& This volume has been digitized, and is available online through the Biodiversity Heritage Library. For access, go to: www.biodiversitylibrary.org. 2.4) su „AO ana Ks ” N BR: in A a Neue Denkschriften der allgemeinen Schweizerischen Gesellschaft für die gefammten Haturwiflenfchaften, —— m —— NOUVEAUX MEMOIRES SOCHETE HELVETIOUE SCIENCES NATURELLES. Biweite Dekade. Band I. mit XVII Tafeln. BE ARE R ZBURBICH, auf Kosten der Gesellschaft. Druck von Zürcher & Furrer. 1852. Neue Denkschriften der allgemeinen Schweizerischen Gesellschaft für die gelammten Vaturwiflenichaften, u NOUVEAUX MEMOIRES SOCIETE HELVETIOUE SCIENCES NATURELLES. Band XII. mit XVII Tafeln. zunacH, auf Kosten der Gesellschaft. Druck von Zürcher & Furrer. 1552. Anıloallsasw »; Le Y ANSEHEN! Lu Hi we 2 “ RE andnainasian weils \ RN, 107 Bu Due) 2 eben uunalaR N US Ph mm Pe Konya, apa ie . snansean Baar 1: TR ERBE ' h zn ara NE an bush ı ' 2 p i fi N 2 FR ZA, Watte j Bis A ha AR kund Ay PL In lm # u ih B Inhaltsverzeichniss. Ueber die Geselze der Wärmeleitung im Innern fester Körper, unter Berücksichtigung der durch ungleiche Erwärmung erzeugten Spannung, von Jac. Amsler, Prof. R Ss Apercu geologique des environs du lac de Lugano, par C. Brunner, fils, Prof. : R j 5 } ö R n ; Revision du Genre Cottus des auteurs, par Ch. Girard Recueil d’observalions sur le terrain siderolitique dans le Jura bernois et parliculierement dans les vall&es de Del&mont et de Moulier, par Alb. Quiquerez, Ingenieur 5 ’ R e E Beitrag zur Elementaranalyse der organischen Substanzen, von €. Brun- ner, Vater, Prof. Ä q 5 | Ueber schlesische Grünsteine, von Dr. H. R. Frick Beiträge zur Entwicklungsgeschichte des Knochensystems, von Dr. C. Bruch, Prof. e 5 i : Verzeichniss der Schmetterlinge der Schweiz; I. Abtheilung: Tagfalter mit Berücksichtigung ihrer_klimat. Abweichungen nach horizontaler und vertikaler Verbreitung, von Meyer-Dür Bogen. Seiten, 3 1 — 24 2% 1— 18 3a 1—25 8 1 — 64 1a 1 — 12 3%, 1% 22 1 - 176 291-232 Tafelı = 14 I. 2 = / vu 2; £ L r II IV A NB. Man ist ersucht in der Abhandlung Nr. 5: „Beitrag zur Elementaranalyse u. s. w., von C. Brunner, Vater“ auf pag. 5 Linie 19 statt 1200 R. su setzen 120° C. BEaAb. A 9 IT: " 3 Br ER # ee ande de a inyaaıt ak, To Angknrtsee hei AR Fi Be. ee, roläggsina on na Re! zur Ba ii ER: ie Hoc u ze He . url: ignarand Ken N u hr N, u m I Da Bez su nur er u Ueber die Gesetze der Wärmeleitung im Innern fester Körper, “ unter Berücksichtigung der durch ungleichförmige Erwärmung erzeugten Spannung. Von JACOB AMSLER. Band XII. 1852. 72%» Bog. 17 Taf. Amsler, J. Wärmeleitung in festen Körpern. Brunner, C. Environs du lac de Lugano. Girard, Ch. Revision du genre Cottus. Quiquerez, A. Terrain siderolithique du Jura bernois. Brunner, C. Elementaranalyse organischer Substanzen. Frick, R. Schlesische Grünsteine, Bruch, C. Zur Entwicklungsgeschichte des Knochensystems,. Auer Din; R. Fauna helvetica. Schmetterlinge 1. Tag- alter. 13ds!) \ Fi * "- 9 A | gautiolgmus)M 19b ssıı9ae .v3groH 1er ou 3 “ L . Au Yungiidoiadonnnd nalnu BER ran anonange nz yanewiwrd snlemöhsieigen BE D k 0 Pad PREDPReE nn | a 14 re EFRN # 1b N R BL er # u Ki ee re NR Ro FE HEN A u h IENe- a 2 f {} # a ee} Ts :kalhee Wh “R Pan N Leitet man einem Körper freie Wärme zu, und sorgt durch irgendwelche me- chanische Mittel dafür, dass er sich in Folge der Temperaturerhöhung nicht ausdeh- nen kann. so steigt seine Temperatur rascher, als wenn seiner Ausdehnung kein Hinderniss entgegengesetzt wird. Man kann diese Wahrnehmung so aussprechen: „Die specifische Wärme der Körper unter constantem Drucke ist grösser, als bei constantem Volumen.“ Dieses Gesetz ist ohne Zweifel allgemein. Für die gasförmigen Körper sind darü- ber sehr zahlreiche Versuche angestellt worden (von Delaroche und Berard, na- mentlich aber von Dulong). Für feste Körper sind mir nur von W. Weber“) und G. Wertheim**) eigentliche Beobachtungsreihen bekannt, die indess zur Genüge zeigen, dass der Unterschied der beiden specifischen Wärmen sehr bedeutend ist. Durch diesen Umstand müssen natürlich die Gesetze der Wärmeleitung im Innern der Körper wesentlich modifieirt werden. Von den Geometern, welche sich mit der mathematischen Theorie der Wärme beschäftigten, hat bis jetzt, meines Wissens. keiner darauf Rücksicht genommen. Einzig Poisson, in einer Note zu seiner „theo- rie mathematique de la chaleur,“ gibt eine Andeutung für den Fall, dass der erwärmte Körper in flüssigem Zustande ist. In gegenwärtiger Abhandlung beschränke ich mich darauf, die Prineipien der vervollständigten Theorie im Allgemeinen anzugeben, und die wesentlichsten Momente ihrer Anwendung auf einige einfache Fälle zu entwickeln, und hoffe, dieselben in der Folge weiter ausführen und mit Beobachtungen vergleichen zu können. $. 1. Ein homogener Körper besitze das Volumen V, die gleichlörmige Temperatur u, und stehe unter einem gleichförmigen äussern Drucke p. — Man theile ihm die freie *) Poggendorfl’s Annalen, Bd. XX., p. 177. "") Ann. de chim. et de phys. Ser IIl.. T. 12. p. 385 m Wärme Jo mit, und vermehre den Druck um Ap, so werden auch die Temperatur und das Volumen des Körpers sich ändern, respective um Ju und AV. Die Grössen Ju und ZV sind durch Io und 4p vollständig bestimmt. Ueberhaupt hängen die Grössen Jo, Ap, Ju, AV so von einander ab, dass durch irgend zwei derselben die beiden andern gegeben sind. — Das Gesetz dieser Abhängigkeit ist uns nicht strenge bekannt. Kennte man den analytischen Ausdruck dafür, so liessen sich ohne Mühe die Differentialgleichungen aufstellen, welche die Gesetze der Wärmeleitung im Innern der Körper enthalten. Die Anwendung dieser Differentialgleichungen würde indess ohne Zweifel selbst in den einfachsten Fällen auf unübersteigliche analytische Schwie- rigkeiten führen. Wir müssen uns daher mit einer näherungsweisen Lösung unsrer Aufgabe be- gnügen. Jenes Gesetz kann innerhalb gewisser, bei verschiedenen Körpern ver- schiedener Gränzen,, für unsere Zwecke mit hinlänglicher Schärfe, durch folgende Sätze ersetzt werden, die wir unsern Untersuchungen zu Grunde legen werden: 1. Wird einem Körper freie Wärme zugeleitet, so steigt seine Temperatur pro- portional mit der aufgenommenen Wärmemenge. 2. Zugleich strebt er sich auszudehnen; werden die auf seine Oberfläche wir- kenden Kräfte constant erhalten, so ist die Zunahme des Volumens proportional mit der Zunahme der Temperatur. 3. Wirken auf einen Körper äussere Druckkräfte, so nimmt sein-Volumen ab. Bei constanter Temperatur ist die Abnahme des Volumens proportional mit der Zu- nahme des Druckes. " 4. Wird, statt der Temperatur , die Wärmemenge des Körpers constant erhal- ten, so steigt seine Temperatur proportional mit der Zunahme des Druckes. 5. Die verschiedenen Coefficienten, wovon die angegebenen Modificationen ab- hängen (specifische Wärme, Ausdehnungscoeflicient, Elastieitätscoefficienten), sind unabhängig von Temperatur und Druck der Körper. Als Gränze, wo diese Sätze aufhören, selbst näherungsweise richtig zu sein. kann im Allgemeinen der Punkt betrachtet werden, wo eine Aenderung der Cohä- sionsverhältnisse eintritt. Mässige Abweichungen haben auf die Wärmeleitung einen nur sehr geringen Einfluss. $..2. Um die durch die Temperaturänderung erzeugte Spannung in Rechnung ziehen zu können, müssen wir einige Sätze aus der Theorie der Elastieität benutzen. =: ui Es seien x, y, z die Coordinaten eines Punktes p im Innern eines Körpers, dessen Temperatur man als gleichförmig, oder doch als stationär betrachtet. Lässt man auf seine Oberfläche beliebige Druckkräfte wirken, so pflanzen sich dieselben in seinem Innern fort, und die Lage jedes Punktes ändert sich. Die Coordinaten von p werden übergehen nx+ a, y+b’‘, z+ c', woa', b‘, ce’ Functionen von x. y, z sind. Bezeichnen A, B, C, A,, Bi, Cı, Ag, Be, Cz gewisse Functionen von x, Y, 2. und setzt man KA) H+R-YE +M-9E) = (G-B) 2 + +B) 7 +@&-9% (A) .=B-E+R-9F ++) V=L=-(+D+(b+0 = a nn) NS, +G+D so sind nach Cauchy*) die Componenten der Molecularwirkung auf den Punkt p ab ax Pam Max, = Ari, dy + Ay. : day, "day, aa ar A z ar De == Für Punkte an der Oberfläche ist X=X, cos (x, s) + Xy cos (y, Ss) + X, cos (z, s) | Y=Y, cos (x,s) + Y, eos (y s) + Y, cos (z, s) | (D) Z=1, cos (x,s) +Z, cos (y, s) + Z, cos (z, s) Hierin bezeichnen (x, S), (y, S), (z, 5) die Winkel, welche die Coordinatenaxen *) Exereices, T, Il. zu 3 % mit einer Geraden s bilden, welche im Punkte x, y, z der Oberfläche, normal zu dieser ist. Seien ferner X’, Y', Z‘ die Componenten der übrigen auf einen Punkt im Innern wirkenden Kräfte (z. B. der Schwerkraft), X‘, Y’, Z‘ dıe Componenten der auf die Oberfläche wirkenden Druckkräfte, so sind die Bedingungen des Gleichge- wichts o=X+X o=Y+Y o=2+7 (E) o=X+X o=- Y+Y o=Z+7%7 (F) Befinden sich die Molecüle des Körpers nicht in Ruhe, sondern in vibrirendem Zu- stande, so sind die Gleichungen (E) durch folgende zu ersetzen: d?a n a er d?b = d?e 2 P Hierin bezeichnet e die Dichtigkeit im Punkte x, y, z; t die Zeit. — Ist der Körper homogen und unkrystallinisch, so sind die Grössen A, A,. Ag ete. Constan- ten, und die Gleichungen (A) und (B) nehmen die Form an ; ; da’ db‘ de’ DEE —K ler at Ay <: | da’ db’ de‘ ka a ae | Zi, da’ wie db‘ ei 2 2.8 dy az k(n — 1) de‘ db’ Y —. re —— —— ——— ü Ken 3 | dy +2 | ARE N) da’ de‘ ar I etz et) sn el Ei | Der Coefficient n hängt von der Anordnung der kleinsten Theile des Körpers ab, und von dem Gesetz, nach welchem dieselben anziehend und abstossend auf ein- ander wirken, ist daher durch das Experiment zu bestimmen. Man kann dazu gelangen, indem man die Formveränderung eines prismatischen oder cylindrischen Stabes beobachtet, der durch eine Kraft L in der Richtung seiner \ 7 a Axe zusammengedrückt wird. Sei I die Länge, V das Volumen des Stabes, so gibt die Anwendung der angeschriebenen Formeln für die Veränderung seiner Länge und seines Volumens die Relationen al n-+1) net nn Tr m ENaEm) iR av L L Vom GE: a) (K) AB eN, also I TR eHiV Poisson*) fand durch theoretische Betrachtungen n = 3, in Uebereinstimmung mit den Beobachtungen von Cagniard-Latour. Dieses Resultat ist neulich von Wertheim**) angegriffen worden. Er fand nämlich aus sehr sorgfältig angestell- ten, zahlreichen Beobachtungen für Messing und Krystallglas sehr nahe n = 2, eine ‘Zahl, die auch mit den Regnault’schen Beobachtungen über die Zusammendrückbar- keit der Piezometer aus Messing und Kupfer weit genauer stimmt, als die von Pois- son angegebene. Wertheim erhielt für Messing durchweg einen etwas grössern Werth, als für Krystallglas; es ist daher möglich, dass für verschiedene Körper auch n verschieden ist. Jedenfalls ist sein Werth noch nicht ausser allen Zweifel gesetzt, und ich habe desshalb n im Folgenden unbestimmt gelassen, um die erhal- tenen Resultate in jedem Falle anwendbar zu machen. 8.3. Zufolge $. 1, (5) gelten die Formeln des vorhergehenden $. für jede Tempe- ratur, und offenbar auch dann, wenn der Körper ungleichförmig erwärmt ist. Allein es ist wohl zu merken, dass a’, b‘, c’ in denselben die nur durch die Druckkräfte direct erzeugten Verrückungen bedeuten. Aendert sich mit dem Drucke auch die Temperatur des Körpers, so müssen wir den durch die Temperaturänderung allein hervorgebrachten Verrückungen besonders Rechnung tragen. Bezeichnen wir diese durch a“, b“, c”, so sind die ganzen, durch Aenderung des Druckes und der Tem- peratur erzeugten Verrückungen eines Theilchens p 2 — ut la a Be) a 1 5 Sa eg *) Mem. de l’Acad. des sciences, T. VIII. p. 357. *“) Ann. de chim. et de phys. Ser. III. T. 23. p. 52. si Nehmen wir zunächst an, der Körper sei homogen und unkrystallinisch, « bezeichne den linearen Ausdehnungscoeffieienten, u die Temperaturzunahme, x, y, z die Coor- x er < und da die Temperaturänderung bei homogenen Körpern mit keiner Formänderung verbunden ist, a ae dy de, dx da‘ a db‘ sc de’ a dzes Axae Kay Substituirt man diese Werthe in die Gleichungen (H) (T), so gehen sie über in da db de =: — — —) — 2 X, ko lmgeYHilapi: Zah k(n +2) au - da db de\ vertrat —k@+2)au )(L) da db , de 2. tt) —k@a+9 a A ER me. (0) 2 dz dy a _k@-—1) [de , da Rn (+2) 2 u _k@m-1) [da db u Ist der Körper krystallinisch und nicht homogen, so wird im Allgemeinen ein Element desselben sich nach jeder Richtung anders ausdehnen. Es lassen sich nun, wie man leicht nachweist, drei aufeinander senkrechte Richtungen bestimmen, in Be- zug auf welche diese Ausdehnung ein Maximum oder Minimum ist. Bezeichnen wir durch &, n, & diese Richtungen für das Element p, und durch &, ß, y die Ausdeh- nungscoeflicienten nach denselben. Die Ausdehnungscoefficienten nach den beliebigen Richtungen x, y, z sind alsdann g. n = acos? (x, 5) + 8 cos? (x, 7) + y cos? (x, 5) db‘ eye drei )rreand N de >E | — — = a cos? (z, &) + ß cos? (z, 7) + y cos? (z, 5) | | Ausserdem hat man Da a — T = acos(y,$) cos (72,5) + 8 cos (y, 7) cos (2,7) + y cos (y,5) cos (z,£) | Br “ = = = u cos (z, 8) cos (x, &) + 8 cos (zZ, 7) cos (x, 7) + y cos (z, 5) cos (x,5) | (0) dN 2 da‘ db“ w a S = E \ vi Hs (y$) + B cos (7) cos (7) + y cos (X, 8) cos (y 9) q Da wir im Folgenden keine Anwendung von diesen Formeln machen werden, über- gehe ich deren Beweis. — Die in der Theorie der Wärme nöthigen allgemeinen Gleichungen erhält man nun mit Hülfe des Vorhergehenden aus den Gleichungen (A) und (B), wenn man darin setzt dat 2 da ng EN Er dx dx F ax dr ax au dx Zr da‘ da ; db’ db de‘ de , u Aa) Erg; 4 ee NE 2 1 | pP dy dy air dy dy Ru dy dy EAUE NINE) da‘ da 7 dnı zrdb u ACER dE Et, dz — dr Toll Kam arası Team De ne A Wir haben im Vorhergehenden den Einfluss untersucht, den die Temperaturän- derung eines Elementes auf die in ihm wirkenden Kräfte ausübt. Es bleibt nun übrig, anzugeben, wie die Temperatur des Elementes umgekehrt abhängt von dem Drucke unter dem es steht, und von der in ihm enthaltenen Wärmemenge. Theilt man einem Elemente vom Volumen V die Portion freier Wärme 4» mit, und lässt zugleich auf seine Oberfläche beliebige Drucke wirken, so werden sich Vo- lumen und Temperatur ändern, respective um 4V und Au. Diese Aenderungen hängen ab von den Elasticitätsverhältnissen des Elementes, von den Coefficienten der Aus- dehnung durch die Wärme; ferner von der specifischen Wärme bei constantem Vo- lumen 7, und der specifischen Wärme bei constantem Drucke &. Alle die genannten Grössen betrachten wir, gemäss der Annahmen des $. 1, als Constanten, d. h. als unabhängig von Temperatur und Druck. Hienach leuchtet ein, dass das Element den nämlichen Endzustand annehmen wird, man mag ihm die Wärmemenge 4© mitthei- len, gleichzeitig wie die Druckkräfte wirksam werden, oder zum Theil vor oder nachher. — Bringt man zuerst die Druckkräfte an, so werden diese das Volumen des Elementes zu vermindern streben. Diesem Bestreben kann das Gleichgewicht ge- 2 =D = halten werden dadurch, dass man dem Elemente zugleich eine entsprechende Wär- memenge mittheilt, indem diese sein Volumen zu vergrössern trachtet. Sei also 4o' die Wärmemenge, welche nöthig ist, um die durch den äussern Druck erzeugte Vo- lumenänderung zu compensiren, und 4u‘ die dadurch bewirkte Temperaturerhöhung. — Da diese, unsrer Bestimmung gemäss, mit keiner Volumenänderung verbunden ist. so hängt sie ab von der specifischen Wärme „. Man hat also do’ = on7\ Au’ o bezeichnet, wie früher, die Dichtigkeit. Theilt man dem Elemente nun eine fernere Wärmequantität 4@“ mit, während man die Druckkräfte. ungeändert lässt, so wird sich das Volumen ändern, um AV. Entspreche der Wärmezunahme 40 die Temperaturzunahme Au”, so ist AV vw ar aE yydu‘! «a, ß, y haben dieselbe Bedeutung, wie im vorigen $. — Nach Voraussetzung ist die Temperaturänderung Au‘ von keiner Aenderung der äussern Drucke begleitet. Sie hängt also ab von der specifischen Wärme &, so dass man hat do’ — oeV Au“. Bezeichnei nun 10 die ganze Wärmezunahme des Elementes, Ju die ganze Tem- peraturerhöhung, so hat man do = Jo' + Jo" Ju = Au’ + Au” Eliminirt man aus vorstehenden Gleichungen 40’, o", Ju’ und .fu”, so kommt a A ANER Do AN. | Tai Tor m v9 Die Temperatur jedes Elementes eines Körpers wird sich im Allgemeinen mit der Zeit t ändern; in jedem Augenblicke muss aber diese Gleichung erfüllt sein. Man hat also auch Ju du dom (er ah & dt orV dt (ae +8-+ y)n di Bezeichnet man die innere Leitungsfähigkeit des Körpers durch K, so ist nach Fourier A und allgemeiner, wenn man die Leitungsfähigkeit des Körpers nach verschiedenen Richtungen hin als verschieden betrachtet, d du) du 1 dw (Kr) Io a(Kaz,) A (Rz) VRR: dx dy dz wo K,. K2. K; Functionen von x, y, z und u sein können. Wird der Körper ho- mogen und unkrystallinisch, und K von u unabhängig angenommen, so folgt @ av Sa = Köu wo zur Abkürzung gesetzt wurde NEIN ara, Turner, ul Dr ge dy? dz? i AV Sei ausserdem p = Yy> also da db de ty so geht die Gleichung für a über in du. E-mM _.d ne a er. dt, 0) Für Punkte der Oberfläche gilt die bekannte Gleichung Ke4na-D=-o (S) du ds tialquotienten von u nach der (nach aussen gerichteten) Normalen der Oberfläche des Körpers bezeichnet. wo U die äussere Temperatur, h die äussere Leitungsfähigkeit , den Differen- 8: Die in den $$. 2—4 entwickelten Formeln enthalten die vollständigen Bedingun- gen, welchen die Probleme der unendlich kleinen Schwingungen und der Fortleitung der Wärme im Innern der Körper unterworfen sind. Bevor wir sie auf die letztere Aufgabe anwenden, welche den Hauptgegenstand dieser Abhandlung ausmacht, wol- len wir zeigen, wie sich mit Hülfe derselben das Verhältniss 1 für feste Körper aus Beobachtungen ableiten lässt. u Wirkt auf die Grundllächen eines prismatischen oder eylindrischen Stabes, von der Länge 1 und dem Volumen V in der Richtung der Axe eine Kraft L (auf die Einheit der Fläche), so werden sich seine Länge, sein Volumen und seine Tempe- ratur ändern, respective um Al, AV, Au. Wird die Temperaturänderung 4u aufgehoben, indem man dem Stabe Wärme zuführt oder entzieht, so geht Al über in 2l/, AV in AV‘. Offenbar ist A = er + adu l il ; V’ _ = _ + 3adu Nach $. 2 (K) ist aber Alu 3 (n + I)L er er (n + 2) (n — 1)k EAN E RT Lg Vo, 6 ME folglich a n+1 k AN Se == @+3) @—-1 2 + ezu IV 1 L A Au bestimmt sich mit Hülfe der Formel (0), wenn man darin © — o setzt, da wir angenommen haben, dass die Temperaturveränderung bloss in Folge der Aenderung des Volumens, nicht aber der Wärmemenge des Stabes, entstanden sei. Man hat also URN 4 TER: Die letzten drei Formeln geben RN NRALENER de & 3ak (n + 2) (D ni 3(n + 2) (n — 1)k Ai Ba+)-27G.—n! er oder, wenn man den Elasticitätscoefficienten q = u einführt 1210 Y_ Bi ROBBE BERN (U) en n —1 j nn. RS Hat man die Temperaturänderung beobachtet, welche in dem Momente eintritt, we die Kraft L in Wirksamkeit tritt, so erhält man mit Hülfe der Formel (A) das Ver- hältniss 7, nämlich sie giebt *) 3ak(n + 2)du 4 a € Eine andere Methode zur Bestimmung von! für feste Körper, stützt sich auf die Beobachtung der Geschwindigkeit des Schalls in denselben. Zu diesem Zwecke kann man sich prismatische Stäbe daraus formen, und diese in tönende Schwingungen versetzen, am besten in Longitudinalschwingungen. Für diese erhält man aus der Gleichung (B) auf bekannte Weise die Differentialgleichung a au PR ’ me 3 Teer a bezeichnet die Verrückung eines Querschnittes in der Entfernung x von der einen Basis. Die Bewegung pflanzt sich im Stabe mit der Geschwindigkeit fort *) Weber, der Beobachtungen in dieser Absicht anstellte, bediente sich in der oben ange- führten Abhandlung einer unrichtigen Formel. Die eben abgeleitete wird in seiner Bezeichnung Bea N 6kk’o(n + 2)Ju ß OF—ZIR Für Ju ist hierin zu selzen th(Tı — T, eh _o—An Ser - i 22H t ist dieselbe Zahl, wie bei Weber, h = = ZB s Drahtes in schwingendem Zustande, r sein Radius, o seine Dichtigkeit; T, und Tı sind die Zeiten, welche vom Momente der Spannungsänderung der Saite, respective bis zum Anfang der Beobachtung Ju So H die äussere Leitungsfähigkeit des beobachteten 1° und bis zum Ende derselben verflossen sind (also bei den Weber’schen Experimenten T, = v TE I. + E Secunden eirca). H ist an der schwingenden Saite selber zu beobachten. Weber zog t statt 4u in Rechnung, vernachlässigte also den Einfluss der Abkühlung, was bei seiner Beobachtungsme- thode durchaus nicht erlaubt ist (man sehe die oben citirte Abhandlung von Weber). A v' kann aus der Länge des Stabes und der Tonhöhe leicht gefunden werden. — Sei v die unter der Hypothese <= n berechnete Schallgeschwindigkeit, also voll e so gıbt vorstehende Formel*) ie S. 6. Sind die Kälte- und Wärmequellen, denen ein Körper unterworfen ist, und die äusseren Druckkräfte constant, so wird sich mit der Zeit ein vom anfänglichen Wär- mezustand unabhängiges Gleichgewicht der Temperaturen einstellen. Zugleich wer- den sich die Verrückungen der Molecüle einer unveränderlichen Gränze nähern. Man wird also für t = » haben 2 =o, an =o0. Die Gleichung (B) $. 4 wird also du=o d. h. die Bedingung des Gleichgewichtes der Temperaturen ist von e und 7 unabhängig. Dagegen gibt es nur einen einzigen Fall, wo die veränderlichen Temperaturen von (e — n) unabhängig sind und die darauf bezüglichen Bedin- gungsgleichungen mit den von Fourier aufgestellten übereinstimmen ; nämlich dann, wenn der erwärmte Körper einen dünnen Stab oder geschlossenen Ring bildet, des- sen Querdimensionen so klein sind, dass die Temperatur eines jeden Querschnittes *) Wertheim, in seiner ersten Abhandlung über Elastieität der Metalle, wendete diese Methode an. Allein die von ihm benutzte Formel ist gleichfalls unrichlig. Er setzt nämlich “2 Ta 2.08 € v2 während man aus unsrer Formel erhält 7 ue2 — = 6— —5 für n == 3 € v2? D) v2 h& und ne fürn !=%2 Wertheim scheint zu seiner Formel gelangt zu sein unter Anwendung des Poisson’schen Salzes, dass die Schallgeschwindigkeit in einem unbegränzten Medium zu der in einem dünnen Stabe sich verhalte wie Y6 : Y5. Allein dieses ist nur dann richtig, wenn man <= n und n = 3 setzt. als gleichförmig betrachtet werden darf, und wenn zugleich die auf die Oberfläche wirkenden Drucke constant sind. — Dann ist offenbar — 3«u. Setzt man diesen Werth in Gleichung (B) $. 4 ein, so kommt du_ K ne du l En 7 dt d. ht Zus = K du di [25 Dieses ist die bekannte Gleichung , welche bis jetzt alle Analysten ihren Unter- suchungen über die Wärme zu Grunde gelegt haben, und die man aus (B) $. 4 er- hält, wenn man darin e = n setzt. $. 7. Am meisten Interesse hat die Untersuchung der Temperaturverhältnisse einer homogenen Kugel oder einer Kugelschaale, die von concentrischen Kugeloberflächen begränzt ist. Die analytischen Entwicklungen lassen sich in diesen Fällen mit aller für die Anwendung auf's Experiment wünschenswerthen Allgemeinheit, und in ziem- licher Einfachheit durchführen. Wir begnügen uns damit, hier die Hauptmomente nur für die volle Kugel zu entwickeln, und nehmen dabei die willkürlichen Bedingungen des Problems möglichst einfach an. Nämlich, wir setzen, zur Zeit t= o sei die Kugel so erwärmt, dass alle Punkte in gleicher Entfernung r vom Centrum die glei- che, aber willkürliche Temperatur u, haben. Es ist also u, = {(r) a) wo f(r) eine willkürlich gegebene Function des Radius vector. Die Temperatur der Umgebung sehen wir als constant an; ebenso den normal gegen die Oberfläche der Kugel gerichteten Druck. Beide können wir — 0 setzen, ohne dadurch die Aufgabe weiter zu beschränken. Es sei also U=o x Y=o Z=o Uebrigens wäre die Lösung noch möglich, wenn man für die äussere Temperatur und den Druck beliebige Functionen der Zeit annähme. Auf Punkte im Innern sollen, ausser den molecularen, keine andern Kräfte wir- ken, d. h. es sei NuZuG vV=o 2 =o0 ie Offenbar werden, unter den gemachten Voraussetzungen, die Temperatur und die Ver- rückungen irgend eines Punktes, zu einer beliebigen Zeit t, allein Function seiner Ent- fernung r vom Mittelpunkt der Kugel und von t sein. Transformirt man du unter Berücksichtigung dieses Umstandes in Polarcoordinaten, indem man den Mittelpunkt der Kugel als Anfangspunkt nimmt, so kommt 1 d2(ru) & r dr? au= uud die Gleichung (R) geht über in du ER end de ont dr? 3an dl @) Schreibt man Kürze halber h statt = so gibt die Bedingung an der Oberfläche (S) du £ Ar Zahn 0 (3) Aus (E) folgt unter Anwendung der Gleichungen (L) und (M) 0 nn — m+ 2a (4) wo da, db, de aa tıyt die Dilatation des Elementes. Sei r(1 + 9) die Entfernung eines Punktes vom Mit- telpunkt der Kugel zur Zeit t = 0, d. h. es sei r# die Verrückung des Punktes in der Richtung des Radius, so erhält man h dd Be een (5) Die Gleichungen (D) und (F) geben o=p+ Mm — |) m — (n + 2)au (6) 19) r Diese Gleichung gilt nur für Punkte der Oberfläche, also nur für r — r,. wenn r, der Radius der Kugel ist. Unsre Aufgabe ist nun, eine solche Function u von r und t zu finden, welche den Bedingungen 1) bis 6) genügt. Als siebente Bedingung kann man noch die hin- zufügen, dass für r — o die Verrückung r® nicht unendlich werden darf. $. 8. Aus der Gleichung 4) ziehen wir zunächst oT": + FW wo F(t) eine willkürliche Function der Zeit. Aus 5) folgt 1 T — 2 13 f r2gdr Das Integral muss verschwinden für r — 0, da sonst im Mittelpunkt der Kugel r# unendlich würde. Setzt man hierin für g seinen Werth, so wird N < T PROBE ER f rRudr + IF) r 5 3 Dieser Ausdruck für # in die Gleichung 6) substituirt , gibt folglich 2.0 2 2) She: 6(n — 1) = frruor (7) 0 n+2.e-7\ dd _ K dm) 2m—-N) .:—n 1 ([ ‚du 8 ; =) di on dr n ı ® a Diese Differentialgleichung ist linear und in Rücksicht auf die Variable t von der er- sten Ordnung. Man kann also setzen — mit n=e v (9) wo m eine Constante, die wir vor der Hand unbestimmt lassen, und v eine Func- tion von r allein. Die Substitution in (8) gibt 4 (+ 3)=0 r dr? 3 o/ wo zur Abkürzung gesetzt wurde A „__ me Mn -Nn+l+De | = T7RıT . 100000 = 3n 6(n — 1) (le — 9) og, + mern: (11) To BE rvdr o Das vollständige Integral der Gleichung (10) ist ALaL ar bsr v=ge'sin — + g%cos — — —- To rn, rn o Da _ für r — o nicht unendlich sein kann, weil sonst u im Mittelpunkt der Kugel beständig unendlich wäre, so muss g’ — o sein. Der blosse Anblick der Gleichung (10) lehrt, dass wenn die Function v ihr genügt, auch gv genügen muss, wenn & eine willkürliche Constante. Wir können desshalb, zur Vereinfachung der Bezeich- nung, setzen ar bsr v=sin— — — P r, erde) und dann ist gv das allgemeinste Integral, dessen wir bedürfen. Multiplieirt man die Gleichung (12) mit rdr, und integrirt von o bis r,. so erhält man, in Berücksichtigung von (11) 2 Be oo (sin a a cos a) sb rg N ö 3 woraus sna-acoa _ a? Au: gem? 3 Wir haben nun für u den Ausdruck gefunden (sin a— acos a) (13) sin — rl — Bo (14) Soll er unsre Aufgabe lösen, so muss er der Bedingung an der Oberfläche (3), nämlich du (a RB genügen. Die Substitution von u aus (14) gibt, nach einer einfachen Umformung Ball b lang a _ wä a . 3) a 1 — r,h + de az(ı Sr 5) oder, wenn man für b den Werth setzt, al nr) lang duch n € a (15) a a) (en) roh n € a? Alle Grössen in dieser Gleichung sind gegeben, ausser allein a. Damit dieselbe er- füllt wird, müssen wir für a eine ihrer Wurzeln setzen. Offenbar hat die Gleichung (15) unendlich viele Wurzeln, die wir, ihrer Grösse nach geordnet, durch a, ag». - - . &, . . . bezeichnen wollen. Mit Hülfe einer jeden kann man eine particulare Lösung der Gleichung (5) von der Form (14) bil- den, welche zufolge ihrer Herleitung den Bedingungen 2), 3), 4) und 6) genügt. Den allgemeinsten Ausdruck für u erhalten wir, wenn wir die Summe aller dieser particularen Lösungen nehmen. — Deuten wir die von der Wurzel a, abhängigen Grössen durch den angehängten Index , an, so haben wir also U= >, 92 Ye e mit 1 r und man erhält m,, v,. $,. wenn man in den Gleichungen 11). 12). 13) a, statt a setzt. S.09. Kämen unter den Wurzeln der Gleichung (15) imaginäre vor, so hätte man die ihnen entsprechenden particularen Lösungen für u aus dem allgemeinen Ausdrucke 16) fortzulassen, da offenbar für t= » u—= 0 sein muss, während imaginäre Werthe von a auf einen Ausdruck mit periodıschen Gliedern führen würden. Es lässt sich aber nachweisen, dass sämmtliche Wurzeln der Gleichung 15) reell sind. Irgend zwei der Grössen v, die wir durch v, und vu bezeichnen wollen, genü- gen den Gleichungen E h V a Au + a N, ‚ dr raAr=o (vDsen 0 (vr. 00 In der leicht nachzuweisenden identischen Gleichung do do Be ya ur A (r2o Fr ). u) (v Dr fe ro — dr + fe "dr v VA } setze man » = n e=—,50 kommt unter Anwendung der vorangehenden Gleichungen , FAN a pr bsur r, d- (EL iv (‘ 2 ar —= h(vv,) + burg (17) r? r Yu r? = Au) en 3 vd a p Mit Hülfe dieser Gleichung folgt nun leicht, dass der Gleichung (15) kein Werth genügen kann von der Form du = 8 + w—A wo ß und y reell und von o verschieden. Da nämlich alle in der Gleichung (15) vor- kommenden Grössen reell sind, so muss, wenn eine Wurzel von der angegebenen Form vorkommt. noch eine zweite vorhanden sein von der Form = 8 — mi: Die diesen beiden Wurzeln entsprechenden v’s müssen sich auf die Form brin- gen lassen yv=v+vV-1 eye — yo und ebenso wird sein — urn wo v’, v’', s’, s” reelle Grössen sind. Durch Substitution dieser verschiedenen Werthe geht die Gleichung (17) über in gie. To b 4 (#2 - y2 - 2-1) f v2 + v2) dr + zs (v4 s)| o o / yt\2 u2\ 17 (=) (**) — ‚'2 ‚2 Zr ee hiv2 NDR +f. r Mais + Ir ‚dr Damit diese Gleichung erfüllt werde, muss der Coefficient von Y- ı verschwinden, d. h. es muss sein TV, ef (v + v’D)dr + a (s? + s’'9)} = 0 0 o Da b positiv ist. kann die Parenthese offenbar nicht verschwinden. Also muss sein By = 0 d.h. 8 = 0 oder y = o. Für ß = o würde die linke Seite obiger Gleichung nega- tiv. die rechte Seite positiv (da h positiv). Die Annahme 8 — o führt also auf einen Widerspruch, und es muss daher nothwendigerweise y = 0, d. h. au und folglich auch mu reell sein. Diese Methode, die Realität von m nachzuweisen, kann sehr leicht auf das Wär- meproblem in der allgemeinsten Fassung ausgedehnt werden. Sie unterscheidet sich in einem wesentlichen Punkte von der von Poisson angewendeten. indem auf die angegebene Weise nicht bloss nachgewiesen wird, dass m? reell, sondern, was eben so wesentlich ist, dass m reell, also m? positiv ist. Ueber die Lage der Wurzeln dieser Gleichung lässt sich im Allgemeinen dasselbe sagen. als über die Wurzeln der Gleichung tanga‘ 1 “ a = r.h\ a Da diese vielfach behandelt wurde, wollen wir nichts darüber hinzufügen. Nur kann man bemerken. dass a, sich mit wachsendem n rascher der Gränze (2n + 1) 5 nähert, wı= als ai . $. 10. Vertauscht man iu der Gleichung (17) A mit «, so bleibt die rechte Seite unge- ändert. Hieraus folgt Apr / d brir r A: 4 bs. h a vulv r—a v(v Jar —o a RL A 73 ) “), u RE o o ’ oder. wenn man die letzte der Gleichungen (11) berücksichtigt, , L bs,r (al, _ a) I (va Ir n dr=o (17) r Bu we Seien nun A und «u von einander verschieden, so folgt hieraus o rb v4 (ve + = s) dr = o (18) o 0 Ist dagegen A = u , so erhält man r, 4 sin 2ay (n -1) &e- m (sin a, — cosa,)2 c =) ln + 2 s) dnz=ar E El? — ) 1 1 (19) o a n 1 A 7 a, Mit Hülfe der Gleichungen (18) und (19) lassen sich nun leicht die Werthe der willkürlichen Constanten g in dem Ausdrucke für u, (16), so bestimmen , dass auch die letzie noch übrige Bedingung (1) erfüllt wird, nämlich, dass fürt — o u eine gegebene Function f({r) wird. Es muss also sein {02} vw=el)=A y 1 r Wir multiplieiren diese Gleichung mit und integriren von r bis r,, so kommt I a = ey bs f r f(r) sin ( “Jar —= 1 il vlva = e)ar o To 1 o T, o Wegen den Gleichungen (15) und (19) wird die rechte Seite dieser Gleichung — gucu. also gu — u r f(r) sin (Jar C u o o und wir erhalten für u schliesslich die Formel a2 v Br} To ee f. r f(r) sin ("Jar (20) 1 rc, o I, Hierin ist, nach dem Vorhergehenden ayc n—12—- „En — cos) r Var —ESm z = To n € a yR 1 sin 2a, n—1s.- „Gina — cos a) ze a an n & AR | A a;Kk 3n ee "Sue u re 2@ — 17 + m+ 29: und a, eine Wurzel der Gleichung n au >. s—nrh + - e} tang a n € a“ ar wa Nena en 1-rh+2 m n € a“ Gesetzt. man habe die Kugel so lange in Flüssigkeit von der constanten Tem- peratur u, gesetzt, bis sie diese gleichfalls angenommen hat, und bringe sie zur Zeit t — o in eine andere Flüssigkeit von der constanten Temperatur o, so ist f{r) = u — Const., und es wird To ayr T ayrt b f r f(r) sin ( } )ar ER "r sin ( )ar = u,81 (' Ar 2) n To n nz 3 also ® Sn MPCHEBIE. u—aus (! | > Denk E.; 3 f 1.C4 Diese Formel scheint insbesondere geeignet zur Vergleichung mit Beobachtungen. Am bequemsten ist die Verfolgung der Temperatur im Mittelpunkt der Kugel, also für r — 0. Die Formel (12) gibt hiefür (*) a bsı Dal iose: r Eine nähere Discussion des hieraus für (u), - . entspringenden Ausdruckes un- terlasse ich; man kann daraus ableiten, was “auch schon eine einfache Ueberlegung zeigt, dass, wenn u, > 0, anfangs die Temperatur u im Mittelpunkt der Kugel wächst, ein gewisses Maximum erreicht, und von da an fortwährend abnimmt bis zur Temperatur 0 der umgebenden Flüssigkeit. Die Beobachtung jenes Maximums, und des Augenblickes, in welchem es eintritt, kann benutzt werden, um den ander- weitig bestimmten Werth von - mit Hülfe obiger Formel zu verifieiren. 6:1. Zur vollständigen Lösung unsrer Aufgabe fehlt noch der Beweis, dass sich die vonr=obisr = r, willkürlich gegebene Function f(r) wirklich in eine conver- gente Reihe von der Form gıyı + gV2 +. -- entwickeln lässt. Diesen Beweis übergehe ich hier, und begnüge mich zu bemerken. dass die Richtigkeit unsrer Voraussetzung sich als Folge eines sehr allgemeinen Theo- rems ergibt, welches sich folgendermassen aussprechen lässt : „Es seien v4, V2> . - Vms- . . irgend welche Functionen von r, welche zwischen den Gränzen r — A und r — B stetig und immer endlich sind, und welche die Ei- eenschaft besitzen. dass 1) vm zwischen r — A und r = B, (m — 1)mal das Vorzeichen ändert; 3) die ungleichen Wurzeln der Gleichung vm = 0, welche ihrer Grösse nach durch mı. my, . . . . Mm ı bezeichnet werden mögen, so liegen, dass mx <(m — 1) < m + 1, und dass die Summe (A — mi)? + (mı — m)? +... + (mn _ 2 — Mm — 1)? + (Mm ı — B)? mit wachsendem m sich der Null nähert. Unter diesen Voraussetzungen lässt sich die willkürlich gegebene Function f{r) zwischen den Gränzen r — A und r — B in eine ®onvergente Reihe von der Form f(r) = gı + ger + .- - entwickeln.“ Die Gültigkeit dieser Reihe kann für besondere Werthe von r eine Ausnahme erleiden, je nach Beschaffenheit der Functionen vı, v2, - - ; und ffr). H.nna Apercu geologique des environs du lac de Lugano accompagne d’une carte et de plusieurs coupes par ©. BRUNNER , rırs. Kr ur % “ la Br ya 4 EN wäh Ber“ ab RE as} she, y ” 3 ” er gi He am ae * 20h ne A Au Ya ur E N u ERETERT Re nr Bra 3 f Br N A e N a ni 2 ? ER ER a In s e 2 n hey a el u 3 ER Makel ar rei RER, Ran BERG % Pay: Ara | Un Le pays situ& entre les trois lacs est digne du nom de paradis des naturalistes , non seulement par la beaute ravissante de sa nature, mais bien plus encore par les phenomenes geologiques remarquables qu’il renferme. Il y a une vingtaine d’annees que ces phenomenes inspirerent a un des plus grands geologues de l’Epoque plusieurs memoires distingues par l’importance des decouvertes qui y sont deposees. Les faits les plus frappants qui ont servi de base a la discussion des grandes questions de l’action des roches plutoniques et de la formation de la dolomie ont ete puises dans le pays situ& entre le lac Majeur et celui de Come et la description de cette contree par M. de Buch!), parait avoir rendu superflu de retourner ä ce champs d’observations. Ces questions cependant sont loin d’ötre resolues completement,, et la moindre observation faite avec preceision peut y jeter une nouvelle lumiere. L’espe- rance de fournir quelques nouveaux traits pour completer le tableau geologique de ce pays m’engage ä publier les resultats obtenus pendant des sejours reiteres que jai eu le plaisir de faire dans cette belle coniree. Micaschiste. Le micaschiste occupe la contree de Lugano et s’attache du cöte du Monte Genere au gneiss. Il se distingue de loin par la forme arrondie de ces collines et contraste ainsi avec les escarpements perpendiculaires du calcaire et de la dolomie qui l’avoi- sinent. Lorsqu’on traverse les hauteurs situdes entre la vall&e de Cavargna et celle de Colla, on peut tracer de loin et tres nettement la limite entre les deux terrains en n’ayant egard qu’a la forme exterieure des montagnes. A l’exception des envi- rons de Christiania en Norvege, oü le micaschiste avoisine les couches de calcaire si- lurien, je n’ai jamais observe une separation aussi tranchee. !) Sur quelques ph6nomenes que pr&sente la position relative du porphyre et des calcaires dans les environs du lac de Lugano. Annales des sciences naturelles. T. X. 1827. p. 195. Carte geolo- gique du terrain entre le lac d’Orta et celui de Lugano. Ann. des sc. nat. T. XVII. 1829. p. 258. Be 1 0 Le micaschiste de Lugano est tres riche en mica, qui est la cause de sa forte degradation. La disposition des paillettes suit generalement une direction qui va de ONO en ESE, en s’inclinant vers le midi. Cette direction est tres constante dans toute la contree, et le micaschiste ne participe nullement aux dislocations des couches calcareuses que je signalerai plus tard. Dans le haut de la vall&e de Colla la roche renferme des grenats, et sur diffe- rents points dans les environs de Lugano en montant vers les villages de Gentilino et de Montagnola on rencontre des couches intercaldes d’une roche amphibolique, dont la direetion est la m&me que celle de paillettes de mica dans le schiste. Gres rouge. Le premier terrain de sediment est le gres rouge & cailloux de porphyre rouge et de gneiss. Dans le territoire qu’embrasse notre carte ce gres n’a qu’une etendue peu considerable. Ses couches partieipent aux bouleversements »de la dolomie qui lui est immediatement superposee. Au pied du San Salvatore pres de la chapelle de S. Martino le gres s’appuie sur le micaschiste en formant des couches recourbees (2° coupe). Par sa durete le gres se pröte tres bien ä l’usage qu’on en fait comme pierre meuliere 1). Sur la montagne qui separe le val Gana de la vallde de Porto et de Bisuschio le gres repose sur le granit et se trouve recouvert par la dolomie. La meme dis- position a lieu sur le versant oriental du Monte S. Giorgio pres de Capo lago, sauf que le granit y est remplace par le porphyre rouge. Dans ces deux localites le gres ne possede ni la durete ni la couleur rouge qui caracterise celui de S. Martino. Ce gres fait Evidemment partie de la grande formation de gres rouge qui s’etend entre Nobiallo et S. Abondio sur le lac de Come, et qui occupe tout le fond de la vallee de Sassina. Les premieres traces de ce terrain apparaissent d’apres une communication parliculiere que je dois a M. Balsamo-Crivelli sur la rive du lac Ma- jeur, de la le gres s’etend vers l’orient gagnant et d’etendue et d’epaisseur jusque dans les Alpes du Tirol, oü les gres fossiliferes des environs de Bolzano lui doivent etre subordonnes. Quand mä&me le gres de notre contree ne renferme pas de pe- !) Memoria lerza sui minerali della Svizzera italiana di Luigi Lavizzari. Capolago. 1845. p. 18. BR. & trifications, on peut le elasser d’apres les fossiles trouves dans les Alpes autrichi- . ennes avec assez de sürete dans la formation du gres rouge superieur (bunter Sand- stein) !). Dolomie. Le calcaire des environs de Lugano a une grande etendue et une Epaisseur con- siderable , il oecupe toutes les sommites de cette contree. Sous le point de vue geo- logique il est necessaire de distinguer plusieurs formations calcareuses qui appar- tiennent ä des äges tres diflerents. Les couches les plus inferieures qui reposent immediatement sur le gres rouge, sont formees par une dolomie bien caracterisee, qui compose la plus grande masse du San Salvatore. Dans sa partie inferieure pres de la chapelle de S. Martino , cette dolomie est disposee en couches distinetes qui reposent sur le gres avec stratification concordante. Les couches vont dans la direction ONO a ESE, et plongent vers le SOS. — Mais cette stralificalion se perd ä une distance de vingt pieds, et la plus grande masse de la montagne est formee par une agglomeration de cristaux de do- lomie. Il est assez etonnant que cette roche saccharoide ait la m&me composition chimique que la dolomie stratifide, un fait qui a &t6 constate par des analyses tres precises et sur lesquelles nous reviendrons plus bas. Les fossiles sont extr&mement rares dans cette dolomie. Je n’en connais que le moule d’une bivalve qui a ete trouvee au milieu de la dolomie saccharoide et que je dois a l’obligeance de M. Lavizzari. Ce moule appartient aA une Avicule du groupe de l’Avieula socialis Bronn, que l’on trouve dans le calcaire coquillier et dont plu- sieurs auteurs ont fait le genre Servillia. La eoquille n’etant longue que de deux centimetres, est plus petite que l’Avicula socialis. La valve droite est applatie et munie d’un cerochet courbe, tres analogue ä ce qui a lieu chez l’Avicula socialis. Cette m&me valve est lisse, tandis que la valve gauche est bombee et munie de huit eötes rayonnantes. — J’appelle cette nouvelle espece bien caracterisce Avicula sal- vala, parce que sa conservalion au milieu de la roche cristalline est etonnante et en meme temps ce nom nous rappelle la montagne, oü elle a et& trouvee. ') Au moment oü ce m&moire doil @lre imprim& je trouve dans les Comptes rendus de la Soc. des sc, nal. A Vienne (vol. VI. 1850, p. 20) une nolice de M. Boue, qui annonce la decouverle de fossiles €minemment triasiques (rouy&s par M. Curioni dans le gr&s du pays de Kergamo. Ce fait vient con- firmer la classification du gres rouge adopl&e dans mon me&moire. Bu 8 J’ai regu une Avicule semblable de la vallee de Trompia dans la province de Brescia, et d’apres l’assertion de M. Balsamo le m&me fossile se trouve aussi ä Nobiallo sur le lac de Come dans la dolomie, qui dans cette contree est associee au gypse et qui est immediatement superposee au gres rouge de la m&me maniere que la dolomie du S. Salvatore. S’il est permis de porter quelque jugement sur l’äge de ce terrain d’apres cet unique fossile, je serais tent&E de considerer cette dolomie comme .appartenant ä la formation triasique et representant ainsi dans notre contree conjointement avec le gres rouge, la formation interessante de Saint-Cassian et de la vall&e de Fassa dans le Tirol italien. ; h Calcaire jurassique. Le calcaire gris superieur a la dolomie renferme des fossiles sur le sommet du Monte Generoso, ainsi qu’au versant occidental de la meme montagne au-dessus de Rovio. Les fossiles que j’ai trouves dans ces deux localites sont des Terebratules, des Spiriferes et des Pentacrines, assez bien conserves et suffisamment caracterises pour en deduire l’epoque de la formation des couches dont ils proviennent. Les articulations de Pentacrinites basaltiformis sont tres frequentes dans un cal- caire marneux pres des caves de Tremona a une demi-lieue de Mendrisio. La roche est detruite A sa surface par des actions meteorologiques, tandis que la silice qui com- pose ce fossile a resist6 A cette destruction „ de sorte que ces articulations se trouvent disseminees en grande abondance dans la terre. Avec ces pentacrines on trouve quelques terebratules et des spiriferes. Le marbre d’Arzo repose sur le calcaire gris en stratification concordante 1). 1 renferme en grande abondance les m&mes fossiles que l’on trouve sur le Monte Ge- neroso et a Tremona et bien que l’aspect exterieur de ces roches soit bien different, ces fossiles nous prouvent que l’on doit les considerer comme appartenant toutes au m&me terrain. J’ai ramasse dans toutes ces localites un nombre de fossiles suffisant pour en deduire l’identite des couches, et pour comparer cette faune aux formes connues. Or ces 1) La descriplion de cette roche qui se trouve dans la »Memoria terzac etc. de M. Lavizzari p. 83 est si complete que je ne puis rien y ajouter de nouveau. i £ 1 couches, une fois bien classees, elles nous oflrent un point de depart pour la deter- mination de toute la serie de couches sedimentaires qui dans la partie de [’Italie, dont, nous parlons, occupent une grande &etendue, et sur lesquelles il reste encore tant de controverse parmi les geologues. J’ai done prie M. Merian de bien vouloir porter son attention sur ce sujet. Il y a repondu par l’examen tres soigneux des especes trouvees. En voici le resultat : Liste des fossiles trouves dans le calcaire de Tremona, Arzo et du Monte Generoso. 1) Lima. Une espece trouvee a Arzo qui par ses cötes inegales a beaucoup de rapport avec des petits exemplaires de L. Hermanni Voltz. 2) Pecten, probablement P. textorius Schloth. — Arzo. 3) Une Terebratule lisse, exträmement frequente ä Arzo, se trouvant aussi ä Tremona et au pied du Generoso, est sans doute la 7. ornithocephala Sow. — Il est difficile de tracer la limite entre la forme de la T. ornithocephala du Lias et de la T. perovalis Sow. de l’oolithe inferieure. 4) Une terebratule plissee, egalement tres frequente a Arzo, Tremona et au pied du Generoso doit @tre rapporiee ä la T. tetraödra Sow. 5) T. quinqueplicata Zieten. — Arzo. 6) Spirifer rostratus de Buch. Pied du Generoso. — Arzo. 7) Spirifer Walcottii Sow. Sommet du Generoso, Tremona. Le sillon dorsal des exemplaires trouves dans les localites indiquees est extraordinairement etroit, une abnormite qu’on rencontre aussi dans la formation liasique du Jura. 5) Spirifer tumidus de Buch. Pied du Generoso. 9) Pentacrinites basaltiformis Miller. Tres frequent a Tremona et au pied du Generoso. Tous ces fossiles appartiennent au terrain liasique et caracterisent dans les autres pays les couches inferieures de ce terrain. C’est surtout les trois especes du genre Spirifere qui ne laissent aucun doute sur la justesse de cette classification. Ce genre n’a jamais et€ rencontre dans des couches superieures au lias. — Il est eton- nant que dans les couches fossiliferes d’Arzo, de Tremona et du Generoso on ne trouve pas d’Ammonites qui dans le Jura suisse accompagnent ordinairement les fos- siles mentionnes. J’ajouterai cependant que M. Balsamo-Crivelli a determine plusieurs a We ammointes qui proviennent de Castello a une lieue de Mendrisio dans une direction „sud-est. Ces ammonites presentent toutes des formes liasiques, et bien que cette lo- calit6 me soit inconnue, je n’ai aucun doute sur liidentit& geologique de ses couches avec celles dont nous venons de parler. Il est done etabli que toutes ces couches appartiennent au lias inferieur, et ce fait presente un nouvel appui a notre maniere d’envisager la dolomie du San Sal- vatore qui est inferieure aA toutes ces couches, comme representant les terrains triasiques. Le lias a &t6 reconnu sur le lac de Come dans les couches de Perledo et de Moltrasio par MM. de la Böche !), de Collegno 2) et Pilla3). On doit probablement aussi y classer les couches fossiliferes d’Esino , qui renferment de tres belles natices, des troques, une grande melanie ete., dont MM. Villa a Milan possedent une collection magnifique et dont j’ai ramass& moi-m@me une grande quantite. Quant au calcaire rouge d’Erba dans la Brianza, que les geologues italiens ap- pellent „calcarea ammonitica rossa“, il n’y a plus de doute apres les recherches de MM. de Buch “), de Collegno 5) et Pilla 6), qu'il ne represente le Jura superieur (0x- fordien et corallien)7). Il est vrai que M. Coquand a consider r&ecemment la cal- carea ammonilica rossa comme faisant partie du lias 3). Neanmoins les fossiles d’Erba soigneusement determinds me portent a considerer la classification faite par les geo- logues eites comme juste. Du reste il est loin d’etre prouve que tous les calcaires !) Coupes el vues geologiques, p. 61. 2) Bulletin Ye. la soc. geol. de France. 2. serie, I, 18%4. p. 187 et 192. 3) Bulletin de la soc. geol. de France. 2, serie, IV, 1847. p. 1065. “) Atti della sesta riunione degli scienziali ilaliani. Milano 1844. p. 579. 5) Bulletin de la soc. g&ol. de France 2. serie, II. 1844. p. 60 et 365. 6) Notice sur le calcaire rouge ammonitifere de l’Italie. — Bulletin de la soc. ge&ol. 2. serie. N 1847. p. 1062. 7) Pour &viter loule confusion je dois rappeler iei que les terrains jurassiques sup£rieurs de l’Alle- magne represenlent les &lages oxfordiens et coralliens, tandis que dans le Jura suisse c’est le portlan- dien qui forme l’etage superieur. Il parait 'manquer compl&tement, dans les lerrains jurassiques de l’Allemagne. Dans les Alpes du canton de Berne et jusqu’en Savoie on a relrouv& l’&tage porllandien dans un grand developpement, mais les terrains d’Italie designes par M. de Buch comme repr&sentant le jura sup@rieur de l’Allemagne doivent &lre consideres comme apparlenant aux @lages oxfordiens et coralliens, conjointement avec le calcaire alpin de Meyringen et de Chätel St. Denis dans le canton de Fribourg. — »Sur les carael£res distinclifs des couches jurassiques superieures dans le midi de l’Europe par M. de Buch.« Bull. de la soc. geol. de France. 2. serie. II. 1844. p. 359. 8) Bulletin de la soc. g&ol. de France. 2. serie. Ill. 1846. p. 307. =. rouges a ammonites n’appartiennent en Italie qu’a un seul terrain, et il est tres pos- sible que le calcaire rouge de la Toscane differe d’äge de celui de la Lombardie. Ces couches jurassiques paraissent manquer dans les environs de Mendrisio , ot la majolica se trouve immediatement superpose au marbre d’Arzo. Terrain cretace. Tout pres du village d’Arzo on observe la superposition de la majolica au marbre, et celle-la est exploitee dans une petite carriere entre Arzo et Saltrio. Ü’est une marne blanche ä cassure conchoidale, qui merite son nom sous tous les points de vue. Des concretions de silex rouges et grisätres sont disseminees irregulierement dans la masse, et lorsqu’on compare la roche ä la faience, on se rappelle a la vue de ces nodules de silex d’un phenomene qui est bien connu ä tous les fabricants de porcelaine. Lorsqu’on laisse sejourner pendant quelque temps le melange päteux d’argile et de silice qui 'sert a la fabricatien de la porcelaine, on remarque que l’uni- formit& du melange se detruit, et que les parties siliceuses s’agglomerent pour former des concretions qui se distinguent de la masse par leur composition chimique. Cette majolica ne renferme aucune trace de fossiles. Mais des recherches soi- gneuses faites dans le Vicentin, oü ce terrain contient des restes organiques ,„ le rendent extremement probable qu’elle represente le n&ocomien, c’est-A-dire la partie in- ferieure de la formation eretacee. Terrains tertiaires. Les parties superieures de la formation eretacee sont cachees dans notre contree par des terrains plus recents...La m&me chose a lieu en partie pour le terrain num- mulitique et le macigno qui representent dans les Alpes le terrain tertiaire du bassin de Paris. Dans les environs d’Induno pres de Varese on trouve le macigno avec les empreintes de plusieurs especes de Fucus, et dans la Brianza ce terrain est tres developpe !), ainsi que le calcaire a nummulites. Dans les environs de Mendrisio elle est couverte d’un gres qui renferme des fossiles tertiaires de la formation subapennine, qui lui-meme est recouvert par des conglomerats diluviens qui oceupent la plaine lombarde et sur lesquels se trouvent dissemines les &rands bloes erratiques. !) Memoria geologica sulla Brianza di A. e. $. B. Villa. Milano 1844. p. 30. ID 10 Tableau des terrains de sediment qui occupent le versant Terrains qui s’observent dans le cadre de notre carte. 1) Poudingue et gres rouge du S. Salvatore etc. 2) Dolomie du S. Salvatore etc. 3) Calcaire d’Arzo, Tremo- na, monte Generoso etc. 4) 5) Majolica. 6) 7) Calcaire a nummulites et Macigno. 5) Gres ä fossiles des col- lines subapennines. 9) Conglomerat de la plaine. 10) Blocs erratiques. meridional des Alpes. Terrains qu’on trouve dans les environs du lac de Come. i Menagio. Val Sassina. ) \ Nobiallo., ete. Marnes de Moltrasio, Per- ledo, Esino etc. Calcarea ammonitica rossa d’Erba, Corni di Canzo. Poudingue de Sirone (dans la Brianza) !). Roches eristallines. (Granit, porphyre rouge et noir). Classification. Trias (bunter Sandstein et Muschelkalk). Lias. Terrains jurassiques supe- rieurs. Terrain eretace (Neocomien). T. eretac& superieur. inferieur T. tertiaire inferieur (&o- cene). T. tertiaire superieur (plio- cene). Diluvium. Alluvium. Apres avoir classe les roches sedimentaires, nous allons jeter un coup-d’eil sur les roches eristallines qui apparaissent au milieu des couches de caleaire et de gres. Cette formation abnorme avexcite linteröt des geologues depuis une longue serie d’annees, et a provoque des theories ingenieuses combattues et defendues par les Les roches qui font partie de ces masses cristallines peuvent &tre classces®n trois groupes prineipaux. geologues les plus habiles. ') Memoria geologica sulla Brianza di A. e. S. B. Villa. Milano 1844. p. 19. u ge D’abord c'est un beau granit ä feldspath de couleur de chair. Le quartz s’y trouve tres souvent en cristaux isoles, surtout dans les petites cavites qui traversent la roche en une multitude incroyable. Dans ces mömes cavites le feldspath egale- ment forme des petits cristaux tres nets. Chaque cristal de feldspath rose est en- toure par des cristaux d’albite en forme de paillettes minees et transparentes. Cette disposition des deux especes de feldspath est assez bizarre et presente l’aspect d’une couche de vernis recouvrant le feldspath a couleur de chair. Ce granit occupe prineipalement la partie oceidentale de notre formation, c’est- a-dire le grand distriet depuis le val Sana jusqu’au lac, oü il forme encore le pied meridional du San Salvatore entre Carona et Morcote. Le porphyre rouge est compose d’une base feldspathique d’un rouge fonce, dans laquelle sont dissemines des eristaux de quartz et plus rarement des parties cristal- lisees de feldspath. Ce porphyre n’a pas une etendue considerable. La plus grande parlie est situee entre Melano et Capolago, une petite parlie se trouve au pied meri- dional du San Salvatore pres de Melide. — Je ne connais aucune localit& qui pourrait nous €claireir sur les rapports qui existent entre cette roche et le granit, mais le porphyre rouge parait @tre intimement lie au porphyre noir ou melaphyre de M. de Buch). Cette derniere roche se distingue par la couleur fonc&e de la base qui lantöt est d’un vert noirätre tantöt d’un brun rougeätre. Le quartz ne s’y trouve pas ä l’etat eristallise, mais on peut y distinguer de petits cristaux feldspathiques que M. de Buch a determines comme albite. On y trouve pres de Rovio des veinules de spath bru- nissant et dans les environs de Carona ainsi qu’entre Porto et Brusinarsizio des veines de sulfate de baryte. [ Plusieurs localites t&raoignent pour lintime liaison qui existe entre le porphyre rouge et noir. En suivant depuis la grande route de Lugano a Capolago, le petit ruisseau de Sovaja qui prend sa source au pied oceidental du monte Generoso pres de Rovio, et qui se jette dans le lac entre Maroggio et Melano, on reste pen- ') M. de Buch designe le porphyre fone& comme porphyre pyroxenique, en presumant la base de celle roche comme &tant compos&e prineipalement par ce mineral. Celle definition est fond&e sur de pelites Ecailles d’un vert fonc& qu’il ä trouvees dans le porphyre de Bissone, et qu'il a reconnues comme pyroxene. (Annales des sciences nalurelles. X. 1827. p. 200.) Or il faul avouer que ces cristaux que d’ailleurs on n’a pas retrouves ä d’autres localil&s, sont Irop probl&maliques pour allribuer sans reserve ä une formation le nom d’une roche qu’on est habiltuee ä voir caracleris6e par la multitude des plus beaux eristaux de pyrox&ne. Il me parait pref6rable de designer notre roche par le nom general de „porphyre noir«, pour la dislinguer du porphyre rouge ä cristaux de quartiz. Ban 0 dant une demi-lieue dans les roches porphyriques. lei les deux especes de porphyre sont melangees de sorte qu’a certains endroits le porphyre noir forme des filons tres nets dans le rouge, A d’autres endroits les deux porphyres se penetrent r&ciproque- ment sans qu’on puisse deeider laquelle de ces deux roches soit anterieure ä l’autre. — En voyant ces phenomenes, on ne peut se defaire de l’id&e de la simultaneite de la formation des deux porphyres. — En suivant la grande route entre Maroggia et Bissone, on se trouve au milieu du porphyre noir; mais pres de la chapelle de San Carlo on est frappe de voir tout d’un coup une grande masse de porphyre rouge in- tercalde dans le porphyre noir. Il est impossible de distinguer si le porphyre rouge forme un grand filon dans le porphyre noir, ou bien si ce n’est qu’un bloe enorme empäte dans la roche noire. — Ce m&me phenomene s’observe entre le porphyre noir et le granit sur la route de Cassina rasa A Brinzio a l’est de Sta. Maria del monte, et se repete dans le Val Sana vis-aA-vis du petit lac de Ghirla. Enfin je dois mentionner iei le rapport singulier qui existe entre le micaschiste et le porphyre et que l’on observe sur la route qui longe le lac entre Morcote et Melide, ainsi que sur la rive opposde entre Porto et Brusinarsizio au pied NO du Monte $S. Giorgio. — Ü’est un veritable chaos de porphyre et de micaschiste. Les couches de cette roche sont presque verticales, mais aceidentees de toute maniere. Le porphyre tantöt est intercal& en forme de filons de 20 a 400 pieds d’epaisseur, tantöt il affecte une esp@ce de stratification dans une direction conforme ä& celle du micaschiste. Il y a des endroits oü le porphyre renferme de grands eristaux de feldspath et de quartz, a d’autres places ce n’est qu’une masse d’un vert fonce sans qu’on puisse y distinguer un cristal queleonque. Enfin, pour combler la confusion, il v a des parties que l’on n’est pas A m@me de distinguer du granit rouge. En un mot, c’est une de ces localites oü la nature parait se moquer des systemes soigneu- sement couv6s par les g&ologues, mais en renversant toute classification , cette loca- lite n’est pas moins importante en ce qu’elle pose une barriere aux subdivisions trop artificielles. Une course dans cette partie du lac nous laisse l’iimpression la plus pro- fonde de l’impossibilit@ de separer les diverses roches cristallines eit&es dans ce m&moire sous le point de vue de la part qu’elles ont prises aux grands phenomenes geologiques. Röle des roches cristallines dans la geologie de notre contree. Disons maintenant quelques mots sur le cöte: que ces roches cristallines ont joue dans les catastrophes geologiques qui ont eu lieu dans notre pays. su M. de Buch en parlant de nos porphyres s’exprime dans ces termes: „c'est l’effet de soulevement de toute la chaine des Alpes sur une fente immense ä travers les couches secondaires“. — Cette idee s’empare de notre esprit quand nous contem- plons la contrde du haut d’une des montagnes dominantes. Depuis la cime du San Salvatore, et mieux encore depuis celle du monte Generoso on voit ä ses pieds une grande masse de roches cristallines formant une serie de collines entre le San Sal- vatore et le San Giorgio et s’etendant vers l’ouest depuis le Generoso jusqu’au Sacro monte di Varese. Les collines composees par ces roches cristallines se distinguent nettement des montagnes calcareuses par leurs formes arrondies et la couleur brune et rougeätre de leurs pentes, dont le pied est presque toujours couvert, de detritus. Autour de cette masse cristalline s’elevent les hautes montagnes de calcaire et de dolomie qui encadrent comme une couronne tout le relief. Les couches du calcaire s’inelinent partout dans une direction opposee A ce centre de roches cristallines, et leur presentent des escarpements presque verticaux 1). C’est une grande voüte sou- levee d’abord par une force centrale, et perc&e ensuite par les diverses roches cri- stallines que nous avons signaldes sous les noms de granit et de porphyre. Liaison de la dolomie avec les roches ceristallines. Il est vrai que le San Salvatore ainsi que le monte Giorgio et la montagne de Sta. Maria del monte, qui se trouvent tous dans le voisinage immediat du porphyre noir. sont composes d’une dolomie parfaite. Il est vrai qu’un lambeau de calcaire &tant enclave dans le porphyre au milieu de la montagne qui est situee entre Fahbiasco et Marchirolo, est la dolomie la plus prononeee. Mais si ces faits paraissent favorables a la theorie qui explique la formation de la dolomie par l’influence des roches pyro- xeniques sur le calcaire, on rencontre aussi des calcaires exempts de magnesie en contact immediat avec le porphyre. Dans le ravin de Sovaja, qui a deja ete cite p. 11 pour les rapports interessants qui y existent entre les deux especes de porphyre, le porphyre noir s’adosse imme- diatement au calcaire du pied oriental du Generoso. Le contact de ces deux forma- tions s’observe pres de la cascade du petit ruisseau de Sovaja, et l’on peut se per- suader que ni les couches qui touchent immediatement au porphyre noir, ni aucune autre partie de cette grande montagne calcareuse sont dolomitiques. La meme chose !) Voir la carte el les coupes joinles ä ce m&moire. BET ee: se repete au nord de Bissone pres de Campione, oü le calcaire, bien qu'il soit en contact avec le porphyre noir, ne renferme pas de magnesie. D’autre part nous connaissons des montagnes dolomitiques etrangeres a toute influence qu’y aurait pu exercer le porphyre noir. L’independance de ces deux roches est deja prouvde par le fait general de l’apparition isol&e du porphyre noir, lequel ne depasse pas les environs du lac de Lugano, tandis que les formations do- lomitiques occupent des etendues considerables dans toute la chaine des Alpes. Je me bornerai ä citer ici quelques exemples qui s’observent dans les limites de notre pays. Lorsqu’on traverse la chaine des montagnes qni separent le val Gana de la vallee de Porto, on observe sur le granit une couche de gres a gros cailloux de quartz ; ce gres est recouvert par la plus belle dolomie identique avec celle du San Salvatore. Cependant sur la montagne du val Gana c’est le granit qui forme la base de la dolomie ei non pas le porphyre noir. Les geologues partisans de lidee de intime liaison des roches eristallines et de la dolomie, expliqueront ce fait en disant que le granit joue le möme röle envers la dolomie que le porphyre noir. Soit. mais passons un peu plus loin a un endroit oü nous sommes hors de l’action des porphyres et des granits. Les montagnes qui s’elevent sur la rive droite du lac de Come au- dessus de la Cadenabbia, sont formees ä leur base parune dolomie eristalline et l’on observe pres de Nobiallo la dolomie la plus parfaite reposant sur le gres rouge abso- lument comme au S. Salvatore. Il n’y a pas de doute quil faut regarder cette do- lomie du lac de Come comme formant la continuation de celle du lac de Lugano. Tout se presente de la m&me maniere, sauf le porphyre qui manque completement, au lac de Come. On retrouve cette dolomie superposee immediatement au gres, ä la rive opposee du lac dans les environs de Varenna. Je l’ai reconnue dans la vallde de Brembana dans une position analogue, et il n’y a pas de doute que la dolomie de la vallee de Trompia qui renferme les fossiles eites plus haut (p. 3) appartienne ä la m&me zöne geologique. Les dolomies enfin de la vall&e de l’Adige pres de Bolzano se representent encore dans cette m&me position relativement au gres. Loin done d’etre reduite A une localite restreinte, la dolomie du San Salvatore parait appartenir a une grande formation dolomitique qui longe le versant meridional de la chaine des Alpes et qui, ä juger d’apres le peu de fossiles cites, repr&sente peut-Etre le calcaire coquillier dans cette contree 1). L’ind&pendance de la formation !) Il n’ya pas de doule que des couches dolomitiques se renconfrent aussi en d’aulres ferrains, car e’est un phenomene general qui est independant de l’äge. Ainsi il est prouve que beaucoup de mon- (agnes dolomitiques des Alpes apparliennent aux lerrains jurassiques, elc. 0 de la dolomie et de l’apparition du poryphyre noir une fois reconnue, il n’est pas etonnant que le pied oceidental du M. Generoso ne soit pas dolomitique, car le cal- caire de cette montagne fait partie d’une formation superieure, comme il a eie de- montre plus haut (p. 7) par les fossiles qu'il renferme. Structure de la dolomie. Les geologues qui presumaient une liaison entre la dolomie et l’apparition des roches cristallines , telles que le porphyre, ete., etaient evidemment conduits A cette idee par l’absence de la stratification et par le caractere cristallin que l’on observe en plusieurs endroits dans notre roche et que l’on est habitue A trouver dans les couches metamorphosdes par quelqu’action secondaire. Aux endroits oü la dolomie est completement eristalline, elle parait avoir subi une augmentation de volume. Les parties eristallmes forment des elevations &tonnantes et lorsqu’elles sont couvertes par d’autres formations de sediment, la position des couches de celles-ei indique un soulevement tout comme s’il &tait resulte de l’action d’un granit ou d’un porphyre. Ainsi les couches du calcaire jurassique qui composent le monte Crocione au- dessus de Tremezzo sur la rive droite du lac de Come, paraissent &tre soulevees par quelque roche eristalline qui apparait au pied de cette montagne. Mais en exa- minant de pres cette roche, on y reconnait notre dolomie eristalline qui s’etend de Tremezzo jusqu’a Nobiallo. Je eiterai encore un exemple fort curieux d’une augmentation de volume observee a l’endroit oü la dolomie devient eristalline. En suivant depuis Roveredo dans la vallde de l’Adige la route de Val Arsa, la montagne qui reste a gauche est d’abord composee par la „calcarea ammonitica“ , dont les couches s’inclinent vers l’ouest. Ces eouches reposent sur des couches dolomitiques qui a l’entrde de la vallee sont strati- fi6es comme les autres couches de sediment. Mais lorsqu’on s’enfonce davantage dans la vallee, on voit la dolomie perdre sa stratification, et.des rhomboedres distinets de dolomie apparaissent dans une multitude de petites fentes, en m&me temps que la montagne seleve de plusieurs milliers de pieds ei se presente ainsi comme centre de sou- levement pour les couches du calcaire ammonitifere de Roveredo. Un autre fait, peut-etre encore plus frappant, qui nous prouve cette augmentation de volume de la dolomie quand elle perd sa stratification, s’observe dans le cadre de notre carte ä la colline de Caslano vis-a-vis de Ponte-Tresa. Cette colline forme Ba, un promontoire d’un quart de lieue dans le lac de Lugano et, vue depuis l’ouest du cöte de Ponte-Tresa, elle presente un Eeventail complet de dolomie. Au nord les couches de la dolomie superposees au gres sont stratifies et s’inclinent vers le midi. Au centre FEN de la colline la dolomie est cristalline et n’indique u N N LEN aucune trace de stratification, mais ä l’extr&mite ee meridionale elle reprend sa stratification qui a cet stratifide , de. dolomie cristalline. endroit est A-peu-pres verlicale. Pres de Tor- razo vis-A-vis du village milanais de Lavena la stratification est si prononcee que les couches sont separdes par des vides, qui don- nent lieu ä des courants d’air et presentent ainsi un emplacement fort avantageux pour la construction de caves, oü les habitants de Ponte-Tresa conservent leur vin a la fraiche. Je defie tous les geologues d’expliquer cette disposition remarquable de la dolomie d’une autre maniere qu’en admettant un changement de volume subi par la masse de la dolomie qui occupe le centre de la colline et qui est devenue cristalline. I faut appuyer sur le fait que la composition chimique de la dolomie stratifice ne differe pas de celle de la dolomie eristalline. Il y a plus de vingt ans que dejä mon pere analysa la dolomie stratifi6e qui au pied du San Salvatore, pres de la chapelle de San Martino, repose sur le gres rouge, ainsi que la dolomie eristalline qui est sans stratification et qui se trouve A quelques pas de distance de la pre- miere!). Leur composition est ainsi qu’il suit: Cuslano. N Torrazo. Dolomie stratifiee. Dolomie cristalline. Carbonate de chaux 57,4 56,4 Carbonate de magnesie 40,4 41,3 Silice et oxyde de fer 0,6 0,6 98,4 98,3 J'ai repete cette analyse sur des &chantillons choisis avec soin dans la möme localite , et je suis parvenu A ce m&me resultat de Tidentite complete de deux especes de dolomie. Dans la question de la dolomie il y a deux choses ä observer, d’abord la pre- miere formation de la dolomie stratifi6e, c’est-A-dire le depöt de la matiere chimique de carbonate de chaux et de magnesie, ensuite la transformation de la dolomie stra- tifiee dans Petat cristallin. Quant & la premiere partie de la question, il ya des geo- !) v. Leonhard. Zeitschrift für Mineralogie I. 1827, p. 149. Fe | logues qui admettent une transformation du calcaire ordinaire en dolomie, en ce que le premier aurait &t6 impregnd par du carbonate de magnesie soit A la suite d’actions volcaniques (theorie de M. de Buch), soit par des echanges chimiques qui auraient eu lieu entre le carbonate de chaux et des solutions aqueuses de sels magn6siens. Des experiences ex&cutees par M. de Morlot!) prouvent en effet qu’a une temperature de 200 deeres une solution de sulfate de magnesie mise en contact avec le carbonate de chaux dans un tube de verre scelle aux deux bouts, r&agit de telle maniere qu'il en provient une double d&composition et la formation de carbonate de chaux et de magnesie et du sulfate de chaux. Or il ne reste plus qu’ä eliminer par une experience quelconque la temperature elevee pour pouvoir appliquer ce resultat interessant A la production de la dolomie dans la nature. C’est dans le fait ce qui a eid exdcute par M. Vieat deja en 1843, qui fit l’observation que la chaux hydraulique immergee dans l’eau de mer se transformät en dolomie au bout de quelques jours. La comparaison de l’analyse chimique de la substance fraiche et de celle qui avait ete exposde A action de l’eau de mer, prouve que cette formation de dolomie avait lieu a la suite du remplacement ‘d’une partie de la chaux par la magnesie contenue en forme de sels dans l’eau 2). D’autres geologues regardent la dolomie comme &tant deposee dans le fond d’une mer de la möme maniere que le calcaire s’est forme. Il se pourrait que dans cer- taines circonstances dans une mer qui renferme des sels de magnesie, un preeipite se formät qui au lieu d’etre compose de carbonate de chaux pur, renfermät une com- binaison de celle-ei avec du carbonate de magnesie. Les geologues qui partagent cette idee fondent leur maniere de voir sur la presence de fossiles dans les couches dolomitiques, dont l’etat de parfaite conservation ne serait guere explicable si des actions chimiques avaient transforme la roche apres son depöt. Depuis que la question de la dolomie s’est presentee aux geologues, ceux-ci se sont presque exclusivement occupes des theories de la production de la dolomie, et on a neglige la seconde partie de la question signalde plus haut, qui demande la raison du fait qu’a certains endroits la dolomie stratifiee passe subitement a l’etat cri- stallin. Pour l’explication de ce fait nous aurons recours A la physique. Tout le monde sait qu’on n’a qu’a exposer le verre ordinaire pendant quelque !) Compte rendu de l’Acad&mie des sciences. Mars 1848. Archives des sciences physiques et na- turelles. Geneve. VII. 1818. p. 324. 2) Institut. Vol. XI. 1843. p. 128 et 309. temps a une temperature un peu elevee pour qu'il devienne completement opaque. c’est-a-dire pour que de l’etat amorphe qu'il presente lorsqu’il est transparent, il passe a l’etat cristallin, cette opaecite provenant de petits cristaux qui se forment dans l’interieur de la masse. — Le sucre amorphe qu’on appelle vulgairement „sucre d’orge* et qui est completement transparent lorsqu’il est frais. devient opaque quel- ques fois deja au bout de peu de jours par une transition analogue de l’etat amorphe a l’etat cristallin, sans que pour ce corps une elevation sensible de la temperature soit exigee. Le m&me phenomene s’observe dans l’acide arsenieux. ainsi que dans d’autres substances qui peuvent @tre obtenus dans les deux etats. Eh bien. pourquoi dans la nature la möme chose ne se produirait pas d’une maniere analogue? pourquoi dans les eres geologiques un sediment amorphe de carbonate de chaux et de magnesie ‚ne pourrait-il pas peu ä peu changer son grouppement des atömes pour se trans- former en roche cristalline, sans avoir recours ä des revolutions extraordinaires ? a m anıatony urduopin aaranyp’a sjersuy uudoy 7 307 : P} “20 Fuossıq apıyow 0408») MITDAIO] »soip uog “ nraoy »u04n) * > duorbnayny no OSO4TUDG AL 0soI0Uag uon nV BSOIT »}uol pP j “ EZ ron a ee a ee O1SLIpuoW DIRT 8% ONVINT PURLIRWS Pen), hung sg vaıy BU AT Fe « aiopmapng g ouedn] ® orstıpuay >p Kon vsadg nor] oßvuoHı] oppanpany oasmggqn,f opanum) e up orsulag orbouqun ng ayuopy ep wrany sg ESod] UOTE osadey ap onb130[0,5 »dno;) & a un rer ee oe u Dee int Gi CARTE. GROLOGIOUE "2 J N des envırons du lac de Lugano. = en SB, En) | Sy IF. a KRANK in \ NY \ 2 en a N U , Bu NE NUN Mi KNENyNII aa I) UNE PUR ” « s E = Topo$r Anstalt wJ.Wurster u Corap. in Winterthur. Explieation des couleurs. ; Micaschiste wu Minsn 2) Granite (AMiaciyno_.et formation num- En] Sorphyre rouge „mulitigue) Folomie FURRTE (formation. subapennine) Caleaire liasique et juras ® | dttuvions u: — ‚Ferrains terliaires anciens 7] Gros rvouge i | Jerpaıns terliaires modernes srque Porphyre noir oO: . Pirection des couches Ser Inelinaison des couches 4 ? r ir I Y NuEe ee r Revision du genre Gottus des auteurs. Par CHARLES GIRARD, de l’associalion americaine pour l’avancement des sciences, membre de la societe d’histoire naturelle de Boston. "u a > bat A And Me hr u ai aa Eab wunon Sn’, u, TEN Kinn PETER ui BN Pat A ne Da Sans rn uam x On er Rs Mar a V ur sh ET AR w EEE N i Hk # A ah, u. ar ER nur eh nz PER TER ERBE TR ce hr An‘ x > h 7 a RR PR ’ DE 2 | 1 Di t 1% ae r = are “Tu wir pe, "RR EN ar MM Er Ye REN . | pe mama “- sang nk nina hl Ren Pe irnsogen Ban Abbianı ut A - re u. N r. ra are AR Bra) "OR v, a e 2 i “ Is arte u NEN SO \ ee N ' j h M oO ’ 1 { * “ © ale, “ er Ayant eu ä ma disposition presque tous les documens originaux relatifs a [’his- toire naturelle, si controversde, des Chabots de l’Amerique du Nord, j'ai fait de ces poissons le sujet d’une Monographie dont les resultats ont tie soumis a !’Associa- tion americaine pour lavancement des sciences, reunie a Cambridge en 1849. Cela m’a conduit ä &tendre mes recherches sur le genre Cottus en general, comme renfer- mant ä la fois les Chabots et les Chaboisseaux. J’ai cru devoir separer generique- ment ces deux groupes dans une note lue la möme annde a la Societe d’histoire na- turelle de Boston Ü’est cette note, que j’ai revue et augmentee, qui fait la base de ce travail. N’ayant mentionne que les especes americaines, j’ai pense qu'il ne serait pas sans interöt de revoir la synonymie de tout le genre Cottus et de quelques petits genres voisins qui tous ensemble constituent un petit groupe auquel on pourrait ap- pliquer, par restrietion, le nom deja connu de Cottoides. Cette division sera pour nous une famille qui renfermera des poissons depourvus d’ecailles, que Cuvier comptait au nombre des Joues cuirassdes , chez lesquels ce- pendant les sous-orbitaires ne forment qu’une etroite arcade qui s’etend au travers des joues,. cachde sous la peau et dans l’Epaisseur des muscles. Aussi ces pois- sons ont-ils plutöt les joues lisses que cuirassees. Les Hemitripteres et les Hemi- lepidotes se rangeront soit dans cette famille a la suite des genres que jenumere, soit avec les Scorpenes a peau nue. Quant au genre Cottus tel qu’il a et admis jusqu’iei, il renferme encore deux groupes d’especes toujours tres facile & distinguer A premiere vue; les unes ont la töte lisse ou A peu pres, les autres l’ont tuberculeuse ou h’erissce depines; les pre- mieres habitent les eaux douces, les secondes les eaux saldes ou saumätres de Fem- bouchure des fleuves. Ces deux groupes etant generiquement distinels, @l restait a determiner lequel conserverait le nom de Cottus et lequel devait porter un nom nouveau. Cette ques- I tion n’etait pas sans imporlance; aussi pour la resoudre conformement aux principes de la nomenclature, j’ai pense que la marche la plus simple &tait de remonter ä l’o- rieine du genre Cottus et d’en exposer brievement l’histoire. Artedi l’etablit en 1738 avec les caracteres suivans: „membrane branchiostegue contenant six osselets distinets. La tete plus large que le corps, deprimee et poin- tue. Deux nageoires dorsales; l’anterieure composde de rayons Epineux flexibles. Ventrales petites, n’ayant qle quatre rayons mous. Peau nue.“ !). Il place en pre- miere ligne les especes d’eau douce qui n’ont que deux Epines ä la töte et dont le €. gobio etait alors la seule connue. Puis suivent les especes ayant des epines plus nombreuses a la tete: la il reu- nit non seulement les Chaboisseaux proprement dits qui ont la peau nue, mais encore deux autres especes qui sont devenues, l’une le type du genre Aspidophorus. l’autre le type du genre Callionymus. Artedi avait done lui-m&me outrepasse les limites de son genre Cottus en y pla- cant ces deux dernieres especes, puisque leur corps est recouvert d’ecailles et que sa diagnose indique une peau nue. Linne?) altere le genre d’Artedi en ce qu'il donne pour seuls caracteres: „une tete Epineuse plus large que le corps.“ En outre, Linne transpose les especes et place en tete le €. cataphractus (type du genre Aspidophore et que Artedi plagait a la fin de son genre Cottus), pour releguer en derniere ligne le €. gobio. Sa troi- sieme espece est un Batrachus et sa quatrieme un Platycephale. Fabricius3) suit l’exemple de Linne. Mais Cuvier*) rappelle avec beaucoup de justesse que le type primitif du genre est le €. gobio des eaux douces de l’Europe. Cuvier reprend la marche suivie par Artedi en traitant d’abord des Chabots ou Cot- tus d’eau douce, puis des Chaboisseaux ou Cottus marins. Il n’y a, par consequent, pas a s’y meprendre, le nom de Cottus appartient aux especes d’eau douce du moment oü on les separe des especes marines. Et voilä la raison qui m’a fait rejeter le genre Uranidea,. cr&e pour une espece americaine de Chabot par une singuliere meprise de son auteur. Neanmoins javoue que je l’eusse admis sans repugnance si les principes de la nomenclature avaient confere le nom 1) Genera Piscium. ?2) Systema Naturae. Ed. XIII. 1766. 5) Fauna Groenlandica 1780. 8. ») Histoire nalurelle des Poissons Vol. IV. 1829, pag. 142. 150 ee de Cottus aux especes marines. Une transposition de ces noms generiques n’etait pas possible et les ichthyologistes a juste titre auraient eu le droit de ne pas l’ad- mettre. Lorsque Cuvier eerivit l’histoire du genre Cottus, il ne sentit pas la necessite de le subdiviser bien qu'il ait remarque les prineipales difförences qui distinguent les Chabots des Chaboisseaux. Les especes d’eaux douces du reste ‚etaient reduites ä deux, et l’une d’elle seule etait bien connue. Aujourd’hui que leur nombre s’est considerablement accru et que leur etude est devenue tres-difficile, je crois devoir subdiviser le genre Cottus des auteurs de la maniere suivante: Je donnerai le nom de Acanthoecottus (les Chaboisseaux) aux especes marines, lesquelles sont generalement de plus grande taille que les especes d’eau douce!), ayant des €pines ä toutes les pieces operculaires, le preo- pereule en porte ä lui seul plusieurs, toujours tres-developpees. La surface de la töte, et souvent aussi le pourtour des orbites, sont herisses de pointes ou bien ces os sont denticul&s ou entailles de diverses manieres. Les nasaux sont aussi, dans la plupart des especes, surmontes d’une €pine ou d’une erete. La tete elle-meme est plutöt plus haute que large; quelquefois tres-difforme, avec des yeux proporlio- nellement tres-grands, et une depression nuchale tres-prononcee. La bouche est toujours plus fendue que chez les especes d’eau douce, mais l’ensemble de la denti- tion est la m@me. Les os palatins ne portent jamais de dents. Les narines sont doubles. l’ouverture anterieure est beaucoup plus grande que la posterieure, siluee au bord de l’orbite oü elle etait restee inapergue. Ü’est ce qui avait fait dire que les narines chez les Cottes n’avaient qu’une seule ouverture ä l’exterieur. Le corps est depourvu d’ecailles; le dos est souvent bomhe& et la premiere dorsale presque toujours aussi elevee que la seconde. Les ventrales’ont tantöt trois, tantöt quatre rayons mous, precedes d’un rayon epineux toujours plus court. La ligne laterale se continue sans interruption de la ceinture thoracique ä l’insertion de la caudale. 2) A lVexceplion du I’A. polaris: mais la taille a laquelle on l’a observ& pourrait bien ne pas £ire eomplete eu u. Les Chaboisseaux sont repartis sur les deux hemispheres, dans les zönes arctique et temperee froide. l. Especes de l'hemisphere oriental. ACANTHOCOTTUS SCORPIUS Grd. — Cottus scorpius L. Faun. Suec. 1746, p. 323; Syst. Nat. ed. XI. I. 1766, p. 452. — Kreın Hist. nat. Miss. IV., 1735, Tab. 13, fig. 2. — Arrevı Gen. Pisc. 1738, p. 49; spec. 1738 (1795), p. 86; Syn. Pisc. 1738 (1793), p. 77. — Ponrtopr. Hist. nat. Norw. II., 1755, p. 160. — Evwarps Gleanings, IN., 1764, Pl. 254. — Brocn Ichth. H., 1785, p. 17; Tab. 40. — Laczp. Hist. nat. Poiss. IU., 1800, p. 236. — Sman Gen. Zool. IV. 1. 1803, p. 257 (fig.) — Tıresıus Mem. Petersb. IV., 1811, p. 273. — Cuv. er Var. Hist. nat. Poiss. IV., 1829, p. 154 et 160. — Nırss. Prodr. Ichth. Scand. 1532, p. 96. — Jennyns Brit. Vert. 1835, p. 344. — Exsık. Fisk. Mörk. 18... p- 143. — Fries ET Exstr. Scand. Fisk. I., 1536. Tab. 5. — Swaıns. Clas- sif. II., 1839, p. 271. — YARrRrELL Brit. Fish. I. 1536, p. 60 (fie.) und 2. ed. I., 1841. Habitat: Oc6ans d’Europe (Linne); Mer du Nord, Baltique, Manche, Golfe de Gas- 2. cogne (Cuv. et Val.); Cap Nord, Laponie, Liberie; Danemarck et Norwege (Nilsson); cötes d’Angleterre (Yarrell). ACANTHOCOTTUS BUBALIS Grd. — Cottus bubalis Eupur. Vet. Acad. Handl. VI... 1756, p. 65, Tab. 3, fig. 2 et 3. — Scnonev. Ichth. Holst. 16.., p. 67, Tab. 6. — Tonne Mem. Dronth. I., 17. ., p. 345. Tab. 13 et 14. — Cuv. Er Var. Hist. nat. Poiss. IV. 1829, p. 154 et 165. — Cuv. Regn. Anim. ll., 1829, p. 163. — Nırss. Prodr. Ichth. Scand. 1832, p. 97. — Tuomps. Proc. Zool. soc. Lond. III., 1835, p. 80. — Frıes er Exste. Scand. Fisk. 1., 1836, Tab. 6. — YARRELL Brit. Fish. I., 1836, p. 63 (fig.) et 2!° ed. 1541, p. 78. Cottus scorpius PENN. Brit. Zool. I., 1776, p. 294. Tab. 44. — Don. Brit. Fish. 1820. Tab. 35. — Fızm. Brit. Anim. 1828, p. 156 et 216. — Jennwns Brit. Vert. 1835, p. 345. Habitat: Cötes de France (Cuvier et Valeneienne); Mer du Nord, Categat (Schone- velde, Tonning, Euphrasen); Baies de Galway, de Cork et de Belfast. (Thomp- son); depuis le Cornwall aux Iles Orkney (Yarrell); Norwege (Nilsson). REN, ', 107 3. ACANTHOCOTTUS QUADRICORNIS Grd. — Cottus quadricornis Lin. Faun. Suec. 1746, “p. 321; Syst. nat. ed. VI. 1748, p. 47. Tab. 4, fig. 3; Mus. Ad. Fr. I., 1754, p. 70. Tab. 32, fig. 4; Syst. nat. ed. XII. 1766, p. 45. — Arrepı Gen. Pisc. 1738, p. 45; Syn. Pise. 1738 (1793), p- 77; Spee. 1738 (1795), p. 54. — Brocn Ichth. IH., 1786, p. 145. Tab. 108. — Eneyel. meth. Ichth. 1788, p. 67, Tab. 37, fig. 146. — Parras Spiec. Zool. VIN., 1767. p. 25; et Zoogr. Ross. Asiat. IN.. 1511, p. 127. — Lacep. Hist. nat. Poiss. Il., 1800, p. 241. — Suaw Gen. Zool. IV. 1. 1803, p. 259 (fig.) — Cuv. er Var. Hist. nat. Poiss. IV. 1829, p. 168. — Nırss. Prodr. Ichth. Scand. 1832, p. 98. — Exsır. Fisk. Mörk. 1S.. p. 145. — Jennyns Brit. Vert. 1835, p. 345. — Yarreır Brit. Fish. 1. 1836, p. 68 (fig.) et 2 ed. I., 1841. p. 83. Habitat: Mer Baltique (Linne); Lac Baikal, Jenisei, anses et golfes du Kamtschaka (Pallas); Angleterre (Yarrell); Scandinavie (Nilsson). 4. AcantHocortus JAoR Grd. — Cottus Jaok Cuv. ET Var. Hist. nat. Poiss. IV. 1829, p. 172. Cottus scorpius Parr. Zoogr. Ross. Asiat. IN., 1811, p. 131. Myoxocephalus Stelleri Tiles. Mem. Acad. Petersb. IV., 1811, p. 273. Habitat: Kamtschaka (Pallas). 5. ACANTHOCOTTUS PLATYCEPHALUS Grd. — Cottus plathycephalus Par. Zoogr. Ross. Asiat. II., 1811, p. 135. — Cuv. er Var. Hist. nat. Poiss. IV., 1829, p. 177. Habitat: La localit& n’est nulle part mentionnee. 6. ACANTHOCOTTUS DICERAUS Grd. — Cottus dieeraus Par. Nov. Act. Petrop. 1783, p- 354. Tab. 10, fig. 7. — Cuv. er Var. Hist. nat. Poiss. IV., 1829. p. 189. — Cuv. Regn. Anim. II. 1829, p. 163 et ed. illustr. Pl. 21. fig. 1. — Swaıns. Classif. U., 1839, p. 271. — Lay Ann Bennett Zool. of Capt. Beechey’s voy. 1839, p. 57. Pl. XV., fig. 2. Synanceia cervus Tıres. Mem. Acad. Petersb. II., 1811, p. 278, Tab. 13. Cottus Stelleri Br. Scun. Ichth. 1801, p. 63. Habitat: Mer de Kamtschaka, Ports St.-Pierre et St.-Paul (Tilesius). Be 7. ACANTHOCOTTUS VENTRALIS Grd. — Cottus ventralis Cuv Er Var. Hist. nat. Poiss. IV., 1829, p. 194. Pl. 79, fig. 1. — Lay er Benser Zool, of Capt. Beechey’s voy. 1839, p. 58. Gymnocanthus ventralis SwAıns. Classif. II., 1839, p. 181 et 271. Cottus cephaloides Gray (Cite par MM' Cuvier et Valencienne). Habitat: Mer du Kamtschaka (M" Collie). 8. ACANTHOCOTTUS CLAVIGER Grd. — Cotlus elaviger Cuv. er Var. Hist. nat. Poiss. IV., 1829, p. 195. Pl. 79. fig. 2. — Lay er Bennett Zool. of Capt. Beechey’s voy. 1839, p. 58. Pl. XVI. fig. 1 et 2. Enophrys ‘claviger Swaıns. Classif. II., 1839, p. 181 et 271. Cottus elegans Gray (Cit& par MM" Cuvier et Valencienne). Habitat: Mer du Kamtschaka (M* Collie). 9. ACANTHOCOTTUS MERTENSIS Grd. — Cottus Mertensis Cuv. En Var. Hist. nat. Poiss. IV., p. 496. Habitat: Mer de Kamtschaka (Mertens). 10. ACANTHOCOTTUS MARMORATUS Grd. — Cottus marmoratus Cuv. ET Var. Hist. nat. Poiss. VI., 1831, p. 497. Habitat: Mer de Kamtschaka (Mertens). Le genre Acanthocottus remonte a l’Epoque tertiaire oü nous trouvons deux es- peces sous une latitude beaucoup plus meridionale que les especes vivantes de l’&- poque actuelle. 11. ACANTHOocoTTUS ArıEsS Grd. — Cottus Aries AGass. Rech. Poiss. foss. IV. 1836, p- 186. Tab. 18, fie. 3. Localite: Aix-en-Provence (L. Agassiz). 12. ACANTHOCOTTUS PAPYRACEUS Grd. — Cottus papyraceus AcAss. Rech. Poiss. foss. IV., 1836, p. 187. Tab. 32, fig. 1. Localite: Monte-Viale, Vicentin (L. Agassiz). Be; un Il est en outre fait mention dans !Ittiolitologia Veronese, sous le nom de Corrus BICORNIS, d’une espece fossile dont l’original n’a pu etre retrouve nulle part. Elle n'est pas sans quelque analogie avec le Cottus angustatus de Bronn, Jahrb. für Miner. etc. 1830 (Perca AnGusTaTa Agass. Rech. Poiss. foss. IV.; 1836, p. 79. Tab. II.), ä en juger du moins par la figure qu’en a publiee l’auteur italien de cet ouvrage , Gazzola,. Tab. 39, fig. 4, p. 164. En sorte qu’il reste encore des doutes sur le genre auquel elle appartient. Nous verrons plus loin ce nom de Cottus bicornis faire double emploi avec une espece vivante du Groenland et sur laquelle nous manquons &galement de renseigne- mens positifs. Ü’est pour cette raison que je n’ai point cherche ä remplacer l’un ou l’autre de ces noms, ce qui sera toujours temps de faire si ce sont deux bonnes especes. II. Especes de l'hemisphere occidental. 13. ACANTHOCOTTUS GROENLANDICUS Grd. Proc. Bost. Soc. nat. Hist. II., 1850, p- 185. Cottus Groenlandieus Cuv. ET Var. Hist. nat. Poiss. IV., 1829, p. 185. — Rıcn. Faun. Bor. Amer. III., 1836, p. 46 et Add. p. 297. Pl. 95, fig. 2. — STORER Rep. 1839, p. 16; et Synops. 1846, p. 53. — Dekay New-York Fauna 1542, p. 54, fig. 10. Cottus quadricornis SABINE App. to Parry’s First voy. 1821. Cottus scorpius Far. Faun. Groenl. 1780, p. 456. Cottus variabilis AYRES Proc. Bost. Soc. nat. Hist. I., 1842, p. 68; et Bost. Journ. nat. Hist. IV., 1543, p. 259. (Jeune äge.) Habitat: Groenland (Fabrieius, Cuvier et Valencienne); Detroit de Davis (Richard- son); Etats du Maine et du Mossachussetts (Storer); Connecticut (0. W. Ay- res); New-York (Dekay). 14. ACANTHOCOTTUS SCORPIOIDES Grd. Proc. Bost. Soc. nat. Hist. IUI., 1850, p. 185. CoTTUS SCoRPIOIDES FABr. Faun. Groenl. 1780, p. 157. — Cuv. ET Var. Hist. nat. Poiss. IV., 1829, p. 187. — Rıcnarps. Faun. Bor. Amer. IIl., 1836, p- 47. — SrtorRErR Synops. 1846, p. 54. Habitat: Groenland (0. Fabricius). a 15. ACANTHOCOTTUS POLARIS Grd. Proc. Bost. Soc. nat. Hist. II., 1850, p. 186. Cottus polaris SABINE App. to Parry’s First voy. 1821, p. CCXII.:; et J. C. Ross App. to Parry’s Third. voy. 1826, p. LI. — Rıcuarvs. Faun. Bor. Amer. IIl., 1836, p. 43. — STORER Synops. 1846, p. 55. Habitat: Peninsule de Boothie (J. C. Ross, Sabine); Cöte de la Georgie septentrio- nale ä la lat. de 75° (Richardson). 16. ACANTHOCOTTUS POLYACANTHOCEPHALUS Grd. Proc. Bost. Soc. nat. Hist. II.. 1850, p. 186. Cottus polyacanthocephalus ParL. Zoogr. Ross. Asiat. 1811, p. 133. Pl. 23. — Cuv. er Var. Hist. nat. Poiss. IV., 1829, p. 176. — Rıcuarvs. Faun. Bor. Amer. IIl., 1836, p. 48. — STorEr Synops. 1846, p. 55. Habitat: Au-delä du Cap St.-Elie (Billings); 60° de lat. boreale (Richardson, Cuvier et Valencienne). 17. ACANTHOCOTTUS PSITTILIGER Grd. Proc. Bost. Soc. nat. Hist. Il.. 1850. p- 156. Cottus psittiliger Par. Zoogr. Ross. Asiat. IM., 1811, p. 143. Pl. 20, fie. 3 et 4. — Cuv. er Var. Hist. nat. Poiss. IV., 1529, p. 193. — Rıcnarps. Faun. Bor. Amer. IIl., 1836, p. 48. — STOrEr Synops. 1546, p. 54. Habitat: Port d’Avatcha et ile d’Unalaschka (Cuvier et Valencienne); cöte du Kamt- schaka (Richardson). 15. ACANTHOCOTTUS HEXACORNIS Grd. Proc. Bost. Soc. nat. Hist. II.. 1850. p- 186. Cottus hexacornis RıcHarns. Frank. Journ. 1823, p. 726; et Faun. Bor. Amer. M., 1536, p. 44. — STORER Synops. 1846, p. 55. Habitat: Embouchure du fleuve Arbre, lat. 67° 12“ N. (Richardson). 19. ACANTHOCOTTUS PoRosSUs Grd. Proc. Bost. Soc. nat. Hist. III., 1550, p. 186. Cottus porosus Cuv. ET Var. Hist. nat. Poiss. VIN., 1831, p. 498. — Cuv. Regn. Anim. trad. angl. de Grifith vol. X., 1834. Pl. 43, fig. 3. — RıcHars. Be | IE Faun. Bor. Amer. II., 1536, p. 47. — Gu£rın Iconogr. du Regn. Anim. de Cuvier. 1844. Poissons Pl. 11. fig. 3. — StorEr Synops. 1846, p. 56. Habitat: Baie de Baffın (Cuvier et Valencienne;). 20. ACANTHOCOTTUS AENEUS Grd. Proc. Bost. Soc. nat. Hist. II., 1850, p. 186. Cottus aeneus MırcH. Tr. Lit. et Philos. Soc. New-York I., 1815, p. 350. — Cuv. er Var. Hist. nat. Poiss. IV., 15829, p. 189. — Srtorer Rep. 1839, p. 20; et Synops. 1846, p. 54. — Deray New-York Fauna 1842, p. 52, fig. 19. Habitat: New-York (Mitchill, Dekay); Massachusseth (Storer). 21: „ACANTHOCOTTUS Mrremrı Grd. Proc. Bost. Soc. nat. Hist. II., 1850, p. 186. Cottus Mitchili Cuv. Er Var. Hist. nat. Poiss. IV., 1829, p. 185. — Dexkay New-York Fauna 1542, p. 53, fig. 46. — SrtorEr Synops. 1846, p. 56. Cottus scorpio Miren. Tr. Lit. and Philos. Soc. New-York I., 1815, p. 381. Habitat: New-York (Mitchill, Dekay). 22. ACANTHOCOTTUS VIRGINIANuUS Grd. Proc. Bost. Soc. nat. Hist. IIM., 1850. p. 187. Scorpius Virginianus Wırruss. Hist. Pisc. App. 1685, p. 25. Pl. 10, fie 15. Cottus scorpius SCHOEPFF Beobach. etc. VIN., 1788, p. 145. Cottus octodeceimspinosus MırcH. Tr. Lit. and Philos. Soc. New-York I., 1815, p- 380. — Cuv. er Var. Hist. nat. Poiss. IV., 1829, p. 181. — Cuv. Regn. Anim. trad. angl. de Grirrıtu vol. X., 1834, Pl. 43, fig. 4. — Rıcnaros. Faun. Bor. Amer. II., 1836, p. 46. — Gusrın Iconogr. du Regn. Anim. de Cuvier 1844. Poissons Pl. 11, fig. 4. Cottus Virginianus STORER Rep. 1839, p. 18; et Synops. 1846, p. 54. — Dekay New-York Fauna 1842, p. 51, fig. 13. Habitat: Cöte de la Virgmie (Willugby); New-York (Mitchill, Dekay); Terre-Neuve (Richardson). Il serait tres-interessant de comparer des exemplaires authentiques du Cottus seorpius Fabr. du Groenland (notre A. GROENLANDICUS) avec l’espece de möme nom u de la cöte de la Nouvelle-Angleterre, de Terre-Neuve et du Labrador. Je ne puis me defendre de l’idee quil y a encore deux espöces confondues sous le nom de groenlandieus qu’une elude comparde pourra seule nous faire connaitre. S’il en de- vait &tre ainsi, le nom de variabilis pourra &tre restaure pour l’espece de la cöte oc- cidentale du nord de l’Atlantique. Je trouve mentionne sous le nom de Corrus BIcorNIs Reinh. in Kroger Tidschr. II., 1841, p. 226. — Wiegm. Archiv. Vn., 2. 1841, p. 131. Habitat: Groenland (Reinhardt) ,„ — un poisson du Groenland, lequel, faute de figure, je n’ai pu classer. L’auteur le dit voisin du €. wneinatus de la faune japonnaise; mais il lui donne sept rayons branchiostegues, ce que ne presente aucun Cottoide. Si toutefois il appartenait & ce groupe, je pense que c’est parmi les Acanthocottes que sera sa veritable place bien plutöt que parmi les Trachidermes dont le €. uneinatus fait partie. A la suite des Acanthocottes se place tout naturellement le genre Trachidermis Heck. Caracterise par une peau rugueuse et des dents sur les os palatins aussi bien que sur le chevron du vomer et des mächoires. Du reste semblable au precedent par son aspect general; le corps est peut-ätre plus fusiforme et l’armature de la tete et des pieces operculaires moins developpee. La tete est tres-deprimee et la bouche tres-fendue. Il y a six rayons branchiostegues, comme chez les Chaboisseaux. La premiere dorsale aussi haute que la seconde. Les ventrales sont situees sous les pectorales. M" Heckel ne fait connaitre qu’une espece de ce genre, un poisson de petite taille des iles Philippines. Mais les Mers de la Chine et du Japon en nourrissent plusieurs autres encore. Ainsi les Cottus uneinatus et intermedius, deerits dans la faune du Japon de M' de Siebold, appartiennent a ce genre. Parmi les poissons que l’ex- pedition du vaisseau de sa Majest& britannique, le „Sulphur“, rapporta de la Chine, se trouvait le C. uncinatus que le D" Richardson erigea en genre nouveau (Centrider- michthys) en lui associant un poisson d’eau douce du fleuve Colombie, anterieurement deerit par lui sous le nom de Cottus asper. Sans Les caracteres assignes au genre Centridermichthys sont, comme le nom Findique, une peau &pineuse au lieu d’ecailles. Il y a des dents sur les os palatins et le chevron du vomer absolument comme chez les Trachidermes. Quant äa l’aspect general, il differe A peine; c’est la m&öme forme de la tete, le m&öme nombre de rayons branchiostegues, la m&öme bouche, la möme forme et distribution des nageoi- res, et, chose plus eurieuse, encore la m&me taille. Je ne doute pas que le D' Ri- chardson n’eut lui-möme reconnu lidentit€ de son genre avec celui de M' Heckel s'il avait pu en faire la comparaison. Je reunis done au genre Trachidermis le Centridermichthys uneinatus et, afın d’evi- ter a l’avenir toute meprise pour ce qui touche au Cottus asper, je le retire aussi du senre Centridermichthe comme n’en &tant pas le type. Le genre Centridermichthe est de fait annule. N’est-il pas curieux maintenant de voir tous les Trachidermes habiter la region orientale du pacifique au-dessous du 50 de lat. boreale ? 1. Trachıpermis FAscıatus Heck. Ann. d. Wien. Mus. Il., 1837, p: 159. Pl. 9, fig. 1 et 2. Habitat: Nles Philippines (Heckel). 2. TRACHIDERMIS UNCINATUS Grd. — Cottus uncinatus TEMM. ET ScHL. in Sieb. Faun. Jap. 1843, p. 38. Centridermichthys uncinatus RıcHArps. Rep. Ichth. of the China Seas and Ja- pan 1846, p. 216. Centridermichthys ansatus RıcHArps. Ichth. of the voy. of the Sulpur. 1844, p. 74. Pl. 54, fig. 6—10. Habitat: Üöte septentrionale des Mers de la Chine (Richardson). 3. TRACHIDERMIS INTERMEDIUS Grd. — Cottus intermedius TEMM. ET SCHL. in Sieb. Faun. Japon. 1843, p. 35. — Rıcnarvs. Rep. Ichth. of the China Seas and Ja- pan 1846, p. 218. Habitat: Iles Jesse (Siebold). Enfin le D Richardson ne serait pas loin d’admettre dans son genre Centrider- michthe tel qu'il l’a eireonserit, le Cottus villosus de Pallas et que Cuvier s’etait re- N fuse ä classer dans son Histoire naturelle des Poissons. Ce serait alors une qua- trieme espece de Trachiderme; mais je conserve des doutes ä cet @gard. Nous trouvons encore dans l’Ichthyologie de l’expedition seientifique du „Sama- rang“ deux poissons des mers de la Chine qui appartiennent incontestablement au sroupe des Cottoides proprement dit par l’ensemble de leurs caracteres. Ils forment le genre Podahrus Richardson, . fonde sur la tenuite des ventrales, lesquelles se composent de deux rayons articules et greles, precedes d’une petite epine. La position de ces nageoires est au-dessous des pectorales. Le caudale est entaill&e sous la forme d’un croissant regulier. La dorsale epineuse est aussi haute que la molle comme chez tous les Chaboisseaux. Les rayons branchiostegues sont, comme d’ordinaire, au nombre de six. Chez l’un et l’autre il y a des dents sur les os palatins, sur le chevron du vomer et sur les os pharyngiens, semblables a celles qui sont implantees sur les mächoires qui en portent quatre ran- gees sur le pourtour de leur symphyse. Leur peau est completement nue, ne por- tant ni ecailles, ni epines. En revanche il y a une difference tres marquee dans la forme de la bouche. Chez le P. cottoides elle rappelle tout-a-fait celle des Acantho- cottes et des Trachidermes, tandis que chez le P. centropomus, l’angle de la bouche ne s’avance pas m&me jusqu’au bord anterieur de l’orbite; la mächoire inferieure est plus longue que la superieure et le museau attenue et pointu. Le P. cottoides n’a pas de langue, tandis qu’il y en a une chez le P. centropomus. Il y aurait par consequent des raisons suflisantes pour separer generiquement ces deux poissons. Pour le moment, ndanmoins, ils peuvent rester sans inconve- nient dans le m&me genre aussi long-temps qu’on n’aura pas d’autres especes a leur associer. Les Podabres sont intermediaires entre les Trachidermes et les Acanthocottes sans toutefois former un veritable passage de l’un A l’autre. Ils ont la peau nue des Acanthoeottes et les dents palatines des Trachidermes. Peut-etre serait-il plus exact de dire qu’ils sont une combinaison de ces deux genres, un retour vers eux, plutöt qu’un jalon intermediaire. l. Popaprus coTToIDes Richards. Ichth. of the voy. of the Samarang 1848, p. 13. Tab. I., fig. 1—6. Habitat: Mer de la Chine (Richardson). - 2. PoDABRUS CENTROPOMUS Richards. Ichth. of the Samarang, 1848, p. 11, Tab. 1.. fig. 7—11. Habitat: lIles de Quelpaert, au sud de la presqu’ile de Corde (Richardson). D’apres les prineipes discutes plus haut, nous conserverons le nom de Cottus (Les Chabots) Artedi. Aux especes d’eau douce, n’ayant pour toute armature a la tete qu’une petite epine ä Fangle du preopercule et quelquefois une autre Eepine, plus petite encore. toujours cachee sous la peau et perceptible au toucher seulement, au bord inferieur du sous-opercule. La tete elle-möme est deprimde, plus ou moins tronqude en avant, generalement plus large que haute, mais toujours tres-uniforme, se detachant peu du reste du corps, si ce n’est par sa largeur souvent plus considerable. La bouche est moins fendue que chez les Chaboisseaux; ıl y a, comme chez ces derniers, des dents sur les intermaxillaires, sur les maxillaires inferieurs et sur le chevron du vomer. Il y en a quelquefois une bande etroite sur les palatins qui, chez la plupart des especes, ne persistent pas a l’etat adulte, mais s’obliterent des que le poisson a acheve sa crue. Encore dans quelques cas ne sont ce que des rudimens, simple indications d’un caractere qui se reporle sur d’autres groupes. La structure des na- rines est la möme que chez les Chaboisseaux; elles ont deux ouvertures A l’exterieur tres-distante Fune de l’autre. Le corps est lisse et depourvu d’ecailles: quelques rugosites sont quelquefois apparentes sur la region thoracique et sur la nuque; il diminue d’epaisseur d’avant en arriere. La premiere dorsale est toujours plus basse que la seconde; le dos est peu eleve et ne fait que peu ou point saillie au-dessus de la nuque. Il y a des especes avec quatre rayons mous aux ventrales et d’au- ires qui n’en ont que trois. Cette particularite se retrouve chez les especes des deux hemispheres. La ligne laterale est tantöt interrompue, comme chez la plupart des especes d’Amerique*), tantöt continue sur toute la longueur du corps comme c’est le cas pour toutes les especes-de l’ancien monde. Tandis qu’en Europe M" Heckel distinguait plusieurs especes de Chabots, un 1) M* Heckel en a fait l’un des caraclöres de son C. gracilis, la seule espece americaine quiil ait eu en nalure el la seule aussi qu’il ait connue avec lrois rayons mous aux venlrales. u zoologiste d’Amerique n’en voulait reconnaitre qu’une sur ce dernier continent, la- quelle il identifiait avec le €. gobio. Il a paru sur ce sujet un me&moire assez curieux dans le Journal de la Societe d’histoire naturelle de Boston. Vol. V. 1845. p. 116. L’auteur, M. O0. W. Ayres, s’appuie excelusivement sur Artedi pour soutenir sa these. Il se livre a une serie de raisonnemens diffus, dans lesquels il appreeie si mal les faits, qu'il est evident qu’il cherche a se tromper lui-m&me; et, ä plusieurs reprises, il retombe dans le doute sur les faits sur lesquels il avait, un moment, auparavant tenu un langage absolu. J’ai fait une revision attentive des Chabots d’Amerique, et j’enumere plus loin les especes que je crois devoir admettre. Inutile de dire que le €. gobio ne se trouve point parmi elles. Quant aux especes de l’aneien monde, je n’ai pu les etudier toutes en nature. J’ai consulte attentivement les auteurs qui les ont deerites et jai reconnu une assez grande diversite parmi le C. gobio pour que j’ai eru necessaire d’en faire plusieurs rubriques ä part afin de fixer l’attention des zoologistes qui se trouveront dans des eirconstances plus favorables que je ne le suis. Je les invite a revoir mon travail et de comparer attentivement des exemplaires authentiques de toutes les regions g&ographiques que jindique dans le morcellement de la synonymie. J’ai evit& d’appliquer un nom particulier a chacune de mes divisions, bien que je ne conserve aucun doute sur la valeur speeifique de plusieurs d’entr’elles. Si je ne l’ai pas fait, c’est afın de ne prejuger en rien l’eiude comparde et en m&me temps pour ne pas compliquer la nomenclature, car il ne serait pas surprenant du tout qu’il y eut plus d’une espece en Angleterre, on admettant que les auteurs qui ont examine ces poissons soient correets. Les uns mentionnent quatre rayons mous aux ventrales, les autres trois seulement; en sorte que cela rappelle assez ce que l’etude des es- peces americaines m’a appris, c’est que le nombre des rayons mous des ventrales a une valeur reelle comme caractere speeilique. Il faudra done rechercher si le fait est fonde et, le cas echeant, subdiviser la synonymie en consequence. Il est facile de voir par la que si je donnais un nom au €. gobio d’Angleterre, ce nom ferait syno- nymie du momeut oü il y aurait plus d’une espece. Je mai point d’idee arretce sur le chabot mentionne par Risso, non plus que sur celui du versant meridional des Alpes suisses et de la Lombardie. Il se pourrait que ce dernier fut une espece A part, tandis que le premier se rapporterait a l’es- pece du centre de l’Europe. J’ai des doutes analogues sur le Chabot du Danemark; . BR ne appartient-il A l’espece de la Scandinavie ou bien & celle de l’Europe centrale? Telle est la question. L’attention des Zoologistes devra se porter &egalement sur le Chabot cite par Reisinger dans son Ichthyologie hongroise. Il me parait atteindre une bien grande taille; mais il faudra le comparer avec le C. poecilopus des Carpathes, espece egalement tres-grande. Je crois de m&me que le €. gobio de la Siberie, decrit par Pallas, est une espece distincte. Enfin je ferai remarquer que le C. gobio de Linne et d’Artedi est devenu le €. afinis de Heckel. Le nom de gobio restera par consequent A l’espece du centre de l’Europe. Cette transposition etant operde, je ne crois pas quil faille faire un nou- veau remaniement des auteurs dans leur ordre chronologique; car Linne et Artedi eroyaient leur C. gobio repandu dans toute l’Europe, ainsi que les auteurs scandinaves qui ont Eerit apres eux. Rien ne prouve non plus qu’ils n’aient fait usage pour leurs iravaux d’exemplaires venus du continent; ensorte que la question n’en serait pas plus eclaircie. l. Especes de l’ancien continent. l. Corrus Aarrınıs Heck. Ann. d. Wien. Mus. Il., 1837, p. 150. Cottus gobio Lin. Faun. Suec. 1746, p. 322. — Artzvı Gen. Pisc. 1735, p. 45; Spec. 1735 (1793), p. 82; Syn. 1735 (1793), p. 76. — Linn. Syst. Nat. ed. XI. 1766, I., p. 452. — Gm. 1. 1788, p. 1211. — Reız. Faun. Suec. 1., 1500, p. 329. — Nırss. Prodr. Ichth. Scand. 1832, p. 98. — Exsır. Fisk. Mörk. 18... p. 139. — Fries er Exstr. Scand. Fisk. 1836. Habitat: Scandinavie, et peut-Etre Danemärk. 2. Corrus 6oBIo (L.) Bloch Iehth. U., 1785, p. 11. Tab. 39, fig. 1 et 2. — Bonn. Eneyel. meth. 1788, p. 68. Tab. 37, fig. 149. — Lackr. Hist. nat. Poiss. I., 1800, p. 253. — Cuv. er Var. Hist. nat. Poiss. IV., 1829, p. 145. — Cuv. Reen. anim. II. 1829, p. 162. — Raruke Preuss. Prov. Bl. XIX., p. 547. — Serys Loxcn. Faun. Belge 1842, p. 186. — Scuarrer Mosel Fauna 1., 1544. p. 282. —? Rısso Hist,. nat. Europ. merid. II., 1826, p. 405. Habitat: Europe centrale; France, Belgique, Allemagne, Suisse. u‘ Mr a 2° Cottus gobio REısinGer Ichth. Hung. 1830. p. 10. Habitat: Danube et rivieres des Comtes de Turocz, de Lipto et de Arva (Reisinger). 2» Cottus gobio. Penn. Brit. Zool. I., 1776, p. 291. Tab. 43. — Suaw Gen. Zool. IV. 1. 1803, p. 254, Tab. 35. — Don. Brit. Fish. 1820. Tab. 80. — Fıem. Brit. Anim. 1825, p. 157 et 216. — Jennyss Brit. Vert. 1835, p. 343. — Swans. Classif. I., 1839, p. 271. — Yarkeıı Brit. Fish. I. 1836, p. 56 (fig.) et 2de ed. 1841, p. 78. Habitat: Angleterre. 2° Cottus gobio Parr. Zoogr. Ross. Asiat. IH., 1511, p. 126. Habitat: Siberie, Lac Baikal (Pallas). 3. Corrus Mınurus Pall. Zoogr. Ross. Asiat. II., 1811, p. 145. Pl. %. fig. 5 et 6. — Cuv. er Var. Hist. nat. Poiss. IV., 1829, p. 152. Habitat: Mer d’Ochotzk (Merk). Obs. Cette espece semblerait ainsi habiter leau salee, ce qui n'est le cas pour aucun Chabot; mais il est a noter que Merk n’est pas precis sur ce point et qu'il se pourrait tout aussi bien qu'il l’obtint des fleuves qui se jettent dans cette mer, comme Cuvier en fait lui-m&me la remarque. 4. Corrus pucıLoprus Heck. Ann. d. Wien. Mus. II., 1837, p. 147. Tab. 8, fig. 1 et 2. Habitat: Carpathes pres de Kasmark, Haute-Hongrie (Heckel). 5. Corrus mıcrostomus Heck. Ann. d. Wien. Mus. Il., 1837, p. 147. Tab. 8. fig. 3 et 4. Habitat: Environs de Cracovie (Heckel). Les Chabots sont contemporains des Chaboisseaux dans l’Epoque tertiaire, mais l’on n’en connait qu’une espece, le 6. Cortus BrEVISs Agass. Rech. Poiss. foss. IV., 1836, p. 185. Tab. 32. fig. 2—4. Localite: Oeningen (L. Agassiz). BER, ARE II. Especes du nouveau Continent. A. Avec qualre rayons mous aux ventrales. 7. Corrus coGnATus Richards. Faun. Bor. Amer. II., 1836, p. 40. — Girarn Proc. Amer. Assoc. Adv. Sc. 1850, p. 410; et Proc. Bost. Soc. nat. Hist. II.. 1850, p. 189. Habitat: Lac du grand Ours (D" Richardson). $S. Corrus Rıcnarpsonu Agass. Lake sup. 1850, p. 300. — Girarn Proc. Amer. Ass. Adv. Sc. 1850, p. 410; et Proc. Bost. Soc. nat. Hist. IN.., 1850, p. 189. Habitat: Rive septentrionale du Lac Superieur (L. Agassiz). 9. Corrus MERIDIONALIS Girard. Proc. Amer. Assoc. Adv. Se. 1850. p- 410; et Proc. Bost. Soc. nat. Hist. III., 1550, p. 159. Habitat: Fleuve James, en Virginie (Prof. Baird.) 10. Corrus Baıkvı Girard Proc. Amer. Assoc. Adv. Se. 1550, p. 410; et Proc. Bost. Soc. nat. Hist. II., 1550, p. 189. Cottus gobio Kırrı. Bost. Journ. nat. Hist. V., 1847, p. 342. Habitat: Rivieres tributaires de "Ohio (Prof. Baird, J. P. Kirtland). B. Avee trois rayons mous aux venlrales. 11. Corrus Frankuinı Agass. Lake Sup. 1550, p. 303. — GirAarD Proc. Amer. Assoc. Adv. Sc. 1850, p. 411; et Proc. Bost. Soc. nat. Hist. II.. 1850, p- 189. Habitat: Rivages meridional et oriental du Lac Superieur (L. Agassiz). 12. Corrus vıscosus Hald. Suppl. to a Monogr. of Linn. ete., 1840, p. 3. — G1- RARD Proc. Amer. Ass. Adv. Se. 1850, p. 411; et Proc. Bost. Soc. nat. Hist. II., 1850, p. 189. Habitat: Est de la Pensylvanie (Prof® Haldeman et Baird). 13. Corrus eracırıs Heck. Ann. d. Wien. Mus. Il., 1837, p. 148. — GırarD Proc. Amer. Assoc. Adv. Se. 1850, p. 411; et Proc. Bost. Soc. nat. Hist. IM., 1850, p- 189. u. Uranidea quiescens Dekay New-York Fauna 1842, p. 61, Tab. V., fig. 14. Cottus gobio AYRES Bost. Journ. nat. Hist. V:, 1845, p. 121. Pl. Xl. Habitat: New-York (Heckel, Dekay); Connecticut (O0. W. Ayres); Massachussetts (D: Storer). 14. Corrus Gopıomwes Girard Proc. Amer. Assoc. Adv. Sc. 1850, p. 411; et Proc. Bost. Soc. nat. Hist. IN., 1550, p. 159. Habitat: Versant oceidental de la chaine des Montagnes-Vertes (Rev. Z. Thompson). 15. Corrus BOLEOIDES Girard Proc. Amer. Assoc. Adv. Se. 1850, p. 411; et Proc. Bost. Soc. nat. Hist. II., 1850, p. 189. Habitat: Versant oriental de la chaine des Montagnes-Vertes (Storer). 16. Corrus Faprrıcu Girard. Proc. Amer. Assoc. Adv. Sc. 1850. p. 411; et Proc. Bost. Soc. nat. Hist. III., 1550, p. 189. Cottus gobio FAsr. Faun. Groenl. 1780, p. 159. Habitat: Groenland (Oth. Fabrieius). Enfin je propose le genre Cottopsis pour recevoir une espece qui a ete balottee d’un genre dans un autre sans trou- ver une place naturelle. Le D* Richardson, qui le premier nous l’a faite connaitre sous le nom de Cottus asper, fait la remarque qu’un jour on la retirerait du genre Cottus. A cette epoque il songeait au genre Hemilepidote, auquel elle ne ressemblc que par la taille. Plus tard, lorsqu’il erea son genre Centridermichthys, il y range sor Cottus asper. Le genre Centridermichthe, nous l’avons dit plus haut, se perd dans le senre Trachiderme. Neanmoins le €. asper n’est pas plus un Trachiderme qu’un He- milepidote; il appartient au groupe des Chabots, tandis que les deux genres ei-dessus se rapprochent plus intim&ment des Chaboisseaux. M’ Heckel s’etait done egalement mepris sur les affinites de ce poisson en l’associant au petit Chaboisseau des iles Phi- lippines et dont il a fait son genre Trachidermis. Les caracteres du genre Cottopsis sont plus faciles a comprendre qu’ä bien de- erire. Il tient de plusieurs genres & la fois et semble avoir emprunte a chacun un 2. caractere, sans partager pleinement les caracteres ni de l’un, ni de l’autre. Sa forme generale est reguliere, fusiforme ou subeylindrique, diminuant moins brusquement en arriere que chez les Chabots. Il a, comme ces derniers, une bouche proportionel- lement peu fendue et la premiere dorsale plus basse que la seconde; mais il a la peau rugueuse et des dents aux palatins, comme chez les Trachidermes. Les Trachidermes en revanche ont la bouche fendue a la maniere des Acanthocottes et la premiere dorsale aussi haute que la seconde. Ainsi les Trachidermes et les Cottopsis ont en commun des caracteres qui man- quent aux Acanthocottes et aux Cottes, e’est-a-dire une peau rugueuse et des dents palatines, et les Trachidermes, en revanche, se distinguent des Cottopsis parce qu’ils ont la bouche taill&e comme celle des Acanthocottes, tandis que les CGottopsis l’ont semblable ä celle des Cottes. On peut dire que le genre Trachidermis est le diminutif des Acanthocottes, tandis que les Cottopsis sont l’exageration des Cottes. Les Podabres sont un retour vers les Trachidermes et les Acanthocottes. Les Hemilepidotes sont marins et ont plus d’affinite avec les Chaboisseaux qu’a- vec les Chabots. Ils conduisent aux Scorpenes. Je devais en dire iei un mot, puis quwil en a et& question lorsquil s’est agi de trouver une place generique au Cottus asper. La seule espece connue de ce genre est le ÜOTTOPSIS ASPER Girard. — Cottus asper Rıcnarvs. Faun. Bor. Amer. II., 1836. add.. 7. 295, 313. Pl. 95, fig. 1. Trachidermis Richardsonü Heck. Ann. d. Wien. Mus. Il., 1837, p. 162. Centridermichthys asper Rıcmarps. Ichth. of the voy. of the „Sulphur“ 1844, p- 76. Habitat: Fleuve Colombie (Oregon). Rapporte par MM" Lewis et Clarke (Ri- chardson). Bes wm e. Si maintenant nous jetons un eoup-d’oeil d’ensemble sur les Cottoides tels qu'ils sont repartis dans les genres ci-dessus mentionnes, nous observerons les faits suivans: et 1. Qwil y a deux groupes dont l’un comprend les Acanthocottes, les Trachi- dermes et les Podabres, c’est-a-dire des poissons tous marins; l’autre, les Gottes et les Cottopsis, tous des poissons d’eau douce. 2. Dans le premier groupe, le genre Acanthocotte, nombreux en especes, r&- parties dans la zöne arctique et la zöne temperee froide des deux hemispheres, le pacifique nom compris; et les genres Trachiderme et Podabre, representans du groupe dans l’Ocdan pacifique et s’avangant vers une zöne plus chaude, le Japon, les mers de la Chine et les iles Philippines. 3. Dans.le deuxieme groupe, le genre Cottus dont la majorite des especes ha- bitent les eaux douces de la zöne temperde froide avec une tendance de quelques especes A atteindre la zöne arctique et la zöne temperee chaude; enfin le genre Cottopsis, l’amplification des Cottes, relegue sur les confins du Pacifique au milieu de la faune deja si curieuse de l’Oregon. Ainsi a part la valeur zoologique de ces genres, il y a, ce me semble, une raison plus forte qui plane au-dessus d’eux, pour nous les faire envisager comme distinets: c’est leur repartition g&ographique et les relations genetiques qui les unıs- sent et les diversifient dans une m&me pensee. Acanthocottus, Grd. p. 5. Acanthocollus — aeneus, Grd. p. 11. — scorpius, Grd. p- 6. — aries, Grd. p. 8. — venlralis. Grd. p. 8. — bubalis, Grd. p. 6. — Virginianus, Grd. p. 11. — _claviger, Grd. p. 8. Centridermichthys asper, Richards. p. 21. — diceraus, Grd. p. 7. — ansalus, Richards. p. 13. — Groenlandieus, Grd. p. 9. \ — uncinatus, Richards. p. 13. — hexacornis, Grd. p. 10. | Cottopsis, Girard p. 20. — Jaok, Grd. p. 7. — asper, Grd. p- 21. — marmoralus, Grd. p. 8. | Cottus, Artedi p. 15. — Mertensis, Grd. p. 8. | — aeneus, Mitch. p. 11. — Mitchilli, Grd. p. 11. | — affinis, Heck. p. 17. — papyraceus, Grd. p. 8. — angustalus, Bronn p. 9. — platycephalus, Grd. p. 7. — Aries, Agass. p- 8. — polaris, Grd. p. 10. — asper, Richards. p. 20. — polyacanthocephalus, Grd. p. 10. — Bairdii, Grd. p. 18. — porosus, Grd. p. 10. — bicornis, Ilt. ver. p- 9. — psilliliger, Grd. p. 10. — bicornis, Reinh. p. 12. — quadricornis, Grd. p. 7. — boleoides, Grd. p 19. — scorpioides, Grd. p. 9. — brevis, Agass. p- 18. Cottus bubalis, Euphr. p. 6. cephaloides, Gray p. 8. claviger, Guy. et Val. p. 8. cognalus, Richards. p. 19 diceraus, Pall. p. 7. elegans, Gray p. 8. Fabrieii, Grd. p. 19. Franklinii, Agass. p. 18. gobio, Bl. Schn. p. 18. gobio, (Art.) L. p. 17. gobio, Reising. p. 18. gobio, Penn. p. 18. gobio, Pall. p. 18. gobio, Kirtl. p. 19 gobio, Ayres p. 20. gobio, Fabr. p. 20. gobioides, Grd. p. 20. gracilis, Heck. p. 19. Groenlandicus, Cuv. et Val. p. 9. hexacornis, Rich. p. 10. intermedius, Tem. et Schl. p. 13. Jaok, Guy. et Val. p. 7. marmoralus, Guy. et Val. p. 8. meridionalis, Grd. p. 19. Mertensis, Cuy. et Val. p. 8. microstomus, Heck. p. 18. minutus, Pall. p. 18. Mitchilli, Cuv. et Val. p. 11. octodecimspinosus, Mitch. p. 11. papyraceus, Agass. p. 8. platycephalus, Pall. p. 7. poeeilopus, Heck. p. 18. polaris, Sabine p. 10. polyacanthocephalus, Pall. p. 10. 23 \ | | Cottus porosus, Cuv. et Val. p. 10, psittiliger, Pall. p. 10. — quadricornis, L. p. 7. quadricornis, Sabine p. 9. Richardsonii, Agass. p. 19. scorpio, Mitch. p. 11. scorpioides, Fabr. p- 9. scorpius, L. p- 6. scorpius, Penn. p. 6. scorpius, Pall. p. 7. scorpius, Schoepf. p. 11. — scorpius, Fabr. p. 9. Stelleri, Bl. Schn. p. 7. uncinalus, Temm. et Schl. p. 12. — variabilis, Ayres p. 9. ventwalis, Cuv. et Val. p- 8. villosus, Pall. p. 13. — Virginianus, Storer p. 11. viscosus, Hald. p. 19. Enophrys claviger, Swains. p. 8. Gymnocanthus ventralis, Swains p. 8. Myosocephalus Stelleri, Tiles. p. 7. Perca anguslata, Ag. p- 9. Podabrus, Richards. p. 14. cenlropomus, Rich. p. 15. coltoides, Rich. p. 14. Scorpius Virginianus, Willugb. p- 11. Synancei cervus, Tiles. p. 7. Trachidermis, Heck. p. 12. facialtus, Heck. p. 13. intermedius, Grd. p. 13. — Richardsoni, Heck. p. 21. — uneinatus, Grd. p. 13. Uranidea quiescens, Dekay p. 20. ‚ a a ra a Ä ide Pu Ms Sa En entre, Tran a e;. Sa Ben: se re en ran RD. a er N ee na Sr SP, kin | en ar u Worga In er Ale. en are Saal M: I os; up ARENA #r ' en ar Br = a N "DD: DR Bi ea sskerspien. wer I: Dr Ka then ii "Aa De PR 0 EN en a ion | Ar Br). BL.q A Mohn — er Re; ’ 3% 2.4 dnki nt ar Rs | Dre f 2 pa ren Aue ur Wer en Kerr 7 Bi, PR Be 5 DR ug a Alina [20 MORE n RE f PR ar 1 BE 4 Ins ‚utsisnt AR I We arena u ur ae on dä: auibungealnhn =e Bla Fre irn VE B- a 1:9 7 Ar non Pape te 175,9 PR in: ni ERREN NA030 ER. 610 Ana 2 De Bu ve ri KO ri: Perez Bee Be” ’ Fa a N hi TE oe gi El “ \ "2 el) SR a De En we 2 N Im 7 ee ) de nu Ss Ber a Ve a Er Dann Su. sh R 2 EN w u, Yu, nn ah f s Su ur. \ >; ala on ! BE jo ya Ka en he 8 er ‘ PER rt, u | IR Re * j Po = ” APPENDICE. 2, Depuis que le travail ei-dessus a ete redige, des recherches nouvelles ont ete faites sur ce sujet, lesquelles ont contribue a Eclaireir plusieurs points restes douteux et confirmer plusieurs deduetions zoologiques. A la suite de l’enumeration des es- peces americaines de mon genre Acanthocotius, je remarquai que sans doute deux especes elaient encore confondues sous le nom de A. groenlandieus. Je ne pr&voyais pas que dans un intervalle aussi court, cette question put recevoir une solution quelconque. Un jeune naturaliste de Boston, rapporta du Labrador le chaboisseau ainsi nomme et deux autres esp&ces, nouvelles pour la faune americaine. Une com- paraison attenlive de ces materiaux me fit apercevoir des differences assez notables entre le soidisant A. groenlandicus du Labrador et celui des cötes de la Nouvelle- Angleterre, telles que la presence d’une Epine de plus au pr&eopereule, une double paire de bourrelets fronto-oceipitaux ete., pour que je me sois eru autorise a de- erire la premiere comme distinete. Et du moment que nous trouvons d’autres espe- ces geographiquement interposees entre l’A. groenlandieus du Groenland et l’espece de meme nom de la Nouvelle-Angleterre, je n’ai pas hesite a regarder cette derniere comme une espece a part et lui ai restitu& le nom de A. variabilis, donne au jeune äge, plutöt que de erder un nom nouveau. Nous avons done a introduire dans la synonymie de l’A. groenlandieus de mon memoire, la division suivante: 13. ACANTHOCOTTUS GROENLANDICUS, Grd. Proc. Bost. soc. nat. Hist. IH. 1550, p.. 155; et Bost. Journ. nat. Hist. VI. 1851. p. 248. Cottus groenlandicus, Cuv. er Var. Hist. nat. Poiss. IV. 1829, p. 185. Cottus scorpius, Fapr. Faun. Groenl. 1750, p. 156. Habitat: Groenland; ©. Fabriecius. % = "pas ” 13° AcAnTHocoTTUs LABRADORIUS. Grd. Bost. Journ. nat. Hist. VI. 1551. p. 248. Pl. VI. fie. 3. Habitat: Labrador; H. R. Storer. 13° ACANTHOCOTTUS VARIABILIS, Grd. Bost. Journ. nat. Hist. VI. 1551, p. 248. Cottus variabilis, AYRES, Proc. Bost. soc. nat. Hist. I. 1542, p. 68; et Bost. Journ. nat. Hist. IV. 1843, p. 259 (jeune äge). Cottus groenlandieus, Rıcn. Faun. Bor. Amer. Ill. 1836, p. 46; et add. p. 297. Pl. 95. fig. 2. — StorEr, Rep. 1839, p. 16. — Dekay, New-Y. Fauna, 1542, p. 54. fig. 10. Habitat: Maine et Massachussetts; H. D. Storer. — Connecticut; W. ©. Ayres. — New-York ; D’. Dekay. Maintenant il regne des doutes sur le €. quadricornis de Sabine (App. to Parry’s First. voy. 1821. p. CCXIT) lequel appartient soit a l’A. groenlandicus proprement dit, soit A l’A. scorpioides. Les deux especes nouvelles decrites par M+. Storer fils sont les suivantes: 13° ACANTHOCOTTUS PATRIS, H. R. Storer. Bost. Journ. nat. Hist. VI. 1851. p. 250. Pl. VI. fig. 2. Habitat: Baie de l’Isle Mecatine et baie rouge,. H. R. Storer. 132 ACANTHOCOTTUS OCELLATUS,. H. R. Storer. Bost. Journ. nat. Hist. VI. 1851. p- 253. Habitat: Cöte de la Nouvelle-Ecosse; H. R. Storer. Le Chabot du Groenland (mon Cottus Fabricii) est mentionne par Graah dans son voyage au Groenland sous le nom de C. tricuspis (Mus. Reg.), tandis que Bonaparte le rapporte a l’4. bubalis (Cottus bubalis Euphr.) ainsi que le €. uncinatus de Reinh.. quoique avec doute. Je me suis egalement convaincu de l’existence de deux especes de Chabots en Angleterre, differentes du €. gobio, l’une ayant trois rayons mous aux ventrales et l’autre quatre; les rayons superieures des pectorales sont bifurques chez l’une et et simples chez l’autre. Je ne puis toutefois, faute de materiaux, caracteriser ces especes , ni subdiviser la synonymie anglaise du €. gobio. rn 88 Ainsi que je l’avais suppose le Chabot du midi des Alpes est une espece ä part. C'est maintenant le CoTTUS FERRUGINEUS, Heck. Lettre a Ch. Bonaparte Cal. meth. Pesc. Europ. 1546. p. 62. Habitat: Lacs d’Italie; Bonaparte, Heckel. J'ai en outre trois especes americaines a enregistrer. 5° COTTUS ALVORDN. Girard. Smiths. Contrib. to Knowled. vol. Il. 1851. Pl. 1. fig. 9 et 10. Habitat: Afiluens du Lac Huron; Major Alvord. 5 Corrus Wiırsontm, Girard. Smiths Contrib. to Knowled. vol. II. 1851. Pl. 1. fig. 3 et 4. Habitat: Riviere Alleghany; Girard, Baird. 15° CortTus FORMoSus, Girard. Smiths Contrib. to Knowled. vol. II. 1851. Habitat: Lac Ontario; Prof. Baird, Girard. J'ai propose un genre nouveau, que j’appelle Triglopsis (Girard). pour un cottoide .extremement eurieux, rappelant les Trigles d’une part, et les Cha- boisseaux de l’autre. L’etude osteologique de ce genre m’a en oulre appris que les Seienoides se rapprochent assez les Cottoides. Le Triglopsis est un chabot ayant le fascies des Trigles et le pr&operceule Epineux des Acanthocottus. Les os palatins ne portent pas des dents. Je n’en connais encore qu’une seule espece „le TrısrLopsıs Taomrsonu, Girard. Smiths. Contrib. to Knowled. Il. 1851. Pl. D. fie. 9 et 10. Habitat: Lac Ontario: Prof. Baird. Plusieurs especes de Cottoides, les unes appartenant au genre Coltus, les autres a des genres peut-etre nouveaux, ont el recueillies durant le voyage d’exploration scientifique fait par ordre du Congres des Etats-Unis, les unes du fleuve Oregon, Be: ‚d’autres de l’Amerique du sud, et paraitront dans l’Ichthyologie de ce voyage. Je regrette que l’ichthyologiste se soit fait le tort de m’en refuser l'’examen. Acanthocottus, bubalis, p. 26. | Cottus groenlandicus, Cuv. et Val. p. 25. — groenlandicus, Grd. p. 25. \ — groenlandieus, Richards. p. 26. — Labradoricus, Grd. p. 26. | — quadricornis, Sabine, p. 26. — patris, H. R. Storer, p. 26. | — trieuspis, (Mus. Reg.) p. 26. — ocellatus, H. R. Storer, p. 26. | — uncinalus, Reinh. p. 26. — variabilis, Grd. p. 26. \ — Wilsonii, Grd. p. 27. Cotius Alvordii, Grd. p. 26. \ Triglopsis, Grd. p. 27. — ferrugineus, Heck. p. 26. | — Thompsoni, Grd. p. 27. — formosus, Grd. p. 26. | Washington (D. C.) 1. Mars 1831. E22 22,27 2222255 Recueil d’observations le terrain siderolitique dans le le, bernois et parlieulitrement dans les vallees de Del&mont et de Moutier. Par A. QUIQUEREZ, Ingenieur des mines du Jura bernois. la c er u er DI in ch A Du RER Be a Maine re, Air a a rn oh u Tan ie wa Mu. ha vol) m Dee » KARL Non f Mn) Abit N Eu f 2) Ku Ku RAR rd ö mer A } “ Kal ee ke Nie ” ZEN h R j“ a a ro a Ar Ar RR ei re sue RR u Te RT WR BAR A U ud 7a N vr 1 a” Bene” void Sr EN er au I [ x e Ara 4; a Ir ‘ ka ar Bi ital an tl, en? Ro: de Re EN Ba Din N 1) 8 wer DAR in N le ah EN Hut Ib, ind = AB u 0.43 E 2 Lie Gouvernement du canton de Berne nous ayant confie l’inspection des mines du Jura bernois. depuis quatre ans, nous nous sommes vu dans le cas de faire des observations journalieres qu’on ne peut faire qu’ä mesure que les travaux avancent et qui. si elles ne sont pas aussitöt recueillies, s’effacent en peu de temps sous le boisage des galeries ou sous les affaissements du terrain. Mr. Gressly est le premier qui, a notre connaissance, ait attribue d’une maniere positive la formation du siderolitique A des Ejections plutoniques ou semi-plutoniques, re- sultant du erevassement du sol pendant les soulevements jurassiques.) Son systeme a pu faire naitre des controverses de la part des geologues qui n’avaient pas eu occasion d’etudier le siderolitique dans les terrains jurassiques et de ceux qui ne l’ont etudie que dans des conditions differentes, apr&es des remaniements du terrain, ou bien qui. ne voyant au-dessus aucun depöt posterieur, ont pu avoir une opinion dif- ferente de celle de Mr. Gressly. Nos investigations continues dans les minieres au sein m&me du siderolitique , nos recherches dans les carrieres, dans les entrailles des roches, dans les cavernes, dans les cluses du Jura, nous ont mis ä möme de faire des observations nombreuses, concordantes presque en tout point avec les faits deja avances par Mr. Gressly. Nous eroyons done qu’il pourrait &tre de quelque utilit& pour la science de faire connaitre ces observations, parce qu’elles nous ont paru renfermer aussi des faits nouveaux,, pouvant servir & faciliter de nouvelles recherches. Dans la Haute-Saöne oü le terrain siderolitique n’est recouvert par aucune formation posterieure de quel- que importance, il est diflicile d’assigner l’epoque geognostique de ce depöt. La mö&me diffieult& se presente dans le Schwartzwald, ou le siderolitique a eprouve des remaniements, tandis que dans le Jura bernois, et notamment dans les vallees de Delemont et de Moutier , le siderolitique est recouvert du tertiaire, et la divergence de leur stratification et leurs rapports avec le terrain jurassique indiquent que le si- ') Observalions geologiques sur le Jura soleurois,. par A. Gressiy, publiees dans les nouveaux memoires de la Soei&t& helv&lique des seiences naturelles Lane derolitique est en place et que ce depöt a suivi tous les mouvements et soul@vements du calcaire portlandien sur lequel il repose immediatement. Nous regretons amerement de ne pouvoir actuellement ajouter des analyses chimiques ä nos observations geologiques. L’analyse des divers mineraux qu’on rencontre dans le siderolitique fournirait de nombreuses preuves ä l’appui de notre opinion sur la formation de ce terrain. Nous Eprouvons le m@me regret relativement aux nombreuses planches que nous avons coloriees et que l’on ne peut rendre qu’en partie au erayon ou par la lithographie. Chapitre Il. De letage jurassique superieur, ou portlandien, d raison de ses rapports avec le terraın siderolitique. Vallee de Delemont. La vall&e de Delömont est formee d’un bassin portlandien dont les bords. plus ou moins redresses, sont le resultat de divers soulevemenis. En general le fond de la vallee est plat, surtout vers la partie centrale. 11 af- fecte ailleurs des formes plus onduldes, comme aussi les roches sousjacentes sont coupees et dechirdes par des failles et des erevasses plus ou moins apparentes ä la surface du sol. Des collines portlandiennes se detachent particulierement des flan- quements septentrionaux et s’avancent, comme des promontoires, dans la plaine. Les collines de Chaux et du Mont-Chaibent forment, au eontraire, des mamelons iso- les, des iles, et proviennent de soulevements particuliers plus r&ecents et m&eme po- sterieurs au depöt tertiaire. En examinant attentivement les cluses et les ruz qui coupent les flanquements, on reconnait que ces coupures se correspondent de chaque eöte de la vallee, et qu’en general elles traversent l’ensemble des chaines du Jura. Il parait evident que dans les soulevements des montagnes il s’est opere des mouvements oseillatoires, qui ont rompu les ados ou voussures des montagnes et se sont etendus A de grandes distances. — Il resulte de ce fait que si l’on pouvait deblayer le fond de bassin de Delemont (et de bien d’autres valldes), on remarquerait la eluse des Roches de Mou- tier correspondant ä celle du Vorbourg, par une ligne que trace a-peu-pres le lit de la Byrse; la cluse de Vermes ä celle de la Providence; celle d’Undrevelier ä la coupure imparfaite des Vies, derriere Develier; mais iei on pourrait prouver que _— u cette coupure a &te modifice posterieurement par le dernier soul&vement de la chaine du Mont-Terrible. En m&äme temps que les soulevements ondulatoires des hautes chaines produi- saient la formation des cluses et des ruz, il se formait un erevassement des roches sur le flane des montagnes parallelement & la direction des soulevements. Tandis que les cratöres d’explosion dechiraient la voüte du terrain et formaient des enton- noirs ou des vallees presentant la forme d’un angle ouvert dans le haut, les strates des roches compactes, fortement redressdes du eöte de l’angle ouvert ou du soule- vement, se brisaient en sens invers ou du cöte oppose et produisaient les failles et erevasses longitudinales dont on a deja dit un mot en passant. Dans quelques loca- lites cette rupture a ete si forte et la dislocation si grande, quelle a entraine la re- tombee d’une des levres de la faille, comme on en reconnait un exemple caracteris- lique de chaque cöte de la cluse du Vorbourg, au confluent de la Byrse et de la Sorne. Il resulte de ce fait que les failles ont necessairement leur angle oppose a celui des crateres de soulevement, et que leur angle aigu etant en haut, elles vont en s’elargissant vers le bas. De la vient aussi qu’elles sont moins apparentes et qu’ä l’exception de celles qui ont produit des retombees, on ne les remarque guere qu'en faisant des coupures dans les roches et dans les travaux des minieres. On reconnait alors non seulement des failles prineipales, mais encore un erevassement et fendille- ment general des roches, en sens plus ou moins vertical, et ces crevasses se recon- naissent dans tous les etages jurassiques. II est evident que les plus grandes de ces failles, dont Fouverture superieure est Ires apparente, doivent avoir une profondeur immense; car des instant oü le soulevement faisait redresser tous les terrains jurassiques et möme ceux au-dessous. toutes les strates de ces divers etages devaient se rompre au bas des Nanquements opposes aux soulevements. Cette theorie, toute geometrique et physique, relativement ä la resistance et a l’inflexibilit@ des roches, nous conduira plus tard a expliquer la formation du terrain siderolitique sorti par ces erevasses des entrailles de la terre en fusion plutonique , et s’&chappant par toutes les fissures des roches, sous forme de matieres plus ou moins boueuses et incandescentes, de matieres plus ou moins chargees d’acides et de gaz, et se repandant sur le portlandien en couches inegales. comme les sources m&mes qui les produisaient. er Ainsi les soulevements jurassiques ont produit deux phenomenes tres distinets: un se manifeste a la surface du sol par l’exhaussement des montagnes et leur de- chirement central en forme d’entonnoirs plus ou moins evases et allonges; l’autre, moins apparent parce qu'il est cache sous les terrains de recouvrement, mais non moins positif, est la consequence directe du precedent, et il a produit les failles aigues au sommet et le fendillement des roches plus ou moins plices par les soule- vements. Dans le premier cas on n’apergoit plus la trace des agents soulevateurs, mais dans le second, cette trace se reconnait avec facilit& et l’on voit &videmment qu’a la suite des soulevements ont jailli des matieres plutoniques ou semi-pluto- niques, qui ont trouve des issues toutes ouvertes dans les failles et les crevasses. et sont arrivees jusque sur le sol oü elles ont forme le siderolitique. Le bassin de Del&mont, comme celui de plusieurs autres valldes du Jura, a donc pour base le calcaire portlandien plus ou moins redresse sur les cötes, plus ou moins ondule dans le fond du bassin; celui-ei est traverse en divers sens par de grandes failles ou prolongation des cluses et des ruz, et crevasse longitudinalement et en sens divers par d’autres failles beaucoup plus etroites au sommet et s’elargissant de haut en bas. - Il est evident, que ce crevassement du sol doit, en general, affecter davan- tage le pied des montagnes que le fond de la plaine; mais d’un autre cöte les mou- vements oscillatoires des etages jurassiques et les collines, qui, ä des angles divers, ‘se sont detachdes des chaines prineipales, ont du & leur tour produire des eflets analogues ä ceux causes par les grands soulevements. De la viennent sans doute les failles et crevasses qui ont fourni le siderolitique repandu dans la plaine. Cependant une partie de ce depöt a pu y arriver depuis les coteaux, mais dans l’un et l’autre cas nous avons constate l’existence du siderolitigue en place dans le fond du bassin de Delemont, a une assez grande distance du pied des montagnes. Les failles ou la prolongation des cluses et des ruz passant sous la plaine ont ete naturellement comblees de materiaux &boules pendant les soulevements et de ga- lets, roul&s plus tard par les eaux. Les autres failles sont parcontre uniquement remplies d’argiles ou bolus appartenant au ierrain siderolitique , de sable quarzeux, de matieres ferrugineuses affectant divers aspects ei compositions chimiques. Par ex- ception on remarque quelques crevasses, ayant une certaine largeur d’ouverture. qui ont ete comblees de haut en bas, mais on verra plus tard qu’on ne peut con- fondre leur mode de remplissage avec celui des failles injeetees de bas en haut. a Dans la vall&ee de Delemont, et notamment du cöte septentrional, le portlandien a une puissance de 136 pieds suisses (le pied est de 3 decimetres). Les strates qui le composent n’ont pas une grande Epaisseur; ce ne sont guere que des bancs de 1 a 6 pieds tout au plus. ‚Il est assez diffieile de fixer exactement le point de separation entre le calcaire a astartes et le portlandien. Nous l’avons mesure depuis un banc de calcaire com- pacte ä taches rousses reposant immediatement au-dessous d’un bane de calcaire tres blanc, ä oolites miliaires tres caracteriseces. Au-dessous de ce premier bane A laches rousses se trouve une assise de calcaire blanc jaunätre renfermant des ostrea so- litaria, ostrea eduliformis, pigaster, cytherea, etc. Nous ne pouvons detailler tous les fossiles appartenant a chaque bane du port- landien, mais nous avons particulierement observ& les suivants dans les dernieres assises de cette roche, tant dans les carrieres de Del&mont et de Courroux que dans la plupart des minieres. Le banc le plus superficiel, celui qu’on trouve sous le ter- rain siderolitique depuis les minieres de Seprais, jusqu’a celles de Montsevelier , sur plus de trois lieues d’etendues, le meme que nous avons reconnu dans plusieurs autres localits, est un caleaire blanc jaunätre, nuance du jaune de Naples, ä cas- sure lisse et conchoidale, renfermant tres frequemment des formations geodiques de spath calcaire et presque toujours des dendrites profondes. Cette derniere indication nous a paru appartenir si constamment a ce banc que, pour notre gouverne. nous l’avons appel& calcaire a dendrites profondes. On remarque tres peu de fossiles dans ce premier banc, et ni dans celui-ci, ni dans ceux au-dessous nous n’avons jamais renconire un seul exogyre virgule, si frequent dans l’etage superieur du portlandien de Porrentrui. On pourrait done en inferer que dans cette partie du Jura cet tage portlandien n’existe point. L’epaisseur de ce premier banc n’est pas facile a determiner ,„ parce que cette roche est exträmement decomposee et alterde A sa surface, Partout oü cette roche est en contact avec le siderolitigue, ses formes sont toujours arrondies et sa päte meme a subi diverses alterations, comme on le dira plus tard. Au-dessous de ce premier banc se trouvent deux ou trois assises, de 2a 3 pieds d’epaisseur, chacune renfermant de nombreux fragments de trichites, des ostrea solitaria, ostrea plagiostoma, perna plana, isocardia, de frequentes pholadomia des mactromia, homomia hortulana, et m@me des os de tortues. a Au-dessous regne un banc de calcaire grumeleux et marneux, jaunätre et bleu- ätre, renfermant considerablement de fossiles. Outre les precedents, nous avons encore trouv& les terebratula biplicata, terebratula inconstans, des natica, diceras gregarea, mitilus jurensis, lima, strombites, des pointes de cidaris en grande quan- tite, des polypiers lithodendrum. Mr. Gressiy, ayant examine ces roches avec nous, a eru y reconnaitre le cal- caire A tortue exploite a Soleure, et selon son opinion on pourrait l’appeler calcaire a strombite de l’etage portlandien superieur, dans toute cette partie de la vallde de Del&emont. Dans les bancs plus inferieurs, on observe encore quelques-uns de ces fossiles et l’on remarque surtout des banes formes de fucoides et de serpules, pre- sentant des masses de calcaire vermicule. Nous n’entrerons pas dans de plus grands details sur les etages moyens du port- landien, notre but n’etant que de constater celui sur lequel repose le terrain sidero- litique. Ces premieres assises, ou calcaires ä dendrites profondes et ä strombites remontent plus ou moins haut sur les flanquements des valldees de Del&mont et de Moutier, et jusqu’a leur -affleurement le plus eleve on remarque des lambeaux de si- derolitique attaches a leurs parois m&me les plus redressees. Chapitre II 693 Des alterations du portlandien et des autres roches en contact avec le siderolitique. On doit actuellement passer ä l’examen des diverses alterations que les roches ont subies partout oü elles ont &te en contact avec le siderolitigue. On remarque au premier aspect que ces alterations sont tres varices et qu’elles sont le resultat de causes diverses, qui ont agi plus ou moins isol&ment, mais toutes ä la m&me epoque, soit A l’arrivee du terrain siderolitique. 1. Alteration päleuse. Dans toutes les minieres la premiere alteration qu’on observe, consiste dans la decomposition de la partie superieure du portlandien. Cette decomposition est tres variable: souvent elle n’atteint que quelques lignes d’epaisseur, tandis qu’ailleurs elle penetre dans le calcaire ä plusieurs pouces de profondeur. 2. Toutes les parties saillantes des roches sont fortement arrondies; on ne voit plus ni pointes, ni angles; mais toute la surface du calcaire est d&composee et reduite en päte plus ou moins compacte, ayant une couleur toujours plus blanchätre que la roche möme et tirant ordinairement sur le bleu päle ou le vert. Quelquefois cette päte conserve sa composition chimique calcaire; d’autresfois elle ne contient plus au- cune trace de carbonate de chaux et forme une terre ou argile refractaire de nature siliceuse et alumineuse; enfin A cette alteration se joignent quelquefois des infiltra- tions de cristaux de gypse ou de sulfate de chaux penetrant m&me fort avant dans la roche compacte, mais qui parait avoir eprouve un ramolissement, puisque entre les moleeules purement calcaires et non alierdes on remarque des alterations bleuätres comme eelles qu’on vient de deerire. Ces cristaux de gypse n’ont point de formes pre- eises, parce qu'ils sont comprimes entre les interstices de la roche; cependant ä la loupe on croit reconnaitre une texture fibreuse d’un &elat brillant. Nous avons observ& l'alteration päteuse dans plus de eınquante minieres; elle existe sur toute la surface du portlandien, & quelques rares exceptions pres et parce que cette roche a subi une autre decomposition; nous l’avons observee dans toutes les erevasses du portlandien et du corallien, lorsqu’elles etaient injectees d’argiles si- derolitiques; nous l’avons remarquee dans un tres grand nombre de carrieres et de coupures de rochers, telles qu’au chemin de Soyhiere a Mettemberg, de Courrende- lin a Moutier, de Roche a Rebeuvelier, dans les vall&es de Moutier, de Laufen, et bien d’autres lieux. 2. Alleralion ä aspect dolomitique. . Quelquefois la roche ne presente l’alteration päteuse qu’a sa superficie et imme- diatement au-dessous cette enveloppe le calcaire est reste intact. Ailleurs l’altera- tion passe dans la roche möme, qui devient grumeleuse et melde de matiere bleuä- ire plus ou moins compacte. Dans d’autres cas, ce qui est assez frequent, la roche prend un aspect terne, crayeux et dolomitique; mais alors la d&composition päteuse est moins considerable ou n’existe möme pas. La surface des roches, toujours tres arrondie, prend quelquesfois une teinte noirätre ou rougeätre, ailleurs m&me blan- chätre, tandis qu’a la cassure la roche presente la couleur, le grain, enlin toute l’apparence des dolomies. Cette alteration souvent Ires voisine de la d&composition päteuse, penetre aussi plus ou moins profondement dans la roche et dans certaines minieres elle semble 2 2 predominer sur les autres alterations. C’est ainsi que nous avons reconnu, dans les minieres de Seprais, des bancs de portlandien tellement d&composes que cette roche est devenue crayeuse, friable et semblable aux dolomies pulverulentes du terrain keuperien. 3. Alteralion & aspect igne. On observe une troisieme alteration du portlandien ei m&me des autres roches jurassiques, non moins interessantes que les precedentes. On pourrait l’appeler ignee ou ferrugineuse, parce quelle prösente ces deux caracteres. Sa couleur rouge, plus ou moins noirätre et violacee, certaines d&compositions des roches et laspect des matieres ferrugineuses scoriacdes ou soudees aux roches, indiquent l’action d’une cha- leur tr&s intense, en m@me temps que le passage ou l’Epigenisation des roches en fer hepatique, en bolus ferrugineux, la presence m&me d’autres matieres ferrugineuses annoncent que des &jections tres chargees de fer ont predomine dans ce genre de decomposition des roches. Dans cette eirconstance encore les roches ont tous leurs angles, toutes leurs saillies arrondies, mais l’alteration päteuse n’existe pas. Elle est remplacee par une matiere noirätre penetrant les roches plus ou moins profondement, et formant quel- quefois une couche assez &paisse de fer hepatique qui est soude aux roches. Celles- ci sont quelquefois tellement rougeätres, violacdes, scoriacees qu’elles semblent ap- partenir ä des montagnes volcaniques. On en remarque dans presque toutes les mi- nieres et {res frequemment dans les carrieres et coupures faites dans les roches des divers etages jurassiques. Nous en avons observes de tres caracteristiques dans les minieres de Seprais et de Montavon, dans celles de Courroux et de Corcelon, dans celles de Lauperstorf. canton de Soleure, et dans bien d’autres localites. Nous eiterons ensuite plusieurs cerevasses dans les roches des valldes de Mou- tier, dans les coupures faites pour les chemins de Moutier, de Rebenvelier, de Mettemberg, par la route de Soyhiere a Bäle, dans les roches de Courroux et bien d’aulres lieux. Dans la roche de Courroux, en face du Vorbourg, appartenant au corallien in- ferieur, on remarque une crevasse ou caverne qui ressemble ä une ouverture vol- canique. Les matieres ferrugineuses qui en sont sorties affeetent egalement un aspect plutonique et dans ce genre d’alteration des roches, on voit que ce ne sont pas Re, + seulement les agents aqueux et charges’ de gaz d’acides, qui ont altere les roches. mais qu’une chaleur tr&es intense a du accompagner ces Ejeclions. Souvent alors les oxides de fer se sont en quelque sorte substitues au calcaire, sans toutefois en detruire la forme et les fossiles. Ils en ont colore et decompose la substance; les roches sont devenues plus ou moins rouges, dolomitiques, ferrugi- neuses, ou m&me ont et& converlies en bolus ou argiles diversement colores. Il semble que le feu, puis l’eau, les gaz, les acides ont contribue tous ensemble, ou Fun apres l’autre, a alterer ces roches. 4. Allteralion siliceuse. Parmi les nombreux exemples de la silieification ou jaspisation des roches et no- tamment du portlandien en contact avee le siderolitique, nous signalerons d’abord un de ceux qui nous a paru le plus remarquable. ‚Une colline detachee de la chaine du Mont-Terrible s’abaisse lentement jusqu’au village de Develier, oü elle va mourir sous le tertiaire, sur son flanc oriental on a ou- vert plusieurs carrieres qui permettent d’etudier cette roche. Au-dessus du portlandien ä strombites regne une mince couche de siderolitique, recouvert par un bane de calcaire ou molasse jaune de peu d’epaisseur. Cette molasse grossiere, plus ou moins remanie avec le siderolitique, renferme de nombreux fossiles, beaucoup d’huitres, de debris de phoques, des dents de squales, de lamna et autres poissons. Ce depöt marin forme la superficie du sol jusqu’au village de Develier. Les banes du portlandien ont peu d’epaisseur. Ils sont presque constamment separes par des argiles siderolitiques diversement nuancees. es argiles sont injec- ces dans toutes les fentes et fissures du portlandien, et dans les crevasses les plus larges on remarque des morceaux de fer amorphe. La couche de siderolitique, reposant sur le portlandien, est peu considerable ; elle a et& lavee par les eaux, remanide avec le tertiaire; aussi on ne voit que peu de pisolites de fer, dont quelques-uns sont retombes dans les crevasses ouvertes A la superficie du sol. Les banes du portlandien sont ainsi entourds et traverses en tous sens pas des malieres siderolitiques qui ont dü ötre tres aqueuses ou ires ga- zeuses. Elles se sont converties en argiles blanchätres, semblables a T’alteration päteuse, mais il est evident qu’elles ont dü &tre primitivement a un tat tres liquide et que l’aetion des gaz et des acides qui les formaient a pu agir sur les roches m&mes que ces matieres enveloppaient. rn On remarque en effet que plusieurs bancs de portlandien ont &t& jaspises, non pas dans leur ensemble, mais partiellement et en rognons, dans les moellons qui for- ment les strates. Ces rognons plus ou moins applatis sont renfermes dans une en- veloppe calcaire, qui ä la cassure presente peu d’alterations, mais les rognons sont parcontre formes de couches ou veines concentriques qui leur donne l’apparence de morceaux de bois fossile. Souvent cette alteration affeete tout un banc, tandis que d’autres assises sont restees plus ou moins intactes. Quelquefois il se trouve plusieurs rognons dans le meme fragment de roche. Cette jaspisation en couches concentriques se remarque encore dans des rognons applatis qu’on rencontre dans les minieres de Del&mont, soit isolement, soit plusieurs ensemble au milieu des argiles siderolitigques. Quelques-uns sont brises et leurs morceaux ne sont plus rapproches, mais separes par quelques pouces d’argiles. A la cassure on observe dans ces rognons une mince feuille eristaline qui avait rempli les fissures, comme on remarque des cristallisations analogues dans les rognons du terrain liasique. Ges rognons siliceux, a couches concentriques, different sensiblement d’autres jaspisations qu’on trouve dans diverses minieres et assez frequemment dans celles de la Fortaine ä Corcelon. En general, ils doivent leur origine a des breches ou fragments de roche calcaire, dont ils ont conserve en partie la forme primitive plus ou moins arrondie; mais aA la cassure ils ne presentent que rarement les couches concentriques, ou n’en oflrent que sur un ou deux cötes, tandis que le reste est uni et sans stries. Plusieurs sont jaspes de rouge plus ou moins vif, mais moins egal et surtout moins violac& que dans les jaspes des minieres du Schwartzwald. Ces silex sont evidemment formes en place et ce ne sont point des cailloux rou- les. On en voit plusieurs qui renferment encore des fossiles et nous en avons re- eueilli un certain nombre, qui ne sont autre chose que des fragments de polypiers, genre astrea, de l’etage portlandien. Quelques-uns n’ont ete jaspise que d’un cöte et l’autre est rest& calcaire. Ces jaspisations en place ne se trouvent que dans les bolus inferieurs, ordinai- rement dans les couches a minerai oü ces rognons sont devenus des silicates de fer. Nous avons ainsi trouv6 un grand fragment de polypier dont la eirconference silico-ferrugineuse renfermait un noyau de sable quarzeux du plus beau blanc, avee de tres nombreux polypiers egalement en sable plus ou moins coherent. La eircon- ER: ference de ce rognon, d’un brun noirätre et dur comme la mine de fer, devenait de plus en plus siliceuse ä linterieur, puis translueide et enfin le calcaire etait to- talement change en sable siliceux. D’autres fragments n’avaient point cette structure geodique, mais tandis qua une extremits on reconnait des polypiers encore calcaires, lautre bout etait un vrai silex et m&me quelques-uns des silicates de fer. Cette jaspisation se remarque &galement sur des roches sans fossiles et jasque dans le corallien inferieur. Les minieres groupdes de chaque cöte de la colline de Chaumont, qui se de- tache de la chaine du Mont-Terrible entre les villages de Corcelon et de Recolaine, au val de Delemont, offrent frequemment le m&me phenomene de la jaspisation des roches ä leur contact avec le siderolitique. Ordinairement ces roches sont plus dures, plus compactes que celles &loigndes de ce terrain, quoiqu’appartenant a la mö&me formation; leur nature est plus siliceuse, leurs angles quoique arrondis, sont moins charges de l'alteration päteuse et celle-ei est frequemment remplacee par lV’al- teration d’apparence dolomitique. Les ouvriers les plus ignorants s’apergoivent fa- eilement de cette transformation du caleaire en silex, non seulement par les etincelles qui jaillissent au choc de leur pie, mais plus encore, par l’augmentation de durete des roches. Cependant celles-ei, a la cassure, conservent la forme lisse et con- choidale du portlandien non altere. Du reste, la jaspisation des roches ä leur contact avec le siderolitique n’appar- tient pas aux seules vall&es de Del&mont et de Moutier; on l’observe encore dans un grand nombre de localits du Jura, et le genre de jaspisation signale a Develier, se reproduit dans les minieres de Matzendorf, au canton de Soleure, et partieuliere- ment dans le voisinage des crevasses &jectives. On reviendra encore sur ce meta- morphisme des roches lorsqu’on parlera des crevasses &jeclives qu’on observe dans divers &lages jurassiques. Un autre fait se ratachant direetement ä l’alteration des roches jurassiques A leur contact avec le siderolitique est la decomposition semblable qu’on remarque sur des galets appartenant aux’ terrains de cristallisation qui se trouvent deposes sur le siderolitique dans les minieres de Seprais et de Montavon. Ces galets ont eprouve une decomposition analogue ä l’alteration päteuse du calcaire; leur surface a eprouve un ramolissement tres sensible et a pris une couleur plus päle. Nous n’avons toute- fois observe ce phenomene que dans peu de localites, soit que les travaux des mi- nieres ne nous aient pas permis de le reconnaitre ailleurs, soit que l’action des acides ae qui ont attaqu& ces roches n’ait et que locale, ou n’ait plus consiste qu’en faibles sources jaillissant encore hors de quelques fissures apres le depot siderolitique, en- trainant avec elles du gaz et des acides assez puissants pour alterer ces galels. On verra plus tard que l’existence de ces sources a &te constatee dans plusieurs mi- nieres. |< 5. Roches soulevees et Eparses dans les bolus et ramolissement dy portlandien. Dans les argiles siderolitiques inferieures, ou bolus, on rencontre quelquefois des bloes de roches portlandiennes ä plusieurs pieds au-dessus de la roche inferieure qui sert de base a ces argiles. Ces blocs sont obsolument isoles et renfermes dans les bolus. Ceux-ei et les argiles superieures ont une puissance de 60 a 100 pieds, dans le cas que nous signalons, le siderolitiqgue est ensuite recouvert de tertiaire et de breche qui n’ont pas permis a ces blocs de descendre des montagnes superieures pour s’enfoncer dans les argiles, et ensuite leur seul aspeet indique qu'ils pro- viennent du sol inferieur auquel ils appartiennent par leur formation, leurs fossiles et leur identit& avec des blocs semblables epars dans leur voisinage et reposant sur le portlandien. La premiere pensde que fait naitre leur vue, c’est que ces roches ont &t& sou- levdes et entraindes avec les banes durant la formation du siderolitique. On voit bien des formations calcaires dans les argiles siderolitiqgues, on y re- marque m&me des banes de conglomerat d’une assez grande puissance; on y trouve des rognons calcaires dissemines dans leur masse en m&me temps que des rognons de gypse fibreux et en fer de lance, mais quand ces argiles n’ont pas &eprouve de remaniement, on n’y decouvre jamais de roches portlandiennes, si ce n’est dans les bolus ou argiles inferieures. Ces fragments de roche sont de volume tres divers: les uns ne sont que des rognons de 1 a 15 livres qui sont plus ou moins jaspises ou silieilies, comme aussi on en voit qui sont restes calcaires et dont la surface seule a ete alterde; les autres sont des masses pesant plusieurs quintaux, et ce sont des blocs de ce genre que nous avons observes dans quelques minieres de Cour- roux, telles qu’au Cerneux, et au bas du finage de Doscourt. En 1850 nous avons trouve de ces roches au milieu m&me d’un amas de mi- nerai; on voyait evidemment qu’elles avaient ete soulevees ou entraindes durant l’e- jection du siderolitique. Leurs surfaces etaient fortement alterees et desagregees , mais rien n’indiquait un deplacement quelconque depuis la formation du siderolitique. .. La superficie de ces sortes de roches est toujours arrondie et presente l’altera- tion päteuse ou celle d’apparence dolomitique. Ces alterations sont du reste sembla- bles ä celles eprouvdes par le portlandien qui sert de base au siderolitique mäme. Dans ces diverses roches on observe frequemment qu’elles ont eprouve un ramo- lissement considerable et une pression telle que les grains de mine de fer se sont inerustes dans la pierre, ou bien y ont trac& des rainures et laboure sa surface en elissant dessus. Ce n’est point la pesanteur de ces roches qui a produit ces especes de canelures en s’enfongant de haut en bas dans le filon de minerai, car souvent ces canelures sont placdes en sens divers et il en existe egalement sur la roche formant la base du ‚ siderolitique. Le seul examen de ces empreintes indique un grand ramolissement de la päte calcaire au moment oü la pression des globules de fer s’est exercee sur cette päte. Deja en 1541 nous avions observe des morceaux de portlandien remplis de mine de fer, comme si ces globules avaient &te travaillds et melds dans de la marne. La päte du calcaire avait cependant repris la durete de la roche, sa cou- leur, sa cassure lisse et conchoidale, et c’est a peine si l’on remarquait une aur6ole rougeätre autour de chaque globule. Il ne faut pas confondre ces morceaux de portlandien incrustes de mine de fer avec d’autres debris de pierre calcaire &galement petris de mine et qu’on trouve aussi dans les bolus inferieurs. Ces dernieres roches ne sont que des formations iso- Ides, comme certains rognons calcaires qu’on voit dans les argiles superieures comme les conglomerats siderolitiques dont on fera bientöt mention. Les premieres roches ont tous les caracteres du portlandien, tandis que les’ formations calcaires isolees n’ont pas de ressemblance avec cet elage jurassique. Nous devons encore indiquer une observation faite plusieurs fois en examinant les roches portlandiennes en contact avec le siderolitigue. Nous avons eru remar- quer que dans ce cas leur surface &tait souvent couverte de tubercules spathiques ou de rognons de Spath calcaire eristallin, le plus souvent formant des g6odes. Il nous a sembl& que ces tubercules penetrant peu profondement dans les roches, s’etaient formes pendant le ramolissement de la pierre; mais du reste nous ne faisons qu’e- mettre une opinion. Chapitre III. Des failles et crevasses djectives. Les faits qu’on vient de signaler sont le re&sultat d’observations failes a la sur- face du portlandien, immediatement sous le:siderolitique. Si l’on poursuit les inves- tigations dans le sein de la roche m&me, on verra des phenomenes identiques se re- produire avec des caracteres plus tranchants et d’un aspect plus volcanique, si l’on peut se servir de cette expression pour indiquer l’action des agents plutoniques ou semi-plutoniques qui ont contribue ä la formation du siderolitique. On a deja dit que, pendant les soulevements jurassiques, il se formait des en- tonnoirs evases de bas en haut au milieu des crateres d’explosion et que par le möme motif les strates inflexibles des roches laterales se brisaient du cöte oppose au sou- levement et produisaient des failles tres etroites au sommel, mais s’elargissant vers le bas. Il est facile de comprendre qu’une force soulevante capable de s’ouvrir un passage ä travers les deux mille pieds des &tages jurassiques, comme il est arrive lors des soulevements keuperiens de Berschwiler, de Bellerive et de Cornol., tous trois sur le m@me axe, a dü ebranler toute la contree. Si alors l’action de ces for- midables explosions n’a pas eu d’influence bien sensible sur le fond des vallees ou des plaines laterales, c’est preeisement parce que les parois des roches soulevees, ne pouvant pas se plier, se sont rompues ä quelque distance de soulevement. On verra bientöt que ces m@mes soulevements du troisieme ordre et penetrant bien au-dessous des etages jurassiques, n’ont eu lieu qu’apres le depöt siderolitique et m&me apres le tertiaire, mais que ces m@mes chaines de montagne avaient ele exhaussdes deja anterieurement a ces depöts, par des soulevements moins puissants. Cet ebranlement du sol A une epoque oü la croüte terrestre etait cerlainement moins consolidee qu’actuellement, a dü produire des crevasses et des failles assez pro- fondes pour pendtrer jusqu’aux matieres en fusion formant le noyau de notre globe, et ces malieres ou une partie de ces malieres diversement modifiees, trouvant une issue dans ces erevasses, ont ainsi pu arriver a la surface du sol sous diverses formes et apr&s avoir eprouve de nombreuses modifications. ÜO’est d’ailleurs ce qui se produit encore dans les terrains volcaniques lors des violents tremblements de terre, mais ces secousses sont bien loin de causer un ebranlement du sol comme celui qui a dü accompagner les soulevements jurassiques. ee Nous reviendrons encore sur l’analogie que nous avons eru remarquer entre les phenomenes produits par les volcans modernes et ceux qu’ont dü produire les sou- levements de la contrde que nous deerivons. Mais auparavant nous allons signaler des faits. Nous regardons comme une preuve des &jections plutoniques les formes memes quw’allecte le depöt siderolitique et le mode de remplissage des crevasses et des failles que nous appelons ejectives, parce que c’est par ces ouveriures que les matieres ferrugineuses sont arrivdes A la surface du sol. Le portlandien, par sa position superieure, preeisement au point oü la rupture des roches apparait ä la surface du sol, est de toutes les roches jurassiques celle qui offre le plus de points d’observation. Si l’on examine comment sont remplies les nombreuses crevasses qui le traversent et qui penetrent dans les &tages ınferieurs , on remarquera facilement qu’elles sont injectees de bas en haut et non pas de haut en bas, comme on pourrait le pretendre. Il y a bien des crevasses qui sont rem- plies par ce dernier mode, mais elles se distinguent des premieres par la nature meme des malieres de remplissage et par l’aspect des roches ambiantes qui n’ont Eprouve aucune alteration. Les erevasses &jeclives, au lieu d’etre remplies par les matieres qui recouvrent les roches, n’en renferment que des parliculieres, telles que des malieres ferrugi- neuses et quarzeuses, des bolus differents de ceux sur terre, et point de fer en grain ou de pisolites, si ce n’est vers leur orifice lorsque ces crevasses sont larges ä leur ouverture; mais dans ce cas les pisolites ont pu retomber pendant que ces crevasses langaient des matieres boueuses et aqueuses, pendant que ces malieres arrivdes & la surface du sol, formaient ces pisolites m@mes dans le bouillonnement des eaux, comme cela se produit encore dans quelques sources thermales. C'est efleetivement ce qui a eu lieu lors de la formation du siderolitique , puis- qu’au milieu des amas de pisolites de fer on rencontre des pisolites calcaires, des pi- solites argileux , tous egalement formes de couches concentriques, absolument sem- blables a ceux qui se produisent actuellement a Carlsbad et autres sources thermales. Souvent möme, vers le haut ou sur les bords de ces erevasses on rencontre des morceaux .de fer amorphe tr&es scoriaces, qui ont et& lances hors de ces fentes et qui ont ensuite &te recouverlis d’une croüte pisolitique, comme les globules de fer pure- ment pisolitiques. Du reste, nous apporterons encore des preuves irrdcusables de ces sortes de formations ä la sortie des malieres &jeetees par ces crevasses. Dans _les failles ejeclives on remarque que la direction des argiles ei des ma- 3 Re tieres ferrugineuses qu’elles renferment, va de bas en haut. On voit surtout -que des masses de fer amorphe ou plutöt de bolus tres charge d’oxide de fer, ayant la forme d’un culot dans le haut et allant en s’amineissant vers le bas. Les parois des roches dans ces sortes de cerevasses sont altlerdes, decomposees, arrondies, comme les roches dans les minieres. Elles presentent toutes les especes d’alteralions qu’on a deja deerites. On observe au premier aspeet que toutes les roches ambiantes ont &eprouve ces alterations non pas par le frottement de corps solides qui auraient arrondi et poli tous les angles, mais par action de gaz et d’acides corrosifs, qui ont non seule- ment corrode toutes les parois des failles, des erevasses, des cavernes, mais qui se sont encore infiltres dans toutes les fissures, quelle qu’en soit la direction, en per- dant toutefois de leur action a mesure qu’ils s’eloignaient, qu'ils se refroidissaient ou qu’ils se melangaient avec les matieres marneuses et calcaires remplissant les interstices. Ces failles et erevasses presentent les alterations d’apparence ignde d’une ma- niere encore plus caracteristiqgue que dans les minieres; mais dans ces derniers lieux ce genre d’alteration n’est que masque par les bolus. Le fer hepatique est comme soude ä la roche m&me ou coul& dans les erevasses laterales. Ce mineral plus ou moins melange de calcaire, de sable quarzeux ä gros grains, a la forme et la cou- leur de morceaux de fonte echappes d’un fourneau en fusion. Il y a telles erevasses dont les parois sont revätues d’une croüte de ce fer, comme on voit l’oxide de zine s’attacher aux parois des hauts fourneaux du Jura fondant des mines de fer renfer- mant un peu de zine. Il est vrai que ce n'est pas ä l’etat de fusion que ces matieres ferrugineuses sont arrivees hors des entrailles de la terre, mais, sans nul doute, elles elaient accompagnees d’une grande chaleur et de gaz et d’acides qui les ont decom- poses, ainsi que les roches ambiantes, et les ont tous modifies de diverses ma- nieres. Ce phenomene se remarque plus en grand dans certaines cavernes, qui sont ainsi remplies par injection de matieres absolument etrangeres & toutes les formations jurassiques et tertiaires. Sans sortir de la vall&e de Del&emont ou de son voisinage, nous eiterons les cre- vasses et les failles tres nombreuses des carrieres de Del&emont, traversant tous les banes du portlandien et dans lesquelles on remarque tous les faits preeites. Les bo- lus qu’elles contiennent jusque vers leur orifice, different beaucoup de ceux qui for- ment le depöt siderolitique place immediatement au-dessus. On voit evidemment que u les matieres &jeetees ont Eprouv& des modifications en arrivant sur le sol, que l’ac- tion Ejeclive des erevasses repoussait les matieres &jectees et en empächait la re- tombee, tandis que dans le voisinage des crevasses moins profondes et non &jec- lives recevaient ces matieres et s’en remplissaient de haut en bas. Dans les failles &jectives on observe rarement du fer pisolitique, mais beaucoup du fer amorphe, plus ou moins arrondi par le frottement et le charriage, et nullement forme de couches eoncentriques. On en remarque cependant dans quelques cas et l’on ne) voit des morceaux recouverts du vernis metallique qui s’est depose en couches successives sur les formes tres varides du noyau central. Plusieurs de ces crevasses renferment aussi du sable quarzeux soit pur, soit melange ä des bolus. Ces derniers ont des couleurs tres varices passant du blanc bleuätre au jaune, au rose, au rouge plus ou moins violace, et souvent ils sont mar- bres de toutes ces nuances. ÜCes malieres remplissent non seulement les failles plus ou moins verticales qui traversent les strates du portlandien, mais elles sont encore injectees dans toutes les fissures, m&me ä de grandes distances, et l’on voit sou- vent des cavites sans issues superieures qui ont ete necessairement remplies de bas en haut. De l’autre cöte de la Cluse et de la Byrse, dans les carrieres de Courroux, on retrouve les mömes faits. La aussi, a cöle des crevasses &jeclives, on voit des cre- vasses de remplissage et dans lesquelles il y a möme des galets. Pres de ces carrieres, dans les champs et päturages de Colliard oü se trouvent les plus riches minieres de Courroux, on peut observer plusieurs de ces cerevasses ejeclives, möme A la surface du sol. On y voit des masses de fer amorphe ressem- blant a des matieres volcaniques et n’ayant nul rapport avec le minerai en grains des minieres voisines. Toutes les roches sont crevassdes et injecides de matieres siderolitiques, et les nombreuses carrieres ouvertes dans les roches indiquent evi- demment que le remplissage des erevasses a eu’lieu de bas en haut. Depuis la partie inferieure du cöteau de Colliard jusqu’aä la scie de Delemont, on voit regner une abrupte de rocher des deux cötes de la Cluse. Cette abrupte in- dique la rupture longitudinale et parallele au soulevement. Dans les temps de se- cheresse et lorsque les eaux de la Sorne sont basses, on peut facileınent reconnaitre la levre meridionale de cette faille et s’apercevoir qu’elle est a plus de 50 pieds plus bas que la levre opposee. Mais cette retombee et cette large ouverlure n’existe guere qu’ä sa jonetion avec la Cluse, et bientöt elle reprend la forme d’une simple — Me crevasse. On reconnait evidemment que sa formation est due ä la rupture des roches pendant le soulevement keuperien de Bellerive et au mouvement oseillatoire qui for- mait en möme temps la cluse du Vorbourg. A leur point de jonetion ces immenses crevasses sont remplies de galets, mais la faille longitudinale n’apparait plus sous les minieres de Colliard et des Pres derriere, que comme une etroite fissure. On doit observer que de chaque cöte de la Cluse et precisement ä la distance de la retom- bee de la faille longitudinale, le terrain siderolitique a presque disparu entierement, emporte sans doute par des courants d’eau posterieurs a ce depöt. Dans toute la longueur de la eluse du Vorbourg et dans tous les dtages des roches, depuis le portlandien superieur jusqu’au corallien inferieur, on remarque des crevasses &jectives plus ou moins considerables. Mais la plus importante se trouve dans la parois septentrionale de la roche dite de Courroux, vis-A-vis la chapelle du Vorbourg. De fort loin on peut voir des placards d’un jaune rougeätre attache ä son flane ä plus de 100 pieds d’elevation, et annongant par leur couleur la presence de fer et une formation etrangere A cette roche, appartenant au corallien inferieur. En effet, au pied de cette haute parois on voit s’ouvrir une espece de puits de 5 ä 6 pieds de diamötre, sur une trentaine de profondeur. Il est alors rempli de bolus et de sables quarzeux, tandis que les roches ambiantes sont decomposdes et cou- vertes de matieres ferrugineuses que le temps et les eaux n’ont pu en detacher,, &tant comme souddes au rocher. On reconnait que ces malieres &jectees de bas en haut ont &t& vomies avant le dernier soulevement de ces roches. Les crevasses voisines sont injeeiees de ma- tieres etrangeres, les roches sont alterdes comme dans les minieres; elles ont passe en sable quarzeux, en bolus tres compactes, en matieres ferrugineuses, et dans ces diverses epigenisations on trouve encore les fossiles de la roche primitive et en particulier de nombreuses pointes de cidaris. Depuis l’ouverture du puits jusqu'au bas de la montagne on rencontre des rognons de fer hepatique ressemblant ä de la fonte Echappee d’un haut fourneau en fusion. Ce mineral est melange de sable quar- zeux et quelquefois de petits galets calcaire. Ces masses de formes tres varides se retrouvent pres de plusieurs cavernes ou failles jeclives dans diverses parties du Jura, et leur formation est parfaitement semblable. Ces fragments ont vraisemblable- ment et& detaches des roches avoisinant cette espece de eratere, car on voit beaucoup de fer hepatique soude aux roches qui forment son embouchure. La profondeur de ce puits doit @tre considerable, si l’on en peut juger par son en ouverture et sa direction. Il prend naissance vers le tiers de la hauteur du corallien inferieur et il doit passer sous le terrain ä chailles ; mais l’arrangement des bolus qui remplissent le fond du puits sous forme de veines ou de bancs places en discordance avec les strates des roches ambiantes, indique un soulevement posterieur ä l’&jection et au depöt de ces matieres. Leur disposition en minces couches alternantes de bolus, de sables et autres ma- tieres plus ou moins pures ou melangees, indique un ralentissement dans la force ejective, et semble annoncer que ces malieres se sont plutöt Echappees des crevasses laterales que du fond m&me de ce puils. Cette m&me disposition des bolus et des sables se remarque encore dans plusieurs erevasses voisines et toujours avec la m&me discordance relativement aux strates du corallien. Dans ces erevasses, cette roche a subi les m&mes alterations; on voit qu’elle a etE ramollie et injectee de matieres ferrugineuses et qu’ensuite elle a repris sa du- rete primilive; mais sa päte, sa couleur ont ete modifices, les fossiles seuls n’ont point ete alteres. Plusieurs bancs de rocher ont ainsi eprouve lalteration a aspect dolomitique et ce sont des alterations de cette nature qu’on voit attachees aux parois du rocher ä diverses hauteurs. Nous nous sommes etendus sur la description de cette erevasse e&jeclive parce qu'elle presente des phenomenes caracteristiques de l’action plutonique traversant les divers etages du Jura, et non pas seulement le seul etage portlandien. Plusieurs ere- vasses de ce genre existent dans les rochers formant le revers du Raimeux, depuis Moutier a Seehof, tant dans le portlandien que dans le corallien; on y rencontre les m&mes malieres eirangeres aux formations jurassiques. Quelques cavernes renfer- ment des pyrites ou sulfures de fer, des amas de sable quarzeux diversement stra- tifie et modifie par les eaux qui l’ont lav& et ont entraine les grains les plus fins, ne laissant dans les cavernes qu’un gros sable quarzeux plus ou moins translucide et tres arrondi. On y remarque aussi du fer hepatique sous diverses formes, des pi- solites calcaires, quelquefois des pisolites de fer, et enfin tous les phenomenes deja mentionnes. Depuis la verrerie de Roche ä Rebeuvelier, le long du chemin taill& r&cemment dans le roc portlandien, on peut reconnaitre un grand nombre de erevasses ejectives: on en voit egalement plusieurs le long de la route de Courrendelin a Court, sur la route de Delemont a Bäle, notamment dans le corallien, pres du moulin de Lies- berg; dans le calcaire a astartes, quelques cents pas plus bas; dans le portlandien , nn Be aux carrieres de Laufen. Pres de la aussi, dans les minieres du Silberloch, les failles &jectives traversent m&me le terrain a chailles. On peut encore citer les cerevasses &jectives sur le chemin de Soyhiere a Met- tenberg, sur Ja route de Develier a Porrentruy, dans diverses localites avoisinant le Petit-Lucelle et enfin dans un tres grand nombre de lieux. Nous ne pouvons passer sous silence un autre fait, se rattachant aux mämes causes, que nous avons observ& pres du village de Matzendorf, au canton de So- leure. La vall&e de Welschrohr a Balsthal est limitee au nord par la haute chaine du Probstberg, faisant suite au Graitery et au sud par le Hammer, ou prolongation orientale du Weissenstein. On voit que cette valldee a te travaillde par des souleve- ments divers, un apres le depöt siderolitique, et l’autre apres le depöt terliaire. Mais ce dernier soulevement a donne lieu a deux autres mouvements de terrain de chaque cöte de la vallee, soit a la formation de deux petites collines parallöles aux grandes chaines qu’on vient de nommer. Ces collines, plus ou moins ensevelies sous le tertiaire et sous des avalanches de breches, ne sont pas toujours ires saillantes, mais on reconnait facilement leur existence dans les travaux des minieres, et leur etude est d’un grand interet. Sur le versant du Probstberg les mines de fer ne se presentent pas toujours sous la forme de pisolites, mais souvent en fer amorphe ou en morceaux grossiere- ment arrondis ei agglutines ensemble par une espece d’enduit noir et luisant, donnant a ce minerai l’aspect d’un depöt d’anthraeite. Les bolus sont de couleurs tres varies et plus souvent bleus que rouges. On reconnait du reste les me&mes alterations des roches que dans la vallee de Delemont. Sur le versant oppose, soit sur le flanc septentrional du Hammer, la ligne de la colline parallele a la haute chaine, est moins saillante, mais elle est dechirde par une suite de petits cirques ou entonnoirs de forme crateriques, places sur une meme ligne et indiquant une grande crevasse longitudinale avec des crateres d’explosion de distances ä autres. Il semble que le dernier soulevement des chaines du Weis- senstein, et de Graitery, ont fait naitre des plissements et qu'il s’est Echappe par ces failles ou crevasses des matieres plutoniques sous diverses formes. Il est evident que ces crateres sont places sur la faille prineipale dont ils tracent la direction. Au-dessus du village de Matzendorf, dans un de ces crateres, ayanl en gene- ral une forme un peu amphitheätrale, on remarque plusieurs amas de sable quarzeux a 2ER formant divers voussures ou dömes indiquant une formation de bas en haut, comme on peut le reconnaitre ä la couleur et ä la direction des couches superposdes, qu’on a profondement entamees par des travaux d’exploitation. Ces amas ne sont pas reguliers, mais ils remplissent diverses cavites de roche et le fond m@me du eirque.: Ils offrent les couleurs les plus varices ä leur eircon- ference par suite de leur contact avec le siderolitique qui borde ce cratere. Mais vers le centre, le sable perd ses teintes rouges et jaunes et devient toujours plus blane et plus pur. On rencontre alors des blocs de quarz d’autant plus beaux et d’autant plus com- pactes qu’ils se trouvent au centre d’un plus grand amas de sable. L’examen de ces roches semble repousser l’idee d’une formation par agglomeration. On croirait plu- töt que ces matieres quarzeuses sont arrivdes en fusion par les erevasses de ce cra- tere, qu’elles ont ete refroidies plus ou moins subitement par les eaux, que celles qui etaient au centre de ces 6jeetions n’ont point Eprouve de refroidissement subit et qu’elles ont pu se consolider par un refroidissement plus lent. C’est le meme phenomene qui se produit lors de la formation des larmes bataviques dans les ver- reries et qu’on n’a pas besoin d’expliquer. Nous ne ferons toutefois qu’emettre une opinion que nous a inspire l’observation d’un fait rare et peut-Etre unique, mais que chacun peut aller verifier. Tout A l’entour de ce cratere on remarque des amas de bolus et de mine de fer renfermes dans ces crevasses plus ou moins profondes et s’ouvrant presque ä la surface du sol. Il est evident que les autres crateres, ranges sur la m&me ligne, renferment aussi des matieres quarzeuses et ferrugineuses, comme on peut m&me en reconnaitre quel- ques-uns oü l’on exploite des sables et des argiles d’un blane pur et ressemblant ä du kaolin. Nous croyons que tous les autres crateres ou erevasses semblables qu’on trouve dans le Jura, ont une origine analogue A celui des sables de Matzendorf, mais nous ne connaissons de blocs de quarz que dans celui-ci. Independamment des matieres ferrugineuses el quarzeuses sorlies des erevasses ejectives, on remarque encore d’autres mineraux et en partieulier du manganese. Nous eiterons ä ce sujet un fait tres remarquable que nous avons decouvert en 1849, pendant les basses eaux de la riviere de la Scheulte, entre les deux lavoirs infe- rieurs de Corcelon. En ce lieu le portlandien est en couches peu inclinees. Au- dessus se trouvent des bolus jaunätres et compactes renfermant du minerai de fer, puis des argiles siderolitique de 31/, a 4 pieds d’epaisseur, form& de petites dalles d’un calcaire blanc jaunätre, tres dur et offrant l’aspeect du calcaire portlandien, comme aussi il a beaucoup d’analogie avec certaines roches de ealcaire d’eau douce. Mais ce conglomerat ne renferme aucun fossile, Il s’etend a une assez grande distance, ayant parfois 5 a 7 pieds d’epaisseur,, tandis qu’il va en s’amineissant vers le milieu du cöteau de Corcelon, oü nous l’avons renconire en forant des puits. Au-dessus de ce conglomerat regne un nouveau bane d’argile siderolitique, puis les galets qui recouvrent la plaine. Tous ces bancs sont peu inclines et dans le m&öme sens que le portlandien dont ils ont suivi les mouvements. On peut facilement reconnaitre qu’apres la formation du siderolitique il y a encore eu un soulevement et crevassement du sol. Le calcaire, ou conglomerat, a ses strates rompues et la faille a un de ses cötes plus haut que l’autre. Les argiles presentent le möme deplacement, et m&me dans le lit de la riviere on remarquait une fissure dans le portlandien. La faille a une inclinaison de l’ouest a l’est et va en s’elargissant de bas en haut. Sa cavite proprement dite est remplie de manganese, d’argiles smectiques, de bolus diverse- ment colores, de matieres ferrugineuses et celles-eci en partieulier forment des rognons ou culots dont le gros bout est tourne vers le haut et la queue vers le bas. Les matieres qui les environnent ont la m&me direction; toutes les fissures laterales entre les bancs de bolüus, entre les strates du conglomerat, et a d’assez gerandes dis- . tances, sont plus ou moins injectdes de ces mömes malieres, mais A mesure qu’on s’eloigne de la faille, on remarque que le manganese predomine. Il a möme coule au-dessus des boues de conglomerat qu’il a recouvert d’une couche de quelques pouces d’epaisseur, mais sur cette coulde est arrive un nouveau depöt d’argiles siderolitiques qui ont recouvert toutes ces &jections. " On deerira plus tard des phenomenes du m&me genre qui se rencontrent dans les minieres m&mes, qui ont une m&me origine. Si nous osions emettre des conelusions ä la suite du chapitre, nous dirions que toutes les alterations des roches ä leur contact avec le siderolitique sont dues gene- ralement ä l’action plutonique ou semi-plutonique de matieres &jectees sur le sol par des failles et crevasses apres ou pendant les premiers soulevements jurassiques, que ces matieres, sous forme de boues, d’eau, de vapeurs d’acides, de gaz, tous a un haut degre de temperature, ont agi puissamment sur tous les corps qu’elles ont ren- contres sur leur passage et de la mäme maniere qu'elles agissent encore dans les solfatares et les volcans, oü elles produisent d’epouvantables eruptions d’eaux bouillantes chargees d’acide sulfurique et de limon plus ou moins Epais qui couvrent des con- trdes entieres. On sait egalement que la sulfatisation et la dolomisation du calcaire est un phenomene reconnu comme une suite des &jections volcaniques. Ils nous parait evident que c’est ä des eaux bouillantes chargees d’acide sulfu- reux, de carbonate de chaux, de silice, d’oxide de fer et autres matieres que sont dues les alterations des roches en contact avec le siderolitique; mais leurs effets ont ete aussi irreguliers, aussi divers que les prineipes mömes renfermes dans ces eaux: aussi variables que leur force, leur abondance et leur duree. Dans le Jura, comme dans les terrains volcaniques, ces &jections n’ont eu qu’une courte duree, n’ont pas ete generales, et dans les lieux m&mes oü elles se font re- marquer, elles pr&sentent des diversites tr&s saillantes et d’un grand interät. Il semble que le bassin de Del&emont et quelques vallees voisines ont ete le cen- tre de la formation des terrains ferrugineux, que le siderolitique a fourni le fer en grains en masses plus puissantes, plus regulieres; car a mesure qu’on s’en eloigne, on rencontre des phenomenes differents. Ü’est ainsi que dans le val de Laufen les filons de mine sont plus epars, les argiles jaunes blanchätres et les sables quarzeux plus pr&dominants. Sur le revers septentrional du Jura les failles ejectives sont encore plus rares, plus isol&es et fournissent toujours moins de mine et plus de sable quarzeux, et plus loin encore des traces de bitume et d’huile de petrole. il en est de mäme sur le versant meridional de Soleure a Bienne, oü les argiles sableux et les pyrites remplacent les argiles ferrugineux , qui ont presque disparu, mais alors aussi apparaissent des traces de matieres bitumineuses que nous n’avons jamais ren- contrees dans le Jura central, oü le siderolitique est plus developpe. Cette observation generale pourrait donner lieu a une foule de considerations et d’explications d’un grand interöt, mais que nous ne pouvons fournir dans des notes. On verrait par exemple que dans le terrain ondule de Porrentruy et partout oü il n’y a pas eu de soulevements profonds, les traces des siderolitiques sont rares et isolees, qu’elles n’existent point dans les vallees formees au centre des crateres d’ex- plosions ou de soulevement, etc. Il nous parait evident que le Jura a et& souleve par une force qui a exhausse verticalement les chaines centrales et, plus obliquement, les chaines laterales. Des lors l’action de la force soulevante a &t& d’autant plus puissante et a dü venir d’une profondeur d’autant plus grande qu’elle se rapprochait plus du point central. Par con- 4 2 sequent ses elfets ont dü aller en diminuant a mesure que les rayons devenaient plus divergents. C'est d’ailleurs le m&eme phenomene qu’on remarque dans les terrains volcani- ques; seulement en ces derniers lieux on observe ordinairement des effeis ignes. tandis que dans le Jura la formation siderolitigque ne presente que des matieres moins plutoniques, plus aqueuses ou boueuses, et d’autant plus gazeuses qu’elles s’eloignent davantage du centre de l’action soulevante. Le phenomene que nous signalons dans cette partie du Jura a dü se reproduire dans d’autres contrdes avec plus ou moins de varialions, mais nous n’avons pas die dans le cas de l’observer. Si l’on demande pourquoi chaque soulevement de montagne n’a pas donn& naıs- sance A la formation du siderolitique? pourquoi les soulevements keuperiens, plus profonds que les autres, n’ont pas fait jaillir des banes plutoniques ? c'est qulil est evident que les effets des soulevements ont ete tres variables et que de m&me que les voleans lancent tantöt des matieres igndes, tantöt des boues et des eaux bouil- lantes, les soulevements du Jura ont egalement dü produire des eflfets divers, selon les profondeurs qu’atteignaient les dechirements de la croüte terrestre. Les soulevements keuperiens paraissent generalement posterieurs aux premiers exhaussements du sol jurassique, et nous avons dejä dit que c’etaient ces derniers qui avaient fait jaillir le siderolitique, et non pas les soulevements keuperiens, ainsi que la preuve en ressort aux environs des crateres de Berschwiler, Bellerive, Cornol et plusieurs autres. Ces soulevements posterieurs ont modifi& et bouleverse les forma- tions precedentes, sans rien changer ä la distribution primitive du siderolitique. Chapitre IV. Observations sur Tepoque de certains soulevements, dans leurs rapports avec le siderolitique. Ce qu’on vient de dire des alterations et des failles du portlandien et des roches inferieures, indique une dislocation des terrains jurassiques anterieure ou precedent immediatement la formation du siderolitique qui recouvre le portlandien sans aucune trace de depöt intermediaire. Plusieurs observations demontrent que les soulevements jurassiques n’ont pas eu lieu en une seule fois, mais a diverses reprises, et ces catastrophes paraissent avoir et instantanndes et brusques, ensorte de produire des effets souvent tres eirconserits. On peut en quelque sorte assigner l’Epoque relative a laquelle s’est opere le der- nier exhaussement de la chaine du Mont-Terrible qui borne la vall&e de Del&emont du cöte du nord. En eflet, si l’on observe les crateres d’explosion et de soulevement de Berschwiler, de Bellerive et de Cornol, qui ont dechird tous les terrains juras- siques et ont mis le trias a decouvert; on remarque que dans ces bassins il n’y a nul vestige du depöt tertiaire posterieur A ces soulevements. La vallee de Bellerive en particulier, etant plus basse que celle de Delömont et communiquant avec elle, aurait dü se remplir de tertiaire, comme sa voisine, si le soulevement avait pr&c&de le depöt tertiaire; mais le depöt d’alluvion qui a comble le fond du ceratere de Bellerive, se compose d’un melange de tertiaire, de sideroli- tique, de galets et autres materiaux de charriage, tandis que ces materiaux sont restes A leur place respective dans la vall&e de Delemont, d’oüu ils ont toutefois &te emportes partiellement par les courants; comme on peut le remarquer de chaque cöte de la eluse du Vorbourg vers la vallee. La direction du courant qui s’engouffrait dans cette eluse, est parfaitement tracde a Bellerive par le depöt möme qu’il a en- traine. Um cöte du eratere est combl&e de matieres terreuses ou limoneuses, parce que les roches le mettaient a couvert du fil de l’eau; mais l’autre cöt& est rempli de galets calcaires sans melange terreux. Dans le bassin de Delemont les eboulements de roches et de breches, resultant du dernier soulevement dont nous parlons, ont glisse et se sont accumules sur le siderolitique et. le tertiaire qui remplissent le bassin. Ü’est ce qu’on reconnait d’une maniere incontestable depuis Montsevelier a Courroux et plus particulierement encore de Delemont a Develier. Au-dessus de la ville il existe plusieurs collines rocheuses, d’elevations diverses, qui ne sont autre chose que des amas de bröches et de roches detachdes des erets portlandiens, astartiens, coralliens et m@me oxfordiens et qui dans le dernier soulevement se sont preeipites dans la vallee sur les depöts tertiaire et siderolitigue. Lä ils se sont accumules päle-mele en masses si puissantes, qu’on les a souvent prises pour des roches formees en place, tandis qu’elles n’ont qu’une epaisseur tr&s bornee dans le haut et que la masse s’est portee vers le bas, comme cela arrive dans les avalanches. On doit aussi remarquer que ces monceaux de breches n’ont pas une puissance egale A la masse des roches emportees ou renversdes par le soulevement. Les deux u. levres des crateres ou les strates des roches correspondantes de chaque cöte., sont tellement distantes et eloignees l’une de l’autre, qu'il est evident que les breches et les roches ebouldes ne pourraient remplir cette lacune. Ces breches m&mes ne ren- ferment que de rares debris du terrain oolitique proprement dit, terrain qui n'est ce- pendant pas moins dechire que les etages superieurs. De ces fails evidenis on peut inferer que les eaux avaient deja eraporte les debris d’un premier soulevement ou. ce qui est plus probable, qu’il y a eu des refoulements des etages jurassiques. qui ont eloigne les etages correspondants. Ces refoulements et plissements du sol sont möme tres apparents au nord du cratere de Bellerive, et c’est ä ces refoulements d’un cöte et exhaussements de l’autre qu’on doit atiribuer les lambeaux de tertliaires qu’on voit ä Liesberg, a Mettenberg et autres lieux, ä des hauteurs assez conside- rables et sur des plateaux ou des terrasses qui repoussent toute possibilite d’une for- mation tertiaire en place. Cependant sous ces lambeaux de tertiaire on trouve le terrain siderolitigue en place ou plutöt. couche sur le portlandien dont il a suivi tous les mouvements. Dans les vallees de Delemont et de Moutier, et bien ailleurs encore, on remarque facilement, en beaucoup de lieux, que le siderolitique a et& souleve avec le portlan- dien, mais dans la vallee de Berswiler, dans cet immense cratere d’explosion,. on decouvre un tout autre phenomene: ce sont d’enormes masses jurassiques soulevees, puis retombees sur le keuperien; ce ne sont point des roches ou des breches amon- celees, mais un quartier de montagne tout entier, qui a &te souleve et lance hors de sa place, ensorte qu’on y retrouve tous les etages jurassiques depuis le portlandien ä ’oxfordien. Lä on reconnait la preuve incontestable de la formation du siderolitique avant ce dernier soulevement, car dans cette retombee apparaissent les erevasses ejectives et le siderolitique, et celui-ci a suivi tous les mouvements du portlandien. Sur le versant septentrional de la chaine de Vellerat, limitant la vallde de Dele- mont depuis la Byrse ä la Sorne, ä la sortie de ses rivieres hors des montagnes , on remarque que le portlandien, redresse en couches plus ou moins verticales, est encore souvent couvert de lambeaux de siderolitique, attaches A ses parois ou ca- ches dans des erevasses et depressions des roches. On peut citer les localites de Chätillon, de Soulce et autres. Si l’on visite les minieres de Chätillon, sur la m@me ligne, on remarquera aussitöt que le siderolitigue a &i& redresse avec le portlandien, quil a suivi toutes les ondulations de cette roche et que contre ses llanes souleves le tertiaire s’est depose plus tard en couches horizontales et en discordance avec les terrains jurassiques et siderolitiques. Le me&me fait existe depuis Courrendelin a Mervelier, sur le versant septentrio- nal du Raimeux; mais il est encore bien plus remarquable dans le val de Moutier. depuis ce bourg jusqu’a Seehof, ä l’extremite orientale de la vallde. Des deux cötes du bassin les soulevements du Raimeux et du Graitery presentent des parois port- landiennes redressees plus ou moins verticalement. Contre leurs flanes denudes et dans leurs erevasses on voit partout des lambeaux de siderolitique. Lorsqu'ensuite on ouvre des travaux de mine dans les terrains de recouvrement, on peut suivre le siderolitiqgue. appuye contre le rocher de chaque cöte de la vallee, jusqu’a plu- sieurs cents pieds de profondeur. Parcontre le bassin est rempli de tertiaire stra- tifie horizontalement et n’ayant Eeprouve aucun soulevement, mais seulement des de- chirures par le lavage des eaux, ou quelques bouleversements partiels par suite d’avalanches. Au-dessus du tertiaire on voit quelquefois des amas de galets de la plus grande dimension et möme quelques blocs erratiques. Les breches couvrent en- suite le tertiaire le long des montagnes, mais elles ne forment pas des collines ou des avalanches rocheuses comme dans la vall&e de Delemont. Ainsi les chaines de Graitery, de Raimeux, de Vellerat, qui comptent au nom- bre des plus elevees du Jura bernois, ont ete soulevees apres la formation du side- rolitique,. mais avant le depöt tertiaire. Parcontre la chaine du Mont-Terrible doit son relief actuel a un soulevement posterieur A ces deux depöts. Mais il reste evi- dent que cette chaine avait deja eprouve un soul@vement anterieur puisque le side- rolitique etait deja forme lors de la derniere catastrophe et que ce terrain a aussi laisse des lambeaux sur les fanes denudes du portlandien le long de la montagne de Courroux, ä plusieurs cents pieds au-dessus de la plaine,. comme on en observe en- core en d’autres lieux. On doit remarquer que le long de cette chaine le siderolitique va en s’amineis- sant jusqu’au point oü le portlandien prend une position plus verticale, et alors cette roche laisse encore voir des restes du terrain siderolitique, qui l’avait recouvert pre- cedemment a une plus grande hauteur. Mais il ne devait pas @tre en amas bien puis- sants, puisqu'il n’y a pas eu refoulement vers le bas lors du dernier soulevement, et que partout ce terrain est en place, d’une maniere incontestable, depuis le point oü il affleure, jusque sous la plaine. Nous eroyons done que cette chaine de montagne avait deja eEprouve un —. (ale premier soulevement, c’est-a-dire, celui qui avait ebranle et crevasse le sol et donne naissance aux edjections du siderolitique, et que ce dernier terrain s’e- tait depose sur les flanes peu inelines de la montagne, en möme temps qu'il limitait Ini-m&me plus ou moins le depöt tertiaire; mais qu’au dernier soulevement, le side- rolitique le plus rapproche du redressement des roches, a ete entraine et emporte par celles-ci et par les avalanches de breches. Cette opinion est confirmee par le fait qu’on trouve des argiles siderolitiques et du minerai de fer en grains entre les breches et les argiles siderolitiques superieures et möme entre les breches et les marnes tertiaires, dans plus d’un cas, a 50 pieds au-dessus du depöt siderolitique en place. Le seul aspect de ce minerai et de ces argiles indique un melange des terrains qui recouvraient le portlandien au moment du soulevement, et un charriage opere sur le plan incline des argiles et des marnes qui, par leur onctuosite, facilitaient la formation des avalanches. Ce fait ne resulte point d’une seule observation, mais il est connu de tous les mineurs de Del&emont et de Courroux, qui ne se trompent nullement sur ces especes de filon de charriage, toujours de peu d’epaisseur et me- langes de breches, d’argiles jaunes, ou de marnes, sur lesquelles ils ont glisse. Ainsi selon ces diverses observalions, le terrain siderolitique, forme immediate- ment & la suite des premiers soulevements du portlandien, aurait ete plus tard re- dresse ou souleve avec cette roche, en aurait suivi tous les mouvements, et ce n’est qu’avant les dernieres commotions en certains lieux, et plus tard ailleurs, que le ter- tiaire se serait depose au-dessus du siderolitique. Il est bien diffieile d’assigner l’epoque geognostique de chaque montagne „ lors- qu’on remarque que chaque chaine, chaque localitt m&me a et& soulevee a plus d’une reprise, et plus ou moins parliellement a des epoques differentes, comme l’attestent les depöts qui recouvrent le jurassique, ou qui s’appuient en siratification discordante contre ses parois redressees. Chapitre VW. Des terrains recouvrant le siderolitique. Avant de fournir des details sur le siderolitigue möme, on doit ajouter quelques observations sur les terrains de recouvrement. On vient de remarquer que sur le versant meridional de la chaine du Mont-Terrible, dans la vall&ee de Delemont, le 8 siderolitique etait souvent recouvert de breches. Ces avalanches hrecheuses ne sont ni constantes, ni regulieres. Leur forme caracteristique est celle d’une coulde Epaisse dans le bas et s’amineissant graduellement vers le haut. Au-dessus de Delemont en parliculier, les flancs de la montagne ont &t& plus redresses que vis-A-vis le soule- vement ou le eratere d’explosion de Bellerive. A partir du eirque du Vorbourg, oü s’est arr&te l’explosion, les roches sont plus verticales que le long du cratere; elles n’ont pas m&öme pu se soutenir dans cette position et elles ont &t& tellement renver- sees que le calcaire ä astartes inferieur se montre sur le sol, tandis que le portlan- dien est au-dessous. Üette disposition renversde des roches s’etend ainsi jusque vers Montavon, et l’on en reconnait des preuves tres frappantes dans les minieres de Develier. Ce renversement a produit des avalanches si considerables qu’elles ont entraine les &tages jurassiques superieurs et m&@me l’öxfordien, qui tous pele-mele et en blocs plus ou moins grands se sont abattus sur le terliaire et le siderolitigue, oü ils se sont amonceles en collines d’elevation et d’etendue tres variables. A Courroux ces avalanches sont moins considerables, moins rocheuses, ou plus brecheuses; leur forme generale est bien la m&me, mais elles n’ont produit que des collines plus basses et moins saillantes. Lä aussi elles reposent sur le tertiaire et le siderolitique, et möme quelquefois sur les galets qui couvrent la plaine, ensorte que la formation de ces avalanches est posterieure au depöt de ces galets. Nous ne donnerons point une description detaillee du terrain tertiaire; en gene- ral il est le m@me dans les diverses valldes du Jura; on y retrouve les mämes eta- ges, les mämes fossiles, seulement la puissance des bancs est fort variable. Dans la vallöee de Moutier il comble le bassin en s’appuyant de chaque cöte contre les strates redresses du portlandien et contre le siderolitiqgue. Partout on y remarque sa stratification horizontale. La m&me disposition existe dans le bassin de Delemont, toutes les fois qu’il n’y a pas eu de soulevements posterieurs au depöt tertiaire, comme on en voit un cas bien saillant au Mont-Chaibent; mais ce cas est fort limite, puisque a peu de distance, depuis Courrendelin a la cluse du Vorbourg, soit ä travers toute le plaine, large d’une lieue, le depöt tertiaire conserve sa position horizontale, avec de rares ondu- lations peu sensibles. Ce depöt vient ainsi mourir sur les flancs de la chaine du Mont-Terrible,. de Delemont a Courroux, bien au-dessous de l’affleurement du side- rolitique. Cependant le tertiaire ne nous parait pas garder un niveau regulier, ni dans son ensemble, ni dans les divers &tages qui le composent. Sa transition avec le si- derolitique, ne semble pas s’etre opere aussi brusquement que le passage du port- landien au siderolitique , et c'est ce que nous essaierons de faire voir en parlant de ce dernier terrain. Avant d’en venir la, on doit encore dire quelques mots des galets qui recouvren! le tertiaire et, par consequent, le siderolitique. Ces galets generalement calcaires dans la partie orientale de la vallde de Del&mont, ont une puissance fort variable. Is rem- plissent et comblent toutes les depressions des terrains inferieurs et ils ont nivel& le bassin entre les montagnes et les collines. Ce ne sont point les torrents venant des montagnes qui ont charrie ces galets. Ces torrents sont trop faibles, leurs debordements trop rares, leurs sources trop ra- prochees, pour avoir pu arrondir les breches et les converlir en galets par le char- riage. Ües cours d’eau se sont seulement frayes un lit dans la masse m&me des galets et ceux-ei sont evidemment le produit de courants d’eau plus anciens, puisque les avalanches brecheuses de Delemont et de Courroux, resultant du dernier soulevement du Mont-Terrible, ont m&eme glisse sur ces galets. Dans quelques endroits ces cailloux ont &t6 lances fort;haut sur le tertiaire et le siderolitigue, comme on en voit des exemples ä Visques, a Corcelon, a Dele- mont et autres lieux. Dans la partie oceidentale de la möme vallde, les galets calcaires sont d’autant plus melanges ä des galets des terrains de cristallisation, qu’on se rapproche davan- tage de l’angle meridional du bassin. La, cette derniere espece de galets l’emporte sur les caleaires, et en nombre ei en puissance. Ils se sont accumules sur les col- lines faisant face ä l’ouest-nord-ouest, tandis que du cöte oppose ils diminuent sen- siblement d’epaisseur. Plusieurs observations indiquent que ces galets, d’origine etrangere au Jura, sont arrives dans la vallee de Del&mont, apres le depöt tertiaire, apres la formation du calcaire d’eau douce, qui en est aussi recouvert, et apres les galets calcaires qui comblaient dejä le fond du bassin. La direction de leur amas, la trainde qu’on remarque depuis le Jura jusqu’aux Vosges. la nature m&me des diverses roches dont ils sont formes, annoncent qu’ils sont venus des montagnes vosgiennes, mais necessairement avant le dernier soulevement ou exhaus- sement de la chaine du Mont-Terrible. Mais il est a observer que cette chaine de- vait ötre deja plus ou moins soulevee a l’arrivee des galets, puisquils ne l’ont tra- verse qu’a un seul point, soit de Charmoille ä Bassecourt, par le &0l des Rangiers. nn. MR qui se trouve actuellement ä plus de 380 mötres au-dessus du bassin de Delemont et de la plaine de Charmoille. Il y avait done en ce lieu une depression ou une gorge par oü le courant a charrie les galets dans la vall&e de Delemont en suivant la di- rectiou qu’on vient d’indiquer. La violence de ce courant etait si considerable qu’elle a dechire les collines tertiaires jusqu’au portlandien, entrainant quelquefois le siderolitique et le deposant plus loin sous forme d’alluvion. Le eourant prineipal s’est ainsi ereuse un lit profond dans les collines de Seprais et de Montavon rongeant et emportant des bancs de molasse, les desagregeant, les dissolvant et les deposant ailleurs, avec des galets, en couches alternantes plus ou moins melangees de toutes les matieres que les eaux tenaient en dissolution et qu’el- les charriaient avec elles. Tous ces details se reconnaissent sans peine dans les tra- vaux des minieres tres nombreuses qui percent ces terrains dans tous les sens. La position de ces avalanches ou depöts de galets, dans cette partie de la val- Ise, indique que c’est un des derniers cataclismes qu’elle a eu A subir et que l’ex- haussement du Mont-Terrible n’a affeet6 que la rive septentrionale du bassin. Si actuellement on se transporte dans la vall&e de Moutier, entre le Raimeux et le Graitery, on remarque aussi des galets appartenant ä des formations et ä des de- pöts bien distincts. L’un de ces depöts, plus moderne que l’autre, a combl& le fond de la vall6e, qui offre dans toute sa longueur une dechirure profonde creusde dans ces collines tertiaires et dans laquelle coule le torrent de la Rauss. L’autre depöt, plus ancien, est repandu en amas irreguliers sur les coteaux tertiaires de chaque cöte de la coupure. Dans les deux cas les galets calcaires predominent, et möme ils sont beaucoup plus gros sur les collines que dans le lit du torrent. Mais parmi eux se trouvent aussi un assez grand nombre de galets des terrains de cristallisation et surtout de granite alpin, ce qui indique une autre origine que celles des galets du val de De- lemont. Bien plus on voit quelques bloes de granite, non roules et arrondis, mais anguleux et semblables aux blocs erratiques qui couvrent le flanc meridional du Jura. Nous avons m&me vu un gros bloc de roche micacde, comme on en trouve dans les Alpes. On sait d’ailleurs que ces roches ont penetre dans toutes les cluses et ruz du Jura du cöte des Alpes, qu’elles ont passe par tous les cols peu eleves et qu’on en remarque des lors dans la plupart des vallees derriere le Weissenstein et le Chasseral. Nous n’entrerons dans aucun autre detail sur ces blocs erratiques du val de Moutier [0] I ran et de celui de Balstal, oü ils sont beaucoup plus nombreux, et nous nous contente- rons de les indiquer, comme etant les derniers debris de ceux qui sont repandus dans le bassin de la Suisse, et qui ont donne lieu ä tant de dissertations. Mais on peut remarquer que dans le Jura leur depöt est posterieur a toutes les autres for- mations. Il ne nous parait pas inutile de consigner encore une observation que nous avons faite dans la vallee de Delemont, et qui se rattache a la formation du fer, m&me apres l’Epoque tertiaire et‘ le depöt des galets. Cette formation peu considerable semble provenir de la continuation de quelques ejections plus aqueuses, ou plus ga- zeuses que celles qui ont produit le siderolitique. C'est ce qu’on a deja remarque en parlant de la crevasse &jective traversant les conglomerats pres de Corcelon. Non loin de la encore, nous avons observe sur le tertiaire (molasse: compacte et marnes ä helix rubra) une couche plus ou moins epaisse de matiere ferrugineuse , tres oxidee, teignant tres fortement en jaune orange les couches terliaires et les ga- lets calcaires, entre lesquelles ce depöt se trouve. Ce m&me depöt se remarque encore dans les mömes eirconstances, pres du Lieu- beugnat, entre Visques et Courrendelin; il existe aussi sur les galets que nous avons appeles vosgiens, sur une des collines a l’ouest de Courfaivre, oü il forme une croüte de quelque epaisseur. Ces depöts d’oxide de fer sont d’ailleurs connus dans d’autres contrdes; aussi nous ne ferons que de signaler leur existence dans le Jura bernois. Ainsi l’on voit que le tertiaire repose directement sur le siderolitique, que sa formation a suivi immediatement celle de ce depöt, qu’en certains lieux le tertiaire est reste en place et quwailleurs il a et plus ou moins souleve, que dans le fond des vallees de Del&mont et de Moutier il a &t6 recouvert d’abord par des galets calcaires et en quelques lieux par des galets eirangers, que ceux-ei, dans le bas- sin de Del&mont, y sont arrives avant le dernier exhaussement d’une partie de la chaine du Mont-Terrible, que des breches et des roches ont eie renversdes par ce soulevement et se sont amonceldes sur le tertiaire le long de la montagne, et qu’enfin ces depöts successifs ne sont plus recouveris que d’une mince couche de terre vegetale. Chapitre VI Du Si derrorkut ig ule. Argiles sup6rieures. Le terrain siderolitigue ne presente nulle part l’aspecet d’un depöt purement aqueux; sa stratification, si l’on peut donner ce nom ä ses nappes, n’est jamais ho- rizontale et concordante au portlandien qui lui sert de base, ou au tertiaire qui le re- couvre. Dans la vall&e de Del&mont, plus particulierement, nous avons observe deux couches ou deux etages distinets dans le siderolitique: la couche inferieure composee de minerai de fer, de bolus et de quelques conglomerats, ‘et celle supe- rieure formee d’argiles communement jaunes, plus ou moins calcaires, moins va- riables dans leurs couleurs et dans le mode de depöt. La partie superieure de ces argiles semble se ressentir de son contact avec les marnes tertiaires. I parait qu’apres le depöt siderolitique il est encore survenu des ejeetions plus liquides de boues plus calcaires, moins ou point ferrugineuses, qui se sont glissdes entre les bancs des bolus inferieurs, en ont applani la surface tres ir- reguliere, se sont amoncelees au-dessus en nappes diversement onduldes, selon le plus ou moins d’epaisseur des boues, mais qu’ä leur tour elles ont et€ recouvertes par des eaux deposant des marnes, qui ont plus ou moins dissous la ‘partie supe- rieure de ce depöt et qu’enfin s’est form& le tertiaire proprement dit, Nous ne dirons rien des remaniements littoraux qui ont forme des conglomerats, des naglefluhs et autres melanges de tertiaire et de siderolitique. Ce ne sont la que des accidents &trangers a la formation primitive de ce terrain. Dans les bolus ou argiles inferieures, on ne rencontre jamais des fossiles qui leur soient propres; &videmment aucun animal n’a veeu, aucune plante n’a vegete pendant que ces matieres se formaient & la surface du portlandien. Les rares fossi- les qu’on trouve dans le siderolitique, n’appartiennent, jamais a cette formation et ne se sont introduit dans ce terrain qu’aceidentellement. — Apres ce qu’on a rapporte de la decomposition des roches a leur contact avec le siderolitique , il n’est pas surprenant de voir des fossiles passer en silicate de fer et subir d’autres alterations, suite de leur sejour dans le siderolitigue au moment de la formation. Dans les argiles superieures on remarque la m&me absence de tout fossile et par consequent, comme dans les bolus, la möme origine etrangere aux depöts aqueux, soit marins, soit saumätres, soit d’eau douce. Ce fait ressort d’une maniere tres frappante lorsque dans les travaux de mine le siderolitique se perd totalement ou s’amineit considerablement, ensorte qu’on trouve a sa place des marnes tertiaires reposant sur le portlandien et renfermant des fossi- les appartenant ä la formation marine ou d’eau douce. Cette absence du siderolitique et la presence de ces marnes sur le portlandien m&me, tout a cöte des bolus, sans qu’il y ait eu de bouleversements du sol, sans depression ou exhaussement du sol, comme nous en avons vu des exemples, indique que le depöt siderolitque n’etait pas continu et que le tertiaire a comble les vides. Les argiles superieures sont quelquefois fort puissantes, mais elles Eprouvent di- verses variations dans leur arrangement et dans leurs couleurs m&mes. Les couches superieures sont ordinairement les plus calcaires. Leur nuance passe du jaune au rouge souvent sans transition ou brusquement. Le jaune est parfois tres brillant et le rouge assez vif, quoique tirant sur le jaune ocreux. Dans les nappes inferieures la tendance au rouge devient tres sensible; alors les argiles deviennent bariolees de blanc, de rouge, de jaune et souvent dans ce cas elles sont tres refractaires. Elles reprennent ordinairement leur nuance jaune avant d’arriver aux bolus ou au minerai de fer. On pourrait aussi nommer ces argiles superieures, argiles onctueuses, parce que presque toutes‘ leurs nappes offrent cette partieularite. Cette onetuosite se fait sur- tout remarquer entre les molecules de ces terres ou dans leurs erevasses et fissures, et elle donne un &elat tres brillant et comme gras aux couleurs de ces argiles. Cette onetuosite nous a paru former un des signes caracteristiques des argiles superieures “et les distinguer nettement des bolus inferieurs, et m&me des marnes tertiaires; mais elle n’existe pas au möme degr& dans toutes les nappes. Elle varie, au contraire, sans distinetion de couleur ou de nuance des argiles. Il nous a paru cependant quelle etait plus considerable dans les bances inferieurs que dans ceux plus eleves. On remarque evidemment que la formation des argiles onctueuses n’est pas due A des eaux deposant leur limon dans un bassin de grande etendue , mais a des forma- tions toutes locales et plus ou moins aqueuses ou boueuses. Ces argiles paraissent devoir leur onctuosite ä la magnesie qu'elles renferment, mais il faudrait en faire des analyses exactes. Elles indiqueraient egalement l’action du peroxyde de fer, comme matiere colorante des argiles et des bolus jaunes, et la presence du protoxyde de fer dans les nuances rouges et bleues de ces m&mes bolus. Les argiles oneiueuses se dilatent fortement au contact de l’air; elles prennent alors un aceroissement lent d’une puissance enorme et Ecrasante pour tous les tra- vaux de mine, sans toutefois occasionner d’eboulements subits. On remarque dans les argiles depuis les couches superieures jusqu’aux inferieu- res diverses formations partieulieres et locales, et notamment des cristaux de sulfate de chaux, sous forme de gypse fibreux, de gypse en fer de lance. Le premier est ordinairement en rognons allonges et anguleux, absolument isoles et places dans tous les sens. Leur poids varie depuis quelques grains a 20 ou 30 livres. Ce gypse est quelquefois tr&s remarquable par sa transparence, par la tenuite et l’&clat soyeux de ses fibres; lui donnant une ressemblance parfaite avec l’asbeste. On en voit qui est cotonneux ou niviforme; d’autres morceaux sont en lames fort minces d’une grande translueidite. Ses couleurs varient du blane d’argent au jaune päle et au rose tendre. Le gypse en fer de lance se trouve souvent dans le voisinage du precedent. I est quelquefois en rognons isoles, tandis qu’ailleurs ces rognons sont rapproches et forment des banes peu etendus de quelques pouces ä un pied d’epaisseur. Les eri- staux, appartenant au prisme oblique, forment des agglomerats depuis le poids de quelques grains jusqu’ä 4 ou 5 livres, et la dimension des ceristaux varie dans chaque agglomerat depuis une fraction de ligne jusqu’a un pouce. . La presence de ces gypses dans toute l’epaisseur des argiles superieures est un des motifs qui nous fait encore distinguer celles-ci du depöt tertiaire et nous con- duit a les celasser dans le siderolitique. Des geologues distingues ont m&me remar- que qu'il existait une liaison intime entre le gypse et les &jections volcaniques, dont chaque paroxysme occasionnait l’&jeetion de sources thermales chargees d’acide sulfu- rique, qui, par leur action sur les roches calcaires qu’elles traversaient, occasionnaient ou produisaient la formation des gypses. En reconnaissant l’existence des sulfates de chaux depuis les couches les plus superieures des argiles siderolitiques jusque dans le portlandien m&me, nous avons dü conclure que ces formations de gypse, diversement cristallisees et infiltrdes dans tous les mineraux composant le siderolitique ,„ devaient avoir la m&me origine que les formations analogues &tudiees ‘par les geologues dans les terrains volcaniques. Dans les travaux de mine hors du siderolitigue, dans les marnieres, dans les carrieres calcaires et tertiaires, nous n’avons jamais remarque de formations de gypse que lorsqu'il y avait des traces d’ejections siderolitiques. On doit aussi observer que ces formations de sulfate de chaux se trouvent plus frequemment dans les argiles et bolus renfermant du carbonate de chaux, que dans ceux absolument refractaires; car dans ce cas nous ne les avons reconnues que dans des fissures ou erevasses, et cette observation parait confirmer notre opinion sur l’origine de ces formations. En m&me temps que des eaux chargees d’acide sulfurique donnaient lieu a la for- mation des sulfates de chaux dans les argiles siderolitiques, d’autres eaux, renfermant davantage de carbonate de chaux, formaient des rognons de pierre calcaire qu’on ren- contre surtout vers le bas des argiles superieures, dans le voisinage des bolus. Ces rognons sont quelquefois de nature poreuse et toujours plus eristalline que le cal- caire ordinaire. Ils renferment ordinairement des grains de mine de fer nettement empätes dans leur masse, et l’on reconnait que ce sont des formations en place et toutes locales. Dans presque tous les etages de ces m@mes argiles superieures, on observe en- core des rognons d’argile blanchätre, servant d’enveloppe a un noyau vert ou vio- lac& de matiere etrangere, plus ou moins eristalline, ressemblant quelquefois ä des gres vert et paraissant &tre du fer chlorite. Dans quelques-uns de ces noyaux ou dans Fargile möme on remarque des petits eristaux de sulfate de chaux, qui sont tres faibles et paraissent @tre encore en etat de formation. Ces coneretions chloriteuses nous paraissent formees en place, de m&me que d’autres petits globules de matiere brune, terreuse, ressemblant ä des grains de mine de fer, mais n’ayant point de formation concentrique. Ces deux especes de conere- tions se rencontrent dans les argiles calcaires et refractaires, quoique plus fre- quemment dans les premieres. On ne voit que de rares pisolites de fer epars dans les argiles superieures; ils n’y sont jamais en amas, mais tres isol&s et leur apparition ne se fait guere remar- quer que dans les nappes inferieures. . Les argiles jaunes onctueuses descendent quelquefois jusque sur le minerai de er, dont elles ne sont separdes que par l’efflorescence blanchätre qui preceede les filons d’une certaine importance et peut-etre d’une formation partieuliere. Parfois mö&me elles reposent sur le portlandien, sans bolus ou minerai intermediaire. Ce fait confirme ce qu’on a dit au sujet des marnes tertiaires, aussi deposees sur le portlan- dien dans le voisinage du siderolitique. On doit aussi remarquer que les nappes des argiles superieures, tout en allec- tant une apparence de formation plus aqueuse que les bolus, ne sont pas pour autant deposees horizontalement, mais qu’elles sont plus ou moins onduldes et deposdes PER successivement et localement, avec des alternances d’argiles calcaires et d’argiles refractaires, d’argiles onctueuses et d’argiles seches, avec des variations tr&s sen- sibles dans l’arrangement de leurs moleeules, indiquant des depöts plus ou moins li- quides, avec des formations partieulieres qu’on a deja citdes, et qu’on remarque dans certaines boues et non pas ailleurs, et avec d’autres diversites, offrant ordinai- rement des caracteres plus aqueux A mesure qu’on s’approche des assises superieures de l’ensemble de ces nappes. Des Conglomerats ou formation de roches calcaires dans le Siderolitique. Les argiles superieures sont assez souvent separdes des bolus par des conglo- merats. Ceux-ci se composent de bancs d’un caleaire ayant quelquefois la plus grande analogie avec le portlandien, et ailleurs avec le calcaire d’eau douce. Ces roches, plus ou moins compactes, sont formees de strates de peu d’epaisseur, separdes en cer- tains lieux par des breches de m&me nature, ou par des argiles. Ailleurs ces roches sont plus melangees de siderolitique, sont plus colordes en rouge ou en jaune. Nous en avons remarque de tres compactes, ressemblant a du gres bigarre, dans les mi- nieres de Develier, tandis que dans celles de Mettemberg, dans le val de Laufen et autres localit&s, ces roches sont plus desagregees, plus tufeuses. Leur couleur rou- geätre et bigarree indique l’action des oxydes de fer, et l’absence de tout fossile an- nonce assez que leur formation appartient A la m&me epoque et aux m&mes principes que le terrain siderolitigue. Non seulement leur recouvrement est le möme, mais on ne peut en aucun cas les confondre avec les calcaires d’eau douce et le portlandien, avec lesquels leur analogie n’est qu’apparente. j Il semble que pendant que s’operait le depöt siderolitique, il s’est forme de pe- tits bassins remplis d’eau chargee de carbonate de chaux et de matieres argileuses et ferrugineuses; que dans ces bassins bouillonnaient encore des sources formant ou entrainant les pisolites de fer et les pisolites calcaires qu’on voit &pars dans ces conglome£rats. Ces formations toutes locales n’existent que dans certains lieux d’une etendue assez limitee. On en remarque plusieurs banes dans la riviere de la Scheulte pres de Corcelon. L’un d’eux a pres de 12 pieds d’epaisseur, mais il va en s’amineissant a mesure qu'il remonte le cöteau, ensorte qu’a environ 300 pas de la riviere, il n’a plus que quelques pouces d’epaisseur. Un autre banc a deja ete indique au-dessus 2 Ei de Corcelon et l’on a vu qu'il avait ete souleve pour donner passage A une source ejeetant encore du siderolitique. On en voit d’autres depöts dans les minieres de la Fontaine, pres du m&me vil- lage de Corcelon, mais la il a peu d’etendue. Dans les minieres de la Grossefin ä Courroux on rencontre, sous un banc d’argiles jaunes de 8 pieds d’epaisseur, un mince filon de marnes bleues, puis un banc de conglomerat erayeux de 3 pieds de puis- sance, puis encore 3 pouces de marne et ensuite la continuation des argiles sidero- litiques. Lä aussi ces conglomgrats n’occupent qu’un tres petit bassin forme par une depression des argiles superieures, qui ont ensuite recouvert le depöt caleaire. En general, il en existe dans la plupart des minieres, mais toujours sur des sur- faces tres restreintes, et leur formation varie dans chaque bassin. , Cette derniere eirconstance seule confirme pleinement notre opinion sur la formation locale de ces roches. Des Bolus ou argiles inferieures. Les bolus ou argiles inferieures offrent encore plus de diversites que les argiles onctueuses. Leur matiere seche, äpre au toucher, ä cassure mate et raboteuse, in- dique une formation encore plus variee et moins aqueuse, ou plutöt une origine' ac- compagnde d’une chaleur plus ou moins intense. Ce ne sont plus des nappes uni- formes et ondulees sur une grande etendue, mais des amas tout partiels d’argiles presque toujours refractaires et renfermant plus ou moins de mine de fer en grains dissemines dans leur päte ou rassembles en amas, en nids, en filons, dans la par- tie inferieure de ces argiles. La durete des bolus est toujours plus considerable que celle des argiles onctueuses. Ces bolus sont ordinairement assez compactes pour resister a la pression des argiles onetueuses et pour permettre d’ouvrir des travaux dans leur masse comme dans la roche möme. Leur puissance tres variable est ra- rement considerable sur une grande etendue. Leur couleur caracteristique dans la vall&e de Del&ömont est le rouge, ou le jaune päle ocreux et parfois grisätre. Dans les minieres du val de Balstal, le bleu päle remplace fröquemment le rouge. Les argiles rouges violacdes et mouchetees de blanc sont ordinairement les plus compactes, les plus seches; c’est en m&me temps un mauvais indice pour les mineurs, parce que la mine de fer ne s’y trouve qu’en tres petits grains dissemines dans les bolus. Souvent m&mes ces nappes improductives s’e- tendent & plusieurs cents pieds de distance, tout en changeant plusieurs fois d’aspeect, Bee. de couleur et de direction. ÜCes argiles rouges, violacees et mouchetdes de blancs venferment toujours plus de sable quarzeux que les. autres argiles. Les taches blanches sont formees de sable presque pur; souvent m&me on en remarque dans toute la masse des bolus, en grains plus ou moins gros et offrant l’aspect de petits cailloux roules et polis par les eaux. Il ne faut pas oublier que partout oü le mine- rai de fer manque, il est ainsi remplace par des sables quarzeux. Les bolus jaune-ocreux et jaune-grisätres ne sont guere moins compactes que les preeedents, leur etendue n’est pas moins variable, mais ils sont communement plus riches en minerai. Ces bolus, de couleurs differentes, sont encore coupes par des veines, des siries, des banes, des nappes d’autres bolus de toutes les nuances. qui se eroisent. s’enchevetrent en tous sens, dans toutes les directions, et jamais en eouches horizontales d’une etendue telle qu’on puisse y reconnaitre un depöt aqueux. Souvent les bolus sont mouchetes de blanc, rayes, zebres, rubannds, qua- drilles de rouge ou de jaune, selon la couleur du fond. lei ce sont de minces zönes blanchätres et brunes, qui traversent en tous sens les argiles jaunes päles; la, dans ces memes argiles, ces zönes sont roses ou rouges. Ailleurs les bolus rouges sont traverscs comme les pr&c&dents par des bandes, des stries, des rubans jaunes et roses. Quelquefois ce sont des langues noirätres qui semblent sorlir du portlandien et former dans les bolus rouges des flammes noires, contrastant de la maniere la plus frappante avec les bolus barioles qui les environnent. Les roches au-dessous sont alors noirätres, violacdes, presentant les alterations a aspeet igne et non pas les alterations päteuses ou dolomitiques. Ce phenomene se remarque partieulierement dans une des minieres de Montavon, oü nous l’avons observe dans plusieurs galeries paralleles qu’il traverse en se modiliant diversement. Au-dessous nous avons apergu diverses crevasses dans le portlandien d’oü ces matieres elaient sorlies. Dans les minieres de ce m&me rayon les bolus rouges, violaces sont tres com- ‘muns, mais les nappes de ces argiles paraissent moins continues, moins etendues que dans les minieres de Del&emont et de Courroux. Toutefois cette etendue est toujours tres restreinte, et si sur une surface de quelques cents pieds carres on lrouve une couche affectant une nuance generale assez uniforme, elle est cependant, a chaque instant, modifiee par d’autres nuances qui la coupent plus ou moins brusquement. Les bolus renferment des eristallisations de sulfate et de carbonate de chaux. Les premieres ne sont plus A l’etat fibreux et en cristaux obliques, mais en lances winces infilirees dans les fissures des argiles, sans distinetion de direction et de couleur. 6 er Leur surface est quelquefois mamelonnee, ou plutöt il s’est forme dans leur masse des coneretions pisolitiques de m&me matiere. Il semble que tous les corps qui se for- maient dans ce terrain, avaient une tendance a prendre une forme spheroidale con- eretionnde. Ce gypse se trouve aussi en cristaux liquide ‚et translucide „ servant de gangue au minerai de fer; il produit alors le plus bel effet seintillant et miroitant: mais sous cette forme il a peu d’etendue et ne se presente guere qu’en sacs, en nids tres irreguliers. Il est egalement rare dans la plupart des minieres, et on ne . le rencontre guere que dans le rayon des Essents et de la Grossefin a Courroux. On a deja vu que ces cristaux de sulfate de chaux penetraient dans le portlan- dien dans les minieres qu’on vient de nommer, et surtout encore dans celles de De- Iömont oü l’on en trouve m&me dans le minerai de fer. A la cassure ces eristalli- sations produisent les plus beaux reflets et des formes esquilleuses quand les globules de fer sont tres compactes, mais quand ceux-ei ne sont que des agglomerats moins serres, les vides sont remplis de cristaux limpides de la plus belle eau. On voit ainsi a Delemont, dans les minieres des Adelles, des agglomerats composes de la, reunion de fer amorphe, de globules parfaitement spheroidaux de fer pisolitique. de morceaux de bolus de diverses nuances, formant ensemble une seule masse recou- verte du vernis metallique qui forme les petits globules, et renfermant entre ces di- verses matieres les plus beaux eristaux de gypse. Ces agglomerats ne sont pas de- poses en amas particuliers, mais ils se trouvent plus ou moins dissemines dans des couches de minerai composdes presque exclusivement de globules spheroidaux pu- rement pisolitiques. Ces cristallisations dans les globules de fer sont rares dans les autres minieres. et nous ne les avons guere remarques que dans quelques agglomerats. Le sulfate de chaux s’est aussi depose en certains lieux immediatement sur le portlandien, au-dessous du siderolitique; nous avons ainsi vu dans les minieres de Colliard, a Courroux, des eristaux de gypse etendus sur le portlandien en couches de quelques lines d’epaisseur et servant de gangue au minerai qui s’y trouvait in- eruste. Quelques grains penetraient m@me dans le portlandien, nullement altere. mais qui avait dü eprouver un ramollissement. Les eristaux de carbonate de chaux sont beaucoup plus rares que ceux de sul- [ate; nous n’en avons decouvert que dans une miniere au-dessus de Corcelon, au milieu d’un puissant amas de bolus jaune päle, traverse de stries blanches, brunes. voses et autres nuances tres rares partout ailleurs, et dans les minieres de Lauppers- EN, 1, 2 dorf, canton de Soleure, dans des bolus bleus. Les premiers eristaux sont d’un blane mat laiteux, mais les autres sont plus verdätres ou bleuätres, alfeetant une texture fibreuse qui, au premier abord, nous les a fait prendre pour des sulfates de chaux. Dans certaines minieres on voit des bolus rouges oeilletes de jaune, comme cer- tains papiers marbres. Ailleurs les bolus sont quadrilles avee une espece de regu- larit&, mais toujours sur de pelites etendues; toutes ces variations sont brusques et se eroisent dans toutes les direetions. Quelques nids d’argiles noires grisätres. tres friables, se trouvent dans les minieres de Corcelon, oü nous avons observe les cris- taux de carbonate de chaux. Lä aussi nous avons trouve des rognons de pierre caleaire d’aspect dolomitique, qui etaient isoles dans les argiles ei indiquaient une formation locale et analogue a celle des conglomerats siderolitiques. On rencontre aussi dans les bolus, comme dans les argiles superieures qui les avoisinent, des formations calcaires plus eristallines que les pr&cedentes, plus poreu- ses et renfermant toujours plus ou moins de grains de mine. Elles rappellent aussi une autre formation toute locale qu’on observe dans les memes ceirconstances, et qui consiste en blocs ou rognons de roches quarzeuses ou caleedonieuses, ordinairement poreuses, quelquefois geodiques et loujours tuber- euleuses ä& leur surface. Leur couleur ordinaire est d’un blane laiteux, ou un peu jaunätre, parfois rose. L’un de ces rognons geodiques renferme au centre du sul- fate de chaux en cristaux obliques et intimement lies a l’enveloppe de quarz calee- donieux. Plusieurs de ces roches pesent de 10 a 15 livres. Dans leur interieur on remarque frequemment des pointes de eidaris, qui indiquent que ce sont des roches jurassiques epigenisees. Nous ne-savons s’il faut attribuer & quelques colorations ferrugineuses les belles teintes rouges de quelques petits eristaux de maliere quarzeuse fort dure et translu- cide, qu’on a trouve en 1840 ou 1841 dans les minieres de Colliard a Courroux. et dont on a fait usage pour des pivois de montre, comme s’ils eussent et6 des ru- bis. Nous n’en avons plus vu depuis lors; mais dans ces m&mes minieres, on de- couvre des morceaux de quarz purs, des pyriles ferrugineuses et möme des frag- ments de granite. Les tubereules coneretionnes qu’on a indiques sur les gypses et les morceaux de quarz caleedonieux, nous conduisent directement ä parler. des divers pisolites qu’on trouve dans les bolus et prineipalement dans les bolus blancs, absolument refraetaires et dans l’efflorescence blanchätre qui regne sur les depöts de minerai. On en dis- tingue de deux sortes: les uns tres compactes et fort rares et les autres plus friables et tres communes. Dans les premiers on en voit qui ont au centre un grain de sable ou meme un pelit grain de mine, servant de noyau a une serie de couches paral- leles et concentriques, formant un globule de 1 a 3 lignes de diamötre. Leur sur- face est lisse, d’un blane jaunätre. Ils sont plus ou moins elfervescents dans l’acide nitrique et contrastent par la möme avec les argiles ambiantes qui ne renferment point de carbonate de chaux. Les pisolites de la seconde espece, quoique lisses ä la superlicie, et assez sem- blables aux precedents, sont parcontre tres friables ei ne contiennent point de car- bonate de chaux. Is offrent encore d’autres variations: ceux qu’on trouve commu- nement dans les argiles blanches, composees en majeure partie de sable quarzeux. sont formes de couches tres minces qui, a la cassure, presentent l’apparence d’une petite rose a cent feuilles. Dans les argiles moins quarzeux, comme nous en avons observes a Montavon, on en voit quelquefois qui ont la grosseur d’un oeuf de pi- seon. Ils sont bruns, comme le mindrai de fer, et ils lui ressemblent tellement, qu’a la premiere vue l’on pourrait ötre trompe. Mais leur friabilit€ les fait bientöt reconnaitre et les mineurs les appellent mine pourrie, parce quils les prennent pour du minerai de fer d&compose, tandis que ce ne sont que des pisolites argileux, dont plusieurs renferment au centre un morceau d’argile rouge sur lequel' se sont formees des couches successives. Ces diverses pisolites, ainsi que les conerelions mamelonnees dont on a dejä parle, semblent devoir leur origine aux m&mes causes qui ont produit le fer pisolitique . soit a des sources thermales en ebulition, et l’on en verra bientöt des preuves. Dans les minieres de Courroux, et notamment dans le rayon au-dessus de Cor- celon, les bolus inferieurs sont. quelquefois traverses par des formations eylindriques tres remarquables, et ressemblant a des tubes injectes et remplis de bas en haut. ls prennent naissance sur des crevasses ou fissures du portlandien, pr&sentant ordi- nairement l’alteration päteuse. Ils montent verticalement a travers le filon de mine- rai ou dans les bolus sans mine et ne s’arrätent qu’a des hauteurs de I a 5 pieds dans les bolus mömes, qu’ils semblent n’avoir pas eu la force de traverser, car au- dessus on ne remarque aucune fissure, aucune crevasse. L’enveloppe de ces tubes est plus argileuse que le centre; elle semble tenir le milieu entre les bolus ambiants et les matieres quarzeuses qu’elle renferme. Leur contenu est en effet un melange Bu de sable quarzeux plus ou moins pur, plus ou moins blanc, de pisolites de fer, d’un petit volume et peu compactes, de pisolites calcaires et argileux et d’autres matieres qu'il faudrait soumettre a l’analyse. Le diamötre de ces ceylindres varie de 3 a 15 pouces et leur forme, qui n’est jamais parfaitement reguliere, se ressent du plus ou moins de resistance qu’ont presente les bolus environnants. Quelquefois il n’y a pas de mine de fer dans ces tubes. lors möme qu'il en existe tout a l’entour. Les globules que les autres tubes renfer- ment, sont ordinairement plus petits et plus reguliers que ceux du filon voisin. Ceux qui sont sans mine, se composent tantöt de sable quarzeux presque pur. tantöt de ce m&me sable, d’argiles blanchätres, d’un grand nombre de pisolites cal- caire ou argileux; et toujours les pisolites, de quelle nature qu’ils soient, sont plus nombreux et plus gros au centre du tube que dans les bords, et dans la partie in- ferieure que dans le haut. On doit encore remarquer que toutes ces matieres pre- sentent une certaine humidite qui contraste d’une maniere frappante avec la seche- resse des bolus ambiants et superieurs, d’oü il devient evident que cette humidite vient de bas en haut. Nous avons suivi plusieurs de ces tubes jusque dans le portlandien et nous avons reconnu, parlout et sans distinetion, quils reposaient sur des fissures et erevasses de rocher plus ou moins verticales ou inclinees, plus ou moins larges ou etroites. Dans ces crevasses, aussi loin que nous avons pu les suivre, les &jections continuent, en presentant des matieres plus pures. des sables quarzeux et des petits grains de mine tres friables, sans melange de bolus; tandis qu’au-dessus de la fissure on a vu que les matieres &jectees s’etaient plus ou moins melangees aux bolus. Ces tubes nous ont paru des preuves materielles et Evidentes de l’existence de sources chargees d’oxydes de fer, de silice, de carbonate; de chaux et probablement encore de gaz, qui ont continue de jaillir et de sourdre apres le premier depöt si- derolitique. C’est un Echantillon de la formation de ce terrain avec une faible puis- sance. On y voit la formation des trois especes de pisolites, les terreux, les cal- caires et les ferrugineux, mais tres en petils et peu compactes, c'est l’action expi- rante des &jections plutoniques ou thermales, se faisant encore sentir dans les regions oü elles avaient produit precedemment d’enormes Eruptions des mömes malieres me- langees ä des argiles plus ou moins detrempees et boueuses. Nous n’avons jamais passe a cöte d’un de ces t&emoins de la formation sideroli- ya tique sans nous arr&ter pour en rechercher l’origine, et par les fouilles que nous avons faites, nous croyons l’avoir decouverte, comme on vient de l’expliquer. Ges phenomenes ne s’observent que dans peu de minieres, et le plus souvent le boisement des travaux oü les eboulements les recouvrent tout aussilöt, ensorte qu'il n’est point surprenant qu'ils aient echappe a l’observation de personnes qui ne visi- tent que rarement les minieres et qui n’ont pas suivi ces €jections le pie a la main. Ges tubes prouvent aussi que le siderolitique est en place et que, si ä son aflleure- ment contre les flanes du portlandien redresse, il a et€ plus ou moins emporle par les avalanches de roches ou de breches durant les soulevements, il n’a pas pour au- tant ete refoule vers le bas des coteaux, mais quil a suivi les ondulations du portlandien. Nous devons encore signaler une formation partieuliere qu’on rencontre dans le siderolitigue et que Mr. Gressly nous a fait voir pour la premiere fois dans les mi- nieres de Liesberg, oü elle est assez commune. C'est une substance onctueuse, savonneuse, en partie gelatineuse, un peu translueide, de eouleur rose, blanche, bleuätre ou jaunätre, selon les morceaux qui se trouvent en nids fort restreints. dans les bolus, et qui parait &tre de nature steatiteuse. Elle ne fait point ellerves- cence dans l’acide nitrigue, mais elle perd une partie de son onetuosite en se des- söchant. Nous en avons aussi observe dans une crevasse ejective sur le chemin de Mettemberg, mais dans une fissure voisine, une substance d’apparence semblable contenait parcontre beaucoup de carbonate de chaux. ette matiere steatiteuse se rencontre egalement dans les marnes violacdes precedents les bancs de gypse du keuperien, ou nous l’avons vu en veines de 1 ä 11/; pouces d’epaisseur. Nous pre- sumons que dans ces divers cas ceite substance doit son onctuosite A la magnesie qu’elle renferme. A l’etat de dessiccation elle a beaucoup d’analogie avec les argi- les smectiques que nous avons deja indiqudes en parlant de la erevasse &jeeclive traversant les conglomerats a Corcelon. Les bolus renferment encore divers mineraux, tels que l’alumine, la silice, le manganese, des traces de souflre, du zinc, du plomb, de l’etain, de l’arsenie, et probablement encore d’autres. Mr. Gressiy pretend que dans certaines minieres les bolus eontiennent des traces de sel gemme, mais malgre des analyses multiplices, nous n’avons jamais decouvert le moindre vestige de cette substance. Quelques-uns des mineraux qu’on vient d’in- diquer, ne se decouvriraient qu’avec peine dans une analyse en petit; mais soumis & action de la chaleur dans les hauts fourneaux, avec le minerai de fer, ils s’en echappent de diverses manieres, et lorsqu’on demolit ces puissants creusets, on de- couvre dans leurs fissures du souflre, du plomb, de l’etain, de loxyde, de zine et diverses autres substances d’un aspect melallique qui demanderait de nouvelles analyses. Ces mindraux se sont ainsi trouves en demolissant les hauts fourneaux du Jura bernois, uniquement alimentes avec des mines de la meme conirde. En 1849, entre Zwingen et Brislach, au val de Laufen, on a d&couvert des mines de fer tres riches (6%,o0)» mais la quantit& d’arsenie qu’elles renferment les ont bientöt fait rejeter. L’alumine s’observe partieulierement dans l’elfllorescence blanchätre qui couvre les amas de mine et dans diverses autres argiles blanches dissemindes en mouchetures ou en rubans dans les bolus, et il y en a egalement dans ceux-ci. La silice, beaucoup plus commune, a joui un röle important dans la plupart des formations siderolitiques, ainsi qu’on l’a deja observe. Le manganese est assez frequent dans la plupart des minieres; on Fa deja indi- que dans la faille qui traverse les conglomerats pres de Corcelon; il se fait remar- quer dans beaucoup d’agglomerats de mine de fer; nous l’avons vu en filon ou amas irreguliers dans une des minieres de Montavon. En ce lieu le manganese est de cou- leur violacde et en gros morceaux friables et terreux. Les bolus environnant sont aussi de couleur tres sombre, et souvent dans ces minieres on reconnait l'alteration des roches a aspect igne. On nous a signal un autre filon de manganese dans une crevasse de portlan- dien. entre Porrentruy et Bressaucourt oü ce mineral se trouve presque pur. Un rencontre aussi des pyrites dans les minieres mömes, mais elles sont rares dans celles du bassin de Delemont, tandis qu’elles deviennent plus frequentes a mesure qu’on s’eloigne de ce point central. Elles se font aussi remarquer dans quelques ca- vernes et failles &jeetives; c'est ainsi qu’on en a decouvert dans une crevasse entre Montsevelier et Erschwiler, qui contiennent möme un peu de cuivre. Leur eelal metallique, et leur pesanteur les font rechercher comme des mines de metaux pre- cieux et plus d’un pere de famille a epuise sa sante et sa fortune & faire des fouilles infruetueuses dans ces cavites profondes. Ü’est dans ce lieu la möme qu’un de ces chercheurs d’or a trouve la mort la plus affreuse, il y a quelques anndes, el ses os blanchis se voient encore dans un de ces antres sans que leur vue puisse degoüter les mineurs. Me Les cavernes de Roeschenz sont remarquables par les bolus magnifiques qu’elles renferment. Celles du Silberloch pres de Laufen, traversent les etages jurassiques depuis le portlandien jusque dans l’oxfordien; elles ont long-temps «te exploitdes pour y chercher des mineraux precieux, mais on n’en a tir& que du fer et des ocres employes pour la peinture. Les cavernes du Raimeux, au-dessus de Grandval, ne sont autre chose que de profondes cerevasses entre deux bancs du calcaire ä astarte superieur. L’inclinaison des strates des roches soulevees est de 160 deeres, et la direction de la erevasse est parallele a celle des roches, soit de l’est a l’ouest. Cette fissure plus ou moins large, descend probablement jusqu’au bas de la montagne, sur une longueur qu'on ne peut determiner et avec divers retreeissements et cavites laterales. Elle commu- nique vraisemblablement & la faille de rupture des strates au point oü celles-ei se sont brisces lors du soulövement du Raimeux. Toutes les matieres que renferment ces caviles paraissent avoir et€ poussees de bas en haut par des crevasses &jectant le siderolitique, mais elles ne sont pas arrivdes direetement dans ces cavernes; leur aspect, leur mode de depöt, la nondecomposition des roches indiquent un charriage par des eaux plus ou moins limpides, plus ou moins chargees de bolus. et deposant successivement dans les vides les matieres qu’elles charriaient. Chaque cavite renferme des malieres plus ou moins differentes, et stratifices plus diversement encore. La direction ou l'inelinaison de ces strates indique des soule- vements anterieurs et posterieurs a ces depöls. C’est ce qwil est tres facile de reconnaitre en parcourant les travaux qu’on fait actuellement dans ces erevasses ä pres de 200 pieds au-dessous de leur couverture, et a 100 pieds au-dessus, dans un autre embranchement de cette fissure. Toutes les matieres deposdes par les eaux indiquent un long charriage. Ce sont d’abord des amas de sable quarzeux plus ou moins gros, plus ou moins colore de jaune, ä& grains toujours arrondis; des petits galets calcaires, des petits morceaux de fer hepatique de formes diverses, mais ar- rondis et polis par le frottement et le charriage; des sables fin jaunätres, des bolus plus ou moins fins, plus ou moins melanges de sable et des matieres pree£dentes quelquefois pur et ocreux, ayant generalement une teinte jaunätre un peu rosee. Nous avons ceru remarquer que les grains de fer et les bolus occupaient frequemment la partie inferieure des depöts, qu’entre les sirates peu considerables il y avait quel=- ques formations de carbonate de chaux en beaux ceristaux; mais parmis toutes ces matieres ce sont les sables quarzeux qui predominent, et le fer ne s’y trouve qu'en 49. — tres pelite quantite. Ce sont du reste les m@mes malieres que nous avons observees dans la plupart des cavernes que nous avons visitces. Depuis des siecles on tra- vaille dans les cavites du Raimeux pour y chercher des metaux preeieux. mais les matieres que jai fait aualyser par plusieurs chimistes n’ont fourni que du fer. du sable quarzeux, des argiles, du carbonate de chaux, tandis que ceux qui les exploi- tent pretendent y trouver de l’argent, ä l’etat de sulfure, du nikel. du bismuth et autres metaux. Nous doutons du resultat de leur entreprise pour laquelle l’Etat de Berne leur a donne une concession. Chapitre VII. Mine de fer. 1. Formalion pisolilique. La composition chimique des mines de fer que nous deerivons. donne en gene- val du fer oxyde hydrate, plus ou moins siliceux. On vient de voir qu'il s’y joignait des iraces d’autres metaux, mais en petites quantit6s qui ne nuisent pas ä la qualite du fer que ces mines produisent. Nous donnons ici une analyse chimique, fait par un chimiste de Besangon et qui ne dilfere guere d’autres analyses: Mines de la vallee de Delemont, TE U Gourroux, Seprais. Silice a b 5 0.1100 0,1200 Alumine . } i - 0.1000 0.1150 Oxyde. de fer } - 0,6600 0,6550 Oxyde de manganese Ä 0,0010 0,0005 : Oxyde de chrome . . 0,0010 0,0010 Eau . ; 5 h 4 0,1450 0,1450 1.0170 1.0365 Le produit metallique ä la fusion varie de 40 a 44 pour cent de fonte de fer. — 50 Si l’on compare cette analyse a celle des mines en roche de l’oolite inferieure , on trouve: Aux Rangiers. Peroxyde de fer . e . 0.2460 Oxyde de manganese . 3 traces Oxyde de chröme R 2 traces Acide phosphorique : . traces Alumine soluble . : < 0.0052 Carbonate de manganese 4 0.0041 Carbonate de chaux £ € 0.5630 Argile et quarz . 4 : 0,1200 Eau calculee par difference 0.0617 1,0000 Leur produit metallique n’excede pas 17 a 15 pour cent. Le minerai de chaque miniere n’est pas egalement riche, ni egalement fusible , mais le melange de diverses mines produit un des meilleurs fer‘ de l’Europe. Ce minerai soit en grains isoles, soit sous forme d’agglomerat, soit en fer encore amorphe, n’exerce aucune action sur l’aiguille aimantee et n’est done pas magnetique. Dans le terrain siderolitique la mine de fer se presente sous forme de globules pisolitiques depuis la grosseur d’un pois jusqu’a celle d’un oeuf de poule, mais ceux de cette dimension sont fort rares, comme spheroides compactes. Quand plusieurs grains sont reunis et lies ensemble, ils forment des masses agglomerdes qui atteignent de grandes dimensions. Les spheroides compactes ont une structure conceretionnee comme les pisolites calcaires et argileux qu’on a deja deerits. A leur centre on trouve parfois un petit grain terreux ou siliceux, sur lequel se sont formes des couches concentriques pa- ralleles a la surface. Lorsqu’on brise ces globules, leur interieur presente un &elat melallique dont la couleur varie du noir au brun, plus ou moins rougeätre et viola- eee, offrant quelquefois des reflets nacres ou irises. Lorsque ce minerai est bien lave, sa couleur exterieure est d’un brun jaunätre, avec quelques reflets plus som- bres. selon les minieres. Les agglomerats de grains sont d’une structure quelquefois differente. On en voit qui sont formes de la reunion de tres petits globules lies ensemble par des a — argiles tellement compaetes qu'ils composent des masses Ires dures et tres difficiles a briser. D’autres proviennent de la reunion d’un plus ou moins grand nombre de elobules de toutes les dimensions. que recouvre seulement a l’exterieur un ciment ou vernis metallique, semblable a Fenveloppe ou aux couches successives de chaque grain en particulier. Dans d’autres agglomerats le eiment penetre egalement entre les grains et les lie tellement, qu’a la cassure on ne distingue plus les globules qu’avec peine et qu’on ne voit qu'une masse compacte, noirätre et violacee. Souvent aussi il n’y a de compacte que l’enveloppe, tandis que l’interieur est rempli de sable, d’argile, de mine et d’autres matieres, sans coherence entr’elles; quelques-uns m&me ne contien- nent que du sable siliceux ou des fragments d’argiles de diverses nuances et du manganese. On en trouve qui sont un compose de fer amorphe, de globules pisolitiques et d’argiles que recouvre un vernis metallique; ou bien qui sont formes de morceaux anguleux d’argiles blanches, rouges, jaunes et autres nuances, de fer amorphe, de pisolites de fer et de pisolites argileux, et möme de eristaux de gypse, de manga- nese pulverulent, d’alumine et d’autres substances encore. La dimension de ces agglomerats est rarement considerable, mais il en existe une aulre espece qui forment des masses enormes. Ils sont plus rares que les pre- eedents et, au lieu d’etire plus ou moins nombreux dans les filons de mine, ils ne s’y rencontrent guere que isolement. Leur structure ne differe pas essentiellement de celles des agglomerats plus pe- lits, cependant nous avons cru remarquer que les prineipes ferrugineux y predomi- naient, que les pisolites de fer y etaient plus nombreux, les argiles et les sables plus rares ; mais le tout est tellement lie ensemble par le eiment metallique, qu’a la cas- sure on ne voit que des teintes sombres et violacdes. Ces agglomerats sont par- fois si compactes qu’on ne peut les brisser qu’avec des masses de fer. Les mineurs regardent la rencontre de ces grands spheroides comme un indice que le filon de mine va se terminer,, et cette observation est souvent confirmee. Dans ce cas ils sont quelquefois reunis en assez grand nombre et forment alors des roches ires diffieiles a entamer. Nous avons mesure un de ces agglomerats dans les mi- nieres de la Grossefin, a Courroux, qui avait plus de 40 pieds de long, sur presque aulant de large, sur 3 a 5 pieds d’epaisseur. On en voyait plusieurs autres dans le voisinage constituant tous ensemble un rocher de mine, quil a fallu entamer avec la poudre pour le traverser. Ües immenses masses ne reposent pas sur le portlan- dien mais sont comme suspendues dans le filon de mine et au milieu de minerai A petits grains et environnees de bolus semblables a ceux des filons voisins oü il n’y a pas d’agelomerats. En general ces divers agglomerats presentent toujours une surface tubereuleuse qui indique leur mode de formation coneretrionnee. Dans certains rayons de minieres, comme aussi dans certains filons, les pisolites alfeetent une forme moins spheroidale et plus reniforme. Ils semblent avoir ete ap- platis et comprimes en sens divers pendant un etat de ramolissement. Töoutefois A la eassure on reconnait toujours les couches successives et paralleles a la surface. Ces grains reniformes se trouvent pele-mele avee les spheroidaux dans les mömes amas. Il y a telles minieres oü les globules sont presque tous de grandeur egale; on peut eiter en partieulier celles du finage de Doscourt a Corcelon, oü les grains de mine ne depassent guere la grosseur d’un pois et sont tellement durs et compactes qu’a la fusion ils rendent plus de fonte que d’autres mines et que le cuveau, ou me- sure ordinaire, pese 390 livres, tandis que le poids moyen n’est que de 370. Le eu- veau contient 3 pieds 6 pouces cubes, mesure federale. On observe parcontre dans certains minieres des filons ou amas de minerai peu compaete et comme desagrege. C’est ordinairement le cas des zönes de mine qu’on remarque parfois un peu au-dessus des filons inferieurs et commundment dans des bolus dilferents, ce qui semble indiquer une formation posterieure et plus imparlaite. Les morceaux de fer amorphe qu’on trouve dans quelques minieres, sont tou- jours dans le voisinage de crevasses ou failles &jectives. Ils sont quelquefois arron- dis et recouverts d’une couche de vernis metallique, mais a la cassure on reconnait bientöt leur structure rugueuse et scoriacee; elle est m&me quelquefois geodique. Les vrais geodes ou pierres d’aigle sont fort rares; nous n’en avons encore trouve qu’un seul de forme irreguliere, mais compos& de couches successives du vernis me- tallique et renfermant dans la cavite centrale quelques grains d’argile roules et dur- eis et nullement coneretionnes ou pisolitiques. Dans les minieres de Corcelles. au val de Moutier et de Laupersdorf, canton de Soleure, on remarque de grands amas de minerai compose de pisolites spheroidaux et reniformes et de fer amorphe, le tout lie en masse par un eiment ferrugineux d’un noir tr&s brillant, donnant a ce minerai l’aspeet d’un filon d’anthraeite. Nous devons encore rappeler que dans les erevasses et failles ejeclives on ne voit de pisolites que pres de leur ouverlure superieure, mais qu'elles ne renferment parcontre que des matieres ferrugineuses, d’une couleur plus sombre, plus noirätre, plus violacce que les bolus mömes recouvrant le sol au-dessus; que le fer qu'elles eontiennent est amorphe ou hepatique, rouge ou brun, qu’a leur orifice on en trouve encore des morceaux meles aux pisolites, mais deja plus arrondis que dans les failles et souvent m&me ils sont deja recouverts de la croüte metallique ou eoneretionnee des pisolites. De ces divers faits nous devons conelure que les pisolites ne se sont pas for- mes dans les failles et erevasses e&jeetives, mais seulement sur terre ou dans de grandes cavites; que les eaux sortant de ces crevasses entrainaient des matieres cal- caires, siliceuses, ferrugineuses et aulres, en etat de dissolution, avec des gaz, des acides divers, le tout a un haut degr& de temperature; que ces eaux plus ou moins liquides ou boueuses arrivaient sur terre avec violence et en bouillonnant et qu’alors se sont formes les divers coneretions pisolitiques qu’on vient de deerire. Vers la fin des ejections il a dü s’operer un ralentissement et un refroidissement, et les malieres ferrugineuses djectees avec moins de force ont pu se coaguler dans les erevasses et ä leur orifice. Dans le premier cas elles ont produit ces esp&ces de culots, epais dans le haut et mince dans le bas, qu’on remarque dans les fail- les; dans le second cas. en morceaux de fer amorphe plus ou moins recouvert du vernis metallique. On doit bien observer que la formation pisolitique n’a produit primitivement que de pelits globules, et que ce n’est qu’apres leur consolidation quils se sonb reunis et combines de diverses manieres, sous forme d’agglomerat renfermant tous les ele- ments, toutes les matieres composant le siderolitique. 2. Arrangement et mode de d&pöl des pisolites dans les bolus. Le minerai de fer est constamment depose dans la partie inferieure des bolus. En general il repose immediatement sur le portlandien, quoique parfois il en soit se- pare par plus ou moins de bolus ordinairement different de celui qui ui sert de gangue. Dans les localites oü la mine est abondante, et oü sa formation a peut-Ölre Eid ac- compagnde de certains eirconstances, il existe presque toujours une efllorescence blanchätre entre le filon de mine et les bolus superieurs, et jamais entre ce m&me filon et les bolus places au-dessous. Cette zöne, que les mineurs appellent fleur de a mine, ne depasse guere 1 a 3 pouces d’epaisseur. Sa presence est regardee comme l’indice d’un filon d’une certaine importance, et lors m&me que la couche de minerai s’amineit au point de ne plus consister que dans l’efflorescence, on n’en continue pas moins les travaux, et souvent le filon se reforme un peu plus loin. Cette efflorescence se compose d’argiles blanchätres, quelquefois bleuätres, ren- fermant beaucoup de silice et d’alumine, ainsi que de nombreux pisolites caleaires et argileux, comme aussi quelques grains de mine. Nous avons m&äme remarque de grands agglomerats dont la töte depassail cette zöne, tandis que la masse restait plongee dans le filon de mine. On doit observer que cette efflorescence aflecte une direction plus ou moins pa- 'allele au portlandien, tout en suivant les ondulations des filons de mine; ce qui semble indiquer un tassement, un nivellement tr&s imparfait anterieur a des couldes subsequentes de bolus ou d’autres argiles. Mais on doit aussi remarquer que cette zone n’existe point partout ou sur tous les amas de mine, et que sur certains filons ayant pour gangue des bolus rouges violacds , ires compactes, elle en suit tous les contours m@me les plus eloignes de la position horizontale. Le minerai est rarement depose en filons reguliers d’une certaine etendue, mais seulement en amas presentant toutes sortes d’irregularites dans leur direction et dans leur epaisseur. Le minerai n’occupe pas la dixieme partie des depöts siderolitiques, si nous pouvons en juger par les plans que nous avons leves sur les terrains les plus riches en minerai. La puis- sance moyenne de celui-ci n’est guere que de 2 ä 4 pieds, mais il se rencontre des amas qui ont plus de 20 pieds d’epaisseur. On trouve ordinairement ces nids ou chaudieres dans des plis et cavites du portlandien, quelquefois entre des roches eparses sur cetie möme base. Il s’en rencontre aussi dans de vastes amas de bolus gris jaunätres dont une partie parait avoir die depose et s’etre consolide avant la for- mation du filon de mine. Nous avons vu ce cas dans les minieres au-dessus de Cor- celon, et a Courroux. Un de ces amas avait plus de 20 pieds de haut et il etait renferme dans des bolus jaunes grisätres, marbres de rose, de brun, de blane et aulres nuances; du reste il reposait sur le portlandien peu incline. On voit dans d’autres minieres des filons dont les extremites se croisent et don- nent alors des amas de 8 a 12 pieds de haut; mais on doit bien remarquer qu'il est tres rare de trouver deux filons superposes, et encore dans ce cas le superieur n'est guere qu’une mince couche de minerai friable, peu compacte et paraissant appartenir a une coulde ou formation poslerieure au depöt du filon inferieur. eu Les amas de mines qui se trouvent dans les cavites et depressions du portlandien ne presentent pas moins de variations. Souvent tout a cöte c’est un filon de 20 a 30 pieds de haut, les bolus se presentent brusquement et coupent le minerai, ainsi qu'il arrive dans les plus petits filons. On a exploite une de ces vastes chaudieres sur le plateau de Mettemberg, une autre dans le finage de Pinchenal entre Visques et Cor- celon. et ce dernier etait si riche que les ouvriers eroyaient ne pouvoir jamais l’e- puiser; mais par suite de leur negligence les travaux se sont &crases et le minerai a ete perdu. Ces ouvriers nous ont assurd que cet amas avait plus de 40 pieds de hauteur, cependant l’examen du portlandien en ce lieu indique une simple pente du nord-est au sud-ouest, et cet amas devait occuper quelque erevasse du sol. Les bolus servant de gangue au minerai sont tout aussi variables que ceux qui sont au-dessus et qui ne renferment que des grains isoles. L’enchevötrement de leurs nappes presente la möme bizarrerie; souvent le minerai est eirconserit dans des bo- lus rouges, tandis que les zönes, les zebrures, les quadrillures, qui le traversent en tous sens, ne contiennent point ou fort peu de pisolites. Ailleurs ce sont des zönes rouges qui ‘eirconserivent le minerai dans des bolus jaunes ou grisätres. Les varia- tions sont si nombreuses, si brusques, si tranchees, que le pinceau peut A peine en rendre quelques-unes. En- general, le terrain siderolitique est en place et les soulevements jurassiques n’ont fait que lui donner l’inclinaison des roches sousjacentes et qui lui servent de base. Si dans les minieres de Seprais, de Montavon et celles du voisinage, on reneontre des filons de mine dans d’autres conditions, ils ne sont düs qu’aux grands couranis qui ont amene les galets vosgiens et qui ont laboure le terrain siderolitique en quelques lieux, l’ont m&öme emporte et deplace, et ont ainsi' produits quelques rares filons de mine d’alluvion. Mais ce ne sont la que des exceptions, des acci- dents propres ä cette localite et absolument etrangers A la formation du siderolitique. Lorsqu’on parcourt les minieres dans le siderolitigue en place, la premiere chose qui frappe la vue, c’est l’irregularite des depöts de globules de minerai dans le meme filon; irregularite telle qu’a cöte, au-dessus ou au-dessous, d’une zöne de pisolites de la grosseur d’un pois, il se trouve brusquement d’autres zönes de pisolites A gros srains ou d’agglomerats, avec des alternances, des transitions, des changements dans toutes les direetions. Sur ces amas de pelits grains pesant ä peine quelques grammes, on voit des agglomerats de plusieurs pieds de diametre et pesant plusieurs quintaux, ou bien ce sont des bandes, des zönes, des nids d’agglomerats mediocres qui sont enfermes dans des amas de petits globules, et vice-versä. 7. Chacun peut remarquer au premier coup-d’oeil que la pesanteur speeifique de ces divers spheroides est reside &trangere & leur distribution. Si dans l’effloreseence au-dessus des filons om apergoit quelques pelits pisolites qui semblent surnager sur ces amas de malieres plus pesantes, on voit en m@&me temps les corps les plus lourds. les plus gros agglomerats immediatement deposes sous l’eflloreseence. la depassant souvent et ayant sous eux des amas de mine formes de tres petits grains. On ne repelera pas ce qu'on a dit preeedemment des roches €parses dans les bolus inferieurs et suspendus dans leur masse, mais on doit remarquer que les au- ires bloes de rocher couches sur le sol m@me ou sur le portlandien. ont contribue ou influenee le depöt du siderolitique, qui s’est arr&te contre leur masse, s’est glisse dans tous les vides qu’ils laissaient entr’eux, les a enveloppes de ses nappes et al- leres comme toutes les autres roches en contact avec celte formation. Il est ensuite tr&s important de remarquer que ces roches, existant ainsi eparses sur le sol au moment du depöt siderolitique, avaient necessairement etd deplaeces anterieurement, ce qui ne pouvait provenir que des premiers soulevemenis et pro- bablement de celwi-la m&me qui avait ebranl& le sol et provoque l’ejeetion du si- derolitique. Chapitre VIII Conclusions. De toutes les observalions consiendes precedemment et d’un grand nombre d’au- tres, quwil serait trop long de delailler, nous eroyons pouvoir conelure que le terrain siderolitique n’est point un depöt aqueux remplissant des bassins, comme le depöt terliaire et en general tous les depöts neptuniens, mais un depöt plutonique ou semi- plutonique , arrive a l’etat plus ou moins boueux, aqueux et gazeux. comme ceux qui s’Echappent encore actuellement des entrailles de la terre dans les terrains vol- caniques des iles de Java, d’Islande et d’autres contrees. On a vu que par suite des soulevements jurassiques le sol s’etait erevasse A de grandes profondeurs; on a indique plusieurs de ces failles encore remplies des matieres &jectees. La disposilion desordonnee des nappes de bolus prouve jusqu’a l’Evidence quelles a wont pas ete produites par des eaux deposant leur limon en couches horizontales. mais par des coulees plus ou moins boueuses, s’echappant d’inombrables failles et erevasses, sans doute a un haut degre de temperature qui devait häter leur conso- lidation. Il semble m&öme qu'il y a eu des intermittences, des temps d’arr&t, qui ont permis la dessication et le erevassement des premieres coulees et que le remplis- sage de ces erevasses et de ce fendillement a ensuite eu lieu par des couldes plus liquides. Les failles &jeclives ne langaient point a la surface du sol des pisolites tout for- mes, mais seulement des matieres minerales ferrugineuses, siliceuses et autres di- versement combinees, comme le prouve linspeclion des failles actuellement de- couvertes. La formation des globules a pu commencer dans les lailles et grandes cavites , mais cette operation n’a generalement eu lieu que sur le portlandien, dans le bouil- lonnement des eaux. Alors aussi ont dü se former les divers pisolites qu’on a de- erits, soit pisolites de fer, de calcaire, d’argile, de sulfate; de chaux etc., selon que les eaux lenaient en dissolulion les prineipes necessaires a ces concrelions, comme on voit encore se former des pisolites de Ja möme maniere dans diverses sources Ihermales. Alors encore, ainsi qu'il arrive actuellement dans les eruptions volcaniques, il se degageait des gaz, des vapeurs incandescentes chargees d’acides et d’oxydes qui epigenisaient les roches calcaires. C’est alors aussi qwil a pu s’echapper des feux souterrains, comme cela a encore lieu dans de grands tremblements de terre, el peut-etre pourrait-on leur altribuer ces coulees de quarz consolide et eristallin, qu’on trouve en grands blocs au milieu des crateres ranges en ligne sur le versant sep- fentrional du Hammer, dans la vallee de Balstal. Il est toutefois certain qu'il est sorli des masses de sable quarzeux hors des lailles &jectives, el que ces masses sont d’aulant plus fr&quentes et plus considerables qu’on s’eloigne davantage du Jura central, ou des vallees de Delemont et de Moutier, tandis que dans ce rayon cen- tral les sables y deviennent toujours plus rares et sont remplaces par les bolus plus argileux et les depöts de fer pisolitique. Les roches, injeetees d’acides dans toutes leurs fissures, se sont alterdes et de- composees de diverses manieres. Les blocs de rocher couches sur le sol ou &pars dans les bolus, ont subi l’alteration siliceuse ou la jaspisation. et elle a et& plus 8 28 ou moins sensible selon la quantite de silice entrainee par les eaux, selon les gaz et les acides et les autres combinaisons chimiques qui devaient se former alors. C'est dans les m&mes ceirconstances que ce sont formes les rognons de gypse diversement cristallises, et quelques autres mineraux precedemment detailles. Mais tandis qu’une erevasse vomissait des matieres tres ferrugineuses et dans un etat li- quide permettant la formation des pisolites, une autre langait des masses boueuses plus eompactes, arr&tant ou limitant les depöts voisins et produisant cet enchevetre- ment de nappes de toutes les nuances et de toutes les formes. Toutes ces sourees en Ebulition jaillissaient sans doute, comme le Geiser d’Is- lande, remplissaient les bassins et les interstices, formaient ga et la des amas de pi- solites, les soudaient, les agglomeraient ensemble. . Dans cette theorie, base sur nos observations, il nous reste cependant a ex- pliquer pourquoi le minerai de fer n’existe que dans les couches inferieures du side- rolitique et pourquoi la reparlition des graines n’a aucun rapport avec leur pesanteur speeifique. On a deja vu que ce dernier fait etait incontestable et qu'ensuite le minerai, reposant presque immediatement sur le portlandien, avait pour gangue des bolus plus compaetes, plus äpres au toucher, souvent plus colores par les oxydes de fer et enfin plus bouleverses que les argiles de la couche superieure. On peut done presumer que les erevasses &jeetives ont d’abord lance les ma- tieres les plus ferrugineuses et que les pisolites se sont de suite formes dans le bouillonnement des sources thermales, ayant un haut degre de chaleur, et qu’en meme temps il se degageait du sein de la terre de formidables explosions @lectriques, qui agissaient sur la dispersion du minerai encore plus ou moins en suspension, comme on voit actuellement l’electrieit€ produire les memes eflets sur la formation et la dispersion de la grele en zönes aussi variables que les globules de mine de fer. | On pourrait aussi ajouter a l’action eleetrodynamique celle des gaz et des acides qui ont pu contribuer a la formation et a l’accroissement en place des pisolites et des agglomerats. Ce serait encore cette action qui aurait soude et li ensemble ces mas- ses composees d’un plus ou moins grand nombre de grains. mais nous n’osons deei- der laquelle de ces deux hypotheses est la plus probable, parce que nous eroyons reconnaitre l’action combinee de toutes les deux. Durant ces premiers depöls ferrugineux ont dü survenir des temps d’arret, des ze es intermittences, avec relroidissement de la surface des depöts, et c'est ä cela que nous attribuons l’efllorescence qu’on remarque sur la plupart des amas de mine. Cette möme elllorescence se reproduit encore de nos jours sur les &jections boueuses des volcans, apres leur refroidissement. Sur ces amas plus ou moins consolides se- raient arrivees de nouvelles coul&es moins ferrugineuses, qui auraient produit les bo- lus recouvrant le minerai et ne renfermant que des pisolites isoles, entraines depuis les eouches inferieures ou se formant encore isolement. Puis ensuite d’autres &jec- tions plus aqueuses et moins ferrugineuses encore, desquelles seraient provenues les argiles onetueuses superieures, a la derniere periode de ces &jections semi-plutoniques. Mais pendant leur duree, et probablement encore long-temps apres, il a dü s’e- chapper par les fissures des roches des sources chargees de silice, de diverses ma- tieres et de gaz, qui se sont infilirdes dans les vides restant. ou qui, par leur force ejeetive, se sont ouvert des passages dans les bolus, et de la proviennent ces tubes ou formations eilyndriques de malieres en grande partie siliceuses et melees de pelits pisolites moins compactes, moins parfaits que ceux formes precedemment. es cou- lees subsequentes ont aussi pu produire les amas de mine superposes et ces faux filons de minerai elendus en couches toujours minces au-dessus des amas inferieurs. Alors aussi durant quelques intermittences s’est operde la formation des conelo- merats siderolitiques, dans les bassins formes par les premieres couldes boueuses | deja plus ou moins eonsolidees, et ces conglomerats ont ete a leur tour recouverts par des argiles jaunes, & la suite d’£jections posterieures. Il nous parait evident que la formation du siderolitique dans la contree dont nous parlons, a eu lieu durant ou immediatement apres Jes premiers soulevements juras- siques et que ce depöt etait depuis long-temps consolide et plus ou moins recouvert de tertiaire, lorsque sont survenus les soulevements de Berschwiler, de Bellerive et de Cornol, soit le dernier exhaussement de la chaine du Mont-Terrible. Mais c'est aussi avant ce dernier soulevement que de grands courants ont amene du nord-ouest au sud-est ces amas de galets, de formation eristalline, a travers la plaine separant les Vosges du Jura et les ont preeipites dans la vall&ee de Del&emont, en passant dans la direction du col des Rangiers, necessairement plus bas alors. Ce sont la des faits que demontrent d’une maniere irrefragable les Iravaux des minieres depuis Delemont a Montavon, et surlout a Develier. Les &jections semi-plutoniques , qui dans les premiers temps devaient avoir une grande intensite, sont ensuite all&es en diminuant, mais elles n’ont point cesse subi- BE tement et toutes a la fois, comme l’ont prouv& les tubes ou &jeetions partielles dans les minieres et la faille observee a Corcelon A travers les conglomerats. En voyant le terrain siderolitique &tendu sur le flance des cöteaux et des mon- tagnes. dans le fond des vallees; en remarquant des lambeaux de ce terrain attaches aux parois des roches redressdes; en reconnaissant d’autres debris sur les plus hautes sommites du Jura — on pourrait eroire que ce terrain recouyrait d’une couche gene- ‚ale toute cette region jurassique avant son soulevement. Mais les faits qu’on a dejä rapportes, la eirconstance que ce terrain presente m&me des interruptions sur les cöteaux oü il a le plus d’epaisseur, la formation des failles et erevasses e&jectives lors des premiers soulevements, indiquent que ce depöt n’a dü commencer qu'apres le retrait de la mer jurassique. probablement par suite de ces premiers exhausse- menis du sol. Des lors le siderolitique n’a dü se deposer que partiellement, ou dans le. voisi- nage des lieux ebranles par les soulevements et crevasses assez profondement pour donner issue aux malieres plutoniques. Mais, comme on l’a explique , ce cerevasse- ment du sol n’a pu se produire que dans des circonstances partieulieres et toutes locales. Quand plus tard sont survenus de nouveaux exhaussements du sol, et a ce quil parait dans la möme direction que les premiers, les flanes ou la croupe des mon- tagnes, en se redressant davantage, ont aussi dü exhausser avec eux le depöt side- rolitiqgue et le porter ä des hauteurs differentes, comme aussi ils ont dü le faire glis- ser plus ou moins, lorque le redressement devenait trop verlical. On a möme de- montre qu'il etait survenu des soulevements apres le depöt tertiaire et apres l’arrivee de galets, et que ces terrains recents avaient ete recouverts par les debris de ces soulevements. Nous devons encore rappeler avec soin que le siderolitique est generalement en place, couche sur le portlandien, sans aucun depöt intermediaire, qu'il forme avec cette roche des plans plus ou moins inclines, qu'il a plus ou moins suivi toutes les der- nieres oseillations jurassiques, tandis que le tertiaire s’est depose horizontalement dans les bassins, dans les vallees, dans toutes les depressions du sol. oü l’on reconnait sa stratifieation discordante avec celle des terrains inferieurs. Le val de Balstal nous offre un exemple de soulevements jurassiques pr&ecedents la formation siderolitique,, d’un autre anterieur au depöt tertiaire et redressant le si- derolitique, et enfin d’un troisieme exhaussant encore le siderolitique et le tertiaire. 4 — La vallee de Moutier fournit une coupe caracteristique des soulevements du juras- sique et du siderolitique avant le depöt tertiaire reste en place. Le cöte meridional de la vallee de Delemont presente une formation semblable . avec un petit soulevement posterieur sous le Mont-Chaibent. Mais le cöle septen- trional de ce m&me vallon indique un soulevement keuperien ou du troisieme ordre. et un renversement du jurassique et du siderolitique sur le tertiaire. Le petit plateau de Mettemberg, provenant d’un refoulement et exhaussement du sol pendant le soulövement keuperien de Bellerive, presente le siderolitique et le tertiaire portes ä une altitude considerable et repoussant toute possibilite d’un depöt aqueux en place. Cela est du moins l’effet que, nous indique la steatification discordante des ter- rains qu’on vient d’indiquer. D est vrai que dans certaines eirconstances la discor- dance des strates de terrains divers peut r&sulter d’autres causes. mais nous donnons les faits comme nous les avons observes. ee - ERRATA. Fautes ä corriger avant la lecture. Pages Lignes- 14. 18. bancs — lisez: bolus. 16. 19. de soulövement — 1.: du soulevement. 18. 1. que — ä supprimer. 49. 87 mei Iezhen! 2. 29. ont fait — l.: a fait. 23. 25. quelques-uns — 1.: quelques-unes. 24. 1. des argiles — l.: un conglome£rat. 24. 22. des boues — l.: des bancs. 24. 26. m&mes, qui — l.: et qui. 25. 27. des sideroliliques -— 1.: du sid£rolitique. 26. 13. bancs — l.: boues. 27. 7. de&couvert; on remarque — supprimez le point sur la virgule. » DE 15. les couranls; — m&me suppression. 32. 18. Visques — l.: Vieques, el aussi pages 34 et 55. 32. 34. le sol — 1.: le col. 38. 14. des — |1.: du. 38. 17. faibles — 1.: friables. 4. 33. lances — 1.: lames. 42. 4. liquide et (ranslucide — 1.: limpides et translucides. 43. 25. carbonate, de chaux — supprimez la virgule. 47. 3. oxyde, de zine — m&me suppression. 47. 4. demanderait — l.: demanderaient. AT. les ont — 1.: les a. 8 3. joui — 1.: joue. 48. 8 160 — 1.: 80. 2. c’est un — l.: d’un. 4. de sulfate, de chaux — supprimez la virgule. 9. le geyser — 1.: les geysers. 38. 14. graines — |.: grains. Le lecteur corrigera facilement quelques autres faules moins imporlanles. Table des matieres. . CHAPITRE I De l’elage jurassique sup£rieur, ou porllan- dien, ä raison de ses rapports avec le terrain -siderolilique CHAPITRE II. Des alterations du portlandien et des aultres roches en contact avec le sid@rolilique. 1. Alteralions päteuses 2. Alterations a aspeect ent Alteralions a aspect igne Alt&rations siliceuses - i Roches soulev&es et Eparses dans les bolus et ramolissement du portlandien 3. % [1] CHAPITRE Il. Des failles et erevasses &jeclives e CHAPITRE IV. Observations sur l’&poque de cerlains soule- page. rS vements, dans leurs rapporls avec le si- derolitique - E CHAPITRE V. Des terrains recouvrant le siderolilique CHAPITRE VI. Du siderolilique. Argiles supe@rieures : Des conglomerats ou formation e% Ein: calcaires dans le sid@rolitique Des bolus ou argiles inferieures CHAPITRE VI. Mine de fer. 1. Formation pisolilique 2. Arrangement et mode de depdt des pisolites dans les bolus CHAPITRE VII. Gonelusions page ? $ v rer Bun a, de F are RAW re aan 4 motion Be on „erh: LaaR a Er FR I wu EN Er er: ERBE N Du ax Bd > ne Ka ka BÜETRR Du rt a e l ws hier ee ‚ uroh Prem 3 ER KR ige > Wr .) Er B fi . “ FE HERR Eis B ul nö. Eier } i = te) des Den, } nl De gerre dans kpeitlandun Pr b Gerasse de GR Ansage 2 De h) Laveieres de ourioun * >» Crevasse yech ve Jamd Sitte dene, end £ peitlandun a decomposikion dee cabacı € b be las Rouge, Wars Fri _ 7 / U, Doladipzeme Soulevement 2 conglomerats z f. fi n u seherobetegues @ Corcelon Gatets n dig es sebbeldsgees " Sefprelceutes BE Argelas sedksclit M (age las sie letogeces u) a Mangancır 2 == 2 dp Conglomerat ; n ä a Sedebel hai ae bed > a Manganese Mit ? 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Mal lee de Chatillow. r 2 Tertiacre:nen seulere ’ as Llachäge Peıllandıen Mentagne derVellerat MMexal N Eenembeng par le Mont-chaibeut ld second Vorbourg ) [4 de pwis la monlagne det ’ mont Le Delk lee 0 upe geo wiebrique dela Ur Coferdien 2 Wefastnny 307m & x ” Pertlandıen R Brecheset.Siderolitgue \ Binnen ä Sa Foaeıdd Het ” Sertiarre en place | Üreches erLederofitigue J Sorflandien LH e Conpe das Vab de Mentie ” MiRarrmeua; 13/2 m: \‘ Crfordien Aaine de dilleracfil 3 argilano PLAN et COUPE des urimidues de Core elon /. Pr Leves et dessines seometriquement.. 2 300 1400 500 600 piede I I = I swisser. Beitrag zur KElementaranalyse der organischen Substanzen von EC. Brunner, Vater. Die Elementaranalyse der organischen Substanzen ist in neuerer Zeit in allen chemischen Laboratorien eine so gewöhnliche Arbeit geworden, dass man nicht ohne einige Scheu es wagt, über die hiezu in Anwendung gebrachten Methoden noch etwas zu verölfentlichen. Die grosse Wichtigkeit des Gegenstandes in Bezug auf die Theorie der organischen Chemie sowohl als auch einige praktische Resultate, welche aus diesen Untersuchungen hervorgingen, vielleicht auch die anscheinende Leichtigkeit dieser Untersuchungen selbst, gaben die Veranlassung zu einer, man darf wohl sa- gen, unzählbaren Menge solcher Analysen, deren Ergebnisse einen nicht geringen Theil der neuern Literatur unserer Wissenschaft ausmachen. Es ist sehr oft die Bemerkung gemacht worden, dass der bei weitem schwie- rigste Theil dieser Untersuchungen nicht sowohl die eigentliche Analyse selbst, son- dern die Reindarstellung der untersuchten Substanzen, die Gesetze ihrer Verbindun- gen mit andern, zumal mit denjenigen, in deren Gemeinschaft sie der Zerlegung un- terworfen werden, betreffen. Kann man auch allerdings dieses zugeben, so wird man doch bei etwas aufmerksamer Betrachtung der Sache zu der Ansicht geführt, auch die angewandten Methoden als nicht so genau und in allen Fällen so zuverlässig anzunehmen. wie es die Wissenschaft zu einer deutlichen Einsicht in die Gesetze dieser Classe von Verbindungen verlangen muss. Es geht dieser Schluss sowohl aus der Vergleichung der Analysen einer und ebenderselben Substanz von verschie- denen Chemikern ausgeführt, als auch nicht selten aus den abweichenden Resultaten der einzelnen Beobachter selbst hervor. Unter diesen Umständen muss wohl jeder Beitrag zur Vervollkommnung der Methode als nicht ganz nutzlos angesehen werden. Es ist allgemein bekannt, dass wir Lavoisier ‚die Kenniniss des zu diesen Zer- legungen führenden Weges verdanken. ‘Die von ihm angewandte Methode der Ver- brennung ist noch jetzt die Grundlage aller dieser Untersuchungen. Man kann in Wahrheit behaupten, dass etwa mit Ausnahme der neuern Bestimmungsmethode des Stickstolls fast alle seitdem bekannt gewordenen Verfahrungsarten nur Variationen BR us. der von ihm angewandten Verbrennungsmethode sind. Sie können alle unter zwei Kathegorien gebracht werden, nämlich 1) die direkte Verbrennung in Sauerstoffgas, die ursprünglich Lavoisier’sche Methode, 2) die indirekte, durch Verbrennung, mit Hülfe eines Sauerstoff abgebenden Körpers, chlorsaures Kali, Kupferoxyd, chromsaures Bleioxyd. Nach dieser letztern Methode sind die meisten Analysen in der neuern Zeit aus- geführt worden. Indessen hat es auch nicht an solchen gefehlt, welche das direkte Verbrennungsverfahren anwandten und dasselbe auf verschiedene Weise zu vervoll- kommnen suchten. Wir verdanken Saussure, Hess, Marchand u. A. zahlreiche auf diese Art ausgeführte Analysen. Vor ungefähr 19 Jahren beschrieb ich einen Apparat zu solchen Verbrennun- gen.!) Ein ähnlicher wurde später von Hess?) angegeben und in seiner neuesten Modification von H. Rose3) ausführlich beschrieben. Die hier mitzutheilende neue Darstellung dieser Methode hat zum Zwecke einige nicht unwesentliche Verbesserungen bekannt zu machen, welche durch lang fortge- setzte Praxis allmählig entstanden, und ich darf der Hoffnung Raum geben, dass alle diejenigen, welche sich die Mühe nehmen werden, sie genau zu befolgen, mit dem Erfolge ihrer Arbeit zufrieden sein werden. Das erste Erforderniss bei der organischen Elementaranalyse ist, nach der Rein- darstellung der zu untersuchenden Substanz die genaue Bestimmung der in Arbeit zu nehmenden Quantität in einem bekannten Zustande der Trockenkeit. Zur Erlan- gung dieses letztern sind viele Methoden in Vorschlag gebracht worden. Alle be- ruhen auf Erwärmung bei bestimmten Temperaturen in möglichst trockener Luft ent- weder in einem gewöhnlichen Austrocknungsapparate oder in einem über die Sub- stanz streichenden Luftstrome, wobei als Beweis der erlangten Austrocknung die nicht weiter fortschreitende Gewichtsabnahme der Substanz angesehen wird. Nur selten scheint als Austrocknungsmittel die Luftpumpe in Anwendung gebracht worden zu sein, wovon ohne Zweifel die Schwierigkeit, dieselbe mit einer fortwährenden gleichmässigen Erwärmung zu verbinden, die Ursache sein mag. Zahlreiche Ver- suche hierüber führten zu folgender, eben so einfachen als sichern Methode. Der auszutrocknende Körper wird in pulverförmigem oder fein zerschnittenem 1) S. Poggend. Annalen XXVI. 497. 2) Ebendas. XLVI. 179. 3) Handb. der analyt. Chemie, 1851. II. 962. Sa Zustande in eine kleine Retorte eingefüllt, welche durch eine elastische Verbindungs- röhre, z. B. dem Halse einer kleinen Kautschukflasche, mit einer Glocke verbunden ist. die auf dem Teller einer Luftpumpe steht (s. Fig. 1.). Unter der Glocke be- findet sich eine Schale mit concentrirter Schwefelsäure. Ist die Glocke und mithin auch die Retorte von Luft entleert, so wird zur Erwärmung der letztern ein Was- ser- oder Oelbad angebracht, dessen Temperatur durch ein hineingehängtes Ther- mometer regulirt wird. Es ist leicht dieselbe, besonders bei Anwendung von Oel, auf längere Zeit constant zu erhalten. Es ist dabei anzurathen, die Erwärmung nur allmählig zu verstärken, indem viele Substanzen bei zu schneller Erhitzung eine an- fangende Schmelzung erleiden, wodurch das Austrocknen bedeutend aufgehalten wird. Sollte dieser Fall eintreten, welches man beim Aufschütteln der Retorte leicht gewahr wird, so muss die Substanz herausgenommen, in einer Reibschale zerrie- ben und die Arbeit mit grösserer Vorsicht wiederholt werden. Ueber die beim Austrocknen anzuwendende Temperatur kann natürlich keine all- gemeine Vorschrift gegeben werden, indem solche durch die Natur der zu analysi- renden Substanz bedingt ist, besonders durch den Grad ihrer Verflüchtigung oder anfangenden Zersetzung. Im Allgemeinen darf etwa die Regel gelten, dass man die Substanz so weit erhitze, als sie ohne Zersetzung und ohne Verdampfung vertragen kann. Man kann eine Temperatur von + 120° R. in den meisten Fällen als die pas- sendste ansehen. Wenn bei einer durch diese Bedingungen bestimmten Behandlung die Retorte keine Gewichtsabnahme mehr zeigt, so kann die Austrocknung als been- digt angesehen werden. Man wird leicht einsehen, dass bei dieser Methode alle Bedingungen zu einer möglichst raschen Verdunstung, nämlich luftleerer Raum, Erwärmung und Absorp- tion des Wasserdampfes zusammenwirken, dagegen in einem, wenn auch vollständig getrockneten Luftstrome, die erstere fehlt, wodurch die Verdunstung bedeutend ver- zögert wird, aus dem gleichen Grunde, warum dieselbe in einem mit Luft gefüllten, wenn auch sehr grossen, Recipienten viel langsamer erfolgt, als in einem luftleer gemachten. Die Erfahrung hat gelehrt, dass nach dem hier beschriebenen Verfahren in Zeit von einer Stunde so viel erreicht wird, als in einem mehrere Stunden an- haltenden Luftzuge. i Eine zweite der Analyse vorhergehende Arbeit betrifft die Bestimmung der or- ganischen Substanz in ihrer Verbindung mit unorganischen Körpern, wenn sie in einer solchen der Analyse unterworfen werden soll. Am häufigsten kommt der Fall BB vor, dass Verbindungen mit Bleioxyd hiezu benutzt werden. Um nun den procen- tischen Gehalt einer solchen Verbindung an organischer Substanz genau zu bestim- men, verfährt man am sichersten auf folgende Art: Eine genau abgewogene ‚Menge der nach eben beschriebener Methode getrock- neten Verbindung wird in eine kleine Flasche mit etwas weitem Halse und einge- riebenem Stöpsel gegeben und ungefähr die 10 bis 12fache Menge gröbliches Quarz- pulver’) zugesetzt und damit eine Zeit lang kräftig geschüttelt. Alsdann schüttet man das Gemenge in ein flaches Porzellanschälchen aus und‘ spült das Gläschen mit noch etwas Quarz nach und fügt auch diesen dem übrigen hinzu. Das Schälchen wird nun mit seinem Inhalte auf's Genaueste tarirt und mit der grossen Spirituslampe sorgfältig erhitzt. Die Substanz wird dabei ganz ruhig, oft fast ohne sichtbares Feuer, verbrennen. Niemals wird man dabei Dämpfe von Blei wahrnehmen. Zu bemerken ist, dass man bei dieser ersten Verbrennung das Ge- menge nicht umrühren darf, wodurch leicht die Verbrennung zu heftig wird und et- was Blei durch Verdampfen verloren gehen kann. Evst nachdem keine Veränderung mehr eintritt, rührt man dasselbe mit einem fach gedrückten Glasstabe um und setzt die Erhitzung so lange fort, bis alles in ein gleichmässig gelbes Pulver verwandelt ist. Alsdann wird nach gänzlichem Erkalten das Schälchen wieder auf die Wage gebracht und die Menge der verbrannten organischen Substanz durch Zulegen der nöthigen Gewichte bestimmt. Wir kommen nun zur eigentlichen Analyse. Dieselbe besteht in einem Verbren- nungsprozess, der zum Theil durch Hülfe eines Sauerstoffstromes bewerkstelligt. nachträglich aber durch Kupferoxyd vollendet wird. Der hiezu dienende Apparat ist folgender: ab (Fig. 2) ist die Verbrennungsröhre. Dieselbe ist von schwer - schmelz- barem, am besten böhmischem Glase und hat einen innern Durchmesser von 1 Cen- timeter, bei einer Länge von etwa 55 Centim. In Bezug auf die Glasdicke wird die- selbe so gewählt, dass sie durch die anzuwendende Lampe in mässiges Glühen ge- bracht werden kann, ohne sich in dieser Temperatur während längerer Zeit merk- !) Der sowohl bei dieser Arbeit als bei der nachherigen Aualyse anzuwendende Quarz wird un- gefähr so gröblich wie gewöhnliches Schiesspulver gestossen, mit Salzsäure ausgekocht, gewaschen, getrocknet und durch Absieben von dem feinen Staube befreit. Er hat die Bestimmung, die Verbren- nung der Substanz durch Zertheilung derselben zu mässigen, ohne den Zutritt des Sauerstoffes zu sehr zu erschweren. Vor der Anwendung wird derselbe aul einer Spirituslampe gut getrocknet und sogleich nach dem Erkalten der ‚Substanz zugeselzt. EM ER lich zu biegen. Sie enthält von a bis ce, in einer Länge von ungefähr 14 Centime- ter ein Gemenge aus gleichen Volumtheilen Kupferoxyd und gehacktem Amianth, welches so eingefüllt wird, dass es den innern Raum gänzlich ausfüllt. Der Ami- anth hat, wie man leicht bemerken wird, die Bestimmung, das Kupferoxyd immer aufgelockert und daher den Gasen durchgänglich zu erhalten.') Von c bis d kommt der zu verbrennende Körper auf ähnliche Art, wie oben angegeben, mit Quarz ge- wengt. Auf 0,3 bis 0,5 Gramm der anzuwendenden Substanz oder einer dieser Quantität entsprechenden Quantität ihrer Verbindung mit Bleioxyd werden 20—25 Gramm gestossener Quarz genommen, und das Gemenge so in die Röhre gebracht, dass es deren Durchmesser gänzlich ausfüllt. Enthält die Röhre über dem Gemenge einen merklich leeren Raum, so entstehen bei manchen Substanzen bei ihrer Verbren- nung kleine, obgleich unschädliche Detonationen, welche vermieden werden müssen. Die Flasche A ist mit Sauerstoffgas (durch Erhitzen eines Gemenges aus glei- chen Theilen chlorsaurem Kali und Braunstein bereitet) gefüllt und mittelst einer v förmigen Röhre mit der Verbrennungsröhre verbunden. Der eine, der Flasche zu- gekehrte Schenkel der Röhre enthält gelöschten und mit Aetzkalilauge leicht ange- feuchteten Kalk, der andere Bimssteinstückchen mit concentrirter Schwefelsäure be- feuchtet, wodurch das durchstreichende Sauerstoflgas von einem etwaigen Gehalte an Kohlensäure, so wie von Wasserdampf befreit wird. Die Verbindung dieser Röhre mit dem Sauerstoffbehälter und der Verbrennungsröhre geschieht durch Queck- silberabsperrung, wie es Fig. 5 (in natürlicher Grösse) zeigt. Das Ende der v för- migen Röhre ist nämlich durch einen Korkstöpsel gesteckt, welcher den Boden eines hölzernen Bechers bildet, der etwa 2 Centim. hoch Quecksilber enthält. In dieses tauchen die an die Gasröhren angeschmolzenen kleinen Glocken. Man sieht leicht ein, dass diese Vorrichtung gestattet, durch ein einfaches Herausheben oder Einsen- ken die Verbindungen augenblicklich zu unterbrechen oder herzustellen. Diese Vor- richtung dürfte in allen Fällen, wo die Gase keinen grossen Druck zu überwinden haben, ihrer Bequemlichkeit und Sicherheit wegen den Kork- und Kautschukver- bindungen vorzuziehen sein. 1) Da bei längerer Einwirkung der Wärme die beste Röhre sich biegt, so wird der das Kupfer- oxyd enthaltende Theil durch zwei kleine eiserne an einem Ständer befestigte Arme unterstützt. Diese Arme {ragen zugleich das aus Schwarzblech gemachte Gewölbe, welches dazu bestimmt ist, durch Zusammenhalten der Flamme die zum Glühen der Röhre nothwendige Temperatur zu erlangen. Fig. 3 zeigt diesen Theil des Apparates in etwas grösserem Masstabe von der langen Seile gesehen, Fig. 4 im Grundriss. Bei Fig. 2 ist diese Vorrichtung der Deutlichkeit wegen weggelassen. Ba mer Die Apparate zum Auflassen der Verbrennungsprodukte sind auf folgeude Art eingerichtet. Die umgezogene und rechtwinklicht abwärts gebogene Spitze der Verbrennungs- röhre führt durch einen Kork in die zur Aufnahme des Wassers bestimmte Absorp- tionsröhre ef. Diese ist zum grössern Theile mit durch Schwefelsäure befeuchtete Bimssteinstückchen angefüllt; bei e befindet sich ein leichter, mit Schwefelsäure be- feuchteter Amianthpfropf. Das andere Ende der Röhre ist mit einem Quecksilberge- fässchen versehen, welches, wie oben angegeben wurde, die Verbindung mit der Kohlensäurenröhre vermittelt. Die zur Aufnahme der Kohlensäure bestimmte Röhre besteht aus zwei durch Schmelzen zusammengefügten Theilen. Der erste weitere Raum enthält zerfallenen und mit etwas Aetzkalilauge befeuchteten gebrannten Kalk. Dieser muss so einge- füllt werden, dass er als feuchtes, nur leicht zusammengebackenes Pulver den Raum so ausfüllt, dass die Gase ohne Hinderniss durchgehen können, welches durch leich- tes Ansaugen von Luft probirt wird. Der zweite engere Theil enthält mit Schwe- felsäure angefeuchteten Bimsstein. Aus diesem letztern Theil führt endlich eine kleine Heberröhre in ein Gläschen, welches ein wenig Kalkwasser enthält. Zur Erhitzung des das Kupferoxyd enthaltenden Theiles der Verbrennungsröhre dient die in Fig. 6 u. 7 abgebildete Weingeistlampe. Dieselbe ist aus Messingblech verfertigt, und enthält in a den mit dem Weingeistgefäss in Verbindung stehenden Raum, aus welchem 5 kleine Dochten gespeist werden. Der daneben befindliche und nur durch eine Scheidewand von demselben abgesonderte oben offene Theil des Kästchens b enthält 6 bis 8 Unzen Wasser und hat die Bestimmung, die Erhitzung des Weingeistbehälters zu vermeiden. Sollte das Wasser bei längerer Fortsetzung des Versuches dennoch zu warm werden, so wird es vermittelst einer Heberröhre herausgenommen und durch kaltes ersetzt. Die Operation selbst geschieht nun auf folgende Art. Nachdem das Kupferoxyd in der Röhre selbst durch Erhitzung in einem Strome getrockneten Sauerstoffgases (oder zur Ersparung desselben in atmosphärischer Luft) von allem Wasser und Koh- lensäure befreit und wieder kalt geworden, wird das Gemenge des zu verbrennen- den Körpers mit Quarz hineingebracht und die Absorptionsapparate, wie oben ange- geben ist, angepasst. Nun wird die Lampe mit den 8 kleinen Dochten angezündet, und wenn die Röhre in mässiges Glühen gekommen ist, der Sauerstoffstrom durch behutsames Oeffnen des Hahnen g und dadurch bewirktes Abtröpfeln des Wassers EN angelassen. Geben die in der Kalkwasserflasche austretenden Gasblasen zu erken- nen, dass der Apparat vollkommen schliesst, welches daraus ersichtlich ist, dass un- gefähr jedem herunterfallenden Wassertropfen eine Gasblase enispricht!), so wird der das Gemenge enthaltende Theil der Verbrennungsröhre, welcher dem Kupferoxyd zunächst liegt, durch eine Weingeistlampe mit doppeltem Luftzuge?) vorsichtig er- hitzt. Ist die durch die eintretende Verbrennung entstandene Verkohlung des Quar- zes vorüber und derselbe wieder vollkommen weiss geworden, so wird die Lampe weiter gerückt und so fortschreitend die Verbrennung bis zu Ende der Röhre fort- gesetzt. Damit nun das mittlerweile in den kälter gewordenen Theilen der Verbren- nungsröhre condensirte Wasser in die Absorptionsröhre gelange, führt man die Lampe eben so vorsichtig wieder gegen das Kupferoxyd zurück und setzt zuletzt das Durch- strömen des Sauerstoffgases so lange fort, bis alles Wasser nach dem Absorptions- apparate gelangt ist. Ueber die Art den Versuch zu leiten, kann nur einige Uebung vollständige Be- lehrung geben. Man wird sie aber sehr bald erlangen. Es mag genügen, nur auf einige Umstände aufmerksam zu machen. Man leite die Verbrennung nicht zu rasch, am besten so, dass im Kalkwasser etwa alle Sekunden eine Gasblase erscheint und theile die Zeit des Fortrückens der Lampe so ein, dass die Verbrennung etwa 30 bis 45 Minuten dauert. Als Beweis ihres vollständigen Gelingens dienen folgende Merkmale: I) Das entstandene Wasser muss vollkommen klar erscheinen. 2) Die Schwefelsäure, womit der Amianthpfropf in der Wasserabsorptionsröhre befeuchtet ist, darf keine bräunliche oder röthliche Färbung erhalten, wel- ches bei der geringsten Unvollkommenheit der Verbrennung der Fall wäre. 3) Der Quarz muss in der ganzen Länge der Verbrennungsröhre nach Beendi- gung der Arbeit vollkommen weiss oder (bei Anwendung von Bleioxydver- bindungen) hellgelb erscheinen. 4) Beim Auseinandernehmen der Absorptionsapparate darf an denselben kein empyreumatischer Geruch bemerkt werden. 5) Das Kalkwasser muss vollkommen klar bleiben. 'ı) Dass man zu diesem Zwecke Kalkwasser nimmt, hat, wie man leicht einsieht, zum Zweck, zugleich sich zu versichern, dass die Kohlensäure vollständig absorbirt worden. 2) Eine Beschreibung derselben und der Art ihrer Anwendung s. Mittheilungen der nalurforschen- den Gesellschaft in Bern, Nr. 195. [2 Ze Auf die eben beschriebene Weise wird man sehr leicht die meisten nicht merk- lich flüchtigen und nicht flüssigen Substanzen verbrennen. Für die flüchtigen und flüssigen Körper sind noch einige Modificationen anzuwenden. ‘ Substanzen, deren Siedpunkt unter 100° R. fällt, wie Alkohol u. dgl., bedürfen keiner Erhitzung. Der Strom des Sauerstoflgases führt sie in hinlänglichem Masse bei gewöhnlicher Temperatur in den das glühende Kupferoxyd enthaltenden Verbren- nungsraum, in welchem die Verbrennung ganz ruhig und ohne Detonationen vor sich geht. Substanzen, deren Siedpunkt höher liegt, z. B. ätherische Oele, Kampfer u. dgl. erfordern die Anwendung von Wärme. Da es jedoch schwierig ist, dieselben durch direkte Einwirkung der Lampe zum Verdunsten- zu bringen, ohne dass dieses zu rasch erfolgt und die Verbrennung unvollkommen ausfällt, so bedient man sich hiezu am besten eines Wasser- oder Dampfbades, welches in folgender Weise angebracht wird: Ein längliches Gefäss von gewöhnlichem Weissblech, dessen zwei gegenüber- stehende Wände durchbohrt sind, wird so weit mit Wasser gefüllt, dass die durch die Oeffnungen gesteckte Verbrennungsröhre unmittelbar über der Wasseroberfläche zu liegen kommt (s. Fig. 8). Damit dieselbe in den Wänden des Gefässes möglichst fest halte, befinden sich in den Oeffnungen durchbohrte Korkstöpsel, durch welche die Röhre hindurchgesteckt wird. Um den Rändern der Oeffnung hinreichende Stärke zu geben, damit die Stöpsel eingesteckt werden können, sind auf der äussern Fläche derselben Ringe von Messingdraht aufgelöthet. Die Kapsel lässt sich auf diese Weise während der Operation leicht an der Röhre weiter schieben. Anfangs befindet sie sich an der dem Kupferoxyd zunächst befindlichen Theile und wird nach und nach weiter nach hinten geschoben, bis die Verdunstung zu Ende gebracht ist. Sollte es nöthig sein, so lässt man sie noch einmal den Weg nach dem Kupferoxyde zu- rück durchlaufen. Während der ganzen Operation wird das Wasser in der Kapsel mit einem hölzernen Bretchen zugedeckt, so dass die Röhre in Wasserdampf von 100° R. liegt. Durch einen Ständer mit Arm wird die Kapsel wie bei Fig. 3 u. 4 getragen. Um bei der Annäherung an die Lampe den Kork vor dem Anbrennen zu bewahren, wird ein viereckiges Blech von etwa 3 Zoll Seite, das in der Mitte durch- bohrt ist und zugleich mit der Kapsel verschoben werden kann, ab Fig. 5, ange- bracht. Bei Substanzen, die wie die ätherischen Oele bei dem Durchströmen von Sauerstoff einen Antheil des letztern aufnehmen und dabei durch eine bereits. eintre- tende Oxydation (Harzbildung) ihre Flüchtigkeit zum Theil einbüssen, ist es noth- ® ==, hl OR — wendig, zuletzt das Wasserbad ganz zu entfernen und die Verbrennung durch di- rekte Anwendung der Lampe, wie bei den nicht flüchtigen Körpern zu vollenden. Obgleich die Anwendung der hier beschriebenen Methode allerdings einige Ue- bung erfordert, so glaube ich doch die Behauptung aufstellen zu dürfen, dass diese von jedem, der sie mit Unbefangenheit versucht, leicht erlangt werden kann. Sie bietet, wenn ich nicht irre, folgende wesentliche Vortheile dar.‘ 1) Einen leicht zu regulirenden und sehr gleichförmigen Gang der Operation. 2) Vollkommene Sicherheit der Verbrennung, welche theils aus dem gänzlichen Weissbrennen des Quarzes, theils aus dem Ungefärbtbleiben der Schwefel- säure des Absorptionsapparates beurtheilt werden kann. 3) Beseitigung der Kohlenfeuerung. 4) Anwendung der gleichen Verbrennungsröhre zu einer unbestimmten Anzahl von Versuchen. 5) Grosse Leichtigkeit im Aufstellen und Auseinandernehmen des Apparates, so dass mehrere Analysen unmittelbar nach einander ausgeführt werden können. Demungeachtet sei es ferne von mir zu behaupten, dass die Methode in allen Fällen derjenigen mit Anwendung von Kupferoxyd oder chromsaurem Bleioxyd vor- zuziehen sei. So z. B. gestehe ich, noch nicht hinlängliche Erfahrungen über die Analyse von stickstoffhaltigen Substanzen gesammelt zu haben. Bern, im Junius 1851. a a L Bi 2 = = ir = £ # Mn D zi BEREIT j N j - BR Ay I ı Fir, ERBE * Tr re Wrhnbe ENONUNOn Per VORNE wur - 3 it 7 Ira intime aa rei Pe y dein nah pre m Kant AGD BEE NALURDERN N PER Br ie ehe ‚Abo, > i 2: u a rerion ef ra vn r | En - 4 ee geh Wade dalktesenen bin iA roman h; Re: ktenagO 0b anne ne act Dr x Ber Wurasitgie Morueım) alias lalaw „asien V R. * i „blanabinh io rar en ati „anriadl) Er 3 N, ® Pa Ki Kun ira: | mer wohl Kent pe? E 2 ie we ur er “ " ORSENE wsiy REN ARERENN ana uallahaten ah, Srorkaiei ara nt ME H h ee , Hägtngen wrädis LE rain ar Yen ran want A De | N “ Line lerne biwe «aan? Veen. baehi- * eg lohnen ai a I PET A oh ur Ken DA PS (ze sera dir fe rn ae mean ehren 5 Pain az Sn Eure. u ade re ee nee AR ne FREIE 7 N de Pre ax ra ae Bee A 1 ala N 2: Era, HR ee er Tr, EM nu a de ? EUER! j N Keen ' Ri hz 4 a) nie u} ng cr an ‘ Amer ! : vr : 5 ns f } . [ Tre ' vr eg a h if und ru a N Ka ie YA an 2 h Ez N u naar er Be A aus vinirs h rt tm v7 las, W rer I A 7 & si IP BEE }) > . in N ; BR Pe ı TI or; ie A Bir ih; Abu Pi eieeihlannd I | { it: Track am we Ei 7 rd keyanl n wer a a r be ı at er | n D Kun ir, "| ‘ Zi.u2E Ye Dr wir Arena . - “ Dar y j ud \ u ie Bi b zu A at iM: ie Anz zalye ; 2 f f = \ 2 : ar | AB we: ya Aagsunlı Vezruaninniil a eh a \ Ba > i us Meer. N es Be aulmiihre [ar # Sl! Ya ik hr vu. An wol a ft en a er tar a £ „ \ 2 47 ya L.} “ ni d DE PIE) Tr Aue Fo ur FE Zum 1 2 ferne ‘ 2 ® \ j ö ’ | u - hr [FE ei Fn “ < y 5 “ 8 IF ur: E3 ’ l j 2 * 2 Y ı" ir 27 Ueber schlesische Grünsteine GH MN Frick. T ; TU , 4 ru u Run } Ki ji ir Rage ano i ee .r N a" Ri 1 Li N a u ' IR " pe)" wis . ur ER I Per ir RE Tr PTR ya a A 1 7 N ae I ; Fr TE Ä j \ h j Be 1 KEN! NT 2 ze de DE Ai rel f nl a Hui mer »; w ii Br, hi a nn r DU; Bu H DR m. j we ars um 1 51% a Te E rg . , . on j Eu BR wa, Fi, ! RR e N NER A: { 14 | % MCH . h muy, h " U % . Kit AR PR en 3 (74 N Hm ’ 5 E ee # T ’ * 4 \ Hanlı ER REINE n ei Mi ” j ; m De, EN. Ei; Mi vn \ ch) a h j 4 AR Y j “ } ' Y er r ur, 08 u W Er | A 1 ki W De en vr L PR UN U N iX wi er 5 i N { ; k S { n N . s ’ » \ i ö Fi . ‘ ’ a: AN " a T m W L 1 \ E r i ' { 7 . ‘ 2 X Ä + ; 1 N n I AN [ \ [' N \ » 7 N In ältern Zeiten gebrauchte man den Ausdruck Grünsteine in einem weit umfas- senderen Sinne, als gegenwärtig, wo er fast ganz aus dem Gebiete der Geognosie verdrängt ist. Er mag noch für dichte, undeutlich krystallinische, den deutlich aus- krystallisirten Grünsteinen ähnelnden Massen, die in ihrem Auftreten von gleicher oder analoger Bedeutung sind, gebraucht werden. Auch wurden dieselben mit verschie- denen Namen belegt. Von Gustav Rose!) wurden die Grünsteine in mehrere Gat- tungen aufgelöst und von andern Forschern neue hinzugefügt; so z. B. von Haus- mann der Diabas ?) ete. Wenn ich hier den Namen „Grünstein“ gebrauche, so beziehe ich mich auf den frühern Gebrauch desselben und fasse darunter zusammen: Hypersthenfels, Gabbro. Schillerfels, Diabas und dichte Grünsteine, sowie im geognostischen Theile Serpentin, da derselbe von den andern in seiner geologischen Bedeutung sich nicht unterscheidet. Hausmann 3) nennt diese Gattungen, ausser etwa Serpentin, Pyroxengesteine; da sie aber nicht wirklich Pyroxen- oder Augitgesteine sind, wählte ich den ältern "Namen. Einen alle Gattungen umfassenden Namen musste ich haben, da in der hier zu besprechenden Gegend dieselben nicht unabhängig von einander vorkommen, 'son- dern ein inniges Zusammenvorkommen zeigen und die Trennung von der einen und der andern total unmöglich blieb. Bei den mineralogischen Untersuchungen habe ich die gemachten Eintheilungen festgehaltenz habe aber in der Folge zu zeigen versucht. wie dieselbe bei den geognostischen Untersuchungen nicht zulässig sei. Im Sinne der Werner’schen Ansichten gibt uns zuerst L. v. Buch‘) ein geo- gnostisches Bild Schlesiens. Von den Grünsteinen erwähnt er vorzüglich die von Zobten, die bei Cosemitz (Frankenstein) und die bei Baumgarten. Der Name des !) G. Rose, Ueber die Gebirgsarten, welche mit dem Namen Grünstein und Grünsteinporphyr bezeichnet werden. Pagg. Ann. XXXIV. 1835. ?u.3)J. F.L. Hausmann, Ueber die Bildung des Harzgebirges. 1842. *) L. v. Buch, Geognostische Beobachtungen auf Reisen durch Deutschland und Italien. 1802. Bd. 1. fr JR Verfassers ist der beste Bürge seines Werkes. — Das 17 Jahre später erschienene Werk C. v. Raumer’s!) verdient hier besonderer Erwähnung, da es mit den heu- tigen Ansichten der Geologie mehr übereinstimmt; auch finden wir die Grünsteine von Neurode zuerst spezieller beschrieben und mit den sie umgebenden Gebirgsmassen in Verbindung gebracht. Unter den Namen V olpersdorfer Schillerfels 2) fasst er die deutlich krystallinischen Grünsteine von Kohlendorf bis ungefähr Schlegel und Ebensdorf zusammen und zählt die übrigen zum Uebergangsgebirge. — Derselben Eintheilung, nur mehr erweitert, bleiben Zobel und v. Carnal!) treu. Gabbro und Serpentin werden von ihnen detaillirter beschrieben, als diess von ©. v. Raumer geschehen konnte. — Zwischen diesen drei umfassenderen Werken liegen mehrere andere Arbeiten, sowie in neuerer Zeit namentlich in verschiedenen Zeitschriften kleinere oder grössere Aufsätze erschienen, die ich hier nicht alle erwähnen will, da es nicht im Zwecke dieses Aufsatzes liegt, eine Literatur der geognostischen Ver- hältnisse Schlesiens zu geben. In der Folge werde ich die Hauptarbeiten, soweit sie unser Gebiet betreffen, immerhin erwähnen. Gegenwärtige Arbeit wurde durch G. Bischof’s Epoche machendes Werk einer „chemischen und physikalischen Geologie“ hervorgerufen. Chemie und Physik sollten die kräftigsten Stützen der Geologie werden; unzweifelhaft eine sehr richtige Ansicht, die aber auch, von verschiedenen Standpunkten aus, zu verschiedenen Resultaten führen muss. — Ein "Hauptaugenmerk richtete Bischof auf die Metamorphosen und deren Erklärung, von der aus er weitere Schlüsse machte. Es wurden zwar die Erscheinungen der Metamorphose von den tüchtigsten Forschern bearbeitet; aber es lässt*sich doch nicht läugnen, dass man nur zu oft in einem gewissen Dunkel schwebte, und glaubte man auch die Ursachen einer Metamorphose aufgefunden zu haben, so blieb deren Wesen doch sehr oft unklar; es fehlte an dem richtigen Begriff des Vor- gangs einer solchen Umwandlung. WVersuchte man auch die Erklärung im Gebiete der Chemie und Physik, so scheiterte sie an der „Zeit,“ oder man musste seine Zu- flucht zu neuen, unwahrscheinlichen Hypothesen nehmen. Es kann aber die Erklärung nur durch Chemie und Physik erlangt werden, und, von dieser Ansicht ausgehend, sieht Bischof die Metamorphose als das Resultat der auf nassem Wege wirkenden 1) C. v. Raumer, Die Gebirge Niederschlesiens und der Grafschaft Glatz etc., mit Karten. 1819. 2) C.v. Raumera. a. O. pag. 23. 3) Zobel und v. Carnall, Geognostische Beschreibung von einem Theile des niederschlesischen, glätzischen und böhmischen Gebirges. Karsten’s Archiv Ill. 1831. u a chemischen Kräfte an. Er beruft sich vorzüglich auf die von Reinh. Blum beschrie- benen „Pseudomorphosen,“ deren Entstehen auf wässrigem Wege wohl von Nieman- den möchte bezweifelt werden. Zur Prüfung einiger Ansichten, wie sie G@. Bischof in seinem Werke entwickelt hat, wählte ich die Grünsteine; dieses Wort in dem oben angegebenen Sinne ge- brauchend. In dem Folgenden sind die Resultate meiner Arbeit niedergelegt, wie ich sie, nach einem längern Aufenthalte an Ort und Stelle selbst, fand. Ich hielt anfangs an den Ansichten Bischof’s fest und betrachtete Hypersthen, Diallag, Gabbro ete. als metamorphische Produkte, bis ich immer mehr von dieser Ansicht zurückkam und sie ganz verliess. Von diesem Standpunkte aus stellte ich die Verhältnisse dar und ich glaube nicht, dass für die Grünsteine dieser Gegenden die Bischof’schen Ansichten anwendbar sind. Das Uebergangsglied von Schillerfels, Gabbro und Hypersthenfels besteht aus Labrador und Schillerstein , welches mit Serpentin nahe übereinkommt und in seiner Entstehungsart gewiss mit demselben übereinstimmt. Ist derselbe nun auf wässrigem Wege entstanden, anzunehmen, wenn ich ihn mit ganz frischem, unzersetztem Labrador verbunden sehe? Müsste alsdann nicht auch Labrador angegriffen sein, wie er das auf der Oberfläche des Gesteins immer ist, wo die Atmosphärilien besonders thätig sind? Diese und ähnliche Gründe, sowie die Art und Weise des Auftretens der Grün- steine, wie einer der tüchtigsten Forscher, Hausmann, für den Harz zeigte, be- stimmten mich, die Grünsteine als plutonische Massen zu betrachten; den Serpentin nicht ausgenommen. Wenn man wirklich der Bildung des Serpentins einen meta- morphischen Prozess unterlegen will, so glaube ich, ist derselbe anderswo zu suchen, als es Bischof thut; freilich liegt die Erklärung ebenfalls im Gebiete der Chemie und Physik. Will man einwenden, Serpentin könne im feurig-flüssigen Zustande ohne Wasserverlust nicht existiren, so erinnere ich nur an die schon längst gemachte Beobachtung, dass koblensaurer Kalk unter hohem Drucke, ohne eine Zersetzung zu erleiden, der stärksten Glühhitze ausgesetzt werden kann. Meines Wissens ist dieser Versuch mit Serpentin noch nicht gemacht, es lässt sich aber auch für ihn nur eine Bestätigung voraussehen. Ich glaube nicht, dass der Wassergehalt eines Minerals für oder gegen seine Bildung auf plutonischem Wege spricht. Wir treffen allerdings in den plutonischen Gesteinen Verhältnisse an, wie das zwischen Diallag und Hornblende, zwischen Augit und späthigem Schillerstein etc., welche eine Umwandlung des einen in das andere Mineral sehr wahrscheinlich ma- IR chen. Allein bedenken wir die nahe Verwandtschaft dieser Mineralien, wie nament- lich die von Hornblende und Augit (Uralit), Diallag, Bronzit, Hypersthen u. a. m. in chemischer und naturhistorischer Beziehung, so wird uns das Zusammenvorkommen derselben begreiflich und leicht erklärbar. Wenn wir auch noch nicht dahin gekom- men sind, die engern Beziehungen der verschiedenen Mineralgattungen eines natur- historischen Systems aufzufinden, so lässt sich doch voraussehen, dass solche existiren und existiren müssen. Man erinnere sich nur an Augit und Hornblende (Uralit), an die verschiedenen Uebergänge der krystallographischen Systeme in einander ete. Diese Erscheinungen nach Bischof’schen Prinzipien zu erklären, scheint mir nicht überall durchführbar, sondern ich glaube sie als ursprüngliche Produkte nehmen zu '‘ dürfen. Nach Bischof’s Ansichten müssten, wie einer der ausgezeichnetsten Kenner des Alpengebirges, A. Escher von der Linth !), bemerkt, die Produkte, welche wir uns gewöhnlich auf feurig-flüssigem Wege entstanden denken, nicht in den plu- tonischen, sondern in den jüngern Sedimentsgesteinen, wie namentlich der Molasse. zu finden sein. Mit dem Kapitel der Grünsteine hatte ich mir zugleich eines der schwierigsten zur Aufgabe gestellt. Die einzelnen Gesteinsgattungen kommen so nahe mit einander überein, dass eine Täuschung sehr leicht erfolgen kann. Ich glaube deshalb mit Recht auf Schonung in Beurtheilung meiner Arbeit Anspruch machen zu dürfen, um so mehr, da sie mein erstes Werk ist, das der Oeffentlichkeit angehören wird. Der Güte meines geehrten Lehrers, Hrn. Prof. Beyrich, verdanke ich die Be- nutzung beigefügter Karte und Profile, welch letztern Entwürfe des Hrn. Bocksch in Waldenburg zu Grunde liegen. Es sei mir erlaubt, Hrn. Prof. Beyrich hiefür öffent- lich meinen besten Dank abzustatten. — Es ist die Karte. im Masstabe von 1/ıo0000- auf die preussische Generalstabskarte aufgetragen. Sie umfasst das Gebiet des Eulen- gebirges,. von der hohen Eule an bis Silberberg und dehnt sich von da südwestlich über Eckersdorf bis an den Steinefluss aus. In diesem Bezirke erhebt sich das Eulengebirge als eine ansteigende Gneissmasse, nach Norden in die Ebene von Frankenstein, Jauer, Breslau abfallend; nach Süden ist das Abfallen allmäliger. Hier breiten sich, am Flusse des Eulengebirges, verschiedene neptunische Gesteinsfor- mationen aus, unter denen das Rothliegende die verbreitetste ist: bis in die Gegend der Heuscheuer und weit nach Norden und Süden sich erstreckend. Unmittelbar an '!) Escher y. d. Linth, Zeitschrift d. deutsch. geol. Gesellschaft. Vol II. pag. 11. 7 das Gneissgebirge lehnt sich das Grauwacken- und Steinkohlengebirge an, welches letztere, in schmalen Streifen, bis nach Waldenburg sich hinzieht; durch seine längst betriebenen Steinkohlengruben bekannt genug. Südlich Eckersdorf, wo das Stein- kohlengebirge endigt, dehnen sich nach Glatz hin krystallinische Urschiefer verschie- dener Beschaffenheit aus, wie sie uns Beyrich!) beschrieb. Die mannigfaltigen Störungen und Unterbrechungen der neptunischen Schichten deuten auf, in verschiedenen Zeiträumen der Erdbildung, verschieden wirkende, he- bende Kräfte hin. Vorzüglich complizirt ist die Schichtenstellung im Gebiete unserer Grünsteine, am südlichen Fusse des Eulengebirges, während nördlich davon, gegen Waldenburg hin, weit einfachere Verhältnisse sich zeigen. Doch fehlt es auch hier nicht an Verwerfungen, wie Beinert und Göppert?) für das Steinkohlengebirge des Waldenburger Reviers zeigten. Im Folgenden habe ich nur den Bezirk der Grünsteine, soweit die Karte deren Verbreitung angibt, in’s Auge gefasst und ich versuchte zu zeigen, dass die Schichten- veränderung des Kohlen- und Grauwackengebirges möglicherweise in ihnen ihre Ursache habe. Wie sich die Porphyre, Melaphyre und die erystallinischen Urschiefer zu den Sedimentgesteinen verhalten, wird sich später ergeben. Hypersthenfels. Der Hypersthenfels von Buchau, der Neuen Mölke, Hausdorf und der bei Ebers- dorf hinter den Kalksteinbrüchen, ist ein fast reines Gemenge von Hypersthen und Labrador; nur selten einen fremdartigen Bestandtheil enthaltend. Vorherrschender Menge nach ist in ihm Hypersthen; braun, bis bräunlich schwarz. Seine blättrige Structur ergibt ziemliche Uebereinstimmung mit Augitkrystallisation. Der deutlichste, höchst vollkommene blättrige Bruch, metallisch glänzend, tombackbraun bis kupfer- roth, stumpft die Säule von 930 ab, der zwei andere, weniger vollkommene bl. Br., an Glanz matter und von Farbe dunkler, entsprechen. Ein 4. bl. Br., der unvoll- kommenste, gerne in’s Splittrige geneigt, matt, von Farbe schwarz, stumpft die !) Beyrich, Ueber das sogenannte südliche oder Glätzer Uebergangsgebirge. Zeitschrift der deutsch. geol. Gesellschaft. Vol. I. 66, 2) Beinert und Göppert, Abhandlung über die Beschaffenheit und Verhältnisse der fossilen Flora in den verschiedenen Steinkohlenablagerungen eines und desselben Reviers. In: Naturkundige Verhandlingen van de Hollandsche Maatschapij der Wetenschappen te Harlem. Tweedi Verzammling 5° Deel 2. Stuck. Leiden 1849. N scharfe Seitenkante ab. Dieser und der Erste sind häufig nur allein vorhanden und bilden dann eine breite rechtwinklige Säule mit zweierlei Flächen. Der gemeine Bruch ist uneben, muschlig, matt, von Farbe schwarz, bisweilen in’s Tombackbraune spielend. Untergeordneter Menge nach macht Labrador den zweiten Hauptbestand- theil des Hypersthenfelses aus. Im reinen Zustande ist er lichtgrau, durchscheinend; fast immer aber ist er gefärbt und dann vom Aschgrauen in’s dunkle Rauchgrau, schwärzliche Grau, auch wohl in’s Schwarze gehend. Der vollkommenste bl. Br., stets stark gestreift, zeigt perlmutterartigen Glanz; der gemeine, flachmuschelige Bruch schwachen Fettglanz. Beim Dichterwerden verliert er seine Durchscheinenheit, sowie das Farbenspiel, das sich namentlich in angeschliffenen Stücken schön zeigt; seine Farbe wird weisser und der gemeine Bruch mehr splittrig und weniger fett- glänzend. Hypersthen und Labrador sind auf mannigfaltige Weise mit einander verwachsen ; auf ähnliche Weise wie Quarz und Feldspath im Schriftgranit. Hier, in unserem Falle, erscheint der Labrador durch den Hypersthen hindurch gewachsen, oft in regel- mässiger Weise, senkrecht auf dem deutlichst bl. Br., oft aber so unregelmässig, dass ein bestimmtes Gesetz der Verwachsung nicht ermittelt werden konnte. In die Rän- der des Hypersthen greift der Labrador so mannigfaltig und fest ein, dass beim Zer- schlagen eher Hypersthen zerspringt, als vom Labrador sich lostrennt. Vom Grobkörnigen geht der Hypersthenfels in’s Feinkörnige, bis anscheinend Dichte über, je nachdem die Umstände die Krystallbildung begünstigt haben oder nicht. Nur sehr selten ist Labrador vorherrschend und in diesem Falle sind die Gesteine, von den Atmosphäriken sehr leicht angreifbar, an der Oberfläche zersetzt. Es ist der feldspathige Bestandtheil schon längst verwittert und für die Bepflanzung geeignet, während der Hypersthen noch unverändert daliest und den Boden unfruchtbar und wenig erspriesslich macht. Bei allen Grünsteinen treffen wir dasselbe Verhältniss : immer verwittert zuerst der Labrador. Wie schon gesagt, sind fremdartige Bestandtheile sehr selten; nur hie und da finden sich kleine Spuren von Chlorit; häufiger ist Hornblende, bald frei, bald mit den Rändern des Hypersthens verwachsen; wie in der Rubengrube von Buchau und in der Nähe von Schlegel. Quarz beobachtete ich nie in dem Gemenge; hin- gegen zeigen sich an mehrern Stellen, wie bei Buchau und Schlegel, bedeutende drusige Quarzblöcke; weiss, gelb, röthlich, auch wohl grünlich gefärbt; die Drusen mit wasserhellen Quarzkrystallen ausgefüllt. Die Lokalitäten, an denen ich den Quarz = ER fand, gestatteten über sein näheres Verhältniss zum Hypersthenfels, ob er drusen- oder gangartig ausgeschieden worden, keine weitern Nachforschungen. Ich komme später noch einmal darauf zurück. Gabbro. Der Gabbro ist ein Gemenge von Diallag und Labrador; dieser gewöhnlich in grösserer Menge vorhanden. Der Diallag zeigt vorwaltend einen deutlichen bl. Br., der sich gerne in’s Krummblättrige und Wellenförmige neigt; fast metallisch glänzt, auch perlmutterartig, bisweilen seidenartig; von bräunlich schwarzer , brauner, hell- grüner, im angegriffenen Zustande bis weisslich grüner Farbe. Senkrecht auf diesem bl. Br. steht ein zweiter, weit uvollkommener, in’s Fasrige geneigt, matt, von dunk- lerer Farbe. Er verursacht auf dem ersten bl. Br. Sprünge und Risse, die, wenn sie häufig und fein genug sind, denselben seidenglänzend, in’s lichte Tombackbraune spielend, machen. Was sich weiter von krystallinischer Structur bei Diallag beob- achten lässt, bezieht sich auf dessen Endigung, die ihn auch von Hypersthen auszeich- net. Auf den zweiten bl. Br. haben wir eine Zuschärfung von ungefähr 1200 ge- rade aufgesetzt, so dass eine längliche, regulär 6seitige Tafel entsteht. Dehnen sich die durch den 2. bl. Br. gebildeten Seitenflächen stark aus, so wird der Diallag band- förmig. Der Labrador möchte wohl von dem des Hypersthenfelses wenig abwei- chende Eigenschaften haben; nur findet er sich häufiger dicht. Seine Farbe geht auch mehr in’s Gräulichweisse, sowie seine Durchscheinenheit grösser ist. Diallag und Labrador bilden ein grobkörniges, bis feinkörniges Gemenge, das durch seine schmutzig grünlichgraue bis dunkelgraue Farbe wesentlich von dem dun- kelschwarzen Hypersthenfels absticht. Das Korn ist auch in der Regel feiner, als das des Hypersthenfelses; aber selten so feinkörnig, dass der Gabbro dicht erscheint. Man könnte bei einer oberflächlichen Betrachtung leicht glauben, dass im Diallag im Gemenge vorherrsche; bei genauerer Untersuchung klärt sich aber die Täuschung leicht auf, da nämlich die dünnen, grossen Diallagblätter an Grösse beträcitlicher erscheinen, als sie wirklich sind. Von der oben erwähnten langen, bandförmigen Gestalt kommt der Diallag mit dichtem,, aschgrauem Labrador, der parthienweise als fast farbloser, durchscheinender sich ausgeschieden hat, gemengt vor, und zwar in einer ziemlich regelmässigen Weise, indem die Diallagblätter parallele Richtung haben. Diese Abänderung des Gabbro findet sich oberhalb dem Dorfe Volpersdorf; sie ist sehr 2 selten. Auf eben so mannigfache Weise, wie der Hypersthen mit Labrador, findet sich letzterer auch mit Diallag verwachsen. In dem schmutzig graugrünen Gabbro von Volpersdorf findet sich Serpentin, als grasgrüne, hell glänzende, weiche Nädelchen; bald frei in der Masse inne lie- send, bald mit Diallag verwachsen. Auf Klüften und Sprüngen findet sich Serpentin in derben Massen oder als Chrysothil. In kleinerer Menge kann man erdigen, seltener schuppigen Chlorit im Gabbro bemerken. Man kann den Serpentin, seines häufigen Vorkommens wegen im Gabbro von Volpersdorf, zu den gewöhnlichen Ge- mengtheilen zählen und diesen Gabbro serpentinhaltigen Gabbro nennen. Es ist der Serpentin darin ein ursprüngliches, kein sekundäres Produkt: einmal, weil er in ganz frischem Gabbro mit unzersetztem Feldspath zusammen vorkommt; dann aber auch, weil seine Bildung auf wässrigem, sekundärem Wege eine ganz andere ist. Man trifft häufig an günstigen, den Atmosphärilien stark ausgesetzten Stellen Gabbro- stücke an, die eine Umwandlung erlitten haben. Beim Beginn derselben wird zuerst ‚der Feldspath angegriffen und nach und nach von den Meteorwässern gänzlich entfernt. Langsamer wird der Diallag angegriffen; seine Bestandtheile sind zur Serpentinbildung geeignet, welche dann auch wirklich erfolgt. Zuletzt bleibt eine grünliche, weiche Serpentinmasse zurück, oft noch mit Diallagstructur, oft ganz derb; der Labrador ist ausgewaschen und Hohlungen und Löcher, oft mit Eisenocker gefüllt, bezeichnen seine frühere Stelle. Solche Bildungen fand ich oberhalb Volpersdorf und an der Gränze des Gabbro und Gneisses am Leerberge. — Hr. Prof. Beyrich brachte von Weistritz Gabbrostücke mit, die Serpentin in der Form des Feldspathes zeigen. Es lassen sich der 1. und 2. bl. Br. desselben mit allen ihren Eigenschaften deutlich erkennen, ob- gleich er in ölgrünen, durchscheinenden Serpentin umgewandelt ist; sowie auch einige derbe Stücke des Feldspathes, dessen Zersetzung noch nicht bis zur Serpentinbildung gelangte, sind zum Theil schon weich und mit dem Wasser leicht ritzbar geworden, zum Theil noch härter oder gänzlich unversehrt. An fremdartigen Gemengtheilen ist der Gabbro ziemlich reich, so namentlich an Hornhlende, welche dann als dunkle, gewöhnlich nur dünne Rinde den Diallag um- gibt oder frei im Gabbro liegt. In dem feinkörnigen Gabbro am Hausdorf, gegen den Leerberg hin, trifft man grossblättrige Auscheidungen von oft 5‘ langen und 3“ brei- ten, schwarzen, in’s Grüne spielenden Hornblendekrystallen, mit aschgrauem, an den Rändern grün gefärbtem Labrador verwachsen. Aehnliches Vorkommen zeigt der Gabbro von Grochau unweit Baumgarten, wo die Hornblendekrystalle gewöhnlich N ‘ turmalinähnlich gebogen sind. Sehr häufig ist Magnetkies in derben Stücken darin, von messinggelber Farbe; ferner Magneteisenstein in Octaedern oder auch derb; nur derb findet sich das Titaneisen. Schillerfels. Oberhalb Volpersdorf, gegen Ebersdorf hin, auf der Höhe, tritt als untergeord- nete Masse im Gabbro Schillerfels auf, der in seinen petrographischen Charakteren so grosse Aehnlichkeit mit dem von der Baste aus der Harzburger Forst besitzt, dass er damit verwechselt werden kann. Dichter Schillerstein, von dunkel lauch- grüner bis schwärzlich grüner Farbe, enthält den späthigen Schillerstein in sich ausgeschieden. Derselbe zeigt vorzüglich einen deutlichen blättrigen, metallisch glän- zenden Bruch. Dichter Schillerstein durchsetzt den späthigen sehr mannigfach und zwar gewöhnlich senkrecht zum deutlich blättrigen Bruch, so dass dessen schöner Metallglanz durch dunkle, matte Flecken unterbrochen wird. Hausmann!) hat, wie mir scheint, sehr richtig, auf die Köhler’schen ?) Analysen gestützt, beide Gattungen von Serpentin getrennt; denn die naturhistorischen Eigenschaften zeichnen sie schon genug von demselben aus. Mit dem Schillerstein ist als zweiter Bestandtheil im Schillerfelse Saussurit enthalten ; von hellweisser bis bläulich grüner Farbe, gewöhn- lich in sehr untergeordneter Menge, so dass er als helle Flecken im dunkeln Schiller- stein erscheint. Auf Klüften findet sich in geringer Menge edler Serpentin; son- stige fremdartige Bestandtheile fehlen. Uebergangsglied zwischen Hypersthenfels, Gabbro und Schillerfels. Diese eigenthümliche Varietät von Grünsteinen erlangte zwischen Ebersdorf, Volpersdorf und Buchau eine ziemlich bedeutende Ausdehnung. Man kann vom Schiller- fels an einen allmäligen Uebergang in die andern Gesteinsarten wahrnehmen. Schil- lerstein und weisser Saussurit sind in ziemlich gleicher Menge vorhanden, bis sich Labrador einmischt, der den Saussurit zuletzt ganz verdrängt. In ersterm Fall er- scheint das Gestein als aus abwechselnd weissen und dunkelgrünen Flecken, mit kleinen glänzenden Punkten, zu bestehen. Im zweiten Falle ist der Labrador vor- herrschend; in geringerer Menge dichter Schillerstein, der gerne späthigen Schiller- ı) Hausmann, Ueber die Bildung des Harzgebirges, pag. 17. 2) Köhler, Ueber den Schillerspath von der Baste. Pogg. Ann. XI. pag. 192. Be - stein ausgeschieden enthält. Allmälig treten nun Hypersthen von schwarzer ins Kupferroth spielender Farbe und bräunlich schwarzer Diallag in das Gestein ein, bis entweder Schillerstein , Diallag oder Hypersthen allein mit Labrador das Gestein zusammensetzt. Auf diese Weise erhalten wir zwischen den oben bezeichneten Gat- tungen ein Uebergangsglied, welches in der bezeichneten Gegend von Hypersthen- fels, Gebbro und Schillerfels begränzt, auftritt. Diabas.t) Der Diabas ist eine Varietät des Hypersthenfelses. Ganz ähnlich dem Diabase von Mägdesprung im Harz, ist der von Schlegel und Ebersdorf und seiner südlichen Erstreckung. In überwiegender Menge enthält der Diabas dichten, schneeweissen oder auskrystallisirten und alsdann durchsichtigen Labrador. Mit Sicherheit lässt sich auch Albit nachweisen; da aber derselbe meist unkrystallinisch und von glei- cher Farbe mit Labrador ist, lässt sich seine Gegenwart oft nur auf chemischem Wege darthun. Fast immer nimmt in untergeordneter Menge brauner, gewöhnlich ins Grünliche gehender Hypersthen an der Zusammensetzung des Gesteins Theil. Der dritte wesentliche Bestandtheil ist nach Hausmann Chlorit; meist erdig, doch auch auskrystallisirt, schuppig, mit Hypersthen verwachsen oder frei für sich. Die schmutzig graugrüne oder heller grüne Farbe des Chlorites mildert die dunklere des Hypersthens und ertheilt, wenn er in grösserer Menge vorhanden, dem Diabase eine graugrüne Färbung. Wie Hausmann bemerkte, dass der grobkörnige Diabas we- niger Chlorit enthalte als der feinkörnige, konnte ich auch hier beobachten. — Vom anscheinend Dichten durchläuft das mosaikartige Gemenge alle Stufen bis zum Grob- körnigen. Im Allgemeinen ist das Korn grösser, als das der Harzer Varietäten. Schneeweisse Adern von Labrador oder Albit durchziehen öfters das Gestein. Unter den fremdarligen Gemengtheilen ist schwärzlichgrüne Hornblende häufig , frei oder mit Hypersthen verwachsen. Von demselben ist sie wegen gleicher Farbe ziemlich schwierig zu unterscheiden, wenn nicht die beiden charakteristischen bl. Brüche der Hornblende sich kund geben. Serpentin fehlt ebenfalls nicht, wenn er auch nur in kleiner Menge auftritt. Sein hauptsächliches Vorkommen auf kleinen Klüften und Sprüngen mag uns seine spätere Bildung auf wässerigem Wege andeu- ı) Hausmann, a. a. ©. pag. 18, : ER, nn ten. An mineralischen Substanzen ist Schwefelkies und Titaneisen, vorzüglich in grobkörnigem Diabase häufig; so z. B. oberhalb Schlegel. Dichte Grünsteine. Unter der Benennung dichter Grünsteine suchte ich solche zu umfassen, in de- nen verschiedene Bestandtheile mit Bestimmtheit sich nicht unterscheiden lassen. Nur nach gewissen Analogien sind dieselben überhaupt zu den Grünsteinen zu rechnen. Es kann der Diabas so kleinkörnig und gleichgemengt werden, dass er als eine dichte Masse erscheint, die oft den feldspathigen Bestandtheil in kleinen Partieen aus- geschieden enthält, und so mit Hausmann’s Grünporphyr Aehnlichkeit bekommt. Die ganz dichten Grünsieine, südlich von Eichhornkretschem, Colonie Lepelt und dem Louisenhain scheinen in der That nichts Anderes als dichter Diabas zu sein, der manchmal Melaphyr oder Trapp ähnlich wird. Es enthält derselbe Kalkspath und Quarzadern, sowie einige andere fremdartige Bestandtheile, vorzüglich Schw e- felkies. Da wo der dichte, grau grüne oder heller grüne Grünstein von Louisenhain mit Grauwacke zusammenstösst, hat sich ein breccienartiges Gestein gebildet. Grüne bis hellgrüne Flecken von Grünstein und dunkle , schwarze oder ockergelbe Streifen (Grauwacke?) setzen dasselbe zusammen. Ob es eine durch den emportretenden Grünstein veränderte Grauwacke oder eine Grünsteinvarietät selbst sei, lässt sich nicht mit Bestimmtheit entscheiden. Noch undeutlicher und zweifelhafter ist ein langer, schmaler Grünsteinzug mitten im Kohlengebirge bei der Colonie Volpersdorf. Es hat derselbe mit dichtem Grün- stein sowohl, als auch mit Melaphyr einige Aehnlichkeit und es bleibt vorläufig noch ganz unentschieden, wohin er zu stellen sei. Es ist eine graulich grüne bis dunkel- grüne Grundmasse, mit flachmuscheligem , splittrigem Bruche, mit Säuren brausend. In kleinern Partieen haben sich Kalkspathblättchen ausgeschieden. Es ist wohl am schicklichsten ihn Trapp zu heissen. Serpentin. Der Serpentin von der Eisenkoppe bei der Köpprich-Colonie ist eine lauchgrüne, dunkle Masse mit vielen stark glänzenden, krummblättrigen Diallagblättern, die sich durch ihren metallähnlichen Glanz und hellere Farbe mit grösserer Durchscheinenheit in verbunden, wesentlich vom dichten Serpentin abheben. Dieser hat einen flachmu- scheligen, körnigen, bis etwas splittrigen Bruch, nur geringe Durchscheinenheit, häufig kleine, hellglänzende Punkte, ähnlich dem dichten Schillerstein, enthaltend. — Auf Klüften und den so häufigen Rutschflächen findet sich edler Serpentin, von hel- lerer Farbe; an trockner Luft erhärtend. Sehr häufig sind Chrysothiladern, ge- wöhnlich nicht über ein paar Linien breit, am meisten als kleine Adern, linienartig den Serpentin in der unregelmässigsten Weise durchsetzend. Sie erscheinen dann als grünlich graue Linien in der dunkeln Masse. Von ähnlicher Beschaffenheit ist der Serpentin von Weisteritz. Von lauch - bis ölgrüner Farbe enthält er verschiedenartige Bestandtheile; so namentlich rabenschwarze bis schwärzlich grüne Hornblende, von beträchtlicher Grösse bis zu kleinen Blätt- chen, und oft in solcher Menge, dass nur hie und da noch Serpentin hervorblickt. In diesem Fall ist das Gestein ungeschichtet, die Hornblendekrystalle liegen un- regelmässig durcheinander, so dass schon hiedurch diese Serpentinvarietät von dem daneben vorkommenden, deutlich geschichteten Hornblendeschiefer sich unterscheidet. Diallag, nicht mit Hornblende verwachsen, ist in geringer Menge darin enthalten. Sehr häufig kommen in dieser dichten, schwärzlich grünen Serpentinmasse hellere Chrysothiladern vor, die sich gewöhnlich so häufig und regelmässig wiederho- len, dass das Gestein aus abwechselnden dünnen Streifen von ölgrünem Serpentin und Chrysothil besteht, ganz so wie bei Frankenstein und am Zobten. Auch grosse, amianthartige Bänder fehlen: nicht. . Die bisherigen mineralogischen Untersuchungen über die Grünsteine wurden ohne Rücksicht auf ihr Auftreten angestellt. Von hier ab soll nun über deren geologi- sche Bedeutung gesprochen werden. Wir lassen daher die früher gemachte Gruppi- rung fallen und betrachten sämmtliche Grünsteine als eine Masse gleichzeitiger Bildung. Hier nämlich treten die gemachten Abtheilnngen nicht unabhängig von einander auf, wie in andern Gegenden, wo namentlich Hypersthenfels und Gabbro für sich auf Strecken hin unabhängige Gebirgsmassen oder Gebirgsstöcke bilden; viel- mehr sind sıe hier innig mit einander verschmolzen. Ich war vielfach bemüht, die einzelnen Gesteinsgruppen auch geologisch gesondert zu halten; aber vergebens. Im Allgemeinen lässt sich wohl angeben, dass diese oder jene Varietät mehr an. dieser a oder jener Stelle zu finden sei; auch bezeichnen die annähernde Grenze oft schon äussere Umrisse, wie der Thaleinschnitt in der Köppriche, in dem die Colonie liegt, den Serpentin und Gabbro sondert, oder das Thal von Ebersdorf nach Schlegel den Gabbro und Hyperstenfels vom Diabas; aber niemals sind diese Grenzen scharf und genau. An einer Stelle bei Buchau trifft man mitten im Hypersthenfels serpen- tinhaltigen Gabbro; zwischen ihnen und dem Schillerfels existirt das oben beschrie- bene Uebergangsglied; kurz: eine Gesteinsart verläuft sich in die andere, so dass ich den Grünsteinzug von Neurode für eine Gebirgsmasse gleichzeitiger Bil- dung halten zu dürfen glaube, dessen einzelne Gattungen (Hyperstenfels, Gabbro, Diabas etc.) nur durch Zufall an verschiedenen Stellen eine verschieden grosse Aus- dehnung und Verbreitung erlangten. Als zweite Stütze spricht für diese Ansicht das gleichartige Auftreten des ganzen Grünsteinzuges; keine Verschiedenheit, etwa nach den verschiedenen Gattungen, lässt sich wahrnehmen, wie es doch erwartet wird, wenn man dieselben auch geognostisch getrennt halten will. Eine mineralogische Trennung ist immerhin , schon der leichteren Uebersicht wegen, von grossem Nutzen. Bevor ich den eigentlichen geognostischen Theil beginne, werde ich hier noch eigenthümliche Gesteine erwähnen, die sich in Begleitung der Grünsteine an den Rändern des Kohlen- und Grauwackengebirges finden. Ich gebe ihnen die allgemeine Benennung Randgesteine. Der ganzen Erstreckung der Grünsteine nach, an den Rändern des Kohlenge- birges, trifft man rothe, thoneisensteinähnliche Gesteine, mit vielen, hellbläulichgrü- nen, weichen Flecken und Adern durchzogen, an. An einer Reihenfolge von Stü- cken, die sich auf der k. Öberbergamtssammlung in Berlin befinden, lässt sich die Bildung derselben deutlich wahrnehmen. Sie sind „aus einem Querschlage, einem Versuchsschacht der neuen Rubengrube bei Buchau.* Es ist ein weicher, grauer Thonschiefer, mit vielen schwarzen Flecken und Streifen, auf dem das Steinkohlenflötz ruht. Durch die feurig flüssig emportretenden Grünsteine veränderte sich derselbe wesentlich, indem er Masse ven jenem in sich aufnahm. Die spangrünen Flecken und Streifen, oft von bedeutender Grösse, sind weich, mit dem Messer sehr leicht zu schneiden, von flachmuscheligem, splittrigem Bruche, in ihren übrigen Eigenschaften mit Speckstein oder Seifenstein über- einstimmend. Am Chaussedurchbruch bei Buchau, an der Grenze des Steinkohlen- gebirges und Hypersthenfelses trifft man denselben in bedeutender Menge frei für sich. Je nachdem nun der Thonschiefer mehr oder weniger Grünsteinmasse in sich u aufnahm, erhielt er ein verschiedenartiges Ansehen, eine Folge der hier besonders thätig gewordenen chemischen Prozesse, welche verschiedenartige Produkte, wie Eisenverbindungen , serpentin- und talkartige Mineralien, sowie Speckstein, liefer- ten. In der vollständigsten Umwandlung erscheint das Gestein als ein rother Thon- eisenstein, mit braunrothem Strich, weich, selbst sehr weich und abfärbend, stets die spangrünen , weichen Massen enthaltend. So liegen die umgewandelten Stücke frei auf der Grenze des Kohlengebirges und der Grünsteine herum. Am häufigsten ist ihr Vorkommen von Buchau bis Schlegel und in der Köppriche, nahe den dorti- gen Kohlengruben. Am Leerberge, zwischen Hausdorf und der Köppriche, tritt ein eigenthümliches, sehr quarzreiches Gestein auf, das in der dortigen Gegend mit dem Namen Dia- mantfelsen bezeichnet wird. Es besteht aus einer hornsteinähnlichen, weiss bis dunkelbraun oder röthlich gefärbten, spröden Masse, von reinem Quarz durchzogen. In grosser Menge besitzt es Drusen von der verschiedensten Grösse, mit wasser- hellen Quarzkrystallen ausgefüllt. Eisenfärbungen verändern das Ansehen des Ge- steins von hell Rostrothem in dunkles Roth. An Kupferkies ist es sehr reich; sowie an einigen Stellen, namentlich am Haberberge, an Kalkspath und Braunspath. Am östlichen Abfall der Eisenkoppe,, gegen Volpersdorf hin, wird der Serpen- tin durch Grauwacke und durch Kohlengebirge begrenzt. Zwischen beiden tritt ein den eben beschriebenen ähnliches Gestein auf. In einer dunkelschwarzen Hornstein- masse liegen helle, dichte, weisse Quarzstücke, sowie es auch drusig ist, die Dru- sen mit einem gelben Eisenocker ausgefüllt. Gewöhnlich sind hier auch die breceien- artigen Gesteine, wie sie bei der Colonie Lepelt vorkommen. Verschiedenartige Substanzen wurden von feurig flüssigen Massen umhüllt und umschlossen; Braun- (und Roth-) Eisenstein ist in der Köppriche in grosser Menge vorhanden. Alle die hier in der Kürze betrachteten Randgesteine, mit Ausnahme des Dia- mantfelsen, sind, meiner Meinung nach, das Resultat der wechselseitigen Einwirkung der feurig flüssig emportretenden Grünsteine auf die Schichten des Grauwacken- und Kohlengebirges. Unstreitig konnten von den stratificirten Massen nur einzelne Theile der oben angegebenen Umwandlung fähig sein, während andere derselben sich ent- zogen. Zu den ersteren gehören vorzüglich die Thonschiefer, zu den letztern die Kohlensandsteine, sowie die kieseligen Substanzen überhaupt. So erklärt sich auch, dass diese Randgesteine nur partieenweise vorkommen und nicht der ganze Rand verändert ist. Dass die Sandsteine nicht afficirt wurden , sieht man daraus, dass die- ER > selben, unverändert, oft deutlich mit Grünsteinmasse gemengt sind, so z. B. am Chaussedurchbruch bei Buchau. Zwischen Kohlengebirge und Grünsteinen ist die Grenze stets sehr deutlich wahrnehmbar; die Massen sind blos bröcklig geworden. Dass diese Randgesteine nur durch Contactwirkung entstanden sind, wie sie hier angenommen wurde, wird wohl von Niemandem bezweifelt werden, wenn er deren allmälige Umwandlung und weiter gehende Zersetzung verfolgt hat. Ferner ist an- zuführen, dass man sie weder im Kohlen-, noch im Grünsteingebirge frei für sich findet. Die Bildung der Breceien und ihnen ähnelnder Gesteine lässt sich sehr leicht denken, wenn man den feurig flüssig emportretenden Grünstein schon fest gewordene stratifieirte Massen umschliessen lässt. Der an der Eisenkoppe auftretende Porphyr hat auf deren Bildung unverkennbaren Einfluss ausgeübt. Da wo er mit Gneiss in Berührung kommt, hat er denselben zum Theil in sich aufgenommen, so dass eine röthlichbraune Masse mit Gneiss untermischt, entsteht; viel Kalkspathblättchen haben sich ausgeschieden und oft ist der Porphyr leicht mit dem Messer zu ritzen. Horn- steinartige Massen, ähnlich denen des Diamantfelsens, sind mit ihnen verwachsen, oft als Bänder, oft als Breccien, so dass, wenn die Hornsteinmasse in rundlichen Partieen in dunkelrothem Porphyr inneliegt, er ein mandelsteinartiges Ansehen er- hält. Kalkspath, reiner Quarz und serpentinähnliche talkige Massen fehlen nicht darin. Räthselhafterer Natur sind die Breceiengesteine von Wüste Waltersdorf, ’) zwi- schen dem Stenzel- und Mühlenberge, wo auf einem unbedeutend kleinen Punkte Gabbro mit einem dichten Grünstein, ähnlich dem von der Colonie Volpersdorf, zu Tage tritt. Gneiss, Grauwacke und Porphyr begrenzen ihn, so dass sämmtliche Ge- birgsarten das Material zu den Breceien geliefert haben, welche in der That eckige Porphyr- und Grauwackenstücke enthalten. Eine ähnliche Wirkung, wie hier die Grünsteine, übte einst der Porphyr vom Schulzenberg bei Charlottenbrunn, bei seinem Durchbrechen des Kohlengebirges, aus; indem er die Bruchstücke der zertrümmer- ten Gesteine umschloss und so ebenfalls breccienartig geworden ist. Hier lässt sich nur die Art der Bildung leichter voraussehen und verfolgen, als bei den Grünsteinbreceien. Eine Bildung des Diamantfelsens und der ihm verwandten, hornsteinähnlichen ') Liegt 2 Stunden von Charlottenbrunn. Auch Weistritz und Bärenstein konnte nicht mehr auf unserer Karte aufgenommen werden "ee Massen durch Contactwirkung, scheint mir uumöglich zu sein und nur zwei Wege, ihre Bildung zu erklären, bleiben noch offen: entweder sind sie gleichzeitige Bildun- gen der Grünsteine, oder spätere, als feurigflüssige Masse stockförmig emporgetrie- ben, oder durch wässrige Agentien entstanden. Diese letztere Ansicht hat wenig Wahrscheinliches für sich. Das Ansehen der Gesteine ist ganz das der auf feurig flüssigem Wege entstandenen und sich dieselben als spätere Bildungen zwischen Grün- stein und Steinkohlengebirge auftretend zu denken, scheint mir nicht sehr plausibel zu sein. Es scheint die erste Ansicht, nach der sie gleichzeitige Bildungen mit Grün- stein sind, eher annehmbar : der Quarz wurde ausgeschieden gleichwie im Hypersthen- fels von Buchau. Und in der That zeigen beide keine abweichenden Eigenschaften. Wären die Entblössungen der Grünsteine nicht so mangelhaft, so wären wohl ähn- liche Verhältnisse, durch den Quarz gebildet zu finden, wie sie für den Harz Haus- mann nachwies.1) Eine geringere Rolle als im Harze spielt das Eisenoxyd; in grösseren Mas- sen als schlackigen Brauneisenstein, mit stenglichten Absonderungen, von den Meteorwässern gewöhnlich in Rotheisenstein und Eisenocker umgesetzt. Sein Haupt- vorkommen ist gangartig am südlichen Abfall der Eisenkoppe. In weit bedeutende- rer Menge, mit der hornsteinähnlichen Masse zusammenvorkommend, ist der Ku- pferkies. — Den hier beschriebenen Verhältnissen lassen sich als analoge die vom Harze hinstellen. Die sogenannten Blattersteine oder Schaalsteine?) möchten einer gleichen Bildung „ wie die thoneisensteinähnlichen Gebilde an den Rändern des Koh- lengebirges ihren Ursprung verdanken. Hausmann scheint zwar zu der Ansicht hingeneigt, als seien sie gleichzeitige Bildungen der Grünsteine, welcher Ansicht ich zwar nicht beistimmen, aber auch, wegen mangelnder Detailkenntniss der dorti- gen Gegend, nicht entgegentreten kann. Soweit die Grünsteine (auf unserer Karte) zu Tage treten, folgen sie in langen, schmalen Streifen dem Kohlen- und Grauwackengebirge, in der Richtung von Süd nach Nord, etwas westlich. Eine gewisse Regelmässigkeit dieser Streichungslinien der verschiedenen Grünsteinpartieen stellt sich beim ersten Blicke dar. Die grösste Ausdehnung erhielten die Grünsteine von Neurode, wo sie bis zu !) Hausmann, siehe d. Bildung des Harzgebirges pag. 75. ?) Ibid. pag- 73. =. 1/, Meile Breite eine eirca 3/, Meile lange Erhebung bilden, gewöhnlich von nur ge- ringer Höhe in sanften, rundlichen Formen; blos der Diabas, südlich von Ebersdorf, hat eine bedeutende Höhe erreicht, indem er vom Dorfe an rasch aufsteigt, aber auch gegen Süden hin, nach Colonie Lepelt und Louisenhain allmälig abfällt, bis er sich vom umgebenden Rothliegenden und Grauwackengebirge nicht mehr besonders abhebt. In derselben Richtung streichen die. kleinen, schmalen Grünsteinzüge am Westrande des Eulengebirges hin, unter denen der Gabbro von Hausdorf und der vom Leerberge, als dessen südliche Fortsetzung der zur Eisenkoppe steil ansteigende Serpentin betrachtet werden muss, die beträchtlichsten sind. Gleichwie der schmale Streifen Grünstein von Louisenhain gewiss zum Hauptzuge von Neurode gehört, so auch der von Hausdorf und dem Leerberge; Gneiss trennt beide. Unbedeutend sind die kleinen Grünsteinpartieen der Neuen Mölke und hinter den Ebersdorfer Kalkstein- brüchen zu nennen, um so mehr, da über ihre geognostischen Verhältnisse keine Un- tersuchungen möglich sind. Sie heben sich nur wenig vom Grauwackengebirge ab. Ebenso unbedeutend ist der noch dubiöse Grünstein bei Colonie Volpersdorf. Bei Wüste Waltersdorf, zwischen dem Stenzel- und Mühlenberge, tritt der Gabbro. von dichtem Grünstein begleitet, mit Porphyr, Grauwacke und Kohlengebirge zu Tage. Das gegenseitige Verhältniss desselben und der ihn umgebenden Gebirgsarten lässt sich nicht erforschen, weil er unaufgeschlossen ist. Deshalb soll später seiner keiner Erwähnung mehr geschehen; gleichwie von den Grünsteinen von Weistritz. Dieselben treten im Gneisse des Eulengebirges lagerartig auf, von geschichtetem Hornblendeschiefer, der für sich im Gneisse dieser Gegend sehr häufig ein solches Auftreten zeigt, begleitet. — Ein, dem in der Köppriche ähnlicher Serpentin, ist der von Bärenstein bei Steinseifersdorf, als Gang den Gneiss durchsetzend. Unter den geschichteten Gesteinen kommen hier vorzüglich Grauwacke, Stein- kohlengebirge und Rothliegendes in Betracht. Herr Prof. Beyrich hat in einer Abhandlung „Ueber das sogenannte südliche oder Glätzer Uebergangsgebirge “1) den Begriff des auf der Karte unter dem all- gemeinen Namen „Grauwacke“ aufgeführten Gebirges festgestellt, und in der Folge werde ich denselben beibehalten. Er verglich die Grauwacke mit dem flötzleeren Sandsteine Westphalens und stellte sie als „unteres Steinkohlengebirge“ hin und nur einen kleinen Theil desselben, in dem die Clymenienkalklager vorkommen, ') Zeitschrift der deutsch. geolog. Gesellschaft. Vol. I. pag. 66 fi. a rechnet er zu einem „obern devonischen Gliede.“* Auf der Karte und den Profilen IX, X u. XI ist die Gränze beider Glieder festgehalten. Die alte Benennung Grauwacke umfasst beide zugleich, wie auch für unsere Betrachtung sie gebraucht wurde, da wir hier keiner Trennung bedürfen. In ihrer mächtigsten Ausdehnung erscheint die Grauwacke am Südwestfusse des ‚Südlichen Eulengebirges, unterhalb Silberberg, in der Gegend von Neudorf. Oestlich wird sie von Gneiss, nördlich und westlich vom Kohlengebirge und Rothliegenden, südlich vom Rothliegenden und krystallinischen Urschiefern begränzt. Sie hat sich hier überall zu den steilen, kuppenförmigen Anhöhen und Bergen erhoben, wie sie u. A. bei Goslar, am Rande des Harzgebirges, am schönsten zu beobachten sind. Die Schichten lehnen sich an’s Gneissgebirge an und fallen sehr steil von demselben ab, unter einem Winkel von zirka 50 — 60 Grd. Gegen das Rothliegende hin ist die Grauwacke scharf abgeschnitten. Der Grauwacke besonders eigenthümlich sind hier Kalksteinlager, nach deren Ver- schiedenheit (Clymenien- und Kohlenkalk) Hr. Prof. Beyrich vorzüglich die Ab- theilung, in unteres Steinkohlengebirge und oberes Glied des devonischen Systems, machte. Bei Ebersdorf erscheint der Clymenienkalk als langgestreckter, schmaler Streifen im obern devonischen Gliede, welches nur eine kleine Ausdehnung, am Rande des Rothliegenden, erhalten hat, während der Kohlenkalk enthaltende Theil der Grau- wacke eine reichlichere Ausdehnung besitzt. Es finden sich in der ganzen Erstreckung desselben mehrere solche Kohlenkalklager, vorzüglich reich an Produkten. Das mächtigste, dem Rande des Gneisses folgend, ist bei Neudorf. Dieses und das bei Ebersdorf, mit dem Clymenienkalklager parallel laufende, sind auf dem Profile IX als zusammenhängend gedacht, dargestellt worden. Als Fortsetzung dieses Grauwackenbezirkes kann man sich den von Hausdorf nach der Neuen Mölke und weiterhin sich erstreckenden schmalen Grauwackenzug denken; beide durch überlagertes Steinkohlengebirge getrennt. Dieser Theil gehört lediglich zum untern Steinkohlengebirge; nur Kohlenkalk mit Produkten finden sich darin; Clymenienkalk fehlt. Die Schichten fallen, wie es die Profile I— Ill zeigen, sanfter vom Gneissgebirge ab, als die von Neudorf. 1) !) Hinsichtlich der Versteinerungen des Kohlen- und Clymenienkalkes dieser beiden Grauwacken- bezirke verweise ich auf die kostbare Abhandlung von L. v. Buch, Ueber Goniatiten und Clymenien in Schlesien. Schriften der Berliner Academie. 1839. In kleineren Erstreckungen begegnen wir am Südende der Eisenkoppe in der Köppriche Grauwacke, sowie bei Louisenhain, in welch letzerer Gegend C. v. Rau- mer Pflanzenreste fand. Beide gehören zum untern Steinkohlengebirge. Nur un- vollkommen lässt sich hier die Schichtung beobachten; sie scheint aber, wie es auch das Profil XI andeutet, mit der des obern Steinkohlengebirges übereinzustimmen. In Bezug auf die Grünsteine gewährt uns das Steinkohlengebirge das grösste Interesse, da es von denselben vorzüglich affızirt wurde. Nach Hrn. Prof. Bey- rich’s Eintheilung der Grauwacke müssten wir es oberes Steinkohlengebirge nennen, was aber bei dem in der Folge festgehaltenen Begriff des Wortes Grauwacke nicht nöthig ist. Von Kunzendorf bis nach Eckersdorf hin, etwa eine Meile lang, erstreckt sich ein schmaler Streifen Kohlengebirge, dessen Schichten unter einem Winkel von un- gefähr 30—40° von den Grünsteinen abfallen. Ein zweiter, ihm ungefähr paralleler Zug von nicht grösserer Breite (zirka 1/ Meile) ist der von Ebersdorf, bei der Ko- lonie Volpersdorf, beginnende, dem Gneissgebirge entlang über die Köpprichkolonie nach Eule und weiterhin sich erstreckende. Hier fallen die Schichten, wie die der Grauwacke, mehr allmälig ab, während sie in der Gegend von Volpersdorf, wie die dortige Grauwacke, sehr steil vom Gneisse abfallen. Bei den Eckersdorfer Kalkstein- brüchen biegt sich das Kohlengebirge um und läuft in einem schmäler werdenden Streifen bis zu den Häusern von Volpersdorf hin. Hier wird die Schichtenstellung eine andere, wie die Profile VII—IX verdeutlichen; sie wird nämlich gerade der vom Gneissgebirge abfallenden entgegengesetzt, so dass die Schichten unter einem, frei- lich nicht beobachtbaren Winkel, sich treffen müssen. Dasselbe gilt vom Grauwacken- gebirge von Ebersdorf bis Roth- Waltersdorf hin, wie die Profile IX, X u. XI das Verhältniss darstellen. Auf dem Kärtchen und den Profilen bezeichnet die Linie CD die Richtung der Verwerfung. Bei Volpersdorf, vom Grünstein (hier Gabbro) berührt, tritt noch ein ganz klei- ner, schmaler Streifen Steinkohlengebirge zu Tage, dessen Schichten (Profil I u. IN) von demselben gegen das Gneissgebirge hin abfallen. — Von geringer Bedeutung ist der kleine Fleck Steinkohlengebirge am südlichsten Ende des Grünsteinzuges von Neurode bei Col. Lepelt. Das Rothliegende wird von Hrn. Prof. Beyrich ebenfalls in ein oberes und unteres eingetheilt 1), deren Ausdehnung auf der Karte durch verschiedene Farben ') In der XXVI. Versammlung ueutscher Naturforscher und Aerzte zu Regensburg (im Allgemeinen Le ns > angegeben ist. Das untere Rothliegende charakterisirt eine matte, in's Graue fallende rothe Farbe, durch dunkle Schiefer verursacht. Dieselben enthalten als charakteristisch Bivalven in der Form der früher sogenannten Unionen der Stein- kohlenschieferthone ; so namentlich bei Neurode und Ludwigsdorf; sowie auch Pflanzen- reste. Von Eckersdorf und weiter südlich über Schlegel, am Fusse des Allerheiligen Berges vorbei, über Neurode, Kunzendorf und über Eule erstreckt sich das untere Rothliegende; bei Kunzendorf sackförmig nach Volpersdorf sich ausdehnend. Es zeigt ziemlich gleiches Schichtenfallen mit dem Kohlengebirge. Das obere Rothliegende, von einer dunkel braunrothen Farbe, hat eine weit grössere Ausdehnung erhalten, indem es von der Gränze des untern Rothliegenden an bis gegen Wünschelburg, an den Fuss der Heuscheuer, sich erstreckt. Ferner füllt es den Raum zwischen dem Grauwackengebirge von Neudorf und dem Grünsteinzug von Neurode aus, und streckt sich noch in einer schmalen Zunge, durch eine eigen- thümliche Verwerfung bedingt, bei Kunzendorf in das untere Rothliegende hinein. Die Linie AB auf der Karte und den Profilen IH u. IV zeigt die Verwerfungsrichtung an. Das Schichtenfallen ist das des Steinkohlengebirges. Viele thonige Kalklager mit Palaeoniscus Vratislaviensis charakterisiren das obere Rothliegende; sie sind bei Deuber, Kunzendorf, Volpersdorf und Roth-Waltersdorf am verbreitetsten. Unter den Möglichkeiten einer schichtenverändernden Ursache lassen sich einmal die Porphyr- und Melaphyrerhebungen, oder die der Grünsteine voraussehen, sowie das Auftreten der im untern Theile der Karte angedeuteten krystallinischen Urschiefer, oder endlich könnte eine Erhebung des Gneisses angenommen werden. Die Porphyr- und Melaphyrzüge, unter sich einen bestimmten Parallelismus zeigend, streichen von SO nach NW. In unserm Grünsteinbezirk treten sie nur im obern Rothliegenden auf; so der Melaphyrzug von Roth-Waltersdorf, dessen höch- ster Punkt unter dem Namen des Hockenberges bekannt ist, mit seinem nördlicheren, kleineren Begleiter; gleichfalls die Porphyrzüge in der Gegend von Deuber, der von Ebersdorf nach Volpersdorf hin, fast den Gabbro berührend, sowie der mehr kuppen- förmig erhobene von Kunzendorf, der kugelförmige Absondrungen zeigt, am Ende des Steinkohlengebirgs. Ausser dem Gebiet, des obern Rothliegenden liegt der Por- phyr in der Köpprichkolonie, von Gneiss und Serpentin begränzt, den letztern gleich- geschildert von Prof. Dr. Fürnrohr [pag. 66]) theilte Hr. Prof. Beyrich eine Noliz mil über die oben gemachte Eintheilung des Rothliegenden, worauf ich mich hier beziehe. ; = sam zur hohen Eisenkoppe tragend; ihm als Stütze dienend. Dass wirklich der Por- phyr erst den Serpentin gehoben hat, lässt sich nur vermuthen, da Entblössungen sehr mangelhaft sind; in Berührung tritt er mit demselben ganz bestimmt. Die Porphyre und Melaphyre der drei erstgenannten Orte bilden lange, schmale, ‚kammförmige Erhebungen. Die Schichten des Rothliegenden sind weiter gar nicht von denselben affızirt und es bleibt ganz unentschieden, ob die Erhebung der Por- phyre und Melaphyre vor, nach oder während der Ablagerung des Rothliegenden stattfand. Im zweiten Fall hätte man sie durch Spalten oder Risse emporgetrieben zu denken, wie an andern Orten sie oft vorkommen. Auf den Profilen stellte ich die Porphyre und Melaphyre als zwischen den Schichten des Rothliegenden hindurchgehend dar, und so weit die Beobachtung gestattet ist, scheint diese Darstellungsweise der Natur am meisten entsprechend zu sein. Die Bildung des Gneissgebirges muss schon vor der Ablagerung der nep- tunischen Gesteine vollendet gewesen sein. Im ganzen Bezirke, so weit ihn unsere Karte darstellt, und noch weiter bis an die Heuscheuer, lässt sich eine gewisse mul- denförmige Bildung nicht verkennen. Doch abgesehen von diesem, lässt sich hier keine hebende Kraft des Gneisses voraussehen. Der sicherste Beweis, dass er früher vorhanden war, als die neptunischen Gesteine, ist, dass diese zum Theil selbst aus Gneissconglomeraten bestehen; so der Theil der Grauwacke, der von Hrn. Prof. Beyrich zum untern Kohlengebirge gezählt wird. Längs des Gneissgebirges hin, zwischen dem Kohlenkalk von Neudorf und dem Gneisse besteht die Grauwacke aus Gneissconglomeraten, die hier ihre vorzüglichste Verbreitung erhalten, aber auch im übrigen Theil der Grauwacke, ja selbst in den Kohlenkalklagern von Ebersdorf, nicht., fehlen. Bei Wüste Waltersdorf sind sie noch ausgebreiteter, sowie an Petrafacten reicher. Wenn man nun den Gneiss als ein metamorphisches Produkt betrachten will, so muss man nothwendig annehmen, dass er schon vor Ablagerung der Grauwacke metamorphosirt wurde, oder dass nur die Conglomerate, damals noch nicht Gneiss, die Umwandlung erlitten, während die ihn umgebenden Stoffe und Materien derselben entgingen. Dass nur diese Conglomerate einer Umwandlung fähig waren und nicht auch andere Theile der Grauwacke, scheint mir eine sehr bedenkliche Annahme. Es muss der Gneiss schon vor der Bildung der Grauwacke Gneiss gewesen sein, mag man seine Entstehungsart sich vorstellen, wie man will. Bis weitere Nachforschungen mich überführen, halte ich den Gneiss des Eulengebirges für ein primitives Gestein, den Ausdruck im wahren Sinn des Wortes genommen; und ich glaube, diese Ansicht werde nicht gesucht erscheinen, wenn man an der Auskrystallisation verschiedener Substanzen denkt, wie wir es täglich in unseren Laboratorien wahrnehmen können. Die fleissigen Untersuchungen Hausmann’s über den Harz 1) lehren uns auf eine überraschende Weise die Wirkung der Grünsteine (Pyroxengesteine) kennen und die Vermuthung, auch in Schlesien die gleiche oder doch eine ähnliche zu finden, lag nahe. In der That scheinen sie auch hier eine wichtige Rolle zu spielen. In- wieferne es mir gelungen ist, ihre .Natur zu enträthseln, muss ich der Entscheidung ‚sachverständiger Beurtheiler anheimstellen. Dass zu verschiedenen Zeiten aber verschiedenartig wirkende, hebende Kräfte thätig waren, beweist das verschiedene Fallen der Schichten des Grauwacken- und Steinkohlengebirges. Man kann sich aber die Sache vereinfachen, indem man annimmt, dass zur Zeit der Erhebung der Grünsteine ein Seitendruck gegen das Gneissgebirge hin stattfand und so die Schichten hier ein steileres Fallen angenommen haben. Zu- gleich erklärt sich dann die Verwerfungslinie CD in der Grauwacke und dem Kohlen- gebirge auf eine sehr einfache Weise. Die hebende Kraft der Grünsteine wirkte zugleich im Gebiete der Grauwacke von Neudorf (und vielleicht ist das einzelne Vor- kommen von Grünsteinen hinter den Ebersdorfer Kalksteinbrüchen und der Col. Vol- persdorf Beleg dafür), während eine Seitenwirkung des Grünsteinzuges von Neurode stattfand und so die tiefer liegenden Schichten der Grauwacke, welche oben als obere devonische bezeichnet wurden, zu Tage brachten. Zwischen dieser Verwerfung und den Grünsteinen setzte sich später das obere Rothliegende ab. Nimmt man eine Ver- werfung dieser Art, die sich in der Natur durch die gegenseitige Schichtenstellung bestätigt findet, an, so lässt sich ein Zusammenhang des Kohlenkalklagers von Ebers- dorf mit dem von Neudorf, wie das Profil IX es darstellt, mit Wahrscheinlichkeit vermuthen. Die Schichtenstellung des kleinen Streifens vom Kohlengebirge bei Volpersdorf lässt sich ebenfalls aus einem Seitendruck erklären, indem sie hiedurch ihre steile Lage erhalten und steiler von den Grünsteinen abfallen konnten, als die Schichten des Kohlengebirges an der Südwestseite der Grünsteine. Wahrscheinlich erst nach Ablagerung des Rothliegenden haben sich die krystalli- nischen Urschiefer 2) erhoben und eine neue Revolution bewirkt, deren Umfang wir ı) Hausmann, Ueber den Bau des Harzgebirges. 2) Beyrich, Ueber das südliche oder Glätzer Uebergangsgebirge. Zeitschrift der deutsch. geol. Gesellschaft. Vol. I. pag. 66. jedoch nicht so genau abmessen können. Es ist vielleicht denkbar, dass, was den Grünsteinen zugeschrieben wurde, ihnen zukömmt, dass sie die verschiedenartige Schichtenstellung bewirkten, sowie auch die Verwerfungslinie. Es hätte dann der Grünstein von unten her mehrere verschiedenartige Stösse erlitten, dieselben in vibrirender Bewegung, eine gewöhnliche Erscheinung der Erdbeben, fortgeleitet und die Verwerfung im Rothliegenden bei Kunzendorf bestimmt, die ebenso dem dort er- hobenen Porphyr zugeschrieben werden kann. Ebenso könnte man seine Zuflucht zu Einstürzungen, Senkungen u. dgl. nehmen, aber immerhin ist der Weg der Er- klärung komplizirt, und so scheint mir die Annahme: dass die Grünsteine von Neu- rode die Schichtenstellung der Grauwacke und des Steinkohlengebirges hervorgerufen, die einfachste zu sein. Die Verwerfungslinie des Rothliegenden bei Kunzendorf scheint mir, auf obige Weise erklärt, mit dieser Annahme sehr leicht verträglich. Anmerkung. Da die geognostische Karte von Schlesien, von den Herren Prof. Beyrich und G. Rose ausgeführt, bald erscheinen dürfte, wurde auf dem hier benutzten Theile derselben die Berg- zeichnung etc. weggelassen. ER ee ah Bu we Fr Ri BR x RR" are ehr kan: Ale ıy. BE. Re w N Hal üben Serena Gera, se Ba .. Va yalllerden. Ya ER Kt aa; Eur re We Y SBRREMHE Uröndt er BR, se "Be rar, urchh win FAeNES ER 1 A gerri on er Zr: : de WAREN, [Ka 7 N Dr, Beh ed „ski Ber ok in. Al ds Ale We A Re I} Fe Frau en “ ! EM, ak s reach A BR An. na = ET Mi , Re ee Ay EIAR. hy seh Sahıa e Doiedi RER Dee - BEN - 7, PRaE Year, 2 ee Shader. ei Re, har, Ra un Re ee Aalen W N PR Ey Lee A ze er Kor m ehr 4 E air Marie! “ BR ez A 3 ML ae Bay ein N Ari N Ku w% eh ee ı ee, 5 Khan ; Et z “A rn N De a 0, Re" ln av) re A: RE ee Bi = re \ er Lee Du. W f ee . ı Ben . oe Ziegenrücken. ! « kalte Feld r ww; eue Mölke < (el. Scholzengriund Acht Häuser we © Zanshals H = bo Walditz 2 y ( Kapelle za 25 Kalt Schmitdegrund | Deuber 2, Nea B. N 0 Jesurter Vo. ee \ E37 rien "der bedeng \ ven EULERI BIS SILBERBERG | ) una ad IR SEE Me fon sonf alt a EBejri ch. Olterstein Hohe Berg- Linde cke hanser © © Hakn Vm. “a 1. Grünsteine . Äristallinische Ur» schiger. Are deoonisches Glied. IB Unteres Steinkohlen be» | ur R Oberes Steinkohlen - Gebirge. a Unteres . REETZ? | Oberes [7 ann a 1 FygDamıD. 19 spanßayypoy in der deoonischen branmacke.. Kohlenkalk. (im unteren Steinkohlengeb, Thoniger Kalk im. oberen Rothlvegenden ) . Nelaphıyr : Menschen: Caloari Berg. Wenzestaus Caloari Berg. Ti F. In _ IV. Ruben Ben Neurode Diamantfelsen 12. Ferdinandstolln Ruben Stolln Raben Grube “ Buchan Fe Zn Volnersdanf‘ Tee Valentin . d Pr. TT—__ Kate Grube TE = Sietin s: = a * » D I 777° Allerheiligen Berg . . 7 fe i VI. Forluna Grube: I Beiträge Entwickelungsgeschichte des Rnochensystems von Dr. Carl Brud, Prof. der Anatomie und Physiologie in Basel. Sy Kon. nl igahorseh Inne De Vorbemerkune:, Vorliegende Beiträge, die Ergebnisse mehrjähriger Forschungen, sollten ursprünglich einen Bestandtheil eines grössern Werkes über die Entwicke- lung des Rindereies bilden, wofür ich seit längerer Zeit neben meinen Vorlesungen über Entwickelungsgeschichte gesammelt habe. Das Interesse, welches neuerdings wieder die Verhältnisse des Skeletts gewonnen haben, führte mich jedoch gerade in dieser Richtung viel. weiter, und man wird daher im Folgenden alle Wirbelthierklassen, wenn auch Säugethiere und Vögel und unter den erstern das Rind vorzugsweise, berücksichtigt finden. Die Ausführung des anfänglichen Plans kann um so eher unterbleiben, als wir die spezielle Entwickelungsgeschichte eines nahe verwandten Thieres von einem bewährten Forscher zu erwarten haben. Die Zeichnungen zu dieser Schrift wurden bereits im Frühling des Jahres 1850 unter meinen Augen von einem geschickten Künstler, der sich diesem Fache mit Vorliebe zugewendet, Herrn F. Querbach in Mainz, angefertigt, und ich hoffe damit auch Denen, die mit dem Gegenstande näher vertraut sind und streng naturgetreue Figuren den schematischen oder halbschema- tischen vorziehen, einen Dienst zu erweisen. Auch das Manuscript war im Herbst jenes Jahres seiner Vollendung nahe, als ich, gerade an demselben Tage, Kölliker’s mikroskopische Anatomie und meine Berufung nach Basel erhielt. Eine so bedeutende Erscheinung, wie dieses Werk, musste mich zu einer wiederholten Prüfung meiner vielfach abweichenden Resultate auffordern, woran ich jedoch durch meine baldige Uebersiedelung und den veränderten Wirkungskreis längere Zeit verhindert wurde. Bei einer schliesslichen Re- vision habe ich zwar Gelegenheit gefunden, einige inzwischen gemachte Erfahrungen nachzutragen, auch die Darstellung an manchen Stellen abzu- kürzen, habe jedoch zu einer wesentlichen Aenderung meiner Ansichten mich nicht bewogen gesehen. Ich beharre demnach insbesondere bei dem, was ich über den Antheil der Zellen bei der Knorpel- und Knochenbildung , über die sogenannte endogene Vermehrung derselben, über die Verknöcherung von Zellmembranen, von Bindegewebe u. s. w., über die Bildung der Knochen- körperchen und andere Punkte vorgebracht habe, und habe für mehrere derselben u. A. in der Dissertation von Bergmann (de cartilaginibus. Dor- pati 1850) bereits eine Bestätigung gefunden. Es war meine Absicht, auch die accidentelle Knochenbildung in den Kreis der Darstellung zu ziehen, die mir theilweise den Weg bei dem Stu- dium der normalen Entwickelung gezeigt hat, und es ist mir die Ueberzeugung immer lebendiger geworden, dass ein wahrer Fortschritt in der normalen so- wohl als in der pathologischen Histologie ferner nur durch eine innige und gründliche Verbindung beider geschehen wird. Auch besitze ich bereits eine Reihe interessanter Erfahrungen, welche die Verknöcherungsweise in patho- logischen Fällen in ein helleres Licht setzen. Für den Augenblick aber bietet die vergleichend — anatomische Verfolgung der gefundenen Gesetze so viel Anziehung, dass ich mir die Darlegung der pathologischen Thatsachen für einen andern Zeitpunkt vorbehalten muss. Es bereitet sich offenbar eine neue Epoche der theoretischen Anatomie oder »anatomie philosophique« vor, und wenn sie auch diesmal weder dem speculativen Geiste der Deutschen, noch der geistreichen Manier unserer westlichen Nachbarn, sondern der nüchternen Weise englischer Gelehrten anheimfallen sollte, so dürfte doch kein Beitrag, der dazu dienen kann, ihr eine wissenschaftliche Grundlage sichern zu helfen, zu frühzeitig oder geringfügig erscheinen. male een a 0 00 0 7 0 Einleitung. Um sich eine klare Vorstellung von der Bildung des Skelettes der Wirbelthiere zu machen, ist es nöthig, auf die Entstehung und Eigenthümlichkeit der ersten Form- theile des thierischen Leibes überhaupt zurückzugehen. Es muss vor allem die That- sache hervorgehoben und festgehalten werden, dass sich alle Organe und Gewebe aus ursprünglich vollkommen gleichartigen und in ihren ersten Formverhältnissen sehr einförmigen Substanzanlagen hervorbilden. Ohne hier näher auf die wahre Bedeutung der v. Baer’schen Keimhautblätter einzugehen — welche meiner Ansicht nach zu weit ausgedehnt worden ist, — erinnere ich nur daran, dass viele, besonders freiliegende Organe, wie die meisten Eingeweide und Drüsen der Brust- und Bauchhöhle, die Leber u. A., lange vorher morphologisch erkennbar sind, ehe sie histologisch diffe- renzirt sind, weil sie sich fast von Anfang an als gesonderte, mehr oder weniger bestimmt umschriebene Massen des einfachen Grund- oder Bildungsgewebes (v. Baer) markiren. während bei andern, mehr verborgen gelegenen Organen, na- mentlich bei solchen, welche sich gegenseitig durchdringen , wie Nerven, Gefässen, Muskeln, eine so frühzeitige Deutung viel schwerer und um so unzulässiger erscheint, je weniger die histologische Differenzirung des allgemeinen Bildungsgewebes vorge- schritten ist. Zu dieser zweiten Klasse von Organen gehören insbesondere auch die Skeletttheile, welche in der Regel von verschiedenen Weichtheilen umhüllt sind und von denselben nicht eher mit Sicherheit unterschieden werden können, als bis das spezifische Gewebe der Knorpel-, Faser-, Muskelsubstanz u. s. w. hervortritt. So sind in den Extremitätenstummeln noch eine beträchtliche Zeit nach ihrem ersten Auf- treten keinerlei gesonderte Organe und Systeme erkenntlich, obgleich gewiss alle in ihren ersten Anfängen, d, h. auf der Stufe des allgemeinen Bildungsgewebes, bereits vorhanden sind. Dieses auf der ersten Stufe der Organisation stehende Grundgewebe aller Organe besteht aus einem weichen. eiweissartigen Blasteme, welches frisch fast durchsichtig, re in Folge der Herausnahme aus dem nativen Zustande aber häufiger von einer sehr zarten, gelblichgrauen Trübung ist, die mit der Exposition und Einwirkung von Luft und Reagentien zunimmt, in andern Fällen aber Symptom einer weitern Entwicke- lungsstufe ist. In dieses formlose Blastem (Intercellular- oder Grundsubstanz) sind eine Menge mikroskopischer Körperchen eingetragen, die allenthalben eine emi- nent gleichartige Form und Grösse haben und am meisten den als Eiterkörperchen, Lymphkörperchen und farblose Blutkörperchen bekannten Elementartheilen späterer thierischer Blasteme gleichen. Ich habe bereits an einem andern Orte!) die Ansicht aufgestellt, dass die primären Elementartheile aller thierischen Blasteme, der embryo- nalen sowohl als der spätern, sowohl der physiologischen als der unter pathologischen Verhältnissen auftretenden, von einerlei Art sind und nur Modificationen erleiden , die sich aus untergeordneten Abweichungen, vorzüglich aus dem Dichtigkeitsgrade und der Inbibitionsfähigkeit der Bildungsstoffe ableiten lassen. Ich habe diese ersten Form- theile thierischer Blasteme unter dem generellen Namen der Klümpehen zusammen- gefasst, der seitdem von mehrern Autoren (u. A. von Gerlach in seinem Handbuche der Gewebelehre) gebraucht worden ist und den ich daher auch in dieser Schrift beibehalten werde. Die Klümpchen des embryonalen Blastems oder die primären Bildungskugeln characterisiren sich durch ihre Homogenetät, Weichheit und regelmässig runde Form ; sie sind weder so gelblich wie die Körperchen des pus bonum, noch so silberweiss wie die farblosen Blutkörperchen, sondern von einer zwischen beiden Nüancen in der Mitte stehendeu Trübheit. Sie sind ferner nicht so körnig, als diese beiden, sondern von scharfen, zarten Contouren, selten von einzelnen, punktartigen Körnchen bestreut. Ein Kern oder eine membranartige Hülle, die sie als Bläschen oder Zellen characterisirte, ist ohne Zusatz von Reagentien auf der ersten Stufe der Entwickelung nicht wahrzunehmen, auch werden sie durch destillirtes Wasser, das zellenartige Körper so bald verändert, selbst bei langem Verweilen wenig alterirt, so dass sie höchstens etwas aufquellen und durchscheinender werden. Essigsäure dagegen macht sie sehr schnell durchsichtig , zugleich etwas aufquellen, und zeigt einen stets ein- fachen, runden, körnigen Kern, der ungefähr die Hälfte des Durchmessers der auf- gequollenen Körperchen hat. Waren die Körperchen nicht isolirt, sondern eine ganze Parthie eines Organs mit Essigsäure behandelt worden, so unterscheidet man nicht !) Diagnose der bösartigen Geschwülste. Mainz 1847. S. 235 fl. rt mehr die einzelnen Körperchen, sondern nur die dunklen, körnigen Kerne in dem nunmehr mit den Umhüllungsmassen der einzelnen Körperchen zusammenfliessenden Blasteme. Diese Klümpehen oder primären Bildungskugeln sind begreiflicherweise nicht alle direct aus dem Furchungsprozesse hervorgegangen, sie unterscheiden sich vielmehr sehr leicht von den Furchungskugeln sowohl des Säugethiereies, als von den Zellen der Keimhaut beim Hühnchen. Namentlich characterisiren sich die Furchungskugeln des Säugethiereies in dem Stadium, wo sie sich zur Bildung der Keimhaut anschicken. als deutliche Kernzellen, bestehend aus einer kugeligen, an den Seiten oft polyedrisch abgeplatteten, durch Wasserblasen artig ausdehnbaren, deutlichen Zellmembran und einem (selten mehreren) grossen runden, scharfeontourirten,, anfangs körnigen, später glatten und bläschenartigen, mit einem oder mehreren Kernkörperchen versehenen Kerne, nebst einem mehr oder weniger durchsichtigen oder körnerreichen Zelleninhalte, und übertreffen die beschriebenen Klümpchen an Grösse um das Zwei- bis Vierfache. Der Vorrath der Furchungskugeln des Säugethiereies ist aber mit der Bildung der Keimhaut und ihrer Blätter, welche zuerst als zwei gesonderte, einfache Lagen dieser Zellen auftreten, erschöpft; alle weitere Massenzu- nahme, die Anlagen der Organe, ja das Wachsen der Keimhaut selbst und die Anlage des Embryo, wird durch die Bildung neuer Elemente, der genannten Klümpchen oder primären Bildungskugeln, vermittelt, deren Material theils aus dem Blute der Mutter durch Endosmose aufgenommen, oder aus dem mehr und mehr sich verflüssigenden Dotter herrührender Bildungsstoff ist. Die Bildung und das erste Auftreten dieser Klümpchen erkannte ich am deutlich- sten in der Keimhaut des Hundeeies vom 20. bis 22. Tage nach der ersten Begattung, und ich überzeugte mich hier auf’s Bestimmteste, dass die aus Furchungskugeln her- vorgegangenen Zellen der Keimhaut, welche ihre erste Anlage bilden, mit dem wei- tern Wachsthum derselben nichts zu thun haben; dass vielmehr die hier, wie an vielen andern Orten, zu sehr vernachlässigte Intercellularsubstanz eine bei weitem wichti- gere Rolle spielt. Auch zwischen diesen, anscheinend fest zusammenhängenden und verschmolzenen Zellen wird nämlich. eine verklebende Grund- oder Intercellularsub- stanz nicht vermisst, obgleich sie im Anfange nur aus dem innigen Zusammenhaften der Zellen und den scharfen Contouren derselben erschlossen werden kann. Sehr bald nämlich rücken die Zellen auseinander, es entstehen spaltartige und sternförmige Zwischenräume , die von einem trüben, grauen, feinkörnigen Bildungsstoffe ausgefüllt Ei er sind. Anfangs erscheinen sie bei einer gewissen Beleuchtung als helle, glänzende Figuren, die sich zwischen den Zellen hin erstrecken, sie theilweise umfassen und als verdickte Zellmembranen gedeutet werden könnten, bis das weitere Auseinander- rücken der Zellen, das Hervortreten ihrer scharfen und zarten Contouren zu beiden Seiten und die durchscheinende Trübheit der Intercellularsubstanz den Sachverhalt aufklärt. Schon mit diesem Auseinanderweichen der Zellen und der Zunahme der Intercellularsubstanz ist eine Vergrösserung und ein Wachsthum der Keimhaut gegeben, das an der Stelle des künftigen Fruchthofes beginnt und allmälig auf die ganze Keim- haut übergreift. Eine Stufe weiter findet man aber selbst bei Eiern aus demselben Uterus die ganze Keimhaut wieder aus Zellen zusammengesetzt und die Intercellular- substanz geschwunden. Dies geschieht nicht durch ein fortwährendes Wachsthum der vorhandenen Zellen, noch weniger durch Bildung endogener Zellen, deren ich in der Keimhaut nie und in den embryonalen Geweben überhaupt viel seltener ange- troffen habe, als man bisher anzunehmen geneigt war, sondern durch Bildung klümp- chenartiger Körper in der Intercellularsubstanz zwischen den Zellen, die sich weiterhin zu Kernen und Zellen entwickeln. Auf ähnliche Weise geschieht die Anlage und Massenzunahme der meisten Organe und es ist die Vermehrung der Ele- mentartheile auf den ersten Stufen der Organisation im Embryo wesentlich eine in- tercelluläre, exogene, ein Resultat vielfältiger Untersuchungen, auf welches ich ein um so grösseres Gewicht lege, weil es gangbaren Ansichten geradezu wider- spricht. Gerade die Entwicklung des Knorpelgewebes, das bisher die Hauptstütze der Lehre von der endogenen Zellenbildung gewesen ist, hat mich zu dieser Erkennt- niss hingeführt, und wenn ich daher im Folgenden mit einer abweichenden Darstel- lung des Knorpels hervortrete, so darf ich erwarten, dass gegen dieselbe keine Gründe der Analogie geltend gemacht werden, die ursprünglich vom Knorpelgewebe selbst herstammen. | Indem ich mich von diesen skizzenartig angedeuteten, später vielleicht weiter auszuführenden, allgemeinen Resultaten nunmehr meiner nähern Aufgabe zuwende, habe ich kaum nöthig zu erwähnen, dass eine vollständige und in allen Theilen con- sequent zusammenhängende Entwickelungsgeschichte des Knorpel- und Knochen- gewebes bis jetzt weder gegeben, noch von Jemanden beansprucht worden ist. Auch die-neuesten Forscher in diesem Gebiete haben Lücken und dunkle Parthieen übrig gelassen, die zum Theil sehr wichtige Punkte betreffen. Ich erinnere nur an die Ent- stehung der Knochenkörperchen, worüber bis vor Kurzem die heterogensten Angaben L = #9 =; bestanden und worüber der neueste Autor, Kölliker, nur an einem pathologischen Objekte, dem rhachitischen Knochen, einen, wie ich glaube , keineswegs befriedigen- ‘ den Aufschluss erhalten konnte. Viel bestimmter hat sich aus den bekannten neueren Forschungen allmälig ein wichtiges Gesetz von allgemeinem Charakter erhoben, das zwar schon von ältern Anatomen geahnt und in mehr oder weniger bestimmter Weise ausgesprochen, erst neuerdings aber, namentlich für die Entwicklung der Schädel- knochen, klar erkannt und formulirt worden ist. Nachdem nämlich die Bedenken älterer Anatomen durch Haller’s Autorität für mehr als ein halbes Jahrhundert zum Schweigen gebracht worden waren, hat sich mit dem Wiederaufleben der embryo- logischen Forschungen in unserer Zeit, besonders durch die Arbeiten von Duges, Reichert und Rathke, immer bestimmter herausgestellt, dass sich in der That denn doch nicht alle Knochen des Wirbelthierskeletts aus einer prä- formirten knorpeligen Grundlage hervorbilden. Joh. Müller!) war mei- nes Wissens der Erste, welcher (zu Anfang des Jahres 1835) den „Faserknochen“ histologisch scharf definirt und davon auf Taf. IV Fig. 6 eine instruktive Abbildung gegeben hat. Jacobson aber war es vorbehalten, mit dem „Primordialschädel“ das Stichwort für die vergleichend-anatomische Anwendung des gefundenen Gesetzes zu geben. In der neuesten Zeit haben sich besonders Sharpey?) und Kölliker ?°) um diese Lehre und namentlich um die Aufklärung der histologischen Verhältnisse verdient gemacht, obgleich sich gegen die Consequenzen des letzteren Forschers be- reits Stannius‘) in einem kurzen, aber lehrreichen Aufsatze erhoben hat. Meine eigenen Beobachtungen haben mich zu der Ueberzeugung geführt, dass die That- sachen, welche bisher zu ausschliesslich auf die Entwicklung des Schädels bezogen wurden, für das ganze Skelett der Wirbelthiere gültig und erst durch eine umfassende vergleichend - anatomische Behandlung zur Klarheit und zugleich zu ihrem wahren Werthe zu erheben sind. Dass ich mir selbst in dieser Schrift diese Aufgabe nicht gestellt habe, brauche ich nicht zu versichern; ich bin vielmehr erst im Verlaufe meiner Untersuchungen fast unwillkürlich und mit steigendem Interesse auf dieses !) Nachträge zur vergleichenden Osteologie der Myxinoiden in Abhdig. der Akademie der Wis- senschaften zu Berlin. 1839. S. 238. ?) Elements of anatomy by F. Quain. V.edition by R. Quain and W. Sharpey. London 1848. Vol. IL. p. CXLVIH. 3) Zweiter Bericht der zootomischen Anstalt in Würzburg. 1839. S..35 und Zeitschrift für wis- senschaftl. Zoologie II. S. 281. *) Müller’s Archiv. 1849. S. 533. a Gebiet hinübergeführt worden. Was ich daher aus demselben biete, sind nur An- deutungen und Beiträge, die mir bei den vielverzweigten Nachforschungen zur Er- mittelung der histologischen Grundcharaktere und Gesetze aufstiessen. Diese letz- teren scheinen mir vor Allem festgestellt werden zu müssen ,„ ehe die Detailarbeit der vergleichenden Osteologie erfolgreich sein kann. I. Abschnitt. Vom knorpeligen oder Primordialskelett. Im Anfange sind, wie erwähnt, nicht nur alle Organe vollkommen gleichgebildei und histologisch nicht unterscheidbar, sondern es sind insbesondere die primären Bil- dungskugeln sowohl von gleicher Grösse, als auch überall von gleicher Menge, d. h. so dicht gedrängt, dass das ganze Bildungsgewebe nur ein Haufe von Körper- chen zu sein scheint und die Intercellularsubstanz erst beim Zerdrücken und Aus- breiten zum Vorschein kommt. An dem ungleich raschen und einseitigen Wachsthum der Körperchen und an der ungleichen Zunahme der Intercellularsubstanz erkennt man die erste Differenzirung der Organe und Gewebe und insbesondere auch die An- lagen der Wirbelsäule, welche bekanntlich zu den am frühesten auftretenden Organen gehört. Doch bedarf es, um sich von diesem Vorgange zu unterrichten, nicht gerade dieser ersten Skeletttheile, denn er ist bei vielen später auftretenden ganz derselbe, wenn auch nicht immer so deutlich und unverkennbar. Cap. I. Von den ersten Anlagen des Primordialskeletts. Betrachtet man die ausgebreitete Keimhaut des Hühnereies gegen das Ende des ersten Tags der Bebrütung oder untersucht man junge Säugethierfötus — indem man entweder das ganze Thier oder den entsprechenden Körpertheil zwischen Glasplätt- chen etwas abplattet — bei mässigen Vergrösserungen, so hat man Gelegenheit, die Entstehung der Skeletttheile in ihrer ersten Anlage zu studiren. Es eignen sich da- zu ganze Hundefötus noch in der 4ten Woche nach der ersten Begattung, bei Rinder- fötus von 2" Länge noch die Extremitätenstummel, aber auch bei ältern Vögel- und Säugethierembryonen noch sehr gut, wenn einzelne Skeletttheile bereits verknöchern, die Phalangen der Finger und Zehen oder, noch bei mehrzölligen Rindsfötus, das hintere Ende der Wirbelsäule, oder endlich noch später die Knorpel des Kehlkopfs, der trachea u. s. w. Oft erkennt man die ersten Spuren der Skeletttheile schon mit freiem Auge oder mit der Loupe als weisslich getrübte Stellen des gleichmässig ver- breiteten Bildungsgewebes, wo die histologische Dilferenzirung unter dem Mikroskope noch kaum erkennbar ist, und überhaupt sind schwächere Vergrösserungen, weil sie eine grössere Uebersicht gewähren und die gröberen Schattirungen besser hervorheben, zum ersten Aufsuchen geeigneter. Sehr bald aber gewahrt man auch unter dem Com- positum jene Trübung an den Stellen, die den künftigen Knorpeln und Knochen ent- sprechen. Sie erscheinen bei durchfallendem Lichte dunkel, von einer im Verhältniss zu dem gelblichen Teint der rohen Bildungsmasse mehr grauen Färbung, bei auf- fallendem Lichte stets weisslich. Eine scharfe Abgrenzung von dem benachbarten indifferenten Bildungsgewebe aber findet niemals statt, und man muss daher bei der Deutung solcher Stellen in sehr früher Zeit stets die folgenden Entwickelungsstufen im Auge haben. Als erstes Merkmal einer histologischen Differenzirung bemerkt man eine weitere Entwickelung der Bildungskugeln an diesen Stellen. _Sie nehmen an Grösse allmälig um das Doppelte zu, verwandeln die kugelige Form in eine ovale oder ellyptische, erhalten schärfere Contouren und verändern sich weniger rasch in Essigsäure, als früher. Namentlich treten die Kerne nicht so rasch und deutlich hervor, als vorher, und erscheinen dann nicht viel kleiner als die ganzen Körperchen. Dazu gesellt sich ein eigenthümlich spiegelnder Glanz, der jetzt schon an das Ansehen der Knorpel- substanz erinnert, und in der That sind diese Körperchen schon jetzt als indivi- dualisirte Knorpelzellen zu betrachten. Durch das beträchtliche Wachsthum er- scheinen die Körperchen zugleich gedrängter, obgleich vermöge ihrer schärfern Contouren auch im Gedränge leichter einzeln erkennbar. Comprimirt man die Masse vorsichtig, so gelingt es noch sehr leicht, die einzelnen zu isoliren, und es zeigt . sich, dass sie durch ein Minnimum von weichem, feinkörnigem Blasteme verbunden sind. Allmälig wird die Zellmembran, die Anfangs den Kernen so dicht anliegt, dass es schwer zu entscheiden, wie viel davon den ursprünglichen Klümpchen angehörte, stärker, derber, unlöslicher und verdeckt die Kerne, die aber in späteren Stadien, wenn der Abstand zwischen Kern und Zelle grösser geworden ist, mit Hülfe der Essigsäure wieder sehr deutlich werden. Eine wirkliche Auflösung der Zellmembran findet durch Essigsäure schon sehr frühe nicht mehr statt; es geht also mit der morphologischen eine chemische Differenzirung sehr frühe Hand in Hand, während die Körperchen des umgebenden Bildungsgewebes noch ziemlich lange auf der indifferenten, BE: apke ersten Stufe der Entwickelung verharren. In dieser Weise entstehen die ersten Skelettanlagen, meiner Erfahrung gemäss, allenthalben, so dass die Bezeichnung „primordial“ für die knorpeligen Skeletttheile vollkommen gerechtfertigt erscheint. Was die Entstehung der einzelnen Skeletttheile insbesondere angeht, so weisen meine sämmtlichen Ergebnisse darauf hin, dass dieselben niemals in toto und auf ein- mal, sondern , dem Plane der künftigen Gliederung gemäss, gesondert und zwar successive auftreten. Es erscheinen nämlich viele einzelne Knorpelflecke im formlosen Blastem, die sich mit der Ausbildung der Körperform und dem Wachs- thum des Embryo fortwährend vermehren, so dass einzelne Knorpel, namentlich die äussersten Parthieen der Extremitäten und der Wirbelsäule, erst in einer verhältniss- mässig sehr späten Zeit des Fötallebens zur Erscheinung gelangen. In der Regel entspricht jeder auf diese Weise entstandene Primordialknorpel einem künftigen ge- sonderten Skeletttheil (Knochen - oder Knorpelstück), namentlich scheint eine soge- nannte „Abgliederung“ einzelner Skelettstücke von einem gemeinschaftlichen Knor- pelstück eine grosse Seltenheit zu sein. Die dessfallsigen Angaben von Rathke, hin- sichtlich der Rippen '), muss ich für die beiden Classen der Vögel und Säugethiere bestimmt in Abrede stellen. Als einziges, hierher gehöriges Beispiel ist mir aus eigener Erfahrung nur die Trennung des Hammers vom Unterkieferstück des Meckel- schen Knorpels, sowie die des kleinen Zungenbeinhornes vom Griffelfortsatz des Schläfe- beins bekannt geworden, welche beide durch Schwinden eines beträchtlichen Stückes der primordialen Knorpelanlage zu Stande kommen. Viel häufiger ergiebt sich der umgekehrte Fall. Es entstehen nämlich sehr viele definitive Skelettstücke in ähnlicher Weise ursprünglich aus mehrern Knorpelflecken oder Knorpelkernen, wenn ich mich so ausdrücken darf, wie später die mehr- fachen Knochenkerne eines und desselben Knorpelstückes zu einem einzigen Knochen- individuum zusammenfliessen. Auf diesen Umstand ist ein besonderes Gewicht zu legen, denn, wie schon Joh. Müller 2) bemerkt hat, entsprechen diese anfänglichen Knorpelkerne den späteren Knochenkernen durchaus nicht immer, und es ist daher sehr gewagt, noch nicht vereinigte Knochenkerne eines und desselben Primordial- knorpels als Knochenelemente zu deuten, wie es z. B. mit d&n Beckenknochen und dem Brustbeine des Menschen allgemein geschehen ist. Eine solche Schätzung 1) Entwickelungsgeschichte der Schildkröten. S. 98. 112. 2) Vergleichende Anat. der Myxinoiden. 1. Theil. S. 164. — kann aus vergleichend-anatomischen Gründen gerechtfertigt sein, um aber von einer „Verschmelzung“ zu sprechen, genügt es nicht, mehrere Verknöcherungspunkte in einem Skelettstück zu finden, sondern die ursprünglichen Knorpelkerne aufzuzeigen, die, wie an den Wirbeln, am Brustbeine, Zungenbeire u. s. w., von ganz abwei- chender Zahl und Lagerung sein können. Auch das Skelett hat endlich, wenn auch nur in beschränkter Ausdehnung, seine rein fötalen Theile, die gar nicht in das definitive Skelett eingehen, sondern in der Fötalzeit wieder untergehen. Das augenfälligste Beispiel der Art bietet der Schwanz der Froschlarven, während bei den Säugethieren ausser einigen unbedeutenden Thei- len des Primordialschädels nur die ersten Anlagen des Unterkiefers und des Zungen- beins dahin gehören, welche letztere übrigens da, wo das Zungenbein am Schädel festsitzt, wie bei den Rindern und Carnivoren, ebenfalls persistirt. Die ersten Skelettanlagen aller Wirbelthiere gehören bekanntlich der Wirbelsäule an und erscheinen als die bekannten Wirbelplättchen, worunter v. Bär die zu beiden Seiten der Primitivrinne in der Substanz der Rückenplatten auftretenden cubischen Knorpelkerne verstand, die den künftigen obern Bogenstücken entsprechen und zwi- schen welchen das Rückenmarkrohr und etwas tiefer die Rückensaite verlaufen. Dass von diesen Wirbelplättehen je 2 gegenüberstehende sehr bald unterhalb der Rinne zu einem einzigen Knorpelstück zusammenfliessen, um dadurch einen Wirbelkörper sammt Bögen zu bilden, dass mithin ein besonderer Knorpelkern für den Wirbelkörper nicht existirt, ist für die Vögel und Säugethiere hinreichend festgestellt und leicht zu con- statiren. Ebensowenig existiren zu irgend einer Zeit gesonderte Knorpelkerne für die verschiedenen Wirbelfortsätze, die alle durch Wachsthum von den Wirbelbögen aus, die Dornfortsätze durch die Vereinigung derselben in einer ziemlich späten Epoche erst, entstehen. Bei kleinen Rindsembryonen hat es mir zwar zuweilen geschienen, als seien namentlich gegen das untere Ende der Wirbelsäule hin einzelne Querfort- sätze durch eine hellere Zwischensubstanz , als gewöhnlich, mit dem Wirbel verbun- den; allein die Zartheit der Theile ist so gross und das eben differenzirte Knorpel- gewebe geht so unmerklich in das formlose Bildungsgewebe über, dass ich trotz der besondern Aufmerksamkeit, welche ich namentlich den Querfortsätzen der Lenden- wirbel (processus costalis autorum) widmete, zu keinem entscheidenden Resultate kam. Sollten diese Fortsätze getrennte Knorpelkerne haben, so muss diese Stufe jedenfalls so rasch vorübergehen, dass eine Distinction illusorisch wird. Lange ehe die Verknöcherung der Wirbelsäule beginnt, ist jeder Wirbel mit seinen sämmtlichen EN. Fortsätzen ein ungetheiltes knorpliges Ganzes. Nur die Dornfortsätze bestehen noch lange aus zwei seitlichen Hälften, den sich entgegenwachsenden Wirbelbögen, die sich erst, nachdem die Verknöcherung darin schon begonnen, an der Spitze berühren und miteinander verschmelzen. Den processus odontoideus des Epistropheus , der so allgemein, besonders bei den tieferstehenden Classen, längere oder kurzere Zeit als getrenntes Stück besteht, konnte ich beim Rinde von Anfang an nur als Fortsatz des Epistropheus erkennen, sah ihn aber deutlich von der chorda dorsalis durchbohrt. Die Heiligenbeinwirbel erscheinen anfangs stets getrennt, der (Querfortsatz des Heiligenbeins, an welchen sich die Darmbeine anlegen, erscheint beim Rinde als Querfortsatz des ersten Heiligenbeinwirbels. Schon bei Rindsembryonen von 1 bis 11%" Länge fliessen die Querfortsätze der einzelnen. Heiligenbeinwirbel zusammen, lange ehe die Verknöcherung begonnen hat; die Wirbelkörper erhalten ihre Selbst- ständigkeit etwas länger, obgleich ebenfalls nicht bis zur Zeit der Verknöcherung. Dass in der Reihe der Wirbel die der Brust zuerst entstehen, worauf sich die Wirbelplättchen sowohl nach vorn als nach hinten hin vermehren, ist hinreichend bekannt. Bei den Thieren mit langen Schwänzen kann man daher noch in einer sehr späten Zeit, lange nach der Bildung der meisten andern Skeletttheile und wenn die Verknöcherung in einigen schon begonnen hat, an den Schwanzwirbeln noch die erste Knorpelanlagerung beobachten, und zwar schien es mir, als wenn diese rudimentären Wirbel nur aus einem einzigen, in der Mittellinie gelegenen Knorpelkerne entstün- den (oder die Verschmelzung der paarigen Anlage muss so früh geschehen, dass sie mit der ersten Anlage zusammenfällt). Bei Rindsembryonen von 8‘ bis 1” Länge sind die Schwanzwirbel noch so wenig gebildet, dass man unter dem Mikroskop nur eine dunklere Schattirung des Bildungsgewebes findet, obgleich das künftige Pe- richondrum schon hie und da durch längliche Körperchen angedeutet wird. Dass die Knorpel der Extremitäten, bis zu den einzelnen Phalangen der Finger, als gesonderte Stücke auftreten, hat v. Baer schon vom Hühnchen angegeben. Es eignen sich dazu noch Hühnerembryonen bis zu 6—8'' Länge. Auch bei Säugethieren sieht man in den etwas coniprimirten Extremitätenanlagen bei schwacher Vergrösse- rung oder schon mit freiem Auge von Anfang an die Gliederung des künftigen Ap- parates, jeden einzelnen Hand- und Fusswurzelknochen, die patella (diese erst bei Rindsembryonen von 11/2”) u. s. w. Die Vorderarmknochen, sowie tibia und fibula sind ursprünglich durchweg getrennt, desgleichen die Mittelhand- und - fussknochen der Rinder. Auch hier schreitet die Entwickelung nach oben und abwärts fort, so EI > er dass die langen Röhrenknochen zuerst entstehen und stets am weitesten vorgerückt bleiben, während die Extremitätengürtel und namentlich die Finger- und Zehenglieder noch weit zurück sind. Von den: letzteren erkennt man die erste Reihe, wenn die folgende erst als trübe Flecke angedeutet ist u. s. w. Bei Rindsfötus von 6” Länge gewahrt man noch keine Spur einer Differenzirung in den Extremitätenstummeln. Die Beckenknochen entstehen getrennt, sowohl von der Wirbelsäule als von der Extremität, und zwar als zwei seitliche Hälften, von denen jede ein einziges Knor- pelstück darstellt. Ihre Anlagerung an die Querfortsätze des ersten Sakralwirbels, sowie ihre Vereinigung in der Symphyse ist erst bei 11, bis 2 langen Rindsfötus vollendet und geschieht durch blosses Wachsthum. Die Rippen betrachtet man gewöhnlich als Ausstrahlungen und Fortsätze der Wirbelsäule. Wenn aber auch die Bauchplatten, in welchen sie entstehen, unmittel- bare Fortsetzungen und Ausbreitungen der Rückenplatten sind und von ihnen aus herum- wachsen, so findet dieses Verhältniss keineswegs zwischen Rippen und Wirbeln statt. Sie entstehen vielmehr eben so gesondert wie alle andern Skeletttheile und wachsen sowohl nach hinten den Wirbeln, als nach vorn dem Brustbeine entgegen, erreichen übrigens erstere bei weitem früher. Ich kann mich darüber ganz positiv ausdrücken, da ich bei Säugethieren und Vögeln die ersten Anfänge der Rippen beobachtet habe. Allerdings scheinen dieselben bei 6—8‘' langen Rindsembryonen continuirlich mit den Wirbeln zusammenzufliessen, weil sie selbst erst durch eine schwache Trübung des Blastems angedeutet sind, die nicht scharf begrenzt ist, aber das verbindende Ge- webe ist nichts anderes als das allgemeine Bildungsgewebe, welches alle Organan- lagen verbindet, und verknorpelt nicht; auch bildet sich die Gelenkhöhle hier nicht anders als zwischen andern Skelettstücken. Die Fälle, wo bei den Schildkröten die Rippen Zeitlebens durch Knorpel mit den Wirbelkörpern verbunden sind, dürften sich daher bei Verfolgung der frühesten Entwickelungsstufen nicht, wie Rathke an- nimmt, als mangelnde Abgliederung,, sondern-als ausnahmsweise Verschmelzung aus- weisen. Ich glaube mich zu dieser Vermuthung um so eher berechtigt, weil auch die sog. Rippenknorpel der ächten Rippen , die nach Rathke nur unverknöcherte Theile der Rippen sein sollen, wie ich bei Säugethieren und beim Hühnchen finde, als ge- sonderte Knorpelkerne auftreten und erst bei 2” langen Rindsfötus mit dem Brustbein einer- und den Rippenkörpern andrerseits, und zwar mit letzteren unter einem stum- pfen Winkel, zusammenstossen und theilweise verschmelzen. Von den falschen Rippen habe ich dies nicht beobachtet. Dieselben ragen Anfangs frei in die Bauchplatten herein = m» und legen sich später an ihre Nachbarn an, mit denen sie theilweise noch im knor- peligen Zustande verschmelzen. Nur die unverknöcherten Theile der falschen Rippen dürfen daher als Apophysen betrachtet werden; die Knorpel der ächten Rippen aber erweisen sich als wahre Brustrippen (ossa sternocostalia), die demnach auch den Säugethieren und dem Menschen nicht fehlen und bekanntlich in mehreren Ord- nungen constant, bei vielen andern und bei dem Menschen im höheren Alter, ver- knöchern. Bei den Vögeln bilden sich auch die sog. processus uncinati der Rippen als gesonderte Knorpelkerne, die mit den Rippen zusammenfliessen , wenn die Ver- knöcherung an letztern schon beginnt, wie ich beim Hühnchen zwischen dem 10. bis 14ten Tag der Bebrütung bemerkt habe. Das Brustbein entsteht nach dem Schlusse der Bauchplatten aus zwei seitlichen Hälften, langen, schmalen und etwas auswärts gebogenen Knorpelstreifen,, die sich erst an den Enden berühren, dann auch in der Mitte einander entgegenwachsen und noch bei Rindsfötus von 11%" Länge zu finden sind. Durch schärfere Contourirung an den seitlichen Rändern und Auswachsen derselben bilden sich die ausgeschweiften Berührungsflächen für die Brustrippenstücke. Wenn die letztern mit dem Brustbein . verschmelzen, geschieht diess an den obersten Rippen zuerst, daher bei 11/2 langen Fötus die erste Rippe mit dem Brustbein verbunden, die folgenden noch getrennt. die beiden Hälften des Brustbeins aber noch nicht oben, sondern erst unten mit ein- ander vereinigt sind, zu einer Zeit, wo die Verknöcherung in den Rippenkörpern bereits begonnen hat. Die Anlagen für den Schädel entstehen später, als die der Wirbelsäule, nach v. Baer beim Hühnchen erst am 4ten Tage der Bebrütung , nachdem also die Gehirn- blasen mit ihren Hüllen schon eine beträchtliche Entwickelung erreicht haben; man findet sie aber im knorpeligen Zustand noch bei Rindsfötus von mehrern Zollen Länge. Dass sie ebenso, wie andere Theile des Primordialskeletts , durch Differenzirung aus dem Formlosen entstehen, ist leicht zu constatiren, schwieriger dagegen anzugeben, in welchem Verhältniss die primordiale Anlage zu der Figuration des fertigen Schä- dels steht, da die sekundären Knochen, welche hier sehr zahlreich sind, nicht nur sehr frühe entstehen, sondern auch theilweise sehr bald mit den primordialen in innige Verbindung treten. Mehr als an einer andern Stelle des Körpers wird man daher hier, wo die Verhältnisse complicirter sind, sich des histologischeu Charakters zur Deutung der Theile bedienen müssen, und ich glaube nicht, dass eine unbefangene Betrachtung fehlgehen kann, welche die angegebenen Charaktere des primordialen er. A - Knorpelgewebes und die indiflerente Struetur des die übrigen Theile der Schä- deldecken eonstituirenden Bildungsgewebes festhält. Ich gestehe, dass ich, trotz sorg- fältiger Nachforschung. bei den Säugethieren und Vögeln von den Rathke’schen Schädelbalken keine Spur aufzufinden vermochte, und vermuthe daher, dass sie einer Periode angehören, wo nur eine grössere oder geringere Dichtigkeit und Durchsich- tigkeit das Auge bei der Auffindung von Organanlagen leiten könnte, welcher Charak- ter für das bewaffnete Auge aber vollends wegfällt. Sobald sich in der indifferenten Bildungsmasse der Schädeldecken ähnliche Knorpelanlagen wie in andern Körper- theilen unterscheiden liessen, fand ich sie stets definitiven Skeletttheilen entsprechend. Die primordiale Anlage des Schädels erscheint zunächst als un- mittelbare Fortsetzung der Wirbelsäule längs der unteren Seite des Nervenrohrs und mit dem Charakter einzelner Wirbel. Es entstehen beim Rinde deutlich geson- derte Knorpelkerne für das os basilare oceipitis und für die, anfangs nach hinten of- fenen, Bögen (partes condyloideae), für den Keilbeinkörper und dessen 4 Flügel und für die Nasenscheidewand, in allem also 9 Knorpelkerne, welche Kopfwirbeln ange- hören und deren Bildung sich insofern an die der Wirbelsäule anschliesst, als sie von hinten nach vorn fortschreitet. So findet man bei Rindsfötus von 6’ Länge erst zwei Knorpelkerne, die dem os basilare und corpus sphenoideum entsprechen. während die Nasenscheidewand noch fehlt. Den Keilbeinkörper fand ich beim Rinde nur als einfachen Knorpelkern; ein ursprüngliches Stadium der Doppelung, wenn es existirt, muss daher jedenfalls unmerkbar früh vorübergehen. Abweichend von der Bildung der Wirbelsäule bei den oberen Classen ist, nach dem Gesag- ten, das Auftreten gesonderter Knorpelkerne für die Wirbelkörper (was aber in dem gesonderten Körperstück des Atlas bei den beschuppten Am- phibien u. a. eine Analogie finden dürfte), von denen wenigstens der hin- terste von der chorda dorsalis durchbohrt ist, während der vorderste, aus welchem die Nasenscheidewand gebildet, von der chorda überhaupt nicht er- reicht wird. Auch darin weichen die Kopfwirbel ab, dass sie sehr bald, ohne Spur eines Zwischenknorpels, sämmtlich mit einander zu einem einzi- gen Knorpelstück verschmelzen, welches sich ziemlich lange leicht aus der Menge der accessorischen Schädelstücke ausscheiden lässt. Von den drei deutlich erkennbaren Kopfwirbeln vereinigen sich endlich nur die Bögen des hintersten con- stant zu einem geschlossenen Ringe, der das foramen magnum umgibt, und es ent- steht demnach die Hinterhauptschuppe, ganz wie ein processus spinosus der Wirbelsäule, 3 A: durch Vereinigung der Bogenstücke, während die Keilbeinflügelpaare ganz be- stimmt zu keiner Zeit oben durch Knorpelsubstanz, sondern nur durch das Ge- webe -der allgemeinen Schädeldecken verbunden sind. Beim Hühnchen ist der Primordialknorpel der Schädelbasis am fünften Tage der Bebrütung vollendet, bei Rindsfötus von 2 Länge ist das Keilbein mit seinen vier Flügeln mit der Nasen- scheidewand verschmolzen, der Hinterhauptbeinknorpel trennt sich aber noch ziemlich leicht ab, wiewohl seine Bögen unter sich und mit dem basilare bereits fest verbun- den sind. Unabhängig von den Wirbeltheilen entsteht die knorplige Anlage des os petro- sum, als eine Knorpelkapsel um das Gehörbläschen, in dem Raum zwischen den Bö- gen des Hinterhauptwirbels und den hinteren Keilbeinflügeln. Geirennt davon und über demselben entsteht beim Rinde wenigstens ein besonderer Knorpelkern, der bei Rindsembryonen von 2 Länge noch locker. mit der Gehörkapsel verbunden ist, dann aber namentlich nach hinten herabwächst und den Zitzentheil bildet. Was das Geruchsorgan betrifft, so wird der obere Theil der knorpligen Nasen- scheidewand lamina perpendicularis, an welche sich nach aussen zwei getrennte, nach aussen und abwärts gerollie Knorpelblätter anlegen und bald fester verbinden. Noch bei halbwüchsigen Rinderfötus findet man das morphologisch vollendete os eth- moideum im vollkommen knorpeligen Zustand. Knorplig vorgebildet sind auch die unteren Muschelbeine und die Nasenflügelknorpel; doch habe ich ihr erstes Auf- treten nicht beobachtet. Zum Primordialskelett gehören ferner die in den sogenannten Visceralbogen (Rei- chert) enthaltenen, streifenartigen Knorpelanlagen. Erstere enthalten bekanntlich den Bildungsstoff für sämmtliche Skelett- und Weichtheile der Kiefer- und Halsgegend, was ich, um Missverständnissen zu entgehen, ausdrücklich hervorhebe. In der Zeit, wo die primordialen Theile des Schädels auftreten, ist vom Unterkiefer noch nichts zu sehen, dessen Richtung nur durch den von Meckel entdeckten und nach ihm benannten Knorpelstreifen angedeutet ist. Letzterer entsteht gleich einer Rippe in dem Blastem des vordersten Visceralbogens und wächst sowohl nach hinten, als insbesondere auch nach vorn herum, bis er zuletzt mit seinem kolbigen Ende in der Kinngegend mit dem gleichen Knorpelstreif der anderen Seite zusammenstösst und ziemlich fest verbindet. Unabhängig und nach aussen von ihm bildet sich in einer, späteren Periode der ‚Unterkiefer, der niemals knorpelig praeformirt ist. Was das Verhältniss zu den Gehörknöchelchen. betrifft, ‘so löst sich bei Rinds- Eu; WE embryonen von 11/ — bis 2" Länge der Meckelsche Knorpel sammt Hammer und Ambos als ein zusammenhängender Knorpelstreif heraus, in welchem jedoch eine Gliederung erkennbar ist. Der Hammer erscheint zwar vollständig eins mit dem Meckelschen Knorpel und als dessen oberes Ende; doch glaubte ich in früheren Perioden zu erkennen, dass er aus einem besonderen Knorpelkern entsteht, der sehr bald mit dem Meckelschen Knorpel zusammenwächst. Der Ambos ist, sobald er er- kennbar wird, ein getrennter Knorpelkern, der dem Hammer dicht anliegt und sich daher leicht mit demselben auslöst. Im zweiten Visceralbogen findet ein ähnliches Verhältniss statt, indem der stapes am oberen Ende desselben ebenfalls als geson- derter, eiförmiger und solider Knorpel auftritt, wie man noch bei 11% langen Em- bryonen erkennt, da seine Bildung am spätesten von den Gehörknöchelchen erfolgt. Bei den Vögeln liest an der Stelle des Amboses das knorpelig präformirte Quadrat- bein, dem Ambos in Form und Grösse proportional, an der des Steiebügels die Co- lumella, wie man beim Hühnchen in der zweiten Woche der Bebrütung beobachten kann. Vom Zungenbein habe ich aufgezeichnet, dass bei 11/gzölligen Rindsfötus auf jeder Seite (im zweiten Visceralbogen) ein halbmondförmig gekrümmter Knorpelstreif vorhanden ist, welcher oben den stapes berührt und u. a. beim Rinde (ausnahms- weise, wie ich einmal beobachtet, auch beim Menschen) in seiner ganzen Länge persistirt. Vom Körper und den grossen (hinteren) Hörnern des Zungenbeins war zu dieser Zeit noch Nichts zu sehen. Dieselben entstehen im dritten Visceralbogen und bilden schon bei mehrzölligen Rindsfötus ein einziges Knorpelstück, so dass ich nicht weiss, ob der Zungenbeinkörper ursprünglich selbstständig oder durch Ver- schmelzung der hinteren Hörner entsteht. Die später im Zungenbein auftretenden Knochenkerne sind viel zahlreicher als die ursprünglichen Knorpelanlagen und daher nicht maasgebend. Von den Knorpeln des Respirationsorgans besteht bei 21,‘ lan- gen Rindsfötus der Schildknorpel noch aus zwei seitlichen Hälften, die später in der Mittellinie verschmelzen (bei einigen Säugethieren aber bekanntlich zeitlebens ge- trennt bleiben) und ihre Ecken und Fortsätze durch Auswachsen erhalten. Der Ringknorpel bildet dann schon einen geschlossenen Ring, dessen Schild vorhanden ist. Die Giessbeckenknorpel entstehen ebenfalls, ziemlich früh, aus gesonderten Knor- pelkernen. Die Knorpel der trachea treten als einzelne in der Mittellinie liegende Knorpelkerne auf, welche streifenmässig nach beiden Seiten herumwachsen. Alle bisher aufgezählten Skelettanlagen gehören derjenigen Art knorpeliger Gebilde an, welche man gewöhnlich als ächten, passender als hyalinen Knorpel wi bezeichnet. Zu dem Primordialskelett sind aber weiterhin auch sämmtliche sogenannte Faserknorpel zu zählen, da nicht nur ihre ersten Anlagen sämmtlich persistiren, sondern auch in ihrer Structur ursprünglich mit den Hyalinknorpeln ganz übereinstim- men. Ihre Unterscheidung als selbstständige Bildungen ist sogar an den Stellen, wo sie mit hyalinen Knorpeln, in Verbindung treten, nur dadurch möglich, dass sie meist ziemlich spät und später als die benachbarten sogenannten Hyalinknorpel auf- treten und von denselben dann durch die unvollkommenere histologische Differenzirung abgränzen. Man beobachtet dies am besten an den ligamenta intervertebralia. Wenn nämlich die Wirbelkörper, die bei 1‘ langen Embryonen noch dicht an einander ge- reiht sind, ‘durch allseitige Zunahme des umgebenden Bildungsgewebes weiter von einander abgerückt sind, so geht auch in den zwischen je 2 Wirbelkörpern befind- lichen Blastemschichten die Differenzirung der Knorpelsubstanz in derselben Weise vor sich, wie beim Primordialskelett überhaupt. Es erscheint zuerst eine Trübung des Blastems, die Bildungskugeln wandeln sich in Knorpelzellen und es scheint dadurch nach und nach die ganze Wirbelsäule in einen einzigen Knorpelstrang zusammenzu- fliessen. Im allgemeinsten Sinne ist dies auch richtig, insofern als zwischen Wir- belkörpern und Zwischenwirbelknorpeln eine scharfe Gränze nicht existirt; aus den angegebenen Gründen aber ist die charakteristische Gliederung der Wirbelsäule nie zu verkennen. Taf. I. Fig. 4. stellt den senkrechten Durchschnitt zweier Wirbelkörper von einem achtzölligen Rindsfötus dar, in welchen die Verknöcherung bereits begonnen hat, deren Zwischenknorpel nur durch eine trübere Schattirung und gelbliche Fär- bung, histologisch aber durch die eben in Form einer senkrechten Streifung auftre- tende Faserung der Intercellularsubstanz von der Substanz der Wirbelkörper ver- schieden sind. Diese Faserung ist noch sehr undeutlich und rührt nicht von distinc- ten l'asern her, sondern von einer beginnenden Differenzirung der Grundsubstanz. Zugleich ordnen sich die etwas in die Queere gewachsenen Knorpelkörperchen in Reihen, die sowohl durch die Substanz der Wirbelkörper als der Zwischenknorpel hindurchstreichen. Beim Anfertigen der Schnitte bemerkt man, dass die Schicht, welche dem Zwischenknorpel entspricht, weicher und dehnbarer ist, jedoch innig mit der den Wirbelkörpern entsprechenden zusammenhängt und sich in keiner Weise freiwillig davon ablöst. Die Ausbildung der Zwischenknorpel war bei diesem Fötus in der Rücken- und Halsgegend am weitesten gediehen, an den Becken- und Schwanzwirbeln aber durch Spuren angedeutet, und es geht demnach der Bildung der Gelenkhöhlen, wo sich Gelenke zwischen Wirbeln finden, im Fötus ein Stadium knor- peliger Zwischenlage voraus. Ganz auf dieselbe Weise entsteht die Synchondrosis ossium pubis, wenn sich die beiden knorpeligen Seitenhälften des Beckens in der Mitte erreicht haben und zusammenfliessen, gewissermassen durch Differenzirung und Wachsthum des Primordialknorpels selbst und bleibt für immer mit beiden Knochen verschmolzen. Die freien Faserknorpel, wie die auricula, epiglottis, tuba Eustachii u. a., sind ebenfalls nur durch die eigenthümliche spätere Metamorphose der Intercellularsubstanz von den übrigen Primordialknorpeln verschieden. Der Ohrknorpel eines 10 langen Rinds- fötus besteht noch ganz aus dicht gedrängten, kleinen, rundlichen Körperchen, umgeben von sehr wenigem festen Blastem, in welchem von einer Faserung noch keine Spur ist. In dieser Gestalt ist er aber schon bei 2 langen Embryonen angelegt. Erst viel später entstehen, wie es scheint, durch stellenweise Dehiscenz und Differenzirung der Grundsubstanz allmählig jene dicken, kurzen Fasern, die den elastischen ähneln, die noch lange nach der Geburt an Menge zunehmen nnd die Ohrknorpel des erwach- senen Thieres constituiren. Cap. 1. Von der chorda dorsalis. Es ist im Vorhergehenden noch wenig von einem Gebilde die Rede gewesen, welches man gewohnt ist, nicht nur als eines der ersten Organe des Embryo, son- dern insbesondere als die Grundlage der Wirbelsäule anzusehen, und welches v. Baer „die Axe, um welche sich die ersten Theile des Embryo bilden, und den Maasstab für den ganzen Leib und alle Hauptsysteme“ genannt hat. Es scheint mir jedoch zweckmässig, der chorda dorsalis diese besondere Stelle zu geben, weil ihre Bezie- hung zum Wirbelsystem in histologischer Hinsicht noch nicht hinreichend aufgeklärt ist und eine passende Vergleichung erst nach der Schilderung der Charaktere des Knorpelgewebes sich darbietet. Ich habe die Entwicklung und Involution der chorda dorsalis bei Froschlarven, beim Hühnchen und bei Säugethierembryonen verfolgt und sie in allen Klassen im Wesentlichen übereinstimmend gefunden, wenn man die Mo- dificationen in Anschlag bringt, welche durch ihr längeres oder kürzeres Bestehen veranlasst werden. Am besten eignet sich der Schwanz der Froschlarven dazu, nicht nur wegen des Volumens, welches sie hier in allen Theilen erreicht, sondern auch wegen der leichtern Präparation, da sie an dieser Stelle nicht von anderen Ske- letttheilen umhüllt und verdeckt wird. Wenn die Froschlarve das Ei verlassen hat und ihre Länge etwa 2 — 3‘ be- trägt, erkennt man die chorda dorsalis als einen ziemlich zusammenhängenden Strang. der aus denselben dunkeln Kugeln zusammengesetzt ist, welche aus dem Furchungs- prozesse hervorgegangen sind und aus denen noch alle Gewebe des Embryo beste- hen. Sie bildet einen Cylinder mit stumpfen Enden, der sehr scharf gegen das um- gebende Bildungsgewebe abgegrenzt ist, obgleich ein histologischer Unterschied noch nicht besteht. Ihre Furchungskugeln haben jedoch schon ein feineres Korn, indem die viereckigen Dotterplättchen bereits grösstentheils untergegangen sind, und sind so dicht gedrängt, dass sie einer homogenen 'Körnermasse gleichen, in welche eine Menge heller Flecke eingestreut sind. Beim Zerdrücken, was im Anfang noch sehr leicht geschieht, sieht man die einzelnen Kugeln sich trennen und hat nun Gelegen- heit, dieselben zu studiren. Man überzeugt sich, dass sie in der That keine Zel- len, sondern nur Umhüllungskugeln sind, gebildet von einem hellen kernartigen Kör- per und einer körnigen Umhüllungsmasse, die sich durch verstärkten Druck vollends zerstreuen lässt. Die Kernflecke scheinen aus einer sehr weichen Substanz zu be- stehen und können durch Druck und Bewegung sehr verschiedene Formen anneh- men; doch nimmt man an solchen, die es gelingt ganz isolirt zur Ansicht zn bekom- men, ein deutliches Kernkörperchen wahr. Eine Membran oder Scheide, welche die chorda umgibt, existirt zu dieser Zeit noch nicht; man sieht nicht nur einzelne Um- hüllungskugeln an den Seiten, wie an den Bruchflächen, hervortreten, sondern man kann die ganze chorda noch leicht in einzelne Fragmente zerdrücken. Die Scheide erscheint aber sehr bald als eine äusserst feine und zerbrechliche, structurlose Um- hüllungsschicht , welche offenbar nur verdichtetes Blastem oder Intercellularsubstanz ist und gewiss nicht etwa aus verschmelzenden Zellen hervorgeht, die noch gar nicht existiren.. Destillirtes Wasser macht aus den Dotterkugeln zwar hie und da eine hyalinartige Substanz (Glaskugel) halbkugelig hervortreten, hebt aber keine deut- lichen Zellmembranen in grösserem Umfange ab, wie sie im benachbarten Bildungs- gewebe doch deutlich vorhanden sind. Jene Scheide erhärtet sehr bald und erreicht eine grosse Festigkeit, denn man kann die enthaltenen Kugeln durch Druck zum Ber- sten und Zusammenfliessen bringen, in die Länge dehnen u. s. w., und die chorda erscheint alsbald als ein äusserst biegsamer, structurloser Schlauch, der durch die Manipulation mannigfache Einbiegungen und Knickungen erleidet, wobei die weiche, körnige Inhaltsmasse ausweicht oder stellenweise zurückweicht und einen freien Raum innerhalb der Scheide lässt. Durch Druck ist es leicht, diese Inhaltsmasse = u auf- und abzubewegen und an Rissstellen ausfliessen zu machen; es zeigt sich dann, dass die körnige Umhüllung der hellen Flecke zu einer dunklen, den ganzen Schlauch ausfüllenden Masse zusammengeflossen ist, in welcher die hellen Flecke als Löcher erscheinen, beim Austreten aber als wirkliche Formtheile erkannt werden. Ehe es dazu kömmt, findet ein Wachsthum der chorda in die Breite und ein Zusammen- schieben der Kugeln statt, wodurch die chorda ein eigenthümlich quergeringeltes Ansehen erhält !). Später unterscheidet man weder Kugeln noch helle Flecke mehr, es scheinen alle primären Formtheile untergegangen und in eine trübe, körnige Masse verwandelt. Erst wenn die chorda sich aufzuhellen beginnt, erkennt man wieder helle Bläschen innerhalb der schmelzenden Körnermasse, und zwar scheinen diesel- ben im Centrum der chorda zuerst aufzutreten. Wie dieselben entstehen und ob sie in einer Beziehung zu den hellen Flecken der primären Furchungskugeln stehen, ist mir unbekannt geblieben; gewiss ist aber, dass sie wirkliche Zellen mit Kernen sind, und dass durch das Wachsthum dieser Zellen die körnige Masse immer mehr ab- nimmt und der ganze Inhalt der chorda verzehrt wird. Am sechsten Tage, nachdem die Larve das Ei verlassen, besteht schon der ganze Inhalt der Chordascheide aus den bekannten grossen, dem Pflanzenzellgewebe ähnlichen, derbwandigen Zellen, welche J. Müller und Schwann beschrieben haben. Diese Zellen sind von sehr ver- schiedener Grösse, und zwar liegen die kleineren gegen die Oberfläche, wodurch man bei der extremen Durchsichtigkeit der Gebilde leicht zur Annahme einer endogenen Einschachtelung verleitet werden kann, während man nur übereinanderliegende Gebilde vor sich hat. Die endogenen Bläschen, die Schwann beschreibt und Taf. 1. fig. 4. b. aus der chorda der Plötze abbildet, kommen zwar auch beim Frosche vor, sie sind aber, wie ich mit Bestimmtheit verfolgt habe, keine endogenen Zellen, sondern bläschenartige Kerne, die hier eine enorme Grösse erreichen können, übrigens deutlich aus körnigen Kernen hervorgehen. Es hat desshalb nichts Auffallendes, wenn Schwann in diesen „jungen Zellen“ keine Kerne, sondern nur ein kleines excentrisches Körperchen (Kernkörperchen) wahrnahm, das ich nie vermisst habe. Die Kerne der grossen Zellen zu sehen, ist weder eine besondere Beleuchtung, noch Präparation erforderlich, doch ist dazu Essigsäure, die Alles heller macht, ohne die Zellen anzugreifen, und namentlich Jod, welches die Kerne gelb färbt, sehr hülfreich. Wenn Cramer, dessen Beschreibung der chorda des Frosches ich sonst fast in allen !) 8. Cramer in Müller’s Archiv. 1848. Taf. Ill. fig. 27. 33. Punkten beistimmen kann, sie nicht gefunden hat, so scheint dies darin seinen Grund zu haben, dass er diese Reagentien zu wenig berücksichtigte. Auch ohne Essig- säure sieht man die Kerne der Chordazellen von der Zeit an, wo die Larven die äusseren Kiemen verlieren; sie fallen sogar häufig heraus und rollen frei umher, wo- bei das Kernkörperchen stets zur Ansicht kommt. Dadurch, dass die Zellen der chorda sich frühe durch ihre geringe Empfindlichkeit gegen Essigsäure auszeichnen, stimmen sie allerdings mit den Knorpelzellen überein; eine Verdickung der Wände, wie sie nach Schwann bei den Fischen vorkommt, beobachtet man aber in der Frosch- larve nicht, auch habe ich selbst beim erwachsenen Petromyzon marinus eine solche nicht gefunden. Die Zellen liegen hier wie dort mit ihren, allerdings derben, Wän- den an einander, platten sich etwas ab und scheinen, ähnlich den Epidermiszellen, durch ein Minnimum von Intercellularsubstanz verbunden, wenigstens gehen sie beim Zerpflücken der chorda nicht gerne auseinander ; doch lassen sich auch in späterer Zeit, wenn die Extremitäten hervorbrechen, noch einzelne Zellen isoliren, die dann eine colossale Grösse, aber auch dann keine endogene Zellenbildung zeigen. Was die chorda bei Petromyzon betrifft, so sind auch beim erwachsenen Thiere die Zellen nicht grösser, als sie im Schwanze der Froschlarve werden, und haben stets nur einen Kern, ohne Spur einer endogenen Vermehrung. Der bandartige Streifen, welcher ihre Achse bildet, zeigt eine feine Längsfaserung, die an die Rindensubstanz der Haare erinnert und gleich dieser aus sehr in die Länge gewach- senen Zellen entstanden sein könnte. Die innere Scheide der chorda zeigt zwar eine höhere Entwicklung als bei den übrigen Thierklassen, erscheint jedoch mehr als längsgestreifte Membra, denn als Fasergewebe; die äussere Scheide dagegen, an welche sich die Muskelfasern unmittelbar inseriren, ist ganz von gesonderten Fibril- ten und Faserbündeln gebildet, die sich gegen Essigsäure wie reifes Bandgewebe der höheren Thiere verhalten und keine Kerne hinterlassen, übrigens viel Pigmentkörner enthalten. i Bei der Involution der chorda der Batrachier erhalten sich die Zellen der chorda inmitten der atrophirenden Gewebe des Schwanzes ziemlich lange unverändert. Zu- erst schwinden die Kerne, wenigstens stellt Essigsäure keine mehr dar, dann schrum- pfen sowohl die einzelnen Zellen, als die ganze chorda zusammen, die dann einen feinfaltigen, collabirten Schlauch darstellt und von unten nach aufwärts vergeht oder abgefressen wird. Uebereinstimmend damit sieht man in den Resten der chorda. welche die Wirbelfacetten der Knochenfische ausfüllen, grosse, dem Pflanzen- zellengewebe ähnliche Zellen ohne Kerne, an deren Stelle grosse helle Kugeln getreten sind. oft zu mehreren in einer Zelle, die sich wie Löcher in den Zellen ausnehmen. Beim Zerzupfen derselben oder wenn man sie durch Kalilösung zum Bersten bringt, gehen diese Kugeln heraus, drängen sich oft mit einiger Mühe durch die Oeffnung, fliessen zusammen und verschwinden zuletzt spurlos. Sie erweisen sich dadurch als Tropfen einer zähflüssigen Substanz, die man auch in andern alternden Zellen an- trifft und die oft verkannt worden sind. Jod und Essigsäure sind hier von keinem Nutzen, da sie den eiweissartigen Zelleninhalt bei den Fischen zum Gerinnen bringen und durch die dabei entstehende Trübung Alles unkenntlich machen. Beim Hühnchen bildet sich die chorda, meiner Erfahrung nach, kurze Zeit nach dem Auftreten der Rückenplatten, d. h. noch am Ende des ersten Tags der Bebrü- tung. Sie erscheint dann, wie v. Baer sich ausdrückt, „als eine einfache Reihe dunkler Kügelchen, die nach dem vorderen Ende mehr zusammengedrängt, am hin- teren mehr vereinzelt sind.” Diese Kügelchen sind nichts anderes, als die grossen mit Körnchen und Fetttropfen gefüllten Zellen, aus welchen zu dieser Zeit noch der grösste Theil der Keimhaut besteht. Dieselben sind von einer extremen Fragilität und verlieren oft schon durch Zusatz von Wasser ihre zarten Hüllen, so dass man viele freie bläschenartige Kerne unter der Körnermasse antrifft. Von einer Scheide ist die chorda anfangs nicht umhüllt, alsbald aber sieht man sie „von einem hellen Saume umgeben, und je dunkler die Rückenseite wird, desto heller ist dieser Saum, bis er die Durchsichtigkeit von Glas erhält; da er aber von allen Seiten erscheint, so ist er eigentlich eine Scheide für die chorda. Er ist mit dieser ursprünglich ein Ganzes und in den beiden ersten Tagen so eng mit ihr verbunden, dass nur die al- lergrösste Sorgfalt und die feinste Nadel im Stande ist, sie von einander zu trennen. Beide sind an den ersten Tagen wirklich nur ein Einiges, das so in sich gesondert wird, wie wir fast überall, wo sich im Embryo ein dunkler Körper bildet, auch ne- ben ihm einen Gegensatz von heller Masse ohne Kügelchen werden sehen” (v. Baer). Gleichzeitig mit der Differenzirung und Erhärtung der Scheide aus dem eiweissarti- gen Bindemittel der Bildungskugeln scheinen die letzteren, wie beim Frosche, zu- sammenzufliessen und nur ihre grossen bläschenartigen Kerne erhalten zu werden. Ganz gewiss findet im Verlauf des zweiten Tages der Behrütung eine frische, inter- celluläre Zellbildung innerhalb der Scheide aus dem körnigen Blasteme statt, das die Kerne einhüllt. Diese jungen Zellen sind zum Theil bedeutend kleiner, als die an- fänglichen Zellen der Keimhaut, nicht körnig, sondern klar und enthalten nur einen, 4 BR. .. ERBE meist bläschenartigen Kern nebst einem oder mehreren Kernkörperchen. Zwischen ihnen findet man noch die bläschenartigen Kerne der ersten Generation, alle zusam- men eingebettet in die körnige Masse, die nach und nach mit der Vergrösserung der Zellen sich aufhellt und verzehrt wird. Die Zellen der zweiten Generation zeigen stets eine grössere Resistenz gegen Wasser und Essigsäure, doch nicht in dem Grade, wie bei der chorda der Froschlarve, denen sie überdies an Grösse lange nicht gleichkommen. Die chorda entsteht in ihrem oberen Dritttheil zuerst, in der Gegend wo später die ersten Wirbelplättchen erscheinen, und schreitet von da in ihrer Bildung nach oben und unten vorwärts, so dass jene erste Stelle in der Entwicklung immer vor- aus hleibt. Am Schwanzende geht sie noch am Ende des zweiten Tages continuir- lich in das Bildungsgewebe der Keimhaut über, während das Kopfende um diese Zeit bereits abgerundet ist. Sind im Verlaufe des zweiten Tages alle Dotterkörner, die sich hier, unter allen Geweben des Embryo, am längsten erhalten, zwischen den Zellen der chorda geschwunden und die Scheide ausgebildet, so hat der ganze Schlauch ein eigenthümlich grobkörniges Ansehen, daher rührend, dass die durchsichtigen jungen Zellen mit ihren hellen Kernen dichtgedrängt übereinander liegen und haupt- sächlich die zahlreichen Kernkörperchen durchschimmern. In Folge der dichten An- häufung der Zellen und des Wachsthums der chorda in die Breite sind die periphe- rischen Zellen in die Breite gezogen, was der chorda ein quergestreiftes Ansehen und einige Aehnlichkeit mit einem von Cylinderepithelium ausgekleideten Schlauche gibt. Durch Druck kann man die Zellenmasse bewegen, so dass die Cylinder an einzelnen Stellen verschoben und schief gestellt werden. Einzelne Zellen sind auf dieser Stufe schwer zu unterscheiden, entwickeln sich aber bei Entleerung des In- halts der chorda durch Druck und Wasser. Die Scheide bleibt dann als ein leerer, structurloser, faltiger und verschiebbarer Schlauch mit dünnen Wänden zurück. Die entleerten Zellen kleben nicht auffallend aneinander, obgleich sich oft noch Spuren einer weichen, feinkörnigen Intercellularsubstanz finden. Alle Zellen haben nur ei- nen Kern, nie trifft man endogene Formen. Auch jetzt noch muss man mit Druck, Essigsäure u. del. vorsichtig sein, wenn man nicht die Zellmembranen innerhalb der Scheide zerstören und blosse Kerne erhalten will. Ein ganz anderes Bild erhält man, wenn man im Verlauf des dritten Tages die chorda untersucht. Man findet dann, zuerst im obern Dritttheil und von da abwärts fortschreitend, den ganzen Inhalt der Scheide verdeckt durch eine Menge glasheller Kugeln von sehr verschiedener Grösse, die sich wie Löcher in der chorda ausneh- men. Sie treten zuerst sehr klein und zerstreut auf, werden aber zahlreicher und grösser, so dass die grössten die Grösse der Zellen erreichen. Diese Kugeln sind entschieden keine Kerne oder Zellen, denn sie vergehen in Wasser und Essigsäure, ja durch Druck oft spurlos; sie befinden sich auch nicht sowohl in den Zellen, wie Kölliker ') angibt, als zwischen und auf denselben, lassen sich hin und herschie- ben, mit dem Inhalt der Scheide entleeren und theilweise isoliren. Ihrem oft etwas lilaschimmernden Glanze nach gleichen sie den sog. Glaskugeln, die man in vielen Blastemen, u. a. in der Milch der Schwangeren, findet. Ich stehe nicht an, die Bildung dieser Glaskugeln als ein vorläufiges Zeichen der Rückbildung der chorda anzusehen, obgleich sich zu der Zeit, wo sie auftreten, das untere Ende der chorda kaum abgerundet hat, die Wirbelplättchen noch nicht alle gebildet sind und namentlich im Kopftheil noch keine Knorpelanlagen sich zeigen, auch der Herzschlag eben erst be- gonnen. Nichts destoweniger wächst die chorda in den folgenden Tagen sowohl in die Breite als in die Länge, ohne dass die Scheide beträchtlich an Dicke gewinnt, wäh- rend die Glaskugeln sich immer mehr ausbreiten und die Zellen vollständig verdecken, die man nur durch Entleerung der Theile sichtbar machen kann. Die Membranen sind derber geworden, alle Zellenkerne gross, bläschenartig, mit distineten Kern- körperchen. Allmählig werden die Zellen gelblich, trüb, schrumpfen zusammen, während die ganze chorda welk und faltig wird und beim Hühnchen vom 14ten, bei Canarienvögeln (die 14 Tage brüten) vom 10ten Tage der Bebrütung an von oben nach abwärts die Rückbildung antritt, nach dem Auskriechen aber erst vollständig schwindet. Die chorda der Säugethiere unterscheidet sich von der der Vögel in nichts We- sentlichem, es ist sogar die Breite in der ersten Anlage beim Hühnchen und ver- schiedenen Säugethieren ziemlich dieselbe. Bei den kleinsten Rindsfötus, die ich untersucht habe und die die Grösse einer Ameise und einer Stubenfliege hatten, liessen sich in der chorda keine einzelnen Zellen unterscheiden, sie schien vielmehr von einer gleichmässig körnigen Masse angefüllt,- die nur hie und da eine Quer- streifung zeigte, offenbar das Stadium, wo beim Hühnchen die jungen Zellen auftre- ten und die Dotterkörnermassen geschwunden sind. Die bereits gebildeten Wirbel- !) Mikroskopische Anatomie. II. 1. S. 347. 2 anlagen waren aus deutlich unterscheidbaren runden und länglichen Zellen zusam- mengesetzt. Bei Rindsembryonen von 6 — 8" Länge ist der Zellenbau unverkenn- bar, die Zellen grösser, die ganze chorda breiter. Erstere erscheinen oft polyedrisch, mit deutlichen bläschenartigen Kernen und Kernkörperchen, und lassen sich durch Druck und Essigsäure isoliren. Eine merkliche Intercellularsubstanz findet sich hier so wenig als bei den Vögeln und Froschlarven. Bei den 6‘ langen Embryonen einer Hündin, die vor 20 Tagen zum letztenmale und während 4 Tagen (vielleicht aber auch länger) belegt worden war, fand ich die Wirbelplättchen bis ans Schwanz- ende angelegt, die Zwischenknorpel noch nicht gebildet und beim Druck leicht aus- einander weichend. Die chorda lief continuirlich zwischen den Wirbelplättchen hin- durch, mit scharfen Rändern und deutlichem Zellenbau; die Zellen klein, einkernig, nirgends endogene Formen. Durch Druck liess sich die Scheide entleeren und er- hielt das gewöhnliche, faltige, collabirte Ansehen. Bei Rindsfötus von 1“ Länge ist zwar der Zellenbau der chorda noch sehr deutlich, dagegen beginnt schon die Invo- lution am Kopftheile. Auch hier fehlen nicht die oben erwähnten Glaskugeln, ob- gleich sie nicht in der Menge und Grösse aufzutreten scheinen, wie beim Hühnchen. An den oberen Hals- und Rückenwirbeln ist die chorda nun schon unterbrochen, doch erkennt man Reste derselben noch in den Schwanzwirbeln bei Rindsembryonen von 3” Länge. In der Zwischenzeit ist sie in der ganzen Wirbelsäule bei schwa- chen Vergrösserungen als ein schmaler, dunkler, etwas gelblicher Streif zu erken- nen, der durch die Wirbelkörper hindurchzieht, die daran wie aufgespiesst erschei- nen. Namentlich hat die Sache dies Ansehen zu der Zeit, wo die Zwischenwirbel- bänder noch nicht gebildet, die Wirbel aber gleichwohl schon eine Strecke weit von einander abgerückt sind; es bleibt dann, z. B. bei Rindsembryonen von 11/' Länge, zwischen je 2 Wirbeln eine durchsichtige Lage von Bildungsgewebe, durch welche die dunkle, scharfbegrenzte chorda hindurchzieht. Bei Rindsfötus von 4" Länge sind die letzten Reste der chorda auch in den Schwanzwirbeln geschwunden und die Zwischenknorpel angelegt. Was das Verhältniss der chorda zum Primordialschädel betrifft, so habe ich mich nach vielfältigen Untersuchungen überzeugt, dass sie nicht in allen Classen und zu jeder Zeit gleich weit nach vornen reicht. Bei dem Hühnchen reicht sie ungefähr am Ende des zweiten Tages, d. h. dann, wenn sich das vordere Ende abgegrenzt hat, bis indie Nähe der Augenblasen, später scheint sie mit der Entwicklung der Kopftheile und namentlich der Krümmung des Embryo nicht gleichen Schritt zu a halten; sie reicht dann nur noch bis in die Mitte zwischen Ohr- und Augenblasen ; noch später, wenn ihre Involution beginnen will, steht das stumpfe Ende den Gehör- bläschen näher als den Augen. Die knorplige Schädelanlage reicht immer, wenn sie erkennbar ist, eine gute Strecke über sie hinaus und bei keinem Thier sah ich die chorda weiter reichen, als bis in die Gegend des (vorderen) Keilbeinkörpers. Bei Säugethieren konnte ich sie von Anfang an nicht weiter verfolgen, als bis in die Gegend der Nackenbeuge, noch eine gute Strecke demnach von den Augenblasen ent- fernt. Schlägt man aber die Grösse der Vogelaugen an und erwägt man, dass die jüngsten Säugethierembryonen, die ich untersuchte, schon eine ausgebildete chorda und einen ziemlich entwickelten Kopf hatten, so ergibt sich in Bezug auf die Skelett- theile, denen sie entspricht. eine ziemliche Uebereinstimmung. Bei Rindsembryonen von 11/9 Länge verfolgt man sie noch deutlich bis in diejenige Gegend des primor- dialen‘ Schädelknorpels, wo die Nasenscheidewand beginnt; sie verschmälert sich nach vorn und endigt mit einer einfachen, stumpfen Spitze ohne Anschwellung. Endlich habe ich noch zu erwähnen, dass ich bei einem menschlichen Embryo von 7‘ Länge, bei welchem die erste Visceralspalte bis auf dıe Ohröffnung geschlos- sen, die Wirbelsäule bereits gegliedert, die Schädelkapsel aber noch ganz häutig ohne Spur von Knorpelanlagen, die Rippen bereits angelegt, in den Extremitäten- stummeln aber noch keine Spuren einer Differenzirung vorhanden waren, vergeblich nach der chorda dorsalis geforscht habe, obgleich ich jede Partikel des Embryo un- ter dem Mikroskope hatte und es bei Säugethieren auf dieser Stufe so leicht ist, dieselbe zu sehen. Entweder müssen daher hier besondere ungünstige Verhältnisse obgewaltet haben, — ich war geneigt, die Trübheit des Blastems anzuklagen, das nicht mehr ganz frisch war — oder es müsste die chorda beim Menschen auf einer früheren Stufe untergehen, als bei allen anderen Thierklassen. Es ergibt sich aus dem Vorgetragenen, dass die histologische und histogene- tische Verwandtschaft der chorda mit dem Knorpelgewebe eine mindestens sehr all- gemeine ist, und dass man die Beziehung derselben zum Skelett, wie es die Baer- sche Definition bereits ausspricht, nur so auffassen kann, dass dasselbe von den ver- schiedenen Systemen, denen die chorda zur Achse dient, derselben am nächsten liegt. Cap. Il. Von dem Wachsthum der knorpeligen Skeletltanlagen. Ein Gewebe kann gangbaren Ansichten zufolge auf doppelte Weise wachsen, d. h. an Umfang und Substanz zunehmen, je nachdem nämlich die einzelnen Elemen- tartheile entweder an Grösse oder an Zahl zunehmen. Es liegt dieser Ansicht die- selbe Vernachlässigung zu Grunde, welche der bestehenden Zellenlehre einen einsei- tigen Charakter gibt, nämlich ein Uebersehen oder Unterschätzen der alle Gewebe durchdringenden und wesentlich mitconstituirenden Intercellularsubstanz (formlosen Bildungsmasse). Gerade die Intercellularsubstanz spielt bei der Classe der Gewebe, welche das Skelett bilden, bei weitem die Hauptrolle und ihre Metamorphosen sind es hauptsächlich, welche die einzelnen Gewebe dieser Classe charakterisiren. Die Knorpelzellen an und für sich sind es nicht, was den Knorpel auszeichnet, denn sie überschreiten die Stufe der einfachen, indifferenten Zelle weder in chemischer noch in morphologischer Hinsicht erheblich. Das Eigenthümliche des Knorpelgewebes be- ‚ ruht in der Anordnung und Lagerung der Elementartheile inmitten einer mehr oder weniger structurlosen, aber in ungewöhnlicher Menge vorhandenen und ungewöhnlich festen Intercellularsubstanz. Alle empyrischen Eigenschaften des Knorpelgewebes, seine Festigkeit, Dichtigkeit, Elastieität oder Sprödigkeit u. s. w., beziehen sich nicht auf die Knorpelzellen, sondern auf das structurlose Grundgewebe. Wenn von dem Wachsthum des Knorpelgewebes die Rede ist, sind daher Intercellularsubstanz und Knorpelzellen in ihrem Verhalten gesondert zu betrachten, und diese Betrachtung wird ergeben, dass beide Factoren zu verschiedenen Zeiten eine verschiedene Be- deutung haben, dass aber die wichtigste Rolle immer der Intercellularsubstanz zufällt. Die ersten Skelettanlagen bestehen, wie oben bemerkt, aus dem allgemeinen Bildungsgewebe, das sich an diesen Stellen durch seine Dichtigkeit und grauliche Trübung von den benachbarten Theilen abgrenzt. Es wurde angegeben, dass diese Dichtigkeit und mindere Durchsichtigkeit auf dem Wachsthum der primären Bildungs- kugeln beruht, die in Zellen übergehen und derbere Wandungen erhalten, während die Intercellularsubstanz noch weich und in minnimo vorhanden ist. Die weiteren Veränderungen können an jedem Primordialknorpe! studirt werden; es eignen sich dazu aber namentlich lange und dünne Knochen, weil man hier ohne Trennung des Zusammenhangs und ohne weitere Präparation die Metamorphosenreihe übersichtlich vor Augen haben kann; so namentlich die Rippen, der Meckelsche Knor- pel, die Phalangen der Finger und Zehen, das Schulterblatt u. s. w. Verfolgt man einen solchen Knorpel eines jungen Fötus vom Rande nach innen, so bemerkt man, dass die dichteste Anhäufung von Bildungskugeln stets an der Peripherie statt hat und zwar sind die Körperchen desto kleiner, je peripherischer und dichter sie liegen, daher der Knorpel auch an diesen Stellen lange Zeit am dunkelsten ist. Man bemerkt ae a dieses Verhältniss mehr oder weniger an jedem wachsenden Knorpel; die Primor- dialknorpel wachsen also zunächst durch peripherische Apposition von Bildungskugeln, und zwar anfangs im ganzen Umfange, ziemlich gleich- mässig. Dadurch, dass dies später an einzelnen Stellen stärker und länger ge- schieht, wird die typische Gestalt bestimmt, welche der ausgebildete Knorpel er- reichen wird. Die Röhrenknochen wachsen daher durch Apposition besonders an den Stellen, welche den künftigen Gelenkflächen entsprechen; die Rippen an dem collum und an den vorderen Enden, das Schulterblatt an der Basis, an der erista. am Gelenkende u. s. w. An diesen in der Zunahme begriffenen Stellen sind die Primordialknorpel stets am wenigsten von dem umgebenden Bildungsgewebe abge- grenzt, ja sie gehen lange Zeit (so lange nämlich die umgebenden Gewebe noch nicht histologisch differenzirt sind) continuirlich in dasselbe über, während andere Stellen, namentlich die Diaphysen, schon scharf begrenzt und in Verknöcherung be- griffen sein können. An der mangelnden Begrenzung nach aussen und der dunkle- ren Farbe bei auffallendem Lichte erkennt man in allen Primordialknorpeln die Stel- len, wo dieselben noch durch Apposition von aussen oder, besser ausgedrückt, durch weitergreifende Differenzirung im Umkreise wachsen. Ganz anders verhält sich die einmal gebildete Knorpelsubstanz; denn auch sie trägt wesentlich zum Wachsthum des Knorpels bei. Im bereits angelegten Knorpel bilden sich nämlich keine neuen Körperchen, sondern es werden nur die vorhandenen, an der Peripherie angelagerten, von der erhärtenden Intercellu- larsubstanz umschlossen und auf diese Weise eben so viele kleine Höhlen mit glat- ten, wohlbegränzten Wänden gebildet, als Knorpelzellen vorhanden waren. Diese anfangs in minnimo vorhandene Intercellularsubstanz nimmt, gleich- zeitig mitihrer Erhärtung und während der ganzen Evolution, fortwäh- rend an Masse zu, ein wahres Wachsthum durch Intussusceptio, bei welchem sich nicht immer eine Texturveränderung in dem formlosen, festen Bildungsstoffe zeigt. Der ältere Knorpel unterscheidet sich von dem jüngeren besonders dadurch, dass die in den Knorpelhöhlen eingeschlossenen Knorpelzellen weiter ausein- andergerückt und daher scheinbar vermindert (auf einen grösseren Raum zerstreut) sind. Mit dieser Volumsvermehrung des ganzen Knorpels durch absolute Zunahme der Intercellularsubstanz und in Folge derselben findet auch eine Erweiterung der Knorpelhöhlen, gewissermassen ein Auseinanderweichen der die hohlen Räume umgebenden Moleküle des formlosen Blastems statt, welches als ein Charakter jedes u" — Wachsthums durch Intussusception betrachtet werden muss und in dessen Folge z. B. eine Zellmembran an Ausdehnung zunimmt, ohne an Dicke und Derbheit zu ver- lieren. Einer der Punkte in der Gewebelehre, die am wenigsten aufgeklärt sind, ist das Verhältniss der Knorpelzellen, welche aus den primären Bildungskugeln hervorgegan- gen sind, zu der umschliessenden Intercellularsubstanz, d. h. zu den Knorpelhöhlen. Nach der gangbaren Annahme verschmelzen beide miteinander und die Knorpelhöhlen des erwachsenen Knorpels entsprächen daher dem Lumen der Knorpelzellen. Ent- scheidende Beweise für diese verbreitete Annahme sind jedoch niemals beigebracht worden, und was Henle in seiner allgemeinen Anatomie darüber angibt, dürfte schwerlich zur Begründung hinreichen. Henle beruft sich S. 795 darauf, dass viele Höhlungen von zwei parallelen Linien begrenzt werden, deren Entfernung von ein- ander der Dicke der Zellenwand entspreche. Allein daraus, dass beide Linien aus- einander weichen und eine dunkeikörnige Substanz zwischen sich einschliessen kön- nen, wie es auch in der Abbildung dargestellt ist, geht hervor, dass diese, nicht immer parallelen, Linien verschiedenartige Dinge begrenzen und nicht einer einzigen Haut angehören können. Die Beobachtung von Meckauer, auf die sich Henle ebenfalls bezieht, wonach zuweilen aus geöffneten Knorpelhöhlen an Schnitträndern ein kuge- liges Körperchen hervorragt, welches Zellen und Zellenkerne enthält (in der eitirten Figur von M. ist es eine einfache Zelle), würde eher für das Gegentheil, nämlich für die Selbstständigkeit der Zellmembran sprechen. Es eignen sich zur Entschei- dung dieser Frage überhaupt am wenigsten die Knorpel des Erwachsenen, wo eigen- thümliche, später zu erwähnende Verhältnisse eintreten und das wahre Verhältniss selten mehr zu ermitteln ist; sehr einfach gestaltet sich dagegen die Sache bei der Un- tersuchung des Primordialknorpels. Verfolgt man z. B. bei 21/, langen Rindsfötus eine ganze Rippe oder feine Schnitte eines Extremitätenknorpels von den Enden nach der Mitte hin, so sieht man gleich hinter dem wachsenden Rande, da wo die Körperchen so weit auseinander gerückt sind dass man sie einzeln unterscheiden kann, noch keinen Unterschied zwischen Knorpelhöhle und Knorpelzelle. Die Körperchen haben die Grösse aller primären Bildungskugeln und scheinen in die Grundsubstanz eingebettet, wie Steine in den Mörtel. Weiterhin sind die Körperchen grösser geworden, man unterscheidet all- mählig Kern und Zellenmembran,, wenigstens mit Hülfe der Essigsäure, und zwar liegt die Zellmembran nicht immer den Knorpelhöhlen dicht an, sondern es bleibt m ie häufig ein Zwischenraum, der, wenn die Zelle für den Beobachter grade concentrisch mit der Knorpelhöhle gelagert ist, für eine doppeltconturirte Membran genommen wer- den kann. Die verschiedenen Modificationen in der Lagerung der Zelle, so wie die nicht immer rein sphärische Form der letzteren erläutern jedoch das Verhältniss ge- nügend. Bestimmteren Aufschluss gibt ausser den zahlreichen Fällen, wo die Zellen an Schnitträndern wirklich aus den Höhlen herausfallen und isolirt untersucht werden können, die Anwendung von Reagentien, namentlich des Jods. Das Jod ist ein so wichtiges Hülfsmittel beim Studium dieser Gewebe, dass ich eine klare Erkenntniss ihrer Structur ohne Anwendung derselben für unmöglich halte, und dass es bei jeder Untersuchung derselben wenigstens zur Controle dienen sollte. An hinreichend dün- nen Schnitten, die davon durchdrungen werden können, werden nämlich die Kerne und Zellengebilde stets viel dunkler, oft braun gefärbt, während die Grundsubstanz stets nur gleichförmig hellgelblich wird. Die Zellen springen dadurch plötzlich aufs lebhafteste aus der blässeren Grundsubstanz hervor und wenn man namentlich die Zellenkerne vorher durch Essigsäure deutlich gemacht hat (die dann vom Jod ganz dunkelbraun gefärbt werden), so gewinnt man die prachtvollsten Bilder, die man vom Knorpelgewebe sehen kann. Die Bilder sind jedoch nicht in allen Fällen ganz dieselben. Zuweilen nämlich färbt sich die Zellmembran heller, der Kern dunkler, und dies ist die Regel, besonders nach Anwendung der Essigsäure. Zuweilen aber erhält man eine sehr dunkle Peripherie und einen hellen Kern oder Inhalt. Dieser Unter- schied rührt oft von der Concentration der angewandten Jodlösung her, die im concentrir- ten Grade leicht die Zellmembran für alle Reagentien impermeabel macht und gar nicht zum Inhalt gelangt, daher es rathsam ist, eine mehr verdünnte Lösung anzuwenden und die Einwirkung einige Zeit zu beobachten. In anderen Fällen scheint dieser Un- terschied mit der Ausbildungsstufe der Zellengebilde zusammenzuhängen. Ist nämlich die Zellmembran fertig gebildet, das Körperchen bereits ein Bläschen, so dringt das Jod sehr bald zum Zelleninhalt und Kern, der dann immer am dunkelsten gefärbt wird. Sind aber die Umhüllungsmassen der Kerne noch halbfertige, un- reife, klümpchenartige, so findet, wie bei allen Klümpcehen, noch keine eigentliche Endosmose, sondern nur eine Imbibition statt; es bleibt dann das Jod in der periphe- rischen Schicht hängen und dringt spät oder gar nicht zum Kern, der nun blässer scheint als die Hülle. Im reiferen Knorpel erscheinen die Kerne stets sehr deutlich und dunkel gefärbt, während im entstehenden Knorpel häufiger das ganze Klümpchen sehr rasch dunkelbraun erscheint. Oft findet man daher beide Formen im Fötus ne- 2 a ME beneinander und in demselben Präparate, so dass die deutlichen Zellen mehr in der Mitte, die dunklen Klümpchen am Rande gefunden werden und in fortlaufender Reihe in einander übergehen. In allen Fällen ist besondere Rücksicht darauf zu neh- men, dass die Schnitte hinreichend fein sind, damit das Jod sie allenthalben durch- dringe, sonst begegnet es, dass einzelne, namentlich die durch den Schnitt blosge- legten Zellen sehr dunkel, andere tiefer gelegene gar nicht gefärbt werden. Wendet man die Jodlösung (ich bediene mich dazu einer verdünnten Lösung von Jod in Jodkalium) mit den genannten Rücksichten an, so wird man kaum je im Zweifel sein, was Knorpelhöhle, was Knorpelzelle ist, und beides mit Bestimmtheit unterschei- den können, während man sonst leicht versucht werden kann, seine Ansicht von der Structur des Knorpels an einem Tage mehrmals zu ändern. Liegt die Knorpelzelle der Knorpelhöhle so an, dass sie dieselbe vollständig ausfüllt, so erscheint stets das ganze „Knorpelkörperchen” gleichförmig dunkel gefärbt und in einem hellgelb gefärbten Sehfelde zu liegen. War aber ein Zwischenraum zwischen Zellmembran und Knorpel- höhle, so zeigt dieser die blässeste Färbung oder erscheint ganz farblos, da er einer Aushöhlung und daher der dünnsten Stelle des Präparates entspricht. Ist die Zelle aus der Höhle herausgefallen und diese leer zurückgeblieben, so hat dieselbe nur die Färbung der übrigen Intercellularsubstanz oder erscheint, wenn der Schnitt sehr dünn ist, ganz blass; man unterscheidet dadurch die leeren Knorpelhöhlen von den gefüllten, namentlich am Rande wo der Schnitt in der Regel am dünnsten ist, auf den ersten Blick. Ein Vortheil des Jods ist auch, dass es den spiegelnden Glanz, der der älteren Knorpelsubstanz, in dem Maase als sie trüb und dicht wird, und namentlich den Rändern und Wänden der Knorpelhöhlen eigen ist und der so oft das Ansehen einer doppelten Contour oder verdickten Wand hervorbringt, ent- weder ganz aufhebt, oder doch so weit dämpft, dass man die wahre Begrenzurg der Knorpelhöhle in dem jeweiligen Focus als eine einfache Linie erkennen kann. Weitere Aufschlüsse geben endosmotische Verhältnisse. Sehr häufig beobachtet man nämlich nach Zusatz der Jodlösung oder anderer Flüssigkeiten, dass sich eine dicht anliegende Zelle von der Wand der Höhle zurückzieht und so ein Zwischenraum zwischen Zelle und Höhle entsteht. Die Zelle nimmt dabei meist eine unregelmässige Gestalt an und schrumpft etwas ein, was ihrer Oberfläche ein rauhes, körniges oder faltiges Ansehen gibt. Wird Jodlösung hinzugebracht, so erscheint die Zelle desto dunkler gefärbt, je mehr sie einschrumpft. Um dichtanliegende Zellen in grösserer Anzahl zu sehen, muss der Knorpelschnitt von einem frisch getödeten Thier oder ru von einem möglichst frischen Fötus sein, denn einige Zeit nach dem Tode, wahr- scheinlich durch Wasserverdunstung, schrumpfen die Knorpelzellen stets ein und wer- den ganz unförmlich und unkenntlich. Man kann diesen Vorgang an jedem Präparate beobachten, wenn man es eine Zeit lang unter dem Mikroskope liegen lässt; so na- mentlich beim Zeichnen. Die Zahl der runden, gespannten Zellen vermindert sich fortwährend und es liegen zuletzt in den Knorpelhöhlen sonderbar gestaltete und verzerrte, ovale, längliche, eckige, zackige, gekerbte und verbogene, rauhe, körnige Körper, die von Jod dunkelbraun gefärbt werden, die geschrumpften Knorpel- zellen. Diese Körperchen sind es, die man so häufig in Knorpeln wahrnimmt, welche nicht mehr frisch sind oder gar in Weingeist gelegen haben, und die man bald als eigenthümlich metamorphosirte Zellenkerne der Knorpelzellen, bald als den von der Zellenwand zurückgewichenen Zelleninhalt, ja sogar als entstehende Knochen- körperchen gedeutet hat. Die erste Ansicht widerlegt sich leicht, da man in diesen geschrumpften Gebilden den wahren Zellkern sehr häufig mit und ohne Anwendung von Essigsäure und Jod wahrnimmt, auch dürfte eine Metamorphose der Zellenkerne, wie dabei supponirt wird, schwerlich Analogien finden. Dass der unförmliche Kör- per die Zelle selbst, nicht blos der Zelleninhalt ist, dafür spricht einmal die Beob- achtung des successiven Vorganges und derjenigen Stufen, auf welchen die rund- liche Gestalt der Zelle noch wenig alterirt ist, ferner aber das vorher ganz klare und wasserhelle Ansehen der Knorpelzellen, das auf einen farblosen und formlosen Zelleninhalt hindeutet. “Characteristisch ist auch das Verhalten der Be- grenzungslinien der Knorpelhöhlen. Liegt die Zelle der Höhle noch dicht an, so wird die lichtbrechende Eigenschaft der Höhlenwand durch die der anliegenden Zellmem- bran verstärkt und erscheint sehr dunkel, breit und scharf; so bald sich aber die Zelle zurückzieht, verschwindet dieser dunkle Contour, und sowohl die Begrenzungs- linie der Zelle als die der Höhle erscheinen blässer und feiner, so dass oft eine sorgfältige Beobachtung dazu gehört, um eine von beiden nicht zu übersehen. In allen embryonalen Knorpeln, aber auch in denen des Erwachsenen , namentlich in den Ueberzügen des Kiefer- und Schlüsselbeingelenkes, in den Bandscheiben u. s. w., an Stellen also, wo die Intercellularsubstanz sehr deutlich faserig und daher ihre Be- grenzung nicht zu verkennen ist, sieht man solche dunkel- und scharfconturirte „Knorpelkörperchen” neben blässeren und ganz blassen. Erstere sind diejenigen, deren Zellen die Knorpelhöhlen ausfüllen und daher von Jod ganz gefärbt werden; an den letzteren erkennt man stets, mit oder ohne Reagentieh, einen doppelten, aber Be MER keineswegs immer concentrischen Contour, von denen einer der Zelle, der andere der Höhlenwand entspricht. Wenn ich nach dem Gesagten den Knorpelhöhlen eine selbstständige, auskleidende Membran ab'spreche und eine Verschmelzung der Knor- pelzellen mit der Intercellularsubstanz, wenigstens für den fötalen Knorpel, vollständig in Abrede stelle, so folgt daraus von selbst, dass ich die enthaltenen freien Zellen, auch wenn sje die Knorpelhöhle nicht ausfüllen, nicht nach der gangbaren Ansicht als endogene oder Tochterzellen, sondern vielmehr als die ursprünglichen präformirten Bildungskugeln betrachte, welche in das Gewebe eingehen, aber in ihrem Wachsthum nicht nothwendig gleichen Schritt mit der Aus- dehnung der Knorpelhöhlen halten. Man findet daher auch im frischen Zustande Solche Knorpelzellen, welche die Höhlen nicht ausfüllen, immer dort, wo die Erwei- terung der letzten den höchsten Grad erreicht hat, d. h. in der Nähe des Verknö- cherungsrandes, wovon unten das Nähere folgt. Ich begnüge mich vorläufig mit der Angabe, dass ich eine endogene Vermehrung der Zellen, wenigstens im fötalen Knorpel, niemals wahrgenommen habe, und dass alle darauf bezüg- lichen Angaben für mich mehr als zweifelhaft geworden sind. Ich habe wohl in sel- tenen Fällen in einer Knorpelzelle 2 oder gar 3 Kerne angetroffen, aber so selten, dass ich es, wie in vielen anderen Geweben, als zufällige Ausnahme betrachten musste. Eine wirkliche Tochterzelle, d. h. Zelle in Zelle, ist mir in unzähligen Präpa- raten nicht ein einzigesmal aufgestossen, so eifrig ich auch darnach gesucht habe. Der fötale Knorpel wächst daher, meiner Erfahrung nach, sowohl durch Apposition von der Peripherie (fortschreitende Differenzirung des umgeben- den Bildungsgewebes), als auch durch Intussusception in seiner Dicke (Zu- nahme der Intercellularsubstanz). Eine Vermehrung der Knorpelzellen fin- det nur bei dem peripherischen Wachsthum statt, während die einmal sebildeten Zellen zwar innerhalb der sich erweiternden Knorpelhöh- len längere Zeit fortwachsen, sich aber weder vermehren, noch auf das Wachsthum der Intercellularsubstanz irgend einen directen Ein- fluss üben. Diese Gesetze haben, so weit meine Erfahrungen reichen, für die ganze Thier- welt uneingeschränkte Geltung. Die Verschiedenheiten, welche in den einzelnen Classen vorkommen, beziehen sich, abgesehen von späteren Metamorphosen, haupt- sächlich auf die Quantität der Grundsuhstanz im Verhältniss zu den enthaltenen Zel- Pe len, und auch diese scheinen weniger in der Eigenthümlichkeit der einzelnen Klassen als in den Verschiedenheiten der Organe und des Alters der Thiere begründet. Die Knorpel der sogenannten Knorpelfische gleichen ganz den permanenten Knorpeln der Knochenfische, diese denen der Amphibien und Vögel, und wenn auch bei den Säuge- thieren die Quantität der Intercellularsubstanz durchschnittlich die grösste ist, so fin- den sich doch in allen Klassen Knorpelparthieen, wo die Zellen so weit auseinander- stehen, wie nur je in den Knorpeln erwachsener Säugethiere und Menschen. Man ver- gleiche z. B. die Kopfknorpel von Chimaera, Salmo, Esox und selbst der Sepien mit den knorpeligen Apophysen junger Frösche, Vögel u. s. w. Eine auffallend geringe Mächtigkeit der Intercellularsubstanz kommt allerdings in der Klasse der Fische vor, und insofern kann man sagen, dass dieselbe in der Reihe der Wirbelthiere aufwärts sich vermehre. So finde ich bei Petromyzon marinus die knorpeligen Flossenstrahlen aus einem anscheinend rein zelligen Gewebe gebildet, welches einigermassen an das Zellenparenchym der Pflanzen erinnert. Die Zellen haben offenbar verdickte Wände, eine meist eckige und polyedrische Gestalt und zer- bersten beim Drucke nicht in einzelne isolirte Elementartheile, sondern in unregel- mässige Fragmente eines zusammenhängenden Maschenwerks. Hier glaubt man ver- schmolzene Zellenwände vor sich zu haben, besonders da die Kerne in den einzel- nen Zellen vollkommen deutlich sind und Jod alles gleichmässig gelb färbt. Man er- kennt aber auch eben so bestimmt die äusseren und inneren Oontouren der einzelnen verdickten Zellenwände und, besonders an den Winkeln, wo sie zusammenstossen, eine, wenn auch nur mässige, Schicht fester Intercellularsubstanz. Man hat es hier offenbar mit einer secundären Metamorphose permanenter” Knorpel zu thun, welche auch in der Classe der Säugethiere wiederkehrt und überall dort, wo spät-verknö- chernde Knorpel vorkommen. Die Zellen liegen der Höblenwand dicht an und schrumpfen nicht ein, weil sie verdickt sind, und sie werden vom Jod nicht auffal- lend gefärbt, weil sie nicht einschrumpfen und weil die verdickte Zellmembran der Intercellularsubstanz verwandter ist, als der frischen, jugendlichen Zellmembran. Es wird davon in dem Capitel von den permanenten Knorpeln wieder die Rede sein. Es erklärt sich nach meiner Ansicht auch die anscheinend abweichende Beschrei- bung, die Schwann !) von den wachsenden Knorpeln der Fische und Frösche gegeben hat. Man sieht nach ihm kleine, polyedrische, dicht an einander liegende Zellenhöhlen !) Mikroskopische Untersuchungen. S$. 17. MB mit abgerundeten Ecken. Der Zelleninhalt ist durchsichtig und lässt frisch oder durch Zusatz von Wasser einen blassen, runden, körnigen Kern erkennen. Gegen die Wur- zel des Kiemenstrahls hin werden die Zwischenwände immer dicker, die Höhlen kleiner. Die äusseren und inneren Contouren der verdickten Zellenwände sind mehr oder weniger deutlich. Zwischen zwei Zellen fliessen die äusseren Contouren zu Einer Linie zusammen, laufen aber auseinander, wenn die Berührung der Zellen- wände aufhört, so dass oft ein drei- oder viereckiger mit einer gleichen Substanz angefüllter Zwischenraum, eine Art Intercellularsubstanz, zwischen den Zellen übrig bleibt. Erst gegen die Wurzel des Kiemenstrahls hört die Unterscheidbarkeit der besonderen Zellenwände grösstentheils auf und es bleibt nur das Ansehen einer homogenen Substanz übrig, in der nur einzelne kleine Höhlen vorkommen, obgleich um einzelne Höhlen noch ein Ring als Spur der eigen- thümlichen Zellenwand übrig ist. Dieser Ring ist jedoch gewöhnlich ziemlich dünn, „so dass nicht die ganze Zwischensubstanz der Zellenhöhlen von den Zellenwänden gebildet sein kann, sondern die Intercellularsubstanz, die in der Mitte der Kiemenstrahlen sehr gering war, hier wesentlich zur Bildung. der Knorpelsubstanz beiträgt und häufig die unmittelbare Berührung der Zellen wie- der ganz verhindert.” Auch Schwann hat also beobachtet, dass der Knorpel durch Zunahme der Intercellularsubstanz wächst und Henle !) hat diese Wahrnehmung mit Unrecht bezweifelt. Zugleich verdicken sich hier. die Zellenwände auf Kosten der Zellenhöhle und erst die verdickten Zellenwände scheinen theilweise mit der In- tercellularsubstanz zu „verschmelzen.” Nur was Schwann weiterhin von endoge- nen Knorpelzellen berichtet und zeichnet, kann ich nicht bestätigen, und niemals habe ich mich an hinreichend feinen Schnitten, die eine Täuschung durch übereinan- derliegende Zellenlagen ausschlossen, von einer endogenen Zellenbildung überzeu- gen können, ja ich habe nie zwei Zellen mit Sicherheit in einer einzigen Knorpel- höhle beisammen liegen sehen. Der Unterschied dieser Knorpel von denen der Säugethiere liegt meiner Ansicht nach nur in der geringeren Ausdehnung, welche die Intercellularsubstanz erreicht, durch deren schmälere Brücken zwischen den ein- zelnen Zellen und Zellengruppen, in Verbindung mit dem optischen Phänomene der Spiegelung an den Begrenzungslinien, das Ansehen eines reinen Zellenparenchyms täuschender nachgeahmt wird. Die weitere Entwicklung, namentlich in Bezug auf !) Allgemeine Anatomie. $. 807. u die Anordnung der Knorpelhöhlen, auf ihre Erweiterung und spätere theilweise Ver- kleinerung, sowie das Auftreten einer Faserung in ihnen, unterscheidet sie in Nichts von den Knorpeln der höheren Classen, was sich weiter unten ergeben wird. Die Zweifel, die mir über die Entwicklung der Fischknorpel hätten bleiben kön- nen, hob die Entwicklungsgeschichte des Knorpelgewebes bei den nackten Amphi- bien, welche ich Schritt für Schritt verfolgt habe. Die ausgebildeten Knorpel der- selben gleichen bekanntlich denen der Fische ausserordentlich; man findet dieselben grossen Zellenhöhlen, dieselben Knorpelzellen mit deutlichen Kernen und das ganze Gewebe oft so durchsichtig und klar, dass man an dem Vorhandensein einer festen Intercellularsubstanz irre werden kann. Für ihre Existenz. spricht aber schon der innige Zusammenhang des Gewebes, und an älteren Knorpeltheilen hat sie stets so- weit zugenommen, dass man sie als ein zusammenhängendes Maschenwerk er- kennt. Die ungleich dicken Wände, welche die einzelnen Höhlen begrenzen, gehö- ren nicht den zusammenstossenden Zellenwänden, sondern der in minnimo vorhandenen, aber bereits erhärteten Intercellularsubstanz. So deutlich auch Schwann die ver- diekten Zellenwände aus den Kiemenknorpeln von Rana esculenta zeichnet, so kann ich doch von der obigen Deutung nicht abgehen. In vielen Fällen unterscheidet man die isolirte Knorpelzelle deutlich innerhalb der Höhle und wo nur ein blosser Zellen- kern in der letzteren vorhanden scheint, lehrt die Färbung mit Jod, dass die Zelle der Höhlenwand dicht anliegt und dann den Contour derselben und ihre leichtbre- chende Eigenschaft verstärkt. Es gelingt eben so, wie beim Säugethierknorpel, die Zelle zum Einschrumpfen zu bringen und herausgefallene Zellen sowohl als leere Knorpelhöhlen für sich zu betrachten. Auch sind diese angeblichen Zellenhöhlen keineswegs verengert, sondern eher erweitert. Geht man auf die erste Ent- wicklung zurück, und dazu eignen sich, wegen der Klarheit und Durchsichtigkeit des durch keine Dotterkörnchen verdunkelten Bildungsgewebes, namentlich die hervor- sprossenden Extremitäten der Froschlarve, so findet man nicht nur dieselben klei- nen, scharfeontourirten, dichtgedrängten, homogenen Körperchen, wie beim Säuge- thierfötus, sondern man kann sie auch noch leicht durch Druck von einander entfer- nen und sich überzeugen, dass ein minnimum von weicher Intercellularsubstanz vor- handen ist, welche weiterhin allmählig verhärtet und die Knorpelzellen einschliesst. Oft gelingt es dann, ehe die Knochenbildung hinzutritt, und namentlich an den Stel- len, wo sie beginnen will, die Knorpelsubstanz zu zerdrücken, Knorpelzellen und das halbfeste, zusammenhängende Maschennetz der Grundsubstanz zu isoliren, und u sich zu vergewissern, dass eine Verschmelzung der Zellenwände untereinander oder mit der Grundsubstanz nicht eingetreten ist. Das Skelett der Vögel stimmt, sowohl in Bezug auf seine Entwicklung als auf die Art der Verknöcherung, so sehr mit dem der Amphibien überein, dass eine weitere Ausführung des Gesagten unterbleiben kann; nur waltet hier die Intercellu- larsubstanz noch mehr vor, so dass eine Verkennung ihres Verhältnisses zu den Knorpelzellen weniger möglich ist. Namentlich ist es bei den Vögeln, beim Hühn- chen noch am 12 — 14. Tage der Bebrütung, z. B. an den Diaphysen leicht, durch Zerdrücken der halbfesten Knorpelsubstanz die Knorpelhöhlen zu sprengen und die Zellen einschrumpfen und herausfallen zu machen, worauf ein regelmässiges Maschen- werk in einzelnen Fragmenten vorliegt, dessen zum Theil geborstene Maschen den Knorpelhöhlen entsprechen (Taf. Il. Fig. 3). Im Skelett der Säugethiere, wo die Verknöcherung die grösste Ausdehnung erreicht, gewinnt auch die. Intercellularsub- stanz entschieden das Uebergewicht und erleichtert dadurch, wie wir gesehen haben, das Studium nicht wenig. Uebrigens erhält man bei ganz jungen 'Säugethierembryo- nen, 2. B. bei Rindsfötus bis zu 1’ Länge, wo die Grundsubstanz schon hinreichend erhärtet, aber noch sparsamer, nachgiebiger und brüchiger ist, durch Compression ganz ähnliche Präparate, Maschenwerke mit herausgefallenen Zellen, wie bei Amphi- bien und Vögeln. Später bedient man sich zur Präparation geeigneter Schnitte, die bei hinreichender Feinheit dasselbe leisten und damit den Vorzug des weniger ge- waltsamen Verfahrens verbinden. Cap. IV. Von dem Verhältniss der Skelettanlagen zu'den umgebenden Theilen. In den frühesten Perioden gehen die Knorpelanlagen ‘so ununterbrochen in das indifferente Bildungsgewebe über, dass man nicht sagen kann, wo die letzte Knorpel- zelle und die erste Bildungskugel liegt. Es ist die Zeit, wo der Knorpel noch all- seilig durch fortschreitende Differenzirung des an seine Ränder anstossenden Bil- dungsgewebes wächst. Man beobachtet dies an jeder Knorpelanlage, besonders schön und bestimmt noch an den jungen Extremitätenknorpeln der Froschlarve wegen der Durchsichtigkeit und Klarheit ihrer Gewebe, die sich mit einem Blicke übersehen las- sen. Von der Dauer und einseitigen Ausbreitung dieses peripherischen Wachsthums an einzelnen Stellen des Knorpels wird, wie schon erwähnt, seine definitive, typische Gestalt bedingt. Die Begrenzung der Wirbelplättchen tritt in allen Fällen an den = mE = vordern und hintern Rändern früher ein als an den seitlichen. Bei Rindsembryonen von einigen Linien Länge oder Hühnchen am zweiten Tag der Bebrütung scheinen dieselben an den zugekehrten Berührungsstellen durch schmale Spalten getrennt, während sie nach aussen, wo die verschiedenen Fortsätze des Wirbels entstehen sollen, noch continuirlich in das Bildungsgewebe übergehen. An den Röhrenknochen, die anfangs sehr kurz und unförmlich erscheinen und sich erst allmählig in die Länge dehnen, grenzen sich die Diaphysen, als die zuerst gebildeten Theile, auch zuerst nach aussen ab, indem an den Seiten keine neuen Knorpelzellchen mehr gebildet werden, die vorhandenen aber bei gleichzeitiger Erhärtung und Zunahme der Grund- substanz fortwachsen. Die Trennung von dem umgebenden Bildungsgewebe wird zunächst dadurch markirt, dass an den betreffenden Stellen andere Gewebe im form- losen Bildungsstoffe entstehen, die mit dem Knorpel in mehr oder weniger inniger Verbindung bleiben, vor allen ein Perichondrium. Die erste Andeutung eines Perichondriums erscheint immer als eine einfache oder mehrfache Reihe länglicher, ovaler oder spindelförmiger Körperchen, welche in dem weichen Blastem der Um- gebung sitzen und mit der Längsachse des Knorpels parallel streichen. Auch diese Begrenzung darf man sich nicht allzuscharf denken, denn auch in der Knorpelsub- stanz finden sich in späterer Zeit stets längliche kleine Knorpelkörperchen, welche der peripherischen Schicht angehören und unmittelbar an das Perichondrium gränzen, während die tiefer gelegenen Knorpelkörperchen, wo sie nicht mehr rundlich sind, stets mit dem längsten Durchmesser nach der Queere gerichtet sind. Bringt man z. B. einen ganzen Knorpelring aus der trachea eines mehrzölligen bis 1‘ langen Rindsfötus unter das Mikroskop und betrachtet ihn bei steigenden Vergrösserungen, so erscheint derselbe als ein homogenes, zusammenhängendes Knorpelstück, das nach aussen ringsum continuirlich in das unreife Bindegewebe des Perichondriums über- geht, so dass es von demselben schwer auszulösen und zu reinigen ist. An der Pe- ripherie sieht man zunächst dem undeutlich faserigen, mit länglichen Kernen durch- säten Perichondrium nur schmale, getreckte, nach der Länge des Knorpels gerich- tete Knorpelkörperchen, gleich dahinter kleine runde, wie man sie sonst an den wachsenden Rändern trifft und wie sie auch an beiden Enden des Knorpels noch vorhanden sind. Weiter gegen die Mitte des Knorpels hin haben dieselben an Grösse zugenommen, sind länglicher geworden, sind aber alle quergestellt und dichtgedrängt. Erst in der Achse des Knörpels haben sie sich durch Zunahme der Intercellularsub- stanz in Reihen geordnet, die nach der Richtung der Achse streichen, während jedes 6 aa einzelne Körperchen fortwährend quer gerichtet bleibt. Trennt man einen solchen Knorpel gewaltsam von seinem Perichondrium los, so lösen sich an der Peripherie oft einzelne längsovale Körperchen ab, von denen man nicht weiss, ob sie zum Knor- pel oder zum umgebenden Gewebe gehören. Erst mit der successiven Differenzi- rung des Bildungsgewebes in die verschiedenen spezifischen Gewebe, Bindegewebe, Blutgefässe, Sehnen, Bänder, Muskeln etc., tritt der Knorpel bestimmter aus dem Formlosen heraus und lässt sich dann auch leichter von seinem Perichondrium tren- nen; während seine noch wachsenden Stellen, wie z. B. an den Röhrenknochen die Apophysen, an der Wirbelsäule die Fortsätze, an den Rippen die vorderen und hin- teren Enden u. s. f., noch lange vom indifferenten Bildungsgewebe umgeben sind, das sich hier fortwährend nachzubilden scheint. In dem Maasse, als der Knorpel seine morphologische Ausbildung erreicht, schrei- tet auch die Anbildung des Perichondriums vorwärts, bis er von demselben allent- halben umhüllt ist. Von besonderem Interesse ist aber das Verhalten desselben an den Gelenken. An den Extremitäten der Froschlarven z. B. sieht man einige Tage nach ihrem ersten Auftreten schon den ganzen ligamentösen Apparat der Fingerge- lenke angelegt und lange Streifen einer faserigen Schicht längs den Phalangen her- ablaufen. Die Gelenkkapseln sind noch nicht gebildet, doch sieht man jene Schicht länglicher Körperchen, aus welcher das Perichondrium wird, von den einzelnen Glie- dern auf die nächstfolgenden hinüberschreiten, so dass eine Art gemeinschaftlicher Scheide um alle Glieder einer Extremität gebildet wird, die an den Zwischenstellen, aus denen später die Gelenkkapseln hervorgehen, etwas eingeschnürt ist. Dasselbe sah ich an Hühnerembryonen vom 1l5ten und an Canarienvögeln vom 12ten Tag der Bebrütung, nicht blos an den Extremitäten, sondern an allen Stellen, wo Knorpel- stücke sich berühren, an der Verbindungsstelle des Brustbeins mit den Rippen u. s. w. Bei achtzölligen Rindsfötus, wo die Verknöcherung der Rippen schon weit vorgeschrit- ten ist, das capitulum und collum aber noch knorpelig sind, sind die Kapselbänder bereits so fest, dass bei Anwendung von Gewalt eher das Knorpelende der Rippe abreisst, als dass die Rippe aus dem Gelenke weicht. Die Kapselbänder liegen straff an, ge- hen unmittelbar ins Perichondrium über und sind gewissermassen nichts Anderes, als die Fortsetzungen desselben über den Zwischenraum der Knorpelen- den hinweg. Zu keiner Zeit überkleiden daher die Kapselbänder die Gelenkflächen, ja die Gelenkhöhlen entstehen sammt den Bandschei- ben später als die Kapselbänder durch Dehiscenz des zwischen den Sc =e Knorpelenden übrig gebliebenen, nicht mehr zum Wachsthum des Knor- pels verwendeten Bildungsgewebes. Die Gelenkflächen sind, sobald überhaupt eine Gelenkhöhle wahrnehmbar ist, stets nackt, d. h. von der Knorpelsubstanz gebildet, und von keinem Ueberzuge bekleidet, wie senkrechte Schnitte durch die Gelenkflächen jederzeit zeigen. Wenn bei Erwachsenen eine streckenweise Fortsetzung der Kapsel- membranen oder Synovialkapseln auf die Gelenkflächen beobachtet wird, so rührt dies daher, dass der Knorpel nach seinem beendigten Wachsthum durch Apposition noch eine Zeit lang durch Intussusception in die Dicke wächst; die Centren der Gelenkflächen dagegen wird man stets ganz nackt finden, wie es neuerdings von mehreren Beobachtern übereinstimmend angegeben wurde. Was die Bildung der Bandscheiben oder Menisei betrifft, so ist die Bandscheibe des Kniegelenkes bei 11/,“ Rindsembryonen in ihrer ersten Andeutung zu erkennen, obgleich von einer Gelenkhöhle noch keine Spur ist. Bei Froschlarven finden sich am Tten Tag nach dem ersten Auftreten der Extremitäten schon alle Knorpel fertig gebildet, die Verknöcherung beginnend und die Zwischenknorpel und Ligamente durch faserige Querbänder angedeutet, welche von Knorpelzellen reihenweise durchzogen werden. Dass die Bildung der Symphysen und Zwischenknorpel bei den Säugethie- ren durch Differenzirung des zwischen zwei wachsenden Knorpelstücken befindlichen Bildungsgewebes erfolgt, ist bereits oben angegeben. Der Vorgang unterscheidet sich dadurch merklich von der Verschmelzung zweier Knorpel durch allmähliges peripherisches Wachsthum, wie sie z. B. bei der Bildung der Dornfortsätze aus den verschmelzenden Bogenhälften der Wirbel geschieht. Hierbei bildet sich kein Zwi- schenknorpel, sondern nur eine raphe, die ebenfalls bald verschwindet, so dass Schnitte durch die geschlossenen Wirbelbogen keine Grenze in der Gegend der Dornfortsätze mehr erkennen lassen. Der Ohrknorpel, der bei 11/5zölligen Embryonen noch ganz aus dichtgedrängten Körperchen mit sehr weniger, weicher und formloser Intercellularsubstanz besteht, ist von dem umgebenden Blasteme noch gar nicht abgegrenzt; doch markirt sich diese Abgrenzung bald durch dieselben länglichen und spindelförmigen Körperchen. welche allenthalben die Bildung des Perichondriums andeuten. Ist die Differenzirung des Perichondriums bis zu einem gewissen Grade gedie- hen und hat die Bildung der Gelenkhöhlen begonnen, so hört an den betreffen- den Stellen das peripherische Wachsthum des Primordialknorpels auf und es wächst derselbe fortan nur noch durch Intussusception und Zu- en nahme der Intercellularsubstanz, wobei die Knorpelzellen immer weiter und zwar mit einer gewissen Regelmässigkeit auseinandergedrängt werden, die Knorpel- höhlen aber nach und nach einen enormen Umfang erreichen können. Hat das Wachs- thum durch Apposition im ganzen Bereich des knorpeligen Primordialskeletts aufge- hört, so bildet endlich das Perichondrium nicht eine Hülle für jeden einzelnen Knor- pel, sondern es ist zu einer gemeinsamen Hülle für das ganze Skelett geworden, das die ganzen Skeletisysteme der Wirbelsäule, der Extremitäten, des Respirations- apparates u. s. w. in sich aufnimmt und zu natürlichen Skeletten verbindet und nebst den Bändern und Muskelsehnen, die von ihm entspringend mit ihm verschmelzen, die Festigkeit derselben bedingt. Lange, ehe dieser Zeitpunkt eintritt, hat schon die Verknöcherung in den dafür bestimmten Theilen des Primordialskeletts hegonnen und Fortschritte gemacht. Cap. V. Von der Verknöcherung im Primordialskelett. Diejenigen Stellen des Primordialskeletts, wo eine Verknöcherung des wachsen- den oder fertigen Knorpel eintreten will, lassen sich schon vorher an der Structur des Knorpelgewebes erkennen. Es sind nämlich stets diejenigen Stellen, wo die Zunahme der Intercellularsubstanz und zugleich die Ausdehnung der Knorpelhöhlen den höchsten Grad erreicht hat. Was die Stellen bei höheren Thieren auszeichnet, sind die bekannten Reihen von „Knorpelkörperchen”, welche stets senkrecht auf den Verknöcherungsrand oder Knochenkern zustreichen, und wobei die einzelnen Körperchen, welche die Reihe bilden, continuirlich an Umfang und besonders an Breite zunehmen. Verfolgt man einen verknöchernden Knorpel vom freien Rande nach dem Verknöcherungspunkte hin, so sieht man hinter der peripherischen Schichte platter, der Oberfläche paralleler Körperchen zuerst dichtgedrängte runde und kleine Körperchen, die weiterhin grösser werden, sich mehr von einander entfernen, zu- gleich in die Quere wachsen und dann bald eine reihenweise Anordnung auf kürzere oder längere Strecken hin erkennen lassen (Vgl. Taf. I. Fig. 2— 7). Die einzel- nen Reihen entfernen sich in seitlicher Richtung von einander, in dem Maasse als die structurlose Grundsubstanz zwischen derselben zunimmt, während die sich vergrös- sernden Körperchen einer und derselben Reihe sich an einander abzuplatten und zu verschieben scheinen, dabei oft polyedrische Gestalten mit abgestumpften Ecken an- nehmen, im Allgemeinen aber bis zum Verknöcherungsrand hin der querovalen Form treu bieiben. Erst in der unmittelbaren Nähe derselben blähen sie sich zu mehr » — sphärischen Höhlen auf und gehen in dieser Form in die Verknöcherung selbst ein. In den langen und platten Knochen der Säugethiere, z. B. in den Röhrenknochen der Extremi- täten, Rippen, Schulterblatt u. s. w., laufen alle Reihen parallel der Längsachse des Kno- chens; in den dieken Knochen dagegen, namentlich in den Wirbeln, stehen die Rei- hen von den Knochenkernen, soweit noch Knorpelsubstanz zwischen ihnen vorhan- den, radiär ab. Um Schnitte zu erhalten, welche die Reihen in ihrer Länge enthal- ten, muss man daher immer in Ebenen schneiden, welche auf dem Verknöcherungs- punkt senkrecht stehen, bei den langen und platten Knochen in der Längsachse, bei den dicken Knochen in der Richtung der Radien eines Kreises. Die Reihen sind in den Röhrenknochen stets am längsten und treten in den dieken Knochen mehr als ovale oder rundliche, zum Theil in die-Länge gezogene, Gruppen von Knorpelkör- perchen auf. Auch in manchen sehr langen und dünnen Knorpeln, bei welchen das Wachsthum in die Breite unbedeutend ist, z. B. in den Rippen, dem Meckelschen Knorpel, den Zungenbeinknorpeln, ferner in den Trachealknorpeln und den klei- nen und dicken Knorpeln überhaupt, sind die Reihen weniger ausgeprägt, weil die Intercellularsubstanz weniger zunimmt. Man findet daher von dem Rande her fort- “ schreitend, z. B. in den Rippenknorpeln eines 2“ langen Rindsfötus, an der Spitze der Rippe die dichtgedrängten, kleinen, rundlichen Körperchen, weiterhin querovale, welche die Stelle der Reihen vertreten und dichtgedrängt bleiben, und endlich am Verknöcherungsrande wieder rundliche, abers ehr grosse, ohne Ordnung durcheinan- dergeschobene Knorpelhöhlen. Wo Reihen vorkommen, sind sie gewöhnlich nicht neben oder hintereinander, sondern alternirend gestellt, so dass die Spitze jeder ein- zelnen in den Zwischenraum von je zwei nächstvorderen hineingeschoben ist; und da die Reihen sich nach beiden Enden hin verjüngen und daher, im Ganzen betrach- tet, eine elliptische oder spindelförmige Figur machen, so bildet die zwischen densel- ben befindliche Grundsubstanz des Knorpels ein Maschennetz von ungleich dicken Scheidewänden, von denen die breiteren sich längs und zwischen den Reihen, die schmäleren aber zwischen den einzelnen Knorpelhöhlen jeder Reihe quer hindurch- ziehen; oder, mit andern Worten, die Grundsubstanz des Knorpels bildet ein zusam- menhängendes Ganze, wie immer, aber die Knorpelhöhlen sind nicht mehr gleichmäs- sig vertheilt, sondern nach bestimmten Richtungen und in einzelnen Gruppen gela- gert. Dieses Verhältniss erklärt sich aus dem Wachsthum des geformten Knorpels, welches, ohne Vermehrung der vorhandenen Knorpelhöhlen und Knorpelzellen, nur durch Zunahme der Intercellularsubstanz geschieht. Die einzelnen Knorpelzellen 6 — werden dadurch von einander entfernt und auf einen grösseren Raum hin vertheilt. Dadurch, dass das Wachsthum der Intercellularsubstanz vor den Verknöcherungs- rändern mehr in die Breite, als in die Länge geht, werden die seitlichen Abstände der Knorpelzellen grösser, und daher ganze Reihen von Knorpelzellen von einan- der entfernt. Dass übrigens auch die Entfernungen zwischen den Zel- len einer und derselben Reihe absolut grösser und folglich die sie trennenden Querbrücken der Grundsubstanz gegen den Verknöche- rungsrand hin absolut dieker werden, davon kann man sich durch Messung und Schätzung mit Leichtigkeit überzeugen. Diese Querbrücken erscheinen nur des- halb auf den ersten Blick relativ schmal, weil sich die Knorpelhöhlen, in welchen die Zellen eingebettet sind, unverhältnissmässig ausdehnen, in die Quere ziehen und da- her ebenfalls an. absoluter Grösse zunehmen. Diese absolute Ausdehnung und Erweiterung der Knorpelhöhlen gibt dem ver- knöchernden Knorpel jenes maschige Ansehen, welches oft so täuschend das Bild eines Zellengewebes nachahnit. Allerdings kommen auch jetzt noch viele Zellen vor. welche die Höhlen ganz ausfüllen, und zwar desto zahlreicher, je frischer das Prä- parat und je kürzere Zeit nach dem Tode des Thieres verstrichen ist (Taf. I. Fig. 7,8, b. Taf. IV.-Fig. 1, b.). In vielen Fällen aber füllen die Zellen die Höhlen nicht mehr aus (ib. e, b!) und wenn sie gar in der oben erwähnten Weise zusam- mengeschrumpft sind (ib. d), kann man bei dem grossen Abstande der geschrumpf- ten Körper von der Höhlenwand leicht dazu verleitet werden, letzteren als den Con- tour einer Zelle, jenen als den Kern derselben zu deuten. Stets sieht man, wie oben erwähnt, die Zellen oder geschrumpften Körper von Jod intensiver gefärbt wer- den als die Intercellularsubstanz, und wenn die Schrumpfung noch nicht zu weit ge- diehen, erkennt man, namentlich mit Hülfe der Essigsäure, in den schrumpfenden Körpern stets noch den wahren Zellenkern, welcher weit weniger durch das Ein- schrumpfen affieirt, aber durch die Zusammenziehung, Runzelung und Verdichtung der Zellenmembrau verdeckt wird. Die sichersten Beweise dafür liefern sehr feine Schnitte, welche die grössten Höhlen in der unmittelbaren Nähe des Verknöcherungs- randes getroffen haben. Im glücklichen Falle wird dadurch eine ganze oder mehrere nebeneinanderliegende Reihen von Höhlen geöffnet, die enthaltenen Zellen fallen her- aus, und man hat das zusammenhängende Maschenwerk der Intercellularsubstanz al- lein vor sich, das durch Jod ganz gleichmässig gefärbt wird (ib. e). Man sieht dann, dass selbst zwischen den anscheinend sich berührenden Zellen einer Reihe s = noch eine, wenn auch sehr dünne Brücke von Intercellularsubstanz befindlich war. War eine Höhle durch den Schnitt nur auf einer Seite geöffnet, so erscheint sie wie ein Grübchen von einer dünnen, durchsichtigen Substanzschicht (der gegenüberliegen- den Höhlenwand) geschlossen. War der Schnitt auf beiden Seiten durch die Höhle gegangen, was sich namentlich an den Ränden der Präparate trifft, so erscheint ein Loch von der Grösse der bestandenen Knorpelhöhle. Von einem doppelten Contour oder von einem störenden, spiegelnden Saum ist an diesen feinsten Durchschnitten nichts wahrzunehmen. Die spiegelnden Säume, welche oft das Ansehen eines dop- pelten Contour geben, sind optische Phänomene, bedingt durch die sphärische Ge- stalt der lichtbrechenden Fläche und erscheinen daher um so breiter, je grösser der Umfang der Höhle, je dieker der Schnitt und je undurchsichtiger das Knorpel- gewebe war. Diese spiegelnden Säume der Knorpelhöhlen haben, wie es scheint, wesentlich zur Lehre von der endogenen Vermehrung der Knorpelzellen beigetragen. Der An- schein von Tochterzellen in einer Mutterzelle wird besonders gewonnen, wenn man Querschnitte durch jene Reihen verfertigt, Schnitte daher, welche bei den langen und platten Knochen die Längsachse unter rechtem Winkel schneiden, bei dicken Kno- chen in Tangentialebenen auf die Knochenkerne treffen. Bei der Schwierigkeit. Schnitte von einer Feinheit zu erhalten, die nur der Dicke einer Knorpelzelle ent- spricht, trifft es sich meistens, dass man eine grössere oder geringere Zahl sich deckender Zellen derselben Reihe vor sich hat. Da sie sich aber nie vollständig decken, so entsteht das Bild einer Gruppe von Zellen, deren spiegelnde Säume zu- sammenfliessen und den Contour einer Mutterzelle nachahmen (Taf. 1. Fig. 1. e). Veränderungen des Focus, sowie die Vergleichung der senkrechten Schnitte an den- selben Stellen des Knorpels zeigen, dass diese scheinbaren Tochterzellen nicht in derselben Ebene liegen, sondern in einer fortlaufenden, geschlängelten oder Zickzack- linie über einander stehen (Taf. I. Fig. 7). Will man sich die Mühe der Messun- gen nicht verdriessen lassen, so wird man finden, dass der Durchmesser der schein- baren Mutterzellen dem Durchmesser der Reihen genau entspricht. Eine andere, aber verwandte Frage ist es, ob eine secundäre Vereinigung meh- rerer Knorpelzellen in einer und derselben Knorpelhöhle, durch Sehwinden der Zwi- schenwände und Brücken der Intercellularsubstanz, das Bild endogener Formen er- zeuge. Ich stelle die Möglichkeit dieses Vorgangs im Allgemeinen nicht in Abrede; in den fötalen Knorpeln aber und vor dem Verknöcherungsrande findet er bestimmt — DM — nicht statt. Die Erweiterung der Knorpelhöhlen ist nicht die Folge einer Resorption, sondern eines vermehrten Ernährungsprozesses und von der Zunahme der Inter- cellularsubstanz bedingt; es wäre sonst nicht begreiflich, warum die Querbrücken der Intercellularsubstanz, gleichzeitig mit der Erweiterung der Höhlen, an absoluter Stärke zunehmen. Etwa hierher gehörige Thatsachen gehören einer späteren Periode der permanenten Knorpel an und werden dort erwähnt werden. Hinsichtlich der Knorpelzellen ist schon angeführt, dass sie mit der Erweiterung der Höhlen bedeutend an Grösse zunehmen, so dass sie in der Nähe des Verknöche- rungsrandes das 4 — 6fache ihrer anfänglichen Grösse erreicht haben (Taf. 1. Fig. 7, S, b). Sie sind nun viel durchsichtiger, der Inhalt klarer und die Kerne häufig ohne allen Zusatz deutlich, in andern Fällen aber von einem trüben, zuweilen fein moleeu- lären, staub- oder nebelartigen Zelleninhalt verdeckt. Durch Zusätze von Wasser, Jod, Alkohol oder Trocknen an der Luft collabiren die Zellmembranen, ziehen sich um den Kern zusammen, die Begrenzung der Knorpelhöhle erscheint als ein blasser. oft sehr breiter, spiegelnder Saum in ziemlicher Entfernung von dem sehr scharfen und bestimmten, nie spiegelnden Contour der Zelle. Dieselben Versuche lassen sich auch an solchen Zellen anstellen, die aus ihren Höhlen herausgefallen sind, was in der Nähe des Verknöcherungsrandes sehr leicht geschieht oder durch Schaben und Streichen über die Schnitifläche, oder auch durch Zerdrücken des Schnittes und Spren- gen der Höhlen, veranlasst werden kann; sie erweisen sich dann stets als kleinere und grössere, einkernige Zellen, meistens mit einer faltigen, collabirten Zellenmem- bran und homogenen, rundlichen oder ovalen Kernen. Essigsäure macht die Mem- branen durchsichtiger und die Kerne sichtbarer; erstere löst sich aber auch in Cali nur langsam, während die Kerne bald darin verschwinden. Niemals sieht man eine sogenannte Mutterzelle, d. h. eine ganze Zellengruppe oder Reihe, sammt ihren Scheidewänden, sich in toto auslösen und isoliren. Dass die Erweiterung der Knorpelhöhlen nicht als ein Resorptionsprocess, son- dern als Folge des Wachsthums anzusehen ist, wird durch das Auftreten eines wah- ren Resorptionsprocesses im wachsenden Knorpel erläutert, der ebenfalls der Ver- knöcherung vorausgeht und zu dessen Besprechung hier der Ort ist. Dieser Resorp- tions- oder Schmelzungsprozess erzeugt Höhlungen und Canäle, welche zum Theil mit freien Augen wahrnehmbar sind und den wachsenden Knorpel nach verschiede- nen Richtungen durchsetzen. Howship hat diese Chnäle schon vor langer Zeit EN ausführlich beschrieben und abgebildet. In der neuesten Zeit hat H. Meyer!) einen Erweichungsprozess der ächten Knorpel geschildert, der mit vollständiger Auflösung der Knorpelsubstanz und Höhlenbildung endigt. Er fand ihn fast in allen ächten Knor- pelstücken der Neugeborenen und Erwachsenen, regelmässig und constant bei allen Individuen und sucht darin, wie in der Faserbildung, eine eigenthümliche Umwand- lung derjenigen Knorpeln, deren Verknöcherung erst spät eintritt. Diese Ansicht gründet sich, wie es scheint, nicht auf Untersuchungen der Knorpel in der fötalen Periode, denn was man in den ächten Knorpeln und Apophysen Neugeborener und Erwachsener beobachtet, findet sich in noch viel grösserer Ausdehnung und constant in allen wachsenden Knorpeln des Primordialskeletts mit Ausnahme der ganz dün- nen und schmalen Knorpel, wie des Meckelschen, des Zungenbeins, der Gehörknö- chelchen, der basis scapulae u. s. w. Diese Höhlungen und Canäle haben keine regelmässige Anordnung in den ein- zelnen Skelettstücken, denn man trifft viele, welche der Längsachse des Knochens folgen, neben anderen, welche schief und quer laufen; manche verzweigen sich aus- serdem oder treten mit anderen in Verbindung (Taf. 1. Fig. 1. a, Fig. 3. e, Fig. 4. und 5. b; Taf IV. Fig. 1. d“). Diese Canäle erinnern in etwas an die Markcanäle des erwachsenen Knochens und man kann versucht werden, sie für die Anfänge derselben zu halten. Sie finden sich aber nicht blos in der Nähe des Verknöche- rungsrandes, sondern schon früh in den noch durch Apposition wachsenden Enden der Knorpel, mitten unter den dichtgedrängten, kleinen, rundlichen Knorpelkörper- chen. Niemals sah ich sie auf die Oberfläche oder zu einem zusammenhängenden Röhrensystem ineinander münden. Sie gehen auch nicht etwa aus den Reihen von Knorpelhöhlen durch Schwinden der Zwischenwände und Auflösung der Knorpelzel- ien hervor, denn sie finden sich nicht nur schon in den jüngsten Parthieen der wach- senden Knorpel, wo eine Sonderung der Knorpelkörperchen in Reihen noch nicht eingetreten ist, sondern man sieht in ihren unebenen, oft wie angefressenen Rän- dern und Wänden an feinen Schnitten bei starker Vergrösserung meistens noch eine Lage Knorpelkörperchen, welche den jüngsten an Grösse und Gestalt gleich- kommen und offenbar in ihrem Wachsthum zurückgeblieben sind, in die Grundsub- stanz des Knorpels eingebettet, und zwar oft mitten unter den genannten Reihen von _ sehr erweiterten Knorpelhöhlen. Sie haben sich also vor den Reihen gebildet und ') Müller's Archiv. 1849. S. 302 — 308. - # — werden erst durch das Wachsthum allmählig in den reiferen Knorpel und zuletzt nebst den Reihen in den Verknöcherungsprocess mit hinein gezogen. Die wirkli- chen Markcanäle bilden sich nach meinen Erfahrungen weder aus verschmelzenden Zellen, noch überhaupt im Primordialskelett, sondern sie gehören sämmtlich einem ganz anderen Bildungsprocesse an, der in dem Abschnitte von dem secundä- ren Skelette zu besprechen ist. Den Inhalt der beschriebenen Canäle bildet ein breiiger Detritus, in wel- chem man mehr oder weniger deutlich einzelne kleine Zellen und eine ungeformte, breüg gelatinöse Masse erkennt, welche die Lücke ausfüllt und die Wände beschlägt. Manchmal glaubt man Blutstreifen darin zu erkennen oder man findet den Inhalt röthlich gefärbt. Es ist jedoch leicht eine Täuschung möglich durch Vertinreinigung mit dem Blute aus dem verknöcherten Theile, wenn der Schnitt durch denselben ge- führt wurde; wenigstens traf ich bei solchen Schnitten, welche den Knorpel allein oder horizontal trafen, in der Regel kein Blut in diesen Canälen und ich stimme so weit mit H. Meyer überein, dass diese Canäle an und für sich nicht immer eine Gefässbildung anzeigen, obgleich die spätere Vascularisation des fötalen Knorpels sich derselben bedient. Gewiss ist es, dass sich Blut‘ und Gefässe aus ihrem Inhalt bilden können, und ich habe (wie auch nun Kölliker angibt) in späteren Perio- den und besonders bei menschlichen Fötus vom 4. bis 5. Monat diese Canäle wei- ter verzweigt und regelmässig mit Blut gefüllt gesehen, obgleich ich gesonderte Ge- fässwände nicht immer unterscheiden konnte. Man hat sich ihre Entstehung demnach als einen Schmelzungs- und Verflüssigungsprocess der Knorpelsubstanz vorzustellen, wobei Grundsubstanz und Knorpelzellen an einzelnen Stellen vollständig untergehen und zu einem secundären Blasteme eingeschmolzen werden, in welchem sich neue Gewebe, namentlich Blut- und Blutgefässe, entwickeln können, und man hat daher nicht unpassend den Namen Knorpelmark dafür gewählt, obgleich diese Knorpel- canäle mit den Havers’schen oder Markcanälchen des fertigen Knochens nichts zu thun haben, sondern nur den Markhöhlen der Diploe an die Seite gestellt werden können. Was die Besonderheiten der einzelnen Knorpel bei diesem Schmelzungsprocesse angeht, so trifft man in den langen Röhrenknochen viele longitudinale Canäle, in den Apophysen mehr quere, schiefe und verzweigte. In keinem Primordialknorpel von einiger Dicke habe ich sie ganz vermisst. Auf das Bestimmteste habe ich mich in zahlreichen Fällen davon überzeugt, dass sie anfangs blind endigen und spärlich Ba; Me untereinander, nie auf die Oberfläche des Knorpels münden. Auf Querschnitten durch die knorpeligen Theile der Apophysen mehrzölliger Rindsfötus erscheinen sie als rundliche oder ovale, oft schiefe Löcher, die in verschiedener Anzahl und in kei- ner bestimmten Ordnung über das Sehfeld zerstreut sind (Taf. I. Fig. 5). Ihre Breite ist verschieden, übertrifft aber meistens die der Reihen und Zellengruppen weit. Manchmal glaubt man in einem besonders weiten, im Centrum gelegenen Hohlraum das Lumen der künftigen Markröhre des Knochens zu erkennen, namentlich wenn es sich trifft, dass ein solcher Canal sich bis in die verknöcherte Parthie hinein fortsetzt und von dieser umgeben ist. Dieses Vorkommen ist aber durchaus kein con- stantes, die Canäle können so gut central, wie excentrisch auftreten, den Verknö- cherungsrand erreichen oder vor demselben blind endigen. An Knorpeln, welche bereits eine Gelenkfläche besitzen, z. B. bei Rindsfötus von 6 bis 5" Länge, wo also ‘kein peripherisches Wachsthum des Knorpels mehr stattfindet, beginnen die Canäle schon dicht hinter der Reihe länglicher Körperchen, welche der Oberfläche des Knor- pels parallel liegen und seine Begrenzung gegen die Gelenkhöhle hin bilden. In den wachsenden Theilen dicker Knochen trifft man runde, oval&, spaltförmige und ausge- buchtete Räume aller Art, in deren nächstem Umfang stets die Knorpelzellen und Höhlen an Wachsthum und Grösse sehr zurückgeblieben und dichter gedrängt sind. In der patella 5° langer Rindsfötus findet man selbst eine Art sternförmiger Verzweigung von solchen Ganälen, ehe noch eine Spur von Verknöcherung darin wahrzunehmen ist. Alle hier geschilderten Veränderungen der Säugethierknorpel gehen bis zu einem gewissen Grade auch in den entsprechenden Theilen des Primordialskeletts der Am- phibien und Vögel vor sich. Man findet nämlich -in den Diaphysen der Röhrenkno- chen ebenfalls Reihen, nur kürzer und dichter gedrängt, und dieselben grossen Knorpelhöhlen, welche gegen die Apophysen hin in dichtgedrängte querovale Körper und weiterhin in rundliche, kleine und platte peripherische Körperchen übergehen. (Taf. IV. Fig. 1.) Am wenigsten ausgebildet findet man die Reihen bei den Fischen, z. B. in der Nähe der Knochenkerne des permanenten Primordialschädels von Hech- ten und Salmen; doch finden sich hübsche Zellengruppen, in einer massenhaften In- tercellularsubstanz zerstreut, in der Nähe des Verknöcherungsrandes selbst bei Knor- pelfischen, z. B. im Schädel von Chimaera. Ist der wachsende Knorpel so weit vorbereitet, so beginnt die Verknöcherung. Die erste Spur derselben zeigt sich bei Rindsfötus von 8 Länge in den mittleren ächten Rippen ; es erscheint nämlich an der Stelle der grössten Krümmung ungefähr in der Mitte der Rippe, da wo die Knorpelhöhlen am grössten sind und die Rippe gegen das umgebende Gewebe am schärfsten abgegrenzt ist, eine feinkörnige Trü- bung der Intercellularsubstanz, die dadurch ein pulveriges Ansehen erhält, bei durch- fallendem Lichte dunkel, bei auffallendem aber weislich aussieht und zugleich etwas brüchiger und empfindlicher gegen Druck wird; denn sie zerspringt nicht mehr in grössere Fragmente, wie der wachsende Knorpel, sondern zerbröckelt in kleinere Partikeln. Säuren weisen die Gegenwart der Kalksalze durch das Aufbrausen nach. welches man unter dem Mikroskope schon wahrnehmen kann, wenn sich nur ein- zelne Gasblasen erst entwickeln. An beiden Enden ist die Rippe zu dieser Zeit noch nicht scharf begrenzt, sondern geht continuirlich in das ungeformte Bildungs- gewebe über, und man hat noch alle Fntwicklungsstufen der Knorpelzellen bis zum Verknöcherunesrande hin vor sich. Bei Rindsfötus von 11%‘ Länge ist die Verknö- cherung schon bis gegen die tubereula der Rippen vorgerückt und erstreckt sich zu- gleich nach vorn bis gegen die Rippenknorpel hin, deren Verbindung mit Rippen und Brustbein erst an den obersten ächten Rippen vollendet ist. Die 1, 11, 12 und 13. Rippe sind zu dieser Zeit noch ganz knorpelig. Fernere Verknöcherungspunkte sind aufgetreten am hinteren langen Rand des Schulterblattes, in den Diaphysen des hu- merus und femur, des radius und der ulna, der tibia und fibula, und zwar sind die der oberen Extremitäten weiter vorgerückt als die der unteren. Alle übrigen Theile des Primordialskelettes sind noch knorpelig, es hat aber die Bildung des secundären Skeletts am Schädel bereits begonnen. Bei 2“ langen Rindsfötus kömmt dazu ein Knochenkern in jedem vorderen Zun- genbeinhorn und zugleich hat die Bildung des secundären Skeletts an den verknöcher- ten Rippentheilen begonnen. An der Wirbelsäule und zwar an den Rückenwirbeln sind die Zwischenknorpel bereits vorhanden, zugleich hat die Differenzirung des Perichondriums begonnen, während überall noch die chorda dorsalis und im Schwanz- ende erst die Anlagen der Wirbelbögen zu erkennen sind. Die Dornfortsätze sind noch nirgends vereinigt und der Wirbelcanal daher noch ganz offen. Beim Druck trennen sich leicht die Wirbelbögen vom Wirbelkörper, weil an diesen Stellen die Bildung der Reihen und Knorpelhöhlen, den künftigen Knochenkernen entsprechend, am wei- testen gediehen, die Knorpelsubstanz daher hier am brüchigsten ist u. s. w. Die Verknöcherung beginnt und schreitet stets in der Intercellu- larsubstanz fort und zwar immer zuerst in den breiten Zwischenräumen zwischen a den Reihen, welche dadurch in ein dunkles Maschennetz mit länglichen Maschen ein- geschlossen werden, das dem maschigen Bau der knorpeligen Grundlage entspricht. Zuerst verdunkeln sich immer die früher spiegelnden Wände der Knorpelhöhlen; dann breitet sich die Verdunkelung weiterhin in die Intercellularsubstanz aus, bis dieselbe eine homogene dunkle Masse mit zahlreichen, den Knorpelhöhlen entsprechenden Lücken darstellt. Die Knorpelzellen sind an diesem Processe nicht betheiligt; wenn sie aber kurz vorher noch den Wänden der Höhlen dicht anliegend gefunden wur- den, so beginnt jetzt eine normale Einschrumpfung und man findet daher in den Höhlen des Knochennetzes lauter geschrumpfte Körper, welche nur einen kleinen Raum derselben ausfüllen und in jeder Beziehung mit den geschrumpften Körpern übereinstimmen, welche man künstlich aus dem wachsenden Knorpel darstellt (Taf. 1. Fig. 7 und 5, d). Bald verschwinden sie vollständig, denn in dem verknöcherten Theile sind die Maschen stets leer oder so gross, dass bei jedem hinreichend feinen Schnitte die enthaltenen geschrumpften Zellen herausfallen. Indem die Verknöche- rung weiter gegen die Apophysen und Knorpelränder fortschreitet, werden immer mehr Reihen in das Knochennetz eingeschlossen, während sowohl das peripherische Wachsthum des Knorpels, als die Bildung neuer Reihen von den Enden her stets fortdauert. Die Gestalt, welche das Knochennetz annimmt, entspricht stets der Anordnung, welche die Gruppen und Reihen der Knorpelkörperchen in den einzelnen Knorpeln darbieten. An den Röhrenknochen findet man daher lange Ausläufer des Knochen- netzes, welche sich weit in die Intercellularsubstanz zwischen den einzelnen Röhren hinein erstrecken; in den dicken Knochen dagegen findet man mehr rundliche Ma- schen, der gruppenweisen Anordnung der Knorpelkörperchen entsprechend. An vie- len Stellen, wo diese mehr gleichmässig zerstreut bleiben, besonders in den 3 nie- deren Classen der Wirbelthiere, entsteht ein Netz ‘mit engen Maschen, deren jede einer Knorpelhöhle entspricht (Taf. I. Fig. 8; Taf. IV. Fig. 1). Sind die Quer- brücken der Intercellularsubstanz, welche die Zellen einer Reihe von einander schei- den, noch unverknöchert und verhältnissmässig dünn, so entsteht auch hier oft das Ansehen einer langgestreckten Mutterzelle mit verknöcherten Wänden. Selbst mit- ten in dem Knochennetz können noch solche Zellengruppen mit unverknöcherten Querbrücken gefunden werden und zu der Deutung Anlass geben, als habe sich eine grosse Mutterzelle mit zahlreichen Tochterzellen in ein einziges colossales Knochen- N —_ körperchen verwandelt, eine Täuschung, welche durch die weiteren Schicksale des jungen Knochens sehr bald beseitigt wird. Es beginnt nämlich in den frisch verknöcherten Theilen gleich hinter dem Verknöcherungsrand ein wahrer, grossartiger Schmel- zungsprocess, wobei zunächst die Scheidewände und Querbrücken der verknöcher- ten Reihen verschwinden, die einzelnen Knorpelhöhlen daher zusammenfliessen und bald ein dem blossen Auge schon kenntliches cavernöses Gewebe (Diplo&) darstel- len. Diese Schmelzung und Rarefaction in dem kaum verknöcherten Knorpel geht so weit, dass es selten möglich ist, zusammenhängende Schnitte von frischem Kno- chengewebe zu erhalten, sondern die schmalen, unregelmässig gestalteten, ausge- buchteten und ausgezackten Knochenbrücken, welche die Diplo& darstellen und gleich sonderbar gestalteten Felstrümmern in die eben entstandenen Markräume hineinragen, bei den leisesten Versuchen dazu zertrümmern. Aus diesem Grunde brechen auch die meisten Schnitte, die man durch-den Verknöcherungsrand führt, unmittelbar hin- ter demselben ab, und man erhält meistens nur kleine Fragmente oder eine Knorpel- scheibe mit einem schmalen Saum vom Knochenrande (Taf. I. Fig. 3—-5, a, Taf. IV. Fig. 1, 7). Zertrümmertes und erweichendes Knochengewebe, Knorpelzellen und etwa noch übrige nicht verknöcherte Knorpelsubstanz bilden nun in den grossen, unregelmässi- gen Maschenräumen einen unförmlichen Detritus, der eine vollständige Schmelzung zu einem secundären Blasteme erleidet, in welchem erst nach und nach neue Form- theile sich zu den Gebilden entwickeln, die im fertigen Knochen Mark heissen, na- mentlich zu Blut und Blutgefässen, Fettgewebe, Bindegewebe u. s. w. Bei Rinds- fötus von 8° Länge ist daher der ganze verknöcherte Theil der Röhrenknochen schon gleichförmig roth gefärbt, doch lassen sich darin noch keine Blutgefässe nachweisen. Die Masse, welche die Stelle des Markes vertritt, enthält immer noch die geschrumpf- ten Knorpelzellen, die sich in Essigsäure wenig verändern, viele klümpchenartige Körperchen, in denen diese einen einfachen, glatten oder körnigen Kern darstellt, der zuweilen auch ohne Anwendung der Essigsäure sichtbar ist. und fertige Blut- körperchen. Auch die oben erwähnten Canäle und Lücken des wachsenden Knor- pels werden, wenn die Verknöcherung sie erreicht hat, in diesen Schmelzungspro- cess hereingezogen und es zeigt sich nun, dass sie in der That die ersten Anfänge desselben sind, die schon im Knorpel beginnt. Sie verlieren sich vollständig in dem neugebildeten diploetischen Gewebe, das für alle primordialen Knochen auf dieser Ba... Stufe das gleiche ist und erst allmählig in den dicken Knochen zu den sog. Mark- zellen, in den langen aber zur Markröhre sich erweitert. Letztere ist also von Anfang an nicht ein Product aus der Verschmelzung einer bestimmten Anzahl indi- vidueller Knorpelhöhlen, sondern im allgemeinsten Sinne Folge der Schmelzung des neugebildeten Knochens. Sie hat daher auch zu keiner Zeit eine scharfe Begrenzung oder gar eine auskleidende Wand, sondern sie geht stets in das benachbarte diploe- tische Knochengewebe continuirlich über, und vergrössert sich durch fortschreitende Schmelzung desselben in dem Maasse, als die Verknöcherung nach den Apophysen hin fortschreitet. An den kürzeren und platten Röhrenknochen des Metacarpus und Metatarsus, den Phalangen, Rippen u. dgl. kömmt es in der Regel gar nicht zur Bildung einer Markröhre, sondern ihre Stelle wird zeitlebens durch weitmaschiges diploetisches Gewebe eingenommen. Was von dem frisch verknöcherten Knorpel übrig bleibt, sind demnach verhält- nissmässig dünne und schwache Knochenbrücken, die anfangs ganz das- dunkle, gra- nulirte und grobkörnige Ansehen des Verknöcherungsrandes haben. Bald aber hellt sich dasselbe auf und wird wieder homogen und durchsichtig wie Knorpel, so dass der Verknöcherungsrand eine dunkle Grenze zwischen dem durchsichtigen Knorpel- gewebe und dem ebenfalls wieder hellgewordenen Knochengewebe bildet. Diese Erscheinung rührt sicher nicht von einem Wiederverschwinden der Kalksalze her, die nach Kölliker !) erst provisorisch in Gestalt von Körnern und Krümeln abge- lagert, dann wieder aufgesaugt und von neuem, chemisch, an die Grundsubstanz ge- bunden werden sollen. Ich habe niemals isolirte Kalkkrümel im Knochen getroffen, die sich in Säuren vollständig aufgelöst hätten, sondern stets nur pulverig oder kör- nig getrübte Intercellularsubstanz, und erkläre mir daher den Unterschied der Dich- tigkeit und Transparenz des Knochens an dem Verknöcherungsrande und hinter dem- selben aus der mehr oder weniger vollkommenen Imprägnation der Knorpelmasse mit Salzen, die offenbar an einzelnen Punkten beginnt und erst nach und nach durch Verknöcherung der zwischenliegenden Theilchen sich gleichmässig ausbreitet, wie es mit dem Knochennetz im Grossen auch stattfindet. Stets reagirt das Gewebe hinter '!) Bericht a.a.0.S. 42. Unbestimmter und theilweise widersprechend in seinem Handbuche a. a. O. $.359. Auch die Gründe von Tomes (Todds Cyclop. IH. p. 848) und von Todd und Bowman (Physiol. anal. and physiol. of man. 1. p. 108) für eine „körnige“ Ablagerung des Kalks scheinen mir nicht zureichend; denn jede Asche verbrannter Lhierischer Theile erscheint unter dem Mikroskope körnig oder krümelig. N dem Verknöcherungsrande auf Säuren und charakterisirt sich um so bestimmter als Knochen, als man nun auch allenthalben die bekannten Knochenkörperchen wahrnimmt. Hier würde nın der Ort sem, wo die Entstehung der ebengenannten Körper- chen zur Sprache zu bringen wäre, welche für das Knochengewebe charakteristisch eehalten werden. Ich kann mich jedoch hierüber eben so kurz fassen, als es oben in Bezug auf die Markcanälchen geschehen ist. Allerdings gehen nicht alle Knorpel- höhlen in jenem Schmelzungsprocesse der Diploö& unter, sondern man findet in der Nähe des Verknöcherungsrandes primordialer Knochen zeitlebens eine Anzahl ver- knöcherter Knorpelhöhlen, die zuweilen noch eine geschrumpfte Knorpelzelle enthal- ten. Aber diese primordialen Knorpelkörperchen (Taf. IV. Fig. 5, B) entbehren gerade der characteristischen Eigenschaften derjenigen Gebilde, welche man im erwach- senen Knochen so nennt; namentlich fehlen ihnen die sog. canaliculi und sie stehen noch weniger in jener anastomotischen Verbindung miteinander, welche den letzteren ihre Be- deutung gibt. Die corpuscula radiata gehören mit einem Worte gleich den Markcanälchen, wie sich zeigen wird, gar nicht dem primordialen, sondern wesentlich dem secundären Skelett an, und ich beschränke mich einstweilen auf die Angabe, dass ich niemals eine Ablagerung von Kalksalzen in das Innere der Knorpelhöhlen oder gar in die Knorpelzellen gesehen habe und dass insbesondere die Knorpelzellen nicht in der entferntesten genetischen Beziehung zu den sog. Knochenkörperchen stehen. Der im Wesentlichen schon von Miescher) vortrefllich geschilderte Process der Verknöcherung im Primordialskelett ist seitdem vielfach beschrieben, abgebildet und ge- deutet worden; viel weniger ist aber der höchstwichtige Einfluss zur Sprache ge- kommen, welchen derselbe auf das Wachsthum und die Gestalt der einzelnen Ske- letttheile hat. Es ist nämlich ein allgemeines Gesetz, auf welches besonders Serres und E. H. Weber ?) aufmerksam gemacht haben, dass nur der unverknö- cherte Knorpel durch Zunahme der Grundsubstanz zu wachsen ver- mag und dass die Ausdehnung durch inneres Wachsthum in dem Maase stille steht, als die Verknöcherung darin fortschreitet. Die Intercellu- larsubstanz behält die Fähigkeit zuzunehmen im knorpeligen Zustand, bis das Indivi- duum seine typische Grösse erreicht hat; aber sie verliert sie, sobald sich Kalksalze !) De inflammatione ossium. Berol. 1834. p. 22. 2) Hildebrandt's Anat. des Menschen. % Aufl. 1830. II. S. 36. u <£ darin ablagern und zwar stets nur an den Stellen, wo dies geschieht. Ein Knorpel, der die Gestalt einer Kugel hätte und von seinem Centrum aus zu verknöchern be- gänne, würde nach vollendeter Verknöcherung nur so viel an Umfang zugenommen haben, als die noch unverknöcherte Rinde seit dem Beginne der Verknöcherung sich noch auszudehnen Zeit hatte; das verknöcherfe Ganze würde aber die Kugelgestalt behalten, weil der Knochenkern die Peripherie in demselben Momente an allen Stel- len erreichen würde. Da die meisten knorpeligen Skeletttheile eine sehr unregelmässige Gestalt haben, so ist es begreiflich, dass die Stelle, wo die ersten Knochenkerne auftreten, für die Gestaltung des künftigen. Knochens durchaus maasgebend ist und nicht von Zufällig- keiten abhängen kann. Zwar weichen die Angaben über die Zahl und den Sitz der Knochenkerne sehr von einander ab, aber es rührt dies gewiss nur daher, dass wir keine hinreichend durchgeführten Untersuchungen bei einzelnen Species besitzen und daher zerstreute Angaben nicht blos aus verschiedenen Epochen, sondern auch von verschiedenen Species vermengt werden. Dazu kömmt, dass bei allen bisherigen Angaben dem Unterschiede des primordialen und secundären Skelettes keine Rech- nung getragen ist. Ich bin leider nicht im Stande, diese Lücke dermalen auszufül- len, doch werden einige Beispiele zur Erläuterung am Platze sein. Die ersten Knochenkerne der Röhrenknochen treten bekanntlich in den Diaphy- sen auf und zwar ziemlich regelmässig in der Mitte derselben. Die Folge davon ist, dass die Verknöcherung sehr bald die Dicke derselben durchmessen hat und fer- ner nur nach den Apophysen hin fortschreiten kann. Sobald aber die Verknöcherung das Perichondrium an den Diaphysen erreicht hat, steht die Ausdehnung in die Dicke hier still, während die knorpeligen Apophysen fortwährend an Umfang zunehmen, so lange als noch unverknöcherter Knorpel vorhanden ist und das Wachsthum des Individuums währt. Es erklärt sich daraus die unverhältnissmässige Grösse der knorpeligen Apophysen in der späteren Periode des Fötallebens, zu deren Stütze und Verbindung die verknöcherten dünnen Diaphysen bei weitem nicht ausreichen würden, wenn nicht die Bildung des secundären Skelettes an diesen Stellen bereits begonnen und die mangelnde Ausdehnung der Diaphyse in die Dicke ersetzt hätte. Nur auf diese Weise ist es begreiflich, wie der Röhrenknochen, an dessen Gelenk- enden sich weder ein Perichondrium, noch übriges Bildungsgewebe befindet, seine typische Länge erreicht. Später, wenn auch in den Apophysen selbstständige Ver- knöcherungspunkte auftreten, wachsen dieselben einander entgegen und es wird die bo) a un Ausdehnung des Knochens in die Länge auf die zwischen denselben übrige unver- knöcherte Knorpelsubstanz beschränkt. Mit Recht gilt daher von jeher der Satz, dass der Knochen sein Längenwachsthum hauptsächlich an den Apophysen mache, und man hat nur darin geirrt, dass man eine bestimmte, fixe Grenze zwischen Diaphysen und Apophysen suchte und beide als ursprünglich getrennte Skeletttheile auffasste. Al- lerdings trennen sich beim Maceriren oder durch Gewalt die Apophysen an bestimm- ten Stellen von den Diaphysen los, und besonders, wenn die Knochenkerne sich beinahe erreicht haben und nur noch eine dünne Knorpelschicht sie trennt, die an getrock- neten Präparaten ohnehin durch Einschrumpfen ganz unkenntlich wird, scheint ihre Selbstständigkeit unzweifelhaft. Solche Präparate sind es, an welchen die Entste- hung des Beckens, des Brustbeins und anderer Knochen aus mehreren Stücken demonstrirt zu werden pflegt. Untersucht man aber feine Schnitte durch solche Knochenränder, so gewahrt man, wie bald von einem, bald von beiden Verknöche- rungspunkten die bekannten Reihen ausstrahlen, die anfangs noch in der intermediä- ren Knorpelschicht sich verlieren, zuletzt aber, wenn auch in dieser die Reihenbil- dung begonnen, beide Knochenränder direct verbinden. Daraus erklärt sich, warum in der Nähe des Verknöcherungsrandes der Zusammenhang des Knorpels am locker- sten ist und die Apophysen stets so abbrechen, dass die Bruchfläche dem Verknö- cherungsrand parallel geht und die, letzten Ausläufer des Knochennetzes sammt einem Theil der Reihen am knorpeligen Theil zurückbleiben. An den dieken Knochen tritt das erwähnte Gesetz, das an den langen und plat- ten Knochen so augenfällig ist, theils desshalb weniger hervor, weil sie sich mehr der Kugelform nähern, theils auch, weil hier sehr früh und früher als in den andern Knochen mehrere Knochenkerne sich begegnen und daher die Peripherie des Theils an mehreren Stellen zugleich erreicht wird. Auch hier findet jedoch keine Ausnahme statt. Indem z. B. an den Wirbeln zuerst zwei Knochenkerne in den Wirbelbögen und dann ein unpaariger im Wirbelkörper auftritt, wird dem Wachsthum der erste- ren, deren Dicke bald verknöchert ist, die einseitige Richtung in die Länge vorge- schrieben, dem Wirbelkörper aber mehr eine allseitige Richtung in die Dicke ermög- licht. Dass der Knochenkern des Wirbelkörpers nicht ganz central, sondern der Vorderfläche des Wirbels näher liegt und die letztere zuerst erreicht, begünstigt die vorzugsweise und längere Ausdehnung der zwischen Körper und Bogen liegen- den Parthie und daher die Erweiterung und Verbreiterung des Wirbelcanals. Ganz dasselbe findet am foramen magnum .ossis oceipitis statt, nur kömmt bei den meisten 3 Wirbelthieren noch ein vierter Knochenkern hinzu, der in der Gegend der protube- rantia oceipitalis externa auftritt und bei den Säugethieren in der Regel an der Bil- dung des foramen magnum Antheil nimmt. Auf gleiche Weise erklärt sich aus der Anordnung und Verbindung der drei Knochenkerne im Becken die Erweiterung der Pfanne, des foramen ovale u. s. w. Dass in anderen Fällen, namentlich da, wo ein Gefäss oder Nervenloch sich erweitert, das nicht von mehreren Knochenkernen ge- bildet ist, eine Resorption der bereits gebildeten Knochenränder stattfinde und mit- wirke, ist damit nicht ausgeschlossen; es wird dabei auch in Anschlag zu bringen sein, dass alle diese Löcher im Fötus von Anfang an relativ viel weiter sind als beim Erwachsenen. Aus dem Gesagten erhellt der Vortheil der späten Verschmelzung von Apo- physen und Diaphysen und überhaupt das normale Auftreten mehrerer Knochenkerne in einem und demselben Knorpeltheil, und umgekehrt dürften manche ungewöhnliche, aber offenbar physiologische Vorkommnisse dadurch ihre Erläuterung finden. Ich rechne dahin manche Fälle von Zwergwuchs, der sich auf einzelne Extremitäten, besonders den Oberarm, beschränkt, bei sonst ganz normaler Bildung und Function der Muskeln und Weichtheile. Ich habe diese angeborene oder frühzeitig erworbene Verkürzung des humerus sowohl an Einem Arm als auch symmetrisch bei sonst ganz wohlgebildeten und gesunden, sogar sehr muskulösen Menschen beobachtet. Nicht minder auffallend muss dieses Gesetz hervortreten, wenn zwei ihrer Bestim- mung und Anlage nach getrennte oder durch Gelenke verbundene Skeletttheile in der Entwicklungsperiode, sei es auf physiologischem oder pathologischem Wege, mit einander verschmelzen und verknöchern. Dies geschieht u. A. nicht so selten in der sog. symphysis sacroiliaca, die eigentlich keine Symphyse, sondern eine Harmo- nie oder besser noch Amphiarthrose ist. Das schrägverengte Becken, mit dem ich mich aus Aufforderung des verstorbenen Geheimerath Nägele vielfach beschäf- tigt, und bei welchem offenbar die frühzeitige Anchylose des Heiligen- und Darm- beins das Primäre ist, dürfte nicht dem Ausfallen eines fötalen Knochenkerns, son- dern im Gegentheil einer zu baldigen und ausgedehnten Verknöcherung zu- zuschreiben sein. Ich betrachte dasselbe in Bezug auf die Anchylose des Heiligen- und Darmbeins als angeboren, in Bezug auf die Verschiebung der Symphyse und des Steisbeins aber als erworben, und beziehe mich auf die, von mir in allen Fällen wahrgenommene, compensirende Verkrümmung der Wirbelsäule. Daher . sind in späteren Lebensaltern erworbene Anchylosen dieser Theile ohne Einfluss auf die Figuration des Beckens, so wie es auch erklärlich ist, dass ein symmetri- scher Bildungsfehler, wie er sich in dem Robert’schen Becken darstellt, die Symmetrie des Beckens nicht aufhebt. In wiefern überhaupt die frühzeitige Verknöcherung des Skeletts auf die typische Grösse der Classen, Gattungen und Species von Einfluss ist, mag späteren Unter- suchungen vorbehalten bleiben. Darauf kann man aber hinweisen, dass bei der Classe der Vögel, wo die Verknöcherung des Skeletts die vollständigste und zugleich am frühesten vollendet ist, die typische Grösse der Species am constantesten er- scheint und sehr frühe erreicht wird. Weniger constant ist sie bei den Säugethie- ren, constanter im Allgemeinen bei den Knochenfischen, aber sehr variabel bei den- jenigen unter ihnen, deren Skelett lange Zeit oder zeitlebens theilweise knorpelig bleibt. Irre ich nicht, so finden sich unter den hechtartigen Fischen und Salmonen die häufigsten Grössenunterschiede und wahre Monstra an Grösse. Diesen und den Knorpelfischen wäre am ehesten ein, wie man sich ‚ausgedrückt hat, unbegrenztes Wachsthum zuzuschreiben. Dass endlich die mannigfachsten Variationen auch hier durch Cultureinflüsse hervorgebracht werden können, die den Entwicklungsprocess beschleunigen oder verzögern, dafür geben sämmtliche Hausthiere und die mensch- lichen Species hinreichende Belege. Es ist schon oben hervorgehoben worden, dass die Verknöcherungspunkte nach Zahl und Sitz nicht immer den ursprünglichen Knorpelanlagen entsprechen, dass man daher leicht fehlgehen muss, wenn man jeden Knochenkern ohne Weiteres als ein- fachen Skeletitheil oder „Knochen” betrachtet. Es ist dort schon das Beispiel des Beckens, des Brustbeins und des Zungenbeins angeführt worden. Hinsichtlich des Brustbeins ist es von besonderem Interesse, dass, wie Meckel1) schon bemerkt, die Zahl seiner Knochenkerne variirt und zuweilen eine paarige Reihe bildet, ein Verhältniss, welches bei manchen Säugethieren, besonders dem Schweine und theil- weise bei Cetaceen und Edentaten, Regel ist. Im hiesigen Cabinete befindet sich auch das Skelett eines jungen Orang-Utang, dessen Brustbein von 4 paarigen und einem unpaaren, im Ganzen also aus 9 Knochenkernen verknöchert ist und ausser- dem noch einen knorpeligen processus ensiformis besitzt. Die paarigen sind auch 1) Vergleich. Anat. II. 2. S. 326. und Archiv. 1815. S. 612. Otto de rarioribus quibusdam sceleti humani cum animalium sceleto analogiis. Vralis!. 1839. Tab. II. BAR gen hier nicht symmetrisch gestellt und namentlich die beiden obersten im manubrium von sehr ungleicher Grösse. Insofern in diesen Fällen die Reihe der Knorpelkerne paarig ist, entspricht sie der gedoppelten Knorpelanlage des Brustbeins; in Bezug auf die einzelnen Knochenkerne jeder Reihe aber fehlt jede Analogie und um so mehr, da die Situation derselben zu den Rippen in keiner constanten Beziehung steht, wie man sich durch Vergleichung einer grösseren Anzahl von Kinderskeletten überzeugt. An der Wirbelsäule entsprechen nur die paarigen Knochenkerne, welche zuerst in den Wirbelbögen auftreten, den ursprünglichen Wirbelanlagen (oberen Bogenstücken der höheren Classen, Wirbelplättchen der Autoren). Ausser diesen und bald nach ihnen entsteht aber bekanntlich zunächst ein unpaarer Knochenkern im Wirbelkörper und zwar an der Stelle, wo sich die Bögen unten verbinden. Ein ähnlicher unpaa- rer Knochenkern entsteht ferner bei vielen Säugethieren (die ein sog. Widerrist ha- ben), besonders beim Rinde, Pferde, Schweine, in den processi spinosi der Brust- wirbel, d. h. an der oberen Verbindungsstelle der Bögen, und findet sich mit weni- gen Ausnahmen bei allen Wirbelthieren wieder als squama oceipitis (untere Hälfte) oder os oceipitale superius der Autoren ; beim Menschen nach Meckel ') auch zu- weilen einer im tuberculum posterius des Atlas. Dazu kommen bei den Säuge- thieren noch die sog. Intervertebralknochen, die ganz den Apophysen der Röh- renknochen gleichzusetzen sind und bei manchen Thieren, z. B. beim Rinde, noch im erwachsenen Zustand gesondert erscheinen. Es gehören hierher ferner die inconstanten kleinen Knochenkerne, die Fr. Meckel?) und Joh. Müller ?) in den Queerfortsätzen der Rücken- und Lendenwirbel, in den processus accessorü und mamillares gefunden haben. Von allen diesen scheinbar besonderen Knochenstücken repräsentirt sehr wahrscheinlich nur der, nach Meckel zuweilen paarige oder mehr- fache, Knochenkern im Körper des Atlas und der im processus odontoideus des Epi- stropheus constant auftretende ein ursprünglich getrenntes, selbstständiges Skelettstück. Es geht daraus hervor, dass auch die Anwesenheit eines überzähligen Knochenkerns in den processi transversi der Lendenwirbel und in den vorderen Leisten der Hals- !) Archiv a. a. O. S. 605. ?) Handb. der menschl. Anat. II. S. 30. 5) A.a. 0. S. 301. Desgleichen Retzius in Müllers Archiv. 1849. $. 605, 611, 615 beim Men- schen, Macacus, Erinaceus. wirbelqueerfortsätze an und für sich allein noch nicht die Selbstständigkeit dieser Theile beweist. Diese bald als blosse Knochenkerne, bald als besondere Knochen- stücke bezeichneten überzähligen Verknöcherungen sind beobachtet an dem 2ten, 6ten und 7ten Halswirbel des Menschen von Meckelt); ferner mehrfach bei Edentaten und Beutelthieren (von mir am Tten Halswirbel von Myrmecophaga didactyla); an den Lendenwirbeln von Joh. Müller 2) beim Schwein und von Rathke 3) bei den Schildkröten; an dem Heiligenbein von Meckel und Müller beim Menschen, von mir beim Orang-Utang, von Theile beim Schwein, von Müller- beim Gürtelthier. bei Crocodilen und Schildkröten, und sogar an den Schwanzwirbeln beim Gürtelthier, bei Crocodilen und Schildkröten. Der entscheidende Beweis für die Deutung dieser Knochenkerne als Rippenstücke würde geliefert sein, wenn nachgewiesen wäre, dass die entsprechenden Skelettstücke in der primordialen Anlage wirklich ge- trennt auftreten, was wegen ihrer Kleinheit schwer zu beobachten sein dürfte. Der Beweis wird aber auch, abgesehen von den Verhältnissen der Muskelursprünge, ge- liefert durch die nicht seltenen Fälle von bleibender Trennung und Gelenkverbindung. Eingelenkte Queerfortsätze oder üherzählige Rippen finden sich bekanntlich ziemlich oft am ersten Lendenwirbel beim Menschen, bei Rindern und Pferden, nach Stan- nius*) auch bei Ursus, Lemur u. A. Ich beobachtete eine asymetrische, einge- lenkte, vierzehnte Rippe mit eigenem Knochenkern bei einem dreizölligen Rindsfötus. An dem Skelette des Auerochsen im Senkenbergischen Museum zu Frankfurt ist auf der rechten Seite eine vierzehnte Rippe von eirca 2 Fuss, die auf der linken Seite nur 6“ lang ist. An dem Skelett einer arabischen Stute hiesiger Sammlung findet sich jederseits eine 19te Rippe, rechts eingelenkt, links verwachsen. Eine Halsrippe beim Menschen beobachtete zuerst Meckel 5). Bei Bradypus tridactylus, wo dergleichen am Sten und 9ten Halswirbel beobachtet wurden 6), scheinen sie ebenfalls nicht con- stant zu sein. Ein ausgezeichnetes Präparat von beiderseitiger Rippenbildung und Gelenkverbindung mit dem 7ten Halswirbel durch capitulum und tubereulum (von der hingerichteten Giftmischerin Beckenbach herrührend) bewahrt das Heidelberger Ca- !) Vergl. Anat. II. 2. S. 294. Archiv 1815 a. a.0. S. 59%. ?) A.a. 0. S. 302. S)EFAEA 08.72, *) Vergl. Anatomie der Wirbelthiere. Berlin 1846. S. 348. 5) Archiv a. a. ©. S. 642. 6) S, Stanniusa.a. 0. S$. 347. = We binet. In allen von mir beobachteten Fällen überzähliger Rippen waren dieselben von ungewöhnlicher Länge im Verhältniss zu dem gewöhnlich an ihrer Stelle vor- kommenden sog. Queerfortsatz; der sie tragende Queerfortsatz aber nicht länger als ein Brustwirbelqueerfortsatz. Trotz dieser nicht seltenen Thatsachen gelangt man bei einer Vergleichung zahlreicher Wirbelthierskelette zu der Ueberzeugung, dass die Lendenwirbelqueerfortsätze nicht überall ein Rippenrudiment enthalten können, und zwar finden sich hauptsächlich zwei Typen, die jedoch keineswegs an bestimmte Ord- nungen und Familien gebunden sind, sondern selbst unter nahe verwandten Thieren vielfach variren. In dem einen Falle, den ich u. A. beim Dugong, bei Tapirus, Rhinoceros, Equus, Sus, Camelopardalis, Camelus, Bos, Phoca und schliesslich bei den meisten Affen und beim Menschen repräsentirt finde, springen die Queerfortsätze der Lendenwirbel schroff gegen die der Brustwirbel hervor und stehen mehr hori- zontal unter rechtem Winkel von den Wirbelkörpern ab; gleich der erste ist stets von beträchtlicher Länge, beim Dugong sogar der längste, "und schliesst sich daher unmittelbar an die Rippen an. Diese mögen daher Rippenstücke enthalten und irre ich nicht, so sind unter den betreffenden Thieren vorzugsweise diejenigen zu suchen, die mit falschen Rippen versehen sind. Bei der anderen Reihe, wohin z. B. die Delphine, Hippopotamus, Elephas, Capra, Cervus, Tarandus, Alces, Antilope, Halmaturus, Trichechus, die meisten Nager, Raubthiere und Halbaffen gehören, sind die processi costarii der Lenden eine directe Fortsetzung der processi transversi der Brust, wie diese schräg nach vorn und oft etwas abwärts gerichtet, sitzen mehr an den Wirbelbögen und nehmen nach hinten an Länge zu, daher sie an den vorder- sten Lendenwirbeln selbst fehlen können. Mehrere von diesen Thieren besitzen keine falsche Rippen, d. h. die Zahl der ächten Rippen ist vermehrt und der Brustkorb auf Kosten des Lendentheils der Wirbelsäule verlängert. Hier erscheint die Deutung der vorhandenen, oft unbedeutenden Lendenqueerfortsätze als Rippenrudimente minde- stens sehr problematisch. Dass es auf die absolute Länge derselben nicht ankömmt, zeigen die ächten Cetaceen und die Crocodile, wo die etwa vorhandenen Rippen- rudimente stets noch zu den überall gleichmässig langen Queerfortsätzen hinzutreten und nicht, wie anderwärts, auf Kosten der letzteren entstehen. Am Schädel wird die Deutung der auftretenden primordialen Knochenkerne des- wegen schwieriger, weil dort zahlreiche ursprünglich getrennte Skelettanlagen früh- zeitig zu einem einzigen Knorpelstück (Primordialschädel) verschmelzen, das sich durch Wachsthum und theilweise Verkümmerung überdies nicht unerheblich verändert. Ze Die blosse Verschmelzung der Wirbel würde jedoch den Schädel nicht auszeichnen, denn diese findet sich z. B., schon im knorpligen Zustand, am Kreuzbein des Men- schen und vieler Thiere, am vorderen Theil der Wirbelsäule bei der Chimaera, an den obersten Halswirbeln bei den Cetaceen. Wenn ich Rathke’s !) treffliche Schil- derung richtig deute, so verschmelzen bei den Schildkröten auch die Brustwirbel zu einem einzigen Knorpelstück ohne Zwischenwirbelbänder sowohl untereinander als auch mit den Rippen, was um so bemerkenswerther ist, weil bei der später auftre- tenden Verknöcherung die Wirbelbögen den Wirbelkörpern nicht entsprechen, son- dern zwischen je zwei, durch Knorpel verbundene, Knochenringe zu stehen kom- men. Was die Orientirung am Schädel erschwert, ist die Verschmelzung von Wir- beltheilen mit den Sinnesknochen, dem Gehör- und Geruchsorgan, und ferner das Ausbleiben einzelner Knochenkerne bei manchen Thieren, obgleich ihr Primordial- schädel unzweifelhaft aus denselben Anlagen entsteht, wie anderwärts. Der Primor- dialschädel ist meiner Erfahrung nach bei allen Wirbelthieren von überaus gleicharti- ger Bildung und es lassen sich seine Abweichungen hauptsächlich auf eine immer mehr überwiegende Ausbildung des Gesichtstheils in der Thierreihe abwärts zurück führen. Man vergleiche den Primordialschädel von Säugern, besonders des Schweins, mit dem von Amphibien und Knochenfischen, wie er sich besonders noch bei den ältesten Exemplaren von Salmo leicht durch Kochen darstellen lässt, bis herab zu den Knorpelfischen, wo er, nach Abwerfung aller Deckknochen, knorpelig und ohne Nähte frei zu Tage tritt. Allenthalben findet sich eine Gehirnkapsel, die in allen Classen obere Lücken oder Fontanellen hat, welche um so ansehnlicher zu sein scheinen, je entwickelter und absolut grösser das Gehirn ist. An ihrer Bildung nehmen hauptsächlich die Schädelwirbel und theilweise die Sinnesknochen An- theil. Mit ihr verschmilzt in der allerfrühesten Zeit schon die knorpelige Augen- höhlen- und Nasenscheidewand (septum interorbitale, lamina perpendieularis ossis ethmoidei, septum narium), die sich bei den niederen Wirbelthieren zu einem beträcht- lichen Augenhöhlendach und namentlich zu einem weit vorragenden Schnauzentheil entwickelt. Schon bei dem Menschen treten dazu als bleibend getrennte Knorpelstücke, die dem Gerüst der äusseren Nase angehören, die Nasenflügelknorpel, und bei den niedersten Knorpelfischen, den Cyclostomen, ergänzt die Natur, nicht zufrieden mit der unverhältnissmässigen Verlängerung des Gesichtstheils, denselben noch durch 1) "A. 2.0. S. 72. Ban - weitläuftige Systeme von Lippen-, Gaumen- und Schlundknorpeln, die bei den höhe- ren Classen schwerlich alle Analoga haben, und das niederste Thier dieser Reihe, Bran- chiostoma, hat bei gänzlichem Mangel von knorpligen Wirbel- oder Schädeltheilen noch ein knorpeliges Skelettstück in seinem Lippenknorpel. Was die knorpligen Theile der Sinnesorgane betrifft, so verschmilzt das eigentliche Geruchsorgan , d. h. Muscheln und Labyrinthe, wo sie vorhanden sind, allgemein und frühzeitig mit der Nasenscheidewand, während die concha inferior dauernd getrennt bleibt. Auch das Gehörorgan (petrosum und mastoideum) wird, wenigstens bei den niederen Wirbel- thierklassen, ein integrirender Theil der knorpligen Schädelkapsel; während bei den Säugethieren und dem Menschen zwar das mastoideum früh mit dem petrosum und nachher, ebenfalls noch im knorpligen Zustand, mit dem Hinterhauptbein vollständig verschmilzt, knorplige Gehörkapsel (petrosum) und basilare oceipitis aber längere Zeit oder zeitlebens getrennt, d. h. durch „fibro-cartilaginöse” Masse verbunden bleiben. Bei den Säugethieren verschmilzt auch das Zungenbein mit dem petrosum und ma- stoideum (beim Pferde zugleich mit dem Schildknorpel) und erhält sich bei den Wie- derkäuern, beim Pferde, beim Hunde, der Katze u. s. w. durch das cornu anterius, beim Menschen als processus styliformis in Verbindung mit dem Schädel; bei den nackten Amphibien und unter den Fischen wahrscheinlich bei der Chimaera geschieht dasselbe mit dem Quadratbein und dessen sämmtlichen Fortsätzen. Von den Knochenkernen, welche in dem eben beschriebenen einfachern und naht- losen Knorpelstück (Primordialschädel) auftreten, lassen sich die vier dem Hinter- hauptwirbel angehörigen ziemlich allgemein in allen Classen erkennen und bleiben bei den Amphibien und Fischen oft zeitlebens getrennt, d. h. durch breitere oder schmälere Knorpelbrücken verbunden, die durch Einschrumpfung am trockenen Schä- del als Nähte erscheinen. Zwei von diesen Knochenkernen, die sog. oceipitalia lateralia oder partes condyloideae, entsprechen den ursprünglichen Bogenstücken, ein dritter, das os basilare oceipitis, dem wenigstens bei den Säugethieren (Rind) selbst- ständigen Körper des Hinterhauptwirbels; das oceipitale superius aber entsteht an der oberen Vereinigungsstelle der Bögen, ähnlich dem variabelen Knochenkern in den processi spinosi der Wirbelsäule. Diese 4 Knochenkerne binden sich übrigens an keine constanten Bezirke, so dass bei verschiedenen Thieren bald der eine, bald der andere überwiegen und bald basilare, bald squama von der Umschliessung des fo- ramen magnum ausgeschlossen bleiben kann. Die beiden letzteren bleiben sogar bei den Batrachiern ganz aus und werden dann, wie man sich ausdrückt, durch Knorpel 9 er „ersetzt, während die ocecipitalia lateralia ganz constant bei allen Wirbelthieren, nach Bischoff bis zum Lepidosiren herab, vorhanden zu sein scheinen. Das sog. ocei- pitale externum der Amphibien und Knochenfische gehört wenigstens bei den Schild- kröten nach Rathke !) nicht zum Oceipitalwirbel, sondern zum Gehörorgan, dessen mehrfache Knochenkerne besonders bei den niederen Wirbelthieren oft getrennt blei- ben und den ursprünglichen Anlagen ebenfalls nur theilweise entsprechen. Die Keil- beinwirbel bieten vielfache Abweichungen. Beim Menschen finden sich constant wenigstens 2 paarige Knochenkerne für die grossen und kleinen Flügel und 2 un- paare (die sich nach Meckel2) aber vervielfältigen können) für die beiden Keil- beinkörper. Beim Rinde u. a. fällt, wie schon Rathke3) bemerkt hat, der Knochen- kern des vorderen Keilbeinkörpers aus und verknöchert derselbe von den vorderen Flügeln aus, deren Knochenkerne in der Mittellinie zusammenfliessen, wie man bei Rinderfötus von 1’ Länge an beobachten kann. Etwas Aehnliches scheint mit dem hinteren Keilbeinkörper bei den Knochenfischen zu geschehen, indem die den petrosa (alae magnae Cuv.) entsprechenden Knochenkerne in der Mittellinie zusammenstos- sen und den Keilbeinkörper zu verdrängen scheinen. Von den Keilbeinflügeln ver- kümmert schon bei den Säugethieren ein Theil des oberen Randes, der unter Deck- knochen zu liegen kömmt; bei den Vögeln und nach Rathke auch bei den Schild- kröten scheinen die vorderen, bei den Batrachiern die hinteren Flügel nicht zu ver- knöchern und daher zu fehlen. Bei den Knochenfischen liegen mehrere Knochenkerne an ihrer Stelle (die sog. alae magnae [parvae Cuv.] und frontalia post.), die aber zum Theil durch die petrosa von dem vorhandenen Keilbeinkörper (sphenoideum an- terius Cuv.) getrennt sind. Ein oberes Schlussstück der Keilbeinwirbel, ähnlich dem oceipitale superius, kömmt nirgends vor, auch berühren sich die knöchernen Keil- beinflügel oben niemals, und was Rathke früher in dieser Beziehung von der Nat- ter angegeben und Kölliker *) wiederholt hat, ist von dem Ersteren 5) bereits wie- der zurückgenommen. Dass endlich sowohl das sog. sphenoideum anterius der Vö- gel, als das sog. sphenoideum basilare der Fische und Batrachier mit den betreffen- 1) A.a.0. S. 52. S. auch Duges a. a. O. p. 29. 2) Archiv a. a. O. S. 624. 3) Vierter Bericht über das naturwissensch. Seminar zu Königsberg. 1839. S. 12. AERO. 8. 47. 5) A.a. 0. S. 234. Ber. fe den Theilen höherer Thiere Nichts gemein haben und namentlich nicht knorpelig präformirt werden, ist bereits mehrfach, namentlich von Stannius und Kölliker, hervorgehoben. Das erstere entsteht auf eine später zu beschreibende eigenthim- liche Weise, als Auflagerung auf dem primordialen Keilbeinkörper, auf dieselbe Art, wie das äussere Blatt des processus pterygoideus bei den Säugethieren und dem Menschen als unterer Auswuchs der bereits knöchernen ala magna hervor- sprosst. Das letztere ist reiner Deckknochen und reicht sowohl nach vorn als nach hinten viel weiter, als jemals ein Keilbeinkörper, bei den Knochenfischen sogar über basilare oceipitis einer- und sphenoideum anterius Cuv. andererseits hinaus. In dem weiter nach vorn gelegenen Gesichts- und Schnauzentheil des Primordialschädels werden die Verknöcherungskerne spärlicher und bleibt derselbe zum grössten Theile permanent knorpelig. Auf Kosten desselben entstehen die lamina perpendicularis und das ganze os ethmoideum des Menschen und der Säuger, das knöcherne septum interorbitale der übrigen Wirbelthiere, die sog. frontalia anteriora der Knochenfische. Aber auch im Schnauzentheil, wo er sehr entwickelt ist, erscheinen zuweilen Ossi- fieationen; die Rüsselknochen des Schweins, des Maulwurfs, die Nasenknöchelchen der Frösche (cornets Duges) sind nichts Anderes. Schon Meckel1) hat die Mamnigfaltigkeit in der Reihenfolge hervorgehoben, in welcher die einzelnen Knochenkerne der Gehirnkapsel bei verschiedenen Thieren zusammenfliessen. Dieselbe ist ohne Zweifel von wesentlichem Einfluss für die de- finitive Figuration des Schädels und verdient in dieser Hinsicht noch ein weiteres Studium. Als weiteres Resultat dürfte sich dabei herausstellen, dass die Schädel der verschiedenen Wirbelthierklassen aus sehr constanten Elementen zusammengesetzt sind, dass das angebliche Fehlen mancher Stücke auf frühzeitiger Verschmelzung be- nachbarter Knochenkerne beruht, und dass umgekehrt das permanente Getrenntblei- ben bei den niederen Classen, namentlich bei den Knochenfischen, die scheinbare Vielzahl der Theile erklärt. Ersteres gilt vielleicht von dem mastoideum, das zwar sehr constant mit dem Felsenbein verschmilzt, aber auch eben so constant beim Menschen von dem Hinterhauptbein gesondert bleibt, und vielleicht nur deswegen bei manchen Säugethieren vermisst wurde, weil es dort ausnahmsweise mit dem oceipitale laterale verschmilzt. Ein Beispiel der letzteren Art liefert das Kiefer- suspensorium der Knochenfische, das eben desshalb zu verschiedenen Deutungen An- !) Vgl. Anat. II. 2. S. 494. a lass gegeben hat. Von den dahin zu zählenden Stücken sind das sog. temporale, symplecticum, tympanicum und jugale Cuv. Theile des Primordialskeletts, entspre- chen aber keineswegs eben so vielen getrennten Skelettstücken. Namentlich sind temporale und symplectieum einer-, tympanicum und jugale andererseits nur ver- schiedene Knochenkerne Eines Knorpels und z. B. bei Salmonen durch beträchtliche Knorpelbrücken mit einander verbunden. Ja es erstreckt sich. wie ich bei Salmo salar und trutta finde, von der Knorpelbrücke zwischen Iympanicum und jugale nicht nur ein Fortsatz nach innen, an den sich das pterygoideum Cuv. anlegt, son- dern ein zweiter längerer, aber sehr dünner Knorpelstreif geht nach vorn direet in das sog. palatinum über, ‘von dem bei diesen Thieren noch mehrere weitere Theile permanent knorpelig bleiben. Tympanicum, jugale und palatinıum erscheinen dar- nach nur als 3 einzelne Knochenkerne in einem und demselben Primordialknorpel ; doch entsteht nicht der ganze Gaumenapparat der Knochenfische primordial, wie Köl- liker 1) annimmt, denn das pterygoideum und das sog. transversum Cuv. sind ent- schiedene Belegknochen, die sich an den knorpeligen Verbindungsstreif zwischen ju- gale und palatinum von innen und aussen anlegen und leicht davon entfernt werden können, daher auch den Knorpelfischen fehlen. Die Deutung dieser Theile ist darnach leichter. Es entsprechen nämlich temporale und sympleeticum zusammen dem quadra- tum der Knorpelfische (und gewiss auch dem quadratum der Vögel und Amphibien); tympanicum, jugale und palatinum aber entsprechen zusammen dem maxillare superius der höheren Knorpelfische, welches insofern mit Unrecht diesen Namen führt, als derselbe sonst überall einen Belegknochen bezeichnet, der diesen Thieren fehlt. In wiefern dieses Stück dem quadrato -jugale der höheren Classen entspricht, muss da- hingestellt bleiben, bis ausgemacht ist, ob das letztere dem Primordialskelett angehört, was wenigstens bei dem Huhne nach meiner Erfahrung und nach Kölliker 2) auch bei den Schildkröten nicht der Fall ist; dagegen ist die Analogie mit dem primor- dialen tympano-malleal Duges der nackten Amphibien unverkennbar 3). Diese Beispiele lassen sich noch mehrfach durch das Beispiel des Zungenbeins, des Schulterblatts u. a. vermehren, ich hoffe jedoch, dass das Angegebene zur vor- läufigen Erläuterung des Verhältnisses zwischen „Knochenkernen” und wirklichen ) A.a.0.5.9. 2) A.2.0.8. 47. 3) $S. Dug£s pl. 1. Fig. 6 7, vom Frosch. u „Knochenelementen” hinreichen wird, ausführlichere Mittheilungen, wenn nicht An- dere inzwischen glücklicher waren, mir vorbehaltend. So viel geht schliesslich aus Allem hervor, dass die übliche Methode, Skelette durch Maceration darzustellen, dem osteologischen Studium keineswegs förderlich ist, da durch dieselbe Apophysen künst- lich getrennt, vorhandene Synchondrosen zerstört, überhaupt der natürliche Zusam- menhang der Theile aufgehoben wird, so dass sie schliesslich im Grunde auf eine künstliche Isolirung von Knochenkernen, nicht von einzelnen Knochen, hinausläuft. Mit Vortheil kann an die Stelle dieser unnatürlichen Methode, besonders bei niederen Thieren, deren Bandapparate weniger derb sind, das Abkochen gesetzt werden ; in anderen Fällen sind beide Methoden mit Vorsicht zu verbinden und schliesslich das Scalpell mehr als üblich zu Hülfe zu nehmen. Nicht minder einleuchtend wird auch die schon von Joh. Müller in seiner bahnbrechenden Arbeit über die Myxinoiden, sowie von Stannius in seinem lehrreichen Handbuch der vergleichenden Anatomie der Wirbelthiere gemachte Bemerkung, dass alle ferneren Untersuchungen nicht blos an trockenen Skeletten, deren Knorpeltheile verschrumpft und unkenntlich geworden sind, sondern an frischen oder Weingeistpräparaten gemacht werden müssen. Auf diesem Wege und mit steter Berücksichtigung der erstei. Skelettanlagen dürfte die Frage nach den Knochenelementen !), von der eine wissenschaftliche verglei- chende Osteologie ausgehen muss, ihrer Lösung näher kommen. Was endlich die Angaben über das bald peripherische, bald centrale Auftreten der Knochenkerne angeht, so können die meisten derselben, bei der mangelnden Unterscheidung der primordialen und secundären Skelettbildung, nur einen beschränk- ten Werth haben. Bei den Säugethieren beginnt die Verknöcherung im Knorpel fast immer central, wenn sie auch rasch die Peripherie da oder dort erreicht. An den Röhrenknochen bleibt daher auch dann, wenn die Diaphyse in ihrer ganzen Dicke verknöchert ist und die Verknöcherung nach den Apophysen fortschreitet, der Achsentheil des Verknöcherungsrandes noch längere Zeit voraus und bildet daher eine mehr oder weniger convexe oder Kegelfläche, wie man sich durch succes- sive Queerschnitte von der Apophyse her überzeugen kann (Taf. I. Fig. 2). Wo mehrere und daher excentrische Knochenkerne auftreten, wie z. B. an den Wirbel- körpern, kann die Verknöcherung auch eine ziemliche Strecke an der Peripherie ') Owen on the archetype and homologies of Ihe verlebrate sceleton. London 1848. p. 105: What is a bone? ı Be fortschreiten, ehe die einzelnen Knochenkerne im Innern untereinander zusammen- . fliessen (ib. Fig. 6). In manchen Fällen, z. B. am Schädel der Hechte und Sal- monen, durchdringen die Knochenkerne niemals die ganze Dicke des Knorpels, des- sen innerste Fläche knorpelig bleibt u. s. w. In allen Fällen aber hält sich die primordiale Verknöcherung innerhalb des Bereiches der Knorpel- anlage und jede Verknöcherung, welche dieselbe überschreitet, ge- hört, wie sich weiterhin zeigen wird, eo ipso zum secundären Ske- lett und entsteht auf eine von der bisher beschriebenen abweichende Weise der Knochenbildung. Ein Beispiel von ganz peripherischem Auftreten der Verknöcherung bei den Säuge- thieren bietet das Schulterblatt. Der erste bei demselben auftretende Knochenkern beginnt nämlich bei Rindsfötus von 11%‘ Länge am hinteren Rande desselben, ziem- lich nahe der pars glenoidalis. Dieser Knochenkern durchwächst aber sehr bald den Halstheil des Schulterblatts und breitet sich dann in der ganzen Dicke desselben, so- wohl nach der basis scapulae als nach dem Gelenktheile hin aus. Fälle, wo die primordiale Verknöcherung auf die Peripherie des Knorpels beschränkt bleibt, kom- men nur bei den niederen Classen vor. Das auflallendste Beispiel der Art bietet der von Joh. Müller !) zuerst beschriebene sog. pflasterartige, kalkhaltige Knor- pel der Plagiostomen. Dieser ist nach meiner Erfahrung ächte, primordiale Verknö- cherung, die die knorpeligen Skeletitheile auf ihrer ganzen Oberfläche, aber nur bis zu einer gewissen Tiefe, die auch bei grossen Haifischen 1“ nicht zu übersteigen pflegt, angreift. Bei sehr jungen Thieren von einigen Zollen Länge, wo sich die Verknöcherung noch nicht begrenzt hat, erkennt man das Knochennetz, welches wie bei den höheren Classen zwischen die unvollkommenen Gruppen und Reihen von Knorpelkörperchen hineingreift, an senkrechten Durchschnitten sehr deutlich und überzeugt sich zugleich, dass auch hier nicht jede Knochenhöhle einer einzelnen Knorpelhöhle entspricht, sondern oft einem auf Kosten einer unbestimmten Parthie Knorpelsubstanz entstandenen kleinen Markraum zu vergleichen ist. (S. oben S. 53.) Die gebildeten Knochenhöhlen liegen dicht beisammen und bilden ein Gewebe, wel- ches mit der gewöhnlichen primordialen Verknöcherung bei den höheren Thieren, namentlich auch in Bezug auf die mehr rundliche Form der Knochenkörperchen, ihre bedeutende Grösse und den constanten Mangel der Canälchen, vollkommen überein- 1) A.a.0. S. 132. ==. MM — stimmt (S. 56). In manchen Fällen, besonders in dieken Schnitten, wo viele Kno- chenkörperchen übereinanderliegen, glaubt man zwar oft ein oder mehrere gröbere Canälchen von den Höhlungen ausgehen zu sehen; von einem regelmässigen Bau in dieser Beziehung’oder gar von einem zusammenhängenden Netzwerk von Canälchen, wie es an den secundären Knochen der Knochenfische so schön zu sehen ist, findet sich aber, auch nach dem Eintrocknen, wobei sich die Höhlungen mit Luft füllen, und bei der Befeuchtung mit Terpenthin, welcher sonst so hülfreich ist, keine Spur, und ich war stets veranlasst, solche spärliche annähernde Bilder, auf Rechnung der un- vermeidlichen Splitterung in dem äusserst spröden Gewebe zu setzen. Behandelt man dasselbe mit Salzsäure, so entsteht ein lebhaftes Aufbrausen, das Gewebe wird heller, quillt auf und zeigt dieselben Höhlen im knorpeligen Zustand, und zwar in den meisten ein ganz ähnliches, zellenartiges, durch Jod zu färbendes Körperchen, wie es in den Knorpelhöhlen der knorpeligen Parthieen constant gefunden wird. Bei älteren Thieren, wo sich der Verknöcherungsrand fixirt hat und sehr scharf gegen den unterliegenden Knorpel abgegrenzt ist, ist die Behandlung mit Säure auch desshalb sehr dienlich, weil man dann den continuirlichen Uebergang des knorpeligen Theils in die verknöcherte Rindenschicht erkennt und nicht verleitet wird, letztere für eine Auflagerung vom Perioste her zu halten, unter welchem sie allerdings liegt. Merkwürdig und schwer zu erklären ist dabei die charaeteristische pflasterartige Sonderung der verknöcherten Rinde in einzelne, isolirbare und durch ziemliche Zwi- schenräume von einander getrennte, unregelmässig sechseckige Prismen, die wie Steine eines Strassenpflasters neben einander stehen und den trockenen Skeletten ein eigenthümlich chagrinartiges Ansehen geben. Die Sonderung der Knochenrinde in polyedrische Stücke ist schon bei ganz jungen Thieren unter dem Mikroskope kenntlich, wo man sie mit freiem Auge noch nicht wahrnimmt; ‚sie ist nämlich wie mit einer Menge schmaler Spalten oder Sprünge versehen, die sich zu polyedrischen Figuren verbinden. Es ist, als hätte der durch Intussusception fortwährend wach- sende Knorpel seine Knochenrinde in eine Menge kleiner Schilder zersprengt. Bei alten Thieren sind die Zwischenräume weiter, aber auch die Prismen scheinen grös- ser geworden, ohne dass ich mich von einem Auseinanderrücken der Knochenkör- perchen, die auf ein Wachsthum des Verknöcherten durch Intussusception hätte schliessen lassen, überzeugen konnte. Dieselbe peripherische Knochenrinde, nur viel dünner und ohne die characteristische pflasterartige Sonderung, fand ich am Schädel der Chimaera monstrosa; primordiale Verknöcherung mit denselben Knochenkörper- Ben. 88 chen, aber ohne Pflasterform, auch in dem Innern und an der Oberfläche der Wir- belkörper bei den Haifischen, in welchen sie die schon von Joh. Müller !) beschriebenen, sonderbar figurirten Knochenkerne bildet und nach ihm sogar knö- cherne und knorpelige Schichten abwechseln können. Es geht daraus hervor, dass die Knorpelfische von den Knochenfischen in Bezug auf die Structur ihres Skelettes nur graduell verschieden sind und eine continuirliche Stufenreihe bilden. So erschei- nen bei den Stören und beim Lepidosiren noch einzelne Deckknochen, ne- ben Spuren von primordialer und secundärer Verknöcherung, welche bei den Pla- siostomen und Chimaeren ebenfalls verloren gehen und sich auf die Wirbelsäule und auf die Rinde der peripherischen Knorpel beschränken. Erst bei den Cyelostomen erscheint das Primordialskelett in seiner ganzen Ausdehnung knorpelig permanent. Gap. VI. Von den sogenannten permanenten Knorpeln. Aus dem bisherigen hat sich ergeben, dass alle diejenigen Gebilde, die man im erwachsenen Körper Knorpel zu nennen pflegt, einer grösseren Gruppe von Orga- nen angehören, die wenigstens in den ersten Perioden ihres Bestehens histologisch gleichgebildet sind. Knorpel sind, mit anderen Worten, die jeweiligen un- verknöchert gebliebenen Theile des Primordialskeletts. Auf die Er- fahrung, dass die meisten Knorpel schon während der Fötalzeit, andere erst viel später oder nie verknöchern, gründet sich die herkömmliche Eintheilung der Knor- pelgebilde in ossifieirende und permanente. Es ist aber schon mehrfach mit Recht darauf hingewiesen worden, dass viele sog. permanente Knorpel in den spä- teren Lebensaltern verknöchern, ja dass vielleicht keinem einzigen Knorpel die Fä- higkeit dazu ganz abgesprochen werden kann. Dass die Zahl der permanenten Knor- pel in der Thierreihe sehr variabel ist und die verschiedenartigsten Skeletttheile bei verschiedenen Classen, Ordnungen, Arten und Individuen bald knorpelig, bald ver- knöchert gefunden werden, ist schon oben erörtert worden. Eine aufmerksame Be- trachtung dürfte aber herausstellen, dass der Verknöcherungsprocess auch während der Lebensdauer der Individuen und namentlich des Menschen nie eigentlich stille steht, sondern fortwährend, wenn auch nach und nach verlangsamend, in späteren Lebensjahren sogar, wie es scheint, wieder rascher, im Primordialskelett um sich greift. Ohne Zweifel sind die individuellen Lebensverhältnisse hier von grossem 1) A. a. 0. Tab. IX. Fig. 6. Pe Einflusse, so dass sich das Normale von dem Abnormen nicht immer unterscheiden lässt. Auch lässt die Analogie mit anderen Geweben erwarten, dass der Knorpel des Erwachsenen, in dem Maasse als seine Lebensdauer währt, desto mehr von den Characteren des fötalen Gewebes verlieren wird, und in der That zeigen die sog. permanenten Knorpel sowohl in ihrer Structur als auch in ihrer Verknöcherungs- weise nicht unerhebliche Verschiedenheiten vom fötalen Knorpel, die jedoch das Walten derselben ‚Grundgesetze nicht verkennen lassen. Was alle Knorpel des Erwachsenen auszeichnet, ist zunächst das unverhältniss- mässige und unbestreitbare Ueberwiegen der Intercellularsubstanz, in des- sen Folge die Knorpelzellen viel weiter von einander entfernt, zerstreuter und spar- samer scheinen. Diese Erscheinung ist, wie bereits früher (S. 31) gezeigt wurde, Folge des inneren Wachsthums und prägt sich bis zum vollendeten Wachs- thum des Individuums immer mehr aus. Jeder Gelenk -, jeder Rippenknorpel liefert die Belege dafür, die überdies von Harting !) in Zahlen ausgedrückt worden sind. Die Knorpelhöhlen erweitern sich dabei fortwährend und zwar, z. B. in den Rippenknorpeln oft zu einem enormen Volumen und bilden zugleich mehr oder weniger vollständige Reihen oder Gruppen, die wie überall gegen die Verknöche- rungsränder hin streichen und desto kürzer und weniger ausgeprägt sind, je langsamer die Verknöcherung, und das Wachsthum des Knorpels fortschreiten. Sehr häufig, besonders auf Horizontalschnitten, trifft man auf dichtgedrängte Gruppen von Knor- pelzellen, deren zusammenfliessende Säume das Ansehen von colossalen Mutterzel- len täuschend nachahmen, ohne dass man im Stande ist, Entwicklungsstufen dersel- ben aufzufinden. (Vom permanenten Knorpel ist vorzugsweise die Lehre von der endogenen Vermehrung der Knorpelzellen ausgegangen.) Ob dabei auch eine Verminderung von Knorpalhöhlen durch Resorption von Zwischerwänden und Zusam- menfliessen stattfindet, wie Harting annimmt, lasse ich dahingestellt, obgleich es ofı so scheint und: viele sog. endogene Formen dadurch ebenfalls erklärlich würden. _ Der Character. der Knorpelzellen erhält sich am deutlichsten stets in den sog. Fa- serknorpeln, wo es nicht nur leichter ist, dieselben von der faserigen Grundsubstanz zu unterscheiden, sondern auch sie aus derselben herausfallen zu machen und isolirt zu untersuchen. Man gewahrt dann, als durchweg secundäre Erscheinung, die be- sonders nach vollendetem Wachsthum in den späteren Lebensjahren überhand nimmt. !) Recherches micrometriques. Utrecht 1845 p. 77. 10 2. in oft eine auffallende Dicke der Zellmembran, die von einer allmähligen, zuweilen selbst schichtweisen Ablagerung auf der Innenwand der Zellmembran herrührt, die Zellen- höhle nach und nach verengert und dieselbe zuweilen in Form concentrischer Streifen umgibt. Zerfaserung der Hyalinsubstanz und Fettablagerung in den Knor- pelzellen, die man gewöhnlich als ein Altersphänomen betrachtet, finden sich schon in der Blüthezeit in vielen Knorpeln und stehen durchaus in keiner Beziehung zur Verknöcherung. Die von H. Meyer!) besonders hervorgehobene Erweichung ist nichts Anderes, als die schon im Fötus auftretende Bildung von Knorpelcanälen und Knorpelmarkhöhlen im Grossen; richtig aber ist es, dass der Erweichung nun häufig Zerfaserung vorausgeht und dass durch unvollkommene Erweichung der zerfaserten Stellen eine Art falscher Gelenke erzeugt werden kann, wie ich z. B. im Brustbein und an den Rippenknorpeln Neugeborener finde, und die an die Bildung der Gelenke zwischen den Wirbeln und im Zungenbein der Rinder erinnert (S. oben S. 21). 2) Was die nachträglichen Verknöcherungen im Primordialskelett betrifft, so stim- men sie darin vollständig mit den fötalen überein, dass die Ablagerung der Kalksalze stets zuerst im Umkreis der Knorpelhöhlen geschieht und von da aus in der Inter- cellularsubstanz weitergreift. Bei der grösseren Entfernung der einzelnen Höhlen und bei dem langsameren Voranschreiten des Verknöcherungsprocesses findet man nun jetzt viel häufiger ganz vereinzelte Knochenhöhlen (Knochenzellen der Autoren), an Grösse den bestehenden Knorpelhöhlen entsprechend und daher den Knochenkörperchen des verknöcherten Fötalknorpels ganz ähnlich und wie diese stets ohne Canälchen und Anastomosen (Taf. IV. Fig. 6. A). Von Markcanälchen ist auch in den nachträglichen Verknöcherungen nie etwas zu sehen, während auch hier die verknöcherten Parthieen durch alsbaldige Schmelzung, wie immer, Markräume und Diplo& bilden und schon in den unverknöcherten Knorpeln Canäle und Hohlräume von oft bedeutendem Umfange gewöhnlich sind. Die Verknöcherungsränder rücken entweder, wie im Fötus, in einer continuirlichen aber mehr abgeflachten Ebene vor, oder es entstehen auch sehr häufig, z. B. in den Rippen- und Kehl- kopfknorpeln, zerstreute kleine Knochenkerne ohne regelmässige Anordnung vor dem ursprünglichen Verknöcherungsrande. Zur Ermittelung der Knorpelstructur des Erwachsenen dienen dieselben Reagen- tien und Handgrifie wie beim Fötus, doch wird die Untersuchung hier um so miss- 92.0218. 303. 1) NA 2) S. auch Rathke a. a. O. S. 74, 76. S) je licher, je trüber, gelblicher und härter die Grundsubstanz geworden ist, von der häufigen Zerfaserung derselben und den fettigen Ablagerungen in den Zellen und Knorpelhöhlen nicht zu reden. An jedem einzelnen Präparat zu einer klaren Ein- sicht zu gelangen, wird für alle Zeiten unmöglich bleiben und nur durch genaue Verfolgung der früheren Entwicklungsstufen ist zu einem annähernden Verständniss der definitiven Knorpelstructur zu gelangen. Ein dankbares Feld bietet in dieser Beziehung noch eine detaillirte Verfolgung der successiven Veränderungen von der späteren Fötalzeit bis zur Pubertät hin, die bisher zu sehr vernachlässigt wurden, und in denen ich selbst wegen des selteneren Materials nicht so bewandert bin, als ich wünschte. Was die einzelnen beim Menschen zu den permanenten Knorpeln gezählten Ge- bilde angeht, so ist es von den Gelenkknorpeln wohl jetzt ziemlich allgemein aner- kannt, dass sie nur unverknöcherte Apophysentheile sind. Was beim Erwachsenen täuschen kann, ist die scharfe oft linienartige Begrenzung des Verknöcherungsran- des und die leichte Ablösbarkeit der Gelenkknorpel durch Maceration und pathologi- sche Processe. Letzteres ist aber eine Eigenschaft aller Apophysen und ersteres erklärt sich aus dem langsamen Fortschreiten und zuletzt relativen Stillestehen der Verknöcherung. Verfertigt man sich senkrechte Schnitte durch die Gelenktheile Er- wachsener, so hat man von der freien Gelenkfläche an bis zum Knochenrand hin alle Entwicklungsstufen des wachsenden Knorpels, namentlich längliche und abge- plattete, weiterhin kleine randliche, zuletzt grössere, reihen- oder gruppenartig ge- stellte Knorpelhöhlen vor sich, welche letztere in Folge der Trübheit der Grund- substanz und der zusammenfliessenden spiegelnden Säume das Ansehen von Mutter- zellen geben können (Taf. IV. Fig. 5. A). Hinter dem Verknöcherungsrande findet sich das gewöhnliche granulirte dunkle Knochengewebe der primordialen Diplo& mit grossen unregelmässig rundlichen oder eckigen Knochenkörperchen, in welchen oft noch eine geschrumpfte Knorpelzelle oder deren Rest zu erkennen ist (ib. B). Die- selben als unvollkommene Knochenkörperchen zu bezeichnen, wie Gerlach 1) und Kölliker 2) thun, scheint mir nicht passend, da sie auch im höchsten Alter vorhan- den sind und alle in primordialen Knochen auftretenden Knochenkörperchen von den corpuseula radiata der secundären Auflagerung (CE) durchaus abweichen. Zwar ha- ') Handbuch der Gewebelehre. Mainz 1848. S. 163. ?) Mikroskopische Anatomie. a. a. O. $. 319. Er, ben die primordialen Knochenkörperchen sehr häufig eine eckige, unregelmässige Gestalt, die von einer ungleichförmigen Ablagerung im Inneren herzurühren scheint und einigermassen an die Gestalt der corpuscula radiata erinnert, aber niemals habe ich sie in diese übergehen und Canälchen von ihnen ausgehen sehen. Eher könnte eine andere Erscheinung zu Täuschungen Anlass geben, die ich zum erstenmal sehr schön in dem Gelenkknorpel eines Sesambeins vom Hallux eines‘ jungen Mädchens und dann wiederholt an verknöchernden Knorpeln Erwachsener in der Nähe des Verknöcherungsrandes wahrgenommen habe. ‘ Der Gelenkknorpel war nämlich dicht am Verknöcherungsrand von einer Menge kleiner, gerader oder etwas geschlängel- ter Spalten durchsetzt, welche durchweg senkrecht auf dem Verknöcherungsrand standen, in denselben eingingen und da, wo sie zerstreuter standen, an die Spalten erinnerten, welche man am Zahnschliffen gewöhnlich in der Schmelzsubstanz wahr- nimmt. Befanden sich Knorpelhöhlen in ihrem Bereiche, so wurden diese davon durchsetzt und oft communieirte eine Knorpelhöhle mit mehreren Spältchen, die sich in ihre Höhle öffneten. Zuweilen wurde nur die eine Seite der Knorpelhöhle er- reicht, in anderen Eällen aber gingen die Spältchen durch ‘die ganze Knorpelhöhle hindurch und schienen dann von beiden Seiten derselben auszustrahlen. Weiterhin verloren sie sich mit zunehmender Verschmälerung in der Grundsubstanz und über- schritten eine gewisse Distanz vom Verknöcherungsrand nicht. Die Knorpelzellen, welche in den Höhlen lagen und dieselben bald ausfüllten, bald nicht, waren dabei ganz unbetheiligt, von Mutterzellen nichts zu sehen. Jod machte die Zellen sehr deutlich, während die Spältchen unter Terpenthin besonders schön waren. Ich war von dem Anblicke anfangs so überrascht, dass ich den directen Uebergang der Knor- pelhöhlen in Knochenkörperchen gefunden zu haben glaubte; genauere Prüfung zeigte mir jedoch so viel Abweichendes, dass ich mich nur noch fragte, ob diese Spältchen wirklich im Knorpel präformirt oder Resultate einer durch die Präparation hervorge- brachten Splitterung seien. Ihre ziemlich regelmässige Anordnung und constantes Verhältniss zum Verknöcherungsrand machte mir wohl das Erstere wahrscheinlich, ‘ dagegen musste ihre Unabhängigkeit und mehr zufällige Verbindung mit den Knor- pelhöhlen den Gedanken an Knochenkörperchen entfernen. Einzelne sahen täuschend aus, wie im Knorpel präformirte Körperehen, aber nicht nur sie selbst, sondern auch die Spältchen hatten ein so unverhältnissmässiges Volumen, den gewöhnlichen Kno- chenkörperchen und Canälchen gegenüber, dass ein directer Uebergang nicht denk- bar war. Andere gingen in die Verknöcherung mit ein und es fanden sich schon Pro PR vor dem Verknöcherungsrand einzelne verknöchernde Höhlen; hinter demselben aber befand sich das gewöhnliche diploötische Gewebe mit weiten unregelmässigen Mark- räumen und den gewöhnlichen, colossalen, rundlichen Knochenkörperchen des Pri- mordialskeletts, ohne Canälchen und Anastomosen. Nach allem dem bin ich geneig- ter, jene Spältchen für Kunstproduete zu halten. Vielleicht hängt ihr Auftreten mit der Sprödigkeit der erwachsenen Knorpel zusammen; wenigstens habe ich sie in fötalen Knorpeln niemals wahrgenommen. Bei jüngeren Individuen, z. B. bei jungen Hunden von einigen Monaten, wo die Apophysen noch nicht vollständig verknöchert sind, verhält sich an der Stelle der künftigen Gelenkknorpel Alles noch wie im Fötus. Zwar erscheint bei schwacher Vergrösserung die äusserste Schicht der Apophysen, die dem künftigen Gelenkknor- pel entspricht, jetzt schon von anderer Färbung und Transparenz als der Rest der knorpeligen Apophyse, aber an feinen Schnitten sieht man den continuirlichen Ueber- sang der Grundsubstanz' vom Verknöcherungsrand bis zur Gelenkfläche. Der Knor- pel enthält dieselben Entwicklungsstufen der Knorpelhöhlen und Zellen, wie im Fö- tus, nur erscheinen dieselben, dem Alter des Individuums entsprechend, zerstreuter und die Intercellularsubstanz reichlicher. Manche Zellen füllen die Höhlen nicht aus. Das Ansehen von Mutterzellen erscheint nur auf Horizontalschnitten, welche die Zel- lenreihen und Gruppen queer getroffen haben, oder wenn die Schnitte überhaupt nicht ganz dünn sind. “Die Intercellularsubstanz ist fester und spröder als bei Em- bryonen, daher man auf der Schnittfläche sägeförmige Messerzüge wahrnimmt. Hie und da trifft man sog. Knorpelcanäle, die auf dem Verknöcherungsrand senkrecht stehen und theilweise jetzt Gefässe enthalten, die vom Knochen aus in sie hinein- ragen, sie aber lange nicht ausfüllen. Der Verknöcherungsrand zeigt noch keine scharfe Grenze, sondern das gewöhnliche Knochennetz, mit kürzeren Maschen, und . dahinter die gewöhnliche Diplo&. Auf Taf. IV. Fig. 1. ist ein Längenschnitt durch die Apophyse des caput humeri eines halbwüchsigen Huhns dargestellt. Auch hier war ‘der künftige Gelenkknorpel' D durch mehr gelbliche Farbe von dem verknö- chernden Apophysentheil C ausgezeichnet. Die Knorpelkörperchen hatten an der Gelenkfläche die gewöhnliche platte Form (8), lagen dann zerstreut oder in Gruppen (d‘), in verschiedenen Ebenen (d), übereinander, nahmen dann in C eine queerovale Form an, indem sie sich zugleich in undeutliche Reihen ordneten, und gingen mit zunehmender Erweiterung der Knorpelhöhlen (B) zuletzt in den Verknöcherungsrand ein. Die Knochenhöhlen hatten unmittelbar hinter demselben (A) die Grösse der Br er grössten Knorpelhöhlen (vgl. a‘ und b‘), bildeten aber zum Theil durch Zusammen- fliessen grosse Markräume (a), worin die Knochenhöhlen allmählig untergingen. Im Gelenkknorpel D befindet sich auch ein kurzer, der Länge nach durchschnittener . oder vielmehr angeschnittener Knorpelcanal (d’), von erweichter Knorpelmasse aus- gefüllt. Ueberhaupt findet man in Gelenkknorpeln Erweichung, Zerfaserung und Fett- ablagerung. Erweichende Stellen bieten ein zähes, weiches, zerreissliches Gewebe dar, in dem man nur hyaline Grundsubstanz und untergehende Knorpelzellen entdeckt. Dass manche Gelenkknorpel im höheren Alter, bei vielen Thieren normal, vollstän- dig verknöchern, ist bekannt. Zu den Gelenkknorpeln gehört auch die sog. Symphysis sacroiliaca, die mit Un- recht der Symphysis pubis verglichen wird. Obgleich sich in der Ampbhiathrose des Hüftbeins nie ein eigentliches Gelenk und eine Gelenkkapsel ausbildet, so stehen doch die Knochen des Beckens und der Wirbelsäule nur in einer Contiguitäts- verbindung und es haben beide an ihrer facies auricularis einen Knorpelüberzug, der der unverknöchert gebliebene Rand des primordialen Knorpels ist. Im Heiligenbein- knorpel älterer Individuen sah ich besonders schöne Zellengruppen von zierlichen Brücken und Leisten der Intercellularsubstanz durchzogen; die Knorpelkörper dabei zahlreicher und dichter gedrängt, als an den Gelenkknorpeln der Apophysen, was auf ein geringeres Wachsthum an jener Stelle hinweist. Gegen den Verknöche- rungsrand stehen sie in kurzen Reihen, vergrössern sich aber nicht bedeutend, was damit ebenfalls übereinstimmt. In der Nähe desselben findet man auch einzelnstehende Knorpelhöhlen mit verknöcherten Wänden, die ebenfalls keine. bedeutende Grösse haben. Gegen den Umfang der facies auricularis hin erscheint die Grundsubstanz oft faserig, auf der Oberfläche findet sich aber hier so wenig als in den wahren Gelenkhöhlen ein Ueberzug, sondern der nackte Knorpel. Auch der Knorpelüberzug der facies auricularis des Darmbeins ist hyaliner Knorpel, der oft sehr entschieden sefasert ist. In diesen faserigen Stellen hat man oft das täuschende Bild von Mut- terzellen, wenn grössere Gruppen von Zellen darin eingeschlossen sind, besonders da die Wände der Knorpelhöhlen lebhaft spiegeln. Auch gegen den Verknöcherungs- rand hin erscheint oft eine feine Faserung in der Grundsubstanz zwischen den ein- zelnen Reihen, welche dem Knochennetz entgegenzukommen scheint und an Verknö- cherungsrändern überhaupt nicht selten ist. Die Reihen sind hier länger und ihre Höhlen grösser, als am Heiligenbein, und es scheint daher das Darmbein länger und EM lebhafter zu wachsen. Auch Schichtbildung, theilweise deutlich concentrische, ist in einzelnen Knorpelhöhlen wahrzunehmen, wovon sogleich ein Näheres. Den Gelenkknorpeln stehen die Rippenknorpeln der Erwachsenen am nächsten und es stünde Nichts im Wege, sie, wie es bisher geschah, !) als enorm entwickelte Gelenkknorpel anzusehen, wenn sie nicht ursprünglich im Fötus, wie S. 16 gezeigt wurde, getrennte Knorpelanlagen wären. Sie sind wohl von allen Knorpeln am mei- sten untersucht und pflegen gleichsam als Prototypen des Knorpelgewebes hingestellt zu werden, bieten aber in der That unter allen permanenten Knorpeln die meisten Schwierigkeiten, da kaum ein anderer Knorpel auf verschiedenen Altersstufen eine so verschiedene Structur zeigen kann. Diese Mannigfaltigkeit kömmt von dem lan- gen Verharren im knorpeligen Zustand beim Menschen und vielen 'Thieren, von dem sehr bedeutenden Wachsthum während der ganzen Entwicklungsperiode, das sowohl nach der Länge als nach der Dicke den Knorpel den übrigen Dimensionen des Ske- letts anzupassen hat, und von der dadurch bewirkten Massenhaftigkeit her, wodurch verschiedene Parthieen desselben Knorpels sehr abweichende Charactere erlangen können. In lolge dessen bieten besonders die peripherischen, platten Körperchen eine sonderbare Anordnung. Anfangs liegen sie hier, wie überall, parallel der Pe- ripherie in relativ dünner Schicht. Beim Neugeborenen aber ist diese Schicht nicht nur sehr dicht geworden, sondern sie bildet gewissermassen den ganzen Knorpel allein. Die einzelnen Körperchen sind mit Erhaltung der platten Form weiter von- einander gerückt, grösser und namentlich länger geworden, dabei aufs unregelmäs- sigste durcheinander geworfen und verschoben, so dass nur die äussersten noch pa- rallel der Oberfläche, die übrigen nach allen Richtungen durcheinander stehen. Viele sind nicht mehr einfach alltäglich oder spindelförmig, sondern verbogen, gekrümmt oder geschlängelt. Es ist Regel, dass die Knorpelzellen diese spaltförmigen Knor- pelhöhlen nicht ausfüllen, sondern oft in der Mitte, oft in einem Winkel zurückge- zogen und verschrumpft erscheinen, während ihre Kerne, die durch Jod und Essig- säure deutlich werden, schon Fetttröpfchen enthalten. Diese länglichen Körperchen in dieser sonderbaren Anordnung sind nichts den Rippenknorpeln Eigenthümliches, denn man findet sie in allen wachsenden Knorpeln, sobald sie mit einem gewissen Alter einen grösseren Umfang erreicht haben, z. B. an den Apophysen vom 3. bis 4. Monat des. Fötallebens an. Auch kehren sie in der ganzen Thierwelt wieder, wo ) S. u.a. H. Meyer a. a. O. S. 306. ze a grössere Knorpelmassen permanent knorpelig bleiben, namentlich bei den knorpelrei- cheren Knochenfischen. Ihr Vorkommen im menschlichen Rippenknorpel bis in eine verhältnissmässig späte Epoche ist nur desshalb auffallend, weil beim Menschen sonst keine permanente Knorpel von ähnlicher Massenhaftigkeit vorkommen. Sie er- strecken sich in den Rippenknorpeln bis in die Nähe des Verknöcherungsrandes und nur in einer Entfernung von 1'' beginnen die gewöhnlichen Reihen, ziemlich zer- streut, mit rundlichen, grösseren Knorpelhöhlen, in denen sich schöne grosse Knor- pelzellen mit deutlichen Kernen befinden. Allenthalben im Knorpel findet man Knor- pelcanäle und Erweichungslücken in der Grundsubstanz. Die letztere wird immer mächtiger im weiteren Fortgange. des Lebens. Beim ausgewachsenen Manne in der Blüthe der Entwicklung, zwischen dem 20—30. Jahre, findet man daher unter dem Perichondrium zwar immer noch viele abgeplattete Knor- pelkörperchen, die tieferen Knorpelhöhlen aber weiter auseinander gerückt, die Höh- len beträchtlich grösser, die Zellen darin vielfach noch sehr kenntlich, einschrumpfend und besonders an der Peripherie des Knorpels Fett in Körnchen und Tropfen reich- licher darin abgesetzt. Noch immer stehen die Knorpelhöhlen meist in Gruppen oder Reihen, namentlich im centralen Theile der Rippenknorpel, wo sie alle die Längs- richtung nehmen. Da die hyaline Grundsubstanz noch verhältnissmässig klar ist; so kann man sich leicht überzeugen, dass Mutterzellen nicht existiren, obgleich nament- lich an den Stellen, wo die Grundsubstanz faserig zu werden beginnt, der Anblick leicht täuschen kann. Die Faserung geht dann nämlich, ähnlich der Verknöcherung, vorzugsweise in den Zwischenräumen zwischen den Reihen vor sich und lässt die Queerbrücken zwischen den einzelnen Knorpelhöhlen unberührt. Da es sich nun be- sonders an kürzeren Reihen leicht trifft, dass sie rings von Fasern eingeschlossen sind, die oben und unten convergiren, so erhält die ganze Reihe nun einen Contour, welchen sie früher nicht gehabt und den man nicht für einen spiegelnden Saum hal- ten kann; ja man sieht dann häufig aus den faserigen Parthieen ganze Reihen oder Stücke derselben vorstehen, weil die wenige hyaline oder feinkörnige Substanz, welche sie zusammenhält, sich leichter von der faserigen abtrennt. Immer fand ich die Faserung der Grundsubstanz der Richtung der Reihen entsprechend und nie ver- filzt wie in den sog. Faserknorpeln. : Allenthalben stösst man auf Knorpelcanäle mit scharf abgesetzien Wänden und äusserst unregelmässigen Formen, zuweilen mit einer dunkelrothen Sulze gefüllt, und nicht selten auf einem Centralcanal von glei- Be je cher Beschaffenheit, von langen Reihen umgeben und mit ihnen in den Verknöche- rungsrand eingehend, der nun sich zu fixiren im Begriffe ist. Die Veränderungen, welche im ausgewachsenen Knorpel, namentlich im höheren Alter noch auftreten, schliessen sich theils an die bisherigen an, theils sind sie neu hinzutretende. Dass die Fettablagerung sowohl als die Zerfaserung der Grundsub- stanz nicht den späteren Lebensaltern allein angehöre, ist bereits bemerkt, sie schei- nen aber beide durch das ganze Leben hindurch zuzunehmen. Gewöhnlich findet sich ein einzelner, selten mehrere Fetttropfen in einer Knorpelzelle; dass derselbe aber immer dem Kern entspreche, scheint mir nicht ausgemacht, obgleich es oft so sein mag. Dass die Zerfaserung der Grundsubstanz nicht auf einer Faserbildung im Sinne der Zellentheorie, sondern auf einer blossen Dilferenzirung der Moleküle der Grund- substanz beruht, bedarf keines Beweises, da man niemals Entwicklungsstufen von Zellen findet, ja es ist bemerkenswerth, dass die Knorpelhöhlen gerade an den fase- rigen Stellen immer am spärlichsten sind, die Zunahme der Grundsubstanz daher hier besonders beträchtlich sein muss. Von einer zeitlichen oder räumlichen Bezie- hung der Zerfaserung oder Fettablagerung zur Verknöcherung habe ich nicht das mindeste wahrnehmen können. Tritt dieselbe nachträglich in ausgewachsenen Rip- penknorpeln auf, so geschieht sie nicht durch ein continuirliches Fortrücken des Ver- knöcherungsrandes, wie in der Evolutionszeit, sondern von zahlreichen kleinen Kno- chenkernen aus, die an verschiedenen Stellen des Knorpels peripherisch und central zum Vorschein kommen und dem Auge durch ihre trübe, weisse Farbe um so leich- ter kenntlich sind, als gewöhnlich alte Rippenknorpel ein dunkelgelbliches, oft speckiges Ansehen haben. Gemeinlich verknöchern erst einzelne Höhlen und Reihen, indem sich ein pulveriger Niederschlag um sie bildet, der allmählig weiter greift und sich später wieder aufhellt. Hat der Knochenkern eine gewisse Ausdehnung erlangt, so tritt in seiner Mitte die gewöhnliche Schmelzung ein und es kann so nach und nach der grösste Theil des Knorpels in diploetisches Gewebe verwandelt werden. In dem röthlichen Breie, welcher die entstandenen Markräume ausfüllt, finden sich dann grosse und kleine Fetttropfen, Blutkörperchen und eine Menge zellen- und klümpchenartiger Gebilde mit rundlichen, selten biseuitföormigen oder mehrfachen Ker- nen, wie im embryonalen Knochen, ausserdem aber auch solche Knorpelzellen, wie ‚sie sich im ausgewachsenen Knorpel befinden, die offenbar durch die Bildung der Diplo& aus den Knorpelhöhlen frei wurden. Ausgezeichnet und den permanenten Knorpeln eigenthümlich sind einige nach- 11 a Be trägliche Veränderungen der Knorpelzellen, welche, wie wir gesehen haben, im fötalen Skelett eine sehr untergeordnete Rolle spielen. Schon in der Blüthezeit, häufiger in späteren Jahren, begegnet man besonders in Rippenknorpeln und Faser- knorpeln solchen Zellen, welche nicht einschrumpfen, sondern oft frei an den Schnitt- ränden hervorstehen, ohne jedoch leicht aus den Knorpelhöhlen herauszufallen. Ge- lingt es, einzelne zu isoliren, so zeigen sie eine auffallende Resistenz. die sie früher nicht hatten, sie werden in Essigsäure gar nicht, von Kali kaum verändert, behalten ihre trübe gelbliche Färbung und Spiegelung und widerstehen auch dem Drucke sehr kräftig. Dabei ist der Kern gewöhnlich sehr deutlich, der Inhalt der Zelle daher ohne Zweifel sehr klar und durchsichtig. Es deuten diese Erscheinungen auf eine Verdichtung der Zellmembran, wie sie an alternden Zellen nicht ungewöhnlich ist, zugleich aber auf eine innigere Adhäsion der Knorpelzelle an der Wand der Knor- pelhöhle, die vielleicht von der grösseren Trockenheit des Knorpels und der Ein- dieckung der denselben durchdringenden Fluida herrührt. Es kann eine Knorpelzelle durch einen glücklichen Schnitt oft an dem grössten Theil ihrer Peripherie befreit sein und an einem Punkte derselben noch innig der Intercellularsubstanz adhäriren. Die Contouren der Zellen bleiben dabei vollkommen deutlich und scheinen eher schär- fer, wie in allen Fällen, wo die Zelle der Höhle dicht anliegt. Jod färbt sie weniger intensiv als die Membranen der fötalen Knorpelzellen, was von ihrer Derbheit und daher rühren kann, dass verdickte Zellmembranen nicht einschrumpfen. Ein noch viel auffallenderes Vorkommen, das in älteren Knorpeln fast constant ist und gewöhnlich als Verdiekung der Zellmembran beschrieben wird, besteht darin, dass die Knorpelhöhlen von doppelten, mehr oder weniger concentrischen Contouren begrenzt sind, welche ihrerseits einen dunklen, kernigen Körper umschliessen, der die Höhle mehr oder weniger ausfüllt und häufig auch durch einen Feittropfen ver- treten wird. Dass die doppelten Contouren in diesen Fällen wirklich den Begren- zungslinien einer Verdickungsschicht und nicht einem freien Raume entsprechen, ist ziemlich leicht auszumitteln, denn der Zwischenraum zwischen denselben wird durch Jod deutlich gefärbt und zwar in derselben Intensität wie die Intercellularsubstanz. Unzweifelhaft ist auch, dass diese Schicht durch 'secundäre Ablagerung entstanden ist, denn in allen Fällen wird das Lumen des ursprünglichen Hohlraums dadurch ver- kleinert, wie die Vergleichung der benachbarten Knorpelhöhlen und der Uebergangs- stufen ergibt. Nicht so ausgemacht scheint mir aber, dass diese Ablagerung in allen Fällen auf die Innenfläche der Zellmembran (oder durch Verdickung derselben) ge- Si schehe, dass sie nicht auch auf die Innenfläche der Knorpelhöhle stattfinde und die Zellmembran gewissermassen verdränge. Im ersteren Falle würde der gewöhn- lichen Deutung gemäss der körnige Körper, welchen die centrale Höhlung enthält, blos dem Zellenkern, im letzteren Falle der geschrumpften ganzen Zelle entsprechen. Eine directe Entscheidung scheint mir in vielen Fällen kaum möglich, und wer sich jedem einzelnen Präparate gegenüber diese Frage stellt, wird eingestehen, dass Gründe der Analogie, vor allem aber die Entwickelungsgeschichte, dazu nicht ent- behrt werden können. Gewiss ist, dass der äussere Contour constant der Begren- zung der Knorpelhöhle entspricht, und dass Zellen mit verdickten Wänden, die den doppelten Contouren entsprechen, sich viel seltener isolirt finden, als gewöhnliche fötale Knorpelzellen. Beides kann dahin erklärt werden, dass die Knorpelzelle der Höhle dicht anliegt und mit ihr verschmilzt, wie es in den kurz vorher angegebe- nen Fällen schon angedeutet ist. In vielen Fällen habe ich mich mit Bestimmtheit überzeugt, dass der centrale Körper, der von Jod stets am dunkelsten gefärbt wird (besonders wenn der Schnitt die Höhle geöffnet hatte), eine Zelle mit Kern war, dem inneren Contour im frischen Zustande anlag und erst beim Eintrocknen des Prä- parats zu jenem kernartigen Körper einschrumpfte. Diese Zellen, welche innerhalb der Verdickungsschicht liegen, würde man der gangbaren Ansicht gemäss als Toch- terzellen zu deuten haben und dabei annehmen müssen, dass in alternden Knorpeln eine endogene Zellbildung stattfinde, wovon ich im wachsenden Knorpel, wo das Verhältniss viel leichter zw ermitteln ist, mich nicht habe überzeugen können. Jene Verdickungsschicht, die in ihrem Verhalten gegen Jod der Intercellularsubstanz näher steht, als der Zellmembran, geht endlich auch gleich jener mit in die Verknö- cherung ein, d. h. der pulverige Niederschlag, welcher den Beginn derselben anzeigt, reicht oft ganz bestimmt bis zu dem inneren Contour und lässt nur das Lumen der Höhle frei, während er nach aussen sich allmählig in der Intercellularsubstanz ver- liert. Auch sind Präparate nicht selten, in welchen die Verknöcherung den äusseren Contour nicht überschreitet und sich daher genau auf die Verdickungsschicht be- schränkt. Ueberschreitet die Verknöcherung den äusseren Contour, so wird derselbe meistens verdeckt und durch Entziehen der Kalksalze mittelst Säuren oft wieder sichtbar, oft aber auch nicht. Hier wird man denn eine Verknöcherung der Zell- membran bei gleichzeitiger Verschmelzung mit der Grundsubstanz statuiren, wovon beim Fötus und beim wachsenden Knorpel ebenfalls keine Spur zu finden ist. Mag die Deutung dieser Erscheinung sein, wie sie will, so ist auf alle Fälle eine Ueber- zu AR tragung dessen, was in vielen Fällen am ausgewachsenen Knorpel geschieht, auf die primordiale Verknöcherung überhaupt nicht gerechtfertigt, und was bisher so allge- mein [u. a. auch von Kölliker t) in seinem neuesten Werke] als Regel aufgestellt wurde, nämlich Bildung von Verdickungsschichten und endogenen Zellen, Verschmel- zung der Knorpelzellen mit der Intercellularsubstanz und Verknöcherung der verdick- ten Zellenwände, ist jedenfalls auf eine bestimmte Periode des Knorpellebens, näm- lich auf die nachträgliche Verknöcherung im wachsenden und permanenten Knorpel zu beschränken und gleichsam als die letzte Aeusserung der Vegetation im Knorpel zu betrachten, nachdem das Wachsthum der Intercellularsubstanz mit der typischen Grösse des Individuums sein Ende erreicht hat. An die Rippenknorpel reihen sich ihrer nachträglichen Schicksale wegen die Knorpel des Respirationsapparates. Faserbildung und Fettablagerung finden sich schon bei jüngeren Individuen vor und in der Blüthezeit. Verknöcherung beobachtete ich im höheren Alter im Schildknorpel, Ringknorpel, den Giessbeckenknorpeln und einem Theil der Knorpelringe der Trachea. Auch hier beginnt die Verknöcherung von zer- streuten Knochenkernen aus, umgibt einzelne Knorpelhöhlen und kann zuletzt fast den ganzen Bezirk der genannten Theile in diploötisches Gewebe verwandeln. Spur- weise verknöchert fand ich einmal die Epiglottis, niemals die Santorinischen und Wrisbergischen Knorpelchen. Auch im Nasenknorpel traf ich schon bei jungen In- dividuen Faserung und Fettablagerung, dagegen scheint Verknöcherung dieselben un- ter allen ächten Knorpeln am seltensten zu trelfen. Beispiele der Art bieten jedoch die Rüsselknochen des Schweins, des Maulwurfs u. s. w. Dass die sogenagnten Faserknorpel keine eigene Gewebsart, sondern Modifica- tionen der structurlosen Knorpel sind, geht nicht nur aus der Entwicklungsgeschichte hervor, die auf der ersten Stufe bei allen Knorpeln ganz dieselbe ist, sondern auch aus der Faserung, welche an vielen hyalinen Knorpeln nachträglich noch in der Grundsubstanz auftritt und häufig am Verknöcherungsrand verknöchernder Knorpel bemerkt wird. Was die sogenannten Faserknorpel auszeichnet, ist theils das frühe 1) Kölliker stützt sich a. a. ©. S$. 360 auf das Beispiel des rhachilischen Knorpels, allein der rhachitische Knorpel zeichnet sich, wie H. Meyer a. a. ©. S. 296 richtig bemerkt hat, dadurch aus, dass er nicht (oder sehr spät) verknöchert. Er gleicht nicht dem fötalen, sondern dem wachsenden und permanenten Knorpel. Was seine »zum Theil schematische« Fig. 6. auf Taf. II. betrifft, so bin ich geneigt, das Schematische gerade auf den verknöcherten Theil zu beziehen, wenigstens habe ich solche Verdickungsschichten weder beim Kaninchen, noch bei andern jungen Thieren oder beim mensch- lichen Fötus jemals wahrnehmen können. u Auftreten der Faserung, theils die mehr complieirte, gekreuzte, netzförmig durch- brochene oder verfilzte Anordnung derselben. Im Uebrigen gibt es alle Uebergänge und Faserknorpel genug, in welchen die Anordnung auch parallel oder concentrisch ist. Niemals sind die Fasern isolirt, sondern durch eine reichliche, feste Intercellu- larsubstanz verbunden, die stellenweise, besonders bei jüngeren Individuen, in grös- serer Mächtigkeit vorhanden ist, und namentlich in der Nähe der Knorpelhöhlen grös- sere und kleinere Bezirke von hyaliner Substanz bildet '). Die Faserknorpel wach- sen gleich den anderen durch Iutussusception und Vermehrung der Intercellular- substanz mit Erweiterung der Höhlen und Vergrösserung der Knorpelzellen. Die Faserung der Intercellularsubstanz verhindert vielfache Täuschungen, welche durch die Transparenz und Spiegelung der hyalinen Knorpeln veranlasst werden; man kann daher unter allen permanenten Knorpeln in,einigen hierher gehörigen, z. B. in der Epiglottis und Auricula, das Verhältniss der Knorpelzellen zu den Höhlen am besten studiren. Immer findet man einfache Zellen, nie Mutterzellen oder Gebilde, die da- für gehalten werden können. Stets fallen die Zellen leicht aus den Höhlen heraus, deren nackte glatte Wände sich leicht als Höhlungen der Grundsubstanz ausweisen. Ist die Faserung in den Wänden derselben sehr ausgesprochen, so kann man leicht zur Annahme einer concentrischen Schichtung im Innern der enthaltenen Knorpelzellen veranlasst werden, während isolirte Zellen selten eine Verdickung oder Schichtbil- dung der Membran zeigen. Wahre Schichtbildung im Innern der Knorpelhöhlen, oft gleichzeitig mit Fettablagerung, findet sich sehr schön im Ohrknorpel des Kanin- chens, der übrigens durch mehr hyaline Structur ausgezeichnet ist (Taf. IV. Fig. 10). Im Ohrknorpel des Rindes, der Katze, des Menschen ete. waltet die faserige Inter- cellularsubstanz vor und besteht namentlich heim Kalbe aus so dicken dunkeln, den elastischen ähnlichen Fasern, dass die Zellen ganz davon verdeckt und geeignete Präparate seltener erhalten werden. In der menschlichen Epiglottis finden sich eben- falls häufig sowohl Fettablagerung, als Schichtbildung, obwohl nie in solchen concen- irischen Lagen, wie in den ächten Knorpeln der Cyclostomen u. a. ?). !) Beim Rinde bestehen auch die Giesbeckenknorpel aus Faserknorpeln, zu einer Zeit, wo die Epiglottis und Auricula noch reichliche Hyalinsubstanz enthalten. 2) Niemals ist mir und, so viel mir bekannt, auch sonst Niemanden je wieder eine solche mit Porencanälen versehene Zelle aufgestossen, die Henle a. a. ©. Taf. V. Fig. 8. abbildet, und ich halle Henle’s neuere Vermuthung, dass hier eine mikroskopische Täuschung obgewaltet habe, für mehr als wahrscheinlich. En 1% Verknöcherung trifft die Faserknorpel im Ganzen seltener als hyaline Knorpel und dann scheint sie vorzugsweise, wenn nicht ausschliesslich, die nichtfaserigen Par- thieen zu treffen. Der Vorgang unterscheidet sich in nichts von dem gewöhnlichen, geht aber stets ausserordentlich langsam. Man findet daher sehr häufig, besonders in den Ligamenta intervertebralia und der Symphysis pubis, in der Nähe des Verknö- cherungsrandes einzelne Knorpelhöhlen, mit und ohne Verdickungsschichten, von einem pulverigen Kalkniederschlage umgeben (Taf. IV. Fig. 6. A) und in der Höhle die ge- schrumpfte Knorpelzelle. Es sind dies die sog. Knochenzellen, welche H. Meyer!) [und neuerdings Kölliker 2)] aus der Symphysis pubis beschrieben und ausgebildet haben, die man aber in allen nachträglichen Verknöcherungen in der Nähe des Kno- chenrändes findet, und die ich namentlich in Gelenkknorpeln, Rippenknorpeln, Kehl- kopfknorpeln alter Leute oft gefunden habe. Die Ligamenta intervertebralia und die Symphysis pubis verhalten sich dadurch einigermassen wie Apophysen, da sie zu keiner Zeit scharf vom Knochen abgegrenzt sind, sondern die hyaline Substanz hier continuirlich in die faserige übergeht (nach Kölliker sie sogar schichtweise durchsetzt). Die Verknöcherung rückt von beiden benachbarten Knochen her vorwärts, tritt aber auch, wie in den Rippenknorpeln, von zerstreuten Punkten im Zwischenknorpel selbst auf. Dass die Zwischenknorpel der Heiligenwirbel in der Pubertätszeit normal, die anderer Wirbel, so wie die Symphysis pubis, nicht selten im höheren Alter oder pathologisch verknöchern, ist bekannt. Man findet dann im Innern derselben gewöhn- liches diploötisches Gewebe, wie in hyalinen Verknöcherungen, Markräume u. s. w., ebensowenig aber auch Markcanälchen oder Corpuseula radiata, obgleich letztere in den secundär aufgelagerten Skelettschichten (ib. C) zahlreich gefunden werden. Der Verknöcherungsprocess scheint im Allgemeinen in dem Maasse spärlicher und seltener aufzutreten, als die Grundsubstanz faseriger wird. Er ist aaher nur selten in der Epiglottis und Tuba Eustachii, nicht im Ohrknorpel, in der Cartilago tar- sus, den Santorinschen und Wrisbergischen Knorpeln angetroffen worden. Ich selbst traf nur einmal, neben ausgebreiteter Verknöcherung des Larynx und der Trachea, einzelne hirsekorngrosse und kleinere Knochenkerne (Concremente?) ohne Bildung von Diplo& in der menschlichen Epiglottis. Eine normale Ossification findet sich da- ı) A.a. 0. S. 349. 2), Aa 0.281312. Be pe gegen nach Leuckart !) in dem Ohrknorpel des Meerschweinchens. Die Verknöche- rung erscheint ferner nicht in jenen Grenzgebieten des Knorpelgewebes, wo einzelne Zellen in ein sehr entwickeltes Faser- oder Bindegewebe eingebettet sind, wie in den Bandscheiben des Knie-, Kiefer- und Schlüsselbeingelenks, den Labra carti- laginea, den sog. Havers’schen Drüsen u. s. w. Die Knorpelzellen sind hier stets sehr klein, scharf contourirt, füllen die Hohlräume, in denen sie liegen, ziemlich vollständig aus und isoliren sich leicht. Essigsäure macht die Kerne deutlicher als bei vielen wahren Knorpelzellen; es finden sich darunter viele grosse, bläschen- artige. Füllen die Zellen die Hohlräume nicht ganz aus, so entsteht oft das Ansehen eines doppelten Contour; Färben mit Jod zeigt aber, dass keine Verdickungsschicht, sondern ein leerer Raum die Zelle von der Höhlenwand trennt. Der Contour ist daher stets am dunkelsten und schärfsten, wenn die Zelle der Wand dicht anliegt, blässer und schwächer, wenn sie absteht (S. oben S. 35). Oft geschieht das Zu- rückweichen der Zellmembran in Folge der Einwirkung der Essigsäure und des Jods. Je reifer das Bindegewebe, desto bestimmter sind die Knorpelhöhlen ausgeprägt und in den Menisken scheinen daher die Knorpelzellen (wenn man sie so nennen darf) einfach in die Maschen desselben eingebettet, in welchem Essigsäure viele längliche, schmale Kerne sichtbar macht. Einzelne solcher Zellen, die aber durch Essigsäure stets ganz blass werden, also die Charaktere der Knorpelzellen immer mehr aufge- ben, finden sich noch in der Substanz der Synovialkapseln selbst. Solche, eines be- stimmten histologischen Characters entbehrende, Formen können nach meiner Ansicht nach nicht benutzt werden, um zu beweisen, dass kein histologischer Unterschied zwischen Knorpel und Bindegewebe bestehe, sondern sie werden verständlich, wenn man auf die frühesten Bildungsstufen zurückgeht, wo alle Gewebe aus demselben indifferenten Bildungsgewebe bestehen und durch blosse differente Entwicklung, ohne scharfe Continuitätstrennung, zu den specifischen Geweben des Erwachsenen heran- reifen. Auch die Ueberzüge des Kiefer- und Schlüsselbeingelenks hat man zu den Fa- serknorpeln gerechnet. Im letzteren findet man aber immer hyalinen Knorpel, na- mentlich am Sternum, während der Knorpel am Schlüsselbein in späteren Jahren gewöhnlich faserig wird. Fettablagerung ist hier sehr gewöhnlich, der Verknöche- rungsrand dem der anderen Gelenkknorpel gleich gebildet; namentlich habe ich bei 1) Müller a. a. ©. -S. 130. we, jfe= alten Leuten oft einzelne verknöcherte Höhlen vor demselben angetroffen. Auch Schichtbildung ist nicht selten. Unter den Knorpelzellen findet man einzelne mit 2—3 Kernen, Zellen in Zellen oder gar mehrfache endogene Zellen aber so wenig als anderwärts, sehr oft dagegen Gruppen von Zellen, die für Mutterzellen gehalten werden können. Im Kiefergelenk findet sich beim Fötus und Neugebornen ebenfalls constant hyaliner Knorpel, in besonders starker Schicht am Gelenkknopf des Unterkie- fers, welche Stelle ich beim Kalbe seit Jahren zur Demonstration des Verknöche- rungsprocesses benützt habe (Taf. I. Fig. 85). Man findet dort dieselben Knorpel- höhlen in Gruppen und Reihen, vom Knochennetz umstrickt, wie an allen Verknö- chernngsränden des Primordialskeletts, obgleich der Unterkiefer bei den Säugethieren nicht knorpelig präformirt ist. Beim Erwachsenen besteht aber sowohl der Ueber- zug des Gelenkkopfs als der mikroskopisch dünne Gelenkknorpel der Cavitas glenoi- dalis des Schläfenbeins aus sehr entwickeltem Faserknorpel, mit einzelnen Gruppen von schönen Knorpelzellen. Der Verknöcherungsrand wie oben. Interessant ist es, in beiden Gelenken den Uebergang des faserigen Gelenkknorpels in das ent- wickelte Bindegewebe der Synovialkapsel und des Meniscus zu studiren, in welchem sich die oben beschriebenen kleinen, scharfeontourirten Knorpelzellen befinden. Das Nähere über die abweichende Entstehung des Kiefergelenkes kann erst beim secundären Skelett zur Sprache kommen. II. Abschnitt. Vom secundären oder definitiven Skelett. Dass nicht alle, wenn auch beim Menschen und den Säugethieren die Mehrzahl der knöchernen Skeletttheile knorpelig präformirt sind, dass mithin der Rest der nicht präformirten Knochen auf eine abweichende Weise entstehen müsse, ist längst bekannt. Schon die Anatomen des 17. Jahrhunderts, Kerkring, Malpighi, Ruysch u. A. beschäftigten sich mit dieser Frage und Nesbitt suchte schon im Jahre 1736 nachzuweisen, dass der „Knochensaft”, der von den Gefässen ausgeschieden werde, sich ebensowohl in Knorpeln als in Membranen ablagern könne. Albin und beson- ders Haller bekämpften diese Ansicht, die ziemlich verbreitete Geltung gehabt zu „u Yan Fi haben scheint, indem sie alle Knochen aus Knorpel entstehen lassen wollen. Doch sagt Albin) von den Schädelknochen, dass sie ihrer Natur nach „membranös- knorpelig” seien (horum enim species membranacea est, natura cartilaginea; reliquo- rum ne species quidem membranacea), eine Auskunft, die sich kürzlich in Reicherts „häutig - knorpeligen” Skelettanlagen, im Gegensatz zu den „hyalin - knorpeligen”, wiederholt hat. Die Diskussion darüber, die in neuester Zeit vom. histologischen Standpunkt wieder frisch aufgenommen wurde, würde schwerlich so weit geführt haben, wenn man von Anfang mehr die Entwicklung des Knochengewebes im All- gemeinen, als die einzelner Skeletttheile für sich allein verfolgt hätte. Aus der oben gegebenen Schilderung des Verknöcherungsprocesses im Knorpel geht schon hervor, dass die Ausbreitung des secundären Skelettes sich nicht blos auf die im Primordial- skelett fehlenden, sondern auch auf die bereits gebildeten Theile erstreckt. Erwägt man, dass kein verknöcherter Theil einer ferneren Volumszunahme durch inneres Wachsthum fähig ist, so muss nothwendig alles Wachsthum des gebildeten Knochens durch Apposition von aussen, d. h. unabhängig von der primären Knorpelanlage, ge- schehen, und in der That ist das Gesetz, dass der Knochen nur durch schicht- weise Apposition oder Resorption Volumen, Gestalt und Dichtigkeit verändern könne, das wichtigste Resultat, das aus den zahlreichen Versuchen mit Maceration, Säuren, Kochen, Krappfütterung, Anbohren, Anlegung von Rin- gen etc., sowie aus der Betrachtung der Regeneration bei Krankheiten der Knochen und des Periosts, von Clopton Havers und Duhamel bis auf unsere Zeit gewon- nen wurde. Bedenkt man fernerhin, dass die frühverknöcherten Theile des Primor- dialskeletts gar nicht persistiren, sondern bis auf verhältnissmässig unbedeutende Reste sogleich der Vernichtung anheimfallen, so wird man leicht einsehen, dass, mit Ausnahme der sogenannten permanenten Knorpel, nur geringe Mengen diploetischen Gewebes, welches sich hinter den Verknöche- rungsrändern, namentlich der Apophysen und Gelenke, befindet, in das definitive Skelett übergehen, die ganze übrige Masse des ver- ‘ knöcherten Primordialskeletis aber zur Bildung von Markhöhlen und Markröhren verwendet wird. Es ist klar, dass aus Knorpeln nie ein knöcher- nes Skelett von dem Umfange und der Festigkeit des Wirbelthierskeletts hervorgehen kann und es gilt als weiteres Gesetz, dass von denjenigen Thieren an aufwärts, !) Tabulae ossium p. 150. et welche das knorplige Primordialskelett zeitlebens behalten (Knorpelfische), in dem Maasse als die Verknöcherung im Primordialskelett um sich greift, auch die secun- däre Knochenbildung ausgebreiteter ist, ja wir werden sehen, dass in vielen Fällen, bei Amphibien und Vögeln, die Verknöcherung im Primordialskelett gar nicht erwar- tet wird, sondern die Knochenbildung gleich als secundäre oder, wie man sich aus- drückt, als Auflagerung beginnt. Es wird sich daraus schliesslich ergeben, dass fast Alles, was von Knochenstructur, Wachsthum und Metamorphose der Knochen des erwachsenen Körpers in den Handbüchern bisher ge- lehrt wurde, auf das secundäre Skelett zu beziehen ist. Um dies darzuthun und eine allseitige Verständigung zu erzielen, dürfte es zweck- mässig sein, von der Structur des fertigen Skelettes auszugehen und in der Beob- achtung seiner Entstehung, auf dem umgekehrten Wege der bisherigen Untersuchung, bis zu dem Punkte herabzusteigen, wo wir das Primordialskelett gelassen haben und das secundäre Skelett sich an dasselbe anschliesst. Dort angelangt, wird man am besten im Stande sein, das Verhältniss beider ins Auge zu fassen und ihre wahre Bedeutung zu erkennen. Cap. I. Vom fertigen Knochengewebe. Die Resultate der Untersuchungen über den Bau und die Structur des fertigen Knochens, die man so ziemlich als abgeschlossen betrachten darf, lassen sich mit wenigen Worten folgendermassen zusammenfassen. Alle Knochen bestehen aus einer organischen Grundlage und einer im Verhältniss zu anderen Geweben unverhältniss- mässig grossen Menge unorganischer Salze, welche mit einander aufs innigste ver- bunden sind. Man erhält die organische Grundlage durch Ausziehen der Salze mit- telst verdünnter Säuren, die Salze durch Caleiniren, indem man die organische Grund- lage durch Glühen zerstört. In beiden Fällen erhält man die Gestalt des Knochens, dort als eine weiche, biegsame Substanz (Knochenknorpel der Autoren), hier als ein sprödes, leicht zerbröckelndes, erdiges Gerüste. Die Bewahrung der Continuität der Knochentheilchen in beiden Fällen ist ein sicherer Beweis, dass die Verbindung der organischen und unorganischen Materie auf keiner gröberen Juxtaposition, son- dern auf einer innigen moleculären Durchdringung beruht. Histologisch stimmt die Knochenmaterie mit der Grundsubstanz des hyalinen Knorpels darin überein, dass sie ebenfalls durchaus homogen, allenthalben gleich dicht ist und das Licht allen- thalben auf gleiche Weise bricht, unterscheidet sich aber von ihr durch einen regel- 2. mässigen Lamellenbau, der besonders am präparirten Knochenknorpel deutlich her- vortritt. In dieser homogenen Grundmasse finden sich gewisse Systeme von Hohl- räumen, auf welche man sich bezieht, wenn man von einer Structur des Knochen- gewebes spricht. Schon mit freiem Auge unterscheidet man an allen Knochen eine dichtere peripherische und eine porösere centrale Substanz (Diplo@), welche beide continuirlich in einander übergehen und von welchen die letztere nur an den ganz dünnen und platten Knochen fehlt. Je nach der Gestalt und Dimension der betref- fenden Hohlräume unterscheidet man Markröhren, Markzellen, Canäle für Blutgefässe und Nerven. Ihre Anordnung ist von den Gestalt- und Volumsverhältnissen der einzelnen Knochen bedingt und daher variabel. An Knochenschliffen, die durchsich- tig und fein genug sind, um bei mässigen Vergrösserungen betrachtet zu werden, gewahrt man ein regelmässigeres und allgemeiner verbreitetes System von Hohl- räumen in Form von feinen anastomosirenden Canälen, welche die homogene Grund- substanz vorzugsweise in der Rindensubstanz durchziehen, die sogenannten Havers- schen oder Markcanälchen, die in keinem Knochen, mit Ausnahme der dünnsten Knochenplättchen, ganz fehlen. Sie dienen der Verbreitung der feineren Blutgefässe und Nerven nebst dem sie umhüllenden und tragenden Bindegewebe, und münden daher allenthalben auf die äussere Oberfläche sowohl als in die Hohlräume, welche die grösseren Gefässstämme und Nerven enthalten. Sie sind ziemlich constant von concentrischen Knochenlamellen gebildet, während andere Lamellen der Peripherie des Knochens (Periosts) parallel laufen. Erst bei stärkeren Vergrösserungen und an dünneren Schliffen wird ein noch feineres Röhrensystem deutlich, welches in Ge- stalt äusserst feiner und sehr zahlreicher Canälchen die Knochenlamellen durchzieht. Diese Canälchen stehen untereinander und mit den Markcanälchen allenthalben in Verbindung und münden auch frei auf die Oberfläche und in die Markhöhlen des Kno- chens. Bei den meisten Thieren münden sie in ziemlich regelmässigen Abständen, zu mehreren, in rundliche oder elliptische Höhlungen, die sogenannten Knochenkör- perchen, die auch den dünnsten Knochenblättchen, die keine Markräume und Mark- canäle haben, nicht fehlen und als empyrisches histologisches Merkmal des Knochen- gewebes in der ganzen Thierwelt (mit Ausnahme einiger Fischknochen) benützt werden können. Die ersten Entdecker, Deutsch und Joh. Müller, glaubten in diesen feinsten Canälchen, die zum Durchgang für Blutgefässe zu eng sind, einen Theil der unorganischen Materie deponirt und nannten sie kalkführende; es ist jedoch bereits durch hinreichende Thatsachen festgestellt, dass sie wirkliche Hohl- == eu zz räume sind und im natürlichen Zustand keinen festen Inhalt besitzen. Sie vertreten in den Knochen die Rolle eines Capillargefässsystems und sind als die feinsten Aus- breitungen des zur Ernährung der Knochen dienenden Röhrensystems anzusehen. Da sie unzweifelhaft nichts anderes als Blutwasser führen und der Name Kalkcanäl- chen nicht beibehalten werden kann, so könnte man sie zum Unterschiede von den Mark - oder Gefässcanälchen etwa Safteanälchen oder, wenn man den Namen des Entdeckers vorzieht, jene Havers’sche, diese Müller’sche Canälchen nennen. Was die Entstehung dieser verschiedenen Hohlräume angeht, so betrachtet man allgemein die grösseren Markräume und Markröhren, wie die Entstehung der Diplo überhaupt, als Folge eines Schmelzungs- oder, wie man sich ausdrückt, eines Resorp- tionsprocesses in der verknöcherten compacten Grundsubstanz. Hinsichtlich der fei- neren Röhrensysteme aber gehen die Ansichten sehr auseinander und nur darin stimmten bis vor Kurzem die meisten Beobachter überein, dass sie den Knochen im histogenetischen Sinne als verknöcherten Knorpel auflassten, dass sie daher stets von der Vergleichung des fertigen Knochens mit dem fertigen Knorpel ausgingen und die Structurelemente des ersteren auf die des letzteren zurückführen zu müssen glaubten. Es genügt, auf die Widersprüche hinsichtlich der Bildung der Knochen- körperchen hinzuweisen, um die Schwierigkeit, wenn nicht Unmöglichkeit einer be- friedigenden Lösung der Aufgabe unter diesen Voraussetzungen anschaulich zu ma- chen. Von den drei hauptsächlichsten darüber aufgestellten Hypothesen scheint die erste von Schwann herrührende, welche die Knochenkörperchen als Zellen mit ästigen Ausläufern innerhalb der compaeten Grundsubstanz auffasste, ihrer physicali- schen Schwierigkeiten wegen jetzt allgemein verlassen zu sein). Die zweite, welche den Kernen der Knorpelzellen diese Metamorphose zuschrieb, ist neuerdings wenigstens von einem ihrer Urheber ?) widerrufen worden. Nach der dritten, die ebenfalls von Sch wann aufgestellt und von Henle durch jene oft eitirte, verein- 1) Nur Virchow hat dieselbe (Verhandl. der physic. mediz. Ges. in Würzburg ll. Bd. S. 151) so eben wieder aufgenommen, gestülzt auf die Beobachtung, dass sich durch Kochen in Salzsäure Knochenkörperchen sammt Canälchen isoliren lassen. Dieser Schluss ist mindestens sehr voreilig. Ich sehe dadurch nur ein allgemeines Gesetz bestätigt, dass die Knochensubslanz da, wo sie den er- nährenden Säften am nächsten ist, die grösste Dichtigkeit besitzt, und zweifle nicht, dass bei fortge- _ setztem Kochen auch die isolirten Knochenkörperchen sich auflösen werden. Es ist klar, dass solche vereinzelte und zufällige Wahrnehmungen die Resultate der Entwicklungsgeschichte weder ersetzen noch widersprechen können. ?2) H. Meyera.a. ©. S. 295. ! Ben 108 zelte und unsichere Beobachtung an einem Faserknorpel (der Epiglottis, welche sonst nie verknöchert) gestützt wurde, entstehen die Knochenkörperchen mit ihren Canäl- chen, nach Art der Porencanäle der Pflanzen, durch Schichtbildung auf der Wand der Knorpelzellen. Diese Ansicht, welche am meisten Beifall gefunden hat und welcher auch Kölliker, besonders nach Untersuchung an rhachitischen Knochen, zustimmt, lässt es wie die vorigen unerklärt, wie die Canälchen über den Bezirk der ursprüng- lichen Zelle hinausreichen und mit einander in Verbindung treten. Kölliker hält zwar !) „eine Fortbildung oder ein Weiterschreiten der Knochencanälchen durch Re- A. a. 0. S. 362. Was den rhachitischen Knochen betrifft, so kann ich nach älteren und neueren Untersuchungen ausgezeichneler Fälle von Rhachilismus, die ich aufbewahre, der Beschreibung meines geschälzten Freundes im Allgemeinen beistimmen.. Namentlich zeichnet sich derselbe schon im knorpeligen Zu- stand durch exquisite Verdickungsschichten aus und sehr häufig erscheint die Verknöcherung auf diese Verdiekungsschicht und selbst auf einzelne Knorpelhöhlen beschränkt. Oft haben auch die übrig ge- bliebenen Lumina ein ausgezeichnet gezackles oder gekerbtes Ansehen und ähneln daher den gewöhn- lichen Knochenkörperchen ausserordentlich. In einigen Fällen hat es mir sogar geschienen, als er- streckten sich diese Einkerbungen über die Verdiekungsschicht hinaus in die Intercellularsubstanz, doch sah ich von einem zusammenhängenden Netze von Canälchen keine Spur, auch ist die Gestalt und Grösse dieser im Knorpel gleichsam präformirten „Knochenkörperchen“ sehr unregelmässig. Aus diesen Thalsachen kann die Möglichkeit erschlossen werden, dass unler günstigen Verhältnissen — wenn nämlich die Verknöcherung sehr verspätet, an einzelnen Punkten und laugsam auftritt — aus Knor- pelzellen mit verdickten Wänden nach und nach Höhlungen entstehen, welche den sog. Knochenkör- perchen sehr ähnlich sind. Die Müller’schen Canälchen, die jedenfalis das Wesentlichste sind, würden dann freilich, wenn sie überhaupt vorkommen, nur zum Theil nach Art der Porencanäle der Pflanzen, der Hauptsache nach durch einen nachträglichen Verflüssigungsprocess zu geschehen haben. Auf die normale Verknöcherung scheint mir aber diese Möglichkeit schon darum nicht anwendbar, weil Verdickungsschichten, ohne welche an Porencanäle nicht zu denken ist, im fötalen Knorpel überhaupt nicht vorkommen und erst in späteren Perioden im wachsenden und permanenten Knorpel erscheinen, denen sich der rhachitische in jeder Beziehung anschliesst. Selbst der permanente Knorpel unter- scheidet sich von dem rhachitischen einigermassen dadurch, dass die Einkerbungen der Verdickungs- schicht sehr selten und kaum je so zahlreich und ausgeprägt sind, wie im rhachitischen Knochen, was vielleicht mit der lebhafteren Wucherung des letzteren zusammenhängt. Niemals erkennt man in fö- talen Knochen an der Zahl, Anordnung und Distanz der radiirten Knochenkörperchen, welche in einiger Entfernung hinter dem Verknöcherungsrand nicht fehlen, jene so characteristische Reihenbildung, welche die verknöchernde Knorpelschicht auszeichnet; die Knochenkörperchen sind sogar fast ebenso constant nach der Längsachse des Knochens gerichtet, wie die reihenbildenden Knorpelkörperchen nach der Queere. Ein regelmässiger und constanter Uebergang dieser in jene ist endlich desshalb proble- malisch, weil jene Reihen und Gruppen von Knorpelkörperchen gar nicht persisliren, sondern unmittelbar hinter dem Verknöcherungsrand in der oben geschilderten Weise einschmelzen und spurlos untergehen. Dieser Vorgang, bei welchem namentlich zuerst die theilweise noch knorpeligen Queerbrücken der einzelnen Reihen untergehen und die einzelnen Knor- pelhöhlen zusammenfliessen, ist in allen fötalen Verknöcherungen so unverkennbar, dass ich die Schwie- =, BE = sorption von schon gebildeter Knochensubstanz” für annehmbar; bei einer solchen Annahme geht aber gerade die ursprüngliche Absicht und Hauptstütze der Ansicht, nämlich die Analogie mit der Pflanzenzelle, bei welcher eine Communication der Porencanäle verschiedener Zellen trotz der mangelnden Intercellularsubstanz nicht stattfindet, wieder verloren. Eine kaum geringere Schwierigkeit veranlasst der fa- serige und lamellöse Bau des durch Säuren dargestellten Knochenknorpels, der sich im fötalen Knorpel niemals findet und den Henle u. A. nicht anders als durch eine secundäre Zerschichtung der compacten Knochensubstanz zu erklären vermochten. Wenn man erwägt, dass diese Lamellen nicht blos concentrisch den ganzen Knochen, sondern auch die einzelnen Markcanälchen umgeben und dass sie erst nach der Bildung der letzteren auftreten, wie schon Henle !) wusste, so wird man eine andere Er- klärung wünschenswerth finden müssen. Die passenden Objecte zu einer klaren Erkenntniss der Knochenstructur bieten aber weder die ersten Skelettanlagen im Fötus, noch die fertigen Knochen des Erwachsenen, sondern die viel weniger unter- suchten im Wachsthum begriffenen Knochen des jungen Thiers, weil man nur hier sicher ist, definitives Knochengewebe in seiner Entstehung anzutreffen. Von diesen soll daher zunächst gehandelt werden. Cap. I. Von den Knochen während des Wachsthums. Untersucht man einen beliebigen Knochen eines wachsenden Thieres, so fällt es bald auf, dass sich das Periost nicht überall als eine distinete Haut abziehen und eine glatte Knochenoberfläche zurück lässt, sondern dass eine scharfe Grenze zwischen Kno- chen und Periost gar nicht existirt und dass stets deutliche Knochenlamellen am Periost haften bleiben und mit demselben heruntergehen. Auffallend ist auch die grosse Weichheit des Knochens, die sich dadurch zu erkennen gibt, dass sich belie- bige Lamellen, die zur mikroskopischen Untersuchung geeignet sind, bis zu einer bedeutenden Tiefe mit Leichtigkeit herunter schneiden lassen. Ich habe dazu die Knochen des Kalbes am dienlichsten gefunden, die sich von denen das Hundes, der rigkeiten, welche Kölliker a. a. O. gefunden, nur auf Rechnung der vorgefassten Ansicht von dem Uebergang der Knorpelzellen in Knochenkörperchen setzen kann. Uebrigens muss schliesslich erwähnt werden, dass die Bildung des secundären Knochengewebes vom Periost, den Markcanälen und Mark- räumen aus, in derselben Weise im rhachilischen Knochen Blpltkngiell wenn sie im Verfolge als all- gemeines Vorkommen geschildert wird. j 1) A. a. 0. S. 837. u Katze, des Menschen u. a. durch eine besondere Klarheit und Weichheit des jungen Knochengewebes auszeichnen. Verfolgt man an successiven feinen Schnitten vom Schädel, vom Unterkiefer, von Röhrenknochen u. dgl. das Periost bis in die Knochen- substanz hinein, so findet man in den äusseren Schichten vollkommen entwickelte Bindegewebsbündel und Fibrillen, die durch Essigsäure sehr blass werden, während zerstreute schmal Kernreste und wenige sehr feine Kernfasern sichtbar werden. Bringt man eine ganze Lage Periost, nachdem man es durch concentrirte Essigsäure rasch durchsichtig gemacht hat, unter das Compositum, so gewahrt man ausserdem die schönsten Blutgefässe und Nervenverzweigungen. Erstere haben bereits ihre characteristischen mehrfachen Häute, letztere bilden Plexus und Anastomosen und un- terscheiden sich von denen der Erwachsenen durch häufig aufsitzende längliche und spindelförmige Kerne. Vermittelst des Compressoriums lassen sich ziemlich umfäng- liche Präparate herstellen, in welchen man den Verlauf der Gefässe und Nerven studiren kann; doch ist es schwer, einzelne Nervenfasern zu verfolgen, da sie sehr blass und gegen das Ende besonders durch die aufsitzenden Kerne leicht mit feinen Gefässen und Kernfasern verwechselt werden können. Ich glaube Theilungen und Endigungen einzelner Nervenfasern jedoch in derselben Weise gesehen zu haben, wie ich sie 1) zuerst im Mesenterium des Frosches gesehen, wo die einzelnen Fasern in dünne mit länglichen Kernen besetzte Fäden auslaufen, die im Bindegewebe unter- gehen. Mit Bestimmtheit kann ich angeben, dass im Periost trotz seines Reichthums an Nerven, da man kaum .ein Präparat verfertigt, ohne auf Nervenfasern zu stossen, keine Endschlingen von Primitivfasern zu finden sind. Schreitet man zu tieferen Schichten des Periosts fort, so wird das Aussehen ein ganz anderes; von Bindegewebe, Gefässen und Nerven ist nichts mehr zu sehen. Man stösst statt ihrer auf eine Ausbreitung halbfesten Blastems, in welchem nur eine undeutliche Streifung wahrzunehmen ist, durch Essigsäure aber eine Menge dicht- gedrängter kleiner stäbchenförmiger Kerne erscheinen. Man erhält diese Lage, in- dem man mit dem Scalpell die innere Fläche des abgezogenen Periosts abschabt, und es erhellt, dass sie nur eine jüngere, unreifere Bindegewebsschicht ist, welche in die reife, äussere continuirlich übergeht. Bei ganz oberflächlichem Hinstreifen erhält man meistens nur eine Anzahl rundlicher oder unregelmässig gestalteter Körperchen, die den primären Bildungskugeln an Grösse, Form und Blässe ähnlich sehen, und in ı) Zeitschrift für wissenschaftliche Zoologie I. S. 174. ee welchen Essigsäure einen rundlichen Kern darstellt. Ein Theil dieser Körperchen ist wirklich kaum grösser als der durch Säure hervortretende Kern, andere aber sind zellenähnlich, lassen schon ohne Zusatz einen rundlichen, mitunter bläschenarti- sen Kern mit einem oder mehreren Kernkörperchen und unregelmässig rundlicher. ovaler, spindelförmiger oder geschwänzter Umhüllung erkennen, die nicht mit schar- fen Contouren, sondern sehr blass und fein granulirt auftritt, und durch Essigsäure sehr schnell fast unsichtbar wird. Dieselben Elemente erhält man in grosser Anzahl. oft in zusammenhängenden Lagen, wenn man über die entblösste Knochenfläche sanft hinstreift, und man erkennt schon mit freiem Auge eine dünne schleimige Schicht, welche von dem Scalpell leicht entfernt wird und ganz aus diesen unreifen Zellen besteht. Durch diese Schicht hindurch gehen allenthalben zahlreiche zarte Fortsätze des Periosts in den Knochen hinein und sind die Ursache, dass er so fest an dem- ‚selben adhärirt und dass beim Abziehen leicht dünne Lamellen von Knochensubstanz mit fortgerissen werden. Betrachtet man daher die innere Fläche des abgezogenen Periosts, das man mit Essigsäure durchsichtig gemacht hat, bei starker Vergrösserung, so stösst man mit- ten in dem gleichförmig durchsichtigen, mit Kernen durchsäeten, Gewebe hie und da auf Streifen und Inseln einer weniger durchsichtigen, aber homogenen und eigenthüm- lich spiegelnden Substanz, die in Fasern oder Streifen abgelagertem Knorpel gleicht. Sie wird durch Essigsäure ebenfalls durchsichtiger, aber weniger als das Binde- gewebe, und tritt dadurch sehr deutlich hervor. Sie bildet an grösseren Stücken eine unregelmässige, netz- und maschenartige Ausbreitung, worin Lücken und Queer- brücken von sehr ungleichen Dimensionen sind. Man kann dieses Gewebe mit Nichts besser vergleichen, als mit einigen Formen des frischgeronnenen Faserstoffs, wenn er noch seine cavernöse, netzförmige Structur hat. Eine Faserung ist darin nicht ausgesprochen, doch geht die Maschenausbreitung in bestimmten Richtungen, gewöhnlich in der des längsten Durchmessers des Knochens. Diese Streifen und Inseln eines lockern Maschengewebes werden allmählig durch Apposition dichter, compacter, fliessen mit benachbarten zusammen, und man gewahrt an feinen Lamellen, die man von der Oberfläche des entblösten Knochens abzieht oder abschneidet, wie die einzelnen Maschenräume sich nach und nach bis zu einem gewissen Grade aus- füllen. Diese Ausfüllung der Maschen geschieht, wie die erste Ablagerung überhaupt, in Form gröberer und feinerer Queerstreifen und Brücken, die ein immer feiner und dichter werdendes Gitterwerk darstellen, das einen höchst zierlichen aber schwer 2 durch die Zeichnung wiederzugebenden Anblick gewährt (Taf. I. Fig. 2— 4). Die Ausfüllung und Schliessung der Maschen erfolgt aber nicht überall in gleichem Grade, sondern nach einem bestimmten Typus. Es schliesst sich nämlich nur ein Theil, na- mentlich der kleineren Maschen bis auf Minnimum oder ganz, während ein anderer Theil als längliche, ovale und rundliche Spalten übrig bleibt. An grösseren Lamel- len von der Oberfläche des Knochens gewahrt man sehr früh ein doppeltes System von solchen Spalten oder Lücken, die ziemlich regelmässig und mit dem längsten Durchmesser nach derselben Richtung gestellt sind; grössere von 0,05 Länge und darüber und etwa den 8— 10. Theil so breit, und kleinere elliptische Spältchen von 0,003 bis 0,005‘ und darüber, zwischen und längs den grösseren gereiht (Fig. 4, 6, 7). Die Substanz der Lamellen, welche diese Spalten enthalten, sieht sehr hell, durch- sichtig und schwachfaserig oder gestreift aus; sie hat daher einige Aehnlichkeit mit der Längsfaserhaut der Arterien, der sie namentlich auch hinsichtlich der Spalten oder Löcher oft ähnlich sieht. Auch die innere Wurzelscheide der Haare kann er- läuterungsweise hier angeführt werden, ohne dass damit etwas anderes als eine rein morphologische Aehnlichkeit ausgedrückt werden soll. So dünn und fein man auch die Lamellen von der Oberfläche des Knochens nehmen mag, so wird es doch kaum gelingen, ein grösseres Stück davon zu erhalten, welches nicht schon weitere Ent- wicklungsstufen enthält, und man hat daher die so eben beschriebene als eine äusserst schnell vorübergehende anzusehen und muss oft zufrieden sein, sie an den Rändern der Schnitte (welche meistens mehrere Lamellen enthalten) als gesonderte Schicht zu erhalten. Am sichersten gewahrt man sie an feinen abgezogenen Lamellen, deren letzte, fast ganz durchsichtige Ränder und Ausläufer in der Regel nur die oberste Schicht enthalten. Schon während der Ausfüllung der Maschen und Spalten beginnt stets die Deposition der Kalksalze und gibt sich durch eine äusserst feinkör- nige Trübung der Grundsubstanz zu erkennen. Sie erscheint namentlich in der com- pacteren Zwischensubstanz und in den Brücken zwischen den grösseren Spalten und um die kleineren Spältchen herum. Letztere haben sich bald bis zu einer gleichmäs- sigen Grösse geschlossen, die Contouren ihrer Wände sind leicht gekerbt, diese selbst durch Kalkablagerung dunkel und körnig geworden; aus dem letzteren Grunde tritt die Höhlung sehr bestimmt hervor und erscheint nun schon in der unverkenn- baren Gestalt der Knochenkörperchen (Fig. 8). Die seichten Einkerbungen ‚Ihrer Contouren entsprechen der Einmündung der feinen Canälchen, die man so zu 13 = sagen von Anfange an als feine Strichelchen erkennt und die dem jungen Knochen ein eigenthümliches queergestricheltes Ansehen geben. Ein Tropfen Salzsäure entfernt die körnige Trübung sogleich unter Gasentwicklung, die Canälchen scheinen zu verschwinden und die Knochenkörperchen werden so blass und einfach elliptisch, wie man sie am präparirten Knochenknorpel des Erwachsenen zu sehen gewohnt ist. Ohne Zweifel werden die Canälchen in beiden Fällen nicht zerstört, sondern nur unsichtbar, theils durch Veränderung des Lichtbrechungsvermögens der ihrer: Salze beraubten Grundsubstanz, theils aber durch das beträchtliche Aufquellen der Grund- substanz nach Behandlung mit Säure. Dadurch erscheint nicht blos das ganze Prä- parat voluminöser, als vor der Entziehung der-Salze, sondern auch die „Knochen- körperchen” bedeutend, oft bis zum Verschwinden, verengert. Die feinen Canäl- chen werden dabei so vollständig ausgeglichen, dass selbst die Einkerbungen an den Wänden der Knochenkörperchen, die ihre Einmündungen anzeigen, verschwinden. Aus dem Gesagten ergibt sich, dass die sogenannte compacte Substanz des Knochens zu keiner Zeit absolut dicht und homogen ist; sondern sie ist das Resultat eines Ver- dichtungs- und Ausfüllungsprocesses in einem Maschenwerke und die Safteanälchen sind im Wesentlichen nichts Anderes als die feinsten, von der Ausfüllung verschont gebliebenen Lücken jenes Gitterwerkes, oder die zuletzt übri- gen Interstitien zwischen den Fasern desselben (wenn man die Brücken und Stäbe des Gitterwerkes so nennen will), und bei der ersten Anlage des Knochen- gewebes schon angelegt. Es kann sehr wohl sein, dass die definitive und re- gelmässige Communication derselben durch eine stellenweise Wiederverflüssigung zu Stande kömmt und regulirt wird, wie dies nach der Ansicht derjenigen, welche die Knorpelzellen des Primordialknorpels in Knochenkörperchen übergehen lassen, allein denkbar wäre; die Entwicklung geht aber so rasch, dass dieses Arrangement mit der ersten Anlage des Maschenwerks schon zusammenfällt, und Präparate, an wel- chen der feinmaschige canaliculäre Bau schon an den jüngsten Lamellen und vor der Verknöcherung deutlich ist, sind keineswegs selten, wenn auch nach der Ablagerung der Kalksalze die Grenzen zwischen Substanz und Hohlräumen optisch viel zugäng- licher werden. Vergleicht man diese Ergebnisse mit den oben geschilderten Eigenthümlichkeiten des primordialen Knorpelgewebes, so muss der Unterschied sehr beträchtlich schei- nen; denn wenn man auch die knorpelähnlich spiegelnde Substanz, aus welcher jenes peripherische Maschenwerk des wachsenden Knorpels besteht, ohne weiteres als a präformirten Knorpel gelten lassen und sich darauf berufen will, dass auch der primor- diale Knorpel aus indifferentem Blasteme hervorgeht, welches erst; nach und nach die characteristischen Eigenschaften zeigt, so scheint doch jenes Hauptkriterium des Knorpels, die Bildung von Knorpelzellen und Knorpelhöhlen, die im primordialen Knorpel eine so regelmässige Anordnung zeigen nnd mit dem Wachsthum desselben so eigenthümliche Veränderungen erleiden, zu fehlen. Eine genaue Prüfung lässt diesen Unterschied weniger stringent erscheinen. Die Knochenkörperchen in den jüngsten Lamellen des wachsenden Knochens scheinen allerdings auf den ersten Blick, gleich den übrigen Maschen und Spalten, einfache Lücken der Grundsubstanz und vollkommen leer zu sein; es lässt sich aber, besonders nach Behandeln der frisch- verknöcherten Lamellen mit Essigsäure und Färben mit Jod, wenigstens in sehr vie- len ein rundliches oder längliches, dunkelgefärbtes Körperchen entdecken, welches die Höhle mehr oder weniger ausfüllt und den Knorpelzellen oder geschrumpften Körpern der primordialen Knorpelhöhlen an die Seite gestellt werden kann. Jene Körperchen unterscheiden sich von den letzteren durch ihre geringe Grösse, die dem Lumen der Knochenkörperchen entspricht und die Grösse der kleinsten unter jenen zellenähnlichen Körperchen, welche man auf der Oberfläche des wachsenden Kno- chens und unter der tiefsten Schicht des Periosteum antrifft, nicht übersteigt. Die grösseren Zellen mit gesondertem Kerne nebst Hülle, die wohl auch in jener Schicht gefunden werden, trifft man in den Hohlräumen des Maschenwerks nicht an, sie müssen daher eine anderweitige Bestimmung haben. Für das Letztere spricht der Um- stand, dass sie durch Essigsäure mit Hinterlassung der Kerne fast spurlos verschwin- den, mithin eines Hauptcharacters der Knorpelzellen entbehren, noch mehr aber die mannigfache Gestaltung, namentlich die Uebergänge in spindelförmige und geschwänzte Zellen, die bei ächten Knorpelzellen nicht vorkommen. Ich halte sie daher für Binde- gewebselemente, wie sie allenthalben im Embryo gefunden werden, wo sich neues Bindegewebe bildet, und rechne sie zu dem Periost, das, wie die innerste Blastem- schicht mit dicht eingestreuten stäbchenförmigen Kernen zeigt, ebenfalls noch im Wachsen begriffen ist. Die Lage der kernhaltigen und zellenähnlichen Körperchen scheint schliesslich das indifferente Bildungsgewebe zwischen Periost und Knochen zu repräsentiren, von welchem aus nach der einen Seite die Entwicklung des periosta- len Bindegewebes, nach der anderen die des Knochengewebes fortschreitet. Was aber das secundäre Knochengewebe vor dem primordialen auszeichnet, ist demnach hauptsächlich seine unendlich viel raschere Entwicklung, denn es er- — WW — reicht seine definitive Gestaltung fast im Momente der ersten An- lage. Den primären Bildungskugeln ist hier keine Zeit gelassen, die im primordia- len Knorpel gewöhnliche Entwicklung und Ausbildung zu „Knorpelzellen” zu errei- chen; sie sind vielmehr schon gleich nach der Bildung der Knochenkörperchen den geschrumpften Körpern des Knorpels gleichzustellen und dem Untergang verfallen. Im älteren Knochen sind Formtheile in der Höhle der Knochenkörperchen daher ziem- lich selten; was man für festen Inhalt derselben genommen hat, waren häufig Luftblasen, wenn die Präparate vor der Untersuchung der Luft ausgesetzt waren, oder detritischer Schmutz , wenn man an künstlich bereiteten Knochenschliffen unter- suchte. An Schnitten von frischem Knochengewebe sind daher die Knochenkörper- chen immer hell, an Schliffen stets dunkel, wovon ich mich durch hundertfältige Prü- fung überzeugt habe. Wenn demnach zellenartige Gebilde bei der Entstehung der Knochenkörperchen nur einen untergeordneten Antheil haben und gewissermassen nur die Stellen andeu- ten, wo ein Knochenhöhlchen offen bleiben soll, so ist ihr Antheil ganz Null bei der Bildung der Markcanälchen des wachsenden Knochens, und wenn schon beim Prı- mordialknorpel eine Entstehung von Markcanälen aus verschmolzenen Knorpelzellen ab- gewiesen werden musste, so kann davon am wenigsten in den Periostauflagerungen die Rede sein, wo weite Knorpelhöhlen, Zellenreihen u. s. w. gar nicht vorkommen. Man braucht nur an den oben erwähnten Stellen mit der Abtragung der Lamellen des wachsenden Knochens fortzufahren, um sich namentlich an dickeren Schnitten zu überzeugen, dass das oben beschriebene System der grösseren Lücken und Spalten im Netzwerk nichts Anderes ist, als die Anlagen und Mündungen der Markcanäle, die man sich so vorstellen kann, als wenn sie durch die Lamellen des Knochens hin- durchgebohrt wären, und die in der That dadurch entstehen, dass jede folgende La- melle sammt ihren Spalten die nächstvorhergehende nahezu deckt. Durch succes- sive Schichtung wird dann die Spalte oder das Loch in der ersten Lamelle zu einem Canale im Knochen. Die einzelnen Lamellen decken sich jedoch nicht so vollstän- dig, dass dadurch lauter senkrecht auf die Achse des Knochens stehende Canäle ent- stehen, sondern sie decken sich in der Weise, dass jede folgende Lamelle etwas über die vorhergehende hinausragt, gewissermassen weiter vorgeschoben ist. Der Canal erhält dadurch eine schiefe Richtung und wird nach oben durch jede folgende Lamelle etwas weiter überwölbt. Dieses Verhältniss wird besonders klar bei der Betrachtung der Schädelknochen, z. B. des Scheitelbeins, wo die Anordnung der — m = Havers’schen Canäle eine grössere Regelmässigkeit hat, wie man noch am fertigen Knochen an den riffartigen Unebenheiten erkennt, welche radiär vom Tuber parietale ausstrahlen. Diese Riffe finden sich an den wachsenden Knochen besonders deutlich, und aus den oberflächlichen Lamellen derselben bestehen jene knorpeligen Streifen, welche dem Periost beim Abziehen folgen und auf seiner inneren Seite gefunden werden. Betrachtet man eine mässig dicke, oberflächliche Lamelle des wachsenden Knochens (Fig. 5. a) bei mässiger Vergrösserung, so erscheinen die Lücken und Spalten als trichterartige Canäle, die den Horizontalschnitt des Knochens in mehr oder weniger schiefer Richtung durchsetzen. Sehr oft sieht man diese Canäle in tiefe Furchen münden, welche zwischen jenen Riffen hinziehen und als Halbeanäle erscheinen (Fig 6. b), die durch fernere Auflagerungen nach und nach weiter über- wölbt werden. Dass die Markcanälchen im Allgemeinen nicht ganz parallel der Oberfläche oder Achse des Knochens verlaufen, sondern ein Maschennetz mit mehr oder weniger regelmässigen, spitz- und stumpfwinkligen, gestreckten Maschen bilden, zeigt jeder Knochenschliff und man erhält daher auch in allen möglichen Ebenen schiefe Durch- schnitte der Markeanälchen. Schon Haverst), welcher dieselben zuerst wenn nicht gesehen, doch als zusammenhängendes Röhrensystem erkannt hat, beschreibt die Unregelmässigkeiten ihres Verlaufs sehr gut und gibt sich viele Mühe, nachzu- weisen, wie die Festigkeit des Knochens eine regelmässige Anordnung der „Poren” in den einzelnen Lamellen nicht erlaube. Sie erklären sich, wenn man die möglichen Abweichungen in der Richtung einzelner Canäle während der fortdauernden Auflage- rung sich vorstellt, und man hat nicht nöthig, einen besonderen Resorptions- oder Wiederverflüssigungsprocess zu Hülfe zu nehmen. Der lamellöse Bau des fertigen Knochens ist nach dem Gesagten nicht das Product einer secundären Spaltung, son- dern von vorn herein bei der ersten Anlage des Knochens gegeben, und wenn der- selbe an einfachen Knochenschliffen seltener und weniger deutlich als am präparirten Knochenknorpel wahrgenommen wird, so dürfte sich dies leicht aus der gelockerten Cohärenz des letzteren erklären, die durch die Operation des Schliffes oder Schnit- tes noch vermehrt wird. Nicht minder erklärlich ist die regelmässige Anordnung der Knochenkörperchen im Umkreis der einzelnen Markcanälchen sowohl als des ganzen Knochens, denn es findet nicht nur eine successive lamellöse Schichtung um den gan- 1) Novae quaedam obseryationes de ossibus. Amstelod. 1731. $. 3%. 37. — 12 — zen Knochen, sondern auch auf den Wänden der gebildeten Markcanälchen statt, die von den in ihrem Innern auftretenden Gefässen ausgeht und das anfangs beträcht- lichere Lumen allmählig auf das im Erwachsenen sich fixirende Maass redueirt. Die Communication der Müller’schen Canälchen in verschiedenen Schichten erklärt sich daraus, dass die letzteren nicht scharf geschieden, sondern continuirlich in einander übergehende Lagen desselben Bildungsgewebes sind, welche fortwährend auf sämmt- liche Oberflächen des wachsenden Knochens abgesetzt werden, übrigens keineswegs eine überall gleichmässige Dicke und Ausbreitung haben und daher namentlich im Innern der Markcanälchen oft einseitig angelegt und unterbrochen sind. Die faserige Structur des Knochenknorpels endlich ist nichts Anderes, als das ursprüngliche ‘Git- terwerk der secundären Knochensubstanz, das sich nach Entziehung der Salze und der Sprödigkeit in Fetzen oder faserartigen Streifen und Fragmenten, der Richtung der Lamellen und Markcanäle entsprechend, spalten und abziehen lässt. Der Bau des wachsenden Knochens, wie er hier geschildert wurde, ist in der ganzen Zeit des Wachsthums, von den ersten Monaten des Fötallebens an, mit ver- hältnissmässig geringen Modificationen überall derselbe. Sehr schöne und lange Spalträume, der vorzugsweisen Längenrichtung der Markeanäle entsprechend, finden sich besonders an den Röhrenknochen, z. B. in der obersten Auflagerungsschicht der Diaphysen schon bei achtzölligen Rindsfötus, während die Apophysen noch ganz knorpelig sind. Das Periost, welches die verknöcherten Diaphysen umgibt, setzt sich continuirlich in das Perichondrium der Apophysen fort und lässt sich mit dem- selben als eine zusammenhängende Schicht abziehen. Sein Gewebe zeigt aber erst eine undeutliche Faserung ohne gesonderte Fibrillen, wird in Essigsäure blässer und zeigt dann eine Menge längsovaler und stäbchenförmiger Kerne, sehr dicht der Länge nach nebeneinander gereiht, hie und da selbst Kernfasern. Unmittelbar darunter liegt eine dünne, weiche, mitabziehbare Schicht, welche dichtgedrängte, glänzende, klümp- chenartige Körper ohne bestimmte Anordnung in einem halbfesten, trüben, grauen Blasteme enthält, das von Essigsäure etwas durchsichtiger wird und aufquillt. Viele der Körperchen, welche sich ablösen und frei herumschwimmen, zeigen einen deut- lichen Kern, der von Jod dunkler gefärbt wird. Offenbar die jüngste Schicht des noch durch Apposition wachsenden Apophysen-Knorpels. An die Röhrenknochen reihen sich in vieler Beziehung die Rippen an, welche nicht nur ihrer frühzeitigen Verknöcherung, sondern auch ihres geringeren Volumens wegen eine besonders gute Gelegenheit darbieten, das Verhältniss der secundären — 18 — Auflagerung zur primordialen Anlage kennen zu lernen. Dieselben sind bei 8 lan- gen Rindsfötus schon fast sämmtlich bis zu den sog. permanenten Rippenknorpeln (ossa sterno-costalia) einer- und bis zum Collum costae andererseits verknöchert; das Tubereulum ist schon knöchern, das Capitulum aber noch eine knorpelige Apo- physe. Das Periost der Rippen, schon aus faserigem, lockigem Bindegewebe mit isolirbaren Fibrillen und Bündeln bestehend, lässt sich sammt dem angrenzenden Perickondrium, in welches es continuirlich übergeht, leicht hinwegziehen und hat eine ziemliche Dicke, besonders am verknöcherten Theile, so dass man den Knochen darin zerbrechen und die einzelnen Fragmente desselben herausziehen kann, worauf es als eine leere Hülse zurückbleibt. An Längs- oder Queerschnitten, welche den Rand des Knochens getroffen haben und welche nach einigen Versuchen gelingen, sieht man alle Entwicklungsstufen desselben übereinander. Zu äusserst erscheint das Periost als eine beträchtliche faserige Schicht, welche sich in ihren äusseren Lagen locker auffasert, nach innen aber eine festere, gestreifte Schicht bildet, welche durch Essigsäure aufgehellt wird und zahlreiche stäbchenförmige Kerne zeigt. Dar- auf folgt, ziemlich scharf abgegrenzt, wiewohl mit der vorigen zusammenhängend, eine dünnere, hellere und homogenere Schicht, mit grösseren und kleineren, im All- gemeinen sehr in die Länge gezogenen Spalträumen, deren letztere theilweise eine zarte Kerbung der Contouren nicht verkennen lassen und theilweise leer sind, theil- weise zellenartige Körperchen enthalten, deren Kerne durch Essigsäure und Jod sichtbar werden. Darunter endlich erscheint, ebenfalls scharf markirt, der fertige Knochen, mit rundlichen und länglichen Knochenkörperchen, deren Canälchen sehr deutlich sind und ein deutliches Netz bilden. Die grösseren Spalten sind nun kürzer und mehr rundlich geworden und erscheinen als Durchschnitte der Havers’schen Ca- näle, die übrigens noch beträchtlich weiter sind als beim Erwachsenen und noch keine Schichtbildung im Innern zeigen. Auch die Knochenkörperchen erfahren in den tieferen Schichten des Knochens eine unbedeutende Verengerung, wobei nament- lich ihre anfängliche Spaltform in eine unregelmässig elliptische, eckige und zackige übergeht. Diese Verengerung rührt jedoch nicht von einer Ablagerung von Kalk- salzen in ihrem Innern her, wie Einige geglaubt haben, — denn sie verändern diese Form nach Behandeln mit Säure nicht — sondern die Intercellularsubstanz selbst scheint im Moment der Verknöcherung noch etwas zuzunehmen und erst in den tie- feren Schichten vollkommen zu erstarren. Lässt man einen solchen Schnitt auftrock- nen, so erscheinen die anfangs hellen Spältchen und Höhlungen ganz dunkel von — 14 — Luftblasen, die man an der characteristischen Spiegelung bei auffallendem Lichte‘er- kennt und die sich auch in einen grossen Theil der Canälchen erstrecken, die dadurch deutlicher und schwärzer hervortreten und ihre Verästelungen und Anastomosen bes- ser erkennen lassen. Am schönsten nimmt sich das Bild aus, wenn man den trocke- nen Schnitt nach Valentin’s Methode 1) mit Terpenthinöl befeuchtet. Die verknö- cherte Grundsubstanz erscheint dann vollkommen klar und hell und man unterschei- det sehr leicht die leeren und hellen Knochenkörperchen von. denjenigen, welche Luftblasen enthalten. Bei längerem Aufbewahren in Terpenthin dringt derselbe so- wohl.in die Knochenkörperchen als in die Canälchen ein, treibt die vorhandene Luft aus und macht jene weniger sichtbar. Doch sieht man, sowohl nach Behandeln mit Terpenthin als mit Säure, die Queerdurchschnitte der Canälchen als feine Pünktchen oder Körperchen oft in überraschender Schönheit (Taf. IV. Fig. 9). In dem Centraltheil der Rippe endlich löst sich die immer diploötischer werdende Knochensubstanz in einen Centralcanal (Markröhre) auf, die dem der Röhrenknochen ganz gleich gebildet ist. Derselbe ist vielfach ausgebuchtet, wie ausgefressen, von den in Resorption begriffenen Resten und Brücken der diploötischen Substanz be- gränzt, die äusserst unregelmässige Vorsprünge und Fragmente bilden und noch fort- während im Schmelzen und Zusammenfliessen begriffen sind. Die Dehiscenz hat offenbar nicht nur den ganzen primordialen Knochen verzehrt, sondern nun auch schon die untersten Schichten der Auflagerung angegriffen. Die einzelnen Kno- chenkörperchen, die in den schwindenden Knochenbrücken enthalten sind, gehen in der Dehiscenz auf. Wo ein bereits bestandener Markcanal dehiseirt, sind die Rän- der der Markröhre auf dem Durchschnitt glatt und scharf ausgeschnitten, an den an- deren Stellen, wo die compacte Zwischensubstanz im Schwinden begriffen ist, rauh, angefressen und ausgezackt. Auffallend sind an diesen Rändern eine Menge schma- ler, geschlängelter Queerspältchen, die man fürungew öhnlich weite, rasch sich ver- jüngende Müller’sche Canälchen halten könnte und die manchmal eine frappante Aehnlichkeit mit Splitterungen und Rissen haben, die durch den Messerzug in festen und spröden Geweben, z. B. in den Nägeln, entstehen. Am schönsten erscheint der Centralcanal der Rippe, wenn es gelingt, einen vollständigen Queerschnitt zu verfertigen, was bei der extremen Fragilität und Porosität des Knochens nicht leicht ist. Er erscheint dann als eine nach allen Seiten ausgebuchtete Centralhöhle von !) R. Wagner, Handwörterbuch der Physiol. I. S. 726. — 1 — sehr unregelmässiger Gestalt, in welche eben so unregelmässige Leisten und Brücken der diploötischen Substanz hineinragen und deren übriger Raum im frischen Zustand mit einer gelbröthlichen, pulpösen Substanz ausgefüllt ist, in welcher klümpchenartige Gebilde, Blutkörperchen, zuweilen auch Blutgefässe und Fasergewebe, aber sehr undeutlich, zu erkennen sind. Die äussere Circumferenz des Knochens erscheint nicht glatt, sondern wellenförmig ausgebuchtet, entsprechend dem längsgeriflten An- sehen aller secundären Knochen; die peripherische Auflagerung als blosser Saum, der von der diploötischen Substanz scharf geschieden ist. Durch fortgesetzte Queer- schnitte oder an einem Längsschnitte durch den ganzen Knochen erkennt man, dass die Markröhre gegen das collum costae hin, also in dem am längsten verknöcherten Theil, am weitesten ist und mit der fortschreitenden Verknöcherung sich nach oben und unten verlängert. An beiden Enden reicht sie daher bis dicht hinter den pri- mordialen Verknöcherungsrand. Eben so weit reicht in allen Fällen bei den Säuge- thieren die periostale Auflagerung und niemals beginnt dieselbe in einem primordia- len Knorpel, ehe die integrirende Ossification darin die Peripherie erreicht hat. In- dem nun der verknöcherte Theil durch Auflagerung, die noch knorpeligen Apophy- sen aber durch Intussusception wachsen, wird das Ebenmaass des ganzen Skelett- stückes fortwährend erhalten, so dass namentlich der Verknöcherungsrand keine äusserlich wahrnehmbare Grenze zwischen Knochen und Knorpel hervorbringt, son- dern beide an Form und Dicke sich gleich bleiben. Da der Verknöcherungsrand fortwährend gegen die Apophysen fortschreitet, so können begreiflicherweise nicht alle Schichten der Auflagerung von gleicher Ausdehnung sein; jede folgende wird vielmehr etwas über die vorige hinausreichen, in dem Maasse als der Verknöche- rungsrand fortrückt, bis zuletzt der verknöcherte Primordialknorpel von einem System von knöchernen Hülsen oder Scheiden umgeben ist, von denen die äusserste die längste, die innerste die kürzeste ist und welche zusammen dem ursprünglichen Verknöcherungsrand der Diaphyse gegenüber die grösste Mächtigkeit haben, gegen die Apophysen aber allmählig abnehmen und sich verlieren. Nur auf diese Weise kann, dem früher (S. 56) erörterten Gesetze gemäss, ein Dickenwachsthum des Knochens erlangt werden, welches mit der fortwährenden Ausdehnung der knorpe- ligen Apophysen gleichen Schritt hält. Schon Havers) hat dieses Verhältniss richtig erkannt und in einer schematischen Figur darzustellen gesucht, worin secun- ') A.a. O0. Tab. I. Fig. 1. 14 — 106 — däre Auflagerungsschichten, Markröhre und diploötischer Rest des primordialen Kno- chens in den Apophysen wohl unterschieden sind. Eine neuere Darstellung der Art haben H. Meyer) und jüngst Kölliker 2) gegeben, in welchen namentlich das Verhältniss der Rindenschichten sehr gut angedeutet ist, die Queerlinien in der ur- sprünglichen Knorpelanlage und in den Apophysen aber nicht so gedeutet werden dürfen, als bestünde zu irgend einer Zeit eine scharfe Grenze zwischen Diaphyse und Apophyse oder zwischen Apophyse und Gelenkknorpel. Aehnlich den Röhren- knochen verhalten sich einigermassen die langen und platten Knochen, so wie viele dicke Knochen, z. B. die Wirbelkörper, die gewissermassen sehr kurzen Röhren- knochen gleichen, an deren Diaphysen die Auflagerung ebenfalls am dicksten ist, in deren Innerem es aber nicht zur Bildung einer einzigen Markhöhle, sondern einer grosszelligen Diplo& kömmt, welche verhältnissmässig beträchtlichere Reste des pri- mordialen Knochengewebes ‘enthält, als die eigentlichen Röhrenknochen. Es wäre ermüdend, die speziellen Verhältnisse der einzelnen Knochen zum se- cundären Skelett zu schildern; es genügt vielmehr im Allgemeinen zu bemerken, dass die Auflagerung auf der Oberfläche des Primordialskeletts bei den Säugethieren überall beginnt, sobald die Knochenkerne desselben das Periost erreicht und eine gewisse Ausdehnung erlangt haben, an den Rippen z. B. schon bei 1’%” langen Rindsfötus, zu einer Zeit, wo das Perichondrium an den Apophysen noch sehr schwach und kaum differenzirt ist. Was die typische Ausbreitung und Stärke der- selben betrifft, so wird man sich dieselbe am besten vergegenwärtigen, wenn man weiss, dass an allen langen, kurzen, platten und dicken Knochen ohne Ausnahme, die knorpelig präformirt waren, die sog. substantia dura der Auflagerung aus- schliesslich angehört, während von der substantia spongiosa die unter den Ver- knöcherungsrändern, namentlich unter den Gelenkknorpeln gelegenen Theile, so wie die Diplo& der kurzen und dicken Knochen, die keine grössere Markhöhle oder Mark- röhre besitzen, in ihren Fundamenten von der primordialen Verknöcherung herrüh- ren. Selbst diese sparsamen, diploetischen Fragmente des Primordialskeletts gehen nicht in ihrer Integrität in das definitive Skelett ein, sondern es bilden sich in den Markhöhlen der Diplo@ so gut als in den Markcanälchen, secun- däre Auflagerungen, die jedoch in der Regel nicht die Dicke und Ausbrei- ı) A.a.0. Taf. VI. Fig. 11. 2) Mikr. Anat. S. 370 und 357. — 117 — tung der concentrischen Schichten erreichen, welche die Markcanälchen auszeichnen, und eben desshalb leicht zur Verwechslung primordialer und secundärer Knochen- bildung und namentlich primordialer und secundärer „Knochenkörperchen” führen können und geführt haben. Die ersten Spuren dieser Auflagerung bemerkt man einige Zeit nachdem die Periostablagerungen von aussen begonnen haben, sobald nämlich jener Schmelzungsprocess, welchem aller frischverknöcherte Primordial- knorpel unterliegt, sich einigermassen begrenzt hat. Untersucht man daher feine Schnitte durch das frischverknöcherte diploötische Gewebe hinter dem Verknöche- rungsrand z. B. bei Rindsfötus von 8° Länge oder bei menschlichen Embryonen von 4 Monaten, so findet man jene seltsam gestalteten, zackigen, arabesken- und arcaden- förmigen Fragmente, welche die Markhöhlen begrenzen, mit einer anfangs dünnen und allmählig zunehmenden Lage einer hellen oder feinkörnigen, lebhaft spiegelnden Substanz bekleidet, die sogleich an jene oberflächlichen Schichten des wachsenden Knochens erinnert und sehr gegen das grobkörnige, dunkle Ansehen des Primordial- knochens absticht. Wird die Schicht dicker und war die Knochenbrücke, die von ihr umkleidet wird, sehr dünn, so schimmert diese bald nur schwach durch die Auf- lagerung durch, häufig und in der Regel am merklichsten an den Stellen, wo zwischen mehreren benachbarten Markräumen ein drei- oder viereckiges Knochenfragment stehen geblieben ist. 1) Die aufgelagerte Schicht enthält die schönsten Knochenkör- perchen mit feinen, anastomosirenden Canälchen, die man oft deutlich in die Mark- höhlen hineinmünden sieht. Sie unterscheiden sich durchaus von den grossen, dunk- len, unregelmässig gestalteten Knochenkörperchen oder verknöcherten Knorpelhöhlen des Primordialknochens, die sich hie und da in jenen Resten finden und durchaus der Canälchen entbehren. Behandelt man solche Präparate mit Säure und betrachtet sie nach Entziehen der Kalksalze, so scheinen zwar viele radiirte Körperchen auch hier mit einem hellen Saum umgeben, der bei flüchtigem Ansehen für eine Verdickungs- schicht gehalten werden kann, aber niemals scharf gegen die Grundsubstanz abge- grenzt ist, indem nur ein einziger wirklicher Contour, der die Höhle selbst begrenzt, vorhanden ist. Die Canälchen gehen weit über diesen hellen Raum hinaus und durch- ziehen weit und breit die Grundsubstanz, um mit einander zu anastomosiren und ı) S. Sharpey a.a. 0. Fig. 46. B. Hierher gehört wohla uch eine Bemerkung von Tomes a. a. O. p. 849, wornach in der Substanz zwischen den Havers’schen Canälen die lamellöse Structur weniger deutlich, unregelmässiger und die Knochenkörperchen von ungleicher Grösse, in der cilirten Figur auch ohne Strahlen sind. — 18 — zierliche Netze zu bilden. Durch Färben mit Jod erkennt man in der Höhlung, welche das Knochenkörperchen darstellt, oft ein grösseres oder kleineres zellenarti- ges Körperchen, welches sie in seltenen Fällen ausfüllt, gewöhnlicher aber in einer Ecke zusammengedrängt ist. Die aufgelagerte Intercellularsubstanz, die im frischen Zustande homogen und glashell aussieht, sieht an den mit Säure behandelten Stücken gestreift oder faserig aus, wie am Knochenknorpel der Erwachsenen, mit einem trü- ben, gelblichen Ton, und färbt sich durch Jod sammt den Wänden der Knochenkör- perchen gleichmässig gelblich und zwar viel weniger, als die darin enthaltenen zel- ligen Gebilde. Ganz gleiche, äusserst zierliche Bilder erhält man auch an wachsenden Knochen in der nachfötalen Periode; am schönsten, wenn man feine ausgetrocknete Schnitte mit Terpenthinöl anfeuchtet. Man bemerkt dann, z. B. am Zungenbein des Kalbes, dass die Verknöcherungsränder selbst noch keine strahligen Knochenkörper enthal- ten, sondern nur von dem in Schmelzung begriffenen Primordialknochen gebildet werden. Gleich dahinter aber beginnt schon die Auflagerung in Gestalt einer hellen Schicht auf den Wänden der mannigfach ausgebuchteten Markräume und Knochen- fragmente. Alle strahligen Knochenkörperchen befinden sich in dieser Auflagerung, die sehr scharf von den dunkeln, körnigen Resten der primordialen Verknöcherung absticht. Manchmal füllen sich kleinere, mehr rundliche und umschriebene Höhlun- gen, die durch Einschmelzen einer Gruppe von Knorpelkörperchen entstanden sind, mit Auflagerung, was den Anschein geben kann, als sei eine Mutterzelle in ein ein- ziges Knochenkörperchen übergegangen. Andere Höhlen sind, je nach der Gestalt der stehen gebliebenen Reste des primordialen Knochennetzes, biseuitförmig , klee- blattförmig u. s. w., in welchen dann durch die Auflagerung concentrische Lamel- len gebildet werden, die nur einen Theil eines Kreisumfangs beschreiben u. s. w. Weiter oben wird die Auflagerungsschicht immer stärker und breiter, so dass die Diplo& zuletzt aus ziemlich starken Bälkchen und Brücken gebildet ist, die eine mehr oder weniger lamellöse Structur zeigen und in welchen die primordialen Knochen- reste sich der Wahrnehmung durch die allseitig bekleidende Auflagerung ganz ent- ziehen. Characteristisch für die secundären, strahligen Knochenkörperchen ist es, dass sie ganz constant concentrisch um das Lumen der wie immer gestalteten Mark- räume herumgestellt sind, und zwar folgen sie mit ihrem längsten Durchmesser stets der Richtung der Lamellen, während die Canälchen die Lamellen queer durchsetzen und sehr häufig in das Lumen der Markräume hineinmünden. Niemals sieht man — 1099 — einen doppelten Contour, verdickte Zellenwände u. dgl., wie denn schon aus topogra- phischen Gründen an eine Entstehung aus Knorpelzellen, mit oder ohne verdickte Wände, nicht gedacht werden kann. Ganz wie die Verknöcherungsränder des Zungenbeins verhält sich auch der Knochenkern, der beim Kalbe normalerweise und ziemlich früh im Schildknorpel, und zwar in der Mitte desselben, auftritt. Auch hier bildet sich, wie in den permanen- ten Knorpeln des Menschen, primordiale Diploö, in deren Hohlräumen die Auflage- rung geschichtete Lamellen mit strahligen Knochenkörperchen bildet u. s. w., ein Vorgang, der demnach von der allgemeinsten Ausdehnung und eben deshalb ohne Zweifel bisher missdeutet worden ist. Um sich beim Erwachsenen geeignete Objeete zur Vergleichung der primordia- len und secundären Knochenbildung zu verschaffen, braucht man nur feine Durch- schnitte von den Knochenrändern der Apophysen, Gelenkknorpel und Symphysen zu nehmen, die bis in den Knochen hineinreichen (Taf. IV. Fig. 2, 5, 6). Man findet dann regelmässig unter dem Knorpel (A) einen mehr oder weniger scharf begrenz- ten Verknöcherungsrand, der einer geringen Schicht wahren Primordialknochens (B) angehört und sich als solcher durch sein dunkles, grobkörniges oder pulveriges An- sehen und die mehrfach erwähnten grossen Knochenkörperchen characterisirt, die auch im spätesten Alter keine Strahlen erhalten und niemals miteinander communiei- ren. Dieses primordiale Knochengewebe lässt sich eine Strecke weit zwischen die Markräume hinein verfolgen, verliert sich dann aber in dem secundären Knochen- gewebe (C), das auf den Wänden der Markräume aufgelagert ist, oft mehrere Schichten bildet, ächte Knochenkörperchen mit Strahlen enthält und sich mehr oder weniger scharf von dem primären Knochen abgrenzt. Man erkennt die einzelnen Schichten der Auflagerung oft am frischen Knochen, besser nach Behandlung mit Säuren, während eine solche Schichtung oder Faserung in dem primordialen Theile stets fehlt. Auch darin unterscheidet sich die secundäre Auflagerung von dem Primordialknochen, dass die Knochenhöhlen des letzteren unregelmässig und ohne Ordnung zerstreut oder nach Art der Knorpelhöhlen in kurzen Reihen oder Gruppen stehen, während die Knochenkörperchen der Auflagerung, wie an der Oberfläche des Knochens und in den Markcanälchen, stets, der Richtung der Schichten entspre- chend, concentrisch mit der Circumferenz des Hohlraums geordnet sind. Die secun- däre Auflagerung im Innern der Knochen steht mit der Wachsthumperiode nicht nothwendig still. sondern sie ist die Ursache, dass, abgesehen von pathologischen — 10 — Vorkommnissen, im höheren Alter oft eine nachträgliche Verdichtung der Knochen- substanz bis zum völligen Schwinden der Diplo@ eintritt (Sclerose), ein Process, der unter Umständen wieder von einem eben so einseitigen Schwund (Osteoporose) gefolgt werden kann. Von besonderer Wichtigkeit sind diese Auflagerungen für die Lehre von der Bedeutung des Periosts. Da auf der Wand der Markröhren und Markhöhlen ein Ueberzug, der dem Periost an der Oberfläche des Knochens und den Fortsätzen des- selben in den Markcanälchen zu vergleichen wäre, fehlt, so kann dem Periost auch keine specifische knochenbildende Thätigkeit zugeschrieben werden. Man wird die zahlreichen Versuche, die seit Duhamel über die Function des Periosts angestellt wurden, so wie die alltäglichen pathologischen Erfahrungen über Absterben der Knochen nach Zerstörung der Beinhaut und über Wiedererzeugung bei Erhaltung derselben, nicht geringer schätzen, aber man wird daraus nur den Schluss ziehen, dass der Knochen zu seiner Ernährung und Regeneration der Blutzufuhr nicht ent- behren könne und dass er absterbe, wenn er mit der Beinhaut zugleich der ernäh- renden Gefässe beraubt wird. Die Beinhaut ist mit anderen Worten in derselben Weise knochenbildendes Organ, wie die Cutis Epidermis bildet, weil die eine wie die andere Träger der Gefässe ist, welche dort das Blastem für die Epidermis, hier den „Knochensaft” liefern. Beide bestehen aus geformtem Bindegewebe, das dort die Körperoberfläche, hier die Oberfläche des Knochens bekleidet, und wie der Primordialknorpel vor dem Perichondrium entsteht und gewissermassen dem letzte- ren seine Form und flächenförmige Ausbreitung vorschreibt, so wird nach vollende- ter Bildung des ernährenden Ueberzugs die Form der secundären Auflagerungsschich- len von der Gestalt des wachsenden Knochens einer- und der absondernden Fläche andererseits bedingt. Es scheint mir daher auch nicht gerechtfertigt, wenn man die Periostablagerungen von den anderen secundären Skeletttheilen und Auflagerungen trennt, mit denen sie sonst in jeder Beziehung übereinstimmen und von denen sie nur dadurch abweichen, dass diese auch ohne alle Concurrenz einer vorgebildeten Beinhaut, oder auf die äussere Fläche derselben, oder in ihre Dicke abgesetzt wer- den können u. s. w. Diese Fragen können jedoch definitiv nur erledigt werden, wenn man die er- sten Anfänge des secundären Skeletts aufsucht und mit den fertigen oder wach- senden Knochen vergleicht. — m — Cap. Il. Von den ersten Anlagen des secundären Skeletts. Zur Beobachtung der ersten Anlagen des secundären Skelettes eignen sich die Knochen der Säugethiere sehr wenig; denn da die Auflagerung hier nur an den be- reits verknöcherten Stücken auftritt, die sich durch ihre Dunkelheit auszeichnen, so gewinnt man keine hinreichend durchsichtigen, zur feineren Untersuchung geeigne- tem Präparate und Schnitte. Auch könnte hier der Zweifel erhoben werden, ob das Aufgelagerte wirklich unabhängig von dem Primordialknochen entstehe und nicht auf irgend eine Weise aus ihm erzeugt worden sei. Zum Studium der secundären Ske- lettbildung eignen sich daher entweder diejenigen Knochen, welche auch bei den höheren Thierklassen ohne alle Vermittlung des Primordialskeletts aus einer häutigen oder indifferenten Grundlage entstehen, die sogenannten Deckknochen „ oder aber, für die Untersuchung der peripherischen Auflagerung am Primordialskelett, vor- zugsweise die Knochen der Vögel und Amphibien. Was man nämlich in die- sen letzteren Classen peripherische Verknöcherung genannt hat, ist grossentheils nichts Anderes, als Auflagerung, die sich von der der Säugethiere dadurch unter- scheidet, dass sie lange vorher erfolet, ja sogar ohne dass der Primordialknorpel verknöchert und seine Durchsichtigkeit verliert. Am zehnten Tage der Bebrütung sind beim Hühnchen alle präformirten Knochen im knorpeligen Zustande angelegt und in ihrer Gestalt erkennbar, die Zwischenknor- pel aber noch nicht differenzirt. Die Knorpelsubstanz besteht aus dichtgedrängten, scharfeontourirten Knorpelkörperchen und einer glashellen, weichen, im Ganzen ziem- lich spärlichen Intercellularsubstanz. Die meisten Knorpel sind, wenigstens an den Apophysen, noch im peripherischen Wachsthum begriffen, man findet daher dort mehr rundliche, kleine, dicht gehäufte Körperchen, weiter gegen die Diaphysen hin etwas grössere queerovale Körperchen, von welchen die ganze Knorpelmasse zusammen- gesetzt scheint (Taf. Il. Fig. 1. 5) und ein queergeringeltes Ansehen bekömmt. Am seitlichen Rande, wo die Körperchen umbiegen und senkrecht stehen, sieht man oft rundliche auf der Durchschnittsebene, wie die queerovalen Kerne der Ringfaser- haut kleiner Arterien. In der Mitte der Diaphyse ist der Knorpel am hellsten, denn hier vergrössern sich die Knorpelkörperchen um das Dreifache, bei gleichzeitiger Zunahme der Grundsubstanz, und werden rundlich, wie an den Verknöcherungsrän- den der Säugethiere; doch ist von einer Kalkablagerung im ganzen Primordialskelett noch keine Spur wahrnehmbar. An diesen Stellen, wo die Knochenkörperchen die grösste Entwicklung erreicht haben, namentlich in der Mitte der Diaphysen, ist der Knorpel nach aussen scharf begrenzt, während er an den Apophysen noch ziemlich unbestimmt in das mehr oder weniger differenzirte Bildungsgewebe übergeht. Von einem entwickelten Perichondrium, wie es auf der entsprechenden Stufe der Säuge- thiere gefunden wird, ist Nichts zu sehen. Seine Stelle wird durch eine ganz dünne, structurlose Schicht vertreten, die ähnlich der Scheide der chorda dorsalis an jenen Stellen zuerst in Gestalt einer scharfen Begrenzungslinie (Fig. 1 und 4, a) bemerk- bar und durch Cali, welches die umgebenden Gewebe auflöst und durchsichtig macht, sehr deutlich wird. Dass dieser scharfe Contour in der That einem gesonderten, scheideartigen Ueberzug angehört, davon kann man sich leicht überzeugen, wenn man vermittelst des Compressoriums die Knorpelsubstanz entleert, was ohne Schwie- rigkeit geschieht, worauf sie als eine faltige, glashelle Scheide zurückbleibt (Fig. 2). Man bemerkt zugleich, besonders nach Färben mit Jod, dass die entleerte Knochen- substanz aus einer hyalinen Grundmasse besteht, welche die zellenartigen Gebilde maschenartig umgibt (Fig. 3). Durch fortgesetzten Druck bersten die einzelnen Maschen oder Knorpelhöhlen, die Zellen fallen heraus, und man bekömmt einzelne Fragmente des hyalinen Maschenwerks, welches keine Zellen. mehr enthält und von Jod gleichmässig gefärbt wird. Die Weichheit und verhältnissmässig geringe Mäch- tigkeit der Grundsubstanz macht es in diesen Fällen leichter als bei den Säugethier- knorpeln, sich von der Unabhängigkeit der Zellmembranen von der Intercellularsub- stanz zu überzeugen. Niemals sieht man Mutterzellen oder mehrfache Zellen in der Höhle und alle Täuschungen bleiben vermieden, weil eine reihen- oder gruppen- weise Anordnung der Knorpelkörperchen, wie bei den Säugethieren, hier nicht vor- kömmt. In den Apophysen ist die Intercellularsubstanz zu dieser Zeit noch sehr spärlich und so weich, dass sie keine festen Maschen bildet, sondern die Zellen wie ein weicher Brei umgibt und einhüllt. Der Knorpel wächst daher peripherisch nur noch an den Apophysen, in der Mitte aber durch Zunahme der Intercellularsubstanz und Erweiterung der Höhlen, wie bei den Säugethieren, und zwar sistirt das peri- pherische Wachsthum in dem Maasse, als die die Stelle des Perichondriums vertre- tende structurlose Scheide auftritt. Letztere steht nach aussen mit dem allgemeinen Bildungsgewebe in Contact, worin sich schon einzelne unreife Bindegewebsbündel neben viel amorpher oder feinkörniger Masse unterscheiden lassen. Gefässe oder hesser Blutrinnen finden sich im Knorpel nirgends, wohl aber ziemlich zahlreich in — 1B — seiner nächsten Umgebung, und von ihrer Ausbildung scheinen die weiteren Verän- derungen, namentlich die: Verknöcherung, abzuhängen. Letztere hat erst am Unterkiefer und den langen Röhrenknochen, femur, :hume- rus, ulna und tibia, begonnen und ist namentlich an der letzteren in ihren ersten An- fängen zu sehen. Man bemerkt nämlich bei richtiger Einstellung des Focus auf der Oberfläche der structurlosen Scheide des Knorpels an der Stelle, wo er am dick- sten und am schärfsten begrenzt ist, eine zarte netzförmige Ablagerung von einer feinkörnigen, hellen, knorpelähnlich spiegelnden Substanz, deren Formen an die des frischgeronnenen Faserstoffs erinnern (Fig. 5). Sie beginnt in sehr dünner Lage und sehr weitmaschig an den Diaphysen und breitet sich, indem sie allmählig mas- senhafter und dichter wird, zugleich nach den Apophysen hin aus, so dass ihre letz- ten Ausläufer von äusserster Zartheit kaum erkennbar sind. Es würde in der That nicht möglich sein, letztere zu verfolgen, wenn es nicht leicht gelänge, nach Ent- fernung der Apophysen den knorpeligen Theil der Diaphysen zu entleeren und die Scheide sammt Auflagerung zu isoliren, wie sie in Fig. 5 dargestellt ist. Diese Ab- lagerung unterscheidet sich von den periostalen Schichten des wachsenden Säugethier- knochens nur dadurch , dass sie nicht von einem Periost oder Perichondrium, oder, wenn man jene structurlose Scheide dafür gelten lassen will, nicht auf die innere, sondern auf,die äussere Seite desselben abgesetzt wird. Essigsäure und Cali greifen sie kaum an, Mineralsäure aber erregt Aufbrausen, und wendet man Schwefelsäure an, so schiesst der gebildete Gyps in einzelnen und büschelförmigen Nadeln unter dem Mikroskop an. Die Ablagerung ist also bereits verknöchert und zwar scheint die Kalkablagerung noch früher als bei den Periostalschichten, so zu sagen schon im Momente der ersten Ablagerung des Maschennetzes zu geschehen, was mit der viel rascheren Entwicklung der Vögel vollkommen übereinstimmt. Von zellenartigen Gebilden ist in dem anfänglichen diffusen Maschenwerk nichts wahrzunehmen, das umgebende Bildungsgewebe aber enthält eine Menge derselben und in der That findet man sie bei zunehmender Mächtigkeit der Ablagerung, wenn die Maschen sich schliessen, in den dadurch gebildeten kleinen Höhlungen ziemlich oft, aber stets nur eines in jeder Höhle, eingeschlossen. Sie sind rundlich oder elliptisch und verändern sich auffallend wenig in Essigsäure, indem sie höchstens et- was einschrumpfen, so dass man sie für Kerne halten würde, wenn sie nicht drei- bis viermal grösser wären, als die Kerne des umgebenden Bildungsgewebes. Unter den Maschen unterscheidet man auch hier weitere und engere und auch hier geschieht, 15 - mM — wie bei den Säugethieren, die partielle Ausfüllung und Abrundung derselben vermittelst eines feinen Netzwerkes, das in den grösseren Maschen schmä- lere und breitere Leisten und Stäbe bildet und gegen das Lumen immer zärter und lockerer wird (Vgl. Taf. II. Fig. 2, 3, 4, a, b). Dieses in der Ausfüllung be- grilfene Maschennetz mit den definitiven kleinen Höhlen ist Fig. 9. dargestellt; die letzteren sind leer und enthalten keine Zellengebilde; man muss sich das bald helle bald dunkle Ansehen der Höhlen sowohl als der Auflagerung aus der Einstellung des Fokus erklären, der nicht für alle Stellen des Präparats gleich ist. Aus dem- selben Grunde ist die Scheide a, auf welcher die Ablagerung liegt, bald sichtbar, bald nicht. Aus den grösseren Maschen bilden sich die Anfänge der Markcanälchen und aus den kleineren die der Knochenkörperchen, deren Canälchen sehr ‚bald deut- lich ausgebildet die Ablagerung allenthalben durchziehen und auf die verschiedenen Oberflächen münden. Von nun an geht die Entwicklung ganz wie bei den Säuge- thieren. Ist die Auflagerung stärker geworden, so bildet sie eine durchbrochene Knochenschicht, welche in das lockere Bildungsgewebe gerüstartig hereinragt und besonders am Rande sich oft sehr zierlich ausnimmt (Fig. 7, b). An der Stelle des ersten Verknöcherungspunktes bleibt dieselbe stets am dicksten und zwar markirte sich derselbe schon, besonders am humerus und femur, durch eine beträcht- liche Anschwellung, woran das innere Wachsthum des Knorpels an dieser Stelle einigen Antheil zu haben schein. Was die Reihenfolge der Verknöcherungs- punkte in den einzelnen Knochen betrifft, so herrscht beim Hühnchen keine strenge Regel, indem bald tibia oder ulna, bald humerus oder femur voraus waren, einer der Röhrenknochen aber immer. An den Diaphysen der Metatarsus- und Metacarpusknochen war zu dieser Zeit erst die periostale Scheide angedeutet, die an den übrigen Primordialknorpeln und insbesondere auch an der ganzen Wirbelsäule und den Rippen noch ganz fehlte. Erst nachdem die peripherische Verknöcherung oder besser Auflagerung der Röhrenknochen begonnen, zeigen sich beim Vogel die ersten Knochenkerne innerhalb des Primordialskeletts und zwar fand ich bei beinahe reifen Hühnchen und Ca- narienvögeln die ersten Knochenkerne in den Wirbelkörpern, als daran von Auf- lagerung noch nichts zu sehen war. Die primordiale Verknöcherung beginnt hier ganz wie bei Säugethieren als Knochennetz um die Knorpelhöhlen herum, die nur mehr vereinzelt durcheinander, statt in Reihen und Gruppen geordnet sind. Im knor- — 15 — peligen : Theil entstehen auch zahlreiche Knorpelcanäle. Wie dort durchdringt die Verknöcherung nach und nach den ganzen Wirbel, die Dornfortsätze scheinen dage- gen, abweichend von den Säugethieren, ganz aus aufgelagerter Substanz zu entste- hen. An den Diaphysen der Röhrenknochen war zu dieser Zeit die peripherische Auflagerung schon sehr weit gediehen, der darunter befindliche Primordialknorpel aber nicht nur nicht verknöchert, sondern in voller Auflösung begriffen, trüb, weich und zerfliessend, so dass hier die Markröhre auf Kosten des Knorpels entsteht, ohne dass dieser je verknöchert war. In den Apophysen dagegen sind primordiale Kno- chenkerne entstanden und, wie beim Säugethier, zu weitmaschiger Diplo& geworden, deren Markräume ebenfalls zum Theil zur Vergrösserung der Markröhre bestimmt sind (vel. Taf. IV. Fig. 1, 2). Da die Auflagerung zu dieser Zeit die Diaphysen allein darstellt, aber nur eine Strecke weit über die Apophysen hinübergreift, lassen sich die letzteren nach einiger Maceration leicht wie eine Kappe von der hohlen Markröhre abheben. Mit der fortschreitenden Dilferenzirung des umgebenden Bil- dungsgewebes hat sich nun endlich auch ein, dem der Säugethiere ähnliches, lockeres Periost gebildet. welches zahlreiche Fortsätze in die Markcanäle hineinschickt und die Auflagerung umhüllt. Ich habe die Entwicklung des Skeletis bei den Vögeln nicht so im Detail ver- folgt, um für jeden Knochen das Verhältniss der primordialen und secundären Ver- knöcherung angeben zu können, habe aber nicht den mindesten Grund, zu bezwei- feln, dass hier, wie bei den Säugethieren, alle compacte Substanz aus der Auflage- rung und ein wahrscheinlich noch kleinerer Theil der Diplo von der primordialen Verknöcherung herrührt. Die Schmelzung der letzteren geht sehr rasch vor sich und die Markröhren erreichen daher frühe eine bedeutende Entwicklung, wobei sich jedoch theilweise gar kein Mark bildet, sondern das geschmolzene Knorpel - und Knochengewebe vollständig resorbirt und durch Luft ersetzt wird. Dass von einer inneren Auflagerung in luftführenden Knochen keine Rede sein kann, ist einleuch- tend ; in den der compacten Substanz näher gelegenen Markräumen der Apophysen sowohl als in den Markcanälchen der Auflagerung aber nimmt man dieselben con- centrischen Auflagerungsschichten mit kleinen, verästelten Knochenkörperchen wahr (Taf. IV. Fig. 2, C), wie beim Säugethier, während dicht unter dem Gelenkknorpel (A) die primordiale Verknöcherung (B) unverkennbar ist und soger schmale Reihen und Gruppen von Knorpelhöhlen in die Verknöcherung eingehen. Den lamellösen — 16 — Bau der Vogelknochen erwähnt auch Benson !). Im Allgemeinen ist am erwach- senen Vogel der Unterschied des primordialen und secundären Skeletts viel auffal- lender, als beim Säugethier, weil letzteres hier compacter und schärfer begrenzt, auch leichter ein ganzer Knochendurchschnitt zu übersehen ist. Dagegen haben die secundären Knochenkörperchen der Vögel weniger deutliche Canälchen und eine mehr ovale Form und sind daher den primordialen Knochenkörperchen ähnlicher , als dies bei den Säugethieren der Fall ist. Da man sich in früherer Zeit, wo die Histologie noch unzureichend war und die Versuche über das Wachsthum der Knochen mittelst der Krappfütterung Epoche machten, dazu besonders der Vögel bediente, so habe ich ebenfalls derartige Ver- suche angestellt, aber bald erfahren, dass dieselben nichts leisten können, was die histologische Entwicklungsgeschichte nicht besser leistet. Zur Erläuterung fand ich diese Versuche jedoch theilweise ganz brauchbar. Es färben sich nämlich stets, wie schon aus den Versuchen von Tomes 2) hervorgeht, die Theile des Knochens, welche den Gefässen am nächsten gelegen sind, daher namentlich die Oberfläche des ganzen Knochens und die Innenfläche der Markcanäle. Da dieses gerade die Stellen sind, wo der Knochen beim jungen Thier durch Auflagerung wächst, so ist es be- greiflich, dass vorzugsweise die neugebildeten 'Theile während der Krappfütterung roth gefärbt sind. Die Färbung ist aber nie scharf begrenzt. Mit freiem Auge be- merkte ich bei jungen Tauben, die 8 Tage mit Krapp gefüttert waren, auf dem Durchschnitte nur eine diffuse röthliche Färbung, unter dem Compositum sehr schöne roth gefärbte Markcanäle (Taf. IV. Fig. 3, 4, a); die rothe Färbung war aber nicht scharf begrenzt, sondern allmählig in die Knochensubstanz hin sich verlierend (Fig. 4), also eine einfache Tränkung oder Imbibition. Abwechselnde rothe und weisse Lagen und Ringe zu erzeugen, wollte mir nicht gelingen, vielleicht weil ich die ersten Fri- sten des Futterwechsels zu kurz wählte (von 8 zu 8 Tagen). Ich überzeugte mich dagegen, dass eine einmalige Fütterung schon bemerkbar wird und dass die Wirkung auch nach dem Regime noch fortdauert, ohne Zweifel, weil nicht so schnell aller Farbstoff aus der Circulation entfernt ist, vielleicht auch, weil bereits abgesetzter wieder aufgesogen wird. Uebrigens färben sich, wie ich mich überzeugte, auch Knochen erwachsener Vögel, aber schwächer als die junger 'Thiere, was wohl keiner 1) Todd’s Cyclopäd. I. p. 431. 2) A.a. O. S. 849, 853. -— 11 — Erklärung bedarf. Begreiflich ist es auch, dass sich die Innenfläche der hohlen Knochen nicht färbt; sondern auch bei jungen Thieren stets weiss bleibt, da sich hier weder Knochen ansetzt, noch Gefässe befinden. Dass keine Gewebe ausser dem Knochen; auch das Periost nicht, gefärbt werden, ist bekannt und mag zum: weite- ren Beleg dienen, dass das letztere nur einen mittelbaren Antheil an der Knochen- bildung nimmt, insofern es nämlich die Gefässe trägt, durch welche der Knochen er- nährt wird und wächst. Hinsichtlich der Amphibien sind meine Aufzeichnungen weniger vollständig, rei- chen aber hin, um die hauptsächliche Uebereinstimmung ihrer Entwicklung mit der der Vögel auch von histologischer Seite zu constatiren, wie es von morphologischer Seite durch Duges und Rathke bereits geschehen ist. Die ersten Spuren der Ver- knöcherung zeigen sich bei der Froschlarve am humerus zu einer Zeit, wo die obere Extremität noch unter der Haut verborgen ist. Man sieht, wie bei den Vögeln, zu- erst den Knorpel an den Diaphysen sich scharf abgrenzen und dieselbe structurlose Scheide entstehen, auf welcher alsbald die netzförmige Ablagerung beginnt. Da die Apophysen zu dieser Zeit noch sehr lebhaft wachsen, so erscheint der Knorpel an der Diaphyse wie eingeschnürt, die Apophysen unverhältnissmässig entwickelt. Presst man die Knorpelsubstanz aus der Scheide ‘heraus, so unterscheidet man durch Jod leicht Knorpelzellen und Knorpelhöhlen, aber niemals darin eine endogene Vermeh- rung. In den Apophysen sind die Körperchen dichtgedrängt und klein, gegen die Diaphysen hin grösser, mehr auseinandergerückt und die Intercellularsubstanz ver- mehrt. In der aufgelagerten Substanz erscheinen dieselben kleinen Knochenhöhlen, wie beim Hühnchen, mit kleinen, blassen, glänzenden Körperchen darin, die sich im umgebenden Bildungsgewebe ebenfalls finden. Vom künftigen Periost sieht man die ersten Spuren durch längsovale Kerne angedeutet, welche längs der Oberfläche hinziehen. Die peripherische Knochenschicht entsteht daher weder durch Verknöche- rung des Periosts, noch auf Rechnung des Primordialknorpels, wie Duges 1), wel- cher die Thatsache zuerst entdeckte, anzunehmen geneigter war, sondern beginnt in dem den Knorpel begrenzenden Bildungsgewebe zu einer Zeit, wo weder das: Pe- riost noch die übrigen Weichtheile der Extremitäten histologisch differenzirt sind. Ungefähr ‚6 Tage nach dem Auftreten der hinteren Extremitäten, ‘wo das Primor- dialskelett längst: vollendet ist, finden sich aufgelagerte Knochenscheiden auch an den !) Recherches sur l’Osteologie et la Myologie des balraciens. Paris 183%. p. 11%. — 185 — Diaphysen des femur, der tibia und fibula, den beiden langen Tarsusknochen, an.den Darmbeinen. Die sämmtlichen Kapsel- und Verstärkungsbänder und Zwischenknor- pel sind angelegt, die Metatarsus und Phalangen noch knorpelig, Perichondrium, Muskeln, Nerven etc. differenzirt. Noch nirgends hat die Verknöcherung im Primor- dialskelett begonnen, namentlich sind die Diaphysen unter der‘ knöchernen Auflage- rung ganz‘ knorpelig, um nachher, wie beim Vogel, zu erweichen und zur Bildung der Markröhre verwendet zu werden. Dieser Vorgang ist noch bei ausgewachsenen Fröschen sehr schön zu beobach- ten. Die mit einer röthlichen, sulzigen Flüssigkeit gefüllte Markröhre der Röhren- knochen ist nämlich oben und unten durch Knorpelsubstanz geschlossen, welche un- mittelbar in die der Apophysen übergeht und in fortschreitender Auflösung begriffen ist, ohne. vorher verknöchert gewesen zu sein. Erst in der Nähe der Apophysen tritt auch primordiale Verknöcherung auf, die sich eine Strecke weit unter der Auf- lagerung hinzieht und an manchen Stellen ziemlich tief in den Knorpel eindringt oder ihn auch ganz durchdringt. Zugleich oder schon vorher entsteht primordiale Ver- knöcherung in der Apophyse selbst und zwar ziemlich dicht unter der Gelenkfläche. die sich sehr bald um die ganze Circumferenz der Apophyse ausbreitet, während der Kern derselben lange knorpelig bleibt. Das Verhältniss wird besonders dadurch com- plieirt, dass die lange knorpelig bleibenden Apophysen, wie schon Dug&s 1) bemerkt hat, sich sehr bedeutend entwickeln und mützenähnlich oder wie ein Stockknopf über die bereits (durch Auflagerung) verknöcherten Diaphysen herüberwachsen und sie eine Strecke weit einhüllen, so dass die Knochenscheide derselben in die Knor- pelsubstanz der Apophyse wie eingesenkt scheint. Tritt dann später die primor- diale Verknöcherung hinzu, so findet sie sich begreiflicherweise sowohl auf der äus- seren als auf der inneren Seite der Auflagerungsschicht und nach aussen sogar in doppelter Lage, von der Oberfläche ‚und von der Tiefe aus die Apophyse’durch- dringend. So auffallend dieses Verhältniss auf den ersten Blick scheint, so klar und unverkennbar ist dasselbe, und an keinem Orte in der 'Thierwelt lassen sich meines Wissens primordiale und sekundäre Verknöcherung so schön nebeneinander unterschei- den als an diesen Objecten, die überdies so leicht zu haben sind, dass ich eine Ab- bildung für überflüssig halte. Die primordiale Verknöcherung der Frösche zeichnet sich besonders durch ihr grobkörniges Ansehen aus, das um so mehr und 'mehr als 1) A. a. 0. p: 116. = 0 — bei den Säugethieren an eine Ablagerung isolirter Kalkkrümel glauben machen könnte, weil sie, wie in allen permanenten Knorpeln, von vielen 'zerstreuten Punkten aus geschieht und der Knorpel von einzelnen Kalkkörnern durchsät erscheint, auch durch Säure nicht mehr in seiner vorigen Transparenz hergestellt wird. Die Anordnung des Knochennetzes ist die maschenförmige, wie sie bei den unteren Classen gewöhn- lich ist, bindet sich aber auch hier nicht an die individuellen Knorpelhöhlen. Immer entstehen nur grosse, unförmliche Knorpelhöhlen, keine corpuscula radiata, die da- gegen in der Auflagerung sehr deutlich sind. Schöner als irgendwo kann man hier die oben S. 32 ff. geschilderte Structur des Knorpelgewebes, sein Verhalten gegen Essigsäure und Jod, die Zunahme der Intercellularsubstanz (die stets in den Apophy- sen viel beträchtlicher ist, als in den noch übrigen knorpeligen Diaphysen) die Ver- grösserung der Knorpelhöhlen und Knorpelzellen, die scheinbare Mutterzellenbildung durch die Gruppirung der letzteren u. s. w. studiren. Ueber die Entwicklung der beschuppten Amphibien besitze ich keine eigene Er- fahrungen, doch scheint mir aus Rathke’s vortrefllichen Beobachtungen bei den Schildkröten die vollständige Uebereinstimmung mit den Vögeln und nackten Amphi- bien hervorzugehen, die Rathke !) überdies selbst ausspricht, obgleich er den hi- stologischen Unterschied zwischen primordialer und secundärer Verknöcherung nicht sanz scharf hervorhebt und namentlich secundäre Skelettanlagen bald knorpelig bald knöchern nennt. Bei den Fischen fehlen die langen Röhrenknochen, welche bei den höheren Thie- ren die Hauptträger der Auflagerung sind, doch finden sich auch in dieser Classe, z. B. an den Wurzeln der Rippen, an den Wirbeln, am Kiemenapparat und Zungen- bein, Stellen, wo der Unterschied der primordialen Verknöcherung und secundären Auflagerung sehr deutlich ist. Letztere ist in dieser Classe oft sehr entschieden fa- ı) A.a.0.S.88, 136. In der That ist Rathke’s Beschreibung von der Entstehung der Mark- canäle in der Auflagerung, der Markzellen im verknöcherten Knorpel (S. 92, 132) unverkennbar. Jene enthalten ein lockeres, feltlloses Bindegewebe mit Blulgefässen, das mit dem Unterhautbindegewebe in Zusammenhang ‚steht, diese allein wahres Knochenmark und Fettgewebe (S. 132, 181). Die periphe- rische Knochenkruste, die nach Rathke an den Röhrenknochen, den Rippen, den Wirbeln und selbst am Schädel auftritt (S. 53), ist theils primordial und durchdringt den Knorpel mehr oder weniger tief, theils Auflagerung, welche das Dickenwachsthum desselhen vermittelt. Die Knorpel der Diaphysen schwinden, ehe sie verknöchert sind; in den Apophysen aber entstehen primordiale Knochenkerne (S. 136). Selbst die secundäre Verdichtung der Knochensubstanz durch innere Auflagerung auf die Wände der Markräume, ist Rathke nicht entgangen ($. 133). — 1290 — serig, was die Unterscheidung sehr erleichtert; noch viel characteristischer aber sind die langgestreckten, spaltförmigen Knochenkörperchen derselben, deren feine, äusserst zierliche Canälchen sich weithin verzweigen und die schönsten Anastomosen bilden, die man sehen kann. In vielen Fällen sind die Bilder frisch, ‘unter Wasser schon vollkommen deutlich, z. B. bei Cyprinen an fast allen Theilen des Skeletts ; in an- deren Fällen, besonders an trockenen Präparaten, ist Terpenthin unentbehrlich, aber dann sehr hülfreich. Die Knochenkörperchen stehen im Allgemeinen bei den Fischen nicht so dicht, als bei höheren Thieren, ja oft so zerstreut, dass man im Sehfelde nur wenige übersieht, deren Canälchen ein weitverzweigtes, spinnengewebeartiges Netz bilden. Vielleicht gehören dahin die Fälle, in denen nach Tomes !) die Kno- chenkörperchen ganz fehlen sollen. Ob die Zahl der Markcanälchen in einem con- stanten (umgekehrten) Verhältniss zu der der Knochenkörperchen und Canälchen stehe, wie derselbe Autor angibt, ist mir nicht ausgemacht. Dieselben finden sich in allen Classen und scheint mir ihr Vorkommen und ihre Häufigkeit von der Dicke abzuhängen, welche die secundären Knochenparthieen erreichen. Aus diesem Grunde scheinen sie mir bei Fischen und Batrachiern im Allgemeinen weniger verbreitet, als bei den beschuppten Amphibien und Vögeln und bei diesen spärlicher als bei den Säugethieren und den Menschen. Sehr deutlich ist bei den Fischen der lamellöse Bau der Auflagerungen an vielen, besonders platten Knochen schon für das unbe- waffnete Auge, an andern, z. B. an Queerschnitten von den Rippen bei Cyprinen, mikroskopisch. Schiefe Schnitte findet man oft treppenartig abgesetzt und aufgeblät- tert, die einzelnen Lamellen von ungefähr derselben Dicke, wie an den Periostauf- lagerungen beim Kalbe. Ganz feine Schnitte oder abgelöste einzelne Lamellen von der Oberfläche erscheinen auch hier ganz homogen, von schmalen Längsspalten durch- setzt, deren Canälchen noch nicht so deutlich sind, als in den tieferen Schich- ten. Säure erregt schon in den obersten Schichten Aufbrausen, doch scheinen die Fischknochen im Ganzen weniger kalkhaltig, als die der höheren Thiere, denn es erscheinen oft nur wenige Gasblasen, auch verändert sich das Gewebe durch Ent- ziehen nicht erheblich, ausser dass es etwas aufquillt und durch das Aufquellen die schmalen Knochenkörperchen sammt den Canälchen bis zum Verschwinden undeut- lich werden und die Stelle der ersten nur an dem körnigen Inhalt (Rest der enthal- tenen Zellengebilde) kenntlich bleibt. Mit den grossen, runden, primordialen Knochen- 1) A. a. O. S.850, Fig. 451 und 456. höhlen der Fische haben die beschriebenen strahligen Knochenkörperchen der Auf- lagerung nicht die entfernteste Aehnlichkeit und, wenn irgendwo, ist es hier und bei den nackten Amphibien leicht, Jedermann zu überzeugen, dass die primordiale Ver- knöcherung keine corpuscula radiata liefert. An grösseren primordialen Knochen, z. B. am Zungenbein, kann man sich überzeugen, dass auch bei den Fischen auf Kosten des verknöcherten Knochens Diploö gebildet wird, deren Reste umfängliche Markräume begrenzen, die sich durch beträchtliche secundäre Knochenschichten theil- weise ausfüllen und abrunden. Diese innere Auflagerung enthält oft sehr wenige Knochenkörper, entwickelt oft sehr wenig Luftblasen und gleicht dann mehr einem unreifen Fasergewebe als wirklichen Knochen. Um so deutlicher erscheinen in den Winkeln und Ecken der die Markräume begrenzenden Knochenbrücken und Frag- mente dieselben grossen, runden, strahlenlosen Knochenkörper, die oben vom Säugethierskelett beschrieben wurden; bei Salmonen, wo die verschiedenen Knochen- kerne, von welchen das Zungenbein, der Schädel u. s. w. verknöchern, zeitlebens durch unverknöcherten Knorpel getrennt bleiben, hat man ausserdem stets Gelegen- heit, primordiale Knochenränder und permanenten Knorpel zu untersuchen, der sich zur Verknöcherung anschickt. Die secundäre Auflagerung geschieht hier, wie bei den Säugethieren, nur auf die verknöcherten Theile, so dass die knorpelig geblie- benen Theile in ihrem Wachsthum durch Intussusception nicht gehemmt sind. So ausgeprägt übrigens die Charactere des primordialen und secundären Kno- chengewebes an vielen Stellen sind, so finden sich doch gerade in dieser Olasse Be- sonderheiten, die auf den ersten Blick verwirren können und eine specielle Bearbei- tung dieser Classe wünschenswerth machen. So kömmt, um einige Beispiele anzu- führen, in den Flossenstrahlen, den radii branchiostegi u. s. w. eine Art kalkhaltiger Knorpel vor, der nach Art der secundären Knochen wächst, beim Trocknen halb durchscheinend bleibt und längliche, schmale, spaltförmige Knorpelkörperchen ent- hält, die an die des wachsenden Knorpels (S. 97.) erinnern, zuweilen gespalten und verzweigt sind und dadurch den secundären Knochenkörperchen ähnlich werden, im Ganzen aber der feinen, anastomosirenden Canälchen ermangeln. 1) Auch in anderen, 1) Sie erinnern an die von A. Bergmann a..a. O. Fig. 6. abgebildeten sternförmigen Höhlun- gen im Kopfknorpel der Sepien, der sonst ganz mit den Knorpeln der Wirbelthiere übereinkömmt. Die Knorpelzellen schicken, wie ich bei Loligo sagiltata finde, Fortsätze in die einzelnen Strahlen. Von verdickten Zellenwänden und Porencanälen ıst Nichts zu sehen. Verknöcherung scheint darin nicht vorzukommen. 16 unzweifelhaft secundären Knochenbildungen, z. B. in der verknöcherten Scheide der Chorda der Chimaeren, Plagiostomen und selbst vieler Knochenfische, finden sich spaltförmige Knochenkörperchen, aber ohne wahrnehmbare Canälchen und zwar reihenweise hintereinandergestellt, so dass das Gewebe bei schwacher Vergrösserung dem Zahngewebe gleicht. Die Canaliculi sind daher allerdings characteristisch für das secundäre Knochengewebe, insofern sie in den primordialen Verknöcherungen meiner Erfahrung nach constant fehlen, aber sie kommen keineswegs in jeder se- cundären Verknöcherung zur Entwickluug. Endlich kann hier erwähnt werden, dass manche Knorpel der Cyclostomen, z. B. der Zungenknorpel, durch die exquisiten Ver- dickungsschichten, welche darin vorkommen, nicht nur eine eigenthümliche Härte erlangen, die sie von aussen gesehen dem Knochengewebe ähnlich macht (wohin sie auch schon gezählt wurden), sondern dass auch, namentlich in der Rindenschicht, Formen von Knorpelhöhlen vorkommen, die nicht unfern an die des rhachitischen Knorpels erinnern. Es bilden sich aber weder Porencanäle, noch findet Verknöche- rung darin statt, da Säure keine merkliche Veränderung hervorbringt und nicht mehr Gasblasen entwickelt, als aus gewöhnlichen Knorpeln. Cap. IV. Von den selbstständigen Theilen des secundären Skeletts, den sog. Deck- oder Schaltknochen. Was bisher über den Unterschied der primordialen und secundären Verknöche- rung gesagt wurde, dient zugleich zur Erläuterung der zuerst von Duges für die nackten Amphibien aufgedeckten, dann von allen Beobachtern, welche sich mit der Sache beschäftigten, mehr oder weniger bestimmt für alle Wirbelthierclassen bestä- tigte Thatsache, dass nur der kleinere Theil der Schädelknochen auf Kosten der knorpeligen Anlage des Schädels, der grössere Theil aber ausserhalb und ganz unabhängig von derselben entstehe. Die von Reichert!) und A. Bidder 2) dagegen erhobenen Bedenken und Einwürfe ändern an den Thatsachen Nichts und sind wesentlich Ausflüsse der Reichert eigenthümlichen histogenetischen Auffassungsweise des Bindegewebes und seines Verhältnisses zur Knorpelsubstanz. Reichert will die häutigen Theile der Schädelkapsel zum Knorpel- schädel gerechnet wissen, weil er einen histogenetischen Unterschied zwischen ') Müller’s Archiv. 1849. S. 443. ?2) De cranii conformatione. Diss. Dorpati 1847. - — 13 — Bindegewebe und Knorpelgewebe nicht anerkennt und beide nur als Unterordnungen eines und desselben Gewebstypus ansieht. Es ist hier nicht der Ort, eine so weit- schichtige und meiner Ansicht nach keineswegs dringende Frage zu erörtern; es würde sich sonst leicht zeigen lassen, dass namentlich die Continuität verschiedener Gewebe nicht als Beweis für eine Identität derselben angesprochen werden kann, denn, wenn man bis zu den frühesten Perioden zurückgeht, lösen sich alle Gewebe in dem gemeinsamen, indifferenten Bildungsgewebe (v. Baer) auf und sind weder histologisch, noch chemisch, noch morphologisch (in der Continuität) verschieden. Meiner Ansicht nach liegt in Reichert’s Geständniss, dass man in der Grundlage der Schädelkapsel eine „hyalin-knorpelige” und eine „faserig oder häutig-knorpelige” Parthie unterscheiden müsse, eben die Anerkennung des Primordialschädels; und in der That bedarf es nur einer unbefangenen Betrachtung jüngerer Embryonen, um sich zu überzeugen, dass die sogenannten häutigen Theile der Schädelkapsel zu jener Zeit, wo der Primordialschädel bereits fertig ist und die Deckknochen auftreten, we- der aus Knorpelsubstanz, noch auch aus Bindegewebe , sondern aus dem noch ganz oder fast ganz indifferenten Bildungsgewebe bestehen, welches alle Skelettanlagen umgibt und in welchem erst nach und nach differenzirte Gewebe bemerklich werden, zu welchen u. a. auch die sog. Deckknochen gehören. Alle Schwierigkeiten, welche einzelne Beobachter gefunden haben, scheinen mir theils daher zu rühren, dass man sich zu ausschliesslich mit dem Schädel beschäftigte, wo die Verhältnisse am complieirtesten sind und die Deckknochen mit den primor- dialen bald in sehr innige Verbindung treten, theils daher, dass man sie nicht bis zu ihren ersten histologischen Anfängen zurück verfolgt hat. Sharpey, welcher zu- erst die histologischen Charactere genauer erforscht hat, nennt die Bildung der se- eundären Knochen eine intramembranöse, offenbar, weil zu der Zeit wo er un- tersuchte, das Gewebe der verschiedenen Häute am Schädel, zwischen welchen die Deckknochen liegen, schon sehr entwickelt war. Auch Kölliker spricht von einer „häutigen Grundlage” und neigt in seinen früheren Mittheilungen 1) zu der Ansicht derer, welche den secundären Knochen als „verknöchertes Bindegewebe” betrachten. Später 2) und in zeinem Handbuche tritt jedoch an die Stelle der häutigen Grundlage „ein weiches Blastem”, aus dem sich sowohl die Periostablagerungen als die sog. 2) Bericht a. a. O. S. 42. 2) Zeitschrift für wissenschaftl. Zool. I. S. 282. — 14 — Deckknochen hervorbilden. Die Uebereinstimmung zwischen den Periostauflagerun- sen und Deckknochen in histologischer Hinsicht hat Kölliker am bestimmtesten her- vorgehoben, obgleich er schliesslich 1) die beiderlei secundären Knochenbildungen morphologisch auf keinen Fall zusammengestellt haben will. Die ersten Anlagen derjenigen Knochen, welche im Primordialskelett nicht prä- formirt sind, sind schon in einer sehr frühen Periode vorhanden, denn sie wurden bisher zu den ersten Verknöcherungen überhaupt gezählt, und bei denjenigen Thie- ren, die keine Clavicula haben, z. B. beim Rinde, ist ein solcher Deckknochen, näm- lich der Unterkiefer, in der That der erste Knochenpunkt, der im Fötus zu einer Zeit auftritt, wo das Primordialskelett noch ganz knorpelig ist. Es geht daraus her- vor, dass die Bezeichnungen „primär” und „secundär” chronologisch nicht blos auf verknöcherte Theile bezogen werden dürfen, sondern auf die Zeit der ersten Anlagen oder Differenzirungen des indifferenten Bildungsgewebes. In diesem Sinne ist, wie Seite 12 erwähnt, das knorpelige Skelett allerdings das „primäre”, denn es ist be- reits grösstentheils angelegt und gegliedert, wenn bei 1” bis 5/4,“ langen Rindsfötus die secundären Knochen beginnen. Das Eigenthümliche der secundären Knochen ist vielmehr von Kölliker 2) nach dem Vorgange von Duges u. A. bereits dahin de- finirt worden, dass sie nicht (wie die primordialen) knorpelig vorgebildet sind, sondern in einem weichen (indifferenten) Blasteme von einem klei- nen Anfange aus entstehen. Ganz besonders ist hervorzuheben, dass sie gleich von Anfang und sobald ihre ersten Spuren überhaupt wahrnehmbar sind, knöchern auftreten; denn es erklärt sich daraus, dass sie von Anfang an nur durch Apposition von aussen (nach Art der Periostauflagerungen) wachsen und ihre typische Gestalt nicht, wie die primordialen Knochen, im Wesentlichen schon von Anfang (im knorpeligen Zustande) besitzen, sondern nur allmählig und gewissermassen erst mit vollendetem Wachsthum erlangen. Damit hängt es auch zusammen, dass jeder secundäre Knochen nur einen Knochenkern besitzt, obgleich es bei den höheren Classen gewöhnlich ist, dass mehrere anfangs getrennte Knochen unter sich und mit primordialen Knochen früher oder später zu einem einzigen Stücke verschmelzen. Als ein empyrisches Merkmal, welches im Verfolge seine Erklärung findet, kann auch die Verbindung durch wahre Schuppen- oder Zackennähte 1) A.a. 0. S. 291. 2) Mikr. Anal. S. 344. — == — betrachtet werden, welche zwischen primordialen Knochen niemals oder nur da statt findet, wo sich secundärer Knochen auf ihnen entwickelt hat. Da wo die secundä- ren Knochen den primordialen näher anliegen, haben sie meistens eine flächenför- mige Ausbreitung, die zu der Bezeichnung Deck- oder Belegknochen Veranlas- sung geeeben. Im anderen Fällen aber (Stirnbein, Oberkiefer, Gaumenbein u. s. w.) kann ihre Gestalt eine sehr complicirte und überhaupt jede andere sein, obgleich sie sich nie durch besondere Massenhaftigkeit und Solidität auszeichnen. Um die Anfänge der secundären Knochen zu beobachten, genügt es bei 1 — %' langen Rindsfötus oder bei Hühnchenembryonen in der zweiten Woche der Bebrütung eines der zahlreichen Knochenscherbehen, welche in der Umhüllungsmasse des Pri- mordialschädels schon mit freiem Auge als weisse Pünktchen oder Streifen erkenn- bar sind, sammt dem anhängenden Bildungsgewebe auszuheben und unter dem Mi- kroskope auszubreiten.. Man sucht sich jeweilen die kleinsten heraus und wenn man die Stellen einmal kennt, ist es leicht sie bis zu ihren ersten Anfängen, die blos unter dem Compositum erkennbar sind, zu verfolgen. Man gewahrt dann, dass das seeundäre Knochengewebe gerade so durch Differenzirung aus dem Formlosen ent- steht, wie alle andere Gewebe, die Primordialknorpel nicht ausgeschlossen. Von einer vorgebildeten, knorpeligen oder sonst beschaffenen Lamelle, die, wie Kölli- ker t) annimmt, der Verknöcherung wenn auch nur kurze Zeit vorausgehe, habe ich nichts wahrgenommen. Noch weniger ist es ein anderes specifisches Gewebe, na- mentlich Bindegewebe, auf dessen Kosten die Verknöcherung geschieht; denn wenn auch die Schädeldecken eine ziemlich derbe, häutige Kapsel um das Gehirn bilden, so ist doch darin von einer Sonderung von Cutis, dura mater , Muskelschicht u. s. w. anfangs so wenig die Rede, wie in den Extremitäten der Froschlarve zu der Zeit, wo sich die primordiale Anlage der Extremitätenknochen darin differenzirt. Die Differenzirung des Bildungsgewebes hat im Gegentheil an allen Theilen des Fötus grössere Fortschritte gemacht, als am Schädel, wo er noch aus einem halbfesten. streifigen Blasteme mit zahlreichen kleinen, rundlichen Körperchen besteht, in dem eine Faserung oder Schichtung nur künstlich mittelst des Scalpells hergestellt werden kann. Einzelne künstlich dargestellte Schichten der Rückenplatten an dieser Stelle jetzt schon mit besonderen Namen zu belegen und überhaupt von besonderen „ske- lettbildenden Schichten” zu sprechen, scheint mir keineswegs gerechtfertigt. Man ı) A. a. 0. 8. 375. — 16 — kann nur sagen, dass alle künftigen Organe, die knöchernen Theile des Schädels eingerechnet, potentia in dieser Schädelkapsel enthalten sind, die nur insofern den Namen einer „häutigen” verdient, als das Gewebe der Rückenplatten hier in einer dünneren Lage ausgebreitet ist und keinen geringeren Zusammenhang zeigt, als an anderen Stellen. Wenn die sog. „verknorpelten” Stellen derselben continuirlich in die „häutige” Schädelkapsel übergehen, wie H. Meyer!) und Reichert 2) urgi- ren, so ist dies kein Beweis, dass beide eines und dasselbe sind, sondern der Aus- druck des Bildungsgesetzes, wornach Organanlagen allenthalben entstehen (S. 11 ff.). Wenn nun, wie alle Beobachter angeben, in dem grössten Theile der Schädelkapsel Knochen entstehen, ohne dass es zu einer vorherigen „Verknorpelung” dieser Theile kömmt, so folgt daraus, dass nicht alle Schädelknochen auf dieselbe Weise entstehen, sondern dass es zwei verschiedene Weisen der Knochenbildung gibt und dieses Ge- setz verliert nichts von seiner Bedeutung, wenn man mit Reichert die ganze Schädelkapsel „häutig - knorpelig” nennt oder mit A. Bidder die darin entstande- nen Knochenscherben als „materia cartilaginea colore subalbido” bezeichnet. Eben so wenig entstehen aber die secundären Knochen etwa aus „Bindegewebe”, weil sie aus einem Theile der Schädelkapsel hervorgehen, der später grösstentheils in Binde- gewebsformationen aufgeht; denn zu der Zeit, wo die ersten Spuren dieser Knochen auftreten, ist von „Bindegewebe” in der häutigen Schädelkapsel so wenig etwas zu sehen, als von Knorpel. Die feinen Knochenscherbchen, aus welchen die Anfänge der Knochen bestehen, lassen sich daher auch leicht aus der sog. häutigen Grund- lage herausheben und stehen mit den präformirten Knorpeln, die alle tiefer liegen, in keiner anderen Verbindung, als durch das allgemeine Bildungsgewebe, in welches sie eingebettet sind. So findet man beim 11%“ langen Rindsfötus, dessen Primordialschä- del noch ganz knorpelig ist, bereits angelegt und beträchtlich vorgerückt, den Unter- kiefer, der ein 21/,‘ langes Scherbchen darstellt; ferner einen weisslichen Fleck in der Gegend des processus zygomalicus beiderseits, mit dessen Bildung die squama temporum beginnt und allmählig nach hinten gegen das knorpelige Felsenbein sich ausbreitet; ferner die beginnenden Stirnbeine in der Gegend des Orbitalrandes schwach angedeutet; einen weisslichen ‚Fleck über dem Ohrlabyrinth für das Scheitelbein ; eine schwache Andeutung der Flügelbeine und endlich den Vomer, der als dünner 1) A. a 0. 8.331. 2) A. a. 0. $. 462. — 27 — \ weisser Streif unter der knorpeligen Nasenscheidewand hinzieht. Dazu kommen bald bei 2 — 3‘ langen Embryonen die Anlagen der Oberkiefer , Jochbeine und Gaumen- beine, und etwas später die paarigen Anlagen des Interparietale, der Nasenbeine, Zwischenkiefer, Thränenbeine und des Trommelfellringes, der bei 6“ langen Rinds- fötus ausgebildet ist. Bringt man ein solches eben aufgetretenes Knochenscherbchen unter schwache Vergrösserungen, so erblickt man das von Sharpey !) treu beschriebene, knöcherne Maschenwerk mit weichen, knorpelartigen Endstrahlen, die an der Peripherie in das halbdifferenzirte Gewebe der Schädeldecken auslaufen und sich pinselartig darin ver- lieren. Dieses unreife, häutige Gewebe bildet auch die Grundlage und Ausfüllung der Maschenräume und folgt beim Auslösen der Scherbe stets in grösserer Quantität nach. (Vgl. Taf. II, Fig. 1. Il, Fig. 10.) Bei stärkerer Vergrösserung gewahrt man jenes netzförmige Gitterwerk, das an die Formen des geronnenen Faserstoffs erinnert und vom wachsenden Knochen beschrieben wurde. An den verknöcherten Stellen erscheint die Masse feinkörnig, an den Randstrahlen aber mehr homogen, knorpelartig spiegelnd, und nimmt durch Behandeln mit Salzsäure , welche die Kör- nung unter Aufbrausen entfernt, in ihrer ganzen Ausdehnung das homogene Ansehen der Randstrahlen an. An dem spiegelnden und homogenen, schwachgelblichen Git- terwerk erkennt man die beginnende Ablagerung einer Knochenscherbe in dem Bil- dungsgewebe schon ehe sie dem freien Auge erkennbar ist; niemals aber geschieht dieselbe in Form einer Lamelle oder gesonderten Schicht, sondern wie eine netzförmige Gerinnung einer weichen Substanz, die sich von den Verknöcherungspunkten ausbreitet. Die allerersten mikroskopischen Spu- ren dieser Substanz reagiren nicht auf die Mineralsäure und werden von Essigsäure nur heller uud durchscheinender gemacht; die Deposition der Kalksalze folgt aber auf dem Fusse nach, so dass immer nur die äussersten mikroskopischen Randstrah- len der Knochenscherbe noch weich und knorpelig sind. Wenn Sharpey diese filzartigen Moleküle, Strahlen oder Stäbe, welche das anschiessende Gitterwerk zusammensetzen, den Bindegewebsfasern oder Faserbündeln vergleicht, so ist dieser Vergleich in Bezug auf die ungefähre Dicke derselben nicht ganz unpassend, in jeder anderen Hinsicht aber wenig bezeichnend, da sich einzelne Fibrillen darin nicht ver- 1) A. a. O. Fig. 40, 41. Eine unvollkommene Abbildung davon hat schon Duhamel in Hist. de l’acad. 1743. p. 146. pl. 4. Fig. 1, 2. — S. ferner Kölliker a. a. O. Fig. 116—120. Ba folgen lassen und nur die allgemeine Richtung der Maschen und Strahlen, die ge- wöhnlich vom Verknöcherungspunkte aus radiär anschiessen, den Anschein einer Faserung gibt. Im Uebrigen gilt davon Alles bei den Periostablagerungen Gesagte (S. 96 .). Schon bei der ersten Anlage sind auch hier durch Maschen von ver- schiedener Weite die Markcanälchen und Knochenkörperchen vorgesehen. Die klei- neren Maschen sind ovale oder längliche Spältchen von der Grösse der definitiven Knochenkörperchen, im frischen Zustande hell und durchsichtig und schon im unver- knöcherten Zustand an den Ränden eingekerbt. Färbung mit Jod, das dem Maschen- werk insgesammt einen gleichförmigen, hellgelben Ton gibt, zeigt die in den klei- nen Maschen eingeschlossenen kleinen, rundlichen, zellenartigen Körperchen, die auch nach der Verknöcherung noch zum Theil wahrnehmbar sind. In den grösseren Maschenräumen sind nicht einzelne Körperchen, sondern grössere Parthieen des un- reifen Gewebes enthalten, in welches die ganze Scherbe eingetragen ist und welches die ganze häutige Schädelkapsel bildet. Es enthält viele, grosse, helle, längliche Kerne in einem weichen, gallertigen Blasteme und entspricht daher einer früheren Entwicklungsstufe des Bindegewebes. Die Vergrösserung der Knochenscherbe geschieht dadurch, dass an der Peripherie stets neue Strahlen anschiessen, sich durch Queerbrücken verbinden und zu neuen Maschen arcadenartig abschliessen. Diese Maschen verengen sich durch fortgesetzte Ablagerung, so dass man im älteren Theile mehr rundliche, an der Peripherie mehr gestreckte, ovale Maschen wahrnimmt. Die kleinen Spältchen, welche zu Knochen- körperchen werden, sind mit dem längsten Durchmesser stets nach der Richtung der Strahlen gerichtet, in den radiären radiär , in den queeren queer mit Rücksicht auf den Verknöcherungspunkt, und umgeben die Maschen daher concentrisch. Im ver- knöcherten Theile sind die Canälchen stets sehr deutlich , verschwinden aber an den mit Säure behandelten Präparaten. An letzteren erscheinen auch die Knochenkör- perchen durch Aufquellen um ein Geringes kleiner geworden, wie es bereits S. 98 von fertigen Knochen erwähnt wurde. „In dem Maasse, als der Knochen sich peripherisch ausbreitet, nimmt er auch an Dicke zu; die Hohlräume zwischen den Knochenstrahlen verengen sich oder ver- schwinden , und auf einer weiteren Stufe sind die platten Schädelknochen gegen die Mitte hin ziemlich compact, obgleich ihre Ränder immer noch von dünnen radiären Fortsätzen gebildet werden. Nun entstehen auch zahlreiche Furchen an der Ober- fläche, ebenfalls radiär ausstrahlend, welche nach der Mitte hin im älteren und dich- — 29 — teren Theil des Knoehens sich in Canäle fortsetzen, die nach allen Richtungen ver- laufen. Die Canäle sowohl als die Furchen, welche sich in Canäl&e umwandeln, ent- halten Blutgefässe nebst Fortsetzungen der umkleidenden Membran, von welchen die Ablagerung concentrischer Knochenlagen auf der Innenwand ausgeht, und wenn diese röhrigen Hohlräume von concentrischen Schichten umgeben sind, stellen sie in der That die Havers’schen Canäle dar.” Ich kann diese Angabe Sharpey’s !) nur wörtlich wiederholen, weil sich der Process der Markcanälchenbildung, der oben be- reits vom wachsenden Knochen geschildert wurde, nicht kürzer geben lässt. Ich habe nur hinzuzufügen, dass der junge Knochen noch keinen Unterschied zwischen Rindenschicht und Diplo@ zeigt, sondern durch und durch gleichmässig porös ist; erst wenn der Knochen dicker geworden ist, findet eine innere Resorption der gebilde- ten Knochenmasse statt, welche, wie die Auflagerung der Primordialknochen, theil- weise zur Bildung von Markräumen verwendet wird, die jedoch eine gewisse Grösse niemals übersteigen und stets feinmaschiger bleiben, als die Diplo& der primordialen Knochen. Insbesondere sind die Sinus frontales und maxillares keine Markräume, sondern durch einseitiges Wachsthum des Knochens entstanden und stets von einer fihrrösen Membran (Periost, Schleimhaut) ausgekleidet. Zu gleicher Zeit mit der Anlage und Ausbreitung der Knochenscherbehen schrei- tet auch die Differenzirung des umgebenden Bildungsgewebes fort, das alsbald als wahres Periost, obgleich noch in sehr unvollkommenem Zustand erkannt wird. Bei 2“ Jangen Rindsfötus lässt sich an der sog. häutigen Schädelkapsel ausser einer noch sehr dünnen und einfachen Epidermis eine diekere Cutis unterscheiden, welche selbst noch aus streifigem Blasteme mit eingestreuten läglichen Kernen ohne geson- derte Fibrillen besteht und zahlreiche unreife Blutgefässe oder Blutrinnen enthält. Sie ist nicht scharf von dem unterliegenden Bildungsgewebe geschieden, das im Wesent- lichen die gleiche Structur zeigt, sich aber in der Umgebung der Knochen zu ver- dichten anfängt und ihnen fest anhängt. Die Deckknochen bilden sich daher wie alle Skelettanlagen ihr Periost (oder Perichondrium) erst nach und nach aus dem allgemeinen Bildungsgewebe, in welchem sie entstehen und sind von demselben, auch wenn sie primordialen Knochen dicht aufliegen, vonallen Seiten umgeben. Diejenigen haben daher Recht ?), welche angeben, 1) A.a.0.p. CLI. 2) $S. Kölliker's Bericht a. a. O. S. 4. 17 — 130 — dass die Deckknochen mit den primordialen in keiner unmittelbaren Verbindung ste- hen und dass sich zwischen beiden stets noch eine grössere oder geringere Menge häutigen Gewebes (Reste des ursprünglichen Bildungsgewebes) befinden. Man kann sich in der That hiervon an allen Schädeln junger Thiere und Fötus sehr leicht über- zeugen, um so mehr, da die Deckknochen hier sämmtlich ausserhalb, zum Theil so- gar in ziemlicher Entfernung von den primordialen Schädelanlagen entstehen, wie es besonders an den Scheitelbeinen noch beim Tmonatlichen Menschenfötus so deutlich ist; gleichsam als sollte, neben der unverhältnissmässigen Grösse des fötalen Kopfes überhaupt, dem definitiven Volumen desselben auch durch die anfängliche Ueberein- anderschiebung der Theile vorgearbeitet werden. Während nämlich die Deckknochen durch Apposition sich ausbreiten, wachsen auch die knorpeligen primordialen Theile der Schädelbasis durch Zunahme der Grundsubstanz noch in die Höhe und Breite. Die relative Menge des sie trennenden Bildungsgewebes vermindert sich dabei durch zunehmende Differenzirung in specifische Gewebe (Periost, Perichondrium) zusehends und kann bei der endlichen Berührung auf ein Minnimum reduzirt werden, ja schwin- den. Daher, dass anfangs die primordialen Anlagen und die ersten Knochenscherbehen der Deckknochen weit voneinander entfernt sind und sich nirgends erreichen, kömmt es, dass sie später, indem sie ihre gesonderten Wege in der gemeinschaftlichen Schädelkapsel verfolgen, übereinander zu liegen kommen und sich theilweise de- cken. So beschreibt Sharpey !) eine, von der Schädelbasis sich erhebende La- melle ächten Knorpels, welche sich unter dem Scheitelbein jüngerer Fötus befindet, aber in keiner Verbindung mit ihm steht und nur bis ungefähr in die Hälfte seiner Höhe reicht. Eine ähnliche aber niedrigere Lamelle erhebe sich unter dem Stirn- bein. Es sind dies die oberen Ränder der noch knorpeligen hinteren und vorderen Keilbeinflügel, die später durch das Wachsthum der Theile und besonders des Ge- hirns, mehr zurückbleiben, ja, wie Reichert?) richtig angibt, beim Pferde, Rinde u. s. w. von den Stirnbeinen theilweise umwachsen und in eine Rinne auf- genommen werden, aber keineswegs continuirlich in dieselben übergehen, wie man noch beim reifen Pferdefötus sehr deutlich sieht, wo die knorpelige Apophyse der Keilbeinflügel einen Finger breit ist. Andere Deckknochen, z. B. die Nasen- beine, der Vomer, liegen auch bei den höheren Thieren in ihrer ganzen Ausdeh- 1) A. a. 0. Fig. 40. 2) A. a. 0. S. 468, 474. —-— Bl — nung und flächenweise dem Knorpel auf; aber auch hier besteht stets eine häutige Zwischenlage, die zeitlebens mit Leichtigkeit darstellbar ist und keine Spur von Knor- pelstructur enthält. Dass die Deckknochen am Schädel ohne Ausnahme nach aussen von den primordialen liegen, ist übrigens keineswegs der Ausdruck eines organologi- schen Gesetzes, sondern eine einfache Thatsache, denn in anderen Fällen, z. B. an der Wirbelsäule der nackten Amphibien und Fische, sind es die primordialen Theile, welche nach aussen von den secundären (der sog. verknöcherten Scheide der chorda) zu liegen kommen. Der Form der platten Schädelknochen entsprechend, besteht das Periost dersel- ben, sobald es sich differenzirt hat, aus zwei Blättern, welche den Knochen überzie- hen, an seinen Rändern in einander übergehen und durch seine Markcanäle hindurch miteinander in Verbindung stehen. Ist dasselbe einmal gebildet, so wachsen die - Knochenscherben zwischen seinen beiden Blättern fort und es geht die Vergrösse- rung des Knochens ferner eben so vom Periost aus, wie bei den wachsenden Kno- chen. Das Periost der Schädelknochen eines Kalbsfötus von 8° Länge zeigt bereits eine sehr deutlich faserige Structur, worin einzelne Bindegewebsbündel unterscheid- bar sind. Es liegt den Schädelknochen straff an, während die Cutis darüber etwas verschiebbar ist. Hier hat also durch die Differenzirung des Bildungsgewebes der Schädelkapsel eine Scheidung in mehrere Schichten stattgefunden, die durch lockeres Bindegewebe mit einander verbunden sind. Reisst man das Periost gewaltsam vom Knochen hinweg, was nicht ohne Mühe geschieht, so kömmt der nackte, rauhe und feingezähnte Knochenrand, margo sagittatus, zum Vorschein, von dem dabei einzelne Parthieen, besonders die weichen Randstrahlen, mit fortgerissen werden und am Pe- rioste hängen bleiben. Die Oberfläche des Knochens ist poröser und stärker gerippt, als beim Erwachsenen, indem zahlreiche, schmale Firsten von den tubera frontalia und parietalia nach den Rändern hin ausstrahlen. Schabt man über den blossgelegten Knochen hinweg, so erhält man Fragmente des periostalen Fasergewebes, die beim Abreissen zurückgeblieben waren, nebst vielen zellenartigen Körperchen mit rundlichen Kernen. Schabt man tiefer, so kommen Lamellen mit rundlichen und ovalen Spalten und Spältchen, wie bei allen Auflagerungen. Durch Veränderung des Focus überzeugt man sich von der Schichtung dieser Lamellen, von denen die obersten nur eine streifige helle Membran darstellen, die folgenden, die besonders auf den Firsten sich ablösen, schon deutliche Knochenkörperchen mit Ausläufern in einer feinkörnigen Grundsubstanz enthalten. Manche von den letzteren enthalten zellenartige Körperchen, welche die - 132 — Höhle ausfüllen, in anderen bleibt ein leerer Raum in Form eines hellen Saums um das enthaltene Körperchen, noch andere sind leer oder enthalten nur ein paar Körn- chen oder körnige Reste. Niemals sieht man verdickte Zellenwände, wie H. Meyer !) angibt , niemals mehrfache Kerne oder endogene Formen in den Knochenhöhlungen oder etwas, was für eine Mutterzelle gehalten werden könnte. Ein gleiches Periost, wie das auf der äusseren Fläche des Schädels befindliche, findet sich zu dieser Zeit auch auf seiner inneren Fläche und ist fest mit ihm ver- bunden. Der Knochen wächst daher durch Auflagerung anfangs gleichmässig auf beiden Flächen, und noch beim Neugeborenen erscheint die dura mater als Beinhaut der Schädelknochen. Schon während des Fötuslebens aber sistirt die Auflagerung auf der inneren Fläche, indem sich das Periost hier nach und nach vom Knochen ablöst, der schon bei älteren Rindsfötus eine nackte und glatte Oberfläche besitzt. Das Periost wird dann dura mater, deren Selbstständigkeit sich jedoch nicht auf alle Theile des Schädels erstreckt; denn an der Schädelbasis , besonders an den Felsenbeinen, hängt sie stets dem Knochen fester an, mit dem sie ausserdem allent- halben durch einzelne Gefässe in Verbindung bleibt. Den ganz gleichen Bau der äus- seren und inneren Knochentafel an den Stirnbeinen des Rindes, namentlich die Bil- dung der Lamellen und Markcanäle, ihre schiefe Mündung auf die Oberfläche u. s. w. zeigen Taf. II. Fig. 9 und 10. Nicht minder deutlich zeigen Schnitte oder Schliffe der Schädelknochen von Kälbern und Rindern, dass in den anfangs sehr weiten Markcanälen eine innere Auflagerung und Schichtbildung beginnt, wodurch das Lu- men derselben verengert und den äusseren Knochentafeln ihre grössere Dichtigkeit verliehen wird. Ganz übereinstimmend mit den Säugethieren verhalten sich die Schädeldeckkno- chen der Vögel, nur verwachsen dieselben viel früher bis zu vollständigem Ver- schwinden der Nähte untereinander und mit den Primordialtheilen, so dass man für ihr Studium auf eine kürzere Epoche der Entwicklung beschränkt ist. Die Stirnbein- anlagen des Hühnchens um den 12. Tag der Bebrütung herum gehören zu den schön- sten und instructivsten Bildern von secundären Skelettanlagen, die man sich ver- schaffen kann, nicht nur der Zierlichkeit wegen, welche die secundäre Verknöche- rung der Vögel auszeichnet, sondern auch wegen der Durchsichtigkeit des indiffe- renten Bildungsgewebes, da man sich die Präparate ganz frisch verschaffen kann 1) A. a 0. 8. 337. — 13 — und jede täuschende Aehnlichkeit mit Knorpelgewebe, die durch die gelbliche Trü- bung desselben an Säugethierpräparaten erzeugt wird, hier vermieden bleibt. Noch im Anfang der dritten Woche ist das Periost so wenig ausgebildet, dass fast alle Deckknochen, selbst die den Knorpeln dicht anliegenden z. B. am Unterkiefer und am Schläfenbein, sich mit der grössten Leichtigkeit entfernen und aus dem anhängen- den Bildungsgewebe isoliren lassen. Für die Amphibien ist bereits durch Dug&s und Rathke dargethan, was bei den Fischen von Niemand bezweifelt wird. Die neuere Annahme von Reichert !), dass die Deckknochen der Fische auf Kosten der Rindenschicht des *primordialen Schädelknorpels entstehen, ist viel weniger haltbar, als seine frühere, wonach die Deckknochen nicht zum Schädel, sondern der Haut gehören sollten. Nach seiner früheren Ansicht wurde die Selbstständigkeit dieser Knochen, die namentlich bei Hechten und Salmen so leicht darzuthun ist, zugegeben; es handelte sich nur um den mehr oder weniger theoretischen Gegensatz zwischen Haut - und Wirbelskelett, der viel von seiner Wichtigkeit verliert, wenn man erwägt, dass fast alle Regionen des Wirbelthierleibes Knochengebilde von gleicher Structur und Entstehungsweise enthal- ten oder, wie Reichert sich ausdrückt, zu „skelettbildenden Schichten” werden können. Zu seiner neueren Ansicht ‚scheint R. durch einige Thatsachen bei Amphi- bien und Knorpelfischen veranlasst worden zu sein, wo allerdings eine peripherische Verknöcherung in Knorpeln vorkommt. Bei den nackten Amphibien aber ist die Auf- lagerung von der primordialen Verknöcherung, wie S. 115 gezeigt wurde, sehr wohl zu unterscheiden, und ähnlich verhält es sich z. B. am Hechtkopf, wo die Deckknochen zwar dem an der Peripherie verknöcherten Knorpel dicht anliegen, aber dennoch scharf davon geschieden und an der verschiedenen Textur leicht kennt- lich sind. Alle Zweifel hebt die Entwicklungsgeschichte; wenigstens habe ich bei 6— 8 langen Exemplaren von Cyprinus alburnus in dem noch sehr wenig differen- zirten Bildungsgewebe der Schädeldecken dieselben zarten, mikroskopischen Kno- chenscherbehen ohne Spur einer sie tragenden oder verbindenden knorpeligen Grund- substanz angetroffen, wie bei Vögeln und Säugethieren. Diese Beobachtung war desshalb besonders lehrreich, weil diese Knochenscherbehen von einer sehr klaren, homogenen und durchsichtigen Substanz gebildet wurden, die bei Behandeln mit Säure wenig oder gar nicht aufbrauste, aber gleichwohl schon in ihren ersten Anfängen 1) A.a. 0. S. 505. sehr schöne , mit zierlichen Canälchen versehene Knochenkörperchen enthielt. Es geht daraus nicht nur von neuem hervor, dass die letzteren nicht nachträgliche Um- wandlungen verdickter Zellenwände, sondern von Anfang offenbleibende Lücken der Knochenanlage sind, sondern es zeigt sich hier ein directer Uebergang zwischen primordialer und secundärer Knochenbildung, indem auch der letzteren bei den Fischen, deren Knochen überhaupt weniger kalkhaltig sind, unzweifelhaft ein, wenn auch nur kurzes Stadium des knorpeligen (d. h. unverknöcherten) Zustandes vorausgeht. — ‚An den Deckknochen erwachsener Knochenfische findet man die lamellöse Struetur des secundären Knochengewebes nicht selten für das freie Auge schon wahrnehm- bar und namentlich in den obersten, dem Perioste zunächstgelegenen Schichten die oft erwähnten grösseren und kleinen Spalträume, die z. B. beim Hechte ganz an die entsprechende Structur der wachsenden Knochen beim Kalbe erinnern und sich nur im Ganzen durch Spärlichkeit der Knochenkörperchen auszeichnen. In vielen Fällen ist ihre Oberfläche, besonders an den Stirn- und Scheitelbeinen, durch ungleiche Apposition mit sonderbar gestalteten Knochennadeln, Leisten und Wucherungen, die sich an manchen Stellen zu beträchtlicher Höhe entwickeln, osteophytenartig be- deckt, was immer ein Zeichen secundärer Knochenbildungen ist, aber durch Auflage- rung auch am primordialen Knochen hervorgebracht werden kann. Was die Aufzählung der primordialen und der als Deckknochen am Schädel auf- tretenden Theile betrifft, so stimmen meine Erfahrungen mit denen von Kölliker !) hinsichtlich der Säugethiere und Vögel vollständig, hinsichtlich der Amphibien und Fische mit den S. 66 und $. 68 angeführten Ausnahmen überein. Ich habe nur hin- zuzufügen, dass das Vorkommen der secundären Knochen sich keineswegs auf den Schädel beschränkt, sondern dass in verschiedenen Classen an sehr verschiedenen Stellen des Thierleibes Knochengebilde auftreten, die nicht knorpelig präformirt wer- den und ganz nach Art der Deck- oder Belegknochen entstehen, für welche aber diese letzteren Bezeichnungen um so weniger passen, als sie weder nah noch ent- fernt mit präformirten Skeletttheilen in Beziehung stehen. Schon am Schädel gilt das Letztere vom Zygomaticum und Quadratojugale der Säugethiere, Vögel und be- - schuppten Amphibien, von den Supra - und Infraorbitalknochen den Schleimröhren- knochen überhaupt und dem Kiemendeckel der Knochenfische. Es gehören dazu !) Bericht a. a. O0. S. 43 — 49. weiterhin die Penisknochen, und nach Owen!) vielleicht auch die Beutelknochen der Säugethiere, ferner die Furcula der Vögel (wie ich zuerst bei Canarienvögeln am 10. Tage der Bebrütung entdeckte) und ein grosser Theil der sog. Hautkno- chen, namentlich die knöchernen Schilder der Gürtelthiere und die Schale der Schild- kröten, in welchen ich nicht eine Spur primordialen Knorpel- oder Knochengewebes finde, sowie viele der kleineren Schilder, Schuppen und Stacheln bei den be- schuppten Amphibien und Fischen, so weit sie nicht zu den Hornbildungen gehören. Hier ist aber auch das Gebiet, wo knorpelige und knöcherne Skelettanlagen in ein- ander übergehen, wo namentlich, die sog. Knochenkörperchen oft ganz fehlen, wäh- rend die lamellöse Structur sehr deutlich ist, und wo sie vorhanden sein können, ohne dass die Behandlung mit Säuren einen erheblichen Kalkgehalt nachweist. Viele von diesen Gebilden würde man recht eigentlich „intramembranöse” nennen können, aber gerade viele Schuppen der Fische, Schlangen u. s. w. stehen in keiner engeren Ver- bindung mit der Cutis, in welche sie eingebettet sind, und gewiss würde die Verfol- gung bis zu den ersten Anfängen zeigen, dass sie nicht auf Kosten des „Bindegewe- bes”, welches sie im erwachsenen Thier umhüllt, sondern mit den anderen Geweben aus dem indifferenten Bildungsstoffe entstanden sind. Cap. V. Von der Verbindung des primordialen und secundären Skeletts. Bestünden primordiales und secundäres Skelett ganz unabhängig von einander, gehörten sie, wie Einige verlangt, Andere angenommen haben, wirklich verschiede- nen „skelettbildenden Schichten” an, so würde ihre Unterscheidung wohl längst eine ausgemachte Sache sein und bereits eine allgemeinere vergleichend-anatomische An- wendung gefunden haben. Die Hauptschwierigkeit, welche sich bisher der Feststel- lung der histologischen Charactere, von welcher alles Weitere abhängt, entgegenge- stellt hat, liegt, wie in vorigen Capiteln gezeigt wurde, in der innigen und allgemeinen Durchdringung beider Formationen, welche durch das Wachsthum der Knochen be- dingt ist. Alles Knöcherne, auch die primordialen Knochen, wächst nur durch Auf- lagerung von aussen her, ja das Skelett des Erwachsenen besteht fast ganz aus se- cundärem Knochengewebe, da die verknöcherten primordialen Theile bis auf geringe 1) Todds Cyclop. Ill. p. 283. Die Sesambeine, mit welchen Owen sie vergleicht, sind jedoch primordial. Auch die Herzknochen der Rinder enthalten eine primordiale Grundlage. — 16 — Reste (S. 89) zur Markraumbildung verwendet werden. Von den Knochen der hö- heren Thiere machen nur die ganz dünnen und kleinen Knochen, wie das Siebbein und die Gehörknöchelchen, insofern eine Ausnahme, als sich der primordiale Kno- chen hier in grösserem Umfange erhält und namentlich die Gehörknöchelchen des Erwachsenen noch fast ganz aus primordialem Knochengewebe mit grossen, rund- lichen, strahlenlosen Knochenkörperchen und spärlichen Markräumen bestehen, während die Auflagerung nur am processus folianus, der ganz daraus zu be- stehen scheint, beträchtlich ist.) Für den vergleichend anatomischen Zweck ist es ferner von besonderer Wichtigkeit, dass primordiale und Deckknochen (nicht blos verschiedene Knochenkerne) in verschiedenen Perioden der Entwicklung nicht nur mit ihresgleichen, sondern auch gegenseitig *verschmelzen, wobei wiederum die Periostauflagerungen eine Hauptrolle spielen. Auf dieser Neigung zur Verschmel- zung mehrerer Knochenelemente zu einem Knochenindividuum, welche in der Thier- reihe vielfach variirt, beruhte von jeher eine Hauptschwierigkeit der vergleichenden Östeologie; sie soll daher hier noch eine nähere Betrachtung finden. Für die primordialen Knochen ist es characteristisch, dass die Verschmelzung bei ihnen fast immer im knorpeligen Zustand und zwar schon bei der ersten Anlage stattfindet. Beispiele der Art bieten der Primordialschädel und das Heiligenbein der meisten Thiere, die Halswirbelsäule der Chimaeren und Rochen, die Entstehung der Wirbel überhaupt, das Brustbein, Zungenbein u. s. w. Alle diese Theile verschmel- zen in der ersten Fötalperiode, ehe die umgebenden Gewebe eine erhebliche Diffe- renzirung erfahren haben. Es ist ein Zusammenfliessen durch das peripherische Wachs- thum (8.30), das dadurch begünstigt wird, dass kein fremdartiges Gewebe im Wege ist. Hat sich einmal ein Perichondrium gebildet, so hört das Wachsthum des Knor- pels an der Peripherie nach und nach auf und mit ihm die Möglichkeit einer direeten Verschmelzung zweier knorpeligen Skelettstücke nach dieser Richtung hin. Zugleich entstehen die Gelenkhöhlen und Gelenkverbindungen, welche dem Primordialskelett vorzugsweise eigen sind und durch welche ebenfalls die Trennung benachbarter ") Ohne Zweifel bezieht sich darauf Reicherts Angabe a. a. O. S. 475, dass am Processus folianus nur die hintere und innere Rindenschicht verknöchere, der Meckel'sche Knorpel aber bis zum Kopf des Hammers hin sich ablösen lasse und schwinde. Es finden sich übrigens Spuren von Auf- lagerung, welche ohne Zweifel zur Dichtigkeit des Gewebes beitragen, auch in den Markräumen im Caput und Manubrium male, wo sie sogar beträchtlicher sind, als an‘ den meisten Stellen der Ober- Nläche, mit Ausnahme des Processus folianus. Theile definitiv wird. Fälle von Verschmelzung durch ausbleibende Bildung des Ge- lenkes bieten vielleicht die Rippen der Schildkröten, die sog. processus transversi der Hals-, Lenden- und Schwanzwirbel, das schrägverengte Becken u. s. w. Die Ver- knöcherung bewirkt im Primordialskelett nicht eigentlich Vereinigung getrennter Knochenelemente, sondern im Gegentheile eine scheinbare Trennung und Vermehrung derselben, weil sie in Gestalt mehrerer Knochenkerne (am zahlreichsten im Siebbein) aufzutreten pflegt, die kürzere oder längere Zeit oder permanent getrennt bleiben können (S. 60 ff.). Als wahre Verschmelzungen kann man diejenigen betrachten, welche durch Verknöcherung der Ligamenta intervertebralia und Symphysis pubis entstehen, die nur dadurch möglich sind, weil Hyalin- und Faserknorpel, Wirbel- und Zwischenknorpel hier an und für sich nieht scharf geschieden sind. In späteren Perioden, wenn ein primordialer Knochen durch sein Periost und seine Gelenkverbindungen nach allen Seiten hin isolirt ist, kann eine Verschmelzung mit anderen primordialen Knochen nur durch die Periostauflagerungen erfolgen, in- dem sie ein Wachsthum durch Apposition bedingen. Zwei Knochen werden sich zu verbinden und in einen zusammenzufliessen scheinen, sobald durch die beiderseitigen Periostauflagerungen der trennende Zwischenraum ausgefüllt und das sie zuletzt noch scheidende Periost verdrängt oder, wie man sich ausdrückt, selbst verknöchert ist. Beispiele der Art bietet der Mittelhand- und Mittelfussknochen der Rinder, der an- fangs aus zwei selbstständigen Knochen besteht, die ziemlich spät verschmelzen; des- gleichen die Verschmelzung der Tibia und Fibula, der Ulna und des Radius bei vielen Säugethieren, Vögeln und Amphibien, die Verbindung des Os sacrum und ileum bei den Vögeln, die wenigstens bei jungen Hühnern und Tauben noch getrennt sind, u.a. m. Wie Duges !) schon angegeben hat, besitzen die Frösche ursprünglich im knorpe- lisen Zustand beide Knochen des Vorderarms und Unterschenkels, und noch beim erwachsenen Thier unterscheidet man an Längsdurchschnitten des einfach geworde- nen Knochens beide Markröhren, getrennt durch die periostale Rindenschicht, wäh- rend die knorpeligen Apophysen vollständig verschmolzen sind und nur eine einzige grosse, einfache Apophyse darstellen. Die Verschmelzung der Tibia und Fibula lässt sich beim Hühnchen sehr deutlich beobachten und bietet das Besondere, dass die Auflagerung eine einseitige Richtung nimmt und sich weit über die knorpelige An- lage hinaus erstreckt. Zieht man die Fibula etwa am 12. Tage der Bebrütung aus ') A. a. 0. p. 113, 118. -— 138 — dem weichen, umgebenden Bildungsgewebe hinaus (Taf. IM. Fig. 4), so findet man noch keine Spur von Auflagerung an derselben. Die äussere Begrenzung des Knor- pels in Gestalt jener structurlosen Scheide (a), die der Auflagerung vorausgeht (S. 112), ist in ihrer unteren Hälfte sehr deutlich, die in einen nichtknorpeligen, un- deutlich faserigen, sehnenartigen Fortsatz (b) übergeht. Bei stärkerer Vergrösse- rung (Fig. 5) erkennt man deutlich, dass die Knorpelsubstanz sich an diesem End- zipfel begrenzt, der im Uebergang zu Bindegewebe begriffen ist und mit dem wer- denden Perichondrium innig zusammenhängt. Untersucht man diese Stelle 2—3 Tage später (Fig. 6), so hat die peripherische Verknöcherung in der Form des gewöhn- lichen Maschenwerkes bereits begonnen; sie beschränkt sich aber nicht auf den prä- formirten Knorpel, sondern setzt sich continuirlich auf den häutigfaserigen Anhang (b) fort, der dadurch steif und fest geworden ist und nicht mehr wie in Fig. 5 lose hin und her flottirt. Die Auflagerung verdickt sich und unterscheidet sich von den Periostauflagerungen nur dadurch, dass sie nicht auf Knorpel, sondern auf einem un- reifen Fasergewebe ruht, das sich ebenso als Grundlage oder Stützpunkt verhält. Ganz auf dieselbe Weise bilden sich die Sehnenknochen der Vögel und selbst beim Menschen scheint Aehnliches der Art an Muskelsehnen [des gastroenemius, peroneus longus t)] vorzukommen. Es schliessen sich daran eine Reihe zum Theil sehr merkwürdiger Gestaltver- änderungen durch einseitige Auflagerung, welche primordiale Knochen nach der Verknöcherung erleiden können. H. Meyer?) rechnet dahin ausser vielen Osteo- phyten die Muskellinien und Muskelhöcker. Bei den Vögeln, wo die Neigung zur secundären Verschmelzung selbstständiger Skeletttheille am grössten ist, entstehen auf diese Weise sonderbar gestaltete processus spinosi superiores und inferiores, besonders bei Hühnern und Wasservögeln (Cormoranen, Colymbus u. s. w.), die sich bei alten Vögeln zu langen Knochenleisten verbinden können, wie es z.B. in der Lendengegend bei Hühnern gewöhnlich ist. Sehr wahrscheinlich gehört dahin auch die höchst merkwürdige Entstehung des Rücken- und Bauchschildes der Schildkrö- ten, die Rathke 3) unverkennbar geschildert hat. Die Knochenrinde (Auflagerung) der Dornfortsätze des 2. bis 8. Rückenwirbels sowohl als der entsprechenden Rippen 1) H. Meyer.a.a. O. S. 353. 2) A.a. 0. S. 334. 3) A. a. 0. S. 56, 68 fl, 88, 96, 122. — 239 — breitet sich in eben so viele Tafeln aus, die einander entgegenwachsen, Zackennähte bilden und durch selbstständige Deckplatten, wohin besonders die Randplatten ge- hören, zum Rückenschilde ergänzt werden. Vom Bauchschild entsprechen nur die paarigen, bogenförmig gekrümmten Knorpelstreifen, welche Rathke entdeckt hat !), den primordialen Anlagen anderer Thiere, und zwar die beiden vorderen dem eigent- lichen Brustbein, die beiden hinteren einem Sternum abdominale; die später durch Zackennähte unter einander und mit dem Rückenschild verbundenen Deckplatten aber entstehen nach ihm theils, ähnlich den Rückenschildern, als Auflagerung jener primordialen Anlagen, die darin ganz untergehen, theils als selbstständige Deckkno- chen, und können daher dem Brustbein anderer Thiere nicht. verglichen werden. Bei den Knochenfischen finden sich zahlreiche Beispiele, wo primordiale Knochen durch breitere oder schmälere, oft siebförmig durchbrochene Ränder von Auflagerungsmasse ergänzt und vergrössert werden. So legt sich eine vom sog. masioideum ausgehende dünne Platte schuppenartig über das frontale post., bei Salmonen sogar über den zwischen beiden befindlichen Knorpelrest des Primordialschädels herüber, und schliesst sich durch Naht an Deckknochen (frontalia prineipalia und parietalia) an. Aehnliches geschieht an dem sog. tympanicum, palatinum, jugale, artieulare maxillae inf., an den Extremitäten und Extremitätengürteln. Dessgleichen verlängern sich durch einsei- tige Auflagerung die eristae und spinae des oceipitale superius, oceipitale externum, mastoideum u. s. w. Dass die spina oceipitalis externa auch bei den Schildkröten nicht knorpelig präformirt ist, sondern gleichsam aus dem Knochen herauswächst, bemerkt Rathke 2). Unter den Säugethieren kann man am Geruchslabyrinthe, z. B. beim reifen Pferdefötus, sehr schön beobachten, dass die, dünnen primordialen Knochen- platten. in welche er sich auflöst, an den Rändern durch mikroskopisch dünne und durehbrochene, weitmaschig anschiessende Lamellen von secundärem Knochengewebe ergänzt und verlängert werden, welche nach Art der Deckknochen zwischen den Blättern des Periosts fortwachsen. Die Verschmelzung secundärer Knochen unter einander geschieht in derselben Weise, wie die der primordialen in den zuletzt erwähnten Fällen, vermittelst der Periostauflagerungen. So verschmelzen beim Menschen und vielen Thieren die beiden Stirnbeine untereinander, während die Scheitelbeine, die bei vielen 1) A.a. 0. Taf. IV. Fig. 5. 2) A. 2.0.8. 51. — 10 — Thieren verschmelzen, beim Menschen in der Regel getrennt bleiben. Solche typi- sche Verschmelzungen einzelner Deeliknochen gehören zu den zoologischen Gattungs- und Speciescharacteren und sind dort zu erwähnen, wobei freilich die Entwickelungs- geschichte noch viel zu thun hat. Gewiss wird das angebliche Fehlen oder Variiren mancher Stücke bei einzelnen Thieren sich in vielen Fällen auf Verschmelzung in ver- schiedenen Altersstufen zurückführen lassen. Als hierher gehöriges Beispiel erwähne ich, dass das Thränenbein, welches nach Stannius !) unter den Säugethieren u. a. den Phoken fehlen soll, bei einem Fötus und selbst bei einem erwachsenen Schädel von Phoca -vitulina unserer Sammlung sammt canalis lacrymalis ganz deutlich wahr- zunehmen ist. Es verhält sich damit wie mit dem intermaxillare des Menschen, das zwar ungewöhnlich früh mit dem Oberkiefer verschmilzt, aber von Niemand mehr dem Menschen abgesprochen wird. Die Neigung zu solchen Verschmelzungen scheint in der Thierreihe abwärts abzunehmen und wie die einzelnen Knochenkerne primor- dialer Knochen ,„ so bleiben auch die einzelnen Deckknochen bei Amphibien und Fi- schen häufiger getrennt und die bleibende Trennung ist in diesen Classen eben so Re- gel, wie bei den Vögeln die Verschmelzung, während bei den Säugethieren die meisten Variationen vorkommen. Um die Knochen eines Thierskeletts anzugeben. ist es daher auch in Bezug auf die Deckknochen stets nöthig, auf die Entwicklungs- geschichte, d. h. auf den Fötusschädel, zurückzugehen. Die grosse Neigung der secundären Knochen zur Verschmelzung unter einander ist durch die Art ihres Wachsthums leicht begreiflich. Breitet man, nach dem Ab- ziehen der Cutis und Entleerung des Gehirns , die abgehobene Schädeldecke eines einige Zoll langen Rindsfötus dergestalt auf einer Fläche aus, dass die Stirn- oder Scheitelbeinscherbehen durch sämmtliche übrige Weichtheile der häutigen Schädel- kapsel vereinigt bleiben, so sieht man die Endstrahlen beider Knochenscherben ein- ander entgegen streben und in einer häutigen Substanz untergehen, die in beide Pe- riostien und deren Blätter continuirlich übergeht und, wie sie, aus unreifem Binde- gewebe besteht. Diesen Uebergang in beide Blätter des Periosts sieht man auch, wenn man senkrechte Schnitte durch die Dicke der Scherben nach der Richtung der Randstrahlen führt, wo der Knochenrand keilförmig in der häutigen Schicht vorzu- dringen und sie gleichsam durch sein Vordringen in zwei Blätter zu spalten scheint. Dass keine wirkliche Spaltung erfolgt, sondern Alles durch Wachsthum und Verän- ') A. a. 0. $. 36%. — 41 — derung der Dimensionen geschieht, bedarf keiner Erwähnung. In dem Maasse, als die häutige Schicht sich zu fertigem Bindegewebe entwickelt, bildet sich auch das Periost bestimmter aus, und was von Einigen 1) Nahtsubstanz oder Nahtknorpel ge- nannt worden ist, ist nichts Anderes als der Rest der häutigen Schädelkapsel, welche die einander mehr oder weniger, zuletzt bis auf ein Minnimum genäherten Knochen- ränder verbindet. Die Zackennähte selbst wiederholen im Grossen nur die Form des wachsenden Knochenrandes, dessen letzte Endstrahlen zackenartig ineinander- greifen. Nichts Anderes als diese weicheren, knorpeligen Endstrahlen hat Mie- scher ?2) im Auge gehabt, wenn er den Schädelknochen einen Knorpelrand zu- schreibt. Immer findet sich eine häutige Zwischensubstanz, so lange die Knochenrän- der sich nicht erreicht haben (Fontanellen), die selbst nach vollendetem Weachsthum nicht ganz verdrängt wird. Daher findet man beim Abziehen des Periosts oder der dura mater, besonders deutlich am Schädel junger Thiere, dass dieselben dem Knochen stets an den Nähten uud dort, wo sich Knochen übereinandergeschoben haben, am festesten anhängen und gleichsam zwischen sie eingeklemmt sind. Da die secundären Knochen einzig und allein durch Apposition wachsen, so hal eine ungewöhnlich frühe oder ausnahmsweise Verschmelzung zweier Deckknochen ähnliche Folgen, wie früher von ähnlichen Vorkommnissen im primordialen Skelett erwähnt worden sind; d.h. die Ausdehnung der Schädelhöhle sistirt in dem Maasse, als die Berührung der Nahtränder inniger wird, wird aber erst unmöglich, wenn die Nähte verschwunden sind. Daraus erklären sich eine grosse Anzahl von Assyme- trien des Schädels, die an die Bildung des schrägverengten Beckens (S. 59) erin- nern. Wenn nämlich einzelne Nähte am Schädel einseitig und vor vollendetem Wachsthum verknöchern, während andere länger offen bleiben, so bleibt das Wachs- thum des Schädels an der Stelle der verknöcherten Naht zurück, während sich der- selbe an allen anderen Stellen noch ausdehnen kann. So erscheint der Schädel bei voreilig verknöcherter Pfeilnaht lang und schmal, bei verknöcherter Kronnaht kurz und breit’). Beschränkt sich die Verknöcherung nur auf eine kürzere Strecke, so ent- stehen die sonderbarsten Assymetrien und Vortreibungen, von welchen das Heidel- berger Cabinet einige besonders instructive Proben besitzt. Verknöchern alle Nähte !) Meyera.a. 0.S.338. Reichert.a. a 0. S. 476. 2178232.035: 20! 5) S. Lucae de symmelria el assymelria. Marb. 1839. Tab. I. Creve de calvariae osleogenia. Francof. 1841. Fig 1,2. — 12 — vor vollendetem Wachsthum, so entsteht das sog. caput turritum, ein symmetrischer Schädel von sehr characteristischer Form, der sich durch Kleinheit des Gehirnschä- dels im Verhältniss zum Gesichtsschädel,, dessen Nähte meistens offen bleiben, aus- zeichnet. Umgekehrt zeichnen sich Schädel mit permanenter sutura frontalis in der Regel durch ungewöhnliche Breite der Stirne aus. Auch die überzähligen sog. Worm’schen Knochen oder Zwickelbeine haben, weil sie eine Vermehrung der Nähte oder wachsenden Ränder bedingen, in der Regel eine Verbreiterung und häufig As- symetrie des Schädels zur Folge, was besonders am Hinterhaupte deutlich ist. Dass übri- gens auch bei offenen Nähten, d. h. aus anderen Ursachen, Assymetrien des Schädels ent- stehen, braucht so wenig erinnert zu werden, als dass durch die vollständigste Verknö- cherung der Nähte im Greisenalter an der Form des Schädels Nichts mehr geändert wird. Auch die Verschmelzung primordialer und secundärer Knochen, die vorzugsweise in den Classen der Vögel und Säugethiere vorkommt, geschieht endlich durch das peripherische Wachsthum, wobei wiederum die Deckknochen die Hauptrolle spie- len. Das Periost, welches beide Stücke trennt, wird dabei vollständig verdrängt, und wenn namentlich die Periostalauflagerungen des primordialen Stückes beträchtlich sind, ist die Verschmelzung so innig, wie nur je zwischen secundären Knochen. Doch gibt es ein Kriterium, wodurch man in früheren Perioden die selbstständigen Deckknochen stets sowohl von den primordialen, mit denen sie verschmelzen, als von etwaigen Periostauflagerungen, mögen sie die Gestalt des primordialen Knochens nachahmen oder nicht, mit Sicherheit unterscheiden kann. Die Deckknochen sind nämlich, wie oben gezeigt wurde, anfangs stets von allen Seiten vom Pe- riost umgeben, die Periostauflagerungen nur an der Oberfläche. Es ist irrig, wenn H. Meyer!) auch den Periostauflagerungen einen beiderseitigen Ue- berzug zuschreibt und die Deekknochen mit ihnen identifieirt. Die ersteren sind viel- mehr von Anfang innig mit dem primordialen Knochen verbunden, die letzteren las- sen sich noch lange Zeit abheben. Schon die Gesichtsknochen, z. B. die Oberkiefer. Gaumenbeine, Jochbeine, sind in dieser Hinsicht einer geringeren Missdeutung unterwor- fen; von den S. 131 genannten, ganz entfernt von allen übrigen Skeletttheilen auftretenden, Knochengebilden nicht zu reden. Auch sind es keineswegs ausschliesslich „Belegkno- chen”, welche mit den primordialen verschmelzen, ja es kömmt vor, dass recht eigent- liche Belegknochen nicht verschmelzen und zeitlebens getrennt bleiben. Ein Beispiel der 1) A. a. 0. 5.335. — 18 — Art ist der Vomer, der wohl von allen Deekknochen des Menschen und der Säuge- thiere diesen Namen am meisten verdient, da er mehr als ein anderer sich der Ge- stalt des primordialen Theils anschmiegt. Immer erscheint er ursprünglich unpaarig, als ein secundärer Knochenstreif längs des unteren Randes der knorpeligen Nasen- scheidewand, umwächst dieselbe aber dann auf beiden Seiten, so dass sie nach und nach in eine knöcherne Schiene eingeschlossen wird. Eine Verschmelzung des Knor- pels und des aufliegenden Knochens findet aber nicht statt, die knorpelige Nasen- scheidewand erhält sich vielmehr zwischen den beiden Knochenplatten lange Zeit unverändert und verwelkt schliesslich ohne zu verknöchern, während ihr vorde- res Ende als knorpelige Nasenscheidewand, die obere Hälfte aber als knöcherne Scheidewand des Siebbeins erhalten bleibt. Noch an erwachsenen Schädeln sieht man nicht selten eine dünne, häutige Knorpellamelle zwischen den Platten des Vo- mer eingeschlossen und durch Reste des Perichondriums von ihm geschieden. !) Hier ist offenbar die Nichtverknöcherung des primordialen Theils die Ursache der bleiben- den Trennung von dem so eng anschliessenden Belegstücke. Das bekannteste Beispiel von Verschmelzung primordialer und secundärer Kno- chen liefert das Schläfenbe’” des Menschen und vieler Säugethiere , das aus wenig- stens 4 verschiedenen, ursprünglich selbstständigen Knochen, 2 primordialen (petro- sum und mastoideum) und 2 Deckknochen (temporale und tympanicum) zusammen- gesetzt ist, wozu beim Menschen noch als Rest des vorderen Zungenbeinhorns der processus styliformis hinzutritt, der zwischen petrosum und mastoideum eingekeilt bleibt. Verschmilzt später auch der Hammer durch seinen processus folianus mit dem tympanicum und petrosum, so entsteht ein Complex von 5 einfachen Knochen , von denen 6, nämlich 4 primordiale und 2 seeundäre, durch Fusion. die 2 übrigen, pri- mordialen (Ambos und Steigbügel) hingegen durch Gelenke verbunden sind. In der Thierreihe abwärts vereinfacht sich diese Combination theils durch dauerndes Ge- trenntbleiben einzelner Stücke, besonders der Deckknochen, theils durch Selbststän- digbleiben und Herausrücken des Hammers und Amboses (artieulare maxillae inferioris und quadratum) aus der Paukenhöhle. Am constantesten verbunden finden sich petro- sum und mastoideum 2), die auch bei den Säugethieren am frühesten, nämlich schon im knorpeligen Zustand (S. 18, 66) verschmelzen. Squama temporalis und tympa- ı) H. Meyer .a..a. 0. S. 333. 2) Meckel Archiv a.a.0O. S. 636. fand sie beim Menschen unter 250. Fällen ein Mal getrennt. — 144 — nicum sind selbst beim Menschen schon beträchtlich entwickelte, selbststän- dige Knochenstücke, wenn das petrosum noch ganz knorpelig ist, mit dem sie erst nach erfolgter Verknöcherung gegen das Ende des Fötallebens verschmelzen. An fast allen Schläfenbeinen finden sich sog. suturae spuriae, d. h. Spuren der ehema- ligen Trennung, worunter die fissura Glaseri die beträchtlichste 1). An diesen Stel- len hängt auch immer das Periost sowohl als die dura mater dem Schädel ungewöhn- lich fest an und scheint in den Knochen eingeklemmt. -Das tympanicum (knöcher- ner Gehörgang) geht mit dem äusseren Ohre in der Thierreihe sehr bald verloren, der dem temporale entsprechende Deckknochen aber erhält sich, wiewohl unter sehr verschiedenen Namen (mastoideum Cuv. der Crocodile und Schildkröten, temporo- mastoidien Duges und tympanicum Aut. der Batrachier, praeopereulum der Fische) bis zu den niedersten Classen. Ein einfacheres, aber weniger beachtetes Beispiel von Verschmelzung primor- dialer und secundärer Knochen bietet die Hinterhauptschuppe des Menschen, welche “nach Spöndli?) und Kölliker 3) nur in ihrer unteren Hälfte, bei Säugethieren (namentlich beim Pferde, Schweine, Rinde, Schafe, der Maus u. s. w.) aber ganz aus Knorpel hervorgehen soll. Diese letztere Angabe bedarf einer Erläuterung, da es scheinen könnte, als finde zwischen den genannten Thieren und dem Menschen ein Unterschied in der Weise statt, dass derselbe Knochen bald primordial, bald als Deckstück auftrete. In der That ist das ursprüngliche Verhältniss der Skelettanlagen am Hinterhaupt bei den genannten Thieren ganz wie beim Menschen. Kölliker selbst vergleicht an einem anderen Orte ‘) die obere, secundäre Hälfte der mensch- lichen Hinterhauptschuppe dem interparietale der Thiere. Schon Meckel 5) ist diese Aehnlichkeit aufgefallen, weil er wusste, dass die obere Hälfte der squama oceipitis beim Fötus nicht nur von der unteren ‘getrennt ist, sondern vor dem 3. Monat sogar aus zwei seitlichen Hälften besteht, wozu sich häufig noch weitere, inconstante Deckstücke gesellen. Es sind dies dieselben Stücke, die sich bei den Säugethieren (mit einziger Ausnahme des Schweins, wo ich so wenig als Meckel !) Einen ausgezeichneten Fall von Trennung der Schuppe hat Otto a. a. O. Fig. 9 abgebildet. 2) Ueber den Primordialschädel. Zürich 1846. $. 28. 3) Bericht a. a. O. S. 43. 4) Zeitschrift a. a. O. S. 290. 5) Beiträge zur vergleichenden Anat. 2. Heft 1809. S.36. Archiv a. a. ©. S. 618. Vergleichende Anat. a. a. ©. S$. 510. finden konnte) an dieser Stelle befinden und bald zuerst mit den Scheitelbeinen (Pferd, Schaf, Katze) , bald zuerst mit dem Hinterhaupt (Rind, Hund, Mensch) , im- mer aber untereinander verschmelzen und bei manchen Thieren (Biber, Daman) auch als os interparietale dauernd getrennt bleiben. In Bezug auf den Zeitpunkt der Ver- schmelzung und auf die Verbindung, welche zuerst erfolgt, finde ich selbst bei den- selben Species (namentlich bei der Katze und dem Rinde) Verschiedenheiten; am eonstantesten verschmelzen beide interparietalia mit einander (bei Rindsfötus von 6— 5") und bald darauf mit dem Hinterhaupt (bei solchen von 5“ bis 1‘). Früher als bei allen genannten Thieren geschieht dies beim Menschen, doch findet man an fast allen Kinderschädeln, selbst bis zu einem Alter von einigen Jahren, noch Spu- ren der ursprünglichen Trennung in Gestalt dreier Spalten oder Einschnitte, von welchen zwei einer Linie entsprechen, die man etwas über der protuberantia oceipi- talis externa.queer über das Hinterhaupt zieht, der dritte senkrechte aber das dadurch abgeschnittene gleichschenklige Dreieck in zwei rechtwinklige Dreiecke theilt. An einigen Präparaten von 5 bis Tmonatlichen Fötusschädeln, die ich vor mir habe, geht dieser senkrechte Spalt, welcher die beiden interparietalia trennt, bis zur protuberan- tia oceipitalis externa herab, und es ist merkwürdig, dass die Verschmelzung der Deckstücke mit der primordialen Schuppe in der Regel vollständiger ist, als die der Deckstücke untereinander. Nach diesen Nachweisen lässt sich wohl erwarten, dass das os interparietale so gut als das intermaxillare seine Stelle in der menschlichen Anatomie behaupten wird. Auch das menschliche Keilbein ist bekanntlich ein sehr zusammengesetzter Kno- chen. Meckel') wusste, dass die sog. alae inferiores s. processus pterygoidei aus zwei ursprünglich gesonderten Stücken bestehen, dass das innere Blatt (hamulus des Menschen, pterygoideum internun der Thiere) ein ganz selbstständiger Knochen ist, das äussere (pterygoideum externum) aber als ein blosser Fortsatz aus den ver- knöcherten alae majores hervorwächst. In der That habe ich bei keinem Thiere diesen Fortsatz knorpelig präformirt gesehen. Bei 2— 3 langen Rindsfötus ist noch keine Andeutung davon, während er bei 6 — $' langen schon sehr ausgebildet und beim reifen Rinds- und Pferdefötus beträchtlich über sphenoideum und oceipitale basilare herübergewachsen ist. Die pterygoidea interna erscheinen zu dieser Zeit noch als zwei selbstständige stiel- oder spatelförmige Knochen, zwischen welchen !) Archiv a. a. ©. S. 621. 19 — 146 — sich der Vomer anlegt. Auf gleiche Weise wie das pterygoideum externum von der ala magna s. posterior entspringt, geht von der ala parva s. orbitalis die Bildung der cornua sphenoidalia aus, die beim Rinde und Pferde anfangs, entsprechend der viel stärkeren Entwickelung der vorderen Keilbeinflügel, viel grösser und beträcht- licher sind, als die vorigen. Später bleiben sie mehr zurück und werden zwischen anderen Knochen (ethmoideum, vomer, palatinum frontale) eingeschlossen, während die pterygoidea sich frei nach abwärts fortentwickeln. Bei Rindsfötus von 1—2' Länge scheinen daher zwei, ungefähr gleich lange und starke, untere Flügelpaare vorhan- den, deren jedes einem Keilbeinkörper entspricht. An menschlichen Fötusskeletten vom 3— 6. Monat überzeugt man sich auf das Bestimmteste, dass der processus pterygoideus zuerst als ein kleiner Höcker der bereits verknöcherten alae majores erscheint und nach und nach zu einem Fortsatz wird, während der Hamulus als besonderes Stück schon längst ausgebildet dasteht. Die Verschmelzung be- ginnt hier, früher als bei allen Säugethieren, schon gegen die Mitte der Fötalzeit, ‘noch ehe der processus pterygoideus die ganze Länge des pterygoideum internum erreicht hat (die er bei Thieren niemals erreicht), und zwar an seiner Basis, wo sie auch beim Erwachsenen am vollständigsten ist. An allen Kinderschädeln, ja selbst an vielen Schädeln Erwachsener bemerkt man noch deutliche Spuren einer Naht, welche auf die ursprüngliche Trennung hindeutet. Das Keilbein des Menschen er- weist sich demnach als ein Conglomerat von sehr verschiedenartigen Theilen, von welchen die beiden Wirbelkörper mit ihren Bögen dem primordialen Skelett, die un- teren Fortsätze (pterygoidea externa und cornua sphenoidalia) als einseitige Aufla- gerungen, die hamuli (pterygoidea interna) aber als selbstständige Deckknochen dem secundären Skelett angehören. Dazu können noch als obere Deckknochen, die in der Regel getrennt bleiben, die frontalia und parietalia gerechnet werden. In den übrigen Wirbelthierclassen (vielleicht mit Ausnahme der Saurier) findet sich keine Andeutung des processus pterygoideus des Keilbeins, wohl aber Deckknochen, welche ihre Stelle einnehmen. Dahin gehören, ausser den sog. ossa pterygoidea, nament- lich das sphenoideum anterius der Vögel und Schlangen und das sphenoideum basilare der nackten Amphibien und Fische (S. 67). Ob übrigens das erstere blos ein Aus- wuchs oder ein selbstständiger Deckknochen ist 1), habe ich nicht ermittelt, da ich ı) Nach A. Bidder a.a. ©. p. 41 scheint Letzteres der Fall zu sein, obgleich er und Reichert (a. a. ©. 451, 505) die Sache anders deuten; desgleichen nach Rathke (Entwicklungsgeschichte der Natter $S. 123, 193), obgleich er es zu den Knorpelanlagen zählt, bei den Schlangen. — 4 - meine Eier selten über den 14. Tag der Bebrütung hinausbrachte; beim jungen Hühnchen aber ist es schon mit dem Keilbeinkörper verschmolzen, obgleich sich län- gere Zeit Spuren einer Schuppennath erkennen lassen, mit der es sich an die Schä- delbasis anschliesst. Nach vorn erstreckt es sich beim Huhn weiter als bei anderen Vögeln und bildet eine knöcherne Schiene für den knorpeligen, d.h. wahren, vor- deren Keilbeinkörper , der sich unmittelbar in das septum interorbitale fortsetzt und beim $— 14 tägigen Huhne noch leicht aus der Knochenrinne herausheben lässt. Sollte es sich wirklich herausstellen, dass das sphenoideum anterius nicht als einseitige Auf- lagerung, sondern als selbstständiger Deckknochen auftritt, so wäre die Analogie mit dem sphenoideum basilare der niederen Thiere vollständig. Für die Vergleichung mit dem pterygoideum internum der Säugethiere ist es ausserdem von Wichtigkeit. dass wenigstens am sphenoideum basilare der Fische die paarige Anlage unverkenn- bar ist und dass sich in den vorderen Einschnitt, z. B. bei Salmo, ebenfalls der Vo- mer hereinschiebt. Auch die Wirbelsäule bietet, besonders bei denjenigen Thieren, die facettirte Wirbel besitzen, höchst merkwürdige Beziehungen zwischen primordialer und secun- därer Verknöcherung. Durch die Arbeiten von v. Baer, Duges, Rathke und Joh. Müller ist ermittelt worden, dass die Wirbelkörper nicht in allen Classen aus gleichvielen Elementen bestehen und dass namentlich bei den nackten Amphibien und Fischen durch die Verknöcherung der äusseren Scheide der chorda dorsalis ein ganz eigenthümliches Element in die Constitution des Wirbelkörpers eingeht, welches den höheren Classen durchaus abgeht. Darauf ist aber meines Wissens noch nicht aufmerksam gemacht worden, dass die characteristische Facettenform der Wirbel eine nothwendige Folge der seltsamen Combination eines inneren secundären mit äusseren primordialen Wirbelelementen ist. Es ist schwer, die complieir- ten Verhältnisse der Wirbelbildung in den verschiedenen Classen ohne Hülfe von Abbildungen zu schildern; indessen will ich doch dasjenige kurz anzugeben suchen, was ich in dieser Hinsicht beobachtet habe. So viel bis jetzt ermittelt ist, kommen alle Classen der Wirbelthiere darin über- ein, dass nirgends ein primordiales Element für den Wirbelkörper als solchen exi- stirt, sondern dass er von den Bogenstücken gebildet wird, die sich vereinigen, in- dem sie die chorda dorsalis mehr oder weniger vollständig umwachsen. Wo die Chorda sehr voiuminös wird, wie bei den niederen Classen „ erscheinen die Bogen- stücke auf ihre äussere Scheide wie aufgesetzt und tragen alle viere zu der Consti- “ — 148 — tution des Wirbelkörpers bei. Bei den höheren Thieren, wo die Chorda immer dün- ner und mikroskopischer bleibt, werden die unteren Bogenstücke von der Umschlies- sung der Chorda ausgeschlossen, erscheinen aber in allen Classen. wenn auch nur sporadisch, als untere Bogenschenkel oder untere Dornen wieder. Selbst bei den höchsten Thieren und beim Menschen würde der Körper des Atlas nach Rathket) einem unteren Bogenpaare entsprechen. Von den in den Säugethierwirbeln auftre- tenden Knochenkernen (S. 61) kehrt in der Thierwelt nur der unpaare Knochenkern des Wirbelkörpers constant wieder, der, wie es Rathke 2) zuerst als allgemeines Gesetz ausgesprochen, constant die Chorda dorsalis umgibt und insofern immer einen Ring um dieselbe darstellt, dessen Lumen freilich bei den Säugethieren, der Dünn- heit der Chorda dorsalis entsprechend, die überdies früh einschrumpft, auf ein Minni- mum herabsinkt. Bei den Fischen, wo dieser Knochenring sehr deutlich ausgespro- chen und noch an jungen Haifischen von 1 Fuss Länge und darüber sehr schön zu sehen ist, entsteht derselbe von vier Verknöcherungspunkten aus, die den vier ver- schmolzenen Bogenstücken entsprechen. Unter den höheren Thieren. an deren Wir- belkörpern nur die beiden oberen Bogenstücke betheiligt sind, bemerkt man, wie schon Meckel und Joh. Müller 3) angegeben haben, zuweilen eine paarige An- lage oder einen zweilappigen Knochenkern, der jedoch sehr bald in einen einfachen queerovalen oder rundlichen übergeht, welcher den Durchschnitt der Chorda dorsalis zum Mittelpunkt hat. Constant paarig sind nach Meckel*) die Knochenkerne des Processus odontoideus und der beiden Keilbeinkörper des Menschen. Auch beim Rinde, wo ich die Sache verfolgt habe, und zwar bei Rindsfötus von 2 — 3‘ Länge glaubt man an successiven Queerdurchschnitten der Wirbelsäule zuweilen eine paa- rige oder zweilappige Anlage dieses Knochenkerns zu sehen; bald beginnt er auf der einen, bald auf der anderen Seite der Chorda; letztere ist jedoch so dünn und wird so rasch von dem Knochenfleck umwachsen, dass eine Distinetion illusorisch wird; daher ist dieser Knochenkern auch a. a. 0. nur als einfacher angeführt worden, obgleich er einer doppelten Skelettanlage angehört. Auch die in den Processus spi- nosi der Säugethiere und in der Squama oceipitalis des Menschen auftretenden 1) A.a. O. S. 120. ?) Schildkröten S. 65. 3) A.a. O. 5. 168. #) Archiv a. a. O. S. 603, 630: — 19 — Knochenkerne sind nach Meckel!) zuweilen paarie. Was die übrigen Knochen- kerne betrifft, so fehlen allen anderen Wirbelthieren diejenigen, welche in den Apo- physen der Wirbelkörper auftreten (die sog. Intervertebralknochen), und für die in den Bögen auftretenden tritt von den Vögeln abwärts das Eigenthümliche ein, dass die Verknöcherung, wie an den Röhrenknochen, zuerst als peripherische Auflagerung auftritt, dann aber auch den primordialen Knorpel angreift und denselben von aussen nach innen, also auf dem umgekehrten Wege durchdringt, wie bei den Säugethieren, wo die Periostauflagerungen erst beginnen, wenn die primordialen Knochenkerne die Peripherie erreicht haben. Dahin sind die trefflichen Schilderungen von Rathke 2) hinsichtlich der#Schildkröten zu deuten, wo die Periostauflagerungen eine so eigen- thümliche Ausbildung erreichen. Die sogenannten Knorpelstränge, welche Rathke aus dem Innern der Wirbelkörper beschreibt, entsprechen der zwischen den Ver- knöcherungsheerden übrig gebliebenen Knorpelsubstanz und schwinden nach und nach durch Verknöcherung unter Bildung von Markräumen u. s. w. Doch scheinen bei den Schildkröten und Crocodilen, wie auch bei anderen Thieren (Cetaceen, Edentaten. Beutelthieren) die Knochenkerne der Bögen mit dem des Körpers sehr spät zusammen- zufliessen, daher sich die Bögen bei der Maceration leicht abtrennen. 3) Bei den nackten Amphibien und Fischen wird das geschilderte Verhältniss da- durch complieirt, dass die äussere Scheide der Chorda ringförmige Össificationen bildet, die man als selbstständige Knochenkerne der Wirbelkörper betrachten kann, und die das ausserordentliche Beispiel einer secundären oder sog. intramembranösen Verknöcherung darstellen, welche von den primordialen Theilen umschlossen wird. Die auf diese Weise entstehenden Knochenringe, die in ihrer einfachsten Anlage bei der Chimaera permanent bleiben. bilden in der That die Anlagen der Wirbelkörper; sie entsprechen aber nicht dem primordialen Knochenring um die Chorda dorsalis,' von welchem vorhin die Rede war, denn dieser findet sich bei den Plagiostomen z. B. sehr schön neben und ausserhalb der verknöcherten Scheide der Chorda, noch durch einen knorpeligen Zwischenraum davon getrennt. (Er ist ausgezeichnet durch vier symmetrische Fortsätze oder Ausläufer, welche der Richtung der vier Bogen- stücke entsprechen, zwischen welche sich vier andere, von der Peripherie her ein- ') A... 0. $. 608, 616. 2) A.a. 0. 5. 62-67. 53) Rathkea.a. O. S. 67. dringende Knochenkerne kreuzweise einschalten, die zusammen ein äusserst zierliches und regelmässiges Bild machen. Der Zwischenraum dazwischen ist unverknöcherte Knorpelsubstanz, welche sich in die knorpeligen Bogenstücke fortsetzt und wie Mül- ler!) gezeigt hat, noch am erwachsenen Thiere vorhanden ist, am trockenen Prä- parat aber durch Einschrumpfen zu Lücken in der eompacten Knochensubstanz führt. In dem Verhältniss jener secundären ringförmigen Anlage zu dem aus den pri- mordialen Bogenstücken entstandenen Theile des Wirbelkörpers liegt der Schlüssel zu der characteristischen Facettenform des erwachsenen Wirbelkörpers. Nach dem S. 56 und 89 ausgesprochenen Gesetze wird nämlich das Wachsthum der Chorda in bestimmten Abständen, die den einzelnen Wirbelanlagen entsprechen, beschränkt, ährend sie in den Zwischenräumen fortfährt zu wachsen, so dass sie nach und nach eine Perlschnurform erhält. Letztere ist daher, genau ausgedrückt, nicht als Einschnürung, wie es üblich ist, sondern als ungleiches Wachsthum aufzufassen, und das Lumen des Canals, welcher die Facetten verbindet, entspricht der Dicke der Chorda zu der Zeit, wo die erste ringförmige Knochenablagerung in der Scheide der Chorda begann. Auf die knöcherne Scheide der Chorda sind die primordialen Bo- genstücke aufgesetzt, welche, gleichzeitig mit der Chorda in den Interstitien der ein- zelnen Ringe, auf den einzelnen Ringen nach Art aller Knorpel durch Intussusception wachsen und sich ausdehnen und so viele Knorpelringe um die Chordascheide bilden, die sich in dem Maasse über das Volumen der ursprünglichen Anlage hinaus aus- dehnen, als die in ihrem Inneren auftretenden, oben beschriebenen, primordialen Kno- chenkerne noch Knorpelsubstanz zwischen sich übrig lassen. Es erklärt sich daraus, wie die einzelnen Wirbel sich von einander entfernen und die Wirbelsäule verlän- gert werden kann. Mit dem Wachsthum der Chorda in den Internodien breitet sich auch die Verknöcherung ihrer Scheide weiter aus, muss aber immer weitere Ringe bilden, die sich an einander reihen und nach und nach die ganze Facette aus- kleiden, nach aussen aber von der immer flacher werdenden Ausbreitung des pri- mordialen Wirbelkörpers umwachsen werden, wie Joh. Müller 2) besonders deut- lich beim Schwertlisch beobachtete. Die Unebenheiten und ziemlich constanten Ver- tiefungen auf der äusseren Fläche der Fischwirbel erklären sich zum Theil aus der Anordnung und Ausbreitung der Knochenkerne, rühren aber, wie man sich leicht 1) 2AZ22035.1131. 2) Nachträge a. a. O. 1838. S. 240. Taf. IV. Fig. 10. — Bl — überzeugen kann, auch zum Theil von gewöhnlichen, äusseren Periostauflagerungen her, die man, wie das secundäre Knochengewebe bei den Fischen überhaupt, an den S. 120 angegebenen Characteren leicht unterscheidet. Das Verhältniss der primordialen Wirbelanlagen zu den bei den Fischen nach aussen auftretenden secundären Knochenbildungen ist unlängst durch Stannius aufgedeckt worden, dessen werthvolle Angaben mir hauptsächlich zum Führer bei den Nachforschungen gedient haben, die ich besonders bei den Knorpelfischen (mit Aus- nahme der Störe, von denen ich mir noch keine passenden Exemplare verschaffen konnte), bei Salmen und Cyprinen mit Erfolg angestellt habe. An gut präparirten Skeletten grösserer Exemplare von Salmen (ich benützte dazu u. A. einen 20 Pfund schweren Lachs) scheinen die sämmtlichen Bogenstücke auf den Wirbelkörper gleich- sam aufgelöthet und durch eine Art Naht geschieden, die nach dem Trocknen besonders deutlich wird. Stannius 1) hat gezeigt, dass sich die oberen Bogenstücke (durch Kochen und Maceration) ganz ablösen, worauf zwei symmetrische Gruben in den Wirbelkörpern zurückbleiben, in welche die Bogenstücke gleichsam eingesenkt (oder vielmehr durch: Synchondrose verbunden) waren. Auf gleiche Weise lösen sich auch die unteren Bogenstücke ab, soweit sie Rippen tragen, während weiter hinten, ungefähr von da an, wo die unteren Bögen sich verbinden, die Verbindung mit den Wirbelkörpern, ohne Zweifel in Folge der vollständigeren Ossification der Bogenstücke, inniger ist. Stannius hat weiterhin gezeigt, dass die oberen Bogen- stücke aus zwei distineten Theilen, einem inneren primordialen und äusseren Deck- stücke bestehen, von welchen das erstere niedrig und breit und oben mit einer (bei dem Lachs, den ich untersuchte, 2 breiten) halbmondförmigen, knorpeligen Apophyse versehen sei, die noch am trockenen Skelett kenntlich ist; während das äussere Deckstück, welches innig mit dem Bogenstücke verbunden ist, den soge- nannten Processus spinosus bildet, der bei diesen Fischen , wenigstens am vorde- ren Theil der Wirbelsäule, zeitlebens aus zwei unverbundenen Schenkeln besteht. Diese wichtige Thatsache erläutert nicht nur das Vorkommen von oberen Deck- stücken an den Schädelwirbeln aller höheren 'Thiere, sondern sie stellt auch nach abwärts die vollständige Analogie her, indem diese Deckstücke den Knorpelfischen fehlen, deren niedrige und breite obere Bogenstücke nur dem primordialen Theile der Knochenfische entsprechen. Nur ein Punkt ist dabei noch zu erledigen. Ich '!) Müller's Archiv 1849. S. 536. — 12 — konnte mich nämlich an den erwachsenen Thieren nicht überzeugen, ob diese Deck- stücke (die ganz aus secundärem Knochengewebe bestehen) als ursprünglich getrennte Knochen oder als einseitige Periostauflagerungen zu betrachten sind. Bei Salmen und Hechten spricht die Figuration für das Erstere, bei anderen Knochenfischen aber ist mir das Letztere wahrscheinlicher gewesen. Bei Öyprinen findet sich ein ganz ähn- liches Verhältniss. Es sind hier die unteren Bogenstücke !), an welchen die Rippen eingelenkt sind, an der ganzen Wirbelsäule durch eine Art Naht von dem Wirbel- körper geschieden, die man besonders deutlich an senkrechten Durchschnitten der Wirbelkörper wahrnimmt. Das Eigenthümliche ist hier, dass die Bogenstücke die Chorda und. deren verknöcherte Scheide bei diesen Fischen nicht vollständig zu um- wachsen scheinen; es bleibt vielmehr oben und unten ein Zwischenraum. der blos durch secundäre Auflagerung auf der Scheide der Chorda ausgefüllt wird. Schon mit freiem Auge, aber auch unter dem Mikroskope und an freien Durchschnitten kann man das compacte Gewebe der secundären Auflagerung und die Diplo& der primor- dialen Bögen sehr wohl unterscheiden, die mit scharfer Grenze an der Stelle der Naht geschieden sind und sich mit einiger Mühe auch trennen lassen. Auch die oberen Bogenstücke fand Müller 2) am vierten Wirbel von Cyprinus Brama durch Naht getrennt, wovon man auch an andern Wirbeln von Cyprinen Andeutungen findet. Spaltet man nämlich die oberen Bogenschenkel der Länge nach, so bemerkt man, dass sie an ihrer Wurzel aus zwei Substanzen bestehen, einem primordialen, diploötischen Kern und einer secundären Rinde von Auflagerung, welche sich von al- len Seiten, besonders auch von innen her, vom Wirbelkörper erhebt und sich nach oben in den sogenannten Dorn verlängert. Dieses Verhältniss ist nicht zu verken- nen, wenn man die grossen. rundlichen, strahlenlosen Knochenkörper der primordia- len Theile mit der so characteristischen Form der schönen radirten Körperchen in den secundären Knochen der Cyprinen vergleicht. (Aehnlich ist es mit den sog. Flossenträgern der Knochenfische, die aus einem primordialen Gelenkstück und einem langen Dorne von Auflagerung bestehen und bei den Knorpelfischen nur als primor- diale Stücke [cartilagines intercalares] vorhanden sind.) Wenn es daher wahrschein- lich ist, dass die Dornen bei diesen Fischen durch Auflagerung und nicht durch be- sondere Deckstücke erzeugt werden, wie bei den Salmen ete., so ist daran zu 1) J. Müller nennt sie Queerfortsätze, die einen besonderen Knochenkern haben; es sind aber offenbar die Bogenslücke selbst und es ist nicht Regel, dass sie die Form eines Queerforlsalzes annehmen. 2) A.a.0.S. 241. - 13 — erinnern, dass auch an anderen Stellen Deckknochen als einseitige Auflagerung auf- treten können und dass es im Grunde nur auf die Periode ankömmt, in welcher die Verschmelzung erfolgt, ob sich schon ein Perichondrium oder Periost gebildet hatte u. del., damit eine solche Unterscheidung möglich sei oder nicht. Ich erinnere an den Processus pterygoideus des Menschen, der aus einem Deckstück und einem Osteo- phyt (wenn ich so sagen darf) besteht, während bei den Crocodilen und Eidechsen die beiden Pterygoidea (ext. et int.) vollkommen und zeitlebens selbstständige Kno- chen sind. Auch die von den primordialen Rippen - und Brustbeinanlagen der Schild- kröten nach Rathke sich erhebenden Deckplatten darf man vielleicht ihrer Bedeu- tung nach den selbstständigen Ergänzungsstücken (Nackenplatte, Randplatten, unpaare Brustbeinplatte u. s. w.) gleichsetzen, wenigstens besitzen die primordialen Theile nach Rathke!), ehe die Auflagerung geschieht, eine Beinhaut, die nachher resorbirt wird und verschwindet. Ein letztes Verhältniss sehr merkwürdiger Art ist endlich noch zu besprechen, damit die Verbindung des primordialen und secundären Skelettes nach allen Seiten möglichst anschaulich werde. Es betrifft die eigenthümliche Entstehung des Unter- kiefers bei den Säugethieren, auf welche Kölliker 2) besonders aufmerksam gemacht hat und welche von der Art, wie der Unterkiefer bei den anderen Ulassen entsteht, sehr verschieden ist. So auffallend dieser Unterschied auf den ersten Blick ist, so glaube ich doch, dass er zu vermitteln sei und dass sich darauf wenigstens noch kein Ausspruch gründen lässt, wie ihn Reichert’) gethan, indem er behauptete, „dass ein und derselbe Knochen bei einem Thiere hyalinisch - knorpelig, bei einem anderen häutig-knorpelig auftreten könne.” Seit durch die Untersuchungen von Meckel‘), Duges5) und Reichert) die innige Beziehung des Kieferapparats zu den Gehörknöchelchen nachgewiesen wurde, ist es eine bekannte Sache, dass der Unterkiefer in allen Thierclassen aus einer knorpeligen Anlage in Gestalt eines eylindrischen Streifens , dem sog. Meckel- schen Knorpel, und einer variabeln Anzahl von Deckknochen zusammengesetzt ist, Ur A:sra.:0.18:13%, 181: 2) Bericht a. a. O. S. 44. 4. Zeitschrift a. a. O. S. 29%. 3) A. a. 0. S. 514. *) Menschl. Anal. IV. S. 47. >) FA. a. 0,852. 6) Müller’s Archiv 1837. S. 19%. 0 — 114 — welche zusammen in dem Blastem des ersten Visceralbogens (Reichert) entstehen. Schon $. 19 ist erwähnt worden, dass bei den Säugethieren und Vögeln (und wahr- scheinlich auch bei den Amphibien und Fischen) in einer früheren Periode dieselben 3 Knorpelanlagen vorhanden sind, welche bei den Säugethieren später als Hammer, Ambos und Steigbügel bezeichnet werden, obgleich bei den übrigen Classen nur eine derselben, die dem Steigbügel entsprechende Columella, in die Paukenhöhle aufge- nommen wird, die beiden anderen aber (bei den Fischen vielleicht alle 3) anderwei- tig verwendet werden. Die abweichende Gestalt der Columella beruht nicht auf einer Verschmelzung mehrerer Stücke, denn sie ist ihr von Anfang eigen; auch finden sich unter den Formen des Steigbügels bei den Säugethieren (Beutelthiere, Edenta- ten, Cetaceen) hinreichende Analogien. Schon Meckel hat auf die relativ bedeu- tende Grösse der menschlichen Gehörknöchelchen beim Fötus hingewiesen ; die Länge des Hammers verhält sich zur Körperlänge anfangs wie 1:16, beim Erwach- senen wie 1:90 beim reifen Fötus sind sie so gross als beim Erwachsenen. Ohne Zweifel rührt dieses Missverhältniss von der sehr frühzeitigen Verknöcherung bei den Säugethieren, so wie von dem höchst unbedeutenden peripherischen Wachsthum (S. 136) her; und umgekehrt kömmt die bedeutende Entwicklung bei den übrigen Classen auf Rechnung des langen Verharrens im knorpeligen Zustand und des dadurch möglichen längeren inneren Wachsthums. Die grösste Schwierigkeit, welche dieser Deutungsweise bisher entgegenstand, war der Umstand, dass die nack- ten Amphibien, welche den Meckel’schen Knorpel und ‚das Quadratum der Vögel gleichfalls haben, dennoch mehrfache Gehörknöchelchen zu besitzen scheinen. Der Zweifel über die Uebereinstimmung dieser Thiere mit den anderen Classen ist mir aber geschwunden, seit ich mich überzeugt habe, dass die angebliche Reihe der Ge- hörknöchelchen beim Frosche in der That nur ein einziges Stück, d. h. eine knö- cherne Diaphyse (sog. Columella) mit zwei knorpeligen Apophysen darstellt, welche ebenfalls verknöchern können und von welchen die hintere Opereulum genannt wurde, dass mithin das Ganze nur den Werth der Columella der Vögel hat. Was nun die Entstehung des Unterkiefers betrifft, so hat Meckel erwähnt, dass der nach ihm genannte Knorpelstreif dem Processus folianus des Hammers nur inso- fern entspricht, als dieser ihm eine Strecke weit aufliegt (S. 136) und dass er selbst beim Menschen nie verknöchert, sondern vor dem 8. Monat schon verschwindet. Der Processus folianus wäre demnach Deckstück (oder einseitige Auflagerung) am oberen Ende, wie die Knochen des Unterkiefers weiter unten. In Bezug auf das Verhältniss zum Unterkiefer finden sich in der Thierreihe so zahlreiche Verschieden- heiten, dass Niemand, der die Sache nicht selbst untersucht hat, darüber klar werden kann. Diese Verschiedenheiten, die mit der Entwickelung und Ausdehnung des Pri- mordialschädels in der Thierreihe im Einklang stehen, rühren hauptsächlich davon her, dass der Meckel’sche Knorpel bei den niederen Classen sich immer beträcht- licher entwickelt und vollständiger persistirt, so dass er bei Vögeln, Amphibien und Fischen längere Zeit oder zeitlebens nachgewiesen werden kann, während er bei den Säugethieren und dem Menschen spurlos verschwindet. Ein zweites unwesent- licheres Moment ist die verschiedene Anzahl der mit ihm in Contact tretenden Deck- knochen, ein drittes und das wesentlichste, ist die verschiedenartige Verbindung des Unterkiefers mit dem Schädel. Untersucht man den Unterkiefer beim Hühnchen am 10 — !2. Tage der Bebrü- tung, so ist von einem Perichondrium oder Periost in dem weichen Bildungsgewebe, 99 welches die Skelettanlagen einhüllt, noch nichts zu sehen; dieselben lassen sich da- her durch den leisesten Druck unter dem Mikroskope isoliren und von einander ent- fernen. Es lösen sich dann von dem primordialen Knorpel, dessen Gelenkstück voll- kommen die Gestalt des Hammers der Säugethiere hat, mehrere schienenartige Kno- ehenscherbehen ab, die demselben nur lose anliegen und noch durch weiches Bil- dungsgewebe von ihm geschieden sind. Dieselben entsprechen den einzelnen Stücken, aus welchen der Unterkiefer des jungen Vogels zusammengesetzt ist (deren Zahl bekanntlich auf 5 jederseits, mit Ausschluss des primordialen Articulare, steigen kann). Zuerst erscheint das Angulare als eine rinnenartige, vorn in eine lange Spitze ausgezogene Knochenscherbe, längs des unteren Randes’der Articulare (Taf. III. Fig. 10); dazu gesellt sich sehr bald das Dentale, welches von Anfang an eine grosse Oelnung oder Lücke enthält, und ein dünnes und schmales Complementare oder Dentale In- ternum ungefähr in der Mitte am oberen und inneren Rande des Knorpelstreifs. Zu gleicher Zeit entstehen das Jugale und Quadratojugale, Intermaxillare, Maxillare su- perius, Frontale u. a., alle paarig (auch Intermaxillare und Dentale maxillae inferioris, die jedoch bald verschmelzen und unpaar werden) und als ganz freie, selbstständige Knochenscherbehen im allgemeinen Bildungsgewebe. Von Verknöcherung in den knorpeligen Theilen ist noch keine Spur; die Gelenkverbindung zwischen dem Kopf- theil des Hammers (Artieulare) und Quadratum der Vögel (Ambos der Säugethiere) ist jedoch schon ausgesprochen, während der dritte, eigenthümlich gestaltete Knorpel (Columella, Steigbügel) ganz isolirt hinter beiden liegt, worauf ein kleiner, vierecki- - Be ger, secundärer Knochenfleck (Squama temporum? tympanicum?) sich anschliesst. Von der vorderen Fläche des Quadratum aus erstreckt sich das Quadratojugale nach vorn und legt sich über das kleinere Jugale, dieses über das beträchtlichere Inter- maxillare herüber. In der Kinngegend kommen die etwas kolbigen Enden der bei- den Meckel’schen Knorpel zwischen den Dentalia hervor, um sich innig aneinander- zulegen, sind jedoch noch durch eine Art Raphe getrennt, die später verschwindet. Erst, wenn die Deckstücke eine gewisse Ausdehnung erlangt haben, kommen sie mitein- ander in wirkliche Berührung, die am oberen Ende des Meckel’schen Knorpels , wo er am dicksten ist und eine prismatische Gestalt hat, zuerst statt hat. Dann beginnt auch die primordiale Verknöcherung im Innern des dem Hammer entsprechenden Theiles, der damit definitiv in das Articulare maxillae inferioris umgewandelt wird. Mit zunehmendem Wachsthum wird die Berührung zwischen den primordialen und den secundären Knochen inniger; die Belegknochen umfassen das Articulare schei- denartig bis zur Gelenkfläche hin und verschmelzen mit ihm und untereinander durch die peripherische Auflagerung, die sich mit der Bildung des Periosts entwickelt; doch lässt sich das Articulare bei jungen Vögeln noch leicht isoliren und aus der Knochenscheide entfernen, in welcher es sich nach vorn mit rasch verjüngtem, zu- gespitztem Ende verliert. Das ehemalige kolbige Ende des Meckel’schen Knorpels scheint in dem Dentale, von dem es umwachsen wird, unterzugehen; die beiden Fortsätze des Articulare dagegen verknöchern und erhalten sich und entsprechen dem Manubrium und Processus brevis des Hammers, wie der Processus pterygoideus und temporalis des Quadratbeins die Fortsätze des Amboses der Säugethiere reprä- sentiren. Ganz ähnlich, wie bei den Vögeln, bildet sich der Unterkiefer nach den Unter- suchungen von Duges, Rathke u. A. bei den Amphibien und Fischen, nur wird die Verbindung zwischen dem primordialen Articulare, welches seine Rolle sehr con- stant behauptet, und den Deckstücken immer lockerer, so dass der Meckel’sche Knor- pel immer freier zu Tage zu liegen kommt. Die Zahl der Deckstücke wechselt, steigt z. B. bei den beschuppten Amphibien ebenfalls bis auf 5 jederseits, indem das Dentale nach Rathke ’) auch hier paarig entsteht, und sinkt bei den Batrachiern bis auf 2 herab. Sehr entwickelt, bei erwachsenen Thieren, hat man den Meckel- schen Knorpel bei Crocodilus und Chelonia. Bei den Fischen bildet der Unterkiefer, ı) Aa. 0.8.58. z. B. bei Salmo, nur eine flache Schaale, welche den Meckel’schen Knorpel, den ich in einem Falle von der Dicke eines starken Gänsekiels gesehen habe, von aussen umgibt und aus zwei Deckknochen besteht, von denen der hintere mit dem Artieulare innig verschmolzen und in den vorderen scheideartig eingeschoben ist. Der Meckel’sche Knorpel verknöchert nur am Gelenkende und endigt vorn in eine Spitze, die sich im Dentale verliert. Ob der sog. Haken, welcher sich beim männ- lichen Lachs von der Verbindungsstelle der beiden Dentalia erhebt und den Zwischen- raum zwischen ihnen ausfüllt, als sein ungewöhnlich entwickeltes, ehemaliges vor- deres Ende betrachtet werden kann, lasse ich dahingestellt. Bei den Knorpelfischen endlich befreit sich der Meckel’sche Knorpel, wie der gesammte Primordialschädel, von seinen sämmtlichen Deckknochen und stellt nun in colossaler Entwickelung, per- manent knorpelig und ohne Nähte den Unterkiefer für sich allein dar, der demnach nur dem Articulare maxillae inferioris der Knochenfische, Amphibien und Vögel ent- spricht. Ganz anders als diesen drei Classen verhält es sich bei den Säugethieren und dem Menschen. Der Meckel’sche Knorpel beim 11%‘ langen Rindsfötus ist noch volkommen frei und verläuft isolirt im weichen Bildungsgewebe des vorderen Visceralbogens bis zur Kinngegend, wo er sich mit dem der anderen Seite etwas anschwellend verei- nigt. Die Anlage des Unterkiefers erscheint als eine einfache, platte, länglichvier- eckige oder fächerartige Knochenscherbe, die ihn in seinem Mittelstück begleitet und am schmalen vorderen Ende bereits eine längsovale Oeffnung für den Canalis alveo- laris hat. Sie ist mit dem Knorpel nirgends verbunden und lässt sich leicht davon abheben oder wegdrücken. Sie ist bedeutend kürzer als der Meckel’sche Knorpel und reicht weder vorn noch hinten bis an dessen Ende; ihre Struetur ist die der übri- gen Deckknochen ; von einem Periost oder Perichondrium noch keine Spur. Durch peripherischen Ansatz von Knochenstrahlen nimmt die Scherbe nach und nach die Gestalt des Unterkiefers an, an dem jedoch noch der ganze Winkel und die beiden Fortsätze fehlen; namentlich schlägt sich durch Wachsthum die Scherbe am unteren Rande nach innen und erhält die Gestalt einer kahnartig ausgehöhlten knöchernen Schiene, welche der Unterkiefer lange behält. Der Meckel’sche Knorpel wird nicht von dieser Schiene, wie bei den niederen 'Thieren, scheidenartig umschlossen, son- dern liegt, wie schon Meckel angab, der inneren Wand derselben an, in der sich durch fortgesetzte Auflagerung eine Längsfurche oder Rinne bildet, die ihn auf- nimmt. Er lässt sich daher noch lange von seinem Ursprunge bis zu seinem Ende — 18 — verfolgen und noch bei 1‘ langen Rindsfötus aus dem knöchernen Halbeanal, in wel- chen er zu dieser Zeit eingebettet ist, in seiner ganzen Länge auslösen. Allmählig wird er fester umschlossen und nun erst beginnt eine partielle primordiale Ver- knöcherung in dem eingeschlossenen Knorpelstück. Verfolgt man den Meckel’schen Knorpel, der jetzt die Länge von einem Zoll und die Dieke einer Quintsaite hat, so findet man an seinen Enden hyaline Knorpelsubstanz mit diehtgedrängten, ziemlich grossen Knorpelhöhlen, die von den Knorpelzellen noch ausgefüllt werden. Die Knorpelkörperchen sind weiterhin queergestellt und werden ungefähr gegen die Mitte des Knorpels, wo der Knochenkern auftritt, bedeutend grösser. Letzterer greift schnell durch die ganze Dicke des Knorpels hindurch und zeigt das bekannte, grob- körnige, dunkle Knochennetz der primordialen Verknöcherung mit grossen Knochen- höhlen, und schreitet nicht über das umschlossene Stück hinaus. Noch lange nach- dem der Canal, in welchem der Knorpel liegt, sich geschlossen hat, ragen daher oben und unten die knorpeligen Enden des Knorpels heraus und lassen sich durch Abtragung der umlagernden Knochenschicht in den Knochen hinein verfolgen. Dann schwindet das freie obere Ende vollständig, indem es durch den sich entwickelnden Trommelfellring vom Hammer abgedrängt wird, während die vordere Parthie, von etwa zwei Drittheilen seiner Länge, im Knochengewebe der inneren Wand des Un- terkiefers untergeht. Bilden schon in dieser geringen Betheiligung des Meckel’schen Iinorpels an der Bildung des Unterkiefers die Säugethiere gleichsam das eine Extrem in der Thierreihe, so wird der Unterschied von den übrigen Classen noch auffal- lender durch die eigenthümliche Bildung des aufsteigenden Astes und Gelenktheils, welche durch die bei den Säugethieren eintretende Abtrennung und eigenthümliche Verwendung des primordialen Gelenktheils nöthig wird. Dadurch, dass Hammer und Ambos in der Paukenhöhle zurückbleiben , verliert der Unterkiefer seine Verbindung mit dem Schädel und muss sich dieselbe auf andere Weise und zwar von seinem Deckstücke aus ersetzen. Bei Rindsfötus von 2” Länge an findet man daher nicht mehr eine einfache Knochenscherbe, sondern diese Scherbe hat am hinteren Ende drei übereinanderstehende knorpelige Apophysen von beträchtlicher Stärke, welche dem Processus coronoideus, glenoidalis und Angulus maxillae inferioris entsprechen und die Form des definitiven Unterkiefers herstellen. Die ganze Scherbe mit ihren Apophysen hat beim 21/‘ langen Fötus eine Länge von 5“. Der Meckel’sche Fort- satz hat an diesen Apophysen nicht den geringsten Antheil, denn er verlässt die Knochenscherbe, an deren innerer Wand er anliegt, viel früher und geht in ziem- — 19 — licher Entfernung schief hinter dem Halse des Unterkiefers hinweg zum vorderen Rande des Ohrlabyrinthes, wo er noch lange, nachdem die Gelenkkapsel schon gebil- det ist, in seiner ganzen Länge zu finden ist. Verfolgt man die Entwicklung dieser Apophysen vom Knochenrand an, so ge- wahrt man deutlich, dass sie nicht selbstständige Bildungen sind und etwa nachträg- lich mit der Knochenscherbe in Verbindung treten, sondern dass sie sehr rasch und von den peripherischen Knochenstrahlen aus anschiessen, weswegen sie auch immer in inniger Continuität mit der Knochenscherbe gefunden werden und in allen Dimen- sionen derselben proportional bleiben. Untersucht man bei 21/,' langen Rindsflötus diese knorpeligen Apophysen genauer, so findet man in derjenigen, welche dem Proces- sus coronoideus entspricht und die kleinste der drei ist, die Grundsubstanz nicht ganz hyalin, sondern etwas trüb und streifig, wie in manchen Faserknorpeln und alten Rippenknorpeln, wiewohl ohne einzelne Fibrillen. Sie enthält diehtgedrängte Knorpel- höhlen, die von zellenartigen Gebilden ausgefüllt werden; vom Knochenrand setzen sich viele dunkle Knochenstrahlen zwischen die Knorpelkörperchen hinein fort; das schon ziemlich entwickelte Periost der Knochenscherbe geht unmittelbar in eine dünne Blastemschicht mit länglichen und spindelförmigen Körperchen über, aus welchen ein Perichondrium für die Apophyse entstehen will und an welche sich oben schon die unreifen Muskelfasern der Kaumuskeln ansetzen. Am Gelenkfortsatz, der viel mas- senhafter ausfällt, ist die Grundsubstanz mehr hyalin, die Knorpelkörperchen kommen ganz mit denen der embryonalen Apophysen überein und erreichen gegen den Ver- knöcherungsrand hin eine ziemliche Grösse, ohne sich in distinete Reihen zu ordnen: doch trifft man auch hier hie und da eine Längsstreifung, die sich im Knochenrand verliert. Das Knochenmnetz greift, wie überall, um die Knorpelhöhlen herum in den Knorpel hinein. Essigsäure und Jod geben die bekannten Reactionen des ächten Knorpels und namentlich wird die scheinbar faserige Grundsubstanz von ersterer nicht merklich verändert, ist also kein unreifes Bindegewebe. Beim Angulus ma- xillae endlich ist die Grundsubstanz wieder mehr streifig und stimmt mit dem Pro- cessus eoronoideus überein. Beim 5‘ langen Rindsfötus ist die Knorpellage bedeutend mächtiger geworden, aber noch ziemlich weich und zerdrückbar; die Knorpelhöhlen sind weiter, die Zel- len grösser geworden und fallen beim Zerdrücken leicht aus den Höhlen heraus. Jod färbt die ganze Intercellularsubstanz und die leeren Höhlen gleichmässig gelblich, die Zellen aber braun. Essigsäure macht die Contouren der letzteren schärfer und — 160 — zeigt die einfachen Kerne. Niemals traf ich mehrere Zellen in einer Höhle oder Zellen in Zellen. Hie und da zeigt die Intercellularsubstanz ein körniges oder ge- streiftes Aussehen und scheint trüber und rauher als ächter Knorpel, spiegelt übri- gens an den Ränden der Höhlern wie der letztere. Durch Aussetzen schrumpfen die Knorpelzellen ein und fallen an Schnitten doppelt leicht aus denselben heraus. Am Knochenrand findet man dieselben weiten, rundlichen Höhlen, wie am primor- dialen Knorpel, die nicht immer von den Zellen ausgefüllt werden, wo dann zwischen Zelle und Höhlenwand ein heller, durchsichtiger Zwischenraum bleibt, der von Jod nicht gefärbt wird. Das Knochennetz greift in die Intercellularsubstanz streifenför- mig herein, sieht sehr feinkörnig und dunkel aus und scheint bei auffallendem Lichte weiss. Reihen von Knorpelkörperchen haben sich nicht gebildet, sie stehen vielmehr dicht beisammen und sind nach der Peripherie hin kleiner und rundlich. Der künf- tige Gelenkknorpel bildet eine 1,“ dieke Schicht, zeichnet sich durch Festigkeit aus, enthält viele dichtgedrängte, kleine Knorpelkörperchen und eine wie in jungen Fa- serknorpeln gestreifte Grundsubstanz. Essigsäure macht letztere etwas durchsichtiger und zeigt die Kerne der Knorpelzellen. Die weitere Entwicklung unterscheidet sich nicht von der der wachsenden Kno- chen. Das Verknöcherte wächst durch Auflagerung, das Knorpelige durch Zunahme der Intercellularsubstanz, bei gleichzeitig fortschreitender Differenzirung des Periosts. der Gelenkkapsel und des Meniseus. Bald wird auch diploötische Substanz gebildet, in welcher das Frischverknöcherte zum Theil wieder untergeht, während die Auf- lagerung mit der ursprünglichen Knochenscherbe zusammenfliesst und vollständig eins wird. Noch am jungen Kalbe hat der Gelenkkopf des Unterkiefers ganz den Character einer Apophyse und ich habe diese Stelle lange, ehe ich über ihr Verhältniss zum secundären Skelett im Klaren war, zur Demonstration der Verknöcherung im Knor- pel benützt, weil man hier immer frische Knorpelzellen und jene sonderbar ver- schrumpften Körper hat, welche die Gestalt von Knochenkörperchen mit radiären Strahlen täuschend nachahmen können und daher auch von Zeit zu Zeit als solche beschrieben zu werden pflegen (vgl. Taf. I. Fig. 8). Etwas Eigenthümliches hat diese Stelle nur insofern, als das Knochennetz in ungewöhnlich langen und breiten Zügen vordringt, wodurch die Grundsubstanz ein grobgefurchtes Ansehen auf Schnitt- flächen erhält und körniger und brüchiger wird, so dass man bei feinen Schnitten leichter Fragmente und kleine, wenn auch sehr lehrreiche, Splitter erhält, als in pri- mordialen Knorpeln. Auch ist die Existenz des Gelenkknorpels bei erwachsenen — 11 — Thieren und beim Menschen unverkennbar, und H. Meyer !) hat Unrecht, wenn er ihn läugnet. Ein solches plötzliches und massenhaftes Anschiessen von Knorpelsubstanz an den Rändern secundärer Knochen scheint noch an anderen Stellen vorzukommen. Kölliker 2) erwähnt die cavitas glenoidalis des Schläfenbeins und den angulus ma- stoideus des Scheitelbeins, wo gewiss keine Verwachsung des Primordialschädels mit dem aufliegenden Deckknochen stattfindet (S. 142). Ob in der Thierreihe noch an- dere derartige Stellen vorkommen, ist mir aus Anschauung nicht bekannt und es wäre voreilig, Vermuthungen darüber aufzustellen. Doch kann man darauf hinwei- sen, dass durch secundäre Knochenbildung nicht wohl ein Gelenk entstehen kann, insofern die Bildung einer Gelenkhöhle auch einen Gelenkknorpel voraussetzt, der bei der successiven Absetzung von Knochenschichten, woraus das secundäre Skelett entsteht, nicht hervorgebracht wird. Man kann daher vermuthen, dass in den Fäl- len, wo Gelenke am secundären Skelett und zwischen secundären Knochen auftre- ten, ein ähnliches Verhältniss, wie am Unterkiefer der Säugethiere, stattfinde, und irre ich nicht, so sind z. B. die Verbindung des operculum mit dem temporale der Fische, die des pterygoideum der entenartigen u. a. Vögel und der Saurier mit dem sphenoideum solche Stellen, an welchen in Bezug auf ihre Entwickelung nachzufor- schen wäre. ') A. a. 0. 8.333, 2) A.a. 0.8. 378. ee Schluss. Wenn vorliegende Mittheilungen hinreichen sollten, die Eigenthümlichkeiten und den Gegensatz des primordialen und definitiven Skelettes anschaulich zu machen, so sind die am Ende des letzten Capitels erwähnten Thatsachen, in Verbindung mit einigen Uebergangsformen, welche besonders das Fischskelett darbietet (S. 121 und 133). vorzugsweise geeignet, zu einer Vermittlung der anscheinend so verschiede- nen Bildungen unter einem gemeinsamen Gesichtspunkte aufzufordern, und wenn ich schliesslich die Ansicht äussern soll, die sich mir aus einer Menge anscheinend wi- derstrebender Erfahrungen so zu sagen unter der Feder entwickelt hat, so muss ich erklären, dass mir eine solche Vermittelung selbst in histologischer Hinsicht nicht zu fern zu liegen scheint. Ich kann dieselbe jedoch nicht mit Reichert in einer ge- wissen Elastieität der Begriffe finden, die dasselbe Gewebe bald Knorpel, bald Binde- gewebe zu nennen gestattet und die Schwierigkeit mehr verhüllt als sie ausgleicht. Ich glaube vielmehr, dass die speeifischen Gewebe des thierischen Körpers den Stem- pel der Individualität schon von der ersten Differenzirung des allgemeinen Bildungs- gewebes her tragen, auch wenn unsere optischen und chemischen Hülfsmittel noch keine haltbaren Unterschiede aufzeigen können. Reifes Bindegewebe und fertiger Knorpel scheinen mir histologisch so wohl characterisirte und unterscheidbare Ge- webe, dass eine grössere oder geringere Aehnlichkeit auf früheren Entwicklungs- stufen oder das sog. Continuitätsgesetz (das man mit demselben Rechte auf alle Ge- webe ohne Ausnahme anwenden könnte) mich noch nicht bestimmen können, hier eine besondere, tiefer begründete Verwandtschaft anzunehmen. Ich sehe mich zu einer solchen Anschauungsweise um so weniger veranlasst, als ich den Knochen kei- neswegs als das Endproduct zweier verschiedener Gewebe ansehe, und meiner An- sicht nach keineswegs das „Bindegewebe” als solches verknöchert. Secundäre Knochen, denen man die Kalksalze durch Säure möglichst vollständig entzieht (der — 18 — sog. Knochenknorpel), bestehen nicht aus Bindegewebe und die Aehnlichkeit ist wahrlich eine sehr entfernte. In späteren Perioden der Entwicklung, wenn das Pe- riost sich entwickelt hat, besonders an den Deckknochen des Schädels, am Penis- knochen der Säugethiere, an den Sehnenknochen der Vögel u. s. w., scheint es allerdings, als setze sich die Knochensubstanz durch ihre Endstrahlen continuirlich in die Bindegewebsbündel des Periosts oder sonstigen umhüllenden Fasergewebes fort und vermehre sich auf Kosten desselben, wobei man auf das innige Adhäriren des Periosts und die zahlreichen Fortsätze desselben, welche allenthalben in den Maschen- räumen und Markcanälen des jungen Knochens zurückbleiben, ein besonderes Gewicht legen muss. Es ist jedoch S. 96 und 127 hervorgehoben worden , dass die äusser- sten Randstrahlen des wachsenden Knochens, so wie die ersten Anfänge der Deck- knochen nicht auf die Säure reagiren, sondern einer geronnenen organischen Sub- stanz ähnlich sind, die von dem umgebenden Fasergewebe wohl zu unterscheiden ist. Reichert !), dessen Beobachtungsgabe Niemand die Anerkennung versagen wird. der seine Folgerungen bestreitet, hat ganz richtig bemerkt, dass vor der beginnen- den Ablagerung der erdigen Bestandtheile die Streifung oder Faserung der Grund- substanz der häutigen Schädelkapsel (die R. als Falten- und Runzelbildung auffasst) sich verliert. Meiner Ansicht nach rühren die weichen, knorpelartigen Randstrahlen, welche das Gitterwerk darstellen und der Verknöche- rung überall vorauseilen, von einer frischen Ablagerung her und sind in das faserige Gewebe der Grundlage gleichsam eingetragen oder eingegossen. Diese Thatsache, von jeder theoretischen Ausschmückung entkleidet. scheint mir sehr wichtig. Man könnte aus den physicalischen und optischen Characteren dieser Substanz folgern, dass auch der secundären oder sog. Bindegewebs- Verknöcherung eine Ablagerung von Knorpelsubstanz vorausgehe, und der Unterschied zwischen primordialer und secundärer Verknöcherung nur in der Art der Ablagerung und in dem Zeitpunkte der Verknöcherung zu suchen sei. In beiden Fällen hätten wir eine homogene Grundsubstanz mit Hohlräumen. welche Zellengebilde einschliessen. In dem einen Falle häuft sich die Grundsubstanz zu compaeten und umfänglichen Organen (knorpelig präformirten Skeletttheilen) an. denen es gewissermassen freisteht, zu verknöchern oder nicht. Die Substanz er- langt dadurch nach und nach diejenigen Charactere, welche man dem Knorpelgewebe ) A.a. 0. 8. 462 — 164 — zuzuschreiben pflegt, und namentlich haben die erhaltenen Zellengebilde Zeit, eine beträchtliche Entwicklung durchzumachen. In dem anderen Falle folgt die Ablage- rung der erdigen Salze der Absetzung jedes einzelnen Knorpeltheilchens auf dem Fusse nach; die daraus hervorgehenden Skeletttheile sind von Anfang an knöchern und mit sämmtlichen Characteren des definitiven Knochengewebes ausgestattet. Dass die enthaltenen Zellengebilde die Stufe der allgemeinen: Bildungskugeln hier kaum überschreiten, rührt wohl daher, dass die Grundsubstanz,, in der sie sich befinden, sogleich nach ihrem Auftreten erstarrt und aufhört, durch Intussusception zu wachsen; sie haben daher kaum eine andere Bedeutung, als die Punkte auf der Tafel des Zeichners, welche die Stellen angeben, wo Hohlräume bleiben werden. Von diesem Gesichtspunkte aus würde der alte Satz, dass der Knochen aus der Verknöcherung des Knorpels hervorgehe, vielleicht gehalten werden können und man würde am passendsten von einer indireeten und direeten Verknöcherung sprechen, um jedem Missverständniss in Bezug auf die Zeitverhältnisse, welche in den Bezeich- nungen „primär” und „secundär” zu sehr hervortreten, auszuweichen. Frägt man sich nach den Ursachen eines so complieirten Entwicklungsprocesses, wie ihn das Skelett der Wirbelthiere durchmacht, und sucht man sich die Nothwendig- keit eines so grossartigen Stolf- und Formwandels klar zu machen, so kann man sich vorstellen, dass das Gehen und Kommen, welches den Stoffwechsel überhaupt characte- risirt, in einem ganz eigenthümlich constituirten, starren Gewebe, wie dem Knochen, mehr den Character einer Juxtaposition und räumlichen Succession annehmen und eben desswegen mehr in die Augen fallen musste, als in anderen Geweben, wo der Wech- sel der Atome mehr an jedem Punkte stattfindet. (Ein nicht unähnliches Verhältniss, Verlust auf der einen Seite, Einsatz auf der anderen, bietet die Epidermis.) Die Unzulänglichkeit des Primordialskeletts insbesondere ist in den zwei Erfahrungssätzen begründet, dass verknöcherter Knorpel sich nicht in Masse erhalten kann, sondern unmittelbar nach der Verknöcherung bis auf unbedeutende Reste einschmilzt und auf- gelöst wird (S. 54), und dass der primordiale Knochen, wo er sich erhält, keines Wachsthums durch Intussusception fähig ist und daher auch keine Ausdehnung und überhaupt kein Wachsthum des Individuums ermöglichen kann (S. 56). Die Knor- pelfische behalten ihr Knorpelskelett gewiss nur desshalb, weil es nicht oder nur an beschränkten Stellen verknöchert, so weit es nämlich ohne Beeinträchtigung des in- neren Wachsthums möglich und zur Festigkeit unumgänglich nöthig ist. Ohne Zwei- fel spielt bei diesen merkwürdigen Processen das Verhältniss der Vascularisation eine grosse Rolle. Die primordialen Skelettanlagen entstehen zu einer Zeit, wo differenzirte Gewebe und daher auch ein allgemein verbreitetes und ausgebildetes Blutgefässsystem noch nicht existiren. Alle Knorpel sind anfangs gefässlos, und können nur durch Tränkung von aussen ernährt werden, sobald sich überhaupt ein Perichondrium und Blutgefässe im Umkreise gebildet haben. Als Versuche zu einer inneren Vascularisation, wie sie sonst in allen Geweben und Organen (mit Ausnahme der Epidermis) statt findet, kann man die sogenannten Knorpel- canäle betrachten (S. 50), die in allen primordialen und permanenten Knorpeln ge- funden werden. Diese Versuche bleiben jedoch sehr unvollkommen, da die gebil- deten Röhren nur den ersten, groben Blutrinnen der embryonalen Organe entsprechen. Zu einem vollendeten Röhrensystem mit Canälen, welche den Capillargefässen ent- sprechen, kommt es nur im secundären Skelett, wo alle diese Hohlräume von An- fang an offen bleiben. Denkbar ist es immerhin, dass noch Objecte gefunden wer- den, welche die nachträgliche, wenn auch sehr späte Herstellung eines Systems fei- ner anastomosirender Canälchen auch bei der indireeten Verknöcherung, selbst durch verdickte Zellenwände hindurch, darthun; dass dies aber in der Regel und nament- lich im Fötus nicht geschieht, dürfte die Ursache sein, dass der primordiale Knochen keiner Ernährung fähig ist und daher so bald dem Untergang verfällt. Sehr wahr- scheinlich werden die Kalksalze, welche durch seine Auflösung frei werden und die sich im Knochenmark , wie es scheint, nicht wiederfinden, in die inzwischen gebil- deten Blutgefässe aufgenommen und zur Bildung des secundären Skeletts mit ver- wendet. Zu der Zeit, wo das letztere beginnt, ist die Vascularisation der umgeben- den Gewebe viel weiter gediehen, selbst da, wo noch kein Perichondrium gebil- det ist (S. 112); die secundäre Knochenbildung trägt daher weniger den Character einer Dilferenzirung, als den einer nachträglichen Ablagerung aus gebildeten Gefässen und Gefässhäuten, die bis in eine sehr späte Lebensperiode fortdauern kann. Die Verknöcherung dürfte in diesen Fällen eine directe sein, weil die Ablagerung nicht in Masse, sondern in kleinen Theilen erfolgt und daher von den zuführenden Gefäs- sen beherrscht wird. Erfolgt die Ablagerung ausnahmsweise in grösseren Massen, wie in den vorhin erwähnten Fällen oder bei pathologischen Knorpelproductionen, so wird die Verknöcherung wieder eine indirecte, ohne dass sich eine scharfe Grenze in quantitativer Beziehung ziehen lässt. Auch in entschieden secundären Knochen kann die Ausbildung des feineren Röhrensystems eine unvollkommene sein .(S. 122) u. s. f. Räthselhaft bleibt dabei immerhin, wie die nachträgliche Ablagerung der Kalksalze — 16 — bei der indireeten Verknöcherung zu Stande kommt, warum sie bald von der Peri- pherie, bald vom Centrum ausgeht und warum sie bei den höheren Thieren vom Centrum nach der Peripherie hin fortschreitet u. s. w. Ich fühle mich nicht versucht. dies Alles erklären zu wollen. Damit eine Ansicht, wie die vorgetragene, haltbar gefunden werde, könnte man ferner den chemischen Nachweis verlangen , dass die organische Grundlage der Pe- riostauflagerungen und Deckknochen mit dem Knorpelgewebe auf irgend einer Ent- wicklungsstufe identisch sei. Kölliker !) hat diese Frage bereits zu beantworten gesucht und ist zu dem vorläufigen Resultate gekommen, dass primordiale Kno- chen Spuren von Chondrin geben, was bisher ohne Zweifel desshalb übersehen wurde, weil bei weitem das Meiste, was man als Knochen untersucht hat, dem secundären Skelett angehörte (S. 90). Ich zweifle nicht, dass durchgeführte Unter- suchungen der Art, mit steter Rücksicht auf die Ergebnisse der Histologie und Ent- wiekelungsgeschichte, interessante histogenetische Aufschlüsse in chemischer Hinsicht seben würden ; ich glaube aber, dass zur Diagnose die histologischen Charactere vollkommen genügen und sicherer sind, als die chemischen. Abgesehen davon, dass in allen Knochen eine grosse Quantität von nicht ausscheidbarem Bindegewebe, Gefässen, Zellengebilden u. s. w. mit analysirt wird, weiss die Chemie nur zu gut, was von den variabeln Reactionen des Chondrins und Glutins zu, halten ist, und schon Müller, dem wir :die ersten Aufschlüsse hierüber verdanken, ist die- ser Erfahrung nicht entgangen ?). Diese Verwandlungsproducte thierischer Gewebe entsprechen viel eher verschiedenen, in einander übergehenden Entwicklungsstufen. als constanten, scharf abgegrenzten chemischen Verbindungen. Auf jeden Fall muss die verschiedene Entwicklung in Anschlag gebracht werden, welche die organische Grundlage des Knochens erreicht, indem sie in dem einen Fall direct, unmittelbar nach ihrer Ablagerung, in dem anderen viel später, oft erst nach vielen Jahren, die Verknöcherung erleidet. Kölliker 3) sagt sehr richtig, dass jeder Knorpel an- fangs weich ist und nur aus gewöhnlichen Bildungszellen (Bildungs- gewebe) besteht. Mit dem eben differenzirten fötalen Knorpel, nicht mit dem per- manenten des Erwachsenen, müsste daher die organische Grundlage des secundären’ I) Zeitschr. a. a. O. S. 283. 2) A. a.0.S. 136. 3) Mikrosk. Anat. $. 379 — 167 — Knochengewebes (wenn sie sich isolirt darstellen lässt) verglichen und dabei vor- zugsweise den Uebergangsstufen Rücksicht getragen werden. Vielleicht wäre, ab- gesehen von pathologischen Bildungen, über die ich mich bei einer anderen Gelegen- heit auszusprechen hoffe, der Unterkiefer der Säugethiere in dieser Hinsicht besonders lehrreich. In vergleichend - anatomischer Hinsicht beschränke ich mich darauf, die Be- deutung der speciellen Entwickelungsgeschichte hervorzuheben, welche selbst von einer grossen Autorität in diesem Gebiete 1) zu gering angeschlagen zu wer- den scheint. Insbesondere dürfte der alte Satz, dass man so viele Knochen als Knochenkerne zu zählen habe, in seiner Gültigkeit auf die secundären Knochen zu beschränken sein (S. 124), nachdem sich herausgestellt, dass die im Primordialskelett auftretenden Knochenkerne nicht immer den ursprünglichen Knor- pelanlagen entsprechen, sondern dieselben meistens an Zahl übertreffen (S. 60 f.). Als selbstständige Skeletttheile (autogenous in dem Sinne von Owen) dürf- ten vielmehr alle ursprünglich (bei der ersten Anlage) gesondert auftre- tenden knorpeligen oder knöchernen (im Primordialskelett daher die $. 12 als „Knorpelkerne” bezeichneten) Skelettanlagen anzusehen sein. Der spe- eielle Nachweis kann bei einzelnen Species für einzelne Skelettanlagen schwierig oder unmöglich sein, weil dieselben zu klein sind und in einer zu frühen Periode mit einander verschmelzen, wie S. 13 von den Queerfortsätzen der Hals- und Len- denwirbel bei den Säugethieren angedeutet wurde; die richtige Deutung dürfte jedoch in diesen nicht allzuhäufigen Fällen auch auf indirecte Weise geliefert werden kön- nen (S. 62). Auch durch die nachträgliche Trennung eines einfachen Skeletttheils in mehrere empyrische Stücke, wie sie z. B. am Zungenbein des Menschen und vie- ler Säugethiere stattfindet, dürfte das aufgestellte Prinzip von seiner Brauchbarkeit nicht erheblich einbüssen. Eine‘ solche Abgliederung (dismemberment) ist immer eine seltene Ausnahme und sobald die Entwicklungsgeschichte einmal hinreichend feststeht, dürfte auf solche ausnahmsweise Erscheinungen kein grösseres Gewicht gelegt werden, als z. B. auf die Resorption des freien Rippenhalses bei alten Schild- kröten, durch welche Niemand veranlasst wird, den übrigen Rest mit dem Capitulum als einen von dem Rippenkörper verschiedenen Skeletttheil zu zählen. Ob ein sol- cher Vorgang in einer früheren oder späteren Periode des Lebens stattfindet, kann ı) Owena.a. O.p.5, 89. — 18 — keinen Ausschlag geben, da wir nichts häufiger sehen, als dass dieselbe Entwick- lungsstufe bei verschiedenen Thieren zu verschiedenen Perioden erreicht wird und selbst bei dem einen 'Thier bleibende Form werden kann, was bei dem anderen nur vorübergehende Entwicklungsstufe ist. Eine weitere Ausführung dieses Gegenstan- des würde die Aufgabe, die ich mir in dieser Schrift gestellt, weit überschreiten und ich gestehe, dass ich eine gewisse Scheu empfinde, dem Urtheile anerkannter Auto- ritäten in diesem Fache vorzugreifen. Nur das will ich aussprechen, dass mir bei mei- nen vielfältigen Nachforschungen nicht eine einzige Thatsache aufgestossen ist, welche zu der Annahme nöthigte, dass dasselbe Skelettstück bald primordial, bald secundär (als indirecte oder directe Verknöcherung) entstehen könne. Ich halte vielmehr die histologische Entwickelung der Skeletttheile für eines der sichersten und wohlbe- gründetsten Kriterien für die richtige Deutung derselben (homology nach Owen). So weit die vorhandenen Erfahrungen reichen, scheint mir nicht der mindeste Grund zu der Annahme, dass die Natur hier nach Willkühr und nicht bis ins Einzelne nach unerschütterlichen Gesetzen verfahre; ja ich finde, wo immer die Entwicklungs- geschichte zu Rathe gezogen worden ist, eine überraschende Uebereinstimmung in Bau und Gliederung der Wirbelthierskelette, die freilich nicht immer der gangbaren Terminologie folgt, aber durch die Untersuchung möglichst vieler Thiere in ihren ver- schiedenen Lebensstadien ohne Zweifel nach und nach verständlicher werden und zu feststehenden Prinzipien führen wird. —— bp DEF Dia4s4e Nachträge. Zu S. 29. Seitdem habe ich bei einem 6 langen menschlichen Embryo, bei welchem die Wirbeltheile und Rippen ebenfalls schon angelegt, aber noch sehr wenig von dem allgemeinen Bildungsgewebe differenzirt waren, die Chorda dorsalis aufgefunden , die als ein dünner, gelblicher Strang die Wirbelkörper durchsetzte und bei der noch mangelnden Differenzirung der Zwischenwirbelbänder namentlich im Zwischenraum zwischen denselben sehr deutlich war. Sie besass jedoch keine distinete Scheide, noch eine deutliche Zellenstructur, sondern war, namentlich in der oberen Hälfte, schon in Auflösung begriffen und überhaupt nur bis in die Halsgegend zu verfolgen. Es bestätigt sich daher, dass die Chorda dorsalis beim Menschen eine geringere Ent- wickelung erreicht und früher untergeht, als in allen Classen der Wirbelthiere, welche in dieser Hinsicht vom Amphioxus bis herauf zum Menschen eine continuirliche Stu- fenreihe zwischen zwei Extremen darstellen. Zu 8. 70. Den sog. pflasterartigen Knorpel der Plagiostomen beschreibt neuerdings auch Leydig (Beiträge zur mikrosk. Anat. der Rochen und Haie. Leipz. 1852. S. 5) und deutet ihn als Verknöcherung im Knorpel. Leydig, der frische Thiere unter- suchte, hat bei Rochen auch Knorpelcanäle und Blutgefässe darin gefunden, die nach ihm einen Circulationsapparat im Knorpel bilden. Er bestätigt ferner die Angabe von J. Müller, dass die Knochenkörperchen der Plagiostomen keine Ausläufer besitzen, wie ich es in primordialen Verknöcherungen allenthalben gefunden habe. Derselbe hat auch (Müller’s Archiv 1851. S. 242) gefunden, dass der Chimaerenschädel streckenweise von einer ähnlichen Knochenkruste überzogen ist, die auf Kosten des Knorpels entsteht, wie bei den Plagiostomen, und fand dieselbe von pflasterarliger 9) Ba Anordnung, was mir entgangen ist. Auch hier vermisste er die strahligen Ausläu- fer der Knochenkörperchen. Zu S. 124. Als ein nicht unwesentliches Unterscheidungsmittel hyalin-knorpeliger und sog. häutig-knorpeliger Skelettanlagen, besonders am Schädel, kann bei Präparationen die röthliche Farbe benutzt werden, welche die ächten Knorpeltheile nach kurzer Maceration annehmen und wodurch sie sich von benachbarten Theilen sehr bestimmt abgrenzen, wie schon E. H. Weber (a. a. O. S. 304) und später auch Rathke (Entw. der Natter S. 122) erwähnt haben. Die sog. häutig-knorpeligen Theile zei- sen diese Färbung niemals. Zu S. 129. Was die Bildung der sinus frontales betrifft, so finde ich u. A. beim reifen Pferde- fötus zwischen der Orbitalplatte und der hinteren Wand des Stirntheiles eine of- fene Naht, welche beide Knochenplatten trennt und welche erst nach vollende- tem Wachsthum verschwindet. Aehnliche Nähte finden sich in der oberen Wand des Canalis infraorbitalis und in der inneren Wand des Canalis lacrymalis beim Kinde und bei Säugethieren, die sich erst ziemlich spät, beim Menschen erst mit vollendetem Wachsthum ganz schliessen. Diese Löcher und Canäle entstehen daher an den se- cundären Knochen durch Umwachsung der durchtretenden Gefässe, Nerven u. dgl., in ähnlicher Weise, wie sich durch Auflagerung Rinnen für die sinus venosi und ar- teriae meningeae bilden, die sich ebenfalls streckenweise zu Canälen abschliessen können. Ebenso entsteht an vielen Schädeln ein foramen supraorbitale u. s. w. Zu S. 13T. Einen Pendant zu der nachträglichen Verschmelzung primordialer Knochen und zugleich einen Beleg für die Mannigfaltigkeit der hierher gehörigen Fälle liefert der Metatarsus der Vögel, welcher aus drei ursprünglich getrennten Knochen besteht, welche später nur in den Diaphysen verschmelzen, während (umgekehrt wie bei den Fröschen) die drei Apophysen gesondert bleiben. Auf einem Längsschnitt finden sich bei jungen Vögeln 3 ganz getrennte Markröhren. — Zu den primordialen Kno- chen mit ausgezeichneten Auflagerungen gehört auch die knöcherne Selerotica der Vögel und Fische. — Fig. Erklärung der Abbildungen. Taf. I. Zur Entwicklungsgeschichte des primordialen Skeleties beim Toput En 1 Rinde. Horizontalschnitt aus dem knorpeligen Theil des Epistropheus eines 1‘ langen Rindsfötus, in der Nähe des Verknöcherungskernes. Vergrösserung 200. a Knorpelcanäle, theils queer, theils schief durchschnilten, b Knorpelzellen, vereinzelt in die structurlose 'Grundsubstanz ein- gebettet, c Gruppen von Knorpelzellen, die in verschiedenen Ebenen liegen und dadurch das Ansehen von Muttlerzellen geben. Horizontalschnitt aus einem Rückenwirbelkörper desselben Fötus. Vergr. 40. a Knochenkern, b Reihen von Knorpelzellen in der Nähe des Verknöcherungsrandes !), c dichtgedfängle Knorpelzellen iu der peripherischen Koorpelparthie. Verticalschnitt aus der Apophyse eines Metatarsusknochens desselben Fölus. Vergr. AU. a Verknöcherungsrand, b Reihen von Knorpelzellen, c peripherische Knorpelparthie, d Ge- lenkflächke, e Knorpelcanal. Verticalschnitt zweier Rückenwirbelkörper sammt dem Intervertebralknorpel von demselben Fötus. Vergr. 15. a Verknöcherungsränder der (nur zur Hälfte gezeichneten) Wirbelkörper b durchsehniltene Knorpelcanäle, c die dem Zwischenwirbelknorpel, d die der Beinhaut ent- sprechende Schicht. Verticaldurchsehnitt des Caput humeri desselben Fölus: Vergr. 20. a Verknöcherungsrand der Diaphyse, b Knorpelcanäle, c Gelenkfläche. Horizontalschnilt durch die eben vereinigten Bögen eines Rückenwirbels von demselben Fötus. Vergr. 40. a Knochenkerne der Wirbelbögen‘, ce der durch Vereinigung der Bögen enistan- dene processus spinosus, der nur dichtgedrängte Körperchen enthält, b Beinhaut. Verticalschnitt aus der Apophysis libiae einer neugeborenen Katze. Vergr. 250. a Verknö- cherungsrand der Diaphyse mil den lelzten Ausläufern des Knochennetzes in die Knorpel- substanz, b Knorpelzellen, welche die Knorpelhöhlen ausfüllen, c solche, welche dieselben nicht ganz ausfüllen und daher den Anschein eines doppelten Contours geben, d geschrumpfle 1) Das Kleinerwerden der Zellen gegen den Verknöcherungsrand rührt von dem Einschrumpfen her. Die Contouren der Knor- pelhöblen sieht man bei dieser Vergrösserung nicht. Fig. 8. Fig. 1. Fig. Fig. Fig. Fig. — 12 — Knorpelzellen in den Höhlen, e leere Knorpelhöhlen, deren Zellen herausgefallen sind, f die- selben im verknöcherten Zustand. Verticalschnitt aus dem Gelenktheil des Unterkiefers vom Kalbe. Vergrösserung und Bezeich- nung wie in Fig. 7. Taf. 1. Zur Entwicklungsgeschichte des seeundären Skelettes beim 1 Rinde. Stirnbein eines 1%‘ langen Rindsfölus, 17 mal vergrössert. a Basis und Ursprungsstelle der Ver- knöcherung (margo supraorbilalis), b Endstrahlen des Knocheunetzes, die sich in der weichen Schädelkapsel verlieren, c Anfänge der Markcanälchen, d Anfänge der Knochenkörperchen. Eine Stelle aus dem Vorigen bei 300 maliger Vergrösserung. a Begrenzungsränder der grös- seren Maschenräume, welche zu Markcanälen werden, b feineres Gillerwerk, aus welchem die Knochenkörperchen hervorgehen. Oberflächliche Periostablagerung vom Unterkiefer des Kalbes. Vergr. 40. a Maschenräume, welche den Markcanälen entsprechen, b jüngste Ablagerung in Form eines zarten Gillerwerkes. Eine Stelle des Vorigen bei 200 maliger Vergr. a, b wie vorher, c künftige Knochenkörperchen. Oberflächliches Segment vom Stlirnbein eines 1’ langen Rindsfötus. Vergr. 50. a Mündungen der durchschnittenen Markcanäle, b oberflächlicher Schnittrand, ce Knochenkörperchen. Dessgleichen vom Unterkiefer des Kalbes. Vergr. 40. a Durchschniltene verlicale Mark- canäle, b schief austretende, welche in Halbcanäle übergehen, ce Knochenkörperchen. Oberflächlichste, noch weiche, Schicht vom Stirnbeine eines 1° langen Rindsfötus, 300 mal vergrösserl. a Spallförmige Mündung eines Markcanals, b streifiges Blastem, c spaltförmige Anfänge der Knochenkörperchen. Oberflächliche Schichten von demselben während der Verknöcherung. Vergr. 250. a Mark- canal, b oberflächliche Halbcanäle, welche in Markcanäle übergehen, c jüngste Schicht, die nur an den Schnitträndern sichtbar ist, d nächstfolgende Schicht mit noch spaltförmigen Knochenkörperchen, e Schicht der ferligen Knochenkörperchen mit sichtbaren Strahlen. Verticalschnitt durch die äussere Tafel des halbirten Kalbskopfes. Vergr. 12. a Markcanäle, b Beinhaut. 10. Dessgleichen durch die innere Tafel, welche der dura mater zugekehrt ist. Taf. 111. Zur Entwicklungsgeschichte des Skeleties beim Hühnchen. Fig. 1. Primordialknorpel einer Phalanx des 12tägigen Hühnchens. Vergr. 40. a scheidenarlige Be- grenzung an der Diaphyse. Fig. 5. 2 2) =) Ic) a“ 1 — 13 — Femur desselben Hühnchens unter dem Compressorium. Vergr. 25. a Falten der structur- losen Scheide, b scharfer Rand derselben, c ausgedrückte Knorpelsubstanz Die letztere bei 200maiiger Vergr., wobei die Intercellularsubstanz erst sichtbar wird. a Knor- pelhöhblen, d Knorpelzellen, welche die Höhlen nicht ganz ausfüllen, zum Theil geschrumpft. Fibula desselben Hühnchens, 15 Mal vergrössert. a structurlose Scheide, b Uebergang der- selben in streifiges Blastem, ce Gelenkende der fibula, wo der Knorpel noch ansetzt. Das untere Ende derselben fibula, 200 Mal vergrössert. a, b wie vorher, c Knorpelkörperchen. Dasselbe Object bei einem 14 Tage bebrütelen Hühnchen, nach begonnener Verknöcherung. a Auflagerung von Knochensubsianz auf der structurlosen Scheide des Primordialknorpels, welche sich über den Bereich des Knorpels auf die faserige Verlängerung der Scheide b fort- setzt und dieselbe in die Verknöcherung hineinzieht, ce Anfänge der Knochenkörperchen. Tibia desselben Hühnchens mit beginnender Verknöcherung. Vergr. 25. «a Auflagerung der Knochensubslanz auf dem Primordialknorpel in Gestalt eines Maschenwerkes, b Maschenräume. Eine Stelle des Vorigen unler dem Compressorium bei 80maliger Vergr., zeigt das erste Auf- irelen der Aufiagerung in Gestalt eines äusserst zarten, durchscheinenden Maschenwerks auf der structurlosen Scheide der Diaphyse, nachdem die enthaltene Knorpelmasse durch Druck entleert ist. «a Falten der collabirten Scheide, b Auflagerung. Ein gleiches Präparat von einem elwas älteren Hühnchen, wo die Auflagerung vollständiger ist. a Nackte Parthie der Scheide, b Auflagerung, c Anlänge der Knochenkörperchen, welche bald dunkel, bald hell erscheinen, nach Verschiedenheit der Focaldistanz. . Erste Anlage des Unlerkiefers als Belegschicht des Meckel’schen Knorpels (os angulare des Vogels). Vergr. 12. a Basis, b peripherische Endstrahlen der Knochenscherbe, welche sich in dem all- gemeinen Bildungsgewebe verlieren, das hier wie in Fig. 4. durch eive willkürliche punetirte Linie angedeulel ist. Taf. IV. Zur Entwicklungsgeschiehte einzelner Skeletttheile, insbesondere Fig. 1. Fig. 2. der permanenten Knorpel. Längsdurchsebnitt durch das Caput humeri eines halbwüchsigen Huhns. Vergr. 200. A Ver- knöcherungsrand der Diaphyse, u Markraum, a’ leere Knochenhöhle, a‘ geschrumpfte Knor- pelzellen in denselben, B Knorpelgewebe zunächst dem Verknöcherungsrand, b Knorpelzellen, welche die Knorpelhöhlen ausfüllen, b‘ solche, die sie nicht ganz ausfüllen, C äusserster Theil des in Verknöcherung begriffenen Knorpels mit undeutlichen Reihen von kleinen, queer- gestellten Knorpelkörperchen, D Gelenkknorpel, durch mehr gelbliche Färbung abgegrenzt, mil zerstreut stehenden Knorpelkörperchen, die theils aus der Tiefe durchschimmern d, theils in Gruppen stehen d‘, d‘‘ Knorpelcanal, ö Gelenklläche, von kleinen länglichen Knorpelkör- perchen begrenzt. j Durchschnitt durch den Gelenktheil des Capul humeri einer mil Krapp gefütterten, fast aus- gewachsenen jungen Taube. Vergr. 25. 4A Gelenkknorpel, B Verknöcherungsrand des Pri- Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. — 1141 — mordialknorpels , € diplo@tlisches Gewebe hinter dem Verknöcherungsrand, mit Auflagerung versehen und durch Krapp gefärbt, D Märkräume, von Fasergewebe durchzogen. Längsschnitt aus dem Humerus derselben Taube. Vergr. 40. a Netz der Markcanäle mit rothgefärbtlen Wänden, b Knochenkörperchen. Queerschnilt ebendaher bei 200maliger Vergr. Man sieht, dass die Färbung von den Mark- canälen aus in die Knochensubstanz eindringt und sich in einer gewissen Tiefe verliert. (Das Präparat ist unter Terpenthin gezeichnet, der in die Knochencanälchen eingedrungen ist und sie unsichtbar macht, so dass die Knochenkörperchen keine Strahlen zu besitzen scheinen.) Durchschnitt durch die Gelenkfläche an der Basis ossis metalarsi I. einer 40jährigen Frau. Vergr. 200. A Gelenkknorpel mit zerstreut stehenden Gruppen von Knorpelkörperchen (sog. Mutterzellen), B Rest des Primordialknochens zunächst dem Verknöcherungsrand und ihn bil- dend, mit grossen, unregelmässig gestalteten, strahlenlosen Knochenkörperchen, C secundäre Auflagerung von geschichletem Baue mit kleinen vielstrahligen Knochenkörperchen, D Markraum. Schnitt aus der Sympbhysis pubis einer 100jährigen Frau. Vergr. 350. A Hyalinknorpelige Parthie in der Nähe ‚eines grösseren Knochenkerns mit zahlreichen Knorpelhöhlen, in deren Umkreis eine pulverförmige Ablagerung von Kalksalzen stallgefunden; a durch den Schnitt geöffnete Knorpelhöhle, deren Inhalt verloren gegangen ist, mit beginnender Kalkablagerung, a‘ weiter vorgeschriltene Ablagerung und geschrumpfte Zellen im Innern, a‘ geschlossene Knorpelhöhle, zunächst dem Verknöcherungsrand; B verknöcherier Primordialknorpel mit grossen strahlenlosen Knochenkörperchen (verknöcherten Knorpelhöhlen) b; C secundäre Auflagerung, einen Markraum begrenzend, mit kleinen, vielstrahligen Knochenkörperchen, de- ren Strahlen in den Markraum münden und anastomosiren: Diploätische Substanz hinter dem Verknöcherungsrande frischverknöcherten Primordialknorpels (vom Processus condyloideus maxillae inferioris des Kalbes), in der Resorplion begriffen. Vergr. 250. a einfache, a’ zusammenfliessende Knochenhöhlen. Queerdurchschnitt des verknöcherten Collum costae eines 1‘ langen Rindsfötus. Vergr. 40. a grösserer Markraum (Markröhre), durch Zusammenfliessen der Knochenhöhlen entstanden. b kleinere Markräume in der Diplo, ce Knochenkörperchen in der Auflagerung. Fragment aus der verknöcherten Diaphyse einer menschlichen Ulna, im 5. Monat des Fötal- lebens. Vergr. 350. a vielstrahlige Knochenkörperehen, b Durchschnitismündungen der Ca- nälchen, welche dem Knochengewebe ein siebförmiges Ansehen geben. Schnitt aus dem Ohrknorpel des Kaninchens. Vergr. 300. a Peripherische Schicht der ho- rizonlalen kleinen Knorpelkörperchen unter dem Perichondrium, b Verdiekungsschichfen im Innern der Knorpelzellen, c Fetttropfen darin. III Inhalt. Vorbemerkung Einleitung £ a I. Abschnitt. Vom knorpeligen oder Primordialskelett. Cap. 1. Von den ersten Anlagen des Primordialskeletts Cap. I. Von der Chorda dorsalis Cap. Ill. Von dem Wachsthum der knorpeligen Skelettanlagen ö Cap. IV. Von dem Verhältnisse der Skelettanlagen zu den umgebenden Theilen Cap. V. Von der Verknöcherung im Primordialskelett Gap. VI. Von den sog. permanenten Knorpeln II. Abschnitt. Vom secundären oder definitiven Skelett. Gap. 1. Von den fertigen Knochen 5 Cap. il. Von den Knochen während des Wachsthums Gap. Ill. Von den ersten Anfängen des secundären Skeletts Cap. IV. Von den sog. Deck- oder Schaltknochen > . Cap. V. Von der Verbindung des primordialen und secundären Skeletls Schluss Nachträge - - Erklärung der Abbildungen I —&äd&dd— Seite 94 111 122 135 162 169 171 Corrigenda. Seite 7 Zeile 10 von oben lies: Wasser blasenartig u. s. w- — 9 — 3 von unten — 1849 statt 1839. - —- —- 4 _ — Vol. I. statt Vol. Il. -— - —- 5 _ — J. Quain statt F. Quain. — 4 — 1 = — Bindegewebe statt Bandgewebe. = —-:1 _ — Rückensaite statt Rückenseile. — 4 — 2 — — der statt die. — 61 — 1u.16, S. 63 Z. 15, S. 65 Z.5 v. u. lies: processus statt processi. — 62 — 410 von unten lies: sechszöllig statt dreizöllig. — 8 — 1 _ — einfachen statt einfachern. — 86 — 9 von oben — abgebildet statt ausgebildet. — 14 — 12 _ — Löcherchen statt Körperchen. — 136° — 2 von unten — mallei statt male. 12 — 4 _ — 134 statt 131. —14 — 7 - — wo ich sie u. s. w. — 16% — 1 von oben — enthaltenen statt erhaltenen. — — — 411 von unten — Ersatz statt Einsatz. J ® or En F Querbach del et lith. Druck v.J.Lehnhandtin Mamz Dee) VE, a - n Me 7 — truck v I Iohnhardt in Ma x u . . truck v I’Lohnhardt in Mainz . . 7 = s r Qusrtach FE . “ ” . “ 5 .. « * - > y % v. J Lehnhardtin Mainz disc E- FuQuerbach De" “ -. a a @ Ben 0 = x® A» : DR a ar I a } 2 le Die a I RS 2 3? 4 IF, = e RD SE u mi RE: ER 8-1 6) » 8 N I», = u.) p) % I) a 2 LEN am D) ® ® % pi > FERN SL ES mM m‘ me ;) wa 2 R IRFR ® | Fig. 10 ne EN, I a, a ee Yan R) RS ' k \ En es en = =" >: > & © a BR 7 I wi TE z a we. ©! wu a Fa mw ur ® % Be are e wo. F Querbach dei otluh Verzeichniss der Schmetterlinge der Schweiz. I. Abtheilung. Tagfalter. Mit Berücksichtigung ihrer klimatischen Abweichungen nach horizontaler und vertikaler Verbreitung. Bearbeitet von Meyer-Dür. P v mw u DU v f Ps % L 0 ns > >34 / 15 ı er a & « L N . j ’, % « . | [P8 “ 1 a : En 4 yalı A .- je ENT ET sb 9anilTg ; we 7 | u Ri . BE 22 e { > } j ı ' 3 4 + \ cr \ C e j i j - za | VL i y j j « E b PETER )i \ * ’ 1 ul I | E B et, a ulsmonsn Ange nun Ma #2 AaLN A | a: ; REN N a ar. j a EITEr 0 Er { 5 j { 1 ü . F 7) u ‚ x \ IM. \ v ‚ i { \ L ö x hei u n ı ü X i Een; h f f ” & y \ 4 P} ‘ N = ur v L a \ a v * .s \ F - - — ‘ N ri , h > Ä } & \ ’ a B n 4 ” ö e m, Fr & nr u a e N VORWORT. Seit vielen Jahren lebt im Kreise der schweizerischen naturforschenden Gesellschaft der immer frisch auftauchende Wunsch, es möchte die, in ihren «Denkschriften? 1837 begonnene, vaterländische Fauna vollendet werden. Vieles daran ist geschehen, aber noch weit mehr ist, wie es scheint, zu thun uns noch vorbehalten, nämlich die Sichtung und Zusammenstellung des endlosen Heeres der kleineren Thierwelt. Hier aber möchte man mit Schiller ausrufen: «Wer nennt die Völker, wer zählt die Namen, die gastlich hier zusammen kamen?” Diese ungeheure Zahl von Formen eben ist’s, die der raschern Bearbeitung des uns vorgesteckten Zie- les so hemmend entgegentreten. Die Masse ist zu gross, zu heterogen, als dass die, bei uns erst aus der Kindheit emporstrebende, Entomologie das gewaltige Ganze auf einmal zu umfassen vermöchte. Monographien einzelner Gattungen, Ordnungen und Zünfte, vereinzelte "Beiträge und Bruchstücke müssen vorangehen; Vorarbeiten also, deren es aber einer wohl zwanzigfachen Menge noch bedarf, ehe an ein übersicht- liches Zusammenfügen einer Gesammtfauna in gleichartiger Form geschritten werden kann: Diese Ueberzeugung habe ich je länger je stärker empfunden, je mehr ich die geringen Mittel erwog, die für ein so weit ausgreifendes Unterneh- men uns dermalen noch zu Gebote stehen. Die Haupterfordernisse einer gründlichen entomologischen Fauna sind nämlich: 1) genaue Spezialkennt- Ba pe niss aller, im betreffenden Gebiete einheimischen Arten und Lokalformen; 2) Feststellung ihrer geographischen, horizontalen wie vertikalen Verbrei- tung; 3) ihre Beziehungen zur Pflanzen- und zur übrigen Thierwelt. Aber wie finden wir in der Schweiz die Hülfsquellen, die uns für die zwei letzteren Bedingnisse befriedigen könnten? Wir haben keine Naturforscher von Be- ruf, die ihre Zeit einzig auf solche andauernde, langjährige Beobachtungen verwenden können; zu wenige umfassende, in diesem Sinne ausgerü- stete Sammlungen, die auf ihrer Bezettelung gerade über das, dem Fau- nisten Wissenswertheste, Auskunft gewähren; zu wenige Sammler, denen es um etwas mehr als blosses Spielwerk zu thun ist, und endlich keine Insek- tenhändler, welche von ihrer spekulativen Geheimnissthuerei auch nur Etwas der Wahrheit und der Wissenschaft zum Opfer brächten! Sammlungen ohne wissenschaftliche Tendenz, ohne ausführlichere Etiquettirung, sind eitler Tand, vergängliche Dokumente sinnlosen Zeitvertreibs und kosten den Besitzer ge- wöhnlich mehr, als sie der Wissenschaft nützen. — Und doch: welche Klasse der Thierwelt wäre ja mehr geeignet, als gerade die der Insekten, dem for- schenden Sammler das Reinwissenschaftliche mit angenehmer Beschäftigung zu verbinden! Können wir nicht da die lieblichste Harmonie der Natur, die merkwürdigsten metamorphosischen Gestalten, die Endlosigkeit von Formen und Farben, die göttliche Weisheit auch in den kleinsten Gebilden bewun- dern! Und je tiefer wir eindringen in die geheime Werkstätte der Natur, desto grösser die Ueberraschung, desto inniger unsere Freude an diesen kleinen Lieblingen der Schöpfung. „Es ist nur Ein Gesetz, wie nur Ein Gott; „Vom Cherub an, bis zum Vergissmeinnicht „Lebt überall derselbe Grundgedanke. „Wir Thoren, wir bewundern nur das Neue, „Und grade, was sich ewig wiederholt, „Das ist das Göttliche, Bewundernswerthe!* Tasso (v. Raupach). Gehen wir nun über zu den Arbeiten, welche seit dem. ersten Aufrufe von Seite des Hrn. Dr. Imhoof an der Versammlung in Lausanne 1828 in Pre. "I den Denkschriften der schweizer. naturforsch. Gesellschaft bezüglich auf va- terländische Insektenkunde niedergelegt wurden, so sind es im We- sentlichen nur folgende: it) Heer, die Käfer der Schweiz, in Band 1l., IV. und V.; (nur bis ans Ende der Lamellicornien reichend). 2) Memoires sur quelques Insectes, qui nuisent & la vigne dans le Can- ton de Vaud (in Band V). 3) Nicolet, Recherches pour servir ä P'histoire nat. des Podurelles, (in Band VI), eine sehr schöne Monographie. 4) Bremi, Beiträge zu einer Monographie der Gallmücken (G&cidomya Meigen.) in Tom. IX. Die Bände X. und XI. konnte ich nicht sehen, doch sollen sie von da- hin Gehörendem nichts enthalten. ‘ Indess wären als wissenschaftliche Materialien für eine inländische Fauna überdiess zu benutzen folgende Arbeiten, die zum Theil vor, zum Theil nach jenem Aufrufe in Separatwerken, sowie auch als einzelne Aufsätze in aus- wärtigen Zeitschriften erschienen: | 5) Hagenbach, Symbol. Faun& Ins. Helvet.; (enthält besonders Arten von Orthopteren). 6) Heer, Fauna Coleopt. helvetica; (ein sehr gediegenes, gründliches Werk, aber leider nur noch bis ans Ende der Lamellicornien rei- chend). 7) Pictet, Description de nouvelles especes d’Insectes du bassin du Le- man. (Genre Nemoura.) 18 Arten. 8) Desselben Histoire naturelle ete. des Insectes Neuropteres (Perlides) 1841; und 9) Desselben Histoire naturelle etc. des Ins. Neuropteres (Ephemerines) 1843; zwei Prachtwerke, alle damals ihm bekannten Arten enthaltend und sehr schön abgebildet. 10) Desselben Recherches pour servir a Yhistoire et a l’anatomie des Phryganides, mit 40 Tafeln fein colorirter Abbildungen. 41) Desselben: Eine Aufzählung der schweizer. Libelluliden in den Be - Actes de la Societe pour les sciences naturelles a Geneve. ‘Der ge- nauere Titel ist mir nicht bekannt.) 12) Meyer, Verzeichniss der in der Schweiz einheimischen Arten der » Rhynchoten, ftes Heft. (Capsini.) Das 2te Heft, enthaltend die Lyg®oden, Goreoden, Membranaceen und Scutaten, ist nur als Manuskript vorhanden. 13) Desselben Uebersicht, der im Canton Bern und besonders um Burg- dorf vorkommenden Arten der Libellen, (in den Mittheil. der naturf. Gesellschaft in Bern, 1846. Nr. 81, 82). Mehrere andere kleine Beiträge über Hymenopteren, Dipteren und Co- leopteren finden wir überdiess, zumal von Hrn. Kriechbaumer und Bremi in der entomol. Zeitung von Stettin, — sowie auch in den Mittheil. der naturf. Gesellschaft in Zürich. Aus dieser gedrängten Uebersicht ergibt es sich aber schon, wie brach das weite Feld noch liegt, das wir zu bebauen haben. Einzig die Ordnun- gen der Coleopteren und Neuropteren haben bis jetzt sich einer umfassen- dern Bearbeitung erfreut; sehr schwach vertreten sind dagegen unsere Ar- beiten über Orthopteren, Hemipteren, Hymenopteren und Dipteren, und über einheimische Lepidopteren ist seit Meissner’s Zeiten, seit 33 Jahren, gar nichts mehr der Oeffentlichkeit übergeben worden. — Wir stehen somit ganz noch am Anfange einer langen Bahn, dürfen uns aber darum um so weniger entmuthigen lassen. „Steil ist des Wissens Pfad. „Das Leben ist so kurz, Erfahrung ohne Grenzen, „Doch streben weiter wir mit Denken, Wort und That! „Und stehn wir nicht am Ziel, so sehn wir doch es glänzen.“ Treitschke. Mit diesem Trostgedanken hab’ auch ich es gewagt, ein Scherflein bei- zutragen, und einen verlorenen Faden wieder aufzuheben, den vor 33 Jah- ren unser sel. Meissner hatte fallen lassen. Derselbe veröffentlichte 1818 in seinem „Naturwissenschaftl. Anzeiger” ein Verzeichniss der schweizerischen Schmetterlinge, brachte es aber nur bis an’s Ende der Bombyeiden. Seit Fo jener Zeit beschränkte sich die ganze schweizerische Thätigkeit im Gebiete der Lepidopterologie auf lediges Sammeln, Festhalten und Wiederkauen dessen, was durch Meissner bekannt ward. — Ein Festmahl bei Anlass der Natur- forscher-Versammlung in Solothurn,, im Juli 1848, gab mir Gelegenheit, zwei seither mir liebgewordene Freunde, die Herren De-Laharpe und Cha- vannes von Lausanne kennen zu lernen und mit ihnen über diesen Punkt mich zu besprechen. Wir kamen bald darauf überein, uns in eine Bearbei- tung der schweiz. Lepidopteren freundlich zu theilen. Der erste wählte sich die Geometriden (wozu sein Manuscript bereits fertig); der zweite die Noc- tuiden, und mir ward.die Horde der Papilioniden (Rhopalocera Boisd.) zu Theil, für welche meine Sammlung mir schon damals ein ansehnliches objek- tives Material darbot. — Hätte ich aber nicht noch in Meissner’s obbemeldetem Verzeichnisse bereits eine so werthvolle Grundlage und in meinem Eifer für die gute Sache Ermuthigung gefunden, ich würde es nie gewagt haben, meine schwachen Kräfte jetzt der Oeffentlichkeit Preis zu geben. — Meine beifolgende Arbeit hat mich weit mehr Mühe, Fleiss und Ausdauer gekostet, als sie werth ist, und doch ist dieselbe das Ergebniss dreijähriger Beobach- tungen. Ob sie aber Eingang findet, welches die Früchte davon sein wer- den, und ob ich auch weiter in diesem Gebiete etwas werde leisten können, das mag die Zukunft lehren. ‘Dass ich von der faunistischen Form, an die sich meine Collegen strenge gehalten, unwillkührlich abgewichen und in Einzelnheiten gerathen bin, die derselben nicht anpassen, wird hoffentlich der Wissenschaft keinen Schaden bringen. Einentheils hat sich seit Meissner's Zeit die Artenzahl unseres Tag- falter nur um 15 vermehrt, anderntheils hatten Zeller’s Beobachtungen über die sizilianischen Schmetterlinge (Isis 1847) mich auf ein Studium geführt, dem bis jetzt allzuwenig Aufmerksamkeit geschenkt wurde, nämlich: der Einfluss des Klima’s, der Jahreszeiten, der geognostischen und vegetabili- schen Verhältnisse auf den Habitus und die Farben der Falter; es ist aber dieses Studium an sich so anziehend und gewährt so wichtige Resultate zur genaueren Unterscheidung der Arten, dass es wohl der Mühe werth ist, noch weitere, eingreifendere Forschungen auf diesen Punkt zu lenken. Genaue re Vergleichungen der Analogon’s naher und weitabstehender Länder sind hiezu ein erstes Bedingniss; sie können aber auch trügen; denn ein allzureiches Material macht die Ansichten oft eben so unsicher, als ein zu dürftiges der blossen Extreme. Habe ich hierin. vielleicht mich mitunter getäuscht. so geben meine Angaben doch Anhaltspunkte, und in diesem Fall ist Ausführ- lichkeit immer noch besser, als wenn man das Wesentlichste Kürzehalber vermisste. — Zudem dürfen wir hoffen, dass in dieser rührigen Zeit, wo der wackere entomologische Verein von Stettin überall neues Leben für die Wissenschaft hervorruft und so viele schlummernde Kräfte bereits geweckt hat, wir in Kurzem auch in der Schweiz bessere Erfahrungen und Kennt- nisse noch sammeln werden. In Betreff der geographischen Verbreitung der Falter, sowohl in vertikaler als horizontaler Richtung, muss es vor Allem auffallen, wie weit wir in dieser Kunde in unserm kleinen Lande noch zurück sind. — Diess ist vielleicht der mangelhafteste Theil gegenwärtiger Arbeit. Wer aber weiss, welche gewaltigen Abstände und welche Unendlichkeit von Verbrei- tungsbedingnissen überhaupt ein Alpenland darbietet, wird auch einsehen, wie schwer es ist, hier Grenzen nach einseitigen Beobachtungen festzustel- len. Von gemeinen, überall vorkommenden Faltern, deren Verbreitung über das ganze Land allgemein bekannt ist, sind desshalb auch keine besondern Oertlichkeiten angegeben, da sie durch das Prädikat „überall? unnöthig wären. — Solche aber, die mehr an eigene Lokalitäten gebunden, nur da oder dort auftreten, nur bis zu einer gewissen Höhe oder Tiefe die Bedingnisse ihres Daseins finden; bei solchen habe ich wenigstens so viele Flugstellen mitgetheilt, als meine Erfahrungen hierüber ausreichten. Am wenigsten berücksichtigt sind: die nordwestliche und die südl. transalpinische Schweiz (Tessin), von woher mir keinerlei Mittheilungen zu Theil wurden. Den solothurnischen Jura aber, das bernische Mittelland, das ausnehmend fal- terreiche Wallis, das Berneroberland und die Gegend um Genf durchstreifte ich selbst und oft in allen Richtungen. Aus Bündten verdanke ich viele Mittheilungen dem Hrn. Prof. Kriechbaumer; aus Zürich’s Umgebung dem Hrn. Bremi; für Glarus benutzte ich den entomolog. Theil der „Gemälde der m Schweiz”, Canton Glarus, meines Freundes Heer; für die Waadt ein Spe- zialverzeichniss von Hrn. De Laharpe und für den bernischen Jura und das Seeland eine Menge Notizen von Hrn. Rothenbach in Schüpfen. Aus dem ÖOberhasle unterstützten mich ebenfalls Otth und Käsermann, Sammler in Meyringen. Dass ich jeder Art die Meissner’sche Phrase voranstellte, geschah theils wegen ihrem wissenschaftlichen Interesse, theils aus warmer Verehrung, da ich seinem geäusserten Wunsche, es möchten später neue Erfahrungen den Seinigen sich anreihen, auch buchstäblich nachkommen wollte. Für die Erscheinungsperioden hielt ich mich genau an die aufge- zeichneten Tage, an welchen mir eine Art alljährlich zuerst und auch wie- der zuletzt vorkam. Dass aber diese Daten nicht überall und auch nicht alljährlich genau so eintreffen, hängt natürlich von der Verschiedenheit des Klima’s, des frühern oder spätern Winters, von der zufälligen Witterung u. 5. w. sehr ab, und habe ich die Abweichungen so weit als möglich stets hervorgehoben. An gleichen Lokalitäten aber fand ich dieselben nach 12 Jahre lang fortgesetzten tabellarischen Notizen im Ganzen doch nie mehr als um einige Tage unter sich abweichend; wenn also gesagt ist, eine Art erscheine um Burgdorf am 1. Juni, so kann dieser Tag immerhin als das wahre Medium der dasigen Erscheinungsepoche gelten. Die Raupen und deren Metamorphosen gehören nicht sowohl in eine faunistische Bearbeitung als in eine eigentliche Naturgeschichte der Falter. Ich habe ihrer desshalb stets nur beiläufig erwähnt, damit zugleich ange- deutet werde, ob und von welchen Arten die ersten Stände überhaupt be- kannt oder noch verborgen sind. Die zwei Tafeln Abbildungen haben einzig den Zweck, einige der be- sprochenen Varietäten meiner Sammlung von Delius und Circe, dann die Uebergangsformen von Melithea Parthenie und Erebia Cassiope anschaulich zu machen; sie sind eine willkommene Zugabe des Herrn F. Heuser, mei- nes hiesigen Freundes und öfteren Begleiters auf meinen entomologischen Wanderungen. Indem ich die beifolgende unvollkommene Frucht meiner Mühen, aber 2 Bm ur auch so mancher frohen und stillvergnügten Stunden, der Nachsicht und Schonung der Kritik empfehle, wünsche ich, dass sie, auf vaterländischem Boden mit Treue gepflegt, recht bald zu grösserer Reife gelangen möge! — Bargdorf, im November 1851. Meyer-Dür. I. Tribus: Papilionides. Genus Papilio. Latr. t. Podalirius. L. Hübn. fig. 388. 389. Meissner: »Seltener bei uns als Machaon. Diesseits der Alpen erscheint er nur einmal, »und zwar im Frühjahr. Im Wallis erscheint er im August zum zweiten Mal »und ist dort, zumal in der Gegend von Sitten, unsäglich gemein. « Obige Angabe, dass er nur jenseits der Alpen eine zweite Generation habe, ist ohne Zweifel auf einseitige Beobachtungen gegründet und bezieht sich wohl nur auf einzelne rauhere Gegenden, wie die Umgebung von Bern; denn schon in wenig mildern Landes- strichen, wie Arberg, Schüpfen, am Bielersee und in der Waadt erscheint Podalirius zweimal, und zwar die Erstlinge schon um den 6. Mai. Der Hauptflug vom 20. Mai bis Mitte Juni. — Die zweite Generation erscheint in den letzten Tagen des Juli und -dauert bis um den 8. oder 10. August. Der Falter ist im Ganzen mehr ein Bewohner der Hügel- und Bergregion, als des Tieflandes und seine Wohnplätze sind überall an steinigen, heissen Berghalden, auf trockenen Hügeln und in Rebbergen, wo er in prächtig segelndem Fluge sich auf blü- hende, hochragende Pflanzen setzt; in seinem Betragen hat er mit Doritis Apollo viel Aehnliches. Glarus (Heer). — Um Burgdorf nur einzeln, niemals so häufig wie Machaon. Ge- meiner ist er um Schüpfen, Arberg, am Magglinger Berg bei Biel, am Fusse des Jura ob Solothurn, im Waadtland um Aubonne, Lausanne u. s. w.; an den heissen Bergleh- nen von ÜUnterwallis, bei Sitten, Siders, Varon, bis hinauf zur Felsgallerie über dem Flecken Leuk bei 3030‘ ü. M.; ferner vom 20. bis 25. Mai an den sonnigen Berghalden bei Meiringen, wo er in besonders grossen, zierlichen Exemplaren in Menge vorkömmt. In Hinsicht seiner Färbung steht Podalirius in einem sonderbaren Gegensatz zu Ma- chaon; während Letzterer in seiner zweiten Generation meist ein höheres, intensiveres Re Gelb annimmt, sind dagegen die Sommerfalter des Podalirius weisslicher, als die sei- ner ersten Generation. — Am 10. August (1850) fing ich z. B. in Wallis, zwischen Va- ron und Inden an einem ungemein heissen Felsabhang über der Dala, so weissliche Exemplare, dass ich entweder Feisthamelii oder Zellers var. Zanclaeus aus Sicilien (Isis 1847 p. 213) erbeutet zu haben glaubte. Mit solcher Abweichung von den gewöhnlichen weiblichen Exemplaren war mir Podalirius nie vorgekommen. Die zweite schwarze Binde der Vorderflügel (von der Wurzel an) läuft in gleicher Breite bis auf den Innenrand; die vierte bildet auf dem zweiten Ast der Medianader einen Winkel. Auf den Hinter- flügeln ist der Innenrandstreif nur schmal schwarz; der zweite Streif läuft mit demselben ganz parallel und zwischen beiden bleibt ein breiter gelber Raum, der beim gewöhnli- chen Podalirius nur als eine dünne Linie durchzieht. Die Seitenstriemen des Thorax , der Bauch, sowie die Seiten des Hinterleibs sind weisslich statt gelb; selbst das Schwarze auf dem Rücken des Hinterleibs ist weisslich überstäubt und dabei viel schmäler und nicht so abstechend als beim gemeinen Podalirius der Frühlingsgeneration. Die vier schwarzen Bauchlinien sind fein und nur ihre schmalen Zwischenräume etwas gelber als der weissliche Mittelraum; der ganze Körper überhaupt nur schwach behaart; die blauen Monde der Hinterflügel höher gewölbt. Im Augenfleck und in den Schwänzen finde ich keinen wesentlichen Unterschied. — Diese Varietät bildet in jedem Fall einen deutlichen Uebergang zu Zellers Var. Zancleus von Messina, und ich zweifle nicht, dass in analo- gen Klimaten und Lokalverhältnissen, je näher dem Süden, die Sommergeneration des Podalirius auch je mehr und mehr diesen Charakter annimmt, bis sie, in Spanıen, viel- leicht noch unter besondern vegetabilischen Einflüssen zuletzt in Duponchels Pap. Feist- hamelii übergeht. Ich habe leider nur ein einziges weibliches Exemplar mitgebracht. Weiber finden sich oft hier, welche zwischen der dritten und vierten Vorderflügel- binde noch schwächere Zwischenstreife haben, und andere, an denen die vorletzte, dem Aussenrande nachlaufende Binde durch die Mitte hinab gelblich bestäubt ist. Bei einem sehr schönen Weibe aus hiesiger Gegend, wahrscheinlich von der Früh- lingsgeneration, ist die zweite Strieme der Vorderflügel bis auf den Innenrand hinab gleich breit und der Mittelstreif der Hinterflügel ist von oben herab bis auf die Mitie durch eine orangefarbene Linie getheilt. In der Grösse und dem Flügelschnitt zeigt Podalirius noch mehr Abweichungen; auch die blauen Halbmonde der Hinterflügel varieren in schwächerer oder stärkerer Wölbung. ze % Podalirius kommt auch in Kleinasien, aber meist kleiner als bei uns, vor. Die Raupe, von der des Machaon auffallend verschieden, findet sich bei uns nur sehr einzeln auf Schlehen und Pflaumenbäumen. 2. Machaon L. Hübn. Fig. 890, 391. — 775, 776 Var, Sphyrus. Meissner: »Im Mai und August auf allen Anhöhen gemein.« Die Erstlinge dieses Falters erscheinen in milden Frühlingen und in wärmeren Landesstrichen schon um den 27. bis 30. April; er nimmt dann im Flachlande zu vom 8. Mai bis um den 10. Juli und verschwindet ganz um den 20. bis 23. Juli. Der Haupt- flug ist daselbst um die Mitte Juni, auf seinen höchsten Flugplätzen erst Anfangs Juli. Die zweite Generation erscheint in milden Gegenden um den 25. Juli, der Haupt- flug um die Mitte Augusts, die letzten Exemplare in der ersten Woche Septembers. Er bewohnt die Tiefland-, Hügel-, Berg- und untere Alpenregion der ganzen Schweiz bis auf eine Höhe von etwa 4750 ü. M. In höhern Regionen ist er mir niemals vor- gekommen. Am zahlreichsten sah ich ihn am 6. Juli auf dem Gipfel des Obergurnigels, wo er in ungeheurer Menge in den Nachmittagsstunden herumflog und sich dann paar- weise auf den kothigen, vom Vieh eingetretenen Fährten niedersetzte. Im Tief- und Hü- gelland fliegt er sowohl auf fetten Wiesen, in Gärten, auf Landstrassen als auch an tro- ckenen Feldrainen; am liebsten aber im September auf blühenden Kleefeldern, nur niemals in Wäldern. Sein Flug ist wilder und unsteter als der des Podalirius und da die Raupe nur von Kulturpflanzen sich nährt, so wird der Falter auch meist nur in der Nähe menschlicher Wohnstätten (auf den Alpen um die Sennhütten) angetroffen. Seine Verbreitung ist in der Schweiz allgemein und richtet sich nach keinen geognostischen Verhältnissen. Der Jura sowohl als das ganze Molassegebiet des Flachlandes, die Alpen-, Kalk- und die untere Urgebirgsformation besitzen ihn in gleichem Maasse, daher es wirk- lich auffallen muss, dass so höchst verschiedenartige Wohnplätze so unbedeutenden Ein- fluss auf sein CGolorit ausüben, während klimatische Verschiedenheiten, zumal dem Süden zu, sowie auch die periodischen der beiden Generationen schon so mächtig auf seinen Habitus und seine Grundfarbe einwirken. Diese beiden Bedingungen also sind es, aus denen die Abweichungen unsers Falters hervorgehen und es stellt sich vor Allem heraus, dass: 1) die Frühlingsfalter im Allgemeinen ein blasseres Citrongelb aller Flügel und einen breiten schwarzen Rückenstreif haben, während die Sommerfalter durch ein erhöhteres Gelb und einen weit schmälern Hinterleibsrückenstreif sich kennbar machen; indess gehen durch oft verspätete Entwicklung der Frühlingsfalter oder durch Tempera- BE er turverhältnisse obige Charaktere zuweilen so in einander über, dass dadurch eine Menge Modificationen in Farbe und Zeichnung entstehen, aus denen sich die auffallendsten Va- rietäten herleiten lassen. 2) Dass ferner bei Machaon, je mehr er den heissen südlichern Gegenden sich nähert, die schwarze Zeichnung an Intensität zunimmt, und das Gelb zu- sammengedrängt wird, woraus dann in erster Linie die Varietät Sphyrus entsteht und bei immer mehr zunehmender Vermehrung des Schwarzen sich die allmäligen Uebergänge verfolgen lassen bis zum sardinischen Pap. Hospiton, der wahrscheinlich das äusserste Extrem bildet, und dessen Artrechte, durch sizilische Uebergangsformen, von Zeller mit allem Grunde bestritten oder wenigstens in Zweifel gezogen werden. In welchem Zusammenhange die grosse Veränderlichkeit in der Länge und Breite der Flügelschwänze und die Form und Grösse der gelben Aussenrandmonde steht, habe ich noch nicht ermitteln können; sie sind eben so wandelbar bei den Geschlechtern wie bei den Generationen; da erstere (die Schwänze) bei Hospiton sich durch auffallende Kürze auszeichnen, so ist es möglich, dass sie unter wärmern klimatischen Verhältnissen überhaupt an Länge abnehmen; denn schon Sphyrus hat sie kürzer als unser gewöhn- liche Machaon, Der Erwähnung werth sind zwei Varietäten, die erste in meiner, die zweite in einer andern hiesigen Sammlung: | 1) Ein grosses 2 der Sommergeneration mit matt chromgelber Grundfarbe; der vor- derste Mondfleck der Hinterflügel ist orangefarbig ausgefüllt. (Von Burgdorf.) 2) Ein ® der Frühlingsgeneration mit starker schwarzer Aderzeichnung und sehr breitem schwarzem Aussenrande der Vorderflügel, der in der Mitte am breitesten, somit nach innen gewölbt ist. (Ebendaher,) Das von Prof. Loew von Brussa mitgebrachte Männchen war dunkler gelb als die _ Unsrigen. Die schwarze Randbinde der Hinterflügel ungewöhnlich breit. Die gelben Randmonde der Vorderflügel haben spitze Hörner, während sie beim hieländischen fast abgestumpft sind. (Zeller Isis 1847.) Die prächtige Raupe des Machaon findet sich bei uns manche Jahre in grosser Menge auf dem Rüblikraut (Daucus Carrotta), zumal im Herbst zur Zeit des Ausgrabens. Genus Parnassius Latr. (Doritis Fabr. Ochsh.) 3. Apollo L. Hübn. Fig. 396—397. 730, 731. Meissner: »In den mittlern, sonnigen Gegenden der Alpengebirge und Thäler, auch am ae RR tg »Jura vom Juli bis in den Herbst an manchen Orten, besonders an steinigen »Halden sehr häufig. — Ueber die Laubwaldungen erhebt er sich nirgends.« In der Schweiz bewohnt dieser prächtige Falter sowohl die ganze Jurakette als die Alpenformation in ihrer montanen und subalpinen Region; im Kanton Glarus fliegt er schon im Hauptthale (Heer). Er scheint dem Urgebirge zu fehlen und kommt in der Molasseformation nur an einzelnen Lokalitäten und mehr sporadisch vor. Er hat nur eine Generation, die aber, je nach seiner vertikalen Verbreitung, zu un- gleichen Zeiten eintrifft. Die Erstlinge erscheinen am südlichen Fusse des Jura an son- nigen Steinhalden schon um den 17. bis 20. Juni, in den rauhern Berneralpthälern einen Monat später (um den 20. Juli) und in bedeutendern Höhen von 4000’ ü. M. erst um den 2. bis 10. August. Folgende Flusstellen, auf welchen Apollo frisch gefangen wurde, mögen hiefür zum Vergleiche dienen: Jura. 1) Fuss des Twannbergs . . . bei 1600 vom 17—27. Juni. 2) Ob Liegertz und Neuenstadt - 1640’ am 22. Juni. 3) Stygelos Risy am Weissenstein - 2300' - 2%. Juni. 4%) Magglinger Berg ob Biel. . - 2500 - 2. August. 5) Col de Faucille bei Genf . - 4100° - 1. August. 6) Chasseral . . .. 2.2.20 = 4400° - 13. August. Alpen. 1) Ob Meyringen . . . . . bei 2500 am 10. Juli. 2) St. Beatenberg am Thunersee - 3500° - 22. Juli. 3) Urweid bei Guttannen . . . - 3300' - 23. Juli. 4) Gadmenthal . . . 2 .2.°2.=3600' - 27. Juli. 5) Lax in Oberwallis . . . 3280—3 00° - ,8. August. 6) Kemmeriboden am Brienzergrat bei 4800° - 24. Juli. 7) Bothhorn ob Brienz . . . - 5300° - 31. Juli. Molasseformation. 1) Chevres auf dem Jorat ob Vivis bei 1800’ am 30. Juni. 2) Felswohnungen bei Krauchthal - 2000° - 20. Juli. 3) Bei Trub im Ober-Emmenthal 25. Juli. Ueber die Flugzeit des Apollo in der Waadt bei Orbe, Lasarraz, Ville-neuve, Ollon, Bex bis Martigny besitze ich keine nähern Angaben. Di Dass dieser Falter, je mehr er dem Norden sich nähert, an Grösse, Schönheit und Lebendigkeit der Farben gewinnt, gegen Süden zu dagegen kleiner und unanschaulicher wird, hat Hr. Standfuss in der entomolog. Zeitung 1846, p. 382, erwähnt. Demnach sollten also wohl in demselben Verhältniss die Exemplare der rauhen Alpen auch grösser und vollkommener sein als die des Jura, dessen heisse Felslehnen in klimatischer Be- ziehung dem Süden Europa’s besser entsprechen. Hier tritt aber ein ganz umgekehrter Fall ein; denn unser alpinische Apollo ist kleiner, die weisse Grundfarbe seiner Flügel ist klarer, dünner, mehr milchweiss, die Augenspiegel meist kleiner und blässer als bei dem jurassischen Apollo, dessen Grundfarbe dichter ist, mehr ins gelbliche zieht, worauf die schwarzen Flecken und die hochrothen Augenspiegel zierlich abstechen. Auch ist bei allen meinen jurassischen Stücken der Innenrandfleck der Vorderflügel auf der Unterseite rothgekernt, was ich bei keinem alpinischen Exemplar wahrnehme. — Diese beiden Formen haben etwas so Charakteristisches, dass es auf den ersten Blick in die Augen fällt, und nach mehrmaligem Vergleich es kaum noch möglich ist, ein juras- sisches Stück unter einer Anzahl alpinischer Falter zu verkennen. Exemplare aus der Molasseformation stehen mir leider jetzt keine zu Gebote, wohl aher 3 S und 1 2 aus Oberwallis, welche, zumal das $, durch stark schwarze Bestäu- bung auf der Flügelmitte sich auszeichnen und in allen Theilen mit Exemplaren über- einstimmen, die Hr. Mann mir vom Wiener Schneeberg mitgetheilt hat; ihre Grundfarbe ist sonst rein weiss, nicht ins Gelbliche ziehend.. — Exemplare mit noch viel stärkerer schwarzer Bestäubung, wo die weisse Grundfarbe dadurch ganz verdüstert ist, sollen am Doubs im Kanton Neuenburg vorkommen. Diese werden mit Boisduval’s Var. a) »alis obscurioribus« aus den Pyrenäen , übereinstimmen. So ausgezeichnet gross, mit prachtvollen hochrothen Augenspiegeln, ohne Pupillen, wie ich zwei Päärchen vom Rabenfels bei Liebau, in Schlesien, besitze, und wie er auch im nordwestlichen Russland allgemein vorkommen soll, bringt keine Gegend der Schweiz den Apollo hervor. Mit dem Namen »Schweizer-Nomion« bezeichnen die Deutschen die sehr seltenen Exemplare, an denen der äusserste Vorderrandfleck, sowie der über dem Innenrande , (wie beim ® von Delius), rothgekernt sind. Diese Varietät ist äber höchst selten; selbst Anderegg fand sie nur Ein Mal. — Dieser Nomion ist auch nicht zu verwechseln mit dem ächten Nomion Fischr., den ich als eigene Art von Kiächta an der persischen Seite des Kaukasus, durch Hrn. Gerichtsrath Keferstein in Erfurt, für meine Sammlung erhal- ten habe. — Bee Das Benehmen des Apollo hat viel Eigenthümliches. Wo er sich findet, ist er sehr gesellschaftlich und segelt oft paarweise in majestätischem Fluge an den sonnigen Fels- lehnen immer nur auf- und abwärts; zur Ruhe setzt er sich öfter auf Blumen, selten an die Felsen oder auf die Erde. Im Fluge lässt er ein deutliches Knistern hören, was ohne Zweifel durch die haut- oder pergamentartige Flügelsubstanz hervorgebracht wird. Meissner erwähnt eines Hermaphroditen, den er am 10. Oktober 1816 (also ganz ausser der gewöhnlichen Flugzeit) auf dem Hügel Tourbillon bei Sitten gefangen habe. Er beschreibt ihn wie folgt: »Die rechte Seite ist weiblich, die linke männlich. Die beiden Flügel der weiblichen Seite sind länger und breiter, die rothen Augenflecke ungleich grösser als die der männ- lichen Seite, auch das rechte Fühlhorn ist etwas länger und stärker, Der Hinterleib ist nur in der Mitte etwas länger behaart. Was aber den Hermaphroditismus am auffallend- sten auszeichnet, ist der After, wo nicht nur der, dieser Familie eigenthümliche häutige Sack des Weibes, sondern auch das männliche Glied deutlich hervorstehend zu sehen ist,» Die Raupe des Apollo lebt auf Sedum album und Telephium, an sonnigen Felslehnen. 4%. Delius O. (Tab. U. Fig. 1.) (Phoebus Hübn. f. 567—68. 649—51. 650—52. 684-585. varietas.) Meissner: »Dieser sogenannte kleine Apollo, der zuerst durch Jurine als eigene Art »von Apollo geschieden worden ist, war doch früher schon als var. des Apollo »bekannt und Dr. Amstein in Zizers hat ihn genau beschrieben in Füessly’s N. »Magazin I. p. 184. Er findet sich vorzüglich auf dem Col de Balme, zwischen. »Chamouny und Wallis, auch in Wallis selbst und in Bündten. Neulich ist er »auch auf der Gemmi und auf dem Hahnenmoos zwischen der Lenk und Adel- »boden gefangen worden. Ich besitze davon eine merkwürdige Varietät aus Cha- »mouny, an welcher alle sonst rothen Flecken auf der Oberseite schwarz sind, »ausgenommen die am Vorderrande der Vorderflügel. Delius fehlt im Jura ganz, bewohnt aber in den Alpen sowohl die subalpine wie die alpine Region, nur ganz andere Lokalitäten als Apollo. Während Letzterer sonnige , blumenreiche Felslehnen liebt, fliegt Delius auf hohen, sterilen Bergpässen, wo nur dürf- tige Vegetation herrscht; in rauhen Felsgegenden, selbst am Fusse und am Rande von Gletschern, besonders gerne an Alpströmen und an ausgetrockneten Beeten wilder Berg- wasser. Seine Flugzeit dauert nur kurze Zeit, etwa vom 20. Juli an bis Ende August, je nach der Höhe seines Aufenthalts, wie sich aus folgenden Daten ergiebt: 1. im Gadmenthal hoch über Gadmen bei 4500‘ ü. M. am 24. Juli, da schon et- was verllogen. 2. Am Oeschinen-See bei 4900‘ (am 28. Juli 1835 in Menge gefangen). 3. Auf der Oberwinteregg und Spitalmatt auf der Gemmi bei 5500' am 25. Juli bis 1. August. Auf dem Sustenpass bei 7000‘ um den 30. August. Auf der Furka bei 7500’ am 25—30. August. Auf den Bündtner Alpen, im Engadin, in gleichen Höhen noch im September. Si a 7. Auf den Glarner-Alpen, Tschingeln, Rieseten und Krauchthal im Winkel, im Juli und August. Beim Anblick mancher weiblichen Exemplare möchte man fast in Versuchung kom- men, diesen Falter als eine blosse Varietät oder vielmehr montane Form des Apollo zu betrachten, wenn sich nur irgendwo Uebergänge fänden, die in den wesentlichen Unterscheidungsecriterien übereinstimmten; aber eben diese bleiben sich so standhaft, dass es einer kühnen Lehre bedürfte, um dieselben bloss von klimatischen oder Lokalverhält- nissen herzuleiten. Obwohl beide Arten ganz auf dieselbe Weise in Hinsicht der Fieckenzeich- nung varieren, so berechtigen zur Artunterscheidung des Delius immerhin folgende Gründe: 1. Die beständig geringere Grösse. 2. Die schmälern, gestrecktern und weit spitzern Vorderflügel, dann die vollkommen gerundeten Hinterflügel, welche beim Apollo zwischen Vorderrand und Aus- senrand eine merkliche Ecke bilden. 3. Die stets kleinern schwarzen Flecken der Vorderflügel, von denen derjenige über dem Innenrande (zwischen der Subdorsal- und der ersten Medianader) nur beim $, beim Sg niemals rothgekernt ist, bei Letzterm (dem J) meistens ganz fehlt oder nur hie und da als blosser Punkt vorkömmt. — Apollo hat ihn stets und gross. 4. Am Vorderrand der Vorderflügel ist der äusserste Fleck bei d und ® rothge- kernt; bei Apollo niemals. Beim $ von Delius ist es auch stets der, an diesem anhän- gende untere Fleck und meistens auch derjenige über dem Innenrande, (der indess seiner Unbeständigkeit halber nicht als ein wesentliches Unterscheidungscriterium benutzt werden kann). 5. Die bei Delius viel kürzere, durchsichtige Zackenbinde vor dem Aussenrande der Vorderflügel, besonders beim J. u 6. Der Mangel des durchsichtigen Aussenrandes an den Hinterflügeln des Mannes. 7. Die dunklern Fühler und die schlankere Fühlerkolbe. Diese sämmtlichen Merkmale bleiben fest und ich habe sie nach Vergleich von 17 Exemplaren bloss desshalb aufgeführt, weil Ochsenheimer ihrer nur theilweise erwähnt. Abweichungen gründen sich alle auf grössere oder kleinere Ausdehnung, oder auch ganz fehlende schwarze Flecken, auf mchr oder minderes Vorherrschen oder Ausbleiben des Rothen, grössere oder kleinere Augenspiegel nnd mit oder ande weisse Pupillen in denselben. Meine Sammlung enthält folgende Varietäten: Y a) Ein J ohne den rothen Kern in dem äussersten Vorderflügellleck, dafür mit ei- nem kleinen Fleck im Afterwinkel der Hinterflügel, als Andeutung eines Augenflecks. b) Ein J mit einem sehr kleinen schwarzen Fleck unter dem ersten Aste der Me- dianader. Die Augenspiegel der Hinterflügel klein ohne weisse Pupille. e) Ein J. Hinterllügel unten im Afterwinkel mit rothem Fleck, der auf der Ober- seite nur durchschimmert. d) Ein Weib oben mit starker, schwarzer Bestäubung zwischen den Aesten der Me- dianader, fehlendem rothen Kern in dem untern Vorderrandfleck, sowie auch in dem Innenrandileck der Vorderllügel, und mit sehr breitem, durchsichtigem Aussenrande (v. Susten). e) Ein ausnehmend schönes Weib, welches im August 1848 auf der Gemmi gefangen wurde. Der äusserste Vorderrandfleck besteht aus drei zusammenhängenden, rothgekern- ten Flecken. Der Innenrandfleck, ebenfalls rothgekernt, ist durch einen schwarzen Strei- fen mit dem ersten Vorderrandfleck verbunden. Auf den Hinterflügeln ist zuerst ein rother Fleck an der Basis; der neben ihm liegende am Aussenrande ist auffallend gross, in die Breite gezogen, hochroth, ohne weisse Pupille. Der Mittelfleck ebenfalls gross aber weiss gekernt. Im Afterwinkel liegt noch ein kleinerer, tiefrother ohne Pupille. Alle diese 8 rothen Flecken der beiden Hinterflügel sind unter sich, vom Einen zum Andern, durch schwarze Streife vereinigt, welche dadurch einen herrlichen Kranz rings um den Hinterleibsraum bilden. Es ist ein ausgezeichnet schönes Stück ; wohl einzig in seiner Art. (Tab. I., fig. 1.) So schwarz bestäubte Delius, wie Treitschke im Supplement X. a. pag. erwähnt, habe ich niemals gesehen; auch ist sein angegebener Fundort (Neuchätel) jedenfalls irrig, da Delius in den Neuenburgischen Bergen so wenig als in irgend einem andern Theile des Jura vorkömmt. Ueber die ersten Stände unsers Falters ist noch gar nichts bekannt. —- We 9. Mnemosyne. Hübn. Fig. 398. Freyer n. Beitr. III. Tab. 217. Raupe, Puppe und Falter. Meissner: »Schon Hr. von Salis von Marschlins hat diesen Schmetterling in Bündten »auf niedern Bergwiesen und in Veltlin auf zähmern Alpen gefunden. Ich habe »ihn zuerst im Juli 1802 im Surenenthale hinter Engelberg und nachher 1809 »auch im Ger'elboden, nahe beim Anfange der Engstlenalp, also schon ziemlich »hoch im Gebirge angetroffen.« Der Falter scheint im Ganzen, zumal gegen Norden und Osten zu, eine weite Ver- breitung zu haben. In Preussen, Schlesien, Böhmen, Ober-Oestreich, Steyermark und Kärnthen ist er an einzelnen Stellen sogar gemein. Südwärts, in Italien, Südfrankreich und den übrigen Ländern längs der Küste des Mittelmeeres scheint er zu fehlen. In der Schweiz kömmt er nirgends im Flachlande, auch nicht im Jura, wohl aber in einzelnen wenigen Gegenden der Alpenkette, in feuchten Bergthälern vor. Ausser an den, von Meissner angegebenen Fundorten fliegt Mnemosyne noch in ziemlicher Menge in Cha- mouny und noch häufiger im Urbachthal hinter Meyringen bei 2800' ü. M. Selbst ge- fangen habe ich sie nie, jedoch alljährlich von einem dortigen Sammler in zahlreichen Exemplaren erhalten, und bin daher ausser Stande, über das Verhalten dieses Falters Nachricht zu geben. Seine Flugzeit dauert dort von Anfangs Juli bis tief in den August. Exemplare aus nördlichern Gegenden (in meiner Sammlung stecken 3 J von Landes- hut in Schlesien) unterscheiden sich von unsern Urbachern durch spitzere Vorderflügel und durch auffallend kleinere schwarze Flecken. Auch scheint mir an letztern die Be- haarung des Hinterleibs länger und dichter. Die Apollo-ähnliche Raupe entdeckte Kindermann 1837 im April und Anfangs Mai sehr verborgen und einsam an Corydalis Halleri; sie verpuppte sich unter abgefallenen Blättern in einem festen Gewebe. Die Puppe ist beingelb, stumpf, ähnlich den Puppen der Zygenen. Der Falter entwickelte sich noch im selbigen Frühjahr. Die jüngsten Nachforschungen im östlichen Theile Russlands haben noch mehrere in diese Gatlung gehörige, ganz neue Arten und Varieläten hervorgebracht, nämlich: 1) Helios Nikl. (Clodius Me&netr.) eine ausgezeichnete, wunderschöne Art, eine eigene Galtung (Ismene Nikl.) bildend; sie findet sich abgebildet und beschrieben in der Stettin. entomol. Zeitung 1846 pag. 207. — 2) Clarius von HS. abgebildet Tab: 51. Fig. 357. 258 Leider habe ich das Werk nicht zum Vergleich. — 3) Tenedius Eversm. — 4) Apollonius Ev. — 5) Aclius Ev. — 6) Corybas Fisch. de Waldh. — 7) Delphius Ev. sollen sämmtlich unserm Apollo nahe stehen und 8) Hard- wickii Gu£n. eine blosse Varielät von Delius sein. a = 9) Stubbendorffii Ev. und 10) Immaculatus M£netr, vom Caucasus, beide unserer Mnemosyne ähnlich. — Ich kenne ausser Helios keine von allen und weiss daher auch nicht die Analogien an- zugeben, in denen sie zu unsern einheimischen Arten stehen.. 6. Crataegi L. Hübn. F. 399. 400. Meissner: »Allenthalben sehr gemein.« Boisduval giebt als Flugzeit den Juli an; um Neapel fliegt er schon im Mai. Bei uns erscheint diese Art im wärmern Tieflande um den 29. Mai, in der Hügelregion um den 10—12. Juni, dann überall und oft in überschwenglicher Menge vom 25. Juni bis um den 5. oder 6. Juli. Er hat somit eine Flugzeit von 6 Wochen. Ueber der Bergregion wird er bei uns nirgends angetroffen. Abweichungen in der rundern oder gestrecktern Form der Hinterfllügel, in der Grösse und in der stärkern oder schwächern Bestäubung der Flügeladern, finden sich überall vermischt, ohne durch die Verschiedenartigkeit der Flugplätze influenzirt zu sein. Exemplare aus dem Jura, den Voralpen und dem mittlern Hügellande zeigen keine we- sentlichen Unterschiede; dagegen zeichnet sich ein dalmatisches Männchen von Spalatro, das ich von Hrn. Mann erbielt, durch dickere schwarze Adern, einen stär- kern Fleck der Vorderflügel und breitere schwarze Aderenden am Aussenrande, aus. Auffallend ist der geschlechtliche Unterschied an der Fühlerkolbe, den ich nirgends erwähnt finde. Bei dem Weibe ist sie nämlich in ihrer ganzen äussern Hälfte gelblich weiss, beim Manne nur an der äussersten Spitze; auch sind ‘die Hinterflügel des Weibes mehr in die Breite gestreckt, so dass sie zwischen Vorderrand und Aussenrand einen Winkel bilden, während sie beim Manne gerundet sind. Crataegi ist nicht alljährlich gleich häufg. In seinen Flugjahren (ob sie einer be- stimmten Regelmässigkeit unterworfen sind, habe ich noch nicht beobachtet) tritt er in grosser Menge auf und ist dann in seinem schwerfälligen, langsamen Fluge, auf allen Wiesen und Abhängen in überwiegender Masse anzutreffen. Crataegi fliegt auch in Kleinasien. Das von Loew von Mermeriza hergebrachte Pärchen ist von ungewöhnlicher Grösse, Das 2 auf beiden Seiten der Hinterflügel , vorzüglich am Innenrande sehr verdünnt gelblich; auch die Behaarung des Thorax ist auf seiner Vorderhälfte statt weiss, braungelblich. (Zeller Isis 1847.) Die allgemein bekannte, schädliche Raupe überwintert in Nestern an den Zweigen der Schlehenbüsche und Obstbäume und bricht im Frühjahr hervor, wo sie dann den Tag über beim Sonnenschein die Nester verlässt und die Blätter in wenigen Stunden oft kahl abfrisst. — Ba ,,” U. Tribus: Pierides. Genus: Pieris. Boisd. 7. Brassicae L. Hübn. F. 401—403. Meissner: »Allenthalben sehr gemein.« Wenn Nickerl (Entomol. Zeitg. 1845) diesen Falter auf den höchsten Kärnthneral- pen gesehen haben will, so beruht diese Angabe wohl auf einer unrichtigen Anschauung oder auf einer Verwechslung mit grossen Exemplaren von Rapae; denn mir ist Brassicae noch nirgends auf den höchsten Alpen vorgekommen und alle in meinen Notizheften be- zeichneten Flugorte stellen heraus, dass diese Art durchaus nur dem Flachlande, der collinen und montanen Region angehört; in der subalpinen Region versteigt sie sich höch- stens bis zur Baumgrenze hinauf. In den untern Regionen ist der Falter in der ganzen Schweiz überall verbreitet, doch nicht alljährlich häufig vorkommend; manche Jahre so- gar nur sparsam. Ob in dieser Periodieität eine bestimmte Regel liegt, habe ich noch nicht beobachtet. Er erscheint als Frühlingsfalter zu gleicher Zeit mit Crataegi, etwa - 4 Wochen später als Napi und Rapae, fliegt aber dann mit diesen noch einige Zeit gesell- schaftlich überall in Gemüsegärten, auf fetten Wiesen, an Waldrändern; am zahlreichsten an pflanzenreichen Wassergräben der Torfmoore, wo er mit den prächtigen Libellen unge- mein viel zur Belebung dieser Lokalitäten beiträgt. Der Flug des Frühlingsfalters ist bei seiner Schwerfälligkeit doch sehr unstät, taumelnd und gewöhnlich lange anhaltend, wesshalb das Thier bei all’ seiner Häufigkeit schwer zu fangen ist. Es sitzt gewöhnlich erst dann ab, wann es sich ganz aus dem Bereiche der Verfolgung wähnt. Weit zahmer sind die Exemplare des Sommers und die Spätlinge des Septembers. Diese lassen sich in den Gärten, besonders in Dahlien-Anlagen, ganz bequem mit den Händen fangen. Auf die äussern Merkmale, durch welche die Falter der ersten und zweiten Genera- tion, namentlich bei den Pontien, sich so auffallend unterscheiden, hat mich Zeller’s Aufsatz über die ital. und sizil. Schmetterlinge (Isis 1847) besonders aufmerksam gemacht und ich habe diese Verhältnisse, wenn auch nicht in so hohem Grade, bei unserm ein- heimischen Falter bestätigt gefunden, obwohl die Erscheinungszeit, des geographischen Abstandes wegen, sehr abweicht. Um Messina fand nämlich Zeller die Erstlinge schon am 18. Februar. Bei uns beobachtete ich sie erst vom 19. Mai an bis um den 5. Juli, und die zweite Generation vom 10. Juli an bis um die Mitte Septembers. Die letztere ist weit häufiger. —- 3 — Eine Vergleichung von 16 Exemplaren in meiner Sammlung stellt folgendes Resultat im Allgemeinen heraus: 1. Bei der Frühlingsgeneration sind die Hinterflügel breiter in die Quere gezo- gen und an der Basis schwarz bestäubt. Die Vorderflügelspitze ist grau, nicht schr scharf von der weissen Grundfarbe abstechend. Der Hinterleib oben schwarz, aber mit weisslichem Filz überzogen. 2. Bei der Sommergeneration sind die Hinterflügel mehr gerundet, an der Basis oft kaum merklich schwarz bestäubt. Die Vorderflügelspitze ist tiefschwarz, nur dem Rande nach gräulich. Der Hinterleib oben tiefschwarz, ohne weissliche Behaa- rung, unten weiss. Zeller (Isis 1847) fand bei der sizilianischen Brassicae die Unterseite der Hinterllügel bei der Sommergeneration weniger schwarz bestäubt als bei der ersten Generation. Bei unserm Schweizerfalter ist diess nicht der Fall, ebensowenig an einem S aus Granada (6. Juni). Auch nach Klima und geographischer Verbreitung ergeben sich mancherlei Modifika- tionen der Form und Färbung, ohne gerade an die Generationen gebunden zu sein; so z. B. enthält meine Sammlung; a) 1 2 von Sils in Bündten, wohl zur Frühlingsgeneration gehörend.» Flügelspitze und Flecken bloss gräulich. Letztere auffallend klein. Die Hinterflügel sehr breit in die Quere gezogen. b) 1 € aus hiesiger Gegend (von der zweiten Generation). Vorderflügel rein weiss, Spitze und Flecken tiefschwarz, gross und scharf begrenzt. Die Hinterflügel rund, stark gelblich überstäubt, an der Basis ohne alles Schwarz. c) 1 3 von Burgdorf (21. August). Der ganze Vorderrand der Vorderflügel breit schwarz. Das Schwarze an der Flügelspitze jedoch schmäler als an den gewöhnlichen Exemplaren. d) 1 3 aus Oberwallis (Lax 8. August) hat die Hinterflügel runder als alle andern. Ueberdiess zeigen die Weiber des Tieflandes im Allgemeinen einen gelblichern Far- benton als diejenigen der Berggegenden. Die so schädliche Kohlraupe ist allgemein bekannt. NB. Brassicae kömmt ausser in ganz Europa auch noch in Algerien, in Aegypten, der Berberei, Sibirien, Nepaul, Caschemir und selbst in Japan vor (Isis 1847 p. 219) und zwar in bedeutenden Abweichungen. Die von Prof. Loew aus Kleinasien (von Adirnas) mitgebrachten 2 sind nach Hrn. Zeller grösser als bei uns und die Hinterflügel auf bei- den Seiten tiefer gelblich. Be: 8. RapaeL. Hübn. F. 404. 405. Meissner: »Allenthalben sehr gemein.« Dieser Falter bewohnt wirklich alle mir bekannten Gegenden der Schweiz durch alle Regionen bis weit über den Baumwuchs hinauf, selbst bis an die Schneegrenze, Auf der Gemmi fieng ich noch frische Exemplare (am 11. Aug.) in einer Höhe von wenigstens 7000‘ ü. M. Er ist der erste der Weissfalter, der den Frühling ankündet, und erscheint bei uns 10—12 Tage früher als Napi, 3—4 Tage früher noch als Cardamines und mehr als 4 Wochen früher als Brassice. Die Erstlinge der ersten Generation beobachtete ich hier am 10. April (Zeller bei Messina schon am 15. Febr.) Die zweite Generation er- schien um den 8. Juli und die letzten Exemplare sah ich noch am 10. Sept. (Zeller bei Messina beobachtete den zweiten Flug Mitte Mai). Dass bei so ausgedehnter Verbreitung und bei so verschiedenartigen Temperaturverhältnissen, in welche der Lebenscyclus der beiden Generationen fällt, dieser Falter mancherlei Veränderungen in seinem Habitus unterworfen ist, lässt sich leicht denken; aber schwieriger ist's, die Ursachen zu entzif- .fern, welche eine jede der vielen Abweichungen hervorbringen, weil sie selbst, unter ; scheinbar ganz ähnlichen Verhältnissen, auch untermischt vorkommen. “ Betrachten wir vorerst die Wirkungen der Temperatur, so ergeben sich zwischen den beiden Generationen dieses Falters folgende Unterschiede: a) Die Frühlingsfalter sind mattweiss. Die Spitze der Vorderflügel schmal grau- lich, die Wurzel aller Flügel stark schwarz bestäubt. Der Mittelffeck der Vorderflügel sowie der Fleck am Vorderrande der Hinterflügel klein, meist blass graulich, auch ganz fehlend. Die Unterseite der Hinterflügel mattgelb, mit schwarzer Bestäubung, welche besonders durch die Medianader sich zu einem Streifen anhäuft. Der Hinterleib lang behaart. b) Die Sommerfalter sind etwas grösser, von intensiverem Weiss, mit viel brei- terer schwarzer oder schwärzlicher Flügelspitze, meist grössern und stärkern Mittelflecken, zumal beim Weibe, bei welchem noch überdiess ein graulicher Schattenstreif vom untern Fleck hinweg dem Innenrande nachzieht. An der Wurzel der Hinterflügel bleibt die schwarze Bestäubung fast ganz aus (wie auch bei den Sommerfaltern von Brassic®, Dapplidice und Napi). Auf ihrer Unterseite sind sie einfarbig blassgelb, mit kaum merk- licher schwärzlicher Bestäubung in der Mittelfalte. — Die Weiber sind oben auffallend gelblich, die schwarzen Flecken und die Flügelspitze weit stärker und grösser ausgedrückt. . Der Hinterleib nur schwach behaart, nicht so tief- und breitschwarz wie bei den Früh- lingsfaltern, etwas weiss gepudert. (In Sizilien haben die Sommerfalter nach Zeller einen fast ganz weissen Hinterleib.) Das Vorhandensein, Verblassen oder ganz Fehlen des Mittelflecks der Vorderflügel, sowie des Vorderrandflecks der Hinterflügel zeigt sich übrigens bei den Männern beider Generationen. Beim Weibe sind aber diese Flecke stets vorhanden. Ich besitze überdiess folgende Abänderungen: a) ein ® von Burgdorf (2. Septemb.), welche oben auf beiden Hinterflügeln zwischen dem zweiten und dritten Ast der Medianader noch einen schwarzen Punkt führt. b) 2 alpinische Männer (11. Aug. Gemmi bei 7000‘) stimmen in Form, Grundfarbe und schwacher Fleckenzeichnung mit unsern Frühlingsfaltern, in der sehr schwachen Wur- zelbestäubung aber mit der Sommergeneration überein. ce) 1 Mann von Burgdorf (Bätwyl 3. September) ist grösser als alle andern, mit sehr spitzen, geradrandigen Vorderflügeln. Mehrere dalmatische und kleinasiatische Stücke in meiner Sammlung verhalten sich zu unserer Schweizer-Rapae wie folgt: d) 2 Männer und 1 Weib von Lesina (April 1850) stimmen genau mit stark ge- zeichneten Exemplaren unserer Frühlingsgeneration. e) { Weib von Spalatro (Juli 1850) ist kleiner als alle unsrigen, mit auffallend geib- licher Grundfarbe, sehr breitschwarzer Flügelspitze, starken Mittelflecken und ganz feh- lender Wurzelbestäubung der Hinterflügel. Der Vorderleib gelb behaart, der Hinterleib weiss bestäubt. f) 1 Mann und 1 Weib vom Monte Mariano bei Spalatro (Juli 1850) sandte mir Herr J. Mann als nova species unter dem Namen P. Dalmatina; (vermuthlich die neu aufgestellte Art, beschrieben von Mayer in der entom. Ztg. 1851 p. 151 unter dem Na- men P. Mannii). Grösse und Wurzelbestäubung unserer Frühlingsfalter, aber von auf- fallend kurzer, gedrungener Flügelform, eonvexem Aussenrande, breit schwärzlicher Flü- gelspitze, die sich dem Aussenrande nach bis auf den zweiten Ast der Medianader hinabzieht und in welcher die Aderausläufe schwarz abstechen. Die Mittelflecke schmal viereckigt, Vorderrand der Vorderflügel in seiner ganzen Länge stark schwärzlich bestäubt. Hinterflügel unten gelb, dicht mit schwarzen Atomen übersäet. Die Zeichnung der Vor- derflügel unten wie bei unserer Rapae. Das Weib nähert sich auf der Oberseite sehr dem Weibe von Narcaea (von welcher ich 7 Exemplare von Spalatro und Lesina durch 4 ie Hrn. Mann erhielt), doch unterscheidet sich dasselbe durch Kleinheit, den weissbestäub- ten Hinterleib und auf der Unterseite durch den Mangel aller Flecken und schwärzlichen Bestäubung. Die Männer von Narcaea sind indess bedeutend kleiner; sie wechseln in der Grösse von Sinapis bis zu den kleinern Frühlings-Rapae-Exemplaren. Die Flügel- spitze ist so breit grau wie beim Weibe. Die Mittelflecke der Vorderllügel bei 2 Exem- plaren (Juli Spalatro) sehr klein und verloschen; bei 2 andern kleinern (April Lesina) feh- len sie ganz. Auf der Unterseite ist bei allen 7 Stücken weder eine Fleckenanlage noch schwärzliche Bestäubung sichtbar. Hr. Mann, der Narcaea im April und Juli häufig in Dalmatien auf Hutweiden fieng, hält sie schon ihres sehr schnellen, schiessenden Fluges wegen für eigene Art, und ich muss ihm darin, gegen die Ansicht Keferstein’s, Zeller’s u. a. Entomologen jetzt vollkommen beistimmen, obgleich ich lange Zeit, in Betracht der so grossen Veränder- lichkeit des Pontien, mich jenen Ansichten auch angeschlossen hatte. — Obwohl dieser Falter nicht mehr in das Bereich unserer Fauna gehört, so mag es nicht am unrechten Orte sein, gerade hier die Trennungsmerkmale auseinanderzusetzen, welche Narcaea von Ra- pae unterscheiden. Was mich am meisten von der Verschmelzung zu Einer Art wieder abgebracht hat, ist nämlich: bei Narcaea die sehr charakteristische, schiefe Rich- tung der 2 Vorderflügelflecke beim ®. Diese 2 Flecke sind beim $ von Rapae viel weiter vom Aussenrande entfernt und stehen fast vertikal übereinander. Bei Narcaea 2 ist der obere Fleck näher gegen den Aussenrand gerückt, der untere schief einwärts, also in gleicher Lage wie beim Weibe von Napi. Diese Fleckenstellung ist so auffallend bei allen meinen Exemplaren, dass ich mich wundern muss, sie nicht früher bemerkt zu haben und noch mehr, dass sie dem so gründlichen Zeller (Isis 1847 p. 221) entgan- gen ist. Vor dieser Beobachtung hatten wirklich alle früber benutzten Trennungsmotive keinen vollen Werth; denn die Kleinheit von Narcaea ist schwankend (obwohl Rapae sie nie erreicht); der rundere, gedrungenere Flügelschnitt zeigt sich auch bei hiesigen ver- kümmerten Napi- und Rapae-Exemplaren. Es blieb also kein anderes Criterium mehr als die ganz fleckenlose Unterseite der Vorderflügel und die einfach gelbe der Hinterflü- gel; aber auch hier fand ich zwei ähnlich gezeichnete Stücke von Rapae (Burgdorf 1. und 5. Juni). Kein Wunder also, dass in jüngster Zeit je länger je mehr die Art- rechte der Narcaea abgesprochen wurden; — sie erhält sie mit vollem Rechte nun wie- der zurück, denn Narcaea ist eigene Art, gestützt auf: 1. die beim ® in schiefer Richtung und dem Aussenrande näher liegenden 2 Flecke en der Vorderflügel: auch bei den seltnern Männern, welche einen Mittelfleck haben, steht solcher dem Aussenrande näher, als bei allen Rapae-Exemplaren, ganz wie bei Napi; 2. den kleinen, aber deutlichen schwarzen Queraderstrich auf der Mitte der Vorder- flügel beim ® (den ich an keinem Rapae $ je gesehen habe); 3. auf alle ihre, bis jetzt dafür gehaltenen Differenzen, welche für sich allein, ohne Hinzuziehung von 1. und 2., nicht genügend und durchgreifend gewe- sen waren. t Die Wahrscheinlichkeit des Artrechtes von Narcaea wird noch um so grösser durch die unter var. d) erwähnten 3 Rapae-Exemplaren aus Lesina, die aus gleicher Gegend und Bezugsquelle herrühren, urd doch in allen wesentlichen Merkmalen mit unserer gemeinen Rapae und nicht mit Narcaea übereinstimmen. Ich habe mich desshalb so weitläufig über diesen Falter aussprechen müssen, damit man nicht ferner in Versuchung komme, südliche Modifikationen von Rapae, oder kleine ungefleckte Frühlingsexemplare unsers Schweizerfalters für die wahre Narcaea zu halten. g) 2 türkische d und 1 2, im Mai bei Brussa gesammelt, unterscheiden sich von dem hieländischen Frühlings-Rapae nur dadurch, dass das Weib einen stärker gelblichen Farbenton und sehr geringe schwarze Wurzelbestäubung hat; ferner, dass es auf der Unterseite der Hinterflügel kaum sichtbar mit schwarzen Atomen besprengt ist. h) 1 Pärchen, ebenfalls von Brussa, aber erst im August auf hohen Berglehnen gefangen, bildet eine deutliche Mittelstufe zwischen unserer Sommer-Rapae und der oben unter f) erwähnten Dalmatina (Mannii Mayer). Die Hinterflügel sind gerundeter als bei unserm hieländischen Falter; der Hinterleib bei beiden Geschlechtern fast ganz weiss überpudert. Die Oberseite der Flügel rein weiss, beim J mit höchst geringer, beim © ohne alle schwärzliche Wurzelbestäubung. Die Unterseite der Hinterflügel fast rein gelb, ohne merkliche Atome. Im Uebrigen gleicht der d unsern gewöhnlichen Sommer- exemplaren mit kleinem Mittelfleck und grauer Flügelspitze. Das $ aber hat den kurzen, gedrungenen Flügelschnitt der var. Dalmatina von Spalatro. Der Aussenrand der Vorder- flügel ungewöhnlich stark ausgebaucht (convex). Die Flügelspitze breit schwarz, die bei- den Mittelflecke, sowie der Fleck am Vorderrande der Hinterflügel gross, schwarz und eckig. Diese Brussaer beweisen neuerdings, zu welchen auffallenden Abweichungen un- sere Rapae, je nach Klima und physischen Einflüssen, befähigt ist. u 9. Napi L. Hübn. Fig. 406. 407. — Var. Napaeae. Hübn. F. 664. 665. — Esp. Tab. 116. Cont. 71. F. 5. — Var. Bryoniae Hübn. F. 407'. Meissner: »Wie die Vorhergehenden im April und Juli allenthalben gemein.« Die Stammart Napi ist über die ganze Schweiz in gleicher Häufigkeit wie der vorige verbreitet. Die erste Generation erscheint gewöhnlich 8-10 Tage später als Rapae, in milden Gegenden um den 20. April (Schüpfen, Biel, Waadtland); in der rauhern Hü- gelregion um den 1. Mai (Bern, Burgdorf) und der Flug dauert bis um den 10. Juli, kömmt somit in die Anfangsperiode der zweiten Generation hinein. Von der zweiten Generation sah ich die ersten Plänkler am 8. Juli und die letzten abgeflogenen Exemplare am 1. September. Der Falter hat also bei uns eine Flugzeit von 41/; Monaten und in die mittlere Pe- riode derselben fällt das Erscheinen seiner montanen Varietät Bryoniae; um .den 12. bis 20. Juni. Auffallend gross im gesammten Habitus ist der Abstand dieser beiden Generationen von Napi, wie die Art wenigstens bei uns vorkömmt. Die Exemplare der ersten Generation haben die Grösse der Frühlings-Rapae. Der Aussenrand der Vorderflügel ist convex, die Hinterllügel breit gestreckt. Die Basis aller Flügel lebhaft schwarz, welche Farhe sich beim Manne auch längs dem Vorderrande hinzieht. Die Adern am Aussenrande in schwarze Enden auslaufend. Auf der Unterseite der Hinterflügel sind alle 9 Adern breit grün bestäubt und scheinen auf der Oberseite deutlich durch. Die Flügel- spitze, sowie die Vorderflügelllecke sind oben grau. Beim Manne fehlen dieselben, ebenso der Fleck am Vorderrande der Hinterflügel, oft ganz. Der Hinterleib ist tiefschwarz, grau pubescirend, am Bauche schmal weiss. Die zweite Generation (um Burgdorf nur als Var. Napaeae Esp. vorkommend) zeichnet sich aus: durch bedeutendere Grösse, gerundete Hinterflügel, reineres, dichteres Weiss ; schwärzer abstechende Flügelspitze und Flecke, geringeres Schwarz an der Wurzel, kaum merkliches Durchschimmern der Hinterflügeladern. Der Hinterleib des Mannes ist am Bauche viel breiter gelblich-weiss, der des Weibes fast ganz gelblich-weiss überpu- dert. Noch ausgezeichneter ist die Unterseite der Hinterflügel: sie ist bald blass, bald sehr iebhaft gelb, aber statt aller 9 Adern ist meistens nur die Medianader auf der In- nenrandseite und 3—4 Aeste derselben, an ihren Anfängen, breit schwärzlich-grün bestäubt. Bei manchen Exemplaren verschwindet diese dunkle Adernbestäubung so, dass auf der = Mn Oberseite kaum noch etwas durchschimmert. Ein Weib (Burgdorf 1. Aug.) hat auf der Oberseite einen mehr gelblichen Farbenton und der Vorderrand der Vorderflügel ist seiner ganzen Länge nach fahlgelb bestäubt, so auch die Basis der Hinterflügel. Die Weiber der zweiten Generation sind überhaupt um die Hälfte grösser als die des Frühlings und so auffallend verschieden, dass man sie, einzeln gesammelt, für eigene Art halten möchte. . Während der Frühlings-Napi meist nur in der Nähe unserer Wohnungen, in Gemüsegär- ten, einzeln herumfliegt und ziemlich schwer zu fangen ist, tummelt sich der Sommer- Napi lieber gesellschaftlich an sonnigen Waldrändern herum und ist an manchen solchen Stellen, zumal um Burgdorf, unsäglich häufig. Die dunkle Varietät Bryoniae ist eine vollkommen ausgeprägte montane Form ad Frühlings-Napi, die auf unsern subalpinen Waldwiesen und üppigen Weidabhängen in al- len Uebergängen vorkömmt. Zwei Weiber des gemeinen Napi von Meyringen (25. Mai) ähneln durch breite dunkle Adern und grosse Mittelllecke schon auffallend der Var. Bryo- niae, wie sie dorten, 800—1500‘ höher, am Zwirgi und am Rosenlaui vorkömmt. Die Männer von Bryoniae haben die Grösse des Sommer-Napi, aber auch die schwarze Wurzelbestäubung und dunkeln Aderausläufe des Frühlings-Napi. Unten sind die Hinterflügel lebhafter gelb als bei der Stammart, am Vorderrande gegen die Basis hoch orangegelb, die grüne Aderbestäubung breiter und abstechender. Die Weiber varieren in dunklerer oder hellerer Grundfarbe ins Unendliche. In den Alpen des Ober- hasle-Thals werden besonders die Vorderflügel oft ganz dunkelgrau. Diejenigen des Jura (von der Hasenmatt, vom Nesselboden, Brenets, vom Doubs u. s. w.), sowie auch die aus den Waadtländer-Alpen (Dent de Jaman, Ormond u. s. w.) behalten einen mehr gelb- lichen Farbenton. Am 12. Juni (1850) fand ich auf dem Nesselboden bei 2800° ü. M. beide Geschlech- ter, aber weit mehr Männer, in unsäglicher Menge. Ich werde trachten dieses Jahr dorten die Raupen aufzufinden, um zu erforschen, ob diese im Tiefland mit gewöhn- lichem Futter aufgezogen, dennoch die Var. Bryoniae liefern. Die in Boisduv. Index p. 4 angeführte Var. Sabellicae Steph. ist mir unbekannt. In meiner Sammlung stecken 2 Napi-Paare von Brussa in Kleinasien, welche Hr. Mann im Juli und August an den dertigen Bergen sammelte. Beide 8 gehören zu der Varie- tät ohne schwarze Flecken auf der Oberseite, stimmen aber 1) im Flügelschnitt, 2) in der starken schwarzen Wurzelbestäubung, 3) in den schwarzen Aderausläufen , 4) dem geschwärzten Vorderrande der Vorderfiügel, 5) der breit- und tiefschwarzen Ober- seite des Hinterleibes und 6) in den breiten, graugrünen, oben stark durchschimmernden Ba Ta Aderstreifen der Unterseite der Hinterflügel, genau mit unserm Frühlings-Napi. Dagegen ist bei dem einen unten die Spitze der Vorderflügel und die Grundfarbe der Hinterflügel viel bleicher gelb als bei den meisten unsrigen. Das andere, grössere Exemplar hat diese Stellen unten beinahe weiss ohne alle gelbe Mischung, — selbst der orangefarbige Randstreif an der Wurzel der Hinterflügel, der besonders den d von Var. Bryoniae so auszeichnet, ist bei diesen Kleinasiaten verschwunden. Von den beiden $ stimmt das eine ganz mit unsern bleichern, kleinfleckigen Früh- lingsweibern; das andere ist sehr klein, kaum wie ein Narcaea männchen; es hat den rundlichen Flügelschnitt unsers Sommer-Napi, kaum merkliche, schwarze Wurzelbestäubung, eine schmal schwärzliche Flügelspitze und oben nur einen einzigen kleinen Mittelfleck (statt wie gewöhnlich 2) auf den Vorderflügeln und einen noch geringern am Vorderrande der Hinterflügel. Unten ist Alles sehr bleich und die Aderstreifen wie verwaschen. Diese beiden $ stehen also genau in der Mitte zwischen unserer Frühlings- und Sommergene- ration und beweisen, dass im Süden die Temperaturverhältnisse der Jahreszeiten einen fast unmerklichen Uebergang im Habitus der beiden Generationen hervorbringen, während bei uns diese Abstände so höchst auffallend sind. 10. Callidice Esp. Hübn. F. 408. 409 d. — 551. 552 5. Meissner: »Auf den höchsten Alpen, z. B. Oberaar, Gemmi, Cherbenon; doch hab’ »ich ihn auch in Thälern gefunden, z. B. am südlichen Fuss der Gemmi ober- »halb den Bädern, vor dem Rhone-Gletscher u. a. O. Er fliegt sehr schnell »und ist schwer zu fangen. « Wenn dieser Falter nicht 2 Generationen hat, so dauert seine Flugzeit ziemlich lange. In der subalpinen Region (beim Rosenlaui-Gletscher 4600‘ .ü. M.) erscheint er schon um die Mitte Juni; in bedeutendern Höhen (am Rhone-Gletscher 5400‘, an der Breitboden- Alp bei 6000‘) um die Mitte Juli, und auf der Höhe des Grimselpasses beim Todtensee, Meyenwand bei 6700° erst um den 6—15. August. Der Falter fliegt auch, wiewohl sel- ten, auf den höhern Waadtländer-Alpen: Diablerets und Alp Paneyrossaz, häufiger in Chamouny, am häufigsten jedoch auf den Berner- und Walliser-Alpen. In den Glarner- Alpen bis auf 7000° gemein. Callidice variert bedeutend in der Grösse, mehr noch in der stärkern oder schwä- chern Anlage der schwarzen Fleckenzeichnung. Es finden sich Weiber, an denen die schwarzen Flecke der Oberseite ausnehmend schön in einander verfliessen und grelle Binden z bilden, wie ich 1850 u merkwürdig schönes Stück bei Anderegg sah. Bei andern nimmt die grüne Färbung auf der Unterseite der Hinterilügel so überhand, dass die weis- sen Strahlen nur noch als dünne Striche erkennbar bleiben. Eine solche Lokalvarietät, und gewiss nichts Anderes, ist Freyer’s Chrysidice neue Beitr. VI. Tab. 512. F. 4. aus der Türkei. Die Raupe ist noch unbekannt; sehr wahrscheinlich lebt sie auf Sempervivum arach- noideum L., oder auf Erucastrum montanum, Hegetschw., welche Pflanzen an den Flug- stellen des Falters so häufig vorkommen. 11. Dapplidice L. Hübn. F. 414. 415. $ wie die Sommergeneration in Wal- lis. — F. 777. 778. 2 Var. — F. 931—934. 3 Var. als Belemida (die Frühlingsgeneration). Freyer n. Beitr. VI. Tab. 553. Meissner: »Bei Bern im Frühling und August selten. In Wallis sehr gemein.« Mit der ersten Angabe unsers sel. Meissner sind meine Beobachtungen nicht über- einstimmend; denn um Bern ist während meiner langjährigen entomologischen Sammelzeit nie eine Dapplidice gesehen worden, und die wenigen mir bekannt gewordenen Flugstel- len beschränken sich auf den südwestlichen Theil der Schweiz und auf einzelne wärmere Tieflandgegenden des Kantons Bern. Aber auch da wurde keine Frühlingsgeneration be- obachtet. Der Falter scheint daher bei uns auch nur in Einer Generation, nämlich im Sommer vorzukommen. Um Lausanne selten, häufig dagegen in der Cöte Ende Juni und im Juli, niemals im April (De-Laharpe). Am 11—17. Juli in frischen Exemplaren häufig in Wallis zwi- schen Sitten und Siders, an der Strasse längs der Rhone (Rothenb.); im Juli sehr einzeln auf der Aarberger Almend, wo die Raupe wahrscheinlich auf der dort häufig wachsenden stumpfkantigen Rempe (Erucastrum obtusangulum) lebt (Rothenb.). Im Juli in Wal- lis: bei Gamsen (Anderegg). Am 9. und 10. August 1850 sah ich den Falter sehr zahl- reich zwischen Siders und Salgetsch auf dürren Brachfeldern gegen die Rhone hinunter, auch an der Felsgallerie ob Varon, hoch über dem Flecken Leuk, in ganz frischen - Stücken, beide Geschlechter. Sein Flug war so rastlos und flüchtig, wie der der Galli- dice, und ich konnte nur 4 Exemplare mit grosser Mühe erbeuten (Meyer). Da Meiss- ner diesen Falter als um Bern vorkommend angiebt, so muss seine Angabe auf einem Irrthum beruhen, oder derselbe ist seither, wie so manche andere Art, in Folge der a stets zunehmenden Agrikulturverhältnisse dort ganz verschwunden, so gut wie um Burgdorf die früher gemeinen Pap. Briseis, Bomb. Hera u. a. In meiner Sammlung stecken von Dapplidice 17 Exemplare (2 von Wien, 3 von \ Berlin, 1 aus Granada, 2 von Smyrna, 2 von Lesisa, 2 von Spalatro und 5 aus Wallis). Die Walliser kommen den Süd-Europäern weit näher als den Deutschen; sie haben ein intensiveres, gelblicheres Weiss, sehr wenig schwarze Wurzelbestäubung; die grünen Flecke der Unterseite stark mit Gelb vermischt und der Hinterleib, besonders bei dem Weibe, weiss überpudert. Ein Weib von Siders (10. Aug.) ist von dem aus Smyrna und den Dalmatiern nicht zu unterscheiden. Genus Anthocharis Boisd. (Pontia. Ochsh.) 12. Belia F.; nebst Var. a) Ausonia, „ b) Simplonia. Belia Hübn. F. 417. 418: 1) Var. Bellezina God. (Tagis Boisd. Anderegg). Belledicee Hübn. Fig. 929. 930. 2) Var. Tagis O. Hoffmg. Hübn. 565. 566. — Freyer n. Beitr. V. Tab. 364. F. 1. 3) Var. Ausonia ©. Hübn. F. 582. 583. und F. 416 (als Belia). 4) Var. Simplonia B. Freyer n. Beitr. II. Tab. 73. F. 2. Meissner: »Belia findet sich nach Jurine auf steilen Gipfeln der sogenannten Allee- blanche, auch schon auf dem grossen St. Bernhard. Ausonia in Chamouny und auf dem grossen St. Bernhard. Man wird wohl allgemein jetzt einverstanden sein, Ausonia und Belia als Eine Art zusammenzuziehen und Simplonia als Lokalform von Ausonia damit zu vereinigen, obgleich alle ältern Autoren, wie Ochsenh., Treitschke, Hübner, sowie auch Boisduval und Duponchel sie als eigene Arten getrennt hatten. Boisduval (Annales de la Soc. ent. de France 1844 p. 68) überzeugte sich aber später seines Irrthums durch die Raupenzucht und bewies, dass Belia und Ausonia Eins sind; und zwar entsteht Belia oder die Form mit perlmutterglänzenden Flecken im ersten Frühjahr aus überwinterten Puppen, wäh- rend Ausonia (die Stücke mit mattweissen Flecken) die Sommergeneration ist. Simplonia endlich (Hübner’s Marchandae F. 936) bildet die montane Form von Ausonia und fliegt im Juli auf dem Simplon. Sie zeichnet sich aus: durch stark behaarten a 0 Hinterleib, haarige Oberseite und gelblichen Grund der Hinterflügel, durch viel grössere Ausdehnung des schwarzen Mittelflecks und der Spitze der Vorderflügel beim Weibe. — Eines meiner Simplonia-Weiber von Anderegg ist auf den Hinterflügeln so auffallend schwarz überstäubt, dass die weisse Fleckenzeichnung der Unterseite nur wenig durchschimmert und auf den Vorderflügeln der schwarze Mittelfleck fast strahlenartig in die Flügelspitze verläufl. Von Belia besitze ich 2 Exemplare aus Chamouny und 5 von Nizza, die sich unter einander im Geringsten nicht unterscheiden. Dagegen wird von Anderegg eine kleine Varietät derselben, mit etwas kürzern, rechtwinklichten Vorderflügeln als P. Tagis ausgege- ben, die weiter nichts ist als die erwähnte Varietät 1) Belledice Hübn. F. 929. 930. (Belle- zina, Godart). Mein männliches Exemplar hat indess doch die Unterseite der Hinterflügel ganz ohne Perlmutterglanz, und der Nadel nach stammt es aus Wallis nicht. Es ist daher Tagis Boisd. aber nicht die Ochsenheimer'sche Tagis, welche Hofmannsegg aus Portugal brachte. Letztere ist ein Falter, der zwar jener Belledice schon nahe steht, aber immer noch durch spärlichere, weisse Fleckenbildung auf der Unterseite der Hinterflügel ab- weicht. Da indess alle diese, mit so verschiedenen Namen belegten Falter, der Wahr- scheinlichkeit nach doch nur blosse Racen einer und derselben Art (Belia) sind, so habe ich sie in den Citaten Alle systematisch angeführt, obwohl nur Belia, Simplonia und vielleicht Ausonia in das Bereich unserer Schweizerfauna gehören. — Ich sehe, dass in der Synonymie auch Hr. Keferstein mit mir einig ist. (Crit. syst. Aufst. ent. Zeitg. 1851. p: 316). Weder Belia, noch Ausonia, noch Simplonia habe ich je im Freien selbst beobachtet und kann desshalb über ihr Verhalten keine Nachricht geben. Das Vorkommen der A u- sonia in ihrer südlichen Normalform, möchte ich innerhalb unseres Faunengebiets sogar in Zweifel ziehen. NB. Ausonia brachte Prof. Loew auch aus Kleinasien von Kellemish. Beim ® zeigte sich der Mittelfleck auf den Vorderflügeln, besonders auf der Unterseite, ausnehmend gross, fast wie bei Dapplidice (Zeller Isis 1847). 13. Cardamines L. Hübn. F. 419. 420 2. — 4924. 435 d. — 791. 792 2 Var. Meissner: »Im Frühjahr nicht selten.« Dieser, bei uns überall bis in die subalpine Region hinauf vorkommende Falter er- scheint in den wärmern Theilen des Tieflandes schon um den 13—15. April, im mittlern 5 2 a Hügellande um den 2—3. Mai; im Oberhasle, zunächst in den Wiesen bei Meyringen, um den 25. Mai in grosser Menge; im Jura um den 12. Juni; in hohen Alpenthälern , wie bei Guttannen und im obern Gadmenthal, erst um den 20—24. Juli. Ein, wahrschein- lich verspätetes, sehr blass-rothes Männchen (doch wohl keine zweite Generation) fieng ich sogar 1848 am Meyenmooswalde bei Burgdorf noch am 1. Oktober. In Sizilien fieng Zeller die Erstlinge Anfangs Aprils. Eine zweite Generation von Cardamines ist wohl nirgends beobachtet worden. Abänderungen des Colorits zeigen sich in dem dunklern oder bleichern Schwarz der Flügelspitze, in der blassern oder lebhafteren Orangefarbe und in dem grössern oder kleinern schwarzen Mittellleck der Vorderflügel. Die jurassischen Exemplare haben die- sen Mittelfleck ‚am kleinsten, fast so klein wie meine zwei schlesischen; am grössten und stärksten besitzt ihn ein kleines Männchen von Lesina (v. Mann). Diesem am nächsten stehen die Exemplare aus der Gegend von Meyringen. Die sehr kleine Varietät Turritis (Bergstr.), die nur so gross wie ein gewöhnli- cher Alexis und auf höhern Bergwiesen fliegen soll, ist mir bis jetzt nirgends vorge- kommen. — Cardamines hat einen langsamen, schwächlichen Flug. Er liebt hauptsächlich feuchte Waldwiesen, wo man ihn des Abends oft in Menge auf den Blumen von Cardamine pra- tensis L. ruhend findet. Die Raupe lebt aber auf Erysimum alliaria, wovon sie die Schoten frisst. Das Weib ist weit seltener als der Mann. Hübner bildet es in zweierlei Färbungen ab. F. 419, 420 ohne gelblichen Anflug auf der Oberseite der Hinterflügel und F. 791, 792 mit gelblichem Anflug. Zu dieser letztern Var. gehören alle meine Weib- chen vom Jura und aus Oberhasle. NB. 1. Die von Loew von Ephesus bis zur Südküste Kleinasiens gesammelten Stücke sollen sich durch ungewöhnliche Grösse auszeichnen. (Zeller, in der Isis 1847.) 2. Die in Russland am Kaukasus vorkommende Damone (Hübä. 1010, 1011 soll nach Keferstein und nach Prof. Eversmann’s Versicherung blosse Varietät von Cardamines sein. Allerdings haben schon meine dalmatischen Männchen von Cardamines den Mittelpunkt der Vorderflügel so gross und dreieckig wie Damone und ist also nur die Grundfarbe (weiss, statt schwefelgelb), so auffallend verschieden. Damone 3 hat aber auch den Orangefleck der Vorderflügel durch einen dunkeln Streifen abbegrenzt, was ich noch bei keinem Cardamines gesehen habe. = we Genus: Leucophasia Steph. (Pontia Ochsh.) 14. Sinapis L. Hübn. Fig. 410. 411 (ein $ der Frühlingsgeneration). Fig. 797. 798 (3 der Frühlingsgeneration, aber nicht Lathyri, wie angezeichnet). Meissner: »Allenthalben im Mai und Juli.« Er bewohnt in der Schweiz gleiche Lokalitäten wie Cardamines, doch habe ich ihn nirgends so hoch über der Hügelregion angetroffen. Er erscheint etwa 6 Tage später, fliegt aber mit ihm noch längere Zeit und tritt später noch in einer zweiten Genera- tion auf. Die erste Generation erscheint in mildern Gegenden (Schüpfen , Aarberg, Waadt) um den 20. April; in rauhern (Burgdorf, Emmenthal) um den 5. oder 6. Mai und dauert daselbst bis um den 25. Juni, etwa 5 Wochen. Um Messina fieng ihn Zeller schon am 23. März. Von der zweiten Generation beobachtete ich die Erstlinge um Burgdorf am 12. Juli, den Hauptflug im August und das letzte Exemplar am 3. September. Die seltsamen Abweichungen, in welchen dieser Falter je nach seiner geographischen Verbreitung vorkömmt, sind durch Dahl, Borkhausen, Boisduval u. A. unter den Namen Lathyri, Erisymi und Diniensis längst bekannt und wurden ihre Artrechte vielfach be- hauptet und wieder‘in Zweifel gezogen. Aber der ebenso auffallenden Unterschiede der Ge- nerationen unter sich, finde ich nirgends etwas erwähnt, obwohl sie bei keiner Pontien- Art so deutlich wie bei Sinapis hervortreten. Treitschke spricht wohl von der Veränder- lichkeit der Färbung aber ohne Berücksichtigung der Flugzeit. Die 23 Exemplare meiner Sammlung und sämmtliche meiner Duppleten liefern fol- gendes Ergebniss: Erste Generation. (Hübners fälschlicher Lathyri Fig. 797. 798.) Die Männer haben oben eine aschgraue Flügelspitze, die nur in der Mitte zuweilen dunkler ist. Dieser Fleck berührt den Vorder- und Aussenrand ganz. Vor dem Fransenrande zieht sich eine feine schwarze Linie gegen den Innenrand hinab. Die starke, schwarze Wurzel- bestäubung zieht sich auf den Vorderflügeln nur noch graulich dem Vorderrande nach. Zwei Adern unter dem Fleck laufen schwärzlich in den Rand aus. Unten ist die Vor- derflügelspitze grünlich gelb, am Vorderrande gegen die Basis zu ein dunkler Streif, in welchem ein weisslicher Punkt steht. Die Unterseite der Hinterflügel lebhaft grün-gelb ; WE = der Raum in der Medianader bleibt weisslich und von diesem aus zieht ein heller Strahl nach dem Aussenrande. Zwei dunkle, grauliche Mittelbinden laufen mit dem Aussenrande parallel; die äussere bricht sich an jenem Strahl. Diese ganze Zeichnung schimmert auf der Oberseite deutlich durch. Das Weib (Hübn. F. 410. 411) ist etwas grösser, mit breitern Flügeln und gerun- deterer Spitze. Der Vorderllügelfleck oben besteht nur aus 3—4 getrennten, grau be- stäubten Aderausläufen oder fehlt ganz. Der Vorderrand ist kaum merklich grau bestäubt. Die Unterseite ist dem J gleich. ‘ So zeigen sich alle meine Frühlingsexemplare von Burgdorf und Meyringen und die einzige Veränderlichkeit besteht darin, dass bei den spätern, bald abgeflogenen Stücken das lebhafte Gelbgrün der Unterseite der Hinterflügel verblasst und die Binden matter und graulicher hervortreten. Ein solches Männchen, nur etwas kleiner als die hiesigen, besitze ich auch aus Lappland von Keitel. Die zweite Generation zeichnet sich aus: durch ein dichteres Weiss. Die schwarze Wurzelbestäubung ist beim 3 geringer und fehlt dem 2 ganz. Der Fleck in der Vorderflügelspitze beim 3 ist nicht nur grau, sondern tiefschwarz und sticht prächtig von der weissen Grundfarbe ab. Die feine, schwarze Randlinie fehlt und die schwarzen Aderausläufe verschwinden fast ganz. Die Zeichnung der Unterseite der Hinterflügel schimmert oben nur schwach durch. Unten ist die Zeichnung beim JS wie bei der er- sten Generation, aber die Färbung bleicher; auf den Hinterflügeln höchst unbedeutend , fast weiss, und nur an dem Mittelstrahl häuft sich etwas grauliche Bestäubung zu einer undeutlichen Binde an. Das Weib ist auf beiden Seiten fast ganz weiss. Von einem Vorderflügelfleck ist kaum ein Schatten und die fast verschwundenen Schatlirungen auf der Unterseite der Hin- terflügel lassen oben nichts mehr durchschimmern. i In Wallis ist die Sommergeneration von der hiesigen sehr abweichend. Meine zwei Männer (vom 10. Aug:) von Salgetsch und zwei andere (vom 8. Aug.) von Möril und Na- ters, sowie alle die ich überhaupt dorten näher besah, haben den Fleck in der Vorder- flügelspitze viel kleiner und runder, vom Rande abstehend, daher ringsum von der weis- sen Grundfarbe umzogen. Die schwarze Wurzelbestäubung fehlt ganz und die Zeichnun- gen der Hinterflügel sind unten nur noch als lichte Schatten erkennbar. Diese Walliser bilden den unverkennbarsten Uebergang zu der südlichen Varietät: Diniensis, deren Unterseite vollkommen weiss ist. Ein d vom Fusse des Munte Mariano in Dalmatien (Juli 1850. Mann) stimmt mit _ ae unserer hiesigen Sommergeneration bis auf eine mehr gelbliche Unterseite der Hinterllügel des Dalmatiers. Zwei Männer von Var. Lathyri aus Spanien, zeigen eine sehr schmale, gestreckte Form der Vorderflügel und den grauen Vorderflügelleck unserer Früh- lingsfalter; die Oberseite der Hinterflügel grünlich-gelb angeflogen, aber die Unter- seite derselben ist dadurch verschieden, dass die strahlartigen Binden sich zu einer gleichmässig grau-grünen Flügellläche verschmolzen haben, worauf nur ein länglicher, weisslicher Wisch an der Discoidalzelle und ein heller, dreieckiger Keil am Aussenrande deutlich begrenzt hervortreten. Auf den Vorderflügeln ist der schwärzliche Vorderrand- streif an der Basis so schmal, dass der, bei Sinapis darin stehende, weisse Punkt hier ausserhalb desselben gerückt ist. Für etwas Anderes, als eine schöne, stark ausge- prägte, südliche Form des Sinapis ist Lathyri kaum zu halten, obwohl Boisduval im In- dex unter Nr. 34 und Keferstein ent. Zeitg. 1851 p. 314 ihn als eigene Art gelten lassen. Borkhausen’s Var. Erysimi (utrinque albida) kenne ich nicht, wenn sie mit Diniensis © nicht etwa identisch ist. NB. Von Mann erhielt ich ein Pärchen von Brussa (asiat. Türkei), im Juni an Berglehnen gefangen. Es bildet einen deutlichen Uebergang von unserm Frühlings-Sinapis zum spa- nischen Lathyri und dürfte somit Letzterer, als eigene Art, jetzt mit noch grösserer Sicherheit gestrichen werden. Der Vorderrand der Vorderflügel zeigt nur sehr schwache, grauliche Bestäubung. Der Fleck der Flügelspitze beim J ist grau, nur vor der Mitte dunkler. Unter demselben die schwärzlichen Aderausläufe, ganz wie bei unserm Frühlings- Sinapis. Die Unterseite der Hinterflügel lebhaft gelb-grünlich, aber das Strahlenartige schon mehr gleichmässig verflossen, fast wie bei Lathyri. Dagegen ist an den Vor- derflügeln unten der schwärzliche Vorderrandstreif wieder so breit wie bei unserm Sinapis, so dass der weisse Punkt innerhalb demselben steht, während er bei Lathyri herausge- rückt ist. Bei dem Weibchen ist Alles im gleichen Verhältniss wie beim J, nur blasser. Hübners Lathyri F. 797. 798 ist, wie oben bemerkt, nicht die ächte spanische Süd- form Lathyri, sondern der Mann unsers hieländischen Frühlings-Sinapis. Den spanischen Lathyri hat Hübn. nicht, wohl aber ist er abgebildet in Godart Suppl. T. 2. pl. 43. F. 4. 5. Genus: CGolias. Boid. Ochsenh. 15. Edusa L. ' Hyale Hübn. F. 429—431. Meissner: »Im August bis spat in den Herbst ziemlich häufig in den Ebenen wie auf Br ae »den Alpen. Ich fieng ihn bei Bern einst noch im Anfang Novembers. Helice »(Hübn.) ist bloss eine Abänderung der weiblichen Edusa, die mehrmals in der »Gegend von Bern gefangen wurde; ich fieng sie auch 1810 auf den Alpen des »Tremola-Thals.« Boisduval giebt als Flugzeit an: Mai und August. In hiesiger Gegend habe ich in- dess nie eine Edusa im Mai gesehen, wohl aber die ersten Exemplare am 15. Juli und dann fortdauernd bis Anfangs Oktobers; von der Mitte Septembers an am häufigsten. In Italien soll der Falter (nach Zeller) das ganze Jahr hindurch vorkommen. Bei Messina fieng er ihn schon am 9. Februar. Er fliegt, wie seine Nächstverwandten Phicomone und Hyale, ungemein rasch und anhaltend, meist in gerader Linie, etwa mannshoch über der Erde und sitzt dann auf Blumen ab. Er bewohnt die Kleefelder der Ebene und die sonnigen Abhänge der Hügel- region. Auf den Alpen habe ich ihn nirgends angetroffen. Der Falter ist wenigen auf- fallenden Abänderungen unterworfen; die einzige bedeutende ist seine Var. Helice, die aber nur in weiblichen Exemplaren vorkömmt und sich von der Stammart durch eine gelblich-weisse, statt roth-gelbe Grundfarbe, unterscheidet. Diese Abart ist indess bei uns höchst selten; etwas häufiger ist sie im Waadtland, um Morges, Aubonne u. s. w. (De-Laharpe). Um Salzburg soll sie (nach Speyer) allgemein, anstatt der Stammart vor- kommen. Mein einziges Exemplar stammt von Kindermann aus Sarepta (Süd-Russland). Von der Stammart Edusa stecken in meiner Sammlung neben 8 hieländischen Stücken noch 1 JS von Gibraltar (11. Juli), 1 8 von Konstantinopel, 2 von Brussa, 2 J und 1 ® von Spalatro in Dalmatien (Juli). Die dalmatischen stimmen mit den hiesigen auf's Genauste überein; das von Gibraltar und das türkische zeichnen sich bloss durch einen auf den Vorderfllügeln einwärts ganz ungezackten schwarzen Aussenrand etwas aus. Bei dem Letztern ist überdiess der Rand der Hinterflügel schmäler ais bei den sämmtli- chen übrigen, dagegen ist das sehr schöne Pärchen von.Brussa unsern hieländischen grössten Exemplaren wieder völlig gleich. Ein erhöhteres Orange-gelb jedoch, oder sonstige Unterschiede in Farbe oder Schnitt, die man als Ergebniss ihrer südlichen Her- kunft voraussetzen sollte, sind durchaus keine bemerkbar, so dass Edusa, wie es scheint, unter sehr heterogenen klimatischen Einflüssen sich überall ziemlich gleich bleibt. Die gelben Adern, die den schwarzen Aussenrand durchschneiden, wechseln in ihrer Zahl auch an denselben Lokalitäten, ebenso die Grösse des Falters; nur die schöne, lebhafte Orangefarbe findet sich bei unserer Schweizer-Edusa nicht immer gleich; so waren z. B. (1848) alle im Oberhasle-Thal bei Meyringen gefangenen Stücke ziemlich bleich, während ' Ru 1 9 (angeblich aus Unterwallis) einen merklichen Schiller und ein so feuriges Orange- roth hat, wie ich es nur bei Myrmidone-Männern aus Syrmien gesehen habe. Die wahre Myrmidone kömmt in der Schweiz nicht vor; sie ist unstreilig eigene Art, NB. Dass Hr. Keferstein die Var. Helice in seiner crit. syst. Aufstellung als Var. zu Hyale zieht, ist auffallend, da sie doch in Grösse und Zeichnung nur zu Edusa und ge- wiss nicht zu Hyale passt. Die gelbweisse Grundfarbe, die einzig Helice mit dem $ von Hyale gemein hat, giebt den beiden Faltern eine allerdings trügerische Aehnlichkeit, die aber durch den breiten, zusammenhängenden Aussenrand, der sich bei Helice ganz gleich wie bei Edusa $, bis auf den Hinterrand hinab zieht, wieder ganz gehoben wird. Die- ser schwarze Aussenrand der Vorderflügel löst sich bei Hyale $ schon in der Mitte in zertheilte Flecken auf und auf den Hinterflügeln ist er nur schmal dem Saume nach als verwaschene Schattirung sichtbar, während er bei Helice $ als gleiche, zusammenhängende Fleckenbinde, wie bei der Stammform Edusa, angelegt ist. Gründe genug, dass Helice nicht als Var. zu Hyale, sondern zu Edusa gehören muss. — Wie es scheint urtheilt Hr. Keferstein nur nach den Hübner’schen Abbildungen von Helice, Fig. 440. 441, welche allerdings nichts anderes als ein schwach abweichendes 2 von Hyale darstellen. Die wahre Helice aber, wie ich sie aus Süd-Russland von Kindermann besitze, ist unstreitig ein bleiches, grosses Edusa ®. Sowie die Weiber von Edusa ihr hohes Orange-gelb oft in ein Weiss-gelb umändern, so tritt bei den, sonst weissgelben Hyale-Weibern ein förmlicher Gegensatz ein, wie ich durch ein seltenes Exemplar meiner Sammlung beweisen kann, das ganz die schwefelgelbe Farbe der Männer hat. Bei Palaeno ist dieser Fall in unsern Alpen gar nicht selten (vide bei Europomene). Die Raupe kennen wir nur aus Ochsenh. Beschreibung; sie soll auf Cytisus austria- cus leben. — 16. PalaenoL. Hübn. F. 434. 435 als Europome; ein d, sehr gross. F. 602. 603 als Philomene; ein d, kleiner, blasser, Unterseite der Hinterflügel sehr dunkel grau-grün. F. 740. 741 als Philom., das 2 dazu, aber schlecht. Freyer n. Beitr. VI. Tab. 541. Meissner: »Auf den höhern Alpen, z. B. der Grimsel, an der Meyenwand, auch auf der obersten Höhe des Jura, um den See von Etalieres u. s. w.« Re 3 Ein herrlicher Falter, der besonders in Deutschland weit verbreitet ist und in seinem nordöstlichen Theile über das grosse Flach- und Tiefland längs der Ostsee bis über Danzig hinaus, selbst bis nach Lievland vorkömmt. In der Schweiz ist er nur ein Bewohner der montanen, subalpinen und alpinen Region, wo seine Flugzeit je nach topographischen und klimatischen Verhältnissen bedeutend wechselt. Auf den niedrigern Berner-Voralpen fliegt Palaeno schon gegen das Ende des Juni. In den Bergen und Bergthälern des Ober-Emmenthales von 2600—3600' ü. M. den ganzen Juli hindurch, z. B. im Breitmoos bei Eggiwyl 2600‘, im Bumhach, auf dem Schallen- berg 3270. Auf den südlichen Berneralpen in Höhen von 4500—6700' ü. M. vom 25. Juli an den ganzen August hindurch bis um die Mitte Septembers, z. B. im Gadmen- thal 4000’, Räterichsboden 5100‘, Aarbodenthal 5700‘, Grimselhospiz 5800‘, Meyenwand 6500' und Furka 6000. In Oberwallis an sehr heissen Abhängen zwischen Möril und Viesch fieng ich ihn frisch am 8. Aug. Im Ehamouny-Thal bei 3300‘ ü. M. fliegt er in Menge Anfangs Juli. Einzelne um die gleiche Zeit auf der Tour de Gourze oberhalb Lüthry im Waadtland (bei 2900' ü. M.). In Glarus bis zur Baumgrenze hinauf. In Nord-Deutsehland, auf dem Gnagelander-Moor in Pommern, fieng ihn Prof. Hering um die Mitte Juli schon verflogen. Sein Flug ist ebenso rastlos und unbändig wie der von Hyale, doch setzt er öfter ab, und lässt sich dann an den, aus den Felsen hervorwachsenden Pflanzen leichter fangen. — In Deutschland fliegt Palaeno meistens an sumpfigen Stellen, auf Torfmooren u. s. w., wo die Futterpflanze der Raupe (Vaccinium uliginosum) in grosser Menge wächst; in un- sern Alpen muss sie aber auch andere Nahrungspflanzen haben, da ich den Schmetter- ling, z. B. in Oberwallis, an den dürrsten, heissesten Abhängen, weit von allen Sumpf- stellen und Standorten des Vaccinium angetroffen habe. Unser alpinische Palaeno ist aber auch in mehreren Punkten von dem norddeutschen so abweichend, dass er zu ÖOchsen- heimer’s Zeiten und noch lange nachher unter dem Namen Europomene als besondere Art von der deutschen Stammform Palaeno oder Europome Esp. getrennt wurde. Eine dritte Form: Philomene Hübn. soll nach Ochsenh. in Lappland vorkommen. Anderegg hat sie mehrmals als wallisisches Insekt ausgeboten, mir aber niemals geliefert; ich kenne sie daher nicht durch Autopsie. Diese 3 Formen von Palaeno verhalten sich nun zu einander wie folgt: a) Europome Esp. (die deutsche Stammart). Gross wie unsere Edusa. Oberseite des d blass eitrongelb. Der schwarze Aussenrand der Vorderflügel erweitert sich u: auf dem Innenrande in eine Spitze. Der kleine Mondileck in der Flügelmitte ist deut- lich. Auf den Hinterflügeln ist der schwarze Rand breit, einwärts gezackt. Die schwarze Wurzelbestäubung schwach. Fühler und Halskragen düster braunroth. Das Weib ist von den weissen unsrigen nicht verschieden. Von dieser Form enthält meine Samm- lung 3 J und 1 2 von den Seefeldern bei Reinerz (Schlesien). Freyer n. Beitr. Tab. 541. b) Europomene, (unsere alpinische Palaeno) ist kleiner. Die grössten Männer nur wenig grösser als die kleinsten Schlesier. Die Oberseite des von lebhafterm, sehr erhöhtem Citrongelb. Der schwarze Aussenrand der Vorderflügel fällt auf dem Innen- rand steil ab oder spitzt sich meist nur in sehr kurzer Ausdehnung gegen die Basis aus. Der kleine Mondfleck in der Flügelmitte meist undeutlich, oft ganz fehlend. Auf den Hinterflügeln ist der schwarze Aussenrand schmal, einwärts fast gerade. Die schwarze Wurzelbestäubung stark, weiter in die Flügelfläche hinausreichend. Fühler, Halskragen und Fransenrand sehr lebhaft carminroth.‘ Das Weib ändert sehr in runderer oder ge- streckterer Flügelform, sowie auch in der Grundfarbe. An der Meyenwand kömmt auch eine gelbe Varietät des Weibes vor. Von dieser Form enthält meine Sammlung 16 Exemplare, alle von der Meyenwand, der Grimsel, aus Oberwallis und von der Wengern-Alp (6. August). (Die von der Wen- gern-Alp haben auf dem schwarzen Rande besonders viel zerstreute, gelbe Bestäubung). ec) Philomene, blass-gelb. Der schwarze Hinterflügelrand sehr schmal, einwärts kaum merklich gezackt. Unterseite düster grünlich-grau atomirt. Meine Sammlung ent- hält ein Exemplar, das ich unter Europomene am 6. August 1850 auf der Grimselhöhe fieng, und das in allen Theilen mit Ochsenheimer’s Angaben I. p. 185 übereinstimmt, Ob es aber wirklich die wahre Var. Philomene ist, möchte ich dennoch nicht behaupten. NB. 1. Von Freyer’s Bildern von Palaeno (Tom. VI. Tab. 541) ist nur das kleine, schlesische Männchen gelungen; die beiden andern weiblichen haben den schwarzen Aus- senrand einwärts viel zu scharf begrenzt, auch fehlt die schwarze Bestäubung sowohl an der Basis der Hinterflügel als die am Vorderrande der Vorderflügel. 2. Im IV. Bande seiner neuern Beitr. Heft 57. p. 92 sagt Hr. Freyer von Palaeno: dass dieser schöne Falter vor 15 Jahren sehr häufig bei Constanz am Bodensee vom sel. Stadt- rath Leiner gefangen worden sei. Ich habe keine Exemplare von dorther gesehen; es wäre interessant zu wissen, ob diese, zwar _hart an der Schweizergrenze, aber in einer sehr niedrigen Erhebung von bloss 1100’ ü. M. fliegenden Falter, mehr unserer alpini- schen Europomene oder aber der nord-deutschen Stammart Europome Esp. angehörten. 3. Ueber den Begriff von Philomene scheint man nicht ganz einig zu sein. Die 6 BAR 9 von mir gemeinte und von Hübn. Fig. 602. 603 abgebildete, wird von Keferstein (entom. Zeitg. 1851 p. 318 Nr. 285) als blosses Synonym von Palaeno citirt, während er noch eine eigentliche Varietät Philomene aufführt mit folgenden Citaten: Godart Suppl. I. H. pl. 47. F. 3—5. Schweden und als Synonym: Werdandi HS. Tab. 8. F. 41. 42; leider kann ich diese Werke nicht vergleichen. Die Raupe von Palaeno entdeckte Hr. Pastor Standfuss auf den Reinerzer Seefeldern auf Vacceinium uliginosum; sie ist abgebildet in Freyer n. Beitr. Tab. 541. Ich hoffe die- jenige unserer Var. Europomene wohl auch in unsern Alpen noch zu entdecken, und endlich dann über die Identität dieser beiden Formen gänzlich ins Reine zu kommen. 17. Phicomone Esp. Hübn. F. 436. 437. Meissner: »Auf den Alpen, z. B. am Oeschinen-See, auf der Gemmi, Scheideck, Grimsel ; »fliegt in den heissen Mittagsstunden mit unglaublicher Schnelligkeit immer in gera- »der Linie fort und ist dann kaum zu erhaschen. Nachmittags aber setzt er sich »ermattet öfters auf Blumen nieder, wo man ihn sodann leicht nehmen kann.« Wie es scheint, ist dieser Falter in allen Berner-, Walliser- und Waadtländer-Alpen sehr verbreitet und zwar sowohl in der Urgebirgs- wie in der Kalkformation von 4300’ bis 7000 ü. M., den ganzen Monat Juli hindurch bis spät in den August. Auf dem Jura aber scheint er nicht vorzukommen. Auf den bayerischen und Kärthner-Alpen ist er so gemein wie bei uns. (Freyer und Nickerl). — Die Exemplare meiner Sammlung stammen von Münster im Oberwallis (6. Juli), von der Meyenwand (Mitte Aug.), Furka, Grimsel, Aarbodenthal und Gadmenthal (24—28. Juli), von der Gemmi (11. Juli bis 11. August) und aus Chamouny (Mitte Juli). In den Glarner-Alpen wird er von Heer nicht erwähnt. Der Falter variert ausserordentlich in der Grösse, in der gedrungenern oder gestreck- tern Flügelform, noch mehr in dem Ausdruck der schwarzen Schattirungen und in der Lebendigkeit der gelb-grünen Grundfarbe; oft ist desshalb der Gedanke in mir aufgestie- gen, es möchte Phicomone nur eine montane Varietät von Hyale sein, allein der Mangel aller Uebergänge, selbst an Lokalitäten wie am Fuss der Gemmi bei Kandersteg und ob dem Leukerbad, wo die Fluggrenzen beider Arten zusammenkommen, hat mich von die- ser Ansicht wieder abgebracht. Phicomone ist unstreitig eigene Art. Die Raupe ist noch nicht aufgefunden worden. SM 18. Hyale L. Hübn. F. 438. 439. 3 als Palaeno. F. 440. 441. ® als Helice. Freyer n. Beitr. VI. Tab. 547. Meissner: »Im Mai und vom August bis spät in den Herbst überall auf Wiesen und »an sonnigen Halden gemein.« Boisduval giebt als Flugzeit an: Mai und August; sie ist aber bei uns im Mai, Juni, Juli, August bis um die Mitte Septembers, indem der Falter in zwei Generationen er- scheint, die durch ungleichzeitige Entwicklung sich sehr nahe berühren. Um Burgdorf beobachtete ich die Erstlinge stets um den 18—20. Mai; dieser Flug dauert bis in die letzten Tage des Juni. Dann tritt die zweite Generation auf um den 13—15. Juli und dauert bis um den 10—12. Sept. Er ist in der Schweiz überall zu Hause, doch in den Alpen nur bis zur supalpinen Region hinauf. Klima, Temperatur- und Lokalitätsverhältnisse wirken auf diesen Falter so mächtig, dass wir die daraus hervorgehenden Veränderungen von jeder Seite beleuchten müssen. 14 Exemplare in meiner Sammlung und eine Masse von Duppleten ergeben folgende Resultate: a) Hinsichtlich der Generationen: Die Männer der ersten Generation sind im Allgemeinen bleicher, der schwarze Aussenrand der Vorderflügel matter und umschliesst nur an der Spitze einige gelbe Flecken. Die Hinterflügel haben immer nur wenige, un- deutliche oder auch gar keine Randflecke. Die Männer der zweiten Generation sind lebhafter gelb. Die schwarzen Aussenrand- flecke der Hinterflügel bilden schon stärkere, zusammenhängende Binden. b) In horizontaler Verbreitung: Die nordischen Männer haben ein blasses Gelb, die südlichen ein lebhaftes, erhöhtes. ec) In vertikaler Verbreitung. Die Exemplare des Flachlandes sind meist grös- ser und zeigen spitzere, gestrecktere Vorderflügel. Die der montanen Region sind klei- ner, die Vorderflügel gedrungener und mehr gerundet. . In allen diesen Beziehungen giebt es wieder zarte Modifikationen, die sich deut- lich von trockenen oder regnerischen Jahrgängen herleiten lassen. In dem wetterlau- nischen, regnerischen Sommer 1850 waren um Burgdorf, wie im Oberhasle-Thal, alle Exemplare durchgehends sehr bleich-gelb, fast wie meine nordischen von Berlin und Bres- lau, während in Wallis, wo den ganzen Sommer unveränderlich schöne Witterung herrschte, Hyale im herrlichsten Colorit, so gelb wie unsere Palaeno Var. Europo- — mene, vorkam. Die Witterung übt also bedeutenden Einfluss auf die Färbung dieses Falters aus. Ueberdiess machen sich in meiner Sammlung noch folgende Stücke durch eigenthüm- liche Abweichungen bemerkbar: 1. Ein J aus hiesiger Gegend (vom Juni) hat das Schwarz auf den Vorderflügeln so stark wie die zweite Generation. Auf der Oberseite der Hinterflügel fehlt der Orange- fleck in der Mitte ganz. 2. Ein Pärchen von Meyringen (25. Mai) zeichnet sich aus durch Kleinheit und stark gerundete Vorderflügel. 3. Zwei Männer (einer vom Fusse des Jura an der Rysi ob Solothurn, der andere von Kandersteg 3. August) sind besonders blass-gelb mit sehr schmalem, mattem, ver- loschenem Schwarz am Aussenrande der Vorderflügel. 4. Ein 2 von der Sommergeneration (von Burgdorf) ist anstatt weiss, blass eitron- gelb wie der d, und in dem schwarzen Aussenrande gegen die Spitze steht nur ein ein- ziger, kleiner, gelber Fleck, statt wie gewöhnlich 4 in einem Bogen. 5. Ein Mann aus Oberwallis (am 8. August zwischen Viesch und Lax gefangen) hat ein ausgezeichnet schönes, lebhaftes Citrongelb, einen tief-schwarzen,, scharf begrenzten Aussenrand mit nur kleinen, gelben Fleckchen. 6. Ein $ aus Dalmatien (am Castell Abbadessa von Hrn. Mann gesammelt) ist von Grundfarbe matt strohgelb, und an der Basis fast ohne schwärzliche Bestäubung. Freyer’s Bilder n. Beitr. VI. Band Tab. 547. stellen die Sommergeneration vor; sie stimmen genau mit hiesigen Exemplaren vom 10. September. Hübner’s Helice Fig. 440. 441, ist nur ein gewöhnliches, stark gezeichnetes Weib von Hyale und ist nicht zu verwechseln mit der wahren Helice, welche eine gelb- weisse, weibliche Varietät von Edusa ist. Die prachtvolle Raupe von Hyale fand Freyer Mitte August auf einer Wickenart und ist am a. a. O. nebst ihrer Verwandlung sehr schön beschrieben und abgebildet. Der Falter entwickelte sich noch Mitte Septembers. Genus: Rhodocera Boisd. (Colias. Ochsh.) 19. Rhamni L. Hübn. F. 442. 44%. Meissner: »Sehr zeitig im Frühjahr und zum zweiten Mal im Juli und August allent- »halben sehr gemein.« Be Dieser überall in den tiefern Regionen höchst gemeine Falter hat drei Flugperioden, aber nur zwei Generationen, indem die ersten Plänkler Ende Februar und Anfangs Merz nur verflogene, überwinterte Spätlinge der vorherigen Sommergeneration sind. Die eigentliche erste Generation erscheint in hiesiger Gegend erst um die Mitte Aprils und fliegt bis Anfangs Juni; sie entsteht aus überwinterten Puppen. Von der zweiten Gene- ration beobachtete ich die Erstlinge vom 11—14. Juli, dann anhaltend bis tief in den September. Am 3. September sah ich noch ganz frische Stücke in grosser Menge in unsern Schächen und an den Eichwäldern, und von diesen Spätlingen mögen wohl ein- zelne überwintern, welche sich dann im Februar durch die ersten Strahlen der Sonne wieder hervorlocken lassen, dann aber meistens sehr zerfetzt sind; sie stimmen auch in den weniger ausgeschweiften Vorderflügelspitzen ganz mit den Sommerfaltern. Bei mei- nen Frühlingsfaltern (vom 7. und 12. Mai) finde ich nämlich diese Spitze fast durchge- hends etwas hervorstehender. Doch ist dieses Merkmal subtil und sogar veränderlich. Die Raupe von Rhamni ist sehr schwer zu finden, da der Falter jedes Ei nur ein- zeln legt; doch fand ich sie in lichten Eichenwäldchen mehrmals auf Rhamnus frangula und brachte sie auch zur Entwicklung. NB. Dass die südliche Cleopatra nur eine durch höhere Temperatur prachtvoll ausgefärbte Lokalrasse von Rhamni ist, wird, wohl mit Recht, jetzt allgemein angenom- men. Die weniger vorspringenden Flügelspitzen der Cleopatra finden sich auch bei den korsischen Rhamni-Exemplaren, sogar auch bei einzelnen hieländischen des zweiten Flu- ges. . Die Orangefärbung allein ist wohl nur die Wirkung des südlichen Klima. IM. Tribus: Lycaenides. Genus: Thecla. F. 20. Betulae L. i Hübn. F. 383—385. Gerhard Tab. 3. F. 1. und Var. Spinosae. — Tab. 3. F. 2. Meissner: »Von Ende August bis spät in den Herbst an Hagdornen und in Gärten »gemein.« Scheint in der Schweiz allenthalben über das ganze Flach- und Hügelland verbrei- tet, doch nicht überall gleich häufig. Um Burgdorf gemein vom 20. Juli an bis in die Be 1 ersten Tage Oktobers, besonders in Obstgärten und auf Schlehdorngebüschen, am Rande lichter Eichwälder. Er fliegt schnell und hoch und setzt sich meistens auf die höhern Baumäste. Auch bei der Stubenzucht zeigt er sich ungemein lebhaft und ist selbst im Pup- penkasten, eine Viertelstunde nach dem Ausschlüpfen, kaum mehr zu erhaschen. Es muss zur Zeit der Entwicklung derselbe in ein etwas dunkles Zimmer gebracht werden, wenn man den wilden Falter ruhig anspiessen will. Er hat darin ganz das scheue Be- tragen der Noct. fimbria, Nupta und Sponsa. — Zuerst entwickeln sich immer lauter Männer, und erst zuletzt dann die Weiber. Alle unsere bieländischen Männer haben den lehmgelben, unregelmässigen Mittelfleck, wie in Gerhard’s Monogr. der Lycaenen Tab. Ill. F. 2. Var. Spinosae. Die Weiber, wie überall, eine lebhaft orangerothe Binde. Die Schildraupe lässt sich hier manche Jahre im Juni in grosser Menge von Schleh- dornbüschen abklopfen und ist ohne Mühe zu erziehen. 21. Pruni L. Hübn- F. 386. 387. Freyer n. Beitr. VI. Tab. 535. Gerhard Tab. I. F. 2. Meissner: »Im Juni und Juli in unserer Gegend selten.« In der Schweiz kenne ich mit Zuverlässigkeit nur die Gegenden von Aarberg und Schüpfen als Flugorte, wo Lehrer Rothenbach den Falter öfters vom 17. Juni an bis Anfangs Juli an Schlehenbüschen einsammelt. Er soll auch, wiewohl selten, um .Lau- sanne und bei Montolerand bei Orbe, im Juli und August vorkommen, insofern diese An- gabe meines Freundes De-Laharpe nicht etwa auf einer Verwechslung mit Spini beruht. Die schöne, grüne Schildraupe mit 8 rothbraunen Spitzen auf dem Rücken der Mittelringe, lebt Ende Mai und Anfangs Juni sehr einzeln auf Schlehen (v. Freyer a. a. ©.) 22. Walbum. Illig. Hübn. F. 380. 381. Gerhard Tab. I. F. 3. Meissner: »Findet sich in der Gegend um Bern, doch ziemlich selten.« Um Bern fand ich diesen Falter häufig, besonders in den Linden-Alleen um die Stadt herum, wo die Raupe zu Ende Mai und Anfangs Juni oft in Menge von diesen Bäumen herabgeklopft wird. Um Burgdorf ist er weit seltener und die Raupe daselbst nur auf Ulmen (Rüstern). Die beste Zeit zum Abklopfen ist Mitte Mai; später, wenn die Raupen Be | Je erwachsen sind und sich fester auf den Blättern anspinnen, bringt man sie kaum mehr herunter. Bei der Stubenzucht entwickelten sich meine Falter stets vom 1—5. Juli, und zeigten, fast wie Betulae, das gleiche wild-scheue Betragen. In der Waadt sehr selten (De-Laharpe). NB. Auf den Berner-Exemplaren ist der roth-gelbe Fleck am Afterwinkel der Hin- terflügel kaum erkennbar, meist ganz verloschen. NB. Walbum fliegt, ganz übereinstimmend, auch in Klein-Asien. 23. Acaciae Fabr. Hübn. F. 743—746. Gerhard Tab. 1. F. 4. Von Meissner nicht angeführt; auch mir ist die Art nirgends vorgekommen (meine Exemplare stammen von Wien). Dagegen fieng sie Rothenbach am 10. Juli schon etwas abgeflogen am Bielersee, auf dem Magglinger- und Twannberg, in den Reben. 24. Lynceus Fabr. Boisd. (Ilicis Hübn. Ochsenh.) Freyer n. Beitr. VI. Tab. 529. Hübn. F. 378. 379 2. Gerhard Tab. II. F. 2. Var. Cerri: Hübn. F. 863—866. Gerhard Tab. IV. F. 1. Meissner: »Bei Bern in den Wäldern. In Wallis im Juni und Juli sehr häufig.« Boisduval giebt als Flugzeit den Juli an. In unsern Gegenden erscheint der Falter nach der Mitte Juni bis um die Mitte Juli in lichten Gehölzen, meist sehr gesellschaftlich, in den Vormittagsstunden, besonders auf Brombeergebüschen. Sehr gemein um Burgdorf, am Meyenmooswalde, wo er am 1. Juli erscheint, auf den Anhöhen um den 8. Juli. In Menge an den warmen Südlehnen des Jura bei Solo- thurn schon am 14. Juni, in der Waadt ebenso um den 20. Juni. Nach Ochsenheimer, sowie auch nach Gerhard’s Abbildung (Monogr. der Lycaenen Tab. II. F. 2. a) ist das Männchen auf der Oberseite einfarbig schwarzbraun und nur das Weib: mit einem grossen, roth-gelben Flecken auf den Vorderflügeln. Die hieländi- schen Männchen stimmen darin nicht überein, denn alle die ich sah, zeigen einen sol- chen roth-gelben Fleck, nur matter, undeutlich begrenzt, wie verwaschen; sie bilden = den deutlichsten Uebergang zu Hübner’s Var. Cerri, bei welcher dieser rothgelbe Fleck auch schärfer begrenzt ist. Mein dalmatisches weibliches Exemplar von Cerri (bei Castell Abbadessa durch Hrn. Mann gesammelt) stimmt genau mit Gerhard’s Bild Tab. 4. Fig. 1 b. In Klein-Asien kömmt Lynceus in einer ziemlich abweichenden Form vor, nämlich mit längern Schwänzchen und das Weibehen oben meist ohne den Rostfleck der Vorder- flügel. Auf der Unterseite der Hinterflügel ist der drittletzte Fleck der rothen Randbinde ganz anders gestaltet. Loew fand diese Form sehr häufig bei Makri und Patara um die Büsche von Quercus aegilops; sie ist Zeller's Caudatula (Isis 1847) und Bischoffii Gerh. Mon. Tab. 2. F. 3. 4. Ein Pärchen in meiner Sammlung wurde bei Brussa, von Mann im Juli ge- sammelt. — Die grüne Schildraupe von Lynceus finden wir alljährlich in jungen Eichenbeständen zu Ende Mai und Anfangs Juni. Vor der Verwandlung wird sie fleischröthlich, wie die von Betulae. Freyer a. a. O. hat alle Stände sehr schön abgebildet. 25. Spini F. Hübn. F. 376. 377. — F. 692. 693. Als Lynceus. Freyer n. Beitr. VI. Tab. 523. Var. Lynceus: Hübn. F. 674. 675. Gerhard Tab. II. F. 1. Meissner: »Bei Bern, auch am Eingange des Simmenthals im August. Er scheint »überall selten zu sein.« Boisduval giebt als Flugzeit den Juli an. Bei uns erscheint er schon in der letzten Woche des Juni und verschwindet um den 10. August. Der Falter bewohnt die wärmern Gelände des ganzen Jurazugs; die heissen Bergleh- nen der Kalkformation an der Südseite der Alpenkette, doch nirgends über 4000' ü. M. Im Mittelland des bernischen Molasse-Gebiets ist er selten und zeigt sich da nur sparsam in einzelnen mildern Gegenden, wo der Sandstein mit dem Jura- und Alpenkalk in nahe Berührung kömmit. Schüpfen bei Aarberg zu Ende Juni (Rothenb.). Am Fusse des Jura von Solothurn bis gegen Neuenburg , besonders längs dem Bielersee zwischen und über den Rebbergen vom 22. Juni bis um den 10. Juli. An der Stygelos-Rysi unter dem Weissenstein am 26. Juni frisch und in unsäglicher Menge, am 13. August daselbst nur noch verflogen N gefangen (Heuser). Am Thuner-See bei-Sigriswyl, Gunten u. s. w. am 22, Juli. In Oberwallis bei Grengiols, und an den heissen Berghalden um Siders, Salgetsch und Varon am 10. Aug,, bereits verflogen, aber auf allen Schlehenbüschen eine der gemeinsten Lycaenen. Der Falter zeigt sich in verschiedenen Abweichungen, je nach den Einflüssen seiner Wohnplätze; in meiner Sammlung stecken folgende besonders auffallende: a) Ein Pärchen von Schüpfen. Grundfarbe matt schwarz-braun. Vorderflügel ein- farbig. An den Hinterflügeln bei beiden Geschlechtern der rostgelbe Fleck am Innenwin- kel klein und verloschen. b) Ein Weib von der Stygelos-Rysi (Jura) ist von Grundfarbe viel dunkler schwarz- braun, die Vorderflügel einfarbig, die rostgelben Flecke am Innenrandwinkel. der Hinter- flügel scharf und gross und bilden eine kurze Binde. ce) Zwei Weiber von Salgetsch in Wallis (10. Aug.) sind den jurassischen ganz gleich ; dagegen sah ich mehrere bei Anderegg, aus der Brieger-Gegend, bei welchen auf der Unterseite der Hinterflügel der weisse Strich breite Strahlen gegen den Aussenrand aus- wirft; eine wunderschöne Abänderung. d) Ein dalmatisches Männchen von Spalatro (im Juni 1850 durch Hrn. Mann auf Brombeerblüthen gesammelt) ist oben von fast schwarzer Grundfarbe; der rothe After- winkelfleck der Hinterflügel kaum erkennbar. — Unten von den jurassischen nicht ver- schieden. Die Varietät Lynceus Hübn., welche auf den Vorderflügeln (bei d und $) rostgelbe Anlagen wie Hlieis haben soll, ist mir niemals vorgekommen, obwohl ich an ihrem Vor- kommen in den wärmsten Südthälern von Wallis und Tessin nicht zweille. Spini brachte Loew auch von Patara (Türkei). Zeller Isis 1847. Die grüne Schildraupe lebt Anfangs Juni erwachsen auf Rharanus catharticus, (vide Freyer a. a. 0.) 26. Quercus L. Hübn. F. 368—370. Gerhard Tab. II. F. 3. Var. Bellus: Gerhard Tab. IV. F. 2. Hübn. F. 621. Meissner: »Im Juli und August. In Gegenden, wo viele Eichen sind; jedoch nirgends »häufig. « Bewohnt nur die Flachland- und Hügel-Region und scheint sich nirgends in der 7 —— u subalpinen Region zu finden. Im Mittellande des Kantons Bern, um Burgdorf, Schüpfen, Aarberg, auch in den Urkantonen und in den, am Jura angrenzenden Theilen des Aar- gau ist er gemein. Dagegen selten im Waadtland. Der Falter fliegt gewöhnlich hoch auf den äussern Zweigen der Bäume herum und ist schwer zu erlangen, Die Raupe fin- den wir hier alljährlich von Anfang bis Mitte Juni ausgewachsen auf Eichenbüschen , besonders an recht sonnigen Waldrändern; den Falter an den nämlichen Lokalitäten von der Mitte Juli an bis nach der Mitte Augusts. NB. 1. Die herrliche, weibliche Varietät Bellus Gerh. mit 3 Rostflecken ausser- halb dem blauen Felde, ist äusserst selten. Der sel. Pfarrer Rordorf versicherte mich, dieselbe einmal bei Winterthur gefangen zu haben. 2. Eine, auf der Unterseite unserm Quercus sehr ähnliche Art, aber auf der Ober- seite braun, und wie Spini gezeichnet, ist Thecla abdominalis Led. aus der Türkei und Russland. (Gerhard Tab. IV. F. 3). 7. BRubr Ei Hübn. F. 364. 365. 786. Gerhard Tab. III. F. 5. Meissner: »Im April und Mai allenthalben nicht selten.« Scheint sehr verbreitet und zwar bis auf die Voralpen. Im wärmern Tiefland er- scheint er um den 20. April; auf dem Jura bei 3000‘ ü. M. erst um die Mitte Mai bis Mitte Juni; auf den Voralpen sogar erst im Juli. In Sizilien (um Messina) fand Zeller die Erstlinge schon am 26. März, also fast einen Monat früher als in unsern mildesten Gegenden. Er hat nur eine Generation. Die vorkommenden Abweichungen dieses Falters sind nicht bedeutend und beschränken sich fast nur auf eine lichtere oder dunkelere Grund- farbe der Oberseite und auf mehr oder weniger weisse Linienpunkte auf der Unterseite. Ein Exemplar von Burgdorf (Juni 1849) hat indess die ganze Unterseite anstatt schön grün, dunkel olivenbraun. Auf den Vorderflügeln 2 weisse Pünktchen als Anfang einer Punktlinie, auf den Hinterflügeln sind deren 6, welche eine zusammenhängende Linie bis auf die Flügelmitte bilden. Rubi fliegt bei uns überall an sonnigen Waldsäumen auf Schlehen und Brombeerbü- schen sehr gesellschaftlich. NB. Loew brachte diesen Falter auch von Rhodus und Mermeriza ohne wesentliche Abweichung. (Zeller Isis 1847). En Die Raupe lebt nach Richter auf Genista tinetoria und sagittalis. Uns ist sie nie- mals vorgekommen. Genus: Polyommatus Boisd. (Lycaena O.) 98. Phlaeas L. Hübn. F. 362. 363. — 736. 737. var. Freyer n. Beitr. I. Tab. 151. Var. Eleus: Gerhard Tab. V. F. 3. Meissner: »Allenthalben auf den Wiesen im Frühling und Herbst nicht selten. Die »Frühlingsgeneration scheint immer grössere Individuen zu liefern. Die von »Ochsenh. pag. 90 angeführte Abänderung dieses Falters (P. Eleus Fabr.) mit »einem sehr verlängerten Innenwinkel und Schwänzchen an den Hinterflügeln »hab’ ich in Unterwallis mehrmals angetroffen. « Dieser Falter ist in der ganzen Schweiz, bis nahe an die alpine Region verbreitet, am häufigsten indess in der Hügelland-Region von 1800—2500° ü. M. und fliegt daselbst zwei Mal des Jahres auf sonnigen Wiesenabhängen und an Feldbördern, niedrig und in kurzen Stössen von Blume zu Blume. In unsern mildern Landesstrichen erscheinen die Erstlinge schon um den 20. April, in rauhern um den 9. oder 10. Mai. Dieser erste Flug dauert bis gegen das Ende des Juli, wo sich alsdann nur noch ganz abgeflogene Stücke zeigen. Um die Mitte Augusts (in Wallis schon Anfangs) erscheint die zweite Generation, die dann um den 10. Sept. wieder verschwindet. In Sizilien fand Zeller die Erstlinge der ersten Generation, selbst in den Bergen, schon am 15. Febr. (also 5 Wochen früher als bei uns) und die der zweiten Generation Anfangs Juni (Isis 1847 p. 158). Dort sollen die äussern Eigenthümlichkeiten im Habi- tus der beiden Generationen sehr auffallend sein, indem die Frühlingsfalter sich durch eine helle, reine Feuerfarbe, schmalen, schwarzen Aussenrand der Vorderflügel, klei- nere, schwarze Flecke und auf den Hinterflügeln durch eine breitere Orangebinde aus- zeichnen. Bei den Sommerfaltern dagegen sei diese Feuerfarbe durch viel schwärz- liche Ueberstäubung verdüstert, der schwarze Aussenrand breiter, die Flecke grösser und undeutlicher begränzt_ auf den Hinterflügeln die Orangebinde schmäler, der Zahn vor dem Afterwinkel in eine Spitze auslaufend und letzterer ebenfalls bedeutend verlängert. Bei unserm Schweizer-Phlaeas finden sich diese Generations-Unterschiede bei wei- nn Tu tem nicht so ausgeprägt; denn unter 12 Exemplaren in meiner Sammlung finde ich nur 2 besonders auffallende, nämlich: ein J vom 9. August aus Oberwallis (zwischen Gam- sen und Vispach an der Strasse gesammelt) und ein 3 von Burgdorf (vom 8. Sept.). Das Walliser Exemplar hat die Vorderflügel so stark verdüstert, dass die Feuerfarbe nur ver- waschen hervortritt; allein der Zahn am Afterwinkel ist immer noch wenig mehr als ge- wöhnlich verlängert. — Das von Burgdorf ist etwas kleiner, auf den Vorderflügeln schon etwas feuriger. Die schwarze Umrandung jedoch immer noch sehr breit, breiter als bei allen Frühlingsfaltern. Mit demselben vollkommen übereinstimmend ist wieder 1 9 aus Dalmatien vom Monte Biocovo bei Zagorst (Juli 1850 Mann) und ein anderes vom 7. Juni aus Granada. Aber auch diesen fehlt noch der stark verlängerte Zahn der Hinterflügel, der die sizilischen und türkischen Exemplare so bedeutend auszeichnet. Vier kleinasia- tische Männchen und Weibchen (von Brussa durch Hrn. Mann erhalten) haben in diesem Sinne den höchsten Grad von Ausbildung erreicht. Die Oberseite ist noch weit stärker verdüstert als das erwähnte Walliser Stück vom 9. August. Die rothe Randbinde der Hinterflügel ist sehr verschmälert; der Afterwinkel stark herabgezogen und der daneben- stehende Zahn in ein spitzes Schwänzchen verlängert. Die Färbung der Unterseite ist gegen unsern hieländischen Phlaeas etwas blasser. Diese Exemplare stimmen also genau mit Zeller’s Phlaeas Var. B. aestivus, aus Sizilien und sind wahrscheinlich das, was Gerhard (Monogr. Tab. V. F. 5) als Polyommatus Turcicus abbildet. Die Verlängerung des Afterwinkels, sowie die Länge der Schwänzchen scheint daher erst im Süd-Osten von Europa sich stärker auszubilden — eine Erscheinung, die wir auch bei andern Lyecaeni- den, z. B. an Thecla Nlicis Var. Caudatula Zell. erblicken werden. Die bläulichen Punkte vor der rothen Hinterflügelbinde finden sich bei einzelnen Exemplaren beider Generationen und geben in dieser Beziehung kein Merkmal ab. Das sehr schöne, grüne Schildräupchen mit carminrothem Rücken- und Seitenstreif lebt im Mai und August auf Ampfer-Arten. Vrgl. Freyer a. a. O. 29. Virgaureae L. Hübn. F. 349—351. 884—887. Var. Freyer n. B. II. Tab. 115. Gerhard Tab. V. F. 3. Meissner: »Es ist nicht wahrscheinlich, dass Füessly diesen, in Wallis und andern Ge- »genden so gemeinen Falter sollte übersehen haben, doch führt er ihn nicht an, »denn sein P. Virgaureae ist, nach der dabei citirten Rösel'schen Abbildung »(III. Tab. 45. fig. 5. 6) Phlaeas. Er scheint ihn mit dem Vorhergehenden a »(Hippotho@) vermengt zu haben. Hier in der Gegend von Bern ist Virgaureae »sehr selten; in den Alpenthälern, z. B. an der Grimselstrasse, im Gadmenthal »u. a. O. desto häufiger. Dort findet man nicht selten eine Var. des Weibes, »die sich durch eine Reihe weisser Punkte vor dem Aussenrande der Hinterflü- »gel auf der Oberseite auszeichnet; auch der S kömmt öfters mit einem schwar- »zen Punkte auf der Oberseite der Vorderflügel vor, so dass er alsdann auf »dieser der wahren Hippotho@ vollkommen gleicht. « Virgaureae ist in der Schweiz ein Bewohner der montanen und subalpinen Region und zwar sowohl im Kalk- als im Urgebirge. Am westlichen Jura von Biel hinweg bis zum Fort de l’Ecluse ist er an manchen Stellen unsäglich gemein, so z. B. von Mitte Juni an den ganzen Juli hindurch am Twannberg und ob Neuenstadt; in grösster Menge aber am Col de la Faucille (an der Strasse von Genf über den Jura nach Paris) bei 4000' ü. M,, wo ich ihn einst schaarenweise antraf. In den Berneralp-Thälern und auf höhern Alp- wiesen findet er sich von der ersten Juli-Hälfte an bis nach der Mitte Augusts ebenfalls in grosser Menge, z. B. am 25—30. Juli auf der Urweid bei Guttannen, an der Wengern- Alp ob Lauterbrunnen und um den 8—15. August an den sonnigen Moränen des Rhbone- Gletschers und an der Furka. In Glarus von der Thalsohle an bis zur Baumgrenze hinauf. Im Flachlande der mittlern Schweiz fand ich ihn nirgends. Der Falter ist in allen diesen Gegenden eine wahre Zierde der Insektenwelt und es gewährt einen wundervollen Anblick, wenn der glühende Feuervogel in Massen auf den saftig-grünen, üppipen Abhängen hin und her flattert, dann auf Blumen absitzt, deren Honigsaft er oftmals mit dem flügelrauschenden Apollo harmlos theilt; wenn beide dann in der Sonne sich ihre Pracht vorspiegeln und gleichsam scherzend sich den Schönheits- rang streitig machen. Die von Meissner erwähnte Varietät des Weibes aus den Alpenthälern, mit weissen Punkten vor der Hinterflügelbinde, zeichnet sich ausserdem noch aus: durch eine trübe, braungelbe Grundfarbe der Vorderflügel und die, durch schwarze Ueberstäubung fast ganz verdüsterte der Hinterflügel. Ein Weibchen zeigt sogar auch auf den Vorderflügeln innerhalb der äussern Fleckenbinde eine Reihe solcher weisser Punkte. Die dazu gehören- den Männer sind viel kleiner, als die der tiefern Regionen, und nähern sich durch die spitzern, am Rande fast senkrecht abgeschnittenen Vorderflügel der nordischen Var. Oranula Freyer, aus Lappland. Alle meine Exemplare dieser Var. montana wurden Mitte August's am Rhonegletscher gefangen. Die dunkelgrüne Schildraupe mit gelblichem Rücken der Absätze lebt auf Rumex acutus und Solidago virgaurea. (Freyer a. a. O.) Hippotho& L. Hübn. F. 352 —354. Freyer n. B. IH. Tab. 127. Gerhard Tab. 7. F. 1. Meissner: »Füessly hatte, nach der von ihm angeführten Abbildung Rösel’s III. Tab. »37. F. 6. 7, die wahre Hippotho@ aus dem Veltlin vor sich. Wahrscheinlich »dürfte sie sich auch in Wallis und in der italienischen Schweiz finden, doch »ist sie uns noch nicht vorgekommen, daher wir sie unter den Schweizerbür- »gern mit einem ? aufführen.« Seit dieser Meissner’schen Notiz sind nun 31 Jahre verflossen, ohne dass uns irgend eine nähere Kunde über dessen bestimmtes Vorkommen in der Schweiz zu Theil ge- worden, daher er wohl unbedenklich aus unserer Fauna zu streichen ist. — Loew fand diese Art auch bei Brussa. 30. Chryseis F. und Var. Eurydice H. (Eurybia Ochsenh.). Hübn. F. 337. 338. 355. Freyer n. Beitr. I. Tab. 163. F. 1—3. Var. Eurybia: Hübn. F. 339—343. Freyer n. Beitr. II. Tab. 163. F. 4. Meissner: »In mehrern Gegenden, auch bei Bern im Juni und Juli, besonders dunkel »goldfarbig und bisweilen mit einem schönen blauen Schiller überlaufen in den »Alpenthälern, z. B. im Hinaufsteigen von Wyler nach dem Gentelboden, bei »Engelberg u. a. O. Ein prächtiger Falter, der in der Schweiz die Hügel-, Berg- und subalpine Region (von 1800—4500' ü. M.) aller Formationen bewohnt. Er fliegt den ganzen Juni und Juli hindurch und ist besonders auf grasigen Abhängen und Wiesen der tiefern Alpen- thäler oft unsäglich gemein. In der nördlichen Schweiz ist er selten. Waadt: auf dem Jorat gemein im Juni (De-Laharpe). Kant. Bern: um Burgdorf ganz sporadisch im sogenannten Ziegelhölzli am 1. Juni; ebenso um Schüpfen bis Aar- berg (6—17. Juni); bei Bern in der Eimatt und an der Engehalde (17. Juni); im Ober- haslethal um Meyringen sehr gemein (5—15. Juni); bei Guttannen noch Anfangs August. Im Jura, auf dem Nesselboden ob Solothurn und auf dem Twannberg (24—27. Juni). Glarus, bei Matt u. a. ©.; doch selten. (Heer.) a Bis um die Mitte Juni zeigen sich fast nur Männer, von da an erscheinen auch die Weiber, aber weit seltener. Auch dieser ‚Falter ist von ausgezeichneter Schönheit in noch dunklerer Feuerfarbe und mit prachtvollem violettem Schiller; in den Alpenthälern j trägt er nicht wenig zur Belebung dieser Gegenden bei. Ganz andere Flugstellen und Erscheinungszeiten als die Stammform Chryseis hat ihre montane Form Var. Eurydice (Eurybia O©.). Meissner kannte dieselbe noch nicht oder hatte sie vielleicht mit Hippotho& ver- wechselt. — Esper, Illiger und Ochsenheimer behandeln Eurybia als eigene Art. Freyer und Boisduval ebenfalls, beide indess schon fragweise. Hr. Lederer (in Gerhard’s Monogr.) hält sie für Lokal-Varietät. Keferstein (in s. krit. syst. Aufstellung entom. Zeitg. 1851) zieht sie mit Bestimmtheit nebst noch einer andern süd-russischen Art (Gandens) als Va- rietät zu Chryseis, worin ich ihm in Folge eigener Untersuchungen vollkommen beistimme. Um jedoch diese Ansicht auch mit Gründen zu beleuchten, und der Wahrheit auf die Spur zu kommen, ist es nothwendig, in Alles das einzugehen, was früher für die Gegen- ansicht benutzt wurde. Freyer giebt nämlich der Chryseis folgende Merkmale: a) stahlblaue Einfassung beim J; b) 4 schwarze Mittelpunkte der Oberseite, auf jeden Flügel einen; c) das Weib oben braun mit Goldfarbe vermengt. N Eurybia: a) die Flügel etwas länger; b) der stahlblaue Schiller fehlt oder ist nur sehr gering vorhanden; c) die Vorderflügel führen auf ihrer Mitte einen schwarzen Strich, der jedoch manchen Exemplaren fehlt; den Hinterflügeln mangelt er ganz; d) auf der Unterseite fehlt das röthliche Mittelfeld der Vorderflügel sowie auch die Orangebinde der Hinterflügel; e) das Weib oben ganz wie das von Chryseis, unten aber ohne alle Orangefarbe. Wie wenig vergleichend, durchgreifend und stichhaltig diese Charaktere sind und wie wenig feste Anhaltspunkte sie darbieten, kann jede Selbstanschauung lehren. — Ochsen- heimer beschreibt Eurybia etwas genauer, doch stellt auch Er keine weitern Unterschiede heraus, als: dass die Hinterflügel beim J am Innenrande in gleicher Breite schwarz, und sämmtliche Flügel schmal und schärfer als bei Chryseis umrandet seien. Alle seine übrigen, mit Freyer übereinkommenden Angaben beruhen lediglich auf einem Mehr oder Weniger und können ebensowenig eine Ueberzeugung von einem artlichen Unter- schiede abgeben. Stellen wir nun jene Angaben und alle sonst noch als geltend angese- henen Unterschiede zusammen und prüfen den Werth oder Unwerth jedes Einzelnen, so dürften wir wohl der Wahrheit um Etwas näher kommen. Grösse und Flügelschnitt sind bei beiden Arten gleich, obwohl unter sich öfters ab- weichend; sie können daher keine artlichen Merkmale abgeben. Fühler und Taster, Leib und Füsse bieten ebensowenig Unterschiede. Eurybia O. Mann: 1) Grundfarbe der Oberseite: hell feuerfarbig, ohne oder mit nur ge- ringem ,. blauem Schiller am Vorder- rande. Berandung: Aussenränder schwarz, schmal, aber scharf begrenzt, ohne dunkle Pusteln zwischen den Aderaus- läufen. Innenrand der Hinterfllügel schwarz, gleich breit, schwarz, ohne Schiller. Zeichnung: nur auf den Vorderflü- geln jeweilen ein schwarzer Mittelpunkt. Unterseite: Staubgrau. Vorderflügel ohne rothgelben Anflug. Hinter- flügel nur am Innenrande mit einigen rothgelben Flecken als Binde. Anfang einer Weib. 5) Oben fast ganz verdüstert, schwarz- braun, die schwarzen Fleckenreihen kaum hervorblickend;; an den Hinterflügeln nur am Innenwinkel mit Spuren rothgelber Bindenanlage. l 3 Das Charakteristische der beiden Formen Chryseis und Eurybia besteht nach allgemeinen Begriffen in Folgendem : ) Due — Chryseis. Etwas dunkler feuerfarbig mit constan- tem blauem Schiller sowohl auf dem Vorderrande der Vorderflügel als auf den Hinterflügeln. Aussenränder etwas breiter, einwärts verwaschener schwarz mit dunkeln Pu- In- nenrand der‘ Hinterflügel verwaschener , steln zwischen den Aderausläufen, breiter in den dunkeln Aussenrand aus- laufend, strahlenartig; mit stark blauem Schiller. Auf den Vorderflügeln ein schwarzer Mittelpunkt oder Strichel; auf den Hin- terllügeln 2 kleine übereinanderstehende Punkte. Heller staubgrau. Vorderflügel in der Mitte rothgelb. Hinterflügel mit voll- kommener rothgelber Randbinde. 5) Oben wie das Weib von Circe. Vor- derflügel rothgelb, nur am Vorderrande und Innenrande schwarz verdüstert, mit 2 schwarzen Mittelllecken und 2 mit dem Aussenrande parallel laufenden Fle- ckenreihen. Die Hinterllügel braun- schwarz mit rothgelber Randbinde. BERN u Unten sind die Weiber, bis an die‘ lebhafter rothgelbe Färbung der Chryseis, sich gleich. — Das sind nun die Differenzen, welche Eurybia. von Chryseis unterscheiden sollen; dass sie indess keine artliche Trennung begründen können, erhellt aus Folgendem: Crit. 1) ist nicht durchgreifend. Ich habe einen J von Eurybia (6. August an der Handeck gefangen) so dunkel feuerfarbig als Chryseis. Vorderrand der Vor- derflügel ebenfalls blau schillernd. — Meine übrigen Männer entbehren diesen Schiller. Crit. 2) Das gleiche Männchen hat am schwarzen Aussenrande zwar nicht die bei Chryseis vorkommenden Pusteln, aber dunkle Strichel. Crit. 3) Auf den Vorderflügeln hat es den deutlichen, schwarzen Mittelpunkt ganz wie Chryseis, aber auch auf den Hinterflügeln sind die zwei übereinander- stehenden Pünktchen wieder sichtbar. Das schwarze Innenrandfeld der Hinterflügel bildet nicht wie sonst bei Eurybia, ei- nen scharfen, gleich breiten Streifen, sondern ist einwärts verwaschen und strahlenartig in den Aussenrand auslaufend wie bei Chryseis; diese Strahlen zeigen auch Spuren von blauem Schiller. Nach Ochsenh. ist bei Eurybia der schwarze Mittelpunkt der Vorder- flügel bald deutlich, bald gar nicht sichtbar, den Hinterflügeln aber beständig fehlend. Auch Freyer bestätigt diess. Ich besitze dazu aber alle Mittelstufen. Crit. 4) Der röthliche Anflug auf der Unterseite der Vorderflügel ist äusserst wandelbar. Es giebt Eurybia-Männer, die ihn so deutlich zeigen als manche Chryseis. Schon meine Chryseis aus den höhern Bergthälern sind unten nicht mehr so lebhaft ge- färbt, als die vom Jura und der hiesigen Gegend. Auch die rothgelbe Rand- binde auf der. Unterseite der Hinterflügel bietet die gleichen Modifikationen dar. Crit. 5) Die hellere oder dunklere Grundfarbe beim 2 von Chryseis, die mehr oder we- niger starke Verdüsterung bei Eurybia ist so in einander übergehend, die Bin- denanlage der Hinterflügel sowohl oben als unten, selbst auch die Augenzahl auf der Unterseite bei beiden Faltern ist so wandelbar, dass durchaus keine Grenzen gezogen werden können. Nach genauer Prüfung aller dieser Einzelnheiten an mehr als 20 Exemplaren von Chryseis und fast eben so vielen von Eurybia ist also kein einziges Unterscheidungs-Cri- terium stichhaltig und muss ich daher ganz der Ansicht Derer mich anschliessen, welche diese beiden Falter als blosse Lokalformen einer und derselben Art gelten lassen. Chryseis der tiefern Regionen ist die Stammart, und Eurydice (Eurybia) ihre montane 8 Eid OBER Form. Ein durchaus analoges Verhältniss, besonders in der Färbung der Weiber, fin- det sich übrigens bei Circe. — Was nun die südrussische und türkische Lycaena GCandens (Gerhard Monogr. II. Tab. 8. F. 3) betrifft, glaube ich in derselben, wie Hr. Keferstein, ebenfalls nichts als eine, durch südliches Klima und höhere Temperatur, nach allen Rich- tungen hin ‚ausgebildete, zierliche Form von Chryseis zu erblicken. Ueber die von Keitel in Lappland gefundene Abart (Var. Stiberi) kann ich wegen zu flüchtiger Beschauung nichts mittheilen. Var. Eurydice fliegt später als die Stammform, ohne Zweifel in Folge ihrer höher gelegenen Flugplätze; sie erscheint um den 20. Juli und fliegt bis um die Mitte Augusis. Niemals gesellschaftlich wie Chryseis im Tieflande oder in niedrigen Bergthälern, sondern stets einzeln und sparsam auf hochgelegenen Alpwiesen der Urgebirge: Waadtländer Al- pen, Tour d’Ay bei 6000° ü. M. selten. Bündtner Alpen häufiger: ob Sils bei 5600’, am Stilfser- und am Wormserjoch. Berner Alpen: Urweid bei Guttannen bei 3400‘ (23—26. Juli), auf dem Susten gegen Uri bei 6800‘ (25. Juli); auf der Furka bei 7000' Ende Juli; Grimsel, Handeck, auf feuchten Grasabhängen, unter Melampus und Adyte. Südliche Walliser Alpen von 5000—7000' ü. M. Die Raupen beider Formen sind noch unbekannt, ? 31. Hippono& O. (Hiere F. Boisd.) Freyer n. B. HH. Tab. 103. Hübn. F. 356—359. Lampetie. Gerhard Tab. VIN. F. 4. Hiere. Von Meissner nicht angeführt. Freyer (neuere Beitr. Heft 18. p. 13) giebt ihn in- dess als in der Schweiz einheimisch an. Nach einer schriftlichen Mittheilung des Hrn. Bremi glaubt ihn Prof. Frey bei Engelberg gefangen zu haben. Da somit zuverlässige Erfahrungen uns bis jetzt ganz fehlen, so darf diese Art vor der Hand auch nur fragweise in unserer Fauna erwähnt werden, bis genauere Nachfor- schungen und Berichte uns volle Gewissheit geben können. NB. Freyer (n. Beitr. II. Band p. 13) sagt, dass die Exemplare aus der Schweiz mehr Graublaues als die norddeutschen führen, ohne indess die Quellen und Fundorte zu erwähnen, von denen seine Exemplare herstammen. — Ohne Zweifel erhielt er sie durch Anderegg oder Biedermann, womit aber ihre Herkunft aus der Schweiz noch nicht erwiesen ist, da diese Händler auf ihren Reisen fortwährend aus- und eintauschen. Meine Exemplare stammen von Hopffer aus Berlin. Ein einziges Männchen erhielt ich =: MW von Anderegg; es ist grösser als jene norddeutschen, aber mit weit weniger blauem Schiller und die Hinterflügel sind länger gestreckt, doch hat es weder Anderegg’sche Na- del noch Spannung und scheint mir eher aus Süd-Frankreich herzustammen. 32. Gordius Esp. Hübn. F. 343—346. Freyer n. Beitr. II. Tab. 109. F. 1. 2. Meissner: »In Oberwallis, besonders im Vieschwalde nicht selten im Juli und August. »In Unterwallis fast einen ganzen Monat früher. In der italienischen Schweiz »findet er sich noch häufiger. Er ist auch schon in der Gegend von Bern ge- »fangen worden.« Der Fundort Bern ist mir sehr zweifelhaft, da Gordius nur die Gegenden jenseits der Berner - Alpenkette bewohnt und seit Meissner’s Angabe (1819) durchaus keine au- thentische Notiz vorliegt, dass er auch hierseits derselben gefunden worden sei; diese Angäbe trägt überdiess ganz das Gepräge derjenigen Meissner’schen Mittheilungen, welche nicht aus seinen eigenen Erfahrungen herrühren, sondern auf falsche, ihm zugekommene Berichte unkundiger Sammler gegründet sind. Im Vieschwalde in Oberwallis wird Gordius alljährlich, doch keineswegs häufig gefunden. Hr. Heuser fieng ihn dort ganz frisch am 4. Juli; etwas später im selbigen Monat auch Hr. Rothenbach. Gemeiner ist er in Chamouny, auch schon am Saleve bei Genf. (De-Laharpe.) In Sizilien fieng ihn Zeller schon abgeflogen am 29. Juni. Inwiefern die südeuropäischen Exemplare, wie auch diejenigen aus dem Lozeregebirge mit unserm Schweizerfalter übereinstimmen, weiss ich nicht, da meine Sammlung nur 7 Walliser, aber keine aus dem Süden Europa’s enthält; diese Walliser stimmen voll- kommen mit Freyer’s Bild Tab. 109. F. 1. 2. Eine schöne männliche Abänderung hat oben die Flecken der Vorderflügel besonders gross, und die 4 nächsten über dem Innen- rande sind in grosse Makeln zusammengellossen. Die Raupe ist noch unbekannt. 33. Xanthe F. Boisd. (Circe Ochsenh. Tr.) Hübn. F. 334—336. Freyer n. Beitr. II. Tab. 157. F. 3. 4. Gerhard Tab. 10. F. 1. a. b. c. und Var. Canidia Stenz. — Tab. 10. F. 2. Meissner: »Allenthalben im Mai, August und September gemein. Das 2 ändert in »der Grösse und hellern oder dunklern Grundfarbe sehr ab.« = Die angegebene Flugzeit ist nicht ganz richtig. Der Falter hat nämlich bei uns zwei Generationen. Die erste erscheint in unsern tiefern Gegenden um den 12—13. Mai und dauert bis Mitte Juni. Die zweite von der Mitte Juli an bis um den 7—8. September. (Am 10. September sah ich hier überall nur noch abgeflogene Stücke.) In der Schweiz scheint dieser Falter fast allenthalben bis in die subalpine Region hinauf vorzukommen und ist, manchen Veränderungen in Grösse, Form und Colorit unter- worfen. Eine Vergleichung von 22 Exemplaren in meiner Sammlung zeigt die Abstufungen wie folgt: 2 a) Die Frühlingsfalter sind stets etwas grösser; bei dem Manne die rothgelben Aussenrandmonde auf der Oberseite deutlich und abstechend. b) Die Sommerfalter sind durchgehends kleiner, die Grundfarbe des Mannes dunkler, aber die Aussenrand- monde zum Theil oder meist ganz verloschen. Fünf Exemplare aus Schlesien stimmen in dieser Beziehung mit unserer Schweizer-Circe genau überein,.doch fehlt es bei ver- späteten Exemplaren des ersten Fluges nicht an den zartesten Uebergängen. Das Weib ändert ungemein stark in feuriger oder ganz verdüsterter Goldfarbe, jedoch ohne Einfluss der Flugzeit. Noch besitze ich aus Kleinasien ein J und zwei ®, durch Hrn. Mann im Juni um Brussa gesammelt; sie zeigen auf der Oberseite von unsern grössten Sommer- exemplaren nichts Abweichendes. Auf der Unterseite jedoch ist der J von erhöhterem Orangegelb, und, bei allen dreien sind die Augenflecke ausnehmend zierlich und scharf gezeichnet. Weit auffallender als diese Generationsdifferenzen sind diejenigen, welche die ver- tikale Verbreitung auf den Falter ausübt. Unsere Alpenthäler bringen Circe in einem ganz andern Habitus hervor und bilden die c} varietas montana Tab II. F. 2. Dieselbe hat etwas so Ausgezeichnetes, dass man, zumal beim Weibe, in Versuchung geräth, sie als eine eigene Art aufzustellen; sie übertrifft an Grösse unsere grössten Frühlingsexemplare ; die Vorderflügel beider Geschlechter sind breiter, gedrungener, der Aussenrand vertikaler ; die schwarzen Flecke der Oberseite sind kleiner, die rothgelben Randmonde fehlen ganz. Die Unterseite ist sehr blass, gelblich- grau, die Orangeflecke der Randbinde wie abge- bleicht; die Augenflecke viel kleiner als bei der gewöhnlichen Circe. —- Beim Weib ist die Oberseite braunschwarz wie beim Manne, ohne alle Goldfarbe, und sind auf diesem Grunde nur die zwei schwarzen Flecke unter der Subcostalader noch deutlich vorhanden. Diese Bergform fliegt im August auf dem Gotthard; ich erhielt sie mehrmals auch aus dem Gadmenthal und von der Urweid bei Guttannen. ar Freyer erwähnt derselben in s. neuen Beitr. Heft 50. pag. 21 unter den Miszellen. In Dalmatien kömmt eine Abänderung mit grünlicher Unterseite vor: Ganidia Sitz. Im Tiefland bewohnt Circe nur sonnige Abhänge, dürre Feldbörder und trockene Wiesen. Um Burgdorf fand ich sie in überschwenglicher Menge am 21. August (1850) an einem sehr dürren Abhange, der mit Thymus serpyllum bedeckt war. Die grüne, wollig behaarte Schildraupe, zuweilen mit rosenrothen Längsstreifen, entdeckte Hr. Boie bei Kiel am 28. April auf einem sonnigen, mit Lichen überzogenen Walle, gesellschaftlich auf Rumex acetosella. Die Verpuppung erfolgte von Mitte bis Ende Mai, die Entwicklung im Laufe des Juni. — Die Kolonie ergab zur Hälfte d, zur Hälfte . (Vergl. Germar Zeitschr. I. pag. 387.) 34. Helle F. ©. Hübn. F. 331—333. Freyer ä. Beitr. I. Tab. 8. » n. Beitr. I. Tab. 157. 1. 2. Gerhard Tab. X. F. 4. Meissner: »Dieser Falter, der in der Gegend von Leipzig und in andern Gegenden »von Deutschland im Mai und August auf feuchten, sumpfigen Wiesen fliegt, »ist bei uns ein wahrer Alpenbewohner, wo er im Juni und Juli erscheint. Ich »habe ihn zuerst (1808) auf dem Moleson entdeckt; späterhin ist er auch in den »Alpen des Obergurnigels gefangen worden. Wahrscheinlich ist er in der ganzen „Bergkette, die sich aus dem Kanton Bern in den Kanton Freiburg zieht, zu finden.“ Auf einer sumpfigen Waldwiese oberhalb dem Schwarzbrünnliwald, am Obergurnigel (4100° ü. M.) fieng ich ihn am 6. Juli in grosser Zahl, aber ganz verflogen; es mag daher die zweite Junihälfte dort seine Flugzeit sein. — Sein muthmassliches Vorkommen im Wallis schliesse ich aus Stücken, die Anderegg fast alljährlich im frischen Zustande liefert. Die Raupe soll der des Phleas sehr ähnlich seyn und im August auf der Natterwurz (Polygonum bistorta) leben. Vergl. Freyer am a. ©. Genus: Lycaena. Boisd. O. ? Baetica L. Hübn. F. 373—375, Gerhard Tab. XT. F. 1. Ich führe über diesen Falter vorläufig nur Meissner’s Stelle an, ohne ihn jedoch in die Reihe der Schweizer-Schmetterlinge mit einer Nummer aufzunehmen, da ich aller A Nachforschungen ungeachtet, keine zuverlässigen Nachrichten über sein wirkliches Vor- kommen in der Schweiz habe erhalten können, so wenig, als es mir geglückt ist, ihn in Wallis selbst zu finden oder von Sammlern aus dortiger Gegend zu erhalten. Meine Exemplare : stammen von Kindermann aus der Türkei. Loew fand ihn bei Pera und Ephesus. Meissner sagt: »Füessly hat diesen Falter in Unterwallis gefunden, wo die Colutea »arborescens, auf der die Raupe lebt, häufig wächst. Wir haben ihn bei unsern öftern »Wanderungen durch dieses insektenreiche Land, aller Aufmerksamkeit ohnerachtet, nie »antreffen können.« _NB. Hr. De-Laharpe meldet mir nun das Vorkommen von Baetica um Lausanne (vergl. sein Verzeichn.: Lausanne sehr selten, August) doch ohne weitere Beweismittel. ? Telicanus L. Hübn. F. 371—372. — F. 553—554. Gerhard Tab. XI. F. 2. Freyer n. Beitr. I. Tab. 56. — sammt den frühern Ständen. Von Meissner nicht angeführt. Auch ist er meines Wissens von keinem Samnler auf schweizerischem Gebiete angetroffen worden. Da er indess von Dr. Happ von Tü- bingen in Tyrol auf dem Wege von Botzen nach Trient, sowie auch bei Meran im Sep- tember zahlreich gesammelt, und von Freyer auch bei Diedorf um Augsburg gefunden wurde, so lässt sich mit vieler Wahrscheinlichkeit annehmen, dass er im Engadin und Veltliin kaum fehlen wird. Die Raupe auf Lythrum Salicaria. Loew fand ihn häufig in Kleinasien, bei Brussa. 35. Amyntas F., nebst Var. a) Polysperchon O. » b) Coretas Schifferm. Hübn. F. 322—323. Gerhard Tab. XII. F. 1. 1) Var. Polysperchon: Hübn. F. 319—321. Tiresias. Gerhard Tab. XII. Fig. 2. 2) » Coretas: Meigen Tab. 44. F. 5. Gerhard Tab. XI. F. 5. Meissner führt die Stammart und eine jede der beiden Varietäten als besondere Arten auf und sagt über: eo Amyntas: »Im August bei Bern nicht gemein.« Polysperchon: »Im Frühling nicht gemein« und Coretas: »Dieser Falter wurde von Hrn. Prof. Studer in Unterwallis entdeckt. Der 3 »ist auf der Oberseite dem Polysperchon durchaus gleich. Auf der Unterseite aber »fehlen ihm die rothgelben Flecken am Innenwinkel der Hinterflügel standhaft; »jedoch zeigt sich daselbst ein schwarzer, bläulich silberglänzender Punkt. Nach »Ochsenheimer befand sich in der Schiffermüller'schen Sammlung ein solcher »Falter unter dem Namen Coretas, welchen wir daher beibehalten haben. — »Das ® ist noch unbekannt.« Dass in Wirklichkeit alle drei Falter zusammengehören, finden wir zuerst in Bois- duval’s Index 1840 pag. 10, und hat Zeller neulich (entomolog. Zeitung von Stettin 1849 pag. 177) durch die Raupenzucht bewiesen, dass Polysperchon nur die Frühlings- generation ist und dass sich’s damit verhält gerade wie mit Prorsa und Levana. Sie ent- steht aus denjenigen Eiern, welche Amyntas im August gelegt, woraus dann die Räup- chen noch vor dem Eingang des Winters ihr volles Wachsthum erreichen, sich dann in zusammengerollten Blättern verkriechen, so den Winterschlaf passiren, am 11. April sich verpuppen und am 26. April als Polysperchon die Puppenhülse verlassen. Zeller’s Aufsatz ist so anziehend und deutet auf eine so gründliche Beobachtung der ganzen Metamorphose, dass wir ihm unsern Dank hier öffentlich auszusprechen, uns nicht ent- halten können. Die Pflanzen, auf welche er das Eierlegen gesehen und damit die Raupen auch ernährt hat, sind: Trifolium pratense, arvense, Medicago falcata und lupulina, Anthyllis vulneraria und Pisum sativum, in deren Schoten die Räupchen sich einbohren und die Erbsen darin aushöhlen. Die von ihm angegebenen Flugstellen und Erscheinungsperioden sind ganz analog mit denen unseres Landes, nämlich feuchte Gehölze mit reichlichem Unterholz (unsere Schä- chen) und offene, lichte Waldstellen, wo Polysperchon auch bei uns den ganzen Mai hindurch häufig, Amyntas aber vom 4. Juli an bis um den 26. August weit seltener fliegt. Bei Glogau soll indess der letztere häufiger sein. Der Falter ist bei uns ein Bewohner der Collinen-Region und scheint, nach meinen Notizen, in der Schweiz fast überall verbreitet. In Glarus kömmt er auch noch in der Berg-Region vor {Heer). Die Var. Goretas auf der Unterseite der Hinterflügel ohne Orangefleckchen, kömmt auch hierseits der Alpen, wiewohl selten, mit dem gewöhnlichen Polysperchon untermischt a mz vor. Ein Exemplar meiner Sammlung fand ich unter einer Anzahl Polysperchon in einer Sendung schlesischer Falter von Hrn. Standfuss. 36. Hylas F. Hübn. F. 325 —327. Gerhard Tab. 22. F. 3. Meissner: »Bei Bern im Mai selten. Scheint zweimal zu erscheinen, wenigstens in »Wallis, wo ich ihn im August fieng.“ Ein niedlicher Schmetterling, der in der Schweiz vom Flachlande bis in die alpine Region hinauf alle Formationen bewohnt und zwar am liebsten trockene, sterile Abhänge, wo nur ganz kurzer Rasen wächst, an sonnigen Berghalden und an den Strassen der Alpenthäler. Je nach den Gegenden ist aber seine Flugzeit sehr verschieden. Die auf den Bergen erst im Juli vorkommenden Falter werden mit der Frühlingsgeneration des Tieflandes analog sein. Er findet sich z. B. im sog. Thiergarten bei Aarberg um den 2—6. Mai (Rothenb.). Auf dem Heiliglandhügel bei Burgdorf (circa 2500' ü. M.) einzeln am 11. Juni (Meyer). Im Oberhaslethal zwischen Guttannen und der Handeck gemein am 5. Juli (Heuser), — am Rhonegletscher am 24. Juli. Auf den Waadtländer-Alpen gemein im Juli, in den Niederungen im Mai, Juni und August (De-Laharpe). In Ober- wallis sehr häufig auf verwilderten, trockenen Grasstellen längs der ganzen Strasse zwi- schen Glyss und Vispbach unter Corydon und Argus, am 9. August (Meyer). Auf dem Berge bei Wiedikon im Kanton Zürich, doch selten (Brem.). Die grössten und schönsten Exemplare fand ich in Oberhasle und in Wallis; sie sind viel lebhafter blau, als die des Flachlandes, und weit mehr noch, als meine vier südeuro- päischen von Nizza und aus Dalmatien. Die von Nizza sind besonders klein, nur wie gewöhnliche Alsus, und haben eine mehr graulich- blaue Grundfarbe ; sie stimmen darin mit den von Zeller in Sizilien gefangenen Stücken. (Isis 1847 pag. 156.) Die von Boisduval angeführte Var. Panoptes H. (absque maculis fulvis) besitze ich in einem schlechten Exemplare aus Granada (vom 16. Juni); sie kömmt in der Schweiz nicht vor. Ich möchte sie für eigene Art halten. Zwei J aus Kleinasien (im Mai 51 durch Hrn. Mann bei Brussa an Berglehnen ge- sammelt) sind in der Grösse wie unsere hiesigen, also kleiner als die Walliser und die aus Oberhasle, weisslicher blau und mit viel feinerm Mittelstrich der Vorderflügel. Die Unterseite übrigens nicht abweichend. Von eben dorther, aber im August gefangen, erhielt ich die, dem Hylas oben 2 (Freyer n. Beitr. Tab. 265. F. 1, Gerhard Mon. Tab. 26. F. 5. 6.) sehr ähnliche Lye. Anteros, die ich deshalb lange geneigt war, als blosse südliche Sommergeneratien von Hylas zu halten. Allein ihre Abweichungen entsprechen doch der Abänderungsweise der Lycaenen nicht. Die Vorderflügel von Anteros J sind gestreckter, spitzer, das Blau ein ganz anderes, mehr himmelblau, während z. B. Alexis gerade im Sommer stumpf- flügliger und mehr röthlich-blau wird. Die Grundfarbe der Unterseite von Anteros ist mehr braungelb, statt weissgrau. Hierin einzig wäre der Farbenwechsei wieder analog mit dem des südlichen gegen den nördlichen Alexis, Adonis, Agestis u. s. w. Meine südrussischen Exemplare von Anteros sind etwas kleiner, als jene klein- asiatischen. Das dazu gehörige $ ist in seiner braunen Grundfarbe mit rothen Rand- monden von dem des Hylas so auffallend verschieden, dass an eine Vereinigung dieser beiden Arten nicht mehr zu denken ist. Anteros ist unstreilig eigene Art und die frühere Vermuthung Hrn. Kefersteins (entomol. Zeit. 1840 p. 172. Nr. 88), die auch die meinige war, durchaus ungegründet. — Die Raupe ist noch unbekannt. 37. Battus F. ! Hübn. F. 328—330. 801. 802. ®. Gerhard Tab. 22. F. 2. Meissner: »Oberhalb Giornico am Irnisser Stalden bis gegen Dazio hin, fand ich ihn »im August nicht selten.« - Weitere Fundorte sind mir in der Schweiz keine bekannt geworden, se dass er allem Anschein nach, nur in Tessin vorkömmt. Die Raupe lebt (nach Ochsenh.) im Juli auf Sedum Telephium. NB. Ochsenh. (I. ı1. pag. 66) giebt als Flugzeit in Sachsen und Oestreich den Juni an; da Meissner ihn im August fand, so sind zwei Generationen dieses Falters zu ver- muthen. 38. Aegon Borkh. Hübn. F. 313—315. R Freyer n. Beitr. II. Tab. 175. Gerhard Tab. 23. F. 2. Meissner: »In der Gegend von Bern ziemlich selten. In Wallis, zumal bei Siders, »sehr häufig und wie Argus, in vielen Abänderungen des Weibes.« In der Schweiz weit allgemeiner verbreitet als Argus, und zwar auf allen Formatio- nen vom Flachlande an bis in die montane Region hinauf; doch über 4000' ü. M. ist 9. a a er mir nirgends vorgekommen. Seine Wohnplätze sind Kleefelder, Torfmoore , sonnige Feldbörder, grasige Ränder an Landstrassen, ganz besonders aber Heidegegenden, in denen Calluna vulgaris wächst. An allen ‘solchen Stellen fliegt er gesellschaftlich , selten aber untermischt mit Argus. Seine Flugzeit dauert je nach den Gegenden, in denen er vorkömmt, von Mitte Mai bis um die Mitte Augusts. Im Flachland und in den mildern Hügelgeländen scheint er in zwei Generationen aufzutreten, die aber durch ungleichzeitige Entwicklung fast in ein- ander übergehen. In hiesiger Gegend erschienen (1834) die Erstlinge am 8. Mai, die letzten verflogenen Stücke gegen das Ende des Juni. Am 16. Juli zeigte sich der zweite Flug und dauerte bis um den 11. August. In unsern Alpenthälern, wo der Frühling erst im Juni anfängt, erscheint auch Aegon erst Anfangs Juli und kann daselbst, der Natur gemäss, wohl nur in einer Generation vorkommen. Im römischen Staate fieng ihn Zeller noch am 3. September frisch, so dass in Südeuropa sehr wahrscheinlich drei Generationen stattfinden. Zürich, auf Kleefeldern gemein (Bremi). In der Waadt gemein (De-Laharpe). Im Kanton Bern: um Schüpfen, in der Mühlau bei Aarberg, Buchseemoos, Gegend um Nidau, Fuss des Chasseral (Rothenb.). Burgdorf selten, aufeiner Heide am Meyenmoos wald am 1. Juni; in unsäglicher Menge aber im August 1837 an den Wiesen zwischen Lohn und Solothurn, seither dort wieder seltener geworden; zahlreich auf dem Belpberg bei Bern; so auch im Oberhaslethal Mitte Juli. In Oberwallis längs der ganzen Strasse zwischen Brieg und Siders gemein (9. Aug. Meyer). In Glarus wird er von Heer nicht angeführt, wohl aber Argus. Eine montane Lokal-Varietät von Aegon stellt Meissner unter dem Namen Aegidion (Gerhard Tab. 23. F. 4. J und ®) als eigene Art auf und beschreibt sie wie folgt: »Ich glaube unter diesem Namen einen Falter von Aegon absondern zu müssen, den wir »in den höhern Alpthälern, z. B. im Urserenthale und selbst auf hohen Alpen, wie an »der Südseite der Grimsel, antreffen. Er ist zwar dem Aegon sehr ähnlich, unterscheidet »sich jedoch von diesem: 1) durch seine Kleinheit, indem er kaum grösser als Alsus ist. »2) Die Grundfarbe der Oberseite des Mannes ist ein Blau, das vielmehr auf das Violette »zieht. 3) Die Punktflecke der Unterseite scheinen auf der Oberseite mehr oder weniger »durch. 4) In der Mitte der Vorderflügel zeigt sich ein schwarzer Strich auf der Ober- »seite. 5) Die Anlage und Zahl der Augenflecken auf der Unterseite ist wie bei Aegon; »doch fehlen beim J in den Randflecken der Hinterflügel die goldgrünen Punkte. Das »Weib ist braun auf der Oberseite, selten mit einem schwachen, dunkelblauen Anfluge. »Der Saum schmutzig weissgrau, am Hinterrande der Hinterflügel mit mehr oder weniger - Mi — »deutlichen Orangeflecken und schwarzen Randpunkten,, die sich auch in geringerer Aus- »dehnung am Aussenrande der Vorderflügel, jedoch immer ungleich schwächer, zeigen, »oft aber auch hier ganz fehlen. Die Unterseite ist braungrau, alle Punkte sind stärker »ausgedrückt und die Randflecken der Hinterflügel sind goldgrün gekernt.« Nach Ochsenheimers Bemerkungen (in Meissners naturw. Anzeiger IV. p. 15) wäre diese Varietät Borkhausen’s P. Philonomus. Er hatte seine Exemplare aus der Leipziger Gegend. Mir ist sie niemals vorgekommen, wohl aber habe ich Argus-Exemplare von der Furka, die mit dieser Beschreibung ziemlich übereinstimmen, und möchte somit der Meissner’sche Aegidion auf einer Verwechslung mit Letzterm beruhen, um so mehr, als Aegon in so hohen Alpthälern als die Furka nicht vorkömmt. Das erwähnte Violett- blau der Oberseite finde ich so wenig als den schwarzen Mittelstrich bei keinem Schweizer- Aegon, wohl aber bei meinen zwei Schlesiern und einem 8 von Spalatro. Auf der Unterseite ist die Grundfarbe von Aegon je nach seinen Wohnplätzen und Generationen sehr verschieden. Bei den Schlesiern (3) ist sie hell-blaugrau, die Augen deutlich und gross; sie stimmen mit denen aus Oberhasle und des Berner-Mittel- landes. Bei den dalmatischen zieht die Grundfarbe unten in's Mattbräunliche und die Augenflecke sind sehr klein. Mit letzterer Färbung stimmen unsere Südschweizer aus Wallis. Es ergiebt sich hieraus, dass unser Schweizerfalter in zwei Hauptformen auftritt, nämlich: a) Var. vulgaris: alis subtus laetius cinereogriseis, ocellis grandis. b) » valesiana: » fulvogriseis, ocellis minutis. Das Weib von Aegon ist leicht von demjenigen von Argus zu unterscheiden; es fehlt ihm stets die blaue Bestäubung der Oberseite und das schöne, gelbliche Metallgrün an der Basis der Hinterflügel auf der Unterseite. NB. 1. In meiner Sammlung stecken auch drei kleinasiatische Exemplare (im Juli bei Brussa gesammelt). Das eine Männchen a. hat von unsern hieländischen Var. a. weder in Grösse noch Färbung etwas Abweichendes. Das andere b. hat auf der Unterseite den mattbräunlichen oder gelblich-grauen Farbenton der Walliser vom August; nur sind die Augen deutlicher und grösser. Das @ ist von dem hieländischen und norddeutschen in nichts verschieden. 2. Eine angeblich neue Art, zunächst zwischen Argus und Aegon stehend, vielleicht eine örtliche und klimatische Abänderung einer dieser beiden Arten ist: Zephyrus Friv. (HS. Tab. 4. F. 20. 21. und Tab. 46. F. 208 — 211, Gerhard Monogr. Tab. 29. F. 3, a. b. c.) aus der Türkei, den Keferstein wohl irrthümlich als Varietät zu Alexis zieht. In der Grösse und Färbung der Oberseite, in dem schmalen — schwarzen Rande und den schwarzen Randpusteln der Hinterflügei kömmt er allerdings einem sizilianischen Sommer-Alexis ungemein nahe, dagegen stimmt er auf der Unter- seite fast genau mit dem oben erwähnten Brussaer Aegon b. und mit den Wallisern, nur dass unten die Augenflecke viel grösser und schärfer sind und von den silbergrünen Kernpunkten des Aegon nur einer am Afterwinkel etwas sichtbar ist. Das ® ist auf bei- den Seiten ganz wie das von Aegon gefärbt, nur grösser; unten ist es, bis an die er- loschenen metallgrünen Kernpunkte, von einem gewöhnlichen Aegon $ kaum zu unter- scheiden. Auch die constant fehlenden Wurzelaugen zwischen Basis und Mittelzeichen, auf der Unterseite der Vorderflügel, sowie der fehlende weisse Keil auf der Unterseite der Hinterflügel stellen diesen Falter jedenfalls näher zu Aegon, als zu Alexis, oder dürfte solcher wenigstens eine sehr passende Mittelart bilden. Südrussland und die Türkei haben uns in den letzten Jahren mehrere, angeblich neue Lycaenen geliefert, die mit gewissen Arten aus unsern Gegenden so viel Gemeinschaftliches haben, dass es jeden- falls noch gründlicher Untersuchungen bedarf, um ihnen eigene Artrechte einzuräumen. Mehrere solche Arten oder Rassen scheinen eben im Südosten als die höchst aus- gebildesten Formen aufzutreten, bei uns in Mittel-Europa einen andern Habitus anzunehmen, gegen Westen zu allmälig zu verkümmern und endlich ganz zu verschwin- den. Die Spezialkenntniss in der Entomologie fände daher weit mehr Ersatz im Verfolgen dieser mannigfaltigen Uebergänge, Farben und Formen, zu denen die Arten je nach klimatischen Einflüssen befähigt sind, als in dem leichtsinnigen, modischen Aufstellen neuer Spezies, die meist nur auf eventuelle oder trügerische Differenzen gegründet sind. Freilich hat auch diese Schwachheit ihr Gutes und wir haben ihr manche bessere Erfah- rung zu verdanken. Die Aufmerksamkeit des Monographen wird dadurch zu genauern Untersuchungen angeregt; und wird das Neugeglaubte oft als eine unzeitige Frucht wieder verworfen, so .fördert es doch die gründlichere Erkenntniss des schon Bekannten und führt uns immer näher zu dem Ziele, das zu erreichen wir so emsig bemüht sind. Die Raupe von Aegon ist braunröthlich, fast asselförmig. Sie lebt im Mai und Jnni auf Klee- und Wickenarten. (Abgebildet in Freyer’s n. Beitr. II. Tab. 175.) 39. Argus L. Hübn. F. 316—318. Freyer n. Beitr. II. Tab. 169. Gerhard Tab. 24. F. 1. Meissner: »Besonders in Wallis in der Gegend von Siders sehr häufig und in manchen »Abänderungen, vornehmlich des Weibes, mit und ohne blauen Anflug.« =. Boisduval (Index Nr. 77) giebt als Flugzeit an: Juni und August, also zwei Gene- rationen. Speyer (entomol. Zeit. 1848) lässt nur eine gelten, und zwar von Mitte Juni bis Ende Juli. In der Schweiz treffen beide Fälle zu, nämlich eine Generation auf den Bergen, dagegen zwei in den Niederungen, und zwar fällt die Flugzeit der Bergfalter gerade in die mittlere Zeit der beiden Tiefland-Generationen. Auf dem Alpbach Runz zu Meyringen, 1900° ü. M., ist Argus unsäglich gemein. Der erste Flug erscheint dort um den 10—15. Juni und dauert bis um die Mitte Juli. Den zweiten Flug beobachtete ich dann um den 22. August, im Hauptthal von Wallis schon am 9. August. In den Alpen auf Höhen von 4000 — 5000' ü. M. erscheint der Falter nicht vor dem 8—10. Juli, fliegt aber daselbst fortwährend bis zu Ende August's. Argus ist in der Schweiz mehr Bewohner der Alpengegenden. In Glarus bis zur Baumgrenze hinauf (Heer). Im tiefern Flach- und Mittellande kömmt er seltener vor; an seinen Flugorten ist er indess ebenso gesellschaftlich als Aegon. Er liebt besonders trockene, steinigte Lokalitäten der Kalkformation, zumal solche, wo der Steinklee (Tri- folium melilotus) recht häufig wächst, auf dessen Blüthen er gewöhnlich absitzt; trockene Bette von Bergströmen; dürre, wildwuchernde Grasplätze an Strassen; besonders Berg- thäler scheint er sich mit Vorliebe auszuwählen. In Oberwallis zwischen Brieg und Si- ders fand ich ihn am 9. August in zahlloser Menge unter Corydon und Hylas, an allen dürren Stellen längs der Rhone. Auch auf diesen Falter übt die vertikale und horizontale Verbreitung bedeutenden Einfluss aus. a) Von ausnehmender Schönheit mit lebhaft blauer Bestäubung und rothen Rand- monden sind z. B. die Weiber an den heissen Berglehnen von Vivis bis in’s Unterwallis; ein solches fieng ich indess auch am 13. Juni (1851) bei Burgdorf. b) Kleiner, mit meist verdüsterterem Blau und oft ganz erloschenen Randmonden diejenigen hierseits der Berner Alpen bei Meyringen u. s. w. e) Nuch kleiner diejenigen auf der Furka und Gemmi in Höhen von 5—6000' ü. M. Bei dieser montanen Form sind auch die Männer sehr-abweichend, indem die Grundfarbe der Unterseite mehr bräunlich-grau ist (fast wie bei Acis) und alle Augenflecke viel kleiner als gewöhnlich sind. Ein ähnliches Stück mit sehr schmalem schwarzem Rande habe ich aus Lappland von Keitel. — Ein Männchen in meiner Sammlung, vom Rhone- gletscher, ist kaum von der Grösse des Alsus. (Var. Ismenias Borkh. Gerhard Tab. 24. F. 3.) Ein Männchen von Zagorst in Dalmatien stimmt oben ganz mit unserm Flachland- Argus, zeichnet sich aber auf der Unterseite aller Flügel durch eine breitere, sehr lebhaft rothe Randbinde vor allen hieländischen aus. (Gerhard Tab. 24. F. 1.) Wie ungemein stark, nach allen Richtungen hin, Argus abändert, beweisen die vielen Namen, unter denen die mannigfaltigsten Abweichungen unter eigenen Arten aufgeführt wurden, zu denen sich aber alle nur möglichen Uebergänge vorfinden: Acreon, Leodorus, Ismenias, Lycidas und noch viele andere in Bergsträssers Nomenel., die jedoch sämmtlich mehr oder weniger mit den genannten übereinkommen und nicht die mindesten stabilen Charaktere darbieten. Die Raupe von Argus fand Freyer Ende Mai verborgen unter dem Wiesenschotenklee (Lotus siliquosus — v. |. c.). AD. Optilete F. ‚Hübn. F. 310—312. Freyer n. Beitr. V. Tab. 451. F. 2. 3. Gerhard Tab. 16. F. 4. Var. Cyparissus: Hübn. F. 654—657. Gerhard Tab. 17. F. 1. Meissner: »Auf den höhern Alpen, z. B. der Grimsel, Wengernalp, Scheidegg u. s. w., »selten. « Dieser , im nordöstlichen Deutschland, in der Gegend von Frankfurt a. d. Oder, Berlin, Stettin bis über Danzig hinaus so gemeine Bläuling ist bei uns ein eigentlicher und zwar ziemlich seltener Alpenfalter, der hauptsächlich in den Berner-, Walliser- und Bündner- Hochthälern, und da wohl nirgends tiefer als 4000° ü. M., fliegt. In Süddeutsch- land erscheint er bei Freiburg im Breisgau, wo er bei Hinterzarten auf einem hoch- gelegenen Torfmoore bei 2700‘ ü. M. vorkömmt. Seine Flugzeit ist etwas vor Mitte Juli bis in die ersten Tage Augusts. Im Aarbodenthal von der Grimsel. gegen den Finster- Aargletscher zu, bei 5600 ü. M., vom 25—28. Juli; auf der Wengernalp, 5000° ü. M., 6. August; im obern Gadmenthal bei 4000° um den 25. Juli; auf der Furka bei 7000’ am 27. Juli, und auf der Gemmi unterhalb der Winteregg bei 5300' am 10—13. Juli. — Bei Stepenitz in Pommern fliegt er (nach Hering) in der ersten Hälfte des Juli, bei Danzig schon um die Mitte Juni. Seine Wohnplätze sind auch auf unsern Alpen nur feuchte, sumpfige Stellen, zumal solche, in deren Nähe das Vaccinium uliginosum wächst. En Unser alpinische Falter weicht von dem norddeutschen in mehrern Punkten ab: 1) er ist durchgehends kleiner; 2) von matterm, düsterm Blau; 3) besonders die Unterseite der Hinterflügel weniger lebhaft gezeichnet. Er steht somit im gleichen Verhältniss, wie die montanen Formen von Acis und Argus zu ihren Stammformen des Tieflandes. — Am 6. August fand ich ihn auf diese Weise hauptsächlich auf der Wengernalp oberhalb dem Wirthschaftsgebäude. Ganz übereinstimmend besitze ich ein Männchen von Keitel aus Lappland. Es ist diese Form Hübner’s Cyparissus F. 656 — 657. Gerhard Monogr. der Lycaenen V. Tab. 17. F. 1. Die Raupe ist meines Wissens noch unbekannt. 41. Eumedon Esp. Hübn. E..301. 302. 9. , 701. 702. 2. Freyer n. Beitr. III. Tab. 235. F. 2. 3. Gerhard Tab. 25. F. 2. Meissner: »In der Gegend von Meyringen im Oberhasle im August. Er scheint selten »zu sein.« Auch diese Art, die in Norddeutschland die grossen Ebenen bis an die Ostsee be- wohnt, ist in der Schweiz ein Bergfalter, der indess auch in tiefere Regionen, als Opti- lete herabsteigt und in den Alpen sowohl als im Jura vorkömmt; z. B. am Fuss der Gemmi bei Kandersteg, 3700° ü. M. (10. Juli), Breitbodenalp ob Meyringen bei 6000‘ ü. M. (Mitte Juli bis Mitte August); in den Waadtländer Alpen ob Bex, Ormond u. s. w. bei 3000' ü. M. im Juni und Juli nicht selten (De-Laharpe). Im Jura: am Chas- seral bei etwa 3500’ ü. M. (21. Juni. Rothenb.). In tiefern Gegenden, zumal im Molassegebiet der mittlern Schweiz, wurde er bis jetzt nirgends gefunden. Raupe noch unbekannt. 42. Agestis Esp. Hübn. F. 303— 306. Freyer n. Beitr. III. Tab. 235. F. 1. Var. Allous: Hübn. F. 988—992. - ‚ Gerhard Tab. 26. F. 2. Meissner: »In den Alpenthälern, auf dem Jura und in Wallis nicht selten.« Als Flugzeit nennt Boisduval den Mai und August. Dass Agestis zwei Generationen BEER TE hat, ist unbestritten ; doch wechseln seine Erscheinungsperioden je nach seiner vertikalen Verbreitung so bedeutend, dass ich die Endpunkte in den höhern Regionen nicht zu fixiren weiss. Im Flach- und Hügellande beobachtete ich ihn frisch vom 31. Mai an bis um den 20. Juni, dann zam zweiten Male um den 3. August bis Anfangs September. Im Wallis aber, in Höhen von 3500—4000° ü. M., sowie auch in Oberhasle flogen frische und auch verflogene Stücke vom 8. bis 15. Juli, so dass in diesen Berggegenden ent- weder nur eine Generation stattfindet oder die beiden sich näher berühren. Agestis scheint in der Schweiz allgemein verbreitet, doch ungleich häufig. Im Flach- land bewohnt er nur einzeln und spärlich trockene Wiesen und Feldbörder; am Jura, wo er häufiger ist, die heissen Südlehnen und grasigen Abhänge bis auf die obersten Höhen (Döle, Chasseral, Weissenstein u. s. w.); in den Alpthälern , zumal um Meyringen und Interlaken, in Menge den Fuss sonniger Berghalden. j Unter so verschiedenartigen Einflüssen der Temperatur, der Bodenverhältnisse und Vegetation muss wohl dieser Falter zu mancherlei Veränderungen hinneigen, da schon die 13 Exemplare in meiner Sammlung stufenweise alle Nüancen des Colorits darbieten und augenscheinlich zeigen, welche Parthien der Färbung bei diesem sonst einfachen Thiere überhaupt für solche Einflüsse empfänglich sind. Wir wissen, dass eine höhere Tempe- ratur besonders auf die gelben und rothen Farben kräftig einwirkt, dieselben brennender macht und in scharfen Umrissen von den dunklern Grundfarben ausscheidet; — dass dagegen in kältern Klimaten diese feurigen Farben wieder verblassen und den dunkeln und matten das Uebergewicht einräumen. Auffallend finden wir diesen Effekt bei allen denjenigen Faltern, hei welchen (in unsern gemässigtern Zonen) die hellen und dunkeln Farben so vertheilt sind, dass man nicht weiss, welche als eigentliche Grund- farbe gelten soll, wie bei unserer Phoebe. Je mehr nämlich solche Arten in ihrer geographischen Verbreitung dem wärmern Süden zurücken, desto mehr vermindert sich das Schwarze, bis es zuletzt nur noch in verloschene Flecken und Linien sich auflöst und das Rothgelbe als dominirende Farbe hervortritt. Ist es nun das stärkere Sonnen- licht des Südens, dem die Puppe ausgesetzt ist, oder ist es der stark konzentrirte, ein- gekochte Pflanzensaft, den dorten die Raupe geniesst, der die Ausbildung der hellen Far- ben so sehr begünstigt? Warum findet denn bei andern Südfaltern der auffallendste Gegen- satz statt, wie bei Galathea Var. Procida, wo das Schwarze wieder die Oberhand über das Helle gewinnt ! Wir kennen also immerhin nur noch die Wirkungen, werden aber die Ursachen, welche sie hervorrufen, so leicht nicht ergründen. Ich erlaubte mir diese Abschweifung in Kürze hier, weil sie später bei den Gattun- gen der Vanessen und Hipparchien mich zu sehr aus dem Bereiche einer Fauna heraus- gearbeitet hätte. — Um wieder auf unsern Falter zurückzukommen,, so genügt es jetzt, seine Abänderungen vom ersten Stadium der rothgelben Fleckenbildung bis zu ihrer höch- sten Stufe von Ausbildung zu verfolgen. 1. Die Frühlings-Exemplare haben auf der Oberseite nur Spuren oder An- fänge rothgelber Randmonde. a) 2 alpinische Männer (Meyringen 13. Juni) sind oben einfach braun. b) 1 alpinischer Mann (ebendaher 15. Juni) zeigt schon 4 undeutliche Randmonde der Hinterflügel. c) 1 alpinisches $ aus Oberhasle (19. Juli) ist heller braun, die Binde der Hinter- flügel klein, aber vollständig; auf den Vorderflügeln bereits 4 kleine Monde. 2. DieSommer-Exemplare haben auf der Oberseite deutliche, rothgelbe Rand- monde über alle 4 Flügel. a) Bei meinen Schlesiern sind sie grösser und schärfer begrenzt, als bei allen Schweizern , und erreichen den Vorderrand der Vorderflügel ganz. b) Bei 2 Stücken aus Granada und einem von Spalatro haben die rothen Rand- monde in Grösse, hoher Wölbung, scharfem Umrisse und Lebendigkeit der Farbe die höchste Stufe von Ausbildung erreicht. Ein alpinisches Frühlingsexemplar ist also von einem südeuropäischen Sommerexemplar so verschieden, dass man nothwendig der Bindeglieder 1 c. und 2 a. bedarf, um die Extreme als eine und dieselbe Art zu erkennen. Auch der Farbton der Unterseite ist im gleichen Verhältnisse abweichend. Unsere beiden Generationen sind unten hellgrau; im Süden aber bekömmt der Sommer-Agestis unten einen schönen, braun- gelben Ton. Ein g von Burgdorf (31. Mai) hat die Randmonde unten statt hoch- orangeroth, ganz düster-graubraun. So gross wie Freyer’s Bild (Heft 50. Tab. 235. F. 1) ist mir Agestis in der Schweiz nie vorgekommen. Unter dem Namen Eumedes beschreibt Meissner unter Nr. 103 einen angeblichen neuen Falter als Mittelding zwischen Eumedon und Agestis wie folgt: »eine nirgends »beschriebene Art, die wir hier bei Bern nicht selten im August finden. Sie hält voll- »kommen das Mittel zwischen Agestis und Eumedon, unterscheidet sich aber von diesen 10 En »beiden, die bei Bern nicht vorkommen, vornehmlich durch die dunklere, schwarzbraune »Farbe der Oberseite und durch den gescheckten Saum. Auf der Unterseite nähert sie »sich mehr dem Agestis.« Dass Meissner nichts Anderes, als einen Frühlings- Agestis vor Augen gehabt hat, leuchtet aus der Beschreibung hervor, und dass seine Angabe »im August bei Bern« auf einer Verwechslung von Zedeln beruht, ist um so erklärlicher, als er das Vorkommen von Agestis um Bern in Abrede stellt, während doch der Falter dorten alljährlich am Gurten wie an der Engehalde gar nicht selten vorkömmt. Als Var. Allous bezeichnet man die südlichen Exemplare von Agestis, deren Unter- seite statt hellgrau wie beim unsrigen, lebhaft braungelb gefärbt ist. Eine, unstreitig auch zu unserm Falter gehörende südliche Rasse ist: Idas Rambur. (Boisd. Ind. Nr. 80, Gerhard Monogr. Tab. 26. F. 3) aus Andalusien. Ich kenne sie zwar nur im weiblichen Geschlechte aus Gerhard’s Abbildung. Nach dieser unterscheidet sie sich vom hieländischen Ageslis 1) durch gedrungenern , abgerundetern Flügelschnitt; 2) durch die fehlenden rothen Randmonde auf der Oberseite der Vorder- flügel. Die Hinterflügel haben nur 2 kleine am Innenrandwinkel. Die Unterseite von Idas zeigt folgende Abweichungen: Die Grundfarbe ist die gleiche, schöne und angenehm braungelbe des südlichen Agestis, aber auf den Hinterflügeln ist von den 4 Wurzelaugen nur das erste ara Vorderrande vorhanden und die gebogene Augenreihe ausserhalb dem Mittelzeichen steht bei Idas weit von den Randmonden entfernt, während sie beim hie- ländischen Agestis denselben näher steht, als dem Mittelzeichen. Solche Abweichungen von der Normalstellung finden wir indess auch bei Acis und Cyllarus, und wenn der 3 von Idas, den ich nicht kenne, keine wichtigern Unterschiede darbietet, so kann er sein vermeintliches Artrecht nicht länger behaupten. (Ich sehe so eben, dass auch Hr. Kefer- stein ihn unter Agestis citirt.) Aus Kleinasien besitze ich von Agestis 2 $ und 1 J, im Juli und August durch Hrn. Mann bei Brussa gesammelt. Diese stimmen in Grösse, Flügelschnitt und in der deutlichen, aber schmälern rothen Randbinde mit den norddeutschen Exemplaren (Bres- lau); in der angenehmen braungelben Unterseite jedoch ganz mit den spanischen aus Granada; sie bilden, nebst dem obenerwähnten Allous, zusammen Zeller's Agestis Var. b. Aestiva. (Isis 1847 pag. 155.) Raupe noch unbekannt. ii 43. Orbitulus Esp- Hübn. F. 841. 1 © v. unten. — F. 522—525. Meleager d 2. — F. 761—762. id. 9. Freyer n. Beitr. V. Tab. 421. F. 3. Gerhard Tab. 18. F. 1. Var. Aquilo: Gerhard Tab. 19. F. 1. Freyer n. Beitr. V. Tab. 421. F. 4. Meissner: »Fliegt auf den hohen Alpen im Juli und August.« Auf den meisten Schweizeralpen der Kalkformation von 5000—8000‘ ü. M. an stei- nigten Abhängen, auf niedrigem Rasen der Kämme, besonders an nassen Stellen, gesell- schaftlich. Bündten; Waadt, auf der Alp Anceindaz ob Bex; im Berner Oberland auf der Breitbodenalp und auf den Gadmerbergen; Gemmi: beim Schwarrenbach (24. Juli, 11. August); auf der Scheibenfluh im Entlebuch, dann auf den meisten Walliser Alpen. Der Falter hat ganz das Benehmen des P. Alsus, fliegt niedrig, etwas kreiselnd, und setzt sich oft schaarenweise auf der blossen Erde um kleine Alptümpel herum oder um die Brunnen der höchsten Sennhütten. Beide Geschlechter ändern ungemein ab: Die Männer bald mit, bald ohne schwarzes Mittelzeichen auf der Oberseite aller Flügel, bald auch mit solchem nur auf den Vorder- flügeln; auf der Unterseite der Hinterflügel sind die Orangeflecken im Innenrandwinkel oft ganz erloschen. — Eine weibliche Varietät mit weisslichen Fleckenreihen auf der Ober- seite (Lycaena Aquilo Boisd. Index Nr. 85 Reg. pol., Gerhard Monogr. Tab. 19. F. 1) ist auf den höchsten Alpen des Oberhaslethals häufig. (Freyer’s n. Btr. H. 71. Tab. 421. F. 4.) Auf den Pyrenäen ist Orbitulus von dem unsrigen sehr verschieden: Grösser, oben hell aschgrau oder blaugrau, mit ganz schmalem schwarzem Aussenrande und sehr deut- lichem schwarzen Mittelstriche der Vorderflügel. Unten mit grossen, weiss umzogenen Augenflecken der Vorderflügel, aber fast verwaschenen, bleichen Zeichnungen der Hinter- flügel (Var. Pyrenaica Boisd. Gerhard Monogr. Tab. 18. F. 2). Zu dieser südlichen Form, von der ich nur den d besitze, sind mir in der Schweiz noch keine Uebergänge vorgekommen. Zwei andere, jedoch sehr unerhebliche Varietäten, wozu sich auf unsern Alpen alle Mittelstufen zahlreich vorfinden, bildet Gerhard unter den Namen: Aquila und Arara- tieus ab. (Monogr. Tab. 18. F. 3. 4.) Die Raupe von Orbitulus ist noch unbekannt. Ba ©: NB. Die Var. Aquilo Boisd. wird noch jetzt als hochnordische eigene Art aufgeführt (vergl. Keferstein crit. syst. Aufstell. entom. Zeitung 1851 pag. 205), sie ist es aber bestimmt nicht; sie findet sich auf unsern höchsten Alpen, im Oberhaslethal zumal auf dem Hohen-Stollen und auf der Breitbodenalp in den sanftesten Uebergängen bis zum gewöhnlichen $ des Orbitulus. Einen eigens dahin gehörenden 3 fand ich noch keinen dazu. Loew fand einen männlichen Orbitulus in Kleinasien (bei Brussa), den Zeller (Isis 1847 pag. 11) als den Mann des Aquilo beschreibt, an welchem ich aber weiter nichts als eine der zahllosen Abänderungen des Orbitulus erkenne. Schon der südliche Flugort (Brussa) deutet hinlänglich darauf, dass Aquilo dem Norden wenigstens nicht eigenthüm- lich ist, sondern dass die ihm zugeschriebene spezifische Verschiedenheit sich auch an südlichen Formen wieder findet. 44. Eros ©. Hübn. F. 555—556. 3 als Tithonus. Gerhard Tab. 27. F. 2. Meissner: »Professor Studer fieng diesen Falter in Unterwallis.« Der schriftlich mitgetheilten Ansicht des Hrn. Gerichtsraths Keferstein in Erfurt, es möchte Eros wohl nur eine montane Form von Alexis sein, kann ich nicht beipflichten, da ich den Falter an seinen Wohnplätzen, sogar in Gesellschaft mit dem gemeinen Alexis, zu oft in der Natur selbst beobachtet habe. Abgesehen von seinen stabilen, äussern Dif- ferenzen (ohne alle Uebergänge) hat schon sein rascherer Flug, sein kreiselndes Absitzen und sein gesammtes, scheues Betragen etwas so Eigenthümliches, dass man ihn unter Massen von Alexis auf den ersten Blick erkennt. Er ist im Ganzen wenig verbreitet und auch wo er vorkömmt, niemals gemein. Seine Flugstellen sind wohl nie unter 3000‘ ü. M., gewöhnlich auf den Rasenabhängen am Fusse hoher Felslehnen :der Süd- und Zentral- Alpen, von Anfangs Juli bis Ende Augusts. — Meine Exemplare stammen von Inden in Oberwallis (3600° ü. M.), am 11. Juli unter Alexis, Argus, Agestis und Damon gefangen. Dann vom Fusse der Gemmi oberhalb den Leukerbädern unter Damon, Alexis und Hipp. Adyte am 11. August; von Kandersteg, am Fusse des Gstellihorns am 24. Juli; von der Breitbodenalp im Oberhaslethal, vom 22. Juli bis 27. August. Die Raupe ist noch unbekannt. NB. Im südöstlichen Europa kommt Eros in zwei ganz abweichenden Formen vor: die eine in gleicher Grösse, aber mit lebhaft braungelblicher Unterseite, der Mann oben auf. jedem Vorderflügel mit einem schwarzen Mittelstrichel, das Weib mit vollständiger = ee rothgelber Randmondbinde. (Eroides HS. Gerhard Tab. 27. F. 1. Türkei.) Die andere Form eben so gefärbt, aber mit weissen Vorderrandadern und noch einmal so gross, etwa wie Damon; sie kömmt aus Südrussland und wurde von Kindermann im Juni auf Steppen bei Sarepta gefangen. (Boisduvalii HS. [Everos Kinderm.|. Gerhard Tab. 27. F. 3. Freyer n. Beitr. V. Tab. 386. F. 3. 4. [Anteros.]). ä Eine, wahrscheinlich ebenfalls zu Eros gehörende, angeblich neue Art: Cornelia Kinderm. aus der Türkei, kenne ich nur aus Gerhard’s Monogr. der Lycaenen Tab. 29. F. 1. a. b. c. Heydenreich stellt sie zwischen Alexis und Eros. In der Grösse, in den Randpusteln der Hinterflügel und in der Färbung und Augenzeichnung der Unterseite, gleicht sie völlig dem Eros. In der stumpfern Flügelform aber und in dem herrlichen Blau der Oberseite unserm Frühlings-Alexis. Auf der Oberseite der Vorderflügel zeigt die Abbildung ein undeutliches Mittelstrichel. — Das $ gleicht oben ganz dem von Eros, nur hat es keine Spur von rothgelben Randmonden. Die Unterseite desselben ist nicht abgebildet. Da die Flügelform und das Blau der Oberseite bei dieser Faltergruppe öftern Ver- änderungen unterworfen ist, diese Cornelia auch gerade nur in diesen zwei Dingen von Eros sich unterscheidet, so möchte ich sie kaum für etwas Anderes als eine südliche Modifikation unseres Falters halten, bis ihre Artrechte durch gründlichere Beobachtungen festgestellt sind. 45. Alexis F. Hübn. F. 292 — 294. Gerhard Tab. 28. in 5 Varietäten. Meissner: »Fast den ganzen Sommer hindurch allenthalben gemein. Die Abänderung, »welche Ochsenh. anführt, die fast um die Hälfte kleiner ist und auf der Ober- »seite der Hinterflügel eine Reihe schwarzer Punkte hat, kömmt in den Alpen- »gegenden vor.« Ochsenheimer beschrieb hier offenbar den später zu erwähnenden sizilianischen Alexis. Meissner aber hat wohl nur kleine Sommerexemplare aus den Alpen, ohne genauere Vergleichung, zu dieser Form gezogen, aber gewiss an keinem schwarze Randpusteln ge- sehen, da ich mich der Stücke seiner Sammlung, die später in Shutthleworth’s Hände gekommen ist und die ich gesehen habe, noch sehr deutlich erinnere. Ob Alexis in ununterbrochenen und unregelmässigen Zeiträumen sich den ganzen Sommer über anhaltend fortpflanzt oder ob diese Fortpflanzung nach der Analogie der 2 ww übrigen Lycaenen an bestimmte Perioden geknüpft ist, habe ich bis jetzt weder durch die Raupenzucht noch durch Beobachtungen im Freien genau ausmitteln können; drei Mal. im vorigen Sommer bemerkte ich indess auf der nämlichen Flugstelle die Männer in meist verflogenem Zustande und möchte daraus auf eben so viele Generationen schliessen, die nur durch langes Andauern ihrer Flugzeit sich so enge berühren, dass man die Zwischen- räume nicht wahrnimmt. Die Erstlinge sah ich um Burgdorf am 3. Mai, dann in grossen Massen, aber abgeflogen, am 11}. Juni; später in gleichem Zustande am 20. Juli und zum dritten Male ebenso wieder um den 7—10. September, so dass der ganze Lebenseyelus einer Generation vom Ei an bis zum vollkommenen Insekte stets in 38 bis 40 Tagen vollendet sein muss. Die kleine gelblich-grüne Schildraupe fand ich am 1. Juli in grosser Menge, aber zerstreut auf den Blüthen von Medicago falcata, namentlich auf sehr sonnigen, dürren Hügeln und Feldrainen um Burgdorf. Sie verpuppten sich am 9. Juli und die Falter entwickelten sich schon vom 17. bis 18. des gleichen Monats. Die Verbreitung des Falters ist allgemein; vom niedrigsten Flachlande an bis in die alpine Region hinauf durch alle Formationen und überall in gleich grosser Zahl. In über- schwenglicher Menge sitzt er oft in den Mittagsstunden auf nassen Stellen der Fahrwege, auf Landstrassen, um kleine Tümpel herum, noch häufiger fast auf den kothigen Vieh- fährten der Alpen, wo er durch sein zahmes, freundliches Benehmen und durch das herr- liche Blau seiner Flügel im Sonnenschein den Wanderer ungemein ergötzt. Welch’ mächtigen Einfluss Klima, Jahreszeit und Standort auf die Färbung dieses Falters ausüben, hat uns Zeller (Isis 1847 p. 150) durch seine ausführliche Arbeit über den sizilianischen Alexis bewiesen. Auch mir war von jeher bei unserm Schweizerfalter das Nüanciren seiner Grundfarbe aufgefallen, ohne dass ich hiebei an andere als ganz zufällige Ursachen gedacht hätte, bis Zeller’s Aufsatz mich im letztverflossenen Sommer unter den verschiedensten Zeit- und Lokalverhältnissen zu eigenen Beobachtungen ange- regt hatte. Wie sich nun diese meine Aufzeichnungen zu denen des Hrn. Zeller ver- halten, in welchen Aehnlichkeitsbeziehungen das Varieren unseres hieländischen Alexis zu demjenigen des norddeutschen und demjenigen des südlichen steht, und was mir über- haupt bei allem dem noch aufgefallen ist, das will ich hier in möglichster Kürze zusam- menzufassen suchen: In Hinsicht der Generationsverschiedenheiten stimmt unser Schweizerfalter mit dem norddeutschen darin ganz überein, dass die Männer des Frühlings im Allgemeinen u grösser und von reiner blauer Grundfarbe sind, während die Spätsommerfalter ein mehr in's Röthliche übergehendes Blau haben; ferner darin, dass die Frühlingsweiber gewöhnlich auf der Oberseite der Vorderflügel viel blaue Bestäubung, aber erloschene rothgelbe Randmonde — die des Sommers dagegen nur selten blaue Bestäubung, aber scharfe, deutliche Randmonde zeigen. Bei allen unsern Männern vom Frühjahr bis zum Herbst findet sich ferner die schwarze Aussenrandlinie vor, der Fransen aller Flügel schmal und scharf, ohne Schattirung nach innen zu ‚und nur selten mit Spuren dunkler Randpusteln auf den Hinterflügeln. Die Grundfarbe der Unterseite ist grau, beim $ bräunlich-grau, beide an der Basis der Hinterflügel glänzend blaugrün. Das sind die Eigenthümlichkeiten, die unser Alexis mit dem norddeutschen gemein hat; auch in allen übrigen Merkmalen weicht er kaum spür- bar von demselben ab, so dass man sich wundern muss, bei unserer Art so gar kein Hin- neigen zu südlichen Uebergangsformen wahrzunehmen, wie sie z. B. bei Podalirius und Dapplidice in den glühheissen Thälern von Unterwallis so deutlich hervortreten; denn selbst dort fand ich den Falter dem norddeutschen immer noch viel näher stehend, als den südeuropäischen Exemplaren von Neapel, Syracus und Messina. Bei der ungemein grossen Vielfältigkeit seiner Abweichungen, zumal der Unterseite, ist es wirklich auffal- lend, wie wenig er von diesem südlichen Gepräge angenommen. Was nämlich den südeuropäischen Alexis aus Sizilien charakterisirt, sind folgende Merkmale: 1) seine geringere Grösse; 2) das prachtvolle, reine Hellblau der Oberseite, das fast unserm Adonis gleichkommt ; 3) die sehr deutlichen schwarzen Randpusteln auf der Oberseite der Hinterflügel; 4) die schwarzgefärbien Adernausläufe; 5) der breitere schwarze Aussenrand, der sich beinahe schattenförmig in die Grundfarbe verliert, fast wie bei Ae- gon; 6) der viel gelbere Farbenton der Unterseite und das beschränktere, mehr gelb- liche Metallgrün an der Basis der Hinterllügel. Bei dem Weibe dann 1) die grössern, scharfbegrenzten, lebhaft orangerothen Randmonde und die gelbliche Behaarung der Ober- seite; 2) der mehr gelbe als 'graue Farbenton der Unterseite, mit fast ganz fehlendem Metallgrün an der Basis der Hinterflügel. Diese Südform fand Zeller in höchster Voll- kommenheit ausgeprägt um Syracus und Cattania bis nach Messina; also in einem Klima von + 14° mittlerer Jahreswärme. — Nördlicher, auf dem italienischen Festlande, fand er sie um Neapel wohl noch in gleicher Kleinheit, aber schon in röthlicherm Farbenton und mehr erloschenen Randpusteln. Um Rom ebenso, aber die schwarzen Hinterrand- pusteln der Hinterflügel kaum noch unter dem Blau hervorblickend , und um Triest end- = Ws lich zeigten sich alle diese südlichen Charaktere schon so verschwunden, dass die dor- tigen Exemplare von den Schlesiern (und also auch von den unsrigen) kaum mehr zu unterscheiden waren. Es scheint demnach die ausgebildetste südliche Modifikation des Alexis über*den ? 42. ® nördlicher Breite hinaus nicht mehr vorzukommen (selbst in Gegenden nicht, die in klimatischen und topographischen Beziehungen ziemlich über- einstimmen), sondern von dort an in raschen Sätzen schon im mittlern Italien mit unserm hieländischen und deutschen Alexis sich zu vereinbaren. — Auch von meinen 3 Exemplaren aus Dalmatien stimmt ein Pärchen von Spalatro (Mai 1850) oben ganz mit unserm Frühlingsfalter überein, dagegen hat ein d vom Monte Bioeovo bei Zagorst, noch das prächtige reine Blau des Adonis, dabei die Kleinheit und die geschwärzten Aderausläufe der Sizilianer, aber keine Pusteln mehr am Aussenrande der Hinterflügel. Auf der Unterseite ist es unserm Schweizer-Alexis ganz gleich, während das Männchen von Spalatro gerade nur auf der Unterseite durch hellere Grundfarbe und sehr leb- haft rothe, scharfe Randmonde sich wieder den Sizilianern nähert. Diese drei dalma- tischen Stücke bilden also die unverkennbarste Uebergangsform zwischen dem südlichen und nördlichen Alexis. Zwei Männer von Granada vom 10. Juni (ebenfalls in meiner Sammlung) sind von unsera röthlich-blauen Sommerexemplaren in gar nichts mehr verschieden; sie bilden die Var. Iphis Baumh. (Gerhard Monogr. VII. Tab. 28. F. 1.) Zwei ® und ein d aus Kleinasien (von Brussa) wahrscheinlich zur Frühlingsgeneration gehörend: der Mann auf den Hinterflügeln oben ohne dunkle Randpusteln und in Schnitt und Färbung unsern Frühlingsfaltern gleich, aber von ausgezeichneter Grösse, wie Escheri. Unten ist der Farbton, zumal auf den Hinterflügeln, zart braungelb und an der Wurzel nur sehr geringe grüne Bestäubung. — Die beiden Weiber oben mit blauen Schuppen im Wurzelfelde, unten ganz wie unsere Walliser. In der Meissner’schen Sammlung befand sich auch eine Abänderung aus der Gegend von Bern, die mir seither nie vorgekommen; sie zeichnete sıch aus: durch ungewöhnliche Grösse, durch eine fast aschgraue Oberseite, ungefähr wie Orbitulus, dunklere Unter- seite, die gegen die Wurzel zu schwärzlich angelaufen war. — Das Exemplar ist leider längst zu Grunde gegangen. NB. Dass Hr. Keferstein in seiner crit. syst. Aufstellung (entom. Zeit. 1851 pag. 310) auch Escheri und Zephyrus als Varietäten zu Alexis zieht, werden wir am gehörigen Orte näher besprechen. Zu A6. Escheri H. Hübn. F. 799—800. d. 867-868. ®. Gerhard Tab. 29. F. 2. a. b. c. Meissner hatte zwar diesen Bläuling als eigene Art wohl unterschieden, ihn aber (wie auch Ochsenh.) für Icarius gehalten, der in der Schweiz bis jetzt nicht aufgefunden ist. Er meldet darüber Folgendes: »Icarius OÖ. p. 37. Amandus Hübn. Tab. 59. F. 283. m. »284—285. foem. Im Wallis zwischen Sitten und Siders hab’ ich im Juli einen Falter »ziemlich häufig angetroffen, den ich für den Icarius halte, obgleich er in einigen Stücken »von Ochsenh. Beschreibung und Hübner’s Abbildungen abweicht. Die Grösse ist die des »Daphnis. Die Grundfarbe der Oberseite das Blau des Alexis. Der Aussenrand schwärz- »lich, sowie die Flügeladern gegen den Aussenrand hin. Der Saum weiss, ungescheckt. »Vor dem Aussenrande der Hinterflügel keine schwarzen Punkte, wie Ochsenh. angiebt »Auch der schwarze Mittelstrich der vordern, den Ochsenh. erwähnt, fehlt. Die Unter- »seite gleicht im Ganzen der des Alexis, doch sind alle Punkte grösser und stärker. Die »Vorderflügel sind von dem halbmondförmigen Mittelflecken bis an die Wurzel ungelleckt. »Die rothgelbe Binde am Aussenrande der Hinterflügel ist durch starke kappenförmige »Linien nach innen begrenzt. Alle Punkte haben eine weisse Einfassung. Das ® ist »braun, die Oberseite gegen die Basis der Flügel kaum merklich blau angeflogen. Am »Aussenrande der Hinterflügel steht eine Reihe halbmondförmiger , orangefarbiger Flecken, »die auch, wiewohl etwas schwächer, noch auf den Vorderflügeln vom Hinterrande bis »zur Mitte hin fortsetzt. In der Mitte der Vorderflügel ein schwarzer Strich. Unten ist »die Zeichnung wie beim J, nur ist die Grundfarbe dunkler.“ Dass auch Ochsenheimer unsern Escheri mit lcarius zusammengeworfen, leuchtet aus seinen »Bemerkungen« hervor, die er im »naturwissenschaftlichen Anzeiger IV. pag. 15« über das Meissner’sche Verzeichniss niederlegte, wo es heisst: »Der beschriebene Falter »ist wirklich Icarius; mehrere aus Ungarn erhaltene Exemplare überzeugen mich. Meine »Beschreibung bedürfie einer Revision. Das ® variert wie das des Adonis.“ Duponchel (Supplem. aux Lepidopt. de France par Godart, Heft III. pag. 68) fieng den Falter 1827 im Depart. de la Lozere, hielt ihn damals für Varietät von Alexis, später Alex. Lefevre bei Toulon und Graf Saporta bei St. Beaume im Depart. du Var, und dieser Letztere erst gab ihm den Namen Escheri, Hrn. Escher-Zollikofer in Zürich zu Ehren. Es gebührt also nicht Duponchel, sondern unserm sel. Meissner der Prioritätsrang dieser Entdeckung, indem er ihn schon 10 Jahre vor demselben (1817) in Wallis gefangen, von Alexis sogleich unterschieden, nur unrichtig bestimmt hatte. ; 11 en 12 Ausser in Wallis, wurde Escheri bis jetzt nirgends in der Schweiz gefunden. An seinen Flugstellen von Sitten hinweg bis nach Gamsen und Brieg hinauf ist er Anfangs Juli gar nicht selten und fliegt daselbst untermischt mit Alexis, am Fusse heisser Berg- lehnen. Die Raupe ist noch unbekannt. NB. Hr. Keferstein in seiner krit. syst. Aufstell. (entom. Zeit. 1851) zieht Escheri als blosse Varietät zu Alexis. Ich kann ihm hierin vorläufig nicht beistimmen, so sehr auch die bestehenden Unterschiede der Grösse und die Färbung der Unterseite in den meisten Fällen nur vage, ungenügende Kriterien sind, und andere, stichhaltige hier wirk- lich nicht hervortreten. Flöge an den Fundorten in Wallis nur Escheri und zwar aus- schliesslich in dieser Form, so würde er mir wohl als Lokalvarietät gelten. Er fliegt aber mit Alexis vermischt, ohne dass ich je eine Uebergangsform erhalten hätte. Die einstige Entdeckung der ersten Stände wird hier entscheiden müssen. ” 47. Adonis F. Hübn. F. 298—300. Freyer n. Beitr. VI. Tab. 487. Gerhard Tab. 30. F. 1. a. b. c. Var. Ceronus: Hübn. F. 295-.297. 3 2. 645—646 Var. $. 698—699. ®. Gerhard Tab. 30. F. 2. a. b. c. Meissner: »Im Mai und August nicht selten bei Bern auf Wiesen.« Speyer (entom. Zeit. 1850) stellt drei Generationen auf, nämlich die Flugzeit der ersten von Mitte Mai bis Ende Juni, der zweiten von Ende Juli bis über die Mitte Au- gusts, und die der dritten Anfangs Oktobers. In unsern Gegenden ist mir diese dritte niemals vorgekommen. In den Apenninen oberhalb Fuligno fieng ihn Zeller in Begattung am 5. September, und um Triest um die Mitte Septembers. Bei uns erscheint Adonis um den 8. Mai bis Mitte Juni; dann zum zweiten Mal von Ende Juli bis Ende August, auf den Höhen stets etwas später. Er ist in der Schweiz nicht allgemein verbreitet und fehlt, meines Wissens, den Hochalpen ganz; wo er aber vorkömmt, ziemlich häufig, wie um Schüpfen, im Thiergarten bei Aarberg, am Jura bei Solothurn, auf dem Magglingerberg ob Biel, selbst bis auf die höchsten Kämme des Jura, wie Chasseral, Döle; am 24. Juni traf ich ihn in sehr grosser Menge zunächst unter dem Kurhause des Weissensteins (3980' ü. M.). Gemein im Waadtland, bei Vivis, Bex u.:s. w.; so auch im Hauptthale des Wallis zwischen Vispbach und Gamsen (9. Aug.) unter Argus, Alexis und Hipp. Eudora; — seltener um Zürich auf blumenreichen Wiesen. % ee Bu Ueberhaupt erstreckt sich seine Verbreitung in der Schweiz hauptsächlich über die wär- mern Gelände derselben, wo er vorzugsweise trockene, sonnige und mit Steintrümmern bedeckte Abhänge zu seinen Flugstellen sich wählt. Der Mann zeigt weder nach seinen Flugperioden noch nach seiner geographischen Verbreitung wesentliche Verschiedenheiten. Er findet sich zu gleicher Zeit und an den nämlichen Flugstellen bald mit gescheckten Fransen und schwarzen Randpunkten der Hinterflügel (Var. Ceronus Hübn. F. 295), bald auch ohne Beides (Adonis Hübn. 298); doch in letzterer Form immer selten und fast nur am Jura. Sechs Männer von der Höhe des Jura (vom 2%. Juni) und zwei andere von Gamsen in Oberwallis (vom 9. August) stimmen sowohl unter sich als mit meinen norddeutschen Exemplaren aufs Genaueste überein. Dagegen hat mein einziges, sehr frisches Stück aus Dalmatien (12. Juni Spalatro) ein lebhafteres Blau und einen ganz ungescheckten Fransensaum der Hinterflügel. Das ® variert weit mehr, zumal in der Ausbildung der rothen Randmonde und der blauen Bestäubung der ganzen Oberseite. Diese blaue Be- stäubung findet sich an den Weibchen unseres Mittellandes nur unbedeutend, während sie bei denen aus Waadt, Wallis und den wärmern Gegenden sich oft so stark über die ganze Flügellläche ausdehnt, dass die braune Grundfarbe nur noch verwaschen durch- scheint (Var. Geronus Hübn. F. 297). Ein Pärchen aus Kleinasien in meiner Sammlung (von Mann bei Brussa im Juli ge- sammelt) weicht in einigen Punkten von unserm hieländischen Adonis ab. Der JS ist grösser als die Jurassier vom Juni und hat nur einen undeutlichen Punkt am Rande jedes Hinterflügels. Unterseite von mehr gelblichem Farbenton, wie die Walliser, aber mit weniger und gelberer Metallbestäubung an der Basis. Das $ oben nur mit spärlichen blauen Schuppen über den Randmonden der Hinterflügel; unten noch braungelblicher als die Walliser und Dalmatier, dabei ohne alle Spur einer metallgrünen Wurzelbestäu- bung. In diesem Sinne wirkt überhaupt der Süden und Südosten auf die Färbung der Lycaenen. In der Stellung der Augenflecke zeigen indess diese Kleinasiaten den Unter- schied gegen unsern nördlichen Adonis nicht, den Zeller bei den Sizilianern beobachtete. Eine andere weibliche Abänderung aus der Türkei ist Urania Bisch. (Gerhard Tab. 30. F, 4), wo die Oberseite nur sehr geringe blaue Bestäubung und gar keine rothen Randmonde hat, Die Raupe von: Adonis ist zum ersten Mal abgebildet in Freyer’s n. Beitr. VI. Tab. 487; sie lebt sehr verborgen im Mai und Juni unter den Blättern der Coronilla minima. BR vorn 48. Dorylas H. Hübn. F. 289—291. Gerhard Tab. 30. F. 3. a. b. c. Var. Golgus: Hübn. Gerhard Tab. 30. F. 5. a. b. d. Meissner: »Im Mai und Juni nicht selten auf Wiesen.« Boisduval giebt Mai und Juli an. In unsern Gegenden sah ich die ersten Exemplare niemals vor dem 10. oder 11. Juni. Diese Generation dauert stets nur kurze Zeit, etwa bis 24—28. Juni. Der zweite Flug erscheint um den 20. Juli und währt anhaltend bis um den 10. September. Der Falter liebt vorzüglich trockene Wiesen, Feldraine, steinigte, mit niedrigen Klee- arten überwachsene Bergabhänge, auch recht sonnige, trockene Torfmoore und scheint an solchen Stellen fast überall in der Schweiz vorzukommen. Ungemein häufig an den warmen Südabhängen des Jura, z. B. am Fusse der Stygelos Rysi ob Solothurn, am Twannberg, Chasseral, selbst auf den obern Kämmen vor dem Kurhause des Weissensteins bei 3500—3800' ü. M.? Seltener im Gebiete der Molasse- formation: auf der Aarberger Allmend, bei Worben, Schüpfen; einzeln und sparsam um Burgdorf, besonders auf dem Heiliglandhügel, am Bättwylberg, Meyenmoos und im Ober- thal. Sehr gemein wieder in der Formation des ‚Alpenkalks, z. B. vom 10—15. Juni auf allen trockenen Wiesen um Meyringen bis auf die Urweid. Glarus, bei Ennenda, Mitlödi (Heer). Dorylas hat ein prachtvolles Blau, etwas weisslicher indess als das des Adonis; bei einigen Exemplaren zieht es auch in’s Grünliche. Der Flügelsaum ist niemals gescheckt, aber die Aderausläufe deutlich und schwarz. Die Randpusteln der Hinterflügel verschwin- den oft ganz. Stabile Unterschiede zwischen den ‘Generationen fand ich keine. Eine Menge vager Abänderungen, besonders in dem Ausdruck der Flecken und Grundfarbe der Unterseite, finden sich untermischt an den nämlichen Stellen. Die Oberseite bietet stabilere Eigenthümlichkeiten: 1) Das lebhafteste, reinste Himmelblau besitzen unsere Exemplare des bernischen Mittellandes; sie sind auch die grössten. Die Hinterflügel zeigen selten schwarze Rand- punkte. 2) Ein, mit sehr schwachem Violett gemischtes Blau haben die etwas kleinern Stücke vom Jura. Diese zeigen am öftersten und am meisten kleine Randpunkte. Von mehr grünlichem Blau sind meine Dorylas S aus Oberhasle, bald mit, bald ohne Randpunkte. Wie die Var. Nivescens Keferst. aus den spanischen Pyrenäen aussieht und wie sie sich zu unserm Falter verhält, kann ich durch Autopsie nicht angeben. (Vergl. Ram- bur Faune d’Andalus. pl. 10. F. 8—10.) Var. Golgus Hübn. ist nichts als eine kleine Bergform unseres gewöhnlichen Falters. Auch von diesem Bläuling ist die Raupe noch unbekannt. 49. Corydon F. Gerhard Monogr. Tab. 31. F. 2. a. b. c. Hübn. 286. 287. Freyer n. Beitr. III. Tab. 223. F. 1. (aberratio.) Var. Syngrapha Keferst. (Boisd. Var. maris colore) Var. alpina: Hübn. F. 742. Gerhard Monogr. der Lycaenen Tab. 32. F. 3. a. b. Meissner: »Vom Juli an fast allenthalben gemein, vornehmlich in Wallis.« Boisduval giebt zwei (enerationen an: Mai und August. In der Schweiz kömmt nur eine vor, die um den 20. Juli erscheint und fortdauert bis um die Mitte Augusts. In der Molasseformation nur sparsam an einigen wenigen Stellen: Mühlau bei Aar- berg (Rothenb.); häufiger auf dürren Hügeln um Zürich (Bremi). In unsäglicher Menge aber fliegt der Falter in der ganzen Kalkformation, doch nicht über 4000' ü. M., an manchen Stellen in unabsehbarem Gewimmel, wie am Fusse des Jura bei Solothurn, beim Wengistein und an der Stygelos-Rysi. Im Berner Oberland: am Seitenberg bei Bönigen, im Kirchet ob Meyringen, auf allen trocknen Abhängen zu Tausenden; auf der Urweid bei Guttannen. In Wallis in noch viel grösserer Zahl, besonders bei Grengiols, Möril bis Brieg, mit Damon vermengt; um Siders und von da bis hinauf über Salgetsch, Varon, Leuk, bis an den südlichen Fuss der Gemmi überall in zahlloser Menge und in den mannigfaltigsten schönsten Abänderungen, besonders der Weiber. Auch im Waadt- land gemein auf allen Höhen und trockenen Stellen. In Glarus bis in die untere Alpen- region hinauf (Heer). Dagegen fehlt er in der mittlern Schweiz an manchen Orten, z. B. um Burgdorf, im Oberaargau, im Emmenthal, bei Bern u. s. w., ganz. Bei der Uebersicht einer grossen Reihe einheimischer Stücke in meiner Sammlung bietet der Falter folgende Lokalformen dar: a) Die jurassischen Männer sind die kleinsten, der grünlich - weisse Silberglanz BR 0 am mattesten. Der dunkle Aussenrand blass und verwaschen, so dass auch auf den Vor- derflügeln die schwarzen Randpusteln der Oberseite sehr deutlich hervortreten; sie stim- men auf der Ober- und Unterseite ganz mit meinen dalmatischen Männchen von Spalatro; auch die Weiber sind von den Dalmatiern weder in Grösse noch Colorit verschieden. b) Die Oberländer und Walliser sind die grössten, von glanzvollem Silbergrün; sie stimmen hierin mit meinen Exemplaren von Wittenberg; aber der schwarze Aussenrand ist bei den unsrigen meistens schwächer und schmäler, die Unterseite aller Flügel weit blasser, daher die Augenflecke weniger abstechend. Die Unterseite der Hinterflügel ist bei weitem nicht so lebhaft braun, wie bei jenen norddeutschen, sondern ganz bleich, fahl, wie bei den südeuropäischen Varietäten: Albicans aus Granada und Osmar aus der Türkei, welch’ letztere wahrscheinlich mit Var. b) Nivifera Kef. und c) CGorydo- nius Kef. als identisch zusammenfallen. c) Mehrere, Walliser Männer (Siders 9. August und Grengiols 8. August) haben noch eine besondere Auszeichnung auf der Oberseite der Hinterflügel darin, dass über den schwarzen Randpusteln noch rothe Fleckchen stehen. d) Weiber vom Alpbach-Runz bei Meyringen (5. August) zeichnen sich aus: durch einen weisslichen Mittelflleck auf der Oberseite jedes Flügels. e) Zwei andere Weiber (Var. Syngrapha Kef., Corydon Hübn. F. 742), die ich von Anderegg erhielt, sind oben statt braun, silberglänzend grünblau, wie die Männer, nur. mit dunkler breiter Umrandung und bei dem einen sogar mit den gewöhnlichen rothen Randmackeln der Hinterflügel. Sie sind Boisduval’s Var. $ maris colore. Ob Anderegg sie im Wallis selbst gesammelt, weiss ich nicht, ebensowenig als von der auch von ihm erhaltenen: f) Var. Cinnus Hübn. F. 830. 831. (die Keferst. jedoch zu Adonis zieht.) Anmerkung. Gerhard (Monogr. der Lycaenen) bildet auf Tab. 31 und 32 eine Reihenfolge von Corydon-Varietäten ab, die wir nicht übergehen wollen. 1) Als Var. Albicans Hübn. giebt er auf einer und derselben Tafel zwei unter sich sehr abwei- chende Falter. ‘Der eine (Tab. 31. F. 3) entspricht unserm oben Angeführten aus Granada. Der andere (Tab. 31. F. 1. a. b.) von Lederer, auch aus Spanien, könnte wohl als eigene Art gellen, wenn sich keine Uebergänge dazu finden. Die Oberseite führt ein ganz eigenthümliches, schmutziges Weiss, in Rosa übergehend; die Vorderflügel einen nur schmalen, dunkeln Rand ohne Ringmackeln, die Hinter- flügel zeigen solche nur als Pusteln. Der Fransensaum ist völlig ungescheckt. Die ganze Unterseite isabellgelb. Die Randmackeln sind hier nur durch rothgelbe Strichel bezeichnet, die auf den Vorder- flügetn keine Keroringe und auf den Hinterflügeln nur schwache Bogen bilden. Den Hinterflügeln fehlt an der Wurzel. alle metallgrüne Färbung; ihr weisses Mittelzeichen ist äusserst klein; auf den Vorder- flügeln bildet die Augenreihe eine mehr zusammenhängende, sanft geschwungene Kelle. Die Aeugel gegen die Flügelbasis fehlen. \ = Me 2) Var. Osmar. Bisch. (Tab. 31. F.4. a.b.c.) Beim g.ist die Oberseite röthlich-blau, der Fran- sensaum gescheckt, die Umrandung schwärzlich, aber in undeutlichen Pusteln. Die Unterseite sehr blass-fahl, mit immer noch kleinen Augen und ohne alles Grün an der Basis der Hinterflügel. 3) Var. Aragonensis Gerh. (Tab. 32. F. 1. a. b. c. d.) Auf der Oberseite fast ganz das Grünweiss des Albicans, mit schwärzlicher, ringellleckiger Umrandnng. Die Unterseite lebhafter gelb- braun, als bei den beiden vorigen, eiwa wie bei den Schlesiern, mit ausnehmend schöner, grosser Augenzeichnung, doch immer noch ohne Grün an der Wurzel. Diese Form bildet eine schöne Miltel- stufe zwischen unserm Walliser Corydon und der Var. Albicans. 4) Var. Cinnus Hübn. (Gerh. Tab. 32. F. 2. a. b.) ein Weib. Diese Varietät zeichnet sich vor unserm gewöhnlichen Corydon © dadurch aus, dass es auf der Unterseite der Vorderflügel keine Wurzelaugen und auf den Hinterflügeln ausser dem Mittetzeichen und den rothen Randmonden gar keine Augenflecke hat. f 5) Var. Parisiensis Gerhard (Tab. 32. F. 4) nur von der Unterseite abgebildet, die indess mit derjenigen von Var. maris colore oder Syngrapha Kef. fast ganz übereinstimmt. Was sie oben Ausge- zeichnetes hat, ist nicht angegeben. g) Eine merkwürdige weibliche Abnormität, leider nicht mehr in gutem Zustande, hieng Bremi bei Dübendorf (Kt. Zürich). Die ganze Unterseite ohne Augenflecken, bloss mit undeutlichen Randpusteln. Sie ist analog mit Freyer’s Bild (neuere Beitr. II. Bd. Tab. 223. F. 1). Welchen mächtigen Einfluss überhaupt Klima und Bodenverhältnisse auf diesen Falter ausüben, beweisen besonders die erwähnten Lokalformen Var. Albicans und Osmar. Der Süden scheint die Oberseite je mehr und mehr abzubleichen und die Unterseite zu vergelben, worin schon unsere Walliser sich auffallend hinneigen. Das Blau der Oberseite nimmt einen höchst abweichenden Ton an. Bei Albicans wird es ganz schmutzig grün- lich-weiss, wie bei Epidolus; ber Osmar aber in’s Blassröthlich-Blaue übergehend,, wie bei Argiolus 3. Die Raupe von Corydon ist von Freyer am a. OÖ. beschrieben und abgebildet; sie lebt im Mai und Juni auf Wickenarten. 50. Meleager Esp. F. Boisd. (Daphnis Hübn. O. T.) Hübn. F. 280. 281. Meissner: »Einer der seltensten dieser Familie. Er findet sich in Wallis zwischen Varon »und Siders. — Das Weib ist noch seltener als der Mann.« Mir ist zwar der Falter bei meinen öftern Reisen durch das Walliserland niemals vorgekommen; doch unterliegt die Meissner’sche Angabe keinem Zweifel, da alle von mir in unsern Schweizersammlungen vorgefundenen Exemplare angeblich aus Wallis stammen. u Am Ural fand Kindermann eine besondere Lokalform dieses Falters, von welcher der d spitzere, gerader randige Vorderflügel und das $ statt der zierlich blau- und dunkelstreifigen Oberseite, einfarbig braun ist. (Var. Stevenii Ev. Freyer n. Beitr. V. Tab. 427. F. 1. 2. Hübn. F. 994. 995. 9.) 51. Pheretes O. (Atys Hübn.) Hübn. F. 495. 496. d. 548. 549. ®. Gerhard Tab. 22. F. 1. Meissner: »Auf den Alpen hie und da, doch immer ziemlich selten. Ich fand ihn an »der Scheidegg und im Oeschinenthale. Auf den Alpen von Chamouny scheint »er häufiger vorzukommen.« Auf unsern zähmern Kalk- und Granitalpen von 5000—8000', vom 1. Juli an bis zu Anfang Septembers, doch nur stellenweise in grosser Menge. — Das Weib stets selten. Glarner Alpen. Alpen des Oberhaslethals: Breitbodenalp und Hohenstollen. Gemmi: ganz in der Nähe des Schwarrenbachs auf nassen Stellen, untermischt mit Orbitulus und Alsus. Auf den Waadtländer Alpen: Alp Anceindaz ob Bex, Tour de Naye, Diablerets. Pheretes variert ungemein stark auf der Unterseite, in der Anzahl und in dem schwä- chern oder stärkern Ausdruck der weissen Flecke beim Manne, sowie auch in der hel- lern oder dunklern Grundfarbe beim Weibe. 1) Einem J von den Oberhasler Alpen, in meiner Sammlung, fehlt auf der Unterseite der Vorderflügel die ganze Reihe der klei- nen Aeugelchen und ist nur noch der schwarze Mittelstrich da. Auf dem einen Hinter- flügel ist einzig nur der weisse, herzförmige Mittelfleck, auf dem andern aber sind über- diess noch 2 weisse Punkte ausserhalb dem Mittelfleck sichtbar. 2) Ein 2 von der Kal- tenbrunnen-Alp ob Meyringen, ist unten wie gewöhnlich, aber oben sind die Vorder- flügel gegen den Aussenrand in helles Aschgrau verwaschen, so dass hier die schwarzen Aderausläufe besonders scharf hervortreten. Auf der Mitte jedes Vorderflügels steht ein helles Mittelfleckchen, wie wir es öfters beim 2 von Orbitulus sehen. Das schöne Blau des Pheretes ist ungemein zart und wird, wie bei Eros, durch das Aufweichen meistens grünfleckig. Es ist daher schwierig, gutgespannte, tadelfreie Exem- plare zu erhalten. Die Raupe ist noch unbekannt. = 92. Acis W.\. Hübn. F. 269—271. als Argiolus. Freyer n. Beitr. V. Tab. 451. 4 3. pag. 155. Gerhard Tab. 13. F. 4. Meissner: »Erscheint 2 Mal im Jahre, im Mai und August ziemlich selten. Auf den »Alpen eine ungleich kleinere Abänderung.« Die Flugzeit dieses Falters wird sehr verschieden angegeben. Boisduval stellt sie auf Mai und Juni. Speyer (entom. Zeitg.) von Anfangs Juni bis in den August, Freyer auf Juli und August. ÖOchsenheimer vom Juni an bis in den Herbst. Diese Angaben beruhen sowohl auf unterbrochenen Beobachtungen als auf Verschie- denheiten der Wohnplätze, des Klima’s und der vertikalen Verbreitung. Ich hatte in allen diesen Beziehungen Gelegenheit, das richtige Verhältniss in unserm Faunagebiete aufzufassen. In unserm ganzen Mittellande, vom Jura bis an die Alpen, konnte ich in Wirklichkeit, gegen Meissner’s Angabe, nirgends zwei Generationen herausfinden. Nur die ungleichzeitige Entwicklung, influirt durch klimatische Einflüsse oder durch die höhere oder niedrigere Lage seiner Wohnplätze und in Folge dessen die, natürlich sehr abstehen- den Beobachtungsdaten vom Flachlande hinan bis in die Alpenregion hinauf, müssen un- sern sel. Meissner zu der Annahme zweier Generationen verführt haben. In den mildern Gauen des bernischen Mittellandes, z. B. um Schüpfen, Aarberg, Gegend am Bielersee, am südlichen Fusse des Jura, erscheint Acis um den 4. Juni und fliegt bis Mitte Juli. In den wärmern, tiefliegenden Alpenthälern, wie um Meyringen, Interlaken u. s. w., zeigen sich die Erstlinge etwa 6 Tage später (10 — 11. Juni); im rauhern Hügellande des Emmenthals, auf den Anhöhen um Burgdorf um den 1. Juli bis um die Mitte dieses Monats; gleichzeitig auch auf den niedrigen Voralpen der Stockhorn- kette, auf den Wiesen des Gurnigels u. s. w.; in wilden, rauhen Alpenthälern, wie um Kandersteg, im Oeschinenthal, Gadmenthal, Gornerngraben erst um den 20. Juli, und endlich auf den höchsten Viehalpen bei 6000' ü. M., auf der Gemmi, kaum vor dem 6. August. Diese Reihenfolge von Erscheinungsdaten, an denen der Falter überall nur im frischen Zustande beobachtet wurde, wird die sichere Annahme von bloss einer Ge- neralion in unserm Lande hinreichend rechtfertigen. Wohl aber mag der Süden Europa’s zwei Generationen hervorbringen, da meine dalmatischen Exemplare von Lesina schon im April gefangen wurden, so dass dorten ein zweiter Flug im Juli mehr als wahrscheinlich ist. Unser Falter ist in seinen Aufenthaltsorten nicht wählerisch: er findet sich in allen 12 a Formationen; der Jurakalk wie die Molasse, der Alpenkalk wie das Urgebirge bieten ihm behagliche Wohnplätze dar; üppige Thalkessel, schattige Waldwiesen, sterile Berghalden zieht er jedoch den kultivirten Gegenden des Tieflandes vor, und wo er sich findet, ist er meist in grosser Zahl anzutreffen. So verschiedenartige Bedingnisse ändern ihn den- noch nur wenig in seinem Habitus; das dunkle, aber glanzlose Blau des J nimmt mit- unter eine röthliche Beimischung an, zumal an sehr heissen Berglehnen. — Nach seiner horizontalen Verbreitung bleibt sich der Falter ebenfalls ziemlich gleich. Meine dalmati- schen Exemplare stimmen mit den schlesischen und diese mit allen aus dem schweizeri- schen Tief- und Hügellande vollkommen überein. Bei steigender vertikaler Verbreitung hingegen nimmt Acis an Grösse ab; schon in der montanen Region auf den Wiesen um Meyringen (bei 2500‘ ü. M.) fliegt er am 13 — 15. Juni in zahlloser Menge, allgemein nicht grösser als Optilete; in bedeutendern Höhen von 4000—5000' ü.M., in der subalpinen Region, z. B. im Oeschinenthal, nehmen bei dieser Kleinheit die Vorderflügel eine schmälere, spitzigere Form an (Mitte Juli), bis endlich in der noch höhern alpinen Region bei 6400‘ ü. M., wie am Schwarrenbach auf der Gemmi, der Falter (am 11. August) nur noch die Grösse von Aegon erreicht. Diese Var. montana weicht auch auf der Unterseite noch in zwei Punkten etwas ab. Der grauliche Farbenton zieht mehr in’s Bräunliche und die Augen sind grösser und schärfer weiss gerandet. Im Innenrandwinkel der Hinterflügel zeigen sich bei einem Männchen von der Grimsel matte Spuren dunklerer Randmöndchen. Dieses Exemplar sowie die vom Schwarrenbach stimmen in Form, Grösse und Augen- bildung der Unterseite so genau mit einem Falter überein, den Friwaldsky am Balkan ge- sammelt und mir als Pap. Bellis mitgetheilt wurde, dass ich keinen andern Unter- schied gewahre, als dass bei diesem Pap. Bellis jene Spuren dunkler Randmöndchen auf der Unterseite der Hinterflügel sich zu röthlich-gelben Fleckchen ausgebildet haben. Freyer (n. Beitr. V. Tab. 398. F. 12) bildet diesen Bellis in beiden Geschlechtern ab; doch ist der Mann gegen meine Exemplare viel zu gross, die Vorderflügel zu gerundet, die blaue Grundfarbe viel zu hell und der schwarze Rand zu schmal. In Betreff der bräunlichen Randmonde der Unterseite sagt er, dass sie nicht an allen Exemplaren sichtbar seien. In diesem Falle möchte sich also der fragliche P. Bellis als nichts anders als eine süd- liche Modifikation unserer Var. montana von Acis herausstellen. P. Acis (bei Freyer Tab. 451. F. 4) ist gut und stellt eines der grössten Exemplare der Flachland-Region dar. Die Raupe ist noch ganz unbekannt. Bu 1M 53. Sebrus Boisd. Fr. Hübn. F. 851 — 854. Freyer n. Beitr. V. Tab. 451. F. 1. Gerhard Tab. 14. F. 2. Diesen Falter kannte Meissner noch nicht. Er findet sich indess häufig in Wallis an allen sonnigen Berghalden von Brieg bis nach Siders hinunter , und zwar nach Anderegg’s Angabe in zwei Generationen. Der erste Flug von Ende Aprils bis Mitte Juni. Der zweite um die Mitte Juli. (Rothenbach fieng ihn bei Salgetsch am 17. Juli.) Mir ist er: im Freien niemals vorgekommen ; ohne Zweifel, weil zur Zeit meiner Reise, im August, die Flugzeit vorüber war. Eine sehr grosse Zahl ausgezeichnet frischer Exemplare, die Anderegg alljährlich ausbietet, lässt auf seine Zucht und Kenntniss der Raupe schliessen; doch habe ich nicht das Mindeste hierüber erfahren können. Ein Weib, das ich von ihm erhielt, weicht darin von den gewöhnlichen ab, dass die Basalhälfte der Vorder- flügel (wie bei Cyllarus $) verwaschen blau gefärbt ist. 54. Alsus F. Hübn. F. 278. 279. Gerhard Tab. 13. F. 2. Var. Alsoides: Gerhard Tab. 13. F. 3. Meissner: »Im Mai und August sehr gemein auf den Wegen. Auch auf den Bergen, »z. B. dem Jura, und zwar oft von ausserordentlicher Kleinheit.« Rücksichtlich einer zweiten Generation ist Meissner auch hier in einen Irrthum verfallen, indem er die, auf hohen Bergen erst im Juli und August beobachteten Falter als zweiter Flug annahm, ohne zu bedenken, dass je höher in vertikaler Richtung die Arten noch auftreten, um desto später ihre Entwicklung stattfinden muss und dass diese Verspätung je nach klimatischen und topographischen Verhältnissen in unsern Alpen volle 2 Monate von der Entwicklungszeit in den tiefern Regionen absteht. ÖOchsenheimer giebt als Flugzeit nur den »Mai« an. Boisduval den Juli. In unserm schweizerischen Hochlande sind diese Flugzeiten so verschieden, als die klimatischen Ver- hältnisse nach horizontaler und vertikaler Richtung es je voraussetzen lassen; so fliegt z. B. Alsus in unsern Ebenen den ganzen Mai hindurch; in der collinen Region von Mitte Mai an bis tief in den Juni, in der montanen Region erst von Ende Juni an, in der subalpinen im Juli und in der alpinen von 5500—6400’ gar erst im August. Nirgends habe ich eine zweite Generation beobachtet. wo 8% Der Falter ist in der Schweiz überall gemein, doch viel häufiger in den Berggegen- den als im Flachlande; in unsäglichster Menge auf allen Anhöhen von 3000—4000' ü. M.> z.B. auf dem Jura, wo er im Juni tausendweise die kothigen Viehfährten und die nassen Stellen um die Sennereibrunnen überdeckt. Am 11.'August fand ich ihn auch in sehr bedeutender Zahl auf der Gemmi, ganz in der Nähe des Schwarrenbachs, in einer Höhe von 6400' ü. M. gesellschaftlich mit Acis, Orbitulus und Pheretes. Hier scheint auch seine höchste Fluggrenze zu sein. Ausser in der Grösse, in welcher er ungemein abändert, zeigt er auch, jedoch unter- mischt an den gleichen Lokalitäten, bald mehr bald weniger blaue Bestäubung; auffal- lender wirken auf ihn geognostische Einflüsse; so haben z. B. alle meine alpinischen Stücke mehr gerundete, die vom Jura dagegen etwas gestrecktere, in die Breite gezogene Hinter- flüge. — In Wallis kömmt eine namhaft grössere Form dieses Falters vor, die sich überdiess durch stark blaue Wurzelbestäubung auf der Oberseite noch auszeichnet. (Alsoides Anderegg.) \ Die Raupe dieses Bläulings ist ganz unbekannt. 59. Donzelii. Hübn. F. 955 — 957. Freyer n. Beitr. II. Tab. 145. F. 2. 3. Gerhard Tab. 19. F. 2. In der Schweiz bis jetzt einzig in Wallis durch Anderegg gefunden. Nach seiner Aussage fliegt er im Juli in nicht bedeutender Höhe am Simplon, doch stets ziemlich selten, besonders das Weib. Freyer’s Bilder sind sehr misslungen, zumal der Mann, dem er ganz das Blau und den Habitus des P. Aegon gab, während solcher in der Natur (wenigstens meine Walliser Exemplare) den Schnitt und die blaugraue Färbung von Orbitulus hat. Gerhard’s Bilder sind in der Farbe besser, aber die Form verfehlt, an der Basis zu breit. — Die Hüb- ner’schen sind gut. Die Raupe ist uns zur Zeit noch unbekannt. 56. Argiolus L. Hübn. F. 272—274. als Acis. Freyer n. Beitr. V. Tab. 445. F. 3. 4. Gerhard Tab. 13. F. 1. Meissner: »Vor den Wäldern im Mai und Juni nicht häufig.« Pe up Boisduyal giebt als Flugzeit an: April und August. Zeller fieng ihn auf Sizilien im März und April. Freyer um Augsburg im Mai und Juni. Meine, seit Jahren aufgezeich- neten Beobachtungen stimmen mit diesen Angaben wenig überein; sie fallen in unserm Faunengebiet vielmehr auf folgende Zeiträume: Die erste Generation vom 30. April bis um den 25. Mai. » zweite » » 4 Juli » » » 10. August. Argiolus ist in den mildern Geländen der Schweiz überall einheimisch. In der Tief- und Hügelland-Region schwebt er einzeln und sparsam an den Vorsäumen sonniger Laub- wälder, meist ziemlich hoch auf den hervorragenden Aesten herum; niemals sah ich ihn auf der Erde sich absetzen oder, nach Art der Bläulinge, auf Wiesen von Blume zu Blume fliegen. Sein ganzes Betragen stimmt weit mehr mit dem von Pap. Quercus, W-album, Betulae und Lynceus; auch der Aufenthalt der Raupe auf einem Strauche (Rhamnus fran- gula) nähert unsern Falter unläugbar mehr der Gattung Thecla, als dem weitaus grössten Theile von Lycaena. Boisduval hätte darum seine Lycaeniden gewiss richtiger und natür- licher an einander gereiht, wenn er seine Gattung Lycaena vorangestellt und mit Argiolus geschlossen, hierauf Amyntas, Baetica und Telicanus als eine besondere Gattung, dann die Gattung Thecla und endlich erst Polyommatus hätte folgen lassen. Auf diese Weise hätte er den Zusammenhang der Lycaeniden nicht so gewaltsam gestört und Argiolus stände im Systeme da, wo man seine nahe Verwandtschaft mit Thecla naturgemäss erkannt hätte. Ueber die montane Region hinauf scheint sich der Falter nicht zu erheben. Der höchste, mir bekannt gewordene Flugort ist etwas über dem Flecken Leuk, bei 2700’ ü. M. Die vorkommenden Abänderungen sind sehr unerheblich. Unter 8 Exemplaren in meiner Sammlung ist ein d von Burgdorf (6. Mai) kaum so gross wie Melanops. Bei einem andern von gewöhnlicher Grösse zieht die Grundfarbe in’s zart Röthlich- Blaue, wie bei einem Spätsommer-Alexis. — Ein ® vom Monte Biocovo in Dalmatien stimmt genau mit unsern hieländischen und somit auch mit Freyer’s wohlgelungenen Bildern (Tab. 445. F. 3. 4). NB. Auf Rhodus fieng ihn Loew mit schöner blauem Schiller und mit dunkler schwärzlichem Rande als die nordischen Stücke. (Isis 1847.) 37. Damon OÖ. Hübn. F. 275 — 277. Gerhard Tab. 20. F. 3. Meissner: »Im Juli und August in Wallis, bei Bex u. s. w. sehr gemein. Diesseits »unserer Alpenkette zeigt er sich nur an wenigen Orten. Ich fand ihn in Grin- Be »delwald, an der Scheidegg ziemlich weit hinauf; am Zubenstock und an der »Grimselstrasse.« Der Falter bewohnt fast alle wärmern Gegenden und Binnenthäler der Alpenkette, von 20005000’ ü. M., überspringt dann das Tief- und Hügelland der mittlern Schweiz und tritt erst wieder, doch nur spärlich, auf niedern, trockenen Hügeln im Kt. Zürich (bei Dübendorf) wieder auf. Auf dem Jura habe ich ihn nirgends angetroffen. Waadtländer Alpen (De-Laharpe). Im Gadmenthal am 24. Juli (Otth). Auf der Urweid bei Guttannen (25. Juli); ob Kandersteg an sterilen Abhängen (24. Juli Rothenb.). Auf der Wengernalp, Anfangs August zahlreich (Meyer). In Wallis: bei Inden (am 11. Juli) gemein. In unzähliger Menge auf dem ganzen Wege von Lax, Grengiols bis Möril, vermischt mit Corydon (8. August). Ferner an den sonnigen, kurzbegrasten Stein- halden am südlichen Fusse der Gemmi ob den Bädern von Leuk, mit Gorydon, Eros, Alexis und Hipp. Adyte (10. August). Damon scheint ausser seiner wechselnden Grösse noch zu sehr namhaften Verände- rungen befähigt zu sein. In meiner Sammlung stecken neben 10 alpinischen Stücken 2 von Jena, 2 von Braunschweig, 1 aus Dalmatien und 4 aus Russland. Bei dem Braun- schweiger Weibchen hat die Oberseite aller Flügel lichtblaue Wurzelbestäubung und an dem Innenrandwinkel der Hinterflügel zwei hellblaue Mondflecke, was ich noch bei keinem Schweizerexemplare wahrnahm. Im Uebrigen stimmen die deutschen Stücke mit unsern Schweizern im Wesentlichen ganz überein. — dGrösser sind die Veränderungen dem Südosten Europa’s zu, und nehmen dort allmälig (nach Keferstein’s syst. Aufstellung) so divergirende Charaktere an, dass man in neuerer Zeit, vielleicht nicht mit Unrecht, sie zu eigenen Arten erhoben hat. Mit Hrn. Keferstein habe zwar auch ich, sie als blosse Varie- täten untergebracht, muss aber gestehen, dass wenigstens ohne Vergleichung eines bedeu- tenden Materials mir die Vereinigung solcher enormer Abstände doch etwas gewagt scheint. Dahin gehören: a) Damone Eversm. b) Poscidon Eversm. aus Südrussland. c) Iphigenia HS. Friv. d) Eurypilos Kinderm. Ausser b) sind diese sämmtlichen Formen in Gerhard’s Monogr. der Lycaenen Tab. 19 und 20 e) Atys Kinderm | aus der Türkei. abgebildet. Was diese südöstlichen Rassen hauptsächlich auszeichnet, ist: das von unserm grün- blauen Damon nach allen Nüancen hin abweichende Blau der Oberseite und das immer Schmälerwerden der dunkeln Umrandung; dann die abnehmende Grösse. Auf der Unter- seite der Hinterflügel: die abweichenden Formen des weissen Streifs, sowie das allmälige Hervortreten graulicher bis röthlicher Randmöndchen. Von meinen 4 russischen Exem- plaren gehören 2 zu Damone, die 2 andern zu Iphigenia. Damone J hat ganz das schöne grünliche Blau unseres Dorylas, Iphigenia das matt-violettliche des Alcon, Eurypilos das lebhafte, feurige des Cyllarus mit breit verwaschenem schwärzlichem Rande; Atys, die kleinste Form, vom Blau der Iphigenia, unten mit den, am deutlichsten hervortretenden rothen Randmöndchen. Poscidon ist mir nur durch Keferstein’s Aufstellung bekannt. Die Raupe von Damon ist noch unbekannt. 58. Cyllarus ©. Hübn. F. 266—268. als Damoetas. Freyer n. Beitr. III. Tab. 271. Gerhard Tab. 15. F. 3. Meissner: »Im Mai auf Wiesen und trockenen Halden. Bei Bern selten.« Er ist in der Schweiz ein Bewohner der Ebene und der Hügelregion und scheint sich nicht über 2500° ü. M. zu erheben. Er fliegt einzeln (nicht gesellschaftlich wie die mei- sten Bläulinge) auf Wiesen, heissen Abhängen und grasigen Feldbördern vom 30. April an den ganzen Mai hindurch und setzt sich meist auf niedrige Blumen, besonders auf Wicken- und blühende Kleearten. Um Messina fieng ihn Zeller schon Anfangs April; Freyer um Augsburg noch frisch am 15. Juni (entom. Zeit. 1841 p. 55). Um Zürich ziemlich selten (Bremi). Auf den Anhöhen um Burgdorf, z. B. am Bätt- wylberg, am Pleerwald, Gyrisberg und im Oberthal alljährlich, doch nie häufig (Meyer). Gemeiner um Schüpfen und Aarberg (Rothenb.). Im Waadtland überall gemein (De-La- harpe). In Oberwallis einzeln um Brieg und Natters bis Möril (Meyer). Cyllarus ändert bedeutend ab: 1) in der Grösse. Die aus der Burgdorfer Gegend sind die kleinsten, nur wie gewöhnliche Alexis. Diesen kommen am nächsten 2 Männer aus Dalmatien, wovon der eine noch unter dieser Grösse steht. Bedeutend grösser sind die Walliser, wovon einer die Grösse von Jolas, der kleinere die normale Grösse von Freyer’s Bild Tab. 271 hat. Zwischen beiden inne steht ein schlesisches Männchen von Hrn. Standfuss. 2) Im Flügelschnitt. Das grosse Walliser Männchen und ein $ aus der Berner Gegend haben auffallend breite Vorderflügel und stimmen hierin mit dem von Triepke aufgestellten P. Lysias (Hering entom. Zeit. I. p. 153). = ee 3) In der Grösse und Zahl der Augen auf der Unterseite der Hinter- flügel. Einem meiner Burgdorfer und dem kleinern Walliser fehlen sie ganz; alle übrigen haben die Reihe zwar vollständig, aber bei sämmtlichen Burgdorfern nur als kleine Punkte. 4) In der metallgrünen Wurzelbestäubung auf der Unterseite der Hin- terflügel. Bei den Burgdorfern und dem aus Schlesien zieht diese Metallfarbe in’s Bla u- grüne upd dehnt sich über die Flügelmitte hinaus bis an die Augenreihe. Noch weiter ausgebreitet ist sie bei dem $ von Bern (Var. Lysias). Bei den Wallisern und denen aus Dalmatien hat sie geringere Ausdehnung, kaum bis an das Mittelzeichen, und zieht mehr in’s Gelbgrüne. Die Zahl der Augenflecke auf der Unterseite der Vorderflügel wechselt zwischen 5 und 7. Von diesen Abweichungen deutet indess einzig nur der Farbenton der metallgrünen Wurzelbestäubung auf einen klimatischen Charakter; alle übrigen sind unter gleichartigen Einflüssen sehr wandelbar. Die weisslichere Unterseite, die Zeller bei den Sizilianern aufgefallen ist, finde ich auch bei den Wallisern, wogegen das eine dalmatische sie so bräunlich-grau ‘bat, wie alle aus hiesiger Gegend. Am bräunlichsten zeigt sie ein schlesisches Exemplar. Die Raupe fand ich ein einziges Mal um Burgdorf (Ende Aprils 1849) auf Astragalus onobrychis, brachte sie aber nicht zur Verwandlung; sie stimmte mit Freyer's Abbildung genau überein. NB. 1. Cyllarus kömmt auch in Kleinasien vor. Die von Loew um Mermeriza gesammelten Exemplare (Isis 1847) weichen darin von den gewöhnlichen unsrigen ab: dass das 2 oben keine blaue Bestäubung zeigt und der S auf der Unterseite einen sehr bräunlichen Farbenton hat. 2. Eine Lokalform von Cyllarus und weiter gewiss nichts, ist die südrussische CGoelestina Ev. (Freyer n. Beitr. V. 445. 1. 2. Gerhard Tab. 16. F. 1), die sich durch feurigeres, lebhafteres Blau und einen schwarzen Mittelstrich der Vor- derflügel, dann auf der Unterseite der Hinterflügel durch 4 orangegelbe Randmöndchen unterscheiden soll. Das lebhaftere Blau und den angeblichen Mittel- strich finde ich indess bei meinem Exemplare durchaus nicht. Im Gegentheil stimmt es auf der Oberseite in Allem genau mit unserm Cyllarus. Die Orangefleckchen auf der Unterseite der Hinterflügel sind auch nicht immer gleich deutlich vorhanden; oft verschwin- den sie ganz. Die metallgrüne Wurzel ist den mannigfaltigsten Modifikationen unter- worfen und kann so wenig als die Zahl und Grösse der Augen eigene Artrechte abgeben. BR ’ a 3. Var. Tristis Bisch. (Gerhard Monogr. Tab. 15. F.4) aus der Türkei, hat unten die unserm nördlichen Cyllarus eigene braungraue Färbung, dabei aber grössere Augen- flecke und ein, bis an die äussere Augenreihe der Hinterflügel sich verbreitendes Grün. 39. Alcon FE. Hübn. F. 263—265. Gerhard Tab. 32. F. 5. a. b. c. Meissner: »Im Juli bei Bern, z. B. an der Engehalde, selten.« Er liebt trockene, steinigte Bergabhänge der Kalk- und Molasseformation und findet sich vom 20. Juni an bis um den 8. Juli namentlich an den sonnigen Schuttfällen (Ry- sinen) an der Südseite des Jura, wo er wegen seines wilden, raschen Fluges ungemein schwer zu fangen ist. Das 2 ist immer sehr selten. Fuss des Jura bei Biel, Magglingerberg, Stygelos-Rysi ob Solothurn. Nach Bremi auch auf Bergwiesen um Zürich, doch ebenfalls selten. Meine jurassischen Exemplare weichen von meinen 2 steyermärkischen in gar nichts ab. Die Raupe ist noch ganz unbekannt. 60. Euphemus Hübn. Hübn. 257— 259. Meissner: »Auf feuchten Waldwiesen im Juli und August nicht gemein.« In wenigen Gegenden der Schweiz, aber wo er vorkömmt, gesellschaftlich. Waadt: an der Tour de Gourze, auch auf dem Jorat, selten, im Juni und Juli (De-Laharpe). Bern: vom 1—28. Juli auf sumpfigen Wiesen bei Schüpfen, mit Erebus. Aarberg, Lattrigenwald (Rothenb.). Zürich: am Uto selten (Bremi). Ich besitze durch Hrn. Standfuss auch schlesische Exemplare aus der Grafschaft Glatz (vom 29. Juli), die von den hieländischen nur durch etwas geringere Grösse abweichen. Die Raupe ist noch unbekannt. 61. Erebus F. Hübn. F. 260—262. Meissner: »Im Juli und August bei Bern auf moorigen Wiesen.« Findet sich an den gleichen Stellen und zur nämlichen Zeit mit Euphemus, besonders auf den sumpfigen Wiesen um Schüpfen bis gegen Aarberg. Er setzt sich daselbst immer auf die Blüthen einer Pimpinella. 13 — Auf dem Jorat selten (De-Laharpe). Diese Art variert ungemein in der Grösse. Ich habe Männer wie Euphemus, und andere kaum wie Acis. Das 2 ist oben stets einfarbig schwarzbraun, unten licht-kaffeebraun, mit sehr klei- nen Augenflecken. Die Raupe ist ebenfalls noch unbekannt. 62. Arion L. Hübn. F. 254—256. Meissner: »In verschiedenen Gegenden auf Wiesen im Juli und August nicht selten. »Von ausnehmender Schönheit und Grösse fand ich besonders die Weibchen am »sogenannten Irnisser Stalden oberhalb Giornico. Auf den Alpen hingegen findet »man öfters eine, bei weitem kleinere Abänderung, wo besonders das Weib »auf der obern Seite fast schwarz und nur schwach blau bestäubt ist.« Dieser prächtige und grösste aller Bläulinge ist fast in der ganzen Schweiz vom Tief- lande an bis in die alpine Region hinauf verbreitet und fliegt vom 10. Juni bis Anfangs August. Meyringen, gegen den Reichenbach, zahlreich auf fetten Wiesen vom 10—15. Juni (Otth). Oberhasle, im Grund und im Hoof, Anfangs Juli (Heuser). Burgdorf, am Gyrisberg und im Meyenmoos, doch nicht häufig vom 1—14. Juli. Ober-Emmenthal, im Bumbach und Schangnau 25. Juli. Am Jura bei Solothurn, Biel bis Twann 27. Juni bis gegen Ende Juli. Gurnigelberge, oberhalb dem Schwarzbrünnli 6—12. Juli, mit Euryale. Waadt, auf dem Jorat gemein (De-Laharpe). Zürich nicht selten auf Berg- wiesen (Bremi). Arion erscheint in unzähligen Abweichungen mit mehr oder weniger Blau, kleinern oder grössern schwarzen Flecken. Bei einer, leider verflogenen, Varietät aus dem Ober- haslethal sind auf der Unterseite der Hinterflügel alle Augen in Streife verlängert. Ein d vom Öbergurnigel hat auf der Oberseite nur 2 bis 3 schwache, ganz kleine Fleckchen, während sie die Burgdorfer ausnehmend gross und scharf gezeichnet haben. Ein, im Juli 1851 am Olymp bei Brussa gesammeltes 2 ist von unsern stark ver- dunkelten aus den Alpen in nichts verschieden. Auch von dieser Art ist die Raupe noch unbekannt. =. IV. Tribus: Erycinides. Boisd. Genus: Nemeobius. Steph. 63. Lucina L. Hübn. F. 21. 22. Freyer ält. Beitr. I. Tab. 43. F. 1. Meissner: »Jm Frühling auf Wiesen nicht selten.« Scheint nur dem nördlichen und mittlern Europa anzugehören. Von Reisenden der Südländer ist er nirgends angeführt, auch in der Schweiz fand ich ihn nur hierseits der Alpenkette; wo er aber vorkömmt, ist er gewöhnlich zahlreich vorhanden, zumal in den Niederungen der Hügelregion, in niedrigen Alpthälern, auch auf dem Jura von 1000 bis 3000° ü. M., überall in lichten, gemischten Laubwäldern, auf Waldwiesen und Heide- plätzen; er schwebt tief über den Rasen hinweg, setzt sich nach kurzem Fluge auf die Erde oder auf niedrige Pflanzen und verlässt selten seine beschränkten Wohnplätze. Die Erstlinge zeigen sich in den wärmern Landestheilen schon um den 23. April bis um den 20. Mai (Seeland); in den rauhern Waldgegenden des Hügellandes, Burgdorf, Emmenthal u. s. w., um den 1. Juni; an den Abhängen des Jura wie am Weissenstein, Nesselboden und auf den Balmbergen erst um den 10. Juni. Auf allen diesen Höhestufen dauert die Flugzeit etwa 3 Wochen, so dass zu Ende Juni Lucina allgemein ver- schwunden ist. Er scheint keine Abänderungen zu erleiden. Meine norddeutschen Exemplare aus Schlesien und Sachsen stimmen mit den schweizerischen aus den verschiedensten Gegenden genau überein. Die Raupe lebt nach Freyer (entom. Zeit. Stettin 1841 p. 50) im Sommer auf Pri- mula veris und elatior, überwintert als eine dicke, kurzbehaarte, gelblich-weisse Puppe und entwickelt sich als Falter im nächsten Frühjahr; ich beobachtete denselben im Lissach- wäldchen bei Burgdorf am 1. Juni in zahlloser Menge, sich begattend, auf einer Stelle, die nur mit Melampyrum pratense bedeckt war und wo gar keine Primeln in der Nähe standen; sie dürfte daher auch noch andere Nahrungspflanzen haben. V. Tribus: Danaides. V Fehlt in der Schweiz ganz. (Chrysipus.) mM = Vi. Tribus: Nymphalides. Genus: Limenitis. Boisd. ©. 64. Lucilla F. Hübn. F. 101. 102. Freyer ält. Beitr. I. Tab. 13. — n. Beitr. IV. Tab. 289. Meissner: »Anfangs August bei Lugano. Diesseits der Alpen unbekannt.« Ausser in Tessin scheint diese Art in keiner Schweizergegend vorzukommen, wenn nicht etwa in dem südöstlichen Theile Bündtens. Nach Freyer lebt die der Camilla ähnliche Raupe im Mai auf Spiraea salicifolia. 65. Sibylla F. Hübn. F. 103—105. D Meissner: »In den Wäldern im Juli sehr gemein.« Die Erstlinge erscheinen in den mildern Gegenden schon um den 19. Juni und der ganze Flug dauert bis um die Mitte Juli. Der Falter bewohnt in der Schweiz fast alle Niederungen von 1000 bis 2000' ü. M., zumal die Vorsäume lichter Laubwaldungen, die Schächen längs der Flüsse und alle mit niedrigem Gesträuche unterwachsenen Gehölze des ganzen Mittellandes; an manchen Stellen sehr gemein, so um Burgdorf in den Erlgehölzen längs der Emme (am 6. Juli); um Bern am Gurten und im Dählenhölzle, im Bremgarten u. s. w. zu Ende Juni; im Lindenthal bei Krauchthal vom 10—15. Juli; um Schüpfen von Mitte Juni bis Mitte Juli; am Twann- berg am Bielersee Ende Juni und im Waadtland fast überall schon um die Mitte des Juni. Glarus (Heer). Der Flug dieses Falters hat etwas Raubvogelartiges, ruhig dahinschwebend und nur durch kurzes Flattern hie und da auffristend. Dabei ist das Thier nicht scheu, da es der Verfolgung wohl ausweicht, jedoch immer auf die nämlichen Plätze wieder zurückkehrt und dann bald auf feuchten Wegstellen, bald auf Gesträucher oder vorragende Baumäste sich niedersetzt. Sibylla hat darin eine Neigung zum Varieren, dass dem Norden zu die weissen Flecke und Binden sich erweitern, während sie dem Süden zu sich zu verkleinern scheinen. So haben meine Stücke aus Pommern diese Fleckenbinden auffallend breit nnd gross und den weisslichen Mittellleck der Vorderflügel viel deutlicher, als alle meine Schweizer- — 11 — Exemplare. Aus der südlichen Schweiz, selbst auch aus der Gegend von Bern sah ich Exemplare, an denen das Schwarze so die Oberhand gewonnen, dass von den weissen Flecken nur noch einzelne, schwache Spuren vorhanden waren. Eine solche Varietät ist abgebildet in Bergsträsser's Nomencl. Tab. 114. F. 3. Die Raupe fand ich einst im Juni (1838) in unsäglicher Menge, doch nur an sehr schat- tigen Stellen, im sog. Dählenhölzle bei Bern, zu 2—4 Stücken auf jedem Stäudchen der gemeinen Beinweide (Lonicera Xylosteum L.) und brachte vom 24—30. Juni die Falter ohne Mühe zur Entwicklung. Diese Art ist viel gemeiner als Camilla. 66. Camilla FE. Hübn. F. 106. 107. Meissner: »Ungleich seltener als der Vorige. Im Juni an Hecken und Waldsäumen.« Er erscheint zugleich mit dem Vorigen, hat aber eine ausgedehntere Flugzeit, indem er in höhere Regionen als Sibylla sich erhebt, und auf seinen höchsten Wohnplätzen bei 3300 ü. M. bis Mitte August noch frisch vorkömmt. In Italien mögen wohl zwei Gene- rationen vorkommen, da Zeller ihn Ende August und Anfangs September in den Apen- ninen noch frisch beobachtete. Uebrigens bewohnt er gleiche Lokalitäten und sein Betragen ähnelt ganz dem der Sibylla; nur ist er scheuer, sein Flug erhabener und seih Erscheinen einzelner. Schüpfen, Hermringerwald; Bern, vom 18. Juni bis 11. Juli (Rothenb.). Burgdorf, an der Wynigerstrasse, im Sommerhauswald und Gyrisberg sparsam, im Lauterbach ge- mein vom 5—30. Juli. Wallis: ob dem Dorfe Grengiols auf Kalkschieferfelsen sehr ge- mein und frisch entwickelt noch am 8. August (Meyer); oberhalb dem Flecken Leuk am 11. Juli (Rothenb.). Waadt, besonders auf dem Jorat, Bois de Sauvabelin im Juli und August (De-Laharpe). Durch örtliche oder klimatische Einflüsse hervorgebrachte Abweichungen sind mir keine bedeutenden bekannt. Ein prächtiges Paar in meiner Sammlung von Lesina und Spalatro ist von den Schweizerexemplaren in nichts verschieden. Zwei Weibchen aus Kleinasien {im Juni bei Brussa gefangen) sind ausnehmend gross. Bei den J von dort sind die weissen Flecke nur etwas kleiner und die Binde der Hinter- flügel schmäler, was auch schon bei den Dalmatiern sich zeigt. Der Süden scheint all- mälig diese weisse Fleckenbildung zu vermindern. Ba 708 Die Raupe lebt. einzeln auf Lonicera caprifolium. Um Burgdorf wurde sie früher häufig in Gartenanlagen gefunden. Genus: Nymphalis. Boisd. Limenitis ©. 67. Populi L. Hübn. F. 108—110. Freyer ält. Beitr. I. Tab. 37. » m.» IV. Tab. 343. eine seltene Aberratio. Esper Tab. 114. Cont. 69. F. 3. 4. Var. Tremulae. Meissner: »Am Ende des Juni bis in die Mitte des Juli auf Wegen, in Wäldern, wo »viele Zitterpappeln sind, aber nirgends gemein.« Es bewohnt dieser prächtige Falter das gesammte, von Laubwäldern vielfach durch- schnittene Flach- und Hügelland zwischen dem Jura und der Alpenkette, ganz besonders die mildern Gegenden des Molassegebiets der mittlern und nördlichen Schweiz, wo das unendliche Hügelchaos durch seinen Wasserreichthum, durch die Ueppigkeit seiner Vege- tation in feuchten und warmen Thalgründen dem Gedeihen der Laubwälder und des Unter- holzes so ungemein günstig ist. In allen solchen Gegenden ist unser Falter mehr oder weniger häufig. Im Kt. Glarus bei Mollis, in der Wart, im Steinschlag, 2400' ü. M. (Heer). Ueber 2500'° ü. M. scheint er indess sich nicht zu erheben, obwohl die Futter- pflanze der Raupe, die Aspe (Populus tremula) noch weit höher, zumal im Engadin bis auf 5300‘ ü. M. vorkömmt. In den westlichen Endpunkten der Schweiz, z. B. in der Waadt, nimmt er ab und um Genf fehlt er ganz. Desto häufiger ist er im bernischen -Mittellande um Schüpfen, Aarberg, Bern (vom 5—24. Juni); um Burgdorf in den Schächen längs der Emme, auf der Promenade Schönbühl, am Pleerwalde, an der Strasse nach Krauchthal (vom 24. Juni an bis um den 8. oder 10. Juli). Er fliegt gewöhnlich hoch in den Wipfeln der Bäume, segelt majestätisch hin und her und setzt sich endlich auf feuchte Stellen der Fahrwege. Die merkwürdig schöne Raupe ist, nebst der ganzen Verwandlung, vorzüglich abge- bildet in Freyer’s n. Beitr. Bd. IV. Tab. 343. Ich fand sie mehrmals am Lochbach- Schachen bei Burgdorf zu Ende Mai, auf den untersten Zweigen der Aspen. Die Ver- puppung erfolgte um den 3. Juni und die Entwicklung des Falters nach 15 Tagen. Die mannigfaltigsten Abweichungen dieses Prachtfalters entstehen (doch nur beim Manne) durch allmäliges Abnehmen und Verlöschen der weissen Flecken und Binden, bis — 18 — zu einem Grade, dass von denselben keine Spur mehr bleibt (dahin gehört die ausge- zeichnet schöne Varietät bei Freyer Tab. 343), und als mittleres Stadium, wo nur die Vorderflügel noch einige weisse Flecke, die Hinterflügel jedoch keine weissen Binden mehr zeigen, ist Esper’s P. Tremulae, die namentlich um Krauchthal am häufigsten vor- kömmt. } Das viel rarere Weib bleibt sich weit beständiger und ist diesen Abweichungen nur selten unterworfen. Von ausnehmender Grösse und Schönheit soll (nach Treitschke) der Falter an der türkischen Grenze vorkommen. Genus: Argynnis ©. 68. Pandora Esp. Hübn. F. 71. 72. 606. 607. Freyer n. Beitr. VI. Tab. 517. Meissner: »In Unterwallis, bei Martinach, Fouly u. s. w., wo ich sie in einer Wald- »wiese gefangen habe. Sie schien daselbst nicht selten zu sein. Sie fliegt in »der Mitte des Juni.« Auch nach der Aussage eines dort durchgereisten Sammlers soll demselben noch in den 30er Jahren von armen Betteljungen öfters das schöne Thier nebst andern dortigen Faltern dargebracht worden sein, so dass Meissner’s Angabe um so mehr Glauben ver- dient, obgleich es weder mir noch andern Sammlern seither aus jener Gegend zugekom- men ist.. (Meine Exemplare stammen aus Grusien und Ungarn.) Die klimatischen Verhältnisse von Unterwallis und dessen entomologischer Charakter haben übrigens so viel Aehnliches mit den eigentlichen Heimathländern der Pandora (dem Südosten von Europa), dass man sich wundern müsste, wenn sie in Wallis nicht vorkäme. Freyer bildet die braune Dornraupe auf Viola tricolor ab. 69. Paphia L. Hübn. F. 69. 70. 935. 936. aberrat. 767. 768. valesina. ‚Freyer n. Beitr. IV. 331. F. 1. valesina. Meissner: »Im Juli und August in den Waldwiesen allenthalben sehr gemein. Ein voll- »kommener Hermaphrodit dieser Art wurde vor einigen Jahren im Bremgarten- »wald bei Bern gefangen und befindet sich in der Sammlung des Hrn. Prof. — 14 — »Studer. Die unter dem eigenen Namen Valesina aufgeführte Abänderung »dieses Falters ist in Oberwallis, zumal bei Brieg und im Vieschwalde, nicht »selten. Auch haben wir sie im Livinerthale angetroffen.« Paphia ist unter den grossen Argynnisarten des Tieflandes die gemeinste; sie bewohnt die Niederungen und Hügel aller Formationen durch die ganze Schweiz bis an die Grenze der subalpinen Region bei 4000’ ü. M. Auf den Alpen selbst ist sie mir nicht vorge- kommen. Ihre Flugzeit dauert, je nach klimatischen Verhältnissen, vom 23. Juni binweg bis gegen das Ende Augusts. Sie erscheint auf den Waldwiesen um Burgdorf von 1700 bis 2500' ü. M. gewöhr ‚ch mit dem 2. oder 3. Juli. In höhern schattigen Bergthälern von 2500-3000‘ ü. M. erst um den 20. Juli, und in Oberwallis fieng ich ganz frische Stücke zahlreich noch am 8. August. Wo Paphia vorkömmt, zumal an sonnigen Waldwegen, ist sie in den Vormittagsstunden unsäglich gemein und trägt am meisten zur Belebung solcher Oertlichkeiten bei. Gewöhnlich tummelt sie sich da in langsamem, etwas schwer- fälligem Fluge gesellschaftlich mit Hipp. Ligea und Medea auf den Rubus-Stauden herum und ist bei ihrem girren, harmlosen Betragen mit Leichtigkeit zu fangen. Die dunkle, graugrün übertünchte Varietät Valesina ist hauptsächlich ein Produkt heisser Bergthäler, zumal der Kalkschieferformation jenseits der Berner Alpenkette; sie er- scheint etwas später als die Stammform, fliegt indess mit ihr noch einige Zeit und zwar unter- mischt, in hellern und dunklern Uebergängen; sie kömmt nicht alljährlich vor, und meist nur im weiblichen Geschlechte; doch soll es nach Freyer auch männliche Valesina geben, Im Jahr 1850 war sie in Oberwallis auf den schwarzen Kalkschieferfelsen bei Grengiols, hoch über der Rhone, gemein. Ich fieng sie dort am 8. August ganz frisch auf Brom- beerhecken am Fusspfade, in zahlloser Gesellschaft von Hipp. Semele, Eudora, Aleyone, Lyc. Damon, Corydon und Spini, und sah Tags darauf auch bei Anderegg eine Masse frisch eingesammelter Vorräthe. In unsern tiefern Regionen des Mittellandes kömmt sie nur höchst selten und nie so dunkel vor. Ein zerfetztes Weibchen fieng ich dasselbe Jahr am Lyssacherwäldchen bei Burgdorf am 21. August und ein anderes mit grünbestäub- ten Adern und Hinterflügeln auf dem Binzberg; Beweise genug, dass Valesina, gegen Freyer’s Behauptung, nichts als Varietät ist. Hübn. F. 935 bildet sogar ein Exemplar ab, dessen linke Seite eine männliche Paphia, die rechte eine Valesina ist. Unsere Schweizer-Paphia ist von den norddeutschen Exemplaren aus Preussen und Schlesien in nichts verschieden. Die Raupe findet sich in lichten Eichwäldern auf Veilchenarten, einzeln zerstreut, — 105 — aber häufig; so im Sumpfwalde bei Burgdorf erwachsen Anfangs Juni; sie ist sehr leicht zu erziehen und der Falter entwickelt sich aus der Puppe schon nach 18—20 Tagen. NB. Paphia fliegt auch in Kleinasien, wo Hr. Mann sie im Juli massenweise um Brussa antraf. Ein von ihm erhaltenes $ hat auf der Oberseite die Adern der 'Vorder- flügel und fast die ganze Fläche der Hinterflügel grün bestäubt. Es gleicht ganz meinem obenerwähnten (21. Aug. Binzberg). 70. Niobe L. Hübn. F. 61. 62. 961. 962. Aberrat. Freyer n. Beitr. Ill. Tab. 199. IV. Tab. 337. Meissner: »Zeigt sich auch bier um Bern herum, seltener und immer frühzeitiger als »Adippe. In den Alpenthälern und auf den niedrigen Alpen ist besonders das »Weibchen oft sehr dunkel gefärbt und gezeichnet.« Im schweizerischen Flach- und Hügellande ist diese Art eine einzelne, sporadische Erscheinung. Während sie in ganz Deutschland fast nur die Ebene bewohnt und daselbst weit gemeiner als Adippe ist, tritt bei uns gerade der umgekehrte Fall ein; sie ist nämlich bei uns eine eigentliche Bewohnerin baumloser Grasabhänge der Berg- und subalpinen Region von 3000—5600' ü. M. Adippe dagegen liebt üppige Thalgründe und feuchte Waldwiesen der Hügelregion und scheint sich nirgends über 3500' ü. M. zu erheben. An den südlichen Abhängen des Jura sowie auch im Oberhaslethal bei Guttannen (3300' ü. M.), wo beide Falter sich an ihren Fluggrenzen berühren, kann man sich auf den ersten Blick von ihrer Art- verschiedenheit überzeugen, indem hier die meist blassere Niobe mit nnbändiger Wildheit, scheu und rastlos, mit Blitzesschnelle über die kurzbegrasten, steinigten Abhänge hinweg- schiesst, die zähmere, feuriger gefärbte Adippe mehr an den angrenzenden Waldungen verweilt und wie Aglaja gesellschafllich von Blume zu Blume schwebt. Gleichwohl wurde die Artverschiedenheit der beiden Falter, namentlich in der jüngsten Zeit, noch vielfach angefochten und selbst Freyer war einst in seinem Glauben an zwei Arten sehr schwan- kend geworden, als er (n. Beitr. Bd. IH. p. 11) 1835 viele junge: Raupen auf einer kleinen Waldwiese fand, die sich zuerst alle gleich waren, wovon aber die einen im ausgewachsenen Zustande einen weissen Rückenstreifen und fleischfarbene Dornen bekamen und Niobe lieferten, während die andern ohne weissen Rückenstreif, aber mit rostbrau- nen Dornen, Adippe erzeugten. Dennoch konnte er sich ‘von der Artverschiedenheit nicht überzeugen, indem er als analogen Fall der Raupen von V. Prorsa erwähnt, die auch 14 u N bald mit braunen, bald gelben, bald schwarzen Dornen gemischt vorkämen und doch dem nämlichen Falter angehören. Später (Bd. IV. p. 81) bekennt er sich entschieden zur Trennung, führt Niobe als eigene Art auf, bildet die ganze Verwandlung noch einmal ab (Tab. 337) und meldet, dass die, jetzt ausgewachsen gefundene Raupe mit der frühern auf Tab. 199 übereinstimme (was indess in der Abbildung nicht ganz zutrifft, indem hier der weisse Rückenstreif nicht zusammenhängend, sondern auf der Mitte jedes Absatzes unterbrochen ist). Seine zwei Raupenbilder von Niobe sind demnach doch unter sich verschieden und würde nach Treitschke’s Beschreibung *) die eine mit dem weissen Rückenstreifen (Tab. 199) zu Niobe, die andere mit unterbrochenen Rückenstreifen (Tab. 337) zu Adippe gehören. Indess hat Freyer aus Beiden nur Niobe gezogen. Es scheint daher und erhellt noch aus seiner Angabe (Bd. III. p. 5% am Schluss), dass eben dieser weisse Rückenstreif, sei er fortlaufend oder unterbrochen, nur der Niobe eigenthümlich ist, die Raupe von Adippe dagegen gar keinen Rückenstreifen hat, dafür aber einen bleichröthlichen Seitenstreifen wie auf Tab. 1 und 229. Sind diese Merkmale wirklich beständig, so sind sie mehr als genügend, darauf die Artverschieden- heit sicher zu gründen, wenn auch die Falter, oberflächlich betrachtet, sich sehr nahe stehen und man sogar einzelne Niobe mit, Adippe aber ohne Silber findet. Ueber die äussern Unterschiede der beiden Falter ist man im Allgemeinen ziemlich im Reinen und brauchen wir darüber nicht weiter einzutreten. Im Oberhaslethal, wo an mehrern Stellen die untersten Fluggrenzen von Niobe und die höchsten von Adippe zusammenstossen, haben beide Arten ganz gleiche Grösse. Adippe ist nämlich hier kleiner als im Flachlande, Niobe aber grösser als auf den Alpen, und von den Letztern fliegen durch einander silberfleckige wie silberlose Abänderungen und dennoch bleiben die wesentlichen Unterscheidungscharaktere sich auch hier so be- ständig, dass ich unter vielen, durch Hrn. Heuser dort eingesammelten Stücken, kein ein- ziges fand, dessen richtige Bestimmung mir zweifelhaft geblieben wäre. Die trübere, mattere Färbung der Niobe, der gerader abgeschnittene Aussenrand der Vorderflügel, die schwächern Mittelrippen, der fehlende Silberpunkt zunächst an der Wurzel auf der Unter- seite der Hinterflügel und die stets grünlich-scheckige Bemalung derselben lassen Niobe stets auf den ersten Blick von Adippe unterscheiden. Niobe erscheint am Jura um den 18. Juni, so auch in der Waadt auf dem Jorat, auf der Tour de Gourze und am Fusse der Alpen ob Bex; ihre Flugzeit dauert daselbst *) Handbuch für Schmetterlings- Sammler p. 66. =, We bis Ende Juli. Anfangs Juli Niegt sie häufig im Oberhaslethal, zumal auf der Urweid bei Guttannen, untermischt mit Adippe. Um die Mitte des Juli erscheint sie auf den Höhen der Kalkalpen des Berner Oberlandes, Wallis und der rhätischen Alpen: (Wengernalp, Faulhorn, Schwarzhorn, Viescherberge, Gherbenon, Sils in Bündten u. s. w.) In diesen Regionen von 4000--5800' ü. M. fliegt sie bis um die Mitte Augusts. Zwei männliche Exemplare von Niobe in meiner Sammlung, aus Dalmatien, (durch Hrn. Mann gesammelt und irrig als Adippe Var. mir zugesandt) weichen von den unsrigen darin ab, dass das eine (vom Fusse des Monte Biocovo bei Zagorst) bedeutend grösser , fast wie Laodice, und von feurigem, brennendem Rothgelb ist, das andere aber vom Gipfel des- selben Berges, unsere hochalpinische Niobe in der Grösse kaum erreicht und dabei eine sehr trübe, durch stark schwarze Bestäubung verdüsterte Grundfarbe hat. Diese Klein- heit hat auch ein Männchen vom Riesengebirge (von Hrn. Standfuss), ohne aber im Uebrigen von unsern montanen Exemplaren verschieden zu sein. Unsere Schweizer-Niobe hat im Allgemeinen die Grösse von Freyer’s Bild Tab. 199. Doch sind die Vorderflügel nicht so gestreckt und ausgespitzt, auch ist die Unterseite nicht so hellgelb.» Mit Hübner’s F. 61 stimmt sie ganz. Die Raupe lebt Mitte Mai einzeln auf verschiedenen Veilchenarten, Viola hirta, ca- nina. Auf den Alpen wahrscheinlich auf V. palustris. 71. Adippe ©. Hübn. F. 63. 64. — 859. 860. (Cleodoxa.) 888. 889. (Cleodoxa Var. Freyer n. Beitr. I. Tab. 1. Ill. Tab. 229. Meissner: »Im Juli und August häufig auf Wiesen, auch in den Alpenthälern. Nie »habe ich auf der Nordseite unserer Alpenkette die silberlose Abänderung dieses »Falters irgendwo angetroffen, die ich in der transalpinischen Schweiz, nament- »lich zwischen Lugano und Bellinzona, häufig gefunden habe, wo hingegen die »silberfleckige sich ungleich seltener zeigte.« Meissner verstand unter jener silberlosen Varietät die Var. Cleodoxa. Hübn. F. 859—60. Adippe ist gemein bei uns auf sonnigen, aber moorigen Waldwiesen der Sandstein- und der ganzen Kalkformation von 1000 bis 3300’ ü. M. von Mitte Juni an bis um den 10. August. Um Burgdorf erscheint sie gewöhnlich erst um den 25. Juni, am Jura bei Biel 8 Tage früher. In den Alpengegenden erst um den 10. Juli. Das Weib erscheint erst gegen das Ende der Flugzeit, Ende Juli; bei Varon in Wallis fieng ich es zahlreich am 8. August. A — Das Weitere über diesen Falter haben wir bei Niobe erwähnt. Die Raupe lebt auf Veilchenarten, besonders auf Viola canina. NB. Zwei kleinasiatische J in meiner Sammlung, von Mann zu Ende Juni bei Brussa auf Bergweiden an Blumen gefangen, zeichnen sich durch ihre ausnehmende Grösse und durch ein viel brennenderes Rothgelb der Oberseite vor allen hieländischen aus. Unten sind sie wie die unsrigen, mit Silberfllecken. Ganz gleich fand sie Germar auf den dalmatischen Inseln. Welch’ ungemeinen Veränderungen der Falter Adippe unter- worfen ist, zumal auf der Unterseite, beweisen die vielen Namen, unter denen er von den ältern Autoren aufgeführt ist, als: Syrinx Herbst. (non Meigen). Aspasius » Pelopia » Eris Meigen. Eurybia » 72. Lathonia L. Hübn. F. 59. 60. 613. Freyer ä. Beitr. I. 25. » n.» VW. Tab. 422. F. 1. Aberratio. Meissner: »Sehr gemein auf trocknen Wiesen, an Wegen, in lichten Wäldern u. s. w. »Erscheint 2 Mal.“ Boisduval giebt als Flugzeit an: Mai und August. Treitschke vom Mai bis in den September. Bei Messina fieng sie Zeller schon am 9. Februar, dann am 30. Juni am Aetna. Mann bei Lesina im April. In der Schweiz ist der Falter vom niedrigsten Flach- lande an bis in die alpine Region bei 6000' ü. M. verbreitet, was in seinen Erscheinungs- perioden einen bedeutenden Wechsel hervorbringt. Auf den Alpen, wo des kurzen Som- mers wegen nur eine Generation stattfinden kann, erscheint diese um den 5. Juli und dauert bis um die Mitte Augusts. In den tiefern Regionen aber und in der Ebene sind zwei Generationen deutlich erkennbar. Ich beobachtete sie um Burgdorf wie folgt: Das erste Exemplar am 8. April, dann stets häufiger bis um die Mitte des Mai. Diese Früh- lingsexemplare sind meistens klein, am Vorderrande und an der Wurzel aller Flügel dunkel schwarzgrün bestäubt. ' Hierauf ein Zeitraum von nahe 7 Wochen, worauf dann die zweite Generation um den 7. Juli erschien und bis in die ersten Tage des Septembers fortdauerte. Diese Som- = a merexemplare sind grösser, die rothgelbe Farbe heller und wegen den kleinern ‚schwarzen Flecken weniger verdunkelt. Die dunkle Wurzelbestäubung geringer, mehr hellgrün, zumal beim Weibe, und durch goldgelbe Behaarung bedeckt. Am: bleichsten von Grundfarbe ist ein Männchen von Lesina. Die lebhafteste und grellste grüne Wurzelbestäubung haben die grossen Weibchen vom Alpbach-Runz bei Meyringen (22. August) und die geringste, von der Grundfarbe kaum abstechende, die Männchen aus Wallis von den glühheissen Berglehnen der Kalkgebirge ob Siders und Salgetsch (10. August). Auf der Unterseite bieten alle diese Modifikationen kaum erheb- liche Abweichungen dar, ausser dass die ersten Frühlingsexemplare (8. April) auf den Hinterflügeln ein etwas dunkleres Braunroth als die des Sommers haben. Die feurigsten Lathonien sah ich am 6. Juli (1848) an dem jähen Südabhange des Hoch-Gurnigels, bei 4700' ü. M., wo ich sie, ihrer Wildheit wegen, an der schwer zugänglichen Stelle leider nicht verfolgen konnte. Die Wohnplätze von Lathonia sind überall sonnige Raine, steinigte Grasabhänge, offene Feldgegenden und lichte Holzschläge; ihr Flug ist niedrig, aber rasch; sie kehrt immer an dieselben Stellen wieder zurück. Von diesem Falter giebt es auch bei uns, wiewohl sehr selten, wunderschöne Ab- änderungen, wo auf der Unterseite der Hinterflügel die Silberflecke zusammenlliessen und lange Streifen bilden. (Vergl. Freyer n. Beitr. V. Tab. 422. F. 1 und Hübner’s F. 613.) Die Raupe soll vom Frühjahr an auf Veilchenarten und Esparsette leben, wahrschein- lich sehr verborgen , da sie mir niemals vorkam. 73. Amathusia F. Hübn. F. 998. 999. Var» Titanıra: EA AS: » Diana: » .F. 51 —54. Meissner: „Auf den niedrigen Bergen und Alpwiesen, besonders wo sie von Laub- »waldungen und Gesträuchen beschattet sind; auch in den Thälern, z. B. bei »Grindelwald, Lauterbrunnen u. a. O. hin und wieder sehr häufig im Juli und » August.« Dieser Falter ist in den Alpengegenden sehr verbreitet; doch kömmt er mehr in den Niederungen derselben als auf den Gräten und höhern Gebirgen vor, da er zu, seinen Wohnplätzen stets feuchter, mooriger Bergwiesen bedarf, die dem Gedeihen der Natter- — 10 — wurz (Polygonum bistorta), auf der die Raupe lebt, vorzüglich zusagen. Ueber 4500' ü. M. kam er mir nicht vor. Glarner Alpen, besonders gemein im Winkel bei Krauchthal (Heer). Oberhaslethal, von Meyringen bis auf die Urweid vom 28. Juni bis 25. Juli. Rosenlaui manche Jahre überaus häufig, wie 1849. Oeschinenthal, Gasternthal und schon zunächst hinter Kander- steg am nördlichen Fusse der Gemmi, 20 — 24. Juli. Emmenthalerberge, am Fusse des Hohgants (8. Juli). Im Kemmeriboden, Bumbach und Sörenberg (20-30. Juli). In Oberwallis von Obergesteln bis Münster hinab Anfangs Juli sehr gemein. Ich habe keine ausserschweizerischen Stücke zum Vergleich. Die unsrigen haben auf der Unterseite der Hinterflügel ein herrliches Gemisch von Violett und Braunroth und stimmen am besten mit Hübner's F. 51—54. Kein Exemplar aber kam uns vor wie seine Titania F. 47. 48 mit grünen Beimischungen. 74. Daphne F. Hübn. F. 45. 46. Meissner: »Fliegt im Juni und Juli im Wallis bei Saillon, Siders u. s. w. ziemlich »häufig. « Es liegt auf dieser Angabe noch ein verdächtiges Dunkel, da der Falter weder von mir noch von andern mir bekannten Sammlern dort angetroffen wurde und selbst Anderegg sein Vorkommen in Wallis bezweifelte, als ich ihn darüber anfragle.. Es müsste denn Daphne wie mancher andere Falter in andern Gegenden, dorten ganz verschwunden oder aber seine Flugstellen auf kleine, seither nicht mehr besuchte Oertlichkeiten beschränkt haben. Bremi fieng sie am 25. Juli 1836 auf der Plangenalp im Engelbergerthal und sandte mir ein schönes Exemplar als Beleg seiner Angabe ein. Heer führt sie als im Kanton Glarus einheimisch an. Die Raupe lebt nach Ochsenh. (I. ı1. pag. 234) auf Rubus Idaeus und Fruticosus. 75. Thore Hbn. Hübn. F. 571—573. Freyer ä. Beitr. III. Tab. 104. F. 3. Da Tab, 12429} Meissner: »Diesen überaus seltenen Schmetterling fand ich zuerst 1804 im Juni im »Surenenthal hinter Engelberg. Er war damals noch nirgends beschrieben noch — 11 — »abgebildet. Im Jahr 1809 fieng ich ebendaselbst das Weibchen. Ausserdem »ist er meines Wissens in der Schweiz noch nirgends weiter gefangen worden. »Späterhin ist er in den Tyroler Alpen vorgekommen.« Die Seltenheit dieses Falters hat sich bedeutend vermindert, seitdem die hohen Alpen- thäler der ganzen Zentralkette gründlicher exploitirt sind. Er ist auch in den Kärnthner Alpen auf gleichen Höhen nicht unentdeckt geblieben und Freyer fand ihn auf den Bergen in Oberschwaben (Speyer entom. Zeit. 1850). Dennoch bleibt er, seiner wenigen und ein- zelnen Flugorte, wegen ein stets gesuchter Falter, dessen Erhältlichkeit noch dadurch er- schwert wird, dass seine Flugzeit nur alle 2 Jahre (wenigstens in unsern Berner Alpen) stattfindet und dann in eine Zeit fällt, in welcher die Alpen von sammelnden Entomologen noch selten besucht werden (im Juni). Thore bewohnt die nordöstlichen Gehänge und Senkungen der Kalkalpen in einer Höhe von nur 3200—5500' ü. M., zumal schattige Hochthälchen mit üppiger Vegetation: Unterwaldner Berge; Glarner Alpen bis auf 6000‘ (Heer). In den Berner Alpen haupt- sächlich auf den Triften des Oberhaslethals, am Rosenlaui; auf der Kaltenbrunnen-Alp ob Meyringen; in einem Seitenthälchen hoch über dem ‘Reichenbach (28. Juni 1849 in Menge); selten in den Waadtländer Alpen, wie im Pays-d’Enhaut Romand, an Abhängen zwischen Rougemont und Rossiniere, ob Chäteau d’Oex u. a. Stellen, bis gegen Saanen. Die Raupe wurde bis jetzt nicht aufgefunden. Unsere Schweizer-Thore stimmt in Allem genau mit Freyer's Bild (n. Beitr. Bd. II. Tab. 121. F. 3). Der Mann variert ungemein in stärkerer oder schwächerer schwarzer Bestäubung. Bei manchen Exemplaren sind oben die schwarzen Binden fast ganz zusammengeflossen. Die Unterseite bietet wenig Abweichendes. — Von den frühern Ständen ist noch nichts bekannt. NB. Dass Hr. Keferstein (entom. Zeit. p. 246) Thore als Varietät zu der lapplän- dischen Art Frigga zieht, ist höchst auffallend. Ich kenne zwar Frigga nur aus der Hüb- ner’schen Abbildung F. 49. 50. Diese hat aber auf der ganzen Unterseite, zumal der Hinterflügel, ein von Thore so abweichendes Gepräge, dass ich eine Analogie gar nicht herausfinden kann. Dass Thore übrigens im Lappland auch, nur kleiner und bleicher als bei uns, vorkömmt, finden wir in Treitschke Suppl. XI. pag. 14. Er sagt aber kein Wort von etwaigen Uebergängen zu Frigga. Wir wünschten daher im Interesse der Wis- senschaft, dass Hr. Keferstein uns doch über die Gründe seiner Ansicht und seine diess- fallsigen Erfahrungen aufklären möchte. — 112 — 76. Ino Esp. Hübn. 40. 41. (Dictynna.) Freyer n. Beitr. V. Tab. 409. p. 45. Meissner: »Im Juli auf feuchten Wiesen eben nicht selten.« Auf lichten, moorigen Waldplätzen, am Vorsaume schattiger Laubwälder der Hügel- region von 1000—2600' ü. M. Stellenweise gemein, in andern Gegenden nur sporadisch oder ganz fehlend. Um Burgdorf äusserst selten; nur einmal am Oberburger Damm gefangen (11. Juni). Um Bern häufig auf den Aarwiesen unten am Bremgartenwalde Ende Juni. Um Schüpfen den ganzen Juni hindurch, am häufigsten um die Mitte des Monats. Im Ober-Emmenthal im Bumbach einzeln. Nicht selten auf grasigen feuchten Stellen am Fusse der Kalkfelsen bei Meyringen vom 15—25. Juni. Gemein in der Waadt zu Ende Juni, an der Tour de Gourze, Bex, Chillon u. a. O. Alle aus diesen Gegenden verglichenen Exemplare stimmen genau mit Freyer's Ab- bildung überein und zeigen auch unter sich keine Abänderungen. Die lichtgraue Dornraupe soll Anfangs Juni auf Sanguisorba officinalis und Spiraea aruncus leben und der Falter schon nach 10 Tagen sich aus der Puppe entwickeln. 71.. Pales F. Pales: Hübn. F. 34. 35. — 38. 39. Isis. — 617. 618. — 963. 965. » Freyer n. Beitr. I}. Tab. 187. F.1. Var. III. Tab. 205. F. 2. Var. Var. Isis: » » » » BI272: » Hübn. F. 563. 564. 757. 758. Napaeae. 964. ® mit dunklem Schiller. Meissner: »Auf den höhern Alpen, z. B. der Gemmi, Grimsel, sehr gemein und in »mannigfaltigen Abänderungen, besonders der untern Seite. Auf der Cherbenon- »Alp in Wallis fand ich häufig eine sehr dunkle, mit einem bläulichen Schiller »überlaufene Varietät, die ich sonst nirgends angetroffen habe.« Dieser eigentliche Bergfalter lebt in der Schweiz auf allen Verzweigungen der Alpen- kette, sowie auch auf den Voralpen, von 4500‘ ü. M. bis nahe an die Schneegrenze bei 8000‘ ü. M., und ist im Juli auf allen sonnigen Kämmen und Rasengehängen besonders der Kalkalpen sehr gemein. Er schiesst da wild und flüchtig umher und setzt sich meistens auf blühende Hieracium-Arten, zumal die Crepis-aurea, welche vielleicht der noch — 193 — unbekannten Raupe als Nahrung dienen. Auch in den Glarner Alpen ist Pales die ge- meinste Argynnis. Nach Heer meistens auf sumpfigen Stellen bis auf 7500 ü. M., wo sie vorzüglich die Blumen von Allium Schoenoprasum besucht. Pales kömmt in zahllosen Abänderungen bis zur Unkenntlichkeit vor, ohne sich in- dess mit Arsilache zu vereinigen, so äusserst nahe auch einzelne Exemplare sich derselben anzuschliessen scheinen, Meine Ansichten darüber werde ich bei der nun folgenden Arsi- lache gründlicher auseinandersetzen. Die, allerdings auffallend grosse Aehnlichkeit dieser beiden Falter ist eben eine Laune der Natur, so gut wie der enorme Abstand gegen manche andere Art; sie berechtigt aber ebensowenig zu einer willkurlichen Zusammen- schmelzung mit Arsilache als die ebenso grosse Aehnlichkeit mancher Gueullien unter sich, wie Cuc. Lucifuga mit Umbratica, Thapsiphaga mit Blattariae, Serophulariae mit Verbasci u. a. mehr. Die aufmerksamste Beobachtung solcher Tbiere im Freien, ihre ab- weichende Lebensweise und ganz besonders die Verschiedenheit ihrer frühern Lebensstadien entscheidet in solchen Fällen weit besser, als äussere, unsichere Merkmale am vollkom- menen Geschöpfe, und ich bin vollständig überzeugt, dass bei der einstigen Ent- deckung der Pales-Raupe jeder Zweifel über ihre Artrechte wegfallen wird. Die kleinsten Exemplare, aber mit den dicksten schwarzen Flecken auf der Oberseite, finden sich auf den untersten Fluggrenzen, z. B. auf den Voralpen der Stockhornkette , auf dem Hoch-Gurnigel bei 4500‘ ü. M. Nach höhern Regionen zu, bei 5500 bis 6000° u. M., wie auf der Spitalmatt an der Gemmi, nimmt zwar die Grösse noch wenig zu, aber die schwarzen Flecken werden schon dünner und kleiner; von da an bis auf die höchsten Flug- stellen bei 7700 bis 8000 ü. M. (Cherbenon-Alp in Wallis, Hochstollen- und Breitboden- Alp in Oberhasle) wird Pales zusehends grösser und scheint einer totalen Umgestaltung ent- gegen zu gehen. Bei fast doppelter Grösse werden hier die Flecken noch kleiner, besonders beim Manne, oft nur noch wie Linien und Punkte; die Unterseite der Hinterflügel ver- liert ihr lebhaftes Zimmetroth und nimmt eine grobstäubige, verwaschene, grünliche Mischung an. Beim Weibe wird die Oberseite durch starke schwarzgrüne Bestäubung verdunkelt und dabei von einem violetten Schiller überlaufen, der manchmal fast dem von P. Hippono& gleichkömmt. Diese hochalpine Form ist Hübner’s P. Isis F. 964. Sie findet sich indess stellenweise auch untermischt mit der gewöhnlichen Pales und wird mit derselben in Begattung angetroffen; sie erscheint hauptsächlich an den wärmern, südlichen Abhängen, wo. der früh schmelzende Schuee die Vegetation begünstigt, und wo das ablaufende Wasser in moorigen Niederungen sich sammelt. Bedeutende Abuormitäten in der Färbung und besonders in der Silberfleckenbildung 15 — Ai — der Unterseite, finden sich gewöhnlich nur, und zwar immer selten, an solchen Oertlich- keiten, wo der Falter nicht vorherrschend ist, sondern zufällig und regelwidrig sich hin- verbreitet. Solche ausgezeichnete Abweichungen sind mehrere abgebildet in Freyer's n. Beitr. H. Tab. 187. F. 1 von der Höhe des Furkapasses in Uri (von Hrn. Rothenbach) und III. Tab. 205. F. 2 aus den Bündtner Alpen (v. Major Amstein). Die Flugzeit von Pales dauert vom 6. oder 7. Juli an bis um die Mitte Augusts. Von den frühern Ständen des Falters ist meines Wissens noch nichts bekannt. NB. Ein Pärchen aus Lappland (v. Keitel) stimmt in Grösse, Färbung und Zeichnung der Oberseite ganz genau mit den kleinen Exemplaren von der Spitalmatt auf der Gemmi. Auf der Unterseite der Hinterllügel ist aber das Farbengemisch von Silber, gelb und sehr dunklem Rostbraun viel greller als bei irgend einem Schweizer- exemplare. Ein zweites Männchen ebenfalls aus Lappland (von Hrn. Standfuss) ist schon merklich grösser, aber auch oben und unten blasser; die Unterseite der Vorder- flügel zeigt die schwarzen Fleckenbinden nur ganz verloschen. Die der Hinterflügel ist hell rothgelb, die gelbe Mittelbinde, der Keilfleck am Rande, sowie auch die Silberstellen matt und undeutlich begrenzt. Mit diesem Exemplare fast übereinstimmend, nur etwas grösser und die ganze Unterseite noch blasser, sind meine Exemplare von der Wen- gernalp (6. August). Eines derselben ist bei dieser sehr matten, bleichen Färbung der Unterseite noch darin ausgezeichnet, dass die Mittelbinde der Hinterflügel fast nur durch 2 feine schwarze Linien auf der Grundfarbe bezeichnet ist. Diese Stücke von der Wen- gernalp, sowie das lappländische von Hrn. Standfuss, bilden die unmerklichste Uebergangs- stufe zu der hochalpinen Form Isis. 78. Arsilache Esp. Hübn. F. 36. 37. Freyer ä. Beitr. III. Tab. 115. F. 2 und Tab. 121. F. 2. Dieser Falter wird von Meissner nicht aufgezählt, weil er damals in der Schweiz nicht bekannt war; er citirt indess bei Pales die Hübner’sche Arsilache F. 36. 37. Nach- her wurde von den meisten Autoren stets nur eine Art anerkannt, die bald Pales, bald Arsilache genannt wurde, bis Treitschke, Duponchel und Boisduval sie wieder in zwei, Freyer sogar noch Isis als dritte Art ausschieden. In der jüngsten Zeit scheinen nament- lich die deutschen Entomologen zu einer Wiedervereinigung dieser beiden Arten sich wieder stark hinzuneigen, wie Standfuss und Zeller. Ersterer hat seine Gründe weitläufig in der schles. Zeitschrift für Entomologie 1849 — MI — Nr. 12. pag. 21. 23 niedergelegt; allein trotz seiner Gründlichkeit ist er nicht zu einem Resultate gekommen, welches die Gegner seiner Ansicht vollkommen befriedigen könnte. Hr. Standfuss hat sich über diesen Punkt mit mir in Korrespondenz gesetzt und ich trage kein Bedenken, diesen Briefwechsel, obwohl der Form unseres Buches nicht anpassend, dem entomologischen Publikum zur weitern Prüfung hier vorzulegen. Hr. Standfuss schrieb mir nämlich unterm 12. Oktober 1850: »Zunächst nun etwas über Pales und Arsilache: Sie sprechen von Verschiedenheiten »der Unterseite, aber welche sind das? Die von Treitschke angeführten sind leere Täu- »schung, hervorgerufen durch den, seinen Eigendünkel kitzelnden Wunsch, etwas Bes- »seres zu sagen als Ochsenheimer, der aber hier wie stets ohne Vorurtheil und mit sehr »geübtem Auge betrachtet. Vergleichen Sie, was Ochsenheimer 1. Bd. Seite 64—66 über »Pales sagt. Ist durch eine Autorität, wie Treitschke, eine Meinung in der entomo- »logischen Welt einmal eingebürgert, was bei Pales und Arsilache wirklich geschehen ist, »dann wird das Urtheil des Einzelnen dadurch gefangen genommen; er will ja doch nicht »weniger Scharfsicht und Unterscheidungsgabe haben, als andere Leute. Es wäre mir »nun höchst interessant, wenn Sie, der Sie, wie ich, Artentrennungen nicht lieben, also »von dieser Seite her kein Vorurtheil gegen meine Meinung haben, die übrigens zugleich »die Meinung nicht bloss Ochsenheimers, sondern vieler wissenschaftlichen Entomologen »ist, wie z. B. Zeller mir brieflich seine vollste Zustimmung versichert hat; ich sage also, »wenn Sie die Sache nochmals gründlich von vorn an untersuchten und mir das Resultat »dann mittheilten, so wäre mir das sehr lieb. Zu diesem Zwecke lege ich Ihnen in der »kleinsten mitfolgenden Schachtel ein Räthsel vor, welches Sie lösen mögen. Sie finden »darin 7 Falter der Art Arsilache und Pales. Davon ist ein Stück aus Lappland, also Pales, »zwei Stücke von den Iserwiesen (in meiner mitfolgenden Arbeit erwähnt), also tiefer ge- »fangen, als man bisher Pales, und höher als man Arsilache vermuthete, zwei Stück aus »der Danziger Gegend, also von der ebenen Meeresküste, folglich Arsilache, ein Stück »aus den baier'schen Alpen von Freyer und ein Stück von der Breitbodenalp durch Ihre »Güte erhalten, also nach weiter Reise wieder auf heimischem Boden. Das unter jedem »Stück befindliche Zettelchen giebt sein Vaterland an, zum Theil auch den Tag des Fanges. »Auf diese Weise ist jedes Stück meiner Sendung bezeichnet. Nun bitte ich, sehen Sie, »ohne die Zettelchen zu öffnen, also ohne die Flugorte ete. zu kennen, jedes Stück genau »an und bestimmen Sie nach den vermeintlichen Unterscheidungszeichen, welches die Pales »und welches die Arsilache seien. Nachdem Sie so alle Stücke selbst bestimmt, sehen »Sie dann die Zettel, welche ich aber wieder anzustecken bitte, nach, um sich von der — N6 — »Wahrheit oder Irrthum der Unterscheidungen zu überzeugen. Haben Sie dann das Räthsel »richtig gelöst, also ‘die Falter aus der Ebene (vermeintliche Arsilache) von denen aus den »Bergen und dem hohen Norden (vermeintliche Pales) richtig gesondert, so wäre damit »meine Meinung gar noch nicht widerlegt; denn sehr oft kann man ja aus dem Ansehen »verschiedener Falterexemplare von derselben Art auch ihren verschiedenen Flugort er- »kennen, z. B. bei Euryale; gelingt aber die Lösung des Räthsels nicht, erscheint Ihnen »also ein Falter von Danzig als Pales oder einer von den Alpen als Arsilache, oder wis- »sen Sie mit einem Exemplare gar nicht recht wohin, dann hätte gewiss meine Meinung »in Ihren Augen sehr an Werth gewonnen. Für die genaueste Richtigkeit des, auf den »Zetteln Angegebenen, kann ich übrigens bürgen. An dem Exemplar aus Lappland werden »Sie auch sehen, dass man mit weit grösserm Rechte die Exemplare aus Lappland und »die von den Alpen als zwei Arten neben einander stellen könnte, als die von den Alpen »und die aus der Ebene. Wie nun aber auch diese Ihre eigene Untersuchung ausfallen „möge, jedenfalls würdigen Sie nur, aber erst nach eigener Untersuchung, auch meine »beiliegende Arbeit *) eines Blickes, und ich bin dann sehr begierig darauf, das Ergebniss »dieser Studien schriftlich oder gedruckt später zu lesen.« Ich antwortete ihm auf diese Anfrage hin Folgendes: »Beim ersten Anblicke Ihrer ge- »sandten 7 Falter habe ich (Ihrer Vorschrift gemäss, ohne nämlich die Unterseite zu be- »sehen und ohne die Zedel zu öffnen, auch ohne vorerst Ihre Abhandlung gelesen zu »haben) ohne Anstand sowohl die 3 Arsilache als auch die 4 Pales sogleich erkannt. Nicht »die genaue Vergleichung der einzelnen Merkmale hat mich darauf geführt, sondern der »unwillkürlich verschiedenartige Eindruck, den die vielen hundert Stücke, die ich nach »und nach gesehen, meinen Augen entlockt haben. Stecken Sie mir Hunderte von Pales »und Hunderte von Arsilache durch einander, ich will Ihnen die Bestimmung aus dem „Stegreife geben. Auch Freund Heuser, dem ich die 7 Falter vermengt vorlegte, erkannte »sie richtig. Damit kann nun freilich Denjenigen noch nicht gedient sein, welche Arsı- »lache und Pales als eine Art vereinigen wollen. Diese verlangen eine kritische Beleuch- »tung von Unterscheidungsmerkmalen, die sich in Worten ausdrücken lassen. Durchgehen »wir also alles Wesentliche, was Ochsenheimer und Treitschke hierüber gesagt und wir »werden sehen, ob denn auch wirklich Alles erschöpft ist.« Ochsenh. I. pag. 65 vereinigt beide Arten, hebt nur hervor, dass 1) Pales kleiner sei, 2) mit spitzigern Flügeln als Arsilache, welch’ letztere unten schärfere Zeichnungen habe. *) Schlesische Zeitschrift für die Entomologie 1849. — 17 — 3) Die zwei erstern Kriterien haben allerdings keinen Werth, weil sie in einander über- gehen; doch bleibt das dritte Merkmal noch übrig, nämlich die abstechendern Far- ben der Unterseite. Treitschke (Suppl. X1. pag. 12) trennt die beiden Arten aus folgenden Gründen: I. Arsilache sei meistens grösser als Pales. (Nichtimmer, denn es giebt Pales so gross und grösser noch als kleine Danziger Arsilache-Männchen.) Il. Arsilache habe mehr abgerundete und breitere Flügel. (Ist ebenfalls nicht durchgreifend.) IN. Arsilache habe die schwarze Zeichnung der Oberseite viel stärker und die Fläche überhaupt mit schwarzem Staube bedeckt. (Die schwarze Zeichnung ist bei Ihrem baierschen Exemplare von Pales ebenso stark. Was Treit- schke mit dem schwarzen Staube bei Arsilache will, kann ich selbst mit der Loupe nicht einsehen. Einzelne schwarze Schüppchen auf der rothgelben Grundfarbe sind eher bei Pales als bei Arsilache sichtbar.) IV. Dieser Staub fasse auch den Innenrand der Vorderflügel, von der Wurzel bis zur Mitte ein und vereinige sich da mit der, durch die Mitte herablaufenden Zackenbinde. (Ganz gleich bei Pales.) V. Auf der Unterseite der Hinterflügel hätten beide Arten in der Mitte des Aussen- randes einen hell ockergelben Wisch. Dieser ziehe bei Pales vom Rande durch die, vor den silbernen Randmöndchen liegende, rostbraune Querlinie ganz durch und bedecke den hier liegenden Ringfleck, der nur verloschen durchscheint; — bei Arsilache erhebe sich derselbe nie über jenen Ringfleck u. s. w. (Dieser Wisch ist in seiner Längen- ausdehnung sehr wandelbar, somit auch nicht stichhaltig.) VI. Auf der Unterseite der Vorderflügel fänden sich bei Arsilache die schwarzen Linien und Punkte von oben fast gleich scharf; bei Pales und Var. Isis schienen sie nur schattenartig durch. (Im Allgemeinen richtig, doch bei einzelnen Exemplaren von Arsilache finde ich sie unten fast ebenso verloschen wie bei Pales.) Hieraus ergiebt sich also, dass Treitschke lauter Dinge aufgefasst hat, die wohl im Allgemeinen zutreffen, aber ihrer Veränderlichkeit wegen keine guten Trennungsgründe sind, und dass er den wahren und stichhaltigsten , wie Sie, ganz übersehen hat. Er hat die Artverschiedenheit wohl erkannt, aber den Trennungsmoment am unrechten Orte gesucht und Merkmale hervorgehoben, welche beiden Arten (in einzelnen Exemplaren) zu- kommen. Dadurch verlieren sie gleichwohl allen Werth nicht, denn die Eigenthümlich- keiten der weitaus grössern Masse begründen eine Art mit weit mehr Recht, als — 18 — einzelne zufällige Gleichheiten einer andern, nächstverwandten, sie darum ver- schmelzen können. Das richtigste Unterscheidungsgefühl ergiebt sich bei so schwierigen Arten besser durch die Beobachtung in der Natur selbst, und ist man einmal von dem unwillkürlichen Eindruck, den die Eigenthümlichkeiten der Hauptmasse in uns hervor- bringen, durchdrungen und daran gewöhnt, so lassen sich wohl noch subtile Merkmale herausfinden, welche die Trennung rechtfertigen, wenn sie auch noch so gering und unscheinbar sind. Müssen es denn jedesmal nur grossarlige, in die Augen springende äussere Differenzen sein, welche zwei Arten unterscheiden sollen! Haben wir nicht in der Entomologie Beispiele genug von noch viel frappantern Aehnlichkeiten, z. B. unter den Coleopteren in den Gattungen Cryptophagus und Meligethes, und Fälle, wo die Sprache zu worlarm ist, um Dasjenige richtig zu bezeichnen, was das Auge unwillkürlich in sich aufnimmt? So geht's uns eben bei Pales und Arsilache. Und doch dürfte sich meine Ueberzeugung auf zwei Dinge noch gründen. Einer sieht so, der Ändere anders und manchmal etwas mehr. 1) Finde ich bei allen meinen Arsilache J den Fransenrand etwas breiter, als bei gleich grossen SJ von Pales. Auch Var. Isis 3 hat ihn schmäler. 2) Pales hat längere Fühler. Mein kleinstes Pales d hat sie so lang wie das grösste meiner Arsilache. Auf die 3) meist eckigere Hinterflügelform von Pales, 4) auf ihr viel schwärzeres Wurzelfeld, 5) auf die fast ganz verdüsterte Hinterleibsfalte der Hinterflügel (Innen- rand), sowie 6) auf die mattere, bleicher rothgelbe Grundfarbe von Pales setze ich we- niger Werth, weil diese Kriterien Eigenthümlichkeiten sind, nach welchen die alpinischen Falter dieser Familie überhaupt hinneigen. Sehr auffallend dagegen ist wieder der Umstand, dass Pales in bedeutenden Höhen grösser und vollkommener wird (Var. Isis) [denn dass Isis wirklich nur Varietät von Pales ist, davon habe ich mich letzten Sommer auf den Flugstellen überzeugt]. Wollte man also Pales und Arsilache in eine Art zusammenziehen, so wäre es der Analogie aller übrigen Argynnen schnurstracks entgegen, wenn eine und dieselbe Art zuerst im Tieflande gross /als Arsi- lache), in der alpinen Region wieder kleiner {als Pales) und dann in der höchsten Al- penregion auf einmal wieder gross (als Isis) aufträte. Ebenso auffallend wäre es, dass Pales als blosse Bergform von Arsilache je länger je dünnere Flecken bekommen sollte, ‚während diese schwarze Fleckenzeichnung bei allen nächstverwandten Argynnis- Arten, gerade in den höhern Regionen, je länger je dicker und düsterer wird. Vergleiche man nur Euphrosine. Aus allem dem geht deutlich hervor, dass Pales ein eigentliches — 19 — Alpenthier ist, das, eben nur nach der Höhe zu, an Grösse und Vollkommenheit ge- winnt (Isis), während Arsilache gerade nur abwärts, in feuchten, moorigen Tiefland- gegenden, die Bedingnisse seiner normalen Ausbildung findet. Wenn daher auch die äussere, oft frappante Aehnlichkeit beider Arten Zweifel in der Artverschiedenheit erweckt, so leitet diese physiologische Betrachtung uns wieder auf Dinge, die mehr Sicherheit geben. Pales ist zudem grossen Veränderungen unterworfen und darf es deshalb auch nicht ver- wundern, wenn einzelne Exemplare zufällig der Arsilache so nahe kommen. Arsilache dagegen ändert nur wenig und kaum merklich ab. Die einzige, mir je vorgekommene Abnormität ist ein oben ganz verdunkeltes Weib, das von einem Sammler von Langnau im Jahr 1835 bei Eggiwyl erbeutet wurde. Pales lebt übrigens auf fast allen unsern Alpen in Menge, zumal an sehr sonnigen, heissen Berglehnen und auf dem kurzen Rasen der Kämme, fliegt ungemein flüchtig und rasch. Am häufigsten ist sie überall da, wo ein hochorangefarbiges Hieracium wächst, auf dessen Blüthen sie immer absetzt. Arsilache dagegen ist bei uns ein wenig verbrei- tetes Thier. Ich kenne als Flugort nur eine sehr beschränkte Gegend des Ober-Emmen- thals, das sogenannte Breitmoos zwischen Eggiwyl und Röthenbach und die Gegend um Schangnau; sie fliegt daselbst im Juni in feuchten Thalgründen bei 2600' ü. M. niedrig und langsam über den Boden hinweg, ungefähr wie Athalia, und setzt sich stets auf das, dort in Unzahl wuchernde Comarum palustre L. Auf den anliegenden Bergen fliegt Pales etwas später auch (im Juli), doch in ganz gewöhnlichen Exemplaren und ohne irgend eine Berührung oder Ineinanderverschmelzung mit Arsilache. Nach De-Laharpe kömmt Arsilache im Juli auch in den Waadtländer Alpthälern vor. Ich glaube, diese Bemerkungen dürften nun wohl das Artrecht unseres Falters fest- stellen. 79. Dia L. Hübn. F. 31—33. 883. Var. Freyer n. Beitr. Il. Tab. 211. Meissner: »Häufig im Mai und August auf Wiesen und an Wegen.“ In der Ebene wie in der Hügelregion bis auf 2500° ü. M. überall verbreitet, beson- ders in Waldgegenden, an sonnigen Grasabhängen, auf Moorwiesen und lichten Holz- schlägen» Der erste Flug erscheint gewöhnlich Anfangs Mai und dauert bis Anfangs Juni; der zweite um den 5. Juli und währt bis um die Mitte Septembers. Diese beiden Generationen a weichen kaum merklich unter sich ab, sowie auch-klimatische Verhältnisse geringen Ein- fluss auf den Habitus und die Färbung dieses Falters ausüben. Im Allgemeinen zeigen die Frühlingsexemplare nur etwas stärkere schwarze Flecken; an der Wurzel, zumal der Hinterflügel, mehr schwarze Bestäubung und auf ihrer Unterseite eine meist dunkler vio- lette Grundfarbe als die Falter des Sommers und der südlichern Gegenden. Doch sind auch diese Verschiedenheiten je nach örtlichen Verhältnissen sehr in einander übergehend. 16 Exemplare in meiner Sammlung, zum Theil aus hiesiger Gegend, zum Tbeil aus Wallis, Schlesien und Dalmatien, bilden eine Reihe der zartesten Modifikationen, ohne im Wei- tern auffallend unter sich abzuweichen. Ein Weibchen von Burgdorf (3. Sept.) ist ganz gleich wie Freyer’s Bild n. Beitr. 111. Tab. 211. Die Walliser sind alle etwas bleicher, an der Wurzel mit geringerer schwarzer Bestäubung, so dass der runde Wurzelfleck auf der Oberseite der Hinterflügel so deutlich wie bei Selene hervortritt. Ein kleinasiatisches Weibchen in meiner Sammlung, von Mann im Mai bei Brussa gesammelt, hat die Grösse unserer kleinern Exemplare, aber das Rothgelb der Oberseite und das Violettbraun auf der Unterseite der Hinterflügel ist blasser. Es stimmt fast ganz mit den Wallisern überein. Die Raupe lebt Anfangs Mai auf lichten Waldstellen einzeln auf dem Hundsveilchen (Viola canina). NB. Die Var. Hübn. F. 883 (mit zusammengeflossener breiter Mittelbinde der Vor- derflügel) kömmt um Burgdorf hie und da im Frühling vor. 80. Euphrosine L. Hübn. F. 28—30. Freyer ält. Beitr. II. Tab. 139. Meissner: »Häufig im Frühling in lichten Wäldern. In den Alpengegenden fliegt er »erst im Juli und August.« Gemeiner als Dia und zumal in vertikaler Richtung stärker verbreitet, indem sie vom tiefsten Flachlande an bis in die hochalpine Region bei 7000' ü. M. vorkömmt. Der Falter weicht aus diesem Grunde auch stärker ab als Dia. 14 Exemplare in meiner Sammlung stellen deutlich zwei Hauptformen heraus, nämlich: . a) Euphro®ine des bernischen Mittellandes (Burgdorf, Bern u. s. w.) hat durchschnittlich die Grösse einer gewöhnlichen Arsilache , doch ist sie bleicher; sie ist — 141 — kleiner als alle meine norddeutschen Exemplare von Berlin und bedeutend kleiner noch als meine südlichen von Sign in Dalmatien, welche Mann im Juni an dortigen Berglehnen gesammelt. DJ Euphrosine der Hochalpen. Der Mann hat die Grösse von a), aber die Vorderflügel sind viel gestreckter und schmäler, die schwarzen Flecke der Oberseite dicker, das Zimmetroth der Unterseite der Hinterflügel weit dunkler. Ein mit so starken Flecken- binden gezeichnetes Weib, aber von normalem Flügelschnitt, fieng ich indess auch am 24. Juni im Sommerhausloch bei Burgdorf. Das Weib der Bergform stimmt damit ziem- lich, doch ist es kleiner als alle die von der Ebene. Mit unserer alpinischen Form über- einstimmend, besitze ich ein Männchen aus Lappland; es hat auffallend gestreckte Vorder- flügel und ein verdüstertes Rothgelb der Oberseite; dabei kaum die Grösse einer kleinen Sommer-Selene. In der alpinen Region von 5000—7000' ü. M. kann nur eine Generation stattfinden, welche von Mitte Juli bis Mitte August fliegt. In den untern Regionen, vom Tieflande an bis an die untere Grenze des Laubholzes, tritt der Falter 2 Mal des Jahres auf, so um Burgdorf erstmals um den 28. Mai bis zu Ende des Juni; dann zum zweiten Mal, doch einzelner und sparsamer, im August; erfliegt bei uns häufig und meist gesellschaft- lich mit Selene auf lichten, sonnigen Stellen der Laubwälder, rasch, aber nie ‘anhaltend, kehrt immer hin und her und setzt sich auf niedriges Strauchwerk oder auf die blosse Erde. Die Raupe des ersten Fluges lebt im Aprii, die des zweiten im Juli auf Viola canina und odorata, nach Treitschke auch auf Fragaria. 81. Selene FE. Hihn‘s 52 96:,.9708783:, Via: 7324 2136. Vairryı 57.4158, Mar: Thalia. Freyer n. Beitr. VI. Tab. 493. F. 2. Var. Selenia. » » » WM. Tab. 422. F. 3. 4. Aberrationen. Meissner: »In der Gegend von Büren und bei Solothurn nicht selten; in der italieni- »schen Schweiz an verschiedenen Orten sehr häufig. « Weit seltener als Euphrosine und mehr an örtliche Verhältnisse gebunden; sie be- wohnt hauptsächlich lichte Waldstellen, zumal der Eichwälder, doch nur in wärmern und mildern Gegenden der Molasse- und der Kalkformation, von der Ebene an bis auf 3300’ ü. M. Höher ist sie mir nirgends vorgekommen. 16 — 12 — Burgdorf, im Lissacherwäldchen und im Meyenmooswalde; im Bremgartenwald bei Bern; um Büren, Lattrigen und in den meisten Eichwaldgegenden der Aare entlang. Am Fusse der Berner Hochalpen im Oberhaslethal, Meyringen, Urweid bis über Guttannen hinauf, ziemlich häufig. Selten in der Waadt, um Lausanne. Glarus (Heer). Die Exemplare der Alpenthäler zeichnen sich als besondere Varietas mon- tana aus. Die Unterseite der Hinterflügel ist viel bleicher; die Binden haben einen mehr gelblichen,, fast grünlichen Farbenton. Im Flügelschnitt sind sie indess nicht verschieden. Auffallender sind die Unterschiede zwischen den 2 Generationen in der Ebene. Die Falter des ersten Fluges, die um Burgdorf gewöhnlich am 26 — 28. Mai erscheinen und bis Ende Juni fliegen, stimmen ganz mit Hübner's F. 26. 27. Die des zweiten Flu- ges den ganzen Monat August hindurch bis in die ersten Tage Septembers, sind fast immer kleiner, schmächtiger, die Vorderflügel schmäler und gestreckter. Freyer bildet einen solchen Spätfalter als besondere Art unter dem Namen Selenia ab (n. Beitr. VI. Tab. 493. F. 2), mit welchem meine hiesigen Stücke vom 22. August auf’s Genaueste über- einstimmen. In dieser Kleinheit kömmt Selene besonders häufig in heissen Sommern vor. Ein, damit vollkommen übereinstimmendes Männchen erhielt ich von Keitel aus Lappland. Die Raupe fand ich nie; auch findet sich weder bei Ochsenh. noch bei Treitschke etwas Bestimmtes darüber. Aus Versehen wurde in der Gattung Argynnis, zwischen Paphia und Adippe, die Art Ag- laja L. ausgelassen ; sie wird daher in den Zusätzen und Nachträgen am Schlusse des Werkes folgen. Genus: Melitaea. Fabr. O. 82. Cynthia. Hübn. F. 3. Mysia. d. — F. 569. 570. € (nach Heidenreich Ichnea). — F. 608. 609. 3 gewöhnliche. — F. 939 bis 944 (Mysia). Freyer n. Beitr. Ill. Tab. 247. Meissner: »Auf der Grimsel bei Oberaar, auf der Gemmi, St. Bernhard, Cherbenon- »Alp ob Albinen in Wallis, Anfangs August.« Auf der ganzen Kette der Hochalpen, sowie auch auf den Ost- und süddeutschen Alpen einheimisch und stellenweise sehr gemein, zumal auf den Kalk- und Granitgebirgen des Oberhaslethals und Chamouny. Seine Flugstellen sind meist zwischen 5000— 8000‘ ü. M. Indess steigt er im Oberhaslethal bis in die Thäler hinab und fliegt von Mitte Juli bis in die ersten Tage Septembers. — 193 — Breitbodenalp, Grindelalp, Rosenlaui, Meyenwand, Furka und auf allen Walliser Alpen. In den Waadtländer Alpen seltener; Montblanc-Kette, St. Bernhard, rhätische Alpen. In den Glarner Alpen wird sie von Heer nicht angeführt. Auf dem Jura und auf den Bergen des Mittellandes fehlt er ganz. Hr. Heuser fand am 1. Juli (1849) bei Hasle im Hoof, eine Stunde hinter Meyringen, nur 2300' ü. M.-die Puppen dieses Falters in grosser Menge an Granitblöcken; er nahm leider, aus damaliger Unkenntniss, nur eine mit, die ihm dann am 13. Juli einen präch- tigen männlichen Falter lieferte. Ohne Zweifel wären daselbst auch noch Raupen zu finden und die Nahrungspflanze leicht auszumitteln gewesen. Freyer bildet sie auf Veilchen ab. Cynthia hat einen sehr raschen Flug, setzt aber öfters ab, besonders auf Saxifragen, die aus den Felsen hervorwachsen. An den Moränen des Rhonegleitschers sah ich ihn am am 7. August öfters paarweise auf einer Cirsium-Art, konnte aber bei seiner Scheuheit und wegen den gefährlichen, unzugänglichen Stellen, seiner nie habhaft werden. Der schöne Falter variert, wie alle Melitheen, ungewöhnlich stark, sowohl in der Grösse als in der schwarzen und rothen Bindenanlage. Es giebt Exemplare, an denen die schwarze Mittelbinde fast ganz ausbleibt; auch die 2 Vorderrandflecke und die Aussenrandbinden zeigen bald mehr, bald weniger rothe Ausfüllung. Bei einem Männchen von der Grindel- alp hat die Oberseite nichts Rothes, als eine sehr schmale Fleckenreihe der Hinterflügel, in welcher aber die schwarzen Kernpunkte fehlen. Unsere gewöhnlichsten Exemplare stimmen in der Zeichnung mit Freyer's Bildern Tab. 247; doch sind sie meist elwas grösser und die Vorderflügel gestreckter. Die grosse Veränderlichkeit dieses Falters lässt nicht ohne Grund vermuthen, dass auch Boisduval's P. Ichnea aus Lappland, eine nur örtliche und klimatische Abänderung von Cynthia sei. NB. 1. Ichnea Boisd. eitirt Heydenreich als Varietät von Cynthia und allegirt dabei Hübner’s Bilder F. 569— 70. (Cynthia 2). Wenn diese wirklich Ichnea sein sollen, so kann ich in dieser angeblichen Art’durchaus nichts anderes als ein sehr lebhaft rothgebändertes Cynthia © erblicken. Boisduval's Werk habe ich leider nicht zum Vergleich. 2. Die männlichen Abänderungen von Cynthia, an denen die rothen Ausfüllungen in den schwarzen Binden der Oberseite am meisten hervortreten und vor dem Aussenrand der Vorderflügel eine Doppelreihe bilden, nennen wir Var. Mysia. Dahin gehören Hüb- ner's F. 3 und 939. Die Abänderung F. 941, wo die weisse Farbe die vorherrschende ist, habe ich nur einmal in Hopffer’s Sammlung in Berlin gesehen. 3. Iduna Dalm. {wohin die Hübner’schen Figuren von Maturna, nämlich F. 598 bis 601 und 807—808 gehören) schliesst sich in der Bindenanlage der Ober- und Unter- u (ke seite, sowie in den fehlenden Punkten der rothen Hinterflügelbinde, zunächst an Maturna, in der breitern Flügelform aber und in der weissen, statt rothgelben Grundfarbe an Cyn- thia. Sie scheint aber wirklich eine eigene, selbstständige Art zu sein, die nur dem hohen Norden eigenthümlich ist. Dass der Falter aber ebenso stark unter sich variert, beweisen die Hübner’schen Bilder, ferner ein Männchen in meiner Sammlung (von Keitel aus Lappland), das nicht grösser als die allerkleinste Cynthia ist, in der Farbe aber mit Hübn. F. 807 genau übereinstimmt. 83. Artemis F. Hübn. F. 4—6. Freyer ält. Beitr. I. Tab. 7. Meissner: »Im Frühling auf feuchten Wiesen in der Gegend von Bern sehr gemein.« Wir unterscheiden von diesem Falter zwei Hauptformen, nämlich: a) die des Tieflandes: Artemis Var. Vulgaris. b) die der Hochalpen: Artemis Var. Merope de Prunner, welche letztere Meissner sowie auch Treitschke als besondere Art halten. Wir werden unsere Ansichten hierüber in der Folge aussprechen. Die Stammart (Artemis vulgaris) ist in der Schweiz wohl allgemein verbreitet und findet sich meistens zahlreich von Mitte Mai an bis um den 7. oder 8. Juni auf Moor- wiesen, im ganzen Gebiete vom Jura hinweg bis an die Voralpen, in unzähligen Abände- rungen der Grösse, Färbung und Bindenanlage. Ich habe sogar Exemplare aus der Ber- nergegend ohne Punkte in der Binde der Hinterflügel und andere, wo die schwarzen Binden auf der rothgelben Grundfarbe nur als feine, zarte Linien erscheinen. Am grössten und buntesten in Blassgelb und Orange sind die Weibchen von den Aarwiesen bei Bern, die an Grösse den grössten Cynthia-Weibchen gleichkommen. In Südeuropa verschwinden die blassgelben Flecken ganz. Die Flügeliläche wird gleichmässig hoch-rothgelb und die schwarzen Zeichnungen feiner, mehr gitterförmig; diess ist die Var. Provineialis HS. Tab. 76. F. 370. N Mel. Desfontainesii aus Spanien, wurde bis auf die jüngste Zeit als die vollendetste, feurigste Südform der Artemis gehalten; sie ist aber wohl eigene Art, da Hr. Lederer nach seiner schriftlichen Mittheilung, die ganz verschiedene Raupe in Andalusien gesell- schaftlich auf Loniceren fand. ° (HS. Tab. 1. F. 1. 2. Boisd. pl. 23. F. 1. 2.) Der Flug von Artemis gleicht demjenigen der Arg. Pales; schnell, aber niedrig über > A a dem Boden schwebend, selten absetzend, dann aber mit horizontal ausgebreiteten Flügeln auf Blumen ausruhend. Die Raupe überwintert noch klein, gesellschaftlich in einem zusammengesponnenen Blätterbüschel, bricht Ende Aprils hervor, zerstreut sich in der Nähe, nährt sich von Spitzwegerich (Plantago lanceolata), verpuppt sich um den 5. Mai und entwickelt sich als Falter nach 14 Tagen. Die Bergform Merope (Hübn. F. 653. eine Uebergangsstufe, — Freyer n. Beitr. 1. Tab. 13. F. 1. 2) tritt auf in den Alpen von 5000—8000' ü. M. und fliegt je nach der Höhe und örtlichen Verhältnissen vom 10. Juli an bis um die Mitte Augusts. Auf den Tyroler Alpen fand sie Freyer Anfangs Juli schon verflogen und hält dort die Mitte Juni für die eigentliche Flugzeit. Besonders häufig finden wir Merope auf der Breitbodenalp, den Gadmerbergen, auf der Gemmi, der Grimselhöhe am Todtensee, an der Meyenwand und auf allen den hohen Gebirgssätteln, die mit der Zentralkette in Verbindung stehen. Meissner äussert sich über diesen Falter wie folgt: »Merope ist bisher von Mehrern nur für eine Abänderung der Artemis gehalten worden, »aber die Zusammenstellung so vieler Individuen, die ich verglichen habe, bewegt mich, »diesen Falter für eine eigene Art zu halten, worin mir auch Graf Hoffmannsegg von Berlin, »dem ich mehrere Exemplare übersandte, vollkommen beipflichtet. Diese Art macht ein „vortreffliches Bindeglied zwischen Cynthia und Artemis aus. Er fliegt im August an den »gleichen Orten, wo Cynthia, d. h. immer nur in sehr hochgelegenen Alpengegenden.« Seit Jahren habe ich mich abgemüht, um über das wirkliche Artrecht der Merope in’s Klare zu kommen und glaube nun, dass ich der Wahrheit auf der Spur bin. Die Notiz in Boisd. Index pag. 19 unten, als habe Anderegg die Raupe entdeckt und von derjenigen der Artemis verschieden befunden, ist ungegründet, indem Anderegg, den ich darüber befragte, sich gar nicht an eine solche Mittheilung, so wenig als an die Raupe selbst erinnern wollte. Dieses einzige Beleg, das allerdings alle weitern Zweifel gehoben hätte, fällt somit weg, und will man nicht gewaltsam Ursache mit Wirkung verwechseln, so wird man der Wahrscheinlichkeit am nächsten sein, anzunehmen, es möchte Merope nichts Anderes als eine, durch klimatische, temporäre und geognostische Einflüsse hervor- gebrachte montane Form der gemeinen Artemis sein. Zeichnung, Flügelschnitt und der ganze Habitus ist total der nämliche. Die Grösse ist bei beiden Formen höchst schwan- kend, denn ich habe Artemis aus hiesiger Gegend kleiner als die kleinste Merope. Es bleibt also kein anderes Unterscheidungseriterium als die Farbe; aber auch diese ist sehr veränderlich ; denn ich besitze eine Merope von den untern Staffeln der Breitbodenalp, im — 16 — Juli unter einer grossen Zahl normaler Stücke gefangen, die in der Färbung den unver- kennbarsten Uebergang zu Artemis bildet, so dass ich sie, wenn unten im Thale gefan- gen, auch für nichts Anderes als für die Stammform würde gehalten haben (Hühn. 653). Weiss man doch, wie sehr das Klima der Hochalpen und alle damit verbundenen Ver- hältnisse so ungemein auf die rothgelben Falterfarben einwirken, so wird es erklärlich, wie ein, mit dem allervariabelsten Farbengemisch wie Artemis, begabter Falter, allmälig zu einer Merope werden kann. Was eigentlich den verschiedenartigen Eindruck hervorbringt, besteht bei Merope im Grunde in gar nichts Anderm als: a) in dem ganz blass grünlich- gelben Farbenton der hellen Fleckenbinden, und b) in dem Uebergewicht der schwarzen Aderbestäubung, die sich so stark anhäuft, dass sie die Grundfarbe zu bilden scheint, auf welcher die bleichen Binden nur als getrennte, kleinere Flecken hervorblicken. Durch diese Ueberhandnahme der schwarzen Aderbestäubung wird besonders die breite rothgelbe Fleckenbinde längs dem ganzen Aussenrande auffallend zusammengedrängt und verschmälert, der belle Raum an den Saumlinien verdüstert. Diese Fleckenbinde, die bei Artemis durchaus roth- gelb ist, .ist es bei Merope nur auf den Hinterflügeln. Auf den Vorderflügeln geht sie allmälig in die bleichgelbe Farbe der innern Flecke über und zwar in den mannigfaltig- sten Uebergängen, je nach der Höhe und den Oertlichkeiten, an denen der Falter vor- kömmt. Eine Reihenfolge von 13 Stücken in meiner Sammlung und einer von mehr als 30 Duppleten zeigt ganz deutlich die stufenweise Ab- und Zunahme jener Färbung. Die von der Breitbodenalp, wahrscheinlich einem der niedrigsten Flugorte der Berner Alpen, sind die grössten, hellfarbigsten; ein Weibchen ist von den Artemis- Weibchen der Thalregion bei Meyringen kaum noch zu unterscheiden. Dringen wir aber tiefer in's Hochgebirge, wo das Klima rauher, die Vegetation ärmer, der Sommer später mit den Lebensbedingnissen der Insektenwelt eintritt, da gewahren wir bald die Wirkung der alpinischen Natur auf die Färbung der rothgelben Thalfalter. Die feurigen rothgelben Farben verbleichen, die hellen Nüancen werden gleichartiger, die schwarze Bestäubung häuft sich auf den Adern, an der Wurzel und um die Ränder. Die Unterseite wird matter, die Fleckenzeichnung verwischter , bis wir das Thalgeschöpf an seiner höchsten Fluggrenze, hart an der Schneeregion, in seinem Normalzustande kaum noch erkennen können. Auch mir wäre die Identität dieser beiden Falter nie ein- gefallen, wenn nicht eben die erwähnten Uebergangsstücke von der Breitbodenalp mich darauf geführt hätten. Der Flug und das Betragen der Merope auf dem Hochgebirge ist demjenigen der Artemis in der Tiefe ganz gleich; der allfällige Einwurf, es fhege ja Artemis schon im Mai nur auf feuchten, moorigen Wiesen, Merope dagegen erst im Juli und August an steinigen, trocknen Alpgehängen, erledigt sich auf dem natürlichsten Wege dadurch, dass diese Bedingnisse eben die Ursache, und das Differirende des Falters die Wirkung davon sind. Den Vorwurf von scheinbarer Inkonsequenz, dass ich Adippe von Niobe und Arsilache von Pales getrennt, fürchte ich nicht, indem bei jenen Arten Verhältnisse, zumal in ihrer Lebensweise und ihrem Betragen, obwalten,, die sich mit diesen in keine Parallele ziehen lassen. Auch Freyer, der sonst so sehr den Trennungen hul- digt, zieht (Bd. I. pag. 25) die Artrechte der Merope in Zweifel. Seine Bilder (Tab. 13. F. 1.2) sind zwar heller und das Wurzelfeld viel weniger schwarz angelegt, als bei unserer Schweizer-Merope. Bei diesen Bildern ist nicht die dunkle, sondern die bleichgelbe Farbe vorherrschend und die Fühlerkolbe ganz gelb, während sie bei allen unsern Faltern im- mer zur Hälfte schwarz ist; sie bilden somit eine neue Uebergangsstufe zwischen unserer Merope der Breitbodenalp und derjenigen der höchsten Alpenregion. Seine Angabe der Flugzeit im Juni beweist auch, dass seine Exemplare von einer mildern Oertlichkeit her- rühren, da Merope auf den Berner Alpen mir nie vor Ende Juli vorkam. NB. In Glarus fliegt Artemis noch in der Bergregion, Merope von da an bis auf 7000’ ü. M. (Heer). 84. Cinxia F. Hübn. F. 7. 8. Delia. Freyer ält. Beitr. III. Tab. 103. Meissner: »Im Frühling auf Wiesen und Halden in der Gegend von Bern nicht selten. « Boisduval giebt diesem Falter eine zweimalige Flugzeit: Juni und August. Die deut- schen Autoren kennen nur die erste; auch bei uns, wenigstens hierseits der Alpen, ist, so viel mir bekannt, der Falter nirgends in zweiter Generation beobachtet worden. Er ist in der Schweiz allenthalben, sowohl auf feuchten Waldwiesen als an steinigten Bergabhängen gemein, und zwar vom Jura hinweg bis an den Fuss der Alpenkette, von 1500—3000' ü. M. Er fliegt rasch, aber stets niedrig über den Boden hinweg und setzt immer auf Blumen ab. Er erscheint gleich nach der Mitte des Mai und verschwindet um die Mitte des Juni. Bern, auf den Aarwiesen. Burgdorf, am Saume des Lyssacherwaldes auf Moorwiesen sehr gemein. Schüpfen. Am Jura an der Stygelos-Rysi bei Solothurn und noch häufiger auf dem sogenannten Nesselboden (12. Juni). Oberhaslethal, zunächst um Meyringen =. (23. Mai). Waadt: auf dem Jorat, und am Fusse der Alpen, Bex, Ormond u. s. w. gemein. Cinxia variert bedeutend in Grösse, dunklerer oder hellerer Grundfarbe und stärkerer oder feinerer Fleckenbildung; dunkle Exemplare zeigen im frischesten Zustande einen prächtigen blauen Schiller wie die Isis- Exemplare der Cherbenon-Alp. Ein Mann aus Oberwallis hat oben sehr verflossene Fleckenbinden, unten auf den Hinterflügeln ausneh- mend breite, tiefschwarze Berandung der Orangebinde und sonst noch auffallend schwarze Wische gegen die Wurzel zu. Die vom Jura, aus der Burgdorfergegend und aus Oberhasle weichen zwar unter sich stark ab, stimmen aber im Wesentlichen ganz mit den nor- dischen aus Preussen und Schlesien überein. Ein Weibchen von Breslau (von Hrn. Pastor Standfuss) ist indess so auffallend schwarz überstäubt, dass nur die äussern, braungelben Fleckenbinden auf der Oberseite noch hervortreten. Die hellste braungelbe Grundfarbe, mit den feinsten schwarzen Fleckenbinden, haben meine dalmatischen Stücke von Spalatro ; diesen am nächsten steht ein Männchen, angeblich aus Baiern, von H. Freyer. Noch südlicheres Gepräge als die besagten Dalmatier, tragen 3 kleinasiatische Stücke, von Mann bei Brussa gesammelt. Die 2 3 zeigen nämlich auf dem Thorax eine lichtere goldgelbe Behaarung und das ® ist von Grundfarbe auffallend blass-braungelb, mit ver- dünnten schwarzen Zeichnungen. Die Raupe kenne ich nicht durch Autopsie; von Sammlern in Bern wurde sie indess öfters aufgezogen; sie soll, wie die von Artemis, noch ganz klein in einem gemeinsamen Gespinnste überwintern, welches sie nach der Mitte Aprils verlässt und dann zerstreut auf Schmielenarten (Aira Nexuosa und canescens), Spitzwegerich (Plantago lanceolata), Mausöhrchen (Hieracium pilosella) und andern niedrigen Pflanzen vorkommen. 85. Phoebe F. Hübn. F. 13. 14. Freyer n. Beitr. IV. Tab. 325. Meissner: »Im Wallis im Juli und August sehr gemein; sie ist auch bei Wohlen »(2 Stunden von Bern) einmal gefangen worden. « Der grösste und schönste Falter in dieser Gattung. In der Schweiz nur im südlichen Theile und in den wärmsten Gegenden der nordöstlichen Kantone verbreitet. Sein Vor- kommen im Mittellande ist höchst sporadisch. Durch’s ganze Oberwallis, besonders von Reckingen bis nach Möril hinunter, allent- halben an sonnigen Berghalden unter Didyma, Cordula und Eudora in grosser Menge el. as von Anfangs Juli bis um die Mitte Augusts. Seltener in der Waadt um Lausanne. Spar- sam und einzeln auf den Bergen um Zürich, auf der Lägern, dem Uto und Irchel bei 2600 ü. M. Die schönsten, brennend rothgelben Stücke fieng ich am 8. August bei Lax in Ober- wallis, an einem steinigen, sehr heissen Bergabhang, wo der Falter mit offenen Flügeln meistens auf Flockenblumen und Scabiosen absetzte und sich im Sonnenschein ungemein zierlich ausnahm. Ein ausnehmend schönes Weibchen von dort hat fast die Grösse einer männlichen Adippe. , Freyer's Bild stimmt mit diesen Wallisern nicht gut überein; letztere haben im Mittelfelde nicht so viel Hellgelb und die rothgelbe Grundfarbe ist brennender. Die mehrsten sind auch etwas grösser und die Vorderflügel gestreckter. Je mehr Phoebe dem Süden und Südosten Europa’s sich nähert, desto feiner und verloschener werden die schwarzen Zeich- nungen, die Grundfarbe wird gleichmässiger, reiner, aber auch heller. Die Vorderflügel länger, gestreckter. 12 Exemplare in meiner Sammlung, aus Wallis, von Spalatro in Dalmatien und von Montpellier in Südfrankreich, zeigen in diesen Modifikationen die sanfte- sten Uebergänge bis zu den südrussischen Stücken von Sarepta, welche als eigene Art unter dem Namen Mel. Aetherie jetzt noch ausgeboten werden. (Hübn. 875—878.) Die mir in der Natur noch unbekannte Raupe hat Freyer sehr schön abgebildet in seinen n. Beitr. Tom. IV. Tab. 325. Sie soll auf Scabiosen- und Wegericharten leben. 86. Didyma F. Hübn. F. 869— 871. Var. Australis. — F. 9. 10. Var. Vulgaris. Freyer ält. Beitr. II. Tab. 85. — Ill. .Tab. 104. F. 1. 2. Hübn. F. 9. 10. 869. 870. als Cinxia. — F. 773. 774. Var. F. 11. 12. Var. Trivia. — F. 871. 72.73. 74. Var. Fascelis Esp. Meissner: »Vom Juni bis August auf allen Wiesen. Eine dunkle Abänderung des »Weibchens, die in der Gegend von Bern und in Wallis vorzüglich schön vor- »kömmt, scheint mir noch nicht bekannt zu sein; wenigstens ist sie noch nirgends »abgebildet. Ueberhaupt ändert dieser Falter ausserordentlich ab.« Er bewohnt in der Schweiz die heissen Gehänge der Kalkformation, sowohl des Jura als der Südseite der Alpenkette. Im Mittellande, in der Molasseformation, kömmı er nur an einzelnen, wenigen Stellen, wie um Bern, vor. Dagegen fehlt er in vielen an- I 17 — U dern Gegenden, zumal im Emmenthal, um Burgdorf u. s. w., ganz: Ob er bei uns in zwei Generationen besteht, habe ich nicht erfahren können, obwohl die vielen, mir vor- liegenden, sehr abstehenden Fangnotizen es fast vermuthen lassen, z. B. am 17. Juni und 14. August am Twannberg (Rothenb.). Waadt, auf trockenen Hügeln gemein (De-Laharpe). In Wallis fast überall, be- sonders vom Vieschwalde hinweg bis nach Siders hinunter an allen heissen Grashalden ; noch zahlreicher und in wahrhaft unsäglicher Menge an ähnlichen Stellen längs dem gan- zen Wege von Siders über Salgetsch und Varon bis hinauf zur Felsgallerie am Finster- loch bei 3030‘ ü. M. Berner Oberland: an sonnigen Halden am Thunersee, bei Gunten und am Beatenberg hin und wieder ziemlich häufig. In Glarus ist er von Heer nicht angeführt. Der Falter hat ganz den raschen, aber niedrig schwebenden Flug der M. Cinxia, ist aber gesellschaftlicher und kömmt an seinen Flugstellen meist in zahlloser Menge vor. Im Vieschwalde sah ich ihn am 8. August fast nur auf Cirsiumblüthen absitzen und zwar zu 2 bis 3 Individuen auf derselben Blume. Die Weiber waren grösstentheils schon ab- geflogen, während die Männchen im glühendsten Colorit prangten. Auch bei dieser Art wiederholt sich die, bei Phoebe und andern rothgelben Faltern beobachtete Naturregel, dass nämlich die Grundfarbe dem Süden zu an Helle und Rein- heit gewinnt und die schwarzen Zeichnungen sich immer mehr und mehr verdünnen, bis diejenigen des Mittelfeldes bis auf einzelne ausbleiben. Von 21 Exemplaren in meiner Sammlung haben das dunkelste Rothgelb und die stärksten, zahlreichsten schwarzen Flecke die norddeutschen (von Wittenberg); diesen zunächst mit etwas matterer Grundfarbe stehen die aus der Gegend von Bern; etwas kleiner, aber von lebhaftem, reinem Roth- gelb mit spärlichern, getrennten Flecken sind diejenigen aus Wallis (vom 10. Aug.) und endlich zeichnen sich aus die dalmatischen (von Spalatro), in der Grösse wie die Berner, doch vom hellsten, reinsten Rothgelb, mit sehr spärlicher, kleiner Fleckenbildung, geringer schwarzer Wurzelbestäubung, und wo auch die Weiber gleich gefärbt, ausser den schwarzen Flecken auf den Vorderflügeln, keine grüngraue Ueber- stäubung mehr zeigen. Sie stimmen ganz mit Panzer’s Abbildung (Heft 76. Tab. 24. Cinxia Fbr.). Ganz gleiche, hell gefärbte und spärlich gezeichnete Stücke besitze ich 2 Pärchen von Brussa, wo Hr. Mann sie im Monat Mai auf Bergweiden sammelte. Das eine ® zeigt aber doch auf den Vorderflügeln auch graugrüne Bestäubung, obwohl nur in dem Grade wie das hellste aus Wallis. Bei allen norddeutschen und schweizerischen Didyma-Weibchen sind die Vorderflügel meist bleicher als die Hinterflügel und haben einen — 13 — mehr grünlich-grauen Farbenton. Bei einem ausnehmend schönen Exemplare aus Wallis (Siders 11. August) haben auch die Hohlllecke am Vorderrande der bleichen Vorderflügel eine lebhaft graugrüne Ausfüllung. Ich fieng diese sehr ausgezeichnete weibliche Varietät dort häufig, doch meist schon in abgeflogenem Zustande. Die Raupe fand ich selbst nie; nach Ochsenheimer lebt sie vom April bis in den Juni auf Plantago-, Veronica-, Abrotanum- und Antirrhinum-Arten. Hr. Heuser fand sie in Wailis Anfangs August auf Euphorbien und es entwickelten sich die Falter zu Hause noch Ende des gleichen Monats. 87. Dietynna Esp. Hübn. F. 15. 16. als Corythalia. Freyer n. Beitr. IV. Tab. 319. nebst der ganzen Verwandl. Meissner: »Auf feuchten Wiesen im Juli und August. Auf den Bergen sehr dunkel.« In der Schweiz überall auf feuchten, moorigen Wiesen , besonders an den Vorsäu- men der Waldungen, auf allen Formationen vom Tieflande an bis in die subalpine Re- gion hinauf, gemein, und — je nach der Höhe der Wohnplätze — von Ende Mai an bis um den 7. oder 8. August. Er fliegt im bernischen Mittellande bei 1800° ü. M. um Burgdorf, Schüpfen, Bern u. s. w. vom 28. Mai bis um den 20. Juni; ebenso in der Waadt auf dem Jorat und in den meisten zähmern Thalgegenden. Auf den Kämmen des ‘Jura bei 4000' ü. M. vom 15. Juni bis um den 10. Juli. Auf den Berner Voralpen: Gurnigel, Niesenkette, Simmenthalerberge bei 4000' ü. M. vom 10—25. Juli. In der subalpinen Region der Zentralkette bei 4300' von Ende Juli bis um den 8. August. Die Exemplare unseres Tief- und Hügellandes sind von den norddeutschen aus Preus- sen und Schlesien nicht verschieden; sie stimmen im Allgemeinen mit Freyer's Bild Band IV. Tab. 319. Bei zunehmender Höbeverbreitung wird der Falter allmälig kleiner, die rothgelben Fleckenbinden werden durch die, sich anhäufende schwarze Grundfarbe, ver- drängt, bis auf den höchsten Flugstellen wie auf der Handeck, die Männer nur noch die Grösse von Parthenie erreichen und auf den Hinterflügeln (Oberseite) die rothgelben Fleckenbinden gänzlich ausbleiben. Ein dalmatisches Weibchen (vom Monte Biocovo) ist von den unsrigen des Mittellandes einzig durch bleicher-gelbe Flecken der Oberseite abweichend. Eine angebliche neue Art trennt Assmann (Zeitschr. für schlesische Entomologie 1847 Nr. 1) als Melithaea Britomartis. Die Beschreibung, obwohl genau, lässt mich aber keine wesentlichen Unterschiede von den dunkeln montanen Dictynna-Exemplaren erkennen. — 132 — Ich habe indess noch keine Britomartis in der Natur vergleichen können und möchte des- halb nicht darüber absprechen. Keferstein, in seiner crit. syst. Aufst. ent. Zeit. 1851, erwähnt ihrer gar nicht. | Die dunkelgraue Dornraupe von Dietynna hat einen schwärzlichen Rückenstreifen und kurze rostrothe Dornen; sie lebt im Mai und Juni auf Melampyrum sylvaticum. (Vergl. Freyer am a. ©.) 88. Athalia Borkh. Esp. (Hiezu Tab. I. F. 1. 3.) Hübn. Maturna F. 17. 18. Freyer n. Beitr. II. Tab. 49. Athalia. — IV. Tab. 295. F. 2. Var. Pyronia. — V. Tab. 422. F. 2. Aberrat. Meissner: »Auf allen Wiesen gemein. Aendert in Grösse, Farbe und Zeichnung sehr »ab. Auf den Bergen sehr dunkel wie Dietynna.« Dieser, auf allen sonnigen Waldwiesen, bis in die montane Region hinauf bei circa 3500‘ ü. M., höchst gemeine Falter ändert doch, wenigstens bei uns, bei weitem nicht so häufig ab, als man nach den Angaben der meisten Autoren vermuthen sollte. Auffallende Abweichungen sind im Gegentheile selten und beschränken sich weit mehr auf die Zeich- nung der Unter- als der Oberseite. Hellere oder dunklere Grundfarbe, dickere oder schmälere schwarze Fleckenbinden sind Modifikationen, die den nächstverwandten Arten in ganz gleichem Verhältnisse zukommen und Meissner’s Angabe: »auf den Bergen sehr dunkel« lässt sich wenigstens als keine Regel aufstellen, da meine Stücke vom Hoch-Gurnigel und den Oberhaslerbergen gerade heller gefärbt sind, als die meisten von unsern tiefstliegenden Waldwiesen. Viel mannigfaltiger ändert dagegen das Weib, zumal in der Farbenmischung der Oberseite, ohne dass jedoch die Abweichungen gerade an be- sondere örtliche oder klimatische Verhältnisse gebunden wären. Ein Männchen aus Dalmatien, von Mann am Monte Biocovo gefangen, ist kleiner und zumal an der Hinterflügelbasis viel dunkler als alle meine hieländischen, während zwei andere von ebendorther von den unsrigen durchaus nicht abweichen. Sehr ausgezeichnet sind die von Hrn. Mann am Olymp bei Brussa im Juni (1851) gesammelten Exemplare, wovon ich 2 d und 1 ® besitze. Sie haben eine Grösse, wie sie bei uns niemals vorkömmt, und ein weit stärkeres, feuriges Braunroth, das selbst dem ® auch eigen ist. Auf den Hinterflügeln ist oben die äusserste Reihe der Randmonde durch angehäuftes Schwarz verdüstert, so dass dieselben nur klein hervorblicken. Die u Unterseite ist noch weit auffallender gezeichnet und lebhafter gefärbt. Die helle Mittel- binde der Hinterflügel durch ausnehmend starke schwarze Linien begrenzt und durch die Mitte in eine hellgelbe und eine orangegelbe Hälfte getheilt. Der, sonst einzeln stehende weiss- gelbe Fleck in der Discoidalzelle, hängt mit dem dritten gelbweissen Wurzellleck zusammen, was ich sonst bei keinem unserer hieländischen, noch bei meinen dalmatischen Stücken finde. Die Unterseite der Vorderflügel hat dagegen auf lebhafter braunrothem Grunde viel weniger schwarze Flecken als die Athalia unserer Gegenden. Ist vielleicht diese kleinasiatische Form die Var. Cimotho& Bertolini in Boisd. Index ? Die auffallendste Varietät unter 22 Exemplaren in meiner Sammlung ist ein Männ- chen, das ich am 10. August (1850) auf einer Bergwiese ob Salgetsch in Wallis fieng. Es gleicht oben ganz der Freyer’schen Abbildung (n. Beitr. Tab. 295. F. 2. Pap. Py- ronia); auf der Unterseite der Hinterflügel aber seiner Varietöt Bd. V. Tab. 422. F. 2. Dabei ist es kaum so gross als die kleinste deutsche Parthenie (Mel. Aurelia Nickl. m.). Athalia fliegt bei uns nur in einer Generation von Mitte Juni an bis um den 10. oder 12. August. Die Raupe fand Freyer vor der Mitte Juni einzeln an schattigen Waldwegen auf dem Kuhweizen (Melampyrum sylvaticum). Nach Treitschke lebt sie auf Plantago-Arten, worauf auch wir sie um Burgdorf gefunden haben. 89. Parthenie HS. (Hiezu Tab. I. F. 3. 4. 5. 6.) Athalia minor Esp. Tab. 89. Cont. 39. F. 1. Parthenie Freyer n. Beitr. IV. Tab. 295. 1. Deione Freyer n. Beitr. VI. Tab. 493. 1. Parthenie HS. Tab. 30. F. 136. 137. Aphaea Hübn. 738. 739. (aberr.) Parthenoides Keferst. ent. Zeit. 1851. p. 244. Var. Varia Bischoff, in litt. (uns. Tab. F. 6). NB. Zu der deutschen Parthenie gehören dagegen mit Bestimmtheit folgende Citate: Athalia minor Esp. Tab. 89. Cont. 39. F. 2. Athalia Hübn. F. 19. 20. Aurelia Nickl. Heydenreich Catalog Nr. 17. (und uns. Tab. F. 2). Meissner: »Im August und September sehr gemein.« Ueber diesen Falter herrscht grenzenloser Wirrwarr, da nicht weniger als 3 verschie- dene Arten unter diesem Namen zu collidiren scheinen. Die Konfusion ist so gross, die De 8 Synonymie so verworren und die Beschreibungen sind so wenig Sicherheit darbietend, dass man, auf die Citate der Autoren sich stützend, je länger je mehr in ein Labyrinth sich verwickelt und man den Ausweg auf keine andere Weise wird finden können, als dass man denjenigen Falter für Parthenie erklärt, der aller Wahrscheinlichkeit nach auf diesen Namen das grösste Anrecht hat und sodann die 2 andern neu benennt. Am meisten zu dieser Verwirrung hat eine Notiz von Hrn. Ger. Keferstein |entom. Zeit. 1845. pag. 358) beigetragen, wo er berichtet, dass »das Mittelding zwischen Athalia und Parthenie in Boisduval’s Sammlung als Parthenie stecke, aber nicht die wahre Par- thenie sei, welche z. B. um Kasan zu Tausenden fliege und welche Boisduyal gar nicht besitze.« Auf mein Ansuchen hatte sodann Hr. Keferstein die Güte, mir ein Kasan’sches Exemplar zur Benutzung einzusenden. Es war die nämliche Art, die auch um Berlin fliegt und die man in Norddeutschland allgemein für Parthenie hält und die ich von den Herren Lederer, Hopffer und Standfuss stets zahlreich als die Ochsenheimer’sche Art er- hielt und bei Hübner als Athalia unter F. 19. 20. treu abgebildet ist‘). Da nun Bois- duval bei seiner verschieden sein sollenden Parthenie (Index Nr. 165) gerade jene Hübner'sche Figur citirt, so geht daraus hervor, dass auch Er den norddeutschen Falter für Parthenie hielt, oder dann, ohne genauere Prüfung, nur den Namen, nicht aber das Thier gemeint hat. Bei allem dem entsteht nun erst noch die Frage, ob denn auch wirk- lich die Deutschen den rechten Falter als Ochsenheimer’s Art ansehen; denn dieser Autor sagt deutlich: »die Flügel seien schmäler und länger gestreckt {als bei Athaliaj und die Zeichnung feiner,« was ja Beides weit besser auf unsere Schweizer-Parthenie als auf die norddeutsche Art passt. Später sandte ich auch Hrn. Hopffer unsere Schweizer-Parthenie. Er schrieb mir darauf: »Ihre Parthenie ist die Herrich-Schäffer’sche, nicht die Ochsenheimer’sche, welche »letztere mit Athalia minor Esp. (Esp. Tab. 89. Cont. 39. F. 2) identisch sein soll. Her- »rich-Schäffer erklärt die Seinige als die einzig wahre, welche nur an einzelnen, be- »schränkten Lokalitäten Deutschlands vorkomme. Die Ochsenheimer’sche Art fängt an zu »fliegen, wenn Athalia aufhört. « Somit hätten wir schon entschieden 2 Parthenien. Eine dritte scheint diejenige zu sein, welche Hr. Speyer (entom. Zeit. 1848 pag. 138) aus der Gegend von Jena für die wahre Ochsenheimer'sche Art hält; diese unterscheide sich nämlich von Athalia haupt- sächlich durch die Farbe der Palpen, welche auf beiden Seiten durchaus rothgelb seien, *) Vergl. unsere Tab. I. F. 2. Aurelia Nickl. u und legt auf diesen Umstand ein Hauptgewicht. Auch sei der Vorderrand in's Gelbe über- gehend. Da nun weder das Eine noch das Andere bei 37 Exemplaren in meiner Samm- lung, weder bei der deutschen noch bei der Schweizer-Art zutrifft, sondern bei allen die rothgelben Palpen vorn schwarz gemischt sind, so muss wohl diese Speyer'sche Art wieder etwas Besonderes sein und sonach hätten wir, wie oben gesagt, bereits 3 Falter unter dem Namen Parthenie. Dieser Konfusion ein Ende zu machen, wird es das Rathsamste sein, 1) unsere Schweizer-Art auch fernerhin’ im Einklang mit Herrich-Schäffer und Freyer, als die wahre Parthenie, dann 2) die norddeutsche (Hübn. F. 19. 20.) als Mel. Aurelia Nickl.), und 3) die Speyer’sche (mir noch unbekannte) als Mel. Speyeri aufzustellen. Wir haben es hier nur mit der ersten, als einheimischen, zu thun. Zu ihr gehören mit Bestimmtheit die im Eingang angebrachten Citate und unsere Tab. I. F.3 3,4 ®. Dann F. 5. 6. Var. Parthenie HS. steht in der Grösse genau zwischen Athalia und Aurelia. Die Grundfarbe der Oberseite ist das helle Rothgelb von Trivia oder der hellsten Exemplare von Athalia. Die Adern bilden dünne, schwarze Linien, die nur gegen den Aussenrand sich verbreitern. Die 2 Hohlmackeln an der Subeostalader haben die rothgelbe Grund- farbe und sind nur schwarz umrandet; hierauf folgen die 3 schwarzen Binden in gleicher Veränderlichkeit wie bei Athalia, doch gewöhnlich feiner und schärfer; dann der schwarze Aussenrand vor den gescheckten Fransen. Die Zeichnung der Hinterflügel ist ganz wie bei Athalia, nur sind auch hier die schwarzen Binden feiner und an der Wurzel viel weniger durch schwarze Bestäubung verdüsterl. Unsere Parthenie gleicht also in kleinerm Masstabe den allerhellsten und am feinsten gezeichneten Stücken von Athalia, während Aurelia mit braunschwarzer Grundfarbe und rothgelben, getrennten Flecken- reihen oben weit mehr der Dietynna ähnelt. Das Weib ist aber von beiden Arten sehr verschieden. Es ist stets grösser als der Mann, von noch hellerer Grundfarbe, mit einem weissgelblichen Fleckchen am Vorderrande gegen die Flügelspitze, blassgelber Beimischung zwischen den zwei ersten Binden der Vorderflügel und im Mittelfelde der Hinterflügel, zuweilen auch mit viel graugrünlicher Bestäubung am Vorderrande und an der Flügel- basis. Auf der Unterseite stimmen beide Geschlechter am besten mit Aurelia. Ein Merk- mal, das sie indess auszeichnet, sind die gelblichen Randbogen der Hinterflügel, die bei unserer Parthenie 3 niedrig und abgestutzt sind, während sie bei Aurelia in dieser Klein- heit sich noch auswölben, bei Athalia aber hohe Bogen bilden. Die Palpen finde ich bei allen 3 Arten gleich: rothgelb, vorn mit schwarzen , borstenartigen Haaren vermengt. — 16 — Aberrationen kommen sehr häufig vor, zumal Männer (Aphaea Hübn. F. 738. 739.) mit breiten, zusammengeflossenen schwarzen Mittelbinden, und andere, wo auf der Unter- seite der Hinterflügel die gelben Fleckenbinden ausnehmend schön, breitschwarz umgrenzt sind. Ein besonders ausgezeichnetes männliches Stück von Siders (10. Aug. 1850) hat die normale Grösse, aber der Vorderrand sowie die Wurzelgegend sind schwarz verdü- stert, die Adern sehr breitschwarz und die zackige Hauptbinde hinter den Nierenmackeln der Vorderflügel fehlt. In den Alpengegenden, zumal im Berner Oberland, wird Parthenie kleiner, schmäch- tiger, die Vorderflügel gestreckter, mit sehr dünnen, schwarzen Zeichnungen; auf der Unterseite der Hinterflügel ist die Mittelbinde bei manchen Exemplaren gelbweiss, seiden- glänzend (wie diess auch bei Athalia mitunter vorkömmt). In den Alpen von Wallis nimmt die Grösse noch mehr ab; die Vorderflügel werden noch gestreckter; der Vorderrand der Vorderflügel gebräunt und das Wurzelfeld der Hinterflügel bedeutend verdüstert; auf der Unterseite der Hinterflügel wird die Mittelbinde stets weisser. In diesem Sinne bildet sich, bei allmälig zunehmender Höheverbreitung, eine eigentliche montane Form, die in ihrem äussersten Extrem nur noch wenig grösser als Asteria ist. Dieselbe wurde zuerst im Juli 1850 von Dr. Moritz Wagner in den östlichen Bündtner Alpen, hart an der mittlern Gletscherregion bei 6000—7000' ü. M. gesammelt und an Hrn. Bischoff in Augsburg mitgetheilt, der mir 2 männliche Exemplare als an- geblich neue Art unter dem Namen: Mel. Varia Bisch. (unsere Tab. 1. F. 5. 6) gütigst zur Benutzung sandte. Ich erkannte sie beim ersten Anblick als die vollendetste Bergform unseres Walliser Falters, von dem sie in gar nichts abweicht, als durch ihre Kleinbeit, durch noch schwärzlicheren Vorder- rand, Aussenrand und Wurzelfeld der Oberseite, und durch völlig weiss ausgebleichte Mittelbinde auf der Unterseite der Hinterflügel. Das eine Exemplar (F. 6) ist oben bis an die zweitäusserste rothgelb gebliebene Fleckenbinde fast ganz verdüstert. Hr. Bischoff schrieb mir, dass übrigens kein Exemplar dem andern völlig gleiche. Ein Beweis mehr, welchen Veränderungen dieser Falter in Farbe und Habitus unterworfen ist und dass man keinen Falter in seinen extremsten Abweichungen als eigene Art aufstellen sollte, ohne vorher eine grosse Menge von Mittelstufen in allen Uebergängen und von den verschie- densten Oertlichkeiten her, verglichen zu haben. Denn dass unsere Parthenie des berni- schen Mittellandes, die vom Berner Oberland, die aus Wallis und endlich jene Mel. Varia aus den Bündtner Hochalpen nur Lokalformen eines und desselben Thieres sind, ist wohl durch die 37 Exemplare meiner Sammlung vollständig erwiesen. — 137 — Parthenie fliegt bei uns auf feuchten Wiesen und zwar in zwei Generationen. Die erste von Anfangs Juni bis um den 18. Juni. Die zweite vom 20. August an bis um den 3. September. Athalia fliegt zwar auch an denselben Stellen, doch mebr noch auf lichten Wald- wiesen; erscheint aber nur Ein Mal, und zwar fällt ihre Flugzeit gerade in den Zwischen- zeitraum der Parthenie, nämlich vom 20. Juni an bis um den 8. oder 10. August. Au- relia erscheint nach Hrn. Hopffer’s Mittheilung erst, wenn Athalia zu fliegen aufhört. Wann Mel. Speyeri (insofern sie eigene Art ist) fliegt, ist nicht angegeben. Als Wohnplätze unserer Parthenie kenne ich bis jetzt: die Lissacherwiesen und die Eimatt bei Burgdorf, wo sie in grosser Zahl vorkömmt; die Aarwiese am Hochbühl bei Interlaken, die Moorwiesen zwischen Brienz und Meyringen, die Gegend zwischen Aar- berg und Schüpfen, die von Aigle in der Waadt,-die Berghalden in Unterwallis, zumal zwischen Salgetsch und Siders, und endlich die rhätisehen Hochalpen. Das Weibchen ist sehr selten und erscheint meist 8 bis 10 Tage später als der Mann. Die Raupe ist noch nicht entdeckt. Wahrscheinlich lebt sie auf Melampyrum pra- tense L., wovon die Flugstellen auf der Lissacherwiese stellenweise dicht überdeckt sind. Die Raupe von M. Aurelia hat Hr. Hopffer bei Berlin zahlreich aufgefunden und soll (nach seiner brieflichen Mittheilung) von derjenigen der Athalia wirklich verschieden sein; doch fehlen mir genauere Angaben. Freyer's angeblicher Pap. Deione (n. Beitr. VI. Tab. 493) ist offenbar nur unsere Par- thenie und daher sehr verschieden von Boisduval’s Mel. Deione {Index Nr. 164), die ‚ich aus Südfrankreich erhielt und (wohl als eigene Art) genau mit Hübner’s Deione (F. 947 bis 950) übereinstimmt. Die zwei neuesten Arbeiten, bezüglich auf Synonymie der europäisch. Schmetterlinge 1) Heydenreich’s syst. Verzeichniss ete. Ill. Ausg. 1851. 2) Keferstein’s cerit. syst. Aufstellung der europ. Lepidopt. in der entom. Zeit. 1851. weichen hinsichtlich unseres Falters darin unter sich ab: dass Heydenr. Asteria, Athalia, die deutsche Parthenie, unsere Schweizer-Parthenie HS. und Deione jede als besondere Art aufführt, die deutsche Parthenie nämlich als Mel. Aurelia Nickl. und unsere schwei- zerische als Mel. Parthenie HS., während Keferstein sie alle als blosse Varietäten von Athalia ansieht, der Aurelia den Namen Parthenie belässt und unsere Schweizerart da- gegen Parthenoides Kef. nennt. Zu letzterer zieht er (mit Recht) Hübner's Aphaea F. 738. 739, während Heydenreich sie als Varietät bei Athalia unterbringt. In den Citaten sind Beide in einen gleichen Irrthum verfallen, darin, dass sie Freyer’s 18 ee angebliche und vermeintliche Deione (n. Beitr. VI. Tab. 493. F. 1) wirklich als solche haben bestehen lassen, während doch dieses Bild offenbar nur unsere Parthenie HS. (Parthenoides Kef.) vorstellt. Im Uebrigen muss ich, auf eigene Beobachtungen gegründet, mich der Heydenreich- schen Ansicht anschliessen, welche Asteria, Aurelia, Parthenie Deione und Athalia als eigene Arten gelten lässt. Es frägt sich nun bloss, welche Namen für die beiden bisherigen Parthenien bleiben sollen. Dass die norddeutsche Art nie die wahre gewesen, scheint nun ziemlich erwiesen. Ich nannte sie früher M. Ochsenheimeri, bis Heydenreich den Namen Aurelia Nickl. öffentlich fesstellte. Die schweizerische Art hingegen ist durch Freyer wie durch Herrich-Schäffer als die wahre Parthenie nun fast allgemein anerkannt und hatte somit Hr. Keferstein keinen Grund mehr, sie in Parthenoides umzutaufen. 90. Asteria Fr. Freyer ält. Beitr. I. Tab. 36. — n. Beitr. II. Tab. 181. F. 2. 3. Treitschke Suppl. X. 1. pag. 7. Ueber das Artrecht dieser Melithea herrschen auch noch immer Zweifel und wirklich ist die ganze Oberseite derjenigen der bereits erwähnten deutschen Parthenie (Aurelia Nickl.) so ähnlich, dass man, nur diese berücksichtigend, sich wohl der Ansicht anschliessen könnte, sie nur für eine kleine, dunkle, verkümmerte, hochalpine Form der- selben zu halten, wenn nur die Unterseite ihr mehr entsprechen würde. Diese ist aber so auffallend verschieden und zeigt so wenig Analogie mit der Abänderungsweise der benachbarten Melithaeen, dass ich der Asteria unbedingt das Recht eigener Art einräume. Ein Merkmal, das übrigens noch nirgends erwähnt wurde, ist die ganz schwarze Fühlerkolbe (bei Parthenie, Aurelia und Athalia ist die Kolbenspitze rothgelb); dann die ganz schwarze Behaarung der Palpen und des Vorderleibs (die bei den genannten Arten ebenfalls rothgelb vermengt ist). Mir ist Asteria niemals im Freien vorgekommen; meine 5 Exemplare stammen vom Grossglockner in Tyrol; doch wurde sie nach Treitschke in Bündten von Haupt- mann Wredow entdeckt und zuerst durch Freyer, jedoch ohne weitere Ortsangabe, be- kannt gemacht. Ich wandte mich deshalb an Hrn. Major Amstein in Malans um genauere Auskunft; er sandte mir eine, von ihm dort gefangene vermeintliche Asteria, die aber weiter nichts als eine verkümmerte Athalia war. Weitere direkte Mittbeilungen habe ich, aller Mühe ungeachtet, durchaus keine von Bündtner Sammlern erhalten können. Dass der — 139° — Falter indess wirklich auf den östlichen Verzweigungen der Bündtner Alpen vorkommen muss, ergiebt sich aus einer brieflichen Mittheilung des Hrn. Bischoff in Augsburg, der sie am 8. September 1849 auf dem Wormserjoch gefangen hat. Da ferner Hr. Mann Anfangs August sie am Grossglockner und Dr. Nickerl Ende Juli auf dem Moharkopf bei Doellach und auf der Pasterze einsammelten, so scheint die Verbreitung dieser seltenen Art eigens auf die hohe Gebirgskette beschränkt zu sein, welche Bündten von Tyrol scheidet, dieses in östlicher Richtung durchzieht und am Grossglockner sich mit den Kärnthner- und Salzburgergebirgen vereinigt. In jenen Gegenden schwebt sie einzeln und spärlich über dem kümmerlichen Rasen immer nur an den höchsten Vegetationsgrenzen zwischen 8--9000' ü. M. In der Grösse und Grundfarbe ist Asteria etwas wandelbar. Freyer’s Bilder (n. Beitr. ll. Tab. 181) gehören zu den grössten und am hellsten gefärbten. Bei meinen Tyrolern sind die hellen Flecken getrennter, kleiner, und auswärts nicht so bleich von den roth- gelben abstechend. Auch die rothgelben Binden auf der Unterseite der Hinterfllügel sind bei den meinigen vieldunkler und die hellen Wurzelflecken ebenfalls etwas abweichend. Doch bleiben die spezifischen Merkmale sich gleich und lassen über die Identität der Falter keinen Zweifel. Genus: Vanessa. ©. Boisd. 91. Prorsa L. und Var. vernalis: Levana L. Prorsa: Hübn. F. 94—96. » Freyer ält. Beitr. II. Tab. 55. Var. Levana: Hübn. F. 97. 98. Aberr. Porima: Hübn. F. 728. 729. Meissner kannte die Identität dieser beiden Falter noch nicht, behandelt sie als zwei verschiedene Arten und sagt darüber: »Prorsa: Hie und da, wie z. B. in der Gegend von Bern, in den Wäldern und in der »Nähe derselben im Juli nicht selten. »Levana: Ungleich seltener als der vorhergehende. Er fliegt im Frühjahr und soll auch »im August noch einmal erscheinen. Zu dieser Zeit ist er mir aber niemals »vorgekommen.« In der mittlern und nördlichen Schweiz fast überall vom Jura bis an die Alpen; in der südlichen, jenseits der Alpen, selten, und in der westlichen nur noch bis Payerne, — 119 — Lucenus und Moudon verbreitet. Südwestlich vom Jorat, von Lausanne bis Genf, fehlt sie ganz. Im bernischen Mittellande, zumal in waldigen Hügelgegenden, an nesselreichen Waldsäumen und an Hecken, um Burgdorf, Schüpfen‘, im ganzen Oberaargau u. s. w. ist sie höchst gemein. In Glarus bis in die montane Region (Heer). Aus überwinterten Puppen erscheint zuerst Levana von Mitte Aprils an bis um den 2—3. Juni. Die Raupen der, von diesen Faltern abgesetzten Brut, finden sich erwachsen Anfangs Juli; aus denselben entstehen nun lauter Prorsa von Mitte Juli an bis um den 20. August. Von diesen findet man im September und Oktober wieder ausgewachsene Raupen, gewöhnlich auf den nämlichen Stellen, die dann als Puppen überwintern und im nächsten Frühjahr wieder Levana liefern. Zuweilen entwickeln sich aus diesen Puppen noch einzelne Falter vor dem Eintritt des Winters, welche einen äusserst interessanten Uebergang bilden. Es ist das sehr seltene Mittelding: Var. Porima (Hübn. F. 728. 729). Die hieländischen Prorsa- Weiber haben vor den norddeutschen aus Berlin und Breslau eine Auszeichnung darin, dass sie auf der Oberseite der Hinterflügel fast immer 2 gelb- rothe Linien, die deutschen aber nur eine (die feine äussere) besitzen. Auch kommen bei uns grössere, ausgezeichnetere Stücke, fast so gross wie Athalia, vor. 92. Cardui L. Hübn. F. 73. 74. Meissner: »Ueberall gemein; doch sieht man ihn in manchen Jahren selten, während »er in andern bis zum Ueberdruss häufig anzutreffen ist. Ich fieng ihn sogar »oben am Sidelhorn auf der Grimsel (also bei 8500' ü. M.).« Der Falter hat eine doppelte Flugzeit: erstmals im April bis Ende Juni, dann von der Mitte Augusts bis tief in den Oktober. Ob in dem zeitweisen, massenhaften Auftreten dieses Insekts eine gewisse, regel- mässige Periodicität liegt, habe ich leider noch nicht beobachtet. In diesem Jahr (1851) war er um Burgdorf ungemein zahlreich, seit mehrern Jahren aber selten. Auffallend ist sein rascher Flug und sein wildscheues Betragen, worin es mit der Nachbarin Atalanta keine Aehnlichkeit hat. Er setzt sich besonders gerne auf Wege und Landstrassen. Die Raupe findet sich häufig, aber stets einzeln, auf dürren Sandplätzen, gekrümmt in zusammengesponnenen Büscheln von Gnaphalium arvense, sowie auf verschiedenen Carduus-, Cirsium- und Onopordum-Arten. Sie variert in allen möglichen Färbungen. Cardui ist vielleicht unter allen europäischen Tagfaltern der einzige fast über die ganze Erde verbreitete; er findet sich nicht nur in allen Theilen Europa’s, sondern auch Ze in Asien, Nordafrika, Nordamerika und soll sogar auch in Neuholland gefunden worden sein, und zwar ohne nur in Form, Farbe und Zeichnung von dem unsrigen gar wesent- lich abzuweichen. Bei uns ändert er nach zwei Richtungen hin: 1) in der Grösse; es giebt ausgezeichnete Stücke, so gross wie Atalanta und wieder so kleine wie eine Arg. Selene, wie ich eins aus hiesiger Gegend vor mir habe. 2) In der rothgelben Farbe der Oberseite. Diese ist bei gefangenen Exem- plaren meist trüb oder matt rothgelb ohne höhere Beimischung. Bei, zu Hause aus der Raupe gezogenen und zumal in feuchten Sommern auch im Freien vorkommenden, ist dieses Rothgelb auf dem Basaldrittel durch lebhaftes Carminroth erhöht. Auch die Unter- seite der Hinterflügel wechselt in gelblicherm oder bräunlicherm Tone. In Kleinasien ist der Falter (nach Loew, Zeller in der Isis 1847) überall sehr gemein. Ein von Makri mitgebrachtes Exemplar zeigte, ausser etwas lebhafterer Grund- farbe, die Reihe runder Flecken vor dem Hinterllügelrand auffallend kleiner als gewöhnlich. 93. Atalanta L. Hübn. F. 75. 76. Aberrat.: Freyer n. Beitr. II. Tab. 181. F. 1. Meissner: »Sehr gemein, besonders im Herbst.« In der ganzen Schweiz überall vom Flachlande bis in die Alpenthäler verbreitet, doch mehr in kultivirten Gegenden, zumal in Gärten, wo der Falter im Herbst sich in den Dahlien-Anlagen mit besonderer Vorliebe aufbält. Er erscheint in zwei Generationen, die indess durch sehr ungleichzeitige Entwicklung sich so nahe berühren, dass er vom Früh- jahr bis in den Herbst fast anhaltend zu finden ist. Zuerst im April erscheinen einzelne, als Falter überwinterte, meist zerfetzte Stücke; dann um den 12. Mai die Erstlinge aus überwinterten Puppen. Dieser Flug dauert bis um die Mitte des Juli. Zu Ende Augusts erscheint die zweite Generation und dauert anhaltend, zumal bei schöner Witterung, gar oft bis um die Mitte Novembers. Was dann noch herumfliegt, überwintert in hohlen Baumstrünken oder unter Dächern. Die dicke, in der Farbe sehr abändernde Dornraupe, lebt träge und einzeln in zusam- mengesponnenen Blätterbüscheln der grossen Waldnessel. Abänderungen sind mir von diesem Falter noch keine vorgekommen, aber eine sehr auffallende hat Freyer abgebildet (neuere Beitr. II. Bd. Tab. 181. F. 1). NB. Loew fand den Falter auch in Kleinasien überall. (Isis 1847.) nr 9. JoL. Hübn. F. 77. 78. Meissner: »Im Frühjahr und im August; scheint öfters als Schmetterling zu über- » wintern.« In der ganzen Schweiz bis in die alpine Region hinauf bei 6000° ü. M. allenthalben sehr gemein, und zwar in zwei Generationen, wovon die erste von Anfangs April bis gegen die Mitte des Juni. Die zweite, weit häufiger, von Ende Juli an bis um den 20. Oktober. In den üppigen Thalgründen des bernischen Hügellandes zeigen sich namentlich die Weiber von ausnehmender Grösse und Schönheit. In heissen Gegenden und an magern, trockenen Berghalden wird der Falter kleiner und in der dunkel-braunrothen Grundfarbe bei weitem nicht mehr so feurig. Ein Männchen in meiner Sammlung, von Mann im Juli bei Spalatro in Dalmatien gesammelt, erreicht in der Grösse kaum die kleinern hie- sigen und hat eine so trübe Grundfarbe wie unsere überwinterten Merzfalter. Die Raupe ist in allen Nesselgegenden unsäglich häufig. Bei Kirchberg fand ich einst eine grosse Brut auf einem Eichenbusch, der von ihr ganz kahl abgefressen war. Leider versäumte ich, auf dem Rückwege sie mitzunehmen, um die Wirkung dieses ungewöhn- lichen Futters auf den Falter zu beobachten. Wahrscheinlich wäre daraus die kleine Varietät Joides Dahl entstanden. 95. Antiopa L. Hübn. F. 79. 80. Aberr. Hygiaea Stz.: Hübn. F. 993. Freyer n. Beitr. II. Tab. 145. F. 1. Meissner: »Im August nicht selten. Spätlinge dieses Falters überwintern und erscheinen »dann bei warmen Wintertagen und im Anfange des Frühlings mit ausgebleich- »tem, weissem Rande, gewöhnlich sehr zerfetzt.« In der Tief- und Hügellandregion bis auf 2500° ü. M. überall gemein. Zuerst im Frühjahr erscheinen die zerfetzten überwinterten Falter mit weissem Rande, dann von Anfangs Mai bis gegen das Ende des Juni diejenigen mit gelbem, aus überwinterten Pup- pen. Von diesen finden sich die ausgewachsenen Raupen gesellschaftlich in grossen Ge- spinnsten, ganz wie Gastrop. lanestris, an den höchsten Zweigspitzen der Weiden, um die Mitte des Juli, und liefern den dritten Falterflug vom 8. August an bis in die ersten Tage Septembers. — 18 — Von ausserschweizerischen Stücken besitze ich nur 2 schlesische, die von den unsrigen in gar nichts abweichen. Eine äusserst merkwürdige, seltene Abirrung, aber keine constante Varietät, ist: Hygiaca Stenz. mit sehr breitem gelbem Rande der Vorderflügel, vor welchem die blauen Flecke sowie auch die 2 gelben am Vorderrande ganz ausgeblieben sind. Auf den Hinterflügeln sind die blauen Randflecke nur verkleinert und verloschen vorhanden, Ein solches Exemplar wurde vor vielen Jahren bei Bern im Freien gefangen, ist abe! von einem Engländer weggekauft worden. 96. Urticae L. Hübn. F. 87—89. Meissner: »Aeusserst gemein und überall, bis selbst zu den höchsten Regionen der Ge- »birge hinauf. Ich sah ihn sogar beim sogenannten Absprunge auf den Guffer- »linien des Aargletschers. Eine, der Var. Testudo von V. Polychloros völlig »analoge Varietät dieses Falters besitzt Hr. Prof. Studer; sie wurde bei Yverdon »gefangen.« Ein, über ganz Europa allgemein und überall verbreiteter, sehr gemeiner, aber schöner Falter, der trotz seiner höchst verschiedenartigen Wohnplätze doch wenig in Fär- bung und noch weniger in seinem Gesammthabitus variert. Ein besonderer, der Analogie der meisten rothgelben Falter entgegenstehender Umstand ist indess der, dass Urticae in hohen Bergregionen ein viel brennenderes Roth bekömmt als im Tieflande und im Süden, was fast bei allen Faltern sonst der umgekehrte Fall ist; auch erreichen die Weiber der alpinen und subnivalen Region eine Grösse, die wir im Tieflande nur selten antreffen. Beim Trocknen vergeht indess jenes brennende Feuerroth bald, und dann sind solche alpinische Stücke nur noch an den meist kleinern, über einander stehenden 2 Mittel- lecken der Vorderflügel zu erkennen. Am kleinsten und mattesten sind in meiner Sammlung 2 Männchen von Zagorst (Dalmatien). Am grössten und von der feurigsten Grundfarbe 2 Paare, die ich am 11. August auf der Gemmi, hoch über dem Daubensee bei 8000’ ü. M. gefangen. We- sentlichere Unterschiede, zumal in der schwarzen Fleckenanlage, finde ich keine, eben- sowenig constante zwischen den Exemplaren der Generationen. Das tiefer ausgenagte schwarze Wurzelfeld und der breitere rothe Raum auf der Oberseite der Hinterfügel, den Zeller bei den Sizilianern vom Februar bemerkte, findet sich einzeln auch bei hie- ländischen Exemplaren im September. — 414 — Urticae in schlechten, überwinterten Stücken ist der erste Falter, der den Früh- ling ankündet; die aus überwinterten Puppen erscheinen indess im Flachlande fast gleichzeitig schon im März; auf dem Jura-Kamme Anfangs Juni; auf den Hochalpen von 6000 bis 8000‘ ü. M., wo nur eine Generation stattfindet, erst Ende Juli bis Mitte Augusts. Von der zweiten Generation beobachtete ich die ersten Exemplare in der Ebene am 14. Juli und endlich eine dritte Generation noch am 1. September, so dass der Falter im eigentlichsten Sinne das ganze Jahr hindurch vorkömmt. Junge Raupen, die ich mit Nesseln aufzog, die stets in starkhaltigem Eisenwasser gehalten wurden, lieferten ungewöhnlich kleine, sehr dunkle Falter, an denen die hellen Flecken am Vorderrande völlig ausblieben. NB. Auf den Inseln Sardinien und Korsika ist Urtieae durch eine sehr ähnliche Art vertreten: Ichnusa Bon. Hübn. F. 840, welche Hr. Keferstein (crit. syst. Aufstell. entom. Zeit. 1851) als blosse Varietät gelten lassen will. Ob mit Recht? Treitschke giebt die bestehenden Unterschiede deutlich an. Auf die gedrungene, gerundetere Flügelform und auf die feurigere, rothe Grundfarbe lege ich zwar wenig Werth, weil dieses Beides auch bei Urticae abändert. Auch der fehlende helle Wisch an dem schwarzen Unterrand- fleck der Vorderflügel ist nicht unterscheidend, indem ich eine grosse Zahl im Oktober dieses Jahrs aus Raupen erhaltener Urticaefalter sah, denen dieser helle Wisch fast durch- gehends fehlte. Wichtiger dagegen scheinen mir folgende Eigenthümlichkeiten bei Ichnusa: 1) die Stellung des schwarzen Flecks auf dem Unterrande der Vorderflügel, welcher hier fast vertikal unter dem ersten Vorderrandfleck (also sehr nahe an der Wurzel) steht, während er bei Urticae in ganz schiefer Richtung, viel weiter nach Aussen gerückt ist. 2) Fehlen der Ichnusa standhaft die 2 über einander stehenden Mittelfleckchen der Vorder- flügel. Diese ändern zwar auch bei Urticae in der Grösse und zeigen sich, zumal bei montanen Stücken, manchmal sehr klein; doch ist mir von letzterer nie eine Abänderung vorgekommen, an welcher diese Mittelflecke ganz gefehlt hätten. Dennoch wären solche Abänderungsweisen immer noch erklärlich und könnten meinen Glauben an die Artrechte der V. Ichnusa wankend machen, wenn nicht die Raupe (nach Treitschke’s Beschreibung) von derjenigen unserer Urticae so auffallend verschieden wäre. Hierin kann ich kein blosses Naturspiel erblicken. Immerhin sollten die Akten über Ichnusa noch offen bleiben und auf Korsika selbst genauere Beobachtungen angestellt werden. Be el 97. Polychloros L. Hübn. F. 81. 82. Var. Testudo: Esp. Tab. 73. Cont. 23. F. 1. 2. Hübn. F. 845. 846. als Pyrrhomelaena. Aberrat. Pyromelas: Freyer n. Beitr. II. Tab. 139. Meissner: »Die, unter dem Namen Testudo, beschriebene Varietät dieses Falters ist sehr »selten. Sie wurde einst am Fusse des Niesen, auf der Reutiger Allmend ge- »fangen und befindet sich in der Sammlung des Hru. Prof. Studer. « Bei den ersten Frühlingsexemplaren, d. h. überwinterten Faltern, sind die hellen Räume zwischen den schwarzen Vorderrandflecken meist ganz weiss ausgebleicht und ist in diesem Zustande Polychloros dem, in der Schweiz noch nicht aufgefundenen Valbum, sehr äbnlich. Polychloros ist bei uns ein Bewohner der Thalgegenden und scheint nirgends über der Hügelregion vorzukommen. Er ist weniger häufig als Urticae, hat aber mit dieser die nämlichen Erscheinungsperioden. Die Raupe lebt 'oft in grosser Menge und gesellschaftlich auf Kirschbäumen und Wollweiden. Freyer's P. Pyromelas (n. Beitr. Bd. II. Tab. 139) ist offenbar nichts Anderes als eine kleine Spielart des gewöhnlichen Polychloros, wie ich ihn auch hier öfters gefangen und gezogen habe. Ein männliches Exemplar von Spalatro, in meiner Sammlung, ist von den hieländischen in gar nichts verschieden. 98. XKanthomelas Esp. Hübn. F. 85. 86. Von Meissner nicht angeführt; doch ist sein Vorkommen in der Schweiz nicht zu bezweifeln, da der sel. Pfarrer Rordorf in Seen bei Winterthur ihn mehrmals aus der Raupe erzog. Für diese Art halte ich ebenfalls eine Menge Polychloros-ähnlicher Falter, die mir am 3. September (1849) auf einer Rückreise aus den Alpen, zwischen Meyringen und Brienz am Wege, durch ihre ungemein feurig rothgelbe Farbe aufgefallen waren, die ich aber leider wegen zu grosser Eile, das Dampfschiff noch zu erreichen, nicht mehr einsammeln konnte; ferner mehrere Stücke, die ich seit 4 Jahren stets einzeln um Burg- dorf im April sah, aber wegen ihres wildscheuen Fluges nie erlangen konnte. 19 — Es wäre sehr wünschenswerth, wenn die Sammler diesem Falter mehr Aufmerksam- keit zuwenden und jedes, ihnen vorkommende Polychloros-Exemplar näher betrachten würden. Die gelben Beine des Xanthomelas sind ein leichtes Unterscheidungsmerkmal, an dem diese seltene Art sich auf den ersten Blick vor dem schwarz- und braun- beinigen Polychloros erkennen lässt, wenn auch die Färbung der Oberseite der Flügel zuweilen nur subtile Unterschiede darbietet. Die feurige Grundfarbe des Xanthomelas, wie ihn z. B. Hübner abbildet, zeigt sich nicht bei allen Individuen, sondern mehr nur bei denen des südöstlichen Europa. Meine 2 Exemplare, angeblich aus Sachsen, haben sogar einen mattern Farbenton als jeder hiesige Polychloros; aber die stumpfere Flügel- auszackung, die verdüsterte Aussenrandbinde der Hinterflügel und die gelben Schienen bleiben sich bei Xanthomelas standhaft gleich. Die Raupe lebt, nach Art der Polychloros, im Juni und Juli gesellschaftlich auf Salix caprea, glauca, acuminata und vitellina. Sie unterscheidet sich von jener durch schwarze (statt gelbe) Dornen und 2 weisse (statt gelbe) Längsstreifen. 99. C album L. Hübn. F. 92. 93. — F. 637. 638. Var. analog der Var. Tes- tudo von Polychloros. Meissner: „In Gärten an den Zäunen überall. Erscheint 2 Mal.« Allenthalben in der Schweiz vom Jura bis an die montane Region der Alpen mehr oder weniger gemein und in mannigfaltigen Abänderungen der Auszackung, sowie der hellern und dunklern Grundfarbe, zumal der Unterseite. Die, im Spätherbst noch aus- gehenden Stücke überwintern und erscheinen mit den ersten warmen Frühlingstagen meist sehr abgeflogen. Um den 20. Mai zeigen sich die frischen Exemplare aus überwinterten Puppen (erste Generation) und dieser Flug dauert anhaltend bis um den 5 — 10. Juli; wenige Tage nachher (um den 14. Juli) erscheint die zweite Generation und dauert bis in den September. Dieselbe ist oben und unten in der Grundfarbe heller und die Auszackung der Vorderflügel bei weitem nicht so stark als die der Frühlingsfalter. Ausserschweizerische Exemplare habe ich keine zum Vergleich. Die allgemein bekannte, zur Hälfte rothgelbe, zur Hälfte weisse Dornraupe lebt ein- zeln im Mai und wieder im August auf Nesseln, Rüstern, Johannis- und Stachelbeeren. ME VH. Tribus: Libytheides. Genus: Libythea. Latr. 100. CGeltis F. Esp. Hübn. F. 447-449. Meissner: »Hr. Escher in Zürich fieng diesen Falter 1811 an der Südseite des Simplon »oberhalb Crevola an der Strasse. Ohne Zweifel kömmt er in der italienischen »Schweiz überall vor, wo die Celtis australis so häufig wächst.« Weitere Nachrichten über das Vorkommen dieses Falters in der Schweiz haben wir nicht erhalten können. Meine Exemplare stammen aus Südfrankreich. Der Falter kömmt auch in Kleinasien vor. vill. Tribus: Apaturides. Genus: Apatura. Ochsh. B. 101. "Iris L. Hübn. F. 117. 118. Var. Jole: Hübn. F. 622. 623. 784. 785. Freyer n. Beitr. 1. Tab. 385. Meissner: »JIm Juli und Anfangs August in und vor den Laubwäldern auf den Fahr- »wegen u.s. w. in manchen Jahren und in manchen Gegenden ziemlich häufig. »Die Weibchen sind bei weitem seltener und erscheinen immer, wie fast bei »allen Tagfaltern, später als die Männchen. Die, unter dem Namen Jole von »verschiedenen Autoren als eigene Art beschriebene Varietät erhielt ich 2 Mal »aus dem Grauholze bei Bern. Die eine hat gar keine Spur einer weissen Binde, »die andere nur eine schwache Spur derselben auf den Hinterflügeln.« Iris bewohnt in der Schweiz hauptsächlich das Hügelland zwischen dem Jura und dem Fusse der Voralpen, scheint aber höher als 2800' ü. M. nirgends vorzukommen, weil dann die ihr zusagenden Wohnplätze, nämlich feuchte, üppige Thalgründe mit saf- tigen Laubwäldern, mit Weiden beschattete Bachufer und angrenzendem Unterholz zu u fehlen anfangen und nach höhern Regionen zu, einen immer rauhern Charakter annehmen. Ihrem Gedeihen vorzüglich günstig sind deshalb die waldigen Hügelgegenden des berni- schen Mittellandes, zumal die Gegend von Aarberg, Schüpfen, Bern, Burgdorf, Krauch- thal, das untere Emmenthal bis gegen Kirchberg, Oberaargau; dann in der Waadt beson- ders die lichten Laubwäldchen am Jorat, Bois de Sauvabelin u. s. w. Glarus, im Stein- schlag bis auf 2400° ü. M. (Heer). Ob sie auch in Wallis und in der transalpinischen Schweiz vorkömmt, darüber fehlen mir sichere Angaben. Ueberaus zahlreich ist sie manche Jahre an den südlichen Ufern des Bielersee’s, zumal in dem Eichwäldchen bei Lattrigen, wo sie sich gruppenweise auf den feuchten Stellen des Fahrweges niedersetzt und wo ein Sammler von Bern einmal am 7. Juli innerhalb weniger Stunden über 60 ausgezeichnete Prachtexemplare einsammelte. Beim Auflliegen erhebt sich der schöne Falter in die Wi- pfel der höchsten Bäume, schwebt majestätisch, gleichsam in der Luft ruhend, mit seltener Flügelbewegung, gleich einem Raubvogel, lässt sich allmälig hernieder, fliegt noch einige Male, Gefahr ausspähend, flüchtig Weg auf und ab, um sich immer wieder auf die näm- liche feuchte Stelle zu setzen, wo er endlich dem lauernden Verfolger zur sichern Beute wird. Dieses Betragen ist auch dem P. Populi und im Süden dem Jasius ganz eigenthümlich. Die bindenlose Varietät Jole kommt nur selten vor. Um Burgdorf fieng ich sie nur Einmal, zunächst den Steinbrüchen an der Ziegelbrücke. Die Flugzeit unseres Falters dauert in hiesiger Gegend vom 25. Juni an bis um die Mitte des Juli. Junge Raupen, in der zweiten Häutung, klopfte ich sehr oft noch spät im Oktober von Eichbüschen und Wollweiden ab, überwinterte sie immer glücklich bis im April, worauf sie abmagerten und endlich zu Grunde gingen. Leichter wird man sie durch- bringen können, wenn man sie im Freien an einem Zweige lässt, über den man einen Sack von Flor oder Gaze bindet. Ungemein schwer und spärlich ist ihr Auffinden selbst im erwachsenen Zustande. Ich fand sie indess fast alljährlich ganz einzeln um den 10. Juni an den untersten Zweigspitzen von Salix caprea, cinerea und viminalis, immer auf einzeln stehenden, der Sonne ausgesetzten Bäumen. Sie waren unbegreiflich träge, blieben immer auf der nämlichen Stelle, frassen fast nichts, verpuppten sich um den 19—22. Juni und die Falter erschienen stets um den 7—11. Juli. Freyer’s Bilder Bd. V. Tab. 385 stellen Raupe und Puppe sehr schön und gelun- gen dar. = 102. Ilia F. und Var. Clytie H. Ilia: Hübn. 115. 116. 584. 809. 810. Var. Clytie: Hübn. 113. 114. 812—813. (Astasia.) Freyer ält. Beitr. I. Tab. 31. » Metis: » » DB: nn, .G7. Meissner: »An den gleichen Orten wie der vorige. Die, unter den Namen Clytie, lutea »und rubescens als eigene Arten aufgeführten Abänderungen unterscheiden sich »durch nichts als durch die dunklere oder hellere Grundfarbe von einander. Ich »besitze aber noch 2 der Jole vollkommen analoge Abänderungen dieser Art, »wovon die eine zu Borkhausen’s Ilia, die andere aber zu seiner lutea gehören »würde, wenn diese besondere Arten wären.« Im Allgemeinen weit häufiger und verbreiteter als die vorige Art, doch zu gleicher Zeit und auf ähnlichen Wohnplätzen, oft mit jener gemischt. Auffallend ist's, dass an einigen Orten nur die dunkle Stammart, an anderen dagegen nur die gelbe Varietät Clytie vorkömmt. Es wäre daher interessant und könnte auf die Ursachen des Farbenwechsels auch vieler anderer Falter führen, wenn man die örtlichen, geognostischen und climati— schen Verhältnisse derjenigen Gegenden genau auflassen und vergleichen würde, wo ent- weder nur die eine oder nur die andere Form dieses Falters auftritt. Im Allgemeinen scheinen in Europa dem Süden und Südosten zu die gelben Abstufungen vorzuherrschen; in der Schweiz ist aber, in engerem Raume, diess nicht der Fall; sie sind bei uns gleich- mässig mit den blauen nach allen Richtungen verbreitet und kommen an gewissen Stel- len, wie im Lattrigenwalde, stets untermischt vor. Die röthlichen Varietäten Eos und Metis sind mir nie vorgekommen, doch werden sie in der transalpinischen Schweiz sich ohne Zweifel finden. Ein, der Jole ganz analog gezeichnetes Stück von llia erhielt ich einst aus Wallis und muss solches jetzt noch in meiner ältern, später an Herrn Apotheker Meyer in St. Gallen übergegangenen Samm- lung stecken. Die Raupe von Ilia ist der vorigen (Iris) äusserst ähnlich, nur mehr hellgrasgrün und der Strahl an den Kopfspitzen ist schwarz, statt bläulich wie bei Iris. — Sie lebt nur auf der Aspe oder Zitterpappel; doch zog ich sie auch mit den Blättern des Saar- baums (Populus pyramidalis) auf. Ba IX. Tribus: Satyrides. Genus: Arge. Esp. Boisd. 103. Galathea L. Hübn. F. 183 — 185. Var. Procıda: >», »1.2658.1059. Freyer n. B. IV. Tab. 379. Var. Leucomelas: Hübn. F. 517. 518. Freyer n. B. V. Tab. 433. Meissner: »Vom Juni bis in den August auf allen Wiesen. In Wallis bei Leuk kömmt »eine Abänderung, wo das Schwarze sehr zusammengeflossen ist und besonders »auf den Hinterflügeln die weissen Flecken schmäler, auch bei dem Männchen »deutliche Augenflecke zu sehen sind, ziemlich häufig vor. Noch besitze ich »eine Abänderung aus hiesiger Gegend, die statt des Schwarzen, rothgelb ist,« Ein durch die ganze Schweiz allgemein verbreiteter, und vom Flachlande an bis auf 5600' ü. M. auf allen Wiesen und Grasabhängen unsäglich gemeiner Falter. Er erscheint in den mildern, offenen Gegenden schon um den 16. Juni, in rauhern, waldigern, wie um Burgdorf, selten vor dem 1 Juli; der Flug der Hauptmasse von der Mitte Juli bis zu Ende des Monats, dann allmähliges Abnehmen bis zum gänzlichen Verschwinden zu Ende des Augusts. Galathea tritt zugleich mit Hyperanthus auf, mit dem sie gleiche Flugdauer und stets auch gleiche Wohnplätze hat. Climatische Einflüsse wirken auf die Färbung des Falters bedeutend, so haben z. B. die meisten männlichen Exemplare des bernischen Mittellandes so wie der ganzen mittleren und nördlichen Schweiz, zur Grundfarbe oben und unten ein bleiches Grüngelb (Var. a). Nur höchst selten zeigt sich die Grundfarbe auf beiden Flügelflächen rein weiss (Var. b). Ein solches ausnehmend schönes Stück fing ich am 14. Juli auf dem Meyenmoos bei Burgdorf unter einer grossen Zahl gewöhnlich ge- färbter. Häufiger, zumal in den heissen Thalgegenden von Wallis und der ganzen trans- alpinischen Schweiz, gewinnt die schwarze Farbe durch Zusammenfliessen die Oberhand und verkleinert die gelben Flecke, zumal die dem Aussenrande parallel laufende Reihe, die schon an manchen hiesigen, bei der südlichen Procida aber stets verschwindet. — (Var. c.) Diese Form bildet den nächsten Anschluss an die südliche Procida. Ich fieng sie auch einmal unter den ersten Frühlingsexemplaren, am 30. Juni, in der Burgdorfer- gegend an einem Waldabhange, und ein noch dunkleres erhielt ich aus dem Oberhasle- — 11 — thal. Auch die Weiber zeigen in der Färbung eine doppelte Verschiedenheit; sie sind entweder a) bleichgrüngelb, wie die Männer, oder b) weisslich und zwar in letzter Färbung bei weitem vorherrschend. Die untere Fläche ändert noch bedeutender ab. Die oben gelbgefleckten Stücke, zumal der Tiefland- und Moorgegenden, nehmen auf der Unterseite der Hinterflügel einen ganz ockergelblichen Ton an, während die weissgefleck- ten aus hohen Bergthälern (Sils in Veltlin, Grindelwald u. s. w.) unten den gewöhnlich- sten Männern gleichen. Die Unterseite der Vorderflügel aber bleibt bei beiden Abände- rungen in der Grundfarbe meistens weiss. Ein einziges Weibchen aus hiesiger Gegend unter 32 mir vorliegenden Exemplaren, hat sie so gelbgrün wie auf der Oberseite. Hier alle die unzähligen, zarten Abweichyngen zu erwähnen, in denen Galathea in der Fleckenbildung und Zahl der Augenringe vorkömmt, ist unnöthig, da sie meist nur auf einer Zu- oder Abnahme beruhen und allen obigen Hauptrassen zukommen. Die, unten auf den Hinterflügeln augen- und bindenlose Varietät Leucomelas, wie ich sie aus Ungarn und Kärnthen besitze, kam mir indess in der Schweiz noch nicht vor. Die lange verborgen gebliebene Raupe schöpfe ich alljährlich am Oberburgerdamm bei Burgdorf in unzähliger Menge von niedrigem Grase ab, untermischt mit der von Hipp. Janira. Sie ist Mitte Mai, im jugendlichen Alter, noch grasgrün und von der letz- tern kaum zu unterscheiden, wird aber mit der letzten Häutung blassstrohgelb, wächst ungemein langsam, rollt sich bei der geringsten Erschütterung zusammen und lässt sich fallen. Ende Juni verwandelt sie sich auf der blossen Erde in eine beingelbe, glatte, glänzende Puppe mit schwarzen Augenstellen. Bei der Stubenzucht erhielt ich die Fal- ter immer um den 18—20. Juli während den Vormittagsstunden. Freyer hat die ersten Stände (mit der Var. Procida) ausnehmend schön und treu ab- gebildet. Neuere Beitr. IV. Tab. 379. Genus: Erebia. Boisd. (Hipparchia O.) 104. Cassiope. Hiezu Tab. I. F. 3. 4. 5. 6. 7. Hübn. Tab. 123. Fig. 626—27 3 und 6283—29 ®. Freyer n. Beitr. Ates Heft. Tab. 20. Fig. 1. 2. Meissner: »Auf den höhern Alpen; dem vorigen (Melampus) an Grösse und Gestalt »sehr ähnlich, doch nicht so allgemein auf den Alpen verbreitet. Die Unterseite »der Hinterflügel ist stets einfarbig braun ohne alle Flecken.« Eine weitverbreitete Art, die auf der ganzen europäischen Centralkette, selbst auf den — 12 — Pyrenäen, nach Wood auch in Schottland, vorkömmt. Sie bewohnt bei uns fur die mittlere und Hochalpen-Region, sowohl der Kalk- als der Granitalpen, zwischen 5600’ bis 8500° ü. M., und kömmt nur ausnahmsweise in nördlichern Gegenden und auf sehr rauhen Bergseiten in eine subalpine Tiefe von 4000‘ herunter. Dem Jura fehlt sie ganz. Ihre Erscheinungszeit ist gewöhnlich um den 12. Juli, der Hauptflug vom 20—30. Juli; die letzten, nur noch verflogenen Exemplare um den 10—15. August, wo dann frische Stücke nur noch in den höchsteu Regionen von 8500—9000' einzeln vorkommen. Die 30 mir vorliegenden Exemplare meiner Sammlung stammen von der Breitboden- Alp ob Meyringen, den Gadmerbergen, der Grimselhöhe, Meyenwand, Furka, Gemmi, Fau!horn, aus den Walliser- und den Bündtneralpen. Sie zeigen unter sich in Grösse, Flügelschnitt und Deutlichkeit der Binden mancherlei Abweichungen, die sich indess auf 2 Hauptformen zurückführen lassen, nämlich: 1) Var. a) Bernensis. Tab. Il. F. 3. Von den höhern Oberhasler Alpen : Breit- boden, Rosenlaui, Hohenstollen, Scheidegg, Nordseite der Gemmi u. s. w. Die kleinste Form: Vorderllüget schmal, sehr gestreckt, von der Spitze gegen den Innenrand schräg zulaufend. Die rostrothe Binde der Vorderflügel besteht nur aus 3—4 kleinen, verwaschenen und getrennten Flecken, von denen auf den Vorderllügeln gewöhn- lich 2, öfters auch 3, sehr kleine schwarze Pupillen haben. Auf den Hinterflügeln wechselt die Zahl dieser Bindenflecke von 0—4. Diese Form ist vielleicht identisch mit Boisduvals Var. Nelamus. 2) Var. b) Valesiana. Von der Meyenwand Tab. II. F. 4. und den höhern südlichen Walliser Alpen Tab. II. F. 5.; sie stimmt mit Freyer’s Tab. 20. Fig. 1. 2. Grösser als Var. a. fast wie Mnestra. Die Vorderflügel breiter, der Aussenrand rechtwinklichter, in der Mitte convexer. Die Vorderflügelbinde breiter, zusammenhän- gender, fast bis zum Innenrande hinablaufend. Wahrscheinlich mit Var. Mnemon. Haworth, die ich aus Autopsie nicht kenne, zu- sammenfallend. Meissner’s Angabe: „Unterseite der Hinterllügel stets einfarbig braun ‘ohne alle Flecken« ist irrig; denn bei mehreren Männern beider Formen finde ich deutlich 2—3 kleine Aeugelchen, und die Weiber haben sie gewöhnlich. Von den ersten Ständen unseres Falters ist noch gar nichts bekannt. Sein Flug ist etwas taumelnd, nie anhaltend, ungefähr wie der von Oeme. Er liebt sonnige Abhänge, die mit üppiger Vegetation, besonders Rhododendron bedeckt sind, aus welcher das träge und sehr seltene Weib meistens aufgescheucht werden muss. Letzteres erscheint auch BR". ge stets 8—10 Tage später als der Mann, ist aber so selten, dass ich unter mehrern hun- dert Cassiope-Exemplaren es nicht mehr als 4 Mal habe erhalten können, Freyer’s Abbildungen (Tab. 20. F. 1. 2) stellen die Var. b) Valesiana dar. Die Binde der Vorderflügel ist aber beim J zu schmal und einwärts zu wenig verwaschen. Die 3 Augenflecken der Hinterflügel sind zu weit vom Rande entfernt und die Aussenrand-Ecke ist bei beiden Geschlechtern ganz übersehen. Erst nach dem Abschlusse dieses Aufsatzes kam mir von Hrn. Standfuss eine Sendung Falter zu, worunter 2 Epiphron J vom Harz und 3 J einer sehr ähnlichen Erebie vom Altvater, im schlesisch-mährischen Gesenke. Ich bin nun somit im Falle, die Beziehungen aufzufassen, in denen diese Falter zu unserer Schweizer-Gassiope stehen, und ich glaube nicht zu irren, wenn ich diese beiden Erebien für Lokalvarieläten von Gassiope halte, indem sich die deutlichsten Uebergangsformen dazu vorgefunden haben. Als Extreme stellen sich nämlich heraus: 1) Die kleine Cassiope der Öberhasler Alpen (Var. a.) mit düstern, fast verloschenen Fleckenbinden und sehr kleinen, kaum sichtbaren schwarzen Punkten. 2) Den Schluss der Reihe bildet sodann obige Erebie vom Altvater: grösser, Vorderflügel breiter, mit sehr deutlichen, scharfbegrenzten, breiten und zu- sammenhängenden Binden, in welchen 4 auffallend grosse schwarze Punkte auf jedem Flügel. Zwischen diesen beiden Extremen stehen nun als Bindeglieder: unsere Cassiope (Var. b) von der Meyenwand und Epiphron vom Harz. Erstere etwas grösser als die Oberhaslerform, aber immer noch mit verwaschener, getrennter, obwohl breiterer und deutlicherer Fleckenbinde, in welcher die schwarzen Punkte noch sehr klein und in ihrer Zahl wandelbar sind. Ein Exemplar von der Meyenwand (6. August) bildet in dieser Form die höchste Stufe; es hat die 2 vordersten Punkte der Vorderllügel grösser, der dritte klein, mehr auswärts gerückt, der vierte wieder grösser, aber die Binde einwärts noch immer verwaschen. Die Binde der Hinterllügel besteht aus 3 deutlichen, runden Rostflecken mit schwarzen Punkten und einem kleinen blinden als Anfang zunächst dem Vorderrande. Dieses Stück bildet somit den unverkennbarsten Uebergang zu Epiphron, der sich davon durch weiter gar nichts mehr unterscheidet, als durch eine schärfer be- grenzte, lebhafte Rostbinde der Vorderflügel, in welcher der zweite Punkt meistens grösser als die andern hervortritt (Tab. I. F. 6). Diese Anlage, jedoch in geringerm Grade von Ausbildung, findet sich auch bei einem Exemplare vom Altvater (25. Juli), das mir Hr. Standfuss bloss zur Benutzung mittheilte. Von diesem hinweg lässt sich stufenweise die schärfere Bindenbegrenzung und die Grössenzunahme der schwarzen Punkte verfolgen bis zu den vollkommenen, schönen Exemplaren, wie sie auf dem Altvater vorherrschen 20 und wahrscheinlich als Normalform der ausgebildetsten Gassiope auftreten, nämlich mit 4 gleichen, auffallend grossen Punkten (Tab. Il. F. 7), ähnlich wie bei Manto. Eine Vergleichung von nahe 40 Exemplaren in 4 so verschiedenartigen Formen, hat mir ihr Zusammengehören zu einer Art unwidersprechlich bewiesen und ich freue mich, zu dem Resultate gekommen zu sein, etwas zu der Entwirrung der Synonymie unseres Falters beigetragen zu haben. Epiphron ist nun unbedenklich aus der Reihe der Arten zu streichen und steht dann unter den Formen von Cassiope im Range wie folgt: Cassiope Var. a) Bernensis, von den höchsten Berner Alpen, 7500—9000' ü. M. b) Valesiana, (Freyer Taf. 20. F. 1. 2) von der Meyenwand und den Walliser Alpen, 5800—6500' ü. M. c) Epiphron, vom Harz von 1800—3000' ü. M. d) Silesiana, vom Altvater bei 4600' ü. M. Das Verhältniss der beiden letztern zu unsern 2 alpinischen Formen ist ganz das nämliche, wie dasjenige der schlesischen Euryale zu derjenigen des Obergurnigels, oder von der steyerischen Prono& zu unserm Pitho. Die deutschen Exemplare zeichnen sich im Allgemeinen aus: durch grellere, abstechende helle Binden, unsere Alpler dagegen durch das Uebergewicht der dunkeln Grundfarbe. Unerklärlich ist es, dass die gleichen geo- graphischen Differenzen auf so nahe verwandte Falter, wie Melampus, diesen Einfluss nicht ausüben und dass ferner andere Hipparchien, wie Psodea, Maera und Megaera, nach Süden zu hellfarbiger werden, während also bei CGassiope, Euryale und Prono@ gerade das umgekehrte Verhältniss stattfindet. Wer wird uns je über die Ursache solcher Natur- spiele aufklären! NB. Die Flugstellen der Var. Epiphron sind hauptsächlich auf dem Oberharze und zwar zwischen der Heinrichshöhe, dem Rehberge und dem Rammelsberge bei Goslar, im Bodethal und am Oderteiche. (Heinemann.) 105. Eriphyle Fr. (Hiezu Tab. II. F. 8.) Freyer n. Beitr. Tab. 187. F. 3. 3 4. ®. Ein räthselhaftes Thier; vielleicht eine hybride Art, aber keinen Falls eine blosse Varietät von Cassiope, noch weniger von Melampus, wohin Keferstein sie versetzt. Ich führe es als eigene Art auf, bis eine gründliche Auseinandersetzung stichhaltiger Gegen- beweise und eine einstige Entdeckung seiner frühern Stände uns überzeugen kann, ob überhaupt solche hybride Bildungen in der Tagfalter-Familie vorkommen oder in wie weit se durchgreifende, äussere Merkmale am vollkommenen Insekt zur Anerkennung eigener Art berechtigen können. Eriphyle wurde zuerst im Juli 1834 von meinem Freunde Hrn. Lehrer Rothenbach auf der Gemmi und an der Meyenwand beobachtet und unter diesem Namen an Freyer zum Abbilden mitgetheilt. Leider waren es meistens sehr abgeflogene Stücke, mit denen sich keine genaue Vergleichung anstellen liess. Mir war sie, in Betracht der so grossen Neigung zum Varieren, bei allen Arten dieser Gruppe, lange Zeit zweifelhaft, und mein Glaube, dass sie eine Bastardbildung entweder von Pharte und Cassiope oder aber von Cassiope und Melampus sein möchte, gewann aus folgenden Gründen viele Wahrschein- lichkeit : 1) Auf der nämlichen Stelle, wo R. sie auf der Gemmi fieng, auf der Nordseite des Berges gegen Kandersteg zu, etwas über dem Grenzzaun von Bern und Wallis, in einer Höhe von kaum 4700' ü. M. fieng ich am 11. Aug. (1850) 10 schon ziemlich abgeflo- gene Männer und 2 ganz frische Weiber, darunter auch 1 Mann von Pharte in gleichem Grade von Abgeflogenheit und in Form, Grösse, trüber Grundfarbe und verloschener Flügelzeichnung den Eriphyle-Exemplaren auf den ersten Blick so ähnlich, dass ich erst zu Hause die Unterschiede erkannte. Etwas unterhalb dieser Stelle flog Pharte häufig, obwohl abgeflogen, und etwa 2—300' über derselben auch einzelne Cassiope Var. a., so dass hier die Fluggrenzen dieser beiden Falter sich nahe berührten. Diese Beobach- tung machte mir das Artreeht von Eriphyle sehr bedenklich. 2) Auf eine Bastardbildung zwischen Cassiope und Melampus deutete ein zweiter Fundort : an der Meyenwand, wo ich am 6. Aug. (1850) in einer Höhe von 5300‘ ü. M. Pharte nicht fand, wohl aber Eriphyle einzeln unter Cassiope und zwar an der ober- sten Fluggrenze des Melampus. Hier flog nur die schöne, grössere und vollkommnere Cassiope Var. b. und die darunter gefangenen 2 Eriphyle-Männer stehen mit derselben in Beziehung auf Grösse, Flügelschnitt, Breite und Deutlichkeit der Binden genau in dem- selben Verhältniss, wie die kleinere, düstere Eriphyle von der Gemmi mit den eben so düstern, dortigen Cassiope-Exemplaren. Die Flecken der Unterseite der Hinterflügel stimmen ordentlich mit denjenigen von Melampus. In diesen beiden muthmasslichen Hybriden - Fällen spielte also immerhin Gassiope die Hauptrolle. Für die Rechte eigener Art sprechen nun aber folgende eben so gewichtige Gründe : 1) Bei allen Eriphyle-Exemplaren (mit Ausnahme einer weiblichen Var. in meiner = me Sammlung) zeigt sich auf der Oberseite der Hinterflügel der zweitoberste Rostfleck stets, wenn auch alle übrigen sonst fehlen; derselbe steht vertikal unter dem ersten kleinern und beide sind aus der gewöhnlichen Richtung heraus, auffallend einwärts gerückt, also vom Aussenrande weiter abstehend. Bei Melampus findet sich zwar dieser zweite Fleck zuweilen auch wurzelwärts verlängert, ohne indess vom Aussenrand weiter entfernt zu sein. Diese Fleckenstellung unterscheidet Eriphyle von allen nächstverwandten Arten constant. 2) Cassiope hat den Aussenrand der Hinterflügel in beiden Geschlechtern mit einer vorspringenden Ecke. Pharte hat sie ganz gerundet; bei Eriphyle hat sie nur das ®. 3) Cassiope hat regelmässig in den 2 obersten Rostflecken der Vorderflügel je einen schwarzen Punkt, sowohl oben als unten. Pharte ermangelt aller Punkte ganz. Eriphyle hat sie wie Cassiope. Melampus stets in grösserer Zahl und in divergirender Richtung. Pharte fällt somit ganz aus der Wahl und dürfte also eine hybride Abstammung jeden- falls nur noch von Cassiope und Melampus herzuleiten sein. Da nun aber eine hybride Art nur Eigenthümlichkeiten der Stammeltern auf sich vereinigt, Eriphyle aber ausser denselben noch ein ganz besonderes Merkmal in dem charakteristischen, einwärts gerück- ten Rostfleck der Hinterflügel an sich trägt, das weder der einen noch der andern jener Stammarten zukömmt, so scheint mir darin das Recht einer selbstständigen Art deutlich genug ausgesprochen. 4) Wäre Eriphyle eine Bastarderzeugung, so wäre sie wohl nur eine einzelne, höchst seltene Erscheinung; auf ihren Wohnplätzen zeigt sie sich aber ebenso häufig und gesell- schaftlich wie die nächstverwandten Erebien, Cassiope und Melampus. Nach Speyer soll sie neulich auch in Steyermark gefunden worden sein. Nur ein Zweifel bleibt uns noch übrig, ob nämlich auch das Weib von Eriphyle von der Meyenwand (Var. b), .das ich noch nicht gesehen habe, in allen Artcharakteren mit demjenigen von der Gemmi (Var. a) übereinstimmt? Ist dieses der Fall, woran ich nicht zweifle, so kann über das Artrecht kein Unglaube mehr obwalten und dann stellt sich von Eriphyle die Diagnose heraus wie folgt: Eriphyle. Grösse von Melampus. Oberseite aller Flügel braun. Vorderflügel mit schmaler, rostrother, verwaschener Fleckenbinde, in welcher gegen die Spitze 2 kleine schwarze Punkte stehen. Hinterflügel beim J gerundet, beim 2 in der Mitte mit einer vor- springenden Ecke; längs dem Aussenrande der Hinterflügel mit 1 — 4 ungleich grossen blinden Rostfleckchen, von denen das zweite, stets grösste, aus der Reihe heraus, tiefer einwärts gerückt ist. — 1971 — Form a) von der Gemmi. (Tab. II. F. 8.) Düster mattbraun. Die Fleekenbinde der Vorderflügel besteht nur aus den 2 ober- sten, sehr kleinen, rostrothen Fleckchen. Diejenige der Hinterflügel hat meist nur den einzigen, einwärts gerückten, und nur sehr selten noch 1—2 äussere kleine, wie Punkte. Var. 1) ein J mit Spuren einer längern Vorderflügelbinde. » 2) ein d ganz einfarbig braun, ohne alle Spur von Rostbinden oder Flecken. » 3) ein @ oben mit ganz fehlenden Flecken der Hinterflügel. Form b) von der Meyenwand. Grösser als die vorige Form, etwa wie Mnestra, tief braunschwarz. Die Binde der Vorderflügel aus 4—5 Flecken bestehend. Auf den Hinterflügeln der einwärts gerückte Fleck gross und deutlich, 2 bis 3 andere nur als Punkte. Freyer's beide Bilder gehören nach der Grösse und Deutlichkeit der rostrothen Binden offenbar zu Form b. Sie sind gut; nur haben die Vorderflügel auf der Unterseite zu viel Roth und beim Weibe sind daselbst die 2 Augenpunkte viel zu grell mit Gelb umzogen; die 2 schwarzen Pünktchen auf der Oberseite gegen die Flügelspitze sind richtig darge- stellt, obschon Freyer im Texte selbst sie als fehlend angiebt und diesen Umstand als Unterscheidungseriterium von Melampus aufstellt. 106. Pharte Esp. 5 Hübn. F. 491 —494. /Freyer n. Beitr. I. Tab. 20. F. 3. Meissner: »Äuf den niedern Alpen, z. B. am Fusse des obern Gurnigels. Ueber den »Holzwuchs habe ich sie nie angetroffen.« Der Falter fliegt den ganzen Juli hindurch bis um die Mitte Augusts auf fetten Alp- triften der Kalk- und Granitformation der Alpenkette von 4000—6000' ü. M., besonders häufig auf feuchten, grasigen Abhängen, die von Nadelholzwäldern begrenzt sind, wie z. B. auf der sumpfigen Waldwiese oberhalb dem Schwarzbrünnlein am Gurnigel bei 4000’ ü. M., wo er vom 6— 15. Juli in unsäglicher Menge unter Satyrion, Oeme und Euryale flog. Etwas später, aber spärlicher, fliegt er an der Wengernalp zunächst über dem Dorfe Wengen; dann an der Nordseite des Brienzergrats im sogenannten Kemmeriboden, auf der Breitbodenalp in Oberhasle, auf der Gemmi beim Schwarrenbach, auch schon am Eingange des Gasternthals, an den Abhängen des Kienthals, an der Grimselstrasse ober- halb der Handeck und an vielen andern, etwas moorigen Stellen der Berner Alpen. In . WE den Glarner Alpen fängt sie in der untern Alpenregion an, erhebt sich aber daselbst bis auf 7000’ ü. M. (Heer). ‘ Zuerst erscheinen lauter Männer, in den mannigfaltigsten Abstufungen der Grösse, der Deutlichkeit und Breite der Rostbinde; dann erst die Weiber um die Mitte der Flug- zeit, aber weit seltener und wenig abändernd. Der Falter flattert langsam, etwas schwer- fällig und niedrig über dem Boden von Blume zu Blume. Das träge Weib muss meistens aus dem hohen Grase erst aufgescheucht werden. Die Exemplare der niedrigern Alpen stimmen in der Grösse und Zeichnung ganz mit Freyer's Bild (neuere Beitr. I. Tab. 20. F. 3). Auf der Nordseite der höhern Alpen, wie auf der Gemmi, Scheidegg, Wengernalp, sind sie bedeutend kleiner und die Rostbinde der Vorderflügel nur aus ganz kleinen Fleckchen bestehend. Die Raupe kennen wir so wenig als irgend eine von den alpinischen Erebia-Arten. Sollte sie als solche überwintern, so muss sie gewiss Ende Mai gleich nach der ersten Schneeschmelze durch Abschöpfen oder unter Steinen zu finden sein und dazu würde die oben besprochene Waldwiese am Gurnigel eine vorzügliche Fundstelle darbieten und zu- gleich auch für die Raupen von Oeme und Euryale, Var. Philomela, deren Falter dort zu Tausenden durcheinander fliegen. Die, in der Nähe wohnenden Sammler sollten sich doch die Mühe einer solchen Frühlingsparthie, im Interesse der Wissenschaft, nicht ge- reuen lassen. 107. Melampus. Hübn. F. 624 - 625. (Janthe.) Freyer n. Beitr. I. Tab. 19. F. 1. 2. Meissner: »Sehr gemein auf allen Alpen, gewöhnlich die erste Art dieser eigentlichen »Alpenbewohner, die den Alpenboden ankündigt. Auf dem Jura kömmt er nicht »vor. Das Weib hat meistens 4 Punkte auf den Vorderflügeln. Der Mann nur 2.« Auf allen fetten, etwas moorigen Triften der Vor- und Hochalpen, sowohl der Granit- als der Kalkformation, von 3000 bis 7500' ü. M., meist in grosser Menge an sonnigen Stellen, so in den Waadtländer Alpen zwischen Vivis und Ormond; an den Südabhängen steigt er bis auf 2000° herab. Zahm und langsam flattert er niedrig über den Rasen hin- weg und entfernt sich nie von seinen auserwählten Flugplätzen. Seine Flugzeit beginnt um den 8. Juli und dauert bis gegen den 10. oder 15. August. Die Weiber erscheinen — 19 — stets 8 bis 14 Tage später als die Männer und sind sehr selten. Besonders häufig zeigt sich dieser Falter auf den Berner Alpen, beim Rosenlaui, auf der Urweid bei Guttannen bis zum Aarfall; auf dem Brienzergrat gegen Schangnau, auf der Faulhornkette, der Wengernalp, Gemmi, Furka; auch am Hohgant und andern Stellen; doch überall bei uns nur bis an die untern Fluggrenzen der Cassiope. Melampus ändert nur selten ab und es finden sich nur in der Zahl der Bindenpunkte etwelche Abweichungen von 2 bis 5. Meine 3 Exemplare vom Altvater in Schlesien, also in sehr divergirender nördlicher Verbreitung, stimmen mit den sämmtlichen Schweizer- exemplaren meiner Sammlung vollkommen überein. Die Raupe ist noch nicht gefunden. 108. Mnestra Esp. Hübn. F. 540—543. Freyer n. Beitr. I. Tab. 19. F. 3. — VI. Tab. 554. F. 4. Var. Erynis: Esp. Tab. 121. Cont. 76. F. 3. Freyer n. Beitr. I. Tab. 91. F. 3. Meissner: »Auf der Grimsel beim Aargletscher, auf der Maienwand und vorzüglich auf »den Alpen von Chamouny. Dieser Falter hat viel Aehnlichkeit mit Gassiope, »nur ist er immer grösser, die Rostbinde der Oberflügel viel ausgebreiteter und »zusammenhängend nach innen verbreitet, welches die Hübner’schen Figuren »nicht richtig angeben. Gewöhnlich ist der Mann ohne alle Punkte und Augen.« to] o Eine der seltensten Arten und nur auf einzelnen Punkten der rhätischen Alpen, sowie der Central- und Süud-Alpenkette bis jetzt gefunden. Nach einer brieflichen Mittheilung des Hrn. Bischoff in Augsburg wurde sie im Juli 1850 auch auf den Bündtner Hochalpen von einem seiner Freunde gesammelt. Wo sie indess vorkömmt, an sonnigen, mit Rhodo- dendron und Gentianen bewachsenen Felsgehängen von 5800 bis 7500' ü. M., fliegt sie zwar gesellschaftlich wie Melampus und Pharte, doch nie ın so grosser Zahl. Das Weib ist überaus selten. An der Meyenwand scheuchten wir es am 6. August unter mehr als 30 Männern nur einmal auf. Der Falter erscheint an seinen Flugstellen um den 20. Juli und fliegt frisch bis um den 20. oder 25. August. Die Raupe ist noch unbekannt. — Hi — 109. Pyrrha H. Hübn. F. 235. 236. 616. - Freyer n. Beitr. I. Tab. 31. F. 3.4. — VI. Tab. 554. F. 3. ®. Var. Bubastis Meiss.: » » 1.’ Tab! 38.F. 1. » Maccabaeus God.: » » I. Tab! 91. F24. Hübner’s Caecilia (F. 213. 214), die Meissner als Varietät zu dieser Art zieht, gehört nach der ganzen Unterseite als kleine Form zu Alecto. Meissner: »Auf den niedern Alpen, z. B am Gurnigel, bei Kandersteg, an der Wen- »gernalp u. s. w., im Juli sehr häufig und in sehr vielen Abänderungen. Der »Mann ist oben auf den Vorderflügeln zuweilen ganz schwarz, ohne Punkte und »Augen (Cäecilia Hübn.) oder mit zwei orangefarbigen, schwarzpunktirten läng- »lichen Flecken oder auch mit einer Fieckenbinde auf den Ober- und Unter- »fügeln. Das Weib etwas grauer von Farbe, oben mit sehr schwachen oder »keinen Orangeflecken, unten mit citrongelben Punkten, Flecken oder zusam- »menhängender Binde, auch wohl ganz ohne dergleichen. Eine sonderbare Va- »rietät fieng ich im August 1809 an der Wengenalp. Die Grundfarbe ist näm- »lich nicht braun, sondern fast isabellgelb.« Pyrrha bewohnt alle Kalkalpen und Vorberge der ganzen Centralkette; wo sie vor- kömmt, stets in bedeutender Menge, zumal auf etwas feuchten, grasreichen Abhängen und auf üppigen Weideplätzen, die mit Gebüsch und Nadelholz umgrenzt sind. Seine tiefsten Flugstellen sind bei 3600’, die höchsten bei 6000. Am Gurnigel jedoch, wo ihn Meissner vorkommen lässt, habe ich ihn so wenig als an andern Ausläufern der Stock- hornkette beobachtet, obwohl ich diese Gegend auf’s Genaueste in allen Richtungen durch- kreuzt habe. Häufig dagegen ist der Falter am Fusse der Gemmi, sowohl an den nörd- lichen als südlichen Abhängen; auf den Waadtländer Alpen, den Oberhaslerbergen, be- sonders auf der Breitbodenalp; auch am Brienzergrat, am Hohgant und wahrscheinlich auf allen Kalkalpen, die von da aus in östlicher Richtung die mittlere Schweiz durch- ziehen. Sehr gemein in den rhätischen Alpen. 8 Er erscheint in den tiefern Regionen gewöhnlich um den 8. Juli und verschwindet auf den Höhen um den 7. bis 10. August. Das Weib ist selten und tritt erst hervor, wenn der Flug der Männer zu Ende geht. Die Männer der bernischen Hochalpen, zumal der Breitbodenalp, stimmen genau mit Freyer’s Bildern (n. Beitr. I. Tab. 31. F. 3. 4), die Weiber dagegen nur wenig mit seiner Abbildung (Bd. VI. Tab. 554. F. 3). Dieselben — 161 — sind viel matter graubraun. Von den Rostbindenflecken der Oberseite sind nur die 2 schwarzgekernten (aber kaum) sichtbar; die übrigen, sowie die der Hinterflügel sind ganz verloschen. Die Grundfarbe der Unterseite der Hinterflügel ist bei den unsrigen auch nicht so dunkel, sondern licht-gelbbraun ; die gelbe Fleckenanlage stimmt überein. Der Falter fällt in seinen Veränderungen überhaupt in folgende zwei Extreme aus: a) Beim Manne. Von deutlicher rostrother Fleckenbinde der Oberseite an, (Stamm- form) bis zum gänzlichen Verschwinden derselben. b) Beim Weibe. Von verblichenen 2 Kernfleckchen auf der Oberseite der Vorder- flügel und gelben Fleckenbinden auf der Unterseite der Hinterflügel (Berner Alpen) zu einer allmälig breitern Rostlleckenbinde, die sich auch über die Hinterflügel erstreckt (Var. Maccabaeus), bis zu derjenigen Varietät, wo die meisten Rostllecken beidseitig schwarz- gekernt und die Binden auf der Unterseite der Hinterflügel, statt gelb, weiss sind (Var. Bubastis Meissner). Diese auffallend schöne Varietät stimmt in Grösse, Flügelschnitt und matter Grundfarbe, besonders der Unterseite, ganz mit den Oberhasler Exemplaren überein, unterscheidet sich jedoch von ihnen durch einen blässern, deutlich gescheckten Saum, durch vollkommnere rostrothe, schwarzgekernte Binden der Oberseite und weisse, statt gelbe Flecke der Unterseite. Meissner fieng sie 1807 auf einer Wiese beim Leukerbad in Wallis, hielt sie mit Graf von Hoffmannegg für eigene Art; sie wurde aber meines Wissens seither nicht wieder gefunden, obwohl ich jene Gegend oftmals durchwandert habe. (Vergl. hierüber Meiss- ner’s naturwissenschaftl. Anzeiger I. Jahrg. Nr. 10. p. 78 und Freyer no. Beitr. I. p. 71.) Die Raupe ist so wenig noch bekannt, als die der nächstverwandten Arten. 110. Oeme H. Hübn. F. 530—533. Freyer n. Beitr. I. Tab. 31. F. 1. 2. Meissner: »Auf den untern Alpen hie und da sehr häufig im Juli. Ueber dem Holz- »wuchs hinauf sah ich sie nie.« Der Falter fliegt auf den Vorsätzen und sumpfigen Bergwiesen der niedrigern Kalk- alpen den ganzen Juli hindurch, gewöhnlich an der ‚obersten Fluggrenze von Ligea und an der untersten von Euryale, Stygne, Satyrion und Pharte, also in Höhen von 3800 bis 4300° ü. M. Seine Flugstellen sind vereinzelt, aber wo er vorkömmt, fliegt er meist in unzähliger Menge; so am Gurnigelberg zu Tausenden schon vom Stock- brunnen an, bis auf die Sumpfwiese oberhalb dem Schwarzbrünnliwald am Fusse der 21 — 12 — Bergkuppe. Sparsamer, wiewohl auch nicht selten, im Oberhaslethal am Wege über die Scheidegg; an der Gemmi ob Kandersteg; auf dem Kemmeriboden an der Nordseite des Brienzergrats, und wahrscheinlich auf allen zähmern Viehalpen der angrenzenden Urkan- tone; ferner, aber selten, in den Waadtländer Alpen, zumal auf Anceindaz und auf den Bergen von Unterwallis. Er variert ungemein stark in der Zahl und Deutlichkeit der Augenflecke; eine Reihenfolge von 18 Stücken in meiner Sammlung zeigt die sanfte- sten Uebergangsstufen von beinahe ganz fleckenlosen Stücken an, bis zu solchen mit zusammenhängender Rostbinde, bald mit, bald ohne weissgekernte Punkte. Das Weib erscheint, wie bei den nächstverwandten Arten, erst gegen das Ende der Flugzeit, ist aber ziemlich selten. Die Raupe noch unbekannt. 144:,1Geto,H, Hübn. F. 578. 579. — 1002. 1003. Freyer n. Beitr. I. Tab. 37. F. 1—3. Meissner: »Eine der seltenern, d. h. in beschränktern Gegenden vorkommenden Arten »dieser Familie. Ich fand ihn in einer Wiese zwischen den Bädern von Leuk »und dem Dorfe Inden, wo er im Juni ziemlich häufig flog; jedoch ausserhalb »dieser Wiese sah ich ihn nirgends. Einzeln habe ich ihn auch am Simplon »angetroffen.“ Scheint eigens nur auf der Kalkformation der Berner-Walliserberge,, auch auf der penni- nischen und der rhätischen Alpenkette, aber immer nur auf sehr einzelnen Lokalitäten, vor- zukommen; er fliegt daselbst von Mitte Juni an bis um den 10. Juli, auf grasreichen Alp- wiesen und feuchten Triften, niedrig und taumelnd wie Oeme; Wallis: auf den Wiesen - am südlichen Fuss der Gemmi, ob- und unterhalb dem Leukerbad ; am Col de Forclaz bis an die Waadtländer Alpen ob Ormond. Stets in Höhen von 4000—4800' ü. M. Phorcys (Freyer n. Beitr. Ill. Taf. 193. F. 2) aus der europäischen Türkei, ist ge- wiss nichts Anderes als eine südliche Lokalform von Ceto, welche auf ganz ähnliche Weise sich gebildet hat, wie die Var. Bubastis von Pyrrha. Freyer’s okergelbe Varietät (Bd. I. Tab. 37. F. 3), welche von Meissner im Au- gust 1809 auf dem Wege von Lauterbrunnen auf die Wengernalp gesammelt, aber für Varietät von Pyrrha gehalten worden, gehört weder zu dieser noch zu Ceto, sondern zu der kleinen montanen Form von Medusa (Hippomedusa), die an jener Stelle so häufig vorkömmt. — 198 — Der Falter ändert überhaupt in der Grösse, sowie in der Zahl und Anlage der Augen- llecke. Die Exemplare von der Leukerbadwiese sind selten grösser als gewöhnliche Oeme, während die von der südlichen Walliserkette die Grösse von Medusa erreichen. Die Raupe ist ganz unbekannt. 112. Medusa FE. Hübn. F. 103. 104. Freyer n. Beitr. I. Tab. 43. F. 1. Var. Eumenis: » » I. Tab. 85. F. 4.5. — 1. Tab. 38 (als Medea). ? » Psodea: Hübn. F. 497—499. Freyer n. Beitr. II. Tab. 121. F. 3. 2. Meissner: »Ob der Schmetterling, den wir auf den höchsten Punkten des Jura, z. B. »auf dem Weissenstein oberhalb Solothurn im Juni häufig antreffen, wirklich »Medusa der angeführten Autoren sei, ist noch nicht ganz ausgemacht. So sehr »er sich dieser nähert, so finden sich doch noch einige Verschiedenheiten. Er »ist immer kleiner als Medusa Hübn., hat kürzere Fühler mit breitern Kolben, »kürzere Taster und ist etwas rauber. Graf von Hoflmannegg hält ihn für eine »neue Art. Viel Aehnliches hat er auch mit Hübner’s Psodea (Tab. 98. F. 497 »bis 499), besonders sehr vollkommene Weibchen; doch finden sich auch von »dieser abweichende Charaktere, besonders ausser der beträchtlichern Grösse, »die zerstückelte Binde, die etwas kleinern Pupillen und vorzüglich, wiewohl „unser Schmetterling grösser ist, die weil kürzern und breiter gekolbten Fühler. »Auch ist bei Psodea die allgemeine Form der Flügel mehr in die Länge ge- »zogen.« Im vierten Jahrgang des Meissner’'schen Anzeigers Nr. 12. pag. 15 bemerkt Ochsen- heimer über diesen Falter Folgendes: »Die hier beschriebene kleinere Art habe ich vor zwei Jahren aus Steyermark erhalten; sie ist offenbar eigene Art und von mir Hippo- medusa benennt.« Diese Angaben beweisen, welches Dunkel über den 3 Faltern Medusa, Hippomedusa und Psodea herrschte und wohl noch heute nicht so ganz gelichtet ist. Da wir auch jetzt die ersten Stände nur von Medusa theilweise kennen und somit über dieselben keine Vergleichungen anstellen können, so bleibt uns nichts übrig, als die stabilen Merkmale am vollkommenen Thiere so genau als möglich aufzufassen und nach ihrem positiven — 14 — Werthe zu würdigen. Finden sich dann solche, die keine Uebergänge mehr darbieten, die der gewöhnlichen Abänderungsweise der Braunfalter entgegen sind, so sind die Art- rechte nach unserer Anschauungsweise wohl gesichert, wo nicht, so möchte ich sehr der Ansicht mich hinneigen, Medusa, Hippomedusa und selbst Psodea mit Eumenis, als blosse klimatische Lokalformen einer und derselben Art anzusehen. Die Stammart Medusa, wie sie bei uns allgemein in der Thalregion vorkömmt, gleicht ganz (die vielen Abänderungen abgerechnet) Freyer’s Bild I. Tab. 43. Hippomedusa soll sich nach Meissner von ihr unterscheiden: a) Durch geringere Grösse. Dieser Unterschied ist höchst schwankend. Ich habe Medusen aus hiesiger Gegend und aus Schlesien, die nicht grösser als kleine Hippo- medusa-Männer sind, und wieder Weiber von Hippomedusa, die einzelne Medusa-Weiber merklich übertreffen. b) Durch kürzere Fühler mit breitern Kolben. Beruht auf Vorurtheil und unrichtiger Vergleichung. Die Kolben finde ich ganz gleich. Der Längenunterschied ist höchst unbedeutend und ebenfalls wandelbar. Bei dem Weibe beider Arten sind sie kürzer als beim Manne, doch bleiben sie auch bei letzterm sich nicht immer gleich; meine 2 schlesischen Medusa-Männer haben sie ganz, wie gleichgrosse Hippomedusa-Stücke vom Jura. c) Durch kürzere Taster. Hängt wieder von der Grösse der Individuen ab; wohl sind sie bei Medusa im Allgemeinen etwas länger behaart, doch zweifle ich, ob auf diesen geringfügigen Umstand solches Gewicht für eigenes Artrecht gelegt werden kann. d) Durch etwas rauhere Bestäubung. Das kann ich nun bei keinem meiner 7 Exemplare finden. Meissner’s Unterscheidungscriterien von Medusa und Hippomedusa sind also durchaus nicht stichhaltig. Er hat sich vom allgemeinen Eindruck der Extreme verblenden lassen, aber unrichtige Einzelnheiten als Merkmale hervorgehoben; die Sache ist aber die, dass Medusa als Bewohnerin der Thalregionen auch nur da in ihrem vollkommenen Normal- gewande auftritt, während sie, ihren höchsten Fluggrenzen sich nähernd, immer mehr und mehr an Farbe und Grösse verkümmert, bis das höchste Extrem als Hippomedusa den Schluss macht. Diese Hippomedusa ist also nichts als die montane Form der gewöhnlichen Medusa und zeichnet sich von der Stammart durch Folgendes aus: Die braune Grundfarbe bei beiden Geschlechtern ist matter. Beim Mann sind die Rostbinden der Oberseite bleicher, verkümmert und nach innen verwaschen. Die weissgekernten Augenflecke sind viel kleiner und meist nur die zwei vordern sowie der vierte blinde, rost- - ee gelb umzogen. Selten wird die Binde durch zwischenliegende und anhängende Flecke so vollständig wie bei Medusa, doch giebt es Spuren davon an einzelnen Stücken, welche die Uebergänge bilden. Auf den Hinterflügeln ist bei den Extremen nur der erste und dritte Augenfleck bald blind, bald schwarzgekernt, vorhanden; bei den Uebergängen zeigen sich auch die übrigen stufenweise bald mit, bald ohne Pupillen. Das Weib ist von der gewöhnlichen Medusa viel mehr abweichend. Während beim Mann die Augenbinde sehr verkümmert ist, wird sie beim Weibe um so vollkom- mener, hell braungelb, zusammenhängend, breit, die schwarzen Augenflecke darin gross und in vollständiger Zahl, mit grossen, breitweissen Pupillen. Ein Exemplar vom Jura (12. Juni 1850) ist von meinen Psodea-Weibern (Var. Eumenis aus Spanien und Ungarn) auf der Oberseite gar nicht zu unterscheiden, nur ist die Binde auf der Unterseite der Hinterflügel nicht zusammenhängend, wie sie sämmtliche Eumenis zeigen. Ein an- deres, vom gleichen Orte und gleichem Fangtag, hat die Binden schmäler, aber bräuner, und stimmt in»Form, Grösse und Zeichnung total mit einem gewöhnlichen Psodea-Weib aus Steyermark. Auf der Unterseite sind meine Psodea Var. Eumenis bleicher, zumal die Hinterflügel mehr graugelb und die Binde gleichmässig breit und zusammenhängend; aber auch hier wird es an zarten Uebergängen nicht fehlen, indem ich ein Medusa- Weib aus hiesiger Gegend besitze, welches die Binde der Hinterflügel ganz ähnlich zeigt. Es bleibt also nichts als die graugelbe Unterseite der Hinterflügel, welche Eumenis voraus bat und ausser welcher ich kein einziges stichhaltiges Criterium finde, welches Hippo- medusa, Psodea und Eumenis als eigene Arten gelten liesse; deshalb muss ich der An- sicht mich um so stärker zuneigen, dass alle 3 Falter nur Lokalvarietäten einer und der- selben Art (nämlich von Medusa) sind, bis mich gewichtige Gegengründe eines Bessern überzeugen können. Die Stammart Medusa ist über das ganze Flach- und Hügelland der mittlern Schweiz verbreitel und auf allen lichten Waldwiesen von Mitte Mai an bis um den 20. Juni gemein; sie nimmt ab in der westlichen und südlichen Schweiz und soll sich in Frankreich nur noch in den Vogesen vorlinden. a) Die montane Form (Hippomedusa) fand ich frisch um den 12—20. Juni auf dem Kamme und an den höchsten Grasabhängen des Jura, am Weissenstein, bei 3700—3900' ü. M. in wahrhaft zahlloser Menge; ferner im Lauterbrunnenthal bis hinauf zu dem Berg- dorfe Wengen, 3900‘. In Glarus ist ihre oberste Fluggrenze bei 6000’ (Heer). Sie bildet die Uebergangsform zu Var. b) Psodea. Dieselbe ist im östlichen Alpenlande, in Steyermark und Ober- BE östreich vorherrschend, verbreitet sich immer mehr gegen Osten und Südosten zu, ge- winnt dabei an Helle, Breite und Vollkommenheit der Augenbinden, bis sie in Ungarn und Südrussland (bei Odessa) in der vollkommensten Gestalt, als Var. c) Eumenis Dahl. auftritt. In diesem Anzuge muss sie auch im Südwesten Europa’s, in Spanien wieder vorkommen. (Nach einem Exemplare, das mir Hr. Bischoff von Himminghofers Ausbeute zusandte.) Die Raupe der Stammart Medusa glaube ich am 22. Mai aus hohem Waldgrase geschöpft zu haben, brachte sie aber nicht zur Verwandlung. Sie war hellgrün, mit 3 zarten dunkeln Längslinien und glich in der Gestalt und den 2 Afterspitzen ziemlich dem Freyer’schen Bilde. Nachtrag. Hr. Keferstein in seiner syst. Aufst. (entom. Zeit. 1851. pag. 274) stellt nun Eumenis als Varietät zu Medusa, Psodea aber als eigene Art auf; hingegen erwähnt er unserer Bergform Hippomedusa gar nicht. DHASMANETTTE TE. _ Freyer n. Beitr. I. Tab. 13. F. 3. 4. Styx Escher, aber nicht Freyer’s. — Freyer’s P. Styx Il. Tab. 121 F. 4 gehört als Varietät entweder zu Prono@ oder zu Goante. Von Meissner nicht angeführt: auch weder von mir noch von irgend einem meiner entomol. Bekannten in der Schweiz aufgefunden. Meine 2 Exemplare stammen von einem ältern Sammler in Bern, doch ohne Vaterlandsangabe. Dass diese Art indess in der Schweiz vorkomme, müssen wir aus (vielleicht nur traditionellen) Angaben auswärtiger Entomologen erfahren. Boisduval Ind. Nr. 211. Nerine Tr. Var. Styx Esch. Helvetia. — Freyer n. Beitr. I. pag. 17% unten, nach Treitschke’s Versicherung. Treitschke Suppl. X. 1. pag. 50. Hr. Keferstein (entom. Zeit. 1851. pag. 254. Nr. 72) zieht diesen Falter als Varietät zu Stygne. Welche Gründe ihn zu dieser Ansicht verleitet haben, ist unbegreiflich. Der Abstand im Flügelschnitt, in der Färbung der ganzen Unterseite, ganz besonders beim 2, ist so auffallend, dass man nichts anderes annehmen kann, als Hr. Keferstein habe nicht die wahre Nerine, wie sie in Freyer abgebildet ist, vor sich gehabt. Abgesehen von den, vielleicht schwankenden Unterschieden in Farbe und Zeichnung, bietet doch immerhin Nerine noch zwei gewichtige Momente der Trennung darin dar, dass nämlich das 2 deutlich gezähnte Hinterflügel hat, während sie bei Stygne vollkommen gerundet — 167 — sind. Ferner: dass Nerine in Krain und Dalmatien (also in milderm Klima) erst im Au- gust und September vorkömmt, während Stygne bei uns (und zwar in der subalpinen Re- gion) nur im Juni und Juli fliegt. Dieser Umstand allein ist dem Zusammengehören beider Arten widersprechend, indem bis jetzt von keiner Erebie eine doppelte Generation be- kannt ist. Von den ersten Ständen ist nichts bekannt. 114. Evias God. Bonellii: Hübn. F. 892 —895. » Freyer n. B. I. Tab. 73. F. 1. 2. Von Meissner und seinen Zeitgenossen noch nicht gekannt. Er bewohnt im Süd- westen Europa’s die Pyrenäen, verbreitet sich nordöstlich durch die Alpen Piemonts, das südliche Wallis bis östlich in die südlichen Bündtner- und Tyroler- Alpen. Mir ist der Falter bei meinen öftern Wanderungen durch Wallis leider nicht vorge- kommen. Anderegg, der ihn alljährlich in Menge dort einsammelt und den ich über die Flugorte und Erscheinungszeit befragte, sagte mir, Evias fliege gerade da, von wo ich so eben hergekommen (ich kam aus Oberwallis, von Viesch, Grengiols und Möril herab) und zwar sehr zeitig im Frühjahr, schon im April gleich nach der Schneeschmelze. Die Wahrheit dieser Angabe mag er selbst verbürgen. Mir ist keine montane Erebie bekannt, die bei uns im April fliegt, zumal in Alpthälern, die um diese Zeit noch im Win- tergewande liegen. Treitschke giebt als Flugzeit den Juli an, Freyer den August. Herr Bischoff erhielt ihn von einem Sammler, der ihn ebenfalls im Monat Juli in den öst- lichen Bündtneralpen fieng. Scheint wenig abzuändern. Meine 4 Exemplare aus dem Wallis sind sich vollkom- men gleich. Raupe unbekannt. 115. Alecto H. Hübn. Fig. 528. 529. 3. N »042541.5.0541.6.,2.. Var: Freyer n. B. 1. Tab. 49. F. 3. 4. Var. Caecilia: Hübn. F. 213. 214. Sehr kleine Form. Meissner: »Nur an sehr wenigen Orten auf den höchsten Alpen, z. B. oben auf der »sogenannten Daube der Gemmi. Ueberhaupt eine der seltensten Arten dieser er a SE »Familie. Nie finden wir bei unserm Alecto Augenpunkte, wie sie die ange- »führten Hübner’schen Abbildungen angeben. Noch weniger gleicht sie Hübners »Alecto Tab. 101 Fig. 515 und 516, die ganz und gar etwas anderes ist.« Die ersten Exemplare in freier Natur sah ich am 11. August (1850) auf der Gemmi, auf einer grasigen Niederung, zwischen dem Wirthshäuschen Schwarrenbach und dem Daubensee bei 6400' ü. M. Es flogen circa 10—12 noch ganz frische Stücke unstät und taumelnd den nahen Felsen zu und waren wegen ihres anhaltend neckenden Auf- und Abfliegens schwer zu fangen. Häufiger erhielt ich den Falter von den hohen Alpen des Oberhaslethales, zumal vom Hohenstollen am Hasleberg, bei 7690° ü. M., von wo Lehrer Otth von Meiringen vom 8. Juli an bis um den 20. August beide Geschlechter zahlreich einsammelte. (Glarneralpen bis auf 8000 ü. M. In den Waadtländeralpen fehlt er ganz. (De-la- Harpe.), Ueber sein Vorkommen in den Walliser- und Bündtneralpen habe ich keine sicheren Angaben. Er scheint die mittlere und Hochalpenregion in keiner Richtung zu überschreiten. Alecto varirt sehr in der Anlage und Ausdehnung der rostfarbigen Vorderflügelbinde. Bei den meisten Männern aus Oberhasli ist diese Binde auf der Oberseite ganz ver- schwunden und dann sind die Falter in frischem Zustande sammischwarz mit einem herrlichen blaugrünen Schiller; sie stimmen oben mit Freyer’s Abbildung I. Tab. 49 Fig. 3, aber auf der Unterseite der Vorderflügel ist bei allen unseren Exempla- ren die Rostbinde mehr zusammenhängend und einwärts in die ganze Flügelfläche ver- waschen. Freyer’'s Alecto - Weib Fig. 4. hat beidseitig so scharf begrenzte braungelbe Binden, wie sie wohl selten vorkommen. Auch vermisse ich bei beiden Bildern die, in der Natur, zumal beim Weibe, deutlich vorhandenen Aussenrandzähne der Hinterflügel. Unsere Öberhasler gehören zu der Form P. glacialis Esp. Die Exemplare von der Gemmi haben schon merklich mehr Rostroth, das sich auf der Oberseite zu einer verloschenen Binde anhäuft. Sie gehören wohl zu der Form Pluto Esp.? Alecto mit Augenflecken und Pupillen sind äusserst selten, kommen indess doch vor, was ich erst diesen Sommer noch gesehen habe. Ich erhielt von Hrn. Käsermann, Sammler aus Oberhasle, unter vielen gewöhnlichen Stücken 1 Männchen genau wie Hübner's F. 528—29., nämlich mit einem sehr fein weissgekernten, tiefschwarzen Auge in jeder Vorderllügelspitze; ferner 1 Weib, das in einem schwachen, verwaschenen Rost- — 169 — schimmer sogar 2 kleine, weissgekernte Aeugelchen auf jeder Seite führt. Dieses Exem- plar heweist indess deutlich genug, dass Alecto überhaupt zu einer noch grösseren Aus- bildung einer Augenbinde befähigt ist und dass das vielbestrittene Hübner’sche ® Fig. 515. auch gewiss nichts Anderes ist, als ein, in dieser Anlage höchst ausge- bildetes Individuum, keinenfalls aber zu Scipio gehört, wohin Heidenreich (Catal. pag. 9 Nr. 160) es fälschlich eitirt hat. Die Raupe von Alecto ist noch ganz unbekannt. 116. Stygne O. (Pyrene Esp. Hb. Freyer.) Hübn. Tab. 45. F. 105. 106. (Nelo). » F. 223. 224. (Pirene). Freyer’s u. Beitr. I. Tab. 43. F. 2. (Pyrene). Meissner: »Auf den meisten Alpen, z. B. an der Grimselstrasse, (semmi, Wengernalp, »Scheidegg, hinter der Herrenrüthi bei Engelberg u. s. w., auch auf dem Jura. »Ochsenheimers Melas (Nelo Hübn.) scheint auch zu dieser Art zu gehören und »eine blos durch verschiedenes Clima bewirkte Abänderung zu sein.« Allerdings haben ganz dunkle Stygne-Männer, ohne Rostfllecke auf der Oberseite, sehr grosse Aehnlichkeit mit dem ungarischen Melas. Bei Letzterm bleibt aber auch die Rost- farbe auf der Unterseite der Vorderflügel aus, und sind diese Flügel am Aussenrand stär- ker gerundet. Da ich aber von Melas nur ein Männchen, und das Weib gar nicht be- sitze, sondern nur aus Freyer’s Abbildungen I. Tab. 61. Fig. 2 kenne, so möchte ich über die Meissner’sche Vermuthung mich nicht voreilig aussprechen. Jedenfalls ist nach jener Abbildung das Weib von Stygne von demjenigen des Melas auf der Unterseite bedeutend verschieden. Stygne bewohnt in der Schweiz felsigte Gegenden des Jura und der Alpenthäler; am Jura, hauptsächlich an der Südseite, die mit Blumen bewachsenen Felsenriffe oberhalb der Stygelos-Rysi bei Solothurn (21—25. Juni), die steinigten Gehänge des Chasse- ral (13. August); dann die Queerthäler des neuenburgischen Jura, schon unterhalb Travers (21. Juni) und andere ähnliche Stellen, stets in Höhen von 2800-—3500° ü. M. In den Alpen vorzüglich die, mit Felsblöcken und Kalkgeröll überdeckten Stellen der hö- hern Thalgegenden, zumal an der Nordseite der Gemmi, schon bei Kandersteg (13. Juli) im Gasternthal, im Oeschinenthal, im ganzen Oberhasle von Meiringen an bis Guttannen, im Lammi, Gummli, an der Rothenfluh (10—28. Juni), am Reichenbach, Zwirgi, Rosenlaui, im 22 — 110 — Gadmenthal (24. Juli), an der Nordseite des Brienzergrats, im Kemmeriboden (24. Juli), selbst sehon auf den Vorbergen der Stockhornkette wie am Obergurnigel (11. Juli). In Wallis gemein, doch nirgends unter 2000' und nirgends über 4000‘ ü. M. Glarus: Mühlebachalp, Krauchthalalp (Heer). Der Schwarzwald scheint die nördlichste aber auch die tiefste Fluggrenze von Stygne zu sein, indem der Falter dort bis auf die Thalsohle herab bei 950—1000' ü. M. vorkömmt. Die Flugzeit beginnt um den 10. oder 12. Juni und dauert bis Anfangs August. Der Falter varirt ungemein stark in der Grösse und Zahl der Augenflecken, und in der Ausbildung der Rostbinden. a) Die Männer der Berner Alpen haben auf den Vorderflügeln meist nur 3 kleine Augenflecke in sehr schmalen, geringen Rostflecken, die keine zusammenhängende Binde bilden. Ein Mann aus Oberhasle hat oben gar nichts Rostfarbiges mehr und kömmt dem Melas sehr nahe. b) Die der Voralpen, zumal der Stockhornkette und die aus Wallis, haben schon etwas mehr Rostgelb und die weissen Pupillen der Augenflecke sind grösser; sie stimmen mit der Freyer’schen Figur I. Tab. 43. F. 2 (Pyrene).. Am Obergurnigel fieng ich am 11. Juli 1838 drei ungemein schöne Stücke, an welchen die rostfarbigen Bindenflecke einwärts in lange Spitzen auslaufen, und wovon das Weib sich besonders durch seine breiten, hell rothgelben Binden aller Flügel auszeichnet. c) Die vom Jura haben eine tiefdunkle Grundfarbe; auf den Vorderflügeln immer 4 Augenflecke, auf den Hinterflügeln 3, mit sehr schönen weissen Pupillen, welche in einer lebhaft rostrothen, breiten, mehr zusammenhängenden Binde stehen; diese Binde reicht auf den Vorderflügeln nur bis auf den zweituntersten Ast der Medianader. Endlich besitze ich in meiner Sammlung ein schönes Paar von den spanischen Py- renäen; es stimmt fast ganz mit den jurassischen, nur dass die Grundfarbe nicht so tief- schwarz ist und die breitere, gerader begrenzte Rostbinde der Vorderflügel den Innen- rand ganz erreicht. Die Raupe ist noch unbekannt. NB. 1. Dass Nerine von Hrn. Keferstein fälschlich als Varietät hieher gezogen wird, darüber bei jenem Falter pag. 246 das Nähere. 2. Vom Schwarzwald habe ich keine Exemplare von Stygne gesehen; wahrscheinlich werden sie den jurassischen am nächsten stehen. te — 117. Prono& ©. Tr. Fr. und Var. Pitho Hbn. (Arachne F. Borkh. Boisd.) Hübn. F. 215—217. Arachne. — F. 574—577. Pitho. — F. 1000 bis 1001. Pronoe£. . Freyer n. Beitr. I. Tab. 73. F. 3. 4. id. — II. Tab. 121. F. 4. Var. Styx ? Meissner: »Die Hinterflügel, sagt Öchsenheimer, führen gewöhnlich 3 Augen mit oder »ohne weisse Pupillen in rostfarbenen oder rothgelben runden Flecken. Diese Flecken »finden wir an unserer Prono@ nie, auch nur bei dem Weibchen zeigt sich eine »schwache Spur von ungekernten Augenpunkten. Dieser Falter ist in den nie- „dern Alpengegenden, z. B. bei Kandersteg, im Oeschinenthale, auf der Scheid- »egg, Wengernalp, an der Südseite der Gemmi oberhalb dem Leukerbade, auch »schon bei Wimmis im Simmenthal sehr gemein. Das Männchen fliegt schon »im Juli; das Weib, das ungleich seltener ist, zeigt sich erst viel später.« Prono& bewohnt bei uns die feuchten, begrasten Niederungen und üppigen Abdachun- gen am Fusse der Kalk- und Centralalpen, nur selten die Kämme und felsigen Gehänge derselben; auch auf dem südwestlichen Jura, an der Döle, kömmt der Falter vor. In der Flachland- und Hügelregion der mittlern Schweiz fehlt er ganz. In vertikaler Verbreitung tritt er auf bei circa 2000' und erreicht seine höchsten Fluggrenzen in unsern Alpen schon bei 5500' ü. M. In den Kärnthner- und Salzburgergebirgen kömmt er am Pasterzen- gletscher noch bei 8000’ ü. M. vor. Seine Flugzeit fängt an um den 20. Juli und dauert bis gegen das Ende des Augusis. Zuerst erscheinen nur Männchen, meist in zahlloser Menge; von Mitte Augusts an zeigen sich auch die Weiber, stets einzeln und so überaus selten, dass mir unter Hun- derten von Exemplaren, die durch meine Hände gegangen, bis jetzt erst 2 Stücke für meine Sammlung zu Theil geworden sind. Dieser Falter varirt ausnehmend stark, je nach vertikaler und horizontaler Verbrei- tung, so dass wir seine Hauptformen hier näher beleuchten müssen. a) Als Stammform von Prono& hält man allgemein diejenige, welche von Ochsen- heimer beschrieben und von Freyer (n. Beitr. I. Tab. 43. F. 3. 4. Hübn. F. 215—217. Arachne) bildlich dargestellt wurde. Diese hat nämlich auf der Oberseite der Vorderflügel eine zusammenhängende, vollkommene Rostbinde, in welcher vorn 2 weissgekernte Augen (manchmal gegen den Innenrand noch ein kleines blindes) stehen. Auf den Hinterflügeln, dem Aussenrande parallel, zeigt Isich eine Reihe von 3 getrennten runden Rostflecken, — 12 — bald mit weissgekernten, bald auch blinden Augenpunkten. Diese Form scheint haupt- sächlich den östreichischen, Kärnthner- und Steyerischen Alpen anzugehören. In der Schweiz ist sie selten und kömmt nur in den wärmern Alpgegenden, wie an der Süd- seite der Berner-Walliserkette, in den Waadtländer Alpen und wahrscheinlich auch in den südlichen Bündtner- und Tessinergebirgen vor. Doch nach meinen Wallisern zu schliessen, selbst auch da nicht in solcher Vollkommenheit von Schärfe, Breite und Deut- lichkeit der Rostbinden, wie sie meine schönen Stücke vom Wiener Schneeberg und vom Grossglockner zeigen. Auch sind meine Walliser etwas kleiner und die braune Grund- farbe etwas heller. b) Dieser Stammform (Hübn. F. 576. 3 574. 2 Pitho) zunächst, stehen die Exem- plare von den mittlern Staffeln der Oberhasler Alpen, zumal der Breitbodenalp ob Mey- ringen, den höchsten Fluggrenzen in den Berner Kalkalpen. Auf solchen freien, die Hoch- alpen gleichsam umgürtenden Vorbergen, scheinen die Kräfte zurückzutreten, die bei der Stammform die breite Rostbinde hervorgerufen hatten; die weissen Pupillen der Augen- flecke sind verschwunden; auf den Vorderflügeln sind nur noch die 2 obersten Augen als schwarze, meist blinde Punkte mitten in einem einzelnen Rostflecken vorhanden. Von einer Fortsetzung der Rostbinde, sowie von einer solchen auf den Hinterflügeln sind kaum noch Spuren vorhanden. Steigen wir nun in die grasreichen, mit Nadelholz beschatteten Niederungen und in die feuchten, dunkeln Thalgründe herab, so verschwindet alle Rostfarbe je länger je mehr, selbst die Augenflecke sind kaum noch erkennbar, die ganze Flügelfläche der Oberseite wird einfarbig braunschwarz und in diesem Trauerkleide erscheint Prono& vorherrschend an der ganzen Nordseite der Berner Alpenkette und bildet den wahren c) P. Pitho. (Hübn. F. 1000—1001. als Prono& bez.) Diess ist der natürliche Gang der Farbenänderung, den ich bei diesem Falter zu beobachten Gelegenheit hatte. Sehr strenge ist indess dieser Wechsel nicht an die Oert- lichkeiten gebunden, indem einzelne Uebergänge immer auch untermischt mit den Ex- tremen vorkommen. Interessant zur Vergleichung wären mir jetzt jurassische Exemplare gewesen, die ich am 22. August 1829 am westlichen Abhange der Döle gegen Burgund, auf einer Berg- wiese in grosser Zahl gesehen, aber leider nicht aufbewahrt habe. Freyer’s P. Styx (Tab. 121. F. 4) ist nach Boisduval und Treitschke nicht iden- tisch mit Nerine, sondern eine weibliche Aberration von Prono@, also nicht derjenige Falter, den seiner Zeit Escher-Zollikofer unter dem Namen Styx an die Wiener Ento- — 1B — mologie gesandt und von Treitschke als die wahre Nerine erkannt wurde. Dieser Freyer'sche Styx ist mir indess unter vielen Hunderten von Prono@ niemals vorgekommen. Nach Freyer's Bild unterscheidet er sich im weiblichen Geschlechte von unserer Pronoö darin, dass er auf der Oberseite die deutlichen vollkommenen Rostbinden mit den weissen Pupillen mit den Kärthner Exemplaren gemein hat; dann aber, und zwar hauptsäch- lich, durch die ganz verschiedene Unterseite der Hinterflügel, welche nicht, wie bei der gewöhnlichen Prono@, von einer breiten, zackigen, kaffeebraunen Mittelbinde durchzogen ist, sondern auf einem gleichfarbigen, atomirten, graugelben Grunde nur einen verbliche- nen weisslichen Streifen, am Platze der äussern gelben Binde, erkennen lässt. Diesen weisslichen Streifen finden wir aber, als äussere Begrenzung der braunschwarzen Mittel- binde, nur bei Goante. Ferner zeigt das Freyer’'sche Bild ausserhalb dieses Streifens auch 3 schwach angedeutete Augenpunkte und einen deutlich gezähnten Fransenrand, welches Beides bei Prono@ niemals, bei Goante aber stets vorkömmt. Dass die Vor- derflügelbinde bei seinem Styx nur 2 Augen zeigt, will nichts bedeuten, indem Pronoö © regelwidrig auch 3 Augen, Goante aber mitunter auch nur 2 derselben hat, wie ich in meiner Sammlung beiderlei Abnormitäten aufweisen kann. Aber die oben erwähnten Criterien (der gezähnte Aussenrand, das weissliche Querband und die angedeu- teten Randäugelchen) lassen mit weit mehr Wahrscheinlichkeit annehmen, dass dieser Styx als Varietät zu Goante und nicht zu Prono& gehört, obwohl noch in der jüngsten Zeit er von Keferstein zu letzterer gezogen wurde. Die Raupe von Prono& ist noch unbekannt. 118. Medea H. O. Fr. Hübn. F. 220—222. Freyer n. Beitr. I. Tab. 55. F. 1. 2. — I. Tab. 38. F. 3. Ferner fälschlich als Neoridas: Freyer n. Beitr. }. Tab. 55. F. 3. 4. eine grosse Abänderung. Var. ockergelb: Euryale Hübn. F. 908. 909. (von Keferst. mit Unrecht zu Euryale gezogen). Sie ist analog mit Freyer’s I. Tab. 38. F. 3. Meissner: »Sehr gemein in den Wiesen und Wäldern der Ebenen und Alpenthäler. »Aendert sehr ab in Ansehung der Grösse und Zahl der Augen, sowie der »Stärke der Binde auf der Unterseite der Hinterflügel des Weibchens, die »bald gelb, bald weiss erscheint. Ich besitze eine Varietät des Weibchens, das — 1A — »auf den Vorderflügeln 6 weissgekernte Augen hat. Das vorderste und hinterste »sind nur sehr klein, das zweite, dritte und fünfte aber gross, die Pupille »auch sehr gross und so wie die ganzen Augen stark in die Quere gezogen. »Die Hinterflügel haben 6 stark weissgekernte Augen. (Diese Varietät wurde im »Bremgartenwalde bei Bern gefangen und ist abgebildet in Freyer's Beitr. 1. „Tab. 38. F. 2. Meyer.) Eine andere Varietät des Männchens, die ich besitze, »hat eine ganz hell zimmtbraune Grundfarbe. (Abgebildet in Freyer's n. Beitr. »I. Tab. 38. F. 3. Meyer.) »Noch eine oben ganz schwarze Abänderung mit weissgekernten Augen fieng »Hr. Professor Studer im Kienthale.« Ueber die Menge der Varietäten dieses Falters in Hinsicht auf die Grösse, auf Zahl und Vollkommenheit der Augenflecke, Breite, Begrenzung und Zusammenhang der Rost- binden oben und auf die Färbung der Binden der Unterseite, lassen sich wohl schwerlich bestimmte, an besondere Oertlichkeiten und äussere Einflüsse gebundene Regeln aufstellen. In meiner Sammlung steckt eine Reihenfolge von 22 Exemplaren aus den verschiedensten Gegenden der Alpen und des schweizerischen Mittellandes, 2 Paare aus Norddeutschland (von Danzig) und ein Männchen aus dem südlichen Spanien. a) Am grössten und von der dunkelsten Grundfarbe, auf den Vorderflügeln mit der schmälsten,, in der Mitte zusammengezogenen,, oft sogar getrennten Rostbinde, mit meistens 3, selten 4 Augenflecken, sind die der Waldregion des bernischen Mittellandes, wovon die Exemplare mit 4 Vorderflügelaugen ganz mit Freyer's Neoridas Tab. 55. F. 3. 4. über- einstimmen. b) Diesen am nächsten stehen diejenigen von Danzig; etwas kleiner, die Männer mit 4 Augen, wovon eines eine besonders schmale Rostbinde und den gedrungenen, ab- gerundeten Flügelschnitt des spanischen Neoridas hat. Die kürzern oder gestrecktern Vorderflügel sind überhaupt bei Medea ungemein schwankend. c) Viel heller von Grundfarbe, mit etwas breitern Vorderflügelbinden, in welchen nur die Augenflecke 1, 2 und 4 stehen, sind meine 2 Männer aus Unterwallis; sie stimmen bis auf den lichtern Farbenton, bleichern Fransensaum und abgerundetere Flügelspitze mit Freyer’s Bildern Tab. 55. F. 1. d) Diesen Wallisern sehr ähnlich, aber mit etwas gestrecktern spitzern Vorderflügeln, breiter, beidseitig scharfbegrenzter und geradliniger Rostbinde, die den Innenrand ganz erreicht, ist ein Männchen aus Spanien von Himminghofer. Die Unterseite der Hinterflügel ist fast bei jedem Exemplare von Medea, zumal bei — 1D — den Weibern, auffallend verschieden. Am dunkelsten und undeutlichsten finde ich sie bei den 2 Danziger Männchen, dagegen am hellsten graugelb bei den dortigen Weibchen. Die Exemplare aus Unterwallis und das aus Spanien stimmen in der Zeichnung der Oberseite, besonders der Rostbinde,, fast genau mit dem wahren Neoridas Boisd. überein, das kleinere Walliser sogar noch in seinem runden, gedrungenen Flügelbau. Doch die Unterseite bleibt standhaft verschieden und keine Medea hat da den starken Zahn und die Zacken der äussern hellen Binde aufzuweisen. Aus dem oben Gesagten erhellt, dass Medea in kältern und nördlichen Gegenden dunkler, die Rostbinde des Mannes schmäler und krummliniger wird, aber die Zahl der Augenflecke, zumal beim Weibe, sich zur Vervielfachung hinneigt; dagegen in wärmern und südlichen Klimaten (Wallis, Spanien) das Schwarzbraun einen hellern, seidenglänzen- dern Ton annimmt, die Rostbinde breiter, geradliniger, lebhafter wird und die Augen- flecke in der Zahl wieder abnehmen. Ausser den, bei Freyer abgebildeten seltenen Varietäten möchte ich noch zweier hieher gehörenden, nicht minder merkwürdigen Falter erwähnen. Den einen fieng Buchbinder Blaser von Langnau auf dem Hohgrat im Emmenthal; es ist ein Weib mit sehr breiter rostgelber Binde ohne alle Spur von Augenflecken oder Punkten. Den andern (ein Mann) erhielt ich als eigene Art unter dem Namen Melancholica Bischof; er wurde von Hrn. Himminghofer in Spanien gesammelt und steht im Heyden- reich’schen Katalog 1846 zwischen Neoridas und Ligea. Grösse, Flügelschnitt, Stellung und Zahl der weissgekernten Augen, ganz wie bei den Oberhasler Männchen von Stygne, aber heller; die 3 Augen der Vorderflügel stehen in einer, vorn sehr breiten, aber rasch spitz zulaufenden, von dunkeln Adern durchschnittenen Rostbinde. Die 3 Augen der Hinterflügel sind mit kaum bemerkbaren dünnen Rostkreisen umgeben. Die ganze Unter- seite der 4 Flügel hat einen braunrothen Ton, die Hinterflügel eine Binde wie Medea, aber trübe und verloschen. Nur diese Bindenanlage der Hinterflügel verführt mich , diesen Falter bieher zu ziehen; doch möchte ich das eigene Artrecht nicht streitig machen. Unsere Medea ist in der Schweiz, hierseits und jenseits der Alpenkette, in der ganzen Hügelregion vom Jura bis an den Fuss der Hochalpen, überall an Waldsäumen und auf Waldwiesen bis auf 4800° ü. M. gemein. Sie erscheint um den 23. Juli und fliegt bis zu Ende Augusts. Die Weiber erscheinen erst um die Mitte der Flugzeit. Die mir noch unbekannte Raupe soll nach Ochsenheimer auf dem Hundsgrase (Dac- tylis glomerata) leben. NB. Melancholica ist in Keferstein’s crit. syst. Aufstell. entom. Zeit. 1851. p. 254 — 16 — als blosse Aberration von Stygne angeführt. Dahin kann sie wegen der zu verschiedenen Unterseite der Hinterflügel wohl nicht gehören; doch dürfte sie am passendsten zwischen dieser und Medea stehen. — Das Weibchen kenne ich nicht. 119.. Tigea L. Hübn. F. 225— 227. Freyer n. Beitr. I. Tab. 67. Meissner: »In den Wäldern und den an Wälder anstossenden Wiesen allenthalben ge- »mein. In den subalpinischen Gegenden, so weit die Laubwaldungen gehen, »von vorzüglicher Grösse und Schönheit. Eine schöne Varietät, bei welcher die »Binde grau, statt orangegelb erscheint, wurde im Bremgartenwalde bei Bern »gefangen und befindet sich in Hrn. Studer’s Sammlung. « Ligea bewohnt alle Formationen der Schweiz, vom Fusse des Jura an bis in die Thäler der Voralpen, besonders die mit Laub- und Nadelholz beschatteten, feuchten Wald- wiesen der Hügelregion von 1500 — 4000 ü. M. In Glarus (nach Heer) auch in der untern Alpenregion bis zur Baumgrenze hinauf. In milden, offenen Gegenden des Mittel- landes, wie um Schüpfen, Aarberg u. s. w., erscheint sie schon um den 22—25. Juni, in höhern, vielfach durchschnittenen Hügel- und Waldgeländen, wie um Burgdorf, auch auf den niedern Voralpen der Stockhornkette, z. B. am Gurnigel, gewöhnlich erst um den 6. Juli. Mitte Juli erscheinen die Weiber und um die Mitte Augusts hört der Flug ganz auf. Die in Schlesien gemachte Beobachtung, dass der Falter dort nur alle zwei Jahre vorkömmt und zwar in den Jahren mit ungeraden Zahlen, trifft bei uns nicht ein. In der Schweiz fliegt er alljährlich an seinen Wohnplätzen gleich häufig. Die grössten, schönsten Exemplare, mit fast sammtschwarzer Grundfarbe und lebhaft rostrothen Binden, aber gewöhnlich kleinen und nur theilweise weissgekernten Augenflecken fand ich stets um Burgdorf in den feuchten, hochbegrasten Waldtobeln der Buchenwälder, besonders an der Gysnau. Ebenso gross und prächtig ist ein Paar aus dem Vispachthale an der südlichen Walliser Alpenkette (vom 9. August), wovon sich das Männchen durch eine dunklere Rostbinde mit sehr kleinen, kaum weissgekernten Augenpunkten, und das Weibchen durch eine besonders breite, hell rostgelbe Binde auszeichnet, in welcher auf den Vorderflügeln der dritte Augenfleck fehlt und auf den Hinterflügeln nur 3 kleine blinde stehen. ’ — 11 — Ausgezeichnet durch grosse weisse Pupillen in stets vollzähligen Augenflecken sind die Weiber der subalpinen Region um Meyringen, sowie auch diejenigen vom Gur- nigel; hier haben auch die Männer fast durchgehends in allen Augenflecken weisse Pupillen. Kleiner und schmächtiger, mit spitzern Vorderflügeln als bei uns, kömmt Ligea in Norddeutschland vor. Drei Männer vom Riesengebirge (die ich Hrn. Standfuss verdanke) sind kaum so gross als Freyer’s Bild 1. Tab. 67. Eine Annäherung oder Verschmelzung mit der nahen Euryale ist durchaus unwahr. Am 10. Juli 1848 habe ich am Obergurnigel beide Arten genau beobachtet. Oberhalb dem Schwarzbrünnliwald bei circa 4000' berühren sich beider Fluggrenzen. Ligea flog da beständig nur an dem Waldsaume auf Gesträuchen herum, fiel durch ihre Grösse schon von weitem in die Augen, während Euryale zu Tausenden immer auf der sumpfigen Grasfläche mit H. Pharte, Oeme und Satyrion sich herumtummelte und sich stets nur auf Blüthen und Halme, niemals auf Gesträucher und Bäume niedersetzte. Die Raupe ist mir noch nicht vorgekommen. Nach Freyer ist sie kurz, dick, grau- lich-beingelb, mit dunkler, weissgesäumter Rückenlinie; sie überwintert in halber Grösse und findet sich im Mai erwachsen im Waldgrase, ist ungemein träge, frisst fast nichts, wächst langsam, verpuppt sich Mitte oder Ende Mai auf der blossen Erde und entwickelt sich zum Falter nach 14 Tagen bis 3 Wochen. 120. Euryale Esp. 1) Var. alpina: Adyte Hbn. 2) ” Philomela H. Hübn. F. 789. 790. 2 Var. Philomela (Gurnigelform). — (F. 908. 909. gehört als Varietät zu Medea). — F. 218. 219. 2 ist eine eigenthümliche Aberration von Var. Adyte, aber nicht Philomela, wie angegeben. — F. 759. 760. Adyte d. Freyer n. Beitr. I. Tab. 61. F. 3. 4. (als Euryale) ist unsere Adyte. — 1. Tab. 91. F. 1. 2. ist die schlesische Stammform Euryale. Meissner: »Ochsenheimer beschreibt unter diesem Namen einen Falter aus dem schle- »sischen Riesengebirge, der in mehrern Stücken von dem unsrigen abweicht. »Da ich diese schlesische Euryale in mehrern Exemplaren männlichen und weib- »lichen Geschlechts vor mir habe, so bin ich im Stande, eine genaue Verglei- »chung mit der unsrigen anzustellen, und nach dieser finde ich folgende Ver- »schiedenheiten : 233 — 18 — »1) Scheinen mir bei der schlesischen Euryale die Vorderflügel etwas mehr »in die Länge gezogen. »2) Hat die gelbe Binde derselben beidseitig eine geradlinige Begrenzung, »da sie bei der unsrigen in der Mitte stets etwas eingezogen ist. »3) Hat der schlesische Falter immer zwischen den beiden obern Augen- »punkten und dem untern noch einen vierten, etwas weiter nach dem Aussen- »rande hin stehenden Augenpunkt, der dem unsrigen standhaft fehlt. »4) Zeigt sich bei dem schlesischen männlichen Falter auf der Unterseite »der Hinterflügel eine deutliche orangegelbe Binde, von der bei unserm Falter »nichts zu sehen ist. »Sind diese Charaktere hinreichend, eine Artverschiedenheit darauf zu grün- »den, so wäre alsdann unsere Euryale eine neue Art, die noch in keinem »Werke beschrieben ist. »Dieser Falter ist übrigens in niedern Alpengegenden, so weit die Laub- „waldungen gehen, gemein. Die Augenpunkte sind meistens, besonders bei dem »Weibe, weissgekernt. Die Männchen haben öfters nur schwarze Augenpunkte „ohne weisse Pupillen. Dann und wann finden sich auch Exemplare, bei wel- »chen die Augen theils gekernt, theils blind sind, so dass diess nur eine ganz »zufällige Abänderung zu sein scheint.« Ueber diese beiden, von Meissner besprochenen Formen ist viel gestritten und deren Identität bald behauptet, bald wieder in Abrede gestellt worden. Unsere schweizerische Art wurde Adyte und eine zweite Varietät Philomela benannt. Auch ich war noch bis auf die jüngste Zeit der Meinung, dass diese Adyte eigene Art sei und habe meine An- sichten darüber in einem Aufsatz an Hrn. Pastor Standfuss weitläufig auseinandergesetzt ‘). Ich würde dieser Ansicht vielleicht jetzt noch sein, wenn nicht dessen gehaltreicher Auf- satz in der entomol. Zeit. 1848. pag. 46 einerseits und anderseits meine spätern Studien im Verlaufe gegenwärtiger Arbeit, mir eine richtigere Anschauungsweise beigebracht hätten. Hauptsächlich ist es das ganz analoge Verhältniss zwischen der schlesischen Cassiope und derjenigen der Berner Alpen, das mir am deutlichsten gezeigt hat, nach welcher Rich- tung und in welchem Sinne die Farben dieser Braunfalter mit Rostbinden und Augen- flecken hinneigen können. Beide Erebien nämlich, die unsere Alpen bewohnen, dann in entferntem Abstande in Schlesien wieder auftreten, sind in jenem nördlichern Lande *) Vide entomol. Zeit. 1851. pag. 298. — 19 — einer schönern Farbenbildung fähig, so dass sie dort, und nicht bei uns, als eigentliche Stamm- und Normalformen auftreten. Je tiefer in vertikaler und je nördlicher in hori- zontaler Richtung diese Falter vorkommen, desto mehr scheint die rostgelbe Farbe sowie die Bildung der Augenflecke zu gewinnen. Dem Süden zu, zumal in unsern Alpen, treiben klimatische Bedingnisse den Falter in höhere Regionen, wo wahrscheinlich auch geognostische und vegetabilische Einflüsse die Augenflecken der Oberseite vermindern und die hellen Farben der Unterseite verdüstern. Aus diesen beiden Extremen entstanden nun: a) die schlesische Euryale als Stammform (von Meissner oben erwähnt); b) unsere alpinische Euryale oder Pap. Adyte. Hr. Standfuss fand unsere Adyte auf dem Riesengebirge unter Schaaren der Stamm- form nur 5—8 Mal. Ich aber die reine schlesische Form unter Hunderten von Adyten nie- mals. An Mittelstufen fehlt es indess nicht, doch stets nur entweder auf der Ober- oder nur auf der Unterseite. Jetzt liegt es ausser allem Zweifel, dass Euryale, Adyte und Philomela nur Lokalformen einer und derselben Art sind, — dass Philomela in beiden Geschlechtern vorkömmt und nicht das Weib der Form Adyte ist. Meissner hat jedoch in der Aufzählung der Diffe- renzen zwischen Euryale und Adyte manche Dinge aufgefasst, die nicht stichhaltig sind und welche diese Extreme schwerlich unterscheiden liessen. Z. B. sind 1) Beim Mann die Vorderflügel der schlesischen Form nicht gestreekter als die von Adyte. 2) Die rostgelbe Binde gewöhnlich nur auf der Aussenseite gerader, dagegen ist sie meistens heller. 3) Der auf den Vorderflügeln herausgerückte Punkt Nr. 3 fehlt manchmal auch den Männern der Stammform, während ihn einzelne Adyte-Männer zeigen. Dagegen hat das Adyte-Weib oben nie mehr als 3 kleine weissgekernte Augenflecken in schmaler dunkler Rostbinde, während das Weib der Stammform auf breiterer, viel hellerer Binde 4 bis 5 hat. Ferner ist das Adyte-Weib kaum merklich grösser als der Mann, während das Weib der Stammform stets auffallend grösser ist. Endlich sind bei der Stammform die Augen- flecken stets in die Breite gezogen und bei dem Mann gewöhnlich blind; bei Adyte sind sie kreisrund und fast immer bei beiden Geschlechtern mit weissen Pupillen versehen. Die Unterseite ist noch auffallender, zumal die der Hinterflügel. Sie ist es haupt- sächlich, die das wichtigste Unterscheidungsmerkmal darbietet und welches einzig von den Meissner'schen 4 Criterien einen Werth hat. Hier hat das Männchen der Stammform vom — 10 °— Riesengebirge eine lichtere Färbung, auf welcher die gezackte Mittelbinde, dunkel-roth- braun, sich mehr oder weniger heraushebt; hinter derselben stehen die 2—5 Aeugelchen in rothgelben Strahlen oder Lichtkreisen, die zusammen eine hell abgesetzte Orangebinde bilden, und hinter derselben ist. bis an den Rand, wieder eine breite Binde von der Grundfarbe. Bei Adyte- Mann ist die Grundfarbe der Unterseite viel dunkler und jene Bindenanlage so verdüstert, dass von dem hellern Wurzelfelde gar nichts und von der rothgelb durchstrahlten Augenbinde nur zuweilen noch der weissliche Zahn und eine gräu- liche Begrenzung sichtbar ist. Die Augen selbst sind nur schwach mit Rostkreisen um- geben. Die Weiber sind auffallend verschieden; während solche, wie schon erwähnt, bei der Stammform grösser als die Männer sind, bleiben sie bei Adyte eher zurück. Die Oberseite, bereits oben unterschieden, bietet auf der Unterseite der Hinterflügel ein ähn- liches Verhältniss in der undeutlichen Bindenanlage dar. Während bei der Stammform das Wurzelfeld heller abgesetzt ist, die chocolatbraune Mittelbinde scharfbegrenzt die Fläche durchzieht, hinter ihr die Augenpunkte, meist 5 an der Zahl, in einer schönen, hellgelben, von schwarzen Adern durchschnittenen Binde stehen, finden wir bei Adyte das Wurzelfeld durch grauliche oder matte Bestäubung mit der Hauptbinde verwaschen, die Augenbinde verschmälert; statt: schön hellgelb, nur fahlgelb oder weisslich besprengt, nicht von dunkeln, scharfen Adern durchschnitten, und in derselben, statt 5 Augenpunkte, nur 2 oder gar keine. c) Eine dritte Form, die grösser als beide andern ist, mit gestrecktern Vorderflügeln und auf der Oberseite eine meist schmale, trübe, zerstückelte, krummbegrenzte Binde und beim Mann stets blinde Augen hat, fliegt auf dem Gurnigel; sie ist ein wahres Mit- telding und verbindet augenscheinlich die beiden Extreme; der Mann ist unten mehr Adyte, das Weib bald der schlesischen Euryale, bald dem Weib von Adyte ähnlich, indem bei einzelnen Stücken die Unterseite der Hinterllügel bald eine lehmgelbe, bald eine weiss- gezackte Binde, bald mit 2, bald mit 4—5 Augen führt. Diess ist offenbar Hübner's Philomela, welche er nur im weiblichen Geschlecht abbildete und für die man in der Folge jedes Adyte-Weib mit unten weissbesprengter Binde erklärte. Diese Gurnigelform fliegt dort zu Tausenden auf einer sumpfigen Alpwiese über dem Schwarzbrünnliwald, 4000‘ ü. M., mit Ligea, Oeme und Pharte, ändert ab in unzähligen Abstufungen , weit mehr als Adyte und Euryale, ohne indess das Eigenthümliche der gestreckten Flügelform dabei einzubüssen, so wenig als oben in einen vollkommenen Adyte-Mann oder in ein — 181 — unverkennbares Euryale-Weib überzugehen, wenn schon die entgegengesetzten Seiten manch- mal in der Zeichnung damit übereinstimmen. Es erhellt also hieraus, zu welchen auffallenden Veränderungen der Falter Euryale befähigt und wie gefährlich es ist, Artrechte auf einzelne Exemplare oder Lokalvarie- täten zu gründen. In solchen zweifelhaften Fällen kann nur eigene Beobachtung in der Natur und die Vergleichung eines sehr grossen Materials richtig entscheiden. Die Stammform Euryale finden wir in der Schweiz nicht; dagegen fliegt ihre mon- tane Form Adyte gleichzeitig in vielen Niederungen unserer Kalk- und Granitalpen, sowie auf dem Jura und in den Emmenthalerbergen , von 2800—4800' ü. M. vom 26. Juni au bis um die Mitte Augusts; am Weissenstein ob Solothurn (26. Juni), im Oberhasle- thal: bei Hoof hinter Meyringen, am Rosenlaui, in der Urweid bei Guttannen, Gadmen- thal, Aarbodenthal, an der Grimsel; im Reussthal, hinter Kandersteg am nördlichen Fuss der Gemmi sowie ob den Leukerbädern, am südlichen Fusse derselben; in den Waadt- länder Alpen ob Bex und Ormond; in Wallis; in den rhätischen Alpen und in den Glar- ner Alpen von der obern Grenze der Hügelregion an. . Die Var. Philomela fand ich nur auf dem Gurnigel. Die Raupe ist mir nie vorgekommen, doch hat sie Hr. Standfuss am 23. Juli 1849 auf dem Riesengebirge entdeckt und in der Zeitschrift für schlesische Insektenkunde 1849, Nr. 11 vortrefflich beschrieben und abgebildet. Sie ist der Ligea ungemein ähnlich, nur etwas dunkler beingelb, die dunkle Rückenlinie nicht weissgesäumt, dagegen beidseitig mit einem weisslichen, dunkelgesäumten Seitenstreif, den Ligea nicht hat. Die Futter- pflanze ist nicht angegeben. Nachtrag. Am Rosenlaui, 4160' ü. M., fand ich am 5. August dieses Jahres Eu- ryale in ausserordentlicher Menge, darunter eine solche Mannigfaltigkeit von Uebergangs- formen und Abweichungen, dass das Zusammengehören aller, sowie der obenerwähnten Hauptformen , vollständig erwiesen ist. Am zahlreichsten war daselbst die gewöhnliche Adyte, seltener die Mittelstufen zwischen dieser und der Gurnigelform; 2 männliche Stücke stimmen oben vollkommen mit der ausgeprägtesten schlesischen Stammform, unten wieder mit der gemeinen Adyte. Ein Pärchen besitze ich nun auch von Keitel aus Lappland. Das Männchen stimmt in der gestreckten Flügelform, in den kleinen, schwarzen, blinden Punkten der Rost- binde und in der Zeichnung der ganzen Unterseite durchaus mit der Gurnigelform; in den geradern, mehr zusammenhängendenRostbinden jedoch mit der Oberhasler Adyte. Das 2 ist ganz Adyte. Was und welche Bedingnisse der Natur solche zahllose Abwei- — 12° — chungen bei unserm Falter hervorrufen, wird schwer zu ergründen sein. Nur so viel ist anzudeuten, dass die Gurnigelrasse (Philomela) nur auf grobkörnigem Sandstein, die schlesische Stammform (Euryale) auf Granit, die Oberhaslerrasse (Adyte) aber auf allen Gebirgsformationen zugleich vorkömmt. 121. Goante Esp. Hübn. F. 233. 234. (als Scaea). Freyer n. Beitr. I. Tab. 79. F. 1. 2. ? Var. Styx: Freyer (vide bei Prono@ Nr. 117). Meissner: »Im August vornehmlich an der Südseite der Alpen, z. B. an der Grimsel, »am Simplon; doch hie und da auch auf der Nordseite, z. B. an der Grimsel- »strasse, von der Handeck bis Guttannen, an der Gotthardsstrasse von den »Schöllenen bis Wasen herab.« Stets einer der seltenern dieser Familie. Er hat ganz das Benehmen von Ligea, mit der er im Fluge sehr leicht verkennt wird. Alle mir bekannten Flugstellen sind nur in der Urgebirgsformation, an begrasten und gebüschreichen Abhängen, von 3300 bis 4500‘ ü. M. Er fliegt ungefähr vom 20. Juli an bis um das Ende des Augusts. Die ersten Stände sind noch völlig unbekannt. Meyenwand, Urbachthal, Handeck, Urweid bei Guttannen, Gadmenthal, Reussthal, auf einigen Waadtländer Alpen, z. B. Anceindaz, am Fusse der Diablerets und an der Tour d’Ay; südliche Walliserkette. Glarus in der untern Alpenregion, stets selten. Unter 11 Exemplaren meiner Sammlung bemerke ich keine erheblichen Abänderungen als in der Zahl der Augenflecke in der Rostbinde der Vorderflügel, indem der unterste kleine einem Männchen fehlt, ein Weibchen dagegen noch einen blinden Punkt mehr zwi- schen diesem und dem obersten Zwillingspaar hat. Eine auffallende Varietät, zumal auf der Unterseite, wäre Freyer's P. Styx (n. Beitr. II. Tab. 121. F. 4), wenn sie wirklich hieher und nicht zu Prono& gehört. (Vergl. meine Ansichten hierüber bei Prono@ Nr. 117. pag. 169.) 122. Gorge Esp. Hübn. F. 502—505. Freyer n. Beitr. I. Tab. 79. F. 3. Meissner: »Auf den höhern Alpen, vornehmlich auf steinigem, schieferigem Boden, »z. B. auf der Neunenen (Stockhornkette), auf der Daube der Gemmi, ganz — 193 0 — »oben auf Cherbenonalp. Das Männchen wird oft ohne Augen und Punkte auf »der Oberseite angetroffen.« Findet sich nicht nur auf den Kämmen der Alpen, sondern in höhern Berggegenden auch schon am Fusse derselben, wie auf der Südseite der Gemmi, an den Felslehnen oberhalb dem Leukerbad und zwar in wachsender Menge, von 4800—7000' ü. M. Be- sonders häufig fieng ich ihn am 11. August auf der Daube in mannigfaltigen Abänderun- gen beider Geschlechter, mit mehr oder weniger und auch ohne Augenpunkte, was in- dess meist nur beim Weibe vorkömmt (Var. Erynnis Esp.). Die Flugzeit dauert von Anfangs Juli bis um die Mitte Augusts. Brienzer Rothhorn, Breitbodenalp, Gemmi, Alp Anceindaz, Walliser-, rhätische und Glarner Alpen. Raupe unbekannt. 123. Manto F. Hübn. Tab. 45. F. 107. 108. — F. 512 —514. Freyer n. Beitr. I. Tab. 85. F. 1. 2. Meissner: »Häufig auf den höchsten Alpen bis zur Grenze des ewigen Schnee’s. Er »ist von allen Faltern dieser Familie derjenige, der am weitesten hinauf über »alle Vegetation angetroffen wird.« Dieser, fast auf allen Alpen Europa’s, von den südlichen Pyrenäen an bis in’s nörd- liche Lappland vorkommende Falter ist auch bei uns ein sehr zahlreicher Bewohner sämmtlicher Kalk- und Granitberge der Alpenkette, von 3050' an bis 9000 ü. M. Auf dem Jura kömmt er nicht vor. In den untersten Regionen erscheint er schon um die Mitte des Juni (Zwirgi ob Meyringen, Obergurnigel und angrenzende Ausläufer der Stock- hornkette), in den mittlern um den 10. Juli (Gemmi, Grimsel, Aarbodenthal, Meyen- wand, Grindelalp und Gadmerberge), in den höchsten Regionen erst um den 25. Juli (Breitbodenalp im Oberhasle, Faulhorn, Schwarzhorn, Rothhorn, Hochalpen des Kien- thals u. s. w.). Es dauert die jeweilige Flugzeit in diesen verschiedenen Regionen 3 bis 4 Wochen. Wo er vorkömmt, fliegt er meist in kleinen Gesellschaften von 8—10 Stücken, zu- mal in den Vormittagsstunden an begrasten Felslehnen und an blumenreichen Fluhbändern herum, schiesst bei seiner Verfolgung wild und unstäten Flugs in Abgründe hinunter, oder auf weitern Grasflächen auf den Kämmen der Gebirge, in’s tiefe Gras, wo er oft vor den Füssen des Sammlers wie betäubt hineinfährt. Am 6. August (1850) sah ich ihn — 14 — oberhalb dem Todtensee auf der Grimselhöhe bei 7000' ü. M. schaarenweise vom stärk- sten Winde mit sichtbarem Wohlbehagen sich herumschaukeln lassen; eine Beobachtung, die auch ein Sammler aus Oberhasle häufig gemacht hatte. Nach lange anhaltendem Umhertreiben fielen dann die Falter girre und betäubt auf den Rasen nieder und liessen sich mit den Händen aufheben. Manto kömmt in mannigfaltigen Abänderungen, zumal auf der Unterseite, vor, woraus die ältern Autoren, wie Esp., Borkh., eine Menge eigener Arten gebildet hatten, wie P. Castor, Pollux, Lappona, Erina, Pandrose, Aglauros, Zilia und Baucis. Alle diese vagen Abänderungen gründen sich aber nur auf die, bald grauere, bald braunere, bald mehr oder weniger ausgedrückte, oft auch ganz fehlende Mittelbinde auf der Unter- seite der Hinterflügel; dann auf die Zahl oder das gänzliche Fehlen der schwarzen Rand- punkte. Auf der Oberseite sind die Abweichungen unerheblich. Eine stabilere Varietät, die mir indess bis jetzt nicht vorkam, soll Oenus HS. Tab. 61. F. 291. 292. aus Russland, sein. Von den ersten Ständen des Falters ist gar nichts bekannt. 124. Tyndarus Esp. (Dromus F. Boisd.) Hübn. F. 971— 9714. Freyer n. Beitr. I. Tab. 80. F. 1. 2. Var. Neleus Fr.: Hübn. F. 209—212. (Cleo.) Freyer n. Beitr. I. Tab. 80. F. 3. 4. Esp. (Cassioides.) HS. Tab. 37. F. 169. — Tab. 58. F. 275. (Dromus.) Meissner: »Sehr gemein auf den Alpen, immer aber oberhalb der Laubwaldungen und »bis zu den höchsten Regionen hinauf.« ‚ Auf allen Kalk- und Granitbergen der ganzen Alpenkette von 4000 bis 7000' ü. M. überall und meist in grösster, vorherrschender Menge auftretend, vom 5. oder 6. Juli an bis in die ersten Tage Septembers. Nur auf dem Jura und auf der Sandsteinforma- tion des schweizerischen Mittellandes kömmt er nicht vor. Obergurnigel, Stockhorn, Oberhasleralpen, Gemmi, Walliserberge, Hohgant und rhätische Alpen. Der Falter variert in zwei Richtungen: 1) In Form und Grösse. Am grössten, mit den spitzesten Vorderflügeln, dabei — 19 — mit sehr beschränktem Rostroth um die Augenflecke, sind die Exemplare der niedern Voralpen, wie des Obergurnigels. Sie stimmen in der Zeichnung mit Freyer’s I. Tab. 80. F..1. 2. 2) In der Färbung: Kleiner, mit gedrungenern, abgerundetern Vorderflügeln, mit breiter, einwärts vertriebener Rostbinde, sind die der höhern Alpen, zumal der Breit- bodenalp und der Daube; sie gehören nach ihrer Zeichnung zu Freyer’s Neleus (Tab. 80. F. 3. 4). Exemplare von den Pyrenäen stehen zwischen diesen beiden in der Mitte; sie haben die Kleinheit der letztern, aber die spitzen Vorderflügel und die beschränkte Rostbinde derjenigen des Gurnigels; sie zeichnen sich aber von beiden Formen aus: (auf den Vorder- flügeln) durch grössere Augenflecke mit starken weissen Pupillen. Tyndarus fliegt meist gesellschaftlich mit Gorge und Manto, niedrig und gemächlich auf dem kurzen Alpenrasen, besonders auf den Kämmen der Gebirge. Das seltene Weib erscheint stets später. Auch von dieser, so gemeinen Art sind die ersten Stände ganz unbekannt. Eine, gewiss dahin gehörende, kleine, grünliche Puppe fand ich am 7. Juli 1848 unter einem Stein auf dem Gipfel des Obergurnigels, brachte sie aber nicht zur Entwicklung. Genus: Chionobas. Boisd. (Hipparchiae O.) 125. Ac&llo Esp. Hübn. F. 519—521. — F. 141. 142. (als Norna). Meissner: »Eine der neuern Entdeckungen auf unsern Alpen (1818). Er fliegt im Juni »und Juli auf der Grimsel, an der Meyenwand, an der Südseite der Gemmi. »Ich habe ihn auch im Surenenthale hinter Engelberg und neulich erst auf dem »Wallalpgrat am Fusse des Stockhorns gefunden.“ Die Gattung Chionobas hat einen ganz eigenthümlichen Charakter der Färbung. Alle dahin gehörenden Arten zeigen entweder eine okergelbe oder eine düster graubraune, meistens sehr dünne, locker aufgetragene Bestäubung, wie wir sie bei keiner andern Hipparchiengattung finden. Die meisten sind nur im hohen Norden, in der Polarregion, in Lappland und Scandinavien einheimisch und sind sich unter einander in ihren dü- stern, matten Zeichnungen ungemein ähnlich, wegen ibrer fernen Wohnplätze jedoch nur als Seltenheiten in den grössten Sammlungen anzutreffen, wie Norna, Jutta, Balder, Bootes, Bore, Oeno und Also. Die zwei letztern sollen sogar nur durch Händlerspeku- 24 — 16 — lation aus den nördlichsten Küstenländern Amerika’s, von Labrador her, als Europäer in den Tauschverkehr eingeschmuggelt sein. Eine, schon lebhafter gezeichnete Art (Tarpeja) fliegt im östlichsten Russland, aber die vollkommenste, einem grossen Wechsel der Zeichnungen sich hinneigende Art tritt erst in den Östalpen und in der südlichen Alpen- kette, Kärnthen, Tyrol und Savoyen und in unserem schweizerischen Hochlande auf, näm- lich unser vielgeschätzte A &@llo. Dieser Falter bewohnt in den Kalk- und Centralalpen nicht sowohl die höchsten Kämme, wie die deutschen Autoren angeben, sondern vielmehr die mittlern Regionen zwischen 4000—6000' ü. M. und steigt von da, wie Cynthia, oft ganz in die tiefen Berg- thäler bis auf 2000' ü. M. an den Fuss der Vorberge herab. Er ist einer der am frühesten erscheinenden und zeigt sich mit P. Hiera an sonnigen Orten schon bald nach der Schnee- schmelze, so im ganzen Oberhaslethal; bei Meyringen schon in der Sandey, an der Rothen- fluh, Kaltbrunnenalp, an den Felsen zunächst bei der Aarbrücke, auf dem Zwirgi bis hinauf in’s Rosenlaui, vom 28. Mai an bis zu Ende des Juni. Auf höhern Alpen, wie auf der Breitbodenalp, dann am Grimselpass oberhalb der hellen Platte bis zum Hospiz, von Anfangs Juli bis um den 6. oder 10. August. In den Glarner Alpen ist er von Heer - nicht angegeben. A&llo fliegt gewöhnlich in kleinen Gesellschaften in Felsgegenden herum, flattert tau- melnd um die hervorwachsenden Saxifragen und Ericeen herum, setzt sich aber meist nur und zwar mit aufrecht gestellten Flügeln, auf Geröll und Felsblöcke, wo er nicht leicht zu erhaschen ist. In Oberhasle erscheint er nur alle zwei Jahre, und zwar in denjenigen der geraden Zahlen; so war er 1846, 1848 und 1850 gemein. Ob diese Periodität auch in andern Alpgegenden stattfindet, ist meines Wissens nicht beobachtet worden; indess bezeichnen auch die Einsammlungen von Freyer auf der Schlükenalp in Tyrol (1842) und die von Nickerl in Oberkärnthen und Salzburg (1844) nur Jahrgänge mit geraden Zahlen. In der hellern oder dunklern Grundfarbe und in der Breite der fahl-braungelben Binde weicht der Falter sehr ab, aber mehr noch in der Zahl der Augenflecke, zumal beim Weibe, von dem ich in einer Reihenfolge von 12 Exemplaren ausnehmend schöne Abänderungen besitze, auf den Vorderflügeln von 2 Flecken an, bis auf 5. Auf den Hinterflügeln wechseln sie von 1 bis 3. Die ersten Stände von A&llo sind unbekannt. — 197° — Genus: Satyrus Boisd. (Hipparchiae O.) 126. Cordula F. Hübn. F. 619. 620. 2. — F. 969. 970. d. — F. 149. 150. g (als Bryce). — F. 724—727. 3 und *$ (als Bryce). — Var. F. 132. 133. 2 (als Peas). Meissner: »In Wallis im Juli und August, auch in der Waadt bei Bex sehr gemein. Auch »auf der Wengernalp ist er gefangen worden (hier hat wohl eine Verwechslung »mit Aöllo- Weib stattgefunden, Meyer). Das Weib variert sehr in der Anzahl »der Augenflecke auf den Vorderflügeln. Hr. Professor Studer fand einst. bei »Raron in Wallis die Raupe dieses Schmetterlings und brachte sie auch zur »Verwandlung. Sie unterschied sich in Bildung und Zeichnung fast gar nicht „von der der Proserpina, die in Wiener Verz. Tab. I. a. F. 9. abgebildet ist.« Hübner bildet diesen Falter in beiden Geschlechtern (als Cordula und Bryce) in meh- rern Varietäten ab. Es hat sich aber herausgestellt, dass Ochsenheimer’s Bryce ein anderer, südrussischer Falter ist, der mit unserer Schweizer- oder Hübner’s Bryce (dem wahren Manne von Cordula) keine Gemeinschaft hat. Ich besitze von Hrn. Hopffer einen, als Bryce- Varietät erhaltenen männlichen Falter aus der europäischen Türkei, der mit dem Ochsen- heimer’schen gewiss identisch ist und wirklich von dem unsrigen bedeutend abweicht. Hübner’s Hippodice F. 718—19 scheint das $ dazu zu sein und in diesem Falle muss für unsern Schweizerfalter der eingenistete Beiname Bryce ganz wegfallen. Bei dem schweizerischen CGordula-Mann sind die Abänderungen nicht erbeblich. Die einzige ist die, wo auf den Vorderflügeln zwischen den beiden Augenflecken öfter noch 2 weisse Punkte sich zeigen, dagegen häufig der bläulich gekernte Augenfleck am Afler- winkel der Hinterflügel ausbleibt. Die Männchen stimmen ganz mit Hübn. F. 969 —70. Das Weib aber ist unendlichen Abänderungen an ein und denselben Flugstellen un- terworfen, so dass kein Stück dem andern vollkommen gleicht. Ich habe Exemplare aus Wallis, wo die okergelbe Binde auf den Vorderflügeln zerstückelt und verwaschen ist und auf den Hinterflügeln ganz fehlt. Andere, wo sie auf allen Flügeln gleich schwach und düster ist, und eines, wo diese Binde so breit und scharf begrenzt, wie bei dem sizi- lischen Aristaeus hervorsticht. Bei diesem letztern sind auch die Augenflecke besonders gross und es hat sogar der obere 2 weisse Pupillen. Auf der Hinterflügelbinde stehen am Innenrandwinkel bald 2, bald nur 1, bald gar keine Augenpunkte. Zwei Weibchen vom Monte Mariano bei Spalatro in Dalmatien (vom Juli 1850), die 2 Dr ich von Hrn. Mann’s Ausbeute erhielt, sind von allen Wallisern darin verschieden, dass die Grundfarbe der Oberseite viel matter, fast graubraun ist und von der ockergelben Binde nur eine Spur auf den Vorderflügeln, gar nichts aber auf den Hinterflügeln übrig bleibt. Die Augenflecke der Vorderflügel sind auch viel kleiner und die weissen Punkte dazwischen nur verloschen. Auch die ganze Unterseite aller Flügel ist etwas dunkler. Es ist diese trübe dalmatische Varietät um so merkwürdiger, als sonst in jenen Südländern gerade die hell rothgelben Farben die Oberhand gewinnen und brennender werden. Cordula fliegt in der Schweiz nur am Fusse der sehr heissen Berglehnen jenseits der Berner Alpenkette, in Wallis und in der südöstlichen Waadt, zumal auf felsigen, mit einzelnem Gebüsch und Föhren bewachsenen Grasabhängen und sonnigen Waldwiesen, besonders um Bex, Aigle, Sitten; dann von Salgetsch hinauf bis zur Felsgallerie (Finsterloch) über der Dala. Vom Rhonegletscher herkommend, finden sich die ersten Stücke schon unter- halb dem Vieschwalde bis nach Brieg hinunter, von 2200—2900' ü. M. An diesen glüh- heissen Berghalden des Kalkgebirges ist der Falter von Mitte Juni an bis um die Mitte Augusts gemein. Er fliegt langsam und gravitätisch, setzt sich meistens auf Blumen und fällt, besonders auf schattigen Grasstellen, herrlich in die Augen. Am 10. August (1850) fand ich bei Salgetsch und ob Varon am Finsternloch meistens nur noch Weiber, aber in prächtigen Exemplaren, in zahlreicher Gesellschaft von Phaedra, Apollo, Alcyone, Podalirius, Didyma, Zyg. Ephialtes Var. Trigonella und Bomb. Hera. Die Männer waren meistens schon abgeflogen. Virbius (Freyer n. Beitr. V. Tab. 463. F. 1.2) aus Russland, nähert sich der Cor- dula, zumal den dalmatischen Exemplaren. Er ist aber kleiner, die ockergelbe Binde auf der Oberseite des 2 ganz erloschen. Auf der Unterseite der Vorderflügel fehlt beiden Ge- schlechtern die charakterische, zackige Querlinie vor den Augenflecken und auf den Hin- terflügeln ist die weissliche Mittelbinde nur noch beim 3 angedeutet. Hr. Keferstein (crit. syst. Aufst.) hat sowohl die oben erwähnte Bryce Ochsenh. als auch diesen Virbius als Varietäten zu Cordula gestellt. Die russischen Entomologen werden uns s. Z. über den wahren Sachverhalt Klarheit zu verschaffen wissen. Nach Erichson (Bericht über die wissensch. Leistungen von 1844. pag. 77) ist dieser Virbius die wahre Hipp. Bryce Ochsenh. Zu Phaedra, mit welcher ihn Freyer vergleicht, kann er wegen der fast ungezähnten Hinterflügel und des ungeschäckten Fransensaums auf keinen Fall gehören, obschon er in Färbung und Zeichnung ihr näher als zu Cordula steht. Freyer’s Bilder von Virbius sind zwar in mehrern Dingen von Ochsenheimer's Beschrei- . bung von Bryce abweichend ; z. B. fehlen dem JS (F. 1) auf der Oberseite die weissen — 19 — Punkte zwischen den beiden Augenflecken, ferner auf der Unterseite der Hinterflügel die weissgraue Marmorirung. Hierin finden wir aber auch bei unsern Cordula- und Phaedra- Exemplaren häufige Modifikationen, so dass diese Charaktere nicht als wesentliche gelten können und der Vereinigung des Virbius mit Bryce O. auch darum nichts entgegensteht. Es stellt sich somit als sehr wahrscheinlich heraus, dass 1) meine oben erwähnte Var. Bryce von Hopffer, 2) die Ochsenheimer’sche Bryce, 3) die von Herrich-Schäffer und 4) Freyer's Virbius alle als örtliche Varietäten zu einer und derselben Art gehören, und mit Bryce Ochsenh., nicht aber mit unserer Cordula zu vereinigen sind. Im Sy- steme kömmt dieser, in Südrussland und der Türkei einheimische Falter, genau zwischen unsere Cordula und Phaedra. N 127. Phaedra L. Hübn. F. 127—129. Freyer n. Beitr. IV. Tab. 373. nebst der ganzen Verwandl. Meissner: »Bei Bern an einigen Orten im August nicht selten. In Wallis allenthalben »sehr gemein, die Weibchen daselbst oft von ausserordentlicher Grösse und »Schönheit.« Erscheint um den 20. Juli und fliegt bis um die Mitte Augusts in der Alpenkalk- und der Molasseformation, doch nur an einzelnen Stellen der wärmern Schweiz, sehr häufig. An vielen andern fehlt er ganz. Seine Flugstellen sind stets grasige, von zerstreuten Ge- büschen beschattete Berghalden und feuchte, hochbegraste Wiesen gegen die Thalgründe hin- unter; im Mittellande auch lichte Erlengehölze und moorige Stellen der Eichwälder. Waadt, auf dem Jorat gemein. Wallis, an den Abhängen zwischen Siders, Salgetsch, Varon, auch bei Gamsen, Möril und Viesch in grosser Menge (8—10. August). Im Kanton Bern nur in wärmern Geländen, z. B. am Thunersee, bei Gunten am Fusse des Beatenbergs (22. Juli), bei Neuenstadt am Bielersee (13. August), in der Gegend von Aarberg, zumal im Walde bei Worben (3—20. August); um Burgdorf fehlt er ganz; im Kanton Zürich auf moorigen Bergwiesen, und von da nordöstlich bis an den Bodensee stellenweise ge- mein. Wohl nirgends höher als 2800’ ü. M. Die Walliser, besonders die zwischen Salgetsch und Varon, sind, wie Meissner er- wähnt, wirklich von ausnehmender Grösse und Schönheit. Die Männer so gross wie die von Cordula und mit viel grössern Augenflecken als alle die, hierseits der Alpenkette (welche letztere ganz mit meinen Schlesiern vom Zobtenberg übereinstimmen). z iM > Die Weiber übertreffen an Grösse oft Freyer’s Bild (n. Beitr. IV. Tab. 373) und haben ‘ noch grössere Augenspiegel. Auch sind die Hinterflügel stärker gezackt. Auf der Unter- seite zeigen sich alle möglichen Uebergänge. Die Raupe kenne ich in der Natur nicht. Nach Freyer, der sie am a. ©. sehr schön abbildet und beschreibt, gleicht sie derjenigen von Proserpina; bleich beingelb, mit dunk- lern und weissen Längslinien, nach hinten schmal, zweispitzig auslaufend, steif, hart, wie gefroren anzufühlen und ungemein träge. Freyer schöpfte sie am 8. Mai halb erwachsen auf gemeinem Gras. Die Verpuppung geschah ohne alles Gespinnst auf blosser Erde erst Ende Juni, und der Falter entwickelte sich nach 4 Wochen. 128. Allionia Esp. Varietas Statilinus. I. b. Hübn. F. 507 — 509. 2. 510. 511. 3 (nicht aber F. 115. 146. 818. 819, welche sämmtlich zur südlichen Stammform gehören). Freyer n. Beitr. VI. Tab. 499. F. 2. 3. HS. Tab. 39. F. 177. Meissner: »Ich muss bekennen, dass mir die Artverschiedenheit der beiden Falter »(Allionia und Statil.) noch nicht klar erwiesen scheint. Es ist hier der Fall wie »bei Hermione und Alcyone. Im untern Wallis, von Martinach bis Varon, fliegen »diese Schmetterlinge im Frühjahr und besonders im Spätherbst in grosser Menge »und es liessen sich da solche Uebergänge nachweisen, dass man nicht weiss, »ob man sie für Allionia oder für Statilinus ansehen soll. Mir scheint es fast, »als wenn Statilinus nur verflogene Exemplare von Allionia wären.“ Wie sehr dieser Falter nach Klima und geographischer Verbreitung abändert, be- weisen die vielen Namen, unter denen er aus verschiedenen Gegenden, als ebenso viele Arten, versandt wird. Nach meinem Dafürhalten gehören sie alle zusammen; denn ob- wohl die Extreme ganz auffallend von einander abweichen, so lassen doch die Mittel- stufen ihren Anschluss nach beiden Richtungen kaum verkennen. Als den eigentlichen, von Ochsenheimer gemeinten, wahren Statilinus hält man (und mit Recht) die kleinste norddeutsche Form 1. a), wie wir sie aus Braun- schweig, Berlin, Danzig und aus Schlesien erhalten; sie ist treu abgebildet in Freyer’s — 1 — n. Beitr. VI. Tab. 499. F. 2.3. In dieser Kleinheit kömmt er in der Schweiz nicht vor; aber zunächst sich ihm anschliessend, ist I. b) unser Schweizer- und Tyroler-Stati- linus (Hübn. F. 507 — 511), den Freyer (VI. pag. 30) und theilweise auch Meissner, irrthümlich schon für die südliche Allionia hielt. Wohl ist er grösser, die Hinterflügel, zumal beim Weibe, viel stärker gezackt; die Unterseite der Hinterflügel nicht blaugrau, wie beim nordischen, sondern mehr gelbgrau, mit bräunlichen Atomen, mit nur einer zackigen Mittelbinde und weisslichem Staubstreifen ausserhalb derselben. Diese Form ist wahrscheinlich die nämliche, die Zeller auf den Apenninen über Fuligno fieng (Isis 1847. pag. 134). Sehr nahe verwandt mit ihm, ist 1.c) Pap. Martianii Bisch. aus Spanien und Odessa; wenigstens finde ich an meinen, von Bischoff erhaltenen Exemplaren, keinen weitern Unterschied gegen die Walliser, als dass bei Martianii die Hinterflügel auf der Unterseite einen noch mattern, gelblich-grauen Ton haben, der weniger mit Atomen be- sprengt ist; auch sind 2 zackige Linien, nämlich noch eine zweite gegen die Wurzel zu, bemerkbar. Beim Weibe von Martianii ist dieser gleichmässige gelbgraue Ton, ohne alle Atome und ohne weissliche Querbinde noch auffallender. Doch zeigt auch unser Walliser Sta- tilinus hierin manche Veränderlichkeit. Etwas, das indess den Martianii auszeichnet und ihn der Allionia nahe stellt, ist auf der Unterseite der Vorderflügel die dunkle Linie, die, ausserhalb der Augenflecke, parallel dem Aussenrande nach zieht, und die ich bei unserm Statilinus weder bei Mann noch Weib bemerke; doch scheint mir auch dieses Merkmal zu unerheblich, um diesen Martianii von dem Schweizer- und dem apenninischen Sta- tilinus artlich zu trennen. Nun kömmt als ausgebildetste, grösste Form, fast wie Fidia, 2) Die wahre Allionia, wovon ich leider nur noch den Mann besitze, der von “ Ochsenheimer ganz getreu beschrieben ist. So wie die kleinen, deutschen Falter im Nor- den das eine Extrem bilden, so bildet diese grosse Allionia im Süden das andere. Sie ist das, was Hübner (F. 145. 146. und 818 — 819) abgebildet, was Zeller aus Sizilien brachte und Isis 1847. p. 133 als Var. Australis beschrieb. Etwas kleiner, mit schwächer gezackten Hinterflügeln und nicht so hellweissem Fransensaume, fliegt sie schon bei Neapel. Zu diesen möchte vielleicht Hübner’s F. 510 gehören, die aber viel zu hell gefärbt ist. Ganz so kömmt sie auch in Kleinasien vor, woher ich 2 männliche Stücke von Brussa er- hielt, wo sie von Hrn. Mann im August an schr heissen Berglehnen gesammelt wurden. Eine blosse Aberration der grossen Allionia und weiter gewiss nichts, ist Freyer's ni P. Fatua von Konstantinopel (n. Beitr. V. Tab. 415. F. 3. 4), welche Zeller fast über- einstimmend auch in Sizilien fieng. » Diese sämmtlichen Falter alle sind offenbar nur klimatische Formen einer und der- selben Art, nämlich von Allionia; von denselben besitzt die Schweiz nur eine und zwar den Statilinus 1. b). Derselbe fliegt meines Wissens nur in Wallis, und zwar durch’s ganze Hauptthal von Martigny bis nach Brieg hinauf, am Fusse des Simplon. Ob auch im Frühjahr (wie Meiss- ner sagt), habe ich nicht näher erfahren können. Manche Jahre zeigt er sich dort, zumal auf trocknem Kalk- und Sandboden, wie auch an Felsen, in wahrer Unzahl ; seine Flug- zeit ist von Mitte Augusts bis gegen Ende Septembers. Raupe unbekannt. 129. Hermione L. Hübn. F. 121—124. Meissner: »Im Juli und August besonders in Oberwallis sehr gemein. Sie kömmt auch »längs dem Jura, z. B. bei Biel u. s. w. vor und soll sich auch in der Gegend »von Bern an einigen Orten finden. Mir ist sie indess hier niemals vorgekommen.« Sie bewohnt immer trockene, felsige Gegenden der Kalkformation am Fusse der Berge, erscheint gewöhnlich um den 10. Juli und fliegt bis um die Mitte Augusis. Im bernischen Mittellande in’der Molasseformation,, sowie in der nordöstlichen Schweiz scheint sie zu fehlen; dagegen findet sie sich noch am Fusse der Waadtländer Alpen, doch immerhin ziemlich sparsam. Nach Öchsenheimer lebt die Raupe auf dem wolligen Rossgrase (Holcus lanatus). NB. Ein Mann vom Monte Mariono bei Spalatro (Dalmatien), in meiner Sammlung, unterscheidet sich von meinen Oberwallisern durch bedeutendere Grösse und auf der Unterseite der Hinterflügel durch ein sehr helles, schwarzgetüpfeltes Wurzelfeld, auf welchem sich die innere und die Grenzzackenlinie besonders stark auszeichnen. Bei einem Walliser Männchen vom 9. August (Finsterloch) ist oben die Binde der Vorderflügel ungewöhnlich stark verdüstert. 130. Alcyone Hübn. O. Hübn. F. 125. 126. Meissner: »Esper und Borkh. (auch Boisd.) betrachten diese und die vorhergehende »nur als Abänderungen einer Art, und wir sind nicht abgeneigt, ihnen Recht — 18 — »zu geben, denn in Wallis z. B., wo beide Falter unsäglich häufig an den »gleichen Orten vorkommen, haben wir oft Exemplare gefangen, von welchen »es schwer hielt, zu bestimmen, ob sie zu Hermione oder zu Alcyone gehörten. »Und gleichwohl- scheint der Umstand, dass man an andern Orten, wie z. B. »am Jura, unter den Hermionen nie eine Alcyone, und an andern unter den »Aleyonen nie eine Hermione findet, wie z. B. bei Dresden nach Ochsenheimer's »Versicherung, für die wirkliche Artverschiedenheit zu sprechen. « Ich muss bekennen, dass mir ein vollgültiges Urtheil über die wirklichen Artrechte dieses Falters schwer fällt, da ich ihn nur in Wallis und zwar nicht gesellschaftlich und vergleichend mit Hermione, beobachten konnte; doch stimmen die 12 Exemplare von Alcyone in meiner Sammlung (von Berlin, Stettin, aus Schlesien, Sachsen, wie auch die aus Wallis) alle mit der Ochsenheimer’schen Beschreibung überein und zeigen nur darin eine Abweichung, dass auf den Hinterflügeln das Wurzelfeld, sowohl oben als auf der Rück- seite, nicht immer einen gleich starken Winkel bildet; indessen sind die übrigen Unter- schiede standhaft und begründen, nach meiner Ansicht, die Artverschiedenheit hinreichend. Er fliegt in Ober- und Unterwallis in grosser Menge, sowohl im Thalgrunde an der Land- strasse, als auch, und zwar weit häufiger, an den sonnigen Abhängen der trocknen Kalk- berge, wo er sich meist an den Felsen oder auf Wegen niedersetzt. Höher als 3000‘ ü. M. sah ich ihn nirgends. Die Erstlinge erscheinen Anfangs Jul. Am 8. August fand ich ihn in Wallis meist schon sehr verflogen; besonders zahlreich um Lax und Grengiols auf schwarzem Schiefer- felsen, mit Semele und Eudora. Brieg, Leuk, Varon bis zur Felsgallerie ob der Dala, ge- mein; in der Waadt bei Lausanne, aber selten; um Zürich früher gemein, jetzt fast ver- schwunden. Die Raupe noch unbekannt. 131. Proserpina H. O. (Circe Fab. Boisd.) Hübn. F. 119—121. Meissner: »An dürren Halden, in der Nähe von Tannwaldungen im Juli, in der Ge- »gend von Bern an einigen Orten sehr häufig.« Fast überall im ganzen ebenen und hügligten Molassegebiet zwischen dem Jura und den Voralpen, vom 1. Juli an bis um den 10. September; besonders auf Landstrassen, die durch Tannwälder führen, auch an Steinhalden am Fusse des Jura. Gegend von Aar- 25 —— 191 — berg, Schüpfen, Solothurn, Burgdorf oft sehr gemein; seltener in der westlichen Schweiz. In der nordöstlichen ganz fehlend. Die Raupe fand ich einst um Burgdorf auf einem sehr sonnigen, steinigen Abhange über den Sandsteinbrüchen, auf Ruchgras (Anthoxanthum) am 7. Juni; sie verpuppte sich in der Erde und entwickelte sich zu einem weiblichen Falter am 8. August. 132. Briseis L. Hübn. F. 130. 131. Freyer n. Beitr. Vi. Tab. 481. nebst Verwandlung. Meissner: »An dürren Orten im August und September an manchen Orten, z. B. bei »Riggisberg, sehr gemein. Var. Pirata ist mir nie vorgekommen.« Häufig um die Mitte Augusts am Jura bei Biel; dann in der Waadt an sonnigen, magern Berglehnen im Ryfthal und an der Tour de Gourze; bei Genf am Fusse des Sa- leve. Um Burgdorf war er in den 20er Jahren sehr gemein auf dem damaligen, steinig- ten, unangebauten Richtplatz, wo er aber seit Langem verschwunden ist. Ebenso im Kanton Zürich, wo er um dieselbe Zeit auf trocknen Hügeln bei Dübendorf noch häufig war, obschon noch jetzt wie damals jene Stellen unbebaut sind. Briseis ist demnach nur noch an wenigen Lokalitäten zu finden und es scheint seiner ohnehin schwachen Fort- pflanzung, die immer mehr überhand nehmende Landeskultur sehr hemmend entgegen zu treten. Ein Männchen von Spalatro (Dalmatien) in meiner Sammlung, ist nur wenig grösser als die Jurassier und in der Färbung nicht verschieden. Dagegen besitze ich von der Var. Pirata, mit braungelben Binden, ein ausnehmend schönes Weib aus dem südlichen Russland, das die Grösse unserer gewöhnlichen Proserpina-Männer erreicht. Die Raupe von Briseis wurde erst vor 5 oder 6 Jahren von Dr. Nickerl bei Prag entdeckt durch Freyer (n. B. VI. Tab. 481) abgebildet. Nach diesem Bilde gleicht sie sehr der von P. Phaedra; sie ist kurz, spindelförmig, hinten in 2 Afterspitzen auslaufend, gelbgrau, mit 3 dunkeln und 2 hellen Längslinien; sie überwintert, lebt erwachsen im Mai und Juni auf den magern Flugstellen des Falters, im Grase, welches ihre Nahrung ist. Den Tag über ruht sie in der Erde; verpuppt sich freiliegend auf dem Boden und entwickelt sich als Falter vom Juli bis in den September. NB. Von der Varietät mit braungelben Binden (Pirata Hübn. F. 604—605) sind auch mir noch keine Schweizer-Exemplare vorgekommen. — 19 — 133. SemeleL. Hübn. F. 143. 14%. ein dunkles norddeutsches d. — F. 826. 827. 2. Meissner: »Im August an steinigten dürren Orten nicht selten. « Fliegt um die gleiche Zeit und an ganz ähnlichen Oertlichkeiten, wie Briseis, er- scheint aber einige Tage früher, ist weit allgemeiner verbreitet und erhebt sich auch in vertikaler Richtung höher, nämlich bis auf 4500‘. Am Jura, zumal bei Solothurn, Grenchen, Biel bis Neuenstadt u. s. w., überall an Steinhalden gemein; spärlicher in der Gegend von Aarberg, am Heiliglandhügel bei Burg- dorf, bei der St. Beatenhöhle am Thunersee; auf dem Gipfel des Obergurnigels mit sehr lebhaftem Rothgelb, fast wie die südliche Var. Aristaeus. Zürich, auf trockenen Berg- weiden gemein. Glarus (Heer). Waadt, auf dem Jorat, bei Chebres, an der Tour de Gourze und durch’s ganze Ryfthal. In Wallis überall an den sonnigen, magern Abhängen der Kalkberge in grosser Menge, besonders bei Varon, Lax, Grengiols und am Simplon. Bündten gemein. Semele hat in ihrem frechen, unabtreiblichen Betragen viel Aehnliches mit Briseis; bei Grengiols setzte sich mir ein Männchen auf den Stock meines Fanggarns, gerade als ich mit demselben ausgriff, um eine Alcyone zu fangen. Sie fliegt sehr rasch, ruht aber alle Augenblicke bald auf der Erde, bald auf Felsstücken aus, und zwar mit genau zu- sammenschliessenden, aufrechten Flügeln, so dass man in diesem Zustande das Thier selten gewahr wird. Ich habe in meiner Sammlung von Semele 10 Exemplare vom Jura, aus Wallis, von Spalatro in Dalmatien, von Bilbao in Spanien, und aus Schlesien; dann von der süd- europäischen Varietät Aristaeus 2 Männer, wovon einer aus Sizilien und einer ohne Vaterlandsangabe, welche alle unter sich bedeutend abweichen. Der Sizilianer ist so gross, wie bei uns die grössten Weiber, mit sehr lebhaft rothgelben, scharfbegrenzten breiten Binden über alle Flügel und 2 gleichgrossen Augenflecken auf jedem der Vorder- flügel. Der andere Aristaeus stimmt ganz mit Freyer's Bild Tab. 397. und stammt auch aus gleicher Quelle, von Anderegg (wahrscheinlich aus Andalusien). Er ist eher etwas kleiner als unsere hieländischen Semele-Männer; die rothgelbe Binde ist nur auf den Hinterflügeln so breit rothgelb, auf den Vorderflügeln aber düsterer und verwaschen, auch fehlt hier das untere Auge ganz. Dieser kleinen Varietät am nächsten stehen die grössern Dalmatier (Semele) mit 2 Vorder- Nügelllecken, dunkler Grundfarbe, lebhaft rothgelber, aber nur schmaler Bindenanlage, Be u besonders auf den Hinterflügeln. Das Weib ist von ausnehmender Grösse, wohl wie Hanifa Nordm. Nur wenig kleiner, aber von noch dunklerer Grundfarbe, sind die Walliser und das aus Spanien, welche auf der Oberseite genau unter sich übereinstimmen. Die rothgelben Flecke der Vorderflügel sind schmal und verdüstert, auf den Hinterflügeln jedoch sehr lebhaft, erreichen aber nur halb das zackige Wurzelfeld und stehen bis zu demselben auf graulichem Grande. Ganz gleiche Grösse und Fleckenanlage haben die Jurassier, nur ist alles Rothgelbe matter, und endlich bildet die letzte Stufe ein schlesisches Männchen, als das kleinste, matteste und mit sehr verdüstertem Rostgelb gefärbte Exemplar, ähnlich mit Hübn. F. 143. Dieses, gegen den schönen sizilischen Aristaeus gehalten, bildet nun allerdings ein Extrem, in welchem man die Identität der Falter kaum vermuthen sollte, wenn nicht alle die erwähnten Mittelformen die zartesten Uebergangsnüaneirungen erblicken liessen. Ich stimme daher ganz Hrn. Zeller bei, welcher den P. Aristaeus nicht für eigene Art, sondern als die vollendetste Südform der nordischen Semele betrachtet. Die Raupe von Semele kenne ich nur aus Boie’s Beschreibung, in Germar's Zeitschrift für die Entomol. 1. pag. 387, wo sie Freyer veröffentlichte. Boie entdeckte sie in den 30er Jahren auf dürren Plätzen, am Tage, dicht über den Wurzeln von Aira canescens und cespitosa, an deren Blättern sie des Nachts heraufkömmt und sich davon nährt. Sie soll etwas derjenigen von P. Hyperanthus gleichen, beinfarbig mit dunklen Streifen. Ver- puppung auf oder unter der Erde. 134. Eudora Fabr. Hübn. F. 160. 3 (Jurtina). — F. 163. 164. © (Eudora). Meissner: »In Wallis überall gemein.« Dieser, im Norden und Nordosten von Deutschland so sehr verbreitete Falter ist in der Schweiz nur auf einzelne wenige Theile des Südens und Nordwestens beschränkt, wo er aber (gleich wie Janira im Mittellande) in zahlloser Menge vorkömmt. So in Wallis überall an kalkigen, magern und trockenen Berghalden an der Sonnseite des Haupt- thales, von Viesch hinweg bis nach Martigny, dann von da hinweg im angrenzenden Theile der Waadt bis nach Aigle hinunter. Am Jura zeigt sich der Falter, wiewohl spärlicher, an mehrern Stellen, wie am Magglingerberge ob Biel und bei Neuenstadt. Die Flugzeit beginnt gegen Eude des Juni und währt bis nach. der Mitte Augusts. Am 8. August fand ich in Oberwallis, zwischen Möril und Viesch, die Männer meist schon = Mi = abgeflogen , während die Weiber erst frisch sich zu entwickelu begannen. Eudora bewohnt bei uns die Formationen des Alpen- wie des Jurakalks, und zwar hauptsächlich solche dürre, magere Bergabhänge, die nicht kultivirt, sondern mit Steinblöcken und verein- zeltem Föhrengebüsch bedeckt sind. Sie fliegt da gesellschaftlich mit Hipp. Cordula, Co- lias Hyale, Mel. Didyma und Zyg. Onobrychis, ziemlich rasch, und immer nur auf die nackte Erde oder auf Steine absitzend. Der Falter variert in beiden Geschlechtern: beim Manne bald mit, bald ohne alle Spuren einer fahlgelben Bindenanlage auf den Vorderflügeln und bald einem, bald zwei schwarzen Punkten in derselben. Beim Weibe mit mehr oder weniger verbreiteter ocker- gelber Grundfarbe und kleinern oder grössern Augenilecken. Bei einigen Weibern aus Wallis zeigt sich zwischen denselben auf den Vorderflügeln noch ein Punkt. Auf der Unterseite der Hinterflügel sind die Walliser allgemein mehr aschgrau, mit weisslicher, bindenartiger Bestäubung zwischen dem dunklen Wurzelfeld und dem Aussenrande, wäh- rend die deutsche Eudora (nach 5 Stücken von Wittenberg) einen mehr einfarbigen, bräunlichen Farbenton und keine so deutlich weissliche Binde zeigen. In ganz gleichem Verhältnisse wechselt dieser Farbenton der Unterseite auch bei der sehr nahe verwandten Rhamnusia Fr. (Lupinus. Costa). Die Freyer’schen Bilder (V. Tab. 457. F. 2. 3) dieses südlichen Falters, sind nach Originalen vom Aetna und stimmen hierin mit unserer Walliser Eudora, während 2 Rhamnusia-Männer in meiner Sammlung, aus Dalmatien, im Juni 1850 von Mann gesammelt, wieder den bräunlichen, gleichfarbigen Ton der nordischen Eudora zeigen. Da mir indess zwischen Eudora und Rhamnusia keing Uebergangsstufen bekannt sind und die ausnehmend dünnen Fühler der letztern, im Verhältniss zu der be- deutendern Grösse des Falters, etwas sehr Auffallendes sind, das keine Analogie in dieser Gattung darbietet, so möchte ich, gegen Hrn. Zeller’s und Keferstein’s Ansicht, Rham- nusia eher für eigene Art als für eine blosse südliche Rasse von Eudora’ halten. Die Raupe von Eudora ist {nach Treitschke) safıgrün, mit feinen, weissen Längs- linien und über den Füssen mit einem, aus verschiedenfarbigen Linien gebildeten Bande. Am After mit 2 gelb und rothen Spitzen. Sie lebt auf mehrern Grasarten. 135. Janüra O. Hübn. F. 161. 162. ®. Freyer n. Beitr. V. Tab. 464. F. 4. ein Hermaphrodit. Treitschke Handb. Tab. H. F. 2. 3. ein Hermapbhrodit. Meissner: »Vom Juli bis im September auf allen Wiesen sehr gemein.« IB — In der ganzen Schweiz bis an die subalpine Region hinauf bei 4000' ü. M. in un- zähliger Menge, überall wo nur Gras wächst; am häufigsten auf fetten Wiesen des Flach- und Hügellandes. Fliegt gewöhnlich mit Galathea und erscheint mit dieser zu gleicher Zeit; um Burgdorf stets um den 1. Juli; in mildern Gegenden, wie um Schüpfen, Aar- berg, Landschaft Basel, Aargau, meist 8—10 Tage früher; in Bündten sogar schon An- fangs Juni. Um den 20. August verschwinden die Männer zusehends. Die Weiber er- scheinen in Massen. Um den 8. September hört der Flug ganz auf. Von den zahllosen Abänderungen dieses Falters, in beiden Geschlechtern, sind in mei- ner Sammlung 21 Exemplare aufgestellt, um das Varieren nach den verschiedensten Rich- tungen bis zur spanischen Var. Hispulla zu zeigen (Hübn. F. 593—96). Eine sonderbare Monstrosität (doch kein Zwitter) ist ein weibliches Exemplar, das ich im Juli 1850 bei Burgdorf fieng. Der rechte Vorderflügel hat die gewöhnliche rothgelbe Binde, nur etwas trüber, während der linke, sehr verkürzte, keine Spur ‚davon zeigt. Die Unterseite ist aber auf beiden Flügeln gleich und von der gewöhnlichen Färbung nicht abweichend. Ein türkisch-asiatisches Weibchen (von Brussa), von Mann gesammelt, ist mit den hiesigen grössern Stücken durchaus übereinstimmend und bildet noch keinen Anschluss an die südeuropäische Var. Hispulla, wie ich sie von Montpellier und aus Granada besitze. 136. Tithonus Herbst. (Herse). Hübn. 156. 157. $. — 612. S. » Meissner: »Bei Zürich, zwischen Bern und Neuenburg, im Waädtlande u. s. w. nicht »selten.« Dieser Falter ist bei uns ein Bewohner einzelner milder Gegenden der nördlichen, nordöstlichen und südwestlichen Schweiz, wo er vom 27. Juli bis um die Mitte Augusts zahlreich an Waldsäumen und an grünen Hecken längs den Landstrassen, gleich wie Hy- peranthus, fliegt. Im Kanton Bern nur in der Gegend von Schüpfen und Aarberg, ver- breitet sich aber von da, dem Jura entlang, bis gegen Neuenburg und tritt in der Waadt längs der Küste des Genfersee's als ein sehr gemeiner Falter auf. An der Landstrasse zwischen Lausanne und Morsee sah ich ihn an allen Hecken in gross Menge. Im Kt. Glarus seltener (Heer). Meine Schweizer-Exemplare stimmen genau mit den deutschen (von Wittenberg) überein. Dagegen besitze ich ein, von Dahl aus Italien herrührendes Männchen, bei welchem die roth- gelbe Grundfarbe auf den Hinterflügeln sich viel weiter gegen die Wurzel verbreitet und za die dunkle Wurzelbestäubung, sowie der schwarze Vorderflügelstreif' nur verloschen sich zeigt. Die grüne, hell und dunkler gestreifte Raupe lebt (nach Treitschke) im Juni auf ge- meinem Weggras. 137. MaeraLl. Hübn. F. 174. 175. Var. Adrasta: Hübn. F. 836. 837. d. — F. 838. 839. ®. Meissner: »Im Juni und August auf Wegen und an steinigten Orten gemein. Sie va- »riert in Ansehung der hellern und dunklern Grundfarbe, sowie in der Grösse.« In der ganzen Schweiz überall an dürren, magern Berglehnen der Kalk- und der Molasseformation von 1000 bis 4400‘ ü. M., vom 7. Juni an bis um den 7. oder 10. Au- gust stellenweise sehr gemein und in den mannigfaltigsten Abänderungen mit mehr oder weniger Rothgelb und doppelten oder einfachen Augenflecken an der Flügelspitze; Zeller (Isis 1847 pag. 140) beobachtete bei Ancona die Varietät mit stark ausgebreitetem Roth- gelb und erhielt auch solche Exemplare aus Fiume (Var. Adrasta); er neigt sich zu der Ansicht (gestützt auf die etwas differirende Querlinie vor dem Auge auf der Unterseite der Vorderflügel), diese Adrasta für eigene Art zu halten. Sie ist es aber bestimmt nicht, da diese Querlinie nicht einmal bei der gemeinen Maera sich gleich bleibt und überdiess ‘Adrasta nicht nur im südlichen Europa, sondern, bis zur ausgebildetsten Form, auch bei uns in sehr heissen Bergthälern, wie in Wallis, in allen Uebergängen vorkömmt. Je mehr nämlich der Wohnort des Falters an einen frühen Frühling und eine grosse Hitze im Sommer geknüpft ist, desto stärker neigt sich die Tendenz zur südlichen, rothgelben Färbung. Die schwarzen Streifen treten verschmälernd zurück, die Flügelbehaarung wird blonder und die dunkle graubraune Grundfarbe wird im Süden durch die dominirende rothgelbe allmälig verdrängt. Diese Farbenänderung, je nach klimatischen Einflüssen, finden wir bei keiner Faltergruppe so deutlich ausgesprochen, wie bei Janira, Tithonus, Maera und Megaera. Aus diesem Grunde finden wir auch auf der Oberseite der Schweizer-Exemplare alle nur möglichen Äbstufungen, von der norddeutschen dunklen Maera bis zur sudeuropäischen hellen Adrasta. Die 23 Exemplare in meiner Sammlung bilden drei Hauptgruppen: 1) Die der Molasseformation des bernischen Mittellandes, auf rauben Hügeln, an Waldabhängen und Bergtobeln (Gysnau, Heiligland, Krauchthal), und die der Alpthäler _ iM (Meyringen, Hasle im Grund bis zur Handeck); sie sind die trübsten in der Grundfarbe; die rothgelben Flecke beim Manne schmal und verloschen, beim Weibe lebhafter und als Binde scharf abstehend;; sie stimmen auf der Oberseite mit meinen norddeutschen Exem- plaren vom Riesengebirge. 2) Die vom Fusse des Jura ob Solothurn (Jurakalk). Südseite des Berges, an sehr heissen, trocknen Steinhalden. Hier sind die Rostbinden des Mannes deutlicher, fast auf den Innenrand hinabreichend, von lebhaftem Braunroth. Beim Weibe dehnt sich schon das Roth- gelbe in hellerer Färbung über die Querlinie hinweg, auf die Flügelmitte hinein. Ein- zelne Stücke nähern sich schon auffallend der folgenden Form und bilden dazu allmälige Uebergänge. 3) Die aus Wallis; von Salgetsch, Varon, Aigle, den allerheissesten Berglehnen der Südseite der Berner - Walliser Alpenkette. Hier tritt bei beiden Geschlechtern das Roth- gelbe als Grundfarbe auf, und selbst auf den Hinterflügeln ist die dunkle Fläche, bis zur Augenbinde, durch blonde Behaarung bedeckt. Ein Mann ist von gewöhnlicher Grösse, das dazu gehörige Weib aber nur so gross als Megaera, während ein anderes Weib (1846 sporadisch bei Ostermundigen unweit Bern gefangen) bei sehr gestreckten Flügeln die enorme Grösse einer Semele erreicht. Alle drei stimmen jedoch in der Zeichnung und Färbung der Oberseite ganz genau mit Ochsenh. und Hübner’s Adrasta F. 836 — 839. Unten sind jedoch die Hinterflügel mehr weissgrau, während jene Hübner’schen Bilder ein düsteres Braungrau zeigen. Dieser einzige, sehr schwankende Unterschied berechtigt indess gewiss zu keiner artlichen Trennung, so wenig als die, in ihrer Krümmung eben- falls sehr variable charakterische Querlinie. Dass Hr. Keferstein in seiner syst. Aufstell. (ent. Zeit. 1851) dennoch Adrasta als eigene Art aufgestellt, ist daher höchst auffal- lend. Diese Form wechselt sehr in der Grösse. Alle mir vorgekommenen Schweizer-Exemplare, zu welcher Abstufung sie auch gehören, haben auf der Unterseite der Hinterfllügel einen sehr hellen, weissgrauen Farbenton, so auch am Vorderrande der Vorderflügel. Bei den südlichen Modilikationen der Maera geht dieses Weissgrau in ein röthliches Weissgrau über. Hierin zeichnen sie sich auffallend aus von der norddeutschen Maera, an welcher dieser letztere Raum in breiter Ausdehnung, die Hinterflügel aber ganz graubraun verdunkelt sind. Ganz auf gleiche Weise und in gleichem Verhältniss bildet sich die Farbänderung bei der bald folgenden Megaera. Treitschke (Handb. pag. 70) erwähnt zweier Generationen; die erste im Mai, die zweite im Juli und August. In der Schweiz ist mir nur die letztere vorgekommen. zZ Mi Z Die zweispitzig auslaufende grüne Raupe hat eine dunkle Rückenlinie und weisse Längsstreifen. Sie lebt auf Grasarten. 138. Hiera Hübn. Hübn. F. 176. Von Meissner noch nicht angeführt, obwohl sie schon 1815 (also 3 Jahre vor sei- nem Falterverzeichniss) auf den östreichischen Alpen entdeckt, von Hübner als eigene Art abgebildet und 1816 von Ochsenheimer IV. Bd. in den Nachträgen pag. 135 beschrie- ben wurde. Ohne Zweifel muss er sie gekannt, aber wahrscheinlich als eine’ kleine, dunkle, montane Form zu Maera gezogen haben, für die man sie wirklich halten könnte, wenn nicht charakteristische Merkmale, sowohl in der Zeichnung als in der Lebens- weise, dagegen sprächen. Hiera bewohnt bei uns die Laubholzregionen am Fusse der Kalkalpen und die höhern Staffeln der Vorberge von 2400 -4000' ü. M. In Glarus kömmt sie bis in die Thalebene herunter. Auf ihren untersten Fluggrenzen fliegt sie gleichzeitig und untermischt mit Megaera an trocknen Abhängen auf Gerölle, ohne die mindesten Uebergänge zu zeigen; im Gegentheil fällt sie durch ihre stets dunkle Grundfarbe und durch ihren ungemein raschen Flug bald in die Augen; Megaera setzt sich öfters an Baumstämme, was Hiera nicht thut. Maera erhebt sich an sonnigen Felslehnen oft sehr hoch und flattert ganz besonders gerne um die Blumen und Gräser herum, die von den schmalen Felsbändern herabhängen. Hiera und Megaera bleiben dem Boden stets möglichst nahe, die erste jedoch mehr an schattigen, die letztere stets an recht sonnigen Stellen. Jede der 2 Arten hat ein ganz eigenthümliches Betragen. h Die Artunterschiede zu erörtern, ist hier völlig überflüssig, indem sie von Ochsen- heimer und Treitschke deutlich angegeben und anerkannt sind. Der Falter hat wie Me- gaera eine doppelte Flugzeit; erstmals von Mitte Mai an bis zu Ende des Juni; zum zweiten Mal im August. Alpen des Oberhaslethals, besonders auf dem Wege nach dem Rosenlaui, unten an der Rothenfluh, an der Kaltenbrunnenalp, auch schon zunächst ob Meyringen; an der Handeck, stets an trocknen Abhängen auf Gerölle und an den Felsen, manche Jahre ziemlich gemein. In Oberwallis hie und da. Bei Genf auf dem Berge Saleve, doch selten. Ausserhalb der Schweiz fliegt Hiera auch in den östreichischen, Kärnthner-, Tyroler- und Salzburger-Alpen. Die Raupe ist noch unbekannt. 26 -, az NB. Hr. Keferstein, in seiner, mir so eben zugekommenen »erit. syst. Aufstellung der europ. Lepidopt.« (entom. Zeit. 1851. pag. 282), zieht Hiera als blosse Varietät zu Maera. Die Unhaltbarkeit dieser Ansicht ergiebt sich zum Theil aus dem oben Gesagten, zum Theil noch aus nachstehenden Beobachtungen: a) Unter Hunderten von Individuen sind mir keine Uebergänge je vor- gekommen. Am Zwirgi ob Meyringen, 3040‘ ü. M., beobachtete ich am 5. August (1851) alle 3 Arten; Maera und Megaera an ihren dortigen höchsten, Hiera an ihren niedrigsten Fluggrenzen. Ich sammelte viele, aber fand auch keine einzige Spur von irgend etwelchen Uebergängen. Alle 3 zeigten sich da in ihren gewöhnlichen Normal- zuständen, und das Betragen einer jeden war mit meinen frühern Beobachtungen so über- einstimmend, dass ich sie schon daran erkannte. b) Hiera erscheint dort in ihrer ersten Generation schon um die Mitte des Mai, gleich nach der Schneeschmelze und ist mit A&llo eine der ersten Hipparchien des Frühlings. Maera erscheint erst einen Monat später und zwar in einer Generation und fortlaufender Flugzeit bis um die Mitte Augusts. Nur fliegt Hiera bereits schon zum zweiten Mal wie- der, während Maera verschwindet. Mit Megaera kann sie auf keinen Fall zusammengeworfen werden. Hiergegen spricht schon die ganz anders gestaltete zackige Querlinie auf der Unterseite der Vorderflügel, die bei Hiera einen viel geradern Verlauf hat. Hiera kömmt auch in Lappland vor, woher ich ein Weibchen durch Keitel erhalten habe. Es unterscheidet sich von unsern Oberhaslern nur durch etwas geringere Grösse und durch bleichere Färbung der Oberseite. 139. Megaera L: Hübn. F. 177. 178. Meissner: »Vom Mai bis in den Herbst an Wegen, Mauern, dürren Plätzen, Stein- „gruben u. s. w. sehr gemein.« Der Falter hat zwei Generationen; die erste erscheint bei uns um die Mitte des Mai bis Ende Juni; die zweite um die Mitte Augusts bis um den 8. September. (Auf Sizi- lien fieng Zeller die ersten Exemplare schon Ende Januars und die der zweiten Gene- ration im Juli.) Er fliegt in der Schweiz überall vom Tieflande an bis auf die Kämme der niedrigen Voralpen bei 4000’ ü. M. Stets an sonnigen, magern, kurzbegrasten Abhängen auf Stein- Be: gerölle, an trockenen Feldbördern und dergleichen Stellen, setzt meistens auf der Erde oder an Mauern, Baumstämmen und Felsen ab und ist, zumal im Frühling, wegen seines scheuen Betragens nur mit Mühe und Vorsicht zu erlangen. Klimatische Verhältnisse üben bedeutenden Einfluss auf die Färbung dieses Falters aus, wonach denn auch mehrere solche constante Rassen (wie Lyssa und Tigelius) irrthümlich zu eigenen Arten erhoben wurden; sie sind aber gewiss nur südliche Abweichungen und auf ganz gleiche Weise entstanden, wie die Südform Adrasta aus der nordischen Maera. Die gemeinste, allgemein in der Schweiz hierseits der Alpenkette sowie auch in ganz Deutschland vorkommende Form ist: a) Var. Vulgaris. Hier ist auf der Oberseite der Vorderflügel die schräge Bogen- linie, die sich beim Weibe frei, beim Manne von dem dunkelbraunen Querstreif aus, ab- wärts nach dem Hinterrandwinkel zieht, dick. Auf den Hinterflügeln ist das Wurzelfeld dunkel, etwas heller jedoch bei den Sommerfaltern; der Schattenstreif zwischen demselben und der Augenreihe breit und auffallend. Auf der Unterseite ist die Einfassung der Vorderflügel und die ganze Grundfarbe der Hinterflügel braungrau. Die Querlinie der Vorderflügel ist stark und erreicht den Innenrand ganz. b) Zunächst an diese Form schliesst sich ein Pärchen von Lanjaron in Spanien (vom 20. Juni v. Standf.). Die Oberseite stimmt mit unserer gewöhnlichen Megaera ganz genau überein, auch die Unterseite der Vorderflügel, dagegen nimmt die Unterseite der Hinter- flügel, zumal beim Mann, auf beiden Seiten der zackigen grauen Querbinde einen mehr weissröthlichen Ton an. c) Nun folgt unsere Megaera von den heissesten Berglehnen von Wallis, wovon ich aber nur Exemplare der zweiten Generation (vom 10. August) von Salgetsch und Varon vor Augen habe. Bei diesen ist schon auf der Oberseite der Vorderflügel die charakte- ristische Querlinie dünner und auf der Unterseite verschwindet sie vor dem Innenrande manchmal fast ganz. Das dunkle Wurzelfeld der Hinterflügel wird oben durch goldfar- bige Behaarung heller, der Schattenstreif über der Augenbinde schmäler. Unten ist die Grundfarbe der Hinterflügel hell weissgrau, die Zackenbinde beidseitig oft blass-röthlich angeflogen. An den Vorderflügeln ist die dunkle Umfassung sehr bleich und die Spitze hinter dem Augenfleck ebenfalls weissgrau. An diese Form schliesst sich: d) Var. Lyssa (3 Exemplare vom Mai 1850 von Hrn. Mann aus Croatien und 2 von Brussa in Kleinasien). Die Unterseite gleicht ganz den Wallisern (Var. c.), nur sind die Querlinien der Vorderflügel beidseitig noch dünner, die Bestäubung feiner. Die _ Mm — ganze Oberseite ist durch sehr glatte Bestäubung fast seidenglänzend, und die dunkeln Stellen, zumal der Hinterflügel, durch äusserst zarte, hellblonde Behaarung wie mit einem Reif überhaucht, so dass dieselben nicht so grell abstechen. Der Schattenstreif oben auf den Hinterflügeln ist aber ebenso breit,. wie bei unsern Frühlingsexemplaren. 2 andere Exemplare von Var. Lyssa aber, aus Dalmatien, sehen den Croatiern oben ganz gleich, dagegen ist unten der Vorderrand der Vorderflügel und die Spitze noch heller und die Grundfarbe der Hinterflügel fast einfarbig weissgrau, so dass die Zackenbinden nur schwach und dünne hervortreten. Ganz mit diesen Dalmatiern übereinstim- mend, sind die 2 Exemplare von Brussa (Kleinasien). Nun folgt als äusserstes Extrem, das nur die sterilen Inseln des mittelländischen Meeres, Sardinien und Korsika, bewohnt, der von Boisduval und Duponchel als eigene Art aufgestellte e) Tigelius Bonelli (Paramegaera Hbn.*). Dieser bildet wirklich eine höchst auf- fallende Rasse und trägt in seiner Kleinheit das Gepräge einer, durch magere, trockene Raupennahrung verkümmerten Südform; in seiner dominirenden, rothgelben Grundfarbe aber dasjenige aller nächstverwandten Falter, bei denen, unter den glühenden Strahlen der Südsonne, ein Theil der dunklen Farben sich verschmälert oder zurückbleibt. Tige- lius neigt sich in seinen Merkmalen fast nach jeder der besprochenen Richtungen. Was ihn aber nebst seiner Kleinheit so sehr auszeichnet, ist 1) die oben ungemein verdünnte, unten fast gast verschwundene Querlinie der Vor- derflügel, und 2) der ganz fehlende Schattenstreif auf der rothgelben Binde der Hinterflügel. In ersterm Punkte sehen wir eine ähnliche Neigung schon bei der Var. Lyssa, im zweiten bei der Walliser Megaera. Die Unterseite der Hinterflügel stimmt dagegen in ihrer dunklern Grundfarbe bald mit der nordischen, bald mit der spanischen Megaera, bald auch mit der croatischen Lyssa und ist überhaupt in ihrem Farbenton sehr veränderlich. Diese Modifikationen deuten also auf mehr als blosse Wahrscheinlichkeit, dass sowohl Tigelius als Lyssa nur südliche Rassen unserer Megaera sind; sie gründen sich auf nicht weniger als 42 Exemplare, die ich verglichen habe. Die Raupe von Megaera ist grün, mit 3 dunklern Längsstreifen, und lebt, wie die nächstverwandten, auf weichen Grasarten. *) In Keferstein's erit. syst. Aufstellung (entom. Zeit. pag. 282) findet sich Tigelius wieder als selbstständige, eigene Art aufgestellt, sogar auch Adrasta (die gelbe Varielät von Maera). Wann wer- den sich wohl alle diese abweichenden Meinungen einmal vereinigen können ? N 140. Egeria L. Hübn. F. 181. 182. Freyer n. Beitr. V. Taf. 403. Meissner: »In den Laubwäldern gemein. « Die Art erscheint bei uns in zwei Generationen, die aber durch ausgedehnte Flugzeiten so in einander übergehen, dass sie von Ende Aprils hinweg bis in den Herbst hinein, fortwährend anzutreffen ist. Da indess die beiden Generationen doch äussere, deutliche Unterschiede darbieten, so sind sie leicht zu erkennen. Die Frühlingsfalter, die man um die Mitte des Juni nur noch verflogen findet, zeichnen sich aus: 1) durch merklicher ausgebuchteten Aussenrand, 2) durch abgerundetere, stumpfere Flügelspitze, 3) durch grössere und deutlichere blassgelbe Flecke auf der Oberseite der Vorderflügel und beson- ders desjenigen an der Spitze, welcher den Augenfleck ganz umfasst; 4) durch den blas- sen Fleck an der Ausbuchtung des Aussenrandes der Vorderflügel, welchen unsere Frühlings- Egeria ganz mit der südlichen Form Meone gemein hat, den wir aber bei keinem Som- merexemplar wahrnehmen. Auf der Unterseite ist der Farbenton veränderlich und bietet keine constanten Unterscheidungscriterien. Dass die, an den Küsten des mittelländischen Meeres von Nizza bis nach Sizilien hinab, vorkommende Meone mit rothgelben Flecken nichts als eine südliche Rasse unserer nordischen Egeria ist, hat Zeller (Isis 1847. pag. 143) durch andauernde Beobachtungen bewiesen, indem er bei Neapel, am Avernersee, beide Formen in Uebergängen, selbst paarweise sah. Auch hier finden sich, zumal in heissen Sommern, zuweilen Exemplare, an denen die Flecke theilweise in Rothgelb übergehen, wie ich eines am 17. Aug. 1850 um Burgdorf fieng. Freyer’s Egeria (n. Beitr. V. Tab. 403) gehört nach dem geraden Aussenrande, den kleinen, getrennten Flecken und demjenigen vor dem Aussenrande zu der Sommergene- ration, hat aber für ein männliches Exemplar eine Grösse, welche unsere Schweizerfalter wohl selten erreichen. Egeria ist in der Schweiz sowohl in der Ebene als in der Hügelregion bis auf 3500 ü. M. gemein; doch zeigt sie sich überall nur einzeln oder paarweise in lichten Laub- wäldern und an deren sonnigen Vorsäumen; sie flattert meistens an den untern vorragen- den Aesten herum, ruht auf den Blättern oder setzt sich auf die Erde, mit aufklaffenden Flügeln. Von der zweiten Generation fand ich die ersten Exemplare um die Mitte des Juli und die letzten, abgeflogenen am 9. Oktober. Bu ae Zwei deutsche Exemplare von Wittenberg, in meiner Sammlung, weichen von den hiesigen in nichts ab. Die Raupe ist matt grasgrün, mit 4 weissgelben Längsstreifen und 2 röthlichen After- spitzen; sie lebt im April einzeln in lichten Waldungen auf Gras (Triticum repens). [Vergl. Freyer am a. O.] 141. DejaniraL. Hübn. F. 170. 171. Freyer n. Beitr. V. Tab. 391. Meissner: »Im Aargau; bei Zürich; am Kaiserstuhl bei Lungern; im Juni in den Wäl- »dern, besonders im Erlengehölze nicht selten.« Ueberdiess findet sich dieser schöne Falter auch noch in der südlichen Waadt gegen Wallis, bei Villeneuve, Aigle, Bex und Martigny häufig. Seltener am Jorat. Ziemlich häufig in der Gegend von Aarberg wie im Walde ob Worben; am Bielersee im Walde bei Lattrigen, dann am jenseitigen Ufer oberhalb Neuenstadt und am Twannberg. Im bernischen Mittellande höchst selten; es wurde nur einmal im sog. Sommerhausioch bei Burgdorf am 24. Juli (1850) ein weibliches Exemplar in Gesellschaft von Hyperanthus, Ligea und Medea gefangen, das von den Aarbergern in gar nichts abweicht. In der östlichen Schweiz, zumal um Glarus, wo sie bis in die Bergregion vorkömmt? (Heer.) Freyer’s Bild (V. Tab. 391) zeigt auf der Oberseite jedes Hinterflügels 5 gelb um- zogene Augenflecke. Meinen 6 Schweizer-Exemplaren fehlen jedem 2, nämlich der grös- sere gegen den Vorderrand und der kleine am Innenwinkel; ich weiss nicht, ob alle Schweizerstücke hierin übereinstimmen; auf der Unterseite ist die Augenzahl vollständig. Die sehr fein behaarte, mattgrüne Raupe mit dunkler, weissgesäumter Rückenlinie und weissen Seitenlinien (vom zweiten Gelenk hinweg) lebt (nach Freyer) um die Mitte Mai im Gras, hängt sich zur Verwandlung an ein Blatt oder Grasstengel, wird zu einer seladbn-grünen, weisskantigen Puppe und entwickelt sich als Falter nach 16 bis 18 Tagen. Derselbe liebt schattige Laubwälder, wie Egeria, flattert niedrig und taumelnd, und ist wegen seiner zarten Flügelfärbung selten ganz rein zu erhalten. Die Flugzeit dauert bei uns vom 24. oder 25. Juni an bis um den 8. Juli. = I 142. Hyperanthus Herbst. Polymeda Hübn. F. 172. 173. Var. Arete: Freyer n. Beitr. IV. Tab. 290. F. 2. Meissner: »Auf allen Wiesen gemein. Die Abänderung mit weissen Punkten auf der »Unterseite (Hübn. F. 173), welche Einige unter dem Namen Arete als eigene »Art aufführen, findet sich auch bei uns hie und da.« Der Falter erscheint in den letzten Tagen des Juni und fliegt bis gegen die Mitte Augusts, überall in der Ebene und Hügelregion bis an die untern Staffeln der Voralpen bei 3400° ü. M. in zahlloser Menge, zumal auf fetten Wiesen und an Waldsäumen, be- sonders auf Rubus-Stauden. Er wechselt so in der Zahl, Deutlichkeit und Grösse der Augenflecke mit und ohne weisse Pupillen, dass Borkhausen die Abänderungen systema- tisch aufgeführt hat. Die interessantesten sind‘ immerhin diejenigen, wo die Zahl der Augenflecke auf dem rechten und linken Flügel ungleich ist, wie ich z. B. mehrere hier gefangene Stücke besitze, deren ein Vorderflügel 3, der andere nur 1—2 Augen zeigt, dann diejenigen, wo ein Auge oftmals noch ein kleineres zur Seite hat, und endlich die von Meissner erwähnte, hier stets seltene Var. Arete, deren Oberseite weder Augen noch Punkte und die Unterseite statt derselben nur kleine weisse Punkte zeigt. Hieher gehö- rige Varietäten bildet Freyer ab (n. Beitr. IV. Tab. 290. F. 2). Die grünliche, hellgrau oder auch dunkel beinfarbige, feinbehaarte Raupe mit dun- keln Längsstreifen und 2 Afterspitzen, schöpfte ich Mitte Mai in Mehrzahl mit denjenigen von Galathea und Janira, vom Wiesengras ab. Sie verwandelt sich auf der blossen Erde in eine stumpfe, braungelbliche und dunkelgefleckte Puppe, aus welcher der Falter sich nach 5 Wochen entwickelt. Ein schlesisches Exemplar in meiner Sammlung weicht von den hiesigen in nichts ab. 143. Oedippus Fabr. Pylarge Hübn. F. 245. 246. 702. 703. Von Meissner nicht angeführt. Dass indess dieser, sonst in Südrussland, Ungarn, im südöstlichen Deutschland, um Wien und in Piemont vorkommende Falter auch in der Schweiz einheimisch ist, beweist ein weibliches Exemplar mit 3 schönen Augenspiegeln auf der Oberseite der Hinterflügel, das mir Hr. Bremy mit der Versicherung zusandte, es in den 20er Jahren im Monat Juli, am Rande eines grossen Torfmoores bei Dübendorf = m (Kt. Zürich) um alte Eichen herum, auf Gebüschen gefangen zu haben. Der alte Rordorf wollte dieser Entdeckung nicht Glauben schenken, bis Bremi ihm ein Paar lebend über- brachte. Weitere Fundorte sind uns indess keine bekannt geworden. Die Raupe ist meines Wissens noch unbekannt. 144. Hero L. Hübn. F. 252. 253. — 849. 850. Auch diese Art war von Meissner noch nicht gekannt. Nach der Versicherung meines Freundes, des Hrn. Dr. Imhof, ist er indess um Basel gefangen worden. Meine 7 Exemplare sind aus Hannover, Sachsen und Schlesien und ändern stark unter sich ab. j Die Raupe ebenfalls unbekannt. 145. Satyrion Esp. O. Freyer n. Beitr. IV. Tab. 367. F. 1. 2. Satyrion. — F. 3. 4. Philea. Hübn. F. 254—55. Philea. Meissner: »In den subalpinischen Wiesen und auf den niedrigern Alpen ziemlich gemein.« Scheint in der Schweiz über das ganze Alpengebiet, sowohl der Urgebirgs-, der Kalk- wie der Molasseformation verbreitet zu sein, selbst bis auf die Ostalpen von Kärn- then, Tyrol und Salzburg; in vertikaler Richtung von 3500 bis auf 6800' ü. M. Alpen des Oberhaslethals, Walliser- und Waadtländeralpen, Gemmi, Stockhornkette, bis auf die Vorberge herab, wie am Gurnigel. Urner- und Schwyzerberge, Rigi, rbätische Alpen. Auf dem Jura scheint er zu fehlen. Er fliegt den ganzen Juli hindurch, zumal auf feuchten, moorigen Stellen, niedrig über dem Rasen, wie unser Pamphilus, doch nie so gesellschaftlich. Er variert ausserordentlich, sowohl in der Grösse, in der dunklern oder hellern Fär- bung, als in der Zahl der Augen auf der Unterseite der Hinterflügel. Am hellsten in der Grundfarbe sind die Stücke der niedrigern Voralpen, zumal der Gurnigelberge. Auf hö- hern Alpen, bei 5500-6000‘ ü. M., wird zumal das Männchen oben viel dunkler, dabei auch kleiner. Auf den höchsten Regionen, besonders in der Gletschernähe, nimmt die Färbung des Mannes einen sehr dunkeln, einfarbig graubraunen Ton an, selbst auf der Unterseite der Vorderflügel verschwindet gegen den Aussenrand die bleichere Nüancirung. = a Die Silberlinie der Hinterflügel, hinter der Augenreihe, rückt dem Rande näher und macht dadurch das rothgelbe Band zwischen ihr und dem Saume schmäler. Dieses hochalpinische Extrem von Satyrion findet sich besonders nach Osten zu, auf den rhätischen Alpen und wurden mir 2 solche Stücke (Mann und Weib) von Hrn. Bischoff in Augsburg als neue Art, unter dem Namen Hipp. Obscura zugesandt, die der Reisende, Moritz Wagner, (1850) auf den Bündtner Alpen sammelte. Sie ist aber ebensowenig eigene Art, als die von Freyer (IV. Tab. 367. F. 1—4) als Philea und Satyrion getrennten Abänderun- gen. Seine Philea (F. 3. 4) stellt nämlich den grössern, lebhafter gefärbten Satyrion der niedrigen Voralpen vor, sein Satyrion aber unsern gewöhnlichen der Oberhasler Alpen; er bildet die Mittelstufe zu Bischoff’s H. Obscura. Ein Exemplar von der Breitbodenalp hat unten gar keine Augenflecke. Die ersten Stände sind noch unbekannt. 146. Davus L. Tullia Hübn. F. 243. 244. Meissner: »Auf feuchten, moorigen Wiesen im Juni und Juli gemein. Variert sehr »auf der Unterseite der Hinterflügel.« Nur an einzelnen Oertlichkeiten und in gewissen Jahren häufig, zumal in feuchten, schattigen Thälern der tiefern Hügelregion, wie um Bern; an den meisten andern selten. Um Burgdorf nur einmal gefunden. Gemein um Schüpfen, auch im Val Travers (Rothenb.), im Waadtland (De-Laharpe). Kanton Glarus (Heer). Er variert so stark, dass fast kein Exemplar dem andern gleich sieht. Eine der auf- fallendsten, jedoch in Lappland vorkommende Abänderung, vielleicht eigene Art, ist P. Demophile (Freyer n. Beitr. V. Tab. 439. F. 3. 4. Isis Zetterst.), wo die Hinter- flügel beidseitig durchaus keine Augen zeigen, und die Vorderflügel kürzer und gedrun- gener als bei unserm Davus sind. Diese hochnordische Flügelform sahen wir auch im selbigen Verhältniss bei der lappländischen Virgaureae (Var. Oranula). Die Raupe ist noch unbekannt. 147. Pamphilus L. Nephele Hübn. F. 237—239. „Var. Lyllus: Freyer n. Beitr. VL Tab. 499. F. 1 Hübn. F. 557. 558. Pamphila. Südform. Aberr. Thyrsis: Freyer n. Beitr. V. Tab. 475. F. 1. Meissner: »Ueberall vom Frühling bis in den Herbst auf allen Wiesen gemein.« 27 — 210 — Einer der allerverbreitetsten Falter von Europa, der auch bei uns allenthalben,, wo nur Graswuchs ist, vom niedrigsten Flachlande an his in die subalpine Region hinauf in grosser Menge und in zahlreichen Nüancirungen der Unterseite vorkömmt. Wie sehr klimatische und örtliche Verhältnisse auf den Habitus dieses Falters einwirken, zeigen namentlich die südlichen Formen desselben, die Zeller in Italien und auf Sizilien in allen nur möglichen Uebergängen bis zur vollendetsten Südform Lyllus beobachtet und dadurch die Identität dieses, lange für eigene Art gehaltenen Falters, mit unserm nördlichen Pamphilus erwiesen hat. Lyllus ist nämlich die Sommergeneration des Pamphilus im heissesten Süden und fängt diese Farbenerhöhung und Zeichnung erst zu bilden sich an, wenn die Frühlingsgeneration (deren Lebenscyclus noch in die kühle Regenzeit fällt) bald verschwunden ist. Die letzten Frühlingsfalter und die ersten Sommerfalter zeigten Hrn. Zeller am besten die allmäligen Uebergänge. Die Flugzeit der erstern dauerte um Syracus bis um die Mitte des Juni, wo Lyllus schon gemischt darunter erschien. Nördlicher, in Italien, zwischen Neapel und Rom, fand er im August Pamphilus nur noch wenig von den nördlichen Sommerexemplaren abweichend und den Lyllus nur noch einzeln darunter ausgebildet. Diese italienischen Sommerstücke zeichnen sich aber immer noch aus: durch breite, schwarzgraue Flügelränder, durch 1— 3 Randpunkte auf der Oberseite der Hinter- flügel und eine bleich - ockergelbe Färbung der Unterseite. Diesen Italienern ganz sich anschliessend, sind meine dalmatischen Exemplare von Spalatro, dann folgen die Sommerexemplare aus Wallis, die ich am 8. August (1850) bei Viesch, Möril, Salgetsch und Varon an heissen Bergabhängen zahlreich einsammelte. Diese nun bilden in der Schweiz den nächsten Anschluss an die Südform, so dass vom gewöhnlichen nordi- schen Pamphilus an, bis zu dem scheinbar ganz verschiedenen sizil. Lyllus, in einer Reihe von 48 Exemplaren in meiner Sammlung, die allerzartesten Uebergänge sich nach- weisen lassen. In der Grösse sind die Sizilianer ebenso veränderlich wie die unsrigen. Die Erstlinge des Falters erscheinen bei uns in den ersten Tagen des Mai (in frühzeitigen Jahrgängen schon um den 20. April). Diese Generation dauert, je nach den Oertlichkeiten, bis um den 25. Juni und nimmt dann zusehends ab. Mit dem 1. August beobachtete ich die ersten Stücke des zweiten Fluges, welcher um die Mitte Septembers ebenfalls aufhört. Unser Schweizerfalter zeigt sich auf folgende Weise: I. Frühlingsgeneration. a) Unterseite der Vorderflügel mit kaum sichtbarem kurzem Schattenstreif vor dem — 211 — Augenfleck. Die Hinterflügel düster grüngrau, das Wurzelfeld noch dunkler, nur an der Ausbuchtung verloschen weisslich begrenzt. Im Randfelde stehen 2 — 4 kleine glänzende Pupillen. b) Oberseite sehr hell, mit fast verschwundenem bleich-graulichem Rande, zumal auf den Hinterflügeln. Unterseite der Vorderflügel ohne Querstreif; die der Hinterflügel fast einfarbig grüngrau, das Wurzelfeld kaum abbegrenzt. Ein Mann von Meyringen (22. Mai). ec) Dunkel umrandet, an der Wurzel stark schwärzlich bestäubt, ohne Pustel in der Vorderflügelspitze. Ein Mann von Burgdorf (2. Juni). d) Grösser als gewöhnlich, mit dunkler, breiter Umrandung und deutlicher Pustel. Unterseite auffallend dunkel verdüstert, die Vorderflügel mit langem, deutlichem Quer- streif. Ein Mann von Burgdorf. II. Sommergeneration. Oberseite meist dunkler umrandet. Die Pustel stärker. Unten der Querstreif der Vorderflügel meist lang und dunkel, doch auch ganz fehlend. Unterseite der Hinterflügel licht-gelbgrau, das Wurzelfeld weisslich-gelb abbegrenzt; ausserhalb den glänzenden Pu- pillen oft röthlich. e) Mann und Weib (Möril 8. August) unten mit doppelter Pustel; auf den Hinter- flügeln ein röthlicher Streif hinter den Pupillen. f) Ein Weib. Auf der Oberseite der Vorderflügel unter der tiefen, schwarzen Pustel noch ein schwarzer Punkt. (Lammi ob Meyringen 6. August.) g) Ein Mann (Burgdorf 1. August). Auf der Unterseite der Vorderflügel unter der Pustel noch ein bleiches, gekerntes Aeugelchen und auf der Oberseite der Hinterflügel 2 dunkle Punkte über dem Randstreif. h) Umrandung der ganzen Oberseite, sowie der Aussenrand der Vorderflügel auf der Unterseite sehr dunkel. Die Unterseite der Hinterflügel rauhstaubig und noch stärker ver- düstert als bei den Frühlingsfaltern.. Ein Mann vom 3. September, Burgdorf. i) Oberseite sehr blass, auf den Vorderflügeln fast ohne alle Umrandung, auf den Hinterflügeln kaum merklich. Unterseite ebenso licht, die der Hinterflügel glattstäubig, sehr bleich röthlich-grau, mit dunklerm Wurzelfeld.. Zwei Weibchen vom Obergurnigel (8. Juli). Ganz ähnlich sind die vom Jura. k) Oben wie gewöhnlich; Unterseite der Hinterflügel genau wie die Frühlingsexemplare von Spalatro, und von denselben einzig noch oben durch die fehlenden Randpunkte und durch die ganz ungetheilte dunkle Berandung zu unterscheiden. {8. August Oberwallis.) — 2112 — Diese Walliserform des Sommers bildet nun eben den Berührungspunkt mit dem italien. Pamphilus des Frühlings; im Sommer verändert er sich in Italien noch mehr. Bei immer steigender Temperatur dem Süden zu, verschmälert sich oben der schwärzliche Flügelrand und wird allmälig vom Saume durch einen schmalen Zwischenraum getrennt. Auf den Hinterflügeln bilden sich deutliche schwarze Randpunkte. Die ganze Unterseite nimmt immer mehr einen fahlgelbern Ton an, der auch das, sonst dunkle Wurzelfeld aus- füllt. Die silberglänzenden Pupillen werden zu deutlichern Augen, bis endlich das süd- lichste Europa den eigentlichen Lyllus hervorbringt. In dieser Form finden wir ihn bei Freyer VI. Tab. 499. F. 1 (nach einem Exemplar, das Zeller aus Sizilien brachte). Sehr selten und nur in ungewöhnlich heissen Jahren zeigt er sich auch in unsern nördlichen Gegenden, selbst in Schlesien, wiewohl nie in so ausgebildetem Gepräge. Es schien mir am Orte, hier näher auf diesen gemeinen Falter einzugehen; einmal, weil Zeller’s sehr interessanter Aufsatz in der Isis 1847 in der Schweiz nur wenigen En- tomologen bekannt ist, und anderseits, um deren Aufmerksamkeit gerade auf diejenigen Arten zu lenken, die man zu wenig kennt und beobachtet, eben weil sie gemein sind. Die Studien, die man aber auf sie verwendet, sind nicht weniger lohnend, als sie auch die sichersten Anhaltspunkte über klimatische Farbenbildung seltener, misskannter Arten zu geben vermögen. Die Raupe von Pamphilus ist grün, nackt, mit dunkler Rücken- und weisser Seiten- linie, hinten zweispitzig. Sie lebt auf verschiedenen Grasarten. NB. Pamphilus und Var. Lyllus sind auch in Kleinasien häufig. Prof. Loew brachte ihn von Ephesus und Makri in gewöhnlichen Exemplaren, nur dass beim $ auf der Unterseite der Hinterflügel das dunkle Wurzelfeld schärfer begrenzt ist. Ich erhielt von Hrn. Mann 3 d und 1 ? von Brussa, die mit den dalmatischen genau übereinstimmen. 148. Iphis Hübn. Hübn. F. 249—251. Freyer n. Beitr. IV. Tab. 355. F. 3. 4. Meissner: »Im Juni am Jura.« In der wärmern Schweiz, sowohl in der Kalk- als Molasseformation, doch nur an wenigen Stellen, am Fusse der Berge, und auch da eben nicht häufig. Hr. Rothenbach fieng ihn vom 18—27. Juni am Bielersee an den Abhängen des Jura bei Twann und Prägelz. Hr. De-Laharpe auf dem Jorat und am Moleson. Heer um Glarus. — 2413 — Die Raupe ändert in der Färbung vom Mattgrünen bis in’s Graubräunliche ab und lebt, nach Ochsenheimer, wie alle nächstverwandten, auf weichen Grasarten. NB. Meine jurassischen Exemplare sind denen von Berlin und vom schlesischen Riesen- gebirge durchaus gleich. 149. Arcania L. Hübn. F. 240— 242. Meissner: »In den wärmern Gegenden der Schweiz, z. B. längs dem südlichen Fusse »des Jura; bei Lausanne, Lugano u. s. w. sehr häufig; doch auch in rauhern »Gegenden des bernischen Mittellandes, wie in den Heiden und Waldungen »um Burgdorf.« (Meyer.) Wo er vorkömmt, wie am Saume der Laubwälder, auf sonnigen Waldwiesen und in lichten Gehölzen, im Flachlande wie in der Hügelregion ist er gemein und flattert in den Vormittagsstunden auf Brombeer- und Eichengebüschen meist gesellschaftlich mit Thecla Ilicis ©. In den Alpen fand ich ihn nirgends. Er erscheint bei uns um den 20. Juni und fliegt frisch bis um den 8. oder 10. Juli. Zwei schlesische Männchen, in meiner Sammlung, zeigen die Spitze der Vorderflügel merklich stumpfer als alle hieländischen. Freyer's Arcanoides (V. Tab. 457. F. 1), den Hr. von Weissenborn als ein Schweizer- falter (von Anderegg aus Wallis) erhielt, ist eine eigene Art, die indess in der Schweiz nicht vorkömmt, wie ich von Anderegg selbst vernahm. Auch ich besitze von ihm 2 Exem- plare, die ich aus einer Schachtel auswählte, die nur mit südspanischen Faltern gefüllt war. Da Hr. Keferstein diesen Arcanoides aus Nordafrika stammen lässt (entom. Zeit.); so ist es nicht unwahrscheinlich, dass er auch im südlichen Spanien, vielleicht um Gib- raltar vorkommen mag. Die Raupe von Arcania ist (nach Treitschke) grün, mit dunkelgrünen Rücken- und weissgelblichen Seitenlinien , mit einer gelben Linie über den Füssen und röthlichen After- spitzen. Sie lebt auf dem Perlgrase und mehrern andern Grasarten. — 214 — X. Tribus: Hesperidae. Genus: Steropes. Boisd. 150. Aracinthus F. Boisd. (Steropes H. O.) Hübn. F. 473. 474. Meissner: »In der italienischen Schweiz, wo ich ihn im August (1810) unterhalb Gior- »nico und an der Südseite des Monte Genere am Wege gefunden habe.« Mir ist über das Vorkommen dieses Falters in der Schweiz nichts weiteres bekannt geworden. Meine 5 Exemplare stammen alle von Berlin. Im nordöstlichen Deutschland, in Preussen, Pommern, Mecklenburg, fliegt er auf Torfmooren. Um Braunschweig (nach Zinken) in sumpfigen Erlengehölzen. 151. Paniscus F. Brontes Hübn. F. 475. 476. n Freyer n. Beitr. VI. Tab. 513. F. 1. Var. Meissner: »Zu Ende Aprils und im Mai an einigen Orten in und vor den Wäldern bei „Bern nicht selten.« Im Mittellande des Kantons Bern auf lichten Waldwiesen und am Vorsaume der Laubwälder, zumal um Burgdorf in den Erlenschächen und am Fusse des Bättwylberges gemein, von Mitte Mai bis Anfangs Juni. Am Jura auf dem Nesselboden unterhalb dem Weissenstein und am Magglingerberg ob Biel um die Mitte des Juni. In der Waadt bei Ollon in Wäldern und wahrscheinlich an ähnlichen Stellen über die ganze südwestliche Schweiz bis an die Alpen verbreitet. In der östlichen bei Glarus (Heer). Vier deutsche Exemplare von Wittenberg weichen von meinen hiesigen in nichts ab. Die Raupe ist (nach Treitschke) dunkelbraun, in den Seiten heller, mit 2 gelben Längsstreifen, schwarzem Kopfe und hochgelbem Halsband; sie lebt auf dem grossen Wegerich (Plantago major). Der sehr nahstehende Sylvius ist wohl eigene Art und kömmt in der Schweiz nicht vor. Meine 8 Exemplare stammen von Danzig und Braunschweig, in welcher letzterer Gegend sie von Hrn. von Heinemann auf dem Elme und bei Helmstädt auf feuchten, schattigen Stellen im Laubholze gesammelt wurden. Ein Mehreres über diesen Falter findet sich in der entom. Zeitung von Stettin 1849. pag. 298 von Schreiber in Rossla. — 215 — Das Betragen des Sylvius soll viel träger und gemächlicher sein, als das des stets unru- higen und behenden Paniscus. Die Flugzeit ist die nämliche, und an seinen Flugstellen kommt auch jener mit ihm untermischt, wiewohl seltener, vor. Genus: Hesperia. Boisd. 192. Linea F. Hübn. F. 485. 486. 3. 487. ®. Var. Venula: Hübn. F. 666-669. Meissner: »Im Juli und August sehr gemein auf Fahrwegen.« Weit verbreitet in den untern Regionen aller Formationen, von 1000—2800’ ü. M. von den letzten Junitagen an bis Anfangs August. Auf allen Heideplätzen, sonnigen Wiesen und Feldbördern; auch in grosser Zahl am Rande der Wassergräben auf Torf- mooren und auf feuchten Stellen der Fahrstrassen. Auf den Alpen, traf ich ihn nirgends, so wenig als auf den Kämmen des Jura. Linea ist an dem schrägen, geknickten Längsstrich der Vorderflügel beim Manne und an der unten rothgelben Fühlerkolbe leicht von dem nachfolgenden zu unter- scheiden. Lineola hat nämlich einen geraden Längsstrich und eine, unten schwarze Fühlerkolbe. Die glatte, weissgrüne Raupe mit kugelförmigem Kopf, dunkler Rückenlinie, weiss- lichen Seitenlinien und 2 feinen Afterspitzen, lebt im Herbst auf Waldwiesen und Heiden im Grase, überwintert als Raupe und verpuppt sich im nächsten Frühjahr an irgend einem Pflanzenstengel. Die grüne Puppe ist sehr lang und dünne, mit einer langen Rüsselscheide und ähnelt derjenigen eines Zünslers. 153. Lineola O. Virgula Hübn. F. 660. 661. 3. 662. 663. ®. Meissner: »Bei Bern nicht selten.« Im Allgemeinen seltener als der vorige, aber wo er vorkömmt, in ebenso grosser Menge und an ähnlichen Stellen. Im Flach- und Hügellande besonders in jungen Tann- waldschlägen zwischen den Reihen der Pflänzlinge. 2 Exemplare in meiner Sammlung von den Reinerzer Seefeldern weichen von den hiesigen in nichts ab. — 2316 — Flugzeit: den ganzen Juli. In Sizilien fieng ihn Zeller vom 29. April an bis in die Mitte des Juni. Seine Unterschiede von Linea sind bei jener Art angegeben. Die Raupe ist noch unbekannt. 154. Sylvanus F. Hübn. F. 482. 3. 483. 484. ®. Meissner: »Im Mai und Juni in lichten Wäldern nirgends selten.« Boisduval giebt als Flugzeit nur den Juni an. Der Falter erscheint aber bei uns offenbar in zwei Generationen, nämlich erstmals von Ende Mai bis Ende Juni; dann zum zweiten Mal von Anfangs Juli bis um den 20. August. Er fliegt in der ganzen Schweiz fast an allen trocknen Grasabhängen und Waldsäumen bis auf 3000 ü. M., doch nirgends sehr häufig; in unsern Alpen fand ich ihn nicht, während Comma sich bis auf 7000' ü. M. in die alpine Region hinauf erhebt. Er scheint wenig abzuändern. Ein Mann von Salona in meiner Sammlung ist von den hieländischen nur durch bedeutendere Grösse zu unterscheiden, indem er die (srösse un- serer Weibchen erreicht. Die Raupe kenne ich nicht und finde sie auch nirgends beschrieben. 155. Comma L. Hübn. F. 479— 481. Meissner: „Im Juli und August allenthalben.« Da dieser Falter vom tiefsten Flachlande an bis auf die höchsten Alpweiden bei 7000‘ ü. M. vorkömmt, so ist seine Flugzeit sehr verschieden. Doch glaube ich, im Flachlande bestimmt zwei Generationen bemerkt zu haben, da die Erstlinge um Burgdorf am 17. Juni erschienen und um die Mitte Juli verschwanden; am 21. August flogen an den gleichen Stellen wieder frische Stücke, die dann Anfangs Septembers wieder aufhörten. Auf den Höhen des Jura und den Alpen giebt es nur eine Flugzeit, die in die mittlere Zeit, näm- lich in den August, fällt. Diese montane Form, die ich am 6—10. August auf der Grimselhöhe, an der Meyenwand, in Wallis ob Varon, Leuk und auf der Gemmi, dann am 14. August auf dem Jura sammelte, zeichnet sich besonders im weiblichen Geschlechte durch bedeutendere Grösse, dunklere Grundfarbe und schärfer abstechende, hellgelbe Flecke, von den Faltern der Ebene aus. Mit letztern sind meine schlesischen Exemplare ganz übereinstimmend. AR — Die Raupe lebt (nach Treitschke) auf der Kornwicke. Sie ist schmutzig grün; über den Rücken und in den Seiten, wo eine schwarze Punktreihe steht, rostfarbig gemischt. Der Kopf schwarz, hinter ihm ein weisser, schwarz eingefasster Ring. NB. Keitel versandte seine aus Lappland hergebrachten Stücke als besondere Art: Cattena. Ich kann aber gegen unsere alpinischen keinen Unterschied finden, als dass die Grundfarbe der Unterseite der Hinterllügel und des äussern Theils der Vorderflügel noch dunkler olivengrün ist, als bei denjenigen der Grimselhöhe. Bei den Faltern des Tieflandes sind diese Parthien schön gelbgrün. Genus: Syriethus. Boisd. 156. Malvarum O. (Malvae F. H. B.) Malvae Hübn. F. 450. 451. Var. Altheae: Hübn. F. 452. 453. Meissner: »Im Mai und Juni allenthalben gemein. In Wallis vorzüglich gross. (Hub- »ner’s Altheae.)« Durchaus nicht so gemein und allenthalben verbreitet, wie Meissner sagt. Der Falter ist im Gegentheil nur auf einzelne Landesstriche der wärmern Gegenden beschränkt. Um Burgdorf und im Emmenthal fehlt er ganz, so auch in den meisten Thälern hierseits der Alpenkette. Dagegen findet er sich längs dem Jura, von Biel bis Neuenburg, auch schon um Schüpfen und Aarberg an Waldwiesen. Häufiger ist er jenseits der Berner Alpen- kette im ganzen Ober- und Unterwallis, durch’s Rhonethal hinunter bis an die südwest- lichsten Punkte der Schweiz. Ebenso in den südöstlichen Kantonen, in Bündten, z. B. bei Maladers, im Engadin u. s. w. In Wallis fliegt er noch zwischen Inden und dem Leukerbad bei 4000' ü. M. Er erscheint 2 Mal. Zuerst im Mai bis gegen die Mitte des Juni, dann im Juli bis um die Mitte des Augusts. Die graue oder röthlich-graue Raupe mit gelbfleckigem Halsgelenke und schwarzem Kopfe lebt auf Malven (Malva sylvestris) und Alcea rosea von Mitte Juli an, bis in den Herbst; sie überwintert bald als Raupe in einem Gewebe, bald als Puppe. NB. Der Falter weicht in der Grösse und Lebendigkeit der Färbung sehr ab; die am 8. August in Wallis gefangenen Exemplare sind alle viel grösser als meine norddeut- schen von Danzig, und stimmen in Grösse und Färbung genau mit meinen 3 aus Dal- 28 — 218 — matien (von Lesina) überein, die Hr. Mann dorten im April sammelte. Diese südliche ausgebildete Form ist Hübner’s Altheae, die Boisduval (Ind. Nr. 288) unbegreiflicher Weise als eigene Art aufführt. f Diesen Wallisern und Dalmatiern in Allem ganz gleich, sind ein d vom April und ein © vom Juli, beide von Mann an heissen Berglehnen bei Brussa gesammelt; sie bilden zusammen Zeller’s Var. 2. Australis (Isis 1847). 157. Lavaterae Esp. Hübn. F. 454. 455. Meissner: „In Wallis, z. B. bei Saillon, Lax u. s. w. ziemlich häufig. Auch ist er in »der Gegend von Gampelen am Neuenburgersee gefangen worden und ich habe »ihn bei Bern in der Enge angetroffen.« Nur in den wärmsten Gegenden an der Südseite des Jura und an den Bergabhängen und Thälern jenseits der Alpenkette von Mitte Juni an bis um die Mitte Augusts, doch nirgends häufig. Twannberg am Bielersee. Chevres ob Vivis. Oberwallis bei Lax, Möril und Natters auf verwilderten Rasenplätzen an Felsen. Früher auch an der Engehalde bei Bern, jetzt ganz verschwunden. 2 Exemplare von Natters (vom $. August 1850) sind ausnehmend schön und gross, jedoch blasser von Grundfarbe als Treitschke’s Bild (Hülfsb. Tab. U. F. 7). Die Raupe ist uns unbekannt geblieben. 158. Fritillum. Wir kommen nun zu einer Hesperiengruppe, deren Artenkenntniss uns die, zu all- gemein gehaltenen Diagnosen der ältern Autoren einerseits, dann Rambur’s vielleicht zu subtilen Ausscheidungen anderseits, ungemein erschwert haben. Die ganze Gruppe wechselt so stark in Grösse, Flügelschnitt, Fleckenbildung, Zeich- nung und Grundfarbe, zumal der Unterseite, dass es bei einer gemischten, grossen Menge von Individuen eine durchaus fruchtlose Arbeit ist, nach den bestehenden Diagnosen die verschiedenen, angeblichen Arten herauszusichten. So unbegreiflich und lächerlich es auch scheint, einen grossen Walliser Carthami mit einem kleinen Caecus der Hochalpen als eine und dieselbe Art zu verbinden, ebenso nutzlos sind alle Bemühungen, die man darauf verwendet, scharfe, durchgreifende Unterscheidungseriterien aufzusuchen und fest- zuhalten, welche hinreichend wären, diesen Faltern wegen der zahllosen Uebergangsstufen BEE — 219 — eigene Artrechte einzuräumen. Nachdem ich ganze Bogen überschrieben, über 80 Stücke aus den verschiedensten Gegenden genau verglichen, schematische Auseinandersetzungen auf jede nur mögliche Weise versucht habe, bin ich doch zu keinem befriedigenden Re- sultate gekommen, weil kein einziges, auch momentan scheinbar gutes Trennungsmerkmal, sich durchgreifend erzeigt hatte. Ich muss deshalb, so widrig mir die Sache auch vorkömmt, je länger je mehr der Ansicht mich zuneigen, dass Carthami, Onopordi, Fri- tillum, Alveus Hübn., Alveus O., Cacaliae Ramb. und Caecus Fr. alles nur örtliche For- men und klimatische Erzeugnisse einer und derselben Art sind, welche unter dem ältesten Namen Fritillum eine Reihe, mit besondern Namen belegter Varietäten, bilden. Caceus, als die kleinste Form der höchsten Regionen betrachtet, geht ganz genau in Cacaliae über; Cacaliae in den allerzartesten Modifikationen in Ochsenheimer’s Alveus, so dass Boisduval und Freyer sie unter einer Nummer aufführen. Dieser Alveus (Hübn. F. 506) zeigt wieder die genauesten Anschlüsse an Hübner’s Alveus F. 461—63, welchen Freyer gewiss mit Recht mit unserm subalpinen Fritillum als eine Art vereinigt, ob- gleich Boisduval noch 8 Arten dazwischen stellt. Fritillum geht in Garthami und dieser noch enger in Onopordi über, so dass, wie oben gesagt, es mir bis jetzt unmöglich war, die Grenzen zu finden, welche mich auf richtige Trennungsmomente zwischen allen diesen, vermeintlich eigenen Arten, geführt hätten. Lange glaubte ich wenigstens Carthami als eigene Art halten zu sollen 1) wegen der auffallenden Grösse, 2) wegen den meist sehr grossen weissen Würfelflecken, 3) dem weissen Mittellleck auf der Oberseite der Vorderflügel, der eiuwärts sich stets in 3 kleine Zähnchen abgrenzt; 4) wegen der weissgrau gewässerten, gleichsam in weisse Pfeilstriche auslaufende Unterseite der Vorderflügel, und 5) den glänzend weissen und den feinlinig umrandeten, fahlgelben Binden auf der Unterseite der Hinterfllügel. Allein auch das war unmöglich, weil 3 Stücke von Spalatro (von Mann als Carthami erhalten) auf der Unter- seite den genauesten Anschluss an Fritillum darboten, auch letzterm in der Grösse gleichkamen, so dass ich ihr Hingehören zur einen oder andern Form nicht ausmitteln konnte. Zu den oben erwähnten 3 zweifelhaften Stücken von Spalatro erhielt ich seither noch 3 andere ganz analoge, welche Mann im Juli und August (1851) um Brussa in der asia- tischen Türkei sammelte und die er mir als Gynarae Boisd. mit ? eiosandte. Wirklich stimmen sie vortrefflich mit Hübner’s F. 721 und 722 (Carthami), welche Heydenreich zu Cynarae zieht. Freyer’s Cynarae (n. Beitr. Tab. 349. F. 2) scheint jedoch etwas Anderes zu sein, denn die Flügelform ist an seinem Bilde breiter, die Grundfarbe tiefer schwarz, 220° — die weissen Mittelflecke grösser und die Hinterflügel viel zu abgerundet, als dass es mit meinen 6 dalmatischen und türkischen Exemplaren zusammenpasste. Heydenreich hat übrigens die Synonymie dieser Hesperien keineswegs dadurch bereinigt, dass er oben er- wähnte Hübner’sche Bilder F. 721. 722 auf Cynarae bezieht, während er sie unter Nr. 557 bereits auf Carthami Hübn. 720—723 angewandt hatte. Grösse , Flügelschnitt, Fleckenbildung und Grundfärbung der Ober- wie der Unter- seite geben bei diesen sämmtlichen Arten durchaus keine Anhaltspunkte, ebensowenig die Farbe der Taster, des Hinterleibs unten und der Beine, welche immer mit der individuel- len Flügelbestäubung zusammenhängt. Selbst die rothgelbe. Unterseite der Fühlerkolbe ist schwankend, da sie bei einzelnen Stücken derselben Form in’s Schwarzbraune fällt. Ram- bur hat die Merkmale an den Genitalien gesucht und hierauf seine neuen Arten Serratulae, Onopordi, Girsii und Carlinae gegründet. Boisd. stellt noch eine neue Art: H. Gen- taureae auf. Mit welchem Rechte diese Ausscheidungen bestehen, will ich nicht bestreiten, da jene Theile bei trocknen Exemplaren mich nichts Charakteristisches haben erkennen lassen. Nur Onopordi und Cirsii besitze ich in angeblich authentischen Stücken und scheint mir ersterer zu Carthami zu gehören, letzterer jedoch mit Recht von Fritillum als eigene Art ausgeschieden zu sein. Was nun Serratulae betrifft, der auch in der Schweiz, Car- linae auf den Alpen und Centaureae in Lappland und Scandinavien vorkommen soll, so habe ich wohl am Jura wie in Oberwallis abweichende Falter von Fritillum gefangen, die möglicher Weise zu einer jener Rambur’schen Arten gehören mögen. Ich habe mir alle Mühe gegeben, von Paris typische Stücke zum Vergleichen zu erhalten, aber leider — vielleicht aus französischer Höflichkeit — nichts bekommen. Das Fatalste ist und bleibt, dass man nicht einmal über den Begriff der Stammart Fritillum ganz einverstanden zu sein scheint. Aus den Beschreibungen der ältern Autoren ist nichts Sicheres zu entnehmen, da sie sich ebensogut auf nächstverwandte Formen an- wenden lassen; die Abbildungen sind nicht weniger unsicher und schwankend. Ochsen- heimer und Treitschke haben wahrscheinlich mehrere der Rambur’schen neuen Arten unter dem Namen Fritillum vereinigt. Ochsenheimer’s Alveus (Hübn. F. 506) ist, wie wir in der Folge zeigen werden, nur eine montane Abweichung desselben. Hübner’'s Alveus (F. 461—63), obwohl auch montaner Abstammung, zeigt schon einen genauern Anschluss an seinen und Freyer's Fritillum, und Letzterer hält ihn mit demselben für identisch (n. Beitr. IV. pag. 105). Boisduval trennt Alveus und Fritillum als entfernt stehende Arten und citirt zu seinem Alveus Hübn. 462. 2 und zu seinemFritillum Hübn. F. 464—65. Ochsenheimer zieht zu seinem Fritillum Hübn. F. 461. 62. 63. 64. 65, also auch den -— 1 — Boisduval'schen Alveus; Treitschke (Suppl. X. I. pag. 94 — 95) vereinigt F. 461. 62. 63 und 506 aus Hübner, wieder unter die Stammform Fritillum, dagegen 464. 65 (irrig) zu Alveolus. Es ist also unmöglich, aus diesem Wirrwarr zu entziffern, welche Form eigent- lich als Stammform Fritillum zu betrachten ist. Da Freyer (n. B. IV. Tab. 349. F. 4) seinen Fritillum nur im weiblichen Geschlechte abbildet, derselbe aber mit Hübner’s F. 464 auf der Oberseite, sowie auch in dem gedrungenen Flügelbau am besten übereinstimmt, so wird es das Rathsamste sein, diese Bilder (nämlich Freyer IV. Tab. 349. F. 4 und Hübner's F. 464. 65) als Normalform aufzufassen und als Stammart anzuerkennen. Die Hoffnung, etwas zur Entwirrung dieser höchst schwierigen Gruppe beitragen zu können, muss ich aufgeben, bis und so lange stichhaltige, wesentliche Trennungsmerkmale an ein- zelnen Körpertheilen gefunden sind, oder die einstige Entdeckung der frühern Stände mir einen sicherern Leitfaden an die Hand geben wird. Herrich-Schäffer's Werk, das wahr- scheinlich die richtigsten Aufschlüsse oder Winke giebt, steht mir leider nicht zu Gebote. Fritillum also als Stammform betrachtet, ändert nach folgenden Richtungen: 1) Die Grösse nımmt zu am Fusse heisser Berglehnen der Kalkformation des Jura und an der Südseite der Hochalpen. Die Würfelflecke der Oberseite werden grösser, regelmässiger, zusammenhängender, die düstern Bindenflecke der Hinter- flügel heller, deutlicher. Die Unterseite der Vorderllügel weissgrau, nach aussen gewäs- sert, die der Hinterflügel fahlgelb, mit scharf abbegrenzten, glänzend weissen Flecken und Binden. In diesem Sinne bilden sich: Carthami und Onopordi. 2) Die Grösse nimmt ab, die Vorderflügel werden spitzer und schmäler in hö- hern, kältern Regionen, zumal dem Urgebirge. Die weissen Würfelllecke der Oberseite werden immer kleiner, getrennter, punktförmiger, die Bestäubung und Behaa- rung grauer, die düstern Hinterflügelbinden auf der Oberseite verschwinden. Die Unter- seite der Vorderflügel nimmt einen mattgrauen, gleichmässigern Ton an, die der Hinter- flügel wird rauhstäubig, matt graugrün oder röthlich-grün, die weissen Flecke und Bin- den immer mehr vereinzelt, glanzlos, ohne scharfe Grenzen oder feine dunklere Umran- dung. Die Hinterleibsfalte statt seidenglänzend, bleigrau. Von den 3 weissen Wurzel- flecken bleibt nur einer noch sichtbar. So bilden sich nach und nach: Alveus Hübn. F. 461—63, Alveus F. 506, Cacaliae Ramb., Serratulae Ramb. und endlich Gaecus Freyer, in einer endlosen Zahl von zarten Uebergängen. Ich lasse nun hier bloss kurze Skizzen über alle die, mit Namen belegten, dahin ge- hörigen Formen folgen, damit man erkenne, was unter Carthami, Onopordi, Fritillum, Alveus, Cacaliae und Caecus von den Autoren gemeint ist. Carlinae, Serratulae und - Mi Centaureae lasse ich aus unzureichender Kenntniss weg; sollten sie in der Schweiz vor- kommen, so werden sie sich früher oder: später unter den mitberührten Abweichungen der Varietäten erkennen lassen. Var. a) Carthami. Ochsenheimer (l. Bd.) hielt diesen Falter für Tessellum und eitirt dazu Hübner’s F. 469—70. Im IV. Bd. pag. 158 berichtigt er seinen Irr- thum, beschreibt den wahren Tessellum und pag. 159 auch unsern Carthami (Hübn. F. 720. 723). Boisduval stellt ihn ebenfalls als eigene Art auf (Index Nr. 298). Keferstein (entom. Zeit. 1840. pag. 175) hält ihn für Var. von Fritillum. Freyer (n. Beitr. IV. Tab. 349. F. 3) bildet ihn wieder als eigene Art ab. Heydenreich (Catalog 1846) stellt ihn als eigene Art zwischen Sidae und Alveus, wo er hinpasst, lässt aber Onopordi zu spät folgen. Meissner erwähnt dieses Falters nicht. Die grösste Form, so gross wie Sidae. Die weissen Würfelflecke gross, quadratisch scharfkantig, sich nahe berührend. Auf der Oberseite läuft ausserhalb der Würfelbinde, parallel mit dem Aussenrande aller Flügel, noch eine Reihe schmutzig-weisser Fleckchen. Auf den Hinterfügeln ist die Mittelbinde mehr oder weniger deutlich. Gegen die Wurzel steht manchmal ein verloschener weisslicher Punkt. Unterseite der Vorderflügel am Vorderrande, von der Wurzel an bis zur Mitte, weisslich, so auch der Innenrand in seiner ganzen Länge. Der übrige Raum grau; darauf die weissen Würfelflecke scharf abstechend, bindenförmig fast zusammenhängend, schwärzlich umzogen. Die verloschenen Aussenrand- fleckchen der Oberseite zeigen sich hier bei deutlichen Stücken als weisse Strichel in dunkeln Schatten und ausserhalb derselben, bis an den Fransenrand, ist der Raum wieder heller. Unterseite der Hinterflügel grünlich-lehmgelb oder fahlgelb. 3 Wurzel- flecke, die Mittelbinde und die Aussenrandflecke seidenglänzend schneeweiss, fein dun- kellinig abgegrenzt. Hinterleibsfalte ebenfalls weissglänzend, am Afterwinkel mit blau- grauem Schattenfleck. Carthami fliegt im Juli durch’s ganze Oberwallis hinab in ausnehmender Grösse und Schönheit; etwas kleiner im Juli und August am Jura bei Biel, Neuenstadt u. s. w. Zu- nächst an unsern jurassischen Carthami schliesst sich: 1 EEE BE Var. b) Onopordi Rambur. Nach einem angeblich typischen Exemplar aus Südfrankreich, das ich der Güte des Hrn. Hopffer in Berlin verdanke. Es ist etwas kleiner als Carthami, etwa wie die grössten Fritillum. Die weisse Flecken- bildung der Oberseite ganz wie bei Carthami ; auf den Hinterflügeln ist aber der weisse Wurzelpunkt, die Mittelbinde und die Fleckchenreihe vor dem Aussenrande weisser und schärfer abstechend. Die ganze Unterseite ist sehr blass, die der Vorderflügel weiss- lich, nur die Würfelflecke dunkel eingefasst ; die der Hinterilügel so bleich-gelblich, dass die weissen Binden und Flecken kaum davon abstechen. Dass dieser Onopordi nicht eigene Art ist, beweist mir ein männlicher Carthami vom Jura, der sich von ihm in gar nichts Anderm unterscheidet, als durch etwas stär- kere Grundfarbe der ganzen Unterseite, wozu sich aber zarte Uebergänge vorfinden. Mit diesem jurassischen Onopordi stimmen in allen Dingen Freyer’s Carthami (n. Bietr. IV. Tab. 349. F. 3) und Hübner’s Carthami F. 720 auf der Oberseite. Var. ec) Fritillum. (Stammform.) Hieber ziehe ich nur: Freyer n. Beitr. IV. Tab. 349. F. 4. 2. und Hübn. F. 464—65. Noch kleiner als Onopordi, die Vorderflügel gedrungener, am Aussenrande gerun- deter, von der Spitze bis zum Innenrande breiter. Die weissen Würfelflecke kleiner (wie bei kleinfleckigen Carthami - Stücken). Die schmutzig- weisse Mittelbinde der Hinterflügel oben mehr oder weniger deutlich.” Von der Unterseite sagt Ochsenheimer: »sie komme der des Carthami (irrthümlich noch Tessellum) nahe, aber auf den Hinterflügeln stehe die grünlich-graue Randbinde (unten) dem Saume näher und laufe in denselben aus.« Diese Anlage bietet indess sehr unsichere Grenzen. Freyer stellt andere, eben so wandelbare Kennzeichen heraus, nämlich: 1) »Brust und Hinterleib schwarzgrau.« Beides richtet sich aber nach der Flügelbestäubung, die bald grau, bald grünlich ist. 2) Unterseite schärfer gezeichnet und die dunkeln Binden zwischen den weissen Würfelflecken (wohl auf den Hinter- flügeln!) sind rothbraun, statt gelbgrau.« Seine eigene Abbildung, sowie auch meine 6 Exemplare zeigen sie aber nicht rothbraun, sondern geibbraun. Bei Hübner’s F. 464—65 sind sie allerdings rothbraun ; also wieder ein schlechtes Merkmal. 3) »Die Adern ockergelb« das finde ich nur bei Hübner's Bild, ferner bei einem weiblichen Exemplar aus mM — Dalmatien und einem Manne von Meyringen. Von Demjenigen aber, was Freyer’s Bild so trefflich giebt, sagt er nichts, nämlich von der dunklern Unterseite der Vorderflügel , die bei Carthami auswärts wie gewässert, bei Fritillum mehr gleichfarbig erscheint; es ist aber auch dieses Merkmal nicht standhaft; denn 3 Exemplare aus Dalmatien, in meiner Sammlung, sind in der Grösse, dem Flügelschnitt und der ganzen Oberseite ganz Fritillum, die Unterseite vollkommen Carthami. Die 2 J haben oben eine graue, das 2 eine mehr olivengrüne Wurzelbestäubung, die sich bei letzterm, zumal auf den Hinterfllügeln, fast über die ganze Flügelfläche zieht. Hr. Mann fieng sie im Juni (1850) bei Spalatro und sandte sie mir als Carthami. Sie beweisen die Identität von Carthami und Fritillum. Später sandte er mir ganz analoge Stücke von Brussa als Cynarae Boisd. Ein Weib, das ich am 8. August (1850) in Oberwallis zwischen Viesch und Lax sam- melte, hat etwas sehr Ausgezeichnetes. Fühlerkolbe unten dunkelbraun, nicht rothgelb, wie gewöhnlich. Es gleicht in Grösse und Flügelform ganz Freyer’s Bild; die Flügel ha- ben oben eine sehr dunkle, tief braunschwarze Grundfarbe. Kopf, Schulterdecken und Wurzel der Vorderflügel grüngelb behaart. Die Vorderllügel kurz, breit, nicht über die Hinterflügel hinausragend, am Aussenrande ‚gerundet. Der weisse Mittelfleck der Vorder- flügel grösser als gewöhnlich, die übrigen Würfelflecke sehr klein, getrennt, aber scharf abstechend. Auf den Hinterflügeln ist von der schmutzigen Mittelbinde und den bleichen Randfleckchen kaum noch eine Spur vorhanden. Die ganze Unterseite stimmt durchaus mit Freyer’s Bild, nur dass die Hinterleibsfalte der Hinterflügel anstatt weiss, mehr grün- lich-grau ist. Die Stammform Fritillum ist in der Schweiz selten und scheint nur in den wärmern Geländen der Alpenthäler vorzukommen. Var. d) Alveus Hübn. Boisd. Hübn. F. 461. 3. 462. 463. Alveus. ®. Meistens etwas grösser als der Vorhergehende, von dem er nur durch gestrecktere, schmälere Vorderflügel sich unterscheidet. Meissner zieht ihn deshalb auch zu Fritillum und bemerkt als Flugort: Wallis. Meine Exemplare stammen von Sils in Bündten. Diese Form bildet die erste Stufe der montanen Abänderungen. Var. e) Alveus Ochsh. Kleiner als der Vorige, die Vorderflügel am Aussenrande meist gerader, daher auch etwas breiter. Die Oberseite rauhstäubig, mattschwarz, ohne gelbliche Beimischung. Die a Würfelflecke sehr klein, meist nur als Punkte, oft ganz fehlend. Unterseite der Vorder- llügel mattgrau, mit den, oben entsprechenden weisslichen Punkten; die der Hinterflügel graugrün, die weissen Flecke unregelmässig, glanzlos, ohne scharfe Umgrenzung;; der mittlere Wurzelfleck meist fehlend.. Hinterleibsfalte bleigrau, düster. Behaarung der Taster schwärzlich. Diese Form ist die gewöhnlichste auf allen Schweizeralpen und habe ich solche ganz übereinstimmend auch vom Riesengebirge durch Hrn. Standfuss als Fritillum erhalten. Var. f) Cacaliae Rambur. HS. F. 23—25. Wieder etwas grösser als der Vorige, (Alveus O), doch gleiche Flügelform. Bestäu- bung mehr lichtgrau. Die weissen Würfelllecke etwas grösser, doch auf den Hinter- flügeln stets ohne alle Spur der trüben Binde. Unterseite der Vorderflügel lichtgrau, nur am Aussenrande gegen die Spitze und am untern Winkel weisslich. Die weissen Würfel- lleckchen sehr undeutlich und matt. Die Grundfarbe der Hinterflügel (unten) rauhstäubig, matt olivengrün oder röthlich-grau. Von den 3 weissen Wurzelfleckchen nur noch der am Vorderrande vorhanden. Mittelbinde und Aussenrandfleckchen nur noch in verwasche- nen, unregelmässigen Wischen. Hinterleibsfalte dunkel bleigrau. Cacaliae verhält sich ia ihrer Färbung der Unterseite zu Alveus und Fritillum genau wie Onopordi zu Carthami. Boisduval eitirt dabei Hübner’s Alveus F. 506. Auch Freyer hält sie dafür. Heyden- reich hält diesen Alveus F. 506 für Serratulae Rambur. Da jenes Bild indess die Unter- seite nicht darstellt, so lässt sich darüber nichts entscheiden. Jedenfalls bildet Cacaliae dazu den genauesten Anschluss, und scharfe Grenzen sind auch da keine festzustellen. Diese Form fliegt schon in bedeutenden Höhen bei 6000—7000' ü. M. vorzüglich auf Urgebirge. Ich fieng sie vom 5 — 7. August auf der Grimselhöhe nahe am Todtensee; Heer auf den Glarner Alpen. Var. g) Caecus Freyer. Freyer n. Beitr. VI. Tab. 493. F. 3. 4. Offenbar die kleinste, verkümmertste Bergform von Fritillum. Kaum noch so gross wie Alveolus, aber in Farbe, Flügelschnitt und Zeichnung von Cacaliae nicht verschieden. Die weissen Würfelflecke treten bald kleiner, bald grösser hervor. Zwei, mit Freyer’s Bildern ziemlich übereinstimmende Exemplare sandte mir Hr. Mann als Cacaliae Var. aus 29 Rn Dalmatien. Er erbeutete sie im Juli 1850 auf dem Monte Biocovo. Bei Freyer's Bildern ist die Unterseite der Hinterflügel viel zu grün gehalten. Ein d ganz ohne alle Würfelfleckchen, nur mit einem weisslich umstrahlten Mittel- punkte, fieng ich am 6. August 1850 auf der Grimselhöhe, unter Cacaliae. Ein zweites, mit zerstreuten weissen Punkten, am 11. August auf der Daube der Gemmi. Diese zwei Stücke dürften Serratulae Ramb. sein, da sie sehr gut auf Hübner’s Alveus F. 506 pas- sen, welcher nach Heydenreich eben Serratulae ist. Leider hat Hübner hier die Unter- seite nicht abgebildet, was die Bestimmung unsicher macht. Zwischen diesen 7 benannten Varietäten von Fritillum giebt es nun eine, noch viel grössere Menge von Uebergangsstufen, deren Zusammengehören aller, zu einer und derselben Stammart, aus dem Gesagten um so wahrscheinlicher wird. Habe ich un- richtig beobachtet, so erwarte ich gerne Belehrung. 159. Cirsii Rambur. Boisd. Ind. meth. Nr. 301. Von Meissner noch nicht gekannt oder mit Fritillum vielleicht zusammengeworfen. Mir scheint sie wirklich eigene Art. Die Grösse ist die des Alveolus, aber die Vorder- flügel sind schmäler, gestreckter, der Aussenrand beim 3 von der Spitze zum Innenrand hinab, schräger als bei irgend einer der nächstverwandten Arten. Die weissen Würfel- flecke der Vorderflügel sind oben gross, deutlich und so dicht aneinander gereiht wie bei Carthami. Auf den Hinterflügeln ist oben die schmutzig-weisse Mittelbinde sowie die Reihe der Aussenrandfleckchen hell und deutlich. Die ganze Flügelfläche, zumal an der Wur- zelhälfte, zeigt viel gelbgraue Bestäubung. Die Unterseite des J gleicht sehr derjenigen von Carthami. Die weissen Würfel- fleckchen der Vorderflügel sind quadratisch, scharf und deutlich. Die Grundfarbe der Hinterflügel grüngelb oder auch röthlich. Die weissen Flecke und Binden darauf scharf, doch ohne feinlinige Umrandung. Die Hinterleibsfalte bleigrau, wie bei Alveus, aber die ganze Bestäubung glatter und feiner. Das ® hat breitere, gedrungenere Vorderflügel mit vertikalem, sanft gerundetem Aussenrande und über der ganzen Fläche besonders viel grüngraue Bestäubung. Die weissen Würfelflecke der Oberseite sind bedeutend kleiner und getrennter als beim J; auf der Unterseite der Hinterflügel scheinen die hell abstechenden Adern den Falter enger mit Alveolus zu verbinden. BER, - ge Cirsii erscheint 2 Mal des Jahres; zuerst im Juni, dann im August bis Mitte Sep- tembers. Er fliegt nur sehr einzeln auf magern Hutweiden, sonnigen Bergabhängen, doch auch auf Torfmooren. In meiner Sammlung stecken 2 Männer aus Wallis von Salgetsch und Varon, welche am 10. August (1850) bei der grössten Mittagshitze auf Cirsiumblumen herumflogen; 2 Männer vom 9. und 10. September im Meyenmoos bei Burgdorf ebenfalls auf Cirsium gefangen; ein Weib von der Stygelos-Rysi am Jura (24. Juni) und ein Mann aus der Türkei (von Hrn. Keferstein) mit den Wallisern in der stark gelblichen Bestäu- bung genau übereinstimmend; von Hrn. Bremi erhielt ich zur Bestimmung ein Exemplar aus der Zürchergegend. Die Art scheint daher, obwohl überall selten, doch weit ver- breitet. (Boisduval fand sie auch um Paris.) Die Raupe ist noch unbekannt. 160. Alveolus H. Freyer n. Beitr. IV. Tab. 361. F. 2. 3. Hübn. F. 466. 467. Var. Altheae Esp. Te » Taras Bergstr. Meissner: »Allenthalben gemein. Aendert sehr ab.« Boisduval giebt als Flugzeit an: Mai und Juni. Ochsenheimer: Frühling und Sommer. Freyer: Mai, Juni und dann später noch im August. Eine zweite Generation mag wohl in südlichen Ländern vorkommen, da auch Zeller im Neapolitanischen einen, muthmasslich zu Alveolus gehörenden Falter noch im August erbeutete. Bei uns aber fliegt derselbe nur Einmal des Jahres, und zwar von den letzten Tagen Aprils an bis zu Ende des Juni. Er ist in der Schweiz überall gemein; auf trockenen Wiesen und an sonnigen Ab- hängen, sowohl in der Ebene als auf den Kämmen des Jura, selbst bis an die mittlern Staffeln der Alpen hinauf bis auf 5000' ü. M. Er ändert in der Zahl und Grösse der weissen Würfelfleckchen, in lichtgrauer oder sehr dunkler Ueberstäubung, sowie auch in graugrüner, fahlbrauner, bis rothbrauner Grundfarbe der Unterseite der Hinterflügel und ihrer weissen Binde und Fleckchen, fast in's Endlose ab. In sehr heissen Gegenden zeigt sich die tiefschwarze Farbe der Oberseite stark grüngrau überstäubt, zumal an der Wurzel und längs dem Vorderrande, und der Falter gleicht sodann dem oben beschriebenen Cirsii, von welchem er sich jedoch durch die mehr quadratische Flügelform, durch die abweichende Unterseite und die Fühlerkolbe leicht unterscheidet. _ Zwei türkische Exemplare in meiner Sammlung (von Mann am Prolog gesammelt) und 2 andere von Brussa, sind von den grössten hieländischen nicht verschieden. Ein Männchen von Spalatro in Dalmatien zeichnet sich aus durch mehr gelbgraue Ueberstäu- bung der Oberseite. Ein Weibchen aus Lappland (von Keitel) ist unsern kleinern Früh- lingsexemplaren ganz gleich. Hübner’s Var. F. 847. 848. 597. (Altheae Esp.) in der Mitte der Vorderflügel mit zusammengeflossener weisser Würfelbinde, kömmt auch bei uns mitunter vor und finden sich dazu allmälige Uebergänge. Die Raupe ist von Hübner auf Erdbeeren abgebildet. Freyer giebt sie auf Hohl- beeren an und Richter (Falter von Dessau, entom. Zeit. 1849) auf Spitzwegerich (Plantago lanceolata). Uns ist sie niemals vorgekommen. 161. Sertorius ©. (Sao. Hübn. Boisd.) Freyer n. Beitr. IV. Tab. 361. F. 4. Hübn. F. 471. 472. Meissner: »Seltener als der Vorhergehende (Alveolus), dem er übrigens sehr ähnlich ist.« In lichten, sonnigen Holzschlägen, besonders wo viel Cirsium lanceolatum wuchert; stellenweise ziemlich gemein, zumal in warmen Geländen: am Jura, im bernischen Mit- tellande an den Hügeln um Burgdorf; im Oberhaslethal bei Meyringen, ganz besonders aber in Wallis an den sonnigen Berghalden bei Inden, Varon, Leuk, Siders u. s. w. In der Waadt: um Lausanne. Seltener in der nördlichen Schweiz: Basel, Zürich, Schaff- hausen am Randen. Ob auch in der östlichen Schweiz ? Er erscheint 2 Mal des Jahres, doch sind seine Entwicklungsperioden sehr verschie- den. Um Burgdorf fieng ich ihn am 26. Mai schon in Begattung, am 30. Juni wieder frische Exemplare. Mitte Juni um Meyringen, dann am Jura auf dem sogenannten Nessel- boden. Am 11. Juli fand ihn Rothenbach häufig und frisch bei Inden im Wallis; ich selbst ob Varon ein abgeflogenes $ am 10. August und endlich ein sehr frisches Männ- chen noch am 3. September (1850) an der Gysnaufluh' bei Burgdorf. Es ist demnach schwer, die bestimmte Flugzeit der beiden Generationen aufzufassen. Er scheint sich bis auf etwa 3800' ü. M. zu erheben. Auch dieser Falter ändert, wie der vorige, bedeutend in dem Farbenton und den weis- sen Flecken der Oberseite. Bei manchen Stücken verschwinden letztere bis auf einzelne Punkte, während bei einem sehr schönen Weibchen vom Nesselboden (vom 12. Juni) die 8 — weissen Flecke der Vorderflügel eine zusammenhängende Kette bilden. Bei den Früh- lingsexemplaren ist die Grundfarbe der Hinterflügel unten gewöhnlich von sehr lebhaftem Ziegelroth, bei den Sommerfaltern meist fahlbraun bis gelblich. Die letztern sind auch, zumal in heissen, trockenen Gegenden, stets etwas kleiner. Freyer’s Bild hat eine Grösse, die Sertorius bei uns nur selten erreicht. Die Raupe ist noch unbekannt. Genus: Thanaos. Boisd. 162. Tages L. Hübn. F. 456. 457. Meissner: »Im April, Juli und August allenthalben gemein. « Er erscheint in der zweiten Hälfte Aprils und fliegt bis gegen die Mitte des Juni. Dann zum zweiten Mal zu Ende des Juli bis um den 10. August. In der Schweiz überall auf fetten und magern Wiesen, im Thale wie an den Berg- abhängen; auf den Höhen noch häufiger als in den Niederungen ; an manchen Stellen, wie z. B. auf den Wiesen des Weissensteins, auf dem Jura bei Solothurn, bei 4000’ ü. M., in wahrhaft zahlloser Menge; auf den Alpen bis gegen 5000’ ü. M. Scheint bei uns wenig abzuändern. Ein 2 von Spalatro in meiner Sammlung ist von den hiesigen in nichts verschieden. Freyer’s P. Unicolor (n. Beitr. VI. Tab. 505) von den griechischen Inseln ist gewiss nur eine Varietät von Tages, an welcher die weissen Punkte am Vorderrande sowie die grauen Querbinden ausgeblieben sind; sie sind aber auch bei unserm Tages nicht immer deutlich. Dagegen ist Marloyi Boisd. (Sericea Freyer III. Tab. 265. F. 4 von Konstantinopel) unstreitig eigene Art. Die Raupe von Tages lebt im Juni und wieder im September auf Eryngium campestre; nach Ochsenheimer auch auf Lotus corniculatus. NB. Eine sehr grosse Form von Tages, ob vielleicht eigene Art? ist Gervantes Grasl. aus Andalusien, die Boisduval fragweise als Varietät zu Tages zieht, Freyer aber als eigene Ärt abbildet (n. Beitr. V. Tab. 417. F. 3). Die Unterschiede von unserm Tages bestehen nach Freyer in Folgendem: 1) in der Grösse; Cervantes hat die Grösse eines mittlern Carthami; 2) in der gleichmässigen braunen Grundfarbe (bei Tages bildet sie aschgraue Binden); 3) in dem Mangel der feinen weissen Punkte längs dem Fransensaum ; _.. IE 4) in dem Ausdruck der 6-7 weissen Würfelfleckchen auf der Unterseite; 5) und beson- ders in dem weissen Mittelfleck auf der Unterseite der Hinterflügel. Die zwei letztern Criterien können nicht als Unterscheidungsmerkmale gelten, da ich Tages- Exemplare besitze, welche diese weissen Würfelfleckchen und den weissen Mittel- lleck auch, nur nicht so deutlich, zeigen. Dagegen ist die enorme Grösse bei diesem Falter ım so auffallender, als ich wahre Tages, aus gleich südlichen Gegenden, aber von dem unsrigen in nichts abweichend, gesehen habe. Bei Tages sind die schwarzen Flecke der Oberseite in zusammenhängende Binden verflossen und die Zwischenräume durch mehr oder weniger lichtgraue Grundfarbe ausgefüllt. Bei Cervantes stehen die schwarzen Flecke alle getrennt und vereinzelt auf einfarbigem, braunem Grunde, — das kann wohl klimatische Wirkung sein; — dagegen ist das gänzliche Fehlen der weissen Randpunkte bei Cervantes ein auf- allendes Criterium, das ich unter Hunderten von eingesammelten Tages nie gesehen habe. Nachträge. Zu pag. 14 zwischen Papilio und Parnassius stände die Gattung Thais Fabr. (Zerynthia O.) Polyxena Hübn. F. 392. 393. Nach Füessly’s Verz. der schw. Insekten soll dieser Falter einmal bei Locarno gefan- gen worden sein. Da indess dieser Angabe alle Sicherheit mangelt, auch seither meines Wissens, aller Nachforschüngen ungeachtet, keine Polyxena mehr in der Schweiz gefunden wurde, so muss sie wohl unbedenklich aus der Reihe der Schweizerfalter gestrichen werden. Auf pag. 40. Zeile 14 steht, dass Palaeno auch an der Tour de Gourze in der Waadt vorkomme. Hr. Chavannes schrieb mir aber, dass der Falter nur ein einziges Mal als eine ganz sporadische Erscheinung dort gefangen worden sei, daher diese Loka- lität nicht unter die eigentlichen Flugorte dieses Falters gerechnet werden könne. Zu pag. 140. Cardui. Auch dieses Jahr (1852), gleichwie im vorigen, flog der Falter hier äusserst zahlreich an allen sonnigen Waldsäumen, von Ende Mai an bis um den 25. Juni. Im Betragen dieses Falters ist eine ungewöhnliche Keckbheit. Rasch und wild schiesst er planlos EEE ro umher; das Fanggarn wenig achtend, den Verfolger sogleich vergessend, kehrt er oft im selben Augenblick wieder an die verlassene Stelle zurück und sitzt mit horizontal geöffneten Flügeln immer auf die trockene Erde oder auf Sandplätze ab. Er ist ein behender, leicht- sinniger, lebensfroher, jugendlich-ungeregelter Wildfang, der in seinem Benehmen keine Aehnlichkeit mit seiner stolzen, aber bedachtsamen Nachbarin Atalanta zeigt. Alle heuer gefangenen Frühlingsstücke zeichnen sich vor den letztjährigen Som- mer-Exemplaren in Mehrerm aus. Sie sind kleiner, durchgehends viel bleicher rothgelb, ohne hochrothe Beimischungen. Der sonst sehr dunkle Unterrand der Vorderflügel sowie das dunkle Wurzelfeld aller Flügel ist durch feine, hellblonde Bestäubung fast mit der mattern Grundfarbe verwaschen. Die schwarzen Flecke, welche die Querbinde der Vor- derflügel bilden, sind mehr getrennt und auf den Hinterflügeln sind die runden Flecke merklich kleiner. Auch die ganze Färbung der Unterseite ist bei allen den heurigen Früh- lingsfaltern matter und bleicher. Ich weiss nun nicht, ob diese Eigenthümlichkeiten all- jährliche stabile Generationsunterschiede sind, oder ob sie nur in gewissen Jahren sich zufällig so herausstellen. Zu pag. 145. Polychloros. Die Raupe fand ich dieses Jahr um Burgdorf beson- ders häufig Anfangs Juni auf dem hohen Saarbaum (Populus pyramidalis). Sie unterschied sich in gar nichts von denen der Weiden- und Kirschbäume, nur sind die Puppen im Allgemeinen dunkler. Die, am 4. Juli ausgebrochenen Falter hatten ein blei- cheres Rothgelb als gewöhnlich, aber stärkere Zacken am Aussenrande. Pag. 104 zwischen Paphia und Niobe wurde aus Versehen ausgelassen: Aglaja L. Hübn. F. 65. 66. ®. Freyer n. Beitr. Ill. Tab. 241 und 205. Var. Meissner: »Im Juli und August allenthalben häufig. In den Alpenthälern, z. B. im »Grindelwald, erscheint das © oft sehr gross und dunkel gefärbt, bisweilen ganz »schwach violett überlaufen.« Diese schöne Art, die fast über ganz Europa, vom Nord-Cap hinweg bis in’s südliche Calabrien verbreitet ist, findet sich auch auch in der Schweiz auf allen Formationen, und zwar vom Tieflande an bis über die Baumgrenze hinauf. Am häufigsten zeigt sie sich von der zweiten Julihälfte an bis um die Mitte Augusts, zumal an den Südabhängen des Jura, auf den tiefern Bergwiesen der Alpen und auf den Waldwiesen des Mittellandes. BE ae Die, oben dunkeln Abänderungen finden wir nur beim Weibe, doch nicht nur in den Alpenthälern, wie Meissner oben erwähnt, sondern auch, ja fast noch häufiger im Flachlande. Eben so dunkle Stücke besitze ich übrigens auch aus Schlesien und Preussen, die unsern alpinischen ganz ähnlich sehen. Dagegen fand ich sie ungewöhnlich hell gefärbt und dabei von kolossaler Grösse (fast wie Laodice 2) am 10. Juli am Hochgurnigel in einer Höhe von nahezu 4000° ü. M., so dass die dunkeln Färbungen bei diesem Falter mehr von besondern örtlichen Verhältnissen als von seinen vertikalen Verbreitungsgrenzen herzurühren scheinen. Auffallende Aberrationen sind immer sehr selten, zumal solche, bei denen auf der Unterseite der Hinterflügel die Silberflecke des Wurzelfeldes in 3 grosse Mackeln zusam- menfliessen, wie z. B. bei dem ausnehmend schönen Stücke, dessen Ochsenheimer er- wähnt und welches später von Treitschke in seinem »Hülfsbuche« Tab. II. F. 1 abgebildet wurde. Häufiger kommen Abänderungen vor, bei denen auf der Oberseite einzelne schwarze Flecke in einander fliessen und breite Binden bilden. Eine solche erhielt z. B. Freyer von Hrn. Major Amstein aus Bündten (vide Freyer n. Beitr. Il. Tab. 205. F. 1). Noch häufiger zeigen sich Stücke mit bleichen, fast farblosen Stellen auf der Oberseite; solche scheinen aber von gestörter Entwicklung oder sonstigen nachtheiligen Einwirkungen während dem Puppenstande herzurühren. Die schwarze Dornraupe mit bald gelblichem, bald graulichem Rückenstreifen und rothen Seitenllecken, lebt sehr einzeln im Mai und Juni auf Viola palustris, odorata und canina; sie ist träge, wächst langsam und frisst nur des Nachts. Ich fand sie ein ein- ziges Mal (am 12. Juni) auf dem Jura; sie verpappte sich am 7. Juli und lieferte mir ein gewöhnliches, matt gefärbtes Weibchen am Ende desselben Monats. Sehr feurig rothgelbe Männchen fieng ich das folgende Jahr an derselben Stelle schon am 13. Juni, doch hatten alle auf der Oberseite dünnere und kleinere schwarze Flecke als die der Alpengegenden und des Mittellandes. Das Gelbgrün der Unterseite der Hinterflügel ist den verschiedensten Nüancen unter- worfen. Am gelbsten finde ich es bei den alpinischen Stücken aus Oberhasle, am grünsten bei denen aus den dunkeln Waldgegenden des Hügellandes. Auch die Grösse der Silberflecke ändert sehr ab. Aus Wallis sah ich ein Stück, das hierin der korsischen Arg. Cyrene ungemein nahe stand. Hinweisung der Abbildungen auf die Textseiten. [o .} Melithaea » Athalia 3 (von Burgdorf) Aurelia Nikl. $ (Norddeutschland) Parthenie J HS. von Burgdorf 2 HS. » N) d » Varietas Varia Bisch. aus den Bündtner Hochalpen Parnassius Delius $ Var. e) von der Gemmi Polyommatus Xanthe ® (Circe OÖ.) Var. Montana (Urweid) Erebia Cassiope g Var. a) Bernensis (Öberhasleralpen) . » » » » » rischen Gesenke b) Valesiana (Meyenwand) b) » Epiphron.(vom Harz) (südl. Walliseralpen) vom Altvater, im schlesisch-mäh- Eriphyle 9 Var. a) von der Gemmi — 30 Systematisches Register der schweizerischen Tagfalter. NB. Die mit * bezeichneten und in Cursivschrift sind als schweizerische Arten noch zweifelhaft. | Tribus. Gattung. | I. Papilionides. Papilio. 'Parnassius (Doritis OÖ.) | ! I | | 1. Pierides. \Pieris (!'ontia O.) | I ı | | | | ‚Anthocharis (Pont. ©.) | Leucophasia (Pont. O.) Golias. Rhodocera (Colias O.) III. Lycaenides. Theecla. Do [OB a Sue Damm SS X = = a. Do DD [Sr seonpusnen Art und Varietät. - Podalirius . Machaon Apollo . . Delius - Mnemosyne . Crataegi . Brassicae Rapae . Napi 2 Var. Napaeae » Bryoniae . Callidice - Dapplidice . Belia Var. Ausonia » Simplonia . Cardamines . Sinapis . Edusa . . Palaeno Var. Europomene » Philomene . Phicomone . Hyale . . Rhamni . Betulae . Pruni . W album . Acaciae ; £ £ . Lynceus F. (llieis O.) . Spini - | £ 3 Tribus. Gattung. | ‚Polyommaltus (Lye. ©.) l Lyeaena. 26. 27. 28. 29. Art und Varietät. Quercus Var. Bellus Rubi . Phlaeas Virgaureae * Hippothoe 30. |? 31. 32. 33. 34. Chryseis Var. Eurybia o. * Hipponoe Gordius Xanthe F. (Circe O. ) Var. Montana Helle . * Boelica * Telicanus 39. 36. 37: 38. 39. Amyntas Var. Eolsapekchon » Coretas Hylas Battus Aegon Var. Negidiun » Valesiana Argus Var. Mönlana. . Optilete Var. Gyparissus . Eumedon . Ageslis Var. Eumedes - Orbitulus Var. Aquilo . Eros . Alexis . Escheri . Adonis Var. Geronus . Dorylas Var. Golgus . . Corydon Var. Syngrapha . Meleager (Daphnis "1 . Pheretes Tribus. Gattung. Art und Varietät,. pag. | 52. CIE - 8 a : h i ..| 89 Var. Montana ß : : .1.90 53. Sebrus e \ r ; ? 9 54. Alsus - k . 3 : : 91 | Var. Alsoides £ e 3 e 92 | 55, Donzeliienem «Ale mg | 56. Argiolus . : ; ; e 92 | 57. Damon ! h E ; n 93 | 58. Cyllarus . ; > ! .- 1798 | 39. Alcon e g : n 97 | 60. Euphemus : - E i 97 61. Erebus r x - i 4 ; 97 | 62. Arion £ } : ; P : 98 IV. Erycinides. Nemeobius. 63. Lucina 5 E R i f 99 V. Danaides. Keine einheimische Art . 1.99 VE. Nymphalides. | Limenitis. Pa er an, 65. Sibilla u a1 0 Bra Re 66. Camilla , : ; : 4 ..1101 ı Nymphalis. 67. Popular N De a ge Var. Tremulae . 2 1103 | Argynnis. | 68. Pandora . . ; 2 08 69. Paphia : : M : i - |. 108 Aglaja e ’ : ; z . 1.231 | 117370. ibBe” ....2 20} u Ana | N IDDEN SS „4 et he 0 5 Var. Gleodoxa 2 : 5 16107 | | 72. Lathonia . 5 - 5 - - | 108 | \ 73. Amathusia J » e 5409 \ 74. Daphne Ä : - : i Bi) 75. Thore E > - ; le) | 76. ino .- t X h P i 1? | 77. Pales : : . - £ ll | N We ii | 78. Arsilache . c ; : 2 | 79. Diane: R ; ; ! P . 1119 \ 80. Euphrosine ; : : : . | 120 81. Selene 3 2 : e > le! | Var. Selenia F. . : : 21102 | Melithaea. Sa Oylinia > u | | Var. Mysia | 123 | 83. Artemis 124 | | Var. Merope ee lea 84. Cinxia Be, „Een Tribus. VII. Libytheides. VEl. Apaturides. IX. Satyrides. Vanessa. Lilythea. Apalura. Arge. Erebia. 9%. . Prorsa Art und Varietät. . Phoebe . Didyma . Dietynna . Athalia . Parthenie Var. Varia » Aphaea Asteria Var. Levana » Porima 2. Cardui . Alalanla „Jo $ E . Anliopa : : Var. Hygiaea . Urticae . Polyehloros Var. Pyromelas » Testudo . Xanthomelas . GC album . Geltis . Iris Var. Jole . Jlia Var. Clylie . Galathea . Cassiope Var. Bernensis » Valesiana . Eriphyle . Pharle . Melampus . . Mnestra Var. Erynis . Pyrrha Var. Bubastis : » Maeecabaeus . . Oeme . Ceto . Medusa Var. Hippomedusa Art und Varietät. Tribus. | Gattung. | ? 113. * Nerine . | 11%. Evias - | 115. Aleeto | Var. Caecilia br. IRInfo » Glaeialis | 116. Stygne 117. Prono& Var. Pitho | ' 118. Medea | , 119. Ligea 120. Euryale Var. Adyte » Philomela 121. Goante | Var. Styx 122. Gorge 5 | Var. Erynnis | 123. Manto | 124. Tyndarus Chionobas. | Satyrus. | 125. Aöllo . 126. Cordula 127. Phaedra , ? 128. Allionia Var. Statilinus ı 129. Hermione 130. Alcyone 131. Proserpina 132. Briseis 133. Semele 134. Eudora ı 135. Janira | 136. Tithonus 137. Maera - Var. Adrasta 138. Hiera 139. Megaera Egeria ‚ 141. Dejanira Hyperanthus Var. Arele 143. Oedippus , 144. Hero 145. Salyrion = o _ = I Tribus. Gattung. | 146. | 147. 148, 149. 150. 151. | Hesperia. 152. | | 153. 154. 159. 156. 157. ‚158, X. Hesperidae. | Steropes. | | Syriethus. Art und Varietät. Var. Philea . » Obscura Davus Pamphilus Iphis Arcania Araeinthus Paniscus Linea Lineola Sylvanus Comma Malvarum Lavaterae Fritillum 4 Var. Carthami » Onopordi » Alveus Hübn. » Alveus Ochsh. „ Cacaliae » Caecus » Serralulae . Cirsii . Alveolus Var, Altheae . Serlorius ‚ Thanaos. 162. Tages : ; Nachtrag zu Palaeno » » Cardui h » Polychloros | | | Pag. 208 209 209 209 212 213 214 214 215 215 216 216 217 218 218 222 223 224 224 225 225 226 226 227 227 228 229 230 230 231 Mit der, aus Versehen ausgelassenen Argynnis Aglaja (Nachträge pag. 231) hat somit dieses Verzeichniss schweizerischer Tagfalter 163 Arten, wovon indess 2 (Nr. 31 und 113) noch zweifelhafte. Drei andere (Hippotho@, Boetica und Telicanus) sind angeführt ohne Nummer, da ihr Vorkommen in der Schweiz nicht hinreichend verbürgt ist. Mit Bestimmtheit hat die Schweiz bis jetzt 161 Arten von Tagfaltern. Ganz Europa besitzt nach Herrich-Schäffer 306 Arten (dabei sind indess mehrere blosse Varie- täten als eigene Arten aufgestellt). Die Schweiz allein auf ihrem kleinen Flächenraume hat mehr als die Hälfte sämmtlicher europäischer Arten und kein Land, ausser Frankreich, hat diese Zahl aufzuweisen, EM ı« oa 9 IT. Prrmab v RU EREEILST | > u eroai A Yuan. 4 " aonevlya „det en Last j Br I Hiortäle 5 13% u . hät BRTTTTTEH A 72 ® Ale, A u ; TS TEN | a) ev heile eg * 4 L N | j “is un LTR > ee" u. % AR | ’ werd un! Br Vor, Kar ‘ ze N ie * = [19 j r- Khransalı % { köh Guegr . wir 138 e Br IP. u ‚bit eunaylä + d 5 Wan ware 2 Pam, 1 r erg» « BU TUENTUITR Pa, ara © 7 STR se PR + Vi: Wi He 3-7 i 1" \ kr . Gl = Ve Im Da 574 Zee 0 a vn a) E A, ı aalınamar An ! } R4 Corps ‚ ö 7 w Mn; ses b - Di ur # Pinalın a mr? ee une MARIAN re lan Paz Shprttiann er R FRE n;. 4 madtkk, al N Ten; Hass 1: use se] ' v ‚ui „sol We An . | ; = , Ne ws Fa ji 3 Veugegach b.a akt 4 x P ia * Pr j monitor hu ‚Briae ef Bf, Bi \ BR. N isbac) no. 18. Seren 3 Be 1 a; j a. y ur Yan: Mr » ‚mabih Henne Int (1ER mag FA oleiyA uud höihteeiegunn erh un, u allantation des (BIT han IB ar) © asobai tar ei + Bun: eher . Pe ii 5 ma 9u.do I En bula DEISEE TE ‚ui ak X ” is Kill mise De, Ir re; 3ar0ld misıduar oben. Ile „oh non og, lo ar nern ons eu lm wieltn! nioy lad sBkhe;t a ib IN ar: had a I si mp > N) 5 Ta unmehr hei dan Zahlen bloss durch Lu_]I. unterschieden. Die im lezte ansesebenen P) Tafeln,wurden aut diese Einzig: veremtat ıL nunmehr bei de ı Jahlen bio durch. 1 U { ie Q Prugiev Lirhogr Y 4 Melithoa Iarthente HS ®) 6 J1 / Variet: Varıa Bisch MONTLATLL 3. Krebia Cassiopeo' Öberhasle.) 6.Ärebia. Epıphron d/ Harz) 1. Erebia (assiope o' Altvater rt» 2 RB T IMeuser Tab.l.x Melthea Athalıa oc‘ 2. Heliihwa Aurelia Nick! o 5. Zarthente HS © Tarıer-Varıa:Bisch 3 /olyommaltıs Grce Oehsh 2 Varretl wa Farthenıe HS Tab. I.1 ZZrnassıus Deus Esp ? Jarıet: (Gem) 4. Krebra (asstope (Meyenwand 5.Ärebıa lassıope dy/Wallıs 8. Erephyle 8 ( kemm:ı 7 PP! u h f I, E ) AS asUEn >. ABER v ‚Fr H 124 as An > % ai 1 Y OENT SFR YS9F2T- 22 _TTosey voyosjuezFemgag Im