. durchschnittlich 9,3, am liJ. durchschnittlich 6,6 Millimeter lieferten. Die Monatssunnne der Nieder- schläge, welche sieh im Durchschnitt für ganz Deutsch- land auf 37,5 Millimeter belief, ist im gegenwärtigen Jahrzehnt bereits viermal im December übertroffen worden, freilich übertraf sie diejenige des ungewöhnlich trockenen December 1890 noch um mehr als das Sechsfache. Die bedeutendsten Niederschläge kamen an der nordöstlichen und der südwestlichen Grenze des Reiches vor: nämlich zu Memel betrug ihre Summe im vergangenen December 80 Millimeter, von denen 38 am 17. und 18., zu Mül- hausen i. E. 76 Millimeter, von denen 25 allein am 19. ge- messen wurden. Während zu Beginn des Monats Deutschland einem Gebiete hohen Luftdruckes angehörte, drang sehr langsam eine tiefe Barometerdepression vom atlantischen Ocean ostwärts vor. Nachdem dieselbe zwischen dem 4. und 7. December an der englischen, französischen und italienischen Küste heftige Stürme verursacht hatte, gelangte am 8. ein Theilminimum bis zur Ostsee, worauf sich bald ein anderes auf der Nordsee zeigte. Nach einigen sehr nebeligen Tagen eilte vom 14. bis zum 15. December ein weiteres Minimum in Begleitung neuer Weststürme vom Canal durch Süddeutschiand nach Böhmen und wandte sich sodann nach Ostpreussen, wo es die ersten Schneeverwehungen dieses Winters zur Folge hatte. Die nächsten von Westen kommenden Depressionen schritten auf etwas südlicherer Strasse durch Frankreich und Italien nach Osten fort, so dass in Deutschland östliche Winde herrschend wurden, die aber wiederum sehr feuchte Luft und dichte Be- wölkung mit sich brachten; so war nach den Registri- rungen der Station Uslar in der Provinz Hannover während der 8 Tage vom 18. bis 25. die Sonne ununterbrochen durch Wolken verhüllt. Noch unerfreulicher gestaltete sich das Wetter, als in den Weihnachtstagen ein Minimum sein Gebiet über die scandinavische Halbinsel ausbreitete, was für Deutschland bis zum Jahresschlüsse dampfge- sättigte Südwestwinde und etwas reichlichere Nieder- schläge zur B''olge hatte. — Während somit die ganze westliche Hälfte Europas im vergangenen December von zahlreichen Depressionen heimgesucht wurde, befand sich der grösste Theil von Russland meistens in einem hohen Barometermaximum, das sich weit nach Ostsibirien er- streckte. Dort, wo die hohen Maxima im Winter aller- dings zu Hause sind, stieg der Luftdruck am 19. bis zu einer doch ungewöhnlichen Höhe empor und erreichte am 20. December zu Irkutsk am Baikalsee bei einer Kälte von — 40" C. um 7 Uhr Morgens 808,4 Millimeter, wahrscheinlich den höchsten Barometerstand, welcher auf der ganzen Erde je gemessen worden ist. Dr. E. Less. Aus dem wissenschaftlichen Leben. Ernannt wurden: Der Neurop.-ithologe Prof. Dr. Albert Euleuburg in Berlin zum Geh. Medicinalrath; der ausserordent- liche Professor in der medicinischen Fakultät zu Berlin und Director der Controllstation für Diphterieheilserum Dr. Paul Ehrlich zum Geh. Medicinalrath; der ordentliche Professor der Anatomie Dr. Karl von Kupffer und der Honorarprofessor der Geologie Dr. Wilhelm von Giimbel in München zu Geheim- räthen; der Professor der Hygiene an der technischen Hochschule zu Dresden Fr. Renk zum Medicinal-Referenten im Ministerium; die ordentlichen Professoren der Hygiene bezw. pathologischen Anatomie in Giessen Dr. G. Gaffky und Dr. E. Bostroem zu Geheimen Medicinalräthen; der Privat-Docent der Chirurgie in VVürzburg Dr. A 1 b e r t H o f f a zum Professor ; der Privat-Docent der Kinderheilkunde in Innsbruck Dr. Johannes Loos zum Professor; der Director des königl. Naturalienkabinetts in Bamberg Dr. Georg Fischer zum Professor; der Privat-Docent für Kinderkrankheiten in München und Director der Universitäts-Anstalt für Kinder- krankheiten Dr. Karl Seitz zum Professor; der Privat-Docent der Physik an der technischen Hochschule zu Berlin-Charlotten- burg Dr. S. Kalischer zum Professor; der Privat-Docent der Chemie in Freiburg i. B. Dr. W. Autenrieth zum provisorischen Nachfolger Prof. Baumann's; der ordentliche Professor der Philo- sophie in Giessen Dr. H. Jjiebeck zum Geh. Hofrath; der Privat- Docent für innere Medicin in Tübingen Dr. A. Dennig zum Professor. Berufen wurden: Der Director der Gothaer Sternwarte Dr. Paul Harzer als ordentlicher Professor der Astronomie und Director der Sternwarte nach Kiel; der etatsmässige Professor an der technischen Hochschule zu Aachen Dr. Friedrich Schur als ordentlicher Professor an die technische Hochschule in Karls- ruhe; der Privat-Docent der Zahnheilkunde in Bonn Dr. Boen- n ecken als ausserordentlicher Professor an die deutsche Univer- sität Pi'ag; der ausserordentliche Professor der Physik in Jena Dr. Felix Auerbach als ordentlicher Professor nach Königsberg; der erste Assistent au der inneren Abtheilung des Berhner Augusta- Hospitals Dr. CoUatz als leitender Arzt an das Diakonissen- Kraukenhaus in Darmstadt; der ausserordentliche Professor der Mathematik in Bonn Dr. E. Study als ordentlicher Profes-sor nach Greifswald. 34 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. XII. Nr. 3. Es habilitiiten sich: Der Generalsecretär der deutschen Che- mischen Gesellschaft Prof. Dr. Paul Jacobson für Chemie in Berlin; Dr. Franz Nissl für Anatomie in Heidelberg; Dr. Walther für Chemie an der technischen Hochschule zu Dresden. Aus dem Lehramt scheidet: Der Professor der Kinematik an der technischen Hochschule zu Braunschweig P. Pfeifer. Es starben: Der ehemalige ordentliche Professor der Anatomie in Erlangen Dr. Josef von Ger lach; der Anatom Dr. Karl Heitzmann in Rom; der Professor der Forstwirthschaft in München Dr. von Baur; der leitende Arzt der städtischen bak- teriologischen Anstalt in Danzig Dr. Theodor Lickfett; der bekannte langjährige Badearzt in Wildbad Dr. Wilhelm von Renz; der Generalarzt und königl. Leibarzt Dr. Christian Jacobi in Dresden; der Professor der Geometrie an der tech- nischen Hochschule zu Charlottenburg Dr. F. Buka. L i 1 1 e r a t u r. A. Sprockliofif's Grundzüge der Botanik. Ein Lehrbuch für den Schulgebrauch und zum Selbstunterricht. lo. wesentlich erweiterte Auflage. Mit 242 Abb. Carl Meyer (Gustav Prior) Hannover 1897. — Preis 4 M. Das für den ersten Schul-Unterricht brauchbare Buch wird vom Pädagogen gern zur Hand genommen. Es bringt, wie der ausführliche Untertitel besagt, Einzelbilder mit Berücksichtigung der Kulturpflanzen und ihrer Feinde, der Wechselbeziehungen zwischen Blumen und Insecten, wie der wichtigsten Arznei- und Giftpflanzen, Vergleichungen, Gruppenbilder und Anordnungen der Pflanzen nach dem Linne'schen und dem natürlichen System, Uebersichten nach dem Standort, der Blüthozeit u. s. w., Gliede- rung, Bau, Leben und Verbreitung der Pflanzen, Anleitung und Uebung im Bestimmen. — Ausserdem sind auch vom Schüler zu beantwortende Fragen eingeschaltet. Das Buch umfasst 488 Seiten. H. von Helmholtz, Handbuch der physiolog^ischen Optik. Zweite umgearbeitete Auflage mit 254 Abbildungen im Text und 8 Tafeln. Verlag von Leopold Voss. Hamburg und Leipzig. 1896. — Preis 51 M. Die zweite Auflage des in seiner Art einzigen von Helm- holtz'schen Werkes ist jetzt in 17 Lieferungen als ein stattlicher Band von 1334 Seiten vollständig erschienen und wird das Ent- zücken aller Derjenigen erregen, denen die physiologische Optik keine terra incognita ist. Seit dem Erscheinen der ersten Lieferung sind mehr als zehn Jahre vergangen, und inzwischen ist am 8. September 1894 der grosse Physiker selbst der Wissen- schaft durch den Tod entrissen worden. Aber ein treuer Schüler, Herr|Dr. Arthur König, hat das Werk seines Meisters nicht im Stiche gelassen und die Herausgabo desselben nunmehr zu glück- lichem Ende geführt; und wenn er auch in den letzten Lieferungen aus Pietät gegen den Verstorbenen den Text der ersten Auflage im Wesentlichen unverändert lassen musste, während von Helm- holtz selbst, bei dem während der erneuten Beschäftigung mit der physiologischen Optik das Interesse an dem Gegenstande zu der alten Intensität erwachte, sicher wie bisher grössere Aenderungen und Einschaltungen gemacht haben würde, so hat er doch den Schluss des Werkes durch eine nach dem Inhalt geordnete, von echt deutschem Fleisse zeugende Litteraturübersicht gekrönt, welche allein auf ca. 300 Seiten 7833 Litteraturangaben umfasst. — Die Ausstattung ist eine des grossen Werkes würdige; von den beigegebenen Tafeln ist besonders schön die zweite, deren ei-ste Figur, die Netzhaut des Auges darstellend, nach einer von Herrn Professor Uhthofi' hergestellten Zeichnung ausgeführt worden ist. Dr. Georg Wallenberg. Die natürlichen Pflanzenfamüien, begründet von A. Engler und K. Prantl, fortgesetzt von A. Engler. Lief. 142— 145. Wilhelm Engelmann. Leipzig 189t;. — Preis ii Lieferung in Subscription 1,. 50 (sonst ?,) M. Die Lieferung 142 bringt von den Algen den Schluss der Chaetangiaceen, die Golidiaceen, die Acrotylaceen, die Gigartinecn, die Rhodophyllidacoen und den Anfang der Sphaerococcaceen, bearbeitet von Fr. Schmitz und P. Hauptfleisch. Die Lieferungen 143—145 bilden zur Freude des Abonnenten eine fertige Abthoilung: die erste Abtlieilung b. dos I. Theiles des Gesammtwerkes. Diese Abtheilung enthält die Peridiniales (Familien: Gymnodiniaceae, Prorocentraceae, Peridiniaceae) und die Bacillariales (Bacillariaceae), beide Gruppen bearbeitet von F. Schutt. Die Abtheilung enthält 696 Einzelbilder in 282 Fi- guren und umfasst incl. Register 153 Seiten; sie hat ein be- sonderes Interesse auch für den Zoologen und durch die Bacillaria- ceeu auch für den Palaeontologen. Prof. Dr. A. Bauber, Die Regeneration der Krystalle. Zweite Untersuchungsreihe. Mit 393 Abbildungen. Eduard Besold (Arthur Georgi). Leipzig 1896. — Die erste Untersuchungsreihe der bedeutsamen Unter- suchungen Rauber's ist eingehend in Bd. XI No. 12 besprochen worden. Wir zeigen hier das Erscheinen der zweiten Unter- suchungsreihe an, ohne näher auf dieselbe einzugehen, weil wir bei der Bedeutung der Arbeit Raubers hinsichtlich der Ver- gleichung der Verhältnisse bei der Regeneration der Krj-stalle mit dem Wachsthum u. s. w. der Organismen beabsichtigen, in einem besonderen Artikel auf den Gegenstand näher einzugehen. Wir bemerken hier nur noch, dass im Verlage des Photo- graphen W. Staden in Jurjefi' (Dorpat) ein Atlas, 1. Heft mit 18 photographischen Tafeln erschienen ist, der sich mit der Um- bildung der Kugel beschäftigt, zur Illustration der Experimente des Verfassers. Ehlers, Otto E., Im Osten Asiens. Berlin. — 7,60 Mark. Geologische Karte von Ungarn. Budapest. — 12 Mark. Helmholtz, H. v., Handbuch der physiologischen Optik. Ham- burg. — 54 Mark. Kerntier, Frz., Die elektrodynamischen Grundgesetze und das eigentliche Elementargesetz. Budapest. — 2 Mark. Loewenberg, Dir. Dr. Geo., Lehrbuch der Mathematik. Leipzig. — 4,50 Mark. liOdge, Prof. Oliver J., Neueste Anschauungen über Elektricität. Leipzig. — 10 Mark. liittrow, Wunder des Himmels oder Gemeinfassliche Darstellung des Weltsystems. Berlin. — 14 Mark. Otten, Prof. Dr., Der Grundgedanke der Cartesianischen Philo- sophie, aus den Quellen dargestellt. Freiburg i. B. — 3,20 M. Briefkasten. Herrn B. R. — Auf die gestellte Frage über die Nieder- schlagsverhältnisse im Kreise Teltow ist folgendes zu antworten. Die Niederschlagsverhältnisse der Teltower Gegend sind durchaus dieselben wie in der ganzen übrigen Mark. Die Jahressumnie wird im Durchschnitt sieh zwischen 550 und 600 mm Niederschlag halten, wenngleich die bisherigen Beobachtungs- reilien sich allenthalben erst über wenige Jahre er.-^trecken. In Friedenau z. B. brachte das niederschlagsreichste Jahr seit neun Jahren (1891) 677, das niedersclilagsärmste (18. '5) 416 mm Nieder- schlag. Im allgemeinen sind die langjährigen Berliner (Berlin SW) Beobachtungsreihen, welche einen Mittelwerth von 596 mm er- geben, ziemlich massgebend für die ganze Umgegend in weitem Umkreise. H. Herrn Dr. R. A. in Ch. Für den von Ihnen ausgesprochenen Zweck können wir Ihnen sehr empfehlen: Krass und Landois, Lehrbuch für den Unterricht in der Zoologie, 4. Aufl., Herder'sche Verlagsbuchhandlung. Freiburg im Breisgau 1895. Preis 3,30 Mk. und Vit US Grab er, Leitfaden der Zoologie. F. Tempsky in Prag und Wien und G. Freytag in Leipzig. Es sind beides kurze, gewissenhaft ausgearbeitete Bücher, die in jeder Hinsicht ver- lässlich sind. Herrn 0. D. Umfragen bei hiesigen' hervorragenden Zoologen haben nicht viel ergeben. Ausser den von Ihnen genannten Büchern Parker, „Vorlesungen über elementare Biologie" und Semper, „Die natürlichen Existenzbedingungen der Thiere", sind über thierische Biologie (im engeren Sinne) noch zu vergleichen Bergmann und Leuckert, „Anatomisch-physiologische Ueber- sicht des Thierreiches'', ein noch immer gutes und älteres Buch, ferner „Brehms Thierleben", „Pagenst echor's Zoologie", die viel biologisches Material enthält, Lubbock's Schriften, „Die Sinne der Thiero" und „Ameisen, Bienen und Wespen." Inhalt: Emil du Bois Reymond f. — R. Beyer, Europäische Ueberpflanzen. — Die zoologische S.ammlung des Königlichen Museums für Naturkunde zu Borlin. (Forts.) — Die Sehleistungen der Helgoländer und der auf Helgoland stationirten Mannschaften der Kaiser- lichen Marine. — Ueber die Entwickelung des Gesichtssinnes. — Ueber die gefährlichsten Krankheiten der Seidenraupe. — Ueber die Zubereitung des Opiums. — Ueber den geologischen Bau des Glärnisch. — Ueber das Bebirin. — Die kanadische Mineralproduktion. — Wetter Monatsübersicht. — Aus dem wissenschaftlichen Leben. — Lilteratur: A. SprockhoflF's Grundzüge der Botanik. — H. von Helmholtz, Handbuch der physiologischen Optik. — Die natürlichen Pflanzenfamilien. — Prof. Dr. A. Räuber, Die Regeneration der Krystalle. — Liste. — Briefkasten. XII. Nr. 3 Naturwissensehaftliche Wochenschrift. .35 $tti. fümmlcrs gfrlagslmdjljuniiluug in §ttlhi SW. 12, ©oeBen erfd^ien: IPiffettfd?aftlicI?c (frfctttttnis unb ftttlid^e ^rctl^cii ^ammfung von "porfrägen unö JlB^anöfungen. (>8iertc Jolcie) Pilljdm ^ocrllcr, iigärat lUof. an ber .«ouigl. U or t-cr Söiiiäl. 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Zwei Ausflüge von Medellin nach dem Westen von Antioquia (im September 1896). 1. Ausflug nach Guaca. Kaum hatte ich mich in meinem vorläufigen Stand- quartier eingerichtet, eine geeignete Wohnung gesucht, meine Ausrüstung ausgepackt, Fehlendes ergänzt, Schad- haftes zum Ausbessern übergeben, als sich mir auch be- reits eine günstige Gelegenheit bot, im Westen von Me- dellin den benachbarten, Saiz und Kohlen aufweisenden Distrikt Eliconia oder Guaca kennen zu lernen: Lazara Restrepo, ein sehr angesehener hiesiger Gross- industrieller, beabsichtigte die Salzgewinnung in Guaca zu Studiren und forderte mich auf, ihn und seinen dort ein grosses Landgut besitzenden Freund Felix Jaromillo nach (iuaca zu begleiten. Wir ritten am 15. September nach dem Almuerzo (Frühstück) um 11 Uhr auf dem nächsten Wege über zwei Gebirgsrücken, den Alto de la Barcino und den Alto de las Cruces und erreichten gegen Abend unser Ziel, das Landgut (Finca) von Felix Jaromillo ; der westliche Abhang des zweiten Alto, der die Westgrenze des Distriktes Medellin bildet, bot eine überraschend üppige und grossartige Vegetation: diese dem feuchteren Caucathale zugewandten Hänge besitzen für die Eut- wickelung tropischer Formen viel günstigere natürliche Verhältnisse, sind aber zum Theil wenigstens, auch noch weniger der Vernichtung durch den Menschen mittels Feuer ausgesetzt gewesen. In den tieferen Theilen zeigen sich aber auch hier überall die Spuren der Brände, welche die urs])rüngliche Pflanzendecke verniciitet haben, um Raum für Anl)au von Kulturgewächsen zu gewinnen: neben Mais und Platanen treten besonders auch erheb- liche Kaffeepflanzungen (Cafetales) hervor. Wir machen es uns in der gut eingerichteten Finca bequem, auf deren Weide (Potrero) der Champignon (Agaricus campestris) wuchert und hier wohl zum ersten Male für den Tisch Verwendung fand. Die Hauptmahlzeit (coraida) wird hier zu Lande um 5 oder 6 Uhr Abends eingenommen und unterscheidet sich von dem warmen Frühstück (almuerzo) nur durch grössere Reichhaltigkeit. Fast das gleiche Menü wiederholt sich Tag für Tag: während wir die Woche über möglichste Abwechselung anstreben, bekommt man hier jeden Tag dieselben Haupt- gerichte vorgesetzt: eine Snppe, Eier, zwei Fleischspeisen nebst dunkelblauen Bohnen (frisoles), etwas Süsses (Dulce) Milch (lechej für sich oder mit einem aus Mais herge- stellten Brei (mazamorra) und Kaffee oder Schokolade mit dem in ganz Colombia üblichen Stück Käse. Oft wird die Schokolade auch erst später kurz vor dem Zubettgehen als Abendbrot (cena oder merienda) genossen. Am Vormittag giebt es bald nach dem Aufstehen meist auch Schokolade mit dem landesüblichen Maisbrot (crepa) und Käse, für den Estranjero — hier wird jeder Aus- länder meist als „Ingles" (Engländer) bezeichnet und mit „mister" angeredet — auch wohl Weizenbrod (pan de trigo) von meist sehr trockener Beschaffenheit. Vielen Ankömmlingen fällt es sehr schwer, sich an die landes- übliche Kost zu gewöhnen, am meisten lässt die Zu- bereitung der Fleischspeisen (auch des Geflügels) zu wünschen. Unsere Finca gehört jedenfalls zu den besten ihrer Art und war für mich zur Eingewöhnung daher sehr gut gewählt; überhaupt boten die beiden liebenswürdigen Caballeros alles auf, um mir die erste Zeit meines Auf- enthalts so angenehm wie möglich zu machen. An den zwei folgenden Tagen besichtigten wir nun eingehend die Salzquellen und die Gewinnung des Salzes, sowie die Kohlenablagerungen der Umgebung von Guaca, und widmeten dabei auch den landwirthschaftlichen Ver- hältnissen unsere Aufmerksamkeit; am vierten Tage kehrten wir dann auf einem weiteren Wege über den Alto de las Cruces und die Ortschaften San Antonio, Estrella und Itagui nach Medellin zurück. 38 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. XII. Nr. 4. Den Salzquellen von Guaca haben schon die In- dianer Tor der Conqui.sta ihre Aufmerksamkeit zugewendet und mau hat daher in diesem Thalc, einem Nebenthaie des Cauca, auch manciierlei .S])uren von ihnen g-efiinden: Der Name Guaca selbst bedeutet „Grabstätte", da diclit neben der heutigen Saline eine solche aufgefunden wurde (es liegen dort noch heute zahlreiche Scherben alter Thongefässe umher). Die umliegenden Felsen sollen z. T. alte Wohnstiitten der Indianer aufweisen. Ich vermochte zunächst nur ausser einigen werthlosen Scherben nur ein hiii)sches, (leider aber zerbrochenes) Steinbeil anfzutreiben. Bereits Karl Degcnhardt hat die Salzquellen von Guaca, zusammen mit denen der Quebrada Dona Maria, welche zwischen den beiden oben erwähnten Altos liegt und denen bei Retiro (El. Qnarzo) im oberen Thale des Eio Negro kurz beschrieben (Karstens Archiv für Minera- logie etc., Jahrgang 1839). Ich habe diese und noch eine Reihe anderer im Caucagebiete gesehen und glaube, dass dieselben wie auch die Kohlenvorkommnisse derselben Formation angehciren, wie die Kohlen- und Salzfunde in der Ostkordillere oder der Kordillere von Bogota, wo man sie der Kreide zurechnet. Während aber die Ostkordillere verhältnissmässig reich an gut erhaltenen und für die Altersbestimmung wichtigen Fossilien ist, fehlen dieselben — bis jetzt wenigstens — in der Central- und West- kordillere fast gänzlich und es ist mir noch nicht ge- lungen, diese Lücke genügend auszufüllen. Die die Kohlenablagerungen begleitenden, sie überdeckenden Sandsteinschicliten hier als pena arenisea bezeichnet, und Thonlagen enthalten zwar Blattabdrücke und sonstige Pflanzenreste, allein ich bezweifele, dass das bis jetzt von mir hier und an anderen Stellen zusannnengebrachte Material ausreichen wird, die Altersbestimmung dieser Schichten zu ermöglichen. Die Einheimischen haben für „fossiles" nur sehr wenig Interesse. Die tiefere Grund- lage der Schichten bildet in Guaca der Granit, auf ihm ruhen mächtige Conglomeratsehichten von hier sehr wenig- geneigten Schichten und auch die nun folgenden, bis in .die oberen Theile des Thaies hinaufreichenden Sandstein- schichten (pena arenisea), in denen die Kohlen vorkommen, zeigen nur geringere Neigungswinkel und schneiden, wie ich am Alto de las Cruces beobachten konnte, plötzlich ab, so dass das steil einfallende, alte (Jebirge, hier aus Thonschiefer- ähnlichen Schiebten bestehend, discordant von den kohlenführenden Sandsteinen überlagert wird. Man gewinnt den Eindruck einer nach der Aufrichtung der Kordillere vollzogenen Bildung, doch berechtigt natür- lich erst der Vergleich mit anderen kohlenführenden Ab- lagerungen zu allgemeineren Schlüssen. Auf der gegen- überliegenden Thalseite heben sich einige feste Sand- steinbänke landschaftlich sehr scharf ab; wir besuchten die „pena arenisea^' und verschiedene dort abgebaute Kohlenhorizonte, doch ist hier die Grenze der Ablagerung gegen das alte Gebirge durch Vegetation verdeckt. Die Kohle ist von ziemlieh guter Beschaflfenheit und gleicht äusserlich der Steinkohle der Karbonforniation, ihr Brcnn- werth ist aber geringer; man kann sie am besten mit unseren mesozoischen Lignitablagerungen vergleichen. Zahlreiche Arbeiter und Arbeiterinnen schleppen für ge- ringen Lohn die Kohlen hinab in die Salinen von Guaca. Diese Salinen sind ziemlieh primitiv eingerichtet, und obwohl das hier gesottene Salz nicht übel ist, leidet die ganze Production doch ausserordentlich durch die Zer- splitterung des Besitzes, welche einer nationalen Aus- beutung in grösserem Stile entgegensteht. Die 11 Salz- quellen von Guaca und den benachbarten Schluchten zählen nicht weniger als 24 Besitzer und es findet daher vor der Gewinnung erst eine künstliche Theilung der Solen statt, um den einzelnen Besitzern ihren Antlieil an . der etwa 3 pCt. Sole zuzuführen! Diese gewinnen dann in kuchengrossen, runden Pfannen aus Kupfer über Kohlen- feuer das Salz, welches in Schilfblätter (Cana brava) ge- wickelt, in Packeten von je ß Kilogramm abgewogen, durch Maulthiere hauptsächlich nach Medellin geschafft wird. Guaca zählt etwa 2000^2500 Einwohner, meist Salz- oder Kohlenarbeitern, deren Hütten sich weit an den ThalHanken aufwärts ausbreiten. Die heutige leb- hafte Industrie ist hier etwa 50 Jahre alt; das Salz ent- quillt den unteren Conglomeratsehichten, die Sole wird durch Pumpwerke nach Guaca geleitet. 2. Ausflug nach Amagä Titiribi, Zancudo und Sabaletas. Der zweite Ausflug galt dem wichtigen Gold- bergbaugebiet von Titiribi und Zancudo im Süd- westen von Medellin. Am 24. September brach ich mit zwei gemietheten Maulthieren und einem Peon oder Arriero — letzterer wird hier gewöhnlich kurz als „muehacho" (Junge) be- zeichnet — von Medellin auf, und gelaugte im reichan- gebauten Porcethal aufwärts über Envigado nach Caldas und am Nachmittag über den Alto Claro nach Amagä an der gleichnamigen Quebrada, einem Zufluss des Cauca. In dem unfern gelegenen Eisenwerk La Ferreria wurde ich vom dortigen Director auf einen Empfehinngsbriet von Medellin hin sehr freundlich aufgenommen. Auch hier ist die Kohle vertreten und wird zur Verhüttung von Eisen verwertbet, welches in thonigeu Concretioneu vor- konmit, die über den Kohlenschichten auftreten. Letztere enthalten Blattabdrücke, von denen ich Proben gesannnelt habe. Sie werden geröstet und zerkleinert, um dann dem Hochofen übergeben zu werden. Die ganze Anlage liegt in einem Nebenthaie des Quebrada Amegä in der Que- brada Clara. Der Weg von Amagä nach Titiribi steigt gleich hinter ersterem Orte steil an und windet sich an der Südseite der gleichnamigen Schlucht hin um das Massiv des Alto de Corcobedo herum und die grosse Finca Los Micos dicht vor Titiribi. Parallel zu den Kohleuablagerungen von Amagä und La Ferreria treten nun wieder neue auf, in deren Verlängerung diejenigen von Eliconia liegen. Die- selben streichen parallel zur Hauptgebirgsrichtung, was doch deutlich darauf hindeutet, dass ihre Ablagerung noch in die Epoche der (Jebirgsbildung hineinreicht. Durch eine Empfehlung an den Besitzer von Los Micos war es mir möglich, nicht nur die Kohlengruben zu besuchen, sondern auch die hier recht bedeutende Kafifeegewinnung in Augenschein zu nehmen, sowie eine Indianerinschrift auf einem grossen, von üppiger Vegetation bedeckten Stein- block zu photographiren. (Von letzterem giebt bereits Dr. Uribe Angel in seiner Monographie von Antioquia eine ziemlich richtige Abbildung). (Später erhielt ich in Medellin eine kürzlich von einem Ingenieur sorgfältig aus- gearbeiteten Plan dieser schönen mit tropischen Cultureu wie Weiden und Waldungen reich ausgestatteten Finca.) In Titiribi wurde ich von einem hier seit 37 Jahren ansässigen Deutschen, Reinhold Wolf, gastfrei aufgenommen und nach den Westen von Sitio Viejo und der Mine von Zancudo begleitet. Letztere zu besuchen, musste jedoch für diesmal aufgegeben werden, da Sonnabend Nachmittag (Zahltag) und Sonntag hierzu nicht geeignet sind; dieser erste Besuch beschränkte sich daher auf eine Besichtigung der Schmelzwerke von Sitio Viejo und eine Recognos- cirung von Zancudo, sowie am folgenden Tage (Sonntag) auf die eingehendere Besichtigung der bei Titiribi gele- genen gokireichen „Otra Mina" (die andere Mine), an welcher Wolf selbst Antheil hat, und dem fast vollendeten, nach kalifornischem Muster von ihm erbauten Stampf- XII. Nr. i. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 39 werk zur Verkleinerung des goldhaltigen Gesteins. Am Montag schloss sich hieran noch ein Ausflug zu den zwei Stunden südlich von Titiribi gelegenen .Schmelzwerken von Sabalatas. Dienstag Nachmittag war dann Medellin wieder ziemlich auf dem alten Wege über Amagä er- reicht und somit dieser erste selbstständige Ausflug von sechs Tagen ohne Unfall beendigt; nur am letzten ^Morgen hatte es mein Reitthier vorgezogen, die heimathlichen Gefilde bei Medellin ohne Reiter aufzusuchen und war bereits fünf Stunden vor uns richtig auf seiner Weide eingetroffen. Ich konnte mir jedoch ein anderes Thier verschaffen und erlitt durch diesen kleinen Zwischenfall am Morgen nur etwa zwei Stunden Aufenthalt. Die Maulthiere werden, wenn es irgend angeht, nach vollen- deter Tagesleistung auf einen benachbarten Potrero ge- trieben und Morgens vom Peon wieder eingefangen. Bis- weilen sind aber die Potreros nicht genügend abge- schlossen, so dass die Thiere den Weg ins Freie finden. [landschaftlich bot diese Excursiou viele herrliche Eindrücke: bis Caldas geht der Weg ziemlich eben am Porcefluss entlang. Letzterem ist vor Caldas an einer Stelle durch einen Hügel ein neues ßett gegraben, weil man im alten Bett Gold zu finden hoff'te. Caldas zeigt, wie die sämmtliclieu Städte und grösseren Orte des Landes, rechtwinkelig sich kreuzende Strassen, welche in der Mitte eine grosse Plaza mit der Hauptkirche, den Haupt- geschäften und dem „Hotel" freilassen. An Stelle des letzteren giebt es selbst in grösseren Orten oft nur eine sehr bescheidene Unterkunft oder ..Hospedaje'-. Der Gebirgsstock zwischen Caldas und Amagä ist stark ent- waldet. Amagä liegt auf einer geneigten Ebene und ge- währt einen annuithigen Anblick. Der Weg nach Titi- ribi bietet herrliche Ausblicke nach dem Cauca zu, weiter- hin auf den Cerro Bravo bei Fredonia und die herrliche BasaUpyramide des Cerro Tusa. Von dem Hause der Finca, Los Micas eröffnet sich ein grossartiger Blick über den raucherfüllten, tiefen Kessel von Zancudo und Sitio Viejo hinweg nach den hohen Gipfeln der Westkordillere, dem Cerro Plateado, dem Cerro de San Juan und den P'arellones de Citaro, Titiribi liegt sehr malerisch auf hohem Wieseni)lan und ist mit dem tieferen, viel heisseren und fieberschwangeren Grunde von Zancudo durch einen schlimmen, gepflasterten Weg verbunden. Der ganze Ab- hang des Sitio Viejo und Zancudo bergenden Kessels ist mit Wohnungen der Arbeiter bedeckt. Die reichen und weitverzweigten Goldminen von Zancudo werden schon seit längerer Zeit in rationeller Weise ausgebeutet und seit ungefähr 100 Jahren bearbeitet. Namentlich hat der Engländer Moore sich um die Er- schliessung der Goldschätze verdient gemacht; Titiribi lag ursprünglich an der Stelle von Sitio Viejo und wurde erst in diesem Jahrhundert an den heutigen ge- sunderen Platz verlegt, nur ein kleinerer Theil der Be- wohner blieb an der Stelle der alten Siedelung (Sitio viejo) zurück, welche durch die hier augelegte Schmelz- hütte Bedeutung erhielt. Später wurde durch den schle- sischen Ingenier Reinhold Paschkc eine ConcurrenzhUtte in Sabaletas erbaut, .jetzt sind aber alle Anlagen in den Händen einer Gesellschaft: das reiche Erz (mineral rico) \iin Zancudo wird durch Maulthiere direct nach den fünf Hochöfen aufweisenden Sehmelzwerken von Sabaletas geschafft, das minder reiche in Zancudo und Sitio Viejo in QuarzmUhlen zerkleinert, das Gold möglichst herausge- waschen, der Rest in den Concentrier- Anstalten gereinigt, nach dem Erzgehalt sortirt und ebenfalls ausgcschmolzen. Ungefähr 3000 Menschen finden direct oder indirect diVch diese vereinigten Werke ihren Unterhalt. Für die bessere Ausbeutung der Otra Mina oberhalb Titiribi hat R. Wolf eine neue Stanipfmühle (Molina) von voraussichtlich sehr grosser Leistungsfähigkeit gebaut mit 18 Stempeln oder Pisonen. In einem starken Metallrohre fällt das Wasser 165 Fuss herab und setzt das Rad in Bewegung. Die Mine hat in ihrem oberen und unteren Theile sehr gold- reiche Gänge, doch ist auch das zwischenliegende Gestein mit Goldtheilchen imprägnirt, so dass es hauptsächlich darauf ankommt, recht viel Gestein zu zermalmen, um dann die Goldtheilchen herauswaschen zu können. Die zoologische Sammlung des Königlichen Museums für Naturkunde zu Berlin. Die Auiphibieii-Schausamniluiig. *) Von Dr. Toruier. AHge meines. Die Amphibien - Schausammlung des Museums für Naturkunde zerfällt in drei Abtheilungen: in die systema- tische Abtheilung, in eine anatomische und in eine dritte Abtheilung, welche die einheimischen Amphibien enthält. Die systematische Abtheilung umfasst den grössteu Theil der Amphibienschausammlung und ist aufgestellt nach Boulenger's Catalogue of Batrachia salientia and gradientia. In diesem Abschnitt des Führers durch die Schau- sammlung der zoologischen Sammlung sind nur solche *) Wer sieh für Amphibien interessirt, findet Genaueres über deren Lebensweise in Brehm's Thierleben (dritte Auflage) Bd. VII. Leipzig 1S92. Das wichtigste über ihre Anatomie enthält das Lehrbueli der Zoologie von Leunis (zweite Auflage) Bd. 1. Zu emjjfehlen sind ferner 1. das in Lieferungen erscheinende Werk: Deutschlands Amphibien und Reptilien von Bruno Dürigen. Magdeburg, Creutz'sche Verlagsbuchhandking; 2. Bedriaga's Lu'reh- fauna Europas. Moskau 1891; 3. die mit Bestimmungstabellen ver- sehene Herpetologia europaea von Schreiber. Braunschweig 1875, die leider schon in manchen Punkten veraltet ist; 4. das ebmifalls mit Bestimmungstabellen versehene, sehr schöne Werk: Reptilien und Amphibien Oesterreich-Ungarns von Franz Werner. Wien 1897. Thiere erwähnt, welche in der Schausammlung aufgestellt sind. Ferner entspricht die Anordnung des Stoffs in dem Fahrer der systematischen Aufstellung der Thiere in der Sammlung. Wer also die systematische Abtheiluug der Amphibienschausammlung des Museums betritt, schlage den Anfang des Führers auf, und vergleiche die Capitel- überschriften mit den Abtheilungsschildern der Sanmilung, dann findet er mühelos die Thiere, welche im Führer er- wähnt sind. Es ist daher auch nur dann in der systema- tischen Abtheilung des Führers augegeben, dass ein Ob- ject in der Schausammlung enthalten ist, wenn dieses nicht in der systematischen, sondern in der anatomischen Abtheilung oder in derjenigen steht, welche unsere ein- heimischen Kriechthiere enthält. Systematische Abtheilung. Die Amphibien oder Lurche sind wechselwarme Thiere, d. h. ihre Blutwärme richtet sifli im wesentlichen nach der Temperatur, der sie ausgesetzt sind. Sie athmen ohne Ausnahme in der Jugend durch Kiemen, im Alter entweder gleichzeitig durch Kiemen und Lungen oder nur durch Lungen. Jene Amphibien, welche im Alter nur durch Lungen 'athmen, sind anatomisch vollkommener, als die anderen und stehen deshalb den Reptilien näher. Bei 40 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. XII. Nr. 4. allen Lurchen gelenkt das Hinterhaupt an der Wirbel- säule mit zwei Höckern. Von sonstigen Eigenschaften, die allen Amphibien ge- meinsam sind, wären noch zu erwähnen: Bei ihnen allen beobachtet man, wie bei den Reptilien, einen periodisch auftretenden Hautwechsel, wobei die Oberhaut zusammen- hängend oder in Fetzen al)gestossen und durch eine neue ersetzt wird, die bereits vorher unter der abgestossenen vorhanden war. Die Amphibienhaut selbst ist sehr reich an Drüsen; und zwar bedecken kleine Drüsen den ganzen Amphibienkörper, grössere häufen sich ausserdem an ein- zelnen Körperstellen an; auf diese Weise entstehen z. B. die Ohrdrüsen der Kröten und Salamander, äusserlich kenntlich als dicke Hautwülste in der (Tegend der Ohren. Das Amphibienherz besitzt, gleich dem der meisten Reptilien, nur eine Kammer, aber einen rechten und linken Vorhof. Fast alle Amphibien durchlaufen Reihe Formveränderungeu; sie heissen Metamorphose Kaul- quappen, athmen dann nur durch Kiemen, ha- ben zuerst keine Glied- maassen, wohl aber als Hauptbewegungs- organ einen seitlich zusammengedrückten, mit einem Flosseu- saum versehenen Ru- derschwanz und be- sitzen an den Körper- seiten eigenthümliche Grübchen , die in Längsreihen der während Jugend enie dieser angeord- net sind. Es sind die Organe eines sechsten Sinnes, der auch den Fischen zukommt und stellen Geschmacks- becher zur Prüfung des Froschentwickelung. Di« Wassers dar. Ausser- dem besitzen viele Kaui(|uappen eine Saugscheibe, mit welcher sie sich an (Gegenständen festsaugen können. Erst wenn die Kaul- ([uappcn eine ansehnliche Grösse erreicht haben und ihre Lungen ausbilden, konmien auch ihre Gliedmaassen zum Vorschein, während bei allen alsdann die Seiteu- organe, bei vielen auch der Schwanz und die Kiemen verkümmern. Das weitere Wachsthum der Thiere geht sehr langsam von statten: Frösche z. B. erreichen ihre Wachsthumsgrcnzc erst mit dem zweiten Jahre und werden erst im fünften Jahre fortptlanzungsfähig. Die Amphibien leben theils im Wasser, theils auf dem Lande, dann aber nur an feuchten Orten, denn ihre Haut bedarf der Feuchtigkeit, weil die Thiere durch die- selbe nicht nur dem Körper Wasser zuführen, sondern sogar at Innen können. In ihrer Jugend leben alle Amphi- bien im Wasser, wenn auch die Eier zuweilen im Trocknen abgelegt werden. Sie ernähren sich fast ausschliesslich von Insecten, Würmern und Schnecken, und halten in der gemässigten Zone einen Winter-, in heissen Gegenden einen Sommerschlaf. Sie sind fast über die ganze Erde verbreitet, denn sie fehlen weil ihr Wärmebedürfniss Auch findet man sie nur im Man schätzt die Anzahl 1200 Arten und theilt sie nur in den ridargcgendcn, hier nicht befriedigt wird, süssen Wasser. der lebenden Ani])iiibien auf Ordnungen ein, m drei in Froschlurche, Anura, SchwanzlurchCjUrodela und Sciileichcn- lurche, Gymnophionen. 1. Ordnung: Frosch-Lurche, Anura. Die Froschlurche haben einen kurzen, gedrungenen Körper, der auf vier Beinen ruht und schwanzlos ist; ihre Hintergliedmaassen sind dabei kräftiger entwickelt als die vorderen. Hinten haben die Froschlurche fünf Zehen, vorn nur vier Finger, der fünfte fehlt. Ihre vorquellen- den Augen, die vor- und zurückgezogen und natürlich auch nach allen Seiten bewegt werden können, haben gewöhnlich nur ein oberes Augenlid und eine Nickhaut. Die Wirbelsäule der Froschlurche ist sehr kurz, in sich fast gar nicht beweglich und besteht aus 10 Wirbeln, wovon einer, Kreuzbein genannt, an seinen Querfortsätzen das Becken trägt. Die Form dieser Querfortsätze ist für die Unterscheidung der Froschfamilieu von Wichtigkeit, denn sie können dünn oder sehr verbreitert sein. An das Kreuzbein der Anuren heftet sich ausserdem ein auffallend langer Schwanzknochen an, er wird Steissbein I genannt. Knöcherne Rippen besitzen die Frösche nicht, höchstens Knorpel- stuckchen an Stelle derselben. Die Männchen un- terscheiden sich meist durch kräftigere Stim- me und durch den Besitz einer Daumen- schwiele von den Weib- chen (Präparate davon sind in der Sammlung). Die Fortpflanzungs- zeit der Frösche ist der Frühling oder Sommer- anfang. Die beiden Unter- ordnungen der Frö- sche heissen Phane- roglossa, d. h. Frö- sche mit Zunge, und Aglossa, Frösche ohne Zunge. Bei den meisten Zungenfrö- vorn an den Gaumen angewachsen en von Insecten mit ihrem Hinterende werden. Ausserdem münden bei den Zungcnfröscheu die Ohrtrompeten ge- trennt in den Mundhimmel, während sie bei den zungen- losen mit einer gemeinsamen Oelfnung den Mundhiuunel durchbrechen. Die Zungenfrösche theilt man ein in solche, deren Brustgürtel eine in sich geschlossene, bewegungslose Knochenplatte bildet: Gruppe Starrbrustfrösche, Firmisternia, und in solche, bei welchen die Brustbein- knochen jeder Körperseite zwar unter sich, aber nicht mit denen der anderen Körperseite verwachsen sind, so- dass die beiderseitigen Brustbeinplatten in der Mittellinie des Körpers gegeneinander verschoben werden können, wodurch den Thieren eine freiere Bewegung der Glied- maassen ermöglicht wird: Gruppe der Schiebbrust- frösche, Areifera. In der Samndung zeigen Skelette mit Erklärungen diese Skeletteigenthündichkeiten. Die Starrbrustfrösche theilt man dann ausserdem nach der Bezahnung und der Form der Kreuzbeinwirbelfortsätze in Familien ein. Erste Familie: Zipfclfrösche, Ceratobrachi- dae. Ober- und Unterkiefer dieser Thiere tragen Zähne und die Querfortsätze ihrer Kreuzbeinwirbel zeigen keine Ver- breiterung. Zu dieser Familie gehört nur eine Gattung und Art: Ziihlen bezeichnen die Entwickelungsstufen. sehen ist die und kann zum Fan Zunge aus dem Maul herausgeschlagen XII. Nr. 4. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 41 der Zipfelfrosch, Ceratobatrachus guentheri. Er lebt auf den Salomonsiuseln, also auf deutschem Schutzgebiet, doch hat das Museum noch keinen Vertreter dieser Art. Zur zweiten Familie der Starrbrustfrösche ge- hören die echten Frösche, Ranidae. Nur ihr Ober- kiefer trägt Zähne und ihre Kreuzbeinwirbelfortsätze sind cylindrisch oder sehr wenig- verbreitert. Man findet sie in allen Ländern mit Ausnahme Australiens. Sie sind fast alle Wasserbewohner, einige leben indess auch auf Bäumen, wie die echten Laubfrösche, von denen sie sich alsdann auch in der äusseren Gestalt kaum unterscheiden. Unter den Gattungen und Arten, welche zu dieser FamiHe gehören, sind folgende die wichtigsten: Die Gattung der Wasserfrösche, Rana, umfasst gegen 140 Arten in allen Welttheilen, darunter 4 deutsche Arten, die später besprochen werden. Zu dieser Gattung gehören die grössten P>ösche, welche die Gegenwart kennt, so der nordamerikanische Ochsenfrosch (Rana catesbyana). Ebenso grosse Thiere leben auf den Salomonsiuseln. (Beide in der Sammlung.) Die zweite Ranidengattung bilden die Flugfrösche, Racophorus, bei welchen an Vorder- uud HinterfUssen zwischen den verlängerten, mit Haft- scheiben versehenen Zehen sehr grosse Häute ausgespannt sind, welche das Thier befähigen, bei gespreizten Fingern und Zehen von Ast zu Ast ohne Schaden hinabzuschweben. Die dritte Gattung der echten Frösche wird gebildet durch die Greiffinger, Chiromantis. Sie erhielten ihren Namen, weil die zwei inneren Finger ihrer Hand den zwei äusseren in der Weise gegenübergestellt werden können, wie beim Menschen der" Daumen den übrigen Fingern. Sie leben im heissen Afrika auf Bäumen. Zu den ebenfalls auf Bäumen lebenden Vertretern dieser Familie, welche in Afrika unsere Laubfrösche er- setzen und daselbst in zahlreichen Arten und in unend- licher Farbenmannigfaltigkeit vorkommen, gehören erstens die Vertreter der Gattung Hylambates, "mit vertikaler Pupille, mit Zähnen an den Gaumenbeinen und grossen Haftscheiben an Fingern und Zehen. Es sind die grössten uuter den afrikanischen Laubfröschen; dann gehören dazu die weseutlich kleineren Arten der Gattung Rappia mit runden Pupillen und ohne Zähne am Mundhimmel, und die Arten der Gattung Megalixatus mit senkrecht stehender Pupille und ebenfalls ohne Zähne am Mund- himmel. Eine vierte Familie der Starrbrustfrösche umfasst die Baumsteiger, Dendrobatidae, des tropischen Amerika und Madagascar mit zusammen 10 Arten. Sie haben keine Oberkieferzähnc und nicht verbreiterte Kreuzbein- wirbelfortsätze; sie haben ferner keine Schwimmhäute, dafür aber grössere oder kleinere Saugscheiben an den Spitzen der Finger und Zehen wie alle baumbewohnenden Frösche. Einige von ihnen zeichnen sich durch prächtige Färbung, leider aber auch durch Giftiükeit aus. Ein Beispiel schöner Färbung liefert der gescheckte Baum- steiger (Dendrobates tinctorius), der in zahlreichen Farben- spielarten gefunden wird. Er ist in Mittelamerika sehr häufig. Die ßaumsteiger tragen ihre Jungen, welche sich an sie ansaugen, von einer Pfütze zur andern. Die fünfte Familie der Starrbrustfrösche wird gebildet durch die Engmäuler (Engystomatidae). Sie haben keine Oberkieferzähue und verbreiterte Kreuz- beinwirbelfortsätze. Sie leben gewöhnlich auf dem Boden und einige besitzen grosse Grabfähigkeit. Eine Gattung Hemisus gräbt sogar mit den Händen. Bei vielen dieser grabenden Arten ist der Mund ausserordentlich eng, die Schnauze spitz, der Leib sackartig aufgetrieben und die Ghedmaassen fast in der Haut verborgen. Am weitesten ist in dieser absonderlichen Körperbildung fortgeschritten der afrikanische Mopskopffrosch (Breviceps mossambicus). Die extremsten unter diesen Gräbern leben ausschliesslich von Termiten, die sie bei nächtlichen Wanderungen aus- scharren. Eine höchst eigeuthümliche Art der Brutpflege zeigt uns ein chilenischer Frosch aus dieser Familie, die Rhino- derma darwini. Beim Männchen dieser Art ist der Kehl- sack in eine Bruttasche umgewandelt, in welche das Junge hineingesteckt wird. Die Tasche wächst mit den Jungen, bis sie zum Schluss die ganze Bauchfläche be- deckt. Die zweite Gruppe der Zungenfrösche umfasst, wie schon erwähnt, die Schiebbrustfrösche (Arcifera). Die erste Familie der Schiebbrustfrösche, die Cystignatiden, entsprechen durchaus den Wasser- fröschen unserer Gegenden, die sie in einem grossen Theil von Südamerika und in ganz Australien auch wirklich vertreten, Ihr Oberkiefer ist mit Zähnen ver- sehen und ihre Kreuzbeinwirbelfortsätze sind cylindrisch oder nur sehr schwach verbreitert. Zu diesen Fröschen gehören die Blattfrösche (Hylodes). Es sind die Laub- frösche des tropischen Amerika; über 50 Arten sind davon bekannt. Zu ihnen gehört der Antillenfrosch, Hylodes martinicensis; er ist ein kleines, unscheinbares Thierchen, welches seine Eier in baumwollenartigen Hüllen auf Blättern befestigt. In diesen Hüllen entwickeln sich die jungen Thiere ohne Metamorphose sofort zu einer Form, die nur dadurch von der der Erwachsenen abweicht, dass die ausgeschlüpften Jungen noch einen Schwanzstummel tragen, der indess in kurzer Zeit vom Körper eingesaugt wird. Zu den Mitgliedern dieser Familie gehören auch die Hornfrösche (Ceratophrys); Thiere von beträchtlicher Grösse, absonderlicher " Gestalt und grosser Schönheit. Ihr Kör]ier ist gedrungen und kräftig, ihr Kopf ist krötenartig, gross und breit und ihr Rachen sehr weit. Ihren Namen haben sie daher, weil eigenthümliehe, zipfel- artige Auswüchse über ihren Augen befestigt sind. 11 Arten kennt man davon aus Südamerika. Der brasilianische Hornfrosch (Cerato])lirys cornuta) ist der am schönsten gezeichnete, wie die Abbildung in der Schausammlung zeigt, und doch verdankt das Thier diese Farbenpracht nur seiner sorgfältigen Anpassung an seine Umgebung: halb vergraben in "der grasbewachsenen Erde, von der es trotz seiner Färbung kaum zu unterscheiden ist, wartet das Thier auf seine Beute. — Zu derselben Gattung ge- hört der Buchstabenfrosch (Ceratophrys boiei) und der Schmuckfrosch (Ceratophrys ornata). Beide haben ihren Namen von ihrer Zeichnung. Zu dieser Familie der Schiebbrustfrösche gehören auch die Pfeiferfrösclie (Leptodactylus). Sie sind Wasser- frösche ohne Schwimmhäute, leben an der Ostküste Brasiliens und haben ihren Namen, weil sie pfeifen, „etwa wie man einem Menschen oder Hunde pfeift.'" Diese Frösche legen ihre Eier nicht in das Wasser, sondern in selbst- gegrabene Höhlen dicht an Flüssen, hier entwickeln sich die" Jungen und gelangen erst in die Flüsse, wenn die- selben nach Regengüssen zu steigen beginnen. Die bekanntesten Thiere aus der Unterordnung der Schiebbrustfrösche sind die Kröten (Bufonidae). In ihrer äusseren Gestalt durch ihre einheimischen Vertreter Jedermann hinreichend bekannt, unterscheiden sie sich von anderen Familien dieser Gruppe durch den gänz- lichen Mangel an Zähnen und durch sehr aufgetriebene Kreuzbeinwirbelfortsätze. Sie sind ausgeprägte Nacht- thiere, die sich nur ausnahmsweise am Tage sehen lassen. Ihr Gang ist schwerfällig, Sprungfähigkeit besitzen sie nicht, auch schwimmen sie schlecht, rennen aber sehr hurtig. Sie sind sehr nützlich, weil sie Ungeziefer aller Art, "besonders Würmer, Schnecken, Kerbthiere in grossen 42 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. XII. Nr. 4 Jlengeu verzehren. Dcslialb ist, wer sie verfoli;t. ein einfältiger Tropf. Ihre Eier legen sie in Schnüren ab. In Süd- und Mittehimerika wohnt der Riese unter den Kröten, die Meerkröte, Bufo marinus. Mit dem Meer hat sie indess niclits zu thun, der Name sollte wohl nur bezeichnen, dass sie eine überseeische Kröte ist. In Deutschland giebt es drei Arten: die Erdkröte, die Wechsel- und Kreuzkröte, welche im vaterländischen Theil dieses Führers besprochen werden. Zu den Kröten gehört ferner die Nasenkröte (Rhino- phrync dorsalis), ein Thier, dessen Zunge im Gegensatz zu der der anderen Frösche hinten festgewachsen ist und eine l)cwcgliche Spitze besitzt. Die Pupille dieses Frosches steht senkrecht und sein Brustbein ist ver- kümmert. Er gräbt vorzüglich und lebt ausschliesslich von Termiten, die er mit der Zunge aufleckt. Zu einer anderen Familie der Schiebbrustfrösche vereinigt man die echten Laubfrösche, Hylidae, von denen auch Deutschland einen wohlbekannten Vertreter be- sitzt. Sie haben bezahnte Oberkiefer, verbreiterte Kreuzbein- wirbelfortsätze und Haftscheiben an den F'ingern und Zehen. Sie sind Baumthiere, von denen man 10 Gattungen mit etwa 200 Arten unterscheidet. Laubfrösche von riesiger Grösse beherbergt Neu Guinea. Zu den Laubfröschen gehört der amerikanische Sc'iimuekfrosch (Chlorophilus ornatus) mit zirkelrunder Zunge und schöner Zeichnung. Er lebt auf trocknem Lande. Ferner gehört dazu der Heusehreckenfrosch (Acris gryllus). Seine Stimme ähnelt dem Schwirren der Laubheuschrecken, er lebt auf Büschen und Pflanzen in der Nähe des Wassers. Ferner gehören dazu die echten Laubfrösche (Gattung Hyla), deren typischer Vertreter unser Laubfrosch ist. Diese echten Laubfrösche haben eine quergestellte Pupille, Zähne am Mundhimmel, sowie Schwimmhäute und Haftscheiben an Fingern und Zehen. Indem sie mit vorgestreckten Händen und Füssen an einen Gegenstand anspringen und dann Hände und Füsse am Gegenstand entlang ziehen, pressen sie den Haftballen fest an den (Segenstand und zugleich, mit Unterstützung von Muskeln, aus den Sohlen- drüsen der Haftballen Flüssigkeit aus. Diese Flüssigkeit füllt die Räume zwischen Haftballcn und Gegenstand aus, was ein Festkleben des Thieres am Gegenstand zur Folge hat. Das Haften des Laubfrosches an glatten Gegenständen wird also bedingt durch Haften (Adhäsion) seiner (Jliedniaassen an der Wand und nicht dadurch, dass der Luftdruck seine Haftscheiben an die AVand anpresst. Die Laubfr(ische steigen bis in die Baumwipfel hinauf und können ziendich lange an trockner Luft leben. In der Gefangenschaft füttert man sie mit Mehlwürmern, Fliegen, Schaben und anderen lebenden Insecten, ge- tödtete Insecten verzehrt das Thier nicht. Man stecke sie in Gläser, deren Boden mit Wasser bedeckt ist und bringe die mit dem ätzenden Saft ihrer Hautdrüsen ver- um-einigten Finger nicht an die Augen. Sehr schön gefärbt ist der amerikanische Laubfrosch, Hyla leucophyllata. Ein sehr grosser Laubfrosch ist der amerikanische Kolbcnfuss, Hyla faber, auch Schmied genannt, weil seine Stinune dem Klange gleicht, den geschlagenes Metall erzeugt. Ein sehr merkwürdiger Vertreter dieser Familie ist dann noch der in Ecuador und Peru heimisciic Tascbcn- froseh (Nototrema marsupiatum); dessen Weibchen hat auf dem Rücken eine Tasche, in welche das Männ- chen die Eier streicht. Die Jungen bleiben in dieser Tasche so lange, bis sie die Gestalt ihrer Eltern erreicht haben. Eine weitere Familie der Schiebbrustfrösche sind die Krötenfrösche, Pelobatidae, welche bezahute Oberkiefer, stark verbreiterte Kreuzbeinwirbelquerfortsätze und einfache Zehen haben, während ihnen Rippen voll- ständig fehlen. Sie sind vorwiegend grabende Thiere. Es giebt grosse Arten unter ihnen, Megalophrj's maximus z. B. und Leptobrachium. Die letztere Gattung ist sehr merkwürdig, weil sie die einzigen Froscharten enthält, deren Männchen den Menschen angreifen, indem sie das Maul weit aufreissen und unter lautem Schreien gegen den Angreifer losfahren. Zu den Krötenfröschen gehört auch unsere heimische Knoblauchskröte, Pelobates fuscus. Sie entsteht aus riesengrossen Larven, die zuweilen über- wintern, während sonst die Larven der Frösche bereits in dem Sommer ihre Entwickelung vollenden, in welchem sie geboren wurden. Als letzte Familie der Schiebbrustfrösche seien die Scheibenzüngler,Discoglossidae, genannt : Sie haben bezahnte Kiefer, verbreiterte Kreuzbeinwirbelfortsätze und kurze Eijipen. Bei ihren Larven liegt die Athemndn-e in der Mitte der Brustgegend. A'on ihren Vertretern kommen in Deutscidand vor die Gattung Unke, Bombinator, mit den beiden Arten: Gelbbauch- und Rothbauchunke. Beide sind ausgesprochene Wasserthiere. Zu dieser Familie ge- hört anch die Geburtshelferkröte, Alytes obstetricans, deren Männchen den vom Weibchen abgelegten Laich um die Hintergliedmaassen wickelt und sich damit in die Erde vergräbt. Sprengen die Jungen die Eischaale, dann ver- lässt das Männchen seine Erdhöhle, begiebt sich ins Wasser und setzt die Kaulquappen darin ab, sich nicht weiter um sie bekümmernd. Den Vertretern der zweiten Unterordnung der Frösche, den Zungenloseu, Aglossa, fehlt nicht nur die Zunge, sondern sie haben auch keine Rippen, ausserdem sind ihre Wirbel an der hinteren Fläche ausgehöhlt, ihr dritter und vierter haben sehr lange Querfortsätze, die ihres Kreuzbeinwirbels sind sehr verbreitert und ihr Kreuz- bein ist mit dem Steissbein verwachsen, sodass — aus all diesen Gründen — von ihrer Wirbelsäule Seitenbewegungen nicht ausgeführt werden können. Die Larven, welche zu dieser Unterabtheilung gehören, besitzen — abweichend von denen der Zungenfrösche — zwei Kiemenlöcher, näm- lich an jeder Kc'irperseite eins. Die Zungenfrösche zerfallen nach der Art ihrer Ober- kieferbezalmung in zwei Familien. Die Vertreter der ersteren, die KrallenfröschC; Dactylethridae, haben Zähne im Oberkiefer. Nur eine Gattung gehört dieser Familie an: Der Krallenfrosch, Xenopus. Die wenigen Arten dieser Gattung, die in Afrika leben, sind die ein- zigen Frösche, deren Gliedmaassen Krallen tragen, und zwar sind nur ihre drei inneren Zehen auf diese Weise ausgezeichnet. Die Vertreter der zweiten Familie der zungenlosen Frösche, die Pipak röten, Pipidae, haben gar keine Zähne. Man kennt davon übrigens nur eine Gattung und Art: die Wabcnkriite, Pipa americana. Sie lebt in Guyana und dem troi)ischen Brasilien. Sie hat lange Hinterbeine mit kurzen Schwinunhäuten und schmächtige Vorderbeine, deren Fingerendglieder sternförmig gespalten sind, wes- halb das Thier von den Eingeborenen den Namen: .,Strahlentinger" erhalten hat. Sehr merkwürdig ist seine Fortpflanzung. Die Jlännchen streichen den Weibchen die Eier auf den Rücken. Die Haut des weiblichen Kückens wächst darauf zuerst zwischen den Eiern empor, dann auch über dieselben hinweg, sie zum Sehluss völlig ein- kapselnd. In diesen Kapseln vollenden nun auch die Jungen ihre Entwickelung, sprengen die Kapseln und ge- langen ins Freie. Die Fetzen der Ilautkapseln, welche dabei zurückbleiben, werden von den Weibchen an Steinen und harten Gegenständen abgerieben. XII. Nr. 4. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 43 2. Ordnung: Schwanzlurche, Urodcla. Die Eigenschaften, welche die Schwanzlurchc charak- terisiren, sind folgende: Bei allen .Schwanzlurchen, welche Gliedinaassen haben, sind dieselben nur schwach ent- wickelt und daher nur wenig leistungsfähig. Die Maxinial- zahl der Finger ist bei ihnen 4, die der Zehen 5. Schvvanzlurche mit 5 Fingern kennt man bislier nicht; dagegen haben gewisse Schwanzlurche weniger Zehen und Finger. Alle Schwanzlurche haben ferner einen langen, vollentwickelteu Schwanz, der bei ihnen, wenn sie Wasserbewohner sind, seitlich zusammengedrückt ist, bei den Landbewohnern einen rundlichen Querschnitt hat. Trommelfell, Paukenhöhle und Ohrtrompete fehlen allen Schwanzlurchen. Ihre Haut ist schuppenlos und schleimig. Die auf ihrer Haut vorkommenden Warzen sind Er- hebungen, unter denen Drüsen liegen, die einen ätzenden Schleim absondern. Alle Schwanzlurche athmen in der Jugend durch Kiemen, und ein Theil behält während des ganzen Lebens die Kiemen bei, während die anderen sie verlieren, wenn sie erwachsen sind. Die Schwanzlurche leben entweder im Wasser oder an feuchten, schattigen Orten auf dem Lande. Feuchtig- keit ist zu ihrem Wohlbefindeu nothwendig. Ihre Nahrung besteht aus kleinen Thieren: Schnecken, Würmern, In- secten und anderen. Trotz ihrer Gefrässigkeit können sie lange hungern. In der Gefangenschaft ernährt man sie am besten durch Ameiseneier, Regenwürmerj lebende Daphnien u. a. Sie kommen nur nördlich vom Aequator vor. Am häufigsten sind sie in Nordamerika. In den Tropen und in Australien fehlen sie ganz. Alle sind Nachtthiere. In der gemässigten Zone halten sie einen Winterschlaf, in heissen Gegenden einen Sommerschlaf. Sie haben durchweg eine grosse Lebenszähigkeit und ihr Körper hat die Fähigkeit, verloren gegangene Theile zu regeneriren d. h. neu hervorwachsen zu lassen. Sie schwimmen gut, sind mit Ausnahme zweier Gat- tungen auf dem Lande langsam und schwerfällig und können nicht klettern. Man hat die Schwanzlurche in 4 Familien getheilt. Die erste dieser Familien ist die der Molche, Salamandridae. Es sind Thierc mit langgestrecktem, eidechsenartigen Leib ; ohne Kiemen im Alter, mit langem Schwanz, mit gut entwickelten Augen, welche Augenlider besitzen, mit deutlich abgesetztem Hals, mit 4 verhältniss- mässig gut entwickelten Beineu, an welchen Finger und Zehen in der Maximalzahl vorhanden sind. Bei vielen von ihnen häufen sich die Hautdrüsen hinter den Ohren zu sogenannten Olirdrüsen an. In beiden Kiefern haben sie Zähne. Ausserdem haben sie kleine Zähne oben am Mundhimmel (an den Gaumen, Pflugschaarbeinen und Parasphenoidkuochen) in verschiedener Anordnung. (Eine Tafel mit Köpfen von Schwanzlurchen, an welchen die Zähne rothgefärbt sind, ist in der Schausammlung in einem Fensterpult aufgestellt.) Man theilt die Molche in echte und Querzahu- molche ein. Bei den echten Molchen stehen die Gaumenbeine in zwei Längsreihen, welche gegen den Rachen hin ausein- anderweicheu. Man kennt 6 Gattungen und 27 Arten. Dazu gehört die europäische Gattung, Salamandra, mit drehrundem Schwanz. Ihre europäischen Arten sind der Feuersala- mander, Salamandra maculosa, und der Alpensalamander, Salamandra atra. Beide gebären lebendige Junge. Zu den echten Molchen gehören ferner die Tritonen oder Wassermolche mit seitlich zusammengedrücktem Schwanz und ohne Ohrdrüseuwülste. Es giebt'davon vier deutsche Arten, die später besprochen werden. Zu ihnen gehört ferner der schönste europäische Molch: der Mar- mormolch, Molge marmorata, dessen Hautfarben: schwarze Flecke auf grünem Grunde sind. Dazu gehört auch der Pippenmolch, Molge waltli. Bei diesem Thier durchbrechen zuweilen die laugen Kippenspitzen die Haut und ragen dann frei nach aussen hervor. Dann gehört zu den echten Molchen der Briliensaian\ander, Salamandrina peripicillata. Er hat vorn und hinten nur vier Zehen, ist auf dem Rücken mattsehwarz und trägt auf dem Kopf einen gelb- röthlichen, brillenartig geformten Fleck. In Italien an der Westseite und in Sardinien. Zu den Querzahnmolchen gehört die Gattung Ambly- stoma. Die Haut ihrer Vertreter ist glatt, der Rumpf besitzt eine Anzahl senkrechter Hautfalteu. Sie haben vorn 4, hinten 5 Zehen. Die beiden Reihen ihrer Gaumen- zähne stossen in der Mittellinie zusammen und bilden des- halb eine einzige Querreihe. Ihre Wirbel sind vorn und hinten ausgehöhlt, und von ihrer Zunge ist nur der Vorder- rand frei. Sie können während des ganzen Lebens im Larvenstadium verbleiben und als Larven geschlechtsreif werden, können sich aber auch zu Landthieren meta- morphosiren. Man zählt 20 nordamerikaniscbe Arten, von denen einige bis Mexico verbreitet sind. Nur eine Art lebt nicht in Amerika, sondern in den Gebirgen von Siam. Unter den Vertretern der Gattung Amblj'stoma ist der Axolotl, Aniblystoma tigrinum der bekannteste, weil er von Aquaricnliebhabern überall gezüchtet wird. Er hat eine sehr lange Gaumenzahnreihe, und zwischen den Gliedmaassen an den Körperseiten 12 parallel laufende Querfalten. Sein Kopf ist i)iump, das Maul gross. Als Larve ist er grau mit schwarzen Flecken, als geschlechts- reifes Thier hat er in dunkler Grundfarbe viele kleine gelb- lich weisse Flecken. Es giebt übrigens auch farblose Larven (Albinos). Eine andere Art, Amblystoma punctatum, gebraucht ihren Schwanz fast wie einen Wickelschwanz zum Fest- halten. Die zweite Familie der Schwanzlurche sind die Aalmolche, Amphiumidae, mit lauggestrecktem Leib und mit so sehwachen Gliedmaassen, dass sie zum Gehen wenig oder garnicht mehr verwendbar sind. Den Tiiieren fehlen die Augenlider. Ihre Nasenhöhle endet nicht in den Mund. Ihre Zunge ist so sehr mit dem Gaumen ver- wachsen, dass nur ilir Vorderrand frei bleibt. Die Ver- treter dieser Familie haben innere Kiemen, das heisst solche, die von der Körperhaut bedeckt sind. Ihre Wirbel sind vorn und hinten ausgehöhlt. Die Thiere besitzen gleichzeitig Lungen und Kiemen und leben ausschliesslich im Wasser. Zu dieser Familie gehört der japanische Riesen- salaniander, Megalobatrachus maximus, ein Thier von salamanderartigem Aussehen, welches am Rumpf an der Seite einen dicken Drüsenwulst trägt. Ist das Thier er- wachsen, dann fehlen ihm sowohl Kiemen wie Kiemenlöcher. Seine Gaumenzähne liegen in einer den Kieferrändern parallelen Reihe. Der Riesensalamander wird über einen Meter lang, ist der grösste lebende Schwanzlurch und lebt in Japan in Gebirgsbächen. Sein Fleisch ist eine sehr gesehätzte Speise der Japaner. Die Art kommt übrigens auch im Westen Chinas vor. Dem Riesensalamander in der Gestalt sehr ähnlich ist der Hellbender oder Schlammteufel der Nordamerikaner, Cryptobranchus alleghaniensis. Er unterscheidet sich aber von dem vorigen dadurch, dass er aiich im erwachsenen Zustande ein offenes Kiemenloch aufweisen kann. Seine Mittellinie des Rückens hat ausserdem einen Hautkamm; und seine Finger, Zehen und Gliedmaassen sind an der 44 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. XII. Nr. 4. Aussenseite mit einem stark entwickelten Hautsaum ver- sehen. Die Familie führt ihren Namen nach der Gattung Amphinma. liu- einziger Artvertreter, der Aaimolch. Amphiuma nie ans, hat einen aalartigen Leib mit winzigen, sehr weit auseinandergerückten Gliedmaassen, an welchen nur 2 oder 3 Finger und Zehen vorhanden sind. Die verkümmerten Augen dieses Thieres sind von der Leibeshaut überzogen. Ausser den Zähnen in den Kiefern hat es noch Zähne am Gaumen, die in spitzem AVinkel zusamnienstossen. Mau unterscheidet zwei Al)- arten, den zwei- und den dreizehigen Aalmolch. Beide schwimmen unter schlangenartigen Windungen wie die Aale und wühlen mit der Schnauze im Schlamm. Die dritte Familie der Schwanzhirche wird durch die Olme, Proteidae, gebildet. Sie haben während des Lebens an jeder Seite des Halses äussere Kiemen. Es fehlen ihnen Augenlider und Oberkieferknochen. Ihr Körper ist langgestreckt und hat vier schinächtige Beine. Es giebt von ihneu nur zwei Gattungen mit je einer Art. Eine dieser Arten ist der Grottenolni, Proteus auguinens. Er hat nur 3 Finger und 2 Zehen, besitzt eine hecht- artige Schnauze und verkümmerte, von der Haut über- deckte Augen. So lange dieses Thier, wie in der Natur, im Dunkeln gehalten wird, hat es keine Hautfarbe, sondern ist durch- scheinend tieischfarbig; wird es aber gezwungen, unter Beleuchtung zu leben, dann wird es braun oder schwarz- fleckig. Es folgt als vierte und letzte Familie der Schwanz- lurche die der Arminol ehe, Sirenidae. Sie behalten die Kiemen, so lange sie leben. Es fehlen ihnen Ober- kiefer und Augenlider und sie haben nur an den Pflug- schaarbeineu Zähne, dagegen an den Kieferknochen Horn- scheiden. Sie haben nur Vordergliedmaassen. Man kennt von ihnen eine Gattung mit 2 Arten aus Nordamerika, Siren lacertina mit 4 Fingern und Siren striata mit 3 Fingern. 3. Ordnung: Schleichmolche, Gymnophionen. Bei allen Thieren, die zu dieser Ordnung gehören, ist der Körper wurmförmig. Ausserdem haben sie keine Gliedmaassen und keinen Schwanz. Ferner ist ihre Haut von parallelen Querfurchen durchzogen, die um den ganzen Körper ziehen; in der Haut verborgen stecken bei vielen Schleichmolchen kleine Knochenschuppen. Durch die Querfurchen sieht die Haut der Thiere geringelt aus. Hire Mundspalte ist klein und liegt an der Schnauzen- unterseite. Die Nasenlöcher der Thiere liegen vorn an der Schnauze und in ihrer Nachbarschaft liegt je eine kleine Grube, in welche ein vorstreckbarer Taster in der Ruhe zurückgezogen wird. Die Augen aller Schleichmolche sind verkümmert und unter der Haut versteckt. Trommel- fell und Paukenhöhle fehlen ihnen. Hire Afteröftnung liegt, da ihnen der Schwanz fehlt, unmittelbar am Körper- ende. Zähne haben die Thiere am Oberkiefer, Unter- kiefer und Mundhimmel und zwar an den Gaumenbeinen. Ihre Zunge ist ganz mit der Schleimhaut des Mundes ver- wachsen. In der Jugend athmen die Schleichmolche durch Kiemen, später ausschliesslich durch Lungen. Sie leben in feuchter Erde nach Art der RegenwUrmer und ernähren sieh von lusectenlarven und Würmern. Einige von ihnen schwimmen vermittelst schlangenartiger Bewegungen des Leibes. Ihre Heimath sind die heissen Zonen der alten und neuen Welt. In Australien und Madagascar fehlen sie jedoch. Nur eine Familie gehört zu dieser Ordnung, die der Bliudwühlen, Caeeiliidae. Man unterscheidet davon 14 Gattungen und etwa 37 Arten. Unterscheidungs- merkmale liefern: die Form der Hautschuppen, die Aus- bildung der Augen und die Form und Stellung ihres Tasters. Bei den Ringelwühlen, Siphonops, liegen in der Haut keine Schuppen, die Augen sind deutlich erkennbar und der Fühler steht dem Auge näher als dem Nasen- loch. Dazu gehört als Art die Lochwühle, Siphonops annulata, welche vorwiegend in Peru und Brasilien ge- funden wird und fusstief unter der Oberfläche in morastiger Erde lebt. Bei der Gattung Wurmwühle, Caeeilia, liegen Rundschuppen in der Kör])erhaut, ihre Augen sind weniger gut entwickelt uud der Fühler steht gerade unter dem Nasenloch in einer hufeisenförmigen Grube. Ausser- dem zeichnen sich die meisten der zu dieser Gattung ge- hörigen Arten durch sehr langgestreckten Leibesbau aus. Dazu gehört als Art die schlanke Wurmwühle, Caeeilia gracilis, aus dem nördlichen Südamerika. Als dritte Gattung der Blindwühlen wäre dann noch die Gattung Ichthyophis zu erwähnen. Die Gattung hat einen kegligen oder messerartigen Fühler, der nahe der Mundspalte zwischen Auge und Nasenloch gelegen ist. In ihrem Unterkiefer stehen zwei Reihen von Zähneu. Eine Art, die ceylonische Blindwühle, Ichthyophis giutinosus, lebt in feuchten Bachufern, etwa einen Fuss tief unter der Oberfläche. Beim Kriechen berührt sie mit den Fühlern abwechselnd den Boden. Ihr Haut- schleini ist giftig. Die ceylonische Blindwühle legt Eier in Häufchen in unmittelbarer Nähe des Wassers. Das Weibchen liegt dann zusammengeringelt auf ihnen, bis die Jungen ausschlüpfen. Die Eier können merkwürdiger- weise, indem sie Wasser und die flüssigen Ausscheidungen des mütterlichen Körpers aufsaugen, während der Bebrütung wachsen und sind am Ende der Brutzeit 4 mal so schwer als am Anfang. Die jungen Thiere haben, so lange sie in den Eiern liegen, Kiemenbüsehel und ein grosses, gut- entwickeltes Auge. Sobald sie auskriechen, verschwinden die Kiemenbüsehel und verkümmert das Auge. Die Jungen gehen dann zuerst ins Wasser und später auf das Land, wo sie sich in sumpfiges Erdreich einbohren. Anatomische Alithciluug. Die Objeete, welche in der anatomischen Ab- theilung der Amphibienschausammlung uud zwar in zwei Glasschränken und in einem Fensterpult aufgestellt sind, werden hier nur kurz aufgezählt, weil in der Sammlung selbst bei allen Erklärungen zu finden sind, die zum Theil durch Zeichnungen noch besonders erläutert werden. Das Fensterpult enthält neben anderen Objecteu ein Holztäfelehen mit Schädeln, deren Zähne mit rother Farbe durchtränkt sind. Diese Präparate sollen zeigen, in wie verschiedener Weise bei den geschwänzten Am- phibien die Mundhimmelzähne angeordnet sind. In dem- selben Pult liegt ein zerlegter Schädel des grünen Wasser- frosches Rana esculeuta, dessen Knochen mit Nanten bezeichnet sind. Daneben findet man den Metallausguss der Mundhöhle eines männlichen Wasserfrosches, Rana esculenta, welcher zugleich alle Hohlräume aufweist, welche mit der Mundhöhle des Thieres in Verbindung stehen; es sind die Nasenhöhlen, die Ohrtrompeten (Tu- bae eustachi), die Schallblasen, die Luftröhre und die Speiseröhre. Dasselbe Pult enthält dann noch Wirbel verschiedener Amphibien. In dem ersten Schrank, welcher der Anatomie der Amphibien gewidmet ist, sind aufgestellt: Das Modell des Blutkreislaufes der Frösche mit Bezeichnung der ein- zelnen Blutgefässe: Roth gefärbt sind die Gefässe, welche vom Herzen weggehen, blau diejenigen, welche ins Herz hineinfuhren. JJauebcn steht links der Körper einer Xir. Nr. 4. Naturwissenschaftliche Wocheuschrift. 45 g-riinen Kröte (Biifo viridis Laur.), dessen vom Herzen ausgehenden Blutgefässe mit rotlier Masse ausgespritzt sind, und rechts der Körper eines Axolotls (Amblystoma tigrinum) mit in gleicher Weise behandelten Blutgefässen derselben Art. In einer Anzahl von Gläsern enthält dann der Schrank noch die innere Anatomie des grünen Wasserfrosches (Rana esculenta) imd die des gefleckten Salamanders (Salaniandra maculosa). Endlich beherbergt dieser Schrank auch noch Wachsmodelle, welche dar- stellen, wie sich der grüne Teichfrosch vom Ei aus ent- wickelt, bis er die Gestalt einer Kaulquappe erlangt hat. Etiquettes, welche neben jedem dieser Entwickelungs- stadieu stehen, erklären dasselbe in eingehendster Weise. Bestimmungstabelle der einheimischen Lurche. A. Frösche: Lurche ohne Schwauz. 1. Finger- und Zehenspitzen sind zu Saugscheiben erweitert : Hyla arborea, Laubfrosch. 2. Finger- und Zehenspitzen oliue Saugscheiben. a) Bauch der Tliiere graublau mit Itleinen orangerothen Flecken und weissen Punkten. Oberseite meist mit dunklen Flecken. Rückenhaut mit runden, glatten Warzen: Bombiuator igneus, Rothbauclinnke. b) Unterseite gelb mit graublauen oder dunklen Flecken oder solcher Marmorirung. Oberseite meist einfarbig. Haut oben von spitzigen Warzen rauh: Bombinator igneus, Gelbbaiichuiike. c) Bauch der Thiere weiss oder weiss mit dunklen Flecken. Gruppe I. Rückenhaut der Thiere stark warzig. Hinter jedem Trommelfell ein dicker gi-osser Wulst, (Ohrdrüse genannt): Kröten, 3 Arten. Erste Art. Sehr kurze Schwiminhiiute zwischen den Zehen. Der Zwischenraum zwischen den Augen höchstens so breit als ein oberes Augenlid. An der Unterseite des vierten Zehs unter den Gelenken zwei nebeneinander liegende Wülste; Trommelfell und Ohr- drüse klein: Bufo calamita, Kreuzkröte. Zweite Art. Der Zwischenraum zwischen den Augen wenigstens so breit als ein oberes Augenlid, Trommel- fell halb so gross wie das Auge, deutlich. Vierter Zeh unter den Gelenken mit nur einem Wulst. Auf dem Rücken gewöhnlich grüne Flecke: Bufo viridis, Grüne Kröte. Dritte Art. Der Zwischenraum zwischen den Augen bedeutend breiter wie ein oberes Augenlid. Trommel- fell klein. Ohrdrüsen stark vortretend. Die Gelenk- wülste unter dem vierten Zeh doppelt. Oben gewöhn- lich einfarbig grau: Bufo vulgaris. Gemeine Kröte. Gruppe II. Haut auf dem Rücken glatt, oder nur wenig rauh (das letzte nur bei Pelobates fuscus). Hintei'beine lang. Das Maass des ausgestreckton Hinterbeins, von der Ansatzstelle des Beines am Körper bis zur Fusswurzel ge- nommen, ist grösser als der Zwischenraum zwischen Auge und Ansatzstelle des Beines am Körper. Abtheilung 1. Kein schwarzer Schläfenfleck hinter dem Auge. Zehen mit ganzer Schwimmhaut. Grundfarbe des Rückens grün: Rana esculenta, Teicbfroscli. Abtheilung 2. An den Schläfen hinter dem Auge ein dunkler Fleck. Schwimmhäute nicht die Zehenspitzen ver- bindend. 4 Arten. Erste Art. Hinterbeine massig lang. Das Maass des ausgestreckten Hinterbeins — von der Ansatzstelle des Beines am Körper bis zur Fusswurzel gemessen — ist höchstens so lang wie der Zwischenraum zwischen der Schnauzenspitze und der Ansatzstelle des Beines am Körper. Schnauze stumpf; Höcker an der Innen- seite des Fusses rundlich. Unterseite des Thieres meist rothbraun und gelb gefleckt, Oberseite braun: Rana temporaria, Moorfroscli. Zweite Art. Beinlänge wie bei der ersten Art, aber Schnauze zugespitzt, dreieckig, Höcker an der Innen- seite des Fusses zusammengedrückt. Unterseite rein weiss: Rana arvalis, Grasfroscli. Dritte Art. Hinterbeine lang. Das Maass des ausgestreckten Beines von der Ansatzstelle des Beines am Körper bis zur Fusswurzel gemessen, ist länger als der Zwischen- raum zwischen Schuauzeuspitze und Ansatzstelle des Beines an dem Körper. Trommelfell fast so gross wie das Auge. Unterseite weiss: Rana agilis, Spriiigfrosch. Vierte Art. Beinmaass wie bei der dritten Art. Trommel- fell noch deutlich. Zehen mit halben Schwimmhäuten: Alytes obstetricans, Geburtshelferkröte. Fünfte Art. Beinmaass wie bei der dritten Art. Trommel- fell garnicht oder sehr undeutlich sichtbar. Zehen mit ganzen Schwimmhäuten. Rückenhaut fast ganz glatt. Hiuterfüsse an der Innenseite mit einer gelb- braunen, scharfen, grossen Hnrnplatte. Bauch weiss- licli, mitunter dunkel gefleckt: Pelobates fuscus, Knoblauchskröte. B. Schwanzlurche: Amphibien mit Schwanz. 1. Schwanz drehrund; Ohrdrüsen stark entwickelt. Zwei Arten. Erste Art. Thier einfarbig schwarz: Salamandra atra. Schwarzer Salamander. Zweite Art. Thier schwarz und gelb gefleckt: Salamandra maculosa. Gefleckter Salamander. 2. Schwanz seitlich zusammengedrückt; Ohrdrüsen nur wenig entwickelt. Drei Arten. Erste Art. Bauch einfarbig, Orangeroth : Molge alpestris, Alpenmolch. Zweite Art, Bauch dunkel gefleckt. Haut körnig. Oberseite einfarbig schwarz : Molge cristata, Kammmolcli. Dritte Art. Bauch dunkel gefleckt. Haut glatt. Männ- chen im Frühling mit hohem, welligen Rückenkamm, lappig verbreiterten Zehen und grossen, runden Flecken auf dem ganzen Körper. Kopf mit 7 schwarzen Längsstreifen. Weibchen mit kleinen Flecken auf der Unterseite, mit braunen Längsstreifen an den Rumpfseiten: Molge vulgaris, Teichmolch. Ueber die Wirkung des Tliees berichten Emil Kraepelin und August Hoch aus Heidelberg im 2. Heft der „Psychologischen Arbeiten" (Leipzig, Engel- mann). Im Thee sind zwei wirksame Stoffe vorhanden: Coffein und ätherische Oele, Die angestellten Uuter- suchungen haben nun gezeigt, dass das Coffein auf das Muskelsystem wirkt, indem es die Muskeln zu höheren Kraftleistungen befähigt, die mittelst des Ergograpben gemessen wurden. Die ätherischen Oele vermindern die Muskelkraft, erhöhen aber die geistige Thätigkeit, so dass z. B. die bei den Versuchen verwandten Personen schwierigere Additionen viel leichter und schneller aus- zuführen im Stande waren als sonst. So ist der Thee als ein stimulirendes Mittel anzusehen, welches sowohl auf den Geist als auf den Körper wirkt. Der angenehme Allgemeinzustand, welchen viele Personen, die den Thee gern und oft trinken, nach dem Genüsse empfinden, ist den ätherischen Oelen zuzuschreiben; wer seine geistige Tiiätigkeit erhöhen will, muss also Thee mit möglichst wenig Coffein, aber reicherem Oelgehalt nehmen. S. Seh. Die Wellenlänge der Böntgenstralilen zu bestimmen, hat L. Fomm in München unternommen, worüber er in einem kleinen Aufsatze in Wiedemann's Annalen (1896, No. 10) berichtet. Da die Röntgenstrahlen keine nennens- werthe Zurückwerfung und Brechung aufweisen, musste die Beugung benutzt werden, um die Wellenuatur der- sell)en nachzuweisen und die Wellenlänge zu messen. Die benutzte Hittorf 'sehe Röhre zeigte an der der Kathode gegenüberliegenden Glaswand einen intensiv grün leuch- tenden Fluorescenzfleck, an weichem Röntgenstrahlen aus- treten. Es wurde nun mit Hülfe eines Spaltes eine feine Lichtlinie ausgesondert, und die Strahlen mussten dann noch einen zweiten Spalt (Beugungsspalt) passiren, iiinter dem sich eine hochempfindliche photographische Platte 46 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. XII Nr. 4 befand. Das photographisclie Spaltbild zeigt an den Seiten keine Interferenzstreifen, dagegen ist das Innere desselben von hellen und dunkeln Streifen durchzogen, woraus die Wellennatur der Röntgenstrahlen erhellt. Aus den Messungen dieser Streifen hat Dr. Fouim eine Wellenlänge von A ^ 0,000014 mm berechnet; die Wellen- länge ist also etwa 15 mal kleiner als die bisher unter- suchte kleinste Wellenlänge im Ultraviolett. Dabei ist der gefundene Werth nur als eine obere Grenze für die Wellenlänge der Röntgenstrahlen zu betrachten. G. Je trouve dans votre vol. XI, No. 51, pp. 615 — 616, une lettre „Ein Beitrag zur Kciiiitniss unseres Mondes" signee Ph. Fautli in Landstuhl, coneernant la veritication que j'ai faite d'un petit cratere situe au bord N. du cratere d ä VO des Mts. Riphees. Dans cette lettre M. Fauth repete ce qu'il a dejä aftirrae dans d'autres journaux savoir, que ee cratere n'a pas d'existence reelle sur la lune. II fait con- naitre de plus k vos lecteurs les raisous sur lesquelles il s'appuie pour faire cette allegation. Je pourrais me borner ici ä rappeler a M. Fauth qu'il n'a pas tenu compte des avis que j'ai donnes, dans „l'Astr. Nachr." Nr. 3310, ä tous ceux qui se proposeraient de faire des verifications de ce genre et attendre, par con.se- quent, qu'il fournisse une suite d'observations plus confor- raes aux conditions requises pour ce genre ile verifications. Jes veux bien, neanmoins, examiner les raisons qu'il alle- gue et autres arguments qu'il avance contrc la valeur de la Photographie lunaire. J'espere montrer que, jusqu'ici, ses eft'orts sont restes inipuissants. Quand j'ai fait ma veritication le terminateur passait ä 3° ä l'O. du cratere d. ()r, parnii les 35 observations que M. Fauth cito ä l'appui de sa negation, il n'y en a qu'une seule, celle du 10. XII. 95 qu'il a faite lui- meme, qui offre, peut-ctre, quelques chances de succes. J'ignore si, quand le terminateur est ä l'E. de d, comnie dans Celles du 14. V. 94, du 22. IV. 96 et du 28. IX. 95 cette veritication au telescope est possible. II ne reste donc q'une seule et unicpie Observation plus ou nioins pro- bable, ä M. Fauth, et il s'imagine ainsi qu'il est suifisam- raent fonde pour nous assurer que le compaguon du cra- tere d n'existe pas sur la lune! Mais cette unique Observation serait-elle süffisante pour decider cette question? Evidcmuieiit non, car les varia- tions de la position du terminateur ne sont pas la seule cause qui puisse afteeter la visibijite d'un cratere de ee genre. On sait, en efl'ct, conibien iiombreux et coniplexes sont les mouvements reeiproques de la lune et de la terre par rapport au soleil. Ce ne sera donc que lorsque M. Fauth aura observc le cratere qui nous oceupe pendant ce long cycle de variations, et ä la condition que pendant chii(|ue Observation les inconstances atniospiiuriques lui nuront etc favornblcs, (pi'il pourra, non ])as affirmer que ce cratere n'existe pas, niais senlcment dire que, d'apres lui, il est fort probable que son cxistence est douteuse, par la raison qu'on pcut lui montrer, par les travaux qu'il a dejä publies, qu'il aura pu se tromper ici conune il s'est trompe lii. Ajdu- tons (pie ce compagnon du cratere d est fort petit et (pi'il est peut etre peu profoud ainsi que le sont la phipart des cratcres decouverts par la ])liot()grapbie, ee (pii renilrait, par conscquent, sa visibilite autele.scope de fort courtednree. Si M. Fauth s'etait borne ä dire qu'il n'a pas pu voir cc cratere, je n'aurais eertainenient rien eu ä dire ä mon tour, et je n'aurais ))as repete dans „Sirius" ce (pie j'avais eerit ä „l'Astr. Naciir. Nr. 3310". Mais M. Fauth est alle bien plus loin (jue eela en se prononeant dune nniniere alisdlue sur une (jucstion de fait attestee par deux photo- graphics et par ma propre veritication. II est vrai que M. Fauth nous assure que la Photo- graphie nous egare et „wie schon oft!" On dirait ä l'en- tendre que ses mains sont pleines de preuves ä l'appui de cette nouvelle affirmation. Commeut se fait-il donc qu'il n'en donne aucune? Un assez graud nombre de verifi- cations ont dejä ete faites; laquelle de ces verifications est-elle une erreur? J'ai dit dans l'Astr, Nachr. que „la plaque etant absolument passive, si eile recoit une itu- pression quelconque ce ne peut etre que parceque l'objet qui l'a produite existe reellement sur la surface lu- naire." M. Fauth veut-il se eharger de refuter ce jn'in- cipe? II est vrai qu'il ajoute que „berichtet Prof. Prinz, die Objecte seien auf keiner einzigen seiner Mondplatten zu erkennen." Admettons que la chose soit ainsi; niais com- nient eela prouve-t-il que eet o])jet n'est pas visible sur les deux plaques qui sont ä Prague? Le raisonnement de M. Fauth sur la valeur de mon tele- scope marche de pair avec ceux qui precedent „die von mir und den anderen eitirten Beobachtern benutzen Instrumente sind nach Ausweis ihrer Leistungen . . . ohne Zweifel in opti- scher Hinsicht besser als der lOzölligeReflector Gaudiberts." En verite, je me creuse le cerveau pour savoir oü et quand M. Fauth a fait l'epreuve de mon telescope et l'a compare avec ceux des astronomes indiques sur sa liste. Je me garderai bien de dire ce que vaut mon instrunient en com- paraison d'autres que je ne eonnais pas. Mais si M. Fauth veut savoir ce qu'il peut faire, je lui dirai (jue, par son nioyen, j'ai pu suivre le compagnon d'une etoile double k moins de 0,2" de distance quand on ne pouvait pas le voir ä Chicago avec la grande lunette de 18 pouces. Enfin pour nous montrer la superiorite de l'observation optique sur la Photographie lunaire, M. Fauth nous apprend que, pendant le courant de l'ete passe, il a decouvert 3000 objects qui ne sont pas sur la Carte de Schmidt. Sa com- ])araison entre les deux methodes d'observation n'ost pas faite dans des conditions e([uitables paree qu'il n'est i)as tenu compte du temps employe ni du degre de perfection des resultats. Les eliches lunaires sont pris dans une demi seconde de temps et ils nous donnent tous les objects que la lunette employee peut definir pendant ce court espacc de temps sur la lune et eela avec une perfection de tous genres qui sont le propre de la Photographie. Si donc M. Fauth veut savoir ce qu'il est capable de faire, (pi'il mette son oeil ä sa lunette pendant une demi seconde seulement. Qu'il fasse ensuite un dessin de tont cc qu'il aura vu, et puis ipi'il compare son travail, plus ou nioins cutache d'erreurs inevitables, avec une photographie re presentant la nieme region. II pourra alors nous dire en (juoi consiste la su])eriorite de la mcthode optique. Qu'il soit bien entendu que je ne nie pas qu'il nous semble voir bien niieux et plus nettement quand nous re- gardons la lune au telescope ipic lorsque nous regardons ])ar exenqde un cliche agrandi 20 ou 30 fois. Gui, il nous sendde que nous voyons micux. Mais la raison en est que nous employons beaueoup plus de temps, quelque fois des heures entiercs, pour faire nos observations. Mais c'est justement pareequ'clles exigent i)lus de temps (|u'elles sont moins exactes, moins sflres. moins parfaites et nujins digncs de notre confiance. Pendant ce temps la lune et nous-memes nous ne eessons de nous mouvoir dans l'espaee, et la surface lunaire change continueUement d'aspeet. Le connuencement de nos observations ne correspond ni au milieu ni ä la fin. Une foule d'objects minutieux nous eehappent reelle- ment, et quand nous voulons transmettre nos observations sur le i)apier nous sommes en prcsence de toutes les erreurs inseparables de la nature humaine mcme la niieux douee. Par contre, la plaque enregistre tous les objects visil)les ])endant son exposition et eela avec une perfection de position.s, de grosseurs relatives, de distances et meme XII. Nr. 4. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 47 de Couleurs, sans parier dinnonibrables ondulations du sol luuaire, absolunient inaliordable au\ nieilleuris dessins op- tiques faits ä la uiain. Disous pour terniiuer que M. Fauth pense que l'oii pourrait introduire les 3000 objects qu'il a deeouverts, sur uue Carte basce sur la photograpliie. Je pense qu'uue pareille Carte ne se fera j'amais. Ün prefcrera la Carte photographifjuc elle-memc qui scra coniposee d'un iioiubrc plus ou nioins grand de feuilles selou l'echellc a laquelle on agrandira les cliebes. Or, introduire des observatious optiqucs sur une pareille Carte se serait quelque eliose de seniblable ä ce que ferait un peintre qui, sous le pretexte de vouloir la perfectionner, donnerait ici et lä des eoups de piuceaux sur les petales dune rose (|ui se serait evanouie au soleil. C. M. Gaudibert (Vaison [V^vucluse]). Aus dem wissenschaftlichen Leben. Ernannt wunlen: Drr Piivatdocent der Zoologie in BiTÜn Ur. Ludwig Plate zum l'rofessor; der Privatdocent für Kinder- krankheiten und Vorsteher der Universitätsklinik für Kinder- kranklieiten in Münclien Dr. Seitz zum Professor; der Leiter der chemischen Ab tli eilung l)eirn Physikalischen Verein zu Frankfurt a.M. Dr. Martin Freund zum Professor. Berufen wurden: Der ordentliche Profossor der physiologischen Chemie an der technischen Hochschuh^ in München Dr. Kiliaui nach Froibnrg als Nachfolger Prof. Baumanns; der Privatdocent der Mathematik in Göttingen Dr. Burk hard t als Professor nach Zürich. Es starben: Der ordentliche Profossor der Mineralogie in Gicssen Dr. August Streng; der Laryngologe Dr. Isaak Michael in Hamburg; der Geh. Sanitatsrath und Stabsarzt a. D. Dr. Ludwig Stahmann in Charlottenburg. Der Balneologenkongress wird vom 11. — 15. März in Berlin tagen. .Sitzungen linden im pharmakologischen Institut statt. Vorsitzender Gelieimratli Liebreich, Generalsekretär Dr. Brock. L i 1 1 e r a t u r. Dr. E. Laurent, Eie Zwitterbildungen, Gynäkomastie, Femi- nismus, Hermaphroditismus. Mit 17 Tafeln. Autorisirte Aus- gabe mit einer Einleitung von Dr. Hans Kurella. Bibliothek für Socialwissenschaft. G. Band. Georg H. Wigand's Verlag, Leipzig. — Preis 5 M. Die früheren Bände der gut redigirten „Bibliothek für Social- wissenschaft" haben wir früher besprochen; es waren die inter- essanten Werke: 1. Die Vererbung, psychologische Untersuchung ilirer Gesetze, ethischen und socialen Konse([uenzen von Tli. Uib o t, 2. Natürliche Auslese und Rassenverbesserung von John B. Hay- craft, 3. Mann und Weib, anthropologische und psychologische Untersuchung der secundären Geschlechtsunterschiede von Have- lock Ellis, 4. Verbrecher und Verbrechen von Havelock Ellis, 5. Socialismus und moderne Wissenschaft von Enrico Perri. Auch der 6. Band und die ebenfalls schon erschienenen Bände 7 und 8, die im Anschluss an den vorliegenden unten be- sprochen werden, passen trefflich in den Rahmen des Gebotenen. Die Kenntniss der Herrnaphroditen und ihrer Uebergänge zu den normalen Menschen hat abgesehen von dem Interesse, das sie teratologisch bieten, auch für den Psychologen und Psychopatho- logen besonderen Werth und ebenso für die gerichtliche Medicin; es wird daher siclier vielfach angenehm empfunden werden, nun- mehr einen Sammelband über den Gegenstand zu besitzen, der, fachmänniscli und gewissenhaft zusammengestellt, verlässlich ist. Die ])sychologische Seite des Gegenstandes hat L. in den Vorder- grund gestellt; sie ist bisher vernachlässigt worden, indem der Zwitter vorwiegend nur als organographisclies Präparat betrachtet wurde. Einen breiten Raum hat Verf. der Gynäkomastie zu- gewiesen, deren bester Kenner er ist. Diese Erscheinung definirt er specieller als Mann, bei dem die Geschlechtsorgane nicht zu ihrer normalen und vollkommenen Entwickelung gelangt sind, bei dem die Brüste der einzige weibliche Sexualcharakter sind, den er besitzt; die Abweichung vom normalen Verhalten tritt beim Gynäkomasten erst im Verlauf der Pubertät ein, während die Abnormitäten des Zwitters angeboren sind. Die Gynäkomastie wird in der ersten ganzen Hälfte dos Buches behandelt, während die zweite Hälfte (S. 125—253) dem Hermaphroditisnms gewid- met ist. Havelock Ellis und J. A. Symonds, Das conträre Geschleclits- getilhl. Deutsche < Iriginal-Ausgabe besorgt unter Mitwirkung von Dr. Hans KnreUa. Bibliothek für Socialwissenschaft. 7. Band. Georg H. W igands Verlag in I^eipzig. 1896. — Preis 6 M. Als Grund, dass die vorliegende, gut und eindringend orien- tircnde Monographie zuerst in deutscher (anstatt in englischer Sprache) erschienen ist, giebt Verf. im Vorwort an: „In England hat zwar die Inversion stets sehr geblüht, aber ein wissenschaft- liches Werk über die Sache ist bisher noch nicht verlegt worden. Es gilt als anstössig, den Gegenstand zu erörtern und die heutigen englischen Verleger ziehen sich in der Regel sofort zurück, sobald eine derartige Arbeit genannt wird." — Nach einer Einleitung, die im Wesentlichen das Vorkommen sexualer Inversionen be- handelt, bespricht Verf. die Geschichte der Lehre von der sexuellen Inversion, die Homosexualität in Griechenland, das con- träre Geschlechtsgefühl beim Manne, die sexuelle Inversion beim Weibe, das Wesen der geschlechtlichen Inversion, die Theorie derselben und fasst schliesslich das Gebotene am Schluss in Er- gebnissen und Anwendungen zusammen. Enrico Ferri, Das Verbrechen als sociale Erscheinung. Grund- züge der Kriminal-Sociologie. Autorisirte deutsche Ausgabe von Dr] Hans Kurella. Bililiothek für Socialwissenschaft. 8. Band. Georg H. Wigand's Verlag in Leipzig 189(3. — Preis 7,50 M. Das geistvolle Buch wird namentlich diejenigen Juristen interessiren, die auch die wissenschaftliche Seite ihres Faches zu würdigen verstehen und sich für dieselbe interessiren, sei es auch nur um Anregungen für die Praxis zu gewinnen. Es ist bekannt, dass Ferri zu der italienischen Schule der Kriminal-Anthropologie gehört, die besonders auLombroso's Namen geknüpft ist. Sie bemüht sich u. a. — und zwar unseres Erachtens durchaus erfolgreich — die Resultate der nicht durch Special-Wünsche und Trägheit beein- flussten Naturfurschung in logischen Zusammenklang zu bringen mit den zur Zeit maassgebenden juridischen Anschauungen, die danach freilich vielfach einschneidend veränderungsbedürftig sind. Nach Besprechung der Ziele der positiven Strafrechtsschule, die auf naturwissenschaftlicher Basis steht, werden zunächst die Thatsachen der Kriminal-Anthropologie besprochen, sodann be- richtet Verf. ausführlich über Kriminal-Statistik, Verantwortlich- keit und Zurechnung und äussert sich eingehend über praktische Reformen. Dr. Julius Ziegler und Prof. Dr. Walter König, Das Klima von Frankfurt am Main. Eine Zusammenstellung der wichtigsten meteorologischen Verhältnisse von Frankfurt a. M. nach viel- jäbrigen Beobachtungen im Auftrag des Physikalischen Vereins 'bearbeitet. Mit 10 Tafeln in Steindruck. Frankfurt^ a^ M. In Commission von C. Koenitzer's Buchhandlung (Reitz & Koehler). 1896. -- Preis 6 M. Die klimatologische Monographie, welche hier vorliegt, ist mustergültig. Barometrische, thermometrische und hygroraetrische Ergebnisse, sowie diejenigen der Wolken-, Wind-, Niederschlags- und Gewitterbeobachtungen sind in zahlreichen Tabellen, welche eine ausserordentlich becpieme Uebersicht gestatten, in der ver- schiedenartigsten Weise verarbeitet. Für jeden Tag, jede Pentade und jeden Monat des Jahres sind aus 36jährigen Beobachtungen (1857—92) die Mittel- sowie die Extrem- werthe einzelner Factoren mitgetheilt. Ausserdem findet sicli reiches p li an o logisch es Material, das man sonst in klimatologi- schen Arbeiten nicht anzutreft'en gewoluit ist. Ebenso sind Beob- achtungen über Nordlichter, sowie über Grund- unil Mainwasser- stand mitgetheilt. Alle Tabellen werden von eingehenden textlichen Er- läuterungen begleitet und zum Schluss durch recht dankens- werthe, theilweise sehr originelle und geistvolle graphische Tafeln ergänzt. H. Briefkasten. Hr. Dr. S. — Wir können Ihnen empfehlen: Lü pke „Grund- züge der wissenschaftlichen Elektrochemie" 2. AuH. 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Die meisten Krankheiten, als Conflicter- scheinungen zwischen Parasit und Wirth, widerlegen also nicht nur nicht, sondern bestätigen die innere Zweck- mässigkeit unserer Organisation. Wo es aber keine Mikroorganismen sind, die zu Erkrankungen führen, da sind es entweder Gifte, die von aussen kommen, Alkohol oder Blei oder Toxine, oder überhaupt äussere Schäd- lichkeiten, namentlich auch Mangel an bestininiteu, un- entbehrlichen Stoffen. Iiimier ist die Entartung, das krankhafte Abnormale von aussen in den Organismus hineingetragen, ihm aufgezwungen, und sein Vorkommen widerlegt daher nicht die Naturmässigkeit des organischen Geschehens. Giebt es eine Erklärung für die Zweckmässigkeit in der organischen Natur"? Darwin hat versucht, eine solche zu geben, die Anfangs als einfache mechanische Forniu- lirung Vielen imponirte. Alier es ist nicht so, dass der Kampf ums Dasein zwischen vielerlei mehr oder weniger zweckmässigen, zum Theil ganz und gar unzweckmässigen Hervorbringungen der Natur erst das Schiedsrichteramt zu üben hätte. Die Natur verfährt nicht etwa wie ein chemischer Quacksalber, der das unmögliche zusammen- inischt, hoftend, dass vielleicht durch Zufall sich eine nützliche Conibination vorfinde. Die Natur schaÖ't nicht ins Blinde hinein lauter Unzweckmässigkeiten, um dann den grössten Theil des Geschaffenen nutzlos über Bord zu werfen. Sondern von vorn herein sind die nach eigenen inneren Bedingungen entwickelten Gebilde in sich zweck- mässig, und es kann nur darauf ankoniinen, ob sie auch den jeweiligen und veränderlichen äusseren Bedingungen genügen. In dieser Hinsicht allerdings setzt dann der Kampf ums Dasein sichtend ein, und es vermag dann eine Species, eine Varietät eine andere, minder günstig für die jeweiligen Verhältnisse ausgestattete, zu verdrängen. Aber der Kampf ums Dasein schafft keine Zweckmässig- keiten — das ist doch namentlich nach Naegeli längst klar — , dieselben müssen bereits vorhanden sein, um sich im Daseinskampfe zu bewähren , und die ganze Vor- stellungsweise Darwin's, wonach kleine, zufällige Abände- rungen durch die blosse Concurrenz der Individuen gleich- sam in der Richtung auf das Zweckmässige herangezüchtet werden können, ist längst als unstichhaltig erkannt, weil niemals die geringfügigen, spontanen Abweichungen über- haupt einen Vortbeil im Daseinskampfe zu gewähren ver- mögen. Das ganze Problem der Zweckmässigkeit muss viel tiefer, viel grundsätzlicher erfasst werden. Der Dar- winismus streift nur seine Aussenseite. Vor Allem müssen wir darauf verzichten, immer menschliche Zwecke und Absichten in die Natur hineinzudenken und uns dann kindlich über die Erfüllung dieser bloss erdachten Zwecke in der Natur zu verwundern. Mit der Zweckmässigkeit in der organischen Natur hängt aber noch ein weiteres Wichtigstes zusainnien. Ein Krystall kann, wenn sich die äusseren Einflüsse ändern, in seiner Ausbildung gehemmt werden. Ein Organismus braucht unter einer Aenderung der äusseren Bedingungen nicht immer dauernd zu leiden; er kann — wenn die äusseren Einflüsse als Reize wirken, darauf zweckent- sprechend reagiren, sich selbst verändern und dadurch die Einwirkung der Schädlichkeit ausgleichen. Solche Ausglcicheinrichtungen treft'eu wir namentlich gerade bei den höheren Thieren, bei denen schon die constantc Blut- temperatur unter den extremen äusseren Wärmedifterenzen der verschiedenen Kliinate eine ganz ausserordentlich feine Regulirung voraussetzt. Allein diese Fähigkeit regulatorischer Anpassung an Aussenbedingungen zeigt sich in hohem Maasse bereits im Pflanzenreiche. So haben die sciiönen Studien von Gaston Bonnier, Früheres bestätigend, gezeigt, dass mit der künstlichen Versetzung von Pflanzen der Ebene auf höher gelegene Standorte unter dem Einfluss des Alpcnklinias XII. Nr. 5. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 53 eine Reihe von charakteristischen Veränderungen sich ausbildet, indem die unterirdischen Theile stärker werden, die Stengel ein dickeres Rindengewebe erhalten, die Spaltöftnuugen zahlreicher, die Blätter im allgemeinen kleiner, behaarter, dickei' werden und dunkleres Grün, reichlicheres Chlorophyll in sich aufspeichern. Die BliUhen sind zugleich vcrhältnissniässig viel grösser und lebhafter gefärbt. Durch alle diese Veränderungen — Anpassungen, wie wir sagen, die durch die blossen physikalischen Ein- flüsse des geänderten Klimas, die trocknere Luft, die intensivere Belichtung u. s. w. hervorgerufen sind, er- möglicht es die Pflanze, ihre Entwickelung in der Alpen- region während der kurzen Jahreszeit, wo der Boden nicht mit Sclniee bedeckt ist, bis zum Ende durchzuführen und beträchtliche Reservestotfe aufzuspeichern. Gleich- zeitig schützt sie sich gegen das rauhe Klima der Höhen- lagen durch eine stärkere Ausbildung ihrer Schutzgewebc und steigert ihre Ernährung durch iutensivcre Chloro- phyllwirkung und kräftigere Entwickelnng der Wurzel- theile. Freilich werden diese Anpassungen wieder rückgängig, sobald wir die PHanze, auch nach jahrelangem Verweilen im Höhenklima, in die Ebene zurückversetzen. Aber wie wäre dies anders möglich, sofern die Pflanze durch den Aufenthalt im Höhenklima ihre ursprüngliche Reactions- fähigkeit für äussere Einflüsse nicht völlig verloren hatr" Ganz aus den nämlichen Gründen, aus denen zuerst das Höiienklima seine Wirkung äusserte, muss jetzt das Ebenenklima, für welches die alpine Pflanze mit ihren Besonderheiten sich weniger eignet, wiederum die früheren Eigenschatten zurückrufen. Auf diese Weise erfahren wir aus unserem Beispiel allerdings nichts über die Entstehung erblicher neuer Eigenschaften. Wohl aber lernen wir das Bedeutsame, wie zweck- mässig angepasste Eigenschaften erworben, im Falle des Unzweckmässigwerdens aber wieder verloren werden können, wie nicht jede Eigenthümlichkeit der höher ent- wickelten Organismen haltbar ist, sondern manches je nach den Bedingungen einem Wechsel unterliegt, dass Körpergewebe bei höherer Inanspruchnahme stärker, leistungs- und widerstandsfähiger werden, und diese Eigen- schaften unter geänderten Bedingungen auch wieder ver- lieren können. Hat doch erst kürzlich Robert Hartig die Unterschiede in der mehr oder minder dichten Gefugebildung des Holz- körpers gleichartiger Bäume uns kennen gelehrt, für den Fall, dass das lichtarme Innere des Waldes oder das freie, Luft und Licht gewähi-ende Feld oder der Waldrand ihrenStandort bilden. Die hochgradig gesteigerte Verdun.stungsleistung freistehender Bäume schwächt durch das Erforderniss zahlreicher wasserführender Gefässe den Holzkörper, während der langsam im Waldesdickicht treibende Stannn ein hartes, festes Holzgefüge bewahrt. Empirisch hat man das lange gewusst, und das zähe Eschenholz vom Nordabhange der Hügel das allein zum Bogen die nöthige Spannkraft besitzt, findet schon in Göthe's Gesprächen mit Eckermann seine Erwähnung. Aber auch künstlich kann man den Holzkörper ver- stärken, indem mau, wie Hartig gezeigt hat, den Baum zu zwei Drittheilen seines Laubes beraubt, wodurch die Verdunstungsstärke ermässigt, die Zahl der wasserführenden (iefässe im Holzkörper bedeutend verringert wird. Nicht jede äussere Einwirkung, auch wenn sie zu- nächst eine Schädigung zu sein scheint, braucht in jeder Hinsicht zu schaden. Der theilweise entlaubte Stannn vermag dem Sturmwind besser zu trotzen. Der nebrochene Knochen verwächst nicht nur an der Bruchstelle mit be- sonderer Festigkeit, sondern bei schief verheilten Kuochen- brüehen ändert sich auch die innere Structur der porösen Substanz, jene merkwürdige Anordnung der Knochen- bälkchen und -spangen in zweckentsprechender Weise, so dass aufs Neue den Richtungen der grössten Druck- und Zugbeanspruchung die maximalen Widerstände entgegen- treten. Noch manche derartige Beispiele Hessen sich an- führen, aber das Gesagte mag genügen, üeberall sehen wir eine gewisse Veränderlichkeit der Eigenschaften, überall ein zweckmässiges Anpassungsstreben. Dies im Zusanmienhalt mit dem Grundbegrift" von Zweckmässig- keit in der organischen Natur, den wir gewonnen haben, setzt uns endlich zur Entscheidung der Frage in den Stand, ob eine positive Hygiene möglich seiV Die Antwort hierauf liegt in folgender Frage : Können wir glauben, dass vom menschlichen Organismus, von den kr)r]ierliehen Eigenschaften, auf die wir Werth legen und Einfluss üben können, von der Festigkeit des Knochen- gerüstes, der Kraft von Muskeln, Sehnen, Nerven, der Gewandtheit und Ausdauer in physischen Leistungen, dass von allem diesem nichts wandelbar sei, und dass wir beruhigt vom Erbe unserer Väter zehren können unter Culturbedingungen. welche an und für sieh dahin streben, die geistige Leistungsfähigkeit des Menschen ganz vor- wiegend, beinahe ausschliesslich zu Oben, ganz vorwaltend das Gehirn in Anspruch zu nehmen, dessen Grösse nach Meinert ohnehin seit .Jahrhunderten in stetigem Wachs- thum begriffen ist"? Die Frage erlaubt keinen Zweifel. Unsere Ent- scheidung ist rasch gefunden, aber es heisst dann auch unverzüglich ans Werk gehen. Es giebt positive, Ge- sundheit, körperliche Kraft und Rüstigkeit fordernde Ein- flüsse, und diese liegen unzweifelhaft in der Uebung der Kräfte. Wir müssen physische Anforderungen an unseren Organismus stellen, dann wird er auch das Entsprechende leisten, und soweit wir das im Verlaufe der letzten Cultur- entwickelung versäumt haben, gilt es dringend, dieses Versäumni.ss nachzuholen. Es besteht die begründete Hoffnung, dass dies möglich sei, unsere biologische Ein- sicht berechtigt uns dazu, vorauszusetzen, dass eine Aus- gleichung der Schädlichkeiten des Culturlebens, soweit sie in verminderter allseitiger Uebung und Anspannung der Körperkräfte liegen, durch eine zielbewusste Hygiene sich erreichen lässt. Der Degeneration müssen wir eine Regeneration entgegensetzen. Der Centralausschuss zur Förderung der Jugend- und Volksspiele in Deutschland, auf dessen segensvolle Thätig- keit ich hier zum Schlüsse besonders hinweisen möchte, ist sclion rüstig am Werk. Turnen und S[)ortwesen fördern von ihrer Seite, und die militärische Dienstzeit ül)t unsere jungen Männer. Aber, soviel bereits an einsichtsvoller Förderung auch von Seite der Staatsregierungen, nament- lich der preussischen, der Sache der Leibesübungen zu- gewendet wurde, noch ist es nicht an dem, dass die Ver- treter der Hygiene sieh beruhigen könnten, noch ist die grosse Bedeutung der Angelegenheit nicht durchgedrungen, der Einfluss auf die Schule nicht genug zu lebensvoller Geltung gelangt. Wir müssen mehr verlangen, wir müssen unbedingt auf Gleichberechtigung der geistigen und körperlichen Jugenderziehung liestehen, und diese kann nur dann als gewährleistet gelten, wenn der körperlichen Ausbildung ein grösserer Theil der Zeit als bisher gewidmet, wenn sie nicht mehr als Nebensache, sondern als eine Haupt- sache betrachtet wird, was schon durch die Eintheilung der Tageszeit zu kennzeichnen wäre, indem die Vormittags- stunden der geistigen Arbeit, wenigstens zwei Naclimittags- stunden täglich aber regelmässigen körperlichen Uebungen gewidmet werden. 54 Naturwisseiiscliaftliche Wochenschrift. XII. Nr. 5 Die Herstellung von Abgüssen von Fossilien im Geologischen Museum zn Oöttingen. — Von Fossilien inul anderen Gegenständen, welche nur als Bas-Reliefs hervorragen, können ohne besondere Schwierigkeit Ab- drücke vermittelst einer plastischen, ev. später erhärtenden Masse genommen werden, sei dies nun Thon, Wachs, Paraffin, Stearin, ein Harz oder Harzgemisch, Guttapercha, Leim, Gyps oder Aehnliches, und von einem solchen Nega- tiv ist ein Abguss in Gyps, Schwefel, Thon etc. leicht herzustellen. Ebenso können auch Ammoniten und andere rundum begrenzte Körper nach einander von beiden Seiten ab- geformt und abgegossen werden, und beide Hälften an- einander gefügt werden. Kaum zu vermeiden ist aber hierbei eine Deformation, eine zu grosse oder gelegent- lich auch zu geringe Dicke des Körpers, ebenso wie bei der Methode, das Negativ aus einer Anzahl einzelner Gypsstücke zu giessen, wie dies namentlich bei stärkeren Skulpturen, Höhlungen etc. angewendet wird; zudem sind die Gussnähte oft ziemlich dick und störend, und die einzelnen Stücke der Formen zeigen nicht selten eine, wenn auch geringe Verschiebung gegeneinander. Ausser- dem wird der abzuformende Gegenstand, um das leichte Ablösen von Gyps, Leim etc. zu ermöglichen, vor dem Abformen oft mit Gel, Terpentinöl, Lack etc. bestrichen, und lässt sich nachher nur unvollkommen oder doch schwer wieder von diesem Ueberzug reinigen. Es ist jedenfalls besser, eine ziemlich dicke Lösung von Seife in lauwarmem Wasser zu verwenden, welche sich später leicht und voll- ständig wieder abwaschen lässt. Einzelne sehr tüchtige Präparatoren grösserer Museen oder sonstige Techniker haben nun ohne Zweifel vor- zügliche Methoden zur Herstellung von Abgüssen ange- wendet, sind aber wohl gestorben, ohne ihr Verfahren Anderen mitzutheilen, oder vermeiden auch wohl, dies zu thun. Das im Geologischen Institut zu Göttingen ausgebildete Verfahren zeigte nun immer noch allerlei Mängel, konnte aber zum Theil verbessert werden in Folge ausführlicher Mittheilungen, welche einige Directoren anderer Museen gütigst über die bei ihnen angewendeten Methoden machten. AVenn das hiernach verbesserte Verfahren nun hier veröffentlicht wird, so gescliieht dies zum Theil in der Absicht, Anderen damit einen Dienst zu erweisen, zum Theil aber auch in der Hoffnung, von Anderen noch bessere Methoden und Handgritl'e zu erfahren. Zum Abformen wird nicht Leimgallert oder Leim mit Seifenwasscr oder Oel, sondern Glycerinleim ver- wendet, welcher besonders elastisch ist und nicht so leicht durch Verdunstung oder Aufnahme von Wasser sein Vo- lumen verändert und somit Verzerrungen der Abgüsse bedingt. Der Glycerinleim wird, wie bekannt, hergestellt, in- dem man Leimtafeln im Wasser in einem kalten Raum vollständig autVjuellen lässt, dann wiegt und nach län- gerem Erhitzen mit 80 bis 90 Procent des Gewichtes mit Glycerin vermengt. Diese Masse kann immer wieder geschmolzen und zu neuen Formen verwendet werden, muss aber inmier so weit abgekühlt werden, dass sie sich eben noch giessen lässt, mindestens auf 30 Grad R., damit sie sich von den ab- zugiessenden Körpern leicht ablöst, und diese miLssen vorher recht kalt gestellt sein, zumal, wenn sie starke Skulpturen, Spitzen etc. hal)cn. Mit diesem Glycerinleim können aber Ammoniten bis auf etwa zwei Drittel ihrer Dicke abgegossen werden, am ein- fachsten, indem man sie mitSeifcnlösung einpinselt, trocknen lässt, in einen nicht zu engen Ring von Oelpapier legt, dessen Boden etwa ein Glas ist, und mit Glycerinleim umgiesst; nach dem vollständigen Abkühlen desselben in einem kalten Raum schneidet man soviel Glycerinleim von der Unterseite des abgeformten Körpers fort, dass dieser sich heraus- nehmen lässt, und giesst Gyps dafür hinein, wie später ausführlicher beschrieben wird. Soll der Körper, oder sagen wir Ammonit, sehr genau ringsum abgegossen werden, so werden zunächst Guss- kästen oder Rahmen zusammengenagelt, zwei rechteckige, gleich grosse Rahmen von dünnen Brettcheu, wie Ci- garrenkistchen oder dergl., mindestens um die Hälfte breiter, länger und tiefer, als die betreffenden Ammoniten; der Boden wird nur zu einem kleineu Theile aufgenagelt, nur eben gross genug, um die Rahmen rechteckig zu er- halten. Die oflenen Seiten der Rahmen werden aufein- ander gestellt, und auf zwei gegenüberliegenden Seiten des einen wird, nicht ganz in der Mitte, aussen je eine schmale Leiste aufgenagelt, senkrecht gegen den Rand, so dass sie ül)er diesen einige Centinieter auf den anderen hinwegreicht, und auf diesem werden dann auf jeder Seite der überragenden Stücke je eine kürzere Leiste befestigt, so dass eine seitliche Verschiebung der Kästen unmöglich wird, und diese selbst sicher immer in dieselbe Lage zu einander gebracht werden können. In den einen Kasten wird hierauf ein Futter von zähem Thon gestrichen, welches eine ovale Wanne bildet, doch so, dass diese die kurzen Seiten an dem offenen Rande noch eben berührt, die langen Seiten des Kastens aber in grösserer Aus- dehnung. In diese Wanne wird dann, genau bis zum offenen Rande des Kastens, Gyps gegossen, oder event. später ein Ueberschuss nachher wieder entfernt, und auch vor dem völligen Erhärten eine Vertiefung ausgehöhlt, welche später den Ammoniten zur Hälfte aufzunehmen hat, so dass eine förmliche Schale entsteht. Diese wird aussen und innen wiederholt lackirt (mit einer Lösung von Schellack in Spiritus) und dann etwas mit Oel be- strichen, hierauf benutzt, um nach Entfernung des Thous an dessen Stelle in die Kästen Gypswannen zu giessen, erst in den einen, dann in den anderen, so dass diese, aufeinandergestellt, eine eiförmige Höhlung umschliessen. In den Boden dieser Wannen, welcher in der Mitte kaum 0,5 cm dick zu sein braucht, wird je ein Luftloch von 2 bis o mm Weite gebohrt und, möglichst in einer Ecke, je eine trichterförmige Eingussöffnung, welche innen etwa 1 cm weit sein kann. Beide Wannen werden dann innen gut lackirt und etwas eingeölt und können, ebenso wie die Kästen und die Schale, immer wieder benutzt werden. In die Wanne wird dann eine entsprechende Menge von ziemlich zähem Thon gethan, und in diesen der Ammonit so tief hiueingedrückt, dass er zur Hälfte über den Rand hervorragt, und der Zwischenraum zwischen der Wanne und dem Anunoniten wird noch sorgfältig bis zum oberen Rande der Wanne mit Thon ausgefüllt und oben ganz glatt gestrichen, und dieser Thon oben mit Oel bepinselt, die freie Hälfte des Ammoniten aber mit einer ziemlich starken Lösung von Seife in lauem Wasser, be- sonders sorgfältig an rauhen Stellen und einsi)ringenden Ecken, und einigermaassen getrocknet. Dann wird die Schale in die eine Wanne gesetzt, und auf die Fuge zwischen beiden ein schmaler, aber vollständig ununter- brochener Streifen von ziemlich weichem Thon gelegt, welcher bei dem nun folgenden Aufeinanderlegen und -drücken der Kästen und Wannen eine vollständige Dichtung der Fugen ahgiebt. Durch die Eingussöftnung der leeren Wanne wird dann hinreichend abgekühlter Glycerinleim bis oben oder fast bis oben eingegossen, und das Ganze einige Stunden an einen kühlen Ok gestellt, bis der Glycerinleim mög- lichst fest geworden ist, und bei sehr behutsamer und all- mählicher Trennung der Kästen und Wannen vermittelst XII. Nr. 5. Naturwissen.schaftliche Wochenschrift. 55 Zwischenschieben eines Messers der Ammonit nebst Tiion und Schale auf dem Glyceriuleini haften bleibt. Vor- sichtig wird nun die Sehale abgehoben und der Thon vollständig von dem Ammoniten entfernt, und endlich dieser selbst ganz langsam und aliniühlicii aus dem Glyceriuleim herausgehoben, ev. gewaschen und getrock- net, aber gleich wieder hineingelegt, mit Seifenlösung bestrichen und getrocknet, der Glycerinleim oben mit Oel, die Thondichtung wird entfernt und durch eine neue ersetzt, beide Kästen aufeinandergedrückt, und die jetzt leere Wanne ebenfalls ganz oder nahezu voll Glyce- rinleim gegossen. Wenn dieser erstarrt ist und nebst Kasten und Wanne von dem zuerst gegossenen getrennt wird, so hält er den Aramoniten fest, und dieser wird wiederum ganz langsam und vorsichtig herausgehoben. Von einer geeigneten Stelle dieser Formen, also bei Ammoniten etwa von der Mündung aus, wird nunmehr, in jeder zur Hälfte, durch Glycerinleim, Gypswanne und Holzrahmen nach aussen eine Eingussöftnung für Gyps geschnitten, welche innen, an der engsten Stelle, nicht unter 1 cm weit ist, und daneben ein etwa 2 mm weites Luftloch von der dem Rahmen zunächst liegenden Steile der Form aus. Beide Rahmen werden nun aufeinander gelegt und zusammengebunden, durch Einschieben von Holzkeilen zwischen Bindfaden und Rahmen noch fester aufeinander gedrückt, und nun wird endlieh Gyps ein- gegossen, wobei natürlich eine Verstopfung des Luftloches zu vermeiden ist. Der gebrannte Gyps nuiss auf das Feinste gemahlen sein, so dass auch nicht das kleinste Körnchen darin zu fühlen ist, und muss vor dem Brennen gemahlen sein, nicht umgekehrt. In eine dem Ammoniten an Volumen gleiche Wasser- menge wird der Gyps in möglichst feiner Vertheilung eingestreut, bis über dem untergesunkenen Gyps gar kein Wasser mehr steht; die Masse wird schnell umgerührt, das Gefäss einige Male aufgestossen, um Luftblasen an die (Jbertläche zu treiben, sodass sie sich zurückschieben lassen, und endlich schnell gegossen. Nützlieh ist es, gleich nach dem Giessen den ganzen Apparat nach ver- schiedenen Richtungen aufzustossen , zumal wenn der Gypsbrei verhältnissmässig dick ist. Nachdem der Gyps hinreichend fest geworden ist, bei dem in Göttingen benutzten nach 2U bis 25 Minuten, wird das Band um die Kästchen gelöst, und diese selbst werden durch Einschieben eines Messers oder dergleichen behutsam von einander getrennt, zuerst auf der Seite, auf welcher der Ammonit am dünnsten ist oder aus an- deren Gründen sich voraussichtlich am leichtesten ablöst. Dann wird der in der Eingussöffnung steckende Gusskopf abgeschnitten, unter den Stumpf ein flacher, rundlicher Stichel oder Hebel geschoben, um den Abguss auch aus der anderen Hälfte der Form zu lüften, vorsichtig heraus- genommen und bis zum vollständigen Erhärten zur Seite gestellt. Man kann aber auch durch das Eingussloch in den Gyps gleich nach dem Giessen ein Holzstäbchen, StreicLholz oder dergleichen stecken, und an diesem den Abguss herausheben. Wird der Gypsabguss zu lange in der Form gelassen, so erwärmt er sich oft so weit, dass die Oberfläche des Glycerinleims schmilzt; wird er ein wenig zu früh herausgenommen, so bleibt leicht an einzelnen Stellen eine dünne Gypshaut in der Form sitzen, und dem Abguss fehlt dann hier die Skulptur. Diese Gyps- haut bleibt übrigens gewöhnlich auf dem nächsten, schon besser erhärteten Abguss haften, braucht also nicht aus der Form entfernt zu werden. Die Abgüsse können, so- bald sie sich nicht mehr kalt anfühlen, also das ül)er- schüssige Wasser verloren haben, erwärmt un',... und A, B. C, . . . Constanten sind. Man hat also, wenigstens für elektrische Kräfte, statt aller überhaupt denkbaren Functionen von r nur diejenigen Functionen f{r) zu untersuchen, welche vorstehende Form besitzen. Das in dieser Formel ausge- sprochene Gesetz bezeichnet der Herr Verfasser als das Ex- pouentialgesetz. Soll also für ein System elektrisch geladener Conductoreu unter allen Umständen ein elektrischer Gleich- gewichtszustand existiren, so müssen die elektrischen Kräfte dem Exponentialgesetz entsprechen. Die weitere Untersuchung ergiebt nun ferner, dass auch umgekehrt aus der Annahme des Exponeutial gesetzes stets die Existenz eines, und nur eines elektrischen Gleich- gewichts folgt, falls die Constanten «, ß, y, . . . sämmtlich positiv und die Constanten ^4, B, C, . . . gleiches Vorzeichen besitzen. Nachdem so alle möglichen Functionen bestimmt sind, welche mit der Forderung eines elektrischen Gleichgewichtszustandes verträg- lich sind, wendet sich die weitere Untersuchung auf die Erforschung der allgemeinen Eigenschaften dieser dem Exponentialgesetz ent- sprechenden Functionen, worauf wir jedoch hier wegen des mathe- matischen Details nicht näher eingehen wollen. Man kann natürlich nicht erwarten, dass die im vorliegenden Werke entwickelten Untersuchungen auch sogleich eine physika- lische Verwerthung finden werden. Aber die oben auseinander- gesetzte Fragestellung ist sicher für die Physiker ebenso inter- essant als für die Mathematiker; die Leetüre des Neumann'schen Buches ist ungemein anregend. Ref. ist den Darlegungen mit grösstem Interesse gefolgt, um so mehr, als er sich in ähnlichen Ideen bewegt hat. Es erscheint nicht ausgeschlossen, dass künftig vou den in der besprochenen Schrift niedergelegten Entwickelungen auch in der theoretischen Physik Gebrauch gemacht werden kann ; wir möchten in dieser Beziehung besonders auf das siebente Capitel hinweisen, in welchem das Greeu'sche Gesetz ^(j-) ^ w -2, (o;g^< 1), behandelt wird, wobei sich die Möglichkeit ergiebt, die Theorie der Elektrostatik von den „unendlich dünnen Schichten" zu befreien, die man „wohl stets mit mehr oder weniger Misstrauen" anzusehen hat. G. C. E. Bergling:, Stereoskopie für Amateurphotographen. Mit "23 Figuren. Berlin, Robert (>|ipenheim (Gustav Schmidt) 1S'.)6. — Preis 1,20 M. Die Anfertigung von Stereoskopbildern ist für lien Amateur- photographen, der Sinn für vollendete Schönheit und naturgetreue Darstellung seiner Aufnahmen besitzt, nahezu unentbehrlich ge- worden. Die Litteratur bietet ihm aber wenige Anhaltspunkte in geeigneter Form für die Herstellung solcher Stereoskopbilder und die Beschaffung einer dazu erforderlichen Camera. Das vor- liegende Büchlein fördert diese Zwecke, indem es in klarer Weise und mit Zuhülfenahrae von erläuternden Figuren auf alle Fragen eingeht, welche sich auf die Forderungen au Bilder und Stereoskop, an die Camera und an die Anfertigung der Bilder beziehen. ^ Da die Fassung des Buches eine gemeinverständliche ist, wird es jedem Amateur von grossem Nutzen sein. Schulte. Verlag von doppelten Ostwald's Classiker der exacteu WisBensohaften Wilhelm Engdinann in Leijizig. No. 76. F. E. Neumann, Theorie der -,,, , Strahlenbrechung abgeleitet aus den Gleichungen der Mecha- nik (1832). Herausgegeben von A. Wangerin. -- Preis 0.80 M. No. 711. H. V. Helmholtz, Zwei hydrodynamische Ab- liihalt ~~ handlungen. I. Ueber A\ irbelbewegungen (1858). II. Ueber discontinuirliche Flüssigkeitsbewegungen (1868). Herausgeg. von A. Wangerin. — Preis 1,20 M. No.80. H. Helmholtz, Theorie der Luftschwingungen in Röhren mit offenen Enden (1859). Herausgegeljen von A. Wangerin. — Preis 2 M. No. 81. Michael Faraday. Experimental -Unter- suchungen über Elektricität. Herausgegeben von A. J. V. Oettingen. — Preis 1,.50 M. No. 82 und 83. Jacob Steiner, Systematische Ent Wicke- lung der Abhängigkeit geometrischer Gestalten von einander. Herausgeg. von A. J. v. Oettingen. — 1. Theil Preis 2 M. — 2. Theil Preis 2,40 M. No. 84 und 85. Caspar Friedrich Wolff's Theoria gener ationis (1759). Uebersetzt und herausgeg. von Dr. Paul Samassa. — 1. Theil Preis 1,20 M. — 2. TheilPreis 1,20 M. Auch die aufgeführten 8 Hefte zeigen wieder, mit welcher Sachkenntniss und Umsicht die Auswahl der Classiker getroffen wird. Das Unternehmen kann nicht genug gelobt werden; macht es doch Abhandlungen bequem und wahrhaft billig (viele der Hefte enthalten gemäss der ( )riginalarbeiten Figuren und Tafeln) zugänglich, die der ernste Forscher nicht entbehren kann und doch so oft nur unter erschwerenden Umständen in die Hände bekommt. In No. 76 wird die berühmte Arbeit Neu mann s aus Poggen- dorff's Annalen bequem zugänglich gemacht und trefflich commen- tirt. in der er die Gesetze der Doppelbrechung streng deductiv aus mechanischen Principien ableitete, was freilich fast gleich- zeitig, doch so, dass Neumann die Priorität verlor, von Cauchy geschehen war. Inwiefern jedoch die Arbeit Neumann's dennoch von classischem Werth bleibt, braucht dem Fachmann nicht ge- sagt zu werden und ist für den Interessenten aus Wangerin's An- merkungen zu entnehmen. No. 79 und 80. — Die Anmerkungen zu den beiden wichtigen (No. 79) Abhandlungen von Helmholtz (welche Abhandlungen von Helmholtz wären nicht wichtig?) nehmen nicht weniger als 30 Seiten ein. Wangerin bringt hier Notizen über H.'s Leben und Werke, allgemeine Bemerkungen über die im Heft abgedruck- ten Abhandlungen und speeielle Noten. Auch in Heft 80 sind die Anmerknng-en (S. 87—131) zum Vortheil für die meisten, die die Abhandlung benutzen wollen, sehr reichlich ausgefallen. No. 81. — Die Faraday 'sehen Experimental-Untersuchungen umfassen 30 Bände, von denen in Heft 81 die zwei ersten ge- bracht werden, die als ein in sich geschlossenes Ganze erscheinen; es ist die Uebersetzung J. C. Poggendorff 's aber in genau revi- dirter Fassung. No. 82/83; — Auch zu den Heften, die Steiner gewidmet sind, hat Wangerin verhältnissmässig ausführliche Zuthaten ge- schaffen, die das Verständniss ganz ausserordentlich erleichtern, namentlich durch die trefflich gelungene Bemühung, durch Zeich- nungen den Inhalt näher zu legen. Die Hefte bringen den Haupt- theil von Steiner's berühmtem Werk. No. 84/8.5. — Das sehr bekannte Werk C. Fr. Wolff's in einer gut übersetzten Ausgabe zugänglich zu haben, wird vielen Biologen sehr angenehm sein; wie oft wird es genannt, und doch: wie viele haben lüneingeblickt? Wie einst Lowes, der durch ganz Berlin stürmte, um ein antiquarisches Exemplar zu ergattern, hat gewiss auch jetzt mancher Biologe nach der Arbeit gesucht, freilich mit geringerem Erfolg als der englische Schriftsteller und Naturforscher. Jetzt ist sie durch die vorliegende Ausgabe leicht jedem zugänglich. Centralblatt für Anthropologie, Ethnologie und Urge- schichte. Herausgegeben von Dr. phil. et med. G. Buschan. I. Jahrgang 1896. Breslau 1896. J. U. Kern's Verlag (Max Müller). — Preis 12 Mk. Angezeigt wurde die neue Zeitschrift Bd. XI No. 8, S. 95; der nunmehr vorliegende 1. Bd. derselben von 384 Seiten bringt die folgenden Original-Mittheilungen. G. Sergi, Der Ursprung und die Verbreitung des mittelländischen Stammes. — P. Orsi, Die Nekropolo von Novilara bei Pesaro und ihre Stellung in der Vorgeschichte Italiens. — A. v. Török, Ueber einige charakteristische Unterschiede zwischen Menschen und Thier- schädel. — J. Villi. Hultkrantz, Ueber die Körperlänge der schwedischen Wehrpflichtigen. — Ausserdem enthält der Band eine grosse Zahl Referate zur Anthropologie, Ethnologie und Rassenkunde, sowie Urgeschichte. Schliesslich werden Versamm- luiigs- und Veroinsberichte, Notizen zur Tagesgeschichte und Biblio- graphische Uebersichten gebracht. ; 68. Versammlung der Gesellschaft deutscher Naturforscher und Aerzte zu Frankfurt a. M., vom 21.— 26. September 1896 (I.) Die Herstellung von Abgüssen von Fossilien im Geologischen Museum zu Göttingen. — Erreger der epidemischen Genick- starre. — Neue Untersuchungen über Abnormitäten. — Ein neuer fossiler Afie. — Ueber die Veränderungen der Erdoberfläche im Umkreis des Kantons Zürich seit der Mitte des 17. Jahrhunderts. — Der See Faguibine, ein neuer afrikanischer Landsee. — Ueber die V eiflüssigung der Luft und Untersuchungen bei niederer Temperatur. — Aus dem wissenschaftlichen Leben. — Litterafur : C. 1. Kammelsberg, Handbuch der Mineralchemie. — G. Rohrbach, Vierstellige logarithmisch-trigonometrische Tafeln. — C. Neumann, Allgemeine Untersuchungen über das Newton'sche Princip der Fernwirkungen mit besonderer Rücksicht auf die elektrischen Wirkungen. — C. E. Bergling, Stereoskopie für Amateurphotographen. — Ostwald's Classiker der exacten Wissen- schaften. — Centralblatt für Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte. 60 Naturwissenschaftliclio Woclicnsclirift. XII. Nr. 5. Silberne ]VIeclaille 1890 der Iiitenuitionali'ii Amateiir-Ausiätellunc; Berlin. Photographlsche Apparate und Bedarfsartikel. Alleinvertrieb der „Westeiidorp & \Velmer"-I*latteii (jetzt: Act.-Ocs für Troekenplattenfabrikation vorm. W. & W.) Pillnay'sclie Lacke. Max Steckelmann, Berlin W. 8, Leipzigerstrasse 33 I. In Ferd Dümmlers Verlagsbuchhandluiig in Berlin SW. 12 orsclieineu : Mitteilungen der Vereinigung ?oii Freiiiiöeu fler Astrouoniie iiuil kosinisclieu Physik. Redigiert von Prof. Dr. W. Foerster zu Berlin. Jährlich 10—12 Hefte gr. 8°. Preis pro Jahrgang 6 M. Man abonniert bei allen Buchhandlungen und Postaustaltou. Die Mitglieder der genannten Vereinigung erhalten obige Mit- teilungen gratis. Beitrittserklärungen sind an den Schriftführer der Vereinigung, Herrn Dr. P. Schwahu, Berlin Vf., Bajreutherstr. Iß zu ricliten. „Lethaea" Geolog, u. technol. Handl. v. Dr. Monke Görlitz. Wegen Aufgabe des Geschäftes Mineralien, Gesteine, Petrefacten mit 40% Rabatt. Ausführl. Lagerverzeichn. portofrei. In Ferd. Uünimlers Verlagsbiich- haudlung in Berlin SW. 12 er-schien: Einführung in die Blütenbiologie auf blstorischer Grundlage. Von E. Loew, Professor am küngl. Realgymn. in Berlin. 444 Seiten gr. 8. Preis (3 M., geb. 7 M. Dünnschliffe von Gesteinen pro Stück 60 Pfg. fertigt an Theob. Botz I. Giiiisbaeh a. Glan. fRheinpfalz.) Die Insekten -Börse Internationales Wochenblatt der Entomologie bat.NachFiaqc .qebo I Tau: ist für Entomologen und Naturfreunde das hervorragendste Blatt, Tvelchos wegen der be- lehrenden Artikel, sowie seiner internationalen und grossen Verbreitung betreffs Ankauf, Ver- kauf und Umtausch aller Objecto die weit- gehendsten Erwartungen erfüllt, wie ein Probe- Abonnement lehren dürfte. Zubeziehen durch die Post. Abonnements - Preis pro Quartal Mark 1.50, für das Ausland per Kreuzband durch die Verlags -Buchhandlung Frankenslein & Wagner, Leii>zig, Salomon- strasse 11, pro Quartal Mark 2. '20 = 2 Shilling 2 Pence = 2 Fr. 7.5 Cent. — Probenummern gratis uvid franco. — Insertionspreis pro 4 gespaltene Borgiszeile Mark — .10. Ferd. Dümmlers Verlagsbuchhandlung in Berlin SW. 12. In unserm Verlage erschien: Ueber Tundren und Steppen der Jetzt- iiiul Vorzelt mit besonderer l'criicksielitiguni;' ihrer Fauna. Von Dr. Alfred Nehring, Professor logischen Sammlungen an iler Königlichen landwirthsehaftlichen lloehscluile zu lierlin. Mä I Abbildung im Text und i Karte der Fundorte. 266 S. gr. 8". Preis 6 Mark. Die Denkschöpfung umgebender Welt a US kosmogonisclien Vorstclluiigeii in Cultiir ii. Uncultiir. Mit scheniatischcn Abrissen und 4 Tafeln. Von A. Bastian. •217 Seiten gr. 8". ~ Preis 5 Mark. Hempel's Klassiker-Ausgaben. Ausführt. Specialverzeiclmisse gratis. Ferd. Dümmlers Verlagsbnchhandl. Ferd. Dümmlers Verlagsbuclihancllung in Berlin SW. 12. Soeben erschien: Veröffentlichungen des Rönigl. Ästronomisclien Rechen - Institos zu Berlin. Nr. 4. Genäherte Oppositions- Ephemeriden von (12 kleinen Planeten für 1897, Januar bis August, Unter Mitwirkung der Herren A. Berberich u. Frof. Dr. P. Neugebaiier herausgegeben von J. Bauschiuger. Director des Kgl. Kecben-lnstituts. 22 Seiten kl. 4°. — Preis 1,20 Mark. In unserm Verlage erschien: Elementare Reclnmngcn aus der niatiieuiatisclieu deograpliie für Freunde der Astronomie in aosgeiT.ililtcn Kapiiclu gcmcinverstlndiicli liogrüudct iiuJ torgcfülirt von O. Weidefeld, Oberrossarzt a. D. Mit einer Figurentafel. 64 Seiten gr- 8". l'reis 2 Mark. R,VOLKMANN/Ift?iL"o\"s^rlTs'eTd: billig, streng reell, sorgfältig, schnell. Tm Conmiissionsverlag von Ferd. Dümmlers Verlagsbuchhandluns in Berlin SW. 12 erschienen: Sternkarten in gnomonischer Projection zum Einzeichnen von Meteorbahnen Nordliclitstrahlen. Cometenschweifen, leuchten- den Wolken, Zodlakalliidit und anderen Himmelserscheinungen zugleich :ils Repetitlonsatlas für von Orangit bis über 70 °,^ ThOo, der Monazit in Stücken 3 bis 12 % ThOj bei 35 — 70 "/o Oxyden der Cergruppe etc. (vergl. die folgende Tabelle). Elemente, die beim ' Mineralien, aus denen ThO, Auer'scheu Gas- ' ^^^ ^j^ q^^,^^ ^^^ seltenen t?a"ht gekömme;, : Erden gewonnen werden Hauptsäcliliche chemische Bestand- theile derselben Gehalt in Procent der Handelswaare (hauptsächl. nach L. Schmelck) an Oxyden der ; _, , seltenen Erden* »" Thoroxyd Thorium Cer Yttrium Lautlian Maf!;nesium Zirkonium Nts als aus- gezeichnete Fundstellen von Fossilien etc. oder als Punkte, nach denen geologische Formationen benannt sind. Ferner sind die wichtigsten Eisenbahnen verzeichnet. Was die geologisclie Ausführung anbelangt, so war vor Allem der Gesichtspunkt maassgebend, dass die Karte eine Uobersichts- kartc sein sollte. Dies bedingte jedes Fernhalten von Einzel- heiten und eine Beschränkung in der geologischen Gliederung: es konnten daher nur die Hauptabtheilungen der einzelneu For- mationen berücksichtigt werden. Alsdann war sehr grosses Ge- wicht zu legen auf die Wahl der Farben. Diese ist eine muster- giltige. Die Farben sind so gewählt, dass das ganze Bild ein vollkommen harmonisches ist. Nirgends wird das Auge durch grelle Farbenunterschiede beleidigt, und doch stellen sich die grossen Züge des Kartenbildes dem Leser klar und übersichtlich dar. Die Vertheilung der Farben ist eine derartige, dass für jedes System (Formation) eine Grundfarbe gewählt ist, und die Unter abtheilungen einer jeden durch Abtönen derselben Farbe gekenn- zeichnet werden. Ausserdem trägt jedes Farben-Bild ein Buch- staben-Symbol, welches, wenn möglich, der Anfangs-Buchstabe des Formations- oder System -Namens ist, z. B. Kreide (cretace) c, Jura i, Trias t, Perm p etc. Die Unterabtheilungen der einzelnen Formationen führen neben dem Buchstabensymbol noch eine Zahl, so dass die unterste (älteste) Abtheilung 1 führt, die darüber- liegenden ihrem Alter entsprechend der Reihe nach die höheren Zahlen, z. B. Oberdevon d,, Mitteldevon da, Unterdevon d,. Neben diesen grossen Zügen sind aber auch besonders wichtige, mehr oder weniger local beschränkte Ausbildungen (Facies) einzelner Formationsglieder zur Darstellung ge- bracht worden: Der im Tertiär (Oli- gocaen und Eocaen) und in der Kreide auftretende Flysch wird durch blaue Punktirungund das Symbol '/ auf der betreft'enden For- matiousfarbe aus gedrückt. Durch schräge , blaue Schraft'ur mit dem Symbol iii^('lie C^aiiiera zum Aufsetzen auf den Tubus jeden beliebigen MIkroskopes. 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Carl Zeiss, ^ Optische Werkstätte. — reiten in Nord-Asien und Nord-Amerika, eine Begünstigung, die wir bekannt- lich dem Golfstrome zu verdanken haben; der Golfstrom bricht aus dem Mexikanischen Meerbusen hervor und richtet seine warmen Fluthen direct auf Eurojia zu, so dass unter seinem Einflüsse in Norwegen das Getreide reifen kann, und die SchiHährt nach Spitzbergen mög- lich ist. Die Landschwellc von Nicaragua besteht aus dilu- vialen, marinen Ablagerungen; im Nicaragua-See leben Meercsfisehe, die sonst niemals im süssen Wasser ge- funden werden, so dass also dieser See eine ganz junge Relictenläima enthiiit. Dadurch ist l)ewie.sen, dass die Niederung von Nicaragua zur Diluvialzeit ein Meeresarm war, dureil den sehr wold der (iolfstrom nach dem Stillen Oeean hinüberströmen konnte, statt durch den Mexika- nischen Meerbusen und um die Südspitze von Florida in den Atlantiseilen Ocean zurüekzubiegen und Europa zu erwärmen. *) Audi JI.'utibm-hcM-, Kicf'oni-, Fichten-, Ki-lon-, Weiden-, Pappe]-, Hasel nuss-, Kielien-, Linden- und Stecli)ialMien-Reste wurden gefunden (vergl. u. !i. Natui'w. Woelienseln-. Hd. VII S. 451). - Ued'. Ohne den Golfstrom hätten wir hier in Europa wieder die Eiszeit und eine Erniedrigung der Temperatur von etwa 10" C. Während der iiiterglacialeii Periode der Löss-Bil- dung herrschte in den westeuropäischen Stei)])cn eine wenig niedrigere Temperatur wie zu den Eiszeiten; denn wir finden im Löss zum grossen Theil dieselbe nordische Fauna, welche zur jüngsten Eiszeit Europa bewohnte. Dagegen müssen die atmosjihürischen Niederschläge so stark an Menge abgenommen haben, dass die Glefsclier sich auf Skandinavien und die Alpen zurückzogen. Dieses trockenere Klima der letzten Interglacialzeit k('innte da- durch hervorgerufen worden sein, dass im Westen von Europa nicht ein ^leer, sondern zum gröisseren Tiieil Land gelegen war, die versunkene Atlantis, von der im Altcrthum die Sage noch Kunde gab. Dass eine Land- verbindung durch den nördlichen Atlantischen Ocean hin- durch von Europa nach Nord-Amerika zur Diluvialzeit wenigstens zeitweise bestand, wird durch eine Reihe von Beobachtungen über die nahe Verwandtschaft der jüngsten Fauna von Europa und Nord Amerika bestätigt. Der Manatus z. B., eine Seekuh, wohnt in den Fluss- mündungen und an den seichten Küsten sowohl von Brasilien, Venezuela und Columbien jenseits des At- lantischen Oeeans, als diesseits an der tropischen West- küste von Afrika, in Sencganibien und im Meerbusen von Guinea wohnt. Unmöglich konnte dieses schwerfällige und grosse Thier den Atlantischen Ocean durchschwimmen; es musste zur Diluvialzeit an der Südküste der jetzt ver- sunkenen Atlantis entlang von Westen nach Osten her- übergewandert sein. Durch eine Verbreitung des europäischen Continentes nach Westen mittelst der Atlantis würden die deutschen Lösssteppen so weit vom Ocean entfernt liegen, wie jetzt die südrussischen Step])eii. Wir würden demnach als Ursache der Vereisung und der Steppenzeit Europas im allgemeinen die verschiedenartige Vertheilung von Con- tinent und Ocean zur Diluvialzeit ansehen. Der Mensch der Interglacialzeit von Taubach bei Weimar*) lebte noch mit dem Elephanten zusammen; der Mensch kurz nach der letzten Eiszeit von Scliussenried bei Biberach und von Schweizeiliild bei Schart'hausen**) besass bereits Rennthierherden; bei Schussenried wurde auch die subarktische Flechte gefunden, die noch jetzt in Norwegen, auf Island und in Grönland die Nahrung des Renntbieres bildet. Der Mensch dieser jüngsten Diluvial/.eit wird prac- historisch als Mensch der älteren Steinzeit iK'zeicliiu't, der Steinzeit, in welcher der Mensch seine Steinwerkzeuge roh zusehlug, im Gegensatz zu der jüngeren Steinzeit, in welcher sich die polirten Steinwerkzeuge vorfinden. Während der jüngeren Steinzeit breiteten sich bereits die Wälder in Deutschland aus über die früheron Steppen: der Hirsch tritt an die Stelle des Renntliicrcs: auch die übrige Fauna beweist, dass das Klima milder als während der älteren Steinzeit geworden war. Hierher in die jüngere Steinzeit gehören die Pfahlbauten der Schweizer-, der oberbayerisehen, der österreichischen und italienischen Seen, deren Reste bereits eine höhere menschliche Cultur aufweisen: die zahmen Hausthiere erscheinen in grossen Menge als Begleiter und Ernährer des Menschen; Mahl- steine beweisen den Getreidebau; Netze und Gewebe, Urnen und Gefässe zeigen die grössere Handfertigkeit; vor Allem deuten hier die eisten Bernsteinfunde und die ersten polirten Steinbeile aus Nephrit auf Handels- beziehungen zur Ostseeküste und zum fernen asiatischen Osten. "*) Vergl. Naturw. Wochensein-. IM. X S. 3G9 und 522. — Red. ••) Vergl. Naiurw. Wochensein-. Bd. VIII No. 10 — Red. XII. Nr. 7 Naturwissenscbaftlicbe Wocheuschrift. 75 In der neolitliisclien Scliielit unter den Felsen des Sehvveizerhildes bei Schaft'liausen sind zwei von einander verschiedene Rassen des Mensclien der jüngeren Steinzeit g-efnnden worden, eine kleinere und eine .grössere Rasse; es wäre niiiglieb, dass die zweite Rasse aus der Fremde, vernuitidieb aus ( )sten, in unsere Gebenden einwanderte und die bübere Cnltur der jüngeren Steinzeit niitbraclite. Dadurch Hesse sich der grosse Gegensatz erklären, der zwischen dem Jäger- und Nomadenvolk der älteren und den ansässigen Ackerbauern der jüngeren Steinzeit besteht. Einen noch weit grösseren Fortschritt und Umschwung im Cultnrleben der praehistoriscben Vr)lker Europas brachte die Entdeckung und Verwendung der Metalle. Kein menschlicher Beruf wird in den ältesten Sagen aller Völker so hoch geehrt wie die Kunst des Schmiedes, mag er nun Thul)alkain, Hephaestos, Vulkan oder Wie- land beissen. Die Sprachvergleichung hat nachgewiesen, dass die indogermanischen Völker bereits vor ihrer Tren- nung das Kupfer kainiten. Die (Jriechen brachten das Wort Xttkxöc, Kui)fer, schon ans ihrer iranischen Ileimath mit; die Bronze erhielten sie erst später, vermuthlieh durch die Ph(»nizier. Auch die alten Aegypter haben zuerst das Kupfer gekannt; erst später erscheint die Bronze, zuletzt das Eisen. Elbenso fand sich in den Gral»stätten der alten fndicr reichlieh das Kupfer, selten die Bronze. Desgleiciicn dürften die Grabfunde im nördlichen Europa eine Kupferzeit von der Bronzezeit nunmehr bestätigen. Es erscheinst auch als das Natürlichste, dass der Mensch zuerst auf das Kupfer aufmerkam wurde, weil dieses Metall iiäutig gediegen in seiner glänzend rotlien Farbe in den Bergen Asiens vorkonuut, während die Bronze künstlich aus Ku])fer und dem seltenen und niclit in ge- diegenem Zustande auftretenden Zinn zusammen legirt werden musste. Das Eisen endlich wurde erst in ver- hältnissniässig später Zeit entdeckt: es findet sich auf der Erde nicht in gediegener Form; Kupfer und Bronze wurden geschmolzen und gegossen, das im Holzkohlen- feuer schweissbare Eisen musste geschmiedet werden. Eine neue Völkerwanderung, und zwar vielleicht die Ein- wanderung der Indogermanen, könnte das Ku])fer und die Bronze nach Europa importirt und so die Steinwerk- zeuge allniäidicli verdrängt haben. Dass Steiumesser auch in der Metallzeit bei gewissen religiösen und alt- heiligen Handlungen immer noch in Gehrauch blieben, finden wir überall bei den Völkern der alten Welt. Die Aegypter haben sich zu allen Zeiten der Stein- niesser zu gewissen Zwecken bedient: bei der Mumisirung der Leichen wurde der Leib des Todten mit einem Feuersteinmesser aufgeschnitten; die Form dieser Feuer- steinmesser gleicht vollkommen den Messern aus der lialaeolithiscben Zeit Europas; sie wurden ebenso mit der Iland zugeschlagen und nicht polirt wie jene. Auch bei den Römern mussten gewisse Opferschlachtmes.ser aus Stein geformt sein. Elienso verwendeten die Juden zu gewissen religiösen Handlungen steinerne Messer. Diese altbeiligen (iabräuche in historischer Zeit beweisen den engen Zusanimhang der späteren Metall- mit der früheren Steinzeit. Die Bronzen der alten Aegypter zeigen in der Regel dieselbe Lcgirung wie die Bronzen des praehistorischen Europas: 12 bis 14 "o Zinn auf 86 bis 88 «/o Kupfer. Schon im 14. Jahrhundert vor Christi Geburt steht die Erzbildnerei in Aegypten auf hober Stufe; eine Bronze- statuette des Königs Ramses II. ans dem 14. Jahrhundert zeigt feinste Bearbeitung und ist hohl gegossen. Auch viele Kupfersacben mit wenig oder keinem Zinngebalte haben sich in den altägyptischen Gräbern gefunden; die Inschriften berichten wiederholt, dass den alten Aegyptern das Kupfer aus Asien gebracht wurde, und zwar von den Assyriern. In der That geben die sumerischakkadischen Keilinsehriften des alten Ninive das älteste geschriebene Zeugniss von der Legirung der Bronze aus Kupfer und Zinn. Das Zinn erhielten die vm-derasiatischen Völker aus den Bergwerken im I'ardpamisos, dem Gebirge nörd- lich des heutigen Afghanistans; das Kupfer vermutblich aus Indien. Jedoch besassen die Aegypter auch eigene Kupfergruben auf der Sinai-Halbinsel. Die altägyptische Cultur und Kunst wanderte über die Inseln des Aegäischen Meeres nach Griechenland. Der König Tuthmosis III., der in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts vor Christi Geburt in Aegypten regierte, rülnnt sich auf Inschriften, die Könige der „Kefti" und die Inseln des Aegäischen Meeres unterworfen zu haben; Bildwerke stellen diese „Kefti" dar, wie sie als Tribut dem ägyptischen Könige Goldgefässe darbringen, welche den Mykenischen Goldgefässen durchaus gleichen. Die „Kefti" waren die Völker, welche damals Griechenland bewohnten. Es konnut hinzu, dass mykeniscbe Thon- gefässe neuerdings in Aegypten in Gräbern der 18. Dy- nastie, das ist aus dem 15 Jahrhundert vor Christi Ge- burt, gefunden wurden. Endlich fügte es ein besonders glücklicher Zufall, dass Scbliemann aus den Königsgräbern der Burg von Mykenae drei Stücke ägyi)tischer Gefässe ausgegraben hat, versehen mit Inschriften, die alle drei fibcreinstinnnend den altägyptischen König Amenojihis III. und seine (xemablin Ti nennen; dieser König regierte in Aegypten vierzig Jahre lang in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts vor Christi Geburt. Die Königsgiäber am Löwenthore von Mykenae gehören der griechischen prae- historischen Zeit an, die nun durch die ermöglichte Ver- gleicbung mit der altägyptiseben Historie gewissermaassen in die historische Zeit einrückt. Die Bronze- und Gold- sacben, welche Scbliemann in Mykenae, Tiryns und Troja entdeckte, zeigen in ihren geometrischen Ornamenten und ihren Formen, auch in der Art ihrer technischen Bear- beitung vielfache Verwandtschaft mit den Grabfunden der älteren praehistoriscben Metallzeit des nördlichen Europas. Es kann wohl kein Zweifel darüber besteben, dass die schönornamentirten Bronzesachen und besonders die auf das feinste getriebenen Gefässe und Schmuckgegen- stände aus Goldblech, wie sie in den Gräl)ern des nörd- lichen Europas bis nach Skandinavien hinauf gefunden werden, als kostbare Importwaaren aus dem Süden, aus den Mittelmeerländern und aus Vorderasien, eingeführt wurden. Da die Völker Europas ursprünglich aus dem Südosten einwanderten, so ist es natürlich, dass sie auch stets Handelsbeziehungen zu den Ländern ihrer einstigen Heiniath unterhielten. üeber die Nephrit- und Jadeit-Frage ist viel ge- schrieben worden; die ältere Annahme dürfte Recht be- halten, dass diese kostbaren Waffen, Messer und Beile aus Nephrit und Jadeit als Im])ortwaare aus dem inneren Asien, wo beide Gesteiue reichlich vorkommen und noch heute verarbeitet werden, in die neolitbischen Wohnstätten des europäischen Menschen auf alten Haudelswegen ein- geführt wurden. Noch sicherer kennen wir die alten Handelswege des Bernsteins, der zuerst in der jüngeren Steinzeit, reich- licher in der Metallzeit als Sehmuck in ganz Europa und in den Mittelnieerländern bekannt war. Der Bernstein stammt von der Ostseeküste und wanderte einerseits durch Russland in die Kankasusländer und nach Asien hinein, andererseits durch Ungarn nach der Adria, später auch durch Germanien und Gallien nach Massilia. Wie auf diesen alten Haudelswegen auch Schätze umgekehrt vom Süden nach dem Norden gebracht wurden, zeigt der grosse Goldfund von Vettersfelde bei Guben in der Mark 76 Naturwissciischaltliclie VVochenschrilt. XII. Nr. 7. I'.raiuk'nburg-, diese vollständiiie Praclitausriistuiii;- eines Iläuptliuys stammt aus dem 6. Jahrliuudert vor Christi Geburt und weist ihrer Kunst nach auf eine Herkunft aus der Gegend des Schwarzen Meeres von den pon- tischen Skytlien. So weisen also alle Fäden auf einen innigen Zu- sannneniiang der Völker Europas und der Mittelmeer- länder sowohl zu den praehistorischen als zu den ältesten historischen Zeiten. Wir finden dieselben Steinwaffen und Steinmesser mit der Hand zugeschlagen in der palaeolitischen Periode von Nordeuropa wie im nördlichen Afrika; dieselben schön geschliffenen Steinwerkzeuge zur neoiitliischen Zeit; wir finden den Ursprung der Metallbereitung in Vorder- asien und die allmähliche Ausbreitung des Kupfers, der Bronze, endlich des Eisens in Fdrnien, welche eine ge- meinsame Herkunft und Handelsbeziehungen sowohl nach den Mittelmeerländern als nach dem fernen Norden be- weisen. Zu diesen Funden und directen Beobachtungen fügt die vergleichende Sprachwissenschaft ihre llesultate: die drei grossen Noachischen Völkerfamilien, die Hamiten, die Semiten und die Japhetitcn {= Indogermancnl, die sich von Anfang an durch eine tiefere Bildungsfähigkeit auszeichneten und die ausschliesslichen Träger der Welt- geschichte wurden, sind wie ein neuer Völkerquell über die bereits vor ihnen auf der Erde verbreitete Menschheit aus einer gemeinsamen Heimath in Asien hervorgebrochen. Von ihnen verliess am frühesten seine asiatischen Ur- sitze der Haniitische Stamm, zu dem die Aegypter, die Libyschen Völker von Nord-Afrika, sowie die Aethiopicr, die Somal und Galla gehören. Danach zogen die Semiten aus und drängten durch Mesopotamien, Syrien und Arabien bis nach Aegypten. Am letzten wanderten die Indo- germanen aus ihrer iranischen Heimath : von ihnen wandten sich die arischen Völker nach Indien, die europäischen Indogermanen aber nahmen ihren Weg allmählich durch die Kaukasus-Länder nach dem südlichen Russland, von wo sie in verschiedenen AVellen längs der Donau hinauf einer- seits nach Italien, andererseits nach Deutschland gelangten. Als der kühne Massiliote Pytheas im Jahre 325 vor Christi Geburt seine Entdeckungsreise in das Nordmoer ausführte, fand er am Niederrhein neben den Kelten die Teutonen oder Germanen. Die jetzigen Namen der Flüsse und Gebirge am Rheine bis zum Harze, zum Thüringer Wald und zum Fichtelgebirge hin sind zumeist keltischen Ursprunges, so dass die Kelten lange Zeit bis zur Weser, die Germanen östlich des Harzes bis zur Weichsel, end- lich weiter östlich die Slavcn gesessen haben müssen. Alle diese von Asien nach Europa hineinwogenden Völker trafen auf ihren Wanderungen liereits auf ältere ansässige Stänmie, deren Sprachreste in Europa bei den Finnen, Basken und Albanesen sich erhalten haben. Die hamitischen Aegyiiter hatten dagegen aus dem Nilthale die Ncgerstännnc Afrikas verdrängt|; unmittelbar an die liamitischen rothcn Aethiopicr grenzten von je und grenzen noch jetzt süd(istlich die schwärzesten von allen Negern. Vernuithlieh befanden sich bei der Einwanderung der Ha- miten in Afrika die dort ansässigen Negervölker im prae- historischen Sinne im Cultin-zustande der älteren Stein- zeit. Die Indogermanen dagegen wanderten wahrschein- lich erst am Ende der jüngeren Steinzeit in Euiopa ein und brachten als wcrthvoUstes (Jcschenk das erste Metall, das Kupfer, mit aus ihrer asiatischen lleimath. Man hat vielfach versucht, für die ])raehistorischcn Zeiten des Menschen in Europa bestimmte Daten zu ge- winnen und die praehistorischen Perioden nach Jahr- hunderten oder Jahrtausenden anzugeben. Wir hal>en gesehen, dass wir an der Hand der ägyptischen Funde die Bronzezeit von Mykcnae l)is in das 15. Jahrhundert vor Christi Geburt hinauf fest bestimmen können. Weitere Berechnungen über die Dauer der Steinzeit oder über die Entstehungszeit der Pfahlbauten in den Schweizer Seen haben zu keinen sicheren Resultaten geführt; jedoch wird angenommen, die jüngere Steinzeit habe bis ca. 2000 vor Christi Geburt gereicht, eine Zeitangabe, die wohl im Hinblick auf die ägyptische Cultur, deren Blüthe bereits in der Mitte des 2. Jahrtausend liegt, zu kurz gegriffen und weiter hinausgeschoben werden muss. Andererseits sind von englischen Geologen Berech- nungen über die jüngste Erdgeschichte auf Grund geolo- gischer Thatsachen angestellt worden, die von verschie- denen Ausgangspunkten aus übereinstinunend zu dem Resultate gelangten, dass die jüngste Eiszeit in Europa nicht mehr als 6000 bis 7000 .Jahre, also 4000 bis 5000 Jahre vor Christi Geburt zurückliege. Wenn wir dieser Zeitangabe gegenüberhalten, dass die (Tcschichte Aegyptens an der Hand einer ununterbrochenen Reihe von Monu- menten bis zum 3. Jahrtausend und unter der Gewähr zuverlässiger Annalen l)is gegen 4000 vor Christi Geburt zurückzuverfolgen ist; wenn wir bedenken, dass das „alte Reich" der Aegypter eintrat in die Geschichte mit einer staunenswerthen Technik, mit einer ausgebildeten Sknl()tur und Jlalerci, mit einer geschäftigen Industrie, mit einem kunstreich vollendeten Schrift.system, so ist damit auch gesagt, dass wir im alten Aegypten des 3. und 4. Jahr- tausends vor Christi Geburt nicht mit den Anfängen der menschlichen Cultur, sondern mit den Resultaten einer langen Reihe von Jahrhunderten zu thun halten. Wir gelangen dadurch mit den Anfängen der ägyptischen Ge schichte in eine Periode hinauf, welche, geologisch ge- sprochen, in die Diluvialzeit und in die Eiszeit weit hin- einragt. Allerdings sind die Zahlen der ältesten ägyptischen Geschichte vor dem Jahre 3000 vor Christi Geburt eben- so unsicher wie die Angaben, dass die jüngste Eiszeit Europas in das 5. Jahrtausend vor Christi Geburt zu setzen ist. Indessen kommen wir auch auf einem anderen Wege der Ueberleguug ebenfalls zu dem Resultate, dass die älteste Cultur Aegyptens und Indiens bereits zu hoher Blüthe gelangt war, als in Europa noch ein nordisches, ein kaltes Klima herrschte. Die eigentliche Culturzone für den Menschen ist die gemässigte: in tropischem oder subtropischem Klima kann keine hohe menschliche Cultur wachsen oder fortbestehen. Wir waren bei unserer ersten Betrachtung zu dem Schlüsse gelangt, dass während der jüngsten Eiszeit und kurz nach derselben zur Rennthierzeit unsere Breiten in der kalten Zone lagen, während dementsprechend damals die gemässigte Zone bis über tlas Mittelmecr, also bis in das nördliche Afrika hinüberreichte. Auch Nord-Afrika und Aegypten haben ihre Stein- zeit gehabt: die Didmen und Steinwerkzeuge aus Marokko, Algier und Tunis stimmen mit den nordeuropäischen so sehr überein, dass wir hier wohl gleichzeitige Culturcn voraussetzen dürfen. Ist es nicht verständlich, dass die Völkerschaften, welche zu den ältesten praehistorischen Zeiten in dem gemässigten Klima des nördlichen Afrikas Sassen, weit rascher in ihrer Cultur fortschreiten konnten als diejenigen, welche in der kalten Zone Nord-Europas nach dem Eisbär und Polarfuchs jagten? Oder fragen wir umgekehrt: wie ist es gekommen, dass die hohe Cultur und Kunst der Aegypter, welche bereits ihre Inichste Blüthe und Macht im 14. Jahrhundert vor Christi Geburt unter Ranises dem Grossen erreichte, allmählich aus dem Süden der alten Welt verschwand, über das Mittclmeer nach Griechenland und nach Italien wanderte und endlich an den Norden von Europa abgegeben werden XII. Nr. 7. Natnrwisscnscliaf'tlichc WocbeDschnft. 77 nmssteV Es ist dies eine uiiaiit'lialtsaiue Waiulenuii;' der nicnscldicben Cultur und der Volkerherrscliaft von Süden nacii Norden gewesen, die sich innerhalb von vier Jahr- tausenden vollzogen bat. Die landläufige Ansicht von dem Werden, Blühen und Vergehen der verschiedenen Volker kann auf diesen Frocess der Auswanderung der Cultur von Süden nach Norden keine Anwendung finden. Wenn ein Volk wie die Aegypter wirklich durch eigene Schuld in sich selbst untergegangen wäre, warum sind nicht andere kräftigere Völker eingewandert, um die erschlafften Aegypter zu verdrängen und das fruchtbarste Land des Mittclmeeres zu besetzen? Warum sind germanisclie Völkerschaften, als sie während der Völkerwanderung im 5. Jahrhundert nach Christi Geburt bis in die südlichen Spitzen von Europa, bis in den Peloponnes, bis nach Süd-Italien, bis nach Spanien und hinül)er nach Nord-Afrika gelangt waren, in diesen südlichen Ländern alsbald wieder unter- gegangen, statt neue, lebenskräftige Reiche zu gründen? Dieser Rückzug der Cultur von Afrika bis in das nördliche Europa kann wohl im letzten Grunde nur er- klärt werden aus den klimatischen Verhältnissen, welche sich in den fünf bis sechs Jahrtausenden seit den An- fängen der ägyptischen Cultur andauernd zu Ungunsten von Nord-Afrika und der Mittelmeerländer und zu Gunsten von Nord-Europa verändert iiaben. Von der Eiszeit an bis jetzt hat die Wärme im nördlichen Europa ständig zugenommen; in demselben Maassc ist die mittlere Jahres- temperatur im südlichen p]uropa, in Acgypten und Vorder- asien gestiegen. Für diese Veränderungen im Klima der alten Welt können wir mannigfache Beweise aufUhren. Am empfindlichsten gegenüber dem Klima sind die Pflanzen; unter vielen mag hier ein Beispiel genügen. Die Weinrebe war bei uns am Mittelrhein vorhanden vor der Eiszeit: wir finden die Weinblätter und die Trauben- kerne zahlreich in den jüngsten tertiären Braunkohlen- lagern der Wetterau. Die Eiszeit verdrängte den Wein- sfock vollständig aus Europa, und mit der ganzen übrigen Flora jener Zeit wanderte damals der Weinstock nach dem südwestliehen Asien aus. Erst die älteste griechische Cnltur brachte den Weinstock aus Persieu und Klcinasien wieder nach Griechenland und nach dem südlichen Eu- ropa zurück. Bekanntlich wurde in Deutschland die Weinrebe erst von den Römern wieder angepflanzt, und zwar soll der Kaiser Prolins, der in den Jahren 27G bis 282 nach Christi Geburt regierte, die ersten Weinberge am Rhein angelegt haben. Im frühen Mittelalter hatte sich die Rcbencultur bis nach dem Norden Deutschlands verbreitet: die Ritter der Marienburg bepflanzten die Hügel am Weicbselufer mit Reben und kelterten wie die Kloster- brüder im ganzen nördlichen Europa bis nach Jütland und England ihren eigenen Wein. Wenn man hierfür die Schuld dem damaligen rauheren Geschmack des menschlichen Gaumens beimessen will, so stellt man die Diagnose auf der falschen Seite: es giebt zwar Menschen, die einen sauren Wein trinken mögen, aber es giebt keine Reben, die ein kaltes Klima vertragen. F'alls nian heute einen Weinberg in üstprcussen anlegen wollte, so würden die Reben im ersten Winter vollständig erfroren sein. Wir wissen vielmehr auch aus anderen Gründen, dass etwa um das Jahr lOUO nach Christi Geburt ein Maximum der mittleren Jahreswärme in Europa existirte, und seitdem das Klima sich wieder etwas verschlechtert hat. Es waren z. B. noch vor 800 Jahren viele Alpen- pässe gangbar, welche jetzt tief unter dem Firneis be- graben liegen; so bildete damals der Theodulpass am Matterhorn bei Zermatt einen eisfreien Uebergang aus dem Wallis nach Süden in das Aostathal hinüber. Daher begegnen wir in den Alpen nicht selten Namen, wie „die übergosscne Alm", und hören häufig von Sagen, die uns erzählen, dass reiche Alpmatten zur Strafe üljermüthiger Sennen von Gletschern überfluthet wurilen. Enthält doch die Sage stets einen realen Kern, nur das Märchen ent- springt der reinen Phantasie des Mensehen. Die grossen klimatischen Veränderungen haben in den Mittelmcerländcrn noch stärkere Spuren als bei uns hinterlassen. — Wenn man eine genaue Karte der lybiselien Wüste und der Sahara betrachtet, so sieht mau diese jetzt völlig regenlosen Gebiete durchzogen von ebenso zahlreichen, wie tiefeingeschnittenen und verzweigten Flussthälern; niemals fliesst jetzt ein Tropfen Wasser durch diese gänzlich ausgetrocketen Wadis, welche häufig von den Karawanen als leitende Wege durch die Wüste benutzt werden. Diese grossen Flussthäler der Wüsten von Arabien, Syrien und Nord-Afrika können nur zu einer Zeit entstanden sein, wo es noch in diesen Land- strecken regnete, und das kann wiederum aus geologischen Gründen nur die diluviale Zeit gewesen sein, als Europa zum grossen Theil von Schnee und Eis bedeckt war: also, praehistorisch gesprochen, während der älteren Steinzeit, als der Mensch zuerst in Europa erschienen war. — Die Halbinsel Sinai ist jetzt ein so ödes Felsen- gebirge, dass auf ihrer 450 TU Meilen weiten Fläche nur etwa 4000 Beduinen wohnen und dabei oft genug unter einander in Hader liegen wegen der wenigen Weideplätze und der spärlichen Wasserquellen. In einem Lande nun, das jetzt eine Wüste ist, soll sich ehemals das ganze Volk Israel Jahre lang aufgehalten haben? In wenigen Tagen hätte ein so zahlreiches Vcdk das Wasser der ganzen heutigen Sinaihalbinsel ausgeschöpft, alle Vege- tation mit ihren Herden abgeweidet und damit jedes weitere Lebensmittel aufgezehrt, selbst wenn gar keine heimische Bevölkerung vorhanden gewesen wäre. Der Sinai nmss damals in allen seinen Thälern eine frucht- bare Alpenlandschaft gewesen sein, die Berge mit Alp- matten bedeckt — darauf weist die einstige kräftige Thalerosion hin, und es beweisen die Spuren der Eiszeit in dem ganzen Sinai-Gebirge. Ebenso beweisen die grossen Ruinenstätten, die noch heute von einstiger Pracht zeugen, die Felsenstadt Petra in dem jetzt völlig wüsten peträischen Arabien und Palmyra, mitten in der syrischen Wüste gelegen, den Wechsel des Klimas in historischen Zeiten. Die Um- gebung des Todten Meeres, jetzt eine Wüste, war noch während der Postglacialzeit ein fruchtbares Uferland*), auf welchem sich die älteste bis jetzt bekannte mensch- liche Cultur im Jordan-Gebiete mit den durch ein Erd- beben zerstörten Städten Sodom und Gomorrha ausbreitete. Auch nördlich des Mittelländischen Meeres ist das Klima seit dem Alterthum wesentlich trockener geworden; dafür haben wir Zeugniss vor Allem aus Griechenland. — Plato erzählt in einem seiner Dialoge, wie Sokrates mit seinem jungen Freunde Phaedrus vor die Mauern der Stadt Athen ging, wie sie dort an den Ilissos kamen, ihre Füsse in seinem Wasser netzten, und wie sie sich dann am Ufer des Flusses im Schatten einer hoben Pla- tane lagerten; jetzt kann man nicht mehr von dem reinen und durchsichtigen Wasser des Ilissos sprechen, wie es Sokrates that, da jetzt das steinigte Flnssbett selten einen Tropfen Wasser an der Stadt Athen vorüberführt. Attika ist jetzt zum grossen Theil eine trockene, öde Felslaud- schaft; von Anfang April bis Ende September regnet es in der Regel in Attika niemals; auch im Winter sind die Niederschläge gering, kaum genügend, um in einigen Thalniederungen spärlich bewachsene Kornfelder zu er- nähren. Das war zur Blüthezeit Athens anders: Attika *) Yergl. Naturw. Wochenschr. Bd. XI S. 420. — Red. 78 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. XII. Nr. 7 war stark l)e\(jlkcrt und i;ut angcl)aut; in den iiilesten Gegenden des südiicheu Attikas, wo jetzt meilenweit kein Haus zu sehen ist, findet man üherall die Ruinen antiker Dörfer, antike .Strassen und Grabstätten; an den Berg- gehängen verfallene Terrassen, die einst den Oelbaum und den Weinstock trugen. Und blicken wir noch weiter zurück in die Urgeschichte Griechenlands, so war ur- sprünglich dieses Land bis in seine südlichsten Spitzen von Wald bedeckt, als die Hellenen aus Asien in Griechen- land einwanderten: der Baum- und Waldcultus der Ur- einwohner hat sich in der Verehrung der griechischen Waldgöttcr erhalten, und Zeus trat ein für den Waldgott, dessen Rede in dem Rauschen der heiligen Eichbäume von Dodona vernommen wurde. Eine vielleicht noch ältere Zeit giebt sich kund in dem Höhlencultus, zu welchem das Orakel von Delphi zu rechneu ist. Wir werden hier an die Ureinwohner Europas, die in Höhleu wohnten, erinnert und an den Baumcultus der alten Ger- manen, dessen letzter Rest in dem Vehmgerichte, das in Westphalcn unter einem heiligen Lindenbaume tagte, noch vor nicht langer Zeit in Deutschland erloschen ist. Zur Blüthezeit griechischer Cultur war der Wald aus Griechenland bereits so weit verschwunden, dass Haine gepflanzt wurden au den Quellen, damit sie nicht ver- siegten, und dass mit hoher Busse derjenige gestraft wurde, der diese Quellenhaine beschädigte. Schon Plato klagt darüber, dass der breite Rücken des Hymettos kahl geworden sei, während er in früheren Zeiten Wald ge- tragen habe. Statt der Wald bäume waren die aus Asien stammenden Frnchtbäume, der Oelbaum, Feigcnl)aum und der Weinstock auf griechischen Boden verpflanzt worden; sogar die Cyprcssc, ein Baum, der uns so charakteristisch erscheint für die südlichen Länder Europas, ist nachweis- lich aus Syrien nach Griechenland iniportirt worden und gedeiht jetzt in noch weiter nach Norden liegenden Theilen Europas*). Die berühmten Spiele, welche während eines Zeit- raumes von lOOÜ Jahren in Olympia zu Ehren des Zeus gefeiert wurden, fanden zur Zeit des ersten Vollmondes nach der Sommersonnenwende statt, also im heissesteu Monat des Jahres, im Juli. Jetzt herrscht iu Olympia im Monate Juli, wie ich selbst gemessen habe, im Schatten eine Temperatur von über 40** und in der Sonne von 50 — 60" C. Der Wcttlauf im offenen Stadion war in Olympia der wesentlichste und urs|n-ünglichste Bcstandtheil der Fest- spiele gewesen ; es ist völlig undenkbar, dass die griechischen Jünglinge in einem Sonnenbrande, wie er jetzt im Stadion zu Olynipia hcrrsciit, um die Wette laufen konnten, und dass die 'Pausende von Zuschauern auf den unliedeckten Sitzreihen 'J'agc lang gesessen haben sollen, direct den alles versengenden Sonnenstrahlen ausgesetzt. Es muss da- mals kühler als jetzt in Olympia gewesen sein. So spricht ein jeder Vergleich, den wir über die Nachrichten aus dem alten Griechenland und über die jetzigen Zustände in Griechenland anstellen, zu Ungunsten des heutigen Klimas in diesem Lande; auch in den übrigen Ländern des Orients ist das Klima fortdauernd licisser und trockener, ungesunder und erschlaffender für den Menschen geworden. Die einst mächtigen Völker von Babylon und von Persien waren bereits im 4. Jahr- hundert vor Christi Geburt so entkräftet, dass Alexander der Grosse mit seinen Maccdoniern bis an die Grenzen von Indien Alles niederwerfen konnte. Das alte Reich der Egypter wurde unterjocht von einigen Legionen römischer Soldaten. Die Weltherrschaft Roms wurde nicht von Süden her, nicht von dem völkerrcichen Asien, sondern vom Norden, von den kraftvollen (iermanen zertrümmert. *) Vergl. Naturw. Wocliunscl.r. Bd. V (IS'JÜ) S. 272. — KihI. Als die Cimbern und Teutonen zum ersten Male im Jahre 113 vor Christi Geburt an der Xordgrenze von Italien erschienen, sahen die erstaunten römischen Sol- daten, wie die al)gehärteten Deutsehen voller Lust ihre nackten Leiber im Schnee der Alpen wälzten — ein be- deutsames Zeichen dafür, dass der Schnee und das Eis des Nordens die glühende .Sonne des .Südens besiegen würden. Der Norden Europas war zum grossen Theil unter einermächtigeu Eisdecke erstarrt, als die praehistorische Zeit für unseren Continent mit der Einwanderung des ersten Menschen begann; wähi-end der 5 bis 6 Jahrtausende, in denen die .Steinzeit, die ])raeliistoriselie Metallzeit und die geschichtliche Zeit sich im nördlichen Europa ab- spielten, wurde das Klima der alten Welt ganz allmäh- lich immer wärmer, bis der Höhepunkt der Erwärn\ung Europas am Ende des 1. Jahrtausends nach Christi Ge- burt erreicht worden zu sein scheint. Als hier in unseren Gegenden zur Eiszeit eine mittlere Jahrestem])eratur von 0" statt wie jetzt von lü" herrschte, war die Folge dieser nordeuropäischen Kälte ein ge- mässigtes Klima mit Sonnnerregen in den Mittelmecr- ländern und im südwestlichen Asien; dort konnte sich die menschliche Cultur rascher und reicher entwickeln als in dem kalten Norden. Daher brachten die aus Asien nach Europa nach und nach einwandernden A'ölker innner höhei'c Cnlturerzeugnisse mit und lehrten den .Stein- nienschen Nord- Europas vor Allem die Bearbeitung der Metalle; zuerst lernte der Mensch unter den iMetallcn der Erde das Kupfer kennen, dann setzte er die Bronze zu- sammen, endlich wusste er auch das schweissbare Eisen zu schmieden. Wenn wir absehen von den alten Culturreichcn in Mesopotamien, Persien und Indien, die vermuthlich die ältesten waren, so gelangte in den westlichen Theilen der alten Welt Egypten zuerst auf den Gipfel höchster Culturblüthe; Egypten gab seine Cultur und Kunst nach Norden an (4riechenlaud ab: die archaischen .Statuen von der Insel Naxos und aus dem Perserschutte auf der Akropolis von Athen tragen noch die realistische, aber gebundene Form der ägj'jitischen .Steinbider an sich; ebenso hat sich die Architektur der griechischen Tempel aus der .Säulenordnung egyptischer Tempel entwickelt. Kaum ein Jahrtausend hatte die griechische Culturepoche gedauert, als Rom zur Weltherrschaft berufen wurde. Inniier weiter nach Norden wich die geistige und körper- liche Kraft der Völker zurück: wie das Renntliier und der Polaifuchs aus Deutschland nach den kalten skandi- navischen (iebirgen und nach Island sich zurückgezogen hai)en, so verdrängte die zunehmende Wärme die mensch- liche Cultur aus dem Süden und überliess die Weltherr- schaft den Völkern der jetzigen nördlichen gemässigten Zone Europas. Eine Handvoll Engländer hält die BuO Millionen Einwohner Indiens fest im Zügel und bändigte den Aufstand Arabi Pascha's in Egypten. .Unerträglich heisse .Sonnner Hessen die Kraft der alten Culturvölker des Südens erschlaffen, sie wirken lähmend auf alle Beschäftigungen des Menschen und stumpfen seine geistigen Fähigkeiten ab. Dcshall) nmss selbst der kräf- tigste Eurojiäer, wenn er einige Jahre im Orient, in Egypten oder in Indien zugebracht hat, zurückkehren in die nordische Heiniath und hier Kiirper und {xcist wieder erfrischen, wenn er nicht in die Ai)athie des Orientalen verfallen will. Darum wollen wir uns unseres regen- reichen, gemässigten .Sonnners und unseres kalten Winters erfreuen; denn wir stannnen aus der Eiszeit, und .Schnee und Eis, das sind die Elemente, aus welchen wir wie aus einem unerschöpflichen Borne jedes Jahr unsere körperlichen und geistigen Kräfte erneuern. XII. Nr. 1. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 79 Ziele 1111(1 Methoden einer Rassenknnde in der Schweiz. Unter diesem Titel hat Dr. Rudolf Martin, Doeent der Anthropologie an der Universität und an dem eid.i;enössischen Polytechnikum in Zürich, einen Aufsatz im „Schweiz. Archiv für Volkskunde" Bd. 1, Heft 1 er- scheinen lassen, von dem uns ein .Separatabdruck (Zürich, E. Cotti 1896) vorliegt. Der Verfasser führt an, dass zwar ein erhebliches Material über die schweizerische Be- völkeruns' durch Kollmanu, Virchow, Studer, Bannwarth an den Tag gefördert wurde, dass es jedoch inuuer noch an einer methodisch durchgeführten mor- phologischen Analyse fehle. Bedot, Lorenz (und Chaluoieau, fügt der Berichterstatter hinzu) haben die Rekrutierungstabellen mit Nutzen zum Studium anthropologisclier Fragen verwendet, aber der Verfasser glaubt, dass die Untersuchungen der Militärpflichtigen an dem üebelstande leiden, dass die jungen Männer im Alter von 20 Jahren noch nicht vollständig ausgewachsen sind, und er wünscht daher, dass Messungen an aus- gewachsenen Individuen der verschiedenen Thalschaften durch freiwillige Forscher vorgenommen werden möchten. Was er anstrebt, ist nach seinen eigenen Worten „eine Statistik der lokalen Rassenfoimen, d. h. die Feststellung aller in der Schweiz vorkommenden, wohl charakterisirten anthropologischen Typen. Erst wenu diese Untersuchung über den grössten Thcil des Landes durchgeführt sein wird, werden wir im Stande sein, zu entscheiden, weiche Typen reine Varietäten, welche Mischformen darstellen, in welchen verwandtschaftlichen Beziehungen sie unter einander und zu den Typen der benachbarten Länder stehen und wie w'eit die geographische Verbreitung der einzelnen Formen sich erstreckt." Die Bemühungen des Verfassers, eine anthropologische Statistik der Schweiz ins Werk zu setzen, können nur aufs wärmste anerkannt und befürwortet werden. Auf alle Fälle wird etwas bei dem Unternehmen herauskommen, was mau vorher nicht gewusst hat; ob man gerade „Rassentypen" finden wird, mag dahingestellt bleiben. Die Untersuchungen der Wehrpflichtigen in Baden, welche in den Jahren 1886 bis 1894 durchgeführt wurdeu und über die ein ab- schliessender Bericht .sich in Arbeit befindet, haben das Ergebuiss geliefert, dass es Rassentypen überhaupt nicht mehr giebt, und dass die von verschiedenen Seiten her- konmicndeu einzelnen Rasseumerkmale in der heutigen Bevölkerung auf die wunderlichste Weise durcheinander gemischt sind, was durch das Spiel der Kreuzung und Vererbung erklärlieh wird. Ob es iu der Schweiz anders ist, kann nur die Vornahme der Untersuchung selbst lehren. Die Thatsache, dass die 20jährigen Wehrpflichtigen noch nicht ganz ausgewachsen sind, wurde in liaden bestätigt, aber dafür bietet die Vornahme der anthropo- logischen Untersuchungen bei Gelegenheit des Ersatz- geschäftes sehr grosse sonstige Vortlieile. Sie beugt jeder Willkür in der Auswahl der Individuen vor, wobei sonst leicht eine „unbewusste Auslese" des Beobachters mit- spielt, namentlich wenn bestimmte Ziele der Untersuchung sciion zum Voraus gegeben sind. Bei der ^Musterung stellt .sich eine volle gleichaltrige Jaliresschicht der Be- völkerung, daher die hier gewonnenen Ergebnisse verall- gemeinert werden dürfen. Chalumeau hat bereits mit Erfolg gezeigt, wie schon die spärlichen officiellen Er- hebungen beim Ersatzgeschäft nutzbar gemacht werden kihmen; wieviel ergiebiger sie sind, wenn speciellc anthropologische Erhebungen hinzukonnneu, werden die Ergebnisse in 15aden ausweisen. Was die in Martins Formular voi-geschlagenen Messungen betrifft, so könnten dieselben allerdings mit dem Musterungsgescliäft unmöglich alle erledigt werden. Mehrere derselben dürften aber auch für das, was angestrebt wird, wenig Werth haben. Z. B. ist die Höhe des Kinns über dem Boden ein von der Kopfstellung so abhängiges Maass, und es ist der Kinnpunkt selbst wegen der Weichtheile so unbestimmt, dass in der raschen Arbeit der Praxis bei solchen Massen- untersuchungen nicht viel herauskommen kann. Die Höhe der rechten Schulter, des Ellbogengeleuks, des Griffelfortsatzes und der Mittelfingerspitze sind ebenfalls unsichere Maasse, und es ist ausser Acht gelassen, dass bei den wenigsten Menschen beide Schultern gleich hoch über dem Boden stehen; meist ist die rechte 1 bis 3 em. tiefer, manchmal aber ist dieselbe höher als die linke. Diese Maasse dürften kaum bedeutende Ergebnisse liefern. Dagegen würde sich empfehlen, mit dem Tasterzirkel die Trochanter- und Orista Ijreite zu ermitteln (was ohne Entkleidung geschehen kann); dies sind w^eit mehr her- vorstechende Rasseumerkmale als die Beckenhöhe, welche aus dem Formular doch nur ungenau zu berechneu ist und wenig Chiirakteristisches bietet. Sehr zu loben ist die Nachfrage nach der Abstammung eines jeden Indi- viduums bis in die Generation der Grosseltern hinein und womöglich noch weiter. Dagegen haben wir auffalleuder- weise die Frage nach der Augen-, Haar- und Hautfarbe in dein Formular vermisst. Ausser dem lebenden Material will der Verfasser mit Recht auch das todte aus den Beinhäusern heranziehen. Mögen seine Bemiüiuugen dahin führen, eine Anzahl Männer zur methodischen Vor- nahme der anthropologischen Untersuchungen in der Schweiz (und desgleichen iu Deutschland!) zu vereinigen. 0. A. M. Verworn, Unter snchiuigen über die polare Er- regnng der lebeiidigeu Substanz durch den constanteii Strom. — III. Mittheilung. Pflüger's Archiv für die ges. Phys, Bd. 62, 1896. Verfasser hat an verschiedenen Rhizopoden des rothen Meeres (Orbitolites eomplanatus, Amphi- stegina Lessoni, Peneroplis pertusus, Rhizo- plasnia Kaiseri, welche gleichzeitig als neue Gattung und Art bescliriebeu wird, sowie Gromia Dujardini, und an einigen lufusorienarten Studien über die polaren Wirkungen des constanten Stromes augestellt und ge- funden, dass die einzelnen Arten in ihrem Verhalten gegen den constanten Strom wesentlich von einauder abweichen. Während nämlich das Protoplasma von Orbitolithes, und fast ebenso von Amphistegina sowie Peneroplis, an der Anode sowohl wie an der Kathode coutractorisch erregt wird und zwar an der Anode bedeutend stärker, als an der Kathode, wird Rhizoplasma bei der Schliessung an der Anode eontractorisch, an der Kathode aber expansorisch, bei der Oetfnung dagegen umgekehrt an der Anode garnicht (oder nur schwach expansorisch), an der Kathode aber schwach eontractorisch erregt. Actinosphaerium, das bekannte Sonnenthierchen umseres Süsswassers, wird ebenso wie Orbitolithes bei der Schliessung des Stromes an beiden Polen eontractorisch erregt, ])ei der Oefl'nung dagegen nur an der Kathode. Von Protozoenarten, welche bei der Schliessung nur an einem Pol erregt werden, ist einerseits für die Anode Actinophrys, Polystomella, Aiuoeba und Ae- thalium, andererseits für die Kathode Gromia Du- jardini zu nennen. Verfasser giebt die bisher ge- wonnenen Erfahrungen über die ])olare Erregung der ver- schiedenen Rhizopodenzellen durch den constanten Strom in einer übersichtlichen Tabelle und diese Uebersicht zeigt deutlich, wie ungemein verschieden sich die mannigfachen Formen der lebendigen Substanz gegen den constanten Strom verhalten und wie falsch es wäre, für alle lebendige Substanz ein allgemeingültiges Gesetz der polaren Er- regung aufzustellen. Jlan findet hier bei manchen Formen 80 Naturwissenschaftliche Woclienschrift. XII. Nr. 7. eine contractorische Erregung, wo bei auderen iceine Spur einer solchen vorhanden ist. Bei den Infusorien wird, wie Verfasser auch schon in seinen früheren Arbeiten nachgewiesen hat, durch con- tractorische Erregungen an einem Pole eine Galvano- tropismus der Infusorien nach dem entgegengesetzten l'ole hin veranlasst. Die Infusoiicn sammeln sich, wenn der Strom eine kurze Zeit das sie cntlialtende Wasser dnrchstrrmit, au dem enigegengesetzten Pole an, z. B. die im Darm der Eiösche lebende Dpaliua an der Anode, l'aramaecium dagegen an der Kathode. Denn auch hier giebt es Formen, welche bei Schliessung des Stromes nur an der Anode (Amoeba, l'aramaecium). Formen, welche nur an der Kathode (Opalina und einige Flagellaten) und schliesslich Furnien, die au beiden Polen contractorisch erregt werden. Entsprechend den drei verschiedenen Tj'pen derLocalisation dieser contractorischen Schliessungs- erregung kann man auch drei verschiedene Typen des Galvanotropismus unterscheiden. Zwei dieser Typen, den kathodischen und anodischen, hat Verfasser schon früher behandelt und durch seine Versuche direct bewiesen, dass der erste auf eine contractorische Erregung an der Anode, der letztere auf eine ^contractorische Erregung an der Kathode zurückzuführen ist. Verfasser fügt nun diesen beiden Formen noch eine dritte hinzu, den transversalen Galvanotropismus, der auf einer contractorischen Erregung beider Pole l)eruht. Verfasser fand ihn bei dem in unserem Süsswasser öfters massenhaft auftretenden Spi ro- stomum ambiguuni, die sich in den Wasserkästchen kurze Zeit nach der Schliessung mit ihrer Längsachse senkrecht zur Stromesrichtung einstellen. Die Locomotion beschränkt sich alsdann auf kurze Progressivbewegungen und auf winzige Drehungen und Krümmungen des Körpers. Das Vorderende der Thiere kann sowohl nach der einen, wie nach der anderen Seite gerichtet sein. Dass es sich hier um eine contractorische Erregung beider Pole des Zellkörpers handelt, beweist der körnige Zerfall, der bei Spirostomum an der Anode sowohl wie an der Kathode eintritt, wenn man durch ein Spirostomum iilötzlicli einen sehr starken Strom hindurchschickt. R. Wetter-Uebersiclit. Januar. — Obwohl das Jahr 1S'.)7 in ganz Deutschland mit Regen und mehreren Wärmegraden begonnen hat, gestaltete sich doch der ver- gangene Januar zu einem ziemlich kalten, dabei aber ungewöhnlich trüben Wintermonat aus. Nachdem schon am 3. Januar Frostwetter eingetreten war, wurde in Nord- deutschland nach der nachstehenden Temperaturdarstellung nur nocli in den Tagen vom 13. bis 19. und vom 26. bis 28. der (lefner]»unkt überschritten. Indessen war auch die Kälte in den dazwischen liegenden Zeiten nicht über- mässig streng; nur zwischen dem 8. und 11. gingen die Tenii)eratnren im Durchschnitt der nordöstlichen Stationen unter — 10", zu Königsberg bis auf — 19, zu Mcmel bis auf — 18" C. herab. In Süddeutschland waren die Zeit- abschnitte mit dauerndem Frost kürzer als im Norden und blieb daher auch die mittlere Temperatur des ganzen Monats kaum um einen halljcn Grad, in den nordöst- lichen Landestheilen hingegen um volle 2, in den nord- westlichen sogar um 2V2 Grade hinter dem vicljährigen Januarmittel zurück. Dass die Temperatur im Laufe des Tages sich meistens nur um 1 bis 2 Grade über diejenige von 8 Uhr Morgens erhob, wurde durch die während des grösstcn Theiles des Monats über Deutschland lagernde Wolken- decke verursacht, durch welche die Sonnenstrahlen nicht hindurchzudringen vermochten. In Berlin kam beispiels- weise die Sonne nur an 7 Januartagen ül)erbaupt zum JNford roest d euts efilan d. l3a-.o3r 6. 11. 16. 31. 2B. i1. C. Kordostdeuteetiland. „1.3anuar 6. 11. 16. i^. 36. 31 „ %^'\ I 1 M ! ( 1 1 M ^ : I 1^.„,.<>- ^.t XJ^. ^ iMillel: " Vorschein und während des ganzen Monats gab es dort nicht mehr als 14 Stunden mit Sonnenschein, während der ebenfalls recht trübe December 1896 doch wenigstens 25 solcher Stunden, der vorjährige Januar deren 28 auf- zuweisen hatte. Fast ebenso sehr wie an Sonnenschein, hat es Deutsch- land im vergangenen Monat auch an Niederschlägen ge- fehlt. Zwar kamen an seinen meisten Tagen, besonders nordöstlich der Elbe, zahlreiche Schneefälle vor; dieselben lieferten jedoch, wie die beistehende Zeichnung er- kennen lässt, während der grösseren Hälfte des Januar immer nur ausserordentlich geringe Erträge. Ihre Sunnne, welche sich für den Durchschnitt aller Stationen zu 1J?3T1. 6. 11. 16. 11 _7i, 31. JWordwGSten t laift B II. ife. ii. n. , 31 1 1 rmj ! 1 1 1 1 1 I ' ITT fl. Kordos^en ostlict) du Elbe.) ijtg 1.3an. B. n. % 3K 56. 31. f '' . (südlicl; vom Ma>n.) ' | I i ! i • i Januar 1897 96 gyiiyz • (■r ~ ■ ' 60- XII. Nr. 7. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 81 2(5,!) Millinieteni berechnet, wird tlaiicr von den Nieder- schlägen aller Jannarnionate in den letzten Jahren iiber- troffen, von denjenigen des Jannar 1892 und 1895 um mehr als das Üopiielte. Verhältnissniässig- am g-rössten war die Niederschlagshöhe des vergangenen Monats im norddeutschen Binnenlande, wo sie z. B. in Kassel 55, in Berlin 45 Millimeter betrug, wogegen Kiel und Borkum nur II Millimeter Niederschlag hatten. Einer nordischen Barometei-depression, welche am Neujahrstage mit warmen, aber dampfgesättigten West- winden an uns vorüberzog, folgte von Sudwest her ein Maximum nach und brachte Norddeutschland einige ruhige, aber sehr feuchte, nebelige Tage, während im Süden schon am 2. Januar der Himmel sich aufzuklären und die Temperatur daher rasch zu sinken begann. Als dann am 6. bei Irland ein tiefes Minimum erschien, das einige Tage später in Spanien und England unheilvolle Ceber- schwemmungen anrichtete, traten in Norddeutschlaud sehr scharfe Ostwinde auf und bewirkten hier weitere Ab- kühlung, welche in Süddeutschland bereits nachlicss. In den nordöstlichen Landestheilen trug zur Verstärkung der Kälte noch die Ausstrahlung und die Scheidung der Luft vom warmen Erdinneren durch die Schneedecke wesent- lich bei. Im Westen, wo eine solche in den meisten Gegenden gänzlich fehlte, blieb der Frost zwar gelinde, desto grösser war jedoch die Gefahr, dass er tief in die Erde eindringen möchte, bis nach den Schneefällen vom 9. Januar auch dort etwas Schnee liegen blieb. Während die südwestliche Depression nur äusserst langsam südostwärts fortschritt und dabei ungewöhnlich grosse Regenmengen über Südfrankreich ergoss, welche vom 14. )»is 17. zu Perpignan 200 Millimeter Itetrugeu, drangen mehrere flache Theilminima von Oberitalien nach Deutsehland vor. Hier stellte sich daher gegen Mitte des Monats feuchtes Thauwetter ein, welches im Süden bei starkem Nebel längere Zeit anhielt, wogegen in Nord- deutschland ein von Russland nach Schweden vordrin- gendes Barometermaxinium bald wieder abkühlende Ost- winde hervorrief. Das jedoch hier wie dort im ganzen Monat vorherrschende trübe, nasskalte Wetter machte sich durch zahlreiche rheumatische Lei emporzusteigen, verdampft, giebt seine Kälte ebenfalls an die ihm entgegenströmende Luft des inneren Rohres ab und tritt bei o als mehr oder minder reiner Sauerstoff ans. Der unschätzbare Werth der Lindc'schen Entdeckung liegt darin, dass sie der Zukunft eine Handhabe für die billige Gewinnung tcclmischrcinen Sauerstoffs bietet. Zur Belebung nach Narkosen, zum Eindicken von Oelen, zum Bleichen, in der Glas- und Metallindustrie erfreut sich der comprimirte Sauerstoff eines von Jahr zu Jahr zunehmenden Consums. Nach den Resultaten der vor- Fig. 2. genonnnenen Experimente vermag eine Pf'erdekraft 5 cbm Luft von Atmosphärendruck und gewöhnlicher Temjjeratur in dem Zeitraum einer Stunde in Stickstoft' und Sauerstoff zu zerlegen. Dr. A. Sp. Aus dem wissenschaftlichen Leben. Ernannt wurden : Der ausserordentliche Professor der Arziiei- niittellehro an der deutschen Universität Prag Dr. J u 1 i u s P o h 1 zum ordentlichen Professor und Director der LJnivcrsitäts- Anstalt für Arzneimittellehre; der Privatdocent der Arzneimittellehre in Leipzig Dr. Arthur Heffter zum Professor; der ordent- liche Professor der Anatomie an der thierärztlichen Hochschule in München Dr. liückert zum ordentlichen Professor an der dortigen Universität und 2. Conservator der anatomischen Staats- anstalt; Landmesser Neupert in Wiesbaden zum Assistenten an der hindwirthscliaftlichen Akademie in Poppeisdorf; Dr. Colatz zum Chefarzt der inneren Abtheilung des Stiftes zu Dessau; der Privatdocent der Chirurgie in Heidelberg Dr. Ma.\ Jordan zum Professor. Berufen wurden: Der ausserordentliche Professor der Mathe- matik in Berlin Dr. Schlesinger als ausserordentlicher Honorar- Professor nach Bonn; der ausserordentliche Professor der Mathe- matik in Bonn Dr. Study als ordentlicher Professor nach Greifswald; der ordentliche Professor der Chemie und Director des pharma- ceutischen Institutes in Erlangen Dr. Beckmann nach Leipzig. Es habilitirten sich: Dr. Rene du Bo is-Rey mo nd, Assi- stent an der physiologischen Univcrsitäts-Anstalt zu Berlin daselbst für Physiologie; Dr. Hans Rüge, Assistent an der Chariteklinik zu Berlin, daselbst für innere Medicin; Dr. ßorgeat aus Passau für Geologie und Mineralogie in München; Dr. Peters für Ge- burtshülfe und Gynäkologie in Wien; Dr. Ivarl Harries in Berlin für Chemie. Abgelehnt hat: der ordentliche Professor der Physiologie in Heidelberg Geh. Rath Dr. Kühne einen Ruf als Nachfolger Prof. du Bois-Reymonds nach Berlin. Esstarben: Der praktische Arzt Geh. Sanitätsrath Dr. Diestor- weg in Wiesbaden; der emeritirte Custos des k. k. natur- historischon Museums in Wien Alois Rogenhof er; der Pro- fessor der Experimenfal-Pathologie in Paris Dr. Straus; der ehemalige Professor der Forstwissenschaft in Tübingen Dr. Her- mann von Noordlingor zu Stuttgart; der Anthropologe und Sprachforscher Ho ratio Haie in Canada. Wissenschaftliche Abtheüung der Brüsseler Internationalen Ausstellung von 1897. ^ Die Brüsseler internationale Ausstellung von 18Lt7 wird eine wissenschaftliche Abthoilung (Section 5Ws) enthalten, welche ausschliesslich den reinen Wissenschaften vor- behalten bleibt. Alle merkantilischen oder industriellen Anwen- dungen sind vollständig ausgeschlossen. Die Herren Gelehrton werden höflichst ersucht, dort ihre Werke dem Publikum zu unterbreiten, sowie ihre erzielten Erfolge und ihre Methoden an- zudeuten, und zwar entweder durch die Ausstellung ihrer Instru- mente oder deren Photographien und Schemata oder auch dureli Vorlegen ihrer Bücher und Mittheilungen. Wir machen speciell darauf aufmerksam, dass es sehr nützlich wäre, kurze Notizen, sogar in Form von Aufschriften oder Etiketten, beizufügen, die dem Publicum die Methoden, die Resultate und deren NVichtig- keit leichter zu verstehen gäben. Wir stellen auch die dringende Bitte an die wissenschaftlichen Gesellschaften und Stiftungen, alle historisch-interessanten Documcnte und solche, welche die Wichtig- keit der Theilnahme jeder Gesellschaft an der Entwickelung der Wissenschaften beweisen, auszustellen. Es werden, so viel wie möglich, den Herren Gelehrten, welche währeiul der Dauer der Ausstellung ihre Experimente ein oder mehrere Male oder be- ständig öffentlich auszuführen wünschen, die nöthigen Leute und Apparate zur Verfügung gestellt. Vorträge über die ausgestellten Gegenstände, sowie über die grossen Entdeckungen der Wissen- schaft werden veranstaltet. Die Plätze für die wissenschaftliche Abtheilung werden unentgeltlich geliefert. Falls die ausgestellten Gegenstände und Ajiparate nielit zu gross sind, werden auch die nöthigen Schränke den Theilnehraern gratis zur Verfügung ge- stellt. Ohne die Verantwortlichkeit des durch den Transport oder die Manipulation der Aiiparato verursachten Schadens zu über- nehmen, wird sich das Bureau bestreben, geschulte Leute für den Dienst der Section anzustellen, so dass alle möglichen Vorsichts- maassregeln bei der Handhabung der Apparate getroffen werden. Die belgischen Eisenbahnen befördern die für die Ausstellung be- stimmten Sendungen unentgeltlich. Frachtveniiinderuiigen werden auch von den fremden Eisenbahnen gewährt. Die Eröffnung der Ausstellung wird am 24. April statttinden und der Schhiss spä- testens am 15. November erfolgen. Die wissenschaftliche Ab- XII. Nr. 7. NiiturwisseiischaCtlicbc WucüciiMclirirt. 83 theikins iK'stelit. aus 7 Klassen: Mathu matik und Steruk nndo; Physik und Meteorologie; Chemie; Geologie und Geo- grapiiie; Biologie; Anthropologie; Bibliographie. Der Rcgierungscommissar der wissenschaftlichen Abthoilung. Eug. van Overloop. L i 1 1 e r a t u r. Geh. Bath Prof. Wilhelm Foerster, Wissenschaftliche Erkennt- niss und sittliche Freiheit. — Sammlung von Vorträgen und Abhandlungen (4. Folge). Ferd. Dümmlcrs Verlagsbuchh. Berlin 189li. — Preis 4. M. ' Die unter dem Titel „Wissenschaftliche Erkenntniss und sitt- liche Freiheit" herausgegebenen Abhandlungen, als 4. Folge der seit 1876 herausgegebenen gediegenen Vorträge des Verfassers greifen über die früher eingehaltene Grenze weit hinaus, insofern als in dem vorliegenden Bande durch Aufsätze ethischen Inhalts auch die namentlich in den letzten Jahren jlusserlich hervor- getretene Neigung des Herrn Verfassers zur Beschäftigung mit socialen Fragen zum Ausdruck kommt. Die gebotenen 20 Auf- sätze sind in den Jahren 1890 bis 1895 entstanden, in deniMi die eifrige Thätigkeit des Verfassers in der angedeuteten Richtung sich entfaltet hat. So finden wir denn die Rede abgedruckt, die 189^ bei Begründung der Deutschen Gesollschaft für ethische Kultur ge- halten wurde, Aufsätze über die Anfänge eines neuen socialen Geistes (1894), über die Stellung der ethischen Bewegung zu den reli- giösen Bedürfnissen und Bewegungen (1894), über das neue Denken in der Frauenfrage u. s. w. Die Meln-zahl der Vorträge jedoch bowegtsichin den Bahnen der früheren o Theile, wie der über Denk- fehler (1891), über K. Ludw. Ilencke (1890), über die Erforschung der obersten Schichten der Atmosphäre (1891), über Ortszeit und Weltzeit (1890) u. a. ; sie führen in trett'lichster und verständlichster Weise in wichtige Gebiete ein und geben so dem naturwissen- schaftlich Interessirten Anregungen und bieten Belehrungen in der angenehmsten Form. Saccardo Sylloge Fungorum omnium hucusque cognitorum. Bearbeitet von P. Sydow. Bd. XU, pars 1. Verlag von Ge- brüder Borntraeger, Berlin. Dieser Band bringt ein Generalverzcichniss der Gattungen, Arten, Unterarten und Varietäten der in den Bänden 1 — 11 auf- geführten Pilze mit jedesmaliger Angabe des Autors, der Band- und Seitenzahl, des Substrates und Heimathlandes. Der Band zerfällt in vier Abtheilungen und zwar bringt Abtheilung 1 die aufpflanzen und Pflanzentheilen vorkommenden Pilze, Abtheilung 2 die Arten, welche auf Menschen, Thieren und thierischen Bestand- theilen auftreten, Abtheilung 3 die auf Excrementen und Abfall- stoft'en, Abtheilung 4 die auf Erde, Stein, Torf etc. vorkommenden Arten. Da die Bände 9, 10 und 1 1 des Sylloge nur Ergänzungen zu Band 1 — 8 enthalten, wird die Benutzung des Werkes sehr er- schwert. Mit Hilfe dieses Generalverzeichnisses ist es nun äusserst leicht, jede beliebige Art sofort aufzufinden. Zugleich weisen wir darauf hin, dass Pars II ein alphabetisch geordnetes Verzeichniss der Nährpflanzen der Pilze mit Angabe sämmtlicher bisher bekannten Pilzarten bringen wird. Eugen Netto, Vorlesungen Über Algebra. Erster Band. Mit eingedruckten Holzschnitten. Verlag von B. G. Teubner, Leipzig, 1896. Preis 12 Mk. Durch die tiefgehenden und fruchtbringenden Forschungen in dem Gebiete der Algebra ist das weit verbreitete Handbuch von Serret, welches bisher ilie beste Zusammenfassung dieses Gegenstandes bildete, überholt worden, und längst machte sieh ein Bedürfniss nach einer neueren Darstellung der luiheren Algebra geltend. In diesem Sinne sind die „Vorlesungen über Algebra", deren erster Band vorliegt, freudig zu begrüssen. Dieselben „sollen eine auf algebraische Methoden gegründete Einführung in die Untersuchungsgebiete liefern, welche den Hauptbereich der höheren Algebra bilden." Die Darstellung beginnt mit den elementarsten Theilen, setzt jedoch — was uns durchaus zweckmässig erscheint — die Kenntniss der Theorie der Determinanten und einiger Sätze aus den Elementen der Zahlentheorie voraus. In der That kann an ein erfolgreiches Studium der höheren Algebra erst nach Aneignung der Determinanten- und elementaren Zahlentheorie gedacht werden. Die Darstellung ist eine ungemein klare und durchsichtige, so dass man die Netto'schen Vorlosungen den Studirenden unbe- dingt empfehlen muss. Ausgeschlossen von der Behandlung hat der Herr Verfasser die algebraischen Formen und die Theorie der Invarianten, da für diese Gebiete treffliche Darstellungen existiren. Nachdem in einer Einleitung die complexen Grössen einge- führt und ihre Eigenschaften entwickelt worden sind, gelangen in dem ersten Abschnitt die ganzen Functionen und algebraischen Gleichungen zur Betrachtung. Der zweite Abschnitt handelt von der numerischen Auflösung der Gleichungen, und zwar in dem ersten Theile von der Trennung der Wurzeln, in dem zweiten von der näherungsweisen Berechnung derWurzeln. Den Gegenstand des dritten Abschnittes, zugleich des letzten des vorliegenden Bandes, bildet die algebraische Lösung der Gleichungen. Es ist natürlicli unmöglich, an dieser Stelle näher auf den reich geglie- derten Inhalt dieser Abschnitte einzugehen; bemerkt sei, dass der Darstellung zahlreiche Litteraturangaben beigefügt sind, und dass sich am Schluss des Bandes ein Namen- und Sachregister findet. In Anbetracht des bedeutenden Antheils, den der Herr Verfasser selbst an der neueren Entwickelung der Algebra genommen hat, braucht nicht noch besonders betont zu werden, dass auch manche eigenen Untersuchungen in den Vorlesungen Platz gefunden haben. Die Ausstattung ist von der Güte, die wir bei Werken der Teubner'schen Üfficin gewöhnt sind. G. Bibliographia physiologica 1895 und 1896, Keiiertoiro des travaux de |.)hysiologie de l'annee 1895 et 181((i classes d'apres la Classification tlecimale, par Gh. Riebet, professeur de physiologio k la Faculte de Medicine de Paris, avec la collaboratiou de MM. Athanasiu, J. Carvallo, Contejean et Dupuy. Paris. Felix Alcan. 1896. — Riebet hat das in der „Naturw. Wochenschr." kürzlich ausführlich besprochene System Dewey's bei der Anord- ining des Titels zu Grunde gelegt. Die Hefte (premier et deuxicmc fascicule) enthalten alle 1895 und 1896 erschienenen Publicationen und sind natürlich dem Fachmann ausserordentlich dienlich. Sehr zweckmässig ist, dass die Seiten nur einseitig bedruckt sind. Zeitschrift für tropische Landwirthschaft „Der Tropen- pflanzer". Herausgegeben von Dr. 0. Warijurg und Professor E. Wohltmann. Redaktion: G. Meinoeke in Berlin. Organ des Comites zur Einführung von Erzeugnissen aus deutschen Colonien. — Diesen Titel führt eine neue Zeitschrift, deren 1. Nummer des 1. Jahrganges uns voidiegt. Es ist das Bestreben der Zeitschrift, weitere Kreise mit der tropischen und subtropischen Landwirth- schaft, als einem der wichtigsten Factoren des modernen Wirth- schaftslebens, bekannt zu machen, und besonders auch für die vielen und häufig genug des heimathliehen Rückhaltes ent- behrenden landwirthschaftlichen Unternehmungen unserer Lands- leute im Auslande einen Mittelpunkt zu schatten. Dieses Pro- gramm wird in einem einleitenden Artikel näher entwickelt, darauf folgt der Beginn eines Artikels von Wohltmann, Der Cacaoanbau am Kamerungebirge. Ferner werden zahlreiche klei- nere Mittheilungen über Pflanzungs-Gesellschaften aus deutschen und fremden Colonien geboten, neue Litteratur besprochen (in vorliegendem Heft nur eine Arbeit Defert's über Erfahrungen über rationellen Kaft'eebau), ein Marktbericht gegeben und schliess- lich im „Sprechsaal" Anfragen beantwortet. Beschlossen wird der redactionelle Theil durch Mittheilungeu aus dem Halbjahr-Bericht 1896 dos genannten Comites. Bülow, Prem.-Lieut. a. D. F. J. v., Deutsch - Süd westafrika. Berlin. — 6 Mark. Ehlers, Otto, E., Samoa, die Perle der Siidsee. Berlin. — 3 M. Messtischblätter des preussischen Staates. 1985. Reppen. — 1987. Lagow — 1988. Liebenau. - 1989. Jordan.— 2055 Mühl- bock. — 2057. Stentsch. — 2122. Beutnitz. — 2260. Grünberg. (West ) - 2512. Büren. — 2785. Herscheid. - 2788. Schmallen- berg. — 2848. Drolshagen. — 2851. Wingeshausen. — 2912. Wield. — 2913. Eckenhagen. — 2974. Rnppichteroth. — 2976. Mors- bacb. — Berlin, a 1 Mark. Müller-Bertossa, Masch.-Ingen. Prof. J. Aug., Anleitung zum Rechnen mit dem logarithmischen Rechenschieber. Zürich. — 1,80 Mark. Nordstedt, C. F. O., Index Desmidiacearum citationibus locu- pletissimus atque bibliographia. Berlin. — 20 Mark. Inhalt:^ 68. Versammlung der Gesellschaft deutscher Naturforscher und Aerzte zu Frankfurt a. M., vom 21.— 26. September 1896. (II.) — Ziele und Methoden einer Rassenkunde in der Schweiz. — Untersucluingen über die polare Erregung der lebendigen Substanz durch den coustanten Strom. — Wettor-Uobersicht. — Die Verflüssigung der Luft durch Prof. Linde. — Aus dem wissenschaft- lichen Leben. — Litteratur: Geh. Rath Prof. Wilhelm Foerster, Wissenschaftliche Erkenntniss und sittliche Freiheit. — Saccardo Sylloge Fungorum omnium hucusque cognitorum. — Eugen Netto, Vorlesungen über Algebra. — Bibliographia physiologica 1895 und 1896. — Zeitschrift für tropische Landwirthschaft „Der Tropenpflauzer". — Liste. 84 Naturwissenschaftliche Wocheuschrift. XII. Nr. 7. R. Fuess, Mechanisch -optische Werkstätten, Steglitz bei Berlin, empfiehlt die in nebenstelientler Figur abgebildete uml patenirechtlich gescliützte eiiit':i<>lie plioto- ;;i'aphisrli<> i'aiiiora zum Aufsetzen auf den Tubus jeden beliebigen IWikroskopes. Die Camera wird für Plattenforniate von 7X7 cm bis zu 0x12 cm geliefert. — Gewicht der Camera {für 7X7) mil ge- füllter Ooppelcassette ca. 160 Gramm. — Besclireibung und austührliche Preisliste. Gt auch über die erlurderlicheu photograpliischen Utensilien, gratis und franco. Ferner stehen auf Wunsch Tataloge über : Speetronieter , Gonio- meter, Heliostateu, Polarisationsapparate, Mikro- skope für krystallographische und physikalische Untersuchungen (Hauptcatalog 1801 nebst Er- gänzungen 1894 xind 1S95). Projectionsapparate, Schneide- und Schleifmaschinen für Mineralien ; Instrumente für Meteorologie, wie: Barometer, Ther- mometer und registrirende Apparate etc. etc., gratis und franco zur Vertügung. ♦♦♦♦♦♦♦♦♦♦♦♦♦♦♦♦♦♦♦♦♦♦♦♦♦♦♦♦♦♦♦♦♦♦♦♦♦♦♦♦♦♦♦ : Dr. Robert Muencke | t Luisenstr. 58. BERLIN NW. 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Bernstein, Berlin SV\^. 12. ^.^ Redaktion: ~f Dr. H. Potonie. Verlag: Ferd. Dümmlers Verlagsbuchhandlung, Berlin SW. 12, Zimmerstr. 94. XII. Band. Sonntag, den 21. Februar 1897. Nr. 8. Abonnement: Man abonnirt bei allen BuchhandlfciKen und Poat- anstalten, wie bei der Expedition. Der Vierteljahrapreis ist M 4.— BrinpreBeld bei der Post 15 4 extra. PostzeitungsÄte Nr. 4954- ¥ Inserate : Die viergespaltene Petitzeile 40 J>. Grössere Aufträge ent- sprechenden Rabatt. Beilagen nach Uebereinkunft. Inseratenannahme bei allen Annoncenbureaux wie bei der Expedition. .Abdruck ist nnr mit vollständiger <|aellenans;abe gestattet. Thierfährten in dem mittleren Rothliegenden von Kabarz in Thüringen. Von Dr. Wilhelm Pabst, Gustos am Herzogl. Museum zu Gotha. Ausser den von mir in dem Aufsatz in No. 48 Bd. XI dieser Zeitschrift theils erwähnten, tlieils ausführlicher be- sprochenen Thierfiihrten in dem Rothliegenden Tiiiiringens von Friedrichroda und Tambach, sind seit einer kürzeren Reihe von Jahren endlich solche in dem Rothliegenden, und zwar „mittleren" Rothliegenden, von Kabarz in Thüringen bekannt geworden. Die erste und längere Zeit einzige „Fährten- platte" von dort gelangte im Januar 1890 durch Schenkung in den Besitz des Herzoglichen Museums in Gotha. Sie stammt aus einem Steinbruch am Nordfuss des Hübel bei Kabarz, wo sie von Arbeitern gefunden und an die Forstverwaltung abgeliefert worden war. Im Frühjahr 1891 gelaug es dann Herrn H. F. Schäfer-Gotha, gleichfalls am Fusse des Hübel, zwei kleine Fährtenplatten zu finden, die hier zu erwähnen und zu besprechen mir bereitwilligst gestattet worden ist. Neuerdings endlich hat, wie ich durch eine directe private Mittheilung erfahren habe, Herr Pro- fessor Walther- Jena eine Fährtenplatte bei Kabarz aufgefunden. Weitere Fährtenfunde von dort sind mir nicht bekannt geworden; die drei erwähnten dürften wohl auch die ein- zigen sein. Wenn ich die Ergebnisse der Untersuchung der mir zur Verfügung stehenden Kabarzer Fährtenplatten hiermit kurz der Oeffentlichkeit übergebe, erscheint es zweckmässig, vorerst einige Bemerkungen über eine „Ter- minologie" zu machen, die ich anlässlich einer demnächst erscheinenden ausfüiirlichercn Bearbeitung der „Tam- bacher" Falliten für die Beschreibung „fossiler" Thier- fährten einzuführen versucht habe, um damit für weitere gleiche Untersuchungen eine Grundlage zu schaffen und gleichzeitig einen Beitrag zu der noch" wenig ausgebauten „Fährtenkunde", Ichniologie, zu liefern. — Mit „Fährte" bezeichnet man in der Jägersprache allgemein „den Abdruck aller Füsse eines jagdbaren Thieres im Boden im Zusammenhang beim Gehen in ihrer natürlichen Aufeinanderfolge", wogegen der Abdruck nur eines Fusses „Tritt" oder „Spur" genannt wird. Da der Palae- ontologe aber bei der Untersuchung seiner fossilen Fährten nicht immer so glücklich ist, auf den Fährtenplatten die Abdrücke aller Füsse der die Fährte hinterlassen habenden „Fährtenthiere" zusammen erhalten zu finden, er sich häufig nur mit dem Abdruck eines Fusses begnügen muss, so fehlt ihm hierfür ein allgemein verständlicher und klar bestimmter Ausdruck, da „Spur" nicht eindeutig genug, „Tritt" in dieser Bedeutung zu wenig ge- bräuchlich ist. Ich wende daher bei der Be- schreibung fossiler Fährten die Wortzusammen- setzung „Einzelfährte" auf den Abdruck des einzelnen Fusses an und bezeichne mit „Fährte" oder „zusammenhängender Fährte" im Gegensatz hierzu den Abdruck aller Füsse der Fährtenthiere auf den Steinplatten „im Zusammenhang beim Gehen in ihrer natürlichen Aufeinanderfolge." Die Zusammengehörigkeit der Einzel- fährten zur zusammenhängenden Fährte drücke ich durch Zahlen aus. Beistehend gebe ich die Skizze der vorwärts- schreitenden Fährte eines Vierfüssers (Fig. 1), wie ich sie meinen Fährtenuutersuchungen als typisch zu Grunde lege. In ihr entsprechen die Nummern 1, 2, 3 . . . den Spuren der Vorderfüsse; l'', 2^, 'i^ , . . denen der Hinterfüsse. Ich 86 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. XII. Nr. 8. bezeichne ferner die Spur eines Vorderfusses rechts und links und uingeiiehrt: (1,2, 2/3, 3/4), ebenso bei den lliuter- fUssen: (l''/2% 2'';3'', 3V4^) als „Einzelfiihrtenpaar", die Spur eines Vorderfusses und „zugehörigen" Hinterfusses derselben Seite aber (1/1^, 2/2^, 3/3", 4/4") als „einseitiges Einzelfährtenpaar". Als charakteristische Maasse der zusammcuhilngenden Fährte werden von mir angesehen: die Entfernung: (1/2), (2,3) u. s. w. die „Schrittlänge"; die Entfernung: (1/3) und (2/4) die „einseitige Schritt- länge" und die „Spurbreite": die Entfernung zwischen den Fussspuren der rechten und linken Körperseite. End- lich bezeichne ich noch die Enfernnng (1/1"), (2/2") u. s. w. als „Fährtenmaass 1": die Entfernung (3"/l), (4"/2) u. s. w. als „Fährtenmaass 2". Die „Schrittlänge" (1/2), (2/3), (3/4), und „einseitige Schrittlänge" (1/3), (2/4) werden durch die Bauart und Gangart der Fährtenthiere bedingt, sind also für sie charakteristisch. Die durch den Sehritt nach vorwärts „zurückgelegte Strecke" aber ist die Kathete eines rechtwinkligen Dreieckes, das gebildet wird von der „Schrittlänge" als Hypotenuse und der Spurbreite als der anderen Kathete. Denn wenn ich in der beistehenden Fährten- skizze die ßallenmitten der Einzelfährten (3) und (4) durch eine Linie verbinde, Bewegliclüvcit besessen zu haben scheint. Die vierte Zehe ist stets die längste. Die Länge der Einzelfährten selbst ist bei denen der VorderfUsse kleiner als denen der Hinter- füsse. Sie ist entweder gleich der Spannweite der Einzel- fährten, oder wird von ihr um 1 bis 1,5 cm übertrolfen, wodurch jene ein charakteristisches breites Aussehen erhalten. Nun sind auch bei den Einzelfährten der Kabarzer Fährtenplatte die klumpigen Zehenendigungcn von vier aufeinanderfolgenden Zehen deutlich nach einer Seite ge- bogen, die gekrümmt, übrigen und entgcgengesetzen einer äusseren nach der Ferner ist eine Zehe stets länger als die von den beiden äussersten Zehen, namentlich die eine von den mittleren getrennt. Unschwer geben sich daher die charakterisirten Zehen als die ersten vier, die vierte, sowie erste und fünfte zu erkennen. Dement- sprechend sind dann aber die vier grossen Einzelfährten- >'C^», eindrücke der Kabarzer Platte Extremitäten eines zu deuten, die eine ils die Spuren der „rechten" fünfzehigen 1 so ist und des (4), (3): breite" zugleich die die rechtwinkligen V(4/3)2-(3/x)-^ ausserdem muss diese die Schrittlänge Hypotenuse Dreieckes x, worin (3/x) die „Spur- und (4/x) die durch den Schritt (3/4) „zurückgelegte Strecke" ist. (4/x) ist aber gleich leicht i ^*. ■% Vierfüssers nur in ihren rechten Einzelfährteneindrücken auf der Platte erhal- tene, zusammenhängende Fährte bilden. Unter- stützt wird diese Folgerung durch das Vor- handensein weniger Zehenspuren an dem anc^ren Eand der Platte, die von den linken Extremitäten herrühren dürften. — 0 Die Zusammengehörigkeit der vier Einzel- also zu berechnen; sie gleich sein der halben „einseitigen Schrittlänge" (2/4). Durch diese Maasse sind somit alle Grössen gegeben, die charakteristischen Maasse einer zusammen- hängenden Fährte zu bestimmen. Je kleiner die „Spurbreite" (3/x) wird, je grösser wird die „zurückgelegte Strecke" (4/x) und nähert sich in ihrem Werth immer mehr der „Schritt- länge" (3/4), bis sie bei „seilendem" Gang ihr gleich wird. Zur Beschreibung der Kabarzer Fährten- l)latte des Museums (Fig. 2) übergehend .sei hervorgehoben, dass sie noch das besondere Interesse für sich in Anspruch nimmt, die erste Platte mit Fährteneindrücken gewesen zu sein, die in die Samm- lungen des Museums in Gotha gelangte. Es befinden sich auf ihr vier grosse Einzelfährteneindriickc und ein kleinerer, entgegengesetzt gerichteter Einzelfährtenein- druck, ausserdem noch wenige Eindrücke einzelner Zehen und Zehenspitzen, die theilweise mit den grossen, theil- weise der kleinen Einzelfährte im Zusammenhang zu stehen scheinen. Die vier grossen Einzelfährteneindrüeke bestehen bei vollständiger Ausl)ildung aus einem breiten Hallen und fünf Zehen mit klumpigen bis kugelförmigen Endiguiigen. Sie erinnern dadurch an die Klumpzelifährte Ichnium sphaerodactylum von Tambach, so dass ich auch weitere Merkmale dieser, die ich hier zunächst nach meiner Unter- suchung kurz zusammenfasse, mit ihr verglichen habe (siehe diese Zeitschrift a. a. 0.). — Die Einzelfährte von Ichnium sphaerodactylum Tambach besteht aus einem breiten Ballen und fünf Zehen. Die Zehen besitzen klumpige bis kugel- förmige Endigungen, die bei den ersten vier Zehen nach einwärts gebogen, bei der fünften Zehe nach auswärts ge- krümmt sind. Die erste Zehe ist, namentlich bei (aerz Berlin NW., Luisenstr. 22. Patent- Marken- u. Musterschutz für alle Länder.'. e ' ■ Hempei's Klassiker-Ausgaben. Ausführl. Special Verzeichnisse gratis. Ferd. Dümmlers Verlagsbuchhandl. Photographische Apparate und Bedarfsartikel Spccialitiit ; Npiejjfl-t'Hniera!*. Sind die praktisclisten Hand-Apparate Das beliebige Objectiv dient gleichzeitig als Sucher. Das Bild bleibt bis zum Eintritt der Be- lichtung in Bildgrösse sichtbar. 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Lichterfelde (P.-B.) bei Berlin, Potsdamerstrasse 35, für den Inseratentheil: Hugo Bernstein in Berlin. — Verlag: Ferd. Dümmlers Verlagsbuchhandlung, Berlin SW. 12. — Druck: G.Bernstein, Berlin SW. 12. V*->- ^-"^" Redaktion: 7 Dr. H. Potonie. Verlag: Ferd. Dümmlers Verlagsbuchhandlung, Berlin SW. 12, Zimmerstr. 94. XII. Band. Sonntag, den 28. Februar 1897. Nr. 9. Abonnement: Man abonnirt bei allen BuchhandlunKen und Post- 1|" Inserate : Die vIerKespaltene Petitzeile 40 J). Grössere Aufträce ent- anstalten. wie bei der Expedition. Der Vierteljahrspreis ist ^ft 4.— <3I3 sprechenden Rabatt. Beilagen nach Uebereinkunft. Inseratenannahme BringeKeid bei der Post 15 -^ extra. Postzeitungsliste Nr. 4954- ^'- bei allen AnnoncenbureaiLX wie bei der Expedition. Abdruck ist nur mit voilständieer <^nellenaneabe gestattet. 68. Versammlung der Gesellschaft deutscher Naturforscher und Aerzte zu Frankfurt a. M., vom 21.— 20. September 1S96. M. Vcrworu: Errci uud Lähmuiiii'. — Seit III. 11 D j^ H U ».l I_i et 11 HA U »1 ^ < einem Decennium vernimmt man an verschiedenen Steilen von Neuem die Schlagworte des Vitalismus. Was vom alten Vitalismus übernommen worden ist, ist aber im Wesentlichen nichts weiter als der Name. Was heute unter dem Titel „Vitalismus" cursirt, sind Dinge, die mit der alten Lehre von der Lebenskraft nur lose im Zu- sammenhang- stehen. Es sind auch untereinander sehr verschiedene Dinge, die man im Allgemeinen in zwei (Iruppen bringen kann, und die V. unterscheidet als „mechanischen" und „psychischen Vitalismus". Der mechanische Vitalismus ist die hier uud dort vertretene Ansicht, dass zwar die Lebenserscheinungen im Grunde auch auf der Wirksamkeit physikalischer und chemischer Factoren beruhen, dass aber chemische und physikalische Kräfte in den lebendigen Organismen zu einem so eigenartigen, bisher noch unerforschten Coraplex verkettet sind, dass man diesen vorläufig als eine be- sondere, nur das Geschehen in den lebendigen Organismen charakterisirende Lebenskraft allen Kräften der organi- schen Natur gegenüberstellen niuss. Mit anderen Worten, man versteht unter Lebenskraft nur das speeiclJe Getriebe der ehemisch - physikalischen Kräfte, das gerade den Lelienserscheiuungen zu Grunde liegt. Mit dem alten Vitalismus, der eine „foree hypermechanique" als Ur- sache der Lebenserscheinungen annahm, hat diese Vor- stellung nichts zu thun. Eine viel tiefere Bedeutung hat der psychische Vitalismus. Er entspringt denselben Ursachen, in denen aucii die anderen mystischen Neigungen unserer Zeit wurzeln, und gerade bei ihm sind diese" Ursachen deutlich zu erkennen. Es ist die philosophische Unzuläng- lichkeit des einseitigen Materialismus. Der psychische Vitalismus sagt, die Organismen unterscheiden sich von den leblosen Körpern durch die Psyche und geht von dieser übrigens kaum zu begründenden Annahme zu folgendem Schluss über: Da es unmöglich ist, die psychi- schen Erscheinungen, wie die Materialisten wollen, mechanisch zu erklären, so müssen wir umgekehrt suchen, die Lebenserseheinungen psychologisch zu verstehen. Das Wesen der Naturforschung hat aber von jeher nur darin bestanden, die Erscheinungen der Körperwelt zu studiren, und dabei haben sich im Laufe der Entwicklung mensch- licher Forschung bestimmte Zusammenhänge ergeben, die in unseren Naturgesetzen ihren Ausdruck gefunden haben. Was wir mechanische Erklärung nennen, ist nichts anders als die Erforschung dieser Gesetzmässigkeit des Ge- schehens in der Körperwelt. p]s ist ferner klar, dass von dieser Erklärung nichts ausgeschlossen werden kann, was Körper ist, sei es nun leblos oder lebendig, und so stehen wir auch auf diesem Wege doch wieder vor dein Zwang, die Lebenserseheinungen mechanisch zu erklären. Was wir als aligemeinstes Ergebnis der bisherigen physiologischen Forschung bezeichnen können, lässt sich etwa in folgenden Worten zusammenfassen: Die Lebens- erscheinungen aller Organismen beruhen zuletzt auf chemischen Processen in der lebendigen Substanz der Zellen, aus denen sie zusammengesetzt sind. Diese chemisclien Processe, die gewöhnlieh als Stoft'wechsel be- zeichnet werden, bestehen in fortwährender Zersetzung und Neubildung oder „Dissimilation" und „Assimilation" der lebendigen Substanz und vor Allem ihrer complicirtesten Bestandtheile, der lebendigen Eiweisskörper oder ßiogcne. Ihre Zersetzungsproduetc treten nach Aussen hin ab. Die von Aussen her eintretenden Nahrungsstoft'e liefern das Material für ihre Neubildung. So geht ein unaufhörlicher Stoffstrom durch die leljendific Substanz. Der Ausdruck 98 Naturwissenschal'tliche Wochenschrift. XII. Nr. 9. der UmsetzuDgen, die er in ihrem Innern erfährt, sind die elementaren Lebenserscheinungen des Stoffwechsels, des Energiewcchsels und des Formwechsels, d. h. die drei Seiten, nach denen alle Vorgänge in der Körperwelt für uns in die Erscheinung treten. Wie jede Naturerscheinung, so sind auch die Lebens- erscheinungen bedingt durch eine Reihe von äusseren Factoren, die wir als allgemeine und specielle Lebens- bedingungen kennen. Jede Veränderung in diesen Be- dingungen wirkt unter Umständen auch verändernd auf die Lebenserscheinungen. Damit ist die Definition des Reiz- begriftes gegeben. Reiz können wir ganz allgemein definiren als eine Veränderung in den äusseren Lebensbedingungen, und die Physiologie hat die Auf- gal)e, die Veränderungen im Organisnnis zu untersuchen, welche die Reizung erzeugt. Um den Versuch, die allgemeinen Wirkungen der Reize zu erforschen, mit einiger Aussicht auf Erfolg unter- nehmen zu können, ist ein bestimmter Weg uöthig, es ist der Weg einer vergleichenden Cellularphy sio- logie. Joliaunes Müller fasste sein Gesetz von der specifi- scheu Energie der Sinuesnerven in die AVorte: „Dieselbe äussere Ursache erregt in den verschiedenen Sinnen ver- schiedene Empfindungen nach der Natur jedes Sinnes, nändich das Enipfindbare der bestimmeten Sinnesnerven, und die eigenthUndichen Empfindungen jedes Sinnesnerven können durch mehrere innere und äussere Einflüsse zu- gleich hervorgerufen werden." Dieses Gesetz erscheint im Lichte der vergleichenden Cellularphjsiologie tief be- gründet in den Fundaiuentaleigenschaften aller lebendigen Sidistanz. Schon Hering hat in einer gedankenreichen, kleinen Schrift darauf hingewiesen, dass eigentlich jede lebendige Sul)stanz ihre specifische Energie besitzt: „es ist das an- geborene Vermögen, die specifische Energie der lebendigen Substanz der Leber, Galle zu bereiten, wie es die specifische Energie der lebendigen Substanz der Schleim- drüse ist, Schleim zu bereiten etc." Das tritt uns noch deutlicher entgegen, wenn wir die Wirkungen der Reize an verschiedenen Zellformen studiren. Hier zeigt sich, dass in jeder Zelle eine ausserordentliche Neigung zu einer ganz bestimmten Folge von Processen besteht, und zwar zu derselben Folge von Processen, die schon sjxintan in gewissem Grade an der l)etreffenden Zelle sicii abspielen. Die Amobcnzclle rcagirt auf chemisclie, mcciianisciic, tlicrmische, galvanische Reize stets mit der charakteristischen Formveränderung ihrer amöboiden Be- wegung. Die Zellen eines Flimmerepithels antworten auf die gleichen Reize mit einer Beschleunigung des Wimpern- schlages, die Zellen einer Drüse mit gesteigerter Se- cretion. Was also J. Müller für die Sinnesorgane des Menschen gezeigt hat, das ist im Leltensprocess, d. h. im Stoffweclisel aller lebendigen Substanz begründet, denn an der gleichen Form der lebendigen Substanz r|ufeu die verschiedenartigen Reize die gleichen Erscheinungen hervor, während umgekehrt der gleiche Reiz an verschiedenen Formen der lebendigen Substanz vcrscliiedene, und zwar die für jede Form charakteristischen Lebens- erscheinungen erregt. Allein dieses Gesetz der specifischen Energie der lebendigen Substanz bedarf noch einer Erweiterung hin- sichtlieh der Wirkung der Reize. Niclit immer besteht die Wirkung der Reize in einer Erregung, d. h. einer Steigerung der s])ontanen Lebensersciieinungen oder ge- nauer des ihnen zu Grunde liegenden Stoffwechsels. In vielen Fällen, z. B. bei Herabsetzung der Temperatur, bei Anwendung von Narcoticis sehen wir im Gcgenthcil eine Lähmung, d. h. eine Herabsetzung, ja vollständige Unterdrückung des Stoffwechsels als Wirkung der Reizung entstehen. Es ist ein Verdienst von Claude Beniard, ge- zeigt zu haben, dass alle lebendige Substanz durch diese Mittel gelähmt werden kann. Die Pflanze wird ebenso wie der einzellige Organismus und das Thier durch Chloro- form und andere Glitte! in Narkose versetzt und zu einem anscheinend vollständigen Stillstand ihres Lebens ver- anlasst. Dabei ist es bemerkenswertii, dass die Genese der Lähmungen zweifacher Art sein kann. Während die Herabsetzung der Temperatur primär auch in gleichem Maasse Herabsetzung des Lebensproccsses zur Folge hat, ist die Entstehung der Lähmung in anderen Fällen erst eine secundäre Erscheinung, indem ihr ein Stadium der Erregung vorhergeht. Jeder erregende Reiz, wenn er stark genug ist oder längere Zeit dauert, kann secundär durch Ueberreizung eine Lähmung erzeugen, was am Besten die Erscheinungen der Ermüdung illustriren. Nach alledem können wir auf Grund der specifischen Energie der lebendigen Substanz das allgemeine Ge- setz der Reizwirkungen darin erblicken, dass die Reize die Intensität des normalen Lebens- processes der Zelle beeinflussen, indem sie ent- weder eine Steigerung desselben, eine Erregung (Excitation), oder eine Herabsetzung, eine Läh- mung (Depression) herlieiführen. Eri'cgung und Lähmung des Stoffwechsels der Zellen sind die fundamentalen Ursachen der ganzen Fülle mannigfaltiger Reizerscheinungen am Orga- nismus. Stellen wir uns eine Zelle vor, die sich im Stoff- wechselglcichgewicht befindet, d. h. eine Zelle, bei der Assinniations- und Dissimilationspocesse sich die Wage halten, und denken wir uns dann, ein Reiz wirke ein, so wird der Stoffwechsel der Zelle nach dem all- gemeinen Gesetz der Reizwirkungen erregt oder gelähmt werden. Dabei ist es nicht nöthig, dass der ganze Stoff Wechsel der Zeile in gleichmässiger Weise verändert wird, so dass ein neuer Gleichgewichtszustand eintritt, sondern die Erregung oder Lähmung kann einzelne Glieder der grossen Kette von Stoffwechsel- processen in ungleichem Maasse betreffen. Vor Allem verdient unsere Aufmerksamkeit die verschiedene Beeinflussung der beiden antagonistischen Phasen des Stotf- weclisels, der Assimilation und der Dissimilation und der antagonistischen Phasen der Bewegung, der Contraction und der Exjjansion. Der amöboiden Bewegung, die, so primitiv sie aucii scheint, doch im Princip die gleiche Bewegungsform ist, wie die hochorganisirte Muskelbewegung, liegt, wie allen Contractionsbewegungen der lebendigen Substanz, ein Wechsel zu Grunde zwiseiicn den Phasen der Zusammcn- ziclning und der Ausdehnung, der Contractiini und der Expansion. Beide Phasen werden durch Reize in sehr verschiedenem Grade erregt. Es giebt Reize, welche die Amöbe zur Contraction zwingen, so dass sie sich kugelig zusanunenballt. Es giebt andere Reize, welche die Ex- ])ansions]ihase erregen, so dass sich ihr Körper nach allen Sciti-n hin ausbreitet. Was Itesonders i)cmerkenswerth erscheint, ist nun der Umstand, dass mit zunehmender Intensität eines Reizes die Grösse der Erregung bei verschiedenen Gliedern der Stoffwechsel- kette in sehr verschiedenem Maasse sich ändert, so dass der Fall eintreten kann, dass derselbe Reiz bei schwacher Intensität eine ganz andere, ja unter Um- ständen sogar entgegengesetzte Wirkung hat, als bei starker Intensität. Setzen wir eine amöboide Zelle, die wie die marinen Rhizojjoden ihre lebendige Substanz zu langen und dünnen XII. Nr. 9 Naturwissenschaft liehe Wochenschrift. 99 Psetulopoclienfäden ausfliesseu lässt, langsam steigender Temperatur aus, indem wir sie von 0*' an auf einem heizl)aren Clbjecttiseii erwärmen, so sehen wir zunächst die Substanz des interessanten Wesens sich ausbreiten. Das Protoplasma fiiesst vor, die Pseudojiodien strecken sich aus, die Ex])ansion überwiegt. Indessen bald ändert sich das Bild. Das Hervorfliessen wird zwar immer leb- hafter, al)er auch das Zurückströmen nach dem Köriier nimmt zu. Jetzt fiiesst das Protoplasma schon ebenso schnell nacli dem Zellkörper zurück wie es aus ihm herausströmt. Die Verlängerung- der Pseudopodien hört auf. Weiter und weiter steigt die Temperatur, stärker und immer stärker wird die Rückkehr der Protoplasma- massen nach dem Körper, mehr und mehr ziehen die Pseudopodien sieh ein. Die Contraetion überwiegt. Nun hat sie ihren Gipfel erreicht. Die Rhizopodenzelle ist eine kugelige Masse geworden, die alsbald in Wärme- starre verfällt. Ihr Leben steht still. Wir sehen also, wie bei niederer Temperatur die Processe, W'elche die Expansionsphase cliarakterisiren, bedeutend die Processe der Contractionsphasc überwiegen, wie aber höiiere Temperatur das umgekehrte Verliältniss erzeugt, mit anderen Worten, wie der schwache Reiz und der starke Reiz geradezu antagonistische Wirkungen haben. Man könnte verführt werden, aus den Thatsachen der ungleiclien Erregung oder Lähmung einzelner Glieder der Stofifwechselkette auf eine grosse Selbstständigkeit derselben zu scbliessen, wenn nicht aus anderen Er- fahrungen die ganz ausserordentlich enge Abhängigkeit der verschiedenen Processe von einander zur Genüge be- kannt wäre. Schaltet man nur ein einziges Glied dieser Kette aus, unterdrückt man z. B. die Oxydationen in der Zelle durch Entziehung des Sauerstoffs, so entwickelt sich alsbald eine völlige Störung des gesammten Stoff- wechsels, und der Tod ist das Ende. Die Geschichte des Todes ist mit solchen Vorgängen eng durchwoben, und die Pathologie kennt eine ganze Reihe davon: Es sind die metamorphotischen Processe, die scheinbar eine Aus- nahme von unserem allgemeinen Gesetz der Reizwirkungen machen, da man in ihnen nicht ohne Weiteres eine Lähmung oder Erregung, sondern eine qualitative Ver- änderung des Stoffwechsels zu erblicken geneigt ist. Jeder Arzt kennt zur Genüge die chronischen Er- krankungen, die sicli meist au schwere Infeetionskrank- heitcn oder Vergiftungen anschliessen, die Erscheinungen der Fett-, der Amyloid-, der Schleimmetamorphose und andere. Hier treten in den Zellen der Leber, der Niere, der Milz Producte auf, wie Fett und Aniyloidsubstanz, die dem normalen Stoffwechsel der Zelle ganz fremd zu sein scheinen. Allein alle diese Erscheinungen sind nur sceundäre Folgen von länger bestehenden Erregungen oder Lähmungen einzelner Glieder der Stofifwechselkette. Werden z. B., wie das bei der Fettmetamorphose der Fall ist, die (Jxydationen in der Zelle gelähmt, etwa in Folge von Alkoholismus oder Phosphorvergiftung, so werden gewisse Atomgruppen, die sonst durch Oxydation im selben Maasse zerfallen, in dem sie entstehen, im Zell- körper aufgespeichert, und der Stoffwechsel geräth in eine perverse Bahn, die zum Tode der Zelle führt. Im normalen Leben der Zelle, wo in der Regel nur vor- übergehend die alltäglichen Reize auf sie wirken, äussert sieh das enge Abhängigkeitsverhältuiss der einzelnen Pro- cesse des Stoffwechselkreislaufes dagegen in eii«r anderen Weise, die nicht minder Interesse verdient. Es ist die innere Selbststeuerung des Stoffwechsels, wie Hering die Erscheinung sehr treffend bezeichnet. Ist nämlich ein Glied der Stofifwechselkette, etwa die Dissimilatiousphase durch einen Reiz erregt worden, so zieht diese Erregung auch eine Steigerung der anderen Glieder, also in diesem I'alle der Assimilationspliase nach sich. Während die er.stere Erregung nach dem Aufhören des Reizes all- mählich verklingt, dauert die letztere fort, bis die dissi- milirte Substanz wieder ersetzt oder regenerirt worden ist. Dann tritt wieder Stoffwechselgleichgewicht ein. Der Muskel, der durch starke Reizung vollständig er- schöpft und leistungsunfähig erscheint, erholt sich alsbald und stellt seinen früheren Erregbarkeitsgrad wieder her. Subjectiv findet die Selbststeuerung des Stoffwechsels ihren schönsten Ausdruck am Auge in der Erscheinung der farbigen Nachbilder, deren aumuthige Phänomene als reizvolle Unterhaltung bekannt sind. Nach der Heringscheu Farbentheorie ist die Wahrnehmung der Farben der psychische Ausdruck für die Stofifweehsel- ])rocesse der Sehsubstanz, in der Weise, dass je zwei Complementärfarben antagonistischen Phasen des Stoff- wechsels entsprechen. Haben wir nun längere Zeit einen rothen Gegenstand angesehen und blicken dann auf eine hellgraue, farblose Fläche, so sehen wir alsbald mit grosser Deutlichkeit ein Nachbild des Gegenstandes in Grün. Die durch das rothe Licht hervorgerufene dissi- milatorische Erregung in den Zellen der Sehsubstauz zieht nach sich eine Erregung der assimilatorischen Phase, d. h. es steigt ein grünes Nachbild im Gesichtsfelde auf. Die Erscheinungen am Auge, das ja ein wunderbar feines Reagens für alle Lichtreize ist, bringen im simul- tanen Contrast zugleich noch ein andere Thatsache von Wichtigkeit zum Ausdruck, das ist die Thatsache, dass während au einer Stelle der lebendigen Substanz eine dissimilatorische Erregung besteht, in der Umgebung die Assimilation gesteigert ist und umgekehrt. Daher erscheint ein farbloser, grauer Papierstreifen auf einer rothen Unterlage dem Auge in mattgrüner Farbe. Mit Rücksieht auf gewisse Erscheinungen im Nerven- system der Thiere und des Mensehen verdient schliesslich noch ein Punkt Aufmerksamkeit. Das ist die Frage nach den Interferenzwirkungen zweier Reize an der Zelle. Welches sind die Folgen, wenn zwei Reize gleichzeitig auf die Zelle einwirken? Auch hier ergiebt sich eine allgemeine Gesetzmässigkeit. Der Enderfolg der Reizung hängt im gegebenen Fall stets ab von der Wirkungsart jedes einzelnen der beiden interferirenden Reize. Handelt es sich um zwei Reize, die homonome Wirkungen haljen, d. h. die beide erregend oder beide lähmend auf die gleichen Glieder des Stoffwechsels wirken, so haben wir eine Summation der Erregungen oder Lähmungen. Wirkt dagegen der eine Reiz erregend, der andere lähmend auf die gleichen Processe, so wird der Erfolg sieh in der Differenz beider Wirkungen äussern. Was aber beaehtens- werth erscheint, das ist die Wirkung von Reizen, die nicht die gleichen Processe, sondern antagonistische (Glieder der Stofifwechselkette erregen, von denen der eine dissimilatorisch, der andere assimilatorisch, der eine eon- traetorisch, der andere expansorisch erregend wirkt. Hier sehen wir, dass trotzdem beide Reize Erregung erzeugen, doch der eine den Reizerfolg des anderen hemmt oder aufhebt. Der constante galvanische Strom wirkt an beiden Polen antagonistisch auf die Amöbenzelle, indem er sie an der Anode contraetorisch, an der Kathode expansorisch erregt. Lässt man nun durch eine Amöbe, die man mit starken Reizen zu kugliger Contraetion veranlasst hat, einen constanten Strom hindurchfliessen, so beginnt im Moment der Schliessung an der Kathode die Con- traetion zu weichen, und Expansionserscheinungen greifen Platz, d. h. ein mächtiges Pseudopodium fiiesst vor, während am entgegengesetzten Pol die Contractions- erscheinungen noch deutlicher werden. Jetzt genügt eine plötzliche Wendung der Stromrichtung-, um die Processe an beiden Enden des Amöbenkörpers sofort zu sistiren 100 Naturwissenschaftliche Wochenschntt. XII. Nr. 9. und die Expansion durch eine Contraction, die Contraction durch eine Expansion zu verdrängen. Die analogen Er- scheinungen, nur mit Verwechselung der Pole, zeigt uns der Muskel, und das Auge liefert uns wieder einen sub- jcctiven Ausdruck dafür. Bringen wir z. B. zwei Com- plemcntärfarben auf der rotireuden Scheibe des Farben- kreisels zur Mischung, so heben sich beide in ihren Wirkungen auf, und die schwirrende Scheibe erscheint in farblosem Grau. Demnach kann eine bestehende Erregungserscheinuug auf doppelte Weise ge- hemmt werden: einerseits durch Lähmung der erregten, andererseits al)er auch durch Erregung antagonistischer Stoffwechselglieder. In welcher Weise sind die hier besprochenen Gesetze geeignet, Licht über complicirte Erscheinungen zu ver- breiten ? Als eine Gruppe unerklärter Erscheinungen galten bis vor Kurzem die Wirkungen, welche einseitig ein- wirkende Reize an freibeweglichen Zellen hervorbringen. Die merkwürdige Thatsache, dass Reize, die von der Rcizquelle lier an Intensität abnehmen, die Bewegungs- richtung einzelliger Organismen mit eisernem Zwang be- stimmen, war etwas, das so ganz ausserhalb der sonst bekannten Reizwirkungen lag, dass sie nur in den rein physikalischen Erscheinungen der Anziehungen und Abstossungcn im Gebiete des Magnetismus und der Elektricität ein Analogen zu finden schien. So sah man in den Erscheinungen des Chemotropismus, des Helio- tropismus, des Thermotropismus und anderer mehr selbst in der exactcn Wissenschaft nur eine Anziehung und Ab- stossung der t)rganismen von Seiten des Reizes. Erst auf Grund unserer allgemeinen Erfahrungen au der Zelle lassen sieh diese Erscheinungen in Zusammenhang bringen mit den übrigen Reizwirkungen; es ist nunmehr möglich, sie unter Berücksichtigung gewisser Grössen, die in jedem speciellen Fall bestinmit werden können, in mathematisch exaeter Weise vorher zu berechnen. Die Fragen, die in jedem Fall vorher beantwortet werden müssen, sind lediglich die: Wirkt der betreffende Reiz erregend oder lähmend auf Contraction oder Expansion der Bewegungs- orgaiie der Zelle, und wie ändert sich diese Wirkung mit seiner IntensitätV Sind diese Grössen bestimmt, dann lässt sich auf Grund der Bewegungsart der betreffenden Organismen ihre Axeneinstellung und Bewegungsrichtung gegenüber der Rcizquelle im Voraus angeben. Wählen wir eine grössere amöl)oide Protoplasma- niasse, etwa ein Myxoniyeetenplasmodium, und denken wir uns, dasselbe befände sich in einer schmalen Wanne, die an einem Ende erwärmt würde, so dass in dem Wasser derselben ein beträchtlicher Temperatural)fall nach dem anderen Ende hin vorhanden wäre, dann würden die beiden den Enden der Wanne zugewendeten Seiten des Plasmodiums verschiedenen Temperaturen aus- gesetzt sein. Nun wissen wir, dass von 0" an die Ex- pansionsphase der amöboiden Bewegung bis zu einem gewissen Temperaturgrade mehr und mehr erregt wird, und zwar stärker als die Contraetionsphase. Das Plas- modium wird sich also an der wärmeren Seite mehr aus- breiten als an der kälteren, d. h. es kriecht nach der Wärme hin und ist positiv thcrmotropisch. Steigen wir aber höher hinauf in der Temperatur, so haben wir ge- sehen, dass in liölieren Temperaturlagen die Erregung der Contractions])liase überwiegt. Das Plasmodium wird sieh also jetzt nach dci' kühleren Seite mehr ausbreiten als nach der wärmeren, mit anderen Worten, es wird bei höiierer Tem])eratur negativ thcrniotropisch. Dieses Hei- spiel kann als Typus gelten. Ganz analog ist die Mechanik bei anderen Zellen, und ganz analog erklären sieh auch die Wirkungen anderer Reize. Sei es das Infusor, das der Schwerkraft zum Trotz nach der Oberfläche der Scblammpftttze schwimmt, sei es die Algenzelle, die dem Lichte der Sonne entgegeneilt, sei es die Scliwärmspore, die der Richtung der Eizelle folgt, sei es das P)aeterium, das gierig nach seiner Nährlösung strebt, oder sei es der Leukocyt, der im menschlichen Körper nach der inficirten Wundstelle wandert, stets ist es dasselbe Prineip von Er- regung und Lähmung, stets ist es der eiserne Zwang des einseitig wirkenden Reizes, was die P.ewegung beherrscht. Beim Zellenstaat ist das Spiel von Erregung und Läinnung unsagbar eomplicirt. Zahllose Zellen nelimen an ihm Theil, zu verschiedener Zeit, in verschiedenem Maasse, von Aussen gereizt, gegenseitig sieh beeinflussend, ungleich erregbar. Vor Allem weehselvoll und mannig- faltig sind die Erscheinungen der Erregung und Lähnumg im thierisehen Körper, im Kiirper der Wirlielthiere, im Körper des Menschen. Die Abhängigkeit fast aller Or- gane vom Nervensystem, das hierhin und dorthin seine Reizinipulse sendet, um bald dieser, bald jeuer Zcllgruppe den Befehl zur Thätigkeit oder Ruhe zu geben, macht, dass am menschlichen K(irper fast alle Lebenserscheinungen nur der Ausdruck eines grossen, gewaltigen (ietriebes von Erregungs- und Lähmungsvorgängen in den Zeilen des Nervensystems sind. Aber aucii die Vorgänge in den Ganglienzellen oder Neuronen sind den allgemeinen Gesetzen der Erregung und Lähmung unterworfen, die alle Zellfornieu beherrschen. Je umfangreicher unsere Kenntnisse von den allgemeinen Gesetzen des Zellebens, um so besser für unser Verständniss der Vorgänge im Nervensystem. Bei manchen Erscheinungen, wie z. B. der einfaciien Reflexbewegung, sind uns die ursächlichen Vorgänge im Nervensystem ihren Hauptmomenten nach bekannt. Ueber- haupt sind im Allgemeinen die Proeesse, die den Tliätig- keitsäusserungeu zu Grunde liegen, etwas besser er- forscht: dagegen gehört das Gebiet der Hemmungs- erseheinungen zu den dunkelsten der Physiologie. Schon die einfache Erscheinung der willkürlichen Unterbreeliung einer Bewegung, etwa das blosse Sinkenlassen des er- hobenen Armes, hat bisher der physiologischen Erklärung bedeutende Schwierigkeiten bereitet. Zum grössten Theil dürfte die Unklarheit in den Problemen der Hemnuingserscheinungen wohl auf einer ungenügenden Schärfe in der Trennung der Begriffe beruhen. Man hat vielfach die Begriffe der Hemumng und Lähmung auf Grund rein äusserlicher Merkmale mit einander \ermischt, und doch liraucht, wie wir sahen, ein Henuiiungserfolg an der Zelle nicht immer durch Lähnning zu entstehen, sondern kann ebensowohl in der Erregung von Processen seine Ursache haben, die den bestehenden entgegen- wirken. Die Sistirung oder Verhinderung einer Muskel- bewegung von einem motorischen Neuron aus kann daher der Ausdruck von zwei sehr verschiedenen Vorgängen sein. Nach der allgemeinen Anschauung wird ja be- kanntlich die Contraction eines Muskels verursacht durch eine dissimilatorische Erregung in seinen motorischen Neuronen. Eine Expansion kann also auf zweierlei Weise im Neuron begründet sein: einerseits in einer Lähmung der Dissimilation und andererseits in einer assi- milatorischen Erregung. Beide haben in Bezug auf den Muskel den gleichen Erfolg. Es ist also unbedingtes Er- forderniss, von Fall zu Fall zu entscheiden, welche Pro- eesse in den betheiligten Neuronen bestehen. Unter den mannigfaltigen Erscheinungen der Bewegungshemmung sind zweifellos beide Fälle vertreten. Der Frosch, dessen hintere Hxtremitäten unmittelbar nach einer hohen Rüekenmarksdnrchschneiilung für einige Zeit durch die stärksten Reize zu keiner Reflexbewegung zu veranlassen sind, hat offenbar eine vorüljcrgehende Lälmmng seiner XII. Nr. 9. Naturwissenschaftliche Wochenschnlt. 101 Rückenniarksneurcue durch Uebencizuug erfahren, wie ja auch heim Hhoek der Chirurgen in Folge eines sciiwcren oiierativcn Eingriffes das Nervensystem ge- lähmt ist. Die willkürliche Erschlaffung eines eontrahirten Muskels aber wird man kaum mit einer Lähmung in Zu- sammenhang bringen können. Hier kann es sieh nur uui Hemnumt;- der Contraction durch Erregung anta- gonistischer, handeln. (1. h. expansorisch wirkender Processe Die Thatsache, dass der Ausdruck einer Er- regung durch die Erregung antagonistisch wir- kender Stoffwcchselprocessc aufgehoben werden kann, scheint im Leben der Neurone eine unge- mein wichtige Rolle zu spielen und ein sehr fruchtbares Moment für die Erklärung vieler Vorgänge im Centralnervensystem zu liefern. Als Moses in den öden Felsschluchten der Sinaiberge umherziig, vernahm er die Stimme des Herrn im feurigen Busch, die ihn zum Erlöser seines Volkes berief. Und der Herr sprach zu Moses: „Wirf Deinen Stab von Dir zur Erde. Und er warf ihn von sich. Da ward er zur Schlange, und Moses floh vor ihr. Aber der Herr sprach: Strecke Deine Hand aus und erhasche sie beim Schwanz. Da streckte er seine Hand aus und hielt sie; und sie ward zum Stabe in seiner Hand." Das war das Wunder, das den Moses als Gesandten des Herrn am Hofe des Pharao beglaubigen sollte. Allein die Zauberer des Königs kannten das Experiment schon und machten es auch; und was die ägyptischen Zauberer zu Zeiten des Moses schon machten, das machen noch heut die Schlangenbeschwörer in den Strassen von Kairo. Sie erfassen die züngelnde, drohende, giftige Haje mit sicherem Griff und sofort streckt sie sich aus, um regungs- los liegen zu bleiben. Dreitausend Jahre nach Moses besehrieb Daniel Schwenter das jetzt unter dem Namen des Pater Kircher bekannte „Expei'imentum mirabile de imaginatione gallinae", dessen Wesen darin besteht, dass ein schnell «ud sicher ergriffenes Huhn in ungewöhnlicher Stellung auf den Tisch gelegt, nach einigen energischen Abwehr- bewegungen plötzlich bewegungslos in dieser Lage ver- harrt. Was bei allen Thieren, seien es Sehlangen oder Hninier, Meerschweinchen oder Frösche, Eidechsen oder Krebse, in dem fragliehen Zustand zunächst am meisten Erstaunen erregt, ist das Fehlen jeder spontanen Be- wegung zur Veränderung der aufgedrungenen Stellung. Unter gewöhnlichen Umständen lässt sich kein Thier eine solche almormc Lage gefallen. Es fehlen also, um so zu sagen, die Willensimpulse oder iihysiologisch ausgedrückt, die motorischen Impulse von der Grosshirnrinde her. Wer den Zustand der Thiere eingehend prüft, der wird noch eine ziendich starke tonisehe Contraction fast aller Körper- muskelu entdecken, die dem Thiere den Ausdruck plötz- licher Erstarrung verleiht und beim Meerschweinchen zum Beispiel oft so energisch ist, dass mau das auf dem Kücken liegende Thier au den Zehen der hinteren Extremitäten mit der Fingerspitze wie einen Sehlitten umherschieben kann. Das sind die beiden wesentlichen Charaktere des merkwürdigen Zustandes, um den es sich handelt, und es fragt sich, in welchem Vcrhältniss stehen sie mit einander? Die Schule \on Nancy vertritt gegen- über einer geringen Minderzahl von Forschern die An- sieht, dass Contracturen in der Hypnose nur durch Suggestion, also durch Vermittelung der Grosshirnrinde entstehen. Um daher zu entscheiden, in welchem Vcr- hältniss in unserm Fall die Contractur der Muskeln zu dem Zustande der Grosshirnrinde steht, lag es nahe, die letztere zu entfernen. V. hat daher bei einer Reihe von Hühnern beide Grosshirnhemisphären sorgfältig in toto exstirpirt. Der Erfolg war der, dass das „Experimentum mirabile" noch ebenso gelang wie vorher, ja besser, denn im Durchschnitt blieben die Thiere viel länger in ihrer Zwangsstcllung liegen. Die tonische Contraction der Muskeln war ebenso deutlich entwickelt. Wie gleichzeitige Versuche an Fröschen ergaben, ist der Sitz cler tonischen Erregung, welche in der Contractur der Muskeln sich äussert, in den sensiblen Neuronen der Mittelhirnbasis zu suchen. Will man daher die Zustände bei Thieren mit der menschlichen Hypnose homologisiren, so ist durch diesen Versuch die lange strittige Frage, ob Contracturen in der Hypnose auch ohne Betheiligung der Grosshiru- rinde hervorgerufen werden können, im Sinne von Heiden- hain und Charcot bejahend entschieden. Doch es ergiebt sich aus diesen Versuchen noch mehr. Wenn der Er- scheinungscomplex des „Experimentum mirabile" in gleicher Weise wie an normalen Thieren auch an Thieren (dme Grosshirn gelingt, dann kann die Betheiligung des Grosshirns an seiner P^ntstehung nur eine passive sein. In der That erfolgen ja während der Zeit von Seiten des Grosshirnes weder bewegungshemmende, noch -ver- stärkende Impulse, und so tritt die Frage auf, wie man sich diesen Zustand der Indifferenz des Grosshirnes zu erklären hat. Au eine Lähnnnig ist nicht zu denken, denn abgesehen davon, dass die einwirkenden Reize viel zu schwach sind, um durch Ueberreizung eine Lähnnmg zu erzeugen, kann auch der Zustand des Thieres durch einen geringen Reiz, wie Anblasen, Berühren, Erschüttern, jeden Moment unterbrochen und das Gehirn plötzlich in seine normale Verfassung zurückversetzt werden. Es bleibt also nur die Vorstellung übrig, dass die Thätig- keitshennuung des Grosshirnes auf Erregung antagonisti- scher, d. h. assimilatorischer Stoffwechselprocesse in seinen Neuronen beruht. Eine allbekannte Thatsache dürfte hier geeignet sein, einiges Licht zu verbreiten, das ist die Erscheinung, dass starke Erregung einer Stelle des Centralnervensystems unter Umständen in gewissen Nachbargebieten eine Hemmung er- zeugt. So hennnen sich gegenseitig Sinneseindiückc, dass zum Beispiel beim Lesen eines Buches und gleich- zeitigem Anhören eines Musikstückes der eine Eindruck um so mehr verschwindet, je mehr der andere an In- tensität gewinnt. Wir haben nie mehrere Gedanken gleichzeitig neben einander, sondern jeder neue löscht den vorherigen aus. Diese Erscheinung, die im Leben des Nervensystems eine überaus wichtige Rolle spielt, zeigt mit der Erscheinung des simultanen Contrastes, wie er vom Auge und Muskel bekannt ist, eine so völlige Uebereinstinnnuug, dass es nahe liegt, sie auch auf die gleichen Ursachen zurückzuführen. Dann wurde eine dissimilatorische Erregung gewisser Neurone des Gehirnes oder Rückenmarkes in benachbarten Neuronen durch assimilatorische Contrastwirkung eine Hemmung erzeugen. Machen wir diese Annahme, so sind die beiden Merk- male des „Experimentum mirabile" im Zusammenhang mit einander verständlich. Das primäre ist die tetanische Erregung der Mitteliiirnzelien, und diese bewirkt in den Rindenneuronen secundär eine Hennuung. Das wesentlichste Merkmal der menschlichen Hypnose ist eine mehr oder weniger vollständige Hemmung des Wach- zustandes der Grosshirnrinde, und die Art, wie Hy|)nose erzeugt und aufgehoben wird, weist auf das gleiche Prineip der Entstehung hin, wie bei Thieren, d. h. auf eine Contrasthcnnnung durch antagonistische Processe. Die verschiedensten iVlittel, Hypnose hervorzurufen, laufen sämmtlich auf die Nothwendigkeit hinaus, die Aufmerk- samkeit auf einen einzigen Punkt streng zu concentriren. Damit wird ein einziger Bezirk der Grosshirnrinde in 102 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. XII. Nr. 9. Erregung versetzt. Wo das nicht gelingt, ist Hypnose unmöglich, je mehr es gelingt, um so niciir tritt ein In- (lifTerenz/ushuKl in den (ihrigen Partien der C4rosshirnrinde ein, der dann durch Suggestion iiartiell heseitigt werden kann. Der Zustand der Hypnose au sicii, d. h. ohne Er- regung durcii Suggestion, kann schliesslich, wenn die primär erregte Partie ermüdet, in wirklichen Schlaf ühergehen. Auch beim Schlaf dürfte die Hemmung des wachen Erregungszustandes durch die Erregung assimilatorischer Processe in den Neuronen das Hauptmoment bilden. Allein zum Zustandekommen dieses Zustandes wirken zweifellos noch andere Factoren mit. Der wichtigste seheint die Einschränkung der Sinnesreize zu sein. Wir begeben uns in ein dunkles, geräuschloses Zimmer, schliessen die Augen und l)ringen den Körper in eine be(|aeme Lage. Das sind alles Umstände, die geeignet sind, die Wachthätigkeit, d. h. die dissimilatorisehe Er- regung in den Neuronen sinken zu lassen. Die Ermüdung unil die dadurch bedingte Abnahme der Erregbarkeit ist wohl nur als unterstützendes Moment zu betrachten. Dass sie nicht Haui)tmoment sein kann, geht scliou daraus hervor, dass man nach längerem Schlaf, nachdem also jede Ermüdung beseitigt ist, wieder von Neuem ein- schlafen kann, wenn mau will. Ist aber die dissimila- torisehe Erregung in Folge der angefühi-tcn Momente gesunken, so macht sich die Selbststeuerung des Stoft"- wechsels der Neurone in der nachwirkenden assimila- torischen Erregung geltend, und die Wachthätigkeit ist gehennnt. Auch die Autosuggestion des Schlafes oder die Erregung eines gleichgültigen Gedankens, etwa auf- merksames Zählen oder Hersagen eines Gedichtes, können im gegebeneu Falle die gleiche AVirkung erzeugen. Stets aber ist der natürliche Schlaf charakteri- sirt durch die überwiegende Assimilation in den Neuronen, denn das Centralnervcnsystem ist nach dem Schlaf wieder lebensfrisch geworden. Man hat bisher in der Physiologie des Nervensystems den assimilatorischen Processen nur sehr wenig Be- achtung geschenkt und fast ganz ausschliesslich die Wirkungen dissiniilatorischer Erregung, wie sie in den Thätigki'itsäusserungen bemerkbar werden, im Auge ge- habt. Wie jede Zelle, so muss aber auch das Neuron assimiliren, und so scheint es gerade im Hinblick auf die hier angeregten Fragen eine dankbare Aufgabe, auch dieser vSeite des Stoffwechsels der Zelle Aufmerksamkeit zu schenken und die Erscheinungen aufzusuchen, in denen sie zum Ausdruck kommt. Das Leben in unserem Nervensystem ist ein ewiges Sehwanken der Grösse eines Bruches, nämlich des Bruches Assimilation zu Dissimilation der lebendigen Substanz der Neurone. Bald ist der Bruch gleich 1, bald ist er kleiner, bald grösser als 1. Jeder Reiz, dereinem Nerven zugeleitet wird, erzeugt eine Störung des Stotf- wechselgleichgewichtes. Alle augenfälligen Lebens- erscheinungen am menschlichen K(irper sind nur der Ausdruck dieser Schwankungen im Stoffwechsel seiner Neurone. Die Ursachen, den Mechanismus derselben er- forschen, hcisst schliesslich, das specifisch Menschliche in unserem Leben physiologisch erklären, und das ist unser letztes Ziel. Oberstabsarzt M. Kirchner ist es gclnngen, zum ersten Male TulierkelltaciHeii in einem niclit der Krankenpflege dienenden lianm, und zwar in dem Staub der Montirungskammer einer lufantericcompagnie in Braunschweig, nachzuweisen. (Studien zur Lungen- tuberkulose. Aus der hygienischcliemischen Untersuchungs- station des ;'). Armeecorits. Zeitschrift für Hygiene und Infcctionskrankheitcn, 180(5, 21. Band.) Die Aufmerksam- keit des betreffenden l>ataillonsarztes, Dr. Hahn v. Dorsche, hatte sich auf die genannte Kammer gelenkt, in Folge der Beobachtung, dass im Herbste 1893 ein Feldwebel, im Juni 1894 ein Sergeant und im Mai 1895 wieder ein Sergeant mit Lungentuberkulose in Behandlung gckonnnen waren, welch alle drei vorher längere Zeit den Dienst als Kammeruutcrofticier versahen, also sehr viel auf jener Kannnci- zu tliun gehabt hatten. Von acht untersuchten Staub -Proben entliielten nicht weniger als drei Tuberkelbacillen in viru- lentem Zustande (Meerschweinchenimpfung). Das Ergeb- niss ist ausscidrdentlicli bemcrkenswcrth und sagt Verf. nnt Recht: „Der Nachweis der Tul)erkcli)acillen in dem Staube einer Kanmier, welche drei an Tuberkulose er- krankten Unterofticieren Monate lang als Arbeitsstätte gedient hatte, spricht mit an Gewissheit grenzender Wahr- scheinlichkeit für die Thatsache, dass diese Leute sich durch Einathnuing jenes Staubes mit Tuberkulose inlicirt haben." Der bacillcnhaltigc Staub war von Tornistern und Säi)eltaschen abgewischt, bezw. ' aus Röcken aus- geklo|)ft. Die hygienischen Maassnahmen betretfend, die sich zur Verhinderung der Infcction durch den Bacteriengchalt alter Kleider als nothwendig erweisen, sagt der Verf.: „Klopfen und Bürsten, das gerade beim Militär häutig und ausgiebig j geschieht, genügt zur IScseitigungJI des Staubes aus der Kleidung augenscheinlich nicht. Einer wirksamen Dcsinfection der Kleidun:;- durcli strömenden Wasserdampf stehen leider die uachtheiligen Wirkungen, welche derselbe auf gefärlite Tuche, Leder und dergl. unstreitig ausübt, vielfach entgegen. Hotten wir, dass wir im Formaldehyd, wie es den Anschein hat, ein Mittel gefunden haben, mit Hilfe dessen man Kleider wirksam desinticiren kann, ohne sie zu zerstören oder in ihrem Werth beeinträchtigen zu müssen." Mz. Neuere Versuche über kiiustliclie Badescliwauim- kultur. — Badeschwämme, Angehörige der Gattungen Euspongia und Hippospongia, linden sich in verschiedenen Arten und Formen in allen wärmeren Meeren. Die feinsten Sorten kommen im östlichen Tlieile des Mittelmceres vor und es ist bekannt, dass die Kulturvölker an den mcankreicli besonders in den heissen und trockenen Jahren 1885 und 1893. Solche zuckerausscheidenden Bäume sind Kiefer, Weiss- und Rothtanne, Pappel, Erle, Birke, Eielie, Linde, Ahorn, Esche, Weinstock etc., und unter Kräutern Roggen, Schwarzwurz (Scorzonera) und Bocksbart (Tragopogon), dessen Wurzeln ganz süss schmecken. Der Zucker wird aus den Spaltöffnungen der Blätter in Form kleiner Tröpfchen, die sich bei schwacher Ver- grösserung leicht beobachten lassen, ausgeschieden und fliesst dann zu förndieheu Ueberzügeu zusammen. Sehr häufig stammt der zuckerige, glänzende Belag aber auch von Blattläusen her, welche denselben aus dem Zellsaft der Blätter aufnehmen und in anderer Form wieder abgeben. So enthält der von Blattläusen herstanuuende, süsse Saft neben Glukose und Dextrin noch Melezitose, einen der Saccharose verwandten, nicht reducirenden Zucker. Derselbe wurde von Berthelot zum ersten Mal aufgefunden, und zwar in der Manna von Briaueon, welche in süd- lichen Ländern die gemeine Lärche (Larix europaea) aus den Nadeln ausschwitzt. Der von den Blättern selbst ausgeschiedene Zucker enthält dagegen neben ver- schiedenen anderen Kohlehydraten die echte Saccharose. Die Bienen verwenden unter Umständen auch diese Säfte und zwar meist dann, wenn ihnen kein Blüthen- nektar zur Verfügung steht. Falls der von den Blättern abgesonderte Honigsaft nicht scharf und harzig ist, wie bei der Silberpappel, ziehen die Bienen ihn dem von Blattläusen erzeugten vor. Indessen verschmähen sie zu Zeiten der Noth selbst den Zucker aus dem Urin Zucker- kranker nicht. Interessant ist die Abhängigkeit der spontanen Honig- absonderung der Blätter von Feuchtigkeit, Wärme und Licht. Dunkelheit und Feuchtigkeit wirken beschleunigend auf die Ausscheidung, während die Temperatur keinen oder einen nur geringen Einfluss auszuüben scheint. Es ergiebt sich daraus, dass in der Nacht und am frühen Morgen die leldiafteste Absonderung statthat, während sie im Laufe des Tages auf Null sinkt. Im Gegensatz dazu sondern die Blattläuse den Zucker vorwiegend am Tage aus. Ferner ergiebt sich aus den eben mitgethcilteu, durch geeignete Versuche ermittelten, günstigen oder hemmenden Factoren, dass die am Tage sistirte Aus- scheidung durch Verdunkeln nnd Ueberführen in einen feuchten Raum jederzeit künstlich hervorgerufen werden kann. R. K. H. Moissan hat in den Compt. rend. 122, 1088 bis 1093 „über Darstellung und Eigenschaften des Urans" berichtet. Als Ausgangsmaterial zur Gewinnung des freien Metalls wählt Verfasser anstatt des bisher üblichen wegen seiner stark hygroscopiscben Eigenschaften schlecht ver- wendbaren Uranchlorürs (ürOL,) das hiftbeständige Doppel- salz des Urantetrachlorids nnt Chlornatrium (ürCl42NaCl), das leicht durch Ueberleiten der Dämpfe von Uranchlorür über zur Rothgluth erhitztes Cidornatrium bereitet werden kann. Aus dieser Doppelverbindung lässt sieh das reine Uran entweder durch Glühen im eisernen Rohr mit me- tallischem Natrium 2[(UrCl42NaCl) + 8Na = 12NaCl -f Ur,)] unter Ausschluss der Luft oder durch Elektrolyse in einer Wasserstoff'atmosphäre erhalten. Noch mehr empfiehlt es sich, zur Isolirung des Metalis, ein inniges Gemisch von Uranoxyd und Kohle im elektrischen Glühofen zu glühen, wobei sich die Kohle auf Kosten des Sauerstotfgehalts des Uranoxyds oxydirt, bis schliesslich rein metallisches Uran resultirt. Alle diese Wege liefern sehr gute Aus- beuten. 10f3 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. XII. Nr. 9, zeigt ciustimmungen Das erhaltene Metall ist von rein weisser Farbe und hinsichtlieh seiner Eigenschaften mannigfache Ueber- mit dem Eisen, so besitzt es die Fähig- keit, von der Oberfläche aus Kohlenstoff aufzunehmen, lässt sich härten und oxydirt sich sehr leicht. Mit den Halogenen verbindet sich das fein gepulverte Metall unter Feuererscheinung, die Vereinigung mit Sauerstoff" tritt bei Temperaturen, die über 170" liegen, ein, während die Combiuation mit Schwefel erst bei 500" erfolgt. Das entstandene üransulfid entwickelt bei Zusatz von Salzsäure Schwefelwasserstoifgas. Bemerkenswert!! ist ferner die grosse Verwandtschaft bei der Darstellung des Me- Luft Sorge des Urans zum Stickstoff; talles muss man deswegen für Ausschluss der tragen. — In fein vertheiltem Zustande wirkt das Uran schon in der Kälte zersetzend auf Wasser ein. Einen Einfluss auf die Magnetnadel besitzt das Uran nicht. A. Sp. lieber das Vorkommen von AmmoniakstickstofF im Urge.stein hat H. Erdmann bei gelegcntliclien Unter- suchungen über Argon und Helium berichtet. (Ber. D. Chem. Ges. 29,1710.) Bei spectroskopischen Studien finnischer und skandinavischer Mineralien konnte Ver- fasser neben mehr oder weniger Helium die für den Stick- stoff" charakteristischen Linien constatiren, wenn er das fein gepulverte Mineral nach Zusatz von Kaliunibichromat erhitzte und das entwickelte Gas im I'lückcrrohr der Analyse unterwarf. Diese Erscheinung trat ganz beson- ders auffallend hervor bei zwei finnischen, dem Polykras und Euxenit nahe verwandten Mineralien, die sich Nähe des Ladogasees in beträchtlicher Menge in der finden. Das cuxenitartige Mineral zeigte neben dem gelben und grünen Helium nur massig helle Stickstoffliuien, wäh- rend das dem Polykras ähnliche zwar kein Helium, dagegen ein ungemein helles und scharfes Stickstoff'- spectrum aufwies. Da beim Erhitzen dieser Mineralien mit Natronlauge Ammoniak entwickelt wird, so ist die Bindungsform des Stickstoff's bestimmt. Unwahrscheinlich ist es, dass dieser Ammoniakstickstoflfgehalt durch eiue Bindung atmosphärischen Ammoniaks durch die sauren Mineralbestandtheile herbeigeführt ist, da die Mineralien beim Liegen an der Luft, wie analytische Daten beweisen, keine Vermehrung, sondern eine mit der Zeit zunehmende Abnahme ihres Stickstotfgehaltes zeigen. Aus einer beträchtlichen Reihe von Mineralanalysen ist ganz allgemein das Vorkommen von Ammoniakstickstoff" im nordischen Urgestein ersichtlich; wir entnehmen der interessanten Arbeit au dieser Stelle folgende analytische Daten : Cohimbit von Mosa: 3,8671 g gilben 0,007 pCt. N- Yttrotitanit von Avendal: 1,8142 g gaben 0,018 pCt. N. Orthit von Arendal: 1,1465 g gaben 0,014 pCt. N. Ytterspatli von Hitteroe: 4,0.515 g gaben 0,006 pCt. N. Eu.xenit von Arendal: 4,1722 g gaben 0,0U2 jiCt. N. Fergusonit von Arendal: 6,7182 g gaben 0,005 i)Ct. N. Gadolinit von Hitteroe: 9,0876 g gaben 0,002 pCt. N. Aeschyuit von Hitteroe: 2,5293 g gaben 0,004 pCt. N. Samarskit: 2,3348 g gaben 0,004 pCt. N. Alle diese schön krystallisirten Mineralien enthielten ausserdem seltene Erden neben mehr oder weniger Helium. Im Gegensatz zu Tilden, der eine Occlusion des Edel- gases Helium in diesen Urgesteinen annimmt, glaul)t Erd- mann in Uebereinstimmung mit dem wonnenen Resultat auf eine Bindung des Heliums an irgend ein Element schliesseu zu müssen. Diese nordischen Urgesteine, die im Stande sind, unter atmosphärischen Einflüssen Ammoniakstickstofi", das heisst mit anderen Worten, gebundenen Stickstoff abzu- spalten, müssen, fährt Erdmann fort, vor der Existenz gebundenen Stickstoffs tliierischer Herkunft von hervor- ragender Bedeutung für die Entstehung und Ernährung unseres vorweltlichen Pflanzeulebeus gewesen sein. Für die heutige Landwirthschaft aber dürfte die Existenz eines mineralischen Stickstoff's, der beim Verwittern des Gesteins in einer von den Pflanzen ohne Weiteres assimilirbaren Form zu Tage tritt, nicht ohne Bedeutung sein. A. Sp. vom Stickstoff" ge- Kanada, welches in der Ausgestaltung und Amelio- rirung seines Wasserstrasseuuetzes bereits so Gross- artiges geleistet hat, ist augenscheinlich nicht gesonnen, sich mit dem Erreichten auf die Dauer zufrieden zu geben, sondern es bemüht sich eifrig, den gesteigerten Ansprüciien der Zeit hinsichtlich der Tiefe und Weite seiner Kanäle und Ströme so viel als irgend möglich gerecht zu werden, und es darin der Union nicht blos gleich zu thun, sondern ihr vorauszueilen. Den neuesten wichtigen Schritt in dieser Richtung bezeichnet die am 13. Juni v. J. erfolgte Eröff'nung des kanadisclien St. Mary-Kanales, der die bekannte Schnellenreiiie zwischen dem Oberen See und Huronen-See auf der Nordseite umgeht, und der bei einer Länge von 5,5 km 46,3 m Oberflächeuweite, 44,2 m Bodenweite und 6,1 m Tiefe hat. Die grosse Schleuse, welche 274 m lang, 18,3 m breit und 6,7 m tief ist, vermag drei Schiffe zugleich aufzunehmen. Der bisher im Betriebe gewesene vereinsstaatliche St. Mary-Kanal, der betreffs seines Verkehres (1894 13,1 Million Tonnen oder 10 208 Dampf- und 3676 Segelschiff"e) seit einigen Jahren sogar den Suez-Kanal weit in den Schatten stellt, kommt dem neueröffneten kanadischen Kanäle also in seinen Dimensionen und in seiner For- derungskapazität bei weitem nicht gleich. Dagegen wird dies allerdings der Fall sein mit dem zur Zeit noch im Bau begriffenen neuen Kanäle, den die Unionsregierung auf der Michiganer Seite des St. Mary River herstellt, und dessen Schleuse zwar nur 244 m lang und 6,4 m tief, aber 30,5 m breit ist, so dass sie vier Schiffe zugleich zu fassen vermag. Die Vertiefung des den Niagarafall umgehenden Welland-Kanales, der jetzt nur 4,2 m tiefgehende Fahr- zeuge passiren lässt, ist im Werke, und die Vertiefung der Lorenzo-Kanälc, zwischen dem Ontario-See und Mon- treal ist in Aussicht genommen, so dass es grossen See- schiff'en (von 6 m Tiefgang) voraussichtlieh schon in einer sehr nahen Zukunft möglich sein wird, auf der kanadischen Seite der grossen Lorenzo-Wasserstrasse bis in das Herz des nordanierikanischen Erdtheils vorzudringen. E. Deckert. Aus dem wissenschaftlichen Leben. Ernannt wurden: Der ausserordentliche Professor für Kehl- Icopf- und (^»irenkrankhoiten in Rostock Dr. (Hto Körner zum ordcntliclien Professor; der ausserordentliche Professor der Mine- ralogie und Geologie an der technischen Hoclischule zu Karlsruhe Dr. Karl Futter er zum ordentlichen Professor; der Privat- docent der angewandten Zoologie in München Dr. Pauly zum Professor und Vorsteher der zoologischen Abtlieilung der forst- lichen Versuchsanstalt daselbst; der Hilfsl)ibliothckar an der Kgl. Bibliothek zu Berlin Dr. Laue zum Bibliothekar; der Privat- docent der Anatonno in Zürich Dr. Felix zum Professor; _ der Privatdoccnt der Physiologie in Heidelberg Dr. Karl Kaiser zum Professor. Berufen wunlen: Der praktische Arzt Dr. Hahn in Glogau als Assistenzarzt an die Breslauer Universitiits-Frauenklinik; der XII. Nr. 0. Niiturwissenschaftliehe WocLenscLrilt. 107 Professor der Philosophie in Äberdeen Dr. Ward als Professor der Logik, und Psychologie nach Cambridge. Es habilitirtc sich: Dr. Wentsclier aus Hamburg für Philo- sophie in Bonn. Es starben: Der frühere ordentliche Professor der Mathematik in Berlin Dr. Karl Weierstrass; der Vorsteher der ethno- gr;i|ihischen Abtheilung ain Nationalmuseum in Kopenhagen Bahne Christian Bahnson; der ehemalige Professor der Medizin in Caleutta Monat in London; der Professor in der medicinischen Fakultät zu Petersburg Dr. Zdeckauer; der Botauiker und Geograph L. Kärnbach in Kaiser-Wilhelmsland. Der XII. deutsche Geographentag findet in Jena vom 21. bis 24. April statt. Zur Feier seines 75jährigen Bestehens veranstaltet der Verein zur Beförderung des Gartenbaues in Berlin vom 28. A)u-il bis 9. Mai dieses Jahres eine „Grosse allgemeine Gartenbau-Ausstellung". Auf derselben sollen nun auch einmal die eigentlichen Liebliaber, d. h. diejenigen, welche ihre PHanzon ohne gärtnerische Hilfe selbst cuitiviren, zur Geltung kommen. Alle diejenigen, welche im Besitze schöner oder seltener Zimmerpflanzen sind, werden aufgefordert, dieselben zur Ausstellung zu schicken. Der Verein hat für diese Gruppe Medaillen und Ehrenpreise im Werthe von über 20ÜÜ M. bewilligt. Der Zweck der Veranstaltung ist, zu zeigen, bis zu welcher Vollkommenheit PHanzen im Zimmer ge- bracht werden können, und dadurch die Liebhaberei für Pflanzen selbst zu heben. Natürlich werden diese Liebliaber nur unter sich eoncurriren. andererseits wird vorausgesetzt, dass die aus- gestellten Pflanzen schon längere Zeit in der PHege der Aussteller sind. Diese Gruppe wird einen besonderen Raum einnehmen. Der Unterzeichnete ertheilt jedwede Auskunft und nimmt Anmeldungen entgegen. Die Ausstellung findet im Treptower Park zu Berlin statt. — Genoralsekretär des Vereins ist Geheimrath L. Wittmack. Dr. Udo Dammer, Custos des Botanischen Gartens zu Berlin. L i 1 1 e r a t u r. Prof. W. C. Brögger und Schriftsteller N. Rolfsen, Fridjof Nansen 1861-1896. Deutsch von Eugen von Enzberg. Mit (.trigiualzeichnungen von Chr. Krohg, Utto Sinding, E. Werenskiold und photographischen Aufnahmen in Grön- land von Dr. Erich von Drygalski. 2. Aufl. Fussingers Buchhandlung in Berlin 18:i6. — Preis 9 M. Das hübsche, in der Original-Ausgabe in Norwegen erschienene Bucli berichtet in anziehender, geujeinverständlicher, gediegen feuilh'tonistischer Weise über den Entwickelungsgang Nansens, seine Jugend, Arbeit, Berufsthätigkeit, seine Fahrten nach Grön- land und (soweit sich dies jetzt schon ausführen Hess) nach dem Nordpol. Nansen ist so po])ulär geworden, dass das Buch ganz geitgeinäss, ja für das grosse Publikum ein BedUrfniss zu nennen ist. Die Abbildungen verauschaulichen sehr gut das, was landschaftlich und die Person Nansens betreffend in Frage kommt; sie orientiron über die Natur des Nordlandes, und kartographische Beila,gen geben weitere geographische Auskunft. Soweit geo- logische und sonstige naturwissenschaftliche Gegenstände berührt werden, geschieht das in passend populärer Weise, kurz, das Buch muss den Kreis, für den es geschrieben ist, durcliaus befriedigen. Der vorliegenden deutschen Ausgabe ist ein Anhang beigegeben (S. -llö — 478) mit einem Abschnitt des Grönlandreisenden Dr. Erich von Drygalski „Grönland und der Nordpul", dessen dem Werk eingeschaltete, gute photographischo Aufnahmen einen beson- deren Werth haben, ferner mit einer Zusammenstellung von Deutschlands Autheil an der Polarforschung und endlich mit einem Aufsatz über die Ergebnisse der Nordpolexpeditioneu 1893 bis 1896. Schlitzet die Thiere! Mahnworte an die Jugend von Karl Geliring, Paul Weiser und Ernst Ronck. Drei Preis- arbeiten der Section für Thierschutz in Gera (Reuss). 3. Aufl. mit 26 Abbildungen. Theodor Hofmann. Gera 1894. — Preis 0,30 M. Das für die Jugend empfehlenswerthe Heft ist eine der von dem Geraer Thierschutzverein preisgekrönten Arbeiten über die Frage : „In welcher Weise kann die Jugend durch Thuu und Lassen praktisch Thierschutz üben?" Es ist sehr geeignet, der Jugend einige wichtige Kenntnisse aus dem Eleuientarsten der Zoologie beizubringen. Dr. Joachim Sperber, Das Parallelogramm der Kräfte als Grundlage des periodischen Systems in der Chemie. — Zürich. Verlag von E. .Siieidel. — Preis 1,50 M. Die aus dem periodischen System unzweifelhaft zu ziehende Grundfolgerung ist die, dass die verschiedenen Elemente Coa- densationen ein und derselben Urmaterie darstellen. Die physikalischen und chemischen Eigenschaften der Ele- mente sind periodische Functionen der Atomgewichte, wie die geometrischen Functionen: sin., cos., tangens, cotangens periodische Functionen der Winkel sind. Die Ueberlegung, dass verschiedene Quantitäten der Urmaterie, z. B. ein Gewichtstheil Wasserstofl^, 7 Gewichtstheile Lithium, 22,99 Gewichtstheile Natrium einander äquivalent sind, und dass des Weiteren die- selbe Quantität Urmaterie z. B. 35,37 Gewichtstheile Chlor 1—7- werthig sein kann, fülirt Verfasser zu dem Schluss, dass die Atome unter bestimmten Winkeln zu den allen Molekülen eigenen longi- tudinalen Schwingungen in Verbindungen treten, so zwar, dass die Valenz nur den Werth der Componente augiebt, die das Atom in die resultirendo Verbindung liefert. Die Valenz eines Atomes ist also abgesehen von dem Atom- gewichte noch von dem Winkel abhängig, unter welchem es in Verbindung tritt. Diesen Winkel nennt Verfasser Aequivalent- winkel, da er ver.schiedene Gewichtsmengen äquivalent macht, das Aequivalentgewicht oder die Valenz eines Elementes bestimmt. Unter der Annahme rechtwinkliger Componenten ergiebt sich aus dem Parallelogramm der Kräfte V ^ et cos 'f, wo « das Atomgewicht, v die Valenz und 'f den Aequivalent- winkel eines Elementes bedeutet. Mittels dieser Valenzgleichung hat Verfasser für alle Elemente den Aequivalentwinkel berechnet und schliesslich ein periodisches Winkelsystem aufgestellt. Das Minimum des Aequivalentwinkels ergiebt sich für Kohlen- stoff als 70,47", das Maximum von rund 8;i,70" für Gold, (.Queck- silber und Thallium. Das Minimum von 0" gehört dem Aequi- valentwinkel des Wasserstoffs an. Das grossmöglichste Maximum ist 90°; aus der aufgestellten Valenzgleichung aber würde für ein Element mit diesem Maximum des Aequivalentwinkels eine Va- lenz ^ 0 folgen; die Atome dieses Elementes würden keine chemische Verbindung eingehen, senkrecht zu den longitudinalen Schwingungen der anderen Elemente schwingen, das heisst mit anderen Worten, transversale Schwingungen ausführen ; es wäre möglich, dass dieses Element der kosmische Aether sei, der ja bekanntlieh transversale Schwingungen ausführt. Die Ijehre von der constanteu Valenz der Elemente ist vom Standpunkte des periodischen Winkelsystems zu verwerfen. Die Valenz ist von dem Winkel abliängig, unter dem ein Element in Verbindung tritt; dieser Winkel ändert sich mit Druck, Tempe- ratur, Elelitricität, Licht u. s. w.; mit dem Aequivalentwinkel aber ändert sich auch die Valenz. Unter Zugrundlegung seiner Theorien schreitet Sperber zur Berechnung bereits bekannter physikalisch-chemischer Constanten. Die Wärmetönungeu der Halogenwasserstotfe, des Wassers und des Ammoniaks bieten' geeignete Daten. Die befriedigenden, theils überraschenden Uebereinstimmungen der bekannten, durch directe Messungen gewonnenen thermocliemischen Zahlen mit dun Werthen der Wärmetönungen, die sich aus den Berechnungen er- geben, erhärten die Sperber'schen Theorien in hohem Grade. Am Schluss der Abhandlung zeigt Verfasser, dass auscheiuend die Affinität zweier Atome um so grösser, je kleiner der Winkel ist, den sie miteinander einschliessen. Sperber gedenkt seine Berechnungen zum Ausbau seiner Theorie fortzusetzen und die Resultate in passenden Journalen niederzulegen; den weiteren Ausführungen ist mit Interesse ent- gegenzuzehen. Dr. A. Sp. Inhalt: 68. Versammlung der Gesellschaft deutscher Naturforscher und Aerzte zu Frankfurt a. M., vom 21.— 26. September 1896. (111.) — Tuberkelbacillen in einem nicht der Krankenpflege dienenden Raum. — Neuere Versuche über künstliche Badeschwamm- kultur. — Die Litoralfauna von Ternate. — Ueber die Beziehungen der myrmekophilen Lepismiden zu den Ameisen. — Absonderung von Zucker in Tropfenform aus den Blättern verschiedener Pflanzen. — Darstellung und Eigenschaften des Urans. — Ueber das Vorkommen von Ammoniakstiekstoff im Urgestein. — Die Ausgestaltung und Ämeliorirung des Wasser- strassennetzes von Kanada. — Aus dem wissenschaftlichen Leben. — Litteratur: Prof. W. C. Brögger und Schriftsteller N. Rolfsen, Fridjof N.insen 1861 1896. — Schützet die Thiere! — Dr. Joachim Sjjerber, Das Parallelogramm der Kräfte als Grundl.age des periodischen Systems in der Chemie. lOR Natuvwissenschaftlicbe Wochenschrift. XII. Nr. 9. !♦♦♦♦♦♦♦ ♦♦♦♦♦♦♦♦ ♦♦♦♦♦♦♦♦ »♦♦♦♦♦♦♦ ♦♦♦♦♦♦♦! von Poncet Glashütten -Werke 54, Köpnickerstr. 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Die Insekten -Börse Internationales Wochenblatt der Entomologie ist für Entomologen un'l Naturfreunde das hervorragendste Blatt, welches wogen der be- lehrenden Artikel, sowie seiner internationalen und grossen Verbreitung betreffs Ankauf, Ver- kauf und Umtausch aller Objecto die weit- gehendsten Erwartungen erfüllt, wie ein Probe-Abonnementlehren dürfte. Zubeziehen durch die Post. Abonnements - Preis pro Quartal Mark 1.50, für das Ausland per Kreuzband durch die Verlags -Buchhandlung Frankenstelu k Wagner, Leipzig, Salomon- strasse 14, pro Quartal Mark 2.20 = 2 Shilling 2 Pence = 2 Er. 75 Cent. — Probenummern gratis und franco. — Insertionspreis pro 4gesp3lteue Borgiszeile Mark — .10. Ferd. Dümmlers VerlagsbucbhandluDg in Berlin SW. 12. In unserm Verlage erschien: Elementare Reclniuiigeii aus der matliematisclieu Geograpliie für Frennde der Astronomie in ausgevrählta Kapitcla gemeinverständlich begründet nnd Torgeführt von O. tVeidefeld, Oberrossarzt a. D. Mit einer Figui-entafel. 64 Seiten gr. 8». Preis 2 Mark. Über geosrapMsclie Ortstiestiniiiiiiüieu ohne astronomische Instrumente. Von Prof. »r. F. Harzer, Dircctor der Herzoglichen Sternwarte zu Gutlia. Mit einer Tafel. (Sonder-Abdruck aus den Mitteilungen der Vereinigung von Freunden der Astronomie und kosmiacbcn Ptiysik.) 53 Seiten Lex. 8". — Preis 1.2u M. I Wasserstoff Sauerstoff. Dr. Th. Eilco -C— NH 11 N oi CH C- I HN C= -NH ^f --CO (IlarnsJlure) (Xiintliin) zugeschrieben werden muss. Der Unterschied liegt, wie leicht ersichtlich, einerseits in der Anzahl der Sauerstoff- atome, andererseits an den verschiedenen Bindungsverhält- nissen und der Stellung der WasscrstotVatome. Vor kurzer Zeit habe ich über die Synthese der ;'-Dimethylharnsäure *) CH3N CO i OC C— NH I II >< CHoN C— NH (y-Dimethylharnsiuiro) =co i *) Diese Zeitsclirilt vom 11. Octobor 18i)ü. XII. Nr. 10. Niitiiiwisseiiscliaf'tlielie Woclicii.scliritt. 117 l)criclitct; durcli Erliitzeii dieses Körpcr.s mit Phosphor- oxyelilorid und l'bd.sphorpcntaclilorid crliaiten Fisclicr und Aeh das Cldorderivat des Tiieopliyllin.s CVH.N^OoCI, das aus Alkdiiol in feinen Nadein kiystallisirt, bei cirea 300" scliniilzt und saure Reaetion besitzt. Durch Reduction nnt Jodwasserstot!' gelit das Chlor- tlieopbyllin in Tiieopbyllin über. Erwärmt man ersteres auf dem Wasserbade mit der achtfaehen Menge starker Jod- wasserstoflfsäure uuter Zusatz von Jodpliosi)lioniuni, so lost es sieb, und nach 20 Minuten ist die Reduetion beendet. Beim Eimiampien zur Trockene hinterbleibt jodwasserstoff- saures Tiieopliyllin. Giebt man zu einer wässerigen Lö- sung dieses Salzes Ammoniak bis zur alkalischen Reaetion und verdampft den Ueberschuss des letzteren, so erhält man beim AbkiUilen das Theophyllin in farblosen Nadeln. Durch Methylirung der Base nach den Angaben von Kossei erhält man schliesslich das Caffein. Fischer giebt der besseren Ucbersicht halber eine Zusamnicnstelluni;- der wichtigsten Phasen, die ich hier aus dcmsell)en Grunde folgen lassen möchte: CH3 • NH I CO COOH I CH, CH3 . N- -CO CO CH, 2 H.,0 CH3 • NH (Dimethyl COOH harnstoff) (^'"'^'"«ii">-e) CHo . N CO II. CO CHo + HNO, CIL, • N CO (Diiiietliylbaibitiirsäiiru) CH, • N CO I CO C : NOII + H.,0 CH.,.N CO CH3 . N CO (Dinietliylviülursiuire) Die letzte Verbindung lässt sieh durch Reduction leicht in Dimethyluramil und dieses durch Kaliumcyanat in Diniethylpseudoharnsäure umwandeln, aus welcher bein) Schmelzen mit wasseifreier Oxalsäure unter Wasseraus- tritt die ;'-Dimcthylharnsäure resultirt: CH, • N CO ni. CO CH • NH ■ CO • NH, CH3 • N CO (Dimethylpsoudoharusiuirc) CHs-N CO CH3-N CO IV. CO CH-NH-CO-NHo^ CO C • NH +H.,0 CHj-N CO CHs-N CO I II >co CH3.N — C-NH (y-Dimetliylliarnsäure) CH,-N — CCl V. CO C.NH-f-PCl5= CO C-NH +POCI3 + H.O I li >co 1 I ■>co CHg-N NH CHg-N — C:N (Clilortlieophyllin) VI. Die letzte Verbindung- giebt bei der Reduction Theophyllin und dieses bei der Methylirung Caft'ein: CH3 • N CH 1 II CO C - NCH3 I i :::;:C0 CH3 - N C : N (Caffein) Leider ist wegen der grossen Anzahl der Operationen, die natürlicherweise auch bedeutende Kosten nach sieh ziehen, an eine fabrikmässigc Herstellung des Calfeins auf diesem Wege nicht zu denken. Gelänge es indessen, die Harnsäure durch Methyliren dircct in j'-Dimethylharnsäure umzuwandeln, dann würde ohne Zweifel sofort auf indu- striellem Wege mit der Darstellung des Cafieins nach der Fischer'schen Vorschrift vorgegangen werden. Die wcrth- vollen Eigenschaften des Catfeins beruhen bekanntlich in der physiologischen Wirkung auf unseren Organismus; Kaffee und Thee verdanken dem Caft'ein ihren stark belebenden Einfluss auf Nerven- und Herzthätigkeit. Die Lösung des Problems der billigen Herstellung dieses Körpers auf synthetischen) Wege böte ein Mittel, an einen wirklichen Ersatz dieser allbeliebten Getränke zu denken. Dr. A. Sp. Einen beachtenswerthen Beitrage: zur Keimtiiiss des Erdbebeiipliänonieiis im Gebiete der unteren Donau liefert Math. M. Draghicenu in einer unlängst erschie- nenen Abhandlung „Les tremblements de terre de la Roumanie et des pays environnants, Bucarest 1896". Ans derselben erfahren wir, dass, ol)gleich fast nie die Kunde von grossen Katastrophen zu uns gelangt, trotzdem in dem genannten Gebiete Erdbeben durchaus nicht seltene Erscheinungen sind, wenn auch ihre Intensität meist eine geringe ist. Für die Zeit von 1879 bis 1894 v^erden nicht weniger als 12 getrennte Erdbeben aufgezählt, deren einige ziendich beträchtliche Gebiete berührten. Diese Erdbeben stehen, wie die Arlieit mit grosser Klarheit nachweist, in unmittelbarem Zusammenhange mit dem tektonischen Aufbau des Gebietes. Wir haben es hier, zu beiden Seiten der transsylvanisehen Alpen, in Sieben- bürgen und Rumänien, mit Senkungsfeldern zu thun, die von mehreren sieh kreuzenden Bruchsteinen durchsetzt sind, sodass das ganze Gebiet in eine grosse Zahl ein- zelner Horste und Gräben zerlegt ist. Die Erdbeben legen nun Zeugniss davon ab, dass die Weiterbildung dieses ziemlich verwickelten Aufbaues auch heute noch andauert. G. M. Aus dem wissenschaftlichen Leben. Ernannt wurden: Der ordeutliclie Professor der Physik in Göttingen Dr. Riecke zum Geheimen Regieruugs-Rath; Assi- stent Job. Sobotka an der Wiener technischen Hochschule zum ausserordentlichen Professor der darstellenden Geometrie; der Privatdocent der Palaooutologie und Assistent an der palaeontologischon Staatssamnilung in München Dr. Pom- pecki zum Custos; Amanuensis Dr. Frankfurter an der Uni- versitäts-Bibliothek in Wien zum Skriptor und Praktikanton; Dr. Tasser zum Amanuensis daselbst; der Privatdocent in der medizinischen Fakultät zu Berlin Dr. Rosen heim zum Professor; Oberarzt Dr. Louis Karl Rehn am städtischen Krankenhaus in Frankfurt a. M. zum Professor; Prof. Dr. Ruffer an der medi- zinischen Schule in Kairo zum Präsidenten des Qurautäneamts daselbst; der Privatdocent der Botanik in Bonn Dr. Noll zum. Professor-. Berufen wurden: Der ausserordentliche Professor der Hygiene in Berlin Dr. Erich Wem icke als ordentlicher Professor nach Marburg; der Privatdocent der Gährungs-Phvsiologie und Bakterio- logie an der technischen Hochschule in Stuttgart, Dr. Franz Lafar als Professor an die technische Hochschule in Wien; der ausserordent- liche Professor der Pliilosophie in Rostock Dr. Bethe nach Basel; Oberlehrer Dr. Euling am Gymnasium in Bingen als Bibliothekar an die Akademie in Münster; der ausserordentliche Professor Dr. Hildebrandt und Privatdocent Dr. Grawitz in der medi- zinischen Fakultät zu Berlin als dirigirende Aerzte aus Kranken- haus in Charlottenburg; Dr. Sieben topf am mineralogischen Institut in Göttingen ans mineralogische Institut in Greifswald. Es habilitirte sich: Dr. Sachs in der medizinischen Fakultät in Breslau. Seiner Stellung enthoben wurde der ausserordentliche Pro- 118 Naturwissenscliaftlichc Woelicnsclinft. XII. Nr. 10 f'essoi- der darstellenden Geometrie an der tochnischeu Hochschule in Wien Kuglmayer. Es starben: Geh. Sanitätsrath Dr. Karl Hertz in Bonn; der Astronom Wilhelm Döllcn in üorpat; der Professor der Klektroteclmik in Turin Senator Ferraris; der ehemalige Pro- fessor der Experimcntalwissenschaften am Kings' College in London Charles Tomlinson; der Geh. Ober-Medicinal-Rath Dr. Max von Seh leiss- Lo e wen f eld in München. Der Kampf um den Nordpol. Scenisch ausgestatteter Vor- trag. Unter Benutzung betreffender Originalwerke zusammen- gestellt von Dr. M. Wilhelm Meyer. Dioramen von den Herren Härder, Hartmann und Kranz, unter theilweiser Mitwirkung der Herren Julius von Payer und des Landschaftsmalers A. Normann. Vorgetragen von Herrn Thies. Am 23. Februar hatte die Direction des W issenschaf fliehen Theaters der Urania zu Berlin in ihr neues Gebäude in der Taubenstrasse Männer der Presse und andere Geladene voreinigt, um als Generalprobe eine Premiere „Der Kampf um tien Nordpol" vorzuführen. Die Direction weiss das Zeitgemässe zu ergreifen, und bei dem in Aussicht stehenden Besuch Nansen's in Berlin, dem von Seiten der Gesollschaft für Erdkunde am 3. April eine Ovation bereitet werden soll, bei welclier Gelegenheit Nansen einen Vortrag über seine Xordpol-Expedition halten wird, wird es dem grossen Laien-Publikum um so lieber sein, Gelegenheit zu haben, sich über die Vorgänger Nansen's, die in der ITrania-Vorführung besonders gewürdigt werden, in aller Kürze be(|uem und unter- stützt durch prächtige theatralische Scenerieen zu unterrichten. Um eine kleine Vorstellung von dem Gebotenen zu geben, drucken wir in Folgendem die Disposition der Vorführung ab. 1. Akt. Die zweite deutsche No rdpolex|>editi on. 1. Scene: Die nördlichste Ansiedelung der Welt. 2. Scene: Die Germania und Hansa im grönländischen Eismeere. 3. Scene: Der Untergang der Hansa. 4. Scene: Die Hansamänner auf der Scholle. 5. Scene: Das Weihnachtsfest der Polarfahrer. G. Scene: Der Franz-Josephs-Fjord. — 11. Akt. Die iister reichisch-un- garische Expedition. 7. Scene: An Bord des Tegetthof. S. Scene: Die lange Wiuternacht. 9. Scene: Die Entdeckung von Franz-Josephs-Land. 10. Scene: Das einsamste Grab des Erd- kreises, ii. Scene: Bärenjagd am Kap Tyrol. 12. Scene: Inder (ilotscherspalte. 13. Scene: Das Säulenkap. 14. Scene: Rettung auf Nowaja-Semlja. — III. Akt. Nansen, 'lö. Scene: Die Ab- reise. IG. Scene: Der Virgo-Hafen von Spitzbergen. 17. Scene: Die Triumphfahrt der Fram. L i 1 1 e r a t u r. Dr. Th. Achelis, Moderne "Völkerkunde, deren Entwickelung und Aufgaben nach dem heutigen Stande der Wissenschaft gemeinverständlich dargestellt. Stuttgart, Ferdinand Enko 1896. 8", VIII u. 487 S. — Preis 10 M. Ans zwanzig Büchern das einundzwanzigste zu machen, ist niemals eine grosse schöpferische That, kann aber unter Umständen doch recht nützlich, ja manchmal sogar wirklich verdienstvoll sein — wenn es mit Sachkenntniss und Kritik geschieht. Dem Ver- fasser dieser „Völkerkunde" fehlt es an beiden. Jetzt, bei dem durchaus unfertigen Zustande dieser jungen Wissenschaft, die kaum erst anfängt, nach akademischer Vertretung zu ringen, eine populäre Völkerkunde zu schreiben, ist freilich eihe Aufgabe, an der auch ein Grösserer scheitern könnte, — aber dass Ziele und Wege dieser Disciplin ganz andere sind, als Herr Achelis annimmt, scheint doch auch jetzt schon festzustehen. Der Unfug, der lange genug schon mit dem unverstandenen Schlag- worte „Völkergedanken" getrieben wurde, wird mehr und mehr als solcher erkannt und neben dem Suchen n;ich gemeinsamen psychischen Veranlagungen könnte das Studium ue(llinburg am Harz. — Verbindlichsten Dank! Den in i)hntographischer Nachbildung übcrsamlten Farn- rest aus der subhercynischen Kreide würde der ])alaeozoische Palaoo- phytologe als Alothopteris bezeichnen; es empflehlt sich, diesen Gattungs-Namen für Ihren Rest beizubehalten, solange nicht durch die Auffindung von genügend erhaltenen Sori die nähere natür- liche Zugehörigkeit erkannt ist. Dem Umriss nach erinnert ihr Rest an Alethopteris decurrcns (Artis) Zoiller des produc- tiven Carbons (vergl. die Abbildung tlieser Art z. B. in meiner Abhandlung „Die floristische Glieilerung des deutschen Carbon und Perm". Abhandlung der Kgl. Preuss. geologischen Landes- anstalt. Berlin 1896 S. 27, Fig. 17. Wird reproducirt in meinem im Erscheinen begrifl'enen „Lehrbueli der Pflanzenpalaeontologie"), abgesehen von den bemerkenswerthen Spitzengabelungen der Fiedern 1. Ordnung Ihres Restes. Solche Gabelungen kommen aber, wenn auch nur vereinzelt, an Exemplaren und als Rarität bei Alethopteris des Palaeozoicnms auch vor (vergl. meine „Flora des Rothliegenden von Thüringen", Abhandlungen der Kgl. Preuss. geologischen Landesanstalt. Berlin 1893. Tafel X, Fig. 2). H. P. Herrn B. Ray in Stettin. — 1. Von B. Aucrswald's Bota- nisehen Unterhaltungen zum Vorständniss der heimathlichen Flora („Vollständiges Lehrbuch der Botanik in neuer und praktischer Darstellungsweise". Mit 52 Tafeln und 575 Abbildungen. Dritte Auflage bearbeitet von Dr. Chr. Luerssen 1877. Leipzig,' H Mendi'ls- sohn, Ausgabe mit schwarzen Tafeln 9 Mk., mit colorirten Tafeln 15 Mk.) ist eine spätere als die angegebene Ausgabe nicht er- schienen. 2. Ein sehr ausführliches Werk über systematische Botanik sind die von Engler und Prantl herausgegebenen Natürlichen l'Hauzenfamilien (Wilhelm Fngebnann in Leipzig). Das Werk bringt viele Illustrationen (Vergl. Sie die wiederholten Besprechungen in allen Bänden der „Naturw. Wochenschr."); es geht bis auf die Gattungen und die wichtigsten Arten herab, welche letzteren aber nur angeführt oder nur kurz charakterisirt werden. 3. Populäre, ebenso ausführliche und zahlreiche Pflanzen- beschreibungen, wie sie Auerswald bietet, biiul uns nicht bekannt. Andersson, Gunnar, Die Geschichte der Vegetation Schwedens. Leipzig. — 4 Mark. Anleitung zum Sammeln, Konserviren und Verpacken von Thieren für die zoologische Sammlung des Museums für Naturkunde in Berlin. Berlin. — 1,50 Mark. Bersch, Assist. Dr. W., Handbuch der Mass-Analyse. Wien. — 7,20 Mark. Carte geologique internationale de l'Europe. 2. livr. Berlin. — Das einzelne Blatt 4 Mark. Gamgee, em. Prof. Arth. M. D., Die physiologische Chemie der Verdauung mit Einschluss der pathologischen Chemie. Wien. — 14 Mark. Inhalt: Das Reich Sarawak auf Borneo. ~ Frcmdk(ir|ier im menschlichen Magen. — Ueber die Schuppenbekleidung des regenerirten Schwanzes bei Eideclisen. — Die Straussenzucht. — Synthese des Cattcins. — Beitrag zur Keinitniss des Erdbobenphänomens im Gebiete der unteren Donau. — Aus dem wissenschaftlichen Leben. — Litteratur: Dr. Th. Achelis, Moderne Völkerkunde. — C. Cramer, Leben und Wirken von Carl Wilhem von Nägeli. — S. AV. Gessmann, Katecliismus der Sterndeutekunst. — Dr. Franz Werner, Die Reptilien und Amjjhibien rtesterreich-Unirarns und der Gceu|)ationsläuder. - Prof. Dr. Eduard Strasburger, Das bota- nische Practicum. — Dr. Karl Schwippel, Die Erdrinde. — J. Wollheim, Taschenbuch der Chemie. — Prof. Dr. A. Bernthsen, Kurzes Lehrbuch der organischen Chemie. — Franz Bendt, Katechismus der Dift'erential- und Integralrechnung. - Liste. — Briefkasten. 1-2U Naturwissciiscliaft liehe Woche nscliri lt. XII. Nr. 10. Geographische Verlagshandiung Dietrich Reimer (Ernst Vohseu) Berlin SW., Wilholmstrasse 29. Internationale geologische Karte von Europa, besclilossen durcli den intornatioiialen Geologcn-Conf,'ross zu Bologna im Jalire 18S1, aiisgefiilirt nach doii Beschlüssen einer internationalen Coniniission, mit rnterstiitzung der Regierungen, unter der Direetion der Herren Beyrich und H aue li ocorne. Der Siibscriptionsprcis für das gesammte Kartenwerk tieträgt UiJ Mark = 1:17 Ircs. 511 c. Ijie Suhscriptioii verpfiiclitet zur Alinalmie iles ganzen Werkes, walncnd die Zahhnig lici Empfang der einzelnen Liefennigeu. deren Preis sieli nacli der darin enthaltenen Anzahl der lilätter richtet, zu bewirken ist. Einzelne Uliitter werden zum Preise von 4 Mark per Hlatt abgegeben. !♦♦♦♦»♦♦ ♦♦♦♦♦♦♦♦ ♦♦♦♦♦♦♦♦ ♦♦♦♦♦♦♦»♦♦♦♦♦♦♦I von Poncet Glashütten -Werke 54, Köpnickerstr, BERLIN SO., Kopnickerstr. 54. Fabrik und Lager aller Gefässe und Utensilien für ehem., pharm., physical., electro- u. a. techn. Zwecke. 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Dünimlors Verlagsbuchhandlung, Berlin SW. 12. — Druck: G.Bernstein, Berlin SW 12. ^^•:>- ^,vs*^ Redaktion: ? Dr. H. Potonie. Verlag: Ferd. Dümmlers Verlagsbuchhandlung, Berlin SW. 12, Zimmerstr. 94. XII. Band. Sonntag, den 14. März 1897. Nr. 11. Abozmement : Man abonuirt bei allen Buchhandlungen und PosT- anstalten, wie bei der Expedition. Der Vierteljahrspreis ist ^tt 4.— Bringegeld bei der Post 15 ^ extra. Postzeitungsliste Nr. 4954 Y Inserate : Die vlergespaltene Petitzeüe 40 .,X. Grössere Aufträge ent- <3!D sprechenden Rabatt. Beilagen nach Uebereinkunft. Inseratenannahme ^^ bei allen Annoncenbureaux wie bei der Expedition. Abdrack ist nnr mit vollständiger Quellenangabe gestattet. Die Charakteristik der Tonarten. Einer Aufforderung des Herrn Dr. Potoni^, über meiue soeben unter diesem Titel erschienene Arbeit*) ein kurzes Referat zu geben, folge ich mit Vergnügen. Das untersuchte Thema ist zwar schon sehr vielfach Gegenstand heftiger Debatten für und wider gewesen, die sich bis in den Anfang des vorigen Jahrhunderts (Johannes Mattheson 1713) zurückverfolgeu lassen; niemals aber ist es in kritischer und wissenschaftlicher Weise untersucht worden, wenn man absieht von gelegentHchcn Andeutungen, die sich in Helinholtz' „Lehre von den Tonempfindungen" (S. 501 ff.) finden. Was man unter einer Charakteristik der Tonarten zu verstehen hat, liisst sich mit kurzen Worten nur andeuten, nicht auseinandersetzen: Der Streit dreht sich darum, ob die einem und demselben Tongcschlecht**) angehörigen Tonarten hinsichtlich ihrer Ausdrucksfäbigkcit "in merk- barer Weise differiren oder nicht. Eine" Entscheidung über diese Frage ist nicht so leicht zu fällen, als de"r Laie vielleicht denken sollte, denn die Lehre von der Tonarten-Charakteristik hat ebenso viel überzeugte An- hänger wie erbitterte Gegner aufzuweisen. Zunächst einmal ist es klar, dass eine Charakterisi- rung der Tonarten aus zwei völlig verschiedenen Ursachen entspringen kann: entweder indem dem Dreiklang der Tonart selbst irgend ein objectiver eigenartiger Charakter innewohnt, hervorgerufen durch physiologische Processe irgend welcher Art, oder indem man in der Vorstel- *) Die Charakteristik der Tonarten. Historisch, kritisch und statistisch untersucht vom psycho-physiologischen und musika- lischem Staudpunkte aus. Berlin, F. Diinimler. 1897. 1:31 Seiten. gr. Octav. Preis 2 Mk. 40 Pf. **) Dass der Charaktorausdnick des Dur von dem des Moll sehr wesentlich abweicht, wird ja natürlich von keinem halbwegs musikalischen Menschen geleugnet. lung der Tonart eine charakteristische Sonderstellung zusehreibt. Diese letzte Art der Entstehung, welche das Thema auf das Gebiet des Rein-Psychologischen hinUber- spielt, kann natürlich die Aufstellung allgemein gültiger Gesetze nicht zulassen und wird in jedem Einzelfall andere Wirkungen hervorbringen. Motive aber, welche solche „subjektive Tonartencharaktere" hervor- bringen können, sind reichlich genug vorhanden. Da ist zunächst als wichtigster Factor, der eine Vor- stellung von Tonartencharakteren bedingen kann, die Art und Anzahl der Vorzeichen zu erwähnen. Unter allen subjectiven Momenten, welche überhaupt mitspielen können, ist dieses das wichtigste und häufigste. Das vorzeichenlose C-dur ist hinsichtlich seines Charakters „indifferent", und „die Abweichungen nach der Obertouseite (#-Tonarten) erscheinen als eine Steigerung, als hellere, glänzendere, die nach der Untertonseite (b-Tonarten) als dunklere, ver- schleierte" (Meyer's Konversationslexikon Bd. XV, S. 749). An einer Reihe von Beispielen suchte ich diesen Factor auf seine Bedeutung hin zu prüfen und in seine Consequeuzen zu verfolgen. Es ist sicher, dass in vielen Fällen bezw. für gewisse Individuen — denn die Entstehung einer Ton- arten-Untersehiedsempfiudung kann und wird stets indi- viduell verschieden sein — die in Rede stehenden Motive, zumal die Art der Vorzeichen, den Ausschlag geben, doch darf man ihre Bedeutung nicht überschätzen. Wenn die Definitionen für den Ausdruck mancher Tonarten auf die jeweiligen Vorzeichen zurückzuführen sind, so finden sich andererseits auch wieder zahlreiche Aussprüche, welche imbedingt jeden Eiufluss der Vorzeichen ausschliessen. Und vor allem ist eins zu beachten: wir finden fast nirgend, dass den Dur- und Moll-Tonarten mit gleichen Vorzeichen derselbe oder auch nur ein ähnlicher Charakter beigelegt wird, wie man es bei einer Verallgemeinerung 122 Naturwisseiiscbaftliche Wochenschrift. XII. Nr. 11. der obigen Erklärung unbedingt verlangen miisste; viel- mehr sind beide meist völlig inkommensurabel. D-dur z. B. wird durchweg als eine glänzende, kraftstrotzende Tonart analysirt, als „Ton des Triumphes, des Hallelujas, des Kriegsgeschreis, desSiegesjubels", das verwandte H-moU dagegen wird von Hand (Aesthetik der Tonkunst, 1837) ausdrücklich als „weichste Tonart" bezeichnet u. s. w. Ein weiterer Factor, der vielleicht die Vorstellung von den Tonarten zu beeinflussen vermag, wenn auch in noch weit geringerem Grade, ist der Name der Tonart. Aber ganz abgesehen davon, dass diesem Einfluss eine allgemeine Bedeutung schon von vornherein nicht sprechen werden kann, da seine Wirkung in den ver- schiedenen Sprachzonen, ja Dialekten erheblich variiren miisste, ergiebt sich auch auf statistischem Wege, dass jener Factor nur ganz vereinzelt in Betracht kommt. Für die akustisch besonders wirksamen Namen F und Fis z. B. müsste man erwarten, dass die damit bezeichneten Ton- arten dem Klangcharakter des Namens entsprechend durchweg als Grinmi, Wuth und Verzweiflung ausdrückend bezeichnen würden. Wie aber lauten die Schubart'schen Detinitionen? Für F-dur: es „malt Gefälligkeit und Ruhe"; für F-moll: es stellt „tiefe Sehwermuth, Leichenklage, Jammergeächz und grabverlangende Sehnsucht dar; für Fis- dur: sie ist „geeignet, wilde und starke Leidenschaft darzustellen, Triumph in der Schwierigkeit, freies Auf- athmcn auf überstiegenen Hügeln", für Fis-moll: „es ist der Charakter dieser Tonart ein insbesondcrs finsterer: er zerrt an Gewände." ürtheile! Von Stellung der Leidenschaft, Also theilweis wie der bissige Hund am diametral entgegengesetzte einem letzten Factor, der die subjective Vor- vom Charakter einer Tonart zu beeinflussen vermag, wird weiter unten in anderem Zusammenhange die Rede sein. Kurz nur sei in diesem Referat darauf hingewiesen, dass der objective Klang mancher Tonarten auf gewissen Instrumenten charakteristisch abzustechen scheint. So hat für das Klavier schon Helmholtz darauf hingewiesen, dass vielfach zwischen dem Klange der weissen und schwarzen Tasten ein nicht unerheblicher Unterschied besteht, welcher in Folge charakteristischer Färbung des Grundtons schon eine Abweichung der meisten b-Tonarten von den #-Ton- müsste. Ebenso werden in Violinconcerten leerer Seiten gestatten, schärferen Charakter zeigen, als andere. Des weiteren aber versuchte ich nachzuweisen, dass diese Factoren zwar unter recht günstigen Umständen wohl in Betracht konmien, im allgemeinen aber auch nur von sehr untergeordneter Bedeutung sind. arten bedingen die Tonarten, welche eine starke Benutzung Nach ingehender Behandlung: dieser verschieden- artigen Möglichkeiten wende ich mich dann zur eigent- lichen Frage: ob objective Charakteruuterschiede zwischen den einzelnen Tonarten bestehen. Von vornher- ein ist natürlich absolut gar kein Grund für deren Existenz einzusehen. Aber schon Helmholtz deutete an, dass physio- logisch-anatomische Eigenheiten der Gehörorgane existiren können, welche gewisse Unterschiede der Tonartencharak- tere Eigenton bedingen kiiunten. Er meinte z. B., dass g"", der des menschlichen Ohres, wohl im Stande sein könnte, dem C-dur einen hervorstechenden Klang zu ver- leihen, da alle Töne des C-dur-Dreiklangs g"" als Oberton enthielten. Er begnügte sich mit diesem kurzen Hinweis („Tonempfindungen", S. 504), seine Vermuthung, deren Richtigkeit icli übrigens in Zweifel ziehen zu müssen glaubte, zu beweisen. Andere Eigenheiten der Gehörorgane, welche gewissen Tönen Sonderstellungen Daraus folgt freilic verliehen, kennen wir nicht, dass sie nicht existiren. keineswegs Damit das Versagen der naturwissenschaftlichen Theorie nicht als Beweis gegen eventuelle Resultate der Statistik angeführt werden könnte, fügte ich noch ein Kapitel ein: „Unsere theoretischen Kenntnisse von den jjsycho- physiologischen Wirkungen der Musik im allgemeinen", worin ich beweisen wollte, dass an naturwissenschaft- lichen Erklärungen für die machtvolle psychologische Wirkung der Musik trotz der bewunderungswürdigen (Tcistesthaten eines Helmholtz noch fast alles zu wünschen übrig bleibt. Besonders eingehend wird die Frage nach den Ursachen des frappanten Charakterunterschiedes von Dur und Moll behandelt, wobei ich im wesentlichen die Ausführungen wiederholte, welche ich in dieser Zeit- schrift in den Nummern vom 19. April und 17. Mai 1896 gemacht habe. Es zeigt sich, dass wir jene Frage nicht befriedigend zu beantworten vermögen, dass sowohl der von Helmholtz wie der von Billroth vertretene Standpunkt gar zu gewichtigen Einwänden unterliegt, als dass er befrie- digen könnte. Dass aber selbst die Erklärungen unseres Harmoniegefühls noch in mehr als einer Beziehung zu wünschen übrig lassen, suchte ich alsdann daran nach- zuweisen, dass es oft die vorbereiteten Dissonanzen, nicht ihre Auflösungen sind, welche als äusserst ange- nehme Klänge innerhalb eines Musikstückes empfunden werden können. Beweis dafür ist unter anderem, dass man über derartige Dissonanzen nicht möglichst bald zu der wohlthuenden Auflösung hinwegzueilen sucht, sondern sie im Gegentheil möglichst lange auszudehnen sucht. In Schumann's genialster Tonschöjjfung, dem Liede: „Ich kann's nicht fassen, nicht glauben" bietet der Schluss, welcher nicht einen nagenden Schmerz, sondern das be- seehgendste Glück schildern will, unaufiiörlicii Dissonanzen der allerextremsten Art, und gerade auf die schneidendste von allen hat der Componist eine Ferniate gesetzt (siehe Notenbeispiel). Ebenso ist es charakteristisch, dass im „Tanuhäuser" das „Venusberg-Bacchanale", welches mehr wie irgend ein anderes Tonstück geradezu darauf spekuliert, die Sinne mit angenehmen klängen wollüstig zu umstricken, ungemein reich an langgehaltenen, scharfen Dissonanzen ist. Die beliebte Erklärung, dass man bei vielen Dissonanzen von der Art des Notenbeispiels deshalb eine Tempodehnung eintreten lasse, weil der Genuss an der Auflösung um so grösser sei, je länger man ihn sich versage, ist für den Psychologen vollkommen un- brauchbar. Ueberall also stösst man in der psycho-])hysiologisclien Erklärung musikalischer Erscheinung auf Lücken und Widersprüche. Bei einer solchen Unvollkomraenheit der Theorie aber ist es freilich nicht möglich, gegen be- jahende Resultate der statistischen Untersuchung unserer Frage den Mangel einer physiologischen Erklärung als (iegenbeweis anzusehen. Ein weiteres Capitel widmet sieh den „erkennbaren XII. Nr. 11. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 123 physiologischen Wirkungen der Musik", welche bisher in ihrem Wesen noch recht wenig erforscht sind. Das gün- stigste Material für diese Forschungen bieten die „Doppel- empfiiulungen" (Syuopsien), über welche ich in dieser Zeitschrift schon zweimal (3. Februar 1895 und 12. April 1896) referirt habe. Syuopsien bei nuisikalischen Eindrücken, speciell bei gewissen Tonarten, sind zwar keine häutige Erscheinung, und das vorhandene Material muss sehr vorsichtig benutzt werden, immerhin lassen sich schon aus wenigen derartigen Angaben viele sehrinteressante Schlüsse ziehen. Speciell einen Fall von Syuopsien bei Tonarten konnte ich, in Folge des gütigen Entgegenkommens des Herrn Prof. Flournoy in Genf und des Herrn Prof. Cart in Lausanne, eingehend untersuchen. Der Fall betrifft den letztgenannten Herrn und ist derselbe, welcher in meinem ersten Synopsien-Referat vom 3. Februar 1895 kurz behandelt wurde. Auch aus älteren Berichten und Anekdoten geht bevor, dass sich manche Leute gegen ge- wisse Tonarten oder Töne und Klangfarben in einer höcht eigentümlichen Weise benahmen; so wird z. B. von einem Musiker zu Beginn dieses Jahrhunderts berichtet, welcher stets in Angstschweiss ausbrach, sobald die Tonart H-nioll erklang. Auch bei Thieren hat man ähnliche Erscheinungen beobachtet. Hunde scheinen gegen E-dur ganz besonders empfindlich zu sein. Eine alte Dissertation berichtet von Versuchen an Elefanten, wobei es sich zeigte, dass diese musikalischen Thiere auf verschiedene Tonarten sehr verschieden reagirten, am lebhaftesten auf D-dur. Nunmehr erst suchte ich alle Dur- und Molitonarten auf statistischem Wege auf charakteristische EigeuthUnilich- keiten des Ausdrucks hin zu prüfen. Das Ergebniss der Recherchen war ein durchaus positives, indem für eine Reihe von Tonarten von mehreren ganz verschiedenen, völlig unabhängigen Seiten oft bis in Einzelheiten über- einstimmende Charakterdefinitionen gegeben wurden. Eins freilich darf man nicht übersehen : man darf nicht erwarten, dass die Charaktere der Tonarten prägnant hervortreten, dass sie sich jedem Laien nach einem dies- bezüglicheu Hinweis sofort sinnfällig aufdrängen. Viel- mehr gelingt es erst nach häufiger Uebuug und bei genauer Aufmerksamkeit, die Charakterunterschiede deutlich zu erfassen. Ich kann mich nun hier natürlich nicht auf die Einzelheiten der Ergebnisse näher einlassen und will daher nur bemerken, dass die Tonarten F-dur, Des-dur, E-dur, Fis-moll, C-moU und D-moU hinsichtlich ihres Charakterausdrucks am schärften hervorzustechen scheinen. Um aber doch einen Begriff von dem Mass der Ueber- einstimmung zu geben, seien die Urtheile über E-dur, die am besten definirte Tonart, hier wiedergegeben: Ein Herr bezeichnet E-dur ausdrücklich als „hellste Tonart", Schilling sagt in seinem Lexikon (Bd. II S. 558): „Offen- bar hat E-dur, so wie H-dur, unter allen Tonarten die grellste Färl)ung; es ist zu vergleichen mit dem brennenden Gelb und der lichten Feuerfarbe." Fast genau dassellje sagt Hand, der sonst manchmal nicht unerheblich von Schilling abweicht (Aesthetik der Tonkunst Bd. I S. 216): „E-dur, eine der hellsten, stärksten Farben, vergleichbar mit brennendem Gelb." Also auch hier der Gedanke an Feuer. Unter den vier deutlichsten Tonarteu-Synopsien des Prof. Cart fungirte E-dur mit der Bezeichnung „roth". Es sei daran erinnert, dass der „Feuerzauber" in der „Wal- küre", diese unerreichte Progrannnmusik, diese wunder- bare musikaUsche Wiedergabe tanzender Flammen, eben- falls in E-dur geschrieben ist. Berlioz beseichnet E-dur als „glänzend, prachtvoll, edel". Selbst Marx, dessen Empfinden sonst durchaus subjektiv ist, der in Befolgung eines von ihm künstlich konstruirten „Gesetzes der Pola- rität" stufenweise eine Steigerung der #- Tonarten nach Beurteilung Aeusseruugen der Anzahl ihrer Vorzeichen erwartet, sagt bezeichnender- weise: „E-dur erglänzt in überraschender, nach dem Stufenniaasse nicht zu erwartender Helle" und weiterhin über den Charakter dieser Tonart, dass er „funkelnd, hell em[)orsteigt, mit durchgreifender Wärme, heiter und leuchtend wie lauteres Gold. Noch ist ihm in keiner Komposition voll genügender Ausdruck geworden, aucii in der Fidelio-Ouvertüre bei weitem nicht. Wenn einmal in einer künftigen Oper Otto der Dritte in Rom die Kaiserkrone neu auf seinem jugendlichen Haupte befestigt, könnte nur E-dur in seiner heiteren Sonnenpracht er- schallen." Gerade von Seiten Marx' ist eine derartige äusserst charakteristisch. Wenn er derartige thun kann, so muss man vermuthen, dass nur eni sehr deutlicher objektiver Charakter im Stande ist, die Verbohrtheit seines subjektiven Empfindens zu überwinden. Rochlitz in seinem Werk: „Für Freunde der Tonkunst" bemerkt auf Seite 154, trotzdem er sich sonst garnicht mit Tonarten-Charakteristik beschäftigt, über eine Arie zu Händeis „Messias" : „Alles ist übrigens in dieser Arie höchst einfach, aber auch alles gediegen und zum Ganzen passend ; selbst die Tonart : das helle, sanft- heitere E-dur". Da ich selbst, trotzdem ich kein „absolutes Gehör" habe, sehr häufig gespielte Tonarten lediglich an ihrem typischen Charakterausdruck erkannt habe, ohne irgend welche sonstigen Anhaltspunkte zur Er- kennung zu haben, so war es mir möglich, auf experimen- tellem Wege die Frage nach der Charakteristik von den verschiedensten Gesichtspunkten zu untersuchen. Es zeigte sich, dass der Charakter der Tonart derselbe bleibt, gleichviel auf welchen Instrumenten bezw. in welchen Instrumentencombinationen ihre Accorde erklingen; auch im begleiteten wie im unbegleiteten Chorgesang sind die Charaktere deutlich zu erkennen. Gelang es mir doch sogar selbst in einer ganz fremden Klangfarbe, in Stimm- gabel-Dreikläugeu, mehrfach die Tonart, welcher der Drei- klaug angehörte, an ihrem Charakter zu erkennen und richtig zu benennen ! Zwei fernere Kapitel sind den Einwänden gewidmet, welche man gegen die aus den statistischen Forschungen gemachten Resultate machen kann. Auch von diesen Einwäuden vermag ich hier nur die wichtigsten in aller Kürze zu behandeln. Man wird zunächst darauf hin- weisen, dass die Stimmung sich doch nicht stets auf allen Instrumenten genau gleich bleibt, dass demzufolge eine Tonart nicht wohl immer den gleichen objektiven Charakter haben kann. Doch suchte ich eingehend nachzuweisen, dass geringe Verstimmungen und Unreinheiten des Drei- klangs den Charakter nicht bedeutend beeinflussen, wenn- gleich sicherlich eine gewisse Stinnnung inmier das Opti- mum des Charakters darstellen wird. So bestand ein durch Stimmgabeln erzeugter Es-moU-Dreiklang, welchen ich an seinem unheindich drohenden Charakter richtig er- kannte, aus den Schwingungszahleu 620, 735, 912, wäh- rend der reingestimmte Dreiklang die Schwingungszahlen 620, 744*), 930 hat. Ein weiterer Einwand — um andere zu übergehen — bezieht sich darauf, dass der Charakter einer Tonart doch je nach dem Rhythmus und dem Tempo beträchtlich variiren müsste. Doch glaube ich gezeigt zu haben, dass der Charakter eines Tonwerks von einer grossen Reihe von völlig unabhängigen Factoren, deren einer die Tonart ist, bedingt wird. Ich behaupte uur, dass die Tonart als ein untergeodneter Factor in zweiter, ja meinetwegen erst in dritter Linie den Charakter eines Tonstücks beeinflusse, dass aber dennoch eine glückliche Wahl der Tonart die *) Durch ein Versehen steht im Text des Buches die Zahl 725. 124 Naturwisscuschartliche WoclieDScliiift. XII. Nr. II Wirkung- des Werkes für nmsikalische Geniütlier ver- stärke, eine verfehlte dagegen die Wirkung abzuschwächen vermöge. Der Charakter der Tonart bleibt aber nnbeeinflusst von Rhythmus und Tempo, er muss im Tiauermarsch des Orchesters derselbe sein wie im Walzer des Claviers, im Choral der Orgel derselbe wie im Gassenhauer des Leierkastens. Der beacbtenswertheste Einwand gegen dieObjectivität der Tonarten-Charakteristik ist aber der folgende: In vielen Fällen ist der scheinbar objective Cliarakter auf einen thatsächlich subjectiven zurückzuführen. Solehe Personen, welche ein einigermaassen sicheres „absolutes Gehör" haben, also ohne weiteres eine Tonart — aber nicht an ihrem Charaktereindruck — erkennen, können einen Charakter, welchen sie aus irgend welchen Gründen in ihrer Vorstelhuig einmal der Tonart zugeschrieben haben, gewissermaassen „in den Klang hineinhören", so dass sie ihn objectiv wahrzunehmen meinen. An mehreren derartigen Fällen konnte ich diese Art der Entstehung nachweisen. Wo jedoch das absolute Gehör zweifellos fehlt, wie z. B. bei mir selbst, ist dieser Einwand gegen die objective Charakteristik unter keinen Umständen auf- recht zu erhalten. Denn dass die Hypothese eines „un- bewussten absoluten Geh(irs", welche mir in privaten Gesprächen von mehr als einer Seite ad hoc zur Er- klärung construirt wurde, zu unmöglichen Consequenzen fuhrt, glaube ich mit Bestimmtheit nachgewiesen zu haben. Das letzte Capitcl des Buches versucht, „Die hypothe- tischen Ursachen der Charakteristik der Tonarten" zu Ite- handeln. Wenngleich oben davon die Rede war, dass unsere mangelhaften theoretischen Kenntnisse von den Wirkungen der Musik nicht ausreichen könnten, um statistische Er- gebnisse der Untersuchungen mit psychophysiologischen Ursachen zu erklären, so führt doch der zuerst von Helm- holtz gemachte Hinweis auf Töne, die eine Sonderstellung im menschlichen Gehör einnehmen, wohl auf den richtigen Weg zur Erklärung der gefundenen Resultate, ebenso wie auch die eigenthUniliche Empfindlichkeit des Hundegehörs gegen E-dur dadurch hervorgerufen werden dürfte, dass e'" ein Eigenton desselben ist (nach Helmholtz). Aus einer Reihe von Beispielen, welche ich Stumpfs „Ton- psyehologie" entlehnte, schien hervorzugehen, dass im menschlichen Gehör wolil noch manche Töne, zumal .solche der zweigestrichenen Octavc, existirten, welche eine entschiedene Sonderstellung einnehmen, wenngleich diese oft erst in pathologischen Zuständen deutlich hervor- tritt. Durch Experimente, welche ich selbst — grössten- theils an Klaviertönen — angestellt habe, glaul)e ich zu- nächst das grosse B und das zweigestrichene Fis als solche „merkwürdigen Töne" erkannt zu haben, und mehrere Aeusserungen von anderer Seite scheinen mir, wenigstens für Fis, diese Sonderstellung zu bestätigen. Wie man auf diesem Wege weiter bauen kann und inwieweit die statistischen Ergebnisse, welche freilich selbst noch in mehr als einer Beziehung verbessert, er- gänzt und moditicirt werden müssen, dadurch auf eine theoretische Grundlage gestellt werden können, vermag man noch nicht zu übersehen. Um das begonnene Thema zum Abschluss zu bringen, bedarf man zunächst eines weit umfangreicheren Materials, als es der Einzelne zu sammeln vermag. Richard Hennig. 68. Versammlung der Gesellschaft deutscher Naturforscher und Aerzte zu Frankfurt a. M., vom 21. — "-'G. September 1S9G. IV. E. ßelow: Die praktischen Ziele der Tropen- hygiene. — Die Expansionsbedürfnisse der weissen Rasse zwingen sie, endlich in den Tropen dauernd Fuss zu fassen. Da zeigen sich neue Krankheitsgruiipen, die, so sicher aucii unsere neuen proiihylaktischen Methoden der nor- dischen Seuchen Herr zu werden scheinen, sich der Tropen- erforschung wie eine Sphinx entgegenstellen. Malaria und Gelbfieber mit ihren Unter- und Abarten deeimiren unsere Auswanderer wie unsere Colonialbeamten nach wie vor. Die tropenhygienisehe Fragebogenforschung, wie sie seit zehn Jahren von der Deutschen Colonialgesellschaft ins Leben gerufen worden ist, ergab, dass der Grund aller Stockung in dem Verschmelzen der Acclimatisations- frage mit der Seuchenentstehungsfrage liegt. Der Tro])engürtel ist danach kein für die weisse Colonisation unbetretbares Gebiet. Es giebt überall seuchen- freic, gesunde Districte, wo der Europäer leben, arbeiten und sich fortpflanzen kann. Die Rassen sind die Töchter der Zonen. Sage mir, was du isst, und ich sage dir, von welcher Rasse du l)ist. Unter allen selbstdenkenden Aerzten der Tropen, die viel gereist sind, bestand schon längst darüber ein still- schweigendes Einverständniss, dass die stabile Norm der Rassenunveränderlichkeit ein altes Dogma war, das nur in den Köpfen der nicht über Europas Grenzen hinaus Gereisten, europäoeentrisch Denkenden noch weiter exi- stirte. Nun war es zur Gewissheit geworden durch diese Schilderungen, dass es sich hier nur um höchst labile Normen handeln kann, die unter unseren Augen tagtäg- lich sich umformen, deren erste Schöpfung wir nicht auf unvordenkliche Zeiten und Weltkatastrophen zurück- zuführen brauchen. Und wie es mit der stabilen Norm der Rassen ge- schah, so trat dasselbe auch bald danach ein mit der stalnien Norm der physiologischen (von der gemässigten Zone meist entlehnten) Daten über Puls, Athmung, Grösse, nnd Zahl der Blutkörper, s])ecifisches Gewicht des Urins u. s. w. Durch Fragel)ogenarbeiten wurden von den ver- schiedeneu Seiten Norniabweichungen in physiologischer, wie in ei)idemiologischer und ])athologischer Hinsicht bei den Völkerschaften in den verschiedenen Zonen bemerkt. Erwähnt seien hier die Ditferenzen hinsichtlieh der Zahl und Grösse der Blutkörperchen; die ganz erheb- lichen Differenzen des specifischen Gewichtes des Urins selbst in Gegenden, wo keine excessive Condensirung des Urins durch übermässigen Schweiss als Erklärung heran- gezogen zu werden braucht. Dazu kommt noch die Immunität von Schwarzen gegen Gelbfieber, die Neigung der indischen Kulis zu Malariacrkrankungen, das vicari- irende Auftreten von Scharlach und Masern in den Tropen u. A. Wenn den Bacillen die Herrschaft eingeräumt wäre, so müsste man die Menschiieit eigt'ntlich unter eine Glas- glocke setzen. Da müssen andere Scliutzvorriciitungen existiren. Es konnnt viel nudir auf die normalen Schutz- kräfte unseres Kör|)ers an, auf den normalen Resistenz- zustand von Individuum und Rasse, als auf den Bacillus, um den Organismus zu schützen, denn sonst würde eine auf einem solchen Sumpfe erbaute, mit so mcphitischen Ausdünstimgen in der Regenzeit belästigte Weltstadt der XII. Nr. 11. Niiturwisscnscliaftliehc Wocbeuschritt. 125 bildung- findet statt durch den Zoneuweclisel Migration und die dabei stattfindende ßerüln-unj;- Tropen, wie Mexico, doch schon längst von der Schaar der daraus aufkeimenden Bacillen überwunden sein. Es ist klar, dass, wie die auf flottirenden Sihnpfen, auf schwimmenden Gärten wohnende Indianerbevülkerung der Chinanipas zeigt, wo Jeder Andere sofort dem Fieber er- liegen würde, es ist klar, dass durch Accomniodations- vorrichtungen im Körper bei geeigneter Ortswahl erworbener und ererbter Resistenz gegen gewisse Tropenseuchen eine Art Menschen heranwächst, welche in Typus, Form, Farbe, Lebensgewohnheiten etc. ein Product des Hinnnelsstriches ist, an den sie sich gewöhnt. Dies wäre aber nicht möglich, wenn der Mensch auf Gnade oder Ungnade den umherziehenden Seuchen, den Feindesschaaren, den „Ba- cillenwolken" ausgeliefert wäre. Jeder Organismus im Kleinen hat mit Theil zu nehmen an dem Kreislaufe im Grossen, nicht nur passiv, sondern activ durch Zonenwechsel und Gewöhnung und Anpassung an die Zoneneigenthündichkeiten. Die Berührung mit Keimen und Lebewesen anderer Zonen ist es, die alte Arten erneuert oder zerstört und neue bildet. Die Arten- durch die mit anders gearteten Lebewesen und Keimen, daher die vielen neuen Hautkrankheiten in den Tropen, die Decadenzkrank- heiten alter Rassen und die Jugendkrankheiten neuer Rassen. So erst erklärt sich die Neigung aller Völker- arten zu grossen, Jahrliunderte dauernden Wanderungen, zu jenen Völkerwanderungen, in deren einer wir selbst mitten darin befangen sind: der europäo-amerikanischen von Osten nach Westen und Süden, von der gemässigten Zone zu den Subtropen und Tropen der neuen Welt. Sie ist ja nur ein Endausläufer jener grossen Völkerwanderung, die wir in den Geschichsstunden unserer den Naturwissen- schaften meist feindlichen Schulen gelernt haben, und die wieder nur ein Nachzittern jener grossen vorgeschicht- lichen Wanderungen vom Centrum Asiens nach dem Norden Europas waren. Was wir „Krankheiten" nannten, sind durch locale oder individuelle oder Stammesprädisposition begünstigte, durch Schädlichkeitskeime — wenn nicht durch andere Gelegenheitsursachen — veranlasste Störungen, die ent- weder den Acclimatisationsprocess überstürzen oder ihn verzögern und dabei die Resistenz des Individuums ver- mindern oder sie auch in ihren Folgen erhöhen krmnen. Art, Rasse ist das Product der Zonenanpassungsfähigkeit des Individuums und der Generationen unter geeigneter Ortswahl und Artenmischung. Die Tropenseuchen, die somit nicht mehr loszulösen sind, von dem Begrifi'e der Acclimatisation, sind Ueberstürzungen oder Verzögerungen des Acclimatisationsprocesses, wobei es gewissen acci- dentellen oder localen Keimen gelingt, in dem Hlutbildungs- oder dem Lymphbildungssystenie (in Haut und Drüsen) einen geeigneten locus minoris resistentiae zu finden und von hier aus ihr langsames oder ihr überstürztes Zer- störungswerk zu betreiben. Es wird in Zukunft nicht genügen, dass, um die Ge- setze des Lebens und Gedeihens der weissen Rasse in den Tropen zu ergründen, der Eine für sich bacterio- skopisch einige neue l'lasmodienformen untersucht und der Andere eine Reihe Hautstüekchen von Negern mikro- skopirt, um die Schweissdrüsen zu zählen, sondern in Anlehnung an das Aequatorialgesetz der Artenbildung, durch Zonenwechsel wird man gezwungen sein, sich über die Umwandlung der weissen Haut in gelbe und schwarze durch ganze Generationsreihen mit Hülfe einer inter- nationalen Statistik und mikroskopischer Vergleiche neu eingewanderter und assimilirter alter Generationen Rechen- schaft zu geben, ob und wie die Haut sieh den Tropen anpasst, ob und wie dort Pigmentablagerung sieh in den Generationsreihen häuft, ob durch Mischung, ob ohne Rassenmischung u. s. w. Man wird sich Rechenschaft darüber zu geben haben, ob und wie die Körperober- fläche des dunkler Pigmentirteu resistenter wird gegen Luftschädlinge, gegen Plasmodien und gegen Gelbfieber- einflUsse, die durch die Atmosphäre etwa zu uns dringen. Um die praktischen Ziele der Tropenhygiene kurz zusammenzufassen, handelt es sich: 1. um eineReihe neuzu errichtender tropenhygienischer Laboratorien im Sinne der arten- und zonenvergleichenden Physiologie und Pathologie mit je zwei bis drei Aerzteu; 2. um Einrichtungen für bacteriologische Unter- suchungen auf den Schiften für Marine- Aerzte; 3. um Höhen-Sanatorien für beurlaubte Beamte, deren Familien und Andere, unter je einem Arzt, der auch wie die ül)rigen Colonialärzte unter der Direction der Centralstelle steht; 4. um eine wissenschaftliehe Leitung des Ganzen von einer Centralstelle aus, woraus sich später das Sanitäts- ministeriuni für das Deutsche Reich und dessen Colonien zu bilden hat zur Ergründung des Acclimatisationsgesetzes der Artenbildung durch Zonenwechsel; 5. um einen Beirath zur Anordnung und Ueber- wachung der Aufgaben in Laboratorien und Sanatorien, bestehend aus drei erfahrenen, sprach- und völkerver- kehrskundigen Tropeuärzten, die mit der Centralleitung zu conferiren haben. Ausschreiben von Preisaufgaben, Weiterführung der Fragebogenarbeiteu und die Ver- bindung mit anderen Nationen zur Herauschaftung weiterer Statistiken auf allen diesen Gebieten, sowie die Vertretung auf naturwissenschaftlichen, besonders internationalen ärzt- lichen und hygienischen Versammlungen liegt diesem Bei- rath der Dreie ob unter Leitung des Direetoriums. 6. Wiederwahl, resp. Neubesetzung dieser Stellen, für den Weltcongress je nach der Güte der eingegangenen Preisaufgaben erfolgt alle 4 Jahre auf den internationalen hygienischen Weltcongressen durch Delegirte der Staaten, die sich in Zukunft daran betheiligen wollen, in speciellen Commissionssitzungen. Das wäre die Grundlage für ein hygienisches Weltparlanient. 7. Das Ganze wäre demnach eine weitere Ausge- staltung der tropenhygienischen Fragebogen- Commission der Deutschen Colon. -Ges. Nansen auf der Walrossjagd.*) Aus Nansens Originalwerk „In Nacht und Eis". (Verlag von F. A. Brockhaus, Leipzig.) — Dienstag, 12. September. Heute Morgen gegen 6 Uhr wurde ich von Hendriksen mit der Nachricht geweckt, dass mehrere Walrosse auf einer Scholle dicht bei uns lägen. — „0, Tod und Teufel!" Ich sprang auf und war im Nu in den Kleidern. *) Wir geben mit Obigem ein kleines Beispiel aus Nansen's Originalwerk „In Nacht und Eis",6. Lief. (Leipzig, F. A. Brocklians). Es war ein schöner Morgen mit prächtigem, stillen Wetter; mau konnte über die klare Eisfläche herüber das Schnauben der Walrosse hören. Die Thiere lagen bei- sammen auf einer Seholle landeinwärts von uns; hinter ihnen erglänzten blaue Berge in der Sonne. ländlich waren die Harpunen geschliff'en, Büchsen und Patronen bereit, und Hendriksen, Juell und ich zogen aus. Es schien ein schwacher Wind aus Süden zuwehen, und wir ruderten nördlich um die Thiere herum, um ihnen aus dem Wind zu koinmeu. Ab und zu hob das Thier, das 126 Naturwissenseliiit'tliche Wocliciiscbrift. XII. Nr. 11 auf Wache stand, den Kopf, sah uns aber schwerlieh, und wir glitten weiter. Bald waren wir so nahe, dass wir vorsichtig rudern mussten. Jueil führte die Ruder, wälneud Hendrikseu sich vorn mit der Harpune bereit hielt und ich hinter ihm mit der Büchse. Sobald das Wachtthier den Kopf hob, wurden die Ruder augehalten, und wir blieben unbeweglich; dann sank der Kopf wieder, und neue Ruderschläge brachten uns vorwärts. Die Thiere lagen dicht gedrängt auf einer kleinen Scholle, alte und junge durcheinander. Es waren schwere Fleischkolosse. Ab und zu fächelte sich eine der Damen mit dem Schweife hin und her über die Fleischmasse; dann lag sie wieder still auf dem Rücken oder auf der Seite. „0, das giebt viel Fleisch", sagte Juell, unser Koch. Immer vorsichtiger glitten wir näher. Während ich mit der Buchse bereit sass, fasste Hendriksen mit festem Griff den Schaft der Harpune. Im selben Augenblick, da das Boot gegen die Scholle stiess, erhob er sich, und die Harpune sauste durch die Luft, traf aber zu hoch, prallte an der zähen Haut ab und tanzte über die Rücken der Thiere. Jetzt kam Leben in die Gesellschaft. Zehn bis zwölf ungeheuere, hässliche Köpfe erhoben sich mit einem Male gegen uns, die Fleischberge drehten sich mit unbegreif- licher Schnelligkeit herum und kamen watschelnd mit er- hobenen Köpfen unter hohlem Bellen nach dem Rande der Eisscholle, wo wir lagen. Es war ein imi)osanter Anblick. Ich warf die Büchse an die Wange und brannte auf einen der grössten Köpfe los. Es gab einen Ruck, das Thier taumelte und fiel vornüber ins Wasser. Dann einem zweiten Thier eine Kugel durch den Kojjf; es brach eben- falls zusammen, wälzte sich aber nur mit Mühe und Noth in das Wasser. Dann warf die ganze Gesellschaft sich ins Wasser, sodass es ringsum hoch aufspritzte. Alles war im Laufe einiger Secunden geschehen. Aber bald kamen sie wieder zum Vorschein, ums Boot herum, ein Kopf immer grösser und hässlicher als der andere, die Jungen dicht daneben. Sie standen auf- recht im Wasser, bellten und lärmten, dass die Luft bebte, warfen sich nach voru auf uns zu, auf die Seite und wieder in die Höhe, und neues Bellen erfüllte die Luft. Sie wälzten sich herum und verschwanden mit gewaltigem Rausciien, dann kamen sie wieder an die Obertiäche. Es kochte und schäumte das Wasser weit hinaus; es war, als wenn die bisher so schweigsame Eiswelt mit einem Schlage in kochende Raserei versetzt worden sei. Jeden Augenblick musste man erwarten, einen Walrosszahn oder auch zwei durchs Boot zu bekounnen oder gehoben und durch die Luft geschleudert zu werden; das war wohl das Mindeste, was nach solchem Spektakel geschehen musste. Allein der Tumult dauerte fort, und das Erwartete geschah nicht. Wiederum suchte ich mir meine Oiifer aus. Sie fuhren fort, wie die übrigen zu bellen und zu grunzen, aber das Blut strömte ihnen dabei aus Mund und Nase. Noch eine Kugel, und wieder stürzte ein Thier und schwamm auf dem Wasser; dann eine Kugel nach dem zweiten, welches auch niciit untersank. Hendriksen stand ndt den Har- punen bereit und brachte beide Tiiicre in Sicherheit. Ich schoss noch ein drittes Thier, doch hatten wir keine Har- pune mehr und mussten dalier einen Robbenhaken ein- schlagen, um es über Wasser zu halten. Der Haken glitt aber ab, und das Thier sank, ehe wir es bergen konnten. Während wir unsere Beute nach einer Eisscholle schleppten, waren wir eine Z<'it lang noch von Walrossen umgeben. Es hatte aber keinen Zweck, noch mehr zu schiessen, denn wir besassen keine Mittel, um die Thiere fort- zuschaffen. Gleich darauf kam die „Fram" herbei und nahm die von uns erlegten zwei Thiere an Bord. Dann setzten wir die Fahrt längs der Küste fort. In dieser Gegend sahen wir viele Walrosse. Nachmittags schössen wir noch zwei und hätten noch viel mehr erlegen können, wenn wir Ueber- fluss an Zeit gehabt hätten. Gerade in derselben Gegend hat auch Nordenskiöld einige kleine Heerden Walrosse angetroffen. Ueber das Abhängigkeitsverhältniss zwischen dem Sauerstoff- und Kolileusäuregehalt des Meer- wassers und dem Plankton des Meeres sind während der Fahrt des dänischen Kreuzers „Ingolf" nach den isländischen Gewässern (Mai bis September 1896) von dein Physiker und dem Botaniker dieser Expedition, den Herreu Kundsen und Ostenfeld-Hansen, neue Unter- suchungen angestellt worden, die zu einigen interessauten Ergebnissen geführt haben (vergl. Ann. d. Hydrographie und marit. Meteorologie, XXIV S. 463 — 466). — Bei früheren Bestimmungen des Verhältnisses von Sauerstoff zu Stickstoff' im Meerwasser hatten sich bedeutende Ab- weichungen ergeben, welche von den betreffenden Beob- aehtern entweder garnicht erklärt oder auf Fehler der Beobachtung zurückgeführt wurden. Die Vermuthung Kundsens, dass diese Schwankungen lediglich von dem SauerstoffVerbrauch und der Kohlensäureassimilation des Planktons abhängt, fand eine Bestätigung in gleichzeitigen Gasbestimmungen und Untersuchungen des Planktons, welche ergaben, dass ein vorwiegend aus Thieren be- stehendes Plankton einen sehr geringen, ein vorwiegend aus Pflanzen bestehendes einen hohen Sauerstoffgehalt des Wassers veranlasste. Um nun zu untersuchen, ob das Plankton wirklich im Stande wäre, die beobachteten Schwankungen des Gasgehalts- Verhältnisses zu veran- lassen, wurden folgende Experimente angestellt. Zwei Literflaschen wurden mit Meerwasser gefüllt und, nach- dem in die eine einige mit dem Verticalnetz gefangene und durch ein Sieb vom übrigen Plankton isolirte, lebende Copepoden gebracht waren, verkorkt und drei Stunden lang im Wasserbade erwärmt. Die Analyse ergab dann folgende Gasgehalte: ohne Copepoden . . . Mit Coiiepoden .... Differenz ccm CO.j ccm N ccm O per Liter per Liter jicr Liter 41,11 12,48 (;,44 44,43 12,5.5 2,56 3,32 0,07 — 3,88. Das Sauerstoflf- , lüuO procent q^jj 34,0 1G,9 Zum Vergleiche sei die Analyse eines an einer von zahl- reichen Copepoden erfüllten Stelle geschöpften Wassers angeführt. ccm COj ])er Liter 42,GÜ Unter Gase ccm N per Liter 12,55 ccm O per I^iter G,10 der Berücksichtigung lOoO Ö4-N 32,7 der 100 o „ _, . , . -^ — ;^v Von Tornoe durch O+N Sättigung mit atniospliäri- scher Lutt bestimmt 34,2. durch handenseins von fast Sauei'stoff langsamen Absoi-ption und des Vor- cntwickelndcn Wesen gesättigtes Wasser im Wasser vor dem Fange der Copc])odcn, kann man die Annahme Kundsens widd billigen, dass das niedrige Sauerstoft'procent wesentlich durch den Athmungsprocess der Copei)oden veranlasst wurde. In c-leichcr AVeise wurde die Einwirkung von im Horizontalnetz gefangenen und im Siebe isolirten Diatomeen auf den Sauerstoft'gehalt untersucht, und man erhielt folgende Gasanalysen des reinen und des mit Diatomeen versetzten Meerwassers, unter gleichzeitiger Berücksichti- gung des Lichteiuflusses auf die Diatomeen — eine der XII. Nr. 11. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 127 Flaschen wurde zu diesem Zwecke mit Stanniol über- zogen — , nach dreistündiger Erwärmung auf dem Wasser- bade: ccm CO, per Liter ccm N per Liter ccm 0 100 (3 per Liter Ö + N Ohne Diatomeen Mit Diatomeen im Dunkeln. Mit Diatomeen im Licht . . . Diatom. entwick. im Dnnkeln Diatom. entwick. im Liclit . . 43,0G 12,.52 6,27 33,4 43,65 12,18 3,93 24,4 32,73 12,30 17,27 58,4 0,59 —0,34 — 2,34 -10,33 —0,22 -4-11,00. Zum Vergleiche sei das Ergebniss von mit natürlichem Diatomeenplankton erfülltem Meerwasser angeführt. [ccm CO. per Liter ccm N per Liter ccm 0 per Liter Von Tornüe durcli 41,11 14,53 7,66 louq^ '00 o oT¥ 0-1- N Sättigung mit atmospliäri- scher Luft bestimmt 34,5 34,2. Wie der Versuch zeigt, haben die Diatomeen im Lichte 11 ccm Sauerstoff entwickelt, und es ist daher wohl der Schluss berechtigt, dass das Pflanzenplanktou im Stande ist, den Sauerstoffgehalt des Wassei-s zu er- höhen. Die angegebenen Versuche haben mit ziemlicher Deutlichkeit die Abhängigkeit des Gasgehalts -Verhält- nisses vom Plankton ergeben, und man kann daher den folgenden Sätzen der Kundsen'sehen Mittlicilung über diesen Gegenstand durchaus die Berechtigung nicht ab- sprechen: „Es darf sich niemand wundern, grosse und unberechenbare Variationen im Kohlensäuregehalt zu lin- den, der sich in so hohem Grade vom Plankton ab- hängig zeigt, und zwar sieher nicht allein von dem Plankton, das im Augenblick da ist, sondern auch von dem, das in demselben Wasser gewesen ist, und das da nicht völlig deeomponirt worden ist. In sehr grossen Zügen kann man Regeln über die Vertheilung des Plank- tons im Wasser geben, aber selbst an Stellen, die nahe aneinander liegen, und wo man dieselben Lebensbedin- gungen erwarten sollte, kann man sehr grosse Verschieden- heiten in der Menge und der Art des Planktons finden, und hieraus folgen gewiss die grossen und unberechen- baren Variationen in dem Kohlensäuregehalt." 6. M. Einen interessanten Beitrag zur Schliesskraft der Muscheln bringt W. H. Marris im Science Gossip vom 27. Aug. 1896. Es soll in England bekannt sein, dass man mit Austern Mäuse fangen könne. Ein Einwohner der Handels- und Fischerstadt Grimsby legte nun eines Abends auf den Boden seiner Speisekammer eine lebende Auster. Als er am anderen Morgen nachsah, fand er drei todte Mäuse mit dem Kopfe in ihr stecken. Die Auster hatte wohl des Nachts ihre Schalen geöffnet und, durch ihren Geruch herbeigelockt, hatten die Mäuse zu naschen versucht. Der starke Reiz veranlasste dann offenbar die Auster zu besonders raschem und hefti- gem Schliessen ihrer Schalen. Ein hübsches Bild zeigt die Auster mit den drei Mäusen. Reh. Einen merkwürdigen Coinmeiisalisinus zwischen Daphniden und Kotiferen beobachtete W. Warrand in einem kleinen Teiche seiner Farm in England (Science Gossip, 27. Aug. 1896). Er sah eine Anzahl rother Flecken in demselben, die sich bei näherer Untersuchung herausstellten als dichte Schaaren von Daphnia pulex, an die sich eine Anzahl von Pompholyx sulcata mit ihrem Schwänze fest- geklammert hatten, oft bis zu einem Dutzend an einer Daphnia. Als W. sie im Wasserglas zu halten versuchte, starben einige Daphnien, worauf sie sofoi-t von den an ihnen hängenden Kotiferen verlassen wurden, die sich an lebende Daphnien wieder festhingen. W. glaubt, dass vielleicht die Rotatorien sich von den Krebsen fortbewegen lassen wollten. Reh. Die Molchfauna des niederelbischen Gebietes um- fasst nach J. Itzcrodt (Verhandinngen des Vereins für naturwisscnschaftliclic Unterlialtung in Hamburg, Bd. IX) alle in Deutschland lebenden Wassermolche. Nicht selten sind der Streifenmolch, Triton taeniatus Laur., der ge- fleckte Molch, Triton punctatus Merr., und der Kamm- molch, Triton cristatus Laur. Der schön gefärbte Alpen- molch, Triton alpcstris Bechst. (Tr. igueus Laur.), wurde im Sommer 1893 bei Uelzen aufgefunden, fast gleichzeitig bei Vegesack. Der Leistenmolch, Triton helveticus Rag, wurde im Sommer 1895 bei Harburg gefunden. Diese bisher nur in Schwaben und am Mittelrhein beobachtete Art unterscheidet sich von allen deutscheu Verwandten durch eine vorragende Längslinie au beiden Seiten des Rückens, wodurch dieselbe dreikantig erscheint. A. P. Lorenzen. Ueber einen reichen Fund von Elephantenresten und das Vorkommen von Elephas trogontherii Pohl in Schlesien belichten W. Volz und R. Leonhard in der Zeitschrift der Deutschen geologischen Gesellschaft (1896. Heft 2, S. 356 ff.). — Die Verfasser haben einen von Herrn Baumeister Bartetzko in Petersdorf bei Gleiwitz in Oberschlesien entdeckten Fundpunkt von Säugethier- resten mit günstigem Erfolge ausgebeutet. Die Stücke stammen aus einer Sandgrube altdiluvialeu Alters, einige 100 m n('irdlich des Bahnhofes Gleiwitz, und gehören über- wiegend Eleplianten, untergeordnet Rhinozeraten an; der ganze Fund umfasst 6 Stosszähne (Längen 1,87 m, 1,39 m, 1,00 m, 0,86 m, 0,50 m, 0,30 m), 2 Unterkiefer, 2 Unter- kieferfragmente, 16 Elephanten-Backzähue, 1 Humerus, mehrere Tibiafragmente, 1 Rippe, viele Rippenfragmeute, 1 rechtes, 2 linke Calcaneusfragnieute, 1 rechtes Trape- zoidale, 1 rechten und 1 linken Astragalus. Die palaeon- tologische Untersuchung des Fundes ergab die interessante Thatsaehe, dass unter den schlesischen Elephantenresten nunmehr zum ersten Male Elephas trogontherii Pohl nach- gewiesen wird. Michael. Die bislang nicht geglückte Trennung der Gähr- wirkung von den lebenden Hefezcllen ist Eduard Buchner gelungen, er hat die Resultate seiner Unter- suchungen in den Ber. Deutsch. Ghem. Gesell. 30, 117 in einer Arbeit : „Ueber alkoholische (Jährung ohne Hefe- zellen" niedergelegt. — Zur Lösung dieser Aufgabe diente folgendes Verfahren: 1000 g zur Darstellung von Presshefe gereinigte, oberflächlich von Wasser befreite, noch nicht mit Kartoffelstärke versetzte Brauerbierhefe werden mit einer gleichen Gewiehtsmenge Quarzsand und 250 g Kieseiguhr innig gemengt und unter Zusatz von 100 g Wasser zu einer homogenen, plastischen Masse verarbeitet. Das Gemisch wird in ein Colirtueh ge- schlagen, einem Druck von 4 — 500 Atmosphären unter- worfen bis 300 ccm Saft durch Pressen gewonnen sind. Der im Mörser fein zerthcilte Presskucheu wird von Neuem mit 100 g Wasser verrührt, demselben Drucke ausgesetzt, bis insgesammt 500 ccm Pressflüssigkeit, die 300 ccm Zeilinhaltssubstanz enthält, resultiren. Die so erhaltene noch schwach getrübte Flüssigkeit wird zur Klärung kräftig mit 4 g Kieseiguhr durch- schüttelt und wiederholt durch ein Papierfilter geschickt. Das Filtrat vom spccifischen Gewicht s = 1,0417 zeigt schwache Opalesccnz, ist reich an Kohlensäure und ge- steht beim Kochen fast vollständig. 128 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. XII. Nr. 11. Die bei weitem interressanteste Eigenschaft aber des Presssaftes ist nun die, dass er Kohlehydrate zu vergähren vermag. Voiumengleiche Mischungen des Presssaftes mit coucentrirten Rohrzucker-, Trauben-, Fruciit-, Malzzucker- lösungen vergähren wie unter der Einwirkung lebender Hefezellen, Milchzucker- und Maunith'isungen dagegen zeigen nach Voraussicht keine Gährungserscheinuugen. Mehrere Tage durch Presssaft in Gährung versetzte, im Eisschrank aufgestellte Zuckcrlösungcn Hessen unter dem Mikroskop keine Organismen erkennen, dagegen konnte Büchner bei TOOfacher Vergrösserung zahlreiche Eiweissgeriunsel constatiren, deren Ausscheidung er auf bei der Gährung entstandene Säuren zurückführt. Sätti- gung der Flüssigkeit mit Chloroform behindert die Gährung nicht, bedingt aber minimale Eiweissausscheidung. Das Gährvermögen des uuvermischten Presssaftes ist kein dauerndes, es geht vielmehr nach circa fünf Tagen ver- loren, während gährthätiger Presssaft seine Gährwirkuug ungefähr 14 Tage behält. Filtration des Saftes durch ein sterilisirtes Berkefeld-Kieselguhrtiltcr, das unbedingt alle Hefezellen zurückhält, hat zwar eine Verzögerung, aber durchaus nicht die Aufhebung der Gährwirkung zur Folge. Erwärmt man den Presssaft eine Stunde auf 40—50", so tritt zuerst Entweichen der Kohlensäure und dann Ge- rinnen des Eiweisses ein; das Filtrat besitzt so gut wie keine Gährkraft mehr. Durch Behandeln des Presssaftes mit absolutem Alkohol konnte Verfasser eine Substanz isoliren, die nur zum kleinen Tlieile im Wasser löslich war; das wässrige Filtrat war nicht im Stande, Rohr- zucker zu vergähren. Die Resultate Buchner's beweisen zur Evidenz, dass die Einleitung der Gährung keineswegs an den compli- cirten Apparat lebender Hefezellen gebunden ist; als Träger der Gährwirkung des Presssaftes erscheint eine gelöste Substanz, Zyniax, von eiweissartigem Charakter. Die bereits von M. Traube 1858 ausgesprochene und von Hoppe-Seyler mit hohem Eifer verfochtene Ferment- oder Enzymtheorie findet durch Buchner ihre Erhärtung. Ob die Zymase zu den bereits länger bekannten Enzymen zu rechnen ist, ist vorläufig noch nicht zu ent- scheiden. Das oben erwähnte Verhalten des Presssaftes gegen Alkohol wie Wärme berechtigt zu dem Schluss, dass die Zymase den echten Eiwcisskörpern zuzuzählen ist. Die Vergährung des Zuckers durch die Zymase könnte nun im Innern der Hefezellen vor sich gehen, mehr wahrscheinlich ist indessen die Annahme, dass die lebenden Hefezellen die Zymase in die Zuckerlösuug aus- scheiden, um dort die Gährung zu bewirken. Von nicht geringem Interesse ist des Weiteren die Beobachtung Buchner's, dass das für die Hefe angewandte Auspressverfahren zur Gewinnung des Inhaltes der patho- geuen Bacterien wohl geeignet ist; im hygienischen In- stitut der Universität München sind eingehende Unter- suchungen hierüber im Gange. Dr. A. Sp. Die Diainaiiten des Stahles behandelt Rössel (Comptcs reudus T. CXXHI. 13. juillct 1896, S. 113). — Herr Moissan hat in seinen beachtcnswerthen Arbeiten über die künstliche Herstellung des Diamanten aus mit Kohlenstoff gesättigtem Eisen bei hoher Temperatur im elektrischen ( »fen in ineisterhatter Weise die Kräfte be- schrieben, welche auf den Kohlenstoff wirken oder viel- mcin- gewirkt haben, um ihn in durchsichtige Octaeder umzuwandeln. Herr Moissan hat geschmolzenes Eisen von 3000 0 mit Kohle gesättigt; beim Abkühlen unter h(»hcni Druck hat sich ein Theil des Kolilcnstoffcs in mikrosko- pische Diamanten umgewandelt. Diese beaehtcnswcrthe Thatsache hat R. auf den Gedanken gebracht, dass die sehr harten Stahlsorten, die in den Stahlhütten bei sehr hoiier Temperatur hergestellt und unter hohem Druck abgekühlt worden sind, Kohlenstoff enthalten mussteu von denselben Formen und Eigenschaften wie die von Moissan beschriebenen Diamanten. R. hat eine Anzahl ausgesuchter Probestücke von Stahl nach den Methoden von Berthelot und Moissan be- handelt. Nach der Lösung des Metalls in starker Säure wurden die Rückstände nach einander mit concentrirter Salpetersäure, gesclimolzenem chlorsauren Kali, concen- trirter Fluorwasserstofü'säure und starker Schwefelsäure behandelt. Seine Vermuthungen hatten R. nicht getäuscht, er hat in einer grossen Anzahl von Probestücken durch- sichtige, krystallisirte Rückstände gefunden, die nach den obigen Behandlungen unlöslich waren und die alle von Herrn Moissan angegebenen Eigenschaften besassen. Bald sind diese Rückstände als reguläre Octaeder von sehr kleinem Durchmesser, der nicht 15 Mikromillimeter überschreitet, krystallisirt, bald sind es gleichmässig durch- sichtige Trümmer von beträchtlicherem Umfang, der leicht 0,5 mm Durchmesser erreicht. Die Krystalle ver- brennen im Sauerstoff, indem sie Kohlensäure geben, sie haben einen charakteristischen Fettglanz, absorbiren das Licht und geben keine Färbung, wenn sie der Wirkung des polarisirten Lichtes unterworfen werden. Die Krystalle von 0,5 mm Durchmesser sind ausserordentlich hart, ritzen den Korund, ohne zu zerbrechen. 50 g Metall haben bei den beschriebenen Behand- lungsarten, und nachdem diese mehrere Male wieder- holt worden waren, einen Rückstand von über 5 g ge- liefert. Dieser Rückstand von dunkler Farbe ist sehr hart und setzt sich zusammen aus einer grossen Anzahl Mineralien von sehr regelmässiger Krystallisation. Wenn man diese Krystalle mechanisch mit Hilfe einer sehr starken Vergrösserung trennt, so erhält man die Diaraant- fragniente von grossen Dimensionen, von denen wir ge- sprochen haben. Indem R. auf diesen Experimenten und ihren Resultaten fusst, scheint es, dass die Entstehung von Diamauten durch Schmelzen von Kohlenstoff bei sehr hoher Tempe- ratur und Abkühlung unter hohem Druck eine neue Be- stätigung erhält, und so erscheint ihm die Theorie des Herrn Moissan über die Erzeugung von Diamanten durch- aus gerechtfertigt. Zache. Wetter-Monatsübersiclit, — Während des vergan- genen Februar wiesen die Witterungsverhältnisse sowohl zwischen den verschiedenen Theilen Deutschlands als auch zwischen der ersten und zweiten Hälfte des Monats aussergewöhnlich grosse Verschiedenheiten auf. In ganz Norddeutschland herrsehte nach beistehender Zeichnung bis zum 9. beständig Frost, welcher im Osten ziemlich strenge auftrat. Dort sank das Thermometer in den Pro- vinzen Ost- und Westpreussen sowie in Hinterponmiern während der klaren Nächte vielfach auf —20 bis 22» C. und blieb auch Mittags ungeachtet des hellen Sonnenscheins immer mehrere Grade unter Null. Vom 8. zum lü. Fe- bruar fand in der westlichen Hälfte von Norddcutschland eine langsame, vom 9. zum 11. in der östlichen eine äusserst rasche Erwärmung statt; während die Durch- schnittstemperatur der nordostdeutsehen Stationen am Morgen des 9. auf — 13,5" C. herabgegangen war, lag dieselbe 24 Stunden später nur noch 3,6" unter dem Gefrierpunkte, nach weiteren 24 Stunden schon 0,2" über denisell)cn und 2 Grade über ihrem normalen Werthe. Nach ein paar milden, jedoch ziemlich trüben Tagen XII. Nr. 11. Naturwisseuschaftliche Wochenschrift. 129 r Temperaturen im Fcl^ruar 1897 _tagiicties Maximum, b!,-«, Minimum _ 8 U hr Morgens, 1897 8 Unr M orgens.nnraial I.Febr. 6. 11. 16. 21, 2b CH' 1 1 i I I M I ! I I I I I 1 I l Motdwestdrafsclilanil ^ 11. •t-'» M I I I I ■vrNordosMeutsctiland 16 21. 2b. begann am 14. für Norddeutschland eine zweite klare Frost- periode von kürzerer Dauer. Dann stiegen die Tem- peraturen mehr und mehr, so dass der Wärmemangel der ersten Monatshälfte beinahe ausgeglichen wurde und sich die durchschnittliche Februartemperatur der norddeutschen Stationen nur noch um einen halben Grad von ihrem lang- jährigen Mittelwerthe unterschied. Im Gegensatze zu den letzten beiden Monaten hatten die meisten Gegenden, besonders östlich der Elbe, im Februar verhältnissmässig viel Sonnenschein; die Gesammtdauer desselben be- trug z. B. für Berlin 71, Potsdam 85 Stunden, nur 16 {IT' - ßöf^e der .Micdcr^cl^räge an jedem Febcuartage 1897. , Summe iin Februar I.Febr. 6. 11. 16. UiMiiJ'iii JL 56. I I I I I I I Mordwestdeuts jland. - 1 Febr. 6. 11. 16. 21. 26. I M I I II I I I I M I I I I 1 I I 1897. 96, 95. 9k. 93. 92. an bezw. 9 Stunden weniger als in dem sehr trockenen Fe- bruar des vergangenen Jahres. In Süddeutschland lag die Temperatur fast immer über ihrem normalen Werthe, welcher daher im Mouats- mittel um last 2V.2 Grade übertroifen wurde. Nur während der Nächte vom 16. bis 20. herrschte etwas strengerer Frost, wogegen an den zum Theil wolkenlosen Tagen das Thermometer beträchtlich anstieg. Am 26. Februar erreichte dasselbe zu Karlsruhe, Bamberg und München 15", an anderen süddeutschen Stationen sowie auch zu Kassel 14» C. Den höheren Temperaturen entsprechend, waren auch die Niederschläge viel ergiebiger im Süden als im Norden Deutschlands. Wie die beistehende Darstellung derselben erkennen lässt, kam bei weitem ihr grösserer Theil wäh- rend der ersten Hälfte des Monats vor. Am 2. Februar wurden an den süddeutschen Stationen durchschnittlich 11,4, am folgenden Tage 9,9 Millimeter Regen gemessen. Um die gleiche Zeit fielen zwar auch in einzelnen Ge- genden Norddeutschlands sehr grosse Mengen, so zu Chemnitz 27, zu Kassel 26, zu Köln 21 Millimeter Regen und Schnee, doch war hier die mittlere Niederschlagshöhe stets kleiner als 5 Millimeter. Wenn daher auch die sich auf 41,9 Millimeter belaufende Monatssumme, welche die Niederschläge im Durchschnitte aller deutschen Stationen ergaben, nur wenig von dem Mittelwerthe der ent- sprechenden Summen von den früheren Februarmonaten abwich, so setzte sich dieselbe doch aus sehr verschiedenen Einzel werthen zusammen-, beispielsweise hatte Friedrichs- hafen im diesjährigen Februar 102, München 85, Karls- ruhe 84 Millimeter, dagegen an der Küste Rügenwalder- münde nur 8, Neufahrwasser 10, Wustrow und Borkum 11 Milhmeter Niederschlag Die Ursache der Sätze zwischen Nord- und Süddeutschland ist in zwei tiefen barometrischen Depressionen zu suchen, welche am 2. und 7. Februar, von England kommend, mitten durch Deutschland hindurchzogen. Wie es im Winter die Regel ist, wehten an der Nordseite derselben sehr kalte, östliche, an der Südseite hingegen warme und dampf- gesättigte südwestliche Winde, welche am 2. und 3. in ver- schiedenen Theilen Süddeutschlands Sturmesstärke erreich- ten. Die durch sie bewirkte Schneeschmelze wurde durch anhaltende, dichte Regengüsse ausserordentlich beschleu- nigt, so dass schon am 2. Februar in der Schweiz der Rhein und alle seine Nebenflüsse stark anschwollen. Bald pflanzten sich die Hochwasser, welche in ;den Alpen durch Lawinenstürze noch vielfach gesteigert wurden, nach Westdeutschland wie auch nach Frankreich fort, und für Deutschland war die Ueberschwemmungsgefahr um so grösser, da hier im Norden noch immer neue Schneemassen herniedergingen und durch die mit Eis be- deckten unteren Stromläufe keinen Abfluss finden konnten. Durch die lange anhaltende Kälte gestalteten sich auch die Eisverhältnisse an den Küsten äusserst schwierig. Das Fahrwasser in den Häfen füllte sich mehr und mehr mit Treibeis an. Zwischen Warnemünde und Gjedser sowie zwischen Kiel und Korsör mussten die Dampferfahrten eingestellt und eine Zeit lang der ganze Postverkehr zwischen Deutschland und Dänemark über Jüt- land geleitet werden. Auch im Kaiser- Wilhelm-Kanal bildete sich eine feste Eisdecke, in welcher es jedoch durch Eis- brecher eine Fahrrinne olfen zu halten gelang. Nachdem vom 10. bis 15. Februar verschiedene Minima durch die skandinavische Halbinsel gezogen waren. eigenthümlichen Witterungsgegen- Wcstwinde auch für Norddeutschland Verminderuiu Er- dereu lebhafte wärmung und damit eine Verminderung der Verkehrs- störungen bewirkten, erschien ein hohes barometrisches Maximum in Deutschland und veranlasste dort einige 130 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. XII. Nr. 11. trockene, sonnige Tage, an denen eine langsame Abnahme der in Norddeutschland noch immer hohen Schneedecke stattfinden konnte. Der Rest derselben wurde in den meisten Gegenden durch den Regen beseitigt, welcher seit dem 20. Februar an der Südseite neuer skandinavischer Depressionen herniederfiel, wobei an verschiedenen Stellen die Weser und die Saale aus ihren Ufern traten. Von da ab wurde die Erwärmung der Luft durch Schnee- schmelze nicht mehr behindert und vollzog sich daher sehr schnell, als gegen Ende des Monats ein bei Schott- land erscheinendes Minimum lebhafte Siidwestwinde aus südlicheren Theilen des atlantischen Oceans weiterver- breitete. Dr. E. Less. Aus dem wissenschaftlichen Leben. Ernannt wurden; Jieg. Kath Prof. Dr. von Buchka zum Leiter der naturwissenschaftlichen Versuchsabtheilung im Kaiser- lichen Gesundheitsamt zu Berlin; der ständige Mitarbeiter am Königlichen Geodätischen Institut zu Potsdam Dr. Ludwig Kriiger zum Professor; Dr. Hans Lemke aus Berlin zum Assistenten am meteorologisch -magnetischen Observatorium in Potsdam. Berufen wurde : Der ausserordentliche Professor der Mathe- matik in Berlin Dr. Ernst Kötter als ordentlicher Professor an die technische Hochschule in Aachen. Es starben: Der Schöpfer der Ackerbauchemie Prof. Georges Ville in Paris; der Professor der Moralphilosophie in Oxford Wallace; der Inhaber des bekannten Schulz'schen chemischen Laboratoriums in Magdeburg Dr. Hugo Schulz. Preis-Ausschreiben. — Die Naturforschende Gesellschaft in Daiizig hatte bei der Feier ihres löO.jährigeu Bestehens 1893 einen Preis für die beste Arbeit ausgesetzt, welche durch Erforschung des Entstehens und der Verbreitung von Pilzepidemien unter den in Westpreussen einheimischen waldverheerenden Insecten zuver- lässige und durch den nachzuweisenden Erfolg im Freien bewährte Mittel zur durchgreifenden Vernichtung solcher Insocten bietet. Da der Termin zur Einlieferung am letzten December 1898 ab- läuft, wird diese Preisaufgabe hierdurch nochmals in Erinnerung gebracht. Deutscher Geographentag. — XII. Tagung in Jena. — Vor- läufige Tagesordnung: Dienstag, am 20. April. Abflnds von 8 Uhr an: Begrüssungsabend im grossen Saale des Burgkellors. Mittwoch, am 21. April. Vormittags 9 Uhr: Erste Sitzung im akademischen Rosensaale, wo auch die folgenden Sitzungen stattfinden. Eröffnung des XII. Deutschen Geographentages. Wirkl. Geh. Adm.-Rath Prof. Dr. G. Neumayer, Director der Deutschen Seewarte in Hamburg: „Bericht über die Thätigkeit der vom XI. Deutschen Geographen- fag in Bremen ernannten Commission für Südpolar-Forschung." — Vorträge: Dr. Ilorrmann Meyer-Leipzig: „Ueber seine Expe- dition nach Central -Brasilien"; Dr. Heinrich Zimmerer- München: ,.Uebor Deutsche Forschung in Klein-Asien" ; Roman Oberhummer jr.-München: „Ueber seine Reise durch Syrien und Anatolien im Jahre 1896." Nachmittags 3 Uhr: Zweite Sitzung. Berathungsgegenstand: „Schulgeographie." — Vorträge: H. Fischer, Oberlehrer am Louiseiistädtischen Rcalgyinn.asium in Berlin: „Zur äusseren Lage des Geogriuihie-Unterrichtes in Preussen"; Prof. Dr. W. Sievers- Giessen: „Grössere geographische Untorrichtsreisen mit Stuiliron- den"; Prof. Dr. Job. Pal acky-Prag: „Ueber die Einrichtung geographischer Herbarien zum Zwecke des Unterrichts in geogra- phischer Botanik." — Geschäftliche Mittheilungen. Vorberathung über die Wahl des nächsten Tagungsortes. — Abends 7 Uhr: Gemeinsames Festessen im Theatersaal. Donnerstag, am 22. April. Vormittags 9 Uhr: Dritte Sitzung. Berathungsgegenstand: „Geophysische Fragen." — Vorträge: Prof. Dr. G. Gerland - Strassburg i. E.: „Uober den heutigen Stand der seismischen Forschung"; Prof. Dr. A. Su]) an- Gotha: „Vorschläge zur syste- matischen Erdbobenbeobachtung in den einzelnen Ländern"; Dr. Ad. Sehmidt-Gotha: „Geographische Probleme der erdmagne- tischen Forschung"; Privatdocent Dr. E. Naum ann- München : „Geotektonik und Erdmagnetismus." Nachmittags 3 Uhr: Besichtigung der optischen Werkstätte von C. Zciss und der Jonenser Glashütte von Schott und Ge- nossen. — Abends 8 Uhr: Gesellige Zusanimenkuiitt im „Bären." Freitag, am 23. April. Vormittags 9 Uhr: Vierte Sitzung. Berathungsgegenstand: „Biologische Geographie." — Vorträge: Prof. Dr. Semon-Jena: „Ueber die Fauna Australiens"; Dr. Ed. Hahn -Lübeck: „Trans- portthiere in ihrer Verbreitung und Abhängigkeit von geogra- phischen Bedingungen"; Prof. Dr. O. Schneider-Dresden: „Die Thierwelt der Insel Borkum mit besonderer Rücksicht auf thier- geographisch wichtige Beobachtungen." Nachmittags 3 Uhr: Fünfte Sitzung. — Bericht der Central- Commission für wissenschaftliche Landeskunde von Deutschland. — Vorträge: Prof. Dr. J. Wal th er -Jena: „Thüringer Land- schaftsformen erläutert aus ihrem geologischen Bau"; Dr. K. Peucker- Wien: „Der Bergschatten und seine Wirkungen in Alpen und Mittelgebirge. Geschäftliche Mittheilungen. Wahlen. Beschlussfassung über den Ort der nächsten Tagung. Beschluss- fassung über Anträge. — Schluss der Sitzungen. — Abends 8 Uhr: Festkommers, gegeben von der Stadt Jena im Turnsaal. Sonnabend, am 24. April. Gegen Mittag: Fahrt mit Sonderzug nach Weimar, Besichti- gung der dortigen Sehenswürdigkeiten. Abends: „Festvorstellung im Grossherzoglichen Hoftheatcr." Sonntag, am 25. April. Geologisch-geographische Ausflüge in das Saalthal, sowie Be- such des Schlachtfeldes. Die Dauer eines Vortrages soll womöglich nicht '/a Stunde, in keinem Fall die Zeit von % Stunden überschreiten ; auch darf kein Redner in der Discussion länger als 10 Minuten zu einem Gegenstand sprechen. Diejenigen Herren, welche Vorträge halten oder sich an der Discussion bethoiligen, werden ersucht, ihre für den Druck bestimmten Manuskripte ohne besondere Mahnung möglichst bis zum Schluss der Tagung abzuliefern, spätestens aber bis zum 15. Mai d. J. dem unterzeichneten Geschäftsführer des Central-Ausschusses (Berlin SW., Zimmerstr. 90) zukommen zu lassen. Der Zutritt zu den Sitzungen ist nur gegen Vorweisung der Mitglieds- oder Theilnehmerkarte gestattet. Das Gleiche gilt von der Theilnahme an den officiellen Zusammenkünften und Ausflügen. Man kann dem Geographentage als Mitglied oder als Theil- nehmer beiwohnen. Diejenigen, welche dem Geographentage als ständige Mitglieder angehören oder sich als solche anmelden, zahlen für das Versammlungsjahr einen Beitrag von 6 Mark, wo- für sie Zutritt und Stimmrecht auf der Tagung, sowie die Berichte über die Verhandlungen des Geographentages und die sonstigen Drucksachen ohne weitere Nachzahlung erhalten. Wer dem Geo- graphentage nur als Theilnehmer beizuwohnen wünscht, hat einen Beitrag von 4 Mark zu entrichten, erhält jedoch die gedruckten Verhandlungen nicht unentgeltlich; im übrigen geniesst er während der Dauer der Tagung dieselben Rechte wie die Mitglieder. Auch Damen können der Tagung als Mitglieder oder als Theilnehmer anwohnen. Die baldige Anmeldung zum Besuch dos Geographentages an den Generalsekretär des Ortsausschu.sses Dr. F. Römer (Jena. Zoologisches Institut) ist erwünscht. Während der Tagung wird von Dienstag, den 20. April, Nachmittags 2 Uhr an im Burgkeller die Geschäftsstelle des Geographentages eingerichtet sein; daselbst können auch die unter der Adresse ,XII. Deutscher Geographentag" für die Besucher eintreffenden Postsendungen entgegengenommen werden. Zwecks rascher Herstellung der Besucherliste werden alle Be- sucher des Goographentages dringend gebeten, auch wenn sie schon im Besitz der Mitglieder- oder Theilnehmerkarte sind, sich möglichst gleich nach Ankunft auf der Geschäftsstelle anzumelden. Die Anmeldung zu dem Festessen am 21. Aj)ril (trockenes Gedeck 4 Mark) bitten wir spätestens bis zum 15. April erfolgen zu lassen. Die Ausgabe der Karten für das Festessen, sowie der unent- geltlichen Karten für die Bahnfahrt nach Weimar und den Besuch der Festvorstellung im Grossherzoglichen Hoftheatcr erfolgt auf der Geschäftsstelle. Nähere Bestimmungen über die Ausflüge werden während der Tagung mitgetheilt werden. Jena, im Februar 1897. Im Namen des Central- und Ortsausschusses. 1 )i'r Vorsitzende des (^-iitralausschusses: l'rof. Dr. G. Ni'uinayer Wirkl. Geh. Adm.-l!atl], Director der Deutschen Seewarte in Hamburg. Der Vorsitzende des Ortsausschusses: Prof. Dr. W. Küken thal, Vorsitzender der Geographischen Gesellschaft in Jena, Der Geschäftsführer des Centralausschusses: Georg KoUm, Ingenieur-Hauptmann a. D., Generalsekretär der Gesell- schaft für Erdkunde zu Berlin. XII. Nr. 11. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 131 L i 1 1 e r a t u r. Prof. Ur. M. Lazarus, Das Leben der Seele in Monosrapliieen über seine Ki-scliL'inuiif;;oii und Gesetze. 3. AuH., lil. Band. Ferd. Dümmler's Verliigsbuchh. Berlin 1897. — ['reis 6 iMk. Die geistreichen und stylistiseli mustergültigen „Monograpliieen" zum Seelenleben sind so bekannt, dass wir hier nur angeben können, in wiefern sich die vorliegende o. von der 2. Aufl. des III. Bandes unterscheidet. — Die Abhandlung „Die Vermischung und Zusammenwirkung der Künste" ist gekürzt worden, da sie ihren ursprünglichen Anlass in der Ausstelhing von Gemälden mit musikalischer B(>gloitung hatte. Das ist seit Langem nicht wieder- holt worden und „darf als beseitigt angesehen" werden, weshalb die Kritik, die Lazarus geübt hatte, gekürzt worden ist, während der theoretische Gewinn übrig geblieben ist. Ueber die Poly- chromie in der Sculptur ist jedoch zeitgemäss ausführlicher ein- gegangen worden. — Lazarus' Psychologie liegt in der Richtung Herbart's; es ist interessant, wie er in dem Vorwort der 3. Auf- lage kurz die psycliophysische Richtung abfertigt. „Es giebt ja Leute — sagt er — , deren Psyche nur ein Object für den Phy- siologen und für den Psychiater bildet .... Glücklicher Weise giebt es aber auch anders constituirte Menschen, die etwas er- leben, was nicht im Laboratorium des Physiologen oder in der Klinik des Psychiaters untersucht werden kann." Von einem Manne wie Lazarus, der schon so lange mit Erfolg die Psychologie in seiner Richtung behandelt, wird man eine Schwenkung jetzt nicht mehr erwarten dürfen; jedoch wüide er gewiss der psj'cho- physischen Richtung freundlichere Beachtung schenken, wenn sie es in ihrer jetzigen Fassung stärker verdiente. Bei dem Mangel philosophischer Durchbildung bei den Naturforschern einerseits und dem Mangel naturwissenschaftlicher Kenntnisse bei den Philo- sophen andererseits kann es vorläufig leider nicht anders sein. P. Dr. E. Bade, Das Süsswasser-Aquarium. Geschichte, Flora und Fauna des Süsswasser-Aquariums, seine Anlage und Pflege. Mit 4 bunten und L! einfachen Tafeln, 2öS Textabb. und viefen Vignetten. Verlag von Fritz Pfenningstorff. Berlin 189G. — Preis 16,50 Mk. Das ausführliche Buch — es umfasst 530 Seiten — kann dem Aquarium-Freund ein in vielen Fällen wichtiges Handbuch sein; es orientirt ihn über so gut wie Alles, was bei der Horrichtung, Haltung, Besetzung und Pflege des Aquariums vorkommt. Die Hauptstärke des Buches liegt in den Auseinandersetzungen, soweit sie die technische Seite der Aquariumkunde betreuen. In den anderen Beziehungen hätten wir wohl Manches anders gewünscht, namentlich ist zu bedauern, dass Verf. nicht einen Botaniker an dem Werk zu betheiligen versucht hat. Prof. Dr. C. Claus, Lehrbuch der Zoologie. 6. umgearbeitete Auflage. Mit 889 Holzsclmitten. N. G. Elwert'sche Verlags- buchhandlung. Marburg 1897. — Preis lo,50 Mk. Unter den Lehrbüchern der Zoologie hat das vorliegende einen guten, alten Ruf. Da es allgemein bekannt ist, kann es sich hier im Wesentlichen nur darum handeln, das Erscheinen der Neu-Auflage anzuzeigen. Es umfasst in Gross-octav 966 Seiten, von denen auf den allgemeinen Theil 215 Seiten kommen und das zum Vortheil des Buches. Denn dieser allgemeine Theil ist von hohem Interesse durch die klare Einführung auch in die tieferen Probleme der Zoologie; diesbezüglich vergleiche man z. B. die Abschnitte über Nägeli's mechanisch- physiologische Theorie der Abstammung und über Weismann's Lehre von der Continuität des Keimplasmas und den Variationen des Keimplasmas als die Ursache der Variabilität. Ueberhaupt sind die Abschnitte zur Descendenzlehre trefflich geeignet, in den gegenwärtigen Stand derselben einzuführen aber auch in die Geschichte dieser Lehre seit Lamarck. Die mustergültigen Illustrationen des Buches sind bekannt. Prof. Dr. W. Migula, Die Characeen. 5. Band von Dr. L. Raben- horst's Kryptogamen-Flora von Deutschland, Oesterreich und der Schweiz. Mit zalilreichen in den Text gedruckten Abbildungen. Leipzig 1896. Verlag von Eduard Kummer. — Preis 26,40 Mk. Eine so ausgezeichnete und ausführliche Kryptogamenflora wie die Rabenhorst'sche zu besitzen kann sich ausser Deutschland kein Land rühmen. Mit Freude wird daher jeder Interessent das Erschei- nen einer neuen Lieferung begrüssen. Durch die 12. Lieferung des vor- liegenden Bandes, dessen 1. Lieferung schon 1890 erschien, wird wie- der ein Theil abgeschlossen. Wir haben nunmehr eine ganz ein- gehende, gewissenhafte Characeenflora zur Verfügung, die sich den bisher erschienenen fertigen acht Bänden (die sich mit Algen, Pilzen, Moosen und Pteridophyten beschäftigen) würdig anreiht. Der Band umfasst 765 Seiten und erschöpft seinen Gegenstand, so weit es der Systematiker auch nur wünschen kann. Zunächst geht Verf. ausführlich auf den Aufbau und die Entwickelungsgeschichte der Characeen ein, sodann auf die geschichtliclie Entwickelung der Characeenkunde um sich dann über die Stellung der eigen- thümlichen und anziehenden Familie im System auszulassen, die Begrifl'e Gattung, Varietät, Form zu besprechen, die Terminologie zu ventiliren, Auskünfte über Sammeln, Untersuchen und Be- stimmen der Characeen zu geben, ihre geographische Verbreitung darzulegen und endlich die Systematik der Characeen mit ganz ausführlichen Arten -Beschreibungen vorzunehmen- Vorzüglich unterstützt wird das Vorständniss des Textes durch klare Abbil- dungen; es sind 149 resp. Grujipen von solchen vorhanden. Vielfach sind es Habitus-Abbildungen, die oft die ganze Seite einnehmen. Gespurt ist in dieser Beziehung in keiner Weise. Die natürlichen Pflanzenfamilien nebst ihren Gattungen und wiclitigcren Arten, insbesondere den Nutzpflanzen, unter Mit- wirkung zahlreicher hervorragender Fachgelehrten, begründet von A. Engler und K. Prant 1, fortgesetzt von A. Engler, ordentlicher Professor der Botanik und Diroctor des botanischen Gartens in Berlin. Lief. 146— 1-lS. Leipzig. Verlag von Wilhelm Engclmann, 1897. — Subskriptionspreis a 1,50 M., Einzelpreis k .3 M. — Mit der Doppel-Lieferung 146/147 schliesst der IV. Theil ab. Es sind ihr drei Titelblätter nebst Inhaltsverzeichnissen für diesen Theil beigegeben und zwar werden zusammengefasst: 1. Abtheilung 1 und 2, "2. Abtheilung oa und Sb, o. Abtheilung 4 und 5. Durch diese Einrichtung werden die Bände handlich und nicht zu dick. Dieser Lieferung liegt ausserdem das Titelblatt nebst Inhalts- verzeichniss für den III. Theil, i. und 5. Abtheilung bei. Durch den Schluss der Labiaten, den die Doppellieferung bringt, ist wieder ein Theilband, nämlich die 3. Abtheilung a des IV. Theiles vom Gesammtwerk fertig geworden. Lief 148 ist den Pilzen gewidmet (I. Theil, 1. Abtheihing, Bogen 18—20); sie enthält" den Schluss der Hysteriineae (G. Lindau), die Tuberineae und den Anfang der Plectascineae (Ed. Fischer) mit 288 Einzelfiguren in 31 Figuren. Fricke, Prof. Dr. Rob., Hauptsätze der Differential- und Integral- Rechnung, als Leitfaden zum Gebrauch bei Vorlesungen zu- sammengestellt. 1. Tbl. Braunschweig. — 2 Mark. Friese, Heinr., Die Bienen Europa's (Apidae europaeae) nach ihren Gattungen, Arten und Varietäten, auf vergleichend mor- phologisch-biologisch. Grundlage bearbeitet. Berlin. — 12 Mark. Graesel, Ober Biblioth. Dr. Arnim, Repertorium zu den Acta und Nova Acta der kaiserlichen Leopoldino-Carolinischen deut- schen Akademie der Naturforscher. 1. Hälfte. Leipzig. — 3 M. Langwieser, Dr. Karl, Der Bewusstseinsmechanismus im Gehirne des Menschen. Wien. — 2 Mai'k. Lewin, Prof. Dr. L., Lehrbuch der Toxikologie. Wien. — 10 M. Nitzelnadel, Dr. Ernst, Compendium der Arzneimittellehre und Arzneiverorduungslehre. Wien. — 5,.50 Mark. Snell, Dr. Otto, Grundzüge der Irrenpflege für Studierende und Aerzte. Berlin. — 2 Mark. Tornquist, Priv.-Doc. Assist. Dr. A., Das fossilführende Unter- carbon am östlichen Rossbergmassiv in den Südvogesen. Strass- burg. — 9 Mark. Wahl, Dr. Karl von, Vergleichende Untersuchungen über den anatomischen Bau der geflügelten Früchte und Samen. Stutt- gart. — 25 Mark. Berichtigung. Der erste Satz im zweiten Absatz der Mittheilung über Am- moniakstickstoft' im Urgestein" auf S. 106 muss lauten: Das euxenitartige Mineral zeigte neben den gelben und grünen Helium- nur massig helle "Stickstofflinien, während das dem Polykras ähnliche zwar kein Helium- dagegen ein ungemein helles und scliarfes Stickstotfspectrum aufwies. Inhalt: Richard Hennig, Die Charakteristik der Tonarten. — 68. Versammlung der Gesellschaft deutscher Naturforscher und Aerzte zu Frankfurt a. M., vom 21.— 26. September 1896. (IV.) — Nansen anf der Walros.sjagd. — Ueber das Abhängigkeits- verhältniss zwischen dem Sauerstoft'- und dem Kohlensäurcgehalt des Meerwassers und dem Plankton des Meeres. — Schliess- kraft der Muscheln. — Commensalismus zwischen Daphniden und Rotiferen. — Die Molchfauna des niaderelbischen Gebietes. — Ueber einen reichen Fund von Elephantenresten und das Vorkommen von Elephas trogontherii Pohl in Schlesien. — Ueber alkoholische Gährung ohne Hefezellen. — Die Diamanten des Stahles. — Wetter-Monatsübersicht. — Aus dem wissenschaftlichen Leben. — Litteratur: Prof. Dr. M. Lazarus, Das Leben der Seele. — Dr. E. Bade, Das Süsswasser-Aquarium. — Prof. Dr. C. Claus, Lehrbuch der Zoologie. — Prof. Dr. W. Migula, Die Characeen. — Die natürlichen Pflanzenfamilien. - Liste. — Berichtigung. 132 Naturwissciiscliaftlichc VVoclieiisclinft. XII. Nr. 11. Herdersclie Verlagshaudlung, Freiburg im Breisgau. Durch alle Buchhandlungen zu beziehen: Dressel, L., S. J., Elementares Lehrbuch der Physik, nach den neuesten Anschauungen t'iir höhere Schulen und zum Selbstunterricht. Mit 402 Figuren, gr. 8". (XX u. 700 S. und eine Tabelle.) M. 7.50; geb. in Halb- leder mit Goldtitel M. 8. . Das Buch ist eine gediegene Originalleistung, die alle Empfehlung verdient. . E.s gibt knaj)]), elementar und doch gründlich einen Ueberblick über den jetzigen Standpunkt der Physik in einer Weise, die um so anregen- der wirkt als man merkt, dass der Verfasser überall selbständig kritisch urteilt: der Le.ser wird thatsächlich hineingeführt in die heutigen, die Wissen- schaft bewegenden Probleme, er nimmt teil an den wohlmotivierten Skrupeln und Einwürfen des Verfassers und legt .schliesslich das Buch hin mit dem lebhaften Wunsche, an der Lösung der vielen vorgeführten Probleme weitern Anteil zu nehmen. . . ." (Blätter für höheres Schulwesen. Berlin 1896. Nr. 5.) .. . . Um nicht einen allzu grossen Umfang des Werkes herbeizuführen, musste die Darstellung möglichst kurz gehalten werden, und hierbei zeigt sich der Verfasser als Meister der Sprache. Das Werk ist in seiner Aus- führung für höhere Schulen als auch zum Selbststudium bestimmt, und Referent will nicht ermangeln, es allen denjenigen, die sich mit dem heutigen Stand- punkt der Physik durch eigenes Studium vertraut machen wollen, warm zu empfehlen. . . ." ((Jaea. Leipzig 1895. 10. Heft.) Silberne Medaille 1896 der InternntionaloM Am.iteur-Ausstellung Berlin. Photographische Apparate und Bedarfsartikel. Alleinvertrieb der „Westeiulorp & Weliiier"-l'latteu (jetzt: Act.-Gcs für Trockenplattent'abrikation vorm. W. & W.) Pilliiay'sche Lacke. Max Steckelmann, Berlin W. 8, Leipzigerstrasse 33 I. !♦♦♦♦♦♦♦ ♦♦♦♦♦♦♦♦ ♦♦♦♦♦♦♦♦ ♦♦♦♦♦♦♦♦ ♦♦♦♦♦♦♦! von Poncet Glashütten -Werke 54, Köpuickerstr. BERLIN SO., Köpnickerstr. 54. 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Werke", widehe Hierzu riiii' lieilage vi wir hiermit besontlorer Verant Hugo wortlicher Redacteur: Dr. Henry Potonid, Gr. Lichterfelde {1 Bernstein in Berlin. — Verlag: Ferd. Düninilers Verlagsbuchh; ju der \ irlapsbiii hhandlung Chr. Herm. Tauchnilz in Leipzig, liitritf 1: „Naturwissenscbaftiiche Beaelitung empfehlen. (P.-B.) bei Berlin, Potsdameratrasse 35, für den Inserateutheil: landlung, Berlin SW. 12. — Druck: G. Bernstein, Berlin SW. 12. Redaktion: ~f Dr. H. Potonie. Verlag: Ferd. Dümmlers Verlagsbuchhandlung, Berlin SW. 12, Zimmerstr. 94. XII. Band. Sonntag, den 21. März 1897. Nr. 12. Abonnement: Man abonuirt bei allen BuchhandlunKen und Post- Y Inserate : Die vieri^espaltene Petitzeile 40 ^. Grössere Aufträge ent- instalten. wie bei der Expedition. Der Vierteljahrspreis ist jÄ 4.— 5(3 sprechenden Rabatt. BeilaKen nach Uebereinkunft. Inseratenannahme BrinKesceld bei der Post LS '^ extra. Postzeitnngsüste Nr. 4954- -"• bei allen Annoncenbureaux wie bei der Expedition. Abdrack ist nar mit Tollständit^er <|aellenaiifi:abe gestattet. 68. Versammlung der Gesellschaft deutscher Naturforscher und Aerzte zu Frankfurt a. M., vom 21.— -26. September 1896. ^ V. Carl Weigert: Neue Fragestellung'en in der pathologisclien Anatomie. Welche ergiebige Quellen gute Hj'potliesen für eine neue richtige Fragestellung und dadurch für das Auffinden neuer Thatsachen erschliessen, das lehrt, um uur ein Beispiel anzuführen, die Hypothese des Benzolringes. Keiu Mensch hat noch den Benzolring gesehen, kein Mensch die eigenthümliche Verkettung der Kohlenstoff- und Wasserstott'atonie, die dieser hj'pothctisch voraussetzt, zur sinnlichen Wahrnehmung bringen können, und so ist denn die Lehre Kekule's von den Thatsacheu- fanatikern anfangs auch gründlich verspottet worden. Nichtsdestoweniger verdanken wir dieser Hypothese eine geradezu unglaubliche Menge von neuen Thatsachen. Das ist eben der grosse Unterschied zwischen dem planlosen Speculiren der Naturphilosophen und dem Denken der Gelehrten vom Schlage Kekule's. Für letztere ist die Hypothese nicht bloss eine Befriedigung des mensch- lichen Geistes, der über das unmittelbar Gesehene hinaus in das Wesen der Dinge eindringen will, sondern für sie hat die Hypothese vor Allem einen heuristischen Zweck, in dem Sinne, den wir soeben angedeutet haben. Ein Gleichniss mag das erläutern. Als man die erste Hängebrücke über den Niagarafall bauen wollte, da war es natürlich unmöglich, in der ge- wöhnlichen Weise vorzugehen, wie sonst beim Bau von solchen Brücken. Es war ja undenkbar, in der Nähe des Falles von einem Ufer zum anderen zu gelangen, wie das unter anderen Yerhältuisseu nothweudig gewesen wäre. Man Hess nun bei drachen über den Fall anderen Ufer aufgefangen, und Ufer durch die dünne Schnur, jünstu hiuwegfliegen festigt zog war verbunden. man eine dickere em Winde einen Papier- Dieser wurde am jetzt waren die beiden an der der Drache be- Mit Hülfe dieser dünnen Schnur und wieder andere noch dickere hinüber, dann ein Drahtseil etc., und so konnte man schliess- lich die feste VerbindungsbrQcke zwischen den beiden Ufern in der üblichen Weise zu Staude bringen. Wie jener Papierdrache, so soll sich eine gute Hypo- these verhalten. Auch die Hypothese erhebt sich vom festen Boden der Thatsachen in die freie Luft der Ge- dankenwelt, mit dem Untergrunde nur verknüpft durch einen dünnen Faden von Beobachtungen, und doch ver- bindet dieser dünne Faden unter günstigen Umständen auf dem Umwege der Gedankenwelt zwei sonst nicht mit einander in Zusammenhang zu bringende Stellen des Thatsachenbodeus, um schliesslich zwischen beiden die Herstellung einer festen Brücke von Beobachtungen zu ermöglichen. Das planlose Speculiren verhält sich zu der frucht- baren Gedankenarbeit ernster Forscher wie das Spiel der Kinder mit einem Papierdracheu zu jener Ueberbrückung des Niagarafallcs. Aber leider führt eben nicht jede Hypothese zu der Herstellung einer sicheren Brücke zwischen zwei sonst nicht mit einander in Zusammenhang zu bringenden Beobachtungen. Im Gcgentheil, manchmal ist das, was sie schaft't, ein ganz unsicherer Steg, der unter dem, der hinüberwandeln will, zusammenbricht. Manche solcher irrigen Hypothesen halten sich ungemein lange Zeit, aber es ist doch nöthig, von Zeit zu Zeit einmal die Grundlagen unseres Forscheus zu revidiren, um nach- zusehen, ob wir nicht auf solche verfehlte Hypothesen stossen, deren Hauptgefahr darin liegt, dass sie auf viele Jahre hin die Fragestellung verschieben. Mit einer solchen Hypothese müssen wir uns heute zuerst beschäftigen. Es handelt sich bei ihr um die Frage, ob durch äussere (pathologische) Einflüsse die Zellen zur Vergrösserung und Vermehrung angeregt werden können oder nicht. V 134 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. XII. Nr. 12 Unter pathologischen Verhältnissen beobachtet man nämlich vielfach eine über das Maass des Normalen iiiuausgebonde Steigerung der Zellthätigkeit, und zwar kann das in verschiedener Weise geschehen, entsprechend den verschiedenen Formen der physiologischen Zellthätig- keit, d. h. es kann eine functionelle, eine nutritive und eine formative Reizung der Zellen eintreten. Bei der functionelleu Reizung ist nur die Function gesteigert, ein Nerv erregt Schmerz, ein Muskel contrahirt sich stärker, eine Drüse secernirt reichlicher. Bei der nutritiven Reizung nimmt die Zelle an Grösse zu, bei der formativen endlich erzeugt die Zeile eine neue Brut, sie theilt sich. Man hat nun ziemlich allgemein geglaubt, dass diese drei Abarten der Zellthätigkeit nur Grade der Reizung repräsentirten, von denen die functionelle den niedrigsten, die formative den höchsten darstellte. Da mau nun jeden Moment sehen konnte, dass die functionelle Reizung durch äussere Momente direct hervorgerufen wurde, dass durch ein Trauma ein Nerv zur Schmerzerzeugung erregt, ein Muskel durch den elektrischen Strom zur Zusammen- ziehung gebracht, eine Drüse durch ein Arzneimittel in Secretion versetzt wurde, da man ferner nach äusseren Eingriffen auch vielfach Zellvergrösserungen und Zell- vermehrungen eintreten sah, so nahm man es als ganz selbst- verständlich an, dass auch die nutritive und formative Reizung ebenso direct durch äussere Reize hervorgerufen werden könnten, wie die functionelle — und doch ist dieser Schluss in keiner Weise gerechtfertigt. Es ist zunächst ein Irrthum, wenn man glaubt, dass die nutritive und formative Reizung nur graduell von der functionellen verschieden seien. Gerade das Gegeutheil ist richtig: die nutritive und formative Reizung stehen in einem diametralen Gegensatze zu der functionelleu. Bei der functionellen wird lebende Substanz verbraucht, bei den beiden anderen wird solche neu erzeugt. Man kann daher die nutritive und die formative Zellleistuug unter dem Namen der bioplastischen Processe zusammen- fassen, denen dann die functionelle als katal)iotischer Process gegenüberstehen würde. Bei dem fundamentalen Unterschiede zwischen diesen beiden Arten der Zellthätigkeit, der bioplastischen und der katabiotischen, ist es nun durchaus nicht mehr so selbst- verständlich, dass dieselben Ursachen, welche die eine Art zu Stande konmien lassen, auch bei der anderen wirk- sam sein sollten. Auch der Umstand, dass nach äusseren Eingriffen Zellwucherungen entstehen, genügt nicht, um es als selbstverständlich zu betrachten, dass diese durch den äusseren Eingrift' selbst angeregt würden, dass es also dirccte, äussere, bioplastische Reize gebe. Die bio- plastische Wirkung folgt dem äusseren Eingriff nicht so Schlag auf Schlag wie die die functionelle, und in der Zwischenzeit kann sich vielerlei in den Geweben ab- spielen, was erst seinerseits die nutritive und formative Zellthätigkeit beeinflusst. Ein directer äusserer bio- plastischer Reiz müsste daher erst irgendwie an Zellen oder noch besser an einem ganzen Organismus ein wands- frei bewiesen werden. Das ist bisher noch niemals ge- schehen. Die ganze Lehre von dem directen bioplastischen Reize ist daher nur eine (unbewiesene) Hypothese. Das würde an und für sich nichts ausmachen, aber wir werden sogleich scheu, dass sie eine nicht haltbare und eine überflüssige Hypothese ist. Es ist freilich riciitig, dass die Vermehrung der lebenden Substanz durchaus nicht unal)hängig von äusseren Momenten ist. Es gehört ja zum Zustandekommen der selben z. ]{. Nahrungsaufnahme im weitesten Sinne, aber diese Abhängigkeit ist nur so zu verstehen, dass die be- treffenden Lebensersciieiiiungen bei fehlender oder un- genügender Nahrung nicht oder nur mangelhaft vor sich gehen können. Der Antrieb und die Richtung zur Ver- mehrung geht aber nicht von der Nahrung etc. aus, sondern von den immanenten, aus dem Keimsplasma herrührenden Kräften, den sogenannten idioplastischen Kräften. Diese zum Zustandekommen der physiologisclieu bio- plastischen Zellthätigkeit nothwendigen Einflüsse der Naii- rung und dergleichen sind nun wesentlich verschieden von dem, was man sich unter den jiathologischen bioplastischen Zelireizen vorstellt. Die physiologischen äusseren Einflüsse sind zwar zur Ausführung der prästabilirteii l)ioplnstischen Processe durchaus nöthig, aber siekönnen die l)ioplastischen Leistungen niemals über das von vornherein festgestellte Ziel hinausführen, während doch die krankhaften biopiastischen Zellreize eine über dieses Ziel hinausgehende Vermehrung der Gewebsbestandtheile zur Folge haben sollen. Noch niemals ist es geglückt, mit besonders reichlicher Nahrung ein Individuum einer kleinen Menschenrasse in das einer grossen umzuwandein, ebensowenig, wie noch je einmal durch sehr viel Futter ein Mops in einen Neufundländer verwandelt worden ist. Man darf daher die physiologisch nothwendigen äusseren Einflüsse ja nicht etwa mit dem Namen von Reizen in dem erwähnten Sinne bezeichnen, sondern man wird gut thun, um Missverständuisse zu ver- meiden, sie Lebensbedingungen zu nennen. — Unter Beihülfe dieser äusseren Lebensbedingungen ist es nun dem lebenden Wesen zunächst ermöglicht, sich zu entwickelu, heranzuwachsen und seinesgleichen zu er- zeugen. Alles das ist von vornherein aufs (Tcnaueste prästabilirt. Wenn das Wachsthum beendet ist und nicht etwa die mit der Fortpflanzung in Verbindung stehenden Zeiten vorhanden sind, so bleibt der Körper in seinem Gewebsbestande unverändert, eine Vermehrung seiner Be- standtheile über das bei der Zeugung vorgeschriebene Maass tritt nicht mehr ein. Trotzdem die Zellen die- selben Lebensbedingungen, dieselbe Nahrung haben wie vorher, scheint vollkommene bioi)lastische Ruhe eingetreten zu sein. Aber diese Ruhe ist nur eine scheinbare. Die Gewebe des Körpers werden ja immer verbraucht und abgenutzt und die verbrauchten und abgenutzten Theile müssen immer wieder neu ersetzt werden. So treten auch j'etzt innner Neuerzeugungeu lebender Substanz ein. Die bioplastische Kraft der Zellen ist also nach Vollendung des Wachsthums nicht etwa erloschen, sie ist nur in einer anderen Form vorhanden. Während vorher die bio- plastische Energie, die erforderlichen Lebensbedingungen als vorhanden vorausgesetzt (und diese sind ja normaler Weise stets vorhanden), eine kinetische war, d. h. ohne Weiteres aus der Nahrung lebende Substanz aufbauen konnte, so ist sie jetzt eine potentielle geworden. Diese potentielle Energie kann aber jeden Moment wieder eine kinetische werden, wenn die Hindernisse, die sie in Sj)an- nung hielten, fortgeschaft't werden. Es ist auch gar nicht zweifelhaft, welcher Art die Hindernisse sind, die die Spannung bewirken. Wir sahen ja soeben, dass die Weg- schatfung von Körpermaterialien durch Abnutzung oder dergleichen die Auslösung der Energie bewirkt. Daraus folgt, dass die Bestandtheile des Körpers selbst es sind, die sich gegenseitig in Spannung halten. Fällt einer dieser Bestandtheile aus, so können die übrig bleibenden wieder ihre potentielle. Inoplastische Energie in kinetische überführen, da ja das llinderniss, das die Spannung be- wirkte, aus dem Wege geschafl't ist. — Wie wird nun bei den pathologischen Zellwucbe- rungen die potentielle, bioplastische Kraft in kinetische übergeführt V Die alte Lehre nimmt au, dass der äussere Einfluss der Zelle direct zur Neubildung von lebender Substanz anrege. Das könnte nur dadurch geschehen, dass durch XII. Nr. 12 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 135 den äusseren Kciz eine derartige Stcig-crnng' der bio- plastischen Energie ausgelöst würde, dass jetzt die Hindernisse überwunden und die potentielle Energie in kinetische übergeführt würde. Ein solcher Zuwachs von bioplastischer Energie, was ja diese Steigerung der nor- maler Weise vorhandenen bedeutet, ist aber gleichbedeu- tend mit einem Zuwachs von lebender Substanz, d. h. der äussere Eintluss würde einen Zuwachs von lebender Substanz hervorrufen, während wir diese sonst nur durch innere, innnauente Kräfte entstehen sehen. i\Iit anderen Worten: die directe, äussere, bioplastische Reizung käme auf eine Abart der Urzeugung heraus. Urzeugung, welcher Art auch ininier, ist aber etwas so ausserdentlich Un- wahrscheinliches, dass wir dem entsprechend auch die Hypothese des directeu, äusseren, bioplastischen Reizes als durchaus unwahrscheinlich bezeichnen müssen. — Al)er diese Hypothese ist nicht nur unbewiesen und unwahrscheinlich, sondern auch ganz überflüssig. Die pathologischen Zellwucherungeu gehen mit ganz unmerk- lichen Uebergängen aus den physiologischen Reparationen hervor. Audi diese letzteren kommen ja vielfach durch äussere Momente, durch den Verkehr des Körpers mit der Aussenwelt zu Staude, und der Unterschied ist in vielen Fällen nur ein gradueller. Bei den pathologischen Pro- cessen sind die primären Gewebsschädigungen mächtigere, es werden daher mehr Widerstände, die die potentielle Energie in Spannung hielten, weggeschafft, und von dieser kann viel mehr in kinetische übergehen, d. h. die Zellwuche- rungen werden bedeutendere sein, als bei den physio- logischen Reiiarationen, ohne dass auch nur die geringste Steigerung der biojilastischen Energie erfolgte. Die quali- tativen Unterschiede, die wir in der That bei vielen anderen pathologischen Vorgängen antreffen, sind auch nicht durch die bioplastischen Processe selbst, sondern durch die Verschiedenheit der Gewebsschädigungen be- dingt. Die physiologischen Schädigungen, die Abnutzungen etc. verlaufen ja nach ganz bestimmten Typen, für die künstlichen Schädigungen ist aber in Bezug auf ihre Mannigfaltigkeit gar keine Grenze gesetzt. Schädigen und tödten können wir ja die lebenden Wesen und deren Theile in der allerverschiedensten Weise, während wir etwas Lebendes, sei es an Energie oder an Jlaterial, nicht künstlich zu schafi'eu vermögen. Auch bei den [pathologischen Gewebswucherungen liegt also der An- griffspunkt von Seiten der äusseren Eingriffe nicht in den Gewebstheiien, die später in Wucherung treten, sondern in denen, die dieser Wucherung als Wachsthumswider- stände entgegenstanden. Durch die neue Auffassung wird die Fragestellung eine ganze andere, ja es tritt eine Fülle von neuen Fragen auf, die alle das Gemeinsame haben, dass sie uns für jetzt oder für die Zukunft eine Möglichkeit der Lösung versprechen. Nach der alten Lehre schob sich zwischen den pathologischen Eingriff und die Zellreizung nichts weiter ein. Alan konnte daher auch die grossen Unter- schiede der pathologischen Processe nicht anders erklären, als dass man eben sagte, in dem einen Falle würden die Zellen so, in dem andern anders gereizt. Worauf das beruhte, dafür fand sich keine Möglichkeit der thatsäch- liehen Erklärung. Jetzt aber, wo wir wissen, dass sich eine Gewebsschädigung zwischen den äusseren Eingriff und die Zellwucherung einschiebt, und dass deren Ort und Art die Besonderheit der pathologischen Processe bedingt, jetzt können wir diese Gewebsschädigung sehr wohl mikroskopisch zu ergründen hoffen, und man hat sie schon vielfach ergründet. In einer ganzen Reihe von Fällen, in denen man bis dahin die vorhandenen Zell- vermehrungen auf directe äussere Reizung zurückgeführt hat, ist der Nachweis gelungen, dass der bioplasHschen Mehrleistung ein Schädigungsprocess des Gewebes voraus- ging, der jene erst secundär bedingte. Man erinnere sieh an die ganz veränderte Auffassung der chronischen Ent- zündungen. Es hat sich in der That auch gezeigt, dass die specielle Eigentliüuüichkeit des pathologischen Vor- ganges nicht durch die Zellreizung bedingt war, sondern eben durch Ort und Art der Gewebsschädigung, durch die in vorher ungeahnter Weise die Besonderheit des Processes verständlich wurde. Als Beispiel seien nur die Pockenefflorescenz und die fibrinösen Entzündungen er- wähnt. Wir gehen jetzt zu denjenigen Processen über, die man als functionelle zu bezeichnen pflegt. Hierher ge- hören alle Secretionsvorgänge, die nervösen Erregungen und endlich alle Bewegungen der lebendigen Substanz, z. B. die Muskelthätigkeit und die amöboiden Bewegungen. Wir haben früher gesagt, dass man die fuuctionellen Zell- leistungen als katabiotische aufzufassen habe, d. h. als solche, bei denen lebende Substanz verbraucht wird. Dass dem so ist, ist für diejenigen Secretionen einfach selbstverständlich, bei welchem ganze Zellen, wie in der Milchdrüse, oder Theile des Protoplasmas, wie in den Schleimdrüsen, zur Secretbilduug verwendet werden. Hier wird eben die ganze Zelle oder ein Theil derselben zu einem zwar sehr nützlichen, aber doch leblosen Material umgewandelt. Aber auch für solche Secretionen, bei welchen die Zelle selbst kein Material für das Secret hergiebt, sondern von aussen zugeführtes nur umarbeitet, wie das bei der Gallensecretiou der Fall ist, sowie für diejenigen Vorgänge, bei denen die Function überhaupt keinen Stoff", sondern nur eine Kraftleistung producirt, z. B. für Muskelbewegungen, ist bei näherem Zusehen der katabiotische Vorgang, der Verbrauch lebender Sub- stanz durchaus klar. In diesen Fällen erzeugt die Zelle zwar kein lebloses Material, wohl aber physikalisch- chemische Energie, also so zu sagen, leblose Energie. Hierbei verrichtet die Zelle eine Arbeit, und bei dieser Arbeit wird ihr Material ebenfalls abgenuzt, also ver- braucht. Das spricht sich auch darin aus, dass nach an- gestrengten Functionen dieser Art Erschöpfung, bezw. Ermüdung der thätigen Gewebe eintritt. Die verbrauchte, durch die Function zerstörte, lebende Substanz wird be- kanntlich wieder ersetzt. Unter diesen Umständen wird es uns auch verständ- lich sein, dass, ganz im Gegensatz zu den nutritiven und formativen, die functionellen Zellthätigkeiten durch äussere Einflüsse direct hervorgerufen werden können. Hier haben diese ja nichts mit einer Vermehrung der bio- plastischen Kraft zu tliun, was, wie wir gesehen haben, etwas ganz Unwahrscheinliches ist, im Gegentheil, hier lösen die äusseren Momente sogar ein Zugrundegehen lebender Substanz aus, und dass so etwas möglich ist, ist nach den Erfahrungen an ganzen Organismen und an deren Theilen gar nicht zu bezweifehi. Es ist auch a priori sehr wohl denkbar, dass durch äussere Momente sogar Abänderungen in der Beschaffenheit der katabio- tischen Produete möglich sind. — Von specielleren hierhergehörigen Processen seien zunächst die functionellen Zellthätigkeiten, die bei der Entzündung eine Rolle spielen, ein wenig näher betrachtet. Es handelt sich hierbei um Bewegungen verschiedener Art. In erster Linie sind es die chemotactisch hervorgerufenen Bewegungen der weissen Blutkörperchen, die das Wesen der Entzündung im engeren Sinne darstellen. Diese chemo- tactisclic Anlockung der weissen Blutkörperchen kann sogar durch Stoffe erzeugt werden, die dem Organismus vollkommen fremd sind, z. B. durch Bactericn. Bei der eigentlichen Entzündung sind es aber ganz besonders die Substanzen der geschädigten Gewehe, die als chemo- 136 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. XII. Nr. 12. tactischer Reiz wirken. Auch diese sind ja in Bezug auf die Lenlvocyten äussere Einflüsse. Für diese amöboiden Bewegungen der weissen Blutkörperchen sind die Unter- suchungen Verworn's über die so ähnlichen Bewegungen der Amöben sehr gut zu verwerthen. Verworn zeigte, dass bei dem Ausstrecken der Fortsätze dieser kleinen Wesen ein Verbrauch lebenden Materiales, speciell von Kernstoffen, statthat, der die Amöben zwingt, ihre Fort- sätze wieder einzuziehen, um das geschädigte Protoplasma in die Nähe des Kernes hinzubringen. Bei dem, was man Entzündung im weiteren Sinne nennen kann, spielen unter Umständen noch andere Be- wegungen mit, die nii.ht die weissen Blutkörperchen be- treffen. Das sind die Bewegungen sonst fixer Zellen oder ihrer Abkömmlinge, die sich im Stadium der Be- weglichkeit befinden. Auch auf diese kann ein chemo- taetischer Reiz ausgeübt werden, und zwar betrift't er ent- weder die ganze Zelle, dann verlässt diese ihren Ort, oder dem Bewegungsantrieb folgt nur ein Tlieil des Protoplasmas, dann bleibt die neue Zelle als ganze zwar an ihrem Platze liegen, aber sie streckt sich beim Wachsen nach der chemotactisch wirkenden Stelle hin. So strebt denn die wachsende Zellbrut nach einer bestimmten Richtung, und diese stellt also ihre Wachsthumsrichtung dar. Die Wachsthumsrichtung kann demnach sehr wolü durch cheniotactische, d. h. durch äussere Einflüsse be- dingt werden, nimmermehr kann die cliemotactische An- ziehung aber das Wachsthum selbst bewirken. Die Wachsthumsrichtung ist ein rein functioneller Vorgang, eine Bewegung des neugebildeten Zellmateriales, die Neu- bildung des letzteren aber ist das Gegentheil davon, ein bioplastischer Process. Freilich kann dieselbe Ursache, z. B. eine Aetzung der Cornea, alle die verschiedenen Zellleistungen auslösen: die bioplastische Thätigkeit durch die Erzeugung einer Gevvebssehädigung, die Beeinflussung der Wachsthumsrichtung und die Anlockung der weissen Blutkörperchen durch die bei dieser Schädigung des Ge- webes entstehenden, chemotactisch wirkenden Stoffe. Auch bei der Zelltheilung selbst spielen ja Be- wegungserscheinuugen des Kernes und des Protoplasmas eine Rolle, Bewegungserscheinungen, die man in neuer Zeit sogar physikalisch verständlich zu machen versucht hat. Da haben denn manche Autoren gemeint, dass die Bewegungen das Wesen der Zellwucherung überhaupt ausmachten, und dass demnach die Neubildung von jungen Zellen auf einem Vorgange beruhe, der wie jede andere Art der Bewegnng, auch gelegentlich durch äussere Momente direet ausgelöst werden könnte. Aber eine solche Annahme ist durchaus irrthümlich. Bei der Neu- bildung von Zellen handelt es sich in erster Linie gar nicht um die bei der Theilung sich einstellenden com- plicirten Bewegungen, sondern um die Neubildung von lebendem Material, namentlich auch von Kernsubstanz. Dass diese sich neubildende Substanz durch die Tlieilnng der Zellen in Unterabthcilungcn gebracht wird, ist etwas ganz Seeundäres. Das Zellmaterial kann sich ja auch vermehren, oline dass ül)erhaui)t eine Theilung desselben erfolgt, ja manche Organismen vermehren ihre lebende Substanz in ganz kolossaler Weise, ohne dass es jemals zu einer Zeiltlicilung käme. Mag daher auch, was übrigens mich ganz unliewiesen ist, der s]ic('ielle Act bei der Zunahme des lebenden Materiales, den wir als Zell- theilung bezeichnen, durch äussere Einiliisse bctlingt sein können, so gilt das doch in keinem Falle für das, was bei der Zelltheilung das Wesentliche ist, für die Neu- bildung lebender Substanz selbst, die durch die Theilung nur in Untcrabtlieilnngen gebraclit wird. Wir kommen jetzt zu einer anderen Art der Kata- biosen, die in den Rahmen dessen, was man als functionellc Zellthätigkeiten bezeichnet, nach dem gewöhnlichen Sprach- gebrauch nicht recht hineinpassen. Das sind Katabiosen, die zur Bildung von Gewebsbestandtheilen führen. In diese Klasse gehört vor allen Dingen die Bildung der Zwischensubstanzen in der Bindegewebsgruppe, sowie die Erzeugung von verhornten Materialien. Ganz besonders sind diese Substanzen aber im Pflanzenreiche vertreten, bei der Bildung der Cellulose, der Kork- und Holz- substanzen, der Stärke etc. Selbst bei gewissen Secreten des thierischen Körpers kann man bereits eine Art der Gewebsbildung annehmen. Das ist z. B. an der Schild- drüse der Fall, wo das Secret nicht nach Aussen entleert wird, sondern als eingedickte Masse im Gewebe liegen bleibt. Bei der Bildung dieser Substanzen finden wir alle die Abarten der Zellthätigkeit vertreten, die wir auch bei den echten Drüsensecretionen kennen gelernt haben. Die genannten Substanzen entstehen entweder durch Untergang ganzer Zellen, wie die verhornten Zellen, oder mit Verbrauch nur eines Theiles des Protoplasmas, von dem sich, wie sich ]\Iax Schnitze ausdrückte, die Zwischen- substanz separirt und differcnzirt, oder endlich möglicher Weise so, dass die Zelle nur Material verarbeitet, das ihr von Aussen zugeführt wird, wie das z. B. bei der Bildung der Stärke der Fall ist. Nach dem, was wir früher über die Drüsensecretionen gesagt haben, wäre es demnach durchaus gerechtfertigt, hier von katabiotisehen Processen zu sprechen, bei denen also lebendes Material zu Grunde geht, wenn wir nachweisen könnten, dass es in der That zu Grunde geht, d. h. dass die entstehenden, hierher gehörigen Substanzen nicht etwa selbst lebendes Material repräsentiren. Zwar ist das Bindegewebe, der Knochen, der Knorpel, als Ganzes genommen, ein lebendes Gewebe, aber nur deshalb, weil dieses von lebenden Zellen, bezw. deren Ausläufern in reichlichster Weise durchsetzt ist, ebenso wie die Ccllulosenmembraneu der Pflanzen von Ausläufern des Protoplasmas durchzogen sind. Mögen aber die Zwischensubstanzen der Binde- gewebsreihe noch so sehr von lebender Substanz durch- setzt sein, sie sell)st sind ebenso leblos, wie die ver- hornten Theile oder wie die genannten Producte des Pflanzenkörpers. Das geht einfach schon daraus hervor, dass alle die erwähnten Stoffe keine Eiweisskörper mehr sind, was sie doch als lebende Substanzen sein müssten, sondern dass sie aus viel weniger labilem Material be- stehen, die thierischen aus leimgebender, bezw. aus Horn- substanz, die pflanzlichen sogar aus stickstofffreiem Material. Gerade diese Substanzen sind auch befähigt, nach dem Tode des Organismus, dem sie entstammen, sich noch ungemein lauge Zeiträume nicht nur zu er- halten, sondern auch noch alle die charakteristischen Eigenschaften, die Festigkeit, die Elasticität etc. zu be- wahren, die sie im Organismus so nützlich machten. Knochen, Elfenbein, Bindegewebe, letzteres als Leder, Pergament etc.. Hörn, Cellulose (Papier) können Jahr- hunderte lang aufbewahrt werden, und gar manches Geistesproduct würde ohne diese Eigenschaft jener Stoffe sich nicht als „aere perennius" bewährt haben. Gegen unsere Ansicht s])rieht nicht etwa der Um- stand, dass mit den schon gebildeten Substanzen dieser Art im Inneren des Oi-ganismus noch weitere chemische Veränderungen, z. B. durch die an sie herantretenden Gowebssäfte, vorgenommen werden können, dass die Knorpelgrundsubstanz verkalken kann, dass, wie einige wollen, aus Bindegcjwebsfasern elastische entstehen können Oller dergleichen. Solche Verhältnisse Ijcobachten wir auch an ex(piisit todtem lAlaterial, z. B. an geronnenem Fibrin und an coagulatiousnekrotischen Zellen, die durch Xll. Nr. 12 Naturwissenschaftliche Wochenschntt. 137 die Gewebssäftc Veränderungen ganz aTialoger Art er- leiden. Ja, diese Veränderungen der geronnenen Fibrin- niassen, die man als Umprägungeu bezeichnen kann, lassen sogar Substanzen entstehen, die der Intcrcellular- substanz des echten Bindegewebes ausserordentlich ähnlich sind. Auch diese können weiterhin hyalin werden, ver- kalken etc. Es spricht ferner nicht gegen unsere Auffassung dieser Stoffe, dass sie zum Theil nach dem Tode des Organismus, dem sie angehörten, doch auch demsellien Schicksale ver- fallen können, wie die eigentlich lebenden Bestandtheile, d. li. dass sie verfaulen können. Wenn sie auch lange nicht die Labilität besitzen, wie die lebende Zellsubstanz, so sind sie doch immerhin organische Stoffe und als solche auch fäulnissfähig, wenn reichlich Wasser vor- handen ist. Im Inneren des Organismus sind sie vor Fäulniss geschützt, aber nicht durch eigene Lebensthätig- keit, durch die sie selbst in den Kampf mit den Fäulniss- organismen treten würden, sondern durch die Hülfe, die ihnen von den übrigen Bestandtheilen des Körpers ge- leistet wird, von den Gewebssäften und, zum mindesten indirect, von den lebenden Zellen. Da wir nunmehr gesehen haben, dass das Product der besprochenen Gewebsbildungen ein lebloses ist, so steht jetzt luiserer Annahme, dass wir es hier mit kata- biotischen Processen zu thun haben, nicht das Geringste mehr entgegen. Man darf aber ja nicht glauben, dass das blosse Ab- sterben der Zellen oder einzelner ihrer Bestandtheile allein genügt, um die leblosen Gewebsbestandtheile entstehen zu lassen. Eine todte Epidermiszelle ist noch lange keine verhornte. Es kommen vielmehr bei der Bildung dieser Substanzen noch Einflüsse zur Geltung, die nur im lebenden Organismus möglich sind. Sehen wir doch Aehnliches sogar bei verbältuissmässig so einfachen Processen, wie sie die Coagulationsnekrosen darstellen. Die Nieren- epithelien in einem Infarct unterscheiden sich durchaus von einfach nekrotischen, einfach abgestorbenen. Von diesen Nierenephithelien im Infarct wissen wir, dass die Durchströmung mit Plasma die charakteristische Ge- rinnung verursacht, welches aber die Einflüsse sind, die bei der Bildung der genannten Gewebsbestandtheile in Betracht kommen, das wissen wir nocli nicht genauer. Doch ist es denkbar, das wenigstens bei den binde- gewebigen Zwischensubstanzen etwas Derartiges mit- spielt. Einmal ist die Aehnlichkeit umgeprägten Fibrins und verwandter Stoffe mit dem Bindegewebe doch eine sehr auffallende, sodann aber zeigen gewisse Binde- substanzen die gerade für geronnene thierische Substanzen so typische Neigung zur Verkalkung. Aljcr selbst wenn in diesen Fällen die coagulirende Einwirkung des Blut- plasmas mitwirkt, so. ist sie doch nicht der einzige Factor. Dafür sind die einzelnen Substanzen, die hierher gehören, doch zu sehr von einander unterschieden, selbst wenn man nur die eines und desselben Organismus in Betracht zieht. Berücksichtigt man nun gar verschiedene Or- ganismen, so sieht man, dass die katabiotischen Gewebs- theile aller Art, namentlich auch die Hornsubstauzen, nicht nur für jede Species, sondern auch für die einzelnen Individuen ganz specifische sein können. Man denke nur an das sehr Charakteristische des Haarkleides und der Zähne. Daraus folgt also, dass für die Bildung dieser Substanzen die Zelle als lebendes Wesen in Betracht kommt, und sogar als lebendes Wesen, das seine Eigen- thümlichkeit durch das Keimplasma von vornherein auf- geprägt erhalten hat. — Wir haben bisher als katabiotische Gewebsbildungen nur diejenigen angeführt, bei denen unter den jetzigen Verhältnissen der kataltiotische Charakter mit Sicherheit angenommen werden konnte. Es wird nun die Frage sein, welche Gewebsthcile sonst noch hierher zu rechnen sind. Wahrscheinlich gehört die Neuroglia in diese Klasse, ferner die Markscheiden der Nerven, die Cuticular- membranen und noch Manches mehr. Aber welches auch in Zukunft noch die Erfahrungen über andere katabiotische Gewebsproductionen sein werden, für alle die, für welche ein solcher Eutstehungsmodus nachgewiesen ist oder nachgewiesen werden wird, ist es klar, dass bei ihnen die äusseren Einflüsse sich ähnlich verhalten können, wie bei katabiotischen Processen über- haupt, z. B. also wie bei den DrUsensecretioneu. Nach dem früher Gesagten werden wir es ganz selbstver- ständlich finden, dass auch hier äussere Momente einen direct auslösenden, wohl auch einen verändernden Ein- fluss auf die Bildung solcher Substanzen haben können, — ganz anders also, wie bei den l)ioplastischen Gewebs- bildungen. Vorausgesetzt muss freilich auch hierbei, wie bei den eigentlich functionellen Reizen, das eine werden, dass der äussere Einfluss im speciellen Falle geeignet ist, die Zellen zu ihrer specifischen katabiotischen Thätigkeit anzuregen, d. h. der äussere Emfluss muss so zu sagen ein adäquater sein. Bei den Bindesubstanzen, ganz besonders beim Knochen, finden wir unter physiologischen und patho- logischen Verhältnissen besonders statische Inanspruch- nahmen, Druck, Zug und scheereude Einwirkungen, als solche adäquate Reize zur Katabiose vor, oder, wie man sich ausdrückt, die functionellen Anforderungen sind für die Bildung der Zwischensubstanz maassgebend. Doch ist das nur cum grano salis zu nehmen. Gerade so wie die Speicheldrüse" ausser in ihrer für die Verdauung wichtigen Function auch in ganz anderer Weise, durch Giftstoffe z. B.. zur Secretion veranlasst werden kann, so kann auch durch andere adäquate Reize, die mit der statischen Inanspruchnahme nicht das Geringste zu thun haben, z. B. die Knochenbildung ausgelöst werden. So verknöchert der Kehlkopf alter Leute, ohne dass sich in seinen statischen Verhältnissen das Geringste geändert hätte. Desgleichen sehen wir an verknöchernden Ge- schwülsten, an Hyperostosen, Exostosen, eine Ver- knöcherung eintreten, ohne dass hier ein functioneller Grund vorläge. Aber alle diese äusseren Momente, auch die der functionellen Reize können wohlgemerkt immer nur die Katabiose veranlassen. Die für diese nöthigen Zellen müssen schon bereit sein, wenn die Zwischensubstanzen etc. entstehen sollen. Eine neue Zellbrut können diese äusseren Einflüsse auch hier, wie bei allen Geweben, niemals direct, sondern nur indirect durch eine mit Fort- schaffung eines Wachsthumshindernisses verbundene Ge- websschädigung bewirken. In dieser Beziehung ist es nun aber bemerkenswerth, dass bei den Biudesubstanzeu auch die Intercellularsubstanzen ein Wachsthumshinderniss für Zellen abzugeben, wie das Samuel schon vor längerer Zeit vermuthet hat. Im fertigen Bindegewebe ist die Bioplastik so gut wie in Ruhe, obgleich doch die Zellen nicht so unmittelbar mit ihrem ganzen Zellleibe an ein- ander grenzen, dass sie sich gegenseitig als Wachsthums- hinderniss dienen könnten. Es muss also die dazwischen liegende Intercellularsubstanz sein, die hier als Wachs- thumshinderniss dient. Das geht auch daraus hervor, dass im jungen Bindegewebe, im sogenannten Granu- lationsgewebe, wo die Zwischensubstanz noch ausser- ordentlich spärlich ist, eine äusserst mächtige Bio- plastik statthat, ganz anders wie im fertigen. Im Granulationsgewebe werden viel reichlichere Zellen ge- bildet, als im gleichen Räume alten Bindegewebes vor- 138 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. XII. Nr. 12 handen sind. In ähnliclier Weise macht sich die binde- gewebige Zwisc'hensubstanz auch nicht bindegewebigen Zellen, z. B. Epitlielzellen gegenüber geltend, die durch sie am Hineinwucliern ins Bindegewebe gehindert werden. Das Wachsthumshinderniss, welches die Intercellular- substanzen darbieten, kann nun auf sehr verschiedene Weise fortgeschafft oder vermindert werden. Am Knochen verschwindet schon unter normalen Verhältnisseu die Zwischensubstanz allmählich, wenn ihre statische Inan- spruchnahme aufhört. Doch geschieht das nicht etwa auf dem directen Wege einer Zellwucherung, sondern es schiebt sich ein functioneller, nilmiich phagocytischer Process ein. Die immer bereiten Phagocyten können nämlich, wenn die statische Inanspruchnahme eines Knochen))alkens aufhört, ihre Protoplasmafortsätze in den- selben aussenden, oime dass der vorher vorhandene adäquate Reiz zur Kataljiose seine erstarrende Wirkung auf sie ausübte. >So sind sie denn jetzt erst, nach Fortfall dieses Reizes, in der Lage, durch ihre phagocytische Thätigkeit den unnütz gewordenen Knochenbalken zu resorbireu. Das ist eine functionelle Zcllthätigkeit, die natürlich mit Schädigung des lebenden Protoplasmas einhergeht. Ja, diese Function ist eine so schwierige, die Schädigung daher eine so bedeutende, dass bei der nach Beginn der Resorption eintretenden Bioplastik die Zellen ihre Thcilung nicht mehr auszuführen vermögen. Statt einer der Kern- zahl entsprechenden Menge von Einzelzellen entsteht viel- mehr ein einziges, vielkerniges Gebilde aus der bio- plastisch thätigen Zelle, es bildet sich eine Riesenzelle. Oefters sind sogar die Kerne von der durch die grosse functionelle Anstrengung bedingten Schädigung noch mit ergriffen. Dann theilcn auch sie sich nicht, sondern die herangewachsene Kernmasse wird zu einem sonderbar ge- lappten Klumpen. Ob bei den übrigen Bindesubstanzen, wenn die functionellen Inanspruchnahmen sieh ändern, gleichfalls eine phagocytische Entfernung der Zwischensubstanz statthat, ist nicht bekannt. Hingegen können pathologische Schädigungen gewiss die Zwischensnbstanzen so ver- ändern, dass sie ihre Eigenschaft als Wachsthumshinderniss verlieren. Das kann durch chemische Schädlichkeiten ebenso gut erfolgen wie durch Bactericn etc. Hat man sich erst einmal mit dem Gedanken ver- traut gemacht, dass auch katabiotische Gewebsbestand- theile (ausser den Intercellularsubstanzen also auch Horn- theilc) Wachsthumshindernisse abgeben können, so wird man sehen, wie viel Fragen in der pathologischen Ana- tomie, sogar auf dem Gebiete der Entzündung, noch zu beantworten sind. Man hat bisher immer nur auf die Schädigungen der Zellen selbst achten können, schon aus dem Grunde, weil die Methoden zur Untersueiiung der Intercellularsubstanzen etc. noch ungemein mangelhafte waren. Nachdem jetzt namentlich durch die Bemühungen Unna's die Metiiodik dieser vernachlässigten Elemente sich zu entwickeln begonnen hat, wird hoffentlich auch die Frage nach den Schädigungen derselben, die nun- mehr erst aufgeworfen werden konnte, ihrer Lösung ent- gegensehen. — — Hiermit sind aber die Fragestellungen, die sich an die Lehre von der Katabiose anschliessea, noch nicht er- schöpft. Wir müssen ja bedenken, dass bei allen kata- biotischen Processen, mögen diese zur Gewebsbildung führen, oder andere Zeilleistungen auslösen, nicht nur die äusseren Einflüsse adä(|uat sein müssen, sondern dass auch die Zellen geeignet sein müssen, auf diese Einflüsse hin in der erforderlichen Weise zu reagiren. Die Sub- stanzen der Bindcgewebsreihe können sogar auf ver- schiedene Einflüsse hin verschiedene katabiotische Thätig- keiten ausüben. Knorpel kann Bindegewebe, Periost Knor])el, gewöhnliches Bindegewebe Knochen bilden. Darauf beruht die sogenannte Metaplasie der Binde- substanzen, bei der es sich aber immer nur um die Bildung verschiedener Arten der Bindesubstanzen handelt. Den anderen Geweben gegenüber sind sie ebenso speeifisch, wie diese unter sich. Epithelzelleu können auch auf Zug und Druck hin keinen Knochen erzeugen, ebensowenig wie das Periost verhornen kann. Aber auch die unter normalen Verhältnissen für be- stimmte Katabiosen durchaus geeigneten Zellen können unter pathologischen Einflüssen die Fähigkeit für solche ganz oder theilweise verlieren. Die Schädigungen, die so etwas zu Wege bringen, sind natürlich ganz anders geartet, als die, welche wir bis jetzt bei den kata- biotischen Gcwebsbildungen kennen gelernt haben. Die bisher besprochenen waren einmal solche, die auf adä- ({uate Reize hin zur Bildung der specifischen Produete führten, ferner solche, welche, die Zellen oder die Inter- cellularsubstanzen oder beide betreffend, zu bioplastisehen Wucherungen Veranlassung gaben. Jetzt lernen wir eine dritte Sehädigungsmöglichkeit kennen. Auch diese be- trift't zwar die Zellen, aber nicht im Sinne einer kata- biotischen Gewebsbildung, sondern im Gegentheil als ein Einfluss, der die Zellen der Fähigkeit beraubt, selbst auf adäquate Reize hin die speciflschen Substanzen entstehen zu lassen. So wird den Epidermiszellen bei gewissen Ekzemen die Fähigkeit zur Verhornung genommen, bei der Rachitis verlieren die knochenbildendeu Zellen theil- weise die Eigenschaft, Knochen zu erzeugen, bei Sarkom die Bindegewebszellen, die faserige Zwischensubstauz zu bilden. Da in solchen Fällen das Wachsthumshinderniss der Zwischensubstanz ganz oder theilweise fortfällt, so werden wir uns nicht wundern, wenn ceteris paribus die bioplastischen Processe sehr gesteigert sein können. Derartige Schädigungen der Zellen können gewiss in sehr verschiedener Weise auftreten, und es entsteht für jeden einzelnen Fall die Frage, die Schädigung histologisch hcrauszuflnden. Zu diesem Zwecke wird es not\vendig werden, vor Allem auch den Zellleib unter normalen und pathologischen Verhältnissen genauer kennen zu lernen, als das bisher der Fall war. Bis vor Kurzem hat man sich fast ausschliesslich um die Verhältnisse des Zell- kernes kümmern können. Die Methodik für feinere Unter- suchungen des Zellleilies war eben noch gar zu mangel- haft. Doch beginnt jetzt hierin eine AVandlung einzu- treten, da verschiedene Forseher gerade dem Studium des Zellleibes ihre besondere Aufmerksandceit zuwenden. Derartige Vervollkommnungen der Methodik wären aber besonders für diejenigen Katabiosen zu wünschen, bei denen sieh vorläufig kein anatomisches Product der Katabiose nachweisen lässt, sondern wo nur Arbeits- leistungen verschiedener Art ausgeführt werden. Hierher gehören, um nur Beispiele anzuführen, die Leistungen der Nerven und Muskeln einerseits, die der Nieren andci-cr- seits. Zwar hat Nissl sogar Abweichungen der Structur der Nervenzellen bei deren Funetion aufgefunden; ai)cr auf diesem grossen Gebiete ist noch ausserordentlieh viel zu thun, was nur durch Verbesserung der Methodik zu erreichen ist. Es ist gar nicht unmöglich, dass auch innerhalb der lebenden thierischen Zellen, nicht bloss im Intercellularraum, kafabiotische, normale Zellbcsfaudtheile aufzufinden sind, die mit deren Function zusannncnliängvn, wie das bei Pflauzenzellen der Fall ist. Das ist vorläuflg nur eine Vermuthung, zu deren Begründung noch alle Mittel fehlen. Erst dann, wenn die Methodik genügend vor- geschritten sein wird, wiril eine Frage der Lösung zu- XII. Nr. 12. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 139 g'änglich sein, die gegenwärtig noch immer nicht be- friedigend entschieden ist, das ist die Frage nach den mechanischen Ursachen der sogenannten Uebungs- oder Functionsh}'pertrophie und alles dessen, was damit zu- sammenhängt. Dass eine Function die Neubildung lebender Sub- stanz iudirect hervorrufen kann, ist nach dem, was wir jetzt schon mehrfach besprochen haben, ohne Weiteres klar. Die Function geht ja mit Verbrauch, also mit Zer- störung von lebender Substanz einher, und durch diese Schädigung der lebenden Hestandtheile werden Wachs- thumswiderstände weggeschafft, die dann die wuehci-ungs- fähigen ISestandtheile der Zellen zur biopiastischen Thätigkeit gelangen lassen können. Das ist ja überhaupt das Wesen aller reparativen Processe. Für solche ist es auch ganz gleichgültig, ob die geschädigten Bestaudtheile ausserhalb oder innerhalb der Zellen liegen. Die Zellen sind ja schon Organismen im Kleinen, und innerhalb eines solchen Oi'ganismus kann sehr wohl der eine Be- standtheil geschädigt sein, der andere zu reparativen Wucherungen geeignet bleiben, wie das Beispiel der schleimbercitendeu Zellen lehrt. So weit wäre also der bioplastische, wohlgemerkf aber indirecte Einfluss der Function nicht nur verständlich, sondern sogar selbst- verständlich. Aber anscheinend sehr paradox ist der Umstand, dass mehr lebende Substanz erzeugt werden kann, als zur Ausgleichung der functionellen Schädigung, also zur Herstellung des Status quo ante, erforderlich ist. Die Ursachen, welche diese anscheinend über das Maass hinausschiessende, bioplastische Leistung bewirken, werden sich erst in Zukunft mit besseren Methoden nachweisen lassen. Ich glaube aber jetzt schon sagen zu können, dass auch hier eine verhältnissmässig einfache Erklärung möglich sein wird. Zum Schlüsse noch eine Bemerkung-, die zur Klar- stellung der functionellen Schädigung nöthig ist. Mancher wird sich vielleicht im Stillen gefragt haben, wie merkwürdig- es doch sei, dass gerade das, was das eigentliche Leben wenigstens des fertigen Organismus ausmacht, seine funtionejle Leistung, mit einer Schädigung einhergehen solle, wäin'end wir doch sehen, dass gerade der Nicht- gebrauch der Theile etwas so Schädliches ist, dass dabei die Gewebe sogar atrophiren können. Aber diese Thatsache der Atrophie beim Nichtgebrauch der Theile wird durch die hier vorgetragene Auffassung erst recht verständlich. Die lebenden Substanzen sind ungemein labiler Natur. Wenn sie sich selbst überlassen werden, so verändern sie sich sehr bald, sie altern und können „im Kampfe der Theile des Organismus" erliegen. Das Altern wird nur dadurch vermieden, dass die lebende Substanz immer wieder erneuert wird, dass also an die Stelle der alternden Bestandtheile immer wieder junge treten. Diese Erneuerung ist aber nicht möglich, so lange die gegenseitigen Wachsthumswiderstände nicht verschoben werden. Eine solche Verschiebung der Wachsthumswiderstände kann ihrerseits nur durch Schädigung von Gewebsbestandtheilcu zu Staude kommen, und so bringt denn die Function eine physio- logisch nothwendige Schädigung der Gewebe hervor. Die Functionsschädigung stellt also, wenn man sich so ausdrücken darf, einen ingeniösen Kunstgriff der Natur dar, durch den die wirklich deletäre Schädigung der Ge- webe, ein überschnelles Altern, verhindert wird. Freilich ist dabei zweierlei als nothwendige Vor- bedingung erforderlich: einmal, dass die functionelle In- anspruchnahme nicht über das Maass hinausschiesst, da sonst die ungeschädigten Elemente den Defect nicht er- setzen können, und zweitens, dass die ungeschädigten Gewebsbestandtheile ihrerseits die Fähigkeit in vollem Grade besitzen, einen innerhalb der natürlichen Grenzen liegenden Schädig-ungsprocess auszugleichen. So sehen wir denn bei übermässiger Function, gerade wie beim Nichtgebrauch der Theile, den Bestand der Gewebe aufs Höchste gefährdet. Wir sehen ferner, dass auch ganz normale Functionen sehr üble Folgen haben können, wenn die Gewebe ihre normale Reparations- fähigkeit durch irgend welche Momente eingebüsst haben. Es bedarf dazu aber gar keiner abnormen Eingriffe. Alle bioplastische Energie, über die die Gewebe ver- fügen, kommt ja nur von einer Quelle her: vom Keim- plasma, das sich durch die Verbindung des Ovulums mit dem Sperma gebildet hat. Dieses Keimplasma hat sich bei den höheren Geschöpfen in den Körperzellen des aus- gebildeten Organismus in lauter differeuzirte Partial- plasmen gespalten. Nur hierdurch ist die hohe Functions- fähigkeit ermöglicht, die im Kampf ums Dasein erforderlich ist. Aber diese weitgehende Ditferenzirung hat auch ihre Schattenseiten. Das, was der Function zu Gute kommt, geht von der mächtigen bioplastischen Kraft, die dem unzersplitterten Keimplasma eigen war, verloren. Die bioplastischen Kräfte sind zwar noch eine recht lange Zeit nach Beendigung des Wachsthums anscheinend voll- kommen in der Lage, die Gewebe nacli Functions- schädigungen wieder auf den alten Zustand zurück- zuführen, aber allmählich nimmt die Fähigkeit zur voll- kommenen Reparation deutlich ab. Die Gewebe werden nur unvollkommen restituirt, endlich versagt eines oder das andere, was zum Leben absolut nothwendig ist, seinen Dienst, und dann tritt das ein, was unser aller Schicksal ist: der Tod. Wäre unsere Auffassung auch für die phylogenetische Variation zutreffend, so wäre der Mensch in demselben Sinne ein geschädigtes Urplasma, wie Dannecker's Ariadne ein geschädigter Marmorblock ist. Der Gehörsinn. — Während das Auge eine schöne klare Stufenfolge vom einfachen Pigmentfleck bis zum vollkommenen complicirten Sehorgan aufweist, lässt sich dieser einheitliche Entwickelungsgang des Gehörorgans in dem Thierreiche nicht finden, obschon es au Analogien nicht fehlt. Wie schon im vorigen Aufsatz*) erwähnt, ist Empfin- dung stets mit Absorption d. i. Vernichtung der Bewegung verbunden. Empfindlich für Schallwellen'" kann also nur ein den Schall schlecht leitender Körper sein. Da nun der Schall bekanutlich um so besser geleitet wird, je fester *) Vergl. Nr. 3 dieses Jahrgangs. ein Körper ist, so sind weiche Körper schlechte Sehall- leiter. Die lebendige Substanz ist in ihrem ursprünglichen Zustand ein sehr reicher, unelastischer Stoff; sie wird also für Schallwellen sehr empfindlich sein. Wir haben daher festzustellen, auf welchem Wege die Schallempfindlich- keit gesteigert und schliesslich einem eigenen Organ zu- gewiesen wird. Auf niederer Stufe sind es zum Theil gewisse Fort- sätze der lebendigen Substanz — Wurzelfüsschen, Bläs- chen, Haare, — zum Theil Ein- oder Auflagerung von Hautgebilden, die häufig die gesammte Oberfläche eines Thieres schallcnipfindlich machen. Von einer wirklichen Organbildung wird man aber erst dann sprechen können, 140 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. XII. Nr. 12. wenn ein Nervensystem auftritt. Es findet dann bald eine Concentrirung der in erhöhtem Maasse für Schall- wellen eniptiudlichen Nervenenden an einigen bestimmten Orten und in der Folge eine Versenkung des Hörapparates in die Tiefe des Körpers statt. Die genauere Verfolgung der weiteren Ausljildung würde uns für den Zweck dieses Artikels zu weit führen. Es genüge zu sagen, dass das Ohr in seiner höchsten Entwickelung vornehmlich drei Theile unterscheiden lässt: Das äussere Ohr, mit der Muschel und dem in das Trommelfell mündenden Gehörgang; es dient im wesent- lichen zum Zuleiten der Tonwellen. Das mittlere Ohr oder die Paukenhöhle mit den vier Gehörknöchelchen. Endlieh das innere Ohr oder das Labyrinth mit dem Vor- hof, den halbkreisförmigen Kanälen und der Schnecke. Dieser Theil ist der wichtigste; in ihm endet der Hörnerv mit seinen verscliiedeneu Ausbreitungen, insbesondere dem Cortischen Organ; in ihm betindet sich auch die als Endo- lymphe bezeichnete Gehörflüssigkeit mit dem Gehörsand und die Gehörsteine, deren Erschütterung die Erregung des im Gehirn endenden Gehörnerven bewirken. Das Ohr der Wirbelthiere ist das Ergebniss einer langen Entwickelung. Während der langen Primordial- zeit (laurentischen, kambrischen und silurisehen Periode) war es schweigsam auf der Erde. Erst in der darauf- folgenden devonischen Zeit begannen sich schwache Töne geltend zu machen; denn in Kanada fand Dawson in einem gleichaltrigen Terrain den Flügel eines Insects, dessen Basis Streifen aufwies, die auf irgend einen schrillen Laut schliessen lassen. Wir würden darin also das Geräusch der devonischen Welt zu erkennen haben, welches in uns die Vorstellung von dem Gesumme eines Insectenlebens hervorruft, das die Einsamkeit der fremd- artigen Wälder von damals belebte. Nur langsam besserte sich dieser Zustand in den darauf folgenden Zeiten, und mit den Fortschritten der Tonwelt musste sich auch das Organ des Gehörsinnes vervollkomnmen. Bei den Urthieren, den Protozoen und Echinodermen sind Hörwerkzeuge nicht nachzuweisen. Wie die Blindheit der im Dunkeln lebenden Thiere, so entspricht im ganzen die Taubheit der ersten Thiere ihrer stummen Umgebung. Auch während der folgenden Priniärzeit scheint der Gehörsinn noch sehr unentwickelt gewesen zu sein. So farblos wie die Steinkohlenwälder waren, so leer waren sie auch von aller Musik. Polypen und Schwämme er- mangelten damals ohne Zweifel so gut wie heute der „Gehörbläschen"; sie waren höchstens „schallempfindlich". Die ersten Wesen, welche den Vorzug besassen, bestimmte Töne aufzul'angen, waren wohl die Medusen (Schirm- quallen). Trotz ihrer scheinbar äussersten Einfachheit wiesen sie am Rand ihres Schirmes Körperchen auf, von denen die einen einfachste Augen (ocelli), die anderen (Jehörl)läschen (Lithocysteu, zugleich Gleichgewichts- organe (V) s. unten!) darstellen. Es ist nicht unwahr- scheinlich, dass diese Körperchen auch früher bestanden und dieselben Functionen verrichteten. Auch bei den Mollusken bildet das Gehörorgan ein solches in die Tiefe des Leibes versenktes, rundum geschlossenes Bläschen, das mit Nervenendzcllen austapezirt ist. In der das Bläschen crliillcnden, eivveissartigcn Flüssigkeit schwimmen die schon oben erwähnten Hörsteine (Otolithen). Aehnliche Gebilde treten auch bei den Platt-, Haar- und Ringel- würmern auf. Regcnvvürmer besitzen, nach Darwin, keiuen Gehörsinn und sind gänzlich taub, obwohl sie für Schwin- gungen, die ihnen durch Berührung mit festen Körpern zugeleitet werden, seiir emi)fänglich sind. Ausges])rocliene liörorganc, die durch einen Hönicrv mit dem Geliirn in Verbindung stellen, besitzen die Weich- thiere, Muscheln, Schnecken und Ccphalopoden. Bei den Muscheln liegt das Organ im Fusstheil des Körpers, bei den Schnecken entweder an den Seitentheilen der Stirn- gegend oder in der Nähe der Fussganglien, bei den Cc- phalopoden im Innern der Kopfknorpel. Die Krustaceen haben ebenfalls Gehörbläschen und Gehörsteine; die höheren Krebse sind für jedes Geräusch äusserst emiifindlich. Alles das wird in jenen primären Zeiten so gut wie heute der Fall gewesen seiu. Manche Insecten besitzen schon ein Trommelfell; bei anderen ist der Gehörapparat noch nicht bekannt; dies gilt auch für die Spinneu, was diese Thiere jedoch nicht hindert. Töne wahrzunehmen. Bienen scheinen sich dagegen um Geräusche gar nicht zu kümmern. Lubbock meint übri- gens, dass die Insecten gewisse Töne wahrnehmen, die, als zu hoch, vom menschlichen Ohr nicht empfunden werden. Im Ganzen werden die lautgebeuden Thiere auch ein verhältnissmässig höher entwickeltes Gehörorgan besitzen, wie die stummen, wie denn auch die tönenden Heuschrecken und Grillen unter den Insecten die einzigen gut localisirten Gehörorgane besitzen. Da den Palaeoutologen noch wenig Gelegenheit ge- boten war, das Ohr der fossilen Wirbelthiere zu studiren, so sind wir in dieser Beziehung ebenfalls auf Analogien mit den heutigen Vertretern dieser Classe angewiesen. Die Fische, als die ältesten Wirbelthiere, haben noch ein sehr unvollkommenes Gehör. Man sieht bei ihnen weder ein äusseres, noch ein mittleres Ohr; auch der dem Innern Ohr der höheren Säugethiere entsprechende Theil ist ziem- lich unentwickelt, da ihm die Schnecke fehlt; es besteht nur aus einem häutigen Sack, von dem die halbkreis- förmigen Kanäle ausgehen. Dieser Sack umschliesst ent- weder einen grossen, oder auch eine Anzahl kleiner Gehör- steiue. Man findet öfter solche Gehörsteine iu tertiären Schichten. In den Kreideschichten sind sie weniger zahl- reich und in noch älteren Lagen dürften sie wohl kaum vorkommen. Wir finden also auch hier die obige An- deutung insofern bestätigt, dass die stummen Fische in ihrem stillen Aufenthaltsmedium durchgeheuds auf einer niedri- geren Organisationsstufe stehen, als die stimmbegabten Luftwirbclthiere. So haben denn auch Eeptile ein weit entwickelteres Hörorgan als die Fische. Die ägyptischen Zauberer lassen die Brillenschlangen zu einer Flöte tanzen. Auch die Eidechse liebt den Ton der Flöte; sie hört eine Fliege auf mehrere Schritt Entfernung. Jedoch haben die Reptile kein äusseres Ohr; nur bei den Krokodilen bildet die Haut eine Falte oberhalb des Tronnnelfells. Letzteres fehlt manchmal oder es findet sich unter der Haut verborgen; die Trommelhöhle umschliesst nur einen Knochen; die Schnecke ist noch nicht zu einer Spirale gewunden. Cope gelang es, das Ohr eines primären Reptils zu präpariren. Man sieht die halbkreisförmigen Kanäle, jedoch bemerkt man weder die kleinen Gehör- knöchelchen, noch die Schnecke. Vielleicht waren die secundären Dinosaurier besser versehen; keinesfalls kam aber ihr Gehörapparat dem der Warmblüter gleich. Bei den Säugethieren ist das Organ vollständig. Gewöhnlich ist eine mehr oder weniger grosse Ohrmuschel vorhanden; die Tronunelhöhle umschliesst die vier Knöchel- chen, die Schuecke ist zur Spirale gewunden. Da diese Klasse sich am spätesten entwickelt hat, so ist anzu- nehmen, dass auch der Gelu'irsinn erst in einer späteren Epoche zu der uns bekannten Differencirung und Vcrvoll- komnmung gelangte. Das g-auze Gebiet ist übrigens noch dunkel und be- Wir dass z. Kcirperchen (Lithocysten bezw. Otolithen) am Schirmrand der Meduse, welche nachweislicii sowohl von Lichtreizen, als auch von Tonschwingungen afficirt werden, von den darf nach allen Seiten genauerer Untersuchungen, haben schon oben angedeutet, dass z. B. die beiden XII. Nr. 12. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 141 einen als Hör-, von anderen als Gleichgewichtsorgan angesprochen wird. l\Riglicherweise dienen sie beiden Zwecken. Oi)erativ&-Eingrift"e an den Lithocystcn bei Fischen haben auch hier Gleichgewichtsstörungen hervor- gerufen, und es ist nicht unmöglich, dass auch die Scliwindelerscheinungen beim Menschen eng mit diesen Gebilden zusaunneu hängen. Endlich scheint die höhere Entwickelung des Gehörs im Zusanniicnhang mit der wachsenden Intelligenz zu stehen und mit der Häufigkeit des Gebrauchs zu steigen. Nur so wäre es zu verstehen, dass das Gehörorgan der Sängethiere höher entwickelt ist als das der Vögel, trotz- dem die letzteren im Ganzen stimmbegabter sind als die ersteren. Der Mensch, als der zuletzt Gekommene, ist darüber hinaus im Stande, Laute zu verbinden, mittelst deren er die verschiedensten Eindrücke seiner Seele wiederzugeben vermag. Bei ihm ist der Gehörsinn von so hoch ent- wickelter Em]ifindlichkeit für die leisesten Unterschiede der Tonschwingungen, dass es zu seinen höchsten Ge- nüssen gehört, Concerte zu hören, an deren Melodie und Harmonie er sich berauscht: die Musik ist zu einer Er- scheinungsform des menschlichen Genius geworden! Alberts. Die Verbreitung: und Lebensweise von Xerobdella Leconitej, des europäischen Landblutegels, wird um neue Daten von K. A. Penecke bereichert. (Zool. Anz., 19. B., S. 412.) Dieses Tliicr ist nunmehr ausser im Nordgebiet der Centralkette der Alpen an einer ganzen Reihe von Fimdorten der nördlichen und südlichen Kalkalpen beob- achtet worden. Es wurde vom Verf. in der aipinen und subalpinen Region der letzteren im Juni und Juli nicht selten zusammengerollt unter Steinen gefunden. Krauss entdeckte, dass der Egel vom Blute des Alpensalamanders lebt. Penecke fand gleichfalls an einem regnerischen Morgen Salamander, an denen dieser Blutegel festgesaugt ansass. Während der warmen Tageszeit kriecht er unter tief gelagerte Steine nnd feuchtes Holzwerk. Da der Alpensalamaudcr kalkhold ist, beschränkt sich auch die Verbeituni;' der Xerobdella auf Kalkgebiet. C. xMff. „Zur Biologie der socialen W^espen Brasiliens" von H. V. Ihering (Zool. Anz., 1896, S. 449). Während das rauhe Klima Europas, soviel man weiss, keine regel- mässige Ueberwinterung von Wespenstaaten gestattet, alle europäischen Wespen also durch überwinterte, befruchtete Weibchen begründete Sonnaerstaaten bilden, finden sich in Brasilien neben gleichgcarteten aber auch mehrere Wespengattungen, die andauernde Staaten bilden, welche nach Art der Bienen Schwärme aussenden und dadurch neue Staaten begründen. C. Mff. Ein neuer Fund von Chlamydoselachus anguineus. Das zoologische Museum der Universität Christiania hat kürzlich ein Exemplar einer grossen und seltenen Haiart erhalten, das in verschiedener Hinsieht der merkwürdigste zoologische Fund ist, der während der letzten Jahrzehnte in Norwegen gemacht wurde. Das im August vorigen Jahres im Varangerfjord in einer Tiefe von ungfähr 100 Faden gefangene Thier gehört der erst kürzlich ent- deckten und beschriebeneu Haiart Chlamydoselachus an- guineus an. Der Hai hat eine Länge von beinahe 2 m und sein furchtbarer Zahnbestand findet unter den jetzt lebenden Haiarten nicht seines gleichen. Das grosse Interesse, das sich an diese Art knüpft, liegt jedoch vor allem in seinen Verwandschafts Verhältnissen; er hat nämlich unter den lebenden Haiarten keinen nahen Verwandten, ebensowenig unter den in den letzten geologischen Perioden ausge- storbenen, sondern seine Ahnen reichen hinauf bis zu den ältesten paläozoischen Formationen, wo ein Haigeschlecht lebte, das Zähne ungefähr derselben Form wie dieser Chlamydoselachus besass (Cladodus mirabilis). Keines der lebenden Wirbelthiere kann die Reihe seiner nächsten Verwandten soweit zurück in die Urzeit des organischen Lebens führen, er ist daher die älteste aller jetzt lebenden Vertebratenformen. Auch sein unerwartetes Auftreten in den nordischen Gewässern ist bemerkenswerth. Zunächst waren vier Exemplare der Art aus den Meerestiefeu von Japan bekannt, 1890 ward eines bei Madeira gefangen und dieses waren die einzigen bisher bekannten. Dieses sechste Exemplar, das sich bis zu dem die Küsten Nor wcgens bespülenden Polarmeere veriiTte, bestätigt somit die auch früher beobachtete Thatsaehe, dass es in der Thierwelt Formen giebt, die unabhängig von den Breite- graden ohne eine Veränderung zu erleiden in den grossen Tiefen aller Weltmeere auftreten, wo ungefähr dieselbe Temperatur herrscht, vom Aequator bis zu den Polen. Das erbeutete Thier ist ein ausgewachsenes Weibchen mit unreifen Eiern in den grossen Ovarien. G. A. Sporangien am Prothallium der Farne sind von William H. Laug fPreliniinary Statement ou the De- velopment of Sporangia upon Fern Prothalli. Proccedings of the Royal Society Vol. 60. Vorläufige Mittheilung) beobachtet worden. — Dieselben finden sich an den un- befruchtet gebliebenen Prothallien von Scolopendrium vul- gare und Lastraea dilatata; befruchtete Prothallien er- zeugen einen ganz normalen Embryo. Es entstehen zunächst an den Vorkeimen cylindrische Auswüchse und an diesen die Sporangien entweder ein- zeln oder zu Sorus-ähnlieheu Gruppen vereinigt. Bei Scolopendrium entsteht durch Auswachsen einer vegeta- tiven Zellgruppe des Prothalliums ein Pflänzchen, das aber ganz klein bleibt und auf den kaum entwickelten Blatthöckern sofort Sporangien trägt. Diese entstehen genau so, wie auf der Unterseite der sonst normal aus- gewachsenen Wedel: Zuerst constituirt sieh eine tetrae- drisehe Scheitelzelle und dann werden in bekannter Weise die Wände angelegt, durch welche die Differenzirung von Sporangienwand, Tapetenschicht und Archespor ein- geleitet wird. Die reifen Sporangien zeigen ganz typischen Bau mit Aunulus. Die Sporen konnte der Verfasser bis jetzt leider nicht zum Keimen bringen. Wie ersichtlich, haben wir es hier mit einem Fall von Apogamie zu thun, wo die vegetative Generation, welche die Sporen erzeugt, fast ganz auf Sporangien reducirt ist. R. K. Ueber arktische CJewitter und Hagelfälle ist in der Oetobernumraer des „Quarterly Journal of the Royal meteorological society" (Vol. 22 No. 100) von Henry Harries ein Aufsatz veröft'entlicht worden, welcher, so- viel Referent weiss, bisher die einzige Untersuchung jenes interessanten Themas bildet. Harries beginnt mit der Bemerkung, dass man sich im Allgemeinen über das arktische Klima ganz falsche Vorstellungen macht und dass es zuerst ganz seltsam er- scheint, wenn man hört, dass in hohen nördlichen Breiten nicht nur Regen, sondern auch Hagel und Gewitter nicht gerade Ausnahmserscheinungen sind. Er hat nun zunächst aus handschriftlichen Logbüchern von 92 Schiffen die Ge- witter- und Hagelbeobaehtungen zusammeugestellt, welche innerhalb des Zeitraumes 1818 — 1895 in den Breiten von 60 — 82 Grad n. Br. gemacht worden sind. 142 Naturwissenscliaftliche Wochenschrift. XII. Nr. 12. Insgesaninit fand er 296 Fälle von Haf^elwetter, aber nur 59 Mittlieilungen über elektrische Erscheinungen (Donner oder lilitz, oder beide zusammen). Sclion diese Zahlen lassen die Ergebnisse zweifelhaft erscheinen: ist es doch ttberhauj)t eine noch unentschiedene meteorologische .Streitfrage, ob Hagel überhaupt ohne Begleitung aller elek- trischen Phänomene aufzutreten vermag; sollte ein solcher Fall vorkommen, so gehörte er jedenfalls zu den Selten- heiten. Unter keinen Umständen aber könnte einer so ge- ringen Anzahl von Gewittern eine so hohe Summe von Hagel- beobachtungen gegenüberstehen, wenn man nicht für das arktische Klima ganz eigenthümliche Verhältnisse an- nehmen will. Schon danach wird es sehr wahrscheinlich, dass die meisten angeblichen Hagelerscheinungen auf Graupelfälle zurückzuführen sind, zumal da die englische Sprache eine strenge Untersclieidung beider Phänomene nicht kennt. Harries sträubt sieh zwar entschieden gegen eine solche Deutung seiner Hagelberichte und glaubt einen Beweis für seine Anschauung geliefert zu haben mit der Thafsache, dass fast alle seine Hagelfälle im Sommer eingetreten sind. Wenn er aber meinen sollte, dass aus diesem Grunde Graupeln ohne Weiteres ausgeschlossen sind, so überträgt er wohl etwas voreilig die Verhältnisse unseres Klimas auf die arktischen. Bei uns können sich allerdings Graupein ausschliesslich im Winter und Früh- jahr bilden, aber eine nahe dem Gefrierpunkt liegende Temperatur, wie sie zur Graupelbildung erforderlich ist, tritt ja in den arktischen Gegenden gerade nur in den Sommermonaten ein, während die strenge Kälte der Winter- monate die geforderten Bedingungen nicht zu liefern vermag. Dass aber die vom Referenten vermuthete Ver- wechselung fast unzweifelhaft stattgefunden hat, geht wohl daraus hervor, dass insgesammt nur 2 mal Gewitter und Hagel an gleichen Tagen beobachtet wurden. Zur Gewissheit wird jedoch die Vermuthung, wenn man die Beobachtungen einiger arktischer Witterungsstationen be- trachtet. Godthaab und Ivigtut in Grönland wollen durch- schnittlich im Jahr 4 bezw. 2 Tage mit Hagel haben, haben jedoch in 12 Jahren (1880—1891) nur 2 bezw. 5 mal Gewitter beobachtet, und zwar gerade in den beiden einzigen ganz hagelfreien Monaten Juli und August. Grimsey, eine kleine Insel nördlich von Island, gerade auf dem Wendekreis liegend, hat sogar in jenen zwölf Jahren kein einziges Gewitter, aber 379mal (!) „Hagel" gemeldet, und zwar nie in den hier relativ warmen Sommermonaten Juli bis September. Das genügt wohl! Brauchbar sind also in Harries' sehr flcissigen Zu- sammenstellungen leider nur seine Untersuchungen über Gewitter. Verfasser giebt auch eine Nordpolar - Karte mit Angabe aller Orte, an welchen irgendwann ein Gewitter beobachtet ist. Es zeigt sich, dass die Mög- lichkeit eines Gewitters nirgends bis zum 75" n. Br. völlig ausgeschlossen zu sein scheint. Weiter nördlich freilich werden die Gewitter sehr .selten. Das nördlichste, das man je beobachtet hat, fand bei 0"C. am 23. Sep- tember 1873 im Bellsund auf Spitzbergen unter 78" n. Br. statt. Besonders hervorzuheben ist, dass die Mehrzahl der arktischen Gewitter bei Tem])eraturen über Ü" eintrat. Es ist eine bisher noch nicht endgültig entschiedene Streit- frage, ob in unseren Gegenden (ievvitter bei Frost über- haupt vorkommen. Zwar scheint es bei genauerer Nach- forschung, dass solche Fälle möglich sind; jedenfalls aber sind sie sehr selten. Um so interessanter sind jene Beob- achtungen in arktischen Regionen, wonach selbst dort zur Entstehung von Gewittern zumeist Temperaturen über Ü" erforderlich sind. Ein Gewitter, das im Jahre 1872 in sehr hohen Breiten, nändich unter 77" n. Br. bei Hupe Island (östlich von Spitzbergen) beobachtet wurde, fand sogar bei einer Temperatur von -+- 16'/.j"C. statt. Anderer- seits wurden jedoch auch Fläehenblitze (Wetterleuchten) beobachtet bis zu Temperaturen von — 15" C. herab. Die Jahreszeit, in welcher die arktischen Gewitter stattfanden, umfasst natürlich im Wesentlichen die Sommer- monate, hauptsächlich die Monate Juli bis September, doch vereinzelt traten die Erscheinungen auch im Winter und arktischen Frühling, sowie Herbst auf (so z. B. 3. XI 51 und 13. XI 52 in 74" N, 118" W: 8 p. m.; 8. XI. 50 und 28. I. 51 in 75" N, 94" W, 3 bezw. 8 p. m.; XII 53 in 65" N, 166" W). Verhältnissmässig häufig treten, nördlich von 70", Gewitter auf an der Westküste von Nowaja Semlja und in dem benachbarten Barentsmeer, sowie auch nördlich von der Repulse - Bay (Nordamerika). Die erstere Thatsache glaubt Harries dadurch erklären zu können, dass die Gewitterbildung durch die Jlischung von Golfstrom und Eismeer begünstigt wird. Eine ein- fachere Erklärung dürfte wohl die sein, dass das Barents- Meer zwischen Nowaja Semlja und dem Nordcap noch bei Weitem am meisten von allen arktischen Gegenden be- fahren wird. Jedenfalls ergiebt sieh aus der Harries'sehen Arbeit, dass trotz der sehr spärlichen Beobachtungen in den arktischen Gegenden viel häutiger Gewitter auftreten, als man gewöhnlich anzunehmen geneigt ist. H. Einer Untersuchung„UeberLichterscheiiiuiigen wäh- rend der Krystallisation" von E. Bandrowsky (Zeit- schrift für physikalische Chemie 15, 323 — 326) entnehmen wir kurz folgende Zeilen. Es ist eine altl)ekannte That- sache, dass Arsenigesäure (AsjOg) beim Auskrystallisireu aus einer salzsauren Lösung leuchtet; die gleiche Er- scheinung haben Rose und Berzelius beim langsamen Eindampfen einer conccntrirten Lösung von Fluornatrium beobachtet. Da eine Aufklärung dieser interessanten Vorgänge bislang nicht erbracht ist, sucht sie Verfasser auf Grund der elektrischen Dissociationstheorie zu er- klären in der Annahme, dass die in Frage kommenden Lichterscheinungen auf elektrische Entladungen zurück- zuführen seien, so zwar, dass die frei beweglichen Jonen zunächst zu Molekeln und diese darauf zu krystallinischen Gebilden zusammentreten; in dem Ausgleich der Elektri- citäten der entgegengesetzt geladenen Jonen bei der Molekelbildung würde dann die Ursache des Leuchtens zu erblicken sein. Hieraus ergiebt sich weiterhin die Folgerung, dass die Lichterscheinung bei der Krystalli- sation ganz allgemein eine Eigenschaft elektrisch disso- ciirter Körper ist. Zur Erziclung scharfer Resultate sind, zwei Factoren von wesentlicher Bedeutung: Erstens Ausschluss des Lichtes, das heisst mit anderen Worten, Vornahme des Experimentes im Dunkeln und zweitens, Sorge für eine möglichst schnelle Krystallisation, die leicht durch Alkohol- zusatz oder bei Metallchloriden besser durch Zugabe von Salzsäure bewirkt werden kann. Giesst man beispiels- weise zu einer heissgcsättigten Kochsalzlösung, die sich zweckmässig in einem Glascylinder befindet, eine glcich- grosse Salzsäuremenge vom specifischen Gewicht 1,12, so leuchtet die Flüssigkeit beim Unn-ühren mit einem Glas- stabe mit bläulich-grünem Lichte auf, während beim starken Schütteln des Cylinderinlialtes intensive Liclitbündel und bisweilen sogar blitzälndiche Funken wahrgenommen werden können. Weitere Versuche, die mit Chlorkalium angestellt wurden, führten zu ähnlichem Ergebniss, während ßrom- kalium weniger gute Resultate lieferte. A. Sp. XII. Nr. 12. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 143 Aus dem wissenschaftlichen Leben. Enuumt wurden : Der ausserordentliche Professor der Botanik in Bern Dr. Eduard V isolier zum ordentlichen Professor und Direktor des Botanischen Gartens; der Privatdocent der gericht- lichen Medizin in Marburg Sanitäts-Rath Dr. Otto von Heu siger zum Professor; Dr. Ross in München zum Gustos am Botanischen Museum daselbst; der Privatdocent in der medicinischen Fakultät zu Freiburg i. B. Dr. Ernst Gaupp zum Professor; der Assistent an der königl. Bibliothek zu Berlin Dr. E. Jeep zum Hilfsbibliothekar. Berufen wurden: Der Professor der Frauenheilkunde in Leipzig Dr. Doederlein als ordentlicher Professor nach Groningen; der Professor der Botanik in Warschau Dr. Fischer von Wald- heim als Direktor des botanischen Gartens nach Petersburg; der Assistent am agrikultur-chemischen Laboratorium des landwirth- schaftlichen Instituts zu Göttingen Dr. Rave als 3. Assistent an die Untersuchungs-Anstalt für Nahrungs- und Genussraittel in München; der Privatdocent der Arzneimittellehre und Diätetik in Moskau Dr. Tscherwinski als ordentlicher Professor nach Dorpat; der Professor der Chemie an der technischen Hochschule zu Aachen Dr. Classen als ordentlicher Professor nach Bonn; der Privatdocent der Histologie und Embryologie in Krakau Dr. Szymonowicz als ausserordentlicher Professor nach Lem- berg. Es habilitirten sich: Dr. Hermann Wendelstadt aus Köln für Pharmakologie in Bonn; Dr. H. Reineboth aus Jena für innere Mediciu in Halle; Dr. Seh och für Chemie und Hütten- kunde an der technischen Hochschule zuCharlottenburg. Es starben: Der Professor der gerichtlichen Medicin in Krakau Dr. Leo von Hai bau; der Astronom Wilhelm Do eilen in Dorpat; Dr. Grethe, Assistent am pathologischen Institut zu Halle; der ehemalige Professor der Mathematik an der technischen Hochschule in Wien Hofrath Dr. Kolbe. L i 1 1 e r a t u r. Dr. S. S. Epstein, Hermann von Helmholtz als Kensch und Gelehrter. Deutsche Verlags-Anstalt. Stuttgart u. s. w. I.SDG. — Preis 1 M. Das Schriftchen, das gut geeignet ist, in die Eigenart, das Leben und das Wirken des grossen Gelehrten einzuführen, ist ein Separatabdruck aus der „Deutschen Revue". Es bringt manche Einzelheiten, die unbekannter sind, und theils noch nicht ver- öffentlicht waren. Zahnarzt Fenchel, Die Zahnverderbniss und ihre Verhütung. Hamburg und Leipzig, Leopold Voss. 1896. — Preis 0,40 M. Das Heft enthält 20 gute Abbildungen mit klar und knapp gehaltenem, sich leicht einprägenden Text, der über die wesent- lichsten Punkte der Zahnkunde zweckdienlich Auskunft giebt. Bruno DiJrigen, Deutschlands Amphibien und Reptilien. Eine Beschreibung und Schilderung sämmtlicher in Deutschland und den angrenzenden Gebieten vorkommenden Lurche und Kriech- thiere. Mit den Abbildungen sämmtlicher Arten auf 1'2 Farben- drucktafeln, ausgeführt nach Aquarellen von Chr. Votteler, so- wie mit 47 Textbildein. Creutz'sche Verlagsbuchhandlung. Magdeburg, 1897. — Preis 18 M. Das vorliegende dickleibige, gut ausgestattete Buch ist das ausführlichste, das dem Liebhaber unserer heimischen Amphibien und Reptilien empfohlen werden kann und auch der Fachmann wird mit Vortheil aus ihm schöpfen. Fleissig und zuverlässighat Verf. alles zusammengetragen, was denjenigen interessirt, der sich über das Aussehen, die Eigenthümlichkeiten, die Lebensweise, Verbreitung und Anderes Orientiren will. So wird, um nur ein Beispiel vorzu- führen, von der Sumpfschildkröte (Emys europaea) auf S. 11 — 37 (es sind Gross-Octav-Seiten) nach der sehr bequem am Rande des Textes vermerkten Disposition berichtet über die Art, Kennzeichen, Grösse, Rückenschale, Bauchschale, Kopfgliedmaassen, Färbung und Zeichnung, Varietäten, Missbildungen, Geschlechter, Jungen, den Verbreitungsbezirk (Afrika, Mittelmeerländer, Alpengeljiet, Nord- und West-Europa, Balkan-Halbinsol, Ungarn. Donau. Böhmen, Sachsen, Schlesien, Posen, Brandenburg, Mecklenburg, Pommern, Preussen, Ostseeprovinzen, Russland), die Verbreitungsgrenzen früher und jetzt, den Wohnort, die versteckte Lebensweise, die Bewegungen, geistigen Fähigkeiten, Sinne und verschiedene Be- anlagung, Empfindlichkeit, Stimme, Nahrung, den Fischfang, Raub. Der Abschnitt Fortjiflanzung bringt Abschnitte über die Nach- reife der Eier, Paarung, das Eierlegen. Dann wird berichtet über die Gefangenschaft, die Durchwinterung, Zucht, den Ankauf und den Aberglauben, der sich an das Thier knüpft. Zum Schluss werden die landesüblichen und wissenschaftlichen Benennungen voi-geführt. Der Schluss des Buches bringt ein grosses Litteratur-Ver- zeichniss und ein Register. Die Buntdrucke sind ausgezeichnet und geben den Charakter der Thiere trefflich wieder. Prof. Max Rosenfeld, Elementarunterricht in der Chemie. Mit l.'io Abb. Freiburg im Breisgau. Herdersche Verlagshand- lung 18!)6. — Preis 1,G0. — , Experimentirbuch für den Elementarunterricht in der Chemie. Mit 144 Abb. — Preis 1,'20 M. Beide Hefte ergänzen sich, das zweitgenannte ist für die Hand des Lehrers bestimmt, das erste soll der Schüler benutzen; sie sind pädagogisch und inhaltlich geschickt zusammengestellt. Ingenieur Theodor Schwartze, Katechismus der Elektrotechnik. Ein Lehrbuch für Praktiker, Chemiker und Industrielle. Sechste, vollständig umgearbeitete Auflage mit 256 Abijildungeu. Verlag von J. J. Weber in Leipzig. — Preis geb. 4 M. 50 Pf. Die rasch nöthig gewordene 6. Auflage dieses Buches legte dem Verfasser — sagt dieser im Vorwort — die Verpflichtung auf, den ebenso raschen Fortschritten der Elektrotechnik Rech- nung zu tragen und wiederum eine gründliche Ueberarbeitung des Inhaltes des Buches vorzunehmen, welche sich fast über alle Kapitel erstreckt. Insbesondere sind aber der Wechselstrom an sich, sowie seine Anwendung zur Erzeugung von Mehrphasen- strömen, die Elektromotoren, das elektrische Eisenbahnwesen und die Elekti-oehemie durch Erweiterung der betreffenden Kapitel berücksichtigt worden. Baer, f Karl Ernst v., Lebensgeschichte Cuvier's. Braunschweig. — 3 Mark. Claus, Prof Dr. C, Lehrbuch der Zoologie. Marburg. — 13,50 M. Ebbinghaus, Prof. Herm., Grundzüge der Psychologie. 1. Halbbd. Leipzig. — 6,60 Mark. Graetz, Prof. Dr. Ii., Die Elektricität und ihre Anwendungen. Stuttgart. - 7 Mark. Hecker, Dr. Max F., Schopenhauer und die indische Philosophie. Köln. — :.1,60 Mark. Heilner, Rob., System der Logik im Sinne einer Organon der menschlichen Erkenntniss. Leipzig. — 1,20 Mark. Helmholtz, H. von, Vorlesungen über theoretische Physik. V. Bd. Vorlesungen über die elektromagnetische Theorie des Lichts. Hamburg. — 14 Mark. Hertwig, Dir. Prof. Dr. Ose, Mechanik und Biologie. Jena. — 4 Mark. Hesse's. Ludw. Otto, Gesammelte Werke. 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Epstein, Hermann von Helmholtz als Mensch und Gelehrter. — Fenchel, Die Zahnverderbnissund ihre Verhütung. — Bruno Dürigen, Deutschlands Amphibien und Reptilien. — Prof. Max Rosenfeld, Elementarunterricht in der Chemie und Experimentirbuch für den Elementarunterricht in der Chemie. — Ingenieur Theodor Schwartze, Katechismus der Elektrotechnik. — Liste. 144 Naturwisscnsehaftlicbe Wochenschrift. XII. Nr. 12. Hempul's Klassiker-Ausgaben. Ausführl. Specialverzeiclinisse gratis. Ferd. Dümmlers Verlagsbuchhandl. Ottomar Anschlitz G. m. b. H. Berlin W., Leipzigersfr. 116. Kaufhaus und Unterrichts- Institut t'ur Amateur-Photographie. Lieferung und Ausführung sämmt- licher zur Photographie in Be- ziehung stehenden Artikel und Arbeiten. PF" Vollständige Ausrüstungen für Forschungsreisen. Sehr empfindliche Trockenplatten. Ferd. Dämmlers Yerlagsbnchhandinng in Berlin SW. 12. Die Charakteristik der Tonarten. 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Abdruck ist nur mit Tollständiser «Quellenangabe gestattet. Die zoologische Sammlung des Königlichen Museums für Naturkunde zu Berlin, rk;„ TM 1. ci„i ,.„ 1 rtns Avp.nskplfitt floT FiscliP, zpiß't viftlfi nur i Die Fiscli-Scliausamiiiliiii Von Seh 0 11 k 1 i II g - Prc vö t. Unzweifelhaft sind die Fisclie die dem Wasserleben am besten angepassten Wirbeltbiere. Ausser den Haupt- merkmalen, der Kiemenathmung und Fortbewegung- durch Flossen, prägen den Charakter der Fische aus das Vor- handensein einer Wirbelsäule und eines Scliädels mit gut ausgebildetem Visceralskelett, das knorpelige oder knöcherne Skelett neben dem der Hornfäden und das Vorhandensein von Schuppen, Verkiiöcheruugen und echten Zähnen auf der Körperoberfläche und der Schleim- haut des Muudes. Die Epidermis der Fische ist noch nicht verhornt und besteht aus zahlreichen, über einander gelagerten Schichten protoplasmatischer Zellen, die nach dem Tode leicht abgestreift werden können. Da das Epithel nichts zur Festigung der Körperoberfläehe beiträgt, gehen alle Schutzorgane von der Lederhaut aus, welche selbst aus vielen Schichtenj straft'- faserigen Bindegewebes besteht und ausserdem den Fischen das charakteristische Haut- skelett, die Schuppen, liefert, die in Schuppentaschen des Bindegewebes eingebettet sind. Sie sind vermöge ihres verschiedenen Baues in den einzelnen Abtheilungen auch jetzt noch von hervorragendem, systematischen Werth, wenn man auch darauf verzichtet hat, auf die Unter- schiede der Placoid-, Ganoid-, Cyeloid schuppen die grossen Ordnungen der gründen. Die Färbung der Fische ist durch turen bedingt. Der Silberglanz wird ciystalle verursacht, welche namentlich in die Schuppen- taschen eingebettet sind und von manchen Fischen technisch verwerthet werden (Esseuce d'Orieut). Die noch vorkommenden Farben und Zeichnungen lassen sich auf Chromatophoreu der Lederhaut zuriickführen, die auch die Anpassung an die Umgebung ermöglichen. ■ und Ctenoid- Fischklasse zu zweierlei Strue- durch Guanin- Das Axenskelett der Fische zeigt viele nur in dieser Klasse vorkommende (Jrundzüge. Für den Fischschädel ist besonders charakteristisch die grosse Zahl der Visceralbögen, sowie ihre keit von der Schädclkapsel, von welcher sie ohne Mühe abgelöst werden können. Die Schädelkapsel der Knorpel- fische hat einen sehr einfachen Bau, wird aber bei den Knochenfischen durch Auftreten von Verknöcherungen um so coniplicirter. Die Beschaffenheit des Visceralskelettes steht mit dem Aufenthalt im Wasser in unmittelbarstem gute Ausbildung und ünabhängig- Zusammenhaug. Alle Fische haben zahlreiche Kiemen- bögen, welche in allen Abtheilungen im Wesentlichen gleichen Bau haben, da ihre Function, die Kiemen zu tragen, überall die gleiche ist. Ein zweiter hervor- stechender Charakter der Knochenfische wird schon bei den Knorpelfischen vorbereitet: die Umwandlung des Hyomandibulare zum Kiefernstiel. Ein letztes nur bei einem Theil der Fische vorkommendes Älerkmal des Visceralskeletts ist die Ausbildung des Opereularapparates, einer Anzalil knöcherner Platten und Stacheln, welche vom Zungenbeinbogen ausgehen und sich schützend über die Kiemenbogen herüber legen. Nicht minder als das Visceralskelett wird das Skelett der Extremitäten in seiner Beschaffenheit vom Wasscraufenthalt beeinflusst. Da dieser ist auch die vorwiegend vom einfache Bedingungen Fischmuskulatur Längsmuskelu. der Fortbewegung bietet, sehr einfach und besteht aus Liängsmusüelu. Auf Umbildung von Muskeln sind auch die elektrischen und pseudoelektrischen Organe zurückzuführen, welche bei den verschiedensten Fischen vorkommen und bald am Rumpfe, bald am Schwanzende angebracht sind. Das Fiscliliirn bekundet die niedere Organisation der Klasse vornehmlich durch die geringe Entwickelung der Grosshirnrinde. Von allen Sinnesorganen am auffallendsten sind die Sinnesorgane der Haut; speciell sind die der Seitenlinie Gebilde, welche nirgends so gut entwickelt sind wie bei den Fischen. 146 Naturwissenscbaftliche Wochenschrift. XII. Nr. 13. Viel wichtiger als die animalen Organe sind für die Sj'steuialik der Fische die vegetativen Organe, namentlich Darm, Kiemen und Herz. .Systematik: Cuvier thciltc die Fische nach der .Striictm- des Skeletts in Knorpel- und Knocheutisciic. Indessen hat es sich herausgestellt, dass durch diese Namen genügend nur zwei Extreme, die Selachier uud Telostier, untersehiedeu werden, dass zwischen diesen eine Grnjjpc besteht, die wie im Skelett, so auch im Bau der übrigen Organe die Mitte hält. Agassiz nannte die Mittelgrnppe Ganoiden nach dem Bau ihrer Schuppen. Weitere Untersuchungen ergaben, dass dieses allerdings wichtige Merkmal nicht bei allen Ganoiden zutrifft und so blieb es Johannes Müller vorbehalten, die Gruppe auf breiter, anatomischer Basis neu zu charakterisircu und neu zu umgrenzen. Die Fischsammlung ist in vier Abthcilungcn auf- gestellt, deren Arten in dieser Zusammenstellnng sämmtlicli aufgezeichnet .sind. Es sind die den Objecten bei- gegebenen Namen angewandt, auch dann, wenn die Specics anderweit benannt w urde. Die vier Abtheilungeu sind: A. System der Fische. B. Die Fische Deutschlands. C. Die Fische der Nord- und Ostsee. D. Die Fische des Mittelmeeres. Dazu treten noch eine nicht geringe Anzahl von l'rä])arateu, die in der üebersieht der betreffenden Ab- theilung mit aufgezählt oder am Schlüsse für sich kurz erwähnt werden sollen. A. Das System der Fische. I. Acanthopteri, Stachelflosser. Rücken-, After- uud Bauchtlossen im vorderen Theile aus ungegliederten Stacheln gebildet; Zwischeukiefer und Oberkiefer beweglich; untere Schlundknochen getrennt; Kiemen kannnformig; wenn eine Schwimmblase vorhanden ist, so besitzt sie im ausgebildeten Zustande keinen Lul't- gang. Familie: Pereid ae. Barsche. Körper länglich; die ctenoiden Schuppen erstrecken sich nur wenig auf die senkrechten Flossen ; Seiteulinien meist ununterbrochen ; Kiemendeckelstficke gezähuelt oder bedornt; einfach kegelftirmige Zähne an Zwischen- und Unterkiefer und am Gaumen; Bartfäden fehlen: Lates niioticus, gem. Nilbarsch. Rücken bräunlich, Seiten und Bauch silberweiss. Im unteren Laufe des Nils; Fleisch geschätzt. Bis IV2 m laug. Perca flaves- cens, amerikanischer Barsch, dem deutsehen (P. tiuviatilis) nahe verwandt. Roccus scpteutrionalis und Percalabrax japonicus, beide gescliätzte Speisetische aus Japan. Percichthys trucha, Vertreter der einzigen südameri- kanischen Perciden-Gattung. Centropristris atrarius, nord- amerikanisther Speisefisch. Die Gattung Serranus, welche in 150 Arten über alle wärmeren Meere verbreitet ist und sich durch das Vorhandensein sehr kleiner Iluudszähne zwischen den bürstenförmigen Zähnen in beiden Kinn- laden ausgezeichnet, ist vertreten durch S. louti uud S. salrnoides. Beide ihres Fleisches wegen geschätzt. Die er.stere Form um Mauritius, die letztere, die ausserdem eine grosse Lebenszähigkeit besitzt, im Rothen Meere. Pleetropoma melauoleucum, Diploprion bifasciatum aus Japan und Gramistes punctatus aus dem Indischen Ocean. Skelett vom Lutjanus gibbus zur Beobachtung des charakteristischen Ausschnittes am Vordcrdeckcl, der einem Dorn des Zwischendeckels zur Aufnahme dient, eine Eigeuthümlichkcit der Untergattung Diacope; ander- weitige Vertreter derselben sind L. argentimaculatus Von den nordamerikauischen „Dartert'' Süsswasserfischen iMesoprion argentimaculatus) und L. niger (Diacopenigra). Aus dem atlantischen Küstentlusse Susquehannah stanunt Lepomis auritus. Die Gattung Priacanthus, welche auf die tropischen Meere beschränkt ist, wird vertreten durch Pr. liamrur aus Ostafrika und Pr. japonicus. Centroijomus undecimalis, mit essbarem Fleisch, bewohnt die atlantischen Küsten des tropischen Amerika. Der in Seen und grösseren Flüssen Nord-Carolinas lebende Gentrarchus sparoidcs (Calico Bais) ist wegen seines schönen und schmackhaften Fleisches 1887 in Europa eingeführt worden. Die Süsswassertische Borueos sind durch die grösste Art Ambassis AVoltfi vertreten. Die in über 100 Arten im .Mittelmeer, Rothen Meer, Indischen und Paeitischcn (Jcean wohnende Gattung Apogon mit A. fasciatus vim den tiilboalnseiu. Arten, sehr kleinen untl schnellen finden wir Etheostoma tlabellare. Die Familie Pristipomatidae mancher Systematiker ist ihrer grossen Aehnlichkeit wegeu mit der vorigen Familie vereinbart. Sie kennzeichnet sich durch spitze, kegelförmige Hundszähne, welche zwischen den in Binden augeordneten Bürstenzähneu stehen. Sämmtliche Gattungen der Familie gehören den tropischen Meeren der östlichen Halbkugel an. Pristipoma hasta von Madras; Diagramma pica von Mauritius, schwarz mit weissem Hinterkopf und Sattel; aus dem Rothen Meer D. gateriua, an Korallen lebend, die Läugsstreifen des jungen Fisches wandeln sich mit dem Alter iu Punkte um; Scolopsis bilineatus von Amboina, jung mit mehreren geraden, bis zur Schwanzflosse reichenden Streifen, Sc. monogramma (als Skelett) mit dem dolchförmigeu Fortsatz am Infraorbital- knocheu; Deutex rivulatus, essbar; Gerres apriou (als Skelett) mit weit vorstreckbarem Munde, uud G. olitho- stoma von Cuba; Therapon janbua; sein Fleisch ist am Rothen iMeer beliebt, in Indien hingegen verabscheut, weil der Fisch von Aas lebt. Ueber den Rücken zieht sich eine schwarz und weiss eingefasste Ellipse. Ein scimiackhafter Fisch Ostindiens ist Lobotes surinameusis; Maena maeua, gemein im Mittelmeer mit weit vorstreck- barem Zwischenkiefer. Von den Palaos-Inseln Symphorus spilurus; Caesio striatus aus dem Rothen Meer und eben daher der Tiefseebewohner Aphareus rutilaus, der beste Fisch jenes Meeres. Familie Squamijjinnes, Schuppenflosser mit fein- bewimperten oder glatten Schuppen, welche auch die uu- jjaaren Flossen mehr oder weniger bedecken; Seitenlinie ununterlirochen; Mund meist endständig; die hechel- oder bürstenförmigen Zähne in Streifen; Hundszähne fehlen. Die meist prächtig gefärbten Arten leben iu den Tropen- meeren, namentlich an Korallenriffen und sind Fleisch- fresser. Chaetodou lunula, mit igelförmigcm Kopfe. Der junge Fisch, welcher vom alten in der Färbung bedeu- tend abweicht, wurde früher als Ch. biocellatus be- schrieben; Gh. ephippium aus der Südscc mit schwarzem, weissgeraudeteu Sattel, jung mit schwarzem Schwanzfleck und ohne Fahne; Ch trifasciatus aus dem Rotheu Meer und Ch. meyeri aus der Südsee, zebraartig gestreift; Chelmo rostratus, Schnabelfisch, aus Ostindien. Die viel- verbreitete Angabe, dass dieser Fisch mit einem aus seiner Schnauze ausgespritzten AVassertropfeu Insecten von den Blättern der Uferpflanzen heruntersehicsse, beruht auf einer Verw'echslung mit der Gattung Toxotes; Heuio- chus macrolepidotus mit geschätztem Fleische, wird wegeu des fadenförmig verlängerteu Stachels der Rückenflosse Peitschenfiscii genannt. 11. chrysostomus aus der Südsee ist fast hali)mondförmig gebaut; llolacanthus sextriatus aus dem Indischen Arcliipel, II. maculosus aus dem Rothen Meer mit segelartig nach hinten gezogener Rückenflosse, XII. Nr. 13. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 147 H. nicobariensis von Sumatra, braun, mit weisser Marmor- zeiclunnig' und jaguarartig gefleckten Flossen; der präch- tige Ostindier, H. Imperator, Kaiserfiseh, ist nur in farbigem Bilde vertreten. Auf vergissmeinniclithlaueni Grunde tragt er 30—32 gelbe, schiefe Querstreifen, Kopf und Brust haben hellblaue Linien, hinter dem Kopfe Ijctindet sich jederseits ein schwarzer, gelbgerandcter Fleck; die Schwanzflosse ist orangefarben. Hierher gehören ferner der grosse Brasilianer Pomacanthus paru und der in ja- vanischen Flussmündungen vorkonunende Scathophagus argus. E))hippus faber (im Skelett), zeigt am Hinterkopfe und an den vorderen Flossenträgern stark entwickelte Knochenanschwellnngen, die beim alten Fische auftreten; Drepane puncta, von Westafrika bis China vorkommend, ist im Alter gefleckt oder ganz ohne Zeichnung, während die Jugendform quergebäudert ist. Familie Nandidae: Seitenlinie ununterbrochen; Stachel- und weichstrabliger Theil der Rückenflosse gleich- lang. Die Fische leben an Korallen. Vertreter derselben sind: Nandus marmoratus von Calkutta; Plesiops nuleagris von Australien ; Pristolepis fasciatus aus den Sttsswässern von Ilinterindien, dem Malayischen Archipel. Familie MuUidae, Meerbarben: Körper ziemlich niedrig und wenig zusammengedrückt; Schuppen dünn, gross, ohne oder mit feinster Zähnelung; am Zungenbein zwei Bartfäden; Seitenlinie ununterbrochen; zwei von ein- ander entfernte Rückenflossen; mit Nebeukiemen. Fleisch sehr geschätzt und bei den alten Römern ein besonders kostbarer Leckerbissen; dieselben ergötzten sich auch an dem praclitvollcn Farbenspiele, welches die Seebarben vor dem Absterben zeigen. Es gehören hierher: Upeneus vittatus, von Ostafrika bis Japan vorkom- mend; Mulloides samoeusis und Parupeneus mit P. multi- fasciatus und P. Intens aus der Südsee. Familie: Sparidae, Meerbrassen: Im allgemeinen Avie \orige Familie. Zudem vordere Scimcidezähne oder seitliche Jlahlzähne oder mit beiden Zahuarten oder auch mit vorderen, kegelförmigen Hundszähnen. Von der Schulter bis zum Scheitel zieht meist eine Reihe beson- ders ausgezeichneter Schuppen, das sogenannte Nacken- band; Bauehflosse mit verlängerter Spornschuppe. An den Küsten der tropischen und gemässigten Meere, meist Fleischfresser und geniessbar. Als Vertreter: Cantharus cantharus (Cantaro) mit goldglänzenden Längslinien, vom Mittelraeer bis England, wird häufig in .Seewasser-Aquarien gehalten. Von Ostafrika bis Indien konnnt vor Crenideus erenidens, hat gekerbte Zähne und nährt sich von Algen und Einsiedlerkrebsen. Von Tokio stammt (iirclla punctata; die Geisbrassen sind vertreten durch das Skelett von Sargus Rondeletii aus dem Mittel- meer, ausserdem noch bei Madeira und den Kauaren vor- konnnend; die indo-pacifische Gattung Lethrinus hat als Vertreter die einzige westafrikanische Art Lethrinus nebu- losus mit schmackhaftem Fleisch; die Goldbrassen, welche die Stacheln der Rückenflosse in Gruben niederlegen können, sind vertreten durch Chrysophrys bifasciata, der das Rothe und Indische Meer bewohnt; von den meist roth gefärbten Arten der Gattung Pagrus finden wir P. tumifrons, einen allgemein geschätzten Tafelfisch, den „Tai" der Japaner, „Snapper" der Australier, „Scup" oder „Porgee" der Amerikaner, und das Skelett von P. spinifer; von Neuseeland stammt der marmorirte Ha- plodactylus maeandratus, von Cuba Pimelepterus flavoli- neatus. Familie Cirritidae: Im allgemeinen der vorigen Gattung ähnlich, sonst durch kleine, zugespitzte Zähne ausgezeiciinet, mitunter auch Hundszähne; Bewohner der indischen, pacifischen und australischen Meere. C. Forsteri, Kopf und Brust mit tiefsehwarzcn Punkten; gelb-schwarzes Band längs der Seitenlinie, vom Kothen Meer bis zu den Sandwich-Inseln; (Jliilodactylus zonalus aus Japan; Latris eiliaris, Trompetenfisch, mit wold- schmeckendem Fleische aus Tasmanien. Familie Hoplognathidae: Zähne im Kieferknoclien eingewachsen, treten erst nach Abnutzung der Kiefern- schneide au diesem hervor wie bei Scarus. Die einzige^ Gattung bewohnt den Stillen Oceau und ist vertreten durch : H. punctatus, an den javanischen Inseln, braun und sannnetartig dunkler gepunktet, und H. fasciatus, ebenda, schokoladenfarbig, mit 4 — 5 Bändern. Familie Scorpaenidae, Drachenköpfe: Mehrere Kopfknochen, besonders der Winkel des Vorderdeckcis bedornt; letzterer verl)indet sich mit dem unteren Augen- höhlenrande durch einen besonderen Stützknociicn. Alle sind fleischfressende Seefische, \iele sind durcii Ilautan- hänge ausgezeichnet, die als Köder zum Anlocken der Beute benutzt werden; einige besitzen Giftdrüsen in Ver- bindung mit den Stacheln. Synanceia verrucosa an den Marschallinseln, wegen der Giftdrüsen im Rückcnstachel für Badende gefährlich; Sebastes Sehlegeli, zu einer weitverbreiteten Gattung ge- hörig, deren Arten meist im tiefen Wasser lelien und essl)ar sind. Diese Species der Rock-Fish der Californicr; Synacidium horriduni aus dem Indischen Oeean mit Gift- sack au den Rttekenstacheln; Apistus alatus verwundet ebenfalls, Japan; Scorpaena scrofa, Meersau, lauert, im Meeressande eingewühlt, auf die aus kleinen Fischen bestehende Beute; ihre Stacheln verursachen sehr schmerz- hafte, aber ungefährliche Wunden; in Aquarien halten sie sich gut und zeigen einen lebhaften Farbenwechsel, durch den sie die Farbe der Umgebung nachahmen, bewohnen das Mittelmeer und den Atlantischen Oeean; der etwas über 3 cm grosse Caraeanthus maculatns lebt an Korallen- riffen der Mollukken; Pterois volitans, Truthahnfiscii, aus Ostindien, wurde früher als ein fliegender Fiscli ange- sehen; Minous monodaetylus, fingerlanger Fisch aus Ost- indien. Familie Polyeentridae: Körper zusammengedrückt, Rücken- und Afterflosse mit zahlreichen Stacheln; Seiten- linie fehlt; bewohnt die Süsswässer Süd- Amerikas, mit P. Schomburgkii. Familie Teuthidae: Bauchflosse brustständig mit einem äusseren und inneren Stachel; Rücken- und After- flossen mit vielen Stacheln; Schuppen sehr klein; Zähne scharf; Pflanzenfresser; vertreten durch: T. steliata aus dem indo- pacifischen Oeean, wegen seiner Staclieln gefürchtet. Fleisch cssbar; T. al)liortoni (als Skelett), T. vulpina aus Neu-Ponunern, mit Fuehskopf. Familie Berycidae: Körper kurz, mit stenoiden, selten fehlenden Schuppen; Mundspalte schief; Zähne bürstenförmig; Gaumen meist bezahnt; Mcerlische, die in beträchtlicher Tiefe wohnen. Von den l'ercidae durch die grössere Zahl der Kicmcnhautstrahlcn (8 oder I, statt 6 oder 7), vermehrte Zahl der AVeichstrahlen in den Bauchflossen und Schleimkanälen auf dem Kopfe \er- sehieden. Beryx splendens, 200—700 m tief an der japanischen Küste lebend; Monocentris japonieus, Spanischer Reiter- Fisch, wegen der X-Stellung der Rüekenstrahlcn und mats-kasa-uwo, d. i. Tannenzapfenfisch der Japaner wegen seiner Beschuppung; Mj'ri[)ristis japonieus, ein mittel- grosser, rothgefärbter wohlschmeckender Fisch an den Küsten der wärmeren Meere; Holocentruni rubrum, vom Rothen Meer bis nach Melanesien vorkommend, gleich- falls essbar und H. s[)iniferum, 40 cm lang, zinnoberroth. Stich der Stacheln erzeugt Entzündung. Die vorspringende 148 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. XII. Nr. 13. Schnauze, im Gegensatz zu der abgerundeten der übrigen Gattungen der Berycidae, ist bei der Larvenforni spitz, weswegen diese früher als besondere Gattung, Rhyncbich- thys, aufgefasst wurde; Polyniixia nobilis, ein Tiefseefisch (bis 500 ni tief) bei Japan. Familie Kurtidae: Der längliche, seitlich zusammen- gedrückte Körper ist nach hinten verdünnt; Schnauze kurz; Rückenflosse nur wenig Stacheln oder Stacheltheil gänzlich verkümmert; Schuppen klein; bürstenförmige Zähne an den Kiefern, Gaumenbeinen und dem Pflugschar- bein; Küstenfisclie der tropischen Meere: Kurtus indicus, Vorderdeckel 3 — 4 dornig, 6 mit knorpeligem Anhang vor der Rückenflosse, silberfarben mit schwarzem Fleck, nährt sich von Muscheln und Krebsen; Pempberis conipressus vom Port Jackson und P. mangula (als Skelett). Familie Polynemidae: Körper länglich, ziemlich zusammengedrückt; glatte oder sehr schwach gewimperte Schuppen; Seitenlinie ununterbrochen; Schnauze über den unterständigeu Mund vorspringend, bürstenförmige Zähne an Kiefern und Gaumen; Küstentische der warmen Meere, die auch in Brack- und Süsswasser gehen; das Fleisch ist essbar; die Schwinnnblase mancher Arten konmit als Hausenblase in den Handel. gungen der Leibesmuskeln hervorgerufen wird, welches Geräusch wahrscheinlich die Schwimmblase verstärkt. Der Fisch wird bis 40 kg schwer und nährt sich von Schal- thicren, schadet auch den Austernbänken. Seine Schuppen dienen zur Herstellung von künstlichen BUunen; an der Atlantischen Küste Noi-damerikas. Der junge Fisch ist gebändert und wurde früher als P. fasciatus beschrieben. Sciaenoides pama von Kalkutta; bis 150 cm lang, mit wohlschmeckendem Fleische; Schwimmblase wird zu Ge- latine verarbeitet. Familie Xiphidae, Schwertfische: Körper gestreckt, seitlich zusammengedrückt; nackt oder mit verkünmierten Schuppen; Zähne fehlen oder sind \crkünnnert; Bauch- flossen fehlen oder sind brustständig, in letzterem Falle zu stielförmigen Anhängen umgebildet. Diese vor- züglichen Schwimmer bewohnen die grossen Oceane und sind die grössten Stachelflosser, die bis 4V2 m lang werden. Mit dem langen, schwertförmigen Fortsatz der Oberkinulade greifen sie selbst Waltische mit Erfolg an und rennen denselben sogar in die Wände der Schifte, wo er abbricht und stecken bleibt. Xiphias gladius, Hornfisch oder Schwertfisch, in den europäischen Meeren; kommt im Juni und Juli auch an die Küste. Der schwertförmige, ungezähnte Fortsatz misst Xiphias gladius, Honi- oder Schwertfisch. Polynemus paradiseus, Paradiesfisch, silberig und Goldglanz, mit 7 freien, fadigen Brustanliängen, deren oberster länger als der Körper ist, 15 — 20 cm lang, in den ostindischen Meeren, geht auch in Flüsse, Fleisch und Roggen sehr geschätzt; Pentanemus quinquarius aus Kamerun, Tastfäden doppelt so lang als der K('ir])er. Familie Sciaenidae, Umberfische : Form wie oben mit ctenoiden Schupi)cu; Zähne in bürstenförmigen Binden, bisweilen Hundszäinie; Gaumen zahnlos; Vorderdeckel nicht bewehrt; Seitenlinie setzt sieh, meist auf der Scliwanz- flo!-se fort; Atterflosse mit 2 Stacheln; Kopfknochen mit weiten Schlcindi;it' ;lu iltr Kgl. IJergaUaUfiiiio zu Berlin. I\Iit znlilrt'it'lion Alibililiini;fn. VoIIstiiiulig in 4 Liel'eruiigen ä 2 Mark. Iji^ Die erste Lieferung wurde soeben ausgegeben. Zeiss'sclies Miliroskop System VII ;i, A, D, !■", 2, 4 und Zeielienpr , in gutem Zustande, für 15U Mk. zu verkaufen. Dr. Spichardt, Wolfenbfittel. Hempel's Klassiker-Ausgaben. Ausluhrl. 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Abonnement: Man abonnirt bei allen BuchhandlunKen und Poat- Y Inserate: Die riergespaltene Petitzeile 40 ^. Grössere Aufträge ent- instalteii. wie bei der Expedition. Der Vierteljahrspreis ist v/M.— <^ sprechenden Rabatt. Beilagen nach Uebereinkunft. Inseratenannahme aringeBeld bei der Post 15 ^ extra. Postzeitungsliste Nr. 4954. -IL bei allen Annoncenbureaui wie bei der Expedition. Abdruck ist nnr mit vollständiger Qnellenaneabe gestattet. Die Diatomeen und ihr Schicksal. Von Prof. Joh. Frenzel; Biolog-. Station Friedrichshageu bei Berlin. Als Victor Hensen*) seine PlanktoiiforscliUDgen begaun, giiig er von dem Gedanken aus, dass das Plankton „le- bendige Nahrung gewährt," und dass es eine „vorzügliche Quelle der Nahruugsstofie im Meere" zu sein scheine. Dieser Stoft'quelle nachzugehen war die Aufgabe, zu welcher Hensen im Verlauf seiner Untersuchungen geführt wurde, und so gelaugte er endlich zu der Ueberzeugung, dass es möglich sei, der Uruahrung der Meerestliiere näher zu treten. (1. c. p. 2.) Da Hensen fast bei jedem Fang konstatiren konnte, dass ein solcher ausserordentlich reich au Diatomeen sei, so legte er sich die Frage vor, ob auch diese als Nahrung direkt Verwendung finden, und er prüfte darauf diejenigen thierischeii Organismen, welche die Hauptmasse des Plankton bilden, nämlich die Copepoden. Er fand indessen in deren Darm keine Andeutung geformter Substanz (1. c. p. 94), sondern nur eine „grüne Substanz", „die wohl", so äussert er sich, „sicher niclits anderes ist, als durch Säure grüngewordenes Diatomin". Dagegen schien es sicher zu sein, „dass die üeratien von den Copepoden genommen werden". „Es scheint nach diesen Versuchen nicht, so fährt Hensen fort, als wenn die Thierchen auch Diatomeen verzehrten, denn ich habe vergeblich nach leeren Schalen gesucht, die sich um so sicherer inüssten finden lassen, als es gewiss ist, dass der Darm der Copepoden Kieselpanzer nicht enthält." Da Hensen nicht angiebt, woher jenes „grüngewordene Diatomin" stammen könnte — ganz abgesehen davon, dass der Magen der Copepoden aller Wahrscheinlichkeit keine Säure secernirt und mithin nicht der Beweis er- bracht scheint, dass hier wirklich verändertes Diatomin vorliege so möchte es überaus zweifelhaft sein, dass die erwähnte grüne Substanz auch von Diatomeen her- *) Fünfter .Jalircsbfiricht clor Kommission zur wissen.scliaft- lichen Unter.-uclmng der deutschen Meeru (18S7): Ueber diu Be- stinnniuig des Planktons etc. rührt, um so mehr, als Hensen selber weiter unten (1. c. p. 99) bestätigt, er habe in keinem Falle nachweisen können, dass die schwimmenden Diatomeen als Nahrung ge- nommen werden. ,Ich so schliesst Hensen, „in dem Gedanken an die Untersuchung, dass gerade sie eine der reichsten Nahrungsquellen für die Thiere des Plankton abgeben müssten, aber meine Befunde zwangen mich, diese so nahe liegende und wenn ich nicht irre, auch schon von Sars ausgesprochene Idee, fallen zu lassen; im Gegenteil muss ich jetzt glauben, dass diese, in scharfe unverdauliche Splitter zerfallenden, so äusserst inhalts- armen Pflanzen fast von keinem Thier des Planktons be- nutzt werden können." War es somit durch Hensen be- wiesen worden, dass die Diatomeen des Meeres der Regel nach nicht auf dem Wege der Verdauung zu Grunde gehen, so bleibt nur noch die Annahme übrig, dass sie einfach absterben. Dann aber mü.ssen ihre Schalen zurückbleiben, und, da diese aus einer so ausser- ordentlich widerstandsfähigen Substanz bestehen, so muss sich doch sofort eine zweite Frage anreihen, was nun aus diesen Schalen wird und wo siebleiben. FA\e wir indessen an diese Fragen näher herantreten, mögen nun noch, im Vergleich hierzu, diejenigen Verhältnisse geprüft werden, die sich uns hinsichtlich der süssen Gewässer darbieten. Soweit es sich um Copepoden und Diatomeen handelt, mag sich das süsse Wasser vielleicht dadurch von dem Meereswasser unterscheiden, dass die ersteren an Arten und Individuenzahl zurücktreten. Dafür aber sind andere Mikrokrustaceen vorhanden, nämlich die Cladoccreu, welche völlig geeignet erscheinen, für die etwa fehlenden Copepoden Ersatz zu leisten. Die Diatomeen ferner sind in den Binnengewässern mindestens ebenso verbreitet wie im Meere, ja sie scheinen dort eher noch zu über- wiegen. Im Grossen und Ganzen liegen mithin in dieser 158 Naturwissenschaftliche Wochenschril't. XII. Nr. 14. Hinsicht im süssen Wasser ähnliche Verhältnisse vor, wie im Seewasser, und man möchte zunächst geneigt sein, die von Hensen entwickelten Anschauungen auch auf jenes zu übertragen.*) Dem gegenüber stehen aber zwei Ein- würfe, nämlich erstens die allgemein verbreitete Ansicht von dem Abhängigskeitsverhältniss zwischen den Orga- nismen des Planktons und zweitens die Ergebnisse, zu denen Apstein und Zacharias gelangt sind, Ergebnisse, die um so mehr beachtet werden müssen, weil sie zum min- desten unabhängig von einander erlangt wurden. Der fhstere**) nämlich hatte bereits im Jahre 1892 den Nach- weis geführt, dass gewisse Cladoceren j\lelosirafäden ver- speisen, und in seiner ausführlichen Arbeit 1896 bestätigt er dies ausdrücklich***), so für Bosminen, Daphnien und Diaptomus. Auch Zachariasf) war zu einem ähnlichen Kcsultat wie Apstein gelangt und hatte Diatomeen im Darme von Copepoden und Cladoceren nachgewiesen. Was also lag nun näher als anzunehmen, dass sich im Süsswasser die Vorgänge in dieser Hinsicht ganz anders abspielen als im Meerwassser, und dass sich wenigstens im Süsswasser ein Kreislauf der Natur vollziehe, wie er schöner nicht gedacht werden kann. Alan male sich nur aus, wie alT die unzähligen Planktonorganismeu, also auch die in ..scharfe, unverdauliche Splitter zerfallenden" Diatomeen, wie Hensen sich ausdrückt, den kleinen Cru- stacecn, und diese wieder den Fischen zur Nahrung dienen, und man hat das vor sich, was Zacharias •j~f) (1893) als Bouitirung der Gewässer statuirte. Ja diese Idee von dem „Kreislauf" ist so ausserordentlich bestechend, dass iiir selbst in weiteren Kreisen gehuldigt wurde, namentlich wenn man sie in Verbindung brachte mit dem, was über die „Selbstreinigung der Flüsse" festgestellt worden ist. Nachdem ich bereits fff) 1895 darauf hingewiesen, dass die Bonitirung im Sinne von Zacharias nicht auf- recht erhalten werden könnte — auf seine Einwände kann ich an dieser Stelle leider nicht eingehen — , legte ich mir im Hinblick auf die Befunde Hensens von Neuem die Frage vor, ob die Diatomeen wirklich in nennenswerther Weise als Nahrung von Crustaceen oder anderen Thieren des Süsswassei's in Betracht kommen und ferner, ob ihre Ausnützung in dieser Beziehung eine derartige sei , dass man von einem „Kreislauf" zwischen Diatomeen und Crustaceen sprechen könne. Als Material hierzu dienten mir meine Planktonfänge aus dem Müggel- see, die namentlich in den Sommer- und Herbstmonaten ganz ausserordentlich reich an Diatomeen, speciell auch Melosira*-;-) sind. Trotzdem ich indessen eine grosse An- zahl von Copepoden und Cladoceren daraufhin durchsah — und zwar, wie Apstein fordert, an ungefärbten Präparaten • — so vermochte ich doch in deren Darm- kanal nichts anderes als grünlichen „Detritus" zu finden, und auch Prof. Magnus theilte mir den identischen Befund mündlicii mit. Zugegeben also, wir *) Bereits C. Claus hatte (cfr. Die freilebenden Copepoden 1883 S. 83) ausgesproelien, dass pflanzliche Körper (Algen und Diatomeen) nur gelegentlich von diesen Krustern aufgenommen werden. ■■■■*) C. Apstein. Quantitative Planktoustudien im Süsswasser. — Biol. Centralblatt XII (No. 16 17). — I. c. p. 502. ***) C. Apstein. Das SüBswasserplankton etc. Kiid und Leijizig 1896 (Lipsius und Fischer cfr. S. 140.) i) Vergl. Orientierungsbliitter für Tcichwirthe und Fisch- züchtor, Plön 189G S. 12; sowie: Forschungsberichte II. (1894) S. 102 fg. IV. (18%) S. U3. ff) 0. Zacharias im .lahiesbericlit des Centralfischereivercins für Schleswig-Holstein (1893): Die mikroskopische Organismen- welt dos Süsswassers in ihrer Beziehung zur Ernährung der Fische. t;-|) Zeitschrift für Fischerei etc. 189.3 No. 1/2 S. '75 fg. *t) Otto Müller: Die Bacillariace(Mi im Plankton des Müggel- sees bei Berlin. Zeitschrift für Fischerei 1895 Heft ö S. 26(i fg. hätten vielleicht einmal eine Diatomee übersehen, oder gerade nicht solche Crustaceen unter dem Mikroskop gehabt, die zufälligerweise eine Diatomee verspeist hatten, so glaube ich doch konstatiren zu dürfen, dass auch im Süsswasser die Diatomeen zum mindesten nicht die alleinige oder die allgemeine Nahrung der Crustaceen ausmachen. Da das Müggelseeplankton, wie schon gesagt, viele Melosiren enthält (so M. varians; M. tenuis; M. creuu- lala; M. granulata etc.) und da ferner auch wenigstens eine Anzahl der Crustaceen üliereinstimmen, so: Cyclops strenuus Fischer, C. leuckarti Claus; C. timbriatus Fischer, ferner: Bosmina bohemica Hellich, B. longirostris; Hyalo- daphnia cristata Kahler, so muss allerdings der Unterschied zwischen den Beobachtungen Apsteins und Zacharias' auf der einen Seite und den unsrigen auf der andern Seite auffallen und unerklärlich bleiben. Mir scheint indessen, dass das Müggelplankton sich in so vieler Hinsicht von dem Plöner unterscheidet, dass sich recht gut einmal die Lösung dieses Räthsels finden kann. Hier möchte ich nur darauf aufmerksam machen, dass das crstere meist sehr reich an todtcm, abgestorbenen Ptianzenmaterial ist, welches ich zunächst nicht anders denn als „Detritus" be- zeichnen kann, ein Material ferner, das im Plönersee zu fehlen scheint — ich finde es wenigstens nirgend erwähnt. Diesen Detritus halte ich nun für die Hauptnahrung unserer Planktonkrustaceen, und denke mir, dass er diesen sehr viel mundgerechter ist als die stachligen Diatomeensplitter, und dass diese eben nur genommen werden, wenn jener oder ein anderer Ersatz fehlt. Allerdings ist Hensen*) der Ansieht, obwohl er übrigens, was vielfach übersehen wird, auch das todte Material zum Plankton rechnet, dass solches als Nahrung nicht brauchbar sei. So sagt er (1. c. p. 1 und 2), dass, soweit ihm bekannt, „überhaupt nur sehr wenig Thiere von abgestorbenem Material leben." „Ich erkläre mir," so fährt Hensen fort, „dies Verhalten daraus, dass ein in fauliger Zersetzung begriffenes Mate- rial einer stärkeren Verdauungskraft bedarf, als dasjenige ist, welche die Organisation der niederen Thiere hervor- zubringen vermag." Worauf nun Hensen diese Ansicht gründet, ist mir leider nicht bekannt; man braucht indessen den oben als Nahrung der Planktonkrustaceen heran- gezogenen Detritus nicht ohne Weiteres als „in fauliger Zersetzung begriffenes Material" anzusehen. Ist es doch sehr gut möglich, dass die Crustaceen, von denen wir hier sprechen, frisch abgestorbene Pflanzentheile verzehren, resp. solche, deren Zersetzung soeben erst beginnt und die deshalb noch keine „faulige" zu sein braucht. Es bleibt übrigens zum Schluss noch die Frage zu erörtern, ob die Crustaceen die Diatomeen nicht etwa „aufknacken" und „ausbürsten," so dass die leeren Schalen übrig bleiben. Dann aber müsste man solche Schalen doch in grösserer Menge finden, und das ist keineswegs der Fall, wie dies auch schon Hensen betont. Sei die Nahrung der Planktonkrustaceen nun welche sie wolle, ja mögen wirklich die Planktondiatomeen irgend welchen anderen Organismen als Nahrung dienen, so mttssten doch entweder die Schalen übrig bleiben oder — verdaut werden. Das Letztere erscheint indessen von vornherein als ausgeschlossen, und eine daraufhin angestellte Untersuchung bestätigt dies. So ist es ja be- kannt, dass viele Thiere neben anderen auch Diatomeen mit aufnehmen, z. B. die Ascidien nach Hensen (1. c. p. 99) ferner die Fische etc., in deren Darm ich häufig Diatomeen fand. Auch mögen manche Thiere, nur nicht die des Plankton, in erheblicherem Maassstabe Diatomeen aufnehmen, z. B. die Muscheln etc. Ich fand aber alle- '■'■) Fünfler Jahresbericht der Kommiss. zur wissenschaftl. Ilntersuchung der deutscheu Meere (1887).: lieber die Bestimmung des Plankton etc. von Victor Hensen. XII. Nr. 14 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 159 mal, (lass deren Kot völlig- unversehrte Diatomeen- selialen enthielt, woraus wohl hervorgehen dürfte, dass von deren Vcrdanbarkeit nicht die Rede sein kann. Zum Ucberfluss machte ich noch au Hühnern einen Fütteruugs- versuch mit Diatomeen, der, wie nicht anders zu erwarten, in obigem Sinn ausfiel. Wenn ich endlich auf diese Frage ein grösseres Gcwiclit lege, als wohl erforderlieh erscheint, so glaube ich doch, dass das Nachfolgende jene Sorgfalt nicht ungerechtfertigt lassen wird. Steht es nuumelu' ausser jedem Zweifel, dass die Schalen der Plauktondiatomeen erhalten bleiben, so niuss man sich die weitere Frage vorlegen, was aus ihnen wird. Stellen wir uns, um uns dies klar zu machen, irgend ein Gewässer vor, in dem keine Strömung herrsclit, so werden wir zu der Annahme gelangen, dass die Dia- tomeen langsam zu Boden sinken, wenn sie nicht etwa sehweben bleiben. Hierfür, für das Letztere, liegt aber kein Anhalt vor. Denn wenn man sich erinnert, dass Jahr für Jahr viele Milliarden von Diatomeen absterben, so müsste dann schliesslich jedes Gewässer geradezu von einem Diatomeensehalenbrei erfüllt sein. Zum mindesten aber müsste man doch zahlreiche leere Schalen in jedem Planktonfang auffinden, und dies ist wieder nicht der Fall. Nun sind zwar die Diatomeen des Plankton oft mit langen Ausläufern oder dergl. versehen, oder sie grui)piren sich zu Sternen, Ketten etc., wodurch ihre Schwebfähigkeit wesentlich erhöht wird. Dies kann jedoch immer nur der lebenden Pflanze Nutzen bringen, deren plasniatiseher (oder sonstiger) Inhalt ausserdem noch um ein Geringes leichter sein muss als das umgebende Wasser; denn wenn die Diatomeen künstlich abgetödtet werden, so sinken sie zu Boden, sogar wenn dies in einer specifisch leichteren Flüssigkeit geschieht, z. B. in Alkohol. Ich vermag daher, nebenbei gesagt, in den Schwebapparaten etc. doch nur Nebenhilfsmittel zu sehen und muss den eigentlichen hydrostatischen Apparat in die Zelle selbst verlegen. Geben wir nun zu, dass die Diatomeenschalen wenigstens in gewissen Fällen, also dort, wo sie nicht etwa durch Strönning oder dergl. fortgerissen werden, vielfach senkrecht oder nahezu so zu Boden sinken, so wird man nicht anders erwarten können, als dass man sie an solchen Stellen auch augehäuft vorfindet. Ja, wenn ich nicht irre, so wird dieser Schluss gewöhnlich als ganz selbstverständlich angesehen. Bedeukt man indessen, seit wieviel Tausenden von Jahren unsere Binnengewässer schon bestehen mögen und bedenkt man, dass Jahr für Jahr eine erhebliche Produktion an Planktondiatomeen stattfindet, welche ihrerseits absterben und zu Boden siuken, so müssten diese Gewässer von einer Ablagerung der Diatomeenschaleu schon völlig erfüllt sein, zum min- desten aber doch eine deutliche und handgreifliche Schicht derselben an ihrem Boden aufweisen. Aber weder das Erstere, noch auch das Letztere ist, wie unten noch ge- zeigt werden soll, der Fall. Nun könnte man allerdings nocii etwas anderes annehmen. Da nämlich Jahr für Jahr grosse Gewichtsmengen von Plauktondiatomeen pro- ducirt werden, so ist dazu eine entsprechende Gewiehts- nienge von Kieselsäure erforderlich, und da diese nur von den Sauden des Bodens etc. durch Auflösung geringer Mengen herstammen kann — das etwa wird man saiicn — so könnte man meinen, dass sich die Gewässer von Jahr zu Jahr gewissermaassen vertiefen und dass die so entstehende Vertiefung wieder durch die Diatomeenschalen ausgeglichen werde. Es müsste dann also ein Austausch von Saud und Schalen stattfinden; es müsste dann aber wieder am I5oden der Gewässer eine zum nnndesten deutlich erkennbare Schicht von Diatomeensehalen vor- handen sein, was indessen, wie schon oben erwähnt. durchaus nicht der Fall ist. Allerdings ist es ja eine landläufige Anschauung, dass der Boden dort, wo Ruhe herrscht und eine Ablagerung stattfinden kann, eine solche Ablagerung aufweise, eine Anschauung, die in der 'i'hat auch solange berechtigt schien, als mau noch keine Ahnung davon hatte, welche enormen Diatomecnmengen das Plankton enthalten kann. Trotzdem aber liegt liier ein Irrthum vor, und um diesen nachzuweisen, stellte ich Versuche mit der von mir angegebeneu Planktonpurape*) an. Ich ging hierbei von der Ansicht aus, dass, wenn eine festere Schlammschicht**) an der Sohle der Gewässer existiere, also etwa von der Konsistenz eines zähen Breies oder dergl. diese voraussichtlich nur im Sommer konstatirt sei, wo freilich die Planktonproduktion eine äusserst üppige ist. Dass man jedoch zur Winterszeit, wenn die Gewässer mit einer Eisschicht bedeckt sind, auf diese Verhältnisse geachtet habe, schien mir von vornherein unwahrscheinlich, zumal ja im Winter wissen- schaftliche Exkursionen etc. hinaus ins Freie kaum ver- anstaltet werden. Mit Hilfe der Planktonpumpe, die auf das Eis gestellt wurde, sammelte ich daher eine Anzahl von Bodenproben aus dem Müggelsee, und zwar an Stellen, von denen ich aus Erfahrung wusste, dass dort eine Strömung nicht stattfinde und eine Ablagerung möglich sein würde. Bemerken möchte ich dabei noch, dass der Müggelsee ein fast eirundes Becken bildet, dessen Längsachse etwa von der Spree durchflössen wird. Seit Jahren ist jedoch die Strömung innerhalb des Sees eine ausserordentlich geringe, wie auch der Pegelstand, den ich regelmässig messe, von dem der Berliner Damnnnühlen- schleuse gewöhnlich nur um ein Geringes — 10 bis 20 em — differirt. Ausserdem giebt es überall dort am Ufer eine Gegenströmung, wo in der Mitte eine Strömung vorhanden, und zwischen beiden entstellt naturgemäss eine Zone völliger Ruhe. Die Boden))roben wurden also aus dieser Zone entnommen, in einer Tiefe von ca. 6 ni und 5 bis 600 m vom Nordufer des Sees, südlich von der Biologischen Station, entfernt. Dies geschah mit ver- besserter und tadellos fuuktionirender Einrichtung im Januar d. J., und zwar in der Weise, dass der Saugekorb des Saugeschlauches vorsichtig auf den Grund gesenkt wurde, worauf mit mehreren Pumpenhüben eine Quantität von diesem au die Oberfläche gefördert wurde. Hierbei konnte also jedes Aufrühren des Bodens vermieden werden, was z. B. bei einem Zuge mit der Dredge unvermeidlich ist, und es wurde sehr viel mehr Material heraufbefördert, als dies mittels eines unten mit Talg bestrichenen Blei- lothes möglieh ist.***) Zur Sicherheit wurde bei anderen Versuchen der Saugekorb nicht genau bis auf den Grund gesenkt, sondern etwa 0,10 bis 0,25 cm höher, um jedes unnütze Aufrühren zu vermeiden. Gleichmässig mit den obigen angestellte Punipver- suehe, auf die einzugehen hier zu weit führen würde, ergaben, dass das Wasser des ]\Iüggelsees im Winter sehr arm an Plankton, speciell an lebenden Planktou- *) Zur PlanktoumethoJik. — I. Die Planktonpumpe. — BioloR. Centralblatt XVII Nr. 5. •■■*) Eine solche Sclilauun- oder Moclrlerschiclit trifft man z. B. in Karpfenteichen und kleineren Wasserlöchern (Pfuhlen) an, und hier kann thatsächlich eine allmähliche Verschlammung eintreten. Ob und in welchem Maasse diese durch Ablagerung von Dia- tomeensehalen mitbewirkt werden kann, bleibe hier unerörtcrt. Es sei aber daraui' hingewiesen, dass die Begrift'e „Modder", „Schlamm", „Schlick" etc. noch viel zu wenig klargelegt erseheinen, sowohl hinsichtlich der Entstehung und Zusammensetzung, wie auch der Konsistenz, Menge u. s. w. im \'erhältniss zu der darüber- liegenden Wasserschieht- ***) Es wäre ausserdem auch nicht unmöglich, dass das schwere Bleiloth beim Aufstossen die locker liegenden Diatonu'enschalen bei Seite dränge und in Folge dessen nicht die oberste Bodenschicht, auf die es gerade ankommt, heraufbringt. 160 JN'aturwisscusclialllicIie Woche iiscliii lt. XII. Nr. 14. diatomeen ist. Es konnte mithin jetzt zur Winterszeit, und kurz vorher, eine erhebliche Diatonicenablagerung keinesfalls stattfinden. Würde also eine solche vorhanden sein, so könnte diese nur aus früheren Zeiten, allenfalls aus dem letzten Hommer, herrühren. Die herauf- gebrachten Bodenproben Hessen aber meist leere Diatomeenscbalen vermissen — von einigen spär- liciicn Exemjjlaren abgesehen, die recht wohl soeben oder kurz vorher abgestorben sein mochten — und die Proben bestanden fast ausschliesslich aus Sand- körnchen und Detritus. Ich glaube daher behaupten zu dürfen, dass die Sohle des Müggelsees grösstentheils eine nackte Sandfläche darstellt und dass Aehuliches auch dort stattfinden muss, wo ähnliche Verhältnisse herrschen, und dies dürfte bei der Mehrzahl unserer grossen Gewässer, unserer Landseen, der Fall sein, namentlich bei denen, die grössere Tiefen aufweisen, in denen ein Pflanzenwuchs am Boden aus- geschlossen erscheint.*) Was ist nun, so wird Jeder fragen, aus den zahl- losen Diatomeen des Sommers geworden, und aus der unendlichen Menge, die der See während der langen Zeitläufe jiroducirt hat? Jlir seheint nun, dass die einzig mögliche Antwort auf diese Frage nur die sein kann, dass die abgestorbenen Diatomeenschalen im Wasser und durch das Wasser wieder aufgelöst werden, und zwar innerhalb relativ kurzer Zeit. Nehmen wir z. B. an, CS seien noch im November grosse i\Iengen von Dia- tomeen im Plankton gewesen, wie es thatsächlich der Fall sein kann, und fehlen nachher im Januar, also zwei Monate später, die Diatomeen sowohl im Plankton wie auch am Grunde des Gewässers, so müssen diese mittler- weile zu Grunde gegangen und ihre Schalen aufgelöst worden sein. Obgleich eigentlich kein anderer Schluss möglich ist, als der oben entwickelte, so wird man diesen doch als im höchsten Grade kühn und gewagt bezeichnen wollen. Ich selbst muss gestehen, dass ich lange an dessen Richtigkeit zweifelte. Bestehen doch die Diatomeenscbalen aus einer Substanz, die so ausserordentlich widerstandsfähig ist, Säuren gegenüber, wie Alealien, und die geglüht werden kann, ohne ihre wunderbare Structur zu verändern. Dass sieh diese also in Wasser lösen soll, und noch dazu inner- halb absehbar kurzer Zeit, muss mit Recht befremden. Nun ist aber bekannt, dass das Glas, eine Substanz, die der der Diatomeenschaalcn sehr ähnlich ist, von Wasser „angegriffen" wird, und zwar namentlich von destillirtem; ausserdem müssen unsere Gewässer im Stande sein können, Sand und Quarz zu lösen, da sie doch die zum Aufbau der Diatomeen erforderliche Kiesel- säure enthalten. Freilich wird mau hiergegen einwenden wollen, dass es sich bei allem dem eben nur um ganz minimale Mengen handeln könne, die den relativ so be- deutenden Mengen der Planktondiatomeen gegenüber kaum ins Gewicht fallen. Dennoch aber dürften hier die Verhältnisse anders liegen. Als mir nämlich das obige Problem voi'schwebte, hatte ich Gelegenheit, Glasstücke zu sehen, welche von Wasser in ganz überraschender Weise angcgriti'en worden waren. Dies waren Theilc eines Wasserstandsrohres von einem Dampfkessel, welche '■') Abgeselien soi hier von einer mein- diinnflü.ssigiMi, Pchwavzon Schlammasse, ilie oft, abei' nicht immer uml überall in den untersten Wasserschichten vorhanden ist und n^cht gut als „Modder" be- zeichnet werden kann. Diese lässt grösstenteils pflanzlichen Detritus, abgestorbene Crustaceen, ferner einige^ lebende Diatomeen etc. erkennen, und ausserdem wohl auch Bruclistücke von Diatomeen- schalen, jedoch nicht übermässig viel und jedenfalls nicht orlicblich mehr, als den in dieser Detritusmasse lebenden Diatomeen ent- Biirechcn würde. der Betriebsingenieur der hiesigen Berliner Wasserwerke, Herr Anklam, die Freundlichkeit hatte, mir zu zeigen. An diesen Glasplatten sah man nun deutlich, wie dieselben namentlich oberhalb des ehemaligen Wasserniveaus (Wasser- standes) mehr oder wenigerstark angegriffen waren; das Glas war grob angeraut und zeigte kleine Vertiefungen von einem oder zwei Millimeter im Durchmesser. Es konnte ferner keinem Zweifel unterliegen, dass diese Wirkung in erster Linie dem Wasserdampf zuzusehreiben war, der also destillirtes Wasser in Gasform vorstellt. Wie lange dieses Wasserstandsglas endlich im Gebrauch gewesen war, ist mir nicht mehr erinnerlich; ge- legentlich aber erfuhr ich, dass derartige Erscheinungen keineswegs selten seien und bereits nach mehreren Monaten des Gebrauches deutlich hervortreten. Auf Grund der soeben mitgetheilten Erfahrung stellte ich nun Versuche an, um eine Auflösung von Diatomeen durch Wasser auch experimentell zu beweisen, und da es nahe lag, zunächst die Wirkung des Wasserdampfes fest- zustellen, so begannn ich damit. Nach vielen vergeb- lichen Versuchen, die hier aufzuführen zwecklos erscheint, gelangte ich schliesslich zu einer höchst einfachen Ver- suchsanordnung, die dann auch ein positives Resultat er- gab, und die, nebenbei gesagt, von Jedermann leicht nachgeprüft werden kann. Um zu dem gedachten Zwecke zu gelangen, war einerseits ein Damjtfentwicklcr erforderlich, ferner mussten die Diatomeen dem Dampf mögliebst allseitig zugänglich sein, olme jedoch vom Dampfstrom fortgerissen zu werden, und endlich mussten Gefässe vermieden werden, welche, wie Glas, Schmelz etc., Kieselsäure enthalten und ab- geben könnten. Als Dampfentwickler nun benutze ich einen Apparat, der wohl in jedem Laboratorium zu finden ist, nämlich ein eisernes Wasserbad, und zwar mit con- stantem Niveau. Die mittleren Ringe wurden entfernt und dann über die Oeft'nung ein Metalltricbter gestülpt, der übrigens auch aus Glas sein kann. Eine kleine Probe von Plankton, das überaus reich an Diatomeen war (Melosira etc.) wurde mittlerweile mit destillirtem Wasser ausgewaschen und dann in ein kleines Säckehen gebracht. Hierzu benutzte ich ein Stückchen feinster Seidengaze, deren Ecken mittels eines Fädchens bündelartig zusammen- genommen wurden, wobei das Fädchen gleichzeitig dazu diente, um das so entstandene Benteichen im Innern des Trichters frei aufzuhängen.*) Da möglicherweise die Seidengaze nicht dicht genug hielt und vielleicht Dia- tomeensplitter durchpassiren lassen konnte, so stellte ich unter das Beutelchen ein Porcellannäpfchen (auf einen kleinen Rost), um jene Splitter aufzufangen. Zwar gefiel mir diese Versuchsordnung nicht so recht. Der Erfolg aber spricht, wie wir noch sehen werden, zu ihren Gunsten. Nachdem die Wasserdämpfe 2 Stunden eingewirkt hatten, wurde der Versuch zum ersten Male unterbrochen. Der Inhalt des Beutels zeigte nur eine geringe Verände- rung, insofern, als die langen Diatomeenfäden grössten- theils in kleine Stücke zerbrochen waren. Auch war der Farbstoff' der Diatomeen meist verschwunden, während andere Algen, so Anabaena, sich fast unverändert zeigten. Ueberall war auch der plasmatische Inhalt, rcsp. dessen Derivate, noch deutlich sichtbar. In dem untergestellten Porcellannä|)fclien hatte sich Condenswasser abgeschieden, das völlig klar war und keine Diatiuneen etc. enthielt. Ausserdem zeiirte sich auf der Wandung des Porcellan- näpfchens ein gelb-bräunlicher Niederschlag, den ich jedoch für eine zufällige Verunreinigung hielt und [un- beachtet entfernte. Abgesehen davon, dass die Diatomeen- *) Der Faden wurde zu diesem Zweck durch das Trichter- rohr nach oben geführt. Xll. Nr. 14 Natuiwissensclial'tlR'he Wocheusclinlt. 161 fäden in Stücke zerbroclicii waren, hatte der Versucli also kein positives Resultat ergeben; es wurde daher zu- nächst noch 8 Stunden fortgesetzt, sodass die Einwirkung des Danii)fes also im Ganzen eine zehnstündige war. Es zeigte sich nun etwa dasselbe: Die Diatomeen im Beutel waren vielleicht noch mehr zerstückelt, sonst aber kaum verändert; auch das Condenswasser im Porcellan- näpfchen war klar und diatomeenfrci. Ausserdem aber war wieder der schon erwähnte niembranartige Nieder- schlag vorhanden, woraus also hervorging, dass er ein blos zufälliger nicht sein konnte. Zu meiner grossen Ueber- raschung wies dieser Niederschlag nun das Ge- suchte auf. Unter dem Mikroskop war nändich eine fast homogene, gelb-bräunliche Masse zu erkennen und diese enthielt neben einigen noch deutlichen Diatomeen- schalen unverkennbare Reste von solchen. Diese waren aber durchaus verändert und völlig structurlos; Zelle an Zelle sah man noch gereiht, dazwiseiien wohl auch eine noch unveränderte, aber die Mehrzahl war ge- quollen, geknickt, verschoben und gefaltet, kurz so, wie eine feste Substanz nicht aussehen kann, sondern ein weiches Häutchen. Gerade der Umstand endlich, dass ab und zu innerhalb eines Fadens eine wenig oder gar nicht veränderte Zelle enthalten war, mag als bester Be- weis gelten, dass eine Verwechselung mit anderen Ge- bilden ausgeschlossen ist. Es ist mithin in dem soeben besprochenen Versuche durch die Wirkung des Wasserdampfes die kieselsäurehaltige Schale der Diatomeen gelöst worden, und nur das organische Substrat ist übrig geblieben. Wurde dieses Präparat end- lich mit heisser Salzsäure behandelt, so verschwand auch dieses Häutchen, ein Beweis mehr, dass die Kieselsäure vorher aufgelöst worden war. Wie man sieht, war in obigem Versuch die Versuchs- anordnung eine glückliche, denn die Seidengaze ist durch- lässig genug, um aufgeweichte Diatomeenschalen dnrch- passiren zu lassen und das darunter aufgestellte Porcellan- näpfchcn erwies sich deshalb als besonders günstig, als es jene auffing. Wären die Häutchen sonst doch einfach verloren gegangen, so dass der Versuch wahrscheinlich also resultatlos verlaufen wäre. Hatte derbesprochene Versuch nun bereits ein zufrieden- stellendes Resultat ergeben, so war er damit noch nicht beendet, da der Inhalt des Gazcbeutelehens noch unver- änderte Diatomeenschalen aufwies. Es wurde daher noch 14 Stunden weiter gekocht, worauf der Versucii leider unterbrochen wurde. Der Erfolg war indessen derselbe, und der Inhalt des Beutelchens war, soweit er aus Dia- tomeen bestand, grösstentheils versehwunden. Wie ich glaube, ist in Obigem der Beweis geführt worden, dass die Schalen der Planktondiatomeen — andere gehen uns hier zuförderst nichts an — mittels Wasser- dampfs gelöst werden. Was nun der Wasserdampf ver- mag, so wird man sehliessen dürfen, das vermag auch gewöhnliches Wasser, nur dass mehr Zeit hierzu erforderlich sein wiixl, und es ist keineswegs einzusehen, warum mehr als ein gradueller Unterschied obwalten sollte. Inmierhin mochte es erwünscht erscheinen, diesen Sehluss ebenfalls durch Versuche sicherzustellen, und ich ging einen Schritt weiter, indem ich anstatt des Dampfes heisses, destillirtes Wasser anwendete. Die Dia- tomeen wurden zu diesem Zweck in ein Beutelchen ein- geschlossen, das aus einem ganz dichten Gewebe be- stand. Als Gefäss wurde eine luftdicht verschliessbare Blechbüchse gewählt (sog. Beeftea-Kocher), und etwas destillirtcs Wasser hineingegel)en. Nun ist hier freilich der Versuch nicht in der Weise durchzuführen, dass das Wasser „destillirtcs" bleibt, was ja beim Dampf der Fall ist; immerhin aber wusste ich ihn nicht besser einzurichten. Als der Topf nun geöft'nct wurde, nachdem er vier volle Tage lang gekocht hatte, enthielt das Bcutelchen keine erkennbaren Diatomeen mehr, aber auch keine Ueberreste. Es wäre indessen doch möglich, dass Beides durch den Stoff hindurchgewandert, also „durch die Lappen ge- gangen" wäre, so dass dieser Versuch nicht ganz ein- wandsfrei ist. Man niüsste demnach zu diesem Zwecke eine zwar für Wasser, nicht aber für Diatomeentheilchen passirbare Substanz anwenden, und eine solche ist mir zur Zeit nicht bekannt. Aus diesem Grunde musste ich es auch aufgeben, weitere Versuche anzustellen, hoffe aber doch noch eine Anordnung ausfindig zu machen, um schliesslich auch die Lösung der Diatomeenschalen in gewölndichem Wasser resp. in Flusswasser nachweisen zu können. Folgendes aber sei hierzu noch bemerkt. Zunächst muss darauf hingewiesen werden, dass das „Flusswasser" im Allgemeinen, im Besonderen aber das der Spree und des Müggelsees, wenig Mineralstoffe gelöst enthält, so dass es also dem „destillirten Wasser" nahe kommt, olme freilich dessen Wirkung in derselben Zeit- dauer auch erreichen zu können. Dazu kommt aber weiterhin, dass die Gewässer, von denen die Rede ist, entweder von Wasser durchströmt werden oder aber sehr reichliche Wassermassen enthalten, die im Vcrhältniss zu den im Plankton producirtcn Diatomeen, so zahlreich diese auch sein mögen, doch ganz kolossale genannt werden müssen. Ausserdem sind die einzelnen Diatomeenschalen mikroskopisch klein, sehr dünn und hohl, so dass sie also, zumal wenn sie noch skulpturirt sind, dem einwirkenden Wasser sehr grosse Angriffsflächen darbieten, wo- durch wiederum die Auflösung offenbar sehr beschleunigt werden kann. Allerdings besteht der Boden dieser Ge- wässer ganz oder theilweise aus S and teile he n, und man möchte meinen, dass das Wasser von diesen her seinen Bedarf au Kieselsäure nehmen sollte. Dies muss ursprünglich auch einmal geschehen sein; denn, stellen wir uns vor, dass irgendwo ein Gewässer entstand — dies geschieht ja heute noch überall, wo Teiche angelegt oder Ausschachtung etc. vorgenommen werden, — so enthielt dies noch keine Organismen, noch keine Diatomeen. Diese resp. ihre Keime wanderten vielmehr erst ein und ent- wickelten sich zu einer vollständigen Fauna und Flora. Es musste dann, sollten Diatomeen producirt werden, Kieselsäure etc. im Wasser vorhanden sein, und diese konnte doch, wenn wir specicU an ein stehendes Ge- wässer denken, nur von den Sandtheilen des gesammten Bodens herrühren. Später aber mag sich dies geändert haben. Es mochten die zu Boden gesunkenen Diatomeen- schalen genug an Kieselsäurematerial angesammelt hal)eu, welches ihrerseits hinreichte, den periodischen Bedarf daran für neu entstehende Diatomeen zu decken, und es hätte sich auf diese Weise ein Kreislauf zwischen ab- gestorbenen und heranwachsenden Diatomeen her- ausgebildet. Daneben mag freilich noch eine Auflösung von Sand etc. möglich sein und vorkommen. Wenn man aber bedenkt, dass die kleinsten Sandkörnchen immer noch grösser sind als die Schalen der Diatomeen, dass sie ausserdem meist isodiametrisch sind, also im \'erhält- niss zum Volumen eine sehr kleine Oberfläche haben, so muss einleuchten, dass das Wasser viel weniger lösend auf sie einwirken kann, als auf jene Schalen, und man kann annehmen, dass jedenfalls zuerst diese, und später allen falls, wenn noch Bedarf an Kieselsäure vorhanden sein sollte, Sandkörnchen zur Lösung konnnen. F'ür diesen Sehluss möchte endlich auch der oben niit- getheilte Befund sprechen, wonach innerhalb relativ kurzer Zeit nach einer üppigen Diatomeenwucherung Diatomeenschalen am Grunde des Gewässers nicht mehr in erheblicher Menge angetroffen werden. 162 Naturwissenscliaftliclie Wocliciisclirirt. XII. Nr. 14 Soweit das süsse Wasser in Betracht kommt, licrrscht hier eine Art von Gleichgewichtszustand zwischen lebenden Diatomeen und abgestorbenen. Nun aber muss die weitere Frage au uns herantreten, wie sich die Verhältnisse im Meere gestalten. Auch hier sind zunächst Diatomeen vorhanden, und zwar oft auch in grossen Mengen. Man kann also daraus den Schluss ziehen, dass auch das Meerwasser die erforderliche Quantität gelöster Kiesel- säure enthalte und dass es mithin im Stande sei, Kiesel- säure zu lösen, obwohl es von dem destillirten Wasser sieh schon sehr viel mehr unterscheidet als das süsse Wasser der Binnengewässer. Dann aber muss der weitere Sebluss gerechtfertigt erscbeiueu, dass dort die abge- storbenen Diatomeenschalen ebenfalls und in ähnlicher Weise wieder im Süsswasser zur Lösung kommen, falls sie sich nicht etwa am Meeresboden in grossen Mengen anhäufen und die Kieselsäure wo anders berbezogen wird. Beides aber möchte, im Allgemeinen wenigstens, nicht den thatsächlichen Verhältnissen entsprechen, denn von wo sollten, abgesehen von der Küste, wo vielleicht auch durch Flusswasser Kieselsäure zugeführt wird, diese letzten sonst herstammen, und die Anhäufung grosser Mengen von Diatomeenschalen auf dem Meeresboden dürfte, wenn ja vorhanden, doch wohl eher zu den Ausnahmen zu zählen sein. Würden doch sonst die Meere, zum min- desten die flacheren, im Laufe der .Summe vieler Jahr- tausende allmählich bis zum Wasserspiegel ausgefüllt worden sein. Aber einen Einwand wird man gegen diese Schlussfolgerungen doch noch machen können, und dieser sei zum Schluss noch besprochen. Wie bekannt, giebt es nämlich Ablagerungen von Diatomeenschalen, und zwar in gewaltigen Massen als Kiese Ignhr etc., also eine Erscheinung, die zu den obigen Ausführungen im direkten Widerspruch zu stehen scheint. Dennoch aber möchte ich versuchen eine Erklärung dieses Wider- spruchs zu geben. Zunächst kann nämlich angenommen werden, dass der Regel nach sowohl im Süsswasser wie auch im Meere ein Gleichgewichtszustand herrsche, wie er schon oben koustatirt worden ist. Dann müssteu etwa soviel Diatomeensclialen gelöst werden, wie die neuentstehenden Material gebrauchen. Nun aber könnte eine Aeuderuug des Gleichgewichtszustandes eintreten und zwar durch ein allmähliches Versalzen des Wassers. Da nun ferner angenommen werden kann, dass sich um so weniger Kieselsäure im Wasser lösst als dieses Salz enthält, ein Schluss, der wohl gerechtfertigt erscheint, so müssten sich, je mehr der Salzgehalt zuninnnt, um so weniger Diatomeenschalen auflösen, und um so weniger neue Diatomeen entstehen, so dass also jedesmal ein Rückstand solcher Schalen bliebe, bis endlich im Laufe langer Zeiten, jene Kieselguin-ablagerungen zu Stande kommen. Vielleicht wird dies nicht die einzige Erklärung solcher Ablagerungen sein und vielleicht spielen hier etwa auch Strömungen eine Rolle, welche die zu Boden sinkenden oder gesunkenen Schalen nach anderen Orten führen, wo sie aufgehäuft werden. Jedenfalls aber möchte es klar sein, dass es nicht schwer fällt, für eine Ausnahme auch eine Erklärung zu finden, und dass die Ausnahme im Uebrigen auch hier die Regel bestätigt. Wenngleich die schon oben citirten Angaben Apsteins und Zacharias' entgegenstehen, so glaube ich, lassen doch die Erfahrungen Hcnsens und die meinigen den Schluss zu, dass die Diatomeen des Plankton im Haushalte der Natur keine hervorragende Rolle spielen, soweit sie als direkte Nahrung für Tliiere in Betracht kommen. Welche Bedeutung ihnen sonst zukommt, lässt sich wohl vor der Hand kaum übersehen, mit Ausnahme etwa der oben be- sprochenen Anhäufungen. Ohne Zweifel aber werden gerade wie ihr Kieselpauzer so auch ihr Zelleninhalt und das organische Substrat des Panzers wieder gelöst rcsp. in andere Stolfe übergeführt, und zwar sehr wahrscheinlich grösstenteils durch die Thätigkeit von Bacterien. Hierin macht sich, nebenbei bemerkt, auch ein Unterschied be- merkbar zwischen unserem oben mitgetheilten Versuch, wo jenes organische lläutchen übrig blieb, wäjirend dieses im freien Wasser resp. am Boden der Gewässer ebenso- wenig zu finden ist, wie der leere Kieselpanzer; denn zweifelsohne machen sich mit der chemischen Einwirkung des Wassers auch die Bakterien alsbald au die Arbeit, so dass von der entzückend kunstvollen Gestaltung der Diatomeen nichts mehr erhalten bleibt. Hatten wir bisher auch nur von den Diatomeen des Plankton gesprochen, so möchte doch keine Veranlassung zu der Annahme vorliegen, dass sich die anderen Dia- tomeen unserer Gewässer, die der Uferregion etc. irgend- wie anders verhalten, und auch von ihnen werden wir voraussetzen dürfen, dass sie in derselben Weise unter- gehen und in ihre Bestandtheile aufgelöst werden, wie jene. Ob sie vorher vielleicht in gewissem Maassstabe als Nahrung Verwendung finden, mag nach dem, was ich bisher feststellen konnte, nicht unmöglich sein. Dennoch aber möchte ich es für ausgeschlossen halten, dass auch nur die Mehrzahl der „Uferbakterien" eine derartige Rolle spielen, und meine vielmehr mit Hensen, dass sie der Regel nach nur mehr zufällig in den Darmkanal der Thiere gelangen. So also scheinen die Diatomeen ins- gesammt weiter nichts vorzustellen als ein Baktcrien- futter und ein Baumaterial für ihre Nachkommen. Die zoologische Sammlung des Königlichen Museums für Naturkunde zu Berlin. Die Fisch-Schausammlung. [Forts.] II. i'haryngognathi, Pharyngognathen. Stimmt im allgemeinen mit der vorigen Ordnung ül)er- cin, ,bis aul' die Schlundknoclicn, die mit einander ver- wachsen sind. Familie Labridae, Lippfische: Körjjcr länglich (ider gestreckt, mit cycloiden Schuppen; Bezahnung kräftig, Gaumen zahnlos; Seitenlinie bis zur Schwanztlossc oder unterbrochen; Staclieitiieil und der weiche Theil der Kückenfiossc gleichmässig entwickelt; Nebenkiemen vor- handen. Meist ])rächtig gefärbte Küstenfische der ge- mässigten und heissen Zone; viele haben dicke Lippen, daher ihre Bezeichnung. Ihre Nahrung besteht aus Mollusken und Krebsthicren, deren harte Panzer sie mit ihren kräftigen Zähnen leicht zertrünnnern können: Lal)rus mixtus, genieiner Lippfiseh; .,Cook" in England; häufiger Aquarienfisch, der im Mittelmeer, an der Westküste Europas und in der Nordsee lebt. Centolabrns trutta, mit fünf Stacheln in der Afterflosse, aus dem südlichen England. Lal)roidcs paradiseus von Anilioina. Die Gattung Ano- empscs mit A. coerulco-punctatus cliarakterisirt sich durch hervorragende Vorderzälme. Lachnolainus maximus von Cuba; Duymaeria spilogaster von Yokohama; Chocrops auchorago aus der Meermaid-Strasse; Chcilinus, deren Arten im indopacifischen Meer leben, bis l'/\, m lang werden, ist vertreten durch Ch. lunaintus. Tantogo onitis, der Schwarzfisch, häufig au der atlantischen Küste Nord-Amerikas, mit geschätztem Fleisch. Epibulus insidiator aus Ostindien mit weit vorstreckbarem Munde. XII. Nr. 14. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 163 I Heniij;ynHins fasciatus aus dem Eothcii Meere, im Skelett. Die Gattung Platyg-lo.ssus, deren kleine und schön gefärbte Arten in wärmeren Meeren vorkommen, ist vertreten durch PI. chloropterus. Novacula taeniura von den Samoa- Inseln zeichnet sich durch die steil abfallende Stirn aus. Coris aygula aus dem Rothen Meer. Stethojulis trilineata aus Neu-Hannover. Julis lunaris vom Rothen Meer bis Polynesien vorkommend; im Alter nur schwarzen Kopf, in der Jugendform ausserdem schwarzen Fleck in der Rückenflosse; J. dorsalis aus China. Cheilio inerniis, zwischen Ost-Afrika und den Sandwichinseln. Auf die indoi)acifisclien Meere ist Gomphosus caeruleus mit riiliren- förmigem Maule beschränkt. Coris aygula, jung ohne Stirnliöcker und ohne Verlängerung der Bauch- und Rückentiossc; diese Gattung zeichnet sich vor den übrigen Li])pcntischen durch kleinere Schai)pen aus. Die Gattung Scarus, Papageifische, hat vorspringenden Unterkiefer und doppelte Oberlippe; ihre Kiefer bilden einen Schnabel mit verwachsenen Zähneu, die in der Jugend noch frei sind; Schlundzähne sind pflasterartig angeordnet; ver- treten durch Sc. Abildgaardi aus der Habanna. Die umfangreiche Gruppe Pseudoscarus bewohnt Korallenriffe der Tropen und zeichnet sich durch prächtige Färbung aus; sie nährt sich von Korallen, Mollusken und Pflanzen und käut ihre Nahrung wieder; sie ist vertreten durch Ps. niger und den farbenprächtigen Ps. trosclieli im Bilde, Callyodon japonieus, Zähne nicht so vollständig im Kiefer geborgen wie bei der vorigen Gattung. Odax vittatus, mit kegelförmiger Schnauze und ohne deutliche Zähne, welche aber im Alter durch Abnutzung der Kiefer hervor- treten. Familie P o m a e e n t ri d a e : Prächtig gefärbte Fische der wärmeren Meere , die sich von kleinen Seethicreu nähren, mit schwacher ßezahuung und zahnlosem Gaumen : P. fasciatus aus dem Indischen Ocean; P. latifrons im Skelett; P. trilineatus, dessen Jugendform in der Zeichnung stark variirt. Amphirion bifasciatus aus Neu- Pommern; Daycyllus aruauus, häufig von Ost-Afrika bis China; Glyphidodon luridus von Tenerifi'a und Gl. saxa- tilis, der grösste der Gattung, 20 cm lang aus Habanna. Familie Chromidae: Ziemlich kleine Süsswasser- fischc des tropischen Afrika und Amerika; Fleisch- und Pflanzenfresser; Schuppen kammförmig, der Mangel au Nebennieren unterscheidet sie von den übrigen Pharyn- gognathen : Chromis mossambicus; Chr. niloticus, der häufigste und beste Nilfisch; Hemichromis socer aus Palästina; H. fasciatus aus Afrika. Etroplus suratensis aus der west- lichsten (iattung der Familie, mit zahlreichen Strahlen in den ausgezogenen Afterflossen, mit schmackhaftem Fleisch, aus Vorderindien; Acara birmaculata aus Guinea; Creni- cichla Johanna aus Surinam. Geophagus brasiliensis, dessen 6 die Jungen bei Gefahr im Maule birgt; Hero parma mit zahlreichen Stacheln in der Afterflosse, aus dem mitt- leren Südamerika, und Cichla ocellaris aus Guiana. Familie Embiotocidae: Mit Cycloidschuppen. Seitenlinie regelmässig; längs der Basis der Rückenflosse zieht eine Furche; vivipar; nördliche Küste des paeifischen Meeres: Aus dem Uterus entnommene Junge von Ditrema, um die verlängerten Flossen zu zeigen, mittelst deren diese die im Uterus enthaltene Flüssigkeit aufsaugen; D. laterale, der häufige Surf-fish Californiens; Hysterocarpus traski, die einzige Embiotocide des Süsswassers aus dem Sakra- mente. III. Anaeanthini, Weichflosser. Rücken-, After-, und Bauchflosseu ohne Staclieln (mit Ausnahme der Gattung Gadop.sisc Bauchflossen kchl- oder brustsfändig; Zwischen- und Oberkiefer beweglich; untere Schlundknochen getrennt; Kiemen kammförmig; wenn eine Schwimmblase vorhanden ist, so besitzt sie keinen Luftgang. Familie Gadopsidae: Rücken- und Afterflosse mit einem kleinen vorderen Stachelthcile: Gadopsis marmo- ratus, röthlicli-])raun und dunkler marmorirt, aus den Flüssen von Vandiemensland, einzige Art der einzigen Gattung. Familie Lycodidae: Die unpaareu Flossen i)ilden einen znsanmienhängenden Flossensaum , der wie bei anderen Familien nur aus weichen Strahlen besteht; Küstenfische der kälteren Meere: L. Vahlii aus Grönland, Flossen von dicker, beschuppter Haut umhüllt; die Art Gymnelis viridis lebt einige hundert Meter tief unter der Oberfläche der arktischen jMcere. Familie Gadidae, Schellflsche: Körper mehr oder weniger gestreckt, mit kleinen, glatten Schuppen; die eventuellen drei Rückenflossen nehmen fast die ganze Rückenlänge ein; Schwanzflosse ist oft mit den übrigen vereinigt; kehlständige Bauehflosse hat mehrere Strahlen oder ist bis auf einen Faden verkümmert. Meist Be- wohner der gemässigten und kalten Meere, nur wenige Arten leben im Süsswasser; wegen ihres schmackhaften Fleisches ein Hauptgegenstand der Seefischerei: Gadus morrhua, Dorsch, Kabeliau, im Atlantischen Ocean zwischen 75 — 40** nördlicher Breite; Onus mustela (Motella mustela), fünfbärtige Seequappe: zwei Bartfäden an den Nasenlöchern, zwei an der Oberlippe und einen an der Unterlippe. Der niedrige Theil der vorderen Rückenflosse kann in eine Grube gelegt werden; Fleisch wenig geschätzt. Lota Iota, amerikanische Quappe. Physicolus bacchus, 60 cm lang, an der Küste Neusee- lands. Raniceps raninus, Froschdorsch, mit kurzem, breitem, abgeplatteten Kopfe, au den nördlichen Küsten Europas lebend. Phycis regius, ein Nahrungsfisch der Nord-Amerikaner, dessen Schwimmblase Gelatine giebt und der elektrische Schläge austeilen soll. Familie Ophidiidae, Sehlangenfisclie: Körper mehr oder weniger gestreckt, nackt oder beschuppt; unpaare Flossen meist miteinander verbunden; Ruckenflosse nimmt den grössten Theil des Rückens ein. Fast ausnahmlos Meerfische, nur die merkwürdige blinde Gattung Lucifuga lebt in den unterirdischen Wässern der Insel Cuba: Brotula multibarbata in der Tiefsee bei Japan; Lucifuga dentatus; Ophidium brevibarbe, Bauchflossen durch Bartfäden vei treten, Panama; Fiera.sfer parvipinnis lebt in Holothurien, indem er mit dem ausgezogenen Schwänzende voran in die Kloake und weiterhin in das baumförmige Athmungsorgau derselben hineinkriecht; doch benutzt er die Seewalzen nur als schützenden Wohnort und nährt sich von kleinen Seethieren. Am- modytes lanceolatus, grosser Sandaal, lebt am Ufer von kleinen Würmern und Krebsthieren und gräbt sich gern und schnell in den Sand ein; wird als Köder beim Dorsch- und Makrelenfang benutzt. Fleich wohlschmeckend. Congrogadus subdueeus vom Kap York. Familie Ma cm ridae: Körper endigt in einem langen, seitlich zusammengedrückten, zugespitzten Schwänze; Schnauze kegelförmig und vorgezogen; Schuppen dornig; leben in allen Oceanen, vorzugsweise in grosser oder sehr grosser Tiefe: Traehyrhynchus trachyrhynchus, die häufigste Art der Macruriden aus dem Mittelmeer. Familie Pleunorectidae, Plattfische: Kopf und ein Theil des Körpers unsyunnetriseh; Körper stark zu- sammengedrückt, sehr hoch, mit der einen Seite nach unten, mit der andern nach oben gerichtet. Während die untere Seite farblos ist, passt sich die Oberseite mehr oder weniger ihrer Umgebung an. Die beiden 1(34 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. XII. Nr. 14. Augen liegen auf der gefärbten oberen Seite. Beim Verlassen des Eies sind die Jungen vollständig symme- trisch, erst während des freien Lebens rückt das eine Auge allniälig auf die andere Seite, während auch die Kopfknochen asymmetrisch werden und die Muskulatur der Oberseite sich stärker entwickelt. Zur Laichzeit zieiieu die Fische in grossen Schaaren aus dem tiefereu Wasser au die flachen Küsten, wo sie sich auch wähi-end des Sommers aufhalten; ihr Fleisch ist sehr geschätzt, weshalb sie nächst den Schellfisch- und heringsartigen Fischen Hanptgegenstand der Seefischerei sind. Hippoglossus hippoglossus, Heilbutt. Die Augen, welche bei dieser Art in der Regel auf der rechten Seite liegen, sind bei diesem Exemplar auf die linke Seite gerückt; bewohnt den nördlichen Atlantischen Ocean, kommt auch in der Nordsee und westliehen Ost- see vor, hat geschätztes Fleisch. Hippoglossoides pla- tessoides unterscheidet sich von jener Art durch die ein- fache Zahnreihe in der Oberkinnlade; Rhombus rhombus, der in den nördlichen Meeren vorkommt, ist in seinen Entwickelungsstadien ausgestellt; bei ausgebildeten Exem- plaren liegen die Augen meist auf der linken Seite. Fleisch schmackhaft. Der am regelmässigsten gebaute Plattfisch ist Psettodes erumei aus der Südsee. Seine Rückenflosse reicht nicht bis auf den Kopf und seine Augen wandern bald rechts, bald links; schmackhaft. Pseudorhombus olivaceus mit grossem, symmetrischen Maul und einer Reihe von Zähnen. Seitenlinie beschreibt an der Brustflosse eine scharfe Krümmung. Die Gattung bewohnt die indo-pacifischen Jleere, wie den westliehen Atlantischen Ocean und liefert Speisefische. Platothrys pantherinus, dessen 5 sich durch den stark verlängerten oberen Strahl der Brustflosse auszeichnet. Pleunoreetes scutifer aus Japan zeichnet sich durcli grosse Haut- knochen aus; l'l. stellata aus dem nördlichen Stillen Ocean; PI. platessa, gem. Scholle, Goldbutt im Skelett, das anatomisch gerichtet ist. Plcuronichthys decurrens mit stärkster Ausbildung der Rückenflosse auf der Blind- seite des Mundes; bei dieser califoruischen Art tritt die Asynmietrie am augenfälligsten zu Tage. Pardochirus Ijavoninus mit ungezähnelten Schuppen aus Singapore. Synoptura zebrina aus Japan mit verschmolzener After- und Rückenflosse. Apionichthys unicolor mit verkümmer- ten Augen, von Surinam. Solea aehirus mit Augen an der rechten Seite, das obere mehr oder weniger vor dem unteren; enge Mundspalte nach links gedreht, Zähne bürstenförmig; Rückenflosse beginnt vor dem Auge auf der Schnauze; Brustflosse fehlt; Westindien. Die brasili- anische Art Aphoristia ornata hat keine Seitenlinie. Pla- gussa japonica und Oynoglossus lingua mit doppelter Seitenlinie und hakenförmiger Verlängerung vor dem Maule, von Borneo. (Foitsetzung folgt.) Bezugnehmend auf unsere Mittheilung über die Flug- geschwindigkeit der Schwalbe und der Taube in „Naturw. Wochenschr." 1896, Nr. 3.5, bringen wir im Folgenden eine Angabe über die Fluggeschwindigkeit der Ente, die zwei englische Meteorologen, Clayton und Fer- gusson in der „Science" mittheilen. Bei Gelegenheit von Wolkenmessungen entdeckten dieselben einen Zug- Enten in einer Höhe von 292 Metern; die Schnelligkeit des Fluges war 76,4 Kilometer pro Stunde, sie beträgt also etwa ein Drittel von der Fluggeschwindigkeit der Schwalbe. Die Enten flogen von Südost nach Nordwest, während von Norden her ein leichter Wind von 3 Kilo- meter pro Stunde wehte. S. Seh. Ueber die Ausscheidung von AVassertropfen an den Blättern hat A. Nestler neuerdings eine Reihe neuer Beobachtungen und Versuche gemacht. (Sitzungs- bcr. K. Ak. W. Wien, niathem.-naturw. Ci., Bd. 105, Abth. 1, 31 S., 2 Taf.) Die Stellen, an denen u. A. flüssiges Wasser ausgeschieden werden kann, zeigen ent- weder, wie bei Cineraria rugosa, Vicia sepium, Gräsern u. a., eine Ausmündung der Endtracheiden unmittelbar an die Wasserhöhlen unterhalb der Wasserspalteu, oder es liegt, wie bei Saxifraga, Fuchsia, Ocuothera, Ficus u. a., zwischen den Wasserspalten und den Gefässbündelenden ein eigenes, scharf differenzirtcs Gewebe. Zwischen beiden Fällen giebt es Uebergänge. Im ersteren Falle und dort, wo gewöhnliches Mes()])hyll die Endtracheiden von den Spalten tremit, wird das Wasser durch Wurzeldruck bis in die letzten Tracheiden getriei)en, wird hier weiter fil- trirt und gelangt so in die Wasserhöhlen l)C'/w. -spalten. Was ist dagegen die Bedeutung jenes eigenthümlich aus- gebildeten Gewebes, des Epithenis, für die Wasseraus- scheidungsapparate, die „Hydathoden" Haberlandt's? Die an einer ganzen Reihe von Pflanzen gemachten Untersuchungen des \'erfassers fuhren zu dem Ergel)niss, dass die Epitheme nicht als activ thätigc Drüsenorgane anzusehen sind, sondern dass auch in diesen Fällen blosse Druckfiltration vorliegt. Es wurde das namentlich bei Sublimatvergiftungen der Spalten- und Epithemzellen, die die Ausscheidung nicht hinderte, sowie bei Ein- pressungen von Kapfervitriollösungen deutlich. C. Mft'. Phylogenetische Untersuchungen bei den Legu- minosen auf Grund des Studiums ihrer Assimilations- organe theilt Professor Reinke aus Kiel mit (Prings- heims Jahrbücher Bd. 30, 1896). — „Da wir wohl an- nehmen dürfen, heisst es, dass die Leguminosen sich aus anderen Dikotylen entwickelt halten, deren Staubfäden nicht verwachsen waren, so werden niuthmaasslich die- jenigen Papilionaceen als die conservativsteu Typen zu betrachten seiu, welche freie Staubfäden besitzen: es sind dies die Tribus der Podalj-rieen und der Sopho- reen." Mit diesen beginnt der Verfasser seine Betrachtungen und reiht die Genisteen an, um über die weiteren Tribus, z. B. Trifolieen, Vicieen, Phaseoleen etc. später zu be- richten. Die Resultate allgemeineren Interesses dürften sich kurz folgendermaassen zusannnenfassen lassen. Als sicher lasst Verfasser gelten, dass keine andere bekannte Pflanzenfamilic von den Leguminosen abstammt, dass sie, wie auch die Rosaceen, eine Schaar phyletiseher Eutwickelungsreihen abschliessen. Die Paläontologie giebt uns keinen Aufsehluss; es ist unsicher, ob die Legumi- nosen bereits in der Kreide existirten. Was die Selektion anbelangt, so glaubt R., dass sie zwar nicht die einzige forniausprägende Ursache, wohl aber ein nicht zu vernachlässigender I^actor sei. So be- hauptet z. B. en mehr oder weniger giftiges Fleisch. Tridon bursarius, der Fächerfisch aus Japan; Petro- don rupribes aus Japan, kometartige Gestalt; T. physa aus dem Nil; T. Honckeni, Todfisch, weil man nach Ge- nuss des Fleisches sterben soll, vom Cap; T. magaritatus von Zanzibar uud das Skelett von T. fahaka aus dem Nil; Diodon atinga im Skelett, ü. geometrieus, von Karakas und Mola truncata, ein seltener Fisch des Mittel- meeres. (Sonnenflsch). VI. Lophobranchii, Büschel kiemer. Kiemen büschelförmig; Kiemendeckel eine einfache, grosse Platte, statt der Schuppen ringförmig angeordnete Knochenplatten in der Haut; Schwimmblase ohne Luft- gang; beim 5 bilden die verwachsenen Bauchflossen eine Tasche zur Aufnahme der Eier. Familie Solenostomidae: Alle Flossen entwickelt; 2 Rückenflossen; Strahlen der ersten nicht gegliedert; Kiemenött'nung weit. Soleuostema cyanopterum, von Zanzibar bis China; braun und weiss und schwarz fein gepunktet. Familie Syngnatidae: Nur eine weichstrahlige Rückenflosse; keine Bauchflosse; Kiemenöttnung in Form eines kleinen Loches am oberen Hinterrande des Kienien- deckels. Schlechte Schwimmer, die sich an den Küsten der gemässigten uud tropischen Meere zwisciien den Wasserpflanzen aufhalten; die Brutpflege überninnnt das 6 , welches meistens an seiner Bauchseite eine Tasche für die Aufnahme der Eier besitzt. Syngnathus acus, gem. Seenadel, Mittelmeer, atlantischer Ocean, Nordsee. Syphonostoma ty}tlile, breitrüsselige See- nadel an den Küsten Eumpas, auch in der Ostsee. Hippo- campus brevirostris, europäisches Seepferdchen undH.guttu- latus, Tangfisch. Phyllopterix foliatus von Adelaide. 2. Unterklasse: Ganoidei, Schnielzschupper. Skelett knorpelig oder knöchern; Haut meist mit Ganoidschupjjcn oder Platten, seltener mit echten Cycloid- schuppen oder nackt; Flo.ssen häufig mit Schindeln; Kiemendeckel vorhanden; Darm mit Spiralklappe; Herz mit Conus arteriosus; Sehwimmblase mit Luftgang; athnien nur durch Kiemen. Familie L e p i d o s t e i d a e : Körper mit rautenförmigen Schmelzschuppen bedeckt; Flossen mit Schindeln; Schnauze spateiförmig, Oberkinnlade länger als untere; Skelett ver- knöchert; ohne Spritzlöcher. Lepidosteus ossus, Knochenhecht, aus den Süsswässern des mittleren Nord-Amerika. L. tristoechus, Alligator- Knochenhecht, Kopf an den des Alligator erinnernd. Familie Polypteridae: Körper wie oben bedeckt; Schnauze kurz; Nasenlöcher mit Tentakeln; Spritzlöciier vorhanden und mit einer Kuocheuplatte bedeckt. Polypteros bichir, im westlichen tropischen Afrika, auch im oberen Nil. Weibliches Skelett von Calonioieii- thys calabaricus. Familie Amiidae: Körper ziemlich gesti-eckt, nach hinten seitlich zusammengedrückt; Schnauze kurz; Kehle wie vorige Familie mit einer grossen Platte: Amia calva, schlechtes Fleisch, Texas. Skelett vom 9. 6 im Hochzeitskleid im Bild. Familie Acipenseridae, Störe: Körper ge.streckt mit 5 Reihen von Knochenplattcn; die verlängerte Schnauze trägt an der Unterseite den kleineren, queren, vorstreck- baren, zahnlosen Jlund und vier in einer (Juerreihe stehen- den Bartfäden; Spritzlöcher vorhanden; Schwanzspitze ist von den Strahlen der Sehwanzflosse eingeschlossen: Polyodon spathula, der Lött'elstör Amerikas, Fleisch wird gegessen. Scaphirhynclius platyrhynehns mit spatei- förmiger Schnauze und fadenförmigem Anhang am Schwänze, Spritzlöcher fehlen; Acipenser ruthenus, Sterlet, in den Flüssen Russlands, berühmt durch sein wohlschmeckendes, theuer bezahltes Fleisch; wird seit Kurzem in der Fisch- zuchtanstalt Thalnüihle bei Frankfurt a. 0. mit Erfolg ge- züchtet. Acipenser huso, Hausen, 5 — 9 m lang und 1500 kg schwer, im Schwarzen und Kaspischen Meer und den dorthin mündenden Flüssen, in der Donau steigt er nur bis Pressburg aufwärts. 3. Unterklasse: Dii)noi, Lurchfische. Skelett nur unvollständig verknöchert; Haut be- schuppt; Kiemendcckel vorhanden; Schwanzflosse diphy- cerk; Darm mit Spiralklappe; Herz mit Conus arteriosus; Schwimmblase mit Luftgang und als Lunge functionirend; Nase mit inneren Oeft'nungen. Lepidosiren paradoxa, Schui)penmolch, C'arämurii, von Natterer 1835 entdeckt und zuerst zu den Molchen gestellt. Ist im Flussgebiet des Amazonas bisher nur sehr selten gefunden und nur wenige Exemplare sind nacii Europa gebracht worden. 176 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. XII. Nr. 15. Protopterui< annecteus, afrikani.scber Scblaiiinifiscli, bis 2 m lang, im tropischen Afrika, lebt ausscbliesslich von Tieren. In der trockenen Jahreszeit verkriecht er sich in den Schlamm und baut um sieh mit Hülfe eines ab- gesonderten, erhärtenden Schleimes eine Kapsel, in der er bis zum Anbruch der Regenzeit verweilt. Solche ein- gekapselte l^xemplarc wurden bereits ötter lebend nach Europa gebracht: Fleisch geschätzt. Ceratodus Forsteri, Barramuuda, verbringt die trockene Jahreszeit wie die vorige Art. Wurde 1870 entdeckt (Queensland), nachdem fossile Zahn])la(tcn von ihm schon vor langer Zeit in der Juraformation gefunden worden waren. Fleisch sehr geschätzt. 4. Unterklasse. Chondropterj'gii, Knorpelflosser. Skelett knorpelig; Haut mit Placoidschuppen; ohne Kicmendeckel; in der Regel jederseits .5 äussere Kiemen- ött'nungeu; Bauciitlossen bauchsfändig, beim ä mit Be- gattungsorganen; Darm mit Spiralklappe; Herz mit Conus arteriosus; Luftblase fehlt oder nur durcli ein Rudiment angedeutet. 2 Ordnungen: Holoceidiala, nur eine äussere Kiemenöffnung, welche von einer ein knorpeliges Deckelrndiment eiuschliessenden Hautfalte überdeckt wird; 4 Kicuicns})alten; Kiefer- und Gaumenapparat mit dem Schädel verwachsen. Familie CUümaeridac: Kcirper gestreckt; Mund uuterständig; Bezahnung besteht in Zahnplatten, oben 2, unten 1 Paar; keine Spritzhicher; Haut der erwachsenen nackt; ä mit einem eigenthümlichen, aufricbt])aren, an der Spitze bestachelten Anhange oben auf dem Kopfe. Neben den 2 lebenden Gattungen kennt man 7 fossile, von denen eine schon im Devon, die übrigen in mesozoischen und tertiären Schichten vorkommen: Chimaera monstrosa, gem. Seekatze, Schwanz in einen sehr langen, flossenloseu Faden auslaufend, Rücken- flosse mit breitem, schwarzen Rande, bis 1 m lang; an den europäischen Küsten, in der Ostsee fehlend. Ordnung l'lagiostomata, d. i. Quermäuier, weil der Mund in Gestalt einer grossen Querspalte an der Unter- seite der Schnauze liegt; 5 — 7 Kiemenött'uungcn; Kiefer- und Gaumenapparat beweglieh mit dem Schädel ver- bunden. 1. Unterordnung. Sc lackier, Haie: Körper mehr oder weniger cylindrisch, alimälig in den Schwanz über- geiiend ; Nickhaut vorhanden; Mund halbmondförmig und unterständig; vortreffliche Schwimmer und gefürchtete Räuber: Carcharias glaucus, Blauhai, im Mittelmeer und an der Westküste Europas, bis 4'/ä ni lang, lebendig gebärend, die Embryonen stehen durch einen Mutterkuchen mit der Wand des Uterus in Verbindung; dessen Schädel. C. gan- geticus, Gangeshai; C. nielanopterus, bis l'.o m lang, vom Rotheu Meer bis Australien vorkonnnend; die Jungen er- reichen schon im Leibe eine Länge von V2 n'- C. lamia, bis über 2 m lang, im Miftclmeer und Atlantischen Ocean; Gebiss. Galeus galeus, gem. Hundshai, in den tropischen und gemässigten Meeren, auch im Mittelmeer und der Nordsee, bis P/4 m lang, vivijjar; (Fötus und Schädel). Zygacna malleus, Hammerhai, mit seitlich verbreitertem, hannuerförmigen Ko])f, bis 4 m lang, Bewohner der tro- pischen und gemässigten Meere, auch im Mittelmeer nicht selten, lebendiggebärend; (!ei)iss. Mustelus laevis. Glatter Hai des Aristoteles, im ]\Iittelmecr und Atlantischen Ocean, lebendig gebärend. — Lannia corunbica, Heringshai, Heimath wie oben, doch auch in der Nordsee und westl. Ostsee vorkommend, bis ;5'/., m lang, Menschen sehr ge- fährlich und L. Spallanzani; Gebiss vom Riesenhai, Car- charodon carcharias. — Scyllinm marnioratnm aus Ost- indien, mit Eikai)seln. — Piistiophorus eirratus aus Australien. Rhinodon typicus vom Kap, soll sich von Tang ernähren, was nach dem Gebissstück mit den win- zigen Zähnen des bis 15 m langen Fisches wohl anzu- nehmen ist. Centrina centrina aus dem Mittelmeer. Acanthias acanthias, gem. Dornhai, l)ewohnt die ge- mässigten Meere der nördlichen und südlichen Erdhälfte; verfolgt die Herings-, Sprotten- und Makrelensehaaren, hat essbares Fleisch, 1 m lang. Centrophorns squamosus in grösseren Tiefen lebend, Lissabon. Spinax spinax, ein Tiefseefisch von Norwegen. Schädel von Scynnms lichia aus dem Mittelmeer. Rhina squatina, Meerengel, in den tropischen und gemässigten Meeren, die rauhe Haut wird zum Poliren des Holzes benutzt. Ginglymosioma Mülleri und G. cirratum aus Westindieu. Chiloscyllium indieum und Ch. punetatum. Stegostoma tigrinum aus Ostindien und St. fasciatum aus ^lalakka. Crossochinus barbatus aus Neu-Holland. Odontopsis americanus aus Nordamerika. Heterodontus philij)pi var. japonica, mit Gebiss und Eierkapseln, aus Japan. Echinorbinns spino- sus. fast 2 m lang, von England bis zum Kap 1 Nagelhai). Callorhyncbus callorhynchus vom Kap. Zahn und ver- grössertes Modell desselben von ("ulamydo selachus an- guineus von Japan; Basis glatt, Krone aus 3 Spitzen be- stehend. Triasis scyllinm von Japan. Sphyrna zygaena und Sph. Blechii aus Ostindien. Neben verschiedenen Gebissstücken ist unter den Haien noch das präparirte Herz eines solchen aufgestellt. 2. Unterordnung. Batoidei, Rochen: Rumpf meistens breit, abgeplattet und mit den grossen Brusttlossen eine Scheibe darstellend; Schwanz dünn und schlank, von dem Rumpfe abgesetzt; Kiemenlöcher an der Unterseite, stets 5 Paare; Spritzlöcher v(u-handen. Auf dem Boden lebende Küstenfische des Meeres vou beschränkter geographischer Verbreitung, wenige bewohnen Süsswasser. Manche ess- bar, namentlich aus der Gattung Raja: Pristis pectinatus, Sägefisch, in den tropischen Meeren; am Schnauzenfortsatz 24—32 Paare von Zähnen, bis 4 m lang, der Schnauzenfortsatz allein über 1 m; ausserdem haben die Sägen von Pr. ])errotteti und zysron Anl'stellung gefunden. Von der Familie Rhynchobatiis, Schnabelrochen, ist vorhanden von Rh. auclyostomus das Gebiss und Rh. djeddensis. Sympterygia Bonajjartei und Trygonorhina fasciata ans Australien und Narcine Itrasilicnsis aus Süd- Amerika. Der Zitterroclie, Tor])edo, zeichnet sich durch das elektrische Organ aus, das mit dem Gehirn in Ver- bindung steht und aus zahlreichen, senkrecht nebeneinander stehenden, sechseckigen Prismen gebildet ist, die wieder ans übereinander gelagerten Kästchen zusannnengesetzt sind. Die Entladungen sind abhängig vou dem Willen des Thieres und vermögen kleinere 'iliiere zu tödten; auch für den Menschen sind sie schnierzhatt. Die Familie Raja ist vertreten durch eine $ Nagel- oder Keulenroche, R. clavata aus der Nordsee, bevorzugteste Art wegen des Fleisches, und R. macrorhyncbus ans dem Mittelmeer, zu der langschnänzigen Gruppe gelnirend, während jene Art der knr/.scbnäuzigen zugehört. Platyrhina chinensis vou Japan, Astrape diptcrygia von ebenda, Aetobatis nnrinari aus dem Rothen Meer und A. flagellum. Taeninia motora aus den Süsswässern Paraguays. Pteroplatea hirundo aus Japan. Urogynmus asperrimus aus dem Rothen Meer. Trygon narnaz, mit sehr langem, staelielbesetzten Schwänze aus dem Rothen .Meer und die Hörnerroche, Cephaloptera. 5. Unterklasse. Cyclostomata, Rundmäuler. Körper aalartig gestreckt, mit schuppenloser, glatter Haut bedeckt; kreisförnnger, kieferloser Sangmund; Ske- lett knorpelig; Hippen und Gliedmaassen fehlen. Die reifen Eier und Samenfäden gelangen in die Leibeshöhle und XII. Nr. 15. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 177 werden aus dieser durch eine iiinter dem After befind- liche Gcscideclitsöffnung- entleert. Familie Pctromyzontidae, Neunaugen: Mund mit fleischigen Lippen, die sich zu einer Längsspalte zusammen- legen können; die ein- oder mehrspitzigen Hornzähne wer den nach ihrer Stellung in Zähne der Saugscheibe, Ober- kieferzähne, ünterkieferzähne und Zungenzähne unter- schieden. Mittelst der Saugscheibe saugen sich die Neun- augen an anderen Fischen fest, um schmarotzend von deren Säften zu leben, fressen aber aucii kleine Wasser- thiere. Aus den Eiern entwickeln sich die wurniförmigen Larven, sogen. Querder, welche später durch eine Meta- morphose in die Gestalt des erwachsenen Thieres über- gehen. Die Larven unterscheiden sicli äusserlich durch eine hnll)mondförmige, nicht zum Saugen geeignete Mund- üfl'nung, durch die unter der Haut versteckten Augen und durch den Mangel einer abgetrennten Rückenflosse: Geotiia australis. Familie Myxinidae, Inger: Mund ohne Li])pen, aber mit vier Paar i^artfäden; von Zähnen nur ein mittlerer Gaumenzahn und zwei kammförmige Zahnreilien auf der Zunge vorhanden; Augen verkümmert und unter der Haut verborgen. Meeresbewohner, deren Schmarotzcrleben viel ausgeprägter als das der vorigen Familie ist; sie dringen bis in die Leibeshöhle anderer Fische ein und fressen dieselbe aus. Myxine glutinosa, Schleimaal, in grossen Tiefen der noi'deuropäisclien Meere. Bdellostoma polystrema, bis V2 ^ lang, an der chile- nischen Küste. Die mit Zähnen bewaffnete Zunge ist aus dem Munde hervorstreckbar. Dem ausgestellten $ sind mehrere zwei Fingerglieder lange Eier von der Dicke des kleinen Fingers aus der Bauchhöhle gezogen. 6. Unterklasse. Leptocardii, Röhrenherzen. Ohne Schädel und Gehirn, Skelett nur aus der un- gegliederten Chorda l)cstehend; ohne paarige Flossen; statt des fehlenden Herzens pulsiren die grossen Gefässe; Blut farblos. Körper lanzcttlicli. Haut schuppenlos. Die bauchständige, eine Längsspalte darstellende Mundöft'nung ist mit Fühlfäden (Girren) besetzt. Im Innern des Mundes drei Wimperwülste: Brancliiostoma conastatum, aus dem Mittelmeer, lebt im Meeressaude und nährt sich von sehr kleinen Thieren. (Fortsetzung folgt.) Engen Seilt*). — Am 13. Oetober 1896 verschied nach langem, schweren Leiden im Alter von 55 Jahren der Kaiserliche Geheime Rcgierungsrath Prof. Dr. Eugen Seil, ordentliches Mitglied des Kaiserlichen Gesundheits- amtes, Professor an der Universität und Technischen Hochschule zu Berlin. Im Jahre 1842 zu Bonn als Sohn des Geheimen Justizrathes und ordentlichen Professors der Rechte, Dr. jur. Karl Seil, geboren, bezog er nach Absolvirung der Schule bereits im Jahre 1859 die Bonner Universität, um naturwissenschaftliche und mathematische Studien zu pHegen. 1861 lag Seil in London an dem Royal College of Chemistry unter A. W. von Hofmann's Leitung und au der School of Mines chemischen Studien ob; aus dieser Periode stammt eine Abhandlung „Beiträge zur Kenntniss der Tolylreihe", die in den Journalen der Chemie und in dem Journal of the Chemical Society veröffentlicht wurde. Im Jahre 1863 erlangte Seil an der Bonner Universität auf Grund der Inauguraldissertation „De Toluidino substantiisque ab eo derivatis" nach Ablegung- des mündlichen Examens die philosophische Doctorwürde; bald darauf bestand er die Staatsprüfung für das höhere Schulamt. Im Sommer 1864 finden wir ihn in Heidelberg unter Bunsen und Kopp, doch schon im Herbst desselben Jahres wandte er sich nach Paris, um sich im Labora- torium der Faculte de Medecine mit chemischen und medicinischen Studien zu befassen. Die Entdeckung der Erythritsäure ist eine Frucht seiner dortigen Thätigkeit. Im Jaln-c 1865 folgte er Hofmann nach Berlin, wo 1869 seine Habilitation bei der philosophischen Facultät der Friedrich-Wilhelms-Universität für das Fach der Chemie erfolgte. Im deutsch-französischen Kriege erwarb er sich für seine Dienste als freiwilliger Krankenpfleger das eiserne Kreuz 2. Klasse am weissen Bande. Im Winter- semester 1870/71 erhielt Seil als Lehrer der analytischen Chemie an die Gewerbe-Akademie zu Berlin einen Ruf; auch nach der Umwandlung dieses Instituts in die Technische Hochschule verblieb er an derselben, wo er bis zu seinem Hinscheiden die Geschichte der Chemie las; 1875 erfolgte dann seine Ernennung zum ausser- *) Als Quelle diente ein von Karl Windisch, Ber. Deutsch. Cheni. Ges. vom 15. 3. 1897, veröffentlichter Nekrolog. ordentlichen Professor au der Universität Berlin. Im Jahre 1876 trat Seil zunächst als Hülfsarbeiter und Leiter des nach seinen Angaben begründeten chemischen Labo- ratoriums in das Gesundheitsamt ein, bei dem er bis zu seinem Tode vom Jahre 1879 etatsmässig als Kaiserlicher Rcgierungsrath und ordentliches Mitglied, seit 1888 als Geheimer Rcgierungsrath thätig war. Vielseitig und umfassend war Sell's Arbeitsgebiet; seine ersten Arbeiten bewegen sich vorwiegend auf or- ganischem Gebiete, nennenswerth sind die Abhandlungen über Knallsäurederivate, Derivate der Senföle, über die Einwirkung von Brom auf Natriumäthylat. Im Jahre 1868 übergab Seil dem interessirten Publikum eine Bearbeitung der „Principes de chimie fondee sur les theories modernes", der er 1877 eine zweite völlig umgearbeitete Auflage folgen Hess. Der Eintritt Sell's in das Kaiserliche.Gcsundheitsamt bedeutet einen Wendepunkt in seiner wissenschaftlichen Thätigkeit. Die vornehmliche Aufgabe dieses Institutes besteht bekanntlich darin, die Erkenntnisse hygienisch- chemischer Untersuchungen zusanunenzufassen und die so gewonnenen Resultate für das Gemeinwohl zu verwerthen. So sehen wir Seil in hervorragendem Maasse bei der Ausarbeitung des Gesetzes betreffend den Verkehr mit Nahrungsmitteln, Genussmitteln und Gebrauchsgegen- ständen vom 14. Mai 1879 wie bei der Mehrzahl der Folgegesetze über Nahrungsmittel etc. betheiligt; hierhin gehören zum Beispiel die technischen Erläuterungen zu den Verordnungen, betreffend die Verwendung gesund- heitsschädlicher Farben bei der Herstellung von Nahrungs- mitteln etc. vom 12. Juli 1887 und das Gesetz betreffend den Verkehr mit Wein, weinhaltigen und weinähnlichen Getränken vom 20. A])ril 1892. Von grösseren wissenschaftlichen Veröffentlichungen Sell's seien die allen Fachgenossen wohlbekannten Ar- beiten: „Ueber Wasseranalyse, über Kunstbutter, über Branntwein, über Cognac, Rum, Arac, Beiträge zur Brot- frage, über das Butterprüfungsverfahren von Brülle", hervorgehoben. — Nicht unerwähnt bleibe ferner die Mitarbeiterschaft Sell's an dem vom Gesundheits- amte herausgegebenen „Gesundheitsbüchlein", das bc- stinnnt ist, die iircitercn Volksschichten über private und öffentliche (icsundbcitspflege in populärer Weise zu unter- richten; auch an der Bearbeitung und Herausgabc der 178 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. XII. Nr. 15. Pharuiacoi)oea Germanica sehen wir ihn in hohem Maasse betheiligt; seine Gutachten wie Rath.schläge bei der Ein- führung des rauchschwachen Pulvers fanden Allerhöchste An- erkennung und trugen ihm den Königlichen Kronenorden dritter Klasse ein. Im Jahre 1893 erfolgte seine Ernennung zum Vor- stande der naturwissenschaftlichen Versuchsabtheiluug des Gesundheitsamtes, sodass ihm nunmehr ausser dem che- mischen Laboratorium, dessen Leiter er bis dahin aus- schliesslich gewesen war, das hygienische, das bacterio- logische, das physiologisch-chemische und das pharma- kologische Institut unterstellt waren. Mit rastlosem Eifer nahm Seil an den jahrelang- schwebenden Verhandlungen zur Einfülunuig des Staats- examens für Nahrungsmittelchcmiker Antheil, seine Be- mühungen wurden von Erfolg gekrönt, am 22. Februar 1894 wurden durch lUmdcsrathsbeschluss die Vorschriften •zur Prüfung der Nahrungsmittelchcmiker erlassen, Seil selbst zum Mitgliede der Haupt-Prüfungscommission er- nannt. Umfangreich und eingehend sind seine Arbeiten, die dem Weiterausbau und der Vervollkonminung der ana- lytischen Verfaln-en der Nahrungsmitteluntersuchung gelten, unermessbar die Verdienste, die er sich um die Aufstellung und Reichseinfuhrung einheitlicher üntersuchungsmethoden auf dem (lebiete der Nahrungsmittelcliemie erworben hat. So umfassend und vielseitig auch die engere Thätig- keit Sell's war, so zeigte er doch auch für Fragen, die die ferner stehenden Fachgenossen angingen, ein warmes Interesse und hohes Verständniss; die Vielseitigkeit seiner eingehenden Kenntnisse in allen verwandten Disciplinen war erstaunlich, die Beherrschung der Gesannntlitteratur bewund-ernswerth. Für das Unglück und Leiden Anderer hatte Seil ein warmes und mitfühlendes Herz; von steter Hilfsbereit- schaft, von wohlwollender Herzensgüte, von seltenem PHichtbewusstsein, erwarb er sich die Zuneigung und Ver- ehrung aller, die mit ihm in Berührung kamen. Hunderte von Fachgenossen danken ihm Fortkonmien und Existenz! Eine schwere Erkrankung zwang Seil im Jahre 1896 einen längeren Urlaub nachzusuchen; ein Aufenthalt in Merau war ohne Erfolg, schon Ostern desselben Jahres kehrte er nach Berlin zurück und verblieb den Sonnner bei Verwandten am Wannsee, am 13. October 1896 ver- schied er in Berlin nach langem, schweren Todeskampfe. Ungezählt waren die Blumenspenden, die an dem in der Invalidenkirche aufgebahrten Sarge niedergelegt wurden, schier endlos die Zahl derer, die erschienen waren, dem Entschlafenen die letzte Ehre zu erweisen. Seil hat für das Gemeinwohl gearbeitet und gcschatfen, sein Name wird unvergessen sein auch bei den kommenden Generationen! Dr. A. Sj). Im Anschluss an den Aufsatz des Herrn Richard Ilcnnig in No. 11 dieser Zeitschrift über die Charakteristik der Tonarten, sowie an mehrere in früheren Jahrgängen erschienenen Aufsätze über Synopsien bei Tonarten möchte ich auf einen Fall von Synästhesie, d. h. die Mitemptin- (lung eines nicht gereizten Sinnes bei äusseren Ein- wirkungen, welche dem Empfindungsgebiete eines andern Sinnes angehören, aufmerksam machen, der sich in E. T. A. Hoffmann 's Schriften findet und durch die Länge der Z(!it, die seit der Niederschrift verflossen, wohl schon etwas in Vergessenheit gerathen ist. Es lieisst dort: Kreisleriana No. 5 (höchst zerstreute (Jcdanken): „Der Duft der dunkelrothen Nelken wirkt mit sonderbarer magischer Gewalt auf mich, unwillkürlich versinke ich in einen träumerischen Zustand und höre dann, wie aus weiter Ferne, die anschwellenden und wieder verfliessenden tiefen Töne des Bassethorns." Wenn diese Beobachtung sich auch in dem Werke eines Dichters findet, so ist ja wohl allgemein bekannt, dass Hofl'mann in die Schilderung seines Kapellmeisters Kreisler viele Züge und Beobachtungen aus seinem Leben verwebt hat und dass somit die oben mitgetheilte Wahr- nehmung eine solche ist, wie sie Hoft'mann an sieh selbst gemacht haben dürfte. G. Vorbringer. Eine Parallelstelle zu der von Herrn Vorbringer mit- getheilten findet sieh u. A. in einer der „Züricher No- vellen" von Gottfried Keller, betitelt: „Der Landvogt von Greifensee". Ein Maler zeigt einem jungen Mädchen eines seiner Gemälde und erzählt dabei, wie früh er habe aufstehen müssen, um einen Beleuchtungseft'ect am Morgen- hinmiel zu beobachten, wie er aber die Nuance auf dem Bilde ohne die Hülfe der Maultrommel nicht herausgebracht hätte: „dann setzte er das Instrument an den Mund und entlockte ihm zitternde, kaum gehauchte Tongebilde, die bald zu verklingen drohten, bald zart anschwellend in einander verflossen. Sehen Sie, rief er, dies ist jenes Hechtgrau, das in das matte Kupferroth übergeht etc." Auf diese Stelle wird in einem Werk von Bleuler und Lehmann „Zwangsmässige LichtempHndungen durch Schall" (Leipzig 1881) hingewiesen (S. 65 und 66); zu- gleich wird die Mittheilung gemacht, dass Keller selbst derartige Secundärempflndungen nicht kannte, sondern diese Idee aus einer alten Biographie cntnonmien und mit dichte- rischer Phantasie undvleidet habe. Dass dagegen die den „Kreisleriana" entnonnnene Stelle sicli auf E. T. A. Hoffmann selbst bezieht, ist überaus wahrscheinlich. Zwar sind Synästhesien im Ge- ruchssinn relativ sehr selten, nnd in Flournoys grund- legendem Werke: „Des phcnomenes de synopsie" sind nur ganz vereinzelt derartige Erscheinungen mitgetheilt; immerhin wird geiade ein mit so glühender, oft bizarrer Phantasie begabter Dichter, wie E. T. A. Iloflniann in allererster Linie für Doppelempfiudungen jeder Art haben neigen müssen. Hennig. Aus dem wissenschaftlichen Leben. Ernannt wurden: Der Privatdoceiit der pathologischen Ana- tomie in Borlin Dr. David Han.seniann, Prosektor am städtischen KrankeiduuLS Fricdrichshain, zum Profi.'ssor; der Bibliothekar an der Kgl. Bibliothek zu Berlin Dr. Reimanii zum Prot'et^sor; der Privatdocent für innere Mediein in Zürich Dr. Müller von Thayiif^cu zum ordcntlichon Professor und Director der medi- cini-schen Poliklinik daselbst; Assistent Dr. Redlich an der Bergakadenno in Leoben zum Adjuncten für Mineralogie, Geo- logie und Palaeontologie ; der Privatdocent der Hygiene an der technischen Hochschule zu Hannover Dr. M. Kirchner zum Pro- fessor; der ordentliche Professor der Anatomie an der thierärzt- lichen Hochschule zu München Dr. J. Rückort zum Dr. phil. h. c. von der dortigen Universität; der Assistent an der palaeontolo- gisehen Staatssammlung in München F. Pompeekj zum Custos derselben; der Honorar-Docent der Landwirthschaft an der deutscheu technischen Hochschule in Prag J. Pichl zum Pro- fessor; der Privatdocent der Botanik an der böhmischen tech- nischen Hochschule in Prag L. Czelakovsky zum Honorar- Docenten; der onlentliche Professor der Mineralogie an der tech- nischen Hochschule in Wien i:)r. Franz Toula zum Hofrath; die Bibliotheks-Cehilfen an der rniversitats-Bibliothek zu Agram Dr. V. Dezelic und Dr. St. Ortner zu Adjuncten; der Privat- docent für Chemie in Klausenburg F. Koch zum Professor. Berufen wurden: Der ordentliche Professor der Zoologie in Czernowitz Dr. Robert von Lenden fehl an die deutsche Universität Prag; der Oberarzt an der Kreisirrenanstalt zu Er- langen Dr. Specht als ordentlicher Professor der Irrenheilkundc an die Uiuversität daselbst; der Privatdocent der Bacteriologio Dr. Ludwig Heini in Würzburg als ordentlicher Professor nach Erlangen; der Uilfsbibliothekar Dr. Wilhelm Drexler in Halle als Bibliothekar an die Universitätsbiblothek zu Greifswald. Es lehnte ab: Der ordentliche Professor der Chemie m Er- langen Dr. 0. Fischer einen Ruf nach Kiel. XII. Nr. 15. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 179 Es habilitirten sich: Dr. H. Reinebotli aus Jena in der miMlizinischim Facultät zu Hallo; Dr. Gudd cn , bisher Privat- docont in Tübingen, für Psychiatrie in München; Dr. Gadamer für iiharniazeutiöche Chemie und Nahrnngsmittidchemie in Mar- burg; Dr. M. Wentscher für Philosophie in Bonn; Dr. H. Sachs für innere Medizin in Breslau; Dr. E. Spieglerund Dr. J. Rille für Dermatologie und Syphilis in Wien; der Vice-Director am statistischen Bureau in Budapest G. Thirring für Demographie an die Universität daselbst. Aus dem Lehramt wurde entlassen: Der Professorder Botanik L. Fischer in Bern unter Ernennung zum Honorar-Professor. In den Ruhestand tritt: Der Professor der gerichtlichen Medizin in AVürzburg Dr. Reubold. Es starben: Der Professor der Meteorologie und Klimatologie an der Wiener Hochschule für Bodeucultur Dr. Jacob Breiten- lohner; iler Professor der Astronomie in Innsbruck Dr. Eduard Frhr. von Haerdtl; der Botaniker Dr. Alfred Dewevre in Luebo am Kassai (Kongostaat); der Geologe Thollou im französischen Kongogebiet; der Professor der Geometrie in O.xford Sylvester; der Professor in der medizinischen Facultät zu Kiew Dr. Stukawienko; der Professor der Geodäsie an der technischen Hochschule in Delft Dr. Scholz. L i 1 1 e r a t u r. Prof. Dr. Oscar Hertwig. Zeit- und Streitfragen der Biologie. Heft 2: Mechanik und Biologie. Mit einem Anhang: Kritische Bemerkungen zu den entwickelungsmcchanischen Naturgesetzen von Roux. Gustav Fischer. Jena 1807. — Preis 4 M. Das 1. Heft der Zeit- und Streitfragen wurde in Bd. IX, S. 418 besprochen und behandelte das Thema „Präformation oder Epigenese'?". Das vorliegende Heft ist der „Entwickelungs- mechanik" gewidmet, deren Führer Wilhelm Roux ist. — Die tiefer schauenden Naturforscher haben stets die Erscheinungen auch auf organischem Gebiete als mechanische I^rscheinungen zu erklären ver.sucht, denn immer mehr und mehr hat die Forschung gezeigt, dass sich Alles auf Bewegungs-Vorgänge zurückführen lässt. Wenn nun auch vielfach auf dieser Basis befindliche Er- klärungsversuche für die biologischen EigenthUmlichkeiten an der vorläufigen ungenaueren Konntniss von Einzolthatsachen ge- scheitert sind, so darf daraus nicht der Schluss gezogen werden, dass der Weg ein falscher sei. Es ist also nur zu warnen vor einer Uoberschätzung des jetzt Erreichbaren, womit sehr häutig eine übertriebene Werthschätzung der Mathematik für die Be- handlung biologischer Probleme verknüpft ist. Die Fortschritte der Physik im Jahre 1895. Dargestellt von der physikalischen Gesellschaft zu Berlin. 2. Abth. Physik des Aethers, redigirt von R. Bürnstein. Preis 30 M. 3. Abth. Kosmische Physik, redigirt von R. Assmann. Preis 25 M. Braunschweig 189(i, Verlag von Friedrich Vieweg & Sohn. Programmmässig ist der einundfünfzigste Jahrgang des gross angelegten Sammelwerks über „die Fortschritte der Physik" am Schluss des auf das Berichtsjahr folgenden Jahres fertig gestellt worden. In wie hohem Grade durch dieses pünktliche Erscheinen der Werth der Publication erhobt wird, haben wir schon bei Gelegenheit des vorigen Jahrgangs hervorgehoben und es genüge daher hier, von dem erfreulichen Innehalten des Programms Kennt- niss zu geben. Nur durch das selbstlose Zusammenwirken zahl- reicher, eifriger Mitarbeiter ist die schnelle Bewältigung eines so reichen und leider so vielfältig zersplitterten Materials möglich geworden. Im Allgemeinen haben alle diese Mitarbeiter, denen unsere vollste Anerkennung gebührt, bei ihren Referaten das richtige Maass einzuhalten gewusst, und wenn gelegentlich be- sonders wichtige tabellarische Zusammenstellungen von Versuchs- ergebnissen unverkürzt in den „Fortschritten" zum Abdruck ge- langt sind, so ist dies gewiss besonders freudig zu begrüssen, weil dadurch in vielen Fällen das Zurückgreifen auf die Üriginal- arbeit sich erübrigen wird. .So enthält das Werk z. B. zahlreiche Wellenlängentafeln für wichtige, neuerdings genauer untersuchte Spectra, viele werthvolle Zusammenstellungen von Daten aus dem Gebiete der physikalischen Chemie, Tabellen für die Verflüssigung von Gasen, für Dampfspannungen, specitische Wärmen, meteoro- logische Erscheinungen u. s. w. F. Kbr. Astronomischer Kalender für 1897. Herausgegeben von der k. k. Sternwarte zu Wien. Der ganzen Reihe 59. Jahrgang; der neuen Folge 16. Jahrgang. Wien, Carl Gerolds Sohn, Bnch- handlung der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften. Dieser astronomische Kalender bildet ein altbewährtes, glück- liches Gegengewicht gegen so viele andere, die, nach uraltem Schema redigirt, alten, längstüborwundeneu Aberglauben, wie den „lOOjährigen" u. s. w. Jahr für Jahr wieder ins Volk tragen. Statt derartigen Ballastes enthält der vorliegende Kalender neben der üblichen Genealogie des Kaiserhauses, den Regententafeln und den Kaiendarien Verzeichnisse von Fixsternen, veränderlichen Sternen, Sternhaufen und Nebelflecken, Tabellen der Elemente für die Planeten, ein Verzeichniss der berechneten Kometen und eine aus der Feder des Director Prof. Dr. Weiss stammende Arbeit über „Neue Planeten und Kometen" u. s. w. Erwiderung. In Nr. 10 des 12. Bandes dieser Wocliensidirift st(dil ciue Beurtheilung meines Werkes: Moderne Völkerkunde, die ich nicht ohne Berichtigung lassen kann. Ich kann mich den Ans-, lassungen von Lusehan's gegenüber mit der Anerkennung trösten, welche mir Prof Ranke, Tylor, Schineltz u. a. haben zu Theil werden lassen. 1. Herr v. Luschan sagt: „Dass Ziele und Wege dieser Disciplin (der Völkerkunde) ganz andere sind, als Herr Achelis annimmt, scheint doch auch jetzt schon festzustehen. Der Unfug, der lange genug schon mit dem nnverstandenen Schlag- worte „Völkergedanke" getrieben wurde, wird mehr und mehr als solcher erkannt." Darauf antworte ich, dass es mir einerseits sehr lieb gewesen wäre, wenn Herr v. L. mir das Ziel, das er der Völkei- kund'e setzt, genannt hätte und dass ich andererseits dieses Ver- ständniss aus einer streng objectiven (wie mein Recensent sich ausdrückt: ans „kritiklosen Zusammenstellungen" geschöpften), historisch-inductiven Darstellung der verschiedenen Versuche und Anläufe, diesen in Rede stehenden Begrifl:' zu flxiren, ableiten zu können geglaubt habe. Man nennt das empirisches Verfahren, und deshalb habe ich mich wohl gehütet, in diesem Theil meine jjor- sönlichc Ansicht, die ich anderwärts nicht gerade verschwiegen habe, zu sehr in den Vordergrund zu drängen. Dass aber die übrigens schon von Waitz und Peschel gestreifte und, um ganz moderne und von Herrn v. Luschan, sollt' ich denken, auch aner- kannte Vertreter der Ethnologie mit einzuschliessen, von Andree und von den Steinen verfochtene Theorie des „Völkergedankens" (dessen Bedeutung man nicht mit einem verächtlichen Seitenlilick auf den hin und wieder damit getriebenen Missbrauch durch den kräftigen Ausdruck: „Unfug" entwerthen sollte) sich vollauf mit der genauen topo- und geograpliischen Uebertragung und Wechsel- wirkung zwischen primitiven Stämmen vorträgt, habe ich mich des längeren (vergl. S. 2V>6ff.) zu erweisen bemüht. 2. Herr von Luschan bemerkt: „Wer unser Fach heute noch fördern will, inuss zunächst etwas gelernt haben, und was vor allem noth thut, das sind gewissenhafte Studien in geographisch eng begrenzten Ge- bieten." Indem ich den eigenthümlichen Seitenblick meines ge- strengen Kritikers, mit dem er in dem ersten Theil des Satzes mich würdigt, iguorire, erwidere ich in aller Bescheidenheit, dass ich die Erspriosslichkeit dieser monographischen Detailuuter- snchungen durchaus nicht bezweifle, sondern mir nur das Recht wahren möchte, über diesen engen Kreis einzelner Beobachtungen zu dem Verständniss allgemeiner Gesetze, die innerhalb jener Sphäre niidit liegen, aufzusteigen. Dies Problem von der Ent- faltung nothwendiger nnd allgemeingültiger Formen und Er- scheinungen in dem socialen Leben der Menschheit scheint mir nicht minder beachtenswerth zu sein, und ich darf wohl hinzu- fügen, dass mich gerade die Ansicht, in der Völkerkunde der Losung dieses Problems näher zu kommen, von dem Studium der Philosophie, wo ich „Einiges" mir angeeignet zu haben glaube, zu meiner jetzigen, nebenbei aber schon einige Decennien laug betriebenen Beschäftigung, gerufen hat. Gerade die vorzüglichen Schriften meines engeren Landsmannes und Freundes Post, die Herr v. Luschan auch ohne Zweifel kennen wird, liefern nach allen Seiten hin einen Beleg für meine Anschauung. 3. Beklagt sich Herr von Luschan über mein erstaunliches Missgeschick in der Auswahl der behandelten Ethnologen; ich sollte Boas, Grube, Grünwedel etc. gewürdigt haben. Darauf kann ich nur erwidern, dass nach allgemein anerkannten Grundsätzen eine geschichtlich- kritische Darstellung nicht die unmittelbare, steter Veränderung unterworfene Gegenwart in ihren Bereich hineinzuziehen pflegt; sodann konnte ich für diese Entwickelung mich nicht wohl in eine zusammenhangslose Betrachtung monographischer Arbeiten verlieren, sondern musste ich mich umgekehrt an solche Autoren halten, welche einen allgemeinen Standpunkt vertreten. Was darunter zu verstehen, inwiefern der Völkerkunde eine umfassende VVeltanschauung innewohnt, das habe ich im dritten Abschnitt auseinander zu setzen versucht, welcher die Grundlinien der Be- ziehungen, welche eben die Ethnologie mit anderen Wissenschatten verknüpfen, entwickelt. Ich fürchte nur, dass Herr v. Luschan auch diese Erörterungen, welche gerade den erstaunlichen Ideen- reichthum und die Vielseitigkeit der Völkerkunde veranschau- lichen sollen, mit dem verächtlichen Ausdruck: Speculative Eth- nologie, abtbun wird. Th. Achelis. Inhalt: Dr. Hans Schmidkunz, Herreninoral und ethische Evolution — Die zoologische Saunulung des Königlichen Museums für Naturkunde zu Berlin. (Forts.) — Eugen Soll t- — Synästhesie. — Aus dem wissenschaftlichen Leben. — Litteratur: Prof. Dr. Uscar Hertwig, Zeit- und Streitfragen der Biologie. — Die Fortschritte der Physik im Jahre l89o. — Astronomischer Kalender für 1897. — Erwiderung. 180 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. XII. Nr. 15. ySiitelliiKn,] im -ll)it'vvcid). etu nitifcfier Süciivag jur iiiciheriien iljierpftjcfioloijic. $011 0" Ulaoiliaittt. gr. 8". (VIII u. 0-t e.) .1/. 130. R. F u e s s , Mechanisch - optische Werkstätten, Steglitz bei Berlin, eniplic-hlt die in nebeiistelitnder Figur ;il)gebildete und palentrechtlich gescliülilc eiiifarlie plioto- giapliisclK' l'aiiicra lum Aulsetien aul den Tubus jeden beliebigen Mtiiroslcopes. 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Tace 1 l — — — 1 — 2 1 — 1 7 , 2. . . , 6 5 7 7 .5 2 9 4 2 3 3 1 54 . 3. . . „ 10 4 7 12 0 4 0 6 6 H 4 3 77 „ 4 . . . „ 7 13 9 4 10 11 11 7 9 0 7 6 102 n 5 . . . „ ß 2 2 4 3 7 4 10 10 10 6 3 ()7 „ 6 . . . „ 1 4 6 3 4 3 — 4 1 6 10 17 59 B. Bei Nacht. Luft 1 . . Nächte 3 4 1 1 2 1 1 •> 1 2 18 » 2 . . „ 3 8 8 7 1 4 4 5 6 2 4 — 52 « 3 . . „ 14 5 7 4 4 7 6 5 3 5 3 2 G5 « 4 . . , 1 6 8 11 13 10 7 6 8 7 9 5 91 « 5. . , 8 3 3 3 4 5 10 8 9 8 5 4 70 , 6.. „ 2 3 4 4 7 3 3 7 2 8 9 18 70 *) Unter den im vorjälnitcfn Boricht aufj^czählten Instru- menten sind zwei Taschonuln-en vergessen worden, von denen die eine, Roltlone, nach Sternzeit geht, die andere, silberne, nach mittlerer Lussinev Zeit. Die nun folgende Tabelle enthält die Beobach- tungsstatistik, von der dasselbe gilt, was ich im letzten Berichte sagte; nur ist dabei ausserdem noch zu bemerken, dass die Beobaciitungeu durch einen hartnäckigen Augen- katarrh beeinträchtigt wurden, welcher mich auch ver- anlasste, zweimal nach Tricst zu fahren (behufs Consul- tation eines Augenarztes), was auch eine Abwesenheit von 25 Tagen in sich schloss. Unter diesen Umständen ist es eigentlich noch zu wundern, dass die Zahl der Beob- achtungsstunden (wie der Beobachtungstage) jene der Vor- jahre übersteigt. Es kommt dies hau))tsächlicii auf Rech- nung der ausgedehnten Jupiter-Beobachtungen. Uebrigeus erforderte das Reinzeichnen der am Fernrohre entworfenen Skizzen, ihr Copieren, und der Entwurf der 15 Jupiter- karten weit mehr Zeit als das Beobachten selbst (unge fähr 1000 Stunden) und war auch noch mehr augen- anstreugend. Der Entwurf der 15 Jupiterkarten z. B., nebst Berechnung der Rotation der einzelnen Flecken, Abfassung des Textes zu dieser Arbeit und die vier- malige Correctur aller Tafeln und Druckbogen nahm allein schon über 1300 Stunden Arbeit in Anspruch! Monate Januar Febril ;ir März April Mai Juni Juli August September .... October November Deceinbcr Ganzes Jahr 189Ü BeobachLungstage mit Luft 12 9 5 11 8 4 12i 10 7 13 17, 11 18 75 117 108: 57 Zahl der Beobach-I aufge- : ßecbacb- tungs- wendeten ,„„" " tage I Stunden '""6^" 15 19 21 24 12 19 27 !.'■) 15 10 15 17 209 56 Va 67-74 79"., 53v: GOV. 110»/4 33V.> 3874 29^4 62V4 72IV4 77 69 88 72 48 47 70 27 20 16 35 Bl 600 Ergebnisse der Beobachtungen. Die Sonne wurde 33 Mal beobachtet (50 Stunden), meistens mit dem Chronodeik behufs Zeitbestimmung, aber auch mit dem Helioskop und Spectroskoi). Das Zodiakallicht beobachtete icli 22 Mal (21 Vo Stunden) und fand es jeder Zeit sehr auffallend. Meist war es viel heller als die Milchstrasse — oft bis zu zehn- mal heller! Auch der Gegenschein war sehr häufig sichtbar und bisweilen auch heller als die Milehstrasse. Die merkwürdigste Beobachtung niaehfe ich aber am 9. April. Nachdem icii das Zodiakallicht zuerst um 7^ 58" unzweifelhaft erkannt hatte, (der hellste Theil der Milch- strasse im Einhorn wurde erst 10 Minuten später sichtbar!) sah ich um 8V2'' auch den Gegenschein in der Jungfrau, der aber nicht heller war, als die Milchstrasse im l'erseus. Um diese Zeit war aber das Zodiakallicht bereits zehn- mal heller (im Widder und den Plejaden) als die Milch- strasse im Einiiorn und erstreckte sich vom Horizont bis zu den Zwillingen. Um S-'/V machte mich Frau Manora aufmerksam, dass Zodiakallicht und Gegenschein einen einzigen ununterbrochenen Bogen über den ganzen Himmel bildeten, indem selbst im Löwen und Krebs das Verbindungsstück zwischen Jungfrau und Zwillinge etwas heller als der übi-ige Hinnncl erschien, während der Gegenschein von Horizont (Waage) l)is zum Löwen reichte und mit der Milchstrasse gleiche Helligkeit besass. Dieses Verbindungsstück zwischen Zodiakallicht und Gegenschein konnte ich besonders dann gut sehen, wenn ich mit den Händen die übrigen hellen Thcile des Himmels verdeckte, so dass der Livlitb(»gen von den an- XII. Nr. IC). Natiirwisseiischaftliche Wochenschrift. 183 grenzendi'u Tlicilen des Hinimcls besser ahstacli. Dadurch ist es also zur Gewisslieit erhoben, dass Zddiakallicht und Gegenschein nur Theile eines nnuntcrbroclicnen Licht- baudes sind, das entweder unsere Erde uiiig-iebt, oder die Ausläufer der Sonnenatniosphäre l)ildet, welche sieh dann bis Mars erstrecken niiisste. Um 9'' begann das Zodiakalliclit schwächer zu werden, aber selbst um 97o'' war es bei den Ple jaden noch fünf- mal heller als die Milchstrasse, um lU'' zum mindesten gleich hell mit dieser, um 10"o'' nahezu versehwun- den. Der Gegen- schein war aber bereits um 9'/j'^ unkenntlich ge- worden. Als weiterer Beweis für die Helligkeit des Zo- diakallichts in un- serer (icgend mag angeführt werden, dass es am 15. April selbst bei Mondeuschein be- reits um 7^/4'' er- kennbar war, wäh- rend die Milch- strasse erst eine halbe Stunde spä- ter sichtbar wurde, und obendrein auch dann kaum zu errathen war. Schade, dass es mir nicht niöglicii ist, dem Zodiakal- lichtc mehr Auf- merksamkeit zu schenken ! Merkur wur- de von mir otj Mal ((JS Stunden) beobachtet und sowie dass die Diciiotoinic ebenfalls wie bei der Venus früher, bezw. später eintritt als nach der Rechnung, und 21 Zeichnungen aufgenommen (Fig. welche viele Flecke zei- ;'en, deren Bewe- Merkur im Jali re 18'J6. 3 = 19. Mai 221- 301.1 M. K. Z. 10 = 11. Jul 2111 ü'n M K Z. 4 = 19. , 2:-, U, , 11 --= 15. , 22 45 ^ 5 = 28. Juni 21 u ^ 12 = 16. , 18 45 ^ 6=7. Juli 22 2U „ l:i = 19. „ 22 15 ^ 7=8., 23 45 ^ 14 = 20. , 21 15 , 8=9. , 19 15 , 15 = 21. „ 22 30 9=9. , 23 0 , 16 = 22. , 2 45 ^ gung auf eine Ro- tation von 33 bis 35 Stunden hin- zudeuten scheint, jedenfalls aber mit einer solchen von 88 Tagen unver- einbar ist. Dagegen spricht überdies das Vorhandensein von Polarfleeken, welche ich wiederholt deutlich wahrzu- nehmen vermochte (siehe Zeichnungen 8, 10, 12 — 22). Eine weitere interessante Entdeckung gelang mir am 18. Mai, indem ich den unbeleuchteten Theil des Planeten deutlich sah und zwar umgeben von einer Art Aureole, ähnlich wie bei der Venus. Meine weiteren Beobachtungen stellten fest, dass diese Phänomene nur vor der unteren Conjunction sichtbar sind (Zeichn. 3 u. 4), zwar um 9 Tage Venus wurde nur 17 Mal (14'/., Stunden) beobachtet und 5 Zeichnungen aufgenommen, welche für die schnelle Rotation des Planeten sprechen. Letztere ist übrigens durch eine Beobachtung des Herrn W. Villiger (Sternwarte Bogen- hausen - München) zur Gewissheit erhoben worden. Dieser Astronom nahm nämlich am 31. Mai 21' ,'' M. E. Z. eine Zeich- nung der Venus auf, die er mir zur Ansicht schick- te. Auf den ersten Blick erkannte ich eine nahezu viiUigc Uebereiustimniung mit einer von Stuy- vaert am 4. März 1892 8"^ lO-" m. B. Z. aufgenom- menen Zeichnung, so dass gar nicht zu zweifeln war, dass beide genau dieselbe Länge (/) zeigten. Nun wies aber die Villiger- sche Zeichnung eine Phase von 2 Vo ''"i" Linken, die Stuyvaert'sche eine solche von 25" 0 zur Rechten auf, was natürlich mit einer Rotation von 224,7 Tagen ganz unverträglich ist — ausser man setzt eine Libra- tiou in Länge von 78" voraus, wofür aber jede vernünf- tige Grundlage fehlt! Obendrein ergab die Berech- nung, bei einer An- *''S- -■ nähme von 1552 Rotationen zwi- schen beiden Zeich- 17 = 22. Juli 191' -M"' M. E. Z. , „ . 18 = 22. , 23 15 , nungen, (der Zeit- 19 = 25. „ 4 3ü , unterschied und 20 = 26. , 4 0 , 1 . •• 1 i 21 = 8. August 4 5. die veränderte 22 =8. , 5 50 , Stellung Sonne — Venus — Erde in Betracht gezogen) eine ümdrehungspeiiode von 23'i 57™ 36-3773^, was mit der von mir zuerst errechneten und in No. 1589 der „English Mechauie" veröffentlichten Periode von 23»^ 57"" 36-2396«*) *) Dass ich diese Periode später verwarf uud durch jene von 231' 57ii> 7'54.59s ersetzte, rührt daher, dass ich meiue Zeichnungen mit jenen von Beobachtern aus 1884 in Uebereinstimmung brinj^en wollte, mir aber irrige Zaiilen für die damalige Stellung Sonne — Erde — Venus geliefert wurden. Denn damals reichten unsere Ephemeriden nur bis 1893 zurück. 184 Naturwissenschaftliche Wuchenschritt. XII. Nr. 16 Mars Fig. 3. Seiitember 1896, 20'/:. ich die Beobachtane;en begann, hatte derart übereinstimmt, dass ein Zufall füglich für ausge- schlossen gelten und angenommen werden kann, dass diese Periode der wahren üuidrehungszeit der Venus entspricht. Mars wurde von mir 86 Mal (184V, Stunden) beob- achtet und 64 Zeichnungen auf- genonmien. (Fig. 3 u. 4.) Leider konnte ich gerade zur Zeit der Oppo- sition wegen des elenden Wetters nur sehr selten zeichnen — im November fünf- mal, im Deceml)er zweimal (und auch im Januar dieses Jahres nur einmal) — so dass die meisten meiner Beobachtungen zu Zeiten stattfanden, als der Planet nur eine sehr kleine Scheibe bot. (Als Mars nur 4"8 Durchmesser!) Um so erstaunlicher ist es, dass der Erfolg jenen der vorigen Opposition (1894 bis 1895) bedeutend übertraf. Ich konnte nicht nur 82 Schiaparelli'sche und 13 Loweirsehe Canäle ve- rificiren, sondern auch 31 neue entdecken, ebenso 6 neue Seen und verschiedene andere Merkwürdigkeiten. Als ich meine Beobachtun- gen begann, reichte der Südpolarschnee noch bis zum 5Ü, Breitegrad her- ab, schmolz aber so schnell, dass ich Ende Juli im „Observatory" ankündigte, er werde in 6 Wochen gänzlich geschmolzen sein, was auch eintraf: am 8. Sep- tember sah ich ihn zum letzten Male deutlich und am 15. September war der Südpol zum letzten Male heller als das angrenzende Meer. Dagegen sah ich am 3. September zum ersten Male deutlich den Nord- polarfleck. Ein ausführ- licher Bericht über meine Fis Mars iiiii 8. Scptembi r 18%, 17li 40'", malige Correctur Mars - Beobachtungen Jupiter Fig. .') am 28. Dec. 18i)5. Fig. 6 „ 30. , 1S95. 161' ,13. U lü i M. E. Z. wird Ende dieses Jahres erscheinen, aber soviel mag jetzt bereits gesagt werden, dass sie u. A. die völlilge Unhaltbarkeit der Loweirschen Hypothesen beweisen. Diesen Nach- weis werde ich übrigens demnächst auch in dieser Zeit- schrift erl)ringen. Jupiter beobachtete ich KM) Mal (17()'V4 Stunden), wobei ich 1U3 Zeichnungen aufnahm. (Fia-. 5 — 8.) Aus diesen stellte ich löKarten der Jupiter-Oberfläche zusammen, welche nebst den einzelnen Zeichnungen binnen Kurzem im LXIV. Band der „Denkschriften der Kaiserl. Akademie der Wissenschaften" (Wien) auf 8 chromolithographirten Tafeln erscheinen werden (mit drei Druckbogen Text). Die Arbeit war eine ganz ausser- ordentliche, weil es sich darum han- delte, die Position eines jeden der 4000 Flecke zu berechnen, welche sich auf meinen 103 Zeichnungen vorfanden , diese Flecke dann auf den Karten einzu- tragen, unter sich zu vergleichen, die Eigenbewegung der identifieirten zu berechnen und daraus die entsprechenden Folgerungen zu ziehen. Nicht minder mühsam und augenanstrengend war dann die vier- der Tafeln. Allerdings ist es mir da- mit gelungen, über die Ersclieinung des Jupiter 1895—1896 eine Arbeit beizubringen, wie sie in dieser Art bisher noch nicht versuciit wurde; aber leider ist die Mühe eine derartige, dass ich nur alle zwei Jahre an eine Wiederholung den- ken kann (in den Zwi- schenjahren absorbirt Mars das Hauptinter- esse) und obendrein die Beobachtung der übrigen Planeten dann zurückgesetzt werden muss. Denn leider heisst CS auch in der Astro- nomie „Qui trop em- brasse mal etreint!" und so lange ich weder einen Assistenten, noch einen Secretär, noch einen Diener zur V^er- fügung habe, also von A bis Z alles selbst machen muss, kann ich meine Aufmerksamkeit nicht allen Planeten gleichmässig zuwenden. Die wichtigsten Er- gebnisse meiner Jupiter- Beobachtungen sind aber: Nachweis, dass „grossen rothen" atmo- von Stürmen hin- und Fig. 8. Fig. 7 .1111 30. Dec. 1895. Fig. 8 , 2. Jan. ISlXi. 1U1> 16"''M. E. Z. 18 43 alle Flecke mit Ausnahme des . s])liärischc Gebilde sind, welche hergepeischt werden, also ungleiche und ungleiclnnässige, sogar retrograde Bewegung haben, ohne dass sich dabei irgend ein System erkennen lässt; in der Ae(|uatorialzone herrschen zwei entgegengesetzte Strömungen, deren eine XII. Nr. lü. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 185 und „GranatHeck" getauft) (südlich vom Acquator) die Flecke rcchtläutig, die andere (nördlich vom Aequator) aber rUckläufi^j;' vor sich hertreibt; die Streifen ändern ihre Breite (ß) und Anordnung bis- weilen in vcrliiütnissniässig- kurzer Zeit; die beiden Granat- flecke (von ndr „Violintleck" wurden bereits im Septem- ber 1894 von mir zuerst wahrgenommen; ihre Bewe- gung und die Veränderung der Streifen in P.rcite wurde von mir durch zahlreiche Messungen festgestellt; die Elliptieität zum mindestens des I. und II. Satelliten wurde wiederholt ganz deut- lich von mir wahrgenom- men. Weitere interessante Wahrnehmungen in Bezug 207 Saturn ain auf die Satelliten werden im nächsten „Report of the Jupiter Section" der „Br. Astr. Ass." veröffentlicht werden. Saturn wurde von mir 44 Mal (551/4 Stunden) be- obachtet und 18 Zeichnun- en aufgenommen, welche Flecke enthalten (Fig. 9 u. 10). Die Realität dieser F'lecke wurde bekanntlich von anderen Beobachtern ziemlich spöttisch in Zweifel gezogen, weil diese selbst sie am Lick-Refractor nicht zu sehen vermochten. Mir gelang es indess durch einen glücklichen Zufall, den Nachweis ihrer Realität in der glänzendsten Weise zu erbringen. Als nändich der Director der Podmauicky - Sternwarte von Kis - Kartal, Herr Anton Wonaszek bei uns 2 Saturnzeiehnungen unmittelbar nach mir anfertigte (ohne die meini- gen gesehen zu haben) , stellte sich heraus, dass dieselben 13 Flecke enthiel- ten, die mit den von mir gezeich- neten vollstän- dig überein- stimmten! Auch heuer wurden wieder alle 8 Satelliten des Saturn wie- derholt gesehen Fig. Saturn am 7. Juli 1896, 9h 20m M. !•:. Z. ^•##«« ••••#• VII Fig. 11. tTranus im Jahre I am 28. Aprir.U'/.i' M. E. Z. II . 12. Juni 11'/, in , 1;». , 9 ' VI „ 20. , 8Va VI VII VIII 20. 20. sogar Mimas ganz nahe beim Antoniadi-Theilungen des Riiif^ die Encke-Theiluni;- fast immer walir- Rin •es (auch von Herrn Ph. Fauth, als er bei uns war), darunter einmal Auch die neuen wurden sehr oft, genommen. Uranus wurde 13 Mal beobachtet und 13 Zeichnungen aufgenommen (Fig gleich zur Entdeckung seiner Rotat in 8'/.! Stunden vor sich geht. Gleichzeitii;' konnte (173/4 Stunden) 11), deren Ver- on führte, die ich die Lage der Uranus-Axe annähernd feststellen, aus der ich fand, dass die Satelliten sich nicht genau in der Acqua- torebene bewegen. Von den Satelliten sah ich die äusseren einmal deutlich, die inneren blieben jedoch zweifelhaft. Neptun wurde nur einmal (7^ Stunde) beobachtet. Nebelflecke uudStern- haufen beobachtete ich 10 Mal (3% Stunden), Fix- sterne 66 Mal (41 1/2 Stun- den) und nach Kometen suchte ich 11 Mal (2674 Stunden). Dem Monde konnte ich nur in den ersten Monaten des Jahres Beachtung schen- ken, daher ist die Zahl der aufgewendeten Stunden (65V2) eine verhältnissmässig bescheidene. Immerhin führ- ten diese Beobachtungen zur Entdeckung von weiteren 400 neuen Objecten (170 Ril- len, 174 Krater, 56 Berge, Hügel etc.), wodurch die Ge- sammtzahl der von mir ent- deckten Objecte auf 870 wuchs: 316 Rillen, 412 Kra- ter und 142 Berge, Hügel etc. Im abgelaufenen Jahre machte ich hauptsächlich auf Rillen Jagd, derart, dass ich es oft nicht der Mühe werth fand, jene neuen Krater und Hügel einzutra- gen, welche nicht unmittel- bar in der Nähe der Rillen lagen. Dadurch erklärt sich die geringe Zahl der neuen Krater und Hügel im Verhältnisse zu jener der Rillen. Viel wichtiger aber als diese leichten Entdeckungen ist jene von wirklichen Veränderungen auf dem Monde, worüber ich in Nr. 43 des vor- jährigen Bandes dieser Zeitschrift ausführlich be- richtet habe. Dort rtndet man auch den Nachweis, dass 4 Rillen und 4 Krater um Hy- ginus N thatsäch- lich neu entstan- den sein müssen. Wenn nun auch die Neubildung von Rillen sehr leicht erklärt wer- den kann, weil l das Zerspringen der Mondober- fläche eine ganz muss die Neubildung von erregen. Nachdem sie sich Fig August 1896, 81i_45"i M, E. Z. V X 1896. V am 2U. Juni V/.'' M. E. Z. 107, 11'/, 10 IX am 23. Juni V/.M M. E. Z. X „ 29. , 10'/, XI . 0. Juli !)'/. XII , a. , lu'/i begreifliche Sache ist, so Kratern schon Nachdenken aber nicht wegleugnen lässt, andererseits jedoch eine Bildung durch vulkanische Ausbrüche ausgeschlossen ist, weil solche sonst von uns hätten gesehen werden müssen, so bleibt nur die Annahme übrig, dass der Mond noeh keine leblose Masse ist, sondern in seinem Inneren noch Kräfte walten, welche sich in der 186 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. XII. Nr. ItJ. Bildung von kraterähnliclicn Objectcn auf der Obcrdächc äussern. Es sind dies wahrscheinlich jene selben Kräfte, welche die sonderbare Form der ganzen Mondoberfläcbe Da die Angaben der beiden Vorjahre nicht ganz genau waren, habe i bewirkten, über die uns aber noch sichere Kcnntniss fehlt. Nachstehende Tabelle enthält die Statistik der einzelnen Mondlandschaften: •h hier die Zahl der in den Vorjahren entdeckten Objecle beigefügt. Beobachtungs- Moiiill.inilscliaften Zahl der 181IÜ Zahl der entdeckten Rillen Krater Hügel etc. Adams Agatharchidcs . . . Albategnins Alphoiisiis Alpcntliiil Arag.i Archiiiu'dos Argelander Ariadaeus Aristoteles Arzachel Asclepi Atlas Autolycus Barrow Bartli Bessel Billy Birt Bonpland Boskovic Bunscn Bürg Campamis Capella Capuaniis Cassini Catharina Cauchy Cavallerius Chladni Cichus Copernieus Ciirtius Cyrillus De Gasparis . . . . Delainbre Dionysius Eratosthcnes . . . . Euclides Eudo.xus Fabrieiiis Foeeuiiditatis Mare Frac.astor Fra Mauro Furnoriiis Ganibart Gassondi Goclonius Grimaldi Grümberger . . . . Guttcniberg Hainzol Halley Hansteen ...... Hase Heinsius Hevel Hippalus Hommol HiiMiormii Marc . ■ Ilygiiius Idcler Jacoby Kaukasus . . . . . Kies Kirclili(;lV Landsberg Lasseil Letronne Lindenau Linn6 2'/, V, 74 '/4 V. '/. 'U '/4 22 11 15 1 27 19 Mondlandschaften Lolirniann LongOMiOMtaiius Liibboclc Lubieniccki Maclcnr Maginus Mallet Maniliiis Mainiers Manziniis Marinus Maury Menelaus Mercator Mcrseniiis Mesaier Metiiis Moretus i\Iöstlin Nicollet Nubiiiin Mare Parry Pentland PctaviiLS Piccoloniini Plato Plinius Polybiüb Posidoniiis y Ptoleniaens Itanisden Kheita Riccioli Ripliiuis d Kitter Körner Sabine Scliickard Schornberger Secclii Segner Serenit;itis Marc . . . . Short Simpeliiis SnclUiis Sosigenes Stoviruis Stöfler Striive Otto Tanneriis Taquet Taruntiiis Thobit Theacthetns Timocharis Torricelli Triesnoeker Tycho Vendelinus Vitello Wallaeo Watt Wrottcsley Zach Zagut Durchniustcrungen . . . Mondfinsterniss 18% = 95 Landschaften 1895 = 5G 1894 = 40 Zusammen Zahl der 1S9G _1 164 Zahl der entdeckten Rillen Krater Hügel etc. a ■A l'/2 174 _2 65 V: 24 170 58 316 - 4 1 174 102 18 10 10 136 412 56 33 U 53 14-2 XII. Nr. in, Natiirwissciisuhiil'tliclic Wocliciisclinlt. 187 Was die bier erwähnte Mondfiusterniss betrifft, (28. Februar) so trug icb darüber Folj,'endes in das Journal ein: „7%— 9V/'; Luft 4— 5 undWollvcn; Ver- grösserung- 40. — Beständige Störungen durcli Wolken. Scbatten war bereits bis zur halben Scheibe vorgerückt. Um 8'' färbte sich der verfinsterte Rand kupferrotli, während überhaupt im ganzen verfinsterten Tbeile alle Objecte ebenso leicht zu unterscheiden waren, wie in der Phase, wenn der Mond ein paar Tage alt ist. Dann zogen al)er beständig Wolken ül)er den Mond, ihn in Dunstschleier hüllend, so dass die Beobachtung sehr darunter litt und namentlich die Objecte im verfinsterten Theil unsichtbar wurden. Um 8V4'' war der Keru- sehatten von Tyeho nur um dessen Durchmesserbreite entfernt, und soweit die Wolken zu sehen erlaubten, Hessen sich noch die hellsten Stellen des verfinsterten 1'heiles wahrnehmen. Um 8'^ 17'" waren Marc Crisium und Tycho bereits ganz verfinstert, doch Hess sich auch der verfinsterte Mondrand wahrnehmen. Soweit die Wolken das beurtheilen lassen, ist der finstere Theil jetzt grau. Um S'' 3()>" 30'^ erhellt sich plötzlich das Bild, in- dem helle Wolken über den Mond zu streichen scheinen, der ganze verfinsterte Theil wird sichtbar und die Ränder erstrahlen bis auf '4 der Scheibe in kupferrother Farbe. Um 8%'' werde ich abgerufen, um den eben ankonmienden Percival Lowell zu empfangen, der dann mit mir zu- sammen beobachtet. Er spricht seine höchste Be- wunderung aus über das scharfe Bild bei so elender Luft. Leider bietet der weitere Verlauf wegen der be- ständigen Bewölkung nichts Besonderes." Veröffentlichungen. Nachdem leider noch das- selbe gilt, was ich im letzten Berichte bez. der Ver- (iffentlicbung meiner Beobachtungen sagte, gebe ich hier- mit als Fortsetzung ein Verzeichniss der im Vorjahre aus meiner Feder erschieneneu Verötfeutlichungen : Astronomische Nachrichten. Kiel. No. 3332. Beobachtungen des nnbeleiichteten Theils der Venus. „ 3347. Zu den Venus-Beobachtungen der Herren Mascari und Cerulli. „ 3358. Sichtbarkeit der Nachtseite des Merkur, (Mit Bilil ) „ 3359. Ueber die Flecke auf dem Aequatorialgürtel des Saturn. (Mit 2 Bildern.) „ 3359. Aufforderung bez. der Granatflecke des Jupiter. „ 3385. Saturn-Beobachtungen an der Manora-Stevnwarte 1S9G. (Mit 16 Figuren.) „ 8387. Uranus-Beobachtungen an der Manora Sternwarte 189G. (Mit 12 Figuren.) „ 3387. Mercur-Beobachtungen an der Manora-Sternwarte 189G. (Mit 20 Figuren). Naturwissenschaftliclie Wochenschrift. Berlin. No. 22. Thätigkeit der Manora-Sternwarte im .laliro 18'Ji. (Mit 7 Abbildungen ) „ 43. Veränderungen auf dem Monde. II. (Mit Bild.) „ 47. Zur Frage der Venus-Rotation. Sirius. Köln und Leipzig. No. 6. Ueber die Sichtbarkeit von schwachen Flecken in grossen und kleinen Fernrohren. „ 7. Merkur. „ 9. Mars. „ 9. Merknr. „ 10. Der Krater g im Innern von Gassendi. Bulletin de la Socie te astronomique di> France. Paris No. 1. Deu.x taches remarqnablcs sur Jupiter. „ 1. L'heniispherc obscure de V'enus. „ 2. Variation des latitudcs sur Jupiter, n G- Saturne d'apres les observations k l'observatoire Manora. (Mit Bild.) n 7. Mesures micrometriques sur Jupiter. „ 8. Visibilite du disque obscnre de Mercure. (Mit Bilil „ 10. Nouveaux canaux sur Mars. (Mit 4 Abb.) Bulletin de la Societe beige d' Astronom ie. Bru.xelles. 11. No. 1. Observations de Saturne, faites ä l'observatoire Ma- nora en 1886. (Mit 2 Abb.) Les Sciences populaires. Paris. No. 2. Les deux taches rouges de Jupiter. (Mit 4 Abb.) ) Observatory. London. No. 239. Rotation of Venus. Naked-eye viows of Mercury. Spots on Saturn. „ 240. Zodical Light-Observations at tbe Manora Observatory. „ 244. Early observations of Mars. „ 245. The two garnet-red spots on Jupiter. „ 247. The Manora Observatory. Journal of tho British Astronomical Association. London. No. 3. Conspicuous spots on Ju])iter. „ 3. Visibility of the dark side of Venus. „ 4. Recent Variation of latitude of the Jovian ludts. „ 5. Recent observations of Ju[>iter. „ G. Air, teleseope and astronomical seeing. „ G. Micrometrical measures of Jupiter. 8. Observations of Satnrn. „ 8. Visibility of the dark side of Mercury. „ 9. Last measures of Ju2Jiter. „ 9. New discoveries near Hyginus. (Mit Bild.) „ 10. Remarks on Saturn. „ 2. The canals of Mars observed at the Manora-Observatory. Memoirs of the British Astronomical Association. London. Vol. IV. Part. II. Observations of Jupiter. English Mechanic and World of Science. London. No. 1609. Work of the ManoraObäervatory in 1895 and latest observations. „ 1629. Report of the Manora-Observatory. Ausser diesen (auch in anderen Zeitschriften vielfach nachgedruckten) 45 wissenschaftlichen, noch 9 Aufsätze und 18 Feuilletons populär - astronomischen Inhalts in „Vom Fels zum Meer", „Ueber Land und Meer", „Prochaskas Illustrirte Monatsbände", „Buch für Alle", „Illustrirte Welt", „Salonfcuilleton", „Neues Wiener Journal", „Tagespost" etc., welche theilweise in vielen (z. B. „Das Räthsel der Marskanäle" in über 70) Blättern der Welt nachgedruckt wurden. Arbeitsprogramm für 1897. Obwohl meine Mars Beobachtungen wegen des elenden Wetters im letzten Winter bedeutende Lücken aufweisen, soll doch dieser merkwürdige Planet so lange als möglich, eventuell bis Juni, verfolgt werden. Jupiter wird nach Miiglichkeit ebensolange beob- achtet werden, doch soll das Hauptgewicht weniger auf Zeichnung als auf Mikrometer-Messungen gelegt werden; namentlich beabsichtige ich möglichst viele Bestimmungen der Länge der beiden „Schultern" vorzunehmen, damit der unermüdliche, wackere Ephemeridenrechner Herr A. Marth in Stand gesetzt sei, den Nullmcridian von der Mitte des Grossen Rothen Flecks nach der rechten Schulter zu ver- legen — entsjircchend meinem Vorsclüage in den „Denk- schriften der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften". Saturn werde ich heuer mehr Aufmerksamkeit schenken als bisher; namentlich wenn er wieder Flecke zeigen sollte. Merknr und Venus sollen beobachtet werden, so oft die Gelegenheit günstig ist und die Zeit es mir gestattet. Sollten es die Umstände erlauben, werde ich das neue Mikrometer auch zu Doppelsternmessungen, zur Be- stimmung der Ellipticität der Jupiter-Satelliten*) und zu j Messungen des Saturn-Ringes und der Planetendurchmcsser benutzen. Die neue Pendeluhr wird mir auch die Beob- achtung von Sternbedeckungen undSatellitenvcrfinstcrungcn besser ermöglichen, als es bisher der Fall war. Auf dem Monde gedenke ich noch gelegentlich nach Rillen zu fahnden und einzelne Landschaften näher zu unteisuchen, namentlich Hyginus und Liune. Auch die Zodiakalli cht - Beobachtungen sollen nicht ganz vernachlä.ssigt werden. *) Dieselbe ist mir bereits gelungen; ebenso war ich im Stande, 12 Messungen des Sirius-Begleiters mit vorzüglichem Erfolge auszuführen. 188 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. XII. Nr 16. lieber Erzeugung von X-Strahlen. II. — Ich habe in meiner ersten Arbeit in No. 31 des vorigen Jahres dieser Zeitschrift die Ergebnisse einer mehr theoretischen Ar- beit niedergelegt, welche im Wesentlichen darin bestanden, dass die Fähigkeit, X-Strahlen auszusenden, wahrschein- lich mit dem Moleculargewicht der die Strahlen aus- sendenden Stoffe wächst, und dass dementsprechend be- sonders Uransalze, namentlich Uranwolframat und grünes Uranoxyd UgOg in der Fähigkeit als Antikathoden X-Strahlen auszusenden dem jetzt ausschliesslich ange- wendeten Platin entschieden überlegen seien. Ich habe nun praktisch im vorigen Sommer diese Resultate zur Construction eines Röntgen-Rohres verwendet, welches sich den besten Platinröhren, die mir vorgelegen haben, als entschieden überlegen gezeigt hat. Zuerst verwendete ich die Uranverbindungen in Form von einfachen Ueberzügen auf Aluminium. Ein Uebel- stand dieser Anordnung bestand jedoch namentlich darin, dass die Uranverbindung unter dem Einfluss der Kathoden- strahlcn zu heiss wurde, sowie darin, dass der üeberzug auf der Unterlage nicht fest genug haftete. Beide Mängel beseitigte ich dadurch, dass ich als Unterlage für die Uranschicht eine ungefähr '/a Centimeter dicke, kleine Platte aus Silber verwendete, um die Erhitzung an der Stelle, wo die Kathodensti'ahlcn sich in einen Brennpunkt vereinigten, möglichst schnell zu vertheilen, und ferner dadurch, dass ich die Uranverbindung durch ein passendes Schmelzmittel auf die Unterlage aufschmolz. Die kugel- förmige Gestalt des Entladungsraumes wurde beibehalten. Da das Uran intensivere X-Strahlen aussendet, als das Platin, so konnte die Oberfläche der Antikathode bei gleicher Intensität der X-Strahlen wesentlich kleiner ge- macht werden als bei Platin, wodurch wieder eine grössere Schärfe der erhaltenen Bilder gewährleistet wurde. Ein Rohr meiner Construction wurde z. B. — weniger stark evacuirt als die gewöhnlichen Platinröhren und also unter für dasselbe ungünstigen Umständen — mit einem be- sonders guten, hoch evacuirten Platinrohr durch plioto- graphische Aufnahmen auf dieselbe Platte verglichen. Zur Prüfung wurde nicht die Aufnahme der Hand gewählt, weil von dieser auch schlechte Röhren scharfe Bilder liefern können, sondern das Armgelenk. Die Aufnahme bei 1 Minute Expositionszeit zeigte auf der- selben Platte bei Anwendung des Uranrohres ganz scharfe Contouren aller Knochenpartien, das Fleisch war ganz durchsetzt nnd die Fleischcontour in Folge dessen ganz schwach. Bei Anwendung des Platinrohres waren die Umrisse der Knochenpartien weit weniger scharf und die Fleischpartien relativ dunkel. Für dieses letztere Rohr war die Expositionsdauer von 1 Minute etwas zu kurz, für das Rohr meiner Construction war sie bereits reich- lich lang. Die Entfernung der pliotographischen Platte von der Antikathode betrug 86 cm, die Funkenlänge des Inductoriums war 25 cm, die primäre Stromstärke ca. 4 Amp. Desgleichen konnte mit dem Uranrohr eine von dem Director des hiesigen Krankenhauses, Herrn Dr. med.Stüler, bei einem Kaninchen künstlich erzeugte Darmstcgnose nach der Kryptomerkurmethode*) sehr leicht ohne photo- graphische Aufnahme mit dem Fluorescenzschirm diagnosti- cirt werden. Das Bild zeigte deutlieh und scharf die Vercngungsstelle des Darms, sowie deren Umgebung und auch wieder schärfer als das Platinrohr unter gleichen Umständen. Damit ist der Beweis erbracht, dass die von mir in *) of. Internationale pliotOKiaiiliisihe Monatssiliiift für Medi- cin und Naturwissensclüiftcn. Bd. 111. Heft 8. meiner ersten Arbeit beiiaujjtete Ueberlegenheit gewisser Uranverbindungen über das Platin sich auch praktisch in der Construction vorzüglicher Rühren bestätigt.*) Dr. Langer-Ohrdruf. „Neue Versuche mit flüssiger Luft'" betitelt sich ein Vortrag, der in der alten Urania zu Berlin von Dr. Paul Spiess zum ersten Male am 1. April gehalten wurde. Er bildet eine Fortsetzung des zuerst von Pro- fessor Linde selbst und dann von Dr. Spiess bisher in der Urania gehaltenen Vortrags über „Flüssige Luft". Nach einer kurzen Auseinandersetzung, auf welchem Princip die Verflüssigung der Luft beruht**), zeigt Dr. Spiess einige Eigenschaften und Wirkungen der flüssigen Luft. Die Flüssigkeit ist in Folge des Gehaltes an fester COg zu- nächst milchig-trübe, nach der Filtration jedoch wasser- hell. Sie besitzt eine andere procentige Zusammensetzung, als die gewöhnliche Luft. Denn während diese bekannt- lich etwa 21 "/o 0 und 79 7o N enthält, ist der 0-Gehalt der flüssigen Luft etwa doppelt so gross wie der N-Ge- halt. Es rührt dies daher, dass das 0 sich eher zu ver- flüssigen beginnt als das N. Bringt man jedoch flüssige Luft mit der gewöhnliehen Temperatur von — 190" unter die Luftpumpe, so dass die Temperatur unter den Siede- punkt fällt, so ist es das N, welches zuerst (bei — 214*') sich als fester Körper in Flocken abscheidet, während das 0 bis- her noch nicht in festen Zustand gebracht werden konnte. Es ist dabei zu bemerken, dass der zuletzt entdeckte Be- standtheil der atmosphärischen Luft, das Helium, das- jenige Element ist, welches den niedrigsten Siedepunkt aufzuweisen hat, sodass es bisher allen Versuchen, es zu verflüssigen, widerstanden hat. Die Temperatur, welche seinem berechneten Siedepunkt entspricht, — 264", also nur 9" absoluter Temperatur, konnte bisher noch nicht künstlich hergestellt werden. Ein Gummischlauch wird bei längerer Einwirkung von flüssiger Luft so fest, dass er, an beiden Enden unter- stützt, ziendich beträchtliche Gewichte, die in seiner Mitte aufgehängt werden, zu tragen vermag, und dass er sich vermittelst eines Hammers in Splitter zerschlagen lässt. Ebenso wird das sonst relativ weiche und unelastische Blei, durch flüssige Luft auf eine sehr tiefe Temperatur gebracht, so hart und elastisch, dass man es als Jlaterial für eine elektrische Klingel l)enutzen kann. Eine Eigen- thümlichkeit des Stahls besteht, wie Dcwar gezeigt hat, darin, dass er unter dem Einfluss der sehr tiefen Tempera- turen eine fünfmal grössere magnetische Kraft entwickelt als bei gcwcihnlicher Temperatur. Es ist dies um so auf- fälliger, als weiches Eisen, in gleicher Weise abgekühlt, erheblich an magnetischer Kraft cinbüsst und auch sonst alle physikalischen und chemischen Proecsse unter Ein- wirkung derartiger Kälte viel träger und langsamer ver- laufen. Auch die letztere, schon von Pictet erforschte Erscheinung führt der Vortragende an einem Beispiel vor, indem er zeigt, dass eine der Iciclitesten und selbstver- ständlichsten Reactionen, die lebhafte Einwirkung von metallischem Natrium auf Salzsäure, ausbleil)t, wenn letztere durch flüssige Luft auf eine sehr niedrige Tem- peratur gebracht worden ist: unbeweglich schwimmt das Stück Natrium in der HCl, bis diese sich allmählich wieder auf etwa — 100" erwärmt hat, worauf endlich die Reaction erfolgt. Die flüssige Lutt selbst besitzt, wegen ihres reich- lichen 0-Gelialtes, stark magnetische Eigenschaften und steigt an den Rändern der einschliessenden Glasröhre *) Hergestellt worden diese Röhren in der bekannten Fabrik von E. Gundelacli in Gelilberf; in Thüringen. **) S. „Natiirw. Woehensclir." Bd. XII, No. 7. XII. Nr. 16. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 189 hoch hiiiaut^ wenn man diese zwischen die Pole eines starken Hufeisenmagneten bringt. Eine der eigenartigsten und seltsamsten Wirkungen flüssiger Luft, welche von Dewar zuerst beobachtet und von Spiess genauer untersucht wurde, besteht darin, dass alle nicht metallischen Gegenstände zu phos- phoresciren vermögen, wenn sie mit flüssiger L u f t b e h a n d e 1 1 w 0 r d e n s i n d. Der Vortragende tränkt z. B. ein Stück gewöhnlicher Baumwolle mit flüssiger Luft, setzt es alsdann einige Secunden den Strahlen einer starken elektrischen Projectionslampe aus und zeigt, wie alsdann die Baumwolle in intensiv indigoblauem Lichte phosphorescirt. Sehr hübsch bemerkt er dazu, dass das eine „Polargebiet der Naturwissenschaften", wie Raoul Pictet die Region der tiefsten Temperaturen bezeichnet, mit den Polargebieten der Erde nicht nur Erstarrung aller gewohnten Vorgänge, sondern auch ungewohnte Lichteft'ecte theilt. Der Vortrag nimmt unter den vielen guten Darbie- tungen der Urania zweifellos eine der ersten Stellen ein, und jedem, der Gelegenheit hat, ihn zu hören, kann nur gerathen werden, diese nicht vorübergehen zu lassen. Dr. Spiess ist ein vorzüglicher Experimentator und weiss mit der Sicherheit und Geschicklichkeit, welche seinen Versuchen zu eigen sind, eine ebenso verständliche wie fesselnde Vortragsweise zu verbinden. H. Wetter -Monatsübersicht. Der diesjährige März ver- lief in ganz Deutschland mild, jedoch war er ziemlich trübe und reich au starken Winden und Niederschlägen. Während der ersten Hälfte des Monats vermochte die Wieder- erwärmung der Luft, welche um Mitte Februar in rascher Weise begonnen hatte, lange Zeit hindurch keine weiteren Fortschritte zu machen. Wie aus der beistellenden Zeich- nung ersichtlich ist, sanken die Temperaturen sogar an- S*"^ j^ärx 189 r. ^^ emperaturcn im ^^^^ fagtiches Mammum, tjei Mimmum 8 Uhr Morgens, 1897. 8 Uhr Morjens.normal 1.Män 6. 11 16. 21. 26. 31. fangs und bliel)en dann in der westlichen Hälfte von Norddeutschland ein wenig unter ihrem normalen Werthe, währen(l im Osten wegen Mangeis an Sonnenscliein sich nicht einmal die Mittagstemperaturen auf ;j" C. erheben konnten. Aber kurz vor der Monatsmitte trat allgemein eine sehr bedeutende Temperatursteigerung ein, und wenn auch nach dem 18 März eine neue Abkühlung folgte, bei der die Temperaturen in Nordostdeutschland auf ihre vorigen Werthe zurücksanken, so ging diese doch rasch vorüber und es blieb dann bis fast zum Schlüsse des Monats verhältnissmässig warm. Am 23. überscin-itt zum ersten Mal in diesem Jahre das Thermometer zu Mül- hausen i. E., am folgenden Nachmittage bereits au der Mehrzahl der süddeutschen Stationen 20* C. Vom 29. zum 30. fand nochmals ein jäher Kälterückfall statt, und in den letzten zwei Nächten des Monats herrschte in vielen Gegenden Deutschlands leichter Frost. Die Mitteltempe- ratur des März übertraf jedoch überall ihren langjährigen Durchschnitt, in den nordwestlichen Landestheilen um reichlich einen Grad, in den nordöstlichen beinahe um 2 und um 2\/2 Grade in Süddeutschland. Indessen trugen zu diesem Ergehnisse viel mehr die warmen südwest- lichen Winde als die Sonnenstrahlung bei; denn während des ganzen Monats hatten beispielsweise Berlin nur 77, Potsdam 82 Stunden, dagegen im März 1896, dessen Temperaturen sehr wenig höher als in diesem Jahre waren, Berlin 107, Potsdam 104 Stunden mit Sonnenschein zu verzeichnen. Die vorherrschende Südwestströmung des Monats machte sich gleichfalls in den reichlichen Niederschlägen bemerkbar, welche im Norden anfangs noch grossentheils als Schnee, später überall fast ausschliesslich als Regen fielen. Dieselben waren nach beistehender Darstellung \^ ^öf?c de* >fi[ed(zr;3;cl2fäge qj an jedem .iTiärztage 1897. 1«l>n B n 16. I i I I I I Nortwsstieufschlanil 1 I 1 I I — S4 26. 3t cy^ Summe ii7iMar3 1897 96. 95. 91. 93. 9Z snissspi8:s!Sis: Ulljrz 6 1 1 1 1 1 1 M 1 1 1 1 M 1 1 1 1 ' ' ■ ' 1 1 1 1 1 1 Nordosfiieursclilanil _ 1 ''II 1 it Li '^ ' T IHIihIhI ■iB—tBi^i.^ u^Ji! ^l^ll: in Norddeutschland, namentlich östlich der Elbe, während der ersten Hälfte des März geringer, in Süddeutschlaud hingegen häufiger und etwas ergiebiger als in der zweiten. Ihre Gesannntmengen waren am grössten an der Nordsee- küste, wo sie an verschiedenen Stellen 100 Millimeter über- stiegen, am kleinsten in der Provinz Ostpreussen. Die für den Durchschnitt aller Stationen sich auf 70,1 Jlillimeter be- ziffernde Monatssumme übertraf die entsprechenden Nieder- schlagssummen für den März der vorangegangenen Jahre mit Ausnahme des letzten. Dass der vergangene März somit im Ganzen einen ziemlich einheitlichen Witterungscharakter besass, ent- sprach den geringen Aenderungen, welche auch die all- gemeinen Luftdruckverhältnisse Europas im Wesentlichen nur zeigten. Während des ganzen Monats ersciiienen zahlreiche atlantische Barometerdepressionen bei den hri- 190 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. XII. Nr. 16. tischen Inseln, wo sich dieselben anfänglich meistens in zwei Hälften theilten, von denen die einen nordostwärts nach dein norwegischen Meere, die anderen südostwärts nach Mitteldeutschland zogen. Eine solche, besonders tiefe Depression veranlasste am 3. und 4. in England, Frankreich und längs der Nordseekttste sehr heftige Süd- weststürme, die von Regen-, Schnee- und Hagelschauern begleitet waren. Da aber gleichzeitig in Nordwestruss- land und Scaudiiiavien ein Hochdruckgebiet lagerte, in dessen Innerem die Temperaturen noch oftmals bis — 20° C. und tiefer herabstiegen, so traten nach dem Vorübergange jedes Theilminimums in Deutschland für kurze Zeit sehr kalte Nordostwinde auf. Erst um Mitte des Monats wurde das Maximum sttdostwärts in das Innere Russlands gedrängt, so dass jetzt die oceanischen Minima das scandinavische Festland betreten und in Deutschland die südwestlichen Wiude allein die Herr- schaft behaupten konnten. Diese wuchsen am 18. wieder zu schweren Stürmen an, während eine Thcildepression von der Nordsee nach der Ostsee fortsehritt; an der Station Uslar im Solling erreichte die Windgeschwindig- keit 28 Meter, am 19. März zu Hamburg in einzelnen Böen 25 Meter in der Secunde. An beiden Tagen traten, für die küstenfernen Gegenden sehr frühzeitig im Jahre, un- gewöhnlich zahlreiche Gewitter auf, welche besonders am Rhein grossen Schaden anrichteten und auch einige Opfer an Menschenleben erforderten. Bis zum 22. März blieb, obwohl inzwischen ein Maximalgebiet von Frankreich nach Mitteleuropa vor- gerückt war, das Wetter in Deutschland fast dauernd trübe. Dann folgte, während verschiedene Depressionen von Schottland zur Ostsee zogen, eine äusserst unbe- ständige Witterung, zwar mit mehr Sonnenschein, der jedoch mit ergiebigen Regenschauern und gegen Schluss des Monats mit Schneefällen sehr häufig abwecliselte. Die Gewitter wiederholten sich am 28. in Süddeutschland, am 29. in vielen Theilen Norddeutschlands. Auch die star- ken Südwestwinde nahmen wieder beträchtlich zu. Durch die Heftigkeit derselben wurden im Laufe des Monats die Lungen- und Kehlkopf leidenden sehr hart bctrotVen; für die Feldarbeiten wie die Saatenentwiekelung aber war ihre AVärme und Feuchtigkeit durchaus fördersam, so dass die Getreide- und Mehlpreise nicht unerheblich zurückgingen. Dr. E. Less. Es habilitirte sich: Dr. Hermann Hecht für Keramik au der technischen Hochschule zu Charlottenburg. Es starben: Der ordentliche Professor der Gynäkologie in Tübingen Dr. Johannes von Säxinger; der Mathematiker Dr. Ernst Bardey in Bad Stuer (Mecklenburg). Aus dem wissenschaftlichen Leben. Ernannt wiirdt'ii: Der ausserordentliclie Professor in der medizinischen Facultät zu Königsberg, Medizinal- Assessor und Stadtphysikus Dr. Seydel zum Medizin üratli; der Privat-Docent der ^Iineralogio in Tübingen Dr. Wülfiug znm Professor; der Privat-Docent für Thiercliemiu und Assistent am physiologischen Institut zu Leipzig Dr. Ma.x Siegfried zum Professor; der Pro- fessor für Chemie, Mineralogie und chemische Technologie an der Miinchener Industrieschule Dr. Andreas Lipp zum ordentlichen Professor für analytische und angewandte Chemie an der tech- nischiTi Ilochscluile daselbst; der Privatdocent für Frauenheilkunde in Strasslnirg Dr. Ernst Levy zum Professor; der ausser- ordentliche Prof'ess(U- der Pharmakologie in (Charkow Dr. Pop o w zum ordentlichen Professor; de Boer zum Bibliotliekar an der UuiversifätsRibliothek zu (ironingon. Berufen wurden : Der Privat-Docent der Pathologie in Strass- burg Dr. Karl .Jacoby ins Kaiserl. Oesundhoitsamt nach Berlin ; der Privat-Docent der Mathematik in Leipzig Dr. Georg Seh ef fers als ausserordentlicher Professor an die technische IIocli.0 Mark. Fleischmann, Prof. Dr. A., Lehrbuch der Zoologie. Wiesbaden. — 3,60 Mark. Gillmer, M., Elemente der Algebra. Ilmenau. — 6 Mark. Hagemann, Prof. Dr. Geo., Elemente der Philosophie. III. Psycho- logie. Freiburg i. B. — --',80 Mark. Henoch, Geh. Med.-R. Prof. emer. Dir. Dr. Ed., Vorlesungen ülx-r Kinderkrankheiten. Berlin. — 17 Mark. Kahlbaum, Geo. W. A. und Aug. Hofifmann, Die Einführung der Lavoisier'schen Theorie, im Besonderen in Deutschland. Leipzig — 4 Mark. Kiepert, Dr. Rieh, und Max Hoisel, Usaramo, Ukami und die Uluguru-Berge. Berlin. — 18 Mark. Michel, Prof. Dr. Jul. v.. Klinischer Leitfaden der Augenheil- kunde. Wirsbadrn. — G Mark. Naumann, Carl Frdr., Elemente der Mineralogie. 1. Hälfte: Allgemeiner Theil. Leipzig. — 7 Mark. Schmidt, Dr. Eug. v.. Zum Begrifl' und Sitz der Seele. Frei- Inirg i. B. — 1 Mark. Schmiedeknecht, Dr. O., Das Studium der Braconiden nebst einer Revision der europäischen und benachbarten Arten der Gattungen Vipio und Braeon. Neudamm. — 1 Älark. Schweinfurth, G., Die Umgegend von Heluan als Beispiel der Wüsten-Denudation. Berlin. — 8 Mark. Vogt, J. G., Das Wesen der Elektricität und des Magnetismus auf Grund eines einheitlichen Substanzbegriifes. Leipzig. — 2,.'j0 M. Wegener, Geo., Zum Ewigen Eise. Berlin. — 6 Mark. Inhalt: Leo Brenner, Thätigkeit der Manora-Steruwarte im J mit flüssiger Luft. — Wetter-Monatsübersicht. — Aus dem Lebensgeschichte Cuvier's. — Dr. Ludwig von Amnion, Die Flora des österreichischen Küstenlandes. — Jahres-Katalog p ihre 1806. — Ueber Erzeugung von X-Strahleu. — Neue Versuche wissenschaftlichen Leben. — Litteratur. — Karl Ernst von Raer, Gegend von München geologisch geschihlert. — Eduard Pospichal, ro i8!)7 der Wiener Kryptogamen-Tauschanstalt. — Liste. 192 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. XII. Nr. 16. R. 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Der Vierteljahrspreia ist .i( 4.— <3f> sprechenden Rabatt. Beilagen nach Uebereinkunft. Inseratenannahme BringeKeld bei der Post 15 ^ extra. Postzeitungsliste Nr. 4954- -1^ bei allen Annoncenbureaux wie bei der Expedition. Abdruck ist nur mit vollständieei- ^nellenansabe gestattet. Das Sterben der Individuen als Auslese-Vorgang. Rode, gehalteil von Prof. Dr. C. H. Kuhn beim Antritt des Rectorates der Universität Amsterdam. Vom Verfasser durchsresohone Uebcrsetzuusr. In jedem, der schon iu der Niihe beobaclitet hat, wie der Tod inmitten der Bevölkerung- einer grossen Stadt umgeht, haben sich gewiss — und wäre er die Ge- fühllosigkeit selbst — Fragen geregt, die durch nichts anderes mit so peinlicher Schärfe gestellt werden. Sie können mir sicher glauben, es fällt nicht leicht, angesichts des scliweren Druckes und Jammers, die auf so manchem Entschlafenen gela.stet hatten, die Frage zu unterdrücken: Wozu dies alles, warum diese Grausamkeit? Doch will ich nicht versuchen, diese Frage hier zu beantworten. Ich führe sie nur au, um mit La Uruyere zu scherzen: „dass alles schon gesagt ist, und dass man zu spät kommt, nachdem schon sieben tausend Jahre lang Menschen gelebt und gedacht haben!" Einen Mangel an Ernst sollen Sie darin nicht sehen. Es soll Ihnen nur zeigen, dass mir allerdings für den Augenblick eine Antwort überflüssig erscheint. Ganz anders ist es aber mit einer zweiten Frage, die mit nicht geringerem Nachdruck durch eine unabseh- bare Reihe von Todten vorgelegt wird: Wozu führt dies allesV Mit dieser hat man .sich bisher nur wenig befasst. Man hat sich mit der schon in alten Zeiten allg-einein ge- wordenen Ucberzcugung zufrieden gegeben, dass das Sterben der Individuen dieselben eben verschwinden lässt. Den Dichtern hat man überlassen zu besingen, den Geschichtschreibcrn, den Philosophen und Moralisten aus- einander zu setzen, welche Folgen sich an das Sterben der Individuen knüpfen für den engeren oder weiteren Kreis, dem sie einst angehört hatten. um den Eintluss, den das nach längerer oder kürzerer Zeit erfolgende Verschwinden eines jeden Individuums auf die Gesammtheit der üebe riebenden übt, bekümmerte man sich wenig. Fast alle beschränkten sieh auf die vage Meinung, dass „jeder Mensch zu seiner Zeit Platz machen muss für einen anderen." Die meisten dieser unbewussten Vorläufer von Malthus würden heute wohl zu denjenigen seiner Gegner gehören, die ihn unter dem Wahlspruch: „Raum für alle hat die Erde" am heftigsten bekämpfen. Doch fehlt es keineswegs an allen Anhaltspunkten zur Beantwortung unserer Frage, die vielleicht am besten so gestellt wird: Welchen Einfluss übt das Sterben der Individuen auf die körperlichen und geistigen Eigenschaften der Menschheit aus? Jeder weiss, dass ganze Volksstämme ausgerottet worden oder ausgestorben sind. Jeder begreift, dass unser reichverzvveigter Stammbaum dabei jedes Mal einen Ast oder Zweig für immer verloren hat. Was die Ursachen dieser Erscheinung angeht, so hat die Erfahrung bewiesen, dass das berüchtigte „Feuerwasser" und Anstecknugs- stoffe aus der civilisirten Welt ganze Volksstämme eben- so rasch austilgen können, wie Pulver und Blei. Darüber hat vielleicht schon mancher nachgedacht bei der Er- zählung Alex, von Humboldt's von dem Papagei, dem letzten Wesen, das sich der Sprache eines eben aus- gestorbenen Volkes bediente. Meistens aber lassen sich für das Verschwinden ganzer Gruppen von Menschen keine solche greifbare Gründe angeben. Bis vor Kurzem lagen diese im Gegen- theil beinahe vollkommen im Dunkeln für alle die Fälle, wo bei dem Zugrundegehen eines Menschenschlags minder grobe Einflüsse im Spiel waren. Von den Folgen wusste man so viel wie nichts. Niemand vermuthete, dass das Sterben der Individuen, sogar aus unserer Umgebung, einen gewissen Bestandtheil der Bevölkerung hinwegsinken lässt, und so allmählich einen anderen Schlag von Menschen zum Vorschein bringt. Doch machen Untersuchungen, die im Grosshcrzog- thum Baden ausgeführt wurden, dies auch für andere Länder iu hohem .Maasse wahrscheinlich. Was ich sagen will, kommt in kurzen Worten darauf 194 Naturwisseuscliaftliche Wocbeuschrit't. XII. Nr. 17. hinaus, dass allerdings in civilisirteu Ländern das Stadt- leben mehr und mehr die Individuen von der Welt ver- schwinden lässt, die an Geistesanlagen den anderen über- legen sind. Ein noch unerklärlicher Zusammenhang zwischen den Geisteskräften und dem Körperbau, namentlich der Schädelform, hat es ermöglicht, diesem Process ge- wissermaassen auf dem Fuss zu folgen. Darum hal)e ich kein Bedenken getragen, auf diesen Gegenstand heute Ihre Aufmerksamkeit zu lenken. Denn bei solcher Gelegen- heit soll unser Interesse nicht so sehr für das in Anspruch genommen werden, was schon über alle Zweifel er- haben, was schon reife Frucht ist, als für die junge Knospe, die vielversprechende, die sich eben ötfnet. In meiner Studienzeit wurde, und nicht blos durch begeisterte Studenten, mit Wärme das Wort verkündigt: „Die Sprache ist das Volk." Durch den Lauf der Geschichte Lügen gestraft, ist dieses Wort verklungen, bedauert von den einen und ver- abscheut von den anderen. Es hatte kaum Anspruch auf solche Ehre, es beruhte auf einem doppelten Irrthum. üms Jahr 1835 hatte Wiseman gemeint, in dem Ge- brauch derselben Sprache das Kennzeichen der Rassen- eiuheit gefunden zu haben. Demnach sollte das Sprechen derselben Sprache anzeigen: Gleichheit der Abstammung, Zusammengehörigkeit kraft körperlicher Verwandtschaft. Erster Irrthum! Ein Volk, dieses Namens würdig, müsste darnach aus einer riesenmässigen Familie be- stehen, aus einer Rasse, und umgekehrt müsste eine Sprache das Volk kennzeichnen? — - Nein! — Zweiter Irrthum, und fürchterliche Uebertreibung dazu ! Es ist darum wohl erlaubt, ohne Umschweife der klingenden Phrase die Thatsaclie gegenüber zu stellen, dass noch nirgends in der Welt ein einziges Volk ange- troffen wurde, das sich der Rassenreinheit rühmen konnte. Selbst das „alte Volk", obwohl mit Recht gerühmt wegen seiner Anhänglichkeit an die Väter, besitzt jenen Vorzug nicht. Bewiesen ist dies vor allem, aber nicht ausschliess- lich, durch anatomisch-anthropologische Untersuchungen. Religiöse Vorschriften erwiesen sich ebenso wirkungslos die Kreuzung zu verhiudern, wie drakonische Strafbestim- mungen. Wohl giebt es Umstände, die die Kreuzung hemmen können, aber viel muss man davon nicht er- warten. Was unter anderra die Geschichte von Süd- afrika darüber lehrt, grenzt an das Unglaul)liche. Die Kreuzung, aus der die gegenwärtigen Bowolincr von Europa hervorgegangen sind, hat in verschiedenen, aber sagenhaft alten Zeiten begonnen. Sie wird in immer grösserem Maasse bis auf den heutigen Tag fortgesetzt. Darum werden unter uns so selten Individuen geboren, die das Ganze der Kennzeichen einer Rasse rein und vollständig aufzeigen. Nur noch sogenannter Atavisnuis kann solche entstehen lassen. Allerdings erinnert, wenigstens in West-Europa, das jüdische Element der Be- völkerung die grosse Menge noch immer lebendig an die einstmals so tief eingreifende Bedeutung der Rassenver- schiedenheiten, aber trotzdem geht die weitere Ver- mischung ihren Gang. Die Folgen sind nicht ausgeblieben. Zum Acrgerniss des Antin-opologen de Lapouge. Dieser klagt: „In unseren Städten sehen wir nur Subjecte mit hellen Augen und dunkeln Haaren, und umgekehrt: lange Gesichter, verbunden mit runden Schädeln, Züge, die eigentlicii für ein anderes Gesicht geschaffen sclioinen, die Nase zu kurz und die Mundöffnung zu breit, das Kinn zu gross. Die Arme sind zu kurz für die Beine und die lieinc zu lang für den Rumpf. Der Bart bat einen anderen Typus als das Haupthaar; die Nase ist manchmal zu lang auf der einen, zu kurz auf der anderen Seite, die Scheidewand schräg, beide Augen sind verschieden gefärbt, die Aug- äpfel stecken in nicht dazu passenden Höhlen. Es scheint in der That, als ob die Menschen demselben Schönheits- Ideal nachjagten, wie .... der Strassenhuiid!" Solche Verstimmung erscheint befrenullieh, Beobach- tungsgabe kann jedoch de Lapouge unmöglich abge- sprochen werden. Wie dem auch sei, die bis ins Unnenn- bare fortgesetzte Kreuzung möge die Menschheit entstellt haben oder nicht, soviel ist deutlich, dass dieser Process keineswegs zur Gleichheit und Gleichförmigkeit ge- führt hat. Wundern kann uns dies nicht. Seilen Alfons X., der Weise von Castilien, ein mci-kwürdiger Mann, der unter anderem eine Sternwarte errichtete und das Erlirecht neu gestaltete, liess seine Höflinge immer vergeblich nach zwei vollkommen gleichen Blättern eines Baumes suchen. Wenn verhältnissmässig so einfache Gebilde stets ungleich sind, dann kann dies bei dem verwickelten Bau des Menschen nicht anders erwartet werden. Selbst wenn wir den alten aprioristischen Satz, dass Ungleichheit ein unerlässliches Kennzeichen der objectiveu Realität sei, als nicht beweisbar erachten sollten, so sind wir doch durch die Erfahrung gezwungen, zu erkennen, dass alle Dinge, seien es Gegenstände oder Organismen, von einander noch durch mehr verschieden sind, als durch den Ort und den Zeitpunkt, an denen sie wahr- genommen werden. Hieraus folgt unmittelbar, dass die berührte Ver- schiedenheit gross genug ist, um von uns bemerkt werden zu können. Freilich, jeder Tag zeigt uns aufs Neue, wie leicht menschliche Individuen sich von einander unterscheiden lassen. Wir haben von frühester Jugend auf soviel Anleitung, uns darin zu üben, dass wir ohne grosse Mühe die Eigenthümlichkeiten rasch auffassen imd uns einprägen, obschon sie grossentheils von so subtiler Art sind, dass wir sie nach Galton's richtiger Bemerkung weder messen, noch beschreil)en können. Die tiefe Lage eines Auges, der Verlauf einer Wangen- linie, der Klang einer Stimme, die Art einer Haltung, lassen sich durch Worte nur annähernd angeben. Ein Blick lehrt uns die beweglichen Formen der Menschen- gestalt genauer kennen, als ganze Reihen von Beschrei- l)ungen mit Zirkel und Gradbogen. Nichts desto weniger hat Bertillon in Paris darthun können, wie es möglich ist, ein Individuum mittels weniger, aber genauer Angaben wieder zu erkennen. Die dabei befolgte Methode ist genügend bekannt. Man verschafft sich die Angaben theils durch Messung, theils durch ein für allemal festgestellte Farbenskalen, endlicli, aber nicht zum mindesten, durch eine systema- tische Beschreibung einer jeden Besonderheit, die, ohne zu den normalen Eigenschaften des Menschen zu gehören, bei dem untersuchten Individuum bemerkt wird. Die Brauchbarkeit dieser Methode kann ganz gewiss als erwiesen angesehen werden; ül)er ihre Zuverlässig- keit in allen denkbaren Fällen wird aber meines Er- achtens erst eine grössere Erfahrung ein Urtheil gestatten. Eine vollständigere Untersuchung, als sie an Lebenden ausführbar ist, hat aber bereits den Beweis geliefert, dass zwischen zwei Individuen, auch wenn sie einander auf das sprechendste gleichen, doch immer sehr merkbare Unterscliiede bestehen. Erlauben Sie mir, Ihnen darüber einiges flüchtig mitzutbcilen. Ich werde so Gelegenheit tiiulcn, und eben XII. Nr. 17. Naturwisseuschaftlichc Wochenschrift. 195 darum ist es mir zu thun, .Sie ;uit die ürsaelieii liiii- zuweiscn, von denen die Versehietlenlieiten der Menschen abhängen. Es ist eine bekannte Sache, dass Zwillinji-e, be- sonders solche des gleichen Geschlechtes, sosehr einander gleichen können, dass sogar ihre eigene Mutter nur mittels künstlich angebrachter Kennzeichen im Stande ist, sie nicht mit einander zu verwechseln. Auf die ko- mische Seite einer solchen verwirrenden Gleichheit wird in vielen Anekdoten l^ezug genommen. Die folgende ist aber, wie ich glaube, historisch. Zwei Schuljungen, ein Zwillingspaar, gaben durch ihre tollen Streiche Anlass zu Klagen; aber die Jungen selbst wollten niemals bekennen, wer von ihnen der Schuldige war, und ihre Ankläger wussteu auch nicht recht, welcher von beiden sich vergangen hatte. Einer ihrer Lehrer pflegte dann zu versichern, dass er niemals einen Unschuldigen fin- den Schuldigen strafen wolle; ein anderer Lehrer züch- tigte sie — abwechselnd? nein, stets alle beide! Galton, dem dies entlehnt wurde, ist, wie ich glaube, bis jetzt der einzige, der die üebereinstiunnung von Zwillingen ernstlich und gehörig untersucht hat. In seinen Abhandlungen sucht man aber vergeblich nach scharf umschriebenen anatomischen, oder, wenn Sie lieber wollen, morphologischen Angaben. Die Ge- legenheit, solche vollständig und bis ins, einzelne festzu- stellen, bietet sich selten. So habe ich nur einmal ein Zwillingspaar genauer studiren können. Die Gleichheit der beiden Kinder, Mädchen, war so gross, dass man sie nach dem Aeusseren nicht unterscheiden konnte. Beide waren, bis dahin scheinbar gesund, zur gleichen Stunde unter denselben Krankheitsersclieinungen gestorben. Wegen des Verdachtes einer Vergiftung erfolgte die ge- richtliche Obduction. Obgleich nun beide derselben Krankheit erlegen waren, und obgleich bei beiden dieselbe sehr seltsame angeborene pathologische Abweichung gewisser innerer Organe (der Eierstöcke) bestand, so war doch nichts leichter, als zwischen diesen Kindern zahlreiche Punkte der Verschiedenheit, sowohl im Skelettbau als in anderen Hinsichten, nachzuweisen. Dies war sogar dcnnaassen der Fall, dass eigentlich beinahe bei allen gleichnamigen Organen bei näherer Besichtigung die Verschiedenheit in die Augen sprang. Mich dünkt, ich höre bereits einwerfen, dass das An- gefühlte nicht besonders wichtig erscheine, indem es be- kannt genug ist, dass bei den Thieren die oft zahl- reichen Jungen eines Wurfes sehr merkbar von einander verschieden zu sein pflegen. Die Bemerkung wird wohl nicht ganz zutreffend sein, aber doch einen Tunkt berühren, dem Galton zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt hat. Zwillinge entstehen keineswegs immer auf dieselbe Weise. Zuweilen werden sie bei den Menschen durch die nämlichen Umstände hervorgerufen, welche die Mehrzahl der Geburten bei den Thieren bestimmen. Aber durch Rijder wissen wir, und zwar mit der grössten Wahrscheinlichkeit, dass Zwillinge noch auf eine ganz andere Weise sich entwickeln können. Für Doi)pelmissgeburten, mehr oder weniger mit ein- ander verwachsene Zwillinge, wie die bekannten Siamesen Chang und Eng, hat Rijder dies streng bewiesen. Aus einer einzigen Eizelle mit einem Kern (Nucleus) und einem Kernkörperehen (Nucleolusj, befruchtet durch eine einzige Spermatozoide, glückte es ihm, künstlich Doppel- wesen entstehen zu lassen. Diese waren zum Beweise ihrer Herkunft aus einem Ei an eine gemeinschaftliche potter- oder Nährblase angeheftet, während beide Körper in gr("tsserer oder kleinerer Ausbreitung zusammenhingen. Rijder konnte solche Doppelwesen willkürlich zum Vorschein bringen, indem er befruchtete Salm-Eier während der ersten Entwickelungsstadien stark schüttelte. Wiederholt habe ich dergleichen menschliche Doppel- wesen untersuchen können, und darunter mehrere Fälle, wo beide sehr viel inniger zu einem Ganzen vereinigt waren, als die schon genannten Chang und Eng. Einige davon besassen gemeinschaftlich nur ein Herz und eine Leber. Auf Grund der soeben angeführten Experimente dürfen wir von solchen Wesen mit grosser Wahrschein- lichkeit annehmen, dass sie sich gleichermaassen aus einem einfachen Ei durch Befruchtung einer einzigen Sperma- tozoe entwickelt haben. Um so gewichtiger ist, dass auch die beiden Indi- viduen eines solchen Doppelwesens von einander ver- schieden sind durch Ungleichheit gleichnamiger Organe. In einem Fall fand ich unter anderem, dass die vier, übrigens regelmässig geformten Ohren alle merkbar von einander abwichen. Die Form und der Bau des Ohrs, worauf manche Psychiater und Criminal-Anthropologen so grossen Werth legen, sind dadurch als sehr wechselnd bewiesen. Galton 's Untersuchung über die Eigenschaften von Zwillingen hätte bedeutend an Werth gewonnen und noch belangreichere Ergebnisse geliefert, wenn er hätte mit- theilen können, von welcher Abweichung in dem gewöhn- lichen Verlauf des Zeugungsprocesses die Zwillings- geburten in jedem seiner Fälle die Folge waren. Von andrer Seite wurden Thatsachen mitgetheilt, die nicht allein über den Körperbau, sondern auch über das Geistesleben von Doppelmissgeburten einiges Licht verbreiten. Im vorigen Jahrhundert wurde in Pressburg solch' ein Doppelwesen geboren, das 22 Jahre lebte. Beide Individuen waren weiblichen Geschlechts und ihre Brust- körbe an der Rückseite so aneinander geheftet, dass die Schwestern sich niemals ansehen konnten. Das untere Ende des Darmkanals war beiden gemeinschaftlich, sonst hatte jede ihre besonderen Organe. Ebenso verschieden von Humor, wie von Aussehen, missbrauchte die Stärkere ihre Kraft häufig gegen die andere. Manchmal war die eine krank, während die andere gesund blieb. Die eine war schön, sanft, still und wenig sinnlich; ihre Schwester dagegen hässlich, muthwillig, streitsüchtig, heftig und feurig. Der Krakeel zwischen beiden wiederholte sich so häufig und nahm theilweise einen so bedenklichen Charakter an, dass der Cardinal von Sachseu-Zeitz sie in ein Kloster aufnehmen und unablässig bewachen Hess. Ich möchte es hiernach für überflussig halten, die mehr intime Lebensgeschichte von Chang und Eng zu erzählen. Es soll nur bemerkt werden, dass dieselbe auf das nämliche hinauskam. Auch sie waren oft erbost auf einander und zwar meistens auf Veranlassung von Kleinig- keiten. Sie wurden aber selten handgemein und stachen dadurch zu ihrem Vortheil von den Pressburger Schwestern ab; Weiberhasser werden dies mit einigem Interesse ver- nehmen, und Menschenkenner verwundern sich über nichts. Woher nun diese Verschiedenheit an Körper und Geist zwischen Individuen, die doch ihr Leben lang in so vollkommen gleichen Umständen lebten und obendrein von so gleicher Abkunft waren? Walter Heape hat einen Versuch vollbracht, der ein Meisterstück der Experimentirkunst genannt zu werden verdient. Er hatte den Einfall, schon befruchtete und zur beginnenden Keimung gekommene Säugethiereier aus dem Mutterthier zu entnehmen und sie darnach voll- ständig durch ein anderes Weibchen zur Entwickelung bringen zu lassen. Die Sache ist in kurzen Worten diese: Angora- 196 Natnrwisseiiscli.i et liehe Woclicnschrift. XII. Nr. 17. Kaninchen sind von Kaninchen anderer Rasse leicht am Pelz zu unterscheiden. Heapc entnahm nun einem Angora- Weibchen, nach- dem es durch einen Rassegenossen belegt war, zwei be- fruchtete Eier und brachte diese an den bestimmten Platz bei einem Weibchen der gewöhnliciien Rasse, dessen Schwangerschaft ebensoweit vorgeschritten war. Als nun dieses letztere die Jungen warf, gehörten vier davon zu der gewöhnlichen Rasse, wogegen die beiden übrigen alle Kennzeichen der Angora-Rasse aufzeigten. Treffender kann wohl nicht bewiesen werden, wie wenig Einfluss das Mutterthier während der Schwanger- schaft auf die Eigenschaften des jungen Individuums ausübt, das sich aus der befruchteten Eizelle bei ihm bildet. Der embryonale Entwickelungsprocess ist dem- nach, wenigstens in qualitativem Sinn, im höchsten Maasse unabhängig von äusseren Einflüssen. Zahllose Thatsachen lehren dies in gleicher, und streng genommen, in überzeugender Weise. Wir mögen darum als be- wiesen ansehen, dass sowohl die Art, als die indivi- duellen Kennzeichen des zukünftigen Wesens schon in dem Augenblick bestimmt werden, in dem bei der Be- fruchtung die Kerne des männlichen und des weiblichen Keimes sich zu einem Ganzen vereinigen. Die Artverschiedenheiten, die Besonderheiten, durch die der Mensch von allen anderen Wesen getrennt ist, können wir hier des Weiteren auf sich beruhen lassen. Von grösserem Gewichte sind dagegen in unserem Falle die Verschiedenheiten der Individuen. Denn da alle Gruppen von Menschen, somit auch die Rassen, nur aus Individuen bestehen, so kann nur die grössere oder ge- ringere Uebereinstimmuug der individuellen Beschaffen- heit einen Maassstab abgeben, um die Individuen in ver- schiedene Rassen einzutheilcn. Rassenunterschiede sind daher nur individuelle unterschiede, durch die sich jedes Glied einer bestimmten Gruppe von allen Gliedern einer anderen Gruppe unterscheidet. Wir haben nun gesehen, dass der individuelle Unter- schied nicht allein immer vorhanden ist, sondern auch obendrein, dass er bei der ersten Anlage schon so gut wie vorbestimmt wird. Es darf wohl noch einmal an- geführt werden: Zwei Individuen, die durch die Paarung eines und desselben männlichen Keimes mit einem und demselben weiblichen Keime entstehen, und die auch nach der Geburt kraft ihrer Organisation fortwährend den- selben Einflüssen ausgesetzt waren, unterscheiden sich von einander körperlich und p.sychisch. Die Verschiedenheit zwischen den Individuen kommt nun nicht etwa dadurch zu Stande, dass Neues an das alte Ganze angefügt wird. Stets kann die Verschieden- heit von einer besonderen neuen Gombination der näm- lichen Eigenschaften hergeleitet werden. Sie ist demnach von rein quantitativer Art. Alles hängt nur von dem grösseren oder geringeren Maasse ab, in dem jede der Eigenschaften vorhanden ist. Erklärbar wird dies, sobald mau sich erinnert, dass die Kinder ihre Eigenthümlichkciten erhalten haben durch diejenigen, die die Eltern auf sie übertrugen. Denn es steht fest, dass bei der Forti)flanzung jeder Elterntheil nicht das Ganze seiner Eigenschaften auf das Kind ver- erbt, sondern dass die Uebertragung gewissermaasseu stückweise, nämlich für jede Eigenschaft besonders ge- schieht. Darum werden die verschiedenen Eigenschaften keineswegs alle gleich treu überliefert, das heisst, stets in demselben Maasse und in (lemsclbcu Betrag. Diese Erscheinung ist von fundamentaler Wichtig- keit und hängt für gewisse Eigenschaften von der Indi- vidualität der Eltern ab, für andere von der Art der Eigenschaften selbst. Ein sprechendes Beispiel des ersten Verhältnisses ist die bekannte Bourbonen-Nase, auf deren Besitz der unlängst verstorbene Herzog vou Ne- mours so stolz war, und woran vor wenigen Jahren der Reisende Rousselet in Central-Indien an dem Hofe von Bhopal einen Abkömmling Franz I. erkannte. Die grosse Beständigkeit, womit die mittlere Körpergrösse der Eltern bei den Kindern wiedergefunden wird, lehrt da- gegen, dass manche Eigenschaften vermöge ihrer Art beinahe immer gleichartig übertragen werden. Dies Alles hat zur Folge, dass eine Bevölkerung sich immer wie in einem Uebergangszustand befindet. Die Kreuzung strebt dahin, die ursprünglichen Rassen- verschiedenheiten mehr und mehr verschwinden zu lassen, ohne dass sie damit jemals ans Ziel konunt. Je weniger weit die Verschmelzung fortgeschritten und je kleiner die Anzahl der ihr unterworfenen Rassen ist, desto eher glückt es, die Mischlinge in Gruppen zu ordnen, vou denen jede die Leute enthält, die mehr als die übrigen noch die typischen Merkmale der ursprünglichen Rassen aufzeigen. Bei der Bestimmung der Körperlänge der Wehr- pflichtigen des Grossherzogthums Baden hat sich der Anthropologe Otto Amnion davon überzeugen können, dass die Bevölkerung dieses Landes durch die Kreuzung zweier Rassen entstanden ist. Es fiel ihm dabei auf, dass wenn er die Zahlen der individuellen Körperlängen für die einzelnen Bezirke auf die bekannte Art durch Auftragen von Abscissen und Ordinalen grai)inscli dar- stellte, meist eine gebrochene Linie von sehr eigenartigem Verlauf entstand. Diese Linie oder Curve kennzeichnete sich stets durch den Besitz zweier mehr oder weniger von- einander entfernt liegender Gipfelpunkte. Eine Linie von solcher Form wird nach dem englischen Mathematiker, der ihre Bedeutung am schärften ins Licht gestellt hat, eine Gal ton -Curve genannt. Ihr Erscheiuen weist alle- zeit unmittelbar darauf hin, dass die graphisch aus- gedrückten Daten sich mit Beziehung auf den unter- suchten Puukt noch in anderer Hinsicht von einander unterscheiden, als durch die Grösse des Betrages. Die Frage ist demnach für Ammons Wahrnehmungen: in welcher Hinsicht? In Anbetracht, dass Wehrpflichtige ge- messen sind, kann das Geschlecht ausser Betracht bleiben. Dagegen verdient erwogen zu werden, in wieweit das Lebensalter und die Ernährung, sei es einzeln oder zu- sanunen, auf die festgestellten Körpergrösscn Einfluss ge- hallt haben können. Die Untersuchten waren 19 Jahre und darüber alt. In diesem Lebensalter ist man noch nicht vollständig ausgewachsen. Im Gegentheil, Quetelet hat schon für Belgien nachgewiesen, dass die männlichen Einwohner erst zwischen dem 25. und dem 30. Jahr ihre volle Länge erreichen. Die männliche Bevölkerung wird auf dem Lande vom 19. bis zum 30. Jahr ungefähr 2 cm länger. Jeder kann .sich in seiner Umgebung Iciclit hiervon überzeugen, und Erismann hat es für die Russen mit Ziffern bewiesen, dass das Wachsthum in diesen Jahren keineswegs nur in der Zunahme der Körpergrösse besteht. Es ist überdies in hohem Maasse wahrscheinlich, dass auch die Ernährung auf das Längeinvaehsthum des noch nicht ausgewachsenen Körpers zurückwirkt. Galton hat durch Messung und Schätzung gefunden, dass der gegenwärtige Engländer grösser ist, als seine unmittel- baren Vorgänger. Dies kann nothwendigerwcise nichts andern! zugeschrieben werden, als dass seit dem Beginn, und besonders seit der Mitte dieses Jährhunderts, die unteren Stände Englands sich bedeutend besser, wenigstens viel kräftiger ernähren. Wichtiger noch ist für den, der Ammons Ergebnisse beurtheileu will, dass eine kräftigere Ernährung das Längenwachsthum beschleunigt. Darum erreichen die Landleute, die im Ganzen eine weniger XII. Nr. 17. Natiirwissensehat'tliche Wochenschrift. 197 krilftii;-e Nalirmii; zu sicli nehmen, später als nmantel, die Erwähnung der wichtigsten Scheinfrüchte unter Frucht u. s. f. Besonders unrichtig erscheint dem Ref. die ICrklärung der Staubbeutel als Knöpfchen, der Stempel als Seulchen, der Fru cht häufchen als „die den Samen enthaltenden". . . . Behälter auf der Unterseite der Farn- krautblättor u. a. Angesichts solcher Deutungen legt man sich unwillkürlich die Frage vor, was den Verf. zu ihnen verauhi.sseu kennte, da num doch wohl ainiehmeu muss, dass er den Simi dieser Ausdrücke besser kennt. Ref. kann sich nur denken, dass die unselige Sucht allgemeinverständlich, richtiger trivial — sicher aber nicht klar — zu schreiben, solche falsche Erklärungen ver- anlasste. Wenn sich Jemand mit einer ihm fremden Wissenschaft zu beschäftigen beginnt, so muss er sich natürlich mit der dieser eigenen Kunstsprache vertraut machen. Dass man aber die Bedeutung der terminitechnici nicht ohne jede Denkarbeit erlernen kann, ist wohl selbstverständlich. Wer seinen Schülern diese geistige Thätigkeit aus Rücksichten auf deren Bequemlichkeit ersparen will, der ver- sündigt sich an der Wissenschaft. Verf., der ja als Zoologe so Bedeutendes leistet, würde es doch wohl recht lächerlich finden, wenn jemand Tabellen zur Bestimmung der Käfer herausgeben wollte, ohne die verschiedenen Formen der Fühler zu erklären oder die Zahl der Fussglieder zu berücksichtigen. Ref. glaubt nun nicht, dass die Erklärung des Blüthenstanbes oder der Sporen und des Schleiers bei den Farnen irgendwie schwieriger sei, als die Bestimmung der Zahl der Tarsenglieder bei den Hiseeten. Durch die Vernachlässigung dieser Begrifi'e erschwert Verf. sogar sich wie den Lernenden unuöthigerweise die Aufgabe. Wie leicht ist es z. B. die Gattungen Pbegopteris und Aspidium bei Berücksichtigung des Schleiers zu unterscheiden und welche Um- wege muss Verf. einschlagen, um dies Ziel — vielleicht — anders- wie zu erreichen. Neugierig wäre Ref. z. B. zu erfahren, ob ein Neuling in der Botanik unter der Rubrik „Fruchthäufchen läng- lich oder strichförmig, zuweilen ineinanderlaufend und fast die ganze Unterseite des Wedels bedeckend", wirklich die Gattung Pteris aufsuchen würde. Ferner hält es Ref nicht für zulässig, dass in einem Buche, welches beansprucht, als Flora von Nord- und Mitteldeutschland zu gelten, alle nur an einzelnen Orten vorkommenden Arten, also ein bedeutender Theil der Flora, ganz weggelassen oder nur in einer kleinen Anmerkung flüchtig erwähnt werden. Verf. hat doch offenbar die Absicht, dass seine Flora in allen Tlieilen des Gebiets benützt werde. Das Bedürfniss nach einem solchen Be- stimmungswerk macht sich aber in an seltenen Arten reichen Gegenden ganz besonders fühlbar. So wird z. B. die Flora des Riesengebirgs merkwürdig vernachlässigt. Das bekannte Kräut- lein „Hab mich lieb", das die Hänge des Gebirges oft zu Tausenden bedeckt, wird mit der Bemerkung „Im höchsten Riesengebirge wächst dio kurzstengeligc, nur 1 — 2 bitige Primula minima L." abgethan. Die interessante Rhodiola rosea L., die jedem Besucher der kleinen Schneegrube besonders auffällt, wird ohne jede Beschreibung nur als äusserst seltene Pflanze des Riesongebirges erwähnt, ebenso „eine Reihe Arten" aus den Gattungen Saxifraga, Arabis etc. Eine beträchtliche Anzahl Arten endlich, z. B. das reizende Hedysarum obscuruiu des Teufels- gärtchens, das schöne Epilobium trigonum, das niedliche Sedum alpestre, Meum Mutellina, Veronica bellidioides und alpina etc. sind selbst dem Namen nach gar nicht aufgeführt. Dass die im mährischen Gesenke vorkommenden interessanten Arten, wie Laserpitium Archangelica, Gentiana punctata etc. fehlen, ist hier- nach wolil selbstverständlich. Aber auch seltene Arten anderer nord- und mitteldentsclien Gegenden, wie Thalictrum galioides, Stellaria viscida, Erica cinerea etc. werden nicht erwähnt. Auch die Angaben über den Standort, dio Häufigkeit des Vorkommens u. s. f. sind vielfach recht verbesserungsbedürftig, wie Ref. auch in der Tabelle zum Bestimmen der Gattungen Vieles für unzweckmässig hält. Der Raum gestattet nicht, näher darauf einzugehen. Wünschenswerth wäre es aber, dass Verf. das Büch- lein einmal mit einem ähnlichen brauchbaren Bestimmungs- bueh, etwa Willkomm 's Führer, sorgfältig durchsähe. Solange das nicht geschehen ist, kann Ref. den Gebrauch des Buches nicht empfehlen. R. Beyer. Professeur E. Bouty, Chaleur, Acoustique, Optique. Avec 41, Kigures. Premier Suiiplciiuiit :ui t'oiirs de Physique de rtcole I'olvtecliniqui de J. Ja min et Boutv. Librairie Gau- thier-Villars et Fils ä Paris 1896. — Prix 3 Fr. 50 c. Das vorliegende Supplement zu dem trefl'lichen Werk des bedeutenden Physikers Jamin bringt nicht nur die geklärten Fortsehritte in den im Titel genannten Gebieten, somlern berück- sichtigt auch, wo zur Verbindung der einzelnen neuen Thatsachen iiothwendig, bereits Bekanntes. Es bezieht sich in Noten bequem auf die Cours de physique, ist aber auch für den Kenner des Gegenstandes zur Orieiitirung über das Neue sehr brauchbar. Fridtjof Nansen, In Nacht und Eis. Die Norwegische Polar- e\|icditinii 18;to— bS'.ltl. Mit eniciii Beitrag von Kapitän Sver- cUup. 207 Abb., 8 Ghromotafeln und 4 Karten. Autorisirte Ausgabe. 2 Bände. F. A. Brockhaus in Leipzig 1897. - Preis 18 Mark. Die erste Lieferung dieses zur Zeit vielbi'gehrten Werkes hijben wir im Bd. XI No. M S. (106 besprochen, über dio Reise Nansens selbst wurde kurz in demsellien ß:inde No. 3G S. 431 bis 432 berichti.'t und in No. 41 S. 495 auch eine Karte mit der Route XII. Nr. 17 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 203 der Keise geboten. Durch das allgomoine Interesse, das Nansen's E.xpcdition imtgegongobracht wird, ist ausserdem so Vieles im Publilvuni durch Zeitungsnachrichten bekannt geworden, dass es nicht angemessen erscheint, hier einen Auszug des prächtig aus- gestatteten und für das Gebotene ausserordentlich preiswerthen vorliegenden Original-Werkes des külinen Nordpolfahrers zu geben; es wird ja nun die berechtigte allseitige Neugier, Authen- tisches und Austubrliches zu erfahren, vollauf befriedigen. Die eingehende Bearbeitung des reichen mitgebrachten wissenschaft- lichen Materiales wird freilich viele Jahre in Anspruch nehmen, aber die wichtigsten Errungenschaften der Keise werden bereits in dem vorliegenden Werk, soweit sie ein grösseres Interesse be- anspruchen, mitgetbeilt. Sonst handelt es sich liier um eine ein- gehende Schilderung des Reise-Verlaufs, der im höchsten Norden begreiflicherweise so wichtigen Begebenheiten des Alltagslebens und der Beschwerlichkeiten, die mit so nuithigen Wagnissen wie die Nansensche Expedition verknüpft sind. Eine Probe aus dem Werk haben wir in No. II dieses Bandes S. 125 gegeben, wo eine Wallrossjagd geschildert wird; eine andere „Nansen auf der Bärenjagd" geben wir in der vorliegenden Nummer. Das Leben an Bord der eingefrorenen „Fram", die langsam, langsam mit dem Eise nach dem Nordpol hintrieb, getragen von der von Nansen vorausgesagten und thatsächlich entdeckten Polar- strömung, verstrich nicht nutzlos. Während der endlosen Polarnacht — mehr als ÖOO Tage — erstrahlte elektrisches Licht, von einer an Bord aufgestellten Windmühle erzeugt, und leuchtete zu wissen- schaftlicher Arbeit, zu Messungen und Beobachtungen am Himmel, auf dem Eise und in der See. Schon war Nansen auf eine Katastrophe gefasst, als das Schift' unter den Pressungen des Eises ächzte und krachte, schon war alles Nöthige auf das um- gebende Eis gerettet — da sass die „Fram" wie durch ein W^under mit einem Kuck auf den übereinandergethürmten Eismassen: Nansens Schifi'sbaukunst hatte gesiegt! Ausser der Polarströmung machte Nansen weitere Ent- deckungen. Er fand, dass um den Nordpol sich nicht das ver- mutheto Festland, sondern eine See von fast -tOOO Meter Tiefe lagert, und beobachtete, dass auf dem Grunde dieser Tiefsee Tem- peraturen über Null herrschen, während die Expedition bis zu 60" Kälte hatte erdulden müssen. Es war der warme Golfstrom, den er gefunden hatte. Sobald Nansen bemerkt, dass ihn die Polarströmung, in die er bei Sibirien zu weit westlich hatte eintreten müssen, nicht genau über den Pol führe, verlässt der wagehalsige Forscher die „Fram" und macht mit nur einem Gefährten einen Verstoss zum Nordpol. Mit Schlitten und Schneeschuhen geht es über die Eis- berge, durch die Schluchten, über die Spalten, bis sie, nur 50 Meilen vom Pole entfernt, umkehren müssen — denn die Eis- massen trieben in der Strömung schneller südwärts als sie gegen dieselbe vorwärts klettern konnten. Ein Zughund nach dem an- deren musste geschlachtet werden, um den übrigen Hunden zum Futter zu dienen, schliesslich mussten Nansen und Johausen die Schlitten, die all ihre Lebensmittel, Munition, Zelte und Boote enthielten, selbst ziehen. Immer schwieriger wurde das Eis, Eis- bärenfleisch war ihre einzige Nahrung, Walrossspeck ihr einziges Heizmaterial. Der dritte Winter kam, die Forscher mussten die lange Polarnacht in einer engen Eishöhle wie Eskimos verbringen. Die Chronometer waren stehen geblieben, die Karten erwiesen sich als falsch, die Orientirung fehlte, bei der Weiterwanderung glaubten sie sich allein in unbekanntem Lande, weitab von mensch- lichen Niederlassungen. Plötzlich hören sie Laute wie Hunde- gebell, das die Nähe von Menschen anzukündigen scheint; sie treffen den Engländer Jackson, der, was Nansen unbekannt war, mit einer grossen Expedition Franz-Joseph-Land erforschte. Welche dramatische Scene, als Jackson die Hand des Verlorengeglaubtcn schüttelte, als er die beiden halbverhungerten, schmutzstarrenden Abenteurer neu kleidete, speiste und er(|uickte! Wie mochte Nansen aufathmen! Zwei Tage vor dem Zu- sammentrefl'en mit den Engländern hatte er noch den plötzlicher. Angrifl" eines aus dem Eiswasser auftauchenden tückischen Wal- rosses zu bestehen, das mit dem Gewicht seines Körpers das Boot umzustürzen suchte, gleichzeitig mit seinen Hauern dasselbe durchbohrend. Ein kräftiger Schlag mit dem Ruder auf den Kopf des Ungethüms verscheuchte dieses, aber das Boot sank rasch, bis es dem Forscher im letzten Moment glückte, sich auf eine Eisscholle zu retten. Der nächste Tag verging mit Kepariren dos Kajaks und mit Trocknen von Proviant, Kleidern und des photo- graphischen Apparates; der folgende Tag ;iber war der letzte der gefahrenreichen Wanderung der beiden Helden: sie waren in Sicherheit. Wo aber mochte seine „Fram" sein? Dieser Gedanke ängstigte Nansen noch mitten im unendlichen Jubel, der ihm bei der Heimkehr entgegenschallte. Und acht Tage darauf kommt die erstaunliche Kunde, dass die „Fram" in einen heimathlichen Hafen einläuft. Sie hatte eine Reise gemacht, wie nie ein Schiff zuvor; Kapitän Sverdrup's Bericht darüber, der einen werthvollen Theil von „In Nacht und Eis" bildet, steht Nansen's eigenen Schil- derungen würdig zur Seite und liefert den Beweis, wie richtig Nansen's Anschauungen über die Natur des Nordpols waren, denn die „Fram" machte genau den ihr von Nansen vorgozeichneteu Weg. Freilich nicht ohne Schwierigkeit und Abenteuer. Einen Eispanzer von 300 Kilometer hatte sie zu durchbrechen, theil- weise mit Hülfe von Schiessbaumwolle, bei deren gefährlicher Handhabung Kapitän Sverdrup fast in die Luft geflogen wäre. H. und M. Kauflf, Sachregister zu dem von H. von De eben und II. Kauft im 44. Bd. din- Vorhandl. d. Naturh. Vereins für Rheinland und Westfalen lierausgeg. Chronologischen Ver- zeichniss der geologischen und mineralogischen Litteratur der Rheinprovinz und der Provinz Westfalen sowie einiger angrenzenden Gegenden. In Commission bei Friedrich Cohen. Bonn 18il6. Bei dem mächtig anschwellenden Umfang der wissenschaft- lieben Litteratur werden Zusammenfassungen wie die vorliegende ein immer dringenderes Bedürfniss. Mit ausserordentlichem Fleiss ist das Sachregister von "274 Seiten zusammengestellt worden; es war ein solches nöthig, da das 1887 erschienene Dechen-Rauff'sche Verzeichniss die Arbeiten rein chronologisch aufführt. Das Sach- register bringt zunächst Berichtigungen und Zusätze, dann kommt das umfangreiche Sachregister selbst, Ortsnamen, Namen der Petrefacten, Mineralien u. s. w. enthaltend und zum Schluss noch ein besonderes geographisches Register des benachbarten und in bestimmten Bezirken, Landschaften, Gebirge etc. liegenden Orte. Behrens, Prof. H., Anleitung zur mikrochemischen Analyse der wichtigsten organischen Vorbindungen. 4. Heft. Hamburg. — 4..0O Mark. Classen, Geh. Beg.-R. Prof. Dr. Alex., Quantitative Analyse durch Elektrolyse Berlin. — 8 Mark. Commer, Prof. Dr. Ernst, Logik. Paderborn. — 5 Mark. Dalla Torre, Prof. Dr. C. G. de, Catalogus Hymenojiterorum hucusque descriptorum systcuuiticus et synonymicus. Vol. III: Fossores (Sphegidae). Leipzig. — o3 Mark. Pischer, Prof. Dr. Alfr., Untersuchungen über den Bau der Cyanophyeeen und Bakti'ri(>n. Jena. — 7 Mark. Günther, Prof. Dr. Siegm., Handbuch der Geophysik. Stuttgart. — 3 Mark. Joseph, Dr. Max, Die psychologische Grundanschauung Schopen- hauer's. Berlin. — 3,60 Mark. Karte, topographische, des Königr. Sachsen. 16. Riesa. — 36. Kamenz. — 41. Pegau. — 48. Meisseu. — 101. Glashütte. — 13.3. Auerbach. Dresden. — ä 1,50 Mark. Kohlwey, Dr. Heinr., Arten und Rassenbildung. Leipzig. — 1.60 Mark. Krafft-Ebing, R. v., Arbeiten aus dem Gesammtgebiet_ der Psychiatrie und Neurupatbologie. 1. Heft. Leipzig. —,4,50 M. Krüinmel, Prof. Dr. Otto, Ueber Gezeitenwellen. Kiel. — 1,40 Mark. Lassar-Cohn, Prof. Dr., Die Chemie im täglichen Leben. Ham- burg. — 4 Mark. Löwit, Prof. Dr. M., Vorlesungen über allgemeine Pathologie. 1. Heft. Jena. — 5 Mark. Rauber, Prof. Dr. A., Atlas der Krystallregeneration. 1. Hett. Lei|jzig. — 20 Mark. Remsen, Prof Ira, Einleitung in das Studium der Kohlenstott- verbindungen oder organische Chemie. Tübingen. — 5 Mark. Schubert, Gymn.-Prof. Dr. Herrn., Fünfstellige Tafeln und Gegentafeln für logarithuiischus und trigonometrisches Rechnen. Lei|izig. — 4 Mark. Solms-Laubach, H. Graf zu, Ueber die seinerzeit von Unger beschriebenen strukturbietenden Pflanzenreste des Unterculm von Saalfeld in Tb dringen. Berlin. — 4 Mark. Stoll, Prof. Dr. Otto., Zur Zoogeographie der laudbewohnenden Wirbellosen. Berlin. — 4 Mark. Thierreich, Das, Eine Zusammenstellung und Kennzeichnung der recenteii Tliierforuien. 1. Lfg. Berlin. — 7 Mark. Wundt, Wilh., Grundriss der Psychologie. Leipzig. — 6 Mark. Inhalt: Prof. Dr. C. H. Kuhn, Das Sterben der Individuen als Auslese-Vorgang. — Der auf d.iii Biber wohnende Käfer Plalyp- .syllus castoris. — Nansen auf der Bärenjagd. — Die rotben Algen des Schnees. — Aus dem wissenschaftlichen Leben. — Litteratur. — Prof. Kraepelin's Excursionsflora für 'Nord- und Mitteldeutschland. — Professeur E. Bouty, Chaleur, Acoustique, Uptique. — Fridtjof Nansen, In Nacht und Eis. — II. uiul M. Rauft', Sachregister zum Chronologischen Verzeichniss der geologischen und mineralogischen Litteratur der Rheinprovinz und der Provinz Westfalen sowie einiger angrenzenden Gegenden. — Liste. 204 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. XII. Nr. 17. Verlagsbnclihandlung Paul Parey in Berlin SW., Hedemannstr. 10. Illustrierte Flora von Deutschland. Zum Gehrauch auf Exkursionen, in Schulen und zum Selbstunterricht. Von Dr. August Gareke, Professor an der Universität und Kustos am Kgl. Hotaiii.s',iien Museum in IJerlin. Siebzehnte, neubearbeitete Auflage, vermehrt durch 759 Abbildungen. Gebunden, Preis 3 M, U beziehen dorcli jede ßuchliandluDg. fi^ilberne Medaille 1896 ilor Internationalen Amuteur-Aiisstelhin^ Berlin. Photographische Apparate und Bedarrsartikel. Alleinvertrieb der „Westeiidoip & \Veliiiei'"-riatteii (jetzt: Act.-Ges für Trockenplattenfabrikation vorm. W. & W.) Pilliiay'sclie Lacke. Max Steckefmann, Berlin W. 8, Leipzigerstrasse 33 I. In Ferd. 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Postzeitungsliste Nr. 4954. -I^ Inserate : Die viergespaltene Petitzeile 40 J>. Grössere AufträKe ent- sprechenden Rabatt. Beilagen nach Uebereinkunft. Inseratenannahme bei allen Annoncenbureauz wie bei der Expedition. Abdruck ist nnr mit vollständieer i^nellenaneabe gestattet. Die zoologische Sammlung des Königlichen Museums für Naturkunde zu Berlin. Die Fisch-Schausanimluug. [Forts.] B. Die deutsehen Fische. I. Acanthopteri, Stachelfiosser. Familie Per cidae, Barsche: Perca Üuviatiiis, Fluss- barsch, einer der häufigsten und schönsten unserer ein- heimischen Fisclie mit weissem, festen, wohlsclimeclienden Fleische. Der Laich wird au Steinen und Wasserptlanzen als Y2 — 2 m langer Schlauch abgesetzt, dessen Wandungen aus einem Netzwerke von gallertartigen Fiiden besteht. Luciocarpa Sandra, Zander, der werthvollste Süsswasser- tisch mit festem, weissen Fleische. In ruhig und langsam fliessendeu Gewässern, laicht von März bis Juni. Aspro zingel, Zingel, liebt reines, fliessendes Wasser und hält sich in der Tiefe auf, Donau. Aspro streber, Streber, Donaufisch mit geschätztem Fleische. Acerina vulgaris. Kaulbarsch, in Norddeutschland häufiger als in Süddeutsch- land, hat geschätztes Fleisch und laicht vom März bis Mai. Acerina schraetzer, Schraetzer, im Donaugebiet, Laichzeit April bis Mai. Huro dolomieni, Schwarzbarsch, wegen seines wohlschmeckenden Fleisches 1883 aus Nord- Amerika in Deutschland eingeführt. Huro salmoides, Fo- rellenbarsch, wie oben. Familie Cataphracti, Panzerwangen: Cottus gobio, der Gattung Seeskorpione oder Groppen zugehörig, mit nach hinten gerichtetem Stachel am Kieinendeckel, Be- gleiter der Forelle, deren Laich er nachstellt, ä ver- theidigt den Laich. Familie Gasterosteidae, Stichlinge: Gasterosteus aculeatus, gem. Stichling, baut ein Nest und bewacht den Laich. G. pungititis, Zwerg-Stichling, kleinster Fisch Deutschlands, kaum 5 cm lang. Familie S i 1 u ri d a e , Welse : Amiurus nebulosus, Katzen- wels, 50 cm. lang, 1885 aus Nord-Amerika eingeführt. Familie Cyprinidae, Weisisfische, Karpfen: Cypriiius carpio, Karpfen, mit Entwickelung. 0. rex cyprinorum, Karpfeukönig oder Spiegelkarpfen, mit nur wenigen Reihen grosser Schuppen, sonst nackt. Fleisch hoch geschätzt. Carossius vulgaris, gem. Karausche, bildet wie der Karpfen zahlreiche Spielarten. Laichzeit Mai und Juni. Carpio koUari, Karpfkarausche, Bastard vom Karpfen und Ka- rausche. Leuciscus cephalus, Döbel, Raubfisch in lang- sam fliessenden Gewässern. L. rutilus, Rothauge oder Plötze, Laichzeit im April und Mai, dann treten beim ä einzelne weisse Körnchen au der Oberseite auf. L. eiy- throphtholmus, Rothfeder, Fleisch wie bei der vorigen Art wegen der vielen Gräten wenig geschätzt. L. virgo, Frauen-Nerfling, Frauenfisch; Schuppen mit prächtigem Metallglanz; Donaugebiet. L. idus, Aland, gemein; seine prächtige Varietät ist die Goldorfe, Cyprinus orfus. L. Friesi, Leiter, Bastard von Abromis und Leuciscus. Tinea vulgaris, gem. Schleihe, Fleisch wohlschmeckend, in schlammigen Gewässern; Winterschlaf. Gobio fluvia- tilis, Gründling, wohlschmeckend, laicht vom Mai bis Juni, dann beim $ ein Hautausschlag auf dem Scheitel und Hautwucherungen auf den Schuppen. G. uranoscopus, Steingressling, auf dem Grunde fliesseuder Gewässer. Telestes Agassizii, Strömer, in schnellfliesseuden Bächen des mittleren und südlichen Rhein- und Donaugebietes. Chondrostoma nasus, gem. Nase, häufig im Rheingebiet, unternimmt zur Laichzeit grosse Wanderungen. Abramis brama, gem. Brassen, Blei, Fleisch geschätzt; in der Laichzeit besitzt das 6 zahlreiche, stumpf kegelförmige, anfangs weisse, später bernsteingelbe Knötchen auf der Kürperoberfläche. A. vimba, Zärthe, schmackhaft, steigt zur Laichzeit aus dem Meer in die Flüsse. A. ballerus, Zope, in den Haffen, sonst wie oben. A. blicca, Blicke, laicht im Mai und Juni: das grätenreiche Fleisch ist nicht geschätzt. A. bjoerkua. Fleisch nicht geschätzt. Pelecus cultratus, Ziege, in den Flussmündungeu der Haffe. Aspius rapax, Rapfen, ebenda, Raubfisch mit grätenreichem, aber geschätztem Fleische. Leucaspius delineatus, Moder- lieschen, in Flüssen, Seen und Gräben, bis 12 cm lang, erst 184.3 beschrieben. Alburuus mento, Moi-Ranke im Donaugebiet und den bayrischen Seen. A. lucidus, Uckelei, Laube, in langsam fliessenden Gewässern; aus dem flüssigen Inhalte der Schuppentaschen wird die Perlenessenz, Essence d'Orient, bereitet, die zur Herstellung der künstlichen Perleu 20ß Naturwissenschaftliche Wochenschrift. XII. Nr. 18 dient. A. bipunetatus, Schneider, gemein. Cobitis taenia, Steiubeisser, Steinpeitzger, wiililt eifrii;' im Sand nnd Schlamm. Misgurnus fossilis, Schlannnbeisser, Schlannn- peitzger, im Schlannne stehender Gewässer, kommt bei trübem Wetter und Gewitter an die Oberfläche des Ge- wässers, darum als Wetterprophet in kleinen Gläsern ge- halten. Nemachilus barbatula, Schmerle, in klaren, schnell- Hiessenden Gewässern, wird in Süddeutschland wegen seines wohlschmeckenden Fleisches in Teichen gezüchtet. Familie Salmonidae, Lachse: Sahno salvelinus, Saibling, Rothforellc, Ritter, in den Gebirgsseen der Alpen, zur Laichzeit steigt er in die dahin mündenden Flüsse, Fleisch hochgeschätzt. S. fontinalis, amerik. Bachsaibling, in seiner lleimath bis 5 kg schwer, 1879 wegen seines Fleisches bei uns eingefüiirt. S. hucho, Huchen, Roth- fisch, Donaulaehs, in der Donau und ihren Nebcntiüsscn aus den Hochgebirgen; hält sich nur in den heftigsten Stromwirbeln auf; Fleisch weniger geschätzt. S. salar, Lachs, wandert zur Zeit der Laichablage in die Flüsse, vermag bis 4 m hohe Wehre zu überspringen und heisst als aufwärts wandernder Fisch mit festem und rüthlichem Fleische Lachs, als abwärts wandernder mit weissem Fleische Salm; bis IVo m lang und 40 kg schwer. Von dieser Art ist auch das Skelett und die Entwickelung ausgestellt. S. trutta, Lachsforelle, JMeerforelle, hat die- selbe Verbreitung wie der Lachs und gleich hoch ge- schätztes Fleisch; erreicht nur die halbe Grösse. S. la- custris, Seeforelle, lebt in den bayrischen Seen und geht nicht in's Meer. S. fario, Bachforelle, Forelle, besonders gern in Gebirgsbächen. bis 1 m lang und 25 kg schwer; Fleisch sehr hoch geschätzt. Stint eperlanus, Stint, kommt zur Laichablage in die Weser, Ems und Oder; Fleisch wegen des fauligen Geruches weniger geschätzt. Core- gonus oxyrhynchus, Maräne, steigt im Herbst aus der Nord- und Ostsee in die Fhissmündungen, um zu laichen; Fleisch kommt frisch, geräuchert und gesalzen in den Handel. C. lavaretus, Jleermaräne, laicht im Herbst im Kurischen Haff. C. maraena, grosse Maräne, namentlich im pommersehen Madüsee, doch auch in anderen nord- deutschen Seen. C. fera, Weissf eichen, in bayrischen Seen mit wenig geschätztem Fleische. C. hiemalis, Kilch, in den Tiefen des Boden- und Ammersees; wird er mit dem Netze herausgezogen, so schwimmt durch Ausdehnung der Sciiwimmblase der Leib an, daher auch Kropffelchen. C. Wartmanni, Blaufelchen, in den Seen nördl. der Alpen, kommt anfangs Winter in grossen Schaaren an die Ober- fläche, sein Fleisch kommt frisch und geräuchert in den Handel. Neuerdings hat Nusslin eine besondere Art: 0. macrophthahnus, den sogen. Gangfisch des Bodensecs, von ihm abgesondert. C. albula, kleine Maräne, in den preussischen, ponnnerschen und mecklenburgischen Seen, mit geschätztem Fleische. Thymallus vulgaris, gem. Aesche, in Gebirgswässern, mit sehr geschätztem Fleische. Familie Clupeidae, Heringe: Clupea alosa, Mai- fiscb, Alse, im April und Mai zum Laiehen in die Flüsse, (im Rhein bis Basel) Fleisch geschätzt. Gl. finta, Finte, Peri)el, wahrscheinlich nur eine nordische Abart der Alse, Fleisch weniger geschätzt. Familie Esoeid ae, Hechte: Esox lucius, gem. Hecht, Laichzeit Februar bis April; Fleisch sehr ge- schätzt. Familie Acipenseridae, Störe: Acipcnser sturio, gem. Stör, zur Laichzeit in allen grossen Flüssen mit Ausnahme der Donau, bis 6 m lang nnd 50 kg schwer; .schmackhaftes Fleisch, Eier geben Caviar und die Schwinnnblase als sog. llausenblase Fischleiu. A: ruthe- nus, Sterlet, berühmt wegen seines wohlschmeckenden Fleisches, wird seit zwei Jahren mit Erfolg in der Fisch- zuchtaustalt Thalmühle bei Frankfurt a. 0. gezüchtet. Familie Muraenidae, Aale: Anguilla vulgaris, gem. Aal, bis l'/o m lang und 4 kg schwi'r. Sollte nach früherer .\nsicht ausschliesslich im Meere laichen, seit zwei Jahren ist indcss erwiesen, dass er auch in Flüssen laicht. Familie C^yelostomata, Rundmäuler: Petromyzon marinus, Meerneunauge, Lampret; Küstenfisch, der zur Laichzeit in die Flüsse kommt, wird mitunter an Lachsen angesaugt gefunden; Fleisch geschätzt. P. fluviatilis, Flussneunauge, Pricke, steigt im Herljste aus dem Meere in die Flüsse, kommt aber erst im Frühjahre im oberen Laufe an; laicht daselbst im April und Mai an flachen Stellen und stirbt nach der Ablage des Laiches. P. Pla- neri, Baehneunauge, kleines Flussneunauge, beide Rücken- flossen sind (gegentheilig der vorigen Arten) genähert, hat stumpfere Hornzähne als fluviatilis und die vorderen des Unterkiefers sind zweispitzig. Vielleicht nur eine Varie tat der vorigen Art. Die Larve war früher unter dem Namen Ammocoetes branchialis als eine eigene Art be- schrieben worden, l)is im Jahre 1856 Aug. Müller deren Metamorphose in das Bachneunauge nachwies. Die Meta- morphose beginnt im August des vierten oder fünften Lebensjahres und dauert bis zum Januar. Die Larven, Querder, haben deutliche Ober- und Unterlippe, Horn- zähne und unter der Haut verborgene Augen; sie dienen als Köder. — C. Die Fische der Nord- und Ostsee. Familie Percidae: Roecus labrax, europäischer Seebarsch, bis 1 m lang mit wohlschmeckendem Fleische. Auch einige in der Gruppe der deutschen Fische auf- geführten Pereiden leben in diesen Meeren, nämlich: Perca fluviatilis, Flussbarsch; Acerina cernua, Kaulbarsch; Lucioperea Sandra, Zander. Familie Mullidae, Meerbarben: Mullus barbatus, gem. Seebarbe. Familie Sparidae, xMeerbrassen: Pagellus erythri- nus, rother Seebrasse, Fleisch gut. Familie Scorpaenidae, Drachenköpfe: Seorpaena viviparus und Sc. dactylopterus maxinms. Familie Berycidae: Beryx decadactylus. Familie Sciaenidae, Umberfische: Sciaena acpiila. Familie Carangidae: Caranx trachurus, gem. Stöcker, in der Nordsee häufiger als in der Ostsee; be- gleitet die Herings- und Makrelenzüge; Fleisch wenig geschätzt. Familie Scombridac, Makrelen: Scomber scom- brus, gem. Makrele, erscheint zweimal im Jahre in grossen Schaaren an der Küste; im Frühlinge zum Zwecke des Laichens, im Herbst mit den jungen Heringen; sein Fleisch ist sehr geschätzt und konnnt frisch, marinirt und geräuchert in den Handel. Thynnus thynnus, gem. Thun- fisch, lebt in grossen Gesellschaften und verfolgt Herings- nnd Makrelenzttge; laicht in der Nähe der Küste. Das geschätzte Fleich kommt in verschiedenen Zubereitungen in den Handel; verdorbenes Fleisch kann lebensgefähr- liche Darmentzündungen bewirken. Pelamys sarda, un- echter Bonitc, mit geschätztem Fleische. Xiphias gla- dius, Schwertfisch, mit geschätztem Fleische. Zeus faber, Petersfisch, ebenfalls sehr geschätztes Fleisch. Brama Raji, Fleisch essbar. Familie Trachinidae , Viperfisehe : Traehinus vipcra und Tr. draco, Petermännchen; Lnraprus gnttatus, Glanzfisch. Familie i'ediculati, Armflosser: Lophius piscatoriu.s, gem. Seeteufel, bis 180 cm lang; lockt mit dem ersten Stachel der Rückenflosse seine Beute au. Anteunarius marmoratus. XII. Nr. 18. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 207 Familie Cottidae, Panzerwangen: Cottus seorpius, Seescorpion, Seehahn, laicht im Decemiter und Januar zwischen Seetang; giebt beim Fangen einen knurrenden Ton von sich; Fleisch geschätzt. C. bubalis, 6 mit orangerothem Bauch, fehlt in der östlichen Ostsee. C. qiiadricornis, vierdoruiger ülk. Centridermiehthys unieu- latus; Cottuuculus microps; Icelus hamatus; Trigla liiriiudo, gem. Seeschwalbe, in der westlichen Ostsee selten; Tr. gunardus, grauer Kuurrhahn, 6 zur Laichzeit rotii mit schwarzen Flecken. Agonus eataphractus, Steinpicker; Körper vollständig gepanzert; Kopf und Körper kantig; Laichzeit Mai bis Juni. Familie Discoboli, Scheiljcnbänehe: Cycloptcrus lumpus, Seehase, Lump; 6 zur Laichzeit mit lebhaft rothcn Stelleu, gräbt eine Grube zur Aufnahme der Eier und trägt die ausgesehlüpften, sich ansaugenden Jungen mit sich. Liparis liparis und L. montagni. Familie Gobiidae, Meergrundeln: Gobius nigcr, Schwarzgrundel; 6 bauen Nester und bewachen Laich und Junge; G. miuutus, kleine Grundel, ß cm lang; G. Kutliensparri, 4—5 cm lang; G. pictus und pcllucidus. Crystallogobius Nillsoni; Callionymus lyra, Lciertisch, wegen der verlängerten Flossenstrahlen und C. nuiscu- latur. Familie Blenniidae, Schleimfische: Anarrhichas lupus, gem. Seewolf, mit kräftigen Zähnen, Fleicli wenig geschätzt. Biennius jdialis, gem. Schleimfisch; Centronotus gunellus, Butterfisch, Ostsee; verkriecht sich in schmale Ritzen und Spalten und lauert hier auf kleine Krel)s- thiere; wird als Köder benutzt. Zoarces vi\i])arus, Aal- nmtter. Lebendig gcltärend; die Jungen wurden wegen ihres gestreckten Körpers früher als Aale angesehen, daher der deutsche Name. Trachipterus arctieus, Kiemenfiseh. Familie Gas trosteidae, Stiehlinge: Gastrosteus spinachia, Meerstichling, die eleganteste Form der Familie; baut Nester. Familie Gobiesoeid ae, Haftbäuche: Lepadogaster biiiiaculatus mit j)iatter, vorspringender Schnauze, da- hinter die durch Undiildung der Schultcrknochen ent- standene Haftscheibe. Familie Mugilidae. Meeräschen: Mugil capito, gem. Meeräsche, bis 60 cm lang, fehlt in der Ostsee. Familie Lahridae, Lippfische: Lal)rus mixtus, gem. Lippfisch, fehlt in der Ostsee, häufig als Aquarien- fisch gehalten; L. berggylla und L. bimaculatus. Cteno labrus rupestris, Crenilabrus melops in der Nordsee; in der westlichen Ostsee Centrolabrus exoletus. Familie Gadidae, Schellfische: Gadus morrhua, Dorsch, Kabeljau; Linne unterschied die gr(issere Rasse der Nordsee als G. morrliua, Kabeljau und die kleinere der Ostsee G. callaris, Dorsch. Kabeljaufang besciiäftigt ca. 300 000 Menschen und beziffert sich auf BO Millionen Mark. Gedörrter Dorsch = Stockfisch, gesalzener Dorsch = Laberdan. G. aeglefiuus, Schellfisch, besonders in der Nordsee; G. merlangus. Merlan, Wittling, Fleisch weniger ge- schätzt; G. luscus, G. Esmarki, G. Pontasson, G. vireus, G. pollachius, Pollack, mit vorragender Uuterkinnlade; Nordsee, Kattegatt, fehlt in der östlichen Ostsee. Mer- luccius vulgaris, gemeiner Hechtdorsch, nur gelegentlich in der Ostsee; Fleisch geringer als das des Dorsches, kommt meist als Stockfisch in den Handel. Molva molva, in der westlichen Ostsee sein- selten; einsam lebender Fisch an felsigen Küsten in beträchtlicher Tiefe; Fleisch geschätzter als vom Kabeljau; kommt als „Bergerfieisch", von Bergen versandt, in den Handel. Ouos vulgaris, Motella nms- tela, fünf bärtige Seequappe, nicht in der Ostsee; Pliycis blennioides, selten in der Nordsee; Raniceps raniiuis. Froschdorsch, wegen des grossen, breiten, abgeplatteten Kopfes, selten in der Avestlichen Ostsee und R. niger. Brosmios brosme, lebt in beträchtlicher Tiefe; Fleisch ähnlich zubereitet wie das des Kabeljau und sehr ge- schätzt, namentlich die Leber. Familie Ophidiidae, Schlangenfische: Ammodytes lanceolatus, grosser Sandaal und A. tobiauus, kleiner Sandaal. Familie Macruridae: Macrurus berglax und Cory- phaenoides rupestris, leben beide in beträchtlichen Tiefen. Familie P 1 e u r o n e c t i d a e , Plattfische. Pleuroneetes hippoglossus, Heilbutt, in der Nordsee und westlichen Ostsee; Fleisch geschätzt. PI. platessa, Goldbutt, gem. Scholle, Nord- und Ostsee, geht auch in Flussmündungeu. Fleisch frisch und geräuchert geschätzt. PI. flesus, Flunder, gem. in Nord- und Ostsee; steigt oft weit in die Flüsse hinauf, so z. B. in der Mosel bis Trier und Metz; lässt sich auch in Süsswassertcichen halten; Fleisch weniger gut als das der Scholle. PI. cynoglossus, Hunds- zunge, Aalbutt, seltener; PI. mierocephalus, kleinkö|)fige Scholle, in Nordsee, sehr selten in der Ostsee; Pl.limandoides, Kliesche; geht auch in die FlussmUndungen, Fleisch essbar; Solea vulgaris, gem. Seezunge, nur selten im west- lichen Theile der Ostsee, lässt sich in Süsswassertcichen halten; Fleisch sehr geschätzt. Rhombus maximus, Steinbutt; im Norden bis 200 cm lang, in der Ostsee nur 30 cm; Fleisch hoch geschätzt. Rh. laevis, Glattbutt, Verbreitung und Vor- wendung wie bei voriger Art. Rh. punetatus, fehlt in der Ostsee, überhaujit selten. Zeugopterus megostomus; Arnoglossus laterna, fast dreimal so lang wie hoch; Nordsee. Aus der Ordnung der l'hysostomi oder Edelfische kommen eine ganze Anzahl von deutschen Flussfischen in den beiden Meeren vor; beobachtet und gefangen wurden: Karpfen, Karausche, Blei, Zärthe, Zobe, Blicke, Abr. björnsa, Ziege, Uckelei, Aland, Rothfeder, Plötze, Döbel, Schlammbeisser, Schmerle, Lachs, Lachsforelle, Stint, Schnäpel und Hecht. Argentina sphyrena und Ar. silos leben beide in be- trächtlicher Tiefe. Familie Clupeidae, Heringe: Engraulis encrasi- cholus, gem. Anchovis; echte Sardelle; Ost- und Nordsee nui- selten : Clupea harengus, Hering, weniger zahlreich in der Nordsee bildet er in der Ostsee die Mehrzahl der dort vorkommenden Heringe. Cl. sprattus, Sprott, Sprotte, Breitling. Begleiter des Herings, wie dort viele Spiel- arten; häufig in der Nordsee (Kieler Sprotten, russische Sardinen, Christiania-Anchovis sind geräucherte oder marinirte Sprotten). Cl. pilchardus, Sardine, Pilchard, selten in der Nordsee, fehlt in der Ostsee gänzlich; ibr Fang von ähnlicher Bedeutung wie der der Heringe und Sprotten; Cl. alosa, Maifisch, Nordsee und westliclie Ost- see; Cl. finta, Finte, Pergel, Nord- und Ostsee, Fleisch weniger geschätzt als das des Maifisches. Familie Muraenidac, Aale: Conger vulgaris, gem. Meeraal, wird bis ülK'r 2 m lang, in der Nordsee häufiger, in der Ostsee seltener; Fleisch wird gegessen. Familie Scombrcsocidae: Scombresox saurus, Nordsee selten, fehlt in der Ostsee gänzlich. Die Ordnung Lophobranchii, der Bttschelkiemer, ist vertreten mit Familie Si])hiinostoma: Siphonostoma typhle, breit- rüsselige Seenadel, in der Ostsee. Nerophis aetiuoreus, gr. Schlaugennadel, Nordsee; N. rostellatus, N. opliidion, gem. Sehlangennadel und N. lumbriciformis, fehlt in der Ostsee. Die Schmelzschupper, Ganoidei, sind vertreten durch die Familie Acipeuseridae: Acipenscr sturio, gem. Stör. 208 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. XII. Nr. 18. Die Knorpelflosser, Choudropterygii, sind vertreten durch die Familie Chimacridae: Chimaera monstrosa, gem. Seekatze, fehlt in der O.stsee. Familie Carchariidae: Carcharias glaucus, Blauhai; Seyllium canicnla, kleiner Katzenhai, nicht häufig; Alo- pecias vulpes, Fuchshai, selten, mit den Heringsschwärmeu auftretend; Pristiurus melanostomus; Acanthias acanthias, gem. Dornhai, Nordsee häufig; lebendig gebärend; die 4—6 Jungen sind weissfleckig; verfolgt Herings-, Sprotten-, Makrelenschwärme und hat essbares Fleisch. Die Unterordnung Batoidei oder Rochen ist vertreten durch die Familie Rajidae: Rajaclavata, Keulen- oder Nagel- roehe, fehlt in der östlichen Ostsee; R. radiata, Stern- roch e, in der Nordsee, R. maculata, R. oxyrhynchus und R. batis, Glattroche, mit langer Schnauze; Fleisch ge- schätzt. Familie Trygonidae: Trygon pastinaca, gem. Stechroche, in der Ostsee seltener, mit Ei und Embryo. Unterklasse Cyclostoraa, Rundmäuler: Familie Petromyzontidae, Neunaugen: Petromyzon marinus, Meerneunauge, Lamprete; P. fluviatilis, Fluss- neunauge. FamiUe Myxinidae, Inger: Myxiue glutinosa, Schleimaal, bis 30 cm, meist in grossen Tiefen, und Arauchostoma lauceolatum. (Sehluss folgt.) Aufgaben und Stand der Südpoiarforschung. Von Rudolf Mewes. Durch die Anwesenheit Fridjof Nansens in Berlin im Anfang vorigen Monats sind gelegentlich der Feier dieses kühnen Polarforschers die deutschen Bestrebungen auch zur Erforschung des Südpols wieder hervorgetreten: nach Nansen's denkwürdiger Fahrt, durch welche das Geheimniss des Nordpols der letzten Lösung so nahe gebracht worden ist, dass auf der nördlichen Kappe des Erdballs ausser der endgültigen Erreichung des Pols kaum noch erheblich neue Resultate zu erwarten sind. Der ungeheuere Erdraum, welcher am Südpol liegt, ist bisher recht stiefmütterlich behandelt worden und noch heute so gut wie unbekannt. Nansen hat übrigens den deutschen Bestrebungen, für die antarktische Forschung etwas zu thun, gleich nach der Rückkehr von seiner denkwürdigen Fahrt auf dem ihm in Hammerfest ge- gebenen Fest in einer Rede auf Deutschland warmes Interesse entgegengebracht. Es wurde nämlich schon vor der Zeit, in welcher Nansen von seiner Nordfahrt auf der Frani noch nicht heimgekehrt war, namentlich auf Betreiben des AVirk- liehen Geheimen Admiralitätsrathes G. Neumeyer, des Directors der Seewarte in Hamburg, von den grossen geographischen Gesellsclial'ten des In- und Auslandes die Frage nach der Erforschung des südlichen Eismeeres und der antarktischen Länder in den Vordergrund des wissen- sehaitlichen Interesses gestellt. Da durch Nansen's gross- artigen Erfolg das Problem der Durchquerung des nörd- lichen Eismeeres gelöst und demgemäss die endliche Er- reichung des Nordpols nur noch als eine Frage der Zeit anzusehen ist, so werden daher ganz naturgemäss die nächsten Entdeckungsfahrten in die Antarktis gehen müssen, zumal, da über die dortigen Verhältnisse sehr grosse Unklarheit herrscht. In dieser Beziehung hat sich Neumeyer in seinem Vortrage auf dem XI. Geogra])iientage zu Bremen im Jahre 1895 mit Recht dahin geäussert: „Die Entwickelung der Wissenschaft, namentlich in- sofern sich dieselbe auf die Polargebiete bezieht, hat bewiesen, dass die Gründe für eine Süd])oIarfürschnng nicht nur durchweg stichhaltig sind, vielmehr ist im Laufe der Zeit noch als eine unbestreitbare Wahrheit hervor- getreten, dass ohne eine wissenschaftliche Erforschung der Südpolarländer-Rcgionen ein Fortschritt nicht erzielt werden kann, und dass unter diesem Gesichtspunkte immer wieder auf die Inangriffnahme der Südi)olar- forschung gedrungen werden inuss." In der That sind die Aufgaben, welche der Wissen- schaft in den Südpolargebieten gestellt sind, sehr ver- schiedenartige und allumfassende; denn die Meereskunde verlegt dorthin den Ursprungsort für die allgemeine Temperaturcirculation der Oceane, während die Geologie eine Prüfung ihrer Auffassung von den Gebirgen und deren Stellung zum Continent und Meer erwartet. Ueber die Meteorologie der ganzen antarktischen Zone sind wir dagegen noch vollständig im Unklaren, da wir über die Natur und den Charakter des antarktischen Winters fast gar nichts wissen, ebenso gering sind unsere Kenntnisse über die Fauna und Flora der grossen autarktischen Polar- zone. Die Frage übrigens, welches Interesse Zoologie und Botanik an der Erforschung des Südpolargebietes haben, hat Herr Dr. Ernst Vanliöffen-Kiel, der sich zusammen mit Herrn Dr. Erich von Drygalski in Grönland zwei Jahre zwecks zoologischer und botanischer Untersuchungen aufgehalten hat, in seinem Vortrage auf dem XI. Geo- grapheutage in Bremen in ausführlicher und glänzender Rede beantwortet. Nach derselben ist es in erster Linie die Frage nach der Herkunft des organischen Lebens in den Polarländern, welche hohes wissenschaftliches Interesse besitzt. Wenn man sich den grönländischen Küsten auf wenige Seemeilen nähert, erscheinen dieselben kahl und verödet, und doch schliessen die unwirthlich erscheinenden Felsen Thäler mit üppiger Vegetation ein; soweit man auch nach Norden vorgedrungen ist, überall wurden noch Pflanzen und Landtliiere gefunden. Man nuiss die Schilderungen des Künstlers unter den Nordpol- falirern, des Malers Julius von Payer, gehört haben, um sich von dem Farbenreichthum dieser vegetationsreichen Thäler im Sommer einen Begriff bilden zu können; von Payer, den ich vor einigen Monaten persönlich kennen lernte, vergleicht sie mit den Matten in den Alpen und preist als Künstler den träumerischen Duft, welcher über der Landschaft ständig ausgebreitet ist und derselben den Stempel einer stillen Harmonie verleiiit. Ganz anders ist es dagegen nach den bisiierigen Beobachtungen im Süden. Den (Gegensatz zwischen den Nordpolargcgenden und den antarktischen Regionen schil- dert G. Neumeyer in folgenden Worten: „Das plötzliche Eintreten des Sonnners in den arktischen Gel)ieten wird in lebhaften Farben geschildert; aber wie verschieden davon ist es in den antarktischen Gebieten! Da herrscht ewiger Winter, und der Schnee schmilzt niemals. Wie weit der Mensch auch nach Norden vorgedrungen ist, hat er Rennthicre und Hasen sich in der Sonne wärmen und XII. Nr. 18. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 209 das Land in einer reiclien Flora erglänzend anjjetroften; innerlialb des antarktischen Kreises i.st keine Pflanze zu finden. Lange werde ich der Schönheit dieser cisumgiirteten Scenerie, der Grossartigkeit des ewigcns Schweigens ge- denken. Unsere Gefühle lassen sich nicht ausspreciien, unsere Gedanken lassen sich nicht ermessen, wenn wir während der Nachtwachen allein auf dem einsamen Decke stehen, unterdessen die Sonne am Horizont hinstreicht und die Natur mit Farben umgiesst, und das weisse Eis in den ruhigen, schwarzen Gewässern dahinschwimmt." Ganz so öde und traurig, wie hier der Charakter des südlichen Eismeeres geschildert wird, dürfte, nach Vanhöffen's Darlegungen zu schliessen, das feste Land innerhall) der südlichen Polarzone doch nicht beschaffen sein-, wir wissen eben nichts Sicheres darüber, da noch kein Südpolarfahrer das Festland selljst betreten und durchforscht hat. Beobachtete doch 1 looker, der Ross auf seiner Südpolarfahrt begleitete, auf den südlich von Neuseeland etwa unter 50" s. Br. liegenden Aukland- Inseln 80 Phanerogamen und auf der mehr isolirten Ker- guelen-Insel 21 Plianerog-amen und 7 Farnkräuter. Zehn Grade sUdliclier, der Breite der norwegischen Stadt Bergen und Cap Farvel im Norden entsprechend, erscheint auf den Süd-Shetland-Inseln nur eine Grasart, Aira antarctica Hook, als am weitesten nach Süden vordringende Blüthen- pfianze; sie geht nicht über den 62. Breitengrad hinaus. Die letzte Spur antarktischer Vegetation wurde unter 64" 12' s. Br. auf der Cockburn-Insel gefunden, nämlich 15 Land- und Süsswasserkryptogamen, Moose, Algen und Flechten, während zwischen dem 70. — 80." s. Br. Dumont d'Urviile die Gneis- und Granitklippen des Adelie-Landes völlig vegetatiousleer fand. Ebenso fand Ross auf den Inseln, welche Victorialaud vorgelagert waren, bei seinem kurzen Besuche derselben, keine Spur von Flechten und Moosen, sodass man meinen kömitc, dass nach diesen Ergebnissen eine Erforschung der Südpolarländer in bo- tanischer Hinsicht überflüssig wäre, und auch für die Tliierwelt auf dem Lande bei dem Mangel aller Pflanzen nichts zu hoffen bleibe. Und dennoch dürfte dieser Schluss nicht berechtigt sein, da über die Ausdehnung der antarktischen Länder nichts bekannt ist. Wenn nun auch ans wenigen meteoro- logischen Beobachtungen auf das Nichtvorhandensein eines antarktischen Coutinentes geschlossen worden ist, so ist doch gerade wegen der Spärlichkeit der meteorologischen Beobachtungsresultate ein solcher Schluss höchst unsicher; zweifellos sind aber grössere Inseln und Inselgebiete vor- handen, die nicht nach den Befunden auf den kleinen Inseln l)eurtlieilt werden dürfen. .Je grösser ein Land ist, desto mein- Sclilupf'wiukel können den Organismen für ihren Bestand und ihre Erhaltung geboten werden; in dieser Hinsieht sind besonders die tief einschneidenden Fjorde oder entsprechend schmale Sunde zu nennen, da nach den Beobachtungen in Grönland und Si)itzbergen das Klima in denselben wärmer, das Land weniger ver- eist und die Niederschläge in ilnien geringer als aussen sind. Es steht daher, da keine Beobachtungen vorliegen, die das Fehlen der Pflanzenvegetation innerhalb des Süd- polarkreises sicher stellen und keine theoretisclien Be- denken dagegen sprechen, a priori der Ansiclit nichts im Wege, dass noch Vegetation im antarktischen Gebiete gefunden werden kann; man muss eben nachsehen. Die Eisbarriere hindert das Betreten des Landes nicht; denn Ross erklärt in seinem Reisewerk, dass es leicht gewesen wäre, im Frülding das Ufer zu erreichen. Es muss daher die Aufgabe der von vielen Seiten ersehnten Südpolar- Expedition sein, das Festland zu erreichen und von einer festen Station aus, in welcher fortlaufende meteorologische und erdmagnetischc Messungen anzustellen sind, die Wissensschätze, welche auf den erwähnten Gebieten in der Antarktis sicher noch zu heben sind, zu sanmieln und zu sichten. Hat doch die „Antarktik", ein Fangschiff' des nor- wegischen Rheders Locw Foyn, im Sommer des Jahres 1894/95, den Spuren von Ross folgend, östlich von Victorialand den 74" ö. L. erreicht und brachte, indem es an zwei Stellen landete, die erste Kunde, da.ss auf dem Südpolarlande Pflanzen existiren. Es sind die ersten Pflanzen von dem Naturforscher Borchgreviuk dasell)st gesammelt worden. Zweifellos versi)riclit die Fauna des Meeres nach den Angaben aller Südpolarfahrer sehr reiche Ausbeute; namentlich ist die Vogelwelt nach allen Berichten sehr stark vertreten. Bezüglich der Tliierwelt im südlichen Eismeer bemerken James (Jiark Ross und die Whalcr, dass neben vielen kleineren Fischen und zahlreichen Mikroorganismen an Whalarteu in grosser Zahl vor- kommen : 1. Arctic right whale — Balaena mysticetus; derselbe kommt auch in der nördlichen Hemisphäre vor. 2 Antarctic right whale — Eubalaena australis, der nur im Süden vorkommt. .3. Finwhale — Balaenoptera musculus und noch andere. Die zahlreichen kleinen, zum grossen Thcile mikro- skopischen Thierchen in den südlichen Gewässern be- sitzen grosse Achnlichkeit mit den nordischen Kleinlebe- wesen und dürften aus diesem Grunde für den Forscher von hoher Wiciitigkeit bezüglicii der Ausbreitungsfähigkeit derselben sein. Ferner ist noch besonders darauf hinzu- weisen, dass der norwegische Naturforscher Borchgrevink, wie schon erwähnt wurde, östlich von Victorialand au zwei Stellen landete und aus der Art der an getödteten Robben wahrgenonmienen Verwundungen geschlossen hat, dieselben niüssten dort einen bisher noch unbekannten Feind, vielleicht in einem noch nicht entdeckten Säuge- thier besitzen. Auch die ersten Gesteine hat Borchgrevink von dort mit heimgebracht und die erste genauere Beschreibung der Form des Landes und seiner Vulkane Erebus und Terror gegeben, deren ersterer noch jetzt thätig ist. Dem Hammer des Geologen dürften daher daselbst noch wichtige Fragen zu lösen bleiben, ganz ungerechnet der etwaigen wahrscheinlichen Funde von Versteinerungen vorweltlicher Thiere und Pflanzen; hat man doch bekanntlich im höchsten Norden eine reiche fossile Lebewelt angetrofl'en, die heute nur in gemässigten, ja heissen Zonen vorkonnnt. Diese Thatsache lenkt die Aufmerksamkeit auf die im letzten Jahrzehnt durch fortlaufende Beobachtungen auf der Sternwarte in Potsdam festgestellte Wanderung der Pole, d. h. auf die langsame Veränderung der geogra- phischen Breite. Wenn diese Wanderung auch nach den Beobachtungen eine ausserordentlich langsame ist, so dürfte dieselbe meiner Ansicht nach nicht nur zur Er- klärung jener Thatsachen, sondern auch zur physikalischen Begründung der viele Jahrtausende umfassenden Perioden der sogenannten Eiszeiten, deren Abstände von einzelnen Forschern auf 40 bis 50 000 Jahre geschätzt werden. Die endgültige Entscheidung dieser Fragen muss natür- lich bis auf den Abschluss der ständigen Beobachtungen in Potsdam verschoben werden. Von grosser Wichtigkeit für die Südpolarforschung dürfte es sein, wenn demgcmäss einer Begictschcrung Grönlands eine Entgletschcrung Vietorialands wirklich entspricht. Ebenso uKichte ich noch kurz auf 4o> ;;i':i|>liiH<*h(> C'aiiK'ra zum Aufsetzen auf den Tubus jeden beliebigen Mikrositopes. Die Camera "wird für I'lattenfurniate von 7x7 em bis zu V) X 12 cm Beliefert. — Gewicht der Camera (für 7X7; mit ge- füllter Doppelcassette ca. 160 Gramm. — ^ liesclireibung und austuhrliclre Preisliste, nat.ijz aucli über die erforderlielien photograpiiiselien Utensilien, gratis und franco. 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Abonnement: Man abonnlrt bei allen Buchhandlun(;en und Post- 1f Inserate : Die viergespaltene Petitzeile 40 ^. Grössere AufträRe ent- instalten. wie bei der Expedition. Der Vierteljahrspreis ist M 4.— (=(& sprechenden Rabatt. Beilagen nach üebereinkunft. Inseratenannahme BrinKegeld bei der Post 15 ^ extra. Postzeitungsliste Nr. 4954. Jl- bei allen Annoncenbureaux wie bei der Expedition. Abdrack ist nur mit vollständiger Quellenangabe gestattet. Völkerkunde und Psychologie. Von Dr. Th. Achelis. Seitdem F. A. Lange iu seiiier verdienstvollen Ge- scbiclite des Materialismus auf die Bedeutung etbuo- graplii.seher Berichte für das inductive Studium der Psychologie hingewiesen hat, ist die ethnographische Litteratur, wie zu erwarten war, gerade in dieser Richtung ungemein reichhaltiger geworden, was wohlthueud gegen die Armuth an diesem Material z. B. in den meisten Reisewerken des vorigen Jahrhunderts absticht. So un- zweifelhaft diese Perspective für jeden Freund und Kenner der Völkerkunde feststeht, so wenig ist dieselbe bislang innerhalb der Kreise der fachgenössischen Philosophie, Dank ihrer vielfach noch bestehenden traurigen Isolirung, gebührend gewürdigt. Man spinnt die alten Fäden der Speculatiou weiter, unbekümmert um die Revolution, welche die alte Königin der Wissenschaften ihres Thrones und Ansehens beraubt hat; nur einzelne schärfere und freiere Geister sagen sich von diesem IJanu der Tradition los und suchen wenigstens nach Bausteinen für eine neue Construction. Dahin rechnen wir z. B. Wundt, der mit feinem Humor das früher so gepriesene Mittel der so- genannten , empirischen' Psychologie, die Selbstbeob- achtung, verspottet: „Der Psychologe, der sein Bcwusst- sein fixiren will, wird schliesslich nur die eine merk- würdige Thatsache wahrnehmen, dass er beobachten will, dass aber dies Wollen gänzlich erfolglos bleibt. Es ist Nichts besonderes dabei, sich einen Menschen zu denken, der irgend ein äusseres Object aufmerksam beobachtet. Aber die Vorstellung eines solchen, der in die Selbst- beobachtung vertieft ist, wirkt fast mit unwiderstehlicher Komik; seine Situation gleicht genau der eines Müuch- hausen, der sich an dem eigenen Zopf aus dem Sumpf ziehen will. Das Object der Selbstbeobachtung ist ja eben der Beobachter selbst; das Merkmal, wodurch sich die Beobachtung unterscheidet von der zufälligen Wahr- nehmung, besteht aber gerade darin, dass wir die Ob- jecte soviel als möglich unabhängig macheu von dem Beobachter. Und hier ist es die Beobachtung, welche diese Abhängigkeit umsomehr steigert, je aufmerksamer und planvoller sie zu Werke geht. Das Einzige, was mau eiuem subjectiven Psychologen anrathen kann, ist darum — die Selbstbeobachtung ganz bei Seite zu lassen und sich in Gottes Namen mit den Thatsachen zufrieden zu geben, die sich ihm gelegentlich durch zufällige innere Wahrnehmungen verrathen." (Essays S. 136). Dazu kommt noch ein zweites wichtiges Moment; bisher hat man sich meist mit dem Bewusstsein als der einzigen psychischen Erscheinung begnügt. Erst die moderne Zoologie hat uns gelehrt, demgegenüber nicht den Begritf des ünbewussten zu vergessen, das vielmehr als die Geburts- stätte des bevvussten Lebens zu fassen ist. Sprach- forschungen und Völkerkunde haben diesen Gedanken weiter verfolgt und uns in den grossen organischen Schöpfungen des Menschengeistes, in Sprache, Mythus, Sitte, Recht u. s. w., die concreten Denkmäler dieser ge- heimnissvollen Thätigkeit erschlossen. Es handelt sich in der That, wie wir später sehen werden, um eine Reform der Psychologie an Haupt und Ghederu. Geht man, wie in der landläufigen idealistischen An- schauung, von dem Ich als einer wunderkräftigen Sub- stanz aus, so erklärt sich der übrige Mechanismus be- greiflicher Weise sehr einfach; alle geistigen Vorgänge und Zustände sind die Thätigkeitsforinen dieser räthsel- haften Macht, die selbstherrlich mit vollster Klarheit und Sicherheit über diesem Geschehen waltet. Diese Fictionen sind (von allen anderen Gegengründen abgesehen) schon gegenüber den fruchtbaren und weitreichenden Ribot- schen*) pathologischen Untersuchungen über die Decen- tralisation unserer Persönlichkeit und unseres Ichs völlig unhaltbar, die Leibnizsche Monade ist ihres supranaturalen Charakters entkleidet und zu einer einfachen Function *) Vgl. die letzten Veröffentlichungen: Der Wille: Patho- Ingiscli-psychologi.sche Studien, Berlin, G. Reimer 1893 und Die Persönlichkeit, Berlin 1894, beides autorisirte Uebersetzungon. 230 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. XII. Nr. 20. unseres Org-anismus geworden. Wir sind eljeu jetzt zum ensteu Mal an den Gedanken gewöhnt, die Entstehung des Bewusstseins als ein inductives Problem zu er- fassen, ein wissenschaftliches Theorem, das früheren Generationen nie aufgegangen ist, das Ich wurde in dieser genetischen Perspective zu einem Eutwickelungs- process, der genau genommen, nie sein Ende findet. Sehr anschaulich spricht sich ein neuerer vergleichender Rechtsforscher über diese Beziehungen so ans: „Dasjenige, was wir unser Bewusstsein nennen, ist jedenfalls nur ein verschwindend kleiner Theil des seelischen Gesannnt- lebens, welches in uns wirksam ist. Wie ein leichtes Lichtgewölk schwimmt es über einem unergründlichen Occan. Fortwährend steigen aus den Tiefen unserer Seele allerhand Bilder herauf, aber nur wenige gewinnen so scharfe Contouren, dass sie uns bewusst werden. Weitaus der grösste Theil unseres Seelenlebens wird uns überall nicht bewusst; weitaus der grösste Theil des Seelenlebens, welcher uns überall bewusst wird, wird uns nur als fertiges Resultat unbewusst seelischer Processe bewusst, nicht in dem Processe seiner Entstehung. Ganz unbewusst bleiben uns die seelischen Thätigkeiten, welche dem Kernpunkt unseres Wesens am nächsten liegen, die Thätigkeiten, welche uns einerseits ein Ich, andererseits eine Welt erzeugen. In dem Augenblicke, wo das Kind zum ersten Mal sich seiner bewusst wird, sind Ich und Welt bereits vorhanden: ihre Entstehung ist identisch mit dem Acte des Bewusstwerdens. Unbewusste Seelen- thätigkeiten haben sie zusammengebaut, bis sie als fertige Bildungen jenen radikalen Gegensatz erzeugen, durch welchen der Mensch sich seiner und einer Welt bewusst wird." (Post, Einleitung in das Studium der ethnologischen Jurisprudenz Nr. 11).*) In den socialen Einrichtungen, Sitten und Gebräuchen der Völker haben wir aber die unmittelbaren Niederschläge dieses unbewussten Seelen- lebens vor uns, und so ist es uns auf diesem Umwege möglich, das, was wir direct durch Beobachtung nicht fixiren können, mit inductiver Sicherheit und Genauigkeit zu Studiren. Dass Sprache, Recht, Sitte, Mythologie, Religion und Kunst nämlich nicht, wie das 18. Jain'- hundert meinte, Ergebnisse individueller Willkür sind, sondern einer gesetzmässigen organischen Entwickelung, bei welcher der Einzelne eine verhältnissmässig sehr ge- ringfügige Rolle spielt, bedarf hier wohl keiner längeren Begründung. Nur soviel sei bemerkt, dass jede Behand- lung dieser Probleme, welche rein speculativ von apri- orischen Reclitsideen ausgeht, Schiffbruch erleiden muss, sofern dieselbe wenigstens nicht der Erfahrung Gewalt anthun will. Schon die gänzliche Unverträgliclikcit dieser verschiedenen sittlichen Ideale, welche sich in solchen Satzungen ausdrücken. legt gegen eine derartige dia- lektische Ableitung von gewissen angeborenen, gewöhnlich mit dem Gewissen in Zusammenhang gebrachten An- wir und schauungen Verwahrung ein. Im üebrigen werden später, wo es sich um die Bildung ethischer Normen Gesetze handelt, auf diesen interessanten socialen I'rocess noch zurückkommen. Hatte bereits die durch die vergleichende Sprach- Völkerpsychologie über den land- Ralimen individualpsychologischer Betrachtung hinaus gewiesen, so trat diese Nothwendigkeit einer weiteren und höheren Peispective mit dem Einsetzen ethnologischer Vergleichungen immer unabweislicher hervor. Schon der Altmeister der Völkerkunde, Bastian, forschung gestützte läufigen *) Auch Wundt hat in der ersten Auflage seiner Vorlesungen über Menschen- und Thicrseele dem Unbewussten eine ausftihr- liclie Untersuchung gewidmet und das Bewusstsein (im lOinlilang mit Helmlioltz, Schopenliauer, ZöMnor u. A.) das Resultat idnes Schlussprocesses genannt (Vorlesungen 1, 300). dem bei der sinnverwirrenden Menge des Details nie der klare Blick für die Methodik der Forschung gefehlt hat — was manche seiner heutigen Gegner und Kritteler nicht vergessen sollten — bat, als er vor gut drei De- cennien mit seinen ersten Verötfentlichungen vor das Publikum trat, diesen entscheidenden Punkt scharf er- kannte und unzweideutig bestimmt. So heisst es in dem encyclopädischen Sammelwerk: „Der Mensch in der Ge- schichte" u. A. so: .,Dic Psychologie darf nicht mehr jene beschränkte Disciplin bleiben, die mit unterstützender Herbeiziehung pathologischer Pliäuomene, der von den Irrenhäusern und durch die Erziehung gelieferten Daten sich auf die Selbstbeobachtung des Individuums be- schränkt. Der Mensch als politisches Thier findet nur in der Geschichte seine Erfüllung. Die Menschheit, ein Begriff, der kein Höheres über sich kennt, ist für den Ausgangs- punkt zu nehmen, als das einheitliehe Ganze, innerhalb welches das einzelne Individuum nur als integrirender Bruchtheil figurirt. Der in die Vorzeit zurückschauende Blick folgte dem gegebenen Faden der Tradition, soweit sie ihm einen deutliehen Weg vorzeichnete, bis zur der Blüthe- zeit einer Litteratur, zur Ausbildung der Schrift, die erst dauernd üeberlieferungen zu bewahren vermochte, und die lange Reihe der Vorstadien übersehend, die der Menschengeist überwunden haben musste, ehe er diese Höhe erstieg, schloss er, geblendet von ihrer Helle, mit einer ürweisheit ab, von der si)äter nur ein Herabsinken denkbar war. So gab die Geschichte bisher nur den Entwickelungsgaug einzelner Kasten statt den der Mensch- heit, das glänzende Licht, das von den Spitzen der Ge- sellschaft ausströmte, verdunkelte die Breitengrundlage der grossen Massen, und doch ist es nur in ihnen, dass des Schaffens Kräfte keimen, nur in ihnen kreist des Lebens Saft. Nur in den Wurzeln, die aus dem Mutter- boden ihre Nahrung saugen, nur in den zuführenden Ge- fässen, lebt ewig jung die schaffende Natur, und nur in- dem Durchschnittsmenschen mögen wir noch im Augen- blick des Werdens die Gestaltungsfähigkeit des Geistes treffen, die in Dogmen und Systemen schon zum Absterben verknöchert ist." (Vorr. S. 11.) Gerade auf dem ergie- bigen Felde der Mythologie, das neuerdings auch durch die Volkskunde so eifrig gepflegt wird, entschleiern sich immer mehr dem spähenden Blick bei aller Mannigfaltig- keit des Details und eigenartigen Variationen grosse, uni- verselle Formen, Gesetze, welche weit über jeden ethno- graphischen und culturhistorischen Zusammenhang hinaus- greifen, und bei denen alle Kunst, diese Parallelen aus bloss mechanischer üebertragung abzuleiten, versagt. Wie Max Müller zu seinem nicht geringen Erstaunen unsere Ammenmärchen und Erzählungen bei den Zulus in Afrika wiederfand, so begegnen uns griechische Sagen im fernen üceanien bei den Havaiiern oder semitische Heroen bei Mexicanern und Peruanern. Hier erst gelingt es uns, den eciiten Typus des allgemein Menschlichen zu entdecken, den eine vorschnelle Verallgemeinerung (z. B. nach dem kleinen chronologischen Ausschnitt unserer „Weltge- schichte") bislang so häufig verzeichnet hat. Auch hier hat uns erst eine ^vorsichtige naturwissenschaftliche In- duction, die jeder Zeit die Grundlage für ein compara- tives Stadium bilden muss, von irrlicliterirenden Ver- muthungen und glänzenden Phantasien, die frülier nur zu häufig die ernste wissenschaftliche Forschung über- wucherten, erlöst. Eine ganz besonders wirksame Beziehung und Pa- rallele zur biologischen Untersuchung liefert die Ethno- logie in den sogenannten Uebcrlebscln, d. h. eigenthüm- liclicn, zum Theil abgestorbenen und verkünmicrten An- schauungen, Sitten und Gebräuchen, die als Ruinen einer älteren Epoche in andere Zeiten hineinragen und deshalb XII. Nr. 20. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 231 in ihrem Wesen und ihrer Bedeutung;- nur cntwifkclungs- jjeschichtiich critannt werden Ivöunen. .Mit besonderem Verstäiidniss hat der grosse Antliropologe Edw. 'i'ylor dies Erlililrungsniittei, das er folgendermaassen besciireiht, ge- handhabt: „Dies sind allerhand Vorgänge, Sitten, An- schauungen u. s. f., welche durch Gewohnlicit in einen neuen Zustand der Gesellschaft hinübergetragen sind, der von demjenigen, in welchem sie ursprünglich ihre Heimath hatten, verschieden ist, und so bleiben sie als Beweise und Beispiele eines älteren Culturzustandcs, aus dem sich ein neuerer entwickelt hat. So kenne ich eine alte Frau in Sonniieisetshire, deren Handwebestuhl noch aus der Zeit vor der Einführung des fliegenden Schiffchens stannnt, und welche niemals dieses neue Werkzeug zu gebrauchen gelernt liat; diese Frau ist noch nicht ein Jahrhundert liinter iiirer Zeit zurückgeblieben, aber sie ist ein Ueberlebsel. Solche Beispiele fuhren uns oft zu Sitten, welche vor hundert und selbst tausend Jahren galten. Das Gottesurtheil auf Schlüssel und Bibel, welches noch im Gebrauch ist, ist ein Ueberlebsel, das Johannisfeuer ist ein Ueberlebsel, das Allerseelenmahl der bretonischen Bauern für die Seelen der Verstorbenen ist ein Ueberlebsel. Oft sehen wir die ernsten Beschäfti- gungen der alten Gesellschaft zum Spiele späterer Gene- rationen herabsinken, und ihren alten Glauben in Ammen- märchen sein Leben fristen, während Gebräuche, welche sich aus dem Leihen der alten Welt erhalten haben, sich den Formen der neuen Welt angepasst haben und nun auf Gutes und Böses mächtigen Eintluss üben. Bisweilen brechen alte Gedanken und Gewohnheiten von Neuem hervor zum Erstaunen einer Welt, welche sie für längst gestorben hielt oder wenigstens sterbend; hier tritt an die Stelle des Ueberlebens Wiederauflebens, wie es noch kürzlich in so merkwürdiger Weise in der Geschichte des modernen S])iritismus voi'gekommcn ist, ein Verfall, welcher vom Standpunkt der Ethnographen höchst lehrreich ist." (Anfänge der Cultur I, 16). Diese Methode verheisst uns insbesondere die weitreichendsten Aufschlüsse über psychologische Streitfragen, an deren Lösung sich viel- fach die speculative Philosophie vergeblich versucht hat, so über die Entstehung des Seelenbegriffes, der doch, wie von selbst einleuchtet, nur auf inductiv-genetischem Wege, d. h. durch eine kritische Vergleichuug sämmtlicher Vor- stellungen, die wir bei allen Völkern der Erde darül)er finden, enträthselt werden kann. Hier erst werden wir gründlich über die Frage oricntirt, wie überhaupt der menschlichen Wahrnehmung und Anschauung der Gedanke an etwas üeber- und Unsinnliches aufgestiegen ist und in wiefern jene transcendente Welt selbst in ihren feinsten Contouren und Schattiruugeu doch nur ein ge- treues Abbild der diesseitigen werden könnte und in der That auch geworden ist. Die Geschichte der verschie- denen Theorien über die Substanzialität der Seele, ihre Einheit und Unzerstörbarkeit, ihre späteren Schicksale nach der Trennung vom Körper, die Fixirung des Selbst- bewusstseins, des Ichs aus der übrigen Menge psychischer Erscheinungen, über die Schwächung und Zersetzung der Seele u. s. w., alle diese in Mythologie und in der Religion der verschiedensten Völker und Systeme so brennenden Streitfragen erhalten hier erst ihre zutreffende entwicke- lungstheoretische Beleuchtung. Wie der vergleichende Anatom, wenn er mit aussergewöhnliehem Scharfsinn versehen wäre, aus den verschiedenen Furchen der Gehirn- rinde die psychische Entwiekelung des Individuums berech- nen könnte, so vermögen wir mit noch viel grösserer Sicher- heit aus den Annalen der Völkergeschichte die Entfaltung unseres eigenen Bewusstseins zu verstehen, das wir sonst nur als ein göttliches Wiegengeschenk gläubig hinnehmen. Wiederum trift't hier somit die naturwissenschaftliche Analogie zu: Es wiederholt sich in der Entwiekelung des Einzelnen die der Gattung, die Ontogenie ist der ge- drängte Ausdruck der Phylogenie, aber auch umgekehrt (was für unseren Fall noch wichtiger ist) enthält die Stammesgeschichte die ganze Entwiekelung des sie um- sehliessenden Individuums ohne jeden Rest und somit ist die sociale Entwiekelung der Mensciibeit überhaupt das getreue Spiegelbild jeder individueller Entfaltung. Des- halb muss auch, wie uns eine genauere Betrachtung später lehren wird, das gewöhnliche Schema individueller Werth- schätzung und subjeetiver Empfindungen überhaupt, das in der Weltgeschichte meist unbedenklich verwendet wird, einer objectiveren und gerechteren soeial-psychologischen Anschauung weichen, welche es in erster Linie auf ein psychogenetisches, causales Verständnis der Erscheinungen anlegt, nicht auf ihre häufig so fragwürdige moralische Beurtlieilung. Reisebriefe aus Colombia. Von l'rof. Dr. Fritz Kegel. Im Südwesten und Süden von Antioquia. Die liebenswürdige Einladung eines Grossindustrielleu von Medellin namens Lazaro Restrepo gab uns die erwünschte (ielegenheit, zunächst die landwirthschaft- lichen Verhältnisse des Landes etwas näher kennen zu lernen. Die wohlhabenderen Kaufleute von Medellin besitzen ausser dem Landhaus (,quinta') in der Nähe der Stadt oft noch ein grösseres Landgut (,finca'), welches meist mehrere Tagereisen weit von Medellin entfernt ist. So erwarb das reiche Haus Ferdinande Restrepo y hijos (F. R. und Söhne) eine ausgedehnte Finca, La Florida genannt, in dem Zwickel, welchen der Rio Arma, ein stattlicher Zufluss des Cauea, mit dem letzteren Inldet, zwei Tagereisen südlich von Medellin. Dieselbe kommt an Ausdehnung den kleinsten deutschen Staaten, z. B. Reuss ä. L., wohl annähernd gleich, unisclilies.st grosse ausgedehnte Waldungen, Weiden (potrerosj und verschie- dene Kulturen. Die Hauptrolle spielen aber die Weiden, da gerade hier am Cauea in der armen Zone (tierra caliente) das Rindvieh (ganado) vorzüglich gedeiht; aber auch die Maulthierzucht wird hier mit gutem Erfolg be- trieben. La Florida zerfällt in zwei Theile, die Stannnfinca der Familie, nach einer hier früher betriebenen Goldmine ,E1 Oro' genannt, und ,La Fe', speziell meinem liebens- würdigen Reisegefährten, einem der Söhne von Ferdinando Restrepo, gehi'irig. V^iermal im Jahre bringt Lazaro R. hier je etwa einen Mmiat zu, um das ausgedehnte Personal zu beaufsichtigen. In jeder Besitzung schaltet ein Ober- verwalter (Mayordomo), dem die verschiedenen Petrero- aufseher und die gesamniten Arbeiter (Peonen) unterstellt sind. Ueber 2000 Stück Rindvieh stehen in El Oro, über 1000 in La Fe ausser den zahlreichen Stuten und den prachtvollen Zuchtesel von Bogota, dem Stolz seines Be- sitzers. 40—45 Peonen arbeiten in El Oro, 15 — 20 in La Fe. Wir erreichten ,E1 Oro' am Abend des zweiten Reise- tages. Am 3. Oktober waren wir von Medellin bis Santa 232 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. XII. Nr, 20. Barbara 9 Leguas oder 45 km weit über Itagui, Caldas und den 2 700 m hohen Alto de Sau Miguel, mehrere Stunden im strömenden Regen geritten und hatten am Morgen des zweiten Tages die Landleute dem Markte von Santa Barbara zuströmen sehen. In den Landstädten wird der Markt am Sonntag abgehalten und zwar gleich nach der P^rühkirche, welche stets eine grosse Zahl von Andächtigen aus der ganzen Umgegend anzieht. Die Ortschaften sind alle nach dem gleichen Schema angelegt: in der Mitte der sehr geräumige Marktplatz mit der Haupt- kirche und den hervorragendsten Gebäuden; von ihr laufen die Strassen unter rechten Winkeln aus. Der Sonntags- markt der Landleute bot mir stets die beste Gelegenheit, die Bevölkerung der betreffenden Gegend und ihre Er- zeugnisse kennen zu lernen. Diesmal konnten wir jedoch nicht solange warten, denn bis Mittag dauert der Ritt von Santa Barbara zur Einmündung des Rio Arma in den Cauca. Der Verwalter von ,E1 Oro' hatte mit zwei Ar- beitern ein Floss gezimmert, auf welchem wir in zwei Trans- porten in glühender Sonnenhitze zwischen 1 und 2 Uhr nach- mittags glücklich über den reissenden Arma gebracht wurden. Ein dichtes Uferdickicht mit gewaltigen Bambus- stämmen (guaduas) sowie mit üppig wuchernden Schling- pflanzen und Epiphyten — hier bezeichnet man alle diese Typen als parasitos — nahm uns zunächst auf, bis wir nach einer Stunde die oflene Landschaft des Potrero am Einfluss des Rio Buey in den Rio Arma und nach weiteren zwei Stunden das dicht über dem letzteren gelegene Landhaus ,E1 Oro' erreichten. Schwärme von Wanderheuschrecken hatten sich im letzten Theile des Weges sehr benierklich gemacht; so dass wir froh waren, an unserem vorläufigen Ziel vor Einbruch der Dunkelheit angelangt zu sein. Etwa eine Stunde zuvor bot sich von einer höheren Bodenwelle am Wege ein schöner Ueberblick des unteren Arma und der am Vormittag durchrittenen Gegend dar. Ein starker Regen während der Nacht brachte an- genehme Abkühlung: Wir schliefen vortrefflich und über- liessen uns nach dem aus Schokolade und Milch be- stehenden ersten Frühstück (Desayuno) und dem etwa um 11 Uhr folgenden zweiten warmen Frühstück (Almuerzo) einem ,dolce far niente' und besichtigten sodann den be- nachbarten Theil der grossen Besitzung, machten einige photographische Aufnahmen und suchten einen Stein mit Indianerschrift auf, welcher bis 1890 im Walde verborgen gelegen hatte, aber seitdem nach der Rodung des letzteren bereits durch Sonne und Regen leider sehr undeutlich geworden war. Nicht weit liegt das alte Städtehen Arma, welches noch den Namen der von zahl- reichen Indianern bewohnten Provinz Arma bewahrt hat und zu den ältesten Gründungen der S])anier gehört, wie uns ein Pedro Ciesa de Leon, ein Begleiter Vadillos undRobledos, be- zeugt. Ich habe daher aus dieser Gegend mehrere hübsche Beiträge für meine ethnographischen Sammlungen erhalten. Nachdem wir am folgenden Vormittage die Besich- tigung beendet, brachen wir mittags nach ,La Fe' auf; von dem die beiden Besitzungen El Oro und La Fe scheidenden Höhenzuge schweift das Auge westwärts ül)cr das DureJjbruchsgebiet des Cauca, die steil aufragenden Syeniti)orphyrkegel der beiden ,Farallones de Cauca' (wört- licii die Zitzen oder Brustwarzen des Cauca), nach Norden bis zu der kühn geformten Kuppe des ,Cerro bravo' (wilder Berg) bei dem Städtchen Fredonia und bis zu der Kette von Santa Barbara im Osten. Um 5 Uhr kehrten wir in das Hauptwdhnliaus ein; kurz vorher machten sich in einer Schlucht (Quebrada) das Sandsteingebirge und schwache Spuren von Kohle benierklich, wie ich dieselbe vielfaeli auf der Reise nach Titiribi*) angetroffen hatte. *) VergJ. Naturw. Wochen.sch. 1807, Bd. XII Nr. 4. In ,La Fe' blieb ich bis zum Donnerstag (8. X. 96) Nachmittag und hatte genügende Zeit das Karbonvor- kommen, die Vegetation (besonders in der einen reizenden Badeplatz bietenden Schlucht ,La Raya'j sowie die land- wirthschaftlichen Verhältnisse dieser Finca kennen zu lernen.*) Es galt nun den Südwesten und Süden von Antio- quia selbständig zu erkunden ! Mein Gastwirth brachte mich Donnerstag Nachmittag bis zur westlichen Grenze seiner Besitzung, bis zum Cauca, welcher gleichfalls auf einem primitiven Floss passirt wurde. Den Maulthieren kostete das Schwimmen durch den hier sehr reissendeu Strom eine bedeutende Anstrengung. Wir verbrachten die Nacht in einer anderen Finca (,La Triste', die , Traurige' benannt) und konnten an dem ge- witterschwülen Abend das Aufleucliten unglaublich zalü- reichcr Leuchtkäfer geniessen. Mein Plan ging zunächst dahin, in And es, am Fuss der grossen Wcstkordillere, die um jenen aufblühenden Ort ansässigen „Indios bravos", d.h. die Reste der in- dianischen Urbevölkerung aufzusuchen, wofür der Sonntag dei' geeignetste Tag schien, da zum Markt auch die In- dianer sich einstellen. Der Weg dorthin erwies sich je- doch umständlicher, als mir mitgetheilt worden war: er führte uns in zweitätigem Ritt über Valparaiso, Ta- mesis und Jerico nach Audes in schueekenartigen Win- dungen, da der directe Weg von Tamesis nach Andes sich für mich als nicht practicabel erwies und ich mich daher zu dem erhebliehen Umweg über Jerico bequemen musste. Herrliche Aussichten von den zum Cauca abfal- lenden Gebirgsrippen, die Bekanntschaft mit einem „puente natural", einer natürlichen Brücke, bei Tamesis, nament- lich aber das wundervolle Panorama, welches sich am zweiten Nachmittag vom Alto de la Raya auf den impo- santen Zug der Wcstkordillere von Andes bis über Bolivar hinaus vor meinen Augen entrollte, entschädigten für die unvorhergesehene Ausdehnung des Weges. Um von dem letzteren einige photographisehe Aufnahmen zu gewinnen, beschloss ich hier in einem einfachen Hause zu übernachten. In Ermangelung eines Bettes breitete ich meinen Nachtsack auf einem Holzkasten aus, in welchem Mais und Bohnen (frisoles) aufbewahrt werden und hatte in der sehr kühlen Nacht (15" C.) die besondere Freude, etwa ein Mandel Schweine auf einige am Boden zerstreute Maiskörner Sturmlaufen zu sehen — und zu hören, so dass ich froh war, als der erste Schimmer der Morgendämmerung sich zeigte. Rechtzeitig waren wir zum Markt in Andes. Hier fand icli die liebenswürdigste Aufnahme im Hause von Laurencio Pcrez und lernte durch ihn und Nicanor Gonzalez in den i'olgcntlen vier Tagen die sämmtlichen bei Andes in der Richtung nach der Wcstkordillere zu gelegenen Goldmiuen (San Augustin, Soledad, Chaquiro und La Cascada) kennen. Mein nächstes Ziel waren für den Sonntag jedoch die „Indios bravos". Wirklicii hatten sich verschiedene, mit langen Blasrohren und vergifteten Pfeilen bewaffnete Männer, sowie eine aus Mann, Frau und Säugling l)estehende Familie auf dem Markt zu Andes eingefunden. Leider verhinderte die Neugierde der übrigen Marktbesucher die photographisehe Aufnahme der Familie und auch das Bild eines alten Indianers misslang (wegen ungenügenden Lichtes in dem im- provisirten Atelier), so dass ich erst auf der nächsten Reise genügende Aufnahmen erhalten habe. Sehr gut gelangen dagegen zwei Aufnahmen des Marktes. Andes liegt am Ostfuss der Wcstkordillere in dem grossen Längs- thaie, in welchem nach Norden der Rio San Juan, im •) Ich gedonke an anderer Stelle über dieselben einen be- sonderen Aufsatz zu veröflFentlichen. D. V. XII. Nr. 20. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 233 Süden der Rio Riseralda zum Cauea fliesst; zwischen beiden bildet ein l)edeiitender Querriegel die Wasserscheide. Wir sollten letzteren bald aus eigener Ansciiaiiiuig kenneu lernen. Was östlich von dieser „intcrandinen Senke", wie A. Hettner dieses Längsthal bezeichnet, liegt — gehört eigentlich noch zur Centralkordillerc, welche der Cauca von Virjinia im Süden bis zur Annahme der nord- südlichen Richtung beim Eintritt in jene „interandine Senke" durchbricht. Freilicli bildet das Gebirge um Marmato, Supia und Rio Sueio eine eigenartige Gruppe mit vorherrschendem Porphyr, welche man sehr wohl als „Marniatogebirge" von der Centralkordillerc absondern kann. Im Nordosten und Südosten von Andes haben wir wiederum das Kohlengebirge von Titiribi und Sabaletas, welches übrigens auch um Supia und Rio Sueio wieder auf- taucht.*) Auch Salzquellen linden sich bei Andes z. B. im Westen in der Quebrada Santa Rita. Die Goldniinen bei An- des beuten die goldführenden Quarzadern im anstehenden Gestein bergmännisch aus, namentlich zeichnet sich die Mine von Cliaquiro durch ihre gute Mühle, die Mine „La Cascada" durch ihren l)edeutenden Goldreiclitlium aus. Der verti- cale Gang wird hier durch einen Schacht abgebaut. Diese Mine liegt im Süden von Andes in etwa 2I0Ü ni Meeres- liölie als letzter Culturposten an den Hängen jenes oben erwähnten Querriegels im Norden von Anserma Vieja. Man erreicht dieselbe von dem Wege aus, der von Andes nach Jardin iührt. Unweit Andes sclineidet derselbe das Indianergebiet. Letzteres, ein „resguardo" (= dem engl, creservation) ist ein den Indianern überlassener Berg, aus dessen dichter, namentlich von „Caiia brava" gebil- deter Vegetation, die Hütten der Indios hervorragen. Ich besuchte zwei dieser Hütten, fand diesell)en jedoch ohne Bewohner, nur in einer hockte ängstlich ein Knabe, der Sohn des „Häuptlings." Diese Hütten sind in sehr ein- facher Weise aus Holz erbaut: ein Stück über dem Boden ist der Hauptraum mit Bettstelle, Feuerstätte und einigen Gerilthcn, darüber folgt noch eine Art Boden oder Vor- rathsraum mit Gefässen, Körbchen mit Nahrungsmitteln etc. Die Leute arbeiten wenig, lieben seiir den landesül)lichen Branntwein (Aquadiente) und sind trotz ihrer Waffen durchaus harmlos. Dieser Besuch fand am 15. X. statt, nachdem ich von den Minen San Augustin, Soledad und Chaquiro am 14. X. nach Andes zurückgekehrt war. Hier erhielt ich für den Weg nach „La Cascada" einen Begleiter, der mir die Hütten der Indianer zeigte. Nachdem wir einige Zeit hier verweilt, gelangten wir an demselben 15. Octo- ber Nachmittags nach der erwähnten Mine „La Cascada", deren Besichtigung am folgenden Morgen vorgenommen wurde. Am Nachmittag des 16. October erreichte ich dann frühzeitig Jardin. Ein schlimmer Tag war der 17. October, der Ritt von Jardin nach Rio Sueio! Ein neuer Weg ist hier über den oben genannten Quer- riegel des Gebirges angelegt, aber derselbe war noch nicht genügend befestigt und in der Regenzeit eine schlimme Passage! Mit Proviant wohl versehen, brachen wir am 17. X. zeitig von Jardin auf und erklommen den steilen Anstieg vom freundlichen, viehreichen Jardiner Thal in der Richtung auf Sueio. Oben auf dem Kamme trafen wir schlimme, aufgeweichte Stellen zälien Lehmes („Ondos"), aus dem die Thiere sich wiederholt nur mit grosser Mühe hervorzuarbeiten vermochten, und weiterhin standen wir vor einem ganz kürzlicli niedergebrochenem „volean" oder ..derrumbo", d. h. einem Erdrutsch, der den Weg mit in die Tiefe gerissen hatte. Im strömenden Regen musste abgeladen und jedes Gepäckstück, zuletzt die Thiere über diese schlimme Stelle hinübergebracht *) Vergl. diese Zeitschr. a. a. 0. werden. Nach etwa einstündiger Arbeit waren wir hier- mit fertig, das Wetter wurde hell, wir hatten den vom herrlichsten Urwald bestandenen Querriegel zwar über- wunden, aber noch ein tüchtiges Stück Weg vor uns, ehe wir mit anbrechender Nacht unser Ziel Rio Sueio glück- lich erreichten. Der i'olgende Tag, wiederum ein Sonntag (IS. X.), war Ruhetag. Icii wollte hier für meine ethnographischen Sammlungen Erwerbungen machen, da die in der näiicren und weiteren Umgebung aufgedeckten Indianergräl)er (guacas) vielerlei Topfgeräth und Goldschmuck enthalten, welche an Liebhaber verhandelt werden. Früiier sind die Goldgegenstände einfach den Findern nach dem Gold- werth abgekauft und dann eingeschmolzen worden und noch heute geschieht dies leider vielfach, doch werden die kunstvolleren Stücke jetzt meist und zwar zu be- deutend höheren Preisen als ihr Goldvverth beträgt, an Liebhaber verkauft. Ich hatte bereits in Andes ausser den im Besitz der Indianer betindlichen Gegenständen (Blasrohr, Pfeile etc.), verschiedene aus alten Indianer- gräbern stammende goldene Nasenringe erworben, hier in Rio Sueio kamen 2 Sammlungen von Töpfen, Webe- gewichten, menschlichen Figuren aus Thon etc. hinzu, da ich Auftrag hatte, für die ethnographischen Museen zu Berlin und Jena Derartiges zu erwerben. Das Ausgraben selbst ist eine umständliche Sache, kostet viel Zeit und bietet keine sichere Aussicht auf Erfolg, sodass ich namentlich jetzt in der Regenzeit und bei meiner im Ganzen sehr kurz bemessenen Zeit mich nicht darauf ein- lassen konnte (vergl. die anschauliche Schilderung einer Ausgrabung in Quinchia bei Rio Sueio durch A. Hettner, „Reisen inColumbien"). Rio Sueio liegt bereits jenseits der Grenzen von Antiocpüa im Departemento del Cauca. Die Besiedelung dieses nördlichen Caucagebietcs ist aber hauptsächlich von Antioquia ausgegangen und daher hier wie in Supia, Marmato und anderen Orten gleichfalls antioquenisehe Sitte heimisch. Wie Andes, Jardin im Südwesten von Antioquia und viele Ortschaften im Dep. Cauca, ist auch Rio Sueio eine neuere Gründung: 1819 ist nach einem angebrachten Schilde das erste Haus hier errichtet worden, heute ist hier ein stattlicher Ort mit grosser Kirche zu finden, wichtig als Handelsvermittler zwischen Antioquia und dem anstosseuden Caueagebiet, und durch seine Lage am Wege von Medellin nach Jlani- zales über Supia und Filadeltia. So entfaltete sich denn auch heute am 18. October ein reges Leben: massenhaft drängten die Ankommenden zur Kirche; nach dem Gottesdienst entfaltete sich ein lebhaftes, buntes Bild auf dem Markte (mercado), wurde jedoch schon vor Mittag durch einen sein- starken, anhaltenden Regen jäh unter- brochen. Dieser veriiinderte mich an der Besteigung der steil hinter dem (Jrte aufsteigenden Porphyrfelsen sowie am Pbotographieren. Von Rio Sueio erreichte ich am folgenden Tage über Supia und die hier sich ausbreitende fruchtbare Ebene (die „vega de Supia") den bekannten und bereits wieder- holt auch näher beschriebenen Miueudistrict von Mar- mato und Echandia. Ueberaus malerisch liegen diese beiden Orte nebst dem tieferen Dorfe „La Quebrado" au dem steil zum Caucafluss abfallenden Osthang des „Marmatogebirges". Ersteigt man von Supia her den Alto de Boqueron, so hat man die Schlucht des Cauca und erhebliche Thcile der Centralcordillere vor sich. Von Marmato reicht die Aussieht bei klarem Wetter bis zu den gewaltigen Sehnee- riesen im Süden von Manizales, bis zum Paranio de Ruiz und zum Tolima. Jetzt in der Regenzeit sind freilich die höheren Theile des Gebirges in Wolken gehüllt und nur auf einen Augen l)liek gelang es mir am folgenden Morgen 234 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. XII. Nr. 20. um V26 Uhr den Paranio de Ruiz zu .sehen, den wallende Nebel alsbald wieder verdeckten. In Marniato und Ecliandia fand ich bei den Direc- toren der Minen eine sehr entgegenkommende Autnahme. Ich bleibe beim Director der englischen Minen in Mar- niato und benutze den Rest des Tages zunächst zur Be- sichtigung der Werke sowie zu einigen photographischen Aufnahmen, lerne am folgenden Vormittag einige Ab- theilungen des Bergwerkes kennen und verwende den Nachmittag auf den Besuch von Echandia, woselbst gegenwärtig liauptsächlich Silber gewonnen wird. Das Gold von Marmato ist in einem mächtigen Gang enthalten, zumeist in sein- feiner, mit blossem Auge selten sichtbarer Vertheilung. Der Gang geht von unten bis oben durch den .Syenitporphyr, sodass die zahlreichen Gruben ül)ereinander liegen, im Ganzen 48. Das ge- wonnene, sehr harte Ganggestein wird gegenwärtig in 13 Mühlen zerkleinert; die Förderung geschieht Tag und Nacht in zwei Schichten durch etwa 400 Personen, auch Frauen und Mädchen sind hier wie in Echandia bei der Förderung der Erze wie in den Mühlen in erheblicher Zahl beschäftigt und zeichnen sich durch ihre besondere Ti'acht, sowie durcii grosse Robusticität aus. Diese Erze werden sciion über 300 Jahre ausgebeutet, intensiver aber erst seit 1823, namentlich solange K. Degenhardt hier dem Werke vorstand (1829 — 1845) und neuerdings wieder durch die englische Gesellschaft (zur Zeit waren ausser dem Director Branton zwei englische Bergingenieure hier angestellt). Das erheblich höher gelegene Echandia gehört hingegen grösstentheils einem in Supia wohnenden Aatio- quener Namens Bartolome Chaves, der für den reichsten Mann von ganz Colombia gilt, dies aber weder in seiner äusseren Erscheinung noch in seinen sonstigen Lebens- gewohnheiten irgendwie zum Ausdruck liringt. Meine ursprüngliche Absicht, von hier aus bis Mani- zales vorzudringen, musste ich der viel zu unsicheren Witterung wegen aufgeben und mich entschliessen, nach Medellin zurückzukehren. Ich that dies auf dem vom Waarenverkehr zumeist eingeschlageneu Manizalesweg auf der rechten Seite des Cauca, über welchen unweit Mar- mato eine eiserne Brücke, La Cana benannt, führt. Zwei Wege scheiden sich am jenseitigen Ufer des hier wild- brausenden, von schwarzen Phyllitschiefern stark eingeeng- ten Stromes: der eine führt nach Salami na, der andere nachPacora, beides Orte an dem oben genannten wichtigen Handelswege Medellin-Manizales gelegen. Ich schlug den letzteren ein und gelangte in 4 Tagen über Pacoi a , Agua- das, Abejorral und die Hochebene von La Ceja =Rio Ncgro wohlbehalten nach Medellin zurück. Dieser Weg ist bereits genauer durch F. von Schenck (Pet. Mitt. 1883) be- schrieben, so dass ich hier auf diese Darstellung ver- weisen kann. Das Bemcrkcnsvvertlieste an demselben ist die Kreuzung des einen tiefen Canon bildenden Rio Arma zwischen Aguadas und Abejorral, welche einen ganzen Tagemarsch in Anspruch nimmt, obwold beide ( Jrte in der Luftlinie nur einen geringen Abstand von einander haben. Der Abstieg in den „Canon de Purima" genannten Ein- schnitt des Armatlusses von Aguadas aus erfordert circa drei Stunden — er beträgt etwa 1300 Meter — , der jen- seitige Anstieg von 1400 Meter ist natürlich noch viel länger je nach der Ausdauer und der Kraft der Thiere. Ich kreuzte diese Stelle an einem sehr schwülen Tage, langte von jenseits Aguadas kommend erst zu Mittag in dem brütend heissen Thalkessel bei der Brücke an und vermochte Abejorral nicht mehr zu erreichen, da nach- mittags starkes Regenwetter eintrat. Ich übernachtete daher in einer Herberge der Alto Pelado zwei Stunden vor Abejorral. Der stärkste Regenguss aber, den ich bis jetzt kennen lernte, überraschte mich am folgenden Nach- mittage kurz vor dem letzten Nachtquartier; er genügte, um uns in wenigen Minuten trotz Kautsciiukmantel völlig einzuweichen. Am Nachmittag des 24. October zeigte sich vom Alto de las Palmas aus das freundliche Bild des Thaies von Medellin mit dem Silberband des Rio Force und den weissen Kirchen der umgebenden Ortschaften, ein herr- liches Panorama für den nach dreiwöchentlicher Abwesen- heit der Ruhe bedürftigen Reisenden! Die durchzogenen Gelände am mittleren Cauca, das grosse Längsthal am Fasse der imposanten Westkordillere, die Minen und In- dianer von Andes, der Weg nach Jardin und Rio Sucio, die fruchtbare Vega de Supia, der Bergwerksdistrikt von Marmato und der Heimweg auf dem Manizalesweg Pacora zogen noch einmal wie im Kaleidoskop vor dem geistigen Auge vorüber und Hessen die Beschwerden dieser in der Regenzeit unternommenen, ersten grösseren, selbstständigen Reise zurücktreten. Die polaren Wirkungen des constanten Stromes am Anioebenkörper. — Die kleinen Anioeben unseres Süss- wassers verdanken bekanntlich ihren Namen dem bestän- digen Wechsel, welchen ihre Körperform bei der Bewegung durch das beständige Ausstrecken und Wiedereinziehen der tingcrförmigen Fortsätze, der sogenannten Scheinfüsschen (Pseudopodien) erleidet. Man unteischeidet unter ihnen eine ganze Reihe von Arten, deren Unterscheidungsmerkmale bauptsächlich in der verschiedenen Gestaltung und An- ordnung dieser Scheinfüsschen bestehen. Am häutigsten sind die Amoeba proteus mit ihren stumpfen, lapi)i- gen bald hierhin, bald dorthin vorfliesseuden Füsschen, Amoeba limax mit ilirem langgestreckten, meist nach einin- Richtung iiicsscnden, ein einziges stumpfes Füsschen bildenden Zellkörper und Amoeba radiosa, deren spitze, stachelförmige Füsschen von dem kleinen Zellkörper radiär nach allen Richtungen hin abstehen. Die Berechtigung, diese für verschiedene „Arten" zu halten, wurde schon vielfach angezweifelt, da die Formen bloss vorübergehende Zustände einer einzigen vielgestaltigen Art darstellen gollen. Nach Gruber sollen sich allerdings die Amoeben- arten durch die Beschaft'enheit der Kerne unterscheiden, ein Umstand, der für die Artberechtigung schwerer ins Gewicht fallen würde als die wechselvolle Gestalt der Pseudopodien. Freilich bietet dieses Unterscheidungsmerk- mal grosse Schwierigkeiten, weil der Kern am lebenden Thier fast nie zu sehen ist und nur durch die Färbung erst sicher nachgewiesen werden kann. Prof. M. Ver- worn, dem wir schon mehrfache wichtige Arbeiten über die polare Erregung der lebendigen Substanz durch den constanten Strom verdanken, untersuchte nun die j)olaren Wirkungen des constanten Stromes am Anioeben- körper (Pflüger's Archiv f. v. ges. Physiologie, Bd. 65, 1896). Er fand dabei, dass eine Amoeba limax in allen drei Formen der oben erwähnten Arten erscheinen kann, je nach den äusseren Bedingungen, unter welche man die Amoeben willkürlich bringt. Wenn er Exemplare von Amoeba limax, die man im Zimmer in einen lleuaufguss leicht in gros.sen Massen züchten kann, durch das Uebertragen auf den Oliject- träger mechanisch reizte, so hatten sie zunächst sämnitlich Kugelform, d. h. sie befanden sich im Coutractiousstadium. XII. Nr. 20. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. •235 Nach einiger Zeit begannen nach verschiedenen Rich- tungen hin stumpfe, lappeufönuige Pseudopodien liervor- zutreten und die Auioeben hatten das Aussehen einer Amoeba proteus. Nach 10—20 Minuten bildete sich allmählich eine bestimmte Kriechrichtung heraus, d. h. jede Amoebe Hess ihre Substanz nur nach einer Richtung hin vorfliessen, so dass der ganze Körper gewisserniaassen ein einziges, langgestrecktes Pseudopodium darstellte und die typische Form der Amoeba limax annahm. Wenn er nun das Wasser unter dem Deckglas durch Zusatz einer sehr dünnen Lösung von Kalihydrat schwach alka- lisch machte, so dass es nur eben alkalisch reagirte, so zogen sich zunächst sämmtliche Amoeben kugelig zusammen und verharrten etwa 10 — 20 Minuten in dieser Forui. Dann aber begannen an der Oberfläche dieser Kugeln feine Spitzchen hervorzutreten, die sich zu langen, stachelartigen Pseudopodien verlängerten, sodass die Amoeben die typische Form der Amoeba radiosa angenommen hatten. In dieser Form verharrten sie, so lange sie vor dem Ein- trocknen geschützt wurden. Wurde aber das alkalische Wasser durch frisches Wasser ersetzt, so nahmen die Amoeben im Lauf einer halben Stunde wieder ihre ge- wöhnliehe Liinanform an. Der Versuch konnte an dem- selben Individuum und an jedem neuen Präparat beliebig oft wiederholt werden und lieferte stets den gleichen Erfolg. Bei Zusatz von verdünnter Säure zogen sich die Amoeben kugelig zusammen und verharrten dauernd in dieser Form. Die Befunde zeigen, wie die Form der Amoeben durch die Einwirkung äusserer Factoren in typischer Weise bestimmt wird, und sind geeignet, die Zweifel, welche schon mehrfach an der Constanz der sogenannten „Amoebenarten" erhoben wurden, noch zu er- höhen. R. Die Scliutzäliulichkeit einer Käferlaive mit Flechtenfruchtkörpern beschreibt G. E. Stonc (Bull. Torrey bot. Club, V. 23, 1896, S. 454f). Er fand an der Rinde von Ulmus americana Körper, die den Apothecien der Flechte Physcia hypoleuca mit ihrem dunkeln Mittel- theil und ihrem grauen, gelappten, dünnen Rand, sowie auch iu ihrer Grösse (etwa o mm) täuschend glichen. Diese Körper sasseu entweder auf gleichfalls vorhandenen Flechteuthallen oder auf der nackten Rinde. Sie stellten sich als die Larven des aus Euroi)a eingewanderten Rüsternblattkäfers Gossyparia ulmi heraus. C. Mff. Um das furchtbare Hinmorden der Vögel in Frank- reich zu bekämpfen, wendet sich der ausgezeichnete Kenner und Beobachter der dortigen Vogelwelt, Baron L. d'Hammonville an die Societe nationale d'Acclimati- sation de France in einem in deren Bulletin veröffent- lichten Aufsatze. Er weist hin auf die furchtbare Ver- tilgung der Vögel, besonders von Seiten des niederen Volkes, die er so gross sehätzt, dass iu 20 Jahren 7io der jetzt lebenden vertilgt werden, zählt die uiitzlicheu Vögel Frankreichs auf und schlägt Mittel zu ihrem Schutze vor. Dem mittleren Theile der Arbeit entnehmen wir folgendes. Die Tagraubvögel sind im Allgemeinen schädlich. Ausnahmen machen indcss Bussard und Thurmfalke, deren Hauptnahrung die kleinen Nager bilden. Rötbel und Rothfussfalke jagen aufs eifrig-ste Heuschrecken, diese schädlichsten aller Insecten. Der Wespenbussard vertilgt Wespen, Bremsen und Stech- mücken. Die Eulen, mit Ausnahme des Uhus, zählen alle zu den nützlichsten aller Vögel, da sie ausschliesslich Nager uud grosse Insecten (Maikäfer!) verzehren. Die Spechte ernähren sich ausschliesslich von schädlichen Forst-Insecten. Der Kuckuk ist fast der einzige Vogel, der behaarte Raupen frisst. Kleiljer, Baum- und M a u e r 1 ä u f c rsind ausschliesslich Insectenfresser. K r ä h c n , Elster und Häher vertilgen zwar viele Raupen und Insecten, vernichten aber auch manches Gelege. Dasselbe gilt auch für den grossen Würger, während die anderen Arten dieser Gattung allein die Ueberhandnahnie der Gradflügler veriiindcrn. Die Pirole und Staare fressen ebenfalls Heuschrecken und füln-en einen unerbittlichen Krieg gegen die parasitischen Insecten unserer Heerden. Aber sie lieben auch die Kirschen und Trauben, so dass man den Landleuten das Recht lassen soll, sie mit einigen Flintenschüssen zu verjagen, wenn sie diese überfallen. Grünling, Hänfling, Zeisig, Distelfink, Buciifink, Lcinfiuk, Girlitz und Ammern sind Körner- und Insectenfresser und, wie d'H. aus eigener Erfahrung in seinem Garten weiss, überwiegend nützlich. Auch die Lerchen, die Feinde der Getreidekäfer, sind sehr nütz- lich. Da sie sich aber sehr stark vermehren und immer hinreichend sichere Nistplätze in den Getreidefeldern finden, glaubt d'H., dass man sie als Wild betrachten und mit der Flinte jagen könne. Ammern und Bachstelzen zählen dagegen wieder unter die nützlichsten aller In- sectenfresser. Sie verzehren wie der Wasserpieper die kleinen Gradflügler, die Wasserinsecten, kleinen Schnecken, Mücken, Schnaken und Würmer. Amsel und Drossel sind wichtige Vertilger der Nackt- und anderen Schnecken und aller Insecten-Larveu; dennoch dürfe man die Jagd auf sie gestatten wegen ihrer Vorliebe für Trauben. Rothkehlchen, Nachtigal, Blaukehlchen, Roth- schwänzchen, Steinsehmätzer, Braunelle, Gras- mücken reinigen unsere Gärten, Wiesen und Wälder von Ungeziefer. Die Rohr- und Schilfsänger sind nicht ganz so verdienstvoll, da sie auch die Libellen fangen, die nach Selys-LongQhamps als nützlich betrachtet werden müssen. Der Zaunkönig ist ebenfalls einer unserer Wohlthäter. Die L a u b s ä n g e r , Goldhähnchen und Meisen wissen auf den Bäumen auch die versteck- testen Insecten oder deren Larven und Eier zu finden. Die Fliegenfänger beschränken sich nicht nur auf Fliegen und Schnaken, sondern vertilgen auch Würmer und Raupen, wie d'H. selbst in seinem Garten erfahren hat, aber sie fressen auch die nützlichen Schlupfwespen. Endlich fangen die Nachtschwalben eine Menge Nacbtschmetterlinge, die, ohne sie, den Vögeln ent- schlüpfen würden. Reh. Die Bedentnni!: des Oxalsäuren Kalkes in den Pflanzen ist durch die Untersuchungen von Prof. Kraus in Halle näher beleuchtet worden. (Flora, Bd. 83, 1897.) — Man glaubte vielfach, der einmal gebildete oxalsaure Kalk bleibe in der Pflanze zeitlebens unverändert und werde nicht wieder in die Stoffwechsciprozesse hinein- gezogen. Die Verbindung der Kalkbase mit Säure sollte eine Neutralisirung der giftig wirkenden Oxalsäure be- deuten. Kraus weist nun durch chemische Analyse an Sauerampferrhizomen, Baumrinden u. s. w. nach, dass der oxalsaure Kalk auch wieder gelöst werden kann. Es waren bereits früher in der lebenden Pflanze angefressene Krystalle dieses Salzes beobachtet worden. Nach diesen Angaben betheiligt sich also die Oxalsäure doch am Stoff- wechsel. Steigert man diesen (durch Verdunkeln) und entzieht dem Culturboden allen Kalk, so wird dieser aus dem Oxalat frei und als Nahrung verwendet. Es kann auf diese Weise fast die Hälfte des oxalsam-en Kalkes verschwinden. Die Lösungsmittel desselben sind wahr- scheinlich organische Säuren, welche schon in geringer Concentratiou (1 Voo) ein vollständiges Auflösen der Krystalle veranlassen können. R. K. 236 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. XII. Nr. 20. eine internationale Festsetzung Die Frage der photonietrisclieu Einheiten, welche man seit dem Genfer Elektrotechniker - Koug-ress des vorigen Jahres nuinnehr endgültig regeln will, behandelt Prof. Dr. Leouhard AVe her- Kiel in der „Elektro- technischen Zeitschrift" (1897, Heft 7). Weber wünscht für folgende Grossenarteu der Einheiten: 1. Lichtstärke = Intensität punktförmiger Lichtquellen. 2. Lichtstrom = Erfüllung eines von einer punktför- migen Lichtquelle ausgehenden räumlichen Winkels mit Licht. 3. Lichtleistung = Lichtmenge = Product eines Liclit- stromes mit der Zeit seines Bestehens. 4. Beleuchtung = Summe aller auf eine Fläche auf- 5. 6. Flächengrösse. tretfender Lichtströme per Flächenhelligkeit = Lichtstärke per Fläche. Belichtung ::= Produkt aus Beleuchtung mal Zeit. Seit den Genfer Verhandlungen kann die Hefnerkerze als internationale Lichteinheit betrachtet werden. Darauf baut nun Weber zwei Systeme der photometrischen Ein- heiten auf, ein (Kerze-Centimeter-Secunden)- System, das er für selbstleuchtende Körper angewandt wissen will, und ein (KerzeMeter-Stuudenj- System, das er für beleuchtete Körper vorziehen möchte. Für diese Systeme wünscht er nun folgende Defini- tionen und Nomenclaturen festgesetzt zu sehen: Definition Name Symbol Die Lichtstärke der Hofnerkerze in horizontaler liiehtung Kerze k Der von der Kerze in den räumlichen Winkel Eins entsandte Lichtstrom Lumen Im Das während der Zeiteinheit andauernde Lumen Lumensecunde bezw. Lumenstunde Ims bczw. Imh Die Beleuchtung der Flächeneinheit im normalen Abstand durch die Kerze Lux bezw. Meterkerze Ix bezw. mk Die Flächenhelligkeit derjenigen Fläche, von welcher die Flächeneinheit die Lichtstärke von 1 Kerze hat Kerze per cm- bezw. m- (Centinieterqua- dratkerze bezw. Meterquadrat- kerze) cqk bezw. mqk H. Wetter-Monatsübersicht. — Kühl und unfreundlich gestaltete sich das Wetter in Deutschland während des grössten Theiles des vergangenen April, aber sonnig und ungewöhnlich warm gegen Ende des Monats. Wie ein Blick auf die beistehende Zeichnung erweist, stiegen zwar die anfänglich sehr niedrigen Morgentemperaturen im Allgemeinen, namentlich in Nordwestdeutschland ziem- licli regelmässig, jedoch nur gerade so schnell, als dies beim Vorrücken des Frühlings auch seitens ihrer lang- jährigen Durchschnittswcrtlie geschieht, hinter welchen sie fast immer um mehrere Grade zurückblieben. In den ersten Nächten traten in allen Theilen Deutschlands Fröste auf, wobei das Thermometer am G. April zu Bami)erg bis — 4 Grad herabsank. Auch an den Tagen wurde es nur wenig warm, und nachdem am 14. die Nachmittagstemperaturen zum ersten Male an der Mehr- zahl der Stationen 15" Celsius überschritten hatten, konnten sie in der Folge wegen mangelnden Sonnen- scheins diesen Werth niclit wieder und um den 20. in Norddeutschland nicht einmal mehr 10" erreichen. Al)cr nur wenige Tage darauf fand ül)erall ein jäher üebcr- gang zu Sommerhitze statt, der am frühesten in den li Temperaturen im cJ^priP J-S^l. ^^_ Tägliches Maximum, liez Mmimum SUhrMorgens, 1897. 8 Uhr Morgens «rmal ^I.Apwl. 6. 11, 16. 21 JB. „ at''^ l'^O" =\^° 'i Nordwestdeulschland / \/ Mm*! nordöstlichen Landestheilen erfolgte. Das Temperatur- maximum, welches dort am 23. im Durchschnitt nur 7,2" betragen hatte, stieg am 26. auf 17,5, am 28. bereits auf 22,1^0. ; am letzteren Tage erhob sich das Thermo- meter in verschiedenen Gegenden auf 25 bis 26", wäh- rend in anderen zahlreiche Gewitter schon wieder etwas Abkühlung herbeigeführt hatten. Durch die ausserordentliche Wärme der letzten Tage wurden auch die Temperaturmittel des ganzen Monats derart beeinflusst, dass dieselben in Nordostdeutschland die normalen Apriltemperaturen sogar ein wenig über- trafen. Zum ersten Male in diesem Jahre waren, wie es im Sommer die Regel ist, die Temperaturen sowohl am Morgeu wie am Nachmittage in den östlichen Landes- theilen etwas höher als im Westen, während sonst noch rr l«^öf?c der Kicdeiiöcßfü^c "T^ an jedem Apnllage 1897 ^_ Summe im April: lAcril. 6. 11- <6 n 86. M f I i I I I I I I M I I I [_l T TTTTTTT lofNordwesldeulscIilanil cva T rii ■1897 96 9b 9» 93. 92. TT 1 April 6, 11. 16. 21 26. r 1 1 i m I I M M 1 I I I I j I I I I I I n L^i jUNordosldeulschland. "W" f ulSi-aai-MlsuJIia-n» - I 1 April 6 11. 16. 21. 26 mm, ( Süddeutschland. mmki XII. Nr. 20. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 2.87 für April wie für die ganze kältere Jahreshälfte das Um- gekehrte zu gelten pflegt. Während am Anfang des April nnd zwischen dem 11. und 25. trübes Wetter in Deutschland bei weitem vorherrschte, erfreuten sich die zwischen liegenden und letzten Tage des Monats sehr reichlichen Sonnenscheins. Dessen Gesammtdauer, welche z. B. in BerHn 161, in Potsdam 159 »Stunden betrug, war daher fast um ein Drittel grösser als in dem allerdings besonders trüben April 1896, wurde aber von dem Sonnenschein der voran- gegangenen Aprilmonate mehr oder weniger, von dem- jenigen des Ai)ril 1893 beinahe um hundert Stunden über- troffen. Das entgegengesetzte Verhalten zeigen nach beistehender Darstellung die Durchschnittswcrthe der Niederschläge vou den einzelnen Aprilmonaten, welche in diesem Jahre 57,5 Millimeter, fast die gleiche Summe wie im vorigen und erheblich grössere als in den früheren, freilieh zum Theil aussergewöhnlich trockenen Jahren er- gaben. Die Regenmengen des diesjährigen April waren in Süddeutschland, vornehmlich im oberen Rheingebiete, etwas grösser als im Norden, wo in Kiel nur 23, in Wustrow 27 Millimeter gemessen wurden. Sie vertheilten sich beinahe auf den ganzen Monat, mit Ausnahme der wenigen trockenen Tage gegen Ende desselben. Neben den stärkeren Niederschlägen der ersten Apriltage treten in den Zeichnungen für Norddeutschland besonders die- jenigen vom 18. und 19. hervor, den beiden Ostertagen, deren trüber Witterungscharakter auch durch die geringe Abweichung zwischen den Maximal- und Minimaltempe- raturen zur Anschauung kommt. Zu Begiim des Monats zogen nacheinander mehrere tiefe barometrische Minima von Frankreich nach Mitteleuropa und verursachten auf ihrem Wege am 2. und 3. April nament- lich in Südwestdeutschland heftige Schneestürme, welche grossen Schaden an den Obstblüthen anrichteten. Um dieselbe Zeit trat in Folge anhaltender Regengüsse in Ungarn der Temesfluss aus seinen Ufern und über- schwemmte in einzelnen Gegenden weite Strecken. Gleichfalls sehr gewaltige Regenmengen gingen wenig später an den Küsten des adriatischeu Meeres hernieder, wo z. B. am 5. zu Abazzia 74, zu Pesaro 50 Millimeter gemessen wurden. Während in den nächsten Tagen sich vom weissen Meere aus über Nordrussland und die scandi- navische Halbinsel ein hohes Barometermaxinium aus- breitete, das auch Deutschland trockenere Ostwinde und etwas freundlicheres Wetter brachte, wurde Südeuropa von neuen Depressionen heimgesucht, welche am 9. April schwere Hagelschlägc in der unteren Poebene, wo namentlich in der Umgegend von Ferrara fast die ge- sammten Saaten vernichtet wurden, am 10. und 11. ausserordentliche Regengüsse auf der Balkanhalbinsel zur Folge hatten. In ganz Deutschland drehte sich der Wind nach Süd, als am 12. April eine tiefe Barometerdepression auf dem Ocean vor Irland erschien, welche langsam naqh dem norwegischen Meere fortschritt. Doch am 17. schwenkte dieselbe plötzlich südostwärts nach Dänemark ab, und bei ims traten alsbald dampfgesättigte westliche Winde auf, denen nach weit ausgedehnte^, ergiebigen Regen- fällen kühlere und zunächst sehr starke Nordwestwinde mit verschiedentlichen Hagelsehauern folgten. Auf die Weiterentwickelung der Wintersaaten sowie die Bestellung- der Felder mit Sommerfrucht musste die anhaltende Nässe, verbunden mit Nachtfrösten, störend wirken. In Ost- und Westpreussen war gegen Mitte des Monats noch fast nichts gesäet, in den übrigen preussischen Provinzen mit der Aussaat eben erst begonnen worden, 8 — 14 Tage später als in normalen Jahren. — Eine Wendung zum Besseren trat erst am 26. ein, als ein Barometermaximum sein Gebiet von Finnland nach Ostdeutschland ausdehnte, während eine flache Depression an der französischen West- küste lagerte. Bei sehr warmen südöstlichen Winden und hellem Sonnenschein schloss daher der Monat mit einigen freundlichen Sommertagen ab, deren Trockenheit nur durch vielfache Gewitter unterbrochen wurde, welche am 29. der Stadt und Umgebung von Landsberg a. W. einen Hagelsehlag und Wolkenbruch, jedoch den meisten Gegenden Deutsehlands verhältnissmässig geringe Nieder- schläge brachten, wogegen in Frankreich am 27. April zu Nantes nicht weniger als 92 Millimeter Regen fielen. Dr. E. Less. Aus dem wissenschaftlichen Leben. Ernannt wurden: Dor aiissfrordentlicho Professor der Chemie in Erlangen Dr. Karl Paal zum ordentlichen Professor; der Privatdocent der Zoologie in Heidelberg Dr. Raphael Freiherr von Erlang er zum Professor; der Oberarzt am städtischen Krankonhaus in Charlottenburg und Privatdocent an der Berliner Universität Stabsarzt Dr. Rawitz zum Professor; der Privat- docent der Chemie an der technischen Hochschule in Dresden F. Foerster zum Professor; der Privatdocent der praktischen Geometrie an der technischen Hochschule in Hannover M. Petzold zum Professor; der ausserordentliche Professor der gerichtlichen Medizin in Königsberg Dr. K. Seidel zum Medizinalrath; der Privatdocent der Gynäkologie in Königsberg Dr. H. Münster zum Professor; der I-'rivatdocent der Astronomie in München Dr. Anding zum Ohservator der Kommission für die internationale Erdmessung; der ausserordentliche Professor der Pathologie an der böhmischen Universität Prag J. Thomayer zum ordentlichen Professor; der Privatdocent der Geologie bezw. Ethnographie in Wien F. Wäh- ner und M. Habe rl and zu Kustoden II. Klasse; der Privatdocent der inneren Medizin in Zürich H. Müller zum Professor; M. W. Keatings zum Lehrer für Pädagogik in Oxford; der Leiter des bakteriologischen Laboratoriums an der freien Uni- versität Brüssel Dr. Funk zum Agrege; Di'. J. de Beer zum Bibliothekar an der Staatsuniversität in Groningen; der Privat- docent der Geographie und Staatswissenschaften in Lund Freiherr von Schwerin zum ausserordentlichen Professor der Geographie und Geschichte; W. S. Boulton zum Lektor der Geologie in Carditf. Berufen wurden: Der ansserordentliche Professor der Chemie in Bonn Dr. J. Bredt als ausserordentlicher Professor an die technische Hochschule in Aachen: der ausserordentliche Pro- fessor der Chirurgie in Greifswald Dr. Heidenh ain als Director an das Stadtkrankenhaus in Worms; der Privatdo.cent der Physik an der polytechnischen Schule in Delit Dr. R. Sissingh als ordentliclier Professor nach Amsterdam; der Privatdocent der Geometrie in Budapest L. Klug nach Klausenburg. Es habilitirten sich : Dr. H u m m e 1 s h e i m aus Köln für Augen- heilkunde in Bonn; M. Radaeowitsch für theoretische Physik in Innsbruck. Abgelehnt hat: Der Privatdocent der Physik in Berlin Dr. Dubois einen Ruf nach Amsterdam. Aus dem Lehramte scheiden: Der Professor der Pharmacie in Erlangen Dr. E. Beckmann; der Professor der allgemeinen Therapie in Genf J. L. Prevost; der Privatdocent der patholo- gischen Anatomie in Zürich A. Hanau. Der Amanuensis der Universitäts-Bibliothek in Upsala Graf E. Lewenhaupt ist aus seiner Stellung ausgeschieden. Es starben: Das Mitglied des Mcdicinalcollegiums der Provinz Brandenburg Dr. Henry Menger in Berlin; der ordentliche Pro- fessor der Augenheilkunde und Direktor des Moskauer Augen- hospitals Geh. Rath Dr. Gustav Braun; der ehemalige Pro- fessor der Moralphilosoplüe in Turin Berti in Rom; der berühmte, spanische Chirurg Dr. Heinrich Sünder y Rodrii|uez; der ehemalige Professor der Botanik in Dorpat Dr. Edmund Russe w; der um die Paläontologie verdiente Leiter der Zeche Bernissart Gustav Pages zu Peruwelz im Hennegau; der Professor der Geodäsie am Polytechnikum zu Delft Ch. Scholz. L 1 1 1 e r a t u r. Oberlehrer Bernhard Landsberg, Streifzüge durch Wald und Flur. I^.ine Anleitung zur Beobachtung der heimischen Natur in Monatsbildern. Für Haus 'und Schule bearbeitet. "2. Aufl. Mit 84 Illustrationen nach Originalzeichnungen von Frau H. Landsberg. Verlag von B. G. Teubner in Leipzig 1897. — Preis geb. 5 M. Wir sagten bei Besprechung der ersten Auflage, die erst Bd. X (189i) S. 31'J erfolgt ist: 238 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. XII. Nr. 20. „Das freundlicht' Buch ist wohl geeignet, eine verständige Naturbetrachtung und Neigungen, mit der Natur zu plaudern, in die richtigen Wege zu leiten, auch wohl überhaupt zu einer näheren Betrachtung der Natur anzuregen. Aufgeweckten Knaben und Mädchen kann das Buch daher als guter Führer in die Hand gegeben werden." Wir freuen uns, dass das Buch den verdienten Anklang schnell gefunden hat. A. Acloque, Lea insectes nuisibles. Ravages. — Moyens de destructiou. 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Kainit 71. Schönit 72. Karnallit III. nesolithi i A. Triaf a) 73. Kogensteiii 74. Hauptbuiits »' 7.1. Chirotheriei " 70. Gips von Ri b) M u s c I 77 79. Blauer 1 ^ SO «. 81. Sehaui" 82. Schicht mit [[umboldthain zu Berlin. -t2 3? 38 -^ -^ <^ , ?4 2? q chswerfen. äfurt. !sfurt. itj sfurt. e.lSittgesteine). :]bis XV). i in. kliain. n Sarras. Q lüilerstlorf. Maczeikowitz bei Cliorzow, Obersoiilesien. R3. Mittlerer Muschelltalli. 84. Schicht mit Myophuria vulgaris. 8.1- Glaukonitischer Kalkstein. 8(;. Sohlenkalkstein 87. Dolomit 88. Weisser 1 /. . ■ sn. Kother } ^=»'™<" IH). Hrauneisenstein m. Hlei(;lanz 92.*) Letten (Tertiär-Quartär) ^ c) Iv e u p e r. OS. Coburger Bausandstein. 1)4. Sandstein von Burgpreppach in Franken. B. Jura (Feld XVI). a) Lias. O.'i. Eisenerz von üarzburg. b) Dogger. %. Sandstein vom oberen Main. c) Malm. 97. Korallenoolith von Goslar. Kiinmeridge-Kalk Kininieridge-Dolomit vom Langenberge bei Ocker. *) Diese Schiebt, die Decke des Feldes XV, fehlt in der Tafel. C. Kividc (Ft'kl XVI, XVII u. XVIIi). a) Untere Kreide. a. Neocom. 100. Nesselberger Sandstein (Wealden). IUI. Ililskalksteiu vom Langenberg bei Ocker p. «au lt. 102. Sandstein von Goslar. 103. Flammenmergel von Goslar. b) Obere Kreide. Nordnestdeutschland. a. Pläner. 101. Kalkstein vom Petersberg bei Goslar. ß. Senun. lOf)- (^nadratenkreide v. Sudmerberg b. Gosl.ir. Schlesien und Sachsen. a. Cenoman. lO*;. Sandstein von Cudowa in Schlesien. 1U7. Sandstein von Ootta im Kgr. Sachsen. 1(18. Sandstein v. Rottwerndorf i. Kgr. Sachsen. ß. Türen. 109. Pläner von Weinböhla im Kgr. Sachsen. Y. Senon. HO. Sandstein von Deutniannsdorf in Schlesien. III. Sandstein von Warthau in Schh'.-iim. IV. Neolithische Gruppe (Spätgesteine). A. Tertiär (Feld XVIII). 112. Septarientlion 113. Quarzsand 114. Glimiuersand \ von Freienwahle a. O. 115. Braunkohlenfloze J lU». Basalt von Unkel a. Rhein. 117. TuH v*'u Niedermendig. B. Qimrtiir (Feld XVIII). 118. Unterster Sand. in». Unterer Gesehiebelehni. 120. Unterer Sand. 121. Oberer Geschiebelehm. 122. Findünge. 123- Gletscherschrammen auf Rüdersdorfer Kalkstein. 12-1. Kalktuft" von Greussen. 24G Natui-wissenscbaftlicbc Woclicnscbrift. XII. Nr. 21. emporgewölbt. Diese sind somit ein ganz junges Falten- gebirge, das daber aucb in seiner ge.samratcn Arcbitektur sieb scbarf von den dcutscben Mittelgebirgen nnter- scbeidet. 80 bal)on wir gesellen, wie die dentsebc Landscbaft sich allmäblich herausgebildet bat. Die .Störungen in der Erdrinde schaffen die Unebenheiten des Bodens und die Erosion sucht sie wieder einzuebenen. Diese beiden Factoren wirken auch heutigen Tages noch, das lehren die Erdstösse, die in Deutscbland ab und zn auf- treten, und das zeigt jeder Gebirgsbaeh nach einem Regenguss. Ueber die sogenannten HHiideineiischen vcrüfient- licht A. Brandt eine Betrachtung im Biol. Centralblatt vom 1. März 1S97. Er unterscheidet zwei Formen dieser Abnormitäten. Die eine, als deren Typ der Russe Adrian Jewticbjew und sein Sohn Fedor zu betrachten sind, kommt äusserst selten vor. Hie kennzeichnet sieb durch gleicbmässige, seidenweiche, ])igmentlose (bellbloude) Be- haarung, vor Allem des Gesicbts und Schädels, mehr oder weniger aber auch des Körpers und selbst der Gliedmaassen. Besonders lange Haare befinden sich über der Nasenwurzel (,,Aft'eni)inscher-Locke"), auf den Nasen- flügeln und im Gehürgange. Bei manchen Individuen reichten die Kopfhaare bis zum Gürtel. Zugleich ist das Gebiss rcducirt, und die wenigen vorhandenen Zähne brechen sehr spät durch. Aus der Aehnlicbkeit der Structur der Haare, mehr aber noch aus dem analogen Auftreten leitet Br. diese Form der Hypertrichose vom fötalen Flaum her, der in Folge von Entwickelnngs- schwäche der Haut uicht abgcstossen und durch bleibende Haare ersetzt werden kann. Dem entspricht auch das V^erbalten der Zähne. Bei Säugern tritt der Fötal-Flaum in derselben Weise auf wie beim Menschen. Man ist daher nicht berechtigt, die llundcmenschen als Rück- schlags-Formen auf Affen oder andere Säugetbicre zu betrachten, sondern muss bis zu den Promanimaliern zurückgeben, deren Behaarung uns im Fötal-Flaum über- kommen ist. Br. schlägt daher für diese üeberbehaarung den Namen Hypertricbosis lanuginosa foetalis s. pro- niannnalica vor. — Gänzlich verschieden davon ist jene Art des übermässigen Haarwuchses, bei der die echten Haare hypertrophiren. Hierfür sind die bekanntesten Bei- spiele die Krao, Lina Neumann und Julia Pastrana; aber aucb ganze Völkerschaften zeigen diese Abnormität, die übrigens auch sonst in geringerem Maasse sehr bäufig vorkonnnt. Hierbei zeigen auch die Kiefer zugleich Hypertropiiie, so dass bier ein übermässiges Bildungs- vermögen der Haut vorliegt. Da die Behaarung etwas an die der Affen erinnert und auch sonst anthropoide Merkmale (Schiefzähnigkeit u. s. w.) auftreten, ist auch diese Form der lIy]icrtrichosc als atavistiscli zu betrachten, und kann Hypertricbosis mannnaliea genannt werden. _^____ Reh. lieber die Fortpflaiiziiiig von Nautilus armacrom- phiilus bat der Engländer Artbur Willey auf den Inseln Neuguinea und Neucaledonien seit einer Reibe von Jahren sorgsame Forschungen angestellt, deren Resultate er jetzt in einer ersten Zusebrift an die „Proeeedings of tlie Royal Society" (11. März 1897) veröffentlicht. Die genannte Nautilusart findet sich zicuüich selten an den Küsten der bezcicbncten Inseln; Willey hatte sich einige lebende Exemplare verscbaflt nnd hielt sie in einem Aquarium, wo sie sich so gut eingewöhnten, dass sie zur Fort- ))flanzung schritten. Die P^ier werden während der Nacht einzeln nach einander ausgestossen nnd an versteckten, dunkeln Orten abgesetzt; sie sind weiss und von knor- peliger Beschaffenheit. Meist sitzen sie an Felsen, ver- mittelst eines kurzen Stieles aus schwannnigem Gewebe befestigt. Die Grösse der Eier ist beträchtlich, ihre Länge beträgt 45 mm, die Breite Iß mm. S. Seh. Eine Art von Plebiscit über die Frage: Sind die Arthropoden eine natürHche dlruppe? veranstaltete Natural Science (Febr. 1897), indem eine Anzahl von Specialisten um ihre Ansicht befragt wurden. Ist auf eine solche Weise auch keine endgültige Entscheidung herbei- zuführen, so ermangelt ein derartiger Versuch immerhin nicht eines gewissen Interesses. In einleitenden Worten setzt F. W. Hutton ausein- ander, dass die Gruppe der Arthropoden 1845 von C. T. E. von Siebold aufgestellt wurde und soviel An- ( klang fand, dass 18(19 Fr. Müller sagen konnte, dass alle sie zusammensetzenden Klassen unzweifelhaft Aeste eines Stammes seien. Insecten und Tausendfüsser stammten von einem gemeinsamen Land-Hexapoden ab, der auf eine Zoea-Form zurückzuführen sei, und Crustaeeen und Aracbuiden von einem primitiven, aus einer Nauplius- Form entstandenen Pbyllojioden. Als dann dui'cb Moseley 1874 die Organisation von Peripatiis besser bekannt wurde, ft glaubte man in ihm ein Verbindungsglied zwischen Anne- liden und Arthropoden gefunden zu haben. Da er aber naturgemäss nur zu den Traeheaten überführen kann, muss man für ihn und die Branchiaten (Crustaeeen) wieder eine Urform bei den niedersten Würmern suchen. Die Aebnlichkeiten zwischen Insecten und Krebsthieren (Glied- maassen, Häutung, znsamniengesetze Augen) können nicht auf Vererbung, sondern nur auf convcrgenter Anpassung beruhen. Man muss also die Artbroj)oden in zwei Stämme trennen, wobei Pcripatus, als ein durch Landleben um- 1 geänderter Chaetopode, von ihnen ausgeschlossen werden nuiss, oder man muss sie mit den Anneliden als ihren gemeinsamen Vorfahren vereinigen. Henry M. Bernard leitet alle Arthropoden-Glied- maassen von den Parapodien der Cbaetopoden her, aber in jeder Klasse verschieden, sodass also die Arthropoden polyphyletischen Ursprungs seien. Die Krebse verbinden sich durch Apus und die Triboliten mit den Cbaetopoden, von denen auch direct die Spinnen abstauunen. Die Stammform der Insecten w'ar ähnlich ihren pflanzen- fressenden Larven. Die Myriaiioden sind in zwei unab- hängig von einander aus den Cbaetopoden entstandene Klassen aufzulösen. Perijjatus ist ein wenig entwickelter Arthropode, nicht aber die Stammform der übrigen. Alle diese verschiedenen Formen können nicht durch Zucht- wahl, sondern nur durch z. Tb. eonvergente Anpassung entstanden sein, wobei die Nahrung die Hauptrolle spielte. Geo. H. Carpenter spricht sich für monopbyletischen Ursprung aus. Eine Trennung in Traeheaten und P>ran- chiaten sei unzulässig, da die Vci'wandtschal't zwischen Liniulns und den Arachiuden nachgewiesen sei. Die ge- meinsamen Vorfahren müssen vielheinige und viclglicdrige Thiere gewesen sein. Der Stamm der Myriajtoden und Insecten muss sich schon sehr früh abgezweigt haben, aber als die Artbropoden-Charaktere schon mehr aus- gesprochen waren, als sie es bei Peri|iatus sind. Dieser ist ein noch tiefer stehender Scitcnzweig, den man aber bei den Arthropoden lassen kann, weim man nicht vcrgisst, dass seine Tracheen mit denen der Traeheaten nur con- vergent sind. Aucb C. Claus ist für monophyletiscben Ursprung. Aber er erkennt weder mit Fr. Müller die I'edeufun:; des XII. Nr. 21. XatiiiwisscusL'liiiftliche VVoclienschrii't. 247 Naupliusi, iler nur eine umgevvaiulelte TroeliopliDra dar- stellt, noch mit Ilaeckel die der Zoiia, die vielmehr eine specialisirtc Larvenf'orni ist, an. Den vXnncliden, als den gcnicinsanien Vciifaliren, steht l'eri])atiis als sehr tief steheiidei- vScitenzwcig am nächsten. Ein zweiter Stannn sind die Crustacecn, ein dritter die Antennaten (Myria- poden und Insccten), ein vierter die Arachniden, Giganto- straken, Trilohiten und Xiphosuren, von denen die ersten die Nachkonuuen der drei letzteren sind. H. J. Hansen untersuchte itesunders die Kiefer und ihre Muskeln, da er der Ansicht ist, dass man die Be- deutung der Larven-Formen der Crustacecn und Inseeten hedeutend üherschätzt hahe. Nach ihm sind die niederen JMalacostraken und die Thysanuren nahe verwandt. Von letzteren bildet Scolopendrella wieder einen Uebergang zu den Myriapoden. So sind Crustaceen, Myriapoden und Inseeten näher mit einander verwandt, als eine von ihnen mit den Arachniden. Feripatus ist ein specialisirtcr Wurm. A. Jaworowski sucht die Vorfahren der Arthro- poden in der Gezeitenzone, wo sie zur Athmnng Luft- säcke, durch die Bewegung auf dem Trockenen Gliederung und Glicdniaassen und unter dem Einflüsse der Honne das harte Integument erwarben. Diese Anpassung breitete sich von voine nach hinten aus. Indem sie sehr rasch den ganzen Körper ergriff, entstanden die Myriapoden; ging sie nur langsam vor sieh, so niussteu sieh an den vorderen Körpertheilen alle höheren und mehr speciali- sirten Organe anhäufen, wie es bei den übrigen Arthro- poden der Fall ist. Aus den ursprünglichen Luftsäcken entstanden die Lungen der Spinnen, die Tracheen und die Kiemen, sowie ein Theil der Gliedmaassen. Auch Crustaceen und Anneliden stammen von Landthieren al). Peripatus ist ein secuudär angepasstes Landthier, das die Anneliden mit den höheren Arthropoden verbindet, die zusanmien den Cuvier'schen Typus der Artieulaten bilden. J. S. Kingsley spricht sieb ebenfalls gegen die phylogenetische 15edeutung des Nauplius aus. l'eri[)atus sei überhaupt kein Arthropode, da seine Aelinlichkciten mit diesen nur auf Convergenz beruhen. Crustaceen und Arachniden bilden eine natürliche Gruppe, Hexapoden und Chilopoden eine zweite, deren Uebereinstinnnungen mit jener ebenfalls nur Convergenz seien, die Diplopoden eine dritte, über deren Phylogenie man nichts weiss. Malcoln Laurie trennt die Spinnen von den Inseeten, da die Aehnlichkeit der Tracheen, der Gliedmaassen und Augen nur auf Convergenz beruhten. Die Arthropoden haben überhaupt keinen gemeinsamen arthropoden Vor- fahren, sondern höchstens ein nicht arthropodcs Thier. Man mnss drei divergente Stämme unterselu'idcn: Crusta- ceen, Arachniden und Antennaten (Inseeten, Tausend- füsser und Peripatus). R. J. Pocock treunt dagegen die Arthropoden in die zwei Parallelstämme der Tracheaten, die durch einen Peripatus sehr nahe stehenden Protracheatcn von den Chaetopoden abstannnen, und die Braneliiaten, von denen Apus zu diesen hinleitet, wenn auch in beiden Fällen die eigentlichen Verbindungsglieder fehlen. Die ersteren tiieilt er ein in die Progoneaten (Diplopoden, Pauropoden, Symphylen) und die Opisthogoneaten (Chilopoden, sehr nahe mit Peripatus verwandt, und Inseeten); die letzteren umfassen die Krcbsthiere nnt ihren kleinen Anbangsgruppen und die Spinnen. T. R. K. Stebbinj;- drückt sich nur ganz allgemein aus und will mit einer Entscheidung nocii warten. " Wenn die primitiven Arthropoden Nauplins-älinlich waren, kann Peripatus kein jirimitiver Arthropode sein. Immerhin mag er ein Arthropode sein, aber kein primitiver, da sich mit einem solchen die Tracheen nicht vereinigen lics.scn. In einem besonderen Artikel äussert sich noch E. Ray Lankester (Nat. Science, April lS'J7j. Er betrachtet die Arthropoden als natürliche Gruppe, die an ihrer Wurzel mit den Chaetopoden und Rotiferen zu- sanniieniiängt. Die Antennen von Peri|)atus, der Myria- poden und Hexapoden, ebenso wie die der Crustacceu sind entstanden aus den postoralen Parapodien der Chaeto- poden. Die prostomialen Antennen der letzteren schwinden, treten aber embryonal bezw. larval auf bei Peri|)atus uu(l den Nanplicn gewisser Cirripedien. Die prostomialen .\ugen der Cbaeto[)oden wurden von Peripatus behalten. Die Augen der übrigen Arthropoden sind Neubildungen und zwar, wie es scheint, umgewandelte Parapodicn- Auhänge (vide Herbst). Betreffs der Homologisirung der Mund-Gliedmaassen sind erneute Untersuchungen uötbig. Alle Arthro])odcn, Pci-ipatus mit eingeschlossen, haben zwei Ciiaraktere gemeinsam, die unmöglich in jeder Klasse unabhängig entstaiulen sein können: Die Umwandlung eines oder mehrerer Paare von i)ost(n-alen Parapodien zu Klauen -ähnlichen gegenüberstellbaren Kiefern, uud die Struetur des Herzens, das durch Verschmelzen der grossen Gefässe entstanden ist, deren Mündungen in jedem Seg- mente als Osticn bestehen bleiben. Dagegen sind die Aebnlichkciten der facettirtcn Augen der Inseeten und Krebse, der Tracheen von Peripatus, Diplopoden, Cliilo- poden, Hexapoden und gewissen Arachniden auf Con-. vergenz zurückzuführen. Sehliesslieh stellt R. L. einen Stanind)auni auf, dessen Wesentlichstes folgendesSchema ist. Hcxapoda CliilopoiUi Diplujjotia Crustacea Araclinida Trilobita eeiipatus Cliaetopoda Rotifera Reh. Wirkungen von Alter und Krankheit auf Knoclieu und Zähne von Siiugethieren. — Es ist eine allbekannte Thatsaehe, dass der thierisehe Organismus durch das Alter uud durch Krankheiten gewisse Veränderungen erleidet, theils in einzelnen Geweben, theils in ganzen Organen, so dass es häufig möglich ist, aus einem einzigen Knochen auf das Alter des Individuums, dem es an- gehörte, zu sehliessen. Dem Anscheine nach sollte mau nun annehmen, dass zwischen Alter und Krankheit immer- hin ein bedeutender Unterschied sich zeigen müsse, aber beide haben dasselbe Bestreben, den Körper zu einem Zustande der Entkräftung zu führen, auch gleichen viele Erscheinungen des Alters solchen, die durch Krankheit hervorgerufen sind, bestehend in Verkalkung, Absorption, fettiger Degeneration u. s. w. Diese Processe jedoch kann man nicht recht krankhaft nennen, denn sie treten ebensow(dd in einem jugendkräftigen und ncnnialen Körper auf wie in einem durch Alter oder Krankheit in \'erfall gerathenden. Kalkl)il(lung ist ein normaler Process, mag er in der Lumina pciftendicuhiris der Nasenscheidewand eines hei'anwachscnden oder den Wänden der Blutgefässe eines gealterten Individuums beobachtet werden; fettige Degeneration ist ein normaler Process, mag er vor sich £,-elien in der reifen Placcnta, um die I'edingungtMi für 248 Nai nrwisscuscliaftlichc Wochenschrift. XII. Nr. 21 die Geburt zu fördern, oder mag er in Form eines arcus senilis erscheinen. Aliein die Ergebnisse dieser Processe in beiden Fällen sind grundverschieden: das eine Mal erhalten und fördern sie die lebendige Kraft des Thieres, im anderen Falle führen sie zu Verfall und Ver- nichtung. Aeusserst schwierig ist es ferner, eine bestimmte Grenze für das Alter festzustellen. In niedrigen Formen des Lebens sehen wir grosse Theile des Organismus, selbst in den höchsten Formen manche Gewebe dem Untergange verfallen und neue an ihre Stelle treten. Fortwährend werden Epithelbestandtheile abgestossen und manche Thierc verlieren die Zähne, die ihnen nicht länger von Nutzen sein können, damit neue sich entwickeln, die alten zu ersetzen. Doch bei den höheren Thierformen beobachten wir allgemein, dass das Alter sich dadurch kennzeichnet, dass der Verlust immer mehr den Neu- gewinn überwiegt, sowohl an Organen, wie Zähnen und Haaren, als auch an Geweben, wie z. B. Muskelfibrillen in den capillären Blutgefässen. Ebenso wie im Leben des Individuums Alter und Degeneration auftreten, so giebt es aucli ein Alter und Degeneration für ganze Grupjien von Thieren, und eine äusserst interessante Aufgabe ist es nun, die Erscheinungen dieser Zustände sowohl im ontogenetischen Sinne wie im phylogenetischen zu beobachten und beide Reihen mit einander zu vergleichen. Dieser schon wegen der Beschaffung des Materials recht schwierigen Aufgabe hat sich Harrison Allen gewidmet und die Ergebnisse seiner bisherigen Untersuchungen bat er in einem Vortrag im Graduate Club of the Biologieal Department of the University of Pennsylvania (s. Science, Vol. V. No. 112) in XI. Thesen zusammengefasst. Mag von ihnen auch die eine oder andere der Ergänzung und der Modification be- dürfen, jedenfalls ist es eine äusserst verdienstvolle und vor Allem äusserst anregende Arbeit, die er geliefert, und so mögen im Folgenden die Thesen und auch ein Theil der zu ihrer Begründung angeführten Thatsachen wieder- gegeben werden. I. Zuweilen zeigt sich am senilen mensch- lichen Schädel Rückkehr zu niedrigen Typen. Ausser den Primaten hat kein Säugethier ein orbito- temporales Septum aufzuweisen. Am senilen mensch- lichen Schädel zeigt sich fast durchgehends eine Ver- dünnung und häufig sogar beträchtliche Absorption dieses Septums. II. Zusammengesetzte Knochen werden zu- weilen in einzelne Theile aufgelöst durch das Umsichgreifen von Absorptionsprocessen in ihnen. So ist z. B. zu beobachten bei der Hauskatze, dass, während die Hälften des Unterkiefers die Neigung be- sitzen, sich im Alter zu vereinigen, trotzdem die Wir- kungen von Entzündungsproeessen häufig auf eine Hälfte (liest'S Knochens beschränkt bleiben. Bei einem Exemplar einer alten Katze in der Cornell-Samndung war die Sym- physe verwachsen, das ganze Kinn verdickt, aber die rechte Seite des Kiefers hatte die Schneidezähne ver- loren inid war bedcuti'nd breiter und dicker als die linke, welche mit Zähnen nocli versehen war. Ferner zeigen im Alter die peripheren Venen- öifnungen in den Knochen das Bestreben, sich zu er- weitern und die Beschatfenheit dieser Oeffnungen bestimmt zuweilen die Ausdehnung der Epiphysen, welche bereits längst nicht mehr zu erkennen sind. An dem Femur eines alten Hundes z. B. wird die Trennungslinie der distalen Epiphysc durch die Venenöffnungen bezeichnet, welche an der Peripherie erweitert sind. III. Verknöcherungsprocessc nehmen im Alter zuweilen an Ausdehnung zu oder erscheinen an Stellen, wo sie im vorhergehenden Stadium nicht beobachtet werden, während ihr Auftreten bei verwandten Arten normal ist. Bei einem alten menschlichen Individuum ist der Processus styloideus zuweilen länger als bei jugendlichen Personen, was auf einer Verknöelierung des Ligamentum stylohyoideum beruht, welches bei niedrigeren Thieren häufig durch einen besonderen Knochen dargestellt wird. Die Hauskatze zeigt in der Regel kein Tubereulum am Os lacryniale, während am senilen Schädel dieser Art ein solches Tubereulum vorhanden ist, wie es Harrison Allen ausgeprägt gefunden hat bei den ihm vorliegenden Exemplaren von F. caligata, F. onca, F. concolor, F. tigris, F. pardalis etc. So nimmt also das Os lacry- male bei der alten Katze diejenige Form wieder an, welciic bei dem vorherrschenden Typus besteht. IV. Der Ober- wie der Unterkiefer gewisser Säugethiere haben das Bestreben, sich im Alter zu verlängern. Bei zahlreichen Hunderassen wird mit dem .Mter der Abstand der Zähne bedeutend grösser; der Grund dafür scheint in der Anlage des Kiefers zu liegen, sich nach vorwärts auszudehnen von der Gegend der Molarzähne, denn die ausserordentliche Abnutzung, welche zuweilen zwischen dem unteren Eckzahn und dem oberen äusseren Schneidezahn stattfindet, lässt sich nicht anders erklären. Bei dem Bernhardiner ist der erste untere Praemolarzahn dem Eckzahn näher als in irgend einer anderen Varietät. Der Zwischenraum zwischen dem dritten und vierten oberen Praemolarzahn ist ausgeprägt bei dem Eskimo- hund mit kürzerem Gesicht, und bei dem Bernhardiner. Wir sehen also beim Hunde die Verlängerung des Unter- kiefers sowohl in der Phylogenie als in der Ontogenie auftreten. V. Senile Formen einer Art können in wesentlichen Charakteren den typischen Formen einer verwandten Art gleichen. Ein altes Exemplar von Glossophaga soricina gleicht der typischen Form einer nahe verwandten Art, G. Trirei. VI. Grosse Variationen in den Formen der Zähne bei nahe verwandten und hoch speciali- sirten Thieren zeigen an, dass die Typen nicht mehr fähig sind zu genauer Anpassung und sich in Degeneration befinden. Die Formen, welche degenerirte Arten annehmen, sind denen ähn- lich, welche durch senile Veränderungen bei weniger hoch specialisii'ten Thieren hervor- gerufen werden. Die pflanzenfressenden fliegendeu Fuchse bestehen aus 15 Arten. Mit einer einzigen Ausnahme (Pteralopex) weisen sie Molarzähne auf, deren Höcker fast völlig ver- schwunden sind. Diese That.sache lässt sich folgcnder- maasscn darstellen: der Uebergang von der animalischen Nahrung zur vegetabilischen führt zu plötzlielicn Ver- änderungen in der Form der Zähne, wodurch die Höcker schnell verloren gehen, und nur eine vereinzelte Art hat den ursprünglichen Zustand erhalten. Aehnliche plötzliche Veränderungen, wenn auch nicht in so ausgedehntem Maasse, zeigen die pilanzcntresscndcn Fledermäuse der neuen Welt. In der senilen Form aller Ininodonten Säugethiere macht sieh eine Verminderung der Krone durch die Ab- nutzung und der Verlust jeder llöckerung bemerkbar. Die pflanzenfressenden Fledermäuse kann man demnach senile Formen nennen, da sie die II('ickerung ihrer Zähne verloren haben, ebenso wie ein alter Hund. Beide Formen zeigen Erscheinungen der Degeneration, das eine Mal sind sie phylogenetisch, das andere outogcnctisch. XII. Nr. -21. Naturwissenschaftliehe Wochenschrift. •249 VII. Giiiizjichem Verlust der Zilhue im Alter b e i ni M e u s c h e u tolg-t häufig- eine Hyperostose, in ihrer Vertheiluug den drei Arten von Zähnen entsprechend, den Schneide-, Traemolar- und Molarzähnen. Dasselbe Gesetz, welches die Diiferenzirung der Zähne sciiuf, wirkt fort auch nach dem Verluste der- selben. Die besten Beispiele liefern die Kiefer von Au- gehörig'cn wilder Völkerschaften. Vill. Die Art der Obliteration der .Schädel- nähte ist zuweilen ein bestimmender Charakter. Die squamoso-parietale und squamoso-sphenoidale Naht verschwindet selten am menschlichen Schädel, so alt das Individuum auch werden mag, während beim Hunde die letztere bereits in den früheren Stadien verschwindet. Nach der Art des Verschwindens der Schädelnähte lässt sich z. B. Ophidia von anderen Rep- tilien unterscheiden. IX. Muskeln verändern die Gestalt langer Knochen im Verhältniss zu der Länge d|er Zeit, während welcher sie gebraucht werden. Je länger die Extensoreu gegen die Knochen drücken, um so tiefere Furchen erzeugen sie an diesen; daher die verhältnissmässig tiefen Rinnen an den Extensorenflächen langer Knochen, wie u. A. an Radius, Tibia und Fibula alter Thiere. X. Die senile Form eines jährlich neu ent- stehenden Gebildes kann ontogeuetisch der jugendlichen Form gleichen und phylogenetisch die primitive Form wiederherstellen. Das Hörn eines alten Individuums von Cervus cana- densis ist geneigt, die spitzige Form des Hornes eines jungen Thieres anzunehmen, welches zugleich an die Gestalt des ursprünglichen Hornes der Pecora im All- gemeinen erinnert. XI. Die Entzündung der Knochen modificirt ihre Gestalt an Orten der grössten physiologi- schen Arbeit, und diese bereitet den Weg für senile Veränderungen in denselben Gebieten. Die Vertiefung der Extensorenfurchen muss in weiterer Folge zu Reibung führen, damit zu übermässiger Wärme- entwickelung, welche auch durch Uebertreibung jeder be- liebigen Function hervorgerufen werden kann, diese wieder zu Entzündung und Hyperostose. Am Unterkiefer der Hauskatze, deren bleibende Praemolarzähue soeben hervorgebrochen sind, sind die Gelenktlächen der Symphyse nahezu glatt, bei einem Individuum, v.'o dies bereits vor einiger Zeit geschehen ist, sind die Oberflächen unebeu in Folge der Processe zur Fixirung der Symphyse. Zu derselben Zeit, wo dieser Wandel sich anzeigt, treten die Schneidezähne auf. Der zweite Zahn liegt zunächst hinter dem ersten und dritten, sodass die Alveolargegend zweimal so breit ist, als ein wenig später, wenn alle drei Zähne in einer Reihe stehen. In diesem Stadium, wo eine grosse Arbeit sowohl von der Symphysen- wie von der Alveolarregion geleistet wird, ist die Katze zu Krankheiten am Kinn geneigt. Von den Unterkiefern 48 erwachsener Exemplare zeigten 33 Hyperostose der Alveolargegend der Ineisorcn, deren Durchmesser von vorn nach hinten 5 mm, das Doppelte des normalen Maasses betrug, ausserdem den Verlust wenigstens eines Schneidezahnes, während der Kiefer im Uebrigen durchaus die Charaktere eines ausgewachsenen Individuums besass. Betrachten wir die durch das Alter hervorgerufenen Veränderungen am Kinn, so linden wir die ganze Gegend häufig hyperostosirt oder carios, die Incisoren theilweise oder gänzlich verloren, selbst die Eckzähne gelockert. So hat ein geringes Mehr physio- logischer Arbeit am jugendlichen Individuum den Weg gebahnt für Abweichungen von dem noruialcn Zustande beim erwachsenen und für charakteristische Veränderungen im Alter. 6. Adam. Studien über das Hirugewicht der Säugethiere nennt Prof. Max Weber eine Arbeit, welche sich damit befasst hat, das Gewicht des Gehirnes der Säugethiere absolut und im Verhältniss zum Körpergewicht zu er- mitteln. (Festschrift für Carl Gegenbaur, Leipzig 1896). Der Annahme der Gelehrten des Alterthums, dass der Mensch durch sein absolutes Hirngewicht alle übrigen Thiere überrage, konnten bereits ältere Autoren entgegen- treten, als sie das Gehirn des Elephanten kennen lernten. Bei einem asiatischen Elephanten fand bereits Mo u lins (1682), dass das Gehirn 4890 gr. wiege; Crisp (1862) wog ein Elephantengehirn von 5430 gr. Damit ist aber das Maximum noch nicht errreicht, denn Guldberg be- stimmte das Hirngewicht eines 19 m langen Furcheu- wales (Balaenoptera musculus) auf 6700 gr. Die Ele- phanten und die Wale sind aber die einzigen Säugethiere, welche den Menschen au absolutem Hirngewicht über- treffen. Im übrigen überragt er alle Säugethiere. Die Sachlage gestaltet sich aber sofort anders, wenn man das relative Hirngewicht untersucht. Bei diesen grossen Thieren beruht freilich die Gewichtsbestimmuug des Körpers nur auf Schätzung nach Wiegung einzelner Theile. Doch ist diesen Schätzungen zu entnehmen, dass bei den Walen das relative Gewicht des Gehirnes ausser- ordentlich klein ist, und etwa nur ''12000 — V20000 'les Körpergewichtes ausmacht. Das Hirngewicht eines er- wachsenen Europäers macht dagegen durchschnittlich V30 des Körpergewichtes aus. Weber untersuchte nun eine grosse Reihe von Vertretern aller Gruppen in der Weise, dass zunächst das Gewicht des ganzen Thieres bestimmt und dann das Gehirn frisch gewogen wurde nach Entfernung der äusseren Hirnhaut. Aus diesen umfangreichen Untersuchungen ergiebt sich, dass der Mensch bezüglich seines relativen Hirngewichtes nur von einigen kleinen süd-amerikanischen Affen über- troffen wird, deren Hirngewicht "jg — Vao beträgt. (Midas, Cebus, Ateles.) Bei der Vergleichung kleinerer und grösserer Säuge- thiere erhellt, dass das Gehirn durchaus nicht proportional zunimmt mit dem Körpergewicht. Als Regel gilt, dass innerhalb einer natürlichen Ordnung der Säugethiere das relative Hirngewicht abnimmt bei Zunahme des Körper- gewichtes, dass also mit anderen Worten, innerhalb einer natürlichen Ordnung die kleinen Säugethiere ein verhält- nissmässig grosses Gehirn haben. Doch ist auch diese Regel nicht ohne Ausnahme. Mit einem äusserst geringen Hirngewicht begnügen sich unsere kleinen Nagethiere z. B. Maus mit ca. "2 g'i'v die Ratte mit ca. 2',2 gr., der Hase mit d\/o gr. Ein Igel mit einem Körpergewicht von 779 gr. hat ein Gehirn von nur 3,37 gr., während ein ganz ähnlich lebender Beutler, Dasyurus viverrinus von 730 gr. bereits G gr. Hirnmasse hat; ein Affe (Pithecia) von nur 455 gr. Körpergewicht hat ein 22 gr. schweres Gehirn. Dasyurus hat zwar, im Gegensatz zum defensiven Charakter des Igels, einen echten Raubthiercharakter und Pithecia wird als ein Baumbewohner ein umfangreiches Grosshirn nöthig haben, um die zahlreichen Sinneseindrücke, namentlich des Tastgefühles, zum Bewusstsein zu bringen und um- gekehrt vielseitige Bewegungsmechanismen mit conipli- cirter Muskelbcwegung anzuregen. Die Lebensweise und die geistigen Fähigkeiten der Thiere sind hier jedenfalls mit in Betracht zu ziehen, aber sie erklären doch auch nicht alles. R. ■2öO Naturwissenschaftliche Wochenschrift. XII. Nr. 21. Die Aeskiilap-Natter (C'oluber Aesciilapii Host.) in Dänemark. — In dem kürzlieh erschienenen Werke „Deutschlands Amphibien und Reptilien von Bruno ÜU- rigen" (vergl Naturw. Wochenschr. XI S. 143) ist der Ver- l)reitungsbezirk der Aeskulap-Natter nicht richtig- angegeben. Der Verfasser betrachtet das Vorkommen in Schlangeubad im Taunus mit Recht als das nördlichste, sicher bekannte in Deutschland, da die Berichte über ihr Vorkommen in Thüringen und am Harz auf Verwechselungen mit Coro- nella austriaca Laur. beruhen. Wenn er aber allgemein die nördliche Grenze der Verbreitung auf ca. 50^ n. Br. setzt, so übersieht er, dass Professor Chr. Lütken in Kopenhagen .schon 1894 in den „Videnskabelige Medde- lelser fra den naturhistoriske Forening i Kjöbeuhavn" (S. T2 — 77) auf das Vorkommen der Aeskulap-Natter in Dänemark hingewiesen hat. In den Kopenhagener iluseen befinden sich drei Exemplare von Coluber Aesculapii, welche sämmtlich aus dem kleineu Waldgebiet bei Peters- werft im südlichen Seeland stammen und bezw. zu Anfang des Jahrhunderts, 1851 und 1863 gefunden sind, aber in Ermangelung von Vergleichsmaterial als Coroneila austri- aca angesprochen waren und unter dieser Bezeichnung 1893 von Sarauw in „Naturen og Mennesket" beschrieben sind. Die Bemerkungen, welche Boulenger in „The Zoo- logist" über die angebliche dänische Cor. austr. machte, gaben den Anlass zu einer erneuten Untersuchung durch Sarauw, und der Vergleich mit sicher bestimmten Exem- plaren von Cor. austr. und anderen glatten europäischen Nattern ergab das überiaschende, aber sichere Resultat, dass die drei „Hasselsuog" genannten Nattern mit der in Schweden und Schleswig-Holstein*) (Esinger Moor bei Pinneberg, Eppendorfer Moor bei Hamburg) nichts zu thun hatten, sondern mit Coluber Aesculapii Host, identisch seien. Nach den Mittheilungen über schwedische Exem- plare in den Museen zu Lund, Upsala, Stockholm und Göteborg scheinen diese dagegen zu Cor. austr. zu gehören, wenn es auch merkwürdig erscheint, dass sie nach den Beobachtungen Stuxbergs ein ziemlich grosses Kletter- vermögen besitzen, was im allgemeinen sonst dieser Art abgesprochen wird. A. P. Lorenzen. In den Compt. rend. 123, 523—5.30 haben Berthelot und Vi ei He Untersuchungen über die explosiven Eigenschaften des Acetjiens**) veröffentlicht. — Acctylen, das zu den endotherniischen ^'erbindungen gehört, pflanzt eine an einer Stelle durch Hitze herbeigeführte Zersetzung nicht fort; übt man dagegen auf eine bestimmte Acetylen- gasmenge durch Einschluss in ein unveränderHches Volumen einen massigen Druck ans, so gelingt es, durch Ent- flammung mittels eines glülienden Drahtes einen völligen Zerfall des Gases in seine beiden Componenten, Kohlen- stoff und Wasserstoff, herbeizuführen. Die Zersetzung, deren Geschwindigkeit mit Druckerhöhung steigt, vollzieht sich in Bruchtheileu einer Secunde, sie bedingt natür- licherweise bedeutendes An\fachseu des Druckes, also unter Umständen Explosion. Das Verhalten des verflüssigten Acetylens ist ein vollkonnnen analoges, seine Explosivität steht der der Schiessbaumwolle nahe, durch einfachen Stoss explodirt es nicht, tritt dagegen aus irgend einer Ursache eine Zertrümmerung der Bombe und hierdurch veranlasste Funkenbildung ein, so erfolgt überaus heftige Explosion des vergasten, mit atinospliärischer Luft gemischten Ace- tylens. Stark localc Erliitzung von Gefässen, die flüssiges *) Dahl, Die Thierwelt Schleswig-Holsteins. Heimat 1894. **) Vorpl. hierzu den eingehenden Aufsatz „Ueber Aeetylen" von Herrn Prof. J. Vörtess, No. 19 des Jahrgangs 1897 dieser Zeitschrift. Acetylen enthalten, ist wegen der damit verlmndenen Explosionsgefahr streng zu verhüten : eine derartige Gefahr besteht bei.spielsweise, wenn man das Gas allzu- scimell aus einer mit dem Liquidum gefüllten Bombe in ein kleines, festversehlossenes Gefäss einströmen lässt. Bei der Zersetzung flüssigen Acetylens in geschlossener Bombe mittels glühenden Drahtes tritt starke Druck- erhöhung im Inneren des Gefässes ein, der Kohlenstotf hinterbleibt als compakte Masse von muscheligem, glän- zenden Bruch. Knallqueeksilber, das die empirische Formel CoHgNoOa besitzt, veranlasst Zerfall in Kohlenstotf und Wasserstotf. Schliesslich weisen die Verfasser darauf hin, dass auch vor Feuchtigkeit nicht hinreichend geschütztes Calciumcarbid, das bekanntlich das Ausgangsmaterial zur Acetyleubereituug ist, bisweilen durch die bei der Ein- wirkung des Wassers latent werdende Reactionswärme eine so bedeutende Temperatursteigerung erfährt, dass Explosion erfolgt. A. Sp. Aus dem wissenschaftlichen Leben. Ernannt wurden: Der l'rivatdocent der Astronomie uud Ob- servator der Sternwarte in Bonn Prof. Dr. Friedrich Deicb- müller zum ausserordentlichen Professor; die Assistenten Dr. Scheel, Dr. Li eben stein und Grützni acher an der Physikalisch-technischen Keichsanstalt in Charlottenburg zu tech- nischen Hilfsarbeitern; Dr. Hans Lemke zum Assistenten eben- daselbst; Dr. Richard Apt aus Berlin zum Assistenten am Physikalischen Institut in Kiel; der Director der chirurgischen Abtheilung am Stettiner Städtischen Krankenhaus Dr. Karl Schuchardt zum Professor. Es starben : Der Forschungsreisende Theodor Beut in London; der Zoologe Hugh Nevill in Cejdon. Berichtigung: Der zum Professor ernannte Oberarzt am städtischen Ki-ankenhaus zu Charlotteuburg und Priyatdocent an der Berliner Universität heisst Dr. Ernst Grawitz, nicht Rawitz. Feriencurse in Jena, — Es wird beabsichtigt, im August d. .Js. die folgenden Curse abzuhalten: A. Allgemeine Fort- bildnngscurse für Damen und Herren. 1. Allgemeine Physiologie, Phy.=iologische Psychologie, Hygiene, Philosophie, Pädagogik. 2. Spracheurse und Litteraturgeschiclite für Ausländer, Religions- geschichte, Culturgeschichte, Kunstgeschichte. B. Naturwissen- schaftliche Curse für akademisch gebildete Lehrer und Lehrer an Seminaren. Astronomie, Botanik, Pliysik. Zoologie. Anmeldungen nehmen entgegen und nähere Auskunft ertheilen Prof. Detmer, Prof. Rein uud Sekretär Weinmann (Jena, Spittzweideuweg No. 4). L 1 1 1 e r a t u r. Schumann, K., Gesammtbeschreibung der Cacteen iMono- graphia Cactacearum). Mit einer kurzen Anweisung zur Pflege der Cacteen von Karl Hirscht. Neudamm (J. Neumann). In 10 Lieferungen ä 2 M. 1 Lieferung mit 12 Fig. 1897. Nicht blos für den Fachbotaniker, sondern noch mehr für den Gärtner und Liebhaber war die Neubearbeitung der Familie der Cacteen ein grosses Bedürfniss. Seit den Arbeiten von Pfeitfer und Salm-Dyck ist die Familie in ihrer Gesammtheit nicht mehr behandelt worden. Bei der grossen Aenderung aber, die wir in unseren Anschauungen über die Organisation der Cacteen in den letzten Jahrzehnten erfahren haben und bei der grossen Menge von neu eingeführten und entdeckten Arten dürfte das Erscheinen des Werkes gerade von denen lebhaft begrüsst werden, welche sich mit der Pflege dieser interessanten Pflanzen be- schäftigen. Der Verf., der bereits durch seine Monographie der brasilianischen Cacteen und viele kleinere Arbeiten über diese Familie sich einen Namen gemacht hat, erscheint wie kein anderer berufen, diese Püanzengruppe neu zu bearbeiten. Die erste Lieferung enthält die Einleitung, welche eine all- gemeine Schilderung der Organisationsverhältnisse der Familie bringt und auf die Verbreitung und den Nutzen näher eingeht. Es beginnt dann noch der specielle Theil mit der Ciattungsüber- sicht ujul der systematischen Behandlung der Unterfamilie der Cereoideen. Von grossem Werth wird es für Viele sein, durch ein eingefügtes, ausführliches Verzeichuiss Notizen über das Leben der bekannten Cacteenforscher zu erhalten. XII. Nr. 21 Naturwissenschaftliche Wochenschnft. 251 Ks wird auf das Werk, das allen Freunden der Cacteen aufs angelegentlieliste empfohlen sei, nocli später zurückzukommen sein, in .Jahresfrist wird das Werk vollständig vorliegen. G. Lindau. H. Schmidt, Führer in die Welt der Laubmoose. Eine Be- schreibung von l.K< der am häufigsten vorkommenden deutschen Laubmoose. Nebst einem Anhange, enthaltend 20 verschiedene getrocknete Laubmoose auf 4 Tafeln. Theodor Hofmann in Gera 1897. — Preis 1,50 M. Das Buch ist keine der üblichen Bestimmungsfloren für die häufigsten Laubmoose, sondern versucht den allerersten Anfänger in die Mooskenntniss einzuführen durch Beschreibung der ge- meinsten Moose an den verschiedenen .Standorten. So disponirt Verfasser seinen ,.beschreibenden Theil"' in 7 Excursionen: 1. Gartenmauer, 2. Stroh- und Schindeldächer, 3. Felsen und Steine, 4. Bäume, 5. Erdmoose, G. Sumpfwiese und 7. Bach. In einem besonderen Abschnitt wird kurz das System betrachtet mit Einreihung der beschriebenen Arten in dasselbe. Prof. Dr. H. Baumhauer, Leitfaden der Chemie insbesondere zum Gebrauch an landwirthschaftlichen Lehranstalten. 1. Theil: Anorganische Chemie. 3. Aufl. Mit 32 Abb. Herder'sche Verlagsbuchhandlung. Freiburg i. Broisgau 1897. — Preis 1,50 M. Das Heft ist für den Unterricht an landwirtlischaftlichon An- stalten, für den es besonders berechnet ist, durchaus geeignet, da es geschickt besondere Rücksicht nimmt auf die den Land- wirth interessirendeu Dinge, wie u. a. die Beziehungen der Ele- mente und Verbindungen zu den Pflanzen und Thieren. Prof. Dr. Carl Friedheim, Leitfaden für die quantitative chemische Analyse unter Mitberücksichtigung von Maass- analyse, Gasanalyse und Elektrolyse. 5. gänzlich umgearbeitete Auflage von C' F. Rammelsberg's Leitfaden der cpiantitativ chemischen Analyse. Mit 36 Abbildungen und einer Tabelle. Carl Habel. Verlagsbuchhandlung. Berlin lS;t7. — Preis 10 M. Wer die alten Auflagen des wichtigen und gediegenen Buches kennt, wird die Neu-Auflage kaum wiedererkennen, und das ist bei den gewaltigen Fortschritten der Chemie nur gar zu begreif- lich. Die Neu-Auflage umfasst 515 Seiten: der reiche Inhalt lässt auch bei recht eingehenden Arbeiten kaum im Stich. Muster- gültig ist dei- allgemeine Theil des Buches, der die Manipulationen bei analytischen Arbeiten eingebend beschreibt und dem Studi- renden oder Anfänger treffliche Winke giebt. Kurz, der Leit- faden ist eines der wichtigsten Bücher fürs chemische Labora- torium. Zeitschrift der Deutschen geologischen Gesellschaft, XLVIII. Band. Berlin 1896. — Abgesehen von „l^riefliclien Mittheilungen" und ProtocoU-ßerichteu enthält der Band die fol- genden „Aufsätze": 1. lieber das Vorkommen von Drumlins in Livlaud. Von Bruno Doss in Riga. (Hierzu Tafel I.) — 2. Dampfquellen und Schlammvulkane in S. Salvador. Von Karl Sapper in Coban. — 3. Das Alttertiär der Colli Berici in Vene- tien, die Stellung der Scliichten von Priabona und die oligocäne Transgression im alpinen Europa. Von Paul Oppenheim in Berlin. (Hierzu Tafel 11— V.). — 4. Der Stromboli als Wetter- prophet. Von Alfred Bergeat in München. — 5. Erdölbildung. Von Carl Ochsenius in Marburg. — 6. Untersuchungen über fossile Hölzer. V Stück. Von J. Felix in Leipzig. (Hierzu Tafel VI.). — 7. Das paläothermale Problem, speciell die kluna- tischen Verhältnisse des Eoeän in Europa und im Polargebiet. Von Max Sem per in München. — 8. Ueber ein massenhaftes Vorkommen von Achat im Porphyr bei Neukirch im Kreise Schönau in Niederschlesien. Von Wilhelm Müller in Char- lottenburg. (Hierzu Tafel VII,). — 9. Ueber einen reichen Fund von Elephantenresten und das Vorkommen von Elephas trogon- therii Pohl, in Schlesien. Von W. Volz und R. Leonhard in Breslau. — 10. Ueber einige Sedimentärgeschiebe aus Holland. \'on Paul Gustav Krause in Leiden. — - 11. Die Lagerungs- yerhältnisse im Grundgebirge des Spessarts. Von H. Büeking in Strassburg. — 12. Theorie der Bewegungen des Erdbodens. Von Max Blankenhorn in Erlangen. — 13. Ueber muthmaass- liehe Endmoränen eines Gletschers vom Rehorn-Gebirge und Kolbenkamme bei Liebau i. Schi. Von E. Althans in Berlin. (Hi.M-zu Tafel \'in.). — 14. Der Tolia-See. Ein Beitrag zur Geo- loffie von Nord-Sumatra. Von N. Wing Easton in Pontianak. Mit Tafel X u. XL — 15. Ueber das Alter einiger Theile der Anden. Von Carl Ochsenius in Marburg. — IG. Notiz über einen Aufschluss von Culmkieselschiefer und Zechstein am süd- westlichen Harzrande. Von P. Rinne in Hannover. — 17. Die Organisation von Archegosaurus. Von Otto Ja ekel in Berlin. — 18. Beiträge zur Kenntniss der basaltischen Gesteine von Nord- Syrien. Von Wilhelm Pötz in Ems. (Mit Tafel XII u. XIII.). — 19. Zur Kenntniss der Schichtenfolge im Engadin. Von Emil Böse ii Karlsruhe — 20. Ueber die Krystallform des Leonit aus den Steinsalzlagern von Leopoldshall. Von Wilhelm Pabst. (Mit Tafel XIV.). — 22. Die Bildung der Felsenmeere im Oden- wald. Von C. Chelius in Darmstadt. (Mit Tafel XV.). — 23. Der diluviale Aar- und Rhonegletscher. Von A. Baltzer in Bern. (Mit Tafel XVI.). — 24. Ueber einige wahrscheinlich glaciale Er- scheinungen im nördlichen Bayern. Von H. Thürach in Heidel- berg. — 25. Beobachtungen (U)er Devon- und Gondwana-Schichten in der Argentinisehen Republik. Von W. Bodenbender. — 26. Beiträge zur Kartirung der quartären Sande. Von J. L. C. Schröder van der Kolk. — 27. Die Thierfährten in dem Olier- rothliegenden von Tambach in Thüringen. Von W. Pabst. (Mit Tafel XVII— XX.). — 28. Kurze Uebersiclit über die Bivalven und Gastropoden des Hilsconglomerats bei Braunscbweig. Von Wollemann. (Mit Tafel XXL). - 29. Ueber die Flysch-Fucoiden und einige andere fossile Algen, sowie über basische Diatomeen führende Hornschwäinme. Von A. Rothpletz. (Mit Tafel XXII bis XXIV.). — 30. ITeber neue Wirbelthierreste aus dem Tertiär Oesterreichs und Rumeliens. Von Fr. Toula. — 31. Ueber das Verhältniss von Koninckina Suess zu Koninckella Munier- Chalmas. Von E. Böse. — 32. Ueber die Ostracodenfauna eines hollän- dischen Silurgeschiebes. Von A. Krause. (Mit Tafel XXV.). — 33. Ueber einen Mammuthfund im Diluvium von Jaroslawl a. d. Wolga. Von Br. Doss. — 34. Bemerkungen zur Gattung Mouo- graptus. Von G. Gürich. — 35. Ueber einige von Goldfuss be- schriebene Spatangiden. Von Cl. Schlüter. — 3(j. Neue Funde aus dem Muschelkalk Ober-Schlesiens. Von W. Volz. (Mit Tafel XXVL). Handbuch der Anstalten und Einrichtungen zur Pflege von Wissenschaft und Kunst in Berlin. Zusammengestellt unter Benutzung amtlicher Quellen von VVilh. Spielmann, Rechnungs- rath im Cultusrainisterium. Berlin, Mayer und Müller, 1897. 8", 361 S. — Preis 2,50 Mk. Das Buch kann nur warm empfohlen worden, nicht allein Fremden sondern auch Einheimischen, es begnügt sich nicht mit dem blossen Aufzählen der verschiedeneu Anstalten, Einrichtungen, Vereinen, Publicationen u. s. w., sondern beleuchtet auch kurz und knapp den Umfang ihrer Thätigkeit, ihre Zusammensetzung, ihre Hilfsmittel, ihre geschichtliche Eutwickelung u. a. Es ist unmöglich aus der Fülle des Stoffes Einzelheiten herauszugreifen, es mag genügen, darauf hinzuweisen, dass das Buch ein zuver- lässiger Rathgeber ist, der trotz der Fülle des Stoffes durch seine äussere Einrichtung ein schnelles Orientiren erlaubt. Z. Beck, Prof. Dr. R., Geologischer Wegweiser durch das Dresdner Elbthalgebiet zwischen Meissen und Tetschen. Berlin. — 2.50 M. Engel, Pfr. Dr. Thdr., Die wichtigsten Gesteiusarten der Erde, nebst vorausgeschickter Einführung in die Geologie. Ravens- burg. — 4,80 Mark. Fedorow, Prof. E. v., Stereographisches Netz zur Feldspathbe- stimmung. Leiiizig. — 1,50 Mark. Fischer, Prof. Dr. L., Flora von Bern. Bern. — 3,60 Mark. Floericke, Dr. Curt, Praktischer Leitfaden für Eiersammler für alle Freunde der Oologie. Leipzig. — 0,75 Mark. Fricke, Prof. Dr. Rob.. Hauptsätze der Differential- und Integral- Rechnung, als Leitfaden zum Gebrauch bei Vorlesungen zu- sammengestellt. 2. Thl. Braunschweig. — 1,50 Mark. Friedheim, Prof. Dr. Carl, Leitfaden für die quantitative chemi- sche Analj'se unter IMitberüeksichtigung von Massanalyse, Gas- analyse und Elektrolyse. Berlin. — 10 .Mark. Helwig, Paul Iwan, Eine Theorie des Schönen. Amsterdam. — 3 Mark. Stern, Dr. Wilh., Kritische Grundlegung der Ethik als positiver ^^■issenscllaft. Berlin. — 7,20 Mark. lulialt: Dr. Eduard Zache, Die Grundzüge einer Bildungsgeschichte der Erdrinde innerhalb der deutschen Grenze erläutert an der Geologischen Wand im Humboldthain zu Berlin. — Hundemenschen. — Ueber die Fortpflanzung von Nautilus armacrom- phalus. — Sind dii- Arthropoden eine natürliche Gruppe? — Wirkungen Von Alter und Krankln-it auf Knochen und Zähin? von Säugethieren. — Studien über das Hirngowicht der Säugethiere. — Die Aeskulap-Natter (Coluber Ae.^culapii Host.i in Dju'Mnark. — Untersuchungen über die explosiven Eigenschaften des Acetylens. — Aus dem wissenschaftlichen Leben. — Litteratur: K. Schumatin, Gesammtbeschreibung der Cacteen. — H. Schmidt, P'ührer in die Welt der Laubmoose. — Prof. Dr 11. liaum- hauer, Leitfaden der Chemie. — Prof. Dr. Carl Friedheim, Leitfaden für die quantitative chemische Analvse. — Zeitschrift der Deutschen geologischen Gesellschaft, XLVIII. Band. Berlin 1896. — Handbuch der Anstalten und Einrichtungen zur Pflege von Wissenschaft und Kunst in Berlin. — Liste. 252 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. XII. Nr. -21. Gustav Fischer, Verlag in Jena Soeben erschien : Hertwig, Di-. Richard, o. ö. Professor der Zoologie und verffl. Anatomie an der Uni- versität Miinelien Lehrbuch der Zoologie. Mit 568 Abbildiniiren. Vierte umgearbeitete .Vuflage. Preis broch. II Marli .io Pf. „ geb. 13 . 5u „ Verlag vou Gebrüder Borutraeger iu Berlin SW. -Iti, Schnnt'b(?reerstr. 1 7 a. R,V0LKMANN,^r^}|^^,^IJ!^J^:T2; billig, streng reell, sorgfältig, schnell In Ferd. Uüinmlers Verlagsbuch- handlung in Berlin SW. 12 erschien: Geologische Ausflüge in die Umgegend von Berlin. Von Dr. Max Fiebelkoni. » Mit 40 Abbildungen nnd 2 Kartenbeilagen. * I3u S. gr. 8. — Preis 1,80 Mk. Itrir. gämmlcro llfrlo96builil|pnbliinfl in Stxlin SW. 12, ^immcrllr. 94. 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In der Abtbeilung der Weichthiere (Mollusken) war filr die Auswahl der in der Scliausanimhuig aufV zustellenden Gegenstände der Gedanke leitend, dass die- selben nicht nur ein wichtiges Glied in der Reihenfolge von den niedrigen zu den höhereu Thiercn liilden und sehr oft in der zunächst der Aussenwelt zugekehrten, nach dem Tode unverändert bleibenden Schale die Wirkung mannigfaltiger Anpassung an die äusseren Lebensbedingungen auf den im Allgemeinen gleich- förmigen und zeigen, sondern Gegenstand des und Jünglinge, sind und diesen genauerer einfachen Grundplan des Körperbaues auch dass die Conchylien ein beliebter Samraelns für viele Menschen, Knaben ebenso wie ältere Herren und Damen oft die erste oder einzige Anregung zu "um ihrer Betrachtung von Naturgegenständen selbst willen geben, was der erste Schritt zu wissen- schaftlicher Forschung ist. Es sollte daher den an- gehenden Sammlern durch die Schausammlung Gelegen- heit gegeben werden, die Stücke ihres eigenen Besitzes wiederzuerkennen, die systematischen und biologischen Beziehungen ihrer Formen verstehen zu lernen, über das Aussehen und den Bau des ganzen lebenden Thieres und das geographische Vaterland der einzelnen Arten das Wichtigste zu erfahren. Zu diesem Zweck mussten von denjenigen Gattungen, welche von jeher Lieblinge der Sammler waren, wie Conus, Cypraea und dergleichen eine Anzahl von Arten aufgestellt werden, damit der Anfänger die seinigen wiederfinden und die Unterschiede der einzelnen Arten innerhalb des gleichförmigen Baues der ganzen Gattung auffassen lerne; es mussten aber auch alle Familien und die wichtigeren Gattungen aufgestellt werden, soweit ihre Eigenthümlichkeiten mit blossem Auge durch die GlasscheUe hindurch zu erkennen sind, es durften die altberühmten Prachtstücke und Cnriositäten wie Admiral und Wendeltreppe, polnischer Hammer und ächte Venusniuschcl nicht fehlen, und es durfte überhaupt nicht eine zu karge Auswahl unter der grossen Mannig- faltigkeit der Formen und Farben der Schnecken- und Muschelschalen gemacht werden. Zur Darstellung der Weichtheile, sowohl der äusseren, wie Fuss, Mantel, Fühler, als der inneren Organe dienen theils die in Wein- geist aufbewahrten Gegenstände selbst, an Glasplatten mittelst Gelatine oder Photoxylin befestigt und möglichst sichtbar in einem Glasgefäss aufgestellt, oft mit schrift- licher Erklärung auf beigefügter Skizze versehen, theils Modelle in vergrössertem Maassstabe und eine Anzahl grösserer Abbildungen, einige derselben zu den be- kannten zoologischen Wandtafeln von Leuckart und Nitsche gehörig, andere eigens für diesen Zweck nach guten Abbildungen in naturgeschichtlichen Reisewerken (z. B. Quoy und Guimard, Voyage de l'Astrolabe) und auch nach bisher unveröffentlichten Originalzeichnungen (Paludina, Amphipepleaj angefertigt Auf diese Weise wurde es möglich, dem Besucher auch von solchen Theilcn des Molluskenkörpers eine Anschauung zu geben, welche ohne genaueres Zergliedern und meist auch ohne Ver- grösserungsglas nicht von ihm selbst an den Naturgegen- ständen aufgefunden und erkannt werden können, die aber doch für das Leben der Thiere von hoher Wichtig- keit und auch für die systematische Anordnung der Mollusken mehr oder weniger maassgebend sind, so ist z. B. die Reibplatte (Radula) der Schnecken durch eine Anzahl von Abbildungen und durch mehrere Modelle in stark vergrössertem Maassstab (von Targioni halten) vertreten. Die' erwähnten Abbildungen sind über schränken, welche dieselben Gegenstände in Natur ent- halten, aufgehängt, die Modelle und Spirituspräparate auf dem obersten Brette dieser Schränke selbst, damit sie möglichst deutlich gesehen werden können; auf dem Boden der Schränke sind in der Regel die grösseren Stücke aus den in dem Schrank vertretenen ,\btheilungeii, da diese auch so hinreichend sichtbar sind, während kleinere Gegenstände in dieser Tiefe dem Beschauer weniger deutlich sein würden. Im üebrigen sind die Gegenstände in den Wandschränken jeder Nische in fortlaufender Reihe streng systematisch geordnet, und Tozzeti er- den Glas- 254 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. XII. Nr. 22 zwar nicht nach einem einzelneu bestimmten Lehrhuche, aber doch im Ganzen so, wie es von der Mehrzahl der Fachmänner jetzt angenommen wird. Um aber dem, den es interessirt, eine geographische Uebersicht zu gewähren und ihm zu erleichtern, das zu bestimmen, was er auf dem Boden des deutschen Reichs oder in einem der beiden uns nächsten Meere gesammelt, sind in dem Mittclraumc jeder Nische Pulte aufgestellt, welche Spezialsannnlungen der Land- und Süsswasser- Mollusken des deutscheu Reiches, sowie der be- schälten Mollusken der Nord- und Ostsee und des Mittelmeeres enthalten, letztere vergleicheud neben ein- ander, so dass man mit einem Blick übersieht, iu welchen Familien und Gattungen die Nordsee reicher oder ärmer ist als das Mittelmeer. Auch übersichtliche Zusammen- stellungen von Schnecken-Deckeln und Schnecke n-Eiern befinden sich in diesen Pnlten, sowie in ihrem vorderen unteren Theile grössere, sonst nicht gut unterzubringende Conchylieu. Ferner sind in den an den Fenstern stehenden Pulten Beispiele der mannigfaltigen Verwendung auf- gestellt, welche verschiedene Conehylien bei den ver- schiedensten Völkern finden, als Schmuck und mehr oder weniger praktisches Hausgeräthe; im Gegensatz zu diesen nutzbringenden Mollusken enthält das letzte Pult am Fenster sozusagen die schädlichen, nämlich Beispiele von in Holz und Stein lebenden Muscheln. An der Hinterwand des Saales ist der Versuch gemacht, eine Austerubank aus natürlichem Material darzustellen und als Seitenstück dazu nebenan ein Stück eines Korallen- r if fs mit Beifügung charakteristischer Formen der sie bewohnenden wirbellosen Thiere. Endlich ist das erste Pult in der für den Eintretenden linken Hälfte des Saales noch benutzt, um Beispiele verschiedener Form- abweichungen und Entstellungen zu geben, welchen die Schalen der Weichthicrc theils während des Lebens, thcils nach dem Tode in der freien Natur ausgesetzt sind und welche der Unkundige leicht irrthümlich für eigene (d. h. erblich sich fortpflanzende) Gattungen und Arten halten könnte. Soviel über die Anordnung. Es sei uns noch erlaubt auf Einzelnes besonders hinzuweiseu. Die vordere Halbnische des Fischgrätensystems ent- hält die höchste Classe der Weichthiere, die Kopffüsser (Cephalopodeu); gleich beim Eintritt fällt das lebens- grosse Modell eines Riesentintenfisches oberhalb der Schränke auf; es ist unter Anleitung des Prof. Hilgendorf nach dem von ihm in Japan gesehenen und gemesseneu Exemplar von Megatenthus gemacht, Rumpf ohne Kopf 186 cm, die langen Arme über 300 cm, darunter im Schrank von demselben Thier die Augenkapsel und ein Stück aus dem Arm mit den grossen Sauguäpfen in Natur. Zur linken Hand Exemplare und Abbildungen des eigeutlüimlicheu Papier-Nautilus (Argonauta), welchen die Alten für das Vorbild des ersten Schifies, ein neuester Fachmann für den letzten Ueberrest der vorweltlicheu Ammoniten halten; die Abbildungen zeigen die natürliche Haltung des lebenden Thieres, mit den zwei flossenartig verbreiteten Armen die Schale während des Schwimmens tunfnssend, nicht, wie mau früher glaubte, dieselben als Segel iu die Luft erhebend. Nebenan Exemplare des an den euro])äischen Küsten lebenden achtarmigen Tinten- fisches (Octopus vulgaris), Polypus der Alten, von dem sie so manches iabelhaft Klingende erzählen, das aber doch durch neuere Beobachtungen, namentlich im Aquarium zu Neapel, sieh als nicht ganz grundlos gezeigt hat; dieses Thier ist auch der pieuvre iu Victor Hugo's Romaue les travaillcurs de la nier; er wird bei weitem nicht so gross als die nur im otleucn Oceau lebenden, nicht leicht mit dem Menschen zusammentreffenden Rieseutinteufisehe, er- reicht aber doch au Rumpfläuge 13 cm, Rumpfbreite ebensoviel und Gesammtläuge einschliesslich der Arme l',2 ffl) 61' kann mit seineu kräftigen, durch die zahlreicheu Sauguäpfe überall beliebig fest anhaftende Arme wohl Fischer und Badende in Verlegenheit und Angst bringen. Ferner die echte Sepia mit ihrer festen, weissen inneren Rüekenschalc, an einem der Exemplare blossgelegt, die früher in der Medieiu uud jetzt noch zum Radiren und dergleichen dient, und zuletzt die mehr cylindrischen Formen der Kopffüsser mit horuartiger, elastischer Rücken- schale, wovon eine sehr grosse wieder von einer japa- nischen Art (Thysauotenthis) hesonders auffällt; au diesen Cephalopodeuformen sind die Seitenflossen fast wie eine j Pfeilspitze am unteren Ende des Rumpfes augesetzt, \ was diese mehr im offenen Meer lebenden Thiere be- fähigt, rasch zu schwimmen und auch über die Ober- fläche des Wassers emporzuspringen; einer davon, Omma- strephes illeeebrosus, ist als Köder für den Fischfang des Kabliau auf der Bank von Neufundland wichtig. Er- wähneuswerth sind noch die theils in Form von Quasten (Loligo), theils in Form von Trauben (Sepia) erscheinen- den Eierhaufen einiger Kopffüsser und die in Weingeist aufbewahrten Stücke des echten Nautilus von den Mo- lukken, sowie das sehr seltene von Spirula, letzteres leider nicht vollständig, indem der Kopftheil fehlt. Die letzte Abtheilung dieser Halbnische enthält die Flossenfüsser (Pteropoden) uud Kielfüsser (Hete- ropoden), Weichthiere, welche in den wesentlichen Theilen ihres Körperbaues den Schnecken sehr nahe stehen, aber an das freie, schwimmende Leben auf hoher See an- gepasst, die ersteren durch Auslnldung eines Paares seit- licher Flosseu, womit sie im Wasser, wie die Schmetter- linge iu der Luft sich bewegen, die letzteren durch Um- bildung des Fusses zu einer scharf begrenzten, schmalen, mittelständigen und damit unpaaren Flosse, mittelst der sie rasch durch das Wasser schiessen, wie Fische, denen einige (Pterotrachea) auch in der äusseren Gestalt etwas ähneln. Beide, Pteropoden und Heteropoden enthalten so- wohl beschalte als schalenlose Gattungen, und beide finden sich hauptsächlich iu den wärmeren Meeren, vom Mittelmeer an, doch sind von den Pteropoden zwei Gat- tungen, Cliü und Limacina, auch im uördlichen Eismeer, zwar nur je mit einer Art, doch in einer so grossen An- zahl von Individuen vertreten, dass sie wesentlich mit zur Nahrung des Grönlaudwals beitragen. Das zu dieser Halbnische gehörige Pult zeigt Beispiele der Sehalen- formeu dieser drei Weichthierklasseu, die, so sehr ver- schieden sie unter sich sind, doch darin übereinstimmen, dass sie alle, ob spiral gewunden oder nicht, seitlich symmetrisch sind, d. h. rechts und links gleich (mit sehr wenigen Ausnahmen), was eben damit zusammenhängt, dass es freischwinuncude Thiere sind. Mit der zweiten Nische oder ersten Vollnische be- ginnen die Schnecken imd zwar zunächst die höheren mit getrenntem Geschlecht, die sogenannten Pro so bran- ehier. Da für diese das Vorhandensein einer spiral- gewuudeneu Sehale sehr charakteristisch ist, steht am Anfang eine solche, ganz und durchgeschnitten, mit Be- zeichnung der Benennung der einzelnen Schalentheile. Die erste Familie bilden die Kegelschu ecken, Conus, für den Liebhaber interessant durch die lebhafte und oft sehr elegante Zeichnung und den hohen Marktpreis mancher Arten — die weissen mit Schwarz verzierten Bänder verschiedener Arten wurden mit deu über die Brust getragenen Ordensbändern in früherer Zeit ver- glichen uud demgemäss einzelne Arten, zuerst von den Holländern als Admiral, General u. s. w. bezeichnet, bis zum gemeinen Soldaten herunter, bei anderen, a verbreitet, und andere, steinigen Boden liebende, die nicht nur in den östlichen Alpen, sondern auch in einigen Berggegenden des östlicheren Theils von Mitteldeutschland vorkommen, so Helix cobresiaua, solaria und Clausilia filograna. Das Gegenstück dazu bildet das Vorkommen von Cyelostoma elegans und Helix cartusiana, kulturfreundliche Schnecken, in Gärten und Weinbergen iieimisch, im wärmeren West- und Süd-Europa weit verbreitet und von zwei Seiten aus, wo die Römer schon AVeinbau eingeführt, nach Deutsch- land eingedrungen, an den und über den Rhein einer- seits und in die Gegend von Wien andererseits. Die entgegengesetzte Hälfte des Glaspultes zeigt die Süsswasser-Mollusken Deutschlands, zunächst, entfernter vom Fenster, die Muscheln, dünnschalige Anodonten aus stehendem Wasser bis zur Länge von 19 cm bei 9 em Höhe, dickschalige Unionen, durch Schlosszähne vor dem Verschobenwerden beider Schalen- hälften gegeneinander geschützt, aus fliesseudem Wasser, und die Flussperlenmuschel, Margaritana margariti- fera, etwas nierenförmig gebogen, mit weniger ausge- prägten Schlosszähnen, aus kleinen Gebirgsbächen im bayerischen Wald, Fichtelgebirge und Erzgebirge, durch das kohlensäurereiehe Wasser an den Wirbeln oft arg abgenagt. Ferner die eigenthUmliche, dreiseitige Dreissena polymorpha, welche erst seit den zwanziger Jahren dieses Jahrhunderts aus dem Osten nach Deutsch- land eingeschlepjit wurde, mittels Flossholz, an welches sie sich durch selbstgesponnene Fäden anheftet, sieh aber auch willkürlich wieder ablösen kann. Von den Süss- wasserschnecken sind zu erwähnen die verschiedenen Varietäten von Limnaea stagnalis, die Windungen mehr auseinandergezogen, daher die Schale schlank und elegant in ganz ruhigem Wasser, dagegen mehr und mehr eingeschachtelt, daher kurz und jjlump, um Stössen von aussen l)esser Widerstand zu leisten, in grösseren Seen mit steinigem oder kiesigem Grund; ferner die zwei Arten der grossen, lebendig-gebärenden Paludinen, die frisch geborenen Schalen noch leichter von einander zu unterscheiden, als die erwachsenen; die ganz kleinen Hydro bicn, welche theils in frischem Rieselwasser der Süd- und mitteldeutschen Bergwälder (Bythinella), theils unterirdisch in Höhlengewässern und dann ohne Augen und mit giasheller Schale (Vitrella) leben; endlich die nur im äussersten Südosten der deutschen Länder, schon ausserhalb des deutsehen Reichs lebenden Melanopsis (in Baden bei Wien) und Melania (Steiermark, Krain). Bei diesen Süsswasserschnecken zeigen einige Verbrei- tungskärtchen, wie gerade die grösseren Arten die Ebenen gegenüber den Bergländern bevorzugen und daher einer- seits in Nipalium und Placoccphalus verthcilten Tiiicre gehören 66 der orientalischen Region, 10 Madagascar und 5 Japan an. Doch ist Placoccphalus kewensis über die ganze Erde verschleppt. Die Cotylo- planiden haben auf der Bauchseite Saugnäpfe, zwei Kugel-, d. h. denen der Lungenschnecken gleichgebaute Augen, aber keine Kopfplatte. C!otyloplaua umfasst zwei Arten mit einem Saugnapf, zwei Tentakeln und ohne Kriechleiste, beide von der Lord Howe-Insel. Artiocotylus mit zwei Saugenäpfen, ohne Tentakeln und mit Krieeh- leiste zählt nur eine Art vom Cap. Die 80 Rhyncho- demiden weisen zwei Kugelaugen, aber weder Tentakeln noch Saugnäpfe noch Kopfplatte auf. Die Gattung Rhyneliodemus findet sich in allen sechs Gebieten, Doli- choplana und Platydemus besiedeln Aethiopien bis Austra- lien, erstere auch die Tropen der neuen Welt, während die monotypischen Microplana auf Böhmen, Nematodemus auf Ceylon und Othelosoma auf Gaboon beschränkt sind. Amblyplana ist auf die äthiopische Region, Ceylon und Jamaica angewiesen. Wenn aucli noch grosse Läuder- streeken für unsere Thicre bisher nur sprungweise er- forscht sind, so zeigt ihre Verbreitung doch schon eine gewisse Aehnlichkeit mit der der Landschnecken. Die Beziehungen der orientalischen Region zu Japan einer-, Madagascar an<:lererseits treten z. B. bei den Bipaliiden klar hervor. Sehr weit verbreitet sind Pelmatoplana sondaica (von Madagascar bis Java), Placoeei)balus fus- catus (von Indien bis Japan), Dolichoplana striata (von Indien bis Timor-laut und bis zu den Philippinen), Dol. feildeni (von Ceylon bis Java, in Guyana und Barbados). ^ ___^ C. Mff. Ueber einen Versuch das Helinm zu verflüssigen hat K. Olszcwski in den Ann. Phys. Chem. 59, 184 bis 192 die Resultate niedergelegt. Verfasser standen bei seineu Experimenten 140 ccm reinen, von Ramsay dar- gestellten Heliums zu Gebote; bei dem Einbringen in fiüssigen Saucrstolf beziehungsweise verflüssigte Luft, die unter niederem Drucke siedeten, zeigte es unter einem Drucke von 125—140 Atmosphären keine Spur von 262 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. XII. Nr. 22. Trübung; ebensowenig trat eine Verflüssigung ein, als man das Helium durch plötzliches Aufheben des Drucks sich schnell expandiren Hess. — Die durch die rasche Ausdehnung des stark comprimirteu Gases erreichte Tempe- ratur Hess sich wegen der allzu geringen Meuge des Heliums durch directe Messung nicht ermitteln, eine an- gestellte Berechnung aber zeigte, dass sie ungefähr — 264" betrug. Die Siedetemperatur des Heliums liegt folglich noch unterhalb dieser Temperatur; wegen seiner überaus grossen Permanenz eignet es sich besonders zur Füllung von Gasthermometern, um zur exacten Bestimmung der Siedetemperatur des Wasserstoffs und tieferer Tempe- raturgrade vorzügliche Dienste zu leisten. — Vergleiche eines mit Helium und eines mit Wasserstoff gefüllten Gas- thermometers ergaben bis zu einer Temperatur von — 210" vollkommen übereinstimmende Resultate. A. Sp. Aus dem wissenschaftlichen Leben. Ernannt wurden: Der Professor ilcr inneren Medizin in Genf Dr. J. L. Prevost zum ordentliclien Professor der Pliy-siologie als Nachfolger Scliifts; der Privatdoeent der Anatomie in Breslau Dr. Eduard Kaufmann zum Professor; der ausserordentliche Professor der Physik an der technischen Hochschule in Darmstadt Dr.Konrad Zeisig zum ordentlichen Professor; der Privatdoeent der Anatomie in Bonn Dr. Max Wolters zum Professor. Abgelehnt hat: Der ausserordentliche Professor der Chemie in München Dr. W. Königs einen Ruf als ordentlicher Professor ans Polytechnicum in Aachen. Es starben: Der Geologe und Archäologe Dr. 6. Ossowski in Tomsk; der Hautarzt Dr. Henry Feulars in Paris (ver- unglückt bei dem Brande in der rue Jean Goujon). Im Juli wird in ganz Portugal eine grosse Nationalfeier anlässlich der vor vierhundert Jahren stattgehabten Abfahrt Vasco's da Gama zur Entdeckung Indiens abgehalten werden. L i 1 1 e r a t u r. P. Volkmann, Franz Neumann. *11. September 1798, t23. Mai 18'jr>. Ein Beitrag zur Geschichte Deutscher Wissen- schaft. Mit einem Bildniss Franz Neuniann's. Verlag von B. G. Teubner. Leipzig 1896. — Preis 2,40 M. Diese „dem Andenken an den Altmeister der mathematischen Physik gewidmeten Blätter" geben ein ansprechendes Bild des als Menschen wie als Forscher gleich bedeutenden, im Alter von fast 97 Jahren zu Königsberg verstorbenen Franz Neumann. Die Schrift enthält 10 Theile: 1. Rode am Sarge F. Neumanns; es tritt hier das Persönliche unil Biographische in den Vordergrund. 2. Persönliche Erinnerungen; dieselben entstammen grösstentheils den Mittheilungen der Tochter des Verstorbenen, die ihren Vater getreulich gepflegt hat, zum Theil auch von dem ältesten Sohne, Prof. Dr. C. Neumann zu Leipzig. 3. Rede, gehalten vom Ver- fasser in der Aula der Universität. In dieser treten die Forschungen F. Neumann's in den Vordergrund, betrachtet im Rahmen der Entwickelung der Wissenschaft. 4. Historische und wissenschaftliche Bemerkungen zur Aularede, zum Theil von Herrn Prof. Dr. C. Neumann in Leipzig herrührend. 5. Titelverzeichniss der Veröft'entlichungen von F. N. 6. Geschichte und Titel- verzeichniss der von N.'s Schülern herausgegebenen „Vorlesungen über mathematische Physik". 7. Verzeichniss der auf. F. N. zurück- zuführenden Doctor-Dissertationen. 8. Zur Geschichte des mathe- matisch-physikalischen Seminars der Universität Königsberg. 9. Verzeichniss der Vorlesungen. 10. Liste der Schüler von F. E. Neumann. Wio aus diesen Angaben hervorgeht, hat der Herr Verfasser seinen Gegenstand von einem grossen Gesichtspunkt aus be- handelt. Die Lectüro der Schrift ist anziehend und bietet manches Neue. Diejenigen Loser, welche die eigenartige Persönlichkeit F. Neumann's nach allen Richtungen kennen zu lernen wünschen, verweisen wir noch auf einen Nachruf von Prof. Dr. W. Voigt (Göttinger Nachrichten 1895); eine eingehende Behandlung der matliematischen Leistungen F. Neumann's aus der Feder des Prof. Dr. Wangerin enthält der Jahresbericht IV der „Deutschen Mathematiker- Vereinigung". Dass der vorliegenden Schrift ein Bildniss Franz Neumann's beigefügt ist, wird allseitig dankbar begrüsst werden. G. Prof. Dr. Richard Hertwig, Lehrbuch der Zoologie. Mit 568 Abb. 4. umgearbeitete Auflage. Gustav Fischer in Jena. 1897. — Preis 11,50 M. Die dritte Auflage des ausgezeichneten Buches wurde erst Bd. X. S. 283 besprochen; wieder hat es etwas an Umfang zu- genommen; es umfasst jetzt 612 Seiten gegen 599 Seiten der 3. Auflage. Die Erweiterung betrifft die Umarbeitung der Sporo- zoen, Nachträge bei den Wirbelthieren und anderes. Das muster- giltig illustrirte Lehrbuch ist nunmehr mit Recht so bekannt ge- worden, wie das seinerzeit beliebte Claus'sche; eine eingehende Besprechung der rasch aufeinander folgenden Auflagen hat daher für das Gros des Leserkreises keine besondere Bedeutung mehr, und wir selbst wüssten auch über den Charakter des Buclies dem, was wir bei Erscheinen der ersten Auflage in Bd. VII. (1892) S. 449 gesagt haben, nichts Wesentliches hinzuzufügen. Eine gute Zoologie als Nachschlagebuch, das Wichtigste und Neueste dos Gebietes klar und bündig enthaltend, braucht ein jeder Natur- forscher in seiner Bibliothek : die Hertwig'sche ist nicht nur diesem, sondern vor Allem auch dem Studirenden ganz an- gelegentlich zu empfehlen. Möbius, M., Beiträge zur Lehre von der Fortpflanzimg der Gewächse. Jena (Gustav Fischer) 1897. 2 12 Seiten mit 3G Abb. — Preis 4,50 M. Wie der Verfasser in der Einleitung bemerkt, ist das Buch aus mehreren bereits früher im Biologischen Centralblatt ver- öfTentlichten Aufsätzen entstanden. Die allgemeinen Capitel sind von ihm später erst eingefügt worden. Trotz dieser allmählichen Entstehung ist der einheitliche Charakter des Buches gewahrt ge- blieben. Da der Inhalt ein ausserordentlich vielseitiger ist, so ist nur eine kurze Uebersicht über die vielen erörterten Fragen möglich. Im 1. Capitel bespricht Verfasser den Individuenbegriff und die Fortpflanzung der Individuen durch Knospen und Keime. Er unterscheidet hier scharf die vegetative Processe von der Fructifieation und setzt beide als nicht gleichwerthigc Lebens- functionen auseinander. Als Hauptzweck im Leben der Orga- nismen, vom Menschen natürlich abgesehen, sieht er die Erhaltung und Ausbreitung der Spocies an, die auf verschiedene Weise er- folgen können. Untergeordnet ist ihm von diesem Standpunkt aus, dass zur Entstehung gewisser Keime eine Vereinigung zweier Individuen nothwendig ist. Trotzdem muss wohl aber die ase.\uelJo Vermehrung nicht genügen, sondern eine grosso Bedeutung darin liegen, dass zwei vorher getrennte Substanzen, an denen die ver- erblichen Eigenschaften ihrer Erzeuger haften, zusammenkommen und ein neues Individuum mit einem Gemisch dieser beiderseitigen Eigenschaften bilden. Im 2. Capitel geht er deshalb näher auf die Folgen ein, welche aus der beständigen vegetativen Vermehrung von Pflanzen entstehen. Er beweist die Unschädlichkeit einer solchen Fort- pflanzung an vielen Beispielen, namentlich an uralten Cultur- pflanzen, wie der Dattelpalme, der Kartoft'el, dem Weinstock u. s. w. Eine sogenannte Altersschwäche von Arten anzunehmen, die nur vegetativ fortgepflanzt werden, ist deshalb unstatthaft. Im 3. Capitel geht Verfasser sodann auf die Gründe ein, von denen das Blühen der Pflanzen abhängig ist. Er bespricht den Einfluss von Licht, Wärme und Feuchtigkeit und belegt seine An- schauungen, die sich auf die früherer Forscher stützen, mit vielen Beispielen. Gerade diese Zusammenstellung vieler bekannter Thatsachen unter den vom Verfasser angegebenen Gesichtspunkten wird Violen willkommen sein, welche sich mit derartigen interessanten Fragen beschäftigen. Im 4 Capitel wird das Verhältniss zwischen Keim- und Knospenbildung bei der Fortpflanzung der Gewächse auseinander- gesetzt. Unter der ersteren Art versteht er alle Bildungen von der asexuellen Spore bis zur geschlechtlichen Fortpflanzung, während die Knospenbildung nur ein Aushilfsmittel der Natur ist, um die Art beim Fohlen der Keime zu erhalten. Auch hier werden viele Beispiele angeführt, wie die beiden verschiedenen Fortprianzuugsarten sich ablösen um! ergänzen. Die Ausbildung von Bulbillen, Sprossen etc. wird bei zahlreichen Fällen erörtert. Interessant ist namentlich die Zusammonstollung für Culturpflanzen in Bezug auf die Ausbildung der Samen. Vor Allem kommt es dem Verfasser ilarauf an, die Correlationen zu zeigen, die zwischen der Koimbildung und der Production von Knospen stattfinden. Das 5. Capitel endlich ist der Entstehung und Bedeutung der geschlechtlichen Fortpflanzung im Pflanzenreich gewidmet. Im Allgemeinen wird immer nur zwischen geschlechtlicher und un- geschlechtlicher Fortpflanzung unterschieden, wobei denn, wie Ver- fasser sehr richtig bemerkt, die Kartofl'elknollon und die Pilz- sporen in eine Categorio gehören würden. Das fällt natürlich bei der Unterscheidung von Keimen und Knospen fort. — Um zu einer Beurtheilung der Bedeutung der sexuellen Fortpflanzung zu kommen, betrachtet Verfasser die verschiedenen Gruppen des Pflanzenreiches in Bezug auf ihre Fortpflanzungsweise. Es kann hier nicht ausführlich auf diu daran geknüpften Betrachtungen XII. Nr. 22. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 268 eingegangen werden. Das Endresultat derselben ist, daas die sexuelle Fortpflanzung für die Pflanzen ein Vortheil, aber keine Nothwendigkeit ist. Und zwar ist der Vortheil nach zwei Seiten hin gerichtet. Einmal wird durch einartige Kreuzung der Typus der Art leichter erhalten als durch rein ungeschlechtliche Ver- mehrung, dann aber wird bei zweiartiger Kreuzung die BiUlung neuer Arten bedeutend erleichtert. Endlich kann noch an- geführt werden, tjiiss die Sexualität auch ein Mittel zur Ausbildung höher stehender (complioirterer) Formen werden kann. Dabei kommt hauptsächlich nicht die Vereinigung zweier Gameten in Betracht, sondern der Umstand, dass die beiden Gameten oder doch Individuen, von denen sie abstammen, männlich und weiblich sind. Mag man auch nicht in allen Punkten mit dem Gedanken- gange des Verfassers einverstanden sein, so wird doch die Leetüre des anziehend geschriebenen Buches nach vielen Richtungen liin anregend und belehrend wirken. G. Lindau. J. G. Vogt, Das Wesen der Elektricität und des Magnetismus auf Grund eines einheitlichen Substanzbegriffes. Populärer Auszug aus dem demnächst ersclieinenden IL Bande des gleich- betitelten grösseren Werkes des Verfassers. Leipzig, Ernst Wiest Nachfolger. 1897. Elektrische Erscheinungen treten auf, wenn ein normaler Spannungsgrad des Aethers nach der positiven oder negativen Seite überschritten wird. Auf diesem Gedanken baut der Verf. eine neue Theorie der Elektricität auf, eine Tlieorie, welche als ebenso geistvoll wie einfach bezeichnet werden muss. Allerdings ist sie vielzusehr ein Product willkürlicher Speculatiou, als dass es sich empfehlen würde, gleich damit vor die grosse Menge zu treten, wie es der Verf. in dem vorliegenden populären Auszug leider gethan hat. Ueberhaupt fasst der Verf. seine Ansicht viel zu sehr als fest begründet auf, ist viel zu sehr von ihrer Richtig- keit eingenommen, statt zu bedenken, dass seine physikalischen Anschauungen doch nur allenfalls die gleiche Wahrscheinlichkeit wie andere Ansichten für sich haben können. Vogt hat sein Thema mehr als Philosoph denn als Naturforscher behandelt. H. Dr. R. Reiff, Theorie molekular-elektrischer Vorgänge. Frei- burg i. B. und Leipzig, J. C. B. Mohr. — Preis G M. In dem vorliegenden Werke wird der Versuch unternommen, auf dem Boden der modernen wissenschaftlichen Anschauungen eine einheitliche Theorie der molekular-elektrischen Erscheinungen zu geben. Die zu Grunde liegenden Gedanken sind vom Verf. schon in einigen in Wiedemanu's Annalen erschienenen Abhand- lungen ausgesprochen worden und finden nun hier nur eine aus- führlichere, den Zusammenhang besser hervortreten lassende Dar- stellung. Den Ausgangspunkt bildet die von Helmholtz stammende und auch schon von Lorentz benutzte Annahme, dass jeder Körper von vornherein aus positiven und negativen Jonen bestellt und diese durch die elektrischen Schwingungen in Bewegung ge- setzt werden. Im ersten Kapitel worden die Hertz'schen Grundgleichungen recapitulirt, wogegen das zweite von der Dielektricitätsconstante handelt, welche als ein Maass für die Verschiebbarkeit der Jonen durch elektrische Kräfte erscheint. Nun wird im dritten Kapitel die Leitung der Elektricität in Metallen näher betrachtet. Auch hier wird der Grundsatz der Beweglichkeit der Jonen festgehalten, so dass die metallische Leitung als von der elektrolytischen nicht wesentlicli verschieden aufgefasst wird; diese mit den gewöhn- lichen Anschauungen im Widerspruch stehende Theorie der Elek- tricitätsleitung scheint uns jedoch den schwächsten Theil der ReifTschen Arbeit darzustellen. Im vierten Capitel werden alsdann die Thermoströme dadurch erklärt, dass auch in festen Körpern ähnlich wie nach van der Waals in Flüssigkeiten ein bestimmter, von der Temperatur abhängiger Druck herrsche. Unter Benutzung der Gesetze von Wiedemann und Frank, sowie von Lorentz leitet Reifi' für Metalle sogar auch eine Formel ab, welche dem Boyle- Gay-Lussac'schen Gesetz analog ist. Jedoch will der Verfasser seihst dieses Kapitel nur als einen Versuch angesehen wissen, wie er sich denn überhaupt des vielen Hypothetischen bei seineu Untersuchungen voll bewusst geblieben ist. Die beiden Sehluss- kapitel behandeln noch die Selbstinduction und im Anschluss an Helmholtz' Dispersionstheorie die Elektricitätsbewegung in Die- lektricis. Inwieweit die Annahmen Reiff's sich als haltbar erweisen werden, kann erst die Zukunft lehren; jedenfalls wird das Studium des Werkes dem, der den theoretischen Entwickelungen zu folgen vermag, hohes Interesse gewähren, indem er ersieht, wie das Prinzip der Jonenbeweglichkeit ausser bei der Elektrolyse und Dispersion auch bei einer Anzahl anderer molekular-elektrischer Erscheinungen zu ihrer Beschreibung nützlich verwendet werden kann. F. Kbr. Dr. 0. Fröhlich, Ueber Isolations- und Fehlerbestimmungea an elektrischen Anlagen. Mit 132 Abbildungen im Test. Wilhelm Knapp, Halle 189.3. — Preis 8 Mk. Das engbegrenzte Thema, d.as sich der Verfasser gestellt hat, ist auf 229 Seiten sehr gründlich und zuverlässig behandelt, so dass das Werk Interessenten empfohlen werden kann. Adalbert Breuer, k. k. Professor an der Staatsrealschule im III. Bezirke Wiens. Mathematische Vorschule der Astronomie in Bezug auf die scheinbare Bewegung des Fixsternhimmels. Eine pädagogische Skizze. Mit 18 Figuren auf drei Tafeln. Wien 1895. — Preis 1 M. Die kleine Brochüre ist hauptsächlich für den Unterricht an höheren Schulen berechnet, und wendet sich sowohl an die Lehrer wie die Schüler. Der Verfasser geht von der richtigen Erwägung aus, dass die Lehrer der naturwissenschaftlichen Fächer in den Schulen in astronomischer Beziehung zum grössten Thcil Auto- didakten sind. Darin dürfte wohl nicht zum geringsten Theil die Schuld zu suchen sein für die Thatsachc, dass im physikalisch- n;athematischen Unterrichte die mathematische Astronomie relativ wenig Verständniss bei den Schidern zu finden pflegt. Verfasser hofft, dem Uebelstande bis zu einem gewissen Grade abhelfen zu können. H. W. Valentiner, Handwörterbuch der Astronomie. Bd. I. Mit 241 Abildungenb und drei Tafeln. Theil der „Encyclopaedie der Naturwissenschaften." Breslau, Verlag von Eduard Trewendt, 1897. — Preis 24 Mk. Von dem Werke, dessen erste beiden Lieferungen wir bereits Jahrg. XI, S, 183 besprochen haben, liegt nunmehr der erste Band fertig vor, der mit einem umfangreichen Artikel über „Finsternisse" abschliesst. Es freut uns, aussprechen zu können, dass unsere damals auf das Werk gesetzten Erwartungen voll in Erfüllung gegangen sind und besonders auch, dass die Qualität der Abbildungen in der zweiten Hälfte des Buches sich wesentlich geljessert hat, sodass z. B. die den sehr gründlichen Artikeln „Chronometer" und „Fernrohr" beigegebenen Illustrationen kaum noch etwas zu wünschen lassen. Von den umfassenderen Abschnitten dieses Bandes mögen als besonders werthvoU ferner noch diejenigen über Astrophotometrie, Astrospektroscopie, Bahn- bestimmung, Chronologie und Doppolsterue hervorgehoben sein. Alle diese in sich meist ein abgeschlossenes Ganze bildenden Theile der Encyklopaedie kennzeichnen sich durch bündige, klare Darstellung und zeugen von so eindringenden Specialkenntnissen der betrefl'enden Autoren, dass sie trefflich geeignet sind, den ernste Belehrung suchenden Leser in der Wissenschaft vollkommen zu Orientiren; auch bei speciellen Forschungen wird der sorg- fältige Litteraturnachweis das „Handwörterbuch" zu einem nütz- lichen Rathgeber des Fachmannes machen. In der bisher vor- handenen Litteralur wüssten wir kein Werk anzugeben, das in der gleichmässigen Darstellung aller Zweige der Sternkunde dem vorliegenden an die Seite gestellt werden könnte und dem Stu- direndeu ebenso warm zu empfehlen wäre. F. Kbr. C. R. Häntzschel, Reise-Handbuch für Amateurphotographen. Mit 13 Abb. und 12 Tafeln. Wilhelm Knapp in Halle a. S-, 1896. — Preis 1,50 Mk. In aller Kürze giebt das Taschenbüchelchen dem reisenden Amateur-Photographen beachtenswertheste Auskünfte und Winke zum photographischen Betriebe im Freien. Es bespricht die Vor- bereitungen zur Reise, d.as Verhalten auf dem Marsche, den Ge- brauch der Roisekarte, Landschafts- u. s. w. Aufnahmen und sonst dem Amateur Nützliches. Inhalt: Die zoologische Sammlung des Königlichen Museums für Naturkunde zu Berlin. (Forts.) — Die Beziehung der Gehirn- rinde zu den geistigen Vorgängen. — Die Ursache der Kahlköpfigkeit (Calvities). — Ueber die Entwickelung des Sehens. — Arktische Vagabunden aus dem Thierreich. — Das SysnMu und die geographisciie Verbreitung der Landplanarieu. — Ueber einen Versuch das Helium zu verflüssigen. — Aus dem wissenschaftlichen Leben. — Litteratur: P. Volkmann, P^ranz Neumann. — Prof. Dr. Richard Hertwig, Lehrbuch der Zoologie. — Möbius M., Beiträge zur Lehre von der Fortpflanzung der Gewächse. — J. G. Vogt, Das Wesen der Elektricität und des Magnetismus .auf Grund eines einheitlichen Substanzbegriffes. — Dr. R. Reiff, Theorie molekular-elektrischer Vorgänge. — Dr. O. Fröhlich, Ueber Isolations- und Fehlerbestimmungen an elektrischen Anl.agen. — Adalbert Breuer, Mathomatische Vorschule der Astronomie. — W. Valentiner, Handwörterbuch iler Astronomie. — C. R. Häntzschel, Reise-Handbuch für Amateurphotographen. 264 Naturwissenschaftliche Wocheuschnft. XII. Nr. 22. >^cri)tr'fd)e gctfaflsgonffutin, g^rctCurfl im a3rei(J9n ij . Soeben ift evfti)iencii uiib biird) alle 33u(i)[jiinbluiigen ju bejiet)eii: 5.^crg(cidjcubc Stubicu iibev biie ^Seelenleben ^er iVmeiCen nn^ ber l)ij|)ern (Lljiere, Säon ßv. S". (VIII u. 122 •2.) M. 1.60. Hoii temfoU'cii *l!crfii(fev ift l'oi' fmjcm cvfdiieiieii: Snftiittt unb S'iteüigenj im 2I)icrrcid). ein ttitifitei scitwo jm niotenicn IbicivfDdjolosie. ov- S". (VIII ii. '.)4 ®.) 3/. 1.30. Dünnschliff- Sammlungen für praktische mikroskopische Uebungen. 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Bernstein, Berlin SW. 12. r Potk&cui; ftaf riebt *> veltcm- fiMini1-n Idsaa (U)4 ta ipetatH im OcbOd» 4er Pbutuk, wM Ihr rckhUdt emtd dnrcft Am Zuibw der Wtrkikhii^d ''•^-^'^ ^.vs^"^" Redaktion: ^ Dr. H. Potonie. Verlag; Ferd. Düminlers Verlagsbuchhandlung, Berlin SW. 12, Zimmerstr. 94. XII. Band. Sonntag, den (). Juni 1897. Nr. 23. Abonnement : Mau abonnirt bei allen BuchhandlunRen und Post- Y instalten, wie bei der Expedition. Der Vierteljahrspreis ist M 4.— <3!S Bringegeld bei der Post 15 -./ extra. Postzeitungsliste Nr. 4954- •"■ Inserate : Die viergespaltene PetltzeUe 40 ■A. Grössere Aufträge ent- spreclienden Rabatt. Bellagen nach Uebereinkimft. Inseratenannahme bei allen Annoncenbureaux wie bei der Expodition. Abdruck ist nnr mit vollständiger 4|nellenaneabe gestattet. Reisebriefe aus Colombia. Von Prof. Dr. Fi'itz Ueftel. Reise nacli dem Westen und Nordwesten von Antiof-]uiii (vom 16. November bis 12. Dccember 1896). Erst am 16. November war ich wieder fertig zum Aufbruch, diesmal nach dem Nordwesten; um den An- schluss an die vorige Reise gegen Norden hin zu ge- winnen. Der lange Aufenthalt von 3 Wochen in Medellin war kein freiwilliger gewesen: bei einem Spazierritt am 1. November hatte ich durch einen unvorhergesehenen Sprung des Pferdes eine Verstauchung der Wirbelsäule (Coxalgie) erlitten, deren Heilung zwei Wochen in An- spruch nahm. Noch war die Regenzeit nicht zu Ende, aber sie zeigte in diesem Jahre einen Charakter, der das Reisen für mich wohl ermöglichte, (ileich zu Beginn am Morgen des 16. Nei Dabeiba). Jenseits des Wirthshauses von Lomagrandc führt der Weg nach Fnmtino noeli ein Stück aufwärts /.um Alto de Antonio, um dann in das Thal von Canasgordas einzubic- en. Hier namentlicli uns die viel grössere Uei)pigkeit der Vegetation in überra- schender Weise cntge- — noch heute trägt eine Quebrada bei Frontino diesen Namen — den ältesten Stützpunkt ihrer Macht , die Stadt Antioquia (oder „Antioquia vieja"), welche erst später an den Platz des heutigen Antioquia verlegt wurde. Es geht dies mit grosser Klarheit aus der Darstellung des Pedro Cieza de Leon hervor, dessen durchaus glaub- würdige Schilderung der Züge von Vadillo, Robledo be- reits 1.552, dann wiederum 1.Ö54 und 15.57 gedruckt wurde. Eine englische Ueber- setzung erschien in den Schriften der „Haklagt Society" unter dem Titel: „First part of the Chronicie of Peru" written hy Pedro Cieza de Leon. Nur dieser erste Theil des vier- theiligen Werkes ist überhaupt gedruckt worden; derselbe cut- hält die älteste Geogra- phie und Ethnographie von Antioquia und vom oberen Caucagebiet (so- wie vom heutigen Ecu- ador, Peru und Bolivia). Hier in der Gegend von Frontino wurden die ersten ernsten Kämpfe Fig. 1. ^■on den Conquistadoren Vadillo und Robledo ausgefochten, hier stiesseu dieselben auf eine sehr dichte indianische Bevölkerung. In der englischen Uebersetzung des genannten Werkes sowie in der Litteratur über An- ti<)(iuia, z. B. in der iMonogra[)hic von Dr. Uribe Angel, ist dieser Sachverhalt nicht richtig dargestellt, sondern erst von Henry White, dem Director der eng- lischen Minen El Cerro bei Frontino, mündlich gegen mich ausge- sprochen worden; ich bin von der Richtigkeit dieser Ansicht vollkom- men überzeugt und einer spä- tritt gedenke in gen. Erst erheblich un- terhalb dieses Ortes erklimmt der Weg einen Alto, taucht hierauf nochmals in das Thal des Rio llerradura hinab, um nunmehr an dem kurz vor Frontino liegenden glciclinaniigen Alto sich cmporznwindcn. Frontino liegt auf einer Hochebene (etwa 1550 m hoch), eingeschlossen von zwei Kämmen, auf denen auch landschaftlich zahlreiche Indianergräber (guacas) hervor- treten. Hier grümletcn die S|)anicr, vom Golf von Darien am Rio Leon aufwärts ziehend, über die Sierra de Abibe in das Thal des Rio Sucio bei Uramita hinabsteigend und seinen Quellflüsscn aufwärts folgend im „Valle de Nore" tercn, ausführlichen Ar- beit über Antioquia hierauf genauer zurück- zukonnnen. Noch heute leben in der weiteren Umgebung von Frontino in den Thälern des .Musinga, Rio Verde, der (^»uebradn, Pital und anderer Zutlüssc des *''s- 2- Rio Sucio, wie an diesem selbst, erheb- liche Reste der Urbevc'ilkerung (der sogen. „Indios bravos") sowie auch noch weiter gegen Norden bei Ituango und in den noch so gut wie jungfräulichen westlichen Berghängen des unteren Cauca nach Caceres zu. Der junge Photograi)h Restrepo in Frontino hat einige firup])en der Urbewohncr aufgenonnncn (siehe Abbildung Fk 1). Freitag den 20. Niivend)cr war ich in Fron- tino eingetroffen und hatte am folgenden Vormittag so- gleich meinen Fnipfehlungsbrief aus Medellin nach dem etwa eine deutsche Meile entfernten „Cerro" an den oben genannten Henry (Enrique) White befördern lassen. Auf XII. Nr. 23. Naturwisscuschaftliche Wochenschrift. •267 den Bescheid Wiuteud, bot sich mir Geici;enheit, eiueu Blicii in da.s Schulwesen v(ni Antio(|uia zu thun, da i;erade die vor Wcihnaclitcu statttindcndcn liflcntiiciicn I'riit'ani;cn in Froutino ahi;ehalteü wurden und zwar in der von zwei Lehrerinnen f,'cleiteten Mädchenschule. Ich wurde aufge- fordert, denselben als Gast beizuwohnen und k(»nntc vor- her auch die Knabenschule besuchen. Es ist hier jedoch nicht der Ort, aul die dabei gewonnenen EindriicUe näher einzugehen. Mittags traf der älteste Sohn Enriiiuc White junior vom Ccrro mit einem 15ricfe seines Vatei's ein, der mich aufforderte, noch heute nach dem Cerro zu konmien. Ich brach daher sofort dorthin auf, blieb am folgenden Tage (Sonntag) in der stattlichen Familie meines Wirthcs (derselbe hat S Söhne, 4 Töchter im Alter von 5 bis 22 Jahren), lernte die Mine kennen, und verabredete mit dem jüngeren Enri(iue eine Tour nach Dabeiba am Rio Sucio für die konnnende Woche; nach der liückkehr zum Cerro sollte dann eine Besteigung des Morro ijclado ins Werk gesetzt werden, ein Hochgipfel dieser Gegend, welcher unter günstigen Umständen einen Ueberblick des ganzen Atratogebictes bis zum Isthmus von Panama ge- währt. Zunächst brachen wir am Montag früh nach Frontino und von hier nach Dabeiba auf: über den Alto de la Madera ging es an diesem Tage steil zum Rio Sucio hiual), der bei Uramita erreicht wuide. Hier quillt Sole aus kalkhaltigem (iestein und wird zu gutem Salz verwerthet. Der Kalk scheint der Kreide anzugehören, doch vermochte ich keine Versteinerungen in seinen Schichten zu ent- decken (vergl. unten). Im tief eingeschnittenen Thale des Rio Sucio machte sich hier die Wärme der „tierra caliente" bereits sehr geltend, noch mehr steigerte sieh aber die teuchte Hitze am folgenden Tage, der uns auf dem „Camino del Occidento" (dem Weg des Westens) gegen 2 Uhr nachmittags unser Ziel Dabeiba erreichen liess, die letzte bedeutendere Ansiedelung am Rio Sucio. Hier hatte vor einem Jahre ein junger Belgier (Powels) zeitweise sein Quartier aufgeschlagen, um die Schätze der hier wunderbar üpijigen und besonders an seltenen Orchi- deen reichen Flora auszubeuten. Er war damals von Dabeiba aiiwescnd, dagegen trafen wir einen Engländer William (Geillcrmoj Goyen, der in der nahen Quebrada Rital seit 11 Jahren mit der Aufdeckung eines Indiauer- grabes von ungewöhnlichen Dimensionen beschäftigt ist. Diese Arbeiten beschlo.ssen wir auf dem Rückweg zum Cerro zu besehen, am folgenden Tage sollte dagegen die natürliche Brücke („el puente natural") zwei Stunden unterhalb Dabeiba in einer Schlucht des Rio Sucio als besonderer Naturmerkwürdigkeit dieser Gegend besucht werden. Um Dabeiba leben, wie oben schon angedeutet wurde, eine Anzahl Indianer; so trafen wir auch an diesem Tage drei derselben und es gelang mir, eine leidliche Auf- nahme zu Stande zu bringen (s. Abb. Fig. 2) und ver- schiedene Gegenstände für meine Sammlungen zu erwerben. Der Spaziergang nach dem „Puente natural" oder dem „Puente de los Indios" verlief gut, war aber sehr anstrengend, da der Weg sehr stark verwachsen, daher nur zu Fuss zu passiren und der Abstieg zur Schlucht äusserst steil war. Der Rio Sucio bricht sich hier auf ein paar Meter Breite eingezwängt seinen Weg durch einen Felsen, welcher nach Bildung des Thaleinschnittes abgestürzt zu sein scheint. Weiter abwärts kommen bei Cerrazon tertiäre Ver- steinerungen vor, auf welche ich bereits in Medcllin und dann wieder durch C. White aufmerksam gemacht worden war. Meine Bemühung durch einen mit einer Probe versehenen Burschen weitere Exemplare der Muschelbrecoie, denn um eine solche handelt es sich, zu | erhalten, waren leider vergebens und ich bedauere sehr, statt des „Puente natural" nicht diese Stelle aufgesucht zu haben. li. White hat nur von diesem Vorkommen nun das folgende Profil aufgezeichnet. Auf dem Wege von Uromita nach Dabeiba hatte ich sehr feste, stark gefaltete Kalkschichten beobachtet, die dem Urgon, z. B. am Vierwaldstätter See an der Axen- strassc, sehr ähnlich sehen, aber keine Versteinerungen aufweisen, auf dem Wege nach dem „Puente natural" fand ich sehr scluin die Basaltmassen aufgeschlossen, die in der Westkordillere au verschiedenen Stellen vorkommen, wie z. B. am Alto de Gatico (s. oben) und nach H. White's Angabe in schön ausgebildeten Säulen bei Buritica nörd- lich von Antioijuia. Der Aufbruch von Dabeiba zur Quebrada Pital konnte am folgenden i\Iorgcn eines starken Regens wegen erst um 1) Uhr erfolgen, so dass keine Zeit blieb, die oben erwähnte „Sepultura de los Indios" gründlich in Augen- schein zu nehmen, auch war der grosse Schmutz an der Stätte der Ausgrabung hierzu nicht gerade besonders einladend. Es ist von W. Goyen ein Schacht von 80 Fuss Tiefe getrieben und von dessen Basis ein Stollen von 360 Fuss Länge ausgehoben worden, um zu dem Grab zu gelangen, welches ein grosser Stein verschluss. Dieser wurde durch 1U3 Dynamitladungen weggesprengt, aber die Ergebnisse dieser Ausgrabung grossen Stiles sind bis jetzt minimale, und gleiciiwohl hofft der Unternehmer noch auf grossartige Schätze! Bewundern wir den ausdauernden Spleen des hier seit 11 Jahren so gut wie vergci)lich grabenden Engländers und wünschen wir ihm baldigen, reichen Erfolg! Der Rückweg nach dem Cerro auf einem ganz andern Wege ülicr die linken Nebenthälcr des Rio Sucio hinweg nahm wiederum zwei Tage in Anspruch, und erst in voller Nacht und in strömenden Regen trafen wir am Freitag Abend daselbst wieder ein. Bei dem Nacht- quartier am Rio Verde trafen wir Kohle, kreuzten z\vei- mal kleine „Salados" oder Salinas und trafen wiederholt mit Indianern zusanunen, die sich aber einer photogra- phischen Autiiahme entschieden abgeneigt zeigten. Eine tüchtige Erkältung, vor allem aber einöOstündiger tropischer Regen verhinderten die von uns geplante Besteigung des Morro pelado auszuführen. Unter Gesprächen über die Ge(j- graphie und die Naturverhältnisse von Anticxiuia, insbe- sondere des Westens, dessen bester Kenner II. White ist, gingen jedoch die beiden folgenden Regentage rasch hin, auch bot sich hier noch zweimal Gelegenheit, Indios zu porträtiren. Montag, den 30. November brachen wir, da endlich der Regen aufgehört hatte, nach der White gehörigen drei Lequas vom Ccrro entfernten Finca „Corume" auf, welche dicht am steilaufragenden Kegel des Morrogacho gelegen, sowohl nach Süden und Südwesten hin prächtige Blicke auf die benachbarten hohen Berge vom Paramo de Frontino im Westen bis zum Cerro Plateado gewährt, als auch nordwärts gegen Frontino eine herrliche Aussicht auf die Hochgipfel des Romeral, Sasafral und die Trcs Morros unfern des Paramillo, darbietet. Dicht bei dem behaglich eingerichteten Hause strömt der llerraduraliuss vorüber, dessen breitem Thale ich am konnneudcn Morgen zunächst aufwärts zu folgen hatte, denn ich wollte über Urrao, Betulia, Concordia und Zancudo nach Medcllin den Rückweg nehmen und musste zunächst, jedoch auf einem directereu Wege, fast wieder bis Antioquia zurück, um auf den von letzterer Stadt nach Urrao führenden Weg zu konunen. Im ganzen nahm dieser umstänillichc Rück- weg ü Tage in Anspruch und wählte daher mit dem Aufenthalt'iu Urrao (1 Tag) und Titiribi-Zanciido (2 Tage) vom 1. bis 12. Dceember. 268 Naturwissenschaftliehe Wocheuschrift. XII. Nr. 23. Der junge White brachte mich am 1. üeccmhcr auf den directen Weg vom Cerro nach Autioquia und gab mir nocli das Geleit bis Abria(|ui, einem zwar malerisch gelegenen, alier ziemlich ärndichen, kleinen Orte von nur etwa 100 Einwohnern, bei welchem der steile Aufstieg zum Alte de la Allegria (gegen 3000 m) beginnt, einem nördlichen Ausläufer der gewaltigen I'aramo de Urrao (auch P. de Frontino genannt), von welchem man bei klarem Wetter eine grossartige Aussicht auf die um- liegenden Bergriesen geniesst. Heute waren die hiiheren Theile derselben am Nachmittag leider mit dicken Wolken bedeckt, während sie in früher Morgenstunde von Corumc sämmtlich frei gewesen waren, so dass ich dieselben hatte ]diotographisch aufnehmen können. Durch prachtvollen Urwald führte der Weg hinab in das obere Tonuzcothal, wo ich in dem höchsten Orte Tonuzco arriva eine leid- liche Unterkunft fand. Nur ein Stück folgt der Weg diesem bei Autioquia in den Cauca einmündenden Gewässer, führt vielmehr zu einem Grat empor und auf diesem entlang bis zur Que- brada Pena, wo wir den erwähnten Weg von Autioquia nach Urrao erreichten und an diesem Tage noch bis Monte Indro oder Montelindro gelangten, welches hoch über dem Penä einen grossartigcu Ueberblick der jenseits des Cauca aufragenden Centralkordillere vom Cerro Bravo im fernen Süden bis weit unterhalb Autioquia gewährt. Namentlich der auf der Herreise überschrittene Alto de Boqueron (eigentlich die „Mundöftnung") tritt als tiefer Sattel charakteristisch hervor, und diesseits desselben schinnnern die Orte Sau Jeronimo, Sopeträn mit ihren weiss aufleuchtenden Kirchen herüber; die ganze weitere Umgegend von Autioquia liegt wie eine Landkarte zu Füssen. An den beiden folgenden Tagen hatte ich die beste Gelegenheit, den stark gebrochenen Charakter der westlichen Gebirge wiederum hinreichend kennen zu lernen. Bergauf, bergab gelangten wir am Donnerstag zunächst bis Salado im Thale des Noque, benannt nach drei hier vorhandenen, auch technisch verwertheten Salz- ([uellen, welche das „sal de Noque" dem Handel liefern, latten wir noch einen beschwerlichen Auf- die „Canalones obscuros" (die „finsteren Schichten"), in denen der Wegeinschnitt ein Stück so eng ist, dass die Vegetatiou ihn völlig überwuchert und vom Tageslicht nur ein spärlicher Schimmer eindringen kann. Um so grossartiger wirkt deshalb das Panorama, welches sich dem entzückten Auge von dem ..Alto de los Canalones obscuros" darbietet und dasjenige vom „Alto de la Raya" vor Andes in vorzüglicher Weise ergänzt: von den „Fa- rallones de Citarä" im Südwesten ist die Hauptkette der Westkordillere zu sehen über das Plateado de Concordia bis zum Oeaidö. Auch der Abstieg von hier ist von ähnlicher Be- schaffenheit wie der Aufstieg, dann lenken wir in weite Potreroflurcn ein, denen wir noch mehrere Stunden folgen, ehe Urrao selbst, ein Mittelpunkt bedeutender Viehzucht, berühmt durch seinen bis Medellin gehenden Käse, im i)reiten l'halgrunde des PenderiscoHusses erscheint. Letzterer fliesst dem Murri zu und gehört sonst zum Stromgebiet des Atrato. Wir haben hier das fruchtbare, einst von den Koncpiistadoren lange gesuchte Thal von Arvi (,el valle de Arvi') vor uns. Einen grossartigen Abschluss seines langgestreckten Thaies bietet auf der einen Seite gegen Süden das ge- waltige Massiv des Cerro Plateado de Concordia, auf der anderen gegen Norden der I'aramo de Urrao (Frontino), 'von dessen ca. 4000 m hoher Plattform bei hellem Wetter ein weit gegen Westen sich ölfiiendes Panorama zu ge- niessen ist. Auch hier seheiterle mein Vorhaben, eine Besteigung desselben auszufülircu — man kann mit Am Freitag stieg durch Ochsen bis zu einer sehr hoch gelegenen (einem Herrn Herrera gehörigen Hütte) gelangen — an der für solche Hochtouren nocii viel zu unsicheren Witterung; auch der folgende Ruhetag hatte in dieser Hinsieht nur einen ne- gativen Erfolg. So brach ich denn am Sonntag früh auf und hatte zunächst im Penderiscothale aufwärts abermals ermüdende Potrerowege zurückzulegen, bis zu Mittag der Aufstieg zum Höhenzug begann, welciier das Thal des Penderisco von demjenigen Betulias sciieidet. Ersi s]iät am Nach- mittage tauchte letzteres tief unter mir zur reciiten Hand auf, so dass ich es vorzog, in der llospedaje, direkt an der Einmündung des Weges in das Thal von Betulia, über Nacht zu bleiben; letztere liegt etwa 1 Legua unter- halb Betulia in der Nähe zweier Zuckermühlen. Eine zaidreiehe Familie drängte sich hier in der kleinen Be- hausung zusannuen, doch räumte der Wirth mir und meinem Burschen bereitwilligst die beiden vorhandenen Betten in der Kammer, während die Uebrigen nebenan im Hauptraume auf der Erde ihre Strohmatten für die Nacht aufschlugen. Hier erwarl) ich zwei altindiauische Thongefässe von eigenthümlicher Arbeit für meine Samm- lung, konnte aber nur das kleineie unterbringen, das grössere übergab ich einem Manne, der demnächst Vieh nach Jledellin zu bringen hatte; er bat um Voraus- bezahlung, hat aber das Gefäss auf dem Rücken bis M. getragen und an die aufgegebene Adresse richtig ein- geliefert. Wieder einmal hatten die Maulthiere in der Nacht sieh ziemlich weit von unserem Quartier entfernt; dies verzögerte daher den Aufbruch nach Betulia. Darüber habe ich ganz versäumt, hier an Ort und Stelle mich nach der Fundstätte der IMastodon-Knochen zu er- kundigen, welche ich im „Museum Zea" zu Medellin ge- sehen hatte. (Spätere Bemühungen, solche von Medellin zu bekommen, waren dann leider vergeblich.) Wiederum mussten mehrere Altos erklettert werden, ehe wir vom letzten derselben, vom Alto de Piedra blanea aus das malerisch an stark geneigter Berglehne liegende Con- cordia vor uns erblickten. Wir erreichten es jedoch so zeitig, dass ich noch ein Paar Aufnahmen machen konnte. Namentlich der Ausblick von hier in das Caucathal war entzückend: der überall als Leitgestirn auftretende Cerro Bravo bei Fredonia, die spitze Pyramide des Cerro Tusa waren nun schon nahe vor uns. Beim Abstieg zum Caucathal auf sehr steinigem Wege am folgenden Morgen hatten wir die gewaltigen Bänke des Sandsteines zur linken wie zur rechten Seite des Cauca an den Thalliängen vor uns, der auch bei Guaca- Elisoni, sowie um Titiribi und Sabaictas so mächtig ent- wickelt ist und auf der vorigen Reise von mir bis zur Finca La Fe und bis Andes und die Gegend von Supia und Rio Sucio hin beobachtet worden war. Er bietet hier am Uebergang über den Cauca ein sehr wirkungs- volles Bild in der Landschaft. Dieser Uebergang selbst wird hier durch eine grosse Seilfähre bewerkstelligt. Wir setzten um ■'/4I2 Uhr bei 31*^0 über, diesmal brauchten auch die Thiere nicht den hier breiten Fluss zu durch- schwinnnen. .Jenseits führte der Weg bald in der Que- brada Amaga aus der sengenden Glutii zu kühleren Re- gionen empor. Das heisse Zancudo erschien mir heute recht frisch und kühl im Vergleich zur sengenden (iluth im Caucathalc. Wir ritten, da heute eines katholischen Feiertages wegen hier nicht gearbeitet wurde, sofort weiter nach Titiribi, auch um nicht zu spät in dem Hause von R. Wolf einzutrelfen; letzterer war jetzt gar niciit anwesend, sondern war während der Sclndferien seiner Kinder nach Olramina gezogen, doch nahm uns der älteste Sohn auf das Freundlichste auf. Natürlich suchte ich :iiii foli;eudcn Morgen meinen XII. Nr. 23 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 269 früheren Wirth in (»traniina auf, wo die Mühle inzwischen fcitig- geworden war (vgl. 2. Reisehricf) und ritt mit ihm zusammen über den Alto de la Candela nach der gleich- namigen Finca der Schweizer Heiniger und Bachmann, traf aber Herrn Heiniger nicht (derselbe war nach Mc- dellin geritten), kehrte daher am gleichen Tage wiederum nach Titiribi zurück, da unter diesen Umstanden an eine Besteigung des Gerro Bravo ja doch nicht zu denken war. Die Scenerie bei La Candela ist reizend, und mit vollem Rechte nennen die genannten Herren ihre schone und musterhaft in Ordnung gehaltene Besitzung „La Suiza", die Schweiz. Am folgenden Tage hatte ich nunmehr Gelegenheit, unter l'^ührung von Carlos de la Qucsta und Severo Gonzalez, dem Birector von Zancudo, die Werke von Sitio Viejo und Zancudo, die ich auf meinem früheren Ausfluge nur flüchtig kennen gelernt hatte, genauer zu besichtigen. Da die Schmclzwerk-Mühlen und die hj'draulischc Pumpe für Bohrungen weit auseinander liegen, verging dieser Tag nnt deren Besichtigung, und erst am darauf folgenden Morgen wurde mir auch die Mine selbst gezeigt. Am gleichen Tage legte icli dann noch von Titiribi aus den grössten Theil des Weges nach Amaga zurück, blieb auf dem Alto vor Amaga in einer Posada und kehrte am Sonnabend den 12. Dezember auf dem mir wohlbe- kannten Wege über Amaga und Caldas nach Medellin zurück. Ueber Zancudo sei hier Folgendes nachgetragen (vergl. 2. Keisebrief). Die Mine wurde hier 1793 entdeckt und seit 1SÜ() bearbeitet, die Verlegung von Sitio Viejo nach Titiribi veranlasste Moose. Gegenwärtig ist Zan- cudo mit Sitio Viejo und Sabaletas derselben Gesellschaft unterstellt. Es arbeiten hier insgcsannnt einschliesslich (U'r beschili'tigtcu Frauen und Kinder gegenwartig etwa 12ri(J Personen in den Minen, Mühlen, Schmelz- und Koiilenwerken. Die Arbeitszeit dauert von (> Uhr früh bis 5 Uhr Nachmittags mit einer Pause von 10 bis 11 Uhr. Es sind im Ganzen 21 Mühlen vorhanden, eine grosse, neue Mühle ist im Bau begriffen. Eine Maschine für comprimirte Luft ist beim Bohren jetzt in Thätigkeit; sie kann bis zu 100 Pferdekral'ten entwickeln; dieselbe ist weiter unten aufgestellt, um den Fall des Wassers thunliclist auszunutzen. Wir sehen die von ihr getriebene Bohrmaschine am folgenden Morgen in dem „La Troya" benannten Theile der Mine in Thiitigkeit. Bereits auf dem Ritte vom Caucathalc nach Zancudo hatte ich wahr- genonuTien, dass zu unterst Glimmer- und Amphibol- schiefer auftreten, weiter oben Konglomerate und Saud- stein (pena areuisea) in wechselnder Lagerung folgen. Diese Schichten sind stark gefaltet und fallen gegen das Thal zickzackartig ein. Beim Eintritt in die „Troya" kommt man dnreli diese Falten hindurch. Glimmer- schiefer, K(»nglomeratc und Sandstein wechseln mitein- ander ab, che Wir zum Hauptausgang (tilon) mit seinen Verzweigungen gelangen. Dieser (!ang ist reich an Gold-, sowie an Silbererzen und anderen Erzen, welche dieses Gebiet für Mineralogen besonders interessant er- scheinen lassen. Die zoologische Sammlung des Königlichen Museums für Naturkunde zu Berlin. Die Mollusken-Schausammlung. [Sehluss.] Die zweischaligen Conchylien oder Muscheln beginnen mit der dritten Wandtlilehe dieser Nische, nachdem schon das unterste Fach der beiden anderen zur Aufstellung verschiedener Vorrichtungen zur Aufzucht der Austern und verschiedener europäischen und fremden Austerarten benutzt worden sind, da die durchschnittlich kleineren Landschnecken sich nicht für diese unteren Räume eignen. In der systematischen Reihe trefl'en wir zuerst die eigenthündichen Anomien, deren eine Schale ein Loch hat, wodurch eine hornnrtige Masse heraustritt, mittelst welcher das lebende Thier an Steine oder andere Muscheln festgeheftet ist, dann die Austern, bei denen ein grösserer oder kleinerer Theil der Aussenfläche der einen (linken) Schale an fremde Körper angekittet ist, einige tropische an ins Meerwasser herabhängende Zweige der Manglebüsche angeheftet und eckig gefaltet, wie ein Hahnenkannn aussehend. Besonders ist aufmerksam zu machen auf ein kleines Gläschen, das eine grosse Anzahl ganz junger Austern enthält, nur '/^ Millini, wie sie zu Hunderten das Mutterthier verlassen und kurze Zeit frei herumschwinnnen, bis sie sich für das ganze künftige Leben festsetzen; ihre Gestalt ist vergrössert auf der nahen Abbildung zu sehen. Dann die Kjappmuscheln, Spondylus, äusserlich austernähnlich, nur mehr stach- lich, mit Schlosszähnen; an einer, der grössten Art, Sp. varians, von der Nordwestküste Amerikas, ist an einem durchschnittenen Stück deutlich zu sehen, dass die ein- zelnen Sehalenschichten nicht dicht auf einander liegen, sondern Hohlräume zwischen sich lassen, was stetlen- vveise, doch in geringerem Grad, auch bei Austern vor- kommt. Es folgen die Kamm - Muscheln, Pecten, nicht fest angeheftet, daher ungehindert in regelmässiger Form sich auswachsend, strahlich gerippt; diejenigen, welche der Breite nach am Grunde liegen, zeigen die untere (rechte) Schale stärker gewölbt, aber bleich, die obere, dem Licht zugewandte, beim Oetfnen und Schliessen allein bewegte, flach und dunkler^ gefärbt; andere Arten, welche sich zeitweise mittelst Fäden an- spinnen, zeigen beide Schalen gleich, dafür das vordere Ende etwas anders geformt als das hintere, während die bisher genannten Muscheln, die sich erwachsen gar nicht von der Stelle bewegen, auch keinen constantcn Unter- schied im Uniriss "zwischen Vorder- und Hinterrand zeigen (gleichseitige, aber dafür ungleichsclialige Muscheln). Bei mehreren Arten von Pecten wechselt die Farbe nach den Individuen innerhalb bestimmter Grenzen, von gelb über roth zu purpurn. Nun folgt eine Reihe von oft alieiiteuerlich gestalteten Gattungen, die au der Innen- seite Perlmutter zeigen und sich mittelst Fäden (Byssus) an fremden Körpern befestigen: hierher die Hammer- Muscheln, Malleus, vorn und hinten in einen schmalen Fortsatz verlängert, der Winkelhaken und die Husareu- tasche (Perna) und Schwalbenmuscheln, Avicula, — beide Schalen auseinander gelegt das Bild einer fliegenden Schwalbe gebend, das vordere Ende bis zur Einkerbung, wo der Byssus hervortritt, den Kopf, die Hauptmasse der beiden Schalen die beiden Flügel, ein hinterer meist längerer Fortsatz den Schwanz; zu diesen gehört auch die echte orientalische oder Meer-Perleu- musehel (Avicula niargaritifera), deren Perlen wir in einem Pult am Fenster iinden. Dann die ebenso eigen- thündichen Schinken- oder Steckmuschcln, Pinna, mit dem spitzen, vorderen Ende in dem Meeresgrund steckend, daher hier meist abgescheuert, mit der Haupt- masse des Körpers aufrecht stehend und noch durch Byssus-Fäden an der Umgebung verankert; Grfisse und fieischrothe Farbe mehrerer Arten hat den Namen Schinkennaischcln veranlasst. 270 Naturwissenschaftlielie Wochenschrift. XII. Nr. 23. l^ie iiäch.ste Nische enthält in der ersten und zweiten Wandfläche die Fortsetziuii;' der Muselieln, zunächst die Miesmuscheln, Mytilus, welche sich noch durch die ytclluny- der Wirbel ganz am vorderen Ende und das Fadenspinnen an Pinna anschliessen; M. edulis, die blaue Muschel der europäischen Meere, welche einen wichtif;en Nahrungsartikel tui' das Volk an vielen Küsten bildet, ist in ihrer Lcbcnsthätigkeit und mit den Vorkehrungen, um ihr Gelegenheit zum Ansetzen zu geben (Muscliel- bäuuie), bildlich dargestellt; im unteren Fach findet sieh auch ein ßaumzweig, in ähnlicher Weise mit der 8üss- wassermuschel, Dreissena polymorpha, besetzt, aus dem See von Tegel, es ist das aber nicht absichtliche Ver- anstaltung von menschlicher Seite, sondern nur Beisitiel des natürlichen Vorkommens. Die ausgestellten ver- schiedenen Arten von Mytiliden zeigen ferner die stufen- weise Kückkehr zur gewöhnlichen Muschelgestalt durch Zurücktreten der Wirbel hinter den melir und mehr sich verlängernden Vordertheil (Gattung Modiola). Dann folgt die eigenthümlicbe Ordnung der Ärcaceeu oder Taxo- donten, Muscheln mit sehr zahlreichen, gegenseitig zwischen einander eingreifenden Sehlosszähnen, äusscriich von mannigfaltiger Gestalt, einige wie ein Schift" (Area noae), eine windschief verdreht (Area tortuosa); die da- rüber hängende Abbildung zeigt, wie bei einer hierher gehörigen Gattung, Nucula, der Fnss der Muschel eine untere Kriechliäche hat und damit demjenigen der Schnecken älndich wird. Hieran schliesst sicii noch die Gattung Trigonia, jetzt nur noch an den Küsten Australiens lebend, aber vorweltlich in der Triaszeit in zahlreichen Arten über Europa verbreitet. Ein Modell weit über LeJjcn.sgrösse, den innern Bau der Flussmuschel Uuio darstellend, führt uns zu der grossen Familie der Unioniden oder Najadeen, die grösseren der ein- heimischen Süsswassermuschcln enthaltend und in andern Erdtheilen durch oft noch stattlichere Formen vertreten; wir sehen manche theils durch höckerige Oberfläche, theils durch langgestreckten, schmale oder umgekehrt durch sehr verkürzten kreisförmigen oder dreieckigen Unnüss auf- fallende Gestalten aus Nordamerika, namentlich dem Flussgebiet des Ohio, und ihnen äiinliche aus Japan, China und Hinterindien; bei den südamerikanischen und vorderindischeu tritt nicht selten eine von den Wirbeln ausstrahlende ßerippung der Oberfläche hervor, während die südafrikanischen und australischen, wie die euro- päischen solcher Auszeichnungen entbehren, doch zeigen die letzteren merkliche Höcker und liuuzcin in sehr jungem Alter, die erwachsenen also nur an den Wirbeln, sofern diese nicht abgescheuert sind. Auf das afrika- nische Festland beschränkt sind Iridina (Fliodon), Spatha und Mutela, erstere mit runzligem Schloss, und ebenso Aetheria, welche mit der einen Schale sich an Steine ankittet und dadurch im Wachsthum mehr oder weniger behindert die uuregehnässige Form der Austern anni it, aber durch das bleifarbene Perlmutter der Innenseite und das Vorhandensein zweier Muskel- cindrücke an jeder Schale, also zweier Schliessmuskeln, sich leicht von ihnen unterscheidet. Auf der nächsten Wandseite finden wir eine Anzahl von Muscheln, die den tieterodonten Neumayrs, Car- diaceen und Veneracceu anderer Autoreu entsprechend, von ziendich regelmässiger Form, aber der Reihe nach mehr und mehr dem Eingraben in weichen Grund sich anpas.sciid und demgemäss die hinteren Mantelöffnungen mehr und mehr zu längeren Piiln-cn ausdehnend. Zunäclist die Herzmuscheln, Cardium, .strahlig geripi)t, wie Pecten, aber ohne ohrförmige Seitenstückc am Schloss- raud und durchschnittlich stärker gewölbt; die einzelnen Arten zeigen eine Stufenreihe von allseitig gewölbter Schale durch steigende xVbjdattung der Hinterseitc, endlich auch der vorderen und Ausbildung einer Kante zwischen beiden zu dem von vorn und hinten ganz blattförmig zu- sammengedrückten 0. cardissa, das wie die landläufigen, nicht wissenschaftlichen Figuren eines Menschenherzens aussieht; eine andere Reihenf'olge führt zu dem zahnlosen, kaum gcrijipteu C. grönlandicum und zu den ebenfalls zahnlosen, dünnen, klaffenden Adaenen des kaspischen Meeres. Lucina, im Ganzen linsenföruiig, mit band- förmigem, vorderen Muskcleindruck, der bei den grösseren Arten so auffällig, dass man ihn durch die Glasscheibe erkennen kann. Cyreua, ziemlich grosse, tropische Süss- wasserunischeln, daher mit brauner oder braunschwarzer Schalcnhaut wie Unio, aber im Schloss den folgenden gleichend. Die \'enusmuscheln, mit drei nacli oben unter dem Wirbel konvergirenden .Sehlosszähnen, in der Regel vorn abgerundet, mit einem kleinen, herzförmigen Eindruck (lunula) an beiden Schalen vor den Wirbeln, hinten stumiifeckig und länger, öfters mit einem kantig abgegrenzten, hinteren Feld (area) an beiden Schalen, das in Farbe oder Sculptur von der übrigen Schale ab- weicht und bei der eigentlichen Venusmusehcl (Gytherea dione) von vorstehenden Stacheln umgeben ist. Mactra mit iunerm Schlossband zwischen den Zähnen, im Ganzen mehr dreieckig, vorn und hinten ziemlicii gleich. Donax vor den Wirbeln länger gestreckt und abgerundet, hinten kurz, schief abgestutzt, daher man leicht die Hinterseite für die vordere hält, innen oft lebhaft violett. Teilina auch hinten etwas kürzer und eckiger als vorne, übrigens von sehr verschiedener Gestalt, aber inuner am hinteren Ende ein wenig windschief gedreht, was wohl damit zu- sannnenhängt, dass das lel)ende Thier sich schief in den Meeresgrund, Sand oder Seidamm, eingräbt; vorherrschende Färbung rosenrotli, manche Arten schön gestrahlt, bei einigen rosenrotli und sehwefelgelli nach den Indi\iduen wechselnd. Nun beginnen, an der nächsten Wand, die eigent- lichen Bohrmuscheln (Inelusa, Pholadacea, Desmo- donta), d. h. solche, welche sich tief in andere Körper, sei es der Meeresgrund selbst, sei es Stein, Holz u. dgl. einbidn-en, daher mit sehr langen Atheniröin-cn versehen sind, um mit dem Wasser in Verbindung zu bleiben, und dereu Schale dieser Lebensweise in einer oder der anderen Weise angepasst sind. Von den Teilinen kommen wir durch einige Mittelformen (Psammobia, Sidecurtus) zu den sogenannten Messerscheiden, Solen, welche sich senkrecht in Sand oder Schlamm eingraben, beide Schalen langgestreckt mit parallelen Räudern, in ihrer ganzen Länge gleich dick und hoch, wie ein Messerheft, vorne für den eicbelförmigen Fuss, der nach unten gräbt, offen bleibend, ebenso liiuten für die nach oben aus- gestreckten Alhuuingsröhreu, ganz glatt, um beim Ein- graben nicht gehemmt zu werden; die im Sandgruud lebenden Arten glänzend, öfters achaf farbig. Pliolas, in Stein bohrend, ist noch mehr modificirt, Sehale weiss, dünn, vorne mit feilenartiger Sculptur, ebenfalls vorn und hinten offen (klaffend), aber durch besondere Sehalcn- stücke, die bei anderen Muscheln nicht vorkommen, auf der Rückenseite und auch öfters vorn wieder geschützt. Bei mehreren Gattungen von Bohrmuschcln i.st die Schale im Verhältniss zum ganzen Thier sehr klein, wie rück- gebildet, aber der von ihr nicht bedeckte Tbeil der Körperoberflä(die sondert dafür Kalk in Form einer ringsum geschlossenen Röhre ab, welche bei den in lockern! Sand lebenden mit anklebenden Sandkiirncrn umgeben ist und sicii frei herausheben und aufbewahren lässt (Teredo arenaria, Fistulana, Aspergillum), bei den in Holz oder Stein lebenden aber an den Wänden der Bohrhöhle fest anhaftet. Das Verhältniss der kleinen XII. Nr. 23. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 271 Selinlen zu diesen R('iiiren ist versciiicden: hei (iastnichaeiia, Fi.stiilaiia und Tered» steeiicn sie frei be\vei;-licii inneriiaih der Rühre, bei Clavagella ist die eine Sehale an der Innenseite der Rrdirc lest, die andere allein beweglich, bei Aspergilluni sind beide mit der Röhre verwachsen und als kleine Höcker an der Aussenseitc siclitbar; bei dieser Gattung- ist ferner das morpliolog-iscli vordere, thatsächlieh untere Ende der Rölu'e von einer sicbförniigen Platte verschlossen, daher sie Gicsskanne genannt wird. In der nächsten Abtheilung dieser Wand die Arni- füsser oder Brachiopoden, Weichthiere, welche auf den ersten Anblick den Musciieln ähneln, aber im Bau sehr wesentlich davon verschieden sind; die beiden Schalen sind nicht eine rechte und linke, sondern eine vordere und hintere, daher immer unter sich \erschieden gestaltet, wenn auch öfters der Unterschied nur gering, und jede derselben an beiden Seitenrändern, rechts imd links, gleich. Die eigenthiimlichen, spiral aufgerollten, mit Fädchen besetzten Arme, von denen sie den Namen haben, sind an einem Spiritusexemplar aus Japan und an den Abbildungen deutlich zu sehen, bei anderen trockenen Stücken sieht man das innere Kalkgerüst, welches zur Stütze dieser Arme diente. Die Tere- brateln, bei denen die Spitze der Bauchschalc schnabel- förmig über die Rückeuscliale hervortritt und am Ende ein Loch hat, wodurcli ein sehnenartiger Fortsatz zur Befestigung an fremden Körpern hervortritt, leiien haupt- säciilich in der Meerestiefe, einige in den europäischen Meeren, zahlreicher in denen der südlichen kälteren Zone; l)ekanntlich waren sie in der Vorzeit auch in Europa sehr zahlreich. Ling-ula dagegen mit braungrüner, flacher Schale und, wurmförmigem beweglichen Fortsatz vor dem Wirbel, lebt oberflächlich auf Sandl)oden, in unserer Zeit nur im Stillen Oeeau und den angrenzenden Thcilen des ludischen (Molukken, Philippinen; eine Art auch an der Ostkuste Amerikas bei Florida; sie ist aber eine der wenigen Gattungen, welche seit den ältesten paläozoischen Zeiten (cambrischc Formation) wesentlich unverändert sich bis zur Jetztzeit erhalten hat. Der zu dieser Nische gehörige Glaspult zeigt die Meermuscheln der Nord- und Ostsee, sowie des Mittelmeers, einander gegenül)ergestellt; auch hier fällt der grössere Reichthum des Mitteimcers namentlich im Verhandensein der Gattungen Spondylus, Avicula, Litho- donuis, Pcctunculas, Cliama, Isocardia, sowie den zahl- reichen und grösseren Arten von Cardium, Gardita u. a. auf, denen Nord- und Ostsee nur etwa Mya als dem Mittelmeer fehlend und Astarte als im Norden arten- reicher entgegenstellen kann. Ein Mytitus edulis, IS'/o fm lang und (),.3 hoch, aus dem Arsenal von Venedig. Ehe wir von den Mollusken scheiden, sind noch einige Sonderaufstellungen zu betrachten, welche deren P.iologic und industrielle Vcrwerthung betreffen. An der hinteren Wand des Saales ist der Versuch gemacht, ein Stück einer Austernbank darzustellen, nach dem Muster derjenigen bei Sylt und Föhr und mit von dort stammendem Material hergestellt; im benachbarten Glaspult sind die verschiedenen Sorten und Altersstufen der Auster, sowie die auf jenen Austerbänken iiäufiger vorkonnnenden anderen wirbellosen Thiere übersichtlich zusammengestellt. Zwischen der Austernbank und ihrem Seitenstuck, dem Korallenriff', ist die gi-össte Muschel- schale des Museums, Tridaena gigas, anfgestelilt, 90 cm lang, 54 lioch, beide Schalen zusammen 158 kg schwer; eine ähnliche dient in der Kirche S. Sulpice zu Paris als Taufbecken. Im Glaspnlt am Fenster, der letzten Abtheilnng der Muscheln gegenüber, sind Beispiele von Bohrmuscheln und angebohrtem Gestein und Holz, auch ein Stück Wachs, das zufällig ins Meer gerathcn, von Bcjin-muscheln erfüllt wurde, als Beweis, dass diese Muscheln Substanzen der verschiedensten chemischen Beschaffenheit anbohren, nicht etwa nur Kalkstein, also die mechanische Arbeit derselben das Wesentliche beim Bohren ist, niciit chemische Auflösung durch irgend eine Säure, welche ja durch das umgebende Wasser immer sehr verdünnt werden müsste und daher nur eine untergeordnete Rolle spielen kann; man sieht in der That auch bei manchen Schalen der Bohrmuscheln eine feilenartige Sculptur am vorderen Theile. Auch Holz von Schiften, das durch sogenannte Bohrwürmer, eigentlich wurmförmige Bohrnuischeln (Teredo) durchlöchert ist, die Wände der Löcher mit der Kalk- ablagerung der Muschel ausgekleidet, ist hier aufgestellt. In der anderen Hälfte desselben Glaspults find cn sich Perlen verschiedener Art mit den zugehörigen Muscheln, echte oder orientalische aus der Meer-Perlmuschel, solche aus der Fluss-Perlmuschel, die auch in Deutschland (liairischer Wald, Erzgebirge u. s. w.) lebt, auch unge- wöhnliche Perlcnformen und eine Tafel aus Prof Möbius' Werk über die echten Perlen, welche die Entstehung und feinere Zusammensetzung derselben erläutert, endlich falsche oder künstliche Perlen aus der Substanz der silberglänzenden Schuppen eines Fisches, des in der Mark Brandenburg so häufigen Uklei, Alburnus alburnus L. oder lucidus Heck, hergestellt. Am nächsten Fenster, wenn wir gegen die Eingangs- thüre zurückkehren, finden wir künstlich polierte Con- chylienschalen, wie solche der Mensch zur Zierde seiner Wohnungsräume oder auch seines Körpers liebt, zunächst solche, an denen durch Abbeizen oder Abfeilen der obersten Schichten Perlmuttersubstanz zu Tage tritt, namentlich Arten von Haliotis, Turbo und Trochus, meist dieselbe Sehneckenart in natürlichem, ungebeizten Zustand zur Vergleichung daneben; mau sieht daraus, wie der Perlmutterglanz bei diesen Schnecken ebenso wie bei den Perlen in der Natur nicht als Zierde oder Anlockungs- mittel dient, sondern tief versteckt ist, nur Folge der feinen Struktur, nicht irgendwie von Nutzen für das Thier, und erst v(m dem Menschen entdeckt und sichtbar gemacht wurde. Ferner Beispiele von anderen bunten Oonchylien- oder Conchylicnstücken, die als Schmuck be- nutzt werden. Am folgenden Fenster sind Fälle anderer indus- triell e r V e r w e n d u n g v o n C 0 n c h y 1 i e n bei \'erschiedenen Völkern und aus verschiedenen Zeiten vor Augen gestellt: Tritoniuni als Trompete bei den alten Griechen und Römern , jetzt noch stellenweise zum Zusammenrufen zerstreuter Leute an einigen Küsten des Mittelmeeres üblich, und ebenso, aber wohl ganz unabhängig davon, dient eine andere Art derselben (Jattung als Trompete bei festlichen Ceremonien in Japan und auf einigen Südsee-Inseln; ein künstlich gemachtes Loch an oder nahe der Spitze dient zum Eiublasen der Luft und die allmählich sich erweiternden Hohlräume der Windungen wirken wie diejenigen einer Trompete oder eines Waldhornes. Die Purpurfärberei der Alten wird erläutert durch die Schalen der Schnecken, welche dazu verwandt wurden: Murex brandaris. M. trun- culus und (vielleicht auchi Purpura hacmastoma, ein mit deren Saft gefärbtes Stückchen Zeug und die aus Negri's Abhandlung entlehnte Stufenfolge der Farben, welche dieser Saft an der Luft durchläuft, bis er das bleibende Violett erreicht. Handschuhe, aus dem Byssus (den zum Anheften gesponnenen Fäden) der Pinna nobilis aus Tarent. An der Innenseite bemalte Muschelschalen (Cy- therea lusoria), in China zu einem Gescllscliaftssi)iel benutzt. Die berühmte T.sjankosch necke (Turbinella ra])a oder napus) aus Ostindien, zum Ausgicssen von Weih- wasser bei 0])l'erhandlungen benutzt. Japanische Figuren 272 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Xll. Nr. 2.?. von Vögeln, Bäumen u. dgl. aus Muscheln zusauinieug-esetzt, europäische Muschelkästchen u. dgl. Noch ist der Ghxspult zu erwähnen, welcher zunächst der für den Eintretenden linken Thüre des Saales steht und Beispiele versciiiedener Abnormitäten, Unregel- mässigkeiten und Entstel hingen von Conchylien zeigt, wie solche schon theils während des Lebens des Thieres sich ausbilden, theils erst nach dessen Tod sich einstellen. Zu ersteren gehört die verkehrte Richtung der Spiral- windungen: bei weitem die meisten Schnecken sind so gewunden, dass, wenn man sie die Spitze nach oben, die Mündung nacli unten gerichtet, vor sich hinstellt, die Mündung der rechten Seite des Beschauenden gegenüber steht: (rechtsgewundene Schnecken), aber es giebt auch Schnecken, bei denen in gleicher Stellung die Mundung links liegt, liuksgewundene oder verkehrte genannt, und zwar ist das normal der Fall bei allen oder den meisten Arten einzelner Gattungen, z. B. Clausilia, Physa, Lauistes, aber auch bei einzelnen Arten von sonst rechtsgewundenen Gattungen, z. B. Ilelix cicatricosa, Bulimiims quadridens, Neptunea contraria, endlich als Seltenheit bei einzelnen Individuen sonst rechtsgewundcncr Arten z. B. H. pomatia, die in sehr grosser Anzahl zum Essen gesanniielt wird, hier rechnet man eine linksgewundeue auf mindestens zehntausend rechtsgewundene — , umgekehrt aber auch einzelne normal rechtsgewuudene Arten in sonst links- gewundenen Gattungen, z. B. Clausilia voithi, und höchst selten ein abnorm rechtsgewundenes Exemplar einer normal linksgewundenen Art, z. B. von Clausilia biplicata. Diese Abweichung muss schon bei der ersten Anlage der Schale im Ei eintreten, dagegen kann die folgende, ungewöhnlich hohe oder niedrige Aufwindung, auch erst Folge einer während des Lebens erhaltenen Verletzung sein, indem dabei der Winkel zur Achse, in welchem das Waciisthum fortschreitet, während der Vernarbung ver- schoben wird; wenn das schon in früher Jugend eintritt und die Verschiebung nach unten gerichtet und bedeutend ist und während des ganzen späteren Wachsthunis in gleichem Grade beibehalten wird, entstehen die soge- nannten wendeltreppenförmigen Gebüde (Sealariden), bei welchen die folgende Windung die vorhergehende nicht mehr umfasst, so dass alle frei wie an einem Kork- zieher bleiben. Ist dagegen die Verschiebung geringer oder tritt erst spät ein, so entstehen nur unregelmässig hohe Formen, geht die Verschiebung nach oben vor sich, ungewöhnlich tiache, öfters mit rinnenförmig vertiefter Naht. Von all diesen sind Beispiele aufgestellt, meist mit normal gebildeten Stücken daneben, wie auch vorüber- gehende Unregelmässigkeiten in dem spiralen Waciis- thum, in Folge von Verletzungen, wobei später wieder die normale Richtung erreicht wird, windschiefe Krünnnungen von sonst in einer Ebene gewundenen Sciinecken u. dergl. Ebenso entsteht durch Verletzung während des Lebens eine zweite Mündung an einer Schnecke, indem etwas oberhalli der normalen ein grösseres Loch in die Schale eingebrochen wird und das dabei tief zurückgezogene Thier dieses nachher als Aus- gangsölfnung benützt und dem gemäss ausbaut; eine solche abnorme Bildung, früher fälschlich für zweiköpfig gehalten, kann man mit einiger Vorsicht bei Clausilia absichtlich herbeiführen. Ferner Ergänzung eines durch Verletzung theilweise zerstörten Deckels. In der nächsten Al)theilung des l'ultes ein Beispiel, wie eine einmalige Verletzung des Mantelrandes eine ents|)rechende Mangelhai'tigkeit in der Sehalenbildung zur Folge hat, die sich durch alle folgenden Anwaehsschichten hindurch- zieht, aber mit der fortschreitenden Heilung des Mantels mehr und mein- zur normalen liildung zurückkehrt. Eine andere Folge einer einmaligen Verletzung des lebenden I Thieres kann ferner sein, dass die Wachsthumsrichtung sich dadurch einmal verschiebt und dann wieder regel- mässig weitergeht, wodurch bei langgestreckten Schalen eine einmalige Einknicknng der sonst geraden Achse eintritt; auch hiervon sind Beispiele aufgestellt, wie auch nocli von niauciien anderen Veränderungen im Bau und Färbung der Schale durch Verletzung während des Lebens. Die andere Hälfte desselben I'nltes zeigt zunächt die Folgen mechanischer Wachst humshemmung durch anliegende oder einschnürende fremde Körper, namentlich bei Muscheln, dann abnorme Verdickung der Schalen- substanz an der Innenseite von Muscheln, veranlasst durch Verletzungen, welche von aussen eindringen und die das Thier durch verstärkte Ablagerung von innen abzuwehren sucht, ein Vorgang, der wesentlich mit dem bei der Perleiiliildung stattliudenden übereinstinnnt, nur dass bei letzteren der Vorgang sich auf eine kleine Stelle beschränkt. Ferner Beispiele chemischer Erosion an der Schale lebender Süsswasserschnecken und Bluscheln durch stärkeren Kohlensäuregehalt im Quell- wasser oder Humussäureu im Torfwasser, und zum Ver- gleich damit Fälle von mechanischer Abreibung durch in der Strömung treibenden Kies oder Sand ; beide Substanzvcrhiste treten hauptsächlich an den ältesten Thcilen der Schale, an und nahe den Wirbeln auf, theils weil diese schon die längste Zeit den Schädlichkeiten ausgesetzt sind, theils weil sie ihrer Stellung gemäss am meisten ausgesetzt sind, die Wirbel der Muscheln, indem diese sieh mit dem Vordertheil etwas eingraben und dabei die Wirbel der Strömung eutgegenstellen, die Wirbel der Sehnecken, indem sie die äusserste Spitze der Schale bilden, daher bei Drehung derselben den weitesten Bogen beschreiben und am leichtesten anstossen. Eine mechanische Verletzung oder Abreibun inmicr der letzter Schale die Conchiolin-haltige Schaknhaut die unter liegenden Kalkschichtcn vor der Einwirkung der Säuren beschützt. Die chemische Erosion unterscheidet sieli üVirigens leicht durch ihre bestinnnten, hohen, oft aus- gebuchteten und unterminirten Ränder von der flachen, mechanischen Abreil)ung. Bei denjenigen Schnecken- schalen, welche von einem Mantellappen überdeckt werden, wie z. B. bei Cypraea, können auch durch Verletzung oder Erkrankung dieses Lappens abnorme Ablagerungen auf der Ausseuseite der Schale entstehen, auch hier- von ist ein Beispiel aufgestellt; häufiger sind fremde Ueberzüge der Ausseuseite der Schale, theils durch Absatz von Kalksintcr in sehr kalkreichen Bächen, schon während des Lebens des Thieres, tiieils nuissenhafte An- siedelung von organischen Wesen, namentlich Hydroid- l)olypen, vorzugsweise die Gattung Ilydractinia, diese aber weniger an noch lebenden Schnecken, als an von Ein- siedlerkrebsen bewohnten Schneckenschalcn; an solchen sitzt auch oft eine Actinie (Adamsia palliata) auf. Dieses führt uns zu dem Substanzverlust, welchen der Ein- siedlerkrebs an der Mündung der von ihm bewohnten Schneckcnsehalc durch seine Vor- und Zurückbewegung mechauiseh herbeiführt und der oft bis zur völligen Zer- störung der Mündungswand und des Columellarrandes führt. Fast siebförmig durchlöchert werden öfters todte Schalen durch IJohrschwämme oder andere Feinde. Ein rundes Loch, nach innen sich etwas verengend, entsteht an Muscheln durch das Aid)ohren einer Schnecke, Natica, welche dadurch das Muschelthier aussaugt und tödtet (Dr. Schiemenz, Mittheilungen der zoologischeu Station in Neapel X, 18Ü1). Weiterhin Beispiele von ab- normer Färbung bei ganz normalem I>au der Sehale, theils ungewöhnlich intensive, i)raunrotlie Färbung bei ver- schiedenen Meeresmollusken auf dem vulkanischen Boden geht aber auch chemischen Erosion voran, da bei ganz unver- XII. Nr. 23. Naturwisseuschaftlichc Wuclieiischrift. 273 l der Bandainseln, theils Maugel des brauuen Farbstofles und daher gleicliniässig ganz blasse oder rein weisse Färbung der Sehale (Albiuisnius), gar nicht so selten bei unseren einheimischen Landschneckeu. Endlich sind noch einige Körper hier aufgestellt, welche auf den ersten Anblick den Schalen von Mollusken sehr ähnlich sehen und auch schon von Fachmännern als solche beschrieben wurden, aber doch ganz anderen Abtheilungcu des Thicrreichs augehören, so nameutlicii die spiral aufgerollten aus Lehm, Sand oder Stein gebauten Gehäuse einiger lusecteularvcn, und zwar von I'syche oder Cochlophora (Schmetterlinge) auf dem Lande, meist linksgewunden, Ilclicopsyche (Phryga- neideu, Frilhliugstliege) in Süsswasser, rechtsgewunden, wahrscheinlich von letzteren auch ein seliwach gebogenes üeutaliuni- ähnliches, aber duidiclgefärbtes Gehäuse aus Brasilien, und endlich das ebenfalls einem Dentalium sehr ähuliche Gehäuse eines Ringel wurm es, Ditrupa. An seine Betrachtung über Huudemenschen knüpft A. Brandt eine solche über den Bart des Menschen, besonders der Frauen (Viragines) au (Biol. Ceutralbl., 15. März 1897). Im Gegensätze zu Darwin, Häckcl u. a. fasst Br. den Bart als Neuerwerbung des Menschen, bei der geschlechtliche Zuchtwahl keine Rolle spiele, auf. Mit dem Barte der Thiere sei er nicht zu vergleichen, da dieser aus gewöhnlichen Haaren bestehe, jener aber aus Dauerhaarcu, wie Mähne und Schweif des Pferdes und Mähne des Löwen. Der embryonale Pseudobart sei ohne Bedeutung, da ja die ganze Foetal-Behaarung auf die Promammalia zurückgehe, und er ausserdem vor der Geburt verloren geht, während der echte Bart erst mit der Pubertät sprosst. Der Verlust des ganzen Haar- kleides habe einzelneu ektodermalen Bildungen (Bart, Gehirn) mehr Nahrung zugeführt. Auch könne der Bart als atavistische Bildung nicht so hoch ditfereuzirt sein, wie er es in der That beim Mensehen ist. Von geschlecht- licher Zuchtwahl könne keine Rede sein bei dem ver- schiedenen Gesehmaeke verschiedener Völker, von denen einige, die ohnehin fast ganz bartlos sind, jedes einzelne Haar gewaltsam entfernen, andere, stark bebärtete, stolz auf ihren Bart sind. Auch dass gerade unter ersteren sich viele niedere, unter letzteren viele höhere Rassen finden, wäre nicht zu verstehen, wenn der Bart eine atavistische Bildung sei. Vielmehr sei er eine durch innere Wachsthumsrichtung entstandene Neuerwerbung des Menschen, bei der der Manu natürlich, als überhaupt g^uf höherer Organisationsstufe stehend, vorausgeeilt sei, das Weib aber langsam nachfolge. Von der natürlichen Flaumbehaarung des Weibes bis zu dem Barte des Mann- weibes (Virago) finden sich unzählige llebergänge. Der weibliehe Bart sei gar nicht so selten, sondern komme bei etwa 10 **/o der Frauen vor, wobei er immer erst in höherem Alter auftritt, was auch seiner Deutung als ata- vistische Bildung direct widerspreche. Der weibliche Bart sei vielmehr von einer prophetischen Bedeutung, so dass also die Frau einer sehr späten Zukunft allgemein mit einem Barte versehen sei. Dieselbe Bedeutung habe die Hahnenfedrigkeit der Vögel. Reh. lieber die Kopffiisser (Ceplialopoda) hat Louis Jon bin, Professor der Zoologie zu Rennes, auf der letzten Jahresversammlung der „Zocdogischen Gesellschaft Frankreichs" einen interessanten Vortrag gehalten, der sich in der „Revue scientifique" vom 3. April 1897 ab- gedruckt findet. Wir entnehmen demselben folgende, nicht allgemein bekannte Einzelheiten. Die Tintenfische sind sehr gefrässig; vor ihrem Schlupfwinkel sieht man mitunter ganze Berge von leeren Schnecken- und Muschelschalen, Krebspanzern und Fisch- gerippen liegen. Doch legen sie sich auch für schlechtere Zeiten Nahrung zurück, denn auf dem Grunde ihrer Felshöhlen findet man zuweilen lebende Muscheln und Schnecken in grosser Zahl. Die vorerwähnten Ueberreste der Mahlzeiten werden im Falle der Gefahr noch als Schutzmittel benutzt. Wenn man einen Tintenfisch ge- waltsam aus seiner Höhle herausgezogen hat, erfasst er schnell mit Hülfe seiner Saugnäpfe eine ganze Menge von Muschelschalen, Schneckenhäusern, Steinen u. dergl. und schlägt die so beladenen Arme knäuelförmig um seinen Körper, wobei er sich todt stellt. Die zahlreichen Chromatophoren in der Haut der Cephalopoden gestatten den Thieren einen sehr lebhaften Farbwcchsel. Die Beziehung zwischen den Chromato- phoren und den Nerveucentreu ist eine sehr innige. Wenn mau den Nerven, welcher die Bewegung dieser Farb- zellen regelt, an seiner Ursprungsstelle durchschneidet, so schliesseu sich sofort alle Chromatophoren, das Thier kann sie nicht wieder öfl'neu und bleibt farblos. Schneidet man den betreffenden Nerven nur auf einer Seite durch, so wird nur die correspondireude Körperseitc des Thicres paralysirt, während die andere Seite die Fähigkeit des Farbwechsels behält. Bei einigen Cephalopoden hat man ein ganz sonder- bares Organ gefunden, nämlich eine Art Auge, das aber nicht bestimmt ist, Lichtstrahlen aufzunehmen, sondern vielmehr Wärmestrahlen, so dass das Thier vermöge dieses natürlichen Thermometers in jeder Schicht des Wassers über die jeweilige Temperatur desselben orien- tirt ist. Diese kleinen Organe sind aber erst bei wenigen Kopffüssern nachgewiesen worden, und über ihren Bau und ihre Function lässt sieh daher noch nicht viel Be- stimmtes sagen. Der Moschustintenfisch (Eledone moschata Leach) be- sitzt in seiner Haut eine grosse Zahl von Drüsen, welche einen Stoß' von starkem Moschusgeruch absondern. Bei Erwähnung dieses Thieres nimmt Jon bin Gelegenheit, die Entstehung der grauen Ambra, jenes hochgeschätzten Parfummittels, zu erklären. Dieselbe findet sich bekannt- lich in den Eingeweideu des Pottwales, der sich haupt- sächlich von Tintenfischen u. a. Cephalopoden ernährt. In dem Magen und Darm des Wales erleidet der Moschus- stoff durch unbekannte Vorgänge eine gewisse Umbildung, wodurch die Ambra entsteht; sie ist also als eine Art Coprolith anzusehen. Die Sepia (Sepia officinalis L.) wird in gewissen Ländern auf sehr merkwürdige Art gefangen. Man schneidet ein Stück Kork so zu, dass es etwa die Form einer Sepia hat, befestigt darauf einen Spiegel und setzt das Ganze aufs Wasser, wo dann durch den Schein, den der Spiegel wirft, Tintenfische aus weiter Ferne angelockt werden und leicht gefangen werden könuen. In anderen Gegenden fängt man eine weibliche Sepia und bindet sie mittelst eines langen Fadens, den mau au den hornigen Kiefern befestigt, am Ufer fest; bald kommen dann Männchen in grosser Zahl angeschwommen. Der gemeine Kalmar (Loligo vulgaris Lam.) erhebt sich mittelst seiner stark entwickelten Schwimmflossen zu- weilen in Scharen nach Art der fliegenden Fische aus dem Wasser und kann so manchmal auf dem Deck der Schifte gefangen werden. Die Schale von Argonauta argo L., welche die Alten 274 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. XII. Nr. 23 mit einem Schiffe ver^^lichen, das von den zwei oberen verbreiterten Armen des Tiiieres, die als Segel fungiren, getragen werden sollte, ist lediglich als das Nest des Thieres zu betrachten, denn in dem hinteren Winkel der Schale befindet sich der Eierhanfen, auch schlüpfen die Jungen hier aus; das Männchen entbehrt der Schale ganz. BezAlglich der lüntstehung dieser Schale vertritt Joubin noch die alte Meinung, nach welcher dieselbe nur von den beiden verbreiterten Armen gebildet werde. Er scheint die neuere Ansicht von G. Steinmann aus Freiburg i. Br. nicht zu kennen, dass Argonauta als ein Nachkomme der düuuschaligen Ammoniten anzusehen sei, dass auch Anfangs die Schale von der Riickenhaiit gebildet werde und an ihren Rändern noch fortwährend wachse, indem der freie Mantelrand neue Kalktheilchen daselbst absetzt; nur da- durch unterscheidet sich die Schale von der anderer Mollusken, dass sich die Mantelffäche bald von dem lunenrand der Sehale abtrennt und dass so keine fort- dauernde Verdickung durch Ablagerung neuer Kalk- schichten stattfinden kann. S. Seh. Ueber die magnetische Inclinatioii zur Zeit der Etnisker hat Folgheraiter in den Atti della R. Acca- demia dei Lincei (Rendiconti) für 1896, über welche kürzlich an dieser Stelle (Naturw. Wochcnsehr. XII, S. 155) eine Uebersicht mitgetheilt wurde, Untersuchungen ver- öffentlicht, die besonders durch die geistreiche Ideenver- bindung und die sinnreiche Methode das lebhafteste Inter- esse erwecken. Es mag deshalb eine kurze Mittheilung darüber hier Platz finden. Folgheraiter geht aus von der Thatsache, dass gebrannter Thon während des Brennens durch die indu- cirende Wirkung des Erdmagnetismus selbst magnetisch wird, und er legt sich die Frage vor, ob sieb durch die Messung des Magnetismus alter Gefässe noch jetzt die Intensität und namentlich die Richtung des Erdmagnetis- mus bestimmen lasse, der zu der Zeit und an dem Orte herrsehte, wo jene Gefässe gebrannt wurden. Er hat für diese Untersuchung verschiedene Gefässe verwendet, welche den etrurischen Gräbern entstammen, über deren Entstehungszeit man ziemlich gut nnterrichtet ist. Eine Untersuchung dieser Gefässe, die Jahrhunderte hindurch unberührt in den Gräbern gestanden haben, er- giebt zunächst, dass der Erdmagnetismus nach der Auf- stellung der Gefässe keine Veränderung in dem Magnetis- mus der letzteren mehr hervorgebracht haben kann; denn die Gefässe lassen sehr verschieden orientirten Ma- gnetismus erkennen, während der Erdmagnetismus ihnen gleich gerichteten Magnetismus gegel)eu haben müsste, falls er nach der Aufstellung noch von Wirkung gewesen wäre. Damit ist die eine wichtige Vorfrage erledigt: der Magnetisnms, welchen die alten Getasse besitzen, rührt her von dem Erdmagnetismus zur Zeit ihres Brennens und ist später nicht verändert worden. Nun handelt es sich um die Frage, inwieweit und mit welchem Grade der Genauigkeit sich aus dem in den Gefässen vorhandenen Magnetisnms die In- clination des Erdmagnetismus zur Zeit des Brennens i)estimmen lasse. Folgheraiter hat zur Beantwortung dieser Frage eine Reihe von Experimenten angestellt: er brannte aus Thon eine Anzahl symmetrischer Formen (Cylinder, Kegel u. s. w.) von verschiedenen (Jrossen in genau tixirten Stellungen und untersuchte diese Gegen- stände in Bezug auf ihre magnetische Axe u. s. w., worauf wir hier nicht näher eingehen. Kurz, es ergiebt sich, dass man namentlich an grösseren (icfässen aus der Vertheilung ihres Magnetismus die Richtung ermitteln kann, in welclicT der Erdmagnetismus gewirkt hat. Zwar wissen wir nicht, wie die Gefässe während des Brennens orientirt waren, aber bei einer Reihe von Formen lässt sich mit Sicherheit annehmen, dass sie im Ofen auf- recht gestanden haben. Diese sind für die Untersuchung am geeignetsten. Folgheraiter hat nun eine Reihe von Gefässen untersucht, welche in zwei Museen Italiens aufbewahrt werden, und es hat sich dabei das über- raschende Ergebniss herausgestellt, „dass am Orte und zur Zeit des Brennens dieser Gefässe eine Ineli- nationsnadcl nicht den Nordpol nach unten ge- richtet hat, wie gegenwärtig, sondern den Süd- pol. Wahrscheinlich war die Inclination im 8. Jahr- hundert v. Chr., der Zeit, der jene Gefässe entstammen, in Mittelitalien zienüich klein. Ans einer anderen Serie von Messungen an Gefässen (wahrscheinlich aus dem 6. Jahrhundert v. Chr.) scheint zu folgen, dass damals das erdmagnetische Feld fast horizontal gerichtet war. Folgheraiter bezeichnet seine interessanten Unter- suchungen vorläufig nur als einen Versuch, der nun mit grösserer Sorgfalt fortgesetzt werden soll; doch hält er schon jetzt den von ihm beschrittenen Weg zur Ermitte- lung der magnetischen Inclination in alten Zeiten für einen richtigen. G. Aus dem wissenschaftlichen Leben. Ernannt wurden; In üerlin der Hilfsarbeiter beim Kait-erlielien Gesundheitsamt Dr. Engelmann zum Mitglied desselben, Dr. Philip pi zum Assistenten in der geologisch-paläontoiogischen Sammlung des Museums für Naturkunde, Jasse zum Hilfsarbeiter am astronomischen Reeheninstitut, Privatdocent Prof. Dr. Volke ns zum Hilfsarbeiter am Botanischen Museum, Dr. Hübner zum Assistenten am 1. chemischen Institut; der Privatflanzen verführt doch wohl zu der Annahme, dass alle im Gebiet vorkommenden Gefässpflanzen damit aufzulindon seien. Wozu diese Vorspiegelung?*) R- Beyer. *) Herr Oberlehrer Beyer könnte unserem Gefühl nach be- sonders hier etwas milder urtheilen; leider ist es ja durch den Gebrauch sanctionirt bei Floren im Titel mehr anzugeben, als geboten wird. Es sei nur an die unzähligen Localfloren und Floren Deutschlands u. s. w. erinnert, die sich ohne Einschränkung als „Flora" (z. B. von Deutschland) bezeichnen, obwohl sie nur einen kleinen Theil iler Flora, näudich mir die Pteridopbyten und Phanerogamen behandeln. — Ked. Inhalt : I rot. Dr. !• ntz Regel, Reisebriefe ans Colombia — Die zooloijische Sammlung des Königlichen Museums für Naturkunde zu Berlni (Ports.) — Der Bart des Menschen. — Ueber die Koiiffüsser (Cephaloiioda). — Ueber die magnetische Inclination zur Zeit (le^- Etrusker. — Aus dem wissenschaftlichen Leben. — LItterafur: Emil du Bois-Reymond, Hermann von Helmholtz. — Siegmund Günther, Erd- und llinun.'lsglub.n, ihr.' G.'scliichte uml Construetioii. - Prof. Dr. Karl Fritsch, Excursionsflora für Oesterreich. — Prof. Dr. E. Mach, Die Principien der Wärmelehre. — Dr. Vasa Ruvarac, Die Ablluss- und Ni.'derscblagsvcr- hältnisse von Böhmen und Prof. Dr. Albrecht Penck, Untersuchungen über Verdunstung und Abfluss von grösseren Landflächen. — Dr. Gustav Albrecht, Die Elektricität. — Nochmals Kraopelin's Excursionsflora. 276 NaturwissenschaftlicLe Wochenschrift. XII. Nr. 23. Verlag; von Gebrüder Borutraeger in Berlin SW. lü, , Schönebcrgerstr. 17ii. Geologischer Wegweiser durcli das Dresdner Elbthalgebiet zwischen Meissen und Tetschen von Dr. R. Beck, Professur an ilcr Bergakademie ia Freiburg. Mit einer Karte. Preis dauerhaft gebunden 2 Mk. 50 Pfg. Gegen postfreie Einsendung des Betrages erfolgt die Znsendung postfrei. !♦♦♦♦♦♦♦ ♦♦»♦♦♦♦♦ ♦♦♦♦♦♦♦♦ ♦♦♦♦♦♦♦♦ ♦♦♦♦♦♦♦! von Poncet Glashütten -Werke 54, KSpnickerstr. BERLIN SO., Köpnickerstr. 54. Fabrik und Lager aller Gefässe und Utensilien für / clieui., pharm., physical., electro- u. a. techn. Zwecke. 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AiiC freundliclie Veraulassnng- des Herrn Dr. Potouic gestatte ich mir an dieser Stelle eiac kurze Uebersiclit über die Art der Hewegung einfachster tliierischcr nnd pflanzlicher Orgaiiisnieu zu verötlentliclien. Ein solches Thema könnte von zwei Seiten in Au- griff gcuommeu werden. Entweder behandelt man die äusseren Agentien, wie Licht, Wilrme, Elektrieität, che- mische Stoffe etc., welche die Riclitnng und Art der Be- wegung beeinflussen oder mau spricht über die Art der Fortbewegnng überhaupt; dann hat das Thema die Statik und Mechanik der physikalischen Bewegung-smaschine zum Gegenstand. Diese letztgenannte Aufgabe soll Gegen- stand der Erörternng sein, und zwar wird meistens nur von solchen Organismen die Rede sein, welche sich im Wasser fortbewegen. Botaniker und Zoologen waren von je her an diesem Gegenstand gleich intercssirt. Es werden dem entsprechend pflanzliche wie thierische Formen gleichmässig zur Besprechung herangezogen werden. In der Pflanzenwelt haben nur verhältnissmässig wenige Kryptogameii während der ganzen Zeit ihres vege- tativen Lebens Cilien, .so die Volvocaceeu, die mit Geissein versehenen Schizomyceten (Coccen, Bacterien, Spirillen) und die Peridineen, wenn man sie zu den Pflanzen rechnen will. Weitere bewegliche Formen sind die der Myxo- myceten, Oscillariaeeen, Diatomeen, Desmidiaceen und von vorübergehenden Entwickclungsformen die Scliwärm- sporen und Samenfäden. Wo Samenfäden und Schwärm- sporen bei ein und derselben Species vorkommen, haben die Cilien stets dieselbe Insertion. Eine Ausnahme bilden die Schwärmsporen von Vaucheria, aber diese sind nach den Untersuchungen von Schmitz keine Einzel- sporen, sondern Colonien von solchen, da viele Kerne vorhanden sind nnd da über diesen die Cilien paarweise beisammenstehen. (Nr. 10 der umstehenden Abbildung.) Viele Schwärmsporen besitzen pulsireude Vacuolen, oft zwei, die in ihren rhytmischen Bewegungen mit ein- ander abwechseln. Bei grünen Schwärmsporen schwimmt das hyaline Ende stets voran. Nach dem Aufhören der Bewegung setzen sich die Sporen mit ihm am Substrat fest; es wird gleichsam zum Wurzelcnde. Aus der Zoologie sollen vorwiegend die Amoeben, Ciliatcn, Mastigophoren und Gregarineu zur Bes|n'echung herangezogen werden. Es mag gleich hier betont werden, dass Euglenen zeitweise durch metabolische Contractionen sich vorwärts bewegen können. Eine solche Art der Be- wegung kann mit derjenigen von Spannerraupen ver- glichen werden. Beispiele für solche Bewegungen dürften sich in der Pflanzenwelt nicht finden lassen. Die Ortsveränderung mit Hülfe von Cilien wird den Mittelpunkt unserer Besprechung bilden. Wegen des stärkeren Baues der Geissein bei In- fusorien gegenüber der zarten Beschatienheit pflanzlicher Cilien ist die Art der Bewegung dieser Organe von den Zoologen bisher besser studirt worden als von den Bo- tanikern. Um in die Besprechung gleichzeitig ein entwickclungs- geschichtliches Moment hineinzubringen, sei hervorgehoben, dass bei den Amoeben die Bewegungsorgane (Pseudo- podien) an beliebigen Stellen des Körpers beliebig wech- selnd entstehen können. Es bedarf eines kleinen Schrittes, Hin von den Pseudopodien zu den Cilien zu gelangen. So sagt de Bary von den Myxomyceten, dass ihre Schwärmer (Myxamöben) mit Hülfe von einer oder von zwei Cilien fortschwimmen können oder dass sie in amö- boider Bewegung fortkriechen und ihre Cilien nur be- dächtig tastend hin- und herschwingen. Bei Cercomonas kann man nach Daugeard direct beobachten, wie Cilien und Pseudopodien entstehen. Weitere Beispiele für solchen Wechsel in Form und Art der Bewegung bieten Mastigamoeba, Ciliophrys, Sticlio- 278 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. XII. Nr. 24. trieha, Schwärmsporeii vou Chytridiaceeu iiiul die yiüiien Schwärmer von Ciadophora bonibycina und Sphaeroplea annulina, die bald mit Hülfe von Cilien schwimmen, bald amöboid kriechen können. Man darf alter nicht ijlauben, dass zwischen Pseudopodien nnd Cilien über!iaii|)t keine Grenze bestehe. Diese Ansicht wäre z. 15. für die Bactcrien irrthümlieh, da deren Geissein beim Absterben nnd über- haupt bei Erlahmung nicht in den Körper eingczo£,'cn, sondern stets abgeworfen werden (Alfr. Fischer). Dass die Cilien Bewegungsorgane seien, ist in den 4üer Jahren von dem Botaniker Naegeli bestritten worden. Nach diesem Autor sollten en- dosmotische und exosmotische ■> s Processe die Ursache der Fort- bewegung (etwa von Schwärra- sporen) sein. Th. V. Siebold widersprach dieser Ansicht, indem er aus- führte, dass dann doch uoth- wendig die Cilien nachge- schleppt werden müssten, was jedenfalls selten vm-konnut. Auch verscliiedenc andere Gründe wurden gegen die Naegeli'sche Anschauung ins Feld geführt. Wenn nändich der Körper einer 8chwiirmspore festgeklebt ist, schwingen die Cilien weiter, woraus deren Activität erliellt. So können sie z. B. 300 Sehläge ausführen, bis der Schwärmer sich wieder befreit. Beim Aussehlüpfen rissen Schwärmsporen bisweilen in 2 Stücke. Dann bewegt sich nur derjenige Theil vor- wärts, welchem die Cilien anhaften. Bei Vaucheria da- gegen, wo ringsum Cilien sitzen, können dann beide Hälften noch bewegungs- 12 17 18 fähig sein. Es kommt auch vor, dass Cilien abgcstossen werden. Dann bleibt der Sporenkörper ruhig liegen und die Cilie al- lein schwinnnt davon. So ist es nach Bütschli bei Gle- nodinium cinctum, einer Pe- ridinee. Hier zieht sich die Quer- l'urchengeissel korkzieherartig zusammen, löst sich al) und schwinnnt einige Minuten lang lebhaft umlier. 1. u. 2. Myxamöbe von Aethalium septicuni (Myxoinyoet). 3. Typliusbacillus (Original). 4. Cliolerabaeillus (Original). 5. Spirillum volutans (Original). G. Schwärmspore von Syuchytrium Mercurialis (Pilz) (nach Woronin). 7. Schwärmspore von IJlothrix zonata (Kadenalge) (nach Dotlel). 8. Schwiirmspore von Oedogonium (Failenalge) (nach l'riiigaheini). H. Spermatoxoid von Oedogonium (nach Pringslieim). 10. Ausschlüpfende und (rechts clavon) ausgeschlüpfte Schwärmspore von Vaucheria (Schlauchalge). 11- l'itttrydium (Schlauchalge), rechts (unten) davon Schwiirmspore derselben stärker vergrössert (nach Woronin). 12. Pandorina Morum (Volvocacee) (nach l'ringsheim). 13. Schwärmspore eines Brauntanges. 14. Spermatozoid von Coleochaete (nach Pringsheim). 15. Spermato/.oid von Ohara (nach (Juignard). 16. Plourosigma (Diatomee). 17. Oscillaria. 18. Spiruliua Jenneri (Oscillariacee) (Original). 19 Closterium acerosum (Desmidiacee) (nach llrauti). in eine ca. 5% Zuckerlösnng, so zcrtheilt sich das Thier spontan in mehrere Hälften, die nach beliebigen Eich- tungcn ungestört ausciiianderscbwimmcn (Verworn, Alfred Fischer). Die Synchronie geht dabei verloren. Bei der Schwärmsporc vou Vaucheria fehlen über diese l'unktc noch Beobachtungen. Bei der Zellkolonie von Gonium |)ectorale (Volvocacee) wird die Synchronie des Cilicnsclilages geleugnet. Eischeiiit nach dem Gesagten und der Thatsachc, dass plasni(dysii-te Bactcrien sieb noch bewegen, eine ge- wisse Uiiabliängigkcit der Cilicnbewegung von dem sonsti- gen Zellkörper ziemlich gewiss, so ist interessant zu hören, dass nach Dodel beim Beginn und Aufhören der Bewegung der Schwärmspore von Ulothrix zonata die Systole der pul- sirendcn Vacuolen mit dem Cilienschlag zusammenfällt. Das \\'achsthnin der Geis- sein soll ziemlich plötzlich er- folgen. Das war schon lange bekannt und wird heute noch behauptet. Im Verlauf von etwa 15 Minuten soll eine Ciiie fertig gebildet sein. Die Structur der Cilien, Flimmern und Gcisseln wird im Allgemeinen als homogen beschrieben. Indessen mehren sich die Angaben über Fälle, wo eine Querstreifung wie bei Muskeln festgestellt wurde. Es ist auch einmal eine ganz eigenartige Vorstellung über die Cilienbewegung ge- äussert worden. Es sollten diese Oi'gane nicht homogen, sondern hohl und mit Wasser oder leichtflüssigem Plasma er- füllt gedacht werden. Wären dann die Wände ungleich dick und die Möglichkeit gegeben, Wasser und dergl. vom Zellleib hineinzupressen, so würden dadurch Krümmungen erzielt werden. Man könnte sich auch denken, die Cilie wäre unge- spannt schon gekrümmt und erfiihre durch liydrostatischen Druck eine Streckung. Diese Ansicht verbietet sich eben schon wegen der Thatsache, das losgetrennte Cilien bewe- H'nngsfähii;- sind. 19 15 Nach diesen Beobachtun- gen ist es sicher, dass die Cilien das aetiv Bewegende sind. Bei Trachelomonas beobachtete Klebs Zuckungen an den Geissein, nachdem dieselben bereits einige Minuten vom Kfirper getrennt waren. Das ))cweist eine Unabhängigkeit der Cilienbewegung vom Kern. So ist es auch mit den Pseudopodien, die z. 15. bei Orbitolites nnd Pelomyxa vom Körper ab- geschnitten werden können, ohne dadurch ihre j^ewegungs- fähigkeit sehr bald einzubü.ssen. Wo viele Cilien vor- handen sind, wie etwa bei den holotrichcn Ciliatcn sciiwingen diese .synchron, woraus auf eine regulirendc Partie in den lebenden Zellen zu schliesscn ist. Zcrtheilt man ein Infusor (Paramaecium Aurelia) dmch Hineinlegen Zoosporen drehen Achse (Colin I.SG7) Wohl alle Infusorien und sich während der Bewegung um ihre und zwar meist in der IJalin des Mantels eines einfachen oder doppelten Kegels, wobei die S|)itze in der Linie der Bewegungsrichtung bleibt. Die Kichtung dieser Drehung ist \ielfach und w(d:l meist constant, soll aber z. B. hei V(dvocaceen nnd Peri dinecn bisweilen wechseln. Falls einmal die Bewegung rückwärts erfolgt, was bei pflanzlichen wie tliierischcn Formen sehr selten vor- kommt, dreht sich die Ixichtung der Rotation natürlich um. Solche I'älle kommen dann vor, wenn z. B. Schwärm- sporen auf ein lliiideiniss stossen und co , 1 ii >co N C— NH HN C-NH Erhitzt man 1 Theil feingepulverte Imidopseudoharu- säure mit 3,5 Theilen Salzsäure vom specilischen Ge- wichte 1,19 im geschlosseneu Rohr im Oelbade auf 120'* unter häufigem Umschütteln, so tritt bald klare Lösung und bereits nach 10 — 15 ^Minuten Abscheidung des salz- sauren Aminodioxypurins ein; nach zweistündigem Er- hitzen ist die Reaction beendet; die Ausbeute an Roh- product beträgt 50 % der Theorie. Zur Reinigung wird die Substanz in wenig verdünnter Natronlauge gelöst, die Lösung mit Thierkohle entfärbt und das Filtrat in der Hitze mit Salzsäure gefällt; bei dieser Operation scheidet sieh das freie Aminodioxypurin als farbloses Pulver ab. Oberhalb 380 <> beginnt der Körper sich allmählich zu zersetzen, ohne indessen vorher zu schmelzen, er löst sich ausserordentlich schwer in Wasser, Ammoniak und heisscr Salzsäure; in concentrirter Schwefelsäure löst er sieh ziemlich leicht unter Bildimg eines schwefelsauren Salzes, das schon Iteim Waschen mit kaltem Wasser Schwefel- säure verliert. Bildimg des 2-Amino-6, 8-dioxypnrins aus Bromguanin. Der Austauscli des Halogens gegen Hydroxyl erfolgt am zweckmässigsten bei 100": erhitzt man feingepulvertes Bromguanin im Einschlussrohr mit der zwanzigfachen Menge Salzsäure vom specifischen Gewichte 1,19 unter Umsehütteln zunächst auf 130", so erfolgt schnell klare Lösung, lässt man dann die Temperatur auf 100" zurück- gehen und erhitzt noch weitere 9(5 Stunden, so scheidet sich das Aminodioxypurin als gcli)Iiclie, krystallinische Masse ab; nach der Reinigung des Präparates konnte seine Identität mit dem synthetischen Aminodioxypurin erwiesen werden. Dr. A. Sp. Wettermonatsübersiclit. — Der diesjährige Mai entsprach in hohem Grade der Charakteristik: kühl und nass und hätte daher mit seinem Wetter die Wünsche des Landmannes im Allgemeinen wohl befriedigt, wenn nicht in vielen (iegenden durch arge Frostschäden, in anderen durcli das Uebermaass der Regengüsse so manche Hoffnungen zerstört worden wären. Innei'halb der ersten Monatshälfte gingen, der beistehenden Zeichnung zufolge, Temperaturen im 0^ai Wl. .Tägliches Majfimum.tiH Minimum. . 8 Uhr Morgens. 1897. 8 Uhr Morgpns.nornwl die Temperaturen in ganz Deutschland mehr und mehr zurück, bis dieselben in den nordwestlichen Landestheilen am 11., im Süden am 12. und 13. um 8 Grade unter ihren normalen Werthen lagen. Vom 3. bis 16. Mai brachten die Nächte vielfach Reif und Frost, welcher sich zwar bis zum 10. auf Süddeutschland beschränkte, an den Tagen der „Eisheiligen" aber bis an die Küste aus- dehnte. Um Mitte des Monats trat überall eine rasche Erwärmung ein; in der Provinz Ostpreussen stiegen die Naclnnittagstemperaturen seit dem 15. Mai, in den meisten übrigen Gegenden zwei Tage später auf 24" C. oder darüber. Aber schon wenige Tage darauf fand eine neue Abkühlung statt, wobei natürlich das Thermometer, be- sonders während der Nächte, lange nicht mehr so tief als vor dem 15. berabging. Vom 25. Mai au erwärmte sich die Luft abermals, im Norden beginnend, und am Schlüsse des Monats waren die Temi^craturen in ganz Deutschland sehr hoch. Nichtsdestoweniger blieben die- 286 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. XII. Nr. 24 selben im Mouatsmittel hinter den normalen Maitempe- raturen ziemlich weit zurück, in Süddeutschland durch- schnittlieh um 2^2, im Nordwesten um l'/g Grade. Dieser Wärmemangel wurde ebenso sehr durch kühle nordwestliche AVinde wie durch Mangel an Sonnenstrah- lung verursacht. So hat z. B. in Berlin vom 22. bis 25. Mai zusanmien noch nicht eine Stunde lang die Sonne geschienen. Während des ganzen Monats betrug hier die Dauer des Sonnenscheins nur 196, in Potsdam 189 Stunden, 14 bezw. 26 Stunden weniger als in dem ebenfalls sehr trüben Mai 1896 und noch erheblich weniger als in jedem vorangegangenen Maimouat seit 1890. Viel reichlicher als gewölinlich fielen während des vergangenen Mai die Niederschläge in allen Theilen Deutschlands. Wie aus dem rechten Ende der umstehen- an jedem /i\aihage 1897. i Summe im Mai '" ' 1897. 96. 95. 91 93 92 10 1.Mai. 6. 11. 16. ?1. 26 31, -. Nordwesh-i^ Deufscli land V^^ 4^ IT 'Ml 5 ■ ; 1 Rl 1 1 . 1 HB :|l| 1 I^Hi — jilit 1 ll -■■■■■J 1 ■ _ ■■ hIIIB Tr faCMiU ■IllUiCk. ■__ llBl» ■Ut 1.Mai. 6. 11. 16. i 1. JE 31. hi -) i^j_i — ''''''''' 1 Nordostdeufschland 1 1 1 ■ i i ' 1 1 % teiM 4j|j-t ü 1.M3I. 6. 11. 16. ?i. 26 31 inl m 1 i : ! i : M [ 1 1 1 ! PC^ lU h Süddeufschland. T S^ 1 ■ 1 ' ■ 5 1 1 ■ W LH 1 1 _l Uli H 1 1 -~ tl ■ ä L - liiigaLtiHi hili 70 -0i!^ " für ZJ Oeufschland.q ■ L5^ cAs ! j r i -J den Darstellung ersichtlich ist, ül)ertraf ihre Monatsumme, welche sich für den Durchschnitt aller Stationen auf 80,1mm beziflert, die ensprechenden Summen vom Mai 1896 und 189:3 um mehr als das Doppelte. Zu Beginn des Monats fanden namentlich in Süddeutschland sehr schwere Regen- fälle statt, welche am 1. zu Kaiserslautern 21, am 2. zu München 22, zu Karlsruhe 20 mm ergaben. Nach einigen weniger nassen Tagen verstärkten sich die Niederschläge von neuem, besonder.s an der Küste. Während dieselben in den nordwestlichen Landestheilen seit Mitte Mai viel seltener wurden und nur einzelne Gewitterregen dort allerdings sehr grosse Mengen Wassers lieferten — so in Hamburg .36 mm in der Nacht zum 22 — , dauerte im Osten und Süden Deutschlands das Regenwetter mit kurzen Zwischenpausen bis gegen Ende des Monats fort, so dass vornehmlich im Königreich Sachsen, in Schlesien und dem östlichen Theil der Mark Brandenburg zahlreiche Felder und Gärten überschwemmt wurden. Die genannten Gegenden befanden sich fast immer an dem durch kühle und sehr feuchte Nordwestwinde gekennzeichneten westlichen Rande eines Gebietes mit niedrigem Luftdruck, welches sich während des grössten Theilcs des Mai von Polen nach der adriatischen Küste hinzog. Ein tieferes Minimum lag zu Beginn des Monats auf dem norwegischen Meere, ein barometrisches Maximum in Russland und ein zweites in Frankreich. Allmählich verschob sich das letztere nordwestwärts nach Irbuid und lenkte die ganze norwegische Depression in eine südöstliche Strasse hinein, welche vorher erst kleinere Tlieile der- selben eingeschlagen hatten. Bei der Annäherung des Minimums, vom 9. bis 12. Mai, herrschte namentlich an der deutschen Küste sehr unbeständiges Wetter mit zahl- reichen Regen- und Hagelschauern, die zuletzt in Schnee übergingen. Die durch die festen Niederschläge noch mehr abgekühlten Nordwestwinde breiteten sich über die ganze westliche Hälfte Europas aus und überall, wo in der Nacht noch Strahlungskälte hinzutrat, sank das Thermometer mehr oder weniger tief unter den Gefrierpunkt hinab. Die verderblichen Maifröste kamen demgemäss vorzugsweise in den vom Minimum entfernteren Gegenden mit klarem Himmel vor, in Südwestdeutsch- land und namentlich in Frankreich, wo die Obstbäume, die Weinstöcke, die Kartoffeln und Bohnen in ungefähr 20 Departements erfroren. Es dürfte bemerkeuswerth sein, dass erst am .13. Mai, als die Nachtfröste schon im Aufhören waren, das auf seinem südöstlichen Wege viel flacher gewordene Minimum in der ungarischen Tiefebene anlangte, welche als der gewöhnliche Ursprungsort der für die Kälterückfälle der „gestrengen Herren" maass- gebenden Barometerdepression betrachtet wird. Hier nahm es an Tiefe jedoch wieder zu und verbreitete bei längerem Verweilen in seiner Umgebung ausserordentlich starke Niederschläge, die sich von Böhmen bis zur Balkanhalbinsel erstreckten und zahlreiclie Hochwasser im Gefolge hatten. Während so in Westeuropa sehr kühle Witterung herrschte, stiegen in Russland, wo sich beständig ein Hochdruckgebiet mit klarem Himmel und schwachen Süd- ostwinden aufhielt, die Temperaturen bereits zu be- trächtlicher Höhe an. Am Mittag des 11. erreichte das Thermometer in Astrachan und Lugansk 28" und sogar am weissen Meere schon 23" C. Um Mitte des Monats vereinigten sich die Maxima aus Ost- und Westeuropa mit einander in Scaudinavien, worauf auch in Deutsch- land wärmere nordöstliche Winde herrschend wurden und für kurze Zeit freundlicheres Wetter eintrat. Dies wurde jedoch durch die Nähe des über Ungarn lagernden und zuweilen etwas nordwärts vordringenden Minimums bald wieder beeinträchtigt, und erst gegen Ende des IMonats hörten die Regenfälle gänzlich auf und zerstreuten sieh die Wolken, als beim Erscheinen eines tieferen Minimums vom Oeean gleichzeitig hoher Luftdruck von Spanien nach Mitteleuropa vorrückte und die Winde sich überall nach Südwesten drehten. Dr. E. Less. Aus dem wissenschaftlichen Leben. Ernannt wurden: Der Vorsteher der Krankeuabtheilung des Instituts für Infectionskrankheiten in Berlin Prof. Dr. Ludwig Brieger zum Professor für specielle Pathologie und Therapie an der Universität daselbst; der um die Botanik sehr verdiente Verlagsbuchhändler Otto Müller in Tempelhof zum Ehrendoetor der philosophischen Fakultät in Berlin. Berufen wurde: Der Director der Universitäts-Frauenklinik in Halle Prof. Dr. Fehling als ordentlicher Professor der Frauen- heilkunde nach Würzburg. Es habilitirten sich: In Berlin Dr. Adolf Marcuse für Astronomie und Dr. Hermann Strauss für innere I\ledicin. Es starb: Der berühmte Chirurge Louis De Roubair in Brüssel. L i 1 1 e r a t u r. H. Potonie, Lehrbuch der Pflanzenpalaeontologie mit beson- derer Rücksicht auf die Bedürfnisse des Geologen. 1. Lief. Mit zahlreichen Abbildungen. Ferd. Diimnder's Verlagsbuch- handlung. Berlin 1897. — Preis 2 Mk. Das vorliegende Buch, dessen 1. Lieferung (VII u. 112 Seiten) vorliegt, macht den Versuch, sowohl dem Botaniker als auch dem Geologen zu dienen. Das Bodürfniss, einmal den Versuch zu machen, eine Pflanzenpalaeontologie mit besonderer Rüchsicht auf I den Geologen zusammenzustellen, liegt in der That dringender I vor. Zunächst soll das .Lehrbuch" in systematisch-botanischer Xll. Nr. 24. Naturwissenschaftliehe Wochenschrift. 287 Folge die fossilen Reste vorführen, und in einem darauf folgen- den geologischen Theil die einzelnen geologischen Formationen und, wo nöthig, die einzelnen Horizonte derselben im Hinblick auf ihren charakteristischen tloristischen Inhalt darstellen. Die in diesem Theil erwähnten ijalaeontologischen Objecte werden im vorausgehenden Theil zur Wiedererkennung hinreichend behandelt sich finden. Die Objecte, mit denen sich die Pflanzenpalaeontologie be- schäftigt, sind nicht so zugänglich und bekannt, wie die der noch lebenden Pflanzen. Ein Herbarium besitzt jeder, der sich auch nur oberflächlich mit Floristik beschäftigt; Sammlungen fossiler Pflanzen sind hingegen verhältnissmässig selten: zahlreiche Ab- bildungen sind daher zur Veranschaulichung in einer Einführung wie die vorliegende unumgänglich nothwendig und so bringt denn sciion die vorliegende 1. Lieferung über 100 Abbildungen, die meisten mit mehreren Einzelflguren. Von so weitgehenden Speculationen, wie sie einige sonst um die Pflanzenvorwesenkunde sehr verdienstvolle Gelehrton machten, welche — namentlich n enn sie dogmatisch vorgetragen werden — den Uneingeweihten über die bisherigen wirkliehen Resultate der Disciplin zu täuschen im Stande sind, hat sich Verf. ferngehalten ; aber er hat auch nicht das Kind mit dem Bade ausgeschüttet, denn er hat natürlich bei allem gedacht und war in Folge dessen oft genöthigt, Vermuthungen auszuspre-chen: nur hat er dieselben stets als solche gebührend hervorgehoben. Die Directoren der Kgl. Preussischen geologischen Landes- anstalt und Bergakademie in Berlin, sowie der k. k. geologischen Reichsanstalt in Wien haben das Buch wesentlich gefördert durch Ueberlassuug von Cliches aus Werken von Weiss, Stur und vom Verf., die von den genannten Anstalten veröffentlicht worden sind. Auch von anderen Seiten sind dem Buche solche Unter- stützungen zu Theil geworden. Dass trotzdem eine grössere An- zahl Abbildungen eigens für das Buch augefertigt werden musste, war freilich nicht zu umgehen, immerhin trägt diese weitgehende Unterstützung ganz wesentlich zur Verbilligung des Buches bei. Die Herren A. G. Nathorst in Stockholm, R. Zeiller in Paris und E. Zimmermann in Berlin haben dem Verf. mit ihrem werthvollen Ratli zur Seite gestanden. Die Lief. 1 enthält nach einer wenig- zeiligen Einleitung die folgenden Kapitel: Art der fossilen Pflanzenreste und Spuren; die geologischen Zeitepoclieii in ihrer Beziehung zur Pflanzenwelt; vermeintliche und zweifelhafte pflanzliche Fossilien; pathologische Erscheinungen. Dann folgt (S. Ö8 — 112) die systematische Betrachtung der Reste, die noch einen grossen Theil der Filices, namentlich die fertilen Resten derselben, umfasst. Den Botaniker wird hier namentlich das Re- sultat interessiren, das bei einer gewissenhaften Prüfung des thatsächlich Bekannten für die Phylogeuesis der Farne heraus- kommt. P. giebt den folgenden Stammbaum der Filices. «■5 T3 O» O Si SS Matonieae -V Klukia Dickso- nütes? Oligo- Senf'ten- carpia bergia Todeopsis? Jetztzeit und Kaeno- lithicum Mesa- lithicum Palaeo- litliicum n p. „Ein allgemeineres, wichtiges Resultat ergiebt sich deutlich. Wir sehen nämlich, dass die Hauptgruppen, die Familien der Farne, im Ganzen sich schon im Palaeolithicum abgezweigt haben dürften, und da genügend erhaltene fertile Reste, um eine Familien- Zugehörigkeit erkennen zu lassen, schon vom Culm ab auftreten, wäre die wesentliche Sonderung in den Beginn des Palaeolithicums, in das Silur und Devon zu setzen, wenn nicht in noch ältere, bereits vollständig wieder zerstörte oder doch noch nicht bekannte Horizonte. Der Stammbaum weist uns zwingend sehr weit in die Urzeit zurück. Die Urfarne müssen also wohl mindestens so alt sein, wie die ältesten bekannten Sedimentärschicliten. Es giebt^ diese Ueberlegung jedenfalls ein Bild davon, wie weit wir davon entfernt sind, die älteste Flora, welche die Erde bevölkerte, zu kennen. Vermöge des uns Erhaltenen beginnt unsere thatsächliche Kenntniss der Flora erst ungemessene Zeitperioden nach der Entstehung der ersten Pflanzen." In der zweiten Lieferung werden nun zunächst die sterilen Farn-Reste eingehende Betrachtung und bildliche Darstellung finden, da gerade diese für den Geologen bei Horizont-Bestim- mungen von grossem Werth sind. Dr. Eugen Dreher zu Berlin, weil. Docent an der Universität Halle, Grundzüg'e der Aestethik der musikalischen Harmonie auf psycho - physiologischer Grundlage. Eine Vorlesung. Sammlung pädagogischer Vorträge. Herausgegeben von Wil- helm iMeyer-Markau. Verlag von A. Helmichs Buchhandlung (Hugo Anders), Bielefeld. — Preis 40 Pf. Dreher tritt an ein zu behandendes Thema stets mit der Ueberzeugung heran, dass er erst Klarheit hineinbringen werde und das.s er die Ergebnisse fremder Arbeiten, die sich vorher mit dem Gegenstand beschäftigten, von Grund auf renoviren müsse. So sucht er diesmal auf 26 (!) Seiten die Helmholtz'sche Lehre vom Wesen der Consonanzen und Dissonanzen umzustürzen und durch eine andere zu ersetzen, indem er die alte Leibniz-Euler'sche Hypothese von der Freude an einfachen Verhältnissen der Schwdu- gungszahlen in raodificirter Weise wieder neu zu beleben sucht. Ohne auf den grossentheils sehr angreifbaren Inhalt einzugehen, möchten wir nur die Frage aufwerfen, wie man glauben kann, durch einen „pädagogischen Vortrag" Helmholtz „abschlachten" zu wollen bezw. mit Bezug auf eigene ältere Arbeiten die theilweise schon in diesen aufgestellten Hypothesen durch einen populären Vortrag ins Volk tragen kann, nachdem sie vor dem Forum der Wissenschaft auf entschieden ablehnende Haltung gestossen sind. H. Albrecht, Dr. Gust., Die Elektricität. Heilbronn. — 2 Mark. Bois-Reymond, Emil du, Hermann von Helmholtz. Leipzig. — 2 Mark. Dessoir, Max, Geschichte der heueren deutschen Psychologie. 1. Halbbd. Berlin. — 8 Mark. Detmer, Prof. Dr. W., Botanische Wanderungen in Brasilien. Leipzig. — 3 Mark. Flügge, Prof. Dir. Dr. Carl, Grundriss der Hygiene für Studirende und praktische Aerzte, Medicinal- und Verwaltungsbeamte. 4. Aufl. Leipzig. — 12 Mark. Fritsch, Prof. Dr. Karl, Excursionsflora für Oesterreich (mit Ausschluss von Galizien, Bukowina und Dalmatien). Wien. — 8 Mai-k. Harms, weil. Prof. Dr. Frdr., Psychologie. Leipzig. — 3 Mark. Hartwig, Prof. Dr. Rieh., Lehrbuch der Zoologie. 4. Aufl. Jena. — 11,60 Mark. Hussak, Dr. Eug., Katechismus der Mineralogie. Leipzig:. — 2,50 Mark. Krafft, Prof. Dr. F., Kurzes Lehrbuch der Chemie. 2. Aufl. Wien. — 15 Mark. Leser, Prof. Dr. Edm., Die specielle Chirurgie in 50 Vorlesungen. 3. Aufl. Jena. — 20 Mark. Lob, Priv.-Doc. Dr. Walth., Grundzüge der Elektrochemie. Leipzig. — 3 Mark. Richter's, V. v., Lehrbuch der anorganischen Chemie. 9. Aufl. neu bearbeitet von Prof. Dr. H. Klinger. Bonn. — 9 Mark. Schjerning, Oberlehr. Dr. Wilh, Die Pinzgauer. Stuttgart. — 5 Mark. Schnitze, Prof. Dr. Ose, Grundriss der Entwickelungsgeschichte des Menschen und der Säugethiere. Leipzig. — G Mark. Wallentin, Gymn.-Dir. Dr. Ign. G., Lehrbuch der Elektricität und des Magnetismus. Stuttgart. — 8 Mark. Wundt, Wilh., Svstem der Philosophie. 2. Aufl. Leipzig. — 1-' Mark. Inhalt: Dr. R. Kolkwitz, l'eber die Bewegung mikroskopisch kleiner Organismen. — Nomenclaturregeln für die Beamten des Königlichen Botanischen Gartens und Museums zu Berlin. — Ueber die Bildung und den Ersatz der Giftzähne bei den Gift- schlangen. — Hermaphroditismus bei der Napfschnecke (Patella). — Wie man 1727 über den Aal und dessen Fortpflanzung schrieb. — ■ Neue Synthese der Harnsäure, des Hydroxyeaffeins und des Aminodio.xy]iurins. — Wettermonatsübersicht. — Aus dem wissenschaftlichen Leben. — LItteratur: H. Potonie, Lehrbuch der Pflanzenpalaeonfologie mit besonderer Rücksieht auf die Be- durfnisse des Geologen. — Dr. Eugen Dreher, Grundzüge der Aesthetik der musikalischen Harmonie auf psv sprechenden Rabatt. Beilagen nach Uebereinkunft. Inseratenannahine BriDKeKeld bei der Post 15 ^ extra. Postzeitmiesliste Nr. 4954. Jl- bei allen Annoneenbureani wie bei der Expedition. Abdrnck it>»t nar mit vollständiger hebungen des Capiro und Corcobado be- trachtet. Jetzt galt es diesen Theil näher und thunlichst in seiner vollen Ausdehnung kennen zu lernen, sowie über die Gebirge seines Ostrandes bis wenigstens nach San Carlos vorzudringen, um die Gelände bis zum Magda- lena zu überblicken und womöglich auf dem Rückweg den Paramo de Sonson zu ersteigen, wenn die Witterung nunmehr bessere Aussichten gewähren sollte. So brach ich denn bereits 3 Tage nach der Rück- kehr aus dem Westen mit zwei frischen Thieren und demselben Peon Jose nach dem Osten Antioquias auf, am ersten Tage in Begleitung eines Landsmannes (K. Hüls- maun), der in Rionegro geschäftliche Verbindungen an- zuknüpfen wünschte für die Firma Kissing und MöUmann in Iserlohn und Paris. Bald war der Alto Sta. Elena (ca. 2600 ni hoch) im Osten von Medcllin erstiegen, der an diesem Morgen einen entzückenden Rundblick auf die Stadt gewährte. Ein wenig weiter folgt der Alto de San Ignacio, von dem sich ein erster Ueberblick über die Hochebene von Rionegro eröffnet: da schimmert in der l'^erne die Kirche von Marinilla herauf, der merkwürdige, isolirt aufragende Granitfclseu des Pcüol ist sichtbar, nach Südosten bilden die Köpfe des Paramo de Sonson den Abschluss der Landschaft, während nach Süden hin die charakteristischen Formen des Capiro und Corcobado das Auge fesseln. Gegen Mittag gelangen wir hinab in die eigentliche, von zahlreichem Quarzgeröll erfüllte Hochebene von Rionegro, in die „Llanos de Charcafruto", der vorzügliche Weg ermöglicht ein tlottes Tempo, sodass bereits g'egen 2 ühr Rionegro erreicht ist. Diese Stadt zählt etwa 9000 Ein- wohner, der ganze Bezirk 15 000 Einwohner. Vom hoch- ragenden Gottesacker (Cimeuterro) mit dem Tumbo (Grab- denkmal) des General Cordova, welcher im Treffen von Sautuaria, erst 24 Jahre alt, im Befreiungskampfe Neu- granadas gegen das spanische Mutterland sein Leben verlor, photographirte ich die freundliche Stadt, deren Hauptbedeutung in ihrem lebhaften Handel mit Feld- früchten (Mais, Bohnen) und Gemüsen (besonders nach Medellin exportirt) sowie in einem bedeutenden Handel mit Leder und Fellen besteht (hier begründete ein Deutscher, Namens Müller, eine grössere Gerberei). Bei Rionegro, von Retiro kommend, vereinigen sich der Rio Pantauillo und der Rio Pereira (von La Ceja del Tombo) zum Rionegro, welcher weiterhin den Namen Rio Nare annimmt. Er ist ziemlich fischreich: es kommen hauptsächlich 4 Fischarten in ihm vor; der Capitan oder Jedudo, der Barbudo (Art Wels), Anguilla (Aal) und Sardiua (ein kleiner Fisch der Karpfeufamilie). Am anderen Morgen erwarb ich einige Felle vom Puma oder Löwen (Felis Puma), von der Onze oder dem Tiger (Felis On(;a L.) nahe dem Perro del monte für meine Sammlung, da dieselben hierher von der Küste zum Gerben eingeliefert werden, brach dann nach Mari- nella auf und erreichte Nachmittags um 2 ühr den hübsch gelegenen Ort Penol am Rionegro, der hier bereits er- heblich grösser ist. Peüol hat seinen Namen von einer Hauptnaturmerkwürdigkeit dieser Gegend, von dem bereits oben erwähnten isolirt aufragenden riesigen Granitblock, dem Penol oder genauer „Penol de la Ceja la (luatape", da auf dem nördlichen Plateau Antioipiias unweit Santa Rosa ein ähnlicher Felsen El. Penol de Klntrerios vor- handen ist (vergl. den folgenden Reisebrief.) Ich besuchte 290 NcatuiwisscnschaCtliche Woehelischrift. XII. Nr. 25 sofort diesen Felseu, bis zu dessen Fuss mau vordringen kann. Er hat etwa die Höhe von 90 — 100 m und einen Umfang- von 300—400 m. Das Wasser hat tiefe parallele Erosiousriuuen an seinen Flanken ansg-efurcht; hier hat sich in einzelneu Büschen eine Vegetation von Farnen und Bromelien angesiedelt. Dieser durch seine Lage auf einem isolirten Hügel weithin sichtbare Felskoloss steht übrigens auch hier nicht ganz vereinzelt da-, andere Grauitblöcke liegen in derselben Richtung, z. B. die „Las dos cabezas" (die beiden Köpfe) genannte Fels- gruppe im Westen und ein viel grösserer, theilvveise durch Vegetation mehr verdeckte Grauitmasse im Osten des Pefiol, so dass hier wohl ein grosser Gang von erup- tivem Granit vorliegt. Granit spielt in diesem ganzen Gebiete der sogenannten Centralkordillen eine sehr hervor- ragende Rolle; allenthalben begegnete mir ^derselbe auf dieser Reise, meist in der für die Tropen so charak- teristischen, aus concentrischen Schalen bestehenden Kugel- form, welche durch Sonne und Regen allmählich der Zer- setzung unterliegt. Am folgenden Tage (18. XII.) wurde der Ostabfall des bis jetzt durchzogenen Hochlandes überschritten und das nächste Reiseziel, das fruchtbare, grosse Cafethal „Puerta Rico", den beiden Firmen Ospina Hermanos und B. Perez y Hijos in Medelliu gehörig, unweit San Carlos auf dem früher so belebten Wege nach Nare am Magda- lena erreicht. Nicht weniger als 4 grössere Altos werden gekreuzt; vom letzten derselben, dem Alto de Choco, bot sich ein hübscher Blick auf den Kessel von San Carlos und die in blauer Ferne auftauchenden Berge jenseits des Magdalena. Die Kaft'eeplantage liegt links von dem erwähnten Wege an einem gegen San Carlos geöffneten Hange, von welchem der Wasserfall Chorrera hernieder- rauseht. Den folgenden Tag benutzte ich unter Führung eines ortskundigen Peonen zu einer Streiferei durch die aus- gedehnte Besitzung bis zum Alto de la Bucnavista, da der weithin das Gelände beherrschende Kopf des Teta de la Vieja oder wie er jetzt meist genannt wird, des Alto de Tabor, sich frühzeitig mit Nebel umzogen hatte. Obwohl auch der Alto de la Bucnavista (schöne Aus- siclit) heute keine allseitig freie Ruudsicht gestattete, gewann ich doch einen lehrreichen Einblick in das Ge- lände, nördlich bis zur Gegend von San Domingo (am Wege von Monos nach Medellin, s. I. Reisebrief), sowie östlich bis zum Magdalena. Bereits in der Dämmerung passirte ich San Carlos und nnisste den Rückweg zum Cafethal grösstentheils in der Nacht zurücklegen. Es arbeiten hier 140, je 14 unter einem Assistenten, zeitweise auch 200 Personen, welche .auf der Pflanzung selbst wohnen. Es werden etwa 12 verschiedene Sorten (Qualitäten':') von Kaffee gezogen. Die Mühle ist vor 12 Jahren nach Angaben von Dulis Ospina in Medellin von einem Baumeister aus San Carlos erbaut worden. Der gepflückte Kaffee kommt zunächst in eine grosse Holzwanue oberhalb der Müiile, wird unter Wasserzutritt durch Umrühren mit einer Art Hacke vom Fleische be- freit und in einer Rinne in den Maschinenraum gespült, hier durch die Masciiine weiter gereinigt, auf dem Corridor und sodann im Ofen getrocknet und durch eine besondere Maschine nach verschiedenen Grössen gesondert. Weiter östlich vorzudringen lag nicht in meiner Ab- sicht, vielmehr wollte ich versuchen, über Gos Vahos und Santuario nacli El Carmen auf anderem Wege zum Plateau von Rionegro zurückkehrend, von hier nach Sonson und zum gleichnamigen Paramo zu gelangen. Das Wetter zeigte allerdings immer noch einen sehr un- sicheren Charakter; gerade die letzten Tage hatte es wiederum mehrfach tüchtig geregnet, so dass die Aus- sichten für mich keine besonders günstigen waren, da mir doch vor Allem an einem freien Ueberblick gelegen war. Sonntag früh ("20. XII.) brach ich von Puertorico auf, wo ich durch die Freundlichkeit des Verwalters ver- schiedene dort gefundene, alte Steinwaffen aus einem in der Nähe gefundenen Indianergrabc erhalten hatte. Zu- nächst bis zum Alto de la Caldera dem früheren AVege folgend, gelangte ich alsdann am Nachmittag auf einem theilweise ganz abscheulichen Wege nach dem in einer fluide gelegenen kleinen Orte Los Vahos, wo wir auf die von Puertorico aus mitgcnonnnene Empfehlung hin in einem Privathause unterkamen. Der Ort hat etwa lUOO Einwohner, der ganze Bezirk 5—6000 Seeleu. Ungefälir ebenso gross ist Santuario, welches ich am Montag Vormittag erreichte. Dieser Ort ist durch das oben er- wähnte Gefecht aus dem Befreiungskampf bekannt, in dem General Cordova fiel. Frühzeitig gelangten wir nach El Carmen, von wo der Aufstieg nach Sonson über den Alto del Buno (Esel) beginnt. Der nahe Cerro de Boni- facio besitzt eine ebene Oberfläche, welche von den Indianern dereinst künstlich hergestellt sein soll. Nicht weit von El Carmen werden Salzquellen ausgebeutet, von denen die bedeutendste (La Jlanga) am Wege nach La Ceja de la Tambo liegt; die Qualität des Salzes soll je- doch hinter dem von Retiro (östl. von La Ceja gelegen) zurückstehen. Letzteres spielt im Handel z. B. in Medellin nächst dem von Guaca (Eliconia) die grösste Rolle. Da es die folgende Nacht wieder sehr stark regnete, schien es mir vergebliehe Mühe, nach dem noch etwa 12 Leguas entfernten Sonson vorzudringen, da die hi'iheren Partien der gleichnamigen Paramo voraussichtlich noch ganz im „Invierno" steckten; ich beschloss daher, heute über Rionegro direkt nach Medellin zurückzukehren, und den Besuch des Paramo von Sonson später bei sicherem Veranowetter nachzuholen. So brach ich denn am 22. December auf sehr gutem Wege nach Rionegro auf, besichtigte dort das sogenannte „Museum" mit Erinnerungen an bekanntere, aus Rionegro stammende Persönlichkeiten aus dem Unabhängigkeitskampfe, und lernte diesmal auch die prachtvolle goldene Krone kennen, welche eigentlich für Bolivar bestimmt, dem General Sucre zugewiesen wurde, der sie jedoch dem jungen General Cordova übergab. Von hier ritt ich am Nachmittag des 22. Deccml)er nach Medellin zurück und gcnoss vom Alto de San Ignacio nochmals den umfassenden Rundldick auf die in den letzten Tagen in verschiedenen Richtungen durchmessene Hochebene. 2. Ein Ausflug nach Conce])cic)n (2.5. bis 28. December 1890). Zu AVeihnachten bot sich die Gelegenheit, in Be- gleitung von Landsleuten (H. llülsmann, H. Hasche) und des Schweizer P. Kirly einen viertägigen Ausflug nach Conce])ci6n zu machen und dabei die nördlich an das Gebiet der letzten Reise anstosscndcn Landstriche kennen zu lernen. Das Wetter hatte inzwischen einen ganz festen Charakter gewonnen. Wir ritten am Weihnachtsfeiertag (hier giebt es nur einen) nach dem Alunierzo das Porce- thal abwärts über Copacabana und Girardota nach Barbosa auf der grossen Strasse von Medellin nach Monsa und blielien in Barbosa über Nacht. Von hier haften wir am anderen Morgen, um nach Concepcion zu gelangen, einen mehrstündigen Aufstieg zum Alto de la Venfana und sahen bald darauf Con- cepcion in freundlicher Tlialmulde zu unseren Füssen liegen. Noch am gleiciien Nachmittag statteten wir der Mine Matizano unter Führung von Carlos Arongs einen XII. Nr. 25. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 291 Besuch ah. Um Cdiiccpciön liegen /alilreiehe Goklniinen von kleineren Dimensionen wie auch im heuacli harten Disti'icte von San Domingo. Im Ganzen sind im Districte von Coneepei(')n 18 Minen vorhanilcn. An einem Zulliisschen der zum Kionegro (Nare) fliessenden tiuehrado C(incepci('m liegt in einem abgelegenen Seitenthalc die bereits seit 40 Jahren bekannte, seit neuerdings aber erst in Angriff genommene ]\linc Matizano : von den 4 bekannten Gängen ist der bedeutendste durch 2 .Schaclite aufgeschlossen; im Ganzen arbeiten hier (einschliesslich der Mühle) 2ü Per- sonen. Am .Sonntag früh brachen wir nach der Besichtigung des Ortes, in dem General Cordova das Licht der Welt erblickt hat, nach San Vincente auf. Der Weg führt zunächst über einen Alto und eine Quebrada nach einer Höhe, welche einen umfassenden Ueberblick der Hoch- ebene von Kionegro darbietet: abermals tauchte der Granitpfeiler des Penol, die kleinere Granitmasse „las dos cabezas", sowie noch ein anderer Granitfelsen diesseits vor uns auf, im Hintergrund erschien der jetzt von Wolken befreite, dreigipfelige l'aramo de Sonson, im fernen Süden die Höhen bei Santa Barbara und die Pyramide des Cerro Bravo bei Fredonia, sowie der Alto San Miipiel, sowie zu unserer Rechten in viel grösserer Nähe der Alto de San Ignacio und Santa Elena. Aber auch von den Höhen jenseits des Porcethales tauchten verschiedene auf, wie z. B. der Alto de Boqueron am Wege von Medellin nach Antio(|uia u. a. m. Nach dem Abstieg in die wellige Hochebene er- reicliten wir auf dem guten Wege bald den auf einer Cuchilla lang sieh iiinziehenden Ort San Vincente, in dessen Estanso (Sclienke) wir am Abend ein sehr eigen- artiges, gänzlich iniprovisirtes Concert zu hören ])ekainen, bei dem namentlich ein Mandolinenspieler nicht müde wurde, seine Kunst zu zeigen. In vierstündigem, flotten Ritt erreichten wir am folgenden Morgen (28. XII.) das freundliche Quarne, vorher mehrere Terrainwellen passirend; von hier erfolgte in der Mittagshitze der Aufstieg. zum gleichnamigen AJto, in dessen Nähe ein kleiner See (Lago) liegt und von hier die Rückkehr nach Medellin gegen 5 Uhr Nachmittags. Auf dem ganzen Wege hatten wir viel Glimmer- schiefer anstehend getroffen, meist unter 45 — 50" ein- fallend und in der Richtung des Gebirges von SSO nacii NNW streichend. Die Hochebene ist meist mit liusch- artiger Vegetation bestanden, unter den niederen Bäumen waltet namentlicli die Melastomacee „Siette cueros" (Mc- roma aspesa) mit ihren lebhai't rothen Blütheu stark vor. Von höheren Thieren hatten wir ausser einem Eich- hörnchen nur die häufigeren Vögel beobachtet, die Aus- beute an Kleiuthieren war gleich Null; freilieli trug dieser in guter Gesellschaft unternommene Weihnachts- Ausflug auch mehr den Charakter eines Spazierrittes, als den einer wissenschaftlichen Reise, immerhin bedeutete derselbe für mich keine unwesentliche Erweiterung der Kenntniss des Departements, und das Ilauptergcbniss war eine ziemliche Anzahl von llölienmessungen, deren speciellere Wiedergabe hier natürlich unterlassen wurde. Ueber einige Stickstoffmetaile. Clieiiiiacli-geologischo Studie von Leon Franck, clumi.ste-metallurgiste in Esc d. Alzctte. Unsere Erdkugel schwimmt im Weltenraume, ein- gehüllt in einen unsichtbaren Mantel, der sie auf ihrer ganzen Sphärenbahn niemals verlässt, der Atmospliäre. Und der Mensch, der nach den Bcstandtheilen dieser Atmosphäre suclite, der Mensch der Jetztzeit, der des Vogels Schwingen und der Gemse Fuss überholt hat, ist bis zu den Spitzen der eisigen Berge emporgeklettert, ist mit seinem Luftschifte bis in die furchtbarsten Wolken- höhen gestiegen und fand stets Luft, dieselbe Luft, nur dünner, vertheilter im Räume. Dass die Luft, die Atmosphäre, in den ersten geo- logischen Epociien eine wesentlich andere Zusannnen- setzung gehabt liat wie jetzt, unterliegt keinem Zweifel, doch spricht keine Thatsache dafür, dass in historischer Zeit eine Aenderung in der Zusannnensetzung der Luft eingetreten sei. Bei den Alten zählte die Luft als ein einfacher Körper, ein Element zu den vier sogenannten (irund- stott'en. Eine genaue Untersuchung der atmosphärischen Luft, welche das jetzige Zeitalter der Chemie eingeleitet, beweist, dass die Luft der Hauptsache nach ein Gemisch von zwei Gasen Sauerstoft" und Stickstoff' ist. Lavoisiers Experimente*) zeigen die Zusannnen- setzung der Luft im Wesentlichen als ein Gemenge von Sauerstoff und Stickstoff". Cavendisli**) stellte zuerst das Verhältniss zwischen Sauerstoff und Stickstoff" fest. Bis vor Kurzem nahmen wir an, die atmosphärische Luit bestehe aus dem Gemisch zweier gasl'örmiger Ele- mente, des Sauerstoffs (21 Räumt.) und des Sfickstort's *) Oeuvres de Lavoisier 2. — Kopp, Entwickoluui; der Chemie in der neuen Zeit. **) An account of a new Endiomoter. Phil. Trauz, 1783, 10(i. (79 Räumt.), dem stets geringe Mengen Wasserdampfund Kohlendioxyd beigemengt sind; spurenweise ist auch NHj in ihr enthalten (als Carbonat, Nitrit oder Nitrat); hin und wieder treff"en wir auch Wasserstoffsuperoxyd. Die neueste Zeit bat uns als gasförmigen, niemals fehlenden Bcstandtheil der Luft das Argon gebracht*), das jedoch der Quantität nach neben 0 und N ganz zurücktretend ist. Am 2. November 189ö machte Ch. Schloessing jun. in der Academie des Sciences in Paris Mittheilung über die gleichmässige Vertheilung des Argons in der Atmosphäre. Der Hauptbestaudtheil der Luft jedoch ist der Stick- stoff', der Vü des Atmosphärenvolums ausmacht. Wer sich, wie ich, eingehender mit diesem Gase beschäftigt hat, wird sicherlich auch zu der Einsicht ge- langt sein, dass der Stickstoff", der eine solche wichtige Rolle im Haushalte der Natur si)iclt, auch eins der interessantesten Elemente der Chemie ist, dessen genaue Erforschung erst zu uusern Tagen fertig gestellt werden kann mittels der Elektrochemie. Stickstoff' ist, wie bekannt, ein färb-, geruch- und geschmackloses Gas. Mit Sauerstoff gemischter Stickstoff", wie er in der Atmosphäre vorkonnnt, wird nach Crookes**) unter gewissen Bedingungen brennbar. Durch einen starken Wechselstrom (ein Strom von 65 Volts und 15 Amperes durch die primäre Rolle eines Inductions- ajjparates bei 130maligem Wechsel in der Stunde ge- schickt) erhält man eine bogenförmige Flamme von brennendem Stickstoff, die jedoch leicht erlischt, da der Entflaramungspunkt des N höher liegt, als die bei seiner Lord Kevleigh und W. Rani,say, 31. Jan. 1895. Ch. N. 65, 3Ü1. 292 Naturwissenschaftliche Wocheuschrift. XII. Nr. 25. Verbrennung erzeugte Temperatur, somit das benachbarte Gas nicht entzündet werden kann, die ganze Atmosphäre nicht in Brand geräth. Das Verbrennungsproduct ist N2O3; bei hochgespannter Elektricität unter Druck ist ein Maximum von 5 — 10 pCt. Stickstoffoxyden aus Luft er- hältlich.*) Die cheniische Energie des Stickstoflf'gases ist bei niedriger und massig hoher Temperatur als eine sehr ge- ringe zu bezeichnen. Erst die neuere Zeit hat uns ein- gehender gezeigt, dass bei der Temperatur des elektri- schen Flanmienbogens Stickstoff'verbiudungen aus N und einem beliebigen Metalle leicht erhältlich sind. Es sind dies die Nitride, die ich hier zwar nicht ein- gehend besprechen will, jedoch deren Bedeutung für die geologische Forschung und deren Wertb für die Land- wirthschaft ich hier zu skizziren versuche. Die grossartigen Arbeiten Moissans, die mittels des elektrischen Flammenbogens ausgeführt wurden und die der Chemie ein neues Feld eröffnet haben, worin heute schon Hunderte von Chemikern arbeiten, haben uns auch Anlass gegeben, die Nitride näher zu studiren. Die meisten, vielleicht auch alle Metalle vermögen sich bei höherer Temperatur mit N zu vereinigen, um Nitride zu bilden. Die Verbindungsverhältnisse sind wie bei der Bildung der Carbide ausserordentlich wechselnde, so dass man die verschiedenst zusammengesetzten Nitride erhalten kann. Die Litteratur der zwei letzten Jahre zeigt uns mannigfaltige neue Nitride an, die jedoch speciell für diese Arbeit von wenig Nutzen sind. Ich habe deshalb auch darauf verzichtet, solche Körper, welche alle wissenschaftlich interessant sind, mit in diese Arbeit hereinzal)ringen. Auch solche Nitride, die als Salze der Stickstoffwasserstoffsäure erhalten werden, ge- hören nicht in dieses Kapitel. Ich will mich hier auf die Nitride des Bor, Silicium, Magnesium und Aluminium beschränken, da diese meiner Ansicht nach später technisch wichtig werden können. Borstickstoff (Bornitrid) BN • (BoAz). Dieser Körper wurde von Bolmain**) entdeckt im Jahre 1842, indem er Boroxyd mit einem Cyaumetail er- hitzte. B,0, + Hg(CN)o = 2 BN + CO + CO2 + Hg. Seiner Eigenschaft wegen, in der oxydirenden Flamme mit grünlichweissem Lichte zu phosphorcsciren, nannte er den Körper Aethogen. Erst Wöhlcr***) erkannte im Jahre 1850 die richtige Zusammensetzung des BN. Er erhielt die Verbindung, indem er auf Weissgluth ein inniges Ge- menge von Borax und Salmiak brachte, Die Masse wird mit HClhaltigem Wasser und darauf mit heissem H2O, zuletzt mit Flusssäure behandelt. NaaB^O, + 4NH,C1 = 4BN + 2NaCl + 2 HCl + 7 H^U. In Weissglühhitze t) verbindet sich amorphes Bor dircct mit dem N des darüber geleiteten Stickoxyds oder Annnoniaks oder auch der atmosphärischen Luft. Von Wichtigkeit ist ferner das Verfahren von Wühler ff) BN zu erhalten beim Erhitzen von 4 Thcilen B^O;) uud 1 Theil Kohlepulvcr im N-Strome bei Weissgluth. Andere hier nicht in Betracht kommende Verfahren *) P. A. 46, 31G. **) Philosoi)li. MiiR. (3) t. XXI p. 170. ***) Ann. Chem. Pharm, t. l.XXIV p. 70. - Wiiitz. D. d. Cli. Supl. 1. (1. SiVi. 1) Woüliler ot Devillo. Ann. Chom. Plinrm. t. CV, p. G9. it) Jlunilb. il. anorg. Cli. von DaniiiiLU- 111, p. 69. sind solche von Wöhler*), H. Rose**), Marignac***), Darmstadt f), Martins ff). Auf höchst einfache und gute Resultate gebende Weise erhielt ich Borstickstoff durch Erhitzen eines Ge- menges von amorphem oder krystallischem Bor und wenig gepulvertem CaCo bei gesteigerter Rothgluth. Borstickstoff bildet eine amorphe, weisse, im Wasser unlösliche Masse, sehr indifferent und glutbeständig. PbO — CuO — HgO werden ohne Feuererscheinuug Ijci Glühen mit BN reducirt unter Bildung von rothen Dämpfen. Mit Wasser geht BN erst hei 200 » in Borsäure und Ammoniak über. BN + 3H.,0 = B03H; a'^s NH, Dieser letzten Reaetion käme eine eventuelle tech- nische Verwendung des BN zu Gute. S i 1 i ci ums t i ck s to f f. (Siliciumnitrid) Si2N3. Siliciunniitrid, welches mir bei meinen Versuchen über die Darstellung von reinem Silicium öfters unter die Hände kam, hatte ich Gelegenheit näher zu studiren. Wöhler und St. Claire-Devillefff) beschäftigten sich zuerst mit diesem Körper, welcher sjiäter von Sehützen- berger und Carlson*t) näher untersucht wurde. Bringt man Silicium in krystallischem Zustande in einen hessischen Tiegel, der in einem zweiten mit aus- geglühtem Holzkohlcnpulver ausgefütterten Tiegel steht und glüht in einem heftigen Koksfeuer längere Zeit, so bildet sich eine lockere, faserige Masse, theilweise tom- backfarbig, krystallisch, welche eine Mischung von Siliciumstickstoii' darstellt. Beim Erhitzen von krystalli- schem Silicium in einem N-Strome zur Weissgluth ent- steht ein weisses, amorphes, unschmelzbares, völlig gluth- beständiges Pulver Si.,N3. Bei meinen Versuchen, diamantförmiges Silicium dar- zustellen, wo ich nach Devilles Vorschriften Kieselfluor- kalium mit Aluminium erhitzte, erhielt ich stets gute Resultate, jedoch auch immer etwas Siliciumstickstoff. Auch beim Anwenden von Wöhlers**!), Gattermanns und Warrens ***t) Verfahren stellte sieh als Nebenproduet stets etwas Siliciumnitrid ein. — Ein an SioN^ reichhaltiges Product erhielt ich l)eim starken Eriiitzen einer Mischung von Kieseltluorkalium in Pulverform mit Aluminiumpulver in einem Porzellanschiffchen, welches in eine Glasröhre geschoben wurde, wodurch ein eoutinuirlicher Luftstrom .liing- Hoehproceutige Mischungen von SioN^ konnte ich er- halten durch Erhitzen einer Mischung von gepulvertem, krystallischen Silicium und wenig gepulvertem Calcium- carbid im offenen Roseschen Tiegel. Die Reaetion ist eine sehr hübsche. Es bildet sich dabei jedoch auch etwas C_,SioN Dicarbosilicium - Stickstoff'; Dicarbosilicium - Kohlensäure Si2C2C02 wird hierbei auch entstehen. An feuchter Luft zersetzt sich das SioNa allmählich unter Entweichen von Annnoniak; er löst sich in HFl ; schmelzendes Kali zerlegt es in Kaliunisilicat und NIlj. Ein grünes Siliciumnitrid wurde von Deville unterschieden, welches unlöslich in HFl ist und dem er die Formel Wöhler, A., 74, 70. H. Kose, P. A. 80, 20,'). Mai-ignac, Ann. Chom. Pliarm. 79, 247. Darmstadt, Ann. Chom. l'liarin. ISl, 255. tt) Martins, Ann. Chcm. l'liarm. lOH, 80. ttt) Ann. Chem. Pharm. 104, 256 und 110, 248. *■)-) Compt. rend. 92, 1508 und 94, 1710. **t) A. 125, 25r,; — 127, 257. ***t) Ch. .57, 54; — 07, 136, XII. Nr. 2."). Naturwissenschaftliche Wocheuschrift. 293 (SiN)4 zuschrieb. Vergleiche ferner „IJilduiii;- von fiiiciitigen Silieiunistickstoftverbiudiingcu nach Schiitzeu- berger iiiul Coison"*) Magiiesiunistickstoff (Magnesiuniiiitrid) MggNg. In der letzten Zeit ist das Maj^nesiunniitrid einem näheren Studium unterzoi;en worden und man hat ver- schiedenartige Darstellungsmethoden entstehen sehen, die jedoch stets nach derselben Schablone gegossen sind. Deville und Carvu**) beobachteten zuerst, dass bei der Darstellung von metallischem Magnesium sich an dessen Oberfläche ein Körper bildet, der in feucliter Luft in Magnesiumoxydhydrat zerfällt unter Entwickelung von NILj. Magnesiumstickstoff wird nach'Brieglet und Geuther***) erhalten, indem man in einem Zugofen Magncsiiunfeile erhitzt und bei Rothgluth einen Stickstoffstrom darüber leitet. Auf diese Weise erhält man eine amorphe Masse von grünlich-gelber Farbe, die an feuchter Luft NH3 ent- wickelt. Die Formel wurde als MgsN.^ festgestellt. Malletf) zeigte durch seine Versuche, dass bei der langsamen Verbrennung von Magnesium an der Luft neben Magnesiumoxyd auch kleine Mengen von Mg^Ng gebildet werden. Gl. Winklerft) beschreibt seine Versuche wie folgt: „Beim Erhitzen von Metalloxyden mit Magnesiumpulver im einseitig geschlossenen Rohr, wobei der Zutritt von etwas Luft nicht ganz zu vermeiden ist, kann man häufig die Beobachtung machen, dass sich in den obersten Zonen der erhitzten Schicht etwas Stickstoffmagnesium bildet, welches offenbar unter Mitwirken des atmosphäri- schen Stickstoffs entsteht und dessen Gegenwart sich leieht durch das Auftreten eines schwachen NHa-Geruchcs verräth. Mischt man dagegen pulverförmiges Mg mit seinem gleichen Gewicht MgO und trägt das Gemenge in einen schräg gelegten, über der Gasflamme zum Glühen er- hitzten Porzcllantiegel, so verglimmt es mit hellem Lichte, und das Verbrennungsproduct liefert beim Erwiumen mit Kalilauge Ammoniak; es besitzt also ein Gehalt an Stick- stoffmagnesium. Hieraus muss gefolgert werden, dass die Gegenwart anderer an der Verbrennung nicht theil- nehmender, wärmcbildeud wirkender Körper die Ent- stehung von Stickstoffmagnesium beim Verbrennen des Mg an der Luft begünstigt." Die Versuche von Merzfif) über Stickstoftmaguesium bestätigen Mallet's Ansichten. Im vorigen Jahre *t) veröffentlichte ich im Vereine mit Herrn Prof. Dr. A. Rössel eine kurze Mittheilung über Stickstoftmagnesium. Seitdem habe ich die dort be- schriebenen Reactionen näher verfolgt und bringe hier kurz die erhaltenen Resultate. Dcr'^Stickstoff der Luft lasst sieh nach unseren Versuchen direct in grosser Menge uiittels Mg binden. Gepulvertes Caleiumcarbid wird in einem bestimmten Verhältniss mit Magnesiumfeile in einem offenen Porzellanticgcl mit der Bunsenflainme erhitzt; die Keaction erfolgt wie früiier beschrieben. Wir haben auf diese Weise grössere Quantitäten vig,N2 «largestellt, welches prachtvolle Präparate zeigt. t,rhitzt man in einem hessischen Tiegel etwa 2.'iO gr der Mischung aut; der Gebläselampe, so beginnt, sobald der Boden des Tiegels glühend ist, die Reaction von unten *) C. r. 94. 1710. ■" ' ^l;Chem . ^„^ _^, them. Phann. t. CXXIIl i). 228. T) Jalirosber. Cli. 1878, 241. tt) Ber. deutsch, di. C. 1890 23 P-i 4 in. cJ^lnlJ- F''^.^ '• LXVn p. 348. Ili A^'o^- *=''• *^^'=''- '^''l' 2-t', 3940.' T) A. Kossei und L. I''ranck. Chem. Ztg. 1896, 20. No nach oben gehend mit blendendem Lichte. Die Reaction dauert etwa 2 Minuten. Je mehr Substanz man an- wendet, desto reiner ist das erhaltene Product. Auf der vorjährigen schweizerischen Landesausstellung in Genf konnte man ein von uns dargestelltes, äusserst hübsches Präparat von N.Mg., sehen, welches auf beschriebene Weise dargestellt und l)cinah(' gänzlich frei von Ma- gnesia ist. Die Reaction, welche aller Wahrscheinlichkeit nach auf dem Zersetzen des Calciumcarbids durch metallisches Magnesium, Bildung von C, der zu CO,, und von Ca, der zu CaO verbrennt, und auf einem Wiedereinwirken von diesem CaO beruht, ist eine sehr eomplicirte, die jedoch die schönsten Resultate liefert. Nach unserer ersten Abhandlung in dem citirfen Blatte brachte die Litteratur eine Methode zur Darstellung von MgjNa aus Luftstickstoff, durch Erhitzen eines Gemisches von Magnesiumfeile mit pulverförmigein, .gelöschten Kalk. Ich habe, da diese Reaction nur eine Vereinfachung unseres Verfahrens ist, dieselbe näher studirt und damit auch sehr schöne Resultate erzielt. Jedoch das erhaltene Product ist kalk- und magnesiahaltiger. Beide Versuche sind als Vorlesungsversuche sehr zu empfehlen. Dass sich bei der Darstellung von metallischem Ma- gnesium stets als Nebenproduct MgsNo bildet, wurde, wie angedeutet, sciion von Deville und" Cäron beobachtet. Alumini umsfickstoff (Aluminiumnitrid) AI2N2. Der Aluminiumstickstoft ist ein noch wenig unter- suchter Körper; er entspricht der Formel ALN,, Nach Briegleb und Geutlier*) bildet er 'sich beim starken Glühen von Aluminium in Stickstoff. Schon 1876 hat Mallet**), Professor der Universität in Virginie, die Existenz eines Stickstoftaluminiuins niitgetheilt. Er erhielt dasselbe durch Erhitzen von AI und trockenem NaaCOa im Kohlen- oder Kalktiegel unter Mitwirkung des N der heissen Ofenluft. Auch bildet er sich stets als Neben- liroduct bei der Darstellung von metallischem AI. Moissan*'^^*') theilt ebenfalls Einiges über aluminiumstick- stoffhaltiges AI mit. Zur Zeit erwähnten wir in unserer Abhandlungf) „Herstellung von Stickstoffverbindungen der Metalle direct durch Einwirkung der atmosphärischen Luft und Bildung von Ammoniak", dass auch Aluminiumpulver, mit ge- pulvertem Caleiumcarbid erhitzt, die Eigenschaft besitzt, den Stickstoff" der Luft zu binden. Meine weiteren, ein- gehenden Versuche haben die Richtigkeit unserer ersten Beobachtung gezeigt und ich gebe "hier möglichst kurz die gewonnenen Ergebnisse. Feines Aluminiumpulver wurde wie bei der Darstellung von Magne.siumstickstoff mit gepulverfem Caleiumcarbid vermisclit in einem bestimmten Verhältniss (es hängt bei der Darstellung beider Nitride sehr von dem Mischungs- verhältniss ab, um ein au N reiches Material zu erzielen) und in einem Porzellantiegel der Hitze einer Gebläse- flanime ausgesetzt. Zu Anfang entsteht eine bläuliche Flamme an der Oberfläche der Mischung, dann wird die Masse rothglüheiid und plötzlich ohne ein Herausschleudern beginnt ein helles, blendendes Erglühen des Inhaltes. Beim Erkalten blieb ein theils lockeres, theils zusammen- gebackenes, grauweisses bis graugelbes Product, welches an feuchter Luft Anfangs indifferent blieb und erst nach *) A. 186, 155. **) J. Mallet. Sur un azoture d'.i.Iiiininiuin. Jouni. of tlic chem. Society, t. XXX, p. 340 (187(1). ***) CoMipt. rend. t. CXJX 2 juillet 1894. t) A. Kossol und Leon Fianck, Chem. Z. 1896, No. 5. 294 Naturwisseuschaftliclie Wucheuscluit't. XII. Nr. 25. mehreren StiUKlcii Eiuwirkcns scliwach nach Ammoniak roch und dies noch nach mehreren Tagen. In kochendem Wasser entwickelte es langsam NHg; kaustische Alkalien trieben dircct NII3 in grosser Quantität aus. Ich erhielt auf diese Weise Mischungen von 15 bis 20 pCt. N. Beim Ucberleiteu von reinem Stlckstotf wurden bessere Resultate nicht erzielt. Bei meinen Versuchen im Jahre 1894*) über die Einwirkung von Aluminium auf kohlensaure Salze konnte icli auch öfters eine Bildung von etwas Aluminiumstick- stort" wahrnehmen; dieselbe i.st jedoch nicht von Wichtig- keit, mag aber dennoch etwas zur Geschichte des StickstofC- aluminiums l)eitrageu. Beim Erhitzen von Aluminiumpulver mit gelöschtem, trockenen Kalk wie bei Mg erhielt ich ebenfalls ein an N reiches Gemenge. Die Reactiou verläuft wie bei Calciumcarbid. Ich erhielt ein Product, das technisch wichtig werden kann. Im Laufe der Abhandlung werde ich näher daraut eingehen. IL Das Hauptbestreben der heutigen Landwirthsehaft ist, billige, gut wirkende Düngemittel zu gewinnen, um Maximalernten zu erzielen. Stickstotü'dünger ist der theuerste, und es wenden sich nun aller Blicke nach unserer Atmosphäre, ihr wieder Stickstoft' abzugewinnen. Es war gegen das Jahr 1804, als Ingenhous die Be- hauptung aufstellte, alle Pflanzen seien im Stande, merk- liche Mengen freien Stickstoffgases schon in einigen Stunden aufzunehmen und zu assinuliren. Boussingault dagegen, der sich mit der Frage der Stickstolfernährung näher befasste, sprach sich 1S53 aus, dass Pflanzen atmosphärischen Stickstofl' nicht assimiliren können. Ville dagegen zog aus seinen diesbezüglichen Arbeiten den Schluss, dass die Pflanzen den freien atmosphärischen N aufzunehmen vermöchten. Jedoch wurde diese seine An- sicht von Mcne und llarting angefochten, welche die ent- gegengesetzte Behauptung wieder festhielten. Die Frage schlummerte nun 20 Jahre lang, bis Sebultz-Lupitz, ein deutscher Landwirth, im Jahre 18S3 auf Grund seiner praktischen Erfahrungen die Cultur- pflanzen einteilte in „Stickstofffresser" und „Stickstoff- sanmder". Erst dem kürzlich verstorbenen Prof. Dr. Her- mann Hellriegel war es vorbehalten, eine völlige Klarheit in diese Frage zu bringen.**) Er wies überzeugend nach, dass Schmetterlingsblüthler eine Ausnahmestellung im Pflanzenreich einnehmen, indem sie allein unter den höheren Gewächsen den elementaren Stickstoff verwerthen können. Jedoch die Frage sollte wieder aufs Neue zur Discussion gelangen. Im Jahre 1888 glaubte Professor A. B. Frank, Berlin, den Beweis erbracht zu haben, das Protoplasma aller grünen Pflanzen könne freien StiekstoÖ assimiliren. Gestützt auf die Resultate 1000 von ihm ausgeführter Analysen behauptete 1892 Prof. Dr. Liebscher- Göttingen***), dass nicht nur Hülsenfrüchte und Klceartcn, sondern auch Hafer und Senf freien, atmosphärischen Stickstoft' binden können. Prof. Dr. P. Wagner y) griff jedoch diese Arbeit an und es entwickelte sich ein kleiner Streit zwischen beiden Forschern. Liebschcr hielt die An- sicht aufrecht, dass auch Nicht-Leguminose (Senf, Ge- *) L(5on Franck, Bulletin tl, 1. S. eh. d. P.-uis, t. XII 20, p. 440 (1894). **) T.agehlatt clor 69. Vorsammhing dcutsclKsr Natiivforsclier und Aerzto in Berlin 188G, 290. 90, 91. ***) Doutaclid landwirlliscliaftlicho Presse 1892, No. 104. t) De ■ ^ - - - -^ - ^eutseho lanawirtlischai'tlic.lio Presse 1893, No. 87, 88, treide) fähig sind, atmosphärischen Stickstoft" zu sannueln, sobald der Boden, auf welchem sie wachsen, stickstoft'- flxierende Mikroorganismen enthält. Auch Prof. A. Peter- mann*) spricht sich el>enso aus. 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Sonntag, den 27. Juni 1897. Nr. 26. Abonnement: Man abonnirt bei allen Bucbhaudlunt^en und Post- "|[" Inserate : Die viergespaltene Petitzeile 40 ,A. Grössere Aufträge ent- anstalten. wie bei der Expedition. Der Vierteljahrspreis ist ^ 4.— ä& sprechenden Rabatt. Beilagen nach Uebercinkunft. Inseratenannahme BrinKegeld bei der Post 1.5 -) extra. Postzeitunsrsliste Nr. 4954. ■"■ bei allen Annoncenbureaux wie bei der Expedition. Abdrnck ist nur mit voll^itändiser t^nellenaneabe setiitattet. Reisebriefe aus Colombia. Von Prof. Dr. Fritz ßesel. VI. Reise nach dem Norden von Antioquia. (Vom 30. December 1896 bis 5. Februar 1897.) Das beständige Wetter sollte sofort für die längst geplante grössere Reise nach dem Norden von Antioquia benutzt werden, und so brach ich denn bereits mit drei Mulas und meinem bisherigen Bursehen Jose von Medellin auf, diesmal in Begleitung des Herrn Karl Bimberg, der die Mine Lasineres bei Santa Rosa und namentlich die Finca Algorrob unfern Amalti im Interesse der Firma Kissing und Möllmanu in Iserlohn besichtigen wollte. Es fügte sich dann, dass wir 12 Tage bis Cascajo, eine Tagereise vor Remedios, zusammen blieben. Es war meine Absicht, auf dieser Reise die Hauptabschnitte des grossen Hochlandes im Norden von Antioquia kennen zu lernen, welches sich zwischen dem Force und Cauca ausbreitet, sowie das Auslaufen derselben in die nürdlichen Niede- rungen zu verfolgen. Natürlich sollte, wie auf den bis- herigen Reisen, sets den wichtigen Minen um Santa Rosa, Anori, Anialfi und namentlich um Remedios die ihnen gebührende Berücksichtigung zu Theil werden. Das nächste Reiseziel war Santa Rosa de los Osos, der Mittelpunkt des südlichen Hochlandes mit seinen Minen. Wir erreichten dasselbe am Sylvester des Jahres 1896, nachdem wir am ersten Reisetage (30. XII.) nur bis Sau Pedro gelangt waren und am Vormittag des zweiten etwas länger beim „Penol de Entrerios" verweilt hatten. Derselbe bildet das Gegenstück zum früher be- schriebenen „Peüol de la Ceja" (vergl. den V. Reisebrief); ragt er auch nur etwa 55 — 60 m frei in die Höhe, so bietet er doch einen sehr imposanten Anblick. Santa Rosa de los (»sos ist der Mittelpunkt des südlichen Platcauabschnittes. Zahlreiche hier strahlenförmig aus Kirche des über 2500 m hochgelegenen Ortes von etwa 7000 Einwohnern das im ganzen ziemlich einförmige Hochland, welches einen befremdenden Anblick darbietet Wege laufen weithin beherrscht die hochragende durch die zahlreichen Alluvialininen, welche die Vege- tationsdecke häufig unterbrechen und der rothe Laterit- ähnliche Boden wie in den Wegen nackt zu Tage treten lassen. Wichtiger als diese „Cerros" sind aber gegen- wärtig die bergmännisch ausgebeuteten „Minas de veta." Nachdem wir einige der wichtigsten Minen in der Um- gegend von Santa Rosa auf einem Ausfluge am Neujahrs- tage beim herrlichsten Wetter unter Führung von Fran- cisco Jaromillo, wie namentlich die Mine La Trinidad, welche schon K. Degenhardt im Jahre 1839 beschrieben hat (Karstens Archiv), kennen gelernt hatten, setzten wir unsere Reise am 2. Januar ostwärts in der Richtung auf den Alto de San Jose zu fort, der einen weiten Blick, besonders gegen Norden bis zum Alto de Campamento bietet und gelaugten an diesem Tage nach dem freund- lich in einer weiten Thalmulde gelegenen Carolina, um von hier dann weiter nordwärts zum Wasserfall des Guade- lupe und alsdann bis Anoii vorzudringen. Der Guadelupe bildet sich aus mehreren QucUbächen in der Gegend von Santa Rosa und fliesst dem Porce zu. Unweit des male- rischen Dörfchens Higueron (auch wohl einfach Aldea, der Ort, genannt) fällt der bereits ziemlich wasserreiche Guadelupe plötzlich in 3 Absätzen in die Tiefe uud bildet den grossartigen Salto de Guadelupe. Wir erreichten die gegenüberliegende Höhe La Montaiiita, welche den besten Ueberblick des Falles gewährt, gegen Mittag des 3. Januar gerade noch rechtzeitig, um rasch zwei photo- grapische Aufnahmen machen zu können, dann stiegen dicke Nebelmassen auf, die sich im Laufe des Nach- mittags zu einem tüchtigen Regen verdichteten; auch noch am folgenden Tage hatten wir erst gegen Abend wieder freiere Aussicht. Bald unterhalb des Falles flie-sst der Guadelupe in den Porce ein; ein kleiner Weg führt von dem Aussichtspunkt zum Fusse des Falles hinab, dessen Höhe H. AVhite glaubt auf 500 m Höhe barometrisch gemessen zu haben. (Die Karte in Pet. Mitth. 1880, Tafel III giebt 250 m, das Itinerar der Reise F. von Sehenks 302 Naturwisseuschaftliche Wochenschrift. XII. Nr. 26. ebenda 1883 Taf. III durch ein Versehen nur 25 m); jedenfalls ist dies kaum ausreichend, wenn mir die Höhe von 500 m auch bedeutend zu hoch gegriften erscheint. Am folgenden Abend (4. I.) erreichten wir Anori, in dessen Nähe ich die Goldmine La Constancia am 5. I. besichtigte; am gleichen Tage gelangten wir, den tiefen Canon des unteren Force kreuzend, nach Amalfi, welches wiederum bedeutend südlicher liegt und von Carolina ans in einem Tage bequem zu erreichen ist. Im Norden von Amalfi liegen die 4 Goldmineu San Jorge, Chucherro, La Clara und La Clavellina, denen sich am unteren Force noch die jetzt nicht bear- beitete Mine Solferino und am Wege von Anori, jedoch dicht bei Amalfi die Mine La Viborita (bei der gleich- namigen Finca) anschliessen. Näher nach Anori zu jen- seits des Force hatten wir die gewaltigen Sehuttmassen von Alluvialminen angctrotfen, welche schon von den Indianern ausgebeutet worden sind. Die Besichtigung dieser mit Ausnahme von Viborita ziemlich weit gegen Norden gelegenen Minen nahm 4 Tage in Anspruch, so dass wir erst am 10. Januar von Amalfi in der Richtung nach Remedios aufbrechen konnten. Am folgenden Morgen kehrte mein Begleiter von der Hospedaje Cascajo aus nach Medellin zurück, nachdem er am Nachmittag vorher meine kleine Karavane photographirt hatte. Bisher hatte sich der Reiseweg in den gesunden Gegenden des Hochlandes bewegt, nunmehr sollte ich für längere Zeit das mörderiche Klima der „tierra caliente" zu Kosten bekommen. Allmählich führt der Weg nach Re- medios in die letztere hinein; Remedios selbst liegt immer- hin noch über 700 m über dem Meere. Der Granit spielt in dieser Gegend wieder eine vorherrschende Rolle und gleich am folgenden Morgen bot sich Gelegenheit, inter- essante Verwitterungsformen desselben kenneu zu lernen. Eine Hohle am Wege nennt der Volksmund „La Fueva del tigro", „die Tatze des Tigers", weil die Felszacken der Decke einer Raubthierklaue nicht unähnlich sehen; diesen strecken sich von unten andere Zacken entgegen, die vom Wasser stark ausgenagt sind und der mensch- lichen Phantasie zu allerlei Sagen Veranlassung gegeben haben. Auf diesem Wege nach Remedios habe ich auch das einzige Mal im Binnenland eine Heerde Atfen beobochtet. Ich war in Coco über Nacht geblieben und langte am Vormittag den 12. I. in Remedios ein, im Estauco sah ich eine sehr stattliche CoIIection von Schlangen (nebst einigen anderen Reptilien) in 48 Flaschen, doch schreckte mich der Freis ab, dieselbe zu erwerben. Unterwegs hatte ich auf dieser Reise bereits 2 Arten von Korallen- schlangen gesammelt. In diesem Theile von Antioquia giebt es vielleicht die meisten verschiedenen Schlangen- arten, doch sind auch einzelne Gegenden im Osten nach dem Magdalena zu wegen ihres Scldangenreichtliums be- rüchtigt. An demselben Tage suchte ich noch La Salada, den Mittelpunkt derselben englischen Minengescllschaft, welcher auch der Cerro bei Froutiuo gehört. Ich wurde vom derzeitigen Suiierintendenten derselben, Juan Fun- berthy sehr freundlich aufgenommen und in der Ofli- cina vorzüglich untergebracht; in derselben wohnten und speisten 5 der von der Kompagnie angestellten Engländer. Nach dreitägiger angestrengter Arbeit hatte ich die hauptsächlichsten Minen dieser für den Goldl)ergbau von Antioquia wichtigsten Gegend besucht, und ausser ver- schiedenen columbiauischcn Frivatniinen haben hier drei Gesellschaften, zwei englische und eine französische, bei Remedios Minen im Betrieb: die letztere liat ihren Sitz in Cristales, beutet die reiche Mine San Nicolas aus und besitzt eine vorzügliche Mühle nach californischem System (Director ist gegenwärtig ein Herr Feft'au). Die eine englische Compagnie hat ihren Sitz in Sucre; die- selbe verarbeitet die Erze der gleichnamigen Mine sowie der Mine „Fro videucia" ( Director ist gegenwärtig W. Grossly). Die andere englische Compagnie hat dicht bei La Salada die Minen Salada und Silcncio, unfern von Sucre aber noch die drei Minen Malajito, Tigrito und Cordoba; ausser dem Director waren in diesem Minencomplcx zur Zeit meines Besuches im ganzen noch ü Engländer be- schäftigt. Die Mühlen für die zuletzt genannten drei Minen sind die gewöhnlichen, die Mühle für die beiden ersteren ist nach californiscliem System eingerichtet, doch reichen die 20 Fisonen derselben nicht mehr ans, um namentlich die massenhaften, aber goldärmeren Erze der Mine La Salada zu zerkleinern. Das Wasser für dieselbe wird 4 Leguas (20 km) weit zugeführt und ist nicht im Stande, mehr Fisonen zu bewegen. Für mich bot nament- lich die Mine Et. Silencio grosses Interesse, da hier Ver- werfungen eine ziendiche Rolle spielen, die für den ge- sammten Gebirgsbau dieser Gegend von erheblicher Be- Auf die tektonischcn Verhältnisse würde hier natürlich deutung sein dürften. aller dieser Minen näher einzugehen viel zu weit führen. Sonnabend den 16. Januar brach ich nach Zaragoza auf und erreichte diesen bereits aus der Zeit der Con- quista stammenden Ort am Sonntag Nachmittag (17. I.). Es herrschte hier zieudiches Leben, da am anderen Tag der Dampfer von der Küste erwartet wurde. Zaragoza ist der Ausfuhr- und Einfuhrhafen für den Bergbau district von Remedios und für die zahlreichen Allnvialmiuen am unteren Nechi: letzterer ist nach seiner Vereinigung mit dem Force ein recht stattlicher Fluss, doch sind die bis hierher von Barranquilla laufenden Dampferchen nur von sehr bescheidenen Dimensionen. In der Zeit des Verano ziehen viele Bewohner nach den benachbarten Flüssen, um ,,Oro corrido" (Alluvialgold) bei dem niedrigeren Wasser- stand zu gewinnen. So traf ich denn bereits auf dem Wege nach Zaragoza verschiedene Trupps solcher Gold- wäscher und hatte auf dem Wege nach Caceres gleich- falls wiederholt Gelegenheit, diesen Erwerb zu beobachten. Der genannte Weg von Zaragoza nach Caceres war ein schlimmes Stück Arbeit und nahm die ganze folgende Woche ganz in Anspruch. Bis Remedios waren die Wege abgesehen natürlich von m gutem Zustand gewesen. solchen Strecken, die abseits von den Hauptwegen zu den abgelegenen Minen führten oder keine Hauptverbindungen darstellten, wie z. B. der AVeg von Anori nach Amalfi. Auch bis Zaragoza war der von dem Minendistrict um Remedios stark in Anspruch genommene Weg noch in ziemlich gutem Zustand, wenn er auch streckenweise in den Flussbetten entlang führte. Was ich aber zwischen Zaragoza und der Finca Ai)aös (oberhalb Caceres am Cauca gelegen) kennen lernte, war das bei weitem Schlinnnste auf meinen bisiierigen Reisen in Antioquia. Zaragoza liegt nur noch wenig über 200 m über dem Meere, die Senkung von Remedios her beträgt daher etwa 500 m. Die gleiche Meereshöhe hat etwa Caceres; beide Orte sind ihres bösen Klimas wegen verrufen, beide bilden die Endpunkte der Schift'barkeit für kleine Dampfer auf dem Nechi und Cauca. Zwischen ihnen breitet sich dichter, nur von wenigen Rodungen unterbrochener Urwald aus, der hier au den Flanken und auf dem Kamme der Boden- wellen in wunderbarer, ungebändigter Kraft und Fülle in dem feucht-heissen Klima sich entfalten kann. Diese Bodenwellen steigen etwa bis zu 300 m über die Höhe der genannten Orte an und stellen die nordöstlichen Aus- läufer des nördlichen Hochlandes in die Niederung am unteren Cauca und Magdalena dar. IIau])tsächlich die Alluvialminen an den zahlreicbeu Zuflüssen, aber auch XII. Nr. 2R Natnrwisseuschaftliche Wochenschrift. 303 g-oldhaltige Adern im anstehenden Fels (hier fast aus- schliesslich filimnieiscliicfcr) liahen kleine Ansiedelung-en ins Leben j^erufen, der einzige Ort von einiger Bewohner- zahl ist Cruces de Caceres, etwa in der Mitte zwischen Zaragoza und Caceres in einer freundlichen Thalweitung gelegen. Diese selbst für einen reisegeübten Antioquefio nur schwer zu bewältigende Tour vom Nechi bei Zaragoza zum Cauca bei Caceres betrat ich am 18. Januar, nachdem ich am Abend vorher mit einem leidlich deutsch redenden Elsässer, seines Zeichens eigent- lich ein Bierbrauer, längst aber erfahrener Minner, im weltentlegenen Zaragoza meinen Geburtstag gefeiert hatte. Ich kam an diesem Tage nur bis Pato oder Patos, einem zwar „eine Legna" von Zaragoza entfernten, kleinen Orte, zu deren Ueberwindung wir jedoch etwa 5 Stunden Zeit gebrauchten. Ich wollte an diesem Tage noch Alluvialminen bei Patos besehen, aber es kam erst am folgenden Morgen dazu, so dass auch der zweite Tage- marsch mich nur bis zu einer Zuckerplantage San Juan an der gleiciinainigen Quelirada (zum unterschied von der Mine San Juan meist San Juan La Posession benannt) brachte. Die Hitze war hier ungefähr eben so schlimm wie in Patos und Zaragoza, so dass der „rothe Hund", eine Entzündung der Haut, die sich bei mir sofort beim Eintritt in die tierra caliento einzustellen pflegt, mich in dieser Zeit arg belästigte; doch gilt dieselbe als Schutz gegen die schlimmen Sumpfiieber dieser Gegend. In der folgenden Nacht waren die Hunde sehr aufgeregt; mein Peon entdeckte denn auch am folgenden Morgen die Spur eines Löwen oder Pumas unweit der Ansiedelung. Es gelang mir nicht, bis Cruces de Caceres an diesem Tage vorzudringen, ich blieb vielmehr in einer sehr bescheidenen Hütte ,,Cassa blanca", einige Wegstunden diesseits zurück und arbeitete mich bis zum Mittag des folgenden Tages nach der dicht bei Cruceres de Caceres gelegenen Mine Junin hindurch, deren Besichtigung den Nachmittag in Anspruch nahm. Hier nahm ich einen Führer mit, der zwar die Gegend und den Weg kannte, aber unterwegs wegen Kränklichkeit kaum zu folgen veniioclite. Freitag ging es zwar mit dem Wege etwas besser, der Freitag Vormittag war aber das ärgste Stück (bis Puerto deCorales); ich musste fast den ganzen Weg zu Fuss so gut oder so schlecht es eben gehen wollte, durch die Wurzeln und Trochen mich durchwinden, dann kamen wir in die Niede- rung und erreichten spät am Nachmittag eine Hütte, in der wir bleiben mussten, obwohl schon drei Ehepaare sich in den äusserst bescheidenen Raum derselben theilten; immerhin erhielt ich das vierte Bett als Schlafstätte an- gewiesen, mein Peon Jose machte sich an der Erde sein Lager zurecht, von der Decke hing ein Korb herab, in dem ein Kind den Schlaf des Gerechten schlief, während draussen die Maulthiere während der Naclit dem Platanal zusetzten; das Ganze war eine Hütte leichtester Construction aus lose aneinandergesetzten Bambusstäben. Da ist es natürlich mit dem Schutz gegen vom Boden aufsteigende Fieberkeime übel genug bestellt. Am Mittag des folgenden Tages erreichte ich den Cauca bei der grossen, vvohlge- phegten Finca Apavi und wurde hier auf unsere ,,carta de remmondacion" hin wie fast überall bisher, von dem Besitzer Pablo Emilio Villcgar auf das liebenswürdigste aufgenommen. Bereits auf diesem Marsch durch die Urwälder zwischen dem Nechi und Cauca hatte ich zwei Mal Kohlenablagerungen von der gleichen BeschafFen- heit wie weiter im Süden angetroffen; auch bei Caceres sind solche bekannt und wir beschlossen daher, am fol- genden Tage eine Bootfahrt nach Caceres und den dort in den Cauca einfliessenden Taraza zu unternehmen, an dessen Ufer die Kohlenflöze in sehr schönem Aufschluss zu Tage treten. Am unteren Taraza liegt die andere zu Apavi gehörige Finca, deren Besichtigung dieser Ausflug zugleich gelten sollte. Alles verlief programmmässig; nur die Rückkehr nach Apavi erfolgte erst nachts, da die Kohlen doch ziemlich weit flussaufwärts anstehen und die Rückkehr im Boot von Caceres nach Apavi seitens der Peonen ul)er 3 Stunden angestrengter Arbeit erforderte, während wir in ca. 40 l\Iinuten am Morgen bis zur Ein- mündung des Taraza hinabgeglitten waren. Einige photographische Aufnahmen hielten uns am folgenden Morgen länger als beabsichtigt in Apavi zurück; wir kamen zu spät fort, um unser Ziel Raudal noch recht- zeitig au diesem Tage zu erreichen, blieben vielmehr in einer Hütte La Clara über Nacht, wo wir noch einmal den Cauca berührten und uns wieder einmal sehr belielfen mussten. Von Raudal ab, welches wir am folgenden Vor- mittag (27. I.) passirten, wurde der Weg bedeutend besser und für mich sehr interessant, da ich jetzt beim Aufstieg zur „tierra temjjlades" umfassendere Rund- sichten geniessen konnte, welche lehrreichere Einblicke in die Gelände am Cauca und Nechi erölif'neten. Aller- dings beeinträchtigten aus den heissen Thäleru auf- steigende Dünste, die sich in den kühlereu Regionen zu dichten Nebelmassen coadensirten, häufig genug die Fern- sicht, so z. B. in La Tolda, einer Hospedaji zwischen Raudal und Turbaco, wo ich am 27. I. übernachtete. Bei Turbaco verliessen wir am 28. I. den Gebirgsgrat, auf welchem der Weg von Camceres und Apavi nach Yarumal führt, um der auf dem jenseits des Quebrado Valdivia gelegenen Finca Santa Ines einen Besuch ab- zustatten. In der Nähe dieser Finca sind mehrere Altos, welche ich ihrer umfassenden Aussicht wegen zu besuchen wünschte. Ich gerieth jedoch auf den zwar näheren, aber sehr beschwerlichen directen Weg, verlor nach dem sehr steilen Abstieg in das Thal der genannten Quebrada noch obendrein beim jenseitigen Anstieg den richtigen Weg gänzlich und konnte daher erst in völliger Dunkel- heit nach einer überaus anstrengenden Tour in der gast- lichen Behausung von L. Vasguez vorsprechen. Letzterer war zwar mit seiner Familie nach dem gesünderen Yaru- mal zu längerem Aufenthalt aufgebrochen, aber die beiden Neften Hessen es sich augelegen sein, mir die Strapazen dieses Rittes vergessen zu machen. In derselben Nacht fühlte ich jedoch das Herrannaheu eines ernsteren Unwohl- seins. In den letzten Tagen hatten sich zahlreiche Ge- schwürchen sehr unangenehm bemerklicli gemacht, jetzt traten dieselben in immer grösserer Zahl auf, mehrere wuchsen sehr rasch zu unangenehmen Dimensionen aus, und der Ruhetag am 29. Januar brachte dieselben erst recht zur vollen Entwickelung. Der Rückweg von St. Ines nach Yarumal, welcher in landschaftlicher Hinsicht pracht- volle Aussichten bietet, gestaltete sich für mich daher ziemlich qualvoll, da ich nicht ohne bedeutende Schmerzen zu reiten vermochte, und noch dazu im Nachtquartier vor Yarumal einen ersten Fieberanfall bekam, der „rothe Hund" war beim Ausbruch der Geschwüre ziemlich plötz- lich zurückgetreten. Immerhin vermochte ich mehrere Skizzen und photographische Aufnahmen zu machen, war aber doch froh, am 3L Januar frühzeitig Yarumal zu er- i'cichen, und hier ärztliche Behandlung zu suchen. Nach- dem etwa 8 der entzündlichen Stellen geött'net waren, bekam ich Erleichterung, benutzte einen mir verordneten Ruhetag, um einige auf der Präfectur vorhandene Manu- skriptskizzen der Wege etc. abzuzeichnen und brach am 2. Februar direct nach Santa Rosa auf, auf weitere Ab- stecher nach den Minen bei Angusture verzichtend. Ich Ijlieb in einer Hütte Namens Chuscal über Nacht, er- reichte Santa Rosa am folgenden Mittag und ruhte mich hier wieder etwas aus, da ich am folgenden Tag einen 304 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. xXII. Nr. 26. anderen Rückweg- nach Medellin einzuschlagen beschloss : ich ritt nacli den Salinen am Rio Grande, an letzterem aufwärts, erreichte Mittags Donmatias und war Abends um 7 Uhr in Giradota am Force. Vor 9 Uhr traf ich am 5. Februar früh wieder in Medellin ein. Yarumal hat für den nördlichen Abschnitt des Hochlandes etwa die- selbe Bedeutung wie Santa Rosa für den südlichen. Es liegt sehr malerisch am Hange einer stattlichen Erhebung des Morro, und bereits von den obersten Häusern bietet sich ein schönes Panorama über einen Theil des Hoch- landes. Weit umfassender ist natürlich der Rundblick von der Höhe des Morro, die ich leider an diesem Tage nicht zu ersteigen vermochte. Nahe bei Yarumal liegen die Quellen des Nechi, der erst nach Aufnahme der Zu- flüsse Alejandro und Tenchi seine grössere Bedeutung gewinnt. Interessant waren nur zahlreiche bei Yarumal auftretende grössere und kleinere Granitblöcke, welche wie erratische Blöcke sicii ausnahmen, da nirgends der Granit hier anstehend zu linden ist, sondern nur Talk- und Glimmerschiefer. Auf dem Wege nach Chuseal traf ich an mehreren, indess nahe bei einanderliegenden Stelleu am Wege Trupps vom Trailijon (Espeletia grandiflora), jener Clia- rakterpflanze der Paramos, welche ich hier zum ersten Male lebend beobachtete in einer Höhe von etwa nur 2700 bis 2800 m, also nicht höher als viele Theile dieser aus- gedehnten Hochebene, aber in einem Revier von rauhem, unwirtidichen Charakter. Das Vorkonnnen von Salz unweit Santa Rosa er- wähnt schon Carl Degenhardt (in einem gleichfalls schon im Jaln'c 183U in Karstens Archiv für Mineralogie etc. veröffentlichten Aufsatze) und vergleicht dasselbe mit den Salzquellen bei Retiro und Guaca. Ich lernte nur die untersten (inellen kennen, die aus dem Granit hervor- brechen — bei Entrerios sind noch mehrere Quellen, doch ist das gewonnene Salz im Handel von geringerer Be- deutung. In der Umgebung dieser Quellen und bei Don- matias zeigt das Hochland von Santarosa einen zerrisse- neren Character (der Rio Grande mündet ein beträcht- liches Stück unterhalb Barbosa etwa gegenüber von dem „La Quiebra" genannten Einschnitt der östlichen Rand- mauer des Porcethal in den Porce ein). Mauerartig steil war auch der Abstieg vom Hochland in das Porcethal gegenüber von Girardota; der Boden ist hier theilweis in tiefgründigen Grus und Staub aufgelöst, in welchen die Maulthiere erheblich einsinken, aber überall wird hier an den Wegen gebessert, was nach den strapaziösen Fahrten im Norden vom Reisenden mit doppeltem Danke begrüsst wird. Mögen auch jenen entlegeneren Strecken Antioquias bald die Segnungen guter Wege zu Theil werden. Ueber Insecten-bewohnende Pilze. Von Dr. 6. Lindau. Im vorigen Jahrgang der „Naturw. Wochenschr." hat Herr Custos P. Hennings einige Mittheilungen über thier- bewohnende Pilze gemacht, die sich hauptsächlich auf die allbekannten Cordyceps-Arten beschränkten. Ausser diesen durch die Färbung unserer hiesigen Arten sehr auffallenden Pilzen giebt es nun noch eine ganz isolirt stehende Gruppe der Ascomyceten, die ausschliesslich In- secten bewohnt und sie schädigt. Es sind das die Laboul- beniaceen. Viele Leser dieser Zeitschrift werden den Namen dieser Pilze zum ersten Male hören und doch kommen auch bei uns in Deutschland eine ganze Anzahl dieser ausserordentlich interessanten Gruppe vor, die so- wohl in ihrer Lebensweise wie in ihrer Organisation eine ganz einzige Stellung im Pilzreich einnimmt. Die Laboulbeniaceen sind mikroskopisch kleine Pilze, die hauptsächlich auf Coleopteren parasitiren. Wenige Formen sind auch von Fliegen, Termiten und anderen Insecten bekannt geworden. Am häufigsten sind sie auf gewissen Familien der Coleopteren, so auf Carabiden und Dytisciden. Die Farbe dieser Pilze ist unscheinbar schwarz, und siv. sind deshalb schwer auf den ebenfalls dunkel ge- i'ärbtcn Wirten zu seilen. Sie kommen auf der äusseren Chitinhülle des Thieres vor, auf den Flügeldecken, dem Brustschild, Abdomen und den Füssen. Sie bilden kleine, höchstens 1 mm hohe Wärzchen oder Säulehen. Viele lassen sich in ihrem äusseren Habitus mit den Früchten der Calieien vergleichen, namentlich in deren älteren Stadien, wenn das endständige Köpfchen bereits vom Stiele abgefallen ist; nur sind sie noch unscheinbarer und lassen in den meisten Fällen erst unter der Lujjc ein deut- licheres Erkennen zu. Die erste hierher gehörige Form wurde im Jahre 1853 von Robin und Montagne auf europäischen Arten von Brachinus entdeckt und Laboulbenia Rougetii genannt. Der Gattungsname leitet sich von dem französischen En- tomologen Laboulhene ab. Bis dann Peyritseh im Anfang der siebziger Jahre sich mit den Laboulbeniaceen be- schäftigte, war nur wenig zu ihrer Kenntniss geschehen. Peyritseh war der erste, der die Entwickelung mehrerer Arten verfolgte (so der auf unserer Stubenfliege vorkom- menden Art Stigmatomyces Baeri) und eine Anzahl neuer Gattungen beschrieb. Leider war es Peyritseh nicht mög- lich, den vollständigen Entwickelungsgang aufzudecken ; das war erst dem amerikanischen Forscher R. Thaxter, Professor an der Harvard University in Cambridge, vor- behalten. Thaxter hat sich seit vielen Jahren mit der Familie beschäftigt, und eine Reihe von Al)liandlungeu legen Zeugniss von seinem Fleiss und seiner Beobachtungs- gabe ab. Im vorigen Jahre nun hat er seine Monographie der Familie veröffentlicht und diese damit zum ersten Male dem grösseren botanischen Pulilikum zugänglich gemacht.*) Auf diese umfangreiche und mit vielen Tafeln geschmückte Arbeit stützt sich das Folgende. Die Infeetion des Thieres findet durch Uebertragung der Sporen von anderen Thiereu statt. Der Pilz beginnt meist im Sommer oder Herbst seine Entwickelung und reift dann während der Ueberwinterung im Winter oder Frühjahr aus. Alle Laboulbeniaceen sitzen nur an einem einzigen Punkte in der ChitinhüUc fest und zwar so, dass sie nur mit einer kleinen, geschwärzten Spitze an der untersten Zelle in das Chitin eindringen. Während also bei anderen Parasiten das Mycel im Körjier des Wirtes sitzt, erfolgt hier die Ernährung des Pilzes lediglich durch Diftnsion. Einige wenige Formen allerdings bohren sich tiefer ein und entsenden in die Weiclitlicile des Wirthes selbst haustorienartige Fortsätze; doch sind das Ausnahmen von der Regel. Am Pilzkörper selbst können wir drei Theile unter- scheiden. Der eigentliche Vegetationskörper, das Reeep- taculum, besitzt an der Basis die erwähnte geschwärzte *) Contrihutioiis tciwiinl a monoijniph of the Laboulbeiiiaceao in Momoirs of Aincrica Ac. of Arts aiul Sc. Boston 189t). XII. Nr. 26 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 30.T Zelispitze, mit der er festsitzt. In den meisten Fällen besteht das Receptaculum aus zwei über einander liegen- den Zellen, doch kdnunt es bei vielen Gattungen zur Ausbildung eines mein- als zweizeiligen Receptaculums. Diese Verhältnisse will ich weiter unten an Beispielen einiger deutscher Arten noch böriihren. Im allgemeinen ist der Bau trotz seiner scheinbaren Einfachheit doch recht coinplicirt und lässt sich ohne Figuren kaum schildern. An diesem Receptaculum nun sitzen die Perithecien in Ein- oder Mehrzahl. Perithecien sind bekanntlich die ihre Gestalt je nach den einzelnen Arten eine ganz ver- schiedene sein kann. Haui)tsäclilich dienen die Anhängsel zum Schutze der Fructificationsorgane. Meist sind sie farblos. Einige oder alle Anhängsel entwickeln nun An- theridien. Die Zahl und Ausbildungsweise dieser Organe ist eine sehr verschiedene. Bald ist nur eines vorhanden, bald treten sie in grosser Zahl auf; bald bildet jede Anhängselzelle ein oder mehrere aus, bald sind nur ge- wisse Anhängselzellen die Mutterzcllen der Antheridien. Trotz der grossen Mannigfaltigkeit aber sind diese Ver- A = Stigmatomyces Baeri Peyr. Ein Iiidividiuim mit reifon Antheridien und eiiipffnit;inssfii.lii{;em Trichogyn, r = Receptaculum, an = Anliänp.sel, a ^ Antheridion, t ^ Tricliogyn. /> = Ein reifer Aseus. (,' = Laboulbenia elongata Tliuxt. Ein reifes Individuum, /i = Peritheciinn, n = Antheridien, an = Anhängsel. D = lieife Spuro. K = Lab. europaea 'riui.\t. Ein reifes Individuum. /•" = Chitonomyces melanurus Peyr. Ein reifes Individuum. 6 = Rhachomyces pilosellus (Kubin) Tliaxt. Ein reifes Individuum, die schwarzen Anhängsel sind zum Theil verkürzt. (Alles nach Tliaxter.) Behälter für die Schläuche. Sie bestehen aus einer mehr- schichtigen, meist zweischichtigen Wandung und enthalten im inneren Hohlraum die Schläuche. Oben öffnen sie sich mit einem kleinen Loch, aus dem bei der Reife die Sporen austreten, nachdem vorher die Schlauchwandung zerflossen ist. Die Entwickelung bietet ausserordentliche Verschiedenheiten von allen anderen Ascomyceten dar, wesshalb ich weiter unten näher darauf eingehen will. Ausser diesen Perithecien trägt das Receptaculum noch Anhängsel, mit denen in den allermeisten Fällen die Antheridien in unmittelbarer Verbindung stehen. Die An- hängsel sind fädige, ein- oder mehrzellige Gebilde, welche aus einzelnen Rcceptaculumzellen gebildet werden. Ihre Zahl wechselt daher mit der dieser Zellen, ebenso wie hältnisse für die Art constant und bieten ein vortreffliches Mittel zur Unterscheidung der Gattungen und Arten. Die Antheridien selbst sind kleine flaschenförmigc Zellen mit mehr oder weniger verlängertem Halsthcil. Im Innern entstehen auf dem Wege freier Zellbildung kuglige oder stäbchenförmige Gebilde, Antherozoiden, welche durch den llals ins Freie gepresst werden. Bei einer Unterfamilic entstehen durch Zusammentreten mehrerer solcher einfacher Antheridien zusammengesetzte Gebilde; hier münden die Hälse der Einzelantheridien in einen gemeinsamen Hohlraum, aus dem dann erst das Heraus- stossen der Sporen erfolgt. Bei allen diesen entstehen also die Antherozoiden endogen, d. h. in besonderen Zellen. Anders bei wenigen Gattungen, welche die An- 306 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. XII. Nr. 26. therozoiden nach Art der Conidien am Ende oder seitlich von Anhängsel Zellen entstehen lassen. Auf Grund dieser Verhältnisse bei der BilduniJ: der Antl}erozoiden wird die Familie in die beiden Haupt- gruppen Endogenae und Exogenae eingetheilt. Bei der ersteren entstehen die Autherozoiden in der Zelle, bei der letzteren dagegen ausserhalb der Zelle. Die Endo- genae zerfallen in zwei üntcrfamilien: Pcy ritsch ielleae mit zusammengesetzten und Laboulbeuieae nut ein- fachen Antheridien, während die Exogenae nur die kleine Unterfamilie der Zodiomyceteae umsehlicssen. Auf die weitere Eintheilung der Unterfamilieu ein- zugehen, dürfte zu weit führen, wir werden nachher einige deutsche Vertreter näher kennen lernen. Erwähnt sei bloss, dass neben der regelmässigen Monöcie bei einigen Gattungen auch Diöcie vorkommt. Wichtig ist es nun, mit einigen Worten auf den Eut- wickelungsgang einzugehen. Ich wähle dazu eine von Thaxter sehr genau untersuchte Art, den auf der Stuben- fliege wachsenden Stigmatomyces Baeri. Wenn die Spore das Peritheciuni verlassen hat, so ist sie von einer Schleimhülle umgeben, mit der sie am Kör])er des Thieres anklebt. Bei genügender Feuchtig- keit beginnt die Weiterentwickelung. Während wir bei anderen Pilzsporen gewöhnt sind, einen Keimschlauch aus der Spore austreten zu sehen, ist dies hier nicht der Fall. Beide Zellen der lancettlichen Spore (Fig. B) ver- grössern sich und beginnen nun unmittelbar sich zu theilen. Die untere Zelle bekommt zuerst das ge- schwänzte Spitzchen, das in die Chitinhülle eindringt. Aus der oberen Zelle der Spore geht das eine Anhängsel hervor, das aus mehreren, schief an einander liegenden Zellen besteht, von denen jede an ihrem oberen Ende ein flaschenförmiges, einfaches Antheridium entwickelt. Meist sind es fünf, welche so in einer Reihe über einander liegen (Fig. A bei a; an bezeichnet das Anhängsel). Die Antheridien nun produciren kuglige Antherozoiden, und zwar proterandrisch, wenn der Ausdruck hier gestattet ist. Aus der unteren Zelle der Spore geht das zwei- zeilige Receptaculum (r) hervor, das terminal das eine Peritheciuni trägt. Auf die zum Theil sehr complicirten Theilungen, welche zur Ausbildung des weiblichen Appa- rates führen, kann ich hier nicht näher eingelieu. Aus der Figur ergiebt sich aber ohne Weiteres das Aussehen im empfängnissfälligen Zustand. Auf der obersten Re- ceptaculumzelle sitzen .S StielzcUen, von denen nur 2 sichtbar sind, während die dritte nach hinten liegt. Weiter nach oben sehen wir an den beiden Rändern vier Zellen, welche mit noch drei anderen, die nicht sichtbar sind, einen Complex von 7 Hüllzellen bililen (4 oben, 3 unten), aus denen sich später die Wandung des Peritheciums entwickelt. Im Innern des Peritheeiums nun sehen wir 'i übereinandcrstchendc Zellen, welche das Procarp bilden, eine innere Zelle, aus der später das Ascogon hervorgeht, eine mittlere und eine schräg oben aufsitzende, die Trichophorzelle, die an ihrem Scheitel das Trichogyn t als einen einfachen Zellfortsatz trägt. An das Trichogyn setzen sich nun die Antiicrozoidcn an. Diese Ausbildung des weiblichen Geschlcciitsapi)aratcs hat eine grosse äusserlichc Aehniichkeit mit dem Pro- carp der Floridecn, und es ist höchst eigenthündich, da.ss wir bei einer so entfernt stehenden Gruppe, die sonst mit den Algen nur einen Berührungspunkt hat, nändich, dass viele Arten im Wasser leben, so complicirte Verhältnisse wiederfinden. Einen Schluss daraus auf eine etwaige Verwandtschaft zu ziehen, wäre natürlich voreilig. Wir können eine Befruchtung, wie sie bei den Florideeii stattfindet, auch nur vorläufig theoretisch aus der Aehn- iichkeit des Apparates folgern, denn die Wanderung und Vereinigung des Antherozoidkernes mit dem Kern der Carpogonzelle hat bisher noch nicht constatirt werden können. Nach dem Absterben des Trichogyns entwickelt sieh die untere Procarpzelle (Carpogonzelle) weiter, während die beiden oberen absterben. Genug, dass sich nach einer Theilung in 3 Zellen die mittlere zur Schlauchmutterzelle ausbildet. Die vorhin erwähnten 7 Wandungszellen setzen inzwischen ihre Entwickelung in einer ausserordentlich com]ilicirten Weise weiter fort und bilden schliesslich eine zweischichtige Wandung, die aus 32 Zellen besteht. Aus der Schlauehmutterzelle sprossen dann in 2 Reihen die Schläuche hervor, von denen jeder 4 lancettliche, zweizeilige Sporen producirt. Wie schwer es ist, diesen Entwickelungsgang zu beob- achten, geht daraus hervor, dass eine künstliche Cultur bisher nicht geglückt ist, sondern dass die einzelnen Phasen mühsam zusammengesucht werden mussten. Wir haben im Vorstehenden den Entwickelungsgang einer Art skizzirt, die im östlichen Europa auf der Stubenfliege häufig ist. Ob sie über Wien nach Westen geht, ist mit Sicherheit nicht bekannt, da den Laboul- beniaceen bisher zu wenig Beachtung geschenkt wurde. Ich will nun an der Hand der Ahljildungen noch einige in Deutschland vorkommende Arten anfuhren. Von der 73 Arten zählenden Gattung Laboulbenia kommen mehrere Arten in Europa und wohl auch, da die be- treffenden Wirthe vorhanden sind, in Norddeutschland vor. Eine der häutigsten Arten ist LabouUienia elongata, die auf Platynus und Laemosthenes in Eurojja, auf anderen Gattungen auch in Nordamerika verbreitet ist. Bei dieser Art (Fig. C) besteht das Receptaculum aus 7 Zellen, zwei bilden unten einen ähnlichen Zellcomplex wie bei Stigmatomyces Baeri, auf diesem erheben sich in einer vorderen und linken Reihe die übrigen Zellen. Auf der vorderen Reihe setzt sich auf 3 Stiel- zellen (in der Figur nur 2 sichtbar) das Peritheciuni (p), während die hintere Reihe die Anhängsel (an) trägt, welche an seitlichen Aesten die Antheridien (a) bilden. Die Sporen (Fig. D) sind lancettlich, mit einer Schleim- hulle umgeben und nahe ihrem oberen Ende mit einer Scheidewand versehen. Ganz ähnlich, nur in den Grössen- verhältnissen abweichend ist L. europaea (Fig. E), die auf Chlaenius, Callistus, Aptinus und Brachinus zu finden ist. Ausser diesen kommt auf Platynus viduus Lab. anceps, auf Paederus ruficollis Lab. cristata, auf Chlaenius vestitus und ( »niophron limbafum Lab. fasciculata, auf Bendiidium lunatuni Lab. flagellata, auf Bembidium-Arten Lab. luxurians, auf Nebria-Ärten Lab. Nebriae vor. Fig. F zeigt uns Chitononiyces nielanurus. Hier be- steht das Receptaculum aus 2 unteren, über einander stehenden Zellen, auf diesen sitzen 3 — 4, welche die Basis des Peritheciums bilden. Seitlich vom Peritheciuni erheben sich vom unteren Theil des Receptaculunis noch 4 Zellen, die .seitlich an der Peritheciumwandung ange- wachsen sind. Auf der Endzelle steht das einzige kleine Anhängsel, während das einzige Antheridium im Winkel zwischen dem Peritheciuni und dem Anhängsel entsteht (in der Figur die Spitze davon sichtbar). Auch diese Art ist nicht selten auf Laccophilus-Arten. Eine andere auf denselben Wasserkäfern waeiisende Art ist Chit. para- doxus. Rhachomyces i)iloscllus, den Fig. G darstellt, besitzt ein von mehreren über einander stehenden Zellen ge- bildetes Receptaculum. Jede Zelle entwickelt ein langes, schwarzes Anhängsel, während am Scheitel des Recep- taculunis ein oder zwei Perithcfien hervorwachsen. Der Wirth dieser Art ist Lathrobiuni fulvipenne. Andere Rhachomyces-Arten linden sich auf Anophthalmus und Othius. XII. Nr. 26. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. .307 Ausser diesen sind bisher aus Euro])a nur wenige Formen bekannt geworden. Wenn man nun bedenkt, dass von 153 bisher beschriebenen Arten wohl 130 in Nordamerika gefunden worden sind und zwar auf Käfergattungen, die auch bei uns vorkommen, so er- scheint der Scbluss nicht unbereciitigt, dass auch in Europa noch eine grosse Anzahl von Arten sicli werden naciiweisen lassen. Da die Schwierigkeiten, welche sich der Be- stimmung und Auffindung dieser Pilze bisher in den Weg stellten, durch die Tliaxter'sche Monographie zum grössten Theil behol)en sind, so durfte es nicht allzulange währen, bis sich auch bei uns ein Interesse für diese eigenartigen Pilze regt. Wenn daher die vorstehende kleine Skizze dazu beitragen sollte, weitere Kreise der Entomologen auf diese Grupjje aufmerksam zu machen, so dürfte damit ihr Zweck voilstiuulig crreiciit sein. Ueber die Natur der Geräusche ist man, während ja das Wesen der Töne reciit eingehend studirt ist, noch keineswegs im Klaren. Die eine extreme Ansicht geht dahin, dass die Geräusche etwas Specifisches seien, und dass wir denigemäss im Ohre auch einen besonderen Perceptionsai)parat für Geräusche besässen, als welcher der Vorhof mit deu Otolithen anzusehen sei. Den di- recten Gegensatz hierzu bildet die Meinung, dass alle Geräusche in letzter Instanz aus Tönen beständen, und dass die Verschiedenheit der Componenten hinsichtlich der Höhe, Intensität und Dauer dem Klanggemisch den geräuschartigen Charakter verliehen, .ledenfalls sind, um eine Entscheidung in dieser Frage herbcizufiilnen, noch eine grosse Zahl analytischer Untersuchungen von Ge- räuschen nöthig. Eine derartige Untersuchung ist nun kürzlich von Denuert angestellt (Zur Wahrnehmung der Geräusche. Archiv f. Ohrenheilk. Bd. 41, S. lO'J). Derselbe über- zeugte sich durch Analyse der Geräusche mittels des König'schen Rotirspiegels, sowie durch Zusammensetzung von Geräuschen aus periodischen Einzelbewegungen davon, dass kein prinzipieller physikalischer Unterschied zwischen Klängen und Geräuschen bestehe, und dass es zur Wahrnehmung beider Sehallarten verschiedener Nervenapparate nicht bedürfe. Auch folgender V^ersuch beweist die Einheitlichkeit von Tönen und Geräuschen. Klemmt man ein dünnes, schmales Holzstäbehen mit einem Ende zwischen die Zähne und führt gegen das andere freie Ende einen raschen Schlag, so hört man einen kurzen Ton, der um so höher wird, je weiter man das Holz in den Mund schiebt, und schliesslich ganz continuirlich in ein knipsendes Geräusch übergeht. — Die menschliche Sprache enthält viele Geräusche. Diese sind um so besser zu verstehen, je höher sie sind oder je länger ihre Schalldauer ist. Daher hören Schwerhörige oft einzelne Worte noch ganz gut, während sie für andere völlig taub sind. Schaefer. „Geographische Fragen ans der Säugethierkunde" behandelt P. Matschie in den Verb. Ges. Erdk. Berlin, 1896, S. 245—256, Taf. 1. — Die Faunengebiete, deren Kennzeichnung der Verfasser der Säugethierwclt ent- nimmt, haben im allgemeinen für alle Laiidthiere, ja auch für die Landptlanzen, Geltung. Man kann drei' grosse Gebiete unterscheideu: 1. Australien einschl. Neu-Guinea, die Inseln der Banda-See und des Bismarck- Archipels; 2. Madagasear mit den Mascarenen, Comoren und Sey- chellen; 3. das Continental-Gebiet der vier grossen Erd- theile. 1. Australien besitzt nur Kloaken- und Beutelthiere, Fledermäuse und Mäuse. Bezüglich der beiden letzt- genannten Gruppen schliessen sich auch die polynesischen Inseln Australien an. Unter allen Bcutelthieren reichen allein die Beutelratten auch ins tropische Amerika hin- über, und die australischen Fledermäuse und Mäuse ge- hören eigenen (Gattungen an. Neu-Seeland gehört (ende- mische Säuger fehlen dort) seiner Vogelwelt' nach gleich- falls zum australischen Gebiet. Im Nordwesten greifen Kuskus, das Zuckereiehhorn und einige Fledermäuse nacii Celebes, Halmahera und Ternate herüber. Ein solches Mischgebiet wird übrigens immer dort entstehen, wo nicht Schneegebirge oder tiefe Meeresarme Grenzen bilden. 2. Im madagassischen Gebiet treten die Halbaften kennzeichnend hervor. Sie waren, wie auch die ge- nannten Beutler, in früheren Erdepochen weiter verbreitet. Diesem Gebiet, zu welchem auch die Maskarenen, Komoren und Seychellen zu rechnen sind, gehören von Kerfjägern das Fingerthier, der Borstenigel und zwei echte Spitz- mäuse, von Raubthieren eigenthümliche Sehleichkatzen n. e. a. an. Die Nager weisen eigenartige Gattungen, die Flatterthiere wenigstens die bemerkenswerthe Myxo- poda auf. Man kann auf Madagasear angesichts der Verbreitung des Wellenmakis und der Indris zwei Untergebiete unterscheiden, deren Grenze von Nossi Be nach .Fort Dauphin verläuft. Da ferner jeder der sieben Vliessmakis ein besonderes Gebiet bewohnt, so zer- fällt das östliche Untergebiet in drei, das Westgebiet in vier jedes Mal von Norden nach Süden sich anreihende Provinzen. 3. Das Continentalgebiet besitzt überall, wo genügende Nahrung vorhanden ist, Arten der Gattungen Canis und Lutra. Es zerfällt in folgende Untergebiete. a. Das Nordpolargebiet reicht ungefähr bis zur Grenze des Hochwaldes. Ausser Seesäugern beherbergt es den Eisbären, den Eisfuchs, den Lemming, den Moschus- ochsen, das Renthier, das Hermelin, den Wolf, den Schnee- hasen und den Vielfras. Nur die letzten fünf Formen ge- hören auch dem gemässigten Gebiet an und kommen bis zur Wasserscheide der dem Eismeer und Nordatlantik zugeordneten Gewässer vor. Wenn hier alt- und neuwelt- liche Formen unterschieden werden können, so ist die Trennung jedenfalls nicht scharf. Die zwischen jener Eismeerscheide und der Nord- grenze des Baumwuehses liegende nördliche gemässigte Zone umfasst b. das europäisch sibirische und c. das nord- amerikanische Geh iet. Während beiden die z. B. in Deutschland schon vielfach ausgerotteten Luchs, Wild- katze, Marder, Wiesel, Nörz, Iltis, Fischotter, Elch, Pfeif- hase, Eichhorn u. a. angehören, kennzeichnen das alt- weltliche Maulwurf, Dachs, Mäuse, Siebenschläfer und Hamster, das der neuen Welt Sternmaulwurf, amerika- nischer Dachs, Hamstermäuse, Baumstachelschwein und Bisamratte. Eurasien lässt sieher ein sibirisches und ein baltisches, Amerika ausser einem kanadischen vielleicht noch ein Labrador- und Sitka-Untergebiet unterscheiden. In der subtropischen Zone sind scharf gekennzeichnet d. das chinesische, seinen Abflüssen nach dem stillen Ocean zugeordnet, und e. das Mittelmeergebiet, das dem Atlantik angehört. Zwischen beiden liegen das kaspische und das pontische Untergebiet, ersteres subtropischen, letzteres ge- mischten Charakters und ein Mischgebiet mit der nördlichen Zone. Amerika zeigt hier f. das Gebiet der Vereinigten Staaten, das südlich etwa bis zum Wendekreis reicht. In der subtropischen und ähnlieh auch in der Tropenzone ist die Zahl der si)ecielleren Gebiete eine grosse. Oft besitzt jedes Flusssystem seine eigenen Formen. 308 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. XII. Nr. 26. Für die drei Tropengebiete ^. Afrika.s, h. liidieus und i. Südameriiias macht sicli ein stariver Unterschied zwischen der alten und neuen Welt .geltend. Nur wenige Gattungen, wie Füchse, Ottern und Katzen, sind der östlichen und der westlichen Halbkugel gemeinsam, dann aber durch ganz verschiedene Arten veitreten. Vom Nordpol her nimmt die Verschiedenheit der beiden Erdhälften stetig zu. Der sich nicht zum geringsten Theil auf diese That- Sache stützenden Annahme einer Urheimath der Säuger im Norden und einer von doi-t her erfolgten Ausbreitung vermag sich Matschie nicht anzuschliessen, da ihm die Anpassungs- und Umbildungsfähigkeit der Säugethiere nicht gross genug erscheint, um die mit jener Annahme noth- wendig verbundene Difterenzirung zu ermöglichen. Die schon betonte Bedeutung der Wasserscheiden wird in Deutschland durch den äusserstcn Südwesten, der der Rhone-Wasserscheide nahe ist, und durch den Osten und Nordosten beleuchtet, die der Dnjester-Wasserscheide nahe liegen. Die Besonderheit der Küstenfauna bis Danzig und Lübeck erklärt sich daraus, dass Weichsel und Oder früher dem Eibgebiet angehörten, während die Küste innerhall) der Eismeer-Wasserscheide lag. Süd- deutschland mit dem Murmelthier, der Gemse, dem Alpen- hasen, der Alpenspitzmaus, der Schneemaus u. a. gehört zum pontischen Gebiet, ist daher von Mitteldeutschland verschieden. C. Mff. Eigenthümliche Erscheinungen ruft nach F. Marchai (C. R. Soe. Biol. Paris, 22. Janv. 1897) der Parasitismus einer Hymeiiopteren-Larve (von Tricliacis renuilus) in der Larve der Getreide-Gallmiicke (Cecidonijia destructor) hervor. Erstere sticht Letztere in sehr früher Jugend vom Bauche aus an und legt ihre Eier in das Nervensystem, meist in das hintere Ende der Bauch- ganglienkette, oder auch in ein Glied derselben, in einen der von ihr ausgehenden dickeren Nervenstämme oder in einen der Gehirn-Nerven. Die aus dem Ei entstehende Larve lässt um sich eine Cyste entstehen, die mit Flüssig- keit gelullt ist und von einer Membran aus grossen, poly- gonalen Zellen umgeben ist. Um diese herum beginnt weithin die Nerven-Masse zu wuchern, und es entsteht ein Haufen von keulenförmigen Riesen-Zellen, der fast die ganze Körperhöhle der Fliegen-Larve ausfüllt. Die jüngsten dieser Riesen-Zellen sind hyalin, fein längs ge- streift und hängen mit dem einen zugespitzten Ende mit den Nervenfasern zusammen, während das andere, freie Ende dick angeschwollen ist und mehrere grosse, blasen- förmige Kerne enthält. Letztere sind oft mit feinen Körnchen gefüllt, oft auch mit unregelmässigen, sphärischen oder polyedrischen Massen. Die ältesten Zellen sind von Fetttröpfehen erfüllt und undurchsichtig. Die Kerne ver- lieren sie in der Körperhöhle, so dass die Leibesflüssigkeit ihre sphärischen und polyedrischen Körperchen enthält, ein bequemes und sicheres Mittel zur Erkennung dieser Parasiten. Die ganze Wucherung dient später den Larven der Tiichacis zur Nahrung und stellt also eine Art thierischer Galle dar. Reh. lieber das Cciitralkorn der Heliozoen theilt Dr. F. Schaudinn seine neuesten Untersuchungen in den Verhandlungen der deutschen zoologischen Gesell- schaft von isy(> mit. Hei mehreren Heliozoen dringen bekanntlich die Achsenfäden der Pseudopodien oder Axo- podien, weiche dem weichen Plasmaüberzug zur Stütze dienen, in den Weiciikörper ein und lassen sich durch das grobköi-nige Ectoplasma und das feingranulirte Ento- plasnia hindurch bis zum Centrum der Zelle verfolgen, wo sie sich in einem stark lichtbrecheuden Korn, dem so- genannten Centralkorn, vereinigen. Dieses Centralkorn ist durch seine starke Tinctionsfähigkeit mit verschiedenen Kernfarbstoffen ausgezeichnet. Bei einkernigen Formen hindert dasselbe mit seinem Strahlensystem den Kern daran, eine centrale Lage einzunehmen; er liegt daher stets excen- trisch, wenn aucii noch im Entoplasma. (»bschon das Centralkorn der Heliozoen durch Grenadier schon lange bekannt war, war man über seine Bedeutung noch im Zweifel. Die Tinctionsfähigkeit desselben und die grosse Aehnlichkcit seiner Strahlung mit den Centrosphärcn der Metazoenzellen legte die Vennuthung nahe, dass es einem Centrosom entspreche(Bütschli). Schaudinn machteessich nun zur Aufgabe, das Verhalten des Centralkornes wäh- rend der Kerntheilung bei einer einkernigen Form ge- nauer festzustellen und benutzte hierzu verschiedene Acanthocystis-Arten und schildert die Vorgänge aus- führlicher an der A. aculeata. Diese Form vermehrt sich ausser durch Zweitheilung auch noch durch Knospung. Beide Arten der Fortpflanzung konnte Schaudinn beob- achten und genau verfolgen. Bei der Fortpflanzung durch Theilung, die sich äusserlich dadurch bemerk- bar macht, dass die Pseudopodien eingezogen werden, erfolgt die Kerntheilung auf typisch mitotische Weise; das Centralkorn functionirt dabei als Centrosoma. Bei der Fortpflanzung durch Knos- pung theilt sich der Kern dagegen direct ohne Betheiligung des Centrosomas, die Knospe besitzt daher zunächst kein Centralkorn. Die ausgebildete Knospe enthält im Centrum den Kern, der ebenso gebaut ist wie beim Mutterthier. Die Knospe löst sich vom Mutterthier ab und verharrt einige Tage in Ruhe ohne Pseudopodien zu entwickeln. Dann tritt das Centralkorn im Kern auf. Der Kern rückt nun allmählich nach der Peripherie der Zelle, während das Centralkorn im Centrum der Zelle, zunächst noch von der Kernmembran umschlossen, liegen bleibt. Schliesslich trennt sich der Kern ganz vom Centralkorn, er liegt im Plasma der Zelle, und die Strah- lung wird sichtbar. Ferner beobachtete Schaudinn noch, dass ein Thier, nachdem es zahlreiche Knospen entwickelt hat, sich theilte. Der Kern ist also im Stande, nachdem er sich wiederholt direct getheilt hat, sich auch noch indirect, mitotisch, zu vermehren. Theilung und Knospuug können also mit einander abwechseln. Somit haben die Befunde Schaudinn's über das Ver- halten des Centralkornes der Heliozoen bei der Kern- theilung die Vermuthung bestätigt, dass das Centralkorn einem Centrosom entspreche. Eine Erklärung für das Auftreten des Centrosomas im Kern ist ausserordentlich schwierig. Vielleicht könnte man es als eine Art endogene Kernvermehrung auffassen, falls sich nicht noch herausstellen sollte, dass bei der directeu Kerntheilung ein kleiner Theil des Centrosomas in den Kern hineinwandert, was bei der Feinheit der in Betracht kommenden Gebilde ja leicht übersehen werden kann, aber bei der Exactheit der Schaudinn'schen Beob- achtungen wohl nicht zu erwarten ist. R. feinen zusammenfassenden Bericht über „die Myr- niecophilen und Termitophilen'" veröffentlicht E. J. \Va,s- mann im C. r. des seances du 8. congres international de Zoologie, Leyde, 1896, S. 410 tf. Er versteht unter jenen die gesetzmässigen Gesellschattcr der Ameisen und Ternnten, die mit rein zufälligen durch die hemimyrmeeo- und -tcrmitophylen Thiere im Zusannnenhang stehen. Als biiilogisclic Klassen derselben kann man folgende unter- scheiden. Echte Gäste (Symphilie oder Myrmeco- und Tcrmitoxenie) geniessen von ihren Wirthen dadurch Pflege, dass sie gefüttert und beleckt werden. Indifferent XII. Nr. 26. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 309 gednldete Gäste (Metoekie oder Synoekie) werden von den Wirthen in verschiedenem Grade g-cduldct. Feind- lich verfolgte Einmietlier (Syuechthrie) drängen sich ihren Wirthen als Räuber an ihnen oder ihrer Brut auf. Echte Parasiten stehen z. Th. in verschiedenem Ver- hältniss zu den Wirthen. Von einer instinctiveu Beziehung zwischen ihnen und diesen kann nicht die Rede sein. Die Bracouiden, Chalcididcn und Proctotruiiiden sind als Iniagines oft indifferent geduldet, doch wird Elasmosoma berolincnse feindlich verfolgt. Gänzlich der Wechsel- beziehung entzogen sind die in Ameisen (Elasmosoma) oder ihrer Brut (Eucharis myrmeciae, Chalcara Bedeli) lebenden Hymenoptercn sowie der in den Speicheldrüsen von Formiea rufa lebende Fadenwurm Pelodera Janeti. Man kennt 124() Myrmekophilen (darunter 1177 Insecten mit etwa 1000 Käfern, 60 Arachnoiden und 9 Crusta- ceen) sowie 109 Termitophilen (darunter 87 Käfer). Das erste Kennzeichen echter Symphilie ist das thatsächlich festgesetzte gesetzmässige Znsammen leben, auch wenn, wie das bei Vs '^er nord- und mittelenropilischen Myrmecophilen der Fall ist, keine Anpassungsmerkmale vorliegen. Das zweite besteht in dem Vorhandensein solcher Anpassuugsmerkmale, d. h. von Organen und Organbildungen, die sich nur bei diesen Symphilen finden und allein aus ihrer Leljcnsweise erklärlich sind. Viele derselben veranlassen einen myrmeco- und termito- philen Habitus, andere aber nicht. Dieser Habitus allein darf daher nicht als entscheidend angesehen werden. Zu diesen Anpassungsmerkmalen gehören erstens eigen- artige Büschel, Pinsel oder Tomentpolster gelber oder rothgelber Haare oder Borsten, die von den Wirthen beleckt werden, um das angenehme, flüchtige, ätherische Oel, das in die Reihe der Fettäther gehört, und hier rasch verdunstet, zu geniessen. Die Claviger, Lomechnsa, Atemeies u. a. sondern keinen Zucker ab. Der Geruch ähnelt dem des Fenchelöles. Der Geuuss beruht wohl auf einem angenehm narkotischen Reiz. Die Haarl)üschel stehen bei den zahlreichen Clavigerideu an der Aussenecke der Flügeldeckenspitze, an ihrem Hinter- rand, am Hinterleib, auch wohl an den Fühlern. Zahl- reich sind sie bei den Paussiden an den mannigfachsten Körperstellen und aufs äusserste variiren sie in Form und Anordnung bei dem übrigen Heer der myrmecophilen Käfer. Eine zweite Gruppe dieser Anpassungsmerkmale betrifft die geringere (oder stärkere) Ausbildung bestimmter M und t heile. Wie die Haare mit der Be- leckung, so steht diese Thatsache mit der Fütterung durch Ameisen in Zusammenhang. Namentlich die der Nahrungssuche und -prüfung dienenden Taster sind oft verkümmert, so die Kiefertaster bei den Clavigeriden. Daneben kommt oft eine reichlichere Ausbildung der zur Nahrungsaufnahme gebrauchten Zunge vor. Doch hat Termitomorpha grosse Kiefertaster, die, wie bei vielen Käfern die Fühler, durch Schläge die Wirthe zur Fütte- rung auffordern. Uebrigens sind auch bei sklaven- lialtcnden Ameisen die Taster reducirt. Die Physogastric, d. h. abnorme Verdickung des Hinterleibes, ist namentlich bei Termitengästen zu Hause. Hier erscheinen die Chitinsegmente oft nur als dunkle Flecken auf den weissen Verbindungshäuten. Oft kommt dabei die Anal- öflnung auf den Rücken zu liegen. Die sechs phylo- gastren Aleochariuengattungen bewohnen die Termiten- bauten des tropischen Amerikas, Afrikas und Madagascars. Die Physogastric kommt auch bei Carahidenlarven vor. Die Ursache der sonderbaren Erscheinung ist eine Ilyper- troi)hie des Fettkörpers; es liegt also, wenn hier " eine Aehnlichkeit mit dem aufgeschwollenen Hinterleib der Termitenkönigin auch nicht zu verkennen ist, doch nur eine Pseudomimicry vor. Viertens sind eigenartige Fü hier bildun gen zu nennen. Die Fühler der Ameisen- gäste dienen einmal dem Verkehr zwischen Gästen und Wirthen, und zwar fordern sie entweder die Wirthe zur Fütterung auf, wie die vortrefflich dazu geeigneten taktstockähnlichen, platten, geweihförmigcn u. s. vv. Fühler oder sie täuschen die Wirthe über die wahre Natur des Gastes und gehören Syuökcn an, die dadurch der Ver- folgung entgehen. Zweitens dienen die Fühler als Transportorgane, an denen (sie sind z. B. bei Paussus oft zackig) die Wirthe die Gäste möglichst bequem trans- portiren. Interessant ist es, dass geweihförmige Fühler, auf Madagascar bei zwei verschiedenen Familien von Ameisengästen sich linden. Drittens sind aber auch Fühler- formen zu beobachten, die auf den Schutz dieser Or- gaue gegen Angriffe der Wirthe berecimet sind, natürlich nur bei Synöken. Die verwickeltsten Anpassungs- merkmale Ijeziehen sich auf die Mimicry. Einmal kommt, so bei vielen Formen, eine rein morphologische Pseudomimicry (Myrmecoidie) vor, wo eine biologische Bedeutung nicht nachweisbar ist. Wirkliche Mimicry dient zum Schutz gegen Feinde, die die Ameisenwaffen fürchten und daher den durch Nacliäff'ung geschützten Ameisengästen fern bleiben. Sie findet sich bei exotischen Cicindeliden und Ccrambyciden, bei Myrmccomoea, Myr- mecophana und der heteropteren Myrmecoplasta. Viel- fach beruht die Nachahmung auf Zeichnungstäuschungen, und sie scheint für Augen, die den unsrigeu gleichen, berechnet zu sein. Ein ostalgerischer Bockkäfer, Pseudo- myrmecion, gleicht täuschend Crematogaster scutellaris, und Stegaspis-Larven copiren Blattstücke tragende Blatt- sehneidermeisen. Wahrscheinlich finden sich unter den ameisenähnlichen Wanzen und Spinnen auch Ameisen- feiude (Myrmecoj)hagen). Eine dritte Mimicry dient der Täuschung der Ameisen selbst. Passiv ist sie, wenn Färbung, Gestalt u. dergl. sie herbeiführen, activ, wenn auch das Benehmen der Nachahmer dem der Wirthe ähnelt. Kommt die passive Mimicry bei gut sehenden Wirthen vor, so ist die Färbung, auch wohl die Gestalt des Gastes denen des Wirthes gleich. Bei blinden Ameisen aber beruht sie allein auf der Gestaltsnach- ahnmug. Für beide Fälle lassen sich zahlreiche Beispiele anführen. Die Fühlerbildung der Ecitongäste, die stets bei wechselnder Körpergrösse dieselbe Ftthlergrösse auf- weisen, ist ein Zeichen activer Mimicry. Hier wird der Fühlerverkehr der Wirthe nachgeahmt, wie man das bei den einheimischen Atemeies unmittelbar beobachten kann. Im Gegensatz zu den nachahmenden Formen weisen Ameisengäste auch wohl die Schutzform des Trutztypus auf. Er hat den Zweck, den Gast für den Wirth un- angreifbar zu machen. So ist z. B. die vierschrötige Gestalt der Histeriden eine Trutzform ohne, die vieler myrmeco- und einiger termitophilen Staphylinidcn eine Trutzform mit myrmecophileni Habitus. Sehr auffallend ist der „Schutzdachtypns" vieler Taehyporineu. Xeno- cephalus gleicht völlig einem Limulus mit gewaltigem, hinten zugespitzten Schild. Der Trutztypus kommt ge- wöhnlich bei Synöken vor, findet sich aber auch bei Syuechthren. In Verbindung mit Symphilie ist er uns bei Fauvelia bekannt, die in Bolivia daheim ist. C. Matzdorff. Neues über Flyschchondriteu. — In seiner Zu- sammenstellung „Vermeintliche und zweifelhafte pflanz- liche Fossilien" (Naturw. Wochenschr. 1895, No. 29, S. 347 ff'.) Itespricht Potonie auch die Fucoiden oder Chon- driten, die vorzugsweise aus dem Flysch (Facies der Kreide und des Tertiär) der Alpen, aber auch schon aus paläozoischen Schiefern bekannt geworden und in älteren, so zu sagen naiveren Zeiten allgemein als fossile Algen 310 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. XII. Nr. 26 aufgefasst worden sind. Insbesondere handelt es sich um die Gattung- Chondrites mit den Arten atfinis, iutricatus, arbuscula und vielen anderen. Später hat sie bekanntlich Natborst unter die Bohrgänge (von Würmern etc.) ver- weisen wollen und hat darin bei Vielen einige Zeit solchen Anklang gefunden, dass die Vertheidiger der ur- sprünglichen Auffassung, selbst der hier viel gründHcber als Natborst vorgegangene Maillard, als rückständig galten, sodass dann auch des letzteren Arbeit „Considerations sur les fossiles decrits comme algues. Mem. Soc. paleout. Suisse. XIV. 1887" selbst in einer hervorragenden kritischen Zeitschrift eine gänzlich ungenügende Besprechung fand, aus der ihr reicher Inhalt und ihre Wichtigkeit gar nicht hervorgeht. Aber nachdem schon Nathorst's ur- sprünglich eifriger Anhänger Tb. Fuchs in Wien sich zu der modificirten Auffassung veranlasst sah (1895), dass jene Bohrgänge ihre Regelmässigkeit und ihren gleichbleibenden typischen Charakter nur ihrem be- sonderen Zweck, als Eierablage zu dienen, verdankten, hat sich ganz ncuesteus in dem bekannten Geologen A. Rothpletz (Ueber dieFlysch-Fucoideu und einige andere fossile Algen, sowie über liasische, Diatomeen führende Hornschwämme. — Zeitschr. d. Deutsch, geolog. Gesell- schaft XLVIII, 1896, S. 854—914, Taf. XXII— XXIV) ein energischer Vertheidiger der ältesten Auffassung ein- gefunden, der sich nicht so leicht wie Maillard wird bei Seite schieben lassen, obwohl zugegeben werden niuss, dass er bei weitem noch nicht alles unzweideutig hat er- klären können. Rothpletz bringt in der genannten Arbeit also fol- gendes vor: 1. Die einzelnen Chondritenzweige legen sich wohl öfter auf- und aneinander, durchkreuzen sich al)er nie, selbst bei noch so dichtem Zweiggewirr und selbst bei Betheiligung mehrerer Arten an der Bildung solcher Gewirre; man kann aber den Würmern, insbe- sondere den verschiedenen Arten, nicht soviel ,,socialen Instinkt" zutrauen, dass sie „sich gegenseitig respectirt und ihr Eiergescbäft nicht gestört hätten". 2. Wenn die Chondriteupflanzen, wie es wahrscheinlich ist, knorpelige, steife Zweige besassen, ist eine Erklärung für die That- sache, dass sie bald aufrecht, bald liegend in den Schichten gefunden werden, und zwar jenes sowohl mit den Zweigen nach oben als nach unten gerichtet, nicht schwierig. (Es sei hier auf die vom Verfasser etwas zweifelnd hiugenommene, aber vom Referenten auch für Culmchondriten mehrmals am anstehenden Fels nach- gewiesene Thatsache (siehe „Naturw. Wochenschr." 1894, S. 365) aufmerksam gemacht, dass viele Chondriten in der That ihre Zweige wurzelartig gegen das Liegende senden). 3. Der Einwurf, die Tange wüchsen nur auf fester Grundlage, nicht in solchem Schlamm, wie ihn die Flyschmergel als ihr ürsprungsmaterial voraussetzen, ist hinfällig, seit auch einige gegentheilige Beobachtungen gemacht sind. 4. Der Fucoidenkörper ist kein Mergel, also kalkcarbonatfrei, selbst in solchem kalkhaltigen Neben- gestein, mit dem kein kalkfreies wechsellagert. Solche Fueo- iden, wie sie Fuchs vor sich hatte, die von der oberen Schicht- fläche senkrecht nach unten gegen und aus dem Material der höheren Schicht bestanden, konnte R. nicht untersuchen, da er nur liegende (umgefallene) Exemplare zur Verfügung hatte. 5. Die Fucoidensubstanz, sorgfältig quantitativ untersucht, besteht vorzugsweise aus Thonerdesilicat mit rund 47—59 »/o '''iO,, und 18—26 «/„ AlaO^, während das Nebengestein nur 16 bczw. 11 %*) enthält. 6. Der beim *) Aus don boidon K.'schon Analysen miisste man schliesseu, dass die Fucoidousub.stanz wasserfrei ist, da nur von Wasserstoff diu Rede ist. Sollte dieser wirklicli gänzlich ;in KoldoustotF ge- bunden sein? Vergleiche dazu oben sub G. Dünnschliff' äusserst vorsichtig bebandelte Fucoidenkörper ist frei von Quarzköruern, besteht vielmehr wesentlich aus einem „mikrokrystallineu Aggregat wasserhaltiger (so!) Silicate, Eisenoxyd, resp. -Hydroxyd und Kohlenstoff". 7. Der Fucoidenkörper weist dunkle, nach seiner Längs- richtung verlaufende Körnchen und Fetzen auf, welche quergegliederte Zellfädeu gewesen zu sein scheinen; diese bildeten ein parcnchymatisches Zellgewebe; die ver- schleimten Zellhäute sind durch Silicat versteinert. 8. „Die anatomischen Kenntnisse, soweit sie sich erkennen oder vermuthen lassen, weisen viel eher auf die Phäophyceen hin" als auf die Florideen. 9. Der Versteinerungsvorgang selbst ist zwar sehr schwer zu erklären, insbesondere die Carbonatfreihcit der Fucoiden gegenüber dem -Reich- thum des Nebengesteins und andrerseits die Ersetzung der in letzterem so reichlichen Spongiennadeln durch Calcit; aber vielleicht war gerade die bei Verwesung der Fucoiden frei werdende Kohlensäure das Hinderniss für den Carbonatniederschlag. 10. Wären die Fuctiiden hin- gegen ursprünglicli Hiilirgänge gewesen, so würde das Fehlen von Foraminitcrengebäusen und Spongieunadeln und insbesondere von jeglichem Kalkcarbonat darin ein vollkommenes Räthsel bleiben." R. giebt alsdann eine neue Eintheilung der Flysch- Fucoiden in Gattungen und Arten, wobei er für die oben- genannten gewöhnlichsten Arten den alten Subgenus-Namen Phycopsis zum Gattungsnamen erhebt. Wir erwäbneu aus diesem Abschnitte nur noch das eine, dass auch R. eine Verwachsung mehrerer Formen beobachtet und abgebildet hat, aber nicht mit Maillard als verschiedene Spross- formen derselben Art (Chondrites- aus Caulerpa-Form) deutet, sondern auf ein epipbytisches Verhältniss verschie- dener Arten zu einander zurückführt (R. spricht zwar 1. c. S. 888 von „kein epipbytisches Verhältniss", meint aber darunter „kein parasitisches", wie aus der Be- gründung hervorgeht, dass die Unterpflanze (Squamularia) „bereits theilwcise zerstört" gewesen sein müsse). E. Zimmermann. Clironodeik von Stefan Kessel. — Herr Leo Brenner schreibt in No. 16 vom 18. A])ril d. J., dass das bei Stefan Ressel in Wien bestellte Chronodeik nicht die Genauigkeit von + '/2^ gegebeu hat und dass es in Folge dessen nicht angenommen wurde. Da iu Folge dieser Bemerkung der Glaube hervorgerufen werden könnte, dass die von Stefan Ressel construirten Chrono- deike überhaupt keine grosse Genauigkeit der Zeit- bestimmung zu erzielen gestatten, so fühle ich mich zu der Erklärung veranlasst, dass, soweit ich die zahlreichen Berichte von Beobachtern an dicseu handlichen In.stru- menten zu Gesichte bekonmien habe, alle mit der Genauig- keit zufrieden waren. Dieselbe erreicht eine Zeitsecunde. Der Gedanke, welcher der Construction des so ein- fachen Instrumentes zu Grunde liegt (siehe Wunder des Himmels, Ferd. Dümmlcrs Verlag, 8. Aufl., Seite 911) lässt eine Ausführung im grossen Maassstabc und eine übertrieben weitgehende Verfeinerung einzelner Bestand- theile nicht zu, weil gewisse Einflüsse, z. B. die lang an- dauernde Bestrahlung durch die Sonne, Fehlerquellen hervorrufen, welche die scheinbar gesteigerte I'räcisiou illusorisch machen; weshalb auch Herrn Leo Brenner von der Durchführung seiner Idee, ein „Riesen"-Chrouodeik bauen zu lassen, abgerathen wurde. Ich habe an dem in Rede stehenden Chronodeik selbst beobachtet und eine üebereinstimmung bis zu drei Secunden erzielt. Wenn ich die Beobachtungen nicht weiter fortsetzte, so hat das seinen Grund darin, dass ,ich eben auch noch andere Dinge zu thun liatte, und ich glaube, dass die XII. Nr. 26 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 311 Geuauigl^eit von einer Secunde erzielt worden wäre, wenn man sich die Zeit genommen hätte, die scliwaciien Seiten specicll dieses Instrumentes zu besiegen. Hierzu gehört aber ein guter, verständiger Beobachter. Dr. J. Palisa. Aus dem wissenschaftlichen Leben. Ernaiiut wm-iicii; IJr. Kutten Hroilliuii, Mitglieil der Physikalisch-teclinisehen Reichsanstalt in Cliarlottenburg, zum Professor; der Privatdocent für Hautkranklieiteu in Berlin Dr. Gustav Behrend zum Professor; der Privatdocent der Philo- sophie in Prag Dr. Ziembecki zum Professor; der ausser- ordentliche Professor der Bakteriologie in Erlangen Dr. Heim zum ausserordentlichen Professor der Hygiene daselbst. Berufen wurden: Der ordentliche Professor der Physiologie in Utrecht Dr. Engel mann nach Berlin als Nachfolger du Bois- Reymonds; der Privatdocent der Philosophie und Psychologie in Leipzig Dr. Ernst Meumann als ausserordentlicher Professor der Pliilosojjhie und Pädagogik nach Ziiricli. Es habilitirten sich: Dr. Wilhelm Möricke für Mineralogie in Freiburg i. Br.; Dr. von Klecki für landwirthschaftlicho Mikrobiologie in Krakau; Dr. Wegscheider für theoretische Chemie in Wien; Dr. Duerck für Pathologie in München. Abgelehnt hat: Der Dircctor der Universitäts-Frauonklinik in Halle Prof. Dr. Fehling den Ruf nach Tübingen als Nach- folger Prof. von Sä.xingers. ZurUckgetieten sind: Der ausserordentliche Professor der Physiologie in Erlangen Dr. Isidor Roseuthal vom Nebenfach als Docent der Hygiene; der ordentliche Professor der Chemie in Bern A. Rössel. Es starben: Der bekannte Chemiker Geh. Hofrath Karl Remigius Fresenius in Wiesbaden; der Professor der Thier- physiologie an der Wiener Hochschule für Bodoncultur Dr. Martin Wilkens (durch Selbstmord); der Professor der Anatomie in Brüssel Dr. Alfred Stocquart; der Doceut der Thierheilkunde in München Prof. Dr. Dominik Hofer; der Assistent an der chirurgischen Klinik in Bonn Dr. Fischer (im Duell gefallen). L i 1 1 e r a t u r. Sanitätsrath Br. med. H. Schtlnemann, Die Ffiauzen7ergif- tungen. Ihre Erscheinungen und das vorzunehmende Heil- verfahren, geschildert an den in Deutschland heimischen Gift- pflanzen. 2. verb. Aufl. Mit 118 Abbild, und einer farbigen Pilztafel. Berlin, Verlag von Otto Salle. 1897. — Preis l M. Das Büchelchen ist zur ersten Orientirung über die heimischen Giftpflanzen geeignet. Leider fehlen einige recht wichtige, so die Maiblume, Convallaria majalis, die Robinie, Robinia Pseud- Acacia, deren Rinde und Samen recht giftig sind (vergl. „Naturw. Wochenschr." VI, 1891, S. 28), und andere. Jean Demoor, Jean Massart et Emile Vandervelde, jirofesscurs a. Bruxelles. L'Evolution regressive en Biologie et en Socio- logie. 1 vol. in 8" de la Bibliotlie(iue seientifiiiue internationale, avec 84 gravures daus le texte. Felix Alcau editeur. Paris 1897. — Preis geb. 6 Frcs. Die Evolution, Entwickelung, z. B. eines Organes kann in vorschreitendem Sinne erfolgen oder in rückschreitendem, das Organ rudimentirenden und schliesslich auslöschenden Sinne. In dem vorliegemlen Buch werden die Erscheinungen letzt- erwähnter Art behandelt. Mag man mit den Schlussfolgerungen der Verfasser einverstanden sein oder nicht, so bietet doch der Thatsacheu-Inhalt des Buches mancherlei Anregungen. Prof. Dr. M. Braun, Die 'Umformusg der Gliedmaassen bei den höheren Thieren. Mit 18 Abbild. Verlagsanstalt und Druckerei A. G. (vormals J. F. Richter). Hamburg 18'J6. — Preis 0,80 Mk. Das Heftchen bespricht die Homologieen der Wirbelthier- Gliedmaassen. Wo Verfasser zum ersten Mal den Ausdruck „gleichwerthig" im morphologischen Sinne gebraucht, wäre es gut gewesen, in dem doch für Laien berechneten Vortrag diesen Ausdruck näher zu definiren. Dr. Curt Floerieke, Xaturgeschichte der deutschen Sumpf- und Strandvögel. Mit 44 Abb. auf 15 Schwarzdruck-Tafeln. Creutz'sche Verlagsbuchh. (R. & M. Kretschmann). Magdeburg 1897. — Preis 4,.5Ü Mk. Das Buch will eine Ergänzung sein zu den in demselben Verlage erscliionenen Büchern von Russ über die Kleinvogelwelt ; es ist für den Laien, Laudwirth, Forstmann und Jäger bestimmt, weshalb der Text allgemein verständlich gehalten worden ist. Der Liebhaber unserer Vogelwelt wird das Bucli gern zur Hand nehmen, da es ausführliche und sachkundige Auskunft giebt. Prof. Dr. W. Detmer, Botanische Wanderungen in Brasilien. Reiseskizzen und Vegetatiousbilder. Veit & Comp., Leipzig 1897. — Preis 3 M. Das freundliche, allgemein-verständlich belehrende Buch be- schränkt sich nicht auf elementar-botanische Auseinandersetzungen allein, sondern nimmt auch hier und da Gelegenheit, geographische, sociale und sonstige Fragen zu berühren, die sich einem denkenden Reisenden aufdrängen. Der Freund der scientia amabilis und der Natur überhaupt wird das Buch gern lesen und mancherlei An- regungen aus demselben schöpfen. Jacob Heussi, Leitfaden der Physik. 14., vorbess. Aufl. Mit 159 Holzschnitten. Bearbeitet von H. Weinert. Otto Salle in Berlin 1897. — Preis 1,80 Mk. Von dem bewährten Unterrichts-Leitfaden liegt wiederum eine neue Auflage vor, die den eifrigen Fortschritten, die die Physik in den letzten Jahren gemacht hat, in passender Weise gefolgt ist, wodurch eine Vermehrung des Textes unvermeidlich war. Das Heft umfasst 144 Seiten. Oberlehrer Dr. phil. Wilhelm Levin, Methodischer Leitfaden für den Anfangsunterricht in der Chemie unter Berücksich- tigung der Mineralogie. Mit 87 Abb. 2. verbess. Aufl. Otto Salle. Berlin 1896. — Preis 2 Mk. Die erste Autlage wurde Bd. VII, S. 315 besprochen. Wir haben damals das Heft loben müssen und freuen uns, dass es die gebührende Berücksichtigung gefunden hat. Namentlich die Kapitel Schwefel und Eisen haben in der vorliegenden Auflage Erweiterungen erfahren. Dr. Walther Lob, Grundzüge der Elektrochemie. Mit 43 in den Text gedruckten Abbildungen. Verlag von J. J. Weber in Leipzig. — In Origiual-Leinenband o M. Das Bändchen gehört der bekannten Weberschen Katechismen- sammlung an. Verfasser will einen Ueberblick über die heutige Elektrochemie geben um den, der die „Grundzüge" in sich auf- nimmt, in den Stand zu setzen, die heutigen Bestrebungen auf diesem Gebiete in Wissenschaft und Praxis zu verstehen. Nach Klarstellung der Grundanschauungen wird die Theorie der Lösungen auseinandergesetzt. Die folgenden Abschnitte . be- handeln die Leitfähigkeit der Elektrolyte, die elektromotorischen Kräfte, die Anwendung der osmotischen Theorie, die Polarisation, die Stromquellen und die Zersetzung durch den elektrischen Strom. Ein „Anhang" beschäftigt sich mit der Anordnung bei elektro- lytischen Versuchen, mit der Bestimmung einiger Potentialsprünge und bringt einige Tabellen. Jahrbuch für Photographie und Beproductionsteohnik für das Jahr 1897. Unter Mitwirkung hervorragender Fachmänner herausgegeben von Regierungsrath Dr. Josef Maria Eder, Director der k. k. Lehr- und Versuchsanstalt für Photographie und Reproductionsverfahren in Wien, Professor an der technischen Hochschule in Wien etc. Elfter Jahrg. Mit 168 Holzschnitten und Zinkoty]>ien im Texte und 38 artistischen Tafeln. Halle a. S., Druck und Verlag von Wilhelm Knapp, 1897. — Preis 8 Mk. — Auch der vorliegende Band bietet dem Fachmann und Amateur wieder eine Fülle von Anregungen und Belehrungen. Eine grosse Zahl Original-Artikel nimmt etwa die Hälfte des Jahrbuches in Anspruch. Die andere Hälfte ist vorwiegend den Fortschritten der Photographie und Reproductionstechnik in den Jahren 1895 bis 189() gewidmet. Die Aufi^ührung der ertheilten Patente nimmt die Seiten 551 — 560 ein, eine Litteratur-Liste die Seiten 563 bis 576. Die Kunstbeilagcn sind auch diesmal von besonderem Interesse. Inhalt: Prof. Dr. Fritz Regel, Reisebriefe aus Columbia. VI. — Dr. G. Lindau, Ueber Insecten-bewohuende Pilze. — Ueber die Natur der Geräusche. — Geographische Fragen aus der Säugethierkunde. — Parasitismus einer Hvmcnojiteren-Larve (von Trichacis remulus) in der Larve der Getreide-Gallmüeke (Cecidomyia destructor). — Ueber das Centralkorn der Ileliozoen. — Die Myrmecophilen und Termitopliileu. — Neues über Flyschchondriten. — Chronodeik von Stefan Ressel. — Aus dem wissen- schaftlichen Leben. — Litteratur: Sanitätsrath Dr. med. II. Schünemann, Die Pflanzenvergiftungen. — Jean Demoor, Jean Ma.-^sart et Emile Vandervelde, L'Evolution regressive en Biologie et en Sociologie. — Prof. Dr. M Braun, Die Umforuuing der Glied- maassen bei den höheren Thieren. — Dr. Curt Floerieke, Naturgeschichte der deutschen Sumpf- und Strandvögel. — Prof. Dr. W. Detmer, Botanische Wanderungen in Brasilien. — Jacob Heussi, Leitfaden der Physik. — Oberlehrer Dr. phil. Wilhelm Levin, Methodischer Leitfaden für den Anfangsunterricht in der Chemie. — Dr. Waltber Lob, Grund-.rige der Elektrocheinie. — Jahr- buch für Photographie und Reproductionstechnik. 312 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. XIl. Nr. 26. Neue Pflanzenpresse (vorgl. „Naturwissensehaftlicho Wochen- schrift" 1896 Nr. 18 S. 218) iu 3 Grössen: 42 X 28 cm ä St. 4,50 M. 32x22 cm „ 3,50 „ 23x15 cm „ 2,50 „ stets vorräthig bei Fritz Schindler, BERLIN SO., Köpenickerstr. U6. Fernsprecher Amt 7 Nr. 1055. I Wasserstoff Sauerstoff. Dr. Th. Elkan, Berlin N., Tegelerstr. 15. ♦♦♦♦♦♦♦♦♦♦♦♦♦♦♦♦♦♦♦♦♦♦♦♦♦♦♦♦♦♦♦♦♦*♦♦♦♦♦♦♦♦♦ t Dr. Robert Muencke t ♦ ^ Teclinisches Institut für Anfertigung wisaenschaftlichor Apparate ♦ ♦ und Geratliacliafton im Gesammtgebiete der Naturwissenschaften. ♦ ♦♦♦♦♦♦♦♦♦♦♦♦♦♦♦♦♦♦♦♦♦♦♦♦♦♦♦♦♦♦♦♦♦♦♦♦♦♦♦♦♦♦♦ Luisenstr. 58. BERLIN NW. Luisenstr. 58. DünnschlifF- Sammlung'eii für praktische mikroskopische Uebungen. Dit'se SarriiuUingen ontlialti'U Diinnsclilitfc aller wichtigen Gesteinstypon und sind zusammengestellt nach H. Rosenbiisch „Mikroskopische Physiographie der massiven Gesteine" Stutt- gart 1896. 3. Auflage. — Beigegeben wird eine kurzgefasste gedruckte Beschreibung, derart, dass der Lernende die einzelnen Gemengtheile der Gesteine makroskopisch und mikroskopisch erkennen und bestimmen kann. Sammlungen von je 120, 180 und 250 Dünnscbliffen in elegantem I':tui je Mk. 15(1, Mk. 225, bez. Mk. o2;'j. Dieselben Sammlungen mit den dazu gehörigen Handstttcken. (Fornuit 8'/., x 11 cm.) je Mk. 250, Mk. ;590, bez. Mk. .575. Jeder Schliff unterliegt vor der Ablieferung einer genauen mikroskopischen Prüfung, sodass für die Güte der Praeparate und für die richtige Auswahl von charakteristischem Material garantirt werden kann. Dr. F. Krantz, KheiiiiütcheH M i iieralien- Coiitor. Verlag mineralog.-geolog. Lehrmittel. Ge.schilft.Sf,'i-üiuiniiK l«:).!. Bonfl a./nfl. Ceschäftsgrümlung \sr.'.. 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Platte Fig. 6 enthält ein fast voll- ständig ausgeprägtes, rechtes Einzelfähr- tenrelief in dem unteren Theil, zu dem vernmthlich 4 Zehenkuppenreliefs am Rande der Platte als Spuren des zuge- hörigen rechten Hinterfusses gehören, mit dem jenes dann ein rechtes, einseitiges Einzelfährtenpaar bilden würde. Ausser- dem sind aut der Platte noch eine Reihe Zehenkuppenreliefs vorhanden, wie solche auf den Platten Fig. 7 und 8 die alleinigen Fährtenspuren von Ichniothe- rium Cottae darstellen. Indem ich mit der Beschreibung Fährtenplatteu die Besprechung der Icliniotheriumfährteu soweit sie sich in der Sammlung des Her- zoglichen Museums in Gotha befinden, beschliesse, fasse ich ihre Merkmale wie folgt zusammen: 1. Merkmale der Einzelfährte. Die Einzelfährte von Ichniotherium Cottae Pohlig besteht aus einem breiten Ballen derfüsse sind einwärts gekehrt. Die Sehrittlänge beträgt im Mittel 30 cm, die Spurbreite 24 cm. Danach berechnet sich die zurückgelegte Strecke auf 10 cm und die eiu- y^ Fig. 4. Platte 51/.50 cm mit Einzelfiihrtenreliefs von Ichniotherium Cottae Pohlig. Mittleres Roth- liegendes, Frledrichroda. dieser letzten f und fünf Zehen, die klumpige bis Die kugelförmige Endigungeu besitzen, erste Zehe ist von den mittleren Zehen, die enger verwachsen sind, getrennt, ebenso stets die fünfte Zehe, die abge- spreizt gewesen ist. Daher ist es ge- konnnen, dass sehr selten alle fünf Zehen als Reliefs auf den Fährtenplatten vor- handen sind und die Einzelfährten meist nur aus den Reliefs ihres Ballens und der Kuppen ihrer 1 — -4 oder 2—4 Zehe, oder sogar nur aus letzteren bestehen und frühere Bearbeiter die Friedrich- roder Fährten einem „vierzehigen" Thier zuschrieben. Die vierte Zehe ist stets die längste, die erste die kürzeste, die zweite mit der fünften. Sie messen 1, 2, 3, 4 und 5 4 selbst cm. Die jleichlang im Mittel ., , , „ j .:i, 4, 5, 6 und Länge der Einzelfährte selbst (im Mittel 12 cm) ist entweder gleich der Spannweite, oder wird von ihr um 1 cm übertroffen. 2. Merkmale der zusammen- hängenden Fährte. In der zusammen- hängenden Fährte folgen die Spuren der Hinterfttsse unmittelbar denen der Vor- (lerfüsse und decken sich nicht selten mit ihnen, so dass die S])ureu der Zehen der Hinterfusse in den Spuren der Ballen der Vordcrfüsse liegen. Ausserdem wechsein die einseitigen reciitcn und ein- seitigen linken Einzelfährtonpaarc mit einander ab. Die Einzelfährten der Vor- seitige Schnittlänge auf 38 cm. Somit stimmen aber die Merkmale der Ichniotheriumfährte so vollständig mit den Merkmalen der Tambacher Klumpzehfährte, Ichnium sphaeiodacty- lum Tamliach (siehe diese Zeitschrift 1896 No. 48, 1897 No. 8), überein, dass auch sie als eine ..Klumpzehfährte", Ichnium sphacrodactylum, zu bezeichnen ist. Da- mit soll aber, worauf ich schon in meiner Besprechung der Kabarzer Fährten (diese Zeitsclirift 1897, No. 8) hinwies, keines- wegs behauptet werden, dass alle Klumpzehfährten in dem Rothliegenden Thüringens von derselben Thierart hinterlassen wurden. Wenn ich die Iciiniotheriuinfährte hier gleichfalls Ich- nium „sphacrodactylum" nenne, so ge- schieht dies ausschliesslich nach den an der Fährte selbst beoliaehtcten Merkmalen. Pohligs „Ichniotherium" hat eben eine Ichnium „sphacrodactylum" hinterlassen und wenn es einmal glücken sollte, das „Ichniotherium" zu finden, so wird es iedenfalls nach seinen Merkmalen umzutaufen sein und seineu auf jedes Thier, das eine Fährte hinterliess, passenden Verlegenheitsnamen verlieren müssen, niemals aber seine Fährte, die immer eine „Klumpzeh fährte" bleiben wird! — Nicht in meiner Absicht liegt es jedoch, durch diese Erörterungen den Friedrichroder Fährten ihren iiinen von ihrem ersten Bearbeiter gegebenen Namen ^ zu nehmen! Neben den Ichniotheriumfährten fand aber Pohlig auf seinen Friedrich- roder Platten ferner (siehe Pohlig: „alt- permische Saurierfährten" Leipzig 1892) als „Protritoniehnites lacertoides" be- zeichnete, die nach ihm von Protriton salamandroides herrühren und die wohl mit Saurichuites lacertoides Ceinitz (siehe: Geinitz, Dyasi identisch sind. Auch auf einer Anzahl der im Herzoglichen Museum zu Gotha vorhandenen Friedrichroder Platten befinden sich, theilweise vor- züglich erhalten, Einzelfährtcn ein- drücke von Saurichnites lacertoides Geinitz, die sich nicht selten zu zu- sammenhängenden Fährten vereinigen. Von besonderem Interesse aber dürfte es sein, dass die auf den von Professor Walther-Jena gefundenen Kabarzer Plat- ten (siehe diese Zeitschrift 1897, No. 8) vorhandenen Einzelfährteneindrücke mit Saurichnites lacestoides Geinitz von Frledrichroda übereinstimmen und dass damit durch genannten Herrn ihr Vor- kommen auch in dem mittleren Roth- liegenden von Kabarz zuerst naehge- Fig. .5. Hruchstiick einer Platte 53 cm mit einem Kinzelfahrtenrclief und Zelienkuppcnreliels von Ichniotherium Cottae Polilip:. Mittleres Rothliegendcs, Fr S'drichroda. wiesen worden ist. Mit dem vorliegenden Aufsatz die Besprechung der „fossilen Thierfährten in dem Rothliegenden Thüringens", so- weit es sich um ihre im Herzoglichen Museum zu Gotha befindlichen Funde XII. Nr. 27. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 317 handelt, beendend, hebe ich noch einmal kurz das Wesent- liche jener hervor. Die grosse Bedeutung der besiirochencn Thiertahrten liegt darin, dass sie in der Formation des Rotli- liegenden gefunden worden sind, und sie damit zu den ältesten derartigen Funden gehören. Nach den weiteren Funden im Rothliegcnden zu schliessen, sind sie die Spuren der ältesten Vierfiisser, der Urvicrfiisser, die un- sere Erde bevölkert haben. Sie haben somit nichts gemein mit den jüngeren Chirothcriumfährten, welche im Buutsandstein gefunden wurden. Von welcher Art jeuer Urvierfiisser aber unsere Fährten hinterlassen wurden, ist, soweit uns bis heute die Thiervvelt des Rothliegenden bekannt ist, kaum möglich zu bestimmen. Nur soviel kann nach der Beschaftenheit der Fährten und dem Gang der Entwickelungsgeschichte der Thiervvelt auf unserer sich in der Ausbildung verschiedener Fährtentypen aus- spricht, auf eine gewisse Mannigfaltigkeit der Fährten- tiiiere schliessen lassen. Denn wenn vielleicht auch die Khimpzehfährte Ichnium sphaerodactylum, von Tambach und Kabarz und die Ichniotheriumfährte von Friedrich- roda von demselben Thier hinterlassen wurden, so bleiben die Spitzzeilfährte, Ichnium acrodactylum, Kleinzclifährtc, Ichnium microdactylum, von Tambach und die Vierzeh- fährte, Ichnium tetradactylum, von Kabarz, sowie Saurich- nites von Friedrichroda und Kabarz noch inmier als weitere selbständige Fährtentypen bestehen und beweisen entweder eine „Vielgestaltigkeit" der zugehörigen Thier- formen, oder ihren formenreichen Entwickelungsgang, wenn die verschiedenen Fährtentypen verschiedenen Entwickelungs-Stadien dersellien Thiere zuge- sprochen werden, wie ich in einem früheren Aufsatz als ■^: 'n -/. ''^- ' l 4 ~ '.<^^ V1^ Fig. ü. Platte 52/18 cm mit einem Eiuzelfiihrteu- reUef und Zehenkuppenreliefs von Ichnio- tlieriiim Cottae Pohlig. Mittleies Roth- Uegeuiles, Friedrichroda. ..# Fig. 7. Platte 50/27 cm mit einer Reihe Zehenkui)peureliefs von Ichniotherium Cottae Fohlig. Mittleres Rothliegendcs, Friedrichroda. I'latte'i4i/22cm mit einer Reihe Zehenkuppen- rolicfs von Ichniotberium Cottae PohÜR. Mittleres Rothliegendes, Friedrichroda. Erde als wahrscheinlich hingestellt werden, dass jene Urvierfüsser Amphibien-, oder Reptilien-ähnliche Thiere gewesen sind, vermuthlich aber sogenannte „Mischlings- thiere". — Da durch diese Möglichkeit die Bestimmung der Fährtenthiere an Schwierigkeiten zunimmt, weil sie wohl keinesfalls mit heute uns bekannten Thierarten in Uebereinstimmung zu bringen sein dürften, habe ich bei meiner ersten genaueren Bearbeitung der Fährten aus dem Rothliegenden von Tambach und Kabarz jene Be- nennung einzuführen versucht: „welche einen Hinweis auf das mögliche Fährtenthier ganz fallen lässt und die Fährte nur noch an ihr selbst zu beobachtenden Merkmalen bezeichnet" („Naturw. Wochenschr." 1896, No. 48). Nichtsdestoweniger sind aber die Thierfährtem in dem Rothliegenden für die Beurtheilung der Thierwelt jener Zeit von Bedeutung, da sie durcli ihr häufiges und zahlreiches Vorkommen und ihren Formenreichthum, der möglich hingestellt habe („Naturw. Wochenschr." 1896, No. 48). Von den einzelnen Fährtenvorkommen endlich beanspruchen die Friedrichroder Fährten das Sonder- interesse, dass sie die ersten fossilen Tliierfährten ge- wesen sind, die im Rothliegenden Deutschlands ge- funden wurden. Den Tanibachcr Fährten gebührt eine erhöhte Bedeutung, weil ihre Entdeckung die Kenntniss der Fährten im Rothliegenden wesentlich erweitert hat, da vor ihrem Auffinden ausser den Friedrichroder Fährten nur solche bei HolieueUie in Böhmen und Oschatz in Sachsen aus dem Rothliegcnden bekannt waren. — Aehnliches gilt von den Kabarzer Fährten. — • Die Sammlung von „Fährten aus dem Rothliegenden" des Herzoglichen Museums zu Gotha aber, die mir Ver- anlassung zu den vorstehenden Veröftentlichungen gab, dürfte wohl zu den reichhaltigsten dei'artigen Samndungen gehören ! ~ 318 Naturwissenschaftliche Wocheuschrift. XII. Nr. 27. Aus dem hygienisch - chemischen Laboratorium der Kaiser Wilhelms-Akademie für das militär-ärztlielie Bil- dungsweseu liegt „ein neues A'erfahren zur Her.stellnng keimfreien Trinkwassers" vor von Stabsarzt Dr. Schum- burg (Deutsche medicin. Wochenschrift 1807, No. 10). Während die Wasserversorgung im Grossen durch Anlage gut gebauter Sandtilter oder durcii Erboliruug einwand- freien Grundwassers zu einem ziemlich erfolgreichen Ab- schluss gelaugt ist, lässt sich das für die BesehafCung unverdächtigen Trinkwassers durch Klcinfilter nicht be- haupten. Schuniburg hat als stellvertretender Vorstand des genannten Laboratoriums auf Verfügung der Medicinal- abtheiluug des Kriegsministeriums fast sämnitliche Me- thoden zur chemischen Wasserreinigung nachgeprüft und sämnitliche chemischen Körper, die vielleicht geeignet sein konnten, Wasser, sei es durch Sedimentirung, sei es durch ihre bactericide Kraft von Keimen zu befreien, in den Bereich dieser Untersuchungen mit einbezogen. Ueber diese Untersuchungen wii-d besonders berichtet werden. Das Endresultat — die schnelle Erzielung eines gut aus- sehenden, trinkbaren Wassers — ist fast in allen Fällen ungünstig. Es ist zwar nicht seiiwer, Wasser keind'rei zu machen, doch gelang es fast nie, das Desinfectionsniittel wieder aus dem Wasser zu entfernen oder es unschädlich und unmerklich zu machen. Verf. berichtet über einen interessanten Erfolg, welchen er im Verlauf der seit nahezu einem Jahr fast täglich fortgesetzten methodischen Untersuchungen zu ver- zeichnen hat. „Es ist die in fünf Minuten erfolgende Ab- tüdtung fast sännutlicher Wasserbacterien und sämmtlicher im Wasser nachgewiesenen pathogeneu Keime durch Bromwasser, welches nach fünf Minuten durch Zusatz von Ammoniak unschädlich gemacht wird, so dass ein klares und geschmackfreies Wasser entsteht. Es bildet sich bei der Einwirkung des Annnoniaks auf Brom unterbromig- saurcs Ammonium und Bromammonium ; letzteres entsteht aus ersterem." Das Brom wurde meist als Brom-Bromkaliumlösung angewendet, Wasser 100,0, Brom 20,0, Bromkalium 20,0. Von dieser Lösung genügten 0,2 ccm, um in 5 Minuten einen Liter Spreewasser zu sterilisiren. Es wai'cn nur einige wenige, stark sauerstoffbedürftige, aber harmlose Bacterien, we/che in dieser Form dem Brom Widerstand leisteten. Zur Beseitigung der 0,2 ccm Bromlösung dient die gleiche Menge 9 % Annnoniaks. Es ist nöthig, die beiden Flüssigkeiten auf einander genau einzustellen, obschon von vielen weder eine ganz geringe Menge freien Broms, noch eine solche von Ammoniak unange- nehm empfunden wird. Der Geschmack des erhaltenen Wassers unterscheidet sich kaum von dem des ursprünglichen, die Farbe ist vüllkonnnen klar. Der Gehalt an entstandenen Brom- salzcn — etwa 0,15 gr im Liter — ist so gering, dass er weder für den Geschmack, noch für das Allgemein- liclinden in Betracht konnnt. Die Thatsachen sind in über 200 Versuchen mit Spreewasser, in 5 bis 6 verschiedenen Cholera- und 'i'yphus- stännnen, mit Fäccs, vielen Oholerawasserbacterien, einer grossen Zahl Saijrojjiiyten und allen in Frage kinnnicndcn Itathogcncn Keimen erprobt. Verf. hortt, dass sich das Broniwasser wie kein anderes der vielen empfdidenen Wasscrreinigungsmittel zur Herstellung keimfreien, schmack- halten 'i'rinkwassers eignet. Zweckmässig für das richtige Dosiren der Flüssig- keiten sind Pipetten, die allerdings Ungebildeten nicht in die Hand zu geben sind. In diesen Fällen sind be- sondere, bei(ueme .Vbmessvorriclitungeii nöthig. Die Firma Altmann in Berlin hat deshalb auf Verf. Vcraidassnng Flaschen eonstruirt, welche ein genaues Abmessen gleicher Flüssigkeitsmengen leicht auch dem Ungeübten gestatten und eine Aetzwirkung der Bromlösung beim möglichen Zerbrechen der Flaschen vermeiden sollen. Sehr zweck- mässig hat Ref die leicht und sicher durchzubrechenden Glasröhren gefunden, in welche eingeschmolzen die ge- nannte Firma die für 2V2 1 Wasser ausreichende Brom- und Ammoniakmenge (0,5 ccm) abgiebt. Mz. Brown-Sequard veröffentlichte 18S9 eine Arbeit: Du role physiologique et therapeutique d'un suc cxtrait de testicules d'animaux. Poe hl in St. Petersburg bemühte sich dann zuerst, den bei den Brown-Sequard'schen Emul- sionen wirksamen Stoff zu isoliren und es gelang ihm, das Sperniin am Thierhoden in Wünschenswerther Rein- heit herzustellen, er gab dem Präparat die Formel C5H14N0. Es wurden sowohl Thierversuche als Injectionen an Menschen in grosser Zahl, besonders von russischen For- schern angestellt mit 2%igen Lösungen dieses „Sper- minum Poehl", welches sterili.sirt in zugeschmolzenen Fläschchen k 1,0 in den Handel kam. Die Thier- versuche ergaben eine Steigerung der Herzthätigkeit. Bei Anwendung am Menschen wurde beobachtet: Hebung des Allgemeinbefindens, Besserung des Schlafes, des Appetites, der Verdauung u. s. w., indirect sollte es durch Hebung des Tonus bisweilen anch auf die Geschlechts- sphäre gewirkt haben. In Deutschland verhielt man sich der Anwendung des Sjjermins gegenüber ziendich skeptisch. Die Re- sultate sind für die angegebeneu Krankheitszustände schwer zu beurtheilen, zumal Neurastheniker im Anfang auf jede neue Kur günstig zu reagiren pflegen. Immer- hin wurden bei der absoluten Unschädlichkeit des Mittels weitere Versuche auch von deutschen Forschern, so von Posner, empfohlen. Später fand man, dass das Spermin die Rolle eines Fermentes der Gewebsathmung spielt: es besorgt die Oxydation der Producte der regressiven Metamorphose, schützt die Gewebe vor Ansammlung von schädlichen Stoffwechselproducten und bringt nach einigen Autoren die krankhaft verminderte Blutalkalescenz wieder zur Norm. Das Spermin besitzt somit die Fähigkeit, den ( »rganismus vor dem Auftreten einer Autointoxication zu schützen und wäre somit als einer der Factoren der na- türlichen Immunität des Organismus zu betrachten. Die letzte Hypothese von Poehl wird durch directe in dieser Richtung angestellte Versuche aus der Klinik von Senator bestätigt. Das russische Journal für medicinische Chemie und Pharmazie hat jetzt einen sehr ausführlichen Fragebogen an die bedeutendsten Kliniker der meisten civilisirten Länder versandt, um die Resultate der Beobachtungen einheitlich zu gruppiren und zugleich manche besonders interessante Frage, deren allgemeine Besprechung mit zunehmender Verbreitung der (iewebssaftherapie zur Noth- wendigkeit wird, deutlicher hervortreten zu lassen. Mz. Untersuchungen „über das Gift unserer Honig- biene" hat Josef Langer in dem Areh. exper. Pathol. und Pharmak. HS, 381— 9(i. 252 Prag. Pharmakol. In- stitut der deutschen Universität verötfentlicht. Zur Ge- winnung und Ansammlung des Bienengiftes übte Ver- fasser mit Hülfe zweier Finger einen gelinden Druck am Abdomen aus, wodurch der Stachel sofort hervorschnellte; den Stachel Hess Langer in Wasser eintauchen und fing auf diese Weise das (iifttröi)fchcn auf; da.sselbe Resultat wurde erzielt, wenn Verfasser den Stachel mitsammt der Giftblase mittels der Pinectte herausriss und mit Wasser verrieb. Durch Auffangen der vereinigten Gifttröpfchen XII. Nr. 27. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 319 in Filterpapier resp. Kapillarrölirclien erhielt Langer das nativc Gift, als wasserklare Flüssii^keit, vom speeifischcn Gewichte 1,1313, die sauer reagirt, einen bitteren (ie- schmack besitzt und angenehm aromatischen (icruch hat. Die Menge des in jeder einzelnen Biene vorliuiulcncn Giftes schwankt zwischen den Werthen von Ü,0UU3 — U,UÜU4 g. Die saure Reaction des gemeinen Giftes ist durch die Anwesenheit von Ameisensäure bedingt, welch letzterer indessen die physiologische Wirkung des liiencngit'tcs nicht zuzuschreiben ist, da das (iift sowohl nach Ncutra- hsation als auch nach Abdestilliren der Ameisensäure seine giftigen Eigenschaften bewahrt. Das Giftsekret, das keine Spur von Bacterienkeinien zeigte, übt auf Bacterien keine abtödtendc Wirkung aus, behindert indessen vollkommen eine Weitervcrniehrung derselben. Der TrockenrUckstand des Giftes bcti-ägt 3ü "/„ ""d enthält von anorganischen Salzen phosphorsauren Kalk und phosphorsaures Natron. Koeht man das Gift l)eziehnngsweise wässerige Gift- lösungen für sieh oder nach Zusatz von Salpetersäure, so tritt Trübung ein, Millon's Reagens erzeugt einen röthlichcn Niederschlag, Jodquecksiiberjodkalium, Phos- phorwolframsäurc und Sublimat geben ebenfalls nach vorherigem Ansäuren Niederschläge; das Gift zeigt Biuret- reaction und verhält sich gegen die Nylander'sclie und Trommersche Probe negativ. Selbst nach mehrstündigem Erhitzen zeigte das Gift durchaus keine Veränderung, ein Beweis für seine grosse Widerstandsfähigkeit; in physiologischer Hinsicht ähnelt seine Wirkung der des Schlangengiftes ungemein. Zur Isolirung der giftigen Substanz sammelte Ver- fasser 12 000 Stacheln mitsammt den Giftblasen in Ö6 "/o Alkohol an, filtrirte dann den Alkohol ab und trocknete den Filterrückstaud bei 40*^. Zur weiteren Reinigung wurde die gut getrocknete und fein zerriebene Masse wiederholt mit Wasser extrahirt und mit Alkohol gefällt. Durch nunmehriges wiederholtes Ausfällen der wässerigen Giftlösnugen mittels Ammoniak erhielt Langer einen Niederschlag von äusserst giftigen Eigenschaften, der ab- solut eiweissfrei war und weder Eiweiss- noch Biuret- reaction zeigte; hieraus folgt, dass die giftige Substanz des Aculeatengiftes kein Eiweissktirijci-, sondern eine in Wasser unlösliche Base ist, die im Giftsekrete selbst als Salz enthalten ist. Dr. A. Sp. Einen Fall von Neotenie und unvollständigem Albinisinus bei Salamandra maculosa zeigte J. W. Spengcl auf der vorjährigen Versannnlnng der deutschen zoologischen Gesellschaft zu Bonn (s. Verh. etc. S. 197). Eine 1894 geborene Larve blieb bis dahin am Leben, verwandelte sich aber nicht, sondern behielt ihr Jugend- kleid bei. Ihre Kiemen sind ausserordentlich gross ge- worden, auch die Flossensäume sind fortgewachsen. Diese Larve war anfangs fast gänzlich farblos; jetzt haben sich die wenigen schwarzen Flecke etwas ver- grössert, allein der grösste Theil der Haut ist farbfrei, sodass die Hautdrüsen als gelbliche Pünktchen durch- schimmern. C. Mft'. Neuer Fundort von Lepidosiren paradoxa. — Mit berechtigtem Stolze theilt Dr. E. A. Goeldi, dieser rastlose, nicht nach äusseren Erfolgen haschende, von echt wissenschaftlicher Begeisterung beseelte Erforscher Brasiliens, in seinem Bol. Mus. Paräense No. 4, vom ( »c- tober 1896, mit, dass es seiuer unermüdlichen, planvollen Propaganda gelungen ist, ein neues Exemplar und zu- gleich einen neuen Fundort des ebenso seltenen als merk- würdigen Lurchfisches Lepidosiren paradoxa zu „ent- decken". G. hatte in den 3 vmliei gehenden Nummern des Bol. immer auf ihn hingewiesen und in der dritten sogar eine Bes('ln'eil)ung und Abbildung desselben ge- geben. In fast lUOO Exemplaren hatte er diese Nunnner in Parä vertiiciit, ausserdem noch lÜOO Sonderabdrücke; in der ofticiellen Staats-Zeitung von l'ara hatte er diese Beschreibung zuerst veröffentlicht, und schliesslich hatte er zahlreiche Briefe ins Innere gescliickt und vor Allem auch die Local- Blätter für seine Propaganda zu gewinnen gewusst. So konnte er behaupten, dass in dem Staate Parä kein Verwaltungs- oder Gerichts -Beamter, kein Lehrer an einer öttentlichen Schule sei, der nicht die Beschreibung und Abbildung der Lepidosiren in Händen hatte. Aber auch in den benachbarten Staaten hatten beide grosse Verbreitung gewonnen. So konnte der Er- folg ja kaum ausbleiben. Und so erhielt er denn auch von dem Fazendciro Dr. Viecntc Chermont de Miranda zuerst einen Brief, in dem ihm dieser mittheilte, nach der erhaltenen Abbildung und nach der im „Brehm" glaube er sich zu erinnern, den Lepidosiren schon gesehen zu haben, und bald darauf einen zweiten Brief, dass ein Exemplar dieses Thieres an Dr. G. unterwegs sei, das dieser denn auch erhielt. Es stammt von der Insel Marajö, in der Mün- dung des Amazonas, vom Cap Magoary. Es ist 60 cm lang, wohl ausgewachsen, leider verletzt durch Säbel- hiebe. Dr. G. beeilte sieh, festzustellen, dass der Knorpel- strahl der Flossen artikulirt sei, auf welches Merkmal hin Prof. Ehlers die in Paraguay von Dr. Bohls gesammelten Exemplare für eine besondere Art gehalten hatte, was also nicht zutritt't. — Bis vor 2 Jahren, als Dr. Bohls etwa 50 Stück dieses Thieres mitbrachte, waren erst 8 Stücke bekannt gewesen: 3 in Wien, von denen 2 der Untersuchung geopfert wurden, 2 in Paris (1 nur ein aus- getrockneter Balg), 2 in Florenz und 1 in Berlin. — Auf einer Karte giebt G. die bisher bekannten Fuudorte au, 1 in Paraguay, 1 in Mato Grosso (Brasilien), 1 aus dem Quell-Gebiet des Amazonas (Peru), 3 aus dem mittleren Amazonas-Gebiet und jetzt der neue in dessen Mündung. Reh. Die russischen Steppen behandelt ein Aufsatz von Prof. N. J. Kusnezow in den Sitzungsberichten der Dorpater Naturforscher-Gesellschaft. — Unabsehbar weit breiten sich im ganzen Süden Russlands Steppeu aus. Eine weite, gleichförmige Ebene, ein nach allen Seiten hin freier Horizont, ein zeitweilig wehender, heftiger, trockener Südostwind, fruchtbareSchwarzerde (Czernosem), silbergraues Pfriemengras (Stipa pennata und capillata), die niedrigen, strauchartigen Weichselkirschbäume (Prunus chamaecerasus, Steppenkirsche), Zwerg- Mandclbäume (Steppenmandel, Amygdalus nana) und Schlehdorn (Pru- nus spinosa), die im Herbst sich wie eine Kugel über die Steppe rollende Flammenlippe (Phlomis herba venti und andere), Trapjien, Murmelthiere, Schluchten und Klüfte, die sich schlangenartig durch die Steppen winden, immer tiefer und tiefer in dieselbe eindringen und auf diese Weise die freie Gleichf(irmigkeit unterbrechen, zer- streut liegende Lehmhütten mit ihren unvermeidlichen Brunnenschwengeln, Steppengräber, Windmühlen — sind die hauptsächlichsten Charakterzüge dieser Steppen. Der am meisten charakteristische, hervortretendste Zug der südlichen Steppen des europäischen Russlands ist "jedoch ein vollständig negativer, nämlich die Ab- wesenheit der Wälder. AVenn man sich von Petersburg: nach Süden begiebt, so führt der Weg anfangs bis Moskau mitten durch typisches Waldgebiet. Dunkler Tannenwald zieht sich wie eine undurchdringliche Mauer zu beiden Seiten des Schienenstranges der Nikolajewsehcn Bahn hin. Dazwischen wechseln die Tannenwälder mit Fichten- 320 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. XII. Nr. 27. haiueu oder Morästen ab, oder werden in der Nähe von Städten und Dörfern von Feldern, Viehweiden und Birken- gehölzen unterbrochen. Diese Unterbrechungen sind künst- liche, hervorgerufen durch die Anwesenheit der Mensehen. Wald — ist der(irundcliarakter unseres nordischen Klimas, d. li. die Nadelwälder, Fichten- und Tannenwälder. Wo sich aber Wald befindet, da sind auch Sümpfe mit Riet- gras, Schilfsorten oder mit Moosen, Schelibeeren und Kransbeeren. Aber schon in der Nähe von Moskau ändert sich das Bild. Die Nadelwälder treten den Boden Eichenhainen, ja sogar Eiciienwäldern ab, Felder kommen häufiger vor und nehmen weite Flächen ein. Wenn man nun in den Moskau-Kurskischen Eisenbahuzug einsteigt und sich einige zehn Werst von Moskau entfernt, so ver- ändert sich wiederum das Bild; Nadelwälder haben voll- ständig aufgehört und an ihre Stelle sind nun Eichen- wälder, die stets von Feldern unterbrochen werden, ge- treten. Je weiter der Zug nach Süden fuin-t, desto sel- tener und unbedeutender werden die Eichenwälder und Haine, aber desto ausgedehnter die Felder und desto freier der Horizont. Hinter Tula beginnen die Steppen, mit ihrer fruchtbaren Schwarzerde, ihren Schluchten und Klüften, und ihrem freien, weiten Horizont. Aber weder Pfriemgras noch Trappen und Murmclthierc trifft man; diese Attribute der Steppe sind längst ins Gebiet der Sage entschwunden. Sie sind durch den l'Hug, durch die Felder verdrängt worden. Unlängst jedoch sind sie noch hier gewesen: davon können die Aeltesten erzählen, davon zeugt auch die Schwarzerde, die so- zusagen als Triebkraft des Steppen - Pflanzenwuclises erscheint, als Function des Pfriemgrases, welches ja jenen fruchtbaren Boden bedingt und den Steppenbewoiinern, d. h. den Murmelthieren und anderen als Zufluchtsort ge- dient hat. Weiter nach Süden breitet sich die Steppenland- schaft, der Steppenhorizont, die Steppenebenc vor den Augen des Reisenden aus, und wenn man nicht gerade ein Eingeborener der Steppe ist, so beginnt allmählich jene unendliche Fläche, jene Einförmigkeit und Abwesen- heit der Wälder langweilig zu werden. Am ersten Tage ist man entzückt von der Geräumigkeit der Steppe, man athmet mit Wollust die freie Luft ein; aber am dritten Tage wird man schon dieser unbegrenzten, unbewaldeten, offenen Schwarzerdefläche so überdrüssig und müde, dass mit Ungeduld das Südufer der Krim herbeigesehnt wird, wo Berge den Horizont einschliessen, und wo aufs Neue Bäume und Wälder auftreten. Die Nordgrenze der Steppe geht von Südwesten nach Nordosten ungefähr auf der Linie, welche sich über Kiew, Czernigow, Kaluga, Rjäsan, Nishi-Nowgorod, Kasan und Perm dahinzieht. Man darf es sich ja nicht so vor- stellen, als ob unmittelbar nach dieser Linie die Wälder aufhörten und die offenen Steppen anfingen. Diese Linie bildet die Nordgrenze der Schwarzerde, und stimmt zu- gleich mit der Südgrenze der Tanne überein. Dieses Zusammenfallen der beiden Grenzen bat schon mehrere Gelehrte auf den Einfall gebracht, dass die Tanne die Schwarzerde scheut und dass sie deswegen im Süden Russlands nicht vorkommt, weil sie den dortigen fetten Boden nicht verträgt. Wie sciion erwähnt, weicht das Waldgebiet nicht plötzlich vor der waldlosen Steppe zurück. Schon in dem Gebiet des Nadelwaldes, d. h. an seiner Südgrenze, z. B. in der Nähe Moskaus, machen Eichenhaine den Tannenwäldern das Territorium streitig. Und dort, wo die Tannenwälder aufhören, dort findet die Eiche vor- treffhche Bedingungen zu ihrem Gedeihen. Und dann finden wir in dem niirdlicben Steppengebiet Russlands, in den Gouvernements von Orlow, Tula, Rjäsan, Nishni Nowgorod und Simbirsk, gleichzeitig mit Feldern nicht wenig Eichenwälder und kleinere Gehölze; und das Studium von der Verbreitung der Wälder in jenen Gou- vernements, ebenso wie auch die Erzählungen der alten Einwohner überzeugen uns davon, dass einst, am Anfange der Geschichte Russlands, jene Landstrecken fast voll- ständig bewaldet gewesen waren. Dabei muss man aber bedenken, dass in jenen Gouvernements mitten in den Wäldern sich einzelne Stellen ausdehnen, die nie be- waldet gewesen sind und auf denen seit Jahrtausenden nur dichtes, hohes Steppengras gewachsen ist. Mit einem Wort, die Ste))pen Russlands waren in jenen Central- Gouvernements Russlands ebenso eingeschlossen in dichte Eichenwälder, wie heutzutage die Einförmigkeit der Schwarzcrdefelder nur bisweilen von Eichenwäldern unter- brochen wird. Aber je weiter man nach Süden, oder richtiger gesagt, nach Südosten vordringt, desto seltener werden die Eichenwälder und Haine, desto mehr ninmit die Stejjpe das Territorium ein: der Horizont wird freier imd weiter, die Schwarzerde wird kräftiger und fruchtbarer, die Eichenwälder, welche die Ebene der Felder von dem Orlowschen und Rjäsanschen Gouvernement zerstörten, treten entweder in Schluchten und Abgründe zurück, oder ziehen sich an den steilen, zerklüfteten, rechten Ufern der Flüsse dahin, oder aber verlaufen sich in die Thäler. Aber die von Flüssen eingeschlossenen Ebenen, die oft wie ein Tischtuch so glatt sind und nur äusserst selten durch Abhänge oder Schluchten entstellt werden, sind bedeckt von der kräftigsten Schwarzerde, jene Strecken weisen auch nicht die geringsten Spuren von einem früheren Waldwuchs auf; im Gegentheil, je nach der Bodenbeschaffenheit zeugen stellenweis noch unversehrt gebliebene Nachbleibsel des ersten Pflanzenwuchses davon, dass jene zwischen Flüssen gelegenen Landstrecken von Alters her waldlose Stejtpen dargestellt haben. Aber auch in den südlichen Gouvernements Russlands, wie in Bessarabien, Kiewschen, Poltawaschen, Kurskischen, Char- kowschen, Woroneshschen, Saratowschen und wie in jenen reinen Steppen-Gouvernements genügt es, das Relief der Gegend ein wenig zu verändern, sie unebener zu machen, sie mehr zu durchqueren, und die Steppen würden ihren Platz dem ^Valde abtreten, welcher in Gestalt von Hainen und kleinen (iehölzen sich noch bis jetzt stellenweis er- halten hat, oder im Ciiarakter des Bodens (in seiner Structur und seinen chemischen Bestandtheilen) und im Charakter der erhaltenen Pflanzenwelt deutliche Spuren seiner friilieren Veibreitnng zurückgelassen hat. Dokuc- zajew hat, indem er Nachbleibsel jener gewesenen Wälder der Bodenbescliaffenlieit und Verbreitung der Pflanzen nach durchforscht hat, eine genaue Karte vom Poltawaschen Gouvernement zusammengestellt, eine Karte, aus welcher deutlich ersichtlich ist, um wieviel wald- reicher dieses Gouvernement bis zu den historischen Zeiten gewesen ist. Das ist freilich wahr, dass die Steppen seit Jahrtausenden in diesem Gouvernement vorgehei-rscht haben; und stumme Zeugen dieser Voraussetzung sind: der reiche, kräftige Humus, die Schwarzerde, unterirdische Maulwurfs-Gänge und dergleichen. Aber mitten in den Steppen fanden sich damals nicht wenig Wälder, die heutzutage grcisstentheils ausgerottet worden sind. Wenn wir ebenso genau auch die anderen unter denselben Breiten liegenden Gouvernements Russlands durchforschen würden, so erhielten wir wohl wahrscheinlich dasselbe Bild auch hier und könnten sehen, dass die Steppen nicht immer ganz waldlos gewesen sind, und dass die Wälder einst weit nach Süden gereicht haben, in Gestalt von einzelnen mehr oder weniger grossen Oasen mitten in der grossen Steppe. Aber jene Wälder sind schon längst \on (1er Hand der aus dem Skythenlande gekommenen Nomaden XII. Nr. 27. Naturwisseuschaftliche Wochenschrift. 3-21 ausgerottet worden und konnten sicli nicht von Neuem entwiclichi und dalier stammt wohl der Grund zum Be- griff einer Steppe iicr, als von einer vollständig vom Walde entblössten Gegend. Die >Siidgrenze der Eiche geht in Russlaud ungclaln- durch Kischinew, Jekaterinoslaw, Nowoczerkask, Sarepta, Saratovv, Orenburg, und bis zu dieser Linie kann man unter günstigen Bedingungen mitten in der Steppe über- all Wälder antreffen. Wirklich, je weiter man hier nacli Süden vorrückt, desto seltener werden und waren die Wälder. Die Steppe hat in den südlichen Gouverne- ments Russlands immer vorgeherrscht, aber mitten in ihr, in Schluchten und Abgründen, an den hohen, zerklütteten üt'crn der Flüsse, auf gut ausgelaugtem und dränirtem Boden begegnet mau häutig Wäldern, welche die mono- tone Einförmigkeit der Steppenlandschaft angenehm unter- brechen. Nur im äussersten Süden Kusslands, in den Gouvernements von Cherson, Taurien, im südlichen Theil des Jekaterinoslawsehen, im Gebiet der Donschen Ko- saken, im Samarascheu und Astrachauscheu, war die Steppe von jeher unbewaldet, und Wälder konnnen und kamen auch schon damals nur in den ausgebucliteten Flussthäleru vor. Aber in diesen letzteren gingen die Wälder fast bis zu den Ufern des Schwarzen Meeres hinab. Und so ist denn der Waldmangel der Steppe, das charakteristischste Zeichen ihrer heutigen Natur, nur ein vollständig relatives Merkmal. Zwischen Wald und Steppe kann und darf man keine scharfe Grenze ziehen, und wenn auch die beiden Begriffe sich gegenseitig aus- schliesseu, so sind sie geographisch doch fast unmöglich zu trennen. Der Wald tritt im Süden Russlands nicht auf einmal das Land der Steppe ab. Noch sehr weit behält er das Territorium in Gestalt von Eichenwäldern für sich, und nur allmählich. Schritt vor Schritt, weicht er vor der Steppe zurück, indem er ihr das Feld räumt und sieh in Schluchten verliert, oder sich an hügeligen, zerklüfteten, steilen Gebirgsufern dahinschlängelt. Das Steppengebiet der Schwarzerde in Russlaud ist bis jetzt noch reich an Wäldern und Gehölzen; einst freilich nahmen die Wälder hier noch viel mehr Land ein, im Norden des Steppengebiets, in den Gouvernements von Orlow, Tula und Rjäsan und anderen, herrschten sie sogar der Steppe vor. Nur der äusserste Süden Russlands ist immer un- bewaldet gewesen. Die Frage über den Waldmangel in der Steppe beschäftigt die Gelehrten schon ungefähr seit einem halben Jahrhundert. K. E. von Baer stimmte kategorisch der Meinung bei, dass unsere Steppen von jeher uubewaldet gewesen sind. Er urtheilte über den Waldmaugel der Steppen auf Grund historischer Angaben, aber auch nach einigen in der Krim nicht vorkommenden mittelrussischen Thieren (z. B. Eichhörnchen), die nur deswegen nicht in die Krim gelangen konnten, weil die Steppe unbewaldet war. Ein anderer suchte die Ver- theidigung der Meinung Baers fortzusetzen auf Grund des Studiums der Zusammensetzung und Entstehuug der Schwarzerde. Die Nachforschungen Ruprechts bewiesen, dass die Schwarzerde ein pflanzeugeschichtlicher Boden ist, welcher durch Fäulniss der Wurzeln und unterirdischer, organischer Bestandtheile des Steppengrases entstanden ist. In der Schwarzerde hat man noch nie Reste von Holzstoffen gefunden. Auf diese Weise ist also die Schwarzerde aus dem Pflanzenwuchs der Steppe ent- standen, und im Süden ist nicht de.shalb die berühmte Steppenflora, weil dort von jeher die ihr günstige Schvverdc aufgeschichtet lag, sondern die Steppeuerde ist nur das Resultat des im Süden einheimischen Graswuchses. Warum aber im Süden sieh ein steppenartiger und kein vvaldartiger Pllanzeuwuchs entwickelt hat, auf diese Frage giebt Ruprecht keine Antwort. Zugleich neben diesen äussersten Meinungen von dem ewigen Mangel an Wald in unseren Steppen, hat sieh nocli lange in der Litteratur die entgegengesetzte Mei- nung erhalten, dass der Süden des europäischen Russ- lands seit Jahrtausenden bewaldet gewesen ist, dass er aber in Folge des historischen Lebens nicht hat wieder bewaldet werden können. Anfangs hat der Nomade, dann der Ackerbauer die Wälder vernichtet, aber mit dieser Zerstörung hat sich auch das Klima Südrusslands verändert, zum Nachtheil für die Wälder, die Steppe rückt immer weiter und weiter gegen den Wald vor, in- dem sie den letzteren nach Nordwesten zurückdrängt und so zugleich den Boden und das Klima Südrusslands aus- trocknet. Das ist die Meinung von Palimpsestow und einigen anderen. Die Meinung von dem vorherigen Waldreichtlium Südrusslands, einem Waldreichtlium, der durch die mensch- liche Cultur vernichtet worden ist, hat dennoch wenig An- hänger in der neuesten Litteratur gefunden, und die weiteren Naturforscher Südrusslands, wie Dokuczajew, Kostyczew, Krassnow, Tanfiljew und viele andere er- scheinen mehr oder weniger als eifrige Anhänger von Baer und Ruprecht, welche die stets dagewesene Wald- losigkeit der .Steppen annehmen. Indem sie vermuthen, dass unsere Stejipen immer Steppen gewesen sind, suchen sie die Gründe der Waldarmuth und der bestimmten Ver- theilung von Wald und Steppe in der Uebergangs-, so- genannten Waldsteppenzonc, zu finden. Und auch hier begegnen wir den verschiedensten Ansichten und Mei- nungen, die sieh häutig sogar widersprechen. Die einen Autoren sehen den Grund für die Waldlosigkeit der Steppe in den klimatischen Bedingungen Südrusslands, als ob die- selben den Waldwuchs hinderten. So sieht Baer in der langen Regenarmuth den Grund für die Waldlosigkeit der Steppe, Middendorf sieht ihn in den in Südrussland herrschenden heftigen Südostwinden, Grisebach und Do- kuczajew weisen auf die klimatischen Bedingungen der Steppe im Allgemeinen hin, Bogdanofl' schenkt den Wald- bränden grosse Beachtung, Beketow erklärt den Umstand in Betreff" der Waldarmuth durch den Einfluss, welchen die grossen, weiden- und grasfressenden Heerden aus- üben, die natürlich eine Waldentwiekelung hinderten; Krasnow erklärt sich den Waldmangel der Steppen durch ihre Gleichförmigkeit, dem Mangel an Dränage und ihren früheren sumpfigen Boden; Tanfiljew schreibt die Wald- armuth der Stei)pe den chemischen Bestandtheilen des Steppenbodens und der seltenen Auslauguug desselben zu; Kostyczew schreibt ihn der physischen Structur der Erde, ihrer Feinkörnigkeit zu. Dieselben Meinungsverschiedenheiten in Betreff der Waldlosigkeit der nordamerikanischen Prairien finden wir in der Litteratur der Gelehrten der neuen Welt. Auch dort stossen wir auf Hypothesen, was das Klima (Mayer), das Fällen der Wälder (Mieu, Müller, Kristi, Kessler), die Sümpfe (Lökere, Wintschel), den Boden (Witney) und anderes betrift't. Mir scheint, dass alle diese Uneinigkeiten und Meinungsverschiedenheiten in Betreff der Waldlosigkeit und Prärien durch zwei Umstände erklärt werden: 1. jeder von den oben genannten Autoren giebt, indem er sich auf seine eigenen Meinungen und Beobachtungen stützt, diesen die grösste Bedeutung und vergrössert sie allzu- sehr; 2. erklärt die Mehrzahl jener Autoren die gewesene Waldlo-sigkeit der Steppen und Prärien als eine voll- ständig bewiesene Thatsache und indem sie von diesem Staudpunkte ausgehen, suchen sie die Definition dazu. Mir scheint es indessen, dass wenn die Hypothesen von Palimpsestow und der anderen, welche behaupten, dass der Süden Kusslands in vorhistorischen Zeiten ein schönes 322 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. XII. Nr. 27. Waldreich gewesen sei, nicht richtig ist, so sind anderer- seits Baer und Ruprecht mit ihren Anhängern, die an- nehmen, dass die Steppe von jeher eine echte Steppe gewesen sei, auch im Unrecht. Dass die Schwarzerde ein Product der Steppe ist, hat Ruprecht deutlicli be- wiesen. Aber wie die Nachforschungen Dokuezajews und vieler anderer bezeugen, giebt es in der Steppenregion Russlands neben der Schwarzerde noch andere Erdarten. Stellenweis tiuden sich in Siidrussland auch ungeheure Saudstrecken, und auf diesem Sandboden bestehen bis in die Gegenwart noch Kiefernwälder, sogar in jenen süd- lichen Gouvernements, wie im Kiewschen, Poltawaschen und Charkowschen und im nördlichen Theil von Jekate- rinoslawschen, Woroneshscheu, Tambowschen, Saratow- schen und Samaraschen Gouvernement. Weiter trefi'en wir Strecken, die mit grauem Lehmboden bedeckt sind, auf welchen, nach den Nachforschungen Dokuezajews, im Poltawaschen Gouvernement einst Eichenwälder ge- standen haben sollten. Endlich im Nordosten des Schwarz- erdegebietes und in den Gouvernements von Orel, Tula und Rjäsan constatirt worden, dass die Eichenwälder auf der Schwarzerde frei heranwachsen können und die Versuche eines künstlichen Waldbaues, wie er im nfird- lichen Theil der Steppenregion Ru.sslands (z. B. im Gou- vernement von Tula) und im südlichen Theil (Gross- Anadolische Waldwirthschaft und andere) vorgenommen wurde, haben deutlich gesagt, dass der Wald unter ge- wissen Bedingungen sich in den Steppen Russlands ent- wickeln kann. Alle diese Resultate, zusammen mit dem Studium der Waldverbreitung in Russland, haben K. zu der üeberzeugung gebracht, dass die russische Steppen- zone einst, bis zum Erscheinen der Menschen, eine wald- reiche Gegend gewesen sein niuss. Wälder bedeckten den grössten Theil von den Gouvernements Orel, Tula, Rjäsan und anderer und befanden sich in grösseren oder kleineren Inselgruppen in den südlichen Gouvernements; nur der äusserste Süden Russlands, die Ufer des Schwarzen Meeres, stellten von jeher eine vollständig waldlose Steppe dar. üeberall, wo in Russland der Boden aus Schwarz- erde besteht, war einst eine waldlose, mit Gras bewachsene Steppe, aber zur Zeit der Einwanderung der Menschen bedeckten sich schon einige Schwarzerdegegenden mit Wäldern, welche, indem sie sich von höher gelegenen Orten des europäischen Russlands Gegenden auszutreiben begannen, steppen zu verdrängen suchten. Der Alensch nahm den richtigen Moment, gerade da der Wald anfing, überhand zu nehmen, wahr; darum konnte also der Mensch, als der erste Feind des Waldes, welcher eben anfing, das Territorium einzunehmen, den- selben vernichten und der Steppe Russlands ihren Cha- rakterstempel aufdrücken. Indem K. sich auf diese Weise den ganzen Süden Russlands in vorhistorischen Zeiten als eine Waldsteppe vorstellt, antwortet er auf die Frage, wie sich denn auf dieser Strecke die Vertheilung von Wald und Stejipe be- dingt hat, mit den Worten: die Vertheilung von Wald und Steppe im Scliwarzerde-Gebiet Russlands hängt nicht nur von Klima, Hoden und der Topographie des Landes ab, sondern auch vom gegenseitigen Kampf ums Dasein (Coneurrenz) zwischen jenen beiden Pflanzentypen. Alle oben angeführten Hypothesen — das Klima, der Boden und die Topographie — hält K. für einseitig, eher für die Frucht von Caliinets-Beschlüssen, als für ein wahres Begreifen der Natur. Der breitblättrige (Eichen-) Wald und die (Gras-) Steppe sind ebenso dem Süden Russlands zu eigen, wie der Nadel- und breitblättrige Wald der mittleren Zone imd der Nadelwald und Sumpf dem Norden angehören. und aus unebeneren allmählich die Gras- Uud die Vertheilung dieser Pflauzentypen hängt nicht bloss von diesen oder jenen Eigenheiten des Bodens, der Topographie der Gegend oder den klimatischen Bedin- gungen ab, sondern auch davon, welchem jener Pflanzen- typen es gelingt, das Territorium einzunehmen. Die Steppe schliesst den Wald aus, da sie einen jungen Wald- wuchs einfacli erstickt, der Wald schliesst seinerseits wieder die Steppe aus, da unter dem Schatten des Waldes sich kein Steiipen-Pflanzenwuchs entwickein kann. Die Verbindung dieser oder jener Bedingungen kann in einem Falle die Verbreitung der Steppe, im andern die des Waldes begründen. Wenn einmal in vorhistorischen Zeiten der Süden Russlands ein mehr oder weniger dichtes Steppengras- Meer dargestellt hat, in welchem vereinzelte Wälder ver- streut waren, und wenn an der Nordgrenze des Schwarz- erde-Gebietes die Wälder, in welchen einzelne Grasflächen eingeschlossen waren, vorgeherrscht haben — so hätte sich jene vorhistorische Pflanzendecke des Südens Russ- lands ganz anders zu der jährlich fallenden Feuchtigkeit verhalten müssen, wie sicli der heutige von Allem ent- blösste Boden des Südens zu derselben verhält. Die Grundwasser des vorhistorischen Steppeusüdens in Russ- land waren höher gelegen. Die Quellen waren gefüllter und wurden gleichmässiger mit Wasser versorgt und die Flüsse waren wasserreicher. Der Boden Südrusslands war gesättigt mit Feuchtigkeit, und war an einigen Stellen vielleicht schon sumpfig. Damals herrschten dort weder Dürre, noch Wassermangel in den Flüssen, es lag den Schluchten keine Möglichkeit vor, sich mitten in den fruchtbaren Steppen und Wäldern zu entwickeln, jene Schluchten, die zu einer wahren Plage des Südens ge- worden sind, indem sie den Boden ausdörren und die fruchttragenden Felder, wie auch Dörfern die Existenz verhindern. Als der Mensch kam, fällte er den Wald in der Stejjpe und pflügte sie: dieses war die Ursache davon, dass die Grundwasser sich erniedrigten und die Quellen und Brunnen austrockneten, die Steppenflüsse wurde immer seichter und nur Flussthäler wandten sich durch die Steppe und trockneten endlich ihren fruchtbaren Boden aus. So sind also eine ganze Reihe ökonomischer un- glücklicher Zustände die Antwort auf die Frage, die un- abwendbare Folge der Vernichtung der Steppenfelder und des frischen Pfriemengrases: Dürre, Missernteu, Hunger, Wasserarmuth, Verschüttung der Flnssmündungen, Ver- breitung von Flugsand, Saudstürme und Orkane — alles das sind die Folgen einer unmässigen V^ernichtung der natürlichen Pflanzendecke Südrusslands. Die unermüdliche Sorge der Regierung muss noch alledem heutzutage die Bewaldung der Steppe sein. Aber indem man die Steppe bewaldet, ist es auch un- umgänglich nöthig, dass man die kleinen Steppen wieder herzustellen sucht. Wenn der Süden wieder in ein Land umgestaltet ist, in welchem Felder mit künstlichen Wäldern und Steppen abwechseln, nur dann kann die Kornkammer Europas — das Schwarzerdegebiet Russlands, wieder von Dürren, von Erdklüften und dem Flugsande befreit werden; die Flüsse werden sich verbessern, und in die Arbeit des Volkes wird mehr Glcichmässigkeit hineinkommen und jene landwirthscliaftlichen Krisen, die heutzutage den Ueberfluss an Getreidebau bedingen, werden verschwinden, die Arbeit des Volkes wird sich, da Felder, Wälder und Ste])pen untereinander abwechseln, nicht mehr auf den Gewinn von Getreide beschränken, sondern sich auch auf Forstwirthschaft und Viehzucht ausdehnen. XII. Nr. 27. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 32.3 I Aus dem wissenschaftlichen Leben. Berufen wurden: Der .lusserordentlielie Professor der Experi- mentalphysik in Wien Dr. Ignaz Zakrzewski als ordentlicher Professor nach Lemberg. Es starben : Der ordentliche Professor der Philosophie in Bonn Dr. Jürgen Bona Meyer; der schlesische Florist Emil Fiek in Kunnersdorf bei Hirschberg. Eine H. Kraft- und Arbeitsmasohinen-Ausstellimg' veran- staltet der Allgemeine Gewerbevereiii Miinelien anliisslicli seines .50jahrigen Jubiläums unter Mitwirkung des Polytechnischen Vereins München vom II. Juni bis 10. Oktober 1898 in München. Diese Ausstellung, welche bestimmt ist, nicht nur die einschlägige Maschinen-Industrie, sondern auch das kleinere und mittlere Ge- werbe in seiner Leistungsfähigkeit zu fördern, umfasst folgende fünf Gruppen: Gruppe 1: Kraftmaschinen, als Gas-, PetroUnim-. Benzin-, Dampf-, Heissluft-, Wasser-, Wind- und Elektromotoren bis zu 10 Pferdekräften. Gruppe II: Arbeitsmaschinen, Werkzeuge nnd Geräthe. Gruppe III: Hilfsuiaschinen, als Pumpen, Ventila- toren, Pressen, Aufzüge, Uhren, Maschinentheile, elektrische An- lagen, Schutzvorrichtungen, Apparate, Hilfsmaterialien. Gruppe IV: Fabrikationen und Werkstätten im Betriebe. Gruppe V: Tech- nische Fachlitteratur. Eine 2. internationale bibliographische Conferenz findit vom 2. bis 4. August in Brüssel statt. Ein Internationaler IVEathematiker-Kongress findet vom 9. bis zum 11. August in Zürich statt. Präsident des Empfangs- Comit^s ist Prof. Dr. A. Hurwitz. Ein Congres International Colonial findet in Brüssel vom 16. bis 19. August statt. Präsident: Auguste Beernaert, Ministre d'ötat, Praesident de la Chambre des Representants. Zum Gr- ganisations-Comite gehören: Leon Janssen und Baron Lambert. Die Britisch Association for the Advancement of Science hält ihre 67. Jahresversammlung vom 18. bis 27. August in Toronto, Ontario, Cauada ab. Praesident des Local-Cornites: Prof. A. B. Macalum, Schatzmeister: James Bain, Schriftführer: Alan Mac Dougall. Der ZU. internationale Aerzte-Congress wird in Moskau vom 19. bis zum 26. August tagen. Der 7. Congres Geologique International findet vom 29. August bis 4. September in Petersliurg statt. Nach dem Congress werden grosse Exkursionen gemacht. — Praesident: A. Karpinsky, Secretär: Th. Tscherny sehe w und N. An- droussow, Kassirer: A. 0. Michalski. L 1 1 1 e r a t u r. Gabriel de MortiUet, Professor a lEcole il'Anthropologie, aucien ))resident de la Societe d'Anlhropologie, L'Origine de la Nation francaise (Textes, linguisti((ue, palethnologie, antliro- pologie). (1 vol. in-8" de la Bibliotlifeijue scientifique inter- nationale, avec 153 gravures et 18 cartes dans le texte). Felix Alcan editeur. Paris 1897. — Preis geb. 6 Frcs. Verf. bemüht sich bei seinem Thema die Disciplinen heran- zuziehen, die einzig berufen sind, dasselbe wissenschaftlich zu ge- stalten, nämlich die Anthropologie insbesondere die Palethnologie, d. h. die Kunde über den vorgeschichtlichen Menschen auf Grund von Funden seiner Reste und Hinterlassenschaften. Verf. be- spricht in kritischer Weise und chronologisch in dem 1. Abschnitt die alten Texte über den Gegenstand; die sesshafte und wan- dernde Bevölkerung, sowie die Gallier und Germanen, die einem und demselben Typus angehören. Der zweite Abschnitt ist den Sprachen gewidmet und der Entwickelung der französischen Schrift. In dem dritten Abschnitt wird des Vorgängers des Mensehen gedacht, der Geburt und der Fortbildung der Industrie und Civdisation u. s. w., um schliesslich aus der Vermischung der autochtonen Racen mit denjenigen, die in Frankreich eingefallen sind, die Bildung der jetzigen französischen Bevölkerung zu verstehen. Nicola Tesla's Untersuchungen über Mehrphasenströme und über Wechselströme von hoher Spannung und Frequenz. Zusauimciigi 'Stellt \ uii T li um as C m m erf ord .Marl in. Deutsch von H. Maser. Mit 313 Abbildung(^n. Halle, W. Knai)p, 1895. 5.50 Seiten. — Preis 15 M. Es ist ein dankenswerthes Unternehmen, dass jemand sich gefunden hat, der die ganze bislierige Lebensarbeit Tesla's sammelte und sichtete. Den ersten Theil des vorliegenden Werkes bildet eine genaue Beschreibung, die mit vielen nnd klaren Abbildungen versehen ist, von sämmtlichen Maschinen, die Tesla theils erfunden, theis sehr vei-be.ssert hat. Es handelt sich hier vor Allem um hochgespannte Wechselströme; die Tesla'schen Mehrphasentransformatoren sind die interessantesten. Der Fach- mann findet in diesem Theil des Werkes alles vereinigt, was er über den Bau einer solchen Maschine zu wissen nöthig hat. Noch interessanter, besonders für den gebildeten Laien, ist der zweite Theil des Werkes, in dem einige von Tesla's Vor- trägen gesammelt sind, die er von den berühmtesten wissenschaft- lichen Gesellschaften der Welt wie z. B. der Institution of Electri- cal Eugineers und der Royal Institution auf Lord Rayleight's Ein- ladung gehalten hat. Es giebt in diesen Vorträgen fast kein Gebiet der Wissenschaft, das nicht gestreift würde und das aus ihnen nicht reichste Anregung schöpfen könnte. So regt Tesla die medioinische Benutzung der hochgespannten Wechselströme zur Massage an. Da diese Ströme den Geweben des Körpers nicht schaden, sondern nur ein Wärmegefühl der Haut hervorrufen, das sich beliebig abstufen lässt, wiire es recht erfreulich, wenn ein Arzt oder Physiologe solche Versuche in die Hand nehme. Tesla spricht hier den paradox klingenden, aber buchstäblich wahren Satz aus, dass mittelst dieser Ströme ein nackter Mann am Nordpol bei angenehmer Körpertemperatur er- halten werden könnte. Sehr wichtig für die weitere Einbürgerung des elektrischen Glühlichtes können seine Versuche über die zu erlangende grösst- mögliche Uekonomie der Glühldrne werden. Er empfiehlt im Gegensatz zur heutigen Birnenform eine Kugelform, bei der sich die Elektroden in der Mitte befinden sollen, weil in diesem Fall der grösste Theil der von den Wänden zurückprallenden elek- trischen Moleküle zu nutzbarer Arbeit verwandt werde. Als Elektrodenmaterial empfiehlt er den Carborund, der in der nöthigen Form von einer amerikanischen Fabrik hergestellt wird. Zum Betriebe der Lampe empfiehlt er schwache Ströme von hoher Frequenz, weil die Elektroden durch häufige und schwache Stösse weniger aufgelockert und abgenutzt werden, als durch seltenere aber starke. Bei dem hohen Preise des Platins uud der kurzen Lebens- dauer der Birnen können diese Versuche noch zu hoher Bedeu- tung gelangen. Bekannt sind seine Versuche über vacuirte Röhren im stark geladenen, elektrischen Feld, die eine ideale Beleuchtung dar- stellen würden, da sie ohne jede feste Leitung functioniren und beliebig im Raum aufgestellt werden können. Menschen ist der Aufenthalt in diesen stark geladenen, elektrischen Feldern durch- aus nicht unangenehm. Tesla erklärt dies dadurch, dass die menschlichen Gewebe als Condensatoren wirken. Wer sich über die weitern, z. Th. sehr bedeutenden Versuche unterrichten will, muss das Buch selbst zur Hand nehmen, da die meisten zum Verständniss eine genaue Beschreibung der Apparate erfordern. Nur noch an einige bahnbrechende Untersuchungen sei erinnert, so an die Verwendung von (Jlisolatoren bei hochgespannten Strömen und an den Einfluss dieser Ströme auf die Entstehung des Nordlichtes, des Windes u. s. w. In vielen Stücken bildet das Werk zugleich eine werthvoUe Ergänzung der Hertz'schen Versuche. Burkhardt, Prof. Heinr., Einführung in die Theorie der analy- tischen Functionen einer complexen Veränderlichen. Leipzig. 7 Mark. Heydrich, F., Neue Kalkalgen von Deutsch-Neu-Guinea (Kaiser Willielms-Land). Stuttgart. — 6 Mark. Planck, Prof. Dr. Max, Vorlesungen über Thermodvnamik. Leipzig. 7,.50 Mark. Reibmayr, Dr. Alb., Inzucht und Vermischung beim Menschen. Wien. — b Mark. Stölzle, Prof. Dr. Remig., Karl Ernst von Baer und seine Welt- anschauung. Regensburg. — ',) Mark. Tyndall, Prof. John, Der Schall. 3. Auflage. Braunschweig. — 11,50 Mark. Wülfing, Prof. Dr. E. A., Die Meteoriten in Sammlungen und ihre Litteratur, nebst einem Versuch, den Tauschwerth der Meteoriten zu bestimmen. Tübingen. — 16 Mark. Inhalt: Dr. Wilhelm Pabst, Fährten von „Ichniotherium Cottae Pohlig" im Herzoglichen Museum zu Gotha. — Ein neues \'or- fahren zur Herstellung keimfreien Trinkwassers. — Spermin. — Ueber das Gift unserer Honigbiene. — Einen Fall von Neotenio und vollständigem Albinismus bei Sahiuiaudra njaculosa. — Neuer Fundort von Lepidosiren paradoxa. — Die russischen Stoppen. — Aus dem wissenschafilichen Leben. — Litteratur: Gabritl de Mortillet, Lthigine de la Nation fran(;aise. — Nicola Tesla's Untersuchungen über Mehrphasenströme und über Wechselströme von hoher Spannung und Frequenz. — Liste. 324 Naturwissenschaftliche Wochcuschnt't. XII. Nr. 27. Verlag von Gebriuler Korntraeger in Berlin SW. 46, Schönebergerstr. 17 a. 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Die Stammform gehörte der Gattung Canis sens. strict. an, ausgeschlossen sind Vulpes und Cyon. Die Füchse (Vulpes) sind Nachtthiere, mit verti- caler Pupille und langem, buschigen Schwanz, ihre Schneidezähne sind nicht eingekerbt, wie es bei den Arten der Gattung Canis der Fall ist. Sie bereiten ihr Lager in selbstgegrabenen Höhleu und gehen einzeln auf Raub aus, die Canisarten dagegen haben eine runde Pupille, jagen auch am Tage, zu Rudeln vereinigt, ihre Beute und graben nur ausnahmsweise Höhlen, ihr Schädel ist weniger gleichmässig, nach der Schnauzenspitze zu verjüngt, und die Schneidezähne zeigen noch bis in das spätere Alter dreifach eingekerbte Kronen, wie die Haus- hunde. Die Tendenz, sich zu Rudeln zu gesellen, mit gemeinsamen Zielen, prädisponirte von vornherein die Canisarten zur Domesticität, denn bis jetzt sind nur Hecrdenthiere zu bleibenden, dem Menschen folgsamen Hausthieren geworden; die Domestication der Katze kann *) Der obige Artikel bringt einen vom Herrn Verf. für die „Naturw. Wochenschr." wesentlich veränderten und erweiterton Abdruck aus dem Kataloge der Gruppe Jagd und Fischerei der Scliweizer Landesausstellung in Genf 189G. — Red. **) Der Artikel stützt sich auf ein Material von 67 Schädeln praehistorischer Hunde und 195 Schädel recenter Hunderassen. Darunter afrikanische, indische, sumatranische etc., die im Natur- bistorischen Museum in Bern aufgestellt sind. Ausserdem wurde das Material grösserer Museen verglichen. nicht als im Widerspruch mit diesem Satz stehend be- ♦raebtet werden, denn diese ist immer nur ein Gesell- schafter des Menschen, nie aber sein Diener geworden. Die Arten der Gattung Cyon Hodg. , mit Cyon primaevus und rutilans aus Indien und den Sunda- inselu, C. alpinus aus dem Altai und Sibirien, können noch weniger Anspruch darauf machen, als Stammväter von Haushunden zu gelten. Dem widerspricht der ganze Bau des Schädels und vor Allem die Eigenthümlielikeit, dass durchschnittlich der dritte Molarzahn des Unterkiefers bei ihnen fehlt, während dieser Mangel beim Haushunde und beim Wolf nur ganz ausnahmsweise vorkommt. Somit können wir als gegenwärtig lebende Verwandte des altweltlichen Haushundes nur die Wolf- und Schakal- arten betrachten, ob aber heute lebende Arten, oder solche, welche seit dem Diluvium erloschen sind, die Stammeltern bilden, wird erst die Palaeontologie zu ent- scheiden haben. Eines dürfte aber wohl schon jetzt ent- Fchieden behauptet werden. Unsere Haushundrassen der alten Welt sind polyphyletischen Urspiungs. Wenigstens zwei Wildhundarten, von denen die eine Wolf- und die andere Schakalgrösse besass, dürften sich an ihrer Bildung betheiligt haben. Eine übersichtliche Darstellung der Kenntnisse über die Ca- niden des Diluviums giebt Wilkens im Biologischen Ceiitralhlatt, V. Bd., 1885— 188G, No. 19 und 20: „Uebersicht über die For- schungen auf dem Gebiete der Palaeontologie der Hausthiere. 8. Die hundeartigen Thiere (Caniden) des Diluviums." S. 598—604, 621—627. Von speciellen Arbeiten sind besonders zu erwähnen: Bourgignat, „Recherches sur les ossements de Canidae, con- states en France ä l'ötat fossile pendajit la periode quaternairo." Annales Sciences geolog., 1875, VI. Woldrich, „Beiträge zur Geschichte des fossilen Hundes." Mittheilungen der anthropologischen Gesellschaft in Wien. Neue Folge, 1. Bd. No. 1., Bd. XI, 1881 und Denkschriften der matli.- naturwiss. Klasse der k. k. Akad. der Wissensch. 39 Bd. Wien 1875. Bezüglich der Abstammung des Haushundes neigt Bour- gignat der Ansicht zu, dass die heutigen Haushundrassen von 326 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. XII. Nr. 28. Canidenformen des Diluviums abstammen, die allmählich in den Dienst des Menschen übergingen und die noch wild neben Wölfen vorkommen; ebenso sucht Woldrich die wilden Stamm- formen prähistorischer, zahmer Hunderassen, wie Canis f. |)a- lustris, intermedius und matris optimae schon im Dilu- vium als Wildformen nachzuweisen. Leider beruht sein Vergleichs- material meist nur auf Skelettknochen und Unterkiefern, nicht auf vollkommenen Schädeln. Jeitteles („Die Stammväter unserer Hunderassen." Wien 1877) nimmt dagegen, wie schon viele vor ihm, als Stammvater des kleinen Pfahlbauspitzes den Schakal, des Schäferhundes der ßronce- zeit den indischen Wolf (Canis pallipes Sykes) an. Nah ring stützt sich auf die grosse Variabilität des Wolfes, um für die muthmaassliche Abstammung grosser Hunderassen vom Wolfe einzutreten. („Ueber eine grosse, wolfsähnliche Hunderasse der Vorzeit und über ihre Abstammung", Sitzungsber. der Ge- sellsch. naturf. Freunde in Berlin vom 18. Nov. 1884 und „Wolf und Hund", Naturw. Wochenschr. 1888, IL Bd., No. 1). Dieselbe Frage behandelt auch Langkavel in der Neuen deutschen Jagdzeitung, VIIL Jahrg., No. 4G. Aug. 1888 („Zur Frage nach dem Ursprung der Hunderassen"). Die ältesten Vertreter des Genus Canis tretfen wir in der Pliocaenzeit. So ist aus der Auvergne bekannt ein ('anis mega- mastoides Poniel; aus Süsswasserablagerungen des Val d'Arno kennen wir ganze Scbädel von mehreren Caniden. Canis etruscus und Falconeri F. Major von Wolfsgrösse, eine kleinere, noch un- beschriebene Form, von welcher einige ganze Schädel im natur- historischen Museum in Florenz aufbewahrt werden, zeigt nalie Verwandtschaft mit dem Schakal. Bis jetzt haben wir noch keine hestinnnten Anhalts- punkte dafür, dass der Mensch der Dihivialzeit, welcher, hordenweise herumziehend und in Hohlen seinen Ziitiiielits- ort suchend, Reunthier und Maniniuth jagte, schon einen Haushund gezähmt habe. Erst in der sogenannten neo- lithischen Zeit Europas sehen wir in den Resten mensch- licher Niederlassungen Hundereste neben denen anderer Hausthiere auftreteu, und diese Reste dürfen wir unbe- denklich Haushunden, Canis familiaris, zuschreiben. In dieser Zeit, wo zwar noch, wie in der früheren Periode, Stein, Knochen und Horu als Material zur Herstellung von Werkzeugen und Waffen dienten, der Stein aber nicht mehr roh zugeschlagen, sondern zur Herstellung von Beilen und Meissein fein polirt und geschliffen wurde, lebte der Mensch in festen Wohnungen und, neben der Jagd und Fischerei, trieb er Viehzucht und Ackerbau, die ihm einen ständigeren Lebensunterhalt darboten, als das vom Zufall abhängende Jagdglück. Das beste Bild der Culturzustände jener fernen Periode liefern uns die Ab- lagerungen der Pfahlbauten in unseren Seen, die uns die Nahrungsabfälle des Menschen, wie auch seine Werkzeuge und Waffen in dem alten Schutt seiner Wohnungen er- halten haben. Neben deu Knochen der Nährthiere finden sich uamentlich ganze Schädel und Knochen des Haus- hundes, die uns das Bild der damaligen Hunderassen deutlich wiedergeben. In den Pfahliiauten der neolithisclum Zeit finden wir bis jetzt drei durch Grösse und Form versciiiedene Hunde- rassen. Die am häufigsten voikommende Form gehörte einem ziemlich kleinen Thier von Grösse und Gestalt eines mittelgrosscn Spitzes an; Canis fam. palustris Rütim. Der Schädel zeigt eine elegante Form, die Hirnka|)sel ist schön gewölbt, mit wenig entwickelten Kuochenleisten, die Jochljögen sind massig gewölbt und sehwach, die Augenhöhlen gross, die Schnauze massig zugespitzt uiul relativ kurz. Sic setzt sich in der Gegend der Nasenwurzel durch eine Vertiefung vom Schädel ab. Das Gebiss ist schwach. Rütimeyer, „Fauna der Pfahlbauten der Schweiz." Neue Denkschriften der Schweiz. Ges. für die gos. Naturwissensch. ISIi'i. — Rütimeyer charaktorisirt hi(u- zum ersten Mal den klinncn Hund aus der Steinzeit der Pfahlbauten, von welchem er ganze Schädel aus Wangen, Robenhausen, Moosseedorf vergleichen konnte, unter dem Namen Canis f. palustris Rütim. Kr hobt die GUMchartig- keit des T}'j)us aller Schädid dt-.s Ffahlbauhundcs hervor, was aber nur für die oben angeführten Stationen gilt, die der ältesten Zeit der Pfalilbauteu entsprechen. R. vergleicht den Scliädel seines Hundes nach Messungen, welche C. Aetii an einem Spaniel- schädel von nicht ganz roincr Rasse angestellt hat, mit dem des Jagd- und Waclitellumdes. Der Vergleich mit Jagdhund ist aller- dings nicht zutreffend, eher der mit dem Schädel des Dachs- hundes, dessen muthmaassliche Torriosmischung dem Schädel ein deni C. f. palustris ähnliches Gepräge giebt. Jeitteles, ..Die vorgeschichtlichen Alterthümer der Stadt Ohnütz und ihrer Umgebung." Mitth. der anthropol. Gesollsch. iu Wien. 187:^, H. Bd.. S. KiS— 181. — J. weist die Palustrisform noch aus Alt-Aegypten und aus s])äterer Zeit, so aus römischen Ueberresten bei Mainz nach. Ich konnte neuerdings den Canis f. palustris unter Thierresten aus der römischen Ansiedlung in Baden im Aargau nachweisen. Strobel, „Le Razze delT Canc nella Terramare dell' Emilia." Bullet, di Paletnologi Italiaua. Ann. VI, IS8Ü) findet den Torf- hund in den Terramaren der Emilia, daneben noch eine kleinere Form: Canis Spalleti. Studer, Th., „Beitrag zur Kenntniss der Hunderassen in den Pfahlbauten", Archiv für Anthropologie 1880, XU, S. 67 und „Tliierwelt der Pfahlbauten des Bielersees", Mitlheil. der naturf. Gesellsch. in Bern 1882. 2. Heft, 1883, S. 17). Eine Uebersicht der Kenntnisse über praehistorische Hunde giebt Wilkens: „Uebersicht über die Forschungen auf dem Ge- biete der Palaeontologie iler Hausthiere. Die vorgeschichtlichen und die Pfahlhauhunde." Biolog. Centralblatt 188B, V. Bd. No. 23 und 24. Dieselbe Rasse fand sicli auch in Ablagerungen aus der Steinzeit in Russhiml und auch in Resten späterer Zeit iu Europa vor. Diese Hnndcforni findet sieh gegen- wärtig in Europa nicht mehr rein vor, wohl aber im Osten Asiens. Anutschin („Zwei Rassen des Hundes aus den Torfmooren am Ladogasee", Moskau 1882 [russisch]) findet in Ablagerungen aus der Steinzeit am Ladogasee eine kleine Hundeform, die dem C. f palustris im Schädclbau analog ist, aber nach den Schädel- contouren und der Entwickelung der Muskelleisten als eine ]n-imi- tive Form beansprucht werden kann. Middendorf fand bei den Tungasen, Samojeden und Tschuktschen einen kleinen, spitzartigen Hund, lang be- haart, mit spitzer Schnauze und aufrechtstehenden Ohren, dessen Schädel mit dem unserer Phahlbauhuude überein- stimmt, und selbst in der Südsee bei den Paimas des Neu Britannischen Archi])els im indischen Ocean, bei den Battaks anf Sumatra kommen spitzartige Hunde vor, welche im Schädel- und Knociicnbau mit unseren Pfahl- baubunden übereinstinunen. Hat nun diese Hundeform, welche in Europa zur Steinzeit die am meisten verbreitete Rasse darstellte, dort keine Nachkommen hinterlassen'? Middendorf, „Reise in den äussersten Norden und Osten Sibiriens während der Jahre 1843 und 1844." 4 Bde. Petersburg 1847—1859. IL Bd. Zool., 2. Th. Wirbelthiere. 1883. Auf die Uebereinstimmung des Tiniguscnspitzes mit dem C. f. palustris macht Anutschin 1. c. aufmerksam. Studer, Th., „Beitrag zur Kenntniss der Hunderassen in den Pfahlbauten" loc. cit. und „Reise S. M. S. Gazelle um die Erde", IL Bd. Geologie und Zoologie, S. 2-5G. „Der Hund der Battaks auf Sumatra", Schweiz. Hundestamm- buch, Heft III, 1890, S. 1-31 mit 2 Tafeln. In letzterer Arbeit wurde die nahe Beziehung des vom_ Ma- lajenhund ganz abweichenden Battakspitzes mit dem C. f. pa- lustris gezeigt. Vergl. über diesen Hund auch: M. Siber, „Der Hund der Battaks auf Sumatra", Schweiz. Hundestannnbuch 1886, Heft II, S. 56. Wenn wir die Hundereste aus deu Pfahlbauten der Steinzeit betrachten, so sehen wir, dass der oben be- schriebene Typus nur in den ältesten Pfahlbauten, wie sie in Schaffis am Biclersce, in Moosseedorf, in Roben- hausen vertreten sind, seine reine Form bewahrt bat. Untersuchen wir aber Stcinzeitpfahlbauten mit fort- geschrittener Kultur, wo nicht nur die Werkzeuge und Waffen einen vollendeteren T_vi)us angenommen hal)en, sondern schon das Metall in Form von Kupfer seinen Einzug hält und wo die Viehzucht einen bedeutenden Aufscliwung nahm, so finden wir, dass mit der Primitiv- form des Hundes allmähliche Veränderungen vor sich gehen. XII. Nr. 2S. N aturwisseuschaftliche Wochenschrift. 327 Stiider, Th., „Beitrag zur Kenntuiss der Hunderassen in den Pfahlbiuiten" 1. c. und „Tliierwelt der Pfahlbauten des Bieler- sees" 1. c. In der ersten Arbeit wurde die Variabilität der Form des Torf liundes in der jüngeren Stein- und Kupferperiode der westschweizerischen Pfahlbauten gezeigt. Die darin ge- äusserte Ansicht, dass die kräftiger werdenden Formen endlich in den Schäferhund der Broncczeit hinüberfiihrten, mu.sste seither fallen gelassen werden. Dieses geschah schon in der zweiten Ar- beit über die Thierwelt der Pfahlbauten des Bielersees. Der Nachweis der grossen Variabilität des Torfhundes noch innerhalb der Steinzeitder Pfahlbauten stützt sich auf ein Ma- terial von 57 Schädeln, das sich in dem Berner naturhistorischen Museum befindet. Solche Beispiele bieten uns die Pfahlbauten von Sutz, Lattrigen, Lüseherz, Vinelz am Bielersee, Bodmaun am Bodeusee. ^Vir trcft'en zwar auch hier die Form von Schaffis in unveränderter (Testalt, aber daneben noch An- zeichen, dass Züchtung- bestrebt ist, neue difierenzirte Formen zu erzeugen. Zunächst wird in einer Richtung der Schildel grösser und kräftiger, die Jochbogen werden stärker und weiten sich aus, die Muskelleisten treten stärker hervor, der Hiuterhauptshöcker wird höher und eine Scheitellciste setzt sich von da bis zu den Stirnbeinen fort. Diese Form steht aber nicht unvermittelt gegenüber der Primitivform da, sondern Uebergangsglieder zwischen l)eiden sind zahlreich vorhanden. Vergleichen wir aber die extreme Bildung mit recenten Rassen, so sehen wir, dass diese völlig mit unseren grossen Hofspitzen, wie sie bald gelb, bald wolfsgrau oder auch weiss gefärbt in den Bauernhöfen des Bernischen Mittellandes gehalten werden, übereinstimmt mit einem Unterschied, der überhaupt bei prähistorischen Hunderassen gegenüber recenten auffällt. Im Allgemeinen ist nändich bei prähistorischen Rassen die Nasenöflnung niedriger als bei recenten, und das Nasenrohr enger, ebenso sind die Muscheln noch weniger complieirt, das Geruchsorgan ist also im Laufe der Zeit erst zu der VoUkonmienheit, die wir heute finden, aus- gebildet worden. Neben dieser grösseren Rasse gingen aus dem Pfahl- bautenspitz noch zwei kleinere Rassen hervor. Beide Male geht mit dem Kleincrwerden der Form die Erhal- tung jugendlicher Charaktere am Schädel Hand in Hand. In der einen Richtung sehen wir den Hirnschädel sich erweitern, die Knochenleisten verschwinden, die Stiru- gegend verbreitert sich, der Gesichtstheil setzt sich schärfer von dem Ilirntheile ab und erleidet eine geringe Ver- kürzung. Solehe Formen treffen wir in der Station Lattrigen. Noch mehr fortgeschritten ist dieser Typus in einem Schädel von Bodmann; der Hirntheil ist noch mehr erweitert, oben flach, während der Hinterhaupts- höcker scharf vorspringt. Der verkürzte Gesichfheil setzt sich noch schärfer vom Schädel ab, kurz, der Schädel gewinnt den Typus unserer heutigen kleinen Spitzhunde, nur ist die Schnauze noch niedriger, platter und etwas breiter. Die Schädel heutiger rassereiner Spitze zeigen diesen Typus im Wesentlichen erhalten. Nach einer anderen Richtung dirt'ereuzirt sich der Pfahlbauspitz dahin, dass der Schädel mehr die jugend- lichen Contouren annimmt, aber der Gesichtstheil verkürzt sich weniger und setzt sich nicht so schroft' von dem Hirn- theile ab. Das Schädelgewölbe verlängert sich nach hinten und bewirkt, dass der Hinterhauptshöcker, der schwach ist, sich erst weit unten ansetzt. Der Schädel ninmit, wie ein Exemplar aus der Station Lattrigen zeigt, immer mehr den Typus des Pinscherschädels "au. Man vergleiche z. B. den Schädel des Hundes von der Station Lattrigen mit dem eines englischen Terriers. Die Züch- tung kleinerer Formen ist seit jener entlegenen Zeit immer weiter gegangen, und immer mehr sehen wir, dass Zwergformcu erzeugt werden, welche die Jugeudform des Schädels erhalten, und bei den extremen Formen des Zwergpinschers ist der Schädel gar auf dem Stadium des Embryos stehen geblieben. Der Hirnschädel bildet eine dünne Knochenblase, an der sännntliche Fontanellen offen geblieben sind. Wir sehen denmach in dem Canis familiaris palustris Rütim. der älteren neolithischen Zeit eine Stammforn, aus der sich noch in der Steinzeit drei Rassen ent- wickeln. Pinscher llaltakhuud Spitzer Torfspitz Cauis familiariü palustris Rütim. Die zweite Form von Haushunden, welche uns aus der Steinzeit erhalten ist, gehört einer grossen Rasse von der Grösse eines mittleren Fleischerhundes an. Die- selbe wurde zuerst in einem Schädel in Ablagerungen am Ladogasee, die der neolithischen Zeit angehören, durch Anutschin entdeckt und unter dem Namen Canis Inostranzewi beschrieben. Aehuliche Schädel befanden sich im Pfahlbau von Font am Neuenburger See und am Bielersee am Einfluss der Schüss, mit Resten aus der Steinzeit. Anutschin, „Zwei Rassen des Hundes aus den Torfmooren am Ladogasee." Studer, Th., „Zwei grosse Hunderassen aus der Steinzeit der Pfahlbauten", Mittheilungen der naturforschenden Gesell- schaft in Bern 1893 und Schweizer. Hundestammbuch, Heft V, ISüo, St. Gallen. Der Schädel dieses Hundes, der in den schweizerischen Pfahlbauten sehr selten gewesen zu sein scheint, zeigt viel Verwandtschaft mit dem Wolfsschädel. Der Hirnschädel ist gestreckt, in der Scheitelregion massig gewölbt, der Gesichtstheil ist von der Länge des Hirnschädels, ziem- lich lang, allmählich spitz zulaufend. Alle Knochenleisten sind stark entwickelt, namentlich die Scheitelleiste, die sich bis zu den Stirnbeinen erstreckt, die Jochbogen sind kräftig, und das Gebiss ist sehr stark. Die Augenhöhleu sind nicht gross, und ihre Geffnung etwas schräg gestellt, wie beim Wolfe. Das Profil ist in der Gegend der Nasen- wurzel wenig eingesenkt, die Stirnfortsätze sind kräftig und vorspringend. Kulagin hat gezeigt, dass der Schädel des Canis Inostranzewi mit dem des sibirischen Laika oder Esquinio- hundes nahezu übereinstimmt. Dasselbe lässt sich be- stätigen für den Schädel der Hunde von Labradoi-, viel- leicht dürfte auch der skandinavische Elchhuud derselben Gruppe angehören. Kulagin, „Ueber die Hunderasse Laika in Russland." Zoolog. Jahrbücher 1892. 6. Bd., 3. Heft, S. 42S.) Die Rasse der Laika ist hauptsächlich in Nordruss- land und Sibirien verbreitet. In Nordrusslaud dient er vorzugsweise zur Jagd, in Sibirien ausserdem als Zughund und zum Hüten der Rennthierheerden. In Labrador wird der Hund hauptsächlich als Zughund gebraucht, auch in Deutschland scheinen sich noch Reste dieser Urform er- halten zu haben. Der grosse Wolfshund Rnps, welcher im Schweiz. Centralblatt für Jagd- und Hundeliebhabcr 328 Naturwissenschaltliclie Wochenschrift. XII. Nr. 28. Battakhunde. vom 10. März 1897, S. 55 abgebildet ist, zeigt eine auf- fallende Aehnlichkeit mit dem Laika von Sibirien. Nach Fitzinger soll diese Rasse hauptsächlich in Ungarn, Siebenbtirgen, Walachei und Moldau noch vorkommen. Es liegt sehr nahe, diese grosse und sehr primitive Hunderasse als Stammform unserer grossen Hunde zu be- trachten. Der Schädel des Bernhardiners zeigt Beziehungen zu dem Schädel aus den Pfahlbauten; nur ist hier die Hirnkapsel mehr gewölbt, die Stirngegend, in welche sieh die Nasenliöhlen fortsetzen, höher, das Gebiss sehwäeber, damit in Zusammenhang auch die Muskelleisten weniger entwickelt. Bei den modernen Formen dieser Rasse ist auch eine Verkürzung des Gesiehtstheils eingetreten. Näher noch als der Bernhardiner steht ihm der Neufundländer. Grosse Rassen der Stammform, wie sie N eh ring in wahr- scheinlich prähistorischen Ablagerungen bei Spandau antraf und als Canis f. de cum an US beschrieb, dürften als Vor- läufer der starken deutschen Dogge be- trachtet werden. Diese können wir als Riesenformen der Urrasse betrachten, bei denen die Kiefer und das Gebiss sich bedeutend ent- wickelt haben, die Muskelleisten und Jochbogen dem ent- sprechend ausserordentlich entwickelt sind. Nehring, „Ueber eine grosse wolfsilhnliche Hunderasse der Vorzeit (Canis fam. decumanus) und über ihre Abstammung." Sitzungsber. der Gesellschaft naturf. Freunde in Berlin vom 18. Nov. 1884. Bei den schlanken, sogenannten dänischen Doggen dürften Kreuzungen mit den Curs- oder Hirschhunden, deren Ursprung wir in folgendem kennen lernen werden, stattgefunden haben. Auch aus den Doggen sind Zwergformen hervorge- gangen, in denen die jugendlichen Scliädelfornien sich erbalten haben. Schon bei der kleinen Bulldogge sind die Schädel- formeu mehr gerundet, und das Gesieht ist verkürzt; der Mops endlich zeigt die embryonale Stufe in seinem kugligen Schädel permanent repräsentirt. Die dritte Rasse, welche uns in den Pfahlbauten der Steinzeit gegenüber tritt, ist erst in einem einzigen Schädel aus der Station Bodmann am Ueberlingersee zum Vor- schein gekonmieu. Studor, Th,, „Zwei grosse Hunderassen aus der Steinzeit der Pfahlbauten." Die Verwandtschaft des Canis Loineri mit dem schottischen Dcerliound wurdo erst in dem Abdruck des Aufsatzes im Schweizer. Hundestammbucli, Heft V, 1893 erwähnt. Das Original befindet sich in der Sammlung des Rosgartens in Constanz, von wo ich es durch die Güte viui Herrn Dr. Lein er, Diroctors der Sammlung, zur Untersuchung erhiilt. JagdJiund (llasenluind) Auch dieser Schädel gehört einer grossen Hundeform an, die sich aber von der vorigen in vieler Beziehung unterscheidet. Der Hirnschädel erscheint im allgemeinen schön gewölbt, der Hinterhauptshöcker stark nach hinten entwickelt, die Scheitelleiste bis zu den breiten Stirn- beinen ausgebildet. Der Gesichtstheil ist lang, allmählich nach vorn spitz zulaufend. Die Profillinie ist an der Nasenwurzel nicht eingesenkt, und so fällt die Stirn gerade bis zur Spitze der Nasenbeine ab. Vor dem An- satzpunkt der Jochbogen ist der Gesichtstheil wie einge- schnürt, was bewirkt, dass der Thcil der Nasenwurzel wie nach oben aufgetrieben erscheint und die Gegend der Thränenbeine sich zu einer Grube vertieft. Der Gaumen ist schmal und das Gebiss relativ schwach. Ich nenne diesen Hund nach seinem Entdecker Canis Leineri. Den Typus dieses Hundes finden wir wenig verändert in den heutigen Hirschhunden (Deerhounds) wieder, am besten in dem schottischen Deerhouud, der sich nur durch eine etwas längere und schmalere Schnauze unterscheidet. Auch der n-ische Wolfshund steht dieser Rasse sehr nahe, nur ist hier das Gebiss viel kräftiger entwickelt und die Scheitelleiste zu einem hohen Kamm geworden, von dem die Seitenwände des Schädels dacliartig abfallen. Auf Kosten der kolossalen Entwickelung der Beissmuskeln ist hier der Schädelraum zurückgegangen, dafür haben sich die Muskelleisten ungemein entwickelt. Die Hirschhunde haben als Parforcehunde in älteren Zeiten eine grössere Rolle gespielt als gegenwärtig, namentlich bei den alten keltischen Völkerschaften scheinen sie als Jagd- hunde sehr verbreitet gewesen zu sein. Wir finden sie auf bildlichen Darstel- lungen der helvetisch-römischen Zeit vielfach dargestellt; so auf Mosaiken des alten Äventicum, der Hauptstadt der Helvetier, auf Vasen der gallisch- römischen Niederlassung auf der Euge- halbinsel bei Bern, in antiken Bronzen von Yverdon und Orbe. Studer,Th., „Die Hunde der gallischen Helvetier." Schweiz. Blätter für Kynologie. H. Jahrg., Nr. 17, Zürich. 15. Aug. 1886. — Hier findet sich die Abbildung eines römischen Mosaiks aus dem alten Äventicum (jetzt Avenches), wo ein Hirschhund, eine Hindin verfolgend, dargestellt ist. Eine Bronze von Orbe, einen schottischen Hirschhund darstellend, be- findet sich in der antiquarischen Sammlung in Bern, ebenda Vasenbruchstückü aus den römischen Ruinen im Engewald bei Bern mit Darstellungen von Hirschhunden, die Hirsche verfolgen. AVelche Rolle sie im iMittclalfcr si)iclten, lehren uns die zahlreichen Jagdbildcr aus dem 16. und 17. Jahr- hundert von Snyders (1579—1657), Jan Wildens (1556— 1653), Jan Pyt (1611—1661) und vielen anderen. Parialiund. XII. Nr. 28 Naturwissenscliaftliche Woclienschiilt. 329 Doch noch uach einer anderen Richtung zeigt unser Schädel Bezieiuingen. Vergleicht man denselben mit dem Sciiädei der Schäferhunde, namentlich dem des schottischen Schäferhundes (Collie), so springt eine gewisse Verwandt- schaft in die Augen. Die Form des Hirnschädels ist ähnlich, nur etwas besser gewölbt, die Protillinic auch hier gerade von der Stirn nach der Nase abfallend, nur ist hier der Hinterhauptshöcker niedriger augesetzt und weniger vorspringend. Der Schädel fällt von der Stirn- höhe nach dem Hinterhaupt, andererseits von da nach der Schnauze gleichförmig ab, beim Collie ist ausserdem die Stirne bedeutend mehr entwickelt. Dagegen sind die Jochbogen weniger ausgelegt, schwächer und auch das tJebiss nicht kräftig. So hätten wir also schon in der Steinzeit eine Anzahl Hunderassen differenzirt, nämlich Wolfspitz, Spitz, Terrier, die sich alle auf eine Grundform, den Pfahlbauspitz zurücktuhren lassen, ferner den Laika und den Deer- hound. Es ist dabei nicht ausgeschlossen, dass diese beiden letzten Stannnformen von einer einzigen Wildhuudart ab- stammen. Bei weit über die Erde verbreiteten Caniden, wie z. B. beim Wolfe, variirt die Form des Schädels in eben so hohem Maasse, wie bei den l)eiden prähistorischen Hunderassen. Vergleicht man z. B. den Schädel des Wolfes von Labrador mit demjenigen eines russischen Steppenwolfes, so treten uns Unterschiede entgegen, wie zwischen Canis Inostranzewi und Canis Leineri. Bei dem einen ist die Profillinie au der Nasenwurzel eingesenkt, hei dem anderen ganz gerade von der Stirn nach der Schnauze abfallend, bei dem einen die Scheitelleiste un- gemein entwickelt, bei dem anderen massig ausgebildet, beim ersten die Schädelkapsel weniger ausgedehnt als beim anderen. Dürften wir daliei- für die grossen Hunde- rassen nur eine Wildhundart als Staunnform annehmen, so wurde sich für die paläarktische Region die Frage nach dem Ursprung des Haushundes bedeutend verein- fachen. Es kämen dann nur zwei Arten, eine grosse Wolfsart und eine kleine Schakalart in Betracht, welche aber weder der heutige Wolf, Canis lupus, noch der heutige Schakal, Canis aureus, gewesen zu sein brauchen. An das Steinzeitalter scbliesst sich in Europa be- kanntlich eine Cidturepoche, in welcher das primitive Material von Stein, Knochen und Hörn, das zur Her- stellung von Werkzeugen und Waffen diente, verdrängt wurde durch das Metall, und zwar durch die Bronze, es ist die sogenannte Bronzeperiode. In unseren Pfahlbauten scheint diese Periode der Einwanderung neuer Völker, welche die Bronze brachten, ihren Uisitrung zu verdanken. Jedenfalls war die Cultur zu dieser Zeit sciion moditirnrt. An die Stelle der in der si)äteren Steinzeit vorherrschen- den Grossviehzucht trat besonders Kleinviehzucht und der Ackerbau, der mit Hülfe eines neuen Hausthieres, des Pferdes, einen grösseren Aufschwung nahm. Zwei Hunderassen treten hier auf: es sind der Schäferhund und der Jagdhund. Der Schädel eines Schäferhundes wurde zuerst von Jeitteles in dem Pfahlbau von Olniütz gefunden und später in mehreren Stationen aus der Bronzezeit erkannt, im Starnbcrgersee, in mehreren Bronzestationen der west- schweizerischen Pfahlbauten, in Greng am Murtensee. Es finden sich dabei stärkere Formen, die noch sehr an Canis Leineri erinnern und schwächere, die mit dem deutschen Schäferhund ül>ereinstimmen. Jeitteles unter- schied diese Rasse unter dem Namen Canis mati-is optimae. Jeitteles, „Die vorgeschichtlichen Altertliiimer der Stadt Olniütz iinil ihrer Umgebung-', Mittheil, der anthropol. Gesellscli. in Wien 1872, II. Bd., S. 181 und „Stummviiter unserer Hunde- rassen", Wien 1877, S. 19. Naumann, „Die Pfahlbauten im Starnbergersoe." Archiv für Anthrop. 1875, VIII, Heft 1). Studer, Th., „Nachtrag zu dem Aufsatz über die Thievwelt in den Pfahlhauten des Bielerseos." Mittheil. d. naturf Gesellsch. in Bern. I. Heft 1884, S. 3). Wir dürfen wohl diesen Schäferhund der Bronzezeit von dem Canis Leineri der Steinzeit ableiten, wenn wir nicht annehmen wollen, dass er zugleich mit dem Deer- hound aus einer l)eidcn gemeinsamen Wildhundart ent- standen ist. Erst in historischer Zeit scheint aus kleineu Schäferhundformen der Pudel hervorgegangen zu sein, dessen Schädel im Kleineu den Schäfeihundtypus wieder- holt, nur ist die Schnauze höher geworden und dadurch das Nasenrohr geräumiger. Den ersten typischen Jagdhundschädel fand Wold- ricli bei Weikersdorf in Ablagerungen aus der Bronzezeit. Er nannte ihn Canis intermedius, da er fand, dass er Charaktere des Canis palustris mit denen des grossen Canis matris optirnae vereinigte. Der Schädel stinnnt nach meinen Untersuchungen mit dem des Laufhundes überein. Woldricli, „Ueber einen neuen Haushund der Bronzezeit, Canis f. intermedius." Mitthcil. der anthropol. Gesellscli. in '' Wien. VII. Bd. Nr. 4 u. 5. Mai 1877. S. Gl. Ueber die Uebereinstimmung des Scljädels dieses Hundes mit dem des Laufhundes vergl. die Maasstabelleu Th. Studers in Sigmund, ,.Schweizerhunde (Lauf hunde)", Schweiz. Hundestamm- buch 188G, Heft II, S. 39, ferner in Studer, Th., „Hunde der gallischen Helvetier." Die Charaktere des Schädels beruhen in der Kürze der Schnauze bei bedeutender Stirn- und hinterer Ober- kieferbreite, sowie dem breiten Sciniauzenende Ijci ziem- licher Höhe der Schädelkapsel und deren Breite über den Gehöröfilnungen. Die Scheitelleiste ist wohl entwickelt, der Hinterhauptshöcker stark nach hinten ausgezogen und das Hinterhauptsdreieck hoch. Da sich bei diesem Hunde gewisse Verhältnisse der kleinen Palustrisform mit den grossen Hundeformen ver- einigt finden, so ist es sehr wohl möglich, dass die Jagd- hunde aus der Kreuzung einer der grossen Rassen der Steinzeit nnt einer grösseren Varietät des Pfahlbauspitzes hervorgegangen sind. Schon bei dem Deerhound fängt das Ohr an, zur Hälfte schlaft' zu werden um sich umzu- biegen, und diese Tendenz k(mute bei den Kreuzungs- producten noch mehr zum .\usdruck gelangen. Gefleckte Jagdhunde nnt Hängohren finden sich schon auf alten aegyptischen Wandmalereien, doch sind viele dieser Formen so windiiundartig, dass hier eher an eine Erzeugung von Jagdhunden mit Wiudhundldut gedacht werden kann. Andere zeigen allerdings schon vollkom- menen Jagdhundtypus. Darstellungen von typischen Jagdhunden treffen wir aber hin und wieder, wenn auch spärlich, neben Wind- und Schäferhunden auf griechischen und römischen Denk- mälern. So z. ß. einen Jagdhund mit Hängohren bei einer Artennsstatue im Vatican, einen solchen in Beglei- tung von Artemis auf einem Sarcophagrelief im ^'atican, das einen Gigantenkami>f darstellt. Ein gutes Jagdhund- bild zeigt das im Louvre in Paris befindliche grosse Mithrasrelief. In der Sculptursammlung des Vatican finden sich in der für Thierdarstellungen bestimmten Halle einige Statuetten, welche die Bekanntschaft «ler Römer mit bängohrigen Jagdhunden zur Genüge beweisen. So unter Nr. 115 zwei Braken mit Ilängohren, in Marmor, unter Nr. 164 ein starker Laufhund, der einen Hirsch niederreisst, in Marmor, daneben finden sich auch Dar- stellungen von llirschhnndcn. Dass Jagdhunde bei den alten Helvetiern schon vor ihrem Zusammentrcfrcn mit den Römern im Gebrauch waren, zeigt der Schädel eines Laufhundes, der sich in 330 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. XII. Nr. 28 den althelvetischen Al)lagcruugen von La Tene fand Derselbe zeigt wenig Abweichung vom Schädel des Schweizer-Lauf hundes. Darstellungen von gefleckten Lauf- hunden mit Hängohren zeigen Vasenbruelistiicke aus der römisch-helvetischen Niederlassung auf der Engehalbinsel bei Bern und namentlich eine Mosaik aus der alten hel- vetischen Hauptstadt Aventicum, wo zwei verschiedene Laufhunde dargestellt sind, wovon ein grosser ein Reh, ein kleiner einen Hasen jagt, die Hirschkuh wird verfolgt vom Dccrhound. Studcr, Th., , Die Hund« dor gallischen Helveticv." Schweiz. Blatter für Kynologie. II. Jahrg., Nr. 17. 15. August 1886. Zürich. Der Lanfhund scheint demnach die primitive Form des Jagdhundes zu sein, erst später differcnzirt sich aus ihm der Vorstehhund mit seinen Unterrassen. Derselbe zeichnet sich gegenüber dem Laufhund namentlich ans durch die stärker entwickelte, höhere Stirn, von der sich der Gesichtstheil des Schädels in der Eiusenkuüg absetzt, uud höhere und stumpfere Schnauze. Die jugendliche Form des Schädels ist erhalten ge- blieben in den kleinen Formen der Wachtelhunde, und in der Eml)ryonalform verharrt der Kopf der zwergartigen Seidenwachtelhunde und King Charles. Beim Dachshunde zeigt der Schädel wieder grosse Annäherung an die Palustrisform, und es dürfte bei dieser Rasse wieder nachträglich eine Kreuzung von Jagdhund lind Teri-ierblut stattgefunden haben. Tendenz zur Ver- krünnnuiig der Extremitäten ist bei verschiedenen Hunde- rassen vorhanden, scheint aber nur bei dem deutschen Dachshund weiter gezüchtet worden zu sein. Schon in einem l'fahlbau der Bronzezeit fand sich der Radius eines grossen Hundes, welcher die charakteristische Dachshund- verkrümnmng zeigte. Während in der paläarktisehen Region sicli so aus wenigen Stammrassen die mannigfaltigsten Formen ent- wickelt haben, sind auch in der äquatorialen Zone der alten Welt aus einer südlichen Stammform bestimmte Rassen hervorgegangen, die sich schon im Altcrthum über die Mittelmeerländer verbreiteten und seither bis nach Nordeuropa vorgedrungen sind. Als wilde oder verwil- derte Form dieser Hunde darf vielleicht der Dingo Austra- liens betrachtet werden. Auf dem Festlande von Indien, den Sundainseln, in Afrika und in sännntlichen mohamme- danischen Ländern treffen wir eine halbwilde Hundeform, die sich mehr an die Wohnstätten der Menschen an- schliesst, als an diese selbst: es ist das der Pariahund. Es sind hochbeinige, glatthaarige Hunde, meist rothbraun oder schakalartig gefärbt, mit spitzen, aufrecht stehenden Ohren, ziemlich langer, stumpfer Schnauze, schlankem Köiper und langer, nicht gedrehter Ruthe. „On some Cr.anial and Dental Charakters of the Domestic Dog" by Bertram C. A. Windle and John Huniplircys. Procood. Zool. Soc. of London. Jan. 14. 1890, S. 21. Mivart, „Canidao, Wulfs, Dogs and Foxes." London 1893. In ersterem namentlich eine Reihe von Messungen an Schädeln und Zähnen der verschiedenen Hunderassen. Siber, M., „Briefe aus Sumatra." Schweiz. Blätter für Kyno- logie, .lahrg. lü. Zürich 1885 und Schweiz. Hundestammbuch. Heft V, S. Ü6. St. (iallen 1893. Studer, Tli., „Der Hund der Battaks auf Sumatra." Schweiz. Ilundestammbuch 1890. Heft III. S. 1-31 mit 2 Tafeln. Be- schreibung des Schädels des Pariahundes und seine Beziehungen zum Windhunde. Mit den Schädeln des Parialuindes von Sumatra, welche von dem erfahrenen Kynologen Herrn M. Sibor typischen, von ihm selbst ausgewählten Exemplaren entnommen wurden, stimmen fünf von sechs Schädeln konstantinopolitanischer Strassen- hunde überein, die ich durch i - .nscher. Mastiir, Mi>ps. Doggen. Laika. ScnlitteTiluuid. Neufundländer. Bernhaidiner. Deerhound. Irischer Wolfshund- Sehiiferhund. l'udel. Canis internie- tlius. .Jagdhund iler iirunze. . Lanfhund. Vorstehhund. ! Spaniel. 1 Seidenwach- ' telhund. B. Südliche Hnnde. — Süd-Asien, Sundainscdn, Australien, Afrika. I. Parialuiud. Dingo. Pariahunde. Windhunde. Dii^ hiin- gegebene Einthoiluug wurde scluui in Studer, Tli. „Der Hund der Battaks auf Sumatra" 1. cit. 1890 vorgeschlagen IJeiuerkiingeii zu dem Vortrag von Hicli. Lepsiiis „Cultiir und Eiszeit".'') — Die geehrte Redactiou ge- stattet mir wohl, Ihr meine Ansicht über den Vortrag von Richard Lepsius über Oultur und Eiszeit, der in No. 7 der ,Naturw. Wochensclir.'- abgedruckt wurde, mit- *i Brief an die Uedaction. Ked. zutlicilcn; vielleicht findet Sie in meinen Bemerkungen etwas iNut/.liehes, was sich zur Verötfentlicliung in der Wochenschrift eignet. Lepsius will in seinem Vortrage nachweisen, dass die jüngste Eiszeit in Europa noch bestanden habe, als be- reits im alten Egypten die hohe Cultur entsprossen war, die sich urkundlich nachweisen lässt. Dass dieses höchst XII. Nr. 28. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 331 überraschende Resultat hinreichend beg'riindet werde durch die ücrechuungeu eng'liseher Geologen, weist er ab: „Allerdini;-s sind die Zahlen der ältesten ägyptischen Ge- schichte vor dem Jahre oOOU vor Christi (Jeburt ebenso unsicher wie die Angaben, dass die jüng.ste Eiszeit Europas in das b. Jahrtausend zu setzen ist." Trotzdem hält er diesen Gedanken fest, sucht ihn aber auf eine andere Weise zu stützen. Lepsius ninunt an, dass der Golfstrom erst nach der diluvialen Erhebung von Nicaragua sich auf Europa lenkte und die Wärme dieses Landes um 10'^' C erhöhte; bis dahin hatte im mittleren Europa ein Klima geherrscht, wie es sich heute im nördlichen Sibirien bei einer mittleren Jahrestemperatur von 0" G. abwärts findet. In der letzten Zeit dieser Eisperiode erscheint bereits der Mensch und zwar ausgerüstet mit Steinwerkzeugen, wie man weiss, die allmählich mehr verbessert wurden und später die Anfänge der Schmiedekunst zeigen. Hier macht nun plötzlich Lepsius einen Gedanken- sprung, den ich mit den eigenen Worten des Verfassers anführen muss: „Die Dohnen und Steinwerkzeuge aus Marokko, Algier und Tunis stimmen mit den nordeuro- päischen so sehr überein, dass wir hier wohl gleich- zeitige Culturen voraussetzen dürfen." Warum denn gleichzeitig y Ich denke, die Culturentwickelung des Menschen geht im Ganzen überall denselben Weg, von der Bearbeitung des Steines geht's zur Schmiedekunst, aber die Zeit des Weges ist sehr verschieden, sie richtet sich nach der Beschaffenheit und nach der geschichtlichen Stellung eines Volkes. Leben doch die heutigen ür- bewohner von Neu-Guinea noch in der „Steinzeit". Gehen wir trotzdem auf Lepsius' weitere Ausführungen ein, so ergelten sich aus der falschen l^iäniisse, wie natürlich, auch falsche Schlüsse. „Dieser Rückzug der Cultur von Afrika", heisst es S. 77, „bis ins nördliche Europa kann wohl im letzten Grunde nur erklärt werden aus den klimatischen Verhältnissen, welche sich in den fünf bis sechs Jahrtauseuden seit den Anfängen der egyptischen Cultur andauernd zu Ungunsten von Nord- afrika und der Miftelmeerländer und zu Gunsten von Nord-Europa verändert haben". Für starke Ver- änderungen im Klima während der historischen Zeit be- nutzt der Verfasser die Thatsache, dass die Kloster- brüder früher hoch hinauf Weinreben eultivirten, wo man jetzt nicht mehr daran denkt, Wein zu keltern. „Falls man heute einen Weinberg in Gstpreussen anlegen wollte, so würden die Reben im ersten Winter vollständig er- froren sein". Das wäre im Mittelalter ebenfalls geschehen, wenn die Mönche nicht so klug gewesen wären, die Eeben im Winter zu bedecken. — Vom Theodulpasse reden wir nicht lange, es ist bekannt, dass in den Alpen einzelne Partien in historischer Zeit vergletschert, andere inzwischen schneefrei geworden sind. Kommen wir viel- mehr gleich zu Griechenland, dessen klimatische Ver- hältnisse Lepsius ausführlich, aber oberflächlich schildert. Ich begnüge mich damit, Sie auf eine trettliche Abhand- lung von Alfred Philippson, Zur Vegetationskarte des Peleponnes, hinzuweisen, die Sie in Petermanns Mit- theilungen 1895, S. 273, finden. Dort wird nur die Entwaldung als Ursache der klimatischen Veränderung angeführt und gesagt: „Die berüchtigte Kahlheit der griechischen Bei'ge ist ein durch die Menschen heraus- gebildeter, aber nicht mehr zu tilgender Charakterzug."*) Mit diesen Worten kann ich abschlies.sen, weil ich genau diese Ueberzeugung auch bei Theobald Fischer und bei Nissen finde, die diesem Gegenstande ernstes Nachdeuken gewidmet haben. Vielleicht interessirt es Sie, noch zum Schlüsse einen Satz zu Iniren, den diese beiden Gelehrten gemeinsam vertlieidigen; er steht bei Nissen, Italische Landeskunde, S. 4Ü"2: „Der Geograph wird die Mittelmeerländer nie verstehen, wenn er nicht auch zugleich ein geschulter Histo- riker ist." Prof. Dr. Rudolf Schneider in Gr. Lichterfeldc. ■') ITclicr ilcii Walil in Griechenland vergl. den Aufsatz des Hurra Philippson in ik'i- 3atiii-\v. Wncliensclir." V (ls9(i) S, ;i:J4 — Ked Ueber Stiiniue und Oeliör luid ilire Abhängigkeit vom Landleben. — Bezugnehniend auf den Aufsatz des Herrn Albcrts über den Gehörsinn (diese Zeitschrift 18U7 S. lolJ — 141) erlaube ich mir darauf hinzuweisen, dass ich betreffs der Entwickelung des Gehörs zu einer etwas abweichenden Ansicht gekonnnen bin. Ich habe sie in dem 18S)1 erschieneneu Buch „Die Entstehung der Landthiere" (S. 402 — 406) kurz vorgetragen und bin inzwischen in meiner Auffassung eher bestärkt worden. Die Aufgabe des Ohrs ist bekanntlich, wie auch Herr Alberts annimmt, eine doppelte, die Wahrnehmung des Schalles und die der Gleichgewichtslage des eigenen Körpers. Es scheint, dass die letztere die ursprüngliche Funktion ist. Ein Ohr als Mittel der Tonwahrnehmung hat sich dagegen erst auf dem Lande eingestellt, so gut wie die Stimme. Die Stinnne mag durch Aneinander- reihen harter Körpertheile entstehen (Insekten, einige Spinnen und Krebse, einige Fische, Echsen und Schlangen) oder durch Ausstossen von Lutt (Lurchfische und Tetra- podeu, manche Insecten), immer beschränkt sie sich auf Thiere und Thiergruppen, welche, nach meiner Ansicht, ihre unmittelbaren Vorfahren auf dem Lande haben. In dieser Hinsicht habe ich eigentlich nur von einer Seite Widerspruch erfahren, insofern als Prof. Jaeckel (in den Sitzungsberichten der Ges. naturf Freunde Berlin) meine Auffassung der Placodermen als Landthiere zurückgewiesen hat, worauf ich mit wenigen Worten eingehe. Meiuen Schlüsseu lag die Annahme zu Grunde, dass die Placo- dermeuflosse durch ein Gelenk in zwei Theile zerlegt war und somit ursprünglich als Stütze diente auf festem Boden. Jaeckels aliweichendc Deutung hat mich auch vom Gegeu- theil keineswegs überzeugt, da sowohl die starke Quer- liuie in der Flosse von Pterichthys, als namentlich die Ex- tremität von Bothriolepis und Mierobrachius nach Tra- quair's Darstellung mir das Gelenk mit Bestimmtheit an- zuzeigen scheinen. Aber auch abgesehen davon hat sich Jaeckel inzwischen meinem Standpunkt beträchtlich genähert, da er die Fische mit ihren Ruderfiossen nicht als ursprünglich, sondern als einen secundär abgeleiteten Seitenzweig betrachtet und die Reihe der Vertebraten von Anfang an und in direkter Linie auf Tetrapoden gründet. Der wesentliche Unterschied zwischen unseren Auffassungen besteht darin, dass er sich die beiden Beinpaare als Stützen zum Gehen auf dem Meeresboden entstanden denkt, ich aber auf dem Lande. Die Entscheidung dieses Punktes überlasse ich ruhig der Zukunft. Sie kann vor allem nicht isolirt an einer einzelnen Gruitpe gefällt werden, sondern nur im Zusannneuhange mit den Gesetzen, die für das ganze Thierreich gelten. Und da glaul)e ich doch wahrscheinlich gemacht zu haben, dass ein genügender Anlass, lange Hebelgliedmaassen auszubilden, nur auf dem Lande gegeben war bei der Nothwendigkeit, die gesammte Körperlast zu tragen. Wenn demnach auch die Fische von Landformen abgeleitet werden können, so steht der Annahme, dass die Stimme nur ini Zusammenhange mit dem Landleben, und zwar nur auf der hohen Stufe der Arthropoden und Vertebraten, er- worben wurde, kaum noch etwas im Wege. Ich brauche 332 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. XII. Nr. 28. höchstens noch darauf hinzuweisen, dass der Satz, die Insecten hätten ihre Flügel auf dem Lande erworben und nicht als Was.serfonuen, wie es von den Eiihenieriden angenonuneu wurde, inzwischen neue Stützen gefunden hat, u. a. durch die Untersuchungen von Heymons. Hält es somit nicht schwer, den Aufaug der bewussten Tonerzeugung auf das Land zu verlegen mit dem be- weglicheren Medium der Luft, so gilt das Gleiche von den Mitteln der Tonwahrnehmuug, iusofern als die festere Körperbedeckung, oft mit elasti.schen Borsten, die Möglich- keit schafl't, durch die Verbindung einer solchen Borste mit einem Hautnerven das erste tonpercipirendc Organ zu bilden, wie die Hörhaare an den Beinen der Hpiuuen nach Dahl. Auch sind meines Wissens alle Experimente, die Reaction von Thieren auf bestimmte Töne zu er- weisen, an Arthropoden und Vertebratcn gemacht worden (Hensen, Graber u. a.). Es würde also den sogenannten Ohren der Cuidarien, Würmer und Mollusken in erster Linie nur die equilibrische Funktion zufallen. Damit stimmt in sehr vielen Fällen die relative Grösse des Otolithen, der bei abnormer Körperlage auf ungewohnte Endigungen des Gehörnerven einen plumpen Druck aus- zuüben geeignet ist. Ausser früher angegebenen Gründen (1. c.) will icii nur noch ein Beispiel zur Stutze anführen, den Verlusst der Otocysten bei sesshaften Thieren, den Hydroiden unter den Cuidarien, den Austern unter den Muscheln. Man sieht schwerlich ein, warum eine sesshafte Muschel das Ohr, welches ihr das Nahen eines feindlichen Wesens meldet, verlieren sollte, da es im Gegentheil von grösstem Nutzen wäre, so gut wie der Lichtsinn im Mantelrande der verschiedensten Lamellebranchien nach Rückbildung des Kopfes und damit der Kopfaugen in neuen Differenzirungen sich bethätigt hat. Auch der Umstand, dass bei freischwimmenden Thieren, welche den Einfluss auf ihre Kör]>erhaltung aufgegeben haben, das Ohr schwindet, gehört hierher — Janthina, die Sipho- nophoren. Somit dürfte der Sehluss nicht ganz unberechtigt sein, wonach bei Wasserthiereu das Ohr ursprünglich nur der Wahrnehmung und Wahrung der Gleichgewichtslage dient, die Herausbildung zum tonpercipirenden Organe aber zugleich mit der Erwerbung der Stinnne auf dem Laude erfolgt ist. Natürlich brauchte die äquilibrische Funktion dabei nicht aufgegeben zu werden. Prof. H. Simroth in Leipzig. Biologisches vom Flusslirelts. — Li den Nrn. 5 und 11 der „Deutschen Laudwirtlischaftlichen Presse" 181)7 veröffentlicht J. Ileyking, Fischerei-Director der Provinz Posen und Administrator der Standesherrschaft Leuthen bei Lübben, seine interessanten Erfahrungen und Versuche in der Krebszucht. Dabei kommt er auch auf allgemein biologische Fragen zu sj)rechen. Jeder Krebs, hat nach Heyking sein bestimmtes Jagdrevier. Seine Nahrung besteht hauptsächlich aus Schneeken, Muscheln, Würmern und Insectenlarvcn; gern frisst er kalkhaltige Pflanzen, Klee, Luzerne, Esparsette, Erbsen, wie er auch seinen eben abgeworfenen Panzer verzehrt. Niemals nimmt er jedoch, wie vielfach geglaubt wird, faulendes und stinkendes Fleisch, eher noch frisches, so dass man ihn mit abgehäuteten Fröschen und frischen, aufgespaltenen Fischen fangen kann. Im Laufe des Sommers häuten sich die Krebse mehrere Male, im ersten Jahre 7—8 Mal, im zweiten ö— (i Mal, im dritten nur noch 2 Mal. Während sie vor der Häutung matt undierkriechen, sind sie nach derselben sehr lebendig. Bei schlecht genährten Krebsen kommt es zuweilen vor, dass sie bei dem Häutungs- process sterben. Jeder Krebs hat seine eigene Höhle, in die er sich bei Eintritt kalter Witterung zurückzieht; un- richtig ist es, wenn behau])tet wird, dass der Krebs einen Winterschlaf halte, oder dass er die kalte Jahreszeit nahrungslos zubringe. Die Geschlechter der Krebse sind leicht zu unter- scheiden. Das Männchen ist grösser, hat mäclitigere Scheeren und einen schmalen Hinterleib; das Weiljchen ist schlanker gebaut, hat schwächere, kleinere Scheeren und einen erheblich breiteren Hinterleib. Das sicherste Erkennungszeichen sind die an der Unterseite gelegenen Geschlechtsorgane; beim Männchen befinden sich die paarigen Geschlechtsört'nungen an der Wurzel des letzten, beim Weibchen an der des drittletzten Beinpaares. Die Begattungszeit fällt in den November. Schon im Sep- tember vergrössern sich bei dem Männchen die Samen- leiter zu zwei dicken, vielfach gewundenen, milchweissen Fäden, die am hinteren Ende des Leibes gelegen sind und von Unkundigen für Eingeweidewürmer gehalten werden. Nach der Begattuug zieht sich das Weibchen in seine Höhle zurück und legt in den an die Brust ge- schlagenen Hinterleib, zwischen uud an die kleinen Schwimmfüsse, die Eier, welche durch eine klebrige Jlasse, die im Wa'^ser erstarrt, festkleben. Diese An- lieftung an die Schwimmfüsse ist für die Eier ungemein günstig, da ihnen so fortwährend frisches Wasser zu- geführt wird. Versuche, die Heyking behufs künstlicher Ausbrtitung der Krebseier anstellte, misslangen stets; auch wenn die Eier mechanisch im Wasser bewegt wurden oder wenn man die abgeschnittenen eierbesetzten „Schwänze" künstlich im Wasser bewegte, verfaulten die Eier in we- nigen Stunden. Heyking nimmt deswegen an, dass die Eier auch uoeh während der Brutperiode Säfte der Mutter zum Gedeihen gebrauchen, deren Zuführung dem mensch- lichen Auge unsichtbar ist. Man hört häufig behaupten, dass die Krebse sehr laugsam wachsen, Thiere von 10 bis 15 cm Länge sollen schon 8 — 10 Jahre alt sein; Heyking hat dagegen Krebse gezüchtet, die im zweiten Jahre 12 cm lang, im fünften Jahre 30 cm lang waren (?) und ein Gewicht von '/4 Pfund hatten. Feinde des Krebses sind Reiher, Störche, grosse Fische wie Hecht, Barsch, Zander und Wels, Füchse und auch Hunde. Viele Krebse gehen an der Krebspest zu Grunde. Diese gefährliche Krankheit ist noch nicht ge- nügend aufgeklärt. Manche Seen sind total ausgestorben, während Nachbarseen, die mit jenen in Verbindung standen, verschont blieben. In Seen, die auf der Wasser- scheide liegen, tritt die Krankheit fast garnicht auf. Als muthnnxassliche Verbreiter der Krebspilze (Achlya proli- fera) gelten Enten und andere Wasservögel. Bei der Krebspest werden die Thiere von Krämpfen und starken innerlichen Sehmerzen gewaltig gequält. Der Krebs, der die Sonne und das Land sonst aufs peinlichste meidet, kriecht unter grossen Schmerzen im Sonnenbrand an die Ufer, um dort zu sterben. Nach Heyking sollte Mai bis Seittember, also gerade die Monate ohne r, in denen der Krebs am meisten ver- si)cist wird, gesetzliche Schonzeit für die Krebse sein. Im October und November könnten dann beide Geschlechter gefangen werden, in den übrigen Monaten nur Älännclien. Dass unser Krebsbestand zurückgeht, lässt sieh leicht durch den Preis der Krebse nachweisen. Vor ca. 25 Jahren kaul'tc num ein Schock Krebse, wenn sie gross und schön waren, (ür 20 l)is 25 Pfennige. Heute zahlt der Berliner Grossliäiullcr 5 Mark i)ro Schock und verkauft sie wieder mit 10 bis 15 Mark. Eine Portion Krebse, 2 bis 3 Stück, kostet in Berliner Bierrestaurauts 75 Pfennige, in den feineren Weinrestaurants 1,50 bis 2 Mark. Sehr eindringlich mahnt Heyking zur Anlage von Krebszuchtplätzen; fast jeder Wieseugraben oder Teich, XII. Nr. 28. Natur wisseuschaftliclic W'oclieiiscliiitt. 333 besonders wenn der Grund Torfboden ist, ist dazu ge- eignet. Wir können liier auf die eingehende Darstellung über Einrichtung einer solchen Zuchtanlage nicht ein- gehen und müssen Interessenten auf die Arbeit selbst verweisen. S. Seh. Ueber die Wirkung des Winters auf die Vögel bat d'Hanimonville während der Zeit vom 25. De- cembcr 1S94 bis 9. Jlärz 189.) tägliche Beobachtungen angestellt (Feuille Jena. Nat. 1896). In der ganzen Zeit zeigte das Thermometer nie weniger als 5 — 6" Kälte, sank aber bis auf 22", und ständig war die Erde mit Schnee bedeckt, im Mittel 25 cm hoch, ohne dass sie aber gefror. Die Beobachtungen erstreckten sich auf die Umgehung von Manonville, Departement Meurthe-et- Moselle. — Habicht und Sperber setzten ihre ge- wöhnlichen Räubereien fort, begünstigt durch die Ab- mattnng der Vögel. Die Thurmfalken hatten das Besitztlunn d'Hs. einige Tage vor dem Einbrüche der grossen Kälte verlassen. Die Bussarde, die nicht zur Jagd auf Vögel, sondern nur zu der auf kleine Säuger und Reptilien orgauisirt sind, hatten viel zu leiden und kamen in die Nähe der Ansiedelungen, wo sie sich von Abfällen nährten. Auf dem Leichnam eines todten Pferdes wurden vier an einem Tage geschossen. Die Eulen litten weniger, da die Erde nicht gefroren war, so dass also die kleinen Nager nicht ausblieben. Spechte, Baumläufer, Kleiber fanden reichliche Nahrung unter den Rinden, in alten Baumstämmen, Auch fand d'H. x\meiscnhaufcn oft tief von ihnen aufgewühlt. Krähen, Häher, Elster hielten sich gut. Von Nebel- krähen, die dort immer seltener werden, konnte d'H. nur 1 Exemplar beobachten. Der grosse Würger machte unaufhörlich Jagd auf kleinere Vögel. Von diesen hatten die Gimpel, die die Knospen ahfrassen, Distelfinke und Hänflinge so wenig zu leiden dass d'H. am 31. December eine Schaar Distelfinke, singen hörte wie im Frühling. Auch die gelbe Bach- stelze, der Wasserpieper und der Eisvogel schienen wenig vom Winter zu merken, da ihnen die Bäche immer genügend Nahrung boten. Aber Bucli- und Bergfink, wie die Goldammer starben in grosser Zahl. Die Letzteren verschwanden allerdings Ende Januar, kurz vor Einbruch der grossen Kälte. Die Sperlinge hatten wenig Verluste; dagegen erlagen von Amseln und Rothkehlcheu 7 — 8 von 10. Mistel- und Wachholder - Drossel hatten wenig Schaden. Allein sie und die Meisen lieferten den Raubvögeln viele Beute. Zaunkönig und Goldhähnchen hielten sich wie die Spechte; doch l)eobachtete Lomont 5 der erstcren, die sich jeden Abend in einem Schwalbcnneste an seinem Hause verkrochen. — Die Rebhühner hielten sich an die Bachufer und kamen in die Nähe der W^oh- uungen, wo sie sehr zutraulich wurden, so dass z. B. d'H. etwa 3U in seinem Garten fütterte. Auch die Schnepfe fand in den Waldbächen i;ute Nahrung. Der Reiher dagegen wurde aus Mangel an Nahrung leicht getödtet; 5—6 von ihnen ergaben bei der Untersuchung vollständig leeren Magen. Die Stockente und die Wildgans konnten sich an den Bächen gut halten. Reh. Fossile Alactaga - Reste aus dem Löss Nord- liülimens. — Unter den Charakterthiercn der russischen Steppen nimmt der grosse Saud- oder Pferdespringer (Alactaga jaculus) eine hervorragende Stelle ein, ebenso unter den Charakterthiercn der ehemaligen pleistocänen Steppengebiete Mitteleuropas. Obgleich schon eine nicht ganz geringe Anzahl von Fundorten fossiler Alactaga- Reste aus Mitteleuropa nachgewiesen ist*), so ersciieint doch vorläufig jeder neue Fund erwähnenswerth. In dem vorliegendem Falle handelt es sich um die Ueberreste von zwei Skeletten jüngerer Individuen, welche bei dem nordbohmischen Dorfe Angiesl (zwischen Aussig und Teplitz gelegcuj im typischen Löss subaeriseher Bildung kürzlich ausgegraben und durch Herrn Ferd. Seehars in meine Hände gekommen sind. Die betretfeude Fundstätte liegt am Abhänge eines Berges, etwa 36 m über dem Niveau des nächsten fliessenden Gewässers. Von Anscliwennnung kann, wie ich glaube, bei diesem Löss gar keine Rede sein; er ist eine offenbar subaeri- sche Bildung. Ich kenne die Fundstätte aus eigener Anschauung und habe Lössproben von dort in Händen. Ueber die richtige Bestimmung der betr. Fossilreste ist jeder Zweifel ausgeschlossen, da die zur Bestimmung wiclitigsten Skeletttheile in guter Erhaltung vorliegen. — Schon vor einigen Jahren habe ich aus dem Löss der- selben Gegend eine vollausgewachsene Tibia eines Alac- taga erhalten. Im vorigen Jahre erhielt ich von dort mehrere, fast vollständige Skelette des heutzutage in den Steppen des Orenburgcr Gouvernements verbreiteten röth- licheu Ziesels (Spermophilus rufescens). Diese fossilen Spermophilus-Funde gehören zu den besten, welche jemals gemacht sind. Sehr zahlreich sind in derselben Gegend die Funde fossiler Mumie Ithier-Reste; ihr Vorkommen neben Alactaga jaculus und Spermophilus rufescens deutet darauf hin, dass es sich um Reste des Steppenmurmel- thiers (Arctoniys bobac) handelt, nicht um solche des Alpen-Murmelthiers (Arct. marniotta). Da kürzlich in Nord-Böhmen auch Reste derSaiga- Antilope gefunden sind, so haben wir hiermit vier charakteristische Steppenthiere für die Vorzeit Nordböhmens angeführt, zu denen man noch manche andere Speeies hinzufügen könnte. Nach meiner Ansicht kann es keinem berechtigten Zweifel unterliegen, dass die genannte Gegend während derjenigen Epoche, in welcher Alactaga jaculus, Spermophilus rufescens etc. dort lebten, einen vor- wiegend steppenartigen Vegetationscharakter besessen haben muss. Bis jetzt ist Würzburg der am weitesten westlich gelegene Fundort fossiler Alactaga -Reste. Die durch eine grössere Zahl solcher Reste ausgezeichneten Fund- orte sind: Westeregeln, Gera, Prag; unter diesen steht wiederum Westeregeln voran, wo ich einst sehr zahlreiche und. wohlerhaltene Skeletttheile des grossen Sandspriugers ausgegraben habe. Es ist wahrscheinlich, dass man ge- legentlich auch in Mähren, Niederösterreich, Ungarn und Galizien fossile Alactaga-Reste finden wird. Prof. Dr. A. Nehring. Metall - Legirungen. — Ueber ihre Natur spricht sich auch Georges Charpy, einer der eifrigsten Er- forscher derselben mittels des Mikroskopes, dahin aus (Comptes rendus 1897, 957), dass sie als mechanische Gemenge verschiedener krystallinischer Körper, sei es ge- diegener Metalle, sei es bestimmter Metallverbindungen zu betrachten sind. Ausführlicher hat er seine Lehren entwickelt in einer umfangreichen, durch viele Abbildungen geschmückten Abhandlung im Bullet, d. 1. Soc. d'En- couragement, 1897, März, 384. Hier sollen aber nur die Hauptpunkte wiedergegeben werden. Als eutaktische Legirungen bezeichnet er diejenigen, welche wegen ihres ganz homogenen Aussehens und ihrer constanten Er- *) Ich nenne Thiedo, Westeregeln, Quedlinburg, Rübeland, Gera, Poesneck, Wüizburg, Zuzlawitz, Prag. 334 Natnrwissenscbaftliclie Wocbciisclirift. XII. Nr. 28. stan-unf?stemperatiir oft für bestimmte cbemische Ver- bindungen augesehen worden sind. Bei mikroskopiscber Betrachtung erkeunt man auch in ihnen mit ßestimmtheit, dass sie ein Gemenge von zweierlei Metallen oder Metall- verbindnngen darstellen, welche in äusserst dünnen und nur bei stärkster Vergrösserung nnterseheidbaren, kry- stallinischen Blättchen an einander gelagert sind. Die Winzigkeit der Gemengtheile ist die Ursache der homo- genen Erscheinung und des oft muscheligen Bruches dieser Legirungen. Die eutaktischen Legirungen sind demnach vollständige homologe der Kryohydrate, oder Mischungen von constauter Coudensation, die, wie Berthelot gezeigt hat, bei fest bestimmtem Wärmepunkte destillireu. Als Typus eutaktischen Gemenges erklärt Charpy Osmond's (richtiger Howe's; vergl. „Glückaut", 1895, S. 1036) Stahlbestandtheil „Perlit", welchen Arnold für eine wahre, der Formel Fe24C entsprechende Eiseu- Kohlenstoffverbindung (Eisencarbid) erklärte. An der Existenz wirklicher chemischer Verbindungen innerhalb dsr Legirungen ist aber andererseits auch nicht zu zweifeln; diejenigen nach den Formeln CU:jSn und CuaSb wenigstens können schon als nachgewiesen gelten. Bei mikroskopischer Untersuchung sind sie bestimmt zu erkennen; die Zinn-Kupfcrverbindung CuaSn erscheint in Legirungen von mehr als 5 pCt. Kupfergehalt nach ein- facher Politur in der Gestalt weisser, sehr harter Krystalle, welche, wie die Schneeflocken, sechsstrahlige Sterne bilden und die sich mit steigendem Kupfergehalte des Messings mehren, bis sie ganz allein vorhanden sind, sobald der chemische Bestand des Ganzen obiger Formel CuySn ent- spricht. Die Kupfer- AntimonverbinduDg Cu^Sb bildet harte, deutlich violettgefärbte Krystalliten. Wie die vorbeschriebenen, so findet man bei mi- kroskopischer Untersuchung noch andere, ersichtlich als bestimmte chemische Verbindungen aufzufassende Bestand- theile von Legirungen, die aber wegen zu geringer Ab- weichungen ihrer physikalischen Eigenschaften (woian Isomorphismus die Schuld tragen kann) sonst nicht be- stimmt uuterscheidbar und auch noch nicht aus den Ge- mengen isolirt worden .sind. So giebt es wahrscheinlich eine chemische Verbindung von Zinn und Antimon, die dem letzteren isomorph ist, etwa zur Hälfte aus Zinn besteht und sich in schönen, scharf begrenzten Krystallen in den zinnreichen Legirungen findet; ferner eine dem Silber isomorphe Antimon-Silberverbindung von 20 pCt. Antimongehalt und eine ebenfalls dem Silber isomorphe Zinn-Silberverbindung mit 30 pCt. Zinngehalt. Die Gestalt der Gemengtheile, wie sich solche bei mikroskopischer Untersuchung erkennen lässt, giebt aller- dings nur Andeutungen und entscheidet noch nicht in dieser Frage, doch lassen sich jene noch weiter nach ihrer verschiedenen Färbung, ihrer Härte und insbesondere nach ihrem Verhalten gegen beizende Reagenzien unter- scheiden. Darnach sind für die Legirungen von je zwei Me- tallen zweierlei Zustände als Regeln des Bestandes zu unterscheiden. Der eine derselben zeigt die Krystalle von homogenem Bestände (entweder aus gediegenem Metall oder aus der chemischen Verbindung beider Me- talle) eingehüllt von einem zweiten Bestandtheil, welcher im Allgemeinen ein eutaktisclics Gemisch ist und ge- bildet wird durch das Ancinanderschliessen von sehr feinen und kleinen 'riieilen jener homogenen, krystallinischeu Substanz mit solchen von anderer metallischer Art. Als äusserste Grenzfälle gelten diejenigen, dass nur eutaktisches Gemenge oder nur homogenes Metali, bezw. Metall- verbindung vorhanden ist. Der andere Bestandstyjjus zeigt eine einzige Art von Krystallen, welche aber in Folge von Isomorphismus von verschiedenem, chemischen Bestände sein können und in deren Innerem im Allgemeinen ganz allmählich Zusammen- setzung und Eigenschaften wechseln. Legirungen dieser Art sind ziemlich häufig, denn obwohl es nur wenige Metalle giebt, welche mit einander isonujrpbe Mischungen zu bilden vermögen, scheinen doch mehrere bestinunte Metallverbindungen mit dem einen ihrer Constituenten isomorph zu sein. 0. L. Aus dem wissenschaftlichen Leben. Ernannt wurden: Die wissenschaftlichon Hilfsarbeiter am Astrononiiselien Recheninstitut zu Berlin Dr. Ginzel und Dr. Berborich zu Professoren; der Assistent an der zoolof»isclien Sammhing des Museums für Naturkunde in Berlin Dr. A. Collin zum Gustos; der Bililiotliekar an der königl. Universitäts-Biblio- tliok Dr. August Wolfstieg zum Bibliothekar am Preussischen Abgeordnetenhaus und Professor; der Assistent am Institut für Infectionskrankheiten Dr. Paul Frosch zum Professor; der Docent an der technischen Hochschule zu Hannover Eugen Meyer zum Professor; der (Jberbibliothekar an 6i (woldxoliiuidt, Iterliii K., Allguststr 2i<. Elektrotechnische Anstalt und mechanische Werkstätten. Spezialität: Elektr. Messinstrumente, Nonnal-Klemente, Normal- uud Praeci- sionswiderstände, nacii den Modellen der Physikal. Techn lieic'hsanstalt. — Normal- Volt- und Amperemeter, Spiegelgalvano- meter, Physikalische Lelirmittelapparate Eiiiriebtuiis von Laboratorien. Hempel's Kiassilcer -Ausgaben. Ausfübrl. Sjiecialverzeichnisse gratis. Ferd. 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Wirklich sind in diesem Orte zahlreiche hübsche Mädciicn und Frauen anzutreffen, doch auch die anderen Städtchen des Hochlandes von Rionegro sowie von Abe- jorral, Sonson und anderen Orten stehen kaum hintel' Retiro zurück. Dem Naturforseher bietet El. Quarzo eine Vorkommniss von besonderem Interesse: unweit auf einer Finca ist die einzige bekannte Stelle in Antioquia, wo sich Zinnober in nicht unbeträchtlicher Menge findet. Robert White hat hier das Quecksilber vor ca. 20 Jahren auszuheulen begonnen, dann aber diese nur im Kleinen betriebenen Arbeiten wieder eingestellt. Am fnlgcuden Morgen wurde mir diese interessante Stelle gezeigt, doch vermag ich nicht zu beurtheilen, ob eine Wiederaufnahme der früheren Arbeit sich lohnen würde. Bei La Ceja die Hochebene von Rionegro kreuzend, gelangte ich am 12. April bis La Union, am 13. über Mesopotamia bis kurz vor Sonson, woselbst am 14. ein Ruhetag nöthig wurde, da eine Aenderung am Sattel keinen Aufschub duldete. .Sonson ist erst in diesem Jahrhundert angelegt worden, hat sich aber neuerdings lebhaft entwickelt, da es günstige Bedingungen für den Anbau des Weizens und treffliche Weiden besitzt. Etwa 20 kleinere, am Rio Sonson gelegene Mühlen verarbeiten den Weizen, doch war im Jahre 1896 der 2500 m hoch gelegene Ort von der Ileusclircckenplage heimgesucht worden und hatte durch letztere grosse Einbusse erlitten. Erst ganz vor Kurzem (Anfang 1897) ist Sonson zum Mittelpunkt einer eigenen Provinz erhoben worden, welche die Orte La Ceja, Abejorral, Aguadas, Arma, Pcnsilvania, Santa Bar- hara und Sonson selbst umfasst. Bedeutende Erhebungen wie der Monte Capiro im Norden, der Cerro de las Pa- lomas im Osten und der Paramo de Sonson im Südosten bilden einen Ring um die Stadt, nur nach Westen öffnet sich der Caßon de Purima, der tiefe Einschnitt des Rio Arma, in welchen der Rio .Sonson sich ergicsst, kurz nachtlem er einen bedeutenden Wasserfall gebildet hat. Am folgenden Morgen (Gründoniicrsfag) ritt ich ül)cr den am Uebergang oOOO m hohen „Paramo de Sonson", dessen herrliche Aussicht nach Westen leider duicli Nebel 350 Natui-wissenschaftliphe Wochenschrift. Xlr. Nr. 30. massen verhüllt blieb: Der Abstieg auf der Ostseite fuhrt über Narino nach dein bereits der heissen Zone angcluiriscn Thale des Rio Samanä, woselbst es mir gelang-, Ver- steinerungen (Beleniniten) in einem dunklen, jedenfalls raetamorphiscbcu Gestein, aufzufinden. Ueber eine sehr be- deutende Kette, die Questa de Envigadn, die dem Pa- ramo von Sonson nur um wenige hundert Meter an Höhe nachstellt, führt der Weg sodann nach dem freundlichen Städtchen Pensilvania, welches ich am 17. erreichte. Vou hier gelangt man über Victoria in drei weiteren Tagereisen Honda am Magdalena; und obwohl mir dieser Hauptstrom von Columbien am Ostersonntag bereits in verführerischer Nähe als Silberstreifen entgegenleuchtcte, wollte ich doch erst nochmals auf die Westseite der Hauptkette zurückkehren und vou Manzanares aus nach Salamina reiten. So verliess ich am Morgen des Oster- sonntags auf dem Alto de Guajavo den Weg nach Honda, kreuzte den Rio Miel, den Grenzfluss zwischen Antio((uia und Toliraa und erreichte am Ostersonutag noch das genannte Städtchen Manzanares, von hier bis Salamina einem Reiseweg Alfred Hettners folgend. Auf dieser Strecke sind eigentlich zwei Pässe von fast gleicher Hübe (3000 ra) zu überwinden: das imposante Schichtengewölbe der Pieona und der eigentliche Paramo de Herveo. Beide haben eine interessante Vegetation, die der des Paramo de Sonson ähnlich ist, erheben sich aber nicht bis zur Baumgrenze, und zeigen daher auch noch nicht den eigentlichen Paramocharakter, wie er uns z. B. so schön und typisch am Ruiz entgegentritt oberhalb 3600 m mit Grasflur und Frailejon. Am Herveo gehen verschiedene grössere Fincas mit schönen Weiden, hier hauptsächlich aus Rasen einer Alchemilla gebildet, denen auch der weissblülicnde Klee (Trifolium rcpens L.) nicht fehlt, bis zur Passhöbe hinauf. Der Steilabfall des Gebirges ist nach Westen nach Salamina zu, während die Pieona auf beiden Seiten steil emporsteigt. Herrlich ist der Blick von der Pieona auf die Berge des Paramo de San Felix und auf das malerisch auf einer Anhöhe gelegene Dörf- chen Marulanda, welches erst seit etwa 20 Jahren besteht. Beim Abstieg vom Herveo folgt der neue Weg dem RioPozito mit prachtvollenFaltungserscheinungen an beiden Thalflanken. Wir erreichten von dem nur etwa 300 m unter der Passhöhe gelegenen Wirthshaus Aquadita unser vorläufiges Ziel Salamina am 21. April. Bei diesem auf einer Anhöhe gelegenen Orte mit lebhaftem Vieh- handel eröffnet sich ein entzückendes Landschaftsbild auf einen erheblichen Abschnitt des mittleren Caucagel)ietes: der Cauca selbst ist nicht sichtbar, weil er in engem Einschnitt die Centralcordillere durchbricht, dagegen sind in der Ferne Theile der imposanten Westcordillere, im Mittelgründe die malerischen Umgebungen von Marmato und Echandia, weiter abwärts die Berge von Nueva Caramanta und Valparaiso, sowie gegen Norden die charakteristische Form des Cerro Bravo bei Fredonia sichtbar. Von Salamina brach ich am folgenden Tage auf dem häufig begangenen Handclsweg, der von Medellin nach Manizales fidirt und durch F. v. Schenek beschricl)cn wurde, zu dieser bedeutendsten Siedelung im südlichen Antioquia auf und erreichte es, die Orte Aranzazu und Neira berührend, am 24. April zu Mittag. Manizales ninunt, trotzdem es erst Ende der 40er Jahre dieses Jahrhunderts gegründet wurde, heute bereits die zweite Stelle im ganzen Departemento ein und ist durch vielseitige Handelsbeziehungen zwischen dem Süden und Norden, dem Osten und Westen vou Colonibia aus- gezeichnet. Schon von weitem leuchten die freundliciicn Häuser und die hochragende Hauijfkircihe uns entgegen; es bildet eine natürliche Festung auf nach drei Seiten steil abfallendem Plateau gelegen und war daher auch in den inneren Kriegen vielfach von grosser Bedeutung. 2. Ein Ausflug nach dem Ruiz. Ursprünglich hatte ich den grossartigen Bergcolosscn im Süden von Manizales, welche bis zum ewigen Schnee aufragen, dem Ruiz, Santa Isabel, Quindiu und Tolima die beste Jahreszeit des Verano, Februar und März, vor der Rückkehr nach der Küste widmen w(dlen, ein Plan, der jedoch durch die unglücklichen Nachwirkungen der Reise in das nördliche Autio(pua hinfällig geworden war. Der Invierno hatte bereits begonnen und eine nähere Erforschung der Schneeriesen oder auch nur eines der- selben erschienen mir jetzt nicht mehr möglich, nicht nur, da die Witterung ungünstig geworden war, sondern auch, weil ausreichende Zeit mir nicht mehr zur Verfügung stand und auch die Rücksicht auf meine Gesundheit in die Wagschalc fiel. Die Aussicht, welche sich von Mani- zales auf die „Mesa nevada del Ruiz" auf die von schimmerndem Gletschereis bedeckten Flanken des Ruizkraters (.5600 ni) bietet, ist aber eine so herrliche, dass der Wunsch, wenigstens bis zum Gletschcrrande vorzudringen, über meine Bedenken siegte, zumal ich in Manizales sehr freundlich aufgenommen wurde und mehrere Begleiter sich mir alsbald zur Verfügung stellten: Don Eduardo Gutierrez, der älteste Sohn von Alejandro Gutierrez, an den ich empfohlen war, wünschte vor Allem, mich auf dieser Tour zu unterstützen, ausserdem war Felix Rcstrepo, bei dem ich in Medellin meine jiboto- graphischen Aufnahmen entwickelt hatte, im Begriff, sellist mit einem Bekannten dem Schueeberg einen Be- such abzustatten und so wurde verabredet, für den Mon- tag (26. April) Thierc zu mietbcn und Proviant nebst den photographischen Apparaten mitzunehmen, nachdem wir am Sonntag den Jäger Yacinto, den erfahrensten Kenner des Ruiz, zui- Mithilfe und Führung gewonnen hatten. Letzterer besitzt mit seinen Söhnen die höchst gelegene Hütte am Ruizweg von Manizales nach Ambalema, die wenigstens ein Obdach für die Nacht bietet. Die- selbe liegt an der Quebrada Termales, etwa 150 m über der heissen, stark schwefelhaltigen Quelle, die der Que- brada den IS! amen gegeben, ca. 3650 m über dem Meeres- spiegel und nur ungefähr 300 m tiefer als die Haupt gebirgskette, hier „Linea" ((irenzc zwischen den beiden Departementos Tolima und Cauea) genannt. Diese Hütte war der natürliche Ausgangs- und Stützpunkt für unseren Ausflug. Montag frühzeitig war ich reisefertig; ich hatte mir ein kräftiges Pferd genuethet, um meinen ermüdeten Maulthicren die ihnen nöthige Ruhepause nicht zu ver- kürzen. Statt um 6 Uhr konnten wir jedoch erst gegen 11 Uhr aufbrechen, da die genannten Herren die Vor- Ijcreitungen nicht getroffen hatten und nun Alles erst be- sorgen mussten. Drei Personen mit zwei Lastthieren folgten uns noch später und konnten daher, da Nach- mittags ein tüchtiges Unwetter losbrach, am Abend die Hütte Yaciutos nicht mehr erreichen. Wir selbst langten auch erst nach Einbruch der Nacht gegen 7 Uhr und zwar völlig durchnässt in derselben an, da unterwegs die Herren innner wieder mit ihren Gewehren sich abgeben mussten und so die Zeit vertrödelten. Auf dem sehr schlechten Wege versagte dann noch eines der Pferde, was abermals viel unnöthigen Aufenthalt verursachte. Fast ohne Nahrung und ohne genügenden Schutz gegen die Witterung gestaltete sich die Nacht so ungemüthlicli, dass am folgenden Morgen nur der Photograph Stand hielt, während die beiden .\ndcicn nach Manizales zurück- kehrten. Allerdings zeigte das Thermometer an diesem Tage nur 5° C. Xll. Nr. 30. Naturwisscuschaftlicbe Wochenschrift. 351 Wir beiden ZiirlR'kliieibcntk'n licselilossuu unser Ge- IKick zu erwarten, am Vunnittaj;- nur einen kleinen Aus^Huy nach der „Laguna" oder „Cicnaga", einer von Yacinto als besonders wildreicli bezeichneten Geg-end zu unter- nehmen und das Vordring-en zum Gletscher auf morgen zu verschieben. So brachen wir denn in Heglcitung- Yacintos und seines erwachsenen Scduics nach der La- gune auf, ohne hier jedoch eines Tapirs (Danta) oder Hirsches (Cuervo) ansichtig zu werden; nur einige Vögel belebten die Fläche des Weihers, aus dem der Rio Chiuchinä seinen Ursprung nimmt. Höchst charakteristisch waren aber die Unigebungeu der Laguna durch das massenhafte Auftreten der grossen Strünke gel))blidiendcr Frailcjons (Espeletia), welche hier ein völliges Xiederungs- diekigt bildeten, einzeln aber schon gleich oberhalb der Hütte Yacintos begannen. Truppweise leuchteten da und dort Exemplare des weissen Frailejon mit den von dichtem AVollliaaibczng wie Schnee aussehenden Blättern und den grossen nickenden Blüthenköpfen entgegen. Auch sonst bot die Pflanzenwelt genug Interessantes; der allmäliliehe Uebergang von den zuletzt dicht verfilzten, mit Moscn und Flechten bedeckten knorrig-verästelten Stännnen der Termaleschlucht zu niedrigen Stauden und zum ty])isclicn Frailejonal mit zahlreiclien an der Erde haftenden Bliithenpflanzen, besonders aus den L"'amilicn der Korbbiüthler, Gentianen — eine Gentiane bildete schwellende Polster von grosser Widerstandsfähigkeit — , Lippenbliithler u. a. m. Strömender Regen zwang uns gegen Mittag zur Umkehr, doch dauerte es geraume Zeit, ehe wir über den Kannn das schützende Dach der Hütte wieder erreichten. Zwar war inzwischen unser Gepäck eingctrotf'en, der Regen nahm jedoch derartig zu, dass das Dach sicli nicht mehr als hinreichend diciit erwies und ieli namentlich in der Nacht durch das nieder- tropfende Wasser ganz feucht wurde. Am dritten Tage wurde nunmehr die geplante Tour, freilich gleichfalls bei sehr ungünstiger Witterung, aus- geführt, üebcr die „Linea" ging es zunächst in das Thal des Guali hinab und noch ein erhebliches Stück auf dem Ruizwege fort, bis wir rechts über die „Arenales" zum Neuschnee und von hier bis zum Gletschcrabfall emporstiegen. F. Restrepo und ich brauchten hierbei, obwohl es natürlich keinen getretenen Weg gab, unsere Pferde nicht zu verlassen. Ueber die straften Polster der Gentiane und diejenigen eines Grases gelangten wir auf weite Schutthalden vulkanischer Aschenmassen, zwischen denen die nackten Audesitfelsen anfragten. Sehr charakteristische ßlüthenpflanzen, (mehrere weissblnhende Compositen, ein Kreuzblüthlcr u. a. m.) von besonders kräftigem, gedrungenem Habitus, zierliche Stämmchcn eines Bärlapps, verschiedene Laubmoose, zuletzt namentlich üppig fruchtende Flechten an den Felsen bildeten die Staftage, bis der Schnee immer grössere P^lächen des Bodens bedeckte. Es dauerte aber noch geraume Weile, ehe wir langsam vordringend, bis zum Ende des Ruiz- gletschers gelangten, an der Stelle, wo aus ihm der Guali seinen Ursprung nimmt, der das östliche Vorland durch- zieht, um sich bei Honda mit dem Magdalena zu vereinigen : Um halb 7 Uhr waren wir aufgebroehcu, frühstückten um lU Uhr im Neuschnee und erreichten das Gletsehercnde gegen 11 Uhr. Das Eis des Ruizglcfschers ist hier ganz dunkel durch die zahlreichen Verunreinigungen; nur hier und da sclnraniert ein bläulicher Glanz durch. Von einem schönen Gletscherthor, wie er z. B. am Rhoncgletscher vorhanden i.st, kann keine Rede sein, docii helit'sich der steil aus bedeutender Iliihe herabfallende Gletscher immerhin sehr ettektvoll von den rundgeseliliffencn Formen der Gesteine zur Linken und Rechten ab. Vor dem Ende in etwa 120 m Entfernung ist eine sehr beträchtliche Eudiuoräne aufgehäuft. Das Barometer zeigt 4050 m, alsii Monte Rosa-Höhe; es fehlen also immer imeh etwa lUOO m bis zum Gipfel der gewaltigen Mesa ! Mehr Hess sich unter den obwaltenden Umständen nicht er- reichen, zumal die Witterung wieder schlecht wurde; wir wendeten uns zur Umkehr; im Abstieg koinifc ich wundervoll die grossartige Thätigkeit des ehemals er- heblich grösseren liuizgletschers an den Andesitfelsen ver- folgen: bis zu den .Vrcnales hinab waren die herrlich- sten Rundhöcker und Gletscherschlifte allenthalben zu sehen, combinirt mit höchst energischen Schleifspuren des vom Wind gegen die Felsen getriebenen vulkani- schen Sandes. Gegen '/.24 Uhr erreichten wir die Hütte und konnten uns hier an einer frugalen Mahlzeit wieder stärken. Donnerstag früh traten wir alsdann den Rückweg nach Manizales an, diesmal thalabwärts vom herrlichsten Wetter begünstigt, während die Höhen sich bald wieder gänzlich umzogen hatten. Kaum irgendwo in Antioquia habe ich eine so farbenprächtige Vegetation an meinem Reisewege angetroftcn als hier in der Quehrada Termales! Namentlich Ijildeten zierliche Rispen rother Begonien- und Fuchsienblüthcn einen herrlichen Schmuck der Weg- ränder, neben vielen blühenden Sträuchern, mehreren Pahnenarten, von der niedrigen Palmicho- oder Zwerg- palme bis zu der hochragenden Chondos — einmal ragten auch einige Wachspalmen auf einer l)enachl)arten Anhöhe auf. Bald nach der Mittagsstunde tauchte Mani- zales vor uns auf, wo wir uns von den drei Nächten in Yacintos Hütte erholen konnten. Einen Denkzettel bekam ich freilieh mit auf die Weiterreise, ein neuer Anfall von Herzschwäche zwang mich, auf den Besuch von Bogota zu verzichten. Ich verweilte noch drei Tage in Manizales, konnte hier meine Sammlungen, sowohl die naturhistorisehen wie die ethnographischen, noch wesent- lich vervollständigen und schied in der folgenden Woche mit dem Gefühl herzlichen Bedauerns, dem herrlichen Ruiz nur einen so lliiclitigen Besuch abgestattet zu haben! Und doch war der diesjährige Verano zu seinem Studium hervorragend günstig gewesen! 3. Von Manizales nach Honda und zur Küste. Der früher viel begangene Weg über den Paramo de Aquacatal (vergl. z. B. die Beschreibung bei F. vini Schenck a. a. 0.) ist seit einigen Jahren durch den „neuen Weg" über dan Pass von San Pablo ganz in den Hintergrund gedrängt worden; derselbe ist in Folge vor- züglicher Anlage erheblich bequemer. Auch ich entschied mich für denselben. Montag, den 3. Mai, wurde nur ein kurzer Ritt von etwa 4 Stunden bis Rocallosa, eine am Beginn des Aufstieges zur Passhöhe gelegene freund- liche Posada, zurückgelegt. Am folgenden Tage eri-cichte ich die Passhöhe in 3500 m und ritt mit Rücksicht auf meine der Schonung noch inmier bedürftige Gesundheit auf der stets steilen, mauerartig abstürzenden Gstseite nur noch bis Zancudo hinab, einer nahe am Rio Perillo gelegenen Häusergruppe mit bescheidener Herberge. Die ganze Gegend des Passes besteht aus Andesiten, welche grösstentheils zu mächtigen Konglomeratbänken verkittet sind, während unten in der Quebrada Areuosa bei Zancudo zahllose Gerolle und Sand desselben Gesteinmaterials auftreten. Dicht bei Zancudo erscheint Granit in mäch- tigen anstehenden Massen. Der Weg kreuzt den din'ch verschiedene In die, sehr schömc Flussterrassen ansgezeich- neten Rio Perilln, zieht sich nunmehr in mannigfachen Windungen zum .\lto Me.sones hinauf und erreicht nach mehreren weiteren Stunden den auf der Wasserscheide zwischen Rio Perillo und Rio Guali gelegenen Ort 352 Naturwissenschaftliche WochcusrhriCt. XII. Nr. 30. auch gegen Norden, verfolgen lassen Guarumo. Schwarze .Schiefcrge.steine bilden auf der Seite des Kiü Pcrillo eine Zeitlang die Hauptmasse der y.u steilen Falten znsamniengepressten Schichten, die sich in der Eichtung nach Man/.anarcs gut In der Ferne tritt hier die Kette der Picona hervor, sowie die Umgehung von Maruhvmla, während auf der Cuchilla am linken Perilloufer die Kirche von Laguna und der freundliche Flecken La Oonita herüherschimmern. In Guarumo bietet sich am folgenden M) t Stiom l'^lektruinotorische Kraft /joit 7. Vortrag. — Versuche mit dem stromdurchflosseneu Bügel im magnetischen Felde eines Elektromagneten er- geben, dass die auf den Bügel wirkende Krait zwar der Stromstärke im Bügel, nicht aber dem Magnetisirungs- Stroni proportional wächst. Magnetisirungsc uivo. In ähnlicher Weise wird mittelst der Bremse an dem Elektro- motor nachgewiesen dass die Um fangs kraft proportional der Strömstärke im Anker, aber laugsamer als ilie Schenkelstromstärkc wächst. Messung der Leerlaufs- arbeit des Ankers. Berechnung der Verluste für Joule'sche Wärme bei Stromdurchgang. Rechneriche und experimen- telle Bestimmung der Verhältnisse beim belasteten Motor. Der Anker nimmt sich eine solche Umdrehungs- zahl, dass d i e d a d u r c h e r z e u g t e e I c k t r () m o t o r i s c h e Kraft -|- dem Potentialverlust für Stromdurchgaug gleich der Klemmenspannung wird, während eine solche Stromstärke zu Stande kommt, dass sie im Anker ein Drehungsmoment hervorbringt, welches dem gegenwirkenden das Gleichgewicht hält. 8. Vortrag. — Umkehr der Wechselstrom-Maschine ergiebt einen synchronen Motor. Veranscliaulichung durch Wechselstrom-Magnet und Magnetnadel, llauptstrom- iMotor läuft als asynchroner Wccliselstroni-Motor, erhält aber wegen hoher Selbstinductiou wenig Strom und nicht genügende Zugkraft. Dreh fehl versuche mit bewickeltem Eisenriug unter Verwendung von commutirtcm Gleichstrom und mehr- phasigem Wechselstrom. Vcransehaulicliuiig duich Mag- netnadel und Eisenfeilicht. Inductions-.Motor durch Do- tation einer massiven Eisenscheibe im Drelifclde veran- schaulicht. Abhängigkeit der Arbeitsleistung eines Wechselstromes von der Phasen Verschiebung. Sämmtliche Ableitungen wurden an Experimenten ge- wonnen und die Ausführungen soweit irgend möglich durch Versuche oder Demonstration von Apparaten oder Maschinenthcilen belegt. Elektrotechnisches P r a k t i c u ni. Die praktischen Uebungen wurden von Herrn ', Dr. J. Epstein mit Unterstützung von 4 Assistenten ge- leitet, nämlich den Herren Ingenieur Marxen, Assistent ' der Anstalt IS'J^/ltS, z. Zt. Ingenieur der Firma Hart- I mann & ISraun; Ingenieur Dr. Hreslauer, Assistent der ; Anstalt 181J4y'.).'), /.. Zt. Ingenieur der E. A. G., vormals i W. Lahmeyer & Co.; Ingenieur K. E. <>hl, Assistent XII. Nr. 30. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 35.0 der Anstalt seit 189-1; Ingenieur Anthes, Assistent der Anstalt seit 1S9G. Das Ziel der Uebungen war, die Herren mit modernen Stromquellen und Apparaten vertraut zu machen, und sie im Gebrauch an die elektroteclmische Bcgritfsbildung- nnd Nomenklatur zu gewöhnen. Die zu den Uebungen zuge- lassenen 20 Herren bildeten vier (iruppen, denen sich je einer der Assistenten dauernd zugesellte. Nach erhaltener Aufgabe hatten die Theilnehmer jeder Grupi)e die Methode und Instrumente zu wählen, Schaltangsskizze anzufertigen und ihrem Assistenten zur Prüfung vorzulegen. Eventuell gab der Assistent zunächst ungeeignete Instrumente, um die Herren auf die charakteristischen Unterschiede, die bei der Wahl hätten bestimmend sein sollen, hiir/ufiihren. Die erhaltenen Resultate wurden aufgearbeitet und, wo angängig , in Kurven dargestellt. Eingehende Be- sprechungen klärten die einschlägigen Verhältnisse. Die von den einzelnen Gmiipcn behandelten Auf- gaben waren : Aicluins' von Galviinometern mit Milliaiiiprreiiioter, Anferti- giing von Aiclikuiven und einer Skalo (Gruppen II, III). Aichung von Ainpi'rometern mit Voltameter, Anfi'rtigung von Kurven, Sk.alen und Korrektionstaljcllon (Gruppen I, III, IV). Aiclumg von Voltmetern nacli Normalinstrument. Corri^ktionskurvu und Korrektionstaljollc. P^inHuss der Rema- nenz (Gruppen 11, IV). Wideistandsmessung eines Voltun'fers nach der Ersatzmethode (Gruppen II, IV). Messung des Widerstandes der geaichten Amperemeter und Voltmeter oder eines Transformators nach dem (_)hm'schen Gesetz (Gruppen I, II, IV). Widerstandsmessungen an einer Dynamomaschine und an Transformatoren mit Wheatstonebrücke (Gruppen I, 11, III). Widerstandsmes.'^ungen an Elementen mit Telephonuiessbrücke (Gruppen I, II, III, IV). Widerstandsmessungen mit selbst zusammengestellten Wheat- stonebrücken (Gruppen II, III). Uebung mit den Schulinstruuienten von Hartmann & Braun (Gruppe I). Versuche über Selbstinduktion an einer Drosselspule. Einfluss des Eisenkerns, der Wiudungszabl. Thomson'selie Versuche (Gruppe I, II, III, IV). Aufnahme der Form der Spannnngskurve an einer Wechsel- strommaschine mittels Joubert'scher Scheibe. Berechnung des Effektivwerthes (Gruppen II, III, IV). WatfuK'teraiehung (Gruppen II, III). Bestimmung der Phasenverschiebung an einer Drosselspule bezw. Tr.insformator (Gruppe II). Transformatorschaltungen (Gruppe III). (.\) Chemische Vorträge. Von Professor Dr. M. Freund. 1. Vortrag. Argon und Helium. Der Vortragende erörterte zunächst die Versuche, auf Grund deren Rayleigh und Ramsay zu der Ver- muthung gelangten, dass, wenn man der atmosphärischen Luft den Sauerstoff entzieht, der verbleibende Gasrest ausser Stickstoff noch ein schwereres Gas — das Ai-gon — enthalte. Die Isolirung desselben mit Hülfe von weiss- glühendem Magnesium wird experimentell demonstrirt, der Apparat der Entdecker durch ein Prqjectionsbild veran- schaulicht. Hierauf zeigt der Vortragende einen von Ma<|uennc angegebenen Versuch, bei welchem zur Ab- sorption des Sauerstoffs und Stickstoffs der Luft ein Ge- menge von Kalk und Magnesium verwendet winl. Dabei geht die Reaktion so schnell von statten, dass man ein Spectralrohr während der Vorlesuni; mit Argon füllen kann. Die zweite Methode, welche die Entdecker zur Isohrung des Argons benutzten, beruiit auf der Behand- lung von Luft und Sauerstoff mit dem Inductionsfunken, wobei Oxyde des Stickstoffs entstehen, während das Argon nicht verändert wird. Dieses Verfahren wurde mit einem von Landolt beschriebenen Apparat erläutert, mit dessen Hilfe sich im Verlaufe von 8 Stunden 1 — 2 cbcm .\rgou darstellen lassen. Hieran schlössen sich noch einige Spectralversuche, sowie Projection vou Abbildungen. Es wird alsdann geschildert, wie Ramsay bei der Untersuchung einiger Mineralien, in welchen Argon ver- muthet wurde, ein anderes, neues Gas entdeckte, welches sich durch sein Spectram mit dem von Lockycr in der Sonnenatmosphäre angenonnnenen Helium identisch er- wies. Das Spectrum desselben wurde objectiv den Zu- hörern sichtbar gemacht. Zum Schluss erörtert der Vortragende die Arbeiten, welche sich mit der Erforschung der Atomgewichte der beiden Gase befassen und bespricht die Schwierigkeit, die neuen Gase in das i)eiiodisehc System einzuordnen. Eine zusammenfassende Darstellung der Untersuchungen über Argon und Helium ist vor Kurzem von Dr. Martin Mugdau in der Sammlung ehem. u. chem.-techn. Vortr., Verlag von Enke in Stuttgart, erschienen. 2. Vortrag. Üebcr osmotischen Druck, vant'Hoffs Theorie der Lösungen und die neueren Methoden zur Mo lekulargewichtsbestimniung. Wird ein Cylinder mit der Lösung einer Substanz in Wasser völlig angefüllt, dann mit einer thierischen Mem- bran dicht verbanden und in ein grösseres mit AVasscr angefülltes Gefäss eingesetzt, so wölbt sich die Membran in Form einer Calotte heraus. Diese seit langer Zeit l)e- kannte Erscheinung nennt man „Osmose^' ; sie beruht darauf, dass die Moleküle der gelösten Substanz das Bestreben haben, in das aussen betindliche Wasser hinein- zudift'undiren. Sie üben gegen die trennende Meudjran einen Druck, den „osmotischen" Druck, aus, spannen dieselbe und veranlassen dadurch den Eintritt von Wasser in das innere Gefäss. Zur quantitativen Bestimmung des osmotischen Druckes bedarf man einer völlig „semipernieablen" Membran. Eine solche hat zuerst M. Traube in dem feinen Häutchen aufgefunden, welches sieh an der Berührungsstelle einer Kupfervitriol- und Ferrocyankaliumlösung bildet. Diese „Niedersehlags-Membran" besteht aus Ferrocyankupfer. — Die Wirksamkeit dieser Membran wird durch Projection eines im Nernstschen Lehrbuch beschriebenen Versuches dargethan. Der Botaniker Pfeffer erzeugte diese Membran in der Wandung von porösen Thonzellen und stellte die ersten quantitativen Messungen mit Roln-zuckcrlösungen an. Dieselben ergaben, dass der osmotische Druck pro- ])ortional der Concentration und der absoluten Temperatur ist. — Diese Versuche erfordern viel Zeit; zur schnellen Demonstration eignet sich eine von Pfeffer beschriebene Vorrichtung, sowie ein mit Hülfe einer Pukairschen Zelle construirter Apparat, welche beide in Lüpke's, ((irundzüge der wissensch. Elektrochemie, Berlin bei Springer) be- sehrieben sind. Van t' Hoff wandte die Horstmann'sche Gasgleiehuug auf Pfeft'er's Resultate an und constatirte dabei, dass der osmotische Druck genau eben so gross wie der Gasdruck ist, d. h. also, der osmotische Druck ist gleich dem Gas- druck, den man beobachten würde, wenn man sich das Lösungsmittel fortdenkt und die gelöste Substanz denselben Raum erfüllen würde, wie die Lösung ihn einnimmt. Hieraus folgerte van t' Hoff, dass durch den Prozess der Lösung die gelöste Substanz in die Einzelmolekel zerlegt werde, ebenso wie dies bei der Vergasung der Fall ist. Einzelne Gruppen von Substanzen, zumal Salze, Säuren und Basen zeigen einen viel grö.sseren osmotischen Druck; bei einer verdünnten Lösung von Chlorcaliuni z. B. ist derselbe doppelt so gross wie bei einer solchen von 356 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. XII. Nv. 30 Zucker. Diese Erscheinung- erklärt sich aus der elektro- lylischeu Dissociation. Der Redner erörtert alsdann die Bezieliung-en, in welchen der osmotische Druck zum Dampfdruck, zur Gefrierpunktserniedriguni;- und Siedi'punktsrrlniliung- einer Lösung stellt. Die darauf i)eruiienilen Methoden zur Mnlckuiargcwiciitsbestinnnung, besonders diejenigen von Raoult und Beckmann werden experimentell vorgefidnt. Zum Schluss erörtert der Vortragende die von de Vries beschriebenen Erscheinungen der Plasmolyse, welche direct auf osmotische Vorgänge zurückzufuiiren sind. 3. Vortrag, üebung im Experimentiren mit flüssigen Gasen. Die üebungen wurden mit einem einleitenden Vor- trage eröffnet, in welchem die Vertlüssigung der früher als ))ernianent bezeichneten Gase zunächst in ihrer histo- rischen P^ntwickelung dargelegt wurde. Hieran sehloss sich eine Schilderung der neuesten Fortschritte auf diesem Gebiete, zumal des Apparates, welcher von Linde zur Verflüssigung der atmosphärischen Luft und der Ab- scheidung- des Sauerstotts aus derselben coustruirt worden ist. Durch Skizzen und Projectionsbildcr wurde die Wirkungsweise dieses Apparates erläutert, der auf der l)ei der Ausdehnung stark comprimirter Gase eintretenden Teniperatureruiedrigung basirt ist. Bei den praktischen üebungen wurde fast aus- schliesslich mit Kohlensäure gearbeitet. Nachdem sich die Theilnehmer mit den Einrichtungen der Bomben, \'entile, Nippel etc. bekannt gemacht hatten, wurde einem jedem Gelegenheit geboten einen Tuchbeutel mit fester Kohlensäure aufzusammeln und die üblichen Gefrierversuche anzustellen. Die Experimente erstreckten sich ferner auf die Ver- flüssigung anderer Gase, wie z. B. des Chlors nut Hülfe einer Kältemischung aus Kohlensäure und Aether. Auch wurden Versuche ausgeführt, welche darthun, dass bei sehr tiefen Temperaturen die Reactionsfäliigkcit der Substanzen erlischt. Schliesslich führten die Theilnehmer mit Röhren, welche mit flüssiger Kohlensäure und liquidem Schwefel- dioxyd gefüllt waren, einige Experimente aus, durch welche der Eintritt der kritischen Tempeiatur demonstrirt werden kann. 4. Vortrag, üeber die Anwendung der Elcktricität in der chemi seilen Industrie. Die Veränderungen, welche chendsche Verbindungen durch den elektrischen Strom erfaln-en, sind schon sehr l'rUhzeitig eingehend studirt worden. Die dabei ge- wonnenen Erfahrungen hatten lediglich ein theoretisches Interesse, weil die Durchführung elektrochemischer Reactionen in grösserem Maassstabe wegen der Kost- spieligkeit der Strond)eschatfung nicht möglich war. Mit der Erfindung der Dynamomaschiuc hat sicii dies geändert und so sehen wir in den letzten Jahren in innner steigendem Maasse elektrochemische Methoden in der Industrie sich einbürgern. Am frühesten hat die Metallurgie sich des neuen (icbietes bcmäciitigt, und hier bat der elektrische Strom sowohl zur Raffination unreiner l'roducte wie auch zur direkten Abscheidung von Metalien Verwendung gefunden. Von hervorragender Wiciitigkcit ist die elektrolytische Reinigung- des Kupfers geworden; Rohkupfer wird in einem Bade von Kupfervitriol zur Anode, ein Feinkuiifer- blcch zur Kathode gemacht, wol)ei ein chemisch reines Broduct erzielt wird. Ein Veil'ahren zur Vcrarbeitunc- armer Erze ist von Siemens und Halske angegeben worden. Der Kies wird mit einer Lösung von Eisenoxydsulfat digerirt; dabei spielt sich folgender Prozess n zur Kenntniss der geologischen Verhidtnisse im oberen Ab.schnitte des Iza-Thales, mit besonderer Berück- sichtigung der dortigen Petroleum führenden Ablagerung. Budapest. — 3 Mark. Chun, Prof. Carl, Die Beziehungen zwischen dem arktischen und antarktischen Plankton. Stuttgart. — 2,80 Mark. Ebert, Prof. H., Magnetische Kraftfelder. 2. ThI. Leipzig. — 10 Mark. Frischauf, Prof. Dr. Johs., Vorlesungen über Kreis- und Kugcl- Functioneu-Reihen. Leipzig. — 2 Mark. Hartmann, Ed. v., Scbelliug's philosophisches System. Leipzig. — 4..50 Mark. Hueppe. Prof. Dr. Ferd., Zur Rassen- und Sozialhygiene der Griechen im Altertluun und in der Gegenwart. Wiesbaden. — 2,40 Mark. Meyer, Assist. Dr. Hans, Anleitung zur (juantitativen Bestim- mung der organischen Atomgrujjpen. Berlin. — 3 Mark. Müller, Observat. Prof. Dr. G., Die Photometrie der Gestirne. Leipzig. — 22,.50 Mark. Rump, Dr. Joh., Melanchtons Psychologie, (seine Schrift de anima), in ihi-er Abhängigkeit von Aristoteles und Galenos dargestellt. Kiel. — 3,50 Mark. Scheiner, Prof. Dr. J., Die Photographie der Gestirne. Leipzig. ^ 23,50. Mark. Schwarzmann, Max, Reciproke Krystallformeu undreciprokc Kry- stallprojektionen. Leipzig. — 3 Mark. Tornquist, Priv.-Doc. Assist. Dr. A., Das fossilführende Untcr- carbou am östlichen Rossbergmassiv in den Stidvogesen. III. Be- schreibunK der Echiniden-Fauna. Strassburg. — 4 Mark. lulialt: I rot. Dr. Fritz Regel, Reisebriefe aus Colombia. — Dr. P. Bode, Der 2. naturwissenschaftliche Feriencursus fiir Lehrer an höhereu Schulen abgehalten vom Physikalischen Verein in Frankfurt a. M. vom 22, April bis 5. Mai 1897. (Forts.). — Uebor die Regeneration des Vorderdarmes und Enddarmes bei einigen Anneliden. — Die myrmckoijhile Milbe Antennopliorus Uhlmanni. — Das \ erhalten von Bacterien in pHanzlichon Geweben. — Miueralbildung in Bleisärgen. — Aus dem wissenschaftlichen Leben. — Litleratur: Dr. E. Bade, Die künstliche Fischzucht. — Prof. Dr. Paul Schoop, Die Secundär-Elemente. — Brockhaus'Konversations- Lcxikon. - A, Eugler, Die natürlichen Pflan:'.enfamilien. - Liste. 360 Naturwisseuscbaftlicbe Wocbeiischnft, Xll. 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D^öses allgemeine Gesetz des Geschehens lantet: üer Hestaml ,}pdes iDdividnunis i.st be- dingt dnrch gemeinsame Beziehung seiner Theile zu einein centralen Körper, Schwerpunkt oder Interesse; mit dem Authören dieser gemeinsamen Beziehung zerfällt das Indi- viduum. Die Phase des Bestehens zerfällt bei jedem Individuum in ein Anfangs-, Mittel- und Endstadium. Das Mittelstadium ist gekennzeichnet durch geordnetes Mitein- ander der Theile und stellt stets den Höhepunkt der Ent- wickelung dar, also richtige Mitte zwischen den beiden Extremen Anfangs- und Endstadiuni. Diesem Mittelstadium gegenüber ist das Anfangsstadium gekennzeichnet durch noch ungeordnetes Gegeneinander, das Endstadiuni durch bereits erstarrtes Nebeneinander der Theile. Die ge- sammte Phase des Bestehens ist auch als umsetzen mole- cularer in Massen-Bewegung und damit als Abkiihlungspro- zess aufzufassen. Die Phase des Vergehens führt durch Auf- lösung das Individuum in einen dem Anfangsstadium ana- logen Zustand zurück, aber ohne gemeinsame Beziehung seiner Theile zu einem centralen Körper, Schwerpunkt oder Interesse. Bei dem Sonnensystem charakterisirt sich innerhalb der Phase des Entstehens das Anfangsstadium des unge- ordneten Gegeneinanders der Theile als Ncbelstadium, das Endstadium des erstarrten Nebeneinanders der Theile als Mondstadium. Während des mittleren Stadiums ent- steht und vergeht die Erde. Die Phase des Vergehens führt einst das Sonnensystem in ein Nebelstadium ohne centrale Beziehung zurück. Bei der Erde charakterisirt sich innerhalb der Phase des Bestehens das Anfangsstadium des ungeordneten Gegeneinanders der Theile als gasförmiger, das End- stadium des erstarrten Nebeneinanders der Theile als Aggregationszustand. Während des mittleren Stadiums entsteht und vergeht die organische Entwickeluugsreihe. Die Phase des Vergehens führt einst die Erde in den gasförmigen Aggregationszustand ohne centrale Beziehung zurück. Die gcsammten I^estandtheile der Pflanze wie des Thieres enspringen in letzter Linie dem gasförmigen Aggregationszustande und gehen immer mehr in den festen Aggregationszustand über, indem das Endstadiuni durch Verholzen und Verknöchern sich kennzeichnet. Auch Pflanze und Thier vergehen durch Auflösung in Gase ohne centrale Beziehung. In der aufsteigenden Entwickelung, insbesondere beim Menschen, tritt zum äusseren, physischen Natur-Geschehen oder Geschehen schlechthin, das innere p.sychische Geistes- Geschehen oder Erkennen hinzu; aus ihrer Vereinigung entsteht das Handeln.*) Alle diese drei Arten des Ge- schehens sind dem allgemeinen Gesetze des Geschehens unterworfen, und so lassen sich bei ihnen allen die drei charakteristischen Stadien nachweisen. Das Geschehen ist beim menschlichen Individuum gekennzeichnet in seinem durch Mittelstadium durch Anfangsstadium seinem ungeordnetes Gegeneinander, in geordnetes Miteinander, in seiem Endstadiuni durch erstarrtes Nebeneinander der Einzelfunctioncu; das Handeln in seinem Anfangsstadium durch ungeordnetes Gegeneinander, in seinem Mittclstadimii durch geordnetes Miteinander, in seinem Endstadiuni durch erstarrtes Nebeneinander der Einzelhandlungen; das Er- kennen in seinem Anfangsstadium durch ungeordnetes Gegeneinander, in seinem Mittelstadium durch geordnetes Miteinander, in seinem Endstadium durch erstarrtes Neben- einander der Eiuzelerkenntnisse. Das Anfangsstadium oder die Jugend des menschliehen Individuums steht unter dem überwiegenden Einflüsse des Geschehens, das Endstadium oder das Alter unter dem des Erkennens. Im mittleren Stadium findet Gleichge- *) Vergl. moine „Aphoristische Grundlegung ciuor Pliilosophio des Geschehens". — Eine ausführliche Besprechung dieser Schrift findet sich in der Niilurw. Wochenschr. IX (1S94) S 573/574. — Red. 362 Naturwisscnschai'tliclic Wochensclirifi. XII. Nr. 31 wicht zwischen äusserem und innerem Geschehen statt, das blinde Geschehen wird schon vom lahmen Erkennen ge- leitet, während sich dieses noch von jenem tragen lässt; daher steht das mittlere Stadium unter der Signatur des Handelns. Die Jugend ist blind wie das Geschehen, über- rasch in Entschlüssen, überreich an Gefühlen, durch Neues leicht veränderlich, regcl- und formlos; das Alter lahm, wie das Erkennen, überlangsani in Entschlüssen, ver- standesdürr, im Alten verknüc hert, in Regeln und Formen erstarrt. Dem jungen Dichter, Musiker, bildenden Künstler fehlt es an Technik, dem alten an Wesen. Bei der Jugend sind die Geschlechtsbeziehungen heiss, aber ungeordnet und flüchtig, beim Alter dauernd, al)er kühl und erstarrt. Der Jugend entspricht das Wechselstall i um, dem Alter das Endstadium. Die genussfähige, frische Jugend, in welcher sich alle Lebensfnuetionen selbst bejahen, bejaht auch ihrerseits das Leben, sowohl für sich, als für even- tuelle Nachkommen; gedankenlos eilt sie dem Leben ent- gegen, das ihm auch seinerseits entgegenkommt. Sic steht noch in dem Anfangsstadium des Geschehens und fühlt sich mit dem Geschehen eins. Das genussunfähige, über- sättigte Alter, in welchem sich alle Lebensfuuctionen selbst vereinen, vereint auch seinerseits das Leben, sowohl für sich, als für eventuelle Nachkommen, thatenlos wendet es sich von dem Leben ab, das auch seinerseits sich von ihm abwendet. Es steht bereits im Endstadium des Er- kennens und damit im Gegensatze zum blinden Geschehen. Daher ist jedes Kind näher einer optimistischen, jeder Greis näher einer pessimistischen Weltauft'assung, wilhrend das mittlere Alter auch hier die Mitte hält. Der Jugend parallel beeinflussen die Lebensanschauung alle jene Grössen, die in der Lebensbilanz als positiv einzutragen sind, günstige Eigenschaften und Umstände aller Art, dem Alter parallel die negativen Grössen. Vorübergehende Jugend- und Altersstimmungen können während des Ge- sammtlebens wechseln; sie erscheinen als Pole subjeetiver Epicycler, wie Morgen und Abend innerhalb des einzelnen Tages, Frühling und Herbst innerhalb des einzelnen Jahres Pole objcctiver Epicycler der Lebenscurve darstellen. Beim Volke ist das Geschehen gekennzeichnet in seinem Anfangsstadium durch ungeordnetes Gegeneinander, in seinem Mittelstadium durch geordnetes Miteinander, in seinem Endstadium durch erstarrtes Nebeneinander der Individuen. Analog verhält es sich mit dem Handeln und Erkennen des Volkes gegenüber dem individuellen Handeln und Erkennen, insbesondere in Bezug auf nationale Ocko- nomie und Weltanschauung. Wie das Individuum ist das Volk in seiner Jugend gedankenlos, überrasch in Ent- schlüssen, durch Neues leicht veränderlich, ohne strenge Formen des staatlichen Lebens; in seinem Alter thaten- los, überlangsam in Entschlüssen, im Alter vcrkniichcrt und in Formen erstarrt. Jugendliches Freihcitsbcdürfniss führt ein Volk leicht zum Nebelstadium der Anarchie, greiseidiafter Servilismus zum Mondstadium der Pararchie. In i)olitischer Beziehung stellen die Radicalen das zu jugendliche, die Conservativen das zu greisenhafte Element dar; zugleich tritt der einzelne Staatsmann häuflg genug als Eadicalcr ins öfl'cntliche Leben, um als Conservativer daraus zu scheiden. In ökonomischer Beziehung stehen die hungrigen Besitzlosen in ihrer ungeordneten Lebens- führung in ähnlicher Weise den übersättigten Besitzenden in ihrer erstarrten Lebensführung gegenüber. Daher werden in normalen Zeiten Mittclparteicn und Mittelstand dem Höhepunkte der Entwiekclung ents])rechen. Die Stadt erscheint gegenüber dem flachen Lande als .jüngeres Pro- duct; aber der Städter veihält sich zum Landmann wie ein greisenhaftes Kind zu einem kindlichen Greise. Ein Staat pflegt in seinem Anfangsstadium zu wenig, in seinem Eudstadium zu viel centralisirt zu sein. Im Jugendstadium eines Volkes, einer Rasse über- wiegen die primitiven Anfangsmenschen. Sie gleichen Kindern, denen auch das Niciitigste wichtig ist, bis zum Lebensende, sie bejahen gedankenlos ihr Leben und das eventueller Nachkonnnen und geben sieh blind dem blinden Geschehen hin. Ihre k(iriii'rlichen Functionen l)leil)en jugendkräftig bis ins Greiseualtci-, und sie sind meist Opti- misten ihr Leben lang, S(i dass Itci ihnen der Selbstmord auch in hohem Alter zu den Seltenheiten gehört. Im Altersstadium eines Volkes, einer Rasse überwiegen die decadcnten Endmenschen. Sie gleichen Greisen, denen auch das Wichtigste nichtig ist, von der Geburt an, sie verneinen thatenlos ihr Leben und das eventueller Nach- kommen und wenden sich sehend vom blinden Geschehen ab. lln-e krirperliehen Functiducn sind altersschwach von Jugend auf, und sie sind meist Petrsimisten ihr Leben lang, so dass bei ihnen der Selbstmord auch in früher Jugend nicht zu den Seltenheiten gehört. Daher entspricht einem jugendlichen Volke eine Weltanschauung, wie etwa die lebensfreudige ursprüngliche Religion im Beginne des römischen Reiches, und einem gealterten eine Weltan- schauung, wie etwa das lebensfeindliche Christenthum mit seiner Askese gegenüber dem Individuum und seinem Cö- libat gegenüber der Gattung am Ausgange des römischen Reiches. Sexuell stehen Jugend und Alter eines Volkes oder einer Rasse sich in glciclier Weise gegenüber, wie Jugend und Alter eines Individuums. Auch innerhalb der Gesammtenwickching eines ^'olkes konuneu vorüber- gehende Jugentl- und Altersepochen vor. Staaten gehen so wie Individuen im Kindes- und Greisenalter zu Grunde. Die Auflösung eines Staates versetzt denselben in ein Nebelstadium ohne gemeinsame, centrale Beziehung der Individuen. Bei der Menschheit ist das Geschehen gekennzeichnet in seinem Aufangsstadiuni durch ungeordnetes Gegenein- ander, in seinem Mittelstadium durch geordnetes Mitein- ander, in seinem Endstadium durch erstarrtes Nebenein- ander der Völker. Analog verhält es sich bei ihr mit Handeln und Geschehen, insbesondere in Bezug auf ge- sammtmenschheitliche Oekonomie und Weltanschauung. Wie jedes Individuum, jedes Volk, jede Rasse niuss aucli die menschliche Gattung dieselben Entwickelungsstufcn durchmachen: das Anfangsstadium jugendlichen Ileran- wachsens, das mittlere Stadium höichster Entwiekclung und das Endstadium greisenhaften Verfalls (in der Palä- ontologie Epaeme, Acme, Paracmc genannt). Im Anfangsstadium des ungeordneten Gegeneinanders der einzelnen Völker ülierwiegen die j)rimitiven Anfangs- völker. Für diese typisch sind der grösste Theil der Völker des Südens und des Morgenlandes, die meist schon im Stadium des Geschehens erstarren. Anfangsvölker be- stehen aus Anfangsnienschen; vereinzelte Endmenschen, bereits voll im Endstadium des Erkennens stehend, die die Sinnlosigkeit alles Geschehens erkannten, gab es seit den ältesten Zeiten; aber innerhalb der in kindlichen Welt- anschauungen betangenen Masse können sie nur als ana- chronistische Vorläufer betrachtet werden. — In sexueller Hinsicht ist dieses Stadium der Menschheit gekennzeichnet durch südlich heisscs, ungeordnetes Gegeneinander der Geschlechter in l)linder F.runst. Die Entwiekclung der Menschheit beginnt gcwissermaassen in der Nähe des kindischen, wilden, streitsüchtigen Actiuatorialnegers. Wir stehen heute noch in diesem ersten Entwickelungsstadium der Menschheit, wenn auch bereits nahe seinem Ende. Das Mittclstadium des geordneten Miteinanders der einzelnen Völker wird heute Itcrcits vorbereitet durch die Intcrnatioualität von Produclion und Consumption sowie durch die Inteiuationalität von Arbeitervereinigungen und Kapitalistenringen. In diesem Stadium werden nach dem XII. Nr. 31. Naturwisseuschal'tliche Woebeusclirifl. 363 Principe der Fuia'tioii.stlieiliiui;' und FiuR-tiuiisvereiulieit- liciiung- die einzelnen Länder als Af^ricuitur- und Indu- strieländer von einander yc.scliieden und nnt einander vereinigt werden; die Weltstatistik wird den Welteonsuni vermitteln und die Weltproduction danaeii bestimmen. Der Gegensatz von Arbeitern und Unternehmern liürt von selbst auf, sobald die Menseliheit als einziger Unternehmer übrig bleibt. Ebenso hören von selbst innerhalb der geordneten Menseliheit die Völkei-kricge auf, wie der geordnete Staat dem kriegerisehen Gegeneinander der Individuen ein Ende gemacht hat. In diesem Stadium stellt sich das menschliehe Erkennen dem natürlichen Ge- schehen wobl bereits gegenül)cr; aber das Erkennen lässt, indem es das Geschehen zu leiten strebt, sich noch vou ihm tragen und versucht die menschliclicn Zwecke mit den natürlichen Resultaten in Einklang zu bringen. Die Menschheit iiat wohl die Sinnlosigkeit der Welt erkannt, aber sie ist noch zu krat'tert'üllt, um sich von ihr abzu- wenden. Doch weiss sie bereits, dass es nur von dem Standpunkte abhängt, nm alles Nichtige wichtig, und alles Wichtige nichtig zu linden; dass das Spiel des Lebens ernst genonuneu werden muss, um leben zu können, und dass der Ernst des Lebens als Spiel genommen werden muss, um sterben zu können. Zwischen der unbedingten Weltbejahung des Aufangsstadiums und der uubediugteu Weltverneinung des Endstadiums hält dieses Staduun die Mitte. Es bejaht die Welt für die kräftigen, primitiven, dem Anfange näher stehenden Menschen und verneint sie für die kraftlosen, dccadenten, dem Ende näher stehenden. Dem entsprechend lässt es an die Stelle der natürlichen die menschliche Zuchtwahl treten. Im Eudstadium des erstarrten Nebeueinanders der einzelnen Völker überwiegen die decadenten Endvölker, innerhalb deren vereinzelte Anfangsmenschen nur noch als anachrouistische Nachzügler erscheinen werden. Die altersschwach gewordene Menschheit wendet sich ab von dem sinnlosen Geschehen, das alles nur entstehen lässt, um es wieder zu vernichten, und verwirft die individuell zufällige, wenn aueli universell nothweudige Verthcilung von Lust nnd Unlust, deren Ungerechtigkeit sie nur mildern, aber nicht aufheben kann. Decadente Väter wollen und können nicht mehr zeugen, decadente Mütter wollen und können nicht mehr gebären, decadente Kinder wollen und können nicht mehr leben. In sexueller Hinsicht ist dieses letzte Stadium gekennzeichnet durch nördlich kühles, er- starrtes Nebeneinander der Geschlechter in lahmer Kamerad- schaft. Die Entwiekelung der Menschheit, die in grossen Zügen beständig von Süden nach Norden geht, schliesst gewissermaassen in der Nähe des greisenhaft zahmen, friedfertigen Eskimo. Der 2. naturwissenschaftliche Feriencursus für Lehrer an höheren Schulen abgehalten vom Physikalischen Verein in Frankfurt a. Kl. vom 22. April bis 5. Mai 1897. Bericht, zusamuioiigestellt von Ur. P. Bode, Diroctor der Adlerflyelitschulu, Frankfurt a. M. Seliluss. Die luodenien Methoden der Ooldgewinnuug. Von Dr. F. Kössler. gab zunächst eine kurze Ucbersicht über Der Vortraj. das verschiedene Goldvorkommen auf primärer und secundärer Lagerstätte und behandelte kurz die älteren Verfahren der Goldgewinnung, das Goldwaschen, die Amalgamation in Pochwerken und den Chlorinations- prozess. Zu diesen älteren Verfahren ist in jüngster Zeit noch ein neuer Prozess hinzugekommen, nändich die Ex- traktion des Goldes ans seinen Erzen durch Cyankalium. Die Thatsacbe, dass sich Gold in Cyankaliumlösungen löst, war schon länger bekannt, aber erst iMc. Arthur und F(n-rest hal)en sich im Jahre 1887 einen })raktisch ver- werthbaren Prozess pateutiren lassen. Gold lösst sich in Cyankalium nach der Elsuer'schen Gleichung unter Mitwirkung von Sauerstoft": 2 Au + 4KCy -f 0 + H^O = 2 AuCyKCy + 2K0H. Dass die Mitwirkung des Sauerstoffs zur Lösung des Goldes nothwendig ist, kann man leicht dadurch zeigen, dass sieh Gcddflitter in einer sauerstofl'freicn Cyankalium- lösung unter Abschluss der Luft nicht auflösen, während sie sich bei Luftzutritt und Umschütteln, sowie bei Zugabe eines Oxydationsmittels sehr schnell auflösen. Nach Mc. Arthur sollen sehr verdünnte Cyankaliumlösungen eine selective Actiou auf Gold und Silber ausüben, d. h. diese edlen Metalle rascher und vollständiger lösen, als die unedlen Metalle. Das tritft jedoch nicht vollständig zu. Zink und Ku])fer z. B. lösen sich leichter in Cyankalium wie Gold und Silber. In der Praxis wendet mau nur sehr verdünnte Lösungen an (von 0,05 bis 0,4% KCy). Es wird aber stets vielmehr KCy verbraucht, als dem gelösten (!old entspricht, da auch andere Bestandtheile der (iolderze sich in KCy auflösen oder dasselbe zersetzen, wie z. B. Die eigentliche die thcilweise oxydirten Pyrite. Auch bei der Ausfüllung des Goldes und der Lösung durch Zinkspäne wird Cyan kalium durch Nebenreaktiouen zersetzt Ausfällung geht vor sich nach der Formel: 2 AuCyKCy -H Zu = ZuCy^KsCya + 2Au. Die praktische Ausführung des Prozesses wurde an der Hand von Zeichnungen und Projcctionen erläutert und wurde hier speziell der Cyanidprozess in Transvaal als Beispiel gewählt. Dort wird das Erz zunächst der Amal- gamation unterworfen und nur die tailings, d. h. die Poehrückstände, welche noch ca. 8 — 12 gr Gold pro ton enthalten, werden mit Cyankalium extrahirt. Es werden in Ti-ansvaal jährlich ca! 3 Millionen tons tailings extrahirt und dazu rund eine Million kg Cyankalium verbraucht. Die tailings werden vor der Extraktion durch Spitzkasten klassifizirf, d. h. in grobe Sande, feinere Sande und ganz feine Sande, sogenannte slimes getrennt. Die Produkte dieser Klassification werden in Bottichen angesammelt und dann in' Laugebottiehen mit Filterbodeu mit dünnen Cyankaliundösuugen extrahirt. Man hat Laugebottiche gebaut, welche 600 tons tailings fassen können. Die Auslaugearbeit dauert von 5 bis zu 14 Tagen. Aus den Laugen wird das Gold entweder mittelst Zink in besonderen Fällkästen gefällt, oder es wird dazu der neuerdings vielfach verbesserte Prozess von Siemens und Halske angewendet. Dieser Prozess schlägt das Gold elektrolytisch auf Bleikathodeu nieder und verwendet als Anoden Eisenbleche. Das goldhaltige Blei wird zusammen- geschmolzen und abgetrieben. Dieser elektrolytische Prozess hat viele Vorzüge, da er wenig Cyankalium zer- stört, sauber arbeitet und ein reines Gold ohne grosse Verluste gewinnen lässt. Die eigentliche Goldscheidun^ verarbeitet goldhaltiges Silber, wie es die Hüttenwerke liefern, und goldhaltige Materialien aller Art, deren Goldgehalt durch verschiedene 364 Natmwi.ssenschaftliL-lie Wucliensclirift. XII. Nr. 31. Prozesse, wie z. B. Ztisamaieuschiuelzcii mit Blei und Silber und Abtreiben des Bleis, im Silber angesammelt wird. Zur Trennung des Silbers vom Golde bediente man sich bis jetzt fast durchgängig der Scheidung durch Schwefelsäure. Das Silber geht in kochender, concentrirter Schwefelsäure in Lösung und wird aus dieser als reines Silber gewonnen. Das Gold bleibt ungelöst zurück und muss noch raffinirt werden, z. B. durch Lösen in Königs- wasser und Ausfällen durch Eiseuchlorid. In neuester Zeit ist die Scheidung durch Elektrolyse an Stelle der Schwefelsäurescheidung getreten. Das goldhaltige Silber wird in Anodenplatten gegossen. Diese werden in Lein- wandsäcken in eine elektrolytische Zelle gehängt, welche als Elektrolyt eine Lösung von salpetersaurem Silber und sali)etersaurem Kupfer enthält. Bei einer Stromdichte von ca. 250 aniperc pro qm wird das Silber chemisch rein in kleinen Krystallen an der aus Feinsilberblech bestehenden Kathode niedergeschlagen. Das Gold bleibt mit etwas Silber in den Anodensäcken zurück. Es wird zunächst mit Schwefelsäure ausgekocht, dann in kleine Plättchen gegossen und ebenfalls elektrolytisch raffinirt. Die Wasserversorgung der Stadt Frankfurt a. M. Von MascUiueuingonieur Bender. Die Wasserversorgung der Stadt Frankfurt erfolgt unter Benutzung von Quellwasser, Grundwasser und Fluss- wasser. Quell- und Grundwasser finden zu allen Zwecken Ver- wendung, während das Flusswasser fast ausschliesslich zur Strassen- und Gartcnbcgiessung, sowie zur Klosett- spülung, niemals aber als Trinkwasser benutzt wird. Das Quellwasser entspringt im Vogelsberge und im Spessart und beträgt dessen tägliche Zutlussmenge 9 000 bis 18 000 cbm. Der geringere Zufluss findet im Sommer, der grössere während der kühleren Jahreszeiten statt. Der Zufluss von den Quellen zur Stadt erfolgt durch natür- liches Gefälle. Das Grundwasser wird im Stadtwalde durch die drei westlich der Stadt gelegenen Pumpanlagen Uberforsthaus, (ioldstein und Hinkelsteiu und in Ausnaimiefällen auch durch die östlich der Stadt gelegene Pumpaulage Rieder- spiess gefördert. Es beträgt die tägliche Ergiebigkeit der Anlage: Oberforsthaus: 4 000 bis 6 000 cbm Goldstein: 5 000 „ 7 000 „ Hinkelstein: 12 000 „ 18 000 „ Riederspiess: 1000 „ 1400 „ Das Flusswasser wird durch eine südöstlich der Stadt l)etindliehe Punipanlage dem ^lainflusse entnonnuen. Die Anlage kann je naeii Bedarf täglich l)is zu 10 000 cbm Wasser fördern. Zur Gewinnung des Grundwassers im Stadtwalde hat man in sänmitlichen Anlagen dasclb.st durchlöcherte Sciuniedceisenröliren von 50 bis 80 nun Lichtweite und etwa 15 l)is 18 m Länge in die wasserführenden Schichten eingetrieben und die sämmtlichen Röhren einer Anlage durch eine gemeinschaftliche Saugröhre mit den Pump- maschinen verbunden. Die Anlage Hinkelsteiu besitzt 210 solcher in Ab- ständen von je 10 m sitzenden Röhren. Wegen der tiefen Lage des Grundwasserstromes war für diese Anlage die Herstellung eines l)esonderen Stollens in etwa 15 m Tiefe zur Aufnahme der Saugriihrc nöthig. Der Stollen ist in zwei, vom Masehinenscliachte ausgehenden Hälften von je 1 000 m Länge ausgeführt. Die Förderung des Wassers erfolgt durch 2 stehende Pumpen, deren Antrieb durch 2 oberhalb derselben aufge- stellte Dampfmaschinen bewirkt wird. Zu diesem Zwecke sind die beiden Kolben einer jeden Pumpe immittcll)ar mit den Kolbenstangen der betreffenden Dampfcylinder verbunden. Die Pumpen sind als Diffcrentialpumpen mit Tauchkolben ausgeführt. Der Zulauf des Wassers zur Pumpe — Ansangen — erfolgt während des Kolbenaufhubes, die Weiterförderung des Wassers durch die Pumjje dagegen, jeweilig zur Hälfte der zugelaufenen Menge, während des Aufhubes und des Niederbubes. Es sind für jeden Pumpenkolben 2 Ventile, ein Saug- ventil und ein Druckventil, jedes als vierseitiges Riug- ventil ausgebildet, vorhanden. Durch die beschriebene Anordnung wird die Arbeits- leistung auf beide Kolbenhübe bei der Anwendung von nur 2 Ventilen für jeden Kolben gleichmässig vertheilt, die Wirkung der Dampfmaschine bei dem Niedergange unterstützt und daher die ziemlich langen K(dbenstangen weniger auf Druck Iteansprucht, als dies bei anderer Bau- art der Fall sein würde. Jede Pumpe vermag 9 000 cbm Wasser in 24 Stunden zu fördern. Zum Verständniss der die Pumpen treibenden Dampf- maschinen wurde ein historischer Ueberblick über die Ent- wickelung derselben gegeben von der Ncwcomen'sclien Maschine bis zu der heutigen Expansionsmaschine, auf die besonders eingegangen werden soll. Der bedeutendste Fortschritt in der Vergrösserung der Damjjfarbeit wurde dadurch erreicht, dass man den unter Kesseldruck in den Dampfcylinder arbeitsverriehteud eingeströmten Dampf nicht ferner unter diesem Drucke ausströmen, sondern, vom Kessel abgesperrt, während Ver- grösserung seines Rauminhaltes und Abnahme seines Druckes vor dem Ausblasen noch Arbeit verrichten Hess. Derartig gebaute Maschinen werden Ausdehnungs- oder Expansionsmaschinen genannt, während die anderen Maschinen als Volldrnckmaschinen bekannt sind. Die Expansionsmaschinen s])erren den Dampfzufluss schon vor Beendigung des Dampfkolbenweges ab, so dass der Dampf durch Expansion weitere Arbeit leistet. Da die Veränderung des Dampfvolumeus und des Druckes etwa nach dem Gesetze p • v = C stattfindet, wenn p den Dampfdruck auf die Flächeneinheit V den zugehörigen Raum des Dampfes C eine Constante bezeichnet, lässt sich leicht der durch die Expansions- maschine erreichte Vortheil rechnerisch verfolgen oder graphisch darstellen. Der Nutzen der Ausdehnung wird um so grösser, je höher der Anfangsdruck des Arbeitsdampfes ist. Beispielsweise würde bei Verwendung von Dampf unter 5 Atmosph. Ani'angsdruck sich dieser Nutzen wie folgt ergeben. Ausilelmungs- verluiltniss 1/ /l 7-2 V* Arbeit vor der Absperrung 1 1 1 1 1 Arbeit während der Ausdeliuuug 0,69 1,39 2,10 2,30 Ge.Siinnnt- arbeit 1 1,69 2,39 3,10 3,30 Es würde demnach eine bestimmte Dampfmenge, welche in der Volldruckmaschine eine Arbeit = 100 PS leistet, in der Fxpansionsmaschine eine Arbeit von 330 PS zu leisten vermögen. Auch durch die weitere Steigerung der Anfangs- spannungen Hessen sich nicht unerhebliche Vortheile im Dampfmaschinenbetriebe erzielen, da die betrcfieiulc Mehr- XII. Nr. 31. Naturwisseuschattliche Wochenschrift. 365 arbeit des Daiii|)t'es fast oline niessharcii Meliraiifwaiul an Kolile crlialtun wird. Es ergiebt sich dies sciiou aus der IJetraclituni;' des für die Dainpfdriieke von 1 bis lU Kil. per qem nach der Regnault'schen Formel Q = 606,5 + 0,305 t berechneten und nachstehend zusaiunieugestciltcn Wärme- mengen V, welche 1 Kil. Wa.sser von der Temperatur U" zuzuführen sind, um Dampf von der bestinnnten Spannung und Temperatur zu erzeugen. Dsimpfdi-uck Wärmemenge Diiinpftomp. Kil. por crem U in Cal. <" Cels. 1 637 100 2 643 120 3 647 133 4 650 143 5 652 151 6 654 158 7 656 164 8 658 169 9 559 174 10 660 179 Da die Temperatur des in den Cylinder eintretenden Dampfes eine iiohe — bei 10 Atmosph. etwa 179" — und diejenige des austretenden Dampfes eine niedere — bei 0,1 Atmosph. etwa 46" — ist, so wird die mittlere Temperatur der Cylinderwande bedeutend niederer als diejenige des eintretenden Dampfes sein und es werden bei dem jedesmaligen Eintritt des Dampfes dureii Wärmeab- gabe an die Wände Arbeitsverluste entstehen. Auch werden bei grossem Unterschiede des Druckes auf beiden Kolbenseiten durch Undichtigkeit des Kolbens grössere Arbeitsverluste entstehen als bei kleinen derartigen Unterschieden. Diese Mängel zu beseitigen lässt man die Expansion nicht in einem, sondern in mehreren Cylindern vor sich gehen und vermindert dadurch die Temperatur- und Druck- unterschicde sanunt den zugehörigen Arbeitsverlusten, ver- mehrt also die Arbeitsfähigkeit einer bestinnnten Dampf- menge. Man versieht je nach der Höhe des Kesseldruckes die Maschinen mit '1, o und 4 Cylindern, welche der Dampf nach- einander durchströmt, an Druck abnehmend, an Volumen zunehmend in jedem Cylinder etwa gleiche Arl)eit leistend. Derartige Zwcicylindermaschinen werden tur Dampf- drücke bis zu 8 und 9 Kil. per qcm gebaut und je nach- dem die beiden Kurbeln derselben um 90" oder ISO" gegen- einander versetzt sind, Verbund- oder Couipoundmaschinen. bezw. Woolf'sche Maschinen genannt. Drei- oder Vicreylindermaschincn können zweckmässig massig nur für höhere Drucke, bis zu 16 und mehr Kil. per qcm Anwendung finden. Ein weiteres Mittel, die Arbeitsfähigkeit des Dampfes zu erhöhen, zeigte sich in der Vergrösserung der Geschwin- digkeit der Dampfkolben. Die Wärmevcrluste sind natur- geniäss um so geringer, je weniger Zeit zum Wärmeüber- gang vorhanden ist, je schneller die Maschine läuft. Während früher die Kolbengeschwindigkeiten nur kleine Bruchtheile eines Meters betrugen, finden sich gegenwärtig Maschinen mit '1, 3, sogar 4 Metern Kolbengeschwindigkeit. .Schliesslich sei noch des stetig zunehmenden Bestrebens erwähnt, die Wärmeverluste der Maschinen und Leitung durch sorgfältige Umhüllung der in Frage kommenden Theilc, insbesondere mit Rücksicht auf den schädlichen Eintiuss des wässrigeu Niederschlages an den Cylindcr- und Röhrenwänden zu vermindern. In der angegebenen Weise wurde ailmählig die Arbeits- fähigkeit des Wasserdampfes vergrössert, und es entstand so die moderne Dauipfmaseiiinc. Diesem Vortrage folgte eine Besichtigung der Pump- station am llinkelstt^iner Rauschen, wo an einer der beiden Dampfmaschinen sowohl am Hoch- wie Niederdruek- cylinder Diagramme mit dem Indikator aufgenommen wurden. (x.) Exciirsioneii. Besuch der 1 i t h o g r a j) h i s c h e n Anstalt von \Ve r u e r und Winter. Die Anstalt von Werner und Winter ist insofern von Bedeutung, als sie eine grosse Anzahl naturwissenschaft- licher Illustrationen nicht nur für Deutschland, sondern auch für Frankreich, Russland, England und Amerika herstellt. Besimders durch Winters Thätigkeit ist die wissenschaftliche Lithographie auf eine Stufe der VoU- konunenheit gehoben worden, wie nie zuvor. Es wurden drei Abtheilungen gebildet, welche unter Führung der Herren Winter senior und junior und des Herrn Dr. Reichenbach die verschiedenen Räume der Anstalt besichtigten. Die Erklärungen erstreckten sich auf Behandlung des lithographischen Steines, Graviren, Zeichnen mit Kreide, Uebertragung von Photographien auf Stein, Aetzen und Tönen, Drucken in Schwarz und Farbendruck, Her- stellen von Zinkographien, Behandlung des Pantographen und verschiedenes andere. In einigen Räumen waren eine grosse Anzahl von Werner und Winter hergestellter wissenschaftlicher Werke ausgestellt, von denen die wichtigsten einer näheren Erläuterung unterworfen wurden, so die grossen Veröffentlichungen der Zoologischen Station in Neapel, des Fürsten von Monaco, der Senckenbergischen Gesell- schaft u. a. Besichtigung der chemischen Fabrik Griesheim. Die chemische Fabrik Griesheim betreibt in ihrem Griesheinier Werke die Fabrikation sänimtlicher Productc der chemischen Grossindustrie und der Anilinöl- Industrie sowie die Herstellung von S])rengstotfcn. In der a n o r g an i s c h e n F a b r i k werden als Rohstofi'e verwendet: Salpeter aus Chile, Schwefelkies von Rio Tinto, Steinsalz aus Stassfurt, Chromeisenstein aus Klein -Asien, Kalkstein, Reductionskohlc und Phosi)hate. Diese werden in die Zwisclienin-oducte umgewandelt: Risulfat, Sulfat, Salpetersäure 40" Be, Kiesabbräiide, Rohsoda, Aetzkalk, Chronischmelze und in die End- producte : Salpetersäure 48" Be und Salpetersäuremonohydral, Schwefelsäure 66" Be, und Schwefelsäuremonohydrat, Salzsäure 20" Be, le-Bianc-Soda r2S o/^,, Crystallsoda, caleinirte Soda 98 "/„, Schwefel aus Sodarückstäuden, Natriumbichromat, Phosphor. In der organischen Fabrik werden als Rohstoffe verwendet: Steinkohlenl)enzin, Benzin 90«"', Benzin 50''^ Daraus werden gewonnen: 1. Zwischenproductc: Benzol, Toluol, Xylol, Chlor- benzol, Solventnai)hta, Gasöl. 2. Nitroproduete : Nitrobenzol, Dinitrobenzol, Nitrotoluol, Dinitrotoluol, Nitroxylol, Ortronitrotoluol, Paranitrotoluol, Chlorniti-obenzol, Clordinitrobenzol. 3. Anilinproducte: Anilin, Nitranilin, Dinitranilin, Anilinsalz, Toluidin, Urthotoluidin, Paratoluidin, Xylidin. In der Sprengstofffabrik werden als Rohstoffe ver- wendet: Benzol, Toluol, Phenol, woraus hergestellt werden: 366 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. XII. Nr. 31. Trinitrobeuzol , Tiiiiitroclilurbenzol (FikrylcliKtridj, Trinitraniliu, Triiiitrutoliiol, Triiiitroplicnol (Pikrinsäure), Tetranitronicthylaiiilin, Pcutanitr(ii)lieuyloxyd, liexauitro- dipheuyhimiu. Deutsche Gold- und Silberscheide - Anstalt. Bei dem Besuche dieser Anstalt wurde zunächst die .Silberelektrolyse nach Moebius im Ganzen i;-ezeii;t und ein- gehend erklärt. Die Anlage ist für die .Scheidung von lOUU kg .Silber in 24 Stunden eingerichtet. Hieran anschliessend wurde das Schmelzen und Giessen der goldhaltigen Auodenplatteu, das .Schmelzen des Feinsilbers in Koksöfen mit Luftvorwärmung, sowie das Schmelzen des Feingoldes gezeigt. Hicrau schloss sich die Besichtigung der Höllenstein- fabrikation. Reines .Silber wird in mit Gas geheizten Platinkesseln in .Salpetersäure aufgelöst und eingedampft. Die erkaltende Lösung scheidet Krystalle von Höllenstein aus, welche getrocknet, geschmolzen und in Stangen gegossen werden. Es werden ferner in der Fabrik eine Reihe von Silber-, Gold- und Platin])räparaten dargestellt, welche vorgeführt wurden, darunter auch das unter dem Namen Glanzgold bekannte Präparat zur echten Vergoldung von Porzellan und Glas. Dasselbe, eine Auflösung von Schwefelgold in .Sehwefelbalsam und ätherischen Oelen, wird als brauner Lack mit Pinsel oder Feder aufgetragen und kommt nach dem Brennen direct als gläuzeude, zu- sammenhängende Goldschicht aus dem Feuer. Besuch der Elektrizitäts- Actien- Gesellschaft vorm. W. Lahmeyer & Co. Die Besichtigung erfolgte in einzelnen Gruppen unter Führung der Herren Dircctorcn Prof. B. Salomon und F. Jordan, der Ingenieure der Firma Hein zerling und Dr. Breslauer, sowie des Herrn Dr. Ejjstein. Die im Bau begritt'euen Gleich- und Wechselstrom- maschinen, Elektromotoren, Transformatoren von Leistungen bis zu Hunderten von Pferdekräften Hessen den Aufbau der Maschinen und Apparate erkennen und boten so eine wertli\()lle Ergänzung zu den Vorlesungen. Auch die Verwendung und Bearbeitung der verschiedenen Mate- rialien, u. a. der Isolationsmaterialieu für Hochspannung, nahmen das Interesse in Anspruch. Insbesondere war es noch lehrreich, in der Fabrikation selltst die reiche Ver- wendung des Elektromotors und darin ein Beispiel für die in den Vorlesungen behandelte Arbeitsübertragung zu finden. Eingeschaltete Messinstrumente gestatteten die Abhängigkeit der Stromentnahme der arbeitenden Elektro- motoren von der Beanspruchung zu beobachten. Die .Spezialmaschinen an Bänken , Fraismascliinen , Bleeh- maschineu boten reiche Anregung auch iu kinematischer Beziehung. .So gab diese Besichtigung in zweifacher Hinsicht eine Ergänzung zu den Vorlesungen, indem sie einerseits genetisch und in realem Verhältuiss die behandelten Maschinen in mannigfacher Gestaltung vor Augen führte und ein anschauliches Bild davon hinterliess, anderseits aber durch die rei(die Anwendung der elektrischen Arbeits- nl)ertragung eine i)raktischc Verwerthung des behandelten Tlieuias darstellte. Besuch der Höchster Farbwerke. Herr Dr. v. Brüning, Mitglied des Aufsichtsrathes der Farl)\verke und Vorstandsmitglied des Physikalisciien Vereins, l)egrüsste die Herren im Conferenzzimmer des Directiousgebäudes und gab auf Grund ausführlicher Pläne und Zeichnungen einen Ueberbliek über die Aus- dehnung der Werke. Unter seiner Führung wurden zu- nächst die Wohlfahrtseinrichtungen, Menage und Bad be- sichtigt, dann die Färberei besucht, in der eine voll- ständige Collection aller in der Fabrik gemachten Farben aufgestellt war. Die Manipulation des Färbens selber, sowie die Herstelinng farbigen Papiers und Kattuudruek wurden gezeigt. Hierauf wurde die Nitragin-Abtheilung besucht. Die Beobachtung, dass einige den Leguminosen angehörende Knlturgewächse: Kleearten, Lupinen, Erbsen etc. auf Boden gedeihen, der sehr stickstoftarm ist, hat die Frage nahe gelegt, ob diese Pflanzen im Stande seien, deu freien .Stickstoff der Bodenluft aufzunehmen. Eingehende Untersuchungen zeigten, dass diese Gewächse durch längst bekannte, knrdlelienartige Wurzelanscliwellungen dazu im .Stande sind, und zwar werden diese KnöUchen erzeugt durch Bacterien, die für jede Leguminosenart verschieden sind, wenn sie auch äusserlicii sich kaum von einander unterscheiden. Der Stickstoff der Luft kann durch die Bacterien nicht direct assimilirt werden, son- dern diese bilden sich iu den Knöllcben zu eigenthüm- liehen netzartigen Gebilden aus, die Bacteroiden genannt werden und ihrerseits deu freien Stickstoff des Zellsaftes absorbireu und für die Pflanzen verwerthen. Solche Knöllcheu wirken aber nur im Boden, der stickstoifarm ist. Wird ein stiekstoft'reicher Boden mit Bacterien ge- impft, so zeigen Pflanzen, die auf diesem Boden wachsen, erst dann einen Unterschied in der Vegetation gegen Pflanzen, die auf gleichem, ungeimpfteu Boden stehen, wenn der lösliche .Stickstoff in der Erde verbraucht ist, dagegen tritt bei stickstoft'armem Boden der Unterschied zwischen geimpften uu^ ^3- ^ ,V<* 5,96' billif!;, streng reell, sorpffältig, schnell' Es sißlii Im Falirraö tliis auf Grund , seiner Qualität und seiner gleichzeitigen Eigensfliaften: Leichtester Lauf ^ Grösste Zuverlässigkeit Schönheit der Formen sich solcher allgemeinen Anerkennung erfreut Wie das „Adler" Rad Adler Fahrradwerke vorm. Heinrich Kleyer, Frankfurt a. M. Spezial -Fabrik für Fahrriider mit über loUÜ Arbeitern. Jalires-Production über 3.") 000 Falirriider. Filialen gleicher Firma: Berlin, Hamburg, Köln, Hannover, Kopenhagen Vertreter int In- und Auslande. !♦♦♦♦♦♦♦ ♦♦♦♦♦♦♦♦ ♦♦♦♦♦♦♦♦♦♦♦♦»♦♦♦ ♦♦♦♦♦♦♦! 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Der Tdcalisnuis liat für die Ethik lickanntlieh in dem vielcitirtcn .Satze Kant's seinen liüiidigsten Ansdruek ge- funden: Handle so, dass deine Maxime jeder Zeit Princip einer aligemeinen Gesetzgebung werden könne. Es zeigte sieh nur zu bald, dass die Thatsachcn der Er- fahrung mit diesem Grundsatz schwer oder gar niclit in Einklang gebracht werden konnten; denn abgesehen von dem JKichst bedenklichen Umstände, dass über diese ge- forderte Verwendbarkeit des individuellen Thuns offenbar nicht irgend ein apriorisches Gefühl mit instiiietiver Sicherheit cntsclieiden kann, sondern erst, wahrscheinlich mit mancherlei Irrthümern vcrkiiüi)ftc Fciiigriftc, praktische Versuche, so lag dieser ganzen Anschauung die still- Voraussetzung zu Grunde, dass zu Folyc sc iweigende einer gewissen aligemeinen, gleichartigen, sittlichen Ver- anlagung der Menschen diese verschiedenen Aeusserungen des sittlichen Rewusstseins, wo nicht identisch, so doch in ihrem Sinne vtiUig vergleichbar seien, etwa wie ein System wohigegliedertcr dialektischer Ideen. Dieser Wahn konnte nur so lange bestehen, als eine ungenügende Beobachtung ihn nicht Lügen strafte; sobald die moderne Ethnologie ihr Material entfaltete, erwies sich eine solche Construction als ein glänzendes Trugbild. Sie hat, wie wir später uns noch genauer überzeugen werden, die landläutige, innerhalb enger culturhistorischer Grenzen erwachsene individuelle Werthschätzung, die wesentlich nach subjectiven, höchstens nach gewissen nationalen Ge- schmacksrücksicliten verfährt, ad absurdum geführt und dafür eine streng objective und inductive, nicht absolute, sondern relative Beurtheilung an die Stelle gesetzt. Wo bleilit gegenüber der völligen Unvergleichbarkeit sittlicher und rechtlicher Normen, wie sie die folgende Aufzäiilung ausdrückt, die behauptete AUgemcingültigkcit der Ideale, wo überhaupt die psychologische Miiglichkeit, sich aus dem eigenen Kopfe heraus eines universell gültigen Princips bewusst zu werden und zu bedienen, das, da es den socialen Existenz])ediiigungcn widerstritte, sich selbst aufheben würde? Man verbiete (schreil)t ein scharf- sinniger Rcchtsforscher) dem Tscherkesscn oder Montene- griner die Ausübung der Blutrache, und er wird dies als einen Act schreiendsten Unrechts empfinden; man rauthe einem civilisirten Europäer zu, Blutrache zu üben, und er wird erwidern, dass er damit ein Unrecht begehe. Der })atriarchalische Häuptling, welcher seine Tochter aus Familienrücksichten ihrer Neigung zuwider an einen Mann verkauft, findet unter seinen Stammesgenossen keinen Tadel; er sorgt, wie es ihm zukommt, für das Beste seiner Familie, und er wird im Widerstreben seiner Tochter nur einen Frevel wider seine i>atriarchalische Autorität finden. Der gebildete Europäer würde eine solche Wandlung als Unrecht empfinden. Der Musel- mann, der vom Glauben seiner Väter abfällt, weiss, dass er sich dadurch eines todeswürdigen Verbrechens schuldig macht; der christliche Europäer beansprucht, als ilim von Eechts wegen zukommend, vollständige Ge- wissensfreiheit in religiösen Dingen. Der Deutsche des Mittelalters empfand, dass dem Geräderten, Verbrannten oder Lebendiggesottenen Recht geschehe; der Deutsche des neunzehnten Jahrhunderts würde solche Strafen als schreiendes Unrecht empfinden. Bei den Somali ist der Räuber ein Ehrenmann, der Mörder ein Held, und der Alfure gelangt erst zur vollen Menschenwürde, wenn er einen Menschen erschlagen hat, darf sich daher auch nicht eher verheirathen. Bei jedem Culturvolk ist der Räuber und Mörder lediglich ein Verbrecher. In China erhält der Arzt, welcher ein Recept unregelmässig schreibt, Prügel; unserem Rechtsbewnsstsein würde dies schwerlieh entsprechen. Nach dem Gesetzbuch Manu's soll dem Gudra, welcher einen l)rahminen auf seine Pflichten hinweist, glüiiendes Gel in Olucii und Mund ge- gossen werden, und der alte Aegypter fand es selbst- verständlich, dass derjenige, welcher, auch nur aus Ver- sehen, einen Ibis getödtet hatte, sterben müsse. Wir würden das für verrückt halten. So sehen wir die 374 Natiirwisscnschaftlicbc Wocheusclirift. XII. Nr. 32. Rcclitsanseliauungen überall wechseln, und vielfach gilt auf einer bestimiuten Stufe dasjenige für ein schweres Unrecht, was auf einer anderen voUkonunen als Recht empfunden wurde (Post, Bausteine für eine aligenieiiie Rechtswissenschaft I, 60). Der offenbare Fehler jener idcalistisclien Ansicht liegt, wie schon angedeutet, darin, dass ganz einseitig die Perspective des achtzehnten oder neunzehnten .lalirliunderts als Gradmesser für die I!e- urtheilung der fraglichen Erscheinungen genommen und dem zu Folge ein ideales, apriorisches Gesetz constrnirt wird, das dem dogmatischen Mctaphysiker sich sehr ge- fällig ausnehmen mag, aber der nüchternen Kiitik nicht Stand hält. P^s kann demnach kaum Wunder nehmen, wenn neuerdings sich eine sehr lebhafte Reaction geltend gemacht hat, an deren Sjjitze Männer wie J. St. Mill, Spencer, Pentham, Sigdriek u. A. stehen. Will mau für die Ethik eine wirklich dauerhafte Basis schaffen, so muss man aucii hier die liedeutungs- volle und so ül)eraus fruchtbare, entwickehnigstheorctisclie Anschauung einführen, die uns von Darwin erschlo.«sen ist und allmählich ihren Eingang in andere Wissenschaften gefunden hat, soweit sie wenigstens sociologischer Natur sind; Man darf die Etink niciit mehr als ein göttliches Gnaden- und Wundergeschenk mit gläubigem Herzen hin- nehmen, sondern muss die Morphologie und Structur unserer sittlichen Vorstellungen streng indnctiv zu er- fassen suchen, und das können wir nur in der Geschiclite der Menschheit durch die Etimologie. Es ist eine der grcissten und folgenreichsten Entdeckungen der Wissen- schaft unserer Tage (ruft der oben angeführte scharf- sinnige Denker aus), dass jedes kosmische Gebilde alle Phasen seiner Entwickelung noch an sich trägt, und aus Allem, was ist, die unendliche Geschichte seines Werdens in ihren Grundzügen erschlossen werden Kann. Wie sich aus der Structur des gestirnten Hinnnels von heute dessen weltgeschichtliche Entstehung er- schliesscn lässt, wie die Schichten der Erdoberfläche uns die Geschichte unseres Planeten entrollen, wie die Mor- phologie uns gelehrt hat, aus der organischen Structur irgend einer Pflanze oder eines Thiers auf die Stufen zurückzuschliesscn, welche es dereinst durchlaufen hat, bis es zu seiner jetzigen Entwickelungslnihc gelangte, und wie wir in den Phasen des fötalen Lebens die wesent- lichsten Phasen des Rasscnlebens wiederfimlen, wie aus der Structur des menschlichen Gehirns die Geschichte seiner Entwickelung durch denjenigen entziffert werden kann, welcher diese Runen zu lesen versteht, wie der Sprachforseher aus der Sprache eine Geschichte der menschlichen Vernunft zu Tage fördern kann, wie sogar, wenn man Geiger's interessanten sprachwissenschaftlichen Forschungen trauen darf, das Farbenspectrum zugleich die Ge.scliichtc des menschlichen Lebens bedeutet, so gicbt uns auch das Gcsamnifbild dci' menschlichen Rasse und der Zustand jedes einzelnen Organismus, welchen wir im menschlichen Gattungsleben antreffen, ein sicheres Material für Rückschlüsse auf die Geschichte der Or- ganisation der menschlichen Rasse und des einzelnen (Organismus. (Post, Ursprung des Rechts, S. 8). Auch hier ist das biologische Moment des surrival, wie es seiner Zeit Tylor nannte, Itegreiiiicher Weise von ausser- ordentlicher Bedeutung; denn daduich vermag die geschulte Ethik eine ganze Entwickelungsreihe, die vielleicht längst überwuchert ist, in ihrer früheren Structur zu erfassen und in ihren wesentlichen (irundsätzen zu reconstruiren. Das, was früher nur Gegenstand eines ungläubigen Lächelns oder gar w(ddfeilen, überlegenen Spottes war, erscheint nunmehr als ein integrirendes Glied jener grossen Kette, die vielleicht in die Nebelschleier i)rä- Instorischer Zeiten hinabreicht. Ich erinnere statt aller anderen Beispiele an die bestimmte, friüier V(ui Onltur historikeru entweder schlankweg abgeleugnete otler als i)lossc Entartung oder Zufall gedeutete Institution der Cou- vade, des sogenannten Männerkindbettes, das sich jetzt als ein organisches Bindeglied für den Uebergang des Matri- arcliates zum Patriarchat erwiesen hat. Der berühmte kategorische Imperativ, das Gewissen, Gutes und Böses, unterliegen somit einer exacten, inducti\'en Ai)leitung. während sie früher als selbstverstänillichc Axiome vor jeder Untersuchung feststanden. Es ist seltsam, wie mit dieser genetisch-psychologischen Betrachtung ein Gedanke aufgcnonuncn wurde, den schon Spinoza vor Jahr- hunderten in seiner schlichten Weise so äusserte: Was das Gute und das Schlechte anlangt, so bezeichnen sie nichts Positives in den Dingen, wenn sie an sich be- trachtet werden. Sie sind nur Arten des Denkens und Begriffs, die man aus der Vergleichung der Dinge bildet. Denn ein und dieselbe Sache kann zu gleicher Zeit gut, sehlecht und auch gleichgiltig sein. Unter Gut verstehe ich das, von dem wir gewiss wissen, dass es uns nützlich ist; unter Schlecht verstehe ich das, von dem wir gewiss wissen, dass es uns verhindert, ein Gut zu erreichen. (Ethik IV.) Damit ist das Vorurtheil be- seitigt, als ob wir es mit Substanzen, übernatürlichen Mächten und Factoren zu tliun hätten, die ausserhalb der gcuM'ihnlichen Nolhwendigkeit ständen, welche alles Werden beben-sclit. Mit dieser Forderung, dass die Ethik, soll sie eine strenge Wissenschaft werden, sich ganz und gar auf den Boden der Erfahrung stellen müsse, haben wir das Pro- blem selbstverständlich nur ganz allgemein, nach seiner formalen, methodischen Seite hin, bestinnnt, so dass es uns crüi)rigt, wenigstens in den Gruudzügcn diese Be- gründung zu entwerfen. Recht und Sitte, so mussten wir annehmen, sind nicht subjective Schöpfungen eines ein- zelnen Geistes und noch weniger supranaturale Satzungen, sondern entwickelungsgeschichtliche Prozesse, die, in ihrem Inhalt sehr divergirend, ihrer Form nach sich ge- mäss denselben Gesetzen vollziehen. Wenn irgend etwas in der Welt, so sind eben Recht und Sitte in ganz her- vorragendem Siune sozialer Natur, Ergehnisse der unaus- gesetzten Wechselwirkuug der Individuen mit den be- treffenden Organisationsformen, und es bedurfte der ganzen Einseitigkeit und Verblendung der erfahrungsfeindlicben Metaphysik, um das zu verkennen. Der isolirtc, individuelle Mensch, wie ihn sich sowolil die nüchterne Philosophie des vorigen Jahrhunderts erdacht, wie die schwärmerische Phantasie Rousseau's ausgemalt hatte, ist el)en eine blosse sjjcculative Fiction, die in keiner Erfahrung je existirt hat. Wir kennen den Menschen, sagt sehr richtig Wundt, nur als soziales Wesen, gleichzeitig beherrscht von einem Einzelwillen und von einem Gesannntwillen, und Nichts spricht dafür, dass dieser aus jenem entstanden sei. Vielmehr ist die relative Verselbständigung des Einzel- willens innner nur ein Resultat späterer Entwickelung. Wie das Kind seines individuellen Willens allmählich inne wird und langsam nun aus seiner Umgebung heraus, von der es sich selbst kaum unterscheidet, zur individu- ellen Pcrsöidichkcit sicii entwickelt, so ist auch im Natur- zustände (las gemeinsame Einpiindcn, Wollen und Denken das vorherrschende. Der Mensch iudividualisirt sich aus einem Zustande sozialer Indifferenz heraus; aber er individu- alisirt sich nicht, um sich bleibend von der Gemeinschaft zu lösen, aus der er hervorging, sondern um sich ihr mit reicher entwickelten Kräften zurückzugeben. (Etiiik S. 3S1).) Schon aus diesem Grunde versteht es sich von selb.st, dass ttl)er alle ethischen Fragen nicht das jeweilige In- dividuum mit souveräner Sicherheit und Gewissheit ent- scheidet, sondern die betrefTende soziale Organisation, XII. Nr. 32 Niiturwisscuschaftliclic Wochenschrift. 375 (leren Typus sieli eben in diesem Individuum mciir oder minder nnturi;ctrcu uusdrücivt. In diesem psyeliogcnctischen Sinne lieisst Moralität nichts anderes als die Congruenz des Kinzelneu mit seiner Um^ebuny, uud diese wird um so grösser sein, je meiir der Mensch zur Consolidirung und Forderung jenes socialen Orgauisnuis beiträgt. Jetzt erst leuchtet es ein, wie Jemand ein Centrum sittlicher Ideen werden kann, da wir nunmehr den unmittelbaren, leliendigen Zusammenhang der einzelnen Persiinliehkcit mit der betretl'euden Assoeiationsstufe coustatirt haben. So unzweifelhaft diese soziale Natur von Kecht und Sitte feststeht, so verfehlt wäre es doch, wollten wir das Indi- viduum völlig aus diesem Prozess eliminiren oder uns wenigstens nur mit einer völlig mechanischen Anpassung l)egniigen. Reclit und Sitte mögen noch so sehr je nach den Entwickelungs.stufen von einander verschieden sein, es mag vollständig unmöglich sein, irgend einen gemein- samen Kanon für ihre Ditterenzirung aufzufinden, so viel müssen wir psychologisch unbedingt fordern, dass dem Einzelnen, je nacli Lage der Sache, ein formales Gefühl innewolnit. Recht von Unrecht uutersclieidcn zu können. Eine blo.sse tabula rasa, wie sie Locke aufstellte, hilft auch in dieser Beziehung nicht, wie ganz zutreffend Post auseinandersetzt: Erscheinen zunächst die individuellen Rcchtsanschauungcn nicht als etwas Angeborenes, sondern als etwas Angelerntes, auf äusserer Erfahrung Beruhendes, snfwiek!ungsstut'en bildet sich eine festunn-issene Persön- lichkeit mit bestimmten Rechten und Pflichten aus; die uralte Geschleehtsgenossenschaft kennt nur Stanniies- schuld, bei der der Einzelne kaum irgend eine Rolle si)iclt: Die Blutrache und Friedloslegung sind immer soziale Sache, die mit individueller Willkür so wenig zu thun haben, wie etwa ein heutiger Soldat nut einem Kriege. Daher auch die für die Urzeit (sit venia vcrbo!) so bezeichnende Einheit von Recht und Sitte, der so verhängni.ssvoljc Gegensatz beider, der so manchen tra- gischen Conflict für ein gereif'teres Bcwusstsein herauf Ijcschworen, ist ihr noch fremd, und daiier anderseits auch die wachsende Decentralisation der socialen (iruppen, die stetige Sciiwäcbung socialer Factoren und das steigende Anselien, dessen sich machtvolle Persönlich- keiten zu erfreuen lialien, obwohl hier manchmal unbe- wusste Täuschungen mit unterlaufen. Die Entwickelung aber des Rechtssubjects, das persönlich für sein Thun und Lassen im vollen Umfang verantwortlich ist, bezeich- net immer eine veriiältnissmässig höhere Culturstufe, von der primitive Organisationen noch nichts ahnen. Haben wir somit in grossen Unn-issen die Methode einer induetiven Etliik, die sich auf das Material der Völkerkunde stützt, geschildert, so würde es sich in zweiter Linie darum handein, unter Berufung auf einzelne hervorragende Denker die Ergebnisse dieser socialpsycho- logischen Untersuchung zu behandeln; dass diese Skizze nicht auf lückenlose Vollständigkeit Anspruch machen kann und soll, bedarf hoffentlich keiner l)esonderen Be- gründung. Die soziologische Reform der Ethik, welche wir vor- hin besprachen, beschäftigt sich in erster Linie nicht wie die S])ecuiation mit feinsinnigen, dialektischen Unter- suchungen und haarspaltenden, begrifflichen Erörterungen, sondern einfach mit der Sammlung und Ordnung von ethnologischen Thatsacheu. Dazu bedarf es aber einer rückhaltlosen Eutäusserung aller subjectiven Vorurfheile und Gefühle, es bedarf somit der Anwendung des natur- wissenschaftlichen Grundsatzes streng objectiver Beobach- tung, die durch keine anderweitige Zuthat gefälscht werden darf. Das Völkerleben, als grosser, organischer, allgemein gültigen, Gesetzen unterliegender Prozess, zeigt uns eine auf den ersten Blick fast sinnverwirrende Fülle von Erscheinungen, die es gilt, auf ihren ursächlichen Zusammenhang zu untersuchen ohne Rücksicht darauf, ob die betreffenden Tiiatsachen unserem Geschmack und Empfinden zusagen oder nicht. Mit vollem Reclit Ijcnierkt der schon öfter angeführte vergleichende Rechtsforscher Post: Die individuelle Werthschätzung ist ein ganz schwankender Factor, welcher jede streng wissenschaft- liche Behandlung des ethnologischen Gebiets unmöglich macht. Sittliche Entrüstung darüber, dass ein Volk che- los lebt, dass es dem Cannibalismus huldigt, dass es Menschenopfer bringt, dass es seine Verbrecher spiesst oder rädert oder seine Hexen oder Zauberer verbrennt, trägt gar Nichts zur Lösung ethnologischer Probleme bei; sie verwirrt nur den Zusammenhang der ethuiseheu Er- scheinungen, denen der Ethnologe mit dem kalten Auge eines Anatomen nachzuspüren berufen ist. Wer im Stande ist, von unsinnigen Sitten und unsinnigen Volksanschau- ungen zu sprechen, der ist für die ethnologische Forschung noch nicht reif. (Einleitung in das Studium der ethnol. Jurisprud. S. .53)*). Trotzdem wird noch heutigen Tags nicht selten die Kritik ethnologischer Thatsachen nach diesem Schema der blossen Gefühlsmomcnte, einer ge- wissen Entrüstung und sonstiger pathetischer Anwandlung geübt, ohne dass der einzig entscheidende innere Zu- sammenhang der Erscheinungen irgendwie berücksichtigt würde. Mit dieser Ablehnung des völlig unzutreffenden subjectiven Maassstabes hängt unmittelbar der entsprechende Verzieht auf die so beliebte absolute Werthschätzung sittlicher Ideale zusammen, wie ihn die nüchterne ethno- logische Vergleichung der verschiedenen Stufen und Systeme unabvvcislich fordert. Wie nicht das Individuum die letzte, entscheidende Instanz in dieser Prüfung bildet, auch nicht der transcendente Factor des Gewissens, sondern der specifischc Typus der betreffenden Organisa- *) Vci-«;!. ilnzii ilie Ausfiilinintccii vom .1. Spcncci-, KinltMtiiiii; in ilas Studiuui ihn- Soeiolufiii- I W 11'. Dfiitt^elii' Ausg. 376 Niituiwisscusclialtliclie Woclienscbrift. XU. Ni. o2. tion, !so kiuiu CS auch (Icnigciuäss kein allycnicin yültij;es, für alle Entwickclungsstufcn in gleicher Weise vcrbiiid- lichcs Sittengesetz geben, keinen kategorischen Imperativ, der immer und üljcrall auf Erden der Menschen mit gleicher Deutlichkeit seine Befehle ertheilt hätte, keine derartigen dem Menschen inmianente Grundsätze, die wie die mathematischen Leiirsätze jedem Zweifel und Irithum entrückt wären. Alles das sind Abstraktionen einer ein- seitigen Speculation, die siel) befangen lediglich an den Thatitcstand des eigenen Bewusstseins hält, ohne im geringsten die Entstehung sittlicher Urtheile zu untersuchen. Wir haben es immer nur mit relativ guten und schlechten Zuständen und Idealen zu thun, und wir würden jeder Entwicklung dadurch den Todesstoss versetzen, wenn wir eine allgemeine und absolute Gültigkeit von Recht und Sitte decrctircn wollten. Schäffle, der speziell vom Standpunkte der ücscendenztheorie diese Vorgänge unter- sucht hat, fasst seine Ausführungen so zusammen: Wir wagen den Satz aufzustellen, dass Recht und Sitte als gesellschaftliche, auf Erhaltung des Gemeinwesens und seiner integrireuden Glieder gerichtete Ordnungen der Variations- (Neuerungs-), Anpassungs- (Organisations), Vcrerl)ungs- und Streitvorgänge im Inneren der mensch- lichen Gesellschaft aufgefasst werden müssen, als Ord- nungen, durch welche die natürliche Sozialzuchtwaiil immer mehr über die bestiale Form der natürlichen Aus- lese emporgehoben und die subjective Tugend, Rechtlich- keit und Sittlichkeit gesellschaftlich unterstützt luid be- festigt wird. (Viertelsjahrssch. für wisseuschaftl. Thilos. II, 38.) Die Art dieser Wechselwirkung zwischen dem Einzelnen und der betrcH'enden Organisation ist nun ein ganz besonders instruktives Beisi)iel, um daran den tief- greifenden Einfluss darwinistischer Ideen zu zeigen, und wir wenden uns zunächst zu dem bekannten Werk Herbert Spencers: Die Thatsachen der Ethik, deutsch von J. Vetter. Stuttgart 1879. Schon in der ganzen Anlage der Untersuchung ver- räth sich diese Abhängigkeit von entwickelungstheorc- tiseheu Anschauungen; denn anstatt, wie es meistens geschieht, mit langathmigen Analysen der Begriffe zu beginnen, legt der Verfasser seiner Darstellung biologische Thatsachen zu Grunde. Das Handeln ist ihm Anpassung an Zwecke und besteht in einer je nach dem Entwickc- lungsstadium des betretfendcn Wesens sich inuner mehr dirt'erencirenden Combination von Bewegungen, bis sie im absoluten Sinne mit einer vollkommenen Anpassung an Zwecke zur Erhaltung und Forderung der Gattung ohne Schädigung der gleichlaufenden Interessen anderer Individuen abschliesst, natürlich nur ein Ideal, das selbst unter den höchsten Culturformen auch nicht annähernd erreicht wird. Damit ergiebt sich von selbst, dass dieser ganze Aufwand zweckmässiger Bewegungen die Erhaltung des Daseins als eines wcrthvollen Gutes co ipso voraus- setzt und die pessimistisch buddhistische Discreditirung des- sell)cii als subjective Willkür zurückweist. In dem guten Handeln liegt somit das Moment des dadurch für das Individuum sell)st ])roducirteu Glückes eingeschlossen, und erst dies Lustgefühl erklärt hinreichend die rilicht, die aus einer allgemeinen Beziehung des Mensehen zu bestimmten Tugenden oder bcstinnnten Rechfsgründen nicht abgeleitet werden kann'-'), ebensowenig wie aus angeblichen Autoritätsnormen, wie religiösen oder staat- lichen Gesetzen. Spencer's Theorie ist somit eine hedonistische im *) Mei-kwürili};er\vcis<^ ist diosi; empirisclic Ableitung bei eiiiuin sonst völlig abwoichonclon Denker, niimlicli G. Focliner vnrli;inilen, der glciclifaUs im sehiirt'st(^n Gegensatz zu Kant in dem Liist- prinei)! das jKisitivc Fundament juder Sittenlehre erblickt (Uul)cr das liüeliste Gut, S. 10). universellen Smne uiul berührt sich unmittelbar mit der von ihm so lebhaft bekämpfen utilistisehcn. Denn seine Ansicht, dass die sittlichen Fähigkeiten aus ercrl)tcii Veränderungen hervorgegangen seien, die durch gehäufte Erfahrungen verursacht würden, ist doch nichts anderes als das Zugeständniss, dass nicht a priori über den Werth einer Wandlung entschieden wird, sondern je nach iin-er socialen Vei'wcndbarkcit. Auch die möglichst voll- konnnene Anpassung ist nur in diesem soci(dogischen Sinne zu verstehen, ohne welchen diese ganze Umbildung haltlos im Leeren schweben würde, wobei natürlich die bloss vom Einzelnen etwa ausgeübte Beurtheilung gegen- über dem socialen Niveau ziemlich irrelevant ist. Diese Handlungen lassen nun nach unserem Gewährsmann eine vierfache Auffassung zu, eine physikalische, biologische, psychologische und sociologisehe. Der physikalische Standpunkt betrachtet den Menschen als reines und volles Naturproduct und tlieilt ihm die Aufgabe zu, durch mög- lichst zweckmässige Combination der Acte und Vermeidung störender Gollisionen ein Gleichgewicht herzustellen, das als Norm für alle Lcbensersclieinungen gelten könne. Die biologische Betrachtung fasst jenes System der Be- wegungen noch genauer als die normale Funclionirung aller animalischen Begangen, der gegenüber jeder Proccss, jede ungenügende Adaption eine Störung und zuletzt den Tod des Organisnuis herbeiführen würde. Daher bringt auch jedes anregende, freudige Ereigniss einen Ueber- scluiss in die Bilance unseres Daseins, und die höchsten Regulatoren unseres Handelns, obwold die instinctiven, anatomischen Vorgänge schon auf ein ähnliches Resultat abzielen, sind die Schöpfungen von Freud und Leid. Mit dem anhaltenden Fortschritt nniss nun eine inmier vollkonunnere Anpassung an die gegebenen und erreich- baren Zwecke individuellen und gesellschaftlichen Lebens eintreten, und vom biologischen Gesichtspunkte erscheint demgemäss die Ethik als eine Wissenschaft, welche diese verschiedenen Stufen systematisch, aber völlig iuductiv entwickelt. Die psychologische Perspective greift zurück auf den bekannten Dnalisnuis, in den wir mit unserem psychophysischen Organismus hineingeboren sind, auf den Gegensatz von Bewegung und Empfindung, oder wie es bei Si)enccr heisst, von Erregung; aus dieser entwickelt sich im weitereu Verlaufe ein innncr conii)licirteres Gebilde von Gefühlen und Gemüthsbewegungen, aus jener eine Gruppe von motorischen Processen, die sich ent- sprechend den inneren Differenzirungen gestalten. Das Ideal der bestmöglichen Anpassung von Handlungen ist denmach ä(|ui\alent der Comi)lication jener correspon- dircndcn Reihen unseres Organisnuis und der Unterordnung der einfachen Erregungen unter zusannnengcsetzte, höher entwickelte. Hierdurch häuft sich im Laufe der Zeit eine immer wachsende Summe von Erfahrungen an, die sieh weiter vererben und den Grundstock des moralischen Bc- wustseins ausmachen: So entstellt das Gewissen. All- mählich wird die rein autoi'itative Instanz zu einer völ lig moralischen Macht umgeschatfen, indem die Bekämpfung irgend eines sittlichen Uebels nicht mehr durch äussere Motive bestimmt ist, sondei'n durch Einsicht in die natnr- gemässe, d. h. sittlich .schädigende Folge der Handlung selbst. Der socidbigisKhe Gesiclitsi)unkt endlich niinnil ausfüin-lich einen Gedanken auf, der stillschweigend seluin diesen Ausführungen zu Grunde gelegen hat, nämlieli die Beziehungen, welche zur Unterordnung des Indi\iduiuns unter die allgemeine Wohlfahrt führen. Diese werden sich nachdrücklicher geltend machen, ^venn die Ausbrüche der Gesellschaft und des Individuums stärker miteinander collidiren, wie in Kriegszeiten; alle Stufen des sncialen Li'bcns zeigen daher einen stetigen Gnnipromiss zwischen den .\iis|irüelien, weielic die Iiilegriiät des betreifcnden XII. Nr. 32 Naturwisscnsclial'tliclie Woclicnsclirirt. 377 Orgaiiisiiius stellt, luul denen, welche von dem Individuum xAun Sehut/ oder Wulilergelien seiner eii;enen Persönlich- keit iiusgeheu. Jede Association besteht ei)en in dem unausi^esetztcn Austausch von i'uiuivalcnten Leistungen, die ebensowohl auf die Erhaltung der umschliessenden socialen Form, wie der persönlichen Existenz hinauslaufen. Die Geschichte zeigt nun ein selnittweises Zurückgeben der Anforderungen, welche die Gesellschaft erhebt und dagegen eine Vermehrung individueller Ansi)rüche-, je mehr mithin auch die Hemmungen der gemeinsamen Wohl- fahrt wegfallen (durch Verminderung rcsp. Verkürzung der Kriege, steigende Werthschätzung friedlicher Thätig- keit, Consolidirung der wirtbschaftliehen Interessen u. s.w.), desto mehr wird die Forderung individuellen Lebens, das in der Ausbildung eines erprobten Charakters seinen Giiifelpunkt erreicht, Hau})tzwecke der praktischen Ethik. Mit Recht hat Rolidi dies System, dessen Einzel- heiten wir hier nicht verfolgen können, eine Verschmel- zung der sorglosen Geuusstheorie des Aristi])p mit der klugen Berechnung des Epikur, übersetzt in den mo- dernen Humanismus genannt (Riologiscbe Probleme, zu- gleich als Versuch einer rationellen Ethik, Leipzig 1882, S. 45). Ueberall begegnen uns, wie schon früher an- gedeutet, den biologischen Analogien der Anpassungen an die Existenzbedingungen (was selbstredend durch die Völkerkunde und insbesondere durch die Lehren der Wirthschattsgeographie bestätigt wird), der Concurrenz und der natürlichen Züchtung, bis wir schliesslich an Stelle des rohen und erltarmungslosen Egoismus den huniauen Altruismus tluden, der unter möglichster Schonung- gleichlaufender Interessen Anderer die Identität von Moralität und Glückseligkeit erstrebt, um so den Begriff des sittlichen Ideals immer mehr zu dilferenziren und damit zu vervollkonnnnen. Durch den verwickelten und doch so einfachen Mechanismus, mit welchem das ganze sociale Leben ojterirt, entwickelt sich in dem gesellschaft- liehen Verkehr durch rastlosen Austausch der Arbeits- leistungen, ein bestimmtes, noch durch andere Normen getragenes System von Strebungen, die, obwohl sie indi- viduellen Genuss bereiten, dennoch gleicher Weise dem universellen Stück dienen, ein Vorgang, den Kolph so schildert: Auf Grundlage der sich unablässig steigernden und complicirenden Glückseligkeitsbestrebungen des Ein- zelnen wird der gewaltige Umschwung von der egoistischen zur altruistischen Lebensführung bewirkt. Das Ziel der individuellen Glückseligkeitsbestrebungen bleibt dieselbe egoistische Glückseligkeit, aber es ist jetzt nur auf dem Wege der Cooperation, des Altruismus zu erreichen. Mit der Durchführung dieses I'rincips der Cooperation, auf dem die vollere Lebens- nutzung und der vollere Lebensgenuss beruht, werden die Menschen so abhangig von einander, dass die Leiden des Einzelnen, wie sein Wohlergeben auf den Zustand der Gesanmitheit in entsitrechendem Sinne zurückwirken. Heutzutage ist dem Einzelnen unmöglich, irgend Etwas in seinem eigenen Interesse zu thun, ohne einer Menge Anderen eben dadurch zu nützen. Und je complizirter die Arbeitstheilung einerseits und je lebhafter und viel- seitiger die Glückseligkeitsbestrcbungen, deren Maa.ss sich in der Fülle der Bedürfnisse ausspricht, anderseits sind, um so entwickelter der Altruismus. Er wächst also im Verhältniss zu dem Wachsthum der Intensität und des Inhalts der erstrebten Glückseligkeit, (a. a. O. S. 165.) Das Sittengesetz ist in dieser Auffassung der abstracte Ausdruck aller dieser concreten Beziehunge^i, die zwischen den einzelnen Gliedern einer Organisation obwalten — sei diese nun eine primitive Ge'schleclitsgenossenscliaft, zusannnengehalten lediglich durch das Band gemeinsamer Blutsverwandsclialt, sei es enie herrschaflliciie, auf feuda- listischen Prinzipien beruhende Association, sei es endlieh das complizirte (Tcbäude eines modernen Staates, und die frühere egoistisch-utilistische Rücksicht auf die Beliaui)tung des eigenen Daseins in dem gegenseitigen Kampfe erhebt sieh zu der sociologisch-ethischen Verpflichtung, durch Steigerung des Lebensideals Anderer die Veredlung des ganzen ethnischen Complexes, der Alle umschliesst, zu fordern. Da hierdurch zugleich unausweichlich die Widd- fahrt und das Glück der Menschen sieb hebt, so könnte man in der That mit Rnliclie AnKologen- heit hiuuUilt, haben wir Hr. Breuncr selj«*"". sich ;uif § 11 ilea Pressgesetzus mi Ijenit'cn. — Red. 380 Naturwissenscliartliehe \Voclieiisc!liri)'t. XII. Nr. 32. gendc Giuudstoflc nachzuweisen: Metalloide: Wasser- stott', Fluor, Chlor, Bioin, Jod, Saucr.'^toff, Schwefel, Stickstofl', Phosphor, IJor, Kohlenstoff und Kiesel; Metalle: Natrium, Kalium, Silber, Mauiicsinni, Calcium, Strontium, Haryum, Blei, Eisen, Nickel, Kobalt, Mani^an, Aluminium, Zink und Kuijfer. Die For.schunj;en Forchliammers wurden nun auch von anderer Seite auf^enomincn und man schritt zunächst zur Untersuchung- der grossen Weltmeere. Hier sind zu nennen die norwcgi-sclic Nordmeei'-Expcdition, die Clial- lenger-Expedition, Hcnsens Plankton- Ex]»cdition, die Pola- Exiiedition im Mittelnieere und vor kurzem die dänische Ing-olf Expedition. In den dänischen Gewä.ssern war die deutsche Ponnnerauia-Expedition tliätig, und die Küste von Bohus erforschte der Schwede (i. Eknian. Auf Grund des Materials der deutschen Expedition vcniffentlichte der dänische Zoologe G. Winter einige Resultate bezüglich der Hydrographie der dänischen Gewässer, bis dann im Jahre 1883 die selbstständigen Untersuchungen von dänischer Seite begannen. Mit dem Kanonenboot Hauch unternahmen während der Jahre 1883— 188G Kapitän Drcchscl und Dr. C. G. J. Petersen eine Reihe von Fahrten zur Aufklärung einiger die Fischerei betreffender Fragen, wobei auch (lewielits- und Teniperaturbeslimmungen des Wassers im Kattegat vorgenommen wurden. Dieses Material, sowie eine Reihe Beobachtungen von den dänischen Leuchtfeuerschiffen wurden von dem Landesgeologen Dr. K. Rördam bear- beitet und die Hauptzüge der Hydrographie des Katte- gats dargestellt. 1890 wurden diese Foi-schungen noch energischer in Angriff' genonnnen, indem der Chef des Königl. dänischen Seckartenarchivs, Marinekommandeur C. F. Wandel, bei dem Marineministerium beantragte, ein- gehende hydrographische Untersucluingen der dänischen Gewässer vornehmen zu dürfen. Das Ministerium zeigte sieh dem geneigt, es wurden Instrumente angeschafft und verschiedene Schiffe der Marine und der Fischerei- inspection zur Verfügung gestellt, so dass vom Jahre 1891 an auf vielen verschiedenen Stellen an vier Terminen im Jahre gleichzeitig umfassende Untersuchungen angestellt werden konnten. Neben diesen wurden zahlreiche täg- liche Beobachtungen auf den wichtigsten Dampfschiffs- routen vorgenommen und auf den Leuchtfeuerschiften an den Termintagen stündliche Ikobachtungcn. Ende des Jahres 1893 lagen über 12UU0 hydrographische Beobach- tungen vor, mit deren Bearbeitung die niedergesetzte Kommission den Landesgeologen Dr. K. Rördam beauf- tragte. Die Resultate sind in dem kürzlich erschienenen Werke: „Die hydrographischen Verhältnisse in den däni- schen Gewässern imierhalb Skagens" (De hydrogratiske Forholdi de danske Farvande indenfor Skagen) nieder- gelegt. Diese Arbeit bildet nebst einem Bande Karten und Profile den ersten Band der Berichte der hydrogra- phischen Kommission. Der Bericht wird eingeleitet mit einer kurzen Dar- stellung der Vorgeschichte, der Methoden, des Und'anges der Untersuchungen von Marinekonnnandeur Wandel, l'lanniässig sollten die Beobachtungen am 1. Februar, 1. Mai, 1. August und 1. November während der Jahre 1891 — 1893 angestellt werden, in allen drei Jahren war jedoch eine Untersuchung am ersten Termine in Folge der Eisverhältnisse unmöglich, und man nmsste warten, bis offenes Wasser vorhanden war. Die Aufgabe war, auf verschiedenen Stellen l'rofile des Secwasscrs aufzunehmen, d. h. auf den in einer bestinnntcn Linie liegenden Sta- tionen zu untersuchen: 1. die Tiefe, 2. die Temperatur, 3. das Gewicht des Wassers auf jeden fünften Faden, 4. die Richtung der Gbcrflächenstr('imung, b. der Unter- strömung, (). die Farbe des Wassers, Meerleuchtcn u. s. w. Die Lage iler Profile war folgende: 1. Vom Leuchtfeuerschiff Skagens Riff bis Pater- nosterleuchtfeuer, 2. von Frederikshavn bis zu einem Punkt nördlich von Läsö und vcni doit i)is Winga-Leuchtfeucr, 3. von der Kirche zu Hals bis Warberg-Leuciitfeuer und von dem Leuchtfcuerschift' Kobbergrundcn bis nörd- lich Herta, südlich von Krog.stad Odde, 4. von Fornäs Leuchtfeuer bis Skalle Rilf, 5. von Aarlius bis Martlie Flak und von dort bis Scjrö-Leuchtfeuer, 6. von der Skandingsbanke bis zur Kirche von l'öns, 7. von Aalchus Ron bis Sprogö und von dort bis Halskov Riff, 8. von Gulstav bis zur Kirche in Kaitpcl, 9. von Marienleuchte bis zur Kirche in Ri>di)y, 10. vom Lcuchtfcuerschitf Falsterijo Ritf bis Möeus Leuchtfeuer, 11. von Dragör Sandritf bis zur Kirche von Bunke- lh)d in Schonen, 12. von der Nordspitze von Saltholm bis Barsebäk- Leuchtfeuer in Schonen, 13. von Vcdbäk Leuchtfeuer bis zur Gloekentonne ausserhalb LandsUrona ; ausserdem wurden Vermessungen von einem Puid^t zwischen Fredericia und Strib, sowie im Jahre 1893 ein neues Profil 10a von Gjedser Riff bis Darsscrort auf- genonnnen. Die wichtigsten hydrographischen Factoren für die dänischen Gewässer sind unliedingt der Salzgehalt und die Tenij)eratur. Der Salzgehalt hängt davon ab, wieviel salziges Wasser aus der Nordsee und wieviel süsses Wasser aus der Ostsee sich in der betreffenden Wasser- masse gemischt haben ; dieser Mischungsprocess wird aber von bestimmten physikalischen Gesetzen bedingt, von denen eines der wichtigsten das Gesetz des hydrostatischen Druckes ist. Eine 40 m hohe Säule Nordseewasser von 1 qni im Querschnitt wiegt 1680 Pfund mehr als eine entsprechende Säule Ostseewasser. Wenn also die Ostsee und die Nordsee getrennte Bassins wären, nur durch eine kleine Oetfnung 40 ni unter der Oberfläche verbunden, so würde die Obeifiäche der Ostsee um 0,S m höher stehen als die der Nordsee; ist dagegen gleichzeitig oben eine geringe Verbindung vorhanden, so würde das schwere Wasser der Nordsee von unten hineindringeu, die Ostsee emporheben und durch die obere Oetfnung abflicssen lassen. Dies entspricht gerade dem thatsächlichcn Ver- hältniss, iiulem das Nordsccwasser durch den 40 m tiefen grossen Belt in die Ostsee hineinströmt, während die Ost- see ihren Abfluss durch den im Drogdcn nur 10 m tiefen Sund findet, doch geht auch im grossen Belt eine Ober- fiächenströmung von süssem Wasser, die aber von gerin- gerer Bedeutung ist. Ein anderer Factor ist die Umdrelumg der Erde, durch welche bewirkt wird, dass die salzige Strömung dem Trägheitsgesetze zu Folgt; nach seiischaftlichen Ausschüsse durch die Wahlmänner im Polytechnikum, Zimmer Nr. 41 (Hör- saal für Chemie). Nachmittags 3 Uhr: Sitzungen der Abtheilungen. Abends (i Uhr: Allgemeines Fest-Essen in der Egydienhalle. Mittwoch, 22. September. Morgens 8 Uhr: Geschäftssitzung der Gesellschaft in Brüning's Saalbau (Grosser Saal). Tages- ordnung: 1. Wahl des Versammlungsortes für 1898; 2. Wahl der Geseliäftsführer für 1898; 3. Ergänzungswahlen für den Vorstand; 4. Vorlegung des Kassenberichts für i89(i; 6. Berathung über An- träge des Vorstandes auf Abimderung der Statuten. Morgens 10 Uhr: Gemeinsame Sitzung der Abtheilungen der naturwissen- schaftlichen Ilauplgru])iie unter Betheiligiuig aller interessirter medieinischen Abtheilungen in Brüniug's S;ialljau (Grosser Saal). Vorsitzender: Herr Geh. Hofrath Prof. Dr. Johannes Wisli cenus (Leipzig). Thema: Die wissenschaftliche Photographie und ihre Anwendung auf den verschiedenon Gebieten der Natur- wissenschaften und Medizin. Bis jetzt haben Vorträge und Refe- rate übernommen: Herr Prof. Dr. H.W.Vogel (Berlin): Ein- leitender Vortrag über 'den jetzigen Stand der wissenschaftlichen Photogra|)liie; Herr Dr. Keiie du Boia-Reymond (Berlin): Die Photographie in ihrer Beziehung zur Lehre vom Stellen und Gehen: Hm-r Ingenieur Dr. Max Levy (Berlin): Ueber Alikiirzuug der Expositionszeit bei Aufnahme mit Roentgeii-Strahleu ; Herr Prof Dr. Oscar Lassar (Berlin): Referat über die medieiiiisclie .Anwendung der Pliotogr:ipliie. Auch erbietet sieh aufdringenden Wunsch der Geschäftsführung Herr Prof. Dr. Emil Selenka Xll. Nr. 32. Naturwisscii.sclial'Uichc Wücliciischiill. 383 (Müik-Ih'm), ühiit die Anwendung der Pliotograpliie bei Forseluuigs- i-fi.srn unter Vorfülirnng der von seinen indisehen Reisen mitge- br:n-lilcii Glas]dKitogr:i|iliien zu .spreelien. Weitrre Vorträge und Kefenite stellen in Aussielit. Weitere Anmeldungen werden er- beten. Niii-liniittag.s 3 Uhr: Fortsetzung der gemeinsamen Sitzung der Abtbeilungen und der Discussion über die wissonseliaftliclie Plidtcigraidüe und ihre Anwendung ete. Nachmittags 5 bis 7 Uhr: Besielitigiing der Uebnngen in ersten Hilfeleistungen bei Unglücks- fällen, welche in der Samariter-Seliule (Turnhalle des Kealgyni- nasiunis, Sebarnstrasse 7) der Schulleiter Herr ]>r. med. Willi- b.-ild Eydani vorzuführen beabsichtigt. Abends 8 Uhr: Fcst- Commers (mit Damen) in der Egydienhalle. Donnerstag, 23. September. — Morgens 9 Uhr: Sitzungen der Abtheilungen. Nachmittags 3 Uhr: Sitzungen und Ausflüge der Abtheilungun. Abends 8 Uhr: Fest-Ball im Wilhelmsgarten (Eingang an der Cathariuenkirche). Freitag, 2-1. Septendjer. — Morgens 1) Uhr: IL Allgemeine Sitzung in Brüning's Saalbau (Grosser Saal). 1. Vortrag des Herrn Geh. Medicinalrath Prof. Dr. Johannes Orth (Göttingon): Medieinischer Unterriebt und ärztliche Praxis; 2. Vortrag des Herrn Dr. Hermann Meyer (Leipzig): Im („»uellgobiet des Schingu. Land-ehafts- und Volksbilder ans Centralbrasilien; 3 Schluss-Keden. Mittags 1 '/a Uhr: Einfacdies Mittagsessen in dem Bahnbofs-R<'stanrant und in bonacbbarten Gasthäusern: Hotel Kaiserhof, Hotel Monojjol etc. Nachnnttags: Ausflüge mit Damen (zur Auswahl): 1. nach Wolfenbüttel mit Extra/.ug 2 Uhr bO Minuten: Besichtigung der Herzogl. Bibliothek und drs Herzogl. Landeshaupt.-irchivs nebst den dort zu veranstaltenden Ausstellungen, sowie iler Marienkirche. Concert und Feuerwerk. Einfaches Abendessen, llückfahrt nach Braunscbweig mit Extrazug 8 Uhr 30 Minuten; 2. nach Königslutter mit Extrazug 2 Uhr 5.5 Minuten: Besichtigung der Stiftskirche und der Anlagen an der Herzogl. Heil- und Pflegeanstalt. Spaziergang nacli dem „Si)ring" und in den Elni. Einfaclu.'S Abendessen. Rückfahrt nach Braunschweig nut Extrazug 9 Uhr 10 Minuten. Abends von i) Uhr an: Ab- schiedszusammenkunft im Altstadt -Rat'.duuise zu Braunschweig (unter festlicher Beleuchtung des Rathbauses und Brunnens von Seiten der Stadt). SonnaViend, 2-5. September. — TagesausHug mit Damen nach Bad Harzburg. Abfahrt mit Extrazng 9 Uhr 5 Minuten früh. Ankunft in Bad Harzburg 10 Uhr 30 Minuten. Besiehti- ginig von Bad Juliushall. Dann in drei verschiedenen Gruii])en (naeli Wald) entweder 1. über den Burgberg, die Rabenklii)pen, die Sennhütte nach den ,.Eichen", oder 2. über das Mcdkenbaus, die Rabenklijjpen, den Burgberg nach den „Eichen'', oder 3. kleinere Spaziergänge ins Radautbal, zum Wasserfall, sowie in der näheren Umgebung von Bad Ilarzburg, mit Besichtigung des Herzogl. Gestüts, das auch den anderen Gru]ipen zugänglich sein wird. Mittags 12 Uhr: Frühstück entweder 1. auf dem Burgberge oder 2. auf dem Molkenhause oder 3. in Bad Harzburg. Nacbnüttags ö'/., Uhr: Mittagsessen im Actien-Hotel uml in einigen anderen Hotels von Bad Harzburg (nach Wahl). Kaffee im Kurhause. Concert unter den Eichen. Beleuchtung des Burgberges. Rück- fahrt nach Braunschweig 9 Uhr 30 Minuten Abends. (In Bad Ilarzburg stoben Wagen zur Verfügung, die schon von Braun- schweig aus fest bestellt und auch zu den Touren Nr. 1 und 2 benutzt werden können.) Sonntag, 2G. September. — Tagcsausllüge mit Damen (zur Auswahl): 1. nach Wernigercdi> und Rübehmd auf Einladung des NaturwisBenschaftlicben Vereins des Harzes in Wernigerode. Ab- fahrt 7 Uhr 50 Minuten früh. Ankunft in Wernigerode 10 Uhr Ij Minuten. Besichtigung des Fürstlieben Museums und Schlosses. II '/•_• Uhr Aufbruch nach Rübeland zu Wagen oder zu Fuss (naeli Wahl). Einfaclies Mittagsessen in Rübeland. Besichtigung der elektrisch beleuchteten Herniannshöhle mit der neu erschlossenen Krystallkammer (nach Wunsch auch der Baumannshöhle). liück- ki hr nach Weriugerode. ü'/a Uhr Abends einfaches Abendessen. Rückfahrt nach Braunschweig 8 Uhr 1 Minute, wenn nicht des besseren Anschlusses wegen die Rückfahrt schon 7 Uhr 15 Miiuiten über Bad Harzburg beliijjt wird; 2 nach Goslar auf Einladung der Herren Dr. H. Gellhorn und Sanitätsrath Dr. Servaes. Abfahrt 7 Uhr 50 Minuten früh. Ankunft in Goslar 9 Uhr 28 Min. Besichtigung dei' Sehenswürdigkeiten der Stadt (Rathhaus, Kaiser- haus, Domcapelle, Kunstubr, Museum etc.). — Spaziergang in der Umgebung di'r Stadt und auf den Steinberg. 3 Uhr Mittagsessen daselbst. - Freunde der Wasserbehandlung sind mit ihren Damen Vormittags zur Besichtigung der Wasserheilanstalten Theresienliof und Marienbad der oben genannten Herren Aerzte und zu einem Fridistück daselbst eingeladen. — Rückfahrt nach Braunschweig nut beliebigem Abendzuge (7 Uhr 33 Min. oder 10 Uhr 32 Min.); 3. nach dem Brocken mit Besichtigung der Königl. Meteorolo- giseheu Station daselbst. Abfahrt mit dem Frühzugo 5 Uhr 12 Min. nach Bad Harzbm-g. Besteigung des Broekongipfels zu Fuss, zu Mauh'sel oder zu Wagen. — Rückfahrt von Bad Ilarzburg mit beliebigem Abendzuge (8 Uhr 18 Min. oder 10 Uhr 3.j Min.). Den- jenigen Theilnehmern an einem dieser Ausflüge, die am Sonnabend Abend die Rückfahrt nach Braunscbweig vernu'iden wollen, ist Uebernacliten in Bad Harzburg zu empfehlen, von wo der Früb- zug nach Wernigerode 8 Uhr IG Min. und der ents|)rechende Zug nach Goslar 8 Uhr 3G Min. abgeht. Ausserdem hat der Bürger- meister von Pyrmont, Herr Rud. Ockel. in Erinnerung an die 17. Versamndung, welche 1839 in Pyrmont tagte, die Thcilnehmer an der Versammlung nebst ihren Damen freundlichst eingeladen zu einem zweitägigen Ausfluge nacli Pyrmont. Das von einem Pyrmonter Orts-Ausscbusse aufgestellte Programm ist folgendes: Sonntag, 26. September: Abfahrt 11 Uhr .50 Min. Vorm. Ankunft in Pyrmont 3 Uhr 40 Min. Empfang der Gäste und Zuweisung der Freiiiuartiere. 4 Uhr gemeinsames Mittagsessen während des Concerts in der llauptallee; daran anschliessend: Rundgang durch den Kurort und Besichtigung der Bäder, Quellen und Sehens- würdigkeiten. Abends gemüthliches Zusaunnensein in der Haupt- allee (Concert). — Montag, 27. September: 8 Uhr Morgenkafl'eo in der llauptallee während des Concerts; daran anschliessend: Gemeinsame Ausflüge mittelst der Bergbahn nach dem Boinberge zum Aussiehtsthurm, zu Wagen nach Friedenstbal ete. Die Geschäftsführung besteht aus den Herren: Geh. Hofratb Prof. Dr. med. Ä phil. Wilhelm Blasius, 1. Geschäftsführer. Prof. Dr. med. Richard Schulz, 2. Geschäftsführer. Museums- Assistent Fritz ürabowsky, Schriftführer. Bankier Otto L ö b n 0 f i n k 0 , Kassonf ührer. L i 1 1 e r a t u r. Dr. K. Richter, Plautae europaeae. — Emimeratio systematica et syiKuiynnea plantarum )dianerogandcarum in Ein-opa sponte crescentiuiu vel niere incpiilinarum. Tomus II Fase. I. Emen- davit ediditipie Dr. M. Gurke, Musei botanici berolinensis custos. Wilhelm Engelmann. Leipzig 1897. — Preis 5 M. Von dem vorliegemlen Heissigen, für den botanischen Syste matikcr wichtigen terminologischen Werk erschien Bd. I im Jahre 1890; dieser wurde in Bd. VI (1891) S. 254 der „Naturw. Wochenschr." angezeigt. Durch den Tod Richter's ist die Arbeit stecken geblieben und wir müssen Herrn Gurke dankbar sein, dass er das Opfer bringt, dieselbe fortzusetzen und zum Abscbluss zu fördern. Bd. I. brachte die Gymnos])eruien und Monocoty- ledonen; der vorliegende Fase. I des 2. Bandes, 160 Seiten um- fassend, beginnt mit den Dicotyledonen. Im Uebrigen verweisen wir auf die frühere Besprechung. A. Boistel, Prof. de l'universite de Paris, Nouvelle fiore des facile des es]ieces saus micro- 1178 tigures incdites dessinees Lichens puur la dctermination sco]ie et saus reactifs. Avec d'apres nature jiar l'auteur, repesantant toutes les especes de France et les es|icces communs d'Eurojie. Paul Dupont, editeur. Paris. — Prix 5 fr. 50. Der ausfidn'licb oben wiedergegebene Titel des zweck- dienlichen Werkehcns giebt über ilie Tendenz desselben ge- nügende Auskunft; es erinnert durch die Ausstattung an das hübsche und bequeme Buch von Cfuistantin & Dufour „Nouv. flore des Chamiiignons", das ausführlich in Bd. VI. (1891) be- s|)rocben wurde. Wie hier, so besteht auch die Flechten-Flora, abgesehen von einer allgemeinen Eiideitung über die Flechten, aus Bestiiumungstabellen mit ganz kurzen Diagnosen, denen kleine charakteristische Abbildungen eingestreut sind, dadurch die Benutzung des Buches zur Bestinunung der Arten ausser- ordentlich erleichternd. Zur Einführung in die Kenntniss unserer Flechten-Flora ist das Buch sehr geeignet. Briefkasten. Herrn Karl Reiche in Santiago. — Sie haben zweifellos Recht: auch uns hat es sehr unangenehm berührt, dass die Herren Verfasser die ursprünglichen Vereinbarungen der Redaction nicht innegehalten haben; eine in der Tbat wohl zu weit gehenile Nacli- feicht hat uns verhindert auf denselben zu bestehen. Wir danken bestens für das freundliche Interesse. Red. Inhalt: Th. Achelis, Völkerkund.' uml Ethik. — Schutzfarben der Thiere während iler Xaclit. — Für den Schutz der Feldlerche (Alauda arvensis L.). — Chronodeik von Stefan Ressel. — H\ilrograp]nselie Untersuchungen in den dänischen tiewässern. — lieber alkoholische Gährung ohne Hefezellen. — Aus dem wissenschaftlichen Leben. — Litleratiir: Dr. K. Richter, Plautae europaeae. — A. Boistel, Nouvelle tlore des Lichens. — Briefkasten. :-js4 Niiliii' wisse uselialtliclic Wocliciisclinli. Xll. Nr. Geographische Veriagshandluug Dietricii Keimer (Erust Voliseii) Berlin SW., Wilhelmstiasse 29. Internationale geologische Karte von Europa, lieselilosseii diireli den iiiteiiiiitidiialrii CuuloKen-Coiiftress zu Bologna im Jiilire 1881, ausgi-füliit naeli den Bescldiissen eiiiui- iiiteniiitioiiMlon Coiiiini.ssion, mit TTiiteistütziing der Regienuigon, unter der Direction der Herren Beyvich und H auc hucorno. Her Subseriptionspreis für das gesamnite Karlenwerk betrügt 110 Mark = i:iJ frcs. 5m c Die Subscriptioii verpflichtet zur Abnahme des ganzen Werkes, wahrend die Zahhing bei Eniiilang der einzelnen I.ielerungen, deren Pieis sieh nach der darin enthaltenen Anzahl der UUitter richtet, zn bewirken ist. Einzelne Blätter werden zum Preise von 4 Mark per Blatt abgegeben. '"br^OCÄfl^'OaasQOt^. Neue Pflanzenpresse (vrrul. „Natwr\vissi-n.si.-liaftliflii' Woclicn- sdirift" 189(5 Nr. 18 S. 218) in o Grössen: 43 X 28 cm ä St. 4,50 M. 3,50 „ 3,50 ;i3x22 cm 33 X 15 cm stets voriätliig bei Fritz Schind9er, BERLIN SO., Köpenickerstr. 116. Fernsprecher Amt 7 Nr. 1055. 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Kilheriie Medaille 180« ilcr liitcriinlioiialiMi Ainateur-Aiisstelluiii; Burlin. Photographtsche Apparate und Bedarfsartikel. Alleinvertrieb der „WesteiKlorp & Weliiier"-i'liitleii (jetzt: Act.-Ges für Trockcnplattenfabrikatiun vorm. W. & W.) Pilliiay'sclie Lacke. lyiax Steckelmann, Berlin W. 8, Leipzigerstrasse 33 I. . Grössere AufträKe ent- anstalten. wie bei der Expedition. Der Vierteljahrspreia ist .« 4.— j Tunieata oder Manteltbiere ist im Conchylien-Saal und zwar in der Vorderseite des letzten Querscbraukes der Ostseite, sowie in dem Fensterschranke des vorletzten Fensters daselbst aufgestellt. Der Körper der Manteltbiere, Fig. 1, ist sack- oder tounenförmig, ungegliedert, bilateral- J symmetrisch, ohne Gliedmaasseu, mit einer äusseren, erhärteten Hautschicht (dem sogenannten Mantel) umgeben, die von zwei Oeft'uungen (Mund- uud Kloaken-Oetfnung) durchbrochen wird. Die Scblundhöhle ist zur Kiemenhöble a (Schlund- kiemensack) imigewaudelt. An dem Eingangs- abschnitt des Kieniensackes und zwar nach der Ausfubröffnung der Kloake zu, liegt ein centraler Nervenknoten. Herz bauchständig, au der con- vexen Krümmung des Darmes gelegen. Der Embryo besitzt eiu der Chorda dorsalis der höheren Tbiere (Amphioxus) entsprechendes Axenskelett. Während die Tunieata also dem fluchtigen Blick als Geschöpfe niederen Ranges erscheineu, belehren uns der innere Bau und die Entwiekelung, dass wir Thiere vor uns haben, die unter allen wirbellosen Thieren die grösste Aehnlichkeit mit den Wirbelthieren be- sitzen. Die Manteltbiere sind durchweg Meeresthiere und ernähren sich von Algen, Diatomaceen und kleineren Krustern. Eine Anzahl von ihnen leuchtet mit prachtvollem Liebte. Den inneren Bau der Tbiere, sowie das Schema des Blutkreislaufes erläutern zwei Tafeln. Erste Klasse: Ascidiae, Seescheiden. m. y^D Kiemen- und Kloakcnötfnung vierlappig (vierstrablig). Tentakeln einfach oder zusammengesetzt. Kiemensack läugsgefaltet. Boltenia ovifera L., Nord-Atlantischer Ocean; Micro- cosmus vulgaris Hell., Mittelmeer; dasselbe, Mantel auf- geschnitten, Tbier herausgenommen; M. vulgaris Hell., Mittelmeer; Cyuthia echinata L., Norwegen; C. papulosa (L)., Mittelmeer, in toto und aufge- \\^\ schnitten; C. grossularia Bened., Ostsee; Styela l)licata Lesueur, Mittelmeer; St. aggregata (Müll.), Grosser Belt; St. rustiea (L.), Ostsee; Polycarpa glomerata (Adl.), Mittelmeer. Zweite Familie: Ascidiidae. Gewöhnlich festsitzend, selten gestielt. .Mantel knorpelig, hart oder weicher, fast gallertig, Kiemenöffnung mit acht, Kloakenöffnung mit sechs Läppchen. Ten- takeln einfach, fadeuförmig, Kiemensack nicht gefaltet. Ascidia mammillata Cuvier, Mittelmeer, in toto und aufgeschnitten; Ciona intestinalis (L.), Ostsee, aufgescbnitteues Thier, sowie ein scbe- matiseher Längsschnitt; C. caniua (Müll.), Ostsee, Ase. concbiicga Müll. (Norwegen); A. mcntula (Midi.), Arendal; A. depressa Aid., Mittelmeer; A. fumigata Grube, Mittelmeer; A. venosa Müll., Norwegen; Corella parallelogramma Müll., Nor- wegen. Dritte Familie: Molgulidae. Gewöhnlich lose im Sande u. s. w. steckend, manchmal festsitzend, selten gestielt. Mantel oft mit Sand bedeckt. Kiemenöffnung sechslapjjig, Kloakenöffnung vier- lappig. Tentakeln, Kiemensack längsgefaltet. Molgula arenosa Adl. Haue., Mittelmeer; ein anderes von der Nordsee, Helgoland ; M. macro- sipbouica Kupff., Ostsee, Kieler Buclit. Vierte Familie: Clavellinidae. Thierstöcke; Einzelthiere aus einem au der Unterlage krie- chenden Wurzelwerk ents])riugend, an dem neue Thiere bervorknospen. Clavellina rissoana M. E., Mittelmeer. Zweite Ascidiae compositae. sammengesetze Seescheiden. Ordnung: Zu- Die Einzelthiere werden von einer geniein- Erste Ordnung: Ascidiae simplices. Einfache Seescheiden. Einzeln lebende oder durch Wurzelausläufer (Sto- lonen) zu verzweigten, rasenartigen Colonien vereinigte Thiere, von denen jedes seine besondere Mantelumhül- luug hat. Erste Familie: Cyntbiidae. Gewöhnlich festsitzend, manchmal gestielt. Mantel gewöhnlich derb, lederartig. samen Mantelhülle umgeben und l)ilden so festsitzende Colonien von verschiedener Gestalt, meist seh wannnig, lappig oder rindeuartig andere Gegenstände überziehend. In der Regel münden die Kloaken der Einzelthiere in einen ge- meinschaftlichen Raum aus, um den sich sternförmig die einzelnen Tbiere gruppiren. Den Bau des Einzeltbieres veranschaulicht uns eine schematiscbc Abbildung. Erste Familie : Botryllidae. Kiemenöffnnng der Einzel- XII. Nr. 33. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 389 thicre ganzrandig; Eingeweide neben dem Kiemensaclie. Die Cülonien biltlen rindenartige, oft seiir lebhaft gefärbte Ueberziigc auf Pflanzen und Steinen. Botryllus aurolineatus Giard, Mittelmeer-, Botrylloides gascoi Della Valie, Mittelmeer; Polycyclus renieri Lm., Mittelmeer. Zweite Familie: Distomidae. Kiemenört'nung sechs- lappig. Eingeweide hinter dem Kiemensacke liegend. Einzelthiere mit drei Körperabschnitten. Stock gestielt oder sitzend, ohne gemeinschaftliche Kloakenüflfnungen. Distaplia magnilarva Della Valle, Mittelmeer; Distoma delle chiajei Della Valle, Mittelmeer; D. costae Della Valle, Mittelmeer; Diazona violacea Sav., Mittelmeer. Dritte Familie: Polyclinidae. Kiemenöffnung sechs- lappig. Eingeweide hinter dem Kiemensacke liegend. Einzelthiere mit drei Körperabschnitten. Stock gestielt oder sitzend, mit gemeinschaftlichen KloakenöfPnungen. Fragarium areolatum Chiaje, Mittelmeer; Sidnyum turbinatum Sav., Helgoland; Aniaroecium gibbulosum(Sav.), Mittelmeer. Vierte Familie: Didemnidae. Kiemenöffnung sechs- lappig. Eingeweide hinter dem Kiemensacke. Einzel- thiere mit zwei Korperabschnitten. Mantel mit Kalk- körperchen, Stock rindenartig. Leptocliuum maculosum M. E., Mittelmeer. Dritte Ordnung: Ascidiae salpiformes, salpenförmige Seescheiden. Sie bilden Colonien von cylindrischer bis kegel- förmiger, an dem einen Ende geschlossener, am anderen offener Form. Die Kiemenöffnungen der Einzelthiere liegen nach aussen und ragen schornsteinartig hervor; die Kloakenhöhlen fuhren in die grosse, gemeinschaftliche Höhle (Längscanal). — Interessant ist die Fortpflanzung. Jedes Einzelthier erzeugt nur ein Ei, das sich im Innern des Mntterthieres bereits zu einer kleinen Colonie ent- wickelt. Familie der Pyrosomidae mit Pyrosoma giganteum Lesueur, N. W. Austr. Die Pyrosomidae sind hauptsäch- lich in den wärmeren Meeren zu Hause, woselbst sie in grosser Zahl auftreten und mehr als andere Thiere zum Meerleuchten beitragen. Zweite Klasse: Thaliacea (Salpidae) Salpen. Einzeln oder zu Colonien vereinigte, stets frei schwim- mende Mantelthiere von walzen- oder tonnenförmiger Ge- stalt. Kiemensack einfach mit einer balken- oder gitter- förmig durchspannten Kieme. Mund- und Kloakenöffnung liegen au den Endpolen der Atherahöhle. Die Eingeweide sind auf einen kleinen Raum (Nucleus) zusammengedrängt. Pelagische, gesellig lebende, glashelle Thiere. Die merk- würdige Fortpflanzung der Thiere wurde schon 1819 vom Dichter Chamisso beobachtet und als echter Generations- wechsel erkannt. Erste Ordnung: Cyclomyaria. Ringmuskelige Salpen. Mit ringfVirmig geschlossenen Muskelreifen, mit zwei Reihen-Kicnienspalten, mit gelappter Mund- und Kloaken- öffnung, mit dünnem Mantel. Familie der Doliolidae. Vertreter fehlt (siehe unten). Zweite Ordnung: Desmomyaria, Bandnuiskclige Salpen. Mit bandförmigen Muskelreifen, mit zwei grossen Kiemen- spalten. Der Mund ist eine breite Querspalte; der Mantel ist dick. Familie der Salpidae : Salpa maxima-africana Forsk., Mittelmeer (Einzelthier und Kette). Dritte Klasse: Larvacea. Geschwänzte Seescheiden. Freischwimmende Einzelthiere mit einem Ruder- schwanz, der eine Skelettaxc zeigt. Ohne Kloake; der After mündet an der Bauchseite unmittelbar nucli aussen. Kiemenhöhle niclit gegittert. Familie der Appendiculariidae. Zur Bestätigung der oben erwähnten Aehnliehkcit zwischen Ascidien und Wirbelthieren wurde der scliematische Längsschnitt des niedersten Wirbelthieres (Amphioxus) und einer Ascidicn- larve aufgestellt. — Die P^ntwickelung der Ascidie zeigt uns ausserdem noch andere wichtige Uebereinstinunungen zwischen den genannten Thieren, sie schwinden aber i)ei der erwachsenen Ascidie in Folge einer sogenannten rück- schreitenden Metamorphose. Unter diesen Gruppen zeigen uns Abbildungen aus R. v. Dräsche, Synascidien der Bucht von Rovigno (Taf. I — VIII) die natürliche, wunderbare, prachtvolle Färbung dieser Thiere. — Links davon ist eine lange Kette von Salpa africana-niaxima Forsk. vom Mittelmeer aufgestellt, lieber diesem Schrank sind drei Wandtafeln aufgehängt, die uns die Anatomie undEntwickclungsgeschichtederTunicaten vor Augen füliren. In dem Fensterschrank erblickt man unterhalb der Bryozoa ebenfalls Vertreter der genannten Gruppen in vorzüglicher Conservirung, wodurch uns neben dem Ein- blick in das Innere auch der zarte Bau der Thiere über- haupt vor Augen geführt wird. Es sind daselbst, theilweise mit gleichen erklärenden Schildern wie vorher, aufgestellt: Linke Seite, Reihe 2—4: Ascidia mentula (Müll.), Mittelmeer; Ciona intestinalis (L.), Neapel; Botryllus spec., Neapel; Pyrosoma spec, Neapel; Salpa costata-tilesii Q. G.-Cuv., Mittelmeer, zwei Einzelthiere und Kette; S. fusiformis-runcinata Cuv.-Cham., Neapel, Einzelthier; dasselbe aus dem Stillen Ocean; S. runcinatafusiforniis Cham.-Cuv., Mittelmeer, Kette; S. punctata Forsk., Mittelmeer. — Rechte Seite Reihe 1 — 2: Salpa pinnata Forsk., Mittelmeer, Einzelthier und Kette; S. scutigera- confoederata Cuv.-Forsk., südlicher Stiller Ocean, Kette; S. spinosa Per. Les., Südsee, Einzelthier; S. costata- tilesii Q. G.-Cuv., Neapel, Einzelthier; S. democratica- mucronata Forsk., Mittelmeer, Einzelthiere imd Kette; S. bicaudata Q. G., Neapel, Einzelthier und Kette; schliesslich Doliolum mediterraneum Otto, Neapel, von dem Weibchen einer Phroninia sedentaria Forsk. (Krebs) ausgefressen. Die Bryozoeii-Scliausammluug. Von Dr. Maxiiniliaii Meissner. Eng an die kurz vorher bei den Mollusken be- schriebenen Brachiopoden, mit denen zusammen sie die in entwickelungsgescliiehtlicher Hinsicht sehr in- teressante Gruppe der MoUnskoideen bilden, schliessen sich die Bryozoen an, die oft auch — meist vou Eng- ländern und Amerikanern — als Polyzoen bezeichnet werden. Den Namen Bryozoen verdanken sie ihrer Ge- stalt, denn er kennzeichnet sie als Moosthiere [bryon (ßovov) griechisch: das Moos; zoon (^wor): das Tliier| während der englische Ausdruck mit polys (noÄvg: viel) andeuten will, dass wir es hier nicht mit Einzelthieren, sondern mit Thiercolonieen, die aus kleinen mit Ten- takeln versehenen Polypen-ähnlichen Geschöpfen zu- sammengesetzt sind, zu thun haben. Thatsächlich bilden auch alle Moosthiere mit verschwindenden Ausnahmen Thierstöcke. Die Bryozoen sind nicht wie ihre Verwandten, die Brachiopoden, auf das Meer beschränkt, sondern auch 390 Niiturwissciiscliaftlk-lie Wocliciischrif't. Xll. Nr. HS. sultana Blbcli. SecD, Flüsse, Tciclie etc. beherbcrg-en einige Formen von ihnen. Die Einzeltliiere sind mikroskopisch klein, und nur das Zusammenwirken vieler Individuen bringt älmlich wie bei den Korallen, mit denen sie deshalb früher vereinigt wurden und oft auch noch heute verwechselt werden, die zierlichen Gcl)ildc hervor, die nielits weiter darstellen, als die gleich modernen Mietbskasernen, wie die „Sky Scrapers" der Amerikaner sind, vereinigte Räume zahl- loser Zusammenwohner. Nach diesen Vorbemerkungen wenden wir uns nun den aufgestellten Arten zu. Die ersten beiden Reihen des Glasschrankes zeigen dem Beschauer die eigentlichen .Süsswasser-Bryozoeu (Phylactolaemata). Im Verhältniss zu ihrer Artenzahl nehmen dieselben einen relativ grossen Raum ein, denn mau kennt bis jetzt nur ca. 20 Arten Süsswasser-Moos- thiere. Wie bei allen Gruppen sind auch hier die hei- niathlichen Formen bevorzugt. Wir sehen neben Fredericella die in mannigfachen nach ihren Unter- lagen wachsenden Formen der bei Berlin z. B. im Tegeler See häufigen Plumatella, bald geweihartig ver- zweigt auf Blättern, bald den Stiel einer Pflanze oft in colossaler Dicke oder als Form spongiosa sogar lebende Schnecken (Paludiua fas- ciataMiill.) umwachsend. Die seltene Gattung Lophopus sitzt meist an der Unterseite resp. den Wurzelfäden der Entengrütze (Lenma) mit ihren Co- lonieen. Interessant ist auch das Stück von Pectinatella, ein Genus, das bisher nur aus Amerika, Japan und jüngst aus Afrika durch Dr. Stuhl- mann, aber auch aus Hamburg bekannt geworden ist. Ihre Colonien sondern eine gallertige Masse aus und waclisen so zu mächtigen Klumpen an. Die folgende Art Cristatella mucedo Cuv. zeichnet sich ebenso wie Lo- phopus dadurch vor allen Bryozoen aus, dass sie eine gewisse freie Be- weglichkeit besitzt. Die raupenartigen Polster dieser Art bewegen sich, wenn auch nur nach stundenlanger Be- obachtung messbar, auf Schilfstengeln etc. fort. Neben dieser Species sind die eigenthüm- lichen Fortptianzungskörper, Statoblasten, natürlich und im iJildc vergrössert, aufgestellt, die die meisten Süsswasserbryozoen vor ihrem Absterben bilden, und aus denen im nächsten Frühjahr die neuen Colonieen hervorgehen. Diese kleinen, durch einen Schwimmring im Wasser flottirenden, für die Erhaltung der Thiere äusserst wichtigen Bildungen sind durch eine Chitinhülle geschützt und durch niannigtache Ausrüstungen, wie Widerhaken u. s. w. geeignet, die Verschleppung des eingehenden Thierstocke.s, z. B. durch Anhaften an Wasserthieren, Vögeln, Insecten u. a. nach anderen Flüssen, Seen und Teichen zu erleichtern. Der Rest des Schrank-Abtheils enthält die Meere s- Bryozoen (Gymnolaemata), ihre Artenzahl wird auf ca. 1800 geschätzt. Da sie jcdocii sich nur mikroskopisch unterscheiden lassen, so ist nur eine beschränkte Auswald bei der Aufstellung getroffen worden. In der gemässigten Zone, — z. B. in unseren heimischen Meeren, der Nord- und Ostsee leben nur ca. 50 Arten — • sind sie geringer verbreitet, während die tropischen Oceane, wie bei vielen Meercsthieren, reich an Formen sind. A = TlieU des Stockes von Lepralia (Umbonula) verru- cosa Esp. vergrössert. B — Dasselbe von BiceUaria coliata (L.) vergrössert C = Eine Aviculiirie dersellieu Art noch starker vergrössert. Wie der Besucher sieht, ist die Gestaltungskraft der Natur bei den marinen Moosthieren eine äusserst ausgiebige. Als erste Form der Unterordnung der Chi- lostomen fällt die korallenartige Cellepora ins Auge, die sich auf Muscheln, Steinen und Felsen verzweigt er- hebt. Dem Besucher der Ost- und Nordsee wird die Membranipora pilosaL., die sich auf allen möglichen vom Meere bespülten Gegenständen, besonders aber auf Tang, ansiedelt, nicht unbekannt sein. Es folgt in der Reihe eine eigenthüniliclie Form, die z. Z. nur als be- sondere Varietät der Membranipora betrachtet wird, früher aber als Electra verticillata (Soland) unter- schieden wurde. Die Le prallen sind höchst merkwin-dig gestaltet. Sie bilden meist Ueberzüge — eine solche Art zeigt Fig. A [Lepralia (Umbonula) verrucosa Esp.] — auf allerlei Substraten, wachsen aber auch zu selbst- ständigen Formen aus, die durch ihre tütenförmige, in einander geschachtelte Gestalt und dabei reizende Färbung im Leben das Entzücken der Reisenden hervorrufen. Von dieser Farbenpracht zeigen natürlich die getrockneten Kalkgerüste, die der Besucher hier vor sich hat, nichts mehr. Aehnlich der Cellepora erhebt das im Mittelmeer häufige Myriozouni truncatuni (Pall.) seine Zweige, während Eschara an Lej)ralia erinnert. Die nun folgenden Stücke von Adeona und der Neptunsmauschette des Mittelmeers, R e t e p o r a c e 1 1 u 1 o s a (L.) fallen durch ihre zierlich durch- brochenen Zelleubautcn auf. Während die zuletzt besproche- nen Gattungen ihre Bauten aus Kalk und Chitin bilden, sind die Häuschen der Gemellaria loricata (L.) Bi- eellaria eiliata (L.) und Bugula plumosa (Pall.) nur aus Chitin zu- sammengesetzt. Aus demselben Stoffe bestehen auch die Wohnungen der südafrikanischen Bugula dentata (Lmx.), deren Bau eine beigefügte Zeichuung erläutert. Nebenstehende Figur zeigt, bei B, die erwähnte Bicellaria eiliata (L.), mau sieht daran die stark vergrösserten einzelnen Häuschen, in jedem solchen wohnt im Leben ein kleiner Polyp. Neben den langen Stacheln am Eingange zu den Wohnungen fallen noch eigeuthümliche, vogclkopfahnliche Bildungen, sog. Avicularien, auf, von denen die Figur C eine noch stärker vergrösserte Abbildung giebt. Diese Avicularien sind umgewandelte Individuen, die eigens zum Ergreifen und Festhalten der Nahrung eingerichtet sind. Bei anderen ."Vrten finden sich auch noch lange Borsten, Vibracularien, die gleichfalls als Beutemacher des Stockes, da ihr langer Faden lassoähnlich wirkt, betraclitet wertlcn. Auf den aufgestellten Zeichnungen sieht der Beschauer dann noch eine interessante Einrichtung au den Kolonien der Moos- thiere. Es sind dies helmartige Aufsätze über den Ein- gängen zu den Häuschen, die als Ovicellen bezeichnet werden. Auch sie sind umgewandelte Polypen, die dazu dienen, das sich entwickelnde Ei aufzunehmen und zu schützen. Die nächste Reihe des Schrankcs zeigt mis zuerst die in der Nordsee nicht seltene Flustra foliacea L., der sich die merkwürdige Familie der Ccllariiden an- schliesst, deren Stöcke durch biegsame Gelenke in eiuzelne Glieder getheilt sind. Hierher gehört Ce Ilaria (auch Salicornaria öfter genannt) borealis Busk. Es folgen XII. Nr. 33 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 391 die Celliirariidac mit der eigentümlichen Jlcnipea cir- rata Soland., sowie der wegen der Grösse des Stücks unten im Nebenabtheil untergebrachten Scrupocellaria rep- tans (L.), bei der sich eine erklärende Zeichnung befindet. Die nun folgende Unterordnung der Ctenostomcn zählt in ihren Reihen sowohl Formen des süssen als brackigen, wie salzigen Wassers. Zu den ersteren gehört Pahidicella articulata Ehrbg., in brackigem Wasser lebt die in den Victoria Docks in London entdeckte und bei uns in Deutsehland im Rykfluss bei Greifswald vor- kommende Victorella pavida Kent, während die Al- cyo ni dien sowieZoobotiirium BewohnerdesMeeressind. Im Gegensatz zu den bisher besprochenen Gruppen der marinen Moosthiere, den 0 h i 1 o s t o m e n und C t e n o s t o ni e n , die ihr Häuschen, in das sie sich zurückziehen, verschliessen können, haben die Cyclostomen kein solches Hilfsmittel. Ihre meist kalkigen Zellen .sind unversehliessbar. Als Vertreter dieser Unterordnung sind Hornera lichenoides (L.) aus dem Mittelmcer und Tcnnysonia stellata ]5usk aus Südost-Afrika anzusehen. Als letzte Bryozoen sind die höchst eigenthümlichen, gehäuselosen Pedicellinen aufgestellt, die die Unter- klasse der Entoprocta — sogenannt im f Gegensatz zu allen übrigen Bryozoen, bei denen der After ausserhalb des Tentakelkranzes (Ectoprocta) liegt — rcpräsentircn. Ausser den aufgeführten Formen haben noch einige durchsichtige Süss- rcsp. Seewasser Arten in dem Fenster- schrank Platz gefunden. Eine Species [Alcyonidium gelatinosuni (L.)] befindet sich getrocknet unter den typischen Thieren der Austernbäidce in der Mittelvitrine der nächsten Nische. Auch der Feusterschrank dieser Nische enthält in den aufgestellten Lebensgemeinschaften der Austernbänke mehrere Arten von Bryozoen. (Wird fortgesetzt.) Durch Adei-las.s verHelieue Iniiiuiuität gegen Infectioiiskraiikheiteii. — Schon am Anfang unseres Jahrhunderts stellte der damalige französische Militärarzt, spätere Professor Francois Broussais (gest. 1838) die Theorie auf, die Blutabzapfung sei ein Universalniittel gegen allerlei Krankheiten. Er fand in Frankreich an- fangs viel Anhang, in Deutschland dagegen schenkte man der neuen Lehre (Broussaismus) gar keine Beachtung, und auch in seinem Vaterlande verlor nach Broussais' Tode die Theorie alle Bedeutung. Jetzt hat nun, wie die „Revue scientifique" vom 12. Juni 1897 kurz be- richtet, ein junger russischer Physiologe, Essipov, die Wirkung einer häufigen Blutentziehung auf die chemische Beschaiienheit und die Eigenschaften des Blutes studirt und ist dabei zu Resultaten gekommen, die au die Lehre des Franzosen Broussais erinnern. — Essipov entzog Kaninchen, Meerschweinchen und Tauben eine grössere Menge Blut, V'40 'ji'^ '/.so ''^^ Körpergewichtes, dabei fand er, dass das Blut der so behandelten Thiere eine deutliche bacterientödtende Kraft erlangte; dieselbe tritt nach der Biuteutziebung langsam auf, erreicht ihr Maximum nach 24 Stunden und nimmt dann wieder allmählich ab. Namentlich bei Einimpfung des Cholerabacillus zeigte sieh, dass die Thiere völlige Immunität besassen; diese war um so grösser, je häufiger die Aderlässe stattgefunden hatten. Zur Erklärung dieser Erscheinung nimmt Essipov an, dass die weissen Blutkörperchen durch die Blutentziehung eine erhöhte Fähigkeit erlangen, die in den Körper ein- gedrungenen Mikroben aufzunehmen und zu verdauen (Phagocytose). S. Seh. Das Auge des Menschen und von 38 verschiedenen Primaten- Arten untersuchte G. L. Johnson ophthal- moskopisch (Proc. zool. Soc. London 1897, Pt. 1). Der Augengrund des Europäers ist gleichmässig orangeroth, nur nach den Rändern hin mit Pigmeutstreifeu gemischt. Ein wenig nach innen zu liegt die Pupille, die Eintritts- Stelle des Sehnerven, als eine fleischfarbene, schwach ovale, senkrechte Scheibe. Von ihrem Mittelpunkte strahlen Gefässe nach allen Seiten in zahlreichen Aesten aus. Nur die Umgebung des gelben Fleckes, des Sitzes des scharfen Sehens, ist frei von Gefässeu. Sie ist dunkelröthlich, kreisförmig, mit einem glänzenden Fleck von 1,5 mm Durchmesser, dem gelben Fleck, in der Mitte. Oefters ist sie von einem gelegentlich auch von 2—3 helleren Ringen umgeben. Durchscheinen sieht man hinter dem ganzen Grunde das Gefässnetz der Choroidea, aber nur deutlich bei hellfarbenen Leuten oder Albinos. Die Farbe des Fundus wechselt mit der der Individuen: hell zinnoberroth bei Hellblonden, röthlichbraun bei Dunkelen, chokoladebraun bei den schwarzen Rassen. Sonst sind Unterschiede bei den verschiedenen Rassen nicht vorhanden. Ebeuso verhält es sich mit dem gelbeu Flecke. Aehnlich ist es bei den Menschenaffen; aber schon beim Gibbon beginnt die Farbe des Grundes sich zu ändern; und bei den niederen Afl'en nimmt dies immer zu, von ihnen zu den Halbaffen, von diesen zu den Galagos und den Fingerthieren. Bei den Halbaffen ver- schwindet der gelbe Fleck mit seinem Umkreis und den Ringen. Das Äuge aller Primaten ist kleiner als das des Menschen, aber nicht im Verhältniss zur Körpergrösse. So hatte ein halberwachsener Gorilla ein Auge so gross wie ein Kind von 9 — 11 Jahren (20,7 mm Durchmesser). Die Pupille des Menschen und der Anthropoiden ist rund, die der Halbaften senkrecht oval. Alle Anthro- poiden und echten Affen können ihr Auge nahen Gegen- ständen anpassen, indem die Pupillen auf einen Puukt couvergiren und sich dabei verkleinern. Den Affen macht das schon Schwierigkeiten, die Halbaffen können es über- haupt nicht. Da letztere ja auch nicht den gelben Fleck haben, können sie auch nicht binoculär sehen. Es ist also ein grundlegender Unterschied in den Sehorganen der Mensehen, Anthropoiden und echten Affen einer-, und denen der Halbaffen adererseits. In den Einzelheiten hat fast jede Familie ihr Be- sonderes. So ähneln die Augen von Gorilla, Schimpanse uud Orang sehr dem des Negers; nur sind die weissen Streifen um die Pupille deutlicher. Beim Gibbon treten die Choroidal-Gefässe sehr hervor. Bei den Cercopithe- ciden lässt sich in der Ausbildung der weissen (Nerven)- Streifen eine deutliche Reihe von den höheren zu den niederen aufstellen. Von den Breitnasen ähneln die Ce- biden noch sehr den Menschenaffen. Mycetes ähnelt mehr den echten Affen als seinen Verwandten. Die niederen von diesen, die Nyctipitheci, unterscheiden sich durch ausserordentlich deutliche Choroidalgef'ässe und hellere Farbe des Grundes sehr von den höheren. — Bei Chryso- thrix ist der gelbe Fleck von einem Regenbogen-farbenen Ring umgeben wie bei den Krallenaffen, aber in der Form davon verschieden. — Bei den Halbaffen fehlt der gelbe Fleck. Die Pupille ist rein weiss; der Grund mit grossen, dunkeln Flecken übersäet. Bei den niederen Halbaffen (den Galagos, Loris und Fingerthieren) ist er glänzend gold-gelb; die Ursache dazu ist wohl in ihrer nächtlichen Lebensweise zu suchen. Ganz eigenthümlich ist der Grund bei den Galagos. Die Pupille ist fast schwarz; der Grund selbst reich goldgelb mit etwas grün und überall bedeckt von kleinen, schwarzen oder brauneu 392 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. XII. Nr. 33. Sternen. Genau dasselbe findet sich wieder bei Lemur coquereli, den denn auch J. niLht zögert von den Lemuriden wegzunehmen und den Galagos zuzutheilen. Reh. Im Anschluss an ein frülieres Referat seien weitere Punkte aus den Untersuchungen Rein k es über die Assimilationsorgane der Leguminosen hervorgehoben. R. bespricht unter Anderem die i)hyllodineu Akazien Australiens und findet durch Vergleichung, dass die jungen Pflanzen von Acacia longifolia, in ihrer onto- genetischen Entwiekelung die Phylogenie wiederspiegcln. Es gehen nämlich den Phyllodien gefiederte Blätter voran, was R. als ein atavistisches Merkmal ansieht. Die australischen Akazien sollen aus dem tropischen Asien in Australien mit Fiederblättern eingewandert sein und hier durch die directe Bewirkung des Klimas ihre mannig- fachen Umänderungen erfahren haben. In diesem Falle setzt R. also keine vorherige, unbestimmte Variation mit darauffolgender Auslese voraus. R. K. Wetter-Monatsübersicht. — Nur selten dürften zwei aufeinander folgende Monate in allen ihren Witterungs- verhältnissen so sehr von einander verschieden sein, wie es der Juni und Juli dieses Jahres in Deutsch- land waren. Hatte der Juni bereits die höchsten Hitze- grade gebracht, welche ungefähr im Sommer bei uns vor- zukonmien pflegen, daneben aber auch längere Zeiträume mit sehr kühlem Wetter, so herrschten den Juli hindurch, der beistehenden Darstellung zu Folge, immer ziemlich gleichmässige, nicht allzu hohe, doch auch nicht beson- ders niedrige Temperaturen. Am kühlsten war es im Allgemeinen an den nordwestdeutschen Stationen, an welchen die Morgenteniperatur durchschnittlich um fast 2 Grade unter ihrem langjährigen Monatsmittel lag, und . Tägliches Alaximum, bei Minimum, 8(Jtir Morgens, 1897. e.i- 6. 11. 16. 21. . SührMorjens.noniiai. M 31 sogar in den Mittagsstunden 250 q jj^,. einmal, am letzten Julisonntagc überschritten wurden. In den übrigen Landcstlieilcn setzte der Monat zwar noch mit grosser Hitze ein, die jedocii in seinem Verlaufe nicht mehr in gleich hohem Grade wiederkehrte. Anhaltend kühl für die Jahreszeit war es nordöstlich der Elbe vom 4. bis zum 18. Juli; dann erhöhten sich dort die Temperaturen, besonders in der Nähe der Ostsee, wo zu Königsberg das Thermonietcr am 21. bis 32" C. emporstieg. Die ftir einen Sonnnermonat recht geringen Unter- schiede zwischen den Tages- und Nachttemperaturen deuten auf eine sehr starke Bewölkung hin, die in der Tiiat im letzten Juli durchaus vorherrschte. Ungefähr die Hälfte aller Tage war in Norddeutsehland trübe, 1^ ^öl?c der Nieder^c^Ia^e ^~^ an jedem ^ulilage 1897. ^^^ Summe im^Juli " ■ m. 96. ab, gt. 93. 91. 91 kein einziger vollständig heiter, und im ganzen Monat gab es z. B. in Berlin nur 169 Stunden mit Sonnenschein, etwa zwei Drittel so viel wie durch- schnittlich im Juli und wenig mehr als die Hälfte der- jenigen vom vergangenen Juni. Etwas freundlicheres Wetter genoss im allgemeinen der Süden; doch wurde es hier gegen Ende des Monats so kühl, dass in der vorletzten Nacht das Thermometer in Kaiserslautern bis auf 7, in München auf 10" C. herabsank. Durchaus verschiedenartig für die verschiedenen Theile Deutschlands gestalteten sich die Regenverhält- nisse im vergangenen Juli, welche unsere zweite Zeich- nung veranschaulicht. Hinterliess derselbe namentlich in Oberbayern, Sachsen, Schlesien und der Mark den Eindruck eines ganz ungewöhnlich nassen Monats — denn es wurden in ihm beispielsweise zu München 240, Chemnitz 251, Breslau 180, Grünberg 173, Berlin 131 Millimeter Niederschläge gemessen — , so hatten einige Gegenden im Westen andererseits nur wenig, z. B. Wies- baden nicht mehr als 16 Millimeter Regen zu verzeichnen. In Folge dessen übertraf die durchschnittliche Niederschlags- höhe, welche sich für den diesjährigen Juli auf 97,1 Milli- meter beziffert, die entsprechenden Werthe von den vier vorangegangenen Julimonaten garnicht sehr erheblich und wurde sogar noch um 6 Millimeter von dem überall äusserst regnerischen Juli 1891 übertroffen; freilieh war sie mehr als doppelt so gross wie die Regenmenge, die der ver- gangene Juni geliefert hatte. Die Befürchtungen, welche gegen Ende des letzteren die mit ausdörrenden Nord- und Ostwinden verbundene, anhaltende Trockenheit nament- lich im nordöstlichen Deutschland für die Weiterent- wickelung der Sommersaaten erregte, steigerten sich noch während der ersten Hälfte des Juli, in der zwar häufiger, jedoch nur wenig ergiebiger Regen fiel. Doch gegen Mitte des Monats traten, sehr zur Unzeit für den bereits geschnittenen Roggen, um so stärkere Niederschläge ein, welche sich in Norddeutschland in der Folge mehrfach Xll. Nr. 33. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 393 wiederholten und in den letzten Tagen auch auf .Süd- deutsehland ausdehnten. Am 17. Juli wurden nach heftigen Gewittern z. ß. in Chemnitz 40 Millimeter liegen gemessen, am 18. in Breslau 29, iu Berlin 27, am 19. in Swinemünde 31 Millimeter, ebenso viel am 23. in Helgo- land. Eigentliche Wülkcnbrüehe aber, bei denen z. B. in Chemnitz 127, in Breslau 88 Millimeter, das ist ein Sechstel bezw. ein Siebentel der durchschnittlichen Regen- menge des ganzen Jahres fielen, gingen vom 28. bis zum 31. über Bayern, Sachsen und Schlesien hernieder und hatten Hochwasserkatastrophen zur Folge, wie sie nach allen bisherigen Nachrichten über die zahlreichen Opfer von Menschenleben, die Verwüstungen an Gebäuden, Brücken und Verkehrswegen, die Verluste an Getreide und Vieh in solcher Furchtbarkeit seit Jahrzehnten nicht mehr vorgekommen sind. Bereits zu Beginn des Monats hatte ein flaches baro- metrisches Minimum, das vom biscayisehen Meere zur Ostsee hin eilte, über Sudfrankreich und Süddeutsehland schwere Ungewitter und Hagelschläge gebracht, durch welche besonders der nördliche Theil von Württem- berg auf 7 bis 9 Kilometer Breite vollständig verwüstet wurde.*) Während darauf ein Gebiet hohen Luftdruckes von England nach Mitteleuropa vorrückte, zogen zwei Minima nach einander von der scandinavisclien Halbinsel südostwärts, in Ungarn und im Inneren Russlands sehr er- giebige Niederschläge um sich verbreitend. Vom 6. bis 10. Juli schlugen fernere vom norwegischen Meere kom- mende Depressionen eine nahezu östliche Strasse ein, wodurch für Norddeutschland ziemlich kühle und feuchte Westwinde bedingt wurden. Als am 11. ein umfang- reiches Barometermaximum über die Nordsee weit in das Polargebiet hinein vordrang, drehte sich der Wind bei uns nach Nord und es folgten ein i)aar trockene Tage mit viel Sonnenschein, denen aber noch vor Mitte des Monats ein aus Südosten hergezogenes Minimum ein ziem- lich jähes Ende bereiten sollte. Innerhalb der zweiten Hälfte des Juli hielten sich die Depressionen mit besonderer Vorliebe in den österreichischen Alpenländern, Ungarn, Böhmen und Ostdeutschland auf, wohin sie theils vom adria- tischen Meere, theils von der Ostsee aus gelangten. Zwei Hochdruckgebiete, von denen das eine in Frankreich, England und vorübergehend in den westlichen Theilen Deutschlands, das andere in Nordrassland, Scandi- navien und auch in der Provinz Ostpreassen freundliches Sonnnerwetter hervoi-rief, befanden sich im Südwesten und Nordosten Europas. In den von den Depressi(nien eiugenommenen Ländern aber fanden überall um Mitte und besonders Ende des Monats die so ungeheuren Niederschläge und Ueberschwemnumgeu statt, welche in ihrer ganzen Schwere noch garnicht zu übersehende Folgen zeitigten.**) Am schlimmsten erwiesen sich auch diesmal die vom adriatischen Meere nach Norden fortschreitenden Minima, wie solchen auch in früheren Jahren die meisten und furcht- barsten üeberschwemmungen im Gebiete der oberen Oder und Elbe, namentlich diejenigen von Anfang August 1888, zuzuschreiben waren. Treten die- selben deren Zugstrasse nach Prof. van Bebber's Ein- theilung der charakteristischen Depressionsbahnen mit Vb bezeichnet wird und welche man eben nur dann zu er- warten hat, wenn gleichzeitig ein Barometermaximum mit *) Das Hagelwetter, tlas in der Nacht vom 30. Juni zum 1. Juli WUrttenberg heimsuchte, ist ganz besonders bemerkens- werth, da nächtliche Hagelwetter von so schwerem Charakter zu den allergrössten Seltenheiten gehören. — Red. **) Ueber die Regenmengen, die im Riesengebirge fielen, werden wir noch in einer der nächsten Nummern berichten. — Red. continentalen, im Sommer also heissen östlichen Winden über Osteuropa, ein zweites mit kühlen und feuchten Nord- westwinden über Westeuropa lagert, zwar meistens in viel geringerer Tiefe als die vom Ocean zu uns ge- langenden Minima auf, so verweilen sie dafür um so länger an ihrem Orte. Sogleich bei ihrem Erscheinen werden die im Inneren Ostdeutschlands sich erhebenden starken Nordwestwindc an den Kämmen der Sudeten, des Riesengebirges, des Erzgebirges emporzusteigen gezwungen, wobei sie, unter geringeren Druck ge- langend, sich noch mehr abkühlen und einen grossen Theil ihrer Feuchtigkeit herniederfallen lassen. Jedoch die Hauptursache für die grössere Gefährlichkeit der Minima von der Zugstrassc Vb dürfte in der nahen Uebereinstim- mung ihrer Fortpflanzungsiichtung mit der Richtung der Oder und Elbe und besonders deren linker Nebenflüsse zu suchen sein. Denn während von den übrigen, am häufigsten in der Richtung von Westsüdwest nach Ost- nordost wandernden Depressionen unsere Flussgebiete nur an einer Stelle mehr oder weniger schnell überschritten werden, ziehen jene auf weiten Strecken denselben fast parallel, so dass die zunächst an den Quellen gefalleneu Wassermassen beim Abfliesseu von immer neuen Gussregen stärker und stärker anwachsen müssen. Dr. E. Less. In dem J. Soc. Chem. Ind. 16, 89-96, 27/2. London. Sectiou sind Untersuchungen von E. Andreoli „Ueber Ozon, seine technisclie Darstellung- und Anwen- dung" publicirt. Da die bislang zur Ozonbereitung verwandten Apparate auf eine Pferdekraft nur 10 — 12 g Ozon ergeben, hat Verfasser Anordnungen getroffen, die gestatten, aus einer Pferdekraft bis 50 g, im Mittel 30 g Ozon zu gewinnen. Zur Erreichung dieses Zweckes trennt Verl'asser die beiden Elektroden, die zur ener- gischen Berührung der Effluvien zahlreiche, sehr kleine Erhöhungen besitzen, nicht durch drei Dielektrica, sondern lässt den Luftstrom ohne Weiteres schnell zwischen den engen Zwiseheni'äumen der Elektroden passiren. Um das Metall der Elektroden gänzlich vor Oxj'datiou zu schützen, versieht man sie mit einem Firnissüberzug. Der Vortheil des Apparates liegt darin, dass durch die Beseitigung der Glaswände die Erhitzung und die dadurch bedingte Zerstörung von Ozon beträchtlich herabgedrückt werden. Bei einem zweiten Apparat kommen lauge, tafel- förmige, durch kaltes Wasser oder kalte Luft gekühlte Elektroden, mit punktförmigen Erhöhungen, die durch Glaszwischenwändc getrennt sind, zur Verwendung. Die Anordnung ist nun rationell so getrotfen, dass die eine Hälfte der Platten mit dem einen Pol einer Inductionsrolle, die dazwischenliegenden Platten mit dem anderen Pol ver- bunden werden. Ebenfalls günstige Resultate erzielt Verfasser bei einem dritten Apparat, der durch Combination einer Glüh- lampe mit einer eigenartigen Elektrode hergestellt ist. Während der eine Pol einer Inductionsrolle in Contact mit der Glühlampe steht, ist der andere Pol mit einer Aluminium-Elektrode verbunden, die die Glühlampe im Abstand von höchstens 1 mm mantelförmig oder spiralig lunkleidet; die Wirkung des Apparates beruht in der Ozonisirung der zwischen Glaswand und äusseren Elek- trode befindlichen Luft, wobei man gleichzeitig ein schwaches Leuchten der Glühlampe bemerkt. Da die Bildung des Ozons in den eben beschriebenen Apparaten schnell und bei niedriger Temperatur statt hat, glaubt Verfasser, die lästige Nebenbildung von Stickoxyden, die bei der Untersuchung ozonisirter Luft \iel Schwierig- keiten bereiten, auf ein Mininunu beschränkt zu haben. Der Preis für 1 Kilogrannn Ozon stellt sich mich Verfasser auf 3 Mk., wenn eine Pferdekraft pro Stunde 394 Naturwissenscliaftliclic Wocliciiscliril't. XII. Nr. 33 8 — 9 Pfennige kostet. Zur Reinigung von Trinkwasser, Bierfässern und Hefen etc., zur Darstellung von Wasser- stoffsuperoxyd, für die Herstellung von Dcgras, Firniss und Linoleum, zum Eindicken von Oelen, in der Bleich- industrie wie bei der Präparirung von Hölzern emi)fielilt Verfasser die Verwendung des Ozons. Ur. A. Sp. Formol als Coiiserviruiigsflüssigkeit, — Oberlehrer J. Blum, der vor vier Jahren das Formol in die Con- servirungsteehnik eingeführt und seither ständig dafür Propaganda gemacht hat (vergl. Naturw. Wochensciu-. IX, S. 512), stellt in dem Ber. Senckenb. Naturf. Gesellschaft Frankfurt a. U. lS9(i die Erfahrungen, die er und Andere seither damit gemacht haben, zusannnen. Man hat es bis jetzt bei allen Tiiierklassen erprobt und überall P.rfolge damit erzielt, wenn natürlich auch in verschiedenem Grade. Die Form bleibt fast ausnahmslos gut erhalten, nicht so die Farbe. Besser wie in Alkohol und den übrigen Flüssigkeiten erhält sie sich immer. Bei manchen Thieren bleiben selbst die zartesten Farbentöne (Hirudincen), bei anderen schwinden selbst lebhafte (Seesterne). Auch verhalten sich nicht alle Farben gleich. Ein Uebelstaud ist das starke Härten; so werden z. B. bei Käfern die Beine so starr, dass sie leicht abbrechen. Kalkhaltigen Organismen wird ein geringer Theil des Kalkes gelöst, doch ist dies so wenig, dass es nicht von Belang ist. Auch kann man dem durch Abhalten der Luft abhelfen, wodurch das Oxjdiren des Kalkes verhindert wird. Das oft lästige Aufquellen (Amphibien) kann durch Zusatz von Alkohol verhindert werden. Mit die besten Erfolge hat man bei Fischen erzielt, wo nicht nur im Allge- meinen die Farben gut erhalten bleiben, sondern, wenn sie in F. abgetödtct werden, auch ausgezeichnet die Ge- stalt: die Augen fallen nicht ein, die Flossen strecken sich aus und bleiben so. In der Praxis hat man sich das schon zu Nutze gemacht, indem man in F. gehärtete Fischchen als Köder benutzt, was man, wie Ref. weiss, in vielen Gegenden Deutschlands und besonders auch in der Schweiz sehr häufig thut. Ueljcrhaupt hat sich das F. zum Abtödten sehr vieler Organismen recht vortheil- haft erwiesen. — Selbst höhere Wirbelt hiere, Reptilien, V^ögel und Säugethiere lassen sich gut in F. conser- viren. Wo es, wie bei Schlangen, nicht rasch genug eindringt, kann man mit Injection oder Bauchschnitt nachhelfen. Säugethiere behalten vor Allem die Haare, was ein wesentlicher Vorzug gegen den Alkohol ist. Insl)esondere sollen Fledermäuse mit au.sgespannter Flughaut prachtvolle Präparate geben. Auch für em- bryo logische Präparate jeder Art eignet sich F. vor- trefflich. So blieben bei einem 8 Monate ■ alten Foetus Placenta und Eihäute so gut erhalten, dass er im Frucht- wasser schwamm. Wie Bl. glaubt, würden sich in F. auch ganze Leichen gut conserviren lassen. — Am meisten wurde immer die Anwendbarkeit des F's. für die mikro- sko])iscli-histologische Technik angezweifelt. Indess sind bis jetzt alle Versuche zufriedenstellend ausgefallen. Man wendet es allein oder in \'erltindung mit" anderen der seither üblichen Mittel an. Erhaltung' und Färbbarkcit entsprechen völlig den Anforderungen. Ein besonderer Vorzug ist, dass bei Conserviren in F. und Ueberführen in 95 % Alkohol die rothe Blutfarbe ausgezeichnet er- halten bleibt, sodass die so hergestellten Präparate die liesten Injections-Präparate üljcrfreffeu. Auch die Erfolge mit Pflanzen sind zufriedenstellend, besonders was die Erhaltinig der Formen anlangt. Das Chlorophyll verblasst und die meisten der übrigen Farb- stolfe ebenfalls, oder ändern ihre Farbe. Nur Gelb und manches Blau halten sich. Der Wohlgcruch der Blüfhcn theilt sich in auffallender Weise dem F. mit, was nach An- sicht des Ref., besonders für die Anwendung des F. als Desinfections-Mittel für Wohnräume von Wichtigkeit sein könnte. — Im Gegensatz zu den Erfahrungen bei Thieren wird das Pffanzengewebe in F. weich, weshalb es sich hier nicht so gut für die Histologie eignet. Auch bei bakteriologisclien Untersuchungen hat sich das F. ausgezeichnet bewährt, wie besonders Ref. nach den Aussagen des Herrn Dr. Lutz, Director des bakterio- logischen Institutes in St. Paolo (Brasilien), bestätigen kann. Bezüglich der verschiedenen im Gebrauch befind- lichen Namen für die Lösung entscheidet sich Bl. für den Ausdruck: „Formol". Auch schafft er noch Klarheit über die leicht zu Verwirrung Aidass gebenden Verdünnungs- Bezeichuungen. Eine ausführliche Litteratur-Uebersicht sehliesst die verdienstvolle Arbeit. Reh. Helium im Schweife der Kometen. Lockyer ge- lang es 186.S, im Sonnenspectrum ein hypothetisches Ele- ment zu finden, welches den Namen Helium erhielt. Die Existenz desselben blieb jedoch noch ziemlieh zweifelhaft, bis Ramsay im Jahre 1895 im Cleveit das Helium zu- sammen mit dem Argon fand. Nach seinen Untersuchungen soll ihm das Atomgewicht 2 zukommen. Prof. Bredichin hat nun, wie die „Naufschnoje Obosrenie" berichtet, der Kaiserl. Akademie der Wissenschaften zu Petersburg mit- getheilt, dass das Helium einen wesentlichen Bestandtheil der Kometenschweife bilde. Vor einigen Jahren bereits hat Bredichin eine Theorie aufgestellt, nach welcher die Kraft der Abstossung, durch welche die Kometensubstauz vom Kern des Kometen entfernt wird, dem Atomgewichte der betreffenden Besfandtheile der Kometenschweife um- gekehrt proi)ortional sei. Bei der Untersuchung eines Kometen nach der Arbeit von Hassey fand Bredichin die Abstossungskraft gleich 18, gegen 3lJ für Wasserstoff, wo- raus folgt, dass die betreffende Substanz ein Atomgewicht 2 besitze, also Helium sei. Professor Bredichin behauptet ferner, dass auch der Komet vom Jahre 1811 dieselbe Zusammensetzung besass. Als Beweis führt er die gelbe Farbe des Schweifes dieses Kometen an, da bekanntlich das Helium eine hellgelbe Linie im Spectrum liefert. Bei den fast unüberwindlichen Schwierigkeiten, welche sich der speetroskopisehen Untersuchung der Kometen- schweife entgegenstellen, ist es leicht ersichtlich, welche Bedeutung einer indirecten Jlethode, wie sie Bredichin zu finden bemüht war, beizumessen ist. G. Adam. Aus dem wissenschaftlichen Leben. lOniauut wuiilo: J)c_t Privat-Ddcnit. in der iiiriliciiiisclien Kacultät zu Berlin I^r. Silux zum Professor. Berufen wurde: Der Assistent an der ajirikiiltiir-cheniisclien Versuehsanstalt in Halle ür. Cur t Bieter als Professor für land- wiitliscliaftliche Chemie nach Tokio. Ks haliilitirten sich: Dr. Gustav Wolff in der medizinisclien Facultät zu Würzburg: Dr. Karl Spiro in Strassburg i. E. für |ihysiologischo Cliemie. Es starben: Der Pliilosopli E tienno Vachero t in Paris; der Cliemiker Victor Meyer, Professor in Heiilelberg. L i 1 1 e r a t u r. Oberlehrer Dr. W. Raschke, Tafel giftiger und verdächtiger Pilze. Aiiiiabcrg im Erzgebirge. (iraserVelie Ijuehhandiung (Kieharil Liesche) iwy?. — Preis 1,20 M. Die Tafel In-ingt von den giftigen und verdächtigen Pilzen in geschickter Auswahl in natürlicher Grösse und kenntlich farbig dargestellt: Boletus Satanas, B. pachybus, Lactarius torminosus, Amanita unjlniiia, IJussuhi l'oetens, Hypholoma fasciculare, XII. Nr. 33. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 395 Lactarius necator, Boletus piperatus, Coi-tinarius traganus, Scleio- derma vulgare, Amanita muscaria, Russula fragilis, Lactarius rufus, Tylojjihis felleus, Russula emetica und Amanita bulbosa. Prof. Dr. Hans Molisch, Untersuchungen über das Erfrieren der Pflanzen. Mit 11 Holzscliuitton. Gustav Fischer in Jena. 18'J7. Dfe vorliegende, 73 Seiten umfassende Abhandlung über das Erfrieren der Pflanzen ist bei der eingehenden Berücksichtigung aller auf wissenschaftlicher Basis beruhenden, von den Autoren ausgesprochenen Ansichten als eine Monographie über den Gegen- stand anzusehen. Verfasser selbst hat sich hauptsächlich als Ziel gesetzt, das Gefrieren der lebenden Zelle direct.im Mikroskop zu verfolgen, um den Versuch zu machen, auf Grund von neuem Thatsachenmaterial das Problem nach der Ursache des Erfrierens der Pflanzen zu lösen. Zunilchst beschreibt Verfasser einen neuen Gefrierapparat für mikroskopische Beobachtungen. Um eine Basis zu scharten, von welcher aus sich ein besseres Verständniss des Gefriervorganges in der Zelle erreichen lässt und sodann das Gefrieren todter Öb- jecte behandelt, wie colloidaler Körper, Emulsionen, FarbstotF- lösungen und Salzlösungen. Der dritte Abschnitt beschäftigt sich nun, so vorbereitet, mit dem Gefrieren lebender Objecte, der vierte mit der Widerstandsfähigkeit der Schliosszcllen und Haare gegen Kälte, der fünfte sucht die durch Sachs bejahte, aber nicht widersprochen gebliebene Frage zu lösen: „Stirbt die gefrorene Pflanze erst beim Auftliauen?" Der sechste Abschnitt behandelt das Erfrieren von Pflanzen bei Temperaturen über dem Eispunkt, und der siebente endlich entwickelt des Verfassers Theorie dos Erfrierens. Er gelangt zu der Ueberzeugung, „dass der Gofriertod der Pflanze im Wesentlichen auf einen zu grossen, durch die Eis- bildung hervorgerufenen Wasserverlust des Protoplasmas zurück- zuführen ist, wodurch die Architektur desselben zerstört wird, und dass sich alle einschlägigen Thatsachen unschwer und un- gezwungen von diesem Gesichtspunkte aus erklären lassen." Dr. A. Voigt, Assistent am botanischen Museum, Die botanischen Institute der freien und Hansestadt Hamburg. Im Auftrage der (tberschulbehördo bearbeitet. Mit 12 Lichtdrucktafeln und G Abbildungen im Text. Hamburg und Leipzig. Vorlag von Leopold Voss. 1897. — Preis 4 M. Nicht landesherrliche Munificenz, nicht das Streben der Residenzstädte, in weitläufigen und prächtigen Gebäuden und Au- lagen der Schaulust des Fremden Genüge zu thun, haben die im Titel genannten Anstalten Hamburgs ins Leben gerufen, sondern der für .jede KenntnissErwerbung empfängliche und der auf die Praxis gerichtete Sinn der Bürger war die Triebfeder für die Entwickelung der vorhandenen kleinen Anfänge und für die Grünilung der modernen Institute. Der ungeahnte Aufschwung der Naturwissenschaften und die richtige Erkenutniss der Bedeutung ihrer wissenschaftlichen Er- folge für das praktische Leben haben zu dem Ausbau der natur- wissenschaftlichen Anstalten Hamburgs geführt. Sie bieten dem Leiter, seinen Beamten und sonstigen Freunden der Botanik Ge- legenheit, immer tiefer in das Gebiet ihrer Wissenschaft ein- zudringen und regen sie zu neuem Forschen und Schäften an, sie sind durch ihre Sammlungen und durch das Wort ihres Leiters Stätten der Anregung und Belehrung für alle Kreise der Be- völkerung und sie wirken helfend und fördernd auf allen Ge- bieten des öft'entlichen Lebens, in Handel und Schiftahrt, in Ge- werbe und Industrie. Der botanische Garten hat vor mehreren Jahren eine Ge- bietserweiterung erfahren, so dass man ihn wohl ein abgeschlossenes Ganzes, das nur noch des inneren Ausbaues bedarf, nennen kann, und das botanische Museum ist seit einer kurzen Spanne aller- dings in ein provisorisches, aber seiner umfangreichen Sammhing genügend Unterkunft gewährendes Gebäude eingezogen. So ist es denn dem Fachmann von Interesse, eine Beschreibung der Hamburgischen botanischen Institute zu erhalten. Die Vollbilder und Textabbildungen zeigen in gelungenen Wiedergaben landschaftlich schöne, sowie botanisch wichtigere Partien des botanischen Gartens und seiner Gewächshäuser, Pläne der Anlagen, ferner Ansichten des botanischen Museums und mehrerer Inuenräume, sowie seltener vorkommende Stücke der Sammlung. Dr. XTdo Dammer, XTeber die Aufzucht der Raupe des Seiden- spinners (Bombyx Mori L.) mit den Blättern der Schwarz- wurzel (Scorzonera hispanica L.) I>ei einer gleielimässigen Temperatur von 18 — 20" R. Ein Beitrag zur Lösung der Seidenbaufrage in Mittel- unil Nordeuropa. Mit 6 Abbildungen. Trowitsch & Sohn, Königl. Ilofbuchdruckerei und Verlagsbuch- haniUung. Frankfurt a. 0. 1897. - Preis 0,50 M. Harz in München hatte Ende der achtziger Jahre Raupen des Seidenspinners mit Scorzenerablättern gefüttert und geglaubt, eine besondere Rasse züchten zu können, welche au Schwarz- wurzelblätter gewöhnt werden könne. Er brach seine Versuche ab, als er in der vierten Generation 34,38 pCt. Cocons geerntet hatte. Seine Versuche sind von Frau Tichemirowa in ^Ioskau aufgenommen werden, welche fand, dass nicht das neue Futter an sich, sondern die niedrige Temperatur, bei welcher Harz die Raupen züchtete (15° C) die geringen Resultate gaben (1,1 pCt., 7,5 pCt., 29,6 pCt., 34.38 pCt. Cocons in 38—61 bezw. 64 Tagen). Sie sowohl als auch später Werdorewski in Peters- burg zeigten, dass die Raupen bei 18 — 20° R. in normaler Zeit (30 — 32 Tage) mit Scorzonerafutter sämmtlich zur Entwickelung gebracht werden können. Da Scorzonera bereits im zweiten Jahre vollen Ertrag liefert (1 (^)uadratmeter für 400 Raupen), und ausserdem winterhart ist, aucli sehr früh austreibt, so gewinnt diese Zuchtmethode, die Verfasser genau beschreibt, erhöhte Be- deutung. Als wünschenswerth bezeichnet Verfasser die Züchtung einer Rasse, welche sich auch bei niedrigerer Temperatur voll- kommen normal entwickelt. Deshalb nennt er seine Schrift auch nur einen Beitrag zur Lösung der Seidenbaufrage in Mittel- und Nordeuropa. Die Berechnungen über Erträguiss werden dem sich dafür Interessirenden willkommen sein. (x). Brass, Dr. Arnold, Atlas der normalen Gewebelehre des Menschen. 2. Auflage. Draunschweig. — 24 Mark. Cohn, Prof. Emil, Elektrische Ströme. Leipzig. — 3,60 Mark. Goldschmidt, mathemat. Revisor Dr. Ludw., Die VVahrschein- lichkeitsrechnung. Hamburg. — 7 Mark. Karte, geologische, des Grossherzogth. Hessen. 4. Zwingenberg und Bensheim. 4. Lfg. Darmstailt. — 4 Mark. Kraflft-Ebing, Hofr. Prof. Dr. R. v., Lehrbuch der Psychiatrie auf klinischer Grundlage für praktische Aerzte und Studirende. 6. Auflage. Stuttgart. — 13 Mark. Mach, Prof. Dr. Ernst, Die Mechanik in ihrer Entwickelung hi- storisch-kritisch ihu-gcstellt. 3. Auflage. Leipzig. — 9 Mark. Mader, Dr. Fritz, Die höchsten Theile der Seealpen und der ligurischen Alpen in physiographischer Beziehung. Leipzig. — 3 Mark. Moesch, Dr. C, Geologischer Führer durch die Alpen, Pässe und Thäler der Centralschweiz. 2. Auflage. Zürich. — 2 Mark. Peyer, Dr. Alex., Atlas der Mikroskopie am Kraukenbette. 4. Aufl. Stuttgart. — 16 Mark. Smram, A., Fragmente zum kosmischen Bewegungsgesetz (Inci- tations-Theorie) und zur Mechanik des Himmels. Hamburg. — 1 Mark. Specialkarte, neue, vom Königr. Sachsen. 9. Leisnig — Döbeln — Rosswein. — 10. Chemnitz — Frankonberg—Uederan. Neusalza. — 0,30 Mark. Wagner, Dr. Adf., Grundprobleme der Naturwissenschaft. Berlin. - 5 Mark. Sinnstörende Druckfehler. In dem Artikel: „Die Zukunft der Menschheit" von Dr. Berthold Weiss in Nr. 31 der Naturw. Wochenschr. niuss es heissen: auf S. 361 Sp. 1 Zeile 8 und 17 von oben und Zeile 5 von unten statt Bestehens — Entstehens. Zeile 12 von oben statt also — als; „ „ 362 „ 1 Zeile 11 von oben statt Wesen — Illeon, Zeile 23 von oben statt vereinen, vereint — ver- neinen, verneint, Zeile 37 und 39 von oben statt Epicycler — Epicyclen, Zeile 16 von unten statt Pararchie — Paiiarchie, Zeile 19 von unten statt Alter — Alten. Der Satz Seite 362 Sp. 2 Zeilen 29 und 30 von oben muss lauten: „Staaten gehen so wie Individuen im Kindes- und Greisen- alter am leichtesten zu Grunde.-' Inhalt: Dr. P. Dahms, Ueber Bergmehl und diatomeenführende Schichten in Westpreussen. — Die zoologische Sammlung des Königlichen Museums für Naturkunde zu Berlin. — Durch Adorlass verliehene Immunität gegen Infectionskrankheiten. — Das Auge des Menschen und von Primaten-Arten. — Untersuchungen über die Assimilationsorgane der Leguminosen. — - Wetter- Monatsübersicht. — Ueber Ozon, seine technische Darstellung und Anwendung. — Formol als Conservirungsflüssigkeit. — Helium im Schweife der Kometen. — Aus dem wissenschaftlichen Leben. — Lltteratur: Oberlehrer Dr. W. Raschke, Tafel giftiger und verdächtiger Pilze. — Prof. Dr. Hans Moliseh, Untersuchungen über das Erfrieren der Pflanzen^ — Di-. A. Voigt, die bo- tanischen Institute der freien und Hansestadt Hamburg. — Dr. Udo Dammer, Ueber die Aufzucht der Rau])C des Seidenspinners (Bombyx Mori L.) mit den Blättern der Schwarzwurzel (Scorzonera hispanica L.). — Liste. — Druckfehler. :-^96 Naturwissenschaftliche Wocheuschnft. XII. Nr. 33. Verlag vou Gebrüder liorntraeger in Berliu SW. 46, Schönebergerstr. 17 a. Grundprobleme der Naturwissenschaft. Briefe eines unmodernen Naturforschei*s von Dr. Adolf Wagner. In vornehmen Leinenband gebunden. Preis 5 Mark. Ausführliche Prospecte sendet die Verlagshandlung gratis und franco. R,VOLKfflANN Ingenieur. Berlin SW., Alte Jaoobstras3el2. billig, streng vei?]!, sorgfältig, schnell. feÄ^n , ^wt^^x^. Hempel's Klassiker-Ausgaben. Ausführl. Specialverzeichnisse f^ratis. Ferd. Dümmlers Verlagsbuchhandl. Franz ^artels, Patent- 11. tectiiiisclies Bureau, Berlin SAN., YorksU-.U»' Billig, sorgfältig, schnell. Ri'elle Bedienung. Gewinnbetheiligung! Bedeutender Rabatt! Neues Prinzip für Massenbetheiligung an industriellen Unternehmungen. Antheile h Mk. 10. Jedes Mitglied kann bis 500 Anteile übernehmen, participirt am Reingewinn und er- SERLIN. S.0.26. Internationaler Verein I zur rationellen Verwerthung von Patenten. ( Eingetr. Genossenscliaft ni. b. 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Das Weber'sche Gesetz und seine Bedeutung für die Biologie. Vou Hermann Weg euer. Eine der wichtigsten Aufgaben der Psychophysik, die Fcststelluii!;- der gesetzniässigeu Beziehungen zwischen Reiz und Empfindung, beschäftigt sich mit den Umrvand- hmgen, welclieu die physikalischen Reize beim Ueber- gange von der Sinneserreguug durch die Nervenreizung und die corticalen Endstationen in die Psyche unterworfen sind. Sie bedient sich zu diesem Zwecke der vier psycho- pliysischen Maassiuethoden, welche die Erforschung des Zusammenhanges zwischen der quantitativen und qualita- tiven Aenderung des Sinnenreizes und der durch diese bedingten Veränderung der zugehörigen Empfindung zum Ziele haben. Durch diese Methoden wurde festgestellt, wie weit die bekannte Erscheinung, dass mit wachsendem Reize eine Steigerung der Empfindung verbunden ist, den thatsächlichen Verhältnissen entspricht; zugleich wurden die Abweichungen, welche auf den einzelnen Sinnesge- bieten und nach Maassgabe der verschiedenen Intensitäten des Reizes gefunden wurden, erforscht. Die ersten Untersuchungen dieser Art stellte E. H. Weber auf dem Gebiete des Drucksinnes an. Legt man auf die ausgestreckte Hand ein sehr kleines Gewicht, etwa ein Decimilligramm, so verspürt man keine Druck- empfindung, da der Reiz unter der Schwelle liegt; eine allmähliche Steigerung des Gewichtes löst erst bei unge- fähr zwei Milligramm eine Druckempfindung aus. Diese Empfindung wächst nun zunächst nicht an Intensität, wenn entsprechend kleine Gewichte den zwei Milligraimn hin- zugefügt werden, sondern erst, wenn der Zuwachs zu dem die Hand schon belastenden Gewichte in einem bestimmten Verhältnisse stellt, wird eine Druckänderung wahrgenommen. Beträgt beispielsweise das Anfangsgewicht 1 Pfund, so erfolgt erst bei Hinzufügen von Vu Pfund eine Unter- schiedsempfindung. Zu 2 Pfund müssen Vi^ Pfund, zu 8 Pfund 3/i^ Pfund, zu 4 Pfund \\^ Pfund u. s. w. hin- zugefügt werden, wenn eine Empfindungsänderung er- folgen soll. Wie mau sieht, wächst mit der Grösse des die Hand belastenden Anfangsgewichtes die absolute Grösse des Zuwachses; vergleicht man dagegen den Reiz- zuwachs mit dem Anfangsreize, so ergiebt sich, dass ersterer stets in einem bestimmten Verhältnisse zu demselben steht, nämlich den vierzehnten Theildesselbeu ausmacht. Also nicht die absolute, sondern die relative Grösse des Reizzuwachses ist maassgebeud, um eben eine Empfindungsänderung eintreten zu lassen. Nennt man den Reizunterschied, der einem eben merklichen Unterschiede zweier Empfindungen entspricht, die Unterschieds- schwelle, so ergiebt sich aus dem Gesagten das nach .seinem Entdecker benannte Gesetz: die relative Unter- schiedsschwelle ist constant. Es lässt sich dem- nach eine vollständige Reiz.skala aufstellen, in welcher je einer Empfinduugsänderung der dazugehörige Reiz ent- spricht; dann wird jedes Glied dieser Reizskala das vor- 15 hergehende um das —r fache au Grösse übertreffen. Empfindungen E Reize 2 E, E.2 /15 .14 E-i E^ u. s. w. ^m Kür Nimmt mau an, dass die bei jedem Gliede der Reiz- skala eben merkbare Empfindungsänderung dieselbe Grösse hat, so dass also, wenn dem Reize 2 die Empfindung /15\ E, dem Reize 2,1 die Empfindung Ei etc. entspricht, der E in Ei verwandelnde merkliche Empfindungszu- wachs in Bezug auf sämmtllche Glieder der Empfiudungs- skala denselben Werth innehält, so ergiebt sich für das Weber'sche Gesetz der Ausdruck: Ein Unterschied zweier Reize wird gleich gross geschätzt, wenn das Verhältniss der Reize dasselbe ist, oder mit anderen Worten: Während die Reize in geome- trischer Progression wachsen, wachsen die ent- sprechenden Empfindungen in arithmetischer Pro- gression. Wie eine einfache logarithniische Rechnung 398 Naturwissciiscliaftliclie Wochenschrift. XII. Nr. 34. zeigt, folgt hieraus, dass sich die Empfindungen wie die Lo- garithmen iiirer IJcize verhalten, also die Empfindung dem Logarithmus des Eeizes projjort ional ist. Diese von Fechner stammende Erweiterung des Weber- schen Gesetzes wurde von ihm das psychophysische Grundgesetz genannt. Das angeführte Verhiiltniss des eben merklichen Reiz- zuwaehses zum sclion voriiandenen Reize wurde von Wel)er durch sueeessive Belastung derselben Hand gefunden: die gleichzeitige Belastung beider Hände mit verschiedenen Gewichten ergab als Resultat die relative Unterschieds- schwelle von Vg, während endlich durch successives Heben zweier Gewichte mit einer Hand noch ein Unterschied von V40 wahrgenommen werden konnte. Diese Abweichungen erklären sich durch das Hinzutreten der Bewegungseniiifin- dungen zu den zu untersuchenden Druckempfindungen und durch die Unmöglichkeit, die entstandenen Wirkungen zu sondern. Zugleich stellten spätere Nachprüfungen des Weber'schen Gesetzes fest, dass dasselbe nicht für sämmt- liche Sinnesgebiete sowie für alle Theile der Reizskala mit derselben Genauigkeit gültig ist, sondern dass viel- mehr, namentlich in der Nähe der Reizschwelle und der Reizhöhe, auf welcher keine Steigerung der Empfindung mehr ausgelöst wird, wesentliche Abweichungen von dem- selben gefunden werden. So betrug beispielsweise der relative Eeizzuwachs für Druckreize nach den Unter- suchungen Merkels : anfängliche Absoluter Relative Belastung Zuwaclis Unterschiedsscli« 1 s 0,32 g 0,32 5 . 0,96 „ 0,19 10 „ 1,40 „ 0,14 20 „ 2,04 „ 0,10 100 „ 7,4 „ 0,07 500 „ 38,9 „ 0,08 1000 „ 81 „ 0,08 4000 „ 156 „ 0,04 Wie man sieht, ist nur die den Anfangsgewichten 100, 500 und 1000 entsprechende relative Reizschwelle 0,7 und 0,8 constant; den kleineren Reizen entspricht eiue kleinere relative Untersehiedsemphudlichkeit, den grösseren eine grössere, als nach dem AVeber'schen Ge- setze erwartet werden sollte. Diese „untere und obere" Abweichung wird auf verschiedenen Siunesgebieten und bei Anwendung verschiedener Untersuchungsmethoden be- obachtet. Wenden wir uns von den Druckempfindungen zu den durch akustische Reize ausgelösten Empfindungen, so finden wir, dass sowohl die durch die Methode der eben merklichen Unterschiede, als auch die durch die der richtigen und falschen Fälle gewonnenen Resultate mit dem Weberschcn Gesetze in sehr weitem Umfange der Reizskala mit ziem- lich grosser Genauigkeit übereinstimmen. Als relative Unterscliiedsschwelle ergab sich im allgemeinen Vs- — Hinsichtlich der Lichtemptindungen lehrt schon die all- tägliche Erfahrung, dass unsere Emjjfindung nicht dem entsprechenden Liclitreize proportional zunimmt. Betrachtet man nämlich aus grosser Ferne eine Lichtiptclle, deren Helligkeit glcichmässig zunimmt, so wird man gewahr, dass die Lichtempfindung anfangs rasch, dann langsamer wächst und endlich auf der Reizhöhe keine merkliche Steigerung der Emi)lindung stattfindet. Die graphische Darstellung dieser Thatsache in Gestalt einer Curve zeigt, dass diese sich anfangs steil iüjer die Abscissenachse er- hebt, dann eine Strecke langsamer ansteigt und endlich nach Erreichung der Reizhöhe, asymptotisch verläuft' -Die Emi)findung wächst also anfangs rasche,, später erheblich langsamer als der Reiz. Die a|,! sohlte Unterschiedsempfindlichkeit ist für schwache Licht- reize grösser als für starke, oder mit anderen Worten: damit wir eine Helligkeitsänderung wahrzunehmen im Stande sind, bedarf es für schwach beleuchtete Gegen- stände eines geringeren Beleuchtungszuwachses als für stark beleuchtete. Ein Beispiel hierfür bietet die bekannte Beobachtung, dass der Schatten eines Gegenstandes ver schwindet, sobald das Licht einer entsprechend helleren Licht(ptelle auf denselben fällt. Alsdann wächst sowohl der Schatten als auch seine hellere Umgebung um die- selbe absolute Lichtmenge; da aber die dunkeln Stellen verhältnissmässig mehr Licht empfangen als die helleren, so werden die ersteren bei genügender Intensität der Be- leuchtung schliesslich derart an Helligkeit wachsen, dass sie für unsere Empfindung von der langsamer an Hellig- keit wachsenden Schattenumgebung nicht mehr unter- schieden werden können. Dieselbe Ursache bewirkt auch das Verschwinden der Sterne an dem dunkeln Hinnuels- grundc bei aufgehender Sonne. Auch die praktische Astronomie liefert ein Beispiel für die Gültigkeit des Weber'schen Getzes. Bekanntlich werden die Fixsterne nach ihrer Helligkeit in Grössenklassen eingeteilt. Diese Eintheilung geschah früher durch Einschätzen vermittelst des freien Auges, während sie später mit Hülfe eines Photometers in objectiver Weise bewerkstelligt wurde. Eine Vergleiehung der auf diese beiden Weisen erhaltenen Grössenklassen zeigte das Ergebniss, dass die durch sub- jective Empfindung bestimmten Sterngrössen, dem Weber- schen Gesetze entsprechend, im arithmetischen, die objec- tiven Helligkeiten dagegen im geometrischen Verhältnisse wachsen. — Aehnliche Beziehungen zum Weber'schen Ge- setze wie die erwähnten treten uns beim Beobachten eines mit spiegelndem Firniss überzogenen Oelgemäldes oder eines mit Glas bedeckten Bildes entgegen. Je nach dem Standorte des ]}eschauers wird bei heller Beleuchtung das Bild deutlicher oder undeutlicher erscheinen, unter Um- ständen jedoch gänzlich verschwinden und nur das Bild einer spiegelnden Fläche auf die Retina projicirt werden. Im letzten Falle werden die hellen und dunkeln Theile des Bildes auf derart stark gereizte Netzhauttheile ge- worfen, dass die Unterschiedsempfindlichkeit nicht ge- nügend gross ist, um die verschiedenen Eindrücke von einander zu sondern. In Folge dessen verschwinden eben die helleren und dindrahtgitter verschlossenen Kiste mit Gartenerde vollständig isolirt hielt, züchtete er im Sommer 1893 241 lebende junge Schnecken, welche sämmtlich, ohne eine einzige Ausnahme, rechtsgewuuden waren. Im näciisteu Sommer wurden von 9 linksgewundenen Thieren derselben Art (JOO junge Schnecken gezüchtet, die ebenfalls wieder ohne eine einzige Ausnahme rech ts- ge wunden waren. Es scheint somit die Geschichte von dem französischen Naturforscher, welcher mit einem Paar linksgewuudener Schnecken eine ansehnliche Familie er- zeugte, deren Mitglieder von Geburt an alle verkeiirt ge- wunden waren und die er dann mit Vortheil an Rari- tätensammler verkanfte, falsch zu sein und die Vererbung dieser links gewundenen Eigensehatten ausgeschlossen. R. Die Yerbreitiiiig- der pelagischeu Foraiiiiiiifereii an Oberfläche und Grund des JMeeres macht John Murray zum Gegenstand einer Betrachtung in Natur. Science, Juli 1897. — In welch' riesigen Massen die P'oraminiferen im Meere vorkommen, erhellt daraus, dass ihre Schalen den grösseren Theil des mehr als 50 Mill. Quadratmeilen bedeckenden Globigcrinen-Schlicks und über 7io '^cs marinen Kalkes in mehr als 100 Faden Tiefe ausmachen. Früher glaubte man, dass die Foramini- feren alle Tiefsecthiere wären. Der ('hallenger Exjjcdition gelang es, 27 Arten im Plankton nachzuweisen, von denen 14 allein auf die (iattung Glübigeuina und G auf Pulvinu- laria konmien. — Sic finden sich nur im offenen Meere, besonders zahlreich in den warmen Strömungen (Golf- strom u. s. w.); gegen die Küsten hin verschwinden sie. Die meisten Arten, besonders die dickschaligen, sind auf die tropischen Meere beschränkt, in denen sie fast all- gemein verbreitet sind. Doch herrsehen im indischen und pazifischen Ocean die Arten Pnllenia obliquiloeulata und Globigernia aequilateralis vor, im tropisch-atlantischen Pulvinula menardii und Globigerina rubra. Nach den gemässigten und kalten Meeren hin schwindet ihre Arten- zahl, indem zugleich andere Arten auftreten. Dieser all- mähliche Ersatz findet auffallender Weise seihst in den warmen Strömen statt. In den antarktischen und arkti- schen Merrcn finden sich nur nocii 3, in beiden identische Arten, Gl. dntertrei, pachyderma und bulloides. Die Verbreitung der Schalen am Meeresgründe ent- spricht genau der der lebenden 'i'hierc an der Ober- fläche; sie müssen also ziendich rasch sinken. Demgemäss häufen sieh die Schalen unter den Strömen, besonders aber da auf, wo sich kalte mit warmen mischen, deren j)Iötzlicher Temperaturwechsel die Foraminifereu rasch zu tödten scheint. Doch fehlen die Schalen in grossen Tiefen, auch da, wo an der Uberllächc die lebenden Thiere vorkommen. Auf submarinen Erhebungen bis zu 3—400 Faden bedecken sie die oberen Theile, verschwinden aber nach der Tiefe zu allmählich, bis sich auf 4 — 5000 Faden keine Spur mehr von ihnen findet. Früher glaubte man in dem rotheu Tiefseethon den Ruckstand ihrer Schalen vor sich zu haben. Jetzt aber weiss man, dass diese besonders . in dem kohlensäure-reicheren Tiefsee- wasser vollständig gelöst werden, während man den rothen Thon auf vulkanische Aschen zurückführt. J. M. stellte eine Anzahl chemischer Versuche an, die beweisen, dass sich kohlensaurer Kalk besonders in warmen Wasser leicht niederschlägt, was die liaupt- Verlireitung der Forannniferen, besonders der dick- schaligen, ebenso wie die der Korallen in dtm wärmeren Meeren erklärt. Zugleich konnte er feststellen, dass kohlensaures Wasser rasch die Schalen auflöst. Der Kohlensäure des Meeres kommt nun noch die bei der Zer- setzung des Plasma-Leibes der Foraminifereu entstehende zu Hilfe, was auch erklärt, waium iunner zuerst die inne- ren Kammerwäude, dann erst die äussere Schale aufge- ist werden. Reh. In den Mitth. aus dem Osterlande, N. F. Bd. 7, 1886 entwickelt H. Simroth unter dem Titel: „Ueber Laiid- pflaiizen uiul Laiidthiere im lieiniischeu Siisswa.sser"' seine zwar nicht ganz einwurfsfreien, aber, wie immer bei diesem Forscher, sehr interessanten Ansichten über die Abstammung der Wasserorganismen von Laudbewohnern. „Das Wasser ist das Reich des Gleichmaasses, das Land das der Gegensätze und Schwankungen". Daher konnte nur auf dem Lande die Entwiekelung der höheren Pflanzen vor sich gehen : Die gewebliche Differcnzirung, die Mannig- faltigkeit der Formen, die Ausbildung der verwickelten Geschlechts - Verhältnisse, Blüthenanpassungen u. s. w. Im Wasser finden sich fast nur die niedersten Pflanzen, Algen und Pilze, und Vertreter der höchsten, der Angio- spermen. Aber letztere lassen an verschiedenen Umbil- dungen ihre Herkunft vom Lande erkennen: Die Gewebe werden locker und weich, das feste Holz und die derbe Rinde sehwinden, die Wurzel haftet nicht mehr im Boden, die Blätter werden zerschlitzt, der Unterschied von Blatt uud Stamm gleicht sich aus; nur die Blüthen verändern sich nicht, aber an die Stelle der geschlechtlichen Fort- pflanzung tritt häufig die ungeschlechtliche. Während im Meere die Pflanzenwelt an Mannigfal- tigkeit und i\Iasse der Formen verschwindet, erreicht hier die T hier weit ihre grösste Ausbildung, so dass mau lange glaubte, hier den Ursprung aller ihrer Formen suchen zu müssen. Aber die Thiere des Plankton und der Bodenzone zeigen zu viele spezielle Anpassungen, so- dass man selbst in den Letzteren nicht mehr „altcrthüm- liche Geschöpfe", sondern „eine verhältnissmässig junge Besiedelung" sieht. „Der wahre Reichthum des Meeres an Normalformen liegt zweifellos in der Uferzone", ob- wohl auch sie mancherlei Anpassungen hervorgebracht hat. Aber noch inniger wird die Berührung von Land und Wasser beim Süsswasser in seinen vielfältigen Ab- .stufungen. Und noch mehr als in den physikalischen Be- dingungen, steht die Thierwelt des Süsswassers der des Landes an Mannigfaltigkeit nach, so „dass selbst die Huvia- tilc Fauna entfernter Tropen- oder Polargegendeu der unsrigen im Habitus durchaus ähnlich ist". Und so finden wir, „das die Süsswasserfauna besduders reich ist an alter- thihnlichen Elementen". Die Branchiopoden, die Ganoiden, die Lurchfische gehören ihm an. Es „war deshalb ein so XII. Nr. 34. Naturwisscuscliaftliche Woclicii.sclirii't. 408 willkommenes Refugiuin, weil iu ihoi der Kampf ums Da- sein weniger heftig tobt, als im Meere". So ist es auch erklärlich, dass die Vermehrung der SUsswasserthierc be- deutend geringer ist als die der Meeresthiere. Den Beginn des Lebens sucht S. in den Grenzen zwischen Wasser und Land, weil nur da die „unausge- setzten Veränderungen des .Stotfwechsels und der Äthnmng" möglich waren. — Die meisten niederen Thiere zeigen Anpassungen an das Landleben: Cystenbildung, Brut- knospen, feste Aussenschicht (Schale, Cutikula, Riuden- schicht u. s. w.), wofür die Wcichthiere das Itcstc Bei- spiel darbieten, „die aus einfaclien PlattwUrmeru im Brandungsgiirtcl sich herausbildeten". Die Süsswasser- schnecken haben die auf dem Lande erworbenen Schalen, Lungen oder sekundäre Kiemen. Auch die Anneliden weisen durch ihr Cutikula ihren Land-Ursprung nach, die die Segnientirung veranlasste, aus der sieh wieder die Arbeitstheiluug ergab, womit der Weg zu den höchsten Tliiergrup]ien gebahnt war. Durch Rückkehr ins Meer und abermalige aufs Land entstanden die Parapodien und Hebel-Beine der Gliederthiere. Die Wasscrinsecten stammen alle ohne Zweifel von Landformen ab. Bei Fischen zeigt dasselbe die Schwimndjlase, die wir ..als eine alte Lunge anzusehen" haben und der Hautj>anzer der Placodermen. Auch die ältesten Amphibien trugen einen solchen, und die Sprungbeine des Frosches können nur auf dem Laude erworben sein. „Die Kaulquappe dürfte mehr eine sekundäre Bildung sein". Dass die Wasser-Reptilien, -Vögel und -Säuger erst secundär in dasselbe eingewandert sind, bedarf keiner Auseinander- setzung. Bei den Pflanzen liegeu die Verhältnisse der Rück- wanderung klarer; aber auch bei den Thieren „kann man behaupten, dass, den Gruppen nach, auf die echten Wasser- formen nur der kleinere Bruchtheil kommt, und zwar nur der einfachste. Alle grösseren Fortschritte sind unter dem Einflu.sse der grössten Gegensätze, die unser Planet kennt, erworl)en, unter der Wechselwirkung nämlich von Wasser und Land". Reh. Einige Fälle von Scheinkopulationen bei niederen Pflanzen werden von Oltmanns iu der Flora (1897) be- schrieben. Die braune Meeresalge Ectocarpus erzeugt Schwärmer, welche nach früheren Untersuchungen von Berthold mit einander zu kopulieren vermögen. 0. spricht die Ansicht aus, dass ein Irrtum vorliegen möchte. Es werden nämlich die Zoosi)oren von Ectocarpus von farblosen Protisten gefressen, wodurch diese zum Ver- wechseln das Aussehen von Ectocarpusschwärmeru er- halten. Werden weitere gefressen, so erhält man ein ähn- liches Bild wie bei einer Kopulation. Bei näherem Zusehen überzeugt man sich aber leicht, dass das angebliche Ver- schmelzungsprodukt nicht auskeimt, also keine wahre Zygote ist. O. macht darauf aufmerksam, dass bei allen Beobachtungen über Kopulation diese ev. Fehlerquelle wohl beobachtet werden möchte. Berthold hält an der Richtigkeit seiner früheren Beobachtungen fest und giebt zu, dass die von 0. be- obachteten Erscheinungen richtig sein möchten; sie ändern aber nichts au dem Vorhandensein eiuer Kopulation der Sehwärmer bei Ectocarpus. R. K. Den sogenannten Pflanzensclilaf nnd verwandte Erscheinungen behandelt eine Arbeit von Prof. Stahl 111 Jena (Botanische Zeitung 1897 Heft 5 und 6). — Charles Darwin und sein Sohn Francis Darwin sprechen in ihrem Werke: „The power of movement iu plants" die Ansicht aus, dass die Aenderung der Blaltspreitenstellung beim Wechsel von Tag und Nacht die Wärmeausstrahlung in kühlen Nächten verhindern sollte. Sie stellten Ver- suche an, welche zeigten, dass die Blätter unter der Kälte mehr leiden, wenn man die Sclihifbewegung durch Fest- halten der Blätter hindert. Stahl vertritt die Ansicht, dass die wichtigere Bedeutung in der durch die Schlaf- stellung bedingten- Erliöhung der Verdunstung zu suchen sei. Die Bedeutung der Verdunstung sucht Stahl in der Versorgung der Assimilationsorgane mit mineralischen Nährstotfen. Es verdient das besonders hervorgeholien zu werden, weil andere Botaniker die Transpiration nur für ein nicht zu umgehendes Uebel ansehen, wenn der Kohlcnsäureaufnahme zu Liebe die Spaltötfnungen offen stehen. Horizontal ausgebreitete Blätter sind dem Bethauen weit mehr ausgesetzt als vertikal aufgerichtete. Da nun, wie Stahl auch durch Versuche nachweisen , konnte, die Verdunstung bethauter ISlätter viel kleiner ist als die niclitbethauter, so zieht er den Schluss, dass die bei der Schlafbewegung eintretende Vertikalstellung der Spreiten die Verhinderung der Bethauung bezwecke. Daliei ist es von keiuer wcsentliclieu Bedeutung, ob die Spreiten nach oben gerichtet oder herabgeschlageu werden. Bei solchen Pflanzen, wo während der Nacht keine Transpi- ration stattfindet, würde sich der Tliaubeschlag am frühen Morgen, wenn die Transpiration mit dem Oeffneu der Stoniata beginnt, störend bemerkbar machen. Da die Papilionaceen nicht im Stande sind, Wasser in flüssiger Form auszuscheiden, so ist ihre Transpiration bei feuchter Witterung stark gehemmt. Die obige Eigenschaft kommt ihnen also sehr zu passe, ebenso wie die Fähigkeit der Flächeustellung der Blätter, welche die Transpiration begünstigt. Dasselbe gilt von der Profilstellung in Folge starker Besonnung. Sic bezweckt, den Verschluss der Spaltöffnungen zu verhüten. Die beiden zuletzt genannten Stellungsänderungen stehen gleichzeitig im Dienste der Kohlenstoflassimilation. Die bekannten autonomen Beweguugeu der Blättcheu von Desmodium gyrans stehen nach Stahl auch im Dienste der Transpiration. Durch das gegenseitige Stören der sich bewegenden Blättchen wird oft die Bewegung für kurze Zeit zum Stillstand gebracht bis nach Ueberwindung des Hemnmisses die Blättchen mit plötzlichem Ruck in ihre natürliche Lage schnellen. Die dabei auftretende Erschütterung bringt erhöhte Transpiration mit sich, was durch Versuche bewiesen werden konnte. Den gleichen Zweck haben die Zitterbewegungeu der Blätter von Populus tremula. Wenn die Blätter an der Bewegung durch Feststccken mittels Insectennadeln be- hindert werden, verdunsten sie nur halb so stark. Die jungen Blätter der Zitterpappel haben zu starre Stiele, um zitternde Bewegungen ausführen zu können. Sie sind zum Ersatz mitHydathodeu, selbstthätig Wasser aus- scheidenden Organen, versehen. " R. K. Eine neue Oerbstotf liefernde Pflanze empfiehlt Leon Schoenfeld, französischer Viceconsul zu Tampico in Mexiko, in einem an das Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten in Frankreich erstatteten Bericht. Es ist dies eine Art Sauerampfer, Rumex hyinenosepalus, welche in den Thälern von Texas, Californien, Arizona und Mexiko w^ild wächst. Der Gerbstoff ist enthalten iu den batatenartigen Knollen, welche zu 3 — 12 an dem Wurzelstock sitzen und ein Gewicht von über 500 Gramm erreichen können. Die mexikanischen Gerber benutzen diese Knollen schon seit sehr langer Zeit, aber erst in der neuesten Zeit hat man Analysen über den Gerbsäuregehalt der Knollen angestellt und dabei gefunden, dass der Gc- 404 Nalnrwissciiscüaf't liehe Woclicnscbrift. XII. iNr. 34. halt an Tannin 23 — 33 "/o beträgt, während gute Eichen- rinde höchstens lU7o enthält. Aus den bis jetzt gemaclitcn Erfahrungen geht hervor, dass ein mit Gerbcranipt'cr be- stellter Acker auf ein ha. 0(3 — 70 Tonnen frische Knollen liefert, was etwa 15 —22 Tonnen trockenen Knollen ent- spricht; die Tonne stellt sich im Verkauf an Ort nnd Stelle in Amerika auf etwa 120 JMark und würde in Europa 250 — 300 Mark gelten. Der jährliche Reinertrag eines Ackers Gerberampfer beträgt deaniach über 1000 Mark pro ha. Auch die Zweige und ßlätter ent- halten eine ziendiche Menge Gerbsäure, so dass es sich wohl lohnen würde, diese Theile ebenfalls zu benutzen. Die Vermehrung des Gerberampfers geschieht am besten durch die Knollen; Versuche, den Ampfer durch Samen fortzupflanzen, haben bisher noch zu keinen günstigen Resultaten geführt. S. Seh. Dass es zwei Arten von Giraffen giebt, konnte W. E. de Wiuton durch Untersuchung einer grösseren Zahl von Häuten und Schädeln feststellen (Proc. zool. Soc. London 1897 Pt. 1). Die eine, Girafia Camelo- pardalis L., ist auf Nord-Afrika (Gallaland, Somalilaud, Abessinien, Kordofan, bis Senegambien) beschränkt. Sie ist von heller Farbe, mit ganzen, scharf begrenzten Flecken. Die Beine unterhalb des Knies und der Ellen- bogen sind weiss. Die Hörner sind gross, stark, nach hinten gerichtet. Vorne auf der Stirne, zwischen den Augen, hat sie noch ein drittes Hörn von 3 — 5 Zoll Länge. — Die 2. Art, Giraflfa capensis Less., konunt nur südlich des Aequators, vom (Jrange-Fluss bis zum Zambesi vor, dann wieder nördlich in Deutsch- und Engliseh-Ostafrika. Sie ist dunkler, mit unterbrochenen, nicht scharf abgesetzten Flecken. Die Beine sind bis an die Hufe gezeichnet. Die Hörner sind kleiner, steiler. Statt des dritten Hornes hat sie nur einen Höcker. — In der Grösse unterscheiden sich beide Arten nicht. Die Farbe verliert sehr. Alte Männchen sind dunkler. Auch die Osteologie des Schädels zeigt Unterschiede der beiden Arten. Beide Arten haben G Backenzähne in jedem Kiefer. Schon E. Geoffroy- St. Hilaire erwähnte die Verschiedenheit der beiden Arten. Reh. Nach der „Oesterr. Zeitscbr. f. Berg- u. Hüttenw." vom 17. April d. J. wurde im vorigen Jahre in der so- genannten Schniugglergrube bei Aspers in den Vereinigten Staaten der grösste bisher bekannte Silberblock ge- funden. Die Grubenarbeiter stiessen bei ihrer Arbeit auf eine mächtige Erzmasse, die sich bei näherer Be- sichtigung und Prüfung als aus reinem Silber bestehend erwies; dieser Riesenblock wog 1650 kg und hatte einen Werth von 90 000 Fl. Durch ihn wurde der bisher als grösster betrachtete Fund, der vor einigen Jahren aus der Gibsongrube zu Tage gefördert worden war und ein Gewicht von 150 kg besass, völlig in den Schatten ge- stellt. Das norwegische „Teknisk Ugeblad'- erinnert nun daran, dass schon früher in den Silberbergwerken von Kongsberg, in Teleniarken grössere Blöcke gefunden worden sind- In der Kongensgrube wurde zu Anfang dieses Jahrhunderts ein Silberblock gebrochen, der allein für sich mehr als 1400 Mark (350 kg) wog, wie mau damals aber meinte, kaum die Hälfte der ganzen Silber- menge betragen habe, die hier in einer zusammenhängenden Masse vereinigt war. (s. Bericht der unter dem 16. Oc- tober 1833 niedcrgesctzen Commission zur Untersuchung des Silberbergwerkes Kongsberg.) Demnach würde man einen Block von 700 kg reinem Silber gehabt haben. Nach derselben Quelle wurde im Jahre 1832 in derselben Grube durch einen Schuss 2000 Mark (= 50ü kg) Sill)er losa-ebrochcn und im Jahre 1834 ein Stück gediegenes Silber im Gewicht von 595 Mark, also ungefähr von dem- selben Gewicht wie der oben erwähnte Fund der Gibson- grube. G. Adam. Der Wolkenbruch im Biesengebirge am 29./3Ü. Juli war der schwerste, der seit Anstellung regelmässiger Be- obachtungen überhaupt je vorgekonmien ist, ja, nach der llöiie des Wasserstandes in den Gebirgsl)ächen und Flüssen zu schliessen, zweifellos der schwerste des ganzen Jahrhunderts. Die Wolkenbrüehe erstreckten sich dies- mal über ein ausnehmend grosses Gebiet: von Schlesien und Galizieu bis nach Tirol hinein wurde das ganze Land in den drei Tagen vom 28. — 30. Juli durch die herab- stürzenden Regenmasseu beispiellos geschädigt. Nirgends aber hausten die Wasser so schlimm wie im Riesen- gebirge, das den regenschweren Nordwest- und Nordwinden sich als einzige grössere Erhebung entgegenstellt, sie zum Ueberscbreiten zwingt und sie dabei ihrer ganzen Feuchtig- keit beraubt. Nicht nur durch ihre grosse Ausbreitung zeichneten sich aber die letzten Wolkenbrüche aus, sondern auch durch ihre ungewöhnliche Dauer. Während der letzte grosse Wolkenbruch vom 3. August 1888, der freilieh mehr das Iser- als das Riesengebirge betraf, im Laufe weniger Stunden abfloss, hielt diesmal der heftige Regen fast vier Tage an, wobei sich der gefährlichste Wolken- bruch freilich auf die Zeit von 10 Uhr Abends bis 3 Uhr Morgens in der Nacht vom 29. auf den 30. Juli beschränkte. Die 24-stüudigen Niederschlagshöhen des 29. Juli über- schreiten alle je zuvor seit Einführung regelmässiger Beobachtungen gemessenen Werthe. Auf der Schnee- koppe wurden am Morgen des 30. Juli 239,3 mm Regen gemessen. Um diese Zahl voll zu würdigen muss man bedenken, dass in Berlin der ganze Monat Juli, der in diesem Jahr sehr regnerisch war, nur 131 mm Regen brachte, während der höchste je in Berlin vorgekommene Monatswerth immer erst 229 mm betrug (Juli 1858). Das bisher höchste Tagesmaxinium des Niederschlags in Deutschland, das ebenfalls auf der Schneekoppe nach dem grossen Wolkenbruch vom 17. Juli 1882 ge- messen wurde, war 227 mm, welchem der Flinsberger Wolkenbruch vom 2.;3. August 1888 mit 215 mm am nächsten kam.*) Nur der berühmte Regenfall vom Bücheu- berg bei Harzburg, der dort am 23. Juli 1855 be- obachtet, aber nicht genau gemessen wurde, dürfte dem diesmaligen an die Seite zu stellen sein; denn seine Regenmenge, die zu ungefähr 248 mm — etwas zu hoch — angegeben" wird, dürfte nach Dr. Kassner's Berechnungen jedenfalls nicht unter 238 mm betragen haben. Doch ist zu bedenken, dass der letztgenannte Regenfall local ganz eng begrenzt war, während der Wolkenbruch vom 29. Juli im ganzen Riesengebirge mit gleicher Heftigkeit wüthete: auf" der Prinz Heinrichs-Baude wurden 224,5, in Kirche Wang 219,8, auf den Forstbauden 190,5, in Schmiedeberg 187,0 mm gemessen u. s. w. Ausserdem waren auch die Regenmengen des 28. schon sehr hoch gewesen: die Summe des Niederschlages vom Morgen des 28. bis zum Morgen des 30., also in 48 Stunden, betrug in Wang z. B. 301 mm.**) Dementsprechend sind die diesmaligen Verheerungen derart, dass die grossen Ueberschwennnungen, [|ie — obendrein meist nur auf enger begrenzten Ge- bieten — in den Jahren 1804, 1858, 1880, 1888 die *) Bei dieäem heftigsten aller in Deutschland beobachteten Wolkenbrüehe fielen 21-1,9 nini in um- etwa 17 Stunden (II Uhr Abends bis 4 Uhr Naehniittass), während Flinsberg diesmal in <18 Stunden nur l'JS.G mm aufzuweisen hatte. **) Die Moiiatssummo in Wang erreichte den Werth von .')o3,.3 mm, welcher der Jahressnmme eines massig trockenen Jahres im mitteldeutschen Flachland entspricht. Xll. Nr. 34. Naturwisseuscliaftlichc Wochenschrift. 40.T sclilcsisclieii Gebirge betrafen, niclit unerheblich dahinter zurückstehen. Die meteorologischenUrsachen der Katastrophe sind un- schwer zu erkennen. Zunächst aber einige Worte überFalb's Prophezeiung, der für den 29. .Juli „stellenweise Wolkcn- brüclie" vorhergesagt hatte! Das Eintreffen dieser Vor- hersage wird natürlich wieder Jahre hindurch für Falb's Theorie ausgebeutet werden, und die armen Meteorologen, die ja nur „aus Brotneid" diese Theorie bekämpfen, werden gar nicht erst den Versuch machen dürfen, den Hymnen der Anhänger Falb's einen Dämpfer aufzu- setzen: jetzt ist Falb's Theorie wieder für lange Zeit gegen jede Schlappe gefeit; der eine Treffer wiegt 50 Misserfolge im Gedächtniss des Volkes reichlich auf. Immerhin sei es gestattet darauf hinzuweisen, dass der Wortlaut der Falb'schen Prognose „stellenweise Wolken- brüche", zumal es sich nur um einen „kritischen Tag zweiter Ordnung" handelte, wohl kaum eine so furcht- bare Katastrophe erwarten lassen konnte. Aber was nützt es, dass die sonstigen Prophezeiungen Falb's für diese Jahreszeit fast durchweg falsch waren, dass die ersten zehn Tage, statt „anhaltend warmes Wetter" zu bringen, sich — mit Ausnahme der drei ersten Tage — durch beträchtliche Kühle auszeichneten, dass die „zahl- reichen Gewitter" des 14. sich auf ein Minimum be- schränkten, dass die Tage vom 1. — 10. August statt der augekündigten „kühlen Temperatur" erhebliche Sommer- wärme brachten, dass selbst der 29. Juli, der Tag der Wolkenbrüche, frei war von den an erster Stelle an- gekündigten „zahlreichen Gewittern", sogar eine sehr be- trächtliche Abnahme der Gewitterhäufigkeit brachte; was nützt dies alles gegen die eine Thatsache, dass die Wolkenbrüche progranimmässig eintrafen ? Davor muss jeder Meteorologe die Segel streichen, und die rein wissen- schaftliche Untersuchung- der Katastrophe und ihrer Ur- sachen darf er nur dem kleinen Häuflein von Gesinnungs- genossen vortragen mit dem stillen Bewusstsein, dass gegen Falb's Theorie selbst Götter vergebens kämpfen würden. Die Ursache der Wolkeubrüche ist, wie Dr. Less in seinem letzten Wettermonatsberichte schon hervorhob, darin zu suchen, dass ein barometrisches Minimum vom Adriatischen Meer nach Norden wanderte. Diese Zug- strasse der Depressionen (Vb in van Bebber's Bezeich- nung) wird zwar nur recht selten benutzt, repräsentirt je- doch die allergefährlichste Wetterlage, von der Deutseh- land (mit Ausnahme des Nordwestens) und grosse Theile von Oesterreich überhaupt betroflen werden können. Da- durch, dass die Depressionen meist recht ausgedehnt und ziemlich flach sind, ist die Fortpflanzungsgeschwindigkeit stets eine ziendich kleine, und dadurch wird dem gefähr- lichen AVitterungscharakter seine verderbliche Dauer ver- lieren. Derselbe Wettertypus, der den Wolkenbruch vom 29./30. Juli bedingte, war es, der mit geringen Abwei- chungen und Modifleatiouen die grosse Ostseefluth vom 13. November 1872 bedingte, die grossen Wolkenbrüche vom August 1880, Juli 1882, August 1888, die kolossalen Regenfälle, die vom 18. — 21. Juli 1892 Ost-Preussen be- trafen, die ungeheuren Schneefälle vom 19. — 23. Dezember 1886 und 15.-18. März 1894; derselbe Wettertypus ist es auch, der uns zumeist die kalten Tage des Mai verschafft, der vor allem die furchtbaren Verheerungen der „Eis- männer" des Jahres 1885 (15. und 16. Mai) verursachte. Woher es kommt, dass grade die flachen Depressionen der Zugstrasse Vb in so abnormer Weise zu Wolken- brüchen neigen, hat Ilellmann in seiner Untersuchung der Regenfälle vom 18.— 21. Juli 1892 in Ostpreussen*) aus- *) In den Veröffentlichungen des Königl. Metoorologisclien Instituts. Ergebnisse der Niedersclrlags-Beobachtuugen im Jahre 1S92. Berlin 1894. gcsi)rochen: „Dass nun gerade an der Westseite dieses nur langsam nach Norden ziehenden flachen Depressious- gebietes so erhebliehe Regenmengen fallen, darf wohl darauf zurückgeführt werden, dass hier ein ruhiges Ein- strömen und innerhalb der Zone niederen Druckes ein lebhaftes Ansteigen der durch Westwinde herbeigeführten feuchten Luft stattfinden kann, während in tiefen De- pressionen (eigentlichen Cyklonen) durch die stark ent- wickelten Tangentialkräfte diese Vorgänge, und somit auch die Regenbildung, sehr beeinträchtigt werden". Endlich möchte Referent noch auf einen recht be- merkenswerthen Punkt hinweisen: man hat Grund zu der Annahme, dass eine grössere Anzahl von bestimmten, kurzen Epochen des Jahres in hervorragender Weise zu ganz charakteristischen Typen der Luftdruckvertheilung neigen. Die grossen Wolkenbrüche, welche in den letzten Jahrzehnten Schlesien betrafen, sprechen in entschiedener Weise für die Richtigkeit dieser Ansicht: mit Ausnahme der Juni- Wolkenbrüche*) und des — in seinen Folgen wenig verhängnissvollen — Wolkenbruchs vom 17. Juli 1882 fanden sie (nach Wissen des Ref.) durchweg in den letzten Tagen des Juli oder in den ersten des August statt: im Jahre 1858 am 2. August, 1880 am 3. u. 4. August, 1882 am 28. und 29. Juli, 1888 am 2. und 3. August und nun 1897 vom 28.-30. Juli. Dr. Hennig. Telegraph i reu oliiie Draht. — Die iu letzter Zeit, zumal in den Tageszeitungen, viel genannten Versuche, welche die Herren Marconi und Pearce im Mai dieses Jahres an der Küste von Bristol angestellt wurden, und welche durch Untersuchungen des Geh. Rath Prof. Slaby des Weiteren ergänzt wurden, bieten dem Priueip nach kaum einen bemerkenswerthen Fortsehritt in der Kunst des Telegraphirens ohne Draht, welche im Wesentlichen durch die Untersuchungen des Prof. Rubens in Char- lottenburg auf ihren heutigen Stand gebracht worden ist. Das Princip beruht bekanntlich darauf, dass man durch eine Wechselstrommaschine ein starkes elektrisches Feld erzeugt, dessen Wellen sieh natürlich nach allen Richtungen fortpflanzen. Um sie erkennbar zu machen, bedient man sich einer Vorrichtung, welche grosse Aehn- lichkeit hat mit der Verwendung der Zehnder'scheu Röhre im Hertz'schen Spiegel: In den Stromkreis einer schwachen Batterie ist eine mit Eisenfeilspänen gefüllte Glashülse eingeschaltet, deren Widerstand gross genug ist, um den elektrischen Strom zu unterdrücken. Wird aber diese Glashülse in den Wirkungskreis des elektrischen Feldes gebracht, so verringert sich der Widerstand der Eisen- spähne beträchtlich; es entsteht ein elektrischer Strom, den man benutzen kann, um etwa ein elektrisches Läute- werk in Bewegung zu setzen. Die durch Polarisation der Späne bedingte geringe Widerstandsfähigkeit wächst erst wieder, wenn man die Späne aufs Neue durch- einanderschüttelt. Mareoni's Erfindung besteht nun lediglich darin, dass er in den Stromkreis der Empfangs- station einen Hammer eingeschaltet hat, welcher in kurzen Intervallen an die Glasglocke anschlägt und die Metall- si)äue umschüttelt. Dass sich auf diese Weise Zeichen geben lassen, welche — wie beim Morsc-Telegraphen — als Striche und Punkte aufgezeichnet VFcrden können, liegt auf der Hand. Erwähnt sei noch, dass Marconi eine 4 eni lange Glasröhre benutzte, die bis auf einen Druck von 4 mm Quecksilber luftleer gemacht und mit Nickel- und Silber- *) Die grössten Wolkeubrüche des Juui fanden im Riesenge- birge statt am 14./15. Juni 1804, 22./23. Juni 1845 und lfl./20. Juni 1883, scheinen also mit dem grossen Kiilterüolitall um Mitte Juni in Zusammenhang zu stehen. 406 NatuiwissenscLaftliclic Wocliciisclirif't. XU. Nr. 34. feilspänen und etwas Quecksilber gefüllt ist; die elektri- schen Wellen stellte er in einer Länge von 120 cm nach der Righi'schen Methode her. Die Entfernung zwischen Absender und Empfänger betrug nicht weniger als 14 Kilometer, während bei den früheren Rubens'schen Versuchen, die auf der Havel in der Nähe von Schild- horn angestellt wurden, die Entfernung nur wenige 100 Meter erreicht hatte. Ueberraschend ist die Mit- theilung Slaby's, dass nach seinen Untersuchungen die erzeugten elektrischen Wellen auch durch Telegraphen- und Telephondrähte keineswegs beeinflusst werden. Beobaclitiiugeii am Yariometer über die Be- zieliuugeu zwischen Luftdruck und elektrischen Ent- ladungen hat Prof. 0. Rosenbach in Berlin angestellt. Seine Resultate maclite er zum Gegenstand eines Vor- trags, welchen er am 4. Mai d. J. im Berliner Zweig- verein der „Meteorologischen Gesellschaft" hielt, auch veröffentlichte er sie in der Juni-Nunnner der „Meteoro- logischen Zeitschrift". — Das sinnreiche Priucip, auf welchem das von v. Hefner-Alteneck construirte „Vario- meter" beruht, ist in dieser Zeitschrift in der Nummer vom 1. November 1896 (Bd. XI Nr. 44) auseinander- gesetzt worden-, wir müssen zum näheren Verständniss auf jene Auslassungen verweisen. Die wichtigsten Resultate der Rosenbach'schen Arbeit sind die folgenden: „Starken Blitzen geht eine negative, d. h. eine Ab- nahme des Luftdrucks anzeigende Schwankung des Vario- meters voraus. Im Augenblick des Blitzes oder beim Eintritte des Donners beginnt eine positive Schwankung." „Der Blitz kann unmöglich die Ursache der Er- niedrigung des Luftdruckes sein ; ebensowenig kann aber diese letztere als eigentliche Ursache des Blitzes be- trachtet werden." „Es ist wahrscheinlich, dass die Luftdruckschwankun- gen nur ludicatoren der Grösse der elektrischen Spannung (der Potentialdifferenzen in der Atmosphäre) repräsentiren; die Luftdruckerniedrigung ist ein Symptom der Zunahme-, die Luftdruckerhöhung Zeichen der Ab- nahme der Spannung. Elektrische Spannung und Luft- druck stehen in umgekehrten Verhältnisse." „Die Wellen, die im Donner oder richtiger im Schlage ihren akustischen Ausdruck erhalten, können nicht die Ursache der positiven Schwankung des re- gistrirenden Apparates sein, da der Tropfen des Vario- meters auch beim stärksten Knalle — sofern dabei keine wesentliche (windartige) Luftbewegung entsteht — keine Verschiebung zeigt, während die leiseste Veränderung des Gleichgewichts einer grösseren Luftsäule, z. B. durch Oeffnen einer entfernten Thür, deutlieh angezeigt wird." Auf dem beschritteneu Wege wird man künftig weiter fortschreiten müssen, um endlich einmal nähere Auf- schlüsse über die Entstehung der elektrischen Vorgänge in der Atmosphäre, vielleicht auch über die Hagel- bildung etc. zu erlangen. Roseubach, der übrigens von Haus aus Mediziner (Physiologe) ist, glaubt auch das Wesen der Erkältung in Beziehung bringen zu können mit den Schwankungen des Luftdrucks: „Bei der Erklärung des Vorganges der Erkältung ist auf die (J)-össe und den der Wechsel (die Haut und die Schleimhäute treffenden) Luftstösse rcsp. wahren Luft- wellen Rücksicht zu nehmen ; denn diese, nicht mit Wind- bewegung oder Schwankungen des gesammten Luftdrucks (des Baronietcrdrucks) identischen Impulse beeinflussen das Volumen der Haut, ihre Wärmccapacität und danut die Richtung des Blut- und Wärmestroms wesentlich." H. Aus dem wissenschaftlichen Leben. Erniinnt wurden: Der Vorsitzende des Physikalischen Vereins zu Frankflirt a. M. Dr. Theodor Petersen, der Dozent der Elektrotechnik bei diesem Verein Dr. Josef Epstein und der 2. Direktor der cliemischen Fabrik Griesheim und ehemalige Dozent der Chemie Dr. Bernhard Lepsius zu Professoren; der Privat- Dozent der Gynäkologie und Assistenz-Arzt an der Frauenklinik zu Freiburg i. B. Dr. Gustav Bulius zum ausserordentlichen Professor; der Stadtbibliothekar Dr. Friedrich Clem ens Ebrard in Frankfurt a. M. zum Professor; der Landwirthschaftslehrer an der Karl Friedrich Ackerbauschule in Zwätzen bei Jena Dr. F. Modzeck zum Direktor der Anstalt. Es habilitirten sich: Dr. Alfred Schönwerth für Chirurgie in München; Dr. Borgert für Chemie in Bonn; Dr. Robert Hegler, Assistent am botanischen Institut der Universität Rostock, daselbst für Botanik; Dr. Körner in der medizinischen Fakultät zu Halle; Dr, Koll in der medizinischen Fakultät zu VVürzburg; Dr. Ludwig Brauer in der medizinischen Fakultät zu Heidelberg. Aus seiner Stellung scheidet: Der Direktor der Karl Friedrich- Ackerbauschule in Zwätzen bei Jena Prof. Hansen. Eis starben: Der Botaniker Prof. Dr. Huth in Frankfurt a. 0.; der Professor der Chirurgie in Budapest Dr. Josef Kovacs. L i 1 1 e r a t u r. Dr. Hermann Lietz, Emlohstobba. Roman oder Wirklichkeit? Bilder aus dem SchuUebcn der Vergangenheit, Gegenwart oder Zukunft? Mit 22 Tafeln. Ferd. Dümmlers Verlagsbuchhand- lung. — Preis 3 M, geb. i M. Die Thatsacho, dass Debatten über unser Schulwesen seit Langem auf der Tagesordnung stehen und nicht wieder von der- selben verschwinden, giebt zu der Hoffnung Veranlassung, dass vielleicht doch noch in nicht gar zu ferner Zeit ein zeitgemässer Unterricht sich anbahnen könnte, dass unser verfahrenes Schul- wesen vielleicht doch noch einmal im Verlauf der nächsten 100 Jahre das der Zeit entsprechende Geleise finden könnte. Das vorliegende Büchelcheu ist eins von denen, die Propaganda machon möchten für eine „harmonische Ausbildung aller Kräfte, für eine Schule, in der nicht bloss einseitig der Verstand aus- gebildet wird, sondern die gesammte menschliche Natur: Körper, Arm, Bein, Auge, Ohr, Muskeln und Sehnen so gut, wie ästhe- tische und sittliche Fähigkeiten." Verf. bietet zunächst eine Schilderung eines Tages im neuen Schulstaat, der ein von Cecil Reddie (dem Begründer einer Schule, wie sie das Ideal des Ver- fassers bildet) verfasstes Nachwort beigegeben ist, in dem der Wunscli ausgesprochen wird, dass deutsche und englische Eigen- thümlichkeiten sich zur Schaffung und Begründung der neuen Schule verbinden möchten. Im 2. Theil des Buches bespricht Verf. die Systeme der alten „Unterrichts"- und der neuen „Er- ziehungs"-Schule. Dr. J. Schroeter, Pilze in Cohn's Krj'ptogamen-Flora von Schlesien. 111. Bd. 2. Hälfte, o. und 4. Lieferung. J. N. Kern's Verlag (Max Müller) Breslau 1894 und 1897. — Preis ä Lief. 3,20 M. Die 3. Lief, der 2. Hälfte ist 1894 erschienen und da das wichtige und gediegene Work nach dem Tode Schroeter's (12. XII. 1 894) noch unvollständig vorlag, haben wir, als längere Zeit keine Fortsetzung erschien, um über die Zukunft des Werkes Zuver- lässiges in Erfahrung zu bringen, die Verlagsbuchhandlung um Auskunft gebeten; sie theilte darauf freundlichst mit, das.s Schroeter's Pilze fortgeführt werden sollten, da nur noch 1 bis 2 Lieferungen nöthig seien; es hielte aber schwer, einen Bearbeiter für diese Schlusslieferungen zu finden, weshalb sich die Sache immer noch verzögert hätte. Es sei aber Aussicht vorhanden, endlich zum Ziel zu gelangen. Auf dem Umschlag der Lief. 4 theilt nun der Verlag mit, dass mit dem vorliegenden Hefte jetzt Alles veröffentlicht ist, was von Schroeter selbst für den Druck vor- bereitet und durchgesehen worden ist. Er hat somit die Gcsammtheit der Fungi perfecti in 2930 Arten abgeschlossen und von den imperfecti noch 85 Arten bear- beitet. Der Vorlagshandlung ist es leider nicht gelungen, für den Schluss der Fungi imperfecti einen geeigneten Bearbeiter zu gewinnen; sie ist deshalb genöthigt, die vorliegenden Bogen als einen Torso auszugeben. Eine in Kurzem erscheinende Schluss- lieferung soll ein Verzeichniss der in Schlesien bisher beobachteten Fungi imperfecti bringen, welche sich im Nachlasse Schroeter's, thcils in Aufzeichnungen von seiner Hand, theils in seinem, in dem Besitz des PHanzenphysiologischen Instituts der Universität Breslau übergegangenen Pilzherbarium vorgefunden haben. Ferner wird dieselbe die von Schroeter zusammengestellten Nachträge zu den früheren Lieferungen des Werkes, und die Register zu der zweiten Hälfte enthalten. XII. Nr. 34. Naturwissenschaftliche WochciischriCt. 407 MUUer-Pouillet's Lehrbuch der Physik und Meteorologie. Nouiito iiin^jearbeitete und verinelirtu Aüt'laj;e von Prof. Dr. Leop. Pfaundler unter Mitwirkung des Prof. Dr. Otto Lunimur. 2. Band. 1. Abthoilung. Friedrieli Viewcg & Sohn. Braunschweig 1894-1897. — Preis 19 M. Von dem l)eliebten Nachschlagebuch liegt nunmehr der Schluss der I. Abtheilung des 2. Bandes vor; diese I. Abtheilung umfasst XX und 1183 Seiten mit gegen 2000 Holzsticheu und Tafeln, zum Theil in Farbendruck. Die erste Lieferung (S. 1 bis 292) erschien 1894, die zweite (S. '293-608) 1895, die dritte ist in diesem Jahre herausgekommen. Die vorliegende Abtheilung behandelt die Optik. Die Lehre vom Lichte — sagen die Neu-Bearbeiter im Prospect — bedurfte in wichtigen Abschnitten einer vollständig neuen Bearbeitung und Ergänzung. SpecicU die Lehre von den optischen Instrumenten und der in ihnen stattfindenden Abbildung war bisher auf einem veralteten Standpunkte geblieben. Gerade diese Gebiete haben eine wesentliche Neugestaltung durch von Hehnholtz, Abbe, Rayleigh, Ferraris u. A. erfaliren und eine so grosso Bedeutung in der naturwissenschaftlichen Forschung er- langt, dass auf sie mehr Rücksiciit genommen werden niusste, als bisher. Die bahnbrechenden Forschungen Abbe's auf dem Ge- biete der Mikroskopie, seine Lehre von der Abbildung nicht solbstleuchtender Objecte, wie es die mikroskopischen Präparate meistens sind, bilden ein neues Gebiet für sich, welches ein tieferes Eingehen auf das Wesen der Abbildung verlangt, als es die geometrische Optik erlaubt. Die Abbe'sche Theorie der Bilderzeugung im Mikroskop lehrt, dass hier die Gesetze der geo- metrischen Optik nicht mehr gelten, denen gemäss überall da ein Bildpunkt entsteht, wo sieh Strahlen im Bildraume schneiden. Wo die Anwendung der geometrischen Sätze eine Aelinlichkeit zwischen dem mikroskopischen Bilde und dem Objecto fordert, da ergiebt die Erfahrung oft Unähnlichkeit, und auch in Bezug auf die Grösse der Apertur stehen sich geometrische Optik und Erfahrung im Widerspruch. Aber auch abgesehen von der Mikroskopie war es geboten, die Abbildung durch optische brechende und spiegelnde Systeme überhaupt im Sinne der Wellenlehre zu erklären, welche seit KirchholF's LTntersuchungen über die Lichtstrahlen allein im Stande ist, alle optischen Er- scheinungen, soweit sie sich auf den Strahlengang beziehen, richtig wiederzugeben. Nur da, wo aus der Wellenlehre folgt, dass die Lichtausbreitung angesehen werden kann als eine durch von einander unabhängige Lichtstrahlen vermittelte, nur da haben die hierauf fusseudeu Gesetze der geometrischen Optik Gültig- keit. Ohne Zuhülfenahme der wellentheoretischen Resultate kann die Wirkungsweise eines optischen Apparates nur mangelhaft, die Grenze seiner Leistungsfähigkeit in Bezug auf seine Auflösungs- kraft aber gar nicht abgeleitet werden. Falls endlich, wie beim Mikroskop, das Object nicht selbstleuchtend ist, führt die geo- metrische Optik direct zu falschen Resultaten. Ehe man also zur Anwendung der letzteren auf die optischen Instrumente übergeht, bedarf man bereits der Kenntniss der Wellentheorie und der hieraus folgenden Gültigkeitsgrenzen der geometrischen Optik selbst. Daraus ergiebt sich nun nothwendig eine von der bis- herigen abweichende Anordnung des Stoffes im Lehrbucho. Ab- gesehen von dieser anderen Anordnung brachte die Berück- sichtigung der neueren optischen Arbeiten eine grosse Ver- mehrung des Stoffes mit sich. Dies gilt vor Allem von der Abbildung durch centrirte Linsensysteme, bei deren Darstellung im Wesentlichen die mehr geometrische Beweisführung Abbe's berücksichtigt worden ist. Unter den neu einzureihenden Capitoln mögen nur folgende erwähnt werden: „Die Abbildung im Sinne der Wellenlehre", „Verwirklichung der Abbildung durch weit ge- öffnete Strahlenbüschel", „Abbildung nicht selbs'tleuchtender Ob- jecte". Um ferner die Helligkeit der optischen Bilder und den Zweck der optischen Instrumente in klarer Weise definiren zu können, war es nothwendig, auf die wesentlich von E.Abbe aus- gebaute^ „Theorie der Strahlenbegrenzung" einzugehen. Neben diesen Erweiterungen vorherrschend theoretischen Inhalts mussto aber auch dem Fortschritte auf dem Gebiete der praktischen Optik Rechnung getragen werden. Auch hier ist Abbe Bahn- brecher gewesen, da es ihm gelungen ist. auf Grund theoretischer Forderungen einen neuen Aufschwung der Schmelzerei optischen Glases für wissenschaftliche Zwecke herbeizuführen, in Folge dessen Deutschland jetzt wiederum die Führung in der Präcisions- optik übernommen hat. Die von Schott und Genossen in Jena hergestellten Glassorten werden bei der Achromasie der Prismen und Linsen eingehend berücksichtigt. Auch die experimentellen Prüfungsmethoden der Gläser in Bezug auf Freiheit von Spanimng und Schlieren, sowie die Prüfung geschliffener Flächen und fertiger optischer Instrumente sind "neu eingefügt. Hier- durch dürfte das Li-hrbuch wesentlich au Interesse für den praktischen Optiker gewonnen luiben. Die Spoctrometrie und die Dispersion wurden gründlicher behandelt, neu eingefügt die Theorie der anomalen Dispersion nach Sellmeier und v. Hehn- holtz. rj,ass auch die in den letzten Jahren speciell von der physikalisch-technischen Reichsanstalt geförderte praktische Licht- messung berücksichtigt worden ist, bedarf bei der Bedeutung, welche die Photometrie seit Einführung des elektrischen Lichtes gewonnen hat, keiner Begründung. Der Schwerpunkt wurde auf die Beschreibung der photometrischen Apparate und Methoden gelegt, soweit sie der Praxis von Nutzen sind, und auf eine prä- cisere Fassung der oft verwechselten Begriffe der Intensität, Leuchtkraft, Helligkeit, Beleuchtungsstärke etc. Die Bearbeitung der Capitel, welche die bisher angedeuteten Materien und die damit eng verbundene Interferenz- und Beugungstheorie des Lichtes enthalten, hat der aus der Schule Abbe's hervorgegangene mit: unterzeichnete Herr Dr. Lummer, Leiter der optisch'en Abtheilung der physikalisch-technischen Reichsanstalt, übernommen, dessen eigene Arbeiten meist auf dem Gebiete der Optik, insbesondere der Interferenz und Photometrie liegen. Dagegen sind die Capitel über Spectralanalyse, über die Umwandlungsproducte des Lichtes, dann die Lehre von der Polarisation, von der Doppelbrechung, der chromatischen Polarisation und von dem elliptisch und circularpolarisirten Lichte von dem bisherigen Bearbeiter weiter- geführt worden. Umfangreichere Aenderungen wurden dabei insbesondere in der Darstellung der Photographie und Photo- cheuiie, dann insbesondere bei der Doppelbrechung vorgenommen. Die Schwierigkeit der räuudichen Darstellung der Huyghens'schen Construction für den letzteren Fall hat der Bearbeiter durch eine Reihe neuer perspectivischer Zeichnungen zu beheben versucht und glaubt dadurch allen Jenen, welche nicht in der Lage sind, den allerdings vollständigeren mathematischen Darstellungen dieses Themas zu folgen, eine wesentliche Erleichterung für das Ver- ständniss geboten zu haben. Bei den Polarisationsapparaten wurde insbesondere auf die ausgezeichneten Untersuchungen Lippich's und die auf dem Princip des Halbschattens beruhenden Polarimeter von Lippich und Lummer Rücksicht genommen. Bezold, Prof. Dr. Frdr., Ueber die funktionelle Prüfung des menschlichen Gehörorgans. Wiesbaden. — 6 Mark. Bungartz, Thiermal. Jean, Acjuarienfische und ihre Pflege. Bonn. — 0,50 Mark. Credner, Prof. Dir. Geh. Bergr. 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Faraday, Mich.: Experimental-Untersuchungen über Electricität. III. bis V. Reihe. Leipzig. — 1,60 Mark. 87. Dasselbe. VI. bis VIII. Reihe. Leipzig. — 2,60 Mark. Richter, Dr. K., et Dr. Gurke, Plantae europaeae. 11. Fase. L Leipzig. — .5 Mark. Saccardo, P. A., Sylloge fungorum omnium hucusque cognitorum. Sydow, P., Index universalis et locupletissimus generum, speci- erum, subspecierum, varietatum hospitumque in toto opere (vol. I— XI) expositorum. Berlin. — 22,.'i0 Nark. Schorlemmer's, Carl, Lehrbuch der Kohlenstoffverbindungen oder der ^organischen Chemie. 3. Auflage. 2. Hälfte. 3. iSchluss.) Abth. Braunschweig. — 0,25 Mark. Iiilialt: Hermann Wegener, das Weber'sche Gesetz und seine Bedeutung für die Biologie. — Die Abhängigkeit des Membran- wachstlumis vom Zellkern. — Dexiotrope Schalen. — Die Verbreitung der pelagischen Foraminiferen. — Üeber LandpÜanzeu und Landthiere im heimischen Süsswasser. — Scheinkopulationen bei niederen Pflanzen. — Der sogenannte Pflanzenschlaf und verwandte Erscheinungen. — Eine neue Gerbstoff' liefernde Pflanze. — Der grösste bisher bekannte Silberblock. — Der Wolken- bruch im Riesengebirge am 29./30. Juli. — Beobachtungen am Vai^ometer über die Beziehungen zwischen Luftdruck und elek- trischen Entladungen. — Telegraphieren ohne Draht. — Aus dem wissenschaftlichen Leben. — Litteratur: Dr. Hermann Lietz, Emlohstobba. Roman oder Wirklichkeit? — Dr. J. Schroeter, Pilze. — Müllor-PouiUct's Lehrbuch der Physik und Meteorologie. — Liste. — Otto Töpfer Werkstatt für wisssenschaft- lictie Instrumente. Potsdam. 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Kamjif um das Dasein, ist nicht da und würde auch, wenn er da wäre, ohne Bedeutung sein, weil die über- lebenden Individuen ebenso wenig, wie die unterliegenden eine Nachkommenschaft hinterlassen. Innerhalb der Insectcn-Gesellschaften findet sich kein Kampf zwischen den verschiedenen Individuen; alle ar- beiten im Gegentheil für das allgemeine Beste und da- dadurch auch mittelbar für ihr eigenes. Man hat in den letzten Jahren versucht, den Kampf um das Dasein in die Organismen selbst zu verlegen, indem man von einem Kampfe der Organe unter sich gesprochen hat, doch hat sich noch Niemand getraut, diese Lehre aut die Organe (die Individuen) der grossen Organismen der Insectenstaaten anzuwenden. Nicht einmal der äussere Kampf, den die Arbeiter um ihrer Gesellschaft wegen zu bestehen haben, hat hier die Wirkung, dass die besten Individuen die grösste Aus- sicht haben, die anderen zu überleben. Im Gegentheil, es dürfte unleugbar sein, dass gerade die Arbeiter, welche den grössten Muth im Kampfe oder die grösste Ausdauer und den grössten Eifer bei der Arbeit zeigen, eine grössere Gefahr laufen, als die feigereu und fauleren Kameraden. Die ersteren sind jedoch für die Fortdauer der Gesellschaft am wichtigsten. Es bleibt dann nur eine Auswahl übrig, diejenige nämlich, welche zwischen den Gesellschaften selbst, wenn sie als eine organische Einheit betrachtet werden, statt- finden kann. Es ist oft'enbar, dass die Gesellschaften, jede für sich, einen Kampf um das Dasein zu bestehen haben und dass der Sieg in diesem Kampfe von der Be- schaflenheit der Individuen, namentlich aber der Arbeiter abhängig sein muss. Da aber die Arbeiter sich nicht fortpflanzen, muss sich die Auswahl in letzter Hand auf die Männchen und die Weibchen beziehen und so aus- gedrückt werden können, dass nur die Weibchen, w-elehe Eier legen, aus denen sich die besten Arbeiter ent- wickeln, fähig sind, Staaten zu gründen, die im Kami)fc um das Dasein zu bestehen vermögen. So hat auch Weismann die Sache aufgefasst. Wie einfach dieses nun auch kliugen mag, so sind doch die Schwierigkeiten, wenn man sich in die Einzelheiten der Auswahl hinein- zudenken versucht, besonders in den Gesellschaften, die mehrere Königinnen haben, so gross, dass man den enthusiastischen Glauben eines Weismann an die Allmacht der NaturzUchtung haben muss, um sich von dieser Er- klärung ganz befriedigt zu fühlen. Die Palaeontologie sagt uns, dass gesellschaftlich lebende Insecten schon weit in der Urzeit zurück existirten. Schon in den Ablagerungen der Steiukohlen- formation sind Formen geiunden worden, welche sehr an die Termiten erinnern. Die Uebercinstimniung mit den jetzt lebenden Formen ist jedoch nicht gross genug, nm die Folgerung ziehen zu können, dass auch jene in Ge- sellschaften gelebt haben. Die Termiten aber, welche aus der Juraformation bekannt sind, ähneln den jetzt lebenden so sehr, dass man annehmen kann, es haben sich bei ihnen dieselben Gewohnheiten wie bei diesen gefunden. Die Hautflügler aber, zu denen alle die übrigen gesellschaftlichen lusecten gehören, treten erst viel später auf. Wenn man von einigen Funden aus der Lias- und der Juraformation, die vielleicht als Bienen oder Ameisen zu deuten sind, absieht, kennt mau die gesellschaftlichen Hautflügler nur aus der Tertiärzeit, in welcher die Ameisen in grosser Anzahl auftraten und den jetzt lebenden sehr ähnlich waren. Obschon man also durch die Untersuchung der fossilen Reste die Thiere selbst kennen lernen und aus der Anwesenheit der Arbeiter auf das gesellschattlichc Leben derselben schliessen kann, so liefern die geologischen Funde doch keine Auskunft über XII. Nr. 35. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 417 die Natur der Gesellschaften, und man kann auch nicht hoffen, dass sie dieses jemals thun werden. Es erübrigt jedoch noch eine Möglichkeit. Man kann sich derselben Methode bedienen, welche die Archäologen und die Ethnographen anwenden, wenn sie durch das Studium der Gewohnheiten solcher Völkerstämmc, die noch auf einer niedrigeren Entwickclungsstufc stehen, Kenntniss von der Entwickeluug zu gewinnen suchen, die andere Völker durchlaufen haben. Alle jetzigen Ameisen und Termiten leben in Gesell- schaften, oder auch sind sie degenerirtc Schmarotzer in Gesellschaften lel)euder Arten. Unter den Bienen und den Wespen gicbt es aber viele Arten, die nicht gesell- schaftlich leben und die deshalb solitäre Formen genannt werden. Es liegt nahe, nachzusehen, ob nicht unter diesen Formen solche angetroffen werden können, welche durch ihre Lel)ensgewohnhciten einen natürlichen Ueber- gang von den solitären zu den socialen bilden. Die Artgewohnheiten der solitären Bienen sind ein- ander im Allgemeinen ziemlich gleich. Jedes Weibchen gräbt in die Erde, in morsches Holz oder in einen anderen geeigneten Stoff einen cylindrischen Gang und theilt diesen von unten nach oben in Kammern ein. Nachdem diese Kammern mit einer aus Honig und Pollen bestehenden Nahrung gefüllt sind, legt das Weibchen ein Ei auf die obere Fläche der Nahrung und schliesst die Zelle. Andere Arten graben ihre Zellen nicht aus, sondern sie bauen dieselben aus Erde, Blattstücken, Birkenrinde oder etwas anderem auf, verfahren aber im üebrigen wie die erstgenannten. In der Nacht, wie auch sonst, wenn das Wetter ungünstig ist, sitzt das Weibchen gewöhnlich im Eingange des Nestes auf Wache, so bald aber das Wetter es erlaubt, fliegt es aus, um Futter oder Baumaterial zu sammeln, und es kann dann nicht ver- hindern, dass sieh ungeladene Gäste einfinden, um ihre Kuekuckseier in die offenen Zellen zu legen. Hier mag auch daran erinnert werden, dass die Weibchen ihre Arbeit stets in einer gewissen voraus- bestinimten Ordnung ausführen, von welcher sie keine Erwägung und keine äusseren Umstände abbringen können. Sie werden zuerst eine Zeit lang vom Bau- instincte getrieben, fangen darauf an, die Zelle mit Futter zu füllen, legen dann das Ei und bekommen endlich wieder einen kurzen Anfall von Baulust, wobei sie die Zelle verschliessen. Wenn man, nachdem die Biene Futter zu sammeln angefangen hat, die Wand der Zelle beschädigt, kommt es ihr niemals in den Sinn, den Schaden auszubessern, sondern sie fährt mit der Ein- sammlung des Futters fort, und ebensowenig wird von ihr, wenn man einen Tlieil des eingesammelten Futters wegnimmt, der Verlust ersetzt, sondern die leere oder halbleere Zelle wird, ganz als ob nichts geschehen wäre, geschlossen. Eine grosse, sehr erstaunliche Kunstfertig- keit scheint also hier mit einer vollständigen Unfähigkeit, die Thätigkeit den äusseren Umständen anzupassen, ver- einigt zu sein. Die solitären Bienen können an für sie geeigneten Plätzen in grossen Schaaren auftreten, doch "haben die zahlreichen Individuen, die hier ihre Nester nahe au ein- ander bauen, nichts Gemeinsames und kümmern sich nicht um einander, insofern sie einander nicht zufällig in ihren Nestern treffen, wo sie sofort mit einander zu kämpfen anfangen. Bei Eintritt des Herbstes oder des Winters sterben die Bienen alle, und nur die in den Zellen ein- geschlossenen Larven ober Puppen überwintern, um im Frühling als ausgebildete Thiere hervorzukommen. Die Individuen der einen Generation bekommen niemals die- jenigen der folgenden Generation zu sehen und können mit ihnen also keine Bekanntschaft machen. Bei Kronstadt fand man auf einem festgetretenen, sonnigen Abhänge des Raupenberges eine Menge kleiner Löcher, welche die Eingänge senkrechter, in die Erde hinuntergehender Röhren bildeten. In der Mündung jeder Röhre war der flache Kopf einer kleinen Biene sichtbar. Es hatte eben geregnet, und die Sonne war erst kürzlich aus den Wolken hervorgetreten. Es lag darum die An- nahme nahe, dass die Thierchen ihre Arbeit noch nicht angefangen hatten. Binnen Kurzem aber zeigte es sich, dass viele Bienen auch in der Nachbarschaft herumflogen, und dass eine nach der anderen mit Pollen beladen zurückkam. Wohin aber flogen nun diese Bienen, da nirgends ein freies Nest sichtbar war? Die heim- kommenden Bienen näherten sich nämlich schnell irgend einem der kleinen Löcher, und gleichzeitig zog sich die Biene, die bisher in der Mündung dieses Loches gesessen liatte, schleunigst zurück, so dass die andere hinein- kriechen konnte, worauf sie sofort ihre abwartende Stellung in der Mündung der Röhre wieder einnahm. Wenn man also nicht genau auf den rechten Augenblick Acht gab, konnte man nicht sehen, dass die treuen Wächter jemals ihren Posten verliessen. Die eine Biene nach der anderen flog in dieser Weise in die Rölire hinein, ohne dass der Wächter es zu verhindern suchte. Wenn dagegen andere Insecteu oder eine fremde Biene in die Nähe des Loches kam, war der Pförtner sofort fertig, den Eingang zu ver- theidigen und den Fremdling fortzujagen. Jede Röhre ist also nicht nur von einem, sondern von mehreren Weibchen bewohnt, und diese haben gemeinsame Inter- essen und arbeiten für ein geraeinsames Ziel, bilden also eine, wenn auch wenig entwickelte Gesellschaft, was bisher von keiner der kleineren Bienen bekannt war. Dieser Schluss wurde durch die folgenden Beob- achtungen bestätigt. Wenn der Pförtner wiederholentlich beunruhigt wurde, versehwand er auf einen Augenblick, um in umgekehrter Stellung wiederzukehren, so dass der Stachel, seine beste Vertheidigungswaffe, in der Mündung der Röhre sichtbar wurde. Obsehon sehr mutbig und aufmerksam, waren die Thierchen doch so vorsichtig, dass es niclit möglieh war, eins mit den Fingern ein- zufangen. Bei jedem solchen Versuche zogen sie sich ein paar Millimeter in die Röhrehen zurück, so dass sie un- erreichbar waren, gleichwohl aber auf Wache sein konnten. Mit der Hülfe einer Pincette gelang es in- dessen, sie herauszuziehen, wobei A. fand, dass so- fort eine andere Biene heraufkam, um den Platz der eingefangenen einzunehmen. Dieses Verfahren konnte mehrmals wiederholt werden, und immer war eine Biene da, fertig, den Dienst des Pförtners zu thun. Als in einer Röhre vier Wächter nach einander eingefangen worden waren, schien der fünfte Uurath zu merken und die Gefahr für drohend zu halten, denn anstatt sich, wie gewöhnlich, mit dem Kopfe in der Mündung der Rölne zu zeigen, fing er in aller Eile an, die Oeffnung mit kleinen Erdpartikeln zu vermauern, bis nur noch ein sehr kleines Loch in der Mitte übrig war, worauf er die Spitze des Hinterkörpers mit dem Stachel nach der Oeffnung kehrte, oflenbar bereit, jeden Feind mit einem tödtenden Stiche zu empfangen. Nachdem aber alles eine Zeit lang ruhig gewesen war, und sieh kein Feind gezeigt hatte, wurde die Schutzwehr weggenonmien, und der Kopf des Thieres mit den grossen Augen und den stets schwingenden Fühlern erschien wieder in der Mündung. Noch einmal von der Pincette beunruhigt, verschloss es den Eingang vollständig mit Erde, sodass keine Oeffnung in der Mitte zu sehen war. Eine darnach heimkommende Biene niusste recht lange arbeiten, um durch den festen Verschluss hindurchdringen zu können. 418 Naturwisseuscliaftliclie Wochenschrift. XII. Nr. 35 Die Röhre, welche in die Erde hinabführt, hat in ihrem obersten Theile einen Bau, der offenbar im engsten Zusammenhang mit den Gewohnheiten der Bienen steht. Die Oeffnung ist bis zu einer Tiefe von 10 Millimetern, was fast genau der Länge des Körpers der Biene ent- spricht, so eng, dass sie von der Biene völlig ausgefüllt wird, weiter unten aber auf einmal so weit, dass sie dort den doppelten Querschnitt hat. Wenn nun eine Biene mit Futter beladen zurückkommt, braucht sich der Pförtner also nur 10 Millimeter zurückzuziehen und dann dort den Kameraden passiren zu lassen, worauf er so- gleich wieder an seinen Platz zurückkehren kann, um seinen Wachtdienst fortzusetzen. Bei den echten solitären Bienen findet sich diese Form der Röhre nie, und das gesellschaftliche Leben hat also auch auf die Bauart ein- gewirkt. In jeder der kleinen Gesellschaften leben wenigstens 10 — 20 Individuen, von denen sieben oder vielleicht noch mehrere zu Hause sind, um, erforderlichen Falls, einander beim Wachtdienste abzulösen, während die anderen, Futter sammelnd, herumfliegen. Ob immer dieselben In- dividuen Wache halten, während andere inuner Futter sammeln, konnte ich leider nicht ermitteln. Wahrscheinlich ist es indessen nicht, dass sich eine so ausgeprägte Arbeits- theiluug ausgebildet hat. Es scheint mir annehmbarer zu sein, dass die Individuen eine Zeit lang das eine und dann eine Zeit lang das andere thun. Dafür spricht auch der Umstand, dass ich keine Unterschiede im Körperbau der Wache haltenden und der Futter sammelnden Individuen entdecken konnte. Beide scheinen in allen Beziehungen vollständig entwickelte Weibchen zu sein. Pollenkörner waren jedoch auf den Pförtnern nie zu entdecken. Wenn diese Pollen gesammelt hatten, so hatten sie sich dann sehr sorgfältig gereinigt. Männchen waren nicht anzutreffen, obgleich die Be- obachtungen so spät wie zwischen 1. und 14. August gemacht wurden. Die kleine Bienenart, deren Lebensgeschichte ge- schildert worden ist, gehört zu der Gattung Halictus. Fahre war so glucklich, dass er auf seinem Hofe im südlichsten Frankreich eine grosse Colonie von H. cylindricus hatte, so dass er die Thierchen vom ersten Frühling bis spät in den Herbst hinein täglich genau beobachten konnte. Die Röhren mündeten in einem Fusssteig aus, welcher täglich benutzt wurde. Die Bienen Hessen sich indessen hierdurch nicht stören imd waren sehr früh in Thätigkeit, ruhten aber während der grössten Hitze des Tages in der Erde aus. .Sie kamen schon im Mai zum Vorschein. In jeder Röhre wohnten wenigstens 5— G Weibchen. Fahre hebt jedoch ausdrücklich hervor, dass sie nur den Eingang gemeinsam hatten und im Uebrigen jede für sich und unabhängig von einander arbeiteten. Er erwähnt auch nichts, was andeuten könnte, dass diese Art den Eingang der für mehrere Individuen gemeinsamen Rohre bewachte. Nachdem die Bienen den ganzen Monat Mai hindurch fleissig gearbeitet hatten, verschwanden sie Anfang Juni ganz. Die Eingänge wurden verschlossen oder von denjenigen, die den .Steig benutzten, zugetreten und dann von den Bienen nicht wieder geöffnet. Sechs Wochen lang wurde keine .Spur von den Thieren gesehen, und Niemand konnte dann ahnen, dass eine Sammlung von melu'eren Hunderten von Bienenzellen unter der ebenen Fläche des Fusspfades verborgen war. Anfang Juli fingen die Bienen wieder an, aus der Erde hervorzukommen. Um das Geschlecht der jetzt ausgebrüteten Thiere sicher kennen zu lernen, grub Fahre einen Theil des von den Bienen bewohnten Gebietes aus und untersuchte sorgfältig die ausgegrabene Erde. In derselben wurden theils entwickelte Bienen, theils Puppen und auch einige Larven angetroffen, zusammen nicht weniger als 250 Stück, die alle Weibchen waren. Auch später, als die Bienen überall hervorgekommen waren und ihre Arbeit angefangen hatten, waren Männchen nirgends zu entdecken. Diese Sommergeneration bestand also, ganz wie die Frühlingsgeneration, nur aus Weibchen. Nach einer nochmaligen Ruhezeit von einem Monate kam endlich Ende August und Anfang September eine dritte Generation hervor, welche sowohl aus Männchen, wie aus Weibchen bestand, von denen die ersteren sogar in grösserer Anzahl vorhanden waren, als die letzteren. Fahre erwartete, dass die Weibchen auch jetzt bald an- fangen würden, Futter zu sannneln und Eier zu legen. Dieses geschah jedoch nicht, sondern sie waren statt dessen den ganzen Herbst unbeschäftigt und hielten sich gewöhnlich in den Zellen der Erde auf. Die Männchen aber sehwärmten lebhaft umher und besuchten auch Blumen, um sich Nahrung zu verschaffen. Bei ein- brechendem Winter starben die Männchen, die Weibchen alter üljerwinterten in der Erde und fingen im nächsten Frühling zu arbeiten au. lieber das Castoreuin hat Jules Gal aus Nizza in dem Bulletin der „.Societc d etude des sciences naturelles du Gard" eine interessante Arbeit geliefert, die sich namentlich auf die Ergebnisse der Analyse des genannten Stoffes erstreckt. Die an verschiedeneu Orten schon vor- genommene Analyse des Castoreums hatte stets zu ab- weichenden Resultaten geführt. Diese Verschiedenheit führt Gal zunächst auf die verschiedene Nahrung zurück, welche die Biber an ihrem Aufenthaltsorte haben. In Canada nähren sie sich hauptsächlich von der Magnolia und dem Storaxbaum, in Russland von der Birke, in Deutsehland von Weiden und Pappeln und in Frankreich am Gardon (vergl. „Naturw. Wochenschr." 1896, S. 252) nur von Weiden. Andererseits wird das Ergebniss der Analyse verschieden sein, je nachdem man das Bibergeil allein untersucht oder mit der Tasche, in welcher es ent- halten ist, und endlich, je nachdem es in frischem oder getrocknetem Zustande analysirt wird. Jules Gal stellte seine Untersuchungen an dem Castoreum eines jungen männlichen Bibers an, welcher drei Tage vorher getödtet worden war. Die beiden Taschen wogen zusammen 84 Gramm, ihr Product, das sich im flüssigen Zustande befand, 16,03 Gramm. Höchstens Väo fiel" jMasse war fest, und die gewöhnliche Angabc der zoologischen Lehrbücher, das Bibergeil bilde eine schmierige Masse, ist darnach zu berichtigen. Mit Aether behandelt, ergiebt das Castoreum als Niederschlag eine fettige Sub- stanz, welche bei höherer Temperatur flüssig ist, aber fest wird, sobald sie in eine Temperatur unter 22" gelangt. Der Geruch derselben ist durchaus nicht widerlich, und der Geschmack erinnert an den des Schweizerkäse. Kar- bolsäure war nicht nachzuweisen, dieselbe bildet sieh erst in altem Castoreum. An mineralischen Stoffen fand Gal 0,25 Proeent, dagegen ergaben frühere Analysen bei dem canadischen Castoreum 4 Procent und bei dem russischen gar 35 Procent Miucralstoft'e. Auch das Castorin fehlte i Gal sieht dieses übrigens nur für Karbolsäure in veränderter Form an. Das frische Castoreum besteht nach diesen neuesten Untersuchungen, abgesehen von einigen wässe- rigen und alkoholischen Bcstandtheilen, zu V12 liQf>li/.han I akon I ittn-nt.mmt, \Ar:it...1 Txr ]i. o — i.^ .1 — Ol.:! \.:^ IT ^\r.. c.»r>r..A 7iit. .lAimt.^ft f^atif'li ip.hte der Inhalt: Otto Lan D wissenschaftlichen Leben. — LItteratur: Wilhelm Wundt, System der Philosophie. — E. Wasmann, Zur neuereu GeschicMe der Entwickelungslehre in Deutschland. — Max Verworn, Allgemeine Physiologie. - zu Plön. — Liste. — üi. vv asmann, iiur nouoreu \jicDi;un..iit>. ■.ivi. 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Wohl gehören zu diesen unzuverlässig gewordenen Hoch- liauten manche, deren ßaufälligkeit durch hohes Alter entschuldigt wird, aber es sind auch ganze Reihen von erst in den letzten Jahrzehnten aufgeführten zwei- oder dreistöckigen Häusern in ihrer Stabilität dermaasseu be- droht, dass mehrere derselben ganz geräumt werden musstcn und bei den anderen die getrofteneu Vorkehrungen den Bewohnern den Fluchtweg bei eintretender Gefahr siehern sollen. Die Risse in den Mauern bilden ersichtlich Parallel- systeme in ganzen Häuserreihen und sind es zumeist die Eckpfeiler der Strassenviertel, welche dem Druck oder Zug am meisten ausgesetzt gewesen scheinen; wer aber, nach dem Vorbilde der Mallet'schen Ermittelungen des Ausgangspunktes des grossen Calabrischen Erdbebens, die Spaltenrichtungen der Hausmauern benutzen wollte, um einen Mittelpunkt für die schädigenden Einflüsse li(n-auszufindcn, \vird bald die Vergeblichkeit seiner Be- mühungen erkennen. Wie deutlich zu erkennen, haben mehrere Ursachen gewirkt. Schon der Umstand, dass die intensivsten Schädigungen nicht auf einen Funkt be- schränkt auftreten, sondern einerseits in der Zeisings- strasse, andererseits in der Rammthor- und Rammberg- strasse (s. Fig. 1), erschwert die Forschung. Die Schädigungen sind stets als Folgeerscheinungen von Erschütterungen eingetreten, wie solche als Erdbeben- *) „Die Katastrophe an den Mansfoldor Soon" hat Dr. Willi Ulo in der Naturw. Woclienschr. fX (1894) Nr. 27 gospliildert. liod. Schwingungen schon von vielen Beobachtern beschrieben wurden; auch begleitende Geräusche werden erwähnt. Trotzdem lässt sich schon deshalb nicht an wirkliehe, auf gebirgsbildende oder vulcanische Kräfte zurückführbare Erdbeben denken, weil diese meist in noch viel aus- gedehnteren Landstrichen fühlbar werden, als wie hier der Fall ist. Es ist auch nicht nur eine einzige schädi- gende Erschütterung bemerkt worden, sondern eine grössere Anzahl von in ihrer Stärke verschiedenen, die ohne er- kennbare Regelmässigkeit auf einander folgten und von denen die verschiedeneu Stellen in wechselnder Intensität getroffen wurden; sie wurden seit dem Herbste 1892 wahrgenommen und nahmen seit dem December 1893 an Menge zu, bis sie mit dem Jahre 1896 wieder nach- liessen. Der Erdboden zeigte sowohl Senkungen als auch mehr oder weniger weit fortsetzende Spalten und Risse. Die tiefste Bodensenkung wurde inmitten des nach Norden ziehenden Theiles der Zeisingstrasse beobachtet, wo sich leicht begreiflicher Weise zugleich die grössten Gebäude- schädigungeu einstellten, und (im Juli 1896) auf etwa 2 m geschätzt; allinählich verringert sieh von ihr aus allseitig der Senkungsbetrag. Die grösste Erdbodenspalte ist auf beigegebener Lageskizze als VI bezeichnet; sie besass über 300 m Länge und klaffte etwa 0,3 m weit. Diese Maassangaben werden schon allein, im Vergleich mit der wui genommen, die belegen. Bedeutung denen zu Schneidemühl Eislebener Ereignisse Gleich nach den ersten stärkeren Bodenerschütterungen de natürlicher Weise deren Ursache eifrig nachge- forscht, nicht nur der Entschädigungsausprüche halber, sondern auch wegen der Frage, ob in der Zukunft eine Wiederholung sei. Die oder gar noch Schlimmeres zu gewärtigen Meinungen der Sachverständigen waren aber 422 Naturwisscuschaftliche Wochenschrift. XII. Nr. 36. sehr getheilt. Während eine geologische Autorität geneigt war, die Zerklüftung der unterlagernden Gebirgsmassen einzelnen Erscheinungen unbedingt durchlässigkeit in grosse Schollen haftljar zu machen, indem bei dem nie ruhenden gebirgshildendcn Processc alte S])altcn „wieder aufthaten", suchten Andere die Ursache in der Oberfläche nahen Umständen. Zweifellos haben diese auch bei vielen Schädigungen mitgewirkt und ist die Berücksichtigung der Oberflächenvcrhältnissc bei der Hc urtlieilung der boten. Den Untergrund Eislebens bildet im Allgemeinen die untere Buntsandsteinstnfe in etwa 200 m Mächtigkeit, deren Gesteinscharakter dem geologischen Namen sehr wenig entspricht und in der Hauptmasse tlionig ist; in ihr entstandene Spaitrisse müssen also bald wieder verdrückt und geschlossen werden und ist irgendwelche Wasser- von ihr nicht zu erwarten. Der grössere Theil der Stadt hat aber diese Buntsandsteinschichten nicht unmittelbar als Baugrund, sondern eine diluviale oder alluviale, zumeist geringmächtige Schotterdecke, unter welcher sich strecken- weise, innerhalb wie ausserhalb der Stadt, Binnensee - Ablagerungen („lacustrische") von Kap- selthonen, Knollenstei- nen und Quaizsanden der Braunkohlenstufe fin- den. So wurden in der schon genannten Zeising- strasse durch Schurf- schächte und Bohrlöcher mit Thonen wechsella- gerndc Sand-, Kies- und Geröllmassen von an sich sehr schnell abändernder Dicke, aber bis zu 10 m Gesammtmächtigkeit nachgewiesen. ablageplatz in persönlicher Erinnerung steht, noch heute an seiner Meinung fest, dass nur diese schlechte Beschaften- heit des Baugrundes in Verbindung mit Grundwasser- einflüssen die Schädenursache sei. Ferner wurde eine Aeuderung der Grundwasserverhältnisse in Folge mangel- hafter Abdichtung der vorhandenen älteren und neueren Wasserleitungen in Betracht gezogen, sowie eingetretener Stau gewisser Grnndwasscrströmungen durch vorgenoumicnc Strassenbauten und durcii die wasserdichte Ausmauerung des Flussbettes der „Bösen Sieben." Derjenige zu Ratlie gezogene Sachverständige aber, welcher diese Oberflächen- verhältnisse am eingehendsten erforschte und kritisirte, vermochte dennoch in ihnen allein Sache nicht zu erkennen und kam Vermuthung eines in den tieferen legenen Erscliütferungsherdes. Einen solchen in einer grossen. die zureichende schliesslich auch Gcbirüsschichten Ur- zur be- e^üaa , ii him ■Erklärung S5S ,l'AU„^. In diesen Boden hat nun das Eisleben durch- eilende Flüsschen, die „böse Sieben" genannt, sein Bett etwa 10 m tief eingegraben und besitzt das Ufer- gelände, zumal in den untersten 5 Metern Höhe, zumeist ziemlich steile Böschung. Letztere bedingt gewiss eine Schwächung der auf ihr ruhenden Gebäude. War es doch schon vor Jahren vorgekommen, dass ein Theil des Grund- stückes auf welchem das jetzt bis zur " ' schädigte Haus eines Markscheiders (am steht, abwärts geglitten war. Da nun Flussbettes dem zu diesem zudrängenden Grundwasser- strömungen, sowohl denen der eigentlichen, nur durch wasserdurcidässige Ablagerungen von der Atmosphäre getrennten Grundwasserstnfe („nappe phreati([ue"), als auch den tieferen, sicii unterliall) der erwähnten „lacustri- schen" Tlione in Sand- und Kicslageru bewegenden, grosse Flussgeschwindigkeit giebt, in Folge deren sie loses Material hinwegschwennnen können, so war auch deren Vertheilung zu berücksichtigen ; denn wo abgelagerte Massen weggespült wurden, musste ein Nachsinken des durch Gebäude belasteten Bodens stattfinden. Desiialb hält ein Kenner der Verhältnisse, dem die Gegend der Fis- Das Eislebener Erschütterungsgebiet. Unbcwolnd)arkcit gc- Ranunberge) die tiefe Lage des heutigen Zeisingstrasse als vormaliger sumpfiger Schutt- zu Bruche gegange- nen Gypsschlotte zu ver- muthen, lag sehr nahe. Gyps und Anhydrit, d. h. wasserhaltiges und was- serfreies Caleiumsulfat, sind ja bei Eisleben keine Selteniieiten. Zwar die schon gekennzeichnete Ijuntsandsteinstufe enthält nur ganz vereinzelte oder geringmächtige Gypslin- sen oder -Stöcke, dagegen ist von den diese unter- lagernden Zechsteinstufen der Reichthum an Cal- ciumsulfatcn und stellen- weise auch Salzen längst i)ekannt. Ueberall, wo in der Umgegend von Eis- leben diese Zechsteinstu- fen der Oberfläche ange- nähert liegen, sind denn auch „Erdfällc" ganz ge- wöhnliche Erscheinungen und sind ferner vom Beigbau nicht nur einzel- ne, sich selbsttragende Hohliäume angetroften worden, sondern auch ganze Aneinanderreihun- gen solcher (sogenannte „Schlottenzüge"), von denen der in etwa 100 m Tiefe unter der Oberfläche in Richtung des Schichtenstreichens ziehende Wimmelburger Gyjisschlottenzug in diesem Jahriiundert vielbesucht wnrdc; dicseZüge sindsogarfrüherzur Ableitung des Grul)enwasscrs bciuitzt worden. Hierbei darf jedoch nicht unerwähnt Ideiben, dass manche Bergleute sich diese Hohlräume im Gyi)se niciit durcli \Veglaugung von Gyps, sondern von diesem eingelagert gewesene Steinsalze ent- standen denken, gerade als ob man annehmen wollte, dass an Stelle der Tropfsteinhöhlen sich einst andersartige „Fremdkiirper" in den Kalksteinen befunden hätten; für die Gypsschlottenzügc cisciKint solche Meinung aber ganz haUlos, denn am Winnncll)urger z. B. ist deutlich erkenn- bar, dass derscllie durch das Zusainnienlaufen und Sehneiden gewisser Gebirgsspalten in seiner Existenz, Form und Lage bedingt ist; auch weist derselbe von einem ehemaligen Saizlager keine Spur auf, weder in seiner Ge- stalt noch in einem Salzgehalte seiner Sickerwasser. Schlottenbrüche ziehen aber, wie schon oben dar- gelegt, nur l)ei geringer Ticfenlage noch die Oberfläche in Mitleidenschaft, und bei der Frage nach der Ursache ^■33 SltLn^l XII. Nr. 36 Niituiwi.ssciiscbaCtliclie Wochenschrift. 423 der Eislebencr Büdener.schüttcrunycn handelt es sich eben nicht allein um deren Art, sondern auch ganz besonders um deren Kräfteausniaass. Die Behauptung', dass ein grosser Schlottenbruch die Schuld trage, fand nun, tvof/,deni dass der Untergrund Eislebens bis über "iUO m Tiefe hinab keinen Anlass zur Entstehung von Hohlräumen bietet, dennoch in sehr weiten Kreisen willige Anerkennung und Verbreitung, eigentlich aber wohl nur wegen zwei zufälliger Umstände. Davon war der eine der, dass mit ihr zugleich ein zahlnngsfäliiger Schadeustiftcr ermittelt war, denn es handelt sicii jener Erklärungsweise zufolge zu Eisleben nicht mehr um Ausflüsse eines ohne menschliches Zuthun eingetretenen natürlichen Processes; wo .Schädigungen durch einen S(dcheu entstehen, da ist es ja, Gott sei Dank, in Culturländern üblich geworden, den CJeseliä- digten aus öftentlichcn Mitteln oder durch I!e- günstigungen Hilfe zu leisten; diese zu errei- chen ist jedoch umständ- lich und insbesondere dann schwierig, wenn es, wie in diesem Falle, nicht handgreiflich ist, dass höhere Gewalt al- lein die Schuld an den Vermögensverlusten trage. Viel einfacher ist das Verfahren, wenn eine juristische Person als Urheber belangt werden kann, deren Ver- mögenstand eine voll- ständige Scliadloshal- tung verspricht. Als solch solventer Schadeu- stifter wurde nun in diesem Falle der Berg- bau der „Mansfeld'schen Kupferschiefer bauen- den Gewerkschaft" hin- gestellt, gegen den auch bald EntsehädigUDgsan- sprttche auf dem Rechts- wege angestrengt wur- mal ihr Vertreter, und zwar dem Vernehmen nach nur zum Zwecke unbehinderter Aeusserung seiner Meinung, aus dem königlichen Dienste ausschied. Des leicliteren Verständnisses jener lieweisführung halber müssen jedoch hier erst die wichtigsten geolo- gischen und bergbaulichen Verhältnisse der Eislebener Gegend kurz dargestellt werden. Jüngere Abloaerungen als dieses. flOupfsoc/l/'iltSunfsafyaifein den. Ein schnelles Ein geständniss erblickten die Kläger denn auch darin, dass die beklagte Gcwerk- sciiaft im vorigen Jahre eine halbe Million Mark anwies zur Bezahlung von Gebäudeschäden nach unparteiischer Schätzung und mit der Bedingung, dass dieselben nicht nochmals in Rechnung gestellt werden dürfen. Der andere, dem Beweisversuche insbesondere in Laienkreisen lebhaftes Interesse werbende Umstand war aber der, dass der ihn unternehmende Sachverständige jahrelang als königlicher Revierbeamter die bergi)olizei- liche Aufsicht über den Mansfeld-Eislel)ener Bergbau ge- führt hatte und, wie er geäussert haben soll, den Eintritt der Ereigni.sse vorausgesehen und erwartet haben will. Bei der Gewalt, welche das preussische Berggesetz dem Revierbeamten einräumt, ohne dessen Genehmigung im Bergwerk keine Keilhaue gerührt und kein Sprengloch gebohrt werden darf, konnte da mit Recht als unbegreil- lich hingestellt werden, dass der Beamte unter solchen Umständen nicht vorher Halt geboten oder geeignete Vor- beugungsmaassregeln angeordnet habe. Trotzdem gewann natürlich die Behauptung hierdurch sehr au Gewicht, zu- Fig. 2. Das Eislebener Gebirgsbecken. Auf dem aus Geröllmassen von Quarzgesteinen und Porphyren, aus Sandsteinen und Letten (Schieferthonen), also aus kicseligcm und thonigem Materiale aufgebauten, gewaltigen Gebirge des ,,Rothliegenden" oder „rothen Todtliegenden" ruht da, nur durcli das diesem ähnliche, 0,2—2,0 m mächtige „Weissliegende" getrennt, der dun- kele, bituminöse Mergelscbiefer auf, welcher wegen seines Gehaltes au schwefligen Kupfererzen die Bezeich- nung „Kupferschiefer" erhalten hat. Obwohl die Gcsammtmächtig- keit der Kupferschiefer- Schichten nur 30 bis 55 cm beträgt, weshalb der Bergmann bei ihrem Abbau auf der Seite liegend arbeiten muss, werden an ihnen nach Verschiedenheiten in Eigenschaften und Be- stand doch noch 5—9 besondere Lagen unter- schieden. Nach oben folgen dann das „Dach", eine 15—35 cm dicke, compacte, mergelige Kalksteinbank, hierauf 0,75—1 m schiefriger Kalkstein (die „Fäule") und die übrigen, je 10 bis 30 cm, zusammen etwa 6 m mächtigen Bänke des eigentlichen, zuerst so benannten „Zechsteins", die aus gell) lieh bis rauchgrau- em, gemeinem Kalk- stein bestehen. Dieser eigentliche „Zechsteiu" ist hier das regelmässig- ste und andauerndste Glied des ganzen, in abgelagerten Schichtensystems, auf von den Geologen übertragen wurde. I derselben Periode welches sein Name Die über ihm lagernden Massen (mittlere und obere Zech- steinstufe) bestehen liauiitsächlich aus Anhydrit mit etwas Gyps und stellenweise auch mit Salzlagern. Die Anhydrit- massen lagern selten unmittelbar auf dem Zechsteine, sondern werden von ihm getrennt zuweilen durch eine geringmächtige „ Rauchwacken"-Bank (magncsiumhaltiger Kalkstein nut zahlreichen, kleinen Hohlräumen), häufiger jedoch durch ein unregelmässig verl>reitetes, oft sich aus- keilendes „Aschen"-Lager. In viel bedeutenderer, aller- dings auch sehr wechselnder Mächtigkeit, tritt aber die „Asche", ein grauer, scharfsandiger Dolomitmergel (Thon mit Krystallen von Magnesium-Calciumcarbonat), in Ge- sellschaft mit dunklen, bituminösen Mergelschiefern („Stink- schiefern") und „Rauhsteiuen" (verhärteter Asche), in einem oberen Horizonte auf, durch welchen der Anhydrit in eine ältere, mächtigere und eine jüngere, gewöhnlich noch Thon führende Stufe gegliedert wird. Alle diese gleichsinnig auf einander gelagerten und 424 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. XII. Nr. 3ß. gleielierweise von den jüng-eren Ablag-erungen bedeckten Schicbtenmassen besitzen im Allgemeinen vom Harz- gebirge hinweggerichtete Neigung, die für den Kupfer- schiefer am Harzrande selbst bis zu 70" Fallwinkel be- tragen kann, sich jedoch sehr bald bis zu 5 — 7^ mässigt. Durch zwei vom Harz ausgehende, sattelförmige Er- hc))ungen (Annarode-Hornburg und Hettstedt-Gerbstedt), in denen das Rothliegende zu Tage liegt, erhält das Eis- lebcner Gebiet den Charakter eines nach Südosten offenen Muldenbeckens, dessen Inneres die Ablagerungen er- füllen, welche jünger als das Rothliegende sind. In Folge der Muldenbilduug streichen alle .Schichten nach dem Rande zu an der Oberfläche aus, diejenigen des Zechsteins finden sich jedoch da in einer dermaassen ver- ringerten Mächtigkeit, dass sie in dem Maassstabe der Fig. 2 nicht mehr zu gesonderter Darstellung kommen können, sondern die Grenze des Rothliegenden zugleich den Ort ihres „Ausbisses" angicbt, mithin die Buntsand- steinstufe dem Rothliegenden unmittelbar aufzulagern scheint. Verwitterung und Abschwemmung haben dann bewirkt, dass nur die Schichten des unteren Buntsandsteins den Muldenraud erreichen, während die jüngeren Stufen desselben, sowie auch einige Muschelkalkschollen erst öst- - . lieh vom Thal der „bösen Sieben" auftreten. Von dem Vorkonnnen lacustrischer Ab- lagerungeu der Braunkohlen- Periode war schon oben die Rede. Die Regelmässigkeit des ' " ' ge- das Ge- aufnimmt und bei Friedeberg in die Saale entlässt — von weiter westlieh gelegenen (Otto) Schächten aus durch lange horizontale Querschläge und dem Kupferscliiefer- ilötzc in seinem Einfallen folgende „Flache" aufgefahren waren. Beim Vortreiben derselben war man auch in den Martinsschachter Flötzgraben gekommen, ohne dass die denselben begrenzenden, jedenfalls weithin und hoch hinauf fortsetzenden Gebirgsspalteu hätten Wasser zu- treten lassen, was als eine sehr wichtige Thatsache zu vermerken ist. Innerhalb des Flötzgrabens wurden im älteren Anhydrit zwar nicht Hohlräume und Schlotten, aber Steinsalzniasscn angetroft'en (mit der II. Tiefbau- sohle an zwei 120 m von einander entlegenen Orteu, 850 m südöstlich davon mit der III. Soiile an einer Stelle; hiervon wiederum G75 m nach SO entfernt wurde Steinsalz mit der IV. Tiefbausohle in 177 m Strecken- länge und mit dem „Hilfsflachen" in 32 m Streckenlänge durchörtert; ausserhalb des Flötzgrabens ist man in Eis- lebener Gegend auf Steinsalz nur mit dem Segeugottes- Schachte I gestossen, wo es nicht mächtiger als 0,[) m war). Nach Herstellung der Verbindung der IV. Sohle mit dem Clotilder Schachte wurde nun zur Gewinnung des Kupfer- schiefers geschritten, obwohl r I Gebirgsbaues wird jedoch stört durch einige, noch in Rothliegende verfolgbare birgsspalten und Faltungen; von den an diagonal zum Schichten- streichen (d. h. zu den in die Schichtcbenen legbaren liorizon- tallinien) gerichteten Spalten er- folgten grabenähnlichen Ver- senkungen ganzer Gebirgssehol bezichtigende sagt, „mit Fig. 3. Profil des Martinschachter Flötzgrabens len kommt nun auch eine für in Betracht, der in Fig. das engere Eislebener Gebiet 1 mitverzeichnete „Martins- schachter Flötzgraben", in welchem sich die Schicht- massen um etwa .30 ra versenkt finden, wie dies die längs des Querschlags der IV. Tiefbausohle (s. Fig. 1) Profilskizze Fig. 3 darstellt. S'clegte Angesichts des ununterbrochenen Falleus der Kupfer- uud Silberpreise hatte sich nun die Mansfeld'sehe Gewerk- schaft veranlasst gesehen, ihren Betrieb innner mehr zu vergrössern, um bei Verminderung des Reingewinns an der Tonne Erz durch Massenerzeugung die Sunmie des Gesannntertrages hoch zu halten. Während der Bergbau l)is dahin nur am Muldenrande, in Ansehung des be- sonderen Falles also weiter im Westen von der Stadt Eislebeu, umgegangen war, schritt man deshalb im An- fang der achtziger Jahre zur Vorrichtung der weiter nmldeneinwärts nnd auch der unter der Stadt selbst belegenen Flötztheile („Flötzfelder"). Die zu diesem Behufe abgeteuften Schächte (Segen-Gottes-Schächte im Westen, Clotilde-Schacht im Norden der Stadt) trafen aber in den Aschen-Horizonten auf so gewaltige Wasser- niassen, dass ihre Fertigstellung ungemein verzögert wurde und nicht eher gelang, als wie auch schon die geplanten Tiefbausohlenstrecken — deren Verlauf als unterirdische Niveaulinien in Fig. 2 in je 63 m Tiefe untereinander die Muldenform gut erkennen lässt und deren Reihenfolge vom Niveau des „Schlüsselstollens" ab gezählt wird, welcher das Grubenwasser fast des ganzen Beckenrandes in seinem etwa 34 km betragenden Verlauf Zerklüftung dieser Gebir man, wie der den Bergbau als Schadenstifter Sachverständig; Sicherheit hätte darauf rechnen müssen, dass eines Tages sich die in der Schlotteu- region angesammelten Wasser in die unterliegenden Gruben- baue crgiessen würden. Dieses Eindringen der Schlottenwasser unisste spätestens erfolgen, wenn durch die Zunahme des durch den Abbau des Kupferschiefer- flötzes entstehenden Gebirgs- drucks ein Abreissen des Zech- steins und eines Thcils des(iipses (rcctius: Auhydrites), sowie eine sschichten eintreten würde". Dass solche, zu Riss- und Spaltenbildung führende Gebirgs- Spannuugen vom Bergbau eingeleitet werden, ist un- bezweifelte Thatsaclie. Zwar hinterlässt der Kupfer- schieferbau keine so hohen Abbauräume, wie die meisten anderen Flötz-Gewinnungeu, wo man von den ])eripheri- schen Tlieilen der Flötzfelder nach den Fördcrstellen zurückschreitend, die mächtigen Flötze in „Pfeilera" ge- winnt, deren Dach man darnach zu Bruche gehen lässt ohne weitere Vorsorge, als dass dieses möglichst all- mählich und gleichmässig und ohne Aufreisseu Wasser zuführender Spalten geschehe (was in dem oben er- wähnten Fall von l>rüx nicht genügend berücksielitigt wurde); es findet vielmehr hier vom Förderpunkt aus vor- schreitender „Strebbau" statt und werden die abgebauten Räume mit Steinen in Trockenmauerung erfüllt („mit Bergen versetzt"). Solcher „Bergversatz" kann aber natürlich ein gewisses, wenn auch nur geringes Nach- sinken des Daches, Abreissen desselben von den darüber lagernden Schicliten und Bildung in die Höhe fort- setzender Spalten nicht hindern; überdies sieht der Eis- lebener Bergmann massige Spannungen im Gebirge sogar sehr gern, da sie ihm den Abbau des Kupferschiefers er- leichtern, und erzielt sie deshalb sogar plaimiässig schon vor der eigentlichen Hereingewinnung des Kupferschiefers, indem er die v(U'gcrichteten „Streben" (Flötzabtheilungen) nach dem Schiessen des längere Zeit ruhen lässt Der im Jahre 1888 au der in Fig. 1 bezeichneten zuerst eingreifenden „Schramms" XII. Nr. 36. Naturwissenschaftliche Wocheuschriit. 425 Stelle begonneue Abbau fand nun in der Tbat ein vor- zeitiges Ende durch den Einbruch gewaltiger Wasser- niassen am 2(). Juli 1889, welche alle Grubcnrilunic bis oberhalb der II. Tielbansohle erfüllen. Nun kann man wohl als einen technischen und wirthschaf'tlichen Fehler rügen, dass, nachdem man beim Abteufen der benach- barten Schächte den ungeheuren, ersichtlich aber den- noch unterschät/ten Wasserandrang aus den Aschen-Lagern kennen gelernt hatte, trotzdem die Al)l)au-Art nicht in ent- s])rechender Weise abgeändert wurde, um die zu frühe Bildung hoch hinaufsetzender Spalten zu vermeiden, und ■ dass auch nicht gleich genügende Pumpen aufgestellt waren, um einem Wassercinl)ruche zu begegnen, aber eine Gefährdung der Oberfläche konnte mit dem Wassereinbruche an sich nur insoweit gegeben sein, als hierbei möglicher Weise darüber gelegene Höhlen, welche bis dahin durch Erfüllung mit unter hohem Drucke stehendem Wasser „sich selbst tragend'- ge- blieben waren, in Folge der Entleerung die Stabilität verloren, zu Bruche gingen und die Deckenniassen nachzogen; unter Begleitung von den Culturbauten schädlichen Erschütterungen hätten sich also Erdfälle bilden können. Diese mögliehen, jedoch unbewiesenen Vorgänge konnten jedoch eine llaftliarmachung des Bergbaues noch nicht begründen, da ihm die Bildung der supponirten, alten Hohlräume nicht zur Last gelegt werden kann. Seine Schuld wird dagegen daraus abgeleitet, dass er mit seinen Strecken dem Wasser bis dahin unzugänglich gebliebene Steinsalzmassen aufgeschlossen hat, welche nun der losenden Kraft des eingebrochenen Wassers aus- gesetzt wurden. Da letzteres überdies nicht in Ruhe be- lassen, sondern durch das zu seiner Bewältigung vor- genommene Pumpen in Bewegung gesetzt wurde, mussten auch fortwährend neue, lösungsfähigere Partieen des- selben an das Salz herantreten und dieses in beschleunigtem Verfahren weglaugen. So lässt der Bergbau Hohlräume entstehen. Woher das Wasser kam, ist nel)ensächlich. Die An- fangs aufgestellte Behauptung, dass es aus dem fast 10 km entfernten „Salzigen See" stamme*), i.st fallen gelassen worden, nachdem sich gezeigt hat, dass dessen künstliche P^utleerung den Wasseraudrang nicht vermindert hat. Die Tiefenlage der mit Wasser geschwängerten Aschen- Horizonte lässt schon an sich in diesen ziemlich „uner- schöpfliche" Wasserspeuder vermuthen. Seitdem die Pumpen das eingedrungene Wasser zu heben haben, zeigt in der That das auf dem Schlüssel- stollen abfliesseude Grubenwasser einen viel höheren Salz- gehalt als früher; dass dieser allein den Grnbenräuracn entnommen, lässt sieh aber natürlich nicht nachweisen. Wenn durch Weglaugung des in 327 m unter der Oberfläche angetroffenen Steinsalzes ein Hohlraum ent- stehen soll, dessen Zusammenbruch noch die Oberfläche in Mitleidenschaft zieht, nuiss das Salz als ganz ge- waltiger „Stock" vorhanden gewesen sein. Dies wird durch den Hinweis wahrscheinlich zu machen gesucht, dass das an den beiden getrennten Stellen in der IV. Tief- *) Auch nach ilei- .iiif S. 325 in No. 27, Jahrg. 1894 tliesor Wochenschrift (?ntwickolten Uaretellung ist „zweifellos" der salzige See dem Bergljau zum Upfer gefallen, obwohl der Verfasser an- erkennt;^ dass, aucli ungerechnet das Seewasser, ungeheure Wasser- Miassen im P.odcu aufges])eichert sein müssen, und sind die Boden- senkungen in Eisleheu die Folgen eines Schlottenbriiches. Die oft reihenförmig, also wohl längs Verticalspalten geordneten Erdfällc nn Innern des Eislebener Gebirgsbeckens können eher auf dem Buntiandstein, als auf dem Zechsteino ungehörige Gipsniassen zurückgeführt werden. Der „salzige See" mit seiner Schlotton- bruchstello aber liegt in Anbetracht des „Hornburgcr Sattels" dem Bückunrande nitlier als wie die Eislebener IV. Tiefbausohle. bausohle und des zu ihr führenden „llilfsflachen" ange- troffene Salz einem gemeinschaftlichen Salzlager angehöre, dessen Grösse durch die Strecke von 177 m Länge er- wiesen ist, in welcher die Tiefbausohle es durchörtert. Ueber die Mächtigkeit desselben, seine Höhe, ist ja aber hierndt gar nichts gesagt. Der entstandene Hohlraum soll nun bald zusannnengel)rochen sein und nach dem ersten Einstürze sei „späterhin das Nachstürzen der über- lagernden Gebirgsschichten Zug um Zug mit dem Fort- schreiten der Auflösung vor sich gegangen." Wer wolle es bezweifeln, dass dieses Nachstürzen „sich in gewissem Maasse bis zur Erdoberfläche fortpflanzen würde", zumal die Bewegungen innerhalb eines Schichtengrabens statt- fanden, dessen Schichtenmasseu schon seit vorgeschicht- licher Zeit den Zusammenhang mit ihren Fortsetzungen in der Umgebung verloren hatten (aber nnt dieser auch wieder^ wie die Trockenheit und Mineralfüllung der Grabenspaltcn gezeigt hatte, wasserdicht verkittet waren)? Der Haupttrumpf ist aber der: da auch die Stelle der ersten „Setzungserschcinungen" an der Oberfläche (Zeising- strasse) vertical oberhalb des Salzlagcrs liegt und „genau dort, wo nach sachverständiger Ansicht der erste Zu- sammenbruch der neu entstandenen Steinsalzsehlotte er- folgen nuisste", so sei es zweifellos, dass das Nach- stürzen der hangenden Schichten die Erdsenkungen und Häuserbeschädiguugen innerhalb der Stadt Eisleben be- wirkt haben." Deshalb verlangte der Sachverständige auch, dass die Entschädigungsklageu nicht erst, wie die beklagte Gewerkschaft wrmschte, dann entschieden werden möchten, wenn nach Sümpfung der ersott'eucn Grubeu- räume das unterhalb Eisleben belegene Gebirge der un- mittelbaren Untersuchung zugänglich gemacht sein würde. Kann es aber nicht auch nur Zufall sein, dass sich die schwer geschädigte Zeisingstrasse gerade oberhalb der in 327 m Tiefe angetroffenen Salzmasse befindet? Auf diesen Umstand allein lässt sich doch kein unan- fechtbarer Beweis gründen. Vielmehr konmit es auf die Massenverhältnisse des angeblich weggelaugten Salzlagers an, ob diesen mit irgendwelcher Wahrscheinlichkeit so hohe Beträge zugeschrieben werden dih-fen, dass durch den Zusammenbruch des hinterlasseuen Hohlraums in bis zu 327 m hinabreichender Tiefe trotz der oben erwähnten Wiederfüllung durch nicht oder wenigstens nicht alsobald weglaugbareu Schutt der Deckschichten noch die 01)er- fläche berührt werde. Den vorher angegebenen Zahlen- werthen zu Folge würde ja hierzu eine Hohlraumhöhe von mindestens 180 m erforderlich gewesen sein. Dass es zu solcher Annahme an jedem Anhalt, sei es auch einem solchen von geringstem Werthe, fehle, war leicht nachzuweisen. Die an sich allerdings beträchtliche Länge von 177 m, in der bei 327 m Tiefe das Salzlager durcdiörtert wurde, giebt noch kein Recht, demselben eine ebenso grosse verticale Mächtigkeit zuzuschreiben; da die Bergwerkstrecken, durch welche das Salz aufgeschlossen wurde, den Schichtungsebeucn der Ablagerungen folgen, können sie sehr wohl ganz flach gebaute Steinsalzkörper gerade in deren eminentesten Dimensionen durchfahren haben. Auch die bergbauliche Erfahrung lässt für die Eislebener Gegend das Vorkommen des Steinsalzes in nur beschränkten "Massen („Nestern") vermuthen; war doch das vom ersten Segengottesschachte durchsunkene Salz nicht über 0,5 m mächtig. Der Annahme so gewaltiger Steinsalzmassen, dass die Stabilität des Gebirges bei ge- gebener Tiefenlagc durch ihre Weglaugung in Frage ge- stellt wäre, steht aber ausserdem die Beschaflcuheit des das Salz umschliessenden, bläulieh -weissen Anhydrites entgegen. Derselbe zeigt nändich in ähnlicher Weise, wie das Steinsalz durch geringmächtige Anhydritzwischen- lagen (sogenannte „Jahresrinj ■e") in unzählige dünne 426 Natui' Wissenschaft liehe Wochenschrift. XII. Nr. 36. Schichten g-etlicilt wird, eine Gliederung durch Schichten- beläge und bis zu 5 nun dicke Zwischenlagen von dunkler, Stinkschiefer-ähnlicher Substanz. Wie die Steinsalz- „Jahresringe" lassen auch diese Zwischenschichten die Fältclungen, Wellungen und Windungen augenfälliger hervortreten und verleiht ihre dunkle Farbe den im Anhydrit stehenden Grubeuräumen allerseits zebrafeil- ähnliche, schwarzweisse Streifung der Wände und Decken. In der stinkschieferähnlichcn Substanz ist aber nichts anderes zu vei'niuthcn, als ehemalige „Flusstrübe", welche periodisch von Wasserläufen dem Meeresbecken zugeführt wurde, in welchem in der Zwischenzeit in Folge der Ver- dunstung bereits Anhydrit-Ausscheidung aus dem damit übersättigten Meereswasser erfolgte; dem Fortschreiten der Concentration und chemischen Ausscheidung bis zur Ablagerung mächtiger Salzlagcr musste nun*), wenigstens in dem betrotfencn Theile des Meerwasserbeckens oder der „Lagune", der periodische Zutritt von Sttsswasser- m.isseu, welche von ihrer Existenz in der Ablagerung der von ihnen mitgebrachten „Flusstrübe" Zeugniss hinter- liessen, entgegenwii-ken. Die hier entstehenden Salzlager konnten denniach unmöglich grosse Dimensionen erlangen, zumal das Wechselspiel zwischen Wasserabschluss und Zutritt von Meer- und Süsswasscr andauerte. Letzteres ist nämlich daraus zu schliessen, dass auch diejenigen Anhydritmassen, welche das Salz bedecken, die dunklen thonigen Zwischcnlagen besitzen, was ans der Füllung einer wirklichen Salzsclilotte zu erkennen war, welche von der II. Tief))ausohlc aus bei einer im Jahre 1895 augestellten Untersuchung am Flötzgraben-Rande ange- troffen und (im Steinsalze) mit 28 m Streckenlänge ein- seitig bis zum gegenüberliegenden Orte umfahren wurde; dieselbe war nun trocken und das Steinsalz noch durch- aus nicht alles weggelaugt; ihre an weitklatfcndcn Zwischenräumen reiche Füllung aber bestand haupt- sächlich aus Anhydritblöcken, die zweifellos aus der „Firste" (Decke) gebrochen und nachgestürzt waren; diese zeigten nun dieselbe dunkle Bäuderung wie die im Liegenden anstehenden Anhydritmassen. Ist es also schon nach den genetischen Verhältnissen der vorgefundenen Salzkörper unwahrscheinlich, dass diese ihrer durch jene bedingten geringen Massen lialbcr, bis zur Erdoberfläche reichende Schlottenbrüchc hätten ver- anlassen können, so wird die oben erwünschte Beweis- führung doch noch entschiedener widerlegt durch den Umstand, dass eine eingehendere Prüfung der an der Oberfläche aufgetretenen Störungen durchaus keine Uel)er- einstimmung nut denjenigen erkennen lässt, welche bei aus Sehlotteidn'üchen hervorgehenden Erdfällen eintreten. Schon die beiderseitige, weite Erstreckung des Schädi- gungsgebietes über dasjenige des „Flötzgrabens" hinaus ist ein jener Behauptung widersprechender Umstand, den man durch Hereinziehung einer aus den Verhältnissen der natürlichen Böschungswinkel abgeleiteten Bruch- winkcltheorie vergeblich zu erklären versucht hat. Aber auch sonst gleicht nichts den Erscheinungen, wie sie sich bei den Schlottenbrücben oder Erdfällen einzustellen pflegen und z. B. bei der oben geschilderten Ivatastroplie von ilrüx eingetreten waren. Bei ihnen herrscht auch dort, wo die Einscidvungspinge oder die trichterförmige Vertiefung noch nicht vollendet vorliegt, die Anordnung der Störungen um ein rundes oder ovales Gentralgcbiet. Entstandene Bodenspalten müssen also tangentiale oder radiale Richtung besitzen und unter Umständen Spinnen- *) Vorliingt (loi'li schon die Anliydritausschciiliiiif; oinc Vo- lumenroduction des Moerwassers auf höclistcns 11,2 pCt., die sicli während derselben noch auf wonis'er als deren Hälfte steigern nuiss, ehe sich Steinsalz a,uaschciden kann. Vorgl. Essener „Gluckauf", 189G, No. 24 und 25. netz-ähnlich angeordnet sein. Hieran erinnert nun die Projection der zu Eislcben bemerkten Bodenspalten durchaus nicht und auch die etwa zu Hilfe gezogene Annahme, dass nicht nur ein Senkungspunkt, sondern zwei vorlägen (Zeisingstrasse und Kammthorstrasse), welche Combination die Erscheinungen beeinflusse, lässt sich in keiner Weise wahrseiieinlich machen. Auf die Erdbodenspalteu und deren Verhältnisse ist aber bei der Forschung an der Oberfläche die Aul'mcrksands.cit be- sonders zu richten, weil sie notliwcndigcr Weise weniger als die in Hochbauten entstandenen Risse durch zufällige Umstände beeinflusst sein werden. Es ist deshalb wohl gerechtfertigt, dass man zu- nächst die Richtung und Anordnung der Bodenspalten in Betracht zieht, wenn man nach Erkenntniss der Unwahr- scheinlichkeit der Schadcnherleitung aus dem Zusammcn- Bruclic einer Salzschlottc der Grundursache der Eislcbener Bodenerschütterungen nachforscht. Zwar ganz frei von den Einflüssen der schon oben erwähnten oberHächlicheu Verhältnisse, nämlich den steilen Oberflächenböschungen und den Setzungen in den jungen Kies- und 'J'honlagern, wird auch die Entstehung der Bodenspalten nicht zn denken sein; so mögen jene die in Fig. 1 als Spalte I bezeichnete, die Annenkirche durchsetzende, diese die Spalte II mitbedingt haben. In der Richtung der übrigen Bodenspalten aber wird man das Walten einer Regel- mässigkeit nicht verkennen. Sie sind alle einander parallel, von Südost nach Nordwest gerichtet. Diese Uebereiustiinmung ihrer Richtungen beweist nach Lehr- sätzen, deren Entwickelung hier zu weit abführen würde, dass die Erschütterungen, welche zur Spaltenbildung Anlass gaben, nicht von einem einzigen Punkte, sondern von einer Mehrheit solcher ausgingen, welche aber alle in einer ebenso „streichenden" Fläche lagen. Statt einer einzigen Fläche konnten es jedoch auch mehrere sein, die aber alle entweder einander parallel waren oder wenigstens dieselbe „Streicbrichtung" besitzen mussten, d. h. bei denen die in die einzelnen Flächen hinein- gelegten Horizontallinien (Streichlinien) Parallelität unter sich und mit derjenigen der Bodenspalten aufwiesen. Dieselbe Streicbrichtung iiesitzeu nun aber auch alle den Untergrund bis zum Rothliegenden hinab ])il(lenden Schichten; von den der Streiclnichtung im Allgemeinen folgenden Tiefbausoiden lässt z. B. in Fig. 1 die ein- gezeichnete IV. Sohle ihre Parallelität mit den Boden- spalten deutlich erkennen. Dieses wichtige Verhältniss lässt verniutiicn, dass die Eislebener Erschütterungen von tcktonisdicn Flächen des den Untergrund aufbauenden Gebirges ausgegangen sind, längs welchen die Stabilität verloren gegangen war und ein Zubruchegehen und Nachsinken eintrat; letzteres kann aber nicht in der ganzen Flächenerstreckung erfolgt sein, ■ sondern nur innerhalb einer dem Schichtenstreichen | folgenden, mithin auch dem „Au.sbisse" der Schichten am Rande des Gebirgsbeckens (vgl. Fig. 2) parallelen Zone, zu welcher das Schädigungsgebiet mit gehört. Wodurch mag aber die Stabilität geschwächt worden sein? Vcrmuthlich nur durch Substanzvcrlust, entweder den Verlust vollständiger Gesteinskörper oder eine Ver- minderung noch vorhandener. Allein das imierhalb des Schichtensystems kreisende Wasser wird man als Werk- zeug und Vehikel der Substanzniinderung zu betrachten haben, wie dieses auch der oben erwähnte Nachweis will. Das Wasser wird mittels seiner Lösungs- fähigkeit die Schiclitmasscn geschwächt haben. Um die Frage beantworten zu können, welcher Art die gelösten Substanzen gewesen sein werden, sind die im Gebirge vorkounnenden Gesteinsmassen sowohl nach ihrer mehr oder weniger grossen Lösbarkeit durch XII. Nr. 36 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. i-21 atmosphiirisclies Wasser als auch naeii ilireni Wcrtlie für die Stabilität der Gebirgsmassen zu mustern, jedoch er- scheint es riltiilich, noch vorher den Zutrittswegen des Wassers m den Gesteinen im Untergrunde nach- zuforschen. Da innerhalb der Eislcbener Schichtennndde die wasserundurchlässigen Massen der unteren ßuntsandstein- stufe in sehr erliebiichcr Mächtigkeit die für Wasser an- greifbaren (Jesteinc bedeckten, darf man es als unmöglich bezeichnen, dass zu letzteren das Wasser von der Ober- llächc auf kürzestem Wege hinzutrete; dass es hier verti- calen Gcbirgsspalten von oben nicht folgen kann, wird auch durch die Ti-oekenlicit derjenigen bezeugt, welche den Martinsschachter Flützgraben begrenzen; nur in der Nach- barschaft des Muldenrandes, wo jene licdcckung ge- schwächt und abgetragen ist, wird man denmach erwarten dürfen, längs von der Oberfläche in die Tiefe setzender Spalten lloldräume zu finden. Die Eintrittspunkte des Wassers in das Schichtensysteni der Gebirgsniuldc, das, wie die bergbaulichen Erfahrungen lehren, dabei sehr grosse Mengen desselben beherbergt, sind demnach nur am Muldenrande zu vernnithen, wo die einzelnen Schichten ausbeissen und an die (Oberfläche treten oder dieser wenigstens nahekommen. Ist nun der Beckenrand die Einflusszone des aus- und weglaugenden AVassers, so wird als nur natürlich anzuerkennen sein, dass sich auch die Wirkungsgrössen der Weglaugung in dem Becken- rande i)arallelen Zonen offenbaren. Bei den durch Wasser angreifl)aren Gesteinen des Gebirgssystems kcunnit es nun, eben des seitlichen Zu- trittes des Lösungsmittels halber, nicht so sehr auf den Grad der Löslichkeit au, als auf ihre durch primäres Gefüge oder secundäre Zerklüftung gegebene Wasser- durchlässigkeit in Richtung der eigenen Schichterstrcckung. Salz und Gyps erscheinen schon ihrer geringen Massen- entwickelung halber für die Stabilität des Gcbirgsganzen ohne Bedeutung, überdies aber sind sie bezüglich des Massenzutritts abhängig von den sie umschlicssenden Anhydritmassen. Letztere sind nicht unnuttclbar wasser- löslich, sondern der Anhydrit wird zunächst in Gyps um- gewandelt, von welchem sich Ueberzüge auf allen seinen, dem Wasser ausgesetzt gewesenen Wänden flnden. Doch ist er nicht ungemein gierig, Wasser aufzunehmen und zu schlucken („hygroskopisch"), wie er dies nach einer zwar verbreiteten, aber sehr anfechtbaren Theorie sein müsste, welche die Umwandlung des Anbydrites in Gyps gleich in grossen Massen vor sich gehen lässt, wobei das ent- stehende Raumbedürfuiss nicht allein die Windungen der Schichten (die in ausgezeichneter Ausbildung sich sclion im frischen Anhydrite wie auch im Steinsalze flnden!), sondern auch Sprengungen der Deckschichten bewirkt haben soll. Die Umwandlung erscheint vielmehr immer nur von Spalten aus bewirkt, welche dem Wasser die Angriffsflächen boten; der entstandene Gypsüberzug ge- währt aber dann dem eingehüllten Anhydrit einen ge- wissen Schutz gegen das Wasser, in Folge dessen der Prozessgang verzögert wird. Von einer so weitgehenden Zerklüftung der compacten Anhydritniassen aber, dass dem Wasser von deren „Ausbiss" am Muldenrande her zahlreiche freie Bahnen bis in den Eislcbener Untergrund eröffnet wären, ist wenigstens in den zugänglichen Grubenräumen des Martinsschachter Flötzgrabens auch nicht einmal eine Andeutung vorhanden, und ist deren Existenz demnach unwahrscheinlich. Die für die ungeheuren Massen des im Gebirge an- getroffenen Wassers erforderliche Durchlässigkeit in Richtung der Schichtungsflächcn ist unter allen Gliedern des den Eislcbener Kupferschiefer überlagernden Gebirges • ig • • - einzig bei den sogenannten „Aschcnlagcrn" und den „Rauhwackeu" vorauszusetzen. Von ihnen walten an Masse jene sehr bcträciitlich vor, wenigstens insoweit die bislang gemachten Aufschlüsse beurtheilen lassen. Nun ist die „Asche" ein dem Eislel)ener Gebirgsbccken ganz eigenthümliches Gestein, welches sich sogar in der Nachbarschaft dcsselljcn nur in untergeordneten Massen findet und mit der Entfernung von da rasch noch seltener wird; ihrem Mineralbestande nach ist sie, wie schon er- wähnt, ein Gemenge scharfen und groben Dolomitsandes (Magncsiuni-Calciumcarbonat) mit bituminösem Thon. Schon von alter Zeit iicr aber wird sie vom Eislcbener Bergmanne für einen durch Auslaugung der übrigen Ge- steiussubstanz isolirten Rückstand eines ehemals festen Gesteins erklärt, welcher Meinung man vom gesteins- kundigen und geologischen Standpunkte aus nur zu- stimmen kann mit der Versicherung, dass die „Aschen" in ihrem derzeitigen Befunde unmöglich ursprüngliche („primäre") Ablagerungen sein können. Als Mutter- gestein, aus dem sie durch die auslaugende Wirkung des kohlcnsäurehaltigen Wassers (s. oben) hervorgegangen sind, wird man einen dolomitischen (d. h. Magnesium- haltigen) Kalkstein von geringem Thongehalte fordern müssen; um dem auslaugenden Wasser sowohl Zutritts- wege als auch Angriflsflächcn zu bieten, durfte derselbe jedoch nicht comi)act sein, sondern musste wasserdurch- lässige, poröse oder cavcrnöse Struetur besitzen, wie solche die noch jetzt in Gesellschaft der Aschen ange- trofteue „Rauhwacke" aufweist. Aus diesem Mutter- gestein laugt das Wasser das reine Calciumcarbonat aus, wie es dieses entlang den Gesteinsspalten weglaugend (zumeist unter Hinterlassung eines thonigen Rückstandes) in anderen Kalksteinen Hohlräume bildet. Gegen die Thatsächliehkeit des Vorganges im Eislcbener Gebirgs- becken lässt sich auch nicht der an sich gewiss noch einer Aufklärung dringend bedürftige Umstand verwerthen, dass hier die in den Gebieten des Muschelkalks als Quellenabsätzc so gewöhnlichen oberflächlichen Kalktult- lager vermisst werden, denn diese fehlen überall im Ge- biete der dolomitischen Zechsteinkalksteine und zwar auch dort, wo diese zu grossen Höhlen erweiterte Spalten aufweisen. Da hier aber der chemische Angriff nicht so sehr von den Spalten eines im üebrigen noch ziemlieh com- pacten Gesteins ausging, sondern das auslaugende Wasser die ganze schwammige Gesteinsschicht gewissermaassen durchtränkte, wobei es nothwendiger Weise seinen Ab- wärtslauf in grössere Tiefen auf der Oberfläche unter- liegender und zwischengelagerter wassserundurchlässiger Schichten genommen haben wird, kam es nicht zur Aus- bildung vereinzelter, hoher Höhlencanäle und Gallcrien, sondern zur Auszehrung weiter, al)cr flacher, den Scbicht- fugeu parallel liegender Räume. Wo nun die Wasser- durchlässigkeit schichtenweise verschieden gross war, was in Anbetracht der gewöhnlichen Vergesellschaftung der Aschen mit einem oder mehreren „Stinkschiefcr"- Lagern in der Regel der Fall gewesen sein wird, mussten viele solche flache Hohlräume in vielstöckigem Etagenbau über einander enstehen. Die Aus- und Weg- laugungsräume vermehrten und vergrösserten sich dabei notiiwendig in dem Maasse, als die chemische Reaction nach Zeit "und Stärke wirkte; da nun das Reagenz mit dem Wasser nur von dem Ausbiss der Schichten am Beckenrand herkam, ordneten sich, wie schon angedeutet und unter der Voraussetzung, dass das Wasser in der ganzen Schichterstreckung überall gleichmässig durch- gelassen und nicht von einzelnen Partien durch zufällige Umstände überhaupt abgesperrt wurde, die gleichstarken Stadien des vVuslaugungsvorgangs in Zonen, welche dem Beckenrande parallel ziehen. 428 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. XII. Nr. SC). Der durch die Aus- und Weglaugung gegebene Substan/verlust der doloraitischen Kalksteinschichten ver- minderte aber nothwendii;- deren Stabilität und Trag- fähigkeit. Mit der Zeit niussten die Hohlräume zu Bruche gehen. An dem dabei entstandenen Schutte fand jedoch das chemisch angreifende Wasser noch viel bequemer zu- gängliche Speise, sodass der Process erst recht seinen Fortgang nehmen konnte. Andauernde Aus- und Weg- laugung und ihr folgendes Zubruchegehen führten daher nothwcndig zu einer Verminderung, einem „Sehwunde" der gesamniten Schichtmächtigkeit; die ganze Oberfläche niuss einst, ganz abgesehen von ihrer Abtragung durch Wasserläufe, um eine unbekannte Zahl von Metern höher über dem Kupferschiefer belegen gewesen sein als jetzt. Wie beträchtlich dieser ..Schwund" zu schätzen ist, hängt eimal von dem Massenverhältnisse der rückständigen Asche zum Muttergesteiue, andererseits von deren Mächtigkeit ab. Da nun z. B. mit dem Schachte Ernst II (bei Helbra) die Mächtigkeit der Asehenlager (wohl ein- schliesslich begleitender Stinkschiefer) zu nicht weniger denn fünfundfünfzig Meter ermittelt wurde und man wohl voraussetzen darf, dass die Aschen höchstens den vierten bis fünften Theil der ursprünglich vorhandenen Gesteins- masse darstellen, wird man anerkennen müssen, dass dieser Mächtigkeitssehwund auf die Stabilität des ganzen Gebirges einen ungeheuren Einfluss besessen haben und, da der Process ja auch zur Zeit noch andauert und so lange andauern wird, als Kohlensäure-haltiges Wasser in die Schichten versickert und in diesen auf Calciumcarbonat trifft, besitzen muss. Dabei wird der von dem Schwunde des Asehen-Muttergesteins eingeleitete Angriff auf die Stabilität des ganzen überlagernden Gebirges secundirt und verstärkt durch in den hängenderen Schichten ein- tretende Vorgänge. Diese Schichten werden von dem zu Bruche gehenden Aschengesteine jnothweudig nachgezogen und wenn sie diesem Zuge auch nicht sogleich folgen, sondern bei der ihnen eigenen Festigkeit und Zähigkeit erst allmählich nachsacken, nuiss dieser unausi)leibliche Vorgang doch in einer Rissbildung und Zerklüftung enden. Vermuthlieh werden die hierbei entstehenden, in die Höhe setzenden Spalten den Zonen gleichen Schichtenschwundes im liegenden Aschengesteine folgen und demnach auch ein dem Beckenrande gleichgerichtetes Streichen erhalten. Diese Zerklüftung trifl't jedoch zunächst auf schon in Wasser allein lösliche Gesteine, nämlich vom an sich un- bedeutenderen Asehenhorizont oberhalb des eigentlichen Zechsteins aus den älteren, vom Stinkschiefer-führenden, viel mächtigeren oberen Asehenhorizonte ans aber den jüngeren Anhydrit, und bietet so Gelegenheit zur Weg- laugung in die Höhe strebender Hohlräume ^„Schlotten- züge"), welche noch Erweiterungen dort erhalten können, wo Steinsalz aufgeschlossen wird. Wir haben also gerechten Grund zur Annahme, dass durch einen natürlichen, seit unbestimmbar weit zurück- liegenden Zeiten begoinienen und .jetzt wie auch fernerhin noch andauernden Aus- und Weglaugungsvorgang im Untergrunde Eislebens gebildet wurden und noch ent- stehen: einmal unzählich viele flache, den Schiehtflächen parallele Hohlräume durch Wegführung von Calcium- carbonat, und dann, in Folge des Znsannnenbruchs der- selben, auch dem Sehichtenstreichcn parallel ziehende Höhlungen (Schlottenzügc) im Anhydrit, Gyps und Salz durch Weglaugung dieser Substanzen. Dass auch nur ein einziger von allen diesen Hohl- räumen so bedeutende Dimensionen besessen habe oder besitze, dass in Rücksicht auf seine Tiefcnlage bei seinem Einstürze locale Senkungserscheinungen an der Oberfläche eintreten niussten, wird, als unwahrscheinlich, nicht be- hauptet. Nicht einmal solche Dimensionen werden für die Höhlungen vorausgesetzt, dass durch das vereinzelte Zubruchegehen einer derselben erhebliche, noch die Oberfläche schädigende Erschütternngswellen ausgelöst werden. Bei der grossen Menge aber, in der sieh diese llolilräunie geschaart haben, wird wohl nur sehr selten einer von ihnen allein zu Bruche gehen, vielmehr wird dieses Ereigniss Anlass sein, dass ihm mehr oder weniger rasch andere Einstürze in der Nachbarschaft und im Hangenden folgen, und da alle liolilräume gemeinsame Slreichrichtnng besitzen, pflanzen sich die Erschütterungen beim Zubruchegehen in den allen diesen gemeinsamen Richtungen am Weitesten und Kräftigsten fort, weil sich in denselben, wie bei der Schlagarheit gleichgerichteter Stauehversuche an Metallstäben, die Wirkungen zahl- reicher Anstösse theilweise summiren. Aus diesem Grunde vermögen und vermochten für augenfällige Wirkungen au der Erdoberfläche an sich zu schwache oder durch die zu grosse Tiefenlage der Anstosspunkte geschwächte Stösse einen Strich Landes gewaltig zu er- schüttern und Schädigungen von so erheblichem Betrage hervorzurufen, wie in den letzten Jahren Eisleben hat erleiden müssen. Wenn aber diese Schädigungen Ausflüsse eines geo- logischen, bei den vorliegenden Gebirgsverhältnissen un- aufhaltsamen Pi-ocesses sind, so wird man fragen, warum sie zeitlich und räundich beschränkt auftraten. Diese Beschränkung ist jedoch vielleicht nur eine scheinbare. Dass die Erschütterungen gerade in Eisleben fühlbarer wurden, kann besonders günstigen Oberflächen- Verhält- nissen, nändich den schon oben mehrorts erwähnten, so- wie dem Umstände zugeschrieben werden, dass hier die Hochbauten dicht geschaart sind, an welchen sie am leichtesten erkennbare Spuren hinterlassen. In Fort- setzung der dem Beckenrande parallelen Zone werden von Eisleben aus sowohl nach Nordwesten als nach Süd- osten die Hochbauten zu Seltenheiten und konnten da also die Erschütterungswirkungen der Beobachtung leicht entgehen. Uebrigeus kann die Erscheinung, dass das Schädigungsgebiet nur einen Ausschnitt aus der suppo- nirten Zone darstellt, ihren Grund auch darin haben, dass den übrigen Zonentheilen in Folge geringerer Wasserdurchlässigkeit der Aschennmttergesteine oder anderer, zufälliger Umstände das Lösungsmittel nicht so reichlich zu Theil wurde. In den westheh von Eisleben und überhaupt längs des Beckenrandes hinziehenden Landstrichen hat es an Bodenerschütterungen wohl von jeher nicht gefehlt, man hat sie aber, da hier die Buut- sandsteindecke weniger mächtig und die Gegenwart von Gyps im Untergrunde bekannt ist, immer auf .Schlotten- brüche und Erdfälle zurückgeführt. Auch Eisleben selbst hat vielleicht schon früher Erschütterungen erlitten, die nur unserem sehnelllebigem Gesehlechte aus dem Ge- dächtniss geschwunden sind; wenigstens glaubte der zuerst zugezogene Sachverständige, der die Hochbauten besonders genau auf ihre SeluUligungen prüfte, an den älteren unter ihnen die Spuren ausgebesserter alter Risse erkannt zu haben. Denniach wäre nur die Stärke der letztjährigen Erschütterungen das Ungewöhnliche an den Ereignissen. Doch können diese auch in der That neu gewesen sein; nach den oben entwickelten Bildungs- bedingungen von dem Beckenrande parallelen Zonen gleichen "Schichtenschwundcs müssen ja die absoluten Auslaugungsstadien allmählich vom Beckeurande nach dem Beckcninncren zu wandern; die unterhalb Eislebens jetzt obwaltenden Verhältnisse sind also erst jüngst in dieser Intensität eingetreten und ihnen äquivalente herrsehten vorher nur in der dem Rande nähereu Zone. Eine Schuld des Bergbaues erscheint also aus- geschlossen. Im Gegentheile können diesem sogar den XII. Nr. 36 Niiturwisseuscbaftlichc Wochenschritt. 429 bednililiclicu Charakter mildenulc Einilü.'ise znj;eschrieben werden. t?o cutziclit er durch seine Wasseriialtiiny den oberen Niveaus eine grosse, allerdings auch von einem sehr ausgedelniten Landstriche zusiciierudc Wasscrnicnge und trägt so zum Schutze der weglaugl)aren Gesteins- massen innerhalb Jener Niveaus bei; die Werkstätte der Weglaugung wird auf diese Weise in die grösseren Tiefen verwiesen, aus welchen herrührende Erschütterungen die Oberfläche nur in entsprechender Absehwächung er- reichen können. Noch wichtiger jedoch erscheint ein anderer Umstand. Trotz der ' bedeutenden materiellen Schädigungen ist doch bislang noch kein Verlust eines Menschenlebens zu beklagen gewesen. Mau wird nun aber die Möglichkeit nicht bestreiten können, dass sich im vollständig in Ruhe gelas.senen Gebirge die Stabilitäts- defcctc dcrmaassen schaaren und vergrössern können, dass dann bei der geringsten Veranlassung noch viel stärkere Erschütterungen als bisher und mit wesentlich schlimmeren Folgen eintreten. Dem vorzubeugen liegt wohl im allgemeinen Interesse. Es wird also darauf an- kommen, das Gebirge nicht völliger Ruhe zu überlassen ; in dieser Beziehung erscheinen nun die massigen, aber häufigen Erschütterungen, die der Bergbau mit seinen Sprengschüssen und dem Nachsitzen „mit Bergen ver- setzter" Räume im Gefolge hat und die noch nicht an der Oberfläche fühlbar werden, von grossem Werthe, da sie fortwährend die Stabilität des Gebirges prüfen; dass aber der Wassereinbruch in die Grubenräumc am 26. Juli 1889 ähnliche Wirkung geäussert uud diejenigen Hohlraum- einstürze nach sieh gezogen habe, welche die schädigenden Erschütterungen bewirkten, erscheint schon deshalb fraglich, weil letztere erst im Dezember 1892 begannen. Zu dem Artikel: „Durch Adei'lass verliehene Im- munität gegen Infectionsliranklielten"' in No. o?> der Naturwissenschaftlichen Wochenschrift erlaube ich mir folgendes zu bemerken: Es ist nicht richtig, dass der Broussaismus in Deutschland gar keine Beachtung ge- funden habe; im Gegentheil wurde die Blutabzapfung grade in Deutschland am Anfange unseres Jahrhunderts mit grossem Eifer aufgenommen und lange beibehalten. Noch heute findet mau in der Mark, in Pommern, in Schlesien ältere Laudleutc, welche ein- oder mehrmals alljährlich den Aderlass bei sich anwenden als Vorbeu- gungsmittel gegen Krankheiten. Auch unsere Aerzte pflegten ja noch bis vor ca. 20 Jahren den Aderlass bei Lungenentzündung u. A. zu verordnen. Prof. Dr. Zelle. „Ueber Sake, das Nationalgetränli der Japaner, nud die bei seiner Bereitung wirksamen Pilze" hat Ottokar Schievek in den Jahresberichten der evange- lischen Realschule I, Breslau, Ostern 1897; der Wochen- schrift Brauerei 14. 337—39, Pflanzenphysiologisehes Institut, Breslau, Mittheilungen gemacht. Die Sake- brauerei gliedert sich in vier Abschnitte: L Die Bereitung des Koji, II. die Bereitung von Moto, IIL Maiseh- und Gährprocess, IV. Pressen und Klären. Zur Gewinnung des Koji werden enthülste Reis- körner zunächst gewaschen, dann 24 Stunden eingequellt uud gedämpft, wozu strömender Dampf benützt wird. Nach erfolgter Abkühlung werden die Reiskörner zur Herbeiführung der Koji-Gährung innig mit 0,2 % Taue- Koji (Tane-Samen), mit dem Mycel von Asperg. Oryzae bedeckten Körnern, vermischt. Das Waehsthum des Pilzes schreitet schnell vorwärts, sodass am dritten Tage das Ganze mit einem weissen Schimmel bedeckt ist; man breitet den Reis nunmehr auf Strohmatten aus, und lässt ihn noch V2 — •! Tag stehen. Das so erhaltene Product, „Koji" genannt, wird mit grösseren Mengen gedämpften Reises unter Zugabe von kaltem Wasser zu einem Brei angerührt; schon am füuften Tage ist das Gemisch dünn- flüssig; am 8 — 9. Tage tritt Schaumbildung ein. Man füllt die Masse jetzt in ein Sammelgefäss „Moto-Joshi-Oke" uud erwärmt sie durch ein mit siedendem Wasser gefülltes Gefäss; die Schaumbildung verliert sieh allniählig: Das Moto ist fertig. Es soll zugleich süss, scharf, bitter, zu- sanmienziehend und sauer schmecken. Das Moto wird nun mit kaltem Wasser, gedämpftem Reis und frischem Koji vermischt; nach drei Tagen wird das gähreude Product in zwei Portionen getheilt und zu jeder von beiden Koji, Reis und kaltes Wasser gefügt; auf dieselbe Weise werden des Ferneren weitere Gährungs- gemische gewonnen. Nach 17 — 19 Tagen ist der ganze Process beendet, man presst die vergorenen Massen in baumwollenen Tüchern aus, bringt den Sake in Klär- bottiche und füllt ihn schliesslich zur Nachgährung iu Lagerfässer. Die Pressrückstände werden rationeller Weise auf Alkohol verarbeitet, der hierbei resultirende Rückstand findet als Dünger Verwerthung. Der Sake, der meist heiss genossen wird, sieht wie Rheinwein aus und ähnelt im Geschmack dem Ungarwein; sein Alkoholgehalt beträgt bis 15 Procent. Verfasser studirte den Process der Sakebereituug näher, er stellte Versuche über Keimung und Frucht- bildung des Asperg. Oryzae auf Reis, Aepfelschnitten, Kartoffeln etc. bei verschiedenen Temperaturen au. Das Waehsthum des Pilzes war auf Reis am üppigsten, am schlechtesten auf Aepfelschnitten, auf Kartoffeln endlieh eonstatirte Verfasser eine Degeneration des Pilzes, die Hyphen zeigten keulenförmige Blasen ohne Sterigmen- bildung. Die eigentlichen Gähruugserreger, das heisst, die Producenten der Fruchtäther sind Hefearten, die dem Pilze beigemengt sind. Das Studium dieser Hefen setzt Verfasser fort. Dr. A. Sp. Ueber die Wirkung der Musik auf gefangene Thiere stellte F. 0. Baker Versuche im Zoologischen Garten des Lincoln Parkes an, indem er ihnen auf der Geige in den Abendstunden etwas vorspielte. (Amer. Natur. Mai 1897.) Seine Beobachtungen sind recht interessant. — Ein Puma schien die Musik zu lieben. Er legte sich lang hin, den Kopf zwischen die Pfoten, und hörte zu, solange die Musik sauft blieb. Als sie plötzlich laut wurde, bewegte er seinen Schwanz nervös, spitzte die Ohren, stand auf und ging unruhig hin und her. Als wieder sanfte Musik ertönte, legte er sich wieder hin wie vorher. — Ein Jaguar sprang bei lebhafter Musik unruhig vom Boden nach der Decke und zurück. Saufte Musik beruhigte ihn. Als der Spieler vom Käfige weg ging, streckte ihm der Jaguar seine Tatzen mit einge- zogeneu Krallen nach, soweit er konnte, so dass es aus- sah, als wolle er ihn zurückhalten. — Zwei Leoparden kümmerten sich nicht darum. — Eine Löwin mit drei Jungen schienen zuerst neugierig und beunruhigt. Als der Spieler sich vom Käfig entfernte, immer spielend, kamen alle nach vorn und legten sich hiu. Als der Spieler sich wieder näherte, blieben sie ruhig liegen, und die Alte Hess ihn sogar bis dicht vor ihre herausgestreckten Tatzen kommen. Sanfter Musik hörten sie aufmerksam zu. Bei einem rasch gespielten Tanze sprangen die Jungen lebhaft umher. — Ein Tiger-Männchen schenkte 430 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. XII. Nr. 36 der Musik iiciue Beachtunj?; ein Weibchen schien an- genehm berührt. — Zwei gestreifte Hyänen flohen bis ins hinterste Ende des Käfigs und suchten zwischen dem Gitter zu entfliehen. Ein lebhafter Tanz erschreckte sie furchtbar und machte alle ihre Glieder erzittern. Sie gaben aber keinen Ton von sich. — Die Affen zeigten sich mehr neugierig, als tiefer berührt. Nur ein kleiner südamerikanischer Affe zeigte Vergnügen, besonders bei den Tänzen. Da sein Käfig aus Glas war, legte er sein Ohr an eine Thürritze. Als der Spieler weg ging, folgte er ihm, soweit es der Käfig erlaubte. Das thaten auch die Atfen in dem grösseren Käfig, die vorher sich in dem dem Spieler am nächsten liegenden Theile des Käfigs in einem Halbkreis vor ihm hingesetzt hatten. — Eine Anzahl von Prairie-Wölfen kamen beim ersten Tone aus ihren Löchern heraus, liefen erst unruhig hin und her, bis sie die Töne localisirt hatten, und setzten sich dann in einem Halbkreis um den Geiger herum, ruhig zuhörend. Als er aufhörte, kamen sie alle auf ihn zu und langten mit ihren Pfoten nach ihm, wie wenn sie verlangten, er solle weiter spielen. Sobald er dies that, setzten sie sich wieder wie vorher ruhig hin. Das wiederholte sich ein paar Mal. Sie gaben keinen Ton von sich, während ein benach- barter Wolf laut heulte. — Die Pelikane sprangen bei Beginn der Musik auf, flatterten und schnappten mit ihren Schnäbeln, so dass es fast wie ein Tanz aussah. Die anderen Vögel in deren Nähe, die allerdings schliefen, schenkten der Musik keine Beachtung. — Im Allgemeinen zeigten die Thiere mehr Gefallen an sanfter, als an lauter Musik, und die Weibchen mehr Empfänglichkeit für sie, als die Männchen. — Andere laute oder schrille Geräusche, wie auch Nachahmung von Thierstimmen blieben ohne Be- achtung, höchstens dass die Ohren nervös bewegt wurden. Reh. Zur Erforschung der Fauna des Taiiganyika-Sees unternahm J. E. S. Moore eine Expedition, über deren Ergebnisse er kurz in Nature No. 1444 berichtet. — Während der Nyassa-See eine Thierwelt hat, die weder leicht von den bekannteren Süsswasser-Stämmen abge- leitet werden kann, noch dafür spricht, dass der See früher jemals direct mit dem Meere verbunden gewesen wäre, hat die des Tanganyika-Sees einen durchaus marinen Charakter und bietet auch sonst interessante Verhältnisse dar. Schon seit 1893 ist eine Schirmquelle aus dem See bekannt, die innerhalb weiter Grenzen variirt und mehrere Loeal-Rassen aufweist. Verschiedene Schnecken kommen vor: Neothauna, Paramelania, Ty- phobia u. s. w., deren Verwandtschafts- Verhältnisse man noch nicht kennt, besonders da auch sie sehr weitgehend variiren, die aber einen durchaus marinen Habitus zeigen. Sic sind lebendig gebärend. Während Paramelania nur 1 grosses Junges zur Welt bringt, hat Typhobia deren eine grosse Masse, und man findet bei ihr Embryonen jedes Sta- diums zusammen. — Im flachen Schlamme sind Nadeln von Potamolepis sehr häufig, von einem Kieselschwamm, der aus dem See selbst noch nicht bekannt ist, wohl aber aus dem Kongo. In stillen Seitenbuchten leben Schwärme von Garneelen, von denen einige sehr Palacmon ähneln. — Ein zur Gattung Chromis gehöriger Fisch ahmt in den Farl)cnstreifen, der Grösse und der Schwimm- weise einen Blutegel nach und bleibt so von den zahl- reichen Eisvögeln verschont. — Gegen Abend ist oft die ganze Oberfläche gold-glänzend von Schwärmen von Peridineen und Infusorien, die in die Verwandtschaft der Condylostomas gehören. — Die ganze Fauna ist offenbar sehr alt; so ähneln einige Varietäten von Para- melania sehr der jurassischen Purpurina, andere den amerikanischen und südeuropäischen Pirguliferas. Aber erst eingehendere Untersuchungen des gesannnelten Materiales können nähere Aufschlüsse geben. Ueber die Cichorie (Cichorium iiitybu.s L.) bringt Paul Jacob im „Naturaliste" 1897, S. 131 und 1.53 einige Mittheilungen. Die angebaute Cichorie unter- scheidet sich von der wilden durch die viel stärker ent- wickelte Wurzel und die breiten, am Rande tief ein- geschnittenen Blätter. Sie wurde zuerst im vorigen Jahrhundert in Holland angebaut, später auch in Deutsch- land, Nordfrankreich und Belgien; letzteres Land liefert | zur Zeit die meiste Cichorie, Die Samenkörner werden ' im Frühling ausgesäet, man bringt sie am liebsten in recht lockeren Boden, damit man später die Wurzeln leichter ausziehen kann. Die Ernte erfolgt im Oetober und November, ein Hectar bringt etwa -25 000— 30 000 kg Wurzeln, die zu 100—200 Franken verkauft werden. Die Wurzeln werden von den Cichorienfabriken frisch oder getrocknet aufgekauft. Nachdem sie in Stücke ge- schnitten worden sind, kommen sie in grosse, rotirende Cylinder und werden hier geröstet; sodann setzt man ihnen 2 7o Melasse oder Butter zu, um dem Produete Glanz zu verleihen, zuletzt werden die Stücke gemahlen. Durch Sieben des erhaltenen Mehles gewinnt man vier Sorten: Ciehorienpulver, Feinkorn, Mittelkorn und Grob- korn; dieselben werden in Kästchen, Fässchen oder Packetc verpackt. Nach den Untersuchungen von Petermann, Director der agronomischen Station zu Gembloux in Belgien, ist die Zusammensetzung der Cichorie folgende: sie enthält an Stoffen, die in warmem Wasser lösbar sind, Wasser 16,96 %, Traubenzucker 23,79 »/o, Dextrin etc. 9,31 %, Albuminoide 3,66 "/q, mineralische Bestandtheile 2,55 "V; Farbstoffe 17,59 "/o; »" unlöslichen Stoft'en enthält die Cichorie: Albuminoide 2,98%, mineralische Bestandtheile 5,87 7o, Fettstoft'e 3,92 7o, Cellulose 13,37 »/o- Die Cichorie ist vielfachen Fälschungen unterworfen. Man mischt dazwischen Rübentheile, Eicheln, Kaffeesatz, Sägespähne etc., die man röstet und mit Melasse über- zieht. Die Fälschung ist durch mikroskopische Unter- suchung leicht nachzuweisen, indem die Cichorie ge- streifte oder i)unktirte Gefässe aufweist. Aber auch gemahlener Kaft'ee wird häufig gefälscht, indem ihm Cichorie beigemischt wird. Man erkennt diesen Betrug ebenfalls leicht mit Hülfe des Mikroskopes, insofern der Kaft'ee nur unregelmässige Zellen und keine Gefässe auf- weist, man hat aber aueli ein anderes sehr einfaches Er- kennungsmittel. Wenn man gefälschten Kaft'ee zwischen zwei Pilättern Papier stark zusannncndrückt, so liallt sich die Cichorie klumpenartig zusammen, während reiner Kaft'ee seine Pulverform beibehält. S. Seh. Einen A^ersucli zur Erklärung der Mistpoeffer und verwandter Erscheinungen*) veröffentlicht Bauralh Li c c k- feldt aus Lingen in den „Annalen der Hydrographie und Maritimen Meteorologie" (1897, Heft VII). Er glaubt zu- nächst aus den vorliegenden Beobachtungen folgende vier Sätze als sichere Ergel)nisse ableiten zu können: „a) Die Erscheinungen sind auf einen explosiven Vorgang von grosser Ausdehnung und geringer Intensi- tät zurückzuführen, durch welche sowohl die Luft als auch das Wasser in Schwingungen versetzt werden. b) Das Phänomen hat seinen Ursprung in einer Zone *) Vorgl. „Naturw. WoclKüischr." No. 25 vom 20. Juni 1897. XII. Nr. 36. Naturwissenschaftliche Wocheusehrift. 431 des Luftiiieercs nahe der Oberfläche des Wassers oder des nassen Bodens. c) Es tritt zu Zeiten auf, in welchem sowohl der relative als auch der absolute Feuchtij^kcitsg'ehalt der Luft seinen Hochstwcrth hat, und zwar bei diesig-cr Luft, deren Zustand dem Thaupunkte des Wassers unter den vorliegenden Temperatur- und Druckverhältnisscn nahe ist. d) Das Phänomen wird durch Sonnenstrahlung und durch Wechsel des Luftdrucks begünstigt." Lieckfeldt erklärt nun alle beobachteten Thatsachen in sehr einfacher Weise durch die Annahme, dass das Phänomen durch eine dem Siede verzug im Dampf- kesselbetriebe analoge Erscheinung hervorgerufen werde. Durch Umstände irgend welcher Art, z. 15. durch äussere Eiihe, wird beim Uebergaug des verdunstenden Wassers iu Dampfform eine Verzögerung eintreten, bis die über dem Wasser liegende Nebelschicht durch eine plötzliche Erschütterung oder bei Erreichung eines bestimmten C4renzwerthes der Spannung plötzlich in allen Theilen gleichzeitig explosionsartig in Dampfform übergeht. Alle für die Mistpoeffer charakteristischen Begleit- erscheinungen lassen sich durch diese geistreiche Hypo- these in überraschend einfacher Weise erklären. Aller- dings würde noch eine Frage beantwortet werden müssen: woher kommt es, dass auf dem Meer die Erscheinung am häufigsten vorkommt, während auf Binnenseen und iu Moorgegenden, wo doch die völlige Ruhe in der Atmo- sphäre viel öfter als auf dem Meere eintritt, das Phä- nomen sich nur ganz vereinzelt (Bodeusee) zeigt? Wenn diese Frage hinreichend beantwortet werden kann, wird man unbedenklich die Lieckfeldt'sche Theorie als völlig befriedigend acceptiren dürfen. H. Aus dem wissenschaftlichen Leben. Erii.aiiiit wurden: Der ausserordeiitlu-hc l'nifes.sor der Hy- giene und Director des hygienischen Liiboi'iitoriunis in Königs- berg Dr. Erwin von Esmarch zum ordentlichen Professor; Laborator J. M. Loveu in Lund zum Professor der C'lieniie und Mineralogie; J. A. Stewart zum Professor der Moralpliihjsopliie in Oxford; die ausserordentlichen Professoren der Cliirurgie bezw. Kinderheilkunde in Charkow G. Podroz und D. Ponomarev zu ordentlichen Professoren; die ausserordentlichen Professoren der Mathematik bezw. Chirurgie in Kasan P. S. Nazimov und A. Ru stick ij zu ordentlichen Professoren. Berufen wurden: Der ausserordentliche Professor der Chemie in Berlin und Mitglied des Kaiserl. Patentamts Dr. Iv arl Fried- hoim als ordentlicher Professor nach Bern; der ausserordentliclu' Professor der Mineralogie in Heidelberg Dr. A. Osann an die Chemische Schule in Miihlhausen. Abgelehnt haben: Der Professor der Botanik in Amsterdam Dr. Hugo de Vries den Ruf nach VVürzburg; der ordentliche Professor der Mathematik in Brunn Dr. 0. Biermann einen Ruf an die Deutsehe Tecluiischo Hochschule in Prag. Aus dem Lehramt scheiden: Der Professor für innere Medizin am Karol. Medieo-Cliirurgischen Institut in Stockholm R. M. Bru- zelius: der Professor für Geburtshilfe in Dorpat I^. Kessler. Es starben : Der berühmte Physiologe Prof Dr. F r i t h j o f Holmgren in Upsala; der Oberbibliothekar an der königlichen Landesbibliothek in Wiesbaden Dr. van der Linde. L i 1 1 e r a t u r. Paul Ascherson und Paul Graebner, Synopsis der Mittel- europäischen Flora. 1. Band, 3. und 4. Lief. (Bogen 11—20). Wilhelm Engelmann. Leipzig 1897. — Preis 4 M. Bemerkenswcrth ist das Eintreten des Hrn. Dr. Graebner als Mitarbeiter, der, seit Längerem Assistent und Schüler Aschersons, sich treti'lich in die Flora Deutschlands eingearbeitet hat, wie er bereits wiederholt Gelegenheit hatte, durch Veröfl'entlichung mehrerer Arbeiten zu zeigen (vergl. z. B. „Naturw. Wocheuschr.- XI, S. 197). Die vorliegende Doppellii'ferung bringt den Sehluss der Selaginellaceen, die Isoctaceen, Gymnospermen, Typhacoen, Sparganiaceen, Potamogetonaceon (Zostereae, Posidonieae und den Anfang der Potainogetoncae). Da |wir die beiden 1. Liefe- rungen des trefflichen Werkes ganz ausführlich (Band XI, S. 313 und 483) besprochen haben, wollen wir uns diesmal mit dieser kurzen Anzeige der Fortsetzung begnügen. Aime Witz, Docteur es Sciences, Ingenieur des Arts et Mami- factures, Professeur aux Faeultes catholiques de Lille. — Cours superieur de Kanipulations de Ph.ysique, preparatoire aux certiticats d'etudes superieures et a la Licence. (L'ecole jirac- tique de pliysique.) 2e edition revue et augmeutee. In-8, avec 138 figures; 1897. Librairie Gauthier-Villars et fils. Paris 1897. — Prix 10 Fr. Die vorliegende „praktische Physik" wie der Titel des Buches in deutscher Sprache lauten würde, ist ein gutes, inhalt- reiches Buch. Dass in der vorliegenden Neu-AuHage (die erste erschien schon 1883) namentlich die Kapitel über Elektricität und Magnetismus wesentliche Veränderungen erlitten haben, ist bei den grossen Fortschritten in diesen Gebieten begreiflich. Jedem beschriebenen Experiment geht zunächst die Theorie des Gegenstandes, der vorgenommen werden soll, voraus, dann kommt die Beschreibung des Apparates, an 3. Stelle findet die Hand- habung desselben eine Erläuterung, 4. die Resultate ausein- anderzusetzen. Das Buch ist pädagogisch sehr geschickt abgefasst und kann für den Lernenden grossen Nutzen stiften. Prof. Dr. Ernst Mach, Die Mechanik in ihrer Entwickelung historisch kritisch dargestellt. Mit 2.50 Abb. 3. verb. u. veno. Aufi. F. A. Brockhaus, Leipzig 1897. — Preis 8 M. Das berühmte Buch dürfte die beste Einführung in die Meclia- nik sein, die wir besitzen; dass die vorliegende 3. Aufl. verbessert worden ist und die neuesten wichtigsten Errungenschaften Berück- sichtigung gefunden haben, bedarf kaum der ausdrücklichen Er- wähnung. Bei der Abfassung des Buches hat den Verfasser die- selbe antimetaphysische Tendenz geleitet wie bei derjenigen des später erschienenen Werkes ,, Die Prinoipieu der Wärmelehre", das in dem vorliegenden Bande der „Naturw. Wochenschr." S. 27.5 besprochen wurde. Es handelt sich also nicht um ein Lehr- buch zur Einübung der Sätze der Mechanik; Mach hat sich viel- mehr zur Aufgabe gemacht, den Inhalt der Mechanik entwickelungs- geschichtlich darzulegen, den Kern der Gedanken der Mechanik durch die historische Analyse vorzuführen. Ostwald's Klassiker der exacten Wissenschaften No. 86 und 87. Wilhelm Engelmann in Leipzig 1897. — Preis geb. I,ü0 und 2,60 M. Die beiden vorliegenden Hefte bringen die Fortsetzung Michael Faraday 'scher Abhandlungen, von denen in Heft 81 (vergl. „Naturw. Wochenschr." XII, S. 59) bereits 2 gebracht wurden. In der heutigen elektrischen Zeit wird die weitgehende Berücksichti- gung Faraday 's sehr erwünscht sein; es ist doch unvergleichlich wichtig den Quellen text klassischerSehriften leicht zurHand nehmen zu können. Die Hefte 86 und 87 enthalten die interessanten Ab- handlungen: i. Einerleiheit der Elektricitäten verschiedenen Ur- sprungs, 2. Maassbeziehung zwischen der gemeinen und der Volta'schen Elektricität, 3. Ein neues Gesetz der Elektricitäts- leitung, 4. Vom Leitvermögen überhaupt, 5. Von der elektrisch- chemischen Zersetzung, G. Das Vermögen der Metalle und anderer starrer Körper, Gase mit einander zu verbinden, 7. Die Elektrici- tät der Volta'schen Säule, ihre Abkunft, Menge, Stärke und ihre allgemeinen Kennzeichen. Alfred Parzer-Mühlbacher, Photographische Aufnahme und Projection mit Röntgenstrahlen mittelst der Influenz- E'ektrisir- inaschine. Eine Anleitung für die Praxis. Mit 10 Tafeln nach Original-Aufnahmen des Verfassers und 15 Text - Figuren. Gustav Schmidt (Robort Oppenheim) in Berlin 1897. — Preis 1,80 M. Das gut illustrirte Buch beschränkt sich auf die Beschreibung, Behandlung und Anwendung der zur Erzeugung von X-Strahlen mit statischen Elektricitätsquellen erforderlichen Apparate und erfidlt durch sachgemässen Inhalt seinen Zweck, der Praxis zu dienen, in guter Weise. Berichtigung. In No. 33, S. 391 ist überall ;ius der Papille des Augengrundes, der Eintrittsstelle der Sehnerven, die Pupille gemacht worden. Im zweiten Absätze soll es wirklich Pupille heissen. Inhalt: Otto Lang, Von Vulcanismus und Oberflächengliederung unabhängige Bewegungen und Erschütterungen des Erdl)odens. — Durch Aderlass verliehene Immunität gegen Infectionskrankheiten. — Lieber Sake, das Nationalgetränk der Japaner, und die bei seiner Bereitung wirksamen Pilze. — lieber die Wirkung der Musik auf gefangene Tliiere. — Fauna des Tanganyika- Sees. — Ueber die Cichorie (Cichorium intybus L.). — Versuch zur Erklärung der Mistpoeffer und verwandter Erscheinungen. — Aus dem wissenschaftlichen Leben. — LItteratur: Paul Ascherson und Paul Graebner, Synopsis der mitteleuropäischen Flora. — Aime Wit/., Cours superi.'ur d.' Manipulations de Physique. — Prof. Dr. Ernst Mach, Die Mechanik in ihrer Entwickelung historisch-kritisch dargestellt. — Ostwald's Klassiker der exacten Wissenschaften — Alfred Parzer-Mühlbacher, Photographische Aufnahme und Projection mit Röntgenstrahlen. — Berichtigung. 432 NatuiwissciischaCtlicbc Wocheuscliril't. Xll. Nr. 36. Geographische Veiiagshandlung Dietrich Reimer (Erust Volisen) Berlin SW., Wilbelmstrasse 29. Internationale geologische Karte von Europa, beschlossen durch den intei'uationalen Geologen-Congross zu Dologuii im Jahre 1881, ausgeführt nach den Beschlüssen einer internationalen Connnission, mit Unterstützung der Regierungen, unter der Direction der Herren Beyrich und Hauchecorne. Der Subscriptionsjireis für das gesaminte Kartenwerk beträgt 110 Mark = i:^7 frcä. 511 c. Die Subscription verpflichtet zur Abnahme des ganzen Werkes, während die Zahlung bei Empfang der einzelnen Lieferungen, deren Preis sieh nach der darin enthaltenen Anzahl der Blätter richtet, zu bewirken ist. Einzelne Blätter werden zum Preise von 4 Mark per Watt abgegeben. Franz ^artels, Patent- II, tecliuisclies Bureau, IierliiiSW.,Yorkstr.l9'- Billig, sorgfältig, schnell. Keelle Bedienung. (jiniis & Goldscliiiiidt, Berlin N., Auguststr. 26. Elektrotechnische Anstalt und mechanische Werkstätten. Spezialität: Elektr. 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Liclilertelde (P.B.) bei Berlin, l'otadamerstraase 35, für den Insoratontlieil: Hugo Bernstoin in Berlin. — Verlag: Ferd. Düinnilers Verlagabucldiandlung, Berlin SW 12. — Druck: G. Bernstein, Berlin SW. 12. _ Redaktion: f Dr. H. Potonie. Verlag: Ferd. Dümmlers VGrlagsbuchhandlung, Berlin SW. 12, Zimmerstr. 94. XIL Band. Sonntag, den 12. September 1897. Nr. 37. Abonnement: Man aboniiirt bei allen BuchbandlunKen und Post- \ Inserate: Die vierpreapalteue Petitzeüe 40 .i%. Grössere Aufträs:e ent- instalten. wie bei der Expedition. Der Vierteljalir.spreia ist M i— ^f) sprechenden Rabatt. BeUaRen nach Uebereinkunlt. Inseratenannahme 3riiiB:eKeld bei der Post 15 -t* extra. Postzeitimesliate Nr. 4954. ■''• bei allen Annoncen bureaux wie bei der Expedition. Abdruck ist nur mit Toliständiger <(nellenansabe gestattet. Lieber Aluminium und seine Anwendung. Von Leon Franck, chemiste-nKitallurgiste, in Esch a. d. Alz^tte. Das Aluminium, eines der Metalle, welches der Meusch zuletzt entdeckt bat, hat die Aulnierksamkeit vieler Fach- leute auf sich geleitet, und ist vielleicht berufen, in der Technik eine bedeutende Rolle zu spielen. Zweimal schon hat dasselbe die industrielle Welt in Heweguug gesetzt, zweimal schon Hotfnungeu erweckt, deren Erfüllung noch iniiuer zu erwarten ist: Vor vierzig Jahren etwa, bei seinem ersten Erscheinen, und jetzt zu unsern Tagen, wo sein Preis in so unerwarteten Verhält- nissen gesunkeu ist. In der That besitzt auch das Aluminium merkwür- dige und interessante Eigenschaften, ungemein auf der Erde in den verschiedensten Formen verbreitet, ist es lange unbekannt geblieben, und noch heutzutage finden wir es nur wenig vor. Seine physikalischen Eigenschaften vereinigen neben Härte, Streck- und Dehnbarkeit die- jenige einer unglaubliciien Leichtigkeit. Chemisch be- trachtet, bietet es uns ziemlich räthselhafte Eigen- schaften dar. Ich will hier versuchen, die Geschichte dieses merk- würdigen Metalls kurz zu geben, anzudeuten, wie man die Schwierigkeiten seiner Darstellung überwuntlen hat, seine wichtigsten Eigenschaften näher zu behandeln und uns einen Blick über seine hauptsächlichsten Anwendungen zu verschaflen. I. Das Aluminium ist das Metall des Alauns, das Silber des Tlions. Es gebort seiner Eigenschaften wegen, leicht, verbreitet und lange unentdeckt gewesen zu sein, zu einer ganzen Gruppe von Metallen. Dieses ist jedoch nicht das Factum eines Zufalles, sondern das eines Naturgesetzes. Nach der Art und Weise, wie sich unser Erdglobus ge- bildet, müssen alle einfachen Körper, die in der obersten Erdkruste vorhanden sind, leicht und aus ihren Verbin- dungen schwer zu isoliren sein. Fassen wir ein wenig die geologische Wissenschaft ins Auge, so lehrt sie uns, gestützt auf die Angaben, die wir über die Bildung der Himmelskörper besitzen und andere mehr, den Erdkern als eine gluthige Metallmasse anzunehmen. Wir haben also eine feste Erdkruste als die Schale um einen gluthflüssigen Kern. Natürlich war auch diese Kruste zur Zeit flüssig, und es ist klar, dass sich die leichtesten Körper beim Erstarren in ihr ange- sammelt haben, und diese leichtesten Körper sind auch diejenigen, welche am meisten oxydirbar sind, welche die beständigsten Verbindungen liefern, die, einmal in Ver- bindung eingegangen, schwer wieder in den Metallzustand zurückzufuhren sind. Und so sind es auch diejenigen Elemente, welche den Hauptbestandtheil unserer Erdkruste bilden, das Sili- cium, die Alkalimetalle, wie Natrium und Kalium, welche bis zu unseren Tagen als unentdeckt galten; hieran schliessen sich Calcium und Magnesium, ferner Aluminium, welches als Thonerdesilieat überall verbreitet ist. Im Jahre 1807 gelang es Davy, durch den galva- nischen Strom die Metalle der Alkalien und alkalischen Erden zu gewinnen. Erfolglos hatte er auch Alaunerde auf diese Weise zu zersetzen, vergeblich daraus mittels Kalium ein Metall zu reduciren versucht. Oersted in Kopenhagen, welcher das Aluminiumchlorid entdeckt, versuchte umsonst dieses durch ein Alkalimetall zu zer- setzen. Letzte Methode, welche in der Geschichte der Metalle als epochemachend dasteht, sollte es in den 434 Naturwisseusehaftlichc Woclieuschrift. XII. Nr. 37. Häiifleu von Wöhlei*) gute Resultate geben. Dieser illustre Chemiker erhielt das nach dem Alaun „ahuueu" genannte Metall 1827 heim Einwirken von Kalium auf Ahuniniumeblorid. Zunächst in Form eines grauen Pulvers und später 1845 als ein eompactes, weisses Metall. Immer- hin waren die erhaltenen Mengen so gering und die Dar- stellung so kostspielig, dass der Gedanke an eine prak- tische Verwerthung ausgeschlossen erschien. Dieser wurde angebahnt, als Sainte-Claire Deville vom Jahre 1854 ab sich mit der Darstellung von Aluminium besciiäftigte. Er wurde durch eine vom Kaiser**) Napoleon III. bewilligte grössere Summe Geldes, in seinen Versuchen wesentlich unterstützt. Nach W ö h 1 e r 's Verfahren wurde in der Fabrik zu Javelle Aluminium zuerst im Grossen dargestellt. Dieser Process war kostspielig, da man erst Natrium, dann Thonerde und aus dieser Aluminiumchlorid dar- stellen musste. Lange Zeit hindurch arbeitete man nur an den Ver- besserungen von Wöhler's Verfahren; andere Fortschritte konnte mau nicht wahrnehmen. Erst gegen Ende des vorigen Jahrzehntes gelaug es einem Amerikaner Cowles einen Ofen zu construiren, worin er, unter Anwendung der Elektricität Aluminiundegirungen darstellte. Seither hat mit den Fortschritten der Elektricität auch die Alu- miniuniindustrie bedeutend zugenommen. Verschiedene Verfahren sah man erstehen, welche sich jedoch Cowles' Verfahren mehr oder weniger nähern. Heutzutage siüd wir im Stande, Thonerde mittels Kohle zu reduciren. Sind auch Deville's Hoffnungen zum Theil erfüllt, so bleibt noch ein grosser Theil der Zukunft überlassen. Schwierigkeiten bieten sich dar, die schwer zu überschreiten sind. Wie ich früher erwähnt, finden wir die Thonerde überall in Hülle und Fülle; jedoch ist sie nicht als solche allein, sie ist mit viel Kieselsäure und einer mehr oder weniger grossen Menge Eisenoxyd verbunden. Auch diese Körper werden durch den elektrischen Strom zersetzt, und wir erhalten eine Legirung von Eisen, Aluminium und Silicum. Diese Legirung bricht wie Glas und hat augenblicklich wenig Werth. Wollen wir reines Aluminium erhalten, so müssen wir auch reine Thonerde der Elek- trolyse unterwerfen. Als reine Thonerde findet sie sieh jedoch nur selten in der Natur vor, und dann meistens als Edelstein (Rorund, Rubin, Saphir). Rubin und Saphir nehmen die nächste Werthstelle hinter den Diamanten *) Gelegentlich einer Vorlesung, die Deville in den ,..soirees scientifiques de la Sorbonne", im Laufe des Jahres 18(54 hielt, gab derselbe in Bezug auf die Entdeckung des Aluminiums folgende merkwürdige Notiz, die hier in wirkliclier Uebortragung gcgebou ist: „Gestatten Sie mir zum Schlüsse, auch eines in der That sehr unglücklichen Vorgängers zu erwähnen, der in der Geschichte der Aluminiumindustrie nicht vergessen werden darf; ich verdanke die betreffende Notiz dem General de Beville, welcher sie bei vielen römischen Schriftstellern aufgefunden hat. Ein armer Ar- beiter (Faber) verstand aus einem tjionhaltigen Glase (verre alu- mineux) eine entschieden metallische Substanz abzuscheiden, aus welcher er eine Scliale fertigte, die er dem Kaiser Tiberius dar- bot. Der Kaiser nahm die bchale und lobte den Arbeiter über die Maassen. Letzterer warf, um dem Kaiser die wei'tbvollen Eigenschaften der Schale zu zeigen, dieselbe zur Erde; sie zer- brach nicht, sondern wurde nur verbogen, und der kleine Scliaden konnte durch einige llanimcrschläge ebenso leicht reparirt werden als weini die Schale von Gold oder Silber gewesen wäre. Dieses aus dem Thon dargestellte Metall war und konnte nichts anderes sein als Aluminium. {? . . . Es war wahrscheinlich Blei, da man in den römischen Glasgefässen Blei nachgewiesen.) Man fragte den Arbeiter, ob das Geheimniss der Bereitung des Metalls ihm allein bekannt sei, worauf er antwortete, nur ihm allein und Jupiter. Tiberius, die Befürchtung hegend, es möchte Silber und Gold durch einen so gemeinen Körper wie Thonerde entwerthet werden, Hess die Werkstätto des Arbeiters zerstören und ihm selbst den Kopf abschlagen. Eum decoUari jussit impcrator. (Moniteur scientifiquo 1864.) **) Na))oleon8 IIL Gardekürassiere sollen Aluminiumiianzor i^e- tragen haben! ein; ganz fehlerfreier Rubin in hellem Roth übertrifft oft den Diamanten an Werth. Kargt auch Mutter Natur zuweilen, so legt der Mensch die Hand ans Werk und schafit Ersatzmittel für das, was ihm so spärlich zugemessen. Er ist nicht zufrieden mit den Steinen, wie sie ihm die Erde bietet, sondern er greift nach chemischen Operationen, sie so zu traus- formiren, wie sie zu seinem Zwecke am günstigsten sind. Auch hat er gefunden, die Thonerde von ihren Neben- bestandtheilen zu trennen, und damit diese Operation nicht zu theuer wird, bedient er sieh derjenigen Erden, die reich an Aluminiumoxyd sind. Der Bauxit, welcher sich in grossen Quantitäten in gewissen Bergen vorfindet, ist das heut zu Tage am meisten zur Aluniiniunidarstellung angewandte Mineral. Bauxit ist ein schmutzig-gelbes bis braunes, bolusähnliehes Mineral mit einem Tlionerdegehalt von über 58 Procent. Es findet sich namentlich in Baux bei Arles; auch auf der griechischen Insel Aegina und in der irischen Grafschaft Autrim wird es angetroffen. Auf dem Gebiete der Tlionerdefabrikatiim steht Deutsehland hoch. Es macht der Bauxit eine Rundreise. Von Frankreich wird er nach Deutschland als solcher gebracht, und von Hamburg als reine Thonerde wieder an die Aluminiumfabriken nach Frankreich geliefert. Technisch wird reine Thonerde daraus dargestellt durch Schmelzen von dem fein gepulverten Mineral mit kfdilen- saurem Natrium, Ausziehen der Schmelze mit Wasser und Einleiten von Kohlensäure in die Lösung. Das Verfahren ist ziemlich theuer, so dass mau die 100 kg reine Thon- erde mit 50 Mark bezahlt, während der dazu verarbeitete Bauxit kaum 2,50 Mark werth ist. Ist reine Thonerde zur Hand, so bringt uns deren Reduktion, das Erzeugen des elektrischen Stromes die grössten Ausgaben. Am billigsten wird dieser geliefert unter Zuhülfenahme der natürlichen Wasserkraft. Mit Ausnahme der Fabrik von Pittsburg in den Vereinigten Staaten sind alle Aluminiumwerke an den grossen Wasser- fällen angelegt. Das grösste Werk in Europa ist das- jenige von Neuhausen am Rheinfall, welches über vier- tausend Pferdekräfte verfügt. Wir lel)en in der Zeit, wo die Wasserkraft ihre Rechte geltend maclit. Ihr ist es gelungen die Metallurgie in die Berge zurückzudrängen, wo ihre Wiege stand; sie liefert uns die Elektricität, welche erlaubt, die Arbeit in Wärme zu verwandeln, welch letztere uns die Brennstott'e ersetzt und solche chemische Verbindungen zerlegt, die aller Kohle widerstanden. Zwar hat uns das Zeitalter des Dampfes viel gelehrt, zwar haben sich viele grosse Werke in die kohlenreichen Gegenden gruppirt, doch wird mit der Zeit der Dampf etwas beschränktere Anwendung finden, und zwischen den Bergen, beim Rauschen der Wasserfälle, werden wir bald die grössten Fabriken, die Industrie zu suchen haben. II. Betrachten wir ein wenig die verschiedenen Phasen, welche die Aluniiniumlabrikation durchgemacht hat, so sehen wir, dass das Wo hier' sehe Verfahren, zwar mit einigen Al)ändorungen, noch heute in verschiedenen Fa- briken betrieben wird. Nach demselben arbeiten noch die Fabrik in Salindres, welche jährlich 2 — 3000 Kilo- gramm Aluminium herstellt und die Castner'sche Fabrik in Oldburg mit einer wöchentlichen Produetion von 1,5 Tonnen. Das Verfahren besteht in Folgendem: 400 Tlieile Aluminium-Natriumchlorid, 200 Theile Koch- salz und 20(1 Theile Flussspath werden jedes für sich scharf getrocknet und gepulvert, dann mit 75—80 Theilen kleingeschnittenem Natrium gemischt, in geräumige Thon- Xll. Nr. 87 Niilurwisscusclialtliclic VVochenschrit't. 435 tiesel eingetragen und anfangs gelinde erhitzt; es tritt dabei unter Erglühen der Masse eine sehr lebhafte Re- action ein, worauf man, nm das pnlverfürniig al)ge- schiedene Alnminiiini zum Zusanmientliessen zu bringen, stärker, fast zur Silbersciinielzhitze glüht und dabei die Masse häufig mit einem Thonspatel umrührt. Ist die Operation richtig ausgeführt, so kann man nach be- endigter Schmelzung zunächst die dünnflüssige Schlacke abgiessen und nachher das auf dem Boden des Tiegels befindliciie Metall in eine Leimform entleeren. Nach der Methode von Netto, statt Aluminium- Natriumchlorid die entsprecheude Fluorverbindung, die als Mineral Kryolith in Grönland in grossen Mengen aufge- funden worden ist, zu benutzen, arbeitet die AUiance Aluminium-Comp. zu Wallsand bei Newcastle. Die verschiedenen, mannigfaltigen Methoden, welche wir in den Patentberichten aller Länder finden, haben bis heute noch wenig Anwendung gefunden. Einen bedeutenden Aufschwung hat indess neuer- dings die Aluminiumindustrie durch die Ausführung des elektrolytisclieu Verfahrens genommen. Hier sind be- sonders zwei Methoden zu erwähnen: Das Verfahren von L'Heroult und das der Gebrüder Co wies. Das Verfahren von L'Heroult v.ird in Neubausen (Schweiz) in folgender Weise ausgeführt: Eine SOOpferd. Turbine treibt zwei Dynamomaschinen von je 600 Auip. und 16 Volt. Der Strom wird durch dicke Kupferseile zu dem Tiegelschmelzofen geleitet. Die Arbeit beginnt mit dem Einsetzen von Kupfer- oder Eisenbrocken, welche durch Einhängen des Kohlenbündels geschmolzen werden; mau bringt reine Thonerde in den Tiegel, welche sich zer- setzt, indem der Sauerstoif an die Kohlenstäbe geht und Kohlenoxyd bildet, während Aluminium in das Kupfer einschmilzt. Die Neuhausener Fabrik stellt nach einem geheim gehaltenen Verfahren auch reines Aluminium elektrolytisch dar und zwar zu 3,50 Mark das Kilogramm. Das Verfahren der Gebrüder Cowlcs, nach welchem die Cowles' Works in Milton bei Stoks on Trent und die Cowles' Works in Lockport (New-York) ar- beiten, weicht sehr wenig von dem L' Heroult'schen ab. Nur wird der Strom durch ein Gemenge von Kupfer- (bezw. Eisen)-graualien, Bor und Kohlenstaub geleitet, welch letzterer zur Erhöhung des Leitungswiderstandes mit Kalk imprägnirt ist. Nachstehende kleinen Tabellen ergeben eine üeber- sicht über die gegenwärtig im Betriebe befindlichen Alumi- uiumwerke und ihre Leistungen. Dieselben sind der Zeit- schrift „Stahl und Eisen" entnommen. P. S. Kg täglich Neuhausen (Schweiz) 4000 2270 New Kensington Pa. 1 ^ ^^ ... 1600 906 Niagara Fall.s, N. Y. | ^^i. &t. _ _ ^g^^ ^^^^^ La Praz \ „ , . , 2500 1360 St. Michel | * i'anKreicii _ _ . . 2000 1130 TTTÖÖ 6766 Voraussichtlich werden für das Jahr 1898 an ver- schiedenen Werken Vergrösserungen gemacht und auch ist man im Begriffe neue Werke anzulegen. Dann kommt zu den vorstehenden Leistungen noch hinzu : P. S. Kg täglich Rheinfelden (Schweiz) 6000 3630 Niagara Falls (Ver. St.) 5500 3178 St. Michel (Frankreich) 2000 1130 Foyers-Fälle (Grossbritannien) .... 3000 1810 Soupsfos-Fälle (Norwegen) 5000 2950 215ÖÖ 12695 Es findet sich nur die neue Metallurgie noch in sehr ungünstigen Verhältnissen. Grosse Ausgaben lasten auf einer zu geringen Produktion. Erst dann wird das Aluminium nut den gcwöhidichen Metallen con- curriren können, wenn man es direkt aus den in der Natur vorkommenden Thonverbinduugen gewinnen kann. Wird dies einmal der Fall sein? Hier will ich antworten mit Devilles Ausruf: „Geschähe es eines Tages, dass man Mittel und Wege ausfindig machte, es mit geringen Kosten aus seinem Erz, der Thonerde, dem quantitativ verbreitetsten Bestandtheile der Erdrinde, abzuscheiden, so würde es das gemeinste Metall werden. Dann würden meine Hoffnungen überflügelt sein und ich würde mich glücklich preisen das llauptverdienst demjenigen zuzu- schreiben, der das erste Aluminiumkügelchen darstellte, dem illusteru Güttiuger Chemiker Wohl er". in. Das Aluminium ist im compacten Zustande schön glänzend und von grauweisser Farbe. Rein ist es ohne Geruch und ohne Geschmack. Es ist vollkonnnen streck- und dehnbar, lässt sich bei wiederholtem schwachen Er- wärmen zu dünnem Draht ausziehen und zu feinster Folie schlagen. Betrefi's Zähigkeit steht es zwischen Zink und Zinu, übertrifft ersteres aber nach kaltem Hämmern bedeutend und ist dann die Festigkeit der des hartgezogenen feinen Goldes gleich. Auf dem Bruche zeigt es krystallinisches Gefuge, welches um so feiner ist, je mehr das Metall durch Verarbeitung verdichtet ist. Beimischungen fremder Metalle machen das Aluminium meistens hart und spröde. Meine zahlreichen auf diesem (icbiete gemachten Versuche haben mir dieses bewiesen. Bei einem Gehalte von 5 — 6 Procent Eisen oder Kupfer lässt es sich nicht mehr bearbeiten. Seine Legirnng von 10 Prozent Kupfer ist spröde wie Glas und schwärzt sich an der Luft. Durch Zusatz von 0,1 Prozent Wismuth verträgt es keine Bearbeitung mehr. Das Aluminium schmilzt bei dunkler Rothgluth, an- nähernd bei 700 Grad. Es ist kaum magnetisch, ein guter Leiter für Wärme und Elektricität und zeichnet sich durch einen auffallend hellen Klang aus. Erhitzt hält das Aluminium die Wärme viel länger als alle andern Metalle. Das Auffallende bei seinen physikalischen Eigenschaften ist seine ungemeine Leichtigkeit. Es ist dreimal leichter als Eisen, viermal leichter als Silber. Könnte man die Maschinen aus Aluminium verfertigen, so bekämen sie eine feenhafte Leichtigkeit. Leider ist bei seiner Leichtigkeit das Metall nicht widerstandsfähig genug. Getrost kann die Eisenindustrie noch in die Zukunft blicken, denn das Bletall, welches zugleich leicht und widerstandsfähig ist, welches das Eisen durch sein viel leichteres Gewicht ersetzen könnte, ist noch zu entdecken. Viel interessanter als die physikalischen sind die chemischen Eigenschaften des Aluminiums. An feuchter wie an trockner Luft verändert es sich nur wenig. In Salpetersäure ist es fast unlöslich, während sich in dieser die meisten angewandten Metalle lösen. Während die Metalle der Alkalien sich an der Luft entzünden, das Magnesium leicht zu verbrennen ist, bleibt das Aluminium, dessen Oxyd doch beinahe so widerstandsfähig ist als das genannter Metalle, bis zur hellen Rothgluth erhitzt uno.Kydirt. In feinem Zustande (als Aluminiumpulver) erhitzt, verbrennt es jedoch an der Luft zu Oxyd, wie mich meine Versuche belehrten. Auch besteht genannte Widerstandsfähigkeit nur gegenüber freiem Sauerstoff; handelt es sich darum, den- 436 Naturwissenschaftliche Wochensclirift. XII. Nr. S7. selben einem anderen Metalle zu entziehen, so wirkt das Aluminium als bestes Reduktionsmittel. Es zersetzt beim Schmelzen Kupferoxyd und Bleioxyd unter Explosion. Nicht nur die Oxyde werden zersetzt, selbst phosphorsaure Salze, Sulfate und Chloride können ihnen in der Hitze nicht wiederstehen. Ich will hier von vielen Reaktionen absehen, die wissenschaftlich von Interesse sind, um den Leser nicht ins Unendliche zu führen. Das Aluminium löst sich leicht unter Wasserstoif- entwickelung in Salzsäure ; in verdünnter Schwefelsäure sehr langsam. Gegen Essigsäure verhält es sich wie gegen verdünnte Schwefelsäure. In Aetznatron und Aetz- kaliflüssigkeit löst es sich unter Wasserstoftentwickelung; selbst Seifenwasser greift es an. Seine Oberfläche wird durch Meeresluft ziemlich angegriffen. Es lässt sich löthen (zwar mit Schwierigkeiten), pressen, treiben, walzen, schleifen, vergolden und versilbern. Haben wir hier die chemischen und physikalischen Eigenschaften des Aluminiums in aller Kürze betrachtet, so wollen wir uns noch eine Frage stellen und beant- worten, die in den letzten Jahren viel Aufsehens erregte, nämlich die: „Ist das Aluminium giftig?" Diese Frage, womit wir nur die Verljindungen des Aluminiums meinen, da nur solche in unscrn Körper ge- langen, ist absolut mit einer Verneinung zu beantworten. Wir müssen dabei nicht vergessen, dass alles, was in so grossen Quantitäten genossen wird, giftig wirkt. Die Salze der Thonerde linden sogar in der Heil- kunde ausgedehnte Verwendung. So die essigsaure Thonerde bei der Wundbehandlung, der Alaun innerlieh und zur Verbesserung des Zinkwassers (0,1 : lUOO). Auch in der Molkerei findet er Anwendung. Ferner gehören kleine Mengen von Aluminium zu den fast regelmässigen Bestandtheilen des Trinkwassers. Verschiedene wissenschaftliche Untersuchungen er- gaben, dass das Aluminium nicht als giftig zu betrachten ist, und dass in sanitärer Hinsicht Bedenken gegen Ver- wendung von Aluminiumgeschirren nicht bestehen. IV. Als die Arbeiten von Saint-Claire Deville fürs erste Mal das Aluminium in die industrielle Welt brachte, bewunderte man dieses Metall, man erwartete Wunder von ihm. Aber nur zu schnell sah man ein, dass man sich getäuscht und nach den schönsten Hoffnungen sah man sicli dahin beschränkt, kleine Gegenstände daraus zu fabriciren, die nur den Neugierigen und den Mann der Wissenschaft interessirten. Zu unsern Tagen nun, als durch neue Fabrikations- methoden der Preis des Aluminiums sich denjenigen der üblichen Metalle etwas mehr näher rückte, sah man den- selben hastigen Enthusiasmus wieder neu aufblühen, ge- folgt von fast gleichen Enttäuschungen. Schon sah man im Geiste Eisen und Kupfer von diesem Neuling verdrängt. Jedoch ist seit jenem Augen- blick schon manches Jahr dahingegangen, und immer noch stehen wir beinahe auf derselben Stufe. Der Fort- schritt war nicht so schnell, wie man es glaubte, jedoch geht er fortwährend langsamen Schrittes. Der Verbrauch an Aluminium nimmt von Tag zu Tag zu. Den Ilauptverbrauch fordert die Stahlfabrikation. Dieser verdankt das Aluminium seine chemischen Eigen- schaften; es figurirt daltei nicht als Metall, sondern als chemisches Reactiv, es verschwindet dabei, sobald es seine Dienste geleistet hat. Aluminium dient hierbei als Raffinationsmittel. Beim Giessen des Stahles erhält man stets ein poröses, ])rüchiges Metall. Nach dem Guss ist der Stahl stets mit etwas Eisenoxyd vermengt, welches das Fliessen vcr- uiindert. Ferner entwickelt sieh durch Gasausströmuug an der Oberfläche eine Art Rahm. Beim Erkalten werden solche Gasbläschen eingeschlossen, und das Metall eihält so Uöldungen, die man Blähungen (Souffluresj nennt. Dieses kann man verhindern durch Zusatz einer kleinen Quanti- tät fremder Körper, wie Silieium, Mangan, weil sie das Oxyd zersetzen wegen ihrer grösseren Affinität zum vSauerstoff. Dieses nennt man raffiniren. Das beste Raffi- nationsmittel ist nun das Aluminium; ganz geringe Quanti- täten genügen und dennoch verbraucht man den grössten Theil des erzeugten Aluminiums auf diese Weise. Ebenso kann man Aluminium auch gegen andere Metalle als Raffinationsmittel benutzen. Bei Zusatz von etw^as mehr Aluminium erhält man die Alumiuiumlegirungen, von denen die mit Kupfer, Silber und Zinn die technisch wichtigsten sind. Sie zeichnen sich theils durch ihre schöne Farbe, theils durch ihre Widerstandsfähigkeit gegen chemische und physikalische Einwirkungen, theils durch ihre Härte und gute Verarbcitbarkeit aus. Aluminiumbrouze entsteht beim Eintragen von Alu- minium in geschmolzenes reines Kupfer. Die Aufnahme des Aluminiums durch Kupfer ist ndt einer grossen Wärmcentwickelung verlnniden, besonders bei 10 bis 7,5 bis 5 pCt. Bronze. Aluminiumbronze wird vielfach be- nutzt als Ersatz von Rothguss, Bronze und anderen Le- gierungen, sie dient zu sehr vielen Maschincntheilen, zu Drahtseilen, Beschlägen, Schiffsschrauben, zu Gewehr- und Geschützläufen, zu zahlreichen Gebrauch- und Luxus- gegenständen etc. In den Cellulose- und Papierfabriken dient sie mit Vortheil als Ersatz von Phosphorbronze zu Sulfitkesselu, Schrauben, Ventilen, Armaturen, Pumpen- k(irpern, ferner zu Sieben bei der Verarbeitung von Thomasschlacke, Druckwalzeu, Pulverwalzen (geben keine Funken wie Stahlwalzen) und Hochofendüsen. (Siehe Dammer, Handbuch der anorg. Chemie, III. Bd.) Ti'otz der einigen Vorthcile wird die Aluuiiniuml)ronzc eine indu- strielle Revolution nicht hervorrufen. Sprechen wir jetzt etwas von der Anwendung des Aluminiums als Metall. Das Aluminium ist sehr streckbar. Man kann es zu haarfeinem Draht ausziehen, und zu dünnen Blättchen schlagen. Aus letzteren macht man Visitenkarten, Speise- karten u. s. w. In Amerika versuchte man Banknoten daraus zu verfertigen. Eine gute Methode, es zu vergolden oder zu ver- silbern, würde es für die Goldschmiedckunst und Bi- jouterie geeignet machen; seine Naturfarbe, welche an der Luft "gleich leidet, schmeichelt dem Auge wenig. Das Aluminium lässt sich leicht pressen und aus- treiben. Es kann zu allen runden und hohlen Formen und Gelassen, wie Thee- und Kaffeekauueu u. dergl., auf der Drehbank verarbeitet werden; nur muss man sich dabei einer Art Firniss aus 4 Theilen Terpentinöl und 1 Theil Stearinsäure bedienen. Man macht daraus Federhalter, Operngläser, Fern- rohre, Spazierstöeke u. s. w. Auch sind Hausschlüssel daraus verfertigt worden, deren Gel)rauch ich jedoch nicht anrathe, da sie einen in die Verlegenheit bringen können, auswärts zu üljernachten. Die getriebeneu und gepressten Gegenstände aus Aluminium können vor dem Glänzen sehr leicht mit OHvenöl und Bimstein abgeschliffen werden. Alle diese kleinen Gegenstände fordern jedoch nicht viel Aluminium und sind dazu noch wenig gesuciit. Sind solche Gegen.stände auch leicht, so haben sie wieder die Un- tugend abzufärben und dem Besitzer dicFingerzuschwärzen. Man musste danach trachten. Aluminium in grösseren Quantitäten zu verbrauchen. Die grösste Anwendung, die sich dem Geiste zuerst aufdrängt, ist die Anwendung des XII. Nr. 37. NaturwisscDScliaftliche Wochenschrift. 437 Aluminiunis im Schiffbau. Die Versuche haben befriedigende Resultate geliefert. Der allgemeinen Einführung des Alumi- niums für den Seescdiift'ban steht nur nueli der sehr hohe Kostenpreis entgegen. Meiner Ansicht nach ersetzt das Aluminium im Schiifbau nicht den Stahl, sondern das Holz. Es ersetzt dort den Stahl, wo Holz genügt hätte. Eine gleiclie Rolle, das Holz zu ersetzen, spielt Alu- minium in den Riesenhäusern \on Chicago, wo es als Täfehverk benutzt wird. Besser noch ersetzt das Aluminium Eisenblech und Kupfer. Kochgeschirr, Conservebüchsen, Feldflaschen, Tafelbestecke aus Alumiuium sind verfertigt worden. Auch versuchte man Knöpfe, Helme, Waffengriffe u. s. w. aus Alunnnium bei der Armee einzufüln-en. Man begann, Pferde mit Aluminiumhufeisen zu be- schlagen, man glaubte gangbare iMünzen aus Aluminium zu verfertigen, man glaubte alles Mögliche mit Aluminium anfertigen zu könunen, und mau glaubt es auch noch heute. Jedoch glaultt man nicht mehr, dass es Eisen verdrängen wird. Ist seine Blüthepcriode vorüber? Nein! Eine Vcr- suehsperiode tritt jetzt auf, welche dem Aluminium eine Zukunft sichert. Als Reductionsmittel wird es uns bessere Dienste leisten. Hier wird es nicht mehr als Modemctall auftreten, sondern als techniselier Mitarbeiter. Ueber die Selbstverstünimehiiig bei (.'arciiiu.s Miienas giebt A. Wiren in einer Festschrift zu Ehren Lilljeborg's (Upsala 1896) interessante Aufklärungen. — Die eigenthündiche Erscheinung der Selbstverstümmelung oder Autotomie hat in den letzten Jain-cu die Aufmerk- samkeit der Zoologen und vielleicht noch mehr der Phy- siologen in zunehmeiulem Masse in Ansitruch genonmien. Sie ist bei Repräsentanten der verschiedensten Thier- klassen, bei Flagellaten, Ciliaten, Aktinien, Echinodermeu, .\nneliden und anderen Würmern, Crustaceen, Arach- noideen, Myriapoden, Insecten, JMollusken, Eidechsen und Säugethieren nachgewiesen worden. Einige Fälle sind einer näheren Untersuchung unterworfen worden, welche hauptsächlich die Beantwortung der Fragen bezweckte, wie die Autotomie bewerkstelligt werde, und ob sie ein Reflex oder eine mehr oder minder beabsichtigte und be- wusste Handlung sei. Besonders beschäftigten sich diesbezügliche Unter- suchungen mit den bekannten Fällen der Autotomie bei den Dekapoden, vor allem bei den Krabl)en. Die Autotomie der Krabben besteht bekanntlich darin, dass die Thiere unter gewissen Verhältnissen einen, mehrere oder sämmtliche Thorakalfüsse abwerfen. Der Thorakalfuss einer Krabbe besteht aus 6 Gliedern. Das erste Glied, das Coxopodit, ist mit dem Thorax ver- bunden, das zweite wird durch das Verwachsen zweier, bei vielen Makruren selbständiger Glieder, des Basiopo- dits und des Ischiopodits, gebildet, die folgenden sind das Meropodit, Carpopodit, Propodit und Dactylopodit. Die Selbstverstümmelung findet statt, wenn den ge- mischten Nerv, welcher den Fuss der Länge nach bis an die Basis des Dactylopodits durchläuft, ein Reiz trifft. Arn empfindlichsten ist das Thier gegen den mechanischen Reiz, welcher am leichtesten dadurch bewirkt wird, dass man den Fuss kräftig zwickt oder ihn absehneidet. Im Meropodit und Carpopodit ist die Empfindlichkeit am grössten. Wenn eines dieser Glieder durchschnitten oder derb gekniffen wird, wirft das Thier, falls es sonst lebens- kräftig ist, den beschädigten Fuss sofort ab. Von den genannten Gliedern an nimmt die Empfindlichkeit sowohl proximalwärts als distalwärts ab; im Dactyloj)odit hört sie oft gäuzlich auf. Die Autotomie findet indessen auch in Folge elektri- schen und ehemischen Reizes — z. B. wenn "der bloss- gelegte Nerv der Einwirkung des Alkohols ausgesetzt wird — sowie thermischen Reizes statt, beispielsweise wenn der Fuss über einer Flamme erhitzt oder zuweilen schon, wenn das Thier nur in warmes Wasser gelegt wird. Viele andere Dekapoden sind in dieser Hinsicht noch empfindlicher, als Carduus maenas. Angeblich pflegen einige Galatheiden und Porcellanen, wenn sie in warmes Wasser gebracht werden, immer sämmtliche Tho- rakalfüsse abzuwerfeu; und einige Oxyrhynchen, z. B. Sfenorhynchus longirostris, sollen sehr leicht einen nur festgehaltenen Fuss im Stich lassen. Das Abwerfen geschieht immer in bestimmter Weise und geht an einer ganz bestinnnten Stelle von statten. Der Fuss wird inuncr längs einer feinen, aber scharf markirten Linie nahe dem Proximalendc des zweiten Gliedes abgeknickt; dcnniach wird der ganze Fuss mit Ausnahme des Coxopodits und eines kleineu Theils des zweiten Gliedes abgeworfen. Die Bruch fläche ist durch- aus eben. Reisst man einer todten Krabbe einen Fuss aus, so findet der Iiruch nie an der Autotomirungsstelle, sondern gewöhnlich im Gelenk zwischen dem Thorax und dem Coxo- podit statt, wobei ein Zopf von Muskelfasern an der Bruchfläche sitzen bleibt. Dieses ist bei der Selbstver- stümmelung nicht der Fall, da in der Autotomirungsstelle ein nach beiden Richtungen hin von einer Membran be- grenzter Spalt schon vorgebildet ist. Der Panzer ist an der Autotomirungsstelle dicker und härter, als an den meisten übrigen Korpertheilen. Die er- wähnte Linie erklärt sich dadurch, dass die Cuticula eben an der Autotomiruugsstelle des Kalkes entbehrt und demnach, wie die weiche Haut in den Gelenken, nur aus organi- scher Substanz besteht. Die Chitinschichten gehen un- unterbrochen von dem einen Ende des zweiten Gliedes durch die Autotomirungsebene nach dem anderen. Die Fasern, welche die Cuticula durchkreuzen und ihr quer- gestreiftes Aussehen verursachen, verlaufen zwar au den beiden Seiten jeuer Ebene in etwas abweicheuder Richtung. Wie öfters beobachtet worden ist, findet sich im Innern des Fusses ein Spalt zwischen dem abzuwerfenden und dem sitzen bleibenden Theile. Die weichen Gewebe stehen nur durch den grossen Nervenstamm, einen klei- neren Nervenast, eine Arterie und einen grossen, veuöscn Sinus mit einander in Verbindung. Sogar die inneren Theile der Epithelzellen divergircn und tragen demnach zur Bildung jenes Spaltes bei. Dieser wird nach beiden Seiten hin von einer Art Verschlussmembran begrenzt, welche indessen keineswegs durch Einstülpung der Körper- wandung oder irgend einen von ihr hervorragenden Fort- satz gebildet wird. Di« den S])alt proximalwärts be- grenzemle Membran ist sehr fest und dicht. Die an der anderen Seite gelegene Membran ist bedeutend dünner. Beide sind faseriger Struktur und können wohl gleichsam als Verdichtungen des Bindegewebes betrachtet werdeu. Hie und da hangen sie durch einen feinen Bindegewebs- streifen mit einander zusammen. Der mehrfach erwähnte Spalt ist demnach eine Bindegewcbslakuuc. Sic steht indessen in keinem Zusannnenhang mit den benach- barten kleinen Lakuncn, und wenn der Fuss abge- worfen wird, sickert kein Tröpfchen Blut durch die Verschlussmcmbran. 438 Naturwissenschaftliche Wncheuschrift. XII. Nr. 37 Beiderseits der Aiitotomirungsebene erscheint au der Innenseite des Panzers eine ringförmige Leiste. Die proxi- male Leiste ist t)csonders kräftig. Sie bildet einen sehr dicken und festen, ununterbrochenen Ring, der indessen an der ventralen Seite des Fusses noch dicker ist, als an der dor.saleu. Die distale Leiste ist erheblich schwächer, vor allem vorne und hinten, ein wenig dicker allerdings an der ventralen und dorsalen Seite, wo ein bisher nicht beachteter iluskcl, der meines Eraclitens — sagt Verf. — bei der Autotoniie am wirksamsten sein dürfte, zum Theil seine Ursprungs- und Ausatzstelle hat. Von dem Proximalende des dritten CUiedcs ent- springen (wie es auch Fredericq augegeben) hinten zwei breite, aber ziemlich kurze Sehnen, an die sich die beiden Portiouen des Streckmuskels des Meropodits ansetzen. Die Fasern dieses Muskels gehen von der Innenseite des distalen Theiles des zweiten Gliedes aus und verlaufen natürlich sämmtlich in schräger Richtung. Von diesem Muskel proximalwärts gebend, demnach zwischeu ihm und der Autotomirungsebeuc belegen, findet sich ein an- derer Muskel, dessen Faseru das Glied von der dorsalen nach der ventralen Seite hin durchziehen. Dies ist der eben erwähnte, bei der AutOLomie wirkende Muskel. Seiner Function wegen neunt ihn W. den Brechumskel. Er entspringt von der Rückenseite der abwerfbaren Partie des zweiten Gliedes, zum grössten Theil von einem kleinen, von der Autotomirungsebeuc distalwärts, aber nicht weit ab gelegenen Fortsatze. Alle oder wenigstens die meisten seiner Fasern inserireu sich unmittelbar an ein dreieckiges Feld der ventralen Partie des zweiten Gliedes und zum Theil auch an die vorerwähnte, schwächere Leiste an der äusseren Seite der Autotomirungsebeue. Die Grö.sse dieses Muskels ist merkbaren indivi- duellen Schwankungen unterworfen, die wohl jene indivi- duellen Abweichuugen verursachen, welche betreffs der Leichtigkeit, die Autotomie auszuführen, offenbar an den Tag treteu. Auch in anderer Hinsicht variirt der Brech- muskel. Der Brechumskel — wenigstens diejenigen Faseru desselben (und diese sind, wie erwähnt, die am zahlreich- sten, zum öftesten sogar allein vorhandenen), welche un- mittelbar von der dorsalen nach der ventralen Seite des Panzers verlaufen — kann keine andere Function haben, als die, den Fuss in dorsoventraler Richtung zusammenzu- drücken. Dies kann aber auf Grund des eigenthümlichen Baues des Skelettes leicht zu Folge haben, dass der Panzer zerbricht. Die beiden Endpunkte des Brechmuskels liegen von der Autotomirungsstelle distalwärts, aber in ihrer uumittel- baien Nähe. Bei der Contractiou des Muskels nähern sich diese Punkte einander, und zugleich entfernen sich die mittleren Punkte der vorderen und der hinteren Seite des Panzers von einander. Au diesen Bewegungen kann sich indessen der proximale Theil des zweiten Gliedes nicht gut betheiligen, da seiner Formveränderung wesent- liche Hindernisse in den Weg gelegt werden durch die ringförmige Leiste an der Innenseite des Panzers, die, da sie keinem Muskel eine Ausatzstelle darbietet, ausschliess- lich zu dem Zwecke vorhanden zu sein scheint, dem vom Brechumskel ausgeübten Zug Widerstand zu leisten. Unter diesen Verhältnissen nuiss eine hinlänglich kräf- tige Contractiou des Brechmuskels eben bewirken, dass der Panzer, wenigstens theilwcisc, in der Autotomirungs- ebeue zerbricht, die einen locus minoris resisteutiae darbietet, freilich nicht bei dem Strecken in der Rich- tung der Längsachse des Fusses, sondern bei einem Bruche in einer gegen jene Richtung wiukclrecht xev- laufenden. Es erweist sich dann auch, dass die Autotoniie mit der Bildung eines Spalts im ventralen Theil der Autoto- mirungsebeue anfängt. In der Regel verhält es sich so, nämlich dass eine Krabl)e den Fuss nicht abwirft, wenn er nicht festgehalten oder gestützt wird. Wenigstens findet das vollständige Abwerfen des Fusses, falls diese Bedingung aussteht, nur in seltenen Ausnahmen statt. Wenn man indessen einen Fuss, dessen Nerv durch eines der obenerwähnten Mittel gereizt, dessen Abwerfen al)er dadurch gehindert wurde, dass die Krabbe ihn nicht gegen irgend eineu festen Gegenstand stutzcu konnte, näher untersucht, so tindet man, dass die Weiehtheile, die Nerven und die Gefässe, bereits zerrissen sind und der ventrale Theil des Panzers geknickt ist. Gewöhnlich hangen die beiden Theile des zweiten Gliedes nur ganz weuig au der Rückenseite zusammen, und um sie völlig von einander zu trennen ist nur ein schwaches Austossen erforderlich. Hieraus erhellt nun offenbar, wie die Auto- tomie stattfindet. Zuerst wird der Panzer in der Autoto- mirungsebeue durch Coutraction des Brechnuiskels ange- brochen, dann befreit die Krabbe sich vollständig von dem gebrocheneu Fuss, indem sie ihn gegen irgend einen anderen Gegenstand, z. B. den Rückeuschild, stösst, was durch die Contractiou des Extensors des ersten Gliedes geschieht. Gewöhnlich folgen die beiden Vorgänge der Autotomie eiuauder blitzschnell, so dass es unmöglich ist, den Verlauf genau zu beobachten. Nachdem der Nerv gereizt ist, wird man ein heftiges Gezappel gewahr, bei dem alle Fussmuskelu thätig sind. Im uächsteu Augen- Ijlicke ist der Fuss abgeworfen. Bei dem Flusskrebse ist, was die Gehfüsse betrifl't, die Verstümmelungsfähigkeit weuig entwickelt, und das Abbrechen, oder besser, das Abreissen des Fusses ge- schieht nicht vermittels eines besonderen Verstflmmeluugs- mechanisnuis, sondern es wird nui' durch Muskeln, welche sonst bei dem Gehen thätig sind, ausgeführt. Doch zer- bricht der Fuss immer an einer bestinnnten Stelle, uäiulicli zwischeu dem Ischiopodit und einem in der Gelenkhaut zwischeu diesem Gliede uud dem Basiopodit eingeschal- teten kleinen Zwischenstück. Dieser Umstand ist für den Krebs vortheilhaft, denn dabei tritt keine erhebliche Blutung ein. Die Wunde ist nach ein paar Stunden geheilt, und die Regeneration des Fusses beginnt. In den Scherenfüssen sind das Ischiopodit und das Basiopodit mit einander verwachsen, oder richtiger, unbe- weglich vereinigt, indem die zwischeu ihnen gelegene, unverkalkte Cuticula, wie bei den Krabben, zu einem äusserst schmalen Streifen reduzirt worden ist. Die Schcrenfüsse werden bei dem Krebse in gleicher Weise abgebrochen, wie die Gehfüsse, uämlich wenn sie fest- gclialteu oder kräftig gestützt werden. Die Autotomie wird hier natürlicher Weise nur durch die auf das Basio- podit wirkenden Muskeln ausgeführt. Sie geht rascher und bei weitem leichter von statten, als es in Betrcfi der Gehfüsse der Fall ist. Dies rührt zweifelsohne von dem Verwachsen des zweiten uud dritten Gliedes her, wo- durch der Panzer zugleich fester, aber auch in der Autotomirungsstelle spröder wird, so dass er leichter zerbricht. Auch au todteu Krebsen können die Schcren- füsse und die Gehfüsse leicht an derscUien Stelle, wo das Thier sie selbst abbricht, abgebrochen oder abge- rissen werden. Die Bruchstelle ist im Schercnfuss dieselbe wie inj Gehfuss, d. b. in der Verwachsungsebene zwischen dem Haupttheil des Ischiopodits einerseits uud dem Basiojiodit nebst dem Zwischenstück andererseits belegen. Eine Verschlussmembran findet sich auch in den Scherenfüssen des Flusskrebses beiderseits des Spaltes, den CS auch hier zwischen dem sitzenbleibenden und dem abwerfbarcu Theile des Fusses giebt. XII. Nr. 37. Naturwisseusehaftliche Wochenschrift. 439 Auch bei den Krabben ist die Autotomirung.sstelle ebendieselbe wie bei dem Krebse, also, g-enau genommen, nicht die Vervvachsungsebene zwischen dem Basio- und dem Ischiopodit, sondern die Grenzfläche zwischen dem Ischiopodit und dem Uasio])odit nebst dem Zwischen- stück, an dem einst die Sehnen des ersteren Gliedes be- festigt waren. Spuren von den Grenzen dieses Zwischen Stücks finden sich auch bei den Krai)ben. Wir haben demnach keinen Anlass zu bezweifeln, dass die hocheut- wickeltc Verstümmelungsfäiiigkeit der Krabben sich aus den Anfangen einer solchen Fähigkeit, wie wir sie bei den Krebsen vorfinden, herausgebildet hat. Wenigstens bei Carcinus maenus hat sich diese Fähigkeit dermaassen entwickelt, dass der Fuss, auch wenn er nicht festgehalten wird, augenblicklich abgeworfen oder weniiisteus ange- brochen werden kann, so dass er später leicht ganz ab- bricht. Dies ist dadurch ermöglicht worden, dass, ausser den auch im Scherenfusse des Krebses stattgehabten Um bildungcn, bei den Krabben ein besonderer Brechrauskei sich entwickelte, indem ein grosser Theil des Exteusors des Meroiiodits seine Sehne verliess und eine neue Rich- tung einschlug, so dass er den Fuss dorsoventral zu- sammenzieht. Dies würde indessen zum Zerbrechen des Fusses nicht hinlänglich sein, falls in dem sitzenbleibenden Theile des zweiten Gliedes (Basiopodit + Zwischeustflck) nicht eigens eine Stütze (die ringförmige Verdickung) aus- gebildet worden wäre, durch welche das Zusammendrücken dieses Theils gehindert wird. Man kann demnach in ihren Hauptzügen die Ent- wickclung jener tief eingreifenden morphologischen Ver- änderungen verfolgen, welche bei den am meisten difte- rcnzirten Dekapoden, den Krabben, in Bezug auf die ursprünglich zweiten und dritten Glieder der Geh- und Scherenfusse stattgefunden haben — Veränderungen, welche sämmtlich, ohne irgend welche Herabsetzung der Stärke und Haltbarkeit des Fusses bei seinen gewöhn liehen Verrichtungen mit sich zu bringen, bezwecken, es den Krabben unter gewissen Verhältnissen zu erleichtern, sich von den Füssen zu befreien. Es ist natürlich, dass eine derartige Eutwickelung nicht stattgefunden hätte, wenn sie den Thiereu nicht entschiedene Vortheile erbracht hätte. Gewöhnlich hat man die Selbstverstümmelung der Krabben als eine Ver- theidigungsverstümmelung bezeichnet. Indem man darauf hinweist, dass es unstreitig besser ist, einen Fuss zu ver- lieren, als den ganzen Körper der Vernichtung preiszu- geben, hat man den Nutzen der Autotomie darin finden wollen, dass die von einem Angreifer an einem Fasse ge- packte Krabbe durch das Abwerfen desselben Zeit zur Flucht gewinne. Diese in allzu genereller Ausdehnung auf die weitaus meisten Fälle der Autotomie augewendete Erkläruugs- wcise dürfte in unserem Falle, wenn sie auch etwas Wahres enthält, nicht ganz befriedigen. Freilich wird angegeben, dass ein Theil der Dekapoden die Füsse nur dann abwirft, wenn sie festgehalten werden. Dies ist in- dessen nicht in Bezug auf Carcinus und ebensowenig betretls der Mehrzahl von Krabben und Krel)sen der Fall. Carcinus maenas wird oft von Eidern und Möwen ge- fressen, und diese Vögel halten zum öftesten die Krabben an den Füssen fest, was ohne Schwierigkeit geschehen kann, wenn der Fuss nur nicht zu stark" gekniffen wird. Ja, das Dactylopodit, das wohl auch dem Festhalten aus- gesetzt sein dürfte, kann, wie erwähnt wurde, gezwickt oder gar an der Spitze abgebrochen werden, ohne dass die Autotomie eintritt. Es erscheint demnach zweifelhaft, ob_ Carcinus maenas von einer Selbstverstümmelungsfähig- keit irgend welchen Nutzen ziehen kann, wenn es gilt, sich seineu gefährlichsten Feinden zu entziehen. Dass auch in der Natur die Krabben ihre Füsse oft durch Autotomie verlieren, ist allerdings unstreitig. Dies erhellt aus der grossen Zahl von Individuen, welche regenerirte Füsse haben (30 "/o ^ler von W. untersuchten Carcinus maenas-Exemplare hatten kürzlich Selbstvcrstüm- mclang erlitten). Die Krabben, wie auch die Krebse, besitzen selber in ihren Scheren Instrumente, welche sich vorzüglich dazu eignen, die Autotomie hervorzurufen. W. hatte auf der zoologischen Station Kristineberg Gelegenheit, etwa 40 Krabben, welche in ein grosses A(|uariuin hineingelassen waren, zu beobachten. Sie gerietheu nach einer Weile mit einander in den heftigsten Kampf, und nach dessen Beendigung war der Boden des Aquariums buchstäblich mit autotomisirten Füssen besäet. Dass die gegenseitigen Angriffe indessen nicht die einzigen Veranlassungen zur Autotomie bei den Krabben sind, ist jedenfalls sicher. Die Lorikaten, welche der Scheren ermangeln, besitzen dennoch eine ausgeprägte Autotomiruugsfähigkeit, um nach den Angaben und ferner danach zu urtheileu, dass man oft zumal Scyllarus mit autotomisirten Füssen findet. Die Krabben und andere Krebsthiere erleiden während ihres Treibens im Meere zweifelsohne öfters aus verschie- denen Anlässen Beschädigungen der Füsse. Es gereicht ihnen dann stets zum Vortheil, ja oft wird das Erhalten des Lebens dadurch bedingt, dass sie das beschädigte Bein durch die Autotomie los werden; sonst tritt, wie vorhin erwähnt wurde, gewöhnlich Verblutung ein. Wenn aber auch das Leben nicht gefährdet wäre, würde es zweifelsohne dem Thicre uaehtheiliger sein, einen sehr beschädigten Fuss mit herumzuschleppen, als zeitweilen dessen gänzlich zu entbehren. Nach stattgehabter Auto- tomie regenerirt der Fuss bald. Indessen scheint das Nachwachsen eines in anderer Weise beschädigten Fusses nicht geschehen zu können; wenigstens bildet sich, anstatt des abgebrochenen, kein neues Dactylopodit, obgleich sich au der Brustfläche eine neue Cuticula entwickelt. Als eine blosse Vorbereitung für die Regeneration darf man indessen die Autotomie nicht betrachten. In den Heuschrecken besitzt man ja ein Beispiel von Gliederthieren, welche die Füsse (in diesem Falle die Springfüsse) abwerfen, wenn ihr Nerv gereizt wird. Eine Regeneration findet aber bekanntlich bei diesen Thieren nicht statt. Der Butterhaiim, Biityrospenmiin (Bassia) Parki Kotscliy, über den bisher noch recht wenig bekannt war, macht Prof. Dr. E. He ekel, Director des Colonial-Instituts zu Marseille, zum Gegenstand einer Abhandlung im Natu- raliste 1897, S. 161 ff. und 180 ff. Er gehört zur Familie der Sapoteen und erreicht eine Höhe von 9 — 10 Metern; sein Stamm wird bis 1,80 Meter dick. Der Baum hat in seinem Habitus, besonders in der Art der Verzweigung, viel Aehnlichkeit mit unserer Eiche. Die Blätter stehen in Büscheln an den Enden der Zweige, sie sind keilförmig, lederartig, oben glatt und unten dicht pubescenf. Zwischen den Blattbüscheln stehen die weissen Blüthen in Dolden, sie sind in der Jugend fein rostroth behaart. Der Kelch ist glockenförmig und achtzipfelig, die vier äusseren Kelch- zipfel besitzen ein dichtes, röthliehes Toment; die Blüthe hat ebenfalls acht Zipfel. Die acht Staubgefässe tragen in den Beuteln kugelige, mit vier Poren versehene Pollen. Die acht dan)it abwechselnden Staminodien (verkümmerte, beutellose Staubgefässe) sind breit und am Rande gesägt. Der kugelförmige, seidenartig behaarte Fruchtknoten hat 8—10 Fächer; der Griffel ist dünn und heterostyl. Die Frucht hat die Grösse einer Pflaume und enthält ge- wöhnlich nur einen elliptischen oder kugeligen Kern, der 440 Naturwissenschai'tliclie Woclienschrit't. XII. Nr. 37. von saftigem, wolilsclimeckenden, etwa 1 Centimeter dicken Fruchtfleische uiugeben ist. Der Butterbaum wäclist in Oberguinea, im Königreich Banibara, am oberen Niger und Senegal, im Sudan, am weissen Nil und in dem Lande der Niam-Niam. Im Sudan werden zwei Varietäten unterscliicden: der Man a und- der Shea (spr. schih!). Der letztere hat eine schwärzliclie, rissige Rinde, das Holz ist roth, besonders lebhaft in den äusseren Schichten, der Fruclitkern ist elliptisch. Der Mana da- gegen hat eine wcissgrane Rinde, sein Holz ist mehr gelblich, und der Kern ist rund; beim Anschneiden des Stammes und der Aestc tritt in Tropfen ein Milchsalt aus, was bei dem Shea nicht der Fall ist. Der Butterbaum bliUit gegen Mitte Januar bis Ende Februar, die Früchte reifen im Juni bis August und fallen dann zu Boden. Schon nach kurzer Zeit werden sie ranzig und verlieren ihre Keimfähigkeit, man [)fliickt deshalb nach erfolgter Reife die Früchte vom Baume und pflanzt sie sogleich in die Erde. Die Kerne liefern eine fettige Substanz, die sogen. Galambutter, auch Shea- »der Karitebutter genannt. Zur Gewinnung derselben sanmicln die Neger im Sudan die reifen Früchte und werfen sie in tiefe Erdlüchcr, wo sie bald durch Fäulniss ihr Fleisch verlieren. Hierauf kommen die Kerne in Oefen, in welchen sie durch ein gelindes Holzfeuer getrocknet werden. Nachdem zerbricht man die Schalen, röstet die weisslichen Fruchtkerne etwas und zerquetscht sie zu einer teigartigen Masse, welche man in kochendes Wasser bringt. Auf der Oberfläche desselben sondert sich dann der Fettk(iri)er ab, während die übrigen Stoffe zu Boden sinken. Hierauf legt man die Butter in ein Gefäss mit kaltem Wasser und mischt sie längere Zeit tüchtig durch einander; nachdem dann die Butter aus dem Wassergefäss genommen ist, knetet man sie nochmals kräftig durch, um alles noch darin befindliche Wasser zu entfcj-nen. Die Butter wird mm in Brote von 1 — 2 kg Gewicht geformt und in Blätter gehiUlt. Ein solches Brot Galambutter, in Blätter einge- wickelt, ist im Colonialmuseum zu Marseifle, Abtheilung Sudan, zu sehen. Die also erhaltene Butter bildet eine körnige, talg- artige Masse von schnmtzigweisser, zuweilen röthlichcr Farbe. Sie besitzt einen eigenartigen Geruch, der bei gewöhnlicher Temperatur kaum zu merken ist, dagegen beim Kochen oder Braten stark auffällt und dem nicht daran gewöhnten Europäer leicht allen Appetit verdirbt. Giesst man aber zwischen die schmelzende Butter vor- sichtig etwas kaltes Wasser, so werden die unangenehm riechenden Stoffe, die an flüchtige Fettsäuren gebunden sind, von den aufsteigenden Dämpfen mit fortgeführt. Diese Galambutter hat den sehr schätzbaren Vorzug, dass sie sich sehr lange frisch erhält, ohne ranzig zu werden. Die Neger verbrauchen die Butter ausser als Nahrungs- mittel zum Einsalben der Haare, zum Bestreichen von offenen Wunden, zur Speisung von Lampen u. s. w. S. Seh. Wetterinoiiatsübersicht. — Der diesjährige August war für ganz Deutschland ein ruhiger und im Allgemeinen freundlicher Sommermonat mit ziemlich behaglichen Wärmcverhältnisscn. Zwar in seinen ersten Tagen stiegen die Temperaturen der beistehenden Darstellung 'ZU Folge, beträchtlich an, so dass dieselben in den Mittagsstunden bald überall 25" C. überschritten und in einzelnen Gegenden — ■/.. B. am 4. zu Münster, am ö. zu Köln und Kaiserslautern, am 6. zu Berlin — sogar 30" C. erreichten. Jedoch schon seit dem ß. August trat in der westlichen Hälfte von Norddcutscliland eine alliniililiche Abkühlung ein, weklie dort bis zum Ende des Monats ziemlich gleiehmässig fortschritt. Dabei erniedrigten sich aber die Temperaturen nur wenig schneller, als es wegen der abnehmenden Sonnenhöhe im Laufe des August durchschnittlich zu geschehen pflegt, so dass ihr Mittel- wcrth sich mit der normalen Augusttemperatur fast genau deckte. Etwas grösser waren die Wärmeschwankungen in den übrigen Landestheilen; im Nordosten, namentlich in den Provinzen Ost- und Westpreusscn, hielt die Hitze mit mehrfachen, aber nur kurzen Unterln-echungen bis zum IS. an und lag auch das Monatsmittel der Tempe- ratur um mehr als einen Grad über seinem normalen Werthe. In Süddeutschland erhoben sich die Tempe- raturen zwar an einzelnen Mittagen noch zu bedeutenden Höhen, waren aber im Allgemeinen, namentlich in den Frühstunden, etwas niedriger als im Norden, ohne jedoch auch dort besonders tief zu sinken. r^ Temperaturen in» ^üäü^HS^T^ » Tätliches ?Ü8)(iniuiii,to Mimmum. '^ ■^ 8 ÜSf Morgens, 1837 6^ 11 SUhrMorgens.nomai. 21. 21 31. I I I I I i- Nordwestdeurschland.TTMiiiH^ä'' 20" In den ersten Augusttagen war Gegenden das Wetter in den meisten Gegenden Deutschlands andauernd klar und heiter. Ungefähr seit dem 7. nahm die Bewölkung zu, doch kamen um Mitte und gegen Ende des Monats wieder eine Anzahl sonniger Tage vor. Die Gcsammtdancr des Sonnenscheins war daher ziemlich beträchtlich, z. B. in Berlin, wo im Laufe des August die Sonne 228 Stunden lang geschienen hat, um 59 Stunden, in Potsdam, wo dieselbe 220 Stunden laug schien, um 58 Stunden grösser als im vergangenen Juli, obwold doch die Sonne im August durchschnittlich dreiviertel Stunden später als im JuH auf- und schon fast eine Stunde früher untergeht. Die auch im letzten Monate reichlichen Niederschläge waren, wie die umstehende Zeichnung erkennen lässt, ziemlich ungleich auf die verschiedenen Theile Deutsch- lands vcrthcilt. Die ungeheuren Wolkenbrüche von Ende Juli hatten sich bald nach Beginn des neuen Monats er- schöpft und es folgten ein paar gänzlich regenlose Tage. Aber schon seit dem 6. traten zahlreiche Gewitter mit starken Gussregen ein, von denen besonders die Nordsec- küste, das nordwestliche Binnenland und Mitteldeutschland betroffen und das ganze Gebiet der Elbnicdcrung von der Havclniündung abwärts überschwcnunt wurde. Am 6. August herrschte zu Uslar im Solling, am 8. zu Berlin ein schwerer Gewittersturm, wobei am ersteren Orte 30, am letzteren 31 Millimeter Regen und Hagel fielen und die Windgeschwindigkeit zu' Uslar 33 Meter in der Secundc erreichte; am 10. wurden zu llandmrg und Wilhelmshaven je 27 Millimeter Niederschläge gemessen. XII. Nr. 37. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 441 Während des ganzen weiteren Monats hörten die (Tewitter- regen nicht mehr auf, waren aber in Norddeutschiand nur noch an wenigen Tagen ergiebig, besonders östlich der Elbe hielten sich die Niederschlagshöbeii fast immer innerhalb enger Grenzen; allein vom 19. zum 20. fanden zwischen Oder und Weichsel bedeutendere Regenfiille statt, stark genug, um die durch die letzten Hochwasser noch arg versandeten schlesischen Gebirgsflüsse von Neuem ausufern zu lassen. — Viel beträchtlichere Nieder- schläge aber fielen während der zweiten August- hälfte wie in der Schweiz so auch in Süddeutsch- land, namentlich an den Nordabliängen der Alpen. Beispielsweise wurden am 17. zu München 41, am 20. zu Friedricbshafeu 51, am 23. wiederum zu München 45 Millimeter Regen gemessen. Die Monatssumme der Niederschläge, welche im Durchschnitt für alle deutschen an jedem J^uguslfage 1897. q^ Summe im_^iigust 1897 96. 95. 9t. 93. 92. Vjn Stationen 91,7 Millimeter betrug, 7,2 Millimeter weniger als im überaus regnerischen August des vorigen Jahres, ergab für München die ungewöhnlich hohe Ziffer: 248, für Friedricbshafeu 184, wogegen im Ostseegebiete wäh- rend des ganzen Monats Rügenwaldermünde nur 36, Swinemünde und Königsberg nur 38 Millimeter Nieder- schlag hatten. Die in den letzten Julitageu über Oesterreich und Ostdeutschland lagernde Barometerdepression, welche zu beiden Seiten des Riesengebirgskammes so schweres Un- heil anrichten sollte, wurde am Anfang August durch ein von Westeuropa vorrückendes Maximalgebiet langsam in das Innere Russlands gedrängt. Am 5. erschien ein Miniraum bei Irland und breitete sich allmählich nach Norden und Osten aus; am 8. folgte sodann ein zweites, das in Begleitung lebhafter Südwestwinde und zahlreicher Gewitter über die Noi-dsee nach Sfldschweden zog. Im ganzen weiteren Verlaufe des Monats schlugen die nach- einander bei Irland und Schottland erscheinenden oceanisehen Minima, zum Theil von bedeutender Tiefe, alle eine nordöstliche Strasse ein, während verschiedene Maxima von Spanien durch Mitteleuropa nach Russland wanderten. Zwischen je zwei aufeinander folgende Hoch- druckgebiete aber drangen nicht selten Ausläufer der Minima ein, die denn rasch, von Gewitterregen begleitet, ostwärt zogen. Diese führten demgemäss für Frankreich, Deutschland, Oesterreich und den grössten Theil des russischen Reiches immer nur kurze Unterbrechungen der durch die Maxima veranlassten trockenen und klaren Witterung herbei, wogegen auf den britischen Inseln'und in Norwegen fast andauernd trübes, windiges Regen- \vetter herrschte. Dr. E. Less. Tropische Regen behandelt eine Arbeit von A. Lau- caster in der belgischen Zeitschrift „Ciel et Terre" (vol. XVII, Nr. 10). — Es ist allgemein bekannt, dass die Tropen es sind, welche die heftigsten Regenfälle auf- zuweisen haben. Dabei erstrecken sich diese tropischen Regengüsse nicht selten über einen beträchtlichen Zeit- raum, so dass sie zuweilen Niederschlagsmengen an einem Tage ergeben, wie sie in Norddeutschland während eines ganzen Jahres nicht niedergehen. Lancaster theilt zu- nächst einige Daten über ungewöhnliche Regenmengeu mit, die man in den verschiedensten Gegenden dei warmen Zonen beobachtet hat: Cherrapunji, im südwestlichen Assam, auf dem Khassia-Gebirge 1250 m hoch gelegen, der regenreichste Ort der Erde (Jahresmengc 12,087 Meter, jährliches Maximum (1861) mehr als 20 Meter), wo z. B. im Juli 1861 allein 9296 mm, im Juni 1859 6172 mm fielen, hatte einst in 9 Tagen 3260 nun, ein ander Mal gar in 5 Tagen 2898 mm zu verzeichnen. Die Auswahl der übrigen grossen tropischen Regenmengen, welche in einem Tage nieder- gingen, ist von Lancaster nicht allzu glücklich getrofien, denn 24-stündige Niederschlagshöheu von mehr als 300 mm, deren L. mehrere aufzählt, kann man in den Tropen kaum zu den Ausnahmen rechnen; sind doch z. ß. zu Cherrapunji, das freilich eine ganz extreme Stellung ein- nimmt, in nur 16 Jahren 126 mal mehr als 510 mm 24-stündigen Regens gemessen worden. Selbst Tages- mengen von mehr als 800 mm sind durchaus nicht gauz vereinzelt: neben der von Lancaster citirten Regenmenge von 889 mm, welche am 13. Septembei- 1876 zu Purneah am Himalaja fiel, kann man noch erwähnen den Regeu- fall, welcher am 2. Februar 1893 zu Brisbane in Queens- land eine Niederschlagshöhe von 906 mm und in den 4 Tagen vom 31. Januar bis 3. Februar eine Gesammt- höhe von 1963 mm ergab. Das Tagesmaximum von Cher- rapunji, welches zugleich dashöcbste, überhaupt beobachtete darstellt, betrug während der oben erwähnten 5-tägigeu Regenepoche 1036 mm (14. Juni 1876). Eine andere Notiz, wonach am 24. Januar 1893 zu Dehra Dun in Indien 1219 mm Regen (und Schnee) in 24 Stunden ge- fallen sind, ist von J. S. Gamble und Archibald Douglas*) mit Erfolg angezweifelt worden und wird wohl auf den zehnten Theil zu reduciren sein. Dagegen dürfte ein Regeufall, welcher während einer furchtbaren Cyklone am 19. August 1889 zu Tanabe in Japan,. also bereits weit ausserhalb der Tropen, fiel, mit dem 24-stündigen Maxi- mum von Cherrapunji erfolgreich eoncurriren können: es fielen daselbst nämlich in 16 Stunden 902 mm (davon in 4 Stunden allein 362 mm), während die gesammte Niederschlagsmenge von 40 Stunden den Werth 1270 mm erreichte; dabei ist noch zu bemerken, dass der Regen- fall im benachbarten Gebirge noch heftiger auftrat.**) Auch die Beobachtungen in Hongkong haben bereits ganz enorme Regenmengen verzeichnet, welche mit unter die grössten überhaupt bekannten gehören: am 29. u. 30. Mai 1890 fielen daselbst in 38 Stunden 841 mm, ein ander Mal in 3 Stunden 219 mm (15. Juli 1886) u. s. w. Was nun die ungewöhnlichen Regen in Europa anbetrifi't, so ergiebt sich liei genauerer Betrachtung, dass zwar die grössten Tagessummen hinter den oben mitge- theilten erheblich zurückstehen, dass jedoch die Heftig- *) Nature 48, S. 317 und 459 (1893). **) E. Knippiiig. Der Wolkenbruch iuif der Kii-IIiUbinsel, Japan, am 19. August 1889. Meterolog. Zeitschrift, Augustheft 1890. 442 Naturwisseuschaftliche Wocheuschrift. XII. Nr. 37. keit vieler Regengüsse, sowie die grössteu Niederschiags- mengeu über kürzere Zeiträume — vielleicht sogar bis zu wenigen Stunden — sich vollkommen mit allen anderen messen können. Laucaster beschränkt sieh in seinen Ver- gleichen unserer Regeut'älle mit den tropischen fast aus- schliesslich auf belgische Beobachtungen und giebt in Folge dessen ein ziemlich einseitiges, schiefes Bild der Verhältnisse. Wenn man dagegen ganz Europa in den Kreis der Be- trachtungen zieht, so lässt sich die aufgestellte Behaup- tung zur Evidenz erweisen. Welche Regensummen man bisher als das Tages- maximum Europas ansetzen kann, ist noch nicht fest- gestellt, doch dürfte der Werth immerhin 400 mm er- reichen bezw. übersteigen. Drei Notizen sind überliefert, an welchen dieser Werth von 400 mm überschritten worden sein soll — theilweise um ein sehr Bedeutendes — , doch ist keiner von diesen drei Fällen sicher verbürgt. Der eine dieser Fälle ist sogar zweifellos als irrig fest- gestellt worden: Lersch berichtet nämlich, dass zu Els- fleth am 17. Mai 1859 423 mm gefallen seien, eine Summe, wie sie für ganz Deutschland, und zu allermeist für die deutsche Küste, durchaus unwahrscheinlich ist. Ziemer*) hat durch Zurückgehen auf das Original fest- gestellt, dass jene Summe sich auf den zehnten Theil beschränkt und lediglich einem Schreib- oder Druckfehler ihre Existenz verdankt. Zwei andere überlieferte Regenhöhen dürften vielleicht dasselbe Schicksal theilen müssen, wenngleich neben man- chen anderen Schriftstellern kein geringerer als van Bebber sie unangezweifelt citirt: Zu Joyeuse im Rhouethal sollen am 9. August 1807 in 22 Stunden 789,2 mm Regen ge- fallen sein. (Ein Regenfall von 310 mm Höhe, welcher am 9. oder 29. October 1827 denselben Ort betroffen haben soll, wird auch von Mohn bestätigt). Noch grösser als bei dem genannten Regenfall soll die Niederschlags- höhe gewesen sein, welche am 25. October 1822 während eines fürchterlichen Unwetters in Genua fiel; sie wird nämlich (nach Kämtz, Lersch, Fritsch und van Bebber) zu 30" = 812,2 mm augegeben, woljci bemerkt sein mag, dass der Jahresdurchschnitt Deutschlands nur 709 mm beträgt. Wenn man also diese — mindestens zweifel- haften — Berichte ausschliesst, so ist wohl kein Fall bekannt, an welchem in Europa eine Regenhöhe von 400 mm in 24 Stunden überschritten wäre. Speciell in Deutschland sind, wie bereits neulich (in No. 34) im Referat über den letzten grossen Wolkenbruch betont wurde, schon Fälle von mehr als 200 mm in 24 Stunden nur ganz vereinzelt zu verzeichnen. Der intensivste Regen- fall Deutschlaucte, der sich über längere Zeit erstreckte, wurde, wie dort erwähnt, am 2./3. August 1888 in Flins- berg beobachtet und ergab in 17 Stunden eine Regen- hohe von 215 mm. Von kürzeren heftigen Regengüssen haben gerade die letzten Wochen 2 Fälle gebracht, welche alle anderen bisher in Deutschland aufgezeichneten weit in den Schatten stellen : in Nieder-Marsberg (Westfalen) fielen am 6. August 1897 während eines Gewitters in 1 Stunde 113 mm, und wenige Tage später, am 16. August, ergab ein Gewitterregen in Wartha (Schlesien) in nur '-^/^ Stunden eine Niederschlagshöhe von 98 mm; von etwas kürzeren Güssen ist als besonders intensiv derjenige hervorzuheben, welcher zu Kosuchen bei Bialla in Ostpreussen am 80. Juni 1891 in 24 Minuten 50 mm ergab. Auch 2 Gewitterregen, welche am 21. Juni 1895 an der l)randenburgisch-s('hlesischcn Grenze niedergingen, verdienen, wenngleich sie an Intensität schwächer waren, doch wegen der längereu Dauer des wolkenbruchartigcn *) Petermann's geograph. Mittlieilungen XXVII, S. 201 ff. Regens hervorgehoben zu werden: der eine ergab in Triebel (Kr. Sorau) in 3'/2 Stunde 143 mm, der andere in Bobersberg in nur 2 Stunden 128 mm. Andere europäische Länder haben freilich Güsse auf- zuweisen, welche die eben genannten an Heftigkeit noch recht erheblicli übertreffen. Zumal die Küstengegenden des südlichen Frankreich scheinen in dieser Beziehung- stark bevorzugt gewesen zu sein. In Marseille fielen am 1. October 1892 in 2 Stunden 150 und in 4 Stunden 210 mm, in Montpellier am 11. October 1862 in 5 Stunden 225 mm, und für dieselben Städte Hessen sich noch mehrere ahn liehe Fälle aufzählen. Noch excentrischer liegen die Ver- hältnisse in Perpignan: hier fielen am 19. August 1855 in IV2 Stunden 135 mm und während eines 63-stündigen Regenfalls (17. — 20. October 1876) mit einer Gesammt- Regenmenge von 350 mm nochmals in l'/o Stunden 116 mm. Geradezu unglaublich erscheinen aber die An- gaben, welche aus dem Dorfe Molitg bei Perpignan für einen Gewitterregen vom 20. Mai 1868 gemeldet werden. Ein Herr Mania will nämlich am genannten Orte in IV2 Stunden 313 mm und in 2 Stunden 390 mm Regen gemessen haben, und kein Geringerer als Kuipping ist es, der diese Angaben übernommen hat. Damit wäre freilich ein Stundenwerth des Niederschlags (206 mm) er- reicht, welcher alle in den Tropen beobachteten Stunden- werthe übertrift't. Einmal freilich soll auch dieser Werth überboten worden sein, und zwar gelegentlich des schweren Wolkenbruchs, welcher, local eng begrenzt, am 25. Mai 1872 Böhmen betraf. Im Flecken Mlatz bei Kralowitz soll sich nämlich an diesem Tage im Laufe einer Stunde ein 9 Zoll hohes Gefäss mit Regenwasser gefüllt haben, was einer Niederschlagshöhe von ungefähr 237 mm ent- sprechen würde. Im nahen Mecholup soll sich sogar in ungefähr der gleichen Zeit ein 11 Zoll hohes Gefäss mit Wasser gefüllt haben, woraus eine stündliche Nieder- schlagshöhe von ca. 289 mm folgen würde. Wenngleich man diese Angaben nicht geradezu für falsch erklären darf, so weichen sie doch dermaasseu von allen streng beobachteten Werthen ab, dass man schwere Bedenken gegen ihre Richtigkeit nicht unterdrücken kann. Schon eine der ersten über den genannten Wolkenbruch ver- öffentlichten Arbeiten, von Harlacher verfasst, bezweifelt die Regenhöhen von Mlatz und Mecholup. Leider befand sich auch diesmal, wie so oft, im Gebiete stärksten Nieder- schlags, das ja fast immer eng begrenzt ist, keine Regen- station. Nächst diesen, wie gesagt, durchaus nicht zuverlässigen Regenhöhen, sind die heftigsten Niederschläge, die Oester- reich aufzuweisen hat, in Pola gefallen: am Abend des 21. August 1861 gingen hier in nur 2 Stunden 8 (Pariser?) Zoll Regen nieder, denen vier Tage später, in 3 Morgen- stunden des 25. August, 11 weitere Zoll folgten.*) Auch in Pancsova ergab einst ein dreistündiger Gewitterregen 145 mm (15. Juli 1860).**) Von weiteren europäischen Regenfällen seien noch 2 besonders excessive erwähnt, deren einer in Genf am 20. Mai 1827 stattfand und in 3 Stunden 162 nun ergab, während der andere, in Longlier (Belgien) am 29. Juli 1892 beobachtet, in 1 Stunde 106 mm lieferte.***) Letzterer Fall ist wieder von Lancaster selbst citirt, und ihm reiht er noch einige andere Beobachtungen an über die mög- *) H. Gareis, Polii und seine nächste Umgebung, JMittheilungen der k. k. Geogrüidiisolien Gesellsch.aft IX, S. 1"2. **) Fritscii, Uebcr die grössten Regenmengen in Oesterreich (Jelineks Zeitsclir. für Meteorologie, I, S. 154). ***) Dieser Kogenfall war mit Hagel vermischt. Ueberhaupt erhöht das Auftreten von Hagel allenthalben die Niederschlags- summe gleich sehr bedeutend und dürfte daher auch für einige andere der oben citirten grossen Regenmengen als unterstützendes Moment anzusehen sein. XII. Nr. 37. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 443 liehe Ergiebigkeit sehr kurz dauernder Regengüsse und die höchsten" vorkommenden Minuteuwerthe: In Brüssel fielen während des grossen Unwetters vom 12. Juli 1889 in 1 Minute 2,9 mm" in Tnrnhout 2 Tage zuvor in 6 Mi- nuten 25 nun (Minutenwertli 4,17 mm); Symons beob- achtete 1878 in London in ', o Minute einen Niederschlag von 2,5 mm und in 1 jMinute von 4,25 nun. Endlich theilte Prof. Riggenbach in Basel in einer Zuschrift an Ciel et Terre'-"*) mit, dass in der Nacht vom 27. zum 28. Juli 1896 gleich nach Mitternacht in 5 Minuten 22 mm gefallen seien. Daraus würde ein Minutenwerth von 4,40 mm abzuleiten sein, ein Wcrth, wie er noch nie- mals zuvor, auch in den Tropen nicht, festgestellt wurde. Es zeigt sich also, dass Europas Regengüsse bezüg- lich der Intensität vollauf mit denen der Tropen wett- eifern können, und erst die Dauer und die Häutigkeit ist es, welche das eigentliche Charakteristikum der tro- pischen Regengüsse ausmacht. H- Aus dem wissenschaftlichen Leben. Ernannt wurden: Der aiisserordentliclio Professor der Natio- nalökonomie Dr. MaxSering au der Universität und der Land- wirthschaftlichen Hochscliide zu Berlin zum ordentlichen Pro- fessor an der Universität. Berufen wurden: Der ausserordentliche Professor der Gynä- kologie in Berlin Dr. Georg Winter als ordentlicher Professor und Director der Universitäts - Frauenklinik nach Königsberg; der Privatdocent der Mathematik in Göttingen Dr. Arno kl Sommerfeld als Professor an die Königliche Bergakademie zu Klausthal; Dr. Zwaardemaker als ordentlicher Professor der Physiologie und Nachfolger Prof. Engelmann's nach Utrecht. In den Ruhestand tritt: Der Director der Universitäts-Frauen- klinik und ordentliche Professor der Gynäkologie in Königsberg Dr. Rudolf Do hm. L i 1 1 e r a t u r. A. Bastian, Die Denkscliöpfung' umgebender Welt aus kosmo- gonischen Vorstellungeii in Cultur und Uncultur. Mit sche- matischen Abrissen u, 4 Tafeln. Berlin, Ferd. Dünimlers Verlags- buchhandl. 1896. — Preis ü M. Für die Begründung der Weltanschauung der verschiedenen Völker giebt es kaum eine ergiebigere Fundgrube als die kosmo- gonischen und theogonischen Sagen und Ueberlieferungeu, weil gerade hier unvermittelt und mit organischer Nothwendigkeit der Reflex ihres Glaubens sich widerspiegelt. Hier treffen wir auf ursprüngliche, für die betreffenden Völkerschaften charakteristische Gedanken, die sich hoch über das subjective Denken einzelner Persönlichkeiten erheben. Es ist deshalb erklärlich, dass in dieser allgemeinen Perspective die individuelle Thätigkeit ganz und gar zurücktritt und dass höchstens vom Individuum insofern die Rede sein kann, als es das Medium einer bestimmten socialen Gruppe bildet. Je mächtiger nun das Material der Völkerkunde an- schwillt und damit der Stoff der psychologischen Analyse und Vergleichung, desto mehr muss sich gemäss der psychischen Gleich- artigkeit des Genus Homo sapiens auch diese Uebereinstimmung der primitiven Ideen bekunden, der Elementargedanken, wie Alt- meister Bastian sagt, die schrankenlos Raum und Zeit, Rasse und Verwandtschaft überfliegen. Dazu liefert auch das vorliegende Buch wieder ein weites, aus den verschiedenartigsten Völker- schaften entlehntes Material, sei es in Betreff der Schöpfung, oder der Seelenentstehuug und deren spätere Schicksale, sei es in Be- zug auf das Verhältniss einzelner Gottheiten zu einander. Indier, Scandinavier, Hellenen, Yoruba, Batak, Finnen, Eweer und In- dianer zeigen in dieser Beziehung für bestimmte Entwickolungs- stufen die schlagendsten Uebereinstimmungen, gegen die selbst der hartnäckigste Skejitieismus machtlos ist. Einheitlieh eins (so ruft Bastian aus) steht der Menschheitsgedanke vor den Blicken, der in seinen Einzelheiten wissenschaftlicher Verarbeitung unter- zogen werden muss, bei dem, was aus den Differenzirungen der Völkergedanken redet, in Buntheit ihrer Wandlungen. Und da die Wurzel des die Anschauungsbiider tragenden Weltenbaumes, der den Globus überschattet (das Menschengeschlecht in all' seinen Variationen), in eines Jeden eigenem Inneren eingeschlagen liegt, darf hier sodann den Früchten der Erkenntniss entgegen- gesehen werden und ihrem Genuss, wenn der Zeitpunkt der Reife dafür gekommen sein sollte (S. 15G). Es kann hier nur an- gedeutet werden, dass wir in diesen Dokumenten der Völker- kunde das werthvollste psychologische Material besitzen, das sich überhaupt denken lässt: alle diejenigen Zustände des menschlichen Seelenlebens, die umhüllt von dem dichten Schleier des Unbewussten, sich unserer unmittelbaren Zergliederung entziehen, werden uns auf diesem Umwege zugängig, da eben die grossen mythologischen und religiösen Weltanschauungen concrete Nieder- schläge unbewusst schaffender Kräfte sind. Für die Lösung des uralten Problems vom Ursprung und der Entfaltung des indivi- duellen Bewusstseins liefert ohne Zweifel die Ethnologie ein sehr reichhaltiges Material. Die zum Schluss hinzugefügten Tafeln enthalten Ablsildungen über die verschiedenen Terrassen der Himmel, über die Hüllenstrafen (den Pfuhl mit Feuer und Schwefel), wo die Phantasie des Mittelalters in den erdenklichsten Gräueln schwelgt, ein buddhistisches Weltbild aus tibetanischen Klöstern entnommen und endlich über die Schicksale der Seele nach dem Tode, ihrer Wanderung nach der Unterwelt u. s. w. Dass über- all in die Erörterung ethnologisches Material in Hülle und Fülle ausserdem eingeflochten ist, bedarf für den Kenner Bastianscher Schriften keiner besonderen Betonung. Dr. Achelis. Ignaz G. Wallentin, Lehrbuch der Elektricität und des Magnetismus. Mit besonderer Berücksichtigung der neueren Anschauungen über elektrische Energieverliältuisse und unter Darstellung der den Anwendungen in der Elektrotechnik zu Grunde liegenden Principien. Mit 230 Abb. Ferd. Enke in Stuttgart 1S97. — Preis 8 M. . Das Buch hält die Mitte zwischen rem oder vorwiegend theoretischen und den in erster Linie der Praxis dienenden Com- pendieu. Der Leser soll nach Wunsch des Verfassers befähigt werden, sich in der einen oder der anderen Richtung so zurecht- zufinden, dass ihm das Studium ausführlicher Werke über Elektricitätslehre keinerlei Schwierigkeiten verursacht. Daher haben denn auch nur die Mittel der elementaren Rechnung Ver- wendung gefunden, was einem grossen Kreise gewiss angenehmseui dürfte. Das Buch hat durch geschickte Ausarbeitung zweifellos das gesteckte Ziel erreicht und wird verdienstlich wirken. *) XVII, No. 13 S. 207. Dr. Benedict Friedlaender und Immanuel Friedlaender, Ab- solute oder relative Bewegung? Theil I: Die Frage nach der Wirklichkeit einer alisoluten Bewegung und ein Weg zur experimentellen Lösung. Theil II: Ueber das Problem der Bewegung und die Umkehrbarkeit der Centrifugalerscheinungen auf Grund der relativen Trägheit. Berlin, Leouhard Simiou. 1896. — Die Verfasser haben die Absicht, zu beweisen, dass man von einer absoluten Bewegung sprechen kann, dass Centrifugal- erscheinungen auch auftreten müssen, wenn nicht ein Kö>per gegen die Erde (bezw. das Weltall), sondern auch wenn die Erde um den betreffenden Körper rotirte, und dass die Formel '^ unvollständig sei, da eine Angabe fehle, „in Bezug auf welche Massen jenes Geschwindigkeits- „ij" gilt." Sie erklären selbst, dass sie ihre Angaben noch nicht genügend begründet hätten, hoff'en jedoch, durch die Einwirkung eines Walzwerks auf die Drehwage 'die behauptete Umkehrbarkeit der Centrifugalkraft später noch^experimentell beweisen zu können. Das Heft ist anregend, aber nicht leicht verständlich ge- schrieben, wie es in der Natur der Sache liegt. H. Annotationes zoologicae japonenses auspiciis societatis zoologicae Tokvonensis seriatim ed'itae. Partes I und IL Berlin. — 4 Mark. Deventer, Dr. Chr. M. van, Physikalische Chemie für Anfänger. Lcipzis. — 4,10 Mark. Fischer," Emil. Taschenbuch für Pflanzensammler. 10. Auflage. Leipzit>-. — 2,80 Mark. Fröhlich, Dr. C, Beiträge zur Fauna v. Aschaffenburg. HI. Mit- theilung. Die Käfer. Jena. — 3 Mark. Wislicenus. Prof. Dr. Wilh,, Reber Tautomerie. Stuttgart. — 1 Mark. Inlialt: L6ouFranck, Ueber Aluminium und seine Anwendung. — Ueber die Selbstverstümmelung bei Carcinus Maeuas. — Der Butterbaum, Butyrospermum (Bassia) Parki Kotschy. — Wetter-Mouatsübersicht. — Tropische Regen und ungewöhnliche Regen in Europa. — Aus dem wissenschaftlichen Leben. — Lilteratur: A. Bastian, Die Denkschöpfung umgebender \\ »ueraamm2l Berlin.NW. Ferd. Düniinlers Verlagsbuchhandlung in Berlin SW. 12. In unserm Verlage erschien: Elementare Reclinungen au.s der mathefflatisclien Geograpliie für Frenude der Astronomie iu ansjciräliltcn Kapiteln gcnidimcrstindlich begründet null lorgctnlirt von O. ^^'eidefeld, Oberrossarzt a. D. Mit einer Figurontafel. 64 Seiten gr. 8". Preis 2 Mark. 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Dümmlers Verlagsbuchhandlung, Berlin .SW. 12. — Druck: G. Bernstein, Berlin SW. 12. ^^^ Redaktion: 7 Dr. H. Potonie. Verlag: Ferd. Dümmlers Verlagsbuchhandlung, Berlin SW. 12, Zimmerstr. 94. XII. Band. Sonntag, den 19. September 1897. Nr. 38. Abonnement: Man abonnirt bei allen Buchhandlunf^en und Post- »nstalten, wie bei der Expedition. Der Vierteljahrspreia ist M 4.— BrinKeKeld bei der Post 15 ^ extra. Postzeitungsliste Nr. 4954. 1 JL Inserate : Die viergespaltene Petitzeile 40 A. Grössere Aufträge ent- sprechenden Rabatt. Beilagen nach ücbereinkunft. Inseratenannahme bei allen Anuoncenbureaux wie bei der Expedition. .Abdruck ist nnr mit vollständiser <^nellenangabe gestattet. Teleologie der Vorurtheile. Von Hans Schmidkunz. Vonirtlicilc der Teleologie beschäftigen die VVisseii- selical'tcii seit einiger Zeit in besonderiii Maass — auch wenn dabei die VoriirUicile noch mehr auf Seiten der wissenschaftlichen Kritik als auf Seiten der kritisirten ßestrebuiigcn liegen, wenn es sich also eher um Vorur- theile über die Teleologie als um solche der Teleologie handelt. Die Frage nach den einen wie den anderen müssen wir allerdings einer eigenen Allgemeinbetrachtung idicr Teleologie anheimstellen, die trotz des vielen darüber bereits Gesagten noch immer zu den dringlichsten Auf- gaben gehört — eben wegen der hier besonders üppigen Vorurtheile. Die Frage hingegen, die uns diesmal be- schäftigen soll, ist die, ob nicht auch den Vorurtheilen Vorurtheile in zu weitem Maass entgegengebracht werden. Zunächst sind sie schon dem Vorurtlieil ausgesetzt, dass zu ihren Merkmalen das Merkmal des falschen, un- richtigen Urtheils gehören soll, und zwar noch dazu als wesentliches Merkmal. In der That giebt es Vorurtheile, die sich mit der Zeit doch als richtig erweisen, sei es auch nur, dass ein an einem Unglückstag trotz vorurtheils- vollcr Gegen Warnung unternommenes Geschäft fehlschlägt; aber dieser Erfolg kommt nur ihrer Richtigkeit, nicht ihrer Berechtigung zu. Sagen wir doch sellist in dem angeführten Fall der Bewährung jenes Vorurtlieils gegen einen Unglückstag, dass trotzdem jene Warnung als solche unberechtigt war und im Wiederholungsfall ebenso unbe- rechtigt sein wird, solange sie sich nicht über das Vor- urtheilen zu einem begründeten Urtheilen erhebt. Dem- nach sind Vorurtheile nicht falsche, sondern einsichtslose, „evidenzlose" Urtheile, oder, wie diese Gattung genauer heissen sollte: evideuzarme Urtheile, d. h. solche^ deren Berechtigung, wenn nicht gleich null, doch für den gege- benen Fall nicht so gross ist, als sie sein sollte oder wenigstens in Anbetracht des dabei logisch Erreichbaren sein könnte. Nur „evidente" Urtheile, genauer solche mit dem höchsten Grad von Evidenz, sind zugleich jedenfalls „wahr" oder „richtig"; alle anderen können wahr und können auch falsch sein. Im Allgemeinen ist freilich den! Grade der Evidenz eines Urtheils auch seine Wahrschein- lichkeit proportional; d. h. je berechtigter unser Urtheil ist, destoinehr können wir auch darauf rechnen, dass es wahr sein werde. Dies im Allgemeinen; im Besonderen müssen wir jedoch mit der Möglichkeit rechnen, dass auch ein dem höchsten Evidenzgrad nahe kommendes Urtheil (z. B. eine sehr gewissenhaft ausgeführte Multiplicatiou) falsch und ein so gut wie völlig evidenzloses Urtheil (z. B. die Erwartung bei einem Spiel wie „G'rad' oder uug'rad'") wahr sei. Diese Beschreibung der evidenzlosen Urtheile gilt also auch für die Vorurtheile. Indess sind nicht alle evidenzlosen Urtheile Vorurtheile; man wird ein flüchtiges Rechnen kein Vorurtlieil nennen. Vielmehr bilden die Vorurtheile nur eine Spezies der Gattung „evideuzlosc Urtheile". Zur Bestimmung ihres unterscheidenden Merk- mals oder Merkmalcomplexcs kann diesmal die Etymologie ihres Namens, wenn vorsichtig und nicht wieder mit dem bekannten „etymologischen Vorurtheil" verwerthet, einigen Nutzen gewähren. Wir erkannten es als kein Vorurtheil, wenn flüchtig gerechnet wird; wohl aber ist es ein solches, wenn wir vor Ausführung des arithmetischen Verfahrens z. B. meinen, die sich ergebende Zahl werde irgend welchen Speculationcn günstig sein, und wenn wir uns dafür auch auf keinen ungefähren Ersatz jenes Verfahrens, etwa auf ein annäherndes Kopfrechnen verlassen. Dabei können uns aber immerhin gewisse Gründe leiten, z. B. eine vielleicht sehr beträchtiiche Berechtigung jener Spe- culationcn, nur dass jegliche Einsicht in die fragliche An- gelegenheit, d. i. in jenes arithmetische Verfahren und sein Ergebniss, gefehlt hat. Damit also ein Urtheil ein Vorurtheil sei, genügt nicht die Evidenzlosigkeit über- haupt; vielmehr kommt es auf einen völligen oder an- nähernden Mangel an Einsicht gerade in die fragliche Angelegenheit an, auch wenn anderswo geholte und vielleicht anderswo giltige Evidenzen das Urtheil immer- 446 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Xll. Nr. 38. hin über den Nullpunkt der Evidenz mehr oder weniger hinausheben. So zeigt es sich auch namentlich bei den praktisch besonders wichtigen Vorurtheilen gegen Menschen, gegen technische Methoden u. s. w. Bekannt ist das Beispiel von den Arnien])flegern, die einen Gutsbesitzer deswegen nicht um ein Scliärfleiu angehen wollten, weil sie saiicn, wie er seine Knechte wegen der Stricke, die sie über Nacht im Freien gelassen, heftig schalt — bis einer von den l'flegcrn Eecht behielt mit der Warnung, davon nicht auf eine Knauserigkeit jenes Mannes zu schliessen. Hier war die vorurtheilsvolle Erwartung eines Misserfolgs aller- dings auf Gründe gestützt; nur betrafen die Gründe ein anderes Gebiet (Sparsamkeit) als das des ürthcils (Knau- serigkeit). Hätten die Pfleger vielleicht durch Flüchtigkeit übersehen, dass bereits in früheren Beitragslistcn jener Mann reichlich vertreten war, und ihn deswegen über- gangen, so würden wir wohl nicht von einem Vorurtheil sprechen. Beide Fälle zeigen cvidenzlose (evidenzarme) Urtheile; aber nur derjenige Fall zeigte ein Vorurtheil, in welchem keinerlei oder fast keinerlei Grad von Einsicht gerade in die fragliche Angelegenheit als solche bestand. So urtheilen wir vor der Beschäftigung mit einer Sache, wenngleich nach Beschäftigung mit anderen Sachen, von denen nun das dafür mehr oder weniger evidente TJrtheil ohne genügende Evidenz auf jene Sache über- tragen wird. Geschieht diese Uebertragung mit genügender Evidenz, so haben wir den Fall eines deduetiven Schlusses, wie bei der Berechnung des Neptun aus den ürauus- störungen, und damit ein apriori in der einen der mannig- fachen Bedeutungen dieses Kunstausdrucks. Geschieht aber jene Uebertragung ohne oder mit ganz unzureichender Evidenz, so haben wir ein apriori in einer anderen dieser mannigfachen Bedeutungen, nämlich in der, die den be- kannten Spott über Apriorismus herausfordert; ein Spott, der nur missverständlich den Gegensatz der luduction gegen nichtiiiductives Verfahren betont, in der That aber den Gegensatz einer bis in jedes fragliche Problem selber reichenden Evidenz gegen Evidenzen, die nicht so weit reichen, oder gegen reine Evidenzlosigkeiten meint. Ein dieses Spottes wirklich würdiges apriori ist eben ein Vor- urtheil oder kann — falls wir zum Begriff' dieses noch ein Merkmal braucheu — ein solches sein. Hingegen die Verspottung oder Verwerfung eines jeglichen apriori, auch ohne Versuch einer Einsicht in sein jeweiliges Recht oder Unrecht, ist heute ebenfalls als ein Apriorismus in genau dem gleichen Sinn bekannt, den wn- oben als würdig eines Spottes fanden; kurz als ein Vorurtheil. Nun wissen wir aber, dass nicht bald jemand an die Erwerbung eines genügend evidenten Urtheils über eine Sache geht, ohne dieses Zukunftsergebniss irgendwie vor- auszunehmen, oft sogar mit einer Gewissheit und Evidenz, die ihm suljjectiv oder für jetzt genügt, und die er nur eben so hoch heben muss, dass sie auch für andere, noch mehr: dass sie auch objectiv gilt. Unter vier Augen werden uns wahrscheinlich selbst die „exactesten" Forscher zugestehen, dass sie häutig Urtheile, deren schliessliche Fällung sie nicht ohne genaueste Prüfung aller Umstände bei der Induction oder nicht ohne das grösstmögliche Zahlenmaterial wagen, doch schon im Vorhinein nicht nur ahnen, sondern auch ziemlich sieher fällen, ja sogar — wie wir später sehen werden — mit einer gewissen Sicher- heit fällen müssen, soll es zu einer scliliesslichen Bewäh- rung kimnnen. Natürlich geschieht dies alles nur eben häutig; daneben stehen die bekannten anderen Beis])iele, in denen das Endergcbniss nicht nur nicht vorausgeahnt war, sondern sich auf einem ganz anderswohin zielenden Weg von selber einstellte — der bekannte Typus der „zufälligen Entdeckungen", der allerdings einen Zufall nur soweit einschliesst, als es überhaupt einen solchen giebt, und ein „Glück" nur insofern ist, als der vergossene Schweiss nicht um dieses, sondern um eines anderen Er- gebnisses willen vergossen war. Solche vor Erringung der Einsicht in die fragliche Sache gefällte Urtheile, auch wenn sie auf die kühnste „Intuition" zurückgehen, nennt wohl niemand Vorurtlieile. Vielmehr liegen uns hier Ausdrücke wie Vorwegnahme, vorläutiges Urtheil u. dgl. nahe. Von einem wirklichen V'orurtheil sprechen wir nicht dann, wenn es als Anfangs- glied einer Evidenzkette, sondern nur dann, wenn es als Endglied von theilweiscn oder nur scheinbaren Evidenzen auftritt, wenn also seine Berichtigung vor Beginn der fraglichen Einsicht abgelehnt wird. Diese Ablehnung ist das gesuchte zweite Unterscheidungsmerkmal für die Be- stimmung der Species „Voruftheil" innerhalb der Gattung „evidenzloses Urtheil". Defiuiren können wir also das Vorurtheil so: es ist ein evidenzloses Urtheil über eine Sache, dessen Evidenzmangel gerade die aus der Sache selbst zu gewinnenden P^insichtcn betrittst, und mit dem sich die Ablehnung des Erwerbens dieser Einsichten ver- bindet. Zu den Distinetionen, die uns beim Feststellen jener Definition dienten, tritt noch eine hier wichtige weitere. Ist es ein Vorurtheil, wenn wir in bestimmten, von der Logik beschricljenen und erklärten Formen der Gewiss- heits- und Wahrscheinlichkeitsschlü.sse urtheilen? Nein: denn dies ist nicht einmal Evidcnzlosigkeit. Ist es ferner ein Vorurtheil, wenn wir bei mancher sogenannten Induction schon aus wenigen Fällen einen Wahrschein- lichkeitsgrad erschliessen, den erst zahlreichere recht- fertigen"? Nein, denn hier ist über die Sache selbst wenigstens eine theilweise Evidenz eingeholt worden. Ist es endlich ein Vorurtheil, wenn wir von einem Unter- gehen der Sonne sprechen? Nein, denn wir entziehen uns nicht der copernieanisehen Berichtigung dieses Scheines. Zweifeln lässt sich sogar, ob hier überhaupt ein Urtheil vorliegt und nicht bloss eine Vorstellung, gleichwertig z. B. der, mit welcher wir im Theater den Schauspieler X nicht für den Wilhelm Teil halten, son- dern ihn uns als solchen nur eben vorstellen. Diese Fälle sahen wie Vorurtheile aus, sind aber keine solchen. Es handelt sich um einen weiten und der Erkenntnisstheorie viel Sorge bereitenden Typus von Formen, in denen unsere Seelenvorgänge — zum Theil be- rechtigte und insofern „Geistesvorgänge" — ablaufen. So die Schlussformen; so die Tendenz der Verallgemeine- rung (die allerdings leicht ein Vorurtheil werden kann) und andere derartige „Tendenzen"; so endlich die aus der psychologischen Optik bekannten Formen des Sehens. Insofern sie „vor" allen einzelnen Seelenvorgängen, wenn- gleich in ihrer .Ausbildung von diesen nicht unabhängig, vorhanden sind, machen sie ein a priori in abermals einer anderen von den mannigfachen Bedeutungen dieses Terminus aus und bieten „aprioristischcn" Erkenntniss- theorien (die selbst wieder auf Vorurtheile gel)aut oder auch nicht gebaut sein können) einen weiten Tummel|)latz. Nur dass es vor Allem schon eines der gefährlichsten Vorurtheile wäre, in ihnen Urtheile oder auch nur Vor- stellungen zu sehen, statt das, was sie sind : nämlich Dispositionen zu den einen wie den anderen (apriorische Vorstellungen gieljt es überhaupt nicht, apriorische Ur- theile in dem hier gemeinten Sinn nur als Urtheile auf Grund solcher Dispositionen). Die bisher markirten Unterscheidungen lassen nun auch die Geschichte der Ausdrücke, Begriffe und Urtheile, die den Gegenstand der Vorurtheile betreffen, verstehen. Die Griechen haben, trotz alles Kampfes von I'armenides, Piaton und anderen gegen das evidenzlose Urtheil, kanm XII. Nr. 3«. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 447 einen eigenen Kunstausdriick für das Vorurtheil aus- gebildet; ddcli finden sieh vereinzelt nQO()o'i('i^fU' und rroöih'Soc. Iläulig sind hingegen die Ausdrücke für den oben erläuterten Begriff des vorläufigen Urtheils oder gar für den allgemeineren des Urtheils über die Zukunft. So haben wir Ausdrücke wie nQoanoQiTv vorher (be)zweifehi, nqonnoifaU'fiv vorher zeigen, nQoSoxtXy vorher scheinen, TiQOHxaC.nv vorausveniiuthen (r« fiilXovia neben dvafMfxrri- Gxiii' lä yf-röiura), nooxQiifit' vorher entscheiden und synonym zu nqoitiQHi' vorziehen; doch hat das neue Testament einmal ngöxQifia, anscheinend für Vorurtheil (Luther: „Gufdünkel")- l^i>3 liömer verwendeten ihre hier- hergehörenden Bezeichnungen erst recht auf das vorläufige Urtheil; so insbesondere in ungefährer Synouymie mit dem deutscheu ,,1'i-ae Judiz" das Wort praejudieiuni und seine Verwandten. Von ihm stannnen die französische (prejuge) uiul die englische (prejudicc) Bezeichnung für das, was wir Vorurtheil nennen. Apriorische Formen im obigen Sinne sind es nun zunächst, die Baco von Verulam mit seinen „Idolen" meint; aber während Andere die Erkenntniss auf solche Formen aufbauen, baut sie Baco auf eine Ueberwindung dieser auf, behandelt sie also als Vorurtheile und zwar besonders insofern, als für ihn diese Trugbilder nicht aus der Beschaffenheit der Erkenntnissobjccte, sondern aus der des Menschen entspringen: so aus der allgemeinen Menschennatur die idola tribus, aus jeder besonderen die idola speeus, aus dem menschlichen Verkehr die idola fori, aus der Ueberlieferung die idola theatri. (Thomas Brown widmet die 44. seiner „Vorlesungen über die Wissen- schaft des Geistes" den derartigen Einflüssen der ge- sammten Sphäre, in der ein Individuum lebt.) Apriorische Formen ebenfalls im obigen Sinn, jedoch nicht als Vorurtheile behandelt, sind das, was mit ver- schiedenen begrifflichen Nuancen durch den Ausdruck „Anticipation" zusammengehalten wird und eine lieihc erkenntnisstheoretischer Standpunkte begründet, die wir vielleicht gerade durch den Gegensatz gegen Bacon besser verstehen. Diese Formen sollen nicht überwunden, nicht einmal berichtigt, höchstens (durch die ..praktische Ver- nunft" gegenüber der „reinen") ersetzt werden. Als rcQÖXrnlnc, Vorwegnähme, erseheinen bei Epikur die ge- machten Erfahrungen, die als Vorarbeit für spätere ähn- liche Erfahrungen „bereitliegen", und in der Stoa das den Menschen von Natur aus gemeinsame Behandeln der Erkenntnissinhaltc; demnach beiderseits kurz als Allge- meiuvorstellung, nur dort „cnipirisfisch" und hier „nati- vistisch". Cicero fasste die noöXrnlng mit seinem Aus- druck anticii)atio (auch pracmotio, bei Seneca prae- sumtio, das ausserdem als „Vorurtheil" vorkommt) so, dass noch die nothwendige Giltigkeit betont wurde, und Kant fügte endlich eine Verschärfung durch sein „vor- greifendes" apriori hinzu, womit schliesslich ein Special- fall der „syntlietischen Grundsätze des i-einen Verstandes", nämlich die „Auticipatiouen der Walirnehnuing" gegeben waren. So sehr diese schliessliche Wendung und Verwerthung des Anticipationsbegriffes einen Widersi)ruch gegen dog- matisches Vertrauen auf die „reine" (^crfahrungsvergessene) Vernunft durchbilden sollte, um so geringer wird doch dieser Widerspruch, je weiter wir uns zeitlich von jenen beiden historischen Gliedern entfernen; ja: allmählich wird für uns das, was allen jenen Philcsophen als „Antici- l)ation", als apriorische Formen erschien, ein wirkliches „Vorurtheil". Immer heftiger reagirt unsere Zeit gegen die damalige „Aufklärungszeit", die sich ebenso als eine Zeit der „ursprünglichen Wahrheiten", des „gesunden Jlenscheuverstandes", des „connnon scnse", der „Antici- pationen" vorgekommen ist, wie sie uns allmählich immer mehr als eine Zeit der „Vorurtheile" erseheint — sei's nun philosophisch oder pädagogisch oder sonstwie. Die englische Sprache scheint auf die sprachliche Ausstattung des Begriffs „Vorurtheil" Werth zu legen. Neben prejudicc hat sie mehrere Synonyma, darunter blas mit der Nuance von „Neigung", „Vorliebe" und antici- pation mit wohl allen den im früheren behandelten Be- deutungen. Die des instinktiven Vorlierwissens erscheint bei dem Hauptvertrcfer der Psychologie und Erkenntniss- theorie des „eonunon sense", bei Reid. Auf die Reihe von ürtheilsarten, die sich vom evidenten Urtheil bis zum eigentlichen Vorurtheil hiuziehn, mit besonderer Be- tonung der „Präsumptiou" als eines berechtigten vor- läufigen Urtheils, hat Leibniz in seinem Streit gegen Locke („Nouveaux essays", IV, 14 f.) aufmerksam ge- macht. Auf die logische Specialbedeutung des deutschen Fremdworts „Anticipation" als „Erschleiehung" des erst zu Beweisenden sei nur nebenbei hingewiesen. Eir Monographie über „Wesen und Grund des Vorurtheils" hat J. B. Meyer gegeben (Deutsehe Revue, Sept. 1893). Man hat, namentlich im Zusammenhang mit einigen vorerwähnten philosophiegeschiehtlichen Erscheinungen, von „nothwendigen" oder von „berechtigten" („legitimen") Vorurtheilen gesprochen. Dass darin bei genauer Fassung ein Widerspruch liegt, dürfte das Vorhergehende gezeigt haben. „Nothwendig" sind Vorurtheile nur in dem Sinn, in welchem überhaupt alles nothwendig ist, nicht aber in dem Sinn des absolut Unveränderlielien, Unersetzlichen. „Berechtigt" können Vorurtheile nur in dem Sinn des Begreifiiehen oder Verzeihlichen sein, zumal auf Grund des in den meisten Vorurtheilen steckenden Betrags von (allerdings nicht sachgemässer) Evidenz. Nothwendig je- doch in jenem s]ieciellen Sinn können manche der „apri- orischen Formen" sein, und „rechtmässig" ebenfalls manche. Ausserdem aber verbleibt den Vorurtheilen einschliesslich ihrer Verwandten eine „Nothweudigkeit" im Sinn der relativen Nöthigkeit, selbst Uuersetzlichkeit und eine „Berechtigung" im Sinn praktischer Werthe; insonderheit ihre „Teleologie". Als Grundlage für ein Verständniss dieser durfte unsere bisherige Auseinandersetzung an dem Hinausschieben der Bew^erthuug zu Gunsten der vor- herigen Beschreibung nicht sparen. Unter Teleologie wollen wir hier möglichst unvorgreiflieh die Einrichtung oder die Deutung irgend einer Einrichtung verstehen, wonach ein zunächst rein mechanisch zu deutendes Ver- liältniss von Ursache und Wirkung begründet ist oder begründet wird in irgend einem wenn auch noch so un- bestimmten seelischen Erfassen der Wirkung. Das An- passen des Organs eines Thieres beispielsweise an ein eigenartiges Functioniren ist dann teleologisch, wenn jenes Anpassen irgendwie begründet ist in irgend welchen see- lischen Eigenschaften oder Vorgängen, die dieses eigen- artige Functioniren als eine künftige Wirkung zum Inhalt haben. Kurz: es kommt auf das Paradoxon an, dass eine Wirkung zugleich (Theil-) Ursache ihrer eigenen (Theil-) Ursache ist. (Dies eine ungefähre Zusammenfas- sung der älteren Bestimmungen von Teleologie. Eine demnächst von einem jüngeren Forscher zu erwartende Darlegung, „Elemente der "empirischen Teleologie", wird uns allerdings mit einem ganz andersartigen Begriti' der Teleologie bereichern.) Hierher gehören vor Allem die oben bezeichneten Verwandten des Vorurtheils. Wenn einem Forscher das Ercigniss bevorsteht, dass seinem Forschen als einer Ur- sache eine gewisse Erkenntniss als Wirkung entspringt, so kann einerseits diese Erkenntniss etwas völlig Neues sein, oder (vielleicht irrigerweise) als solche betrachtet werden (Typus der „zufälligen Entdeckungen"). Sie kann aber andererseits irgendwie vom Entdecker seelisch 448 Naturwisseuscbaftlichc WoL-licuscluirt. XII. Nr. 38. vorweggenommen sein, sei es auch luir in der blassesten Alnniiig. Der Forsciier niaciit sich nun vielleiclit von dieser Vorwcguahnic völlig unabhängig und richtet seine Fragen an die Natur ganz so ein, wie er es sonst thäte: er geht in einem erweiterten Sinn des Wortes vorurtheils- los zu Werke. Es ist sehr zu vermuthen, dass dieser Fall in genauer Weise sehr selten eintritt. Der Forscher muss sich ja entscheiden, welche Fragen er an die Natur zu stellen hat, und auf welche Weise. Abgesehen nun da- von, dass diese Fragen jedenfalls im Allgemeinen teleo- logisch zu fassen sind, nämlich als Mittel zu dem klar gewussten Zweck des Erkeunens, können sie auch im Besonderen so gefasst werden, wenn sie gerade auf diesen oder jenen Ausfall des Erkenntnissstrebens hin zugespitzt waren. Man sieht leicht ein: je mehr der Forscher von solchen Vorwegnahmen absieht, auf ein desto höheres Kraftmaass muss er sich einrichten, weil dann der ein- zuschlagenden Wege sehr viele sind; er arbeitet mit um so geringerem Kraftmaass, je mehr Wege er zu Gunsten des einen oder der wenigen spart, die sich für ihn aus der Vorwegnähme ihrer eigenen Endpunkte ergeben, und je geschickter er in dieser Vorwegnahme und im Einrichten der Wege nach ihr ist — etwa als ein „Virtuose des ,Vor- urtheils'". Dass hier, gerade an der Schwelle des Ein- gehens auf die Sache, von wirklichen Vorurtheilen nicht zu sprechen ist, ausser es wird dieses Eingehen durch die Schuld von Vormeiuungen zu einem evidenzlosen, dürfte nach dem Vorigen einleuchten. Jene Vorwegnahmen treten meistens in der bekannten Form der „Hypothesen" auf. Nicht zu verwechseln sind mit ihnen die Fälle einer „Hypothesis" in mannigfacher Bedeutung (als Antecedens eines hypothetischen Urteils, als Voraussetzung eines Beweises). Sie sind häufig über- haupt keine Urtheile, sondern blosse Vorstellungen von solchen (..gesetzt dass") und als solche gerade durch ihre „Zurückhaltung" nützlich; zugleich teleologisch werthvoll dann, wenn sie „unvorgreiflich" zu einer „Thesis" führen, die nun mithilft, die Hypothesis zum Rang eines mehr oder weniger verlässlichen Urtheils zu erheben. Sie können aucii zu den „wissenschaftlichen Fictioneu" ge- hören, bei denen es überhaupt nicht auf Bewährung an- kommt (z. B. in der Volkswirthschaftslehre die Annahme eines isolirten oder eines rein egoistischen Menschen), und die sich dem Begriffsumfang nach auch mit den „heuristischen Principien" kreuzen — Regeln desForschens, die zunächst nichts anderes als solche Regeln sein sollen. Für uns handelt es sich darum, dass alle diese Vorweg- nahmen Hauptbcstandtheile eines zweckmässigen Ver- fain-cns im Forschen sind — mögen sie nun als voraus- gedachte Wirkungen, d. i. als Zwecke, oder aber als Zwischenglieder zwischen den vorausgedachten und den künftig wirkliehen Ergebnissen, d. i. als „Mittel", auf- treten. Eine andere Gruppe von Verwandten des eigent- lichen Vorurtheils, die apriorischen Formen, zeigen uns ihre Bedeutung für die Teleologie namentlich dann, wenn wir an ihren geläufigen Gegensatz denken, an die „tabida rasa", d. i. an die Seele als eine „unbeschriebene Tafel" (übrigens auch schon als eine apriorische Form). Sie sind ebenso gut oder ebenso scldecht teleologisch zu fassen, wie die sozusagen apriorischen Formen des Leibes. Eine rein idealistische Erkenntnisstheorie wird sich hier am leichtesten ohne Teleologie helfen können und es viel- leicht ganz für „zufällig" erklären, dass gerade diese Ein- richtung des Menschengeistes vorhanden ist, die uns eben dieses bekannte Weitbild gicbt. Realistischere Erkennt- nisstheorien hinwidcr werden darauf achten, dass in jenen Formen bereits etwas den Thatsachcn der Aussen- welt Entgegcnkonnnendcs liegt, dass z. B. unsere Ten- denz der Verallgemeinerung thatsächlichen Universalien in der Natur entspricht und uns zwar manchmal irre führt, im Durchschnitt aber besser leitet als eine Tendenz zum Behandeln jedes Einzelnen als eines Einzelnen. Für die meisten wirklichen und sogenannten Vor urtheile jedoch dürfte die hauptsächlichste Teleologie im „abgekürzten Verfahren" liegen; worunter hier folgendes zu verstehen ist. ]\Ian denke sich eine Menschenwelt, in der jeglicher in jedem Fall kein Urtheil fällt und keine Handlung begeht, ohne vorher alle erreichbare oder wenig- stens zureichende Evidenz erworben zu haben. Eine solche Menschheit würde, wie schon mehrmals betont worden, zu Grunde gehen : denn so sehr etwas Theoretisches die höchst mögliche Evidenz verlangt, so sehr verlangt etwas Prak- tisches, ohne die Evidenz ganz entbehren zu können, zu- nächst andere Werthe. Selbst die auf praktischem Gebiet beans])ruchtc Gewissheit steht bekanntlich als „moralische Sicherheit", für die irgend ein üebcrschreitcn des Wahr- scheinliehkeitsgradcs \), genügt, hinter der „i)hysischen Sicherheit" zurück, die in einer möglichsten Annähcnmg an den Wahrscheinlichkeitsgrad 1, d. h. an die völlige Gewissheit, besteht und sieh dadurch von der „mathe- matischen Sicherheit" als eben dieser völligen Gewissheit unterscheidet. Unter den anderen Werthen, die nach dem Gesagten das Praktische verlangt, spielt eine besondere Rolle der Nutzen eines raschen und dabei entschiedenen Handelns; wieder ein Specialfall des „Gebotes" vom kleinsten Kraft- maass. Es kann daljci nicht nur überhaupt auf Evidenz verzichtet werden, sondern ganz l)esonders häufig ist der Fall der: wir sollen auf das Erwerben einer Einsieht gerade in die fragliehe Sache, deren Behandlung uns bevorsteht, verzichten und die cvidenzlose Uebertragung einer anderswo geholten und etwa anderswo giltigen Einsieht auf die vorliegende Angelegenheit wagen. Darauf gründen sich die wi(;litigen Bedeutungen einer Autorität, eines Ge- horsams u. s. vv.; lauter Fälle eines „abgekürzten Ver- fahrens", die man nur dann nicht mit dem eigentlichen Terminus „Vorurtheil" belegen mag, wenn man zu diesem noch das Merkmal zuzieht: ..trotz Gelegenheit und Er- forderlichkeit einer Einsichterwerbung". Insonderheit das Gehorchen ohne Einsicht, ohne die jedesmalige Frage nach dem Warum, ist Praktikern in seinem hohen Werth bekannt. Auch die Ersetzung einer Einsicht durch Furcht und Hotfuung gehört hierher; sie bietet ein besonders an- schauliches Beispiel von Teleologie dadurch, dass der allerdings nicht sichere künftige Effect auch ohne Zweck- setzung im enteren Sinne vorweggenommen wird als Ur- sache seiner eigenen Ursache. Den Ilaui)tfall bildet hier wohl der bekannte Vortheil der Hoffnung, des (Glaubens an sich und seine Sache, des „Optimisums", schliesslich besonders des Muthes. Handelt es sich hier immerhin nur erst um Unwirkliches, um eine vielleicht irrig behauptete Zukunftswirklichkeit, so wird doch bekanntlich die Wahr- scheinlichkeit des Irrthums herabgesetzt, wenn durch den Unglauben an ihn Kräfte entbunden werden. Die Zu- gehörigkeit des Suggestionismus zu diesem Gedanken- kreis braucht heute wohl nicht erst eigens erwiesen werden. Ein anderes Stück dieses Gedankenkreises bilden die Loliprcisungen des Vorurtheils als eines artcr- haltendcn Factors, die Friedrich Nietzsche namentlich zu Beginn seines „Jenseits von Gut und Böse" anstimmt. Zugrunde liegt den meisten Vorurtheilen und ähnlichen Urtheilen die evidente oder nicht evidente Gewissheit (und zwar mit dem Rang einer physischen, wenn nicht gar matliemat Ischen Siclicrhcit), dass alles Einzelne in 'Nothwcndigkcilsrclationcn steht. Mit dieser Gewi.ssheit verbindet sich bei jedem Menschen eine weitreichende Uni;-cwi.sshcit darüber, welche Paare von einzelnen Gliedern XII. Nr. 38. Naturwisseuscliai'tliclie Wochensclirift. 449 mit cinaudci- in unmittelbarer oder wciiii;- vermittelter Notliwendigkeitsrelation «teilen. Malten wir nun etwa zwei Handlungen eines Jlenselien vor uns, eine vergangene und eine zukünftige, so votiren wir, um uns vor Schaden zu bewahren, liclier gleicii für eine enge Notwendigkeits- relation zwischen beiden Handlungen. Audi wenn das Vorurtheil weniger auf Gedanken als auf (Jel'ühle zurück- geht, so ist dies doch wiederum eine Hasis, deren teleo- logische Bedeutung wir auch sonst kennen. Vor einem Menschcu, der uns einmal Unlustgefühle erweckt hat, hegen wir eine Scheu wie das „gebrannte Kind" vor dem Feuer. Einen ganz speciellen Fall des „abgekürzten Ver- fahrens" haben wir in der Technik des gelehrten und des „polymathischen" Arbeitens. Ijckanntlich wird fast auf jedem Wissensgebiet, namentlich im deutschen Cultur- kreis, jährlich eine solche Menge von Litteratur hervor- gebracht, dass nur unter den aliergüiistigsten Umständen ein Einzelner sie mit einem zureichenden Maass von eigenem Einblick und eigener Einsicht bewältigen kann. Dem Gebot, nichts ungeprüft, „vorurtlieilsvoll" zu ver- werfen oder auch nur zu vernachlässigen, steht das an- dere und schliesslich stärkere Gebot entgegen, die dem Einzelnen verfügbare Zeit und Kraft bestmöglich zu ver- werthen und jedenfalls nicht auf Werthloses zu ver- schwenden. Bleibt nichts anderes übrig als eine Auswahl auf Grund von Vorurtheilcn eigentlichen oder uneigent- lichcu Sinns; ja noch mehr: eine Beschränkung auf alles das, wofür zureichende Gründe sprechen, und eine Bei- seitelegung alles dessen, was sich zunächst weder als gut, noch als schlecht erweist — quilibet über habeatur malus, doiiec probetur probus. Und zwar wird dies von dem Einzelnen um so mehr befolgt, eine je höhere Stufe er in der Beherrschung seines jeweiligen Gebietes einnimmt. Laien oder Dilettanten haben manchmal Anlass, sich über Ignoranzen von Fachleuten in der fraglichen Litteratur zu verwundern, während vielleicht mancher Fachmann gerade durch eine energische Abschüttclung überflüssiger Arbeiten dieser Art gross geworden ist. Man inuss hier beachten, dass ein abgekürztes Verfahren eben nur auf zureichenden Grundlagen und überhaupt ein kleinstes Kraftmaass nur auf Grund eines grössten Kraftmaasses möglich ist (wir sprechen in paradoxer Abgekürztheit, da wir dem Umfang dieser Siiecialabhandlung zu Liebe abermals nicht mit dem grössten Kraftmaass einer Er- läuterung alles Einschlägigen, sondern mit dem kleinsten, auf gewisse Voraussetzungen gestützten Kraftmaass ar- beiten müssen). Beim Sonderfall der Vorurtheile fanden wir, wenn- gleich nicht im Artbegritf, sondern im Typusbegriff, meistens irgend eine Evidenz oder eine die Evidenz er- setzende Veranlassung, auf Grund deren die Ablehnung alles Weiteren geschah. Diese Grundlage kann nun mehr oder weniger kunstvoll gelegt und benützt werden. So dehnt sich eine ganze Reihe von der niedrigsten, werth- losesten bis zur höchsten, wcrthvollsten Handhabung der Vorurtheile, eine geringere oder grössere „Kunst des Vor- urtheils". Sie mag schliesslich in eine bewunderungs- würdige Intuition übergehen, in eine Analogie zum „An- riechen, ob das Ding heilig ist oder profan". Aber auch wer es nicht so weit bringt, wird an seinen Vorurtheilcn häutig genug einen schützenden, von der Natur weise eingerichteten Pelz besitzen, als Schutz gegen Existenz- schädigungen, wie es z. B. für das animalische Leben die Kälte und für das geistige Leben die noch fürchter- lichere, weil nur durch minder wohlgefällige Mittel als durch einen Pelz abzuwehrende „Ueberschweinmung mit Drucksachen" ist. Diese minder wohlgefälligen Mittel, nämlich die Vorurtheile, haben zum Glück häufiger, als es scheint, die böse Eigenschaft, trotz aller Evidenzlosig- keit „wahr" zu sein. Womit der Verfasser zugleich eine Reihe freundlicherZusendungen dankend quittirt haben will. Die Psychologie als Erbin der Philosophie. Von Dr. llicliurd Hennig. Bekanntlich werden von alters her auf unseren Uni- versitäten alle Studiengebiete, „die man nicht detinireu kann", der phiIoso])hischeii Fakultät zugeschrieben. Die Einriclitung einer fünften Fakultät, welche dadurch zu erreichen ist, dass man die naturwisseuschaftlich-rnathe- matischen Disciplinen von den philologisch-historischen ab- scheidet, ist zwar an einer grösseren Anzahl deutscher Universitäten dui-chgeführt worden, die Mehrzahl aber verharrt auf dem alten Standpunkt und lässt damit einen Zopf bestehen, der, ebenso wie manch anderer Universi- tätsbraueh, sich bereits seit einigen Jahrhunderten gründlich überlebt hat. Nun, es handelt sich schliesslich dabei um nicht viel mehr, als eine Form, die ja bekanntlich stets den Geist um eine nicht unbeträchtliche Spanne Zeit über- dauert; aber bedauerlieh ist es, dass die sinnhjsen For- malitäten noch an gar manchen Stellen in sehr fühlbarer Weise Unannehmlichkeiten erzeugen! Da haben wir z. B. die Prüfung in der Philosophie! Alles, was nicht Theologe, Jurist oder Mediciner ist, muss bekanntlich, um ein Examen auf der Universität zu be- stehen, sich einer Prüfung in der Philosophie unterziehen, wenngleich in der überwiegenden i^Ichrzahl der Fälle das Specialfach des Prüflings niemals einen Berührungspunkt mit dem, was die Universitätsbehörden unter Phiiosoiihie verstehen, gehabt hat oder haben wird. „Ja", so pflegt man freilieh zu sagen, „die Philosophie ist aber eben die oberste, die umfassendste, die „Königin" aller Wissen- schaften, sie gewährt den allerweitcsten Ausblick, und deshalb muss mau verlangen, dass Jeder sich damit be- schäftigt und sich mindestens die wichtigsten Lehren der Philosophie und ihre grossen Gesichtspunkte aneignet". Demgegenüber sprach neulich schon Dr. Aclielis in dieser Zeitschrift (No. 20 vom 16. Mai 1897) sehr richtig von der heutigen „traurigen Isolirung der fach- genössischen Philosopiiie", und bemerkte dazu: „Mau spinnt die alten Fäden der Speculation weiter, unbe- kümmert um die Revolution, welche die alte Königin der Wissenschaften ihres Thrones und Ansehens beraubt hat." Wäre die Pliilo.sophie wirklich das, was die unendliche Menge der Phrasendrescher ihr zuschreibt, so dürlfe es doch — mit Verlaub zu sagen — zunächst einmal min- destens empfehlcnswerth sein, die drei anderen Fakultäten ebenfalls an ihren Segnungen zwangsweise theiliiehnieu zu lassen. Zweitens aber möge es auch gestattet sein, die grossen Gesichtspunkte dessen, was man heutzutage Philosophie zu nennen beliebt, übcrhauiit anzuzweifeln. Was ist es denn, das heutzutage der Student der Naturwissenschaft — denn diesen wollen wir hier aliein ins Auge fassen — in der Phiiosoiihie wissen soll? Da wird zunächst eine Kenntiiiss der „Logik" verlangt. Nun, deren Methoden und Princiiiicn sind ja vielfach sehr interessant und unterhaltend, aber das, was man „an- 450 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. XII. Nr. 38. gewandte Logiii" nennen könnte, wird man au.s der Kenntnis« des l)arl)ara celari und anderer Spitztindig- lieitcn schwerlich lernen. Der Hanptbestandtheil der üniversitats-„Philosüpliie" aber ist die — Geschichte der Philo.sophie, eine Geschichte von guten und schlechten Einfällen einer Reihe von mehr oder weniger bedeutenden Männern, eine Geschichte, die manche hübschen und geist- v(dlcn Ideen, daneben aber eine Unsumme von Dialektik, einen Wust von Vorurtlicilen, Wortspielen, Trug- und Fehlschlüssen und — offen heraus gesagt! — auch ganz haarsträubenden Unsinn umschliesst. Man hat die Geschichte der Philosophie eine „Geschichte der mensch- lichen Irrthümer" genannt — und mit Recht! Wenige philosojihische Systeme giebt es, die nicht schon irgend- wo in ihren Grundlagen und Voraussetzungen mindestens eine faule Stelle aufzuweisen haben, und der Ausbau lässt überall noch viel mehr zu wünschen übrig. Wollte man sarkastisch sein, so könnte man auch sagen, unsere Studenten müssten die Geschichte der Philosophie kennen, um zu wissen, wie sie ihre mühsam erlernte Logik nicht anwenden sollen. Soll die Kenntniss all dieser zahllosen, heut nur noch historisch interessanten Speculationen wirk- lich im Stande sein „weite Gesichtspunkte" zu eröffnen '? Soll der Naturwissenschaftler, der nur die exacte For- sehungsmethode anerkennt, anerkennen kann, der sich nur auf die Erfahrung stützen darf, wenn er sich auf das Gebiet des Theoretischen begiebt ■ — soll er gerade in den höchsten und sclnvcrsten Gebieten menschlicher Er- kenntniss seinen Prineipien untreu werden? Soll er vielleicht veranlasst werden, aus den zahllosen, gleich willkürlichen und gleich unberechtigten philosophischen „Systemen^- sich eine Weltanschauung zusammenzuschweissen? Schlinmi genug, wenn seine naturwissenschaftliche Beschäftigung selbst noch keine Weltanschauung in ihm gefestigt hat. Ich bin gewiss einer der letzten, der den hohen und erhebenden Werth der Beschäftigung mit den tiefsten und schönsten Fragen wahrer Philosophie verkennt. Aber als Naturwissenschaftler verlange ich für derartige schwierige und llicilweise unlösbare Probleme unter allen Umständen eine breite naturwissenschaftliche Basis und einen Ver- zicht auf jegliche Speculation innerhalb der Grundlagen und Voraussetzungen. Ein glänzendes Beispiel für die echt naturwissenschaftliche Art des Philosophirens bieten William Thomsons Ausführungen über den Weltuntergang auf (irund des Entropiepriuzips, bietet Du Bois-Rejmonds berühmter Vortrag: „lieber die Grenzen des Natur- erkcimens", worin es u. a. heisst: „Je unbedingter aber der Naturforseher die ihm gesteckten Grenzen anerkennt, und je demüthiger er in .seine Unwissenheit sich schickt, um so tiefer fühlt er das Recht, mit voller Fi'ciheit, unbeirrt durch Mythen, Dogmen und alterstolze Philosopheme, auf dem Wege der Induction seine eigene Meinung sich zu bilden" (a. a. 0., S. 45). Aber diese „Mythen, Dogmen und alterstolzen Philo- sopheme", sie sind das Ein und All unserer in scholastischer Vergangenheitsschwärnierei befangenen Universitäts-Philo- sophie. Mit solchen altbackenen Brosamen will man noch die erkenntnisshungrigen Jünger einer neueren Zeit füttern. Wer sich einen klaren Blick gewahrt hat, wird bald genug erkennen, wie „man" über diese geistige Speise denkt, wie die Studierenden aller Zweige der Naturwissen- schaften die Beschäftigung mit der von den Universitäten verzapften „Philosophie" nur als lästigen Zwang cm- ptindcn, so gern sie auch sonst zumeist ein vernünftiges philosophisches Gespräch führen. Die Kenntnisse aber, die sie sich als Examenskandidaten in der „Philosophie" aneignen müssen, beschränkten sie noch stets auf das '/Ailässige Minimum, und nach erledigtem Examen werfen sie den unnützen Ballast je eher je lieber von sich. Ein wirkliches Interesse für die speculative Philosophie, die Privatlogik gleichgültiger Berühmtheiten, wird man bei ihnen, den Empiristen vom reinsten Wasser, sehr selten tiuden, kann's ihnen auch wahrhaftig nicht verdenken. Ein Gebiet der Philosophie nur ist es, dem der Naturwissenschaftler stets ein gewisses Interesse entgegen- bringen wird; dies Gebiet al)er geh(irt weniger der Philo- sophie an als der Naturwissenschaft selbst: es ist die Psychologie. Freilich — es ist nicht alles Psychologie, was als solche aufgetischt wird, oft genug ist das Ge- botene nicht viel mehr als verkappte Philosophie, und eine wirkliche Vorlesung über Psychologie auf experi- menteller uud i)hysiologischer Grundlage wird zur Zeit an deutschen Universitäten meines Wissens nur gehalten in Leipzig (Wandt), Berlin (Stumpf i und Breslau (Ebbinghausj. Die Psychologie auf naturwissenschaftlicher Basis aber, diese jüngste Blüthe am reich gesegneten Baum der Naturwissenschaft, ist in jeder Beziehung ge- eignet, die gewünschten „grossen Gesichtspunkte" zu er- ötfuen und somit diejenige Stellung einzunehmen, welche man der speculativen Philosophie zugedacht hatte, ohne dass diese ihrer würdig gewesen wäre. Sie ist die beste Philosophie für unser naturwissenschaftliches Zeitalter, die nicht den vergänglichen Werth eines beliebigen „Sy- stems" theilt, sondern fest gegründet steht auf Erfahrung, Experiment und Statistik; sie bietet die einzige Möglich- keit, das trübe, schlammige, stagnirende Gewässer der speculativen Philosojjhie einmünden zu lassen in den immer prächtiger daherbrausendcn, siegreichen Riesen- strom naturwissenschaftlicher Erkenntniss. Allerdings: nehmen wir irgend ein ganz beliebiges naturwissenschaftliches Spezialgebiet der „philosophischen" Fakultät heraus, so werden wir eine Beziehung desselben zur P.sychologie zunächst ebensowenig herauszufinden ver- mögen, wie einen Berührungspunkt mit der „Philosophie". Für alle anderen Studiengebiete ist ein unmittelbarer Nutzen der Beschäftigung mit der Psychologie viel leichter ersichtlich, als gerade für diese Disziplinen. Betrachten wir nur, ehe wir uns den allgemeinen, grossen Gesichts- punkten zuwenden, einige der häutigsten und wichtigsten wissenschaftlichen Berufe, und wir werden sehen, wie segensreich für sie eine Vertiefung in die psychologische Forschung zu werden vermag! * Beginnen wir mit einer naturwissenschaftlichen Dis- | ziplin, dem Beruf des Mediziners. Dass die Wis.senschaft des Physiologen und Psychiaters durchtränkt sein muss mit psychologischen Kenntnissen, bedarf wahrlich nicht erst des Beweises. Aber auch der Beruf des i)raktisclien Arztes, welchem die Jünger der medizinischen Wissen- schaft in überwältigender Mehrheit zuströmen, kann aus ■ einer gründlichen p.sychologischen Durchbildung nur hohen \ Vortheil ziehen. Der Arzt pflegt heut so häufig Krank- heiten nur nach althergebrachten Schemata und Regeln zu behandeln, ohne zu berücksichtigen, dass nicht nur die körperliche Konstitution, sondern auch der Charakter jedes Kranken eine besondere Berücksichtigung erheischt. Gar oft konnnt für den Arzt nur der Patient in Betracht, nicht der Mensch, nur die Krankheit ist ihm wichtig, nicht der Kranke. Und gerade je bedeutender, je gesuchter der Arzt ist, um so leichter wird er durch die abstumpfende Gewohnheit verleitet, in seinen Patienten nur das Material zu sehen und zu suchen, das ihm seine „interessanten Fälle" liefert. Ist er speziell Chirurge, so geht ihm gar oft die medizinische Kunst ül»er die medizinische AVissen- schaft, und die Operation ist ihm interessanter als die Heilung. Ein liebevolles Vertiefen der ärztlichen Wissen- schaft in i)sychologischc Kenntnisse würde bei relativ recht geringem Zeitaufwande eine reiche Fülle gesegneter Fi'üchte zur Reife briuijen ki'innen. XII. Nr. 38. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. i?)\ Im noch viel höherem Maasse g-ilt das für den Arzt gesagte für den Juristen. Hier fuhren Formel und Schema die Alleinlierrschaft, und oft genug erscheinen daher mo- derne Rechtssprüche und Reclitsanschauungen einem un- befangenen Gerechtigkeitsgefühl, einem gesunden Em- ptinden mehr als befremdlich. Spitztindigkeit und Wort- Idauberei sind ancrkanntermaassen für den typischen Ad- vokaten die erstrebenswerthesten und ruhmwürdigsten Eigenschaften. Täglich kann man F.eispiele erleben, welche zeigen, dass des Gesetzes Geist über dem l'.uchstaben, das Recht über dem Gesetze vernachlässigt werde. Staats- anwalt, Vertheidiger, Richter, alle Schattierungen der Ju- risten, sie berücksichtigen nur selten, dass gleiche Hand- lungen sehr verschieden l)eurtlieilt werden dürfen — nicht nach dem Stand, nach dem Charakter des Angeklagten; sie forschen und richten oft genug nach Paragraphen, nicht nach Motiven, und der Strudel der Dialektik reisst die Gerechtigkeit mit sich fort. Dass ein Wort erfunden werden konnte, wie das bitter sarkastische „fiat iustitia, l)ereat mundus", ist gleichzeitig eine Kennzeichnung und eine Verurtheilung des ganzen Systems. Daher thut es ganz besonders noth, dass dem verknöchernden Juristen- thum ein frisches Blut eingeimpft werde, dass naturwissen- schaftliches Denken der greisenhaften Starre ein Ende bereitet, der Frau Justitia ihren Zopf beschneidet und sie zcitgemässeren Anschauungen zugänglich macht. Nur ein wenig psychologische Erfahrung und Kenntniss wird den Juristen von seinem Haujttfehler befreien, dass er die Menschen, statt nach Charakteren und Motiven, nach ihrer Zugehörigkeit unter die Paragraphen des Strafgesetzbuches eintheilt. Wenn er in jedem Einzelfall das „tout com- prendre" als höchstes Ziel sich vorsetzt, so wird die Ge- rechtigkeit der ürtheilsprechung darunter wahrlich nicht leiden, und unser Recht wird hiuübergercttet aus den un- wirthlichen Eisregionen desParagraphenthums in die freund- lichen Getilde menschlichen Empfindens und Versteheus. Der Theologe und die Psychologie! Bedarf es vor einem Forum von Naturwissenschaftlern noch einer Be- gründung des Wunsches, dass die Theologie naturwissen- schaftliche Objectivität, naturwissenschaftliche Vorurtheils- losigkeit und Toleranz sich zu eigen macht? Die Theologie ist weit, weit hinaus Uher die Stadien höchster Blüthe und Macht; einen Schritt nach dem anderen hat sie weichen müssen vor dem rastlosen Vordringen ihres gefährlichen Gegners, vor dessen ünbezwinglichkeit sie ihren anfangs so grimmen Hass allmählich in stummes Dulden und nur noch heimlichen Groll zu verkehren ge- nöthigt war. Ihr historischer Entwickelungsgang hatte ihr eine fast beispiellose Accomodationsfähigkeit ver- liehen, welche ihr selbst den vernichtendsten Schlägen zu trotzen gestattete. Sie vermochte sich mit der Coperni- kanischen That abzufinden, konnte sich mit der Kant- Laplace'schen Hypothese befreunden und mit den un- liebsamen Ergebnissen der Geologie, sie Hess sicii weder durch Franklin's Bändigung des strafenden Gottesboten, noch durch die kühnen Gesetze, welche Helmholtz allem Naturgeschehen vorzuschreiben wagte, noch durch Mendelcjews Zauberformeln aus dem Gleichgewicht bringen, und sie wird auch die schwerste, scheinbar un- heilbare Wunde, welche ihr Darwin's Forschergeist schlug, vernarben sehen, ohne dass sie dadurch in ihrem Wesen, in ihrem Grundcharakter wesentlich raodificirt würde. Aber wenn sie auch den Siegeszug der Naturwissenschaft nirgends zu hindern vermochte, so hat sie der Feindin doch manchmal gar empfindlichen Schaden zugefügt; die erstarkten Lehren acceptirte sie zwar still- schweigend, die neu auftauchenden aber verfolgte sie iH)ch stets mit wildem Hass und legte ihnen un- endliche Schwierigkeiten in den Weg. Auch heute, wo sie schon gezwungen wird, die überlegene Grösse des Gegners anzuerkennen, hat sie ihre Kampfesweisc noch kaum wesentlich geändert und ist zum Frieden keineswegs geneigt. Und doch kann sie ihrerseits durch einen endlichen Watfenstillstand nur ungemein viel gewinnen : wenn sie sich entschliessen könnte, die Seele des Menschen nicht nur vom metaphysischen, theologischen Standpunkt, sondern auch von der naturwissenschaftlichen, psycho- logischen Seite vorurtheilslos zu betrachten, so würde sie aus ihrem engen Gesichtskreis emporgehoben werden zu jenen freieren Ausblicken, die ihr heute noch fast ganz mangeln. Das Leben und Treiben der Menschheit würde sie mit mehr Ruhe und mehr Verständniss betrachten als jetzt, nicht alles Geschehen mit innner nur einem Maassstab messen, nicht von einem Gesichtspunkt aus urtheilen und verdammen und nur in die eine Richtung unverwandt starren — wie mit Facettenaugen. Die christliche Lehre, welche die Religion der Liebe sein, will, wird sich ihres grossen Stifters würdiger erweisen, wenn sie nicht, wie heut, ihre höchste Aufgabe darin sucht, möglichst Viele zu möglichst grosser Frömmigkeit zu veranlassen, sondern in einer Versöhnung mit dem neuen Geiste, der segnend die junge Naturwissenschaft auf all' ihren Wegen ge- leitet. Denn dieser Geist ist nicht ihr Feind, nur ihr Gegner zu sein ist er heute gezwungen, und wenn sie bedingungslos den Bahnen folgt, welche die naturwissen- schaftliche Forschung einschlägt, wenn sie ohne Groll und Hass die üeberlegenheit ihres grösseren und mächtigeren Gegners anerkennt, dann wird sich auch die Naturwissenschaft gern dazu verstehen, Fühlung mit ihr zu behalten. Bisher waren die gegenseitigen Beziehungen ausschliesslich feindliche, und wer einen Rückblick auf die Geschichte der Naturwissenschaften thut, der wird den Namen „Religion der Liebe" nur mit bitterem Sar- kasmus aussprechen können, denn leider bis zum heutigen Tage noch gilt der erschreckend wahre Zornesruf des Lukrez: „Tantum religio potuit suadere malorum." Und ein wenig liebevolle Vertiefung in psychologische Pro- bleme, ein wenig Bemühung, Weltgeschehen und Menschen- thun naturwissenschaftlich zu erfassen, würde die Theo- logie bald genug dazu führen, unsympathische Lehren und Ideen ruhig zu beurtheilen, zu dulden, zu billigen, statt sie von vornherein zu bemitleiden, zu hassen, zu verdammen. Möge diese schöne Zeit nicht mehr gar zu fern sein! Der Philologe vermag zwar aus der Psychologie keinen so unmittelbaren Nutzen für seine Wissenschaft zu ziehen, falls er nicht gerade die sprachvergleichende Forschung betreibt, durch welche die Sprachwissenschaft mit der Naturwissenschaft eng verknüpft wird. Aber derjenige Beruf, dem die Schaar der Philologen mit nur geringen Ausnahmen vollzählig sich zuwendet, der Lehr- beruf — im akademischen Hörsaal, wie noch weit mehr in der Schnlstube — er bedarf aufs Dringendste psycho- logischer Kenntnisse und psychologischen Verständnisses. Es ist eine allgemeingültige Thatsache, dass der Mensch den Gleichaltrigen am leichtesten versteht und bei ihm am ehesten Verständniss findet. Wo also derartige Altersdifterenzen, wie sie zwischen Lehrer und Schüler stets bestehen und bestehen müssen, zwischen zwei Indi- viduen sich finden, welche in die engste geistige Be- rührung zu treten berufen sind, da kann nur das feinste Verständniss des älteren für das Geistesleben des jüngeren Geschlechts, die vertrauteste Kenntniss mit all seinen Wünschen und Interessen, Leidenschaften und Fehlern die verbindende Brücke schlagen, auf welcher sich Geist zum Geist und Herz zum Herzen findet. . . . Ich holl'e, ge- legentlich einmal an anderer Stelle mich darüber ein- gehender verbreiten zu können, wo in der Schule das 452 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. XII. Nr. 38. psychologische Verständniss des Lehrers für den Schüler einzusetzen hat und welciic Missstände durch das so häufige Fehlen dieses Verständnisses schon gewisser- niaassen chronische geworden sind; für heut ni('igen die gemachten Andeutungen genügen. Sine ira et studio! Dieses herrliche Wort, das die Quintessenz alles historischen Forschens darstellen nuisste und das doch nur allzu oft von Parteilichkeit und schlecht verhülltem Hass im JMnnde geführt und geniiss- hraucht wird, es hietet dem fTeschiehtsforscher, der es als Motto erkor, Schwierigkeiten dar, welche nur wenige erleuchtete Geister zu üherwinden, ja nur zu würdigen verstehen. Wie viele Historiker wird man finden, die wirklich völlig objectiv und unbeirrt durch jegliche 8yni[)athie und Missbilligung ihrer hohen Aufgabe gerecht wurden? Selbst der Genius eines Tacitus, welcher jenes Schlagwort ausgab, Hess sich zuweilen von der Stimme seines Herzens bethören und mischte sich unter die Par- teien, statt über ihnen zu schweben. Nicht zum Mindesten dürften die ungewöhnlichen Schwierigkeiten, welche sich gerade der historischeu Objectivität in den Weg stellen, zurückzuführen sein auf jene kurzsichtige und schiefe Darstellung und Bcurtheilung der Geschichte, welche, wie es scheint, in allen Völkern und zu allen Zeiten dem noch nicht selbstständig denkenden Kinde und Schüler gelehrt wurde. Um die Liebe zum engeren und engsten Vaterlande zu wecken und zu stärken, wird den That- sachen in oft unverantwortlicher Weise Gewalt angethan. Da preist man als eine freiwillige, kecke Euhmestliat den Heldentod des Leonidas, welcher doch nur unter dem bitteren Zwange der Nothwendigkeit, um das übrige Heer zu retten, seine tapfere, kleine Nachhut aufopferte; da feiert man jenen hinterlistigen, feigen Ueberfall auf Verbündete in den Thalschluchten des Teutoburgcr Waldes als die erste, glänzende Ruhmesthat deutscher Geschichte; da wird jener Eroberungszng (iustav Adolfs hingestellt als hochherzige Rettungsthat eines frommen Protestanten und menschenfreundlichen Königs; da wird von den Lehrern der kgl. preussischen Weltgeschichte der erste schlesische Krieg, der den Typus eines Raub- krieges darstellen könnte, als Vurteidigungskanipf des grossen Preussenkönigs für Recht und llilligkcit hingestellt und der übermenschliche Riesengenius des ersten Napoleon in jeder nur erdenklichen Weise erniedrigt und gelästert u. s. w. u. s. w. Und erreichen wenigstens diese Afterhistoriker das, was sie bei ihren Schülern erzielen wollen? O.ja, diejenigen Schüler, welche der historischen Wissenschaft, der hi- .storischen Wahrheit gleichgültig gegenüberstehen, die ihr Lebelang nicht selbstständig denken können oder wollen, — und das ist die Mehrzahl -- sie beten alle Entstellungen nach, die ihnen einst — optima fidc — gelehrt wurden, und verketzern gar noch obendrein alle abweichenden Mei- nungen. Die besten Köpfe aber, die sich zu eigenem Denken durchringen, sie werden durch j'cne thörichte Methode hinsichtlich ihrer Fähigkeit historische Kritik zu üben in anderer Weise nicht minder schwer geschädigt. Wenn das selbstständigc Denken erwacht, wenn das ge- sunde Gerechtigkeitsgefühl sich regt und das logische Gewissen spricht, so gerathen sie nur zu leicht in Ge- fahr, in iiner Kritik des Gelernten, in ihrem Misstrauen gegen alle landläufigen Ansichten weit über das Ziel hinauszuschicssen, anzubeten, was sie verbrannten, und zu verbrennen, was sie anbeteten. In beiden Fällen bleiben die Anschauungen gleich weit von der histdrisehen Ob- jectivität entfernt — und von dem hcliren Standpunkt des sine ira et studio. Der echte Historiker muss Kosmopolit sein; falsch angewandter Piitriotisnms ist der ärgste Feind der hi- storischen Wahrheit; Aufgabe des Geschichtsforschers ist es zu besehreiben, nicht zu urtheilen; theilnahmlos muss er seinem Thema gegenüberstehen, und kein anderes Inter- esse darf ihn bei seiner Forschung leiten als das des Chemikers, des Botanikers, der einen neuen Versuch mit- theilt, eine neue Pflanze beschreibt. Die Methode Hippo- lyte Taines hat maassgebend zn werden für die Ge- schichtsforschung. Gebt der Historiker darüber hinaus, hört er auf die Stimme des Herzens mehr als auf die des Verstandes, so ist er nicht mehr Historiker, sondern nur Politiker — oder Dramatiker. Daher bedarf der Historiker vielleicht mehr einer gründlichen psychologischen Schulung als irgend ein anderer Mann der theoretischen Wissenschaft: keiner hat so viel wie er mit eigenartigen, obendrein meist bedeutenden Cha- rakteren zu thun. Und diese in ihrem Wesen zu er- gründen ist eine der schönsten, aber auch eine der schwersten Aufgaben des Geschichtsforschers. Soll er doch nicht nur die Geschehnisse schildern, sondern auch ihre Ursachen darlegen; ein schlechter Historiker, der nur aufzählt und nicht begründet! Das Ideal des sine ira et studio wird nur ein Historiker erreichen, der zu- gleich ein genialer Psychologe ist. Und nun zu den naturwissenschaftlichen Disei- plinen der philosophischen Fakultät selbst! Keiner ihrer Jünger, soweit er nicht Psychologe vom Fach ist, wird von der Beschäftigung mit der Psychologie einen so unmittel- baren praktischen Nutzen für seine W^issenschaft hal)en, wie irgend ein Angehöriger der vorher genannten Wis- senszweige. Die Erforschung der Naturvorgänge bedarf weniger der Kenntnis menschlichen Thuns als jene Wissen- schaften vom Menschengeschlecht. In anderer Beziehung aber bedarf ihrer der Naturwissenschaftler um so mehr. Er ist durch seine Wissenschaft gezwungen, über die tiefsten Geheimnisse der Natur, über die schwierigsten Probleme philosophischen Denkens nachzusinnen und ge- langt demgemäss leichter als andere zu einer ruhigen und vorurthcilslosen Betrachtung der Naturvorgänge, zu einer sclbstständigen und dogmenfreien Weltanschauung. Wie oft aber geht diese Hand in Hand mit einem un- gemein schiefen und kurzsichtigen Urtheil über JMenschen- tium und -Lassen? Höhere und allgemeinere Gesichts- puidvte also sind es, die gerade auch für den Natur- wissenschaftler eine gründliche psychologische Schulung wünschenswerth machen. Eine harmonische Abrundung naturwissenschaftlicher Weltanscliauung wird sich für ihn nur erzielen lassen, wenn er nicht nur den Vorgängen in der Natur, sondern auch den Tbaten. Trieben, Fehlern und Leidenschaften der iMenschheit mit der Ruhe und Gelassenheit des rechten Naturforschers gegenübersteht, wenn er das nil admirari, das die Naturwissenschaft jenen gegenüber zum leitenden Prinzip erhebt, auch auf diese anzuwenden bemüht ist. Und damit sind wir denn zu jenen grösseren Gesichtspunkten gelangt, die nicht ausschliesslich, sondern nur in erster Linie für den Naturwissenschaftler in Gel- tung kommen, die aber für alle Berufszweige, für den Jünger der Wissensciiatt, wie für den Mann des ])rakti- schen Lebens, von gleich hoher Bedeutung sind. Wer es gelernt hat, die Menschen und ihre Charaktere psycho- logisch zu erfassen, der wird kaum jemals seinen Leiden- scliaften ein Spielball werden, der wird in keiner Widrig- keit des Lebens die klare Besonnenheit verlieren: er ist theilhaftig der von alten Weisen als höchste Tugend des Philosophen gepriesenen aiaffQorrvvi]. Er weiss, dass jeder Charakter besonders crfasst, besonders behandelt sein will, und wenn er dies beachtet, so wird er auch keinen Charakter linden, mit dem er sich nicht zu ver- ständigen vermag, den er nicht mit einiger liebevoller Xll. Nr. 38 Naturwissenscliaftliclic WocheuscLritt. 4Ö3 Geduld lUK'li zu tonnen versteht. Ohne in g:csinnungs- scliwache PartcildsigUeit und wasscrsupiiouiiaftc Vcr- Sühnelei zu verfallen, wird er dem geliä.ssigeu Gezänk der I'arteicu die unnöthigc Sehärfe der Polemik mil- dern und gar oft scheiid)are Gegensätze zu vereinigen wissen. Er wird endlieb aueli die schwere Kunst ver.stolicn, allen gegncriselien Ansichten mit verständniss- voller Achtung, allen synii)athisclien mit vorsichtiger Kritik zu begegnen. Mag auch manches in diesem Dithyrambus auf das Studium der r.sychologie übertrieben erscheinen, Vieles zum Widerspruch herausfordern, das Eine wird Niemand bestreiten können, dass eine griuuUicbc p.sychologische Srjiulnng auf naturwissenschaftlicher Basis weit mehr als die Kenntniss unserer sogenannten riiilosophie geeignet ist, philosophisches Denken, philosophisches Handeln und vielleicht auch die vielgepriesene Glückseligkeit des l'hilo- sophen herbeizuführen. Und speciell für das Universitäts- studium wird man in unserem „Zeitalter der Naturwissen- schatten" die I-'orderung aufstellen dürfen: „Es ist wünscbcnswcrth, dass jeder Studirende eine Vorlesung über Ps^'chologie hört". Noch herrscht auf den Universitäten die alte „Königin der Wissenschaften", noch nimmt sie unter den übrigen Wissenschaften den ersten Rang, die mächtigste Stellung ein, aber sie ist nicht mehr das lebensfrisclie, entwicke- lungsfreudige Gebilde, das sie im alten Griechenland und selbst im Mittelalter noch war; sie ist zur Mumie geworden, und ihre Bedeutung, ihr Stolz ruht fern in der Vergangeu- hcit. Sie ist nur mehr eine jener historischen Grössen, die es nicht verstanden haben, zur rechten Zeit zu sterben, und bei deren endlichem Tod man nur mit Achselzucken spricht: „Elle a cesse de sc survivrc." Von ihrem König- thum ist ihr nichts als der Schein und — das Ansehen geblieben. Und sie freut sich ihres Ansehens, und wenn dieses auch iu gar keinem Verhältniss steht zu ihrem inneren Werthe, so denkt sie doch nicht daran, sich seiner freiwillig zu entäussern. Jeder Fortschritt, jede Aenderung des heutigen Zustandes kann ihr nur schaden, und so will sie denn als konservativste Wissenschaft nichts wissen von all den neuen Theorien und Methoden der Forschung. Sie ist eingeschlafen auf ihren verstaubten Lorbeeren, und im Gedanken diese zu besitzen ist sie zufrieden, wie jener Fafner: „Hier lieg' ich und besitze, lasst mich schlafen!" Aber sie wird das Jahrhundert der Empirie, das „Jahrhundert der Naturwissenschaften" nicht lange zu überdauern im Stande sein, und wenn dieses stolze, herrliche Jahrhundert zur Neige gegangen ist, so wird ihr bald genug nur noch die Wahl bleiben, ob sie untergeben oder einen Tag von Damaskus erleben will. Im Anschluss an ein früheres Referat (.,Naturw. Woclienschr. XI, 189G, Nr. 34) über den Mechanismus beim Aufspringen der Antherenfächer sei Tiber eine kürz- lich erschienene Arbeit Prof. Steinbrinck's, l)ctreffend den hygroskopischen Mechanismus des Laubmoospe- ristoms in Kürze referirt (Flora 1897). Wie viele Kapsel- tVücbte, z. B. bei Melandryum album, beim Wechsel von Trockenheit und Feuchtigkeit sich beliebig oft öffnen und schlicsscn können, um so die Ausstreuung ihrer zahl- reichen Samen möglichst zweckmässig zu reguliren, be- sitzen auch die Moose in ihrem Mundbesatz am Kapsel- rande ein physiologisch ebenso wirkendes Werkzeug für die Sporenausstreuung. Prof. Steinbrinck stellte sich die Aufgabe, durch die Untersuchung des feineren Mem- branbaues, z. Tb. unter Anwendung des Polarisations- mikroskopes, festzustellen, dass die Richtung der Zahu- Ijcwegung streng an die Lagerung der Schrumpfungs- uiid (Jnellungsaxen in den Membranen gebunden ist. Daliei gilt die Regel, dass die Wasserabgabe in diesen nicht bloss für Licht anisotropen Zellhäuteu in der Rich- tung der längsten Axe am geringsten ist. Längsgestreifte Membranlamellen schrumpfen demnach bei Wasserabgabe weniger als quergestreifte. Wenn demnach die Zähne bei Ceratodon an der Aussenfiäche längs-, an der inneren quergestreift sind, so ist dadurch Einwärtskrümmuug der Zähne beim Aus- trocknen bedingt. Die Kapsel wird also bei trockenem Wetter geschlossen. Diejenige von Funaria, Grimmia, Fissidens dagegen öffnet sich unter solchen Verhält- nissen. Die Untersuchung lehrte, dass hier der Membran- bau umgekehrt beschafien ist; die Zähne sind an der Aussenfiäche (juer, an der Innenseite läng.sgestreift. Die Kapseln öffnen sich alle bei feuchtem Wetter. Bei einer dritten Grui)pc, zu der uider anderen Ilypnum, Bryum und Mninm gehören, vollführen die Zähnclien beim Austrocknen oscillirende Bewegungen. Diese Erscheinung ist darauf zurückzuführen, dass die Jlendnan ein und desselben Zahnes auf verschiedenen Höhen entgegensetzt strukturirt ist. Der Schleudermechanismus von Brachythecium velu- tinum ist eigener Art. Nur der äussere Kreis des dop- pelten Mundbesatzes ist activ bewegungsfähig. Beim .\ustrockncn klappt er sich nach auswärts und nimmt die elastischen inactiveu Zähne des inneren Besatzes passiv durch seine Zacken mit. Hat die elastische Spannung der so gekrünnnten lunenzähne eine gewisse Höhe er- reicht, so schnellen die Inuenzähue zurück und schleudern dadurch die ihnen anhaftenden Sporen fort. R. K. Stickstoff der Luft als Diiugemittel. — Das stief- mütterlich behandelte Kind der Luft: der Stickstoff", be- ginnt seit einiger Zeit die allgemeine Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Denn während der Franzose Boussin- gault den Stickstoff' noch als solches Element hinstellte, welches von den Pflanzen nicht einmal assimilirt werden kann, ist Ni trag in — dieses Resultat deutschen For- schens und Sinnens — eine Materie, die die Assimilation schon künstlich, durch Impfen der Erde hervorbringt. Werfen wir jedoch erst einen Blick auf die Rolle des Stickstoffes in der Natur, und speciell im Stoffwechsel der organischen AVesen. Die Ei Weisskörper, diese wichtigsten Bcstand- tlieile und Nahrungsmittel der Thiere, bestehen aus stick- st(jtf haltigen Verbindungen; sie sind sehr leicht zersetzbar, wobei sich ein chemischer Process vollzieht, welcher jedoch von lebenden Wesen, von Bacterien verursacht wird. Bei der Fäulniss entstehen Amidosäuren, und aus diesen Verwesungs-Derivaten erzeugen dann andere mikro- skopische Wesen Anunoniak. Wenn diese Verbindung in den Boden kommt, bietet sie der Pflanze schon einen sehr wichtigen Nahrungsstoft'; durch die Pflanze gelangt derselbe ins Thier, oder verfault schon als Pflanze; wir finden in diesem kurzen Bild schon einen Kreislauf des Stickstoffes in der Natur. Auch der freie Stickstoff' ist Veränderungen unter- worfen, sei es durch atmosphärisch elektrische Wirkungen, oder durch sonstige Einflüsse; aber es steht fest, dass aus dem Stickstoff der Luft salpetrigsaures Ammoniak entsteht; diese in Wasser lösliehe Verbindung wird in salpetersaure Salze umgesetzt, und diese Salze vermögen die Pflanzen zu ernähren, allerdings nicht ausschliesslich, aber in Gemeinschaft mit anderen anorganischen Salzen. 454 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. XII. Nr. 38. Die Schmetterlin^sbliUhler sind die Vermittler des Stickstoffes der Lnft, und die Erde wird sozusagen durch den Stickstoff der Luft gedüngt. Der berühmte HcUriegcl war der erste, der sich mit der Eigenthümlichkeit der Schmetterlingshlüthler bcfasste, und dieselben als eine ganz eigenthün)liche l'flanzenklasse hinstellte. Auch Lachmann befasste sich sehr viel mit dieser Pflanzenklasse, und heute sind wir schon ganz und gar darüber im Klaren, dass nicht nur die Kohlensäure der Luft, sondern auch der Stickstoff einen Kreislauf be- sitzt. Die von Menschen und Thicren ausgeathmete Kohlensäure wird durch das Chlorophyll in organische Ver- bindungen umgewandelt; der Stickstoff hingegen wird von den Schmetterlingsblüthlern assimilirt und in stickstoff- haltige, organische Substanzen verwandelt, die wir mit dem Namen Eiweisskörper bezeichnen. Es wurde schon seit langem beobachtet, dass die einzelnen Species der Schmetterlingsblüthlcr an den Wurzeln cigcnthümlich gestaltete Knöllcben haben. Erst Hell- riegel ist es bei seinen Untersuchungen gelungen, fest- zustellen, dass diese kleinen Knollen von kleinen or- ganischen Wesen, und zwar von Spaltpilzen, herrühren. Die Knollen bilden an den Wurzeln Verdickungen, und diese Knöllchen verleihen der Pflanzengattung das Ver- mögen, Stickstoff' assimiliren zu können. Die Bactcrien leben an den Schnietterlingsblüthlern derart, dass sie sich auf der Pflanze vermehren, und ihr sogar Nahrungsmittel entziehen; die Pflanzen hingegen werden dadurch befähigt, Stickstoff" zu assimiliren. Der Stickstoff der Luft wird eigentlich durch die Baeterien entzogen, und diese überliefern ihn dann den Schmetter- lingsblüthlern: es ist das eine wahre Symbiose, und die Schmetterlingsblüthlcr sind dadurch die einzigen Pflanzen, die im Stande sind, Nahrungsmittel nicht nur dem Erd- boden, sondern auch der Luft zu entziehen. Andere Pflanzen nehmen aus der Luft nur Kohlensäure auf. Die Schmetterlingsblüthlcr bereichern daher den Erdboden an Stickstoff, sie verleihen der Erde frische Kraft, die Vegetation zu ernähren, ja, sie düngen die Erde eben mit dem tbeuersten Dünger. Also ein Dünger aus der Luft. Ist der Boden allzusehr ausgebeutet, die Vorraths- kanimer sozusagen gc])lündert, dann müssen die fehlenden Substanzen ersetzt werden. Kali, Kalk, Phosphorsäure können als billiger Dünger der Mutter Erde aufgetischt werden, die stickstoff"haltigen Dünger hingegen sind ziem- lich theuer, da Chili-Salpeter aus Südamerika imiiortirt wird, die Fabrikation hingegen kostspielig ist. Die Natur ist nun dem Menschen behilflich, sie geht ihm geradezu an die Hand, denn den theuerstcn Dünger schenkt sie ihm durch die Schmetterlingsblüthlcr. Die Quantität ist eine ziemlich grosse; auf einem Hektar liefern die Schmetterlingsblüthler im Durchschnitt 2 Meter- centner Stickstoff, eine Summe, die einen Werth von 150 Mark repräsentirt, wenn wir im Preise die Dünge- mittel als Grundlage nehmen, üebrigens ist ja constatirt worden, dass ])ro Hektar der Erfrag der Ernte mit 30 Metercentner an Körnern und 70 Metercentner an Stroh gesteigert weiden kann, wenn dem Getreide-Anbau der Anbau von Leguminosen vorangeht, und dass der Boden nach Gründünger von Klee ungefähr den doppelten Er- trag an Kartoffeln abwirft, als der Boden, der durch gewöhnlichen Dünger bereichert worden ist. Darin be- steht nun der ])raktische Werth dieser Mikroorganismen, die zuerst von dem russischen Gelehrten Winogradsky genauer untersucht worden sind. Winogradsky ziiclitcte die Mikroorganismen, studirte ihre Entwickelung und befasste sich mit ihrer Biologie. Er setzte einer Lösung von Traubenzucker ausser einigen Salzen auch eine Quantität der cultivirten Erde zu. Die Lösung ging in Gährung über, es wurde ein Geruch nach Buttersäure vvahrnehhd)ar, und der Gehalt an .Stickstoff vergrösserte sich. Ueber 75 Grad starben die Gährungs- Pilze aus, und Winogradsky konnte bei dem ganzen Proccsse drei Gattungen von Baeterien unterscheiden, die eine derselben, die eben das Assimilations-\'erniögen besitzt, bezeichnete er mit dem Namen Clostridium Pasteurianum. Er bemerkte auch, dass die Gährung rascher vor sich geht, wenn mau in das Glas ammoniakhaltigc Salze giebt. Die Organismen vermehrten sich auf der Zuckerrül)e auch im luftleeren Raum. Wenn er dieselben hingegen in eine Athmosphäre von Stickstoff' auf eine Materie gab, die keinen Stickstoff enthielt, so assimilirte das Clostridium noch immer Stickstoff'. Das Clostridium ist daher das eigentliche Bacterium, welches die Knöllchen bildet, die zwei anderen Baeterien sind eigentlich nur Medien; sie assi- miliren den Sauerstoff' von der Luft; Stickstoff' zu assi- miliren ist nur das Clostridium im Stande, es ist daher der eigentliche Vermittler des Stickstoffes der Luft. Das Clostridium ist anaerober Natur, kann daher auch mit Ausschluss der Luft vegetiren und sich vermehren, die andern beide hingegen siud theils obligat aerob, tbeils facultativ aerob. Da nun die Baeterien, welche die Knöllchen an den Wurzeln der Schmetterlingsblüthler bilden, bekannt ge- worden sind, stand schon der Gedanke nahe, selbe auch auf künstlichem Wege zu züchten. Vor Jahresfrist begann die Fabrik zu Höchst a. M. die Erzeugung des Nitragins, eine Ertindung der Professoren Nobbe und Hiltner. Das Nitragin ist eine Reincultur von Baeterien, in Flaschen erhältlich. Die Flüssigkeit enthält diese Baeterien; mit der Flüssigkeit werden die Samen der Leguminosen oder des Klees benässt; oder aber es wird pro Hektar 1 Metercentner Erde damit begossen, getrocknet und dann zerstreut. Die Baeterien vermehren sich, die Leguminosen bekommen an den Wurzeln Knöll- chen, und die Erde wird dadurch mit Stickstoff' beschickt. Die Versuche zeigten, dass brachliegende Böden, die überhaupt nicht verwendet werden konnten, wenn sie mit Nitragin geimpft worden sind, schöne Erträge an Erbsen, Luzerne oder Bohnen abwarfen, und darnach natürlich eine gute Fcchsung an Getreide gaben. Es ist daher für die Landwirthschaft von giosscm Be- lang, dass wir die Methode gefunden haben, den Stickstoff' der Luft als Dünger zu verwenden, und wenn dies auch nur auf indirecte Weise geschieht, so ist doch der Vor- gang so einfach und billig, dass das theuerste Dünge- mittel, und der theuerste Nahrungsstoff' in ehester Zukunft wahrscheinlich der Luft entnommen werden wird, denn Nitragin ist eine Materie, die den Landwirth befähigt, durch Heranziehen des Stickstoffes der Luft als Dünge- mittel seine Ernte zu verbessern. Prof. Josef Vertess in Alba (Ungarn). Aus dem wissenschaftlichen Leben. Deutsche Mathematiker- Vereinigung. — Der Voi-staud der „Dciitsclii/ii M;itl)ciiiatikLM-\'rrriiiigiuig" gicbt sich dk' Elire, die iMitglieder zu reger Betlioiligmig an der vom 20. l)is 25. Sep- tember d. J. geineinwoii mit diu Sitzungen der I. Abtiieilung der Versammlung deutseln'r Naturforscher und Aerzte in Braun- scliweig .stattfindenden Jahresversammlung einzuladen. Gemäss dem auf der Frankfurter Versammlung hervorgetretenen Wunsche ist der Vorstand bemidif gewesen, die Vorträge in inneren Zu- sauHuonhang zu bringen, und es ist ihm gelungen, insbesondere für die gesammte Mechanik Vertreter der mannigfaehen Zweige dieses Gebiets zu Vorträgen zu gewinnen. Daneben soll mögliehst die Zahlentlieorie nach den verschiedenen Richtungen ihi'er neueren Entwickelung zur Geltung kommen. XII. Nr. 38. Natuiwisseuschaftliehc Wochenschrift. 455 Bisher sind folgende Anmeldungen eingegangen: 1. Piivat- docent Dr. G. Bohlmann (Göttingen): Referat idjer dii' seit 1800 erschienenen Lehrbiieher der Ditferontial- und Integral- reehnui/g. 2. Privatdoeent Dr. M. Brendel (Greifswald): Ucber sl.-ibile und instabile Bewegungen in unserem Planetensystem. 3. Prof. Dr. C^ Cranz (.Stuttgart): Ueber die niehtzufälligen Gesehossabwcieluingen und die conisehe Pcndelung der Geschosse. 4. Prof. Dr. S. Finster wal der (München): lieber mechanische Beziehungen bei der Flächenbiegung. 5. Derselbe: Peferat über l'hotogrammetrie. 6. Prof. Dr. A. Föppl (München): Ziele und Methodi'ii der technischen Mechanik. 7. Prof Dr. R. Fricke (r.raunschweig): Ueber die Beziehungen zwischen der Zahlen- thcorie und den automor|)hen Functionen 8. Prof Dr. K. Ilensel (Berlin): Uebor die Invarianten der algebraischen Körper. 9. Prof. Dr. D. Hilbert (Göttingen): Vortrag aus dem Gebiete der Zahlentheorie. 10. Prof Dr. A. Kneser (Dorpat): Ueber das Princip der kleinsten Action. 11. Prof. Dr. E. Lampe (Berlin): Ueliei- Körper grösster Anzielumg. 12. Prof. Dr. R. Mehmkc (Stuttgart): Thema vorbehalten. 13. Prof Dr. R. Müller (Braunsclnveig): Ueber angenäherte Geradführung. 14. Dr. I. R. Schütz (Nürnberg): Ueber idealisirte mechanische Systeme. 15. Dersellje: Demonstration eines analytischen Modells für das erdmagnetische Feld und dessen Variationen. 16. Prof. Dr. A. Sommerfeld (Götttingen): Ueber das Dupin'sehe Theo- rem. 17. Prof Dr. P. Stäekel (Kiel): Neuere Untersuchungen über allgemeine Dynamik. Zum Theil sind gemeinsame Sitzungen mit der Abthidlung für Physik und Meteorologie und mit der für mathematischen und naturwissenschaftlichen Unterricht in Aussicht genommen. Für dieselben ist insbesondere angemeldet ein Referat von Prof. Dr. Drude (Leipzig) über Fornewirkungen. Auch wird eine kleine Ausstellung mathematischer Modelle veranstaltet werden. Die geschäftliche Sitzung, in welcher der Vorsitzende über den Ver- l.'uif des internationalen Mathematiker-Congresscs zu Zürich be- richten wird, findet voraussichtlich Donnerstag, den 23. Septendier, Vormittag von 11 — 1 Uhr, statt. Im Hinblick auf das vorliegende Programm giebt sich der Vorstand der sicheren Erwartung hin, dass seine Bemühungen, die Verhandlungen der Jahresversamm- lung anregender und fruchtbringender zu gestalten, die Mitglieder der Vereinigung zu regster Betheiligung veranlassen werden, zur Förderung unserer Wissenschaft und der persönlichen Be- ziehungen! Weitere Anmeldungen von Vorträgen bitten wir an den unterzeichneten Schriftführer (Halle a. S., Gartenstr. 5) thun- lichst vor der Versammlung richten zu -wollen. Für den Vorstand der Deutscheu Mathematikei■^'ereinignng: F. Klein, Vorsitzender; A. Gutzmer, Schriftführer. L i 1 1 e r a t u r. Prof. Dr. Alfred Nehring, Ueber Herberstain und Hirsvogel. Beiträge zur Keiuitniss ihres Lebens und ihrer Werke. Mit 10 Abbildungen im Te.xt. 108 Seiten gross Gctav. Ferd. Dünnnlers Verlagsbuchhandlung in Berlin. 1897. — Preis 3 M In den letzten Jahren ist wiederholt die Frage von Neuem erörtert worden, ob der Ur (Bos primigenius) noch in historischer Zeit gelebt habe, und ob für diese oder die gegentheilige Ansieht auch stichhaltige Gründe sprechen. Als wichtigstes Beweismaterial für die Behauptung, dass derselbe noch im \G. Jahrhundert in Polen existirte, galten von jeher die Abbildungen des Ur und Wisent, die in der zweiten, vermehrten und verbesserten Auflage der Rerum Moscoviticarum Comentarii (Basel bei Oporiuus 1556) von Herberstain sich finden, bis kürzlich durch Nehring nach- gewiesen worden ist, dass diese nur vergrösserte schlechte Nach- bildungen einer Tafel seien, die im Jahre 1552 hergestellt wurde, und deren genaue Copie in der deutschen ,Moscovia" vom Jahre 1557 enthalten ist. Trotz dieser Abbildungen und schriftlicher Aufzeichnungen Herborstain's hat ausser anderen Forschern Wilckeiis noch im Jahre 1885 die Ansicht vertreten, dass wäh- rend der historischen Zeit der Ur weder in Polen noch sonstwo in Europa gelebt hat, und dass die betrefl'enden Angaben Herber- stain's nnrichtig und die Abbildungen nachträglich hinzugefügt, mithin Fälschungen seien. Die vorliegende Arbeit Nehring's, der mit bekannter Gründlichkeit sich in die Arbeiten Ilerberstain's vertieft hat, liefert jedoch nun den sicheren Beweis, dass letzterer in seinen Aufzeichnungen als durchaus zuverlässig K'-'l|''^^n ka'i", und dass die vielumstrittenen Abbildungen des Ur und Wisent nach Zeichnungen hergestellt worden sind, die in H.s Auttrag von einem Maler nach dem Leben angefertigt wurden. Dass tur die historische Existenz des Ur im vergangenen Jahre durch die Auffindung eines Bos primigenius Schädels mit unzweifel- hatt von Lauzen.sticlien herridirenden Löchern, gelegentlich des Inhalt: Ha ' Abbruchs der alten Burg Bydgoez in Bromberg ein weiteres höchst wichtiges Beweisstück beigebracht worden ist, sei hier nur heiläufig erwähnt. Die Fülle des Materials, welches Nehring ilurch das Entgegenkommen der k. k. Familicn-Fideicommis- biljliothek und der k. k. llofbibliothek in Wien, sowie durch die Benutzung des Hamburger, Dresdener, Wolfenbütteler und anderer Bibliotheken, des Berliner und Dresdener Kupferstich-Kabinots u. s. w. zu Gebote stand, veranlasste ihn, ausser der speciellcn Arbeit über die Frage nach der historischen E.xistcnz des Ur zugleich den zahlreichen Werken Herborstain's und des berühmten Kupferstechers Hirsfogel eine eingehende Besprechung zu widmen, wobei gleichzeitig Gelegenheit geboten war, den Lebensgang des erstgenannten zu schildern. Das Buch zerfällt dementsprechend in folgende 5 Abschnitte: 1. Das Wichtigste aus Herberstain's Loben, 2. Einiges über Augustin Hirsfogel und seine Arbeiten, 3. Genaueres über Herberstain's Werke, 4. Ueber Ur und Bison (Wisent), 5. Litteratur. 10 Abbildungen, theils Reproductionen der Stiche und Schnitte, die H.'s Werken beigegeben waren, theils aus anderen Abhandlungen entnommen, sind in dem Buche eijl- halten, das ein neues Beweisstück für die wissenschaftliche Gründ- lichkeit Nehring's ist und als solches zugleich für den Zoologen wie den Kultur- und Kunsthistoriker eine höchst werthvolle Er- ruugenschaft darstellt. Königsberg i. P., im Juli 1897. Prof Dr. Rurig. Ch. Sturm, Lehrbuch der Analysis (Cours d'Analyse), übersetzt von Dr. Theodor Gross, Privatdoc. a. d. Kgl. techn. Hoch- schule zu Charlottenburg. I. Bd, Fischers technologischer Ver- lag (M. Krayn). Berlin VV (ohne Jahreszahl). Man sollte im ersten Augenblick meinen, dass es sich bei der verbreiteten Kenntniss der französischen Sprache kaum lohnen sollte, ein wissenschaftliches Lehrbuch wie das vorliegende, zu übersetzen : das gerade Gegentheil ist aber der Fall. Der be- rühmte und altbewährte Sturm'sche Cours d'Analyse verlangt von dem Anfänger, für den sich das Werk ja gerade so ausgezeichnet seit jeher bewährt hat, eine derartige ausschliessliche Vertiefung in den Gegenstand, dass die Nothwendigkeit gleichzeitig sprach- liche Schwierigkeiten berücksichtigen zu müssen, durchaus störend wirkt und ablenkt. Es ist daher durchaus ein Verdienst, eine gute Uebersetzung wie die vorliegende geliefert zu haben, die es unseren Anfängern gestattet, sieh auf Grund der trefflichen Me- thode Sturm's ganz dem eigentlichen Gegenstand zu widmen. Annaleu des k. k. Naturhistorischen Hofmuseums. Redi- girt von Dr. Franz Ritter von Hauer. XI. Band — 1896. Wien 1896. Alfred Holder, k. u. k. Hof- und Universitäts Buch- händler. — Der vorliegende Band bringt die folgenden Ab- handlungen: Ueber einen vermuthlich neuen Dendrocolaptideu. Von Dr. Ludwig von Lorenz-Lib ur nau. (Mit 1 Tafel in Farben- druck ) — Weitere Bemerkungen zu den von Herrn Dr. E. Holub dem Hofmuseum im Vorjahre gespendeten südafrikanischen Säugethieren. Von Dr. Ludwig von Lorenz-Liliuruau. (Mit 2 Abbildungen im Texte.) — Sternosaciale Scoliose bei Rasoren und anatomische Folgen. Von Dr. Tad. Garbowski. (Mit 1 Tafel und 2 Abbildungen im Texte.) — Die Meteoriten von Laborel und Guarena. Von E. Cohen. — Flora von Südbosnien und der angrenzenden Horcegovina. VIII Theil. (Des IL Bandes 5. Fortsetzung.) Bearbeitet von Dr. Günther Ritter Beck von Mannagetta. — Dritter Beitrag zur Lepidoptereufauna der Canaren. Von Dr. H. Rebel. (.Mit 1 Tafel in Farbendruck.) — - Bemerkung zur Systematik der Buchen. Von Dr. Friilolin Krasser. — Sammelreisen nach Südungarn und Siebenbürgen. Coleopterologische Ergebnisse derselben. I. Theil. Von Ludwig Ganglbauer. — Lichenes Mooreaui. Von Dr. A. Zalilbruckner. — Bericht über die während der Reise Sr. Maj. Schiff „Aurora" von Dr. C. Ritter v. Mieroszcwski in den Jahren 18'J5 und 1896 gesammelten Fische. Von Dr. Franz S tcindachuer. (Mit 1 lithogr. Tafel.) — Ueber zwei neue Chirostoma-Arten aus Chile. Von Dr. Franz Steindachner. - Die Gattungen der Splie- giden. Von Franz Friedr. Kohl. (Mit 7 lithogr. Tafeln und 90 Abbildungen im Texte ) Berichtigung. In dem Aufsatz über ungewöhnlich starke Regenfälle iu Europa (s. vorige Nummer) hat sich ein Irrthum eingeschlichen: Bei dem Regenfall, der am 6. August 1897 Niedor-Marsberg be- traf, fielen nicht 113 mm in I Stunde, sondern 103 mm in Vi Stunden, so dass die Intensität also iiocli bedeutender, als an- gegeben, gewesen ist. II. Schmidkunz, Teloologie der Vorurtheile. - Dr. Richard llennig, Die Psychologie als Erbin der Philos.iphie. --- Der hydroskopische Mechanismus des Laubmoosiieristoms. — Stickstoff der Luft als Düngemittel. — Aus dem wissenschaftlichen Leben. - Litteratur: Prof Dr. Alfred Nehring, Ueber Herberstain und Ilirsvogel. — Ch. Sturm, Lehrbuch der Analysis. — Annalen des k. k. Naturhiatorischen Ilofmuseums. — Berichtigung. 456 Naturwisscuschartlichc Wochcnschrirt. XII. Nt. 38. CiiniiH & (jioldsoliiiiidt, Urrliii X., Aiiguststr 20. Cleklrotechnische Anstalt und mechanische Werkslätlen Spezialiliit: Eleklr. Mi-ssiiislriiiuentc, Nurinal-Klcmente, Normal und Praeci- sioiiswi'lerstiimle, nach deu Muilellen der Physika!. Teclin Reielisanstalt. — Normal- Volt- und Amjil'remeter, Spiegelgah-ano- meter, Pliysikallsche Lelirmittelapparate Eiiirielitiiii^' von Laburaturieii. 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Inseratenannahme bei allen Annoncenbureaiuc wie bei der Expedition. Abdruck ist nnr mit vollständiger (^nellenaiigabe gestattet. Die zoologische Sammlung des Königlichen Museums für Naturkunde zu Berlin. Die Criistaceen-Sclifinsiinimlun^^ Von Dr. liobort Lucas in Ueinicikenilorf. Die Cnistaccen-Sainnilung- ist im Insectcnsaale (im Ostflitgel gelegen) aulgcstellt und zwar rechts vom Ein- gang im Fenstersclirank, im Wandscbraiik und in den beiden vordersten rechts gelegenen Mittelschränkcn. Krel)sc sinrehm die Hochzeitsfarbeu des Vogelkleides durch Abnutzung der Federkanten entstehen und weist dies nach an dem IJlaukchlchen, das im Februar in Afrika zu mausern beginnt, in stumpffarbigem Kleide bei uns ankommt und erst hier sein Prachtkleid erhält, indem die grauen Federkanten abgetragen werden und die prächtigblaue Brust mit dem weissen Sternehen zum Vorschein konnnt. Gegen Schlegels Hypothese vom „Nachwachsen" zieht Brehm ebenfalls zu Felde und gebraucht zum licweise den schon oben er- wähnten Vergleich. Die Neubildung der Feder, nämlich die Spitzenbildung der Barben, kennt auch Gätke, der Beobachter von Helgoland, möchte den Vorgang aber nicht ein „Nachwachsen" nennen. Im übrigen huldigt auch er der Theorie vom Abtragen der Federkanten. Ganz auf seinen Schultern steht Feadley, der allerdings neben dem Abwerfen der Federspitzen auch den Zufluss von frisehfärbender Materie als bemerkenswerthe Ursache des Fai'benwechsels annimmt. — Bei vielen Vögeln hat man schliesslich eine Verfärbung der Feder ohne Mausern beobachtet, und viele ornithologischc Schriftsteller unserer Zeit wollen nur eine solche gelten lassen. Wahrscheinlich war es Audubon, der in seinen „Ornithologischen Bio- graphien," die leider nicht in Druck erschienen sind, zuerst darauf hinweist. Da sagt er an einer Stelle: Seit- dem ich anfange die Gewohnheiten der Möwe zu sfudiren und die Verfärbung ihres Gefieders beobachte, habe ich die Erfahrung gemacht, dass die dunkle Färbung der Haube mit dunkleren Spitzen au den Kopficderu ihren Anfang ninnnt und dann allmählieh in Schwarz oder Braun übergeht und zwar ohne eine thatsäehliche Erneuerung der Feder selbst, wie es bei einigen Arten der Landvögel geschieht. Nach (!äfke kommt Farbenwechsel ohne Mauser nur ausnahmsweise vor, doch giebt er an einer Stelle einen Bericht über die Undarbung der Zwergmöwe, den wir hier im Auszug doch mitteilen wollen. Der Wechsel beginnt im .Januar, die grauen Federn der Haube verdunkeln .sich und werden nach und nach schwarz, am Schafte am intensivsten. Die Verdunklung schreitet all- mählich vom Scheitel bis zum Schnabel fort und endet bei den Kchli'edcrn und zwar in der Weise, dass die losen Federn an der Spitze des Schaftes zuerst dunkeln. Weiterhin hat man beobachtet, dass im Winter geschossene Finken an den Federspitzen bereits die Färbung des Hochzeitsgeficders zeigten, und dass die Lachmöven schon im Februar, also zu einer Zeit, wo an eine Mauser noch nicht zu denken ist, die schwarze Kopfplatte tragen, deren Entstehung mit der der Zwergmöwe — als nnjnd- förmiger Fleck von der Spitze ausgehend — übereinstimmt. Mit wenigen Ausnahmen sind unsere heimischen Arten zu derartigen Beobachtungen freilich nicht ge- eignet, weitaus leichtere Erfolge würde man mit exoti- schen Formen erzielen, von denen viele ohne Mauser aus einem sehr einfachen und farblosen Jugend- oder Winter- klcide das farbenprächtige Hochzeitsgewand entwickeln. Im Berliner Zoologischen Garten wird z. B. in einem Glaskäfig ein Türkisvogel, Arbelorhina cyanca, gehalten. An diesem kann die Umfärbung des grasgrünen Winter- kleides in ein herrlich blaues Prachtkleid jährlich beob- achtet und zugleich constatirt werden, dass es eine Um- färbung ohne Federwechsel giebt. Merkwürdiger Weise wurde mit dieser Farbenveränderung gleichzeitig beob- achtet, dass die Hornbedeckung der Zunge sieh all- mählich ablöste und nach der Zungenspitze soweit vor- geschoben wurde, dass die abgemausertc Zungenhaut weit aus dem Schnabel heraushing. Wie die VL-iraibung de-? Clcfictlcr.^ der Vügcl uliac Mauser vor sich geht, ist noch nicht Itekannt. Natürlicher Weise muss sie sichgan zu nah häng ig von den phy.siologi- schen Vorgängen im Körper des Trägers vollziehen, denn die völlig ausgebildete Feder ist als todtes Etwas voll- ständig "dem Stoffwechsel entzogen. Dass eine gewisse Flüssigkeit oder gar etwa Gase aus der Haut oder dem Unterhautgewebe im Kiele endosmotisch aufsteigen, er- scheint äusserst unwahrscheinlich. Als die bekanntesten Verfärbungen völlig ausgebildeter Federn gelten wohl die, dass sich eine dunklere Farbe (schwarz oder grün) in eine hellere (orange oder gelb) umwandelt, und zwar vom Rande der Feder nacii innen fortschreitend, oder eine am Rande oder an der Spitze sonst dunkle Feder wird nach und nach ganz dunkel. Im ersteren Falle gehen Veränderungen in der Feder (Ausbleichen von Pigmenten, Veränderungen der Structur und dadurch des Refractionsvermögcns) vor sich, im letzteren wird der distale Endtheil einfach abgetragen und abgenutzt. Selbstverständlich kann die Umfärbung auch durcli das Zusammenwirken aller der genannten Factorcn ent- stehen, so wird sie beispielsweise im Gefieder des Kreuz- schnabels theils durch die Mauser, theils durch blosse Verfärbung bedingt. Nach Marshall entstellt dies auf folgende Weise. Im ersten Jahre ist der junge Vogel graugrün, heller und dunkler gescheckt, nach der ersten Mauser im Herbste dringt eine lebhaftere Farbe durch, und das Gefieder erscheint gelbgrün, wird aber, je länger es gebogen wird, um so gelber. Einzelne Federn der Männchen fangen dann besonders an der Brust und auf dem Bürzel schon an, einen orangenen oder rotlien Saum zu bekommen, während sie im Uebrigen grau erscheinen und namentlich nach der Wurzel und dem Schafte zu 464 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. XII. Nr. .39. dunkel sind. Nach der zweiten Mauser ist der männ- liche Vogel, abg'csehen von Flügel-, Schwanz- und After federn roth, zunächst nur an den Säumen der Federn, wälu'end der Rest grau ist, aber das Roth dehnt sich immer mehr aus und wird in dem Maasse, wie es sich ausdehnt, kräftiger, so dass der Saum der Feder, wenn sie völlig gi'r(itlict ist, tief karminfarben erscheint. Alle diese Verfärbungserscheinungen vollziehen sich aber sehr unrcgelmässig, so dass es von der dritten Mauser an kaum zwei männliche Kreuzschnäbel giebt, die einander gleich sehen. Die Weibchen werden niemals roth, und eine merkwürdige Thatsache ist es, dass jung cin- gefangene und im Käfig gehaltene Männchen nie über das gelbe Kleid hinauskommen, sie mögen sich so oft mausern, als sie wollen, und noch mehr, ausgefärbte, also rothe Männchen nehmen nach der Mauser in der Gefangenschaft wieder die einfachere gelbe Färbung an. Diese sonderbare Erscheinung beobachtet man übrigens auch lici gefangen gehaltenen Bluthänfling- und Pirol- Mäimchen. Im Gefieder der Vögel lässt sieh schliesslich noch eine weitere Veränderung wahrnehmen, auch ein Farben- wechsel, der aber stets mit der Mauser zusammenhängt. Die geschlüpften Vögel sind entweder nackt oder haben ein Dunenklcid nnd erst später erhalten sie das Jugcnd- kleid, das von ihnen gewöhnlich schon im ersten Lebens- jahre gegen das Alterskleid ausgetauscht wird. Das Jugendkleid ist nur in einzelnen Fällen auffallender ge- färbt als das Altersklcid, und bei dieseui treten die Zeichnungen und Muster um so deutüclier hervor, als es gewechselt wurde. Alte Weibelien, die aufgehöi't habeu, Kier zu legen, bekonnnen nicht selten ein mäunliches Federklcid (Hahncnfedrigkcit), wie ja auch alle Rehkülie zuweilen Gewcilie crluilten. Dieses llcrvoitrctcn männ- licher Eigcntluunliehkciten bei alten weiblichen Tliiercn nennt man Mrilesccnz. Wir sehen, die Vorgänge bei den Verfärbungen der Vogelfedern sind uns noch lange nicht genugsam bekannt, und es liegt hier ein Gebiet vor uns, auf dem auch ein Liebhaber, nicht nur der Naturforscher vom Fach, recht vieles leisten kann. Ein Gebauer voll Webervögel, die sich als Exoten besonders gut zu den Untersuchungen eignen, ist nicht schwer zu erstehen; freilich wäre auch einige Vertrautheit mit dem Mikroskop erforderlich. Der Wissenschaft aber wären derartige Untersuchungen und Be- obachtungen bei der leider heute cxistirenden grossen Kluft zwischen den akademischen Instituten nnd den faunistisch und biologisch arbeitenden Zoologen gewiss doppelt er- wünscht, umsomehr als auf den Universitäten das Interesse für die Lebensweise der VVirbelthicre und für die Er- forschung der wichtigsten histologischen Fragen aus dem Gebiete der Wirbcithierkunde mcbr uiul mehr schwindet. Ueber Beliaaviiiig, Grösse, Stellung ii. s. w. des nieiiscliliclieiiOlircs veniffentlicht II. M. Wallis die Ergeb- nisse seiner Untersuchungen (l'roc. zool. Soc. London 1897, l't. 2). Da die Darwin'sche Deutung der Ohrs|)itze als rudimentäres Organ besonders von deutschen Anthropo- logen angegriffen wurde, glaubte W. durch Untersuchung der eigenthümliehen Behaarung des Ohres zur Lösung (lieser Suei(fi;n;e iieliraireii zu können. Bei klemen Kindern ist die Spitze oft deutlich bcmerkl)ar und die llinterlläche der Ohrmuschel so behaart, dass sich um die nackt bleibende Spitze ein Wirbel herundegt. Sjiäter gehen diese zarten, hellen Härchen verloren. Erst im Mannesalter, besonders bei schwarzhaarigen Individuen, treten wieder Ilaare am Ohr auf, die z.Tli. ebenfalls hell sind, nnd wieder dieselbe Anordnung zeigen. Auch die Affen weisen die gleiche Stellung und Richtung der Haare am Ohre auf. Bei manchen Aftcn allerdings, so besonders bei den Anthropoiden, ist das Ohr nackt; dann liegt es dem Kopfe so dicht an, dass es unter dessen Behaarung ver- boi'gen ist. Auch können die Menschenaffen ihre Ohren nicht bewegen, wie es ja bekanntlich noch viele Menschen zu thun vermögen. Aus dem Auftreten der Darwin'schen Sjjitze müssen wir schliessen, dass das Ohr unserer Vor- fahren sj)itz, etwa wie bei Macacus, und nicht abgerundet wie bei den Menschenalfen war. Daraus, dass es hinten behaart ist, nniss man annehmen, dass es früher ab- stehend und beweglich war, nicht anliegend und un- beweglich, wie das der letzteren. So bestätigt auch die Vcrgleichung der Obren der rrimaten, dass wir die Anthro- poiden nicht als unsere Vorläufer, sondern nur als Seiten- zweig unseres Stamnibaumes betrachten dürfen. Reh. Ueber den Stinniiapparat des Kuckucks schreibt Albert Orette de Palluel aus Chateau de la Vallce im „Naturaliste" 1S97, S. 152. Wie bei den Viigeln zur Fovti)llanzungszcit das Gefieder wechselt, so erleiden auch die inneren 'i'licile wäbrend dieser Zeit nicht geringe Veränderungen. Ganz auffällig ist dies bei dem Kuckuck, der von jeher das Interesse des Menschen auf sich ge- zogen hat. Seine Stimme besitzt eine ganz erstaunliche Tragweite, was auf verschiedenen Ursachen beruht. So sind alle seine Knochen, mit alleiniger Ausnahme der Schenkel, hohl. Geräumige Luftsäcke erlauben ihm, in seinem Körper eine grosse (Quantität Luft anzusannnelu und so den kräftigen, weithinschallendeu Ton hervor- zubringen. Aus diesen Behältern wird die Luft in die Jjutfröhrc getrieben, welche gewissermaasseu die Rolle einer Orgelpfeife spielt; zuerst tritt die Luft durch den unteren Kehlkopf (syriux s. larynx broucho-trachealis), welcher dem Tone die bcstinnntc Höhe giebt. Dieses Organ hat nur einen Muskel, die Stinnne des Kuckucks l)esteht in Folge dessen auch nur aus einem Ton, dieser ändert jedoch in der Höhe ab in Folge einer besonderen Einrichtung der anderen Tlieile des Stinunapparatcs. Die Luftröhre ist nändich in der Höhe der Schlüsselbeine durch ein muskulöses Ligament eng nnt der Haut des Halses verbunden, weiter hinauf bis zum oberen Kehlkopf jedoch durch eine feine Membran, die eine bedeutende Erweiterung des Halses gestattet. Indem nun der Vogel durch den unteren Kehlko]>f einen Ton hervorbringt, ge- räth die in der Luftröhre enthaltene Luft in Schwingungen; der Hals ist innen mit einer ganz besonderen Haut, dem sogenannten „akustischen Gewebe", bekleidet, durch das- selbe wird die Schärfe des Tones vermindert, und die Stimme erhält so jenen auffällig weichen Klang. Dieses akustische Gewebe ist bisher immer mit dem Fett, welches die anderen Theile der Haut innen auskleidet, verwechselt worden, es unterscheidet sich j'cdoch bei ge- nauer Untersuchung ganz deutlich von demselben und hat viel Aehnlichkeit mit dem (iewebe, welches die innere Schicht der Haut von Bauch und Brust der Weibchen in der Brütezeit bekleidet. Es ist citronengelb von Farbe und au seiner Oberfläche klebrig. Dieses akustische Gewebe findet sich beim Kuckuck nur in der Zeit, wenn er singt, auch besitzt nur in dieser Zeit die Haut des Halses die ausserordentliche Erweitcrungs- fäiiigkeit. Bei alten Tliiercn ist die Ausdehnung und die Dicke des akustischen Gewebes eine grössere als bei jungen von 1 — 2 Jahren, auch vermögen sie die Haut XII. Nr. 39. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 4Ö5 des Halses in viel höherem Maasse auszudcliuen; daraus erklärt sich, dass die Stimme der Alten stärker, heiler und voller klingt. Zum Schlüsse erwähnt Palluel vergleichsweise die analogen Verhältnisse hei einigen anderen Viigeln. Bei der Taube, sjjcc. Turteltaube ist die Haut des Halses eben- falls erweiterungsfähig und innen mit einem akustischen Gewebe ausgekleidet, das letztere ist jedoch von röthlich- blauer Farbe und erheblich dünner als beim Kuckuck. Ebenso ist bei dem Wiedehopf die Haut des Halses er- weiterungsfähig, allerdings nur in schwachem Maasse, und innen zeigt sich ein dünnes akustisches Gewebe von wciurother Farbe, das je nach dem Alter des Vogels etwas heller oder dunkler ist. — Wenn man dem Gesauge der genannten Vögel aufmerksam zuhört, wird man bei allen denselben Laut, dieselbe Klangfarbe wiederfinden; diese üebereinstimnnmg erklärt sich leicht aus dem Vorhanden- sein des akustischen Gewebes. S. Seh. lieber das minierische Gleicbgewicht der Arten bei den Insecteu und seine Beziehungen zu den Para- siten stellt P. Marchai eine IJctrachtung an (C. R. Soc. Biol. 5. fevr. 1897). — Im Allgemeinen befindet sich das Zahlenverhältniss einer Art in einem gegebenen Räume im Gleichgewichte zu den Einwirkungen der Aussenwelt, so dass sich die Art, trotz ihres Bestrebens, sich in geo- metrischer Progression zu vermehren, auf einer mittleren Zahl hält. Indessen giebt es Fälle, wo das Gleich- gewicht noch nicht hergestellt ist, wie bei den ein- geführten Arten, die sich eine Zeitlang stark vermehren. Aber mit der Zahl der Individuen wächst der Kampf ums Dasein, und es kommt der Augenblick, wo die höchste, mit den äusseren Bedingungen verträgliche Zahl erreicht ist, wo dann die Vermehrung aufhört. Endlich giebt es Arten, die niemals das Gleichgewicht finden können, oder vielmehr, die im Augenblicke, wo sie es erreicht haben, wieder weit davon entfernt werden. Ihre Zahl schwankt Ijcträchtlich und periodisch innerhalb weit ausgedehnter Grenzen. Ihre Zahleneutwickelung kann dargestellt werden durch eine Kurve mit grossen Oscilla- tioneu, jede charakterisirt durch eine Periode langsamen Aufstieges und eine plötzlichen Abfalles. Sie setzt eine periodisch die Art vernichtende Wirkung voraus, die sie auf ein Minimum verringert, ohne sie austilgen zu können. So kann man es bei Insecten beobachten, besonders bei den Schädhngen unserer Culturen (Gallmücken, Heer- wurm), bei denen die Ursache parasitische Insecten sind. Nehmen wir eine solche Art als Beispiel. Am Grunde der Curve ist sie weit entfernt vom erstrebten Gleichgewichte. Ihre Zunahme ist zuerst rasch, dann wird sie schwächer und schwächer, bis sie endlich zu dem Punkte gelangt, auf dem sie ohne den Parasiten im Gleichgewichte sein würde. Die Curve dieses Letzteren geht neben der Curve der Ersteren her, bis sie sich mit ihr trifft, was keineswegs im Höhepunkt der Entwickclnng dieser zu sein braucht. Im Gegentheile, Letztere ist eben in Folge der Parasiten schon etwas im Rückgange. Nun aber fallen beide plötzlich und sehr rasch, und beide Arten würden ausgetilgt, wenn sich nicht eine Art Anpassung aus- bildete. Die Wirthsart wird nicht ganz vertilgt in Folge der grossen Variabilität in der Entwickelungs-Dauer des Individuums. Denn der Parasit greift seinen Wirth immer nur zu einer oder mehreren bestimmten Punkten von dessen jährlicher und nur zu einem seiner onto- genetischen Entwickelung an. Eine Verzögerung in der Ent- wickelung einer gewissen Anzahl von Larven oder Puppen genügt, um eine Nachhut entstehen zu lassen, die ihre Ent- wickelmig in Ruhe vollziehen kann. Alle die Nach- kommen der Parasiten, die die Wirthsart fast vernichtet haben, sterben, ohne wieder Nachkommen zu hinterlassen. Denn, wenn sie zur Fortpflanzung reif sind, sind keine Wirthsthiere im passenden Stadium mehr vorhanden. Nur einige Parasiten können dem Untergänge entgehen, sei es, dass ihre Entwickelung selbst sich verzögert hat, sei es, dass sie Individuen ihrer Wirthsthiere linden, deren Entwickelung beschleunigt war. — So sind beide Arten wieder an die anfänglichen Verhältnisse zurückgebracht, und der Kreislauf beginnt von Neuem. Reh, Zur IJioIogie der in Süsswasserfischen schma- rotzenden Sangwiirmer liefert L. Hausmann werthvolle Beiträge (Revue Suisse Zool. Bd. 5, 1897). Einen Ein- fluss der Nahrung der Wirthsfische konnte er insofern nachweisen, als er bei Raubfischen nur gesehleehtsreifc Trenmtoden fand, bei Klcinthierfressern vorwiegend eben- solche, weniger Larvenstadien, bei Pflanzenfressern meist nur letztere. Während der Sommermonate, in denen die Fische mehr Nahrung zu sich nehmen, waren sie auch viel mehr mit Parasiten besetzt als während der kälteren Monate, in denen ihr Nahrungsbedürfniss herabgesetzt ist. Umgekehrt kann auch sehr hohe Temperatur, wenn sie vermindernd auf den Apjjctit der Fische wirkt (Forelle), die Anzahl der Parasiten verringern. Aus denselben Gründen wird die Anzahl der Parasiten in der Laichzeit, in der viele Fische nichts oder fast nichts fressen, sehr herabgesetzt, oder verschwindet ganz. Viele Fische nehmen in der Gefangenschaft keine Nahrung zu sich und verlieren dann ebenfalls ihre Schmarotzer, die selbst- ständig auswandern oder mit dem Darminhalt entleert werden. Die Verbreitung der Parasiten hängt ab von der ihrer Zwischenwirthe, die meist die Süsswassermollusken sind, deren Verbreitung eine sehr variabele ist. So kommt es, dass dieselben Fische von verschiedenen Gegenden meist verschiedenen Parasitenbestand zeigen. Manche Trematoden scheinen sich gegenseitig zu verdrängen, so Triaenojihorus den Echinorhynchus und dieser die Disto- mumarten. Die meisten Arten treten in gesetzmässiger Zahl in ihren Wirtheu auf, d. h. manche vereinzelt (D. tereticolle, D. isoporum, D. farionis, D. globiporum), andere in grossen Massen (D. perlatum, D. nodulosum). Trematoden kommen nicht sehr häutig vor; H. fand unter 1029 Fischen nur 117, d. h. 11,4 %, damit behaftet. Jede Art hat ihren besonderen Körpertlieil, die meisten leben im Dünndarme. Der Sauerstoffbedarf der Trema- toden ist ein äusserst geringer, so dass sie sogar in Sauerstoff-ärmerem Wasser länger leben, als in Sauerstoff- reicherem. Reh. In dem Chem. Ind. 20, 2G6— 271, Leipzig, hat P. Fritzsche „Ueber künstlichen Alkohol" berichtet. — Bereits im Jahre 1825 haben Faraday und Hennel aus Aethan (CotlJ, Schwefelsäure und Wasser Alkohol gewonnen. Verfasser hat gefunden, dass die Gase der Cokcreien vermöge ihres Aethangehaltes zur Alkohol- gewinnung ganz vornelnnlich geeignet sind; durch Ueber- führen des in den entweichenden Gasen enthaltenen Aethans in Alkohol constatirte Verfasser einen Gehalt an Aethan, der 1 — 1,8 Volumcnproceut betrug. Da in Deutschland jährlich ca. 1'/^ Millionen Tonnen Kohlen vercokt werden, würde man aus dem hierbei ent- stehenden Aethan ungefähr 95 000 hl Alkohol gewinnen können. Verfasser studirte nun eingehend die Absi)rptiüns- geschwindigkeit von Schwefelsäure für Aethan; die ge- wonnenen Resultate berechtigen zu dem Schluss, dass das Absorptionsverfahren für die Technik wohl geeignet ist. Die A|i|)arafe zur Gewinnung des Aethans aus den 466 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. XII. Nr. 39. Cokercig-.asen würden bedeutend kleinere Dimensionen haben, als diejenigen, die zur Entfenuiug- des Benzols dienen. Die Gewinnung- des Alkohols aus der gebildeten Aethylscliwefelsäure gestaltet sich ([uantitativ, wenn das Destiliationsgemisch von Aethylschwefelsäure, Schwefel- säure und \yasser 50 Procent von letzterem enthält. Verfasser berechnet dass zur Herstellung von 1 hl Alko- liol (= 79,8 kg) 48,5 kg Aethylschweltelsäure, 350 kg eoncentrirte Schwefelsäure und 500 kg Wasser erforder- lich sind. Die Entfernung des Aethylens {C.,E.,) bietet nach der Beseitigung des Benzols aus den Cokercigascn keinerlei technische Schwierigkeiten, sie basirt auf der Erfahrung, dass Aethau in kalter concentrirter Schwefel- säure sehr wenig und langsam löslich ist ; von den 450 kg conc. Schwefelsäure, die zur Bereitung von 1 hl Alkohol unter Berücksichtigung des ßeinigungs- und Troeken- processes zur Anwendung gelangen, kehren 400 kg in den Process zurück. Bei den ungemein niedrigen Alkoholjjreisen indessen dürfte sich eine derartige Anlage zur Gewinnung von Spiritus kaum rentiren; lukrativer dürfte das Veifalireu zur llerstelluug von Alkoholpräparaten, wie ätliylschwc- felsaurem Kali, Essigäther etc. sein. Dr. A. Speier. Aus dem wissenschaftlichen Leben. Ernannt wurden: Der Privat-lJocont für g-erichtliclio Mediein in Jena Dr. F. Giuuprecht zum ausserordentliclu-n Professor; der Assistent an der IJniversitäts-Bibliotliek zu Bonn Dr. Wenz el zum Assistenten an der Universitäts-Bibliothek in Berlin; der Assistent an der Universitiits-Bibliothok in Marburjr Jürgens zum Assistenten ander Universitäts-Bibliothek Bonn; der l^rivat- Docent der Chemie in Froiburg i. Br. Dr. Fromm zum ausser- ordentlielion Professor; der Privat-Doccnt der Mathematik an der deutsch-technischen Hochschule in l^rag Dr. Weiss zum ausser- ordentlichen Professor; Adjunkt Dr. Wolfbauer an der land- wirthschafllich-technischen Versuchsstation in Wien zum Pro- fessor; der Privat-Doceut der Chemie in Wien Dr. Herzig zum ausserordentlichen Professor. Berufen wurden: Dr. phil. et med. Robert Lehmann- Nitsche in Gocanowo bei Kruschwitz als Chef der Scction für Anthropologie ans Museo de la Plata an Stelle von Dr. teu Kate; Dr. Tilmann von der chirurgischen Klinik der Charitc als ausserordentlicher Professor der Chirurgie nach Greifswald; der Privat-Docent der Bacteriologie in Königsberg Dr. Eugen Czaplewski als Leiter ans bakteriologische Labo- ratorium in Köln; der Privat-Docent für ph_ysikalisclie Chemie in Berlin Dr. Traube an die technische Hochschule in Char- lottenburg. In den Ruhestand tritt: Der Director der landwirthschaft- lichen Schule in Kleve Dr. Fürstenberg. Es starben: Der Professor der gerichtlichen Medizin in Wien Dr. von Uofmann; der oi'iUntliche Professor der Zoologie an der technischen Hochschule in Graz Dr. August Mojsisovics Kdler von M ojs var. L i 1 1 e r a t u r. Wilhelm Haacke, Grundrjss der Entwickelungsmechanik. Mit h\'A Tu.\tliguren. Leijizig, Vi-rlag von Arthur Georgi (vormals Eduard Besohl). 18i)7. — Preis 12 Mk. Einen ..Grundriss der EntwickeUuigsmechauik" neimt der Autor sein Buch; ein „Lehrbuch" soll es nach der Vorrede sein. In Wirklichkeit ist es keines von Beiden. Der passendste Titel wäre vielleicht: „Natur|)hilosophisehe Betrachtungen über all- gemeine Biologie.*- Der positive, sich auch nicht nur auf Ent- wickelungsmechanik be£chr:inkende Inhalt Hesse sich wohl auf 50 Seiten unti'ibriugen. Alles .andere sind des Verfassers ]jer- söuliche Ansichten, wie es ja speciell bei der Entwickelungs- inechanik kaum anders möglich ist, wo nicht 2 Autoren zu finden sind, die den gleichen Stand]ninkt einnehmen. Diese aus- gesprochene Subjectivität des Buches gereicht ihm indess nicht zum Fehler. Sie macht es, wie es bei einem so geist- und kennt- nissreichcn Autor nicht anders zu erwarten ist, hoch iiitcr(^ssaut, manchmal auch pikant, wie ja so viele andero Arbeiten über Ent- wickelungsmechanik OS auch sind. Es dürfte wohl kaum ein Ge- biet aus der allgemeinen Biologie geben, das der Verfasser nicht wenigstens berührt. Den meisten bemüht er sich auf den Grund zu gehen. Da aber dazu unsere Kenntnisse leider nur allzuoft nicht ausreichen, muss an ihre Stelle die Hypothese, schliesslich die i)hilosophischc Spekulation treten. — Der Grundgedanke des ganzen Werkes ist: Alles Sein und Geschehen ist räumlich-zeit- licher Natur. Deshalb ist es unserer Erkenntniss zulässig, und wir werden noch die Erzeugung eines Grashalmes, sowie aller anderen Organismenformen verstehen lernen. Aus dem ungemein reichen Inhalt seien nur einige Punkte herausgegriffen. Die ersten Kapitel handeln von den Grenzen des Natur-Erkenncns, von dem Werth der Hj-pothese, dem Vita- lismus und ähnlichen ganz allgemeinen Fragen. Mit Energie und Geschick verficht H. die Beseeltheit der ganzen Natur, wobei zwischen organischer und unorganischer nur quantitative, nicht riualitative Unterschiede bestehen. — Es werden dann die ver- schiedenen Disciplinen der Naturwissenschaften besprochen, ab- g^egrenzt und ihnen zum Theil neue Wege gewiesen. Dass die Entwickelungsmechanik als Höhepunkt der Biologie hingestellt wird, ist bei der bekannten Ueljerhebung ihrer Vertreter nur natürlich. Dass die Systematik so hart verurtheilt wird, berührt eigenthümlich in einem Buche, das die Erklärung der Form als Hauptzweck hat. Einen richtigen Kern enthält die Forderung, man solle jede Untersuchung mit dem Menschen beginnen, da wir ja doch nicht anders können, als alles anthroprocentrisch betrachten; so dürfe die Zollenphysiologie auch nicht mit dem Studium der so verwickelte Lebenserscheinungen zeigenden Protozoen, sondern müsse mit den einseitig spocialisirten Gewcbezellen der höheren Thiere beginnen. Die Ilomologisiruug beider Zelloiuirten wird dabei als unlogisch hingestellt und dadurch die Zellentheorie und mit ihr die Cellular - Pathologie verworfen. — Im eigentlichen entw. -mechanischen Theile wird die Wirkung der verschiedensten Reize auf die Organismen an sehr vielen zoologischen und bo- tanischen Beispielen erläutert und werden immer treffende oder wenigstens interessante Parallelen mit dem Mensclien einer- und mit der anorganischen Natur, besonders mit Kristallen, anderer- seits gezogen. Die Auswahl der Beispiele dürfte aber nicht immer den Beifall der Leser finden, so z. B. wenn es ein taktischer Reiz genannt wird, dass kleine Vögel vor dem Habicht fliehen. Alles geht darauf hinaus, Ausbildung und Werth der Form zu erklären, wobei IL sich zur Roux'schen Correlations-Mosaik-Theorie bo- keinit. Die ganze Vererbungstheorie findet eingehendste Be- sprochung: Variation, Anpassung, Vererbung, Polymorphismus, Be b h' Schilll>»uerdamm2i Berlin NW. \e^^ ^wt eau ■ße- 0 ^^^^;;.S'5i^ \\y \ia' .\)ev- ^•^z PATENTBUREAU Ölrich R. jVlaerz Jnh. C. Schmidtlein,Jngenieur Berlin NW., Luisenstr.22. — Ceoründet" 1878. Patent- Marken -u. Musterschutz Frunz Rartels, PatenMitecliuisclies Bureau, i;erliiiSAV.,York8lr.l!)' Billif;, sorgfältig, sclmell. Ki;'elle Bedienung. In Ferd. Uiimmlers Verlagsbiicli- bandlung in Berlin SW. 12 erschien: Einführung in die Blfitenbiologie auf historischer Grundlage. Von E. LoeW| Professor am königl. Realgymn. in Berlin. 444 Seiten gr. 8. Preis 6 M.. geb. 7 M. Hempel's Klassiker-Ausgaben. Austuhrl. Specialverzeichnisse gratis. Ferd. Oümmlers Verlagsbuchhandl. n, VULaMAWil, AUe JacotstrasU li. e billig, streng reell, sorgfältig, seluiel Dünnschliff- Sammlungen für praktische mikroskopische Uebungen. 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Licliterfelde (P.-B.) bei Berlin, Potsdamerstrasse 35, für den Insoratentheil: Hugo Bernstoiii in Berlin. — Verlag: Ferd. Dümmlers Verlagsbuchhandlung, Berlin SW. 12. — Druck: G. Bcrustoin, Berlin SW. 12. ^^':^- ^^.>s^^" Redaktion: ~f Dr. H. Potonie. Verlag: Ferd. Dümmlers Verlagsbuchhandlung, Berlin SW. 12, Zimmerstr. 94, XII. Band. Sonntag, den 3. Oktober 1897. Nr. 40. Abonnement: Man abonnirt bei allen Buchhandlungen und Post- mstalten, wie bei der Expedition. Der VierteljahrspreU lat M i.— Brineegeld bei der Post 15 -Jl eitra. Postzeitungsliste Nr. 4954. ¥ JL Inserate : Die vierKespaltene Petitzeile lO A. Grössere Aufträge ent- aprecbenden Rabatt. Beilagen nach Uebereinkunft. Inseratenannahme bei allen Aunoncenbureaux wie bei der Expedition. Abftrnck ist nnr mit Tollstäudiser f^nelienangabe gestattet. Eine Theorie des Polarlichtes. Die ersten cnistliafteii und zwar optischen Hypo- thesen ülicr das Polarlieiit stammen bereits aus dem 12. Jalirhundcrt und sind iin nor\vej;ischen „Königsspiegel" niedergelegt. Derartige Ansehauungen, die z. 15. das Nordlicht als Wiederschein der Sonne unter dem Horizont, oder als nordisciics Eislicht, welches Nachts ausstrahle, nachdem es am Tage von der Unendlichkeit der Eis- massen eingesogen, oder endlich als mannigfaltige Licht- reflexion von Eiskrystallen und hoch empor gewirbelten Eisnadeln definireu — beherrschten die Naturforscher und Philosophen bis auf Hailey, der in den Philosophical Transactions for 1714 — ITlIi, Nr. 341 die magnetische Theorie aufstellte, nach welcher das, an den Erdpolen anströmende, magnetische Eluidum während seiner Be- wegung in den Höhen der polarischen Zonen leuchte. Allerdings war die hiermit verbundene Hypothese llalley's von einer hohlen Erde mit deren frei beweglichen Kern etc. durchaus phantastisch und entbehrte jeglicher Begründung. Dalton suchte 1793 (Meteorolog. Essays and Obser- vations) die magnetische Theorie Hallcy's zu erweitern, indem er vor allem das Phänomen des Polarscheines dem elektrischen, in verdünnter Luft erzeugten Lichte an die Seite stellte und die Streifen liezw. Strahlen eisenhaltiger Natur sein liess; nachdem hierzu bereits im Jahre 1741 Celsius und Hiorter in üpsala durch zahlreiche Beobach- tungen über Störungen der Declinationsnadel durch Nord- lichter den sicheren Nachweis von einem Zusammenhange des Phänomens mit dem Erdmagnetismus gegeben hatten. Ausserdem war von Canton in den Philosoph. Transact. von 1753 und 175Ü auf die Analogie zwischen den Polar- lichtern und den im luftverdünuteu Räume entwickelten, elektrischen Erscheinungen hingewiesen worden, so dass ihm für diesen Theil der Theone die Priorität unstreitig zuerkannt werden niuss. Zu diesen theoretischen Haupt-Ergebnissen ist bis auf unsere Zeit nicht viel hinzugekommen, so dass Fritz in seinem ausführlichen Werke „Das Polarlicht", (Broc'khaus ISSl ), welches wir noch des Oeftercn benutzen werden, zu folgendem, wenig erfreulichen Schlüsse ge- \' o n G u s t a V W i- ii d t. langt: „Bei dem Studium der verschiedenen, sich häufig wieder auf Hypothesen stützenden Theorien, von welchen keine auch nur annähernd genügt, um alle Ein- zelheiten der so äusserst verschiedenartig auftretenden Polarlichter hinreichend oder überzeugend zu erklären, ergeht es einem wie dem Schüler im „Faust": ,Man sieht weder wo noch wie und erkennt das Grau der Theorie." Auch die neuesten Arbeiten auf diesem Gebiete (cf. z. B. Naturforscherversamnilung zu Lübeck 1895) fügen wenig Positives und Umfassendes den theoretischen Er- kenntnissen vom Wesen des Polarlichtes hinzu, so dass eine auch nur einigermaassen vollständige Theorie noch immer fehlt. Eine solche aufzustellen und plau- sibel zu machen, soll im Nachfolgenden versucht werden: Dass die magnetischen Pole unseres Erdballes in Beziehung zum Polarlichte stehen sowie ferner, dass während des Phänomens ein elektrisches Strömen, wenn auch nicht überall und im ganzen Verlauf der Erscheinung statttiudet, kann durch eine Fülle von Beobachtungen als erwiesen angeuommcu werden. Denn wenn auch zu- weilen von guten Magnetnadeln keinerlei Störung zu be- obachten ist, während ein Nord- bczw. Süd-Licht am Himmel steht, dUrl'te diese Thatsache seine einfache Er- klärung darin finden, dass in einem solchen Falle das elektrische Strömen zu beiden Seiten der betreffenden Magnetnadel in ungefähr gleichem Maasse wirkt. Dem- gemäss üben vor allem ruhig stehende Polarlichter an gewissen Stellen keinen nenuenswerthen Einfluss auf die Magnetnadel aus, während das Phänomen, je stärker in Bewegung, je kräftigere magnetische Perturhationen er- zeugt! Mit dieser Erklärung dürften wohl sämratliche einschlägige Beobachtungen, die auf Exactheit Anspruch machen können, im Einklang stehen. Aus dem reichen Citaten-Schatze, welchen Fritz in seinem, bereits genannten Werke niedergelegt hat, sollen hierzu nur einige, wenige Stellen Erwähnung finden; z. B. die Siljcström'schen Ge- setze, S. 1G4: „In dem Maasse, in welchem sich die De- elination nach Westen vermindert, vermehrt sich die In- 4?0 Natui\vi.s.seuseh;d't liehe Woclieuschrift. Xll. Nr. 40. cliuatiofl. Da das Nordliclit iu der ersten inaynctisclieu Periode nur den nördlichsten Theil des Himmels einnahm, in der zweiten sich mehr nach Süden iiher den Himmel ausbreitete, so scheine die Art der Störung von dem üebergange des Lichts von Norden nach Süden abhängig- zu sein. (L'lnstitut, 1848.) Für Uj)sala hatte schon 1741 Hiorter gefunden, dass nur die südlich des Zeniths sichtbaren Nordlichter bedeutend stören." Ferner giebt Fritz S. 1(58 das Weyprecht'sche Re- sunic, welches ebensowic die Siljeström'sclien Gesetze erst durch die vorstehende Erklärung plausibel werden : „1. die Störungen der Nadel sind um so stärker, je mehr die Erscheinung den Eindruck der Nähe macht, 2. schwache, nicht strahlende oder fast unbewegliche Erscheinungen gehen nahezu ohne bemerkbare Störungen vorüber . . ." Fritz führt auch S. 170 die denkwürdigen Ergcbni.sse vielfacher Beobachtungen vom Athabascasee (+59°) und in Toronto (-j- 42") an, durch die constatirt wurde, dass die magnetischen Störungen in Toronto dem Nordlicht um 2 bis 3 Stunden vorausgingen, am Athabascasee etwa ebensoviel nachfolgten! Es erhellt hieraus deutlich, dass die Stelle der Beobachtung von wesent- lichem Eintluss auf die Bemerkbarkeit der magnetischen Strömungen ist, was mit der vorher gegebenen Erklärung im Einklänge steht. Wenn man nun bedenkt, dass To- ronto vom magnetischen Nordpol etwa ebensoweit östlich liegt, als die Beobachtungsstelle vom Athabasca-Sec westlich, stellt sich das Phänomen oft'enbar so, dass die magnetische Strömung überToronto nach dem magnetischen Nordpolc zog, in der Nälie desselben das Nordlicht er- zeugte, um darnach wieder langsam abzuflicssen. Denn soviel ist doch durch exacte Beobachtungen alter wie neuer Zeit klar gestellt, dass wir es hier nicht mit einem einfachen horizontalen Fliesscn zu thun haben, sondern zweifellos mit unruhigen, auf- und aijsteigenden Strömungen nebst seitlicher Bewegung.*) Anders läs.st sich z. B. folgende Tabelle und ebenso alles sonstige Material nicht verstehen: Toronto, 1869, April 15. Sehr bedeutendes Nordlicht; 9'' Segment in S., 25" hoch; 14'' ttl)er den ganzen Himmel; 15'' Beginn des Erlöschens, verschwindet mit Tageslicht. A b w c i c h u n g v o m M i 1 1 c 1. Tutalknift iu Zeit Dfkliiiation Einlieilcii = o.,„ IncÜuatioii der TotaUd-aft April 15 21' Oii> 14' 0 + 7 — 3 3 0 93' 0 — 5 — 64 4 0 n'W + 9 — 31 5 0 3' 0 + 10 — 18 ,0 30 BIW -4-11 -3G 0 0 fi'O + G -25 7 0 14' W — 11 — 11 7 \b 85' W - 7 -hl5 7 30 68' W — 14 + IG 7 45 9' W — 11 -+- 1 8 15 19' U -15 -hlO 8 45 37' 0 - 12 -f-21 'J 15 9' W - 1 -1-10 •.) 45 17' W 0 — 3 10 0 fi'O — 1 -+- 1 10 15 19' W + 1 -+-24 10 45 20' ( ) - I(i -t-14 12 0 O'O — 8 + 2-> *) Alis neiiostcr Zeil lic^^t ■/.. 13. oiiio üeobuclitiiiiK von Ail;iiii I'iuiIsPii (Obsci-vat K. DaiisU. Vid. Sel.sk. Fork 18;)4, S. 118) vcir, tli(! orgub, da.ss bei oiiicr voi-baiif^artigen Form des Nordliclitrs, dio sich in der Kichtung dos magnotischoii Meridians von Süden nacli Norden bewegte, an der Ueobaiditungsstelle elcktristlie Rtröino von unten niicli olien ijossen. stets grosse magnetischen BeweguU; Störungen letzten ^en in der verbunden. Heise nach Falle sah es aber lani;sam nähernde. Zweifellos sind Atmosphäre mit Z. B. sagt Baron Nolde in semer lunerarabicn, Globus 1895, S. 224: „Es brach ein ganz ausserordentlicher Sandsturm, oder vielleicht richtiger ge- sagt, eine Sandtrombc über meine Karawane herein. Ich lasse es dahingestellt, ob dieses Meteor der Sorte der Rhamsiu's oder eines der sonstigen so übel be- rüchtigten Wüstenstürme gehörte, von denen erzählt wird, sie zögen wie ein Feuer heran. Im gegebeneu aus wie eine, sich übrigens nur schwarze Mauer. Wir gewahrten sie schon eine geraume Zeit, (vielleicht V/., Stunde) ehe sie uns erreichte, und versuchten es daher, ihr zu ent- kommen oder aus dem Wege zu gehen. Endlich wurden wir aber doch von der schwarzen Masse erreicht Die Dunkelheit war so gross, dass man selbst auf wenige Schritte Entfernung nichts unterscheiden konnte, und das Getöse des Windes war so stark, dass man sich nicht zu verständigen vermochte. Die Magnetnadel tanzte dabei, wie das sonst nur bei Erdbeben statt- findet, nach allen Richtungen, sodass jeder Begriff verloren ging. Bei längerer Dauer hätte Thierc oder Menschen in Folge Erschöpfung verlieren können, indessen alles in etwa zwei einer Richtung icli wolil emige von Erstickuni memer oder Glücklicherweise war Stunden vorüber." Für einen Zusammenhang grosser, atmosphärischer Bewegungen nut magnetischen Störungen sprechen sehr viele Thatsachen. Fritz führt 1. c. S. 166 die lang- jährigen Brewstcr'schen Beobachtungen an, die sicherlich zu den zuverlässigsten gehören, die wir über das Nord- licht haben. Brewster kam zu dem Schlüsse, „dass zwar viele Nordlichter mit Schwankungen der Magnetnadel zu.sanimenfallcn, dass aber auch vielen Schwankungen der Nadel keine Nordlichter, wohl aber Winde aus Süden cutsprechen. Er ist geneigt, beide Phänomene als die Wirkungen einer und derselben Ursache anzu- sehen; jedoch nicht so, dass der herrschenden Ansicht nach die Abweichungen der Magnetnadel eine Folge des Nordlichts seien." Endlich erwähnt Fritz noch, S. 176, dass W. II. Kelley 1875 den Einfluss der SUd- niid Nordwinde auf die Abweichung der Magnetnadel be- stätigt und dass nach Seuki's umfassenden Beobachtungen Wind und Witterung, „namentlich Südwinde einen Ijcstimmten Einfluss auf die Magnetnadel üben und nach anderweitigen Beobachtungen über die magnetischen Stiirungen während heftiger Erdheben kaum ein Zweifel mehr zulässig ist . . ." Starke magnetische Störungen bei starken Polar- lichtern mit starker Bewegung deuten unzweifelhaft auf starke Bewegungen irgend einer Materie hin. Welche Materie al)er könnte denn in der Hauptsache hierbei über- haupt in Frage kommen? Zunächst möge es wiederum verstattet sein, zwei Sätze von Fritz anzuführen, der 1. c. S. 321 bemerkt: „Die Unabhängigkeit des Polarlichtes von der Bewegung der Erde, wodurch dasselbe bald nach Westen, bald nach Osten wandert, oder Drehungen der Bogen und ähnliche Veränderungen vorkommen, ist nur eine scheinbare, da die Erscheinung im ganzen an die Rotation der Erde gebunden ist . . . Einzelne länger andauernde Gebilde drehen sich mit der Erde gleicher Wiidiclgcsehwindigkeit am Firmament Norbei." Und ferner urtheilt Fritz S. 7 : „Die Höhe, in welcher das Polarlicht sich entwickelt, scheint im Allgemeinen sehr bedeutend zusein; ausnahms- weise und namentlich gegen die Pol cntwickelnng jedoch an liegende Regionen herab. hin steigt die Licht- der Erdoberdäche sehr nahe XII. Nr. 40. Natuiwisscnscbaftlichc Wocbcnschrift. 471 Aus diesen Citatcn, die seiir vielen, eindeutigen Bc- übaciitinigcn entsprechen, erhellt unzweifelhaft, dass das Polarlicht unsciin Erdhalle angeliört und nicht etwa ein ausserirdisches Phänomen vorstellt. Da auch unsere obersten, überaus verdünnten Luft- schichten bis zu einem gewissen Grade an der Erdrotation Thcil nehmen müssen, lässt sich die Möglichkeit eines continuirlicheu, elektrischen Strömens in denselben, ent- sprechend einem Htrömen in der hohen Verdünnung der Crookes'schen Röliren sehr wohl verstehen. Die gegen- theilige Ansicht von A. Paulsen, der im übrigen wohl mit die meisten, persünliclicn Erfahrungen über Nordlichter 7A\r Zeit besitzt, dürfte zweifellos hinfällig sein. Wenn Paulsen auf der Lübecker Naturforschervcrsamndung 1895 unter anderem an das Polarlicht die Fragen stellte: „Warum verbreiten sicii diese Ströme nicht, warum sind sie gezwungen, sich in so zu sagen fadendicken, gerad- linigen Stromwegen zu bewegen?" seheinen ihm wohl die Hauptresultatc von Ilittorf's Versuchen der Einwirkung des Magneten auf sein Giinunlicht nicht gegenwärtig ge- wesen zu sein! Dieselben sind offenbar mutatis mutandis auf das Polarlicht anzuwenden und ergaben in der Haupt- sache folgendes: „Ein Strahl Glimmlicht veri)ält sich dem Magneten gegenüber wie ein dünner, geradliniger, ge- wichtsloser, steifer Stronifaden, der bloss an dem Ende, welches der negativen Elektrode anliegt, fest bleibt. Mit seinem anderen Ende und der ganzen, biegsamen Länge folgt er den Kräften, welche zwischen seinen Theilciien und dem Magneten bestehen, ohne Rücksicht darauf, welche Lage er in Bezug auf die positive Elek- trode gewinnt, ob er sich dabei von ihr entfernt oder sich ihr nähert. Das positive Licht dagegen unterhält die Verbindung zwischen dem Glimmliclit und der positiven Elektrode; es erscheint daher als ein, auf der ganzen Länge biegsamer Leiter, dessen Enden beide fest sind und kann nur so weit den magnetischen Kräften folgen, als es diese Bedingung gestattet ... So lauge die Ver- dünnung nicht sehr gross ist, erfüllt das positive Licht fast die ganze Länge zwischen den Elektroden. Erst bei sehr grosser Verdünnung erfüllt das negative Glimmlieht allein die Röhre." Wenn A. Paulsen in dem eben erwähnten Vortrage 1895 vorschlug, die Polarlichter nach zwei Hauptgruppen zu unterscheiden: 1) Strahlen etc. in der Richtung der magnetischen Kraftlinien; 2) keine Strahlen, sondern gleichförmige Helle, — dürfte dies wohl sehr acceptabel sein. Wenn er dagegen alter sagte: „Wie Hesse sich die Existenz eines solchen Stromes in den obersten Theilen erklären, wo die Luft so verdünnt ist, dass sie als Nicht- leiter der Elcktricität betrachtet werden muss . . . Man niuss sich erinnern, dass in diesen grossen Höhen die Luft als absolut staubfrei betrachtet werden muss" so dürfte er jedenfalls bei diesen Behauptungen auf kein menschliches Erinnern und keinen menschlichen Versuch sich stützen, sondern nur auf Kenntnisse anderer Natur, da aus leicht erklärlichen Gründen keine menschliche Seele diese hohen Regionen bisher untersucht hat. Im Gegensatz zu Paulsen scheint nach gewöhnlichem menschlichen Ermessen die Möglichkeit, das.s auch in den obersten Polarlicht -Regionen genügende Materie zur Leitung der P^lektricität vorhanden und die fernere Mög- lichkeit der Existenz von verdichtetem Wasserdampf, von kosmischem wie irdischem Staube und endlich von Luft bezw. von verdichteter Luft an Kristallen etc. in aube- tracht der dort herrschenden kolossalen Verdichtungs- kälte nicht von der Hand zu weisen sein! Seit den ältesten Zeiten bis auf heute sind die besten Beobachter darin einig, dass gerade die grössten Nordlichter in engster Verbindung mit Wolken auf- zutreten pliegen. Humboldt sagt z. B. (Kosmos I 1845, S. 201): „Alle bemerkten, dass das Nordlicht die leb- haftesten Strahlen dann schoss, wenn in der hohen Luft- region Massen des Cirro-Stratus schwebten und wenn diese so dünn waren, dass ihre Gegenwart nur durch die Entstehung eines Hofes um den Mond erkannt werden konnte. Die Wolken ordneten sich bisweilen schon bei Tage auf eine ähnliche Art als die Strahlen des Nord- lichts und beunruhigten dann wie diese die Magnetnadel. Nach einem grossen Nordlichte erkannte man früh am Morgen dieselben, aneinandergereihten Wolkeustreifen, welche vorher leuchtend gewesen waren." Ferner sagt Humboldt 1. c. S. 200: „Die magnetischen Feuersäulen steigen bald aus dem Lichtbogen allein hervor, selbst mit schwarzen, einem dicken Rauche ähnlichen Strahlen gemengt; bald erheben sie sich gleichzeitig." Solche Beobachtungen dürften jedenfalls für die Existenz beträchtlicher Biengen von Materie in den Polarlicbthöhen sprechen! Auch lassen wohl die Staubbeobachtungen die z. B. Nansen, Nordenskjöld etc. im Innern Grönlands und jenseits von Sibirien auf ewigen Eisfeldern machten, den Schluss zu , dass sehr hohe, ausgedehnte, staub- führende Luftströmungen existiren, die nicht nur Aus- brüchen wie etwa dem des Kratakaua ihre Stoffe ver- danken. Man wird sich der Ansicht wohl nicht ver- schlicsscu dürfen, dass schon von den riesenhaften Wirbeln der Staul)trombcn, wie der von Baron Nolde beschriebenen, feinvertheilte Massen in enorme Höhen hinaufgewirbclt und von dort weitergeführt werden können. Und dass wir auch kosmischen Staub ebenso wie Meteorsteine auf die Erde herabbekommen, darf wohl nicht bezweifelt werden. Humboldt z. B. führt für den Met cor staub eine Arbeit von Arago im Annuaire pour 1832, S. 254 an. Fritz sagt 1. e. S. 314: ,In der gleichen Weise wie die grösseren, sich in der Atmosphäre durch Feuerstreifeu bemerkbar machenden Stücke den Weltraum durchstreifen und um die einzelnen Weltkörper kreisen, so durcheilen aller Wahrscheinlichkeit nach auch staubförmige Massen ähnlicher, stofflicher Natur wie die Meteoriten, also auch eisenhaltige, die weiten Räume zwischen den Planeten, Sonnen- und Sternensystemen . . . ." Dass jedenfalls irgend welche feste bezw. coudeu- sirte Stoffe in sehr hohen Regionen unserer Atmosphäre vorkommen, dafür dürften auch z. B. die sogenannten irisirendcn Wolken sprechen, welche Mohn (Meteorol. Zeitschr. 1893, Bd. X, S. 81) in der Hohe bis zu 138 km berechnet hat. Und dass sie Nachts nicht, sondern nur am Tage gesehen wurden, bezeichnet sie als eine zu unserer Atmosphäre gehörige terrestrische Erscheinung, welche dem Sonnenlichte ihre Sichtbarkeit verdankt. Mohn sagt: Die grosse Höhe der irisirendcn Wolken, die Vcrtheilung des Luftdruckes, wenn sie gesehen werden, die vorherrschende Häufigkeit iui Winter, der Jahreszeit mit dem grössten Luftgefälle in unseren Breiten in den höheren Luftlagen, sind Umstände, die miteinander in einem innigen Zusammenhang zu stehen scheinen. Wenn es uns gelingt, die Bewegung, die räumlichen Verhältnisse, die optische Natur der Farben und des Lichtes dieser Wolken besser kennen zu lernen, werden wir hofl'entlich auch dahin konmicn, die Natur des Stoffes, woraus sie bestehen, die Form ihrer Theilcheu und die Weise, wie sie iu der Atmosphäre sich bilden, zu erkennen." Auch die sogenannten „leuchtenden Wolken", auf welche neuerdings besonders von Jesse und Foerster die Aufmerksandvcit gelenkt worden ist, sprechen füi localc Ansamndungen ^on Stoffen, in sehr hohen Regionen (82 km). Jedenfalls sind selbst Cirri schon in der Höhe vou ca. 15 km zu ßluc Hill und von ca. 13,5 km zu Upsala 472 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. XII. Nr. 40. und KfW i;-cnau bcfibaclitet worden, cf. van l!ebl>cr, Höhe und Zugg:esciiwindif;keit der WolUcuformen, Globus Bd. 63, 1893, S. 294. Andererseits aber liegen keine einwands- frcicn Beobachtungen über die Höhe der Entwickelung der Polarlicliter vor, so dass auch heute noch Fritz im Rechte ist, wenn er sagt, 1. c. Ö. 95: „Vorläufig bleiben die längst von tüchtigen Beobachtern und Gelehrten an- gen(jnnneuen Sätze bestehen: Die Höhen über der Erd- oberfläche, in welchen sich die Polarlichter entwickeln, sind sehr verschieden, höchst wahrscheinlich aber lange nicht so bedeutend, als manche auf Messungen beruhende Berechnungen ergaben, und die Höhen dieser Regionen nehmen, mindestens für die unteren Grenzen, mit den Breiten ab, das einzige Bestimmbare, liinsielitlich der Höhe, in welcher sich das Polarlicht entfaltet." Dass nun aber die Cirri oder die irisireuden Wolken etc. oder überhaupt irgend welche Gebilde, die einmal mit dem eigentlichen Luftmeere in Berührung gestanden haben, frei von condensirten Stoffen wären, ist ganz un- möglich, da feine Condcnsations-Häutchen, mögen sie aus Wasser oder aus condensirten Gasen irgend welcher Art bestehen, sehr stark festgehalten werden, zumal unter dem Banne der mächtigen Kältegrade hoher Regionen, die einen grossen Factor mehr für die Condensation ab- geben. Fritz sagt I. c. S. 330: „Die beständige Con- densation von Wasserdampf in hohen Breiten zeigt sich theils in den massenweise auftretenden Nebeln, wie in dem, in den klarsten Nächten fast beständig fallenden, feinen Schneestaube. Niederschläge von überkuhltem Wasser sind ebenfalls daselbst häutig, wie die Beob- achtungen Nordenskjöld's auf Spitzbergen, an der sibiri- schen Küste und anderer Beobachter in verschiedenen Polargebieten zeigen." Zur Bekräftigung der soeben entwickelten Ansicht soll noch daran erinnert werden, dass nach Bunsen die Spannung in feinen Wasserhäutchen an Glas hunderte von Atmosphären beträgt und dass nach Joulin Ammoniakgas von Holzkohle mit einer Spannung von 246 Atmosphären absorbirt wird. In gleicher Weise muss sieh auf dem höchst porösen, sogenannten Platinmohr atmos|)härisehe Luft verdichten, wodurch der atmosphärische Sauerstoff in einen, besonders reactionsfähigen, allotropen Zu- stand übergeführt wird. Liebig sagt in seinen chemischen Briefen, 185] S. 163: „In diesem Zustande (als Mohr) absorbirt das Platin mehr wie 800 mal von dem Volumen seiner Poren an Sauerstoffgas und dieser Sauerstoff nmss sich darin in einem Zustande der Ver- dichtung befinden, in welcher er dichter als flüssiges Wasser ist." Ausserdem möge daran erinnert werden, dass bis dato ein, vielleicht nicht imwichtiger Umstand bei der Aufstellung der Polarlicbt-Tlicorien völlig ausser Acht gelassen wurde, dass der Sauerstoff nändich ein magnetisches, bezw. dem terniinus technicus gemäss ein paramagnetisches Element ist und im flüssigen bezw. festen Zustande sogar stark magnetische Eigenschaften be- sitzt. (Dewar etc.)*) Demgcniäss wird in der Nähe der *) Huinboklt erwiilint (Kosmos IV 1858. S. 7G) Faradavs Rlänzciulo Kntdeck\iiigeii über die merkwürdige Eif;cngcli aft des Siiuorstoft'-Gases, als des einzigen jiaramagnetischen unter allen Gasarten einen solelien Einfluss auf die Elemente des Erd- Magnetismus aiisziiülxin: „Dass es, wciehem Eisen gleich, nur ansserordentlicli schwächer, durch die vertheilende Wirkung des Erdkürpers, eines permanent gegenwärtigen Magnets, Polarität annimmt." (Philosoph. Transact. for fS.Jl, P. J. S 2297—21)07.) In einer Anmerkung hierzu bemerkt Humboldt I.e.. S. 171: „Zur llervorbringung dieser Polarität werden durch die actio in distans des Erdkörjiers die magnetischen Flüssigkeifen In jedem Sauerstott'-'Pheilchen in bestimmter Richtung und mit bestimmter Kraft um eine gewisse Grösse getrennt. Jedes Sauerstotl'theilchen repräseutirt dadurch einen kleinen Magneten, und alle diese magnetischen Pole die magnetische Anziehung das Herab- konuuen von ])aramagnetischer Materie, insbesondere von Sauerstoft" bezw. condensirtem Sauerstoff, resp. von sauerstofi'reiehen Verbindungen und ebenso ausserdem wohl sehr oft von Staub aller Art, auch liier und da metallischer, vor allem meteoreisen- und nickelhaltiger Natur verursachen ! Jedenfalls scheinen einwandsfreie Barometer - Be- mit der entwickelten Ansicherung des Zu- von Nordlichtern und grösseren, lang- samen atmosphärischen Bewegungen übereinzustimmen : Thatsachen, die bislang völlig räthselhaft waren. Fritz führt 1. c. S. 239 an: „Forsman (Upsala 1873) kam zu folgendend merkwürdigen Resukaten: Bestimmte Schwankungen des Barometerstandes machen sich geltend Stimmungen bei Zone starken magnetischen Störungen oder, überschreitenden Nordlichtern ihre eigentliche Fritz fährt danach fort: „Würden sich diese Resultate bestätigen, dann wird die ganze Untersuchung nijer die Beziehungen von Polarlicht und Witterungswechsel (?) eine weit com- plicirtere, als man seither annahm und tlie sich so häufig widersprechenden Beobachtungsresultate könnten dann möglicher Weise doch ihre Lösung finden." Auch früher übrigens hatten bereits eingehende Beobachtungen einen Zusammenhang irgend welcher lichtem und atmosphärischen Prestel in Enulen z. B. (Zeitschr Meteorologie Jahrg. VII) findet Scheines eine Störung des Polar- ergeben. Art zwischen Bewegungen d. österr. Gesellsch. f als Ursache des Nord- der Luft für Gleichgewichts nicht weit von einander entfernte Orte und somit im Allgemeinen den gleichen Ursprung für Polarlichter wie für Stürme; während Mohr (1862, Pogg. Annal. Bd. 117), durch dessen Arbeiten Prestel angeregt worden, die Elekti'icität des Nordlichtes durch Uebereinanderfliessen von Luftschicliten in verschiedeneu Richtungen entstehen lässt. Fritz führt ferner 1. c. S. 306 noch an, dass Rayet (Compt. rend. 1869) gleichfalls als Ursache der Elcktricität des Nordlichtes atmosphärische Störungen voraussetzte. Für die entwickelte Anschauung, dass als Hauptur- sache der Entstehung von Polarlichtern ein continuirliches Herabkommen von Sauerstoff sowie anderweitiger, para- magnetischer Materie in der Nähe der magnetischen Pole und zwar beim Auftreten von starken magnetischen Strö- nmngen gelten könne, dürfte wohl auch ein Seliluss, den Fritz 1. c. S. 223 für einen der gereebtfertigsten erklärt, si)rechen, dass nämlich Boudelier (Vierteljabrschrift der Naturforsch. Gesellsch. in Zürich 1870) eine, mit dem Nordlichte zusammenfallende oder nachfolgende Depression der Temperatur für erwiesen hält. Denn der hei'ab- konnnende Sauerstofi' muss natürlich kälter sein als die untersten Luftschichten und die allgemeine Ditfusion nebst Temperaturausgleichung etc. werden erst allmählich die entstehende Abkühlung aufheben können. Dagegen würde zweifellos eine beträcihtlichc Anhäufung von Sauer- stoff" in Folge dieses Herabkonunens, selbst in sozusagen unmittelbarer Nähe des Nordlichtes wegen der allgemeinen Diffusion, der Temperaturausglcichungen etc. nicht statt- haben können! Aber eine gewisse, nachweisbare Aen- dcrung der quantitativen Zusannnensetznng der Luft ist an einer derartigen Stelle unbedingt anzunehmen. Wenn nach einer Reihe neuerer, genauer kleinen Magnete reagiren auf einander, wie auf den Erdkörper und zuli^tzt in Verbindung mit diesem auf eine irgendwo oder ausserhalb des Ijuftkreises befindlich gedachte Nadel. Die Sauerstoff-Hülle des Erdkreises ist zu vergleichen einer Ar ni a t u r von weichem Eisen an (m n e m natür- lichen oder S t a h 1 - M a g n e t : Der M a g n o t kugelförmig gedacht gleich der Erde und die Armatur als Höh 1- kugol gleich der atmosphärischen Sauerstoff-Hülle." XII. Nr. 40 Natiiiwisscii.scliattliclie WocheuschriCt. 47 S Analysen (Chera. Soc. 13, 22) die Luft der Berge und Haiden des scliottisclicn Ilocldandes gewöhnlich 21 Procent Sauerstott' entl)ält, während in grösseren Städten, nament- lich hei Nehcl, der Gehalt his auf 20,8 Procent sinkt und in tiefen Bergwerken nur noch 20,2 Procent heträgt, dürfte sieh dies Ergcbniss wold nur so erklären lassen, dass ausser der allgemeinen Dift'usion etc. die magne- tische Anziehung hierbei im Spiele ist. Jeder grosse Ge- birgsstock besitzt ja in höherem oder geringerem Grade den sogenannten Gebirgsniagneti.smus! Das Wohlgefühl in hohen geschützten Gebirgsgegenden erklärt sich vor allem aus der Anwesenheit von verdichtetem Sauerstoff, der in Folge des Bergmagnetismus eontinuirlieh liernicdergezogen wird. Wenn eine neuere Analyse von Frankland die Zusanunen- setzung der Luft auf dem Montblanc normal fand, ist dem entgegenzuhalten, dass eine derartige Analyse als keine gelten muss, da natürlich z. B. jeder Wind die normale Zusammensetzung herstellen wird!*) JoUy's Ver- suchsreihen (Ann. Chem. Phys. N. F. (U, 520) ergaben, dass während des Aequatorialstromes der Atmosphäre der geringste (ca. 20,57o), während des Polarstromes der Atmosphäre der grösste Sauerstoffgehalt (21 7o) vor- handen ist. Die mannigfaltigen Formen der Nordlichter, die wechsclvollen Farben etc. erklären sich im Sinne der vorstehenden Ausführungen aus der verschiedenartigen Vertheilung von Spuren der betreft'enden Stoffe in Ver- bindung mit vielfaciier Variation der Coudensationsstufcn bezw. der Dichtegrade während des elektrischen Strömcns in stark verdünnter Materie. Nur wenn keine, gerich- teten Strahlen und dergl. emporschiessen, sondern nur eine gleichförmige Helle als Nordlicht aul'tritt, was übrigens nach Paulsen sehr allgemein und gewöhnlich zu sein pflegt, können entweder keine festen bezw. conden- sirteu Stoffe in den betreffenden Regionen der Ent- stehung des Nordlichtes vorhanden sein oder aber die Verdünnung ist schon so gross, dass allein das negative Glimndicht Hittorf's erscheint. Auch kann natürlich der Polarschein nur dann aufleuchten , wenn der Magnetisnuis der magnetischen Pole bezw. die damit verbundenen, elek- trischen Ströme eine besondere Grösse besitzen. Sauerstoff oder hoclischwebende Cirri allein mit den, unvermeidlich dabei verdichteten Gasen in der Nähe der magnetischen Pole thun es natürlich an und für sich nicht. Zum Auf- leuchten des Polarschcincs gehört ausserdem noch eine ganz bestinnnte Grösse der magnetisciien Kraft! Hum- boldt sagt im Kosmos I 1845 S. 201: „Der Zusammen- hang des Polarlichtes mit den feinsten Cirrus-Wölkclien verdient eine besondere Aufmerksamkeit, weil er uns die elektro-magnctische Liebtentwickeluug als Theil eines meteorologischen Processcs zeigt. Der tellurische Magnetismus offeni)art sich hier in seiner Wirkung auf den Dunstkreis." Und dass die Stärke sowie Häufigkeit der Nordlichter mit der Stärke der Sonnenthätigkeit in direetem Zusanmienhange stehen, muss als erwiesen gelten und erklärt sicli ungezwungen daraus, dass in gleicher Weise die Stärke des Erd- *) Regnault fuuil iiic-lit wuit vom Auiiiuitoi-, im bciiguliseliL'n Meorbusen sowie bei Calcutta luif dem Gangos (Aiiiial. Cliim. riiys. [3] 36 S. 485) nur 20,4 Procont SaiuTstoft; wiiliroiid An- Gehalt der Seeluft den iiijrdlielioii Kiiro|)as diirelisoliiiittlich l'l l'ro- cent beträgt. magnetismus mit der Stärke der Sonnenthätigkeit pro- portional zu und abnimmt. Wenn Fritz jedoch kategorisch verlangt (1. c. S. 302), dass eine Theorie des Polarlichtes auch vollständige Aufklärung darüber zu geben habe, „woher die be- treffenden Elektricitätsmengen kommen, warum nicht be- ständig Ausgleichungen stattfinden, warum die Er- scheinungen nur zu bestimmter Nachtzeit auftreten", so sind diese Forderungen, weil secundärcr bezw. tertiärer Natur, wohl ebenso unberechtigt und nicht in erster Linie in Betracht konnnend, als etwa die gleichen Fragen in Verbindung mit einer Erklärung des Wesens der Röntgen-Strahlen ! Dass die Nordlichter übrigens nur bei Nacht auftreten sollen, dürfte nicht richtig sein. Humboldt z. B. erwähnt (Kosmos I 1845, (S. 200): „Die Intensität des Lichts ist zu Zeiten so gross, dass Löwc- nörn (28. Januar 1786) bei hellem Sonnenscheine Schwingungen des Polarlichtes erkannte." Ferner führt Humboldt an (Kosmos IV, 1858, S. 145): „Dieselbe Erscheinung hat sich am 3. September 1827 in England wiederholt. Man erkannte bei Tage sogar aus dem Lichtbogen aufschiessende Lichtsäulen." Und in einer Anmerkung hierzu erklärt Humboldt: „Die am hellen Tage gesehenen Nordlicht-Bogen erinnern an die Lichtstärke der Kerne und Schweife der Cometen von 1843 und 1847, welche in Nordamerika, in Parma und London nahe hei der Sonne erkannt wurden." Auch eine andere, bis vor Kurzem dunkle Seite des Po- larlichts lässt sich wohl bereits als erledigt betrachten, näm- lich der Ursprung der sogenannten Spectral-Polarliehtlinie mit der Wellenlänne A = 556,7. Wüllner hat nämlich (Ber. der Berl. Aead. 1889 und Pogg. Annal. N. F. 38 S. 019) nachgewiesen, dass dieselbe dem Lnftspectrum angehört und dass ferner eine Veränderung aller Gasspeetren mit zunehmender Verdünnung eintrete, wobei besonders sich die Intensität der Linien verschiebe, so dass sehr viele bedeutend schwächer werden, bezw. völlig versehwinden, während andere wiederum an Glanz beträchtlich zu- nehmen. Und zu den letzteren gehört die gelbgrüne Linie X = 556,7. Uebrigens berichtete schon Fritz 1. c. S. 330, dass mitunter die, dem Nordlichte eigcnthündichc Spectrallinie in allen Himmelsgegenden sich bemerkbar macht, ohne dass Spuren von einem Polarlichte sichtbar wären. Natürlich sind nun noch nicht alle und jede even- tuellen Einwände und Bedenken ausführlich widerlegt. Aber zweifellos dürften sie sämmtlich im Sinne der gegebenen Theorie ihre ungezwungene Erklärung finden. Im Hinblick auf die vorstehenden Ausführungen lässt sich das Polarlicht, kurz gesagt, als elektri- sches Phänomen betrachten, welches entsteht, sobald aus hoiien Regionen unserer Atmosphäre in Folge von kräftiger magnetischer Anziehung in der Nähe der magnetischen Pole Sauerstoff nebst anderweitigen, paramagnetischen Stoffen eontinuirlieh herabgezogen werden und hierbei ein elektrisches Strömen vermitteln, das be- kanntlieh von einer gewissen Verdünnung an unter mann igfaltigen Lichterscheinungen erfolgt, deren glanzvoller Wechsel von der Zusammen- setzung und dem Zustande aller, das elektrische Strömen vermittelnden Medien abhängig ist. 474 Niiturwissciischat'tliehe Woelicnschrift. XII. Nr. 40. Die zoologische Sammlung des Königlichen Museums für Naturkunde zu Berlin. Die AugCD Die Crustaceen-Schausaninilung-. [Schluss.] Im Feiisterschrauk und zwar in der untersten Reiiie der linken Seite linden wir nun die Vertreter der zweiten grossen Krebsgruppe, nilmiich der Artlnostraea oder Riugelkrebse. Ein Koi)fbrustpanzer im Sinne der höheren Kruster fehlt, nur der erste Brustring- tritt mit dem Kopf in innigeren Verband. Die Brust bestellt aus 7 Seg- menten, die ebenso viele einfaeh gebaute Beinpaare tragen. Diese dienen zum Anklammern und Kriechen. Es ist nur ein Paar Kieferfüsse vorhanden, sind nicht gestielt. Als Vertreter der deutschen Isopoda oder Asseln sind aufgestellt von Laudassein (Oniscidae): Oniscus murarius Cuv., die gemeine Mauerassel, Porcellio scaber Latr., rauhe Körnerassel, auch Kellerwurm und Kelleresel ge- nannt. Ligia occanica (L.) an den Küsten der Nordsee. Ferner die Gattung Armadillo mit stark gewölbtem, zusammenrollbarem Körper, endlich Armadillidium vulgare Latr., gemeine Roll- und Kugelassel. Eine Zusammen- stellung der deutschen Asseln wird im zweiten Mittel- schrank aufgestellt. Von den Wasserasseln (Asellidae) seien erwähnt: Ascllus aquaticus, lierlin. Hieran schliesst sieh die zur Familie der Sphaeromiden in der dritten Reihe des Feldes des Wandschrankes aufgestellte hier- her gehörige Bolirassel, Limnoria lignorum (Rathke). Von der Schädlichkeit dieses Thieres legt uns ein Stück Holz aus dem Hafen von Aarösund ein Zeug- uiss ab. Wie die beigefügte Beschreibung belehrt, beträgt die Zerstörung bei starker Vermehrung der Assel jährlich 1 cm. Neben den Thieren von der Eilerbeck findet sich ein Bild eines Thieres in vergrössertem Maass- stabe, daneben ein Stück eines Telegraphischon Kabels, das durch Zerstörung der Kautschuckschicht unbrauchbar geworden ist. — Von anderen Asseln sind hierselbst noch auf- gestellt: Idothea entomon (L.) aus der Karasee, kosmo- politisch und in zahlreiehen Varietäten vorkommend, Idothea tricuspidata (L.) aus der Kieler Bucht, endlich die durch ihre breitgedrückte, stumpfovale bis rundliche Form auffallende Serolis paradoxa F. aus der Magellanstrasse, sowie in der untersten Reihe Rhexana verrucosa Seh. Mein, aus Ja])an. Im Anschluss daran finden wir die Vertreter der l)arasitischen Cymothoidae, Lausasseln, sowie der Bopy- ridae oder Garneclenasseln. Ersterc leben auf der Haut und im Munde von Fischen und halten sich mit ihren kurzen, hakenartigen Beinen fest. Cymothoa ocstroides Leach, dicBrcmsenasscl, aus dem Mittelmeer. Weibchen mit Jungen im Brutraum. Die Bo])yriden dagegen gelangen als Larven mit dem Athcmwasser in die Kiemenhöhle höherer Krebse (woselbst sich die Weibchen dann zu unförmigen Klumpen entwickeln, wälirend die kleineren Männchen Symmetrie, Augen und Beweglichkeit bewahren). Eine Vorstellung von den zum Theil auffallend gefärbten Formen gewinnen wir aus den in der unteren Reihe des Feldes aufgcstt^llten Tafeln aus den Traveaux des Lal)or. de Lille et Wimereux, Tome V. Planchcs 1, 4 und f^, welche Cc^pon clegans 9, Eutione, Entoniseus und Portnnus maenadis darstellen. Im Fensterschrankc links in der unteren Reihe finden wir hinter den Asseln H. xijjliias (liard et Bonnier, in der Kiemcnhöhle von Pal. xiphias von Nizza. Verweilen wir nun noch einige Zeit am Fensterschrank und gehen zur fdlgendcn Gruppe über, nämlieh zu den Amphipoda. Die Amphipoda oder Flohkrebse gleichen den Asseln in vielen Punkten des inneren Baues, so in den Ge- schlechtsorganen und ihrer Mündung, sind aber viel be- weglicher als diese. Sie stehen entschieden höher als die Asseln und damit in Zusammenhang ihr schlanker Körperbau und die mannigfaltige Gestaltung der Beine. Körper, besonders der Hinterleib seitlich, nicht vom Rücken her wie bei den Asseln zusammengedrückt. Vorderes Fühlerpaar länger als das hintere. Sieben freie Brustringe mit ebensoviel zum Kriechen und Gehen ein- gerichteten Beinpaaren. Ihr Ilüftglied ist plattenartig verbreitert und trägt nach innen einen schlauchförmigen Anhang, bei den Weibchen noch zarte Platten zur Bildung eines Brutraumes. Hinterleib sechsgliedrig, mit kleiner, mittlerer Schwanzplatte, seine drei ersten Beine sind ruderartige Schwimmbeine, die hinteren drei dagegen Springfüsse. Treten in ungeheuren Massen auf und leben von Pflanzen und Thierresten. In der zweiten Reihe der rechten Seite finden wir Orchcstia littorea (Munt.) Nord- und Ostsee. Aus der Gattung Gammarus ist ein riesiger Vertreter, Gammarus godlewskii var. victor Dyb. Baikalsee, G. pulex (L.) von Köpenik, G. locusta (L.) von Helgo- land und G. roeselii Gerv. aus der Spree aufgestellt. Ferner Phronima sedentaria Forsk. An einer Seite der Salpe sitzt die junge Brut. Ein zweites Stück finden wir ausser- dem in der zweiten Reihe des linken Flügels des letzten Fensterschranks der rechten Seite des Conchyliensaales. — Hierher auch Corophium grossipes (L.) und Hyperia medusarum Müll, der Quallenfloh. Dieser lebt im Sommer in Medusen, Medusa aurita, im Winter frei am Grunde des Wassers. In der oberen Reihe ist ferner Podocerus falcatus von Helgoland, einzeln sowie mit Nestern unter- gebracht. Die Gi'uppe der phantastisch gebildeten Kehlfuss- krebse (Laemodipoda) umfasst kleine spindeldürre, lang- gestreckte Krebse, mit langen Antennen und zur Greifhand umgebildetem ersten Fusspaar, das dicht hinter dem Kopf liegt, also gleichsam an die Kehle gerückt erscheint, weil der erste Brustring mit dem Kojjf verwachsen ist. Die Brustsegmente sind lang und tragen Klannnerbeine, welche an den vorderen Segmenten zu Greifliänden entwickelt sind. Abdomen rudimentär, stummeiförmig. Diese Faden- algen ähnlichen Geschöpfe klettern an Pflanzen und Po- lypen herum, um die kleinen Organismen abzuweiden. Sie erinnern in ihrer Gestalt entfernt an die kleinen Phasmiden, in der Orthopteren-Ordnung. Caprella aecpii- libra Say von Neapel; Rhabdosoma arnnvtum (M.-E.) Chile; ferner rechts davon aus Japan Caprella kröycrillaan, Kör|)er ohne Antennen bis M nun lang; grösste Art dieser Familie. Diese Thiere sind ihrer Zartheit halber in der dritten unteren Reihe des Fensterschrnnkes (im linken Flügel) aufgestellt. Andere hierher gehörige Gattungen sind wiederum plump dick, besitzen ein mächtiges, zweites Klammerfuss- paar, zwei lange, schlauchförmige Kiemenschläuche am dritten und vierten P)rustringe, sowie drei Paar hintere Klammerfüsse. Schmarotzen in der Haut von Walen. (Jyanius ceti L., gemeine Wallischlaus (siehe im Fenster- sehrank). Der Ilauptcharakter der dritten Krebsgruppc, der Entomostraca liegt in der Unbeständigkeit der An- zahl der Körpersegmente und der Beine. Im übrigen ist es schwer, weitere allgemeine j\Ierkmale auf- zustellen. Die zunäciist hierher gehörigen Copepoda oder Spaltfusskrcbsc. Die freilebenden Formen derselben be- XII. Nr. 40, Niitiirwissuuscliaf'tliclic Wochenschrift. sitzen noch eine deutliche und scharf ausgesprochene Kürpergliedcrimg-. Falls der Körper nicht durch Para- sitismus umgestaltet ist, erscheint er gestreckt, mit kauen- den, stechenden oder saugenden Mundwerkzeugen, zwei (oder nur ein) Paar Antennen, 4 oder 5 Paar zweiästigen Ruderbeinen und am Ende oft gegabelten Hinterleib. — Die Thicrc nehmen durch ihre Bedeutung im Leben des Meeres und des süssen Wassers den ersten Rang ein. Von der enormen Anzahl dieser Formen wird sich der Beschauer einen Begriff machen, wenn er erfährt, dass von diesen kleinen Lebewesen bis jetzt wenigstens 300 Gattungen mit über 2000 Arten Ijekannt sind und dass sie in den oberiiächlichen .Schichten in solchen ge- waltigen Massen vorhanden sind, dass das Wasser auf Quadratmeilen hin eine braunrothe oder blutrothe Fär- bung annimmt. Wir unterscheiden kauende (freischwim- mende) und saugende, stechende (parasitäre) Formen. Zu ersteren gehört Gyclops viridis Jur. üeutschland, (Cyclops ist vorzugsweise eine Süsswassergattung), Dia- ptomus gracilis (Sars.) Einige Cyclops finden sich auch in dem noch zu erwähnenden Präparat von Cypris stri- gata Müll. Von den saugenden Formen sei erwähnt Ergasilus die sogenannte Weissfischlaus mit E. sie- botdi Norden an Hechtkiemen, Berlin, sowie die in der oberen Reihe befindliche Nicothoe astaci And. M.-E. an Humnierkiemen. Ferner in der zweiten Reihe des Wandschrankes Caligus Schellfischlaus. Lernaea bran- chialis, Wurmkrebs, auf den Kiemen eines Gadus aus Norwegen. Choudracanthus gibbosus Kröy. auf der Mund- schleimhaut eines Lophius aus der Nordsee. Darüber Penella blainvillei (Lesueur) Federwurmkrebs, 2 Thiere an den Kieiuen von Exocoetus volitans C. V., Cecrops latreillei Leacli lebt auf Orthagoriscus mola von Nizza; schliesslich Tracheliastes polycolpus Nordni. Die äusseren Kieferfusse sind au der »Spitze zu einem Haftapparat ver- einigt. Der Kopf ist schlank, nach der Rückseite hin erhoben, zwei walzige Eiersäcke am Hinterende. Schma- rotzt an den Flossen von karpfenartigen Fischen. Die untere Reihe des rechten Feldes des Fenstcr- schraukes birgt Argulus foliaceus, die gemeine Karpfenlaus, auch auf dem Stiehling. Die Ostraeoda oder Musehel- krebsc verdanken ihren Namen dem Umstände, dass ihre, den uudeutlich gegliederten Körper umschliesseude, am Bauche gespaltene, daher zweiklappige Schale, häufig verkalkt ist und dann einer Muschel gleicht. Auf dem Rücken ist die Schale festgewachsen und mit einem Schliessmuskel verschen (wie bei den Muscheln). Aus dem Spalt werden die kleinen behaarten und bewimperten Gliedmaassen hervorgestreckt, die die Bewegung besorgen, Der Schalenrand ist häufig verdickt, beborstet oder be- zahnt, lieber den inneren Bau l)elehrt uns die im letzten Felde des zweiten Mittclscbrankes aufgestellte Abbildung unserer gewiihnliehen Cypris strigata Müll. Pankow. Die Phyllopoda sind die unvollkommensten und ältesten Vertreter des Krebsstammes. Die drei Haupt- abschnitte des Körpers sind unvollkommen getrennt, und die Anzahl der Körpersegmente und Gliedmaassen wächst (beträgt zuweilen über 40). Häufig werden die Fühler (in gleicher Weise wie bei den Nauplius-Stadien der höheren Krebse) zur Fortbewegung mit herangezogen. Das Grundschema der Krebsgliedmaassen ist aber auch hier gewahrt. Der Stamm trägt zwei Anhänge, einen inneren blattartigen, oft gelappten Schwimmfuss; der äussere ebenfalls blattartig, mit Schwimmborsten um- randet, trägt ausserdem die Athem])latte. Hierher ge- hören die mikroskopisch kleinen Cladocera, Wasserflöhe mit 4-f) Beinpaaren. Daphnia pulex Geer. Manche \yeibehen zeigen einen dunklen Saltel, der die Winter- eier einseliliesst. Die Thiere stanmicn aus einem Wiesen- graben bei Tegel. Dazwischen finden sich' auch einige Co|)epüden (Cyeloi)s); ferner die grösseren mit 10 — 40 Bein- paaren versehenen Phyllopoda oder Branehiopoda, Kiemen, iusser. Unter den letzteren giebt es zweierlei Fcn-men- beschalte und unbcschalte. Bei den Beschulten ist die Schale entweder zweiklappig (muschelähnlieh) wie bei Estheria cyladoides (Joly) Sicil. und Linmetis brachyura (Müll.) Berlin, oder bildet einen flachgewölbten, mit dem Koi)fe und den ersten Brustringen (auf dem Rücken) verwachsenen Schild wie bei Ajms productus Böse. Berlin, siehe die obere Reihe desselben Feldes. Daselbst findet sieh auch ein Präparat, welches uns die auseinandergelegten zahl- reichen iMundtheile und Beine des Thieres vorführt. Von den unbeschalten erblicken wir hierselbst Branchipus grubei Dyb. Berlin. Die im letzten Felde des Wandschrankes aufge- stellten P^ormen führen uns nunmehr zu der Gruppe der Cirripedia oder Rankenfüsser, die iu den beiden Mittel- schränken Aufstellung gefunden haben, hinüber. Wir finden hier in der letzten Reihe des letzten Feldes auf- gestellt Entennmschcln, Lepas anatifera L., die auf einer im Ocean frei hcrumschwinnnenden Flasche angewachsen sind, sowie Conehoderma auritum an Coronula diadema L., auf der gefurchten Bauchhaut des Buckelwals Megaptera boops (0. Fabr.) Vardö N. 0. Norwegen. Rankenfüsser sind niedere Krebse, die mit dem Kopfende an leblf.sen Gegenständen, an Pflanzen oder an Thieren festgeheftet sind. Ihr Körper ist undeutlich gegliedert, von einem häutigen, sehr oft verkalkten Mantel oder Schale um- geben, deren Lage folgende ist. Denkt man sich den Kopfbrustpanzer eines gewöhnlichen Krebses nur in der Nackengegend am Körjier befestigt und so weit nach vorn und hinten ausgedehnt, dass der ganze Leib von ihm eingehüllt wird, denkt man sieh ferner die beiden Hälften derselben seitwärts gegeneinander beweglich, so hat man ein Bild von der Lagerung der Schale. Purstes Fühlerpaar verkümmert, zweites (bei den erwachsenen Thieren) fehlend. Mund mit Oberlippe, ein Paar Ober- kiefer und zwei Paar Unterkiefer, bei den parasitischen Formen zu einem Saugnapf umgewandelt. In der Regel sind sechs Paar zweiästige, vielgliedrige Rankenbeine vorhanden, welche durch den an der Bauchseite befind- lichen Läugsspalt hervorgestreckt werden können, und die Nahrung (kleinere Thiere) herbeistrudeln. MeistZwitter. Mit Ausnahme des im Brackwasser lebenden Baianus impro- visus Meeresthiere. Eutwickelung durch Metamorphose mit Naupliusstadium. Wegen ihrer kalkigen Schale rech- nete man sie früher zu den Mollusken, erst durch das Studium der Embryologie erkannte man ihre Krebsnatur. Sitzen an Holzpfählen, Schifl'en, schwimmenden Gegen- ständen, Hydroidpolypen, Korallen, Krebsen, Muscheln und AValen. Fossil sind sie schon aus dem Jura bekannt. Abbildung eines Naupliusstadiums. Erste Unterordnung: Thoracica. Körper undeutlich gegliedert, mit einem Mantel umgeben, der fast stets feste kalkplatten enthält. Sechs Paar Rankenfüsse, nur bei AIcippe drei. Zunächst die Familie der Lepadidac oder Entenmuscheln. Rankenfüsser mit weichhäutigem Stiel, der durch Muskeln beweglich ist. Körper seitlich zu- sammengedrückt. Die einzelnen Schalenstücke des Mantels sind nicht fest mit einander verwachsen. Gewöhnlich sind es fünf Stücke, die als carina, terga (2) und scuta (2) bezeichnet werden; die Kiemen fehlen oder stellen kegel- artige Anhänge dar. — Der Namen „Entenmuseheln'^ entstammt der Sage des Mittelalters, dass aus Lepadiden Bernickelgänse entstünden. Viele prangen lebend in den herrlichsten Farben. Lepas anatifera L. Einige Exem- plare mit sehr langen Stielen aus dem Atl. Ocean. Da- neben finden wir im zweiten Felde dieselbe Art auf 476 Naliirwi.sscuschaCtlicbe WoehenscLrift. XII. Nr. 40. einer schwiiumendeu Kurkplatte aogewafliseu. Daneben Auelasuia sqaalicola (Lov.) auf dem lüieken eines Ilaifisciies. Die nebeustelieude Abbiidunj;- ^itelit ein ein- zelnes Tbier in uatiüliciier Grösse dar. Die zweite Reilic des ersten Feldes entbiilt Pollicipes mitelia (L.) von Luzon, P. polymerus 8ow., von Felsen aljgelöst; Seal- pclhun vulgare Leaeb an einem Haifisebe; Concliodcrma aurita (L.) an Coronula diadenia (L ), welcbe auf einem Waltiseb sass. Die beiden darunter stcbenden durcb eine erklärende Abbililung- erläuterte Präparate von Lepas fascicularis EH. Sol. fübren uns den Bau des Tbicres vor Augen. Die einzelnen Tbiere sondern einen im Wasser erstarrenden Scbleim ab, welcber eine kugelige Masse bildet, wodurcb die Tbiere zusammengehalten werden und frei berumsebwiamien, ebne dass sie sieb an einen anderen Gegenstand festzusetzen braueben. Darunter finden wir diesellte in besonders scböncn Stüeken von Wyck auf Führ. Hierauf Coronula diadenia (L.), auf einem Streifen Walfisebbaut sitzend, von Neu- seeland. In der zweiten Reibe des zweiten Feldes beginnt die Familie der Seepocken. Der Körper ist ungestielt, eylindriscli oder kegelförmig, mit einem festen geschlos- senen Sebalenring aus eng aneinander liegenden Kalk- platten und aus einem frei beweglichen Kaikdeekeloder Opei-- culuni, welcber die Höhle des Ringes von oben absebliesst. Die Platten, des Ringes sind carina, rostrum, verschiedene latcralia. Ueber die Lagerung derselben u. s. w. uuter- riebten wir uns am besten an den in der dritten Reihe des dritten Feldes aufgestellten Präparaten. Interessant ist es, dass die dem stärksten Wogenprall widerstehenden Schalen der Tbiere doch gegen organische Kräfte nicht gefeit sind, denn zahlreiche Fische Scarus-Arten und manche Plcctognathen zermalmen sie mit ilncn gewaltigen, dazu besonders eingerichteten Zähnen. Siehe im Fischsaal. Hierher lialanus psittacus (Mol.), eine Gruppe sehr grosser Exemplare aus Südwest-Amerika. Eine Lagerung der Platten zeigt uns ein durch eine Zeichnung illustrirter vergrösserter Längsschnitt durch dasselbe Thier (mitten durcb carina und rostrum) von B. tiutinnabulum (L.). Da- neben steht eine Gruppe dieser kosmopolitischen Tbiere. In der dritten Reihe findet sich ein schönes Stück, an welchem man aus dem Innern den Deckel wie einen Vogelscbnabel hervorragen sieht. B. perforatus Brug. von Marokko, an einer Korkplatte sitzend. Dieselben auf einer Muschel Spondylus aus dem östlich. Atlant. Ocean. B. trigonus Darw. auf einer Schnecke (Turbo) sitzend von Yokohama. Die vierte Reihe führt uns B. amphitrite Darw. von Yokohama vor, die einen Stein vollständig überzogen bat. Baianus improvisus Darw. lebt im Brackwasser, vor- liegendes Stück auf einer Mu.schel Mya arenaria, Ostsee; l>. poiratus da Costa erblicken wir auf einem Stück des Kückensehildes von Platycarcinus vom N. Atlant. Ocean, Japan. Die fünfte Reibe zeigt uns den auf einer Miesmuschel, Mytilus edulis, und einer Hyas aranea, Helgoland, hau- senden B. crenatus Brug. Ferner B. porcatus da Costa von Helgoland, endlich B. improvisus Darw., Greifswald. Die rankenförmigen Füsse ragen aus der Schale hervor. Im dritten Felde erblicken wir B. ealceolus Darw. aus dem Indischen Ocean auf einer Rindenkoralle, ferner B. am{)hitrite Darw. von den Philippinen, an einer zer- brochenen Flasche; an dem nächstfolgenden Präi)arat sehen wir dieses Tbier von Zanzibar, auf einem Zweige. Ein anderes Stück von Baianus porcatus da Costa, auf einer Musciiel Modiola vom Grossen üelt. Der kosmoli- tischcn H. crenatus Brug. zeigt sich uns im folgenden Präparat sogar an einer menseblichen Knieseheibe (Pa- tella). Darunter finden wir B. porcatus da Costa, B. cre- natus Brug. und Verruca stroemia (Müll.) auf einer Schnecke Buccinum undatuni, in welcher ein Einsiedlerkrebs (Pa- gurus bernhardus) lebt. Interessantes Beispiel von Sym- biose. Veruca stroemia Müll, erblicken wir ferner auch massenhaft in einer Austernschale vom AV'csten Helgo- lands. B. balanoidcs (L.) ist die gemeinste Seei)Ocke an den Felsen dieser Insel, besonders an den Kliiipen der Westküste. Darunter steht ein B. tiutinnabulum (L.), dessen Schale in einzelne Thcile zerlegt ist, in 2 Lagen (von innen und von aussen), desgleichen auch die zerlegte Sehale von B. hameri (Asc.). -— Die folgende Reihe ent- hält Tetraelita porosa (Gm.) aus den wärmeren Meeren, Baianus hameri (Asc.) aus dem Atlant. Ocean, in bober und in llacher Form, dann Aeasta laevigata Gray von den Philippinen. Die letztgenannte Gattung lebt in Spongien, und erzeugt die sogenannten Schwammgallen. Die in der untersten Reihe untergebrachte Creusia sjjinulosa Leach von Kanton sitzt dagegen auf Korallen und erzeugt hier die sogenannten Korallengallen. An dem nebenstehenden Präparat sind drei der Korallengallen abgeschlift'eu. Ebenfalls ein Korallenbewohner ist Pyrgoma dentatum Darw. Lebt in Korallen. Die vorliegende Koralle ist vorn abgeschlitfen, um die tiefen vom Krebs bewohnten Höhlen in der Koralle zu zeigen. Den Schluss bildet Chthamalus stcUatus (Poli) vom Adriatiscben Meer. Der zweite Mittelsebrank enthält zunächst Xenoba- lanus globicipitis Stcenstrup, an der Haut eines Delphins (Delpbinus raelas Traill. =: D. globiceps Cuv.) von Fär- Oeer, nebst einer Abbildung des Einzeltbieres, ferner Tu- bicinella tracbealis Shaw und Chelonobia testudinaria (L.), deren Schalen in ihre einzelnen Stücke zerlegt und in zwei Lagen aufgestellt sind. Das letztere Tbier selbst lebt auf Schildkröten Brasiliens. Coronula balaenaris (Gm.) aus den südlichen Meeren, sitzt an Walfischen. Chelonobia caretta (Spengl.) auf einem Stück Schildkrötenhaut. — Die dritte Reibe birgt die tief in der Walfischhaut sitzende Tubicinella tracbealis (Shaw), aus dem Pacifischen und Indischen Ocean, sowie einen Längsschnitt durch das Thier. Die durch eine Abbildung von Alcippe lampas ? (mit und ohne Mantel) vertretene Gruppe der AIcippidae besitzt einen Mantel ohne Schale und ist seitlich zusammen- gedrückt. Der kurze Stiel trägt eine grosse Haftscheibe. Körper mit vier Ilinterleibssegmenten und nur drei Paar Rankenbeiuen. Geschlechter getrennt. Das zwerg- förmige ]\Iännchen (ohne Mund, Magen, Beine) lebt zeit- lebens an dem grösseren Weibchen. Bohren sich in Molluskensehaleu ein. Die Unterordnung der Abdominalia zeigt einen durch- gehend, aber uugleichmüssig gegliederten Körper. Mantel selbstständig vom Körper abgehoben, häutig flasehen- förmig. Nur drei Paar Rankenfüsse vorhanden, welche am Hinterleib sitzen. Mundthcile vollständig entwickelt, Darm und After vorbanden. — Geschlechter getrennt, das Männchen zwergförmig und sitzt zeitlebens au dem grösseren Weibchen. Leben als Schmarotzer in der kalkscbale von Mollusken. Die Familie der Crypto- phialidae ist durch eine Abbildung von Cryptopbialus ver- treten. Eine weitere Unterordnung l)ilden die Apoda. Ihr Körper ist deutlich und ziendich glcicbniässig gegliedert. Ein selbstständiger vom Körper abgehobener Mantel fehlt. Ohne Beine; Mundtheile zum Saugen eingerichtet, be- stehend aus Oberlippe mit Tastern und zwei Kieferpaaren. Verdauungseanal fehlt. Lebt am Mantel anderei- Ranken- tüssern. Die bierhergehörigen Proteolepadidae vertritt Proteole])as. Schliesslich folgt die Familie Khizoeeplialidae ('nWy Xll. Nr. 40. Naturwisseuscbaf'tlicbc Wochcnscbrilt. 477 HiR-t8 in Kraft tretenden Auswanderungsgesetzes und eine I'Carte des mittleren und südlichen Brasilien. Inhalt: Gustav Wendt, Eine Theorie des Polarlichtes. — Die zoologische Saunnhing des Königl. Museums für Naturkunde zu Berlin. (Forts.) — Zucht von Amoeben. — Der Einfluss der Umgebung auf die Gehäuse der Mollusken. — Eine gefährliche Milbe auf Mauritius. — Die Seefisch-Zuchtanlage zu Floedewig in Norwegen. — Ueber einen neuen uestbauonden Fisch. — Das Bebrüten der Eier durch die Vogelmännchen. — Aus dem wissenschaftlichen Leben. — Litteralur: Privatdocent Dr. Franz von Wagner, Thierkunde. — (Jberlelirer Dr. F. Hock, (irundzüge der Pflanzengeographie. — A. Pai)stein, I^ührer für den Aus- wanderer nach Brasilien. 480 Niitiiiwi.ssciisclialtlicbc Woclicnsclirift. XII. Nr. 40. Geographische Verlagshandlung Dietricli Reimer (Ernst Voliscn) Berlin SW., Wilhelmstiasse 29. Internationale geologische Karte von Europa, besclilosscn din-cli den intcrnatioiialiu GeologGii-Congress zu Bologna im Jalire 1881, ausgffiilii't nach den Beschlüssen einer internationalen Couiinission, mit Unterstützung der Regierungen, unter der Direction der Herren Beyrich und Hauehecorne. Der Subscriptionspreis für das gesammte Kartenwerk beträgt 110 Mark = 137 frcs, 511 e. I)ie Subscription verpflichtet zur Abnatinie des ganzen M'erkes, walirend die Zahlung bei Empfang der einzehien laeferiingeii, deren Preis sich n;icli der darin enthaltenen Anzahl der Blätter richtet, zu bewirken ist. Einzelne lilätler werden zum Preise von 4 Mark per Blatt abgegeben. 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Diese Reise bereicherte sein Wisseu sehr, und mit frischen Hoffnungen für die Zukunft kehrte Bernhardi in die Heimath zurück. Schon vor der Abreise hatte er seine Wohnung, freilich ungern, aus dienstlichen Gründen von dem ländlichen Dreissigacker nach Meiningeu verlegt, wobei ihn der Verlust seines geliebten Gartens ganz be- sonders schmerzte. Bernhardi hatte sieh aus seinen Erfahrungen, die ja freilich oft recht bittere gewesen waren, eine selbststän- dige Lebeusanschauung gebildet. Er war seiner Gesinnung nach ein durchaus liberaler Mann, wie es ja fast alle be- deutenderen Männer jener Tage waren. Als nun im Frühjahr 1847 ein drückender Nothstand unter der Be- völkerung der Landes eintrat, war er eifrig bemüht und nicht ohne Erfolg, Abhilfe zu schatten. Die Bewegung von 1848 begrUsste er freudig und setzte grosse Hoffnungen auf die Neugestaltung des" Vaterlandes. Als sieh dann aber die Vcrliältnisse so ganz anders gestalteten, als e es ersehnt und gewünscht" hatte, als statt der im gesez 486 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. XII. Nr. 41. liehen Wege erhofften Reformen ein Uebergewicht des Radicalismus immer mehr in den Vordergrund trat, da kehrte er, der lange vor dem Jahre 1848, noch im Voll- gefühl seiner Kraft, „mit unerschrockenem Freimuth die Sünden, unter denen Deutschland ein Menschenalter hin- durch geseufzt hatte, schärfer und treffender gegeisselt hatte als sonst irgend jemand," wie Passow sagt, den Neuerern zürnend den Rücken und stellte seine Kräfte in den Dienst der Regierung. Wieder begann nun eine unermüdliche körperliche und geistige Thätigkeit, die ihn sehr bald gänzlich aufrieb und ein unheilbares Nerveu- leiden heraufbeschwor. Im Sommer 1848 wirkte Bernhardi für Beruhigung der aufgeregten Massen des Meininger Oberlandes. Als sich, nändich die Herzogthümer Schleswig- Holstein gegen die dänische Herrschaft auflehnten und bei den deutschen Staaten Unterstützung fanden, indem jeder derselben einige Regimenter in diese Gebiete abcommandirte, wurde das Meininger Land von seiner Besatzung entblösst. So- fort begann in den Hildburgliausener, Sonnel)erger, Saal- felder uud Alteuburger Bezirken ein Aufstand. Zur Be- schwichtigung desselben rückten Reichstruppen ins Herzog- thum Meiningen ein, und Bernhardi erhielt den Auftrag, mit ihrer Hilfe als Regieruugs-Commissarius die Ruhe wieder herzustellen und vornehmlieh üebergriffe des fremden Militärs einzuschränken und das Land gegen seine Willkür zu schützen, eine Aufgabe, die allerdings ganz geeignet war, die körperlichen und geistigen Kräfte eines Mannes, selbst eines gesunden, vollständig zu zer- rütten. Viel Aerger, Verdruss und Aufregung brachten seine offenbar schon durch die früheren bitteren I^rfah- rungen bereits gestörte Gesundiieit derartig herunter, dass er sich im November genötbigt sah, um seine Entlassung zu bitten, die ihm aber nicht gewährt wurde. Selbst die Bitte um eine Vertretung für 8 Tage, um sich ein wenig erholen zu können, fand keine Berücksichtigung, bis ein Schlagaufall, der die hierauf folgende (Tchirnerweichung einleitete, seine fernere Thätigkeit unmöglich machte und eine glänzende Cai-rierc, die ihm bevorstand, abschnitt. Der Herzog hatte nämlich sciion seit längerer Zeit die Absicht, Bernhardi ins Ministerium zu berufen, eine Ehre, an die dieser jedenfalls niemals geglaubt oder auch nur gedacht hatte. Die schwere Erkrankung, die diese Aus- sichten zerstörte, erreichte erst durch den Tod, der nach langem, schweren Leiden am 16. Juni 1849 eintrat, ihr Ende. Sein Grab befindet sich am Nordende des Mei- ninger Friedhofes. Bernhardi war seinem Wesen nach ein offenbar gross angelegter Mensch, bieder, treu und rechtschaffen, stets das beste seiner Mitmenschen erstrebend. „Wie sein Gang", heisst es in der Leichenrede, die ihm der Ober- hofprediger Ackermann hielt, „seine Haltung war, so war auch sein Siim, sein Thuu, sein Wollen und sein Streben. Er war ein Mann im vollen Sinne des Wortes, ein wackerer, biederer, thatkräftiger Mann und ein durchaus deutscher Mann, aufrichtig und ohne Falsch, ein Feind aller Lüge und alles leeren, hohlen Scheins, ein streng gewissen- hafter Mann uud ein Mann mit einem tiefen, treuen, für alles Hohe und Edle erglühenden Gemüth." Und ein Mann, von dem dies gesagt werden kann, darf doch ge- wiss mit Recht gross angelegt genannt werden. Bernhardi hatte im üctober 1832 einen eigenen Haus- stand begründet. Er hatte sich mit Louise Berndt, der Tochter des Postmeisters AVilhelm Berndt in Westuffeln, nicht weit von Zierenberg, verheirathet. Aus dieser Ehe stammten ein Sohn, Arnold Wilhelm Ernst, der gegen- wärtig Secretär an der Handelskammer in Dortmund ist und dem der Verf. zu grösstem Dank für die gütige Ueberlassung des Materials für die vorliegende biogra- phische Skizze verpflichtet ist, und eine Tochter, Ida Mathilde Caroline. Letztere starb 1884 in Cassel und beider Mutter 1885, fast 80 Jahre alt, bei ihrem Sohne in Dortmund. Dessen Sohn, der einzige Enkel Bernhardi's, der den Namen des Grossvaters trägt, ist Dr. phil. und Chemiker und leitet in New-York eine grosse Fabrik für Chemikalien. Zum Schluss kann der Verf. nicht unterlassen, Herrn Archidiakouus Angelrotli in Meiningen und Herrn Oberhof- prediger Schaubach ebenda hier öffentlich bestens zu danken. Ersterer hatte die grosse Liebenswürdigkeit, ihm die Auszüge aus dem Kirchenbuche in Dreissigacker gütigst zu übersenden und bei letzterem eine Auskunft einzuziehen, die ihn in den Stand setzte, mit dem Sohne unseres For- schers in Verbindung zu treten. Ohne die grosse Güte der beiden geistliehen Herren wäre es ihm daher gar nicht möglich gewesen, die vorliegende Arbeit zu schaffen. Die so ausserordentlich wichtige Frage der Be- handlung Tuberkulöser in eigens zu diesem Zweck er- richteten Anstalten ist Gegenstand einer interessanten Mittheilung des Professors Dr. von Leyden (Berlin) ge- wesen auf dem im August d. J. in Moskau abgehaltenen 13. internationalen medicinischen Congress (Semaine me- dicale 1897 No. 43). Leyden erinnert zunächst an die erschreckende Zahl der Opfer, welche die Tuberkulose in jedem Jahr verschlingt. So zählt man in Deutschland ungefähr 1 200 OOU Phthisiker, von welchen jährlich 180 000 der Krankheit erliegen. Ungefähr dasselbe Verhältniss haben wir in anderen civilisirten Ländern, sodass in Europa allein jährlich 1 000 00<^ Todesfälle auf die Tuber- kulose konmien. Glücklicherweise besitzen wir Mittel, um diese schreckliche Geisscl wirksam zu bekämpfen. Diese Mittel erstrecken sich auf die Prophylaxe und die eigentliche Behandlung. Die Pio])hylaxe hat zum Gegenstand, einerseits, die directe oder indirecte Uel)ertragung des Koch'schen Ba- cillus zu verhindern, indem jeder intime Contaet Gesunder mit 'J'ubcrkulöseii vermieden wird, indem ferner die Kranken zur peinlichsten Sauberkeit angehalten werden, vor allen Dingen was den Auswurf betrifft, indem ferner polizeiliche Maassregeln ergriffen werden, welche die Ver- Itreitnng der Tuberkulose durch Nahrungsmittel verhindern sollen. Andererseits bekämpft die Prophylaxe die indi- viduelle Prädisposition, durch eine rationelle physische Er- ziehung, welche bezweckt dieEutwiekelung des Brustkorbes und der Muskeln durch Gynmastik und Sport, durch Ge- wöhnung an frische Luft, au kaltes Wasser, durch eine reichliche, kräftige Nahrung. Was die eigentliche Behandlung betrifft, so ist zu- nächst hervorzuheben, dass die sogenannten spei-ifischen Mittel gegen die Tuberkulose nur einen beschränkten Wertli haben. Auch das neue Koch'sche Tuberkulin berechtigt noch nicht zu grossen Hoffnungen.*) Es giebt indess eine Behandlung der Phthise von unbestreitbarer Wirksamkeit. Das ist die hygienisch-diä- tetische Methode, welche Brehmer eingeführt hat und welche in aller Strenge nur in eigentlichen Sanatorien durchge- führt werden kann. Sie bewirkt ungefähr ein Drittel Heilungen und ebensoviel Besserungen. Hauptbedingung ist die Wahl eines geeigneten Ortes, dauernder Aufenthalt *) Ueber das neue Tiibpi-kulin wird in einor der nächsten Nummern dieser Woelionsclirift ausführlicher belichtet werden. XII. Nr. 41. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 487 in ffrischer Luft, reichliche Nahrung und körperliche Uebungen, welche den Kräften des Kranken angepasst sind. Was das Klima betrifft, so wird l'lithisikern bald Höhenklima empfohlen, bald Aufenthalt an der See oder in wärmeren Ländern. Die verschiedenen klimatisclien Stationen wirken nur dnrcli die reine Luft, welche ein- geatmet wird, einen specifischen Einfluss auf den tuber- kulösen Process haben sie nicht. Man hatte geglaubt, dass ge- wisse Plätze eine wirkliche Innnunität in Bezug auf die Tuberkulose besitzen. Aber wir wissen jetzt, dass das thatsächlicli nicht der Fall ist. Ueberall, wo klimatische Stationen oder Sanatorien für Tuberkulöse existireu, be- obachtet man bei der eingeborenen Bevölkerung spätere Fälle von Tuberkulose. p]in sehr wiciitiger Schlnss resultirt aus diesen That- sachcn in Bezug aut die Wahl des Ortes für die Errichtung von Sanatorien. Das ist, dass die Kranken in ihrer eigent- lichen Heiraath gepflegt werden können, vorausgesetzt dass sie einen Ort mit absolut reiner Luft bewohnen. Dann vermeidet man auch die Gefahr der Erkältung, welcher Tuberkulöse bei der Rückkehr aus einem warmen Klima in die Heimath ausgesetzt sind. Dieser Uebelstand existirt allerdings nicht für die H()henstationcn, welchen Le3'den daher auch vor den anderen klimatischen Stationen den Vorzug giebt. Wohlhabende Kranke können mit Erfolg auch nach Brehmer'schen Principien zu Haus beliandclt werden. Aber auch sie haben einen grösseren Vortiieil, wenn sie sich eine Zeit lang in einem Sanatorium aufiialten, wo sie gewissermaassen eine methodische Lehrzeit für das Verfahren durchmachen, um ihr Leiden wirksam zu be- kämpfen. Kranke aus der mittleren und arbeitenden Klasse gehören durchaus in eine Spezialanstalt. Kanu nun der Aufenthalt in einem Sanatorium für ein Individuum mit Anfangsstadien der Tuberkulose nach- theilig sein und sind derartige Etablissements eine In- fectionsquelle für die benachbarte Bevölkerung? Die Er- fahrung gestattet uns, diese beiden so wichtigen Fragen zu verneinen. In Görbersdorf, wo sich das grosse Brehmer- sche Etablissement befindet, hat die Frequenz der Tuber- kulose in der Umgegend abgenommen. Andrerseits ist es bewiesen, dass im Brompton-Hospital von London, wo Erkrankungen der Brustorgane behandelt werden und wo man, ausser Tuberkulösen, auch Individuen mit anderen Lungenkrankheiten und Herzaffectionen zulässt, Fälle von Uebertragung der Tuberkulose durch Contagion bisher nicht beobachtet sind. Alles beweist die Nothwendigkeit, für die Heilung der Phthise recht viel Sanatorien zu organisireu, und that- sächlich sehen wir heut die meisten civilisirten Nationen, sich mit der Lösung dieses wichtigen Problems beschäftigen. A. Mz. Die Ursachen der Anthropopliagie hat der englische Egyptologe Fl Inders Petrie untersucht; die „Mcdecine moderne" bringt darüber ein Referat. In die erste Reihe der Anthropophagen stellt der Genannte diejenigen, welche die Todten verzehren, um sie zu ehren, um ihnen ihre Zuneigung zu bezeugen und ihnen das (ilück eines andern besseren Lebens zu sichern. Diese erste Klasse unifasst etwa 20 7o der Kannibalen. So sehen gewisse Völker schatten Tibets das Verzehren ihrer Eltern als die ehren- vollste Leichenfeier an, die sie den Verstorbenen bieten können, und manche Eingeborene von Australien wie auch von Südamerika wollen nach ihrer Aussage lieber in dem Bauche eines Freundes als in der kalten Erde enden. Die Ostjaken und Samojcden denken ebenfalls, dass die Greise ein sanfteres und glücklicheres Leben in der andern Welt haben werden, wenn sie hier auf Erden auf- gegessen worden sind, und im Alterthunie hatten die Massageten die Gewohnheit, ihre Eltern und Freunde, wenn dieselben alt geworden waren, aufzuessen, damit sie nicht den Würmern zum Frasse fielen. Andere Anthropophagen, lO"/,,, verzehren die todten grossen Krieger, um sich deren Muth zu versehaften, und die verstorbenen Kinder, um deren Jugendfrische zu er- langen; hier kommen also rein egoistische Interessen in Frage. 10 7o verzehren ihren Nächsten aus religiösen Motiven, um den Göttern zu opfern, und ö^o tliun es aus Hass, um sich an ihren Feinden zu rächen. Die- jenigen, welciic Menschenfleisch aus Nahrungsmangel oder Ilungersnoth gcniessen, können auf 18 "/<, geschätzt werden. Die noch übrigen 28 % verzehren ihresgleichen, weil ihnen diescll)cn appetitlicher erscheinen als alle anderen Nahrungsmittel. S. Seh. Den merkwürdigen Parasitismus einiger Monstril- liden (Oopepoden) benutzt A. Giard (C. R. Soc. Bio)., 12 fevr. 1897) zu allgemeinen Bemerkungen über Ent- wickelung. — Schon früher hatte er seine Beobachtung initgetheih, dass die Jungen des pelagischen Thaumaleus in der Annelide Folydora schmarotzen, und zwar völlig von einer Membran des Wirthes umschlossen. Physio- logisch vergleicht G. diesen Parasitismus dem der Larven einiger Fliegen (Ocyptera bicolor, Gymnosoma rotundata u. s. w.), die in einem Sacke der Tracheen- Wand ihres Wirthes leben, und der Piazental-Entwiekelung der Säuge- thiere, indem die vorübergehende Scheide jener der Plazenta dieser entspreche. In beiden Fällen hat der Parasitismus (der fremden Larve oder des eigenen Jungen) nur den Zweck, den Nahrungsdotter zu ersetzen. — Das Merkwürdige bei den Jungen des Thaumaleus ist nun, dass sie, obwohl völlig vom Gewebe des Wirthes um- geben, nicht nur keine Rückbildung zeigen, sondern schon sehr früh eine sehr hohe Ausbildung. Sie haben drei Augen, die besser entwickelt sind, als die mancher frei- lebenden Copepoden, sehr gut ausgebildete Tasthaare an den Antennen und eine hochentwickelte Muskulatur. Nur der Darmkanal fehlt ihnen, aber auch den Er- wachsenen, die ihn nicht brauchen. — Die Monstrillide wird also das, zu dem sie ihr Keimplasma (ihre Phylo- genie) macht. Es entsteht also nicht in Folge des Para- sitismus ein Thier mit rudimentären, nicht angepassten Organen, sondern ein ganz speziellen Bedingungen und ganz anderen als denen der Jungen angepasstes. Es ergreift auch nicht die Ontogenie unvollkommene Organe und bildet sie durch Arbeit, Anpassung u. s. w. um und aus, sondern die Organe des jungen Thaumaleus er- reichen eine sehr hohe Ausbildung, ohne je gebraucht zu werden. Das was also die Entwickelung des Embryo leitet, sind nicht äussere Umstände, sondern die Lebens- führung des Erwachsenen. Reh. Einen nierliwürdigen Fundort von Larven der Pferde-Dasselfliege (Gastrophilus) berichtet A. W. Bitting in den Proc. Indiana Acad. Sc. 189ü. — Im September 1895 erkrankten in Indianapolis sein viele Pferde an Caries der Zähne. Beim Auszielicn solch hohler Zähne fand man 6 Larven von Gastrophilus in den Geweben der Zahn-Alveolen. Sie waren ungefähr o cm von der Oberfläche des Gaumens entfernt und eine Eiu- tritts-Stelle war lücht nachzuweisen. B. stellt die Frage, ob diese Larven vielleicht als die Ursache der Caries an- zusehen wären? Reh. 488 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. XII. Nr. 41. Ueber die Veiheenuigen der cauadi.scheii Wälder durch Brände veröffentlicTit Robert Bell im Juniheft des „Scottish geographical Magazine" eine interessante Arbeit. Die Brände entstehen meist nicht in Folge von Nachlässigkeit oder Böswilligkeit, sondern beruhen zum grossen Tlieil auf natürlichen Ursachen; sie sind die Folge von Blitzschlägen. Von der Ausdehnung einer solchen gewaltigen Feucrsbriinst kann man sich einen Begriff machen, wenn man bedenkt, dass sich von der Meerenge von Belle-Isle bis Alaska hinein ein Waldgebiet von etwa 6000 km Länge und 1000 km Breite erstreckt. Da das Feuer jedesmal durch irgend ein Hinderniss aufgehalten wird, brennen immer nur bestinnntc Gebiete ab, und vou einem erhöhten Standpunkte aus kann mau leicht die kürzlich vernichteten und dann wieder grün gewordenen Strecken an ihrem helleren, zarteren Grün erkennen; auch ist in Bezug auf die Höhe der Waldgewächse eine deut- liche Scala wahrzunehmen von dem niederen Gebüsch, das eben nach dem Brande zum ersten Male wieder aus- schlägt, bis zu den lange verschont gebliebenen Baum- riesen. Die Schnelligkeit, mit welcher sich das Feuer verbreitet, gleicht der des Pferdes im Galopp. Die am Boden liegenden niorscheu Aeste brennen wie Zunder, und die Flammen schlagen bis 60 m in die Höhe. Nadel- bäume sind sehr zahlreich und brennen ihres reichen Harzgehaltes wegen mit der grössten Leichtigkeit. Ein kürz- lich beobachtetes Feuer hatte sich in 10 Stunden auf 240 km ausgebreitet, das macht 24 km auf die Stunde. Gegen hundert Jahre müssen vergehen, bis alle Spuren des Brandes verwischt sind und der Wald sich wieder in' seiner alten Majestät darstellt. Die Thiere werden zum grössten Theil getüdtet; in rasender Eile jagen viele von ihnen vor dem Flammenmeere her, und glücklich sind die zeitweilig im Wasser lebenden Thiere, wie Biber, Moschusratte, Fisch- otter, wenn sie im letzten Augenblick ein grösseres Ge- wässer in seine kühlen Arme aufnimmt. Im nächsten Frühjahr zeigen sich zuerst die Himbeersträucher wieder, und einige andere Pflanzen, deren Samen vor den sengen- den Flammen irgendwie geschützt waren, folgen nach. Nach 15 — 20 Jahren ist der Boden schon dicht bedeckt mit Pappeln, Weiden und Buchen, und unter ihren Zweigen entwickelt sich eine wahre Baumschule von Nadelbäumen. Nach 50 Jahren haben die Coniferen die Laubbäume schon überholt, und nach Verlauf von 100 Jahren sind letztere zum Theil abgestorben, zum Theil unterdrückt, so dass der Nadelwald fast rein dasteht. Für einen Baum scheint das Feuer von Wichtigkeit für sein Fortbestehen zu sein, das ist die Bankstichte. Die festen Zapfen der- selben bleiben nämlich meist geschlossen, durch die Hitze werden sie jedoch gcöifnet, die Samen werden frei und können verbreitet werden. — Solche Brände wiederholen sich in den canadischen Wäldern in jedem Jahre, und schon in prähistorischer Zeit, in welcher der Mensch nocii nicht existirte, verwüsteten sie in gleicher Weise die Wälder, wie es die Funde von verkohlten Stämmen im Pleistocän beweisen. S. Seh. Cheiiiische Uiitersnchungen an vorgeschichtlichen Itronzen Schleswig-Holsteins. — Seitdem Göbcl im Jahre 1842 auf den „Einlluss der Chemie auf die Ent- wickelung der V(ilker der Vorzeit" hingewiesen hatte, hat die Alterthumskunde sich nicht darauf beschränkt, ihren Schlüssen die Fundumstände und die Form der aufge- fundenen Gegenstände zu Grunde zu legen, sondern mchi- und mehr ihr Augenmerk auf die chemische Zusannncn- setzung gerichtet. Es ergicbt sich von selbst, dass die chemische Untersuchung nicht für sich zu einer befriedi- genden Beantwortung sännntlicher archäologischen Fragen im Staude sein wird, nur auf dem Wege der Combination der Form eines Gegenstandes mit der chemischen Be- schaffenheit desselben wird sich dieses Ziel erreichen lassen. Otto Kröhnke hat in seiner Kieler Inaugural- Dissertation die Resultate seiner an 44 vorgeschicht- lichen Bronzen Schleswig- Holsteins vorgenommenen che- mischen Untersuchungen niedergelegt und den Versuch gemacht, auf diesem Wege verschiedene für Schleswig- Holstein noch offenstehende archäologische Fragen zu entscheiden. Die Bronzezeit, in welcher die Bronze zu Waffen, Gerätheu und Schmucksachen verwandt wurde, wird von Montelius auf die Zeit von 170U — 500 v. Chr. festgesetzt. Die Bronze besteht aus einer Legierung von Kupfer und Zinn; es ist aber auftalig, dass die erste Kenntniss der Metalle sich auf ein Gemisch von zweien bezieht. Erst in neuerer Zeit, nachdem man eine Reihe aller Metall- legierungen chemisch untersucht hat, hat man Gegen- stände aus reinem Kupfer gefunden, und, auf diese ge- stützt, vielfach die Existenz eines der Bronzezeit voran- gehenden Kupferalters angenommen. Die Verfechter eines besonderen Kupferalters weisen besonders auf die geringe Wahrscheinlichkeit hin, dass die Menschen zu Anfang Watten und Geräthe aus einer Mischung zweier Metalle und nicht aus einem einfachen Metalle angefertigt haben sollten. Montelius betrachtet die zinnarmen Broncen als Uebergänge vom Kupfer- zum Bronzealter und ver- sucht sogar eine stufenweise Steigerung des Zinngehaltes festzustellen. Ein Kupferalter konnte sich local da entwickeln, wo es reines Kupfer oder Kupfererze gab; so sind (Emil Schmidt, Vorgeschichte Nordamerikas, S. 78) die Gegen- den am Oberen See, wo die Kupfergeräthe am häufigsten vorkommen, auch die reichste Kupferregion nicht nur Amerikas, sondern wohl der ganzen Welt. Den amerika- nischen Kupfererzen fehlt (Schmidt, S. 51) jede Spur einer Beimischung von Schwefel, Arsen, Antimon, Nickel, etc. Als einzige fremdartige Beimischung findet sich nur bis- weilen Silber, das jedoch nicht als Lcgirung mit dem Kupfer verbunden ist, sondern demselben in der Form von Schüppchen oder Körnchen aufsitzt. Wie hier, so fehlt, bis auf einzelne englische Vorkonanen den Kupfer- erzen überhaupt jede Spur einer Beimengung vou Zinn; die englischen durch Zinn verunreinigten Kupfererze können al)er nicht für unsere Bronzeobjecte in Betracht konmien. Das in diesen vorkonunende Zinn muss dem- nach absichtlich beigemengt sein; und zwar wahrschein- lich durch Zusanunenschmelzen vou Zinnerz und kiesigem Kupfererz. Dieses Verfahren erklärt genugsam die un- sicheren und schwankenden Gewichsverhältnisse der beiden Metalle in den Bronzen. Durch den Zusatz von Zinn haben die Alten beabsichtigt, dem Metall mehr Härte und Widerstandsfähigkeit zu geben, seine Schmelzbarkcit zu erhöhen und einen leichteren Guss zu erzielen. Um diesen Zweck zu erreichen, war eine jedesmalige Prüfung nothwendig. Einen Anhalt kann die Farbe ge- geben haben; wahrscheinlicher ist aber, dass die Prüfung durch jedesmalige Entnahme von Prol)en erfolgte, die nach dem Erkalten auf ihre Härte hin untersucht wurden. Das Antimon und das Arsen besitzen nämlich die härten- den Pagenschaften in weit höherem Maasse als das Zinn. Antimonhaltige Kupfererze bedürtten darum nur eines ge- ringeren Zinnzusatzes, um die gewünschte Härte zu er- reichen, und thatsächlich enthalten Broncen mit einem Antinu)ngehalt von 0,2"'o an nur sehr wenig Zinn. Der Zinngehalt ist auch verschieden .je nach der Bestimmung des Gerätlis; denn bei einem Zinngehalt von 15—20 % ninnnt die Brüclngkcit wieder zu. Der Zinngehalt bei den Gelten und Beilen Schleswig-Holsteins schwankt XII. Nr. 41 NaturwisseiLSchaftlicbe Wochenschrift. 4S9 zwischen 2 und 8 — ('"/oi dagegen zeigen die Schmuck- sachen (Fibehi etc.), bei denen es weniger auf Wider- standsfähigkeit als auf leiciitc Sclimelzbarkeit und leich- tere Verarbeitung ankommt, einen sehr iiohen Zinngehalt (9,88-17,15 »,o)- Da bei den sehr zinnarmen Brouzen nicht von einer natürlichen Verunreinigung die Eede sein kann, ninnnt Kröhnke an, dass diese das Product vielfacher Um- schmelzungen sind, durch die das Zinn auf einen Minimal- gehalt reducirt ist. Aus den mitgetheilten Ergebnissen der Umschmelzungsversuche geht hervor, dass der Zinn- verlust selbst bei zinnarmen Bronzen noch immer be- trächtlich ist. So reduciite sich in einem Falle der Zinn- gehalt durch siebenmalige Umschmelzung von 2''/q auf 0,.5'Vo. Durch den Luftzutritt oxydirt sich das Zinn schneller als das Kupfer und gelit so der Bronze verloren; selbst der in der Bronze verbleibende Tiieil der gebildeten Oxyde wird bei der nächsten Umschmelzung den Ziunverlust ver- grössern, und thatsächlich crgiebt die erste Umschmelzung stets einen geringeren Verlust an Zinn. Im allgemeinen ist jedoch der Zinnverlust um so bedeutender, je grösser der Zinugehalt ist. Die Nebenbestandtheile der Bronzen, welche sich auf analytischem Wege nachweisen lassen, gestatten einen Schluss auf die Herkunft der zur Darstellung benutzten Erze, da sie (vielleicht mit Ausnahme des Antimons) nicht als absichtliche Beimengung zu betrachten sind, sondern nur in Verunreinigungen der zur Darstellung benutzten Erze ihren Urs])rung haben können. Da aber das Zinn in grösserer Menge nur im Zinnsteiu vorkommt, hier aber der Beimengungen entbehrt, da ferner der Zinngehalt der Bronzen immer verhältnissmässig klein ist, so werden die Verunreinigungen der Bronzen durch diejenigen der be- nutzten Kui)fererze hervorgerufen sein. In den untersuchten Broncen aus Schleswig-Holstein finden sich als Verum-einigungen Eisen (in allen), Schwefel (in 18 Fällen), Nickel und Kobalt (8), Zink (7), Arsen (10), Antimon bis über 1 pCt. (13), Silber (8), Blei (3—5). Ein Vergleich dieser Verunreinigungen mit Analysen von den durch Zusammenschmelzen hiesiger Erze heutigen Tages gewonnenen Schwarz- oder Rothkupfersorten, welche zunächst bei der Untersuchung der Herkunft des verwendeten Kui»fererzes in Betracht kommen können, ergiebt zwei Möglichkeiten für den Bezug des Metalls. Entweder kann es auf dem Seewege hierher gelangt sein, aus England, oder der Ursprung ist auf dem Kontinent, in Süddeutsehiand oder in Ungarn zu suchen. Gegen die Herkunft aus England sprechen die in vielen Objeeten sich vorfindenden, nicht unbeträchtlichen Mengen von Antimon, Arsen, Silber und Zink, und auch die Formenverscliieden- heiten zwischen beiden Ländern schlicsseu diese Annahme aus. Als Bezugsquellen können dagegen Sachsen, Schlesien, Ungarn^ Böhmen und Siebenbürgen in Betracht kommen, vielleicht auch der Harz, obwohl derselbe wenig ergieliig war und dort wohl kaum ein Bergbau in ältester Zeit betrieben wurde. Für diese Annahme sprechen auch die aus Golddraht verfertigten Spiralringe des älteren Bronze- alters, die in Hunderten von Funden aus dem skandi- navischen Norden, auch aus Schleswig-Holstein, vorliegen und deren Herkunft aus Siebenbürgen oder den öster- reichischen Alpenländern nicht bezweifelt werden kann. Wahrscheinlich sind diese von Händlern hierher gebracht und gegen den Bernstein ausgetauscht worden. Uilm einzelnen lässt sich annehmen, dass diejenigen Bronzen, welche Kupfer, Eisen und Schwefel enthalten, aus Buntkupfererzen und vielleicht sächsischen Kupferkiesen stannnen, während dagegen die antimonhaltigen und namentlich diejenigen, welche daneben Arsen füia-en, aus Ungarn oder Siebenbürgen stammen mögen, wo sieh Antiraonfahlerze in grösseren Mengen finden. Für uralte, rege Handelsbeziehungen, als deren Träger Elbe und Weichsel gedient haben mögen, sprechen auch die zahlreichen Bernsteinperlen, welche in Ungarn gefunden sind und aus der Zeit bis zum 4. und 5. Jahrhundert vor Christo stammen. Von besonderem Interesse sind die von Kröhnke an dem Schwerte von Norby (Kieler Sammlung 5962) vor- genommenen Untersuchungen, da dieselben unter jedes- maliger Berücksiciitigung der äusseren Umstände in manchen Fällen geeignet sind, einen verhältnissmässig bedeutenden Zinngehalt zu erklären. Schon das äussere Aussehen des Schwertes Hess vermuthen, dass der Kupfcr- gehait nicht in allen Theilen der gleiche sei, und in der That ergaben die vier an Proben aus verschiedenen Thei- len der Schwertklinge ausgeführten Kupferbestimmungen, dass der Kupfergehalt nach der Spitze hin abnehme (1. 63,79 pCt., 2. 57,95 pCt., 3. 45,91 pCt., 4. 8,56 pCt.). Es ist nicht anzunehmen, dass diese Ungleichmässigkeit ursprünglich ist; vielmehr sind die Verschiedenheiten auf einen Kupferverlust zurückzuführen, der sich aber niciit auf die Proben 2 — 4 beschränkt, sondern auch die erste betroffen haben wird, sodass vielleicht die Annahme eines ursprünglichen Gehalts von 90 pCt. den thatsächlichen Verhältnissen entsprechen dürfte. Zur Erklärung des alsdann beträchtlichen Kupferverlustes kann weder die Einwirkung kohlensäurehaltiger Wasser nocii die der Humussäuren herangezogen werden, weil dann die Erschei- nung bei allen Bronzen, die in der Erde gefunden werden, mehr oder minder auftreten müssen. Da aber solche Kupferverluste hauptsächlich bei den Bronzen festzustellen waren, die aus Gräbern stammen, ist anzunehmen, dass das bei der Verwesung der Leiche entstehende Ammoniak das Kupfer allmählich aufgelöst und das Zinn zu Ziim- säure umgewandelt hat. Diese Umwandlung musste naturgemäss an den dünneren Theilen des Schwertes, also nach der Spitze zu, immer stärker werden, und der- selbe .Vorgang wird sich bei allen Bronzegegenständen mehr oder minder abgespielt haben, die aus Gräbern stammen und während des Verwesungsprocesses nel)cn oder auf der Leiche gelegen haben, und auf diesen Um- stand fühlt Kr('ilinke auch den hohen Zinngehalt zweier anderen Bronzen der Kieler Sammlung zurück. A. Lorenzen. üeber Chlorstickstoff hat W. Hcntschel in den Ber. D. Chem. Ges. 30, 1434 Untersuchungen mitgetheilt. Verfasser verweist zunächst auf die Arbeit von Gatter- mann, der den Chlorstickstotf zum ersten Mal gewogen und direet analysirt hat und auf die von Seliwanoft', der eine Beziehung des Chlorstickstofi's zum Succinimid, einem organischen Derivat, ermittelte. Die Keuntniss des Verhaltens des Chlorstickstoifs gegen organische Körper hat mit der mächtigen Entwick- lung der organischen Chemie keineswegs Schritt gehalten, unser Wissen beschränkt sich seit langem darauf, dass der Chlorstiekstoft' beim Zusammenbringen mit veischie- deuen Kohlenstoffverbindungen explodirt. Hentscliel hat dem gegenüber gefunden, dass sich Chlorstiekstoft' in ge- wissen Auflösungen mit Erfolg und fast ohne Gcfaiir in der Laboratoriuuispraxis verwenden lässt. Porret Kirk und Wilson haben bereits in den tJilb. Ann. 47, 56, 69 von der Herabininderung der Zersetzlich- keit des Chlorstickstoffs beim Verdünnen mit Schwefel- kohlenstoff berichtet; beim Einbringen von Phosphor in eine derartige Lösung konstatirfen beide Autoren lediglich ein Sieden der Lösung, während reiner Chlorstickstotf beim Zusammentreffen mit Phosjjhor heftige Explosion zur Folge hat. 490 Naturwisseuschaftliclie Wochenschrift. XII. Nr. 41 Nach Hentschel liisst sich eine lOprocentige Chlor- stickstoff-Benzol-Lösuui;, ohne Gefahr 7,u laufen, anzünden oder auf eine rothglühende Eisen platte giessen; Körper, die mit reinem Chlorstickstoff unter Explosioiiserschei- iiungen reagiren, zeigen allerdings lebhafte, aber dennoch controllirbare Einwirkung. Auf concentrirte Lösungen wirkt Phosphor explosionsartig ein, während concentrirte Salpetersäure beim Jlischen mit 1 ccm 20 procentiger Chlorstickstoff-Beuzol-Lösung unter fliutenschussähnliehem Knall reagirt. Auf Grund seiner Beobachtungen kommt Hentschel zu dem Schluss, dass die Beständigkeit des Chlorstick- stoifs durch den Concentrationsgrad bestimmt ist; je hoch- procentiger der Gehalt an Chlorsfickstoft", desto mehr ähneln derartige Lösungen in ihrem Verhalten dem reinen Chlorstickstoff. Obgleich Verfasser beim mehrmonatlichen Ai'beiten selbst mit hochprocentigen Lösungen keine Zwischenfälle erlebt hat, so hält er doch Ermahnung zur Vorsicht am Platze. Die Lösungen des Chlorstickstoffs sind liehtbrechende, schwefelgelb gefärbte Flüssigkeiten, die sich im Dunkeln sehr langsam, im Sonnenlicht dagegen äusserst schnell zersetzen; die Natur des Lösungsmittels ist auf die Halt- barkeit von geringem Einfluss, eine Ausnahme macht eine ätherische Lösung, die rasche Zersetzung aufweist. Der Zerfall des Chlorstickstoffs führt zu Ammoniak oder freiem Stickstoff. — Die wässerige Lösung lässt sich aus verdünnter wässeriger Sahniaklösung und Chlor- resp. unterchloriger Säure darstellen; zu Folge der Umkehrbarkeit dieser Reaktion ist die Bildung des Chlor- stickstoffs aus diesen Componenten an einen Grenzwerth gebunden, der von der Menge der reagirenden Körper, ihrer Concentration und Temperatur abhängt; Verdünnen mit Wasser hat Herabminderung der Stickstoffbildung, Zugabe von einem in Wasser unlöslichen Körper, der seinerseits im Stande ist, den gebildeten Chlorstickstoff zu lösen, eine Vermehrung der Bildung von Chlorstickstoff zu Folge. Versetzt man eine mit Chlor gesättigte öprocentige Natronlüsung mit überschüssiger Salmiaklösung und wenig Benzol, so wird der in feinen Tröpfchen ausgeschiedene Chlorstickstoff leicht von dem Benzol aufgenommen. Die Benzollösung ist eine starke lichtbrechende, klare, gelbe Flüssigkeit von dem widerlich-charakteristischem Geruch des reinen Chlorstickstoffs. Sie zerfällt im Sonnenlicht in 1 — 2 Stunden unter Freiwerden von Stickstoff und Bildung von Bcnzol- hexaehlorid (CuHgClg). Die Schwefelkohlenstoff lösung zersetzt sich ebenfalls im Sonnenlicht und liefert beim Destilliren viel Clilorschwefel. Die Chloroformlösung zeigt trägere Zersetzung unter Iiildung von Chlor, Salz- säure, Salmiak und wahrscheinlich Aethanhexachlorid. Die ätherische Lösung ist wenig stabil, sie zersetzt sich schnell, es entstehen Ammoniak und Salmiak. Dr. A. Sp. Aus dem wissenschaftlichen Leben. Ei-nannt wurden: Der Oberbibliotliekar und Kath an dor Königl. Bildiotlu'k zu Ilannovei- Dr. Eduard Bodcmann zum Gfli. Rej;i(;i'uug3-Ratli ; doi- ausserordentliche Professor der Geo- grapliic au der Akademie zu Münster Iv. Lelimaun zum ordcut- lichen Professor; die Chemiker Dr. Robert Heinzelmaun und Dr. Franz Kalckhoff und die Physiker Dr. Alfred Franke zu teclinischen Hilfsarbeitern am Kaiserlichen Patentamt; der Privat-Doceut der Zoologie in Giessen Dr. von Wagner zum ausserordentlichen Professor; ( )berstudienrath Dr.Win tterlin zum Director der öifentlichcn königl Bibliothek in Stuttgart; Custos Laschitzer an der Studienbibliothek in Klagenfurt zum Biblio- thekar an der Akademie der bildenden Künste in Wien; der Hilfsbibliothekar an der Königl. Bildiothek zu Berlin Dr. F. Milkan zum Bibliothekar; Assistent Dr. K. Pretzsch au der Königl Bibliothek zu Berlin zum Hilfsbibliothekar; Dr. E. Dorsch von der Königl. Bibliothek zu Berlin zum Bibliothekar an der Universitäts-Bibliothok in Bonn; Hilfsbibliothekar W. Wisch- mann an der Uuiversitäts-Bildiothek in Breslau zum Bibliothekar an der Universitäts-Bibliothek Kiel. Berufen wurde: Der Privat-Docent für pflanzliche Pro- ductionslohre an der Hochschule für Bodencultur in Wien K. Fruwirth als Professor für Pflanzenbau an die landwirth- sehaftlicho Akademie zu Hohenheim. Es habilitirteu sich: Assistent Dr. B. von Kader und Secundärarzt Di'. A. He nie von der chirurgischen Klinik in Breslau für Chirurgie; Dr. W. Kühnau in Breslau für innere Medicin; Dr. A. Borgert und Dr. B. Schöndorff für Zoologie bezw. Physiologie in Bonn; Assistenzarzt!. Kl. Dr. A. Sehoen- werth für Chirurgie in München; Assistent Dr. R Hegler für Botanik in Rostock; Assistent Dr. C. Spitz für physiologische Chemie in Strassburg; Assistent Dr. P. Holdefleiss für Land- wirthschaft in Jena. Aus dem Lehramt scheidet: Der Professor für physiologische Chemie in Jena Dr. R. Neumeister. Es starben: Der Leiter der Augcnabtheilung an der Charitc zu Berlin Generalarzt a. D. II. Kl. Prof. Dr. Max Burchardt; der ordentliche Professor der Mathematik am Lyceum zu Regena- burg J. Bielm ayr. L i 1 1 e r a t u r. Dr. Albert Reibmayr: „Inzucht und Vermischung beim Menschen". Leipzig und Wi(3n (Franz Deuticke) 181)7, (2GSS.) 8». — Preis 5 M. ' Der Verfasser hat sich zur Aufgabe gestellt, den Nachweis zu führen, dass die Factoren der Inzucht und der Ver- mischung beim Menschen einen sehr grossen, bisher übersehenen Einfluss ausüben. Damit ein Volk zu hoher Kultur gelange, ist nicht nur nöthig, dass eine gewisse räumliche Absonderung es zu einem luzuchtvolk mache, sondern auch, dass sich innerhalb des Volkes eine Inzuchtkaste abzweige, welche die hervorragendsten Eigenschaften des Volkes noch besonders ausbildet und die Füh- rung übernimmt. Mit der Zeit tritt jedoch die Degeneration der herrschenden Kaste ein und das Volk wird führerlos dem Zu- fall der Ereignisse preisgegeben. Aeusserlich kann das nationale Leben anscheinend noch blühen, wenn schon der Niedergang sich vorbereitet, aber bei erster Gelegenheit, wenn ein Stoss von aussen erfolgt, bricht das Volk zusammen. Die Rassen misc hung ist ein zweiter Factor des Zurückgehens des nationalen Charakters, denn Mischlinge sind charakterlos. Die obigen Grundgedanken nöthigen den Verfasser, sich eingehend mit der Vererbung, den Ursachen und Wirkungen der Inzucht und der Ver- mischung, dem Nutzen und Schaden der K asten b il d ung, der Degeneration und Regeneration zu beschäftigen. Diesen Gegenständen ist der allgemeine Theil des Buches gewidmet, dann folgen die geschichtlichen Belege, namentlich über die Inzucht und Vermischung bei den alten Aegyptern und bei den alten Juden. In mehreren Anhängen werden schliesslich verschiedene Bemerkungen mitgetheilt über die Inzucht bei Bienen und Ameisen, über die Züchtung extremer Chai-aktero, über die Züchtung biostatischer Vortheile, über die Inzucht im Gebirge, über die grössere Wahrscheinlichkeit der Hervorbringung ge- nialer Naturen bei Inzucht, über das gesunde und pathologische Genie, über Geschwister- und Verwaudtenehe, über die Aus- rottung der Besten, über den Zusaumienhang der Blüthezeit der Medicin mit den Degenerationsperiodeu cler Kulturvölker uiul über das Aussterben der Familien der führenden Kasten. Das Reibmayr'sche Buch ist eine höchst l)ea ch t ens wer the Arbeit, die nicht bloss dem praktischen Arzte und dem Anthro- pologen, sondern auch dem Historiker und dem Soziologen viele neue Gesiclitspunkte öffnen wird. IMeiner Werthschätzung thut es keinen Eintrag, dass der Verfasser die Wirkungen der Inzucht und der natürlichen bezw. socialen Auslese etwas anders vertheilt als ich es thue. Er hat meiner Meiimng nach der Auslese in ihren verschiedenen Formen etwas zu wenig, der direkten Vererbung etwas zuviel zugeschrielien. Namentlich wo er Vori'rbungsthatsachen aus den Erfahrungen der Thierzucht heran- zieht, hat er nicht iunner genügend beachtet, dass hierbei stets eine methodische Auslese stattfindet, die ihre Wirkungen mit XII. Nr. 41. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 491 denen der directen Veivrlning in einer niclit leiclit zu entwirrenden Weise vereinigt. Dadurch wird der Verfasser manchmal zu etwas weitenhonden Schlüssen verleitet. Ueberhaupt kann man bei grossen, zahlreichen Völkern nur bedingt von Inzucht sprechen, da die Kopfzahl vielerlei Verbindungen nicht nahe verwandter Individuen gestattet, die auch häufig genug eintreten. Auch die Abschliessung höherer Kasten oder Stände ist nie eine unbedingte. Ich habe darum in meiner „Gesellschaftsordnung" nur von Ein- schränkung der Panmixie" gesprochen, die schon genügt, um Aristokratien zu bilden und geniale Köpfe durch die Verlmidung höher veranlagter Individuen häufiger als sonst entstehen zu lassen. Eine vollständige Inzucht hat wohl nie auf längere Dauer bei einem Volke stattgefunden, denn immer drangen neue begabte Mischlinge aus den unteren Ständen in die höheren ein und frischen das Blut auf. Besonders der Mittelstand unserer Tage ist in beständigem Flusse: er nimmt zunächst die strebsame- reirivöpfe der unteren Stände auf und gewährt ihnen die Vorstation, von der sie oder ihre Nachkommen den Sprung auf die Hohen der Menschheit wagen können, wenn sie dazu veranlagt sind. Alles dies sind jedoch Fragen, denen ich keine entscheidende Bedeutung beilege. Der Verfasser hat sehr eindringlich auf die Tragweite der Inzucht aufmerksam gemacht, er hat richtig ge- schildert, wie weit sie gefahrlos ist und von wo an sie zur Ent- artung führt, ebenso steckt in seiner Auffassung der Kasten- bildung ein durchaus gesunder Gedanke. Selbst wenn der Ver- fasser da oder dort zu weit gegangen sein sollte, scliadet dies nicht, da es gut ist, einen verbogenen Stab auf die andere Seite zu biegen, damit er gerade werde. Es ist soviel Vorurtheil und schiefe Auffassung "in der wissenschaftlichen Welt zu überwinden, dass ein Buch, wie das Reibmayr's, nur aufs wärmste begrusst werden kann. Otto Ammon. Dr. Wagner, Grundriss der Gesundheitspflege, allgemein-ver- ständlich zum Selbstunterricht dargestellt. Verlag von J Hörning. Heidelberg 1897. — Preis geb. 1,50 M. Das Büchelchen orientirt leicht verständlich über die wesentlichsten Grundlagen der Hygiene. Luft, Klima, Boden, Wasser, Nahrungs- und Genussmittel im Allgemeinen und Be- sonderen finden sachgemässe Besprechung, ebenso die Wohnungs- Hygiene: Heizung, Ventilation und Beleuchtung, Krankenhäuser, sowie die Kleidung, Hautpflege und Bäder. Der wichtigen Schul-Hygiene ist ebenfalls ein eigenes Kapitel gewidmet, ferner der Gewerbe-Hygiene, den Volkskrankheiten, der Desinfection u. s. Vf. Eine sorgsame Hausfrau und der Familienvater werden das gut orientirende Heft mit Nutzen lesen. Prof. Dr. Paul Ascherson und Dr. Paul Graebner, Synopsis der Mitteleuropäisclien Flora. I. Bd., 5. Lief., Bogen '-!1 — 25. Wilhelm Kngelmaim, Leipzig 1897. - Preis 2 M. ' Die Lieferung erledigt die Potamogetonaceen und bringt die Najadaceen, Juucaginacoen, Alisinataceen, Butoinacoeu und den Anfang der Hyr. P. Harzer, l>irtctur der Herzoglichen Sternwarte zu Gotha. Mit einer Tafel. (Sonder- Abdruck aus den Mitteilungen der Vereinigung von Freunden U<,t Astronomie und kosmiscben Physik.) 5^^ Seiten Lex. 8". — Preis 1.20 M. Hempers Klassiker-Ausgaben. Ausführl. Specialvcrzcichni.sse fp-atis. Ferd. Dümmlers Yerlagsbuchhandl- jffrii. Pümmlfrs gcrlajebudilianbluug in Scrliit SW. 12, gimmcrftr. 94. f tnflf Jlntmorlfn niif linkrfrnjfit. ^tiisgctpäbltc Kapitel aus einer praßtifd^cn "g^äöagogiß fürs S><^\.\5 l-Oll Dr. phil. ^nt>olpi) ^citjtci, Dojciit an tcr 4niiii&i.Mtt • Slf.ibcmie in Seiliii. 248 @. flioji Pftno. ^ifciS flcl). 2.80 ÜJJ., flfb. 3,60 ÜJJ. Gewinnbetheiligung! Bedeutender Rabatt! "5 1—* ... OJ c ,ä ^ *-> u s o > .r a; X Iß m O t^ 0 Jedes M Neues Prinzip für Massenbetheiligung an industriellen Unternehmungen. .\ntlieile iv Mk. lu tglied kann bis 500 Antheile Übernehmen, participirt am Reingewinn unii er £ ff! LIM. S.0.26. Internationaler Verein # zur rationellen Verwerthung von Patenten. Eincetr. Gcnossen.scli.aft iii. b. 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Lichterfolde (F.-B.) bei Berlin, Potsdamerstrasae 35, für den Inseratentheil: Hugo Bernstein in Berlin. — Vorlag: Ferd. Dümmlers Verlagsbuchhandlung, Berlin SW. 12. — Druck: G. Bernstein, Berlin SW. 12. Redaktion: 7 Dr. H. Potonie. Verlag-: Ferd. Dümmlers Verlagsbuchhandlung, Berlin SW. 12, Zimmerstr. 94. XIL Band. Sonntag, den 17. Oktober 1897. Nr. 42. Abonnement: Man abonnirt bei aUeo BuchhandlwnKCu und Post - anstaiten. wie bei der Expedition. Der Vierteljahrapreis ist Jt 4.— BriDKeKeld bei der Post 16 -^ extra. Postzeitungsliste Nr. 4954. Inserate : Die viergespaltene Petitzeüe 40 i\. Grössere Aufträge ent- sprechenden Rabatt. Beilagen nach Debereinkunft. Inseratenannahme bei allen Annoncenbureaux wie bei der Expedition. .Abdruck iMt nar lEilt vnllf^täiiadiser C^uellenaneabe gestattet. Ueber Fernwirkuiigen und die Fortpflanzungsgeschwindigkeit der Schwerkraftstrahlen. Von ßudolf Mewes. Sowohl aui' der 54. als auch auf der G9. Versamm- lung deutscher Naturforscher und Aerzte wurde ein ein- gehender Vortrag über den Gültigkeitsbereich des New ton'schen Attractionsgesetzes und über die Fortpflanzungs- geschwindigkeit der Schwerkraft gehalten. Die erste Versammlung fand im Jahre 1881 in Salzburg statt, während die letztere Ende September dieses Jahres (1897) in ßrauuschweig tagte. In dem Vortrage auf der Salzburger Versammlung der Naturforscher sehloss Th. von Oppolzer, dass die von Laplace berechnete Fortpflanzungs- geschwindigkeit der Schwerkraftstrahlcn, welcher einen 10 Millionen Mal grösseren Wcrth als die Lichtgeschwindig- keit aus der Mondbewegung ermittelt hatte, nicht sicher sei, da die Mondtheorie wegen ihrer Unsicherheit noch keinen Prüfstein für so feine Untersuchungen über das New- ton'sche Gesetz abgeben könne. Oppolzer empfahl da- her in seinem Vortrage, da die beobachteten Plaueten- und Kometenstörungen durch das Vorhandensein von fein zertheilten Massen im Welträume sich genügend erklären Hessen, das durch die Erfahrung als ziemlich festen Boden erkannte Attractionsgeselz vorerst nicht zu verlassen. Wenn auch die Anomalie des Winnecke'schen Kometen sich durch die Annahme einer endliehen Fortpflanzungs- geschwindigkeit der Gravitation wohl erklären Hesse, so würden dadurch doch für die übrigen Planeten zu grosse Störungen bewirkt; auch müsse man bei der Beurtheilung aller säcularen Störungen der Planetenbewcgungen be- rücksichtigen, dass wir keine Garantie dafür haben, dass unser Zeitmaass stets genau constant geblieben ist, da durch die Fluthwelle die Tagesdauer verlängert, durch Contraction der Erde aber verkürzt werden kann. Auf diesen Umstand hat übrigens auch schon Robert Ma3'er in seiner Dynamik des Himmels hingewiesen. Trotz des ziemlich negativen Ergebnisses hatte die Behandlung des Gravitationsproblemes auf der Natur- forscherversammlung in Salzburg anregend und befruch- tend gewirkt, wie die seitdem veröffentlichten Abhand- lungen über die Theorie der Schwerkraft und über die Fortpflanzungsgeschwindigkeit der Schwerkraft genügend beweisen. Im Jahre 1885 veröffentlichte Lehmann-Filhes in den „Astronom. Nachr." 110, S. 209 eine Abhandlung: „Ueber die Bewegung eines Planeten unter der Annahme einer sich nicht momentan fortpflanzenden Schwerkraft." Herr Professor Drude bemerkt hierzu in seinem Referat für die Naturforscherversammlung in Braunschweig: „Bei dem von Laplace abweichenden Rechnungsansatz von Lehmann- Filhes entsteht die Schwierigkeit, dass die absolute Be- wegung der Sonne im Räume für die Beurtheilung des Ein- flusses einer endlichen Fortpflanzungsgeschwindigkeit der Gravitation von Gewicht ist. Man kann allerdings das allge- meine Resultat ableiten, dass bei Annahme der letzteren wohl Anomalien in der Perihelbewegung der Planeten zu erklären seien, bindende Schlüsse sind aber so nicht zu gewinnen." Im Gegensatz zu den bisherigen Gravitationstheorien nahm ich im nächsten Jahre (1886) das Attractionsproblem vom . rein physikalischen Standpunkte in Angriff, indem ich mich von der Ueberzeugung leiten Hess, dass die von den Massen ausgestrahlten Aetherschwingungen die Ursache der wechselseitigen Anziehung sind. Quantita- tive und qualitative Beziehungen führten mich zu dem Resultate, dass die Wärmeschvvingungcn die Ursache der Massenanziehung sind und sieh dcmgemäss die Schwer- kraftstrahlen mit Lichtgeschwindigkeit fortpflanzen müssen. Ueber diesen Gegenstand habe ich seit dem Jahre 188(5 eine Reihe von Arbeiten in der Zeitschrift des deutschen Vereins zur Förderung der Luftschiffahrt veröffentlicht und dieselben gesammelt in der Brochiire „Die Fort- pflanzungsgeschwindigkeit der Schwcrkraftstrahlen und deren Wirkungsgesetze" im vorigen Jahre im Verlage von M. Krayn-Berlin herausgegeben. Ich habe in dieser Ab- handlung nach zwei verschiedenen physikalischen Methoden 494 NaturwisseDSchaftliche Woclienschrift. XII. Nr. 42. die Fortpflanzung'sgeschwiudigkeit der Scbwerkraftstrahleu auf experimentellem Wege gleich derjenigen der Lielit- g-escliwindigkeit gefunden. Hei der ersten Methode wurden die subtilen Versuche von v. Rebeur-Paschwitz mit dem Heugler'scben Horizontalpendel benutzt, wahrend nach der zweiten Methode aus den Bahn- und Rotations- geschwindig-keiten der Sonne und der Planeten mit Hülfe der von mir gegebenen Ableitung des Weber'scheu Grundgesetzes aus dem Doppler'schen Princip die Fort- pflanzungsgeschwindigkeit der Sehwerkraftstrahlen sich ebenfalls gleich derjenigen des Lichtes ergeben hat. Obwohl Herr Professor Drude meine Abhandlung kannte, so hat derselbe sie in seinem Referat für die 69. Ver- sammlung deutscher Naturforscher nicht erwähnt, weil er, wie er mir brieflich mittheilte, den von mir ein- geschlagenen Gedankengang nicht für stichhaltig hielt und die Abhandlung absprechend hätte erwähnen müssen. Gleichwohl glaube ich mit Rücksicht auf die weiter unten zu besprechende Abhandlung von Levy (Conipt. Rcnd. 110, S. 54.5, 1890) auf richtigem Wege zu sein; die Entscheidung hierüber stelle ich späteren Versuchen und Rechnungen anheim. Wenige Jahre nach der vorhin erwähnten Arbeit von Lehraann-Filhes hat Dr. J. von Hepperger. in der Sitzung vom 3. Februar 1888 der Wiener Akademie eine Ab- handlung „lieber die Fortpflanzungsgeschwindigkeit der Gravitation" vorgelegt (Wien. Ber. (2j 97, 1888). „Ncwton's Gesetz der Massenanziehung berechtigt uns", so sagte V. Hepperger, „zur Folgerung, dass die Gravitation zur Durchmessuug des Raumes der Zeit bedarf. Denn die Abhängigkeit der Grösse der Anziehung von der Ent- fernung erscheint mit der Annahme einer instantanen AVirkung der Gravitation nicht vereinbar. Will man sich von einer instantanen Wechselwirkung zweier räumlich getrennter Korper eine Vorstellung macheu, so kann man sich der Annahme kaum erwehren, dass die Wirkung durch ein Medium vermittelt werde, welches für die dal)ei ins Spiel kommenden Kräfte die Eigenschaften eines voll- kommen starren Körpers besitzt. Bei dieser Art von Kraftübertragung spielt die Entfernung keine Rolle. Aber auch dann, wenn die Wechselwirkung ohne Dazwiscben- kunft irgend eines Mediums durch eine der Materie eigenthümliche, in die Ferne wirkende Kraft zu Stande kommt, ist es kaum denkbar, dass die Gn'isse der Kraft- äusserung durch die Entfernung irgendwie beeinflusst wird. Sind doch die Begrifte Veränderung und Zeit so eng mit einander verknüpft, dass der eine ohne den anderen nicht gedacht werden kann. Ist also die Fern- wirkung von der Zeit unabhängig-, so sollte sie auch nicht je nach der Entfernung verschieden sein. Wird daher die Kraft, mit welcher sieh Körper anziehen, durch ein Medium übertragen oder nicht, so erseheint eine instantane Wirkung dieser Kraft ausgeschlossen, wenn, wie es thatsächlich der Fall ist, die Grösse der. An- ziehung von der Entfernung abhängt. Die Wirkung der Gravitation ist dem reciproken Werthe des Quadrats der Entfernung proportional; die Abnahme der Wirkung erfolgt daher so, als ob sie durch die Ausbreitung der Gravitation über homocentrische Kugelflächen verursacht wurde. Die Geschwindigkeit, mit welcher die Fortpflanzung der Gravitation vor sich geht, hängt mit dem genannten Gesetze der Abnahme der Kraftwirkung nicht zusammen, hat jedoch Einfluss auf die Bewegungen der Himmelskörper, indem sie die auf einen Körjier in einem gegebenen Momente wirkenden Kräfte von den Orten al)hängig macht, welche die anderen Körper in früheren Zciti)unkten eingenommen haben. Dieser Einfluss wird verschieden sein, je nach- dem die Geschwindigkeit der Fortpflanzung constant oder veränderlich ist. Da über die Art ihrer Veränder- lichkeit ebenfalls nur willkürliche Voraussetzungen ge- macht werden können, nehme ich, um die Rechnung zu vereinfachen, an, dass sie eine constante Grösse sei. An eine numerische Bestimmung derselben ist vorläufig noch nicht zu denken, nachdem sich Beobachtung und Be- rechnung der astronomischen Erscheinungen noch in so guter üebereinstinnnung befinden, als man Angesichts der Schwierigkeit der Störungsrechnungen zu erwarten be- recliiigt ist. Man kann jedoch eine gewisse Grenze augeben, unter welcher die Fortpflanzungsgeschwindigkeit der Gravitation nicht angenomuicn werden darf, wenn man nn't den Beobachtungen nicht zu sehr in Widerspruch ge- rathen will." Diesen unteren Grenzwerth findet von Hepperger mit Zuhilfenahme der Annahme, dass das die Gravitation leitende Medium im Räume ruhe, durch verhältuissmässig einfache mathematische Entwickelungeu gleich dem 500 fachen der Lichtgeschwindigkeit, während S. Oppen- heim in der Abhandlung „Zur Frage nach der Fort- pflanzungsgeschwindigkeit der Gravitation" (Jahres- bericht über das k. k. akad. Gymu. in Wien 1894y95) für die Fortpflanzungsgeschwindigkeit der Gravitation aus der Bewegung der mittleren Länge der Erdbahn mindestens einen 12 Millionen Mal grössercu Werth als die Lichtgeschwindigkeit erhält. Die so erhaltenen Fort- pflanzungsgeschwindigkeiten sind mit einander unverein- bar, so dass beide mit Rücksicht auf andere Bestimmungs- methodeu verworfen werden müssen. Bei v. Heppergers Methode bedarf die Annahme, dass das die Schwerkraft fortpflanzende Medium ruhe, einer besonderen Begründung, zumal dies nicht einmal für den Liclitäther feststeht. Die Abhandlung von Oppenheim besitze ich nicht, sodass ich auf eine Kritik derselben verzichten muss. Besser stimmen die Resultate, welche man mittelst des Weber'scheu, Riemaun'seheu und Gauss'scheu Kraft- bethätiguugsgesetzes für die Fortpflanzungsgeschwindigkeit der Schwerkraft erhält, mit den von mir dafür gefundenen Wertheu überein. Vor allen Diiigeu verdient in dieser Hinsicht die klare analytische Abhandlung von M. Levy (Compt. Rend. HO, S. 545, 1890) Würdigung und Werthschätzung. Hier- zu bemerkt Herr Professor Drude in seinem Rei'erat: „Aus diesen Gesetzen lassen sieh zwar Anomalien der Perihelbewegung ableiten; giebt man aber der in diesen Gesetzen auftretenden sogenannten kritischen Geschwindig- keit den Werth der Lichtgeschwindigkeit, so folgt weder nach dem Weber'schen, noch Riemann'schen, noch Gauss- schen, noch Clausius'schen Gesetze die bisher unerklärte säculäre Perihelbewegung des Mercurs in ihrem vollen, der Beobachtung entsprechenden Werthe von etwa 41', da das Weber'sche (iesetz nur 'Vs der unerklärten Perihel- bewegung des Mcrcur, das Gauss'sche Gesetz '^n der- selben liefern würde. Nur bei einer Combination des Weber'schen und des Riemann'schen Gesetzes kann man. wie L6vy zeigte , die Bewegungsanomalie des Mercur berechnen, ohne bei den anderen Planeten mit der Beob- achtung auf Widersprüche zu stossen." Zu demselben Resultat gelangt man, wie ich schon oben erwähnte, mit Hülfe des Doppler'schen Princips, wenn man nicht nur auf die relativen Geschwindigkeiten der einander anziehenden Massen, sondern auch auf die relativen Geschwindigkeitsänderungen Bezug nimmt. Man erhält dann eine der Levy'schen Hauptgleiehung: -Jl-a) dt y a r I vollständig couforme Gleichung zur Ermittelung der Fort- der Schwerkraftstrahlen. Auf l)flanzungsgesch windigkeit XII. Nr. 42. Natuiwissenscliaft liehe Wochenschrift. 495 die mathematische Ableitung dieser Gleichung- muss ich verzichten, da dies den Raluiien der vorliegenden Arbeit weit überschreiten würde. Ich weise daher an dieser Stelle nur noch daraufhin, dass Drude in seinem Referat zur Orientirung die ge- sanniite Litteratur über das Gravitationsproblcm anführt und auf die neueren Arbeiten von Isenkraiie, Riemann, YarkowsUy, Bjerknes u. a. eingeht und dieselben kritisch bespricht. Zum Schluss giebt er als nicht voll befriedigendes Gesammtresultat an, dass die Stosstheorien, welche an- schauliche Bilder liefern und auch directe Gesichtspunkte zur Gewinnung neuer experimenteller Thatsachen an- geben, den Erwartungen liishcr nie entsprochen haben; dass wir aber trotzdem nicht mit einem resignirten „Ignora- bimus" einfach verziciiten sollen, über die Gravitation weiter nachzudenken. Denn der wissenschaftliche Werth der Frage: Wie wirken zwei Körper aufeinander, liegt in dem Ansporn zur Untersuchung der Eigenschaften des zwischenliegenden Mediums." Diesen Worten MaxweU's in der Encyclop. Britt. 9. edit. Artikel „Attraction" oder Werke 2. S. 485 kann ich nur beistimmen, da nach meinen Untersuchungen es in erster Linie die Wärme- vibrationen des Aethers sind, welche die allgemeine Massenanziehung verursachen. Die herrlichsten Früchte, welche auf diesem neuen Gebiete noch zu zeitigen sind, werden sieh nur dann in voller Reife darbieten, wenn mau nicht auf rein analytischem, sondern physykaliseh- experinicntcllcm Wege das Gravitationsproblem consequent in Angritf nimmt. Julius Sachs If. — Am 29. Mai 1897 verlor die Botanik in Julius Sachs einen ihrer hervori'agendsten Ver- treter, dessen anerkannte Bedeutung nicht nur auf dem Gebiete originaler Forschung, sondern ebenso in der för- dernden Anregung liegt, welche seine in formvollendetem Stil geschriebenen wissenschaftlichen Bücher weit über die Grenzen Deutschlands hinaus ausgeübt haben. Als Forscher war er vorwiegend auf dem Gebiete der Physiologie thätig. Als Sachs seine wissenschaftliche Laufbahn begann, waren Mohl, Naegeli und Hofmeister tonangebend. Alle drei beschäftigten sich vor Allem mit dem Studium der Zelle und der Gewebe. V(n'lesungen über PHanzcnphysiologie wurden zu dieser Zeit an den Universitäten kaum abgehalten, was sich leicht erklärt, wenn man bedenkt, dass es damals noch keine botanischen Institute gab. Sachs' Verdienst ist in gleichem Maasse darin zu suchen, dass er das Studium der von Haies, Knight, Bonnet, Saussure, Boussingault etc. begründeten Experimental- physiologie neu belebte und diesem Zweige der Botanik zahlreiche Jünger und Freunde zuführte. Er legte ge- ringeren Werth auf Einzelwissen, als auf die Erforschung allgemeiner Fragen, was schon aus den Titeln seiner 99 Arbeiten leicht ersehen werden kann. Alles, was Sachs erreicht hat, verdankt er sich selbst. Von Hause aus arm, hat er sich durch eisernen Fleiss und eigene Tüchtigkeit die Wege bahnen müssen. Ge- wiss hat seine angestrengte Thätigkeit in der Jugend viel zur Entnervung seines im Alter so siechen Körpers bei- getragen. Sachs wurde zu Breslau am 2. Oetober 1832 als Sohn eines Graveurs geboren. Die Familie lebte in sehr bescheidenen Verhältnissen, welche es nicht gestatteten, den Sohn seiner genialen Veranlagung entsprechend aus- zubilden. Inmierhin konnte soviel für ihn geschehen, dass er ein Gymnasium besuchte. Die erste, für seine Zukunft wichtige Anregung empfing der Knabe durch den Breslauer Physiologen und Pathologen Purkinje, mit dessen Söhnen er die Schule besuchte. Im Verkehr mit diesen fand sein für die Schönheiten der Natur empfängliches Gemüth die erste Ausbildung. Er lernte Pflanzen sammeln und ihre Namen bestimmen; das waren wonnevolle Tage aus seiner Jugendzeit. Als 17jähriger Jüngling hatte er Vater, Mutter und Bruder verloren. So verwaist wollte er die Schule ver- lassen und Seemann werden. Er hätte diese Idee viel- leicht ausgeführt, wenn nicht Purkinje im Jahre 1850 nach Prag übergesiedelt wäre und ihn zu seinem Privat- assistenten ausersehen hätte. Sachs setzte in Böhmen seine Studien unter grossen Mühseligkeiten, immer mit Nahruugssorgen kämpfend, fort und bezog, gänzlich mittellos, im Alter von 19 Jahren als Student die Universität Prag, um sich den natur- wissenschaftliehen Disciplinen zu widmen. Nebenbei arbeitete er sehr angestrengt für Purkinje und be- trieb eifrig das Zeichnen und Malen. Nach etwa 10 Se- mestern promovirte er und begann mit der bald darauf erfolgenden Habilitation in Prag am Ende der fünfziger Jahre seine zusammenhängende, wissenschaftliehe Thätigkeit. Seine ersten Arbeiten betreffen das Gebiet der Er- nährungs- und Wachsthumsphysiologie. 1859 erhielt Sachs auf Empfehlung des Zoologen Stein und des Botanikers Hofmeister, der damals noch Musikalienhändler in Leipzig war, eine Stellung als Assistent am agriculturchemischen Laboratorium zu Tha- rand. Hier gelang es ihm, gleichzeitig mit Knop Pflanzen ohne Erde in wässerigen anorganischen Nährlösungen zu erziehen und die Culturmethodeu weiter auszubilden. Im Alter von 29 Jahren wurde Sachs als Professor der Botanik an die Landwirthsehaftliche Lehranstalt zu Poppeisdorf bei Bonn berufen. Sein Gehalt belief sich hier auf 700 Thaler. Die dortige sechsjährige Lehrthätigkeit war wissen- schaftlich reich gesegnet. Es gelang ihm, festzustellen, dass die durch Kohleusäureassimilation in den Ohlorophyll- körnern sich bildende Stärke im Dunkeln verseh windet und im Licht von neuem auftritt. Den Nachweis führte er mit der bekannten Jodjjrobe. Auch die Umwandlung und die Transportwege der plastischen Bildungsstofle wurden klar beleuchtet. Aus dieser Zeit datirt auch sein Ruf als vortrefflicher botanischer Schriftsteller. Das Erscheinen seines Hand- buches der Experimentalphysiologie kann man epoche- machend nennen. Es enthielt in klarer und fesselnder Darstellung eine ausgedehnte Uebersicht über eine Menge interessanter und wichtiger Versuche über die Lebens- vorgänge in der Pflanze. Ein Buch derartigen Inhaltes gab es in der Botanik bis dahin nicht. Man kann sich deshalb leicht vorstellen, wie sehr das Werk geeignet war, vieler Blicke auf diesen Gegenstand zu lenken. 1867 wurde Sachs an eine Universität berufen und zwar als Nachfolger de Bary's nach Freiburg; schon im folgenden Jahre erhielt er die Professur in Würzburg, wo er fast 30 Jahre lang bis zu seinem Tode thätig war. Hier ist die Stätte seiner Schule, zu der verschiedene der namhaftesten der jetzt lebenden Botaniker gehören. Trotz ehrenvoller Berufungen nach Jena, Heidelberg, Wien, Berlin, Bonn und München blieb er der bayerischen Uni- versität treu. Hier entstanden wieder bedeutende Arbeiten. Es gelang ihm unter anderem, die so mannigfache Anordnung der 496 Naturwissenschaftliche Woclieuschiift. Xll. Nr 42. Theilungsvvände in nieristematischcu primären Geweben nach einfachen Gesiclitspunkten trefflich zu gruppiren. Die Herausgabe seiner Geschichte der Botanik vom 16. Jahrhundert bis 1860, welche Maximilian II. von Bayern veranlasste, und seines Lehrbuches der Botanik waren wieder glückliche Würfe. Die Abbildungen des letztgenannten Buches waren durchaus original; ihrer Markigkeit und Klarheit wegen sind sie vielfach in an- dere Compendicn übernommen worden. Diese neue litte- rarische Schöpfung wurde gleichfalls mit grossem Beifall aufgenommen. Sachs hatte seinen Höhepunkt erreicht, sich mit wachsendem Ruhm aber auch zu einer selbstherrlichen Natur entwickelt, welche nur wenig anerkannte, was nicht aus seiner Schule hervorging und offenbare Irrthümcr kaum zugeben wollte. So kam es, dass er sich in den letzten Decenuien seines Lebens durch seine Reizbarkeit mit einer Anzahl bedeutender Fachcoliegen arg verfeindet hatte. Man darf dabei aber nicht vergessen, dass dauernde Krankheit und unglückliche Familienverhältnisse fortge- setzt an seinem Gemüth verheerend nagten. Seine letzten Publicationen (1892-1896) betreffen Notizen aus dem Gesammtgebiet der Physiologie, Morpholo- gie und Entwicklungsgeschichte, worin er im Wesent- lishen seinen Standpunkt zu grösseren rdlgemeinen Fragen charakterisirte. R. K. „Ueber neue Tuberkiilinpväparate" betitelt sieh eine Abhandlung aus der Feder des Geh. Med.-Rathes R. Koch, die in der Deutschen medicinischen Wochen- schrift 1897, No.l4 erschienen ist. Koch hat seit seinen Veröffentlichungen über das Tuberkulin die Unter- suchungen über die Verwendung von Culturen der Tu- berkelbacillen zur Behandlung der Tuberkulose ununter- brochen fortgesetzt und glaubt damit soweit zu einem Abschluss gelangt zu sein, dass er die Resultate der Untersuchungen verfiffentlichen kann. Betont werden die ausserordentlich mühsamen und zeitraubenden Unter- suchungen über Tuberkulose, welche die Ausdauer und Geduld oft auf die härteste Probe stellen. Die Anwendung der Bacterien und ihrer Producte zu Heil- und Schutzzwecken kommt immer auf eine Art Inmiunisirung hinaus. Man dachte sich früher die Immunität gegen Lifectionskrankheiten als etwas Ein- faches, Untheilbares. Mehr und mehr gelangte man je- doch zu der Einsicht, dass die Immunität zwar einfach sein kann, aber es nicht sein muss, dass sie auch aus zwei Componenten, vielleicht sogar aus mehreren zu- sammengesetzt sein kann. Erläutert wird das am besten au einigen Beispielen. Behring und Kitasato zeigten, dass Thiere gegen Tetanus immunisirt werden können. Benutzt werden dazu die filtrirten Culturflüssigkeiten, d. h. die in Wasser löslichen Producte der Tetauusbacillen, unter welchen sich das specitische Tetanusgift befindet. Die innnuni- sirten Thiere sind gegen sehr grosse Dosen dieses Giftes geschützt, doch nur auf eine gewisse Zeit. Auf die Tetanusbacterien selbst hat die Immunisirung keinen Ein- fluss, sie vegetiren in dem innnunisirtcn Körper unbehin- dert weiter, soweit ihnen bei ihrem streng anacrobiotischcn Wachsthum Gelegenheit dazu geboten ist. liier handelt es sich um eine einfache und reine Gift-Iuimunität. ICs kann, wenn die künstliche Immunität nach einigen Wochen wieder geschwunden ist, dahin kommen, dass in dem imnmnisirten Thierk(irper das von den Tctanusbacillen immer weiter producirte Gift nicht mehr unschädlich ge- macht wird und dass das Thier doch noch au Tetanus eingeht, ohne dass es von Neuem mit Tctanusbacillen inficirt zu werden braucht. Bei Cholera und Typhus ist das Verhalten entgegen- gesetzt. Pfeiffer's Untersuchungen haben für diese Krankheiten den Nachweis geliefert, dass die mit frischen Agarculturen immunisirten Thiere zwar gegen die lebenden Bacterien, aber nicht gegen das von letzteren producirte Gift geschützt sind. Lebende Cholera- und Typhus- bacterien gehen in dem immunisirten Thierkörper in sehr kurzer Zeit zu Grunde, während es noch nicht gelungen ist, Thiere über eine gewisse Giftdosis hinaus zu immuni- siren. Hier ist die Immunität eine rein bacterielle, d. h. eine ausschliesslich gegen die Bacterienkörper gerichtete. Das Ideal einer Immunisirung ist, den thierischen resp. menschlichen Körper gegen alle die Schädlichkeiten zu schützen, welche die pathogenen IMikroorganismen mit sich bringen. Auch bei der Tuberkulose spielen diese Verhältnisse eine grosse Rolle. Es stellte sich nun heraus, dass die Tuberkel- bacillen, in lebendem wie in todtem Zustande, für Immuni- sirungszwecke nicht zu gebrauchen sind, weil sie nur äusserst schwer zur Resorption gelangen. Koch extrahirte daher die resorbirbaren Bestandtheile aus den Tuberkel- bacillen und benutzte diese zu Imniunisirungszwecken. Die Glycerinextraction, welche zur Auffindung des Tuberkulins führte, wurde zuerst benutzt. Gegen- wärtig wird das Tuberkulin in den meisten Culturstaaten zur frühzeitigen Diagnose der Rindertuberculose (Perl- sucht) verwendet. Zu gleichem Zweck ist es auch beim Menschen in zweifelhaften Fällen sehr brauchbar und sollte nun endlich mehr als bisher dazu Verwendung finden. Auch als Mittel gegen die Tuberculose hält Koch in vielen uncomplicirteu Fällen das Tuberkulin noch aufrecht, mit der nöthigen Geschicklichkeit und Ausdauer angewendet. Durch Extraction der Tuberkelbacillen mit Vio Normal- natronlauge — Filtration und Neutralisation — wurde ein Präparat erhalten — der Kürze wegen als TA be- zeichnet — welches ähnliche, nur länger anhaltende Reactioucn bewirkte, wie das Tuberkulin. Bei grösseren Dosen bildeten sich jedoch an der Injectiousstelle Abscesse, auch hielt sich das Präi)arat nicht lange. Bei den Versuchen*), die Tuberkelbacillen durch Mineralsäuren und starke Alkalien in einen gelösten Zu- stand überzuführen, fand K., dass diese Bacillen zwei eigeuthünüiche chemische Körper enthalten, welche zu den ungesättigten Fettsäuren gehören. Die eine ist in verdünntem Alkohol löslich und wird durch Natronlauge leicht verseift; die andere löst sich nur in siedendem absoluten Alkohol oder Aether und ist sehr schwer ver- seifbar. Beide nehmen die sogenannte Tuberkelbacillen- färbuug an (Carbolfuchsin) und behalten dieselbe auch nach der Behandlung mit verdünnter Salpetersäure und mit Alkohol. Da bei dieser Behandlung die erste der beiden Fettsäuren sich in Alkohol löst und aus den mikroskopischen Präparaten ausgezogen wird, so ist dem- nach die zweite, in kaltem Alkohol unlösliche Fettsäure als der eigentliche Träger der Tuberkelbacillenfärbung anzusehen. Diese Fettsäuren bilden, wie das mikroskopi- sche Bild des gefärbten Bacillus zeigt, eine zusannnen- hängende Schicht in dem Körper desselben, sie schützen ihn gegen Eingriffe von aussen und bewirken, dass seine Resorption so schwer vor sich geht. Diese Schutzhülle zu zerstören, wenn die Tuberkelbacillen resorbirbar ge- macht werden sollten, war somit das gegebene Ziel. Die ersten darauf hinzielenden Versuche, Zerreiben und Zerquetschen mit und ohne Zusätzen von harten, pulverförmigen Massen, missglückten sämmtlich. Es ge- *) Die clienuschen Untersuchungen, welclio Koch mit Prof. l'iüsliauer austeilte, sollen dcmnüchst verötfentliclit weiden. XII. Nr. 42 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 497 lang schliesslich durch langes Verreiben gut getrockneter Culturcii ohne irgend welchen Zusatz im Achatmörser mit Acliat[)istill, Zusatz von destillirtem Wasser zu der so gewoinieuen Substanz und Ccntrit'ugircn derselben mit einer kräftigen Centrifuge (4000 Umdrehungen in der Minute) eine halbe bis dreiviertel Stunden lang. Dabei Hess sich die Flüssigkeit trennen in eine obere weisslich opalescircnde, aber vollkommen klar durchsichtige Schicht, welche keine Tuberkelbacilien mein' enthielt, und in einen fest aubafteuden, scldammigen Bodensatz. Derselbe wurde wieder getrocknet, im Mörser verarbeitet und wie vorher centrifugirt. Das Verfahren wurde fortgesetzt und so die gesammte Masse der Tuberkelbacilleucultur in eine Reihe von vollständig klaren Flüssigkeiten ver- wandelt. ' Die so gewonnenen Präparate waren sänmitlich voll- kommen resorbirbar und machten niemals Abscesse. Die nach dem ersten Centrifugiren erhaltene erste Flüssigkeit — oberste Schicht — unterschied sich wesentlich von den Folgenden, sie wurde TuberkulinO (TO) bezeichnet; der weiter verarbeitete Rest und die daraus gewonnenen Flüssigkeiten — TR — verhielten sieh in ihrer Wirkung gleich. TO und TR sind sowohl in ihrem chemischen und mikioskopischen Verhalten, als auch in ihrer Wirkung verschieden. TO entliält die in Glyccrin löslichen Be- standtheile der Tuberkelbacilien, es steht in seinen Eigen- schaften dem gewöhnliehen Tuberkulin sehr nahe, ent- spricht fast ganz der Wirkung des ol>eu angeführten TA (alkalisches Extract), macht jedoch keine Abscesse. Seine immunisireuden Eigenschaften sind sehr gering. TR enthält hauptsächlich die in Glycerin unlöslichen Bestaudtheile der Tuberkelbacilien und wirkt ganz ent- schieden immunisirend. Wenn zu grosse Dosen an- gewendet werden, so macht es zwar auch bei Tuberkulösen Reactioneu, doch ist die Wirkung von denselben ganz unabhängig. Um Heileffeete zu erzielen, sucht Koch bei der Anwendung des TR die Reactionen sogar möglichst zu vermeiden und ist nur bemüht, den Kranken durch allmälige Steigeruug der Dosis, zwar so schnell als möglich, aber auch mit möglichster Schonung für grössere Dosen des Mittels unempfänglich zu machen, d. h. ihn gegen das TR und damit, wie Koch annehmen zu können glaubt, auch gegen die Tuberkelbacilien selbst zu immu- nisireu. Ein Mensch, der gegen TR immunisirt ist, auch wenn bei der Imnuinisirnng Reactionen fast ganz ver- mieden sind, reagirt auf grosse Dosen des Tuberkulins und des TO nicht mehr. Er ist also gegen alle Bestaud- theile der Tuberkelbacilien immunisirt." Gerade dieses Verhalten des TR ist von Koch in so vielen Fällen con- statirt, dass über die Richtigkeit der Beobachtung kein Zweifel obwalten kann. Zur Herstellung von TR soll man nur hoch virulente und möglichst frische Culturen verwenden; die wenig virulenten liefern auch wenig oder ganz unwirksame Prä- parate. So gleichmässig virulent, wie man bisher an- nahm, sind die Tuberkelbacilien keineswegs; die in den Laboratorien lange Zeit hindurch fortgezüchteten Culturen haben in der Regel au Virulenz ganz verloren. Da sich bei der Herstellung des TR mit den Händen Staubbildung gar nicht vermeiden lässt, so ist die damit verbundene Gefahr keine geringe. Ein Respirator gewährt sicher keinen ausreichenden Schutz. Dasselbe in grösseren Mengen mit Handbetriel) herzustellen, dürfte daher ausgeschlossen sein. Ein gleichmässig gutes, allen Anforderungen genügendes Präparat kann in grösseren Mengen unter Vermeidung der bei der Verarbeitung drohend"en Gefahren nur der Grossbetrieb mit geeigneten maschinellen Einrichtungen produciren. Die Höchster Farbwerke haben derartige b Einrichtungen etroffen und geben ein genau nach Kochs Angaben hergestelltes Präparat von TR und TO ab. Behufs Conscrvirung werden die Flüssigkeiten mit einem Zusatz von 20", o Glycerin versehen. Die Art und Dosirung der Anwendung ist eine sehr einfache, wir übergehen dieselbe aber hier und verweisen auf das Original. Die Behandlung ist so früh als mög- lich zu beginnen. Kranke, deren Zustand nur noch wenige Monate Lebensfrist gestattet, haben keinen Nutzen davon zu erwarten. EI)ensovvenig hat es einen Zweck, Kranke damit behandeln zu wollen, welche an secun- dären Infcetionen, namentlich durcii Streptococcen be- dingten, leiden. Die Gründe dafür sind dieselben, welche wir bei Besprechung des Di])htherielieilserums liäher aus- geführt haben (s. Naturw. Wochcnschr. 1894, Nr. 46). Koch hat das Präparat an einer ziemlich grossen Zahl geeigneter Kranker angewendet, namentlich auch bei Lupuskranken, und hat bei denselben ausnahmslos eine bedeutende Besserung erreicht, welche viel weiter geht, als die mit dem alten Tuberkulin und mit TA erzielten Erfolge. Koch spricht absichtlich nur von „Besserung", weil noch kein hinreichend langer Zeitraum für die Heilungsdauer verstrichen ist. Es fehlten bei Phthisikcrn die vom Tuberkulin her bekannten stur- mischen Reactionen, die vorübergehende Infiltration in den erkrankten Lungenpartien zur Folge hatten. Beim TR war eine geringe Zunahme der Rasselgeräusche in der Regel das einzige örtliche Symptom, das jedoch bald wieder verschwand. Die Menge des Auswurfs nahm sehr bald ab, verschwand oft ganz, die Rasselgeräusche schwan- den über den erkrankten Lungenpartien, das Dänipfungs- gcbiet verkleinerte sich. Fast alle Kranken hatten am Schluss der Behandlung erhebliche Gewichtszunahmen. Ob Combinationen von TR mit TO oder mit Serum- präparaten, die mit TO und TR gewonnen sind, bessere und schnellere Resultate geben, müssen weitere Versuche lehren. Dass das „neue Tuberkulin" mehr leisten wird als das alte, bejaht auch Hans Büchner (Müuchen) in dem ganz interessanten Artikel: „Zu Robert Koch 's Mittheilung über neue Tuberkulinpräparate" (Berl. klin. Wochcnschr. 1897, S. 322). Büchner hält das Verfahren Koch's zur Herstellung des TR für uniständliehcr, chemisch eingrei- fender und ausserdem für den Darsteller des Präparats weit gefährlicher als ein von ihm angegebenes, bei dem die lebenden Tuberkelbacilien in feuchtem Zustand mit fvieselguhr und feinem Sand zerrieben und in feuchtem, d. h. nicht stäubendem Zustand direct ausgepresst werden. Auch von Praktikern sind schon günstige Erfolge mit TR erzielt, so u. A. von Petruschky, Speugler in Davos (Deutsche med. Wochcnschr. 1897, Nr. 36 und 39/40). Er hatte im Ganzen 59 Phthisiker damit behandelt. Nicht weniger als 30 derselben waren schon sechs und mehr Monate ohne Erfolge in Davos und zeigten erst mit der TR-Kur Besserung. Möchten die Hoffnungen, welche viele Tauscndc der unglücklichen Phthisiker an das Mittel knüpfen, in Er- füllung gehen! Mz. Das Tetanus-Heilserum. — Nach einer Mittheiluug der „Revue scieutifique", 1897, S. 2S3 hat der französische Arzt Dr. Nocard der Academie de medeciuc über das Resultat der Versuche mit antitetanischem Serum, welche mit Hilfe einer grossen Zahl von Thierärztcn an 2727 Thicren angestellt wurden, berichtet. Von diesen Thieren waren 2395 Pferde, Esel oder Maulfhiere, 44 Ochsen, 82 Schafe und 206 Schweine. Jedes Thier erhielt zwei Injectionen mit einem Zwischenraum von 10—12 Tagen, die grösseren Thiere je 20 Oubikcentimeter, die Schafe und Schweine 498 Natuvwisscnscliat'tliche Wochenschrift. XII. Nr. 42 6 — 10 Cubikcentiraeter. Diese 2727 Thiere können in zwei (Truppen getheilt werden. Die erste Gruppe uiut'asst über 2300 Thiere, welche die erste Injcction unmittelbar nach einer erfolgten schweren Operation, wie Castration, Amputation des Scliwanzes, Wegschneiden grösserer Ge- sell wülste u. dergl. empfingen. Die genannten Verletzungen iiabcn sonst leicht Starrkrampf im Gefolge, von den be- handelten 2300 Thieren iiat aber nicht ein einziges Te- tanus bekommen. — Die Thiere der zweiten Gruppe, gegen 400 au der Zahl, erhielten die erste Injection erst 1—4 Tage, einige sogar noch später nach erfolgter schwerer Verwundung, und aucli von diesen Thieren ist keins dem Tetanus verfallen. In einigen Fällen wurden die Versuche in Gegenden rcsp. Localitäton vorgenommen, in denen der Tetanus sonst so häutig auftrat, dass die Besitzer gar nicht mehr die gebräuchlichen Operationen, wie Castration u. dergl. an ihrem Vieh vornehmen Hessen, bei den geimpften Thieren trat jedoch kein Starrkrampf auf. S. Seh. Pathogeue Microbeii auf Hülsenfrüchten und Ge- müse. - - Nach einer Mittheilung der „Revue scicntifique" 181)7, S. 343, hat Guiraud aus Toulouse die in den Gemüsegärten seiner Heimath gezogenen Producte ein- gehend untersucht und darauf lebende Bacillen ange- troffen. Schon früher hatte Brandeis von Bayonne auf die Gefahren aufmerksam gemacht, welche durch die Düngung der Gemüsepflanzen mit menschlichen Fäcalien hervorgerufen werden können, und G. Roux hatte darauf hingewiesen, wie die auf den Gemüsepflanzen gefundenen Microben auch durch wiederholte Abwaschungen nur schwer entfernt werden können. Seit mehreren Monaten grassirt in Toulouse ein heftiges typhöses Fieber, und Guiraud schiebt die Ursache desselben auf die Gemüse, welche in den dortigen Gärten mit menschlichen Excre- menten gedüngt werden. Er hat allerdings bisher den Eberth'schen Typhusbacillus nicht auffinden können, sondern in den Culturen immer nur Bacterien gefunden, die sich den sogenannten paratyphischen Bacillen nähern. Auf IG verschiedenen Proben, Salaten, Erdbeeren u. s. w., constatirte er neunmal die Gegenwart grosser Mengen des Coli-Bacillus mit allen seinen charakteristischen Reactionen. Guiraud stellte nun mit den isolirten Mi- croben an drei Meerschweinchen Versuche an. Er iuji- cirte denselben unter die Bauchwand je eine Dosis von 2 ccm, und alle drei Thiere wurden schwer ki-ank ; eins starb nach 48 Stunden und wies bei der Untersuchung einen serös-flbrinösen Erguss im Bauchfell auf, deutliche Zeichen einer Bauchl'ellentzündung, sowie lebhaften Blut- andrang nach dem Darm, den Nieren und der Lunge. Die aus dem Peritonealerguss gewonnenen Bacillen be- wiesen eine lebhafte Virulenz und liessca sich durch eine lange Reihe von Culturen erhalten. S. Seh. Die IJedcutnng der Copepoden für das niariiio Plankton. — Wenngleich erst ziendich jungen Datums, haben die nu)dernen Planktonforsehungen im Süss- und Meerwasser dennoch bereits zu recht bemerkenswertheu Ergebnissen geführt. Vielfach konnten alte, durch die Autorität ihrer Vertreter gestützte Ansichten umgestossen uiiil an ihre Stelle als Folge langer, genauer Beobachtung Thatsaclicn hingestellt werden. Auch bei der Frage nach dem Werthe und der Bedeu- tung der Copepoden für das übrige Plankton zeigt es sieh, welchen Vorthcil es gewährt, wenn man bei der Lösung solcher Probleme mit Messgläsern und Zähllisch wohl ausger^istet ist. Da hl*) äusserte sich darül)er wie folgt: „Die Cope- poden sind zur Entscheidung der oben angeregten Fragen wegen ihrer vielen Verbreitung zweifellos die wichtigsten Organismen. Von der Obertiäche des Oceans bis in die grr)ssten Tiefen hinab, vom Pol bis zum Aequator, auf hoher See, an der Küste, ja auch im Brackwasser und Süsswasser, überall findet man Copepoden und zwar in Folge ihrer geringen Grösse so zahlreich, dass man kaum irgendwo ein Netz auswerfen kann, ohne einige Thiere dieser Ordnung zu bekommen." Und im ganz gleichen Sinne, nur entsprechend popu- lärer (der Passus ist einem populären Vortrag entnommen) lässt sich Dr. Krämer**) in seinem neuesten sehr inter- essanten Buche (S. 134) vernehmen. Dort heisst es: „Wenn man von den übrigen Thcilen des Paukton sagen kann, dass sie nur an gewissen Stellen und zu ge- wissen Zeiten auftreten, so kann man von den Copepoden sagen, dass sie überall und immer vorhanden sind. Sie werden oft einige Millimeter gross***) und sindihrerschncllen Bewegung halber leicht zu sehen. Es ist bekannt, dass viele Fische sich hauptsächlich von diesen Krebsen nähren und ich brauche nur au den Hering zu erinnern, um die grosse Wichtigkeit dieser Thiere als Fischnahrung im Meere zu betonen. Wenn eine Ordnung ziemlich gleich- massig vertheilt ist, so ist es sieher die der Copepoden. Zuweilen treten sie jedoch so in Menge auf, dass sie meilenweit die Oberfläche des Meeres roth färben. Dies machen sich die Heringsfischer zu Nutze, denn sie wissen, dass die Rothäsung reichen Fang für ihre Netze bringt. Aber auch dem Gaumen des Feinschmeckers scheinen diese Copepodenschwärme einen billigen Genuss zu bieten, denn der Fürst von Monaco, welcher mit seiner neuen Dampfyacht „Princcss Alice" nach wie vor seine Kräfte der Erforschung des Meeres weiht, giebt an, dass diese Krebschen in Butter gebraten, recht gute Planktonpastet- chen abgeben. Aber wie man im Meere nicht immer dieselben Thiere findet, so auch im Süsswasser. Selbst bei vielen neben- einanderliegenden Seen herrscht durchaus nicht in jedem dieselbe Gattung. Es scheint oft, als ob eine Ordnung die andere voll- ständig verdrängte. Beim Meere drängt sich besonders der Vergleich mit einem Wiesenlaude auf, zumal da Hensen berechnet hat, dass ein (^fuadratmeter Meeres- ilächc ziendich gleichviel organische Substanz liefert, wie ein Quadratmeter Culturland (IM — 180 g). Wenn man nämlich das Meer mit dem Mikroskop durchwandert, so findet man dieselben Bilder, als ob man durch ein grosses Wiesenland dahiuschrittc, und dasselbe zu verschiedenen Jahreszeiten durchwanderte. Im Frühling blühen hier Primeln und Veilchen, dort Hyazinthen und Anemonen; der Sonnner bringt Doldenl)luther und Habichtskräuter; kommt man in eine andere Gegend, so treten andere Pflanzen auf und die alten verschwinden. Ein Bestand- theil in diesem Wiescnplankton aber findet sich überall und zwar der für die Ernährung des Rindviehes wichtigste, das Gras. Das Gras des Meeres aber, das nirgends fehlt, sind die Cofjcpoden und der Hering ist das Rindvieh, das sich auf diesen Weideplätzen tunnnelt." Aus der hohen Bedeutung der Copepoden des Meeres ergiebt sich, dass sie zur Lösung allgemeiner Plankton- *) Dahjl, Fr. Die Verbreitung freischwiinmonder Thioro im Ocean. Sehr, des natiu-w. Ver. f. Sflil.- Holst.. Bd. X. 1895, S. 281—290. **) Kr um er, Auj;. Uebcr den Bau der Korallenriffe und die Planktonvertheihniff an den Samoanisclien Küsten nebst ver- gleichonden Bemerkungen . . . und einem Anliang von Dr. A. Collin: Uciser den Palolowurm. Kiel u. Leipzig, Lipsius 18'J7. ***) Der grösstc bisher beobachtete Copepodc, Heteroehaeta Grimaldü Kieli. ist 10,2 nnn hing. XII. Nr. 42. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 499 fragen von der grossten Bedeutung- sind und die an ihnen gefundenen Ergebnisse für das Plankton überhaupt Giltigkeit haben. Leider ist das von den Kieler Forsehern heimgebrachte Material erst zum kleinsten Theile ver- arbeitet. Dalli'*') verdanken wir eine ausgezeichnete Bearbeitung der Copepoden-Gattung Copilia. Von Schlüssen, die für das Plankton überhaupt Gel- tung haben, citire ich hier nur folgendes: (S. 510) „Ich halte es darnach für wahrscheinlich, dass die pelagische Thierwclt in den heissen Gebieten der verschiede- nen Oceane sehr ähnlich ist. Von den Sannnlungen, die S. M. S. Pohl von seinen Reisen in der Adria, im Mittelmeer und im Rothen»Meere heimbrachte, wurden vom Verfasser eine der Copilia sehr nahe Gruppe, die Sapphirinen**), untersucht, und auch hier war es möglich, wenngleich der Hauptzweck der Expedition durchaus nicht in der Erforschung des Planktons liegt, mit der Besprechung allgemeinerer Plauktonfragen einzugehen. Ganz besonders das Material der letzten Expedition (nördl. Theil des rothen Meeres) eignet sich für Plankton- untersuchungen (die betr. Arbeit ist im Manuseripte fertig) und konnte besonders zur Prüfung jener Behauptungen verwerthet werden, die seinerzeit bei der Durchmusterung des gesammten pelagischen Materiales aufgestellt wurden. Auch dabei waren wieder dieCopepoden maassgebend. Dass sie auch im rothen Meere***) wieder mit fast jedem Netzzuge erbeutet wurden, kann uns nicht mehr Wunder nehmen. Aber auch auf die Vertheilung des Planktons überhaupt konnte aus der Menge der jeweilig gefischten Copepoden geschlossen werden. Es zeigt sich z. B., dass im Golf von Suez und in der flachen Bucht von Jembo besonders reiche Copepodenfänge gemacht wurden, während an einer anderen Stelle, in der Gegend um Sherm Way (Wedsana) nur verhältnissmässig wenige dieser Krebse ins Netz kamen. Und diese an den Copepoden gefundenen Verbreitungsverhältnisse erfuhren später durch die quanti- tative Untersuchung der übrigen Planktonthiere eine Be- stätigung, so dass man im ersten Falle von einem plank- tonreichen, im letzteren von einem planktonarmen Gebiet sprechen darf. Die Copepoden führten auch Verf. hauptsächlich dazu, eine Erklärung der ungleichmässigen Vertheilung in den Stroniverhältnissen des rothen Meeres zu suchen. Was die Sapphirinen anlangt, so lehrte ein Vergleich der Sapphirinen im Mittelmeer und der Adria mit denen des rothen Meeres, dass beide der Zahl der Fänge nacli wohl in beiden Gebieten gleich vertheilt sind, nach der Za,hl der Individuen aber entschieden die Fauna des Mittelmeeres reicher ist; und das würde auch mit der heute herrschenden Meinung übereinstimmen, die erst neuerdings wieder von Krämer eine Bestätigung fand, dass nämlich die tropischen Meere im allgemeinen planktonäi mer seien. Schliesslich mag noch erwähnt werden, dass in gleicher Weise wie Dahl bei seinen Copilien auch bei den Sapphirinen des rothen Meeres zwei einander vollkommen substituiremle Formen gefunden wurden, von denen die eine nur den äussersten Norden bewohnte, die andere südlich davon zu linden war. Wer hätte geahnt, dass auch im Meere, das dem Laien eine öde, gleichmässige. *) Dahl, Fr. Die Gattung Copilia. Zoolog. Jahrb., Abtlil. für System. VI. Bd. Jena 1892, S. 496. **) Steuer, Ad. Sapphirinen des Mittelmeeres und der Adna. Wion. Denksciu-. d. Akad. d. W. (math. naturw. Classe) LXII. Bd. 1895. * *) Steuer, Ad. „Vorläufiger Berieht über die pelagisehe Thierwelt i\e^ rothen Meeres". Sitzgsb. d. k. k. Akad. d. W. math. naturw. Classe. Bd. 106, Abth. 1. alle Unterschiede sofort ausgleichende Wassermasse scheint, zwischen zwei einander systematisch so nahe stehenden Thierformen biologisch ein so grosser Unterschied besteht. Ich glaube dieses wunderbare Verhalten auf eine ver- schiedene Empfindlichkeit der Temperatur gegenüber, wie sie der Jahreszeitwechsel bedingt, zurückführen zu müssen. Wir haben bisher nur über das Plankton jener Meere gesprochen, die der tropischen oder gemässigten Zone angehiircn (Stiller Oeean, Atlantischer Ucean, Mittelmeer, Kothes xMeer), und es liegt die Frage nahe, welche Be- deutung die Copepoden wohl für das Plankton der ark- tischen und antarktischen Gewässer haben. Hören wir nur gleich, wasChun*) in seinem Berichte darüber sagt-, dort heisst es S. 2G wörtlich: „In erster Linie verdienen die Copepoden einer eingehenden Würdigung, weil ihr massenhaftes Auftreten in arktischen Regionen seit jeher die Pioniere der polaren Forschung in Erstaunen setzte. Zu dichten Schwärmen sich ansammelnd vermögen sie weithin dem Meere eine röthliche oder weissliche Fär- bung zu verleihen. So kreuzte, um nur ein Beispiel an- zuführen, die Plankton-Expedition am 29. Juli 1889 am Rande des Labradorstromes in einer Ausdehnung von 50 bis 75 Seemeilen rothbraune wolkeuförmige Ansammlungen des Calanus Zinmarchicus, wie sie schon 1765 Gunner, dem ersten Beschreiber mariner Copepoden, bei Hammerfest aufgefallen sind." Wie nun überhaupt das Plankton arktischer und antarktischer Regionen reicher ist als das der gemässigten Breiten (wenn auch nicht an Arten, so doch an Massen), so sind auch die Copepoden im kalten äussersten Norden und Süden unseres Erdtheils viel zahlreicher als in dem Zwischengürtel, und wir müssen fragen, was diese Ueber- bevölkerung in den Eismeeren bedingt. Auch darüber giebt uns Chun in seinem Büchlein die gewünschte Aus- kunft. Die grossen Copepodenschwärme stehen mit den ungeheuren Diatomeenmassen in Zusammenhang, die als Weideplätze der kleinen Kruster auf weithin oft als bräunliche Schicht die Meeresoberfläche überziehen. „Die Schwärme von Appendicularien und Copepoden, welche die arktischen Gewässer bevölkern, wären undenkbar, wenn ihnen nicht die pflanzliche Urnahrung so überreich durch Diatomeen geboten würde; was sich in den crsteren an organischer Substanz aufspeichert, fällt den Medusen, Siphonophoren, Sagitten und jenen Bänken von Ptero- poden zum Opfer, welche von den Walen durchfurcht werden. Und wie einerseits die Urnahiung den Riesen der thierischen Lebewclt das Dasein ermöglicht, so be- ruht auch andererseits auf ihrer üppigen Entwickelung zum Theil die Existenz einer reichen litoralen Fauna, welche den Schwimm- und Watvögeln, den See- und Laudraubthieren zum Opfer fällt." Verlockende Dia- tomeenfeldcr auf der einen, gefrässige Fischmäuler auf der anderen Seite sind also das Alpha und Omega des Cope- podeulebens; also die Bedeutung der kleinen Kruster für das gesammte Plankton? Immer und ewig doch nur das traurige Los alles Lebenden: zu vernichten, um selbst vernichtet zu werden. Dr. Adolf Steuer. Eine die Flussläufe überwuchenide Wasser- pflanze, Eicliliornia crassipes, hat sich in den letzten Jahren in Florida eingebürgert (cf. Herbert J. Webber: The Water llyacinth and its rclation to navigation in Florida). — Eichhornia ist eine mit den Liliaceen ver- wandte, in Südamerika heimische Wasserpflanze, und dort *) C. Chun, Die Beziehungen zwischen dem arktiselien und antarktischen Plankton. Stuttgart, Verlag von Erwin Nägele, 1897. 500 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. XII. Nr. 42. als unliebsames Unkraut längst bekannt. Sie schwimmt vermöge ihrer aufgeblasenen Blattstiele meist auf dem Wasser und bildet wie die Erdbeere Ausläufer mit neuen Tocliterptlanzen, oluic aber dadurch ibie reproductive Fortpflanzuug eingcbüsst zu haben. Ihre schön blauen Zwittcrblüthen haben ihr in Amerika den Namen Wasserhyazinthe verschafft. Der grossen und farbigen Bliithen wegen wurde sie in Florida in Teichen cultivirt und kam von dort in die Flüsse, besonders in den St. Johns River. Hier hat sich die Pflanze unter dem Einfluss humöser Substanzen der- artig verbreitet, dass besonders die Schraubendampfer nur mit Mühe durch die grünen Massen sich ihren Weg bahnen können; selbst die Eisenbahnbrücken sind durch das Stauen der Wasser- und Blattmassen gefährdet. Die P"'ische haben sieh unter dem Schutze dieses Gewächses stark vermehrt, können ai)er mit Netzen nur schwierig gefangen werden. Um dem Uebel zu steuern, sind verschiedene Vor- schläge gemacht worden. Es sollte die Wasseroberfläche mit Oel übergössen und angezündet oder die schwimmende Masse durch Barrieren in den Flüssen gesammelt werden. Hier sollte eine Mascliine sie aufnehmen und zerquetschen. Man suchte auch nach Pilzen, welche unter dem Unkraut eine Epidemie verbreiten sollten. Eine definitive Abwehr ist bis jetzt aber noch nicht erzielt worden. Das ans Land gezogene Kraut kann insoweit nutz- bar gemacht werden, als es von Rindern und vSchweiuen gern gefressen wird. Es ist bekannt, dass seit Ende der fünfziger Jahre auch die deutschen Flüsse zeitweilig durch eine ähnliche Kalamität bedroht waren, und zwar handelte es sich um die kanadische W^asserpest, Elodea canadensis, welche auch bei uns eine Zeit lang für Sehifffahrt und Fischerei recht lästig war. R. K. Die Entstehung der grauen Ambra hatte nach einer früheren Mittheilung (vergl. „Naturw. Wochenschr." 1897, S. 273) schon der Professor Joubin zu erklären versucht. Jetzt hat nun Professor Henri Beauregard vom Natur- historischen Museum zu Paris ein Stück Ambra von 8 kg Gewicht, das vor vier Jahren in dem Rectum eines Pott- wales gefunden worden war, untersucht und das Resultat seiner Untersuchung der Societe de Biologie wie auch der Acadcniie des Sciences mitgetheilt. Beauregard hat darin ein Bacterium entdeckt, welches er Spirillum rccti physc- teris nennt; dasselbe ist sehr beweglicli und ähnelt in manchen Punkten dem Spirillum der asiatischen Cholera. Es ist sehr wahrscheinlich, dass dieses Spirillum mit an- deren Microben von dem Darminhalte des Pottwals lebt, und indem es denselben nach und nach umwandelt, er- langt der Stoff seinen specifischen Duft. Man weiss ja schon seit längerer Zeit, dass frische And)ra einen aus- gesprochenen Mistgeruch besitzt und ihr liebliches Odeur erst nach einer Reihe von Jahren erhält. Es ist nun an- zunehmen, dass der Bacillus die nichts weniger als an- genehm riechenden Stotfe zerstört. Auf Gelatine stellt sich die Cultur dar unter der Form eines weissen Stranges, welcher unter dem Mikro- skop Stäbchen von verschiedenen Dimensionen zeigt. Auf Bouillon erhält mau die beweglichen Spirillen; die- selben erscheinen durch eine Art eiweissartiger Hülle mit einander verbunden. S. Seh. Die Vergrös.scrHng des Erdschattens bei Mond- tinsternissen ist in jüngster Zeit von verschiedenen Seiten einem erneuten Studium unterzogen worden. Zu- nächst ist der Betrag, welchen man für diese Erschei- nung auf Grund der neueren Finsternissbeobachtuugeu bei der Vorausberechnung künftiger Finsternisse in Rech- nung zu stellen hat, kürzlich von Brosinsky auf ^55, von Uartmanu auf ungefähr /50 festgesetzt worden, sodass bei gleicbmässiger Anwendung eines dieser „Coefticienten" die bekanntlich nicht mit grosser Schärfe zu beobach- tenden Momente des Anfangs und Endes einer Mond- finsterniss künftig in noch besserer Weise als bisher mit der Vorausberechnung ül)ereinstimmen werden, bei welcher bislang von verschiedenen Rechnern sehr schwankende Vcrgrösserungscoefficienten Verwendung fanden. Aber auch die Ursache der Thatsachc, dass der auf den Mond projicirte Erdschatten sich durchschnittlich um den angegebenen Betrag grösser als der geometrische Schattenquerschnitt darstellt, ist kürzlich auf neuem Wege ergründet worden. Während man bisher gewöhnlich nur in ziemlich unbestimmter Weise die irdische Lufthülle für die Erscheinung verantwortlich machte, hat Secliger*) durch sorgfältige Rechnungen und auf denselben fussende Experimente dargethan, dass uns, auch wenn die Erde gar keine Atmosjjhäre hätte, der Kernsehatten derselben stets grösser erscheinen müsste, als er streng genommen ist. Wegen der Grösse des Sonnenballs ist ja nämlich eine scharfe Begrenzung des Kernschattens undenkbar, derselbe muss vielmehr coutinuirlich durch alle Ab- stufungen des Halbschattens in das volle Licht übergehen. Es liegt nun kein Grund vor, warum uns physiologisch die Grenze des Kernschattens gerade an der Stelle er- scheinen sollte, wo sie sich befinden würde, wenn alles Sonnenlicht im Sonnenmittelpunkt vereinigt w'äre. Indem nun Seeliger durch rotirende Scheiben künstlich eine Lichtvertheilung, wie sie der mathematischen Theorie ent- spricht, nachahmte, zeigte sich, dass von unserem Auge die Grenze des Schattens in der That nicht an jener Stelle, sondern in etwas weiterem Abstände vom Schatten- mittelpuukte empfanden wird, geradeso wie es bei dem wirklichen Erdschatten auf der Mondscheibe der Fall ist. Secliger hat sich nicht damit begnügt, durch Unter- suchung des idealen Falls einer Erde ohne Lufthülle zu zeigen , dass die Atmosphäre bei dem in Rede stehenden Phänomen nur eine secundäre Rolle spielen dürfte, da dasselbe aus physiologischen Gründen auch schon ohne ihre Mitwirkung zu Stande kommen müsste. Vielmehr hat der MUnchener Astronom auch für die wirk- lichen Verhältnisse die Lichtvertheilung im Erdschatten berechnet unter sorgfältiger Berücksichtigung sowohl der Lichtbrechung in der irdischen Atnn)sphäre, als auch des Umstandes, dass die Sonne eine nach den Rändern zu nicht unbeträchtliche Abnahme der Helligkeit aufweist. Das Resultat dieser nach ganz strengen Formeln durch- geführten Rechnung zeigte nun, dass die Lufthülle der Erde für die Helligkeit in der Nähe der geometrischen Grenze des Erdschattens wirklich gar keine ausschlag- gebende Bedeutung hat. Es liegt dies daran, dass die Dichtigkeit der Luft schon in geringen Höhen über der Erdoberfläche auf einen sehr niedrigen Werth herabsinkt. Nach Seeliger's Rechnung könnte aber selbst eine völlige Undurchsichtigkeit der Atmosphärcnschichteu bis etvva 12 km Höhe angenommen werden, ohne dass sieh die Helligkeit in der Nähe der Schattengrenze merklieh ändern würde. Das in Wirklichkeit durch die tieferen Schichten unserer Lufthülle durcliie «aifcviuf'tiiiiiu'iifimft Sliwiit 1S97. »oiii luflüAcu -«jof. I-ie fiMiifoaiüT»!**: Sllliaiiv Sütid'cii'o. - •lictH'Uonoe.scR;. - 'Sigmarct in lieteretiivä. - ©laf iVHiluii'W. - Ivie lifilioc iHuSlaiit. - Sluf tciii (Sfjetiiita- feite mit bei Seo Solftci. - SliEoIai 9!eEvof|Dir. - 3a'aii «njloiv. - >i>i («ciiidiiii — «iitljaiiim II. Mi trainatiicfce ©cliriftiteaeviii. - !tci- JPiltbauei 3lntofolc-f>). -■ fflutiiifteiii mit Jidwifoii'Sfl). - 5iifd)iil) Diowaotot. — Sluf tot ai'olaa. — ftijciv. ^__^ Otto Toepfer Werkstatt für wisssenschaft- licbe Instrumente. Potsdam. Das optische Institut Berlin -Friedenau enipfiplilt als Spezia- litäten seine Ki^^^'s , , Mikroskope M. & H Schaper, Hannover. I Antiquariat. I Soeben gelangte zur Ausgabe: Antiq. Kat. No. 3: Naturwissenschaften 1300 Nummern. Zusendung gratis und franco. 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Die ungeheuren Verschiedenheiten in den Ergebnissen dieser Jahrhunderte dauernden Untersuchungen kennzeichnen die Schwierigkeit des zu lösenden Problems, und ein langer und fast immer mit strenger Wissenschaft- lichkeit geführter Streit zieht sich herauf bis auf unsere Tage, wo sich eine Zeit lang die von Schiaparcili aus- gesprochene Ansicht, dass die Rotationszeit der Venus gleich sei der Dauer ihres Umlaufes um die Sonne, so Erdentag die gegentheilige Ansicht von einer betragenden Rotationszeit pro- dass sie der letzteren immer dieselbe Seite zuwendet, in Geltung erhalten hat. Aber nicht lange dauerte die Ruhe und in neuester Zeit ist wieder eine ganz bemerkenswerthe Spaltung zu Tage getreten. CeruUi in Teramo, Perrotin in Nizza, Fontsere in Barcelona und wohl als bekanntester Ver- treter, Percival Lowell in Arizona auf der einen Seite halten fest an der Entdeckung des berühmten Mailänder Astronomen, während nicht weniger bekannte Forseher, wie Flammarion in Jusivy oder Leo Brenner auf Lussinpiccolo, Trouvelot, Wislicenus, ungefähr einen " clamiren. Insbesondere gewinnen die Ausführungen Lowells dadurch, dass sie unter der trockenen und klaren Atmo- sphäre Arizonas und mit ausgezeichneten Hilfsmitteln er- halten wurden und auch schon der bestens bekannte Name Lowell's für die Sicherheit und Genauigkeit der Beobachtungen Bürge bieten soll. Schon in Bezug auf die Marsforschung hat das Flag- statf-Observatory, dessen Erbauer und Director Percival Lowell ist, Bemerkenswerthes geleistet, eine grosse An- zahl neuer Marskanäle sind dort entdeckt worden und eine äusserst interessante' Marskarte, die wir bereits in der „Naturw. Wochenschr." Bd. XI, No. 24 genügend gewürdigt haben, war das Ergebniss der mit ebenso grosser Umsicht als Genauigkeit ausgeführten Beobachtungen. Nunmehr schien Low^elFs Brashear - Refractor auch be- sein, in die Frage der Rotation der inneren Licht zu bringen und genauere und sicherere Gesichtspunkte zu eröffnen, als dies bisher möglich war. Die Beobachtungen unseres Nachbarplaneten werden rufen zu Planeten durch die körper in ungeheure Folge seiner der viel grösseren Lichtfülle, welche dieser Himmcls- Sonnc und oder Licht- Betrages rösseren Nähe zur seiner Albedo 506 Naturwisseuschaftlichc Wochenschrift. XII. Nr. 43. reflectionsfähigkeit ausstrahlt, ungemein erschwert war daher Es nur zu Zeiten und unter äusserst günstigen Luftverhältnissen möglich gewesen, Fleckeugebilde auf der in fast die Augen blendendem Glänze ersciieiuenden Venusscheibe zu erkennen. Und wenn es dann doch ein- mal glückte, dergleichen wahrzunehmen, so waren die beobachteten Flecke so undeutlich und verwaschen, und von so bleicher Färbung, dass man Mühe hatte, dieselben überhaupt zu sehen imd man daher gar nicht daran denken konnte, eine genauere Messung derselben vor- zunehmen. Die Verwaschenheit und unbestinnnte bleiche Farbe der wahrgenoninicnen Gebilde konnte nur durch die Anwesenheit einer äusserst dichten und substantiellen Lufthülle erklärt werden. Aus der eben erwähnten Un- bestimmtheit der Fleckeugebilde erklärt sich auch voll- kommen die Unsicherheit, die lange Zeit über die Ro- tationsverhältnissc dieses denn doch nicht einmal so weit entfernten Planeten herrschte und auch jetzt noch, trotz der Riesenrefractoren, die uns die Kunst der Neuzeit ge- schenkt hat, immer nicht geschwunden ist. Mau beob- achtet jetzt unseren leuchtenden Nachbar mit den vor- züglichen Instrumenten der Gegenwart fast nur mehr untertags, wo durch das helle, zerstreute Tageslicht die des Nachts im Contraste mit dem tiefdunkelen Grunde des Nachthimmels blendende Lichtfülle geschwächt wird, aber iannerhin gehören die Flecken auch jetzt noch zu den am schwersten wahrnehmbaren Objecten und ist es bei den so sehr auseinandergehenden Resultaten, zu denen manche Beobachter gekommen sind, noch immer nicht möglich gewesen, mit voller Sicherheit einen Schluss auf eine eventuell vorhandene Winkelbewegung derselben, und damit auf die Rotationsdauer dieses interessanten Planeten zu ziehen. Umsomehr musste es daher frappiren, als LowcU plötzlich mit der Nachricht vor die Oeiifentlichkeit trat, dass es auf seiner Sternwarte gelungen sei, Flecken- gebilde in vollkommener Schärfe und Deutlichkeit zu beobachten und so auch einen entscheidenden Schritt zur Klärung der so lange unbeantwortet gebliebenen Frage zu thun. In den „Monthly notices" LVII, No. 3 giebt Lowell seine diesbezüglichen Beobachtungen und Wahrnehmungen, welche er in der Zeit vom August bis October des vorigen Jahres angestellt hatte. Die von Lowell beobachteten Flecken sind lang und schmal und erinnern so unzwei- deutig an die Canalsysteme unseres Nachbars auf der anderen Seite, Mars. Auch hier sehen wir von einzelnen Kreuzungspunkten als Centren grössere Streifenbündel ausstrahlen, deren Theile in grössten Kreisen die Venus- oberfläche durchziehen. Die Farbe dieser Gebilde ist gelblich oder grau. Diese schmalen, bandartigen Streifen sind nach den Bemerkungen P. LoweU's vollkommen l)e- stimmt und deutlich wahrnehmbar, wofern die Luft nur eiuigermaassen günstig ist, so dass die feinen, zarten Details nicht durch Trübungen oder Wcllungen in unserer Lufthülle undeutlich gemacht werden. Das Gcsammtergcbniss, das Lowell aus seinen Beob- achtungen zieht, ist, dass Venus nur einmal während eines Umlaufes um die Sonne rotire und daher unserem Ccntralkörper immer dieselbe Seite zuwende, wie das- selbe bei unserem Monde in Bezug auf die Erde der Fall ist. Lowell schliesst sich also vollkonnnen der An- sicht Schiaparclli's an, dessen Veniiszeichnungen eben- falls für eine äusserst lange Rotationsperiode dieses Hinnnelskör|iers sprechen. Die sännntlichcn Beob- achtungen hat Lowell zu einer Karte der Venusscheibc zusammengestellt, wo für den Null-Meridian derjenige grösste Kugelkreis gewählt erscheint, welcher durch die beiden Pole und durch den Puidit der Planetenkugel geht, für welchen die Sonne zur Zeit des Periheliums oder zur Zeit der Apheliums im Zenith steht. Lowell zieht aus seinen Beobachtungen auch den wichtigen Schluss, dass die Rotationsachse nahezu senk- recht .stehe auf der Bahnebene, obwohl es ihm nicht nuiglich war, den directcn und sicheren liewcis für diese Behauptung durch die Beobachtung von Polarflecken zu erbringen, da es ihm nur in einigen wenigen Fällen und da nur äusserst unsicher gelungen war, dergleichen heller glänzende Flecke wahrzunehmen. Ueberdies konnten diese wenigen zweifelhaften Beobachtungen auch nur durch einen an diesen Stellen der Scheibe stärkeren Gin uz hervorgerufen w(n-dcu sein, da sie sonst im Ver- gleiche mit den übrigen in i)cdeutcnder Schärfe er- scheinenden Fleckengebilden in ihrer j\lattheit und Un- bestimmtheit schwerlich anders erklärt werden könnten. Auch würde ein Vorhandensein \on Polarflecken sogar ein Gegenbeweis gegen LoweU's Annahme einer lang dauernden Venus-Rotation sein, wollte man dieselben durch locale Anhäufung von weiss glänzenden Schnee- massen erklären. Wenn nämlich Venus der Sonne fort- während nur die eine Seite ihrer Oberfläche zuwendet, dann ist die durch die Sonnenstrahlung hervorgerufene Erwärmung der Oberfläche an allen Punkteu, welche vom Centrum der Scheibe, in dessen Zenith die Sonne steht, gleich weit entfernt sind, gleich, und die mittlere Temperatur muss daher vom Centrum gegen den Rand der Scheibe hin abnehmen. Daher kann es unnuiglich zur Bildung von Polarfleckcn kommen, da polare Schneemassen nur möglich wären, wenn der Planet eine ziemlich rasche Rotation ausführen würde. Im Gegentheil müssten sich die Schneemassen rings am Rande der Scheibe anhäufen, um von dort in die dunkle Halbkugel überzugehen, so dass in diesem letzteren Falle der ganze Rand der Scheibe am Terminator beller beleuchtet erscheinen müsste. Flamniarion hat auf seiner Privatsternwarte in Jusivy Polarfleckcn von blendender Weisse beobachtet und schliesst auch daraus auf eine etwa nur 24stündige üm- drehungszeit. Doch scheinen entweder seine Beob- M achtungen mit einer gewissen Unsicherheit behaftet zu " sein, oder man hat in den glänzenden Raudflecken über- haupt keine Schncemassen zu erblicken, da seine Zeich- nungen helle Flecken zeigen, die im Verhältniss zur Sonne auf der Mitte der Scheibe stehen müssten, und daher bei der auch aus Flanuuarions Beobachtungen folgenden fast senkrechten Stellung der Rotationsachse zur Bahnachse sowohl für eine rasche, als auch für eine langsame Rotation unmöglich Schncefelder sein könnten. Interessant, wenngleich auch nicht ohne Bedenken zu erregen, sieht sich die Karte an, die Lowell aus seinen Beobachtungen zusammengestellt hat. Und diese Resultate erscheinen umso merkwürdiger, als Lowells Sternwarte uns bezüglich anderer Körper unseres Sonnen- systems dasselbe Ergebniss geliefert hat (A. N. 3417 Mercury). Und was die Satelliten Jujntcrs betrittt, so bringen die „Astronomischen Nachrichten" ebenfalls zwei Telegrannne, in denen angezeigt wird, dass LoweU's Assistent Douglass auch hier die Entdeckung gemacht habe, dass der dritte und \ierte Jupitermond nur einmal während ihres Umlaufes um ihr Centralgestirn rotiren. Auch auf Mercur und den .Jupitermonden kehren nach Lowell jene schmalen, bandartigen Zeichnungen wieder, die Lowell uns in seiner Venuskarte bringt. Die sonderbare Uebereinstinnnung unter den völlig verschiedenen und durch Millionen von .Meilen von ein- ander getrennten Weltkörpcrn muss umsomehr bedenklich erscheinen, als die Lowell'schen Zeichnungen vollkommen von den bisherigen Darstellungen abweichen, und es kann XII. Nr. 43. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 507 daher nur geboten erscheinen, diese eigeuthünilichen Re- sultate mit etwas Reserve aufzunehmen. Auch die neuen Bcobaehtuugeu Leo Brcnner's auf Lussin piccolo, der nicht nur unter den denkbar günstigsten atmosphärischen Verhältnissen arbeitet, sondern sich auch als einer der besten und gewandtesten Beob- achter erwiesen hat, der mit nur geringen Mitteln her- vorragende Resultate zu erzielen versteht — man denke nur an die ausgezeichneten Mondbeobachtungen Brcnner's — widersprechen den Resultaten Lowell's vollkommen. Be- züglich Mercurs sowohl, als auch unseres Nachbar- planeten Venus entscheidet sich Brenner für eine rasche Rotation und eine Durchsicht seiner Zeichnungen lässt auch eine solche mit voller Bestimmtheit erkennen. Auch entfernen sieh Brenners Zeichnungen nicht so sehr von den bisher erhaltenen Darstellungen, so dass sie auch schon dadurch eine grössere Wahrscheinlichkeit für sich haben. Diese gerade in der neuesten Zeit wieder ver- öffentlichten Beobachtungen Brcnner's sind durchaus nicht geeignet, das Vertrauen, das Lowell's Resultate bean- spruchen, zu festigen. l?rcnner glaubt auch keineswegs an die Richtigkeit und Unanfcchtliarkeit der Lowell'schen Ergebnisse. Lowcll wurde nach seiner Ansicht durch sein Instrument und durch ungünstige Luftverhältnisse, sowie ungeeignete Stellung des l'laneten irre geleitet. In der That erscheint es höchst sonderbar, wie Lowell seinen grossen Refractor mit voller Oeffnnng und dazu noch obendrein mit einem Kometcnsueherocular von 140facher Vergrösserung ohne Blendglas für derlei Beob- achtungen verwenden konnte ! Sollte es da nicht erlaubt sein, anzunehmen, dass P. Lowell mit dergleichen Beob- achtungen zu wenig vertraut ist, um ein entscheidendes Wort zu sprechen y Auch landen seine Beobachtungen der Venus immer nur in verhältnissmässig geringer Höhe über dem Horizont und scheint daher die vielgerühmte Klar- heit der Luft über dem Lowell-Observatory auch nicht allzuweit gegangen zu sein. Wenn man bedenkt, dass Brenner selbst einmal, am 24. April 1cn daher mehr vor und fällt somit auch mehr in die Augen — , die Muskulatur des Ohres, deren Verstärkung bei den niederen Säugethierklassen entsprechend der massigeren Ausbildung der Ohrmuschel nothwendig gewesen war, re- ducirt sich, behält indessen noch eine gewisse Beweglichkeit bei. Bei den höheren Affen, den Anthropoiden, legt sich der äussere, scharfe Rand des Ohres nach innen und rollt sich zur krämpenartigen Leiste des Helix ein; vereinzelt zeigt sich am unteren Rande auch schon das Ohrläppchen ; die Beweglichkeit der Muschel wird schon so rudimentär wie beim Menschen. Die Ohrmuschel ist somit als ein rudimentäres Organ zu deuten. Ursprünglich war sie, wie schon oben hervor- gehoben, ein Schutzorgan für den äusseren Gehörgang. In dem Augenblicke, wo diese physiologische Bestimmung überflüssig wird, d. h. wo die werthvollen, inneren Theilc des Gehörorganes durch einen längeren Gehörgaug vor äusseren Scliädlichkeiten bewahrt werden, beginnt die Reduction der schützenden Klappe. Zur Unterstützung dieser Hypothese hat Verfasser versucht, den Gehörgang verschiedener Säugethiere zu messen und die Beobachtung gemacht, dass die steigende Entwickelung der Säuge- tiiiere einerseits mit der Ausbildung eines längeren 6e- iiörgangcs, auch mit Aendcrung seiner Richtung nach vorn, oben, hinten oder mit Ausbildung einer den <)hr- eingang umrahmenden, starken Knochenspange, und andererseits parallel zu ihr mit einer Verkleinerung der Ohrmuschel einhergeht. Allerdings sind diese seine Untersuchungen aus Mangel an Material noch sehr be- schränkte, und es wäre daher sehr zu wünschen, dass sie von anderer Seite aufgenommen, resp. vervollständigt würden. — Die Verkleinerung der Ohrmuschel in Folge der Abnahme der an sie gestellten Anforderung als Schutz- organ zog eine Rückbildung der Muskulatur und schliess- lich einen vollständigen Schwund derselben, wie bei den Anthropoiden und Affen, nach sich. Eine weitere Folge der durch den Muskelschwund aufgehobenen Sjjannung (Zuges nach hinten und oben) war ein Herabsinken des oberen Theiles und die Entstehung eines Helix, snwie ein Herabsinken des unteren Theiles und die Bildung eines (Ohrläppchens. G. Buschan. lieber den Flug der Brieftaube hat Professor Ziegler aus Freiburg i. Br. neue Untersuchungen ange- stellt; er berichtet darüber in den „Zool. Jahrbüchern." Für grosse Entfernungen, lÜU — 6UÜ km, übersein-eitet die Fluggeschwindigkeit nicht 1100— 1500 Meter pro Minute. Allerdings kann ein günstiger Wind die Zahl bis auf 1600 Meter, ja in sehr seltenen Fällen bis auf 1950 Meter bringen; dagegen wirkt conträrer Wind hennnend auf den Flug ein, so dass die Geschwindigkeit his auf 500 bis 800 Meter pro Minute sinken kann. Auch wird durcli unsichtiges Wetter, Regen, Nebel, tief gehende Wolken, die Geschwindigkeit ungünstig beeinflusst, indem dem Thiere dann die Orientirung ersehwert wird. (Vergl. den Bericht in „Naturw. Wochensehr." 18'J(j, Nr. 35!). — Die Brieftaube erhebt sich niemals in grössere Höiien, kann also die grosse Schnelligkeit der in Höhen von 200Ü .Metern und darüber wehenden Winde nicht ausnützen. Meist fliegt sie in einer Höhe von 1000—1500 Metern, maneh- mai, besonders bei conträrem Winde, nimmt sie iin-en Flug sehr niedrig. S. Seh. Die Kraiiklieiten der Criistaceeii macht E. L. Bou- vier, Professor am Naturhistorisciien Museum zu Paris, zum Gegenstand einer längereu Abhandlung in dem „Bulletin de la Soeiete centrale d'aquiculture et de peche" t. IX. 1897, S. 61—94 (auch separat erschienen). — Es ist schon eine üanze Reilie von Krankiieiten der Crusfa- XII. Nr. 43. Naturwi.ssen8chaf'tliche Wochenschrift. 511 ceen constatirt worden, doch ist man zur Zeit noch weit davon entfernt, dieselben alle zu kennen, und von den bekannten weiss man nicht einmal, ob sie alle parasi- tären Ursprungs sind. Sicher ist, dass viele Parasiten in Krustcntliieren leben und sich entwickein, ohne patho- logisciie Erscheinungen hervorzurufen; solche sind beson- ders Gregarincn und Echinotrichcn, welche in dem Ver- dauungskanal von Flusskrebs, Hunnner und Languste nachgewiesen sind. Andererseits sind Bacterien bekannt, welche bestinnut schädlich auf die Crustaceen einwirken und deren Tod verursachen, wie z. B. der Spirobacillus Cienkowskii Metschn., welcher in grosser Menge in ge- wissen üaphnienartcn Vv rkommt. Professor Giard hat ein leuchtendes Bacterium auf kranken Flohkrebsen der Gattung Talitrus gefunden. In den Jahren 1894 und 1895 starben an der Küste von Morbihan die Langusten in Massen ab in Folge der Einwirkung eines Microben, welcher zwischen den Bacillen und Micrococcen steht. In wahrhaft verheerender Weise ist unter den Fluss- krebsen eine Krankheit, die Krebspest, aufgetreten, welche die Gewässer von Frankreich und einem Theile von Deutschland fast ganz von Krebsen entvölkert hat. Raveret- Wattel hat 1885 in dem „Bulletin de la Soc. d'acclimation" ausführlich über die allmälige Entwickelung und Verbreitung der Krebspest während der letzten \L\n- (leniie berichtet. Darnach zeigte sich die Krankheit zu- erst 1876 in Aube und verbreitete sich von da über ganz Frankreich; in demselben Jahre wurde sie auch im Elsass nachgewiesen und ging von hier aus nach Luxemburg, Belgien, 15aden, Bayern und Oesterreich. Im Jahre 1874 war sie schon in der Spree aufgetreten, und da sie sich zu derselben Zeit auch in Schweden zeigte, nimmt Bou- vier an, dass sich die Krankheit von verschiedenen Centreu aus verbreitet habe. Unberührt von der Seuche blieben nur die Länder des östlichen Europa: Russland, Polen, Ostpreussen und« ein Theil von Westpreusscn, Ungarn, Croatien, Siebenbürgen, Galizien u. s. w. Das sind die Länder, welche gegenwärtig die in den Handel kommenden Krebse liefern. Zur Zeit seheint es, als ob die Krankheit im Abnehmen begriffen sei. An verschiedenen Orteu und zu verschiedenen Zeiten hatte man die Beobachtung gemacht, dass die Krebspest sich in der Ebene entwickelte und sich von da alhnäh- lich in den Wasserläufen gegen die Höhen hinauf ver- breitete; die kleinen Bäclie auf den höchsten Theilen der Bergländer blieben verschont. Ferner wollte man be- merkt haben, dass die Krebspest sich nicht über die Flusswehre hinaus verbreitete; Max von dem Borne wies aber 1883 nach, dass die Krankheit in der Mietzel, einem Ncbenfluss der Oder, sich von der Mündung strom- aufwärts über acht Wehre verJn-eitete bis in den Soldiner See, aus welciiem der Fluss kommt. Die Krankheit tritt meist im Sommei', in der Zeit vom Juli bis September oder October auf, doch sind auch Winterepidemien zu verzeichnen, so im December 1884 in der Sorgues, einem Nebenfluss des Rhone. Die Charaktere der Krebspest sind u. a. die folgen- den. Im Anfange der Krankheit geht das Thier sehr hochbeinig, indem es den Körper hoch empor zieht und sich nur auf die Spitzen der Füsse stützt. Es scheint alle Furcht und Vorsicht vergessen zu haben, denn es verlässt seinen Schlupfwinkel und setzt sieh mitten in das Strombett, wo sich die Kranken in grosser Zahl vereinigen und sich gegenseitig mittelst ihrer Scheercn angreifen. Diesem Umstände ist es wohl zuzuschreiben, dass'^in den verseuchten Revieren Krebsbeine in Menge zu finden sind; es ist allerdings auch möglich, dass die Beine lediglich in lolge der Krankheit ausfallen. (Vergl. damit die Beobachtungen von Heyking in der „Naturw. Wochen- schrift" 1897, S. 332.) Allmählich schwillt das Ende des Hinterleibes, besonders der Analgegend, au und wird röthlich. Das Gefühl des Krebses scheint verloren ge- gangen oder doch stark vermindert zu sein; berührt man die sonst so Iieweglichen Augcnstiele, so reagirt das Thicr gar nicht darauf. Bald schwillt der ganze Körper der- artig an, dass die Abdominalringe fast auseinanderplatzen; der After öffnet und schliesst sich in regelmässigen Inter- vallen. Zuletzt wird die ganze Unterseite des Abdomens roth, das Thier fällt auf den Rücken, verliert alle Be- wegungen und stirl)t. Man weiss noch kein Beispiel da- für, dass ein Krebs, der die angeführten Symptome zeigte, wieder gesund geworden wäre. Die Krankheit umfasst einen Zeitraum von 3—4, höchstens 8 Tagen. Dass die Krebspest eine Infcctionskrankheit ist, geht aus mehren Experimenten hervor. Max von dem Borne brachte in ein auscementirtes Bassin gesunde Krebse, dann warf er in dassellje Schlamm aus dem schon erwähnten Flusse Mietzel und zwar von einer Stelle, an der die Krebspest gerade arg wüthete; alle in dem Bassin befindlichen Krebse erkrankten und starben. Andere fütterten Krebse mit den Eingeweiden von Fischen oder mit Fischtleisch, und alle diese Krebse wurden krank. Dass die Krebspest aber nicht con- tagiös ist, d. h. dass sie nicht von einem Krel)s direct auf den anderen übergeht, geht aus einem Exiieriment von Harz hervor, welcher gesunde und kranke Krebse zusammen in ein Becken brachte; in diesem Falle fand keine einzige Neuerkrankung statt. Zur Erklärung der Ursache der Krebspest sind die verschiedensten Theorien aufgestellt worden. Man sah einen Blutegel, ferner ein Distomum, eine Saprolegniacee, veischiedene Infusorien und Bacterien als Erreger der Krankheit an. Harz fand 1881 in untersuchten todten Krebsen eine Saprolegniacee, Achlya prolifera Nees, deren Hyphen das ganze Innere des Thieres durchzogen; an den dünnen Stellen drang der Pilz durch die Maut und bildete hier an der Aussenseite sporentragende Rosetten. Nach Hilgcndorf ist dieser Pilz keine Achlya, sondern ein Aphanoinyces. Wie die neuesten Untersuchungen ge- lehrt haben, scheint ein Fisch der Vermittler zwischen den Krebsen und den Erregern der Krebspest zu sein, llenneguy und Thelohan fanden im Darm von kranken Krebsen Myxosporidien (Thelohania Contejeani), und Dubois konnte durch Fütterung gesunder Krebse mit Rothflossern (Leuciscus rutilus L.) eine Infectiou mit diesem Myxosporodium erzeugen. Die Myxosporodien leben als Parasiten an der Oberhaut und in verschiedenen inneren Organen der Fische. Wie man annimmt, können sie wäiirend einer Periode ihres Lebens eine Zeit lang frei im Wasser leben, um einen neuen Wirth zu suchen; dabei könnte der Spiralfaden, den die Sporen tragen, als Bewegungsorgan dienen, und es ist wahrscheinlich, dass sie in dieser Sporenform von dem Fische auf den Krebs übergehen. Als Vorbeugungsmittel empfiehlt es sich daher, aus den Krel)sgcwässern alle Fische fernzuhalten, sowie die Krebse nicht mit Fleisch oder Eingeweiden von Fischen zu füttern. Freilich lassen sich diese prophylactischen Maassnahmen nicht überall anwenden. — Auch ist von verschiedenen Seiten empfohlen worden, Krebsarten ein- zubürgern, welche den Microben der Krebspest gegenüber immun sind; als solche werden einige ainerikanisehe Species der Gattung Canibarus genannt, so Cainb. altinis Say und virilis Hagen. Tbalsächlich sind in den letzten Jahren in Deutschfand von Max von dem Borne und in Frankreich von Raveret- Wattel derartige Versuche angestellt worden; dieselben scheinen reichen Erfolg zu versprechen. S- Seh. 512 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. XII. Nr. 43. lieber Alkolioll>i](lHn&: bei der intramolekularen Atlinuing der Erbsenkeimlinffe berichten Godlevvski und Polzcniusz im Anzeiger der Akademie der Wis.sen- schafteu in Krakau. Juli 1897. Es ist seit Langem bekannt, dass neben Pilzen auch höhere Pflanzen, wenn ibueu der Sauerstoff entzogen wird, nicht durch Ersticken zu Gruude gehen, sondern ihre Kohlenhydrate zum Freimacheu von Betriebskraft in Alkohol uiul Koidensäure zertrünnnern. Man wusstc das z. B. von der Birne. Godlcwski und Folzeniusz fuhren im Anschluss an diese bekannten Erfahiungen den Nach- weis, dass das Verliältoiss der Menge erzeugten Alkohols und producirter Kohlensäure der durch die Gäln-uug theoretisch geforderten Zahl entspricht. Es zerfallen nämlich 180 gr Zucker in 92 gr Alkohol und 88 gr Kohlensäure, wenn der Prozess glatt verlaufend gedacht wird. Die intramolekulare Athmuug ist also mit der Gährung übereinstimmend; es dürfte demnach gelingen, auch aus höheren Pflanzen Cymase zu isoliren, was um so wahr- scheinlicher ist, als auch ausserhalb der Erbscnpflanzcn befindlicher Rolu-zucker erst gespalten und dann ver- gohren wird. Durch intramolekulare Athmung kann fast die Hälfte der ursprünglichen Trockensubstanz durch Zerspalten in Alkohol und Kohlensäure verzehrt werden. R. K. Die Flora der Jieissen (Quellen des Yellowstone- Parks in Nordamerika behandelt Br. M. Davis in der letzten Julinummer der „Science". Trotz der hohen Temperatur — bis 92" C. — ist die Floi-a eine reiche zu nennen Sie besteht vornehmlich aus Algen, welche die im Wasser befindlichen Gegenstände krustenartig ül)crziehen oder auf der Oberfläche und an den Ufern Häute von gelber oder grüner Farbe bilden. In den Quellen von 40—50° sind Algen von verschiedener Farbe, rothe, braune und auch grüne anzutreffen. In den Ge- wässern von 55 — 65" sind schöne grüne Algen vor- herrschend. Je heisser das Wasser ist, desto bleicher wird die Farbe, so dass in Quellen von 80" nur noch blassgelbe Algen vorkonnnen, und in noch heisserem Wasser sind nur weissliche Fäden von seidenartiger Be- schaffenheit anzutreffen. Bei 85" bilden die Algen kleine FadenbUschel von gelatineartiger Substanz; ihre Ober- fläche erscheint dicht bedeckt mit feinen Schwefel- krystallen. Bei starker Vergrösserung zeigt sich diese Gelatine zusammengesetzt aus stäbchenförmigen Bacterien, welche in geraden Reihen neben einander liegen; hun- derte dieser Reihen liegen so Seite an Seite, alle parallel zu der Richtung der Fäden. Die Bacterien stellt Davis zur Gattung Beggiatoa; ausserdem wies er Arten der Gattungen Phormidium, Spiralina, Oscillatoria u. a. nach. S. Seh. In den Herichten der Deutschen Chem. Ges. 30, 1839 hat Emil Fischer über die Synthese des Tlieo- broniin referirt. — Ich habe seiner Zeit in dieser Zeit- schrift vom 13. Juni 1897 bei einer eingehenden Arbeit desselben Autors auch über die synthetische Darstellung der 3 • 7-Diniethylharns;iure berichtet, sie ist das Aus- gangsmafcrial für die Bereitung des Theobromin. Der Ideengang, der Fischer bei seinen Versuchen leitete, ist folgender : Bei der Behandlung der 3 • 7-Dimethyllinrnsäurc mit einem Gemisch von Phosphoroxychlorid und Pliosplior- pentachlorid entsteht l)imethyldioxychl(ir|)uriii, das die Structurfornicl : N==C . Gl I ! CO C— N • CH3 I >co CH3 • N C-NH besitzt und beim Erhitzen mit Ammoniak in die ent- sprechende Aminoverbindung übergeht. Bei nunmehriger P^inwirkung von Phosphoroxychlorid wird das in Stellung 8 befindliche Sauerstoffatom gegen Chlor ausgewechselt, es entsteht 3 ■ 7-Dimcthyl-6-amino-2-oxy 8-chlorpurin, das bei der Reduction in 3 • 7-Dinicthyl-6-amino-2-oxypurin über- geht und schliesslich beim P>ehaudeln mit salpetriger Säure die Aminogruppe abspaltet, wobei Theobromin resultirt. 3 • 7-Dimethyl-6-amino-2 • 8-dioxypuriu N=C • NHo I I CO C— N • CH3 I II >-co GH., ■ N C— NH Zur Darstellung dieser Verbindung dient das rohe Dimethyldioxychlorpurin, das aus der Lösung der 3 • 7- Dimetliylharnsäure in Phosphoroxychlorid beim Erkalten ausgeschieden wird. 7 Theile dieses Körpers wertleu mit 56 Thcilen wässrigen Ammoniaks, das bei 0" gesättigt ist, 3 Stunden im geschlossenen Gefäss auf 130 erhitzt; dann wird das Reactionsgemisch zur Verjagung freien Ammoniaks eingedampft. Beim Auslaugen des Rück- standes mit Wasser hinterbleibt die Base als grau-grün gefärbte Masse, die zur Reinigung in heisser verdünnter Salzsäure gelost und nach dem Kochen mit Thierkohle heiss durch Natriumacetat gefällt wird. Die neue Base ist in heissem Wasser und Alkohol fast unlöslich, sie bildet mit Säuren beständige Salze, von denen das Sulfat, das aus prächtigen, farldosen Krystallen besteht, am charakteristischsten ist. Bei hoher Temperatur zersetzt sich der Körper, ohne vorher zu schmelzen. — 3 • 7-Dimethyl-6-amino-2-oxy-8-chlorpurin N^C— NHo CO i CH3 ■ N - C- -C- -N • CH, ~^5=CC1 -N Bei 120" getrocknetes Dimeth3'laminodioxypurin wird mit der lOfaf'hcn Gewichtsmenge Phosphoroxychlorid 4 Stunden im Oelbad auf 170" erhitzt, es entsteht eine klare, braune Lösung, aus der sich beim Erkalten ein Tlieil der Chlorbase als Hydrochlorat abscheidet. Zur Gewinnung des Restes dampft man die Mutterlauge im Vacuum bis zur Verjagung des Phosphoroxychlorides ein und übergiesst die zurückbleibende braune Masse unter Kühlung ndt Wasser. Versetzt man die entstandene, l)raune, stark saure Flüssigkeit jetzt bis zur schwach sauren Reaction ndt starker Natronlauge, so scheidet sich das Hydrochlorat der neuen Base als gelbe, krystallinischc Masse ab; durch Einengen der Mutterlauge können dann noch weitere Portionen des Salzes gewonnen werden. Das Hydrochlorat wird in wenig Salzsäure gelöst, mit Thierkohle entfärbt und nach dem Filtriren nnt einem Ueberschuss von Ammoniak versetzt, worauf sofort die Krystallisation des Dimethylaminooxycldorpurins in langen Nadeln, die in heissem Wasser und Alkohol löslich, fast un- löslich dagegen in kaltem Wasser sind, beginnt. Das Hydrochlorat der Base, das in heissem Wasser leicht löslich ist, krysfallisirt in feinen, farblosen Nadeln, das Nitrat ebenfalls in feinen Nadeln oder derberen XII. Nr. 43 Naturwisseuscbaftliche Wochenschrift. 513 KrystallaggTegiiteu, das Sulfat in äusserst feinen Formen und das Aurochlorat in rothgelben, baumartig'cn Aggregaten. 3 • 7-Dimethyl-6-amino-2oxyi)urin N=C • NHo i I CO C • NCH3 li >CH CH3 • N=C • N 5 Theile Diinethylaminooxychlorpurin werden mit 20 Theilen Jodwasserstoffsäure s^l,96 übergössen und das so entstandene Jodliydrat auf dem Wasserbade unter liinreicliendem Zusatz von Jodphosplionium erwärmt. Die Eeduction nimmt sofort ihren Anfang und nach circa einer Stunde ist die Rcaction beendet; man übergiesst das Ganze mit soviel Wasser, dass in der Wärme Lösung erfolgt und engt die Lösung auf dem Wasserbade ein; bei genügender Concenti'ation scheidet sich das üimethyl- aniinooxypurin in grossen Prismen oder Tafeln ab. Nach vollständigem Verjagen des überschüssigen Jodwasserstoffs löst man den Rückstand in Wasser, übersättigt mit Natron- lauge, worauf sich die freie Base langsam in sternförmig verwachsenen, prismatischen Nadeln abscheidet. Das Dimethylaminooxypurin löst sich in zwei Theilen siedendem Wasser, sclnverer in kaltem Wasser, in Alkohol ist CS verhältnissmässig schwer löslich. Das Hydrochlorat kvystallisirt in farblosen Nadeln, das Nitrat in Krystallaggregaten, das Sulfat in biegsamen Nadeln, das Chlor])]atinat in prismatischen resjiective tafelförmigen Krystalleu nnd das Aurochlorat in feinen gelben Nadeln. Verwandlung des 3 7-Dimethyl-6-amino-2-oxypurins in Theobromin. 1,5 g Dimethylaminooxypurin werden in 10 ccm Wasser und 2,5 ccm verdünnter Schwefelsäure (25 pCt.) gelöst, das Ganze auf SO'* erwärmt und unter beständigem Schütteln mit 0,75 g festem Natriumnitiit versetzt; unter Entweichen lother Dämpfe und freien Stickstoffs tritt die Abscheid ung von Theobromin ein. Die Löslichkeitsverhältnisse dieses synthetisch ge- wonnenen Productes einerseits , die charakteristische Doppelverbindung mit Silberuitrat und die Ueberführ- barkeit in Caff'ein andererseits erwiesen die Identität mit dem natürlichen Theobromin Dr. A. Sp. Aussen vollkommen abgeschlossene Lichtljogen Einen Löthkolhen mit Lichtbogeiiheiziiiis- (vgl. Fi- guren] bringt die Allgemeine Elektricitäts-Gcsellschaft zu Berlin in den Handel. Dieser neue elektrische Löthkolben beruht auf dem Princip der Lichtbogenheizung. Die Stroni- zuführung erfolgt mittels biegsamer Leitnngsschnur, welche durch Griff und Stiel nach dem Kolltengehäuse fiilnt. Er zeichnet sich aus durch geringes Gewicht und handliche Form, ferner durch absolute Betriebssicherheit, da der nach niemals mit brennbaren Stoffen in Berührung kommen kann und Explosionen, wie bei Benzinkolben und anderen, ganz un- denkbar sind. Ausge- brauchte Kupferkolben lassen sich nach Lösung zweier Befestigungs- schrauben leicht ent- fernen und durch neue ersetzen. Berussen und Verschmutzen des Kolbens, sowie das Auftreten schäd- licher Gase, wie bei anderen Systemen mit Selbstlieizung, ist vollständig aus- geschlossen. Der Lichtbogen bildet sich direct ain Kupferkolben und kann so seine ganze Hitze ohne nennenswerthe Verluste an diesen abgeben. Aus dem wissenschaftlichen Leben. Ernannt wiu'den: Der aussorordentliclie Professor der Physi- ologie in Berlin Dr. Hermann Munk zum ordentlichen Professor; der Privatdocent der Philosophie in Berlin Dr. Max Dessoir zum ausserordentlichen Professor; der Bibliothekar au der könig- lichen Bibliothek zu Berlin Dr. Heinrich Krause zum Ober- bibliothekar; der Bibliothekar an der Universitäts- Bibliothek in Marburg Dr. Wenker und der Bibliothekar an der Uuiversitäts- Bibliotliek in Göttingen Dr. Lutz zu Oberbibliothekaren. In den Ruhestand trat: Der Professor für Hüttenkunde und chemische Technologie an der königlichen Bergakademie zu Berlin Geh. Borgrat Bruno Kerl. Es starben: Der Generalarzt I. Classe a. D. Dr. Hermann von Stuckrad in Potsdam; der Sammler Mietschke in Teluk Bentong auf Sumatra. Das physikalische Laboratorium des Herrn G. Amberg in Berlin, der sich um Belcanntmachung und Verbreitung neuer Entdeckungen auf dem Gebiete der Physik verdient macht und bei seinem Talent für das E.xperiment und der Klarheit seiner Darstellung jeden zu interessiren versteht, erhielt Anfang October den Besuch von 70 — 80 Mitgliedern der Deutschen Gesellschaft für volksthümliche Naturkunde. Nach Erwähnung der vor zwei Jahren stattgefundenen Versuche der Professoren Rubens und Rathenau auf dem Waiinsee bei Berlin, bei denen am Ufer ge- gebene elektrische Zeiclien nach entfernten Schiffen durch das Telephon vermittelt wurden, besprach Herr Amberg die In- ductionswirkungen der verschiedensten Art und veranschaulichte dieselben durch das Galvanometer. Das wesentlichste Verdienst an den letztjährigen Resultaten auf dem Gebiete der Elektrizität habe der nur leider zu früh verstorliene Professor Heinrich Hertz, der uns die vollkommene Identität derselben mit dem Lichte dargethan hat. Licht ist Elektrizität. Dieselbe pflanzt sich, wie wir ja nun wissen, in längeren und kürzeren Wellen, in Schwin- gungen fort, sie kann reflcctirt, gebrochen, polai-isirt werden, wie Licht, Wärme, Schall. Treffen solche Wellen z. B. auf Metallstückchen, in Form von Feilspänchen etwa, so können diese einen elektrischen Strom ver- mitteln. Brarly hatte zuerst solche „Cohärer" angewendet. Marconi hat dieselben ausserordentlich verfeinert, so dass diese auf grosse Entfernung noch reagiren. Herr Araberg hatte an dem einen Ende seiner 20 Meter langen Zimmorreihe den Geber, ein grosses Inductorium mit der Marconi'schen Vorrichtung als Funkengeber, am anderen Ende den „Cohärer" mit einem Telegraphen-Relais und Morse-Apparat, aufgestellt. Durch die Erschütterungen eines elektrischen Rasseler wurde das Cohärer-Röhrchen immer wieder nicht leitend gemacht, so dass Punkte und Striche sich deutlich wiedergaben. Auch aus einem getrennten Raum wirkten Funken eines kleinen luductors. Eine kleine Leydener Flasche, die Herr Amberg am Tage zuvor geladen hatte, und die er mit einem Metallstäbchen an der inneren Belegung berührte, setzte auf einige Meter Entfernung noch den Morse-Apparat in Bewegung. L i 1 1 e r a t u r. Adolf Wagner, Grundprobleme der Naturwissenschaft. l!rief(\ eines unmodernen Naturforschers. Berlin 18'J7. Verlag von Gebrüder Bornträger. 255 Seiten. — Preis vornehm gebunden 5 Mk. Ich habe in dieser Zeitschrift schon des öfteren Gelegenheit gehabt, darauf hinzuweisen, wie die heutigen Naturwissenschaften zum grossen Theile — vor allem Physik und Physiologie - noch vom Ideale reiner Erfahrungawissensc haften ziendich weit entfernt sind, wie sie vielmehr von metajjhysischen Ge- dankenreihen noch ganz stark durchsetzt sind. Grade solche Naturforscher, die immer und nur „Erfahrung" wollen, sind mit- 514 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. XII. Nr. 43 unter die äi-gsten Metaphysiker, d. h. alles andere als Männer der strengen Wissenschaft, Vertreter der reinen Erfahrung. Hierher gehurt besonders die materialistische oder materialistelnde Rich- tung, die — das ist traurig-lustig zu hören — gegen alle Philo- sophie zu Felde zieht, weil dieselbe von der Erfahrung abweiche, speculativ sei und deshalb des Studiums ernster Männer nicht werth sei. Traurig ist das, weil eine gediegene Naturforschung nicht möglich ist ohne den weiten, freien Blick, den das Studium des Allgemeinen, der obersten Gesichtspunkte, des Principiellen — und darin besteht ja vor allem die Philosophie ! — gewährt. Ohne diese stete Beziehung des Einzelnen auf das Allgemeine erhalten wir eine Naturforschung, die im schlimmsten Sinne des Wortes „banausisch" ist: Aufzählen und Schildern der Thiere, Pflanzen u. s. w. und Classificiren, das mit ein ganz wenig allgemeiner Tunke versehen, ergiebt so die Arbeit der bessern unter dieser Art von „Forschern", während manche sich überhaupt nur mit gar nicht von höheren Gesichtsjuinkten geleiteten Specialnnter- suchungen über diese oder jene Tliier-, Pflanzen- und .Stein-Arten abgeben! Aber erst der Blick auf das Allgemeine, Priucipielle — und das heisst eben die philosophische Blickrichtung — hebt über das enge Gehege des einzelnen Fachs empor, erst die Beleuchtung und Betrachtung alles Einzelnen „sub specie aeternitatis", d h. unter dem Gesichtspunkte der liöchsten und letzten Principien und Gesetze verleiht den Einzelforschungen den rechten Werth und kann sie unter Umständen von höchster Bedeutung werden lassen. Man denke an Darwin, dessen Lehren ja im wesent- lichen Philosophie sind. In ihm haben wir ein Musterbeispiel der höheren, gediegeneren, d. h. der philosophischen Naturfor- schung vor uns! Es ist merkwürdig, dass so vielen Verehrern Darwins dieser Punkt nicht klar zum Bewusstsein gekommen ist, und sie vielmehr immer noch meinen, dass sie berechtigt seien, gegen alle Philosophie zu Felde zu ziehen oder sie „vornehm" nicht zu achton, weil mal im ersten Drittel unseres Jahrhunderts eine Naturphilosophie (wohlbemerkt nicht bloss von Fachphilo- sophen, sondern auch von Fach na t u rf o rsch ern) verbreitet wurde, die an Willkürliehkeiten und Ungeheuerlichkeiten sich ein Erkleckliches leistete. — Diese — durch Denkfaulheit geför- derte — Abneigung gegen alle Philosophie als „Metaphysik", „Speculation" u. s. w. ist nun also traurig! 'Aber drollig und lustig ist es, zu sehen, wie eben jene Naturforscher, die mit so heftigen Ausdrücken die Philosophie als Feindin der Erfahrung herabsetzen, sich nun keineswegs streng an die Erfahrung halten, vielmehr Theorien aufstellen oder ver- treten, die alles andere mehr denn Erfahrungen sind (z. B. die verbreitetsten Ansichten über Materie, Atome, Kräfte und Euer- gieen u.a.), die vielmehr oft eine geradezu wilde Metaphysik, ein Hohn auf alle strenge, reine Erfahrung sind! Und dabei doch in einem Athem der Preis auf die Nur-Erfahrungs- Wissenschaft und die beissende Verspottung aller Metaphysik, ja aller Philosophie überhaupt ! Dass diese schroffe Unfolgerichtigkeit, diese tolle Gedanken- verwirrung zum Widerspruch reizen muss, ist selbstverständlich. Vor allem natürlich uns Vertreter der radikalen Erfahrungswissen- scbaft und Erfahrungsphilosophie, die wir jene Sachlage sowohl um des wissenschaftlichen Fortschrittes, wie um der Sittigungs- Entwickelung überhaupt bedauern, und die wir unserseits das Losungswort haben: wog mit aller Metaphysik, aller Speculation, aber eben nicht nur mit der auf philosophischem, sondern auch mit der auf naturwissenschaftlichem Gebiete! Nur Erfahrungs- (Natur-) Wissenschaft und Erfahrungs - Philosophie, und zwar beide, wie es sich gehört, Hand in Hand, sollen in Zu kuuft auf dem Plane sein ! Aber jene Gedankenverwirrung der Naturforscher wird nicht mir von uns Vertretern der reinen Erfahrung bemerkt und be- kämpft, sondern natürlich auch von den Vertretern der specula- tiven Pliilosophie. Und da ist es denn recht lustig zu sehen, wie die beiden feindlichen Brüder — metaphysische Philosophie und metaphy- sische (auch „moderne" genannt) Naturforschung — sich in den Haaren liegen und sich gründlicli zerzausen. So recht die Natur- wissenschaftler liaben, auf das schärfste gegen die Ueberschreitung der Erfahrungs-Grenzen durch die speculative Philosophie Ein- spruch zu erheben und sie meinetwegen auch kräftig zu verspotten, 80 recht haben aber andererseits doch auch die Vertreter der specu- lativen Philosophie, wenn sie jenen Spott durch Aufdeckung der inneren Widersprüche der „modernen" Naturfoischung und iiires zum guten Theil metaphysischen Gepräges reichlich heimzahlen und zum Ueberfluss den „modernen" Naturforschern nacliweisen, dass sie folgerichtig Metapliysiker — genauer: Anhänger der subjcctivistisch-idealistischen Philosophie — sein müssten. Diese Aufgabe ist es, die sich der Verfasser obigen Buches, der Botaniker Dr. Adolf Wagner, gesetzt hat. Er selber istAnhänger der Schopenhauor'sclien Art idealistischer Philosophie, dessen Willens- Metaphj'sik eingeschlossen. Wagner unternimmt es nun, indem er im Haupttheile seines Buches die Grundbegriffe der Naturfor- schung kritisirt, zu zeigen, dass die moderne Naturwissenschaft keineswegs auf dem Boden reiner Erfahrung steht, vielmehr durchaus metaphysisch geartet ist. Er sucht seine Leser Schritt für Schritt zu dem Ergebniss zu bringen, dass die Naturwissen- schaft eigentlich auf dem .Scliopenhauer'schen Standpunkte stehen müsste, und es geradezu unbegreiflich sei, beziehungsweise von Unfähigkeit zeuge, wenn die Naturforscher das nicht einsälien. Wagner schreibt gut. Sein Stil ist flüssig und leicht, munter und lebendig. Die Form des Buches — es besteht aus „Briefen" an einen befreundeten Naturforscher, einen Materialisten — ist zur flotten Schreibart recht geeignet. Wagner ist ein guter Kritiker und eine Fülle treffender, geistvoller Bemerkungen sind in dem Buche anzutreft'eu, besonders da, wo er das kritische Messer an- legt. Hierbei (bezüglich seiner Kritik) können wir uns mit vielem einverstanden erklären und gönnen den bezüglichen unklaren Naturforschern dies Sturzbad kritischer Lauge von Herzen! Für diese dogmatischen, speculativen Naturforscher — zu denen leider wohl die Mehrzahl der heutigen Naturforscher, vor allem natür- lich die Materialisten oder doch materialistelnden, aber auch die vielen idealistelnden gehören — ist das Buch eine sehr gesunde Lectiire! Es zeigt ihnen ihre Unfolgerichtigkeit und die Consequenzen derselben auf das Deutlichste und Schärfste und verspottet sie weidlich. In letzterer Hinsicht geht tlas Buch manchmal fast zu weit. Manche scharfen Ausdrücke wären wohl besser vermieden worden; er schreibt wie ein jüngerer Forscher, der mit dem Bewusstsein, dass ilim die Welt und die Wahrheit gehöre, hemdärmelig, burschikos auftritt und oft rücksichtslos dreinfährt. Ausdrücke, wie „unbegreiflich" (S. 72), „Unfähigkeit" (S. 72), „geistige Kurzsichtigkeit" (S. 101), „gänzliciie Willkür' (S. 81), „den Teufel auch!" (S. 84), „das eigene Unvermögen" (S. 128), „wunderliche Käuze" (S. 130), „fixe Ideen", (S. 133), „reiner Schwefel" (S. 208) u. s. w. sind nicht selten. Es ist das Auftreten eines jugendlichen, kraftbewussten Stürmers, der auch schliesslich die Fäuste gebraucht, wo die Gründe versagen. In dem kritischen Theil ist dies ja verhältnissmässig seltener der Fall, aber da, wo er seine eigenen Gedanken entwickelt und ihm die Gründe ver- sagen, kommt es recht häutig vor und wirkt natürlich abstossend oder — drollig. Wenn wir an einer der für Wagner's Stand- punkt heikelsten Stellen statt überzeugender Gründe die Apostro]>hirung finden: „solltost du darüber wirklich noch einer Aufklärung bedürfen?" (S. 101), so wirkt das nicht minder drollig, als wenn die „modernen" Naturforsclier ihre Begriffe von Aether, Materie und Stoff, von Kraft und Energie, von Atomen und Molekülen u. s. w. für klar und unbestreitbar und erfahrungs- gemäss (!!) halten. Beide Richtungen — die heute herrschende Naturwissenschaft und die spekulative Philosophie — haben in ihren gegeneinander gerichteten kritischen Aeusserungen viel Zutreffendes, werden aber willkürlich und dogmatisch in ihren positiven Aufstellungen. Sie können leicht Recht behalten, wenn sie einander bekämpfen, da beide eben zu viel Schwächen auf- weisen, aber ungemein schwer und sauer wird ihnen die Auf- stellung und Begründung der eigenen Standpunkte. Sehen wir nun mal näher zu, wie Wagner verfährt. Wagner geht bei seinen Darlegungen von einer Aousserung Büchner's („keine spekulative Philosophie mehr!") aus, indem er die herrschende Richtung der Naturwissenschaft als eine materia- listische ansieht, und sein Kampf richtet sich auch ausschliesslich gegen diese Richtung. Es hat den Anschein, als ob Wagner eine wirklieh streng erfahrungsmässige Wissenschaft für unmöglich hält, wie er denn auch eine streng erfahrungsmässige Philosophie für unmöglich hält: die Philosophie muss s])eculativ sein (.S. 4). Herr Wagner hat offenbar noch nicht genügend Zeit gehabt, sich in der Philosophie gehörig umzusehen, wie ja allerdings leider noch recht viele andere Naturforscher und — „Philo- sophen." Denn eine derartige Behauptung angesichts des LTm- standes, dass unsere Zeit in der grossartigen Philosophie von Richard Avenarius ein strengstens auf reiner Erfahrung auf- gebautes Lehrgebäude besitzt, an dessen strenger Folgerichtig- keit auch die kritische Begabung des Herrn W. zu Schanden werden würde, — angesichts dieses Umstandes muss man sich überlegen, ob man nicht das „feine Lächeln" (S. 4) aufsetzen will, das W. seinen Gegnern in jugendlichem Uebermuth spendet. Wie nun eine Philosophie der reinen Erfahrung möglich ist (vergl. meine bezüglichen Aufsätze in dieser Zeitschrift), so ist aber auch eine streng erfahrungsgemässo Naturwissenschaft möglich, wie sie unter Anderen Ernst Mach in Wien und Kirchhoff in Berlin anbahnen. Die ganze Wagnersche Polemik richtet sich aber nur gegen die heute herrschende Richtung, sie wird ganz und gar — von A bis Z — hinfällig, wenn man auf dem Standpunkte der reinen Erfahrung steht. Seine Zerzausung des Materialismus, der in der That ein öder Dogmatismus und keineswegs Erfahrungswissenschaft ist, lassen wir uns gefallen. Wir stimmen aus vollster Ueberzeugung seinem an verschiedenen Stellen des Buches lebhaft erörtertem Verlangen einer philosophi- schen Durchbildung der Naturforscher bei: es ist öde Hand- langerarbeit, was die banausischen „Naturforscher" leisten! Wir XII. Nr. 43. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 515 sind im WeseiitliL')ien mit jenen seiner Ausführungen einver- standen, in denen er auseinandersetzt, dass Materie, Kraft, Atom u. s. w. keine erfahrungsmässigen, sondern vielmehr speculative Begrift'e seien. Es ist in der Tliat kaum glaublich, was mit den durch und durch metaphysischen Begriffen Materie und Kraft gesündigt wird! Es wäre ein wahrer Segen, wenn mit diesen traurigen Ueberbleibseln einer dunkeln Vergangenheit endlich einmal aufgeräumt würde. Wir brauchen sie beide ganz und gar nicht bei der Naturbeschreibung! Wir nehmen in der That nur qualitativ verschiedene Körper (an denen wir abstra- hirend die verschiedenen Eigenschaften — Elemente — unter- scheiden können) und deren Bewegungen wahr und unter- scheiden bei Letzteren Bedingung und Bedingtes. An Stelle der völlig der Erfahrung widerstreitenden Materie muss die Ge- sammtheit der Körper, an Stelle der Kraft müssen Bewegungs- gesetze treten: das verlangt die reine Erfahrung! Ist das ein- mal geschehen — und gedeihliche Ansätze liegen vor, — dann kann auch mit dem übrigen speculativen Wust, wie den Atomen — wir kennen in der Natur nichts Festos, Starres! von der wohl meist oder doch häufig schon aufgegebenen Untheilbarkeit und Qualitätslosigkeit der Atome ganz abgesehen — , dem alten Causali- tätsbegriffe — wir kennen kein dunkeles „Wirken", sondern stellen nur fest: dies ist die Bedingung, dies das Bedingte! — und Aehn- lichem aufgeräumt werden. Dann werden auch die Grundgesetze der heutigen Naturwissenschaft, die Gesetze von der Erhaltung der Energie und der Materie ihrer heutigen metaphysischen Fassung entkleidet werden und der richtige Sinn sein richtiges Kleid erhalten! Also weg mit den speculativen Geschichten überall! Weuu das Wagner sehe Buch dazu beiträgt— allerdings ganz gegen den Willen des Verfassers! — dies Ergebnis herbei- führen zu helfen, indem es durch seine tüchtige Kritik' die Un- haltbarkeit der Grundlagen der „modernen" Naturwissenschaft nachweist und so — zwar nicht, wie W. möchte, zum Schopon- hauer'schen „Idealismus" — vielmehr zum .Standjtunkt der reinen Erfahrung diängt, so würden wir natürlich tliesen Erfolg dem Buche hoch anrechnen. Dass die Naturforscher für den positiven Standpunkt W.'s gewonnen werden könnten, glauben wir niclit. Dazu ist er in seinen positiven Aufstellungen zu willkürlich und dogmatisch und sein Beweismaterial zu dürftig. Bald operirt er mit einem „unbestreitbar" (S. 113), bald mit. der „zwingenden Gewalt" (S. 128) gewisser Ansichten (vergl. auch die vorhin angeführte Stelle auf S. lOl), und das bei den wichtigsten Stellen seines Standpunktes! Seine Erörterung, dass die Körperlichkeit etwas durchaus Sub- jectives sei, fällt mit seinem metaphysischen Standpunkte. Für uns ist der Subjectivismus etwas durchaus Unbewiesenes. Der Ausgangspunkt für unser Erfahren ist nicht das Bewusstsein allein — das ist Dogma! — , sondern geistige und körperliche Erlebnisse zusammen. Letztere sind uns mit derselben ITnmittel- barkeit gegeben, wie erstere! — Und natürlich ist die ganze Welt nicht ein Erzeugniss unseres Geistes (wie W. will), sondern beide Faetoren — Individuum und Umgebung — müssen noth- wendig zusammen sein, um eine Erfahrung zu ermöglichen. Eine Erfahrung olnio ..Umgebung" ist ein Unding, wie es ein Unsinn ist, von einer Welt zu sprechen, bei der ganz und gar vom Menschen abgesehen wird. Ich und Umgi'bung gehören immer und unzertrennlich zusammen ! Es giebt für uns nichts Absolutes, sondern nur Relatives. Unsere Welt ist unsere Welt! Von einer aussermensch liehen Welt „wissenschaftlich" zu reden, das mögen Phantasten und unklare Köpfe fertig bekommen, der nüchterne Denker und Forscher verzichtet auf ein Unternehmen, dessen Unausführbarkeit bei ruhiger, vorurtheilsfreier Ueber- legung sich ohne Weiteres ergiebt. (Vergl. darüber frühere meiner Auseinandersetzungen in der „Naturw. Wochenschr."). Damit fällt für uns auch Wagner's (Schopenhauer nachgebildete) Ansieht über das „Wesen" der Dingo und der Welt. Es ist nach mei.ner An- sicht eine völlige Uinnögliehkeit, über etwas leden zu wollen, für das uns auch nicht der allerleiseste Anhaltspunkt gegeben ist. Vielmehr sind wir der ganz entschiedenen Ansicht, dass uns das für uns Menschen in Betracht kommende Wesen der Dinge 'und der Welt in den Erfahrungsthatsachen gegeben ist und von uns mit jedem Fortschritte der Wissenschaft weiter entschleiert wird. Es giebt für uns kein „Inneres", kein übersinnliches Wesen hinter den Dingen und der Welt. Ich halte es mit Goethe: Natur hat weder Kern noch Schale, Alles ist sie mit einem Male ! Was ist nicht schon alles für das übersinnliche Wesen der Widt erklärt worden und was wird nicdit noch ilafür erklärt werden! Der Pliantasie und Wortbildungskunst ist da der freiesto Spielraum gegeben. Und seinen Wertli für das (Jefühl (siehe Glauben und Dichtung und die bezügliclum Ausführungen F. A. Langes im 2. Bande seiner Geschichte des Materialismus) wollen wir diesem Dichten auch nicht abstreiten. Aber für die Wissen- schaft ist es völlig belanglos. Es erübrigt sich nach diesen grundsätzlichen Auseinander- setzungen auf die einzelnen Punkte der W. 'sehen Ausführungen näher einzugehen. Viel Hübsches und Richtiges wird man da finden, aber auch viel Hinfälliges und Verkehrtes, so auch in der kleineren 2. Hälfte des Buches, in der „Thier und Pflanze" be- sprochen werden. Der Begriff „Empfindung" ist zu weit ausge- delmt; Pflanzen besitzen Reizbarkeit, aber keine Empfindung. Zu letzterer gehört Bewusstsein. W.'s Auffassung des letzteren Be- griffes ist allerdings eine grundverkehrte, seine Polemik gegen Wundt durchaus verfehlt. Nicht zu billigen ist das Eintreten für unbewussto Gefühle und Vorstellungen (S. 178), d. h für unbe- wusstes Bewusstsein (d. i. für „todtes Leben" oder „lebendige Leichen"), lesenswerth aber nur theilweise billigenswerth seine Betrachtungen über Zweckmässigkeit und den Selectionsbegriff. Das übrigens sehr vornehm ausgestattete Buch ist eine gute Denkschule für den Naturforscher. Die gewandte Dialektik des Verfassers zwingt den Leser, mit sich selber über die behandelten Fragen gründlich ins Reine konmien und so zu erkennen, wo er bislang gefehlt liat. Hierin erkennen wir einen Hauptvorzug des Buches, das grado heute, wo eben die natuiuissensehaftlichen Theorien noch so wenig geklärt sind, durchaus au der Stelle ist und den Naturforscher-Kreisen also als eine sehr gesunde Leetüre und vorzügliche Gelegenheit zur Denkübung bestens empfohlen werden kann. Maximilian Klein. Prof. Dr. William Marshall, Die deutschen Meere und ihre Bewohner. Kleine Ausgabe zugleich als naturliistorisches Vademekum für Besucher deutscher Seebäder. Verlag von A. Twietmeyer (ohne Jahreszahl) in Leipzig. — Preis 5 Mk. Die grosse Ausgabe haben wir in dem vorliegenden Bande S. 9ö besprochen; die vorliegende billige erinnert durch ihre äussere Form an die berühmten „Sea-Side Studies" von Lowes, die Ende der 50er Jahre unseres Jahrhunderts erschienen (es giebt auch eine deutsche von Julius Frese besorgte, in Berlin 1859 erschienene Ausgabe), grosse Verdienste um die Verbreitung der Kenntniss unserer thiorischen Meeresbewohner haben. Der Unterschied beider Schriften, der Lewes'schen und der von Mar- shall, beruht darin, dass die erstere mehr in die Tiefe geht und daher ein ganz prächtiger Leitfaden auch für den Naturforscher ist, oder besser gewesen ist, während sich die MarshaH'sche Schrift an dasjenige grosse Publikum wendet, das nicht ganz interesselos an den neu sich ihm bietenden Naturerscheinungen vorbeigeht und daher etwas über dieselben erfahren möchte. Einen Er- satz für Lowes' Buch haben wir bis heute nicht erhalten, aber es ist allerdings mehr Aussicht in die breite Masse hinein- zudringen durch einen Führer wie derjenige .Marshall's, der zu seinem Verständniss an den Badegast etwa, der ja ausdrücklieh nur und ausschliesslich seiner geistigen und körperlichen Er- holung leben will, nicht Ansprüche wie das Lewes'sche Buch stellt, das doch — wenigstens an den vollständigen, im Gegen- stand gänzlich unbewanderten Laien — eine etwas grössere geistige Sammlung und intensivere Beschäftigung mit dem Gegenstande verlangt. Dem Freunde des Meeres können wir nur dringend rathon, bei seinen Besuchen unserer Meeresküsten sich mit Mar- shall's Buch auszurüsten, dessen angenehmer Stil ihn so recht zum populären Schi iflsteller im besten Sinne berufen macht. H. Faye. Membre de l'ln.stitut et du bureau des longitudes. Nou- velle etude sur les tempetes, eyclones, trombes ou tornados. Gauthier-Villars et Als. Paris 1897. — Prix 4 fr. 50 c. In einer umfangreichen Schrift (1-12 Seiten) vertheidigt der greise, jetzt 83-jährige Faye noch einmal seine Anschauung, dass die Entstehung der Stürme und die der Tromben auf völlig ver- schiedenen Ursachen beruhe, nachdem er zuletzt im Jahre 1887 seine Ansichten gegen die Einwürfe seiner mannigfachen Gegner in einer grösseren Schrift: „Sur les tempetes" behauptet hatte. In diesem neueren Werke beschäftigt er sich besonders mit den beiden deutschon Hauptverfechtern der gegnerischen Convections- theorie, Hann und von Bezold, sowie mit dem Amerikaner Hazeu, denen er zum Schluss triumphirend zuruft, er könne jetzt, nach mehr als 25 Jahren des Kampfes constatiren, dass seine Ansidiau- ungcn immer mehr Platz gewännen, wälu'cnd die Conveetions- theorie von Jahr zu Jahr mehr Anhänger verlöre. H. luiiait: Adolf Hnatek, Percival Lowell und die V<,>nusrotatiün. — Gustav Wendt, Zur Theorie der Gährungserscheinungen. — Ueber den Zweck und die physiologische Bedeutung der Ohrmuschel. — Ueber den Flug der Brieftaube. — Die Krankheiten der Crustaceen. — Ueber Alkoholbildung bei der intramolekularen Athmung der Erbsenkeimlinge. — Die Flora der heissen l,iH(>llen des SVellowstone Parks. — Synthese des Theobromins. — Löthkolben mit Liehtbogenheizung. — Aus dem wissen- schaftlichen Leben. — Litteratur: Adolf Wagner, Grundproblcme der Naturwissenschaft. — Prof. Dr. 'William Marshall, Die deutschen Meere und ihre Bewohner. — H. Faye, Nouvelle etude sur les tempetes, eyclones, trombes ou tornailos. 516 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. XII. Nr. 43. Gewinnbetüeiligung! Bedeutender Rabatt! Neues Prinzip für Massenbetheiligung an industriellen Unternehmungen. Antheile a Mk, 10, Jedes Mitglied kann bis 500 Antheile übernehmen, parlicipirt am Reingewinn und er- hält bedeutenden Rabatt auf die von der Genossenschaft selbst fabricirten Artikel. "5 1-H •r^ ». .z 0) X «3 o Ih o ߣHLIf/. S.0.26. Internationaler Verein I zur rationellen Verwerthung von Patenten. Eingetr. Genusseiiscliatt in. b. 11., Berlin. Prospekte iliircb den Vorstand. "^BQ PATENTBUREAU Qlrich R. jVlaerz Jnh. C.Schnfiidtlein.Jngenieur Berlin NW, LMJsenstr. 22. ' Gegründet" 187«. . Patent- Marken -uvMusterschutz R,VOLKMANN, ]S!l^!^^i^^^:^ billig,strong reell, sorgfältig, schnell. Franz Rartels, PateiiMUecliuisclies Bureau, Berlin SW.,Yoi'kstr.l9'- Billig, sorgfältig, schnell. Reelle Bodieming. Otto Toepfer Werkstatt für wisssenschaft- liche Instrumente. Potsdam. Speeialgcbict : ,. Astrophysik" (Astrophotoinetrie, AstrospecLruskopie, Astrophotograpliie). 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Verantwortliclier Kedacteur: Dr. Henry Potoni^, Gr. Liciiterfelde (P.-B.) bei Berlin, Potsdamerstrasse 35, für den luseralentheil: Hugo Bernstein in Berlin. -- Vorlag: Ferd. Dümmlers Verlagsbuchhandlung, Berlin SW. VI. — Druck: Q. Bernstein, Berlin SW. VI. Redaktion: 7 Dr. H. Potonie. Verlag: Ferd. Dümmlers Verlagsbuchhandlung, Berlin SW. 12, Zimmerstr. 94. XII. Band. Sonntag, den 31. Oktober 1897. Nr. 44. Abonnement: Man abonnirt bei allen Buchhandlungen und Po3t- Anstalten, wie bei der Expedition. Der Vierteijahrapreis ist M 4.— BrlUKepeld bei der Post 15 -4 extra. Postzeitunffsliste Nr. 4954- Inserate : Die viersrespaltene Petltzeile 40 «>. Grössere Aufträge ent- sprechenden Rabatt. Beilagen nach Uebereinkunft. Inseratenannahme bei allen Annoncenbureaux wie bei der Expedition. Abdruck ist nar mit vollständiger t^nellenansabe gestattet. Ein Vorläufer Darwins und Weismanns. Schon öfteis in jüngster Zeit ist der Versuch gemacht worden, die modernen Ideen über Entwiclieliing, welche uns heute bewegen, anf weiter in der Zeit zurückliegende Anfänge zu beziehen, als auf diejenigen Forscher, mit deren Namen sie heute verknüpft sind. So hat jüngst Professor Poulton in Oxford in einer kleineu Schrift die Behauptung aufgestellt, dass ein englischer Schriftsteller J. C. Prichard schon im Jahre 1S26 die Grundideen der Darwin'schcn Theorien veröffentlicht habe. Zu dieser Behauptung äussert sich der Freibuiger Biologe Pro- fessor Aug. Weismann, der durch seine Studien über Vererbung schuleraacheud gewirkt hat, in der Berliner Wissenschaftlichen Correspondenz auf eine Anfrage wie Sie wünschen von mir zu hören, inwieweit die kürz- lich erschienenen Mittheilungen von Professor l'oulton in Oxford über einen neuen Vorläufer von Darwin und Wallace, und über die Vorwegnähme gewisser Ansichten von mir selbst durch einen englischen Naturforscher aus dem Anfang dieses Jahrhunderts berechtigt sind. Ich habe die kleine, anregend geschriebene Schrift von Professor Poulton „A remareable anticipation of modern views on evolution" (Eine bemerkenswerthe Voraus- nähme moderner Ansichten über Entwickeluug) mit Interesse gelesen und aus ihr ersehen, dass der früher wohlbekannte Schriftsteller J. C. Prichard, der ein grosses Sammelwerk über Anthropologie, gestützt auf Blumenbach 's grund- legende Arbeiten, veröffentlicht hat, in der zweiten, 1826 erschienenen Ausgabe dieser „Researches into the Physi- cal History of Mankiud" (Forschungen zur physischen Geschichte des Menschen) Ansichten ausspricht, die den- jenigen von Ch. Darwin nahe zu kommen scheinen. Nicht, insofern er — wie die Zeitungen berichten — an die Möglichkeit einer organischen Entwickeluug der Lebe- welt glaubte, denn das hatten vor ihm bereits Viele gethau, sondern vielmehr, weil manche Stelleu seines Buches so klingen, als sei er sich des Darwin- Wallace- schen Princips der Selection (Zuchtwahl) bereits bewusst gewesen. Das ist indessen doch nur sehr bedingt anzuerkennen. Allerdings bezog er die Entstehung der Hausthiere und der Cultur pflanzen nicht bloss auf den Einfluss, den die veräuderteu Lebensbedingungen direct auf den Or- ganismus ausüben, sondern in erster Linie auf „die Kunst", d. h. auf eine sorgfältige Auswahl derjenigen Individuen, welche zufällig gewisse wünsclieuswerthc Charaktere in höherem Grade besitzen, als die Allgemein- heit. „Diese werden zur Nachzucht benutzt uud indem stets wieder denselben Eigenschaften die Aufmerksam- keit zugewendet bleibt, so entsteht schliesslich, da die Wirkung sich fortwährend steigert, eine speciellc Gestalt, Farbe, Verhältniss der Glieder oder irgend eine andere erreichbare Eigenschaft uud die Uniformität der Rasse wird später dann dadurch erhalten, dass man jede ab- weichende Varietät, welche gelegentlich auftritt, entfernt." Das ist nun ja gewiss „Selection", aber doch nur die „künstliche", d. h. die durch den Menschen aus- geübte. An eine Anwendung des Princips auf Pflanzen und Tiere im Naturzustand dachte Prichard nicht im entferntesten. Er that nicht den weitereu, entscheidenden Schritt, auch die natürlichen Varietäten und Arten auf einen Process zu beziehen, ähnlich demjenigeu, den er bei den Hausthierrassen erkannt hatte, und sah nicht, dass in der freien Natur der Kampf ums Dasein die Rolle des Züchters spielt, der die ungünstigen Variationen ver- wirft, die günstigen zur Nachzucht zulässt. Es entging üim also die Tragweite des Princips, und er war genöthigt, sich die auch von ihm mehr vcrmuthetc als erkannte Anpassung der Lebensformen an ihre Lebens- bedingungen durch einen geheimnissvollen directcu Ein- fluss derselben zu erklären, eine Ani)assungskraft, wenn man will. Prichard's Gedankenpfad führte wohl nahe andern 518 Naturwisseuschaftliche Woelienscbrift. XII. Nr. 44. Ort vorüber, an welchem das Selectiousprinzip der Natur- ziiehtuDg im Verborgenen schlummerte, aber er bemerkte es nicht und zog- es nicht aus seinem Versteck hervor. Anders steht es mit dem zweiten Punkt, in welchem Prichard „moderne Ansichten vorausnahm"; es betrifft das Problem von der Nichtvererbung erworbener Abänderungen. Bekanntlich hatte man bis in die neueste Zeit hinein ohne viele Prüfung angenommen, dass erworbene Charaktere vererbt werden könnten, und auch Darwin hielt noch an dieser Ansicht fest, wenn auch nicht ohne innere Zweifel, während Lamarck in seiner Erklärung der Umwandlungen hauptsächlich auf ihr fusste. Erst seit den achtziger Jahren dieses Jahrhunderts be- gann die Wissenschaft, sich von diesem Vorurtheil los- zuringen. 1882 erschien meine Rede „über die Ver- erbung", in welcher ich darauf hinwies, dass es nicht nur an Beweisen für die Existenz einer solchen Ver- erbung fehlt, sondern dass dieselbe auch theoretisch un- denkbar ist, nicht etwa bloss von einer bestimmten Ver- erbungstheorie aus, wie Prof. Poulton meint, sondern von jeder Theorie aus, falls dieselbe nur überhaupt auf dem heutigen Stand unserer Kenntnisse ruht, vor Allem auf der Grund-Thatsache, dass es eine bestimmte Sub- stanz ist, die Keimsubstanz, welche der Träger der Ver- erbung ist, eine Substanz, die im Ei und in der Samen- zelle nur in minimaler Menge enthalten sein kann. Erst von jener Schrift her datirt der Kampf der Meinungen über die Möglichkeit und Wirklichkeit einer solchen Ver- erbung und hat sich in unsern Tagen bis zur Bildung zweier feindlicher Lager in der Wissenschaft gesteigert: zur Partei der sogenannten Ne o-Lamarckianer , die die Vererbung erworbener Eigenschaften festhalten und zu der der Neo-Darwiniauer, welche abweichend von Darwin selbst dieselbe verwerfen. Allerdings aber haben verschiedene Forscher und Denker auch früher schon Zweifel an der Existenz der fraglichen Vererbungsform geäussert, so Francis Gal- ton 1876, später die Physiologen Pflüger und Du Bois Reymond, in Bezug auf die Vererbung von Verletzungen sogar schon Kant und 1875 wiederum E. His. Zu diesen gesellt sich nun noch Prichard, welcher in der oben erwähnten 1826 erschienenen 2. Auflage seiner „Re- searches" den Begriff der „erworbenen Eigenschaften" sehr gut klarlegt und sich bestimmt gegen ihre Vererb- barkeit ausspricht. „Es scheint" — so sagt er — „dass allein die dem Keim innewohnenden Entwickeluugs- tendenzen vererbbar sind, und dass, was immer für Aenderungen in der Organisation durch äussere Um- stände hervorgerufen werden" (am Körper natürlicli), — „sie mit dem Individuum aufhören und keinen Eiiitluss auf die Rasse haben". Offenbar war aber die Zeit, in der Pri chard dachte und schrieb, noch nicht reif für dieses Problem. Konnte doch dieser selbst diese seine Vererljungs-Gedankcn mit seinen sonstigen theoretischen Ansichten nicht in Ein- klang bringen, vor Allem nicht mit der umwandelnden Einwirkung lokaler Einflüsse, auf die er den grossten Nachdruck legte. Hier litten seine Ansichten — wie Poulton ganz richtig bemerkt — an einem inneren Widersj)ruch, den er selbst schon fühlte, und der es offenbar bewirkt hat, dass man schon in derselben zweiten Auflage seines Buches, welche die Vererbung erworbener Eigenschaften bestreitet, „starken Zeichen von Unsicher- heit" gerade in Bezug darauf begegnet. Ich selbst konnte nur die dritte und am meisten verbreitete Auf- lage seines Werks nachsehen, und in dieser hat er weder diese Ansichten über Vererbung, noch die über Ent- stehung der domesticirten Thiere durch künstliehe Züchtung wieder aufgenommen; er hat sie also voll- ständig fallen lassen. Daraus allein Hesse sich schon begreifen, dass seine Ansichten keinen nachhaltigen Eindruck auf seine Zeit- genossen machten und S(jmit der Wissenschaft verloren bheben. Gewiss aber ist es interessant, zu sehen, wie ein Problem, au dem wir heute unsere Kraft versuchen, schon vor geraumer Zeit sich einem scharfsinnigen Ko})fe dar- stellte, obwohl die Tragweite desselben sich damals noch nicht erkennen Hess. Man sieht an diesem Beispiel wieder von Neuem, dass der mächtig emporstrebende Baum der Wissenschaft nicht bloss solche Triebe hervor- bringt, die sich auswachsen und Früchte tragen, sondern auch Nebentriebe, die durch die Ungunst der Verhältnisse unfruchtbar bleiben und zwar nicht nur temporär, sondern dauernd, indem sie selbst nicht wieder Zweige treiben, die in späteren Zeiten Früchte tragen könnten — oder um aus dem Bilde zu fallen — wir sehen denselben Ge- danken zu verschiedenen Zeiten und in verschiedenen Köpfen unabhängig auftauchen, ohne nachhaltige Wirkung auszuüben, l)is er endlich zur rechten Zeit wieder- auftritt nnd dann durchbricht und den Gang der Wissen- schaft bestimmt. (X.) Untersuchungen über die Organismen und Stromverhältnisse im norwegischen Nordmeere. Von Dr. Johan Hjort.*) Das Studium des Meeres und seiner Organismen vom geographischen Gesichtspunkte ist eine Wissenschaft, deren Grundlagen in den nordischen Ländern gelegt worden sind. Es waren hier Männer wie Oersted und Steen- strup in Dänemark, Forbes und Wyville Thomson in England, M. und G. 0. Sars in Norwegen, Loven in Schweden, die zuerst die Aufmerksamkeit der wissen- schaftlichen Welt auf die Gesetzmässigkeit der Verbreitung und der Wanderungen der Organismen im Verhältniss zu den äusseren Lebensbedingungen richteten. Ebenso wie die Thiergeographie gewisse Regionen für die Verbreitung der Organismen auf dem Lande, eine •) „Naturen", XXI, 6 u. 7. arktische, tropische u. s. w. aufgestellt hatte, beschrieben diese Männer auch aus dem Meere arktische und südliche Formen, und in der Tiefe nntcrscliicd man zwischen ver- schiedenen Zonen, der Tauggürtel-, Klippenboden- und Lehmbodenzone. „Man verglich", wie Dr. Johan Petersen sagt, „diese Zonen mit den Pflanzengürteln eines hohen Gebirges, indem man stets annahm, dass die Tiefe unter der Oberfläche des Meeres das bestimmende Moment für die Vci-tiieilung der Thiere in den Meeren sei." Gleichzeitig mit iler zoologischen Meeresforschung ent- stand eine andere Wissenschaft in dem ])hysikalisch- chemischen Studium des Meeres. Wie die Meteorologie auf dem Lande die physikalischen Verhältnisse, wie die Temperatur, den Druck u. s. w. während verschiedener XII. Nr. 44. Naturwissenscliaftlicbc Wochenschrift. 519 Jahreszeiten untersnciit, so versuchte die Meeres-Meteoro- logie, die Hydrographie, die Gesetze für die Einwirkung der Meeresstroniuugen und der Jahreszeiten auf das Meer zu bestimmen. Während der letzten Jahrzehnte ist auch im Norden reiche Arbeit der Meeresforschung gewidmet worden, und das Charakteristische für die Arbeit dieser Jaiire war, dass man versucht hat, die beiden Wissenschaften, die pliysikalisclie und die zoologische Meeresforschung, zu einen; und zwar mit dem Ziele, immer tiefer in die Kenntniss der Wechselwirkungen der lebenden und der todten Kräfte im Meere zu dringen, graphisch-biologische Studien. Von den Arbei- ten, die sicii zur Auf- gabe gemacht, .solche Untersuchungen an- zustellen, sei erwähnt Murrays Man begann hydro- 1. Zum Thierreich gehörige Organismen werden in allen Tiefen gefunden. 2. Mau darf mit gutem Grunde annehmen, dass die Fauna in den tiefen Meeren vorwiegend auf zwei Zonen beschränkt ist: eine nahe der Oberfläche und eine zweite nahe dem Boden, woraus sich ergäbe, dass die grösseren, nicht mikroskopischen Formen in den dazwischen liegenden Wasserschicliten fehlen. 3. Der Reichtliuni an Organismen ist bezüglich der Arten wie der Individuen viel geringer in grossen Tiefen als in flachem Wasser. Tiefe sind viel ärmer. 4. Die Tiefwasserfauna ist Die Existenzbedingungen in der „Summa- von der gros- englischen Chal- sen lengerexpeditiou, wor- in der Versuch ge- macht ist, die Ver- theilung der Organis- men in den Weltmee- ren im Verlüiltniss zu den physikalischen Bedingungen in gros- Zügen zu be- Jr 3» ir *• 'T »» 7* -TT zo zs 3* M »g sen leuchten. Eine nicht weni- ger interessante Ab- handlung ist Dr. J. Petersen 's „Hauchs Togter". In dieser Abhandlung werden die Ergebnisse des eingehendsten Studi- ums des dänischen Kattegats mitgetheilt. Aus der Darstellung geht hervor, dass ein- zelne Organismen nur in tiefem Wasser le- ben können, wo das ganze Jahr hindurch kalte Temperaturen herrschen, andere da- gegen einen Aufent- halt dicht an der Oberfläche und dem Licht und der Wärme so nahe als möglich verlangen. Aehnliche Untersuchungen wie die Dr. Petersen's über die festsitzenden Organismen haben schwedische Forscher bezüglich des treibenden Lebens, des Planktons, angestellt. Durch gemeinschaftliche Arbeit der Physiker 0. Pettersson und Ekman und der Biologen P. T. Cleve und Auri villi US wurde die interessante Entdeckung ge- fördert, dass die Fauna und Flora des Meeres au der schwedischen Küste in ihrer Zusammensetzung mit den Meeresströmungen, dem Salzgehalt und den Temperatur- verhältnissen wechsele. Und so hat man in den Welt- meeren wie in den kleineren Gewässern einen festen Zu- sammenhang zwischen den Organismen und den äusseren Verhältnissen zu erkennen vermocht. Die wichtigsten Gesetze, die man aufstellen konnte, dürften folgende sein: Fig. 1. Tiefen des Nordnieeres in Metern (2 Nordmeerexpedition'*, sowie den Karten der arktischen Charakters; man findet dieselben oder nahe verwandte Formen im flachen Wasser in der Nähe der Pole. Ebenso wie man sich denken muss, dass das Was- ser in den grossen Tiefen wegen seiner niedrigen Tempera- tur von den Polen herabgesunken ist, so auch, dass die dor- tige Fauna aus hohen nördlichen oder südli- chen Breiten stammt. 5. Je näher man von der Tiefe her zu den Küsten der Fest- länder gelangt, um so reicher wird die Fauna. Während man unter 1000 Faden nie- mals zahlreiche Indi- viduen von ein und derselben Art gefun- den hat, so findet man „gerade unter der 100-Fadeulinie, wo an den offenen Küsten die feinen durch das Fluss wasser vom Lan- de abgewaschenen Partikeln sich all- mählich am Meeres- boden abzulagern be- ginnen, enorme Men- gen von Individuen, die ein und derselben Art angehören, und diese leben hier in oder auf der Oberfläche der Lehm- schieht am Boden." Auch dicht an der Küstenliuie zeigt sich reiches Thierleben, denn hier erzeugt die Sonnen- wärme ausgiebiges Nahrungsmaterial im Pflanzenwuchs. Betrachtet man nun im Lichte des eben Gesagten den an Norwegen grenzenden Theil des atlantischen Oceans, das norwegische Nordmeer, so wird man aus Fig. 1 ersehen, dass der überwiegende Theil desselben ein Tiefwassermeer ist. Die 1000-Metercurve nähert sich auf vielen Stellen der norwegischen Küste bedeutend (z. B. bei der Storegg ausserhalb Christianssund und bei der Vesteraalsegg). Von hier bis hinunter nach Island, Jan Mayen und Grönland ist das Meer über 1000 Meter tief. In diesem ganzen Tiefwassermeere herrschen längs des Bodens sehr gleichförmige physikalische Verhältnisse. Das Wasser ist kaltes Polarwasser (von -f 1" bis — 1,5"), = 2Ü0 m). — Nach der Karte Möllns in „Die norwegischen geographischen Vermessung. 520 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. XII. Nr. 44. der Boden ist von einem besonders feinkörnigen, klebrigen, hellbraunen Lehm bedeckt, der sich unter dem Mikroskop als fast ausschliesslich aus kleineu, niederen Organismen (Biloculinen) bestehend erwies. Bezüglich der hier lebenden Fauna sagt G. 0. Sars in seinem Bericht über die Nordmeerexpedition: „Die Fauna zeigt in Uebereinstimmung mit Temperatnrverhältnissen einen von dem und Westküste völlig verschiedeneu ist „rein arktisch oder glacial ohne den besonderen an unserer Süd- Charakter." Dieser irgend welche süd- liche Beimischung, und mehrere von unseren Arten konnten bereits mit den Formen identificirt werden, welche früher in den polaren Meeren von den verschiedenen Nordpol- expeditionen einge- sammelt wurden." „Obgleich in zoologi- scher wie geologi- scher Hinsicht von ganz besonderem In- teresse, scheint die Fauna doch in diesen grossen Tiefen ziem- lich arm und einför- mig zu sein. Dage- gen stellt sich das Verhältniss ganz an- ders, wo der Boden schräg aufwärts ge- gen die Meeresban- ken sich zu erheben beginnt." Dort findet man eine weit rei- chere, aber in ihrem Charakter noch ark- tische Fauna, und kommt man von 200 bis 100 Faden nach den Banken hinauf, so trifft man ein be- sonders reiches Thier- leben, das zu der an den norwegischen Küsten allgemein vor- kommenden Fauna gehört. „Wird schliess- lich", so schreibt Sars nach den Resultaten seiner Nordmeerex- pedition, „das, was liier nur im Allge- meinen bezüglich der physikalischen und biologischen Verhältnisse in dem auf der Reise besuchten Meercsstrichc hat angedeutet werden können, zusamiueii- gcstellt, dann kann sowohl in physiographischer wie in zoographischer Hinsicht die unser Land umgebende Meerestiefe in zwei ihrem Charakter nach wesentlich ver- schiedene Regionen eingctheilt werden, nämlich die kalte und die warme Area." Im Vorhergehenden ist die erstere besonders behandelt worden, während die Untersuchungen, die im Folgenden besprochen werden sollen, nur die warme Zone, die Küstcnbankeu, lietretfcn, und man wird daraus ersehen, dass es wegen der physikalischen Verhältnisse in der Tiefe ausgesclilosscn ist, dass diese der die Küsten bevölkernden Fauna und damit auch den l<'ischen Auf- enthalt zu gewähren vermag. Im Hinblick ferner darauf, dass die Fauna in den Tiefen überwiegend auf den Boden und die Oberfläche beschränkt ist, ersehen wir, dass aller Fig. 2. Sulzgeh.alt an der Oberfläche zur Sommerzeit. — Nach den Karten Tornöes in dem Gene- ralbericht der Nordmeerexpedition, sowie den Karten der deutschen „Drache"-Expedition. Reiclitbum an kleineren Organismen und Fischen, wie er sich an den Küsten findet, sein Heim in der „warmen Zone" auf den norwegischen Küstenbanken haben muss. Verfolgt man auf der Tiefenkarte (Figur 1) die 400-Metercurve, so findet man die Grenze der norwegi- schen Küstenbanken; aus den tieferen Curven ersieht man, dass der Meeresboden weiter ausserhalb steil nach der Tiefe zu abfällt, sodass die Banken eine Art Barriere vor der norwegischen Küste bilden. Man sieht ferner, dass dieser Wall vom Sognefjord an sich nach der Küste von Schottland zu fortsetzt und dass somit die ganze Nord- see zu dersellicn warmen Zone wie die Banken gehört. Von der 400-Metercurve nach dem Lande zu ist der Boden von dem grau- en Lehm bedeckt. Dieser besteht aus besonders feinen Par- tikeln, die von dem Material herrühren, welches durch die Erosionen den Conti- neuten geraubt wird, es ist der allerfeinste Grus, den die Flüsse und Wellen vom Lan- de abwaschen. Die Tiefe, in der dieser Lehm zu Boden sinkt und sich ablagert, variirt sehr nach der Configuration des Landes und des Mee- res. Zwischen den Faröern und Slietland läuft die Strömung über den Wyville Thomson - Rücken mit einer solchen Ge- schwindigkeit, dass sich der Lehm erst in 3U0 Faden Tiefe zu beiden Seiten des Rückens bilden kann. In den norwegischen Fjorden, wo der Klippenboden mehre- re 100 Faden steil allfällt, kann kein Lehm In kleinen senen, flachen Ge- wässern, wo die Wel- len kurz sind und bis zu grosser Tiefe aufgewirbelt Lehm bis 20 Faden hinauf. Solche Kattegat, die dänischen, schottischen All den nach einem grossen udess die Be- rossen Tiefen hinab. liegen bleiben, geschlos- gehen das Meer selten I wird, da geht der Gewässer sind das ^^c^^v^.^ und isländischen Fjorde. Ocean otfenliegenden Küsten wegungen des Meeres bis zu An der schottischen und der norwegischen Westküste muss deshalb die lOO-Fadeucurve und in der Nordsee die 80-Fadencurve als die Lehmgrenze betrachtet werden, Murrays „mudline". Mit all dem feinen Material, das lange im Meere uniherscliwinimt, um schliesslich zu Boden zu sinken, folgen auch grosse Mengen organischer Be- standtheilc, das Nahrungsmaterial. Auch sie sinken all- mählich auf den Lehm liinab, weshalb dieser besonders grossen Reichthum aufweist. Murray nennt ihn die „Weiden des Oceans" (feediiig grounds). Filtrirt man XII. Nr 44 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 521 teil fti den weichen Lehm, so findet man eine mannigfaltig-e Menge von Organismen, die auf und in ilnn leben. Diese Organismen des Lehmes .sind es, welche die Nahrung für alle die wichtigen Arten der Wanderfische und Flundern bieten. Es ist all- gemein bekannt, dass jährlich Tau- sende von engli- schen Trawlern die Nordsee durchzie- hen und reichen Fang erbeuten, und ebenso wissen die norwegischen Bankfischer von dem grossen Reich- thum auf dem Lehmboden zu be- richten. Ausser- halb Schottlands hat man zu den verschiedensten Zeiten des Jahres auf dem Lehm- boden Hering ge- fangen, der die- selben Organismen in Fülle enthielt, wie man sie in den Planktonuet- zen findet. Zum Verständ- niss der physikali- schen Verhältnisse auf den Banken ist vor allem zu erinnern, dass sie in der Tiefe von dem kalten Polar- wasser vollständig abgesperrt sind. Das die norwegi- schen Kiistenban- ken bedeckende Wasser kommt von Süden her, vom Golfstrom geführt, der in einer Linie von Schottland bis Island und nach Finmarkeu hinüber den centralen Theil der Oberfläche des Nordmeeres einnimmt und in der Tiefe sich über die Banken, die Nordsee, das Skagerrak Ter t«o iv Fig. 3. Durchschnitt :les Nuriimeeres vou H Juni und bis dicht an die schwedische Küste und die Mündung des Christianiafjords erstreckt. Aus Fig. 2 ersieht man, dass der grösste Theil der Oberfläche des Nordmecrcs zur Sommerzeit von Wasser mit einem Salzgehalt von über 35 "/oo ein- genommen wird. Fig. B., wel- che einen Meeres- durclischnitt aus- serhalb lludstad- vik bei Christians- sund und der Storeggc darstellt, zeigt, dass der Bo- den von der letzte- ren hinauf bis zur Küste mit Wasser von einem Salz- gehalt von 35 "/oo und einer Tempe- ratur von 6 — 7 " bedeckt ist, erst unterhalb der Eg- ge treten niedrige Temperaturen bis — 1" bei 900 m Tiefe auf, und auch der Salzgehalt ist hier niedriger, da das Wasser sich mit dem Eiswasser des Polarmeeres mischt. Nach den Küsten zu sinkt auch der Salzge- halt, und man könnte deshalb nach den physi- kalischen Verhält- nissen drei Tie- feuregionen auf- stellen: 1. die Region des Polarwassers in der Tiefe. 2. Die Region des warmen Wassers des atlantischen Oceans. 3. Die Region des Küsteuwassers. ustadvik bei Christiansäund bis zur Storegge, WM. M»-Ä»»«.fc,- Sfi- 109- 150- ZO»- 250- 3ov- 3St>- JfOD- Xl TX vnr MI ^n V IV III II 3,V a't.jy.arr ^a^^x^t^e'*^ c6'^VL^ -1%^^ -'15'i«. OYioJ,. -1836. Fig. 4. Vciiu Sognotjord bis zum Eismeere. Miii 18!)S 522 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. XII. Nr. 44. 5d. 1 c^ICoe.^ ^^. c'IZai rJ«**-. cj**f. 0.^ Sef. Sirl i ■k 5 6 y b s io Fig. 4 zeigt einen Querschnitt vom Norclmeere vom Sogncfjord an bis zum Fanggebiete des Polarmeeres zwischen Island und Jan Mayen für den Monat Mai. Danach nimmt im Golfstrom das Wasser mit 35 7oo Salz- gehalt in den oberen Schicliten den ganzen ^ centralen Thcil des Nord- meeres ein (bis hinunter zu 300 m, tiefer wurde nicht untersucht), und es hat dieser centrale Theil warmes Wasser von 9" und 8", während sich aus dem l'olar- meere eine kältere Was- sermasse über den Golf- strom ergiesst. Auch an der Küste findet man, wie erwähnt, kältere Schichten. An diesen unterscheidet man der Uebersicht we- gen nach Pettersson's und Ekman's grundle- genden Arbeiten folgen- de Schichten: 1. Nordseewasser mit einem Salzgehalt zwischen 35 und 34 ",„0. 2. Bankwasser mit einem Salzgehalt zwi- schen 34 und 32 Voo- 3. Baltisches Wasser 32 7oo-. Wir werden in Folgendem sehen, inwieweit diese Namen eine Berechtigung haben zur Bezeichnung der verschiedenen Salzge- wasscr (die Schichten von 32 bis 34 "/oo) ^^'"^i' dann nur Strom ab, er schwoll das Mäel)tigkeit. ,e im f Bankwasser Im Herbst na wurde im Skagcrrak aufgcdännut gewaltig au 12 Z 3 .5" 2^0 Fig. Veränderungen im Salzgehalt des Meeres .an der norwegischen Westküste. mit emem Salzgehalt unter für die Veränderungen im Wasser an der offenen Küste bildeten. 250 m in dem norwegischen Veränderungen statt, so dass 2 OT»t 6lf t, PKt«, sin. 3^t £U^- ■'• . S 6 r f S>M. haltsschichten. Bei allen hydrogra- phischen Untersuchun- gen hat es sich ge- zeigt, dass man zum Verständniss der Strö- mungen und Wandlun- gen in einem Gewässer nur dadurch gelangen kann, dass man es regel- mässig zu verschiedenen Jahreszeiten untersucht. Auf Anregung der schwedischen Hydrogra- phen wurde denn auch durch internationales Zu- sammenwirken die Ober- fläche der Nordsee hin- sichtlich des Salzgehal- tes zu verschiedenen Jahreszeiten kartirt. Hierbei zeigte es sicli, dass sowohl der atlan- tische Strom wie das Küstenwasser grossen Wandlungen unterwor- fen sind, und es gelang, eine gewisse Periodicität diesen Wandlungen von der einen Jahreszeit zur andern festzustellen. Zur Sommerzeit fand man so einen mäch- tigen Oberfiächenstroni aus der Ostsee, welcher der norwegischen Küste bis Bergen hinauf folgte; das Bank- 3!,i- SXo, li. i 2 3 i, 5 der Ostsee- dagegeu längs der norwe- gischen Westküste. Ein ähnlicher Zustand dau- erte den Winter hin- durch, wo das norwe- gische Küstenwasser einen besonders hohen Salzgehalt und niedrige Temperaturen in dem südlichen Norwegen zeigte. Auch in der Tiefe wurden von der einen Jahreszeit zur anderen grössere Veränderungen beobachtet. Fig. 5, die nach be- reits vcrört'entlichten Un- tersuchungen*) entwor- fen ist, zeigt, dass das salzigste Wasser (35%(,) während der Sonnnerzeit sich hoch an die Ober- tiäclie erhebt, während es im Winter bis 250 m Tiefe sinkt. Weitere Arbeiten haben gezeigt, dass in den untersuchten Jaliren 250ui die Grenze des atlantischen Oceans Es finden also oberhalb Küstenraeere periodische man dieses deshalb die Region der perio- dischen Verände- rungen nennen könnte, während man von 250 m bis 500 m Tiefe die Re- gion der Constanten Verhältnisse des at- lantischen Oceans hat (s. Fig. 3). In den Schichten der Oberfläche finden, wie die vielen Curven in der Figur an- deuten, grosse Verände- rungen statt. Zur Sommerzeit sieht man somit in oberflächlichen Schichten viel Wasser von geringerem Salz- gehalt, während im Herbst die Schichten das Bestreben zeigen, sich immer mehr auszu- gleichen, und im Spät- ISO Flg. 6. Veränderungen in der Temperatur des Meeres an der norwegischen Westküste und Gesetzmässigkeit in *) Job. Hjort, Hydrogi-ii- fisk-biologiske stiulier over noi'skp fiski'rier. (Hyilrofjra- phiscli-biologischo Studien über norwegische Fische- reien. Herausgegeben von (him Depjirtemont des Innern. Chris- tiania 18il5.) Auszugsweise giebt Prof. O. Kriimmel (Kiel) ein kurzes Referat aus dieser Arbeit in einem Artikel „Uebcr die Abhängigkeit der grossen nordischen Seefischereien von den pliysi- kalischen Zuständen des Meeres." (Mittheilungen des Deutsehen Seefischereivereius, XII, 7.) XII. Nr. 44. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 523 herbst oder bei Beginn des Winters ist das Meer hiu- sichtlieii des Salzgehalts ziemlich homogen. Während der Unterschied im Salzgehalt zwischen der Oberfläche und 250 m Tiefe im Sommer 7 "/oo betragen kann, ist er im Februar oft auf nur IVa^/oo zurückgegangen. Die Temperaturverhältnisse der Tiefe an der nor- wegischen Westküste bringt Fig. (3 zur Darstellung, welche sich auf dieselben Bco)>achtungsreihen stützt, wie Fig. 5. Während der warmen Jahreszeit geht eine beständig zu- nehmende warme Welle nach der Tiefe zu, die im August- Sei)tend)er an der (»berfläohe ihren höciisten Wärmegrad erreicht und im Dezember zur grössten Tiefe gelangt. Während die Temperatur im Juli auf 250 m Tiefe G" beträgt, ist sie im Dezember S". In den ersten Monaten des Jahres beginnen die kalten Tcmi)eraturen in den obersten Schichten sich zu zeigen ; im März sieht man, wie solche von 2", 3**, 4'^, 5" von der Obertiächc sich nach der Tiefe zu drängen. Während dieser Jahreszeiten ist also die Oberfläche des Meeres kalt, während die tiefereu Schichten wärmer als zu irgeud einer anderen Jahreszeit sind. Finden wir somit einen bestimmten periodischen Cyklus in dem AVechsel der jjhysi kaiischen Factoren des Meeres, so bieten diese Verhältnisse eine interessante Veranlassung zur Untersuchung, ob sie einen Einfluss auf die Organismen des Meeres haben. Die Meeresforschung der neueren Zeit theilt die Organismen in zwei Gruppen: diejenigen, die fest am Boden des Meeres sitzen, und diejenigen, die sich schwimmend oder treibend in den Wassermassen be- finden. Zwischen diesen beiden Gruppen giebt es jedoch alle mögliehen Uebergangsformen. Einzelne Organismen verlassen den Boden in der allerersten Zeit ihres Lebens, um als Eier und Larven eine kurze Zeit umher- zuschwärmen, bevor sie sich wieder am Boden festsetzen, andere dagegen gehen zu Grunde, wenn sie mit dem Boden in die geringste Berührung kommen. „Alles treibende Leben" im Meere hat man Plankton genannt. Die Formen, die während ihrer ganzen Lebensdauer im Meere undiertreil)en, bezeichnet man als echtes I'lankton, die übrigen als periodisches. Die schwedischen Forseher \vareu die ersten, welche das Problem aufwarfen : inwieweit ist das echte Plankton von den Veränderungen im Meere abhängig? Bei ihren Untersuchungen zeigte es sich dann, dass im Meere zu verschiedenen Zeiten des Jahres verschiedene Plankton- organismen gefunden werden, ja, an ein und demselljcn Tage fand man verschiedene Organismen in den ver- schiedenen Tiefen; und das Interessanteste war, dass man einen genauen Zusannnenhang zwischen bestimmten Organismen und bestimmten Salzgehalts- und Temperatur- schichten im Meere feststellen konnte. Als Ergebniss seiner zahlreichen Untersuchungen stellt Prof. Cleve in Upsala vier verschiedene Gruppen von Plankton auf: 1. Sommerplankton, das speciell in den süsseren Wasserscbicbten während des Sommers gefunden wird, und aus gewissen niederen, einzelligen (Organismen (Ceratium- Arten) sowie Crustaeeen besteht. (Cleve's Triposplankton.) 2. H erbst i)lank ton, aus bestimmten Kieselalgcn (ehaetoceros curvisetus und didymus etc.) bestehend. Dieses wird besonders während der Herbstzeit in den Fjorden während der Fettheringsfischerei gefunden; es kam auch in zahlreichen Crustaeeen, Larvenformen vor und zeichnete sich durch seine grosse Menge aus. (Cleve's Didymusplankton.) 3. Plankton des atlantischen Oceans, das im offenen Meere sehr charakteristische Formen enthält. An den Küsten kommt es niemals unvermischt vor. (Cleve's Trichoplankton.) 4. Winterplankton, das Formen umfasst, die ausser an den skandinavischen Küsten auch in den arktischen Meeren bei Grönland, Island u. s. w. gefunden worden sind. (Cleve's Siraplankton.) (Schluss folgt.) Die iiumiHiisireiule Wirkung des .Salamaiuier- git'tes gegenüber dem Schlangengifte hat C. Phisalix vom Naturliistorischcn Museum zu Paris nach einer Mittheilung der „Picvue scientifique", 1897, S. 37lj kürz- lich nachgewiesen. Er benutzte dazu das Gift des ja- panischen Riesensalamanders (Cryptobranchus japonicus v. d. H.). Wird einem Meerschweinchen eine grössere Quantität von diesem Gifte eingespritzt, so tritt nach kurzer Zeit der Tod ein. Impft man aber nur eine Lö- sung von lU mg trockenen Salamandergiftcs ein, so zeigt das Thier zwar schwache Krankheitserscheinungen, doch genest es bald wieder. Nach einigen Tagen kann man nun die Impfung wiederholen und eine etwas stärkere Lösung anwenden. Die also behandelten Tliiere zeigten sich dem Viperngifte gegenüber immun. Die Innuunität ist aber nicht von langer Dauer, sie hält nur 10 bis 20 'Tage vor und gar nur 4— 5 Tage, wenn nur eine In- jection stattgefunden hatte. Seine inanunisirende Eigen- schaft behält das Salamandergift auch, wenn es 20 Minuten bis auf 60° erhitzt wird, und da das erhitzte Salamandcr- gift zugleich ein Mittel gegen das nicht erhitzte ist, so kann man daraus sehliessen, dass es derselbe Stoff ist, oder dass es wenigstens nahestehende Substanzen sind, welche in beiden Fällen die Immunisation bewirken. Das erhitzte Salamandergift lässt sieh in der ge- hörigen Verdüimung in beträchtlichen Mengen einimpfen, ohne irgend welche nachtheiligen Folgen zu zeitigen. Meerschweinchen, denen Phisalix solches einimi)fte, wider- standen einer Giftdosis, die sonst in 10 Stunden tödtet. Auch wenn das erhitzte Salamandergift mit Viperngift gemischt, und die Mischung einem Meerschweinchen eingeimpft wurde, so starb dasselbe erst 30 bis 32 Stun- den später als ein anderes, dem dieselbe Menge reines Viperngift injicirt wurde. Auch durch das Trocknen verliert das Salamandergift seine immunisirende Wirkung nicht. Einem Meerschweinchen wurde eine Lösung von 0,16 Gramm Salamandergift eingeimpft, welches l'/., Jahre an einem dunklen Orte trocken aufbewahrt worden war, und es trat nicht die geringste körperliche Störung ein; dem- selben Thiere wurde nach 24 Stunden eine Dosis Vipern- gift injicirt, die sonst in 4 Stunden tödtet, und erst nach 16 Stunden erfolgte hier der Tod. S. Seh. Beobachtungen über das Winterleben unserer Süss- wasser-MoUusken veröffentlicht Erl. Nordenskiöld in Öfvers. Vet. Förh. Stockholm 1897, von denen wir aus einem Refci-atc von L. A. Jägerskiöld im „Zool. Zentralblatt" Folgendes entnehmen Im Winterschlafe im Eise eingefroren fand Verfasser 22 Arten aus den Gattungen Linmaea, Planorbis, Ami)hipeplea, Physa, Bithynia, Valvata und Pisidium, besonders häufig aber die Arten der vier ersten Gattungen. Die Deckelloscn hatten sich dabei einen Deckel gemacht, der den im Schlamme überwinternden Individuen fehlte. An der Unterseite des Eises fanden sieh auch M(jllusken schwimmend vor, so dass Verfasser glaubt, dass sie sich einfrieren la.ssen. Besonders die Deckellosen scheinen 524 Naturwisscnscliaftliehe Wochenschrift. XII. Nr. 44. dies zu thuu, während z. B. Paludina und Neritiua keinen Winterscldaf halten, wie auch die meisten Muscheln, Sphaeriuui, Anodouta, ünio und i\Iargaritana, nicht. Auch Calyculina und Pisidium fanden sich häutig im Schlamuie. — Nach Ansieht des oben genannten Referenten könnte so das treibende Siisswassereis ein gutes Verbreitungs - Mittel für Süsswasser-Schnecken bilden. Reh. Eigenthümliche Gepflogenheiten bei der Fort- pflaiizung berichtet 8. Ikeda von einem japaiiischeu LaiildVoNcIie, Rhacophorus Schlegelii (Jüiither (Auuot. zool. Jajjon, Vol. 1, Pt. 3). Wenn die Frösche im April bis Jlai mit den ersten warmen Tagen ihre Winter(juar- tiere verlassen, .sehieitcn sie sofort zur Fortiitlanzung. Das Wcihchen ninnnt das bedeutend kleinere Männchen auf den Rücken und sucht einen feuchten Platz am Ufer eines Tümpels, Teiches u. s. w., wo es sich 10—15 cm über dem Wasser eine Höhle von 6 — 9 cm Durchmesser gräbt. Durch Umdrehen des Fri>sehes werden die Wände geglättet. In dieser Höhle findet Nachts die Ei-Ablage statt, wobei das Männchen, immer noch auf dem Weib- chen sitzend, seinen Samen über die austretenden Eier er- giesst. Die kleinen (1 nmi) farblosen Eier liegen in einer weissen Gallertniasse, mit der das Weibchen eine sonder- bare Prozedur vornimmt. Während der Vorderkörper hoch aufgerichtet ist, liegt der Bauch platt auf der Erde, und mit den Unterschenkeln und Füssen knetet nun das Weibchen in einer sehr complicirten Weise die aus der Cloake austretende Masse, wobei es besonders viel Luft in Gestalt von zuerst grossen, dann allmälig zerkleinerten Blasen in sie einschliesst. So entsteht zuletzt eine weisse, elastische, zähe schneeartige Masse, die mau, mechanisch, direct dem aus Eiwcis geschlagenen Schnee vergleichen kann. In ihr liegen die Eier, geschützt gegen äussere Verletzungen, und z. Th. wenigstens gegen Austrocknen. Zugleich werden so die Eier von einander ferngehalten und finden in den Luftblasen während ihrer ersten Entwicke- lung genügend Sauerstoff zum Athmen. Nach der Ei- Ablage verlassen beide Frösche das Loch. Allmälig wird nun die schneeige Masse inuner weicher, beginnt zu zerfliessen unter Austritt der Luftblasen und wird zu- letzt, wenn sich die Kaulquappen heranbilden, so flüssig, dass die ganze Masse aus dem Loche heraus in das Wasser fliesst, wo jene sich weiter entwickeln können. Merkwürdig ist, dass nicht nur grosse Trockenheit, son- dern auch grosse Nässe schädlich wirken, und dass künstlich aus der Gallert-Masse in das Wasser gesetzte Embryonen absterben. — Indess können diese Eier- klumpen aber auch in die Blätter von Gebüsch oder Bäumen oder in feuchtes Gras in der Nähe von Wasser abgesetzt werden. — Interessant ist noch, dass die sonst grünen Frösche während ihres kurzen Aufenthaltes in der Höhle dunkel werden. Reh. Die Wirkung orgaiiiseher Säuron auf das AVaclis- tliiim der Pflauzenzelle ist wiederholt Gegenstand der Untersuchung gewesen. Weitere Heiträge verdanken wir einer Arbeit G. Lojjriore's. [Azione di alcuui acidi organici suH' accrescimento della cellula vegetale.j (Es- tratto dalla Nuova Rasscgna, Catania 1897.) — Es kam die Wirkung der Citronensäurc, Wein-, Apfel- und Gerb- säure zur Untersuchung. Anorganische Säuren eignen sich nicht für die 15ehandlung der hier zu besprechenden gung des Wachsthums der Pollenschläuclie bei Darling- tonia coronillaefolia und der aus den Sporen austreii^enden Mycelfädeu von Mucor Mucedo feststellen. R. K. Hummerzucht in England. — Nachdem der ameri- kanische Hummer schon seit einigen Jahren künstlich ge- züchtet wird, ist es erst — abgesehen von einigen früheren Versuchen in kleinem Maassstabe — in diesen Tagen ge- lungen, den Hummer in Europa zu züchten. Wie die englische „Nature" mittheilt, hat I. T. Cunningham in Falmouth Larven von Hummern gezogen, die in der Ge- fangenschaft ihre verschiedenen Umbildungen durchge- macht und die Form des erwachsenen Tieres erreicht haben. Es hat allerdings nur eine kleine Anzahl von Larven die Entwickelung glücklich vollendet, aber der günstige Erfolg lässt gleichwohl hotfen, dass sich die Hummerzucht nun auch im Grossen wird durchführen lassen. S. Seh. Aus dem wissenschaftlichen Leben. Ernannt wunlen: Der Director des Hygionisclien Instituts zu Berlin Prof. Dr. Rubnor zum Geh. Medicinal-Rath; der Privat- Docent der Irrenheilkunde zu Güttingen Dr. August Gramer zum Professor; der Chemiker Dr. Ernst Siermann zum nicht- ständigen Mitglied des Patentamts; der Privat-Docent für Chemie und chemische Technologie in Erlangen Dr. Buscli zum ausser- ordentlichen Professor. Berufen wurden; Der ausserordentliche Professor für Mathe- matik in Bonn Dr. Ludwig Schlesinger nach Klausenburg; der ausserordentliche Professor für Mathematik in Giessen Dr. Lothar Heffter nach Bonn; der ausserordentlichs Pro- fessor der Geographie in Leipzig Dr. Hettner nach Tübingen. Es habilitirten sich: Dr. Kreidet für Physiologie in Wien; Dr. Krasser für Pflanzenphysiologie und Anatomie an der Wiener Hochschule für Bndencultnr; Primararzt Dr. von Wid- mann für innere Medicin in Lemberg; Adjunkt Dr. Piotrowski für Physiologie in Lemberg; Dr. Löwy für Mathematik in Frei- burg i. Br. ; der Professor am technologischen Gewerbemuseum und Privat-Docent an der Hochschule für Bodencultur in Wien Grau für Electrotechuik an der dortigen technischen Hoch- schule; an der Wiener Universität: Dr. G arb ow ski für Zoologie; Dr. Ulimann für Dermatologie; Dr. Rahl für Histologie; Dr. Edler von Arthaber für Paläontologie. Es starben: Der Privat-Docent für Chirurgie in Berlin Geh. Rath Prof. Dr. Paul Güterbock; der Leiter der biologischen Station am Müggelsee Prof. Dr. Frenzel; der Mineraloge Dr. Otto Volger in Frankfurt a. M. Frage. Wenn die Säuren in starken Verdünnungen (1 r.OOOOO) verwendet wurden, so liess sich eine erhebliche Begünsti- L i t t e r a t u r. Prof. Dr. Johannes Rehmke, Lehrbuch der Allgemeinen Psychologie. Leo)ioM Voss in Handmrg u. Leipzig 18;)4. — Preis lU M. Das umfangreiche Lehrbuch (Ö8"2 Seiten) ist für den, der's gewissenhaft studirt, eine gute Schule, um in das Gebiet gehörig hineinzukommen; es bietet eine em]ifehlenswerthe Leitung auf dem schwierigen Wege. — Zur Zeit ist es auf philosophischem Gebiet noch immer nicht anders geworden wie bisher: d. h. kaum ein selbstständig Denkender unter den Philosophen befindet sich in Ueboreinstimmung mit einem anderen Philosophen; ein jeder hat auch in principiellen Dingen seine besonderen Ansichten, oder es sind doch eine grössere Anzahl Schulen vorhanden, die mehr oder minder von einander abweichen. Die Naturwissenschaft steuert auf eine Naturphilosophie (natürlich nicht zu verwechseln mit der Schelling-Oken'schen Naturpliilosophie) hin, in deren Bahn nun das vorliegende Lehrbuch liegt, somit ist es unter den vorhandenen Psychologien eine derjenigen, die der Naturforscher vorziehen wird. Elie Halevy, .■mcicn eleve de l'l''rnle Xorinnl.' >ii]ii'rieure, agrige ilc pliil(is(>]iliie. La theorie platonicienne des Sciences. Fcilis Alcan .'•diteur a Paris 189G. — Pri.x 5 fr. Nach des Verfassers Ansiclit wird Piatos Lehre inniicr noch zu sehr in einer Richtung interpretirt, die beeinflusst ist von den alten aloxandrischen Auffassungen und noch mehr durch die eliristlic-he Religion; daraus hat eine traditionelle Auffassung des Phitonisnius Platz gegrifTi'U, widche Plato ausserhalb seiner Zeit betraclitet. Natürlich ist die Wissenschaft dos IV. Jahrhunderts XII. Nr. 44. Naturwissenschaftliche Wocheuschrilt. 525 vor Chr. die Basis von Piatos Spoculationen gewesen, was durch- aus festz.uhalten ist, um nicht nnverseliens spätere Hineinlegungen in die Lehre Piatos bei dem Versuch einer Klarlegung derselben mitwirken und sie so trüben zu lassen. Verfasser nennt den Piatonismus ein speeulatives System der Gesammt-Wissenschaft und führt dies in dorn vorliegenden Buch ausführlicli durch. W. Kobelt, Studien zur Zoogeographie. Die Mollusken der palaearktischen Region. V. \V. Kn-idels \\'rhia' in Wies- baden 1897. 344 S. — Preis 8 M. Wir liaben in dieser Schrift das ebenso erfreuliche als seltene Beispiel vor uns, dass einer der hervorragendsten und thätigsten systematischen Konner in einem bestimmten Tlieile der Thior- kunde es unternimmt, die lürgcbnisse vieljähriger Forschung zum Entwerfen eines abgerundeten Gesammtbildes der geographischen Vertheilung innerhalb eines bestimmten weiteren Gebietes, des sogenannten palaearktischen, zu verwerthen. Und zwar fusst seine Darstellung nicht nur auf eingehender Berücksichtigung der einschlägigen neueren Litteratur und auf Durcharbeitung seiner eigenen an palaearktischen Conchylien musterhaft reichen Samm- lung, sondern es tritt vielfach die lebendige eigene Anschauung hervor, welche der Verfasser sich auf wiederholten Reisen in Unteritalien, Sicilien, Nordafrika und Spanien erworben hat und welche ihn befähigt, auch die plij-sikalisch-orographischen Bildungen in anderen Ländern anschaulich zu kennzeichnen. Das erste als Einleitung dienende Kapitel giebt einen Vor- trag wieder, den Dr. Kobelt 1893 vor der Senckenbergischen Ge- sellschaft in Frankfurt gehalten hat und worin er die Wichtig- keit gerade der schwer bewegliclien Landschnecken für zoogeo- graphischo Abgrenzungen, wie früher schon Kossmässler, betont und auch hervorhebt, dass solche Abgrenzungen, je nachdem man vorzugsweise die eine oder andere Thierklasse berücksichtigt, ziem- lich verschieden ausfallen. Hieran schliesseu sich inhaltlich zu- nächst die beiden folgenden Kapitel. Das zweite, indem es die verschiedene Art und Weise, wie Schnecken sich geographisch ausbreiten können, bespricht und durch Beispiele erläutert, auf natürlichem Wege durch langsames, ununterbrochenes Fort- schreiten durch viele Generationen hindurch oder sprungweise als Verschlepptwerden durch Vögel, Wirbelstürme, von Flüssen ins Meer geführte Baumstämme u. s. w., woran sich die zufällige Einführung durch menschlichen Handelsverkehr und die ab- sichtliche zu Nahrungszwecken oder als wissenschaftliches E.\- periment anschliesst. Das dritte Kapitel bespricht mehrere neuerdings gemachte Vorschläge zur Aufstellung „natürlicher Reiche" betreffs der Verbreitung von Thieren und Pflanzen; der Verfasser nimmt den Begrift' palaearktiscli im Allgemeinen im Sinne von Sclater und Wallace an, erkennt aber doch die enge Zusammengehörigkeit des Palaearktischen mit der Thierwelt des nördlichsten Nordamerika (den britischen Besitzungen und Neu- England) an, worauf schon von Middendortf und der Referent früher hingewiesen, und schlägt als Ausdruck dafür „holarktisch" vor, ohne jedoch weiterhin viel davon Gebrauch zu machen. (Die schon vorhandenen Ausdrücke j.arktisch" und „circumboreaP' be- zeichnen eine geringere Ausdehnung nach Süden.) In den Kern des Buches treten wir mit dem vierten Kapitel ein, der Besprechung der Sahara als Südgrenze der palae- arktischen Region; frühere und jetzige Natur- und Cultur-Ver- hältnisse Nord-Afrikas werden besprochen und auch die Säuge- thier-Fauna eingehend erörtert, um die Sahara als scharfe Naturgrenzo mindestens seit dem Beginn der heutigen geologi- schen Epoche und der Entstehung des heutigen Mittelmeers dar- zuthun; der Löwe, die Hyäne u. s. w. seien nicht acht afrikanische Typen, sondern zur Diluvialzeit für den südlicheren Theil des palaearktischen Gebiets charakteristisch und erst von da nach dem tropischen Afrika eingewandert, nicht durch die Sahara, sondern durch das Nilgebiet; der Alfe von Gibraltar und dem Atlas steht weit näher dem japanischen, als den tropisch-afri- kanischen. Interessant auch für den Alterthumsforscher wie dieses ganze Kapitel, dürfte Dr. Kobelt'e Annahme sein, dass der Elephant niemals in geschichtlicher Zeit nördlich von der Sahara wild gelebt habe, sondern von den Karthagern vom Senegal ge- holt und in geeigneten Gegenden Tunesiens in halber Freiheit ge- züchtet worden sei, wie noch heute in Indien, als Reserve für das Bodürfniss im Kriege (S. 70, 71). Wenn Dr. Kobelt aber zur Verstärkung seiner anderen Gründe noch hinzufügt, dass die deutsche Thiersage den Elephanten ebensogut wie den Löwen aufgenommen hätte, wenn die Vandalen ihn in Nordafrika vor- gefunden hätten, so würde das doch nur Bedeutung haben, wenn wir wüssten, wie die Märchen lauteten, welche die Vandalen zu Gelimer's Zeit ihren Kindern erzählten; die „deutsche Thiersage", die wir kennen, ist doch in Europa erwachsen und ausgebildet, namentlich im Berührungsgebiet germanischer und romanischer Sprache, ganz unabhängig von den Vandalen in Nord- Afrika. Durchdrungen von der offenbaren Schärfe der Saharagrenze für die Landschnecken zieht nun der Verfasser in den folgenden Kapiteln auch weiter nach Osten bestimmte Grenzlinien für die palaeark tische Region; zwar für Aegypten wird anerkannt, dass die Landthiere palaearktiscli, dem Mittelmeer-Gebiet entsprechend, die Süsswasserthiere sudanisch, d. h. afrikanisch, vom Nil horab- gebracht sind, wie Referent es schon 1851 und 18ü5 ausgesprochen, und das Hochland von Abyssinii'U als palaearktische Enklave im Sudan bezeichnet, dann aber eine Grenze gezogen durch das südliche Arabien (Menaha noch palaearktisch wegen Clausilia Schweinfurthi), dann die syrisch-arabische Wüste ausschliessend, aber Mesopotamien einschliessend zum persischen Golf herab, das Zagrosgebirge und seine Verlängerungen bis Beludschistan einscldiessend, erst au der Wüste jenseits des Indus Halt machend und wieder nordwärts sich wendend, um über den Pamir und längs des Nordrandes des centralasiatischen Hochlandes zur dsungarischen Wüste und von da die Mandschurei ausschliessend bis zum Stillen Ocean zu gelangen. Doch wird zugegeben, dass man zweifelhaft sein könne, ob das eigentliche Türkestan noch als eigene Provinz der palaearktischen Region zuzurechnen oder von dieser auszuscldiessen und dass für die Säugethiere in China eine andere Grenze südlicher liege, über Mino-ling und Nan ling zur Mündung des Yangtse-Kiang, welche auch für die Land- schnecken von Bedeutung ist. Die Wurzel dieser Unsicherheit dürfte eben in der Fragestellung selbst liegefi. Dem Verfasser ist die „palaearktische Region" eine in der Natur bestehende Ein- heit, deren Grenzen bestehen, also gesucht und gefunden werden sollen; dem Referenten erscheint sie mehr als eine Abstraction, ein Zusammenfassung von Aelmlichem, um dem menschlichen Geiste die Uebersicht zu erleichtern, eine Zusammenfassung, die je nach Umständen weiter ausgedehnt oder enger beschränkt werden kann, ohne dass das Eine oder das Andere das einzig Richtige wäre. Wie die Palaeontologen früher scharfe Grenzen zwischen Jura, Kreide und Tertiär verlangten und demgemäss auch fanden, solange sie allgemeine, plötzliche Katastrophen mit Untergang der vorhandenen Thierwelt dazwischen annahmen, jetzt aber wohl bei einzelnen Gebieten die Frage ruhig offen lassen können, ob es an das Ende einer Epoche oder an den An fang der nächstfolgenden zu stellen sei, so geht auch die An- nahme natürlicher, bestimmt umgrenzter geographischer Reiche oder Regionen im tiefsten Grunde, wenn auch den Verfassern unbewusst, aus von der Idee eines dafür gemeinschaftlichen Schöpfungs-Centrums, einer Ausbreitung von einem gemeinschaft- lichen Punkte aus über leeres Gebiet bis zu unübersteiglichen Grenzen. Und doch deckt sich die Verbreitung fast keiner einzigen Gattung oder Art geogra])hisch genau mit derjenigen einer anderen. Kobelt selbst nimmt übrigens an, dass Türkestan der Ausgangspunkt für die Gattung Buliminus gewesen sein möge (S. 118), die doch eine bedeutende Rolle in einem grossen Theil von Mittel- und Süd-Europa spielt, die Pyrenäen vielleicht für Torquilla (S. 231); damit fällt ein reales, genetisches Band für das ganze palaearktische Reich. Das Objective ist anzugeben, was ein bestimmtes Gebiet im Vergleich zu einem anderen an identischen Arten, was an ähnlichen (verwandten) derselben Gattung und was an ganz verschiedenen Gattungen und Familien hat; darnach abzuwägen, ob die Grenze einer Unterabtheilung (Provinz) oder Hauptabtheilung (Reich, Region) dazwischen liege, ist mehr subjective Sache der zweckmässigen Darstellung, nur Nothwendigkeit für die kartographische Veranschaulichung. Wenn man, wie bei fernen, weniger zugänglichen Ländern nur Angaben von verhältnissmässig wenigen, weiter von einander ent- fernten Orten hat, wird man leichter Grenzen aufstellen, als innerhalb Europa, wo man das Hinzukommen einzelner und das Zurückbleiben anderer Arten ganz allmählich verfolgen kann. So ist Dr. Kobelt geneigt, Japan als ein „selbstständiges Reich" nicht nur dem paläarktischen, sondern auch China gegenüberzustellen und doch sind seine Land- und Süsswasser-Mollusken wie auch seine anderen Thiere den chinesischen viel ähnlicher, als die- jenigen Sibiriens und Lapplauds denen von Sicilien und Algerien, welche doch alle vier zum „palaearktischen" Reiche gerechnet werden; in Europa haben wir eben die allmähliche Abstufung, eine einmalige scharfe Grenze nicht gestattend, unwidersprechlich vor Augen. Das siebente und achte Kapitel betriff't die palaeontologische Geschichte der palaearktischen, zunächst der europäischen Land- und Süsswasser-Mollusken. Hier tritt der Verfasser entschieden dafür ein, dass dieselben nicht aus grösserer Ferne, etwa anderen Welttheilen eingewandert seien, sondern ihre directen Vorfahren in den Tertiär- und Diluvialablagerungen Mittel-Europas uns ziemlich vollständig vorliegen, nicht nur für die jetzt in Mittel- europa lebenden, sondern auch für manche, die gegenwärtig nur weiter im Süden und Südosten des palaearktischen Reiclies vor- kommen, so Zenites und Glandina, und dass die Sehneckenfauna Europas ganz allmählich durch die einzelnen Perioden der Tertiär- zeit hindurch der gegenwärtigen immer ähnlicher geworden sei, ohne grösseren Abschnitt eine um die andere der jetzigen Formen aufgetreten sei, die Eiszeit nur eine Episode, keine trennende Kluft bilde. Doch geht der Verfasser hierin nicht so weit, wie 526 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. XII. Nr. 44. iler neuere amerikauisclie Conchyliolog Pilsbry, alle] wirkliche Verwandtschaft von Schueckenarten des europäischen Tertiärs mit jetzigen tropischen zu leugnen, sondern nimmt an, solche seien in Europa Ueberbleibsel aus einer früheren, etwa der Jura-Zeit, wo Vertheilung von Land und Meer noch eine andere gewesen, und diese mit den Tropen gemeinsamen Formen seien eben während der Tertiärzeit in Europa allmäldich ausgestorben, während die anderen schon vorhandenen sieh erhielten und weiter entwickelten und so die jetzige palaearktische Fauna mehr und mehr ausbildeten. Allerdings, so lange wir nicht aus noch viel mehr Gegenden und aus mehr verschiedenen Zeiten fossile Land- schnecken kennen, ist es nicht möglich zu sagen, wo die einzelnen Formen entstanden oder woher sie gekommen sind, wir wissen nur, dass vor der Eiszeit schon eine Anzahl den jetzigen sehr ähnlicher dagewesen sei, die Eiszeit d.iher für Mittel -Europa keine so grosse Veränderung hervorgebracht habe, wie man oft anzunehmen geneigt ist. Immerhin aber dürfte die Eiszeit den Unterschied zwischen der Schneckenbevölkerung Deutschlands verschärft haben, und Ref. neigt sich der Ansicht zu. dass wir jetzt in einer Periode entgegengesetzter Richtung leben, des Wiedereinwanderns und Vordringens südlicher Formen nach Norden, freilich grossentheils veranlasst durch den Menschen mittelst Bodencultivirung und Handelsverkehr. Die sieben letzten Kapitel beschäftigen sich mit den Unter - abtheilungen der palaearktischen Zone. Hier wird zuerst die neoboreale, das nordische Amerika erwähnt, wo |)alaearktische Arten mit echt nordamerikanischen zusammentreffen, dann das circumpolare arktische Gebiet jenseits der Baumgrenze, die sich mehr durch Armuth als durch eigene Formen von der folgen- den unterscheidet. Diese, die palaeo boreale Zone, Europa nördlich der Pyrenäen, Alpen und Karpathen, zeigt wieder ge- wisse Unterschiede zwischen Westen und Osten, so dass auch ab- gesehen von den auf die unmittelbare Meeresnäbo beschränkten mit Süd-Europa gemeinsamen Arten, welche von der Gironde bis Kent (und eine Art bis zum Jahdebusen) gehen, der Verfasser eine gallisclie Provinz unterscheidet, im Allgemeinen durcli die Riiein- grenze von Deutschland geschieden; letzterem sind Daudebardia, Helix bidens und nahezu auch Unio tumidus gegenüber Frankreich eigenthümlich. Nach Osten glaubt der Verfasser Russland und Sibirien für die Mollusken nicht als eigene Provinz, sondern nur als verarmten Theil der germanischen betrachten zu können, die Steppe hat eben keine eigenen Schnecken, und für Sibirien giebt er als charakteristisch an, dass es oben nur die Arten enthalte, welche im Stande waren, der Eiszeit zu trotzen und keine einzige, welche man als nach der Eiszeit eingewandert betrachten könne. Bestätigt wird das im Wesentlichen auch durch das, was Ehren- berg 1829 an Landschnecken im Ural gefunden hat (Sitzungs- berichte der Gesellsch. naturforsch. Freunde 1875, S. 89ft'.), eine der wenigen einschlägigen Arbeiten, welche dem Verfasser ent- gangen zu sein scheint, wie auch die Bemerkungen über den Unterschied in den Landsebnecken zwischen dem eigentlichen Mittelrussland, wo sie noch mehr nordischen Charakter haben, und dem Gebiet der „schwarzen Erde" mit zahlreicheren Arten von mebr südlicherm Habitus (Ebenda 1878, S. 82). Selbst die grossen Ströme Südrusslands und Sibiriens haben keine eigentliüm- lichen, von den deutschen abweichenden Muschelarten; nur in Polen und dem südwestlichen Russland treten einzelne neue Formen von Land- und Süsswasserschnecken im Flachland auf, welche vielleicht nur als Ausläufer von der alpinen Zone zu be- trachten sind (Heli.x Austriaca, faustina, Lithoglyphus naticoides). Formenreicher und deutlicher gegliedert ist die zweite, die al- pine Zone, welche sich vom biskayischen Meerbusen bis Dalmatien und Siebenbürgen erstreckt und sich hauptsächlich durch Felsen- schnecken (die Helixgruppe Campylaea , zahlreiche Arten von Clausilia und Pupa) auszoiclniet. Die einzelnen Arten sind hier nicht nur in der Regel für die grösseren Untorabtheilungen (Pro- vinzen), sondern nicht selten sogar für einzelne Thäler verschieden und eigeutiiündich. Dr. Kobelt unterscheidet hier 1. die pyre- näische Provinz, welche nach ihm älter sein soll als die Er- hebung des Gebirges und sich auch noch auf Asturien, einen Theil Portugals und das kastilianische Tafelland ausdehnt, reich an Pupen, arm an Clausilien. 2. Die eigentlichen Alpen, öst- lich bis zum Brenner. 3. Die Ostalpen, deren auseinander- weichende Ketten wieder in mehrere kleinere Gebiete sich theilen, nördlich der Tauern und steirischen Alpen das Gebiet der oberen Salzach und der Enns, südlieh jener das Gebiet der Mur und oberen Drau, dasjenige der oberen Save (Krain) und endlich das der Zuflüsse der Adria (die venezianischen Alpen). -1. Als eine vierte Untcrabtheilung der alpinen Zone betrachtet der Verfasser den Karst und Dalmatien, in den eigenthümlichen Formen seiner Camjiylaoen und Clausilien tief ins Tertiär zurückreichend und (abgi^schen vom Küstenrand) unabhängig von der gemeinsamen Fauna der Mittelmeerländer. Endlich werden 5. als östliche Vorländer der alpinen Zone Bosni(;n, Serbien, Bulgarien, Dol)roudscha. Siebtaibürgen und Ungarn in Bezitdmng auf ihre tlieilvveisc sehr cigenthiimliche Molhiskonfauna betrachtet. Hier bricht das Buch ab. Es erübrigt also noch die Einzel- betrachtung der meisten Länder des Mittelmeergebietes und der in Asien sich daran noch anschliessenden Gegenden ; von manchen derselben war freilich schon mehr oder wenig eingehend bei der Erörterung der Grenzen der palaearktischen Ivegion die Rede. Hoffen wir, dass der Verfasser bald auch noch diese Abschnitte seiner interessanten Betrachtungen veröffentlichen werde. Bei dem reichen Inhalte und der grossen Anzahl bestimmter Angaben über die geographische Verbreitung von Gattungen und Arten ist es nicht zu verwundern, dass an einigen Stellen der Wortlaut etwas zu wünschen übrig lässt, nicht sowohl Irrthümer, als Ungenauigkeiten im Ausdruck, indem Einzelnes zu schroff' hin- gestellt ist, oline die Ausnahmen zu berücksichtigen, in anderen Fällen ein Name verwechselt ist. Indem der Referent auf einiges Derartige aufmerksam macht, das ihm beim Durchlesen aufge- stossen ist, bemerkt er ausdrücklich, dass es sich dabei immer nur um Kleinigkeiten und Einzellieiten handelt, welche für den allge- meinen Gang der Erörterungen und Betrachtungen nicht aus- schlaggebend sind, und erwähnt derselben nur, damit nicht Andere sich auf diese Angaben als auf etwas Feststehendes berufen. S. 17 Z. 1 — 3 von unten: „Springmäuse, welche durch den ganzen Wüstengürtel verbreitet sind, aber niemals Europa be- treten haben." Das erstere gilt von den Springmäusen (Dipodidae) im Allgemeinen, aber nicht von den einzelnen Arten; das zweite von den nordafrikanischen Arten, aber nicht von den Spring- mäusen überhaupt, von welchen ja mehrere Arten im südöstlichen Russland leben. S. 80 Z 16, 17 von oben. Die als frapp.ante Beispiele ge- lungener absichtlicher Ucbersiodelung von Landschnecken in Deutschland angeführten Fälle treffen insofern nicht zu, als Cam- pylaea cingulata am Statt'elstein in Franken von Dr. Funck wohl bewusst ausgesetzt wurde, weil er die Schachtel, worin sie waren, zum Käfersammeln brauchte, aber nicht mit der Absicht sie an- zusiedeln von Tirol nach dem Stafl'elstein gebracht wurde, und Clausilia itala ist ohne Zweifel von dem Rebenzüchter Babo un- bewusst mit Reben aus Oberitalion in seine Besitzungen nach Weinheim gekounnen, daher man sie auch zuerst für eine eigene nur da vorkommende Art, Cl. Brauni, hielt, was nicht geschehen wäre, wenn eine absichtliche Uebersiedelung stattgefunden hätte. Dagegen dürfte allerdings die Uebersiedelung dieser Clausilie von Weinheim an die Bergstrasso nach Heidelberg eine absichtliche gewesen sein. Als Beispiel einer gelungenen absichtliclien Ein- führung innerhalb Deutschlands hätte Verfasser Helix austriaca anführen können, welche Dr. Heinr. Doliru .auf seiner Besitzung bei Stettin mit bleibendem Erfolg angesiedelt hat. S. 32 Z. 12 von unten. Perideris aUibaster ist kein „südafri- kanischer Typus", hat nichts mit dem Capland oder Lüderitzland zu thun, sondern Verfasser will nur sagen, dass sie vom Congo- gebiet stammen möge. S. 40 Z. 13 von unten. Der Isthmus von Tehuanteiiec bildet nur insofern eine Scheidelinie, als in seiner Nähe die Hochebene vou Mexico aufhört, aber die heisse und die gemässigte Zone der Ost- und Westküste von Mexico nördlich jenes Isthmus, die Staaten Veracruz, Guerrero und Oaxaca, haben sehr viele Formen von Landschnecken mit Chiapas, Tabasco und einem Theil von Guatemala gemein, wie aus der Zusammenstellung der bekannton Fundorte in der von Salvin und Godraan herausgegebenen Bio- logia centrali-americana erhellt. S. 17 Z. 10 von oben. Was das Gebiet des Magdalenen- stromes mit den Antillen an Landschneckenformen gemein hat, ist auch noch in Venezuela vertreten. S. ÖG Z. 14 von oben. Alactaga arundinis würde, wenn in der Sahara vorhanden, nach Vorderasien und nicht nach dem Sudan hinweisen. Ebenda Z. öl!. Eliomys als sudanesische, die Sahara nord- wärts nicht überschreitende Nagergattung, angeführt, aber die typischen Arten von Eliomys sind Myoxus nitela, weit in Europa verbreitet, und E. melanurus, vom Sinai, also auch palaearktisch im Sinne Kobelt's. S. 103 Z. 5 von unten. „Der Mauerläufer, Tachydromius" als für Afrika nordischer Vogel genannt, wohl nur verschrieben für Tichodroma. Tach3'dromus Illiger dagegen, gleich Cursorius Latham, ist eine afrikanisch-indische, den Wüstengebieten eigene Vogelgattung. S. 118 Z. IG. „Wir kennen keine Art von Clausilia .... aus dem Indusgebiet." In Nevill's handlist of tlie Mollusca in the Indiau Museum, Calcutta, dem zuverlässigsten Handbuch für die Schnecken Englisch-Indiens, ist Bd. I, S. 185 Murree als Fundort von Clausilia Waageni und Cl. cylindrica, nach von Stoliczka ge- sammelten Exemplaren angegeben, und dieses liegt im Flussgebiet des Tschinab, des zweiten der fünf berühmten östlichen Zuflüsse des Indus, allerdings am Südabhang dos H inialaya, während Kobelt haupt- sächlich an das Wüsten- und Steppengebiet des eigentlichen Indus- thals gedacht haben tlürfto. S. 123 Z. 12 von oben. Der Marderhund, Nyctereutes procyo- noides, als der mandschurischen Region eigenthümlich genannt. XII. Nr. 44. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 527 im Gegensatz zu auch siidlieher voi-koinmeiulon asiatischen Tliioi'«"- Aber die genannte Art lebt auch in China und eine sein- iihnlicho in Japan, liier z. B. nicht selten um Ycddo (Tokio). S. 204 Z. 8, 9 von oben. „Im Norden und Nordosten Deutsch- lands" Ilelix obvia neu auftretend und If. cricc^toruni ersetzend. Doch von Clessin durch einen grossen Theil des südlichen Bayerns westlich bis zur Hier, vom Referenten bei Reichenhall und bei Neresheim im öätlichen Württemberg beobachtet. Ferner von Innsbruck und dem Engadin bekannt. S. 205 Z. -i von oben. Ilelix austriaca „bleibt immer eine alpine Form". Sie lebt auch in Posen (Bromberg), Russisch- Polen, Volli.ynien und Podolien, in der Ukräne (Pultawa), bei Kiew, Charkow, Nieschin und Kursk, Jekaterinoslaw und Odessa. S. 214 Z. 12 von unten. „Die Gattung Aciponser ist, mit Aus- nahme des gemeinen Störs, A. sturio, echt sarmatisch, auf die Zuflüsse des Kaspi und des Pontus Ijeschriinkf. Ausser dem Stör sind auch noch im Po und im adriatischen Meer zwei eigene Arten, Ac. Naccarii und Nardoi, vorhanden, der Hausen auch im Mittelmeer mehrfach gefunden, ferner eigene Arten in China und Nordamerika. Ebenda Z. 1 von unten. Mysis relicta Loven, nicht Linne. S. 230. Helix Quimperiana „unterscheidet sich durch die Einsenkung der Oberseite, die wir in Europa nur bei den wasser- bewolnienden Phinorbis finden". Auch bei einer europäischen Landschnecke, Ilelix nautiliformis Porro aus der Lombardei, ist dieselbe Einsenkung der Oberseite vorhanden. S. 230 Z. 1, 2 von unten. Cryptazeca monodonta, „welche durch den Besitz einer Fussdriise den ähnlichen europäischen Arten vollkom.men fremd gegenübersteht", ausdrücklich als „dritte im Bunde ganz eigenthümlicher pyrenäischcr Formen". Aber alle Arten von Fcrussacia haben eine solche Fussdriise, nur mehr oder weniger ausgebildet, und Cryptazeca hat daher vor den übrigen durch das ganze Mitteln, eergebiet vorkommenden Arten von Ferussacia gar nichts besonderes voraus. S. F. Fischer mauuel S. 488. S. 251 S. 19 von oben. Campylaea „findet sich überall in den Alpen"; sie fehlt dem ganzen Bernor Oberland bis zur Rhone, au deren Südufer sie erst wieder auftritt, ebenso in Unterwaiden, Schwyz, Glarus, dem Säntis, Vorarlberg und dem grösseren Thoil Graubündens, wo sie nur im Engadin ([nngebict) vorkommt, also dem ganzen zum Rhein entwässerten Theile der Alpen mit Ausnahnie des obersten Stückes des Reussthaies bei Göschenen, wo Helix (Camp.) zonata von dem Südabhang der Alpen noch herübergreift. Nach Nordosten hin findet sich die ei'sto Campylaee wieder im oberen Lechthal. ::: S. 252 Z. 25 von oben. Campylaea finden wir „nicht mehr jenseits der grossen Scheidelinie, die vom Golf vom Nauplia bis zum Kopaisseo zieht, in Attika, Böotien und im Archipel." Dieses gilt nur, wenn man, wie der Verfasser hier stillschweigend meint, Helix cyclolabris und ihre nächsten Verwandten vor den Campy- laeen ausschliesst, zu denen sie doch von den meisten Conchylio- logon gerechnet werden. S. 253 Z. 5 von oben. Pomatias septemspiralis dringt bis Kaiserstuhl in Baden und bis Kelheim an der Donau vor." Nicht am Kaiserstuhl, wo von südwestlichen Schneckenarten Cyclostoma clogans und Helix carthusiana vorkommen, sondern nur in der äussersten südwestlichen Ecke des Grossherzogthums Baden, bei Klein-Kems (Bezirksamt Lörrach) unweit Basel lebt Pomatias septemspiralis nach den übereinstimmenden Angaben der badischen Couchyliologen C. Kreglinger und A. Gyssor. Der Kaiserstuhl, plutonisch, von Löss umgeben, stimmt auch gar nicht zu der Natur dieser Kalkfelsen liebenden Schnecke; der Fundort Klein- Kems steht in näherer Berührung mit dem Vorkommen dieser Art im Schweizer Jura (Solothuru, Neuchatel) und im Elsass. Der Fundort Kelheim dagegen ist durch die ganze oberbayerische Hochebene von den nächsten für diese Art, Tegernsee (na(di Held) und Berchtcsgaden, getrennt und in der Nähe der Donau erscheint die Art erst wieder in der Gegend von Wien. Bei Kelheim ist sie schon 1818 vom Vater des Referenten gefunden worden, aber sie scheint sich nicht weiter ausgedehnt zu haben, so dass weniger von einem Vordringen, als von einem isolirten Fundort zu reden sein dürfte, an einer günstigen, von Kalkfelsen gebildeten Stelle, wo diese Schnecke durcli irgend eiuon Zufall hingekommen und «ich erhalten hat. Insofern hat dieses Vorkommen einige Aehn- lichkeit mit dem der Helix cingulata auf dem Staft'elstein, nur dass bei dieser der Zufall der üebersiedelung bek.annt ist. S. 287 Z. 5 — 7 von oben. Lithoglyphus „nach Italien über, allerdings nur in ein(>r Art, L. fluminensis, die auch im Norden von Russland aus bis nach Berlin reicht." Die in Oberitalien vorkommende Art, L. fluminensis, nach Fiume benannt, aber bis Mailand nachgewiesen, ist sehr verschieden von der im mittleren Russland und neuerdings Ijoi Berlin vorkommenden, L. naticoides. Alle diese Bemerkungen betrefFen nur mehr oder weniger Nebensächliches und ändern nichts an der Thatsache, dass die vorliegende Schrift eine ebenso auf die reichste Specialkenntniss gegründete, als von allgemeinen geologischen Gesichtspunkten ausgehende und nach solchen strebende Uebersicht über die palae- arktischen Land- und Süsswasserschnecken giebt; sie ist deshalb sowohl für den Couchyliologen, als für jeden, der sich für Zoo- geographie interessirt, ebenso anregend als lehrreich. E. v. Martens. Dr. J. Frentzel, Privatdooent an der Königl. Teclmiachen und an der Kiinigl. Landwirthsehaftlichen Hochschule in Berlin, Coccen-, Bacterien-, Spirillen-Formen. Wandtafel im Format von 100 cm Breite zu 120 cm Höhe. Nach der Natur ge- zeichnet. Landwirthschaftliclio Verlagsbuchhandlung Paul Parey in Berlin SW. 1897. — Preis 5 M. Die Wandtafel zeigt die allgemeinen Formen, in welcher die Spaltpilze vorkommen, und es sind deshalb von jeder Gruppe die charakteristischsten Typen herausgegriffen. Die Tafel zeigt von Coccen - Formen: Mici'ococcon ver- schiedener Grösse mit und ohne Goisselfäden, Streptococcus, Staphylococcus, Diplococcus, Tetragenus, Sarcina. Von Bacterien- Formen wurden solche gewählt, welche die Verschiedenheit der Form nach Länge, Breite u. s. w., ferner solche, welche die Sporen- bildung in den verschiedenen Pliasen erkennen lassen; endlich ist als Beispiel eines Bacillus, dem durch das Vorhandensein von Geisseifäden Eigenbewegung zukommt, der Typhusbacillus ge- zeichnet. Dieser Theil der Wandtafel zeigt: Bac. anthracis (Milzbranderreger) mit und ohne Sporen. Bac. mesentericus (Kar- totfelbacillus), Clostrvdium butyricum (Erreger der Buttersäure- gährung) mit Sporen, Bac. typhi (Typliuserreger). — Aus der grossen Zahl der mannichfach gestalteten Spirillen-Formen sinil abgebildet: Spirillum rubrum, Spirillum volutans, Microspira comma (Erreger der asiatischen Cholera). Alle Darstellungen sind mit Hilfe des Zeichenprismas dii-ect von frischen oder Dauerpräparaten abgezeichnet und nur in einzelnen Fällen, wo es zur besseren Herausarbeitung des Charakteristischen nothwendig erschien, etwas schematisirt und dann entsprechend vergrössort worden. Es sind alle Präparate in derselben Vergrösserung gezeichnet, so dass die aufgezeichneten Typen zu einander im richtigen Verhältniss ihrer wirklichen Grösse stehen. Ein Mikromillimeter besitzt auf der Wandtafel die Länge von 4 cm. Prof. Dr. Emil Warburg, Lehrbuch der Experimentalphysik für Studirende. 3. verboss. Auflage. Mit 405 Orig.-Abb. J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) in Freiburg i. B., Leipzig, Tübingen 1897. — Preis 7 Mk. Erst in Band XI, S. 507 haben wir die zweite Auflage ange- kündigt; wir weisen dorthin und haben daher hier nur hinzu- zufügen, dass in der vorliegenden Neu-Auflage des für den Stu- direnden wichtigen Buches, abgesehen von einigen kleineren Zu- sätzen und von Verbesserungen, zwei neue Artikel hinzugekommen sind und zwar einer über Kathoden- und einer über Röntgenstrahlen. Jenny, Dr. F., Das Birsthai. Basel. — 1,30 Mark. Klein, F., Ausgewählte Kapitel der Zahlentheorie I. und IL Vor- lesung. Göttingen. — 14,50 Mark. Kraenzlin, F., Orchidacearum gonera. Vol. I. Fase. 2. Berlin. - 2.80 Mark. Messtischblätter des preussischen Staates. Nr. 1872. Plant- lünne. — 1874. Voltlage. — 1S7Ü. Vörden. — 11)39. Schüttorf. — 1941. Hoppsten. — 1943. Westerkappeln. — 2005. CTronau. (In Westfalen.) — 200(5 Ochtrup. — 2008. Bevergern. —2010. Has- bergen. - 2073. Nienborg. — 2074, Metelen. — 2076. Emsdetten. — 2143. Greven. — 2212. Nottuln. — 2214. Telgto. — 2215. Warendorf. — 2217. Harsewinkel. - 2219. Brackwcde. - 2284. Dülmen. — 228ü. Ottmarsbocholt. — 2289. Oelde. — 2291. Riet- berg. — 2356. Raesfeld. - 2357. Wulfen. — 23G3. Beckum. — 2365. M.istholte. — 2486. Herzfcld. (In Westfalen.) — 2440. Etteln. Berlin. — ä 1 Mark. Molisch, Prof. Dr. Hans, Untersuchungen über das Erfrieren der Pflanzen. Jena. — 2,50 Mark. Inhalt: August Weismann, Die Darwin'sche Idee ein Plagiat? — Dr. Johan Hjort, Untersuchungen über die Organismen und Stromverhältnisse im norwegischen Nordmeere. — Die immunisirende Wirkung des Salamandergiftcs gegenüber dem Schlangengifte. — Winterleben unserer Süsswasser-Mollusken. — Fortpflanzung des japanischen Laubfrosches, Rhacophorus Schlogi'lii Güntlier. — Die Wirkung organischer Säuren auf das Wachsthum der Pflanzenzelle. — Hummerzucht in England. — Aus dem wissenschaftlichen Leben. — LIfteratur: Prof. Dr. Johannes Rehmke, Lehrbuch der Allgemeinen Psychologie. — W. Kobolt, Studien zur Zoogeographie. Die Mollusken der palaearktischen Region. — Dr. J. Frentzel, Coccen-, Bacterien-, Spirilleu-Formea. — Prof. Dr. Emil Warburg, Lehrbuch der Experimentalphysik für Studirende. — Liste. 528 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. XII. Nr. 44. Geographische Verlagshandlung Dietrich Reimer (Ernst Vohsen) Berlin SW.; Wilhelmstiasse 29. Internationale geolog'ische Karte von Europa, beschlossen durch den internationalen Geologen-Congreas zu Bologna im Jahre 1881, ausgeführt nach den Beschlüssen einer internationalen Commission, mit ijntcrstützung der Regierungen, unter der Direction der Herren Beyrich und II aue hecorn e. Der Subscriptionspreis für das gesammte Kartenwerk beträgt 110 Mark = 137 frcs. 5it c. Die Subscription verpflichtet zur Abnahme des ganzen Werkes, während die Zahlung bei Empfang der einzelnen Lieferungen, deren Preis sich nach der darin enthaltenen Anzahl der Uiätter richtet, zu bewirken ist. Einzelne Blätter werden zum I'reise von 4 Mark per Blatt abgegeben. Ed. 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Untersuchungen über die Organismen und Stromverhältnisse im norwegischen Nordmeere. Von Dr. Johau Hjort. (Schluss.) Im Verein mit IL Gran bat der Verfasser drei Jalire bindurcli die ßeziebiiiigeu des Planistons zu den Meeres- strömungen an den norwegischen Küsten untersucht, wobei sieb ergab, dass diese Eiutbeilung des Planktons von Prof. Cleve der Ausdruck wichtiger Gesetze in dem Wechsel des Planktons während der einzelnen Jahreszeiten ist, sowie dass diese Veränderungen auf das Genaueste mit den Veränderungen im Meere zusam- menfallen. Es wurde ferner gefunden, dass, wenn in zwei Jahren zu derselben Jahreszeit sich Vcrscbieden- beiteu im Plankton zeigten, auch gleichzeitig ein Unter- schied in den Meeresströmungen während der beiden Jahre vorhanden war, was sich auch als von grosser Be- deutung für die Wanderungen der Fische erwies (vergl. die Ergeljnisse der Fettbering,sfischerei an der Ostküste von Norwegen im Jahre 1S93 und im Jahre 1894).*) Welche Naturkräfte sind es nun, die diesen Wechsel der Jahreszeiten im Meere hervorrufen ? Die schwedischen Forscher haben viel Arbeit darauf verwandt, diese Er- scheinungen zu erklären. Die Biologen Cleve und Auri- villius entdeckten, dass das Herbstplankton (Didymus- planktou) an der schwedischen Küste zahlreiche südliche Formen enthielt, die im frühen Sommer und während des Winters an den Küsten nicht gefunden werden können, die aber an der Südküste von England und der West- küste von Frankreich beobachtet worden sind. Ferner fanden sie, dass die Winterformen, welche die Haupt- masse des Plankton im Februar-März an der Küste von Bohuslän bilden, und die zur Sommerzeit au dieser Küste *) Das Plankton, welches die Nahrung des Herings bildet, findet sich im Christianiafjord sowie an der Küste von Bohuslän in Schweden in dem sogenanten Bankwasser. Dieses ergoss sich im November 1893 mit grossen Mengen von Plankton, das von den norwegischen Fischern ,.aat" genannt wird (= Frass, Atzung, nicht Aas), in die Eingänge des Fjords, und die Fischerei bot reichen Ertrag. Im Noveniljcr 1894 liingegen herrschte der baltische Strom, der kein „aat" führt und den Hering von der Küste fern- hielt, und die Fischerei blieb erfolglos. nicht bekannt sind, regelmässig bei Grönland und im Polarmeere vorkommen. Dies führte zu der Hypothese, dass die Herbstformen durch eine Strömung zu den schwedischen Küsten ge- führt werden, die man sich von der dänischen Westküste nach der Küste von Bohuslän und zu deren Fjorden ver- laufend denkt. Zur Erklärung des Winterplankton nahm man an, dass im December eine mächtige Strömung von dem Polarmeere nördlich um die Faröer xmd Siietland nach dem norwegischen Statland führe, von welcher ein Zweig sich längs der norwegischen Küste nach Bohuslän fortsetzen sollte. So erklärte man das Auftreten der arktischen Flora an der schwedischen Küste während des Winters und ihr Verschwinden im Sommer. Eine solche Annahme schien in vielen hydrographischen Thatsachen ihre Unterstützung zu linden. Aus Mohn's Temperatur- karten der Obertläche des Nordmeeres im März und August geht hervor, dass im Winter ein Theil kalten Wassers sich in südöstlicher Richtung an der Ostküste von Island in der Richtung auf die Faröer vorschiebt. Das Vorhandensein einer solchen Strömung dürfte eine fundamentale Frage zum Verständniss der Ver- breitung der Organismen und Fische auf die norwegischen Frühere Untersuchungen hatten Wasser im Winter auf den Zug Herings den grössten Eintiuss ausübe, weshalb die Er- forschung der Herkunft dieser Wasserschichten von grösster Bedeutung war. ]\Ian hatte ferner gefunden, dass es die Herbstschichten waren, die von den norwegi- schen Banken an bis in den Christianiafjord gefunden werden, welche die Planktonmassen mit sich führten, die der Fetthering auf seinem Zuge nach dem Lande zu im Herbst aufsucht. Das Verständniss der Wanderungen des Herings musste davon abhängig sein, ol) diese Wasser- massen, in denen der Hering gefischt wird, aus südlichen Gegenden kamen oder nicht. Wanderungen der zu sein. ;t, dass das kalte Dorsches wie des der Küstcnbankeu des 530 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. XII. Nr. 45. Vi lit^ 3^^ 189S i2^ .r^6-t Fig. T. Profil des KUstenmeeres von Christianssuml bis zur Storegge. Juli 1895 und Februar 18%. Auf die Lösung dieser Frage sind die norwegischen Untersuchungen während der letzten Jahre gerichtet ge wesen. Es war klar, dass es vor Allem von Wichtigkeit sein musste, gründlich festzustellen, welche Veränderungen wurden mit Unterstützung des Bergener Museums fünf weitere Aufnahmen auf denselben Stellen von Nord- gaard gemacht. In den Fig. 7, 8 und 9 sind einige Ergebnisse dieser Otä^t: lO.lr^ l / / 1S0 y^ ^ ioo s'li^ ^____jk L^ ^^^^ Zfo 3oo ( Üi^ - 10^^ ■3S« \ >H)0 \ Ht9. VI 1'i,S3 JiOf. 33 35Jf. Fig. 8. Profil des Küstenmeeres bei den Lofoteu im Sommer. im Meere vom Sommer zum Winter thatsächlich statt- finden. Im Sommer 1895 gelang es dem Verfasser, von dem Küstenmeere zwischen Stavanger und den Lofoten fünf Durchschnitte zu nehmen, und im Winter 1896 Arbeiten dargestellt, sie bestätigen die Resultate der früheren Arbeit und die in Fig. 5 dargestellten Verhält- - nissc. Sie zeigen, dass das Wasser des Atlantischen Üceans (35 •'/oo) zur Sommerzeit bis hinauf zu einer Höhe It HC 13ift ,f S- o S f« ^f^OiSSo H *!> *^ (V sf e» TS In es «« 51 / 1 4MW \ \ '° \ '* t\ T^Yyy'A \\ / 1 ■ l / [ *'° / ^c/ ■ 1 1 f ,>■■ \ \ \ \ f. r ^1 Aw \ \ • n \ \ Im "wiU ta i 0 S 1» 15 Xo Fig. 10. Die Oberfläche des Nordmeeres. Salzgehalt und Temperatur. März-April 1S97. Wasser in südöstlicher ostwärts von Island die süsserem Richtung vordrängt; dass ferner Teniperaturcurven für — 1" und O** sich in südlicher Richtung vorwärts erstrecken, und noch übertroflen werden von der S^-Curve, die bis in die Nähe der Faröer vor- dringt. Man sieht hier eine Doppelzunge von kälterem und süsserem Wasser, die gegen das viel wärmere und salzigere des atlantischen Oeeans stösst. Die Analysen des Wassers und die Temperaturbeobachtungcn in der Tiefe zeigten auch, dass dieses kalte Wasser eine grosse Mächtigkeit besass. Man fand denn auch erst in 300 m Tiefe den Salzgehalt von 35 "/qq. Aus der Karte ist je- doch deutlich genug zu ersehen, dass hier der Eismcer- strom definitiv von dem Wasser des atlantischen Oeeans aufgehalten wird. Man sieht, wie 6", 7" sich in nörd- lichster Richtung zusammen mit der Curve für 35 %o Betrachtet man Fig. 8, welche welche Küste kann. Das kalte Win- terküstenwasser muss deshalb einen ande- ren Ursprung haben. Ein Blick auf die beiden Oberflächen- karten der Sommer- karte der Nordmeer- expedition (Fig. 2) und der vorstehen- den Wiuterkarte(Fig. 10) scheint zu der Annahme zu berech- tigen, dass die Ver- änderungen in dem noi wegischen KUsten- meer nur von zwei Factoren bedingt sein können: einerseits dem Wasser des at- lantischen Oeeans, an- dererseits dem Con- tinent und der At- mosphäre, dem Was- ser aus den Flüssen, der Sonnenwärme im Sommer, der Kälte im Winter. Ist es indess möglicli, sich mit Hilfe dieser Factoren die Veränderungen zu erklären, welche, wie wir oben gesehen, die Jahreszeiten im Meere und in der Verbreitung der Or- ganismen hervorbrin- gen? die Verhältnisse im Westfjord im frühen Sommer darstellt, so ersieht man, dass der Salzgehalt dann an der Oberfläche im Westtjord sehr hoch ist, nur nach den Fjorden zu (Salteiitjord) findet man grössere Mengen von Wasser niedrigeren Salz- gehaltes. Die Untersuchungen des Verfassers im Sonmier und Herbst 181)5 zeigten nun, dass diese Mengen von süsseren Schichten den Sommer und Herbst hindurch stark zunahmen (vergl. z. B. den Durchschnitt von Hero im August, Fig. 9). Im September treten wesent- liche Veränderungen des Salzgehalts und der Ver- theilung der Temperatur in der Tiefe ein. Es seien liier zwei die Temperatur in wiedergegeben, die dem September. Untersuchungsreihen über den Salzgehalt und verschiedenen Tiefen in Nordland eine aus dem Juli, die andere aus 532 Naturwissenscbaftliche Wochenschrift. XII. Nr. 45. Tiefe 10. Juli Salzgehalt Temperatur 20. September Salzgehalt Temperatur 0 m 34,22 Voo 11,1» 32,10 Voo 9,450 10 „ 34,22 „ 10,42» 32,45 „ 9,6» 20 „ 34,55 „ 7,750 32,G9 „ 9,8» 30 „ 34,87 „ 6« 32,75 „ 9,50 40 „ 34,94 „ 5,05» 33,81 ., 60 „ 35,03 „ 4,52" 33,94 „ 100 80 „ 35,03 „ 4,6» 33,94 „ 100 120 „ 35,19 „ 4,9" 34,53 „ 7,80 200 „ 35,38 „ 5,30 Bei der Vergleichung- dieser zwei Reihen siebt man: 1. Die 35 o/pg-Curve, die im .Juli 50 ra unter der Ober- fläche lag, rauss im September auf einer Tiefe von mehr als 120 m gesucht werden, die 34,5 o/^^ befand sich im Juli in einer Tiefe von 20 m, im September findet man sie in einer solchen von 120 m. 2. Der Salzgehalt der Oberfläche ist von 34,2 auf 32,1 o/fiQ gesunken. 3. Die Temperatur au der Oberfläche ist vom Juli mit 110 auf 9,50 im September gesuuken, dafür ist aber die Tem- peratur in der Tiefe bedeutend gestiegen, so z. B. in 80 m Tiefe von 4,6 auf 100. Diese Verhältnisse erinnern wesentlich dar- Herbst und Winter dagegen ist die Windrichtung durch- aus überwiegend südöstlich, während allerdings hie und da einzelne Weststürme auftreten. Die südö.stlichen Winde müssen zur Folge haben, dass das Fjordwasser aus den Fjorden hinaus auf die Banken getrieben wird und die Stürme müssen die Wassermassen bis zu grossen Tiefen hinab durcheinander mischen. Dass eine solche Mischung in grosser Ausdehnung stattfinden muss, ist wohl daraus ersichtlich, dass die Unterschiede im Salzgehalt wäin-end de« Herbstes beständig geringer werden. Am grössten wird die Gleichartigkeit im Januar-Februar, wo sowohl die Atmosphäre wie das aus den Flüssen zuströmende Wasser die oberen Schichten abkühlt. Es ist bekannt, dass Wasserschichten schiedenem specifischen Gewicht sehr wenig haben, sich zu vermengen, so fliesst der von ver- Neigung Sommer oben auf den salzigeren baltische Schichten beobach- ten der an, was oben in Fig. 5 1S0 SP bC ■"i/fl^-Xf^f sich bezüglich der West- küste ergab. Die Ver- hältnisse auf den nörd- licher gelegenen Ban- ken sind jedoch noch instructiver, da ange- nommen werden muss, dass der Wechsel der Temperatur nach der Tiefe zu hier weniger abhängig von den Stromverhältnissen ist als an der Westküste, wo der baltische Strom eine grosse Rolle spielt. Sehr beachtenswerth war ferner die Beobachtung, dass das süsse Wasser von um so grösserem Einfluss wurde, je weiter man in das Innere eines Fjordes eindrang. Es zeigt sich nun an der nördlicheren Küste, dass mit der Zunahme der süsseren Schichten auch eine Periode grosser Regenmengen auftritt. Wie Fig. 1 1 zeigt, nimmt die Regenmenge im September stark zu und von diesem Monat an dauert eine grosse Regenperiode den ganzen Herbst hindurch an bis Januar-Februar. Gerade in dieser Zeit nehmen die süssen Schichten an Ausdehnung zu und zwar hauptsächlich in den Fjorden, wo sich durch den Zutiuss von Flüssen die Regenmenge besonders be- merkbar macht. Ein Moment, dem man für diese Verhältnisse eben- falls eine grosse Bedeutung beimessen muss, ist der Ein- fluss des AVindes. Entwirft man nach den Jahrbüchern des norwegischen metcorologisclien Instituts Curven über die Häutigkeit der verschiedenen Winde in den einzelnen Monaten, so zeigt es sich, wie auch aus Kapitän Rung's Atlas über den barometrischen Druck im Nordmecre ersichtlich, dass im Sommer längs der ganzen norwegischen Nordwestküste überwiegend westliclie Winde herrschen. Diese müssen im Sommer dazu beitragen, dass das Wasser des atlan- tischen Oceaus nach der Küste zu gedrängt wird. Im sich z. B., zur Winters- Fig. 11. Niederschlagsmeuge in nim in Svolvär und auf Flurö. Strom im der Tiefe, ohne dass man eine Vermischung kann. Solche Verhältnisse findet man jedenfalls nicht an nördlicheren Küste Norwegens im Herbst und auch nicht an der westlichen. Dies zeigt wenn man zeit die Dichtigkeit des Wassers, (d. h. das specifische Gewicht, welches es unter den im Meere herrschen- den Temperaturverhält- nissen besitzt) in den ver- schiedenen Tiefen be- rechnet. Aus den Fig. 5 und 6 kann man die Dichtigkeit des Meer- wassers für die ver- schiedenen Monate des Jahres berechnen. Ein Beispiel vom Februar ergiebt danach folgende Zahlen: Qrix>/i Om 1,02666 90 m 1,02681 10 20 30 40 50 60 70 80 2666 2664 2670 2679 2681 2679 2678 1,02670 100 110 120 130 140 150 160 170 2686 2682 2683 2689 2689 2688 2688 1,02689 180 m 190 200 210 220 230 240 250 1,02691 2696 2697 2700 2705 2710 2715 1,02720 Wenn Genauigkeit man in Betracht zieht, dass die Grenze der der Untersuehungsmethode auf 1 in der vierten DecimalstcUe angenommen werden kann, so wird man erkennen, dass es sicii hier hinsichtlich der Dichtig- keit um eine fast homogene Schicht von der ()i)crfläche bis zum Boden handelte. Unter solchen Verliiiltnissen wird sowohl die Stärke des Windes wie die Abkühlung von oben eine grosse Rolle spielen. Eine solche Ab- kühlung wird nändieii das Gleichgewicht zerstören, indem die obersten Partikel dann schwerer werden und durch die darunterliegenden leichteren Schichten hindurchsinken müssen. Nach Mohn vermehrt eine Abkühlung des See- wassers von 6 auf 5» das specifische Gewicht um 1,2, von () auf 40 um 2,3 und von 6 auf 30 um 3,3 in der vierten Decimalen. Eine Abkühlung der Oberfläehen- schichten um 3" würde somit nach obcnstehi'udem Bei- spiel dieselben bis 200 m Tiefe sinken lassen. Murray hat sehr interessante Beispiele bezüglich XII. Nr. 45. Naturwissenscuaftlielic Wocheusclirift. 533 norwegischen Westküste das Wa.sser in der Maciit des Windes mitgetlieilt. Ein schottisclies „Locli" mit siisseiii Wasser wurde sowohl vor wie nach einem Sturme untersuelit. Wäiireiid die Isotliermen vor dem Sturm alle mit der Oberfläche parallel gingen, als ein Beweis ruhigen Zustandes des Wassers, zeigte es sieh kurz nach dem Sturme, dass ein grosser Theil des warmen AVassers nach dem einen Ende des Sees ver- weht war. Wie aus Fig. 12 zu ersehen, gehen alle Isothermen nach dem Sturme au dessen Leeseiten zum Boden hinab. Murray hat durch andere Untersuchungen gezeigt, dass die Stürme sogar das warme Wasser unter das kalte drängen können und in diesem Falle treten Vermischungen ein. Das norwegische Küstenwasser ist im Winter hin- sichtlich des specitisclien Gewichtes ebenso homogen wie in einem Binnensee, wo ja im Sommer in verschiedenen Tiefen verschiedene Temperaturen herrschen, und da im Winter an der 20 Faden Tiefe sich brechen kann, so wird es klar, dass auch hier grosse Ver- mischungen stattfin- den müssen. Ist diese Auf- fassung der Verhält- nisse längs der nörd- lichen und westliehen Küsten Norwegens richtig, dann finden wohl auch dieselben Erscheinungen im Skagcrrak statt, wenn vielleicht auch mit bedeutenden Modifi- cationen auf Grund der localen Verhält- nisse. Dass eine solche Vermischung der Schichten vom Ska- gerrak bis zur West- küste von Norwegen stattfinden nuiss, kann man wohl daraus schliessen, dass die Temperatur im 30 m Tiefe im November 1893 viel Fig. 12 Profil eines schottischen Binnensees beneu Richtung. — Nach einem Ileferat von Geogr. M: Skagerrak in ca. höher war als au der Westküste von Norwegen. Dementsprechend sind die süsseren Schichten im Sommer ebenfalls wärmer im Skagerrak als an der norwegischen Westküste. Wenn es sieh indess zeigt, dass die Bildung der verschiedenen Wasserscliichten in oben erwähnter Weise durch mehr locale Factoren vor sieh geht, so können doch leicliwor grosse Bewegungen in den Wasser- massen stattfinden. Das skandinavische Küstenraeer von Skagen bis Finniarken muss als ein zusanmienhängendes hydrographisches System aufgefasst werden, das jeden- falls hauptsächlich längs der Küste von Norwegen nach Norden zu in Bewegung ist, das aber doch durch die Macht des Windes in verschiedenen Eiclitungcn bewegt werden kann. Aus den schwedischen Untersuchungen geht besonders instructiv hervor, dass in den schwedi- schen Fjorden grosse Veränderungen stattfinden können, indem bald das süssere Ostseewasser einen Fjord erfüllt, bald das salzigere Wasser, sogenanntes „Bankwasser" von 32—34 ",00 Salzgehalt, in die Fjorde eindringt. Es zeigt sich hier, wie die schwedischen Forscher nachgewiesen haben, dass da, wo grössere Differenzen in dem spezifi- schen Gewicht bestehen, sie sich wie zwei ganz ver- schiedene Meere verhalten, die sich nicht mit einander vermischen. Beachtenswerth sind vor Allem die Sommer- verhältnisse. Man findet dann z B. im Christianialjord längs des Bodens das kalte Wasser des vergangenen Winters, und an der Oberfläche hat mau die wärmeren, süsseren Schichten. Wenn somit die Vermischungen auch von grosser Bedeutung sind, so treten sie doch nicht plötzlich ein, und die einmal gebildeten Schichten erhalten sich oft längere Zeit des Jahres hindurch, ohne durch die Einwirkung der anderen beträchtlich verändert zu wer- den. Im Laufe von längeren Zeiträumen, Monaten, können jedoch die grösseren Unterschiede ausgeglichen und die beiden Schichten zu einer einzigen vereinigt werden; so kann das Bankwasser im Herbst aus dem Nordsccwasser (35 — 34 7on) ^'cs vorigen Winters gebildet werden und die süssen Oberflächenschichten im Sommer aus den Fjorden des nördlichen Norwegens. Lassen sich nun auch die Verände- rungen in der Flora und Fauna des Meeres in derselben Weise erklären, wie oben versucht, die Veränderungen im Meere selbst zu er- klären? Was wird aus der Planktonflora des Winters im Som- mer, wenn sie nicht von den zurückwei- chenden Meeresströ- mungen fortgeführt wird? Man findet ja im Sommer in den norwegischen Fjor- den keine von den Formen, welche für den Winter charak- teristisch sind, von den Eismeerformeu der schwedischen For- scher. Für die Annah- me, dass sämmtliche Organismen zu allen Jahreszeiten an den norwegischen Küsten zu finden sein müssten, zu den verschiedenen Zeiten jedoch in verschiedener Tiefe, fand der Verfasser wenigstens theilweise Bestätigung. So fand er im Christiauiafjord, ebenso wie die schwe- dischen Forscher in den Schichten dicht über dem Boden in ca. 100 Faden Tiefe mehrere Formen, die für die arktischen Gewässer charakteristisch zu sein scheinen und die in den Oberfläehenschichten nicht gefunden wurden; so z. B. Sagitta, Metridia longa. Es wurde jedoch klar, dass das periodische Verschwinden der verschiedenen Floren auf diese Weise sich nicht er- klären Hess. Gleichzeitig gelang es Gran durch ein be- sonders eingehendes Studium der Algen des Christiania- ijords nachzuweisen, dass der grösste Theil der Winter- formen, die für Eismeerfoimen gehalten wurden, Ruhe- sporen bilden zu Beginn des Frühlings und der wärmeren Jahreszeit, die zu Boden sinken und dort übersommern. Man findet sie also doch während des ganzen Jahres an den norwegischen Küsten tlieils als Rubesporeu, theils in ihren vegetativen Formen, oder, wie Gran es ausdrückt, „sie sind periodische Planktonorganismen, die während der Winter- und Frühjahismonate vegetircn." Diese interessante und äusserst wichtige Entdeckung Gran's nach einem Sturm in der vom Pfeil angege- V. Rohr über Murrays AbhaniUung in Scot. ag. 1S88. 534 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. XII. Nr. 45. I wird bestärkt diircli die Untersuchungen, die er mit Material aus dem Eismeere selbst anstellte. Es glückte ihm, Proben aus allen Monaten des Jahres aus dem Karajakfjord in Grönland zu erhalten. „Es zeigt sich", so sagt er, „dass dort im Sommer ein sehr reiches Plankton von periodischen Formen vorhanden ist, welche Ruhesporen bilden und nur während einer kurzen Vege- tationsperiode dem Plankton angehören; die verschiedenen Arten lösen einander gleichrnässig ab: im Mai Fragilaria, im Jnli-August Thalassio.sira, im September Chaetoceros- arten (dieselben, die im April im norwegischen Westtjord gefunden werden). Bei Eintritt des Frostes im April ver- schwinden alle periodischen Arten, und es bleibt nur eine spärliche Flora echter Planktonformen übrig, die zu der Gruppe gehören, welche Prof. Cleve Trichoplankton ge- nannt hat, das Plankton des atlantischen Oceans. Bei Ost-Grönland entwickeln sich die periodischen Formen noch später als im Karajakfjord, dort findet man im Juli dieselben Formen wie im Karajakfjord im Mai, vor dieser Zeit fast überhaupt keine Planktonformen; der Alkohol erleidet nur eine Trübung durch das Seewasser." gender we£ bezüglich der Verhältnisse im nor- Auffassung fischen Meere. Das warme und salzige Wasser des atlantischen Oceans zeichnet sich durch eine besonders charakteristische Plankton- Fauna und -Flora aus. Eigenthümlich für den Strom des atlantischen Oceans ist besonders, dass er Formen besitzt, die das ganze Jahr hindurch unabhängig von den Küsten leben können; diese entsprechen in grossen Zügen dem Trichoplankton Cleves. In der Nähe der Küsten begegnet diese Fauna und Flora neuen physikalischen Factoren. Im Sommer steigen die Temperaturen des Küstenmeeres hoch über die des offenen Meeres, theils unter dem Einfluss der Sonnenwärme, theils durch Zufuhr von warmem, süssen Wasser; letzteres gelangt zur nor- wegischen Küste theilweise aus der Ostsee als ein Strom, dessen specifisches Gewicht so stark von dem Salzgehalt der Nordsee abweicht, dass es lange dauert, bevor sie sich vermischen; aber auch die Fjorde senden grosse Mengen Süsswasser zur Küste hinaus. Im Herbst nnscht dieses Süsswasser sich mit den salzigeren Schichten der Tiefe, wodurch sich sowohl der niedrigere Salzgehalt wie .;„.. 3ooo_ / \ 1009. 70, 'y \ Aüoe. lä V J ßKl _.-.—-'' « iJ 'lO . ■ ÜI_ — — £1 ■ : . in~~ Ch'-l 3ru. C^^,: i~U. «"? 'T' iUi J7.V. Fig. IS. Volumen des Plankton in einem deutschen Binnensee. Nach Apstein. Igst fssr Fi». 14. Die Temperatur im Sognsvand bei Christiania. Huitl'eldt-Kaas. Nach Auch in dem Herbstplanktun, welches nach der Mei- nung der schwedischen Forscher von Süden her zur nor- wegischen Küste kommen sollte, fand Gran bei Eintritt der Kälte im Herbst Ruhesporen. Hier ist es besonders interessant, dass zu gleicher Zeit, als die schwedischen Forscher im August 1896 das ganze Skagerrak von Diatomaeeen entblösst fanden, zufolge Gran's Plankton- untersnchungcn „eine continuirliche Eiitwickelung der Üiatomaceentlora sowohl bei Bergen wie bei Dröbak statt- fand." Gran konnte sogar die Zeit des Höhepunktes der Blütheperiode der einzelnen Formen bestimmen. Unter anderem fand er Ruliesporen bei folgenden Formen: a) W interfovnion 1') Hoibstformen Ciiaetoceros teres Chaetocer OS contortum constricluni didvmum 11 diadcma 11 laciuiosum n debile curvisetnm n sociale n schüttii 51 simile n Corona tum Rliizoso enia setigera •!■) cinctum Thalassiosir iNordenski(")l( ' 11 seiracanthum. 11 gravida Auf Grund all dieser Ergebnisse der hydrographischen wie der Planktonstudien gelangte der Verfasser zu fol- die höheren Temperaturen abwärts fortpflanzen, indem gleichzeitig dann die Oberflächensciiichten von ganz ge- ringem specifischen Gewicht, wie z. B. der baltische Strom, verschwinden. Grosse Vermischungsgebiete sind die nor- wegischen Küstenbanken von Statland nordwärts. Die erwähnte warme Welle, die sich nach der Tiefe zu fort- pflanzt, ruft, ebenso wie die Sonnenwärme auf dem Laude und in Binnengewässern im Herbst, grosse Scharen von Organismen ins Leben. Alle periodischen Sommerformen blühen auf, und auf Kosten dieser niedrigstehenden Algen nimmt die Crustaceenfauna gewaltig an Ausdehnung zu. Das Meer längs der Küsten ist dann ausserordentlich reicher an Organismen als irgend ein anderer Theil des Meeres, selbst iu der Lehnn-egion, und in dieser Zeit nähern sich die grossen Züge von Fettheringen den schottischen und skandinavischen Küsten. Die Zunahme des Volumens, welche das Plankton im Herbst 1S95 in Nordland zeigte, war sehr bedeutend. Interessant ist es, im Vergleich hiermit die vorstehenden Figuren zu betrachten, von denen Fig. 13 zeigt, wie die Planktonmenge im Sommer in den süssen Gewässern zu- ninnnt, während Fig. 14 die Teinperaturverhältnisse wäh- rend der verschiedenen Jahreszeiten veranschaulicht. Man sieht auch hier, dass die Sommerwärme ein Leben zu schaffen vermai;-, das scheinbar im Winter versehwindet. XII. Nr. 4."). Natunvi.sscuschaftlicbe Wochcuschrift. .03.0 SZ/U>t: '-^•^•■".f e-^t IdL r- l^tf.. W-ia/i-k^iS^ _. tische Formen, die seit der Eiszeit zu- rückgeblieben sind. Während die Fauna au den Mündungen der norwegischen Fjor- de nach dem offe- nen Meere zu rein südlich ist, ist sie in den Tiefen der inneren Fjorde arktisch. Im Vorgehenden ist nach- gewiesen, dass auch die physikalischen Ver- hältnisse sowie das Plankton hier arktisch sind. Diese Thatsachen erbringen daher einen neuen Beweis für ilie Abhängigkeit der Or- ganismen von den äusseren Verhältnis- sen. Wo arktische arktische Formen, und Formen. Wenn die Or- ganismen auch län- ger als ein halbes Jahr als Ruhesj)o- ren auf dem Grunde liegen müssen, so vermögen sie sich doch diesen Ver- hältnissen anzu- passen, um die kürzere Zeit aus- nützen zu können, wo die äusseren Verhältnisse ihnen zu vegetiren statten. Die liehen Formen ver- suchen so nach dem Norden vorzudrin- gen, die nördlichen nach dem Süden. Fig. 15 zeigt die Verbreitung der Mollusken des Mit- telmeeres nach Norden zu. Wie man sieht, nimmt die Zahl der Ar- ten nach dem Norden zu allmäh- lich ab. Ursprüng- lich sind sie süd- liehen Verhältnis- des Nordens aus- Kampf auf mit Süd- Sommer sie den schlagen in ihrer Verbrei- 536 NaturwissciischaCtliclie Wochenschrift. XII. Nr. 45. tung die Mollusken ein, deren Heimath Grönland und die Polarinseln sind*). (Fi^;\ 16.) Ebenso wie die arktischen Arten in den norwegischen Fjorden wohl einmal unter rein arktiscjien Verhältnissen gelebt haben (Eiszeit), und seitdem geblieben sind, weil die Verhältnisse nie ganz aufhörten, arktisch zu sein, jedenfalls nicht während einer bestimmten Zeit des Jahres, so ist dies wohl auch mit den Ruhesporeu bildenden Dia- tomaceen der Fall, obgleich man hier in seinen Schlüssen sehr vorsichtig sein muss, wenn man aus Murray's Ar- beiten erfährt, dass an beiden Polen dieselben Arten ge- *) Nach des Verfassers Anschauung spricht auch die Ver- breitung der Molkisken dagegen, dass die Quölle des norwegischen kalten Wassers an der Küste im Winter im Statmeere liegen aolle. Je weiter nordwärts, desto kälter ist das Wasser. funden werden, selbst von Formen, bezüglich deren man sich schwerlich vorstellen kann, dass sie jemals in geo- graphischer Verbindung mit einander gestanden haben, wie die Fucusarten, die in den arktischen und den ant- arktischen Meeren dieselben sind. In Obigem ist eine Zusammenstellung dessen ge- geben, was auf Grund der nordisclien Forschungen bisher gefunden worden ist, und durch eine systematische Unter- suchung der jährlichen Veräudprungcn im nordischen Meere wird man zu einer gründlichen Kcnutniss der Gesetzmässigkeit gelangen können, die in den Wand- lungen waltet, welche die einzelnen Jahre aufweisen, und die zum Verständniss des scheinbar Launenhaften in den Wanderungen der Fische von so hervoriagendcr Be- deutung ist. Ueber die Aussichten der Andree'scheii Ballon- Expedition äussert sich Otto Baschiu in den „Ver- handlungen der Gesellschaft für Erdkunde". Was zunächst die wahrscheinliche Fahrtdauer anbetrifft, so meint Baschin unter genauer Darlegung und Berechnung aller begleitenden Umstände, dass auch im günstigsten Fall die errechnete Dauer von 20 — 30 Tagen nicht hätte er- reicht werden können nnd dass die Fahrt schwerlich länger als eine Woche sich ausgedehnt haben wird. Unter Beibehaltung der Anfangsrichtung Nord-Nord-Ost und der ungefähren Anfangsgeschwindigkeit würde der Ballon in etwa 4^4 Tagen die Nordküste Sibiriens in der Gegend der Tschaun-Bucht erreicht haben. Jede Ab- weichung von dieser Bahn nach rechts würde die Aus- sichten der Fahrt bedeutend verbessern, jede Abweichung nach links sie dagegen erheblieh verschlechtern, zumal da auch eine Rückkehr von der arktischen Küste Nord- amerikas unvergleichlich schwieriger ist als von der sibirischen Küste. Doch ist es zwecklos die zahllosen Möglichkeiten, welche die Fahrt beeinflussen können, zu diskutiren. Selbst aber wenn Andree gezwungen worden wäre, mitten im Polareis zu landen, brauchte man ihn keines- wegs verloren zu geben, da er mit dieser Möglichkeit ge- rechnet hat und, dem Beispiel Nansen's folgend, alsdann versuchen würde, Spitzbergen oder Franz Josefs-Land zu Fuss zu erreichen. Baschin betont ausdrücklich, dass auch im günstigsten Fall, wenn Andree's Ballon nämlich in Sibirien landete, Monate vergehen können, ehe der kühne Lnftschitfer be- wohnte Gegenden eri-eicht, „sodass das bisherige Aus- bleiben von Nachrichten noch nicht zu Befürchtungen Anlass geben kann." Aber auch falls der nächste Sommer, ja das ganze Jahr 1898 verstreichen sollte, ohne dass man über Andree's Schicksal Aufklärung erhält, so braucht man ihn durchaus noch nicht verloren zu geben. Vielmehr darf man bei Andree's grosser Erfahrung und Umsicht auch dann noch hoffen, dass das grossartige Unternehmen zum glücklichen Abschluss gedeihen wird. H. Zur Erforschung der Maul- und Klauenseuche, welche bekanntlich alljährlich der Landwirthschaft einen nach Millionen zählenden Schaden zufügt, ist Anfang dieses Jahres von Seiten des Cultusministeriums eine Com- mission bei dem Institut für Infectionskrankheiten in Berlin bestellt worden, welcher Prof. Dr. Loeffler aus Greifs- wald als Leiter und Prof. Dr. l-'rosch vom Institut für Infectionskrankheiten als Mitglieder angehörten. Die Com- mission ist auf Grund eingehender, an umfangreichem Thiermateriale angestellter Versuche zu einem Ergebniss gelaugt, welches eine wirksame Bekämpfung der Seuche mit Hülfe von Schutzimpfungen in Aussicht stellt. Die i;enannten Forscher haben einen summarischen Be- richt über die Ergebnisse der Untersuchungen der Commission zur Erforschung der Maul- und Klauenseuche veröffentlicht (Deutsche mediciuische Wochenschrift 1897, No. 39), aus welchem wir Folgendes entnehmen. Die bisherigen Funde von Bacterien als Erreger der Krankheit haben sich als accidentelle erwiesen. Der Sig el- Busse ni US 'sehe Bacillus ist ein pathogener, schwere Darmerscheinungen bei jungen Kälbern erzeu- gender Organismus, jedoch nicht der Erreger der Maul- und Klauenseuche. Die Krankheit lässt sich in typischer Weise mit bacteriell steriler Lj^mphe hervorrufen; in der- selben sind verschiedene morphotische P^lementc vorhanden. Der Beweis, dass unter denselben protozoischc, als Er- reger anzusehende Gebilde vorhanden seien, hat sieh bis- her nicht erbringen lassen. Als besonders empfänglich sind auch experimentell Rinder und Schweine erwiesen. Es Hessen sich künstlich nicht inficiren: Schafe, Ziegen, Hunde, Kaninehen, Meer- schweinchen, Haus- und Feldmäuse, sowie (ieflügel. Der sicherste Infectionsmodus ist die Injection der aus den Blasen entnommenen Lymphe in die Blutbahn. Auch durch Injection der Lymphe in die Bauchhr)hle und in die Musculatur, sowie durch Einreiben derselben in die durch Stichelungeu verletzte Maulschleimhaut lässt sich die Infection ziemlich sicher bewirken. Subcutane und cutane Impfungen sind unsicher. Bei intravenös in- ficirten Thieren treten nach 1 bis 3 Tagen, je nach Menge und Virulenz der Lymphe, unter Fieberersclieiuungen die Blasen zuerst im Maule und bei Milchkühen an den Eutern auf, 1 bis 2 Tage später erst die Blasen an den Klauen. Die Blasen an den Eutern und an den Klauen entstehen somit durch das im Blut kreisende Virus und nicht durch direkte Infection von der Haut aus. Mit dem Auftreten der Blasen versehwindet das Virus aus der Blutbahn. Es genügt zur Injection Vöooo ccm frischer Lymphe, kleinere Mengen bis zu V20 000 ccm sind unsicher in der Wirkung, noch kleinere sind unwii-ksam. Es ist als sicher erwiesen, dass die Krankheit bei der überwiegenden Mehrzahl der durchseuchten Thiere 2 bis 3 W^ochen nach der Erkrankung Imnninität hervor- ruft. Es giebt Thiere, welche von Natur immun sind, und anderentheils solche, welche sich hochempfänglieh zeigen. Letztere erwerben erst bei einem zweiten Ueber- stehen der Krankheit Immunität. Im Blute der innnun ge- wordenen Thiere sind Stoffe vorhanden, welche, mit frischer Lymphe gemischt, diese bei Injection des Gemisches in den Körper empfänglicher Thiere unwirksam machen. XII. Nr. 45, Naturwissenschat'tlicLc Wochenschrift. mi Kinder und Scinveinc können iv (inst lieh imniunisirt werden und zwiir diircli Injection von Lymphe, welche bis zur Aufhebung ihrer Infeetionstiichtigkeit erwärmt worden ist, sowie auch durch Injection von Lymplie - Immunblut- g-emisehen. Bereits durch eine einzige Injection wird die überwiegende Mehrzahl der Thiere immun. Das Nähere über die in der Praxis am besten zu verwendende Me- thode der Schutzimpfung werden die Verf. später niit- theilen. Mz. Bei den Plattfischen liegen bekanntlich die Augen ursprünglich symmetrisch wie bei allen anderen Wirbel- thieren. Erst wenn der junge Fisch seine freischwimmende Lebensweise aufgiebt, und sich immer mit der einen, meistens der rechten, Seite auf dem Boden aufhält, wandert das rechte Auge allmählich hinüber auf die linke Seite. Bei Pleuronectes, Pseudorliombus u. s. w. geschieht dies, indem einfach das Auge über die Dorsal- Seite des Kopfes hinüberwandert, bevor die Rückenflosse bis ans Vorderende des Körpers gewachsen ist. Bei Plagusia und Arnoglossns findet Letzteres jedoch zuerst statt, und das Auge hat den Basalttheil der Rückenflosse zu durchdringen, wobei es vorUbei'gebend gänzlich in ihm verschwindet. Eine neue Augenliohle bildet sich während der Wandeiung für das zu erwartende Auge, die alte verschwindet erst nach ihr, so dass kurze Zeit drei Augenhöhlen vorhanden sind. — Eine zwischen beiden Formen der Wanderung vermittelnde Art konnte T. Nishikawa an einem jungen, wahrscheinlich mit Plagusia verwandten Plattfische beobachten (Annot. zool. Japon. Vol. 1 Pt. 3). Die Rückenflosse hatte sich schon nach vorne verlängert und dicht vor den Kopf gelegt. Zwischen ihr und diesem, gerade über den Augen, war jedoch ein Loch geblieben, durch das das Auge hiudurchwanderte. Erst dann verwuchsen Kopf und Flosse und das Loch schloss sich. Es bildete sich keine neue Augenhöhle und auch die alte atrophirte nicht, sondern wanderte mit dem Auge, wie bei den meisten Plattfischen. Reh. Die Sage von der Ueber Winterung der Schwalben behandelt Xavier Raspail aus Gouvieux im „Bulletin de la Soc. nat. d'acclimatation de Fiance" 1897, Juni- hef't. Schon Aristoteles erzählt, dass die Schwalben während der kalten Jahreszeit in einen lethargischen Zu- stand fielen, einen Winterschlaf hielten. Ol aus Magnus weiss, dass sie im AV'inter auf dem Grunde der Gewässer ruhten, (v. Hövel schreibt in „Neuwer Wunderbarlieher Thiergarten", Frankfurt a. M. 1601. II. S. 341: „Man er- fähret es an den Schwalben wie ingleichen an den Fröschen, dass sie den Winter vber in holen Vferen defs Wassers für Todt liegen vnd kommen dannoch anff dem Frühling wideruvnb Lebendig herfür." Zus. d. Ref.). Noch 1855 sagt Le Macut in seiner „Histoire naturelle des Oiseaux", dass manche Schwalben im Herbst nicht auswanderten, sondern auch während des Winters in den nördlichen Ländern blieben, indem sie sich in Lücher verkröchen, wo sie in einen dem Wintcrschlafe der Säuge- thiere ähnlichen Zustand fielen. Eine Beobachtung ist in dieser Richtung gemaciit worden, die wohl zu dem Glauben an die Hibernation der Seiiwalben führen konnte. Der französische Naturforscher Aehard de Prevy-Garden reiste am Ende des Winters 1761 den Rhein entlang und sah am Ufer Kinder, welche mittelst Stricken Schwall)en aus den Uferlöchern holten; dieselben waren ganz er- starrt und ohne jede Bewegung; als aber Achard eine derselben in seinem Busen erwärmte, wurde sie nach einer halben Stunde wach und flog davon. Achard berichtet ausdrücklich, dass er die Beobachtung am Ende des Winters gemacht hat; da liegt denn die Vcrniuthnng nahe, dass er Schwalben gesehen hat, die schon zurück- gekehrt waren und nun vor Kälte und Hunger sieh in Löcher verkrochen, um daselbst zu sterben. Nach Ras- pail kann die Schwalbe zwar eine gewisse Kälte er- tragen, nicht aber den Hunger; sie ist in dieser Be- ziehung der empfindlichste Vogel und vermag wohl nicht länger als 12 Stunden ohne Nahrung zu leben, wohl ver- standen am Tage, denn während der Nacht verlangsamt der Schlaf bei allen Thieren die Functionen des Organis- mus. Ferner würde bei der Schwalbe während des Winterschlafes eine zu grosse Verminderung der Körper- temperatur eintreten und sie so umkommen müssen, denn in Folge der fortwährenden Muskelanstrenguugeu beim Fluge kann sich in ihren Geweben kein Fett bilden, das wie bei den Wintersciilaf haltenden Säugethieren während des Schlafes langsam verbrennen könnte. Endlich ist nicht einzusehen, weshalb die grosse Masse der Schwalbcu auswandern und nur ein kleiner Theil von ihnen da- bleiben sollte. — Allerdings sind schon mehrere Fälle constatiit worden, dass eine Schwalbe auch während des Winters in kalten Ländern blieb. Sie war vielleicht durch irgend eine Schwäche den Anstrengungen der weiten Reise nicht gewachsen und blieb darum zurück, aber nicht in einem Schlupfwinkel, sondern in einem Vieh- stall, wo sie die nöthige Wärme und Nahrung (Spinneu, Fliegen) auch im Winter finden konnte. S. Seh. Die Einwirkung der Röntgenstiahlen auf das Protoplasma behandelt eine Arbeit von G. Lopriore: Azione dei raggi X sul protoplasma della cellula vegetale vivente. (Nuovi Rassegna. Catania 1897.) — Verf. be- obachtete, dass die Protoplasmaströmung in den Blatt- zcllen von Vallisneria spiralis unter der Wirkung der X-Strahlen erheblich beschleunigt wird. Die Strahlen wirkten etwa eine halbe Stunde ein; nach Ablauf dieser Zeit wurden die Schnitte beiseite gelegt und nach unge- fähr einer Stunde hatte die Strömung wieder ihre normale Geschwindigkeit erreicht. Wenn die Objecte länger als eine Stunde der AVirkung der X-Strahlen ausgesetzt wurden, so litt die Zelle Schaden. Das Plasma strömte weiter, aber es wurde gelb und von Vakuolen und Körnchen durchsetzt. Auch nach 2 stündiger Exposition wurde die Plasmaströmung nicht sislirt. Die Clorophyllkörner ver- blassten bei mehr als einstündiger Wirkungsdauer. Auch auf die Keimung der Policnkörncr macht sich der Einfluss der RöntgenstVahlen geltend. Als Versuchs- object diente der Blüthenstault von Genista und Dar- lingtonia coronillaefolia. Der Pollen der erstgenannten Pflanze keimt nicht in Flüssigkeiten, sondern nur in dampfgesättigter Luft, während der von Darlingtonia sowohl in Zuckerlösungen als in feuchter Luft keimt. Die Keimung unterbleibt durchaus, wenn die X-Strahlen wirken; entzieht man sie dem Einfluss derselben, so keimen sie sofort, weil sie inzwischen genügend Zeit hatten, sich mit Wasser vollzusaugen. Die Keimung erfolgt dann, wie leicht einzusehen, schneller als bei Controllexemplaren, welche jetzt erst zur Keimung in die feuchte Luft oder die Flüssigkeit gethan wurden. Untersuchungen „Ueber die Zersetzung von Fibrin durch Streptococcen" hat 0. Emmcriing angestellt und die gewonnenen Resultate in der Ber. Deutsch. Cheni. Ges. 30, 1863 mitgetheilt. — Verfasser bediente sich bei seinen Versuchen einer Reincultur des äusserst virulenten Streptoceus lougus Petruschki; das nöthige Fibrin wurde aus dem Blut frisch geschlachteter Schweine dargestellt, 538 Naturwisscnschiiftliclio Wocbcuschrift. XU. Nr. 45 mit verdüuuter Sodalösuiig und Wasser gewaschen, bis die Farbe des Präparates schwach röthlich war; dann wurden 4 kg feuchtes Fibrin mit 3 Ltr. Wasser zweci^s voU- stiindigcr Sterilisation vier Tage hindurcli auf 100" erwärmt. Nunmehr wurde der Fiaschcninhalt mit den Mikroben geimpft, die Luft in der Flasche durch Wasserstoff ver- drängt und letztere im Thermostaten einer Temperatur von 40" ausgesetzt. Nach Abiauf von 3 Wochen war das Fibrin verschwunden, ohne dass bedeutende Gas- eutwickelung bemerkbar war, und die Flasche von einer trüben Flüssigkeit erfüllt, die schwach alkalisch reagirte und käseartigen Geruch besass. Dis Filtration durch ein Pukalltilter, die vier Tage in Ans])ruch nahm, lieferte 4 Ltr. klare, durchaus bacterienfreie Flüssigkeit, die beim Kochen vollständig klar blieb und starke Biuretreaction zeigte; Zusatz von Zinkchlorid bewirkte Trübung, Queck- silberchlorid gab einen starken, äusserst voluminösen Nie- derschlag, der grösstentheils in heissem Wasser löslich war. Ein Meerschweinchen, Frosch und Maus reagirten nicht auf subcutane Eins|)ritzung. Zur Isolirung der verschiedenen Zersetzungsproducte des Fibrins wurde die Flüssigkeit im Vakuum bei einer Temperatur, die 40*^ nicht überstieg, eingedampft; die Flüssigkeit nimmt hierbei allmälilich saure Reaction an, während das übergehende Destillat alkalisch leagirt. Der Rückstand, der schliesslich "iäU gr betrug, schied in der Kälte nach mehreren Tagen kugelförmige Aggregate ab, die der fractionirten Krystallisation, unterworfen wurden. Die erste Krystallisation, die 0,63 gr Ausbeute lieferte, bestand aus feinen Nadeln, die bei 255" schmolzen; Elementaranalyse und verschiedene Identitätsreactionen erwiesen, dass Tyrosin C<,H,iN()4 vorlag. Die zweite Krystallisation, die äusserst gering war — sie betrug nur 0,09 gr, — bestand den äusseren Eigenschaften nach aus Leuciu. Die ursprüngliche Lösung, aus der die beiden Amido- säuren krystallisirt waren, wurde nun mit Schwefelsäure vcisetzt und mit Aether erschöpft. Nach dem Verdunsten des Aethcrs hinterblieben 29 gr übelriechender Säuren. Man ncutralisirt hierauf mit Soda, versetzt mit basischem Bleiaeetat und zerlegt den entstandenen Niederschlag mit Schwefelwasserstoff; verdampft man jetzt die Losung, so erhält man 0,36 gr Bernsteinsäure. Das Filtrat vom Blciniederschlag wird abermals mit Schwefelsäure angesäuert, mit Aether extrahirt und die ätherische Lösung verdam])ft. Fractionirte Destillation des Rückstandes und üeberführeu der einzelneu Fractionen in die Baryum- und Silbersalze ermöglichen schliesslich eine genaue Trennung des Gemisches. Als wesenthche Bestandtheile seien vornehmlich Buttersäure, dann Essig-, Propi(m- und Capronsäure genannt. Die von Fettsäuren befreite, schwefelsaure Lösung wird mittels Baryumchhirid von Schwefelsäure befreit und im Vakuum eingedampft. Der resultircnde Syrup liefert beim Versetzen mit Alkohol eine zähe Masse, die aus Leim, l'eptonen und anorganischen Salzen besteht. Die alkoholische Lösung giebt auf Zusatz von alkoholischem Bleiaeetat einen Niederschlag von Bernsteiusäure und Bleichlorid. Behandelt man das Filtrat des Bleiniederschlags mit SchwefelwasserstoflF und alkoholischem Quecksilberchlorid, so entsteht ein Niederschlag, der aus Aminen und Ver- bindungen von Eiweisskörpern nnt Quecksilljcrchlorid zu- sammengesetzt ist. Nach Entfernung des (ijuecksilbers mit Schwefelwasser- stoff' und Einengen des Filtrates wurde die Lösung mit absolutem Alkohol versetzt; es entstand ein Niederschlag von Salmiak, der durch Zusatz von Platinclilorid noch vermehrt werden konnte. Scheidet man jetzt das über- schüssige Platin durch Schwefelwasserstoft' aus der Lösung ab und versetzt mit Goldchlorid, so entsteht ein schön krystallinischer Niederschlag von Trimethylamingoldchhirid. Nunmehr wurde die nach der Behandlung mit ba- sischem Bleiaeetat und Quecksilberchlorid restircnde Mut- terlauge ebenfalls einer Untersuchung unterworfen. Ver- fasser entfernte zunächst durch Schwefelwasserstoff das Quecksilberchlorid, engte das Filtrat ein und extrahirte mit Alkohol. Beim Verdunsten des Alkohols hinterblieb eine syrupdicke Flüssigkeit, von schwach pyridinartigem Geruch, die keinerlei Neigung zur Krystallisation besass; dagegen gelang es Emmerling krystallinische Verbindungen der Base mit Platinchlorid und Pikrinsäure beizustellen, die auf Grund gewonnener elementaranalytischer Daten die Base scharf als Collidin charakterisirten. Welches der bekannten Oollidine vorlag, konnte wegen der geringen Menge au Substanz nicht entschieden werden, obgleich es nicht an Anhaltspunkten fehlte. Es blieb jetzt nur noch das Destillat der ursprünglichen Flüssigkeit zu untersuchen; es bestand aus viel Ammoniak, neben Trimethyl- und Methylamin. — Die an anderer Stelle erwähnten, durch Alkohol ab- geschiedenen, ])eptonartigen Substanzen benutzte Verfasser nach voraufgegangener Reinigung noch zu einem Tliier- versuch, da von anderen Autoren häufig Giftigkeit solcher Körper betont worden war. Ein Meerschweinchen, dem subcutan 2 ccra einer Va proeentigen wässrigen Lösung eingespritzt waren, starb zwar naqh 6 Tagen, zeigte indessen bei der Section keine Pyämie, eitrige Heerde waren in den Organen nicht zu constatiren. — Eunnerling weist am Schlüsse seiner Arbeit darauf hin, dass es nicht möglich ist, nach den gebräuchlichen Methoden, die bei eitrigen Processen gebildeten, giftigen StoftVecbselproducte zu isoliren. Seiner Meinung nach ist vielleicht nur der lebende Organismus im Stande, den betreffenden Mikroorganismen das im Innern der Zelle festgehaltene Gift zu entziehen; nicht ausgeschlossen bleibt es allerdings, dass die Anfangs erwähnten vorbe- reitenden Operationen einen richtenden Einliuss auf die Spaltung der der Zersetzung unterworfenen Körper aus üben. Dr. A. Sp. Der Streit um die Entstehung der Koralleuiuselu -- lesen wir im „Globus" (Braunschweig 1897, S. 260) — scheint seinem Ende nahe zu sein und im Sinne der Dar- win'schen Erklärung entschieden zu werden. Er stellte nach seiner berühmten Reise um die Erde die Theorie auf, dass die Korallen sich zunächst an seichten Stellen an- siedeln; während dann der Boden sich unter ihnen senkt, werden die neuen Generationen gezwungen, um im warmen und klaren Wasser zu bleiben, auf den oberen Rändern des Korallenritfes weiter zu bauen. Durch weitere Senkung entstanden dann die verschiedenen Arten von Koralleninsehi, die wir als Saumriffe, Barriererilfc und Atolle unterscheiden. Darwiu's Theorie hat in neuerer Zeit verschiedene Gegner gefunden, welche an die Stelle der Senkung andere Erklärungen setzen, so Dana, Scmper, Rein u. a. Um durch Bohrversuche der Sache auf den Grund zu gehen, wurde im verflossenen Jahre die Sollas'sclie Ex- pedition nach der Sfldseeinsel Funafufi ausgesendet, die aber ohne ausschlaggebendes Ergebniss blieb. In Folge dessen wurde unter der Leitung der australischen geo- grai)liiselRn Gesellschaft am 3. Juni von Sydney aus abermals eine Bohrexpedition, geführt von Prof David, nach dem Korallenatoll Funafuti (Ellice-Gruppc) gesendet, welcher erfahrene Ingenieure und Bohrmeister und ein ganz vorzüglicher Bohrapparat mitgegeben wurde, der für eine Tiefe von 1000 Fuss ausreichte. Nach einem XII. Nr. 45. Naturwissenschaftlicüe Wocheuschrift. .'')39 I Telegramm aus Melbourne vom 3. Octobcr ist die Expe- dition völliff von Erfolff begleitet ü-eweson und hat die Darwin'soiie Theorie der Bildung der Korallcninseln bestätigt gefunden. Der Diamantbohrer ging 557 Kuss(170 m) im Korallenfels nieder, ohne eine Grundlage ausanderem Ge- stein zu erreichen. L i 1 1 e r a t u r. Benjamin Kidd, Sociale Evolution. Aus dem Englischen üboi- si'tzt von E. Pfleiilerr-r. Mit einem Vorwort des Herrn Prof. Dr. August VV eismann in Ereiburg i. Br. Autori.sirte Ueber- setzung. Gustav Fisclier. Jena 1895. — Preis 5 Mk. . _ Nach Weismanu's Worten entliält das Bucli den Versuch, die Entwiekelung der menschlichen Gesellschaft auf dieselben Prin- cipieu zurückzuführen, welche nach der Ansiclit der heutigen Bio- logen die Entwiekelung der Lebensformen selbst geleitet iiat. Kidd kommt zu der Ansicht, dass das Mittel, welches im so- cialen Kampf den Ausscldag giebt und durch Uebcrlohen des Passendsten den gesellschaftlichen Fortschritt liewirkt, nicht in erster Linie die Intelligenz ist, sondern dass die Religion allein im Stande ist, die Unterordnung des individuellen Interesses unter das sociale zu bewirken. Mag dem sein, wie ihm wolle: lesenswertli ist das Bucli Inder Tliat für den Biologen. Dr. Rudolf Eisler, Einführung in die Philosophie. Eine Ueber- siclit der Orundprobleme der Pliilosoplde uml ihrer wichtigsten Lösungsversuche. (Wissenschaftliche Volksbibiiothek No. 53 bis 55). Siegbort Sohuurpfeil in Leipzig (ohne Jahreszahl). — Preis 0,60 M] Verf hat es verstanden, in nuce eine Einführung in die Philo- sophie zu liefern. Wenn wir sie z. B. mit dem „Katechismus der Philosophie" (J. J. Weber in Leipzig, 2. Auflage 1881) des trefflichen J. H. v. Kirchmann vergleichen, müssen wir die letzt- genannte Schrift für die dem Laien bei weitem leichter verständ- lichere halten, aber es ist zu berücksichtigen, dass dieser Autor auch mehr Platz zur Verfügung hatte, und Eislor bei der Be- mühung nicht vollständig an der Oberfläche des Gegenstandes zu bleiben an die Denkkraft grössere Anforderungen stellen musste. Wer langsam und ruhig die Sätze überdenkend durch Ver- mittelung der Eisler'sclien kleinen Schrift, getrieben durch das aufrichtige Streben nach Erkenntniss des Alpha und Omega der Welt in ilen Gegenstand hineinzukommen trachtet, der wird auch dann, wenn er noch nichts Wesentliches von dem Inhalt dessen weiss, was die Philosophie treibt, diese .Schrift mit Vortlieil be- nutzen. Die Methoden in die Philosophie einzuführen sind bei Kirchniann u. a. (Paulsen u. s. w.) einerseits und Eisler anderer- seits ganz verschiedene. Erstere bringen ein System der Philo- sophie, natürlich dasjenige, wie es sich in ihren Köpfen gestaltet hat, der letztgenannte Autor hingegen geht zwar auch systema- tisch vor, bringt jedoch in aller Kürze, und wir müssen sagen durchaus geschickt, die Lösungen, wie sie die bedeutenden bekanntesten Philosphen seit dem Alterthurn geboten haben, ohne dass er aber auf kritische Bemerkungen, also auf die Vorführung- eigener Ansicliten verzichtet. Wenn Recouscnt die Bemerkung macht, dass E. hier und da einen Philosoplien nicht ganz verstanden hat (so R. Avenarius), so soll damit nicht im Entferntesten irgendwie ein Vorwurf gemacht werden: es ist eben oft sehr schwierig und erfordert unglaubliche Zeit, sicli in um- fangreiche Systeme einzu:irbeiten; sagtdoch Verf. bescheiden selbst, dasser von der Mangelhaftigkeit seines uns so verdienstbch er- scheinenden Büchleins am meisten überzeugt sei. Recensent hat das Büchlein jedenfalls gern gelesen. P. Joh. Rehmke, Prof. Dr., Die Bildung der Gegenwart und die Philosophie. Engen Salzer in Heilbronn. ISDG. — Preis 0,80 iMk. Das lesonswortho Scliriftchen ist ein Separat-Abzug aus den Sonntags-Beilagen iler Vossischen Zeitung (Berlin); es ist wohl geeignet, der wohl nicht nur beim grossen Publikum, sondern auch in naturwissenschaftlichen Kreisen übertriebenen Abneigung vor einer Kenntnissnahme der Arbeiten des Fachphilosophen zu steuern. „Pliilosophieren ist bloss phantasieren, zweitens hat sie es bloss mit Abstraktem zu thun, und drittens ist sie bloss will- kürliches Grübeln": diese Meinungen, die verbreitet sind, sucht Verf. zu brechen. Referent musä sagen, dass ihm beim Lesen des gut geschriebenen Aufsatzes der eine Gedanke ganz besonders ins Bewusstsein getreten ist: wenn die Naturforscher spöttelnd so sehr nachdrückli(di und unverdrossen, um die Berechtigung ilu'er Vernachlässigung der Pliilosoj)hio zu begründen, hervorheben, dass die letztere doch in der langen Zeit ihrer Entwiekelung so lange nichts wesentlich Haltbares hervorgebracht habe, dass dann diese Naturforscher entweder die Geschichte ihrer eigenen Wissen- schaft nicht genügend kennen, oder aber leichtvveg die Thatsachen, die diese lehrt, einfach einmal ausser Acht lassen. Merkwürdig genug muss die eigentlich triviale Selbstverständlichkeit doch aus- drücklich gesagt sein, dass es nämlich um die Fortschritte der Naturwissenschaften noch weit besser bestellt wäre, wenn die Pfleger derselben die elementaren Grundlagen der Philosophie besser kennen würden. Findet man doch in naturwissenschaft- lichen Schriften die ärgsten Verstösse gegen Wahrheiten, die erst' die Philosophie in klares Licht gerückt hat. P. Erich Wasmann, S. J., Instinct und Intelligenz im Thii^rreich. Ein kritischer Beitrag zur modernen Thierpsychologie. Herdersche Verlagsbuchhandlung. Freibnrg im Breisgau 1897. — Preis 1,30 M. Verfasser, dessen Streben wir erst kürzlich („Naturw. Wochen- schrift" XII, S. 419) anzudeuten Gelegenheit hatten, möchte vor Allem die „Kluft" zwischen Tliier und Mensch nachweisen. Sein ganzes Streben muss gemäss seiner Ansichten und seiner Lebens- stellung daraufgerichtet sein, die Unterschiede zu finden und zu betonen. Dabei werden diese freilich, unserer Erfahrung widersprechend, künstlich gesteigert, wenn auch, wie wir aus- drücklich annehmen müssen, ohne bestimmte Absicht des Ver- fassers. Die Beziehungen, A ehnlich ke iten und Ueberein- stinimungen, die den philosophischen Naturforscher behufs Er- reichung einer einheitlichen Welt-Anschauung am meisten intor- essiren, kommen naturgemäss dabei ganz schlecht weg. Die beiden, so heterogenen Bestrebungen seh Messen eine Verständigung ganz und gar aus, so dass wir es für müssig halten würden, eine Kritik an der „Kritik" des kenutnlssreichen Herrn Verfasser zu üben. Prof. Dr. Fritz Regel, Thüringen. Ein landeskundlicher Grund- riss. Mit einer I'rofiltafel und 61 Abbildungen. Gustav Fischer in Jena 1897. — Preis 4,50 M. Es war namentlich aus Lehrerk reisen eine kürzere, gedräng- tere Zusammenfassung aus dem sehr umfangreichen, erschöpfenden Werk des Verf. (vergl. „Naturw. Wochenschr." X 1895 S. 172 und 268) gewünscht worden, aber auch jeder Tourist und derjenige, der, sich erhohingshalber im lieblichen Thüringerland aufhiilt, nicht minder der Gelehrte, der eine bündige Auskunft wünscht, wird den vorliegenden Auszug, der ein abgerundetes Gosammtbild Thüringens bietet, mit Freuden begrUssen. Nur wo wichtige neue, im Handbuch noch nicht berücksichtigte Arbeiten in Beti'aclit kommen, sind dieselben im vorliegenden Auszug angeführt, sonst fehlen Belege und Litteraturnachweise ganz, die ja das Handbuch so gewissenhaft und ausführlich bringt. Ein genaues geographisches und ein Sachregister erhöhen die Benutzbarkeit des billigen Buches ausserordentlich. Vierteljahrsschrift für wissenschaftliche Philosophie ge- gründet von Richard Avenarius, in Vorbindung mit Ernst Mach und Alois Riehl, herausgegeben von Fr. Carstanjen und 0. Krebs. 21. Jahrgang. Verlag von O. R. Reisland in Leijizig. 1897. — Der soeben abgeschlossene Band bringt, abgesehen von Selbstanzeigen, Besprechungen u. s. w. die folgenden Original- Aufsätze: R. Wähle: Die Ethik Wundt's. — 0. Krebs: Der Wissenschaftsbegriff bei H. Lotzo. — R. Willy: Die Krisis in der Psychologie. — R. Willy: Was lelirt uns der Psycliologen- congress zu München? — AI. Riehl: Bemerkungen zu dem Pro- blem der Form in der Dichtkunst. — W. Jerusalem: Lieber psychologisclie und logische Urtheilstheorion. — R. v. Schubert- Soldern: Ueber die analytische Methode und die Selbstständig- keit der Philosojibie. — J. Kodis: Der Emptindungsbegriff. — G. Uphues: Das Bewusstsein der Transcendenz. — H. Schwarz: Erkenntnisstheoretisches aus der Religionsphilosophie Tbiele's. Berendt, Geh. Bergr. Landesgeol. Prof. Dr. G., Der tiefere Unter- grund Berlins. Berlin. — 4 Mark. Albert, Hofr. Prof. Dr. E., Lehrbuch der speciellen Chirurgie. 5- Auflage. 2. (Scbluss-) Band. Wien. — 14 Mark. Dürigen, Bruno, Fremdländische Zierfischo. 2. Auflage. Mag- deburg. — 5,25 Mark. llllialt: Dr. J oll an Hj ort, Untersuchungen über die Organismen und Stromverhältnisse im norwegischen Nordmeere. (Scbluss.) — Die Aussichten der Andreeschen B.illon-E.\)iedition. — Maul- und Klauenseuche. — Plattflsch'e. — Die Sage von der Uebor- winterung der Schwalben. — Die Einwirkung der Röntgenstrahlen auf das Protoplasma. — Ueber die Zersetzung^ von Fibrin durch Streptococcen. — Der Streit um die Entstehung der Koralleninseln. — Litteratur: Benjamin Kidd, Sociale Evolution. — Dr. Rudolf Eislor, Einführung in die Philosophie. — Joh. Rehmke, Prof. Dr., Die Bildung der Gegenwart und die Philosophie. — Erich Wasmann, S. J., Instinct und Intelligenz im Thierreich. — Prof. Dr. Fritz Regel, Thüringen. — Viertoijahrschrift für wissensclrriftliche Pliilosophie. — Liste. 540 Natmwisseuscliaf'tliclie Wocbeuschrit't. XII. Ni. 45. PÄTENTBUREAU airich R. jVlaerz Jnh. C. 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Dümmlers Verlagabuciihandlung, Berlin SW. 12. — Druck: G. Bernstein, Berlin SW. 12. V*->- ci-"" Redaktion: f Dr. H. Potonie. Verlag : Ferd. Dümmlers Verlagsbuchhandlung, Berlin SW. 18, Zimmerstr. 94. XII. Band. Sonntag, den 14. November 1897. Nr. 46. Abonnement: Man abonnirt bei allen Buchhandlungen und Post- ■)[ Inserate : Die vierRespaltene Petitzeüe 40 >^. Grössere ÄufträRe ent- »natalten. wie bei der Expedition. Der Vierteljahrspreis ist M 4.— a|ja sprechenden Rabatt. BeüaRen nach Uebereinkunft. Inseratenannahme BrinKegeld bei der Post 15 4 extra. PostzeitunKsUste Nr. 4954. Jl- bei allen Annoncenbureaux wie bei der Expedition. Abdrnck ist nar mit Tollständiger ((nellenansrabe gestattet. lieber die Abhängigkeit der Nervenreizbarkeit der Völker von terrestrischen und kosmischen Erscheinungen. Von Rudolf Mewes. Da das Piobleiii der Abluingigkeit der Nervcnreiz- liarkeit der V(ilker, d. li. der kriegeriselien nud geistigen Tliätigkeit derselben, von den damit parallel laufenden terrestrischen und kosniisciien Erscliciniing-en nicht nur für den l'hysiker und Phj'siologen hohes Interesse besitzt, sondern aus praktischen Griiuden auch weitere Kreise an- geht, so dürfte sich der Versuch lohnen, diesem Problem in möglichst allgemeinverständlicher, aber doch rein wissen- schaftlicher Weise näher zu treten. Eine unendliche Menge von Kraft durchströmt be- kanntlich in Wellenform mit Blitzesschnelle das Weltall, von einem Stern zum andern in ewigem Wechsel krei- send. Der ewige Träger und Vermittler dieser unend- lichen Energie ist der Aether, ein äusserst dünnes und elastisches Fluidum. Die Kenntniss des Aethers und seiner Gesetze, das glänzendste Resultat der modernen Wissenschaft, haben die Kenntnisse des Menschen über die Kräfte der Natur ausserordentlich erweitert und für Vorgänge, welche bisher unverständlich waren und nur in einem zufälligen Zusammenhang mit einander zu stehen schienen, einfache und lichtvolle Erklärung gebracht. Allein das Bestreben der Spekulation, die Aetherhypothese immer weiter auszudehnen und zu vervollkommnen, birgt etwas Dämonisches in sich: denn sie zwingt den mensch- lichen Geist, bei conscquenter Durchführung dazu, Vor- gänge und Erscheinungen, welche auf den ersten Blick in keinem gesetzlichen Zusammenhange zu stehen scheinen, von der weiten Perspective der ündulationstheorie zu be- trachten und unter dieselben Gesetze zu bringen. Für sämmtliche Zweige der exacten Naturwissenschaft ist dies freilich geglückt, da ja nach dem 2. Tlieile meines Buches: „Die elementare Physik des Aethers" und der Brochure: „Die Bestimmung der Fortpflanzungsgeschwin- digkeit der Sehwerkraftstrahlen" auch die allgemeine Massenanziehung auf die Wirkung der Aetherschwin- gungen zurückzuführen ist. Ausserdem haben die ülicr weite Zeiträume sich erstreckenden Beobachtungen er- gel)en, dass die kosmischen und terrestrischen Aeusse- rungen der Wärme, der Massenanziehung, der Elektricität und des Magnetismus, sowie die klimatischen Vorgänge in denselben auf- und absteigenden Perioden erfolgen. Mit Recht konnte daher Heinrich Hertz seine nach- gelassene Mechanik mit den Worten einleiten: „Es ist die nächste und in gewissem Sinne wichtigste Aufgabe unserer bewussten Naturerkenntniss, dass sie uns befähige, zukünftige Erfahrungen vorauszusetzen, um nach dieser Voraussicht unser gegenwärtiges Handeln einrichten zu können." Wenn dies auch für die engere Naturwissenschaft allgemein als richtig zugegeben wird, so dürfte mau in hochphysikalischen Kreisen doch mit Hohnlächeln und Achselzucken der Behauptung begegnen, dass dieselben Grundgesetze auf unser Denken und Handeln, auf unser geistiges und körperliches Wohl sowie auf die politische und sociale Entwickelung der Menschheit anzuwenden sind. Giebt doch beispielsweise der Director der Berliner Sternwarte, Herr Professor Foerster, die obigen Perioden der Vibrationen des Aethers zu, leugnet aber die damit gleichlaufenden und davon alihängigen Perioden der Nervenreizbarkeit der Völker; denn derselbe verwahrte sich kürzlich mir gegenüber ausdrücklich dagegen. Gleich- wohl hoffe ich durch die nachfolgenden Darlegungen den Grundgedanken beweisen zu können, dass sich die Wellen- theorie bis in die verborgensten Gebiete des Waltens der Natur im menschlichen Organismus verfolgen lässt, denn ebenso wie der Meciianismus der todten Natur, bcthätigt sich auch die Mechanik des menschlichen Geistes und Willens, trotz ihrer scheinbaren Autonomie in ganz gleicher Weise in denselben auf und absteigenden periodischen Schwankungen, sodass die Physiker und Astronomen durchaus keinen Grund haben, über Physiologie und Medizin von oben herab abzuurthcilen. 542 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. XII. Nr. 46. Das menschliche Denken, das auf der Hirnthätigkeit be- ruht, ist eben gerade so wie das Wollen der Ausfluss einer Naturkraft, und diese Vermögen unterliegen sonnt selbst als Kräfte gleich allen anderen Kräften der Natur den all- gemeinsten Gesetzen über die Wirkungsweise der Kräfte. Jegliche Kraft kann ihr Wesen und ihren Charakter nur dadurch offenbaren, dass dieselbe in Wirkung tritt, also eine andere Kraft überwindet. Da nun gerade der Wider- stand, den eine Kraft findet, deren Erkenntniss erst er- möglicht, so dürfte man wohl zu dem Schlüsse berechtigt sein, dass die Natur des Hindernisses für die über- windende Kraft von maassgebender Bedeutung ist. Bei sämmtlichen uns bisher bekannt gewordenen Naturkräften hat die Wissenschaft endgültig nachweisen können, dassthat- sächlich die sich aneinander bethätigenden und messenden Kräfte weniger identisch sind. Es liegt daher gar kein Grund vor, warum das Verhältniss der Dinge zum Denken und AVollen von dieser sonst allgemein anerkannten An- sicht abweichen sollte; man muss daher, solange nicht ge- wichtige Gründe dagegen angeführt werden, eine Wechsel- wirkung zwischen den Dingen einer- und dem Denken uud Wollen andererseits annehmen und die Ansicht hegen, dass die Welt der Dinge und Naturkräfte unser Denken und Wollen gesetzmässig zu beeinflussen und zu bestimmen vermag. Die Richtigkeit dieser Ansicht kann allerdings end- gültig nur durch Beobachtung oder auf experimentellem Wege nachgewiesen werden. Zu diesem Behufe muss also die Abhängigkeit der menschlichen Nervcnthätigkeit von der materiellen Aussenwelt nachgewiesen und der gesetzmässige Zusammenhang zwischen den intellektuellen und moralischen Kräften des Menschen und den mecha- nisch-}ihj\sikalischen Wirkungen der Welt aufgedeckt werden. In dieser Hinsicht ist in einzelnen Gebieten be- reits viel gearbeitet und sind höchst interessante Resultate gefunden worden, wie der glänzende Aufschwung der physiologischen Psychologie in den letzten Jahrzehnten zur Genüge beweist. Ich will hier nur an das Fechner- Weber'sche psychophysische Grundgesetz erinnern, das von mir auf Grund der Undulationstheorie zum Scliluss dieses Abschnittes erklärt wird. Besonders wichtig ist jedoch in dem vorliegenden Falle die bereits oben erwähnte unumstössliche That- sache, dass die menschliche Nerventhätigkeit, das Denken und Wollen, in ganz bedeutendem Maasse von dem Klima des Landes, von der umgel)enden Natur und dem Cha- rakter des Wetters beeinflusst wird. Der geographische und physikalische Charakter eines Landes bestimmt be- kanntlich nicht nur den Typus seiner Flora und Fauna, sondern auch den Charakter und das Wesen seiner Be- wohner. Denn da Klima und Bodenbeschaffenheit im Grossen und Ganzen nicht von der Pflanzen- und Tliier- welt abhängig sind, so müssen eben diese, wenn sie nicht untergehen wollen, den vorhandenen Bedingungen ihres .Standortes oder Wohnsitzes sich anschmiegen. Dieses Anpassungsvermögen, das beim Menschen beispielsweise besonders gross ist, gestattet den einzelnen Thieren und Pflanzen, sich über ihr eigentliches Lebensgebiet hinaus in andere (liegenden zu verbreiten, wobei jedoch gewisse Grenzlinien nicht überschritten werden können. Das Ge- deihen eines Thieres sowohl wie dasjenige des Menschen in einer Gegend ist abhängig von der Temperatur, dem Grade der Feuchtigkeit nnd den Nahrungsverhältnissen; ebenso wie bei den Pflanzen pflegen auch bei ihnen niedrige Mitfeltem|)eraturen Wir die Gesundheit weniger nachtheilig zu sein als gewaltige .Schwankungen der Wärmegrade. Den Einfluss des Klimas erkennt man an den Tliier- uud Pflanzenformen der verschiedenen Zonen recht deut- lich. Die Thierwelt der Tropen und deren Flora besitzt die mannigfaltigsten Formen und meisten Arten, die grösste Beweglichkeit, die lebhaftesten Farben und die schärfsten Gifte, während im Gegensatz dazu, je näher nmn dem Nordpole kommt, die Einförmigkeit der Farben und Arten mit der Abnahme der Beweglichkeit und Bös- artigkeit gleichen Schritt hält. Dasselbe gilt auch vom Menschen; denn der Südländer besitzt ein lebhaftes, hitziges Naturell, während der Nordländer sich durch sein bedächtiges und phlegmatisches Wesen kennzeichnet. Da nach den vorstehenden Auseinandersetzungen der Mensch vom Klima stark beeinflusst wird, so folgt daraus nach dem alten Grundsatze: „Gleiche Ursachen, gleiche Wirkungen", dass die Modifikationen des Klimas, der Temperatur, der Feuchtigkeitsverhälfnisse in der Atmo- sphäre und im Boden nicht nur auf den Kör])er, sondern auch auf den Intellekt und den Willen, auf das Nerveu- sj'stem des Menschen in gewisser Weise einwirken müssen. Freilich lässt nach dem heutigen .Stande der Wissen- schaft für den einzelnen Menschen die Abhängigkeit oder der gesetzliche Zusammenhang seiner Geistesproducte und seiner Willensäusserungcn mit den klimatischen .Schwan- kungen eines Jahres oder noch kleinerer Zeitintervalle sieh noch keineswegs nachweisen; indessen kann man schon jetzt, wie weiter unten geschehen soll, an der Hand der Geschichte der grossen europäischen Culturvölker be- weisen, dass nicht nur die grossen weltbewegenden Thaten eines Volkes, sondern auch die geistigen Errungenschaften desselben, die glänzenden und herrlichen Erfolge, welche seine Dichter, Künstler, Wissenschaftler und Techniker in den einzelnen Epochen gezeitigt haben, in einem eigen- thümlichen und höchst bemerkenswerthen Abhängigkeits- verhältnisse mit den anfangs erwähnten grossen Wetter- perioden stehen, welche nach den wissenschaftlichen Untersuchungen der letzten Decennien von den Flecken- perioden der alles belebenden .Sonne abhängig sind. Unsere Organe können uns, wie ich zur inneren Be- gründung der vorgenannten Thatsache noch bemerken will, nämlich nur durch die Absorption gewisser Wellen- bewegungen, welche von den wirksamen Körpern aus- gesandt werden, über die Vorgänge ausser uns Auf- klärung geben; es muss daher auch die Intensität der Empfindungen zu den sie verursachenden Reizen in der selben gesetzlichen Beziehung stehen wie in der Phj'sik beispielsweise die Temperatur zu dem mit der Zeit sich ändernden Absorptions- und Emissionsvermögen. That- sächlich beherrscht auch dasselbe Gesetz unsere Empfin- dungen und deren Reize, wie es sich zwischen der Tempe- ratur und dem Absorptionsvermögen zeigt, denn beide Vorgänge werden durch dieselben matheuiatischen Formeln innerhalb gewisser Grenzen exact dargestellt. Um sich hiervon zu überzeugen, braucht nmn Fechner's psycho- physische Maassformel nur mit der Emissionsformel der Aetherwellen zu vergleichen. Die erstere lautet nämlich, wenn man dieselbe auf den oberen Schwellenwerth als A usgangspunkt umrechnet : d. h. der Endreiz nimmt, wenn o der Anfangsreiz ist, in geometrischer Reihe ab, während die Empfindung .s in arithmetischer Reihe wächst. Die Emissionsformel der Wärme lautet dagegen: d. h. die Endtemperatur nimmt, wenn /„ die Anfangs- temperatur ist, in geometrischer Reihe ab, während die Zeit X in arithmetrischer Reihe zunimmt. Die Grössen m, p und e sind bekannte Constauten. Was für die Wärme gilt, gilt auch für alle übrigen XII. Nr. 46. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 543 Aetherschwingungen, so dass die durch die Theorie und die Beobachtungen begründete Behauptung, dass auch der Organismus den Grundgesetzen der Mechanik unter- worfen ist, ebenfalls vom psyehoiiiiysischen Standpunkte aus berechtigt ist, und denigemäss die Uebereinstimmung der Nervenreizbarkeit der Nationen oder der Geistes- und Kriegsperioden im Völkerleben und der epidemischen Krankheiten mit den Sonnentleckenperioden nicht mehr als wunderbar erscheinen kann, da ja die Aetherschwin- gungen der Wärme und des Lichtes und namentlich die- jenigen der Elektricität gemäss der hohen Bedeutung der Elektrotherapie auf den menschlichen Organismus Heil- wirkungen ausüben können. Das Leben auf der Erde ist daher in erster Linie von den Sonnenstrahlen abhängig. Die Sonne erhält das Wasser im flüssigen Zustand und die Luft im gasförmigen; ohne sie wäre alles fest und todt; sie verwandelt das Wasser der Meere, der Seen, der Ströme, der sumpfigen Erdstriche in Dampf, sie bildet die Wolken, erzeugt die Winde, giebt denselben Lauf und Bahn und regelt den l)efrticlitenden Umlauf der Gewässer; Dank dem Sonnen- lieht und der Sonnenhitze assiniiliren sich die Pflanzen die in der Luft enthaltene Kohlensäure u. s. w. : Kurz, die Sonne ist es, welche in der Quelle murmelt, in dem Winde weht, in dem Sturme ächzt, in der Eose blüht, in der Nachtigall flötet, in dem Blitze leuchtet, in dem Ge- witter donnert, in allen Symphonien der Erde singt oder grollt, ja selbst in dem Leben des einzelnen Menschen wie auch der verschiedenen Völker der Erde als Urkraft wirkt und waltend sehaft't; denn sie ist die Flamme, welche spricht: ,In Lebensfluthen, im Tluitenstiirm Wall ich auf und ab, Webo hin und her! Geburt und Grab, Ein ewiges Meer, Ein wechsehid Weben, Ein glühend Leben, So schaff ich am sausenden Wobstuhl der Zeit Und wirke der Gottheit lebendiges Kleid!" Nun schwankt aber, wie zuerst Schwabe nach- gewiesen hat, die Stärke der Sonnenthätigkeit, welche durch die Zahl der Sonnenflecken gekennzeichnet wird, in ganz bestimmten Perioden, die regelmässig wieder- kehren. Die Dauer dieser Periode hängt nach den Unter- suchungen von Professor Zenger „Ueber die Ursache der Sonnenfleckenperiode" (1876) von dem Einfluss der grossen Planeten Jupiter, Saturn und Uranus ab. Nach diesen Untersuchungen folgt, dass alle drei Planeten, da die Umlaufszeit des Jupiter nahezu gleich 11,9 Jahren, des Saturn 29,4 Jahren und des Uranus 84,0 Jahren ist, etwa nach 675,5 Jahren wieder in derselben Position zur Sonne stehen; denn es sind 57 Jupiterjahre 678,3, 23 Saturnjahre 676,2 und 8 Uranus- jahre 672,0 Jahre. Nun giebt Wolf in der Arbeit „Perio- dicite des taines solaires et du magnetisme terrestre, Comptes rendus, 1857" für die grössere Periodendaucr der Sonnenfleekenmaxima 55,55 Jahre an, sodass man für deren doppelte Wiederkehr 111,1 Jfahre erhält. Hieraus folgt, dass die grosse säculare Periode von 675,5 Jahren aus sechs solchen Doppelperioden von Wolf besteht; denn es ist der Quotient aus 675,5 und 6 gleich 112,6, also sehr nahe gleich 111,1. Ich habe die Dauer derselben gleich dem Mittelwerth 111,3 Jahre ge- setzt, da dieselbe durch den Einfluss der kleinen, aber sonnennahen Planeten verkürzt wird. In diesem Zeit- raum von 111,3 Jahren sind je zwei Kriegsperioden und je zwei Perioden der Wissenschaft und Kunst enthalten, deren jede die mittlere Dauer von 27,8 Jahren besitzt. Die ersteren fallen iu die Minimalzeiten, die letzteren in die Maximalzeiten des Grundwasserstandes und der Sonnenflecken, Da jedoch der Einfluss des Jupiter über- wiegt, so hat man in der Doppelperiodc von 111,3 Jahren zehn 11jährige Perioden von untergeordneter Bedeutung zu verzeichnen, wie auch aus den Untersuchungen von E. Sasse hervorgeht. Derselbe leitet ferner auf statisti- schem Wege eine tausendjährige Periode für die Fluth- welle der Weltgeschichte ab, d. h. für die Wanderung der Centren der Weltgeschichte von einem Volke zum anderen über eine Hemisphäre der Erde und die Wieder- kehr der Blüthezeit auf demselben Meridiankreise und weist darauf hin, dass die Priester des Orients mit seiner uralten, hohen Cultur aus ihren wohl mehrere Jahr- tausende umfassenden Chroniken den Glauben an ein tausendjähriges Reich, an die regelmässige Wiederkehr gewisser geschichtlicher Vorgänge nach etwa je 1000 Jahren schöpften. Diese tausendjährige Periode, welche die alten ägyptischen Priester kannten und nach Piatos Bericht auf^ die Stellung der Gestirne zur Sonne zurück- führten, besteht thatsächlich und ist noch genauer als die von Zenger aufgestellte 675,5jährige Periode; denn es sind 84 Jupiterjahre und 34 Saturnjahrc genau gleich 999,6 Jahren, i2 Uranusjahre gleich 1008 Jahren und der Mittelwerth daraus gleich 1002,4 Jahren. Da jedoch der Einfluss des Jupiter und Saturn denjenigen des Uranus weit überwiegt, so kann man als richtigen Werth mit Fug und Recht 1000 Jahre =9-111,13 für die Periode ansetzen. E. Sasse bemerkt hierzu: „Die geschichtlichen Leistungen der Völker zeigen ein einfaches säkulares Wellenspiel. Da diese Leistungen durch Vermittelung des Willens oder des Geistes zu Stande kommen, da wir vom menschlichen Geiste noch wenig wissen und da der- selbe sich zunächst in der Thätigkeit des Nervensystems geltend macht, so wollen wir der bequemeren Redeweise wegen von der steigenden und sinkenden Nervenreizbar- keit oder Reizbarkeit schlechthin sprechen. Die Reiz- barkeit der Bewohner eines bestimmten Erdstrichs steigt nun Jahrhunderte hindurch und damit die Thätigkeit eines Volkes oder einer Völkergruppe auf allen Lebens- gebieten. Lebhafte äussere oder innere Kriege brechen aus. Meist überschreitet das erregte Volk erobernd die Landesgrenzen und fügt grössere Reiche zusammen. Es erstehen zahlreiche, grosse Staatsmänner und Feldherren, Dichter und Denker, Künstler und Forscher, Handel und Gewerbefleiss erblühen. Gewisse Seuchen, für welche gesteigerte Nervenreizbarkeit empfänglich macht, treten häufiger auf. Dann sinkt die Reizbarkeit wieder Jahr- hunderte hindurch, und die entgegengesetzten Symptome stellen sich ein: Abnahme der Bevölkerung und der Leistungsfähigkeit, Zerfall der Reiche und eine mehr passive politische Rolle. Die Seuchen activen Charakters verschwinden auf Jahrhunderte und andere Epidemieen erscheinen, für welche eine verminderte Nervenreizbar- keit disponirt. Die Weltgeschichte bietet bis jetzt kein Beispiel, dass hohe Regsamkeit und Leistungsfähigkeit in gewissen Landstrichen beharrten. Die Erregung wandert viehnchr von Land zu Land, von Volk zu \'olk. Die Symptome der Erregung sind nach den mannig- fachen örtlichen Verhältnissen bei verschiedenen Völkern auch verschieden. Die Aufwallung eines Noniadenvolkes, wie der Mongolen oder der Araber, zeigt einen wesentlich anderen Charakter als der Aufschwung eines schon sess- haften Culturvolkes, wie der Hellenen. Nur in der ge- steigerten Kriegslust stinnnen nach den bisherigen Er- fahrungen der Weltgeschichte alle erregten Völker überein." Verfolgen wir die Wanderung der Fluthwelle der 544 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. XII. Nr. 46. Weltgeschichte von 700 v. Chr. bis 0, so zeigt sich, dass die gesteigerte Nervenreizbarlccit und Machtfülle nach und nach von den Assyrern zu den Medern, Babylouiern, Persern, Griechen, Macedoniern, Kartliagern, Köniern und Germanen übergeht. Die weltgeschichtliche Bewegung rückte stetig von Ost nach West fort und brauchte etwa 600 Jahre, um von Westasien nach Westeuropa zu ge- langen. Prüfen wir nunmehr die Frage, wie lange das active Verhalten der Völker auf bestimmten Räumen der Erd- oberfläche dauert und nach welcher Zeit dann eine neue Welle folgt, so ist zu bemerken, dass in Ostasieu China um etwa "2000 v. Chr. ein zum Theil noch sagenhaftes goldenes Zeitalter hatte, die zweite Blüthezeit um 250 V. Chr., die dritte von 900—1200 n. Chr., die vierte daher von 2000—2200. Für die Mongolen iu Central- asien fallen die Blütheperioden in die Zeiten um 1600 V. Chr., 640 v. Chr., 451 (375) n. Chr., 1200, 1400. Be- züglich weiterer Zahlen verweise ich auf die Arbeit von E. Sasse und bemerke, dass sieh daraus auf 15 solcher Völkerwellen für die Länge derselben 1000 Jahre wirklich ergeben. Nunmehr möchte ich zu der Besprechung der 111,3jährigen Periode und ihrer Unterabtheilungen über- gehen, welche 55,55, 27,8 imd 11,13 Jahre betragen. Die letzte Periode von 11,13 Jahren zerfällt selbst wieder in eine feuchte und trockene Zeit, bezüglich von 6 und 5,13 Jahren. Bei einem so leicht erregbaren Volke wie die Franzosen lässt sich sogar in der Geschichte diese 11,13jährige Periode nachweisen, wie aus der erwähnten Sasse'schen graphischen Darstellung der französischen Geschichte von 1500 bis 1890 deutlich hervorgeht. In- dessen ist hier noch zu bemerken, dass diese Perioden nicht immer genau 11,13 Jahre betragen, sondern ebenso wie die Sonnenflecken um diesen Mittelwerth sehwanken. Die von mir aufgestellte mittlere Periode von 27,8 Jahren für die Kriegs- und Geistesperioden wird durch nach- stehende Tabelle als thatsächlich vorhanden nachge- wiesen. I. a) 1624 — 1654 Zeit des dreissigjährigen Krieges. b) 1654—1682 Spinoza, Rembrandt, Locke, Hobbes, Zeitalter Ludwigs XIV. c) 1682—1710 Türkenkriege, Erbfolgekriege. d) 1710—1737 Wissenschaft. II. a) 1737—1765 Friedrich II. Schlesische Kriege etc. b) 1765—1793 Zweite Blütheperiode unserer Litte- ratur. c) 1793—1820 Weltkrieg Bonapartes. d) 1820-1848 Kunst und Wissenschaft. m. a) 1848—1876 Die Kriege in Russland, Italien und Deutschlands gegen Frankreich. b) 1876 bis etwa 1904 Kunst, Wissenschaft und Technik. c) circa 1904—1932 Weltkrieg. u. s. w. ad infiuitum, solange die Erde die Sonne um- kreist und die Menschheit auf Erden lebt und webt. Zu der vorstehenden Tabelle ist zu bemerken, dass die ersten Jahre des dreissigjährigen Krieges lediglich immer religiöse Kämpfe in Deutschland waren, während der üebergang der geistigen Bewegung in einen Krieg von weltgeschichtlicher Bedeutung mit den äusseren Mächten früiiestens vom Jahre 1624 ab anzusetzen ist. Aus den angeführten Zahlen geht das Vorhandensein der säcularen Periode von 110 bis 112 Jahren und der darin enthaltenen Doppelpcriode von 55 bis 56 Jahren zweifellos hervor. Fürst Bismarck, der für periodisch wieder- kehrende gescliichtliehe ^'()rg;ülge ein äusserst feines Ge- füld besitzt und in seinen Reden seine diesbezüglichen Krfalirungeu praktisch verwerthet hat, hat in der „Rede zur Dampfer-Subvention am 14. März 1885" (Ges. Reden, Bd. III, S. 275) die säeuläre Periode der grossen Kriege Deutschlands kurz mit den Worten gekennzeichnet: „Wenn noch der 66er Krieg der einzige Bürgerkrieg wäre, der in Deutschland geführt wurde — oder Bruder- krieg, wie Sie wollen — ^; aber es ist doch fast in jedem Jahrhundert einmal ein grosser deutscher Krieg gewesen, der die deutsche Normaluhr richtig gestellt hat, für hundert Jahre. Gehen Sie weiter zurück, Sie haben die Kriege zwischen Preussen und Oesterreich in der Mitte des vorigen Jahrhunderts; noch weiter, Sie haben den 30 jährigen Krieg, Sie haben den schmalkaldischcu Krieg und die Reformationskriege, und dahinter haben Sie die Weifen- und Ghibellincnkämpfe.'' Die Höhepunkte dieser Kämpfe haben durchweg einen Abstand von 110 bis 112 Jahren. Die darin enthaltenen Doppelperioden von je 55 bis 56 Jahren treten in der ganzen Weltgeschichte mit grosser Schärfe hervor, wie sich leicht ans den nachfol- genden Zahlendiö'crenzen erkennen lässt; denn es ist 2380 -2100 280 = 5-56 2380 - 1591 789 = 2325 — 1488 14-56,4 837 = 15-55,8 2380 — 1439 941 = 17-55,4 2325 - 1322 1003 = 2380 -13S8 18-55,75 992=18-55,1 23SO - 1322 1058 = 19 - 55,7 2380 -1269 IUI =20-55,555 2380 — 653 1727 = 31-55,7 2380 -705 1675 = 2::;80 -493 - 30 • 55,83 1887 = 34 - 55,5 2380 -431 1949 = - 35 - 55,7 2325 -323 2002 = 2380 -323 = 36-55,61 2057 = 37-55,6 1104 ^G33 571 = 10 633 -1-375 •57,1 10U8 = = 18-56 711 732 — 375 — 451 536 = 6-56 281 = 5-56 933 -375 558 = 10 • 955 -451 55,8 504 = = 9-56 1058 1092 -451 -375 607=11-55,2 717 = 13- 1241 — 451 790 = = 14 • 5G,4 1241 — 955 286 = 1320 — 3(5 = 5.57 945=17-55,6 1480 - 1320 IGü = 3 - 1456 -1241 53,3 215 = = 4-53 1365 1453 — 375 - 1058 990 = 18-55 395 = 7-56 1402 — U'.5S 344 = G . 1566 - 1402 58,8 164 = 3 ■ 54,7 1571 1683 - 1402 — 1402 169 = 3-56 281=5-56 1I3S3 — 1571 112 = 2 1792 - 1402 56 390 1878 1792 -1768 +111 = 2- 55 = 7-55,55 110 = 2-55 1903. 55 Die letzten Zahlen beziehen sich speciell auf die orientalischen Wirren und Kämpfe, sowie auf den Ein- fluss, welchen die mongolische Rasse in bestimmteu wiederkehrenden Perioden auf die Geschicke Europas ausgeübt ' hat. Nach den aufgefundenen Perioden zu sohliesscn, dürfte man für den Anfang des nächsten Jahr- hunderts in der Diplomatie mit einem grossen Zusammen- stoss Russlands und der Türkei rechnen müssen. Die angeführten Zahlen sind ohne Ausnahme aus der Ge- schichtstabelle von Karl Ploetz entnommen. Die in der Doppelperiode von 55,5 Jahren enthal- tenen beiden ünterabtliciluugeu vorwiegend kriegerischen oder geistigen und friedlichen Charakters von je etwa 27,75 jähriger Dauer ist durch die erste Tabelle als richtig naehgcwiescn worden, während ich die in da- grossen säkularen Periode sich etwa alle 11 Jahre wieder- XII. Nr. 46. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 545 holenden und mit der Sonnenthätigkeit parallel laufenden kleineren Untcrahtheilunyeu absichtlich nicht berück- sichtigt habe, da dieselben gegen die grösseren Ampli- tuden zu sehr in den Hintergrund treten. Es könnte dies auch nur bei einer gesonderten ße- liaiulluug der Geschichte der einzelnen Nationen durch- geführt werden, wie dies Herr Baurath Sasse für die Geschiciite Frankreichs in grapi)ischer Darstellung gethan hat. Derselbe hat für den Eutwickelungsgang der fran- zösischen Geschichte eine wellenförmige Curve erhalten, welche der Zahlencurve der Sonnenileckeu vollkommen entspricht, und ebenso wie diese die wechselnden Kriegs- nnd Friedenszeiten von 27,75j'ähriger Dauer deutlich genug kennzeichnet, namentlich, wenn man nicht, wie Herr Sasse es gethan bat, die Revolutionen und inneren Kämpfe zu den weltbewegenden Kriegen rechnet. Rechnet man nun je zwei Amplituden der kleinen Periode von 11,113 Jahren zusammen, so erhält man, indem man die dazwischen liegende schwäcliere Reizbar- keit vernachlässigt, eine alle 22 Jahre wiederkehrende sich in kriegerischer oder geistiger Thätigkeit offen- barende Völkerreizbarkeit, aber keineswegs abwechselnde Kriegs- und Friedensperioden von je etwa 22 jähriger Dauer; denn die Annahme einer 2U bis 22jährigen Kriegs- und Friedensperiode führt bei der Berechnung der jeweiligen Kriegs- und I^riedensperioden von solcher Dauer auf die krassesten Widersprüche mit den Thatsachen, ganz ab- gesehen davon, dass eine derartige Combination willkür- lich und physikalisch-physiologisch nicht zu begründen ist. Als Autorität für die erstere Ansicht kann mau unseren grossen Staatsmann, den Fürsten Bismarek, anführen. Fürst Bismarek spricht nämlich an der oben er- wähnten Stelle nicht von Kriegs- und Friedensperioden, welche sich je über einen Zeitraum von ungefähr zwanzig bis zweiundzwanzig Jahren erstrecken, sondern er sagt nur völlig zutreffend, dass die besagten Ereignisse nach Ablauf von je 18 bis 22 Jahren wiederkehren, während die Dauer derselben selten einige Jahre betragen hat. Ich lasse die Worte des Fürsten aus der zweiten Rede „Zur Heeresverstärkung" (Fürst Bismarck's gesammelte Reden, Bd. III, S. 337) hier wörtlich folgen, da die- selben für die augenblicklich im Vordergründe des all- gemeinen politischen Interesses stehende orientalische Frage von grosser Bedeutung sind: „Wann eine orientalische Krisis nun eintreten kann? — Ja darüber haben wir keine Sicherheit. Wir haben in diesem Jahrhundert meines Erachtens vier Krisen gehabt, wenn ich die kleineren und nicht zur vollen Ent- wickelung gekommenen abrechne; eine im Jahre 1809, pigster Fülle. Viele von Wasser- und Sumpfpflanzen der Tropen sind rtiiltii Blick grünt, Arten hier vereint und werden nicht minder sorgfältig eultivirt und Acciimatisations- Versuchen unterzogen, wie die ani- malischen Bewohner des nassen Elements aus der gleichen Heimath. Das Fischbruthaus steckt bis zur halben Höhe des Mauerwerks in der Erde. Ein Mittelweg und zwei dem- selben in gleichen Abständen parallel laufende Seitenwege von IV2 beziehentlich je 1 Meter Breite durchziehen die etwas über Manneshöhe sich erhebende Halle vom Ein- gang bis zur Abschlusswand. Die Grundfläche derselben bildet ein Rechteck von 400 Quadratmeter Inhalt. Die an den in vier Abtheilungen angeordneten, und mit Ccment ausgestrichenen Bassins ent- lang, von welchen die 24 rechts und links an den Seiten- Wege führen wegen nach aussen liegenden 4Vo Meter lang breit und '/g Meter tief sind, während die 1=/;, Meter übrigen *) Das Cliclie zu dersnlbon ist uns fi'ininiUicli.st von clor Creutz'achen Vcrliigsbuchhandhing in Magdeburg gclieli'^n worden, wofür wir unseren besten Dank sagen. — Iled. das der mit Sauer- dessen die Fische zum Ath- meu ebenso noth- wendig bedürfen, wie die ausser- halb des AV'asscrs cxistirenden Le- bewesen. Aus dem Reservoir wird das Wasser durch ein ausge- dehntes Rohrnetz in die einzelnen Bassins geleitet. An der Hinter- wand eines jeden derselben ist der Zuflussbahn an- gebracht; gegen- über befindet sich das Standrohr, durch welches der Wasserspiegel nach Bedürfniss gesenkt und der Abfluss des ver- brauchten Wassers bewirkt wird. Rinnen zu beiden Seiten der Wege befördern das Abflusswasser nach kleinen, etwa 2 Cubikmeter aufnehmenden Senkgruben, wo sich die fremden Beimischungen absetzen; dann fliesst das geklärte Wasser durch Drainröhren nach einem 180 Meter entfernt liegenden Sannnelbassin von ungefähr 20 Quadratmeter Oberfläche, welches in Wiesengrund ausgehoben ist. Diese vorsichtige Behandlung der Abwässer soll verhindern, dass Krankheitsstoffe, die allenfalls aus einem der Brut- oder Zuchtbassins stammen könnten, in die auf dem Grund- stück des Etablissements angelegten Gräben, in denen zur Fischnahrung Wasscrinsecten, kleine Krustacecn und ähn- liches Gethier gezüchtet werden, gelangen und möglicher- weise so den Infcctionskeim wieder zum Fisclibausc zurückbefördern. Dieser Gräben sind 10 vorhanden. Dieselben dienen während des Sonuners zugleich zu Zuchtversuchen mit fremdländischen Zierfischen und nicht in letzter Linie als Acciimatisations- und Vermchrungs- stationen für Pflanzen, die als nothwendige Zuthat zur Gesunderhaltung des Wassers in Atpiarien oder als Zier- gewächse in Springbrunnen und anderen wasserhaltigen Gartenanlagcn Verwendung finden. Hinsichtlich der Wasserflora hat sich Herr Matte keine geringeren Verdienste erworben, ah bezüglich der Wasser- XII. Nr. 46. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 549 fauna. Die Zahl der von ihm aus den Tropen Amerikas und Asiens eingeführten und einheimisch gemachten Wasser- und Sumpftianzen belauft sich auf circa 30, ohne dass darüber diejenigen Gewächse unseres Landes ver- nachlässigt wurden, die sich zur Cultur als Zierpflanzen eignen oder als vorzügliche Sauerstofferzeuger die Gesund- heit und Veruiehrungsfähigkeit der im Aquarium gehal- tenen Fische ermöglichen und fördern helfen. Das Ver- zeichniss der aus dem Matte'schen Etablissement zu be- ziehenden Gewächse erstreckt sich auf 55 echte Wasser- pflanzen, 19 Schwimmpflauzen und 39 Sumpfpflanzen. In dieser Collection sind, um nur einige Beispiele anzuführen, die Nymphäaceen durch ein volles Dutzend vertreten, wo- bei den einheimischen Seerosen die gleiche Aufmerksam- keit zu Theil wird, wie dem indisclieu Nelumbium und der egyptischen Lotosblume; unser Pfeilkraut und Sagit- taria japonica, Hahnenfuss und Wassernuss, Cabomba caroliniana und Villarsia chinensis erfreuen sich derselben Pflege. Der Hauptzweck des Etablissements bleibt jedoch die Einfuhr und Aufzucht fremdländischer Zierfische. Durch dassell)e sind bisher 32 Arten eingeführt und zum grösstea Theil aus den in der Anstalt erzielten Zuchtergebnissen in den Handel gebracht worden. Bemerkt sei, dass es sich ausschliesslich um Süsswasserfische handelt. Als gangbarste Artikel cultivirt die Anstalt ausser den v nn ersten Anfang au in Obhut genommenen Paradiesfischen vornehmlich die bckainiten „eonstant" gewordenen Gold- fisch Varietäten Schleierschwänze und Teleskopfisehe. Bei manchen Exemplare des Sehleierschwanzes ist die Entwick- lung des „Behangs" eine derartige, dass er die sämmtlichen Maasse des eigentlichen Fischkörpers in jeder Beziehung überbietet, wodurch das Thier beim Schwimmen that- sächlich wie in einen prächtig gefärbten Schleier ein- gehüllt erscheint. Ebenso begnügen sich unter den Teleskopfiscben einzelne nicht mit ihren Augenröhren, sondern schnüren dieselben an der Basis zusammen und tragen ihre Sehorgaue wie der Krebs auf Stielen. Herrn Matte ist es sogar gelungen, durch Kreuzung Telesko])- Schleiersebwänze zu züchten, die einzig dastehen und mit 50 Mark das Stück bezahlt werden. Erprobte Zucht- thiere kosten bis zu 500 Mark, und ganz hervorstechende Exemplare sind überhaupt nicht käuflich. Preise von 5 bis HO Mark für den Fisch sind in der Anstalt die ge- wiihnlichen. Dieselben werden von Liebhabern willig ge- zahlt, und dabei übersteigt die Nachfrage meist den Vorrath Ein neuer interessanter Aquarienfisch, dessen Zucht ebenfalls in der Matte'schen Anstalt betrieben wird, ist der Chanchito (Heros facetus). Derselbe stammt aus Süd- amerika und ist zu uns unter dem ihm von den Brasi- lianern gegebenen Namen gekommen. Chanchito bedeutet „Schweinchen", denn das Sehwein heisst im Spanischen el ehancho. Der Fisch wird 5 Centimeter breit und 12 Centimeter lang; er gehört zur Gattung der Chromides und zur Familie der Heros. Der Gestalt nach kommt er unserm Barsch am nächsten. Was ihn merkwürdig macht, ist seine ausserordentliche Fähigkeit, die Farbe zu wechseln, weshalb Herr Matte vorschlägt, ihm den Namen „Chamäleonsfisch" zu geben. — • Erwähnt sei ferner noch der Kletterfisch (Anabas scandens), der zwar nicht die Cocusitalmen besteigt, um Nüsse zu stehlen, wie noch bis in die neueste Zeit hinein erzählt wurde, aber doch die Fähigkeit besitzt, im Falle der Noth über Land zu wandern, um günstigere Wasserverhältnisse aufzusuchen. Auch der bekannte Schützenfisch (Toxotes j'aculator) ist bei Matte vertreten. Dieser Fisch versteht es, die von ilnn zum Fang auserseheuen Insecten durch ausgespritzte Wassertropfen von den Blättern der Uferpflanzen in sein Bereich herunterzusehiessen. Als neueste Errungenschaft der Matte'schen Brut- anstalt aus dem Jahre 1896 ist die Aufzucht des siame- sischen Kamj)ffisches (Betta pugnax) zu erwähnen. Der- selbe ist ein ebenso kleines, wie streitsüchtiges Geschöpf und um deswillen ein unterhaltender und possirlicher Zinnnergenosse. Er gehört gleich den Macropoden zu den Laljyrinthfischcn. Das Thierchen wird 5 Centimeter lang und bietet mit seiner dunklen l'^ärbung im Zustand der Ruhe wenig Bemerkeuswerthes. Sobald es aber seines Gleichen, und sei es nur sein eigenes Spiegelbild im Reflex des ihm zum Aufenthalte angewiesenen Bassins er- blickt, stellen sich alle Zeichen der grössten Kampf- begier ein. Er „sträubt" die Flossen, und die aufgerichtete Kiemhaut steht ihm um die Kehle, wie eine schwarze Halskrause. Dabei erglänzt der ganze Körper in den wunderbarsten Metallfarben. In dieser „Kriegsrüstung" stürmt das Fischchen gegen seinen wirklichen oder ver- meintlichen Gegner los, und bald ist eine regelrechte Mensur im Gange. Trennt man die Duellanten, so be- ruhigen sie sich rasch wieder. Wie anderswo Hahneu- und Rattenkämpfe, haben in Slam die Fischkämpfe ihre sportgemässe Ausbildung erfahren und werden vorzugs- weise mit Betta pugnax ausgefochten. Der König von Slam, zu dessen Einkünften unter Anderm die Erträgnisse der Monopole des Vergnügens, wie Opinm und Spiel- häuser gehören, soll auch die Fischkämpfe in Entreprise gegeben haben und aus denselben nicht unbeträchtliche Einnahmen erzielen. Die Findigkeit der siamesischen Finanzbeamten hinsichtlich der Entdeckung neuer Steuer- objecte, welche die ihrer europäischen Collegen aner- kanntermaassen weit übertrifl't, lässt es nicht minder glaub- haft erscheinen, dass sie auch den Fischkampf in den Bereich ihrer Fürsorge gezogen haben, als es den Völkern des Orients unglaubhaft erseheint, dass hier zu Lande Hundesteuer erhoben wird. Doch interessanter als diese Steuerfrage wird dem Naturfreunde die Mittheilung sein, dass Betta pugnax ein schwiumiendes Nest baut, in welchem er die Eier und später die ausgeschlüpfte Brut mit grosser Sorgfalt hütet. Für Liebhaber sei noch darauf hingewiesen, dass die Vermehrung des siamesischen Kampffisches bereits in einem Aquarium von etwa 10 Littr Wassergehalt zu ermöglichen ist. Hinsichtlich der Umsätze im Matte'schen Geschäft mag bemerkt werden, dass je nach den Brutergebuissen 3- bis 5000 Jlakropoden, an 8000 Schleierschwänze, 3- bis 4000 Teleskopfische und gegen 8000 'Stück verschiedener anderer Arten zum Verkauf gelangen. Ebenso ist der Handel in Wasseri)flanzeu ein sehr erheblicher und be- ziffert .sich auf viele Tauseude. Wetter-Monatsübersicht. — Der diesjährige Octob er setzte sieh aus einem längeren Zeitraum mit kühler, nasser und einem zweiten mit ebenfalls kühler, aber trockener Witterung zusammen, die durch einige sonnige, sehr milde Tage von einander getrennt waren. Wie die nebenstehende Zeichnung erkennen lässt, fand zu Beginn des Monats in ganz Deutschland eine starke Ab- kühlung statt, die sich im Süden am meisten fühlbar machte. Hatte am Nachmittag des 1. October das Ther- mometer an vielen süd- und mitteldeutselicn Orten noch 23", zu Bamberg .sogar 25» C. erreicht, so blieb es seit dem 4. für längere Zeit überall unter 15" C. Vom 5. bis 10. kamen in den südlichen und östlichen Laudes- theileu zahlreiche Reifbildungen uud Nachtfröste vor, durchsclmittlieh ging in dieser Zeit die Temperatur bis 7 oder 8 Grade unter ihren normalen Wertli herunter, und zu M ttnchen erhob sich dieselbe am 6. und 7. October, an denen anhaltend Schnee fiel, auch am Tage nicht 550 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. XII. Nr. 46. Temperaturen im ^ef o^er 189T. Tägliches Maximum, bei. Wmimum 8 Uhr Morgens, 1897. SührMorgEns.normal, 1.0er. 6. 11. 16. 21. 26. 31. über einen Grad. Dann wurde es allmählich etwas wärmer, während der Himmel wie vorher grösstentheils bewölkt war. Nachdem sich derselbe jedoch uiu den 13. aufgeklärt hatte und gleichzeitig eine warme Siid- strömung eingetreten war, stiegen die Temperaturen schneller und erreichten in einem grossen Theile des Binnenlandes seit dem 15. Nachmittags wiederum 20" C. Schon am 16. October begann im Osten Deutsch- lands, zwei Tage später auch im Westen eine neue Ab- kühlung, welche mit kurzen Unterbrechungen bis zum Ende des Monats anhielt. Innerhalb dieser zweiten Hälfte desselben herrschte an manchen Tagen in ganz Deutschland dichter Nebel, und auch an den übrigen blieb der Himmel in den nordöstlichen Landestheilen meistens mit einer Wolkendecke überzogen, wogegen der Nordwesten und namentlich der Süden vielfach heiteres Wetter hatten. Hier traten demgemäss in den letzten klaren Nächten fast überall wieder Fröste auf, wobei am 29. die Temperatur zu Bamberg bis — 5", zu Uslar in geringer Höhe über dem Erdboden bis — 6" C. herab- ging. An den Tagen stiegen dann aber die Tempera- turen in Süd- und Nordwestdeutschland höher als im Nordosten, dies war eine Folge des reichlicheren Sonnen- scheins, dessen Gesammtdauer im vergangenen Monat im an jedem Octobertage 1897 ■lOct. 6 11. 16. 21 26. 31 1 1 1 1 IM miT' . ' 4 ---^ -S+ Mj4 II I III II I Jl't'- 8 11. 16 21 26 31. fff 1 1 1 i 1 II 1 1 1 M II I III ordostdeutschland Hl Ifl 6 -ä-j-- IJ *^ ^H " fc 1 -alt :ilb f??? kon. _ _BI 1 .HIL... 26. SSffl lOI-HliltlerorWerth ron Oei.irseht3nd. Summe Im October 1 96. 95. 9t. 93. 92. Tn~rT~rr rr t MWewerb«rMj^f>^'' Westen, z. B. in Uslar 115 Stunden überschritt, während Berlin nur 95, Potsdam 89 Stunden mit Sonnenschein aufzuweisen hatte. Die Niederschläge beschränkten sich, der beistehen- den Darstellung zu Folge, fast ausschliesslich auf die ersten zwei Drittheile des Monats und waren in Süd- deutschland auch in diesen niemals sehr erheblich. Da- gegen wurden in der westlichen Hälfte Norddeutschlands am 4., 12., 13., und 20., östlich der Elbe am 13., 20. und 21. October ziemlich bedeutende Niederschlagshöheu gemessen und zwar namentlich an den Küsten; beispiels- weise fielen vom 12. zum 13. in Memel 27, in Cuxhaven 22 Millimeter Regen und Hagel, vom 19. zum 20. kamen vielfache Gewitter vor, eigenthümlicherweise vielfach während dichten Nebels, und hatte Swine- münde 33, Hamburg 25, in den nächsten vierundzwanzig Stunden Königsberg 28 und Neufahrwasser 25 Millimeter Regen zu verzeichnen. Der Gesammtertrag ,der Nieder- schläge war aber auch im Küstengebiete geringer, als derselbe im October zu sein pflegt; für den Durchschnitt aller deutschen Stationen belief er sich auf 33,4 Milli- meter und wurde somit von dem entsprechenden Werthe des vorjährigen October gerade um das Doppelte, in den vier nächst vorhergehenden Octobermonaten noch stärker übertroffen. Vom 22. October dieses Jahres bis zum Schlüsse des Monats kam in ganz Norddeutschland kein messbarer Regen vor, eine so lange Reihe trocke- ner Tage, wie sie im Herbste bei uns ziemlich selten ist. In den ersten Tagen des October begab sich eine lang gestreckte Barometerdepression von der skandinavi- schen Halbinsel südostwärts in das Innere Russlands. Dabei gelangte ein südlicher Ausläufer derselben nach Italien, und mit diesem vereinigte sich eine zweite De- pression, welche am 3. und 4. October von der Nordsee mitten durch Deutschland hindurchzog, zu einem tieferen Minimum, das mehrere Tage im Mittelmeergebiet ver- harrte. Unterdessen drang ein barometrisches Maximum von Nordwest her gegen Slitteleuropa vor und zwischen dem Gebiete hohen und niederen Luftdruckes traten sehr heftige und scharfe Nordostwinde auf. In deren Gefolge fanden in Süddeutschland, besonders aber in Oester- reicli und Ungarn starke Schneefälle statt, während in Italien, namentlich an der Ostküste, anhaltende Regengüsse herniedergingen. Seit dem 8. October setzte sich eine Hälfte des Maximalgebietes in Russland, die andere in Frankreich fest; Nord Westeuropa wurde von einer Anzahl tiefer oceanischer Depressionen durchzogen, welche den briti- schen Inseln, den skandinavischen Ländern und auch den dcutsehcu Küsten starke westliche Winde und ergiebige Niederschläge brachten. Als um Mitte des Monats ein Minimum aus südlicheren Breiten des Oceans erschien, von dem ein Theil, wiederum von heftigen Gussregen an der Südseite der Alpen begleitet, sich nach dem Liguri- schen Meerbusen begab, rüqkte gleichzeitig das russische Maximum nach Westen vor, so dass die Winde in Deutschland sudöstliche Richtungen annahmen. Nach ein paar trockenen und ziemlich warmen Tagen schritt eine flache Barometerdepression aus Norden am 20. October über die Ostsee mit grosser Geschwindig- keit durch Ostdeutschland und Oesterreich hindurch. In ihrem Gefolge traten zahlreiche Gewitter auf, und in den nächsten Tagen wurde die östliche Hälfte Italiens abermals von wolkenbrucliartigen Regenfällen heim- gesucht, welche besonders in der Provinz Ravenna und Ancona sehr erhebliche Ueberschwemmungen ver- ursachten. In Mitteleuropa aber verblieb jetzt bis zum Monatsscliluss ein ausgedehntes Barometermaximum, in dessen Innerem die Luftdruckunterschiede sehr gering, XII. Nr. 46. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 551 die Winde daher äusserst schwach waren, so dass die Feuchtiglieit vom Erdboden nur in geringem Maasse weitergetragen wurde und sich zum grossen Theil in Nebeln berniedersetzte. Dr. E. Less. Aus dem wissenschaftlichen Leben. Ernannt wurden: Der Doeent iler Iliittenknnile iin der Borg- akademie zu Berlin Dr. Otto Pufahl zum etatsinässigen Pro- fessor; der ausserordentliche Professor der Zoologie an der Ber- liner Universität Dr. Plate zum Docenten an der dortigen thier- ärztlichen Hochschule; in Jena der Piivatdocent der Philosophie Dr. Franz Erhardt und der Privatdocent der Astronomie, Ob- servator Dr. Otto Knopf, sowie der Privatdocent in der medi- zinischen Facultiit in Berlin Dr. Max Matthes zu aussei ordent- lichen Professoren; der Privatdocent der Physik in Göttingen Dr. Theodor Des Coudres zum ausserordentlichen Professor; der Privatdocent der Zahnheilkunde in Jena Dr. Adolf Witzel zum Professor. Berufen wurden: Der Privatdocent der Chemie in Greifswald Prof. Dr. Hein rieh Biltz als Abtheilungsvorstand an das che- mische Universitäts-Laboratium in Berlin; Thierarzt Dr. Willer- ding in Giessen als Repetitor ans pathologischo Institut in Berlin: Thierarzt Keller in Zerbst als Assistent ans anatomische Institut in Berlin; Thierarzt Ho sang in Burg als Assistent ans patholo- gische Institut in Berlin; Thierarzt Nippert in Berlin als A.ssistent ans Hundehospital daselbst; der Privatdocent der Chemie in Göttingen Prof. Dr. Friedrich Wilhelm Küster als Ab- theilungsvorstand für analytische, anorganische und pliysikalische Chemie ans Breslauer chemische Institut; der Professor der Bo- tanik, Director des botanischen Gartens in Halle, Geheimrath Dr. Gregor Kraus nach Würzburg. In den Ruhestand tritt: Der Director der Universitäts-Biblio- thek in Halle O. Hartwig. Sein Lehramt hat niedergelegt : Der Professor der Psy- chiatrie in Zürich und Director der Heilanstalt Burghölzli August Forel. Es starben: Der ordentliche Professor der Pharmazie in München Geh. Ober-Medizinalrath Dr. Ludwig Andreas Buchner; der ordentliche Professor der Physik an der tech- nischen Hochschule zu München Dr. Lconhard Sohnke; der ordentliche Professor der Agriculturchemie und Director des land- vvirthschaftlich-phy Biologischen und agricultur-chemischen Instituts in Leipzig Dr. Fr. Stohmann; der Director der agricultur-che- mischen Versuchs-Station in Hildesheim Prof. Karl Müller; der Malakkareisende HiolfVaughan Stevens in Sarawate auf Borneo; der Präparator an der Brüsseler Universität Alexander So Ion in Banana an der Kongo-Mündung. SIsz Dessoir, L i 1 1 e r a t u r. Das Doppel-Ich. 2., vermehrte Auflage. Ernst Günthers Verlag. Leipzig 1896 Verf. sucht zu beweisen, „dass die menschliche Persönlichkeit Sich mindestensaus zwei deutlich trennbaren Sphären zusammensetzt, die jede^für sich durch eine Erinnerungskette zusammengehalten werden." Der Thatsachenbestand zeigt, dass von den Bewegungen (Avenanus würde sagen „Schwankungen") des Gehirnes Bewusst- seinswerthe abhängig sein können oder nicht; da ist es in der That bemerkenswerth, dass sich in manchen Fällen constatiren lässt, dass zwei Ketten von Bewusstseinswerthen vorkommen, die untereinander keinerlei Verbindung durch Erinnerungsliilder be- sitzen, wie die Erscheinungen z. B. des Hypuotismus lehren. P. Prof. Dr. P. Volkmann, Erkenntnisstheoretische Grundzüge der Naturwissenschaften und ihre Beziehungen zum Geistes- leben der Gegenwart. Allgemein wissen.schaftlichc Vorträ<'e. B. G. Teubner. Leipzig 1890. — Preis Ü M. Der angehende Naturforscher, der sich gern eingehend um die Beziehungen der Einzelheiten kümmert, mit denen er sich beschäftigt, und eine einheitliche Anschauung über die Gesammt- welt zu erreichen trachtet, kurz der philosophisch Veranlagte wird die vorliegenden Vorträge mit Nutzen lesen. mgen und Zusätzen" 1 einem Artikel zu- sammengezogen erscheinen; sie sind überschrieben: „Einleitende liemerkungen ', „Vergleichende Betrachtungen", „Induction iiml Inhalt: Ru Deduction", „Isolation und Superposition", „Einfuhrung des Be- griffs der Grössenordnung", „Beziehungen zum Geistesleben der Gegenwart". Wenn wir eben die Schrift speciell dem , angehenden" Natur- forscher empfohlen haben, so geschieht dies namentlich wegen der klaren und einfachen Schreibweise des Verfassers, die es überhaupt sogar dem naturwissenschaftlich interessirten, ge- bildeten Laien gestattet, das Gebotene zu verstehen. — Der In- halt ist so mannichfaltig, dass ein näheres Eingehen auf die Einzelheiten in einer Anzeige nicht durchführbar ist. Emile Picard et Georges Simart, Theorie des fonctions alge- briques de deux variabes independantes. Tome 1. Gauthiir- Villars et Fils, Paris 1897. 8". VI. 246 pages. — 9 Frs. Im Anschluss an die grundlegenden Untersuchungen von Prof. Noether in Erlangen über die algebraischen Functionen mehrerer Variablen sind theils von Picard selbst, theils von anderen, zu- mal von italienischen Mathematikern weitere Forschungen in diesem Gebiete angestellt worden, die bereits eine ausgedehnte Litteratur bilden. Es ist deshalb mit Freude zu begrüssen, dass Herr Picard sich mit Unterstützung von Herrn Simart dazu entschlossen hat, den gegenwärtigen Staudpunkt der Theorie der algebraischen Functionen zweier Unabhängigen darzustellen. Das Werk ist auf zwei Bände berechnet, von denen der erste vorliegt, welcher aus einer Vorlesung über die Theorie der algebraischen Oberflächen hervorgegangen ist. Da auf eine Besprechung des Inhalts an dieser Stelle nicht eingegangen werden kann, be- schränken wir uns darauf, den behandelten Stoff durch Wieder- gabe der Capitelübersehriften zu charakterisiren: I. Mehrfache Integrale von Functionen mehrerer Variabein. II. Ueber die Ana- lysis Situs. III. Integrale rationaler Functionen von zwei com- plexen Veränderlichen. IV. Singularitäten einer algebraischen Oberfläche; Invarianten einer Fläche vom Gesichtspunkt der Ana- lysis Situs. V. Ueber die Integrale totaler Difterentiale erster Art. VI. Integrale totaler Difterentiale zweiter und dritter Art. VII. Doppelintegrale erster Art und Invarianten, welche sich darauf beziehen. VIII. Ueber die algebraischen Raumcurven und die Formel, welche das Geschlecht einer Fläche anzugeben fähig ist. Durch die Bearbeitung des der Besprechung unterliegenden Werkes haben sich die Herren Picard und Simart ein grosses Verdienst erworben, theils vom didactischen Gesichtspunkte, theils durch die Bereicherungen, welche die Wissenschaft darin erfährt. Es unterliegt keinem Zweifel, dass die Forschung im Gebiete der algebraischen Functionen mehrerer Variabein durch das Picard- sche Buch einen neuen, starken Impuls erhält. G. ■■-.« v.,.j vuiiiej;uuueii vortrage mit iNutzen le Verfasser bietet abgesehen von „Ergänzui neun „Vorträge", von denen öfter zwei zu Bulletin de la Societe Imperiale des naturalistes de Mos- cou. Public sous la Redaction du Prof. Dr. M. Menzbier et du Dr. N. Iwanzow. Annee 1896. Nouvelles sfirie. Tome X. (Avec XVI planches). Moscou. Imprimerie de l'Universite Imperiale. 1897. — Abgesehen von den in russischer Sprache abgefassten Arbeiten bringt der Band die folgenden Abhandllungen: Dr. J. von Bedriaga: Die Lurchfauna Europas; II. Urodela, Schwanz- lurche.— J. J. Gerassimoff: Ueber ein Verfahren, kernlose Zellen zu erhalten. — M. Golenkin: Beiträge zur Kenntniss der Urticaceen nnd Moraceen (mit 1 Tafel). — N. In-anzoff: Ueber den Bau, die Wirkungsweise und die Entwickelung der Nessel- kapseln der Coelenteraten (mit 4 Tafeln). — A. Jaczewski: III Serie de Materiaux pour la Flore Mycologique du Gouverne- ment de Smolensk. — W. Kapelkin: Der histologische Bau der Haut von Petromyzon (mit '2 Tafeln). — 0. Leonowa: Einige Bemerkungen zu meiner im Archiv für Psychiatrie, Bd. 28, H. 1, erschienenen Abhandlung : Beiträge zur Kenntniss der secundären V^eränderungen der primären optischen Centren und Bahnen in Fällen von congenitaler Anophtalinie und Bulbusatrophie bei neugeborenen Kindern. — Dr. med. W. Niedzvie tzky : Zur Frage über Veränderungen im Nervensystem und in inneren Or- ganen nach der Resection des N. vagus und des N. splanchnicus (mit 4 Tafeln). — M. Rossy skaia-Koje vniko va: Etmle sur le developpement embryonnaire du Gammarus puler (avec 1 pl.). Berichtigung. Die Besprechung des Buches von Stäckel und Engel, die Theorie der Parallelliiiien von Euklid bis auf Gauss (Naturw. VVochenschr. Bd. XI, S. 583), ist in Folge eines Druckfehlers mit G. unterzeichnet; jene Besprechung stammt aus der Feder des Prof. Schub e r t. lolf Mewes, Ueber die Abhängigkeit der Nervenreizbarkeit der Völker von terrestrischen und kosmischen Krschei- ueuer das L..|jen und Tr.'iben iler Makr.ipodon. — Die Matte'sche Zierfisch-Zuchtanstalt. — Wctter-Monatsüber- fln f ^"V W'ssenschaff ichen Leben. - Litteratur: Max Dessoir, Das Doppel Ich. - Prof. Dr. P. Volkmann, Erkenntniss- tiieoietisclie «ji-undzuge der Naturwissenschaften und ihre Beziehungen zum Geistesleben der Gegenwart. - Emile Picard et treorges öimart ilieorie des tonctiona algebriques de deux variables independantes. - Bulletin de la Societd Imperiale des naturalistes de Moscou. — Briefkasten. nuiigen. sieht. — 552 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. XII. Nr. 46. Ein ebenso nnenlbehrücher, In keinem Falle den Fragenden im Stiche lassender Begleiter, als auoli notwendige: Bestandleil einer jeden Bibliothek ist tiaiijii & GoldtüciiniitU« Berlin Si., Aiigusfstr. 26. Elektrotechnische Anstalt und mechanische Werkstätten. Spezialität: Elektr. Mcsslnstriinieute, Norinal-Elemeute, Normal- und Praeci- siuiisiviiier.stände, nach den Modellen der Physikal. Techn Reichsanstalt. — Normal- Volt- und Amperemeter, Spiegelgalvano- meter, Physikalische Lehrmittelapparate Einrichtung von Laboratorien. Das optische Instituti Vdll Paul Wächter Berlin - Friedeoau cinpfi'ddt .h", .J'iiot. 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Abdruck ist nur mit Tollständiger <(nellenans:abe gestattet. Naturheilkunde und wissenschaftliche Medicin. Eine Betrachtung von Dr. Gustav Weudt. Der praktische Naturarzt Dr. H. Schmidt sagt in der Zeitung „Die Kritik" (Berlin 1897, No. 127): „Die Erkeuntniss, dass es überhaupt keine Heilmittel giebt, sondern dass die Natur selbst heilt, hat der Methode den Namen gegeben. Ist die Diagnose gestellt, dann rücken wir der Krankheit nicht mit einem Mittel zu Leibe, — hie Krankheit, hie Mittel; sondern wir behandeln den kranken Menschen!" Da somit also ein approbirter Vertreter der Natur- heilkunde, wie er selbst sagt, den innersten Unterschied zwischen der letzteren und der wissenschaftlichen Medicin piäcisirt hat, können wir ja dieser „neuen" Erkenntniss diejenige der wissenschaftiicheu Medicin gegenüberstellen. R. Virchow z. B. dürfte wohl ausserhalb des Verdachtes stehen, als Jünger der sogenannten Naturheilkunde ange- sehen zu werden. Der Vorsicht halber wollen wir aber zum Vergleich mit der citirten „neuen" Erkenntniss die erste Auflage seiner Cellularpathologie vom Jahre 1854 wählen, zu welcher Zeit also Herr Pfarrer Kneipp und seine Anhänger noch nicht zu wirken begonnen hatten.*) Virchow sagte damals unter Anderem: „Die Aufgabe des .Arztes ist es, die Prädispositionen zu schwächen und zu tilgen und die Ausgleichung der einmal eingetretenen Störungen zu erleichtern. In beiden Richtungen kann er Vieles leisten, was ohne sein Zuthun schwierig oder garnicht möglich gewesen wäre; er kann Manches künstlich einleiten, was die „Natur" nicht eingeleitet haben würde. Allein daraus folgt nicht, dass sein Ein- greifen den physiologischen, vitalen Möglichkeiten fremd oder entgegengesetzt sein müsste. Die Wirksamkeit des Arztes, die Kunstheilung ist weder, wie die physiologische Schule glauben machen möchte, mit der Naturheilung *) Diese Kuren sind, kurz gesagt, al.s eine Art von Schwemm- Kanalisatiun für den einzelnen Menschen aufzufassen und also natürlich an geeigneter Stelle von grossem Werthe. durchaus identisch, noch, wie die Empirischen hervor- heben, ihr entgegengesetzt: sie benutzt vielmehr die vor- handenen, physiologischen Einrichtungen und Kräfte des Leibes, um durch sie unter künstlicher Herbeiführung günstigerer Bedingungen die mögliche Ausgleichuns Störungen zu Stande zu mit ontologischen, mehr Krankheiten zu thun, die Körper angreifen lässt, . , Körpern und Theilen, deren Störungen erfahren hat und deren Regulation bringen. Sie hat es nicht oder weniger personiticirten sie angreift oder durch den . . . sondern mit lebenden innere Bewegung gewisse je nach der praexistirenden Natur der einzelnen Theile oder des ganzen Körpers, je nach der Grösse und Heftigkeit " der Störung in sehr verschiedener Art geschehen kann." Wenn die sogenannte Naturlieilkunde glaubt, die wissenschaftliche Erkenntnisstheorie auch nur um ein Jota gefördert zu haben, befindet sie sich im Irrthum. Wir sind jedoch weit davon entfernt, einen günstigen Einfluss der, NB. nicht übertriebenen Naturheilmcthode auf den allopathischen Arzt zu leugnen, zumal diesellie auch zu einem, sozusagen sehr günstigen Zeitpunkte erschienen ist. Denn heute hat ja die moderne chemische Industrie durch Reindarstelluug der in Natur- und Roh-Productcn wie Wollfett, Chinarinde, Theer u. s. w. enthatenen medicinischen Stoffe der Bequemlichkeit' nianciier Aerzte bedeutenden Vorschub geleistet. Natürlich kann es nichts Bequemeres geben, als für eine bestimmte Krankheit ein bestimmtes Mittel in einer bestimmten Receptforniel zu verordnen, besonders da bei der Glcich- mässigkcit der modernen Heilmittel im Gegensatze zur ausserordentlichen Verschiedenheit der Natur- und Roh- Productc eine jirompte Wirkung bis zu einem gewissen Grade in den meisten Fällen sicher ist. Und gegen einen derartigen Schematismus des Arztes, sowie gegen andere Missständc (cf. später) dürfte es zur Zeit kein 554 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. XII. Nr. 47. besseres — Heilmittel geben als die sogenannte Natur- heilkunde, bezw. die Concurreuz der Naturheilkuudigen. Dass z. B. der Formaldebyd-Schwindel, sogar für interne Anwendung, einen grossen Umfang nehmen konnte, ist in Anbetracht des heutigen, nicht niedrigen Standpunktes der Chemie und der wissenschaftlichen Medicin unerhört! Sobald nämlich ein vortheilhaftes Verfahren zur Her- stellung von Formaldehj'd für Farbstoffzwecke gefunden war, sagte sich der chemische Fabrikant, dass die Apotheker natürlich das P"'ormaldehyd besser bezahlen könnten wie die Färber, geradeso wie etwa das reine Methylen-Blau von den Apothekern höher bezahlt wird als von den Färbern. — Und alsbald wurde das „neue Heilmittel" berühmt, sogar z. B. zu Inhalationen bei Luugeutubereulose etc. verordnet, trotzdem sowohl theo- retisch wie experimentell die grosse Giftigkeit seit langem festgestellt war. Selbst zur Conservirung von Nahrungs- mitteln hat man das Formaldehyd bereits benutzt, ob- gleich es directe Verbindungen mit Eiweissstoffen eingeht, die natürlich im Magen das Gift dann abgeben; und ob- gleich es ferner die Eiweissstoffe unlöslich und hart, also so gut wie unverdaulich und werthlos macht. Nichts- destoweniger sagt L. B. das von einem Hochscliul-Professor geleitete Organ des Vereins zur Wahrung der Interessen der chemischen Industrie: „Obgleich das Formaliu bezw. Formol .... zur Verwendung als Conservirungsmittel wie geschaffen ist, scheint dessen Einführung zum Zwecke der Conservirung von Nahruugs- uud Genussmitteln doch recht allmählich und sehr vorsichtig zu geschehen, um mit dem Nahrungsmittelgesetz nicht in Confliet zu ge- rathen." — Ein weiteres, kennzeichnendes Beispiel für Aus- schreitungen in der Heilmittel-Industrie wäre der Tabloid- Schwindel. Nur aus der Beobachtung einer hoch- interessanten Jodverbindung in der Schilddrüse nämlich, der ja besondere medicamentöse Eigenschaften zukommen, wurde der geradezu absurde Schluss gezogen, dass alle Drüsen, Testikeln etc. solche „specifischen Heilmittel" enthalten und sofort eine Unzahl von derartigen „Tabloids" mit einer riesenhaften Reclame auf den Markt geworfen, trotzdem dieselben sehr bedenkliche, giftige Nel)enerschei- nungen aufweisen; ganz abgesehen davon, dass sie sehr leicht beim Gebrauch faulen, sodass die letzten im Gläs- chen schon wie Leichengifte „gewirkt" haben. Zu diesem Unwesen hat z. B. die D. M.-Z. bereits den lakonischen Vorschlag gemacht, doch einfach nicht Theile, sondern ganze Bullkäll)er bezw. mit Haut und Schwanz zu „Kannibalin-Tabloids die einzelnen iinze Hammel zu ver- arbeiten, weil dieselben voraussichtlich als moderner Theriak dienen könnten und höchstens etwa bei miuder- werthigen Eierstöcken junger Mädchen im Stiche lassen dürften. Ein drittes und letztes Beispiel: Als ausgesuchter Unfug verdienen z. B. folgende Heil-Resultate zweier französischen Aerzte niedriger gehäugt zu werden, die in der Methode einem Doctor Eisenbart wohl wenig nach- geben dürften: Calciumcarbid nämlich (zur Entwickelung von Acetylen-Leuchtgas dienend) hat man neuerdings billig herzustellen gesucht. Es ist ein Stoff', von welchem wie beim Formaldehyd, vor Allem nöthig war, eine medicinische Anwendung zu erfinden! Und so kam denn ein französischer „Forscher" auf die grossartige Idee, die vagina von mit Gebärmutterkrebs behafteten Frauen durch nussgrosse Stücke Calciumcarbid voll- zustopfen und mit Jodoformgaze zuzupfropfen. Durch die Feuchtigkeit der vagina entwickelte sich aus dem Calciumcarbid das giftige Acctylengas und ausserdem als Beimengung eins der schwersten irdischen Gifte, der Arsenwasserstoö"; ferner der fressende Phosphorwasser- stoff und last not least — Aetzkalk, was alles natürlich auf den entzündeten Schleimhäuten brannte wie das höllische Feuer. Das Resultat dieser neuen Kur ist selbstverständ- lich — es nützt halt nichts, d. h. die betreffenden Patienten gehen alsbald mit dem Tode ab. Aber mit Derartigem hat die wissenschaftliche Medicin nichts zu thun.'-'j Bekanntlich giebt es beschränkte, bezw. sehr einseitig veranlagte Menschen bis zu wunderlichen Heiligen hin, nicht nur unter den allopathischen Aerzten, sondern in allen Ständen und Berufsarten. Uebrigens dürften die Klagen über das Zunehmen des Heilmittel-Schwindels wohl so alt sein, wie z. B. die Lamentationen über die fortschreitende Verroliung der Jugend. Virchow z. B., der dabei wohl in erster Linie nur die Aerzte im Auge haben konnte, da eine nennens- werthe chemische Industrie damals noch nicht existirte, sagte 1854 loco citato: „Unser Markt wird überschwemmt mit den Producten einer pfuscherhaften Industiie, welche unserm Publikum auch die dürftigsten Machwerke des Auslandes auf den Tisch liefert." Es war also bereits so, es ist heute noch so und wird wohl immer so bleiben!'? Denn nur das jedesmalige, leicht kenntliche Ansteigen der Wellen einer solchen Be- wegung wird vom Publikum bemerkt, nicht das Abfallen ; und aus diesem Grunde glauben besonders die älteren Leute in Folge ihrer, durch langjährige Erfahrungen ge- steigerten Beobachtungskraft, dass ein ewiges An- schwellen, vor allem des Schlechten in der Welt statt- finde, während unzweifelhaft, universell genommen, das Gegentheil richtig ist. Nur ein Vorwurf des Herrn Dr. Schmidt trifft die ■ wissenschaftliche Medizin ernstlich. Wenn derselbe näm- I lieh rügt, dass unsere Anschauungen über die Wirkungs- weise der Medikamente allzu grob und lückenhaft seien, muss ihm leider zugegeben werden, dass er sich in diesem Punkte noch sehr milde ausgedrückt habe, da hier ausserordentlich verwickelte, chemische Umsetzungen in Frage stehen und selbst der Name einer, diese Ver- hältnisse aufklärenden Wissenschaft, die „therapeutische Chemie" erst vor wenigen Monaten in die Welt kam. Man ist leider auf diesem Felde noch nicht weiter! Aus diesem Grunde aber gleich die ganze, empirische Heil- mittcllchre anstatt schlechter Stellen ausmerzen zu wollen, das wäre geradeso als wenn z. B. die Socialdemokratie sagen würde: „Die Culturcentren sind verderbt; also fort mit ihnen! Wir müssen von Adam und Eva anfangen." Hierin läge eine echte, sogenannte „letzte Consequenz." Und dieselbe ist, wie meines Erachtens jede „letzte Consequenz", falsch. Denn alle unsere irdischen Naturgesetze und Wahr- heiten gelten stets nur innerhalb bestimmter Grenzen bezw. eines bestimmten Rahmens! Sobald z. B. bestimmte Temperaturen, bestimmte Stromstärken, bestimmte Drucke etc. über- bezw. unterschritten wurden, hört alle irdische Wahrheit auf! Und wer da überzeugt ist, dass auch in den geistigen Functionen, in der Sociologie etc. die grosse Natur wirksam ist, und wir nicht etwa nur Theater-Puppen an metaphysischen Drähten sind, der wird sich der Einsicht nicht verschliessen können, dass ein solches Gesetz „höherer Art" auch für die *) Auch z. B. die Serum-Theriiiiie, wenngleich sie von Mäunern wie Jenner und Piisteur herstammt und von Robort Koch weiter- gefidirt wurde, hat bis jetzt wenigstens im Weaentlicheu mit Wisseuächaft blutwenig zu thun. Sie ist zur Zeit noch nichts mehr als eine ilunklo Empirie. Die heutigen Heilsera steheu, ebenso wie die Drüsen-Extracte auf ähnlicher wissenschaftlicher Stufe, wie die mittelalterliche „Dreck-Apotheke" und die chinesischen Medicamento, was z. B. von Prof. Schweninger gelegentlich eines Vortrages auf der Berliner Gewerbe-Ausstellung öffentlich ausge- sprochen wurde. XII. Nr. 47. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 555 höheren Stufen der grossen Natur Geltung haben muss, gleich wie das Gesetz von der Erhaltung der Energie, wie überall iu unserem Naturreiche, so ebenfalls auf diesem Felde richtig ist! Und so stellen wir denn unser höheres Gesetz: Alle irdische Wahrheit ist nur innerhalb bestimmter Schranken gültig — auf eine Stufe mit dem Gesetze von der Erhaltung der Energie. Absolute irdische Wahrheiten können in Ansehung unserer, mal offen gesprochen recht jämmerlich con- struirteu 5 Sinne und des unendlich langsamen, schwer- fälligen Denkvermögens nicht erwartet werden. Und wenn wir selbst durch Apparate, wie Mikroskop, Fernrohr, Spectroskop, Galvanometer u. s. w. die Sinneswerkzeuge verbessern, dürfte offenbar z. B. das Mikroskop bereits fast am Ende der Leistungsfähigkeit sein, so dass unser Auge voraussichtlich nicht einmal die Molecüle jemals wahrnehmen wird. Auch mit dem menschlichen Denkvermögen sieht es gar bedenklich aus. Wir besitzen z. B. nicht einmal Klarheit darüber, ob unsere Forschuugs-Methodcn und Denk-Formen (Beobachtung, Experiment, Erfahrung, all- gemein logisches, allgemein mathematisches, statisches Kalkül etc. etc.) nur Special-Erscheinungen des Sonnen- planeten „Erde" sind, während bei etwaigen Bewohnern des Mars oder der Venus oder von Planeten anderer Fix- sterne die bezüglichen Apparate des Forschens, Denkens i.'anz anders functioniren könnten; wie ja sogar beim rein Materiellen, etwa in den von Helmholtz ausgesonnenen und ausgemalten S])härischeu oder pseudosphärischen Eäumen unsere irdische Naturweisheit und Erfahrung einfach nicht stimmt! Unser Wissen ist Stückwerk und unser Weissagen ist Stückwerk. Ein geistvoller Berliner Nicht -Naturforscher sagte kürzlieh, „dass die ganze Wisssenschaft eine grandiose Dichtung ist und bleiben wird."*) Alle irdischen Weisheiten beruhen doch im Letzten auf nichts Weiterem als auf Beziehungen von einem Dinge zu anderen. Verändert sich die Stellung des einen in irgend welcher Weise, so werden auch die gegenseitigen Beziehungen anders. Das ist die einfache Folgerung aus unzähligen Uebereinstimnmngcn und gilt ganz all- gemein. Doch zurück zu Herrn Dr. Schmidt. Wir bestreiten demselben durchaus nicht, ein Recht zur Behauptung, dass bei dieser oder jener Störung in einem Organismus die Naturheilkunde den besten Weg zur Gesundheit ein- schlägt. Wie findet sich Dr. Schmidt aber z. ß. mit der Thatsache ab, dass ein Mensch gegen Cholera immun sein kann, oder dass die Neger durchschnittlich gegen Malaria immun sind? Es dürften hierfür nur zwei Möglichkeiten einer Erklärung vorliegen. Erstens nämlich könnten die Parasiten eventuell bei ihrer Einwanderung in den menschlichen Körper durch die mechanische Kraft der Capillareii, welche bekanntlich auch veritable „Muskeln" zum Contrahiren haben, zerquetscht oder zweitens durch chemische Stoffe vernichtet werden. Bei der Schmierkur dürften jedenfalls die Quecksilber- kügelchen beim Passiren der Capillaren eine Druck- wirkung und mechanische Reinigung ä la Schornstein- feger bewerkstelligen. Eljcnso gehört das Ausschneiden eines Krebsgeschwüres, das allmähliche Abbinden eines Gewächses in die Klasse der mechanischen Mittel, welche dem Arzt zu Gebote stehen. Da sich aber die meisten krankhaften Störungen im Innern des Organismus abspielen, wird die mechanische Hülfe stets eine beschränkte sein, wodurch sich die An- wendung chemischer Mittel logischer Weise ergiebt; um so mehr als alles Leben mit einer ununterbrochenen Kette von chemischen Reaetionen unlöslich verknüpft ist. Die Thatsache, dass die Neger der Malaria weit grösseren Widerstand entgegensetzen als die Europäer, lässt sich selbstverständlich nur daraus verstehen, dass ihre Säfte starke, desinficirende Stoffe enthalten, in Folge deren diese intercellularen Parasiten im Negerleibe einen weniger günstigen Nährboden haben als im Körper des Euro- päers. Wenn man z. B. sieht, wie ein gesunder Neger mehrere Hände voll Zwiebeln und Pfeffer als Ingredienzien zu einer einzigen Mahlzeit ohne Störung seines Wohl- befindens verzehrt und wenn man hierbei erwägt, dass der Chemiker aus einer solchen Portion Zwiebeln und Pfeffer eine ganz gehörige Dosis scharfer Gifte heraus- ziehen kann, dürfte eine Anreicherung der Säfte des Negers an [giftigen, desinficirenden Substanzen schon allein in Folge seiner Nahrung selbstverständlich sein. Auch z. B. der Sehweiss des Negers und übrigens aller, dem Naturzustande nahe stehenden Menschen, wie etwa unserer Wasserpolaeken, beweist untrüglich, dass diese Leute auch bei öfterem Baden reich an Baldriansäure- Verbindungen sind, während im Gegensatz hierzu be- *) Dr. Julek Schultz, Psychologie der Axiome, Berlin 18;)7, Programm No. 98 S. 25. sonders unsere oberen Zehntausend durchschnittlich grosse Armuth an diesen übel riechenden Stoffen haben ; woraus jedenfalls zu sehliessen ist, dass die Säfte der, dem Naturzustande näher stehenden Mensehen sich von den_ Säften der hoch cultivirten wesentlich unterscheiden.' Ohne chemische Heilmittel kann eine vernünftige Heilkunde nicht auskommen! In der letzten Hamburger Cholera-Campagne z. B. waren die Naturärzte gerade soviel werth wie das „reine Thoreuthum". Beide zu- sammen hätten nicht vermocht, die furchtbaren Wande- rungen der Cholera rundum die Welt, wie sie vor der Geburt der ehemischen Desinfeetion und der chemischen Antiseptik an der Tagesordnung waren, aufzuhalten. Dass an der furchtbarsten aller Seuchen, der Tuberkulose, noch immer ungefähr jeder dritte Deutsche stirbt, kann selbstverständlich in erster Linie nur daran liegen, dass wir die Antiseptik der Tuberkulose noch zu wenig beherrschen, bezw. dass das Verständniss dafür noch zu wenig allgemein ist! Das Ozon der Höhenluftkurorte Davos und Görbersdorf z. B. ist, da es nämlich zweifellos das stärkste existirende Antisep- tikum vorstellt, jedenfalls ein echt chemisches Heil- mittel. Wenn Dr. Schmidt sagt: „Die Krankheit stellt einen Reinigungsprocess dar, eine Heilthätigkeit: Die Krank- heit ist der Beginn der Heilung!" und wenn er daraufhin einen Patienten mit galoppirender Schwindsucht ansieht, so dürfte er ja im Sinne eines frommen Gottesmanncs Recht haben, im Sinne eines praktischen Arztes aber, der nur für diese Welt zu helfen hat, jedenfalls nicht! Wenn ferner z. B. ein Naturarzt erkennt, dass es sich bei einer jungen Geschwulst auf der Lippe um Krebs handelt und er greift nicht zum Messer und zu desinficirenden Chemikalien, so dürfte er eine Art von Todtschläger vorstellen und vor den Staats- anwalt von Rechtswegen gehören. Wenn endlich Herr Dr. Schmidt die Heilkunde auffordert, „ein Probirsystem zu verlassen, welches die kranke Men.schheit jährlicii Millionen kostet, welches längst den Fluch der Lächer- lichkeit auf sich geladen", dürfte dieser Satz geeignet sein, die Frage aufzuwerfen, ob auch ein approbirter Naturheilkundiger ernst zu nehmen ist?? Denn wie jede neue Religion die übrigen, von ihrem neuen Standpunkte aus, als mit dem Fluch der Lächerlichkeit belastet und der schleunigsten Ausrottung würdig erachtet, genau so verfährt die neue Naturheil-Lehre. Die Art der Beweis- 556 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. XII. Nr. 47. führung ist stets die gleiche: Weil wir der begnadigten Ueberzeugung leben, dass unser Weg zum Heile der Menschheit der allein richtige ist, sind alle, die diese Ueberzeugung nicht zu thcilen vermögen, dumm oder bösartig, zum mindesten ist deren Thun lächerlich. — Selbstverständlich dürfte auch die Homöopathie für die Naturheilkunde mit dem Fluch der Lächerlichkeit beladen sein. Und doch giebt es noch immer sehr angesehene Homöopathen, und zweifellos hat diese Lehre seiner Zeit zur Reformation der Allopatliie beträchtlich beigetragen, (NB. haben die guten Homöopathen im Allgemeinen auch stets auf gutes Essen und guten Stuhlgang gehalten), zu der auch hoffentlich die Naturheilkunde beträchtlich bei- steuern wird. Aber wohl kaum wird sie in diesem Punkte die Homöopathie übertreffen, die übrigens neuerdings auch vom wissenschaftlichen Standpunkte aus Interesse be- anspruchen kann; da jiämlich die Chemiker gefunden haben, dass sehr verdünnte Lösungen chemischer Stoffe etwas ganz anderes vorstellen als concentrirte Lösungen, oder die .Stoffe selbst. Denn z. B. enthalten sehr ver- dünnte Lösungen von Kochsalz überhaupt kein Koch- salz! Dasselbe ist vielmehr in seine chemischen Bestand- theile zerfallen, deren jeder für sich allein existirt als sogenanntes „freies Jon". Demgemäss dürfte auch plau- sibel sein, dass „freie Jonen" von starken Giften, wie etwa von Arsenik, etwas ganz anderes im menschlichen ■ Körper bedeuten, als das Gift selbst, aus welchem sie " hervorgegangen sind, zumal wir auch überhaupt noch nicht alle Elemente kennen, die zum Leben des Menschen von Anfang an gehören. Kupfer z. B. ist stets im Ge- treide, der Milch etc. vorhanden und wohl auch Arsen, welches nämlich den nächsten Verwandten des Phosphors darstellt. '; Als Schluss möge noch einmal ein Citat aus dem Vorwort der Cellularpathologie vom Jahre 1854 verstattet sein. Vircbow sagt: „Mögen die Schulen (für Aerzte) unter- gehen, wie die „Systeme" untergegangen sind. . .Wir würden es als ein unglaubliches Glück für die deutsclie Medicin, ja für die Medicin überhaupt betrachten, wenn unser Werk endlich einmal den Bann löste, welchen die vielen Autoritäten um uns gelegt haben .... Unsere Zeit ist ziemlieh ernsthaft geworden : das Bedürfniss nach Ver- ständigung macht sieh überall laut, und nicht bloss die Aerzte, sondern auch das Publikum wollen etwas mehr von der Medicin erfahren als das Dogma und das Ge- zanke der Parteien. Möge es uns gelingen, den Weg der Verständigung, die Mittel zur Befriedigung angebahnt zu haben!" Die Ergebnisse einer Sommer-Reise nach Spitzbergen werden in Betreff der Mikro-FIora und -Fauna von D. J. Scourfield und D. Bryce in Proc. zool. Soc. London 1897, Pt. 3 veröffentlicht, nach Material das Dr. J. W. Gregory in der Umgebung der Advent-Bai ge- sammelt hatte. Sein Zweck war, Moose zu sammeln, von denen er 7 Arten gefunden hat: Aulaeomnium turgidum, Cyuodontium wahlenbergii, Hypnum trifarium, stellatum und uncinatum, Polytrichum juniperinum und sexangu- lare. Sphagnum fand sich wider Erwarten recht selten. Ein Theil des Mooses wurde ^rocken in Kisten nach England geschickt und dort nach mehreren Monaten auf Mikro-Organismen untersucht, von denen man sehr viel und die meisten noch lebend fand. Von Pflanzen zeigten sieh Diatomeen sehr häufig, Desmidiaceen nur in wenig Individuen aus 1 oder 2 Arten von Cosmarium. Von Thiercn waren Rhizoiioden ungemein zahlreich, dann, in absteigender Reihe: Nematoden, Rotiferen, Collembolen, Infusorien, Chaetopoden, Tardigraden, Gastrotrichen, Acarinen, Entomostraken und Insecten-Larven. Die meisten Arten waren schon aus Europa oder Nordamerika be- kannt, nur sehr wenig Arten erwiesen sich als neu. Merkwürdig war, dass viele Rhizopodcn an ihrer Schale und einige Copepoden in ihrer Gestalt Abnormitäten dar- boten. — Rhizopoden fanden sich 21 Arten, wovon keine einzige neu war. Von den nackten war Amoeba verru- cosa, im Allgemeinen Difflugia constricta am häufigsten, dann kam Nebela collaris und zuletzt Aredia artocrea in nur einem Exemplar. Von den Infusorien war Uroleptus piscis am gemeinsten. Die wenigen Gastrotrichen schienen zu Cliaetonotus zu gehören. Rotiferen waren es 26 Arten, von denen die Hälfte zur Gattung Callidina ge- hörte; keine einzige war neu. Die Tardigraden ver- schwanden während der Sannuelzeit vollständig, doch gab CS bei ihnen eine neue Art. Von Acarinen waren nur einige Oiibatiden vorhanden. Von den Copepoden ge- iiörtc eine Art zu den Harpaeticidcn, die andere war Cyclops bisetosus, von dessen 4 Exemplaren 2 abnorm waren. Von Insecten waren zwei Arten von Collembolen sehr häufig, und ausserdem fanden sich zwei oder drei Fliegcnlarvcn. — Die übrigen Gruppen wurden nicht be- stimmt. Reh. In die seither immer räthselhafte Stammesge- schiclite der Edentaten ist endlich durch amerikanische Palaeontologen (J. L. Wortman, Ueber Psittaco- therium. Bull. Amer. Mus. nat. Hist. Vol. 8, und 0. C. Marsh, Die Stylinodontia, Amer. Journ. Sc., Febr. 1897) Licht gebracht worden. — Man kennt schon längst aus dem Eocän Nord-Amerikas eine Anzahl zweifel- hafter Säugetbier-Gattungen, die man einstweilen zu den Tillodontiern stellte. Durch neue Funde vermochte J. L. Wortman ihre Zugehörigkeit festzustellen. Nach Marsh fasste er die vier Gattungen Hemiganus, Psittaco- therium, Ectoganus und Stylinodon zu der Familie der Stylinodontiden zusammen, die beiden Gattungen Co- noryctes und Onychodectes zu der der Conoryctiden, und beide Familien zu der Unterordnung Gauodonta, die er den Edentaten zuweist. Die Merkmale der ersteren Familie sind folgende: Hirnhöhle klein, Gesichtstheil des Schädels kurz, Unterkiefer kurz und massig, mit riesigem Kronen- fortsatz, Schneidezähne sich allmählich vermindernd, Eck- zähne sich vergrössernd, wobei sich der Schmelz auf die Vorderseite beschränkt; die Backenzähne haben bei den ältesten Formen getrennte Wurzeln und sind mit Schmelz bedecAt; später verschmelzen die Wurzeln und ver- schwinden zuletzt ganz, so dass die Zähne inmier wachsend werden, und der Schmelz beschränkt sich auf senkrechte Streifen, mit der Neigung, ganz zu verschwinden. Die Vordergliedniaassen werden fast identisch mit denen der Megathericn; das distale Ende des Fenuirs zeigt die Ab- plattung und der Humcruskopf die birnförmige Gestalt, die beide so charakteristisch sind für die südamerika- nischen Edentaten. Die Vordergiiedmaasseu sind kurz, massig, mit mächtigen, scharfen Klauen. Alle Knochen sind massiv, ohne Markhohle. — Die Merkmale der Cono- ryctiden sind: langer Gesichtstheil des Schädels, langer, schlanker Unterkiefer mit normalem Kronenfortsatz, Schwund der Schneidezähne, schwache Scbmelzcntwicke- lung der übrigen; Klauen klein, rund, Skelett sehr ähn- lich dem der Gürtelthierc. An der Wurzel hängen beide Familien zusammen, dann aber gehen sie auseinander, die Stylinodontiden zu den Megathericn, die Conoryctiden zu den Gürtelthieren. — Mit dem Ende des Eocäns ver- schwinden die Ganodonten aus Nordamerika und mit dem XTI. Nr. 47. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 557 Oligocän treten die südamerikanischen Edentaten auf, während die ersten nordanierikanischen Edcutaten (die Galtung- Moropus) sich erst zu Ende des Pliocäns zeigen. So kann kein Zweifel darüber bestehen, dass die Eden- taten Südamerikas aus den vor Schluss des Eocäns in diesen Continent aus Nordamerika eingewanderten Gano- dontcn entstanden sind. Nach Ansicht des Ref. haben diese Befunde ausser ihrer eigenen hohen Bedeutung noch eine solche für die Thiergeographie. Der schwerste Einwurf, den man seither gegen die Wallace-Jäger-Haacke'sche sogen. Nord- poltheorie, nach der die um den Nordpol gruppirten grossen Ländermassen die Heimath der meisten grösseren Landthiergruppen sind, erheben konnte, war, dass die südamerikanischen Edcutaten vor den nordamerikanisclien auftreten. Durch diese neuen Befunde ist auch dieser Einwurf beseitigt und die Theorie um eine Stütze reicher. Der Ursprung der altweltlichcn Zahnarmen ist nach wie vor in Dunkel gehüllt. Reh. Die Orchideeu - Wespe (Isosonia orchidaearuin Westw.) hat F. Decaux aus Neuilly-sur-Seine bei Paris seit mehreren Jahren sowohl in der Gefangenschaft als in ihrem Freileben in Treibhäusern beobachtet; er be- richtet jetzt darüber im „Naturaliste" 1897, S. 233--237 (mit Abbildungen). Da dieses Insect unseres Erachtcns in deutschen Büchern und Zeitschriften bisher nicht er- wähnt resp. genau beschrieben worden ist, geben wir im folgenden eine ausführlichere Beschreibung nach obiger Quelle. — Die Orchideenwespe gehört zur Familie der Eurytomiden, Tribus Chalcididae, und wurde 1869 von dem berühmten englischen Entomologen Prof. Westwood bcschriel)en. Sie ist schwarz, Kopf- und Halsschild sind runzelig punktirt; die Schenkel sind schwarz, Schienen und Tarsen röthlich. Das Weibchen ist 4 — 5 nun lang, die ungefleckten, stark isirirenden Flügel messen in aus- gebreitetem Zustande 6 — 7'/2 mm; die Fühler bestehen aus 10 Gliedern, das erste ist sehr gross, das zweite kurz, das dritte ringförmig, die sechs folgenden sind fast gleich lang, das letzte ist etwas länger; der Hinterleib ist glänzend, spindelförmig, scharf zugespitzt, der Hiuter- leibsstiel ist kurz (2 mm). Das Männchen unterscheidet sich durch geringere Körpergrösse; ferner sind seine Fühler länger und bestellen nur aus 9 Gliedern, die fünf mittleren Glieder sind gegen die Spitze verdickt, am Ende aber wieder ]dötzlich eingeschnürt; endlich ist der Hinter- leib beim Männchen am Ende abgerundet und durch einen viel längeren Stiel (bis 4 mm) mit dem Thorax ver- bunden. — Die Larve ist 4—5 mm lang, weiss, weich, fusslos, gekrümmt, mit 11 Körperringen (den Kopf nicht mitgezählt), nach beiden Enden zugespitzt. Die Puppe, von Decaux zuerst beschrieben, ist schmutzig weiss und in eine röthlichc Hülle eingeschlossen, sie zeigt bereits alle Theile des vollkommenen Insects. Die Chalcididen leben parasitisch in anderen Insecten, und auch von der Ürchideenwespe glaubte man anfangs dasselbe; durch die Beobachtungen und Zuchtversuciie Decaux' ist aber bestimmt erwiesen, dass die Wespe resp. ihre Larve von der Suitstanz der Orchideen lebt. Sie geht besonders an die Cattlcya- und Laelia-Arten und ist auch mit solchen 18G8 oder 1869 aus Biasilien und Mexico in E^ngland eingescideppt worden, von da hat sie sich weiter verbreitet und besonders in Frankreich schon viel Schaden angeiichtet. Die von Larven besetzten Zweige und Knollen schwellen gewöhnlich stark an und sind so leicht zu erkennen. Nach den Beobachtungen von Decaux ergiebt sich folgendes für die Eutwickelung des Schädlings. Aus den Eiern, wclclie mittelst der Legeröhre in Häufchen von 2 — 7 Stück in die Triebe und Knollen abgelegt werden, sclilüpfen nach 6 — 8 Tagen die Larven. Dieselben fressen kleine Höhlungen, die sie nach Maass- gabe ihres fortschreitenden Wachstliums erweitern, und haben nach 27 — 30 Tagen ihre volle Grösse erreicht, sodann verpuppen sie sich in diesen Höhlungen. Die Puppenruhe dauert 15 — 20 Tage, sodass die vollständige Metamorphose von der Ablage der Eier bis zum Aus- schlüpfen des vollkommenen Insects einen Zeitraum von 50—60 Tagen beansprucht. Aus dieser Zahl wie aus dem Umstände, dass Decaux zu jeder Jahreszeit Wespen gefunden hat, schliesst unser Beobachter auf vier Ge- nerationen pro Jahr. Der Schaden, den die Isosoaia orchidacarum an- richtet, kann ein ziemlich beträchtlicher werden. Die angegangenen Knollen gelangen nicht zum Blühen, und wenn mehrere Zweige der Pflanze angegriffen sind, so wird diesell)e nach und nach immer kraftloser und geht nach 1—2 Jahren ein. Die Gärtner helfen sich gegen diesen kleinen Feind, indem sie die ergriffenen Triebe und Knollen einfach abschneiden und verbrennen. Decaux hat eine Reihe von Versuchen unternommen, welche zum Zwecke hatten, die Schmarotzer zu vernichten, ohne der Pflanze zu schaden. Er ist aus Mangel an Material noch zu keinem bestimmten Endresultat gekommen, doch em- pfiehlt er, mittelst einer Pravaz'schen Spritze Schwefel- kohlenstoff in die erkrankten Pflanzentheile einzuführen, die sich entwickelnden Gase tödten die Larven und Puppen sicher ab, ohne der Pflanze nachtheilig zu werden. Zu empfehlen ist, die durch die Spritze entstandenen Löcher mit Thon oder dergl. zu verschliessen, damit die Dämpfe nicht entweichen können. Nachbemerkung des Referenten: Die Orchideen- wespe ist nach Umfrage des Ref. auch in Deutschland aufgetreten. In Hamburg und Umgegend vvussten aller- dings die befragten OrchideenzücTiter nichts von dem kleinen Feinde, dagegen ist die Wespe nach einer Mit- theilung des Heirn Gartenbaudirector Carl Lackner in Steg-litz woid in allen Orchideenculturen von Berlin und Umgegend anzutreft'en, und auch für andere Gegenden Deutschlands wird ihr Vorkommen nicht in Frage gestellt. Merkwürdigerweise findet sich hier — bei Berlin — das Insect nur auf der Cattleya labiata autumnalis, selbst wenn andere Cattleya-Arten in unmittelbarer Nähe stehen, geht es nicht auf dieselben über. Dagegen wurde nach einer Mittlieilung in „Insect Life" 1890 S. 250 die Wespe in Amerika auch auf Cattleya triauae, eldorado und gigas beobachtet. Als einziges probates Mittel gegen den Schädling giebt Lackner das Abschneiden und Vernichten der befallenen Triebe an, indess hat der Genannte die Wespe dadurch doch nicht ganz auszurotten vermocht. S. Seh. Heusclneckenplage in Südafrika. — In dem Octoberhefte des „Scottish Geographical Magazine" be- richtet F. C. Sei o US über seine eigenen Erfahrungen in Bezug auf die Heuschreckenplagen der letzten Jahre im Süden Afrikas. Seit den letzten sieben Jahren haben die Heuschrecken das ganze Land zwischen dem Cap und dem Sambesi verwüstet, der Ackerbau ist in jenen Ge- genden durch die Thiere fast unmöglich gemacht. Selous hatte daselbst im Matabelenlande 1895 ca. 20 Hectar zu 3/4 mit Mais, zu 'A mit Eucalyptus bestellt. Im darauf folgenden März, als die Maispflanzen schon eine Höhe von 1,20 m hatten und eine gute Ernte in Aussicht stand, wurde er eines Tages von den Kaffcrn auf eine in der Ferne sichtbare Wolke von Heuschrecken aufmerksam gemacht; der Schwärm kam schnell näher, und gegen 4 Ulir Nachmittags fiel er in die Maisfelder ein. Bereits 558 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. XII. Nr 47. nach zwei Stunden waren von den vielen Maispflanzen nur noch die kahlen Stengel vorhanden, die Blätter und die in der Entwickelung begriffenen Kolben waren bis auf den Grund abgefressen, ja auch manche Maisstengel waren von den fressgierigen Insecten bis auf einen Stumpf von 20 — 30 cm aufgezehrt worden. Den Abend und die Nacht hindurch blieben die Heuschrecken ruhig auf der Stätte der Zerstörung sitzen. Am folgenden Morgen aber erhoben sie sich in dichten Schaaren und Hessen sich dann auf einem benachbarten Meloncnfelde nieder; die Melonen selbst blieben unversehrt, dagegen verschwanden die Blätter und Zweige vollständig, sodass auch die Früchte bald vertrockneten. Im Jahre 1896 machte Selous eine Reise in das Amatongaland, südlich von der Delagoabai gelegen, und auch hier fand er, dass die Heuschrecken fürchterlich gehaust hatten, so dass die Eingeborenen es ganz aufgegeben hatten, den Boden zu bebauen; die zu ihrer Ernährung benöthigte Maisfrucht verschafften sie sich, indem sie solche von umherziehenden Händlern gegen ihr Vieh eintauschten. — Da die Ge- schichte lehrt, dass die Heuschrecken immer nur eine kürzere Zeit hindurch in besonders schädlicher Weise auf- treten, um dann wieder auf Jahre zu verschwinden, so nimmt Selous an, dass die gegenwärtige Plage in 1 bis 2 Jahren ihr Ende erreicht haben wird und dass die Heu- schrecken dann vor Ablauf von 20 bis 30 Jahren nicht wieder kommen werden; in der Zeit von 1872 — 1891, in welcher Selous auch schon in jener Gegend lebte, hat er nicht eine einzige Heuschrecke bemerkt. S. Seh. Die Veränderung von Salzen durch Katlioden- strahlen hat Dr. Richard Abegg vom Göttinger In- stitut für physikalische Chemie neuerdings untersucht und seine diesbezüglichen Resultate in Wiedemann's „An- nalen der Physik und Chemie" (Bd. 62, Heft 3) veröffent- licht. Gold stein hatte im Jahre 1895 die Entdeckung ge- macht, dass Alkalihaloide durch Bestrahlung mit Kathoden- licht auffällige Färbungen erleiden, wie sie die Salze unter anderen Umständen niemals annehmen. Goldstein's Zurückführung dieser Erscheinung auf rein physikalische Vorgänge wurde von E. Wiedemann und Schmidt an- gegriffen, welche die Versuche wiederholten und eine chemische Erklärung substituirten, wonach eine Zersetzung der Salze unter Bildung von Subhaloidcn erfolgen sollte. Abegg nahm nun, um diese Frage zu entscheiden, die Versuche von neuem auf. Er verwandte die Salze in möglichst fein gepulverter Form, um eine recht weit- gehende Umwandlung in den gefärbten Zustand zu erzielen. Abegg schloss mit vollem Recht, dass unter Zu- grundelegung der Wiedemann-Schmidt'schen Hypothese eine merkliche Verschlechterung des Vacuums in dem benutzten Rohr eintreten müsse, da ja durch die Bildung von Subchloriden sich freies Chlor entwickeln würde. Eine derartige Aenderung des Vacuums wurde jedoch nicht wahrgenommen, trotzdem ca. 10 gr. Salz zur Ver- wendung kamen, die so lange den Strahlen ausgesetzt worden waren, bis das ganze Pulver homogen gefärbt er- schien. Abegg constatirte, dass Kathodenstrahlen, welche durch weitgehendes Evacuiren eine Verstärkung ihrer Inten- sität erfuhren, durch ihre llitzewirkung wieder entfärbend auf die Salze wirkten, so dass diese in den ursprünglichen Zustand zurückkehrten. Schon Goldstein hatte gefunden, dass die Färbung der Salze durch Erwärmung oder bei längerer Einwirkung von Tageslicht schwinde, und dass die also entfärbten Salze bei erneuter Einwirkung von Kathoden- Strahlen wieder die verlorene Färbung zurückerhielten, so dass sieh auf diese Weise ein Wechselspiel ad inlinitnni einleiten lässt. Schon diese Rückbildung des gefärbten Salzes in ungefärbtes lässt sich mit der Wiedemann- Schmidt'schen Subchloridhypothese schwer vereinen, da sie nothwendiger Weise voraussetzen muss, dass sich neben dem Subchlorid auch freies Metall bei der Be- strahlung des Salzes abscheidet. Ferner wurde Natriumchlorid, das durch Bestrahlung braungefärbt war, in eine gesättigte Kochsalzlösung gethan und durch diese breiartige Masse im Dunkeln eine halbe Stunde lang ein Chlorstrom geleitet. Dennoch wurde weder hierdurch noch durch mehrwöchiges Stehen in der stark chlorhaltigen Flüssigkeit eine Entfärbung des Salzes erzielt. Wenn auch diese Beobachtungen schon deutlieh für die Richtigkeit der Goldstein'sehen Ansicht sprachen, so unterwarf Abegg zur Sicherstellung seiner Resultate auch noch ein besonders leicht reducirbares Chlorid der Wirkung der Kathodenstrahlen. Er wählte das Kupferchlorid, CuCl.2, das sich von seinem wohlbekannten Reductions- produkt, dem Knpferchlorür, CuCl, durch Farbe und Lös- lichkeit leicht unterscheiden lässt. Eine Bestrahlung dieses Salzes ergab keine Aenderung der tiefbraunen Farbe, und es zeigte sich auch mit Sicherheit, dass eine Chlor- entwickelung, welche sich beim CuClj sehr leicht studiren lässt, nicht stattfand. Auch einige andere Salze unterwarf Abegg dem Ein- fluss des Kathodenlichtes. Das Resultat der Arbeit weist nicht nur eine vollständige Bestätigung der Goldstein- schen Anschauungen auf, sondern auch eigenthümliche Beziehungen zwischen Kathodenstrahlen und gewöhnlichem Licht, welche Abegg folgendermaassen zusammenfasst. „Licht verändert, Kathodenstrahlen verändern: Chlor- silber, Bromsilber, Calomel; „Licht verändert nicht, Kathodeustrahlen verändern: die Alkalihaloide; „Licht verändert, Kathodenstrahlen verändern nicht: Kupferchlorür; „Licht verändert nicht, Kathodenstrahlen verändern nicht: Kupferchlorid, Kaliumsnlfat; „Ueber die Natur der durch Kathodenlicht veränderten Salze lässt sich wohl mit Sicherheit sagen, dass eine chemische Veränderung nicht vorliegt. Die physikalische Veränderung, als welche sie demnach anzusprechen wäre, ist so verschieden von anderen bekannten dieser Art, da sie nur in Hervorbringung einer Farbe und in einigen Fällen Em})tindlichkeit dieser gegen Licht besteht, dass man diese physikalischen Modifikationen vorläufig für ebenso räthselhaft ansehen wird, wie die sie hervor- rufenden Kathodenstrahlen selbst." H. Untersuchungen Ueber die beiden Methyltrichlor- purine hat Emil Fischer angestellt und die Resultate in den Ber. Deutsch. Cheni. Ges. 30, 1846 raitgetheilt. Wie ältere Arbeiten des Verfassers klar gestellt haben, verlieren die beiden Methyltrichlorpurine von der Structurformel: N C • Cl N=C • Cl Cl-C N C-N Cl-C sCCl C • N • CH, C . N • CH3 II tl >c • Cl N • C • N a Methyltrichlorpurin ß Metliyltrichlorpurin oder 9-Methyltrichlorpurin*) oder 7-Methyltrichlorpurin * Nacli Kmil Fischer sind die 1) Glieder des Piiriidcenis wie folgt zu immui-iren : i m o r 2 C 5 C-N 7 I I r;r^8 3 N — C-N 9 4 XII. Nr. 47. N aturwissenschaftliche Wochenschrift. 559 beim Erwärmen mit starker Salzsäure zunächst das in Stellung 8 befiudlicbe Halogen und liefern das ent- sprechende Methyloxydicblorpurin. Einwirkung von alko- holiscliein Kali bei niederer Temperatur liewirkt bei beiden Körperu Austausch des in Stellung 8 betindlieben Chlors durch Aethoxyl; bei höherer Temperatur ent- stehen Diälhoxy Verbindungen, und zwar wird beim 7-Methyltrichlorpurin bestimmt, bei der isomeren Ver- bindung höchst wahrscheinlich die Stellung 6 durch die Aethoxylgruppe besetzt. Wässriges Alkali eliminirt schon liei gewöhnlicher Temperatur das in Stellung 8 betindliche Chlor der 7-Methylverbindung, während es mit Ü-Methyltrichlorpurin erst bei höherer Temperatur reagirt, wobei hauptsächlich 9-Methyl-8-oxydichlorpurin entstellt. Lässt man Ammoniak auf 7-Methyltrichlorpurin ein- wirken, so wird besonders leicht ein Chloratom, ver- muthlich das in Stellung 8 befindliche, gegen die Amino- gruppe ausgetauscht, wogegen die noch nicht genügend studirte Wechselwirkung zwischen Ammoniak und 9-Methyltrichlorpurin schwieriger erfolgt. Verhalten des 7-Methyltrichlorpurins gegen Alkalien. Schuttelt man 1 gr des Körpers anhaltend mit 10 ccm Normalkalilauge, so löst er sich nach drei Stunden völlig; die erhaltene Lösung liefert beim An- säuern krystallinisches 7-Methyl-8-oxy 2 • 6-dichlorpurin, das leicht identificirt werden konnte. Bei 100" geht die Einwirkung der Kalilauge ungleich schneller von Statten, führt indessen zu keinem einheitlichen Produkt. Alko- holisches Kali tauscht schon bei 0" das Chloratom der Stellung 8 gegen Aethoxyl aus und führt bei 35 •> einen Ersatz beider Chloratome durch Aethoxyl herbei. 7-Methyl-8-aethoxy-2 • 6-dichlorpurin N=CC1 - I I CIC C • N • CH3 II II >C • OC2H5 N C-N 2 gr 7-Methyltrichlorpurin werden in 300 ccm Alkohol in der Wärme gelöst, auf 3" abgekühlt und mit 10 ccm alkoholischer Kalilauge, die 7 pCt. Kaliumhydroxyd ent- hält, versetzt; es entsteht sofort ein Niederschlag aus und Zusatz von Wasser umkrystallisirt, sie löst sich leichtesten am feinen Nadeln, der durch Kühlung vermehrt werden kann. Aus Alkohol schmilzt die Substanz bei 181 — 182"; schwer in heissem Wasser und Alkohol, in heissem Eisessig. Der üebergang der Verbindung in 7-Methyl-8-oxy- 2 • 6-dichlorpurin beim Erwärmen mit Salzsäure und die weitere Umwandlung in das Eingangs erwähnte 7-9-Dime- thyl-8-oxydichlorpurin und das Dimethyloxydiaethoxypurin beweist, dass die Aethoxygruppe sich in Stellung 8 befindet. 7-Methyl-6 • 8-diaethoxy-2-chlorpurin. Man kann diese Verbindung entweder aus der vor- hergehenden oder aber am besten direct aus 7-Methyl- trichlorpurin durch alkoholisches Kali bei höherer Tem- peratur gewinnen. Das zur Reinigung einmal aus Alkohol, dann aus Essigäther umkrystallisirte Product zeigt den Schmelzpunkt 194 — 195*', löst sich schwer in siedendem Alkohol, leichter in Chloroform und Eisessig und verliert beim Erwärmen mit 24 Gewichtstheilen Salzsäure (s ^ 1 • 19) zunächst ein Aethyl unter Bildung von 7-Methyloxyaethoxyehlorpurin, das, aus heissem Alkohol umkrystallisirt, den Schmelz- punkt 260 — 261" besitzt, in heissem Wasser äusserst schwer, leichter in heissem Alkohol und Aceton löslich ist. 7-Methyl-6 • 8-dioxypurin HN — CO I I HC C • N • CH., r II >co N — C • NH Löst man gepulvertes 7-Methyldiaetlioxyehlorpurin in der zehnfachen Gewichtsmenge Jodwasserstofisäure (s ^ 1 . 96) bei gewöhnliclier Temperatur und fügt unter Agitiren gepulvertes Jodphosphonium bis zur Entfärbung hinzu, so resultirt nach drei Standen eine Lösung, die beim Verdampfen das Jodhydrat des Methyldioxypurins als schön krystallisirte Masse hinteriässt; löst man die- selbe dann in heissem, verdünnten Ammoniak, verdampft die erhaltene Lösung zur Zerlegung der Ammoniaksalze und laugt den Rückstand mit kaltem Wasser aus, so bleibt das Methyldioxypurin als farblose, körnige Masse zurück. Aus heissem Wasser, dem wenige Tropfen Salz- säure zugesetzt sind, krystallisirt das Product in schräg abgeschnittenen Platten oder Säulen, die in 80 Theilcn heissem Wasser, leichter in kochendem Eisessig, ungemein schwer in heissem Alkohol löslich sind. Aus stark salz- saurer wässriger Lösung scheidet sich das Hydrochlorat in kleinen Nadeln ab, während Salpetersäure selbst bei gewöhnlicher Temperatur Oxydation hervorruft. Vom Xanthin und seinen Homologen unterscheidet sich dieses Methyldioxypurin äusserst scharf, denn es liefert bei der Einwirkung von Chlor kein AUoxan und zeigt keine Murexidreaction. Die Structur der Verbindung ergab sich bei der Methylirung, die zu einem Trimethyldioxypurin führt. Zwei mit dem Cafiein isomere Triraethyldioxypurine. Entstehen durch Methylirung des a und /i-Dimethyl- dioxypurins. Durch Reduction des aus 3 • 7-Dimethyl- harnsäure bereiteten Dimethyldioxyehlorpurins entsteht /f-Dimethyldioxypurin; aus der Synthese des Theobro- mius aber folgt für das Dimethyldioxychlorpurin die Structurformel : N=C ■ Ci oc -N • CH3 ^CO -NH CH;, . N— Mithin ergiebt sich für das /J-Dimethyldioxypuriu und das entsprechende Trimethyldioxypurin die Structur: N^=CH N-=CH OC C— N . CH3 OC II ^co I CH3 • N — C— NH CH3 . N 3- 7-Dimethyl-2 -S-dioxypuriu C— N • CH3 1 >^^ C— N . CH, 3-7-9Trimethyl-2.8- dioxypurin Wie nun erwiesen ist, haben die beiden isomeren a Verbindungen ein Sauerstoft'atom in Stellung 8, so dass für sie nur die folgenden Formeln in Betracht kommen : H • N CO H -C CH, • N^CO C— N • CH3 II I >co N C— N . CH3 7 • 9-Dimethyl-6 -8- 1-7 dioxypurin Da nun weiter das 1 • 7 purin durch Methylirung des 7-Methyl-6 • 8-dioxypurins entsteht, ist dessen Structm- gleichfalls erschlossen. CH C-N-CHa I II >co N C— N • CHj 9-Tnmethyl-6 • 8- dioxypurin 9 Trimethyl-6 • 8-dioxy- 560 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. XII. Nr. 47 1 • 7 • 9 Trimethyl-6 • 8 • dioxypurin Zur Darstellung- dieser Verbindung löst mau 1 gr 7 • 9-Diuietliyl-6 • S-dioxypuriu (a-Diniethyldioxypurin) in 5,6 ccra Normal-Kalilauge, fügt 1 gr Jodmethyl hinzu und erwärmt das Gemisch unter Schütteln 1 Stunde auf 100*^; die entstandene, klare Lösung wird zur Trockene gedampft und der Rückstand wiederholt mit heissem Chloroform erschöpft. Das beim Verdampfen des Chloro- forms hinterbleibende Product krystallisirt aus heissem Alkohol in feinen Nadeln, die bei 229-230" schmelzen und sich leicht in heissem Wasser lösen. Vom Catfein, dem die Base ungemein ähnelt, unterscheidet sie sich durch ihr Verhalten gegen Ciilorwasser, denn sie zeigt, damit behandelt, keine Murexidreaction. In ähnlicher Weise lässt sich das 1 • 7 • 9 Trimethyl- 6 • 8-dioxypurin auch aus dem 7 Methyl -6 • 8-dioxypurin gewinnen. 3 • 7 • 9-Trimethyl-2 • S-dioxypuriu. Dieser Körper entsteht unter analogen Bedingungen wie der zuvor beschriebene, aus 3 • 7-Dimethyl-2 • 8- dioxypurin (/S-Dioxydimethylpurin); er krystallisirt aus heissem Alkohol in schönen Nadeln und unterscheidet sich durch höhereu Schmelzpunkt (247") wie grössere Löslichkeit in Wasser von der vorhergehenden Ver- bindung. Die Murexidprobe versagt auch hier. Verhalten des 9-Methyltrichlorpurins gegen Alkalien. Die Einwirkung wässrigen Alkalis verläuft wenig glatt und führt in der Hitze zu einem Gemisch ver- schiedener Körper, leichter und besser wirkt alkoholische ein, sie leitet in der Kälte zu Kalilauge 9-Methyl-8-aethoxy-2 • 6-dichlorpurin N==C . Cl Cl . C C— N It II >C • 0C,H5 N C-N- CH3 Löst man 9-Methyltrichlorpurin in Alkohol, kühlt ab und fügt alkoholische Kalilauge hinzu, so scheidet sich Chlorkalium ab, und nach einer halben Stunde ist die Reaction beendet. Man versetzt mit Wasser, übersättigt mit Essigsäure und verdampft den Alkohol im Vacuum, wobei sich die Aethoxyvcrbindung krystalliuisch ab- scheidet. Starke Salzsäure führt die Substanz in das bekannte 9-Methyl-8-oxydichlor))urin vom Schmelzpunkt 274" über. Zur weiteren Idcntiticirung dient ihr Ueber- gang in 7 ■ 9-Dimethyl-8-oxy-2 • ö-dichloi'purin beim Er- hitzen mit Normalkalilauge und Jodmethyl. 9-Methyldiaethoxychlorpurin. Entsteht beim Kochen der vorhergehenden Ver- bindung und ist des Ferneren direct aus 9-MethyltrichIor- purin zugänglich; es krystallisirt aus heissem Alkohol in feinen, farblosen Nadeln vom Schmelzpunkt 147—148". Aminoderivate des 7-Methylpurins. 7-Methyl-8-araino-2 ■ 6-C • NH3 ■ ■ N C-N Durch Reduction der vorhergehenden Verbindung mittels der zehnfachen Gewichtsmenge Jodwasserstoffsäure (s ^ 1 • 96) in der Wärme und Zusatz von Jodphos- phonium gewinnt man das Jodhydrat der Base. Löst man dasselbe in Wasser und versetzt mit Ammoniak, so erhält man das freie 7 Methyl 8-aminopurin, das aus viel heissem Wasser in derben, glänzenden, prisniatischen Krystallen ausfällt. Das Hydrochlorat krystallisirt in Nadeln, das Nitrat in knollenartigen Gebilden, das Auro- chlorat in gelben Spiessen oder wetzsteinförmigen Krystallen und das Chlorplatinat in gelbrothen Nadeln. 7-Methyl-8 amino-2 • 6-dioxypurin. HN — CO I I CO C— N • CH, I! >-C • NH., HN C— N. Entsteht zunächst als salzsaure Verbindung beim Er- hitzen von feingepulvertem 7-Methyl-animodiohlorpurin mit der 40 fachen Menge Salzsäure (s = 1 • 19) im geschlossenen Rohr. Löst man das Salz in warmer, verdünnter Natron- lauge, übersättigt mit Essigsäure und erhitzt zum Sieden, so erhält man die Base als farbloses, krystallinisches Pulver, das Murexidieaction zeigt. Das Sulfat krystalli- sirt in feinen, biegsamen, das Hydrochlorat in sternförmig verwachsenen Nadeln; ausserdem existirt eine Natrium- verbindung, die über Schwefelsäure getrocknet, die Zu- sammensetzung: besitzt. C.H.NjO.Na + 2H,0 Dr. A. Sp. Die Eisgrenze zwisclieii Grönland— Island— Spitz- bergen behandelt Carl Ryder („Isforholdene i. Nord- havet", 1877-1892. Särtryk af Tidsskrift for Söväsen. Kopenhagen 1896). Die Annalcn der Hydrographie und maritimen Meteorologie (Berlin 1897, S. 3l3tf.) äussern sich in Wiedergabe der Ryder'schcn Abhandlung u. A. wie folgt. — Nachdem die sonnnorlichen Touristenfahrten nach Spitzbergen bereits zu einer stehenden Einrichtung geworden sind und ähnliche Fahrten nach Island und Grönland auch deutscherseits schon geplant werden, ist eine üebersicht über die Eisverhältnissc dieser Gegenden wohl angebracht, umsomchr, als auch vom rein geo- graphischen Standi)unkte aus näiierc Angaben einerseits über die Verschiebungen der Eisgrenze innerhalb eines Jahres und andererseits über die Verschiedenheiten der einzelnen Jahrgänge in dieser Beziehung erwünscht sind. Unsere grossen Atlanten gelien für diese Gegend nur die natürlich ganz unmaassgeblichcn Erfahrungen eines ein- zelnen Jaln-es wieder; so sind z. B. auf der schönen Berghausschen Nordpolarkarte in Stielers Haiulatlas die Eisgrenzen des Jahres 1876 eingetragen. Nun hat kürzlich der dänische Marineofficier C. Ryder, welcher sich durch seine ostgrönländische Expedition an Bord der „Hekla" (1891 bis 1892) einen vorzügliciien Ruf gesichert hat, die Eisverhältnisse des „Europäischen Nordnieeres", das will sagen, der Gewässer zwischen Südgrönland — Island — Spitzbergen, auf Grund XII. Nr. 47. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 561 der Erfahrung-eu in den Jahren 1877 bis 1892 behandelt; es ist dies ein Zeitraum, der eine befriedig-ende, wenn auch noch nicht durchweg- genügende Grundhige schaft't. Ryder besjiricht die Eisverhältnisse von Angmagsalik an der Südostküste Grönlands bis nach Spitzbergen hinauf; ungefähr in der Jlitte des Gebietes liegt das einsame Jan Mayen. Island selbst kommt weniger in Betracht, es wird auf Thoroddsen hingewiesen. Im März beginnt in diesen Gegenden langsam die Schiffahrt, zunächst seitens der Walfänger; mit Ende Juli aber ist das Eis in den meisten Fällen soweit zurück- gewichen, dass es für die Schiff'ahrt nach den meist besueliten Küsten seine gefährliche ISedculung verloren hat. Beginnen wir im Süden, so hält in den ersten Monaten des Jahres die Eisgrenze im südlichen Theil der Däneniark-Strasse eine West — Ostrichtung ein, erst etwa 65" N-Br folgend, zuletzt aber nach NO zum Kap Nord auf Island aufbiegend, so dass also die Westküste Islands zwar eisfrei bleibt, aber doch das Eis nahe hat. An der grönländischen Küste ist die Eisbarriere am sclimalsten meist in der Gegend von Angniagsalik. Von Kap Nord an geht die Eisgrenze weiter in Süd- ostrichtung ausserhalb der Skagestrands-Bucht und folgt dann der isländischen Nordküste ungefähr bis Melrakke, und zwar in einem Abstand von der Küste, welcher in den verschiedenen Jahren sehr verschieden ist. Von Is- land aus verläuft die Eiskante nach NO, östlich von Jan Mayen vorbei in 40 bis 60 Sm. Abstand und schneidet den Grecnwieher Meridian unter 71" bis 72" Breite. Zwischen 72" und 74" Breite bildet sich meist eine cliarakteristische Spitze im Verlauf der Eisgrenze aus, eine Art vorgeschobener Posten, welcher am weitesten ostwärts dringt, bis 0" und 5" 0-Lg. Von da an zieht sich die Eisgrenze wieder etwas zurück, erst in Nord- nordwestriehtung, dann in Nordrichtung, bis ziemlieh 78" N-Br erreicht wird, wo dann das Eis ost- und süd- ostwärts hinüber bis zu Spitzbergens Westküste sich er- streckt. Auch im Mai ist der Verlauf dieser Eisgrenze im Grundzug noch derselbe, nur liegt die Grenze durch- schnittlich etwas weiter westlich, so dass Jan Mayen in vielen Jahren schon um diese Zeit erreicht werden kann. Andererseits ist freilich gerade im Mai das Vordringen nach Osten manchmal am bedeutendsten, wie die Karte zeigt; in den Jahren 18S2 und 1891 lag Jan Mayen etwa 180 Sm. innerhalb des Eisgürtels. Unter dem Eintluss der verschiedenen Winde kann sich die Eisgrenze auch in demselben Jahre schnell verschieben, aber gross sind diese Unterschiede nicht. Im Juni beginnt der entschiedene Rückzug des Eises in westlicher Richtung, wenigstens zwischen Island und Spitzbergen, und zwar mit zunehmender Geschwindigkeit, so dass im Juli die mittlere Grenze schon westlich von Jan Mayen liegt. Es beträgt demgemäss auf 70" N-Br. die Verschiebung des Eises in der Richtung Ost — West vom März bis Ende Juli mindestens 200 Sm, bis Ende August, Anfang Sep- tember etwa 250 Sm: zu letzterer Zeit hat der grön- ländische Eisgürtel seine geringste Breite. Bemerkenswerth ist dabei, dass in der eigentlichen Dänemark-Strasse die im Laufe des Jahres eintretenden Schwankungen der Lage der Eiskante ungleich geringer sind als nördlich von Island; am südlichen Ausgange der Strasse, auf der Höhe von Angmagsalik, hat man jedoch am Ende des Sommers fast freies Wasser oder nur eine ganz schmale Eisbarri^re, welche von Dampfern stets forcirt werden dürfte. Was dann die Eisverhältnisse speciell Islands an- langt, so beschränkt sich Ryder unter Hinweis auf Thoroddsens und Wandels Arbeiten im Wesentlichen auf folgende Bemerkungen und Zusätze. Kommt das Eis bis an Land, so geschieht dies ge- wöhnlich in den ersten Monaten des Jahres meistens mit nördlichen Winden. Es erscheint dann an der NordkUste zu gleicher Zeit bei Kap Nord, Grimsey und Langenaes. Es treibt mit dem Strom längs der Küste nach Osten und Süden, in Zungenform meist bis zum Berufjord reichend; in einzelnen Jahren kommt es sogar nocli weiter, nämlich (von Osten her) längs der Südküste bis Reykjanacs. Von den 16 Jahren des Zeitraumes 1877 bis 1892 sind fünf, in denen das Eis nicht erschien; in zwei Jahren war es nur bei Kap Nord, in zwei anderen lag es an der ganzen Nordküste bis Langenaes und Melrakke; vier andere Jahre führten es bis Berufjord, ein Jahr bis Ingolfshöfde, und 1881 und 1882 konnte es sogar bis Reykjanaes beobachtet werden. — Fragt man nach den ursächlichen Factoren, welche die Lage der Eisgrenze auf der ganzen Strecke von Südgrönland bis Spitzbergen bedingen, so sind nach Ryder besonders die Strömungen maassgebend; dabei wird von dem durch Mohn 1885 näher dargelegten Schema der Wasserbewegungen im Europäischen Nordraeer ausgegangen. Der von Norwegens Nordküste zur Bären- Insel und der Westküste Spitzbergens setzende Warmwasser- strom hält erstens die letztgenannte Küste eisfrei und be- wirkt durch sein allmähliches Umbiegen nach Westen das Zurücktreten der Eisgrenze nördlich von 74" N-Br, so dass nördlich von etwa 75" N-Br. die unter den Wal- fängern bekannte „Nordbucht" entsteht, wo man die vergleichsweise grösste Chance hat, zur grönländischen Küste zu gelangen, eine Stelle, welche Clavering 1823, Koldewey und Hegemann 1869, endlich Ryder 1891, meist mit Erfolg, benutzt haben. Der vorgeschobene Eisposten auf rund 74" N-Br. wird dagegen durch den Polarstrom gebildet; derselbe setzt, um den Wasserkreislauf zu scbliessen, dessen Centrum man in ungefähr 76" N-Br. und 5" 0-Lg. sich zu denken hat, hier offenbar nach Süden und Südosten; besonders im Frühjahr ist der Knick im Verlaufe der Eisgrenze scharf. In der Dänemark-Strasse herrscht der Polarstrom auch im Sommer fast allein, darum ist hier auch die jahreszeitliche Verschiebung der Eiskante so unbedeutend. In der ßeschaft'enheit des Eises besteht auch ein er- heblicher Unterschied zwischen der Gegend nördlich und südlich von der engsten Stelle der Dänemark-Strasse. Nördlich von Island sind die Eisfelder in der Regel sehr gross, sobald man erst einmal einige Meilen in den Pack eingedrungen ist, wo der Seegang nicht mehr zerstörend wirkt. Die Dimensionen nehmen mit der geographischen Breite und mit der Annäherung an Land zu, es finden sieh Eisfelder von mehreren Quadratmeilen (□ geogr. Meilen) Areal. Zwischen diesen gewaltigen Feldern sind andererseits auch Wacken, offene Stellen von etwa gleicher Grösse, möglich. In der Dänemark-Strasse aber kommt das Eis nur in relativ kleineren Stücken vor; es hat grösstentheils schon eine lange Reise hinter sich und ist der vernichtenden Einwirkung der Lufttemperatur und des Seeganges schon lange ausgesetzt. Weder beim Ansegeln noch beim Verlassen von Angmagsalik fand Ryder 1892 Eis- felder, die einen Durchmesser von mehr als etwa 60 m gehabt hätten; es war dies freilieh im September, wo die Sehollen am kleinsten sind. Irgend eine regelmässige Periodicität in den Eis- verhältnissen dieses Gebietes lässt sich auf Grund der behandelten Jahrgänge nicht angeben; wenn eine solche vor- handen sein sollte, so müssten jedenfalls die Beobachtungen 562 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. XII. Nr. 47. viel reichlicher vorliegen, um sie ausfindig zu machen. Es sind auch ausserdem in einem und demselben Jahre die Verhältnisse auf den verschiedenen Theilen der be- sprochenen Eisgrenze manchmal durchaus verschieden. Wenn z. B. Island für lange Zeit im Norden und Osten von Eis blockirt ist, so ist damit nicht gesagt, dass auf der Strecke Island — Spitzbergen viel Eis sein müsse; die Jahre 1887 und 1888 können dafür als Beispiel dienen. Umgekehrt können ziemlich bedeutende Eismassen zwischen Jan Mayen und Island lagern, ohne doch Island selbst in Mitleidenschaft zu ziehen; so im Jahre 1883. Immerhin wird als Regel gelten dürfen, dass schwere Eisjahre auf der nördlichen Strecke sieh auf Island ebenfalls geltend machen, wie die Jahre 1881 und 1882 Percival Lowell und die Venus-Rotatiou. — Zu der unter diesem Titel in No. 43 veröflentlichten inter- essanten Studie erlaube ich mir nachstehende Berichti- gungen und Ergänzungen mitzutheilen: Zunächst soll das Datum in der letzten Spalte richtig „24. März 1897" heissen: dann sei bemerkt — was Herr Hnatek allerdings nicht wissen konnte — dass ich gerade heuer die Venus unter den günstigsten atmo.sphärischen Verhältnissen beob- achten und gegen 60 Zeichnungen aufnehmen konnte, welche insgesammt die schnelle Rotation der Venus ausser alle Frage stellen. Das Gesammtresultat wird mit den noch 1898 zu machenden Beobachtungen und einer kritischen Beleuchtung fremder Beobachtungen (denn auch aus den Zeichnungen der Anhänger der siebenmonatliehen Rotationsperiode lässt sich deren Unmöglichkeit nachweisen!) Anfang 1899 von der Akademie der Wissenschaften veröffentlicht werden. Ferner hat Herr Hnatek in der Reihe der mit mir übereinstimmenden Beobachter die Herren VilHger, Stan- ley Williams, Niesten, Stuyvaert, Hilliger und Antoniadi vergessen. Eudlich sei darauf hingewiesen, dass die auf den ersteu Blick blendenden Erfolge Lowell's bez. Mars bei genauer Untersuchung ihren Schimmer ganz ein- büssen. Ich habe, um die Lowell'sehe Hypothese und die Beobachtungen, auf welche sie sich stützt, zu prüfen, die Marsbeobachtungen im Vorjahre viele Monate früher begonnen, als irgend ein anderer Astronom und wurde da- durch in die Möglichkeit versetzt, zu sehen, dass von Allem, was Lowell zur Stütze seiner Hypothese behauptet hatte, gerade das Gegentheil eintraf. Auf diese Weise konnte ich seine Hypothese mit Leichtigkeit ad absurdum führen und gleichzeitig über die wahre Be- schatfenheit der Mars-Oberfläche neue Anhaltspunkte ge- winnen, durch die sich alle beobachteten Phänomene, selbst die Verdoppelung der Canäle auf die ein- fachste und natürlichste Weise erkläreu. Das reine Ei des Columbus! Und was Lowell's „äusserst interessante" Marskartc betrifft, so genüge der Hinweis, dass ich nicht nur fast Alles so sah, wie Schiajjarelli (mit geringen Abweichungen) — entgegen der LowelFschen Karte — sondern obendrein G8 Canäle entdecken konnte, welche weder Schiaparelli noch Lowell sahen (von denen sich aber 20 auch auf Zeichnungen des Landsstuhler Astronomen Fauth finden), während von den vielen neuen Canälen der LoweH'schen Karte nur 12 wirklich gesehen werden konnten. Das Resultat meiner Beobachtungen wird um Neujahr herum von der Kgl. preussischen Akademie der Wissenschaften veröffentlicht werden, ihre Schlüsse und Erläuterungen aber gleichzeitig in den Spalten dieser Zeitschrift. Ucl)rigens sei noch erwähnt, dass Lowell seinen 18-Zülligen Brashear-Refractor nur auf den Mars 1894—95 verwendete, denn seit 1896 besitzt er einen Clark 21-Zöller, mit dem es nicht ganz richtig zu sein scheint, da er nicht nur Merkur, Venus und die Jupitermonde III und IV gleichmässig als „chinesische ]\Iünzen'- darstellt, sondern auch den sieben Beobachtern des Lowell-Observatory statt des wahren Sirius-Begleiters (den uns unser Reinfelder 7- Zöller zwölf Mal zu messen gestattete) — ein falsches Reflexbild zeigte! Leo Brenner. Aus dem wissenschaftlichen Leben. Ernannt wurden: Der Privatdocent der Augenheilkunde in Berlin Dr. Eichard Greeff zum leitenden Arzt der Abtheilung für Augenkranke an der Charite daselbst; der Director der agri- culturcheniischen Versuchs- und Controllstation der Landwirth- schaftskammer für die Provinz Schlesien in Breslau Dr. Bernhard Schulze zum Professor; der Docent an der technischen Hoch- schule zu Aacheu Dr. Borchers zum Professor. Berufen wurden: Der Director der agriculturchemischen Ver- suchsanstalt in Bonn Prof. Dr. Stutzer als Professor für Agri- culturehemie nach Breslau; der Privatdocent in Würzburg Dr. Robert Geigel als Professor für Physik und Vermessungskunde an die Forstlehi anstalt in Aschaffenburg. Niedergelegt hat sein Lehramt: Der ausserordentliche Pro- fessor der Histologie in Jena Dr. Richard Semon. Es starben: Der ordentliche Professor der Mathematik in Güttingen Geh. Reg.-Rath Dr. Ernst Schering; der Assistent an der deutschen Seewarte Kapitain Karl Hin rieh Seemann; der Geologe James Heywood; der Director der königlichen Garten und Waldungen " auf Mauritius William Scott; der Professor der Pathologie in Cambridge C. S. Roy. L i 1 1 e r a t u r. Prof. Dr. Eduard Strasburger, Das kleine botanische Practi- cum für Anfänger. Anleitung zum Selbst.«tudium der mikro- skopisclien Botanik und Einführung in die mikroskopische Technik. 3. nmgearb. Autl. Mit 121 Holzschnitten. Gustav Fischer. Jena 1897. — Preis 6 Mk. Die zweite Auflage wurde in der „ Natur w. Wochenschrift" Bd. VIII (1893) S. 502 besprochen; wir fügen dem dort Gesagten hinzu, dass A'erf sich in den letzten vier Jahren, seit dem Er- scheinen der zweiten Auflage bemüht hat, neue Erfahrungen zu verwerthen. Die Zahl der ,,Pensen" hat Verf. auf 32 beschränkt, da es für jeden Lernenden sicher besser sei. dass er weniger Beispiele gründlich, als eine grössere Zahl oberflächlich kennen lerne. Bei dem Interesse, das ja nicht nur von Botanikern der Bacterienkunde entgegengebracht wird, sei darauf aufmerksam gemacht, dass ein Pensum „als Vorbereitung, die immerhin aus- reichen dürfte, um den Anfängei zu weiterer selbständiger Arbeit zu befähigen" sich mit den Bacterien beschäftigt, die so wie so als botanische Objecte nicht übergangen werden durften. Karl Kannenberg, Prem.-Lieut. im Thüring. Feld-Artillerie- Regiment Nr. 19, Kleinasiens Naturschätze, seine wichtigsten Thiere, KulturpÜauzen und Mineralschätze, vom wirthscliaft- lichen und kulturgeschichtlichen Standpunkt. Mit Beiträgen von Prem.-Lieut. " Schäffer. Mit XXXI Vollbildern und 11 Plänen. Verlag von Gebrüder Borntraeger in Berlin. — Preis gebunden 14 Mk. Die Türken — sagt Verf. im Vorwort — sind die Deutschen des Orients, wie die Griechen die Franzosen des Orients. Das zeigt sich nicht nur durch die Thatsache, dass die Deutschen sich trotz des Religionsunterschiedes vielmehr zu den Türken hin- gezogen fühlen als zu den Griechen, während mit den letzteren mehr die Franzosen sympathisiren, das hat sich vor Allem auch durch den letzten griechisch-türkischen Krieg gezeigt. Die, welche im Kriege mit Griechenland die Schlachten ge- schlagen und die Siege erfochten haben, sind in erster Linie kleinasiatischo Hirten und Bauern gewesen; sie, die den türkischen Typus noch am unverfälschtesten und reinsten bewahrt haben, bilden den Kern und den zuverlässigsten Theil des türkischen Heeres, wie ihr schönes Land jetzt unbedingt das wichtigste Glieil des türkischen Staates ist. Mit dem „rettenden Boot eines sinken- den Schiffes" hat Verfasser es einmal verglichen, weil nach ihm seit langen Jahren aus den gefährdeten Grenzen des Reiches türkische Flüchtlinge (Muhadjyrs) zusammenströmen — nun hat CS das ganze SchiÖ vom Untergange gerettet! Dieses Land, seine Bewohner und vor Allem seinen Natur- reichthum soll das vorliegende Buch dem Leser vor Augen führen. Nach einer kurzen Einleitung beschäftigt sich Verf. zunächst mit dem Thierleben, sodann und zwar besonders ausführlich mit den wichtigsten Culturpflanzen Kleinasiens (auf S. 79 — 185, wäh- XII. Nr. 47. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. .o(j3 rend das ganze Buch incl. Register 278 Seiten umfasst). Ein 3. Abschnitt ist „Kleinasiens wichtige Mineralschätzo" übei-- schrieben, und ein Anhang bringt das wichtigste über Boden- gestaltung und Gewässer. Die guten, nach photographischen Auf- nahmen direct hergestellten Abbildungen sind wohl geeignet, zu- sammen mit dem Text den Charakter des Landes gut zu veran- scliaulichen und auch die naturwissenschaftlichen Angaben sind zuverlässig, hat doch den ersten Theil der bekannte Zoologe Prof. Dr. IVIarshall (Leipzig), den botanischen Abschnitt der ver- diente und stets so bereitwillig Unterstützung gewährende Prof. P. Ascherson (Berlin), den dritten Theil endlieh Prof. Link (Jena) durchgesehen. Die Gesammtdurchsicht und Vervollständigung in türkisch-sprachlicher Hinsicht hat Dr. Stumme (Leipzig) besorgt. Prof. Dr. S. Graetz, Kurzer Abriss der Elektricität. Mit 143 Abb. J. Engelhorn in Stuttgart. 1897. — Preis gebunden 3 Mk. Das Buch (183 Seiten) bietet eine kurze, zusammenhängende, gute Uebersicht unserer wichtigsten Kenntnisse von der Elektrici- tät und ihrer Anwendungen; es ist gewissermaasseu ein Extraet aus dem grossen Werk des Verfassers, dessen 6. Auflage S. 167 des vorliegenden Bandes der „Naturw. Wochenschr." besprochen wurde, nur dass es sicli in der Anlage und im Ziel von diesem unterscheidet und daher nicht als blosser zusammengestrichener Auszug erscheint. Im Gegentheil, die Wege, die beide Werke verfolgen, sind ganz verschiedene, so geht das vorliegende von den elektrischen Strömen aus, während das umfangreichere Buch wie üblich von den elektrischen Anziehungs- und Aljstossungs- erscheinungen ausgeht. Der Versuch in der vorliegenden Schrift, die elektrischen Erscheinungen immer als Bewegungs- oder Zu- ■standserscheinungen des Aethers anzusehen, wird sie Vielen besonders interessant machen. Prof. J. Violle, Lehrbuch, der Physik. Deutsche Ausgabe von E. Gumlich, W. Jaeger, St. Lind eck. 2. Theil: Akustik und Optik. 2. Band. Geometrische Optik. Mit 270 Abbild. Julius Springer. Berlin 1897. — Preis 8 Mk. Zuletzt haben wir in Band IX (1894) S. 51 bei Gelegenheit der Anzeige des ersten Bandes vom 2. Theil Kenntuiss von dem Werke Violle's gegeben: Das Buch bleibt eines der besten, zeit- gemässesten physikalischen Compendien, die wir besitzen. Der vorliegende Band beschäftigt sich also mit der „geometrischen" Optik, d. h. mit der Besprechung derjenigen Thatsachen, die sich ohne jede Hypothese über die Natur des Lichts, nur mit Hülfe einfacher geometrischer Betrachtungen behandeln lassen, im Gegen- satz zur „physikalischen" Optik, welche diejenigen Erscheinungen methodisch behandelt, die zu ihrer Erklärung der Wellentheorie bedürfen oder umgekehrt diese Theorie präcisiren. Die grossen Vorzüge der früheren Bände sind ganz auch hier wieder in Geltung: trotz der weitgehenden Vertiefung in den Gegenstand eine geradezu pädagogisch-elementare Klarheit und Folgerichtig- keit des Textes in Verbindung mit mustergültigen xVbbildungen. Bei der grossen Zahl derselben und dem" Umlang des Bandes (675 Seiten) ist der Preis ein recht massiger, sodass das gediegene Werk die verdiente, weite Verbreitung um so leichter finden wird. Prof. Silvanus P. Thomson, Elementare Vorlesungen über Elektricität und Magnetismus. Autorisirte deutsche Ueber- sctzung auf Grund der neuesten Auflage des Originals von Dr. A. Himstedt. 2. Aufl. Mit 283 Abbildungen. H. Laupp'sche Buchhandlung in Tübingen. 1897. — Preis 7 M. Wie sehr das ausgezeichnete Buch der Veränderung bedurfte, bedarf keiner weiteren Begründung: ist doch die erste deutsche Aufl. vor 10 Jahren erschienen, und was ist nicht in dieser Zeit auf dem Gebiet geschehen! So weisen z. B. die Abschnitte, welche von den Influenzmaschinen sowie von der Selbstinduction handeln, eine grössere Ausführlichkeit auf. In der Lehre vom Elektromagnetismus finden sich zwei neue Vorlesungen über die magnetischen Eiü;enschaften des Eisens und über das Priucip des magnetischen Kreises. Auch die Vorlesung über elektrische Energie ist neu. Die bis dahin wenig bekannten Eigenschaften der Wechselströme haben im 10. Kapitel eine eingehende Berück- sichtigung gefunden. Endlich iät die Elektro-Optik durch die Lehre von den elektrischen Wellen luid besonders durch die Hertz'schen Versuche wesentlich vervollständigt worden. Ein kurzer Artikel über Köntgen-Strahlen ist anhangsweise gegeben. Für Denjenigen, der ernster in den Gegenstand einzudringen wünscht, ist wohl kaum ein besseres, verhältnissmässig elementares Buch als das vorliegende zu empfehlen. Bericht der Senckenbergischeu naturforschenden Gesell- schaft in Frankfurt am Main. Frankfurt a. M. 1897. — Der Bericht enthält, abgesehen von vielen anderen Mittheilungen (namentlich die Gesellschaft betrefl'eud, wie den Jahresbericht) von grösseren Abhandlungen: Dr. Ph. Steffan: Entwickelung des Verstandes und der Sprache beim Menschen. — J. Blum: Wissenschaftliche Ver- öffentlichungen (18i6— 1897) der Gesellschaft. — Dr. G. Greim: Die Temperaturbeobachtungen im Jamb.ich zu Galtür 1896 (mit 1 Tafel). — Prof. H. Reichenbach: Rückblicke auf die Biolo- gie der letzten 80 Jahre. — Prof. M. Möbius: Beitrag zur Anatomie der Ficus-Blätter (mit 2 Tafeln). Jahrbücher für wissenschaftliche Botanik. Begründet von Professor Dr. N. Pringsheim, herausgegeben von W. Pfeffer, Professor an der Universität Leipzig und E. Strassburger, Professor an der Universität Bonn, Dreissigster Band. Berlin 1897. Verlag von Gebrüder Borntraeger. — Der stattliche Band der wichtigen botanischen Zeitschrift enthält die Abhandlungen: J. Reinke. Untersuchungen über die Assimilationsorgane der Leguminosen. — E. Giltay. Pasteur und die alkoholische Gäh- rung. — Karl Reiche. Zur Kenntniss der Lebensthätigkeil einiger chilenischen Holzgewächse. — H. Titt mann. Beobachtungen über Bildung und Regeneration des Periderms, der Epidermis, des Wachsüberzuges und der Cuticula einiger Gewächse. — 0. Zinsser, Ueber das Verhalten von Bakterien, insbesondere von Knöllchen- bakterien in lebenden pflanzlichen Geweben. — Arthur Weisse. Die Zahl der Randblüthen an Compositenköpfchen in ihrer Be- ziehung zur Blattstellung und Ernährung. — Ch. 0. Townsend. Der Eiurtuss des Zellkerns auf die Bildung der Zellhaut. — G. Haberlandt. Zur Kenntniss der Hydathoden. — J. Reinke. Untersuchungen über die Assimilationsorgane der Leguminosen. — E. Giltay. Vergleichende Studien über die Stärke der Transpi- ration in den Tropen und im mitteleuropäischen Klima. — J. Grüss. Ueber die Secretion des Schildchens. — ■ Herbert Maule Richards. Die Beeinflussung des Wachsthums einiger Pilze durch chemische Reize. C y 1 0 1 o g i s c h e Studien aus dem Bonner botanischen Institut: Eduard Strasburger. Begründung der Aufgabe. — W. J. V. Osterhout. Ueber Entstehung der karyokinetischen Spindel bei Equisetura. — David M. Mottier. Beiträge zur Kenntniss der Keimtheilung in den Pollenmutterzellen einiger Dikotylen und Monokotylen. — H. 0. Juel. Die Kerntheilungen in den Pollenmutterzellen von Hemerocallis fulva und die bei den- selben auftretenden Unregelmässigkeiten. — Bronislaw Debski. Beobachtungen über Kerntheilung bei Ohara fragilis. — R. A. Harper. Kerntheilung und freie Zellbildung im Ascus. — D. G. Faircliild. Lieber Kerntheilung und Befruchtung bei Basidiobolus ranarum Eidam. — Walter T. Swingle. Zur Kenntniss der Kern- und Zelltheilungen bei den Sphacelariaceen. — Eduard Strasburger. Kerntheilung und Befruchtung bei Fu- cus. — Eduard Strasburger. Ueber Cytoplasmastructuren, Kern- und Zellthoilung. — Eduard Strasburger. Ueber Be- fruchtung. Briefkasten. Hr. H. — Ihre Anfrage: Womit beschäftigt sich die Phänologie? beantworten wir wie folgt: Die Phänologie ist eine im Wesentlichen von dem verstorbenen Botaniker Prof. Hott'- mann in Giessen begründete Disciplin, die sich mit dem Unter- scliied in der Aufblühzeit der Gewächse ein und derselben Art in den verschiedenen Theilen der Länder beschäftigt. Die Dis- ciplin hoft't Beiträge zur Kenntniss der klimatischen Eigenthüm- lichkeiton der verschiedenen Theile eines Landes liefern zu können. Ihre Methode ist die statistische. In der That lassen sich — wenn man berücksichtigt, dass die verschiedenen Pflanzen-Arten bis zum Erscheinen ihrer ersten Blüthe eine bestimmte Quantität und Intensität von Wärme und Licht nöthig haben — Schluss- folgerungen meteorologischer Art ziehen. Jedoch hat die Phäno- logie doch noch durch weitere Erfolge, als bis jetzt vorliegen, zu zeigen, dass sie in der That für eine Ausnutzung durch ilii' Meteorologie von Wichtigkeit ist. 1'- Inhalt: Dr. Gustav Wendt, Naturheilkunde und wissenschaftliche Medicin. — Mikro-Flora und -Fauna von Spitzbergen. — Stammesgeschichte von Edentaten. — Die t)rchideen-Wesp(? (Isosoma orchidaearum Westw.). — Heuschreckenpl.age in Süd- afrika. — Die Veränderung von Salzen durch Kathodenstrahlen. — Ueber die beiden Methyltrichlorpurine. — Die Eisgrenze zwischen Grönland— Island— Spitzbergen. — Percival Lowell und die Venus-Rotation. — Aus dem wissenschaftlichen Leben. — Litteralur: Prof. Dr. Eduard Strassburger, Das kleine botanische Practicum für Anfänger. — Karl Kanuenberg, Kleinasiens Naturschätze. — Prof. Dr. S. Graetz, Kurzer Abriss der Elektricität. — Prof. J. Violle, Lehrbuch der Physik. — Prof. Silva- niis P. Tliomson, Ehunent.ire Vorlesungen über Elektricität und Magnetisnuis. — Bericht der SiuicUenbergischcn iiaturforschen- deu Gesellschaft zu Frankfurt a. M. — Jahrbücher für wissenschaftliche Botanik. — Briefkasten. Gustav Fischer, Terlagsbuclihandhuia: in Jena, Sueben erschien: BilSgeili Dr. M., Professor an der Grossherzoglich Sächsischen Forst- lehranstalt in Eisenach, Bau und Leben unserer Waldbäume. Mit 100 AbbiMiingt-n. Preis: ü Mark. Fischer^ Dr. Aifreil. a. o. Professor Her Botanik in Leipzig, Vorlesungen über Bakterien. Mit 20 Abbildungen. Preis: 4 Mark. Migulai Dr. W., a, o. Professor an der technischen Hochschule zu Karlsruhe, System der Bakterien. Handbuch der Morphologif, Entwicklungsgeschichte und Systematik der Bakterien. Erster Band. Angemeiner Teil. - Mit 6 Tafeln. Preis: 12 Mark. IVlolisch| Prof Dr. Hans, Vorstand des pflanzenphyaiologischen Insti- tuts der Universität Pmg, Untersuchungen über das Erfrieren der Pflanzen. Jlit U Holzschnitten im Te.\t. Preis: 3 Mark 50 Pt. Strasburger, Dr. Eiluanl, o. ö. Professor der Botanik an der Uni- versität Bonn, Das kleine botanische Practicum für Anfänger. Anleitung zum Selbststudium der Mikroskopischen Botanik und Ein- führuni; in die mikroskopische Technik. Drifte umgearbeitete Auflage — Mit 121 Hoizsclinitten Prt-is: brosch. 6 Mark, gflj. 7 Mark. R.VOLKMANN.ir"-""'"'"^''""'^'- I Alte Jacobstrasse 12. l>illiii:, istiL'iigi'i/fll.sori;"taltip.."i-lini'll. PATENTBUREAU airich^R. jVlaerz Jnh.C. Schmidtlein, Jngenieur Berlin NW., Luisenstr. 22. Pafent-, Marken -u. Musterschufz J Aquarien Institut Nürnberg- Tafelfeldstrasse 32. Zierfische, Reptilien, Pflanzen, Seetiere. Aquarien, Terrarien, Apparate etc. I'reifiUMe gratis ii. fraii/.o. Jgi Kilberne Medaille: 18 96 Intern. Amateur Ausstellung Berlin. ^^ " Silberne itledaille: 1897 Gewerbe- (Am.it.) Ausstellung Leipzig. 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Abonnement : Man abonnlrt bei allen BuchhandlunKen und Post- J Inserate : Die vierBeapaltene Petitzeile 40 -A. Grössere AufträKe ent- anstalten. vrte bei der Expedition. Der Vierteljahrspreis ist .« 4.- (=(|3 sprechenden Rabatt. Beilagen nach Uebereinkunft. Inseratenannahme BrineeKeld bei der Post 15 -^ extra. Postzeitungsliste Nr. 4954. -''• bei allen Annoncenbureaux wie bei der Expedition. Abdruck ist nur mit vollständiger ((aellenaiisabe gestattet. Zur Theorie der Protoplasma- und Zellstructur. Vuu Dr. A. Kobolt. Wohl in allen Kreisen der biologischen Forschung ist heute die Ueberzeugung zur unbestrittenen Herrschaft gelaugt, dass die Erscheinungen des organischen Lebens ohne Ausnahme durcli das Wechselverhältniss zwischen der lebenden Materie und den Objecteu der umgebenden Aussenwelt zu Stande kommen, und dass der bestechende Anschein der Willkür und Unabhängigkeit der Lebens- äusseruugen einzig in der unvollkoinmeuen Erkeuntniss der wahrgenommenen Thatsachen seinen Grund hat. Ja, es scheint sich da und dort selbst die AuiTassung Bahn zu brechen, dass die lebende Substanz eigentlich — oder vielleicht besser gesagt ursprünglich — nichts weiter als einen Stoif, eine träge Masse darstelle, und dass es mit- hin wesentlich die äusseren Einwirkungen sind, welchen der hervorragendste Antheil an der Entstehung der vitalen Vorgänge zufalle, während das Protoplasma selbst dabei im Ganzen blos eine untergeordnete, mehr passive Rolle spiele. Zu einer derartigen Anschauungsweise drängt in der That nachgerade eine wahrhaft erdrückende Fülle von Beobachtungen, obschou uns zur Zeit unwiderlegliche Beweise noch nicht zur Seite stehen, da es niemals ge- lang, über das innere Wesen jener gegenseitigen Be- ziehungen und ganz besonders über die eigentliche Natur der in Frage kommenden Einflüsse bestimmte und einiger- maassen befriedigende Aufschlüsse zu erhalten. Dieses Ziel liegt wohl auch jetzt noch in weiter Ferne, so dass wir einstweilen zu einem guten Theil auf blosse Ver- muthungen angewiesen bleiben, die indessen der Wahr- heit um so näher kommen werden, je enger sie sich den Ergebnissen der empirischen Forschung anzuschliessen bestrebt sind. Ein Versuch dieser Art beschäftigt mich seit geraumer Zeit. Da ich jedoch bisher nicht in der Lage war, denselben nach jeder Richtung hin mit der erforderlichen Sorgfalt auszubauen, nuisste ich mich auf eine mehr aphoristische Behandlung des Thema's') be- schränken. In diesem Sinne bitte ich auch die nachstehen- den Zeilen beurtheilen zu wollen. Der gemeinsame Grundzug aller Lebensprocesse ist das Phänom^ der Bewegung. Um das Verständniss desselben zuflordern, erscheint es bei der unendlichen Mannigfaltigkeit seiner Formen zunächst vortheilhaft, letztere unter allgemeinere Gesichtspunkte zu briugen. Hierbei fällt uns in erster Linie eine Eigenthümlichkeit in die Augen, die auch von den meisten Forschern, welche mit Fragen dieser Art sich beschäftigt haben'-), in den Vordergrund der Betrachtung gestellt wurde. Wir meinen den bekannten Antagonismus, der in allen Bewegungen der lebenden Materie zu Tage tritt. Wann und wo immer wir das ewig ruhelose Protoplasma beobachten, stets ist es auf dem Weg nach der Aussenwelt hin oder aber auf dem Rückzug von ihr begnnen. Anderweitige Richtungen sind blos Uebergangsstufeu, schwächer aus- gesprochene Formen eines der beiden Typen, der centri- fugalen oder centripetalen Strömung. Derselben Auf- fassungsweise unterstehen auch die morphologischen Zu- ') s. den Aufsatz „Kraft und Schwäche" im Feuilleton der „Wiener medicinischen Wochenschrift" 1S92, Oü (leider vielfach durch Druckfehler entstellt), sowie die Arbeit „Mitose und Ami- tose", Basel und Genf 18'J5. — Dass neben der streng empirischen Forschung eine maassvolle theoretische Betrachtung durchaus be- rechtigt und selbst von hohem Wertho sei, haben oinsiohtigo Forscher zu allen Zeiten anerkannt. S. z.B. W. Hofmoistor, z. Morphol. d. Gewächse, 1868, S. 033; W. H. Rolph, biol. Probl., 1882, Vorw. S. IV; Fr. Heinke (bzw. Henle), Arch. f. mikrosk. Anat, Bd. 43, S. 379; Bütschli, VhdI. dtsch. zool. Ges., G. Jah- resvers., S. 7 ff. u. And. — Besonders häufig sind die Stimmen aus der ärztlichen Welt. 2) z. B. C. Fr. Wolff (s. unteii Bern. 32), Needham; in neuerer Zeit E. Moutgomery, M. Verlorn. Hierher gehört auch das Kitter-V^alli'sche Gesetz und dessen tiefere Begründung durch li. Arndt und II. Schulz. 566 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. XII. Nr. 48. stände, die Bauverhältnisse, d. h. sie sind im Grunde gleichfalls Lebensvorgänge dieser Art, nur mit dem Unter- schied, dass die Bewegung hier in Folge der Summation vieler Einzelacte^), durch welche ein dauernder Zu- stand geschaifen wird, der nur langsam erlischt, auf unverhältuissmässig lange Zeiträume ausgedehnt und der flüchtigen Beobachtung daher als solche nicht mehr zu- gänglich ist, wodurch eben der Anschein der Unveränder- lichkeit und Beständigkeit erzeugt wird. Ein Umstand, dem eine grosse Bedeutung zukommt, ist ferner die Thatsache, dass das Protoplasma bei der centrifugalen (positiven) Bewegung sich seiner äusseren Hüllschichten je länger, je mehr entledigt^), bis es völlig nackt zu Tage liegt, wobei dasselbe immer heller oder blasser, durchsichtiger und dünner oder lockerer wird, während bei der centripetalen (negativen) Bewegung um- gekehrt Hüllbildungen») an seiner Oberfläche auf- treten, wobei es dunkler, trüber*^) und dichter") wird. Darum hat man auch mit Recht erstere als die Phase der gegenseitigen Berührung, der innigen Wechsel- wirkung mit der Aussen weit oder als die Phase der Entwicklung oder Entfaltung (Evolution — „Enthül- lung" "*) — , progressive Bewegung, Manifestation, „Leben"'), „Lebenskraft" i"), generatio und regeneratio '•), Kräftigung, Erholung, Wiederherstellung, Verjüngung) bezeichnet, letztere als das Gegenstück hierzu: als die Phase der schroft'en Abschliessung von der Umgebung oder als Phase der Eückbildung (Involution — „Einhüllung" ^-) — , regressive Bewegung, Latenz, [Scheinjtod, degeneratio^^), Schwächung, Zerrüttung, Verfall, Senium). Zur Erklärung dieser Erscheinungen hat man be- kanntlich angenommen, dass von den einzelnen Objecten der Aussenwelt besondere Einflüsse, Erregungen, Reize genannt, ausgehen, welche, selbst ununterbrochen wech- selnd, auch die lebende Substanz zu ihrem wechselvollen Spiel unausgesetzt veranlassen. Ueber die wahre Natur dieser Reize und über die Art, wie man sieh die Wirkungs- weise derselben auf das Protoplasma vorzustellen habe, sind nun eine ganze Reihe von Hypothesen aufge- stellt worden ^^j, von welchen sich jedoch bis jetzt keine eine allgemeine und bleibende Geltung verschafft hat. ^) Man vergl. die Unterscheidung zwiaclieu Biorgan und Idor- gan, Biodynamik und Biostatik bei Häckel, generelle Morphol., 1866, I, S. 18, sowie Th. Eimer, Entst. d. Arten, I. Thl., 1888, S. 339 und Zschr. f. wiss. Zeel., Bd. 53, Suppl., S. 67, 70, 89; Medusen, S. 2G3. ■■) Dies gilt nicht allein für die Cyste, sondern auch für schwächere Involutionszuständo (umhäutete Amöben, L. Auer- bach, A. Gruber, selbst ihre Pseudopodien, R. Greeff |Pelo- myxa], G. W. Focke, Z. wiss. Zool., Bd. 18, S. 348 ff.). ^) Daher involutio, Einhüllung, s. die nächsten Zeilen. ") Durch Bildung von Körnern und minimalen Vacuolen (Berthold, Montgomery; s. auch Verworn, der körnige Zer- fall, Pf lüger 's Arch. f. Physiol., Bd. 03). ■") Vgl. z.B. Balbiani, Zool. Anz., Jgg. 4: Die dunkeln Querstreifen des Bandes im Kern der Drüsenzellc (Chironomus) sind solid, die helle Zwischensubstanz flüssig: Leydig, Zelle und Gewebe, 18S5, S. 161. ') „Dekystement" (Auswanderung, Ausströmung). ') s. unten Bem. 26. ">) s. Korner v. Marilaun, Pflanzenloben, Bd. 1, S.49 (biol. Contralbl., Bd. 15, S. 43). s. auch Centralbl. f. klin. Medic. 1892, S. 300; ferner L. Bard, arch. de med. expßr. et d'anat. path., I. B(5r., T. 2, 1890. ") oder „Integration" (Aufbau) Montgomery, = Eu- und Acrotrophie, A r n d t. '*) „Enkystement" (Einwanderung, Einströmung). ") oder „disintegration"; (Zerfall) Montgomery, = Hypo- und Atrophie, Arndt. Vgl. hier auch Virchow's Unterscheidung zwischen nutritiver und functioneller Thätigkeit in dessen Archiv. Bd. (8, 9 und) 14, S. 13. ' ") z. B. von Dujarind hinterer Abschnitt unterschieden wird) den Zustand der bipolaren Abstossung genannt, eine Trennung (oder Knospung) des inneren Abschnitts vom äusseren und umgekehrt (vgl. hier wiederum 0. Jensen, a. a. ()., p. HS. — Plagiostomum, Trennung der portion cytojilio- rale vom Spermatozoid, ebenso bei Clitellio. PI. 1, Fig. 44; F. E. Schulze, Zschr. wiss. Zool., Bd. 30, S. 412 — Contraction und Homogeuwerden des Znospernikörpers, s. auch Leidy, freshw. rhizop. N.-Amer., PI. 38, Placocistas spin.), mit der Del auii nation nächst verwandt ist. Leydig beschreibt eine Bildung des Kerns durch Knospung des Zellplasma von der Wand des Kernraums aus (Unters, z. An. u. Hist. d. Thiere, 1883, S. 98 und Fi?. 33, Zelle u. Gew. 1885, S. 21, zool. Jahrb., An. u. Ont , Bd. 3, S. 419). Es handelt sich hier wohl ebenfalls um Räume, die durch Auswanderung der Kernstofie (s. unten) sich entleert haben (es sind Furchungszellen — Abkömmlinge der Eizelle); diese Knospung wäre also eine Wiederbildung von Kernmasse. Danach ist der Schluss ge- stattet, dass auch die ursprüngliche Entstehung des Kerns durch Knospung, Abtrennung, Concontration der inneren Theile erfolgt. Vgl. noch Heitzmann, Wien. Sitzber., m. nw. Cl., Bd. 68, Abth. HI, S. 41. Ueber küustlicheErzeugung von Kernen s. Arndt, Virchow's Arch., Bd. 83, S. 20 (Obrastzow), — Hierher gehört endlich die Bildung und der Rückzug der Chromosomen (vgl. Strasburger, anat. Anz., 8. Jgg., S. 183; J. S. Moore, quart. journ. micr. sc. Vol. 35, N. S., p. 266; A. Nicolas, corapt. rd. hebd. seanc. mem. soc. biol. 1892, p.475; Drüner, Jena'sche Z., Bd. 29, T. 5, Fig. I7ff., T. 7, Fig. 46ff. ; Mit. u. Amit. S. 40), die von mehreren Autoren (Hermann, Arch. mikr. An., Bd. 37, S. 573; Strasburger, ebenda, Bd. 21, S. 540) geradezu als Contraction bezeichnet, ja von Flemming (ebenda, Bd. 16) mit der Muskelzuckung ver- glichen werden, wie auch die vielleicht als rudimentäre Form die- ses Vorgangs zu deutende Verdichtung am Chromatingerüst des Kerns vor der Amitose (Arnold's ,,indirecte Fragmentirung", Arch. mikr. Au., Bd. 30, S. 256; Blochmann, Heidelb. Jubil.- schrift, S. 146; Rohde, Arch. mikr. An., Bd. 4?, S. 124 ff.). Auch hier ist zu bemerken, dass die Degeneration bis zur Bildung von Nahrungs- (Dotter-) schollen (vgl. W. Repiachoff, Z. wiss. Zool. Bd. 26; Mereschko wsky , zool. Anz. 1882), Fett- und Pigment- körnerhaufen (Häckel, Kalkschwämme I, S. 332, Spongienlarven), Excrct, Detritus (contractiver Verlust) fortschreiten kann. — Wie bereits angedeutet, stellt der genuine Typus der Polarisation die Periode der jugendlichen Kraft dar, der T. iuversus hingegen ist die Periode der Ueberreizung, der Involution, der senilen Schwäche xca' ^|o/»}>'. *') In Uebereinstimmung mit dem oben, Bern. 51 am Schluss Gesagten ist dieses Bild, die Strahlung, für den Hungerzn- stand bezeichnend (Häckel, z.B. biol. Stud. I, 1870, S. 21 und 35; Schulgin, zool. Anz., No. 123; Selenka, zool. Stud., I [Eier]; vgl. auch Fol, arch. zool. exp. et gen. T. 8, p. 208), wogegen bei reichlicher Ernährung (= Abstumpfung, relative Abnahme des Reizes, wie auch bei Ueberreizung, s. darüber unten d. Erklär, zu Fig. III im Schema) Netzbildung eintritt (ebenda, S. 21 und 28). Ueberfluss bewirkt immer Rückbildung des Pola- risationszustandes (Stromverlangsamung). (V^gl. oben Bern. 33.) Dahin gehört die Encystirung nach Nahrungsaufnahme (Verdauungs- cyste) (s. z. B. Häckel, biol. Stud., I, 1870, S. 21 [Protomyxa aur., Vampyrella vor., Protomonas amyli] vgl. auch Kalkschwämme I, S. 371, 408; Hertwig und Lesser, Arch. mikr. An., Bd. 8, Suppl., Vampyr. spirog.; Cienkowsky, ebenda, Bd. 12 [Vamp, vorax]). Ein Fall, der wohl als unvollkommene Involution zu deuten, findet sich bei Engel mann, Z. wiss. Zool., Bd. 11, S. 360 (Acinet, nach Nahrungsaufnahme zu einem Ciliaten werdend — s. unten: die Beimischung zahlreicher Erregungen, die wie Nahrungs- zufuhr wirkt). Hierher ist ferner das Verhalten der Drüsenepi- thelien im Huugerzustand und bei Fütterung (und Reizung) zu rechnen: dort ist das Zellplasma gequollen, der Kern stark färb- bar, hier verkleinert, der Kern wenig färbbar (Heidenhain, s. Heitzmann, mikr. Morph., S. 342 ff.). — Sodann die Verkümme- rung der Sexualität (beide Geschlechter sind Polarisationen, das männliche eine stärkere, das weibliche eine schwächere) bei fort- gesetzter Ueberernährung (namentlich Parasitismus und, bei Pflan- zen, Düngung); sie wird zur indifferenten Zeilproliferation (Mo- nosporogonie, Häckel, Unterdrückung der Bliithen [Vergrünung] bei Pflanzen; vgl. Henking, Z. wiss. Zool., Bd. 45, S. 13G und 163; Ch. S. Minot. bi(d. Ctrbl., Bd. 2, S. 367), zur Parthenogenese (vgl. M. Ward, quart. journ. micr. sc, N. S., Vol. 24, p. 295; K. Düsing, Jena'sche Z. 1883, Bd. 16, S. 456, 459; C. Keller, zool. Anz. 1887, S. 587; De Bary, biol. Ctrbl., Bd. 2 [Ref. v. Klebs]. s. auch Bert hold, ebenda, Bd. 1, S. 425 [Selbstbefruchtung, eine Vorstufe der Partliunog.] u. s. w.). Selbst die Bevvogungs- und nopbrys — Collo])haera, Collozoum; Häckelina)|, manche Anioeben (A. radiosa, Auerbach, Leidy), Acineten und verwandte Organismen, Ferner die Rundzelle der Meta- zoengewebe mit ihren perii)heren Ausläufern (Intercelluiar- brttcken), besonders Neuroglia"*), rete Malpighi, die Ganglienzellen mit ihren Protoplasmafortsätzen. In einer zweiten Reiiie die homologen Bildungen in der Sexualsphäre: die Strahlenzeilen der Krebse (Decapoden, Dapiiniden [Moina]), Würmer fNais), die starren Formen und Entwickelungsstadien der aus kugeligen Verbänden (Sperniaballeni hervoraehenden Zoospermien u. s. f. — Nimmt nun der Reiz noch weiter zu, wird er noch specifischer, was dadurch geschieht, dass die Osciilationen stärker werden oder die Zahl der eindringenden Reiz- theilchen wächst, die anderen Reize also nicht im gleichen Verhältniss zunehmen, folglich relativ abnehmen — oder sinkt die Nahrungszufuhr noch weiter oder findet beides zugleich statt, so wird die Bedrohung der Oberfläche immer ernster, die Dehnung und centrifngale Strömung immer stärker und lebhafter und — dementsprechend — die centrale Verbrennung und Contraction immer energischer, heftiger (Bildung von Pigment u. s. w.). So muss schliesslich ein Punkt eintreten, wo auch der Nahrungszuwachs aus der Umgebung nicht mehr ausreicht, die Oberfläche vor der drohenden Gefahr zu schützen: die Katastrophe ist jetzt unvermeidlich, die Oberfläche verfällt mehr und mehr dem Schicksal, das bisher die inneren Theile traf, es tritt „gewaltsame Lockerung", „Ueberreizung" ein. Hiermit ändert sich nun die Situation mit einem Schlage. Die Dehnung hört auf, die Strömung geräth in's Stocken. Doch nur bei sehr hohen Graden der Ueberreizung wird die Bewegung eine ausgesprochen rückläufige und tritt die typische Contraction und Körnerbildung ein, die wiederholt zur Sprache kam. Ausgestreckte Fortsätze werden dann in die Hauptmasse eingezogen (Verkürzung), zerfallen bei rascherem Eintritt der Reizung zugleich in Längsreihen von dicht zusammen- rückenden Körnern (Contraction)^"), während bei sehr raschem Eintritt derselben die Fortsätze ausgestreckt bleiben und nur ein Zerfall in Körner eintritt, die an Ort und Stelle verharren, wobei sich zeigt, dass letztere häufig in regelmässigem Abstand einander folgen (vari- köse Fibrillen, s. unten Bern. 100). Bei schwächeren Graden ist dieser Rückzug kein so energischer; die Fortsätze weichen mit ihrer Spitze vor dem eindringenden Reiz zur Seite aus, werden aber dadurch dem schädlichen Einfluss entrückt, sodass der frühere Erregungszustand wieder zur Geltung kommt und Streckung, d. h. Rück- kehr in die verderbliche Sphäre erfolgt. Hierdurch kommt es abermals zur Ueberreizung, die neuerdings einen Rückzug zur Folge hat u. s. f. (Wimper- oder Flimmerbewegung)^^). Da nun aber der alte Erregungs- Sinnesorgane können atrophiren, Klebs, biol. Ctrbl., Bd. 2, S. 345. — Die Ausläufer enthalten oft eine solide Axenfaser, das Aequi- valent eines Kornes; dieselbe dürfte häufig unabhängig vom cen- tralen Kern entstehen. '■') Vgl. Magini, journ. micr. soc. Lond., 1891, p. 420 (Ref.). ") Vgl. die Geissei der Noctiluken, der Flagellaten (Künst- ler, compt. rend. acad. sc, 1881, p. 603; die Sarcodegeissel von Euchitonia und den Sponguriden, R. Hertwig, Jena'sche Denk- schr., Bd. 2, S. 195; A. Grub er, Z. wiss. Zool., Bd. 36 (Engel- mann's Myopodien), E. P enard, Jahrb. nassau. Ver. Natk., Jgg. 43, S. 79; M.Schultze, d. Protoiil. d. Rhizopod. u. d. Pflanzenzellen, 1863, S. 32, 37 (4.3, 46); Hermann, Physiol., I, S. 367 (die Fort- sätze werden hier zunächst varikös (Shock), später eingezogen; Penard, a. a. 0., T. 1, Fig. 10; Verworn, d. Beweg, d. lebd. Subst. 1892; ferner J. Demoor, arch. de biol., T. 14; endlich Mit. u. Amit., S. 29, sowie S. 53, Bern. 2 (Verwandtschaft von Ueberreizung und Tod). '') Pendel- oder Kreisbewegung, auch Schlängelung ist an sonst starren Pseudopodien oft beobachtet (z. B. von Häckel, XII. Nr. 48. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 573 zustand nicht meiir erneuert wird, der neue Reiz hin- gegen fortdauernd einwirivt, die Ursache der Streckung mitiiin allmählich wegfällt, müssen die riiaseu derselben immer kürzer werden, d. h. die Schläge der Cilien zunächst immer rascher sich folgen (um später, wenn der Reiz sein volles Uebergewicht er- langt, wieder seltener zu werden — Tonus), wobei je- doch ihre Kraft beständig abnimmt, während zugleich der Ausläufer immer mehr sich verkürzt, bis er schliesslich vollkommen eingezogen^') wird, indem sich seine Substanz in tangentialer Richtung im Plasmakörper aus- breitet. Hatte die Thätigkeit der Cilien den mehr oder weniger polarisirten, unbeweglichen Plasraakürper (± Statosom) Anfangs vielleicht dem Bereich des Reizes entrückt (Kinosom), so reicht dieselbe hierzu jetzt nicht mehr aus, die Ortsbewegung hört auf, er bleibt fortan vollständig im Bann des Reizes"^). Bei noch schwächeren Graden wird blos die Strömung verlangsamt"*), die typische Strahlung geht, wie dies bereits oben kurz be- merkt wurde, in eine Netzbildung über, wie sie am Pseudopodiensystem so vieler Protisten "") zur Beob- achtung kommt. Wenn bisher die Ausläufer, der leb- haften Ausströmung'^') entsprechend, sehr schmal und dünn waren, vollkommen gesti'eckt und isolirt ver- liefen, werden dieselben nun, der trägeren Strömung*^') entsprechend, breiter, verlaufen mehr oder minder ge- schlängelt''"), in Arme getheilt, die sich mit denen anderer Fortsätze vereinigen, ganz ähnlich wie bei einem Fluss, der in seinem Laufe auf Hindernisse stösst Bei etwas höheren Graden nimmt die Breite und ebenso die Windung der Stromarme noch zu, ihre Verzweigung und Verbindung, die „Inselbildung" wird noch reichlicher, so dass ein wirkliches Stromnetz, ein immer enger und dichter werdendes Maschenwerk ''■^), Ja, in Folge flächen- hafter Ausbreitung der Ströme eine Art Fach- oder Wabenwerk entsteht, an welchem die ursprünglich radiäre Richtung der Protoplasmaströme kaum noch spurenweise sich erkennen lässt. Die Maschen des Netzes werden zuletzt so klein, dass sie sich der Wahrnehmung entziehen und das Protoplasma durch die einander innner näher rückenden"*) Knotenpunkte der Maschen feinkörnig Radiol. I, S. 132; Pönard, a. a. 0., Taf. 2, Fig. 42; M. Schul tze, a. a. 0., S. 30). ") s. A. Braun. Vjüng. i. d. Natur, 1850, S. 2t7, Bum. 1. W. Marshall, Z. wiss. Zool., Bd. 37, S. 22Gff.; Me tschnik o ff, ebd., Bd. 32; 0. Zacharias, biol. Ctrbl., Bd. 5. S. 259, 'L. wiss. Zool., Bd. 41, S. 256; Jourdan, Is. sens cliz. Is. anim. inft-r., p. 73. ^*') Vgl. hier die Verlangsamung der Bewegung, kuglige Zu- sammenziehung und rasche Rotation um die Axe auf einer Stelle vor der Einkapselung bei Nassula vir., Stylonychia pustu- lata; Trachelius ovum, F. Cohn, Z. wiss. Zool., Bd. 4, Cien- kowsky, ebd., Bd. 6, Opalina ranar., E. Zell er, ebd., Bd. 29 u. s. w. '") Auch bei künstlicher Ueberreizung, z. B. durch concen- trirte Losungen, 0. Zacharias, biol. Ctrbl., Bd. 5. Vgl. im Ge- gensatz hierzu oben Bern. 38. °") Besonders typische Bilder liefert z. B. Biomyxa vagans bei Leidy, freshw. rhizop. X. Amer., report U. S. geol. surv. territ, Hayden, Vol. 12 (Fl. 48, s. namentlich Fig. 1), ferner Mvxo- dictyum sociale bei Hacke 1, biol. Stud., I, 1870, sowie Protoge- nes primord., ders., Z. wiss. Zool., Bd. 15, T. 26, Fig. 2. ") Vgl. hierzu Eismond bei Yves Delage, a a. 0., p. 39, note 2 (p. 40; man beachte hier besonders die Bemerkung, dass bei gestrecktem Verlauf die „echanges" lebhafter sind) und E. Crato, Ber. d. dtsch. botan. Ges., Bd. 10, S. 457, Fig. 7 (Erkl.). Ferner Häckel, biol. Stud. I, 1870, S. 28; endlich C. Heitz- manu, mikr. Morphol., S. 33, 36, 53, 54 (je lockerer und weit- maschiger, desto flüssiger ist das Protoplasma, desto lebhafter seine Bewegungen; je solider, desto träger). °^) 9. z. B. die Abbildungen von Pamphagus und Cyphoderia bei Leidy, a. a. 0., PI. 33 (Fig. 1, 2 und 11), bezw. 34. (In Gewebezellen; Flemming's Filarmasse). "') Vgl. z. B. Kay Lankester, quart. journ. micr. science, N. S., No. 154, p. 236 flf. > 1 J "*) Vgl. Heitzmann, a. vschied. Ort: J.H.List, bi(d. Ctrbl. Bd. 6. S. 595; Lpydig, Zelle u. Gew., S. 4. oder auch völlig homogen und verdunkelt erscheint wie beim typischen Contractionszustand ''^). Von Dauer (Tonus) kann dieser Zustand indess nur bei grosser Intensität des Reizes sein (echtes Eurysma); bei etwas leichteren Graden desselben wird der frühere Erregungs- zustand nicht so rasch erlöschen, sondern immer wieder zum Vorschein kommen, was in einer die Contraction miterbrechenden Dehnung .seinen Ausdruck finden wird, die um so seltener eintritt, je stärker, umso häufiger, je schwächer der Reiz^'^;. Bei jedem der sich fol- genden Contractionsacte (Tetans) bleibt die äusserste Protoplasmalage an der Peripherie zurück, wodurch allmählich eine gewisse Schichtung zu Stande kom- men muss. Dieselbe wird um so schwächer (die Zahl der Schichten um so geringer) sein, je seltener die den Dehnungen folgenden Contractionsacte, um so stärker, je häufiger sie eintreten. Da ferner der Zu- sammenhang mit dem Plasma im letzteren Fall weniger, im ersteren stärker unterbrochen wird, muss die Hülle dort weniger, hier eher den Charakter einer besonderen Membran annehmen. Diese Vorgänge an der Peripherie, in der Rindenschicht überhaupt, können natürlich nicht ohne den tiefgreifendsten Einfluss auf den Zustand der inneren Theile bleiben. Waren dieselben bis dahin fort- während — bald mehr bald weniger — der Beraubung durch die Oberfläche ausgesetzt, und deshalb stets mehr oder minder coutrahirt, so werden sie nun diesem schädlichen Einfluss mehr und mehr entzogen, „ent- lastet" '^'), weil ja die Reiztheilchen immer spärlicher nach der Tiefe gelangen luid andererseits die Nahrung — da der Aspirationszug sehr geschwächt (oder gänzhch erloschen) — nicht mehr nach aussen strömt und ihnen somit wieder ein grösserer Theil derselben zu Gute kommt. Ihre Ueberreizung geht in die mildere Form der Bedrohung über, sie beginnen sich zu lockern und zu dehnen'^'^j, der (jegensatz zwischen positiver Peripherie und negativem Centrum wird ausgeglichen, es tritt „Neu- li'') 3. unten Bem. 137. ^*) Auch Cl. Bernard nannte das latente Leben im Winfer- schlaf der Sporen, Infusorien, Rliderthiere, Tardigraden ein oscil- lirendes (nach New York med. record , vol. 26, p. 268 ff.) s. auch A. Braun, a. a. 0., S, 6, ferner R. Lankester, a. a. 0., p. 241. Rhumbler gebraucht den Ausdruck: P^nde des individuellen Le- bens (Z. wiss. Zool., Bd. 46, S. 593 [Colpoda]) "•) .Bezüglich dieses Ausdrucks s. Dodel-Port, biolog. Frag- mente 1885, S. 58. "=) Diese Dehnung des Kerns, dieses Hinströmen seiner Masse wie der inneren Theile überhaupt und ihrer mannigfachen Dege- nerationsproducte (Fett, Pigment) nach der Rindeuschicht hat man auch nach Analogie mit ähnlichen Processen (s. z.B. (). Jensen, a. a. (J., p. 24 und 67 |cytophore]; Blomfield, zool. Anz. 1880 |Spermatogenese|; Balbiani, ann. sc.nat., Zool., T. 11, 1869, p.SöfF.; A. Prenant, journ. anat. physiol. norm, et path., 1892, p. 531; Brass u. And.) als eine „Ernährung" der Rinde, des Zellplasma durch das Mark (eben den Kern, das Hylosom) aufgefasst (vgl, oben Bem. 51). Hiermit in Uebereinstimmung haben wir oben die Ursache der Bewegung auf einen von der Oberfläche ausgeübten Aspirationszug oder „Hunger" zurückgeführt. Dies geht aber eigentlich doch nur für diejenigen Fälle an, wo die Ausströmung an der Peripherie nicht zum Stillstand gekommen, sondern blos verlangsamt ist. Denn wo die Involution der Rinde höhere Grade erreicht hat, also dem „Tode" sich nähert, kann von einer erheb- lichen Ernährung derselben natürlich keine Rede mehr aein, weil der Aspirationszug ja mehr oder weniger erloschen ist. Ausser- dem sehen wir, dass in diesen letzteren Fällen die Dehnung der Centralmasse nicht nur nicht aufgehoben, sondern sogar gestei- gert ist (s. unten und Bem. 164). Man wird daher im Interesse einer einheitlichen Auffassung vielleicht gut thun, die Fälle der leichteren Involution unter den gleichen Gesichtspunkt zu bringen wie die der stärkeren, d. h. als Ursache der Kernauflösung auch dort das Moment der Dyua- misation, einer wenn auch anfangs noch schwachen solbstiin- digen Entwicklung (vgl. Gruber, Ber. natf. Ges. Freiburg, N. F., Bd. 1, S. 5 ft.) mit eigenem Dehnungsbestreben anzunohmon. Vgl. hier die „force directrice" von Ch. Degagnv, comptos rcnd. ae.ad. scienc, T. 116, p, 272 und 587, sowie Mit."u. Arait., S. 16 574 Naturwissenschaftliche Wochcuschrift. XII. Nr. 48. Ausgleichung-, Neutralisation. tralisation" ein (amphigenes Eurysma, Senium ^^); vege- tative™) Phase). üeberreizung der Peripherie bewirkt somit: Abiialime der Lockerung und Delinnns:, Verlangsauiung der Ausströmung an der Oberfläche, schwache Verbrennung und Verdichtung {= Zuualinie der Lockerung und Deli- nung, Beschleunigung der Ausströmung) im Centruni, wodurch der Zustand des letzteren bald demjenigen der Ober- fläche nahekommt. Da wir die Gesi.mmtheit der inneren Theile als „Kern" bezeichnet haben, so müssen wir also sagen: Wird die Zellperipherie überreizt, so hat dies zur Folge, class die durch Verdichtung ent- standene Kernmasse allmählich gelockert, ver- theilt und aufgelöst wird, wodurch die Umsebung des Kernes immer mehr mit den Bruchstücken, den Zer- fallproducten desselben sich anfüllt, während der Kernraum unter zunehmender Aulblähung (Vacuolisation) sich immer mehr entleert und verödet. Aber aucli die Lockerung und Ausströmung im Centrum wird, wie die Contraction der Oberfläche, nur bei grosser Intensität Bern. 1. Van Bambeke betrachtet die Auawandeiung des Clu-o- matins als einen activen Vorgang, bull. acad. roy. ds. scicne. d. Belgiquo, 3. ser., T. 13. In derselben Weise wird die analoge Be- wegung der Chromosomen nach den Spindelpolen von R. Fick, L. Sala (Arch. mikr. An., Bd. 44) und Strasburger (Histol. Beitr., H. 4, 1892, S. 152 und anat. Anz., 8. Jgg., S. 184) aufge- fasst. s. noch Mit. u. Amit., S. 42, Bern. 1. In Betreff der Deu- tung als Ernährung s, ebd. S. 15, Bem. 3, wo noch F. Schwarz (d. raorphol. u. ehem. Zussetzg. des Protopl. 1887), Strasburger, Pfitzner, Eimer (Arch. mikr. An., Bd. 8, S. 427) zu nennen wären. — Von besonderem Interesse dürfte hier die Vergleiehuiig der Markmasse und des Kerns mit dem nervösen Centralorgan sein (s. z. B. K. Brandt, Sphäroz. d. Golf. v. Neapel, S. 84; Eimer, Entst. d. Arten, I, S. 342, 374; Dodel-Port, a. a 0„ S. 101; auch W. Pfitzner nennt den Kern das Gehirn der Zelle), ■weil das letztere dann auch zu einem Ernährungsorgan der Peripherie wird (zunächst in dem hier erörterten Sinne; es han- delt sich indess bei ihm wohl meist um jene |echte) Art Ernäh- rung, welche bei der Polarisation stattfindet: die Bonachtheiligung des inneren [oder hinteren] Abschnitts durch den äusseren [vor- deren] — atrophischer" Nerveneinfluss). Man denke auch an die von Leydig angenommene centrifugale Strömung des Hyaloplasma im Sinnesnerven, Zelle u. Gew., S. 172, 184, 192. Die zahlreichen medicinischen Thatsachen, die zu Gunsten dieser AuiFassung spre- chen, können hier keine Erwähnung finden. '"') Vgl. unten den Typus iuvcrsus (Tod). Der gelockerte und aufgelöste, d. h. bläschenförmige, an Chromatin verarmte Kern wird allgemein als das Merkmal eines höheren Alters der be- treffenden Zelle angesehen, a. z. B. Heitzmann, mikr. Morph., S. 53Ö'., 57; Stricker, Hdb. d. Lehre v. d. Geweb. I, S. 24; E. Rohde, a. a. 0., z. B. S. 132 und Fig. Ic; R. Hertwig, Histol. d. Radiol., S. 83 ff. (Binnonblase), Jena'sche Denkschr., Bd. 2, S. 14S, morph. .Jahrb., Bd. 2, S. 78; Sachs, Lehrb. d. Rot., 1874, S. 45; Strasburgor, üb. Zellb. u. Zellth., 1875, S. 234 u. And. Hier wird vor Allem die Eizelle, bzw. das Keimbläschen mit seiner be- kannten Armuth an Chromatin in Betracht kommen, daher auch Manche das (befruchtungsbedürftige, echte) Ei senil genannt haben, so z. B. Henking, Vhdl. dtsch. zool. Ges., I, 1891, S. 35. Vgl. hierzu van Beneden, arch. de biol., T. 4, p. 621. Sodann manche Cysten, s. z. B. Carter, annals a. mag., 3. ser.. Vol. 13, PI. 1, . Fig. 12 (Difflugia), vgl. auch Fig. 13; M. Schnitze, Orgsm. d. Polythal, T. 1, Fig. 7, 8. — Nach dem Ge.sagten besteht das So- rium, die „Altersschwäche" in einer im Lauf der Jahre sich voll- ziehenden übermässigen Anhäufung von Reiz- d. h. Fremd- körpern im Organismus, einer Art feindlicher Invasion, die sich mit einer chronischen Vergiftung vergleichen lässt und, wie ein Druck wirkend, immer mehr und mehr die freie Entfaltung des- selben einschränkt. Ist diese Auffassung richtig, dann können wir mit Doscartos allerdings erwarten, dass die Menschheit eines Tages auch diesen Feind einigermaassen überwinden lernt. Denn wie bei einer Vergiftung müssten folgende Mittel zur Heilung führen: Entfernung der Reize, Neutralis.ation derselben (Gegenreiz, Gegengift) und Belebung der Widerstandskraft, Vgl. unten Bern. 92. ">) Dieses Wort beschränkt man, um Verwirrung zu vermei- den, wohl füglich auf das jiolygene Eurysma (s. unten), wenn auch böide Formen durch keine scharfe Grenze geschieden sind. des Reizes von Dauer sein, wogegen sie bei seh wacheren Graden desselben, wie dort, zeitweilig von dem früheren Zustand, d. h. also von der Verdichtung, von Contractionen der Innenmas.se unterbrochen wird (s. hierüber unten Bem. 100). Das Nämliche wird bei der Flimmerbeweguug der Fall sein: bei jeder Contraction der Cilienspitze er- folgt Dehnung des Centrums, bei jeder Streckung wird letztere untcrbroLhen und erfolgt wieder Contraction des Centrums. Erst mit der allmähiichcu Unterdrückung der Flimmerbewegung bei stärkeren Reizgraden (Tonus) wird die Dehnung des Centrums dauernd werden. Beispiele dieser üeberreizung sind (abgesehen von dem körnigen Zerfall, der Pigmentbilduug am Kopfpol von Drüsen- und Sinneszellen, worüber unten Näheres) vor Allem die Encystirungsprocesse, wie sie durch starke, directe Reize der ver.schiedensten Art oder durch Nahrungsentziehung (vergl. oben Bern. 33) veranlasst werden"), der Zerfall der Sciileinipilzplasinodien, Proto- nemazweige, der Zerfall von Pilzliyjilien in Gemmenketten (Zopf)'-), von Algenfäden bei Einwirkung starker Salz- lösungen (Famiutziu), der Spougien in gemmules (Me- resehkowsky), die aus Scheitelzcllen hervorgehenden Ei- kugelu (Oosphären) bei Algen und Pilzen, vielleicht auch die Schichtung der Zellhaut bei Bestraiilung durch in- tensives Sonnenlicht (assimilirende Pflanzcnzelle). Doch schon die Bildung gedrungener Formen unter den glei- chen Einflüssen gehört hierher. '^) Weiterhin die Fälle indirectgr üeberreizung, d.h. diejenigen, wo der Reiz dem betreffenden Plasmakörper durch organische Leitungswege (Actiuorae) zugeführt wird: die Centralmasse typisch polarisirter Zellen und Zell- verbände. Hier ist vor Allem die Eizelle'*) zu nennen mit ihrem im Zustand der Reife, d. h. der vorgeschrittenen üeberreizung (echtes Eurysma) so sehr verödeten Centrnm, desgleichen das ovule mTile, welches in manchen Fällen aucli eine Art Zona besitzt'''), dann aber überhaupt jede centrale Sphärombilduug. (Fortsetzung folgt.) ") s. z. B. Künstler, compt. rond. 1882, p. 1432, Chilomonas, Uebergaug in iii)luiig, SBerlin SVV. 12, 3immcrftva6e 94. Soeben cvidjicii: Büfton unb 3ilt>er aus Kuylanb ^rcis Cntddt irtUcl. 3 ^arU, efeaant gebunöcn 4 ^Jlorfi. ijiii)>ilt: 5)ic «aiieRufcimnicntiinft Sliiautt 1897- S!oiii nilfif(i)cn -fiof. S5ie fraiito-niifiidic 2Ulicmi. Oiitidteii'ü. - 'l'obetoiioljcii'. — SSiemaicf in HcterSbiivg. — (Siiif ISaliiicw. - üjii« bciliiic ;Hu6lciiit. — 3Uif bciii l5()otiiitiT feite uiit bei See Solftoi. - Oiitolai -Jiefiafiow. — ,^n'aii .«n)lou'. -- IB. (Hiiriitin. — .«atfiiiiiiui II. alä bvcmiatiidie SArittftcncrin. — JTei- Siltf!ciuci- »Uitotolsf». - Stiutiiifteiu mib SichaitoiuStt). - 'JiifdjmjOioWäoiofc. — 2lui tec iisolaa. — Siiew. Das optische Institut von Paul ^Väctiter Berlin -Friedenau empfiehlt aU Spezia- litäteu seine Mlkrosl(oiie lUlil pbotogr, Objektive, Preislisten srafis und tiauko. Hempers Klassiker-Ausgaben. Ausführl. Special Verzeichnisse prratis. Ferd. Dümmlers Verlagsbuchhandl Aquarien Institut Nüriiber!? Tafelfeldstrasse 32. Zierfische, Reptilien, Pflanzen, Seetiere. A.quarien, Terrarien, Apparate etc. PveislUte gratis u, franko» Otto Toepfer Werkstatt für wisssenschaft- liche Instrumente. Potsdam. ^A Gegr. 1873. ->:- Specialgebiet: „Astrophysik" (Astrophotometrie, Astrospectroskopie. 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Inseratenannahme A bei allen Annoucenbureaux wie bei der Expedition. Abdruck x^t nar niit vollHtändig;«!' t^aeileEsansa.^« gesiitnttet. Der siebente naturwissenschaftliche Feriencursus für Lehrer an höheren Schulen, abgehalten in Berlin vom 29. September bis 9. October 1897. Bericlit auf Grund eingegangener Beiträge durcli Prof. Dr. B. Schwalbe.*) Der uatiHwissenschaftlicbe Feriencursus des Jalires 1897 wurde von Ostern 1897 auf Michaelis 1897 verlegt, da Ostern ein uaturwissensebaftliclier Ferieneursus in Frankfurt a. M. stattfand, bei dem besonders die Elektro- technik und elektrotechnische üebungen berücksichtigt wurden. Auch war Lebrein aller Provinzen die Theil- nahnie au diesem Cursus gestattet, über den auch in dieser Zeitschrift in dem vorliegenden Bande S. 337 ff. durch den Leiter desselben, Herrn Dir. 15ode berichtet ist. Künftig werden die älteren behördlichen Curse in Göttiugen und Berlin wieder in Anschluss an die Osterferieu statt- finden. Die Leitung des Michaelis -Feriencursus war den Herren Dir. Vogel und Schwalbe übertragen; durch letzteren war mit Unterstützung der Herren Fachlehrer des Dorotheeii.städtischen Realgymnasiums Böttgei-, Bohn, Lüpke und des Herrn Schicineiiz am französischen Gym- nasium eine Ausstellung der sehr reichhaltigen Scliul- sammlung des Dorotheenstädlischen Realgymnasiums ver- anstaltet, mit welcher eine Ausstellung physikalischer Apparate hiesiger Mechaniker verbunden war. Letzere war von Herrn Oberlehrer Dr. Heyne geleitet, der in den ünterrichtsblattern des Vereins iur mathematisch-natur- wissenschaftlichen Unterricht, wo an besonderer Stelle Besprechungen neuerer Lehrmittel stattfinden (Red. Pietzker), die hauptsächlichsten und interessantesten Appa- rate hervorgehoben wird. Die hiesigen Firmen hatten die Ausstellung sehr reich ausgestattet, und es ist in Aussicht genommen, die Ausstellung physikalisch-chemischer Lehr- mittel abwechselnd mit der Ausstellung von Lehrmitteln für die sogenannten beschreibenden Naturwissenschaften stattfinden zu lassen. *) Betreff der friilieren Curse vergleiclie man die ,Natur\v. Wochenschr." 1894 No. 18, l8Uö No. 24, 1896 No. 2-i. Die Eröffnung des Cursus fand durch Herrn Dir. Vogel in der Aula des Dorotheenstädtischen Realgym- nasiums statt; derselben wohnten die Herren Geh. Räthe Dr. Köpke und Gruhl als Vertreter des Ministeriums bei. An dieselbe schloss sich die Vorlesung des Herrn Dir. Vogel (cf. Programm und Bericht unten, und es folgte eine grössere Zahl von Mittheilungen und Vorlagen sowie Ver- theilung einer Anzahl von Drucksachen und Abhandlungen über Gegenstände des mathematischen und naturwissen- schaftlichen Unterrichts. Folgendes Programm kam zur Durcliführung: I. Vorlesungen. A) Pliysikalisch-chemisclie. 1. Prof. Dr. E.scheuliagen: Unsere jetzige Kenntniss vom Erdmagnetismus. 2. Prof. Dr. Lumnier: Neuere Untersucliungen aus dem Ge- biete der Liebt- und Wärmestralilung mit besonderer Be- rüeksicbtigung der Pliotometrie. 3. Prof. Dr. H. W. Vogel: Neuere Entdeckungen auf dem Gebiete der Photographie. 4. Prof. Dr. Szymanski: Physikalische Schulversutdie mit besonderer Berücksichtigung der Elektrotechnik. h. Prof. Dr. van't Hoff: Aus der Stereochemie. B) Geographische, geologisclie und biologische Vorlesungen. 6. Prof. Dr. Dames: Ueber Gebii'gsbildung. 7. Dr. von Drygalski: Die Polargebiete im Lichte der neuesten Forschung. 8. Prof. Dr. Frank und Di-. Krüger: Neueres aus dem Ge- biete der Pflanzenphysiologie und I^athologie. 9. Prof. Dr. Loew: Neuere Forschungsergebnisse über Blüthenbestiuibung. 10. Prof. Dr. Volkens: Tropische Kultur- und Nutzpflanzen mit besonderer Berücksichtigung unserer Kolonien: Di-mon- strationen im botanischen Garten und Museum. 11. Dr. Potonie: Die Metamorphose der Pflanze. 582 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. XII. Nr. 49. C) Methodische Vorlesungen. 12. Direktor Prof. Dr. Schwalbe: Zur Methodik des Ex- periments: Demon.strationeu von Unterrichtsmitteln. 13. Direktor Dr. Vogel: Bedeutung der geschichtlichen Er- kenntniss bei dem physikalischen Unterricht. II. Besichtigungen und £xcursionen. A) Besichtigungen. 1. Der Ausstellung der physikaliscli-cliemischen Unterrichtsmittel im Dorotheenstiidtiöchen Realgymnasium (Georgenstr. 30/31), sowie der Sammlungen der Anstalt. Erläuterung durch Direktor Schwalbe. 2. Des botanischen Gartens. 3. Des meteorologischen und erdmagnetischen Observatoriums in Potsdam. 4. Der physikalisch-technischen Reichsanstalt in Charlottenburg. 5. Der städtischen Elektricitätswerke. 6. Besuch des Riesenfernrohrs in Treptow. 7. Besuch der landwirthschaftlichen Hochschule und des palä- ontologischen Museums. B) Geologische Excursionen. 1. Nach Rixdorf 1 unter Führung der Herren Prof. Dr. Dam es 2. - W^crder | und Prof. Jäckel. Schhiss des Kursus: SonuabeucJ, den 9. October, auf der Excursion nach Werder durch Direktor Professor Dr. Schwalbe. Ausserdem fand am Sonnabend, d. 2. Oct., noch statt: I. Vorführung eines Instrumentariums zur Demonstration der Eigenschaften Hertz'scher Wellen. (Gradlinige Ausbreitung, Polarisation, Reflexion etc.) IL Anwendung der elektrischen Wellen zu Marconi s Tele- graphie ohne Draht. (Vorfülirung eines Marconi-Apparates mit Spies'scher Verbesserung im Betriebe.) in. Hochspannungsapparat für Tesla'sche Versuche. IV. Röntgen-Durchleuchtungen. (Herr Mechaniker Ernecke.) Au dem Kursus nahmen Thcil die Herren. Provinz Ostpreussen: Oberlehrer Seh eer vom Friedrichs- Kolleg, zu Königsberg i. P. — 2. Oberl. Minuth vom Gymnasium in Allenstein. — 3. Uberl. Gassner vom Altstädtischen Gymnasium zu Königsberg i. Pr. — Provinz Wes tp reussen: 4. Oberl. Dr. Brosig vom Gymnasium in Graudenz. — 5. Oberl. Zielinski vom Gymnasium in Konitz. — G. Oberl. Fischer vom Realpro- gymnasium in Culm. — Provinz Brandenburg: 7. Oberlehrer Dr. Koerber vom Prinz Heinrichs-Gymnasium in Schöneberg. — 8. Oberl. Dr. Morgenroth vom Gymnasium in Potsdam. — 9. Oberl. Bienengräbor vom Gymnasium in Gr. Lichterfelde. — 10. Oberl. Henfling vom Gymnasium in Friedeberg N/M. — 11. Oberl. Dr. Heutig vom Königstädtischon Realgymnasium hier- selbst. — 12. Oberl. Pahl vom Realgymnasium in Charlottenburg. — 13. Oberl. Lud decke vom Realgymnasium in Crossen. — 14. Oberl. Dr. Meilmann von der I. Realschule hierselbst. — 15. Oberl. Crauts von der VI. Realschule hierselbst. — 16. Ober- lehrer Matthosius von der VIII. Realschule hierselbst. — 17. Oberl. Scheele von der X. Realschule hierselbst. — 18. Ober- lehrer Ammerlahn vom Gymnasium in Ziülichau. — Provinz Pommern: 19. Prof. Sauer vom Friedrich-Wilhelms Realgym- nasium in Stettin. — 20. Oberl. Guiard vom Gymnasium in Dramburg. — 21. Oberl. Dr. Tetzlaff vom Gymnasium in Stral- sund. — 21. Oberl. Dr. G r a s s m a n n vom Gymnasium in Treptow a/Rli. — Provinz Posen: 23. Prof Zerbst vom Gymnasium in Schneideniühl. — 24. Prof. Dr. Kaerger vom Berger Realgym- nasium in Posen. — Oberl. Kloinmichel vom Friedrich-Wilhelms Gymnasium in Posen. — 2G. Oberl. Schacht vom Marien-Gym- nasium in Posen. — Provinz Schlesien: 27. Oberl. Dr. Handel vom Realgymnasium in Reichenbach. — 28. Oberl. Beschorner vom Gymnasium in Neisse. — 29. Oberl. Dr. Hacks vom Gym- nasium in Kattowitz. — 30. Prof. Witte vom Gymnasium in Brieg. — 31. Oberl. Dr. Oels vom Realgymnasium in Löwen- berg. — 32. Prof. Blasel vom Realgymnasium in Neisse. — Provinz Sachsen: 33. f)berl. Richter vom Gymnasium in Quedlinburg. — 34. Oberl. Dr Vollmer vom Realgymnasium der Franke'schen Stiftungen zu Halle a./S. — 35. Prof. Dr. Seh iefer vom Realgymnasium zu Langensalza. — 3G. Oberl. Dr. Dörge von der Realschule in Quedlinburg. — 37. Oberl. Briecke von der Realschule in Bitterfeld. — 38 Wissenschaftlicher Hilfslehrer Eckenbrecher vom Realgymnasium in Gardelegen. — Provinz Schleswig-Holstein: 39. Prof. Huurath vom Gymnasium in Rendsburg. — 40. Oberl. Osterloh von der Oberrealschule in Flensburg. — 41. Oberl. Stölting vom Gymnasium in Haders- loben. — Ferner Herr Baugework-Schullehrer Müller in Königs- berg i./Pr. — Oberl. Dr Seh aper in Lübeck Ausserdem betheiligten sich an dem Feriencursus noch eine grosse Anzahl von Lehrern höherer Lehranstalten aus Berlin und Umgegend, sowie einige Herren, welche nach Berlin von weiteren Entfernungen hergekommen waren. Es war daher die Betheiligung nicht geringer als Ostern; bei dem grössten Theil der Herreu fiel der ganze Cursus in die Ferien. Es mögen nun die einzelnen Berichte folgen, die von den Herren Docenlcn zum grössten Theile selbst gegeben sind. Einige derselben werden oder sind an andren Orten ausführlich veröfifentlicht. Prof. Dr. Esehenhageu: üeber den gegen- wärtigen Stand der erdmagnetischen Forschung. Ausgehend von der i)raktisciien Bedeutung des Erd- magnetismus für Schiffahrt und Bergbau charakterisirt der Vortragende die beiden wesentlichen Eigenschaften der erdmagnetischen Kraft, die Veränderlichkeit mit dem Räume und mit der Zeit. Bei der Klcinlieit der Kraftäusserungen — dieselben betragen aucii an ihren Sammelpunkten noch nicht den tausendsten Tlieil der Sciiwerkraft, — und der leichten Störung derselben durch locale Einflüsse in Gebäuden etc. hat man in allen Culturländern besondere erd magne- tische Observatorien errichtet, deren erste Aufgabe in der zeitlichen Verfolgung der Erscheinung, in der Auf- zeichnung ihier Variationen besteht. Die Hilfsmittel hierzu, die Variationsinstrumente, die aber wiederum durch die sog. absoluten Instrumente für alle drei Elemente: Declination, luclination und Intensität controlirt werden müssen, wurden in ihren Principien geschildert, insbesondere auch die absoluten Messungen und die er- reichte Genauigkeit in Verbindung mit den ersten Instru- menten dargelegt. Die Verwerthung der Ergebnisse, also zunächst der photographisch aufgezeichneten, stünd- lichen Beobachtungen zur Bildung von Mittelwcrthen und zur Ableitung der täglichen und jährlichen Periode, der Secularänderung und das Studium der magne- tischen Störungen wurde besprochen und schliesslich zur zweiten Aufgabe der magnetischen Observatorien, der magnetischen Landesaufnahme, übergegangen. Der Zweck derselben besteht darin, die Weithe der erdmagne- tischen Elemente an einer bestimmten Anzahl von Sta- tionen festzulegen, wobei die etwa zufälligen Abweichungen durch Reduetion auf eine bestimmte Epoche eliminirt werden müssen. Dies geschieht durch Vergleich mit dem als Basis dienenden Observatorium. Trotz mannigfacher älterer und neuerer Arbeiten auf diesem Gebiet bleiben doch noch viele Lücken auszufüllen, insbesondere fehlt es noch sehr am Vergleich der Instrumente verschiedener Obser- vatorien untereinander. Die dritte Aufgabe der erdmagnetischen Forschung besteht in der theoretischen Verwerthung der Resultate, die es sich/ zum Ziele macht, die magnetischen Erschei- nungen auf der Erde in ihrer Gesammtheit zu betrachten, und eine Erklärung derselben zu finden. Der erste grosse Fortschritt nach dieser Richtung ist von Gauss durch Anwendung der Potentialtheoric gemacht worden, durch welche die beste, zu jeuer Zeit zu erhaltende Darstellung der Vertheilung der magnetischen Kraft über die Erde gegeben und zugleich die Frage nach dem Sitz der Kraft dahin entschieden wurde, dass der grössere Antheil im Innern seinen Platz haben müsse. Die fortgesetzten Be- mühungen N eumayer's und Ad. Schmidt's, die theo- retischen Entwickelungen der Erfahrung anzupassen, brachten zwar manche interessante Aufschlüsse, kamen aber dem nächsten Ziele, die Anomalien zu erklären, nicht wesentlich näher. Ein Fortschritt ist von Carlheim- Gyllenskjöld erzielt, welcher bei der Darstellung durch XII. Nr. 49. Naturwissenscnattliclic WocheiischiiCt. 583 die Potentialtheoric zum ersten Male die Veränderlichkeit mit der Zeit erfolgreich bcriicli.sichtig-te. Nach einer anderen Richtung- wurde ein Fortschritt der Theorie erreicht, indem v. Bezold durch Trennung des normalen Theilcs des Erdmagnetismus von den Ano- malien eine Reihe wielitigcr Sätze i'iir die Isanonuilen, sowie für den normalen Erdmagnetismus ableitete. Nach dem Vorgange A. Schuster's wurden ferner von ihm die bei der täglichen Periode wirksamen Kräfte unter Annahme eines Potentials dem Studium durcli Betrachtung der Ver- theilung über die Erde unterworfen, wobei die Wahrschein- lichkeit des Sitzes derselben in den höchsten Schichten der Atmosphäre dargethan wurde. Die Fragen nach dem Ursprung der Kräfte, welche die tägliche und jährliclic Periode, die Secularänderung und die magnetischen Störungen hervorbringen, ferner die Untersuchung, ob Kräfte wirksam sind, die kein Potential besitzen, Probleme, die alle durcli ein streng .synoptisches Verfahren der Beobachtung der Lösung näher gebracht werden können, bilden zur Zeit einen wiciitigen Autheil der heutigen erdmagnetischen Forschung, die andererseits durch die wünschenswerthe Vervollkonnnnung der Instru- mente und durch Ausfuhrung von Simultan beobachtungen und von Landesvermessungen gefördert werden müssen. Eine Besichtigung des magnetischen Observatoriums zu Potsdam in allen seinen Theilen erläuterte die instru- menteile Seite des Vortrages. Die Gelegenheit wurde be- nutzt, um auch die Instrumente und Einrichtungen des meteorologisclien Observatoriums einer eingehenden Be- sichtigung zu unterwerfen, die seitens der Leitung des- selben freundlichst gewährt wurde. Eschenhagen. (Fortsetzung folgt.) Zur Theorie der Protoplasma- und Zellstructur. Von Dr. A. Kobolt. (Fort etzuiig. ) Ehe wir nun den Auflösungsprocess der Kern- masse im Einzelnen weiter verfolgen, ist es nöthig, eine andere Organisationsform zu besprechen, die man ge- wissermaassen als das Bindeglied zwischen dem polari- sirten und dem durch Ueberreizung (^ [amphigenes, echtes] Eurysma) ausgeglichenen Plasmakörper (oder „Zelle"), die wir im Vorstehenden kennen gelernt, be- trachten kann. Bisher haben wir nur die Folgezustände erörtert, welche eintreten, wenn ein specifischer Reiz auf den Plasmaköi-per einwirkt. Welches wird nun aber das Resultat sein, wenn dies nicht der Fall? Der Gegen- satz der Einzahl ist naturgemäss die Mehrheit, und so muss hier die Wirkung folgerichtig wohl diejenige sein, welche entsteht, wenn eine grössere Zahl Reize gleichzeitig oder rasch nach einander einen Plasmakörper beeinflussen. Wir gelangen zu diesem Zustand leicht, wenn wir ihn aus der Polarisationsstufe sich entwickeln lassen, was im Uebrigen mit den Thatsachen stimmt (Inactivitätsatrophie). Dieser Vorgang muss also darin bestehen, dass sich zu dem einen specifischen Reiz mehr und mehr andere Erregungsarten hinzugesellen, was in grösseren Zwischen- räumen, also absatz- oder sprungweise oder aber ganz unmerklich und allmählich, das will heissen: in der Weise geschehen kann, dass der Plasmakörper der Ein- wirkung von langsam oder rasch auf einander folgenden Reizen ausgesetzt wird. Wirkt auf die Spitze eines linear gestreckten Plasmakörpers (eines Actinoms) ein fremder Reiz ein"^), so wird zunächst eine Bedrohung derselben und in Folge dessen eine Beraubung und Contraction, Re- action am inneren Theile eintreten (Muskelcontraction)"). War die letztere einigermaassen ausgiebig, so hat dieselbe zu einer räumlichen Tiennuug zwischen Plasmakörper und Reiz geführt, weshalb jeuer abermals mit einem frem- den und so fortwährend mit Einflüssen neuer un- gewohnter Art in Berührung kommt, von welchen jeder dieselbe Wirkung hat. Durch diesen beständigen Wechsel wird aber der Plasmakörper bald der ursprünglichen Er- ■"') Dieser erste Anstoss zur Umwandlung wird hiiufig von der bisherigen Reizart, die nur in einem ungewohnten Gi'ade einwirkt (leichte Ueberreizung), ausgehen. '■) Kommt hier, bei der Homaxonie, nur unvollkommen zur Geltung (Myophane, Bewegung der Wimpern an ihrer Basis, Bohr- bewegungen de.s Spermatozoenkopfe.^i bei Starrheit des Fadens? s. z.B. Lendenfeld, Z. wiss. Zool., Bd. 37). regung entwöhnt, weshalb die Phase der Bedrohung immer kürzer wird und darum fast augenblicklich Ueberreizung und Contraction der Spitze eintritt (vergl. unten das Schema), welche ebenfalls, wenn auch nicht so gründlich, Plasmakörper und Reizobject von einander trennt. Auf sie folgt wieder eine Dehnung oder Streckung, um neuerdings einer Contraction zu weichen (Wimper- oder Flimmerbewegung) ; und so werden Contraction und Streckung unabhängig wechseln und zwar um so häu- figer, je mehr sich der Plasmakörper aus dem Bereich seiner ursprünglichen Herrin ''^), der specifischen Erregung entfernt, also in den Pausen der alte Reizzustand immer weniger, zuletzt fast gar nicht mehr erneuert, die Streckung immer seltener und unbedeutender wird. Mit dem allmählichen Verlust des specifischen Erregungs- zustandes wird sich darum auch der morphologische Aus- druck desselben, der geradlinige Fortsatz, das Actinom, zurückbilden; die aus den Pseudopodien der polari- sirten Zelle hervorgegangenen Wimpern werden immer kürzer, endlich vollständig „eingezogen", wobei zwar die Schläge einander immer rascher folgen, die Energie derselben jedoch fortwährend abnimmt. Aus dem starren Zustand der typischen Polarisations- phase (des positiven uud negativen Statosom's) geht also der Plasmakörjter über in eine mehr oder minder lebhafte Bewegung (Kinosoni), die aber schliesslich, da die Thätigkeit der Wimpern immer oberflächlicher und kraft- loser wird, al)crmals einem Ruhezustand Platz macht. Bei jeder Zusammenzieliung bleibt ferner, wie wir schon einmal sahen, der äusserstc Abschnitt des Fortsatzes an der Peripherie liegen"), dem in der folgenden Streckungs- ■"<) Vgl. unten Bern. 145. '") Welches ist wohl der Grund dieser Erscheinung? Der- selbe ist meines Bedünkens doch wohl darin zu suchen, dass die äusserste Strecke oder Lage an den Reiz noch am meisten ge- wohnt ist, denselben daher'eindringen lässt (dabei vielleicht auch — als Hautschicht — die Eigenschaften des Protoplasma, daher auch die Contractilität bereits zu sehr verloren hat), und erst in einer gewissen Tiefe die abweichende Stimmung beginnt, welche den Widerstand, die Reaction und Contraction hervor- ruft. Danach würde es hier zur Bildung von zwei Regionen kommen, die äussere oder disporsive und die innere oder reac- tive, welch letztere sich weiter in eine äussere, combustive und eine innere, contractive Zone gliedert. — Kühne hat Membran- bildung durch küustliche Ueberreizung hervorgebracht, über Pro- topl. u. Contractu. S. 37, 41, 51; ahnlich Balbiani, ann. d. sc. nat., 5. ser., Zool., T. 18, p. 27. 584 NatiirwisseiLSchaftliche Woclienscliiift. Xll. Nr. 49. I pliase ein weiteres Stück angelagert wird, wodurch all- mählich eine gewisse Schichtung zu Stande kommt (Zell- menibran).*") Annähernd dasselbe Resultat wird eintreten, wenn die Reize nicht in längeren Zwisclienräumen, sondern in mehr oder weniger rascher Aufeinanderfolge der ursprünglichen Erregung sich beimischen; nur kommt es hier natürlich nicht zu den deutlich rhythmischen Unter- brechungen und Bewegungen, sondern der Rückzug, die Verkürzung des Ausläufers erfolgt mehr allmählich und stetig; derselbe wird immer stumpfer, breiter und plumper ^^) und verschwindet endlieh ganz in dem Mutter- boden, aus welchem er hervorgegangen ist. Auf beiden Wegen wird aber schliesslich das Stadium cn-eicht, das man wegen des Verlustes des durch die Wirkung eines besonderen Reizes geschaffenen speci fischen Er- regungszustandes Inactivitätsatrophie nennt, und das wieder mit jenem Stadium zusammenfällt, welches man, weil bei ihm kein Reiz das Ucbergewich t hat, sondern alle gleichmässig den Plasmakörper beeinflussen, mit Recht als indifferente, neutrale, vegetative**-) Zelle bezeichnet hat, womit die Ausdrücke Keim-, (Embryonal-) Zelle, luactivitätsaplasie (Arndt), Ageuesie ziemHch identisch sein dürften. Da, wie erörtert, die Dehnung immer seltener, die Contraction immer häufiger geworden ist, also der Plasmakürper mehr und mehr die Form des Sphärom's oder des (amphigenen) Eurysma annimmt, die Ursache aber die Einwirkung einer grossen Zahl von Erregungen ist, habe ich den Zustand im Anschluss an jene Form das polygene Eurysma^^) genannt, eine Bezeichnung, der indess eine kürzere und selbständigere, vielleicht das Wort Synthema (avv!>rj^a, Verbindung, Gemeinschaft) vorzuziehen wäre®*). Wirkhch erreicht wird aber das amphigene Eurysma auf diesem Wege nicht, wenn auch die Form ihm sehr nahe kommen mag; solches kann eben stets nur dann geschehen, wenn wieder elu Reiz die Oberhand ge- winnt, während zugleich die Nahrung nicht in dem- *") Wird bpiin ecliten Eurysma (Tonus, s. oben) die Ablösung dei' Aussenschicht eine volllconimene, so wird umgelvehrt, je mehr sicli die Doliuungsaete häufen, der Zusammenhang von Zellhaut und Zellplasma inniger werden (crusta, F.E.Schulze), sodass eine eigentliche Grenze zwischen beiden nicht existirt. Daher spricht man dort mit Recht von einer Absonderung (= Abtrennung), hier von einer blossen Umwandlung (s. z. B. Chatiu, compt. rend. ac. sc, T. 114, p. 1138, ebenso Ho Imgren [und Tullbergl, Z. wiss. Zool., Bd. 59) der Rindenschicht (cuti- cula. F. E. Schulze). Vgl. auch Perty, a. a. 0., S. 81. Auf den extremen Stufen fehlt die Schichtung: dort, weil die Streckung (Secrction, s. unten Bem. 185), hier, weil die Contraction zu selten. *') Befinden sich mehrere Fortsätze neben einander gleich- zeitig auf diesem Eudstadium der Rückbildung, so erhält der Plasmakürper ein st umpf hock er iges oder körniges Aussehen, dem spätfr die völlige Glättuug und Abrundung folgt. Vgl. hierzu E. A. Schäfer, proceedings roy. soc. Lond., vol. 49, p. 195 (die beständige Ueberreizung der Leucocyten durch die vielen meclia- nischen Insulte erhält dieselben in der Kugelgestalt). ^-) Klebs nennt die Zelle „die vegetative Einheit des Orga- nismus" (Arch. f. experim. Pathol. u. Pharm., Bd. 3, S. 153). '') Das Verhältnias zwischen dem echten oder amphigenen und dem polygenen Eurysma ist uns annähernd bereits geläufig als das zwischen dcni weiblichen oder echten (siuiilcn) Ei und dem parthonogenetischou Ei, dem Pseudovum, der Keimzelle (Winterei und Sommerei). "') Als Zwischenform und Conibiiiation von Bathysma und (amphigenem) Eurysma stellt auch das polygene Eurysma eini' „Naturzüclitung" dar (vegetative N.); dieselbe besteht in einer Rückbildung der positiven Eigonschaften(Inactivitäts-Atrophie), doch nicht bis zu dem starken Schwund wie beim echten Eurysma (IJeberreiznngs-Atrophic). Sie entspricht annähernd jener Ent- wickelungsrichtung, welche Weismann in einem grösseren Rah- men „Kehrseite der Naturzüchtung", „Panmixie" genannt hat. Vgl. oben Bem. "J5 und .'il. selben Verhältniss zugeführt, vielleicht sogar direct verkürzt wird, sodas.s nun, im Gegensatz zum Bathysma, dem Zustand der reinen Dehnung, wo kaum oder nur selten mehr eine Contraction erfolgt, ein Znstand reiner Contraction eintritt, wo kaum oder nur selten mehr eine Dehnung stattfindet. Es ist dabei einerlei, ob die be- treffende Plasmaportion direct oder — als innerer Ab- schnitt (s. das Schema) — indirect durch Vermittelung eines als Zufulirweg dienenden äusseren Abschnittes von dem Reize getroffen wird. Beim polygenen Eurysma wird weiterhin der Zunahme der Ueberreizungs-(Contractions)acte an der Peripherie eine genau entsprechende Zunahme der Bedrohungs- (Dehnungs-)acte im Centrum parallel gehen (s. das Schema), in Folge wovon die Entlastung in einem der zwei vorhin unterschiedenen Fälle ebenfalls mit rhythmi- schen Unterbrechungen, im anderen mehr gleichmässig zunehmen wird. Diese Veränderung am Kern wird dadurch zur Er- scheinung kommen, dass derselbe weder so stark con- trahirt i.st wie bei der typischen Polarisation, noch so stark gelockert und aufgelöst wie bei der Ueber- reizung (Ausgleichung und antitypische Polarisation): es wird weder alle Kernmasse im Kernraum angehäuft, noch alle ausgetreten sein , vielmehr ein Theil derselben innerhalb, ein Theil ausserhalb des letzteren sich befinden, eine logische Forderung, welcher ja in der That das Verhalten der vegetativen (somatischen) Zelle, der bläsche nförmige, mit einem plasmatischen Waben- oder Maschenwerk, in dessen Wänden und Balken kleinere, in dessen Knotenpunkten grössere (Nucleolen) Körner eingebettet sind, erfüllte Kern sammt dem ihn umgebenden Spongioplasma- und Körnchenhof ent- spricht. Tritt (durch Ueberhandnahnie eines Reizes) eine Annäherung an das amphigene Eurysma ein, dann wird allerdings regelmässig auch die Entlastung und Lockerung der Kernmasse zunehmen'^^) und die Entleerung des Kernrauras eine vollständigere sein. Da die Contractionen der Rinde kräftiger und anhaltender werden, wird auch, wie dies schon oben berührt wurde, die Ablösung der in den Dehnuugsphascn gebildeten Hüllschichten, der „Zell- membran", vom Piasmaki'irper eine vollkommenere sein, die sich durch die damit verbundene Erstarrung, Ver- dichtung (Verdunkelung) und Erhärtung immer mehr zu einem besonderen, dem Lebensherd fremden Organ, dem Balg oder der Schale (Gehäuse) entwickelt, die dann oft in Kurzem völlig vom Weichkörper getrennt wird (Häutung!. Der hier verfolgte Entwickelungsgang (Inactivitäts- atrophie, Rückbildung) ist natürlich der umgekehrte von der Embryoualeutwickelung, der Ontogenic. Bei letzterer erfolgt also eine allmähliche Angewöhnung an einzelne, gesonderte Reize, es entwickelt und steigert sich immer mehr die Empfänglichkeit für einen einzigen Reiz — die auch auf den niederen Stufen nicht voll- ständig fehlt^'^) — die Empfindlichkeit für eine be- stimmte Art Sinneswahrnehmung. Damit geht Uaud in Iland die stetig zunehmende Ausbildung einer einzigen Axe, wobei die anfänglich erworbene Beweglichkeit (Kinosom) immer mehr wieder nachlässt (Flimmerzclle — vegetativer — auimaler Muskel) bis sie gänzlich verschwin- det und endlich — im Nemoganglienelement — vollkom- mene Starre eintritt, die den Plasmakörper gleichsam an «') Vgl. unten Bem. 100. »") s. Eimer, Medusen, S. 255, 268. Rawitz, Jena'sche Z., r.d. 27, S '220. Jourdan, Is. sens eh. Is. anim. inf., p. 73. XII. Nr. 49. Natiirwisscnschaltliche Wochcnschrilt. 585 den Reiz festbannt (± Statosom).^'') — Wie der uiiter- brocliene, wird auch der gleiehmäs.sige Entwiciselungsgang seine umgekehrte Pai'allele haben. — Die Loclverung und Dehnung der Kcrnniassc nun findet liauptsäcidich in der Weise statt, dass sich au der OberHäche des Kerns bald stellenweise, bald allgemein, je nach der Ausdehnung der Ueberreizung an der Zeli- peripiierie^^), eine grosse Menge feiner oder gröberer T heilchen ablöst^''), während im Innern der com- pacten Masse hilufig zu gleicher Zeit kleine Höhlungen auftreten, die nach und nach immer deutlicher und grösser werden '"^') ( Vacuolisation). Der Grund dieser Er- scheinung liegt selbstverständlich darin, dass durcli ;erado an die höch- ste Polarisation die stärkste In volution sich anzuscldiessen pflegt (s. unten). VieUcicht ist übrigens die Kurzlebigkeit der sexuellen Generation theihveise eher hierher zu rechnen — Aehii- lich steht es mit den Ausdrücken jung und alt. Vom Rath nennt die wenig ditf'erenzirte Zelle ,.jugendkräftig'', die dilTeren- zirte: „alt." Nach unserer Ausführung (s. oben Bern. 52, am Schluss) ist aber die Phase der Dif ferenzirung — trotz der besprochenen ..Degeneration" — die Periode der J ugendk raf t, die der Indifferenz (polyg. Eurysraa) dagegen (trotz des ver- wickelten Charakters der Mitose, die für eine „hohe Organisation'' zu sprechen scheint, während die „einfache" Amitose einen primiti- ven Zustand andeuten könnte) eine Periode relativer Schwäche (s. d. Erklär, zu Fig. III im Schema), daher ist es uiistatlhaft, das Stadium der Indifferenz als Jugendkraft, das der Differeu- zirung (Evolution, s. oben) — als Alter, senium = InvoUition zu be- zeichnen (dass die Polarisationsphase der Schleimdrüsen als jugendlicher Zustand zu deuten ist, geht aus den Keimlagern hervor, der-en Zellen ebenfalls stark differcnzirt sind [und jugendliche, d. h. solide Kerne enthalten], obwohl sie die ersten Entwickelungsstadien darstellen; und da dieselben sich amitotisch vermehren, kann man nicht sagen, dass Amitose ein Zeichen baldigen Untergangs — sofern man hierunter, wie gewöhnlich, die Involution versteht — sei, vgl. Prensse, Z. wiss. Zool., Bd. 59). Der Sache nach stimmen alle genannten Forscher übereiu: die A m i t o 3 e kommt den d i f f o r e n z i r t en , die Mitose den indiffe- renten Zellen zu. Richtiger würde indess wohl der Satz lauten : die Amitose kommt der Phase der Diti'ereuzirung, die Mitose der Phase der Indifferenz zu (vgl. Mit. u. Amit., S 5')), da ein und dieselbe Zelle beide Stadien zu durchlaufen pflegt (bei den Protisten, Heliozoen z. B. kommt denn auch bald Amitose, bald Mitose — Gruber, R. Hert wig, A. Brauer, Seh au dinn - vor), woraus sich die häufigen Widersprüche in den Befunden erklären dürften. Sollte es möglich sein, dass z. B. die differenzirte Drüsen- zelle wieder in ein Stadium der Indifferenz tritt (was nach unseren Erfahrungen keineswegs ausgeschlossen, man denke an die Inactivität, ja allein an den regelmässigen Phaseuwechsel zwischen „Ruhe" [Polarisation] und „Thätigkeit" [Neutralisation]), so liegt kein Grimd vor, warum bei ihr nicht abermals die Mitose sollte auftreten können (vgl. Bizzozero, Sacerdotti, arch. ital. de biol., T. 23, p. 11. Ferner Schaudinn, Vhdl. dtsch. zool. Ges., 6. Jahresvers., S. 122 und 127). Für meine Anschauung, dass die Amitose der Phase der ± Difl:'erenzirung eigenthüudich sei (vgl. auch R. Ilertwig, Hist. d. Radiol., S. 84 ff.), dem Stadium der Bedrohung, der (relativen) Ruhe (dem Gegentheil der Ueberreizung), dürften die Fälle s])rechen, wo vor oder nach der Mitose (= Korntheilung der Ueberreizungsphase, zunächst des araphigenen, dann aber namentlich des polygenen Kurysma [^ der relativen Ueberreizung, s. d. Erklär, zu Fig. III im Schema]) directe Kerntheilung auftritt (im Stadium absoluter Ruhe — stärkster Polarisation — ist das Cohäsionsbestreben der Kernmasse so gross, dass gar keine Ablösung stattfindet — hierher die Bildung von Excret und von Se.xualproducten, s unten; erst bei ihrem Umschlag in die =p Polarisation tritt eine — und zwar sehr heftige — Zerstreuung der Kernraasse ein: Sporulation). Fälle solcher Art werden mitgetheilt von Meves (üb. e. Art d. Entst. ringf. Kerne . . ., Diss., 1893, S. 19); J. E. S. Moore, ann. a. mag. n. hist, 6. ser., vol. 11, ji. 152 (bzw. Lister); van der Stricht, anat. Anz., G. Jgg., Ergänzh.: S. 173; Flemming, Arch. mikr. An., Bd. 37, S. 292; van der Stricht et Walton, conipt rend. ac. scienc, T. 120, p. HOS (Kno.spung bei Riesenzelleu [Sar- com) im Ruhestadium, wo die Kerne chromatinreich) ; Schaudinn, Vhdl. dtsch.. zool. Ges., 6. Jahresvers., S. 122 und 127. s. endlich Zicgler, biol. Ctrbl., Bd. 11, S. 374. Frenzcl hatte die passende Idee, diese Erscheinung als eine Art Generationswechsel aufzufassen (Arch. mikr. An , Bd.' 39, S. 27). Nur vertheilt er (ott'enbar in Folge der üblich gewordenen Bezeichnung der ± Phase als De- generation) die Rollen unrichtig, denn die Phase, in der eine Mitoso erfolgt, kann man füglich doch nicht, wie er es thut, dii' „kräftigere", ihre Dazwischenkunft als eine Auffrisclunig be- zeichnen (s. oben Bern. 52, am Schluss). — Mit der Amitosc ver- wandt sind die |duripolarcn Mitosen, worüber man Näheres bei van der Stricht, anal. Anz., 6. Jgg. Ergzh. und 8 Jgg.; Hess, Beitr. z. path. Anat. u. allg. Path., Bd. 8 nachsehen möge. Stromgeschwiudigkeit immer deuthcher in radiärer Richtung sich strecken, bis sie schliesslich nur noch feine, vollkommen geradlinige Strahlen darstellen, welche hier — da bei der schwachen Polarisation die Kernmembran nur dürftig entwickelt ist — von einer äusserst zarten Hülle oder besser röhrenförmigen Scheide^'''), die aber gleichwohl nur nach der Spitze hin ganz fehlen dürfte'"), umgeben sind Bisweilen tritt, ohne stärkeren peripheren Zerfall oder Auflösung in Strahlen eine Vaeuolisation im Kern auf, die mit der Herstellung eiue.s einzigen Hohlraums endet, wälirend sieh unter allmählicher Grössenznnahme des Gebildes die ganze Masse des Kerns iii Gestalt „eines Ringes" oder besser gesagt, einer Hohlkugel an der InnenÜäche seiner Membran ansammelt"-). Vielleicht ist die Erscheinung dadurch bedingt, dass eine derbe Hülle den Austritt des Inhaltes verhindert, in Folge wovon derselbe an der Kernwand sieh staut und durch seine starke Aus- strömuugstendenz die Hülle vor sich hertreibt und ausdehnt. Verniulhlich kommt es dabei mitzunehmen- der Verdünnung der Haut zu einem wenn auch unmerk- lichen, doch vollständigen Austritt der Kernmasse durch die erweiterten Poren derselben und zur gänzlichen Ent- leerung des Kernbläscheus oder zu einer derartigen Dehnung des letzteren, dass ein Zerplatzen erfolgt "3). Hatte sich die Kernsubstauz noch stärker concentrirt und unter Zurüeklassung einer äusseren Wandschicht (achro- matische Kernmembran) in dem dabei entstehenden Hohl- "") Vgl. die „gangue" von H. Martin, arch. pb3-siol. norm, et path., 2. ser., T. 10. IJeberhaupt dürfte jeder Faser, jedem Strom- iauf eine solche hyaline Einscheidung zukommen, nur ihre Stärke wird vorschieden sein. Zieht sich iler Inhalt aus ihnen zurück (vgl. u. A. V. Ben öden, arch. de biol., T. 4, p. 5S2), so dürften sie erhalten bleiben (vgl. Mit. u. Amit., S. 38, Bern. 1, S. 44, Bem. 1 und 3); sie sclieinen selbst erstarren mid erhärten zu können, s. Nussbaum, Sitzber. nh. Ver. prss. Rhlde Westf., 5. F., 7. Jgg., S. 121. Kornartig fand Engelmann bisweilen die Wimper- wurzeln (Pflüger's Arch., Bd. 23^ S. 524, 531). Nach S. Meyer sind die Fibrillen in den Cylinderzellen der Ausführungsgänge der Speicheldrüsen sehr resistent gegen Reagontien (Arch. mikr. An., Bd. (-!). Man vgl. auch die elastischen Zinken (= verästelte Aussen- glieder) der ..Gabelzellen" der Froschzunge bei W. Engelmann, Z. wiss. Zool., Bd. 18, die an die Biegsamkeit der Axenfäden der Heliozoen (s. z. B. Leidy, a. a. 0.) erinnern. Auch das Neuroke- ratin wäre zu erwähnen. Diese Scheiilen bilden wohl, namentlich bei den Ausfuhrstrassen der Nebenkerne (Astrophären), die nähere Grundlage, aus der sich durch Abscheidung von Mineralsalzen die Skelettbildungen entwickeln. '■') Wo die Kernmasse nach dem Zellplasma hin in Spitzen sich auszieht (besonders auch bei Verzweigungen und amöboiden Bewegungen), ist die Grenze zwischen beiden mehr oder minder stark verwischt (s. z.B. Korscbelt, Sitzber. Ges. natf. Freunde, Berl. 1887, 88, S. 129, sowie zool. Jahrb., An. u. Ont., Bd. 4, S. 91, 93. Desgl. Rohde, a. a. 0., S. 130 und Fig. 5 b). Auch bei den Spicula sind bekanntlich die Centralcanäle an den Spitzen meist offen. "•-) s. z. B. Gruber, Z. wi.s3. Zool, Bd. 40, S. 132. Bd. 41, S. 200; A. Borgert. zool. Anz. No. 507, S. 311. Heitzmann, mikr. Morph., S. 52 ff". "■') Möglicherweise liegt der Grund auch zuweilen in einer grösseren Consistcuz der Kernmasse, die nicht durch die feinen Poren dringen kann. Hierfür spricht vielleiclit der Umstand, dass häufig zuerst eine Strahlung, dann Aufblähung und schliess- lich oft ein Platzen erfolgt, was darin seine Erklärung fäude, ilass zunächst die lockeren, oberflächlichen Bestandtheile des Kerns austreten und alsdann erst die festeren centralen nacli aussen streben und die fiu- .sie undurchdringliche Membran dehnen, bis die Poren weit genug oder bis die Hülle platzt. Man vgl. mit dem Vorgang der Aufblälmng des Kerns im All- gemeinen auch das dekystement der Heliozoen (s. z.B. Penard, Jahrb. d. nassau. Ver. f. Natkde. Jgg. 43, S. 47). wozu vielleicht die schauuiige und netzartige Umwaiideluug der Körpermasse, bei Infusorien (Traclielius ovum, Paramaecium, Trachelocerca, s. z. B. Cohn, Z. wiss. Zool., Bd. 16, S. 203, T. 14, Fig. 1) ein weitei-es Aiudogon bildet. XII. Nr. 48. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 589 raum^^*) ganz oder grösstentheils a,uf eine centrale Masse von kleinstem Umfang, das Kernkörperchen (das durch erneute Contractioueu an seiner Obertiäche abermals eine Membran bilden kann), zusammengezogen^^''), so kann der Auflösungsprocess'^") in ganz gleicher .Weise Knospung, .Stralilnng'i'), Zerfall"»), Auf blähungH^), die '») Vgl. .Schaudiun, biol. Ctrbl., Bd. 14, No. 4 und Z. wiss Zool.. Bd. 5i). "*) Schaudinn, a. zuletzt a. O. "»■) Ders. ebd., S. 228 ff. und T. 15, Fig. 51 ft'. Die Ersclioinung (Frenzel's „Morulit") wurde schon vonStilling erkunnt. s. auch R. S. Bergh, niorph. Jahrb., Bd. 5, S. 27. Der Vorgang der Fortsatzbildung (theilweise mit Absehnürung von Körnern) wurde auch direct beobachtet, z. B. von Kidd, quart. j. micr. sc, n. s., vol. 25; R. Hertwig, Jena'sehe Z.. Bd. 11, S. 164; Schwalbe, ebd., Bd. 10, S. 35; van Beneden, bull. Belg., 2. ser., T. 41, p. 60; Th. W^. Engel mann, Z. wiss. Zool., Bd. 11, S. 363; M. Nuss- baum, ebd., Bd. 18, S. 79 und Fig. 90, 91. Amöboide Bewegungen ausserdfim von La Valette St. G., ebd. Bd. 2; Balbiani, gaz. med. de Paris, 1865; A. Brandt, üb. d. Ei u. s. Bildgst., 1878, Arch. mikr. An., Bd. 17 (amöboide Bewegungen: Vorboten der Karyokinese); O. Hertwig, morph. Jahrb., Bd. 1; Auerbach, Organol. Stud., 1874; Leydig, zool. Jahrb., An. u. Ont., Bd. 3, S. 319, 379. (Vgl. auch Frommann, Jena'sehe Z., B. 9, S. 287.) Mit. u. Amit , S. 19, Bern. 1 und 2. s. ferner Frommann, Jena'sehe Z., Bd. 17; Greeff, biol. Ctrbl., Bd. 11, S. 640 (Amoeba fibrillosa und alba); Eimer, Arch. mikr. An., Bd. 14 (Zerstreuung der oberflächlichen Kiirnerschicht nach aussen). E. beobachtete auch jiseudopodienartiges Ausstrecken und Einziehen von Fort- sätzen am Keimfleck, ebd. Bd. II, S. 326. — Chroniatinsprossungen an der Oberfläche des Spermatogonienkerns vom Salamander beobachtete Meves, ebd., Bd. 44, S. 134 0?. — H. Rabl (Neben- kern in verschiedenen Gewebszellen des Salamanders), ebd., Bd. 45, S. 419. Häckel, Radiol, 2. Thl., T. 1, Fig. 3 (Thalassopila cla- dococcus), ferner: Lychnosphaera regina, ebd., T. 11, Fig. 1 und Rhizoplegma, Fig. 5, Drymosphaera, T. 20, Fig. 1 a, ebenso Cla- doeoccus, T.[27, Fig. 3. Vgl. auch A. Borgert, zool. Anz. Bd. 19, S. 311 (Anlacantha scol.). Ueber Straldungen in der Binnenblase (Sprossungen des Nucleolus?) s. Häckel, Radiol., 2. Thl., T. 20, Fig. la (Drymosphaera) sowie Mit. u. Amit, S. 21. Ferner Rohde, Arch. mikr. An., Bd. 47 (Ganglienzellen), S 132 und insbesondere die „endogene Kernbihlung," S. 122 tf., die der Autor den ähnlichen Vorgängen bei Protozoen CThalassicolla) an die Seite stellt (S. 124). — Degagny. a. a. O., T. 111, p. 762, T. 116, p. 269; E. Bataillon, ebd. p. 1217. J. Heuscher, Jena'sehe Z., Bd. 27, S. .504 und T. 23. Fig. 23. Ogata (bei Korscheit, zool. Jahrb., An. u. Ont., Bd. 4, S. 118). Vgl. auch Mit. u. Amit. S. 19, Bern. 1. Speciell das Keimbläschen betreffend: M. Holl, anat. Anz., 8. Jgg., S. 124; Sabatier, rec. zool. suisse, ser. 1, T. 1, p. 427, 448; Blochniann, VhdI. n. bist. med. Ver. Heidlb., N. F., Bd. 3, S. 244; R. Schar ff, quart. j. micr. sc, n. s., vol. 28, p. 56; N. Löwenthal, anat. Anz., 3. Jgg., S. 364 ft'., 389, 371, 373; C. Chun, (Ref) nat.-wiss. Rdsch., 1896, S. 345; Leydig, zool. Jahrb., An. u. Ont., Bd. 3, (z. B. S. 297, 301, 305, 318, 330, 337, 354, Fig. .57, 64, 80); Stricker, Wien. Sitzb., m.-nw Cl., 1877, Bd. 64', III. Abth., 6 (Bildung amöboider Fortsätze am Kern); Weis mann und Ishikawa, zool. Jahrb., An. u. Ont., Bd. 4; van der Stricht, anat. Anz., Bd. 9, Ergzh., S. 227; R Hertwig, morph Jahrb. Bd. 2. S. 79; 0. Hertwig, ebd., Bd. 1, S. 357; Will, Z. wiss. Zool.. Bd 41, S. 34o ft'. Fronzel, Arch. mikr. An., Bd. 39, T. 1, Fig. 1 und 2. Auswanderung der Keimflecke („Zellen" im Keimbläschen) in den Dotter beschreibt bereits Gramer, Arch. Anat. Physiol., 1848. Chun, Abhdl. Senckenb. Ges., Bd. 16, S. 612 (Abschnürung des chromatinreichen Kleinkerns [Nebenk.] vom chromatinarmen Gross- kern beim Siphonophorenei); endlich die analoge Bildungsweise des Micronucleus der Infusorien. — s. noch Älit. u. Amit., S. 19, Bern. 2. Auch der Cordon pelotonne am Keimbläschen von Geo- philus longicorn. ist hier zu nennen (Balbiani, zool. Anz., 1883). "'■) s. z. B. Krasser, Wien. Sitzber., m.-nw. Cl., 1892, Bd. 101; vom Rath, Z. wiss. Zool., Bd. 60. S. 13. '"*) Ueber Simultanzerfall des Keimflecks s. Bergh, a. a. 0., S. 27, sodann Degagny, a. a. 0., T. 111, p. 762 (plötzlicher Verlauf), T. 116, p. 269; A. Labbe, ebd. T. 120, p. 382; Schau dinn, a. zl. a. O. , S. 228 ff.; Henking, ebd., Bd. 45, S. 151 (Carabus, Dytiscus); R. Hertwig, Jena'sehe Z., Bd. 11, Fig. 2. "") Die Vacuolisation der Keimflecke (Schrön'sches Korn), die auch wieder zurückgehen kann, ist oft beobachtet, s. z. B. van Beneden, bull. Belg., 2. s6r., T. 41; R. Hertwig, morph. Jahrb., Bd. 2, S. 74; Korscheit, zool. Jahrb., An. u. Ont., Bd. 4 (Dolo- medes); Leydig, ebd., Bd. 3, S. 363; Holl, anat. Anz., 8. Jgg.; m neuerer Zeit Hacker (der von H. beobachtete Rhythmus im Auftreten und Schwinden der Vacuolen könnte ebenfalls auf idnen Phasenwechsel in der Reizung hindeuten). Auch anderwärts sind .auch zu, «lästeren Vorgängen JiinzutreteB kann i'^") an dem letzteren stattfinden', wobei die Sprossen, d. h. die P^ort- sätze woiil vielfach blos Verl)reitenmgen der aus der Bildungszeit desselben sehr gewöhnlich übrig gebliebenen PlasmabrUcken''^') zwischen ihm und der Kernniembran dar.sfellen '2"). Haben die Fortsätze oder ihre Aequi- valente, die Körner, die letztere erreicht, so sammelt sich ihre Substanz in grösseren Massen an der limeufläche derselben an („oberflächliche Nuelcolenschicht- '-•';, Klein- kerne), welche, sich allmählich ausbreitend, häufig durch Ausläufer mit einander in Verbindung treten (Ober- flächennetz i-'*), chromatische Kernmembran). Von diesen Anhäufungsstellen ^"'■') aus erfolgt dann, unter vorgäugiger die Kernkörperchen oft vacuolisirt, s. z. B. Leydig, Unters, z. Anat. u. Hist. d. Th., S. 84 ft'., Zelle u. Gew., S. 26 ff.: Auerbach, Z. wiss. Zool., Bd. 7, S. 385 (Amöben, Gglz.); Degagnv, a.a.O., T. 114, p. 245, T. 116. p. 1398; Labbe, a. a. 0., p. 382. Aehn- liches berichtet Leydig von den Querstücken der Faden sc Illin- gen im Kern, welche mitunter kuglige Bläschen oder Hohlkugeln zu sein scheinen: Z. u. Gew., S. 24 ff., T. 1, Fig. 23, ebenso Car- noy von den Microsomen des „boyau" (nach A. Bolles Lee, bibl.' univ. arch. sc. phys. et d'hist. n., 3. Per., T. 13, p. 123). s. noch unten Beni. 157. '-") Vgl. G. Mann, journ. anat. a. physiol., vol. 29 (n. s., vol 9), Fig. 2; Leydig, zool. Jahrb., An. u. Ont., Bd. 3, S. 363: das Centralkorn der Chrom.atinsterne, welche vom Rath bei Anilocra beschreibt, sieht gleichfalls oft wie ein Bläschen aus, Z. wiss. Zool., Bd. 60. S. 10. '-') Vgl. Schaudinn, a. zul. a. 0.; sodann Robin, journ. anat. et physiol., T. 14, p. 580. s. auch Mit. u. Amit. S. 17, Bern. 2, wo noch folgende Berichte zu verzeichnen wären: Eimer, Arch. mikr. An., Bd. 8; Leydig, zool. Jb., An. u. Ont., Bd. 8, Fig. 58; Heitzmaun, Wien. Sitzb., m.-nw. Cl., Bd. 67, III und 68, III; Arnold, Virehow's Arch., Bd. 32 u. 41; Biitschli, Abh. Senckenb. Ges., Bd. 10; Schwalbe, Jena'sehe Z., Bd. 10, S. 25 fl'., Arch. mikr. An., Bd. 3; Courvoisier, ebd.; Pflücke. Z. wiss. Zool., Bd. 60; Frenz el, Arch. mikr. An., Bd. 39, T. 1, Fig. 1—3, 5; Löwenthal, anat. Anz., 3. Jgg., S. 371; Holl, ebd., 8. Jgg., S. 123. '--) Dasselbe gilt wohl auch für den Kern im Ganzen: die Wege, welche die Knospen und Radiärströme einschlagen, sind dieselben Vorbindungsbrücken, die ursprünglich zwischen Zell- j plasnia uud Kern bestanden und, wenn auch durch die starke Trennung sehr reducirt, doch nicht völlig unterbrochen wurden. '-'■) Schaudinn. a. a. O., Mit. u. Amit., S. 17 (Bern. 2). Hier- her gehören weiterhin vielleicht die „centripetalen (wohl richtiger centrifugalen) Zellgruppeu" bei Physematium Müll. (Häckel, Radiol., I, T. 3, Fig. 7). In Betreff' der eingeschlossenen Oelkugel vgl. oben Bem. 51. '■'■') Leydig, Us. z. An. u. Hist. d. Th., S. 95 ff.; Frommann, Jena'sehe Z., Bd. 9, S. 294, Bd. 14, S. 461tt'.; 0. Hertwig, morph. Jb., Bd. 3, T. 4, Fig. 1; Greeff, Arch. mikr. An., Bd. 10, S. 63; Born, ebd., Bd. 43, S. 65 und 67; R. Scharff, quart. j. micr. sc, vol. 28, n. s., PI. 5, Fig. 1 — 6, 7 und 9. Auch beim reticulirten Kern, s. z. B. Frenz el, Arch. mikr. An., Bd. 26, S. 2t8 und T. 8, Fig. 22, T. 9, Fig. 26, wie überhaupt Uebergänge zwischen dem typischen Speichensystem und dem Maschenwerk sehr häufig sind, s. z. B. Blochmann, Heidelbg. Jubilschr., Fig. 7 — 9, 26. '-^) s. z. B. Chun, Abhdi. Senckenb. Ges., Bd. 16, S. 612; Blochmann, Heid. Jubschr., S. 145; Lönnberg biol. fören. förhdlg., Bd. 3, S. 95; Floderus, Z. wiss. Zool., Bd. 61, desgl. Sabatier. Die verschiedenen Formen der radiären Vertheilung und Zerstreuung der Kernmasse, welche vermuthlich die Grund- lage für die meist sehr regelmässigen intracellulären Axenskelette bei niederen Thierklassen abgeben (wo die Ausströmung in Netz- form stattfindet, ist die Regelmässigkeit auch am Skelett verwischt), scheinen alle einer gewissen Gesetzmässigkeit unterworfen zu sein, insofern die Richtung derselben keine willkürliche, sondern be- stimmten Axeny erhältnissen folgt. Bei den Pseudopodien wenigstens (die den Plasmastrahlen entsprechen) lässt sich iu der That mitunter eine gewisse Regelmässigkeit in der Stellung erkennen (z. B. Amoeba radiosa, Auerbach, Z. wiss. Zool., Bd. 7, S. 401, ähnlich Leidy, a. a. O., PI. 4, Fig. 6, so auch Biomyxa, ebd., PI. 48, Fig. 20;" sodann die als zweite Art unterschiedene Form der Pseudopodien bei R. Hertwig, Jena'sehe Deukschr., Bd. 2, S. 143. Nach Fol [a. a. O., fecondation, p. 380| beobach- tete übrigens Selenka gleiche gegenseitige Entfernung der vom Ei ausgehenden Pseudopodien). Man erinnere sich hier ferner an die analoge Gesetzmässigkeit bei den pluripolaren Mitosen (vgl. namentlich Kronipecher) und, im Zusamnu;jdiang damit, die regelmässige Anordnung der „pseudo.somes"^ und „dictyosomes" an der Oberfläche des Kerns bei der Mitose nach Moore, quart. j. micr. sc, vol. 35, n. s. (1894), p. 271 und Fig. 13, 17. — Den 590 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. XII. Nr. 49. Hervorwölbuug oder Eesorption der überliegendeu Mem- Schlüssel zum Verständniss diesei- Erscheinung liefert vielleicht der Simultanzerfall und die Strahltheilung. In zweiter Linie gehören dahin wohl die an der Innenfläche der Kernraembran ziemlich regelmässig angeordneten Kern- körperchen (Amiiben, z. B. Amphizonella |Greeft'|: R. Hertwig, Kernformen, morph. Jb., Bd. 2, Fig. 11; Pelomyxa villosa, Leidy, a. a. O., PI. 8, Fig. 32; ferner Ditt'lugia pyriform.; Carter, ann. a. mag., vol. 13, 1864, PI. 1, Fig. |2 und] 6, PI. 4, Fig. 25, PI. 48, Fig. 20; s. sodann Gruber. Ber. nf. Ges., Freibg., N. F., Bd. 2, S. 99 und 101 sowie T. 6, Fig. 8 und 12; Frenzel, Arch. mikr. An., Bd. 20, S. 288; Eimer, ebd., Bd. 14) und Keimflecke (Raub er. morph. Jb., Bd. 8, T. 11, Fig. 6—8; Owsjannikow, mem. ac. irap. St. Pet., 7. ser., T. 33, Tf. 3, Fig. 33). Weiters die schon erwähnten centripetalen Zellgruppeu an der Innenseite der Centralkapsel von Physematium (Häckel, Rad., I; vgl. R. Hert- wig, Jena'sche Denkschr., T. 3, Fig. 1). Alle diese Bildungen haben die Bedeutung von Stütz- oder Ausgangspunkten der Plas- mastrahleu bzw. Sarcodestränge. Dazu kommt die regelmässige Vortheilung der Poren auf der Kapsel des Kerns bei Helio- zoen (Penard, arch. de biol., T. 9, p. 154 ff., Bütschli, Vogt und Yung), der Höcker auf der Binnenblase von Ethmosphä- riden (R. Hertwig, Jena'sche Dkschr. , Bd. 2, an das Keimbläs- chen und die Kapsel der Sticholonche erinnernd: S 177 und 237); bran ^-^) — ganz wie oben beim soliden Kern — die Ablösung der Kernstotftheilchen (Abschniirung der Klein- kerue vom Grosskern). Auch hier kann in der Kern- masse, nämlich in dem centralen Rest des Kernkörpercheus Vacuolenbildung auftreten. (Fortsetzung folgt.) der Poren auf der Zoua radiata von Insecten- und Fischeiern (Lindgren, Arch. An. Phys., 1877, an. Abth., S. 356); auf der Schalenhaut der Eier von Sipunculus nud. (A. Brandt, mem. ac. Pet., 7. ser., T. 16, Tf. 2, Fig. 58); endlich auch die regelmässige Stellung der Knöpfe, Stacheln u. s. w. an demselben Object (Eier von Bryozoen, Tardigraden, z.B. Greeff, Arch. mikr. An., Bd. 2, T. 7, Fig. 11 und 12, Macrobiotus). Vgl. noch Carter, ann. a. mg., 3. ser., vol. 2, PI. 2, Fig. 5c, d, PI. 3, Fig. 14, 15 (Spermatogenese von Na'is); A. Seh mid t, Abh. Senckenberg. Ges., Bd. 1, S. I7ß und T. 14, Fig. 17—19 (Gregarinen). '-«) s. Leydig, Us. z. An. u. Hist. d. Th., S. 95 ft'.; van Bam- beke, bull. Belg., 3. ser., T. 25, p. 344; Degagnv, conipt. rend. ac. sc, T. 116, p. 271. Aehnlich Will, zool. Anz.", Bd. 7; Luk- janow, Arch. mikr. An., Bd. 32; Weismann und Ishikawa, zool. Jahi-b., An. u. Ont., Bd. 4. Die Membran erschlatt't an den Austrittsstellen und ist daher eingesunken: Stuhlmann. Ber. nf. Ges. Freibg., N. F., Bd. 1; Meves, Arch. mikr. An., Bd. 44, S. 134 ff.; H. Rabl, ebd., Bd. 45, S. 419; R. Hertwig, Hist. d. Rad., S. 56 ff, T. 5, Fig. 5 (Binnenblase). Vgl. unten Bern. 176. Ueber einen merkwürdigen Fall von scheinbarer Geschlechts - Metamorphose einer Henne berichtet L. Jansou in den Mitth. Deutsch. Ges. Natur- und Völkerkunde Ostasiens, Tokio, Heft 60. Ein 9 .Jahre altes Zwerghuhn, das seither fleissig Eier gelegt hatte, hörte plötzlich damit auf. Bald darauf begannen ihm Sporen zu wachsen, dann der Kamm und die Schwanzfedern, sogar die für den Hahn so charakteristi- schen starken unteren Flügelfederu. Die bei der Henne grosse und vorgestülpte Kloaken-Oeftuung wurde klein und eingezogen wie beim Hahn, die Stimme wechselte, und das Huhn begann zu krähen wie ein Hahn. Bei der Section ergab sich, dass die rechten Genitalien, wie normal bei weiblichen Vögeln, fehlten; der linke Ge- schlechts-Apparat war hochgradig atrophirt. Vom Eier- stock waren nur noch einige Hirsekorn- grosse Dotter- körnchen zurückgeblieben, der Eileiter war nur noch als ein dünner Streifen im Bauchfelle erkennbar, seine verschiedenen Theile: Uterus, eigentlicher Eileiter und Scheide waren nicht mehr zu unterscheiden; selbst die Oeffnung der Scheide in die Kloake war verschwunden. — Es dürfte wohl kaum einem Zweifel unterliegen, dass diese Verkümmerung der Genitalien als die Ursache der äusseren Schein-Metamorphose anzusehen ist. Solche Umwandlungen sollen übrigens in Japan recht häutig vorkommen. Reh. Interessante Versuche über Schntzfürbnng führte A. H. Thayer dem 14. Congress der American Orni- thologist's Union vor (The A^nk Vol. 14, 1897, No. 1). Drei gleich grosse und gleich gestaltete Kartoffeln spannte er an einem Draht einige Zoll über den Boden, bestrich sie mit einem Klebestott' und streute so lange Erde auf sie, bis sie deren Farbe angenommen hatten. Die beiden äusseren wurden nun auf der Unterseite so mit weisser Farbe bemalt, dass diese an den Seiten allmälilich in die Erdfarbc überging. Die Wirkung war die, dass schon in kurzer Entfernung die beiden bemalten Kartofteln un- sichtbar wurden, wälirend die mittlere, unbemaltc, sich dunkel und in scharfen Contourcn von der Erde abhob. So auffallend war die.sc Wirkung, dass die Gesellschaft es nicht glauben Avolltc und Th. veranlasste, auch die ndttlere Kartoffel zu bemalen. Sofort verschwand auch diese dem Auge. „Der Effect war fast zaulterliaft." Der- selbe Versucli wurde mm auf einer Wiese wiederholt: Zwei Kartoffeln wurden grasgrün angestrichen, die eine wieder unten weiss, und wieder einige Zoll über das Gras gespannt. Die weiss bemalte wurde sofort wieder in einiger Entfernung unsichtbar, während die grüne sich deutlich als dunkle Masse vom Grase abhob. Die Ver- suche waren von „überwältigender Wirkung". — Th. wies zur Erläuterung darauf hin, wie die meisten auf der Erde lebenden Säugethiere und Vögel an der Unterseite weiss oder hell gefärbt sind und die weisse Farbe an den Seiten nur allmählich in die dunklere RUckenfarbe über- geht. Reh. Ueber die Herstellung der chinesischen Tusche hat der englische Cousul Fräser in AVuku am Jangtse- Kiaug sehr interessante Details gegeben, über welche die „Revue scientiiique" 1897, S. 574 ein Resume bringt. Die meiste Tusche wird in Anhui fabricirt, aus welcher Stadt 1895 zwei Tonnen Tusche im Wertke von 11 200 Mark exportirt wurden. Zur Herstellung gebraucht man Sesam- oder Rübül oder ein Oel, welches aus den giftigen Samenkörnern einer Pflanze gewonnen wird, die im Thale des Jaugtse-Kiang im Grossen angebaut wird und auch in Japan vorkommt. Das Oel wird mit Schweine- schmalz und Lack vermischt, und der bei der Verbrennung dieser Mischung sich bildende Russ wird aufgefangen und nach den verschiedenen Graden der Feinheit classi- ficirt. Nachdem der Russ mit einem Bindemittel versehen ist, welches meist aus thierischem Leim besteht, wird der so entstandene Teig mittelst Stahlhämmern auf hölzernen Klötzen geschlagen. Meist wird dem Teige noch eine Portion Moschus oder Kanipher beigemischt, um ihm Parfüm zu geben, oft auch Goldblättchen, welche dem Product einen metallischen Rette.x verleihen. Der so be- haudeltc Teig wird dann in hölzerne Formen gebracht, an der Luft getrocknet, was bei gutem Wetter ungefähr 20 Tage beansprucht, und mit goldenen chinesischen Schriftzeichen versehen. Aus einem Pfuud erhält man 30 — 32 Tuschestücke mittlerer Grösse. Der Preis schwankt zwischen 2 und 140 Mark jjro engl. Pfund, je nach den Qualitäten, deren man über ein Dutzend unterscheidet. Die besten Qualitäten konuucn uiciit ins Ausland, sondern werden in China verbraucht. In ganz China, Japan, Korea, Toukiug und Annam bedient man sich zum Schreiben lediglich der chinesischen Tusche; dieselbe wird auf einer Stein- oder Marmorplatte eingerülut. Zum XII. Nr. 49. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 501 Schreiben der Schriftzeichen benutzt man feine, auf Bambusstielen sitzende Pinsel, die aus Marder-, Fuchs- oder Kaninchenhaareu hergestellt sind und deren ein jeder schreibkundige Ostasiate stets mehrere in einem kupfernen Etui bei sich trägt. S. Seh. Aus dem wissenschaftlichen Leben. ^ Ernannt wurden: Der Oberbibliothekar an der Universitäts- Bibliothek zu Breslau Dr. Karl Gotthard de Boor zum Pro- fessor; Dr. John A. Mandel zum Professor der Chemie an der New-York University. Es habilitirte sieh: Dr. G. Bodländer in Göttingen für physikalische Chemie. Es starb: Der Präsident der Royal Geographica! Society in Londor Sir Kutherford Alcock. Die American Psychological Association beginnt ihre Sitzungen am 28. December in der Cornell University, Ithaca. L i t t e r a t u r. Hesdorffer Max, Anleitung zur Blumenpflege im Hause. Ver- lag von Gustav Schmidt (vorm. Robert Oppenheim) in Berlin. Mit 94 Abb. — Preis geb. 3 M. Wie auf dem Titelblatt vermerkt wird, handelt es sich in der vorliegenden Schrift um einen Auszug aus des Verfassers Hand- buch der praktischen Zimmergärtnerei; dieser Auszug will „nur über die Grundregeln der Zimmergärtnerei unterrichten, also vor- zugsweise dem Anfänger ein brauchbarer Rathgeber sein." Dieses Ziel hat das Buch durchaus erreicht und wir müssen es daher den Interessenten empfehlen. Besonders wichtig ist für den An- fänger die Kenntniss der Handgrift'e: die wichtigsten derselben sind geschickt zur bildlichen Darstellung gelangt, wodurch Ver- fasser eine gute Einsicht in das vei-räth, was der Laie auf dem Gebiet am meisten nöthig hat. Ueber Blumentreiberei finden sich in dem Buch so viel Angaben, wie sie der Laie brauchen wird, und ein Monatskalender, sowie ein Verzeichniss der geeignetsten Zimmerpflanzen werden dem Besitzer der Schrift nicht selten von Nutzen sein. Dr. H. Börner, Direcfor des Realgymnasiums in Elberfeld, IJebr- buch der Physik für die 3 oberen Klassen der Realgymnasien und Uberrealschulen, sowie zur Einführung in das Studium der neuereu Physik. Mit 365 Abbildungen. "2. Aufl. Weidmann- sche Buchhandlung in Berlin 1898. — Preis 6 M. Das für ein Schullehrmittel recht umfangreiche Buch (es um- fasst in gr. 8" 488 Seiten) bietet, wie Verfasser angiebt, deshalb so viel, weil in den im Titel genannten Lehranstalten in den 3 oberen Klassen je 3 Wochenstunden für den physikalischen Unterricht zur Verfügung stehen und vor Allem Verfasser der Meinung ist, dass ein .Schulbuch den Stoft" in einem solchen Um- fange zu bieten hat, dass dem Lehrer die Freiheit der Auswahl gesichert bleibt. Man kann darüber streiten, ob es nicht doch vielleicht besser ist. nur soviel in einem Schulbuch zu bieten, als unbedingt uothwendig ist und dem Lehrer eventuelle Zusätze nach Maassgabe der Verhältnisse zu überlassen. Leider ist freilich die Neigung, den Schüler mit umfangreichen Büchern in allen Fächern, die unterrichtet werden, zu belasten, zur Zeit noch die vorwiegende und wird ja bei der Zähigkeit, mit der gerade im Schulwesen am Hergebrachten festgehalten wird, nicht so bald schwinden. Vorläufig ist ein Unterschied hinsichtlich des Um- fanges der Lehrbücher, die einerseits für die Schule, andererseits für die Universität gebraucht werden, auf physikalischem Gebiet nicht vorhanden, und in der That kann der Student das vor- liegende Buch lange benutzen, bevor er — und zwar auch nur, falls er speciell Physiker wird — eingehendere Werke zur Hand zu nehmen braucht. Die Schule hat durchaus dahin zu streben, eine allgemeine Bildung, nicht eine speciellc, also einseitige Bildung bei den Schülern zu erreichen, und so sehr wir gegen die zwar historisch aber längst nicht mehr in der Gegenwart be- gründete Uebertreibung des philologischen Unterrichts mit unge- bührlicher Vernachlässigung der Naturwissenschaften auf dem reinen Gymnasium sind, so können wir doch andererseits, so sehr auch gerade wir von der hohen Wichtigkeit jnaturwissenschaft- licher Kenntnisse durchdrungen sind, die Uebertreibung nun auf diesem Gebiete als Unterrichtsmittel ebensowenig billigen. Hann, Hochstetter, Pokomy, Allgemeine Erdkunde, ,')., n(\i be- arbeitete Auflage von J. Hann, Ed. Brück;ner und A. Kirch- hoff. H. Abtheilung: Die feste Erdrinde und ihre Formen von Ed. Brückner. Mit 182 Abbildungen. F. Tempsky in Prag und Wien und G. J'reytag in Leipzig. 1898. — Preis 8 M. Was wir Rühmendes von der I. Abtheilung des beliebten Werkes in Bd. XII (1897) S. 71 gesagt haben, könnten wir bei der Besprechung der II. Abthoilung nur wiederholen. Brückner hat eine vollständige Neubearbeitung geschaffen; es handelt sich in dem Bande um einen den Bedürfnissen des Geographen angepassten Abriss der allgemeinen Geologie und der Gestaltung (oder, wie man jetzt gern sagt, Morphologie) der Erdober- fläche. Nach einleitender Besprechung der Zusammensetzung, des Volumens und Gewichtes der Erde oder genauer der Lithosphäre, ferner des Verhältnisses und der Vertheilung von Wasser und Land, des Formenreichthums der Erdoberfläche, behandelt Verfasser in dem 1. Abschnitt die Erdrinde nach ihrer Zusammensetzung, sodass hier Abrisse der Petrographie, Geotektonik und Stratigraphie ge- botenwerden; der 2. Abschnitt bespricht die Vorgänge, die an der Ausgestaltung der Erdoberfläche arbeiten, und der ö. Abschnitt die Formen der festen Erdrinde. Eine grosse Anzahl Ab- bildungen sind neu für das Buch, einige erscheinen in demselben überhaupt zum ersten Mal im Druck. Der stattliche und gut ausgestattete Band ist ausserordentlich billig. W. Ostwald, Die wissenschaftlichen Grundlagen der analyti- sehen Chemie elementar dargestellt. 2. vermehrte Auflage. Wilhelm Engelmann |in Leipzi;; 1S97. — Preis 5 M. Unsere Besprechung der 1. Auflage im Bd. IX (1894) S. 603 schloss mit den Worten: „Das treft'liche Buch wird hottentlich weite Verbreitung finden." Wir freuen uns, dass die schnelle Folge der 2. Auflage das Eintreffen dieses Wunsches erweist. Diese 2. Auflage ist au zahlreichen Stellen mit Ergänzungen und Verbesserungen versehen worden, und neben kleineren Ein- schaltungen ist ein längerer Paragraph über elektrochemische Analyse neu hinzugefügt worden; im Uebrigen ist die frühere Besprechung zu berücksichtigen. Iiudwig David, Die Moment-Photographie. Mit 122 Bildern. Wilhelm Knapp in Halle a. S. 1897. — Preis ß M. Bei der gewaltigen Verbreitung der photographischen Be- thätigung werden die einzelnen Zweige der Photographie immer mehr und mehr zu wirklichen Specialgebieten, für die eine eigene Litteratur in unserer productiven Zeit die nothwendige Folge ist. Gerade die Momentphotographie gewinnt durch die Praxis immer mehr an Bedeutung; die Fixirung wichtiger und interessanter Momente und Vorgänge, wie letztere sie der Kinematogvaph ge- stattet, wird ein immer ausgiebigeres Feld der Thätigkeit, da vor Allem die Journalistik reiche Verwendung für die Resultate der- selben hat. Das David'sche Buch ist denn auch vor Allem für den Praktiker berechnet und ist ein zuverlässiger, trefflicher Kathgeber nicht nur für den Photographen, sondern durch seine Disposition auch für den Anfänger. Es bringt im Schlusskapitel einen Abschnitt über „die Aufnahme fliegender Geschosse." Graetz, Prof. Dr. L., Kurzer Abriss der Elektricität. Stuttgart. — 3 Mark. Müller, Prof. Dr. N. J. C, Neue Methoden der Bakterienforschung. 1. Hälfte. Stuttgart. — 30 Mark. Ostwald's Klassiker der exakten Wissenschaften. SS. Hessel, Prüf. Dr. Job. Frdr. Chrn., Krysfallometrie oder Krystallonomie und Krystallographie, auf eigenthüml. VV('ise u. m. Zugrundelegg. neuer allgemeiner Lehren der reinen Gestalteukunde, sowie mit vollständiger Berücksichtigung der wichtigsten Arbeiten u. Me- thoden anderer Krvstallographen. 89. Dasselbe. 2. Bändch. 90. Bravais, Lieutenant zur See Prof A., Abhandlung über die Systeme von regelmässig auf einer Ebene oder im Raum ver- theilten Punkten." 91. Dirichlet, G. Lejeune, Untersuchungen über verschiedene Anwendungen der Infinitesimalanalysis auf die Zahlentheorie. 92. Kolbe, H., Ueber den natürlichen Zu- sammenhang der organischen mit den unorganischen Verbindun- gen, die wissenschaftl. Grundlage zu einer uaturgemässen Clas- sification der organisch chemischen Körper. Leipzig. — 0,70 Mk. Winkler, Geh. Bergr. Prof. Dr. Clem., Praktische Uebungen in der Maassanalvse. 2. Auflage. Freiburs:. — 6 Mark. Inhalt: B. Scliwalbe, Der siebente naturwissenschaftliche Feriencursus für Lehrer au höheren Schulen. — A. Kobelt, Zur Theorie der Protoplasma- und Zellstructur. (Fortsetzung.) — .Scheinbare Gescldechts-Metainorpliose einer Henne. — Versuche über Schutzfärbung. — Ueber die Herstellung der chinesischen Tusche. — Aus dem wissenschaftlichen Leben. — Litteratur: Max Hesdörifer, Anleitung zur Blumenpflege im Hause. — Dr. H. Börner, Lehrbuch der Ppysik. — Hann, Hochstetter, Pokoruy, Allgemeine Erdkunde. — W. Ostwald, Die wissenschaftlichen Grundlagen der analytischen Chemie elementar dargestellt. — Ludwig David, Die Momentphotographie. — Liste. 592 Naturwissenscbaftlicbe Wochenschrift. XI^. Nji-. 49. ;£ Gewinnbetheili.i^ung! Bedeutender Rabatt! Ferd. Dflmmlers Yerlagsbiuchhandlniig in Berlin SW. 12. BERUH- S.0.26. Neues Prinzip für Massenbetheiligung an industriellen internationaler Verein Untprnpjimiinnpn • zur rationellen Verwerlhung von Patenten. « """^' lieiimungeil. Eingelr. Genossenschaft ni. b. II., Berlin. Antheile i. Mk. 10. Jedes Mitglied kann bis 500 Antlieile übernehmen, participirt am Reingewinn und er hält bedeutenden Rabatt auf .lie von der Genossenschall selbst tabricirten Artikel. Pi-osp**kte (liirch den Vni-stand. "^Bß, G.ebrauchte; I, Gasmotoren D A|tf PF- und DVNiVJyJ O- vMASCHINEN%: \ garantirt" betriebsfähig in' allen Grössen sofort lieierliar. Franz ^artcls, Pateiit-iLtecliuiscties Bureau, Uerliii SW., Yorkstr. 19'- Billig, sorgfältig, schnell. Reelle Bedienung. 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Jetler Schliff unterliegt vor der Ablieferung einer genauen mikro.skopischen Prüfung, sodass für die Güte der Praeparate und für die richtige Auswahl von charakteristischem Material garantirt werden kann. Dr. F. ICir^antz, Rheiiiisclies Mineralien- Coiitor. Verlag mineralog.-geolog. Lehrmittel. GeschäftsfrriinihuiK is:i:i. Bonfl a.iRfl. lioschuftsgründung 1833. Verantwortlicher Kedacteur: Dr. Henry Potonie, Gr. Liclitcrfeldc (P.-B.) bei Berlin, l'otsdamerstra-s^' M.j, fiir den Inseratentheil: Hugo Bernstein in Berlin. — Verlag: Ferd. Dümmlers Verlagsbuchhandlung, Berlin SW. 12. — Druck: G. Bernstein, Berhn SW. 12. Redaktion: 7 Dr. H. Potonie. Verlag: Ferd. Dümmlers Verlagsbuchhandlung, Berlin SW. 12, Zimmerstr. 94. XII. Band. Sonntag, den 12. December 1897. Nr. 50. A-bonnement : Man abonnirt bei allen Buchbandluniiren und Post- mstalten. wie bei der Expedition. Der Vierteljahrspreis ist M 4.— BrinKefreld bei der Post 15 ^ extra. PostzeitunKsliste Nr. 4954. ¥ 1 Inserate : Die vlerKeapaltene Petitzelle 40 A. Grössere Aufträge ent- sprechenden Rabatt. Beilaf^en nach üebereinkunft. Inseratenannahme bei allen Annoncenbureaux wie bei der Expedition. Abdruck iist nnr mit vollständiger Quellenangabe gestattet. Der siebente naturwissenschaftliche Feriencursus für Lehrer an höheren Schulen, abgehalten in Berlin vom 29. September bis 9. October 1897. Bericht auf Grund eingegangener Beiträge durch Prof Dr. B. Scliwalbe. (Fortsetzung.) Prof. Dl-, Lumnicr: Neuere Uiitcrsucliungen aus dem Gebiete der Liebt- uud Wärmestrablung mit be.sonderer Berücksiehtiguug der Photo- metrie. In der Einleitung- wurde die Wcllenlebre und die elektromagneti.selie Tbeorie des Licbtes bebandelt und auf die Identität der Ausbreitung elektriseber und optischer Energie hingewiesen. Sodann wurden die verschiedenen Methoden, die Aetherwellen von einander zu trennen, kurz skizzirt. Die neueste Methode, die Strahlungsquellen auf ihren (iehalt an langen Wärme wellen zu prüfen, wurde ausführlich erörtert und durch Versuche erläutert. Sie beruht auf einer selectiven Reflexion, ähnlich der, welclie bti den Farbstoffen mit Oberflächenfarben, z. B. Fuchsin auftritt. Die glänzende Farbe solcher Stoffe („Schillerfarbe") ist von B. Walter*) discutirt worden. Sie entsteht dadurch, dass der Farbstoff gewisse Strahlen metallisch absorbirt und demgemäss metallisch refiectirt, während die üiirigen Strahlen vvie beim Glas nach den Fresnersehen Formeln gespiegelt werden. Rubens und Nichols lassen Zirkonlicht mehrmals an Quarz und Flussspath spiegeln und sondern so aus dem Strahlengemisch diejenigen langen Wärmevvellen aus, die von jenen Stoffen metallisch absorbirt, also auch metallisch refiectirt werden. Es gelang ihnen so, Wärme- wellen von ."iO /i. Länge nachzuweisen. Bei der Demonstration des Quarzversuchs bediente man sich einer Thermosäule von Rubens. Sodann ging der Vortragende zur genauen Be- *) B. Walter. „Die Oberflächen- oder Schillerfarben", S. 122. Braunscliweig. Verlag von Fr. Vicweg & Sohn, 18115. sprecbung und Demonstration des Bolometers über, seit dessen Einführung die neueren Strahlungsarbeiten datiren. Es wurden die Bedingungen aufgestellt, denen ein Strahlungsmesser zu genügen hat und die Messmethoden besprochen. Allen Bedingungen genügt das Bolometer von Luminer-Kurlbauni, dessen Herstellungs- und Wirkungs- weise demonstrirt wird. Es besteht aus mm dicken 1000 geschwärzt sind und zur gegenseitige 'ehört das Bestrahlung Lambert- Platinstreifen, die mit Platinmoor kann zu Linearbolometern für Messungen im Spectrum, als auch zu sehr empfindlichen Flächenbolometern behufs Messung der Gesaninitstrahiung Verwendung finden. Es wurde die Strahlung der Hand und einer Kerze ge- messen. Die Aljsorption von Russ und Platinmoor ist eine von einander verschiedene. Platinmoor absorbirt die längsten noch nachgewiesenen „50 /* Wellen'', die vom Russ refiectirt werden. Sodann ging der Vortragende zur Darlegung der Gesetze über, welche für die zweier Körper gelten. Hierher sehe sogenannte photometrische Grundgesetz, das be- rühmte Kirchhoff'sche Gesetz über das VerhäUniss der Absorption und Emission eines Körpers, das Strahlungs- gesetz von Stefan, gemäss welchem die Gesammt- strahlung mit der vierten Potenz der absoluten Tem- peratur fortschreitet und das Wien'sehe Gesetz, welches aussagt, dass das Strahlungsmaximum mit der fünften Potenz der absoluten Temperatur anwächst. Sowohl das Stefan'sche wie das Wien'sehe Gesetz gilt nur für „absolut schwarze" Körper, welche nach Kirchhoff alle Strahlen absorbiren und nichts rcflec- tiren. In der Natur sind diese Körper nicht vorhanden. Mit beliebiger Annäherung verschafft mau sich dieselben nach 594 Naturwissenschaftliche Wocheuschrift. XII. Nr. 50. Luuimer iiud Wien, „indem man einen Hohlraum auf eine überall gleichmässige Temperatur bringt und seine Strahlung durch eine Oetfnung nach Aussen gelangen lässt." Entsprechende „schwarze" Körper wurden demonstrirt, die zur Prüfung obiger Gesetze in der Reichsanstalt be- nutzt worden sind. Ein nach Art des Lesliewürfels mit Dampf geheizter Hohlraum dient als constante Vergleichs- strahlnugsquellc imd ist bei Detinition der strahlenden Oeffnuug als „Strahlungseinhcit" zu gebrauchen. Aus der Strahlung eines „schwarzen" Körpers und der Lage des Energiemaximums im Speetrum der Sonne kann auf die Temperatur derselben geschlossen werden. Nach Paschen ist diese gleich 5400". Die Besprechung der Kurlbaum'schen Methode der Strahlungsmessung in absolutem Maasse und die experimentelle Demonstration der Strahlung blanken und mittels Eisenoxyd geschwärzten Platins im Vergleich zur Strahlung des „absolut schwarzen" Körpers bilden den Schluss der ersten Vorlesung. Die zweite Vorlesung handelte von der Liclitstrahlung im Besonderen. Da Licht eine subjective Empfindung ist, so ist eine absolute Messung ausgeschlossen. Die relative Lichtvergleichung kann in letzter Instanz nur vom Auge vorgenommen werden, zu dessen Unterstützung die Photometer dienen. Zunächst wurde die neue Nomenclatur angeführt. Sodann wurde die Messung einer Lichtstärke ausführlich besprochen. Es gehören dazu eine Lichteinheit, eine Photometer- bank und ein Photometer. Der Reihe nach wurden diese Dinge behandelt. Die verschiedeneu Lichteinheiten vom Oarcelbrenner bis zur Hefnerlampe wurden gezeigt. Die jetzt allgemein eingeführte Hefucrlampe wurde eingehend in der Form besprochen, wie sie von der Reichsanstalt geaicht wird. Die auf der Strahlung glühenden Platins beruhenden Lichteinheiten von VioUe, Siemens und Lummer-Kurlbaum wurden besprochen und das Princip der letzteren experi- mentell erläutert. Eigentlich niüsste die mittlere räumliche Lichtstärke der verschiedenen Lichtquellen gemessen werden, um einen üeberblick über den wahren Werth derselben zu erhalten. Man macht dies bei den Bogenlampen, wäh- rend bei den Glühlichtern die mittlere horizontale Licht- stärke gemessen wird. Was die Photometer selbst betrifft, so wurden die Bedingungen aufgestellt, denen ein Lichtmesser genügen muss, um die Emptindlichkeit des Auges gegen Hellig- keitsunterschiede voll auszunutzen. Weder das Bunsen- sche noch das Weber'sche Photometer, welche beide kurz besprochen wurden, erfüllen diese Bedingungen; ihnen ge- nügt vüllständigdasPhotometer von L u mm e r und B r o d h u n. An der Hand der einzelnen Theile, sowie fertiger Ajjjia- rate wurde dieses Photometer und seine Construetion dar- gelegt. Die Wirkungsweise des den Bunsen'schen Fett- fleck ersetzenden optischen Würfels (den „idealen" Fettfleck verkörpernd) wurde durch Projection demonstrirt. Die Genauigkeit des „Contrastphotometers" (Einstellung auf gleich starkes Hervortreten zweier Felder ist die doppelte derjenigen des „Gleichheitsphotometers" (Ein- stellung auf gleiche Helligkeit zweier Felder); der mittlere Fehler einer Einstellung beträgt ^j^ "/o. Bei verschiedener Färbung der Lichtquellen bedient man sich zur Vcrgleichung der Lichtstärken in den einzelnen Farben des Spectvalphotometers, welches in der Lummer-Brodliun'schcn Form kurz besprochen wurde. Zur Vcrgleichung der Gesammflichtstärken kann das Sch- schärfenprincip Verwendung finden. Als Lichtschwächuugsmethode führte der Vortragende einen rotirenden Sector vor, dessen Oeflfnung während der Rotation verändert und dabei gemessen werden kann. Es wurde schliesslich an der Hand einer Tabelle die Oeconomie der Lichtquellen erörtert. Mögliche Pro liefiieih cht L i c h t a r t M a t c r i a 1 p r e i s liiumliclie Lichtstarke in Ijicht.^tiirke iin Stunde d pro Ilefuerlicht Verhratich Preis Mark Pf. Gasgliihlicht . 1000 Liter = 0,1(5 30 -GO 2 Liter 0,032 Elektr. Bogcn- licht (o. Gl.) 1000 Wrtttst. = 0,75 •200—100000 1 Wattst. 0,057 Petroleum . . 1000 Gramm = 0,28 2-50 ö Gramm 0,080 Elektr. Bogen- licht (m. Gl.) 1000 Wattst. = 0,57 200—100000 1,7 Wattst. 0,0!)7 Acetylen . . . 1000 Liter = 1,00 2-50 1,2 Liter 0,130 Gaslicht (Ruudbr.) . . 1000 Liter = 0,16 etwa 20 10 Liter 0,190 Elektr. Glüh- lampe .... 1000 W.attst. = 0,57 10-500 4 Wattst. 0,228 Gaslicht (Schnittbr.) . ICOO Liter = 0.18 2-20 17 Liter 0,270 Diese etwas willkürliche „ökonomische" Reihen- folge wird vollständig über den Haufen geworfen, wenn man ausser der Billigkeit auch noch andere Motive, wie die Zweckmässigkeit und die gesundheitliche Wirkung Liehtarten betrachtet. Zur Erläutcrnne- dessen ging Vortragende auf das Wesen der verschiedenen Lichter in der Flauiiuc bei den anderen den elektrischen der der ein, behandelte kurz den Verbrennuiigsprocess der frei- brennenden Flammen, den Unterschied der leuchtenden und nichtleuchtenden Gasflamme, den Aucrbrenner, die Zirkonlampe, die elektrischen Lichter und schliesslich das Acetylenlicht. Die AVirkungsweise des Schülke'schen Apparates zur Erzeugung des Acetylenlichtes wurde demonstrirt und das Acetylenlicht in Bezug auf Farbe und Helligkeit besprochen. Bei allen Flammen leuchten feste, befindliche Körper, bei den einen Kohle, Zirkon, Thoriumoxyd u. s. w. Auch bei Lichtern leuchtet glühende, feste Kohle, durch den elektri- schen Strom erhitzt. Wäre das Emissionsvermögen aller dieser leuchtenden Substanzen das gleiche, und wüsste man die Temperatur des Glühstofifs bei den verschiedenen Lichtern, so könnte man auf Grund der Strahlungsmessungen über die Ab- hängigkeit der Lichteniission von der Temperatur rein theoretisch die Lichtstärken aller Lichtarten pro Fläehen- element mit einander in Beziehung setzen. Unter der Annahme, dass die Lichtemission nur zur fünften Potenz der absoluten Temperatur fortschreitet, leitet der Vor- tragende die „physikalische" Reihenfolge der Lichtarten ab. Eine Vcrgleichung dieser mit der ökonomischen Reihe giebt Aufschluss über den Euergieverlust bei den elektrischen Lichtern durch die complicirte Darstellung der deu Leuchtstoff' erhitzenden, elektrischen Energie. Um zu zeigen, welcher Vorthcil bei den Lichtquellen durch die Tenipcratursteigerung erzielt wird, steigert der Vortragende den Strom einer Glühlampe langsam, bis der Faden zu hoher Weissgluth gelangt und zerplatzt. Wäh- rend der Stromverbrauch aufs Doppelte gestiegen, ist die Lichtenergie aufs Vierfache angewachsen. Bei höchster Weissgluth des Glühfadens ist die elektrische Glühlampe ökonomisch auch den besten Lichtern ebenbürtig und es lohnt sich bei der Billigkeit der GIühlan)pen schon heute, anstatt eine Lampe bei Rothgluth während langer Zeit, lieber mehrere bei Weissgluth für je kürzere Zeit zu brennen. Bei der elektrischen Bogenlampe werden 15 7o fl^i' Energie in Licht umgewandelt. Theoretisch kann also die Leistung noch auf das ßfache gesteigert werden. XII. Nr. 50. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 595 Da nun der „absolut schwarze" Körper von allen Sub- stanzen bei gleicher Temperatur die maximale Energie pro Wellenlänge aussendet, so muss man einen Leucht- stoff wählen, der für die Lichtwellen sich wie ein vollkommen schwarzer Körper verhält, die anderen Wellen dagegen g-arnicht absorbirt, also auch nicht emittirt. Als dem Ideal am nächsten kommend wird die Fiuorescenzlampe vonEbert erwähnt, bei welcher Leucht- farbe durch geeignet abgestimmte elektrische Schwingungen zur Fluorescenz gebracht wird. Bei ihr wird von allen Lichtern der relativ grösste Theil der aufgewandten Energie in Lichtenergie verwandelt; sie wurde von Ehe rt daher als „Lampe der Zukunft" bezeichnet. Die in der Reichsanstalt im Gange befindlichen Strahlungsmessungen sollen die Beziehungen zwischen der Strahlung und Lichtentwickclung feststellen und die Messung der Temperatur der verschiedeneu Lichtarten ermöglichen. Im Anschluss an diese Vorlesung fand eine Be- sichtigung beider Abtheilimgen der Physikalisch-Techni- schen" Eeichsanstalt statt, zu welcher Herr Präsident Kohlrausch am Ende der Vorlesung persönlich aufge- fordert hatte. Lummer. Prof. Dr. H. W. Vogel: Ueber neuere Fort- schritte der Photographie. Die Braunschweiger Naturforscherversammluug hat in diesem Jahr die wissenschaftliche Bedeutung der Photo- graphie besonders hervorgehoben und ist dadurch erfolg- reich dem allgemeinen Vorurtheil entgegengetreten, dass Photographie nichts weiter sei als eine billige Portraitir- kunst. Diese bildet in der That nur einen sehr einseitigen Zweig der Photographie, welche eine Mannigfaltigkeit im Verfahren aufweist, die dem Portraitisten selbst gleich- gültig sind, aber desto höhere Bedeutung haben für Wissenschaft vmd Kunst. Die Lehren von den che- mischen Wirkungen des Licbts (Photochemie) ist zu einer besonderen Wissenschaft emporgewachsen, die sich nicht mehr vernachlässigen lässt, da die photochemischen Erscheinungen in ganz andere Gebiete des Wissens und der Technik hineingreifen, welche mit Photographie gar nichts zu thun haben. Die chemische Wirkung des Ijichts erzeugt Stoffe, deren Herstellung dem Chemiker im Labo- ratorium noch nicht gelungen ist; z. B. Sacharose, ein- fach Kohlenwasserstoff etc. So hat auch die chemische Wirkung des Lichts tech- nische Anwendungen gefunden, die ganz unphotographisch sind, z. B. bei Herstellung der künstlichen Erbswursthäute. Diese wurden aus Pergamentpapier gefertigt, das cylindrisch zusammengebogen und au ihren Stossstellen mit chrom- saurer Kali-Leimmischuug zusammengeleimt wurde. Diese Blischung wird im Licht örtlich unlöslich, selbst in heissem Wasser. So wurde es durch die chemische Wir- kung des Lichtes möglich, zur Zeit des deutsch -franzö- sischen Krieges täglich 20 OOU künstliche Erbswurstdärme zu fertigen. Leim in seinem reinsten Zustand, als Gela- tine, ist jetzt der wichtigste Rohstoff für die photo- graphische Technik. Er bildet den Bildträger für das lichtempfindliche Btomsilbcr in der modernen Gelatine- platte und ebenso in den jetzt beliebten Aristopapieren, ferner den sogenannten Pigmentdrnckeu, deren Herstellung praktisch gezeigt wurde; er spielt eine weitere wichtige Rolle in dem photographischen Presseudruckverfahren, d. h. Combinationen von Photographie und Stein- resp. Metalldriick. Ueberzieht man eine Glastafel mit einer Vertheilung von saurem chromsauien Kali und Leim und belichtet sie nach dem Trocknen unter einem nega- tiven Bilde (wie es in der Camera obscura durch directe Auf- nahme erhalten wird), so zeigt die Leimchromatschicht zuerst dann nur ein schwaches positives Bild, welches aber die merkwürdige Eigenschaft hat, beim Einwalzen mit lithographischer Farbe diese an sich zu ziehen und beim Druck auf Pajjier wieder abzugeben. So kann man nacheinander eine grosse Reihe photographischer „Licht- eindrücke" herstellen. Dieses ist die einfachste Combi-' nation zwischen Photographie und Pressendruck. Es giebt aber deren noch viele andere. Gedachter Lichteindruck ist nur in lithographisciicr Manier verwend- bar. Zum Abdruck im Text (Buchdrucksatz) eignet er sich nicht. Aber auch hier hat man die Photographie benutzbar gemacht, um an Stelle des Holzschnitts in kurzer Zeit Illustrationen zu liefern. Eins der einfacheren Verfahren besteht in der Anwendung der Lichtempfind- lichkeit des Asphalts. Dieser wird im Lichte „polymeri- sirt", und dadurch unlöslich in ätherischen Oelen. Ueber- zieht man eine Zinkplattc mit Asphaltlösuug, lässt sie trocknen und copirt sie unter einem Negativ, so wird die Asplialtschicht unter den durchsichtigen Stellen, d. h. den Schatten des Originals, unlöslich; unter den im Negativ undurchsichtigen „Lichten'- bleibt der Asphalt löslich. Lässt mau auf solche belichtete Zinkasphaltplatte Terpentin- öl wirken, so löst dieses den löslich gebliebenen (nicht be- lichteten) Asphalt auf, der im Licht unlöslich gewordene bleibt zurück und giebt ein braunes Bild. Behandelt man solches Asphaltl)ild auf Zink mit verdünnter Salpetersäure, so wirkt das Bild für das Zink als Schutzdecke, d. h. das Zink wird au der Bildstelle nicht augegriffen, wäh- rend es seitlieh davon geätzt wird. Das Bild bleibt dann erhaben stehen, genau wie die Stiche eines Holzschnitts. Die geätzte Zinkplatte kann dann, gleich einem Holzschnitt in dem Lctterusatz eines Buchdrucks gebracht und mit diesem abgedruckt werden. Solche Bilder machen durchaus keinen photographischen Eindruck mehr, sie finden sich massenhaft in allen illu- strirten Zeitschriften, z. B. sind säramtliche Bilder des Witzblattes ülk in dieser Art nach Zeichnungen auf- genommen und vervielfältigt. Illustrirte Modejournale könnten gar nicht so billig geliefert werden, wenn man nicht dieses billige Ulustrationsmittel Lichtzinkbuch- druck hätte. Besteheu die aufzunehmeudeu Originale niclit aus Strichen, sondern aus sauften Uebcrgängen von Licht in Schatten, sogenannten Halbtöneu, so ist das Ver- fahren weniger einfach. Die Halbtöne müssen dann erst gebrochen, d. h. in Punkte und Striche nach Maassgabe ihrer Intensität zerlegt werden. Dies geschieht durch Eiuschaltuug eines auf Glas geritzten Liniennetzes — Raster genannt — das bei Aufnahme des positiven Bildes vor die lichtempfindliche Platte in der Camera gestellt wird. Die Striciie des Rasters halten — weil sie undurch- sichtig sind — die Wirkung des Lichtes ab, sie copiren gleichsam auf die lichtempfindliche Platte, und diese zeigt sich nach der Entwickeluug von Punkten und Linien durchbrochen, welche sich natürlich auch in der Licht- copie auf Asphalt wiedergeben und Schutz bei der Aetzung gewähren. Dieses Liniennetz ist auch in den Drucken nach solchen Platten deutlich erkennbar. Man nehme nur ein schwaches Vergrösserungsglas zin- Hand, um es ganz sicher wahrzunehmen. Solche Licht- zinktonlnichdrucke — fälschlich Autotypien genannt — fehlen jetzt in keiner illustrirten Zeitung, in keinem wissen- schaftlichen Werk mit in den Text eingedruckten Illu- strationen; aber nur der Fachmann vermag sie als Pro- ducte der Photographie zu erkennen, die hier gleichsam als Erweiterung der Buchdruckerkunst auftritt. „Was die Buciidruckerkuust für die Gedanken ist, das ist die Photographie für die Ersciicinung." 59G Naturwissenschaftliche Wochenschrift. XII. Nr. 50. In der Portrait- und Liebhaberphotog'rapbie bedarf man dieser für Wissenschaft und Kunst so hochwichtigen Verfahren nicht. Man braucht hier meist nur wenige Ab- züge desselben Negativs. Zur Herstellung derselben be- dient man sich der Lichtcopiemethoden, auch Positiv- processe genannt. Mau deckt das nach der Natur in der Camera aufgenommene Negativ auf lichtempfindliches Papier, gewöhnlich Silbernitrat- und chlorsilberhaltiges, welches im Licht dunkel wird. Die unter den undurch- sichtigen Stellen des Negativs liegenden Theile des Papiers bleiben weiss, die übrigen werden dunkel nach Maassgabe der Durchsichtigkeit der darüberliegenden Stellen des Negativs. So entsteht nach dem Negativ ein Positiv auf Papier. Natürlich kann dieser Prozess, den man fälschlich Druckprocess nennt, unter demselben Nega- tiv oftmals wiederholt werden. Neuerdings verwendet man auch mit Platinsalzen ge- tränktes, lichtempfindliches Pajiier, welches Lichtkopien von grösserer Haltbarkeit in Piatiuschwarz liefert. Hierher gehören auch die technisch wichtigen Licht- pausprocesse, welche im Bau- und Maschinenwesen zum Copiren von Zeichnungen eifrigst angewendet werden. Man deckt die Zeichnung auf lichtempfindliches Papier, dieses färbt sich unter allen hellen Stellen der Zeichnung, wo das Licht durchdringen kann, dunkel, unter den dunklen Strichen der Zeichnung bleibt es weiss. So ent- steht eine helle Oopie auf dunklem Grunde. Man ver- wendet jetzt nicht nur lichcempfindliches Silberpapier zu diesem Zweck, sondern auch Ferrisalz- und chromat- haltige. Der Silber-Lichtpausprocess ist bereits 1727 von Johann Heinrich Schnitze in Halle a. S. erfunden worden. Die Wirkung des Lichts auf gedachten Stoff besteht stets in einer Reduction (z. B. Ferrisalz zu Ferrosalz), das Product derselben kann, wenn es nicht an und für sich dunkel ist, durch üeberführung in eine dunkle Verbindung ('/. B. Ferricyanoide) dunkel gefärbt werden (Entwicke- lungsprocess). Diese Entwickelungsprocesse sind wesentlich zu unter- scheiden von den Entwickelungsprocessen für Negative. Bei letzteren wird eine nur kurze Zeit währender, in der Camera obscura auf die lichtempfindliche Platte wirkender, unsichtbarer Lichteindruck durch eine nachfolgende che- mische Operation, welche die vom Licht afficirte Brom- silberpartikel zu dunklem, pulvrigen Silber reducirt, sicht- bar gemacht. Den ersten Entwickeluugsprocess entdeckte Daguerre 1839. Er kürzte dadurch die Expositionszeit, welche sonst zur Entstehung eines sichtbaren Liehteindruckes nöthig war, auf etwa das Sechzigfache ab. Erst dadurch ge- langte die Photographie zu ihrer gegenwärtigen Ver- breitung, die noch erheblich zunahm durch Einführung der hochempfindlichen Gelatineemulsioncn, welche als haltbare Platten fabrikniässig bereitet wurden. Dadurch ent- wickelte sich das Amateurwesen und die Anwendung der Photographie in allen Gebieten der Wissenschaft. Aber eins fehlte der modernen Platte: sie war farljcn blind. Nur diejenigen Strahlen wirken auf einen lichtempfindlichen Körper, welche von demselben a b s o rb i r t werden (Draper). Nun absorbiren die Silbersalze wesentlich blaues und vio- lettes Licht, resp. ultraviolettes, daher sind sie nur für diese Strahlen empfindlich, nicht für die grünen, gelben und rothen. Dem Redner gelang es 1S73, das l'>rom- silbcr cm])findlich zu machen für grüne, rothe und gelbe .Strahlen, indem er ihm Stoffe zusetzte, welche das grüne, resp. rothe und gelbe Licht absorbiren. So entstanden die farbenempfindlichen Plattcri, welche jetzt für Aufnahme farbiger Gegenständ(! von höchster Wiclitigkeit geworden sind und sogar zu der indirccten Piiotographic in natür- lichen Farben gefüiirt haljcn. (s. u.) Die für diesen Zweck dienenden, absorbirendenKörpe sind fast alle Theefarben. Man nennt sie jetzt optisch: Sensibili saferen. Färbt man z. B. eine Bromsilber- platte mit Fuchsin, so wird letztere dadurch empfindlich für die Stelle des Spectrums, wo der Absorptionsstreif des Fuchsins liegt, d. h. Grüngelb. Je kräftiger der benutzte Farbstoff die Strahlen absorbirt, d. h. je undurchsichtiger der Absorptionsstreif unter gleichen Verhältnissen ist, desto empfindlicher macht er die Platte für die absor- birten Strahlen. Als beste optische Sensibilisatoren haben sich bis jetzt Tetrajodfluoresceinsilbcr (für Grüngelb) und Cyauin (für Orangeroth) ergeben, da jeder Farbstoff' complementär für die Farbe seines Absori)tionsstreifens ist, so kann man sagen, die Farbstoffe sensibilisiren photographische Platten für die den Farbstoffen coniple- mentären Farbenstrahlen. Die besten optischen Sensi- bilisatoren sind die sogenannten unechten Farbstoffe. Das Problem der sogenannten Photographie in Natur- farben ist in zweierlei 'Weise zur Lösung gel)raclit worden 1) als sogenannte directe Naturfarbcuphotographie, auch Photochromie genannt, 2) als indireete Naturfarbcnphoto- graphie — neuerdings auch photographisclier Dreifarben- druck genannt, welche bereits seit vier Jahren vielfach in der Illustrationstechnik verwendet wird. Die directe Naturfarbenphotographie wurde zu- erst von Seebeek 1810 versucht. Er Hess ein Sonnen- spectrum auf im Licht gebräuntes Chlorsilber, welches braunes Silbersubchlorid (Ag.jCl) enthält, scheinen und be- obachtete, dass die braune Schicht sich den Spectral- farben ungefähr analog färbte. Die Versuche wurden viel später von Becquerel, Niepce de St. Victor Poetevin, Zenker wiederholt. Die Bilder waren leider nicht fixir- bar. Erst Liepmann (Paris) gelang es, liclitfeste Bilder der Art herzustellen, indem er statt des braunen Silberchlorids gewöhnliches Bromsilber anwendete. Die Entstehung der Bilder setzt das Vorhandensein einer stark spiegelnden Fläche hinter der lichtempfindlichen Schicht voraus. Nach Dr. Zenker reflectirt diese das durch die Schicht gedrun- gene Licht und bildet das reflectirte Licht mit den an- kommenden, durch Interferenz stehenden Wellen, deren Phasen höchster Erregung um eine halbe Wellenlänge entfernt sind. An diesen Punkten fiudet auch die stärkste chemische Zersetzung statt. Diese äussert sich durch Bildung thcils reflectirendei theils durchlassender Schichten, anscheinend von metallischem Silber in Abständen einer halben Wellenlänge. Die von den tiefe reu Schichten refleetirenden Lichtstrahlen treffen sich dann mit den von höheren Schichten refiectirten in Phasenditt'erenzen einer ganzen Wellenlänge und verstärken sich. Hat somit die Erregung durch rothes Licht stattge- funden, so haben die gebildeten Schichten den Abstand einer halben rothen Wellenlänge. Fällt nun weisses Lieht auf das gebildete Schichtensystem, so werden die rothen Strahlen bei der Reflexion von den verschiedenen durch rothes Lieht gebildeten Schichten sich am meisten verstärken. Es wird also dieses am stärksten reflectirt, daher erscheint das reflectirte Licht rotli nüancirt. Aehn- liches gilt für die durch gelbes oder grünes Lieht reflec- firteu Lichtwellen, wenn sie die betreffenden Schichten passiren. Ganz rein kann der betreffende Farbeneiudruck nicht sein, M'cil einerseits die Oberfläche der Schichten noch weisses Liciit reflectirt, andererseits gedachte durch einfaches, z. B. rothes Licht gebildete Sciiichlcn keines- wegs die Auslösehung aller im Spectruni l)cnachbarten Farben bewirken können. Wenn die farbigen Silberehloridplatten Becquerers, Niepce's sieh nicht fixircn Hessen, so lag der Grund daran, dass das Silberehlorid Ag._,Cl sich in Fixirlösungen, z. B. Fixirnatron zersetzt unter Ausscheidung von metal- XII. Nr. 50. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 597 lis ehern Silberpulver, welches die regelmässige Lagerung der in den stehenden Wellen gebildeten Schichten stiirt. Das von Lippniann benutzte Hronisilber thut das nicht. Es lösst sich glatt auf. Entstehen hier die Farben durch Interferenz, so können nach Wiener auch die genannten Körperfarben durch das Licht gebildet werden. Wiener ninmit an, dass ein schwarzer, durch Ab- sorption licbteniptindlicher Stoff existirt, dessen Zer- setzungsproducte rein farbig sind. Er nimmt drei solcher Zersctzungsproducte an, einen rothen, gelben und l)lauen, durch deren Mischung ja eine grosse Zahl von Farben- niiancen erzeugt werden können. Diese drei farbigen Zersetznngsj)roducte sollen ebenfalls lichtempfindlich sein, und zwar gegen Strahlen, welche sie absorbiren. Der rothe Stoff absorbirt z. B. rothes Liclit nicht, daher wird er im rotheni Lieht erhalten bleiben, ähnlich ist es mit dem grünen und blauen Stoff' gegenüber grünem und blauem Lichte. Hat sich somit z. ß. in einer Raupenpuppc^-) der grüne Stoff' gebildet, so bleibt dieser in der grünen Umgebung der Bhltter erhalten. Das gelbe und blaue Zersetzungs- l)roduct, welche das grüne Licht der Blätter stärker ab- sorbirt, wird zerstört; so nimmt die Eaupe die Farbe der Umgebung an. Aucli die Farbcnphotographie durch körnige Stoffe (braunes Sil berchlorür) in Pulverform (Seebeck) oder in Papier (Poitevin) erklärt Wiener nicht durch Interferenz, sondern durch Entstehung solcher „Körperfarben'- *'^-). In gleicher Weise wären die „Bodenfarben" mancher Thicre zu er- klären, die Darwin dem Kampfe ums Dasein zuschreibt. Der photographische Dteifarbenprocess, welcher seit 1893 in die Praxis getreten ist und in umfangreichster Weise in der Illustrationstechnik angewendet wird (sich aber wegen der nöthigen langen Expositionszeiten vor- läufig für Portrait und Landschaft noch nicht eignet) Itcruht auf einem ganz andeien Princip, das 1861 von Maxwell zuerst angedeutet und von Ducos du Heuron zuerst prak- tisch versucht wurde. Nach M. sollte man nach der farbigen Natur zuerst drei negative Aufnahmen durch gelbes, blaues und rothes Glas machen, diese so erhaltenen (nicht farbigen) Negative photolithographisch auf präparirte Steine copiren und diese mit entsprechenden Farben einwalzen und übereinander auf dasselbe Papier abdrucken. Der Process setzt natürlich roth- und gelbenipfindlichc Platten voraus, die erst 1873 vom Schreiber dieses erfunden wurden (s. o.). Mit diesem erst konnte Ducos du Heuron solche Drei- farbenaufnabmen erzielen. Zweifelhaft war er aber in der Wahl der Abdruckfarbeu. Er erkannte bald, dass für Abdruck des Steines, welcher nach dem hinter der rothen Scheibe aufgenonmicnen Negativ copirt war, eine comple- nicntare Farbe ((Trün) nöthig sei. Ebenso bei den Farb- stoffen Kotli und Grün. Die Sache wird sofort verständlich, wenn man an die gewöhnliche, sciiwarze Photographie auf Papier denkt. Diese wird copirt nach einem Negativ, auf welches die schwarzen Stelleu der Natur nicht gewirkt haben. Eben- so ist das Grün der Natur im Dreifarl)endruck zu cdpiren nach einem Negativ, auf welches Grün nicht gewirkt hat. Das ist aber das hinter rotheni Glase auf roth- empfindliche Platten aufgenommene. Aehnlich verhält es sich für die anderen beiden Farben. Die Wahl des complementären Farbstoffs ist aber mit besonderen Schwierigkeiten verknüpft, denn die üb- lichen physikalischen Versuche zur Bestimmung der Coni- *) Beispiel: Der Birkonspaunei- (amphidusis petularia). **) Wiedemann's Ann. Bd. 55, ISÖö, S 2f)5. plementarfarben liefern uns nur subjeetive Farben, keine Farbstoffe. Diese Schwierigkeit überwand das 1885 vom Autor aufgestellte Drcifarbendruckprincip, wonach die roth- emiifindliehen Platten durch Zusatz eines grünen Farb- stoffes rothempfindlieh werden, weil sie das Roth ab- sorbiren. Dieser Farbstoff ist aber seinem Absorptions- streif im Roth genau complementär; er ist für betreffende Platten somit die allein richtige Druckfarbe, (s. o.) Somit musste die nach dieser Platte copirte, lithogra- phische Druck])latte mit demselben Farbstoff' gedruckt werden, welcher der Platte beigemischt war, um sie roth- empfindlich zu machen. Falls dieser Farbstoff lichtunecht war, konnte er durch einen spectroskopisch-ähnlichen echten Farbstoff' ersetzt werden. Dieses Princip erwies sich in der Praxis als richtig. Dr. E. Vogel und Kurtz in New- York arbeiteten es für Buchdruck naeii dem oben erwähnten Princip aus, und seit der Zeit arbeitet es in Deutschland, England und Amerika für die Praxis. In Bongs „Moderne Kunst," „Zur guten Stunde," „Vom Fels zum Meer," in naturwissenschaftlichen und landwirth- schaftlichen Blättern sind schon viele derartige Dreifarben- pholographien erschienen; sie sehen freilich nicht viel anders aus als gewöhnliche Farbendrucke und werden daher als Werk der Photographie nicht erkannt. Der Laie kann sie daran erkennen, dass mit der Loupe sie dreifaches (rothes, gelbes und blaues) Linien- netz sichtbar ist, die sich unter Winkeln von 30° kreuzen. Vogel. Prof. Dr. Sz3'mahski: Schulversuche aus der Elektricität mit Berücksichtigung der Elektro- technik. I. Versuche über elektrische Strahlen. (Hertz, Marconi.) 1 . Auflösung des Entladungsfunkeus in Partialfuuken : a) mit Hülfe einer rotirenden Funkenstrecke, b) mit Hülfe einer Geissler'schen Röhre. Aenderung des oscillatorischen Charakters bei Aenderung der Kapacität resp. des Widerstandes. 2. Apparate zur Erzeugung Hertz'scher Strahlen; Os- cillatoren nach Hertz, Righi, Rubens. 3. Apparate und ^Methoden zum Nachweis des Ent- stehens und zur Untersuchung der Eigenschaften der X-Strahlen : a) Funkenniethode mit directer Funken-Beobachtung oder mit Zuhülfenahrae einer Geissler'schen Röhre. Resonanz; Apparat zur Abstimmung der Resona- toren für verschiedene Oscillatoren (Wellenlängen). b) Coherer nach Branly (Marconi) bei Anwendung eines Galvanometers, eines Läutewerks oder einer Geissler'schen Röhre, die in den Stromkreis eines Inductoriuras eingeschaltet wird. 4. Eigenschaften der Hertz'schen Strahlen. Be- nutzte Apparate: Einfacher stabf(irmiger Oscillat(n- nach Hertz, circa 16 m lang, Coherer nach Branly, eine Glas- röhre 5 mm Durchmesser, in welcher zwei mit Kupfer- l^latten ausgerüstete, in Kork gegeneinander verschiebbare Kupterdräiite befestigt sind; die Länge des mit Kupfer- feilspähnen gefüllten Raumes betrug circa 5 mm, das In- ductorium besass 3 cm Funkenlänge; Signale wurden durch ein Läutewerk von hohem Widerstände gegeben. Zum Einschalten des Inductoriums wurde ein gewöhnlicher Morse-Schlüsscl benutzt. Die aus starker Pappe herge- steHten, mit Metallpapier beklebten cyündriscb -parabo- lischen Hohlspiegel iiatten eine Axialläuge von G5 cm, eine 598 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. XII. Nr. 50. Tiefe von 35 cm und die Brennweite derselben betrug circa 10 cm.*) a) Geradlinige Ausbreitung- der X-Strablen : Abnahme der Intensität mit der Entfernung der Erreger- quelle, Schatten, b) Reflexion an ebenen und gekrümmten Metall- flächen, c) Durchlässigkeit der Isolatoren, d) Verhalten eines Drahtgitters (Polarisation), e) Brechung resp. Concentration der X-Strahlen durch eine Petroleumlinse (eine mit Petroleum gefüllte Flasche). 5. Marconi'sche Telegraphie. Signale wurden durch ein elektrisches Läutewerk gegeben, welches gleich- zeitig als Klopfer wirkte.*) 6. Versuche mit kurzwelligen Strahlen nach der Methode Klemencic-Rubens. (Vergl. Ztschr. f. d. phj's. u. ehem. Unt. X. 239.) Apparate: Oscillator nach Rubens, Empfänger nach Klemencic (Eisen -Constanten -Thermoelement, astatisches Spiegelgalvanometer für Schuizwecke. (Vergl. Ztschr. f. d. phys. u. ehem. Unt. VIII. 340.) 7. Anwendung des Eutladungsfunkens einer Hertz- schen Maschine zur Demonstration der Hertz'schen Versuche. 8. Vorführung eines parabolischen Hohlspiegels aus Drahtgitter. II. Versuche über Spannungsabfall in stromführenden Leitern. 1. Ausbreitung der (Reibungs-) Elektricität in einem Holzstabe demoustrirt mit Henley'schen Elektroskopen. 2. Abfall der Spannung in dem Holzstabe während der Strömung a) unter Anwendung der Henley'schen Elektroskope, b) eines Projections-Blatt-Elektroskopes. 3. Versuche zum Nachweis der Wirkungsweise der Elektroskope mit Hülle: das Elektroskop giebt die Differenz der Zustände (Potentiale) der Hülle und der Blättchen an. 4. Die analogen Versuche für galvanische Strö- mung in ausgespannten Drähten von gleichen und ver- schiedenen Querschnitteu, demoustrirt mit Hülfe eines d'Arsouval -Spiegel -Galvanometers. (Begriff des Wider- standes, Wheatstone'schc Brücke, Compensator.) 5. Hydromechanische Analogien: Strömungen in einfachen und verzweigten Canäleu (Röhren), an denen Wasserstandsröhren angeordnet sind; Anwendung von Wasserturbinen (hydromotorische Kraft) ; Wasserstrom-An- zeiger, das Analogou zum Galvanometer. III. Induction unter Zugrundelegung der Thoorie der magnetischen Kraftlinien. (Vergl. Ztschr. f. d. phs. u. diem. Unt. Jahrg. VII u. VIII.) 1. Darstellung einiger theoretisch und praktisch wichtiger Kraftfelder (im Entstehen mit Hülfe eines Ho- rizontal-Projections-Apparates vorgeführt) : aj Feld eines Stabmagneten, b) Störung des Verlaufs der Kraftlinien durch in das Feld eingeschobene Eisenniassen (Polschuhe), gleichförmiges Feld, Feld einer Dynaniomasehiue, Schirmwirkung, c) Resultante zweier Kraftfelder, magnetisches Dreh- feld, dargestellt durch zwei senkrecht gegen ein- ander angeordnete Stabmagnetenpaare, die suc- cessiv in ihrer Längsrichtung verschoben wurden; eine kleine Magnetnadel im resultirenden Felde zeigte die Drehung der Resultante an. 2. Induction während der Bewegung eines Leiters im maguetisciieii Felde. *) Die Apparate liefert die Firma Keiser & Schmidt, Berlin. a) Abhängigkeit der inducirteu elektro-motorischen Kraft von der Zahl der geschnittenen Kraftlinien, b) Induction durch Schneiden der Kraftlinien des erdmagnetischen Feldes , c) einfacher Endinductor, einfache Wechsel- imd Gleichstrom-Maschine unter Benutzung des erd- magnetischen Feldes. 3. Comi)licirtere Fälle der Inductiou zurückge- führt auf die Induction in Elementarleitern während der Bewegung derselben in gleichförmigem Felde. IV. Apparate und Versuche aus verschiedenen Gebieten der Elektricität. 1. Schwimmer zum Nachweis der Richtung der magnetischen Kraft eines Feldes. 2. Kleine Magnetnadeln nach Ewing (Molekular- magnete). 3. Bewegung eines stromdm-chflossenen Leiters in gleichförmigem magnetischen Felde (ein gerader im gleich- förmigen Felde auf Quecksilber-Schienen beweglich an- geordneter Leiter), Umkehrung des Versuches III. 2. 4. Modell des d'Arsonval-Galvanometer.s, Weston- Instrumente. 5. Das Princip der Ampere- und Watt-Stunden- Zähler (Aron) demoustrirt mit Hülfe eines Metronoms, dessen Pendel mit einem permanenten Magueten resp. einer Stromspule ausgerüstet, durch eine grosse, strom- durchflossene Spule m der Schwingungszeit beeinflusst wurde. 6. Nachweis der Telephonströme mit Hülfe eines Galvanometers und eines Thermoelements. 7. Elektrische Glüh-, Schweiss- und Löthversuche. fBogenlic btlöthkolben). 8. Das Princip des Hinauf- und Herunter-Trans- formirens, demoustrirt mit zwei luductoreu und einer Glüh- lampe. 9. Drehstrom: a) Diagramme des Drehstromes und des Drehfeldes, b) objective Darstellung des Drehfeldes, c) Bewegungen von Leitern im Drehfelde (das tan- zende Ei von E. Thomson). 10. Vorführung einer Universal-Dynamo-Maschiue. Umformen des Gleichstromes in Wechsel- und Drehstrom. 11. Versuche mit Einphasen- Wechselstrom: a) Iin])edanz, b) elektroinductive Abstossungen im magnetischen Wechselstromhcrde, c) Transformator. Szymanski. Prof. Dr. van'tHoff: Neues in der Stereochemie. A.) Grundzüge der Stereochemie. 1. Die Stereochemie versucht die nur als Symbol benutzte Constitutionsformel zu entwickeln zu einer Configurationsformel, die der wirklichen Lage der Atome" im Molekül entsprechen soll, allerdings ohne auf Atombewegung Rücksicht zu nehmen; sie kann also höchstens der wirklichen Sachlage beim absoluteuNullpuukt entsprechen. 2. Die Stereochemie ist nicht aus spekulativem Be- dürfniss entstanden, sondern eine durch die Thatsachcu aufgezwungene Erweiterung unserer Auffassungen über dicMaterie; als unentbehrliches und sicheres MüUsmittel bei der Forschung wird .sie vorläufig nicht berührt durch die Frage, ob schliesslich unsere ganze Auffassung der Materie sich nm:,'estalten res]), hinfällig werden wird. 3. Grundauffassuug beim Kohlenstoff. Der asym- metrische KohlenstoiT (_;(abcd). Kekulc-15acyer's reguläre Tetraedermodelle. Kräfte, welche zwischen den Atomen XII. Nr. 50. Naturwisseusehaftliclie Wocheuschrift. 59pecfi'ur general des Peches maritimes, La Culture des mers en Europe (Piscifacture-Piscicultures-Ostrei- culture). 1 Vol. iii-8", touie 87 dc^ la Bibliothöque scientifii[UO internationale, avoc 81 gravurcs dans le texte. Felix Alcan (iditeur. Paris 1898. — Cart. ii l'anglaise, G fr. XII. Nr. 50. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 603 Das Buch fasst auf Grund eingehender Kenntnisse des Ver- fassora Alles das zusammen, was wir über die Züchtung und Zuchtmetlioden der Meeresthiere und ihre Ausbeutung wissen, je- doch handelt es sich nicht um ein ausführliches Lehrbuch der Fischzucht und der Zucht der anderen vom Menschen verwertheten Meerestliiere, sondern vielmehr um eine Darstellung, welche all- geuiein über den Gegenstand belehren will. Zuerst geht Verfasser auf den Fang der Thiere ein, auf die dabei gewonnenen Resultate und auf die Verwerthung des gefangenen Materiales, dann auf die Fischzucht, wie sie in den verschiedenen Ländern gehandhabt wird, die Hummer- und Langusten-Zucht, die Austern- und See- muschel-(Mytilus edulis) Zucht und die Schwammzucht. Einen Abschnitt aus dem Buche und zwar den über die Austernzucht haben wir in der vorliegenden Nummer S. 601 gebracht. — Die in- structiven Abbildungen des Buches unterstützen das Verständniss wesentlich. - - - - Federico Johow, Estudios sobre la Flora de las Islas de Juan Fernandez. Con uiia introduccion sobre las eondiciones jeo- graticas i jeolojicas del arehipielago, cscrita per Koberto Föhlmann. Obra illustrada con 2 mapas. S grabados i IS lä- minas. Edicion hecha a espensas del gobierno. Santiogo da Chile 180G. Der bekannte, im Titel genannte Botaniker bietet m dem vorliegenden Quartband eine Flora der Juan Fornandez-Insel- üruppe. Ueber die geographischen und geologischen Verliältnisse der Insel bietet Föhlmann auf nur 4 Seiten eine Einleitung zum Text des fast 300 Seiten umfassenden Buches. Es sind nicht nur wie sonst in Floren üblich die Phanerogamen und Pteridophyten berücksichtigt worden, sondern auch die Bryoph3-ten und Thallo- phyten, kurz, es handelt sich also um eine wirkliche, vollständige Flora. Verfasser berücksichtigt die Verbreitung der Arten, die speciellen Wohnorte auf der Inselgruppe und anderes in einer Flora Nothwendige. Die Tafeln, von denen 5 Landschaftsbilder sind, die übrigen (abgesehen von 2, welche Karten der Inseln mit Angabe der besuchten Punkte sind) Pflanzen zur Darstellung bringen, sind ganz wundervoll. Der Blick in den Urwald mit Stämmen eines Baumfarn der verzweigte Stamm von Dicksonia berteroana sind von besonderem Interesse. ; Ostwald's Klassiker der exacten Wissenschaften. Wilh. Mönkemeyer, Die Sumpf- und Wasserpflanzen. Ihre Beschreibung, Kultur und Verwendung. Mit 126 Abbildungen. Gustav Schmidt (vorm. Kobert Oppenheim) Verlagsbuchhandlung in Berlin. — Preis 4,50 M. Der Verfasser, Inspector des Botanischen Gartens der Uni- versität Leipzig, steht durch seinen Beruf in inniger steter Be- rührung mit der Ptianzenwelt und ist als erfahrener Kenner der Pflanzencultur gut in der Lage, dem Aquarium-Liebhaber, für den das Buch in erster Linie bestimmt ist, zuverlässige Auskunft zu geben. Es bringt für den Zweck, für den es bestimmt ist, recht viel, jedenfalls durchaus genügend viel. Die meistens guten Abbildungen werden dem Nicht-Floristen bei der Erkennung der Arten und für die Beurtheilung ihrer Wirkung von Nutzen sein. Prof. Dr. H. W. Vogel, Vorsteher des Photochemischen Labora- toriums der Kgl. Technischen Hochschule zu Berlin, Hand- buch der Photographie. Theil III: Die p ho tographisc lie Pra.xis. Abtheilung I: a) Die photographischen Arbeitsräume und Geräthe. b) Der photographische Negativprocess mit Collodium und Gelatine-Emulsion. 4. gänzlicli umgearbeitete, vermehrte und verbesserte Auflage. Etwa 20 Bogen in Gross- Octav mit 207 Abbildungen. Gustav Schmidt (vorm. Robert Oppenheim) Verlag in Berlin SW. — Preis 8 M. Die Thatsache, dass von einem so umfangreichen Werk wie dem vorliegenden in doch immerhin verhältnissniässig kurzer Zeit 4 Auflagen erscheinen können, beweist, dass wir hinsichtlich der Naclibildekunst entschieden im Zeitalter der Photograpliie stehen; freilich hat die grosse Meisterschaft, mit der das Werk ge- schrieben ist, das ihrige zur Verbreitung gethan, aber es ist doch vor Allem der Boden für die letztere vorhanden. Gegenüber der dritten Auflage erscheint der 3. Band nunmehr in einer Zweitheilung, von der hier der erste Theil vorliegt. In der Vorrede betont N'erf. ausdrücklich, dass er gleich im ersten Kapitel „Atelieranlagen und Geräthe" in der Neu-Auflage dem neuesten Standpunkt Rechnung tragen musste, in'n. An jcli' OMmcra :iiiziil)rin.ü;on. ■Allein-Vertrieb der „Westendorp & \Vehner"-Pl!itteii (Act. ( les ). m Verlag von Georg Keimer in Berlin. Soeben erschien: Haeckel, Ernst i Natürliche Schöpfungsgeschichte. 9. wesentlich verbesserte und teilweise umgearbeitete Auflage. Mit dem Portrait des Verfassers u. 30 Tafeln, sowie zahlreichen Holzschnitten, Stammbäumen und systema- tischen Tabellen. iJiF~ Zwei Bände Preis geheftet M. 12. — ; gebund. in 1 Halbfranzband M. U,.50, in 2 Halbfranzbände M. 16,.')0. Gewinnbetheiligung! Bedeutender Rabatt! Neues Prinzip für Massenbetheiligung an industriellen Unternehmungen. Antheile h Mli. 10. Jedes Milglied kann bis 500 flntheile übernehmen, participirt am Reingewinn und er- "3 i—t •pH ... a> © xi t^ f u o £ > ,^ (1) 00 X OJ o t4 O BERLIN. S.0.26. 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Der Vierteljahrspreia ist M 4.— Brineeeeld bei der Post 15 -) exlra. Postzeitungsliste Nr. 4954. '^ Inserate : Die vier(?e3paltene PetitzeUe 40 J>. Grössere Aufträse ent- sprechenden Rabatt. Beilagen nach üebereinkunft. Inaeratenannahme bei allen Annoncenbureaux wie bei der Expedition. Abdruck ist nur mit vollständiger ((nellenaiigabe gestattet. Der siebente naturwissenschaftliche Feriencursus für Lehrer an höheren Schulen, abgehalten in Berlin vom 29. September bis 9. October 1897. Bericht auf Grund eingegangener Beiträge durch Prof. Dr. B. Scliwalbe. (Fortsetzung.) Prof. Dr. Frank und Dr. Kriiner: Neueres aus dem Gebiete der Pf lauzeiipatbologie uud Physio- logie. Die Aecidieu der auf Getreide vorkommenden Rost- pilze entwickeln sich bekanntlich nicht auf denjenigen Pflanzen, auf denen sich ihre Uredo- und Teleutosporen finden. So sind z. B. die Aecidieu, welche im Frühjahr oft massenhaft die Unterseite der Berberitzen- Blätter be- decken, nur eine besondere Entwickelungsform von dem Getreiderost Puccinia graminis, diejenigen Aecidien, denen die Asperifoliaceen als Wirth dienen, sind zu Puc- cinia straininis gehörig und diejenigen auf den fUiamnus- Arten zu Puccinia coronata. Seitdem die Zusammen- gehörigkeit dieser Aecidieu mit den verschiedenen Rosten erkannt ist, hat man sie gewissermaassen für das Auftreten von Rost verantwortlich gemacht uud die Ausrottung der Aecidienwiithe, speciell der Berberitzen, verlangt. Die Beobachtungen der letzten Jahre haben indessen ganz zweifellos ergeben, dass die Berl)eritzensträucher wohl, wenn sie in unmittelbarer Niihe von Getreidefeldern stehen, als Verbreiter uud üeberträger des Rostes gelten können, dass indessen aucli sehr oft ein ganz erheblicher Rostbefall durch Puccinia graminis stattfinden kann, ohne dass auch nur ein einziger Berberitzenstrauch auf meilen- weite Entfernung vorhanden ist, während andererseits auch selbst dann die Berberitzen absolut frei von Aecidien sein können, wenn die nur wenige 100 Sehritt weit entfernten Getreidefelder einen starken Rostbefall durch Puccinia graminis aufweisen. Dasselbe gilt von den übrigen Rost- arten und ihren Aecidien-Wirthspflanzen. Es müssen also auch noch andere Factoren das Auftreten von Rost be- günstigen. Versciiicdene Momente, die diese Ansicht be- stätigen, sind auch bereits bekannt. Die bisherigen Be- obachtungen sind indessen bis jetzt noch derartig wider- sprechend, dass eine planmässig durchgeführte, auf wLssen- schaftlicber Basis beruhende Untersuchung dringend er- wünscht erscheint. Zu den sich besonders aufdrängenden Fragen würde unter Anderem gehören, welche Species uud Varietäten der schädlichen Pilze im Üredo-Zustand über- wintern können, ob die von Praktikern gemachten Beob- achtungen überall zutreffen, dass hohe Stickstoffdüngungen und späte Aussaaten thatsächlich das Auftreten aller Rost- arten und Rostvarietäten begünstigen, welchen Eintluss Witte- rungs- und Bodenverhältnisse nach dieser Richtung hin haben, wie sich die einzelnen Getreidevarietäteu gegen Rost ver- halten, ferner die Frage, worauf die Widerstandsfähigkeit einzelner derselben beruht etc. Zusammengehörigkeit der auf wildwachsenden Gräsern vorkommenden Roste und derjenigen auf Getreide ist ebenfalls noch ein ungenügend bekanntes Gebiet, zumal da nach den neueren Forschungen namentlich von Klebahu, sowie von Eriksson und Hennigs festgestellt ist, dass die alten Formen von Puccinia gra- minis, P. straminis (= P. striaeforinis = Uredo Rubiga vera) und P. coronata je nach den Nährpflanzen, auf denen sie vorkommen, verschiedene Arten sind. Ausserdem er- geben die Beobachtungen der genannten Forscher, dass P. straminis mindestens zwei Formen umfasst, nämlich P. glumarum, von der bis jetzt Aecidieu nicht bekannt sind und das zu den im Uredozustand überwinternden ge- hört, und P. dispersa, welches zu den die auf Asperi- foliaceen vorkommenden Aecidien zu gehören scheint, und ferner, dass auch F. coronata in zwei selbständige Formen zerfällt, nämlich P. coronata I (Aecidien auf Rhamnua frangula) und P. coronata II = coronifera (Aecidien 606 Naturwisseuschaftliche Wochenschrift. XII. Nr. 51. namentlich auf Rhamuus cathartica), von denen nur die letztgenannte Forin den so berüchtigten Haferbrand zu erzeugen scheint. Bei den Braudpilzen ist zur Zeit die Frage nach einem tadellosen Desintieiens des Saatgutes eine der wich- tigsten, da das Kupfervitriol, selbst mit nachfolgender Kalkbehaudluug, durch Drusch verletzte Körner — solche kleineu Verletzungen sind bei dem jetzt immer mehr üblich werdenden Maschiuendrusch fast unvermeidlich — erheb- lich schädigt. Jensens Warmwassermethode ist gut, jedoch für die Praxis zu schwierig, da die Temperaturen genau iuuegehalten werden müssen; über Jensens Ceres- pulver aber liegen genügende Erfahrungen noch nicht vor. Von den neuen Getreidepilzen, die Professer Frank zum Theil erst vor einigen Jahren als Parasiten erkannt, und die zum Theil in Deutschland als solclie bis dahin unbekannt waren, im Jahre 1894 aber be- sonders heftig auftraten, seien hier hervorgehoben:*) 1. Leptosphaeria herpotrichoides; der Pilz durch- wuchert die Roggenhalnie an der Basis, was Schwärzung derselben zur Folge hat, während die Halme vorzeitig weiss werden und umfallen. An der geschwärzten Basis der Halme entwickeln sich als Früchte des Pilzes kleine, dem blossen Auge als punktförmige Erhabenheiten er- scheinende Kapseln, Perithecien, die in ihrem Innern Asci mit langen spindelförmigen, 6 — 8 zelligen, schwach ge- krümmten, gelblichen Ascosporen bilden; "2. Ophiobolus herpotrichus, welcher die Weizenhalme ebenfalls an der Basis unter Schwärzung vernichtet und auch auf die Wurzeln übergeht und auf diese Weise die Halme vor- zeitig zum Absterben bringt, sie aber nicht umknickt. Die Früchte sind auch hier mikroskopisch kleine Peri- thecien, doch sind die in den Aseis gebildeten Ascosporen sehr lang und dünn. 3. Leptosphaeria tritici, eben- falls eiu Weizenbewohner, der jedoch die Blätter befällt und deren frühzeitiges Eingehen verursacht. Die Fructi- ficationsorgane sind denen von Leptosphaeria herpotri- choides sehr ähnlich, doch sind die Ascosporen kleiner und nur 4 zellig, 4. Septoria gramiuum; zwischen ihr und der eben erwähnten Leptosphaeria scheint ein ge- wisser Zusammenhang zu bestehen, denn Septoria grami- num findet sich im Frühjahr auf den Weizenpflauzen viel- fach zunächst ein, während Leptosphaeria oft erst her- nach auftritt. Bei Septoria werden die Sporen in Pyk- niden, also ebenfalls Kapseln, gebildet, entstehen aber nicht in Ascis. Dass aber die höchst entwickelten Früchte, die Perithecien, bei vielen Pilzen erst später entwickelt werden, während sie anfänglich in Form von Conidien oder Pykniden fructificiren, ist eine bekannte Thatsachen Die Septoria-Sporen selbst sind farblos und nadeiförmig, lang und dünn. Ihr parasitärer Charakter wurde von uns seinerzeit experimentell festgestellt.**) Die Lebens- bedingungen dieser vier genannten Pilze, denen sich noch verschiedene andere, aber weniger wichtige zugesellen, sind noch sehr wenig bekannt. Die Kartoffelltrankheit scheint durch Kupferpräpa- rate, wenn auch nicht ganz verhindert, so doch wesent- lich vermindert werden zu können, vorausgesetzt natür- lich, dass man es thatsächlich mit der durch Phyto- phthora erzeugten Krankheit zu thun hat. P>ine Bespritzung oder Bestäubung mit brauchbaren Kupferpräparaten wirkt indessen nicht nur bei dem wirklichen Vorhandensein der Kartoflelkrankheit, sondern auch ohne dieselbe fördernd auf die Kartoffelstauden ein, denn es wird dadurch der Chlorophyllgclialt in den Blättern vermehrt, die Assimilation *) Frank, D. Ldw. Pr. 1896, Nr. 67, Bot. Ges. 1895. S. 61. **) Krüger, Ber. d. D. Bot. Ges. 1895, S. 137 Derselbe, Ber. d. D. und die Transpiration gestärkt, die Vegetationsdauer er- hrdit und der Knulleneitrag gesteigert.*) Zu derartigen „brauchbaren" Kupferpräparaten gehört in erster Linie die Bordelaiser Brühe, die man sich selbst aus den Be- standtheilen (Kupfervitriol und Kalk) herstellen oder durch Auflösen von Pulver, von denen mehrere Sorten im Handel sind, bereiten kann, ferner auch durch Bestäuben mit dem ebenfalls käuflichen Kupfervitiiol-Specksteinmehl. Einmal wegen des vorzeitigen Absterbens des Kar- toffelkrautes und des dadurch zu früh erfolgten Vege- tatiousschlusses der Pflanzen, dann aber auch wegen der durch die Pliytophthora erzeugten Knollenkrankheiten ist Phytoplithora infestans eiu so gefürchteter Feind der Kartotielfelder. Aber nicht alle Knollenfäulen**) sind auf diesen zurückzuführen. Die Phytophthora-Fäule äussert sich in braunen Flecken, die dicht unter der Schale liegen und wenig tief in das Innere hiueintreten, wobei eine eigentliche Auflösung des Stärkemehls kaum statt- findet. Die Fäden des Pilzes selbst sind intracellulär und querwandlos. Nach ihren Erregern lassen sich neben dieser Phytophthora-Fäulniss noch folgende Kartolfelfäulen unterscheiden: ßhizoctonia-Fusarium- und Phello- wyces- Fäule, die alle durch solche Pilze hervorgerufen merden, welche im Allgemeinen unschuldige Bewohner der Epidermis sind, die aber durch unbekannte Umstände parasitären Charakter angenommen haben. Von ihnen löst nur die Rhizoctonia die Stärkekörner schnell, und zwar anscheinend duich ein lösliches, von Zelle zu Zelle diffundirendes und dem Pilz vorauseilendes Ferment. Ferner wäre zu nennen: Die Bacterienfäule, die durch Bacterien erzeugt wird, welche bereits auf dem Felde in die Knollen eingedrungen sind, und dann intercellulär wuchern, und endlich die Nematodeu- fäule, die durch älchenartige Thiere hervorgerufen wird und deren Symptome ähnlich den durch Phytopli- thora erzeugten sind. Dagegen charakterisirt die alte Be- zeichnung Nass- imd Trockenfäule nicht etwa ver- schiedene Erreger, sondern dies sind nur äusserliche Symptome, die durch die vorhandenen Feuchtigkeits- verhältnisse hervorgerufen sind. xVuch die sogenannte „Eisenfleckigkeit" oder das „Buntwerden" der Kartoffeln bezeichnet man oft im gewöhnlichen Leben als „Fäule". Dieser Zustand, dessen Ursache bis jetzt noch unbekannt ist, bleibt stationär und beruht auf lo- calem Absterben des Protoplasmas. Eine ganz andere Art von Kartoffelknollcnerkrankung ist das, was man Schorf nennt. Im gewöhnlichen Leben werden allerlei Erscheinungen als „Schorf" bezeichnet, die indessen vom wissenschaftlichen Standjinnkt betrachtet, nichts mit dem wirklichen Schorf zu thun haben,***) so z. B. die flachen, grindartigen, dunkelpurpurbraunen Erhabenheiten auf der Oberfläche der Knolle, die durch Rhizoctonia violacea verursacht werden und die sich leicht entfernen lassen, da sie nur oberflächlich aufgewachsen sind. Ferner gehören dahin die Veränderungen der Kartoffelschale selbst, die sich bilden, wenn die äusseren, älteren Schichten derselben dem stärkeren Wachsthum der inneren jüngeren Korkzellen nicht folgen können, wodurch je nach dem „Korkschuppen" oder „netzförmige Risse" entstehen. Der eigentliche wirkliche „Schorf" dagegen nimmt seinen Anfang von den Lenticellcn und je nach der Rcaction der Knolle gegen solche Störung ihrer normalen Entwickelung entstehen verschiedene Formen von Schorf, die von Frank *) Frank u. Krüger, Arbeiten der Deutschen Landwirthschafts- Gesellscbaft, Heft 2. **) Frank, Zeifschrift für Spirituslnduatrie 1897. Erg. Heft 2. ***) Frank u. Krüger, Zeitsebrit't für Spiritus- Industrie 1896. Erg. Heft I. I XII. Nr. f)l. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. no7 und Krüger als Flachschorf, Tiefschorf, Buckel- schorf und Buckelticfscliorf unterschieden sind, lieber die eifi'cntliehe primäre Ursache der Schorfbildnngen gehen die Ansichten nocii auseinander. Parasiten, und zwar im Boden hetindliclie, sind zweifellos bei seiner Ent- stehung mit betheiligt, doch ist Brunchhorst's Spon- gospora Solani, der Pilz, den man eine Zeit lang für den Erzeuger des Schorfes hielt, nicht allgemein und speciell bei uns in Deutschland nicht als der Erreger an- zusehen. Durch Sterilisation des Bodens können selbst von stark schorfigem Saatgut und bei starker Mergelung, die sonst oft als Ursache von Schorfbildung gelten, völlig schorffreie Knollen erzeugt werden. Von den pilzlichon Erkrankungen der Zuckerrüben ist die durch Phoiiia betae'-') erzeugte Herz- und Trocken- fäule die gefährlichste. Sie wird zweifellos durch Trockenheit begünstigt, da das Phoma-Mycel nur in solche Rübentheile einzudringen vermag, die durch irgend welche äusseren Factoren sich nicht in normaler Entwicke- lung beiluden. So erklärt es sich auch, dass Phoma betae oft in Gemeinschaft mit Wurzelbrand der Keim- pflanzen auftritt und unter Umständen später auch die Ursache von neuem Wurzelbrand wird. Denn „Wurzel- braud" ist ein Collectivbegrift', in den eine Reihe von Er- scheinungen zusammcugefasst wird, die sich in überein- stimmenden Reactionen der Pflanzen gegen Angriffe ver- schiedenster Art äussern, z. B. durch Pilze, Thiere, Boden- Witternngsverhältnisse etc. Dementsprechend ist aber auch von Fall zu Fall zu unterscheiden, was für Be- kämpfungs- bezw. Vorbeugungsmittel anzuwenden sind. Von den Obstbäumen wurden in den letzten Jahren namentlich die Kirsclibäiinie schwer heimgesucht und zwar durch einen Pilz, Mouilia fructigena**), der, für gewöhnlich ein gutartiger Saprophyt, als Erreger des so- genannten „Fruchtschimmels" allgemein bekannt ist, der aber unter Umständen, vermutblich begünstigt durch Witterungseinflüsse parasitären Charakter annehmen kann. In solcher Weise befiel er in den letzten Jahren namentlich im östlichen Deutschland die Obstbäume und speciell die Sauerkirschbäume während der Blüthezeit und brachte die BlUthen zum Absterben, sodass sie, anstatt sieh zu Früchten umzubilden, als tote, trockne, braune Massen an den Bäumen sitzen blieben. Im Holz kann das Pilzmycel weiter wuchern, Blätterbüschel und reifende Früchte in- ficirend und vernichtend, sodass die Kronen der Bäume schon bei Beginn des Sommers mit dürren Theilen reich- lich besetzt sind und das Aussehen haben, als seien sie durch Spätfrost stark bescliädigt. Herausschneiden der dürrgewordenen Partien, Entfernen der etwa hängen ge- bliebenen alten Früchte, Bespritzungen mit Kupfer-Kalk- BrUhen und Kalkungen des Bodens siud als Bekämpfungs- mittel zu empfehlen. Nicht zu verwechseln hiermit ist eine andere Kirschbaumkrankheit, die durch den Pilz Gnoinoiiia Erjthroistoiua verursacht wird***), und die vor mehreren Jahren den Kirschbaumbestand im alten Lande zu vernichten drohte. Dieser Pilz befallt zu- nächst namentlich die Blätter, die in Folge dessen im Herbst hängen bleiben. Auf diese Weise wird die Krank- iieit wiederum ins nächste Jahr übertragen. Durch Ab- pflücken solcher befallenen Blätter zur Winterszeit, was polizeilich controlirt wurde, gelang es seiner Zeit, den Pilz in jener Gegend wieder auszurotten. Ausser den schädigenden Pilzen giebt es auch solche, die den Pflanzen nützen. Hierzu gehören in erster Linie die Pilze, z. B. Agaricus- und Boletns-Arten, die *) Fi-ank, Zeitsclir. f. d. Zuckerrübenindu.strifi des Deutschen Reiches 189-2, S. 903, ebenda Bd. 45, S. 158 u. 171, ferner S. 972. **) Franlc u. Krüger, Gartenflora, 1897, S. 320 u. 393 ***) Frank, Landw. Jatirb. 1887, Heft H u. III. mit den Waldbäumen in S.ymbio.se leben*), indem sie deren Saugwurzel überziehen. Sie nützen namentlich die Nährstoffe des Humus, so des Stickstoffes, sowie Phos- phorsäure, Kalk, Kali, Magnesia aus, die sie schnell ver- arbeiten und dann dem Baum zuführen. Der Baum be- nutzt den Pilz also gewissermaassen als Amme. Er braucht diese Pilze notliwendig und kann ohne .sie nicht, oder doch nur kümmerlich existiren, geht also in solcher Erde, in der die Pilze durch Sterilisation getödtet sind, ein, wenn nicht durch Impfung wieder für neue Pilze gesorgt wird. Um eine andere Art von Symbiose handelt es sich bei den Papilionaceen, die Bacterien in sich und zwar in den „Wurzelknöllchen" aufnehmen, sie dort zu mächtigen Individuen, Bacteroiden genannt, heranzüchten, um sie dann schliesslich zur Zeit der Fruchtausbildung, wenn die Pflanze viel Nährstoffe braucht, aufzusaugen. Mit Zu- hülfenahme solcher Bacterien kann die Pflanze auch den Nährstoff der atmosphärischen Luft assimiliren, kann also auch den Boden dadurch anreichern. Man hat in Folge dieser Erfahrungen den Boden jetzt mit solchen Bacterien, die in Nährgelatine gezüchtet waren, impfen wollen, doch haben diese Versuche, vermuthlich, weil schon an und für sich genügend Bacterien im Boden waren, im Allge- meinen keinen rechten Erfolg gehabt. Die Frage, ob für jede Pflanzen-Gattung eine besondere Art von Bacterien zur Knöllchen-Erzeugung nöthig ist, oder ob dieselben Bacterien - Arten verschiedene Pflanzenarten inficiren können, ist ebenfalls noch eine offene. Ein Analogen zu der Symbiose der Leguminosen sind die Knöllchen an den Wurzeln der Erlen, Eleagnaceen und Myricaceen, die von einem Fadenpilz, Frankia subtilis, erzeugt werden. Aber noch eine Reihe anderer Pilze und Bacterien stehen mit der Ernährung der Pflanzen im engsten Zu- sammenhang. Dahin sind die Nitroinanasformen zu rechnen, die das Ammoniak des Bodens in die von den Pflanzen besser aufnehmbare Salpetersäure umsetzen, und zu denen wiederum andere, nämlich deiiitriflcireiide, also redu- cirende Bacterien im Gegensatz stehen. lu neuester Zeit will man auch ein, den Ertrag überhaujjt steigerndes Baeterium, Bacillus Erlenbachiensis, jetzt unter dem Namen Allinit käuflich, gefunden haben, über dessen Bedeutung indessen erst genauere Untersuchungen zu entscheiden haben. Krüger. Prof. Dr. Loew: Neuere Forschungsergebnisse der Blüthenbiologie. In den Vorlesungen erläuterte der Vortragende zu- nächst die sehr mannigfaltigen und variabeln Geschlechts- vertheiluiigsverhältnisse der Blütenpflanzen an einzelnen Beispielen und besprach dann eine Reihe neuerer Arbeiteu üiier Heterostylie, Kleistogamie und über das Verhältniss von Fremd- und Selbstbestäubung. Hieran schloss sich die nähere Beschreibung einiger besonders interessanter Bestäubnngseinrichtungen wie von Ficus, Jucca, von orni- thophilen Blüthen u. a. unter Vorlage der betreffenden Litteratur. Zuletzt folgte eine kurze Uebcrsicht über das auf dem Gebiete der s. g. Blumengeographie auf ver- schiedenen Beobachtungsgebieten, wie in Grönland, in Belgien, auf den friesischen Inseln u. a. bisher Geleistete. Loew. Prof. Dr. Volkens: Die tropischen Kultur- und Nutzpflanzen, unter besonderer Berücksichtigung unserer Kolonien. Vortragender beginnt mit einem Hinweis auf die un- geheure Einwirkung, die die Erzeugnisse tropischer Kultur- *) Frank, Lehrbuch der Botanik, Band I, S. 274. Dort die weitere Littei'atur. 608 Naturwissenschartlichc Wochenschrift. XII. Nr. 51. und Nutzpflanzen auf unser ganzes modernes Leben, ins- besondere auf Handel und Industrie in immer steigendem Maasse ausüben. Kaffee, Cacao, Thee, die Gewürze, Baumwolle, Indigo, Kautschuk u. s. w. sind längst nicht mehr einer unbedeutenden Minderheit von Werth, sondern sind zu Bedarfsartikeln der breitesten Massen des Volkes geworden. Einzutheilen sind die vegetabilischen Producte tro- pischer Zonen in solche, die der Mensch als Nahrungs-, Genuss- oder Heilmittel direct für sich verwendet und in solche, die technischen und industriellen Zwecken dienen, die zunächst nur Rohstoffe abgeben und erst in andere Formen gebracht werden müssen, bevor sie gebrauchs- fähig erscheinen. Diese Einthcilung zu Grunde legend, wurden in der ersten Vorlesung die Reizmittel (Kaffee, Cacao, Kola, Tliee, Mate), die Gewürze (Vanille, Gewürznelke, Muskatnuss, Pfeffer, Zimmt), die Stärkemehl liefernden Pflanzen (Reis, Sorghum, Maniok, Yams) und die Obstarten (Bananen, Brotfrucht, Anonen u. s. w.) abgehandelt, in der zweiten fanden die Oelpflanzen (Oel- und Cocospalme, Sesam, Arachis), einige Fasergewächse und die Kautschuk und Guttapercha erzeugenden Bäume und Lianen eine mehr oder minder ausführliche Berücksichtigung. Bei der Besprechung jeder einzelnen Nutzpflanze ging Vortragender von einer kurzen, botanischen Charakteri- siruug aus, .stellte die ursprungliehe Heimath fest, brachte einen Abriss der Geschichte, um sich dann etwas breiter über die augenblicklichen Erzeugungsländer, über den Stand der Production und des Consums auszulassen. Angaben über die Lebensverhältnisse und Lebensbedin- gungen, über die Kultur und Ernteaufbereitung bildeten immer dann den Beschluss, wenn es sich um Gewächse handelte, die entweder schon in unseren Kolonien vertreten sind oder doch dort einst einen lohnenden Anbau ver- sprechen. Eine reiche Collection von Spiritus- und Trockenprä- paraten, von Abbildungen und Photographien diente zur Erläuterung der Vorträge. Es schloss sich an letztere an einem Tage ein Rund- gang durch den botanischen Garten, wobei die Nutz- pflanzenabtheilungeu, das Victoria-, Palmen- und Orchideen- haus besichtigt wurden. An dem zweiten Tage führte Vortragender die Cursisten durch das botanische Museum, wobei besonders in dem für die Erzeugnisse unserer Ko- lonien bestimmten Saale verweilt wurde und Gelegenheit gegeben war, an der Hand von Schaustücken einen Theil des Geborten kurz zu reeapituliren. Volkens. Dr. H. Potonie: Die Metamorphose der Pflanzen im Lichte palaeoutologischer That- saehen. Wenn wir die Gesammthcit der sieh augenfällig in- dividualisircnden Glieder, mit anderen Worten die Ge- sammtheit der äusserlich abgegliedert erseheinenden Or- gane der Pflanzen überschauen, so bemerken wir solche Ver- schiedenheiten, dass wir aus rein praktischen Rücksichten nacii ihren Merkmalen mehrere Kategorien machen. Das Volk hat seit jeher unterschieden die Wurzel (Radix), den Stengel (Cauloni) und das Blatt (Phyllom), freilich noch nicht mit der Einsicht, dass die Blüthe, die der Laie daher als vierte Kategorie aufzählt, in die beiden letztgenannten Organe aufgeht. Bei der Eintheilung in nur drei Kate- gorien spielt eben schon wissensehaftliehe Erkenntniss mit, denn die zweckmässige Erweiterung des Begriffes „Blatt" auf alle Anhangsgebilde der Stengelorgane*) ist erst aus *) Von doii lliuiron (Trichoinun) wird hier abgesc der nur durch näheres Studium sich ergebenden Einsicht geflossen, dass es zwischen den BUithen-,, Blättern" und den Laub- und anderen Blättern Mittelformen giel)t. Gerade diese Einsicht in Verbindung mit der autfälligen Mannigfaltigkeit der Blätter ist es, welche geistreichen Beschauern der Natur ein Problem gesetzt hat, nicht minder wie der so variable und doch nach bestimmten „Typen" sich darstellende Gesammtbau der Pflanzen (und Organismen überhaupt). So spricht z. B. J. J. Rousseau von der unwandelbaren Aehnlicidieit und doch so wunder- baren Verschiedenheit, die in der Organisation der Pflanzen herrsche, und Goethe 's vielcitirte Verse: ..Alle Gestalten sind ähnlich, und keine gleichet der andern ; Und so deutet das Chor auf ein geheimes Gesetz," drücken dasselbe mit anderen Worten aus. Die ausserordentliche Mannigfaltigkeit der Blätter speciell hat denn auch zu unübersehbar häufiger Be- schäftigung mit denselben Veranlassung gegeben, namentlich seit Goethe 's 1790 erschienenem „Versuch die Metamor- phose der Pflanzen zu erklären." Unter Metamorphose versteht man mehrerlei. Im ältesten Sinne, sagen wir in demjenigen Ovid's, wäre es die plötzliche Verwandlung, wie diejenige Jui)iters in einen Schwan, ein Begritf, den ein Naturforscher nicht gebrauchen kann, da sich solche mythischen Umwand- lungen nicht beobachten lassen. Die übliche Benutzung des Wortes Metamorphose auf zoologischem Gebiet, für die Thatsache, dass häufig, wie z. B. bei den Insecten, die Jungen vom Muttcrthiere getrennt auffällige Entwickelungsstadien durchmachen, ehe sie der Mutter ähnlich werden, ist ebenso aligemein bekannt. Besonders wichtig für uns ist die Kenntnissuahme der Benutzung des Wortes auf Pflanzen angewendet durch die Goethe- Braun'sche Schule; hier bedeutet es die Mannigfaltigkeit, in der uns die „Ideen" im Sinne Plato's entgegentreten. Die Schule sucht mehr unbewusst als bewusst diese Ideen zu finden, also auf dem von uns zu behandelnden Gebiete besonders die Idee der Wurzel, des Stengels und des Blattes. Hier haben wir es demnach mit Metaphysik zu thun, vor der sieh die Naturwissenschaft zu hüten hat. Setzen wir an Stelle der gesuchten ..Ideen" die realen Wurzeln, Stengel und Blätter oder diejenigen Organe, aus denen sich die Wurzeln, Stengel und Blätter der höher differenzirten Pflanzen im Verlaufe der Descendenz der Lebewesen herausgebildet haben, so haben wir den heute einzig zulässigen Sinn des Begriffes Metamorphose auf morphologischem*) Gebiete. Die Metamorphosen- Lehre hat danach die Veränderungen klar zu legen, welche die Organe im Verlaufe der Gene- rationen erlitten haben: hat die phylogenetische (oder, wenn man lieber will, morphogenetische) Herkunft der Organe festzustellen. Das wird zwar principiell anerkannt und doch gilt immer noch Nägeli's *) Das.? der Terinimis „Morpliologie" von Goethe stammt (1817) ist merkwürdig wenig bekannt; G. verknüpfte mit diesem Begritl' einen theoretischen Inhalt, sodass ursiirünglich Morpho- logie und Ürganograpliie hätten auseinander gehalten werden müssen. Leider ist aber der Begrift' Morphologie dadurch sehr schnell doppelsinnig geworden, als man ihn bald auch da ver- wandte, wo es sieh ausschliesslich um eine blosse Beschreibung von thatsächlich constatirten Gestaltangs -Verhältnissen handelt, wie man denn heute in diesem Sinne von einer Morpho- logie der Krystalle spricht. Ich selbst benutze den Begrift", wie er heute allein verwendbar ist, nändicli für die Wissenschaft, die sich mit den vermutheton Gestaltungsvcrhältnissen der Lebe- wesen und ihrer Organe beschäftigt, die also durch tlieoretische Speculationcn (freilich solche wissenschaftlicher Art, die also stets und immer auf dem Boden der Thatsachen sich aufzubauen haben) die Lücken unserer Kenntnisse zu ergänzen trachtet, Lücken, die nie anders werden ausgefüllt werden können, da uns die recente und fossil erhaltene Lebewelt ja nur einen \ erhältnissmässig kleinen Theil orgauographischer Daten zur Verfügung stellt. J XII. Nr. 51. Naturwissenschaftliche Wochenschri ft. 609 Wort: „Man beschäftigt sich viel mit der Abstammung der Pfianzensippen, aber nicht mit der Herleitung der einzelnen Organe und Theile der Pflanzen, und doch muss diese vorausgehen und den Boden für jene bereiten." Die Goethe- Braun 'sehe Schule wirkt eben mächtig nach und verwirrt die Geister, und so ist denn eine durch- gängige Klarheit im Gebiet der Morphologie noch längst nicht erreicht. Deshalb ist die inmier und immer wieder behandelte Metamorphosenlehre nocli weit von der heute durchaus möglichen Widerspruchslosigkeit entfernt. Zur Lösung der Aufgaben unserer Lehre sind zwei Punkte ganz besonders zu beaciiten; erstens nämlich muss sie naturgemäss, da ihre Grundlage die Descendenz- theorie ist, von den einfachsten Organismen ausgehen, und zweitens bat sie das gesammte zur Verfügung stehende Pflanzenmaterial heranzuziehen : auch das fossile. Gegen beide so selbstverständlich erscheinenden For- derungen ist aber arg Verstössen worden. Denn es spukt immer noch die Neigung, die höchsten Pflanzen zur morpholo- gischen Deutung der Organe zu Grunde zu legen und die Fossilien sind bislaug einfach fast gänzlich auf unserem Gebiet bei Seite ge- lassen worden. Sehen wir zu, was bei Ver- meidung der beiden nionirten Fehler und peinlicher Vorsicht gegen etwaige Nachwirkungen des I'rinzipiellen der Goethe- Braun- schen Schule — soweit es sich in aller Kürze andeuten lässt — zu erreichen ist. Die einfachsten Organismen, die wir kennen, sind gewisser- niaassen nur ein einziges ein- heitliches Organ; eine Arbeits- theilung der Lebensverrichtuugen Auf hat noch nicht stattgefunden. der be- Er- Fig. 1. Fucus serratus mit männ- lichen Fortpflanzungsor- ganen. der nächsten Stufe dient Körper des Individuums in stimmten Theilen nur der nährnng, in anderen Theilen nur der Fortpflanzung: die erstere der Erhaltung des Individuums, die zweite der Erhaltung der Generationen gewidmet. Mögen wir nun hinsehen, wo wir wollen, die aller- complicirtesteu Pflanzen betrachten: direct oder indirect stehen alle Functionen im Dienste dieser beiden Haupt- funetionen. Dass mit der ersten Arbeitstheilung eine stoff- liche Sonderung (in chemischem Sinne) Hand in Hand gehen muss, sei an dieser Stelle nur nebenbei angedeutet*). Wir erhalten also besondere Theile oder — bei augenfälli- gerer Lidividualisirung derselben — „Organe" der Er- näiirung und besondere Organe der Fortpflanzung. Zum Verständniss des Werdens der Pflanzen-Glie- derung müssen wir von der Function der Ernährung ausgehen, denn diese Function bedingt die Gliederung durch das Bedürfniss, eine grosse 01)erfläche im ernäh- renden Medium (und das ist zunächst Wasser mit den gelösten Theilen, denn wir müssen von Wasserpflanzen ausgehen) zu gewinnen. Nehmen wir einmal die Braun- tange, so sehen wir dies in verschiedener Weise erreicht, nämlich 1. durch Bildung unverzweigter Kronen wie bei Laminarien, die durch Streckung in die Länge das Lieht zu erreichen und durch flächenförmige Ausbildung mit vielen Punkten ihres Körpers mit dem ernährenden Me- dium in Berührung zu kommen streben, 2. durch Bildung verzweigter Formen, unter denen wir unterscheiden wollen a) die Fucusform, Fig. 1, mit Gabel- Verzweigungen, *) Es kann leider hier nicht auf die Sachs-Goebc l'sche Richtung näher eingegangen werden. deren Gabelstücke, abgesehen von den basalsten, die tau- förmig sind, alle untereinander im Ganzen gleichen Bau und dementsprechend gleiche Functionen zeigen und b) die Sar- gassumform, Fig. 2, bei der wir bereits Central-Stücke haben, „Centralen", die im wesentlichen alsTräger dienen, und diesen Centralen ansitzend Anhaugsorgane, welche die Assimilation und Fortpflanzung besorgen. Wir haben in dem letzterwähnten Fall bereits Stengel (die Centralen) und Blätter. Auffällige und zahlreiche Thatsachen haben mich nun zu der Annahme geführt: Die Blätter der höheren Pflanzen sind im Laufe der Generation aus Thallus-Stücken her- vorgegangen, dadurch dass Gabelaeste Uber- gipfelt und die nunmehrigen Seitenzweige zu Blättern wurden. Die Annahme, dass die Vor- fahren der höheren beblätterten Pflanzen in ihren Stengeln und Blättern nur die echt-dichotome Verzweigung kannten, aus der im Laufe der Generationen die echt- monopodiale Verzweigung ent- standen ist, dass überhaupt alle Verzweigungsarten der höheren Pflanzen morphologisch auf die echte Gabelung zurückzuführen sind, begründet sich vor Allem durch die folgenden Thatsachen : *) 1. Die ältesten Farnwedel zeigen in ihrer Blatt- Aderung die Grundform, wie wir sie von Gingko her kenneu, ein Gymno- spermen-Typus, der bis ins Devon zurückzureichen scheint; die Blät- ter dieses Typus besitzen durchaus untereinander gleiche, gegabelte Adern. Erst in späteren Forma- tionen treten spreitige Theile mit Mitteladern auf, noch später die Netzaderung und noch später endlich, nämlich erst im Mesozoicum, eine Netz- aderung, welche grosse Maschen aufweist, die von feineren Adern umgrenzte, kleinere Felder umschliessen. 2. Je weiter wir in den Formationen zurückgehen, umsomehr nimmt die Zahl der Farnarten mit Wedel- gabelungen zu. Besonders merkwürdig sind auch die im Palaeozoicum so ausnehmend häufigen Wedel, die eine sehr instructive Mittelbildung zwischen durchweg ge- gabelten und rein fiederigen Farnen dadurch bilden, dass sie an verschiedenen Stellen zwischen Gabelung und Fiederung hin- und herpendcln, wodurch die so sehr häufig unsymmetrisch Stande kommen.**) Fig. 2. Sargassum bacciferum. In der Nähe der Ansatz- stelle der Blätter mit Scbwinimblasen. aufgebauten, fossilen Wedel zu *) Es können liier nur Andeutungen gemacht werden; Aus- führliches vergl. in meinem „Lehrbucli der PHanzenpalaeontologie", Berlin 1897. **) Herr Graf zu Solms-Laubach machte mich mündlich auf die recenten Bowenia-Blätter aufmerksam, bei denen ein solches Pendeln ebenfalls schön zu beobachten ist. Da es bei meiner ganzen Darstellung besonders auf die Berechtigung der morpho- logischen Herleitung der monopodialen aus der eclit-dichotomen Verzweigung ankommt, benutze ich die Gelegenheit, milzutheilen, dass mir Herr Graf zu Solms schreibt: „Die Ableitung der acropetalen aus der dichotomen Verzweigung entspricht voll- kommen den Anschauungen, die sich mir aufgedrängt haben." 610 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. XII. Nr. 51. 3. Das bei den beutigen Farn so sehr seltene Vor- kommen „decursiver" Fiedern ist im Paiaeozoicuni eine hiuifige Erscheinung, Fig. 3 und 4. Diese Erscheinung ist leiclit durch die Annahme deutbar, dass die eine centrale Lage einnehmenden übergipfelteu Gabelstücke zunächst noch die ihre morphologische Herkunft ver- ratheude Form und Function beibehalten, dass also erst später eine Arbeitstheiluug in ausschliessliche Träger einerseits und assimilirende Flächen andererseits eintritt. 4. Die bei palaeozoischen Farnen so häufig vorkommen- den grossen, nach abwärts gerichteten Fiederchen an der Basis der Spindeln zweiter Ordnung sind leicht zu verstehen, wenn man sich klar maclit, dass diese Gabel- Verzweigung der Stämme und Baumzweige der palaeozoischen Lepidophyten auf. 8. Recente Pflanzen, die wie die Equisetaceen auch nicht im Entferntesten mehr durch irgend welche Eigen- thümlichkeiten auf die ursprüngliche Gabelverzweigung hinweisen, was in dem herangezogenen Fall umsomehr zu verstehen ist, als man das Gleiche schon von der palaeozoischen Gruppe der echten Calamariaceen sagen kann, die zur Vorfahren-Reihe der Equisetaceen gehört, zeigen in ihren alierältesteu Vorfahren, sofern günstige Funde vorliegen, doch wieder echt-gabelige Theile, wie in unserem Falle die Gattung Asterocalamites des Devon und Cuhn mit auffallend niehrfach-gegabeltcn Blättern (Fig. 7j. Eremopteris artemisiaefolia (Brongn.) Sohimp. — l^iiiks ein Stückeken «stärker verßrössert. — Bei a, b und c Gabeini lias (jabellussslUck unter c trägt decursive Fiederchen, da-^ unter b (und a?) nicht mehr. Fig. 4. Callipteris conferta (Sternb. ) Brongn. Fiederchen die ersten übergipfelten Stücke der Ficdern erster Ordnung sind. Fig. 5 zeigt den Fall, bei welchem auch noch die nächste, nach aufwärts gerichtete Fieder bemerkenswerth gross geblieben ist. 5. Die Primärblätter recenter Farne sind allermeist gabelig-spreitig, Fig. 6, und da — nach dem bekannten Fritz Müller'scheu Satze — die Individuen im Verlaufe iiirer Entwiekelung nieiir oder minder abgekürzt die Stammesentwicklung wiederholen, so darf man die er- wähnte Thatsache als Erinnerung an Verhältnisse bei den Vorfahren deuten. Es kommt hinzu, dass echt- gefiederte, recente Farnwedel als Abnormität ganz be- sonders oft Gabel Verzweigung zeigen, was in diesem Zusammenhange wohl als Atavismus gedeutet werden darf. 6. Auch die Primäi-blätter (Cotyledonen) der Dieo- tyledonen sind oft noch gabelig verzweigt. 7. Vergleichen wir unsere heutigen Wälder mit denen des Paleozoicums, so fällt vor Allem die pi-ädominirende Es drängt sich nun die Frage auf: warum hat der fiederige Aufbau der Blätter den gabeligen verdrängt, warum beherrscht auch die Baumvegetation unserer Tage die rispige Verzweigung der Stamm- und Stengeltheile im Vergleich zu der noch so gern gabeligen des Palaco- zoicumsV Die Antwort liegt auf der Hand. Stellen wir der Praxis die Aufgabe, ein Gerüst zu bauen, sodass an demselben möglichst viele Flächen dem Licht ausgesetzt sind, so wird sie die Träger der Flächen, die Auszweigungen des Gerüstes, aus mechanischen Gründen, abgesehen von Rücksichten der Materialerspar- niss, nach Möglichkeit so gestalten müssen, dass die- selben nicht durch zu weites Ausgreifen in die Luft hinein die Hau])tachse zu stark belasten, denn je weiter die Flächen von dieser Achse hinweg gelnacht werden, um so stärker wird vermöge der Hebelwirkung die Inanspruch- nahme der Hauptachse und der Ansatzstelleu der Zweige. Ein Abbrechen von Zweigen durch Eigenbelastung unter XII. Nr. 51. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 611 Mitwirkung- von Wind und Wasserbenetzung durch Regen, die nicht gering anzuschlagen ist, wird hier um so leichter sein. Ein Anfhau des Gewächses aus Gabelverzweigungen wird zwar dureli Schatt'ung einer halbkugelfonuigen Krone die Flächen (Blätter) in günstige Beziehung zum Lichte bringen, aber die Entfernungen der ein- zelnen Punkte der Kugclfläche von der Hauptachse sind hierbei so grosse, dass — wie leicht zu berechnen — die mechanische Inanspruchnahme des Vcrzwei- gungssystems ausserordentlich bedeutender ist als bei Bildung einer sich der Eiform nähernden Krone von derselben ( »berflächen- grösse wie die Halbkugel, weil bei einer solchen Krone die lichtbedürftigen Flächen nicht so weit von der -Hauptachse angebracht zu werden brauchen wie im ersten Falle, und dabei die Flächen doch ausgiebig dem Lichte ausgesetzt sind. Der Uebergang der echt-gabeligen Verzweigung, welche die Halb- kugelform erzeugt, zur traubig- rispigen, welche die Eiform er- reicht, ist sehr leicht, und es ist daher begreiflich, wenn im Kampfe ums Dasein aus der ersteren die letztere entstanden ist. — Was in mechanischer Beziehung von den Trägern, den Stengelorganen, gilt, gilt auch von den Flächen, von den Blättern. Ein dichotom-verzwcigtes Blatt nähert sich in seiner Ge- stalt mehr dem Kreise, ein fiederig- verzweigtes dem auf einer Fläche gezeichneten Ei. Bei letzterem findet sich die Hauptmasse der assimilirenden Fläche wesent- lich näher der Ansatzstelle des Blattes als bei dem sich der Kreis- oder Halbkreisform nähernden Blatt. Die Eiform dei- Blätter, welche heute herrscht, ist also aus mechanischen Gründen vorzuziehen, und der Kampf ums Dasein hat daher dieser Form zum Siege verholfen. — Kommt die Hebelwir- kung nicht in Frage, so handelt es sich für die Pflanze ausschliesslich darum, dem Lichte aus- gesetzte Flächen zu er- zeugen und die mannig- fachsten Riehtungeu im Ernährungssubstrat ein- zuschlagen, wie das bei Wasserpflanzen der Fall ist. Hie und Kreisform bracht, und wir sehen in der That, dass die Wasserblätter gern di- chotom gebaut sind und dass die auf der Ober- fläche des Wassers schwimmenden Blätter verhältnissmässig weit öfter sich der Kreisform nähernde Gestalten zeigen als die Blätter der Landpflanzen. Durch das Gesagte wird die auch sonst vom Descen- denztheoretiker gemachte Annahme, dass die Land- Flg. 5. Ovopteris Lescuriana (Fmit. et \\'liite) Pot. (Nach F. et Wh.) pflanzen von Wasserpflanzen abstammen, kräftig unter- stützt, und die specielle Anknüpfung au die Brauu- tange, die sich schon Eingangs aufdrängte, ist auch des- halb nächstliegend, weil diese Algen in der Straudregion wachsen, also dem trockenen Lande näher sind als die Roth- Algen, die in grösseren Meeres- Tiefen zu Hause sind. Es möchte wohl scheinen, als sei der Sprung von branntangähn- lichen, im Meere lebenden Pflan- zen zu echten Landpflanzen fast unüberbrückbar; wer aber die Thatsache kennt, dass einige Brauntang- Arten an gewissen Fnndpunkten alle Tage stunden- lang, nämlich während der Ebbe an der Luft zubringen können, wie z. B. lebensstrotzende Fucus serratus- Wiesen auf den zur Ebbezeit aus dem Wasser her- vorragenden Riffen vor Helgo- land, dem muss diese Anpassung sonst echter Meeresgewächse an ein zeitweiliges Luftleben als ein wichtiger Wink erscheinen, wie man sich die Entstehung der Landpflanzen aus Wasser- pflanzen zu denken hat.*) Die morphologischen Ein- heiten, also die Gabeläste von Fucus serratus, dienen sowolil der Assimilation als auch der Fortpflanzung; die Fortpflanzungsorgane sind über die assimilirendc Gesammtfläche zerstreut (Fig. 1). Die Hinnei- ist die Kugel- Fig. 6. -Tunge Pflanze von Ailian- tum Capillus Veneris. b = erstes Blatt, r — Wurzel, (' = Vorkeiin mit Haar- wurzeln h. — Nach J. Sachs. gung gewisser Stücke zur Bildung einer Cen- tralen bietet den Ueber- gang zu Algeu, bei denen eine Centrale bereits die ausschliessliche Func- tion als Träger der nun- mehr durch den Gegen- satz zu diesem als *) Nach dem Gesagten «iiide für das Farn-Pro- thallium bei den Algen ein Homologon in Bildungen etwa wie den „Zwergmänn- chen" gefunden werden können; es wäre das Pro- thallium als eine physiolo- gisch dadui-ch nothwendig gewordene Weiterbildung anzusehen, als die, obwohl für Landpflanzen ungeeig- nete, dennocli als Erinne- rung an die Algen -Vor- fahren von den Farn beibe- haltene P.efruchtung durch Vcrmittelung des Wassers besser garantirt ist, wenn dieselbe am Erdboden ge- schieht. Das wird eben erreicht durch Abstossung gewisser, die geschlecht- lichen Fortpflanzungsorgano vorbereitenden Zellen (Sporen), die am Boden zwischen sich und den Eizellen und Spermatozoiden ein Gewebe einschalten. Dieses Gewebe, das Prothallium, erzeugt zunächst die die Eizellen und Spermatozoiden enthaltenden Be- hältnisse auf ihrer Unterseite, die durch dichtes Anliegen am Boden durch Capillarattiaction für Wasser am besten zugänglich Fig. 7. Asteroealamites acrobiculatus- 612 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. XII. Nr. 51. „Blätter" erseheinenden übergipfelten Gabeläste tibernimmt. Der Ausdruck Blatt wäre also ein morphologischer; wollen wir die ersten, in der erwähnten Weise entstandenen Blätter auch mit einem physiologischen Terminus be- legen, so würden sie nach dem Gesagten als Assi- milati ons-Sporophylle oder kürzer Laub-Sporo- phylle zu bezeichnen sein. Diese sind also die ersten BläUer in der Vorfahren-Reilie der höheren Pflanzen, und wir finden sie denn auch in der That am systematischen Anfang derselben, nämlich bei den P^arnen, noch vor- wiegend vertreten; es dürfen also, wie dies ohne nähere Begründung immer geschieht, nicht die Laubblätter, oder mit anderen Worten nicht reine Assiniilationsblätter an den Anfang gesetzt werden, denn diese sind erst durch eine bei späteren Generationen eingetretene Arbeits- theilung aus den LaubSporophyllen entstanden, sodass also die Assimilations-Blätter und die Sporophylle meta- morphosirte Assimilations- Sporophylle sind und über- haupt sämratliche Blattformationcn von der letztgenannten Formation abzuleiten sind, etwa in der Weise des folgenden Schemas. Laub-(Assimilations-)Sporophylle Sporophylle Ur-Laub-(Assimilations-)Blätter Laub-, Keim-, Nieder-, Hoch-Blätter Staub-, Frucht-Blätter etc. Bei den Algen, bei denen sieh zum ersten Mal aus dem morphologischen Grundorgan eine Difterenziruug in zwei verschiedene morphologische Stücke vollzieht (1. die Centrale, bei der jedes Interuodium morphologisch dem zweiten Stück entspricht, dem Blatt), aus denen nunmehr alle übrigen noch ferner auftretenden Stücke herzuleiten sind, ist das Auftauchen eines etwaigen Zweifels, wie weit das Blatt und wie weit die Central-Stücke zu rechnen sind, ausgeschlossen; ganz anders ist es aber bei den höheren Pflanzen, bei denen der Streit nach der Caulom- resp. Phyllom-Natur stammähnlicher Organe (wie z. B. bei der Birnenfrucht) die Morphologie immer wieder be- wegt, deren heutige verfahrene Methode es in der That erklärlich macht, dass solche Fragen nie und nimmer zu einer definitiven Antwort kommen können. Wir werden diese so wichtige Frage am besten ihrer Erledigung näher bringen, wenn wir uns vergegen- wärtigen, welche einzelnen Theile ganz zweifellose Blätter haben können : finden wir dann diese Theile an Organen wieder, deren morphologische Natur zweifelhaft ist, so leuchtet ohne Weiteres ein, dass damit die Richtig- keit der Annahme der Blattnatur solcher Organe be- deutend an Wahrscheinlichkeit gewinnt. Ein Blatt kann im Wesentlichen besitzen ausser einer assimilirenden Haupt-Spreite auch noch Nebenblätter, einen Stiel und eine Scheide, es kann Sporangien und überhaupt Fortptianzungsorgane tragen, viele Blätter haben in der Ligula, dem Blatthäutchen, ein eigen- thümlichcs Organ, und endlich muss ich für unseren Zweck an das Vorkommen von Icnticellenartigen Transpirations- ist. — Ist diese Erklärung der Entstehung des Prothalliums richtig, so wären die Moose phylogenetisch besser von der — freilich unbekannten — Zwischengruppe zwischen Algen vom Typus der Fucacoen und F'arn herzuleiten. — Die Homolog- setzung der proembryonalen Generationen der Musci und Filices mit Algenkörpern hat allerdings viel Verführerisches, stösst aber auf die Schwierigkeit, die Entstehung der embryonalen Gene- ration verständlich zu macheu, die zweifellos, soweit unsere Kenntnisse bis jetzt reichen, grösser ist als die Auffassung der proembryonalen als verhältnissmässige Neu-Bildung, wie das hier geschehen ist. (Vergl. meine Ptianzenpalaeoutologie S. 15öff.) nur auf die folgenden Oeflfnungen bei Farn auf den Theilen der Blattstiele, die als Blattfüsse den Stamm bekleidend stehen bleiben, er- innern. Halten wir fest, dass diese Theile zum Blatt ge- hören, so ergiebt sich daraus und aus anderen Gründen die Nothwendigkeit, die Stengel und Stämme der höheren Pflanzen (ob aller bedarf noch näherer Prüfung) als in ihrer morphologischen Natur zusannncngesetzt anzusehen. Damit würde sich das ßlalt, wie es uns bei den Algen entgegentritt, von dem Blatt der in Rede stehenden höheren Pflanzen unterscheiden, indem das erstere seine Grenze an der Ansatzstelle desselben an der Centrale findet, während das morphologische „Blatt" der höheren Pflanzen an der Stengel- und Stamnibiiduug theiinimmt. Zur bequemen Unterscheidung kann mau Blätter, wie bei den Algen als Urblätter, Blätter letztgenannter Art jedoch als Caulom- Blätter bezeichnen. Auffällige Thatsachen haben die Anschauung, dass es Caulom- Blätter in dem angedeuteten Sinne giebt, längst vorbereitet. Es sei hiei aufmerksam gemacht. Wie man in morphi logischer Hinsicht die so oft die Stengel bekleidenden Blattpolster schon längst zum Blatte rechnet, so kann auch leicht nachgewiesen werden, dass Vorfahren polsterloser Pflanzen mit glatten Stengel- Oberflächen und entfernt stehenden Blattnarben bei ihren Vorfahren Polster besessen haben als Hinweis auf die Blattnatur der gesammten Stengelperipherie. Nur ein Beispiel. Wie das Lepidodendraceen-Polster in morphologischer Hinsicht zum Blatte zu rechnen ist (vergl. Fig. 8), so muss auch angenommen werden, dass die Vorfahren der polsterlosen Sigillariaceen oder diese in ihrer Jugend Blattpolster besessen haben, sodass die freilich an Stamm-Oberflächen stärkerer Reste meist nicht abzu- grenzende Umgebung der Biattnarben als zum Blatte (als dessen Basis) gehörig anzusehen ist. Bei der Fig. 9 abgebildeten Sigillarie würde zu einer Blattbasis ober- halb der Blatt-Narben der Theil zu rechnen sein, der die Ligulargrube trägt (das Pünktchen gleich über der Narbe), und unterhalb der Narbe der Theil, der die eigenthüm- lichen Icnticellenartigen Oefluungen, die „Transpirations- öfiuungen" trägt. Einen Sinn hat die Zurechnung der Blattnarben- Um- gebung zum Blatt nur durch die Annahme, dass bei der Stannu-Bildung der Pflanzen im Verlaufe der Generationen die untersten Theile der Blattstiele resp. Blattlieile nach und nach vollkommen mit dem ursprünglichen Stamm, der Centrale, verwachsen sind. Eine Uebergangsbildung hierzu würden die mit Blattfnssen versehenen Farnstämme vor- stellen, denn — nach Verschmelzung der Blattfüsse mit dem Stamm — würden wir Polsterbildung wie bei den Lepidodendraceen zu erwarten haben und endlich bei noch späteren Generationen glatte Stannn-Aussen- flächen. Diese Annahme wird durch die Reihenfolge des Auftretens der Sigillarien sehr schön unterstützt: in der 4. Flora sind namentlich die gepolsterten Sigillarien, Fig. 10, (die Favularien) zu Hause und die Sig. undulata dieser Flora bildet einen Ucbergang zu den Sigillarien der ö. und 6. Flora, bei denen ganz vorwiegend die Blattnarben auf Rippen stehen, die durch Seitenfurchen zu Stande kommen, ohne dass jedoch die Narben oben und unten von den nächststehenden durch Querfurchen geschieden wären, Fig. 9, (Rhytididepis und Polleriana), und endlich gelangen wir zu den Sigillarien der 7. Flora bis zum Hunt- sandstein, l)ei denen ül)erhaupt die Polsterabgreuzung vollständig verlöscht ist, Fig. 14, (Leiodermaria) oder doch nur nebenbei vorkommt (Clathraria). Wenn wir den centralen Stammtheil, der morpho- XII. Nr. 51. Natui-wissensohaftliche Wochenschrift. 613 Lepidodeiulron-Blatt- polster in '/i- — n = Blattuarbe, 1 = Leit- bündelnärbchen, 8 = Transpirationsstrang- «ärbchen, g = Ligu- largnibe, .a = Trans- piratiunsörtnungen. logisch der „Centrale" der Vorfahren entspricht, als Ur- Caulom und denjenigen dieses Ur-Caulom umgebenden Stanimtheil, der im Verlaufe der Generationen aus Blatt- basen hervorgegangen ist, als Peri-Caulom bezeichnen, so würden wir den Rindentheil, der schräg nach aufwärts verlaufende Blattspureu birgt, schon deshalb als zum Peri- caulom gehörig ansehen, weil dadurcli dieser Verlauf erklärt wird und auch mit Polsterbildung u. s. w. in Beziehung steht, während in den Fällen, bei denen die Stamm-Organe morphologisch ausschliesslich aus dem Ur- Caulom gebildet werden, die in die Blätter gehenden Leitbündel, ganz di- rcct horizontal durch das Nodial- Gewebe verlaufen und die Internodien von die- sen Bündeln frei sind. Bei Pflanzen, die in ihren Stänmien nur ein einziges centrales Leitbündel besitzen, wie etwa die Sal- viniaceen, wird man die Stämme am ehe- sten als Ur-Caulome ansehen dürfen; wo sich jedoch mehrere Leitbündel vorfinden, etwa ein Kreis sol- cher wie bei den Equisetaeeen, wird noch zu ventilireu sein, ob es sich hier schon um ein (pri- märes) Pericaulom handelt mit rudimen- tärem Ur-Caulom, als welches dann der in der Jugend vorhan- dene Markkörper gel- ten müsste. Es sind ja zwei Möglichkeiten ge- geben, und es wird durch den Vergleich der zur Verfügung- stehenden und noch zu eruirenden That- sachen festzustellen sein, für welche von diesen beiden Mög- lichkeiten in den Ein- zelfällen die grössere Wahrscheinlichkeit vorhanden ist. Erstens nändich kann es sich bei Vorhandensein eines oder mehrerer Leitbflndelkreise in den Stämmen um Pericaulom-Bildungen handeln, zweitens aber kann es sich, wie Solms für die Lepidophyten mit einem Bündel- kreise annehmen möchte, morphologisch um ein einziges Bündel handeln, d. h. um Bündel, die im Verlaufe der Generationen durch Mark- und JMarkstrahl-Bildung, also nachträglicher Einschaltung parenchymatischer Elemente, aus einem einzigen hervorgegangen sind. Zenetti*) meint sogar, dass ganz allgemein bei den „höheren Pflanzen die complicirte Beschaffenheit des Straugsystems aus der Differenzirung eines ursprünglich einfach gebauten Ceutral- cylinders abzuleiten sein wird". Fig. 10. Polster einiger FavuUirien. Scliwach vergr. (Naoh ZeiUer ) Für gewisse Gruppen wie die Cyeadaeeen scheint mir aber schon jetzt die gegentheilige Annahme die grössere Wahrscheinlichkeit zu besitzen und zwar aus den folgenden Gründen. Die Medullosen des oberen Palaeozoicuras zeigen auf Stamm - Querschliften im Grundpareuchym eingebettet radiär-gebaute, sternförmige bis plattenförmige, C(nu:eu- trisch gelagerte Leitbüudel („Sternringe" und „Platten- ringe"), die nach allen Richtungen der Schlifffläche hin, also nicht nur nach aussen (centrifugal), sondern auch nach innen hin (centripetal) Zuwachszonen von Secundärholz besitzen: Fig. 11. Da die Cyeadaeeen ge- wiss in natürlicher näherer Verwandt- schaft zu den Medul- losen stehen, so würde sich das merkwürdige Verhalten im Dicken- wachsthum des Hol- zes der Gattungen C}'- cas und Encephalar- tos zu erklären haben als entstanden aus Plattenringen, deren Ceutripetalholz ver- schwunden ist. Man wird ohne Weiteres einsehen, dass in die- sem Verschwinden ein Fortschritt liegt, da das Dickeuwachs- thum der Platten- und Steruringe nach allen Richtungen hin einer harmonischen Entwiekelung des Stammes gegenüber der Dickenzunahme aus ausschliesslich zuneh- Geweben centrifugal menden Schwierigkeiten ent- gegensetzen niuss. Dass aber danach überhaupt in der Vor- fahren-Reihe der Cy- eadaeeen Stern- und Plattenringe in den Stämmen anzuneh- men sind, erklärt sich nun am besten durch Stämme aus ver- Fig. 9. Eine rhytiilülepe Sigillarie mit „Transpirationsöffuuugen'- Fig. 11. Stück des QuerächlilTs von Medullosa Solmsii Sclienli in -7,. Rb = Rindenbündel, b und St = Sternringe, Pli und Pia = innere und äussere l'lattenriugc, a = beginnende Ablösung eines Sternringes. — Nach Weber-Sterzel. Entstehung der *) Leitungssystem Ztg. 1895. Sliiinm von (_)siuuiul:i rogalis. — Bot. die Annahme der wachsenen Blattstielbasen. Das Vorkommen diploxyler Bündel auch in den Blattstielen der Medullosen, die auf dem Querschliffe mehrere zerstreute Bündel besitzen eben- so wie die Blattstielbasen auch noch der heutigen Cyea- daeeen, würde die Annahme verlangen, dass auch diese Theile morphologisch nicht einheitlich, sondern ebenfalls im Laufe der Generationen durch Verwachsung ursprüng- lich getrennter Stücke entstanden sind, und das passt sehr schön zu der wegen anderer Eigenthümlichkeiten wiederholt betonten Hinneigung der Cycadaceen-Wedel zu Stamm-Organen. Freilich sind nähere Untersuchungen über die Berechtigung dieser Annahme nöthig: jedenfalls ist hier noch viel zu thun! Durch die entwickelte, auch gewiss für viele andere Fälle aus dem Grunde gebotene Anschauung, weil die Centrale nur einen centralen Strang besitzt, würde sich 614 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. XII. Nr. 51 überdies die Thatsache der so ganz überwiegend oft bei höheren Pflanzen fehlenden „stammeigenen" Bündel er- klären. Bei den Lycopodiaeeen hätten wir durch das centrale Bündel noch ein deutliches ürcaulom, das hier von einem mächtigen Pericaulom (der Rinde mit den Blatts puren) umgeben wird. Wie ein solches Pericaulom entstanden zu denken ist, dafür giebt es mannigfache Winke. Bei vielen Filices z. B. — die vielleicht bei Vorhandensein eines Kreises von Leitijündeln wie die Equisetaceen als be- reits mit einem primären Pericaulom begabt anzusehen wären — bleiben, wie schon erwähnt, die unteren Stücke der Wedelstiele mehrere Centimeter lang nach dem Wedel-Abfall stehen. Ganz dicht gedrängt umgeben sie den Stamm, sodass man auf Querschnitten, Fig. 12, dieselben nur dadurch als nicht zum Stamm gehörig erkennt, dass sie eine besondere Contour besitzen und bei dem Schneiden von Scheiben auseinauder- fallen. Eine seitliche Verwachsung der stehenbleibenden BlattstielstUcke würde zur Bildung eines mächtigen Pericauloms Veranlassung geben, und zwar nach Obigem dann eventuell secundären Pericauloms, wenn der Stamm schon die Anordnung der Leitbündel wie bei den Equisetaceen aufweist. Man wird mit Recht annehmen, dass z. B. bei den Lepidophyten (den Lepidodendraceen und Sigillariaceen) das Pericaulom (die angedeuteten Weise durch Verwachsung gebildet wurde. Bei eventuellen Nachkommen von Grami- neen wäre ein secundäres Pericaulom etwas anders ent- standen zu denken. Hier ist ja ein secundäres Pericaulom in der Form der das primäre Pericaulom umfassenden Blattscheide, wenn man so sagen darf, prädestinirt; denu die blosse Verwachsung der Scheide mit dem Stengel- theil der Gramineen ergiebt ja ein secundäres Peri- caulom ohne Weiteres und der Querschnitt durch einen Gramineenstengel bietet ein Gesammt- bild, wie es die Stämme, die ein oder zwei concen- trische Pericaulome besitzen, im Princip ebenfalls zeigen : d. h. eine centrale Säule mit den zu- gehörigen, ganz ver- tical verlaufenden Leitbündeln umge- ben von einem Ge- webe, das ebenfalls nach aufwärts oder doch wenigstens schräg- aufwärts verlaufende Blattspuren birgt, das eben bei den pericaulomlosen Stänuncn fehlt. Gewisse Verhältnisse bei den Angiospermen deuten auf •Entstehung hin; Ingliches Beispiel zu wählen, sei Spiraca opulifolia genannt, bei der nament- lich an den schnell und lang aufgewachsenen Sprossen deutlich zu sehen ist, wie sich von den Blattstielen je eine breite, lange Blattsclieide weit hinabzieht, so- dass die gesaumite Oberfläche des Oauloms v(ni solchen mit ihm verwachsenen Scheiden, die sich übrigens leicht abziehen lassen, bedeckt wird. diese Auffassung des morphologischen Auf- Stamm-Querschlift von Asterochlaena ramo- sa aus dem Palaeozoieum in '/._, der nat. Gr. s— s' — Uniriss des Stammes, b = Blattstiele. (BlattfUsse.) (Nach Stenzel.) Rinde) in der von Blattbasen mitsammt den umgebenden Scheiden Fig. 13. Halber Baumstamm -(>uerschnitt einer Cya- theacee. Das LeitbündelRewebe punktirt, das Skelettgewebe (in WeUblechfurm) sclirallirt, etwa Va der nat. Gr. Durch baucs der Stengel und Stämme der höheren Pflanzen*) wird Vieles erklärt, was bisher zusammenhangslos hin- genommen werden musste, aber an dieser Stelle kann leider nicht darauf eingegangen werden; es sei nur auf das gelegentliche (abnorme) Vorkonmien von Bündeln im Mark gewisser unserer Holzgewächse**) hingewiesen, die nunmehr als atavistische Erscheinungen klar werden: in dem Markkörper (ob in dem ganzen niuss noch unter- sucht werden) der höheren Pflanzen dürften wir somit das morphologische Aequivalent des Ur-Cauloms zu erblicken haben. Was der Botaniker Caulome, Stämme, Stengel nennt sind demnach allermeist morphologisch gar nichts Einheitliches, sondern morphogenetisch aus Ur-Cau- lomen (Centralen) und mit diesen im Laufe der Generationen verwachsenen Blattfüssen hervorgegangen. Es wird sich leicht die Frage auf- drängen: wie ist die Pflanze zur Peri- caulom-Bildung gekommen, welche Grün- de haben dieselbe veranlasst? Eine An- regung zur Beantwortung dieser Frage bieten uns Thatsachen der Palaeonto- logie, die ich in meinem Lehrbuch an- gegeben habe. Vergleichen wir nämlich die anato- mischen Verhältnisse der Stämme fossiler Farne mit recenten Farnstämmen, so ist bemerkenswerth, dass ursprünglich (z. B. bei Arten aus dem Culm) ein Markkörper nicht oder doch nur andeutungs- weise vorlianden ist (Fig. 10). Im Carbon treten Formen mit schwachem Markkörper hinzu, aber erst vom Meso- zoicum ab nimmt die Grösse des Markkörpers zu. Da die centrale Stellung der leitenden Elemente für das Leben im Wasser oder in der Erde spricht, die in Rede stehenden fossilen Stämme je- doch sicherlich, wie die allseitige Stel- lung der Blätter be- weist, keincRhizome waren, sondern auf- recht in die Luft i'agtcn, so könnte die erwähnte Eigeu- thündichkeit eben- falls zu der An- nahme verwerthet werden, dass die Farne ursprünglich von Wasserpflanzen Fig. 14. Stückchen der epiderniulcn Stammober- tiäciie von Sigillaria Urardii. Unter den Blattnarben je eine oder zwei .Stigmaria- Narben. die letzterwähnte seeundäre Pericaulom um wenigstens ein diesbezüj^lich leicht zu abstammen. Erst im Verlauf der Ge- nerationen hat sich der Stammbau den neuen mechanischen Anforderungen, welche das Leben als Baum stellt, angepasst. Die recenten, grossen Farn- bäume haben denn auch alle ein mächtiges Mark, Fig. 13, sodass der hohlcylindrische Bau des Stammes hinsichtlich *) Der in der morphologisclien Litteratur Orientirto wird an die, wenn anch in wiclitigen Punkten abweichende Del- pino'sclio Aiill'ai-.sung der niür])hologischen Natnr der Stengel- Organe erinnert worden sein, die D. für verwachsene Basaltheiie von Blilttern erklärt, und zwar in der ganzen Ausdehnung der Stengel, während nach meiner Auffassung das Ur-Caulom nicht Blattnatur hat. **) Vergl. Th. Künkele, Strangbildungen im Marke von Alnus glutinosa. — Botan. Centralbl. Bd. 72. Cassel 1897. XII. Nr. 51. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 615 der die Festigkeit bedingenden Elemente erreicht ist. Wir können also sagen: ein Pericauloni entsteht durch das Bedürfniss, einen festen Hohlcylinder für die auf- rechten Stämme der zum Luftleben gekommenen Pflanzen zu haben; das wird eben in Anknüpfung an das Gegebene am besten durch Verwachsung der Blattbasen erreicht. Da aber dann die letzteren die Leitung der Nahrung in Richtung der Stamndängc besorgen, wird das ursprüng- liche Centralbündel überflüssig, dessen schliessliches Ver- schwinden überdies dadurch unterstützt werden muss, als die mechanische Coustruction im Centrum der Bäume fester Elemente, die bei den in Rede stehenden Pflanzen an die Leitbündcl geknüpft sind, nicht bedarf. Wie steht es nun mit der morphologischen Natur der Wurzel V Da ich hier niciit zu lang werden darf, diesbe- züglicli nur wenige Worte und zwar nur über die Seiten- wurzcln. Die Centrale hat sich als Träger und zur Leitung von Nährstoffen herausgebildet, die Urblättcr sind wesent- lich Ernähruugsorganc. Denken wir uns in Anknüpfung an das vorn bei Fucus scrratus Gesagte den Uebergang zur Entstehung von ausschliesslichen Landpflanzen der- artig, dass zunächst bei Mittelformen noch der untere Theil im Wasser verbleibt, der obere schon permanent mit der Luft in Berührung ist, so werden sich die Luft- blätter allmählich an die ausschliessliche Nahrungsauf- nahme aus der Luft gewöhnen. Die Urblätter der Braun- tange entnehmen noch dem Wasser die gelösten mine- ralischen Bestandtheile wie die Wurzeln und die im Wasser befindliche Kohlensäure wie die Laubblätter. Die Arbeitstheilung wird sieh daher leicht so voll- ziehen können, dass Wasserblätter sich auf die Er- nährungsart typischer Wurzeln, die Luftblätter auf die von Laubblättern beschränken. Damit ist der Weg ge- geben, den Versuch zu machen, die Seitenwurzeln als metamorphosirte Ur-Blätter zu deuten. Lässt sich das begründen? Nun die angedeutete Auffassung ergiebt sich aus Thatsaehen, welche gewisse Fossilien lehren, That- sachen, die, in Verbindung mit recenten ^Vorkommnissen wie das wurzelähnliche Wasserblatt von Salvinia, es durchaus lohnend erscheinen lassen, der Sache näherzutreten. Die Stigmarien nämlich (und zwar diese im weitesten Sinne ge- nommen, wie er in meiner Pflanzenpalaeontologie gefasst wurde), sind Beispiele, an denen die geforderten Ver- hältnisse thatsächlich vorhanden sind. Denn die „.\ppen- dices" der unterirdischen Organe (also eben der Stig- niarien) der Lepidophytcn nähern sich nicht nur ihrer Function nach, sondern auch bereits aus organographischen Gründen — wie durch das gelegentliche Auftreten unter Laubblätternarben, genau wie echte Wurzeln, Fig. 14, ferner das Auftreten der Appcndices sowohl in Längs- zeilen wie im Ouincunx bei Pleuromeia (Lehrbuch der Pflanzenpalaeontologie S. 217 Fig. 208) — den Wurzeln der höheren Pflanzen, haben aber noch so Vieles mit echten Blättern gemein, dass die Neigung, sie schlechtweg als solche zu bezeichnen, bislang noch die vorwiegende ist. Betonen muss ich jedoch, dass man die Stigmarien in morphologischer Hinsieht richtiger als Mittelbildungen zwischen Stengel und Wurzelorganen ver- stehen wird. Ich verweise diesbezüglich auf das S. 209 bis 218 in meiner Pflanzenpalaeontologie (1897) Gesagte, bitte aber zu berücksichtigen, dass ich in derselben natür- lich morphologische Probleme erst in zweiter Linie im Auge haben durfte. Die Heterogenität von echten Neben- wurzeln und Blättern (z. B. die endogene bezw. exogene Entstehung derselben) wird es bei nicht genügender Be- rücksichtigung der gesamraten Thatsaehen auf den ersten Bliek als besonders schwierig erscheinen lassen, sie morphologisch von demselbeu Grundorgan abzuleiten. Nur zwei wesentliche Stücke: 1. die Centrale (das Ur-Caulom) und 2. das Ür-Blatt wären es also, die durch Umbildung im Verlaufe der Generationen die Gesammllieit aller Formgestaltungen der höheren Pflanzenwelt bedingen, und da diese beiden Stücke phylogenetisch aus Gabel- ästen von Thalluspflanzen sieh herleiten, so ist schliess- lich das eiue und einzige morphologische Grund- organ aller höheren Pflanzen ein thallöses Gabelglied.*) Potonie. (Schluss folgt.) *) Es konnten in Obigem leider nur Andeutungen geboten werden und ich muas daher freilich m.incherlei Missverständnisse befürchten, ich habe aber die Absiclit, seinerzeit ein ausführ- licheres S3'stem der botanischen Morphologie in einer besonderen, im Verlage der Gebrüder Borntraeger (Dr. Thost) in Berlin er- scheinenden Schrift zu bieten; ob die Verhältnisse mir freilich gestatten werden, das bald zu thun, vermag ich nicht vorher- zusehen. Microben der Kiriderpe.st. — Nach den Arbeiten von Neneki, Sieber und Wyznikiewic.^, die von der russischen Regierung zum Studium der Rinderpest nach Südafrika geschickt worden sind, gehören die Microben dieser schlimmen Krankheit nicht zu den Bacterien, sondern zu den Amöben. Dieselben stellen sich unter dem Microscop dar als kleine, glänzende Körper, meist von kugeliger, manchmal auch von ovaler oder an dem einen Ende zugespitzter Form. Die grösseren von ihnen besitzen einen Kern. Alle Ausscheidungsproduete der erkrankten Tliiere enthalten diese Amöben , die sieh namentlich im Schleim in Menge entwickeln ; ihre Isoliruni;- gelingt am besten in Lösungen, welche viel Mucin ent- halten. Eine Impfung mit frischen Culturen dieser Or- ganismen erzeugt die Rinderpest, jedoch verlieren die Culturen ihre schädlichen Wirkungen schon nach kurzer Zeit. („Revue seientitique" vom 20. November 1897.) S. Seh. Wetter -Monatsiibersicht (November). — Ziemlich freundlich und ruhig, dabei ausserordentlich trocken ge- staltete sich in ganz Deutschland das Wetter während des grössten Theiles des vergangenen November. Hin- sichtlich seiner Wärmeverhältnisse kann man den Monat, abgesehen von den kleineren Schwankungen, welche die umstehende Temperaturdarstellung aufweist, in drei ver- schiedenartige Abschnitte eintheilen. Während des ersten, ungefähr bis zum 12. reichenden, waren die Tages- temperaturen sehr gleichmässig und sanken die Nacht- temperaturen langsam unter den Gefrierpunkt herab; in den Nächten zum 11. und 12. November herrsehten von der Oder an nordostwärts allgemein 7 bis 8" C. Kälte. Dann trat unter dem Einflüsse milder Südwinde überall Erwärmung ein, welche im Norden bis zum 23. Novendier andauerte, und wobei an den sonnigen Tagen zwischen dem 14. und 18. die Temperaturen im westliehen Binnen- lande, namentlich in der Rheinebene, vielfach bis 16" C. anstiegen. In der letzten Woche des November fand zu- nächst eine ziemlich beträchtliche Abkühlung, bald jedoch eine neue Erwärmung statt, so dass an den norddeutschen Stationen die Durchschnittstemperaturen während dieser Zeit wie auch während des gair/cn Monats ihre normalen Höhen nahezu erreichten. In Süddeutschland aber stellte sich schon früher als im Norden und zwar schärferer Frost am 26. und 27. Nachts erreichte die Kälte zu ein München: 10 ^ zu Bamberi - 9" C, und demgemäss 616 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. XII. Nr. .51. ergab sich im Monatsniittel die Temperatur für SUd- deutschlaiid reichlich l'/g Grade niedriger, als ihrem lang- jährigen Durchschnitte entspricht. T2inp(?pafupcn im X^ooemdur i89t ^^ .— Tägliches Maximum, ha Minimum Das Bemerkenswertheste an dem Witterungsverlaufe des letzten Monats war der bis beinahe an sein Ende reichende, ganz imgewöhnliche Mangel an Nieder- schlägen, lu der beistehenden Zeichnung sind linker £) niedericl?la36^^öl?en im Üovmdtr 1897.* (^ 2 « c Tri c J? ^E e "<1 = "S.^ -z 10^ ' ' ' i 1 (NVn Minierer Werfh für y Deufschlanol. Monarssummen im Nov: 1897.96.95. 9». 93. 92. Surnmen w.1-15. Nov. ^3TflmTS=i ±l.Summen« 16-23 No». Utl33 irit W. 1 1 1 ■ M 1 ' 1 III 1 1 1 i 1 1 Siimm«nu W-MNnif. U - - ~ - - " 1 1 I 1 jH ~i _J -1 -j-f- ~ H- =1 - -^ ~ r-l- J - - ■ ■ IlLud Q H ^1 9 l~H ■1^ ■ ■ |Bb 1 1 1 1 n 1 I II A mm -.1 ^ 1 70 — ^ 60 rz 50 ^ — {^ 10 1 — 30 20 10 .rt/ Hand die in drei Theilen des November gefallenen Regen- und Schneemengen für eine Anzahl über Deutschland ziendich gleichnülssig verthcilter Stationen getrennt auf- getragen. An den meisten derselben sind danach während der ganzen ersten Hälfte des Monats gar keine oder keine messbaren Niederschläge vorgekommen, nur allein zu Karlsruhe wurden am 6. und 7. November 7 Millimeter liegen gemessen. Die ganze Trockenzeit, welche bereits am 22. October begonnen hatte, dauerte daher in vielen Gegenden 25 Tage, in manchen noch länger. Auch in Berlin gab es bis zum 15. November, 25 Tage lang keinen Regen, mit Ausnahme weniger Tropfen, die an einzelnen Tagen fielen. Diese Dürreperiode ist hier innerhalb der letzten fünfzig Jahre, seit denen regelmässige Messungen vorliegen, erst zwei Mal an Länge iibertroffen worden, nämlich im Jahre 1865, in dem vom 12. Septemljcr bis 9. October, also an 28 Tagen und 1894. wo vom 17. März ab an 27 Tagen kein messbarer Regen vorkam; denn selbst in dem über- aus trockenen Frühjahr 1893 dauerte die längste ununter- brochene Zeit ohne Regen nur 25 Tage. Etwas ergiebigere Regenfälle fanden, besonders an einem Theile der Küste, zwischen dem 16. und 18. No- vember statt. Da dieselben aber dann bis zum 23. bei- nahe wieder aufhörten, gingen die Wasserstände der deutschen Flüsse, welche während der vorangegangenen langen Trockenzeit sich ungemein erniedrigt hatten, noch mehr zurück, wodurch der Schiffsverkehr, namentlich auf dem Rhein, ausserordentlich beeinträch- tigt wurde. Erst in der letzten Novemberwoche stellten sich zahlreiche Regen- und Scimeefälle ein, die im Nord- osten begannen und sich allmählich auf ganz Deutschland ausdehnten. Unter heftigen Weststürmen nahmen die- selben seit dem 26. an Stärke bedeutend zu und wurden in vielen Gegenden des westdeutschen Binnenlandes, so zu Köln, Mainz, Wiesbaden, Münster und Uslar am 28. und 29. November von schweren Gewittern begleitet. Gleichwohl blieb die Monatssumme der Niederschläge, die sich im Durchsciinitte für Deutschland zu 24,7 Millimetern ergab, hiuter ihrem gewöhnlichen Betrage weit zurück; in den letzten Jahren wurde nur im November 1892 eine noch um 2^/., Millimeter kleinere Niederschlagshöhe ge- messen. Der ausserordentlichen Trockenheit des November entsprach, wie es in der Regel der Fall ist, ein bedeu- tender üeberschuss des Luftdruckes. Derselbe war z. B. in Berlin, auf den Meeresspiegel bezogen, im Monats- mittel 768,2 Millimeter hoch, oljgleich das Barometer am 28. früh nach dreitägigem, raschen Fallen bis auf den hier nur sehr selten vorkommenden Stand: 733,3 Millimeter herabging. Während des grössten Theiles des Monats wurde Mitteleuropa von einem umfangreichen Barometer- maximum überdeckt, in dessen Innerem anfänglich am Eidboden vielfach Nebel lagerte, wogegen schon in ge- ringen Höben meistens die Sonne schien. Als aber ein tiefes oceanisches Minimum, welches am 12. November mit schweren Südstürmen von den britischen Inseln nach der norwegischen Küste zog, den höchsten Luftdruck mehr nach Südosten verschoben hatte, trat in Deutschland nahezu wolkenloser Himmel ein, und auch ein weiteres Mini- mum, das zwei Tage später, nachdem es in Spanien in der Gegend von Malaga und Valencia "Starke Üeber- schwemmungen verursacht hatte, auf etwas östlicherer Bahn dem ersteren folgte, brachte uns nur vorübergehende Trübung und wenig Regen. Unter der Gunst dieser Witteriings\eihältnisse, bei denen sieh die Dauer des Sonnenscheins während des ganzen Monats z. B. für Berlin zu 66 Stunden und auf dem Telegraphenberg in Potsdam in 113 Metern Seehöhe bereits zu 79 Stunden ergab, konnte die Bestellung der Wintersaaten ohne Störungen beendigt werden, wenn auch wegen der Trockenheit und frühzeitigen Nachtfröste die Saaten nicht so kräftig als in den Vorjahren in den Winter kamen. In der zweiten Hälfte des Monats begal)en sich mehrere tiefe Depressionen hinter einander von Nord- skandinavien südostwärts in das Innere Russlands; die durch dieselben verursachten heftigen West- und Nord- weststürme dehnten sich am 19. und 20. auch auf die deutsche Ostseeküste aus, während sonst das Wetter in Deutschland durch sie nicht eben sehr beeinflusst wurde. Erst als in den letzten Tagen des Novcml)er die Minima in etwas südlicheren Breiten zogen, dabei auf den bri- XII. Nr. .^1. NaturwissenschaCtliche Wochenschrift. 617 tischen Inseln und in weiter Umgebung- der Nordsee orlianartige Stürme hervorrufend, wurde nach und nach ganz Mitteleuropa in ihren Bereich niitaufgenommen, wo deshalb überall ein ziemlich schrofter Uebergang zu Dr. E. Less. trübem und sehr nassem Wetter erfolgte Aus dem wissenschaftlichen Leben. Ernannt wurden: Dr. Klebs, Geologe an der kgl. geologi- schen Landesanstalt in Berlin, zum Professor in Königsborg in Preussen; Oberbibliotliekar Prof. Dr. R. Pietschmann an der Universitäts-Bibliothek in Göttingen, Oberbibliothekar Dr. O. Rautenberg au der Königsberger Universitäts-Bibliothek, Ober- bibliothekar Dr. A. Wetzel an der Kieler Universitäts-Bibliothek zu Käthen IV. Kl.; der ausserordentliche Professor der mechani- schen Technologie an der technischen Hochschule in Brunn A. Haussner zum ordentlichen Professor; der ordentliche Professor der Landwirthschaft an der böhmischen technischen Hochschule J. B. Lambl aus Anlass seiner Versetzung in den Ruhestand zum Hofrath; Prof. M. K. Löwegren zum ausser- ordentlichen Professor für Ophthalmiatrik in Upsala; der Professor für Maschinenwesen an der technischen Hochschule in Hannover A. Frank zum Geh. Regierungs-Rath. Berufen wurden: Reg.-Rath Dr. Jacobj vom Kais. Gesund- heits-Amt in Berlin als Professor der Pharmakologie nach Göttin- gen; Gyranasial-Professor Privat-Docent Dr.R. Geigel in Würzburg als ausserordentlicher Professor für Physik und Geodäsie au die Forstlehranstalt zu Aschaffenburg; der Assistent am Pharma- ceutischen Institut in Strassburg P. Zenetti als ausserordent- licher Professor für Chemie und Naturwissenschaft ans Lyceum in Dillingen; Assistent Dr. W. Ophüls in Göttingen als Professor für pathologische Anatomie an die University of Missouri in Co- lumbia; Adolf Doolitle als Director an das astronomische Observatorium der Catholic University of America; der Custos an der Universitätsbiblothek zu Leipzig Dr. Wilh. Sieglin als ordentlicher Professor nach Jena. Niedergelegt hat sein Amt: Der Director des astronomischen Observatoriums der Catholic University of America Dr. Searle. Abgelehnt hat: Der Professor der chemischen Technologie an der Bergakademie in Clausthal Schnabel einen Ruf an die Berg- akademie in Berlin. Es starben: Der Privat-Docent der Geologie in Freiburg Dr. W. Möricke; der Privat-Docent der Gynäkologie in Marburg Prof. V. Hüter. Der Grosshäudler Konsul Franz Kempe in Stockholm hat der Universität zu Upsala 150 000 Kronen zur Errichtung einer ausserordentlichen Professur der Ptlanzenbiologie geschenkt. Zum ersten Inhaber dieser Professur bestimmte der Geschenkgeber den Lector am laudwirthschaftlichen Institut in Ultuna Dr. Lund- ström. L i t t e r a t u r. Carl Chun, Die Beziehungen zwischen dem arktischen \md antarktischen Plankton. Verlag von Erwin Naegelo, Stuttgart 1897. — Preis 2,80 M. "" t. . e Nachdem eine auf dem elften deutschen Geographentage im April 1895 zusammengetretene Commission sich die Aufgabe ge- stellt hatte, dem seit 40 Jahren von ihrem Vorsitzenden Wirkl. Geh. Admiralitätsrath Neumayer erwogenen Plan einer wissenschaft- lichen Erforschung des Südpolargebiets nun zur Ausführung zu verhelfen, drang das Interesse für die unbekannten Eisregionen am Südpol auch in weitere Kreise. Diesem Interesse Rechnung tragend, hielt Professor Chun in Breslau einen Vortrag über die Beziehungen zwischen den im arktischen und antarktischen Meere treibenden Organismen, der dann in erweiterter Form gedruckt wurde. Allerdings liegen über das südliche Gebiet nur recht spärliche Nachrichten vor, während wir über das arktische Plankton durch die Fahrten von Hertens und Kükenthal, durch Hensens Planktone.xpedition und die Grönlandexpediton der Ge- sellschaft für Erdkunde zu Berlin schon besser unterrichtet sind. Ausserdem ist das Plankton weniger geeignet, Uebereinstimmung zwischen den beiden kalten Regionen zu zeigen, als die Ufer- und Grundfauna, auf die Pfeffer hinwies. Immerhin sind wir Chun zu Dank dafür verpflichtet, dass er mit Berücksichtigung der Resultate der neuesten Planktonforschungen eine knappe, übersichtliche Darstellung der für die kalten Gebiete im Norden und Süden charakteristischen Organismen gab und zum Schluss seine Ansicht über den Zusammenhang der arktischen und aut- arktischen pelagischen Fauna entwickelte. Nach einem Hinweis auf die Verschiebung der Grenzen des kalten Wassers durch Strömungen und auf die Bildung von Misch- gebieten, sowie auf den Reichthum pflanzlicher Nahrung von Diatomeen und Peridineen in den Eismeeren wird zunächst die arktische pelagische Fauna geschildert. Hier können wir nur auf wenige Arten aufmerksam machen. Während von Protozoen nur wenige Radiolarien, eine Globigerine und 10 grönländische Tin- tinnen erwähnt werden konnton, ist von Coelenteren bereits eine stattliche Reihe von Arten bekannt, unter denen einige Qiuillen, wie Aglantha digitalis, Sarsia princeps, Catablema campanula. Ptychogena lactea, Aurelia flavidula und Cyanea arctica, dann die Ctenophoren Mertonsia oyum, Pleurobrachia pileus, Bolina infnndi- bulum und Beroe cucumis durch Individuenreichthum, weit(! Ver- breitung und stattliche Grösse auffallen. Vom Ty])ue der Würmer werden Sagitta hamata, zwei Räderthiere (Synchaeta und Masti- gocerca) Tomopteris septentrionalis und Phälacrophorus borealis als Leitformen genannt. Aus dem Thierkreis der Crustaceeu sind von den reichlich vorhandenen Copepodon 2 grosse Formen, Cala- nus hyperboreus und Euchaeta norvegica, und die leuchtende Metridia longa, von Ostracoden 3 Arten der Gattung Conchoecia, von Amphipoden seltsame Hyperiden und von Schizopoden Thysanocssa longicaudata besonders hervorzuheben. Als charak- teristische Arten der nordischen Meere werden noch die Ptero- podengattungen Clione und Limacina, 2 Tintenfische, 4 Appeudi- cularien und zwei Haie erwähnt. Im Allgemeinen ergiebt sich ■für die arktische pelagische Fauna, dass die auffällige Armuth an Arten durch überraschenden Reichthum an Individuen com- pensirt wird, dass ganze Ordnungen und Familien pelagischer Organismen dort fehlen und dass die vorhandenen Arten nicht als primitive Stammformen der Warmwasser- fauna aufzufassen sind. Die pelagische Fauna des antarktischen Gebiets, selbst wenn man es in kaum zulässiger Ausdehnung auffasst, ist zwar nur noch sehr wenig erforscht, doch zeigen sich bereits eigenthümliche Parallelen. Unter den Globigorinen scheint G. Dutertrei die Rolle der arktischen G. pachyderma zu übernehmen. Von den übrigen Protozoen sind die Radiolarien nur wenig, die Tintinnen noch garnicht bekannt. Dagegen zeigt sich wieder unter den Medusen die Gattung Desmonema als Vertreterin und nächste Verwandte der Cyanea. Von den kleinen craspedoteu Quallen sind bisher nur ganz wenige in der Antarktis gefunden, und über Siphonophoren liegen überhaupt keine Angaben vor. Unter den Ctenophoren hat eine Pleurobrachia der Magelhaens-Strasse nähere Beziehung zum Norden. Von Würmern findet sich die nordische Leitform Sagitta hamata und eine Tomopteris auch im Süden. Unter den Copepoden fällt Metridia Boeckii als Analogon zu Metridia longa auf; die Hyperiden erscheinen wie im Norden mit den Gattungen Tauria, Hyperia, Parathemisto und Euthemisto, und von Schizopoden vertritt Thysonoessa macrura die nordische Th. longicaudata. Den nordischen ähnliche Arten von Ptero- poden aus den Gattungen Spongiobranchaea, Limacina und Clio tragen dazu bei, die südlichen Wale zu nähren, und die einzige aus der Antarktis bekannte Appendicularie ist identisch mit einer nordischen Art, Fritillaria borealis, die im warmen Gebiet des Atlantischen Oeeans fehlt. Allerdings ist sie, wie Dr. Lohmann mir mittheilt, von ihm neulich bei Messina gefunden. Ob sie dort als Relict erscheint oder auch in wärmere Meere vordringt, bleibt weiteren Untersuchungen vorbehalten. Auch nach Chun's An- sicht sind die auffälligen Parallelen zwischen arktischer und ant- arktischer Thierwelt, die sich hauptsächlich in der Litoralfauna aber auch im Plankton bei-eits zeigen, nicht allein als Anpassungen an gleichartige Existenzbedingungen zu betrachten, sondern deuten auf genetischen Zusammenhang hin. Zwei Arten, .Sagitta hamata und Fritillaria borealis, sind in völlig identischer Form im äussersten Norden und an der Eisgrenze im Südon beobachtet. Während Pfeffer diese Uebereinstimmung von einer gleichartigen, allgemeinen Fauna ableitet, die in vortertiärer Zeit die Meere bevölkerte und sich dann in Warm- und Kaltwasserfauna dift'erenzirte, macheu die Geologen darauf aufmerksam, dass Zonen bereits im Jura und wahrscheinlich schon früher vorhanden waren und nehmen die alte Hypothese von J. C. Ross wieder auf, dass ein Austausch arktischer und antarktischer Tiere durch die Tiefsee stattfinden konnte.*) Ortmann, den Anschauungen von d'Orbigny und Milno *) Naturforscher werden sich jedoch schwer überzeugen lassen, dass diese gebrechlichen Geschöpfe möglicherweise in einer Tiefe von fast 2000 Faden unter der Meeresfläche leben könnten; da wir aber wissen, dass sie den Druck von 1 OOO Faden ertragen können, warum sollte es ihnen denn nicht möglich sein, auch unter 2000 zu leben? Wir wissen auch, dass mehrere der See- thiere, die wir aus grossen Tiefen des Südjjolarmeeres gefischt haben, im Nordpolarmeere leben. Sie können nur durch die Wendekreise von einem Pol bis zum andern gelangt sein, aber die Temperatur des Meeres in jenen Gegenden ist so hoch, dass sie nur in einer Tiefe von beinahe 2O0O Faden in demselben existiren können. In dieser Tiefe könnten sie von dem Nord- in das Südpolarmeer ohne eine Temperaturveränderung von mehr als 5° übergehen." J, C, Ross „Entdeckungsreise nach dem Süd- Polar-Meere" übersetzt von J. Seybt, Leipzig 1847, S, 134. 618 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. XII. Nr. 51. Edwards folgend, lUsst Polartliiere, längs der von Strömungen abgekühlten Westküste Amerika's nach Norden und Süden wandern. Gestützt auf das Beispiel der Sagitta hamata, die in hohen nördlichen und südlichen Breiten an der Oberfläche, im warmen Gebiet aber nur aus bedeutenden Tiefen gefischt wurde, nimmt Chun nun auch für die Planktonorganismen einen Zusammenhang der nordischen und südlichen Arten vermittelst der kalten Tiefsee an. „Die Warmwassergebiete der Oceane gleichen gewissermaassen ungeheuren Schalen, welche gegen die polaren Zonen an ihren Räudern sich ausflachen und in einer Tiefe von etwa 50O m all- mählich in die unteren Wassermassen mit ihrer kühleren Tempe- ratur übergehen. — Da bleiben also gewaltige Bindebrücken kalten Wassers zwischen den pohiren Regionen erhalten, welche sicherlich einem Theil des arktischen Planktons den Austausch mit dem antarktischen ermöglichen." Noch unbekannte Tiefen- ströme sollen die Vertheilung besorgen. So kommt Chun zu dem Schluss, dass „wir zur Erklärung des Auftretens identischer resp. vicariirender Organismen in beiden polaren Gebieten keiner Hypothese bedürfen, welche eine immerhin noch strittige klima- tische Beschaffenheit der Erdoberfläche in vortertiärer Zeit zum Ausgangspunkt hat, sondern dass heute noch sich vor unseren Augen eine Mischung beider Faunengebieto in den tieferen Wasser- schichten vollzieht " Das Beispiel vonderVerbreitungderSagittahamatalässtsichnun ebenso gut für die Hypothese Pfeffers als für die von Ross zuerst ver- tretene Ansicht anführen. Chun sagt ja selbst, dass die mischenden Tiefenströme noch nicht bekannt sind. Die Wanderungen von Pol zu Pol durch die Tiefsee sind daher rein hypothetisch. Die angeführten Thatsachen sprechen einstweilen nur für gewisse Uebereinstimmung des tropischen Tiefseeplanktons mit dem Plankton der kalten Meere im Norden und Süden. Weit deut- licher gleichartig finden wir das Plankton des warmen Wassers durch alle Oceane hindurch. Die Hauptmasse desselben wird von Diatomeen, Peridineen und Copepoden gebildet. Von den letzteren sagt Dahl (Verhandl. d. Deutschen zool. Gesellsch., München, 1894, S. 66), dass die tiefer lebenden Arten in allen drei Oceanen vollkommen oder fast voll- kommen identisch seien; im indischen und pacifischen Ocean seien auch die Oberflächenthiere der tropischen Theile entweder ausschliesslich oder fast ausschliesslich dieselben, und bei den Copepoden der tropischen Oberflächenregion im Atlantischen Ocean handele es sich allerdings um von jenen verschiedene, aber sehr nahe verwandte Arten. Die Peridineen und Diatomeen habe ich selbst bei der Durchsicht zahlreicher Planktonfänge von der Magelhaes-Strasse, von Samoa, Neuseeland, Neu-Pommern, vom indischen Ocean und von Madagascar übereinstimmend mit den bei der Planktonexpedition im Atlantischen Ocean erbeuteten Formen gefunden. Dass auch grössere r)rganismen über alle drei Oceane sich ausbreiten, wurde durch v. Graff für Polycladen (Würmer), von Döderlein für Fische und pelagische Krebse, von >S])engel für Tornaria (Wurnilarve), durch v. Martens für pelagische Mollusken und von Chun für Siphonophoren gezeigt (Verhandl. d. deutschen zool. Gesellsch., Berlin 1892, S. 118 u. ff.). Apstein kommt zu dem Resultat, dass die meisten Salpenarten durch alle warmen Meere verbreitet sind (Salpen der Plankton-Exped. S. 46), und Lohmann konnte bereits für 9 Arten von Appendicularien (Appendicularien der Plaukton-Exped.), Steinhaus für 6 Sagitten- Ärten (die Verbreitung der Chaetognathen im Atlantischen und Indischen Ocean, Kiel 1896) feststellen, ilass sie dem Atlantischen und Indischen Ocean gemeinsam angehören. Wenn auch vielleicht bei eingehendster Untersuchung ein- zelner Arten die Unterscheidung von Localformen gelingt, so kann dieser Umstand das allgemeine Resultat nicht ändern, dass gleichartiges Plankton das Gebiet des wannen Wassers durch alle Oceane erfüllt. Wir sind daher sicher berechtigt, vom gemein- samen Plankton des warmen Gebiets zu reden, vielleicht auch vom gemeinsamen Plankton der polaren Gebiete und der Tiefsee, auf dessen Vorhandensein einige Beobaclitungen bereits hin- deuten. Die geplante Südpolarexpediton würde hierin uns Sicher- heit geben. Jedenfalls lässt sich die Uebereinstimmung der die kalten Meere belebenden Organismen durch ge- meinsame Abstammung aus dem gleichartigen Plank- ton dos warmen Gebiets, nach meiner Ansicht weit ein- facher erklären, als durch complicirte Wanderung zum Wandern nicht befähigter Organismen mit Hilfe hypothetischer Tiefenströme. E. Vanhöffen. Neunzehnte Denkschrift, betreffend die Bekämpfung der Reblauskrankheit, 1896. (Amtlich, 144 Seiten nebst 4 Karten der bisher entdeckten Keblausherde und 2 Blättern Lageplänen von Reben-Veredelungs-Stationen und Versuchs- Weinbergen.) — Im Jahre 1896 wurden im Deutschen Reiche neu entdeckt 332 Reblausherde mit 26 033 inficirten Rebstöcken. In Folge dessen mussten insgesammt nicht ganz 22 ha der Vernichtung unterworfen werden. Entschädigungen wurden für 2l'\ ha :m Betrage von über 1 17 400 M. bezahlt. Die insgesammt aufge- wendeten Kosten betrugen 521 319 M. und bisher im Ganzen 6124 555 M. Nicht inbegriffen sind dabei die für Versuidic mit der Anpflanzung amerikanischer Reben erwachsenen Kosten, welche im vorigen Jahre 26 970 M. betrugen. Die Untersuchungen wurden im vorigen Sommer durch ausser- ordentlich nasse und kalte Witterung wesentlich erschwert. Am meisten gefährdet erscheint immer noch Lothringen. Hier hätte eine Fläche von fast 100 ha peinlich, zum Theil sogar stockweise wegen naheliegender Möglichkeit einer Verseuchung, untersucht werden müssen. Es konnten indess mangels geeigneter Kräfte nur die voraussichtlich gefährdetsten Gebiete untersucht werden. Die Arbeiten führten in Elsass-Lothringen zur Aufdeckung von 58 neuen Herden mit 6122 inficirten Stöcken. Die Zahl der da- selbst bisher überliaupt aufgefundenen Herde beträgt aber 321 mit 32 055 inficirten Reben. Vernichtet wurden schon 1 088 434 Reben auf einer Bodenfläche von 7,57 ha. Die Eindämmung der Seuche wird hier noch schwere Opfer erfordern. Etwas weniger gefährdet erscheinen die Weinbaugebiete in der Provinz Sachsen (121 neue Herde mit 23 IG kranken Reben) und im Königreich Sachsen (70 neue Herde mit 6079 inficirten Stöcken). Ein stark befallenes Infectionsgebiet findet sich ferner in Württemberg (17 neue Herde mit 8987 kranken Stöcken). Leider wurden auch in der Rheinprovinz wieder 42 neue Roblausherde mit 1948 in- ficirten Roben und in Hessen-Nassau 12 neue Herde mit -507 kranken Stücken entdeckt. Dabei nähern sich 2 Herde in der bisher für seuchenfrei gehaltenen Gemarkung Lorcli noch mehr den werthvollsten Lagen des Rheingaus. Doch hoft't der Kommissar, dass bei sorgfältigster Beobachtung das weitere Fortschreiten der Verseuchung, wenn nicht ganz gehemmt, doch so vei-langsamt werden wird, dass von einer ernsten Gefährdung des gesammten Weinbaues keine Rede sein könne. In der Rheinpfalz endlich blieb die Infection auf das 1895 entdeckte Gebiet von Sausenheim beschränkt (9 neue Herde mit 74 kranken Reben). Die werth- volleren Lagen sind hier wie an der Oberahr und wie das ge- sammte Weinbaugebiet an der Mosel seuchenfrei. Das Ergebniss der Revisionen der 1895 vernichteten Herde war durchaus be- friedigend. Zur Vernichtung wurde wieder Schwefelkohlenstoft' in Löcher zwischen 25 bis höchstens 60 cm Tiefe eingegossen (vgl. „Naturw. Wochenschr." Band IX, No. 47 und Band XI, No. 50). Bei Untersuchung der Verschleppungsursachen ergab sich im Rheingebiet die auffällige Erscheinung, dass sich die neuen Herde fast ausschliesslich in den obersten Weinbergslagcn, oft dicht an den Waldrändern befinden; auch die beiden Lorcher Herde liegen an der oberen Weinbergsgrenze. Der Oberleiter schliesst daraus, dass dem Wilde, vorzugsweise den Dachsen, der Hauptantheil au der Verschleppung und Verbreitung der Reblaus zugeschrieben werden müsse. Die Dachse kommen am Rhein von der Sieg bis zum Main und von der Nahe bis über Brühl hinaus äusserst '/ahl- reich vor. Sie fressen mit Vorliebe Weintrauben und gehen gern den lusecten in neugedüngten Weinbergen nach, wobei Erde und abgerissene Rebwurzelstücke an ihren breiten, starkbehaarten Tatzen hängen bleiben. Da sie zudem erwiesenermaassen oft meilenweit wechseln und da in unmittelbarster Nähe vieler Reb- lausherde Dachsbauten gefunden wurden — so im Leutesdorfer Herde direct auf der Hauptinfectionsstelle — so ist eine Ver- schleppung der Infection durch die Dachse höchst wahrscheinlich. Daher dürfte die schonungslose Vernichtung dieser Thiere in allen Woinbaugegenden geboten sein. — In der Provinz Sachsen machte ein Weinbergsbesitzer den Versuch, nach einer von ihin erfundenen Methode die Reblaus mittelst Elektricität durch die Firma Siemens & Halske vernichten zu lassen. Der Versuch misslang durchaus, da die Reben abstarben, die Rebläuse im Boden aber nicht geschädigt wurden. Die llntorsuehungen im Elsass machen es zweifelhaft, ob die geflügelte Reblaus sich, wie bisher angenommen wurde, wirklicli nur wenig über die Höhe der Rebpfähle erhebt. Neu aufgefundene Si)ritz-Infectiimen in Rufach, die wohl sicher auf das geflügelte Insect zurückzuführen sind, waren vom naheliegenden Mutterherde durch eine 4 Meter hohe Mauer getrennt. In Sachsen gelang es, geflügelte Rebläuse künstlieh zu bekommen. In ein cylindrisches Gläschen, das durch ein im Glase eingeschnittenes Gewinde mit einem Korkzinkdcckel verschlossen werden konnte, wurden 39 Stück ausgebiUh'tor Reblausnymphen und ein kleines Stückchen frischer Rebwurzel gebracht und dazu zur Befeuchtung 3 Tropfen Wasser. Das fest verschlossene Glas grub man zur Verhütung grösserer Temperaturschwankungen 10 cm tief senkrecht neben einem inficirten Rebstock in die' Erde. Vier Wochen später fand man an der Wand des Gläschens 7 geflügelte Rebläuse, daneben aber eine mit Eierlegen beschäftigte Reblaus, frische, schwefelgelbe Eier und etwa 20 lebende junge Rebläuse. Es waren also wohl durch Zufall mit den Nymphen einige andere Rebläuse in das Gläschen gcrathen, hatten hier vier Wochen lang fast ohne Nah- rung gelebt und sich noch vermehrt. Vielversprechend waren wieder die Arbeiten in den 14 Reben- XII. Nr. 51. Naturwissenschaftliche Wocheuschritt. 619 Veredelungsstationen und Vorsuehsweinbergen. Es ist nicht mög- lich, hier die dabei gewonnenen zahlreichen, für Weinborgsbesitzer höclist wichtigen Resultate wiederzugeben. Einige Bemerkungen müssen genügen. In Folge der schlechten Witterinigsverhältnisse des Sommers 1896 blieb das Anwachsungsergebniss bei Verede- lungen, besonders bei den Grünvercdelungen im Sommer, weit hinter den Erwartungen zurück. Es empfiehlt sich die Verwen- dung von Komjiost bei den Veredelungen im ersten Jahre als Mittel, sicheres Anwachsen und reichliche Wurzell)ildung zn er- zielen. Die theureu, durchlocliten Korke als Verbandmaterial wurden mit Erfolg durch Wasserglasgyps (viel Wasserglas mit Gyps zu einem dünnen Brei augerührt) ersetzt. Als Verband diente dabei mir mit Kupfervitriol imprägnirter Bindfaden. Bei Schnitten durch den Knoten waren zwar die Procente der An- wachsungen etwas geringer als bei denen zwischen den Knoten, aber die Verwachsung der Veredelungsstelle war viel inniger. Die Verwendung von einjilhrigen Wnrzelreben ergab meist weit bessere Resultate wie die Blindholzveredelung. Besonders guten Erfolg hatte miin, wenn die Edelreiser erst kurz vor der Verede- lung von den Stöcken geschnitten wurden. Edelreiser von wenii-er fruchtbaren Stöcken übertragen diese Eigenschaft auch bei Ver- edelung. Die Beimengung von Torfmull zu Moos vermindert bei den eingeschichteten Reben (vergl. „Naturw. Wochenschr." Bd. XI, S. 607) die Schimmelbildung. Torfmull allein verzögert wegen seiner langsamen Erwärmung das Austreiben. Werfen wir zum Schluss wieder einen Blick auf das Ausland. In Frankreich waren 1896 nur noch 7 weinbauende^ Departe- ments seuclienfrei. Trotz des energischen Anbaues amerikanischer Reben fand wieder eine Verminderung der Weinbergsfläche um 18 569 ha statt. Um die durch die Verseuchung hervorgerufene Schädigung des Landes zu verstehen, genügt es, die Verhältnisse in einigen Departements darzulegen. In der Gironde waren bis 1895 völlig zerstört 70 160 ha Wcinbaufläche. Bebaut wurden überhaupt nur noch 134 755 ha, wovon noch GO i'.Oo ha verseucht waren. Der Gesammtschaden wird bislier auf 794 528 1.50 Francs berechnet. 41 724 ha wurden mit amerikanischen Reben neu be- pflanzt. Im Herault waren 1874, d. h. vor dem Eindringen der Reblaus, 220 491 ha Land mit Weinbergen bepflanzt, welche 13 009 000 hl Wein lieferten. 1883 besass das Land nur noch 47 508 ha mit 2 715 000 hl Weinproduction, d. h. nur noch 21,5 7a der früheren Weinbaufläche mit 2n,9 "/o Jes ehemaligen Ertrages. Bis 1895 wurden 175 815 ha mit den widerstandsfähigen amerika- nischen Reben neu bepflanzt. Tu Folge dessen nahm der Weinbau wieder 188 682 ha ein und lieferte 4 088 000 hl Wein. Der Ge- sammtschaden wird auf 1400—1600 Mill. Franken geschätzt. Auch der Weinbau in der Champagne ist durch die Reblaus jetzt ernst- lich gefährdet. In Spanien sucht man jetzt alles Heil in der Einführung amerikanischer Reben. Zur sonstigen Bekämpfung des Uebels ist seit 1894 fast nichts geschehen. Im District von Xeies de la Frontera hat man 1895 kaum die Hälfte der sonstigen Ernte erzielt. Auch in Portugal sucht man seit 1890 die zer- störten Weinberge durch Bepflanzung mit simerikanisclien Reben wieder herzustellen. Im Duerogebiet werden jährlich durch- schnittlich 160 — 200 ha damit bebaut. Die Schweiz hat in den meisten weinbauenden Kantons den Kampf gegen die Reblaus erfolgreich weitergeführt. Im Kanton Zürich wurden von den bis- her verseuchten 19 Gemeinden 5 jetzt für reblausfrei erklärt, während 2 mit 477 Reblausherden und 2078 kranken Reben neu verseucht befunden wurden. In Neuenburg wird nur im Osten der Stadt Neuchätel der Kampf erfolgreich geführt. In 5 Ge- meinden erhofft man nur von der Einführung amerikanischer Reben Besserung. Im Kanton Waadt wurden in den letzten 10 Jahren 11,7 ha Weinbauland vernichtet. Im letzten Jahre ent- deckte man 157 neue Herde mit 2078 verseuchten Reben. In Italien waren bis 1895 überhaupt verseucht 237 140 ha in 535 Ge- meinden in 28 Provinzen, wovon 158 231 ha keinen Ertrag mehr lieferten. Die Kosten der Bekämpfung betrugen (von 1879 bis Mitte 1895) 12 345 032 Lire. 1895 wurden neu entdeckt 1 192 Herde mit 08 657 befallenen Reben. Im Februar 1897 galten als ver- seucht oder reblausverdächtig 699 Gemeinden. In vielen Bezirken ist der Kampf als aussichtslos eingestellt worden. lu Oberitalien wurde 1896 die Reblaus auch in der Provinz Turin, und zwar an mehreren Orten des Thaies von Aosta entdeckt. Am schreck- lichsten wüthet die Seuche in Sicilien, wo i'24 Gemeinden ver- seucht sind und zwar in der Provinz Palermo sämmtliche Ge- meinden mit einer Ausnahme. Besorgnisserregend ist auch die Zunahme der Seuche in Sardinien, wo 87 Gemeinden verseucht sind. In der Provinz Sassari waren bis Ende 1895 etwa 14 725 ha Wein- berge durch die Reblaus zerstört. In 0 esterreich waren bis Ende 1895 verseucht oder seuchenverdächtig 70 098 ha in 430 Ge- meinden, d. h. etwa 30 "'o des gesammten Weinbaugebietes. 1896 wurden noch 50 weitere Geraeindon als verseucht erkannt. In Triest ist das ganze Weinbaugebiet, in Krain und Istrien über die Hälfte total verseucht. Die Hauptthätigkeit blieb der Cultur und Veredelung amerikanischer Reben gewiduu;t mit solchem Er- folge, dass die Hofl'nuug auf Wiederbelebung des Weinbaues in weiten Kreisen Wurzel fasst. Vitis Riparia gedeiht luir auf Böden mit geringem Kalkgehalt, Vitis Solonis dagegen sowohl auf feuchten Böden, wie in trockenen, kalkreichen Lagen. Von 31 staatlichen Rebenanlagen wurden 1894 und 95 : 7515993 veredelte Reben abgegeben, davon 45 "o unentgeltlich. Während Ungarn 1885 noch 367 653 ha Weinbcrgflächo besass, betrug dieselbe 1894 nur noch 219 842 ha, wovon nur 170 562 h.i als gesund betrachtet wurden. Seitdem hat sich die Seuche z. B. im Pressburger Ge- biet noch erheblich ausgebreitet. Auch in K roatien-Sla vonien sind 14 883 ha, d. h. über V3 der Weinbaufläche von der Reblaus befallen. In Russland sind am meisten gefährdet das südliche Bessarabien und das Gouvernement Kutais im Kaukasus. In der Kl im, im nördlichen Bessarabien inid im Gouvernement Tiflis wendet man das strengste Vernichtungsverfahren an. Trotz aller Vorsichtsmassregeln gewinnt die Seuche auch in Rumänion immer weitere Verbreitung. Von 189 103 ha VVeinbauflächo hatte sie schon 44 311 ha in 340 Gemeinden befallen. Die zerstörten Weinberge werden durch Anpflanzung amerikanischer Rebeu (bisher 513 ha) wieder hergestellt. In Bulgarien wurden bis Ende 1S95 : 4349 ha, d. h. 4,2 % aller Weinberge des Landes be- fallen. In der Türkei richtet die Reblaus sehr grosse Ver- wüstungen an. Um Constantinopel ist die Hälfte des Weinbau- landes verseucht und über '/lo schon völlig verniclitet. Im Vilajet von Ai'din sollen schon 23 800 ha verseucht und davon weit über Vj ganz vernichtet sein. 1896 machte die Reblaus in Folge der nassen Witterung übrigens nur geringe Fortschritte. Neu auf- getreten ist die Reblaus 1896 in Bu eno s- Aires. In den austra- lischen Colonien N eu-S üd- Wales und Victoria wurden in 7 Bezirken Reblausherde entdeckt. R. Beyer. Statistik der deutschen Schul- und TJniversitätsschriften 1896/97. — Bei der Centralstclle für Dissertationeu und Pro- grannne von Gustav Fock in Leipzig sind im Wintersemester 1896/97, sowie im Sommersemester 1897 „3974" im gleichen Zeit- raimie an deutschen Universitäten bezw. höheren Lehranstalten etc. neu erschienene Schriften, (Inauguraldissertationen, Habilitations- schriften, Gelegenheitsschriften, Programmabhandlungeu etc.) ein- geliefert worden. Die Titel derselben sind im VIII. Jahrgang des, unter Mitwirkung mehrerer Universitätsbehörden von oben genannter Zentralstelle herausgegebenen Bibliographischen Monatsberichtes über neu erschienene Schul- und Universitäts- schriften verzeichnet. Au. die einzelnen W'issenschaften vertheilen sich die 3974 Schriften folgendermaassen: Klassische Philologie und Alterthumswissen- schaften 261 Abhandlungen Neuere Philologie (Moderne Sprachen und Litteraturgeschiclite) 221 „ Orientalia und Allgemeine Sprachwissen- schaft 71 ,, Theologie 52 „ Philosophie 91 » Pädagogik 287 „ Geschichte und Hilfswissenschaften . . . 162 „ Geographie 30 „ Rechts- und Staatswissenschaften .... 452 „ Medizin 1358 „ Beschreibende Naturwissenschaften (Zoolo- gie, Botanik, Geologie, Mineralogie etc.) 217 „ Exacte Wissenschaften (Mathematik, Physik, Astronomie, Meteorologie etc.) . . . 252 „ Chemie • • 4lO „ Bildende Künste 1^ » Musik 7 „ Land und Forstwirthschaft 25 „ Verschiedenes (Bibliothekswesen, Reden etc.) 74 „ iusgesannnt 3974 Abhandlungen. In den bisher erschienenen acht Jahrgängen sind die Titel von 39 364 Abhandlungen verzeichnet. s- Dellingshausen, Baron N., Grundzüge der kinetischen Naturlehro. Heidelberg. — 10 M. Drews, Priv.-Doc. Dr. Arth., Das Ich als Grundproblem der iVIota- physik. Freiburg i. B. — 8 M. ^^^^^^ Inhalt: B. Schwalbe, Der siebente naturwissenscliaftliclu' F pest. — Wetter-Monathübersiclit (Novembi'r). — Aus dem zwischen dem arktischen und antarktischen Plankt(jn. — krankheit, 1896. — Statistik der deutschon Schul- und Uni «•ru'ucursus für Lehrer au luiliereu Sciiuh'U^ - Microben der Ruider- wissenschafilichen Leben. — Litteratur: Carl Clum, Die Beziehungen Neimzehnte Denksehril't, betreft'end die Bekämpfung der Reblaus- versitätsschrifton 1896,97. — Liste. 620 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. XII. Nr. 5i. Gewinnbetheilignng! Bedeutender Rabatt! Neues Prinzip für Massenbetheiiigung an industriellen Unternehmungen. Antheile b. Mk. 10. Jedes Mitglied kann bis 500 Aniheile übernehmen, participirl am Reingewinn und er- "5 1-^ •H ^^ OJ e fii ^ C Fh es > .ü (1) CO 0) o (> 0 BERLIN. S.0.26. Internationaler Verein 9 zur rationellen Verwerthung von Patenten. | Eingetr. Genossenschaft m. b. 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Bei letztcicu liegt der Reflector ausserhalb der Lenehtkaimner, sodass er nicht so leicht dem Verderben ausi;-esetzt ist. lircnner für Zircou- und Kalklicht und zwar besondere für Knall- gas- und für Sauerstotf-Leuchtgas-Gebläse. Die Kalk- lichtbrenner gestatten die Verwendung von Kalkstüeken in i)cliebiger Form. Für Orte, in welchen kein Leuchtgas zur Verfugung steht, eniptiehlt sich die ausgestellte Benzin-Sauerstort'lauipe für Kalklicht. Niehls (N. Schönhauser Allee 168a): Ein Breguet- sches Metalltherniouietcr mit einer für den Unterricht sehr zweckmässig eiugerichteten Skala, von der Physikalisch- technischen Reichsanstalt geprüfte Thermometer, darunter ein JMinimumthermometer, heraitreiehend bis — 120", hoch- gradige Thermometer bis -H 550" reichend (Borusilikat- glas, Skala nach geschütztem Verfahren eingebrannt, mit C0.2 unter Druck gefüllt), Fadenthermometer nach Dr. Mahlke (langgestrecktes Gefäss, Correctionsskala), Siedethermometer," Psychrometer. Ein Heberbarometer, an einem beweglichen Arm befestigt, Theilung auf Glas, mit Hahn, welcher durch den Zug einer elastischen Feder, deren Befestigung sich im Kücken befindet, festgehalten wird. Ein Trockenapparat für Gase nach Pernet, Gas- waschflaschen mit sternförmig angeordneter Einströmungs- röhre. Besonders erwiihnt sei auch die Härteskala für Glas nach Niehls, welche jedem, der sich mit Glasbläserei bcfasst, von höchstem Nutzen ist. Rohrbeck (NW. Karlstr. 24): Apparate besonders für den Unterricht in der Chemie als Hempelscher Ofen zur Demonstration von Httttenprocessseu, Apparat zur Darstellung reiner Gase nach Fiuckener, Apparat zur Chlorentwickelung nach Norblad, zur Eutwickelung von Sauerstoff aus Wasserstoffsuperoxyd, zur Darstellung der Farbenreactionen durch Schwefelwasserstoff. Geaichte Instrumente zur Blaassanalyse, Uuiversalstative etc. Schieck (SW. Hallischestr. 14). Sehulmikroskope (Vergrösseruug bis 600 mal 85 Mark, bis 200 mal 60 Mark, bis 150 mal 30 Mark), ein Handdemonstrationsmikroskop, Vergrösseruug bis 150 mal. G. A. Schnitze (SO. Köpnicker Str. 128): Fern- thermometer (System Mönnich) in Betrieb. R. Voss (NO. Pallisadeu Str. 20): Influenzelektrisir- maschinen in verschiedener Grösse und Ausstattung und eine Reihe von Hilfsapparaten zu Versuchen über statische Elektricität. Warmbrunn Quilitz u. Co. (C. Rosenthalerstr. 40): Elektrischer Schmelzofen nach Rössler, Poroskop nach Christiani, Variometer nach v. Hefuer-Alteneck. Billige Glashähne mit der von Niehls zuerst benutzten Sicherung durch Konus und Gunmiiring. Wehrsen (SO. Brücken-Alle 10b): Influenzelektrisir- niaschinen mit Glas- und Hartgummischeibeu, Apparate zur statischen Elektricität. X-Strahl-Photographie eines erwachsenen Menschen. Georg Winkelmanns Buchhandlung (W. Ober- wallstr. 14 — 16): Physikalische und technologische Wand- tafeln. Heyne. Besichtigung des botanischen Gartens. Besichtigung des meteorologischen und erd- magnetischen Observatoriums in Potsdam. Besichtigung der physikalisch-technischen Reichsanstalt in Charlottenburg. Besichtigung der städtischen Elektrizitäts- werke. — Auch in diesem Jahre wurde die Centrale in der Maiierstrasse besucht. Besuch des Riesenfernrohrs in Treptow. Der Director der Treptower Sternwarte, Herr F. S. Archenhold leitete die Führung durch das Astronomische Museum mit einer kurzen Erläuterung ein über die neue Methode, nach der in Jena die Glasscheiben für das Ob- jectiv des grossen Fernrohrs von Herrn Dr. Schott ge- gossen wird. Es werden die Probestücke der Flint- und Crownglasseheiben vorgezeigt. Alsdann bespricht Herr Director Archenhold die verschiedenen Aufstelluugsarten von Refractoren an der Hand von Modelleu, und in einem längeren Projectionsvortrag werden die Vorzüge der neuen Coustruction des Treptower Fernrohrs auseinandergesetzt. Der Redner weist nach, dass der eine neue Gedanke, den domartigen Kuppelbau durch eine cylindrische Schutz- hülle zu ersetzen, die weiteren principiellen Unterschiede der neuen Aufstellungsart an den bisher üblichen im Ge- folge hat. Die Brennweite konnte 21 Meter betragen, ohne dass die Kosten der Gesammtanlage Vi ^liÜion überschritt. Die Oeflfuung beträgt 70 cm. Das Focus- bild an Sonne und Mond beträgt fast 20 cm und über- trifft somit das des Lick- und Yerkes-Teleseopes. Das wichtigste beim Fernrohr, die Bewegung des- selben, entsjjrechend dem Laufe der Gestirne, ist hier in einer den höchsten Anforderungen entsprechender Weise gelöst, indem die ganz neue Art der Constructiou des Regulators das Problem in durchaus eigenartiger Weise angreift und die Möglichkeit geschaffen hat, dass der Beobachter von seinem festen Standpunkt aus die Ge- schwindigkeit des Uhrwerks nach Wuusch reguliren kann, was in so weiten Grenzen noch an keinem der zur Zeit existirenden Fernrohre und bei den meisten überhaupt nicht möglich war. Hierdurch kann der Himmel in be- quemster Weise nach neuen Himmelskörpern abgesucht werden. Ein zweiter Vorzug ist die Bequemlichkeit des Beob- achters; in jeder Lage des Fernrohrs befindet sich das Ocular an derselben Stelle, der Beobachter kann hohe Beobachtungsstühle und Gerüste beziehungsweise beweg- liche Podien entbehren, was die Sicherheit der Beob- achtungen sellist wesentlich erhöht. Was die optischen Leistungen anbetrifft, so kann man auch schon sagen, sie sind im hohen Grade befriedigend. Bei der unge- wöhnlichen Länge der Brennweite ist die Schärfe der Sternbilder und die Trennungsfähigkeit des 01)jeetivs so ausgezeichnet, dass die Anwendung stärkster Vergrösse- rungen zu erwarten ist. Besonders ist hervorzuheben, dass bei starker Unruhe der Luft die Bilder vcrhältniss- mässig gut bleiben. Sehr wichtig ist auch die Aufhebung der Durchbiegung des Rohres, die hier zum ersten Mal durchgeführt ist, sodass das Fernrohr in allen Lagen gleich gute, definirte Bilder giebt. Auch die Festigkeit des Rohres bei Wind ist bisher befriedigend gewesen. Alles in Allem ist das Fernrohr berufen, eine neue Epoche auf dem Gebiete der Fernrohroptik und Technik einzuleiten und darf schon heute als ein wissenschaft- liches Rüstzeug von höchster Leistungsfähigkeit betrachtet werden. Nach dem Vortrag wurde das Fernrohr eingehend besichtigt, die Bcwegimgsmechanismen im Fundament, die alle elektrisch befrieben werden, und die Ablesuugs- vorrichtungcn. — Im Astronomischen Museum erregte eine Circumpolarstcrnaufnahme, die bei feststehender Camera mit einem 6 Zöller bei siebenstündiger Expositiouszeit von Director Archenhold aufgenommen wurde, derartig die Aufmerksando° = D(, • 10^"'^ wo D^ die Dichte der Luft in der Meereshöhe bezeichnet. Dieser Werth, wenn auch selbst- verändlich durcliaus nicht genau, wird ininicrhin ein, wenn auch ganz ungefäiu'es Maass für die Dichte des inter- stellaren Mediums geben. Ferner nehmen wir an, dass die Jlaterie der Körper aus einer sehr grossen Anzahl kleinster Partikel zu- sammengesetzt sei, deren Dimensionen sehr gering sind gegen die sie trennenden Zwischeni'äume. Betrachten wir nun ein einzelnes Partikel der Sonne und eines Planeten. Die Partikel des interstellaren Mediums bewegen sich analog der kinetischen Gastheorie mit grosser Geschwindigkeit in allen Richtungen durch- einander. Denken wis uns nun ein Körper-Partikel a, so wird dasselbe von allen Seiten von den Partikeln des Mediums gctroften werden, also einen vcm allen Seiten gleichniässigen Druck erleiden und in Ruhe verbleiben. Existirt indessen ein zweites Partikel !i, so wird a in der Richtung ba und ebenso h in der Richtung — Ueber die ' en Licht unil Gravitation. — Eine durch den Genuss inficirter Milch entstandene Scharlachepidemie. 632 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. XII. Nr. 52. ♦♦♦♦♦♦♦♦♦♦♦♦♦♦♦♦«♦♦«♦ ^ Mikroskope zu wissenscbalt- J ♦ liehen Arbeiten und llalbsrbattf n- J ♦ Polarisationsappar.ife,iur"elche J 2 mir von nan^halteii Instituten des J T In- und Auslandes .,wiederholt* J J spontane Anerkennungssehreiben J 2 zu Theil wurden. ^ Xeuestcr Construction: Mikroskop IV D. iürBotanilier,i\Ie- diciner etc. (Ver- trröss. 2G— ."30em) Zu 13.5 + Immer- sionssysteni, als Bacter. - Mikr. ^ (Vergr.bislOlJucm) 175 Mark. ♦ Oel- Immersions- System beson- ♦ ders ausgezeichnet ilurch hohe ♦ Apertur vollständig brauchbar. ♦ Kand, bedeutende Lichtstärke. ♦ Preis luo Mk. ♦ Kompensations - Ocular ♦ dazu 15 r ♦ Mikrotom fiir Pflanzen- ♦ .Schnitte 20 , ♦ Exeursioiis-Taseheii resp. ♦ Stock - Mikroskop mit ♦ Ocular und Objectiv . . . 40 Mk. ▼ ohne Ocular und Ob.iectiv 25 ^ ♦ Exeursions-Lupe m. Mikr. J mm .Mass in Ocularform . 20 „ ♦ Umtausch, Aenderungen und ♦ Verbesserungen an Alikroskopen ♦ ▼ und Polarisations-Apparaten älteren ♦ Gaii«! oI(l<««liiiiif1t. 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Internationale geolog"ische Karte von Europa, beschlossen durch den internationalen Geologen-Congress zu Bologna im Jahre 1881, ausgeführt nach den Beschlüssen einer internationalen Commission, mit Unterstützung der Regierungen, unter der Direction der Herren Beyrich und Hauchecorne. Der Subscriptionspreis für das g&sammte Kartenwerk beträgt 110 Mark = 137 frcs. 50 c. Die Subscription verpflichtet zur .Vbnahme des ganzen Werkes, wahrend die Zahlung bei Empfang der einzelnen Lieferungen, deren Preis sich nach der darin enthaltenen Anzahl der Blätter richtet, zu bewirken ist. Einzelne Blätter werden zum Preise von 4 Mark per Blatt abgegeben. R. F&iesSj Mechanisch -optische Werkstätten, Steg^litz bei Berlin, empfiehlt die in nebenstehemier Figur abgebildete und patentrechlljch geschützte vinfaohe photo- firraphifiolie Camera zum Äulsetzen auf den Tubus jeden beliebigen Mikroskopes. 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Diimmlers Verlagsbuchhandlung, Berlin SW. 12. — Druck: G. Bernstein, Berlin SW. ll'. .^^ , ^ /. ■^'^ J) ^-^:^- ''^ü< •>%iY^ ^-:.. -.-:^|^r;;-1^' ;^> , 7 '■♦'^j- V ' S > •• ^.!; • »^l! ki:^' .^\ <;v